Ist Deutsch noch internationale Wissenschaftssprache?: Englisch auch für die Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen [Reprint 2010 ed.] 9783110802689, 9783110161496

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German Pages 355 [356] Year 1998

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Ist Deutsch noch internationale Wissenschaftssprache?: Englisch auch für die Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen [Reprint 2010 ed.]
 9783110802689, 9783110161496

Table of contents :
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
A. Einführung in Thema und Problemstellung
B. Zur Geschichte der internationalen Rezeption deutschsprachiger Publikationen: eine Zitatenanalyse
C. Das heutige Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache: Fragenbogenerhebung
D. Entwicklung des Anteils von Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache
E. Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder
Anhang
Bibliographie
Sachregister

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Ist Deutsch noch internationale Wissenschaftssprache?

Ulrich Ammon

Ist Deutsch noch internationale Wissenschaftssprache? Englisch auch für die Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen

w DE

G

Walter de Gruyter Berlin - New York 1998

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek — ClP-Einheitsaufnahme Ammon, Ulrich: Ist Deutsch noch internationale Wissenschaftssprache? : Englisch auch für Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen / Ulrich Ammon. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1998 ISBN 3-11-016148-6 brosch. ISBN 3-11-016149-4 Gb.

© Copyright 1998 by Walter de Gruyter GmbH &. Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz &C Bauer GmbH, Berlin Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin

Vorbemerkung Für Fachleute bedarf es kaum des Hinweises, daß das vorliegende Buch keine Gesamtdarstellung des Themas ,Deutsch als internationale Wissenschaftssprache' bietet. Eine solche Gesamtdarstellung dürfte einerseits die Arbeitskapazität einzelner Exploratoren überschreiten. Jedenfalls kann man sich dieses Eindrucks kaum erwehren, wenn man einige der modernen Referatenorgane zur Hand nimmt, die den heutigen Wissenschaftsbetrieb — jeweils nur in Ausschnitten! — repräsentiv darzustellen versuchen, z. B. den Science Citation Index, der die Fachliteratur von 94 Disziplinen einbezieht (von Akustik bis Zoologie). In Abwandlung eines einschlägigen Buchtitels (de Solla Price 1963) fühlt man dabei die Ohnmacht von „little man" gegenüber „big science". Ein Versuch der Gesamtdarstellung des Themas hätte auch zu unnötiger Redundanz mit schon vorliegenden Arbeiten geführt. Die bislang umfassendsten Behandlungen des Themas finden sich in Kalverkämper/Weinrich (ed., 1986), Skudlik (1990) und Ammon (1991a: 212—281) (vgl. auch Kap A.2). Im vorliegenden Buch werden manche der in jenen Arbeiten angesprochenen Fragen vertieft, wichtige Hypothesen empirisch überprüft, neue Entwicklungen vorgestellt und das praktische Problem der Sprachwahl für die Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen erörtert. Mit deutschsprachigen Hochschulen sind dabei die Hochschulen in den deutschsprachigen Ländern gemeint. Die Frage, inwieweit Englisch zur Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen dienen soll, scheint mir von erheblicher Konsequenz zu sein: für die deutsche Sprachgemeinschaft insgesamt, für die einzelnen deutschsprachigen Länder, für ihren Hochschulbetrieb, für die Germanistik und für das Fach Deutsch als Fremdsprache. Wegen der vielfachen Interessengegensätze ist diese Frage politisch hoch brisant. Soweit ich sehe, gibt es für sie keine Patentlösung. Sie wird uns daher aller Voraussicht nach noch geraume Zeit begleiten und — wie ich vermute — spannende Diskussionen auslösen. Ich will nicht verhehlen, daß nach meiner Einschätzung die Einführung des Englischen als Zusatzsprache der Lehre an den Hochschulen der deutschsprachigen Länder mehr Vorteile als Nachteile verspricht. Daher befürworte ich die Einführung im Interesse der Bevölkerung dieser Länder. Selbstverständlich soll dabei die deutsche Sprache neben dem Englischen als hauptsächliche Sprache der Lehre erhalten bleiben (Englisch als Zusatzsprache!). Insofern ist auch der Untertitel des vorliegenden Buches nicht widersprüchlich: „Englisch (...) für die (...) deutschsprachigen Hochschu-

VI

Vorbemerkung

len". Mir erscheint eine unerschrockene Zweisprachigkeit Deutsch — Englisch zweckmäßig (vgl. Zimmer 1997: 213). Die Scheu vor dem Nebeneinander von zwei Sprachen ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Statt auf die Abwehr des Englischen sollten sich die Bemühungen auf das Wie des Nebeneinander beider Sprachen konzentrieren. Dies gilt meines Erachtens mutatis mutandis für Publikationen. So erscheint mir z. B. die Norm der Einsprachigkeit speziell für wissenschaftliche Publikationen heutzutage anachronistisch, vor allem wenn sie sich an Fachleute und nicht an Laien wenden. Solche Texte sollten ohne weiteres englischsprachige Passagen enthalten dürfen; denn gute Lesekenntnisse im Englischen dürfen bei diesen Adressaten heute allgemein vorausgesetzt werden. Dieser Auffassung bin ich im vorliegenden Text soweit gefolgt, daß ich auf die Übersetzung auch umfangreicherer englischsprachiger Zitate bewußt verzichtet habe. — Allerdings möchte ich eine wichtige Einschränkung hinzufügen: In jedem Fall habe ich versucht, zentrale Termini auch in deutscher Sprache vorzulegen, sei es, daß sie schon auf deutsch gängig sind oder daß ich selbst einen Eindeutschungsvorschlag machen mußte. Die fortlaufende Modernisierung der deutschen Sprache durch Bildung deutschsprachiger Termini halte ich nämlich für ein dringendes Desiderat. Dies steht auch im Einklang mit der Zielvorstellung, daß die englischsprachige Lehre die deutschsprachige keinesfalls verdrängen, sondern nur ergänzen soll. Alles, was auf englisch gelehrt wird, sollte auch weiterhin auf deutsch lehrbar sein. Die dem vorliegenden Buch zugrundeliegende empirische Untersuchung wurde in wesentlichen Teilen finanziell gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der ich hiermit herzlich danke. Sie bildet einen von drei Teilen eines umfassenderen Forschungsprojekts „Deutsch in Europa", das die heutige Stellung der deutschen Sprache auf diesem Kontinent und in der Welt genauer untersuchen sollte. Der Forschungsgegenstand wurde zu diesem Zweck in drei große gesellschaftliche Handlungsfelder oder Bereiche aufgeteilt: Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Die Konzeption des Projekts stützte sich auf umfassende eigene Vorarbeiten, die insbesondere in meinem Buch Die internationale Stellung der deutschen Sprache (1991a) beschrieben sind. Für jeden der drei Bereiche stand mindestens eine halbe wissenschaftliche Mitarbeiterstelle zur Verfügung, und zwar für die Zeitdauer von zweieinhalb Jahren (für den Bereich Wirtschaft eine ganze Stelle und für die Bereiche Politik und Wissenschaft je eine halbe Stelle). Die Stelle Wirtschaft hatte zunächst Helmut Glück inne, bis er an die Universität Bamberg beru-

Vorbemerkung

VII

fen wurde (wichtigste Veröffentlichung: Glück 1992). Ihm folgte Sonja Vandermeeren nach (wichtigste Veröffentlichung: Vandermeeren im Druck). Michael Schloßmacher war auf der halben Stelle Politik angestellt (wichtigste Veröffentlichung: Schloßmacher 1996). Alle drei legten außer den hier genannten Veröffentlichungen weitere Aufsätze vor, die aus ihrer Arbeit an diesem Projekt hervorgingen, und hielten bei verschiedenen Gelegenheiten auf das Projekt bezogene Vorträge. Auch ich selbst hielt Vorträge über das Projekt, veröffentlichte eine Reihe von Aufsätzen dazu (1988; 1990a; 1991c; 1991d; 1992c; 1993c; 1994a) und gab damit zusammenhängende Sammelbände heraus (z. B. Ammon, ed., 1994c), von denen hier jeweils diejenigen genannt sind, die sich auf das Thema des vorliegenden Buches beziehen. Die halbe Stelle Wissenschaft stand einem Mitarbeiter zur Verfügung, der sich dafür durch eine einschlägige Magisterarbeit qualifiziert hatte. Die Arbeit an diesem Projektteil schien zunächst auf dem besten Wege, bis es dann mit der Zeit Anzeichen für Schwierigkeiten gab, die sich schließlich zur Gewißheit verdichteten, daß der Mitarbeiter seinen Projektteil aus persönlichen Gründen nicht fortführen konnte. Außer einer Grundauszählung und ein paar Notizen lag nichts vor. Mir blieb keine andere Wahl, als die weitere Arbeit und die Autorschaft selbst zu übernehmen. Ich habe die vorliegende Monographie im Verlauf des Jahres 1997 verfaßt, während dessen erster Hälfte ich am Department of Germanic Languages der University of North Carolina in Chapel Hill eine Austauschprofessur wahrnahm. Die Kapitel B und C stützen sich auf die Daten aus dem Projektteil Wissenschaft. Sie waren unter anderem nicht nach allen theoretisch interessanten Richtungen hin analysiert — vor allem wären Berechnungen diverser Korrelationen und statistischer Signifikanzen wünschenswert gewesen —, jedoch konnten zusätzliche Analysen aufgrund erschöpfter Mittel und mangelnder Arbeitskapazität nicht mehr durchgeführt werden. Trotz solcher Mängel sind diese Daten — wie mir scheint — aufschlußreich und aussagekräftig genug, um die Veröffentlichung zu rechtfertigen. Ihre theoretische Einbettung und Interpretation habe ich alleine zu verantworten, ebenso die gesamten Kapitel A, D und E, die ich hinzufügte, um das Thema in einen größeren Zusammenhang einzuordnen (Kap. A), neue Entwicklungen einzubeziehen (Kap. D) und abschließend ein praktisches Problem aufzugreifen (Kap. E.). Mein spezieller Dank für Hilfen beim Fertigstellen des vorliegenden Buches gebührt den folgenden Zeitgenossinnen und -genossen: den studentischen Hilfskräften, die im Projektteil Wissenschaft an Zählarbeiten mitwirkten, vor allem Isabella Pietras und Mathias Rothe; ferner verschiedenen

VIII

Vorbemerkung

Bibliothekaren an der Universitätsbibliothek der University of North Carolina in Chapel Hill für Hilfen beim Auswerten bibliographischer Datenbanken: John B. Rutledge für die Nutzung von Online-Diensten wie WORLDCAT (mit über 36 Millionen Titel-Einträgen), William R. Burk und David Romito (Fachbibliothek Biologie), Thomas J. Dickerson (Fachbibliothek Chemie), Michael Shelor (Fachbibliothek Mathematik und Physik) und Diane McKenzie (Fachbibliothek Medizin); sodann den hilfreichen Mitarbeitern dieser Datenbanken, den Lektoren wissenschaftlicher Verlage und den Kollegen, die meine Anfragen beantworteten und die im folgenden Text jeweils an einschlägiger Stelle genannt sind; des weiteren Michael Schloßmacher und Dirk Schölten für die Übermittlung von Informationen aus Duisburg während meines USA-Aufenthaltes; außerdem den studentischen Hilfskräften Ilona Hinzmann und Peter van Brück für Hilfen bei der Literaturbeschaffung; schließlich den Sekretärinnen des Faches Germanistik an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg Erika Büttgenbach und Helga Goebels für ergänzende Schreibarbeiten. Duisburg, im Dezember 1997

Ulrich Ammon

Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

XI

A. Einführung in Thema und Problemstellung 1 Deutsch — einstige Weltsprache der Wissenschaft: Rückblick 2 Bisherige Forschung zu Deutsch als internationale Wissenschaftssprache 3 Probleme und Untersuchungsfragen

l l 15 25

B. Zur Geschichte der internationalen Rezeption deutschsprachiger Publikationen: eine Zitatenanalyse 1 Fragestellung und Methode 2 Naturwissenschaften: Beispiel Chemie 3 Sozialwissenschaften: Beispiel Wirtschaftswissenschaft . . . . 4 Geisteswissenschaften: Beispiel Geschichte 5 Ländervergleich 6 Fächervergleich

31 31 38 56 66 77 82

C. Das heutige Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache: Fragenbogenerhebung 1 Fragestellung und Methode 2 Kenntnis der deutschen Sprache 3 Anwendung des Deutschen 4 Sprachlern-Wünsche und Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs 5 Einschätzung von Deutsch als Publikationssprache 6 Länder-Unterschiede 7 Fächer-Unterschiede 8 Generationen-Unterschiede

100 103 110 121 129

D. Entwicklung des Anteils von Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache 1 Naturwissenschaften 2 Sozial- und Geistes Wissenschaften 3 Nischen des Deutschen? 4 Erklärungsansätze

137 137 162 170 179

90 90 93 98

X

Inhaltsverzeichnis

. Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder 1 Englisch als faktische Forschungssprache 2 Wäre Englisch für die Forschung verzichtbar? 3 Englisch auch für die Hochschullehre? 3.1 Wirklichkeit und Chancen englischsprachiger Lehre . . . . 3.2 Probleme und ihre Relativierung

205 205 212 227 227 252

Anhang

287

Bibliographie

293

Sachregister

327

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Abbildungen Abb. A-l: Auszug aus Zoological Record 1910 (S. 6, 10, 14)

3

Abb. B-l: Zitatenanteile aus deutschsprachigen und aus US-Publikationen in deutschsprachigen, US- und britischen Zeitschriften 1890—1975 (Thackray u. a. 1985: 159)

46

Abb. B-2: Durchschnittliche deutsch-, englisch- und französischsprachige Zitatenanteile in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 . .

53

Abb. B-3: Durchschnittliche deutsch-, englisch- und französischsprachige Zitatenanteile in den wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990

64

Abb. B-4: Durchschnittliche deutsch-, englisch- und französischsprachige Zitatenanteile in den Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990

75

Abb. D-l: Anteile der Sprachen an den naturwissenschaftlichen Publikationen von 1890 bis 1980 (nach Tsunoda 1983)

139

Abb. D-2: Anteile der Sprachen an den naturwissenschaftlichen Publikationen von 1980 bis 1996 (in Prozent)

152

Abb. D-3: Anteile an der Weltgesamtheit der Chemie-Publikationen in Prozent aufgrund von Chemical Abstracts (de Solla Price 1986: 85)

158

Abb. D-4: Anteile der Sprachen an den sozial- und geisteswissenschaftlichen Publikationen von 1974 bis 1995 (in Prozent)

167

Abb. E-l: Terminologie im Begriffsfeld ,Unterricht' — ,Lehre'

229

Tabellen Tab. B-l: Anzahl der Zitate aus den vier meistzitierten Zeitschriften in The Journal of the American Chemical Society im Jahr 1926

43

Tab. B-2: Sprachenanteile der nicht-amerikanischen Zitatenquellen in The Journal of the American Chemical Society 1926

43

Tab. B-3: Anteil der deutschsprachigen Zitate in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

49

XII

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Tab. B-4: Anteil der deutschsprachigen und der englischsprachigen Zitate in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent) . . . .

50

Tab. B-5: Anteil der deutschsprachigen und der französischsprachigen Zitate in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent) . .

52

Tab. B-6: Vergleich der Zitatenanteile von 1990 mit den Mittelwerten über alle Jahrzehnte beim Japanischen (in Prozent)

55

Tab. B-7: Anteil der deutschsprachigen Zitate in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

61

Tab. B-8: Anteil der deutschsprachigen und der englischsprachigen Zitate in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

62

Tab. B-9: Anteil der deutschsprachigen und der französischsprachigen Zitate in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

63

Tab. B-10: Anteil der deutschsprachigen Zitate in Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

72

Tab. B-ll: Anteil der deutschsprachigen und der englischsprachigen Zitate in Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990 (in Prozent) .

73

Tab. B-12: Anteil der deutschsprachigen und der französischsprachigen Zitate in Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

74

Tab. B-13: Anteil deutschsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Länder (in Prozent)

78

Tab. B-14: Anteil englischsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Länder (in Prozent)

82

Tab. B-15: Anteil deutschsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Fächer

83

Tab. B-16: Anteil englischsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Fächer

84

Tab. C-l: Verteilung der auswertbaren Fragebögen auf Länder und Universitäten

92

Tab. C-2: Verteilung der Sprachkenntnisse in der Gesamtstichprobe (Prozent der Informanten; absolute Zahlen in Klammern)

94

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

XIII

Tab. C-3: Erwerb der vier häufigst beherrschten Sprachen (Prozent der die jeweilige Sprache beherrschenden Informanten)

96

Tab. C-4: Beherrschungsgrade der vier wichtigsten Wissenschaftssprachen (Prozent der Antworten)

98

Tab. C-5: Anwendung der Sprachkenntnisse (Prozent der Informanten) . .

99

Tab. C-6: „Ich würde gerne meine Kenntnisse folgender Sprachen verbessern." (Prozent der Informanten)

101

Tab. C-7: „Ich glaube, daß mir Fremdsprachenkenntnisse in folgenden zusätzlichen Sprachen in meiner wissenschaftlichen Arbeit nützen würden." (Prozent der Informanten)

102

Tab. C-8: „Ich halte meine Kenntnisse der folgenden Sprachen heute für nicht mehr bedeutsam für meine wissenschaftliche Arbeit." (Prozent der Informanten)

102

Tab. C-9: „Ich meine, daß junge Wissenschaftler meiner Disziplin auf jeden Fall folgende Fremdsprachen beherrschen sollten." (Prozent der Informanten)

103

Tab. C-10: „Die wichtigsten Fachzeitschriften akzeptieren nur Artikel in den folgenden Sprachen." (Prozent der Informanten)

104

Tab. C-ll: „Viele Fachwissenschaftler halten enge wissenschaftliche Kontakte zu den muttersprachlichen Gebieten folgender Sprachen." (Prozent der Informanten)

104

Tab. C-12: „Die Mehrzahl der wichtigen Arbeiten wird heute auf englisch publiziert, so daß man auf weitere Sprachen verzichten kann." (Prozent der Antworten)

105

Tab. C-13: Sprachwahl bei Publikationen unterschiedlicher wissenschaftlicher Bedeutsamkeit (Prozent der Informanten)

106

Tab. C-14: „In der Tradition meiner Wissenschaft spielten einst die Angehörigen folgender Sprachgemeinschaften eine bedeutende Rolle, und eine Vielzahl von Literatur lag in diesen Sprachen vor." (Prozent der Informanten) . .

107

Tab. C-15: „Ich bin daher der Meinung, daß sie [die zuvor genannten, einst bedeutsamen Sprachen! U. A.] auch heute noch von Wissenschaftlern meiner Disziplin beherrscht werden sollten." (Prozent der Informanten)

107

XIV

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Tab. C-16: „Wenn Sie in anderen Sprachen publizieren, auf welche Hilfsmittel können Sie dabei zurückgreifen?" (Prozent der Informanten)

109

Tab. C-17: „Ich kann beim Verfassen fremdsprachlicher Arbeiten auf folgende Hilfsmittel zurückgreifen." (Prozent der Informanten)

111

Tab. C-18: Deutsch- und Englischkenntnisse unter Wissenschaftlern verschiedener Länder (Prozent Informanten pro Land)

113

Tab. C-19: Art des Erwerbs von Deutsch- und Englischkenntnissen durch Wissenschaftler verschiedener Länder (Prozent Informanten pro Land) . .

116

Tab. C-20: Der Wunsch, Sprachkenntnisse zu verbessern oder zu erwerben (Prozent Informanten pro Land)

117

Tab. C-21: Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs (Prozent Informanten pro Land)

118

Tab. C-22: Art der Anwendung von Deutsch- und Englischkenntnissen (Prozent Informanten pro Land)

120

Tab. C-23: Keinerlei Anwendung der Sprachkenntnisse (Prozent Informanten pro Land)

121

Tab. C-24: Sprachkenntnisse in verschiedenen Fächern (Prozent der Fachvertreter)

123

Tab. C-25: Der Wunsch, Sprachkenntnisse zu verbessern oder zu erwerben (Prozent der Fachvertreter)

125

Tab. C-26: Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs (Prozent der Fachvertreter)

126

Tab. C-27: Einstige große Bedeutung der Sprache für das Fach (Prozent der Fachvertreter)

127

Tab. C-28: Art der Anwendung von Deutsch-, Englisch- und Französischkenntnissen (Prozent der Fachvertreter)

128

Tab. C-29: Keinerlei Anwendung der Sprachkenntnisse (Prozent der Fachvertreter)

129

Tab. C-30: Prozent britischer Wissenschaftler mit Deutschkenntnissen in unterschiedlichen Altersgruppen aufgrund verschiedener Untersuchungen . .

130

Tab. C-31: Sprachkenntnisse der Generationen (Prozent der Altersgruppen)

131

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Tab. C-32: Art Altersgruppe)

des

Spracherwerbs

der

Generationen

(Prozent

XV

der 132

Tab. C-33: Stunden-Anteile der Sprachen in den Berlitz-Sprachschulen (in Prozent)

133

Tab. C-34: Fertigkeitsniveaus der Generationen (Prozent der Altersgruppen)

134

Tab. C-35: Art der Anwendung von Deutsch- und Englischkenntnissen in den Generationen (Prozent der Altersgruppen)

135

Tab. D-l: Vergleich der Sprachenanteile zweier mathematischer Datenbanken unterschiedlicher nationaler Provenienz: USA — Deutschland (Prozentwerte)

144

Tab. D-2: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Biologie (in Prozent, aufgrund von Biological Abstracts)

146

Tab. D-3: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Chemie (in Prozent, aufgrund von Chemical Abstracts. Nach CAS Statistical Summary 1907-1996:4)

148

Tab. D-4: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Physik und benachbarter Disziplinen (in Prozent, aufgrund von INSPEC)

149

Tab. D-5: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Medizin (in Prozent, aufgrund von Medline)

150

Tab. D-6: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Mathematik (in Prozent, aufgrund von MathSci Disc)

151

Tab. D-7: Anteile von Autoren aus Deutschland in Biological Abstracts und MathSci Disc (in Prozent)

154

Tab. D-8: Herkunftsländer der Autoren von Chemical Abstracts (Länderanteile in Prozent. CAS Statistical Summary 1907-1996: 4)

156

Tab. D-9: Herkunftsländer der Autoren von INSPEC (einschließlich Physics Abstracts) (in Prozent)

156

Tab. D-10: Anteile von Verfassern aus Deutschland und von deutschsprachigen Beiträgen im Vergleich

157

Tab. D-ll: Anteile der Autoren aus USA und Deutschland an Medline (in Prozent)

160

XVI

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Tab. D-12: Länderanteile der Patente in Chemical Abstracts (in Prozent; CAS Statistical Summary 1907-1996: 5)

161

Tab. D-13: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Soziologie aufgrund von SocioFile (in Prozent)

164

Tab. D-14: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Geschichte aufgrund von Historical Abstracts on Disc (in Prozent)

165

Tab. D-15: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Philosophie aufgrund von The Philosopher's Index (in Prozent)

166

Tab. D-16: Anteile deutschsprachiger und englischsprachiger Publikationen von Autoren aus Deutschland in der Soziologie und Geschichte aufgrund von SocioFile und Historical Abstracts on Disc (in Prozent)

169

Tab. D-17: Verteilung der Sprachen auf die Zeitschriften der Klassischen Archäologie und Klassischen Geschichte an der Bibliothek der University of North Carolina, Chapel Hill

174

Tab. D-18: Von deutschen Verlagen genannte Nischenfächer (Rangordnung)

176

Tab. D-19: Wichtige internationale Wissenschaftssprachen außer Deutsch in den Nischenfächern des Deutschen

177

Tab. D-20: Zukunftsperspektiven für Deutsch in den Nischenfächern . . .

178

Tab. E-l: Anteil von Beiträgen in deutscher Sprache und von Zeitschriften aus Deutschland in Biological Abstracts (in Prozent) .

208

Tab. E-2: Anteil von Beiträgen in deutscher Sprache und Deutschlands als Publikationsland in INSPEC (in Prozent)

208

Tab. E-3: Abonnierte Periodika nach Sprache des Titels an der Bibliothek der University of North Carolina, Chapel Hill, im Jahr 1997

250

Tab. E-4: Sprachenvorschriften für Dissertationen an bundesdeutschen Hochschulen (Prozent der verleihenden Hochschulen)

251

A. Einführung in Thema und Problemstellung

l Deutsch — einstige Weltsprache der Wissenschaft: Rückblick Später als manch andere europäische Sprache hat sich das Deutsche von der „Vorherrschaft" anderer Sprachen „emanzipiert". Gemeint ist mit solch metaphorischer Ausdrucksweise, daß die deutsche Sprachgemeinschaft dazu übergegangen ist, zur Kommunikation in allen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen oder Handlungsfeldern die eigene Sprache zu verwenden. Im Bereich der Wissenschaft geschah dies in Form eines im Spätmittelalter beginnenden, jahrhundertelangen Übergangs vom Lateinischen, mit vorübergehenden Hinwendungen, vor allem im 17. und 18. Jahrhundert, auch zum Französischen (vgl. Pörksen 1983; 1986; 1989; Schiewe 1991; 1996). Zu einem Abschluß kam dieser Ablösungsprozeß erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der deutschen Nationalbewegung und der Bildung deutschsprachiger Nationalstaaten (Überblick in Skudlik 1988; 1990: 4-24). Die Verwendung des Deutschen für die wissenschaftliche Kommunikation blieb dann freilich nicht auf die deutsche Sprachgemeinschaft, also die Muttersprachler des Deutschen, beschränkt. Vielmehr wurde Deutsch nun teilweise auch von Wissenschaftlern anderer Sprachgemeinschaften verwendet. Es begann bis zu einem gewissen Grad, eine ähnliche Rolle zu spielen wie. einstmals das Lateinische oder danach das Französische. Auch Deutsch wurde eine internationale Sprache, und zwar vor allem in der Wissenschaft; in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie etwa der Wirtschaft oder der Diplomatie war dies weit weniger der Fall (vgl. Ammon 1991a: Kap. 7—9). „Der deutschen Sprache wird ein Weltstatus vorwiegend im Bereiche der Wissenschaft sowie der Technik zuerkannt." (Zabrocki 1978: 184 f.) So oder ähnlich lautet eine häufige Begründung, wenn Deutsch unter den bedeutsamen internationalen Sprachen oder sogar „Weltsprachen" genannt wird (z. B. Braga 1979: 39 f.; Ostrower 1965: 148). Speziell in der wissenschaftlichen Kommunikation hat Deutsch in der Tat Weltgeltung erlangt. „Indeed at one time it was almost true to say that the language of science was the language of Heidelberg and Göttingen." (Savory 1953: 152) Aller-

2

Einführung in Thema und Problemstellung

dings war diese Weltgeltung des Deutschen nie exklusiv, sondern bestand neben der des Englischen und Französischen. Für die Bedeutsamkeit des Deutschen als Wissenschaftssprache gibt es zahlreiche Belege. Der soeben zitierte britische Biologe Savory (1953: 152) erinnert an den „advice that at one time was commonly given to young scientists, given with every desire to be helpful. It was that they should learn to read German." Er verweist beispielhaft auf eine von ihm selbst erstellte Bibliographie zur Biologie von Spinnen, von der „almost exactly (...) one third were German" und fährt fort: „Many scientists will agree that in the first forty years of the present century it was if not impossible at least exceedingly difficult to keep abreast of any branch of biology or medical science if one did not read German." In der Tat, wenn man irgendeine einigermaßen repräsentative Bibliographie älterer biologischer Fachliteratur aufschlägt, ist der Anteil deutschsprachiger Titel beeindruckend. In den US-amerikanischen Biological Abstracts (1926 ff.) der 20er Jahre z. B. findet man nicht nur einen unübersehbar hohen Anteil deutschsprachiger Publikationen, sondern auch russischsprachige oder japanischsprachige Titel „with German resume" (z. B. in Band l, 1926/1927, Titel Nr. 32 bzw. 74), deutschsprachige Beiträge japanischer Autoren in japanischen Zeitschriften mit deutschen Titeln (ebd.: Nr. 104: Zeitschriftentitel Berichte des Ohara Instituts für Landwirtschaftliche Biologie Okayama Universitaet) und dergleichen mehr. Zur Illustration der Verhältnisse zu noch etwas früherer Zeit, nämlich vor dem Ersten Weltkrieg, sind hier drei fast zufällig herausgegriffene Spalten des britischen Zoological Record (1864 ff.) des Jahres 1910 kopiert (Abb. A-l). Aus ihnen wird nicht nur der hohe Anteil deutschsprachiger Publikationen in dieser — wohlgemerkt in England erstellten! — Bibliographie ersichtlich, sondern auch die Funktion des Deutschen als Lingua franca der Zoologie. Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Lingua franca meint hier jede beliebige Sprache, die Sprechern verschiedener Sprachen zur Überbrückung ihrer Sprachdifferenzen dient — nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen mediterranen Handelssprache im Mittelalter (Kahane/Kahane 1976). Im Sinne dieser Funktion des Deutschen als Lingua franca der Wissenschaften sind hier russische Titel (Nr. 42, 50), norwegische (Nr. 132), portugiesische (Nr. 225, 228, 229) und Titel anderer Sprachen mit deutschsprachigen Übersetzungen versehen. Die Biologie war bei weitem kein Sonderfall. Noch bedeutsamer war die Stellung des Deutschen als Wissenschaftssprache in der Chemie. Für sie, wie für weitere Naturwissenschaften, ließen sich ähnliche Anteile der

Deutsch — einstige Weltsprache der Wissenschaft

3

deutschsprachigen Publikationen illustrieren wie f r die Biologie oder spezieller Zoologie. Ein Indiz anderer Art daf r, wie bedeutsam die deutsche Sprache f r Chemiker war, auch in nicht-deutschsprachigen L ndern, ist der Umstand, da der Erwerb mindestens von Lesef higkeiten im Deutschen vielfach obligatorischer Studienbestandteil war; denn es galt als unverzichtbar, die deutschsprachigen Ver ffentlichungen regelm ig zu rezi-

B bler, Emil. Die wirbellose, terrestrische Fauna der nivalen Region. Ein Beitrag zur Zoogeographie der Wirbellosen. Rev. Suisae Zool. Geneve 181910 (701-910) l Taf. 4 Karten. 41 [Babnikin, N. I.] EaoyuiKntn,, H. Π. 3&H&'in

1IOBO

ΒβΤβρΗΠΒρΗΟ-ΑΐΟ.ΊΟΓΠ-

>«ecKOft .lafiop.iTomn 3ooC Humanities Citation Index: Permuterm® Subject Index A to Z: Guide &" journal List 1977: 10) Der Science Citation Index und der Social Sciences Citation Index sind dem Arts &C Humanities Citation Index analog aufgebaut, enthalten aber zusätzlich noch die Journal Citation Reports. Diesen läßt sich insbesondere entnehmen, wie oft die einbezogenen Zeitschriften zitiert wurden, woraus sich dann ihr Einflußfaktor errechnet (vgl. weiter unten im vorliegenden Kap.). Solche Informationen können hilfreich sein, wenn es um die Auswahl von Zeitschriften geht, z. B. für Wissenschaftler bei der Wahl von Publikationsorganen oder für Bibliothekare bei Beschaffungen. Nebenbei bemerkt, gehören die Zitatenindexe, wie andere bibliographische Datenbanken, an den US-Universitäten viel selbstverständlicher als an deutschen Universitäten zum Bestandteil der wissenschaftlichen Hilfsmittel. Vielleicht sind sie sogar ein nicht unwichtiger Grund, neben anderen, für die Überlegenheit der US-Universitäten in der Forschung. In unserem Zusammenhang ist auch bedeutsam, daß die vorliegenden Zitatenindexe die Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache festigen. Sie sind nämlich nur in Englisch zugänglich: ihr Stich-/Suchwortregister ist praktisch ausschließlich englischsprachig, und die aufgenommenen

34

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Titel erscheinen in der Regel nur in Englisch, mit beigefügtem Hinweis auf die Originalsprache („GE" = German, „RS" = Russian usw.). Die Stärkung des Englischen als internationale Wissenschaftssprache ist sogar geradezu erklärte Sprachenpolitik ihres Begründers, Eugene Garfield (vgl. 1977b; 1977i), des langjährigen einstigen Leiters des Institute for Scientific Information. Garfield gehört auch zu den wissenschaftlichen Wegbereitern der Zitatenanalyse (vgl. z. B. Garfield 1972; 1977a; 1977c; 1977d; 1977k; 1979). Diese Methode kann selbstverständlich nicht nur der Erstellung von Zitatenindexen, sondern auch anderen Zwecken dienen. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird sie z. B. anders genutzt. Zitatenanalysen geben ganz allgemein Aufschluß darüber, welche Texte welche anderen zitieren. Dabei können die Texte, zitierende wie zitierte, nach allen erdenklichen Merkmalen klassifiziert werden, z. B. nach — Textsorten (Monographien, Zeitschriftenbeiträge usw.); — Autoren (Einzelautoren, Autoren klassifiziert nach verschiedenen Merkmalen wie z. B. institutionelle oder nationale Zugehörigkeit usw.); — Publikationszeiten; — Publikationsorten oder -ländern; — Sprachen, in denen sie verfaßt sind; — anderes mehr. Wenn man beide Mengen von Texten, zitierende und zitierte, aufeinander bezieht, ist die Anzahl der möglichen Kombinationen gleich ihrem Kartesischen Produkt. Bei unserer Fragestellung stehen folgende Klassifikationen und Beziehungen im Vordergrund: Textsorte und Publikationsland der zitierenden Texte (Zeitschrift(enbeitrag) in den Niederlanden, Polen usw.) — die Sprache der zitierten Texte (Deutsch, Englisch usw.). Alle anderen Möglichkeiten bleiben unberücksichtigt. Das Zitieren bzw. Zitiertwerden ist besonders interessant als Indikator für die Textrezeption. Zitatenanalysen liefern Anhaltspunkte zu den Rezipienten, der Rezeptionszeit, dem Rezeptionsausmaß usw. von Texten. Sie können damit auch Aufschluß liefern über „Zitierkartelle", „unsichtbare Kollegien" oder „Forschungsfronten" (de Solla Price 1965; 1986: 56-81). Dabei sollte allerdings die mögliche Ungenauigkeit dieses Indikatoren nicht gänzlich übersehen werden. Zum einen nämlich erfassen Zitatenanalysen die Rezeption eines Texten nicht vollständig. Texte kann man auch rezipieren, ohne sie je zu zitieren. Außerdem berücksichtigen Zitatenanalysen normalerweise nur Bezugnah-

Fragestellung und Methode

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men in gedruckten Texten; das Zitiertwerden in nichtgedruckten oder gar in mündlichen Texten wird — unter anderem wegen der damit verbundenen Erhebungsschwierigkeiten — nicht erfaßt. Damit sind die möglichen Rezipienten von vornherein eingeschränkt auf Autoren, die oft nur eine kleine Teilmenge der tatsächlichen Rezipienten bilden; das Gros sind meist Leser, die nicht selbst publizieren. Allerdings ist die Differenz zwischen Nur-Lesern und Leser-Autoren bei wissenschaftlichen Texten geringer als bei belletristischen. Zum ändern können Zitatenanalysen die Rezeption eines Textes umfangreicher erscheinen lassen, als sie in Wirklichkeit ist. Ein Text kann nämlich auch zitiert werden von Personen, die ihn gar nicht rezipiert haben, und erst recht setzt das Zitieren keine vollständige Rezeption voraus. Die von den Klassikern der belletristischen deutschen Literatur stammenden Sprichwörter und Redensarten liefern Beispiele dafür. „Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles, ach wir Armen", kann auch äußern, wer Goethes Faust nie gelesen hat, und kann sogar wissen und beim „Zitieren" mitteilen, daß dieses Sprichwort aus jenem Text stammt. Entsprechend können Zitate der Fachliteratur kolportiert werden, ohne daß die Originaltexte rezipiert wurden. Lediglich der zitierte Textausschnitt selber muß rezipiert worden sein, allerdings nicht einmal aus erster Hand. Das damit angeschnittene Problem verschärft sich in der gängigen Praxis der Zitatenanalyse dadurch, daß in der Regel schon die in den Literaturverzeichnissen aufgeführten Titel als Zitate gelten. Bisweilen werden sogar überhaupt nur sie gezählt, weil dies einfacher ist als die Durchsicht der ganzen Texte. Gelegentlich wird auf das Problem hingewiesen, daß „Klassiker" der Fachliteratur immer wieder in Literaturverzeichnissen auftauchen, ohne — wie man annehmen muß — wirklich gelesen worden zu sein. Sabine Skudlik berichtet von einer vielzitierten Abhandlung, in der zwei Koeffizienten falsch abgedruckt waren, was erst viele Jahre später entdeckt wurde. Demnach hatten die zahlreichen Zitierer das Original gar nicht gelesen, oder zumindest nicht sorgfältig. Und in der Tat, „wer kann schon kontrollieren, ob eine im Literaturverzeichnis aufgeführte Arbeit auch wirklich gelesen wurde?" (Skudlik 1990: 171) In die gleiche Richtung weist eine Beobachtung, die vermutlich die meisten erfahrenen Wissenschaftler schon gemacht haben, nämlich daß sich manche bibliographischen Fehler von Literaturverzeichnis zu Literaturverzeichnis fortpflanzen. Dies läßt darauf schließen, daß die Texte selber nicht einmal zur Hand genommen, geschweige denn gelesen wurden. Daher bestehen sorgfältige Bibliographen

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Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

auf der Autopsie jedes Titels und vermerken dies als Gütezeichen ihrer Arbeit. Um die Möglichkeit der bloßen Titelfortpflanzung etwas einzuschränken, wurden bei der Zitatenanalyse, über die nachfolgend berichtet wird, außer den Titeln im Literaturverzeichnis auch die Anmerkungen ausgewertet. Anmerkungen im Text oder als Fußnoten dürften in der Regel eher auf tatsächlicher Lektüre basieren als bloße Angaben im Literaturverzeichnis; jedenfalls wurde für die vorliegende Untersuchung von dieser Annahme ausgegangen. Jede Nennung in einer Anmerkung und jede Angabe im Literaturverzeichnis wurde als l Zitat gezählt, allerdings nur, wenn auch eine Quellenangabe, also ein Literaturhinweis dabei war. Jedes derartige Zitat wurde dann der Sprache des zitierten Titels zugeordnet. Jede Nennung z. B. eines deutschsprachigen Titels in einer Anmerkung oder im Literaturverzeichnis zählte also als l Zitat aus der deutschen Sprache, wobei MehrfachNennungen desselben Titels mehrfach gezählt wurden. Ausschlaggebend für die sprachliche Zuordnung war die aktuelle Sprache des zitierten Titels, nicht die eventuell andere Originalsprache. Die numerischen Angaben in den folgenden Kapiteln beziehen sich also in diesem Sinne auf die Häufigkeit von Zitaten aus den jeweiligen Sprachen. In der Regel sind es Angaben über die Anteile der verschiedenen Sprachen (Prozentwerte) an der Gesamtzahl der Zitate. Die Berechnungsgrundlage bilden dabei jeweils die vollständigen Jahrgangsbände der untersuchten Zeitschriften. Die angegebenen Zahlen sind also, wenn nicht ausdrücklich anders spezifiziert, Angaben zum Anteil der Sprachen (in Prozent) an der Gesamtmenge der Zitate von Zeitschriften-Jahrgangsbänden. Die Auswerter, nach geeigneten Sprachkenntnissen ausgewählte studentische Hilfskräfte, hatten die sprachliche Kompetenz, den größten Teil der auftretenden Zitatensprachen eindeutig zu identifizieren; in verbleibenden Zweifelsfällen nahmen sie Rücksprache mit Teamkollegen oder einschlägigen Fremdsprachdozenten. Trotz der skizzierten Einschränkungen gilt die Zitatenanalyse weithin als eine ziemlich valide und reliable Methode der wissenschaftlichen Rezeptionsforschung. Für die vorliegende Untersuchung bot sie sich zudem deshalb an, weil sich durch sie verhältnismäßig leicht längerfristige Entwicklungen feststellen lassen. Zu diesem Zweck wurden wichtige Fachzeitschriften der interessierenden wissenschaftlichen Disziplinen und Länder nach der Anzahl der Zitate aus verschiedenen Sprachen analysiert. Zur Abschätzung der Wichtigkeit der Zeitschriften wurde, soweit möglich, ihr Einflußfaktor (impact factor) festgestellt. Diese Übersetzung des

Fragestellung und Methode

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ursprünglich englischsprachigen Terminus scheint sich inzwischen in der deutschsprachigen Fachliteratur durchgesetzt zu haben (z. B. Skudlik 1990: 163) — eine treffendere Übersetzung wäre eigentlich Einwirkungsfaktor. Die Einflußfaktoren von Zeitschriften lassen sich den Zitatenberichten (Journal Citation Reports) des Science Citation Index und des Social Sciences Citation Index entnehmen; für den Arts &c Humanities Citation Index gibt es, wie schon erwähnt, keine solchen Berichte. — Für die Fachzeitschriften der kleineren Länder lag oftmals keine Angabe zum Einflußfaktor vor, vermutlich weil das Institute for Scientific Information ihn für zu niedrig hielt, um seine Ermittlung als lohnend zu erachten. Allerdings bestand bei diesen Ländern meist ohnehin kaum die Möglichkeit der Wahl zwischen verschiedenen Zeitschriften. Übrigens gibt es außer dem Einflußfaktor auch andere Maße für den Rang von Zeitschriften (vgl. z. B. Kim 1992); jedoch liegen danach ermittelte Maßzahlen nur vergleichsweise sporadisch vor. Der Einflußfaktor einer Zeitschrift ist nicht definiert nach der Häufigkeit, mit der die betreffende Zeitschrift insgesamt zitiert wird, sondern nach der Häufigkeit, mit der ihre Beiträge zitiert werden. Dieser Spezifizierung wird Rechnung getragen durch den Quotienten: Zitierhäufigkeit der Zeitschrift insgesamt Anzahl der Beiträge dieser Zeitschrift Damit wird vor allem der Größenunterschied zwischen den Zeitschriften teilweise neutralisiert. Andernfalls haben nämlich große Zeitschriften mit vielen Heften und zahlreichen Beiträgen von vornherein größere Chancen, zitiert zu werden, als kleine. Aufgrund des genannten Quotienten ist es dagegen sogar möglich, daß manche Zeitschriften zwar wegen ihrer Kleinheit insgesamt seltener zitiert werden als manche große, aber dennoch einen stärkeren Einflußfaktor haben. Dies ist dann der Fall, wenn ihre einzelnen Beiträge durchschnittlich häufiger zitiert werden (Garfield 1977e; 1977g). Die Länge der Beiträge, die unter Umständen ebenfalls zu Verzerrungen führen kann, bleibt bei der Berechnung des Einflußfaktors jedoch unberücksichtigt. Der Einflußfaktor variiert zusätzlich je nach Analysezeitspanne. Für die genannten Zitatenindexe ist er definiert als: „A measure of the frequency with which the ,average article' in a journal has been cited in the particular year. The JCR [Journal Citation Reports! U. A.] impact factor is basically a ratio between citations and recent citable items published. Thus, the impact factor of Journal X would be calculated by dividing the number of all

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Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

current citations of source items published in Journal X during the previous two years by the number of articles Journal X published in those two years." (Social Sciences Citation Index 1992: 9) Grundsätzlich bewegt sich der Einflußfaktor im Zahlenraum 0 ^ °°, auf welche (endliche) Zeitspanne er auch immer bezogen ist. — Für naturwissenschaftliche Zeitschriften liegen die verzeichneten Spitzenwerte deutlich höher als für sozial- und geisteswissenschaftliche Zeitschriften. Sie nähern sich im Science Citation Index dem Wert von 40, während sie im Social Sciences Citation Index kaum den Wert von 9 erreichen. Für die Zitatenanalye, über die hier berichtet wird, wurden als wissenschaftliche Disziplinen die Chemie, die Wirtschaftswissenschaft und die Geschichte (= Geschichtswissenschaft) ausgewählt. Damit sollte einerseits je eine typische Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaft vertreten sein. Andererseits wurde damit zugleich je ein Beispiel aus den drei Klassen von Disziplinen gewählt, die Sabine Skudlik (1990: 149) aufgrund ihrer Befunde ausdrücklich unterscheidet, nämlich: (1) der „anglophonen" Wissenschaften: die Chemie; (2) der „gemäßigt anglophonen" Wissenschaften: die Wirtschaftswissenschaft; (3) der „eher nationalsprachlich geprägten" Disziplinen: die Geschichte. (Vgl. Kap. A2, A3: jeweils gegen Ende) Die gleiche Auswahl aus den wissenschaftlichen Disziplinen wurde auch für die Fragebogenerhebung getroffen (vgl. Kap. C).

2 Naturwissenschaften: Beispiel Chemie Wenn in der vorliegenden Untersuchung immer wieder von „Beispielen" oder sogar „typischen Beispielen" breiter Fächergruppierungen die Rede ist, so muß dies auf Leser, die sich der Komplexität des heutigen Wissenschaftsbetriebs bewußt sind, gelegentlich naiv wirken. Man braucht nur einen Blick in Einführungen oder Handbücher zum Thema Fachsprache zu werfen, um der ungeheuren Differenziertheit und Verflechtung der Disziplinen im heutigen Wissenschaftsbetrieb gewahr zu werden (z. B. Fluck 1991: Kap. l und 2; Hoffmann/Kalverkämper/Wiegand, eds., 1998: passim; vgl. insbesondere Small/Garfield 1997). Die Differenziertheit der Fächer wird auch sichtbar in den Datenbanken. Ein Beispiel ist der Science Citation Index (1961 ff.). Für ihn werden alleine in den Naturwissenschaften 129

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

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Fächer unterschieden, von „acoustics" und „aerospace engineering & technology" bis „water resources" und „zoology", wobei diejenigen Fächer, die anderen Fächern durch bloße Verweise zugeordnet sind, nicht einmal mitgezählt wurden. Jedes dieser 129 Fächer wird weiter unterteilt in mindestens 7 und bis zu 151 Gebiete. Allein in der Chemie werden 7 Teilfächer unterschieden, die weiter unterteilt sind in je 14 bis 76 Gebiete. Diese Teilfächer heißen: „chemistry"; „chemistry, analytical"; „chemistry, applied"; „chemistry, inorganic & nuclear", „chemistry, organic", „chemistry, physical", „chemistry, polymer", wobei von letzterem verwiesen wird auf „polymer science". An anderer Stelle des Alphabets finden sich weitere Fächer, die offenkundig mit Chemie zu tun haben, wie z. B. „biochemistry & molecular biology". (Science Citation Index 1988, Journal Citation Reports, Vol. 19: 363-380) In den Chemical Abstracts (z. B. 126 (1), 6. 1. 1997: 1) werden sogar nicht weniger als 80 Teilfächer der Chemie unterschieden, von „pharmacy" bis „organic analytical chemistry". — Wenn im folgenden also von „den Naturwissenschaften" oder auch nur von „der Chemie" und dergleichen die Rede ist, sollte nicht ganz vergessen werden, welche Komplexität sich hinter solch schlicht anmutender Ausdrucksweise verbirgt. Daß die Chemie indes eine typische Naturwissenschaft ist, steht außer Zweifel, denn sie taucht praktisch immer auf, wo die einzelnen Glieder dieser Fächergruppe aufgezählt werden, und sie erscheint nie unter einer der beiden anderen hier unterschiedenen Fächergruppen, den Sozialwissenschaften oder den Geisteswissenschaften. Schon zuvor (Kap. A.2: gegen Anfang) wurde auf das Untersuchungsergebnis des New Yorker Institute of Technology hingewiesen, daß 55% der US-amerikanischen naturwissenschaftlichen und technischen Dissertationen von 1964/65 keinerlei deutschsprachige Titel zitierten und weitere 43% dies nur in der Einleitung taten, wobei es sich praktisch ausschließlich um Titel älteren Erscheinungsdatums handelte (Bericht 1967: 12). Solchen ernüchternden Befunden stehen allerdings teilweise anderslautende entgegen, die ein nach wie vor breites Interesse an deutschsprachiger naturwissenschaftlicher Fachliteratur nahelegen. So berichtet z. B. J. Klein (1983: 36) aus der Dolmetscherhochschule Mons in Belgien über regelmäßige Anfragen von Naturwissenschaftlern unterschiedlicher Fachrichtungen, die um Hilfe beim Verständnis deutschsprachiger Fachtexte bitten. Klein nennt freilich keine Zahlen, insbesondere keine, die einen Vergleich mit der Nachfrage nach Texten in anderen Sprachen ermöglichten. Auch könnte man vermuten, daß sich dieses Interesse auf Nachbarregionen des deutschen Sprachgebiets oder

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Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

auf Europa beschränkt; jedenfalls scheinen entsprechende Meldungen aus weiter entfernten Regionen nicht vorzuliegen. Für die Sowjetunion hat B. Barker (1966) bedeutsame Daten veröffentlicht. Danach stellte um 1960 die deutsche („German") - gemeint ist offenbar deutschsprachige — Fachliteratur durchaus eine wichtige Informationsquelle sowjetischer Chemiker dar, aus der rund 15% ihrer Zitate stammten (Barker 1966: 135, Fig. 20). Allerdings ist der Zitatenanteil deutschsprachiger Quellen weit geringer als derjenige englischsprachiger, vor allem USamerikanischer. Besonders bemerkenswert ist außerdem auch hier, daß ein Großteil der deutschsprachigen Zitate aus vergleichsweise betagter Literatur stammt, nicht selten aus dem 19. Jahrhundert. Barker (1966: 135) deutet diesen Befund zwar als „continuing usefulness of early German literature"; man könnte jedoch auch den negativen Schluß ziehen — ähnlich wie das Institute of Technology —, daß neuere deutschsprachige Fachliteratur, in diesem Fall der Chemie, für die sowjetischen Wissenschaftler uninteressant war. Auch die Untersuchung, über die nachfolgend berichtet wird, befaßt sich mit der Chemie als Beispiel einer naturwissenschaftlichen Disziplin. Sie wurde nicht zuletzt deshalb gewählt, weil sie wie kaum eine andere in den deutschsprachigen Ländern eine weltweit anerkannte illustre Tradition aufweist: „Im naturwissenschaftlichen Bereich genoß besonders die deutschsprachige Chemie Weltruf" (Skudlik 1990: 22; vgl. auch Ammon 1991a: Kap. 8 passim; Michels 1989; 1991; 1992). Andernorts heißt es: „Germany exercised a leading role in chemical research in the late nineteenth century." An späterer Stelle desselben Textes wird darauf hingewiesen, daß bis dahin, nämlich 1976, 24 Nobelpreise der Chemie nach Deutschland gegangen seien gegenüber 21 in die USA und 20 nach Großbritannien, und hinzugefügt: „Germany and, to a lesser extent, Great Britain were the centers of the world chemical community." (Thackray u. a. 1985: 155, 161) Mit Deutschland („Germany") sind möglicherweise die deutschsprachigen Länder insgesamt gemeint, von denen allerdings in diesem Fall der Löwenanteil Deutschland zufällt. Geht man historisch weiter zurück, so findet man noch deutlichere Disproportionen zugunsten der deutschsprachigen Länder. So sind bis 1937 von den Nobelpreisen für Chemie 15 an Deutschland gegangen, l an Österreich, l an die Schweiz und lediglich 5 an Großbritannien und 3 an die USA. Deutschland und Österreich zusammen vereinen auf sich genau die Hälfte aller bis dahin vergebenen Nobelpreise für Chemie, insgesamt 32 (Mac Callum/Taylor 1938: 23).

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

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Solche allgemeinen Befunde werden durch zahlreiche speziellere gestützt, die man allenthalben in der einschlägigen Literatur finden kann. So steht z. B. in einer Fachgeschichte über die physikalische Chemie: ,,[T]he subject originated in Germany, with Leipzig the foremost centre, during the last fifth of the nineteenth century (...)· Berlin was the greatest centre by 1906. In the 1920s and 1930s physical chemistry flourished (...)" (Russell, ed., 1985: 154; vgl. auch diverse Hinweise in Partington 1961 — 1970). Ein weiteres Indiz der gewichtigen Tradition der deutschsprachigen Länder in der Entwicklung der Chemie sind die erfolgreichen Chemieunternehmen, wie z. B. in Deutschland: Hoechst, BASF und Bayer (früher zusammen IG Farben), die drei umsatzstärksten der Welt, und in der Schweiz: Ciba-Geigy und Sandoz (1995 nach Umsatz Weltrangplätze 6 bzw. 13, neuerdings fusioniert zu Novartis) — wenn auch inzwischen der Gesamtumsatz der chemischen Industrie in den USA fast dreimal und in Japan über doppelt so hoch ist wie in Deutschland (alle Daten in Welt der Chemie 3. 3. 1997). Herausgebildet hat sich eine eigenständige deutschsprachige Chemie, auch im Sinne einer Kommunikationsgemeinschaft, offenbar im Verlauf des 18. Jahrhunderts (vgl. Hufbauer 1982). Sie hat sich gefestigt und in mancher Hinsicht schon im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eine Führungsrolle erlangt. Damals entstanden auch wichtige Publikationsorgane. Der schwedische Chemiker Jons J. Berzelius hat 1821 die Jahresberichte über die Fortschritte der physikalischen Wissenschaften begonnen, „the first chemical review serial" weltweit (Mellon 1982: 10). Dabei ist auch bemerkenswert, daß sich Berzelius des Deutschen als Publikationssprache bediente — neben seiner von ihm ebenfalls genutzten Muttersprache Schwedisch. 1830 folgte das Pharmaceutische Centralblatt, das — über mehrere Umbenennungen — schließlich 1897 zum Chemischen Zentralblatt wurde, das bis 1969 erschien. Über seine Bedeutsamkeit liest man in einer aktuellen amerikanischen Übersichtsdarstellung der chemischen Fachliteratur: „Because of the length of time covered, the Zentralblatt is probably the most important general abstracting journal [der Chemie! U. A.]." (Mellon 1982: 124) Die Führungsposition der deutschsprachigen Länder bleibt bis weit ins 20ste Jahrhundert hinein erhalten. Sie spiegelt sich unter anderem in Handbüchern, die weltweit gebraucht werden, teilweise noch heute (z. B. Beilsteins Handbuch der Organischen Chemie 1910 ff. — vgl. auch How to Use Beilstein o.J.; Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie 1914 ff.). Hinzuzufügen ist allerdings, daß sich in Darstellungen von Spitzenleistungen der Chemie in den deutschsprachigen Ländern auch vielfach Hinweise auf den späteren Verlust der Vorrangstellung finden. Er wird oft in die 30er

42

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Jahre unseres Jahrhunderts datiert und explizit mit dem Nationalsozialismus in Zusammenhang gebracht. Über die in den 20er und frühen 30er Jahren weltweit führende physikalische Chemie in Berlin heißt es z. B. in einer Fachgeschichte: „but it was then ruined in Germany by the rise of Nazism." (Russell 1985: 154) Diverse Untersuchungen der Entwicklung der US-amerikanischen Chemie und chemischen Fachliteratur bestätigen, zumindest indirekt, ebenfalls die einstige Weltstellung der deutschen Sprache in der Chemie. Nicht selten handelt es sich bei diesen Untersuchungen zugleich um mustergültige Zitatenanalysen. Ein frühes Beispiel sind P. L. K. Gross und E. M. Gross (1927. Vgl. dazu auch de Solla Price 1986: 72 und 280, Anm. 15). Sie ermittelten schon in den 20er Jahren unseres Jahrhunderts die meistzitierten chemischen Fachzeitschriften, um damit den Bibliotheken der US-Hochschulen (Colleges und Universitäten) Auswahlkriterien an die Hand zu geben. Zu diesem Zweck erfaßten sie alle Zitate des Jahrgangs 1926 in The Journal of the American Chemical Society, der damals nach verbreiteter Auffassung repräsentativsten US-Fachzeitschrift der Chemie; ausgenommen blieben lediglich Zitate aus dieser Zeitschrift selber. Die Zitatenquellen (zitierte Arbeiten) der auf diese Weise insgesamt erfaßten 3.633 Zitate (aus 247 verschiedenen Zeitschriften) ordneten sie nach dem Ersterscheinungsdatum, um eventuelle Entwicklungstendenzen aufzuzeigen. Außerdem werteten sie die Zitatenquellen nach Sprachen aus. Unter den vier am häufigsten zitierten Zeitschriften, aus denen 43% aller Zitate stammten, sind nicht weniger als drei aus deutschsprachigen Ländern. Außerdem war Deutsch mit Abstand die häufigste Sprache der nicht-amerikanischen Zitatenquellen (vgl. Tab. B-1 und B-2). Aus dem Befund, daß die deutschsprachigen Zeitschriften die meistzitierten und Deutsch die häufigste Sprache der nicht-amerikanischen Zitatenquellen waren, zogen die Autoren unter anderem folgende, in unserem Zusammenhang interessante Konsequenz: „Certainly it should be insisted that a reading knowledge of German be required of every student majoring in chemistry in college. French can hardly be accepted as a substitute (...)" (Gross/Gross 1927: 388; vgl. auch Kap. A.I). Diese Resultate und Folgerungen sind für Freunde der deutschen Sprache sicher beeindruckend. Allerdings wird bei genauerer Betrachtung von Tabelle B-1 schon damals eine rückläufige Tendenz für die deutschsprachigen Zeitschriften sichtbar, und damit — wie anzunehmen ist — auch für Deutsch als Sprache der Zitatenquellen. Ein Anzeichen dafür ist z. B. der Zahlenverlauf der Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft nach

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

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Tab. B-l: Anzahl der Zitate aus den vier meistzitierten Zeitschriften in The Journal of the American Chemical Society im Jahr 1926

Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft

1871- 1876- 1881- 1886- 1891- 1896- 1901- 1906- 1911- 1916- 19211875 1880 1885 1890 1895 1900 1905 1910 1915 1920 1925

Summe

33

Journal of the Chemical Society Liebigs Annalen der Chemie

-

Zeitschrift für physikalische Chemie

44

53

56

60

64

79

115

67

30

78

668

l

2

5

20

21

47

45

60

37

122

390

13

18

19

21

22

23

33

37

8

26

278

6

16

28

19

29

21

6

53

191

Tab. B-2: Sprachenanteile der nicht-amerikanischen Zitatenquellen in The Journal of the American Chemical Society 1926

Deutsch Englisch Französisch Andere

Anzahl Zitate

Prozent

1667 1557 300 87

53 35 9 3

1910 — vor allem im Vergleich zum Journal of the Chemical Society. Ein anderes, deutlicheres Indiz ist der Umstand, daß in der Zeitspanne 1871 — 1900 der Anteil der Zitate aus den in Tabelle B-l einbezogenen Zeitschriften deutschsprachiger Länder 90% beträgt, in der Zeitspanne 1901 — 1925 dagegen nur noch 65%. Aufs Ganze gesehen nimmt der deutschsprachige Anteil sogar ziemlich stetig ab und liegt bei nur noch 56% im letzten ausgewerteten Jahrfünft (1921 — 1925). Allerdings bleibt er bis zuletzt höher als der Anteil aus Zeitschriften irgendwelcher anderen Sprachen. Daher ist es auch nicht erstaunlich, daß — trotz rückläufiger Tendenz — die 3 Zeitschriften aus deutschsprachigen Ländern in Tabelle B-l zu denjenigen gehören, die Gross/Gross den US-Hochschulbibliotheken für

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Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

das Fach Chemie vorrangig zur Anschaffung empfahlen (neben 3 Zeitschriften aus den USA und der in Tabelle B-1 zweitplazierten Zeitschrift aus Großbritannien). Noch aussagekräftigere und fast bis in die Gegenwart hereinreichende Befunde aus Zitatenanalysen werden vorgelegt von Arnold Thackray u. a. (1985: 154—163, 228—233). Sie stützen sich zum Teil auf vorausgehende Untersuchungen (vor allem Fussier 1949; National Academy of Sciences 1965; Computer Horizons 1972; Narin/Carpenter 1975); zum Teil ergänzen sie diese durch eigene Analysen. Einige dieser Befunde sind höchst berichtenswert. Ein Teil davon stammt aus einer Analyse der Zitate in den Chemischen Berichten. Dabei wird zu differenzieren versucht zwischen dem quantitativen und dem qualitativen Zuwachs der zitierten nicht-deutschsprachigen Literatur — die zitierte deutschsprachige Literatur bleibt bei dieser Analyse unberücksichtigt. Der Anteil der Zitate aus US-amerikanischer Literatur zeigt deutlich stärkere Zuwächse als der Anteil der US-Literatur an der in den Literaturverzeichnissen genannten nicht-deutschsprachigen Literatur. Der US-Zitatenanteil steigt von unter 10% im Jahr 1890 ziemlich kontinuierlich auf fast 50% im Jahr 1980, während der US-Literaturanteil bei gut 30% stagniert (Thackray u. a. 1985: 156). Die Prozentsätze beziehen sich, wie gesagt, auf die nicht-deutschsprachige Literatur. Die Autoren schließen daraus bezüglich der US-Literatur auf „appreciation of their quality". „American chemistry has been cited proportionately more than it warranted by increasing quantity alone. The prominence of American work within the international literature has been sustained by quality" (S. 155, 157). Diese Bewertung oder Erklärung erscheint zunächst einleuchtend. Problematisch ist allerdings, daß die Autoren zugleich das häufige Zitieren deutschsprachiger Literatur durch deutsch(sprachig)e Chemiker mit kritischem Unterton registrieren: „German chemists tend to cite German literature disproportionately" (S. 155). Beide Bewertungen sind nicht ohne weiteres kompatibel, was von den Autoren nicht thematisiert wird. Während sie bei den US-Arbeiten von der Zitierhäufigkeit auf hohe Qualität schließen, nehmen sie — wie es scheint — als Grund für das häufige Zitieren deutsch(sprachig)er Arbeiten eine von der Qualität her nicht gerechtfertigte Voreingenommenheit der deutsch (sprachig) en Chemiker an. Diese unterschiedliche Bewertung liegt zwar auf den ersten Blick aus sprachlichen Gründen nahe; jedoch könnten auch beim bevorzugten Zitieren der US-Literatur qualitätsfremde Motive hereingespielt haben, z. B. das höhere Prestige der

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

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Siegermacht oder Weltmacht bzw. ihrer Forschung. Auch die von den Autoren zur Unterstützung ihrer Argumentation herangezogenen anderen Daten beweisen nicht zwingend die höhere Qualität der US-Publikationen, wie z. B. folgender Befund einer Analyse des Science Citation Index: „Although the American share of world chemical publications in 1975 was only 22%, fully 65% of all citations in foreign chemical publications were to American work (...)" (Thackray u. a. 1985: 160, Anm. 1). Hier könnten außer den genannten Prestigegründen (Weltmachtbonus der betreffenden Forschung) auch vorhandene Fremdsprachenkenntnisse eine wichtige kanalisierende Rolle gespielt haben. Als Indikatoren für vorherrschende QualitätsWahrnehmungen, die nicht unbedingt mit der tatsächlichen Qualität übereinstimmen müssen, wird man solche Zahlen allerdings durchaus interpretieren dürfen. Einen eindrucksvollen Überblick über die langfristige Entwicklung liefert Thackrays u. a. (1985: 159) Analyse des Zitatenanteils US-amerikanischer und deutscher Publikationen an ausgewählten US-amerikanischen, britischen und deutschen chemischen Fachzeitschriften. Deutsche („German") Publikationen definieren sie dabei ausdrücklich als Deutschsprachig' („written in the German language") — wie sie hier daher im weiteren auch genannt werden sollen —, und zwar unter Einbeziehung österreichischer und Schweizer Publikationen (Thackray u. a. 1985: 228, Anm. 1). Einen Überblick über die dabei festgestellte Entwicklung liefert Abbildung B-1 (Seite 46). Die Regressionsgeraden durch die Punktwolken ergeben ein sehr klares Bild, von dem im vorliegenden Zusammenhang insbesondere die folgenden Aspekte interessieren. Während der gesamten Untersuchungszeit nimmt der deutschsprachige Zitatenanteil ziemlich stetig ab, während der US-amerikanische ebenso stetig wächst. Am Anfang der untersuchten Zeitspanne, bis ungefähr 1920, ist auch in den US-Zeitschriften der Zitatenanteil aus deutschsprachigen Publikationen höher als der aus US-Publikationen. In den deutschsprachigen Zeitschriften bleibt der Zitatenanteil aus US-Publikationen bis zum Ende der Untersuchungszeit, also bis 1975, niedriger als der Zitatenanteil aus deutschsprachigen Publikationen; allerdings läßt die Richtung der Entwicklung auch hier einen Umschwung der Anteile in ca. einem Jahrzehnt erwarten. Diese wichtigen Daten sollen nun durch eine eigene Untersuchung ergänzt werden. Sie gleicht methodisch den Untersuchungen von Gross/Gross (1927), Barker (1966) und Thackray u. a. (1985: 154-163, 228-233) sowie einigen im letztgenannten Titel berichteten weiteren Forschungen, indem

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Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Deutschsprachige Publikationen in deutschsprachigen Zeitschriften

A

Deutschsprachige Publikationen in US-Zeitschriften US-Publikationen in US-Zeitschriften · US-Publikationen in britischen Zeitschriften O US-Publikationen in deutschsprachigen Zeitschriften o Trend der Zitate aus deutschsprachigen Publikationen Trend der Zitate aus US-Publikationen

Jahrzehnt

1890 1900 1910

1920 1930 1940 1950

1960 1970

1980

Abb. B-l: Zitatenanteile aus deutschsprachigen und aus US-Publikationen in deutschsprachigen, US- und britischen Zeitschriften 1890-1975 (Thackray u. a. 1985: 159)

sie sich ebenfalls der Zitatenanalyse bedient. Im Gegensatz zu Gross/Gross und Barker handelt es sich allerdings um eine Langzeituntersuchung, die Aufschluß über die Entwicklung im Zeitraum zwischen 1920 und 1990 liefern soll, und gegenüber Thackray u. a. weitet sie den Vergleich auf weitere Sprachen und Nationen aus. Analysiert wurden jeweils ganze Jahrgangsbände chemischer Fachzeitschriften, also alle darin enthaltenen Beiträge, und zwar, soweit möglich, in 10-Jahres-Abständen, jeweils die vollen Jahrzehnt-Bände. Ausnahmen bilden nur bisweilen die ältesten Bände, die nicht genau auf ein volles Jahrzehnt fielen, sowie Einzelfälle, wo gewünschte Bände nicht beschaffbar waren; in solchen Fällen wurden dem jeweiligen Jahrzehnt die nächstliegenden erreichbaren Jahrgangsbände zugewiesen (z. B. Uspekhi Khitnii 1932 -» 1930, Analytica Chimica Acta 1947 -* 1940, wobei letzteres einen Extremfall unregelmäßiger Jahrgangszuweisung darstellt).

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

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Gewählt wurden jeweils wichtige Zeitschriften der einbezogenen Länder, für die, soweit möglich, auch der Einflußfaktor (impact factor) festgestellt wurde (vgl zur Definition Kap. B.l). Dieser wurde ermittelt nach dem Science Citation Index 1990 (1991) Journal Citation Reports. Die dortigen Angaben zum Einflußfaktor sind weiter unten bei jeder Zeitschrift angeführt. Findet sich stattdessen die Angabe „kein Einflußfaktor ermittelt", so bedeutet dies, daß der Index keine Angabe enthält, entweder weil er die betreffende Zeitschrift gar nicht führt oder keinen Einflußfaktor für sie angibt. Vermutlich wurde auf seine Errechnung verzichtet, weil das zuständige Institute for Scientific Information (Philadelphia) den Einflußfaktor a limine als sehr niedrig einschätzte. Im einzelnen wurden auf diese Weise für folgende Länder die nachfolgend genannten Zeitschriften analysiert. In Klammern sind jeweils die Publikationssprachen, also die Sprachen der Beiträge, beigefügt, und zwar im Falle mehrerer Sprachen in alphabetischer Reihenfolge. USA

Journal of the American Chemical Society (1920—1990) (Einflußfaktor 1990: 4,46) (Publikationssprache: Englisch) Chemical Reviews (1924-1990) (Einflußfaktor 1990: 9,56) (Publikationssprache: Englisch)

UdSSR

Schurnal Obschtschei Chimii/ Journal of General Chemistry USSR (IKYPHAJJ (1931-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Russisch) Uspechi Chimii (VCIJEXH XMMHH) [Erfolge der Chemie] (1932-1990) (Einflußfaktor 1990: 0,74) (Publikationssprache: Russisch)

Frankreich

Bulletin de la Societe Chimique (1920-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Französisch) Biochimie (1920-1990) (Einflußfaktor 1990: 1,64) (Publikationssprache: Französisch)

Niederlande

Recueil des travaux chimique des Pays-Bas (1920—1990) (Einflußfaktor 1990: 1,18) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch)

48

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Analytica Chimica Acta (1947-1990) (Einflußfaktor 1990: 1,63) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch) Polen

Przemysl chemiczny [Chemische Wirtschaft] (1920—1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Polnisch) Chemia analityczna [Analytische Chemie] (1956—1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Polnisch)

Ungarn

Acta Chimica Hungaria (1951 -1990) (Einflußfaktor 1990: 1,63) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch)

Einen ersten Eindruck von der Entwicklung liefert ein Überblick über den deutschsprachigen Zitatenanteile im Verlauf der analysierten Jahrzehnte. Die Darstellung in den folgenden Tabellen folgt genau der obigen Reihenfolge der Zeitschriften. Bei den Zahlen handelt es sich um Prozentwerte, bezogen jeweils auf die Gesamtheit enthaltener Zitate. Die Zahlen sind natürlich gerundet (0 = < 0,5; l = > 0,5 und < 1,5 usw.); die Angabe „0" bedeutet also z. B. eine Zahl größer als 0, aber kleiner als 0,5. Gänzliches Fehlen von Zitaten aus einer Sprache, das freilich erst in späteren Tabellen vorkommt, wird durch „ —" angezeigt. Wenn eine Zelle leer ist, dann lag die Zeitschrift für das betreffende Jahrzehnt nicht vor. Am Ende der Zeile steht jeweils der (ungewogene) Mittelwert (M) (arithmetisches Mittel) über alle Jahrzehnte, der den Durchschnittsanteil an den Zitaten über den ganzen Zeitraum anzeigt. Man sieht leicht, daß in den Zeitschriften aller Länder der Anteil der deutschsprachigen Zitate im Verlauf der Zeit ziemlich stetig abnimmt. Die ältesten Jahrgangsbände enthalten ausnahmslos die höchsten deutschsprachigen Anteile, wobei sich die absolut höchsten Werte in den 1920er Bänden finden. Man kann also ohne Einschränkung sagen, daß der deutschsprachige Anteil seit Beginn der Untersuchungszeit, also seit 1920, zurückgeht. Im Anschluß an die Untersuchung von Gross/Gross (1927), über die zu Anfang dieses Kapitels berichtet wurde, muß man genauer sogar von einem weiteren Rückgang sprechen; denn nach den dortigen Befunden hat der Rückgang der deutschsprachigen Zitatenanteile ja schon vor 1920 begon-

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

49

Tab. B-3: Anteil der deutschsprachigen Zitate in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

USA

1920

1930

1940

1950

1960

46 41

40 28

26 19

17 13

37 31

36 22

UdSSR

1970

1980

1990

M

12 14

3 7

3 6

3 4

19 17

27 21

22 15

14 9

7 5

4 3

21 15

Frankreich

54 35

44 21

36 14

22 11

12 13

11 7

11 8

9 9

25 15

Niederlande

58

50

38 48

37 50

25 35

18 17

12 9

9 7

31 28

Polen

69

44

36

20 19

16 19

17 19

20 13

15 11

30 16

55

50

44

37

44

46

Ungarn

nen. Keinesfalls also beginnt dieser Rückgang, wie manchmal vermutet wird, erst in der NS-Zeit oder gar nach dem Zweiten Weltkrieg. Ferner ist ersichtlich, daß die Zeitschriften der Nachbarländer des deutschen Sprachraums im allgemeinen mehr deutschsprachige Zitate aufweisen als diejenigen entfernterer Länder, also der USA und der UdSSR. Von den Nachbarländern bewahren wiederum die östlichen (ostmitteleuropäischen) größere Anteile als die westlichen. Ungarn ist geradezu ein Sonderfall der Beibehaltung eines sehr hohen Anteils deutschsprachiger Zitate. Bemerkenswert ist schließlich der zu Anfang der Untersuchungszeit allgemein noch sehr hohe Anteil deutschsprachiger Zitate, teilweise über 50 Prozent, der die einstmals prominente Stellung von Deutsch als Wissenschaftssprache der Chemie sichtbar macht. Aufschlußreich ist der Vergleich der deutschsprachigen mit den englischsprachigen Zitatenanteilen (Tab. B-4). Offensichtlich ist die Entwicklung des englischsprachigen Anteils der des deutschsprachigen ziemlich genau gegenläufig: Er erhöht sich stetig während der gesamten Untersuchungszeit. Diese Tendenz zeigt sich von Anfang an, also seit den 20er Jahren. Nach den weiter oben berichteten Untersuchungen von Gross/Gross (1927) und Thackray u. a. (1985: 159) besteht diese Tendenz allerdings schon früher, ansatzweise schon vor dem Ersten Weltkrieg. Thackray u. a. (1985: 160) extrapolieren sogar mathematisch den Rückgang/"decline in the importance of German chemistry since

50

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Tab. B-4: Anteil der deutschsprachigen und der englischsprachigen Zitate in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

USA

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

UdSSR

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

Frankreich

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

Niederlande

1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990

M

46 43 41 41

40 51 28 55

26 56 19 68

17 83 13 74

12 83 14 77

3 95 7 82

3 94 6 86

3 94 4 87

19 75 17 71

37 7 31 10

36 10 22 19

27 17 21 24

22 25 15 26

14 28 9 31

7 28 5 31

4 41 3 33

21 22 15 25

54 13 35 19

44 18 21 27

36 24 14 29

22 40 11 31

12 49 13 44

11 45 7 48

11 59 8 53

9 61 9 67

25 39 15 40

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

58 19

50 25

38 33 48 33

37 40 50 39

25 52 35 57

18 73 17 77

12 77 9 89

9 79 7 92

31 50 28 65

Polen

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

69 6

44 15

36 19

20 27 19 23

16 36 19 21

17 37 19 27

20 49 13 45

15 55 11 45

30 31 16 32

Ungarn

Deutsch Englisch

55 27

50 34

44 46

37 50

44 45

46 40

1890." Jedenfalls aber betonen sie (S. 157) die Langfristigkeit der Entwicklung in Richtung auf die Dominanz der US-Publikationen, die sie aufgrund von Zitatenanalysen feststellen: „It is striking that the hegemony [US-amerikanischer Publikationen! U. .] is the culmination of a fifty-year trend of increasing presence, and not merely the result of post-World War II developments." Der Aufstieg der US-Publikationen — bzw. spezieller: das in der Zitatenhäufigkeit zum Ausdruck kommende Interesse an ihnen — dürfte zugleich ein maßgeblicher Faktor für die wachsende Bedeutung der englischen Sprache als Wissenschaftssprache der Chemie sein, vor allem in der Anfangsphase dieser Entwicklung (vgl. auch Tsunoda 1983; Michels 1990; 1991; 1992; Crane 1944). Später und heute könnte zusätzlich eine Art Rückkoppelung wirksam werden, so daß die Verbreitung der englischen

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

51

Sprache die Rezeption der US-Publikationen, oder überhaupt aller englischsprachigen Publikationen, begünstigt (vgl. Kap. D.4: (9)). Auffällig ist ferner einerseits der anfänglich verhältnismäßig geringe Anteil des Englischen, der selbst in den US-amerikanischen Zeitschriften nicht höher, sondern eher niedriger liegt als der Anteil des Deutschen, was mit den Befunden von Gross/Gross (1927) und Thackray u. a. (1985: 159) übereinstimmt. Diese Zahlen sprechen für die Annahme, daß das Deutsche noch um 1920 die wichtigere Wissenschaftssprache der Chemie war als das Englische (vgl. auch Ammon 1991a: 251—256). Andererseits ist es bemerkenswert, daß Englisch im Verlauf der Zeit vielerorts zu einer weit unumschränkteren Vorrangstellung aufsteigt, als sie das Deutsche zu irgendeinem Zeitpunkt unserer Untersuchungszeit, und vermutlich überhaupt jemals, innehatte. Extrem ist diese Entwicklung in den US-amerikanischen Zeitschriften, die offenbar fast nur noch auf englischsprachige Literatur zurückgreifen. Die verbreitete, fast schon stereotypische Vorstellung von der US-amerikanischen Wissenschaft bzw. ihren Vertretern, nämlich ganz auf den eigenen Sprach- und Kulturkreis eingeschränkt zu sein (vgl. z. B. für die Psychologie Traxel 1975), wird durch diese Befunde gestützt (vgl. auch Braun/Glänzel/Schubert 1987; Braun u. a. 1994; Pravdic-/Pekorari 1985; Louttit 1957; Fussier 1949). Genauer betrachtet, gewinnt Englisch eine stärkere Vorrangstellung in den westlichen als in den osteuropäischen Zeitschriften. Ungarn fällt erneut durch seine Vorliebe für das Deutsche auf, das dort zu keiner Zeit, nicht einmal 1990, deutlich vom Englischen übertroffen wird. Unter den westeuropäischen Ländern geben sich die niederländischen Zeitschriften weit mehr dem Englischen hin als diejenigen Frankreichs; sie sind fast gleichermaßen ausschließlich englischsprachig ausgerichtet wie die US-Zeitschriften. Die Vermutung liegt nahe, daß der Unterschied zwischen Frankreich und den Niederlanden unter anderem durch die verschiedenartige Stellung der jeweils eigenen Sprache bedingt ist, speziell die unterschiedliche Stellung des Niederländischen und des Französischen als internationale Wissenschaftssprachen. Die — nach allen Indizien — stärkere internationale Stellung des Französischen stützt dessen Position auch auf nationaler Ebene. Im vorliegenden Zusammenhang ist der Vergleich des Französischen mit dem Deutschen von besonderem Interesse. Vorausgeschickt sei, daß innerhalb unserer Untersuchungszeit das Französische nach dem Englischen und Deutschen insgesamt die höchsten Anteile an den Zitaten in den Fachzeitschriften der Chemie hat. Das Französische ist also aufgrund dieses Kriteriums die drittwichtigste Fachsprache der Chemie während dieser Zeit. Wie

52

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

sich sein Anteil im Vergleich zu dem des Deutschen entwickelt, läßt sich Tabelle B-5 entnehmen. Tab. B-5: Anteil der deutschsprachigen und der französischsprachigen Zitate in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 USA

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

UdSSR

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

Frankreich

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

M

40 6 28 9

26 11 19 10

17 2 13 4

12 3 14 4

3 1 7 4

3 0 6 2

3 1 4 2

19 4 17 6

37 10 31 8

36 9 22 7

27 5 21 3

22 3 15 4

14 3 9 1

7 2 5 3

4 2 3 1

21 5 15 4

54 30 35 40

44 37 21 48

36 39 14 48

22 34 11 47

12 33 13 37

11 41 7 38

11 28 8 34

9 27 9 22

25 34 15 39

Niederlande ' Deutsch Französisch Deutsch Französisch

58 14

50 8

38 16 48 15

37 19 50 11

25 19 35 5

18 6 17 4

12 4 9 1

9 5 7 1

31 11 28 6

Polen

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

69 6

44 7

36 14

20 15 19 15

16 9 19 11

17 15 19 13

20 6 13 8

15 5 11 8

30 10 16 11

Ungarn

Deutsch Französisch

55 5

50 7

44 6

37 5

44 4

46 5

46 8 41 12

Als Gesamteindruck ist zunächst festzuhalten, daß das Französische während unserer Untersuchungszeit als Wissenschaftssprache der Chemie offenbar eine deutlich geringere Rolle spielt als das Deutsche, und erst recht als das Englische. Dieser Eindruck wird durch Abbildung B-5 bestätigt, in der die Zahlen von Tabelle B-4 und B-5 zusammengefaßt sind. Die Linien repräsentieren die Mittelwerte für die drei Sprachen pro Jahrzehnt über alle Zeitschriften. Allerdings wurden bei Englisch die Zahlen der US-Zeitschriften und bei Französisch die Zahlen der französischen Zeitschriften herausgenommen, da für Deutsch auch keine Zeitschriften deutschsprachiger Länder einbezogen sind.

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

53

57,6

•Deutsch •Englisch •Französisch

1920

1930

1940

1950

1960

1970

1980

1990

Abb. B-2: Durchschnittliche deutsch-, englisch- und französischsprachige Zitatenanteile in chemischen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990

Wenden wir uns nun nochmal Tabelle B-5 zu. Wie man dort entnehmen kann, hat das Französische um 1920 sogar in den Fachzeitschriften seines Mutterlandes, Frankreich, als Zitatenquelle ein eher geringeres Gewicht als das Deutsche; und es wird in eben diesen Zeitschriften, wie der Vergleich mit Tabelle B-4 zeigt, in neuerer Zeit vom Englischen weit übertroffen. Ansonsten weist die Entwicklung des französischsprachigen Zitatenanteils im wesentlichen in dieselbe Richtung wie der deutschsprachige Anteil. Er nimmt im Lauf der Zeit ab und tendiert schließlich vor allem in den Zeitschriften der USA, aber auch der UdSSR, fast gegen Null. Nur in den Zeitschriften Frankreichs bleibt der Zitatenanteil des Französischen ziemlich hoch; allerdings sinkt er auch dort, wie schon gesagt, merklich unter den Anteil des Englischen ab. — Im Vergleich mit Tabelle B-4 wird nun auch ersichtlich, daß die geringere Ausrichtung der französischen als der niederländischen Zeitschriften auf die englischsprachigen Zitatenquellen tatsächlich durch das stärkere Festhalten der französischen Zeitschriften an der eigenen Sprache bedingt ist. Ähnlich wie das Deutsche, aber weniger stark ausgeprägt, bewahrt das Französische in Ostmitteleuropa, aber auch in den Niederlanden, eine immerhin etwas stärkere Stellung als in den USA und in der UdSSR. Bei aller Parallelität der Entwicklung zwischen dem Französischen und dem Deutschen wird doch bei genauerer Betrachtung auch ein Unterschied erkennbar. Während der Zitatenanteil des Deutschen im Verlauf der gesam-

54

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

ten Untersuchungszeit ziemlich stetig abnimmt, bleibt der Anteil des Französischen in manchen Ländern längere Zeit konstant oder steigt vereinzelt sogar an, in Frankreich selber, in Polen und teilweise auch in den Niederlanden (wobei im Falle der Niederlande der französischsprachige Titel der fraglichen Zeitschrift eine gewisse Hinneigung zur Francophonie vermuten läßt). Erst in den letzten Dezennien, und nach 1970 dann ganz klar, ist auch in all diesen Fällen ein deutlicher Rückgang der französischsprachigen Zitatenanteile festzustellen. Möglicherweise ist die vorübergehende Stabilisierung des französischsprachigen Zitatenanteils teilweise zu erklären durch die zeitweilige Umorientierung vom Deutschen auch zum Französischen, neben dem ohnehin favorisierten Englischen. Außer den drei genannten Sprachen spielen alle anderen als Zitatenquellen eine verhältnismäßig geringe Rolle. Am ehesten ist noch Russisch von Bedeutung, vor allem natürlich in den Zeitschriften der UdSSR, aber auch Polens und Ungarns. In den Zeitschriften der UdSSR ist es durchgehend die wichtigste Zitatenquelle und übertrifft darin auch noch 1990 das Englische (Russisch in den beiden Zeitschriften: 49% bzw. 54% gegenüber Englisch: 41% bzw. 26%). Auch in den Zeitschriften Polens rangiert Russisch immerhin noch vor Französisch, allerdings nicht vor Deutsch und Englisch. Der ungewöhnlich hohe Anteil in Chemia analityczna im Jahr 1990, nämlich 27% (Englisch 45%, Deutsch 11%, Französisch 8%), scheint ein statistischer Ausreißer zu sein; 1980 liegt der Anteil bei nur 7%. In Przemysl chemiczny hat Russisch 1990 einen Zitatenanteil von 7% (Englisch 55%, Deutsch 15%, Französisch 5%). In der Zeitschrift Ungarns liegt der Russischanteil 1990 bei 4% (Englisch 45%, Deutsch 44%, Französisch 7%). In den Zeitschriften aller anderen Länder bleibt der Zitatenanteil des Russischen 1990 unter 3% und erreicht auch während der gesamten Zeitspanne nie mehr als vereinzelt 8%. Noch geringer ist insgesamt der Anteil des Japanischen. Allerdings nimmt er in den letzten Jahrzehnten zu — im Gegensatz zu den Anteilen von Deutsch, Französisch und Russisch. Dies zeigt sich beim Vergleich der Mittelwerte mit dem Wert für 1990. Vor allem für Deutsch und Französisch, in den meisten Fällen aber auch für Russisch, liegt der Wert für 1990 niedriger als der Durchschnitt aller Jahrzehnte, was auf einen Rückgang der Anteile hinweist (vgl. für Deutsch und Französisch Tab. B-5). Beim Japanischen ist dies, sofern es als Zitatensprache vorkommt, umgekehrt (vgl. Tab. B-6. — Die französische Zeitschrift Biochimie hat zwar 1990 kein japanisches Zitat, in allen Jahrgängen vor 1970 allerdings ebenfalls nicht). Alles

Naturwissenschaften: Beispiel Chemie

55

in allem ist daher Japanisch als Zitatensprache leicht im Aufwind begriffen, verbleibt aber auf niedrigem Niveau. Tab. B-6: Vergleich der Zitatenanteile von 1990 mit den Mittelwerten über alle Jahrzehnte beim Japanischen (in Prozent)

USA USA UdSSR Frankreich Niederlande

1990

M

1,6 3,0 3,6 0,6 (1980) 4,5

0,5 1,3 0,9 0,1 1,3

Ansonsten kommen als Zitatensprachen vor, wobei die Anzahl der betreffenden Zeitschriften und ihre Länder jeweils beigefügt sind: Italienisch 8:

USA (2), UdSSR (2), Frankreich (2), Polen (1), Ungarn (1); Spanisch 5: USA (2), UdSSR (1), Frankreich (2); Chinesisch 3: USA (2), UdSSR (1); Polnisch 4: UdSSR (2), Polen (2); Tschechisch 2: UdSSR (2); Niederländisch 1: Niederlande (1). Chinesisch wurde absichtlich vor Polnisch gestellt, wegen der größeren Zahl von Vorkommnissen in fremdsprachlichen Zeitschriften. Ein Licht auf die Entwicklung werfen auch die Publikationssprachen der untersuchten Zeitschriften, diejenigen Sprachen also, in denen die Beiträge verfaßt sind. Sie wurden allerdings nur grob untersucht. Die einbezogenen Zeitschriften der größeren Länder verwenden als Publikationssprachen jeweils nur das eigene Idiom, also die USA nur Englisch, die UdSSR nur Russisch, Frankreich nur Französisch und auch Polen nur Polnisch. Bei den beiden kleineren Ländern, Niederlande und Ungarn, kommen dagegen mehrere Publikationssprachen vor. Im einzelnen stellen sich die Verhältnisse wie folgt dar. (Die Prozentwerte beziehen sich nur auf die Anzahl der betreffenden Beiträge, nicht auf ihren Umfang.) In Recueil des travaux chimique des Pays-Bas (Niederlande), wo die Titelsprache eine Bevorzugung des Französischen nahelegt, sind von 1920 bis 1950 Deutsch, Französisch und Englisch Publikationssprachen (Deutsch 1920: 38% der Beiträge, 1950: 18%; Französisch 1920: 44%, 1950: 29%;

56

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Englisch 1920: 18%, 1950: 53%). Von 1960 bis 1990 ist jedoch praktisch nur noch Englisch Publikationssprache; Deutsch taucht überhaupt nicht mehr auf, und auch Französisch ist lediglich 1970 einmal mit 2% vertreten. In Analytica Chimica Acta (Niederlande) sind von 1947 bis 1980 ebenfalls Deutsch, Französisch und Englisch Publikationssprachen (Deutsch 1947: 68%, 1980: 1%; Französisch 1947: 2%, 1980: 0,2%; Englisch 1947: 30%, 1980: 99%). 1990 findet sich wiederum praktisch nur noch Englisch (98%), diesmal neben einem Restbestand von Deutsch (2%). In Acta Chimica Hungaria (Ungarn) sind 1951 und 1970 Deutsch, Französisch, Englisch und auch Russisch Publikationssprachen (Deutsch 1951: 57%, 1970: 45%; Französisch 1951: 10%, 1970: 14%; Englisch 1951: 19%, 1970: 31%; Russisch 1951: 14%, 1970: 10%). 1960 und 1980 sind nur noch Deutsch, Französisch und Englisch vertreten (Deutsch 1960: 52%, 1980: 50%; Französisch 1960: 5%, 1980: 11%; Englisch 1960: 43%, 1980: 40%). 1990 bleiben schließlich nur Deutsch (59%) und Englisch (41%) als Publikationssprachen übrig. Offenkundig werden alle anderen Publikationssprachen mit der Zeit von Englisch zurückgedrängt (vgl. Kap. D.l). Eine Ausnahme bildet lediglich wieder die Zeitschrift Ungarns, in der das Deutsche, mindestens bis 1990, den Hauptanteil hält, der sogar größer ist als in den früheren Jahren.

3 Sozialwissenschaften: Beispiel Wirtschaftswissenschaft Es mag eher angebracht erscheinen, den Plural zu verwenden und von den Wirtschaftswissenschaften zu sprechen; wegen der Parallelität mit den beiden Vergleichsdisziplinen: Chemie und Geschichte, sei jedoch auch hier die Benennung im Singular vorgezogen, zumal auch die Chemie und die Geschichte als Vielfalt von Teildisziplinen gesehen und dementsprechend mit einem Ausdruck im Plural benannt werden könnten (vgl. Kap. B.2: Anfang). Die Wirtschaftswissenschaft gehört zu denjenigen Disziplinen, die — vor allem wegen der angewandten Methoden — eine Zwischenstellung zwischen den „harten" Naturwissenschaften und den „weichen" Geisteswissenschaften einnimmt (vgl. zu dieser Unterscheidung auch de Solla Price 1986: 155-179; 1970). Die Mittelstellung kann man ebenso auf die Trias von Natur-, Sozial-, und Geisteswissenschaften beziehen, wobei die Wirtschaftswissenschaft dann den Sozialwissenschaften zuzuordnen ist. Diese Zuordnung findet man auch in aller Regel bei entsprechenden Klassifikationen der Wissenschaften. So erscheinen „economics" und „business & fi-

Sozialwissenschaften: Beispiel Wirtschaftswissenschaft

57

nance", wie die zwei Hauptzweige der Wirtschaftswissenschaft zumeist auf englisch heißen, jeweils als eines von insgesamt 35 sozialwissenschaftlichen Fächern im Social Sciences Citation Index (l972 ff.; z. B. May to August 1996. Citation Index: 5). Auf deutsch heißen die beiden Teildisziplinen Volkswirtschaftslehre (economics) und Betriebswirtschaftslehre (business). Der allgemeinere Terminus Wirtschaftswissenschaft bezieht sich im vorliegenden Buch hauptsächlich auf die Volkswirtschaft. Der methodischen Mittelstellung entspricht möglicherweise auch ein mittlerer Grad der Anglisierung bei der Sprachwahl. Jedenfalls hat Renate Skudlik (1990: 149) für Wissenschaftler in Deutschland, bzw. genauer: der ehemaligen BRD, festgestellt, daß Naturwissenschaftler heutzutage schon mehr zur Rezeption englischsprachiger als deutschsprachiger Literatur neigen, während es bei den Geisteswissenschaftlern umgekehrt ist. „In den Wirtschaftswissenschaften" dagegen „verteilt sich das Lektüreprogramm in etwa gleichmäßig auf deutsche und englische [deutsch- bzw. englischsprachige! U. A.] Fachliteratur." Allerdings erscheint — verglichen mit der Chemie — der Beitrag der deutschsprachigen Länder zur Entwicklung der Wirtschaftswissenschaft bescheidener: insgesamt weniger bedeutsam oder nur auf bestimmte Richtungen beschränkt. Eine Parallele zur Chemie besteht darin, daß der internationale Einfluß der Forschung der deutschsprachigen Länder in neuerer Zeit abgenommen hat. Ein Indiz dafür ist z. B., daß bislang erst ein einziger Nobelpreis an einen Vertreter eines deutschsprachigen Landes gegangen ist, und zwar an den Deutschen Reinhard Selten im Jahr 1994. Dies bleibt auch dann ein magerer Gewinn, wenn man berücksichtigt, daß der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft(en) erst seit 1969 vergeben wird (vgl. Katz 1989) — die naturwissenschaftlichen Nobelpreise dagegen schon seit 1901. Friedrich A. von Hayek, der 1974 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft erhielt, stammt zwar aus Österreich und lehrte überdies in den 60er Jahren in Freiburg i. Br.; er arbeitete jedoch während seiner produktivsten Jahre in Großbritannien, dessen Staatsbürgerschaft er auch annahm, sowie in den USA. Einige wenige Hinweise auf die international wirksamsten ökonomischen Denker aus deutschsprachigen Ländern müssen hier genügen. Von Hayek stammte aus der „Österreichischen Schule", zu der Carl Menger, Eugen von Böhm-Baweck, Friedrich von Wieser und Ludwig von Mises gehörten. Sie fand vor allem in den 20er Jahren unseres Jahrhunderts weltweite Beachtung, kam jedoch unter dem Einfluß des Nationalsozialismus zum Erliegen, als ihre wichtigsten Köpfe emigrierten (vgl. Magill 1991:

58

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

101 — 106). — International bekannt wurde auch die noch früher entstandene „Historische Schule" Deutschlands, die von Georg Friedrich List (1789 — 1946) begründet und von Wilhelm Röscher, Bruno Hildebrand und Karl Knies weiterentwickelt wurde. Gustav Schmoller (1838 — 1917) war ein „jüngerer" Vertreter, von dem sich auch Max Weber beieinflußt sah. Über die heutige Bedeutung dieser Schule heißt es allerdings in einem Handbuch: „The German historical school probably has no future (...)" (Magill 1991: 884). Als Grund wird ihre überwiegend historiographische Ausrichtung genannt und der Mangel an Theoriebildung, der sie nicht zur Anleitung wirtschaftlichen Handelns befähigt. — Die internationale Wirksamkeit der wesentlich aus Deutschland stammenden marxistischen Wirtschaftslehre, die von Karl Marx und Friedrich Engels begründet wurde, braucht kaum hervorgehoben zu werden; allerdings wohl ebensowenig ihre Krise in neuester Zeit. — Wichtige Beiträge zur Wirtschaftswissenschaft leistete nach Maßgabe von Handbüchern auch Ernst Engel (1821 — 1896), der Direktor des Preußischen Amtes für Statistik in Berlin (Magill 1991: 688-693). Erwähnenswert sind ferner vor allem Werner Sombart (1863 — 1941), Joseph A. Schumpeter (1883-1950) und John von Neumann (1903-1957). Die beiden Letztgenannten emigrierten in den 30er Jahren in die USA. Von Neumann, der Vater der mathematischen Spieltheorie, stammte aus Ungarn (ursprünglicher Vorname Janski), schrieb aber bis weit in die 30er Jahre hinein auf deutsch. Reinhard Selten folgt zumindest insoweit seinen Fußstapfen, als er die mathematische Spieltheorie und ihre Anwendung auf die Ökonomie weiterentwickelt hat. Diese Hinweise unterstreichen, daß Wirtschaftswissenschaft hier hauptsächlich als Volkswirtschaftslehre' und nicht als ,Betriebswirtschaftlehre' verstanden wird, also im Sinne der Makro-, nicht der Mikroanalyse. Für die Wirtschaftswissenschaft (in diesem Sinn) wurden für die vorliegende Untersuchung wichtige Fachzeitschriften verschiedener Länder nach der Anzahl der Zitate je Sprache analysiert. Dabei wurde — wie schon bei der Chemie — jede Titelnennung in den Anmerkungen oder im Literaturverzeichnis der Beiträge als l Einheit gezählt und je nach aktueller Sprache des Titels (unabhängig von der Originalsprache beim Ersterscheinen) sprachlich zugeordnet. Die folgenden numerischen Angaben repräsentieren die Anzahl so definierter Zitate je Sprache pro Zeitschriften-Jahrgangsband. Wiederum wurde die Wichtigkeit der Zeitschriften, soweit möglich, nach dem Einflußfaktor (impact factor) festgestellt. Zugrunde lag dafür der Social Sciences Citation Index 1990 (1991) Journal Citation Reports. Soweit sich dort Angaben zum Einflußfaktor der Zeitschriften finden, sind sie nachfol-

Sozialwissenschaften: Beispiel Wirtschaftswissenschaft

59

gend angeführt. Der andernfalls beigefügte Hinweis „kein Einflußfaktor ermittelt" bedeutet, daß der Index keine entsprechende Angabe enthält, weil er entweder die betreffende Zeitschrift überhaupt nicht nennt oder keinen Einflußfaktor für sie angibt — im letzteren Fall wurde vermutlich auf seine Errechnung verzichtet, weil das zuständige Institute for Scientific Information (Philadelphia) ihn von vornherein als sehr niedrig einschätzte. — Auch ansonsten wurde die Analyse hier analog zu derjenigen der chemischen Fachzeitschriften durchgeführt: Einbezogen wurden jeweils die ganzen Jahrgangsbände jedes vollen Jahrzehnts, wenn möglich bis zurück zum Jahr 1920. Auf diese Weise wurden für folgende Länder die nachfolgenden Zeitschriften berücksichtigt. In Klammern sind jeweils der Einflußfaktor für 1990 (soweit ermittelt) sowie die Publikationssprachen, also die Sprachen der Beiträge, beigefügt, im Falle mehrerer Sprachen in alphabetischer Reihenfolge. Dabei sind alle Publikationssprachen genannt, die im Verlauf der Zeit festgestellt wurden; ihre zeitliche Abfolge kommt später noch des näheren zur Sprache. USA

American Economic Review (1920-1990) (Einflußfaktor 1990: 1,614) (Publikationssprache: Englisch) The Journal of Political Economy (1920-1990) (Einflußfaktor 1990: 2,752) (Publikationssprache: Englisch)

UdSSR

Voprosy ekonomiki (BOUPOCbl

3KOHOMHKH)

[Fragen der Ökonomie] (1950-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Russisch) Mirovaja ekonomika i meschunarodnyje otnoschenija

(MHPOBAX 3KOHOMMKA M MEWtiyHAPOJiHbl OTHOIIIEHMH] [Globale Ökonomie und internationale Verhältnisse] (1960-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Russisch) Frankreich

Revue economique franqaise (1920—1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Französisch) Revue economique (1950-1990) (Einflußfaktor 1990: 0,065) (Publikationssprache: Französisch)

60

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Niederlande

De Economist (1920-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprachen: Englisch, Niederländisch) Journal of International Economics (1970—1990) (Einflußfaktor 1990: 0,644) (Publikationssprache: Englisch)

Polen

Ekonomista [Ökonom] (1930-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Polnisch) Gospodarka planowa [Planwirtschaft] (1950 - 1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Polnisch)

Ungarn

Acta Oeconomica (1970-1989) (Einflußfaktor 1990: 0,116) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch)

Die Darstellung in den Tabellen folgt genau der obigen Reihenfolge der Zeitschriften. Die Prozentzahlen sind gerundet (0 = < 0,5; l = > 0,5 und < 1,5 usw.); „0" z. B. bedeutet also eine Zahl größer als 0, aber kleiner als 0,5. Gänzliches Fehlen von Zitaten in einer Sprache ist mit „ —" angegeben. Wenn die Zelle ganz leer ist, so lag die Zeitschrift für das betreffende Jahrzehnt nicht vor. Am Ende der Zeile steht jeweils der (ungewogene) Mittelwert (M) über alle Jahrzehnte. Tabelle B-7 gibt zunächst einen Gesamtüberblick über den Anteil an deutschsprachigen Zitaten. Die Tabelle liefert kein sonderlich klares Bild. Deutlich erkennbar ist nur, daß Deutsch in der Wirtschaftswissenschaft — im Gegensatz zur Chemie — offenbar nie eine dominante Wissenschaftssprache war, zumindest nicht innerhalb unserer Untersuchungszeit, wobei es allerdings auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß dies zu anderen Zeiten der Fall gewesen wäre. Man kann weiter erkennen, daß der Anteil der deutschsprachigen Zitate aufs Ganze gesehen rückläufig ist. Die älteren Zeitschriftenjahrgänge enthalten tendenziell höhere deutschsprachige Anteile als die jüngeren. Vor allem in den Jahrzehnten nach 1970 läßt sich ein deutlicher Rückgang feststellen, teilweise bis hin zum völligen Verschwinden (je eine Zeitschrift der UdSSR und Frankreichs). In einzelnen Fällen ist sowohl von 1960 nach 1970 als auch von 1970 nach 1980 der Rückgang dramatisch. In den Zeitschriften der USA und der Niederlande vollzieht sich der deutlichste Rückgang schon von 1940 nach 1950. Die Zeitschriften

Sozialwissenschaften: Beispiel Wirtschaftswissenschaft

61

Tab. B-7 Anteil der deutschsprachigen Zitate in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

USA

1920

1930

1 2

3 5

1940 5 10

UdSSR Frankreich Niederlande Polen Ungarn

M

1950

1960

1970

1980

1990

3 3

0 1

0 1

0 1

0

3

6 26

8 6

1 4



3

5 10

0

2 3

7

14

2

4 3

6 18

2 1

3 -

0 -

5 7

29

26

16

8

7

11 1

1 3

1 2

12 2

25

20

5 4

6 10

4 -

3 1

1 11

9 7



17

10

14

der Nachbarländer des deutschen Sprachraumes weisen, zumindest in früheren Zeiten, mehr deutschsprachige Zitate auf als diejenigen entfernterer Länder (USA und UdSSR, abgesehen vom statistischen Ausreißer von 26% in einer UdSSR-Zeitschrift des Jahres 1960). In den Zeitschriften der Nachbarländer zeigt sich zugleich, soweit sie weiter zurückreichen, am deutlichsten ein kontinuierlicher Rückgang (Frankreich, Niederlande, Polen). Unter den Nachbarländern bewahren wiederum die ostmitteleuropäischen (Ungarn, Polen) die noch verhältnismäßig größten Anteile deutschsprachiger Zitate. Wie schon in der Chemie soll auch hier der Vergleich der deutschsprachigen mit den englischsprachigen Zitatenanteilen weitere Aufschlüsse liefern (Tab. B-8). Die Entwicklung des englischsprachigen Anteils ist — ähnlich wie in der Chemie — derjenigen des deutschsprachigen Anteils ziemlich genau gegenläufig: So wie der deutschsprachige Anteil fällt, steigt der englischsprachige. Allerdings zeigt sich diese Tendenz nicht von Anfang an. Auffällig ist sie sogar erst nach dem Zweiten Weltkrieg, wo Englisch dann allerdings sehr dominant wird und Deutsch teilweise gänzlich verschwindet. Hervorhebenswert ist außerdem, daß zu Beginn unserer Untersuchungszeit Deutsch auch in der Wirtschaftswissenschaft als Zitatensprache eine eher stärkere Stellung hat als Englisch, wenn auch — im Gegensatz zur Chemie — keine insgesamt dominante. Bei dieser Aussage muß man freilich die US-Zeitschriften außer acht lassen, in denen Englisch naheliegenderweise

62

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Tab. B-8: Anteil der deutschsprachigen und der englischsprachigen Zitate in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent) 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990

USA

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

UdSSR

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

Frankreich

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

7 14

14 4

Niederlande

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

29 11

Polen

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

Ungarn

Deutsch Englisch

1 98 2 89

M

3 92 3 88

0 95 1 80

0 98 1 95

0 99 1 97

0 100 0 98

2 96 3 89

3 10

6 16 26 55

8 17 6 43

1 16 4 14

— 23 3 42

5 16 10 39

2 10

4 27 3 29

6 13 18 11

2 39 1 46

3 52 — 54

0 64 — 86

5 28 7 45

26 32

16 19

8 42

7 68

11 59 1 61

1 82 3 94

1 89 2 94

12 50 2 83

25 17

20 48

5 20 4 8

6 41 10 16

4 32 — 32

3 29 1 19

1 50 11 36

9 34 7 22

— 31

17 39

10 35

14 35

3 93 5 84

5 92 10 78

durchgehend vorherrscht. In neuerer Zeit wird — ähnlich wie in der Chemie — die auch ansonsten beobachtbare Dominanz des Englischen in den USZeitschriften extrem; ihre Autoren stützen sich offenbar fast nur noch auf englischsprachliche Literatur. Wiederum gewinnt Englisch in den osteuropäischen Zeitschriften keine so eklatante Vorrangstellung wie in den westlichen, unter denen die niederländischen am stärksten zum Englischen hinneigen (abgesehen von den US-Zeitschriften). Es soll nun noch geprüft werden, ob der Unterschied zwischen den französischen und den niederländischen Zeitschriften durch das stärkere Festhalten ersterer an der eigenen Sprache bedingt ist. Der Vergleich mit dem Französischen (siehe Tab. B-9!) ist außerdem deshalb angebracht, weil es sich dabei auch in der Wirtschaftswissenschaft um die neben Englisch und

Sozialwissenschaften: Beispiel Wirtschaftswissenschaft

63

Tab. B-9: Anteil der deutschsprachigen und der französischsprachigen Zitate in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990 (in Prozent) 1920 1930 1940 1950

USA

UdSSR

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

1 0 2 2

3 2 5 5

5 2 10 3

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

1960 1970 1980

1990

3 —

0 -

3 3

0 0 0

1 5

0 1 1 0

0 0 1 0

3 2

6 2 26 3

8 2 6 6

1 2 4 8

M 2 1 3 2

4 3 1

5 2 10 5



Frankreich

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

7 78

14 81

2 82

4 66 3 66

6 77 18 63

2 55 1 49

3 44 — 43

0 34 — 14

5 65 7 48

Niederlande

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

29 7

26 4

16 4

8 2

7 2

11 4 1 36

1 2 3 2

1 1 2 2

12 3 2 13

Polen

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

25 10

20 2

5 2 4 —

6 3 10 -

4 2 — 4

3 1 1 —

1 -

9 3 7 4

8

17 1

Ungarn

Deutsch Französisch

11 — 10 —

14 5

Deutsch wichtigste Wissenschaftssprache handelt, zumindest während unserer Untersuchungszeit. Einen zusammenfassenden Vergleich zwischen den drei Sprachen liefert Abbildung B-3 (Seite 64). Die Linien repräsentieren die Mittelwerte für die drei Sprachen pro Jahrzehnt über alle Zeitschriften. Bei Englisch wurden die Zahlen für die US-Zeitschriften und bei Französisch die Zahlen für die französischen Zeitschriften herausgenommen, da für Deutsch auch keine Zeitschriften deutschsprachiger Länder einbezogen sind. Aufs Ganze gesehen gilt auch für die Wirtschaftswissenschaft, daß das Französische während unserer Untersuchungszeit eine geringere Rolle spielt als das Deutsche, und a fortiori als das Englische. Allerdings ist der Abstand zum Deutschen bei weitem nicht so groß wie in der Chemie. Er zeigt sich

64

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

100-1 57,7

-Deutsch -Englisch -Französisch

1.6

1920

1930

1940

1950

1960

1970

1980

1990

Abb. B-3: Durchschnittliche deutsch-, englisch- und französischsprachige Zitatenanteile in den wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften zwischen 1920 und 1990

am deutlichsten in den ältesten Zeitschriftenjahrgängen der Niederlande und Polens; in den anderen Jahrgängen, soweit sie bis 1920 zurückreichen, wird der Unterschied nicht sichtbar, weil jeweils die eigene Sprache im Vordergrund steht (USA, UdSSR, Frankreich). Der Umstand, daß in den Ländern, wo dies nicht oder zumindest weniger der Fall ist (Niederlande, Polen, Ungarn), Deutsch anfänglich deutlich vor Französisch rangiert, stützt jedoch die Vermutung, daß Deutsch damals die wichtigere internationale Wissenschaftssprache auch in der Wirtschaftswissenschaft war. In dieselbe Richtung weisen die höheren Anteile in den Zeitschriften der anderen Länder (außer Frankreich), vor allem in den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gleichen die Anteile von Deutsch und Französisch sich einander weitgehend an, indem sie im Vergleich zum Englischen gleichermaßen schrumpfen. Neben den drei genannten Sprachen spielen noch andere als Zitatenquellen eine gewisse Rolle. Es handelt sich dabei in der Reihenfolge der Wichtigkeit, nach Maßgabe unserer Daten, um die folgenden Sprachen, denen jeweils in Klammern die Anzahl der betreffenden Zeitschriften sowie die Länder beigefügt sind: Russisch 10:

USA (2), UdSSR (2), Frankreich (2), Niederlande (1), Polen (2), Ungarn (1);

Sozialwissenschaften: Beispiel Wirtschaftswissenschaft

65

Italienisch 8:

USA (2), UdSSR (1), Frankreich (2), Niederlande (1), Polen (1), Ungarn (1); Spanisch 7: USA (2), UdSSR (1), Frankreich (2), Niederlande (1), Polen (1); Schwedisch 3: USA (2), Niederlande (1); Tschechisch 3: USA (1), UdSSR (1), Ungarn (1); Polnisch 4: UdSSR (1), Polen (2), Ungarn (1); Niederländisch 3: Frankreich (1), Niederlande (2); Latein 2: USA (1), Polen (1); Je 1: Dänisch (USA), Finnisch (USA), Norwegisch (USA), Portugiesisch (USA), Serbokroatisch (Frankreich), Ungarisch (Ungarn). Schwedisch und Tschechisch wurden absichtlich vor Polnisch und Niederländisch gestellt, wegen der höheren Anzahl der Vorkommnisse in Zeitschriften fremdsprachlicher Länder; von den Vorkommnissen von Polnisch und Niederländisch entfallen nämlich je 2 auf Zeitschriften des eigenen Landes. Die Zahl der Zitatensprachen ist in der Wirtschaftswissenschaft insgesamt höher als in der Chemie, was mit der nationalen Differenziertheit der Fragestellungen und Probleme zusammenhängen dürfte; die Probleme der Chemie, zumindest der theoretischen Chemie, sind demgegenüber eher universal. Russisch ist die nach dem Französischen wichtigste Zitatensprache. In den Zeitschriften der UdSSR ist sie, wie man sich denken kann, dominant (1990: 73% bzw. 42% gegenüber Englisch 23% bzw. ebenfalls 42%). Auch in den Zeitschriften Polens spielt Russisch eine dem Deutschen und Französischen annähernd ebenbürtige Rolle (1990: Russisch 4% bzw. völliges Fehlen, Deutsch: 11% bzw. 1%, Französisch: 2% bzw. 3%). Allerdings sinkt die Bedeutung des Russischen von 1980 nach 1990 allenthalben deutlich. Demgegenüber sind die Zahlen für alle anderen Sprachen durchgängig verhältnismäßig niedrig (abgesehen wiederum jeweils von den Zeitschriften des eigenen Landes). Verglichen mit den chemischen Zeitschriften fällt bei der Wirtschaftswissenschaft auf, daß das Japanische und das Chinesische innerhalb unserer Untersuchungszeit als Zitatenquellen keine Rolle spielen. Wenden wir uns nun abschließend noch den Publikationssprachen der in die Untersuchung einbezogenen wirtschaftswissenschaftlichen Zeitschriften zu (vgl. auch Thogmartin 1980). Die größeren Länder verwenden dafür wiederum — wie in den chemischen Zeitschriften — jeweils nur die eigene Sprache: die USA nur Englisch, die UdSSR nur Russisch, Frankreich nur Französisch und auch Polen nur Polnisch (als Publikationssprache, nicht als Zitaten-

66

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

spräche!). In den Zeitschriften der beiden kleineren Länder, Niederlande und Ungarn, kommen dagegen wieder mehrere Publikationssprachen vor, wobei die Verhältnisse im einzelnen wie folgt aussehen. (Die Prozentwerte beziehen sich auf die Anzahl der betreffenden Beiträge, nicht auf ihren Umfang.) In De Economist (Niederlande) ist von 1920 bis 1960 Niederländisch einzige Publikationssprache. 1970 und 1980 tritt Englisch neben das Niederländische und dominiert 1980 schon stark (90% gegenüber 10% Niederländisch). 1990 ist Englisch dann alleinige Publikationssprache. In Journal of International Economics (Niederlande) sind — von der Sprache des Titels her nicht ganz überraschend — in allen drei Jahrzehnten sämtliche Beiträge in Englisch. In Acta Oeconomica (Ungarn) sind 1970 Deutsch (40%) und Englisch (60%) Publikationssprachen. Im Gegensatz zur Chemie zeigt Ungarn hier jedoch keine besondere Vorliebe für das Deutsche, sondern folgt dem allgemeinen Trend: 1980 und 1990 bleibt nur Englisch als Publikationssprache. Englisch verdrängt also in diesen Fällen die anderen Publikationssprachen, und zwar noch konsequenter als in der Chemie. Dieser Befund steht nicht im Einklang mit den in Anlehnung an Sabine Skudlik (1990) formulierten Erwartungen, nach denen für die Naturwissenschaft Chemie — und zwar mehr noch für die theoretische als die angewandte Chemie — ein höherer Grad von Anglophonie erwartet wurde als für die den Sozialwissenschaften zuzurechnende Wirtschaftswissenschaft (vgl. Kap. A.3: gegen Ende; B.l: Ende; Kap. D.2). Als Erklärungsansatz liegt auf der Hand, daß das Englische in der Wirtschaftswissenschaft gewissermaßen leichteres Spiel hatte, da hier keine der konkurrierenden Sprachen je eine so starke Stellung innehatte wie im Falle der Chemie einst das Deutsche.

4 Geisteswissenschaften: Beispiel Geschichte Als Beispiel einer geisteswissenschaftlichen Disziplin wurde die Geschichtswissenschaft gewählt, die hier — im Einklang mit dem gängigen Sprachgebrauch — kurz Geschichte genannt wird, weil kaum die Gefahr besteht, daß die Metaebene mit der Objektebene verwechselt wird. Nach den meisten Wissenschaftseinteilungen erscheint diese Zuordnung angemessen; gelegentlich findet sich jedoch auch die Zuordnung zu den Sozialwissenschaften. Möglicherweise liegt die Zuordnung der Geschichte zu den Geisteswissenschaften besonders nahe in der deutschen oder, allgemeiner gesagt, mitteleuropäischen Forschungstradition, wo sie auch erkenntnistheoretisch

Geistes Wissenschaften: Beispiel Geschichte

67

und methodisch motiviert ist. Wirft man dagegen, wie bei den anderen Fächern, einen Blick in die angelsächsischen Datenbanken, so findet man die Geschichte (history) einerseits zwar durchaus beispielsweise als eines der 15 Fächer des Arts &c Humanities Citation Index (1978 ff.; z. B. Citation Index 1996: 12); sie erscheint jedoch andererseits auch als eines der 35 Fächer im Social Sciences Citation Index (1972ff.; z.B. May to August 1996. Citation Index: 5). Ihre Einordung als typische Geisteswissenschaft im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zeugt also von einer gewissen Befangenheit in der deutschen Denktradition. Allerdings ist die Geschichte zumindest die geisteswissenschaftlichste der hier beispielhaft untersuchten drei Disziplinen. Dies gilt nicht nur in deutscher, sondern auch in anderer, z. B. angelsächsischer Sicht. Ein Indiz dafür ist beispielsweise, daß von den drei hier näher behandelten Disziplinen nur die Geschichte im Arts &C Humanities Citation Index genannt ist; die Wirtschaftswissenschaft erscheint dort nicht, und erst recht nicht die Chemie. Für die Geschichte in Deutschland wurde ein verhältnismäßig geringer Grad der Anglisierung festgestellt. Dies ist zwar kein Kriterium ihrer Geisteswissenschaftlichkeit, wurde aber doch als für Geisteswissenschaften charakteristisch angesehen. Während — bei sehr grober Betrachtungsweise — deutsche Naturwissenschaftler mehr englischsprachige als deutschsprachige Fachliteratur lesen und in den Sozialwissenschaften die Anteile beider Sprachen etwa gleichauf liegen, sind in Geisteswissenschaften wie der „Geschichte (...) die Nennungen für deutschsprachige Lektüre deutlich höher als für englischsprachige." Mit diesen „Nennungen" sind die dementsprechenden Angaben deutscher Wissenschaftler bei einer Befragung gemeint (Skudlik 1990: 149). Demgegenüber weist Wolfgang Frühwald (1997: 28) auf notwendige Differenzierungen in den Geisteswissenschaften hin, zu denen er neben „nationalsprachlichen" Fächern wie der Geschichte auch die „weitgehend englischsprachige" Psychologie zählt. Auch zur Geschichte haben Wissenschaftler aus deutschsprachigen Ländern Wesentliches beigetragen, wenngleich sie in diesem Fach wohl nie eine so überragende Stellung hatten wie in der Chemie. Auch wenn man sich zur Einschätzung vorsichtshalber ganz auf Fachliteratur nicht-deutschsprachiger Länder stützt, findet man in einschlägigen Nachschlagewerken leicht Bemerkungen wie die folgenden: „[Historical study as one of the most important methods available to the human mind was begun by Edmund Burke and German writers like Herder and Wilhelm von Humboldt (...). The work of RANKE placed German historians in the vanguard and, particularly after the establishment of the German Empire in 1871, historians

68

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

in many countries modelled themselves upon German methods." (Cannon u. a. 1988: 193) Ähnlich heißt es andernorts über die Geschichte als wissenschaftliche Disziplin: „Inaugurated in German universities in the eighteenth century (...). In 1800, there were a dozen chairs in German universities, but none in France. By 1900, there were 175 in Germany and 71 in France, while the number of university professors of history in the United States rose in a single decade, 1884-1894, from 20 to 100." Und weiter: „Leopold von Ranke (...) emerged as the most highly regarded and influential historian of the nineteenth century." (Boia u. a. 1991: X) In beiden zitierten Werken werden außerdem zahlreiche weitere Historiker aus deutschsprachigen Ländern genannt, deren Einfluß weit über den deutschen Sprachraum hinaus gereicht habe, wie z. B. der Schweizer Jakob Burckhardt, ferner die Deutschen Friedrich Meinecke, Georg Waitz oder auch Heinrich Schliemann, und außerdem Philosophen, die der Geschichte neue Wege gewiesen hätten, wie vor allem Georg F. W. Hegel, Karl Marx und Friedrich Engels, Wilhelm Windelband, Heinrich Rickert oder Wilhelm C. L. Dilthey. Bemerkenswert ist vielleicht auch, daß in Lucian Boia u. a. (1991), von einem weltumspannenden Blickwinkel aus, insgesamt eine größere Zahl von Historikern aus Deutschland besprochen wird, nämlich insgesamt 51, als aus irgendeinem anderen Land ausgenommen den USA (USA 52, Italien 46, Frankreich 43, Großbritannien 29). Als weiteres Indiz für das internationale Ansehen der deutschen Geschichtswissenschaft sei der Wiederabdruck oder die Neuauflage von Werken im Ausland genannt, z. B. des Lehrbuchs der historischen Methode und der Geschichtsphilosophie von Ernst Bernheim [1914] in den USA (1960). — Diese Hinweise sollen nur belegen, daß die deutschsprachigen Länder auch aus der Sicht von Fachleuten anderssprachiger Nationen bedeutsame Beiträge zur Entwicklung der Geschichte geleistet haben; eine Gewichtung ihrer Leistung im Vergleich zu anderssprachigen Ländern ist damit nicht ernsthaft beabsichtigt. Wie schon die zuvor betrachteten Disziplinen gliedert sich auch die Geschichte in viele Teilgebiete. Die Historical Abstracts (Bd. 47, 1996) differenzieren z. B. nach (1) Themen („General", „International Relations", „Wars and Military History" usw.), (2) Regionen und Ländern („Africa and the Middle East", „Asia and the Pacific Area", (...), „Europe" usw.) sowie (3) Epochen („Modern History", „Twentieth Century" usw.). Folgt man dieser Einteilung, so wird man in grober Annäherung feststellen können, daß die Geschichte in den deutschsprachigen Ländern vor allem den Bereich der Regionen nicht gleichmäßig erfaßt, sondern ihren Schwerpunkt in EU-

Geisteswissenschaften: Beispiel Geschichte

69

ropa hat. Dieser Eindruck wird auch beim Gang durch gut ausgestattete Fachbibliotheken außerhalb Europas bestätigt, wo man aus deutschsprachigen Ländern zur europäischen Geschichte — und zwar zu ziemlich allen Themen und Epochen — repräsentative Darstellungen einschließlich Nachschlagewerken (Handbücher und dergleichen) finden kann, zur Geschichte außereuropäischer Regionen dagegen eher nur sporadisch. Dementsprechend ist von vornherein auch mit themenspezifischen Unterschieden in der Zitierhäufigkeit aus deutschsprachigen Geschichtswerken zu rechnen. Diese Selektivität gilt — wie mir scheint — für die Geschichte in stärkerem Maße als für die zuvor analysierten Disziplinen: Chemie und auch Wirtschaftswissenschaft. Diese Besonderheit der Geschichte ist bei der Planung der nachfolgend berichteten Untersuchung nicht berücksichtigt worden, was auch schwierig, wenn nicht sogar unmöglich gewesen wäre; sie sollte jedoch bei der Erklärung der Untersuchungsergebnisse nicht ganz übersehen werden. Das Procedere der Zitatenanalyse folgte dem zuvor beschriebenen Schema. Jede Titelnennung in den Anmerkungen oder im Literaturverzeichnis wurde als l Einheit gezählt. Für die Zeitschriften wurde der Einflußfaktor (impact factor) ermittelt, und zwar nach dem Social Sciences Citation Index 1990 (1991) Journal Citation Reports. Soweit sich dort Angaben zum Einflußfaktor der Zeitschriften finden, sind sie nachfolgend angeführt. Der andernfalls gegebene Vermerk „kein Einflußfaktor ermittelt" bedeutet, daß der Index keine entsprechende Angabe enthält, weil die betreffende Zeitschrift dort nicht genannt oder kein Einflußfaktor für sie angegeben ist. Zu dem fachlich noch einschlägigeren Arts &C Humanities Citation Index gibt es keine Journal Citation Reports. Einbezogen wurden wiederum jeweils die ganzen Jahrgangsbände jedes vollen Jahrzehnts, wenn möglich bis zurück zum Jahr 1920. Zahlenmäßig nicht genau passende Jahrgänge wurden dem nächstliegenden vollen Jahrzehnt zugeordnet (z. B. 1988 -» 1990). In Einzelfällen konnte der gewünschte Band überhaupt nicht beschafft werden, auch kein ungefähr zuzuordnender Band, was in den Tabellen mit „?" angezeigt ist. In die Analyse einbezogen wurden auf diese Weise für folgende Länder die nachfolgenden Zeitschriften, wobei in Klammern jeweils die Publikationssprachen, also die Sprachen der Beiträge, beigefügt sind, und zwar im Falle mehrerer Sprachen in alphabetischer Reihenfolge. Dabei sind alle Publikationssprachen genannt, die im Verlauf der Zeit festgestellt wurden; ihre zeitliche Abfolge kommt am Ende des Kapitels noch genauer zur Sprache.

70

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

USA

American Historical Review (1920-1990) (Einflußfaktor 1990: 1,591) (Publikationssprache: Englisch) The Journal of American History (1920-1990) (Einflußfaktor 1990: 0,866) (Publikationssprache: Englisch)

UdSSR

Istoritscheskij schurnal/lstorija (HCTOPHVECKHH WyPHAJI/HCTOPHX} [Historische Zeitschrift/Geschichte] (1940-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Russisch) Voprosy Istorii (BOIIPOCbl HCTOPMH) [Fragen der Geschichte] (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Russisch)

Frankreich

Revue Historique (1920-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Französisch) Annales Historiques de la Revolution Fran$ai$e (1920-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Französisch)

Niederlande

Tijdschrift voor Geschiedenes (1920-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Niederländisch) International Review of Social History (1936—1990) (Einflußfaktor 1990: 0,333) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch)

Polen

Polska/ Polska i swiat wspolczesny [Polen und moderne Weltj/Acta Poloniae Historica (1921-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch)

Geisteswissenschaften: Beispiel Geschichte

71

Wiadomosci historyczne [Historische Nachrichten] (1958-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprache: Polnisch) Ungarn

Acta Antiqua Academica Scientiarum Hungaricae (1954-1990) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch) Acta Historiae Artium Academiae Scientiarum Hungaricae (1960-1988) (kein Einflußfaktor ermittelt) (Publikationssprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch)

Die Darstellung in den Tabellen folgt genau der obigen Reihenfolge der Zeitschriften. Die Prozentzahlen sind gerundet (0 = < 0,5; l = > 0,5 und < 1,5); „0" z. B. bedeutet also eine Zahl größer als 0, aber kleiner als 0,5. Gänzliches Fehlen von Zitaten in einer Sprache ist mit „ —" angegeben. Ist eine Zelle leer, so existiert die Zeitschrift zu dieser Zeit nicht; bei „?" konnte kein passender Band beschafft werden. Am Ende der Zeile steht jeweils der (ungewogene) Mittelwert (M) über alle Jahrzehnte. Tabelle B-10 (Seite 72) gibt zunächst einen Gesamtüberblick über den Anteil an deutschsprachigen Zitaten. Deutlich erkennbar ist in der Tabelle nur, daß Deutsch innerhalb der Untersuchungszeit keine allgemein dominante Wissenschaftssprache ist. Ferner zeigt sich, daß die Zeitschriften der Nachbarländer der deutschsprachigen Region tendenziell mehr deutschsprachige Zitate enthalten als diejenigen entfernterer Länder (USA, UdSSR). Eine Ausnahme bildet Frankreich, dessen Zeitschriften ebenfalls verhältnismäßig wenige deutschsprachige Zitate führen. Ansonsten variieren die Anteile deutschsprachiger Zitate in den Nachbarländern sehr stark zwischen den Jahrzehnten, vermutlich in Abhängigkeit von den Themen der Beiträge. In den Niederlanden, in Frankreich und auch in Ungarn sieht es allerdings nach einer insgesamt rückläufigen Tendenz des deutschsprachigen Zitatenanteils im Verlauf der letzten Jahrzehnte aus. Der Vergleich der deutschsprachigen mit den englischsprachigen Zitatenanteilen soll wiederum weitere Aufschlüsse liefern (Tab. B-ll).

72

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Tab. B-10: Anteil der deutschsprachigen Zitate in Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

USA

1920

1930

1940

1950

1960

1970

15

20 2

— —

12 0

12 —

15 —

2

4 11

2 3

UdSSR

1980

1990

M

9 0

10 0

13 1

1 6

0 13

— 6

2 8

Frankreich

3 —

21 —

17 2

2 —

8 6

15 2

2 3

3 2

9 3

Niederlande

45

10 58

30 10

24 15

20 27

24 39

11 2

16 5

23 22

9

p



3 38

4 —

12 —

39 40

13 39

54

47 43

42 38

29 29

8 8

36 30

Polen Ungarn

Die Entwicklung der Anteile der beiden Sprachen in Tabelle B-11 ist weniger prägnant konturiert als in der Chemie und auch der Wirtschaftswissenschaft. Nur in den Zeitschriften der Niederlande, Ungarns und in schwächerem Maße Frankreichs ist die Tendenz erkennbar, daß der deutschsprachige Anteil in neuerer Zeit schwindet, während der englischsprachige zunimmt. Jedoch gewinnt Englisch insgesamt keine so deutliche Vorrangstellung wie in der Chemie (abgesehen von einer der beiden USZeitschriften) und bleiben seine Anteile auch geringer als in der Wirtschaftswissenschaft (abgesehen von der betreffenden US-Zeitschrift). Am stärksten sind außerhalb der USA wiederum die Niederlande englischsprachig orientiert. Es folgt nun noch, wie zuvor, der Vergleich mit dem Französischen, das auch im Fach Geschichte während unserer Untersuchungszeit neben Englisch und Deutsch die drittwichtigste Wissenschaftssprache ist (Tab. B-12, Seite 74). Einen zusammenfassenden Vergleich zwischen den drei Sprachen ermöglicht Abbildung B-4 (Seite 75). Die Linien repräsentieren die Mittelwerte für die drei Sprachen pro Jahrzehnt über alle Zeitschriften. Bei Englisch wurden die Zahlen für die US-Zeitschriften und bei Französisch die Zahlen für die französischen Zeitschriften herausgenommen, denn für Deutsch sind auch keine Zeitschriften deutschsprachiger Länder einbezogen.

Geisteswissenschaften: Beispiel Geschichte

73

Tab. B-ll: Anteil der deutschsprachigen und der englischsprachigen Zitate in Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

USA

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

M

1920 1930

1940 1950 1960 1970 1980 1990

15 72

— 92 — 92

12 55 0 100

12 63 — 99

15 66 — 100

9 82 0 100

10 64 0 100

13 68 1 98

2 3

4 2 11 11

2 7 3 6

1 1 6 9

0 13 14

— 1 6 17

2 3 8 12

89

20 47 2 98

UdSSR

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

Frankreich

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

3 27 — 1

21 16 —

17 16 2 4

2 2 —

8 6 6 7

15 20 2 5

2 20 3 6

3 24 2 12

9 16 3 6

Niederlande

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

45 9

10 6 58 13

30 5 10 59

24 15 15 59

20 27 27 39

24 31 39 55

11 22 2 92

16 40 5 62

22 19 22 54

Polen

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

9 5

p p

— —

3 — 38 3

4 5 -

12 18 5

39 5 40 -

13 8 39 4

Ungarn

Deutsch Englisch Deutsch Englisch

54 8

47 19 43 2

42 31 38 7

29 32 29 16

8 26 8 26

36 23 30 13

Sowohl Abbildung B-4 als auch Tabelle B-12 läßt sich entnehmen, daß auch für die Geschichte Französisch während unserer Untersuchungszeit insgesamt eine etwas geringere Rolle spielt als Deutsch, und ebenso als Englisch, wobei allerdings der Unterschied gegenüber Deutsch recht gering ist. Wie Tabelle B-12 zeigt, besteht in den USA praktisch kein Unterschied. In den Niederlanden und in Ungarn überwiegt Deutsch wiederum eher in den älteren Zeitschriftenjahrgängen; in jüngerer Zeit gleichen sich die Anteile beider Sprachen an. Im Falle Polens ist es dagegen teilweise umgekehrt: In früheren Zeiten, vor und auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg, liegt Französisch weiter vorn, in neuerer Zeit dagegen Deutsch.

74

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Tab. B-12: Anteil der deutschsprachigen und der französischsprachigen Zitate in Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990 (in Prozent)

USA

UdSSR

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

1920

1930 1940 1950

15 9

20 25 2

1

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

1960 1970 1980 1990

M

— 8 — —

12 11 0 —

12 13 — 1

15 4 — —

9 2 0 —

10 15 0 0

13 11 1 1

2 1

4 3 11 2

2 2 3 6

1 — 6 5

0 — 13 3

— — 6 2

2 2 8 4

Frankreich

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

3 70 — 99

21 61 — 89

17 37 2 94

2 97 — 100

8 77 6 77

15 37 2 85

2 76 3 70

3 68 2 77

9 65 3 86

Niederlande

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

45 19

10 2 58 22

30 15 10 29

24 30 15 20

20 19 27 31

24 17 39 —

11 30 2 3

16 17 5 25

23 19 22 22

Polen

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

9 27

p p

— 40

3 -

4 11 — —

12 11 — —

39 7 40 —

13 17 39 17

42 10 38 5

29 15 29 9

8 3 8 3

36 10 30 7

Ungarn

Deutsch Französisch Deutsch Französisch

7

38 17 54 14

47 10 43 9

Neben den drei genannten Sprachen spielen noch andere als Zitatenquellen eine Rolle. Dies sind in der Reihenfolge der Wichtigkeit, nach Maßgabe unserer Daten, die folgenden, wobei in Klammern jeweils die Anzahl der betreffenden Zeitschriften sowie die Länder beigefügt sind: Italienisch 9: Russisch 9:

USA (1), UdSSR (1), Frankreich (2) Niederlande (2), Polen (l),Ungarn (2); USA (1), UdSSR (2), Niederlande (2), Polen (2), Ungarn (2);

Geisteswissenschaften: Beispiel Geschichte

75

25

25

1920

23,7

1930

1940

1950

1960

1970

1980

1990

Abb. B-4: Durchschnittliche deutsch-, englisch- und französischsprachige Zitatenanteile in den Fachzeitschriften der Geschichte zwischen 1920 und 1990

Spanisch 7: USA (2), UdSSR (1), Frankreich (2), Niederlande (2); Niederländisch 7: USA (1), UdSSR (1), Frankreich (1), Niederlande (2), Ungarn (2); Polnisch 7: UdSSR (2), Frankreich (1), Polen (2), Ungarn (2); Tschechisch 5: UdSSR (2), Niederlande (1), Polen (1), Ungarn (1); Arabisch 3: UdSSR (1), Frankreich (2); UdSSR (1), Polen (1), Ungarn (1); Latein 3: Portugiesisch 3: USA (1), Frankreich (1), Niederlande (1); UdSSR (1), Ungarn (2); Rumänisch 3: Ungarisch 4: UdSSR (1), Polen (1), Ungarn (2); USA (1), UdSSR (1); Japanisch 2: Litauisch 2: UdSSR (1), Polen (1); Schwedisch 2: UdSSR (1), Niederlande (1); Serbokroatisch 2: Ungarn (2); Slowakisch 2: Ungarn (2); Türkisch 2: USA (1), Frankreich (1); Ukrainisch 2: UdSSR (2). Afrikaans (USA), Armenisch (UdSSR), Bulgarisch (PoJel: len), Chinesisch (Ungarn), Estnisch (UdSSR), Finnisch (UdSSR), Georgisch (UdSSR), Griechisch (Ungarn), Hebräisch (Ungarn), Jiddisch (Niederlande), Mazedonisch (Polen), Norwegisch (Niederlande), Persisch (UdSSR), Urdu (UdSSR).

76

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Naheliegenderweise entfallen von den Vorkommnissen von Niederländisch, Polnisch und Ungarisch je 2 auf Zeitschriften des eigenen Landes. Wegen des häufigeren bzw. gleich häufigen Vorkommens in fremdsprachlichen Zeitschriften wurden Niederländisch und Polnisch hinter Spanisch und pari passu mit Tschechisch (alphabetisch davor) eingeordnet, und Ungarisch hinter Arabisch, Latein und Rumänisch. — Die Zahl der Zitatensprachen ist in der Geschichte insgesamt noch höher als in der Wirtschaftswissenschaft, was thematisch bedingt sein dürfte und teilweise vermutlich von Heft zu Heft oder Jahrgang zu Jahrgang variiert. Italienisch ist in diesem Fall die nach dem Französischen wichtigste Zitatensprachen. Russisch liegt gleichauf mit Spanisch, was das Vorkommen in fremdsprachlichen Zeitschriften angeht. In den Zeitschriften der UdSSR ist Russisch, wie zu erwarten, dominant (1990: 97% bzw. 65% gegenüber Englisch 1% bzw. 17%, 6% bzw. völliges Fehlen von Deutsch, 2% bzw. völliges Fehlen von Französisch). Allerdings spielt Russisch — anders als in der Wirtschaftswissenschaft — in den Zeitschriften Polens keine dem Deutschen oder auch dem Französischen ebenbürtige Rolle (1990: Russisch je 1%, Deutsch: 39% bzw. 40%, Französisch: 7% bzw. völliges Fehlen). Spanisch ist in den Zeitschriften der USA (M = 1% bzw. 2%), der UdSSR (M = 1% in einem Fall), Frankreichs (M = 8% bzw. 1%) und der Niederlande (je M = 1%) präsent, allerdings mit geringen Anteilen. Die Zahlen für alle übrigen Sprachen liegen durchschnittlich noch niedriger — außer in Zeitschriften der jeweiligen Mutterländer. Im Vergleich zu den chemischen Zeitschriften fällt — wie schon in der Wirtschaftswissenschaft — auf, daß das Japanische und auch das Chinesische innerhalb unserer Untersuchungszeit als Zitatensprachen kaum eine Rolle spielen. Als Publikationssprachen verwenden die größeren Länder, wie in der Chemie und der Wirtschaftswissenschaft, jeweils wieder nur die eigene Sprache: die USA nur Englisch, die UdSSR nur Russisch und Frankreich nur Französisch. Bei Polen sieht es diesmal etwas anders aus. Die jüngere Zeitschrift (Wiadomosci historyczne) verwendet zwar ebenfalls nur Polnisch; die ältere jedoch, die auch mehrmals den Titel ändert, ist nur von 1920 bis 1950 rein polnischsprachig; von 1960 bis 1990 enthält sie dagegen nur Beiträge auf deutsch (1990: 17%), englisch (1990: 33%) und französisch (1990: 50%). Bei den beiden kleineren Ländern, Niederlande und Ungarn, kommen wieder mehrere Publikationssprachen vor, wobei die Verhältnisse im einzelnen wie folgt aussehen. (Die Prozentwerte beziehen sich auf die Anzahl der betreffenden Beiträge, nicht auf ihren Umfang.)

Ländervergleich

77

In Tildschrift voor Geschiedenis (Niederlande) ist 1920, 1930 sowie 1950—1970 das Niederländische alleinige Publikationssprache; 1940 sind Deutsch und Niederländisch Publikationssprachen; 1980 Englisch, Französisch und Niederländisch; 1990 schließlich Deutsch (9%), Englisch (18%), Französisch (9%) und Niederländisch (64%). In International Review of Social History (Niederlande) sind 1936 und 1970 Deutsch und Englisch Publikationssprachen, 1939 - 1960 Deutsch, Englisch und Französisch; 1980 und 1990 ist es dann nur noch Englisch. In Acta Antiqua Academica Scientiarum Hungaricae (Ungarn) sind 1954 und 1970 Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch Publikationssprachen; 1960 Deutsch und Englisch; 1980 und 1990 Deutsch (1990: 60%), Englisch (1990: 10%) und Französisch (1990: 30%). In Acta Historiae Artium Academiae Scientiarum Hungaricae (Ungarn) sind 1960 Deutsch, Französisch und Italienisch Publikationssprachen; 1970-1988 sind es dann Deutsch (1988: 58%), Englisch (1988: 8%), Französisch (1988: 17%) und Italienisch (1988: 17%). - Ungarn fällt also wieder durch eine besondere Vorliebe für das Deutsche auf. Man kann demnach in der Geschichte — anders als in der Chemie und in der Wirtschaftswissenschaft — kaum davon sprechen, daß Englisch die anderen Publikationssprachen verdrängt hat. Dieser Befund entspricht den Erwartungen (vgl. Kap. A.2, A3: jeweils gegen Ende; B.2: Ende). Er stimmt überein mit Daten anderer Untersuchungen, nach denen Deutsch, und auch Französisch, in den Geisteswissenschaften eine stärkere Stellung bewahrt haben als in den Natur- und Sozialwissenschaften. Der Lektor des Verlags Peter Lang, Jürgen-Matthias Springer, teilte mir mit, daß vor allem in der Philosophie und Pädagogik, und naheliegenderweise auch der Germanistik, die Nachfrage aus nicht-deutschsprachigen Ländern nach deutschsprachigen Publikationen noch groß sei (ähnlich Schwabl 1986: 45 f.; vgl. auch Kap. D.3).

5 Ländervergleich Ein fächerübergreifender Vergleich der Länder, aus denen die untersuchten Zeitschriften stammen, ist dadurch erschwert, daß die Zeitschriften in den verschiedenen Ländern zeitlich unterschiedlich weit zurückreichen. Ein durchgehender Vergleich bleibt notgedrungen beschränkt auf den gemeinsamen Nenner derjenigen Jahrzehnte, in denen für alle Länder Zeitschriften vorliegen. In der Chemie sind es die Jahrzehnte von 1950 bis 1990, in der

78

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Wirtschaftswissenschaft nur 1980 und 1990 und in der Geschichte 1960 bis 1990. Tabelle B-13 enthält zum einen die Mittelwerte deutschsprachiger Zitatenanteile in diesen Jahrzehnten und zum ändern die Werte für das letzte Untersuchungsjahr, nämlich 1990. Tab. B-13: Anteil deutschsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Länder (in Prozent) Chemische Zeitschriften Mittelwert seit 1950

1990

Wirtschaftswissenschaftliehe Zeitschriften

Historische Zeitschriften

Mittelwert seit 1980

Mittelwert seit 1960

1990

1990

8 9

3 4

0 1

0 0

12 0

10 0

15 11

4 3

1 4

3

1 7

6

Frankreich

13 10

9 9

2

0

7 3

3 2

Niederlande

20 24

9 7

1 3

1 2

18 18

16 5

Polen

18 16

15 11

2 6

1 11

15 39

39 40

Ungarn

46

44

14

10

32 30

8 8

USA

UdSSR

Vorab läßt sich feststellen, daß die Werte für 1990 fast allgemein niedriger liegen als die Mittelwerte. Daraus geht noch einmal hervor, daß der Anteil deutschsprachiger Zitate in neuerer Zeit so gut wie durchgängig abnimmt (vgl. Kap. B2-B4). Eine gewisse Ausnahme bildet Polen, wo sich andeutungsweise in der Wirtschaftswissenschaft und merklich in der Geschichte eine umgekehrte Tendenz zeigt: Die deutschsprachigen Anteile steigen in neuester Zeit. Diese Entwicklung in Polen dürfte mit der Herauslösung des Landes aus dem sozialistischen Lager zusammenhängen, die sicher teilweise zur Wiederbelebung traditioneller Rezeptionsgewohnheiten geführt hat. Ansonsten fällt auf, daß die Zeitschriften Ungarns und Polens durch besonders große Anteile deutschsprachiger Zitate hervorstechen. Vor allem in der Chemie übertrifft Ungarn alle anderen Länder bei weitem;

Ländervergleich

79

aber auch ansonsten sind die Mittelwerte für Ungarn höher als für alle anderen Länder. Eine Ausnahme bildete eine der beiden polnischen Zeitschriften der Geschichte. In diesem Fach zeigt Ungarn auch einen deutlich stärkeren Rückgang in neuerer Zeit als Polen. Es ist nicht auszuschließen, daß es sich dabei um eine ephemere, teilweise auch themenspezifische Entwicklung handelt. Der übergreifende Befund jedenfalls entspricht unseren Erwartungen, daß Deutsch als Wissenschaftssprache in den ost-mitteleuropäischen Nachbarländern noch am stärksten verankert ist (vgl. dazu Ammon 1991a: 248—251; Buntfuß 1986; dagegen Schwabl 1986: 45). Erwartet wurde darüber hinaus die sogar stärkere Verankerung von Deutsch als Wissenschaftssprache in Ungarn als in Polen, und zwar aufgrund der traditionell besonders engen Bindung an das deutsche Sprachgebiet aus Zeiten der Donaumonarchie. Diese Hypothese wird jedoch nur partiell bestätigt; der Unterschied zwischen beiden Ländern ist aufs Ganze gesehen gering. Fast ebenso hohe Werte wie für die ost-mitteleuropäischen Nachbarländer ergeben sich für das westliche Nachbarland Niederlande. Auch dieser Befund ist nicht überraschend. Sowohl die unmittelbare Nachbarschaft zu Deutschland als auch die große sprachliche Ähnlichkeit des Niederländischen mit dem Deutschen machen den Niederländern Deutsch als Wissenschaftssprache leicht zugänglich. Allerdings zeigt sich für die Niederlande ein auffällig starker Rückgang, am deutlichsten in den chemischen Zeitschriften. Den Tabellen B-4, B-8, und B-ll läßt sich entnehmen, daß die Niederlande in jüngster Zeit sich in hohem Maße dem Englischen als Wissenschaftssprache zugewandt haben. Frankreich und die UdSSR unterscheiden sich bezüglich der deutschsprachigen Zitatenanteile nur wenig, vor allem wenn man die Mittelwerte in Tabelle B-13 zugrunde legt. Insbesondere in der Chemie scheint Frankreich heutzutage sogar stärker auf deutschsprachige Fachliteratur hin orientiert zu sein als die UdSSR. Dies ist etwas überraschend angesichts der oftmals pauschalen Behauptung, Deutsch sei als Wissenschaftssprache in Osteuropa noch stärker verankert als in Westeuropa. Offenbar gilt dies nur für die ost-mitteleuropäischen Nachbarländer, nicht jedoch für Rußland, das im Rahmen der vorliegenden Untersuchung im wesentlichen die UdSSR repräsentiert. Die hohen Mittelwerte für die UdSSR belegen freilich die traditionelle Orientierung hin auf deutschsprachige Publikationen. Jedoch scheint es in dieser Orientierung in jüngster Zeit einen auffälligen Umschwung gegeben zu haben, und zwar hin zur englischen Sprache bzw. zur US-amerikanischen Forschung (vgl. schon Barker 1966: passim).

80

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Die Zeitschriften der USA enthalten die geringsten Anteile deutschsprachiger Zitate; zugleich dominieren hier die englischsprachigen Zitate am stärksten. Beides ist nicht überraschend, sondern entspricht ganz unseren Vermutungen. Diese wissenschaftssprachliche Besonderheit der USA ist, wie man annehmen muß, einerseits bedingt durch die dominante Stellung des Landes in den Wissenschaften, aufgrund deren den US-Wissenschaftlern die Rezeption ausländischer Forschung wenig dringlich erscheint, sowie andererseits durch die Dominanz des Englischen als Weltwissenschaftssprache. Ein Aspekt dieser Dominanz ist die Fülle an Fachliteratur, die in Englisch erscheint, angesichts deren die Rezeption anderssprachiger Fachliteratur sich fast als überflüssig ausnimmt. Diese in Tabelle B-13 durch Vergleich erkennbaren Unterschiede zwischen den Ländern zeigen sich teilweise auch, wenn man in den einschlägigen Tabellen der Kapitel B.2 bis B.4 zeitlich weiter zurückgeht, wo nur noch Teilvergleiche möglich sind (Tab. B-3, B-7, B-10). Für das Jahr 1920 findet sich in der Chemie der weitaus größte Anteil deutschsprachiger Zitate in Polen (für Ungarn liegen keine Zahlen vor!), gefolgt von den Niederlanden. (Auch für die UdSSR fehlen die Zahlen.) Frankreich und die USA liegen damals noch ungefähr gleichauf (Tab. B-3). In der Wirtschaftswissenschaft zeigen die USA schon 1920 weit geringere deutschsprachige Zitaten anteile als Frankreich; die Niederlande — das einzige weitere Land, für das in der Wirtschaftswissenschaft Zahlen für 1920 vorliegen — weisen dagegen noch mehrfach höhere Werte auf als Frankreich (Tab. B-7). Auch in der Geschichte übertreffen die Niederlande hinsichtlich der deutschsprachigen Zitatenanteile die USA und Frankreich bei weitem. Allerdings liegen die USA hier vor Frankreich. Speziell im Fach Geschichte mag dies mit dem hohen Anteil deutschstämmiger Einwanderer in den USA zusammenhängen, deren Geschichte ein bedeutsamer Teil der Nationalgeschichte des Landes ist. Wenn man von dem zuletzt genannten Sonderfall absieht, so läßt sich generalisierend feststellen, daß — nach Maßgabe unserer Zitatenanalyse — Deutsch als Wissenschaftssprache in den ost-mitteleuropäischen Nachbarländern noch die verhältnismäßig größte Rolle spielt, in Ungarn etwas mehr als in Polen. Hierauf folgen die Niederlande als ein germanophones, verhältnismäßig kleines Nachbarland. In der UdSSR bzw. in Rußland hat Deutsch als Wissenschaftssprache zwar eine große Tradition; in neuester Zeit scheinen sich die Wissenschaftler dort jedoch entschieden vom Deutschen abzuwenden, das nun als Zitatenquelle sogar eine noch geringere

Ländervergleich

81

Rolle spielt als in Frankreich. Für die USA hat Deutsch von allen untersuchten Ländern den verhältnismäßig geringsten Stellenwert als Wissenschaftssprache. Zur Erklärung dieser Befunde kommen verschiedene Faktoren in Betracht, die zusammenspielen. Zum einen stärkt die Nachbarschaft eines Landes zum deutschen Sprachgebiet die dortige Stellung des Deutschen als Wissenschaftssprache. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die eigene Sprachgemeinschaft verhältnismäßig klein ist, was die Entwicklung einer eigenständigen Wissenschaftssprache und insbesondere das Erreichen eines internationalen Status für diese Sprache erschwert. Auch Frankreich ist ja ein Nachbarland des deutschen Sprachgebiets; aufgrund der Größe und jahrhundertelangen Stärke des Mutterlandes hat jedoch seine Sprache eine starke internationale Stellung erlangt. Daher orientieren sich französische bzw. französischsprachige Wissenschaftler mehr auf die eigene Sprache hin, als dies beispielsweise niederländische bzw. niederländischsprachige Wissenschaftler tun. Ein weiterer Faktor ist das Niveau der Wissenschaften in einem Land. In Rußland bzw. der UdSSR wurden — anders als in Frankreich — die deutschsprachigen Länder in dieser Hinsicht lange Zeit höher eingeschätzt als das eigene Land. Dies hat zur Orientierung auf die deutsche Sprache hin beigetragen. Auch für die frühere Ausrichtung speziell der Chemiker in den USA auf die deutschsprachigen Länder hin hat dieser Faktor eine maßgebliche Rolle gespielt. Sowohl in Rußland als auch erst recht in den USA haben die deutschsprachigen Länder inzwischen den Ruf wissenschaftlicher Überlegenheit eingebüßt. Speziell in den USA wirken alle hier genannten Faktoren in Richtung einer vorwiegenden Orientierung hin auf die Fachpublikationen des eigenen Landes und der eigenen Sprache. Betrachten wir nun zum Vergleich noch die Entwicklung der englischsprachigen Zitatenanteile. Tab. B-14 (Seite 82) ist vollkommen parallel aufgebaut zu Tab. B-13. Der vorherrschende Eindruck ist die Zunahme englischsprachiger Zitate in allen Ländern. Allerdings bleiben vor allem in Osteuropa die Zahlen auch noch im Jahr 1990 verhältnismäßig niedrig; sie übersteigen dort in keinem Land für kein Fach 55%. Was Westeuropa angeht, so ist der Grad der Anglisierung (nach Maßgabe der englischsprachigen Zitate) in den Niederlanden deutlich höher als in Frankreich. Beide Unterschiede (Osteuropa — Westen, kleines — großes westeuropäisches Land) entsprechen unseren Erwartungen. Auffällig sind bei all dem die Fächerunterschiede, denen wir uns jetzt zuwenden.

82

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Tab. B-14: Anteil englischsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Länder (in Prozent) Chemische Zeitschriften

Wirtschaftswissenschaftliehe Zeitschriften

Historische Zeitschriften

Mittelwert seit 1980

1990

Mittelwert seit 1960

Mittelwert seit 1950

1990

90 81

94 87

100

100

69

98

98

100

28 29

41 33

20 28

23 42

12

1 17

Frankreich

51 49

61 67

58 70

64 86

18 8

24 12

Niederlande

64

79

86

89

30

40

71

92

94

94

62

62

41 32

55 45

40 28

50 36

9 4

5 —

40

45

37

35

27

26 26

USA UdSSR

Polen Ungarn

3

13

1990 64 100

6 Fächervergleich Auch der länderübergreifende Vergleich zwischen den Fächern ist konsequent nur für diejenigen Jahrzehnte möglich, in denen für alle Länder Zeitschriften vorliegen; andernfalls könnten Länderbesonderheiten als Fächerspezifika mißdeutet werden. Einen Überblick — analog wie für die Länder — liefert Tabelle B-15. (Es handelt sich nur um eine andere Anordnung von Tab. B-13.) Der linken Spalte läßt sich entnehmen, bis zu welchem Jahrzehnt der Vergleich in den verschiedenen Fächern zurückreicht. Wie man sieht, liegen die Werte für 1990 in allen Fächern niedriger als die Mittelwerte — außer im Fach Geschichte in Polen. Dies bedeutet, daß der Anteil an deutschsprachigen Zitaten aufs Ganze gesehen in allen Fächern rückläufig ist; er lag früher durchschnittlich höher als heute. Beim Vergleich der einzelnen Fächer fällt der größere Anteil deutschsprachiger Zitate in der Chemie und in der Geschichte auf, gegenüber dem der Anteil in der Wirtschaftswissenschaft stark abfällt. Vor allem liegen in der Wirtschaftswissenschaft auch die Mittelwerte sehr niedrig, woraus geschlossen werden darf, daß Deutsch in diesem Fach nie eine hervorste-

Fächervergleich

83

Tab. B-15: Anteil deutschsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Fächer USA Chemie

Wirtschaftswissenschaft

Geschichte

UdSSR

1990 Mittelwert seit 1950

3

4

8

9

1990 Mittelwert seit 1980

0

0

0

1

1990 Mittelwert seit 1960

4

3

15 11 —

1

Frankreich

9

9

13 10

Niederlande

Polen

Ungarn

7

15 11

44

20 24

18 16

46

9

3

0

-

1

2

1 11

10

4

2

-

1

3

2

14

6

10 0

-

6

3

2

16 5

39 40

8 8

12

1 7

7

3

18 18

15 39

32 30

0

chende Rolle als internationale Wissenschaftssprache gespielt hat. Demgegenüber sind vor allem die Mittelwerte in der Chemie verhältnismäßig hoch, und zwar ziemlich durchgehend in allen Ländern. Auch in der Geschichte liegen die Mittelwerte hoch, zeigen jedoch eine viel größere Variation von Land zu Land als in der Chemie. Dieses Bild wird auch bestätigt, wenn man die Entwicklung weiter zurückverfolgt, wo unsere Daten nur noch einen unvollkommenen Vergleich zulassen (Tab. B-3, B-7, B-10). Bei diesem Rückblick erweisen sich vor allem die Anteile deutschsprachiger Zitate in der Chemie als sehr hoch. Auch in der Geschichte liegen sie teilweise auf beachtlicher Höhe, variieren jedoch hochgradig zwischen den Ländern, und auch von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. In der Chemie ist seit Beginn unserer Untersuchungszeit, also 1920, ein verhältnismäßig langsamer, fast kontinuierlicher Rückgang des deutschsprachigen Anteils an den Zitaten festzustellen; demgegenüber ist die Entwicklung in der Geschichte unregelmäßiger, mit teilweise wechselndem Auf und Ab. In der Wirtschaftswissenschaft sind die Werte meistenteils seit je recht niedrig; nur zwei Länder bilden davon eine Ausnahme, nämlich die Niederlande und Polen, mit einem Anteil deutschsprachiger Zitate in den 20er und 30er Jahren um 25% oder mehr. Es stellt sich nun die Frage, inwieweit der Rückgang des deutschsprachigen Anteils an den Zitaten Hand in Hand geht mit einer Zunahme des Anteils englischsprachiger Zitate. Eine solchermaßen ineinandergreifende Entwicklung ließe sich als Verdrängungsprozeß des Deutschen durch das

84

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Englische als internationale Wissenschaftssprache verstehen. Die Entwicklung der englischsprachigen Zitatenanteile liefert auch weiteren Aufschluß darüber, ob unsere im Anschluß an Sabine Skudlik (1990: 149) formulierte Hypothese haltbar ist, daß die Chemie zu den anglophonen Wissenschaften, die Wirtschaftswissenschaft zu den gemäßigt anglophonen Wissenschaften und die Geschichte zu den nationalsprachlich geprägten Disziplinen gehört (vgl. Kap. B.l: Schluß). In den Tabellen B-4, B-8 und B-ll sind die Entwicklungen des deutschsprachigen und des englischsprachigen Zitatenanteils jeweils gegenüber gestellt. Zur weiteren Verdeutlichung dient Tab. B-16, parallel aufgebaut zu Tab. B-15. (Es ist im Grunde nur eine Neuanordnung von Tab. B-14.) Tab. B-16: Anteil englischsprachiger Zitate in Zeitschriften verschiedener Fächer USA Chemie

Frankreich

Nieder- Polen lande

Ungarn

94

87

41 33

61 67

67 69

55 45

45

90

81

28 29

51 49

64 71

41 32

40

Wirtschafts- 1990 100 Wissenschaft Mittelwert seit 1980 100

98

23 42

64 86

89 94

50 36

35

98

20 28

58 70

86 94

40 28

37

64 100

l 17

24 12

40 62

5 -

26 26

69 100

3 12

18

30 62

9 4

27 13

Geschichte

1990 Mittelwert seit 1950

UdSSR

1990 Mittelwert seit 1960

8

Beim vergleichenden Blick auf die verschiedenen Tabellen zeigt sich für die Chemie unverkennbar, daß der deutschsprachige Zitatenanteil durchgehend fällt, während der englischsprachige Anteil steigt. In der Wirtschaftswissenschaft ist die Entwicklung vor allem insoweit etwas anders, als der deutschsprachige Anteil in mehreren Ländern schon seit je niedrig ist. Dennoch ist auch hier aufs Ganze gesehen ein weiterer Rückgang in neuerer Zeit festzustellen. Umgekehrt steigt der englischsprachige Anteil durchgehend an und erreicht insgesamt eine ähnliche Höhe wie in der Chemie. Bei länderübergreifender Betrachtung ist die Wirtschaftswissenschaft nicht weniger anglophon als die Chemie. Allerdings ist in der Wirtschaftswissenschaft die Rolle der deutschen Sprache seit je und bis heute unbedeutender als in der Chemie.

Fächervergleich

85

In der Geschichte ist die Entwicklung anders. Auch hier bildet sich zwar der Anteil des Deutschen an den Zitaten etwas zurück; jedoch ist diese Tendenz nur in einzelnen Ländern einigermaßen deutlich ausgeprägt (vor allem Niederlande, Ungarn). Ebenso wächst der Zitatenanteil des Englischen, aber verhältnismäßig wenig. Er bleibt auch in neuester Zeit weit niedriger als in der Chemie und in der Wirtschaftswissenschaft. Der große restliche Anteil an den Zitaten verteilt sich einerseits auf eine beträchtlich größere Anzahl von Sprachen als in der Chemie und Wirtschaftswissenschaft und andererseits auf die jeweilige Nationalsprache. Insofern bestätigt der länderübergreifende Vergleich zwischen den Fächern, daß die Geschichte tatsächlich zu den „nationalsprachlich geprägten" Fächern gehört (Skudlik 1990: 115); man könnte auch von den nur begrenzt anglophonen Fächern sprechen. Gleichzeitig sind die Anteile deutschsprachiger Zitate in der Geschichte auch in neuester Zeit teilweise deutlich höher als in der Chemie und der Wirtschaftswissenschaft, sogar in den USA. Wenn die Zahlen auch von Land zu Land stark variieren, so stützt dieser Befund doch insgesamt die Hypothese, daß Deutsch in der Geschichte eine stärkere Stellung als internationale Wissenschaftssprache bewahrt hat als in der Chemie und der Wirtschaftswissenschaft. Entsprechendes gilt für das Französische (vgl. Tab. B-5, B-9, B-12). Etwas gewagt läßt sich dieses Ergebnis dahingehend verallgemeinern, daß Deutsch und Französisch in den Geisteswissenschaften eine stärkere Stellung bewahrt haben als in den Natur- und Sozialwissenschaften — eine Verallgemeinerung, die der weiteren Prüfung bedarf, jedoch zumindest tendenziell schon durch andere Untersuchungen gestützt wird (insbesondere Skudlik 1990). Einige weitere Befunde zitatenanalytischer Untersuchungen passen gleichfalls gut in dieses Gesamtbild. So belegt z. B. eine Untersuchung aus der Medizin, die bei dieser Fächerklassifikation zu den Naturwissenschaften gehört, deren hohen Grad von Anglophonie. In einer Zitatenanalyse dermatologischer Zeitschriftenartikel des Zeitraums von 1945 bis 1990 wurden all diejenigen Artikel ermittelt, insgesamt 129, die in den 10 einflußreichsten dermatologischen Fachzeitschriften — einflußreich nach Maßgabe des Einflußfaktors — mindestens 100 mal zitiert waren. Von diesen Zeitschriften stammte keine einzige aus einem deutschsprachigen Land. Von den Artikeln kamen 75% aus den USA (95 Artikel), 10% aus England (13 Artikel), 5% aus Schweden (6 Artikel) und 4% aus Deutschland (5 Artikel). Alle Artikel waren — wie sich an den Titeln ablesen läßt — englischsprachig; nur bei 2 war die Sprache nicht dem Titel zu entnehmen, weil dieser lediglich aus

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Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

der lateinischen Krankheitsbezeichnung bestand; außerdem war l einziger Artikel deutschsprachig (Wolff, K./Ödland-Körper, H. K. „Keratinosomen als epidermale Lysosomen: ein elektronenmikroskopisch-cytochemischer Beitrag zum Verhornungsprozeß der Haut." Archiv für Klinische und Experimentelle Dermatologie). Dieser deutschsprachige Artikel lag nach der Zitatenhäufigkeit nur auf Rang 99 und war schon 1967 erschienen. (Dubin/ Hafner/Arndt 1993: 1121, 1123-1127) Ein Beleg für die begrenztere Anglophonie der Geisteswissenschaften findet sich im Arts &c Humanities Citation Index (1990, Vol. 1: 8 f.), wo diejenigen 50 geisteswissenschaftlichen Bücher genannt sind, die (gemäß diesem Index) in der Zeitspanne 1976—1983 weltweit am meisten zitiert wurden: 25 von ihnen sind englisch-, 13 französisch-, 10 deutsch- und 2 russischsprachig; der englischsprachige Anteil liegt also nur bei 50%, der deutschsprachige immerhin bei 20%. Bei den deutschsprachigen Büchern handelt es sich um folgende — in chronologischer Reihenfolge nach Ersterscheinungsdatum: Siegmund Freud (1900) Die traumdeutung [sie!]. Leipzig: Deuticke. Ludwig Wittgenstein (1922) Tractatus logico-philosophicus. London: Routledge & Kegan Paul. Martin Heidegger (1927) Sein und Zeit. Tübingen: Niemeyer. Karl Raimund Popper (1935) Logik der Forschung. Wien: Springer. Erich Auerbach (1946) Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. Bern: Francke. Ernst Robert Curtius (1948) Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern: Francke. Ludwig Wittgenstein (1953) Philosophische Untersuchungen. New York: Macmillan. Hans-Georg Gadamer (1960) Wahrheit und Methode. Tübingen: Mohr. Jürgen Habermas (1968) Erkenntnis und Interesse. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Wolfgang Iser (1976) Der Akt des Lesens. München: Fink. Interessant sind allerdings die Erscheinungszeiträume für die verschiedenen Sprachen. Der Durchschnitt der Ersterscheinungsjahre liegt für die deutschsprachigen Zitatenrekord-Bücher bei 1943—44 (numerisch zwischen 1943 und 1944), für die russischsprachigen bei 1946—47, für die französischsprachigen bei 1954—55 und für die englischsprachigen bei 1959—60. Nach dem Neuigheitsgrad der Bücher ergibt sich also die Rangfolge Englisch > Französisch > Russisch > Deutsch; die englischsprachigen Zitaten-

Fächervergleich

87

rekord-Bücher sind durchschnittlich am jüngsten und die deutschsprachigen am ältesten. Man kann daraus die Tendenz ablesen, daß von den auf deutsch verfaßten Büchern in neuerer Zeit immer weniger und von den auf englisch verfaßten immer mehr zu den meistzitierten zählen. Diese beiden Befunde aus den Natur- bzw. Geisteswissenschaften passen einerseits auch zu dem aus anderen Zusammenhängen bekannten Unterschied, daß die Naturwissenschaften mehr als die Sozialwissenschaften, und diese wieder mehr als die Geisteswissenschaften, dazu tendieren, neue Literatur zu zitieren. Diesen Unterschied zwischen „harten" und „weichen" Wissenschaften hat Derek de Solla Price empirisch ermittelt (1986: 155 — 179, vor allem 166—177). Er ist bei vergleichenden Zitatenanalysen in Rechnung zu stellen. Die sprachliche Umstellung vom Deutschen aufs Englische kann dadurch in den Geisteswissenschaften, und in geringerem Maße auch in den Sozialwissenschaften, weniger ausgeprägt erscheinen, als sie in Wirklichkeit ist. Es wird mehr aus schon betagter Fachliteratur zitiert, in der die deutsche Sprache noch einen größeren Anteil hat als in der neuen Literatur. Andererseits erlauben unsere und ansonsten vorliegende Daten kaum einen ernsthaften Zweifel daran, daß die Verschiebung vom Deutschen und Französischen hin zum Englischen in den Geisteswissenschaften zumindest langsamer erfolgt als in den Naturwissenschaften. Hubert Markl (Diskussionsbeitrag in Kalverkämper/Weinrich, eds., 1986: 53 f.) hält es für möglich, daß es sich nur um eine verzögerte Entwicklung handelt, „daß manche Geisteswissenschaften zur Zeit ähnliche Erfahrungen durchmachen, wie sie die Naturwissenschaften vor zehn, fünfzehn Jahren bereits gemacht haben" (ähnlich Kurt Lubasch, ebd.: 56). Der Prozeß sei, so Markl, vielleicht deshalb langsamer, weil die Geisteswissenschaften ihre Forschungsergebnisse eher in Form von Büchern publizieren statt wie die Naturwissenschaften in Aufsätzen: „Wenn ich recht sehe, ist, soweit die Wissenschaften im wesentlichen ihre Arbeit in Büchern vorlegen, der Widerstand gegen das Übergehen in die fremde Sprache größer als dort, wo der Zeitschriftenartikel mehr im Vordergrund steht." (Ebd.: 54) Neben dieser Annahme einer bloßen Verzögerung der Entwicklung gibt es allerdings auch ernsthafte Argumente für einen dauerhafteren Unterschied. Sie wurden hie und da in den Beiträgen zu dem von Hartwig Kalverkämper und Harald Weinrich (1986) herausgegebenen Band berührt. Deutlicher hat sie dann Sabine Skudlik (1990: z. B. 215 f.) formuliert (vgl. auch Ammon 1991a: 230 f.). Im wesentlichen lassen sie sich in drei Erklärungsan-

88

Die internationale Rezeption deutschsprachiger Publikationen

Sätzen zusammenfassen, die nicht koinzidieren müssen, d. h. als Faktoren unabhängig voneinander wirken können: (1) Die Themen und Gegenstände der Geistes Wissenschaften sind häufiger als die der (theoretischen) Naturwissenschaften von überwiegend nur nationalem Interesse. Daher kann auch die Kommunikation über sie eher innerhalb des nationalen Rahmens verbleiben. Dieser Gedanke liegt nahe beim Vergleich zwischen Geschichte und (theoretischer) Chemie, die hier als Beispiele dienen. Daher Skudliks (1990: 215) Rede von den „nationalsprachlich geprägten Wissenschaften". (2) Die fachliche Spezialisierung ist in den Naturwissenschaften weiter gediehen als in den Geisteswissenschaften. Daher finden sich innerhalb einer einzelnen Sprachgemeinschaft zu wenige Vertreter der hochspezialisierten Fachgebiete. Wer mit einer ausreichend großen Zahl von Kolleginnen und Kollegen desselben Fachgebiets kommunizieren möchte, muß weltweite Kontakte pflegen. Dazu eignet sich nur eine weltweit verbreitete Sprache wie das Englische. (3) Die Geisteswissenschaften sind aufgrund des geringeren Formalisierungsgrades erkenntnismethodisch mehr an die Gemeinsprache (im Gegensatz zur Fachsprache) gebunden als die Naturwissenschaften. Als diese Gemeinsprache bietet sich meist die jeweilige Muttersprache an, weil sie in der Regel nuancenreicher beherrscht wird als eine Fremdsprache (vgl. auch Oksaar/Skudlik/von Stackelberg 1988). Die Naturwissenschaften arbeiten dagegen in höherem Maße mit formalen Sprachen, die weitgehend universal sind; die nicht-formalen Anteile an den Texten treten gegenüber den formalen oftmals in den Hintergrund oder haben zumindest geringeres Gewicht. Dies gilt vor allem für die mathematischen Textteile, aber nicht nur für sie. Die hier exemplarisch gewählte Chemie arbeitet bekanntlich mit einer spezifischen universalen Formelsprache, was schon der Titel des für diese Frage einschlägigen Buches von Wendy A. Warr (1988) ausdrückt: Chemical Structures: the International Language of Chemistry. Die engere Bindung an die Gemeinsprache erschwert den Sprachwechsel aus zwei Gründen: a) Die Zielsprache muß nuancierter, im Grunde auf Muttersprachniveau beherrscht werden. Daher ist das Umsteigen auf eine Fremdsprache schwierig. Dies erklärt, warum z. B. Deutschsprachige beim Deutschen beharren. b) Die Übersetzung in eine andere Sprache ist diffiziler, weil die Termini verschiedener Sprachen in geringerem Grade synonym sind. Übersetzung wird zur schwierigen Interpretation, bei der ganze Terminologiesysteme aufeinander abgestimmt werden müssen. Dies erklärt, warum Wissen-

Fächervergleich

89

schaftler auch stärker an einer einmal erlernten Fremdsprache festhalten, also zögerlicher von traditionellen Wissenschaftssprachen wie Deutsch oder Französisch auf die Weltwissenschaftssprache Englisch umsteigen. Die Sozialwissenschaften, teilweise auch die angewandten Naturwissenschaften (im Gegensatz zu den theoretischen), nehmen in bezug auf diese Erklärungsansätze eine Mittelposition zwischen den theoretischen Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften ein. Das Beispiel der Wirtschaftswissenschaft als einer hochgradig anglisierten Disziplin zeigt allerdings, daß bei Generalisierungen Vorsicht geboten ist.

C. Das heutige Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache: Fragebogenerhebung

l Fragestellung und Methode Um einen einigermaßen breiten Überblick über die heutige Stellung des Deutschen als Wissenschaftssprache in verschiedenen Ländern zu gewinnen, erschien eine Fragebogenerhebung am besten geeignet. Sie richtete sich auf dieselben Disziplinen wie die Zitatenanalyse, nämlich die Chemie, die Wirtschaftswissenschaft und die Geschichte. Damit sollten wieder einerseits je eine typische Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaft und andererseits eine ausgesprochen anglophone, eine gemäßigt anglophone und eine eher nationalsprachlich geprägte Disziplin erfaßt werden (Skudlik 1990: 149; vgl. Kap B.3: gegen Ende). Der Fragebogen beschränkte sich zur Begünstigung des Rücklaufs auf das Wichtigste (ähnliche Erhebung Medgyes/Kaplan 1992: 96-98). Eine erste Fassung wurde Vertretern der drei ausgewählten Disziplinen an der Universität Duisburg vorgelegt und aufgrund ihrer Kommentare leicht modifiziert. Die endgültige Version des Fragebogens wurde dann in drei Sprachen verfaßt: Deutsch, Englisch und Französisch. Sie wurde zunächst auf deutsch formuliert (vgl. Anhang) und dann von fachkundigen Muttersprachlern übersetzt. In die USA wurde nur die englischsprachige und nach Frankreich nur die französischsprachige Fassung versandt; in die übrigen Länder gingen ausreichend viele Fragebögen in allen drei Sprachen, so daß die Informantinnen und Informanten frei zwischen ihnen wählen konnten. (Im weiteren wird — wie schon zuvor in analogen Fällen — auf die Hinzufügung der movierten Form verzichtet; mit dem Ausdruck Informanten sind also in der Regel zugleich die Informantinnen gemeint.) Zur Verteilung und Einsammlung der Fragebögen standen in allen Ländern Kontaktpersonen zur Verfügung, deren Bemühungen teilweise mit einem kleinen Honorar entgolten wurden. Sie waren gebeten, in den drei Fächern für eine Verteilung der Fragebögen nach dem Zufallsprinzip zu sorgen und dabei insbesondere Sprachkenntnisse als Verteilungskriterium auszuschließen. Die eigentliche Verteilung geschah nicht selten, auf der

Fragestellung und Methode

91

Grundlage dieser Anleitung, durch die jeweiligen Fachvorstände (Institutsdirektor, Dekan, Head of the Department). An einer Reihe französischer Universitäten wurden die postalisch übermittelten Fragebögen direkt von den Fachvorständen verteilt und wieder eingesammelt. Die Versendung und Einsammlung der Fragebögen erstreckte sich — mit Nachsendungen und Anmahnungen - über die Zeitspanne von Januar 1991 bis Herbst 1992. Insgesamt wurden 1520 Fragebögen versandt, von denen 835, also 55%, ausgefüllt zurückkamen. Der verhältnismäßig hohe Rücklauf ist vor allem den Kontaktpersonen vor Ort zu danken. Angestrebt war eine Stichprobe von insgesamt mindestens 90 Informanten pro Land, je 30 für jede der drei untersuchten Disziplinen. Diese Stichprobengröße wurde für nahezu alle Länder erreicht. Eine deutliche Ausnahme bildet nur Polen, von wo eine der Kontaktpersonen trotz mehrmaliger Zusage letztlich keine Fragebögen zurücksandte. Für Japan wurde die Zielgröße nur knapp verfehlt. Tabelle C-l gibt einen Überblick über die Anzahl ausgefüllter Fragebögen pro Land, ihren Anteil an der Gesamtstichprobe, die beteiligten Hochschulen und die verantwortlichen Kontaktpersonen vor Ort. Der dritten Spalte läßt sich entnehmen, daß die Fragebögen ziemlich gleichmäßig auf die verschiedenen Länder verteilt sind, mit Rußland als oberem und Polen als unterem Extremwert (21% bzw. 5% Anteil an der Gesamtstichprobe). Dies rechtfertigt — wenn auch sicher mit Einschränkungen — die nachfolgende Gesamtauswertung und die anschließende Aufteilung nur nach Fächern bzw. Ländern bzw. Generationen, unter Verzicht auf die gleichzeitige Aufspaltung nach den übrigen Kategorien. Das Durchschnittsalter der Informanten liegt bei 45 Jahren (durchschnittliches Geburtsjahr 1947), mit Alters-Extremwerten einerseits bis 71 und andererseits 23 Jahren. 82% sind Männer und 18% Frauen. Diese Alters- und Geschlechterverteilung zeigt keine auffälligen Verzerrungen gegenüber der Population. Die Verteilung auf die drei Fächer ist verhältnismäßig gleichmäßig: Chemie 317 (38%), Wirtschaftswissenschaft 239 (29%) und Geschichte 271 (33%). Ein Licht auf die Stichprobenzusammensetzung wirft auch die Nationalität der Informanten, die keinesfalls immer identisch ist mit der Staatsangehörigkeit des Landes, in dem die Erhebung standfand. Insgesamt wurden nicht weniger als 33 verschiedene Nationalitäten genannt, ein Indiz für die Mobilität von Wissenschaftlern, die nicht nur häufig ihren Herkunftsort, sondern auch ihr Herkunftsland verlassen und andernorts tätig werden. Die häufigst genannten Nationalitäten sind: Ungarisch 19% (159), russisch

92

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-l: Verteilung der auswertbaren Fragebögen auf Länder und Universitäten Land

Rücklauf

Anteil an Universitäten Gesamtheit

Frankreich

109 (39%)

13%

Bordeaux Fachvorstände Grenoble Lyon III Montpelier Paris II, VI, VII, IX, X Toulouse

Niederlande

145 (54%)

17%

Amsterdam, Vrije U. Leiden Tilburg

Gerritsen, Marinel Koster, Cor J.

43 (24%)

5%

Pecs Poznan

Wild, Katharina Karolak, Czeslaw

Ungarn

162 (90%)

19%

Budapest, U. Budapest, Coll. of Trading

Heleszta, Eva

Rußland

179 (99%)

21%

Moskau St. Petersburg

Treskowa, Svetlana Domaschnew, Anatoli

USA

115 (64%)

14%

Buffalo Texas

Wölck, Wolfgang Jacobson, Rodolfo

Japan

82 (33%)

10%

Fukuoka Kobe, UMDS Osaka, City U. Soka, Dokkyo U. Tokio, Keio U.

Okuda, Iwoo Itayama, Mayumi Kawasaki, Yasushi Ammon, Ulrich Hirataka, Fumiya Sekiguchi, Ichiro Hieda, Yoichiro

Polen

Tamagawa

Verteilende Kontaktpersonen

18% (149), niederländisch 16% (132), französisch 13% (109), US-amerikanisch 11% (88), japanisch 10% (85) und polnisch 5% (42). Alle übrigen Nationalitäten liegen bei Anteilen von nur 1% oder darunter. Für die folgende Zuordnung zu den Erhebungsländern ist naheliegenderweise nicht die angegebene Nationalität entscheidend, sondern das Aufenthaltsland, bzw. die Zugehörigkeit zu einer Universität dieses Landes zur Zeit der Erhebung. Ganz überwiegend kongruieren allerdings angegebene Nationalität und Aufenthaltsland, also z. B.: französische Nationalität — Aufenthaltsland Frankreich, polnische Nationalität — Aufenthaltsland Polen usw. Die Vielfalt der Nationalitäten ist am größten unter den Informan-

Kenntnis der deutschen Sprache

93

ten aus Rußland — ein Indiz der hohen nationalen Mobilität von Wissenschaftlern in der früheren UdSSR. Es versteht sich von selbst, daß es sich bei den folgenden Zahlenangaben nur um Angaben der Informanten handelt, was der Einfachheit halber nicht immer wieder erneut formuliert wird. Einer Feststellung wie z. B. „Polnisch ist die Muttersprache von 5% der Informanten" wäre also stets hinzuzufügen: „nach Angabe der Informanten". Zu bedenken wäre allerdings strenggenommen, daß die Angaben davon abhängen, wie die Informanten die in den Fragen verwendeten sprachlichen Ausdrücke verstanden haben. Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Ausdrücke wie „Polnisch" und dergleichen lassen sich teilweise unterschiedlich verstehen, und beim Ausdruck „Muttersprache" erscheint ein übereinstimmendes Verständnis aller Informanten höchst unwahrscheinlich. Derartige Probleme kommen im weiteren nur gelegentlich zur Sprache. Insgesamt wird davon ausgegangen, daß die Befunde trotz solcher Imponderabilia aussagekräftig sind.

2 Kenntnis der deutschen Sprache Eine der ersten Fragen richtete sich auf die Sprachkenntnisse der Informanten. Sie sollten alle Sprachen angeben, die sie „beherrschten", wobei die „Muttersprache(n)" ausdrücklich einbezogen war(en). In der folgenden Frage wurden dann „Muttersprache(n)" und „Fremdsprachen" unterschieden. Deutsch war in der Gesamtstichprobe (n = 835) die zweithäufigst beherrschte Sprache, übertroffen nur von Englisch und gefolgt von Französisch. Allerdings war der Abstand von Englisch zu Deutsch deutlich größer als der von Deutsch zu Französisch. Tabelle C-2 gibt einen Überblick über die Sprachen, die mindestens 10% der Informanten beherrschten. Die Informanten sind in erheblichem Maße multilingual; nur 1% (10) bekannten sich als monolingual: 23% (189) nannten die Kenntnis von 2 Sprachen, 30% (245) von 3, 27% (222) von 4, 11% (93) von 5, 4% (37) von 6 und 1% (7) von sogar 7 Sprachen. Teilweise wurden dabei offenbar auch Sprachen einbezogen, die allein wegen ihrer engen Verwandtschaft mit erlernten Sprachen verstehbar sind. So kommentiert z. B. ein schwedischsprachiger Informant: „Anyone who understands Swedish understands (though not speaks) Danish & Norwegian." Außer den in Tabelle C-2 genannten 10 Sprachen wurden weitere 54 angegeben, viele freilich nur von einzelnen Informanten: von klassischen, toten (z. B. Alt-Slawisch, Sanskrit)

94

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-2: Verteilung der Sprachkenntnisse in der Gesamtstichprobe (Prozent der Informanten; absolute Zahlen in Klammern) Beherrschte Sprache

Prozent Informanten

Englisch Deutsch Französisch Russisch Ungarisch Niederländisch Italienisch Japanisch Spanisch

91 65 50 41 19 17 11 11 10

(762) (543) (414) (346) (161) (145) (92) (92) (87)

Davon Muttersprachler 12 2 23 49 98 97 — 91 7

(90) (H) (96) (170) (158) (141) (0) (84) (6)

Davon Nicht-Muttersprachler 88 98 77 51 2 3 100 9 93

(672) (532) (318) (176) (3) (4) (92) (8) (81)

über künstliche (z. B. Esperanto, Occidental) bis zu ansonsten weitgehend auf die Wohngebiete ihrer Sprecher beschränkten Sprachen (z. B. Kabardinisch, Udmurtisch). Bei den in Tabelle C-2 genannten Sprachen fällt auf, daß Ungarisch, Niederländisch und auch Japanisch überwiegend nur Muttersprache sind. Auch bei Russisch ist der Anteil der Muttersprachler verhältnismäßig hoch. Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch sind dagegen hauptsächlich Nicht-Muttersprache bzw., vereinfacht gesagt, Fremdsprache. Als „Nicht-Muttersprache" zählte eine Sprache, für die zwar Kenntnisse reklamiert wurden, die aber nicht ausdrücklich als Muttersprache genannt war. Es könnte sich auch um eine Zweitsprache handeln — wenn man diese Kategorie zwischen Muttersprache und Fremdsprache einbauen oder als Spezialfall von Fremdsprache (im weiteren Sinn) hinzufügen möchte. Der Anteil der Muttersprachler liegt bei den Nationalsprachen der Untersuchungsländer natürlicherweise höher als bei den übrigen Sprachen. Sprachen von Untersuchungsländern sind Englisch (USA), Französisch (Frankreich), Russisch (Rußland), Ungarisch (Ungarn), Niederländisch (Niederlande) und Japanisch (Japan). Dagegen sind Deutsch, Italienisch und Spanisch keine Sprachen von Untersuchungsländern. Bedacht werden sollte auch die Vieldeutigkeit des Ausdrucks Muttersprache, den die Informanten teilweise unterschiedlich verstanden haben könnten, nämlich als Sprache, die: (a) sie im Verlauf ihres Lebens als erste gelernt haben; (b) sie derzeit am besten beherrschen;

Kenntnis der deutschen Sprache

95

(c) sie derzeit am häufigsten verwenden; (d) sie in der Privatsphäre, vor allem innerhalb der Familie, bevorzugt verwenden; (e) ihnen emotional am nächsten steht; (f) sie am ehesten in Zusammenhang bringen mit ihrer persönlichen Identität; (g) sie am ehesten in Zusammenhang bringen mit ihrer ethnischen oder nationalen Identität. (Vgl. Skutnabb-Kangas/Phillipson 1989; Ammon 1989b: 62) Unterschiede im Verständnis der Frage sind zudem dadurch denkbar, daß manche Informanten nur eine Muttersprache pro Individuum für möglich hielten, andere dagegen mehrere. Letzteres wird zwar durch die Fragestellung ausdrücklich nahegelegt, brauchte deshalb aber nicht von allen Informanten akzeptiert zu werden. Nur knapp 3% (25) aller Informanten nannten 2, alle übrigen nur l Muttersprache. Trotz solcher denkbaren Verständnisdivergenzen wäre es übertrieben, jegliche Übereinstimmung zwischen den Bedeutungen des Ausdrucks Muttersprache zu leugnen und die Vergleichbarkeit der Antworten grundsätzlich anzuzweifeln. Liefern schon die Angaben in Tabelle C-2 Anhaltspunkte dafür, welche Sprachen mehr oder weniger als internationale Wissenschaftssprachen fungieren? Man kann bei der Antwort davon ausgehen, daß häufig gelernte Fremdsprachen sich eher für die internationale Kommunikation eignen als Nur-Muttersprachen. Von dieser Überlegung aus kommen laut Tabelle C-2 vor allem Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch als internationale Wissenschaftssprachen in Betracht, denn für sie ist der Anteil als Fremdsprache verhältnismäßig hoch. Für Russisch ist er deutlich geringer und für Japanisch, Niederländisch und Ungarisch fast verschwindend. Die Auskunft über die Muttersprache war Teil der übergreifenden Frage danach, wie die Kenntnisse in den verschiedenen Sprachen erworben wurden. Dafür waren 12 verschiedene Möglichkeiten vorgegeben, die jeweils für bis zu 6 Sprachen angekreuzt werden konnten, mit Ergänzungsmöglichkeiten zum Schluß. Die Beantwortung war einfacher, als es diese Beschreibung nahelegt (vgl. Anhang). In Tabelle C-3 sind die Antworten wiedergegeben, und zwar für diejenigen vier Sprachen, die insgesamt am häufigsten beherrscht wurden. Die Basis der Prozentwerte bilden jeweils die Informanten, die die betreffende Sprache beherrschen (Sprecher der Sprache): für Deutsch n = 543, für Englisch n = 762, für Französisch n = 414 und für Russisch n = 346 (vgl. Tab. C-2).

96

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-3: Erwerb der vier häufigst beherrschten Sprachen (Prozent der die jeweilige Sprache beherrschenden Informanten) Ort oder Art des Spracherwerbs

Englisch

Deutsch

Französisch Russisch

Ist Muttersprache In der Familie In der Schule In der Hochschule An einem Kulturinstitut Im Kontakt mit Muttersprachlern Im Selbststudium In kommerziellen Kursen Über die Massenmedien

12 5 66 51 4 29 25 10 25

2 5 67 44 6 33 25 8 23

23 2 55 23 4 20 15 6 9

49 3 41 31 1 10 5 4 5

Die außerdem angebotenen Antwortmöglichkeiten „Während eines Aufenthaltes im betreffenden Sprachgebiet", „durch Lektüre" und „Erwachsenenbildung" wurden in keinem Fall von mehr als 1% der Informanten angekreuzt, so daß auf die tabellarische Wiedergabe verzichtet wird. Es waren jeweils Mehrfachantworten zugelassen. Wenn man den unterschiedlichen Erwerb der Sprachen zu erklären versucht, muß man die Anteile der Muttersprachler berücksichtigen. Er liegt bei Deutsch und auch Englisch deutlich niedriger als bei Französisch und vor allem Russisch. Dagegen wurden Deutsch und Englisch häufiger auf Schule und Hochschule gelernt, aber auch durch die Massenmedien, im Selbststudium und im Kontakt mit Muttersprachlern. Vermutlich bedingen sich der geringere Anteil an Muttersprachlern bei Deutsch und Englisch und die ansonsten höheren Zahlen gegenseitig. Vielleicht wurde auch speziell von den Muttersprachlern manche Antwortmöglichkeit nicht markiert, weil sie trivial oder redundant erschien, z. B. „In der Schule". Die Unterschiede zwischen Deutsch und Englisch gegenüber Französisch und Russisch lassen sich also zumindest teilweise auf den Unterschied Fremdsprache — Muttersprache reduzieren. Allerdings ist die Deutung der Antworten dadurch erschwert, daß die Form der Frage keine klare Unterscheidung zwischen Verneinung und Nichtbeantwortung, z. B. aufgrund von Flüchtigkeit, gewährleistet. Ein letzter Fragenkomplex differenziert die Kenntnisse in den beherrschten Sprachen nach den vier Grundfertigkeiten: Hören = mündliches Verstehen (rezeptiv mündlich), Lesen (rezeptiv schriftlich), Sprechen (produktiv mündlich) und Schreiben (produktiv schriftlich). Für jede Sprache war der

Kenntnis der deutschen Sprache

97

Beherrschungsgrad jeder Fertigkeit in Form einer Notenskala anzugeben, und zwar mit fünf Stufen: von A = perfekte Kenntnisse bis E = sehr rudimentäre Kenntnisse. Nur die beiden Extremwerte der Skala, A und E, wurden verbal erläutert, die dazwischenliegenden Ränge waren nur als Buchstabenfolge vorgegeben. Die verbalen Kennzeichnungen in Tabelle C-4 (Zeilenüberschriften) wurden nachträglich hinzugefügt. Zur Beantwortung der Frage waren nur die Buchstaben in eine vorgegebene Tabelle einzutragen (vgl. Anhang). Die Rede von „Beherrschungsgraden" soll nicht das Vorliegen einer metrischen Größe implizieren; skalentheoretisch handelt es sich um eine Rangskala. Tabelle C-4 (Seite 98) enthält die wichtigsten Befunde dieses Fragenkomplexes für die 4 meistbeherrschten Sprachen. Dies sind zunächst einmal die Prozentsätze jedes Beherrschungsgrades der vier Fertigkeiten. Die Basis der Prozentwerte bilden diesmal die jeweils gültigen Antworten, wobei die Antwortzahl von Sprache zu Sprache und sogar — in geringerem Maße — von Fertigkeit zu Fertigkeit schwankt. Tabelle C-4 enthält auch die ProzentMittelwerte für jeden Beherrschungsgrad (M, am Zeilenende), das arithmetische Mittel der vier jeweils links davon stehenden Werte derselben Zeile. Außerdem ist für jede Grundfertigkeit und für den Mittelwert der Modalwert (Wert höchster Häufigkeit) durch Fettdruck hervorgehoben, auch im Falle mehrerer gleich hoher Werte. Die Mittelwerte und die Modalwerte machen die Unterschiede zwischen den Sprachen besser sichtbar. Die rezeptiven Fertigkeiten (Hören, Lesen) sind — nach Selbsteinschätzung der Informanten — in allen Sprachen besser als die produktiven (Sprechen, Schreiben), was nicht überraschend ist. Außerdem sind die schriftlichen Fertigkeiten (Lesen und Schreiben) in allen Sprachen etwas höher entwickelt als die mündlichen, am höchsten die Lesefertigkeiten. Beim Russischen sind diese Unterschiede allerdings schwach ausgeprägt. Die Sprechfertigkeit ist in allen Sprachen am geringsten ausgebildet. Möglicherweise ist dies darauf zurückzuführen, daß die internationalen Kontakte zwischen Wissenschaftlern immer noch mehr schriftlich als mündlich stattfinden. Beim Deutschen scheint das Hörverständnis besser als beim Französischen, beim Französischen dagegen die Lesefähigkeit. Ansonsten wird Englisch in allen Fertigkeiten am besten beherrscht, gefolgt von Deutsch, Französisch und — mit einigem Abstand — Russisch. Dies verstärkt den vorausgehenden Befund, wonach Englisch schon an Zahl von Wissenschaftlern, die es beherrschen, alle anderen Sprachen weit übertrifft. Nach beiden Maßstäben folgen offenbar — in gehörigem Abstand und in dieser Reihenfolge:

98

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab.C-4: Beherrschungsgrade der vier wichtigsten Wissenschaftssprachen (Prozent der Antworten) Hören

Lesen

Sprechen

Schreiben

M

36 46 13 3 1

15 37 27 10 10

15 42 26 10 7

23 41 22 8 6

23 38 27 9 4

5 23 33 22 17

4 20 34 23 19

13 29 29 17 13

18 40 27 10 5

8 13 33 20 25

7 12 33 24 25

11 22 32 18 18

16 28 29 14 14

9 22 25 17 27

9 16 31 18 25

12 24 28 15 22

Englisch Sehr gut Gut Mittel Eher schlecht Rudimentär

24 38 25 9 5

Deutsch Sehr gut Gut Mittel Eher schlecht Rudimentär

18 33 23 15 12

Französisch Sehr gut Gut Mittel Eher schlecht Rudimentär

11 21 34 18 17

Russisch Sehr gut Gut Mittel Eher schlecht Rudimentär

12 30 25 12 21

Deutsch, Französisch und Russisch. Ein Informant aus Frankreich unterstreicht die Dominanz des Englischen mit dem Kommentar: „L'anglais ne devrait plut etre une langue etrangere pour personne." Die Stellung von Deutsch als zweitbest beherrschte Sprache ist — trotz des großen Abstandes von Englisch — bemerkenswert.

3 Anwendung des Deutschen Von unmittelbarerem Interesse als die Sprachkenntnisse selbst ist hier der Gebrauch, der von ihnen gemacht wird. Erst daran zeigt sich nämlich, in-

Anwendung des Deutschen

99

wieweit Sprachen wirklich als internationale Wissenschaftssprachen dienen. Um Aufschluß über den Gebrauch der Sprachkenntnisse zu gewinnen, wurden die Wissenschaftler befragt, in welchen Sprachen sie a) wissenschaftliche Literatur lesen, b) publizieren, c) mit Fachkollegen korrespondieren, d) wissenschaftliche Vorträge auf Konferenzen anhören oder e) selbst Vorträge halten. Sie konnten ihre Angaben dabei in jedem Fall quantitativ abstufen in „oft", „gelegentlich" oder „selten". Die Befunde sind dargestellt in Tabelle C-5. Wie schon zuvor steht der Mittelwert über alle Gebrauchsarten in der letzten Spalte und ist der Modal wert jeder Gebrauchsart durch Fettdruck hervorgehoben. Die Basis der Prozentuierung bildet im weiteren durchgehend die Gesamtstichprobe (n = 835). Tab. C-5: Anwendung der Sprachkenntnisse (Prozent der Informanten) Ich lese

Ich publiziere

Ich korrespondiere

Ich höre Vorträge

Ich halte Vorträge

M

35

39 12

27 13 14

39

11

38 13 11

5 7 12

10 10 12

9 13 13

5 6 12

12 13

3 2 7

5 4 7

6 6

3 2 6

5 5 7

1 1 2

3 1

1 1 2

2 2

2

1 2 2

2 2 4

1 3 4

1 1 4

2 2 5

Englisch Oft Gelegentlich Selten

57 14 6

13

13

13 11

Deutsch

Oft Gelegentlich Selten

18 22 15

9

Französisch Oft Gelegentlich Selten

9 12 11

6

Russisch Oft Gelegentlich Selten

4 4 7

3

Andere Sprache Oft Gelegentlich Selten

5 4 8

1 2 3

100

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Die Häufigkeit der Verwendung ergibt für die Sprachen dieselbe Rangordnung wie die der Sprachkenntnisse: Englisch — Deutsch — Französisch — Russisch. Daß andere Sprachen kaum eine Rolle spielen, läßt sich daran ablesen, daß alle zusammen kaum häufiger benützt werden als das Russische und deutlich seltener als das Französische oder Deutsche. Englisch wird in allen Anwendungsarten mit Abstand am häufigsten gebraucht, was an den hohen Prozentzahlen bei der Verwendungshäufigkeit „oft" ersichtlich ist. Ein Informant kommentiert in bezug auf das Publizieren: „Anything not in English is ignored"; ähnlich mehrere andere. Über die Hälfte aller Informanten liest „oft" wissenschaftliche Literatur in Englisch. Beachtlich ist jedoch, daß dies immerhin 18%, also knapp ein Fünftel, auch in Deutsch tun und Deutsch damit deutlich vor Französisch rangiert. Besonders erstaunlich ist, daß über die Hälfte der Informanten (55%) zumindest „selten" Literatur in Deutsch lesen. Hier drängt sich der Verdacht auf, daß die Stichprobe — trotz aller vorbeugenden Hinweise für die Verteiler der Fragebögen — zugunsten deutschsprechender Wissenschaftler verzerrt ist. Die Rangordnung der Sprachen ist in allen Anwendungsarten gleich: Alle Sprachen werden am meisten zur Lektüre verwendet und am wenigsten zum eigenen Vortrag. Allgemein dienen sie auch mehr zur Rezeption als zur Produktion von Texten, was deutlich wird, wenn man das Lesen mit dem Publizieren und das Hören mit dem eigenen Vortrag vergleicht. Einen Sonderfall bildet die Korrespondenz, bei der die Fragestellung nicht zwischen rezeptiv und produktiv unterscheidet. Für sie liegen die Werte allgemein recht hoch, auf ähnlicher Höhe wie für das Anhören von Vorträgen. Vermutlich geschieht schriftliche Korrespondenz teilweise im „polyglotten Dialog" (vgl. Posner 1991), wobei in der Fremdsprache gelesen und in der Muttersprache geschrieben wird.

4 Sprachlern-Wünsche und Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs Wichtige Hinweise auf die Bedeutsamkeit der Sprachen als Wissenschaftssprachen lassen sich auch den Wünschen der Wissenschaftler entnehmen, die eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern, sei es durch Verbesserung der Fertigkeiten in bereits beherrschten Sprachen oder durch das Hinzulernen neuer Sprachen. Zur Einleitung dieses Fragenkomplexes wurden die Informanten zunächst um eine Stellungnahme zu der Aussage gebeten: „Ich bin mit meinen

Sprachlern-Wünsche und Sprachlern-Empfehlungen

101

Sprachkenntnissen zufrieden." 23,5% antworteten bejahend, 73,4% verneinend (Rest keine Antwort). Manche Verneinungen waren mit dramatisierenden Kommentaren verstärkt, z. B. von einer französischen Informantin: „Je me considere comme un infirme parce que je ne comprends pas l'anglais orale." Der Prozentsatz der bejahenden Antworten mag zwar auf den ersten Blick niedrig erscheinen; er ist jedoch im Grunde erstaunlich hoch. Zum einen nämlich kann die Bejahung leicht als Selbstgefälligkeit verstanden werden, die sich vermutlich niemand gerne nachsagen läßt. Zum ändern wird die Verbesserung von Sprachkenntnissen, worunter im vorliegenden Kontext offenkundig Fremdsprachenkenntnisse zu verstehen waren, weithin ausgesprochen positiv bewertet. Die offene Bekundung von Desinteresse erfordert daher einigen Mut. Als eine solche Bekundung kann aber die Bejahung der obigen Aussage verstanden werden; ein anderes Verständnis ist sogar kaum denkbar. Daran anschließend wurde gefragt, in welchen Sprachen die Informanten gerne ihre Kenntnisse verbessern würden (Tab. C-6). Allerdings wurde statt der Frageform wieder die Aussageform gewählt (vgl. die folgenden Tabellenüberschriften), wobei die möglichen Antworten jeweils vorgegeben waren. Tab. C-6: „Ich würde gerne meine Kenntnisse folgender Sprachen verbessern." (Prozent der Informanten) Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

48 39 21 6 10

Die Restkategorie „Andere Sprachen" ist absichtlich aus der Rangordnung herausgenommen und ans Ende gestellt. Die Proportionen in Tabelle C-6 sind aufgrund der bisherigen Befunde nicht überraschend. Im Kontrast zur unmittelbar anschließenden Frage war klar, daß es hier um die Verbesserung schon vorhandener Sprachkenntnisse ging. Kenntnisse des Englischen sind am häufigsten vorhanden, weshalb sich auch die Wünsche nach Verbesserung von Sprachkenntnissen am häufigsten darauf beziehen. Allgemein entspricht die Rangordnung der Lernwünsche derjenigen der bereits vorhandenen Kenntnisse, die ja wie folgt festgestellt wurde: 91% Englisch, 65% Deutsch, 50% Französisch und 41% Russisch (Tab. C-2). Eine etwas andere Rangordnung liefert die Frage nach den zusätzlichen Sprachkenntnissen, die für die eigene wissenschaftliche Arbeit nützlich wären (Tab. C-7).

102

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-7: „Ich glaube, daß mir Fremdsprachenkenntnisse in folgenden zusätzlichen Sprachen in meiner wissenschaftlichen Arbeit nützen würden." (Prozent der Informanten) Deutsch Englisch Französisch Russisch Andere Sprachen

21 14 12 9 13

Hier rangiert Deutsch überraschend vor Englisch. Dieses Ergebnis erklärt sich zwar teilweise dadurch, daß mehr der befragten Wissenschaftler schon Englischkenntnisse besitzen (91% — gegenüber nur 65% mit Deutschkenntnissen). Dennoch gibt diese Rangordnung der Sprachen zu denken; indiziert sie doch — falls unsere Stichprobe einigermaßen repräsentativ ist — eine erstaunliche Attraktivität der deutschen Sprache auch noch für heutige Wissenschaftler. Allerdings wäre es vielleicht zweckmäßig gewesen, zu spezifizieren, was mit „wissenschaftlicher Arbeit" gemeint ist. So kommentiert ein US-Informant bei der Angabe „Spanish": „For doing research, but not necessarily for publishing it". Um Veränderungen schärfer hervortreten zu lassen, wurde weiter ausdrücklich nach heute nicht mehr wichtigen Sprachen gefragt (Tab. C-8). Tab. C-8: „Ich halte meine Kenntnisse der folgenden Sprachen heute für nicht mehr bedeutsam für meine wissenschaftliche Arbeit." (Prozent der Informanten) Deutsch Russisch Französisch Englisch

7 6 5 2

Auch hier führt Deutsch das Feld an, d. h. es ist zugleich die Sprache, die am meisten an Brauchbarkeit für wissenschaftliches Arbeiten eingebüßt hat. Allerdings sind die Prozentwerte allgemein niedrig. Bei der Bewertung der Antworten ist auch der verhältnismäßig hohe Kenntnisstand im Deutschen (65%) zu berücksichtigen, vor allem im Vergleich zum Französischen (50%) und Russischen (41%) (vgl. Tab. C-2). Verglichen mit dem Französischen und Russischen wird Deutsch zwar von mehr Wissenschaftlern beherrscht (65% gegenüber 50% bzw. 41%), aber auch etwas häufiger als für die wissenschaftliche Tätigkeit nutzlos bewertet. Dagegen überragt

Einschätzung von Deutsch als Publikationssprache

103

Englisch wieder alle anderen Sprachen: Es hat nicht nur den höchsten Kenntnisstand (91%) (Tab. C-2), sondern wird auch besonders selten für nutzlos gehalten. Mit den Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs des eigenen Fachs, nach denen ebenfalls gefragt wurde, werfen die Wissenschaftler gewissermaßen einen Blick in die Zukunft (vgl. Tab. C-9). Tab. C-9: „Ich meine, daß junge Wissenschaftler meiner Disziplin auf jeden Fall folgende Fremdsprachen beherrschen sollten." (Prozent der Informanten) Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

83 44 23 5 6

Hinzugefügt war ausdrücklich die Antwortmöglichkeit, daß junge Wissenschaftler „keine" Fremdsprachen zu beherrschen brauchten. Sie wurde jedoch nur — oder, wenn man will, immerhin — von 0,6% (n = 5) der Informanten bejaht. Die bislang vorherrschende Rangordnung der Sprachen bleibt unverändert. Offenbar erwarten die befragten Wissenschaftler für die Zukunft, oder zumindest für die nächste Wissenschaftlergeneration, keine Rangverschiebung unter den bisherigen Wissenschaftssprachen. Einzelne unterstreichen die zukünftig noch größere Wichtigkeit des Englischen durch Kommentare wie „You can forget the rest [of the languages! U. A.]". Einer sieht keine Notwendigkeit anderer Sprachkenntnisse, „unless you really do international research", womit offenbar gemeint ist, daß der Forschungsgegenstand außerhalb des englischsprachigen Raumes liegt. Bei all dem bewahrt Deutsch immerhin eine beachtliche Position. Je nach Erfahrung und Erwartung wird man von diesem Befund überrascht sein oder nicht. — Das folgende Kapitel C.5 enthält zum Teil weitere Fragen, die mit SprachlernEmpfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs und mit SprachlernWünschen der Informanten zusammenhängen.

5 Einschätzung von Deutsch als Publikationssprache Ein ganzer Komplex von Fragen rankt sich um die Publikationsgepflogenheiten und -möglichkeiten der Wissenschaftler. Er wird eingeleitet durch

104

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

die übergreifende Frage: „Welche Faktoren beeinflussen Ihrer Meinung nach die Sprachwahl in ihrer Disziplin?", die als eine Art Überschrift fungiert. Die darunter subsumierten Fragen beziehen sich ganz überwiegend auf das Publizieren. Soweit sie vereinzelt darüber hinausgreifen, sind sie gleichwohl in das vorliegende Kapitel einbezogen, weil sie sich in den gleichen größeren Zusammenhang einfügen. Ein erster Faktor, der die Sprachwahl beeinflussen könnte, wird mit einer Frage — wie schon zuvor in Aussageform — nach den Sprachpräferenzen der Fachzeitschriften angesprochen (Tab. C-10). Als Antwort konnten bis zu drei Sprachen genannt werden (vgl. Anhang). Tab. C-10: „Die wichtigsten Fachzeitschriften akzeptieren nur Artikel in den folgenden Sprachen." (Prozent der Informanten) Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

75 26 18 4 l

Während Deutsch und Französisch nie alleine genannt wurden, geschah dies bei Englisch in 48% der Fälle. Die nächste Frage bezieht sich nicht direkt auf das Publizieren, sondern auf Kontakte zu den Regionen der bevorzugten Wissenschaftssprachen (Tab. C-ll). Wiederum konnten bis zu drei Sprachen genannt werden. Tab. C-ll: „Viele Fachwissenschaftler halten enge wissenschaftliche Kontakte zu den muttersprachlichen Gebieten folgender Sprachen." (Prozent der Informanten) Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

67 35 18 5 3

Offenbar begünstigen — nach Auffassung der Informanten — die Vorschriften zur Sprachwahl bei den Zeitschriften das Englische stärker als die wissenschaftlichen Kontakte (75% gegenüber nur 67%). Vermutlich sind die Kontakte stärker von Traditionen und persönlichen Vorlieben geprägt, während die Sprachvorschriften der Zeitschriften auch maßgeblich von Marktmechanismen bestimmt sind. Die Herausgeber und Verleger der Zeit-

Einschätzung von Deutsch als Publikationssprache

105

Schriften versprechen sich von der Festlegung auf die englische Sprache eine weitere Verbreitung bzw. einen verstärkten Absatz (vgl. Skudlik 1990: 197-209; Kap. E.3.1: gegen Ende). Die folgende Frage ist einerseits so zugespitzt, daß sie unter Umständen als provokativ empfunden werden kann; sie entspricht jedoch andererseits durchaus existierenden Einstellungen und dazu passenden Verhaltensweisen, über die verschiedentlich berichtet wurde (vgl. Skudlik 1990: passim; Ammon 1991a: Kap. 8). Es waren nur die in Tabelle C-12 genannten drei Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Tab. C-12: „Die Mehrzahl der wichtigen Arbeiten wird heute auf englisch publiziert, so daß man auf weitere Sprachen verzichten kann." (Prozent der Informanten) Ja Nein Weiß nicht

19 61 16

Wie bei zweiteiligen Fragen häufig, bereitet die Interpretation der Zahlen von Tabelle C-12 Schwierigkeiten. Wie sollte z. B. jefrau antworten, nach deren Erfahrung zwar der erste Teilsatz zutrifft, die aber trotzdem auf andere Sprachen als Englisch nicht verzichten möchte? Oder umgekehrt: Wie sollte jemand reagieren, nach dessen Einschätzung keineswegs die Mehrzahl der wichtigen Arbeiten auf englisch publiziert wird, zumindest nicht in seiner Disziplin, der sich dies aber — um der Vereinfachung der Kommunikation willen oder aus welchen Gründen auch immer — wünschen würde? Im Hinblick auf diese unterschiedlichen Möglichkeiten läßt sich der vorliegende Befund letztlich nur in Form der folgenden logischen Alternative interpretieren: Die meisten Informanten (61%) meinen nicht, daß die Mehrzahl der wichtigen Arbeiten heute auf englisch publiziert wird, oder nicht, daß man auf weitere Sprachen verzichten kann, oder beides nicht. Daraus kann man immerhin schließen, daß die meisten Informanten anderen Sprachen als Englisch nach wie vor eine wichtige Rolle in der wissenschaftlichen Kommunikation zumessen oder wünschen. Der hauptsächliche oder maßgebliche Grund für diese Mehrheitsauffassung der Informanten bleibt allerdings im dunkeln. Bemerkenswert ist jedoch, daß immerhin fast ein Fünftel (19%) der Informanten der Behauptung zustimmt. Diese Zustimmung kann sich eigentlich nur auf beide Sätze erstrecken. Insbesondere beinhaltet sie — so darf angenommen werden —, daß der zweite Teilsatz akzeptiert wird, denn auf

106

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

ihn läuft die Gesamtaussage doch eher hinaus als auf den ersten Teilsatz. Daher kann dieses Ergebnis kaum anders interpretiert werden, als daß immerhin fast ein Fünftel der Informanten der Auffassung ist, die wissenschaftliche Kommunikation (in ihrer Disziplin) könne sich auf den Gebrauch der englischen Sprache beschränken. Es folgen nun Fragen danach, welche Sprachen die Informanten selber gewöhnlich zur Veröffentlichung von Forschungsergebnissen oder Beiträgen unterschiedlicher wissenschaftlicher Bedeutsamkeit wählen. Einen Überblick über die Antworten liefert Tabelle C-13. (Man beachte die Bedeutungen von 0 = < 0,5; - = 0.) Tab. C-13: Sprachwahl bei Publikationen unterschiedlicher wissenschaftlicher Bedeutsamkeit (Prozent der Informanten)

Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

Wissenschaftlich bedeutendere Ergebnisse

Wissenschaftlich Populärweniger bedeutsame wissenschaftliche Arbeiten Schriften

44 9

18 2 2 1 1

2 0 1

12

1 1

— 0

Einzelne Informanten störten sich offenbar an der Abstufung der Frage, worauf Kommentare hinweisen wie „a popular science paper is of no scientific importance." Dessen ungeachtet dominiert Englisch wiederum klar auf allen Ebenen. Gegenüber Französisch, Russisch und den anderen Sprachen läßt sich auch eine überproportionale Bevorzugung des Englischen für die Veröffentlichung wissenschaftlich bedeutender Ergebnisse feststellen. Gegenüber Deutsch wird Englisch in dieser Hinsicht jedoch nicht proportional, sondern nur absolut vorgezogen ((44 : 18) < (9 : 2)). Auch in diesem Punkt hebt sich das Deutsche vom Französischen und Russischen ab. Dennoch wird Englisch für wissenschaftlich bedeutendere Publikationen klar stärker bevorzugt als für sonstige. Dabei ist zu bedenken, daß bei wissenschaftlich weniger gewichtigen Schriften, wie z. B. den „populärwissenschaftlichen", andere Gesichtspunkte zugunsten des Englischen sprechen, vor allem der größere Markt, den diese Sprache eröffnet. Eine weitere Frage zielt ab auf die Wichtigkeit der Sprachen in früheren Zeiten (Tab. C-14). Hier konnten wieder bis zu drei Sprachen genannt werden.

Einschätzung von Deutsch als Publikationssprache

107

Tab. C-14: „In der Tradition meiner Wissenschaft spielten einst die Angehörigen folgender Sprachgemeinschaften eine bedeutende Rolle, und eine Vielzahl von Literatur lag in diesen Sprachen vor." (Prozent der Informanten) Deutsch Englisch Französisch Russisch Andere Sprachen

50 45 23 5 6

Am auffälligsten ist, daß Deutsch und Englisch wieder die Ränge getauscht haben. Deutsch halten mehr Informanten für eine einstmals wichtige Wissenschaftssprache der eigenen Disziplin als Englisch (vgl. hierzu Kap. A.l). Dies ist umso bemerkenswerter, als die große Mehrheit der Informanten die heutige Bedeutsamkeit beider Sprachen umgekehrt sieht — wie die übrigen Befunde ausweisen (vgl. auch Kap. C.2-C.4). Die Höherbewertung der früheren Rolle des Deutschen kann also nicht, oder zumindest nicht vollständig, durch die eventuell vorhandene gegenwartsbezogene Voreingenommenheit der Informanten bedingt sein. — Ob die Mehrheit der Informanten den in ihren Antworten zutage tretenden Rangwechsel zwischen Englisch und Deutsch mehr als Niedergang des Deutschen oder mehr als Aufstieg des Englischen oder als beides zugleich sieht, wäre interessant zu wissen, muß hier aber offen bleiben. Die nächste Frage steht indirekt im Zusammenhang mit den Lernempfehlungen an die Nachwuchswissenschaftler (Kap. C.3), ohne daß sie im Fragebogen damit verknüpft wird. Mißlicherweise wirft sie wieder Interpretationsprobleme auf (Tab. C-15). Tab. C-15: „Ich bin daher der Meinung, daß sie [die zuvor genannten, einst bedeutsamen Sprachen! U. A.] auch heute noch von Wissenschaftlern meiner Disziplin beherrscht werden sollten." (Prozent der Informanten) „Ja, dies gilt für folgende Sprachen":

„Nein, dies gilt nicht für folgende Sprachen":

Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen Englisch

38 34 15 4 5

10 7 3 2 1

Für die Informanten muß es ein Problem gewesen sein, dem Adverb „daher", das eine Folgerung beinhaltet, in ihren Antworten angemessen

108

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Rechnung zu tragen. Waren die Sprachen ausschließlich oder zumindest primär auf der Grundlage ihrer früheren Bedeutsamkeit zu sehen, oder sollte dies nur ein Gesichtspunkt neben anderen sein, also die heutige Bedeutsamkeit der Sprachen im Vordergrund stehen? Die Ergebnisse legen die Vermutung nahe, daß zumindest nicht alle Informanten die Frage im ersten Sinne aufgefaßt haben, sonst hätte sich eigentlich dieselbe Rangordnung der Sprachen ergeben müssen wie bei der unmittelbar vorausgehenden Frage, die sich eindeutig auf frühere Zeiten richtet. Englisch rangiert nun vor Deutsch (38% gegenüber 34%), wohl weil es als die für heutige Zeiten bedeutsamere Wissenschaftssprache eingeschätzt wird. Daß jedoch der Bezug auf frühere Zeiten die Antworten ebenfalls geprägt hat, läßt sich aus dem — im Vergleich zu den übrigen Ergebnissen (Kap. C.2-C.4) — geringen Abstand zwischen Englisch und Deutsch erschließen. Wichtig ist in unserem Zusammenhang vor allem folgender Befund aus dem zweiten Teil der Frage: Kenntnisse in Deutsch werden am häufigsten als heutzutage entbehrlich bewertet, gefolgt von Französisch — wobei sich die Frage auf die einstmals bedeutsamen Wissenschaftssprachen beschränkt. Die Informanten sehen also bei Deutsch den stärksten Bedeutungsverlust als Wissenschaftssprache. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß Deutsch für einstmals bedeutsamer gehalten wird als die anderen Sprachen (Tab. C-14). Die Feststellung des Bedeutungsverlusts besagt daher nicht ohne weiteres, daß Deutsch heute unbedeutender sei als die anderen Sprachen. Die übrigen Befunde belegen ja, daß die Informanten Deutsch zwar weit hinter dem Englischen, aber immerhin noch an zweiter Stelle plazieren (Kap. C.2-C.4). Die restlichen Fragen des Fragebogens befassen sich mit den konkreten Schwierigkeiten beim Publizieren in einer Fremdsprache und mit den Lösungsversuchen der Informanten. Bei den vorgegebenen Antworten waren jeweils nur die betreffenden Sprachen einzutragen. Die Überschrift von Tabelle C-16 diente als einleitende, übergreifende Frage, der die Zwischenüberschriften von Tabelle C-16 folgten (vgl. Anhang). Diverse Kommentare verraten die Not, in der sich manche Informanten sehen. So vermerkt ein Niederländer: „Problem: if one's English is not very good, the overall quality of the paper is reduced." Dies gilt sicher analog für die anderen Fremdsprachen. Unabhängig davon publizieren die Informanten in der Fremdsprache Englisch weitaus mehr als in jeder anderen Fremdsprache. Allein schon deshalb erstellen sie in dieser Sprache sowohl am häufigsten Texte ganz ohne fremde Hilfe als sie auch — wie im weiteren noch zutage treten wird — alle Arten von Hilfen am häufigsten in Anspruch

Einschätzung von Deutsch als Publikationssprache

109

Tab. C-16: „Wenn Sie in anderen Sprachen publizieren, auf welche Hilfsmittel können Sie dabei zurückgreifen?" (Prozent der Informanten) „Arbeiten in den folgenden Sprachen fertige ich ganz ohne Hilfe an": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

26 7 3 l l

„Wenn ich in einer Fremdsprache publizieren muß, so lasse ich den Text übersetzen": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

16 15 10 — 3

„Wenn ich in einer Fremdsprache publizieren muß, so lasse ich den Text korrigieren": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

34 11 5 3 3

nehmen. Am zweithäufigsten geschieht all dies in Deutsch, danach folgt Französisch usw. Der Vergleich der Antworthäufigkeiten verrät jedoch noch mehr. Insbesondere läßt sich daraus erschließen, daß die Informanten Englisch durchschnittlich besser beherrschen als alle anderen Fremdsprachen — was im übrigen mit den in Kapitel C.2 berichteten Befunden übereinstimmt. Am aufschlußreichsten ist in dieser Hinsicht der Vergleich der Zahlen für das Anfertigen ganz ohne Hilfe und das Korrigierenlassen mit den Zahlen für das Übersetzenlassen. Für das Übersetzenlassen liegen die Zahlen beim Englischen verglichen mit dem Deutschen und auch dem Französischen verhältnismäßig niedrig (16% gegenüber 15% und 10%). Für das Selbstanfertigen und für das Korrigierenlassen liegen sie dagegen verhältnismäßig hoch (26% bzw. 34% gegenüber 7% bzw. 11% und 3% bzw. 5%). Die Informanten sind also relativ häufiger in der Lage, englischsprachige Texte selbst zu verfassen, teils ohne und teils mit nachträglicher Korrektur, während sie bei deutsch- und französischsprachigen Texten häufiger auf das Übersetzen-

110

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

lassen angewiesen sind. Man muß dabei bedenken, daß das Übersetzenlassen eines wissenschaftlichen Textes ein schwer kalkulierbares Risiko darstellt, auf das sich erfahrende Autoren ungern einlassen; denn die Qualität des Ergebnisses ist selten so, daß ein qualifizierter Autor damit zufrieden wäre, wenn es sich um seine Muttersprache handelte. Man wird also annehmen dürfen, daß das verhältnismäßig häufige Übersetzenlassen ins Deutsche und Französische nicht aus freien Stücken, sondern notgedrungen geschieht. Und worin sollte die Notwendigkeit dazu bestehen, wenn nicht in der mangelnden Beherrschung der Sprachen? In den abschließenden Fragen wird noch zwischen weiteren Arten von Hilfen bei der Erstellung von Texten differenziert (Tab. C-17). Die Proportionen zwischen den Sprachen zeigen hier weniger auffällige Unterschiede. Am deutlichsten springt vielleicht hervor, daß für das Englische besonders häufig auf die Hilfe von Fachkollegen zurückgegriffen wird, die schon viel in dieser Sprache publiziert haben. Die überproportionale Häufigkeit dieser Art von Hilfe ist ein weiteres Indiz für die überragende Stellung des Englischen als internationale Wissenschaftssprache: Für die anderen Sprachen stehen nicht so viele Fachkollegen zur Verfügung, die helfen könnten. Übrigens wird die Dominanz des Englischen von mehreren Informanten ausdrücklich zustimmend kommentiert. Beispiel: „English is now the scientific language. There is enormous benefit in uniting the disciplines accross countries by using a common language."

6 Länder-Unterschiede Schon in den Kapiteln A.3 und B.5 wurde thematisiert, daß verschiedene Länder (Staaten) unterschiedliche Wissenschaftssprachen pflegen (vgl. dazu auch Skudlik 1990: 250-253, 294-298; Ammon 1991a: 247-251). In Kapitel A.3 wurde die Auswahl der Untersuchungsländer nach bestimmten Gesichtspunkten skizzenhaft erläutert. Kapitel B.5 nahm auf die zugrundeliegenden Annahmen etwas ausführlicher Bezug. Diese sollen nun noch deutlicher in Form expliziter Hypothesen formuliert werden. Die Hypothesen beziehen sich auf Faktoren, die vermutlich die Wahl bestimmter Wissenschaftssprachen begünstigen. Allerdings ist die Zuordnung dieser Faktoren zu den einzelnen Ländern in der vorliegenden Untersuchung nicht eindeutig; außerdem bleiben sie ziemlich unscharf, da sie im vorliegenden Zusammenhang nicht operationalisiert wurden.

Länder-Unterschiede

111

Tab. C-17: „Ich kann beim Verfassen fremdsprachlicher Arbeiten auf folgende Hilfsmittel zurückgreifen." (Prozent der Informanten) (a) „Hilfe von Fachkollegen, die Muttersprachler der betreffenden Sprache sind": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

18 10 3 l 2

(b) „Hilfe durch Muttersprachler, die jedoch nicht vom Fach sind": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

15 6 3 l 2

(c) „Hilfe von Fachkollegen, die schon viel in dieser Sprache publiziert haben": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

22 7 3 l l

(d) „Hilfe durch professionelle Übersetzer": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

19 10 5 2 2

(e) „Hilfe seitens des Verlages, der die Arbeit publiziert": Englisch Deutsch Französisch Russisch Andere Sprachen

16 6 3 l l

112

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Vielfach ist die — allerdings immer nur hypothetische — Bedeutsamkeit der Faktoren für die Wahl bestimmter Wissenschaftssprachen so evident, daß die ausführliche Begründung trivial wäre. In anderen Fällen ist eine kurze Erläuterung angebracht. So wird z. B. für die östlichen, einst sozialistischen Länder aus den folgenden Gründen eine geringere Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache erwartet als für die westlichen: Englisch war dort als kapitalistisch markierte Sprache offiziell verpönt, ferner waren diese Länder früher stark vom deutschen Sprachgebiet beeinflußt (Donaumonarchie, Ostausdehnung des Deutschen Reichs, deutsche Sprachinseln), schließlich war der wissenschaftlich-technologische Modernisierungsprozeß dort langsamer als in den westlichen Ländern und damit auch der Wechsel zur modernen Wissenschaftssprache Englisch. Die folgenden Hypothesen basieren auf Überlegungen dieser Art, die, wie gesagt, dann nicht eigens ausgeführt werden, wenn sie mir trivial erscheinen. Beispiel: Nachbarschaftslage ist für die Wahl einer Sprache günstiger als entfernte Lage. Im einzelnen wird eine wichtigere Rolle des Deutschen als Wissenschaftssprache für die folgenden Länder erwartet: (1) In den östlichen, ehemals von der Sowjetunion dominierten Ländern verglichen mit den westlichen Ländern. (2) In Nachbarländern des deutschen Sprachgebiets verglichen mit entfernteren Ländern. (3) In den Nachbarländern, die einer kleinen Sprachgemeinschaft angehören, als in denen, die einer großen Sprachgemeinschaft angehören. Letzteres ist damit begründbar, daß kleine Sprachgemeinschaften weniger dazu in der Lage sind als große, eine eigene, vor allem eine eigene internationale Wissenschaftssprache zu entwickeln; es ist einfacher für sie, die Wissenschaftssprache des Nachbarlandes zu übernehmen. Für das Englische liegt die allgemeine reziproke Hypothese nahe: (4) Eine stärkere Stellung des Deutschen als Wissenschaftssprache geht jeweils einher mit einer schwächeren Stellung des Englischen. Es ist klar, daß insbesondere die Hypothesen (3) und (4) grob vereinfacht sind, vor allem insofern sie andere internationale Wissenschaftssprachen als Deutsch und Englisch ignorieren. Allzu differenzierte Hypothesen sind jedoch angesichts unserer ziemlich stumpfen Überprüfungsinstrumente zwecklos. Überhaupt ist der Terminus Hypothese hier cum grano salis zu nehmen; etwas bescheidener formuliert, handelt es hauptsächlich um eine Orientierungsgrundlage zur Darstellung unserer Befunde.

Länder-Unterschiede

113

Erste Aufschlüsse über Länderunterschiede liefert ein Überblick über die jeweiligen Proportionen der Deutsch- und Englischkenntnisse (Tab. C-18). Die Basis der Prozentuierung bilden hier jeweils die Informanten pro Land: USA 115, Japan 82, Frankreich 109, Rußland 179, Polen 43, Niederlande 145 und Ungarn 162. Tab. C-18: Deutsch- und Englischkenntnisse unter Wissenschaftlern verschiedener Länder (Prozent Informanten pro Land) USA

Japan

Frankreich

Rußland

Polen

Niederlande

Ungarn

Deutschkenntnisse

67

67

47

46

84

97

69

Englischkenntnisse

100

99

98

77

84

100

87

Die Befunde von Tabelle C-18 lassen sich nicht unmittelbar auf unsere Hypothesen beziehen, da Kenntnisse einer Sprache nicht identisch sind mit ihrer Funktion als internationale Wissenschaftssprache. Sie indizieren nur, in welchem Umfang diese Funktion möglich ist. Bezüglich dieser Möglichkeit zeigen sich keine klaren Unterschiede im Sinne unserer Hypothese (1). In den östlichen Ländern sind die Deutschkenntnisse nicht durchgängig höher als in den westlichen. Es ist sogar ein westliches Land, das die höchsten Anteile an Deutschkenntnissen aufweist, nämlich die Niederlande. Hierfür spielt sicher der in den Hypothesen nicht berücksichtigte Faktor der sprachlichen Verwandtschaft eine zusätzliche Rolle, die Niederländern zumindest Lesekenntnisse im Deutschen fast schon ohne gezieltes Sprachlernen ermöglicht. Man beachte, daß die Niederländer zugleich zu 100% Englischkenntnisse angeben, als handele es sich um ein Mutterland des Englischen (vgl. zu Englischkenntnissen niederländischer Wissenschaftler auch Christ 1980: 92). In besonders deutlichem Gegensatz zu Hypothese (1) stehen die verhältnismäßig geringen Deutschkenntnisse in Rußland. Allerdings stimmt die Zahl annähernd überein mit Befunden aus den 70er Jahren, nach der 48% der sowjetischen Chemiker Lesekenntnisse im Deutschen hatten (Neumüller 1979: 681). Dennoch war nach Hypothese (1) zu erwarten, daß Deutschkenntnisse unter Wissenschaftlern in Rußland mehr verbreitet wären als in USA und Japan. Aber auch für die USA gibt es Zahlen aus anderen Untersuchungen, die mit denen von Tabelle C-18 annähernd übereinstimmen. Ein Beispiel ist eine Befragung von Akademikern mit Ph.D. um 1970,

114

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

nach der über 90% eine Fremdsprache gelernt hatten, 79,5% davon sogar zwei. Dabei waren Französisch und Deutsch die bei weitem vorherrschenden Sprachen. Nicht weniger als 41,5% aller Befragten hatten Deutschkenntnisse während ihres Studiums genutzt und 17,2% erwarben noch nach der Promotion Deutschkenntnisse (Wiltsey 1972: 50, 55, 63). Was Japan betrifft, so ist Deutsch bis in die 90er Jahre die meistgelernte zweite Fremdsprache des Landes gewesen, nach Englisch als der ersten, wobei bis 1991 an den Universitäten zwei Fremdsprachen obligatorisch waren (vgl. die Beiträge in Bauer, ed., 1989; Brenn/Dillmann, eds., 1989; Ammon, ed., 1994c). Die Zahlen in Tabelle C-18 sind mit Hypothese (2) verträglich. In den Nachbarländern des deutschen Sprachgebiets sind Deutschkenntnisse tatsächlich mehr verbreitet als in den entfernteren Ländern. Nur Frankreich paßt nicht in dieses Bild. Am Beispiel dieses Landes zeigt sich, daß die Zahlen besser zu Hypothese (3) passen als zu Hypothese (2): Deutschkenntnisse sind mehr verbreitet in den Nachbarländern, die zu kleinen Sprachgemeinschaften gehören, als in denen, die zu großen Sprachgemeinschaften gehören. Allerdings lassen sich die in den Hypothesen angesprochenen Faktoren in bezug auf die einbezogenen Länder nicht klar auseinanderhalten. Mit Hypothese (4) sind die Befunde in Tabelle C-18 nur teilweise vereinbar. Nur in den osteuropäischen Nachbarländern mit weitverbreiteten Deutschkenntnissen sind die Englischkenntnisse etwas weniger verbreitet als ansonsten. In den Niederlanden dagegen sind sie trotz des besonders hohen Anteils an Deutschkenntnissen durchgängig vorhanden. Einen Sonderfall bildet Rußland, das in beiden Sprachen die niedrigsten Werte aufweist. Die verhältnismäßig geringen Kenntnisse beider Sprachen dürften auf die langanhaltende politische und wirtschaftliche Isolierung des Landes zurückzuführen sein. Allerdings scheinen die Englischkenntnisse in jüngster Zeit stark zugenommen zu haben. In der schon erwähnten Untersuchung aus den 70er Jahren unter sowjetischen Chemikern wurden nur bei 36% Lesekenntnisse im Englischen festgestellt (Neumüller 1979: 681). Allgemein hat das Englische als Wissenschaftssprache in den östlichen Ländern noch keine so dominante Stellung wie in den westlichen. Jedoch scheint davon das Deutsche als Wissenschaftssprache nicht in dem Maße zu profitieren, wie man es aufgrund der zahlreichen, auch öffentlichen Hinweise auf die Begeisterung für das Deutschlernen in Osteuropa vermuten könnte. Seit Jahren äußern sich deutsche Politiker ähnlich wie Bundespräsident Herzog (1997: 227), der „von einem überwältigenden Interesse an deutscher Sprache und deutscher Literatur" in Osteuropa spricht. Allerdings weisen Befunde empirischer Untersuchungen darauf hin, daß dieses Interesse gerade

Länder-Unterschiede

115

im Bereich der Wissenschaft geringer ist als in anderen Handlungsfeldern (vgl. Ammon 1990e). In keinem Land sind nach unseren Befunden unter Wissenschaftlern Deutschkenntnisse mehr verbreitet als Englischkenntnisse. In Ungarn überwiegen sogar — entgegen gängigen Vorstellungen — die Englischkenntnisse recht deutlich. Dies hat auch eine ähnliche andere Befragung ergeben, nach der Englischkenntnisse an erster Stelle rangieren vor „German as having the next highest frequency" — wobei allerdings keine genauen Vergleichszahlen genannt werden (Medgyes/Kaplan 1992: 74). Daneben spielen in Osteuropa offenbar einerseits die jeweiligen Nationalsprachen und andererseits das Russische als Wissenschaftssprache eine größere Rolle als in den westlichen Ländern — zumindest zu unserer Erhebungszeit Anfang der 90er Jahre. Letztere Annahmen werden bis zu einem gewissen Grad auch durch die Befunde unserer Zitatenanalyse gestützt, die für die osteuropäischen Zeitschriften ebenfalls einen verhältnismäßig hohen Zitatenanteil aus den jeweiligen Nationalsprachen und dem Russischen ergeben hat (Kap. B.2-B.5). Einen Überblick darüber, wie in den verschiedenen Ländern Deutschbzw. Englischkenntnisse erworben wurden, liefert Tabelle C-19. Der besseren Übersichtlichkeit halber ist für jedes Land der Modalwert, die häufigste Art des Spracherwerbs, durch Fettdruck hervorgehoben. Da Mehrfachantworten möglich waren, übersteigen die Prozentsummen die Zahl 100. Die Befunde waren insgesamt zu unvorhersehbar, um vorab spezifische Hypothesen zu formulieren. Manche der Befunde lassen sich jedoch nachträglich relativ leicht erklären. So haben die japanischen Wissenschaftler Deutsch überwiegend erst im Studium, Englisch dagegen schon auf der Schule gelernt, weil in Japan seit Ende des Zweiten Weltkrieges Deutsch an Schulen nur noch vereinzelt als Wahlfach angeboten wird, während Englisch seitdem allgemein obligatorisch ist (vgl. Hirataka 1994). Niederländische, aber auch polnische und ungarische Wissenschaftler haben ihre Deutschkenntnisse erheblichenteils durch Kontakte mit Muttersprachlern verbessert, teilweise vielleicht auch erst dadurch erworben, was aufgrund der Nachbarschaft zu den deutschsprachigen Ländern möglich war. Dieses Ergebnis paßt auch zu unserer Hypothese (2). Daß ungarische und auch polnische Wissenschaftler Englisch beträchtlichenteils im Selbststudium gelernt haben, ist dem verhältnismäßig lückenhaften Lehrangebot des Englischen während der sozialistischen Epoche dieser Länder zuzuschreiben. Dasselbe gilt für den geringen Anteil des schulischen Englischlernens in diesen beiden Ländern. Vielleicht verrät der hohe Anteil des Selbststudiums darüber hinaus eine starke Motivation zum Erlernen beider Sprachen. Der

116

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-19: Art des Erwerbs von Deutsch- und Englischkenntnissen durch Wissenschaftler verschiedener Länder (Prozent Informanten pro Land)

USA

Japan

Frankreich

Rußland

Polen

Nieder- Unlande garn

18 59 20 20 21 26 4 13 4

36 18 17 4 16 — 6 — 10 —

31 39 4 1 6 2 24 7 10 1

54 40 28 5 23 5 30 9 21 2

95 5 21 1 46 4 5 4 30 1

42 26 24 4 24 8 26 10 20 6

95 66 43 7 44 4 34 17 37 2

69 50 49 6 26 5 7 2 21 2

58 74 3 1 5 — 27 3 15 1

28 49 26 9 23 5 44 19 33 7

99 16 39 2 57 4 10 7 34 1

36 24 27 4 29 4 46 23 28 14

Deutsch Schule Studium Aufenthalt Kulturinstitut Kontakte Familie Selbststudium Kommerziell Massenmedien Erwachsenenbildung

22 30 24 3 17 4 14 3 1 10

Englisch Schule Studium Aufenthalt Kulturinstitut Kontakte Familie Selbststudium Kommerziell Massenmedien Erwachsenenbildung

27 10 11 1 9 14 3 1 5 1

hohe Anteil des Englischlernens durch persönliche Kontakte im Falle der Niederlande und Japans dürfte typisch sein für das Jet-Zeitalter, das den wohlhabenden westlichen Ländern schon seit geraumer Zeit extensive Reisemöglichkeiten beschert. Wieviele Wissenschaftler der untersuchten Länder den Wunsch haben, Kenntnisse in Deutsch oder Englisch zu erwerben, oder ihre Kenntnisse in den beiden Sprachen zu verbessern, zeigt Tabelle C-20. Für das Verständnis der Zahlen ist es bedeutsam, wieviele Wissenschaftler die Sprache jeweils schon beherrschen; nur sie werden in der Regel angeben, ihre Kenntnisse in der betreffenden Sprache verbessern zu wollen, nicht aber, daß sie Kenntnisse in dieser Sprache erwerben wollen. So erklärt sich der durchgehend seltenere Wunsch nach Kenntniserwerb des Englischen im

Länder-Unterschiede

117

Tab. C-20: Der Wunsch, Sprachkenntnisse zu verbessern oder zu erwerben (Prozent Informanten pro Land) USA

Japan

Frankreich

Rußland

Polen

Niederlande

Ungarn

Deutsch Kenntnisse verbessern

37

37

39

26

67

39

48

Kenntnisse erwerben

20 (67)

10 (67)

28 (47)

21 (46)

37 (84)

3 (97)

31 (69)

85

62

40

61

33

67

2 (99)

11 (98)

29 (77)

26 (84)

4 (100)

19 (87)

Englisch Kenntnisse verbessern Kenntnisse erwerben

6 — (100)

Vergleich zum Deutschen: Englischkenntnisse sind schon viel häufiger vorhanden. Zur Erleichterung der Übersicht sind die Prozentzahlen für die Sprachkenntnisse aus Tabelle C-18 in den betreffenden Spalten nochmals in Klammern beigefügt. Danach haben allerdings manche Wissenschaftler, die entsprechende Sprachkenntnisse schon besitzen, nochmals angegeben, sie erwerben zu wollen; bei Deutschkenntnissen in Polen sowie bei Englischkenntnissen in allen Ländern (außer USA) übersteigen nämlich die betreffenden Summen 100%. Möglicherweise sind die Kenntnisse in manchen Fällen so rudimentär, daß es fast gerechtfertigt erscheint bei ihrer Verbesserung von „Erwerb" zu sprechen. Es ist aber auch möglich, daß nicht immer konsequent zwischen Erwerb und Verbesserung unterschieden und dann einfach beides angekreuzt wurde. Dessen eingedenk, ist es dennoch auffällig, daß der Wunsch, Deutschkenntnisse zu verbessern oder auch zu erwerben, in Polen und Ungarn besonders ausgeprägt ist, obwohl gerade dort — in Polen mehr als in Ungarn — der Kenntnisstand schon überdurchschnittlich hoch ist. Dieser Befund paßt sowohl zu unserer Hypothese (1) als nun doch zu der soeben erwähnten vielfachen Behauptung von der Begeisterung des Deutschlernens in Osteuropa. Außerdem hebt sich Frankreich bezüglich des Wunsches, Deutsch zu lernen, von den übrigen Ländern ab, jedoch liegt dort auch der Kenntnisstand des Deutschen verhältnismäßig niedrig.

118

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Das Bedürfnis nach Verbesserung der Englischkenntnisse ist in Japan besonders stark ausgeprägt, das in dieser Hinsicht alle anderen untersuchten Länder übertrifft. Auch in Ungarn, Polen und Frankreich wollen besonders viele Wissenschaftler ihre Englischkenntnisse verbessern. Nimmt man den Wunsch nach Erwerb von Englischkenntnissen hinzu, dann sind die Zahlen für Polen und Ungarn sogar ähnlich hoch wie für Japan (87% bzw. 86% gegenüber 87%), und auch die Zahlen für Rußland sind dann beträchtlich (69%). In den meisten Ländern ist der Wunsch nach Verbesserung der Englischkenntnisse stärker ausgeprägt als nach Verbesserung der Deutschkenntnisse. Ausnahmen bilden Polen und die Niederlande. Die polnischen Wissenschaftler erweisen sich damit als der deutschen Sprache insgesamt am stärksten zugeneigt. Bei den Niederlanden sind die Zahlen für Englisch vielleicht deshalb relativ niedrig, weil dort viele Wissenschaftler schon so gute Kenntnisse in dieser Sprache haben, daß sie keinen Bedarf an weiterer Kenntnisverbesserung sehen. Mit dieser Möglichkeit ist allerdings auch ansonsten zu rechnen. Vielleicht erklären sich auch manche der bescheiden wirkenden Verbesserungswünsche von Deutschkenntnissen, z. B. in Rußland, teilweise dadurch, daß die daran interessierten Wissenschaftler schon über nahezu perfekte Kenntnisse verfügen. Allerdings sind die Zahlen für den Wunsch nach mehr Fremdsprachenkenntnissen bei Rußland allgemein relativ niedrig, was erneut ein Zeichen dafür sein mag, daß das Land seine politisch und wirtschaftlich bedingte Isolation noch nicht überwunden hat. Wieviele Wissenschaftler dem Nachwuchs das Erlernen von Deutsch und Englisch empfehlen, zeigt Tabelle C-21. Für diesen Fall liegen auch Zahlen für das Französische vor. Tab. C-21: Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs (Prozent Informanten pro Land) USA

Japan

Frankreich

Rußland

Polen

Niederlande

Ungarn

Erlernen von Deutsch

41

23

45

26

70

45

69

Erlernen von Englisch

[100]

92

95

56

95

99

91

31

20

[100]

15

30

33

23

Erlernen von Französisch

Länder-Unterschiede

119

Offenbar empfehlen vor allem Wissenschaftler derjenigen Länder dem Nachwuchs das Deutschlernen, die schon überdurchschnittlich häufig Deutschkenntnisse besitzen (Polen, auch Ungarn), bzw. nicht diejenigen, deren Kenntnisstand unter dem Durchschnitt liegt (Rußland, Japan, USA). Eine auffällige Ausnahme bilden die Niederlande mit besonders hohen Kenntniszahlen (97%), aber ziemlich niedriger Empfehlungsquote. Die Empfehlungsquote in den Niederlanden ist nur so hoch wie in Frankreich, wo verhältnismäßig wenige Wissenschaftler Deutschkenntnisse besitzen (47%). Vielleicht läßt sich das gleiche Ausmaß an Lernempfehlungen dadurch erklären, daß sich in beiden Ländern — trotz unterschiedlichen Kenntnisstandes — die Erfahrungen bezüglich wissenschaftlicher Anwendbarkeit von Deutschkenntnissen gleichen. Die Empfehlungen für Englisch liegen in allen Ländern höher als für Deutsch, und überall für Deutsch höher als für Französisch. Bemerkenswert sind wiederum die für alle Sprachen besonders niedrigen Zahlen Rußlands. Dieser Befund stützt unseren Erklärungsversuch aufgrund der lang andauernden Isolation des Landes, während der die Bedeutsamkeit von Fremdsprachenkenntnissen nicht erfahrbar war. Japan fällt abermals durch die besonders starke Präferenz des Englischen gegenüber allen anderen Fremdsprachen auf, fast als sollten dort die Brücken traditioneller Kontakte und Orientierungen besonders radikal abgebrochen werden zugunsten von Verbindungen nur noch zur angelsächsischen Welt (vgl. zur Umorientierung Aoki 1989; zu den traditionellen Kontakten die Beiträge in Ammon, ed., 1994c; Nishihara 1989; Murakami 1989). Worin unterscheiden sich die Wissenschaftler der untersuchten Länder in der Art der Anwendung ihrer Deutsch- und Englischkenntnisse? Einen Überblick über die Befunde liefert Tabelle C-22. Bei jeder Anwendungsart konnte zwischen den Häufigkeiten ,oft', gelegentlich' (hier als „manchmal" wiedergegeben) und ,selten' gewählt werden. Die Zahlen für die ersten beiden Häufigkeiten mögen hier genügen, da sie die Unterschiede am prägnantesten zeigen, zumal die Angabe ,selten' auch bei gänzlich fehlender Anwendung gewählt worden sein mag. Die häufigste Angabe für jede Sprache pro Land (Modalwert) ist wieder durch Fettdruck hervorgehoben. An den Modalwerten sieht man, daß US-amerikanische, japanische und französische Wissenschaftler deutschsprachige Literatur am häufigsten nur manchmal lesen, während sie englischsprachige Literatur am häufigsten oft lesen — wobei die US-Amerikaner hier als Muttersprachler ein Sonderfall sind. Dagegen lesen die Wissenschaftler aus den Niederlanden, Polen und Ungarn auch deutschsprachige Literatur am häufigsten oft, gleichermaßen

120

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-22: Art der Anwendung von Deutsch- und Englischkenntnissen (Prozent Informanten pro Land) USA

Japan Frank- Rußreich land

Polen Nieder- Unlande garn

Deutsch Lese Publiziere Korrespondiere Höre Vorträge Halte Vorträge

Oft Manchmal Oft Manchmal

5 22 — 8

9 24

Oft Manchmal Oft Manchmal Oft Manchmal

5 3 2 8 — 3

7 13 2 1 3 2 — 5 1 —

33 30

37 34

5 14

8 15

5 9 — 6 — 4

7 23 2 4 4 6 3 11 1 4

16 19

15 24

16 14

22 31

9 7

9 12

1 1

32 17 14 7 22 15 21 14 12 10

Englisch Lese

Oft Manchmal

[100] —

85 7

79 12

16 34

51 21

93 3

Publiziere

Oft Manchmal

[100] —

49 21

51 16

42 5

59 30

Korrespondiere

Oft Manchmal

[100] —

34 31

61 9

42 12

68 21

Höre Vorträge

Oft Manchmal Oft Manchmal

[100] —

31 32

66 11

40 14

[100]

22 23

48 15

2 5 8 7 2 6 — 3

79 17 52 25

Halte Vorträge



23 14

65 11 40 9 41 12 43 19 25 14

wie englischsprachige Literatur. Vor allem ungarische Wissenschaftler fallen diesmal dadurch auf, daß sie sämtliche Anwendungsarten des Deutschen eher oft als nur manchmal verzeichnen, während es bei den Wissenschaftlern aller anderen Länder eher umgekehrt ist. Dies läßt darauf schließen, daß die Wissenschaftler aller untersuchten Länder — außer Ungarn — ihre Deutschkenntnisse eher nur manchmal als oft anwenden. Bei den Englischkenntnissen ist es dagegen umgekehrt: Die Wissenschaftler fast aller Länder — mit Ausnahme Rußlands — nennen sämtliche Anwendungsarten eher oft als nur manchmal. Häufig sind die Angaben für oft sogar um ein vielfaches höher als für manchmal. Rußland erscheint erneut als in besonderem Maße isoliertes Land.

Fächer-Unterschiede

121

Schließlich ist aufschlußreich, wieviele Wissenschaftler in den verschiedenen Ländern keinerlei Gebrauch von ihren Fremdsprachenkenntnissen machen (Tab. C-23). Hierzu liegen auch Zahlen für das Französische und Russische vor. Tab. C-23: Keinerlei Anwendung der Sprachkenntnisse (Prozent Informanten pro Land)

Deutsch Englisch Französisch Russisch

USA

Japan

Frankreich

Rußland

15 — 10 —

12 4 4 3

3 3 — —

3 2 3 —

Polen

2 2 7 9

Niederlande

Ungarn

13 1 14 1

3 1 2 27

Besonders in den USA, den Niederlanden und Japan nutzen beträchtliche Teile der Wissenschaftler ihre Deutschkenntnisse überhaupt nicht. Auch die Französischkenntnisse werden in diesen Ländern sowie in Polen vielfach nie angewandt. In Ungarn, und in geringerem Maße in Polen, liegen vor allem die Russischkenntnisse brach. Demgegenüber bleiben die Englischkenntnisse weit seltener ungenutzt.

7 Fächer-Unterschiede Im Anschluß an Sabine Skudlik (1990: 149) wurde schon in den Kapiteln A.3 und B.6 zwischen „anglophonen", „gemäßigt anglophonen" (oder „anglophon geneigten") und „eher nationalsprachlich geprägten" Fächern (wissenschaftlichen Disziplinen) unterschieden. Für die hier untersuchten Fächer war zu vermuten, daß die Chemie zur anglophonen, die Wirtschaftswissenschaft zur gemäßigt anglophonen und die Geschichte zur eher nationalsprachlich geprägten Gruppe gehört. Die Befunde unserer Zitatenanalyse haben allerdings ergeben, daß sich die Chemie und die Wirtschaftswissenschaft im Grad der sprachlichen Anglisierung nur wenig unterscheiden (Kap. B.6). Dennoch empfiehlt es sich für das vorliegende Kapitel, zunächst einmal an unserer Ausgangshypothese festzuhalten, daß die drei Fächer nach dem Grad der Anglisierung folgende Rangordnung bilden, wobei Englisch im erstgenannten Fach die größte und im letztgenannten Fach die geringste Rolle spielt: (1) Chemie — Wirtschaftswissenschaft — Geschichte.

122

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Zur Begründung dieser Hypothese wird ebenfalls auf Kapitel B.6 (gegen Ende) zurückverwiesen. Für die Chemie wird ein hohes Maß an Anglisierung erwartet, weil (a) die behandelten Themen eher universell und nicht nur für einzelne Sprachgemeinschaften von Interesse sind; weil in ihr (b) die Spezialisierung am größten ist und daher die Fachleute des gleichen Spezialgebietes dünn gesät und weit verstreut und am besten durch eine Weltsprache zu erreichen sind; schließlich (c) erleichtert der hohe Formalisierungsgrad der chemischen Fachsprache das Umsteigen von traditionellen Wissenschaftssprachen wie Deutsch auf die heute dominante Wissenschaftssprache Englisch. Diese Gründe gelten, wie es scheint, abgeschwächt auch für die Wirtschaftswissenschaft im Vergleich zur Geschichte. Zumindest dürften sich Wirtschaftswissenschaft und Geschichte in den Punkten (a) und (c) unterscheiden: Die Themen der Geschichte beziehen sich häufiger nur auf bestimmte Länder, Nationen oder Regionen, deren bevorzugte Sprache dann als Wissenschaftssprache zweckmäßiger sein mag als die Weltsprache Englisch, und der Formalisierungsgrad ihrer Wissenschaftssprache ist besonders gering, was das Umsteigen auf eine Fremdsprache erschwert. (Vgl. auch Skudlik 1990: 215 f.; Ammon 1991a: 230 f.) Auch die auf die deutsche Sprache gerichtete, ergänzende Hypothese, die im Rahmen unserer Untersuchung von noch unmittelbarerem Interesse ist, sei der Deutlichkeit wegen nun explizit formuliert. Sie lautet, daß die hier untersuchten Fächer eine Rangordnung bilden, so daß im erstgenannten Fach Deutsch die größte und im letztgenannten Fach die geringste Rolle spielt: (2) Geschichte — Wirtschaftswissenschaft — Chemie. Hypothese (2) folgt keineswegs logisch aus Hypothese (1), denn in ein und demselben Fach können gleichzeitig das Englische und das Deutsche eine größere bzw. eine kleinere Rolle spielen als in einem anderen Fach. Dies ist schon deshalb möglich, weil es noch weitere internationale Wissenschaftssprachen gibt, z. B. das Französische oder Russische, für die analoge Hypothesen formuliert werden könnten wie für das Englische oder Deutsche. Die folgenden Daten beschränken sich allerdings weitgehend auf das Deutsche und Englische und erstrecken sich nur gelegentlich auch auf das Französische und Russische. — Die Befunde unserer Zitatenanalyse haben zumindest die erwartete Rangordnung Wirtschaftswissenschaft — Chemie nicht bestätigt; vielmehr wurde für die Wirtschaftswissenschaft eine besonders geringe Rolle der deutschen Sprache festgestellt (Kap. B.3). Vielleicht ergibt jedoch die Fragebogenerhebung ein anderes Bild.

Fächer-Unterschiede

123

Tabelle C-24 zeigt zunächst einmal, in welchem Umfang die Vertreter der Chemie, Wirtschaftswissenschaft und Geschichte über Kenntnisse der wichtigsten internationalen Wissenschaftssprachen verfügen. Die Basis der Prozentuierung bilden hier durchgehend die jeweiligen Fachvertreter in unserer Stichprobe: Chemie n = 317, Wirtschaftswissenschaft n = 239, Geschichte n = 271. Für jede Sprache ist der Modalwert durch Fettdruck hervorgehoben, so daß unmittelbar sichtbar wird, in welchem Fach Kenntnisse der jeweiligen Sprache am weitesten verbreitet sind. Tab. C-24: Sprachkenntnisse in verschiedenen Fächern (Prozent der Fachvertreter)

Deutsch Englisch Französisch Russisch

Chemie

Wirtschaftswissenschaft

Geschichte

63 95 44 42

59 91 39 37

74 88 65 44

Zunächst einmal fällt auf, daß Englisch in allen Fächern die meistbeherrschte Sprache ist, und weiterhin, daß auch der Kenntnisstand der drei anderen Sprachen in allen Fällen dieselbe Reihenfolge aufweist, nämlich: Deutsch — Französisch — Russisch. Im Rahmen dieses übergreifenden Befundes wird allerdings Hypothese (1) bestätigt: Tatsächlich sind in der Chemie Englischkenntnisse am weitesten verbreitet, gefolgt von der Wirtschaftswissenschaft und der Geschichte, die das Schlußlicht bildet. Allerdings sind die Unterschiede relativ gering (Verhältnis von 95 : 91 : 88). Die fachspezifische Kenntnis des Deutschen entspricht nur teilweise unserer Hypothese (2). Insbesondere sind die Proportionen nicht einfach umgekehrt zur Kenntnis des Englischen. Zwar sind — in Übereinstimmung mit Hypothese (2) — Deutschkenntnisse im Fach Geschichte am weitesten verbreitet. Ein niederländischer Informant schreibt sogar: „For a Dutch Historian English, German and French are equally important." An zweiter Stelle nach Maßgabe der Deutschkenntnisse folgt jedoch nicht die Wirtschaftswissenschaft, sondern die Chemie. Diese Rangordnung entspricht auch der Stellung des Deutschen in den beiden Fächern, die wir in unserer Zitatenanalyse gefunden haben (Kap. B.6). Es liegt nahe, den unerwartet hohen Kenntnisstand des Deutschen bei den Chemikern der großen Tradition der Sprache in diesem Fach zuzuschreiben (vgl. Kap. A.l, B.2, D.l). Allerdings ergibt sich auch für Französisch- und Russischkenntnisse dieselbe Rangordnung der Fächer wie für Deutschkenntnisse. Freilich haben

124

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

auch die Mutterländer des Französischen und Russischen eine höchst respektable Tradition im Fach Chemie. Allgemeiner weisen unsere Daten für Historiker besonders umfängliche und für Wirtschaftswissenschaftler besonders geringe Fremdsprachenkenntnisse aus, während die Chemiker einen mittleren Platz belegen. Von Chemikern und Wirtschaftswissenschaftlern wird die Dominanz des Englischen offenbar auch stärker empfunden als von Historikern, wie vorliegende Kommentare nahelegen, z. B. der eines Wissenschaftlers mit dem Fachgebiet Buchhaltung: „Virtually all publishing in Accounting research is in English." Diverse Kommentare der Informanten weisen außerdem speziell für Historiker auf die Variation der Sprachkenntnisse je nach Interessengebiet hin: „Cela depend de la specialite de l'histonen." Nimmt man die drei Fächer als exemplarisch für Fächergruppen, so ergibt sich nach dem Umfang der Englischkenntnisse die Rangordnung: Naturwissenschaften — Sozialwissenschaften — Geisteswissenschaften. Sie steht im Einklang mit früheren Befunden (vgl. Skudlik 1990: 119; Ammon 1991a: 212—281). Dagegen kehrt sich nach Maßgabe der Deutschkenntnisse die Rangordnung der Fächergruppen nicht einfach um. Sie lautet vielmehr aufgrund unserer Befunde: Geisteswissenschaften — Naturwissenschaften — Sozialwissenschaften. Der erste Rangplatz für die Geisteswissenschaften ist nicht überraschend: „Eine einigermaßen verbreitete Kenntnis des Deutschen kann man eigentlich nur in den Geisteswissenschaften (...) erwarten." (Skudlik 1990: 119) Dagegen scheint die Meinung weit verbreitet zu sein, daß Naturwissenschaftler heutzutage am seltensten über Deutschkenntnisse verfügen. Möglicherweise entspringt sie aus einem Umkehrschluß aufgrund des besonders hohen Anglisierungsgrades der Naturwissenschaften, ähnlich wie zu Beginn dieses Kapitels Hypothese (2) auf Hypothese (1) bezogen wurde. Ein solcher Schluß ist jedoch nicht zwingend: Wenn die Englischkenntnisse besonders groß sind, müssen die Deutschkenntnisse nicht zugleich besonders gering sein. Vielmehr bestätigen auch andere Untersuchungen, daß die Sozialwissenschaftler nach dem Grad der Deutschkenntnisse noch hinter den Naturwissenschaftlern rangieren. So fanden z. B. sowohl W. J. Hutchins u. a. (1971) als auch Sandra R. Ellen (1979) in Großbritannien, „daß die Sozialwissenschaften durch besonders niedrige Lesekompetenz im Deutschem (und das gilt auch für alle anderen Fremdsprachen) hervorstechen. Zu den Sozialwissenschaften zählen Hutchins et al (...) die Wirtschaftswissenschaften, Politologie und Soziologie; bei Ellen (...) zusätzlich noch die Rechts- und Erziehungswissenschaften." (Skudlik 1990: 119)

Fächer-Unterschiede

125

Als Erklärung, warum in den Sozialwissenschaften einerseits Englischkenntnisse mehr und andererseits andere Fremdsprachenkenntnisse weniger verbreitet sind als in den Geisteswissenschaften kommt vielleicht folgende Kombination bisheriger Überlegungen in Betracht: Einerseits ist die angelsächsische, vor allem die US-amerikanische Forschung in der jüngeren Geschichte der Sozialwissenschaften besonders dominant — daher die starke Hinwendung zur englischen Sprache; andererseits beziehen sich sozialwissenschaftliche Themen häufig speziell auf die eigene Gesellschaft, so daß Texte in anderen Fremdsprachen als Englisch wenig relevant erscheinen (vgl. allerdings Kap. D.2). Ein Licht auf die zukünftige Entwicklung wirft die Frage, wieviele Wissenschaftler in den drei Fächern ihre Kenntnisse in Deutsch oder Englisch verbessern oder Kenntnisse in den beiden Sprachen erwerben möchten. Die Befunde sind dargestellt in Tabelle C-25. Tab. C-25: Der Wunsch, Sprachkenntnisse zu verbessern oder zu erwerben (Prozent der Fachvertreter) Chemie

WirtschaftsWissenschaft

Geschichte

34 18

47 17

49 18

45 12

Deutsch Kenntnisse verbessern Kenntnisse erwerben

36 25

Englisch Kenntnisse verbessern Kenntnisse erwerben

49 12

Wenn in manchen Fällen weniger Wissenschaftler Englischkenntnisse erwerben möchten als Deutschkenntnisse, so muß dies vor dem Hintergrund des viel höheren Kenntnisstandes im Englischen gesehen werden (vgl. Tab. C-24). Addiert man die vorhandenen Englischkenntnisse mit den Wünschen, Englischkenntnisse zu erwerben, so erreicht man in jedem Fach mindestens die Summe von 100% (Chemie 95% + 12% = 107%, Wirtschaftswissenschaft 91% + 18% = 109%, Geschichte 88% + 12% = 100%); demnach besitzen in jedem Fach alle Wissenschaftler Englischkenntnisse oder möchten sie erwerben. Bei Deutschkenntnissen bleiben die betreffenden Summen dagegen durchweg unter 100% (Chemie 63% + 25% = 88%, Wirschaftswissenschaften 59% + 18% = 77%, Geschichte 74% + 17%

126

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

= 91%). Demnach besitzt nicht nur ein beträchtlicher Teil der Wissenschaftler keine Deutschkenntnisse, sondern ein Teil wünscht auch keine. Nach dem Wunsch, Sprachkenntnisse zu erwerben, ergibt sich teilweise eine andere Rangordnung der Fächer als nach den vorhandenen Kenntnissen (Tab. C-24), nämlich für Englisch: Wirtschaftswissenschaft — Chemie = Geschichte; für Deutsch: Chemie — Wirtschaftswissenschaft — Geschichte. Unter den Wirtschaftswissenschaftlern sind demnach besonders viele, die sich Englischkenntnisse wünschen, während beim Wunsch nach Deutschkenntnissen die Chemiker obenan stehen. Faßt man vorhandene Kenntnisse und den Wunsch, Kenntnisse zu erwerben, zusammen, so erweist sich die Wirtschaftswissenschaft als die am meisten anglophone der drei Fächer. Für Deutsch bleibt die bisherige Rangordnung erhalten: Geschichte — Chemie — Wirtschaftswissenschaft. Auch nach dem Wunsch, Sprachkenntnisse zu verbessern, bleibt diese Rangordnung für Deutsch gleich, während für Englisch Chemie und Wirtschaftswissenschaft pari passu plaziert sind. Faßt man schließlich Erwerbs- und Verbesserungswunsch zusammen, so erweist sich die Wirtschaftswissenschaft wieder als am meisten anglophon: Wirtschaftswissenschaft (67%) — Chemie (61%) — Geschichte (57%). Für Deutsch bleibt die Rangordnung erneut unverändert: Geschichte (64%) — Chemie (61%) — Wirtschaftswissenschaft (53%). Tabelle C-26 gibt einen Überblick über die Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs. Tab. C-26: Sprachlern-Empfehlungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs (Prozent der Fachvertreter)

Erlernen von Deutsch Erlernen von Englisch

Chemie

Wirtschaftswissenschaft

Geschichte

37 90

33 80

62 76

Man beachte den gewaltigen Zahlenunterschied zwischen den Empfehlungen für Englisch und denen für Deutsch, vor allem in den Fächern Chemie und Wirtschaftswissenschaft. Ansonsten erhalten wir für Englisch die Rangordnung gemäß Hypothese (1): Chemie ist das anglophonste und Geschichte das am wenigsten anglophone Fach. Für Deutsch weicht die Rang-

Fächer-Unterschiede

127

Ordnung abermals in nun schon vertrauter Weise von Hypothese (2) ab: Auf das Fach Geschichte mit der stärksten Stellung folgt das Fach Chemie, und an letzter Stelle steht, allerdings mit geringem Abstand, die Wirtschaftswissenschaft. Wie schätzen die Vertreter der drei Fächer die einstige Bedeutung von Deutsch, Englisch und auch Französisch als fachspezifische Wissenschaftssprachen ein? Tabelle C-27 gibt einen Überblick, wieviele Fachvertreter jeweils der Auffassung sind, daß die betreffende Sprache in der Tradition ihrer Wissenschaft eine bedeutende Rolle spielte. Tab. C-27: Einstige große Bedeutung der Sprache für das Fach (Prozent der Fachvertreter)

Deutsch Englisch Französisch

Chemie

Wirtschaftswissenschaft

Gesch ichte

55 45 23

41 53 18

55 40 28

Bemerkenswerterweise veranschlagen die Vertreter sowohl der Chemie als auch der Geschichte die einstige der Bedeutung der deutschen Sprache höher als die der englischen Sprache, während es bei den Wirtschaftswissenschaftlern umgekehrt ist. Offenbar gründet die stärkere Verhaftung der Geschichte und der Chemie in der deutschen Sprache zumindest teilweise in den Fachtraditionen (vgl. Kap. B.2, B.4). Ebenso scheint die starke Anglophonie in der Wirtschaftswissenschaft mit der Fachgeschichte zusammenzuhängen. Französisch hat offenbar vor allem in der Geschichte den Schwerpunkt seiner Tradition, mehr als in der Wirtschaftswissenschaft oder auch der Chemie. Auf welche Weise wenden die Wissenschaftler der verschiedenen Fächer ihre Sprachkenntnisse vor allem an? Die Befunde sind wiedergegeben in Tabelle C-28 (Seite 128). Der Modalwert für jede Sprache ist durch Fettdruck hervorgehoben. Wenn man sich an den Modalwerten orientiert, so entspricht die Rangordnung der Fächer unserer Hypothese (1): Chemie — Wirtschaftswissenschaft — Geschichte. Für Deutsch, und auch für Französisch, erhalten wir dagegen wieder die von Hypothese (2) abweichende Rangordnung: Geschichte — Chemie — Wirtschaftswissenschaft. Es ist nicht überraschend, daß das Lesen (wissenschaftlicher Texte) in allen Sprachen die häufigste

128

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-28: Art der Anwendung von Deutsch-, Englisch- und Französischkenntnissen (Prozent der Fachvertreter) Chemie Oft

Wirtschaftswissenschaft

Geschichte

Manchmal

Oft

Manchmal

Oft

Manchmal

29 2 9 13 5

11 1 5 6 3

15 5 10 9 5

34 11 19 19 10

20 13 14 17 7

54 24 32 33 24

15 18 16 18 16

48 17 30 30 17

20 18 13 14 11

3 1 2 2 1

6 1 3 3 2

22 4 9 10 4

16 4 6 13 4

Deutsch Lese Publiziere Korrespondiere Höre Vorträge Halte Vorträge

11 3 6 4 2

Englisch Lese Publiziere Korrespondiere Höre Vorträge Halte Vorträge

67 58 51 53 54

9 5 10 9 11

Französisch Lese Publiziere Korrespondiere Höre Vorträge Halte Vorträge

3 2 3 4 3

14 2 3 3 2

Anwendungsart ist (vgl. Kap. C.3). Auch nach den anderen Anwendungsarten ergibt sich im großen und ganzen für die drei Sprachen die eben dargestellte Rangordnung zwischen den Fächern. Bemerkenswert ist, daß in der Geschichte das Deutsche sogar für das Publizieren und Vorträgehalten eine nennenswerte Rolle spielt (Angabe „oft" > 10%). Ansonsten dienen Deutsch und Französisch hauptsächlich zur Rezeption, während Englisch in beträchtlichem Umfang auch zur aktiven Kommunikation verwendet wird. Wieviele Wissenschaftler in den verschiedenen Fächern keinerlei Gebrauch von ihren Fremdsprachenkenntnissen machen, läßt sich Tabelle C29 entnehmen. Obwohl unter den Wirtschaftswissenschaftlern Deutschkenntnisse besonders selten sind, findet sich dort zugleich der höchste Anteil derjenigen, die ihre Deutschkenntnisse nie anwenden. Im Fach Geschichte ist es dagegen genau umgekehrt. Auch Französisch- und Russisch-

Generationen-Unterschiede

129

Tab. C-29: Keinerlei Anwendung der Sprachkenntnisse (Prozent der Fachvertreter)

Deutsch Englisch Französisch Russisch

Chemie

Wirtschaftswissenschaft

Geschichte

8 1 9 5

11 3 5 10

2 2 2 4

kenntnisse werden in der Wirtschaftswissenschaft und in der Chemie häufiger nie angewandt als in der Geschichte. Die Nichtanwendung von Englischkenntnissen kommt in allen Fächern kaum vor. Was die Zufriedenheit mit den eigenen Sprachkenntnissen betrifft, so unterscheiden sich die Vertreter der drei Fächer nur wenig: Chemie 27%, Geschichte 24%, Wirtschaftswissenschaft 22%. Wenn man die geringen Unterschiede überhaupt interpretieren möchte, so sind vielleicht die Vertreter des Fachs mit den besten Englischkenntnissen, nämlich der Chemie, am zufriedensten. Die Vertreter der Wirtschaftswissenschaft verfügen zwar ebenfalls weitgehend über Englischkenntnisse, wünschen sich davon aber noch mehr (vgl. Tab. C-25) und sind daher besonders unzufrieden.

8 Generationen-Unterschiede Aus den Zitatenanalysen der Kapitel B.2—B.4 ist als übergreifender Befund ein nachhaltiger langfristiger Stellungsverlust von Deutsch als internationale Wissenschaftssprache hervorgegangen. Unterschiede zwischen den derzeit lebenden Altersgruppen oder Generationen liefern Anhaltspunkte für im Gang befindliche Entwicklungstendenzen. Dabei dürfen Generationenunterschiede allerdings nicht einfach mit Wandel gleichgesetzt werden. Als Warnung vor solcher Simplifizierung wird in den Sozialwissenschaften terminologisch strikt unterschieden zwischen anscheinender und wirklicher Zeit (englisch apparent gegenüber real time}. Generationenunterschiede repräsentieren nicht die wirkliche, sondern nur die anscheinende Zeit. Sie können sich insbesondere in der wirklichen Zeit wiederholen, indem die jüngere Generation sich immer erneut anders verhält als die ältere, ohne daß dies zu dauerhaftem Wandel führt. So ist z. B. die „Jugendsprache", teilweise auch das Dialektsprechen Jugendlicher, an altersbedingte Entwick-

130

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

lungsphasen gebunden und wird von jeder Generation neu durchlebt, ohne zu nachhaltigem Sprachwandel zu führen. Was die Kenntnis oder Verwendung von Wissenschaftssprachen betrifft, scheint es allerdings keine derartigen Entwicklungsschleifen zu geben. Wie es scheint, dürfen hier Generationenunterschiede tatsächlich als Indizien für dauerhaften Wandel gewertet werden. Zu den Deutschkenntnissen verschiedener Altersgruppen von Wissenschaftlern liegen Befunde aus dem angelsächsischen Raum vor (vgl. Skudlik 1990: 302). Die wichtigsten von ihnen sind zusammengefaßt in Tabelle C30. Tab. C-30: Prozent britischer Wissenschaftler mit Deutschkenntnissen in unterschiedlichen Altersgruppen aufgrund verschiedener Untersuchungen

Wood 1967 Hutchins u. a. 1971 Ellen 1979

Über 50-Jährige

Zwischen 30und 50-Jährige

Bis 30- Jährige

Durchschnitt

79,3 61,4 66,1

66,5 54,9 45,7

59,5 52,5 33,6

66,5 53,8 44,9

Streng genommen enthält Tabelle C-30 die Zeitdimension in zweifacher Hinsicht: Einerseits im Vergleich zwischen den Generationen und andererseits nach den Publikationsjahren der drei Forschungsberichte, die in etwa den Zeitabständen zwischen den Erhebungsjähren entsprechen. Diese zweifache Betrachtungsweise wird dadurch gestützt, daß sich in beiden Hinsichten dieselbe Tendenz zeigt: Die jüngeren Wissenschaftler besitzen jeweils geringere Deutschkenntnisse als die älteren. Der Prozentsatz der Deutschkenntnisse nimmt nämlich in Tabelle C-30 sowohl von links nach rechts (Generationen) als auch von oben nach unten (Untersuchungszeit) ab. Aufgrund dieser Befunde wie auch unserer Zitatenanalysen (Kap. B.2—B.4) lassen sich für die vorliegende Untersuchung die folgenden Hypothesen formulieren: (1) Für die jüngere Generation spielt Deutsch als Wissenschaftssprache eine geringere Rolle als für die ältere Generation. (2) Für die jüngere Generation spielt Englisch als Wissenschaftssprache eine größere Rolle als für die ältere Generation. Der nachfolgende Sprachenvergleich konzentriert sich wiederum hauptsächlich auf Deutsch und Englisch. Für Französisch und Russisch, die gele-

Generationen-Unterschiede

131

gentlich einbezogen werden, wird dieselbe Tendenz erwartet wie für Deutsch. Die Informanten wurden für die vorliegende Untersuchung nur in zwei Altersgruppen oder Generationen unterteilt: Ältere (45jährig und älter) und Jüngere (unter 45jährig), die im weiteren vereinfacht Über-45-Jährige bzw. Unter-45-Jährige heißen. Tabelle C-31 gibt einen Überblick über die Verteilung der Sprachkenntnisse auf diese beiden Altersgruppen. Die Basis der Prozentuierung bilden jeweils die Wissenschaftler der betreffenden Altersgruppe: Über-45-Jährige n = 400, Unter-45-Jährige n = 422. (13 Informanten machten keine Altersangabe und wurden daher nicht in die Ermittlung der Generationenunterschiede einbezogen.) Tab. C-31: Sprachkenntnisse der Generationen (Prozent der Altersgruppen)

Deutschkenntnisse Englischkenntnisse Französischkenntnisse Russischkenntnisse

Über-45-Jährige

Unter-45-Jährige

71 91 57 30

60 92 43 53

Die jüngeren Wissenschaftler haben — im Einklang mit unserer Hypothese (1) — deutlich weniger Deutsch- und auch Französischkenntnisse als die älteren. Bei den Englischkenntnissen ist es — in Übereinstimmung mit Hypothese (2) — umgekehrt. Auch Russischkenntnisse sind — entgegen unserer Erwartung — in der jüngeren Generation deutlich mehr verbreitet als in der älteren. Nachträglich ist dieser Befund allerdings nicht sonderlich überraschend und läßt sich verhältnismäßig leicht erklären mit der Sprachenpolitik im Herrschaftsbereich der früheren Sowjetunion, wo Russisch weithin obligatorische erste Fremdsprache war. Vor allem die Wissenschaftler aus Polen und Ungarn sorgen für den betreffenden Generationenunterschied bei den Russischkenntnissen. Bei den Englischkenntnissen ist der Unterschied zwischen den beiden Generationen gering, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß schon die weitaus meisten Angehörigen der älteren Generation über Englischkenntnisse verfügen. Wie die Deutsch- und Englischkenntnisse in beiden Altersgruppen erworben wurden, zeigt Tabelle C-32. Der bedeutsamste Unterschied zwischen beiden Sprachen besteht darin, daß bei Deutsch der Anteil des Erlernens in Schule und Hochschule von der älteren zur jüngeren Generation

132

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

Tab. C-32: Art des Spracherwerbs der Generationen (Prozent der Altersgruppe) Über-45-Jährige

Unter-45-Jährige

Deutsch Schule Studium Aufenthalt Kulturinstitut Kontakte Familie Selbststudium Kommerziell Massenmedien

47 31 18 5 21 3 16 4 11

41 27 18 3 23 4 16 7 19

Englisch Schule Studium Aufenthalt Kulturinstitut Kontakte Familie Selbststudium Kommerziell Massenmedien

58 39 30 3 24 6 20 7 20

62 55 23 4 29 3 26 12 26

abnimmt, während er bei Englisch anwächst. Dies entspricht der aus anderen Zusammenhängen bekannten schwächer werdenden Stellung des Deutschen bzw. stärker werdenden Stellung des Englischen in beiden Institutionen. Diese entgegengesetzte Entwicklungsrichtung beider Sprachen beginnt spätestens nach dem Ersten Weltkrieg und dauert — mit Schwankungen und Sonderentwicklungen — seitdem an (vgl. Ammon 1991a: 421—462). Ein merklicher Unterschied besteht auch beim Selbststudium, dessen Anteil beim Englischen in der jüngeren Generation größer ist als in der älteren. Man kann diese Veränderung mit gesteigerter Motivation zum Englischlernen erklären, was zu den sonstigen Befunden der immer dominanter werdenden Stellung des Englischen als internationale Wissenschaftssprache paßt. Bemerkenswert ist allerdings, daß das Deutschlernen in außerschulischen Institutionen nicht in gleichem Maße abgenommen hat wie in Schule und Hochschule. Im Gegenteil: das Lernen durch Massenmedien und in kommerziellen Sprachschulen zeigt proportional ähnliche Zuwächse wie beim

Generationen-Unterschiede

133

Englischen. Dies mag einerseits am vermehrten Angebot in diesen Bereichen liegen, verweist aber andererseits doch auf eine fortdauernde Nachfrage. Es sieht sogar ganz so aus, als sei das Angebot des Deutschunterrichts an Schulen und Hochschulen zu gering für die Nachfrage. Daß diese relativ beständig ist, verrät nicht zuletzt der in der jüngeren Generation unveränderte Anteil des Selbststudiums. Auf die Stabilisierung der Nachfrage nach Deutschkenntnissen in neuester Zeit in außerschulischen und außeruniversitären Institutionen deuten auch Zahlen von den Berlitz-Sprachschulen hin, die aufgrund ihrer Größe die kommerziellen Sprachschulen am besten repräsentieren (dankenswerte Zusendung der Direktion, Frankfurt a. M.). Tabelle C-33 gibt einen Überblick über die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Daten. Tab. C-33: Stunden-Anteile der Sprachen in den Berlitz-Sprachschulen (in Prozent) Regionale Verteilung 1995

Deutsch Englisch Französisch

Um 1970

1989

1995

Europa

Latein- Asien Nordamerika amerika

12 42 25

8 63 11

8,3 65 7,9

79 35 58

14 14 31

2 27 4

5 24 7

Wie man sieht, nimmt der Gesamtanteil des Deutschen von 1989 bis 1995 wieder leicht zu (von 8% auf 8,3%) — im Gegensatz zum Französischen (Abnahme von 11% auf 7,9%). Dabei konzentriert sich die Nachfrage nach dem Deutschen stärker auf Europa. Aus diesen Zahlen kann man schließen, daß vor allem in Europa die außerschulische Nachfrage nach Deutschkenntnissen in jüngster Zeit gewachsen ist bzw. das Schulund Hochschulangebot nicht ausreicht. Dagegen scheint für das Französische das Schul- und Hochschulangebot eher der Nachfrage zu entsprechen. Bei all dem darf freilich nicht übersehen werden, daß die außerschulische Nachfrage nach Englischkenntnissen — trotz des weit großzügigeren Unterrichtsangebots an Schule und Hochschule — die Nachfrage nach Deutschkenntnissen um ein Mehrfaches übertrifft. Die Differenzierung in unterschiedliche Fertigkeiten verspricht ein detaillierteres Bild als eine Globaleinschätzung. Einen Überblick liefert Tabelle C-34. Zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen den Generationen ist in beiden Sprachen der Modalwert jeder Generation für jede Fertigkeit durch Fettdruck hervorgehoben. Außerdem ist in der Zeile „Mittel"

134

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

(= mittleres Niveau) in Klammern der Durchschnitt aus allen Niveaus der betreffenden Fertigkeit eingefügt, und zwar handelt es sich dabei um das gewogene arithmetische Mittel. Hierfür wurden den Fertigkeitsniveaus jeweils die folgenden Zahlen werte zugeordnet: Sehr gut = l, gut = 2, ..., rudimentär = 5. Tab. C-34: Fertigkeitsniveaus der Generationen (Prozent der Altersgruppen) Hören über 45

Lesen

Sprechen

Schreiben

unter 45

über 45

unter 45

über 45

unter 45

über 45

unter 45

20 37 20(2,5) 13 9

21 40 27(2,4) 9 4

24 38 25(2,3) 9 5

5 23 30(3,3) 21 22

6 24 35(3,1) 23 12

3 19 30(2,8) 25 24

5 20 39(3,2) 21 15

22 38 24(2,4) 10 5

39 45 10(1,7) 2 0

31 46 15(2,0) 4 2

15 37 27(2,5) 9 9

14 36 27(2,7) 10 11

15 45 21(2,4) 8 7

13 37 29(2,6) 12 8

Deutsch Sehr gut Gut Mittel Eher schlecht Rudimentär

16 29 26(2,8) 15 14

Englisch Sehr gut 23 Gut 36 Mittel 25(2,3) Eher schlecht 8 Rudimentär 5

Das durchgängig höhere Fertigkeitsniveau, vor allem in den aktiven Fertigkeiten (Sprechen, Schreiben), im Englischen verglichen mit dem Deutschen ist uns schon geläufig und an dieser Stelle nicht erneut von Interesse (vgl. Kap. C.2). Die hier interessierenden Unterschiede zwischen den Generationen bezüglich beider Sprachen sind insgesamt relativ gering ausgeprägt. Immerhin besteht die — an den Mittelwerten ablesbare — schwache Tendenz, daß im Deutschen die Fertigkeiten der jüngeren Generation besser, im Englischen dagegen schlechter sind als in der älteren Generation. Sie zeigt sich in allen Fertigkeiten außer beim Schreiben, wo auch im Deutschen die jüngere Generation schlechtere Werte aufweist als die ältere. Als Erklärung für diesen überraschenden Unterschied ließe sich denken, daß zwar die Zahl der deutschlernenden Wissenschaftler abgenommen hat, daß aber diejenigen, die Deutsch lernen, darin bessere Fertigkeiten erwerben als früher. Dagegen haben sich Englischkenntnisse zwar beträchtlich ausgebreitet, aber das durchschnittliche Fertigkeitsniveau all derjenigen, die nun über Englischkenntnisse verfügen, ist keineswegs höher als früher. Die problema-

Generationen-Unterschiede

135

tische These vom „Bad English" (Wandruska 1990: 103), „Pidgin-Englisch" (Christ 1980: 37) oder „B. E. = ,Broken English'" (Weinrich 1985a: 309) als heutiger Weltwissenschaftssprache erhielte damit eine gewisse Bestätigung (vgl. zur Problematisierung Kap. E.3.2: (6), (7)). Bei Deutschkenntnissen könnte man vielleicht von der Konzentration auf einen kleineren Personenkreis bei durchschnittlich besserem Fertigkeitsniveau sprechen, bei Englischkenntnissen dagegen von Ausweitung auf einen größeren Personenkreis bei durchschnittlich ungefähr gleichbleibendem Fertigkeitsniveau. Allerdings bleibt diese Annahme hochgradig hypothetisch, denn die gefundenen Unterschiede zwischen beiden Generationen sind jeweils recht gering. Daß die Schreibfertigkeiten im Deutschen in der jüngeren Generation schlechter sind als in der älteren, paßt zu unserem früheren Befund, wonach Deutsch heutzutage besonders selten als Publikationssprache dient (Kap. C.3). Bestätigt wird dies auch durch die Zahlen in Tabelle C-35, die einen Überblick gibt, wie die Wissenschaftler beider Generationen ihre Sprachkenntnisse anwenden. Wiederum ist der Modalwert für jede Generation in jeder Sprache durch Fettdruck hervorgehoben. Tab. C-35: Art der Anwendung von Deutsch- und Englischkenntnissen in den Generationen (Prozent der Altersgruppen) Über-45-Jährige Oft

Unter-45-Jährige

Manchmal

Oft

Manchmal

28 7 11 17 7

20 5 10 9 5

16 6 10 10 5

11 14 13 13 10

53 27 33 33 19

16 11 13 13 15

Deutsch Lese Publiziere Korrespondiere Höre Vorträge Halte Vorträge

17 6 10 10 5

Englisch Lese Publiziere Korrespondiere Höre Vorträge Halte Vorträge

62 44 45 47 37

Als Gesamttendenz zeichnet sich erstaunlicherweise ab, daß Deutschkenntnisse von der jüngeren Generation gleich häufig, im Lesen sogar häufiger angewandt werden als von der älteren Generation, während Englisch-

136

Verhältnis nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler zur deutschen Sprache

kenntnisse von der jüngeren Generation seltener angewandt werden als von der älteren. Dieser Befund paßt freilich zu dem vorausgehenden, daß die Deutschkenntnisse der jüngeren Generation besser sind als die der älteren, während bei den Englischkenntnissen kein Unterschied zwischen den Generationen besteht. Allerdings ist bei genauerer Betrachtung von Tabelle C-35 zu erkennen, daß diese Generationenunterschiede zwischen beiden Sprachen nur für die Verwendungshäufigkeit „oft" gelten, nicht für die Verwendungshäufigkeit „manchmal". Dennoch läßt sich der Befund von Tabelle C-35 — unter Berücksichtigung von Tabelle C-31 — dahingehend zusammenfassen, daß Deutschkenntnisse sich zwar in der jüngeren Generation auf einen kleineren Personenkreis konzentrieren, aber dort mindestens gleich intensiv angewandt werden wie in der älteren Generation; dagegen sind Englischkenntnisse in der jüngeren Generation zwar auf einen größeren Personenkreis ausgeweitet, werden dort aber durchschnittlich auch weniger intensiv angewandt als in der älteren Generation. Für den Generationenvergleich von Interesse ist schließlich noch, daß die Unter-45-Jährigen mit ihren Sprachkenntnissen eher zufrieden sind als die Über-45-Jährigen (26% gegenüber 23% Zufriedenheit). Wenn man den geringen Unterschied überhaupt kommentieren möchte, dann geht die beobachtete Veränderung in Richtung des Bedarfs, vor allem wohl die Ausdehnung des Englischen auf einen größeren und die Einengung des Deutschen auf einen kleineren Personenkreis. Denkbar ist auch, daß die größere Unzufriedenheit der älteren als der jüngeren Generation (77% gegenüber 74%) aus dem als noch ungenügend empfundenen Fertigkeitsniveau entspringt. Aus der größeren Selbstzufriedenheit der jüngeren Generation kann man vielleicht auch schließen, daß die Neigung zum weiteren Fremdsprachenlernen eher ab- als zunimmt.

D. Entwicklung des Anteils von Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

l Naturwissenschaften Ein wichtiger Indikator für die Stellung des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache ist sein Anteil am Gesamtaufkommen der wissenschaftlichen Publikationen. Je höher dieser Anteil nämlich ist, desto eher wird zumindest ein Teil dieser Publikationen auch international rezipiert. Der Anteil an den wissenschaftlichen Publikationen liefert auch Anhaltspunkte dafür, in welchem Maße die deutsche Sprache heute noch Zugang zu den für verschiedene wissenschaftliche Disziplinen relevanten Informationen eröffnet. Im Gegensatz zu der vorausgehenden Zitatenanalyse und Fragebogenerhebung beschränke ich mich bei der Untersuchung des Anteils an den Publikationen auf eine Zweiteilung der Wissenschaften in die Naturwissenschaften auf der einen und die Sozial- und Geisteswissenschaften auf der anderen Seite. Dabei wird für erstere ein höherer Anteil des Englischen an den Publikationen erwartet als für letztere, die dem Deutschen noch mehr Raum lassen (Skudlik 1990: 87, 149; Ammon 1991a: 217-224). Die Naturwissenschaften sind hier im Sinne der Grundlagenwissenschaften gemeint, also der „theoretischen" oder „reinen" Naturwissenschaften (Beispiel: Biologie); in den angewandten Wissenschaften (Beispiel: Forstwirtschaft), die hier nicht untersucht werden, ist mit einem höheren Anteil des Deutschen und einer geringeren Dominanz des Englischen zu rechnen (Skudlik 1990: 73-75, 87-91, 269f.; Ammon 1991a: 233-235). Unter den Geisteswissenschaften im engeren Sinn werden noch ausgesprochene „Nischen" für Deutsch als internationale Wissenschaftssprache vermutet, z. B. in der Archäologie (Skudlik 1990: 216). Diese möglichen Nischen werden in einem anschließenden Kapitel (D.3) gesondert in Augenschein genommen. In den theoretischen Naturwissenschaften ist der Anteil des Deutschen und anderer Sprachen an den Fachpublikationen verhältnismäßig am besten bekannt, einschließlich der Entwicklung in neuerer Zeit bis ungefähr 1980 (Zusammenfassung in Ammon 1991a: 212—282). Verlaufsuntersuchungen, sogar Langzeitanalysen, liegen vor für die Biologie, Chemie und Physik

138

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

sowie für die Medizin und die Mathematik, die hier — vereinfachend — ebenfalls den theoretischen Naturwissenschaften zugeordnet werden (für die Zeit von 1965 bis 1980: Wood 1967; Ellen 1979; Large 1983; für 1890, teilweise sogar schon 1880, bis 1980: Tsunoda 1983). Für alle fünf Disziplinen wurde festgestellt, daß der Anteil der deutschen Sprache an der Gesamtheit der Fachpublikationen in den letzten Jahrzehnten nachhaltig geschrumpft ist. Der Rückgang beginnt spätestens Ende der 20er Jahre unseres Jahrhunderts und verläuft mehr oder weniger kontinuierlich. Während der deutschsprachige Anteil an den weltweiten Fachpublikationen in den 20er Jahren noch — mit gewissen Divergenzen zwischen den Disziplinen — bei gut 20% bis über 40% lag, wurde er für 1980 bei folgenden Werten festgestellt: Biologie 2,6%, Chemie 4,0%, Physik 1,9%, Medizin 6,4% und Mathematik 4,5%. So jedenfalls die Befunde von Minoru Tsunoda (1983) bei der Analyse der folgenden US-amerikanischen und britischen bibliographischen Datenbanken (Abstract- und Index-Dienste): für Biologie Biological Abstracts, für Chemie Chemical Abstracts, für Physik Physics Abstracts, für Medizin Index Medicus und für Mathematik Mathematical Reviews. Daneben gibt es diverse Untersuchungen einzelner Disziplinen, z. B. zur Medizin von John C. Mäher (1986; 1989). Manche beziehen sich nur auf einzelne Zeitpunkte, z. B. Wilson O. Aiyepekus (1973) Analyse der geographischen Publikationen für die Jahre 1966 und 1970. Andere erstrecken sich auf längere Zeitspannen. So legt z. B. Theodore H. Savory (1953: 156) zur Zoologie Zahlen für den Zeitraum von 1880 bis um 1950 vor, die er folgendermaßen erläutert: „The German percentage has shown an almost continuous drop from 31% in 1880 to 9.1% in 1948, but with a sharp temporary rise to 33% between 1905 and 1910." Hinzu kommen eine Anzahl von synchronen Untersuchungen, die die Proportionen der Sprachen in naturwissenschaftlichen Publikationen für einzelne Jahre anzeigen (z. B. Baldauf/Jernudd 1983a; 1983b; Laponce 1987: 72 f.). All diese Einzeluntersuchungen fügen sich letztlich in die Gesamttendenz, die veranschaulicht ist in Abbildung D-l. Sie basiert auf den Zahlen Tsunodas (1983), und zwar auf den Mittelwerten (ungewogenes arithmetisches Mittel) für alle Fächer und alle ausgewerteten Datenbanken. Die Ermittlung von Sprachenanteilen aufgrund von Datenbanken englischsprachiger Länder (USA, Großbritannien) hat sich mit einem Methodenproblem auseinanderzusetzen. Speziell zu Medline, der Online-Version von Index Medicus, schreibt Fernando A. Navarro (1995: 1564): „Viele Autoren haben die starke Neigung dieser Datenbank heftig kritisiert, mit Vorzug in Englisch verfaßte Zeitschriften aufzunehmen" (vgl. Guardiolo/

Naturwissenschaften

139

1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 Jahr O Deutsch • Englisch

n Französisch x Japanisch · Russisch

Abb. D-l: Anteile der Sprachen an den naturwissenschaftlichen Publikationen von 1890 bis 1980 (nach Tsunoda 1983)

Banos 1993). Navarro stellt aus diesem Grund darauf basierende Befunde in Frage, z. B. die von Mäher (1986), J. L. Boursin (1982) oder Mark P. Carpenter/Francis Narin (1981). Seine Kritik an Medline ist in der einen oder anderen Form auch schon gegen sonstige Datenbanken englischsprachiger Länder erhoben worden. Allerdings läßt sich die Bevorzugung englischsprachiger Veröffentlichungen nicht leicht nachweisen. Wirklich stichhaltige Untersuchungen sind, wie es scheint, mit erheblichem Aufwand verbunden. Im „Fact Sheet: Journal Selection for Index Medicus®/Medline®", das sich unter der Adresse im Juni 1997 aus dem Internet ziehen ließ, wird zur Frage der Bevorzugung englischsprachiger Literatur von den Herstellern von Medline unter der Überschrift „Foreign language Journals" folgendermaßen Stellung genommen: „The criteria for selecting Journals written in a foreign language are the same as for those written in English. Other things being equal, additional consideration will be given to the availability of adequate English-language abstracts that extend the accessability of the content to a broader audience." (S. 2) Nach Maßgabe des ersten Satzes werden nicht-englischsprachige Beiträge generell gleich behandelt wie englischsprachige, nach Maßgabe des zweiten Satzes werden jedoch diejenigen mit einem englischsprachigen Abstract bevorzugt. Logischerweise müßten letztere dann sogar gegenüber englischsprachigen Beiträgen bevorzugt werden. Vermutlich ist diese Formulierung jedoch nicht so logisch gemeint,

140

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

sondern eher eine Verbrämung der tatsächlichen Benachteiligung zumindest solcher nicht-englischsprachiger Beiträge, denen kein englischsprachiges Abstract beigefügt ist. Im „Fact Sheet: Response to Inquiries about Journal Selection for Indexing at NLM" (NLM = National Library of Medicine [Washington, DC]) (gleiche Internet-Adresse wie oben) wird weiter mitgeteilt, daß von den heute schätzungsweise 13.000 bis 14.000 thematisch einschlägigen, nämlich „biomedizinischen" Zeitschriften, die weltweit erscheinen, 3.800 für Medline geprüft und von den überprüften Beiträgen 21% indexikalisch ausgewertet werden (S. 2 f.). Ein telefonischer Versuch, mir ein noch klareres Bild von der Repräsentativität dieser Datenbank zu machen (Juli 1997), führte nicht weiter. Tsunoda (1983) bezieht, soweit möglich, auch Datenbanken aus Deutschland, Frankreich und Rußland bzw. der Sowjetunion ein. Sie enthalten zwar einerseits durchschnittlich geringere Anteile englischsprachiger Publikationen als die Datenbanken der englischsprachigen Länder, jedoch tendieren sie andererseits noch stärker als diese zur Bevorzugung von Publikationen der jeweils eigenen Sprache (vgl. Ammon 1991 a: 254 bzw. 220 f.); vor allem sind ihre Zahlen für Publikationen in anderen Sprachen als der eigenen vielfach lückenhaft. Sie bilden daher keine geeigneten Alternativen zu den Datenbanken der englischsprachigen Länder für weltweit repräsentative Untersuchungen. Dementsprechend wurden auch die Zahlen aus diesen Datenbanken in der Rezeption von Tsunodas Untersuchung kaum beachtet (z. B. Mackey 1989). Die Datenbanken der englischsprachigen Länder sind — trotz möglicher Verzerrung zugunsten englischsprachiger Publikationen — am repräsentativsten für die weltweite Gesamtheit der Publikationen. Dies gilt vor allem in neuerer Zeit, seit den 20er Jahren unseres Jahrhunderts. (Zu hier nicht interessierenden Möglichkeiten, sprachbedingte Einseitigkeiten bei speziellen Recherchen zu überwinden, vgl. Knipschild 1994.) — Auf die Auswertung speziell der US-amerikanischen Zitatenindexe nach Sprachenanteilen (Science Citation Index 1961 ff. u. a. — vgl. Kap. B.l) wurde hier allerdings verzichtet, da sich ihr Begründer, Eugene Garfield, mehrfach so entschieden für das Englische als einzige internationale Wissenschaftssprache stark gemacht hat, daß der Verdacht der Bevorzugung englischsprachiger Publikationen besonders naheliegt (Garfield 1972; diverse Beiträge in 1977a, vor allem 1977f; 1977i - vgl. zur Bestätigung bezüglich des Social Sciences Citation Index Schoepflin 1992). Die englischsprachigen Datenbanken haben die anderssprachige Konkurrenz weitgehend verdrängt oder absorbiert, vor allem in den Naturwissenschaften. Dies ist für sich genommen ein wichtiges Indiz für die Stellung

Naturwissenschaften

141

der Sprachen als internationale Wissenschaftssprachen. Ein Beispiel solcher Verdrängung ist das traditionsreiche Chemische Zentralblatt (1830 ff.), das 1969 zum Erliegen kam. Über seine Nachgeschichte teilt eine Einführung in die chemische Fachliteratur folgendes mit: ,,[T]he renamed society, Gesellschaft deutscher Chemiker und Farbenfabriken, undertook a new publication, Chemischer Informationsdienst. A weekly abstracting service, it is selective (...) Only a relatively small number of original sources are covered (...) The German society has now signed an agreement with Chemical Abstracts Service to cooperate in the production and distribution of Chemical Abstracts and its derived services." (Mellon 1982: 125) Ein ähnliches Ende nahmen die Physikalischen Berichte, die ebenfalls weit über hundert Jahre Bestand hatten, von 1845 bis 1978. Sie wurden 1979 unter dem Druck der Verhältnisse umgewandelt in die Physics Briefs, mit nun auch ganz überwiegend englischsprachigen Abstracts. Über ihr Schicksal ab 1995 informiert der folgende Hinweis in Physics Abstracts (Teil des Impressums seit 1995): „From January 1995 Physics Abstracts incorporates Physics Briefs, an abstract journal previously published by Fachinformationszentrum Karlsruhe, Germany." (Vgl. auch Armstrong, ed., 1995) Datenbanken, die nicht von englischsprachigen Organen geschluckt wurden, sind in aller Regel auf die englische Sprache umgestiegen, wohl aus Sorge, andernfalls an die Wand gedrückt zu werden. Beispiele sind das Zentralblatt für Bakteriologie (1902—1979), heute Journal of Microbiology (1980 ff.), und das Zentralblatt für Mathematik (...) und ihre Grenzgebiete/ Mathematics Abstracts. Letzteres hält fast nur noch im ersten Teil seines Titels an der deutschen Sprache fest. Abstracts in Deutsch sind in den neueren Bänden ähnlich selten wie Höhlenzeichnungen aus der Urzeit; sie werden auch ausschließlich für deutschsprachige Titel angefertigt, denen dann stets eine englische Übersetzung beigefügt ist (Beispiel in Band 851, 1997: 440). Immerhin hat sich das Zentralblatt auf diese Weise international gehalten und wird z. B. an US-Universitäten genutzt, zumal es für Osteuropa und die deutschsprachigen Länder als repräsentativer gilt als Mathematical Reviews (Einschätzung durch Michael Shelor, Brauer Library [für Mathematik und Physik] der University of North Carolina, Chapel Hill). Allerdings erwächst aus solchem Fortbestand des Zentralblatts keine Hoffnung auf eine Zukunft des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache (vgl. zu den Sprachenanteilen Tab. D-l, Seite 144). — Das Fachinformationszentrum Karlsruhe, die größte verbliebende datenbankproduzierende Institution Deutschlands, stellt z.Z. noch 8 bibliographische Datenbanken her, von denen nur noch l deutschsprachig ist (INFOR — für Forschungsin-

142

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

stitute und Projekte in einzelnen Bundesländern); außerdem sind 2 zweisprachig: englisch und deutsch (FTN — für graue Literatur für öffentlich geförderte Vorhaben, MATHDI - für Didaktik der Mathematik). Allem Anschein nach zielt nur letztgenannte wirklich auf einen weltweiten Nutzerkreis. Hinsichtlich der Sprachenfrage kommt das Fachinformationszentrum denn auch zu folgendem Urteil: „Unserer Meinung nach wird die deutsche Sprache auf längere Sicht für die bibliographischen Datenbanken keine bedeutende Rolle mehr spielen" (briefliche Mitteilung Dr. H. Behrens vom 20. 10. 1997). Mangels ernsthafter Alternativen stützen sich die Naturwissenschaftler weltweit auf die englischsprachigen Datenbanken (vgl. auch Iljon 1977). Einige prominente Beispiele unterschiedlicher Art sind ins Literaturverzeichnis am Ende dieses Buches aufgenommen, z. B. Computer &C Contrail Abstracts (1985 ff.), Current Contents (1961 ff.) oder Statistical Theory and Method Abstracts (1959 ff.); andere kommen in diesem Kapitel zur Sprache. Die englischsprachigen Datenbanken oder auch Referatenorgane wirken für die Wissenschaftler, die sie benutzen, zugleich wie Linsen, durch die hindurch sie die Sprachenanteile an den Publikationen ihres Fachs wahrnehmen. Falls die Rolle des Englischen darin noch größer erscheint, als sie in Wirklichkeit ist, so wird dadurch seine Stellung als Weltwissenschaftssprache möglicherweise zusätzlich gestärkt. Je dominanter nämlich eine Sprache als Wissenschaftssprache erscheint, umso weniger werden Wissenschaftler auf ihre Kenntnis und Anwendung verzichten wollen. Aber auch ohne diesen denkbaren Verstärkungseffekt — dessen empirische Prüfung übrigens interessant wäre — tragen die englischsprachigen bibliographischen Datenbanken zur Festigung des Englischen als Weltwissenschaftssprache bei. Sie sind für zahlreiche Wissenschaftler eine unverzichtbare Informationsquelle und eben nur in Englisch zugänglich. Die Zeiten, in denen sie auch Abstracts in anderen Sprachen, einschließlich Deutsch, enthielten, sind längst passe. Heute verfahren sie durchweg so, wie es im „Editorial Statement" von Mathematical Reviews (z. B. Januar 1994) beschrieben ist: „In order to facilitate searches, MR [Mathematical Reviews! U. A.] and CMP [Current Mathematical Publications! U. A.] now include a translated title for each non-English title, and all reviews are now published in English." Strenggenommen sind die folgenden Zahlen über Sprachenanteile an den wissenschaftlichen Publikationen nichts weiter als die durch Datenbanken der englischsprachigen Länder vermittelten Proportionen. Diese sind, weil sie, wie gesagt, die Wahrnehmung der Wissenschaftler weltweit beeinflus-

Naturwissenschaften

143

sen, schon für sich genommen von Interesse. Inwieweit die Annahme berechtigt ist, daß sie der Wirklichkeit einigermaßen nahekommen, bleibt hier ungeklärt. Auf meine Anfrage bei INSPEC, der Herstellerfirma unter anderem von Physics Abstracts, inwieweit die englische Sprache bevorzugt werde, erhielt ich folgende Erläuterung: Diese Bevorzugung beschränke sich darauf, daß bei Vorliegen einer englischen Übersetzung eines urspünglich anderssprachigen Beitrags daraus das Abstract angefertigt werde. Ansonsten würden aber grundsätzlich Beiträge jeglicher Sprache uneingeschränkt einbezogen. Ausschlaggebend dafür sei allein, daß sie die — von der Publikationssprache unabhängigen — Kriterien für die Einbeziehung erfüllten. Außerdem würden sogar bei vorliegenden englischen Übersetzungen stets die ursprünglichen Publikationssprachen genannt und bei statistischen Auswertungen berücksichtigt (briefliche Auskunft Michele A. Day, Managerin des US-Büros von INSPEC, 28. 5. 1997). Im Bemühen um objektivere Anhaltspunkte für Sprachenanteil-Verzerrungen habe ich die US-Datenbank MathSci Disc mit der in Deutschland erstellten Datenbank Compact MATH verglichen. Erstere umfaßt im wesentlichen die Mathematical Reviews, letztere' das Zentralblatt für Mathematik (...). Compact MATH bzw. das Zentralblatt für Mathematik (...) ist eine der wenigen den deutschsprachigen Ländern verbliebenen Datenbanken, die Anspruch auf weltweite Repräsentativität erheben können. Der Vergleich zwischen den beiden Datenbanken mußte sich auf die Jahre 1980—1983 beschränken, für die sie mir parallel zur Verfügung standen (jeweils CDs, und zwar CompactMATH für 1970-1984 und MathSci Disc für 1980—1987; auf die Auswertung des Jahres 1984 wurde verzichtet, da es für CompactMATH vermutlich atypische Proportionen zeigt; es enthält nur 17.413 Titel, gegenüber 37.037 für 1983 und 42.387 für 1982). Der Vergleich beschränkt sich auf die wichtigsten Wissenschaftssprachen. Die Anteile der verschiedenen Sprachen sind wiedergegeben in Tabelle D-1 (Rangordnung der Sprachen nach CompactMATH 1983; „0,0" bedeutet eine Zahl ,0 < und < 0,05'). Überraschenderweise ist der Anteil der englischen Sprache in der Datenbank aus Deutschland sogar höher als in der US-Datenbank (Tab. D-l). Der häufig erhobene Vorwurf, die angelsächsischen Datenbanken bevorzugten die englischsprachigen Publikationen, gilt demnach zumindest nicht generell. Im vorliegenden Fall begünstigt die Datenbank aus Deutschland das Englische eher als die US-Datenbank. Allerdings bevorzugt sie zudem auch eher das Deutsche. Zwar ist der Anteil deutschsprachiger Beiträge in der Datenbank aus Deutschland nur geringfügig höher als in der US-Datenbank

144

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Tab. D-l: Vergleich der Sprachenanteile zweier mathematischer Datenbanken unterschiedlicher nationaler Provenienz: USA—Deutschland (Prozentwerte)

Englisch Russisch Französich Deutsch Chinesisch Italienisch Spanisch Japanisch

1980

1981

1982

1983

MathSci Com(USA) pactMATH (D)

MathSci Com(USA) pactMATH (D)

MathSci Com(USA) pactMATH (D)

MathSci Com(USA) pactMATH (D)

68,9 19,2 4,5 3,5 1,4 1,4 0,8 0,3

69,2 18,5 4,6 3,1 1,9 1,3 0,7 0,3

75,0 12,1 4,7 4,3 1,1 0,9 0,3 0,1

69,5 18,1 4,5 2,8 2,5 1,3 0,8 0,2

73,8 13,1 4,4 4,6 0,7 1,0 0,3 0,2

78,2 10,2 4,2 3,6 1,4 0,8 0,4 0,1

70,1 18,3 4,3 2,6 2,8 1,0 0,5 0,2

81,0 10,4 4,0 3,4 1,6 0,5 0,2 0,0

(zwischen 0,8% und 1,2%), jedoch verschiebt sich dadurch immerhin in zwei der vier Jahre der Rangplatz des Deutschen um eine Stelle. Aufs Ganze gesehen divergieren die Rangplätze der Sprachen in beiden Datenbanken nur geringfügig. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, daß die US-Datenbank keine größere Verzerrung zugunsten englischsprachiger Publikationen zeigt als die Datenbank aus einem nicht-englischsprachigen Land. Damit ist die Ermittlung von Sprachenanteilen aus angelsächsischen Datenbanken — bis zu einem gewissen Grad — gerechtfertigt, zumal keine andere praktikable Möglichkeit in Sicht ist. — Nebenbei bemerkt, kann sich die hier untersuchte Datenbank aus Deutschland neben der US-Konkurrenz durchaus sehen lassen; sie übertrifft diese sogar in drei der vier Vergleichs jähre nach der Anzahl ausgewerteter Publikationen. — Zur Frage der Bevorzugung englischsprachiger Publikationen durch die Datenbanken der englischsprachigen Länder sei noch folgendes hinzugefügt: Die einschlägigen Fachbibliothekare an der University of North Carolina in Chapel Hill, die ich daraufhin ansprach, insgesamt fünf, wollten eine solche Bevorzugung zwar einerseits nicht ausschließen; andererseits wiesen jedoch alle darauf hin, daß diese Datenbanken, allein schon aus geschäftlichen Gründen, nachhaltig um weltweite Repräsentativität bemüht seien. Die Datenbanken der englischsprachigen Länder bieten auch die besten Vergleichsmöglichkeiten mit früheren Untersuchungen, die sich nämlich größtenteils ebenfalls auf sie stützten, wenigstens die methodisch sorgfältigeren Untersuchungen dieser Art. Im Vergleich mit ihnen läßt sich dann

Naturwissenschaften

145

zumindest die Richtung der neueren Entwicklung abschätzen — mag auch der Anteil der englischen Sprache durchgehend überschätzt werden. Die in unserem Zusammenhang wichtigste Frage lautet dabei: Hat der Anteil der deutschen Sprache an den wissenschaftlichen Publikationen neuerdings wieder zugenommen, oder ist er gleich geblieben oder womöglich weiter geschrumpft? Vor den statistisch repräsentativen Daten hier zunächst einige Einzelbeobachtungen, gewissermaßen als erste Konturen des zu erstellenden Bildes. Eine Darstellung neuerer biologischer Fachliteratur im Überblick, offenbar mit der Absicht weltweiter Repräsentativität, kommt en passant auch auf die heute wichtigsten Publikationssprachen des Fachs zu sprechen (Davis/ Schmidt 1995: 8). Dabei kommt Deutsch gar nicht mehr zur Sprache. Für die Biologie als ganze wird außer Englisch (Anteil an den Publikationen: 87%) nur noch Russisch und Japanisch für erwähnenswert gehalten (Anteile an den Publikationen: 3% bzw. 2%. Zahlen aufgrund von Biological Abstracts Juli — September 1994). Speziell in der Mikrobiologie spiele, wie die Auswertung des Science Citation Index 1992 gezeigt habe (Garfield/ Welljams-Dorof 1992), außer Englisch (Anteil: 95%) nur noch Russisch eine Rolle (Anteil: 5%). Solche Aussagen sind nicht nur Indizien dafür, welche Auffassungen in anderen Weltteilen von den Wissenschaftssprachen kursieren, sondern auch, welche bewußtseinsprägende Wirkung von Sprachenanteilen in Datenbanken ausgehen kann. Man erhält eine Vorstellung vom Umbruch, der unter den Wissenschaftssprachen der Biologie stattgefunden hat, wenn man diese Sprachenproportionen vergleicht mit denjenigen, die noch 1957 für die von Biological Abstracts ausgewerteten Zeitschriften genannt wurden: „Of the 3500 journals on the list, approximately 39% are published in English; 13% in German; 13% in French; 6% in Spanish; 3% in Italian; and 8% in the several slavic [sic!] tongues. The remaining 18% are scattered throughout many languages — Dutch, Danish, Icelandic, Swedish, Finnish, Turkish, Hebrew, Japanese, Chinese, etc." Aufschlußreich ist auch die Fortsetzung dieser Ausführungen: „Most of us are fortunate, however, in that the contents of these latter are usually available through summaries in English, German or French. For example, of the 146 biological journals published in Japan only 26 are published in Japanese alone. 110 of them are available, in part at least, to readers of English; 23 to readers of German; and 6 to those with French. Similarly, of the 62 journals published in Sweden, parts of 50 are available in English; 35 in German; and 23 in French." (Conrad 1957: 26) Deutsch und Französisch waren also noch vor 40 Jahren auf einem dem

146

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Englischen — trotz unverkennbaren Abstandes — einigermaßen ebenbürtigen Niveau, oder wurden zumindest so gesehen. Jedenfalls ist der Unterschied zu heute, wo sie als Publikationssprachen der Biologie unter Umständen gar nicht mehr erwähnt werden, frappant. Dagegen spielten diejenigen Sprachen, die heute nach dem Englischen immerhin genannt werden, nämlich Russisch und Japanisch, noch vor 40 Jahren fast keine Rolle. Für aufmerksame Beobachter ist es nicht allzu schwierig, weitere ähnliche Beobachtungen zu machen, auch in anderen naturwissenschaftlichen Fächern. Stattdessen machen wir nun jedoch den Schritt von sporadischen Eindrücken hin zur repräsentativeren Statistik. Wir beginnen gleichfalls bei der Biologie, auf der Grundlage der Datenbank Biological Abstracts. Repräsentative Zahlen liegen vor für die Zeit von 1986 bis 1994 bei Freedman (1995: 76); sie wurden mir dankenswerterweise bestätigt und für die beiden folgenden Jahre ergänzt von John W. Schnepp (Leiter der Abteilung „Literature Analysis" bei BIOSIS, Philadelphia, PA). Diese Zahlen von 1986 bis 1996 berücksichtigen Biological Abstracts und Biological Abstracts/RRM (Reports, Reviews, Meetings) zusammen. Auszählungen liegen ferner vor für das Jahr 1980 von Tsunoda (1983) und für 1981 von Richard B. Baldauf/ Björn H. Jernudd (1983b). Diese stützen sich jeweils nur auf Biological Abstracts und beziehen eine kleinere Zahl von Sprachen ein (vgl. Ammon 1991a: 219 f.). Alle Zahlen zusammen sind wiedergegeben in Tabelle D-2, wobei sich die Rangordnung der Sprachen nach dem Jahr 1994 richtet (Vorgabe von J. W. Schnepp, vermutlich wegen der noch unvollständigen Auswertungen für die späteren Jahre. Lücken bedeuten fehlende Angaben, nicht die Zahl 0.) Tab. D-2: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Biologie (in Prozent, aufgrund von Biological Abstracts)

Englisch Russisch Japanisch Deutsch Französisch Chinesisch Spanisch Italienisch Portugiesisch Andere

1980

1981

1986

1988

1990

1992

1994

1995

1996

84,6 4,7 2,1 2,6 2,7

85,7 3,9 1,9 2,5 2,1 0,2

84,9 4,0 2,4 2,3 2,0 0,5 1,1 0,8 0,5 1,7

84,6 3,8 2,3 2,4 1,9 0,6 1,1 0,9 0,3 2,1

86,9 3,4 2,1 1,9 1,6 0,8 0,9 0,6 0,3 1,6

90,2 2,1 1,8 1,5 1,3 0,7 0,6 0,5 0,3 1,0

92,0 1,8 1,3 1,1 1,1 0,8 0,5 0,3 0,3 0,9

90,9 1,9 1,4 1,3 1,5 0,8 0,7 0,3 0,3 1,0

91,6 1,9 1,1

3,6

1,1

1,4 0,8 0,6 0,3 0,3 0,9

Naturwissenschaften

147

Wie man sieht, verlieren alle Sprachen nach und nach Anteile an das Englische; nur das Chinesische macht eine Ausnahme, allerdings auf niedrigem Niveau. Teilweise verdecken Rundungen fortdauernde kleine Differenzen. So rangiert das Deutsche 1994 noch vor dem Französischen (1,14% gegenüber 1,05%), wobei die Proportionen sogar kaum anders sind als früher (1: 0,87 gegenüber l : 0,92); durch den gemeinsamen Schrumpfungsprozeß ist jedoch der absolute Unterschied verschwindend klein geworden. Ob ab 1995 Französisch, Japanisch und Deutsch wirklich die Rangplätze tauschen oder ob dies nur — aufgrund unterschiedlich verzögerter Auswertungen — vorübergehend so scheint, wird man erst in Zukunft beurteilen können. Was die Biological Abstracts für die Biologie, sind die Chemical Abstracts (1907 ff.) für die Chemie: der umfassendste Abstract-Dienst des Fachs in der heutigen Welt. Die Zahlen für die Chemie sind hier wegen der Vergleichsmöglichkeit mit den Befunden der Kapitel B und C zusätzlich interessant. Chemical Abstracts führt seit 1961 eine Sprachenstatistik der ausgewerteten Zeitschriftenbeiträge, woraus die in Tabelle D-3 wiedergegebenen Zahlen entnommen sind (CAS Statistical Summary 1907—1996: 4. Dankenswerte Zusendung durch Sandra K. Costakos, Public-Relations-Abteilung der Chemical Abstracts, Columbus, OH). Die Zahlen sind hier — weil sie nun einmal zur Verfügung standen — bis zurück zum Beginn des Auswertungszeitraums wiedergegeben, also bis fast 20 Jahre vor unserem eigentlich erst bei 1980 beginnenden Analyseabschnitt. Dadurch wird auch noch ein Stück der vorausgehenden Entwicklung sichtbar. Die Rangordnung der Sprachen richtet sich wiederum nach dem letzten Jahr. — Leider sind in den zur Verfügung stehenden Auswertungen der verschiedenen Datenbanken nicht immer genau dieselben Jahre berücksichtigt, jedoch erlaubt die Abdeckung jeweils desselben Zeitabschnitts (ca. 1980 bis ca. 1996) dennoch einen guten Vergleich. Mißlicherweise sind auch nicht immer dieselben Sprachen einbezogen. Soweit die Auswertungen von den Datenbanken selbst stammen, liegt dies daran, daß manche Sprachen in verschiedenen Fächern unterschiedliches Gewicht haben; die Datenbanken wählten jeweils die für sie wichtigsten Sprachen aus, diejenigen mit den im gesamten Zeitabschnitt durchschnittlich größten Anteilen. Bei den von mir allein durchgeführten Auswertungen orientiert sich die Auswahl dagegen nur an den Untersuchungsjahren selber. Auch die Anzahl einbezogener Sprachen divergiert teilweise. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die ersten 5 bis 6 einbezogenen Sprachen in jedem Fall die

148

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

in der betreffenden Zeitspanne durchschnittlich anteilstärksten sind, und Deutsch ist stets dabei. Tab. D-3: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Chemie (in Prozent, aufgrund von Chemical Abstracts. Nach CAS Statistical Summary 1907-1996: 4)

Englisch Chinesisch Japanisch Russisch Deutsch Französisch Koreanisch Polnisch Spanisch Andere

1961

1966

1972

1978

1984

1993

1994

1995

1996

43,3 — 6,3 18,4 12,3 5,2 — 1,9 0,6 12,0

54,9 0,5 3,1 21,0 7,1 5,2 — 1,8 0,5 5,9

58,0 — 3,9 22,4 5,5 3,9 0,2 1,2 0,6 4,3

62,8 0,3 4,7 20,4 5,0 2,4 0,2 1,1 0,7 2,4

69,2 2,2 4,0 15,7 3,4 1,3 0,2 0,7 0,6 2,7

80,3 2,9 4,6 6,4 2,2 0,9 0,4 0,5 0,4 1,4

81,9 4,6 4,2 5,2 1,5 0,6 0,5 0,3 0,3 0,9

81,3 4,4 4,2 4,7 2,1 0,7 0,5 0,5 0,3 1,3

83,2 4,2 3,9 3,8 1,9 0,7 0,5 0,4 0,3 1,1

Offensichtlich schrumpft auch in der Chemie der Anteil der deutschen Sprache seit Beginn der Erhebungszeit, und zwar ziemlich stetig (vgl. schon Mellon 1982: 24). Gegenüber dem — hier allerdings weiter als sonst zurückreichenden — ersten Erhebungsjahr ist der Rückgang sogar dramatisch. Von der einstigen Weltgeltung des Deutschen in der Chemie (vgl. Kap. A.l, B.2) ist gegen Ende unseres Jahrhunderts — zumindest zahlenmäßig — nichts mehr zu spüren. Der Stellungsverlust tritt hier noch stärker zutage als in den Befunden der Kapitel B und C. Eine nahezu kontinuierlich steigende Tendenz ist eigentlich nur bei der englischen Sprache zu beobachten, die immer dominanter wird. Auch Sprachen, die vor wenigen Jahren noch im Aufwind schienen, wie Japanisch und Chinesisch, sind in jüngster Zeit schon wieder rückläufig — was nicht ohne weiteres zu erwarten war (vgl. Coulmas 1989). In Anbetracht dessen ist auch für Sprachen, die bislang keinen Rückgang zeigen, wie das Koreanische, kein spektakulärer Höhenflug zu erwarten. Die nächste Analyse umfaßt sämtliche Datenbanken von INSPEC, von denen Physics Abstracts, die weltweit größte Sammlung von Publikationen der Physik, rund 61% ausmachen. Die restlichen 39% bilden Fachliteratur der Elektrotechnik und Elektronik, der Computertechnologie, Kontrollund Informationstheorie. Die Zahlen für die 10 anteilstärksten Sprachen sind wiedergegeben in Tabelle D-4 (dankenswerte Aufbereitung durch Brian Simboli, Statistiker bei INSPEC, Piscataway, NJ). Die Rangfolge der Spra-

Naturwissenschaften

149

chen richtet sich nach dem Jahr 1996, da 1997 noch nicht vollständig vorlag (erst 115.968 Abstracts, gegenüber 311.542 für 1996). Bei gleicher Prozentzahl sind die zugrundeliegenden absoluten Zahlen entsprechend der gewählten Rangfolge unterschiedlich. („0,0" bedeutet eine Zahl ,0 ^ und < 0,05'). Tab. D-4: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Physik und benachbarter Disziplinen (in Prozent, aufgrund von INSPEC)

Englisch Japanisch Chinesisch Deutsch Französisch Russisch Italienisch Polnisch Spanisch Tschechisch

1981

1984

1987

1990

1993

1996

1997

84,6 1,5 0,6 3,9 2,0 3,8 0,5 0,6 0,3 0,4

86,0 1,8 1,0 4,1 1,5 2,8 0,4 0,5 0,3 0,3

87,5 2,5 0,9 3,3 1,4 2,1 0,4 0,3 0,3 0,4

89,7 2,4 1,1 2,7 1,1 1,4 0,4 0,2 0,2 0,2

94,2 2,0 0,8

94,8 1,7 1,2 0,9 0,4 0,2 0,1 0,1 0,0 0,0

95,6 1,7 0,9 0,7 0,2 0,1 0,1 0,1 0,0 0,0

1,1

0,7 0,5 0,2 0,1 0,1 0,0

Die Entwicklung erweist sich als ganz ähnlich derjenigen in der Chemie bzw. in Chemical Abstracts. Deutsch schrumpft im Grunde kontinuierlich, was sich auch auf den Rangplatz auswirkt: bis 1990 Platz 2, 1993 Platz 3, ab 1996 Platz 4. Jedoch zeigt keine Sprache eine dauerhaft ansteigende Tendenz, außer Englisch; Japanisch überschreitet um 1990 seinen Zenit, und Chinesisch stagniert. Wenden wir uns nun der Entwicklung in der Medizin zu, und zwar mit einer Analyse von Medline (dankenswerte Ausführung durch Diane McKenzie, Health Science Library der University of North Carolina, Chapel Hill). Dieser weltweit vermutlich größte Online-Dienst für medizinische Literatur beinhaltet den Index Medicus. Neben Medline gibt es allerdings noch EMBASE, die Online-Version von Excerpta Medica, die in den Niederlanden hergestellt wird und ebenfalls englischsprachig ist; ihre Analyse war im vorliegenden Rahmen aus technischen Gründen ausgeschlossen. Die Befunde der Medline-Analyse sind wiedergegeben in Tabelle D-5. Möglicherweise sind — durch die Anordnung der Sprachen nach der Rangordnung des letzten Jahres — Chinesisch und auch Französisch untergewichtet; der starke Rückgang läßt vermuten, daß die Beiträge in diesen Sprachen — aus welchen Gründen auch immer — etwas verzögert ausgewertet werden.

150

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Tab. D-5: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Medizin (in Prozent, aufgrund von Medline)

Englisch Deutsch Französisch Japanisch Russisch Spanisch Italienisch Chinesisch Portugiesisch

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1993

1994

1996

72,2 5,8 4,1

73,8 5,2 4,0

76,4 4,1 3,4

77,6 3,9

79,5 3,9

2,8

3,3 5,8 1,3 1,8 0,7 0,3

75,3 4,1 3,7 3,5

3,3 4,9

3,1 3,2 4,8 1,5 1,3 1,0 0,3

85,0 2,6 2,5 2,2 2,1 1,3 0,7 0,8 0,2

86,2 2,3 2,4 2,3 1,9 1,2

88,6 2,2 1,9 1,8

1,4 1,5 1,0 0,3

2,8 2,6 4,4 1,5 1,2 0,8 0,3

84,3 2,6 2,5 2,3 2,4 1,4

6,1 1,3 1,9 0,5 0,3

5,3 1,3 1,6 0,9 0,3

0,9 1,1 0,2

0,8 0,7 0,2

1,6 1,2 0,6 0,1 0,1

Wiederum sinkt der Anteil des Deutschen stetig, und zwar während der ganzen Untersuchungszeit, und abermals gibt es keine Sprache, deren Anteil durchgehend steigt, ausgenommen das Englische. Die nun folgenden Zahlen für die Mathematik sind MathSci Disc entnommen, worin Mathematical Reviews enthalten ist. Wie oben ausgeführt, gibt es daneben CompactMATH aus Deutschland auf der Grundlage des Zentralblattes der Mathematik (...). Die US-Datenbank wurde hier vorgezogen aus Gründen der Vergleichbarkeit: sowohl mit vorausgehenden Untersuchungen als auch mit den anderen Fächern, wo die Analyse — aus Mangel an Alternativen — ohnehin auf Datenbanken aus englischsprachigen Ländern zurückgreifen mußte. Das Zentralblatt der Mathematik (...) berücksichtigt nicht nur — wie oben gezeigt — die englischsprachigen Publikationen mindestens in gleichem Umfang, sondern ist seit Jahren auch sonst nur noch relikthaft deutschsprachig. Wie stark es inzwischen auf das Englische hin orientiert ist, zeigt sich z. B. daran, daß es zu englischsprachigen Beiträgen, und nur zu diesen, keine ausdrückliche Sprachangabe mehr macht — so sehr gilt diese Sprachwahl schon als die Norm; ausdrücklich spezifiziert werden nur die anderen Sprachen („(German)", „(French)" usw.). Tabelle D-6 enthält die Ergebnisse der von mir selbst durchgeführten Analyse von MathSci Disc. Die Rangordnung der Sprachen richtet sich nach dem Jahr 1995, weil 1996 erst teilweise aufgenommen war (Gesamtzahl der Abstracts nur 23.460 gegenüber 49.937 für 1995). In Grundzügen zeigt sich dasselbe Bild wie zuvor. Nur ist der Anteilsschwund von Deutsch hier offenbar besonders dramatisch. Die Mathematik ist, wie es scheint, diejenige Disziplin, deren Vertreter dem Deutschen als Publikationssprache am konsequentesten den Rücken gekehrt haben. Je-

Naturwissenschaften

151

Tab. D-6: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Mathematik (in Prozent, aufgrund von MathSci Disc)

Englisch Russisch Chinesisch Französisch Japanisch Deutsch Spanisch Italienisch

1980

1984

1987

1990

1993

1995

1996

68,9 19,2 1,4 4,5 0,3 3,5 0,8 1,4

70,3 18,0 3,4 3,8 0,2 2,4 0,5 1,0

72,4 16,7 4,1 3,3 0,2 1,9 1,0 0,5

86,1 15,3 3,9 2,9 0,2 1,3 0,9 0,4

87,2 7,9 4,6 2,4 0,6 0,8 0,4 0,2

88,2 6,0 4,8 2,5 0,8 0,5 0,1 0,1

94,3 3,2 1,1 2,3 0,2 0,3 0,1 0,1

denfalls übertrifft die Mathematik in dieser Hinsicht alle anderen hier untersuchten Disziplinen. Für die Mathematik hat schon Virgil Diodato (1990) aufgrund einer Analyse von 108 nicht-US-amerikanischen Fachzeitschriften einen besonders starken Rückgang des Deutschen festgestellt. Er verfolgt die Entwicklung für die Jahre 1970 bis 1985, in denen der Anteil deutschsprachiger Artikel ständig schrumpft. Am dramatischsten ist der Rückgang von 1980 bis 1985: „It was German that encountered a sharp decrease in use recently. Between 1980-1985, German language articles declined from 10% to 7% of all articles. The 464 German articles in 1985 were less than two-thirds of the 1980 total of 723 German articles." (Diodato 1990: 362) Man beachte, daß es sich um eine Analyse nur von Nicht-US-Zeitschriften handelt! Auch Französisch geht zurück, wenngleich etwas weniger, während Russisch und Japanisch leicht zulegen und Englisch — wie allenthalben — seinen Löwenanteil weiter vergrößert. In Abbildung D-2 (Seite 152) sind die bisherigen Befunde (Tab. D-2 bis D-6) zusammengefaßt. Die Linien repräsentieren die Mittelwerte für jede Sprache. Sie wurden jeweils über dem gleichen oder aber dem nächstgelegenen Erhebungsjahr gebildet. In den unregelmäßigen Fällen wurden die Jahre für die Mittelwertberechnung folgendermaßen zugeordnet: Tabelle D-3: 1978 -» 1980, 1988 entfiel, 1993 -» 1992; Tabelle D-4: 1981 -» 1980, 1987 -» 1988, 1993 -» 1992; Tabelle D-6: 1887 -> 1988, 1993 -»· 1992. Man beachte, daß die Ordinate der Abbildung kräftig gestaucht ist. Der Abstand zwischen Englisch und den anderen Sprachen ist in Wirklichkeit rund 10 mal größer. Unabhängig davon sieht man deutlich die bei Englisch nach oben und bei allen anderen Sprachen nach unten gerichtete Tendenz.

152

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

100-1

80,6

87,2

90,7

Englisch Russisch Japanisch Französisch Deutsch

1980

1984

1988

1992

1996

Abb. D-2: Anteile der Sprachen an den naturwissenschaftlichen Publikationen von 1980 bis 1996 (in Prozent)

Für unsere Befunde sind verschiedene vordergründige Erklärungen denkbar — etwas tiefergehende Erklärungsansätze folgen dann in Kapitel D.4. Dabei beschränke ich mich auf den fachübergreifenden Aspekt des allgemeinen Anteilsschwundes von Deutsch an den wissenschaftlichen Publikationen — Erklärungsansätze für die Unterschiede zwischen den Fächern und Fächergruppen finden sich schon in den Kapiteln B.6 (gegen Ende) und C.7 (Anfang). Auf einer solchen übergreifenden Ebene kommen drei Erklärungsmöglichkeiten in Betracht — unter etwas anderem Blickwinkel kann man auch von Faktoren der Veränderung sprechen: (1) (a) Die nicht-deutschsprachigen Wissenschaftler, die früher zum Teil in Deutsch veröffentlichten, tun dies zunehmend weniger, (b) Sie ziehen andere Sprachen vor, hauptsächlich Englisch (Abwendung nichtdeutschsprachiger Wissenschaftler vom Deutschen/Hinwendung zum Englischen).

Naturwissenschaften

153

(2) (a) Die deutschsprachigen Wissenschaftler publizieren immer weniger in ihrer eigenen Sprache, (b) Sie bevorzugen stattdessen andere Sprachen, hauptsächlich Englisch (Abwendung deutschsprachiger Wissenschaftler vom Deutschen/Hinwendung zum Englischen). (3) Der Anteil der deutschsprachigen Wissenschaftler an der Gesamtmenge der wissenschaftlichen Publikationen nimmt insgesamt ab (abnehmender Anteil deutschsprachiger Wissenschaftler an Publikationen). Es wäre denkbar, daß (a) und (b) jeweils divergieren; jedoch erscheint dies nach allen Daten, die zu dieser Frage vorliegen, so unwahrscheinlich, daß es legitim erscheint, sie jeweils zu ein und derselben Erklärungshypothese zusammenzufassen. Die damit verbleibenden drei Erklärungsansätze sind kompatibel, d. h. es können alle drei zugleich zutreffen; keiner schließt den ändern aus. Viele Hinweise und Einzelbeobachtungen legen die Vermutung nahe, daß Erklärungsansatz (1) — zumindest für den hier betrachteten Zeitraum — keine oder zumindest keine bedeutende Rolle mehr spielt, sondern daß sich die nicht-deutschsprachigen Wissenschaftler ganz überwiegend schon zuvor vom Deutschen als Publikationssprache verabschiedet haben. Für Erklärungsversuche von Anteilsverlusten des Deutschen zu früheren Zeiten ist (1) allerdings auf jeden Fall in Betracht zu ziehen. Um (1) dennoch wenigstens ansatzweise auch für unsere Befunde zu prüfen, habe ich Biological Abstracts (mit Unterstützung durch David Romito, Zoologie-Bibliothek der University of North Carolina, Chapel Hill) sowie MathSci Disc analysiert, und zwar speziell darauf hin, wie sich folgende Zahlen entwickelt haben: (i) die Anteile der Autoren aus Deutschland an den deutschsprachigen Beiträgen; (ii) die Anteile der Autoren aus Deutschland an den englischsprachigen Beiträgen (Grundlage jeweils Autorenadressen). Bei Biological Abstracts zwang der Analyseaufwand zu größeren Abständen zwischen den Jahren. — Die Befunde sind wiedergegeben in Tabelle D-7. Die Lücken in den Prozentzahlen sind vermutlich erheblichenteils durch fehlende Autorenadressen bedingt (vgl. zu diesem Problem Garfield/Welljams-Dorof 1990: 14). Daher rührt wohl auch zum Teil die etwas erratische Entwicklung der Zahlen, von denen sich aber dennoch gewisse übergreifende Tendenzen ablesen lassen. Den ersten Zeilen („An deutschsprachigen Beiträgen") kann man jeweils entnehmen, daß der Anteil der Autoren aus Deutschland an den deutschsprachigen Beiträgen im Verlauf der Zeit zu-

154

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Tab. D-7: Anteile von Autoren aus Deutschland in Biological Abstracts und MathSci Disc (in Prozent) Biological Abstracts

1980

1984

1988

1992

1995

An deutschsprachigen Beiträgen

22,0

23,6

26,7

10,7

77,2

An englischsprachigen Beiträgen

0,7

3,0

3,1

1,4

5,3

MathSci Disc

1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1982 1983 1985 1990 1995

An deutschsprachigen Beiträgen 1,3 -

-

1,3 0,9

1,8 2,4 1,3 2,1 4,4 27,7 38,8 51,2 58,0

An englischsprachigen Beiträgen 5,3

4,8

5,3

5,9

5,6

4,8

6,3

6,0 6,0

6,2

10,2 12,2 12,1 12,3

nimmt. Bei Biological Abstracts ist die sprunghafte Zunahme 1995 allerdings teilweise durch Umstellung der Adressenaufnahme bedingt (E-Mail J. W. Schnepp, BIOSIS, 9. 2. 1998); MathSci Disc zeigt jedoch - bei stetigerem Verlauf — dieselbe Entwicklungsrichtung. Dieser Befund steht im Einklang mit Erklärungsansatz (1): Die nicht aus Deutschland oder einem deutschsprachigen Land stammenden Autoren wenden sich im Laufe der Zeit vom Deutschen als Publikationssprache ab; übrig bleiben hauptsächlich die Autoren aus den deutschsprachigen Ländern. In Wirklichkeit ist deren Anteil größer, als er hier erscheint, da nur die Autoren aus Deutschland — nicht aus anderen deutschsprachigen Ländern — einbezogen sind. Unter den ersten 250 Autoren (alphabetische Reihenfolge) der deutschsprachigen Beiträge mit Erscheinungsjahr 1996 in Biological Abstracts finden sich gerade 11 aus nicht-deutschsprachigen Ländern: 4 aus USA, und je l aus Chile, Frankreich, Italien, Kroatien, Niederlande, Schweden und Venezuela — unter ihnen möglicherweise ausgewanderte oder im Ausland weilende Muttersprachler des Deutschen. Aus den zweiten Zeilen („An englischsprachigen Beiträgen") ersieht man, daß der Anteil der Autoren aus Deutschland an den englischsprachigen Beiträgen sich im Verlauf der Zeit gleichfalls erhöht. Dieser Befund steht im Einklang mit Erklärungsansatz (2): Immer mehr Autoren aus den deutschsprachigen Ländern publizieren nicht weiter in Deutsch, sondern

Naturwissenschaften

155

nun in Englisch. — (1) und (2) greifen ineinander; beide Entwicklungen bedingen sich sogar in gewissem Sinn gegenseitig. Erstaunlicherweise tritt eine Zuspitzung beider Entwicklungen erst nach 1980 ein; jedenfalls nach den Zahlen in Tabelle D-7. Um die kritische Phase genauer zu betrachten, wurde die Zeitspanne zwischen 1980 und 1985, in der sich die auffälligste Verschiebung zeigt, in kleinere als die sonstigen 5Jahres-Schritte unterteilt. Damit wird sichtbar, daß der größte Schub beider Entwicklungen vom Jahr 1982 zum Jahr 1983 hin geschieht. Dies ist weit später, als nach den Vermutungen und Hinweisen zum Rückgang von Deutsch als Wissenschaftssprache, die sich in der Fachliteratur finden, zu erwarten war. Es wäre daher eine lohnende Aufgabe zukünftiger Forschung, die Bedeutung der hier festgestellten Zahlen zu prüfen. Spiegeln sie tatsächlich einen entsprechenden Wandel in der Sprachwahl der Autoren wider, oder sind sie auf andere Umstände zurückzuführen, z. B. auf Veränderungen in der Auswertung der Beiträge durch MathSci Disc? Daß Erklärungsansatz (1) für unseren Untersuchungszeitraum überhaupt noch relevant sein könnte, ist nach der vorliegenden Fachliteratur ebenfalls überraschend. So befassen sich beispielsweise die meisten Beiträge in Kalverkämper/Weinrich (ed., 1986), im Grunde sogar der ganze Band, fast nur noch mit dem Problem der Abwendung deutschsprachiger Wissenschaftler vom Deutschen bzw. ihrer Hinkehr zum Englischen (unser Erklärungsansatz 2), als sei die Abkehr nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler vom Deutschen gar keine Frage mehr. Auch die Untersuchung Sabine Skudliks (1990) konzentriert sich vorrangig auf die Abwendung deutschsprachiger Wissenschaftler vom Deutschen bzw. ihre Hinwendung zum Englischen, wofür sie eine Vielzahl bestätigender Daten vorlegt. Vielleicht jedoch ist die Abwendung nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler vom Deutschen ein noch immer aktuelles Problem, das weiterhin wissenschaftliche Beachtung verdient. Ansonsten konnten den hier untersuchten Datenbanken hauptsächlich Anhaltspunkte zu unseren Erklärungsansätzen (2) und (3) entnommen werden (Abwendung deutschsprachiger Wissenschaftler vom Deutschen/Hinwendung zum Englischen bzw. abnehmender Anteil deutschsprachiger Wissenschaftler an Publikationen). Gehen wir im einzelnen durch, was die zur Verfügung stehenden Daten im Hinblick auf diese Erklärungsansätze hergeben. Zunächst zum Erklärungsansatz (2). Von Chemical Abstracts und von INSPEC, das Physics Abstracts enthält, liegen Angaben vor, die allerdings unterschiedlich weit zurückreichen, wie sich die Autoren der Beiträge auf

156

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

verschiedene Länder verteilen (Tab. D-8 und D-9; Rangordung jeweils nach dem Jahr 1996; INSPEC-Analyse von Brian Simboli, US-Büro von INSPEC, Piscataway, NJ). Auch von Medline stehen ähnliche Daten zur Verfügung. Da sie jedoch etwas andere Tendenzen anzeigen, werden sie später im Zusammenhang mit der Prüfung von Erklärungsansatz (3) behandelt. Tab. D-8: Herkunftsländer der Autoren von Chemical Abstracts (Länderanteile in Prozent. CAS Statistical Summary 1907-1996: 4)

USA Japan Deutschland China Großbritannien Frankreich UdSSR/Rußland

1962

1972

1982

1993

1996

28,4 6,9 8,5 — 8,6 4,8 23,0

28,0 7,9 6,2 — 6,4 4,4 24,0

27,1 10,2 7,3 1,8 5,9 4,1 17,6

28,1 13,3 7,5 4,3 5,7 4,7 5,4

27,7 12,5 7,5 6,0 5,7 4,6 4,5

Tab. D-9: Herkunftsländer der Autoren von INSPEC (einschließlich Physics Abstracts) (in Prozent)

USA Japan Deutschland Großbritannien Rußland Frankreich China Italien Niederlande Schweiz

1981

1984

1987

1990

1993

1996

1997

28,9 7,0 6,7 6,4 6,2 4,2 0,7 2,1 1,3 1,2

27,1 7,0 6,3 5,9 6,3 3,7 1,5 2,1 1,2 1,0

28,9 8,3 6,2 6,2 6,1 4,0 1,9 2,0 1,2 0,9

28,6 8,8 6,1 6,1 6,9 4,2 2,7 2,4 1,4 1,0

30,2 9,9 6,4 6,1 5,5 4,6 3.0 2,9 1,4 1,1

27,2 9,8 7,1 6,4 5,2 4,7 3,5 3,1 1,4 1,2

26,6 10,1 7,2 6,1 5,2 5,0 3,9 3,1 1,5 1,2-

Beim Vergleich von Tabelle D-8 mit D-3 und D-9 mit D-4 sieht man, daß die Anteile von Verfassern aus Deutschland jeweils höher liegen als die Anteile der deutschsprachigen Beiträge. Die folgende Tabelle D-10 zeigt, wie sich die jeweiligen Proportionen im Verlauf unserer Untersuchungszeit entwickelt haben, indem sie die Anteile um 1980 und 1996 gegenüberstellt (wobei die Daten leider nicht für genau dieselben Jahre vorliegen). Sowohl bei Chemical Abstracts als auch bei INSPEC liegt um 1980 der Anteil deutschsprachiger Beiträge — in grober Annäherung — noch minde-

Naturwissenschaften

157

Tab. D-10: Anteile von Verfassern aus Deutschland und von deutschsprachigen Beiträgen im Vergleich Anteil von Autoren aus Deutschland

Anteil deutschsprachiger Beiträge

Chemical Abstracts

1982: 7,3% 1996: 7,5%

1978: 5,0% / 1984: 3,4% 1996: 1,9%

INSPEC (einschl. Physics Abstracts)

1981: 6,7% 1996: 7,2%

1981: 3,9% 1996: 0,9%

stens halb so hoch, wie der Anteil von Autoren aus Deutschland. Um 1996 beträgt der Anteil der deutschsprachigen Beiträge dagegen höchstens noch ein Viertel des Anteils der Autoren aus Deutschland. Aus diesen Proportionsverschiebungen kann man schließen, daß sich im Verlauf der Untersuchungszeit mehr und mehr deutschsprachige Autoren von Deutsch als Publikationssprache abgewandt haben. Der Anteil speziell von Deutschen, die in Deutsch publizieren, liegt sogar noch niedriger als Tabelle D-10 anzeigt, denn die anderen deutschsprachigen Länder, vor allem Österreich und die deutschsprachige Schweiz, tragen ja ebenfalls zu den deutschsprachigen Publikationen bei. Es ist anzunehmen, daß die deutschsprachigen Wissenschaftler, die sich vom Deutschen als Publikationssprache abwenden, ganz überwiegend auf das Englische umsteigen. Diese Befunde stützen daher unseren Erklärungsansatz 2 (Abwendung der deutschsprachigen Wissenschaftler vom Deutschen/ Hinwendung zum Englischen). — Nebenbei weisen diese Zahlen auch aus, daß schon um 1980 beträchtliche Teile der Autoren aus den deutschsprachigen Ländern, nämlich rund die Hälfte, nicht mehr in Deutsch publiziert haben, sondern vermutlich meist in Englisch. Erklärungsansatz (3) besagt, daß der Anteil der deutschsprachigen Länder an den wissenschaftlichen Publikationen, speziell den naturwissenschaftlichen, im Verlauf der Zeit geschrumpft ist. Für die früheren Jahrzehnte unseres Jahrhunderts trifft dies höchstwahrscheinlich zu. Jedenfalls liegen für die Chemie cjazu bestätigende Daten vor. Sie sind in Abbildung D-3 veranschaulicht. Der Autor, dessen Werk Abbildung D-3 (Seite 158) entnommen ist, gibt dazu folgende Erläuterung: ,,[T]he Soviet Union, Japan, and, indeed, all the minor scientific countries have spectacularly improved their world position from about 10 percent at the beginning of the century to nearly 50 percent now. In the middle, being squeezed by this expansion, are the two

158

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Britisches Commonwealth

1910

1920

1930

1940

1950

I960

Abb. D-3: Anteile an der Weltgesamtheit der Chemie-Publikationen in Prozent aufgrund von Chemical Abstracts (de Solla Price 1986: 85)

great chemical nations, Germany and the United States. Their combined share has declined from 60 to 35 percent, with the United States apparently absorbing a large part of the German share during both world wars, and

Naturwissenschaften

159

Germany having shrunk to one-fifth of it original size." (de Solla Price 1986: 86) Es ist zu vermuten, daß sich der Anteil von Publikationen aus Deutschland, oder sogar allgemeiner: aus den deutschsprachigen Ländern, in anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen während jener Zeitspanne ähnlich entwickelt hat, wenn auch sicher in unterschiedlichen Graden. Wie aber sieht die Entwicklung in neuerer Zeit aus? Hat sich der Schrumpfungsprozeß fortgesetzt? Zumindest in der Physik, aber auch in der Chemie, scheint dies nicht der Fall zu sein. Vielmehr hat sich, wie den Tabellen D-8 und D-9 zu entnehmen ist, die Lage stabilisiert; beide Tabellen zeigen keine, oder zumindest keine deutliche, weitere Verringerung des Anteils von Autoren aus Deutschland an der Gesamtmenge wissenschaftlicher Publikationen. Allerdings nimmt der Autoren-Anteil anderer Länder, vor allem Japans und Chinas, weiter beträchtlich zu. Im vorliegenden Zusammenhang ist interessant, daß die Anteile der Sprachen dieser Länder an den wissenschaftlichen Publikationen dagegen nicht oder kaum zunehmen. Während z. B. der Anteil der japanischen Autoren an Chemical Abstracts um 5,6% steigt, sinkt der Anteil der japanischen Sprache an den Publikationen dieser Datenbank um 2,4%. Stattdessen wächst vor allem der Anteil des Englischen, und zwar um rund 40%. Man darf annehmen, daß zu diesem Zuwachs des Englischen die japanischen Autoren beigetragen haben, wie sicher auch andere. Eine im wesentlichen ähnliche Richtung zeigt die Entwicklung der Proportionen japanischer Autoren und japanischsprachiger Beiträge in INSPEC (einschließlich Physics Abstracts). Diese Beobachtungen ergänzen unsere Erklärungsansätze (1) und (2): Die Wissenschaftler nicht-englischsprachiger Länder wenden sich immer mehr dem Englischen als Publikationssprache zu und stärken dessen Stellung. Bemerkenswert ist auch, daß — nach Tabellen D-8 und D-9 — die Autorenanteile Großbritanniens und der USA sogar abnehmen, wenngleich unterschiedlich stark (zusammen 3,6% bzw. 2,6%). Die beträchtliche Anteilsvermehrung der englischen Sprache an den Publikationen kommt also wohl kaum von den englischsprachigen Ländern selbst, sondern läßt sich nur durch die Sprachwahl der nicht-englischsprachigen Wissenschaftler erklären. Eine der untersuchten Datenbanken, nämlich Medline, zeigt einen weiteren Anteilsschwund von Publikationen aus Deutschland und stützt damit unseren Erklärungsansatz (3) auch für die neueste Zeit. Tabelle D-ll enthält die Entwicklung der Anteile von Autoren aus Deutschland (bis 1990: BRD + DDR) und den USA (Auswertung Diane McKenzie).

160

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Tab. D-ll: Anteile der Autoren aus USA und Deutschland an Medline (in Prozent)

USA Deutschland

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

38,3 9,2

39,5 8,7

40,0 7,7

41,1 7,7

41,5 7,6

42,7 7,4

44,8 6,2

46,2 5,8

48,9 5,9

Zunächst ist auch hier — beim Vergleich von Tabelle D-ll mit Tabelle D-5 — festzustellen, daß der Anteil der deutschen Sprache an den Publikationen stärker schwindet (1996: 2,2%) als der Anteil der Autoren aus Deutschland (1996: 5,9%). Ebenso weisen die Zahlen aus, daß schon zu Beginn der Erhebungszeit erhebliche Teile der Autoren aus Deutschland nicht mehr in Deutsch publiziert haben, wiederum wohl rund die Hälfte — wenn man an die teilweise ebenfalls in Deutsch publizierenden Autoren der anderen deutschsprachigen Länder denkt (1980: 5,8% Anteil des Deutschen an den Publikationen und 9,2% Anteil Deutschlands an den Autoren). Im Unterschied zu den anderen Datenbanken schrumpft bei Medline jedoch auch der Anteil der Autoren aus Deutschland (nicht nur der deutschen Sprache), und zwar nicht unerheblich (von 9,2% auf 5,9%). Diese Daten stützen also unseren Erklärungsansatz (3). Hinzuzufügen ist allerdings, daß Medline sich zugleich von den anderen Datenbanken darin unterscheidet, daß der Anteil der Autoren aus den USA deutlich wächst (um 10,5%; Tab. D-ll). Zu den übrigen Befunden paßt lediglich, daß der Zuwachs von Autoren aus den USA geringer ist als der Zuwachs des Englischen als Publikationssprache (Differenz von 16,4%; Tab. D-5), so daß auch hier die nicht-englischsprachigen Wissenschaftler das Englische als Wissenschaftssprache zusätzlich stärken. Der Befund, daß die Publikationsproduktivität der US-Wissenschaftler zu- und die der Wissenschaftler Deutschlands abgenommen hat, ist jedoch nicht ohne weiteres ein getreues Abbild der Wirklichkeit. Es könnte sein, daß gerade Medline die englischsprachigen Wissenschaftler überrepräsentiert, sogar im Verlauf der Zeit in wachsendem Maße, wie es ja auch besonders stark im Verdacht steht, englischsprachige Publikationen zu bevorzugen (Navarro 1995: 1564). Insofern ist diese Stütze unseres Erklärungsansatzes (3) etwas wackelig. Zur Bestätigung, oder aber zur Revision, wären weitere Untersuchungen angebracht. Sie könnten z. B. beginnen mit Analysen von EMBASE (1974 ff.), der mit Medline konkurrierenden Online-Version von Excerpta Medica (1947 ff.). Allerdings gibt es noch anderweitige Anhaltspunkte dafür, daß die wissenschaftliche Produktivität der deutschsprachigen Länder, oder zumindest

Naturwissenschaften

161

Deutschlands, im Vergleich zu manchen anderen Ländern in neuerer Zeit weiter abgenommen hat. Ein Beispiel sind die Patente in der Chemie, einem Fach also, wo man dies vielleicht am wenigsten erwarten würde. Die Veränderung der Länderanteile („country of issue") an den von Chemical Abstracts ausgewerteten Patenten zeigt Tabelle D-12 (Rangordnung nach dem Jahr 1996). Tab. D-12: Länderanteile der Patente in Chemical Abstracts (in Prozent; CAS Statistical Summary 1907-1996: 5)

Japan USA Deutschland UdSSR/Rußland China Großbritannien Frankreich

1960

1970

1980

1990

1996

5,6 30,2 23,6 4,8 13,8 3,3

11,8 23,7 23,5 7,7 8,9 15,3

43,4 11,3 12,1 9,7 — 4,9 1,7

56,7 7,8 4,8 4,7 1,6 0,8 0,7

57,3 8,0 4,8 4,2 1,7 0,6 0,5

Demnach ist der Anteil Deutschlands an den chemischen Patenten dramatisch zurückgegangen (von 1960: 23,6% auf 1996: 4,8%), ähnlich allerdings auch die Anteile der USA, Großbritanniens und Frankreichs. Dagegen verzeichnet Japan einen raketenartigen Aufstieg. Welcher Zusammenhang zwischen der wissenschaftlichen Produktivität der Mutterländer, z. B. nach Maßgabe der Anzahl von Patenten, und dem Anteil der Sprachen an den wissenschaftlichen Publikationen besteht, ist schwer abschätzbar. Zwar liegt ein kausaler Zusammenhang nahe; er wird jedoch sicher durch andere Faktoren nachhaltig gestört. So kommt die wissenschaftliche Produktivität Japans offenbar nur kleinenteils der internationalen Stellung seiner Sprache in der Wissenschaft zugute; denn die japanischen Wissenschaftler bedienen sich vielfach des Englischen. Allerdings hatte Japanisch eine andere Ausgangsposition als Deutsch; es hatte nie eine bedeutende internationale Stellung als Wissenschaftssprache, die zu erreichen ungemein schwierig ist. Deutsch hatte demgegenüber einst eine solche Stellung. Es ist durchaus denkbar, daß Deutsch bei größerer wissenschaftlicher Produktivität seiner Mutterländer, in Verbindung mit der Beharrung der eigenen Wissenschaftler bei ihrer Sprache, auch seine internationale Stellung besser bewahrt hätte. Entsprechendes gilt mutatis mutandis für das Französische. Es läßt sich also festhalten, daß in den Naturwissenschaften der deutschsprachige Anteil an der Weltgesamtheit der Publikationen in neuester Zeit

162

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

weiter geschrumpft ist. Er liegt nun meist verschwindend niedrig, teilweise unter 1%. Auf dieser Basis bietet die deutsche Sprache wohl kaum noch ausreichenden Zugang zum aktuellen, fortgeschrittenen Wissensstand in den Naturwissenschaften. Wer diesen Zugang sucht, muß sich des Englischen bedienen. Darüber hinaus ist anzunehmen, daß die deutsche Sprache auch keine ausreichenden Publikationsmöglichkeiten für Naturwissenschaftler mehr eröffnet, zumindest nicht für solche, die weltweit zur Kenntnis genommen werden wollen. Solche Publikations- und Rezeptionsmöglichkeiten erschließt ebenfalls nur das Englische. Mit einer dramatisierenden Metapher kann man die Lagebeschreibung dahingehend zuspitzen, daß für deutschsprachige Naturwissenschaftler die Muttersprache inzwischen zur „Barriere" geworden ist, die sie an umfassender Kommunikation, vor allem internationaler Kommunikation mit Fachkollegen hindert. Diese Sprachbarriere läßt sich nur überwinden durch das Umsteigen auf das Englische. Es stellt sich nun die Frage, ob die Lage in den nicht-naturwissenschaftlichen Disziplinen günstiger aussieht.

2 Sozial- und Geisteswissenschaften Im Gegensatz zu den Kapiteln B und C sind im vorliegenden Kapitel D Sozial- und Geisteswissenschaften zusammengefaßt (vgl. Kap. D.l: Anfang). Schon die Befunde unserer Zitatenanalyse und der Fragebogenerhebung haben gezeigt, daß die Sozial- und Geisteswissenschaften von der Hinwendung zum Englischen als Weltwissenschaftssprache nicht unberührt geblieben sind (vgl. Kap. B.2, B.3, C.7). Realistisch lautet die Frage nach den Anteilen an den wissenschaftlichen Publikationen daher nicht, ob die Sozial- und Geisteswissenschaften überhaupt zum Englischen hin tendieren, sondern nur ob dies in geringerem Maße zutrifft als bei den Naturwissenschaften bzw. ob der deutschen Sprache noch mehr Terrain verblieben ist. Wie sehr neuerdings auch die Sozial- und Geisteswissenschaften zum englischsprachigen Publizieren neigen, wird durch den Umstand erhellt, daß selbst die deutscheste aller Wissenschaften, die Germanistik, davon nicht verschont bleibt. Sogar in der germanistischen Literaturwissenschaft war Mitte der 90er Jahre nur noch 80% der Forschungsliteratur in Deutsch und schon 12,8% in Englisch, außerdem 3,3% in Französisch und je 1% in Italienisch und Russisch (Collins/Rutledge 1996: 76 f.); in der germanistischen Linguistik dürften die englischsprachigen Anteile noch höher gewesen sein. Untersuchungen einzelner anderer Fächer, teilweise nur für bestimmte

Sozial- und Geisteswissenschaften

163

Zeitpunkte, liegen ansonsten vor von Richard B. Baldauf/Björn H. Jernudd (1986) zur Psychologie (vgl. dazu auch Becker 1980; 1983; 1994a; 1994b; Baldauf 1986; Montada u. a. 1995) und zur Anthropologie, Politikwissenschaft, Ökonomie und Wirtschaftswissenschaft von Clyde Thogmartin (1980; vgl. auch Ammon 1991a: 226-231). Die Sprachenanteile in den Sozial- und Geisteswissenschaften sind weit weniger gründlich untersucht als in den Naturwissenschaften. Überhaupt ist es schwieriger, sich in den Sozial- und Geisteswissenschaften einen einigermaßen repräsentativen Überblick über die Sprachenanteile an den Publikationen zu verschaffen. Zum einen gibt es weniger bibliographische Datenbanken, die maschinell auswertbar sind. Zum ändern sind die vorhandenen Datenbanken weniger umfangreich und daher vermutlich auch weniger repräsentativ als in den Naturwissenschaften. So wertet MathSci Disc (Mathematik) jährlich rund 50.000 Beiträge aus, INSPEC (das Physics Abstracts enthält) rund 300.000, Biological Abstracts rund 350.000, Medline 300.000 bis 400.000 und Chemical Abstracts sogar über 1/2 Mio. (1996 schon über 700.000). Demgegenüber erreichen selbst die großen unter den sozial- und geisteswissenschaftlichen Datenbanken selten Auswertungsquoten von über 30.000 Beiträgen pro Jahr; meist sogar nur deutlich niedrigere; jedenfalls gilt dies — soweit mir bekannt — für diejenigen, die sich mittels Computerrecherchen auf die Sprachenanteile der ausgewerteten Beiträge hin analysieren lassen. Nur Datenbanken dieses Zuschnitts konnten in die vorliegende Untersuchung einbezogen werden. Wenn auch vielleicht die Gesamtzahl der Publikationen in den Sozialund Geisteswissenschaften kleiner ist als in den Naturwissenschaften, so ist doch anzunehmen, daß die computerisierten sozial- und geisteswissenschaftlichen Datenbanken für ihre Fächer weniger repräsentativ sind als die naturwissenschaftlichen. Dies mag teils daran liegen, daß die Computerisierung von Wissen den Sozial- und Geisteswissenschaften methodisch weniger entspricht, und teils daran, daß die sozial- und geisteswissenschaftlichen Datenbanken in geringerem Maße kommerzialisiert sind. Für die nachfolgenden Datenbanken ist daher mit geringerer Repräsentativität für ihre Fächer zu rechnen als für die in Kapitel D. l analysierten naturwissenschaftlichen Datenbanken. Mit Sicherheit wird die Fachliteratur für die sozialund geisteswissenschaftlichen Datenbanken langsamer aufgearbeitet. Daher ist hier für die Rangordnung der Sprachen in den Tabellen auch nie das letzte Jahr (Erscheinungsjahr der Originalbeiträge) zugrundegelegt, denn es war in allen Fällen erst ganz unvollständig erfaßt.

164

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Aufgrund punktueller Proben anhand von Publikationslisten einzelner deutscher Soziologen und Soziolinguisten, oder Teilen solcher Publikationslisten (einschließlich meiner eigenen), konnte ich speziell für SocioFile, eine Datenbank der Soziologe (im weiten Sinn), eine unverkennbare Bevorzugung englischsprachiger und Vernachlässigung deutschsprachiger Publikationen feststellen. Leider war mir eine repräsentative Untersuchung der Verzerrung zugunsten der englischen Sprache nicht möglich, von der Art etwa, wie sie Urs Schoepflin (1992) für den Social Sciences Citation Index durchgeführt hat — deren eindeutige Bestätigung einer solchen Verzerrung übrigens meinen Vorsatz festigte, von der Auswertung dieser Quelle abzusehen. Trotz solcher Mängel sind die angelsächsischen Datenbanken immer noch die repräsentativsten Quellen für unsere Fragestellung. Es sind überdies allem Anschein nach die weltweit meistgenutzen sozial- und geisteswissenschaftlichen Datenbanken, die — ähnlich den naturwissenschaftlichen Datenbanken — ihren Benutzern den entsprechenden Eindruck von den Sprachenanteilen an den Publikationen des Fachs vermitteln. Beginnen wir mit einer von mir selbst durchgeführten Analyse der schon erwähnten soziologischen Datenbank SocioFile (1974ff.), einer CD-Version von Sociological Abstracts (1952ff.). Die Ergebnisse dieser Analyse finden sich in Tabelle D-13. Die Anordnung der Sprachen richtet sich nach der Rangfolge im Jahr 1995, da das Jahr 1996 erst teilweise ausgewertet war (nur 19.081 Titel gegenüber 31.168 im Jahr 1995 und 29.933 im Jahr 1994. „-" bedeutet ,kein Beitrag', „0,0" eine Zahl ,0 < und < 0,05'.) Tab. D-13: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Soziologie aufgrund von SocioFile (in Prozent)

Englisch Französisch Deutsch Spanisch Italienisch Japanisch Russisch Chinesisch

1974

1977

1980

1983

1986

1989

1992

1994

1995

1996

75,7 5,7 3,0 2,6 2,6 0,4 3,6 0,1

80,2 6,5 2,8 2,3 1,7 0,0 1,6 —

84,1 4,8 2,3 1,6 2,4 0,1 1,1 0,1

79,0 5,7 3,9 1,6 2,6 0,4 1,7 0,0

82,0 4,8 4,0 1,7 1,8 0,2 1,2 0,0

82,8 4,7 3,8 1,5 1,3 0,2 1,2 0,0

81,2 5,2 4,1 1,8 1,7 0,3 1,1 —

83,7 4,3 3,2 21, 1,6 0,2 0,9 0,1

84,0 4,4 3,8 2,1 1,1 0,3 0,2 0,0

85,8 4,2 4,4 1,6 0,9 0,2 1,5 —

Gegenüber den Naturwissenschaften gibt es mindestens einen bemerkenswerten Unterschied: Der Anteil der deutschen Sprache fällt im Verlauf der untersuchten Zeitspanne nicht ab, sondern steigt sogar leicht an. Er

Sozial- und Geisteswissenschaften

165

bleibt auf einem höheren Niveau als in irgendeiner der untersuchten Naturwissenschaften (1994: 3,2% — gegenüber 2,3% in der Medizin als der „Naturwissenschaft" mit dem noch höchsten deutschsprachigen Anteil). Ansonsten zeigt nur das Englische einen — allerdings recht eindrucksvollen — Anstieg. Überhaupt gleicht die Entwicklung des Englischen derjenigen in den Naturwissenschaften, auch insofern es alle anderen Sprachen weit in den Schatten stellt. Sein Anteil in der Soziologie ist sogar höher (1994: 83,7%) als in manchen Naturwissenschaften, speziell der Chemie (1994: 81,9%). Nach dem Ausmaß der Anglophonie gleicht die Soziologie der Wirtschaftswissenschaft (vgl. Kap. B.3, C.7). Allerdings sei dabei noch einmal an die Begünstigung englischsprachiger Beiträge durch SocioFile erinnert. Die Lage im Fach Geschichte ist im vorliegenden Zusammenhang wegen des Vergleichs mit den Kapiteln B und C besonders interessant. Hierfür habe ich eine Analyse der Datenbank Historical Abstracts on Disc 19—47 [sic!] (1973 ff.) durchgeführt, einer CD-Version von Historical Abstracts. Die Ergebnisse sind wiedergegeben in Tabelle D-14. Die Anordnung der Sprachen entspricht der Rangfolge des Jahres 1994, da die Auswertung für das Jahr 1995 noch nicht einmal halb so viele Titel umfaßte wie für die vorausgegangenen Jahre (6.798 gegenüber 14.617 im Jahre 1994, 19.688 im Jahre 1992). Das Jahr 1996 war erst in Ansätzen ausgewertet (ausgewertete Beiträge nur n = 722) und wurde daher nicht in die Analyse einbezogen. Tab. D-14: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Geschichte aufgrund von Historical Abstracts on Disc (in Prozent)

Englisch Französisch Deutsch Russisch Spanisch Italienisch Japanisch Chinesisch

1974

1977

1980

1983

1986

1989

1992

1994

1995

51,3 7,7 9,2 5,6 6,3 4,0 0,8 0,3

48,7 8,3 8,5 6,9 4,8 4,3 0,8 0,2

53,1 8,1 9,5 6,0 4,5 3,6 0,6 0,2

50,6 8,1 8,6 6,3 6,3 4,1 0,5 0,2

52,8 8,5 7,7 5,8 6,1 3,4 0,5 0,5

52,1 8,7 9,2 4,8 5,6 3,1 0,8 1,7

60,6 7,5 6,6 4,2 3,8 3,1 1,2 3,7

70,0 7,1 6,5 3,0 2,7 2,2 1,1 1,0

78,0 6,0 5,3 1,4 2,8 2,1 0,4 0,4

In der Geschichte ist der Anteil der deutschen Sprache — anders als in der Soziologie — deutlich rückläufig, ähnlich den Naturwissenschaften. Dies entspricht der in den Kapiteln B.4 und verschiedenen Kapiteln von C auf anderen Ebenen festgestellten Tendenz. Allerdings verharrt auch in der Geschichte der Anteil der deutschen Sprache auf höherem Niveau als in irgendeiner der un-

166

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

tersuchten Naturwissenschaften (1994: 6,5% — gegenüber 2,3% in der Medizin als der Naturwissenschaft mit dem höchsten deutschsprachigen Anteil). Außerdem aber bleibt der Anteil des Englischen hier merklich niedriger als in irgendeiner der untersuchten Naturwissenschaften (1994: 70,0% gegenüber 81,9% in der Chemie als der Naturwissenschaft mit dem niedrigsten englischsprachigen Anteil). Auch dies entspricht durchaus unseren früheren Befunden (Kap. B.4, C.7). In diesem Punkt unterscheidet sich die Geschichte von der stärker anglophonen Soziologie, wo der Anteil des Englischen eine ähnliche Höhe erreicht wie in den Naturwissenschaften. Als weitere Geisteswissenschaft bot sich die Philosophie an, weil auch für sie eine — allerdings ziemlich kleine — Datenbank zur Verfügung stand, die eine Analyse nach Sprachenanteilen ermöglichte, nämlich The Philosopher's Index 1940 - March, 1997 (on Disc) (1997). Wegen der programmbedingten Aufwendigkeit dieser Analyse habe ich mich auf etwas größere Zeitabstände beschränkt als zuvor und überdies auf eine kleinere Zahl von — mir besonders wichtig erscheinenden — Sprachen. Auf Japanisch und Chinesisch wurde verzichtet, weil der Anteil beider Sprachen an der Gesamtheit der einbezogenen Titel (n = 201.205) bei nur ungefähr 0,1% lag (Summe aller japanischen Titel: 276, aller chinesischen: 118). Die Befunde sind wiedergegeben in Tabelle D-15. Die Anordnung der Sprachen richtet sich nach der Rangfolge im Jahre 1995. Das Jahr 1996, das erst unvollständig ausgewertet war (5.772 Titel gegenüber 8.274 für 1995 und 8.426 für 1994), wurde nicht in die Analyse einbezogen. Tab. D-15: Anteile der Sprachen an den Publikationen der Philosophie aufgrund von The Philosopher's Index (in Prozent)

Englisch Französisch Deutsch Spanisch Italienisch

1970

1980

1983

1986

1990

1994

1995

72,7

78,5 5,1 4,3 3,7 2,9

80,0 4,2 5,1 2,8 3,1

77,1 4,5 4,5 4,1 2,7

80,1 4,2 4,1 4,3 3,0

80,1

85,5 7,4 3,2 1,8

7,1 11,9 2,5

3,8

3,9 5,5 4,9 2,5

0,8

Hinsichtlich der deutschen Sprache gleicht das Bild dem für die Geschichte: der Anteil schrumpft, und zwar zwischen 1970 und 1980 stark und ab 1980 schwach, bleibt aber am Ende abermals höher als in irgendeiner der untersuchten Naturwissenschaften. Nach einer Mitteilung des Verlags Peter Lang (Jürgen-Matthias Springer) gehört die Philosophie zu den

Sozial- und Geisteswissenschaften

167

wenigen Fächern, für die noch größere Order deutschsprachiger Bücher von außerhalb des deutschen Sprachgebiets die Regel sind, neben Pädagogik und natürlich Germanistik. Was die englische Sprache betrifft, so ähnelt die Entwicklung derjenigen in der Soziologie: der Anteil erreicht in neuester Zeit ähnliche Höhen wie in den Naturwissenschaften. Im Überblick läßt sich feststellen, daß einerseits der Anteil des Deutschen in den drei untersuchten Sozial- und Geisteswissenschaften höher bleibt als in allen untersuchten Naturwissenschaften. Andererseits erklimmt in zwei der drei untersuchten Sozial- und Geisteswissenschaften das Englische ähnliche Anteilshöhen wie in den Naturwissenschaften. Lediglich in der Geschichte hält sich sein Anstieg mehr in Grenzen. In Abbildung D-4 sind die bisherigen Befunde (Tab. D-13 bis D-15) zusammenfassend veranschaulicht. Die Linien repräsentieren die Mittelwerte für jede Sprache. Sie wurden jeweils über dem gleichen oder aber dem nächstgelegenen Erhebungsjahr gebildet. In den unregelmäßigen Fällen wurden die Jahre für die Mittelwertberechnung folgendermaßen zugeordnet: Tabelle D-13: 1977 -»· 1978, 1983 -» 1982, 1989 -> 1990; Tabelle D-14: 1977 -» 1978, 1983 -» 1982, 1989 -» 1990; Tabelle D-15: 1870 -» 1974, 1980 -» 1978, 1883 -» 1882. Man beachte, daß die Ordinate der Abbildung kräftig gestaucht ist. Der Abstand zwischen Englisch und den anderen Sprachen ist in Wirklichkeit rund 6 mal größer, ansonsten sieht man deutlich die bei Englisch nach oben und bei allen anderen Sprachen nach unten gerichtete Tendenz. 100-1

70,6

66,6

,82,6

—•—Englisch —·— Französisch ^^^ Deutsch —4^-Spanisch

2,2

1

1974

1978

1982

1986

1990

1995

Abb. D-4: Anteile der Sprachen an den sozial- und geisteswissenschaftlichen Publikationen von 1974 bis 1995 (in Prozent)

168

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Im Zusammenhang mit diesen Beobachtungen sei noch einmal erinnert an schon zuvor formulierte Erklärungsversuche für die Unterschiede in der Sprachwahl zwischen theoretischen Naturwissenschaften auf der einen Seite und Geistes- und Sozialwissenschaften, aber auch angewandten Naturwissenschaften auf der ändern Seite (vgl. Kap. B.6: Ende, C.7: Anfang). Sie sind vermutlich vor allem durch die folgenden Umstände bedingt: (1) Thematisch: In den Sozial- und Geisteswissenschaften spielen Probleme der eigenen Gesellschaft oder Sprachgemeinschaft eine größere Rolle. Dies gilt ganz besonders für das Fach Geschichte, insoweit die Nationalgeschichte einen wichtigen Teil davon bildet. Mit Rücksicht auf die Adressaten wird daher eher die eigene Sprache gewählt. Eine Fremdsprache wie das Englische wäre hier als Publikationssprache weniger angemessen. — Ähnlich läßt sich auch der Unterschied zwischen den theoretischen und den angewandten Naturwissenschaften erklären (vgl. Skudlik 1990: 73-75, 87-91): Die Anwendung richtet sich eher auf Probleme der eigenen Gesellschaft und ist daher auch hauptsächlich für deren Mitglieder von Interesse, weshalb die eigene Sprache dafür bevorzugt wird. (2) Durch die Arbeitsteilung der Wissenschaften: Die Naturwissenschaften sind in höherem Maße spezialisiert. Innerhalb einer einzelnen Sprachgemeinschaft finden sich daher oft nur wenige potentielle Adressaten für die Fachliteratur. Die Publikationen richten sich, um überhaupt eine gewisse Zahl von Lesern zu finden, auf ein weltweites Publikum. Dagegen ist der Leserkreis für sozial- und geisteswissenwissenschaftliche Literatur — innerhalb einigermaßen großer Sprachgemeinschaften wie der deutschen — oft recht zahlreich. Daher reicht zur Publikation die eigene Sprache, selbst wenn sie keine bedeutende internationale Stellung hat. Hier werden nicht zuletzt wirtschaftliche Zwänge der Rentabilität von Publikationen wirksam. (3) Durch die Form der Fachsprache: Diese ist in den Naturwissenschaften hochgradig formalisiert und von der Mathematik geprägt. Dies trägt einerseits wesentlich zur Unzugänglichkeit für Laien bei (Grund 2), wirkt sich aber noch in anderer, im vorliegenden Zusammenhang wichtiger Hinsicht aus. Die formalisierte Fachsprache ist zwischen den verschiedenen Sprachgemeinschaften weitgehend vereinheitlicht und bildet eine Art Lingua franca. Daher fällt es Naturwissenschaftlern leichter, Texte in einer Fremdsprache wie dem Englischen zu erstellen — zumal

Sozial- und Geisteswissenschaften

169

die nicht-formalisierten Teile naturwissenschaftlicher Texte ebenfalls schematischer sind als die Texte der Sozial- und vor allem der Geisteswissenschaften. Für Geisteswissenschaftler ist das Erstellen eines guten Fachtextes in einer Fremdsprache außerordentlich schwierig. Es erfordert die praktisch perfekte Beherrschung nicht nur der Zielsprache sondern auch der wissenschaftlichen Textsorten, deren Formen offenbar gerade zwischen der deutschen und der angelsächsischen Sprachgemeinschaft erheblich divergieren (vgl. Clyne 1984; 1987; vgl. auch Galtung 1985). Dementsprechend werden englischsprachige Texte deutschsprachiger Wissenschaftler oft gerade in sprachlicher Hinsicht (sprachlich im weiten Sinn) kritisiert (vgl. Ammon 1991a: 266, 273). Solche Kritik trifft vor allem Sozial- und Geisteswissenschaftler. Auch die Form wissenschaftlicher Textsorten scheint in den Naturwissenschaften zwischen den Sprachgemeinschaften weniger zu divergieren. Wegen der größeren sprachlichen Schwierigkeiten sind Sozial- und Geisteswissenschaftler vermutlich zögerlicher beim Sprach Wechsel. Dies gilt sowohl für deutschsprachige Wissenschaftler beim Wechsel zu einer Fremdsprache als auch für Wissenschaftler, die an eine Fremdsprache als Publikationssprache schon gewöhnt sind, beim Umsteigen auf eine andere Fremdsprache. Spezielle Ergebnisse der hier durchgeführten Analysen von SocioFile und Historical Abstracts passen in dieses Bild. Sie zeigen für Sozial- und Geisteswissenschaftler aus Deutschland eine deutlich schwächere Neigung des Wechsels vom Deutschen zum Englischen als Publikationssprache (Tab. D16) als für Naturwissenschaftler (vgl. Tab. D-7 bis D-10). Die möglicherweise insgesamt größere Verzerrung der geisteswissenschaftlichen Datenbanken zugunsten englischsprachiger Publikationen im Vergleich zu den naturwissenschaftlichen Datenbanken ist unserer Interpretation nicht abträglich. Tab. D-16: Anteile deutschsprachiger und englischsprachiger Publikationen von Autoren aus Deutschland in der Soziologie und Geschichte aufgrund von SocioFile und Historical Abstracts on Disc (in Prozent) 1974 1977 1980 1983 1986 1989 1992 1994

1995

Soziologie

in Deutsch in Englisch

69,8 24,0

60,9 35,9

61,5 35,1

72,5 26,5

49,0 47,9

61,9 33,2

59,5 36,4

37,9 60,1

61,8 35,3

Geschichte

in Deutsch in Englisch

47,9 27,9

49,4 28,5

50,4 33,2

47,0 33,7

43,7 36,0

48,4 32,8

38,2 44,7

36,1 51,9

31,2 58,3

170

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Zwar ist in Tab. D-16 ebenfalls eine gewisse Verschiebung von deutschsprachigen hin zu englischsprachigen Publikationen erkennbar; einerseits verläuft sie jedoch ziemlich unregelmäßig, und andererseits bleiben die deutschsprachigen Anteile auch in jüngster Zeit hoch. Der im Vergleich zu den Naturwissenschaften höhere deutschsprachige Anteil läßt sich kaum anders erklären, als daß die Sozial- und Geisteswissenschaftler der deutschsprachigen Länder tatsächlich stärker bei Deutsch als Publikationssprache beharren als die Naturwissenschaftler. Es wäre interessant zu wissen, zu welchen Teilen in den Sozial- und Geisteswissenschaften auch Nicht-Deutschsprachige noch zu Deutsch als Publikationssprache beitragen. Leider bleibt jedoch eine Antwort auf diese Frage — mangels geeigneter Daten — weiterhin Desiderat. Indes belegen unsere Befunde, daß die Sozial- und Geisteswissenschaftler der deutschsprachigen Länder die eigene Sprache noch häufiger zum Publizieren nutzen als die Naturwissenschaftler — was mit den Ergebnissen Sabine Skudliks (1990) übereinstimmt. Allerdings ist auch in den Sozial- und Geisteswissenschaften heute schon das Gros der Fachliteratur in Englisch verfaßt und also nur in dieser Sprache zugänglich. Außerdem ist anzunehmen, daß die Möglichkeiten internationaler Kommunikation in Deutsch — verglichen mit Englisch — stark eingeschränkt sind.

3 Nischen des Deutschen? Einzelne ausgesprochen deutschsprachige Disziplinen soll es ja noch geben. Allem Anschein nach kommen dafür nur geisteswissenschaftliche Fächer in Betracht. Als Beispiele solcher „ ,Nischen', in denen die deutsche Sprache (...) noch eine relativ weite internationale Verbreitung hat", wurden unter anderem die Finno-Ugristik, die Assyriologie, die Slavistik und die Indogermanistik genannt (Skudlik 1990: 216). Diese Fächer sind jedoch entweder ausgesprochen klein (Assyriologie, Indogermanistik) oder von ihrem Gegenstandsbereich her auf andere lebende Sprachen bezogen (Finno-Ugristik, Slavistik). Im ersten Fall haben sie geringes Gewicht im Gesamtspektrum der wissenschaftlichen Disziplinen. Im zweiten Fall läßt sich mit guten Gründen vertreten, daß die jeweils eigenen Sprachen die für sie bestgeeigneten Wissenschaftssprachen wären, so wie Deutsch für die Germanistik. Deutsch hätte dann in diesen Fächern wohl zumindest keine große Zukunft. Zur Begründung der besten Eignung der jeweils eigenen Sprache braucht man nicht auf sprachimmanente (linguistische) Kriterien zu rekurrieren (se-

Nischen des Deutschen?

171

mantische Struktur oder dgl.), sondern kann auf das natürlicherweise erstrangige Interesse der Mitglieder der jeweiligen Sprachgemeinschaft an Fragen der eigenen Sprache verweisen, ähnlich wie ich es im vorausgehenden Kapitel D.2 bezüglich Geschichte, Soziologie und Philosophie getan habe (praktische Gründe). Geräumigere oder unproblematischere Nischen für Deutsch als internationale Wissenschaftssprache wären Fächer ohne solche Einschränkungen. Eines davon ist die in diesem Zusammenhang verschiedentlich genannte Theologie (Frühwald 1997: 28; Skudlik 1990: 216; Diskussionsbeiträge Wickler und Schwabl in Kalverkämper/Weinrich, ed., 1986: 56f., 83). Spezieller dürfte dafür — wenn man an die Verhältnisse in Deutschland denkt — die protestantische Theologie in Frage kommen, oder noch genauer: die lutherische, womit allerdings auch diese potentielle Nische beträchtlich schrumpft. Ihre geringe Größenordnung verrät ein Blick in Bücher, die in der einen oder anderen Weise einen Gesamtüberblick über alle Wissenschaften liefern, und zwar möglichst nicht aus der Sicht der deutschen Sprachgemeinschaft. Ein Beispiel ist die umfassende Einführung in Überblicksliteratur und Nachschlagewerke aller wissenschaftlichen Disziplinen von Eugene P. Sheehy (1976/80/82). Dieses Buch, mit seinen Ergänzungsbänden, dient US-amerikanischen Bibliothekaren zur Orientierung, nicht zuletzt im Hinblick auf die wünschenswerte Ausstattung von Fachbibliotheken. Es hat damit den Vorteil, daß es nicht zugunsten der deutschen Sprache oder Sprachgemeinschaft voreingenommen ist. Neben der zweifellos bevorzugten englischsprachigen Literatur enthält es durchaus auch in beträchtlichem Umfang anderssprachige Fachliteratur. Daher müßte es sich darin niederschlagen, wenigstens bis zu einem gewissen Grad, wenn der deutschen Sprache in einem Fach eine bedeutsame internationale Stellung zukäme. Was finden wir in Sheehy zur Theologie, und speziell zur lutherischen? Zunächst erscheinen die ,Geisteswissenschaften' als einer von 4 Großbereichen, innerhalb dessen die ,Religion' wiederum einer von 8 Bereichen ist. Dieser gliedert sich weiter in 9 Teile, und zwar: „General Works" sowie die wichtigsten Religionsrichtungen wie Christentum', ,Buddhismus' usw. (in dieser Reihenfolge, nicht alphabetisch!). Das Christentum' ist weiter unterteilt in „General Works" sowie in „Church history and expansion", „Hymnology", „The Bible" und seine drei Hauptrichtungen. (Die Kursivschreibungen dienen der Bezugnahme im übernächsten Abschnitt.) Von diesen drei Hauptrichtungen bilden eine die protestantischen Denominationen, von denen es insgesamt 13 gibt (,Baptisten, ..., Unitarier'), darunter auch die lutherische', also die hier gesuchte Nische im engeren Sinn.

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Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Wenn wir die Schritte, auf denen wir zur lutherischen Theologie gelangt sind, als Teilungsschritte der Gesamtmenge der wissenschaftlichen Disziplinen auffassen — ohne auf sonstige Größenunterschiede zu achten —, so repräsentiert sie gerade 1/26208 aller wissenschaftlichen Disziplinen und damit fürwahr eine kleine Nische. Die größte Ernüchterung ist jedoch die, daß sich unter den für „Lutheran" genannten Büchern — Jahrbücher, Handbücher und Enzyklopädien — kein einziges deutschsprachiges findet. Allem Anschein nach spielt demnach die deutsche Sprache speziell in der lutherischen Theologie keine wirklich wichtige internationale Rolle, so sehr gerade hier der Gedanke naheliegt; ist doch ihr Begründer nicht nur geradezu ein Nationalsymbol des größten deutschsprachigen Landes, sondern gilt auch als einer der Schöpfer des heutigen Standarddeutsch. Auf deutschsprachige Werke stoßen wir jedoch, wenn wir unsere Nische ausdehnen: nicht auf die ganze Theologie, sondern auf die oben kursiv geschriebenen Segmente (zwei Abschnitte zuvor), die am ehesten Anteile von Deutsch erwarten lassen. In ihnen ist Deutsch dann tatsächlich mit zusammengenommen 24 Titeln von insgesamt 257 vertreten (knapp 10%) — ähnlich Französisch, während die englischsprachigen Titel die überwältigende Mehrzahl bilden. Diese Zahlen weisen keine wirklich starke internationale Stellung für Deutsch aus, so daß man im Falle der Theologie allenfalls mit Zurückhaltung von einer Nische im hier gesuchten Sinn sprechen kann. Die Archäologie ist ebenfalls als Nische der deutschen Sprache genannt worden (z. B. Skudlik 1990: 216; Wickler in Kalverkämper/Weinrich, ed., 1986: 56f., 83). Was ergibt sich, wenn man dieses Fach analog der lutherischen Theologie prüft? In Sheehy (1976/80/82) ist die Archäologie Teil des Großbereichs ,Geschichte und Gebietsstudien' („History and Area Studies"), von denen es 4 gibt, und ist dort angesiedelt in einem von 8 Bereichen (in „General History"). Darin umfaßt sie 2 von 5 Abteilungen („Archaeology and prehistory" und „Classical antiquities"). In Teilungsschritten gesehen, bildet sie also 1/80 der wissenschaftlichen Disziplinen und damit zumindest eine größere potentielle Nische als die lutherische Theologie. Von den insgesamt 71 angegebenen grundlegenden Titeln (Bibliographien, Handbüchern und dgl.) sind immerhin 15 (über 21%) deutschsprachig (43 englisch-, 7 französisch-, 3 russisch-, 2 spanisch- und l ungarischsprachig) (Sheehy 1976: 603 f.). Hier könnte also tatsächlich eine Nische für Deutsch vorliegen. Allerdings ist zu beachten, daß es sich hierbei nicht um die gesamte Archäologie handelt, die heute regional aufgeteilt wird nach Kulturkreisen: Ostasien, Zentral-

Nischen des Deutschen?

173

und Südamerika, das Gebiet des Mittelmeers einschließlich des Vorderen Orients usw. Vor allem in bezug auf letztgenannte Region, die der „Klassischen Archäologie", kommt für Deutsch eine Rolle als internationale Wissenschaftssprache in Frage. Die Klassische Archäologie hat allerdings wegen ihrer großen Tradition auch die übrigen Archäologien beeinflußt. Außerdem ist in westlichen Ländern die ganze Disziplin vielfach weitgehend identisch mit der Klassischen Archäologie oder bildet diese zumindest deren Kern. In Teilfächern wie der Hethitologie ist Deutsch vielleicht noch vorherrschende Publikationssprache (ca. 40% Anteil. Schätzung von Heinrich Otten, Brief 13. 2. 1998). Ähnlich wie in der Klassischen Archäologie ist offenbar die internationale Stellung des Deutschen in der Klassischen Philologie, dem letzten der immer wieder genannten Nischen-Fächer des Deutschen (Skudlik 1990: 216). Sheehy (1976/80/82) führt die Klassische Philologie erwartungsgemäß unter den ,Geistes Wissenschaften', einem von 4 Großbereichen. Sie wird dort zwar berührt im Bereich der ,Linguistik', ihre wesentlichen Teile erscheinen jedoch innerhalb der ,Literatur', wobei Linguistik und Literatur je einen von 8 Bereichen der Geisteswissenschaften bilden. Unter ,Literatur' finden sich die „classical languages", die beste Entsprechung der gesuchten Disziplin, als eines von 8 Fächern. In Teilungsschritten bildet die Klassische Philologie demnach 1/256 aller wissenschaftlichen Disziplinen, wenn man ihr Gestreiftwerden in der Linguistik nicht mitzählt. Von den unter „classical languages" genannten insgesamt 68 grundlegenden Werken sind 9 in Deutsch (gut 13%), also zwar mehr als in der Theologie, aber deutlich weniger als in der (Klassischen) Archäologie. Ähnlich groß ist die Zahl der Werke in Französisch, während auf das Englische erwartungsgemäß wieder der Löwenanteil entfällt. Immerhin indizieren auch diese Proportionen eine gewisse Bedeutung des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache. Für das Studium der Klassischen Archäologie wie auch der Klassischen Philologie, zumindest für die höheren Abschlüsse, sind — nach den mir vorliegenden, leider nur sporadischen Informationen — vielfach Lesekenntnisse des Deutschen obligatorisch, neben solchen des Französischen sowie einschlägiger klassischer Sprachen. Vor allem in den USA werden jedoch die betreffenden Kenntnisse, speziell im Deutschen, in den vorgeschriebenen Kursen häufig nicht wirklich vermittelt, sondern nur in Form eines Zertifikats ausgewiesen (Hinweis von Gerhard Koeppel, Archäologe an der University of North Carolina, Chapel Hill). Welche Sprachen für die beiden Fächer z. B. an der University of North Carolina, Chapel Hill, wichtig sind, verraten zum Teil die von der dortigen

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Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Bibliothek abonnierten Zeitschriften, wobei die Klassische Philologie mit der auf dieselbe Region und Zeitspanne bezogenen Klassischen Geschichte zusammengefaßt ist. Tabelle D-17 zeigt die dortige Verteilung der Sprachen nach Maßgabe der Zeitschriftentitel (aufgrund von Classical Periodicals in Davis Library, prepared by R. Liebhart, Spring 1984; Identifikation der archäologischen Zeitschriften durch Gerhard Koeppel). Tab. D-17: Verteilung der Sprachen auf die Zeitschriften der Klassischen Archäologie und Klassischen Geschichte an der Bibliothek der University of North Carolina, Chapel Hill

Englisch Deutsch Französisch Italienisch Andere Sprachen

Klassische Archäologie

Klassische Philologie und Geschichte

39 22 17 17 13

207 104 105 70 144

Im Zweifelsfall wurde die Zuordnung zu einer Sprache nach dem Untertitel getroffen, z. B. Akroterion. Quarterly for the Classics in South Africa ->· Englisch, Germania. Anzeiger der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts -* Deutsch. Um den Status des Deutschen nicht zu überschätzen, ist zu berücksichtigen, daß Zeitschriften mit deutschsprachigen Titeln außer deutschsprachigen Beiträgen häufig auch anderssprachige, vor allem englischsprachige, enthalten. Analog ist es bei Zeitschriften mit französisch- oder italienischsprachigen Titeln. Dagegen enthalten Zeitschriften mit englischsprachigen Titeln selten, wenn überhaupt, nicht-englischsprachige Beiträge. Dessen eingedenk, wird durch diese Zahlen in etwa, auf schmaler empirischer Basis, der Grad der internationalen Stellung von Deutsch in der Klassischen Archäologie und Klassischen Philologie (einschließlich Klassischer Geschichte) erkennbar: Danach ist Deutsch auch hier dem Englischen nachgeordnet, spielt aber immerhin noch ein merkliche Rolle, ähnlich wie das Französische. Als Nische des Deutschen scheint schließlich noch die Musikwissenschaft, sagen wir kurz: Musik, in Betracht zu kommen. Dieser Gedanke drängt sich schon auf angesichts der erstaunlich weitverbreiteten Pflege der Musik deutschsprachiger Länder, einschließlich deutschsprachiger Vokalmusik (vgl. Ziegler 1994; Ammon 1991a: 411-420). Darüber hinaus finden sich auch verschiedentlich Hinweise auf die Wichtigkeit des Deutschen für

Nischen des Deutschen?

175

das Studium der Musik und die wissenschaftliche Beschäftigung mit ihr. Ein Beispiel ist eine repräsentative Untersuchung der für den Ph.D. in den USA um 1970 geforderten Fremdsprachenkenntnisse. Als übergreifende Tendenz ergab sich zwar, daß US-amerikanische Ph.D-Studierende das Deutsche mehr für die Naturwissenschaften und das Französische mehr für die Sozial- und Geisteswissenschaften nutzten. Allerdings galt letzteres nur „except music, which had a higher percentage using German." Die Musik gehörte auch zu den Fächern, für die Deutschkenntnisse ausdrücklich als besonders nützlich bewertet wurden. Außerdem wird von vorausgehenden Untersuchungen berichtet, nach denen die Musik-Abteilungen der Hochschulen besonders entschlossen an Fremdsprachenanforderungen für Ph.DStudierende festhalten wollten, womit demnach vor allem Deutschkenntnisse gemeint sein mußten. (Wiltsey 1972, Part I: 55, 72 bzw. 41) Wenn wir uns wieder Sheehy (1976/80/82) zuwenden, so erscheint dort die Musik („Music") unter den Geisteswissenschaften als einer von 4 Großbereichen. Darin wiederum bildet sie einen von 8 Bereichen und damit — nach unserer bisherigen Meßmethode — immerhin 1/32 aller Fächer. Die Suche nach deutschsprachiger Literatur ist allerdings ernüchternd: Nur 25 der insgesamt 356 Titel sind deutschsprachig, also gerade 7%, wobei lediglich der Anteil unter der Rubrik ,Bibliographien' („Bibliography") relativ hoch ist (11 von 49 = 22%). Ob es diese Zahlen rechtfertigen, hier eine wirkliche Nische für Deutsch als internationale Wissenschaftssprache zu sehen? Eine Fragebogenerhebung unter deutschen Verlagen der potentiellen Nischenfächer, die mit Hilfe von Bibliothekaren der Universitätsbibliothek Duisburg ausgewählt wurden, sollte weiteren Aufschluß liefern. Angeschrieben wurden die Verlage Dr. Rudolf Habelt (Bonn), Otto Harrassowitz (Wiesbaden), Peter Lang (Frankfurt a. M.), Konrad Theiss (Stuttgart), Georg Olms (Hildesheim), Dr. Hans Schneider (Tutzing), Schott Musik International (Mainz), Franz Steiner (Stuttgart), B. G. Teubner (Stuttgart) und Philipp von Zabern (Stuttgart). 6 der 10 angeschriebenen Verlage füllten den Fragebogen aus, einer antwortete nur brieflich, mit nur vagem Bezug auf die Fragen. Offenbar wurde der Fragebogen teilweise als Prokrustesbett empfunden; einer der Verlage beklagte in einem Begleitbrief den zu engen Blickwinkel, der den komplexen Verhältnissen nicht gerecht werde. Allerdings ging es eben nur um bestimmte Informationen zu möglichen Nischenfächern des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache. Bei den Antworten handelt es sich durchgehend nur um subjektive Einschätzungen, was auch nicht anders erwartet wurde.

176

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Zunächst sollten folgende Fächer „nach der internationalen Stellung des Deutschen in eine Rangordung" gebracht werden (durch Zuordnung von Zahlen): Klassische Archäologie, Musikwissenschaft, Klassische Philologie, Evangelische Theologie, Theologie insgesamt. In der anschließenden Frage wurde um Nennung weiterer Nischenfächer gebeten, die mittels beigefügter Zahlen in die zuerst hergestellte Rangordnung eingepaßt werden sollten, entweder durch höhere Zahlen (= niedrigere Ränge) oder Dezimalbrüche (0,5 = vor 1; 1,5 = zwischen l und 2; 1,3 und 1,6 = beide Fächer zwischen l und 2 usw.). Tabelle D-18 gibt die Ergebnisse in Form einer Rangordnung wieder. Dabei wurden die Fächer zunächst nach der bloßen Häufigkeit der Nennung geordnet (Anzahl der Nennungen in Klammern); dann wurden gleich häufig genannte Fächer weiter geordnet nach den Rangzuweisungen. Das Gleichheitszeichen zeigt einen aufgrund dieser Kriterien gleichen Rangplatz an (alphabetische Anordnung). Die Rangordnung verläuft von oben nach unten. Die im Fragebogen vorgegebenen Fächer sind kursiv geschrieben. Tab. D-18: Von deutschen Verlagen genannte Nischenfächer (Rangordnung) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Klassische Archäologie — Klassische Philologie (5) Evangelische Theologie (3) Musikwissenschaft (3) Theologie insgesamt (3) Philosophie (2) Ägyptologie = Vorderasiatische Archäologie = Vor- und Frühgeschichte (1) Kunstgeschichte (1) Judaistik (1) Orientalistik (1)

Zweifellos ist dieser Befund in hohem Maße von Zufällen abhängig, von den Vorgaben im Fragebogen (vgl. die Rangplätze der kursiv geschriebenen Fächer) und von der fachlichen Spezialisierung der Verlage. Mehrere von ihnen betonten, sie könnten nur für die von ihnen vertretenen Fächer sprechen. Dennoch bestätigt der Befund im wesentlichen die vermuteten Nischenfächer. Einige neue kommen zwar hinzu, sie stehen jedoch den schon vermuteten recht nahe. In der dritten Frage wurde um die Nennung derjenigen Sprachen gebeten, die neben dem Deutschen (um dessen Nischenfächer es sich ja handelt), international ebenfalls „eine wichtige Rolle spielen". Sprachen, „die eine stärkere internationale Stellung haben als das Deutsche", sollten unterstri-

Nischen des Deutschen?

177

chen werden (nachfolgend kursiv). Tabelle D-19 gibt einen Überblick über die Sprachangaben zu den einzelnen von den Verlagen genannten Fächern. Dabei wird im wesentlichen der Rangordnung in Tabelle D-18 gefolgt, jedoch sind Fächer mit identischem Sprachenprofil zusammengerückt. Tab. D-19: Wichtige internationale Wissenschaftssprachen außer Deutsch in den Nischenfächern des Deutschen Klassische Archäologie Klassische Philologie Evangelische Theologie Musikwissenschaft Theologie insgesamt Philosophie = Orientalistik Ägyptologie = Vorderasiatische Archäologie = Vor- und Frühgeschichte Kunstgeschichte Judaistik Orientalistik

£(2), E=, E(2) - F(4) - 1(3) - NG/S £(2), E (3) - F (4) - 1(3) - S E (3) — N E, E (2) - F(2)/I(2) - S E, E, F(2), I, S E, F E=, F, I E, F, I E, H E, F

(E = Englisch, F = Französisch, H = Hebräisch, I = Italienisch, N = Niederländisch, NG = Neugriechisch, S = Spanisch; Kursivschreibung bedeutet .wichtiger als Deutsch', „=" bedeutet die ausdrückliche Angabe ,gleich wichtig wie Deutsch')

Bemerkenswert ist, daß außer Englisch noch eine Reihe anderer Sprachen genannt werden. Offenbar handelt es sich bei diesen Fächern um Nischen nicht nur des Deutschen, sondern fast ebenso des Französischen sowie des Italienischen und Spanischen. Allerdings wird Englisch auch hier vielfach als wichtigste Sprache eingeschätzt, wichtiger noch als Deutsch. Die nächste Frage lautete: „Wie ist die Entwicklungstendenz der internationalen Stellung des Deutschen in den wichtigsten Nischenfächern?" Daran anschließend wurde gefragt, ob — falls eine bedeutsame internationale Stellung des Deutschen bestätigt wurde — die Gefahr bestehe, daß diese Stellung zukünftig verloren gehe. Tabelle D-20 zeigt, wie oft die jeweils vorgegebenen Antwortmöglichkeiten angekreuzt wurden. Entwicklungstendenz der internationalen Stellung des Deutschen in den wichtigsten Nischenfächern: Zwar schätzen die Verlage die internationale Stellung des Deutschen in den Nischenfächern mehrheitlich als stabil und ungefährdet ein. Eine Minderheit sieht jedoch eine rückgängige Tendenz und eine Gefährdung. Die Antwortmöglichkeit „eher zunehmend" wurde in keinem Fall gewählt. Weiter wurde gefragt, ob die Verlage „Maßnahmen zur Stabilisierung des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache für aussichtsreich"

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Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

Tab. D-20: Zukunftsperspektiven für Deutsch in den Nischenfächern Entwicklungstendenz der internationalen Stellung des Deutschen in den wichtigsten Nischenfächern: Eher zunehmend

Ziemlich stabil 4

Eher abnehmend 2

Gefahr des Stellungsverlusts von Deutsch in den wichtigsten Nischenfächern: Kein Verlust 3

Verlust auf lange Sicht 2

Verlust auf mittlere Sicht 1

Baldiger Verlust

Keine Gefahr 3

Geringe Gefahr

Mittlere Gefahr 3

Starke Gefahr

halten, und gegebenenfalls welche Maßnahmen. 4 Verlage halten solche Maßnahmen nicht für aussichtsreich, wobei einer erläuternd hinzufügte, daß die Stellung einer Sprache maßgeblich „durch vorbildliche Forschungsarbeiten beeinflußt" werde. 2 Verlage bejahten die Frage nach wirksamen Förderungsmöglichkeiten, die sie folgenermaßen spezifizierten: „Stipendien und Einladungen an ausländische Studenten zum Studium an deutschen Hochschulen" bzw. „Stärkung der Goethe-Institute und der Alexander von Humboldt-Stiftung, Förderung germanistischer Institute im Ausland und der Kulturattaches der Botschaften, Förderung der geisteswissenschaftlichen Fächer in Deutschland und bewußte Verwendung der deutschen Sprache bei wissenschaftlichen Publikationen". Alles in allem weisen unsere Befunde aus, daß das Deutsche am ehesten noch in der Klassischen Archäologie und in der Klassischen Philologie eine respektable internationale Stellung einnimmt. Dort vor allem ist Deutsch auch — nach diversen mir vorliegenden, intuitiv begründeten Hinweisen — regelmäßig eine der offiziellen Konferenzsprachen auf Tagungen, sogar außerhalb des deutschen Sprachgebiets. Innerhalb des deutschen Sprachgebiets gehört es in diesen Fächern so gut wie immer zu den Konferenzsprachen. Deutschsprachige Klassische Archäologen und Klassische Philologen sehen sich daher, wie es scheint, nicht wirklich zur Wahl einer anderen Sprache genötigt, wenn sie international kommunizieren wollen. Sie scheinen tatsächlich noch Nischen für Deutsch als internationale Wissenschaftssprache zu genießen. Allerdings wurde ebenfalls erkennbar, daß diese Nischen nicht ungefährdet sind. Die gründliche Untersuchung der Lage in den Nischenfächern des Deutschen bleibt Desiderat. Genauer sollten dabei vor allem folgende Aspekte

Erklärungsansätze

179

geprüft werden: der Anteil des Deutschen an den wissenschaftlichen Publikationen, die Rezeption deutschsprachiger Publikationen durch Anderssprachige, der Umfang des Lernens von Deutsch als Fremdsprache sowie die Stellung und Verwendung des Deutschen auf internationalen Konferenzen. Schon unsere provisorischen Untersuchungen belegen allerdings, daß die deutsche Sprache die Nischenfächer keineswegs alleine besetzt und auch nicht dominiert; Französisch spielt ebenfalls eine bedeutsame Rolle, teilweise auch Italienisch, und Englisch ist offenbar auch hier die wichtigste Sprache. Aufgrund der sogar in den Nischenfächern bedrängten Stellung des Deutschen ist es zweifelhaft, ob Nicht-Deutschsprachige sich wirklich noch in nennenswertem Umfang des Deutschen bedienen; vermutlich ziehen sie auch hier das Englische meist vor. Diese Vermutung zu prüfen wäre eine besonders wichtige Aufgabe einer zukünftigen, speziellen Untersuchung. Sollte es stimmen, daß sogar in den „Nischenfächern des Deutschen" das Englische schon vorherrscht, wenn auch weniger überwältigend als ansonsten, dann kann von einer internationalen Stellung von Deutsch als Wissenschaftssprache kaum noch ernsthaft die Rede sein.

4 Erklärungsansätze Zwar enthalten auch die bisherigen Ausführungen schon gelegentlich Ansätze zu Erklärungen, z. B. Gründe für Fächerunterschiede in der Sprachwahl (Kap. B.6: Ende, C.7: Anfang, D.l: Mitte). Im Vordergrund steht jedoch die bloße Beschreibung der Entwicklung, die Beantwortung von WieFragen: Wie hat sich der Anteil der deutschen Sprache an der Gesamtheit der wissenschaftlichen Publikationen entwickelt? Erklärungen beantworten demgegenüber Warum-Fragen: Warum hat sich der Anteil so entwickelt wie beschrieben? Diese Formulierung verrät schon, daß Erklärungen Beschreibungen voraussetzen, weil sonst unklar bleibt, was überhaupt erklärt werden soll. Die unmißverständlich genaue Beschreibung des Zustandes, Ereignisses oder Sachverhaltes, dessen Entstehung oder Entwicklung erklärt werden soll, ist oft alles andere als einfach. Trivialerweise wird dabei auch vorausgesetzt, daß die Beschreibung wahr ist. Erklärt wird nämlich nicht die Beschreibung als solche, sondern der beschriebene Zustand (Ereignis, Sachverhalt). Es wird erklärt, warum dieser so ist, wie er ist, genauer: aufgrund welcher Gesetzmäßigkeiten er entstanden ist, sich entwickelt hat. Zufriedenstellend ist eine Erklärung dann, wenn sie die Entstehung eines Zustandes (Ereignisses, Sachverhaltes) stringent herleitet (a) von einem frü-

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heren Zustand (Ausgangslage) und (b) von allgemeinen Gesetzmäßigkeiten. Wenn dabei die wichtigsten zugrundeliegenden (determinierenden) Gesetzmäßigkeiten berücksichtigt sind, kann man den beschriebenen Zustand auch von dieser Ausgangslage aus prognostizieren. Erklärungen und Prognosen haben insofern dieselbe Form. Sie beziehen sich nur auf unterschiedliche Zeitpunkte: Erklärungen leiten einen bereits eingetretenen Zustand aus einer Ausgangslage in der Vergangenheit ab, während Prognosen aus einer derzeitigen Ausgangslage einen zukünftigen Zustand ableiten. Bei strengen methodischen Ansprüchen ist ableiten dabei durchaus im logischmathematischen Sinn gemeint. Sowohl der zu erklärende Zustand als auch die Ausgangslage der Erklärung können grundsätzlich nur in Abstraktion von der unendlich vielfältigen Wirklichkeit beschrieben werden. Sie werden vereinfachend modelliert, modellhaft abgebildet. Ferner können nicht alle in der Wirklichkeit wirksamen Faktoren erfaßt werden, bzw. es kann nicht gewährleistet werden, daß sie erfaßt sind. Schließlich ist es meist nur näherungsweise möglich, das jeweilige Gewicht der einbezogenen Faktoren, ihren spezifischen Beitrag zu den Vorgängen zu ermitteln. Die wirklichen Vorgänge werden also in vereinfachten Modellen simuliert, die natürlich der Wirklichkeit möglichst nahekommen sollen. Eine besondere Schwierigkeit besteht bei historischen Ereignissen darin, daß sie nicht wiederholbar sind und daher nicht immer wieder erneut beobachtet, geschweige denn variiert oder experimentell getestet werden können. Es gibt nur die Rekonstruktion der bereits abgelaufenen Vorgänge. Dabei kann allerdings — zumindest teilweise — auf Gesetzmäßigkeiten Bezug genommen werden, die experimentell geprüft wurden oder werden können. Eine weitere Schwierigkeit bei der Erklärung historischer Vorgänge ist die, daß die relevanten Fakten meist nur unvollständig bekannt sind, so daß weder die Ausgangslage noch der zu erklärende Zustand genau beschrieben werden kann. All diese Schwierigkeiten sind besonders groß bei Zuständen von der Art, deren Erklärung die Sozial- und Geisteswissenschaften anstreben. Daher auch einerseits die enorme Unsicherheit von Prognosen in diesem Bereich und andererseits die Ungewißheit des Erfolgs von praktischen Eingriffen in die Abläufe (Schwierigkeit der „Sozialtechnik"). Welche Faktoren in eine Erklärung einzubeziehen sind, hängt nicht zuletzt auch von der Größe des Ausschnitts aus der unendlich vielfältigen Wirklichkeit ab, auf den man Bezug nimmt, den man modelliert. In unserem Zusammenhang kann man z. B. ganz unterschiedliche Zeitabschnitte einbeziehen. Bei Erklärungen der Frage, warum Deutsch als internationale

Erklärungsansätze

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Wissenschaftssprache heute eine viel unbedeutendere Stellung als Englisch hat, kann man z. B. die folgenden Zeitabschnitte berücksichtigen, wobei unter anderem die in Klammern beigefügten Faktoren ins Blickfeld geraten: (a) nur die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg (Expertenabwanderung (brain drain) in die USA nach dem Krieg; Unterfinanzierung der Universitäten; wirtschaftliches und technologisches Zurückfallen der deutschsprachigen Länder, etwa im Vergleich zu asiatischen Ländern); (b) die Zeit seit Beginn des Nationalsozialismus (Ermordung oder Vertreibung der besten deutschen Wissenschaftler; Ruin Deutschlands, teilweise auch Österreichs, sowohl wirtschaftlich als auch im Ansehen); (c) die Zeit seit Beginn des Ersten Weltkrieges (wirtschaftlicher Ruin Deutschlands und auch Österreichs durch den Krieg; Verlust der Kolonien Deutschlands und damit der politischen Basis für die Weltgeltung der deutschen Sprache; Ende der Donaumonarchie und damit Stellungseinbußen des Deutschen in Osteuropa); (d) die Zeit seit dem Dreißigjährigen Krieg (politische Zersplitterung und wirtschaftlicher Rückstand der deutschsprachigen Länder und damit verspätete Entwicklung von Wissenschaft und Sprache; später und geringer Erwerb von Kolonien und damit kaum außereuropäische Verbreitung des Deutschen). Offenkundig ist hier jeweils nur ein kleiner Teil der relevanten Faktoren angeführt. Damit soll nur verdeutlicht werden, daß zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Faktoren in Rechnung zu stellen sind. Allerdings wirken die Faktoren der früheren Zustände insofern auch noch in den späteren Zuständen fort, als sie für deren Entstehung verantwortlich sind. Ungeklärt bleibt, wie sich alle relevanten Faktoren finden und wie sich ihre Wirksamkeit und ihr jeweiliges Gewicht feststellen lassen. Mögen diese Hinweise und Fragen genügen, um übertriebene Erwartungen bezüglich Erklärungsstringenz oder -Vollständigkeit zu dämpfen. Damit soll der Sinn von Erklärungsversuchen keineswegs grundsätzlich in Frage gestellt werden. Unvollständige Erklärungen sind besser als gar keine; sie befriedigen das menschliche Bedürfnis nach Verstehen immerhin mehr als bloße Beschreibungen. Außerdem liefern sie Anhaltspunkte für Prognosen oder sogar Versuche praktischer Einwirkung auf die Entwicklung, in unserem Fall also für Sprachenplanung und -politik, was bloße Beschreibungen nicht leisten können (vgl. zu Problemen wissenschaftlicher Erklärung z. B. Stegmüller 19697 1974, Bd. 1).

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Um die Unvollkommenkeit von Erklärungsversuchen der hier nachfolgenden Art anzudeuten und vor der Überschätzung praktischer Einwirkungsmöglichkeiten zu warnen, kann man statt von Erklärungen vorsichtiger nur von Erklärungskizzen oder Erklärungsansätzen sprechen. Bei hohen Ansprüchen werden dabei Modelle konstruiert, die Teile des Vorgangs, der zu dem zu erklärenden Zustand führte, simulieren. Im bescheideneren Fall werden nur einige Faktoren identifiziert, die vermutlich auf die Entwicklung eingewirkt haben. Auf letzterem bescheidenen Niveau bewegen sich weitgehend die folgenden Ausführungen. Erklärt werden soll dabei lediglich der heutige Zustand der Dominanz oder Wichtigkeit des Englischen als Weltwissenschaftssprache bzw. die Dominiertheit oder Unwichtigkeit des Deutschen in dieser Hinsicht — nicht zu verwechseln mit Erklärungsversuchen der allgemeinen Weltstellung der englischen Sprache, die viel weiter ausgreifen müßten! (Vgl. dazu z. B. Kloss 1974; Fishman 1977; Knapp 1991; Lieberson 1982; Gage 1986; Wardaugh 1987) Die folgenden Erklärungsansätze modellieren nur — in sehr rudimentärer Weise — den Aufstieg des Englischen zur Weltwissenschaftssprache und den Abstieg des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache. Sie sind allerdings so allgemein gehalten, daß sie weitgehend auch auf den annähernd parallelen Abstieg des Französischen als internationale Wissenschaftssprache anwendbar sind. Differenzierungen dieser Entwicklung nach Fächern (Disziplinen), Ländern und dergleichen werden nicht oder allenfalls am Rande thematisiert. Die Verfeinerung, Integration und Ergänzung dieser Ansätze zu differenzierteren und umfassenderen Erklärungsmodellen bleibt der zukünftigen Forschung überlassen, und erst recht gilt dies für die schwierige Aufgabe ihrer ins Einzelne gehenden empirischen Überprüfung. Der Übersichtlichkeit halber seien die Erklärungsansätze hier zunächst einmal der Reihenfolge nach genannt: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8)

Die Weltkriege und der Nationalsozialismus, Die Größe der Märkte, Proportionalität von Wissenschafts- und Wirtschaftsleistung, Die Verschiebung von Zentrum und Peripherie des wissenschaftlichen Geschehens, Globalisierung, Fachliche Spezialisierung, Die Trägheit der Stellung einer Sprache, Hof-Effekte von Welt Wissenschaftszentrum und Weltwissenschaftssprache,

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(9) Selbstverstärkung der Dominanz und Selbstschwächung der Dominiertheit einer Sprache, (10) Grundsätzliche Instabilität der Dominanz einer Sprache. Nun zur Darstellung im einzelnen. (1) Die Weltkriege und der Nationalsozialismus Mit diesen Stichwörtern ist eine Reihe von Ausgangslagen und Vorgängen angesprochen, die zur heutigen Stellung von Deutsch und Englisch als internationale Wissenschaftssprachen beigetragen haben. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg hatte Deutsch allem Anschein nach seine relativ stärkste Stellung als internationale Wissenschaftssprache. Zwar blieb diese auch nach dem Krieg zunächst noch sehr bedeutend. Dies war jedoch vermutlich teilweise durch die allgemeine Trägheit der Stellung von Sprachen bedingt: Einmal erworbene Sprachkenntnisse und die institutionelle Verankerung einer Sprache, z. B. im Schulunterricht, lassen sich nur langsam verändern, weshalb die einmal erreichte Stellung einer Sprache meist relativ stabil ist (vgl. 7). Die Grundlagen der starken internationalen Stellung von Deutsch als Wissenschaftssprache waren aber vermutlich schon nach dem Ersten Weltkrieg erschüttert bzw. wesentliche Elemente davon zerstört. Der Krieg bzw. sein Ausgang brachten unter anderem die folgenden in diesem Zusammenhang bedeutsamen Veränderungen mit sich: — Die deutschsprachigen Länder Deutschland und Österreich waren ökonomisch nachhaltig ruiniert, während das englischsprachige Land USA als mit Abstand stärkste Wirtschaftsmacht der Welt aus dem Krieg hervorging. Die Wirtschaftskraft ist aber, so darf angenommen werden, eine der wichtigsten Größen, von denen das Niveau von Wissenschaft und Forschung in einem Land abhängt (vgl. 3). — Das Territorium der deutschen Sprache war in verschiedenen Gebieten der Welt auf unterschiedliche Weise erheblich reduziert: — durch den Verlust der Kolonien Deutschlands war es nicht mehr möglich, daß Deutsch auch außerhalb Europas staatliche Amtssprache wurde; — durch Gebietsverluste Deutschlands und Österreichs und durch die Auflösung der Donaumonarchie wurde die Verbreitung von Deutsch als Muttersprache und Amtssprache in Europa eingeschränkt. — Deutsch war als Auswanderungs- und als Fremdsprache beträchtlich geschwächt. Vor allem in den einstigen oder in den als solche damals noch

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bestehenden britischen Kolonien, besonders USA, Kanada und Australien, war der bis dahin verhältnismäßig lebendige Gebrauch der deutschen Sprache in Wort und Schrift (z. B. Zeitungen) infolge kriegsbedingter Repressalien gegen die deutschsprachige Bevölkerung stark geschrumpft. Das deutschsprachige Auslandsschulwesen war erheblich dezimiert (vgl. Ammon 1991a: 445—448). Ebenso war das Lernen von Deutsch als Fremdsprache (Fremdsprache nach der curricularen Stellung) in vielen Ländern beträchtlich zurückgegangen, vor allem wiederum in den angelsächsischen Ländern, aber keineswegs nur in ihnen. Während sich z. B. in den USA die Zahl der Deutschschüler 1910 auf 216.869 belief, lag sie 1922 bei nur noch 13.285, also lediglich 6 Prozent des Vorkriegsstandes (vgl. zu Einzelheiten Ammon 1991a: 427). Diese Entwicklungen beeinträchtigten direkt oder indirekt auch die Stellung von Deutsch als internationale Wissenschaftssprache. Um nur ein Beispiel zu nennen: In China wurde die eben erst gegründete „Hochschule für Spezialwissenschaften mit besonderem Charakter" in Qingdau [Qingdao tebie gaodeng zhuanmen xuetang] bei Beginn des Krieges geschlossen und nie wieder eröffnet. Damit verschwand an Ort und Stelle auch Deutsch als Wissenschaftssprache von der Bildfläche. Allerdings blieb nach dem Ersten Weltkrieg zunächst noch viel Substanz erhalten, die erst die nächste deutsche Katastrophe, der Nationalsozialismus, vollends zugrunderichtete (vgl. z. B. Ash 1983). Manche Entwicklungen des Ersten Weltkrieges wiederholten sich, teilweise in verschärftem Maße, vor allem der wirtschaftliche Ruin infolge der Kriegswirtschaft und des Krieges und damit der Verlust der wirtschaftlichen Grundlagen einer positiven Entwicklung der Wissenschaften. Neuartig, zumindest in der Größenordnung, war die Abwanderung wissenschaftlicher Experten (brain drain) vor allem in die USA nach dem Krieg. Eine Besonderheit war aber vor allem die massenhafte Vertreibung und Ermordung von Wissenschaftlern, vor allem Juden, aus ideologisch-rassistischen Gründen in der Zeit des Nationalsozialismus. Damit büßten Deutschland und Österreich die meisten wissenschaftlichen Führungspositionen ein, die sie bis dahin halten konnten. Darunter litt die Stellung von Deutsch als Wissenschaftssprache erheblich, denn aus den deutschsprachigen Ländern kamen kaum mehr interessante Forschungsergebnisse, um derentwillen sich das Deutschlernen gelohnt hätte. Die neuen Ideen entstanden nun hauptsächlich in dem englischsprachigen Land USA, dessen Sprache zu lernen jetzt unzweifelhaft der Mühe wert, wenn nicht geradezu unabdingbar war. Auch die ins Ausland,

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vor allem die USA, entkommenen deutschen und österreichischen Wissenschaftler publizierten ganz überwiegend auf englisch. Ihre Wirkung auf den Niedergang des Deutschen und den Aufstieg des Englischen als internationale Wissenschaftssprache hatten diese äußeren Vorgänge aufgrund verschiedener Gesetzmäßigkeiten, die in diesem Abschnitt nur angedeutet wurden. Einige davon sollen in den folgenden Abschnitten etwas deutlicher formuliert werden. Die Entdeckung und Formulierung der Gesetzmäßigkeiten, die in den hier interessierenden Prozessen wirksam sind, bleibt indes eine der großen Zukunftsaufgaben der Forschung im Gebiet der internationalen Wissenschaftssprachen oder der Internationalsprachen überhaupt. (2) Die Größe der Märkte Gemeint ist hier spezieller die Größe der Märkte für die Ergebnisse der Wissenschaft, vor allem die Größe der Märkte für wissenschaftliche Publikationen. Hier kann man zwischen muttersprachlichem und amtssprachlichem Markt (zusammengenommen: heimischer Markt) einerseits und fremdsprachlichem Markt andererseits unterscheiden. Ersterer umfaßt die Bevölkerung, für welche die betreffende Sprache Muttersprache oder Amtssprache ist, letzterer den Rest der Welt. Gehen wir von der vereinfachten, nicht völlig unrealistischen Annahme aus, daß in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg Deutsch und Englisch, wie auch Französisch, eine gleich starke internationale Stellung als Wissenschaftssprache hatten, vor allem, daß die Zahl von Personen, die diese drei Sprachen als Fremdsprachen beherrschten und für wissenschaftliche Zwecke nutzten, gleich groß war. In diesem Fall war auch ihr fremdsprachlicher Markt gleich oder zumindest annähernd gleich groß. Merkliche Unterschiede gab es jedoch in der Größe des heimischen Marktes (= muttersprachlicher + amtssprachlicher Markt). Sie vergrößerten sich noch infolge des Krieges. Der heimische Markt für das Englische war nach dem Ersten Weltkrieg erheblich größer als die betreffenden Märkte für das Deutsche und Französische. Ein Grund dafür wurde schon unter (1) genannt: die stark gewachsene Wirtschaftskraft der USA, die unter anderem den Ausbau der dortigen Hochschulen und Forschungsinstitute ermöglichte, denen insgesamt weit mehr Mittel zum Kauf wissenschaftlicher Publikationen zur Verfügung standen als den betreffenden Institutionen in den deutsch- oder französischsprachigen Ländern. Man darf die realistische Zusatzannahme machen, daß in jedem Land Publikationen der

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eigenen Sprache bevorzugt angeschafft wurden, wenn auch natürlich keineswegs ausschließlich (vgl. Kap. E.3.1: gegen Ende). Daß aufgrund all dessen ein größerer Gesamtmarkt für englischsprachige Publikationen als für deutsch- oder französischsprachige Publikationen entstand, läßt sich leicht zeigen. Sei HM der heimische Markt, AM der auswärtige Markt, GM der Gesamtmarkt. Per definitionem gilt: GM = HM + AM. Die Märkte lassen sich jeweils spezifizieren mit den Indizes e = englischsprachig, d = deutschsprachig und f = französischsprachig. Aufgrund unserer Annahmen trifft zu: AMe = AMd = AMf. Ferner: HMe > HMd und HMe > HMf. Daraus folgt: GMe > GMd und GMe > GMf. Der englischsprachige Gesamtmarkt für wissenschaftliche Publikationen ist also der größte, größer als jeder der beiden konkurrierenden Märkte der deutschen und der französischen Sprache. Dies ist der Fall spätestens seit Ende des Ersten Weltkrieges, wobei sich der Abstand zwischen dem englischsprachigen und den Märkten der beiden konkurrierenden Sprachen mit der Zeit immer mehr vergrößert. Einige der Folgen lassen sich leicht denken. Der englischsprachige Markt absorbiert mehr Titel als die anderen Märkte; infolge davon werden auch mehr englischsprachige Titel verlegt. Damit wird dieser Markt — zunächst einmal rein quantitativ — als Informationsquelle attraktiver als die konkurrierenden Märkte (größeres Warenangebot). Die Annahme ist nicht abwegig, daß sich unter der größeren Anzahl von Publikationen auch eine größere Anzahl qualitativ anspruchsvoller Publikationen befindet. Die englischsprachigen wissenschaftlichen Publikationen können außerdem in höherer Stückzahl verlegt werden. Daher sind günstigere Preise möglich, was die finanzielle Attraktivität dieses Marktes erhöht. Schließlich werden englischsprachige Publikationen durchschnittlich schneller verkauft, wodurch z. B. in schnellerer Folge Neuauflagen wissenschaftlicher Bücher möglich werden. Dadurch sind die Produkte dieses Marktes tendenziell aktueller als die der anderen Märkte. Schließlich drängen sogar die Wissenschaftler der anderen Märkte auf den englischsprachigen Markt. Außerdem werden sie von ihren Verlegern zu diesem Schritt, also zum Publizieren in englischer Sprache gedrängt, weil die Absatzmöglichkeiten auf dem Markt der eigenen Sprache immer geringer werden (vgl. Skudlik 1990: 197—209; Ammon 1991a: 260-266; Kap. E.3.1: gegen Ende). All dies trägt dazu bei, daß Englisch als Wissenschaftssprache im Vergleich zu den konkurrierenden Sprachen an Attraktivitität gewinnt. (3) Proportionalität von Wissenschafts- und Wirtschaftsleistung Es gibt gute Gründe für die Annahme, daß die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit von Ländern und Sprachgemeinschaften in groben Zügen propor-

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tional ist zu ihrer Wirtschaftskraft, zu ihrem Bruttoinlands- oder ihrem Bruttosozialprodukt. Diese Annahme fand Derek J. de Solla Price durch empirische Untersuchungen bestätigt, z. B. durch Ermittlung der Länderanteile an den Chemical Abstracts und den Physics Abstracts: „The first notable general finding is that the shares of the countries are similar for chemistry and physics." „A second finding is that the share each country has of the world's scientific literature by this reckoning turns out to be very close — almost always a factor of 2 — to that country's share of the world's wealth (measured most conveniently in terms of GNP [=Bruttosozialprodukt! U. A.]" (de Solla Price 1986: 142). Ähnlich stellte de Solla Price (1986: 191 — 194) die Anzahl wissenschaftlicher Autoren eines Landes in der Regel als proportional fest zu dessen Wirtschaftskraft. Daß er die engste Korrelation zwischen „Wissenschaftsstärke" und „Wirtschaftsstärke" fand, wenn letztere nach dem Energieverbrauch gemessen wurde, war vermutlich zeitgebunden und ist hier von untergeordneter Bedeutung. Nur Israel bildet durch die überproportionale Größenordnung seines Wissenschaftssektors eine auffällige Ausnahme von dieser Regel. Die englische Sprachgemeinschaft insgesamt ist heute wirtschaftlich bei weitem stärker als jede andere Sprachgemeinschaft der Welt. Man kann dies aufgrund der Wirtschaftsleistung der Muttersprachler der einzelnen Sprachen errechnen. Dabei addiert man das Bruttosozialprodukt oder besser noch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aller Länder, in denen eine Sprache Muttersprache ist. Bei mehrsprachigen Ländern verfährt man proportional, indem man den Anteil des BIP nach dem Anteil der Muttersprachler der betreffenden Sprache an der Bevölkerung des Landes bemißt. Entsprechende Zahlen liegen in verschiedenen Nachschlagewerken vor; sie sind zwar teilweise problematisch, liefern aber doch zumindest ein annähernd richtiges Bild. Für die Zeit um 1990 ergibt sich so die folgende Stärke der wirtschaftlich stärksten Sprachgemeinschaften nach dem BIP (in Milliarden US-$) (vgl. Ammon 1991a: 49): Englisch Japanisch Deutsch Russisch Spanisch Französisch

4.271 1.277 1.080 801 736 669

Die englische Sprachgemeinschaft war also um 1990 wirtschaftlich rund 3,3 mal so stark wie die deutsche und 6,4 mal so stark wie die französische.

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An diesen Proportionen dürfte sich seitdem nicht allzu viel geändert haben, jedenfalls nicht zugunsten der deutschen oder der französischen Sprachgemeinschaft. Für die damalige Zeit liegen auch Zahlen für die Forschungsausgaben in wichtigen Ländern vor. Im Jahr 1990 lagen sie für die USA als dem größten englischsprachigen Land bei 365,2 und für die Bundesrepublik (ohne die neuen Bundesländer) bei 65,8 Milliarden US-$ (Ammon 1991a: 281). Für die übrigen englischsprachigen Länder zusammengenommen (Großbritannien, Australien, Kanada u. a.) waren die Zahlen zudem sicher höher als für alle übrigen deutschsprachigen Länder (Österreich, deutschsprachiger Teil der Schweiz, Liechtenstein, kleine Teile von Belgien und Italien). Neuere Daten zeigen keine oder keine wesentliche Verschiebung zugunsten der deutschsprachigen Länder. So waren z. B. 1993 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung „Japans (...) etwa halb so hoch (...) wie die der USA und doppelt so hoch wie diejenigen Deutschlands" (Bundesministerium für Bildung (...), ed., 1996: 115). Hieraus geht hervor, daß die Aufwendungen der englischen Sprachgemeinschaft für den Bereich Wissenschaft diejenigen der deutschen Sprachgemeinschaft um ein Mehrfaches übertrafen. Mit entsprechenden Größenunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Sprachgemeinschaft ist nach de Solla Price' Befunden auch beim Gesamtaufkommen wissenschaftlicher Publikationen zu rechnen. Weiterhin ist als Regelfall anzunehmen, daß die Sprachgemeinschaften, die mehr für die Forschung aufwenden, auch mehr und interessantere Forschungsergebnisse erzielen, die — wenn sie über entwickelte Wissenschaftssprachen verfügen — hauptsächlich in der eigenen Sprache publiziert werden. Auch diese Überlegungen tragen somit bei zur Erklärung, warum Englisch als Wissenschaftssprache attraktiver ist und daher von Wissenschaftlern mehr gelernt und gebraucht wird als Deutsch und auch Französisch: Über Englisch sind weit mehr wissenschaftliche Informationen zugänglich. (4) Die Verschiebung von Zentrum und Peripherie des wissenschaftlichen Geschehens Unsere Ausführungen in Kapitel A. l liefern viele Belege dafür, daß die deutschsprachigen Länder in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg als Mittelpunkt, oder wenigstens einer der Brennpunkte des wissenschaftlichen Weltgeschehens gegolten haben; heute nehmen die USA unumstritten diese Position ein: ,,[I]n the late 19th century Germany was at the center scientifically, while since the Second World War the U. S. has become central."

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(Hoch/Platt 1993: 143) Worin manifestiert sich die zentrale Position im weltweiten Wissenschaftsbetrieb? Es sind eine ganze Reihe von Phänomenen, die sicher bis zu einem gewissen Grad korrelieren, ohne daß hier jeweils genaue Grade dieser Korrelation, etwa in Form von Korrelationskoeffizienten, angegeben werden könnten. Die vielleicht wichtigsten Indikatoren der Position eines Landes oder einer Sprachgemeinschaft im Weltwissenschaftsgeschehen sind: — die Anzahl der tätigen Wissenschaftler, — die Anzahl schulen- oder paradigmenbildender oder anderweitig Anerkennung findender wissenschaftlicher Neuerungen (Grobmaß dafür: die Zahl der Nobelpreise), — die Anzahl und Dauer der Besuche ausländischer Wissenschaftler, — die Anzahl ausländischer Studierender oder Praktikanden, — die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen. In all diesen Hinsichten übertreffen die USA seit Jahrzehnten alle anderen Länder der Welt, und zwar mit erheblichem Abstand. Vermutlich würde sich auch bei einer Untersuchung der „geistigen Landkarte" („mental map") von Wissenschaftlern weltweit überwiegend eine Zentrallage der USA herausstellen, wie sie Jean A. Laponce (1996) schon bei Studierenden verschiedener Länder gefunden hat. Dabei ist es in unserem Zusammenhang bedeutsam, daß die USA ein englischsprachiges Land sind. So liegt z. B. der Anteil der US-Wissenschaftler an den wissenschaftlichen Nobelpreisen seit den 50er Jahren durchschnittlich bei über 50 Prozent, während kein anderes Land in dieser Zeit einen durchschnittlichen Anteil von auch nur 20 Prozent erreicht hat (vgl. Ammon 1991a: 258). Ebenso sind die US-Wissenschaftler in vielen Disziplinen schulen- oder paradigmenbildend gewesen. Auch die Zahl ausländischer Wissenschaftler, Studierender und Praktikanden ist in den USA größer als in irgendeinem anderen Land der Welt; so hatten die USA 1990 — dem letzten Jahr mit Vergleichszahlen in unserer Quelle — 407.530 Auslandsstudenten, mehr als alle übrigen Länder der Welt zusammengenommen, Deutschland (Ost und West zusammen) dagegen nur 107.005; 1994 lag die Zahl für die USA schon bei 449.749 - für Deutschland finden sich in unserer Quelle keine Angaben (UNESCO 1996: 3—382f.). Es liegt auf der Hand, daß die prominente Stellung der USA in all diesen Hinsichten auch die Stellung des Englischen als Weltwissenschaftssprache stärkt. So lernen z. B. die zahlreichen Besucher dieses Zentrums der heutigen wissenschaftlichen Welt auch seine Sprache, das Englische. Ebenso tun dies diejenigen Wissenschaftler, die bemüht sind, die wich-

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tigsten Entwicklungen der Wissenschaft, oder die zumindest als solche geltenden Entwicklungen, regelmäßig zu rezipieren. (5) Globalisierung Dieses Schlagwort unserer Zeit ist oft zunächst einmal wirtschaftlich gemeint: die ganze Welt hängt wirtschaftlich so eng zusammen, daß sich kein Land absondern und einen wirklich eigenständigen Kurs verfolgen kann. Insbesondere ist Kapital frei beweglich und wird stets dorthin geschleust, wo es den größten Profit abwirft. Der wirtschaftliche Zusammenhang schafft auch politische und kulturelle Verbindungen. Hergestellt wird dieser globale Zusammenhang durch die modernen Kommunikations- und auch Verkehrstechniken (vgl. z. B. Hülsbömer/Sach 1997; Hinterhuber 1995; Härtel 1996). Gewissermaßen den Inbegriff oder auch Gipfelpunkt ersterer bildet das „Internet" — für das es bezeichnenderweise gar keinen deutschsprachigen Ausdruck mehr gibt, zumindest keinen gängigen. Unter dem Ausdruck Globalisierung entfaltet sich in ein ganzer Fächer von Erklärungsansätzen für die Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache (vgl. Graddol/Meinhoff, eds., im Druck), wobei hier auch manches darunter subsumiert wird, was man ansonsten nicht ohne weiteres damit in Zusammenhang bringt. In ähnlichem Sinn ist manchmal auch von „Entnationalisierung" der Wissenschaften die Rede (z. B. Crawford/Shinn/ Sörlin 1993; eds., 1993), die aber durchaus mit ihrer sprachlichen Anglisierung vereinbar ist. Die wohl wichtigsten Vorgänge sind dabei: (a) Die Konzentration der wissenschaftlichen Datenbanken in der angelsächsischen Welt: vor allem Bibliographien und Zitatenindexe. Sie sind entweder ausschließlich oder wenigstens vorherrschend englischsprachig; zumindest ist Englisch die Zugriffssprache (vgl. Kap. D.l). Ihre Wirksamkeit bezüglich der Verbreitung des Englischen gewinnen diese Datenbanken vor allem durch die modernen elektronischen Zugriffsmöglichkeiten, die Online-Recherchen. Über diese Zugriffsmöglichkeit werden sie ständig von Wissenschaftlern der ganzen Welt genutzt — in Englisch natürlich. (b) Mit der Globalisierung hängt indirekt die Computertechnologie zusammen, denn nur durch sie kann man gewissermaßen als „global player" daran teilnehmen. Diese Technologie ist aber weitgehend englischsprachig geprägt, da die USA seit langem ihre Entwicklung anführen, besonders die der „software". Andere Länder, die eine ernsthafte Rolle mitspielen, tun dies ebenfalls auf englisch. Ohne gewisse Kenntnisse der englischen Sprache

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kann man sich daher dieses Instrumentariums, das für wissenschaftliche Tätigkeit heute praktisch unverzichtbar ist, gar nicht bedienen. Sogar die technische Basis der Globalisierung ist also englischsprachig. Hier handelt es sich auch um einen Bereich, wo konsequente Eindeutschungsversuche der Terminologie nicht mehr praktikabel wären. (c) Die modernen Kommunikations- und Verkehrstechnologien ermöglichen einen Austausch zwischen Wissenschaftlern weltweit in einem Maße, wie es vor Jahren noch nicht vorstellbar war: über Internet, E-Mail, Fax, Konferenzschaltung und dergleichen einschließlich traditionellerer Möglichkeiten wie Telefon und Jet. Die am sichersten funktionierende Sprachwahl bei solch globaler Kommunikation ist die weltweit am meisten verbreitete Sprache, also das Englische. Die Wahl jeder anderen Sprache verringert die Zahl der möglichen Kommunikationspartner, da Englisch — Muttersprachler und Fremdsprachler zusammengenommen — mehr Sprecher hat als jede andere Sprache der Welt (Crystal 1985; 1987: 436-444). Hier liegt eine Art selbstverstärkender Mechanismen vor, wie sie in diesem Kapitel noch andernorts zur Sprache kommen: Die einmal weltweit vorherrschende Sprache wird durch die modernen Kommunikationsmöglichkeiten in dieser Stellung weiter gefestigt (vgl. 6 und 8: jeweils gegen Ende, sowie 9). (6) Fachliche Spezialisierung Dieser Erklärungsansatz ist zuvor schon verschiedentlich angesprochen worden. Er wurde allerdings bisher herangezogen, um den stärkeren Anglisierungsgrad der Naturwissenschaften, vor allem der theoretischen Naturwissenschaften, gegenüber den Sozial- und vor allem den Geisteswissenschaften zu erklären (Kap. B.6: gegen Ende; Kap. D.2: gegen Ende (2)). Cum grano salis läßt er sich jedoch auf alle Wissenschaften ausweiten. In ziemlich allen wissenschaftlichen Disziplinen hat nämlich im Verlauf unseres Jahrhunderts, wie bis zu einem gewissen Grad auch schon zuvor, eine Spezialisierung stattgefunden, vor allem in der Forschung. Sie war vermutlich noch größer als die Erweiterung, speziell die personelle Erweiterung vieler Disziplinen. Dadurch ist innerhalb einzelner Sprachgemeinschaften die Zahl von Experten, die im gleichen Spezialgebiet forschen, sogar geringer geworden, als sie früher war. Formaler, in bezug auf eine einzelne Disziplin A: Sei m(A) = Zahl der Wissenschaftler von A in einer einzelnen Sprachgemeinschaft, n(A) = Zahl der Spezialgebiete von A in der betreffenden Sprachgemeinschaft, und seien

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i, j ... = Zeitpunkte, so daß i früher als j usw. Dann gilt für die Tendenz der Entwicklung: (m(A)/n(A))i > (m(A)/n(A))j. Wenn man die Aussage so verschärfte, daß sie für alle Disziplinen in allen Sprachgemeinschaften gilt, wäre dies sicher eine Übertreibung; für die meisten Disziplinen in vielen Sprachgemeinschaften dürfte sie sich jedoch bestätigen lassen. Besonders für die deutsche Sprachgemeinschaft darf man eine solche Tendenz annehmen. Die Aussage ist auch insofern überzogen, als sie eine stetige Entwicklung impliziert; um dem eher anzunehmenden Entwicklungsverlauf einer (in einem Koordinatennetz mit dem Zeitkontinuum als Abszisse) nach unten gerichteten Zickzackkurve besser zu entsprechen, müßten i, j ... als ziemlich weit auseinanderliegende Zeitpunkte spezifiziert werden, vielleicht mit einem Abstand von 50 Jahren. Wie dem im einzelnen auch sei, die Annahme scheint zutreffend, daß sich für viele hochspezialisierte Forscher die Anzahl von Fachkollegen, die innerhalb derselben Sprachgemeinschaft im selben Spezialgebiet arbeiten (engere Fachkollegen), im Verlauf der Zeit verkleinert hat. Daraus entsteht ein gegenüber früher verstärktes Bedürfnis, mit den engeren Fachkollegen außerhalb der eigenen Sprachgemeinschaft zu kommunizieren. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen, werden auch Sprachschranken überschritten. Dies geschieht am effizientesten wiederum durch die Wahl der weitestreichenden Sprache, heutzutage also des Englischen, womit erneut ein selbstverstärkender Mechanismus der Weltstellung des Englischen zutage tritt (vgl. 5 und 8: jeweils gegen Ende, sowie 9). Dabei wirkt die fachliche Spezialisierung zusammen mit der Globalisierung (vgl. 5): Mittels der modernen Kommunikations- und Verkehrsmittel, die zur Globalisierung geführt haben, können die weltweit verstreuten Experten leicht in Kontakt treten. (7) Die Trägheit der Stellung einer Sprache Abram de Swaan (1993a: 222) betont, daß bei Erklärungsversuchen des Systems der Sprachen in unserer heutigen Welt das „Gesetz der Trägheit" („the law of inertia") nicht übersehen werden sollte. Um die Gefahr von Mißverständnissen zu verringern, sollte man es terminologisch spezifizieren als „Trägheitsgesetz der Stellung einer Sprache". Es hilft uns vor allem, die Langsamkeit des Wandels der Stellung von Sprachen zu verstehen. Die hauptsächliche Grundlage dafür ist der Umstand, daß das Erlernen einer Sprache einen enormen Investitionsaufwand bedeutet, den niemand gerne in den Wind schreibt, sondern jeder möglichst weiterhin nutzen möchte. Jedes Umlernen wäre ein erneuter Aufwand, den zunächst einmal niemand

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wünscht. Wie sehr dies gilt, verraten beispielhaft die Widerstände gegen Rechtschreibreformen, die doch nur eine vergleichsweise geringe Neuinvestition in sprachliches Lernen verlangen. Das Erlernen einer ganz neuen Sprache bis hin zu ihrer gründlichen Beherrschung erfordert demgegenüber einen um ein Vielfaches größeren Aufwand. Dadurch daß die Individuen an erworbenen Sprachkenntnissen festzuhalten suchen, ändert sich die einmal erreichte Stellung einer Sprache nur langsam. Dieses Gesetz der Trägheit eignet sich als Erklärungsansatz auf unterschiedlichen Ebenen der Sprachensituation in der heutigen Welt, z. B. für das Festhalten der ehemaligen Kolonien an den Kolonialsprachen, was der Verbreitung des Spanischen, Französischen oder Portugiesischen, aber ganz besonders auch der Weltstellung des Englischen zugute kommt. So ist auch nach de Swaan (1993a: 222) „the law of inertia (...) at work (...) in the former colonial countries where elites once heavily invested in learning English and for that reason favor continuation of their coinage of cultural capital." Dieses Gesetz eignet sich jedoch auch zur Erklärung, warum Sprachen wie Deutsch oder Französisch nicht schneller ihre Stellung als bedeutsame internationale Wissenschaftssprachen eingebüßt haben. Beide konnten sogar noch geraume Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg einen beachtlichen Rang wahren (vgl. Kap. A.l: gegen Ende), obwohl die Mutterländer beider Sprachen ihre wissenschaftlich führende Position in der Welt wie auch die Grundlagen dafür eingebüßt hatten. Auch die Befunde unserer Fragebogenerhebung verweisen zum Teil auf die Trägheit der Stellung von Sprachen. Ein Beispiel ist die Diskrepanz zwischen der hohen Zahl von Wissenschaftlern, die Deutschkenntnisse besitzen, nämlich 65%, und der viel niedrigeren Zahl, die Deutschkenntnisse anwenden: Nur für die Lektüre von Fachliteratur liegt die Zahl bei immerhin 40%, für die anderen Anwendungsarten dagegen weit niedriger, z. B. für das Korrespondieren bei nur 20% (wenn man jeweils die Anwendungshäufigkeiten ,oft' und gelegentlich' addiert) (Tab. C-2 bzw. Tab. C-5). Ungenutzte Sprachkenntnisse sind sogar ein typisches Indiz für das Trägheitsgesetz der Stellung von Sprachen. Für das Deutsche sind sie in unserer Fragebogenerhebung in allen untersuchten Ländern zutage getreten (Tab. C-22), werden aber auch aus anderen Quellen häufig berichtet. Heinrich P. Kelz (persönliche Mitteilung) entdeckte z. B. in Vietnam eine Technische Hochschule, wo über hundert Lehrkräfte Deutschkenntnisse besaßen, ohne daß die deutsche Sprache in ihrer Tätigkeit auch nur die geringste Rolle spielte — allerdings wußte er diese Lage durch eine Initiative zur Errichtung

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eines deutschen Zentrums zu verändern. Nach Hans W. Hess (1992) sind ähnliche Verhältnisse für chinesische Deutschlerner geradezu charakteristisch, was schon der Titel seiner Arbeit über den Deutschuntericht in China verrät: „Die Kunst des Drachentötens". Ungefähr gleich nützlich wie diese hohe Kunst sind für manche Chinesen Deutschkenntnisse. Diese Erfahrung machen vor allem chinesische Naturwissenschaftler und Techniker, die Deutsch lernen. „Einerseits wird den Studenten ein hoher Gebrauchswert der deutschen Sprache suggeriert", andererseit mangelt es den Bibliotheken eklatant an deutschsprachiger Fachliteratur. So standen etwa an der Zhejiang Universität (Hangzhou/Zhejiang) dem „Fachbereich Elektronik", an dem Deutsch gelernt wurde, „51 fremdsprachige Zeitschriften zur Verfügung, 49 davon jedoch in englischer Sprache. Vorrätig waren zwei deutsche Titel: (a) ,Neue Technik. Publikationsorgan der INELTEC Fachmesse für industrielle Elektronik und Elektrotechnik' (...), (b) ,AEÜ — Archiv für Elektronik und Übertragungstechnik' (...). Die erste Zeitschrift ist ein kostenlos erhältliches Werbeblatt; die zweite Zeitschrift enthält fast ausschließlich englischsprachige Aufsätze." (Hess 1992: 426) Hinzuzufügen wäre, daß der Mangel an deutschsprachiger Fachliteratur für Naturwissenschaft und Technik nicht etwa spezifisch für China ist, sondern auch deutsche Studierende und Wissenschaftler trifft (vgl. Kap. E; zur Zugänglichkeit englischsprachiger Fachliteratur in Entwicklungsländern Inman 1983). Daß aber sogar noch unter solchen Bedingungen wie in China weiterhin Deutsch gelernt wird, läßt sich zum Teil mit dem Trägheitsgesetz erklären: Man lehrt und lernt weiter eine Sprache, die einstmals eine wichtige Wissenschaftssprache war, nicht zuletzt auch, weil die vorhandenen Lehrer sie schon gelernt haben. Deren Lerninvestition soll weiterhin genutzt werden. Es ist nicht einmal auszuschließen, daß auf diese Weise eine Sprache noch gelernt wird und insoweit auch eine gewisse internationale Stellung behält, die überhaupt keine praktische Funktion mehr hat (vgl. auch Ammon 1991a: Kap. 12.8 „Deutschlehrer- und Germanistikverbände: Lobbies der deutschen Sprache", 507-511). (8) Hof-Effekte von Weltwissenschaftszentrum und Weltwissenschaftssprache Es ist anzunehmen, daß von der Stellung der USA im Zentrum der heutigen wissenschaftlichen Welt (vgl. 4) ein „Hof-Effekt" auf die dort tätigen Wissenschaftler ausgeht (im Sinne eines Hofs um den Mond — englisch haloeffect). Damit ist gemeint, daß ihre wissenschaftlichen Leistungen von vorn-

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herein für bedeutsamer gehalten werden als die Leistungen von Wissenschaftlern anderer Länder. Entsprechende Effekte können auch der Rang oder das Prestige von Universitäten haben: Was ein Wissenschaftler aus Harvard oder Stanford vorbringt, gilt von vornherein als beachtenswerter als die Gedanken eines Wissenschaftlers einer Provinzuniversität. Dieser Effekt des Rangs oder Prestiges der Universitäten wird US-Wissenschaftlern ebenfalls in höherem Maße zuteil als Wissenschaftlern anderer Länder, denn in den USA befinden sich auch die weltweit renommiertesten Universitäten, was ein Teilaspekt der Zentralstellung der USA im Wissenschaftsbetrieb der heutigen Welt ist (vgl. 4). Daß es einen solchen Hof-Effekt des Weltwissenschaftszentrums USA gibt, ist eine Hypothese, deren Prüfung — soweit mir bekannt — noch aussteht. Sie könnte geschehen durch systematischen Vergleich der Rezeption der Publikationen von US-Wissenschaftlern mit der Rezeption der Publikationen von Wissenschaftlern anderer Länder, und zwar müßten dabei strenggenommen jeweils englischsprachige Publikationen gleichen wissenschaftlichen Ranges innerhalb derselben Disziplin miteinander verglichen werden. Eine große Schwierigkeit, neben anderen, wäre zweifellos die Definition des ,gleichen wissenschaftlichen Ranges'. Die Hypothese vom HofEffekt des Weltwissenschaftszentrums ließe sich jedoch — zumindest in Ansätzen — auch durch Tests prüfen, indem man Wissenschaftlern identische oder zumindest so gut wie identische Manuskripte zur Bewertung oder Begutachtung vorlegte, die einmal einem US-Autor und das andere Mal einem Autor anderer Nationalität (deutsch, russisch usw.) zugeschrieben würden. Natürlich müßte die Identität der Manuskripte sorgfältig verschleiert werden, z. B. durch ausreichende Zeitabstände zwischen der Wiedervorlage; oder es wäre mit verschiedenen Gutachtergruppen statistisch ausreichender Größenordnung zu arbeiten. Jedenfalls scheint die Meinung, daß US-Wissenschaftler einen Bewertungs- oder Prestige-Bonus genießen, unter Wissenschaftlern anderer Länder weit verbreitet zu sein. Die potentiell Benachteiligten halten ihre Benachteiligung also für eine Tatsache. Indizien dafür kann man z. B. leicht bei internationalen Konferenzen beobachten, wo Bemerkungen folgender Art häufig zu hören sind: „Die Veranstalter haben wieder den obligatorischen Amerikaner als Hauptredner eingeladen", „Er hat das Rad neu erfunden, aber es wird trotzdem wichtig genommen, es ist ja ein Amerikaner" und dergleichen. Bedeutsam ist in unserem Zusammenhang, daß die Überbewertung US-amerikanischer wissenschaftlicher Leistungen letztlich auch die Stellung des Englischen als Weltwissenschaftssprache weiter stärken

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würde. Sie würde nämlich den Publikationen der US-Wissenschaftler, also englischsprachiger Fachliteratur, zusätzliche Aufmerksamkeit und Rezeption verschaffen (vgl. allerdings Kap. E.2; Garfield/Welljams-Dorof 1990). Der von der Zentralstellung im Wissenschaftsbetrieb ausgehende HofEffekt ist an sich sprachunabhängig. Mit einem analogen Effekt ist aber auch auf sprachlicher Ebene zu rechnen. Hier geht dieser Effekt aus vom Status oder Prestige des Englischen als Weltwissenschaftssprache. Er bewirkt, daß Äußerungen, speziell Publikationen, von Wissenschaftlern in englischer Sprache für wichtiger oder qualifizierter gehalten werden als Äußerungen gleichen wissenschaftlichen Ranges in irgendeiner ändern Sprache. In diesen Sinn schreibt J. P. Vandenbroucke (1989: 1461) über niederländischsprachige und englischsprachige Dissertationen in den Niederlanden: „By the language a thesis is written in you immediately judge its quality". Tatsächlich ergaben Tests in Skandinavien, daß die englischsprachigen Versionen von Manuskripten gleichen Inhalts von Gutachtern (n = 180) als qualifizierter bewertet wurden als die muttersprachlichen (jeweilige skandinavische Sprache). Der Unterschied war besonders merklich bei dem Manuskript von zweifelhafterer wissenschaftlicher Qualität — getestet wurde mit zweierlei Manuskripten: „Though only the language difference of the total quality of manuscript A [das wissenschaftlich mangelhaftere! U. .] was statistically significant at a 5% level, the majority of different aspects of scientific content was assessed to be better in English than in the national language version for both manuscripts." (Nylenna/Riis/Karlsson 1994: 151) Allerdings besteht weiterer Überprüfungsbedarf dieser Hypothese, möglichst auch noch mit anderen Methoden. Entsprechend zum vorher Gesagten scheint auch hier wieder zumindest der Glaube an den Hof-Effekt der Weltwissenschaftssprache unter den potentiell benachteiligten, also den nicht-englischsprachigen Wissenschaftlern, weit verbreitet zu sein. Jedenfalls lassen sich leicht Indizien dafür feststellen. Beispiele liefern etwa deutschsprachige Wissenschaftler, die unterstellen, daß sich manche ihrer auf englisch publizierenden Kollegen mit dieser Sprachwahl wichtig machen wollten. So schreibt z. B. Werner Traxel (1975: 587) über „die weiter verbreitete Geneigtheit deutschsprachiger Psychologen, sich in ihren Publikationen des Englischen zu bedienen", unter anderem: „Das Prestige des Englischen wird höher eingeschätzt, und davon möchte man die eigene Arbeit nutznießen lassen". Harald Weinrich (1985b: 504 f.; auch 1986b:192) äußert sich folgendermaßen: „Ich meine also, es sollte zwar jedem Wissenschaftler freistehen, statt der deutschen die englische oder ich weiß nicht welche andere Sprache als wissenschaftliche Publi-

Erklärungsansätze

197

kationssprache zu wählen. Aber das darf nicht aus oberflächlicher Effekthascherei oder Prahlerei geschehen." Bemerkenswerterweise wird in solchen und anderen Fällen, die hier angeführt werden könnten, vorausgesetzt, daß es Wissenschaftler gibt, die annehmen, die Wahl des Englischen verleihe ihren Publikationen einen Zuwachs an Prestige oder den Schein größerer Wichtigkeit. Solche Wissenschaftler würden an die Existenz des Hof-Effekts der Weltwissenschaftssprache Englisch glauben. Ein Beweis für dessen tatsächliche Existenz wäre dieser Glaube natürlich noch nicht. Jedoch hätte allein schon der Glaube die Wirkung, die Stellung des Englischen als Weltwissenschaftssprache zusätzlich zu stärken, denn aufgrund dieses Glaubens würde Englisch öfter als Publikationssprache gewählt. Die tatsächliche Existenz des Hof-Effekts der Weltwissenschaftssprache würde dagegen ihre Oligopolstellung aus analogen Gründen stärken wie der Hof-Effekt des Weltwissenschaftszentrums: Die englischsprachigen Publikationen hätten dadurch einen Zugewinn an Beachtung und Rezeption. In diesem Zusammenhang ist auch mit Rückkoppelungseffekten zu rechnen, die sich in bezug auf die Stellung der USA als Weltwissenschaftszentrum folgendermaßen formulieren lassen: Die wissenschaftliche Zentralstellung der USA wirkt selbstverstärkend. Aus ihr erwächst nämlich den USWissenschaftlern zusätzliches Prestige; ihre Publikationen usw. finden daher mehr Beachtung; dadurch wird die wissenschaftliche Zentralstellung der USA noch prominenter. Formaler: Wissenschaftlich zentrale Stellung von Land A -» ... ->· wissenschaftlich noch zentralere Stellung von Land A (-» = bewirkt). Hinzuzufügen ist abermals, daß dieser Rückkoppelungseffekt indirekt die Stellung des Englischen als Weltwissenschaftssprache weiter festigen würde, weil das Land, das durch diesen Effekt gestärkt wird, englischsprachig ist. Entsprechend ist mit einer Selbstverstärkung der Stellung des Englischen als Weltwissenschaftssprache zu rechnen: Aus dieser Stellung der englischen Sprache erwächst nämlich den englischsprachigen wissenschaftlichen Äußerungen und Publikationen zusätzliches Prestige; sie finden daher mehr Beachtung und Rezeption; dadurch wird die Stellung des Englischen als Weltwissenschaftssprache weiter gestärkt. Formaler: Stellung von Sprache A als Weltwissenschaftssprache - » . . . - » stärkere Stellung von Sprache A als Weltwissenschaftssprache. (-» = bewirkt) (vgl. 5 und 6: jeweils gegen Ende, sowie 9). Diese Annahmen, deren Prüfung wichtig wäre, werden im nächsten Abschnitt vertieft.

198

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

(9) Selbststärkung dominanter und Selbstschwächung dominierter Sprachen Abram de Swaan (1993a; 1993b) hat versucht, die Dominanz von Sprachen durch ihr „Kommunikationspotential" („communication potential") zu erklären. Er geht dabei aus von sehr anschaulichen Modellen für die Arten von Systemen, die Mengen von Sprachen bilden können. Ein einfacher Fall ist das „Blumenmodell" („floral configuration") für die Stellung von Sprachen in multilingualen Staaten, vor allem für das Verhältnis der „zentralen" zu den „peripheren" Sprachen — in unserer Terminologie entsprechen den zentralen Sprachen weitgehend die dominanten und den peripheren Sprachen die dominierten. Die peripheren Sprachen werden repräsentiert durch die Blütenblätter, die kaum überlappen, was dem Umstand entspricht, daß es nur wenige multilinguale Sprecher gibt, die mehr als eine dieser peripheren Sprachen beherrschen. Dagegen überlappen alle Blütenblätter in der Mitte der Blume, die von der zentralen Sprache gebildet wird. Dies entspricht dem Umstand, daß viele Sprecher der peripheren Sprachen zugleich die zentrale Sprache beherrschen. Dieses Modell entspricht annähernd den einfach strukturierten multilingualen Staaten wie z. B. dem Frankreich der Revolutionszeit. Das Weltsystem der Sprachen ist dann als ein ganzer Strauß solcher oder ähnlicher Blumen vorzustellen. Allerdings trägt dieses Modell vielen Beziehungen im heutigen Weltsystem der Sprachen nicht Rechnung. Näher kommt diesem heutigen Weltsystem ein stellares, ein „Galaxiemodell". Dort entsprechen die Satelliten, die um die Planeten kreisen, den peripheren Sprachen (z. B. Minderheitssprachen) einer Nation oder eines Staates. Die Planeten selber repräsentieren die zentralen Nationalsprachen. Die Sonnen stehen für Supranationalsprachen, um die sich jeweils mehrere Nationalsprachen wie Planeten bewegen. Das Deutsche wäre wohl eine solche Sonne, wie auch das Französische, Russische, Spanische und andere Sprachen. Die Sonnen bilden ihrerseits wieder eine zusammenhängende Galaxie. Im Unterschied zum Urbild des Modells hat allerdings auch sie einen Mittelpunkt, eine Sonnensonne gewissermaßen: „In the midst of this galaxy there is one language that is spoken by more multilingual speakers in the supranational language groups than any other and that is therefore central to all central languages. This supercentral language is, of course, English" (de Swaan 1993a: 219-221, Zitat 220). Wiederum bilden also die multilingualen Sprecher im wesentlichen den Zusammenhalt des Systems. Sie verbinden alle Arten von Sprachen: von den peripheren über die nationalen

Erklärungsansätze

199

und supranationalen bis zur Weltsprache. Allerdings ist das Modell, genau besehen, immer noch zu einfach, um die tatsächlichen Verbindungen im heutigen Weltsystem der Sprachen angemessen zu repräsentieren. Statt der Naturmodelle könnte man auch Venndiagramme zur Veranschaulichung wählen. Es dürfte sich bei ihnen freilich nicht bloß um (mengentheoretische) Abbildungen jener Naturmodelle handeln, sondern sie müßten weit aufwendiger gestaltet sein, um der Komplexität der abzubildenden Wirklichkeit einigermaßen gerecht zu werden. Einen Erklärungswert erhalten Modelle solcher Art — die, wie gesagt, zur getreuen Abbildung der Wirklichkeit verfeinert werden müßten — durch Hinzunahme des Begriffe des „Kommunikationspotentials" eines Repertoires von Sprachen (Sprachenrepertoire), über das ein Individuum verfügt. Jedes Individuum hat das Bestreben — so die zusätzliche, idealisierende Annahme —, sein Sprachenlernen so zu gestalten, daß sich das Kommunikationspotential seines Sprachenrepertoires maximal vergrößert. Hier könnten, nebenbei bemerkt, noch andere Erklärungsansätze für die Sprachenwahl auf individueller oder institutioneller Ebene in Ansatz gebracht werden, z. B. die Kosten-Nutzen-Analyse (vgl. z. B. Waud 1983: 619-624; auch Selten/Pool 1991, diverse dort besprochene Ansätze); de Swaans Annahme wäre dann vermutlich dahingehend zu modifizieren, daß jeweils die Sprache mit dem größten Nutzen gewählt wird, sofern die Kosten den Nutzen nicht übersteigen. Das Kommunikationspotential eines Sprachenrepertoires bemißt sich nach de Swaan (1993b: 346 f.) entscheidend nach der Anzahl von Sprechern, mit denen es direkte Kommunikation ermöglicht, einschließlich der multilingualen Sprecher. Direkte Kommunikation ist nur möglich zwischen zwei Sprechern, deren Sprachenrepertoires mindestens l gemeinsame Sprache haben. Wenn ihre Sprachenrepertoires keine gemeinsame Sprache haben, können die Sprecher allenfalls indirekt über dazwischengeschaltete andere Sprecher (Übersetzer, Dolmetscher) miteinander kommunizieren. Beispiel: Sprecher A spricht die Sprachen: La, Lb, Lc, Sprecher B: Lc, Ld, Le, und Sprecher C: Le, Lf, Lg. A kann mittels Lc mit B und B kann mittels Le mit C direkt kommunizieren, A und C können dies dagegen nur indirekt über B, der gegenüber beiden unterschiedliche Sprachen aus seinem Repertoire verwendet (Lc gegenüber A und Le gegenüber C). Etwas präziser fassen läßt sich nach de Swaan (1993b: 246) das Kommunikationspotential eines Sprachenrepertoires folgendermaßen, wobei ich hier etwas vereinfache: fj sei das Sprachenrepertoire eines Sprechers, sei das eines anderen Sprechers, mit dem der Sprecher, der über verfügt,

200

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

direkt kommunizieren kann. Hierzu muß mindestens eine Sprache mit gemeinsam haben ( 0). fj sei die Anzahl der Sprecher, die über verfügen. Die Gesamtzahl p; der Sprecher, mit denen direkte Kommunikation ermöglicht, ergibt sich dann als: Pi =

| (für alle i, j, so daß

0)

Um den Anteil (die Proportion) P; des Repertoires am untersuchten Sprachensystem (Bereich, Universum der Rede) zu erhalten, ist nun p; durch die Gesamtzahl N der Sprecher des jeweiligen Bereichs zu dividieren: Pj = p^ N. P, steht hier spezieller zugleich für „Potential" der Kommunikation („Kommunikationspotential"). Geht es um das Weltsystem der Sprachen, so ist N die Größe der Weltbevölkerung. De Swaans Festlegungen sind noch etwas differenzierter — allerdings dabei auch, wie mir scheint, redundant. Etwas vereinfacht kann man nun P; mit dem Kommunikationspotential Qj des Sprachenrepertoires ri gleichsetzen: Je größer Pis desto größer das Kommunikationspotential des Sprachenrepertoires r,. (De Swaan verwendet zwei verschiedene Symbole, Pj und Qj, weil er, wie gesagt, P; über Qi hinaus weiter spezifiziert, worauf ich hier jedoch verzichte.) Bedeutsam ist nun, daß Sprecher ein Sprachenrepertoire mit größerem Pi einem solchen mit kleinerem Pj vorziehen: „If (...) the communication potential is greater than the other, a speaker will prefer the former over the latter." Wenn es um die Erweiterung ihres Sprachenrepertoires geht, so wählen sie eine Sprache, die ihr P; am meisten vergrößert. In der heutigen Welt läßt sich das Kommunikationspotential eines Sprachenrepertoire aber am meisten vergrößern durch die Hinzunahme von Englisch (falls es nicht schon Bestandteil des betreffenden Sprachenrepertoires ist). Damit wird auf explizitere Weise als bisher (5, 6 und 8: jeweils gegen Ende) verdeutlich, daß die einmal erlangte Dominanzstellung einer Sprache sich selbst festigt und verstärkt. Ebenso wird erkennbar, daß es wohl massiver Einwirkungen andersartiger Faktoren bedarf, um die einmal erzielte Dominanzstellung einer Sprache zu erschüttern. Einschränkend ist allerdings hinzuzufügen, daß de Swaans Annahmen noch der empirischen Überprüfung bedürfen. Ungeklärt ist insbesondere, wieweit man die von de Swaan angenommene Sprachenwahl verallgemeinern kann. Es ist anzunehmen, daß nur (in einem bestimmten Sinne) „rationale Sprecher" ihre Sprachenwahl wirklich nach dem Kommunikationspotential treffen. Zwar weist de Swaan auf Beschränkungen der Wahlmöglichkeit für Individuen hin. Von besonderer Bedeutung sind institutionelle Vorgaben, z. B. für Schüler von Seiten der Schulen; in solchen Fällen haben —

Erklärungsansätze

201

so de Swaan — die Institute die Sprachenwahl nach dem Kommunikationspotential der Sprachen schon vorab getroffen. Für beide Fälle, die individuelle und die institutionelle Sprachenwahl, wäre jedoch zu spezifizieren, daß jeweils nur das vermutete Kommunikationspotential wahlbestimmend ist, das nicht unbedingt mit dem tatsächlichen Kommunikationspotential übereinstimmen muß. Darüber hinaus gibt es ein auch von de Swaan betontes Trägheitsmoment, das die Wahlmöglichkeit einschränkt: Sprachenlernen ist eine aufwendige Investition. Daher können weder Individuen noch Institutionen schnell auf veränderte Bedingungen reagieren (vgl. dazu 7). Auf selbstverstärkende Mechanismen sprachlicher Dominanz kommt wiederholt auch Jonathan Pool (1991) zu sprechen. Er hebt allerdings zudem die entgegengesetzte Möglichkeit hervor: Ist eine Sprache einmal ins Hintertreffen geraten, so wird sie für Sprachenlerner weniger interessant, wodurch sie noch weiter ins Hintertreffen geraten kann, und so fort. „Persons promoting a language have sometimes been complacent when they perceived that only a small fraction of the language's current speakers was rationally motivated to defect from the language. But they apparantly failed to contemplate that the new outcome that would emerge from the initial defections would motivate additional defections and that this process would continue until the language disappeared from use." (Pool 1991: 101) In der Tat verringert jeder Sprecherverlust einer Sprache ihr Kommunikationspotential und damit potentiell ihre Attraktivität für Sprachenlerner. Hierdurch kann ein der Selbstverstärkung sprachlicher Dominanz entgegengesetzter Mechanismus entstehen: ein sich selbst beschleunigender Abstiegsmechanismus einer Sprache, die Schwächung der Stellung einer dominierten Sprache aus sich selbst heraus. Voraussetzungen dafür sind allerdings, daß die potentiellen Lerner der betreffenden Sprache den Verlust an Sprechern erkennen und daß ihre Sprachenwahl beim Sprachenlernen tatsächlich in erster Linie vom Bestreben geleitet ist, ihr Kommunikationspotential zu vergrößern. In vollem Umfang wirksam wird der selbstbeschleunigende Abwärtsmechanimus ferner nur dann, wenn der Sprecherverlust der betreffenden Sprache so groß ist, daß sie nach der Sprecherzahl hinter konkurrierende Sprachen zurückfällt. Immerhin erklären der Selbstverstärkungs-Mechanismen einer dominierenden und der Selbstschwächungs-Mechanismus einer dominierten Sprache zusammengenommen die Stabilität einmal erzielter sprachlicher Dominanz-Dominiertheits-Verhältnisse. Daß es sich dabei allerdings nur um partielle Erklärungen handelt, folgt schon daraus, daß es noch andere Motive der Sprachenwahl beim Sprachenlernen gibt als die Vergrößerung des Köm-

202

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

munikationspotentials oder daß sich dieses auch anders bemessen kann als bloß nach der Zahl der Sprecher. Ein Beispiel für ein anderes Motiv der Sprachenwahl ist die geographische Nachbarschaft einer Sprache, die etwa eine Rolle spielt für das Erlernen des Niederländischen durch Deutsche entlang der deutsch-niederländischen Grenze, und zwar die institutionelle und die individuelle Wahl: Niederländisch ist z. B. fakultatives Schulfach in Nordrhein-Westfalen und wird auch von recht vielen Schülern gewählt. Beispiele für die Vergrößerung spezifischer Kommunikationspotentiale, die anders motiviert sind als durch die Sprecherzahl, liefern die Lerner kleiner Sprachen, z. B. zur gezielten Pflege wirtschaftlicher Kontakte (vgl. z. B. Weiß 1992). Vielleicht könnte man den meisten derartigen Fällen Rechnung tragen, indem man das Kommunikationspotential einer Sprache nicht nach der absoluten Sprecherzahl bemißt, sondern nach der Zahl der Sprecher in dem für den jeweiligen Lerner relevanten Aktionsbereich. Dann kann z. B. für einen Sprecher mit dem Aktionsbereich Niederlande und Flandern das Niederländische ein größeres Kommunikationspotential haben als das Englische. Allerdings wird mit einer solchen Spezifizierung der Begriff ,Kommunikationspotential einer Sprache' einerseits empirisch viel schwieriger handhabbar und eignet sich andererseits nicht mehr ohne weiteres zur Erklärung der Entstehung oder Stabilisierung einer Weltwissenschaftssprache. (10) Grundsätzliche Instabilität der Dominanz einer Sprache Jonathan Pool hat gezeigt, daß sogar die denkbar stabilste WeltsprachenSituation letztlich instabil ist. Es handelt sich dabei um die imaginäre Situation, daß alle Menschen der Welt eine bestimmte künstliche Sprache als Zweitsprache beherrschen, neben ihrer Erstsprache (Muttersprache). Die Stellung einer einmal etablierten absoluten Weltsprache wäre außerordentlich stabil, weil die betreffende Sprache das höchstmögliche Kommunikationspotential hätte; durch sie könnte jedes Individuum mit jedem anderen in der Welt kommunizieren. Eine künstliche Weltsprache (wie z. B. Esperanto), auf die man sich dann ja geeinigt hätte, wäre noch stabiler als eine natürliche (wie z. B. Englisch), weil sie nicht von nationalen Rivalitäten bedroht wäre, die vor allem der Vorteil der Muttersprachler bei einer natürlichen Weltsprache provoziert. Dennoch läßt sich zeigen: „It is even possible that an artificial language that is already universally known would lose speakers, despite its universality, and return to its former rarity or even to oblivion." (Pool 1991: 81)

Erklärungsansätze

203

Für diese Möglichkeit gibt es zunächst gewisse empirische Anhaltspunkte. So gibt es Inseln sprachlicher Isolation, also Personengruppen ohne Kenntnis der Nationalsprache, sogar in so kommunikationsintensiven Gesellschaften wie derjenigen der USA. Außerdem wurden Sprachen, die in bestimmten Handlungsfeldern fast universelle Funktion hatten, durch andere zurückgedrängt, z. B. Französisch durch Englisch in der Diplomatie. Pool zitiert in diesem Zusammenhang zustimmend Richard Noss (1967: 59): „If anything is clear from the history of international communication, it is that once a language has established itself as predominant in the world it will eventually fall from that perch. There is no reason to suppose, moreover, that this will not happen to English as well." Außerdem ist immer mit der Möglichkeit zu rechnen, daß es auch in einer noch so stabilen Weltsprache-Situation Individuen gibt, für die der Aufwand (die Kosten) des Erlernens der Weltsprache größer sind als der Nutzen, so daß sie auf das Erlernen verzichten (alles Pool 1991: 81). Überlegungen dieser Art bringt Pool nun ein in ein mathematisches Modell, das zu komplex ist, um es hier zu referieren (vgl. den ähnlichen Ansatz bei Laitin 1993), mit dem er die grundsätzliche Instabilität auch der denkbar stabilsten Weltsprache-Situation beweist. Zumindest ist keine solche Situation absolut geschützt gegen „defections to monolingualism" (Pool 1991: 93). Jede derartige Abtrünnigkeit destabilisiert eine solche Weltsprache-Situation aber zusätzlich, denn für die Personen, die mit den Abtrünnigen im Kontakt stehen, verringert sich damit das Kommunikationspotential der Weltsprache und als Folge davon die Motivation, sie zu erlernen. Es kann ein sich selbstverstärkender Abstiegsmechanismus (Selbstschwächungs-Mechanismus) von der in (9) geschilderten Art in Gang kommen. Damit wird auch deutlich, daß die Entscheidung einer Person für oder gegen das Erlernen einer Sprache nicht nur ihr eigenes „Sprachwohlsein" („language welfare"), sondern — wenngleich vielleicht nur in ganz geringem Maße — auch das Sprachwohlsein anderer Menschen tangiert, indem sie das Kommunikationspotential von Sprachen erhöht oder nicht (Pool 1991: 101, 103 f.). Letzteres erklärt, nebenbei bemerkt, teilweise die häufig beobachtbare Freude von Personen, wenn andere ihre Sprache lernen. Wichtiger ist in unserem Zusammenhang jedoch die Aussicht auf die Möglichkeit, daß auch die derzeitige Weltsprache-Situation sich eines Tages grundlegend verschieben kann (vgl. auch Kahane/Kahane 1979). Allerdings ist — soweit ich dies abzuschätzen vermag — derzeit kaum eine Tendenz erkennbar, die einen Umbruch erwarten läßt. Allenfalls das Chinesische kündigt sich in der Ferne als möglicher Konkurrent des Engli-

204

Deutsch als wissenschaftliche Publikationssprache

sehen an, falls sich die Prognosen der enormen Wirtschaftsentwicklung Chinas bewahrheiten. Speziell im Bereich der Wissenschaft scheint jedoch die Entwicklung vorläufig eher in die Richtung einer zukünftig noch stärkeren Dominanz des Englischen zu weisen. Und ganz gewiß gibt es keinerlei Anzeichen dafür, daß das Deutsche seine einstige Stellung als bedeutsame internationale Wissenschaftssprache zurückgewinnen könnte.

E. Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

l Englisch als faktische Forschungssprache Englisch ist heutzutage die dominierende Wissenschaftssprache, mit der sich keine andere auch nur entfernt messen kann (vgl. z. B. Watson 1986; Spurgeon 1987; Kaplan 1993; breitere Hintergründe in Truchot 1990; 1994; Fishman/Conrad/Rubal-Lopez, eds., 1996; Coulmas 1985: 167—186). Im Vergleich dazu erscheinen alle übrigen Sprachen als wissenschaftssprachliche Winzlinge — mögen sie Englisch auch in anderer Hinsicht übertreffen, wie es z. B. das Chinesische nach der Anzahl der Muttersprachler tut. Die Dominanz des Englischen als wissenschaftliche Publikationssprache kann man sich an den Proportionen menschlicher Körpergröße veranschaulichen. Bei entsprechender Umsetzung (Multiplikation der Prozentanteile der Sprachen an den wissenschaftlichen Publikationen mit 2) ergibt sich für Englisch die normale Körpergröße eines Menschen von ca. 170 cm (85% Publikationsanteil), während jede andere Sprache weniger als 10cm mißt (< 5% Publikationsanteil). Dies sind zumindest die Größenordungen in den Naturund auch den Sozialwissenschaften; in manchen Geisteswissenschaften kommt Englisch — so gesehen — auf eine Körpergröße von nur ungefähr 150cm (75% Publikationsanteil), aber auch hier erreicht keine Sprache mehr als 15 cm (7,5% Publikationsanteil), also bei weitem nicht einmal die Größe eines Säuglings. Von Gleichrangigkeit oder auch nur ernsthafter Konkurrenzfähigkeit kann also keine Rede sein. Allenfalls in einzelnen Nischenfächern, für die freilich keine repräsentativen Zahlen vorliegen, mögen andere Verhältnisse herrschen; aber auch hier bleiben sicher alle anderen Sprachen anteilmäßig hinter dem Englischen zurück (vgl. Kap. D.lD.3). Auch der große Rückstand des gelegentlich noch am ehesten als Konkurrent zum Englischen gesehenen Französischen steht außer Zweifel (vgl. schon Bourrut-Lacouture 1980; Gallois-Hamonno 1981; de Chambrun/ Reinhardt 1981). Er ist gelegentlich in grellen Farben beschrieben worden, z. B. unter Überschriften folgender Art: „Le fran9ais scientifique en chute libre" [Französisch als Wissenschaftssprache im freien Fall! U. A.] (Dra-

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Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

peau /Demers/ Pechere 1981) oder „French in the Scientific World: Sand Castle before the Tide?" (Cans 1982; vgl. auch Cans 1981). Ein weithin wahrgenommenes Signal für die schwache Stellung des Französischen im Vergleich zum Englischen war der Beschluß des renommierten Pariser Institut Pasteur im Jahre 1989, seine drei Zeitschriften Annales de {'Institut Pasteur — für Virologie, für Immunologie und für Mikrobiologie, deren Erscheinen bis 1887 zurückdatiert, künftig in Englisch zu veröffentlichen und nur noch mit französischsprachigen Abstracts zu versehen (Coles 1989; Dickson 1989). Im Jahr 1988 waren nur noch 6 Prozent der zur Veröffentlichung in diesen Zeitschriften eingereichten Manuskripte französischsprachig und der Rest englischsprachig gewesen, obwohl rund 50 Prozent aus Ländern der Francophonie kamen. Schon zuvor, und erst recht nach diesem Beschluß, wurde verschiedentlich „l'anglais" als „langue scientifique fran9aise" charakterisiert (Moskowitz 1981; ähnlich Swinburne 1983; vgl auch Bakewell 1992; Zucman 1992; Toubon 1994). Demgegenüber erscheinen Forderungen nach Bekämpfung der Dominanz des Englischen, wie sie speziell von Seiten einzelner französischer Linguisten vorgebracht wurden (Hagege 1996; 1997), weltfremd, zumindest im Bereich der Wissenschaften. Französischsprachige Wissenschaftler bedienen sich vielfach selbst lieber des Englischen anstelle ihrer Muttersprache. Schon aus diesen Gründen bietet auch für deutschsprachige Wissenschaftler das Französische keine ernsthafte Alternative zum Englischen als internationale Wissenschaftssprache. Fast könnte man in Erweiterung eines bedrohlich klingenden Titels von Derek J. de Solla Price (1967) in bezug auf die deutschsprachigen Länder, oder sogar alle nicht-englischsprachigen Länder, konstatieren: „Nations can publish in English or perish" (vgl. auch nochmal Bakewell 1992). Hiermit sollen Stellung und Wert des Französischen oder anderer Sprachen (außer dem Englischen) keineswegs pauschal infrage gestellt werden. Vielmehr beziehen sich unsere Hinweise ausschließlich auf die Stellung als Wissenschaftssprache, vor allem als wissenschaftliche Publikationssprache. In anderer Funktion haben Sprachen wie Französisch, Spanisch, Chinesisch und andere teilweise größeres Gewicht als in der Wissenschaft. Daher ist obige Feststellung auch keinesfalls ein Plädoyer, in Zukunft nur noch Englisch als Fremdsprache zu lernen. Ebensowenig ist sie ein Argument gegen Vielsprachigkeit, speziell in Europa, oder gegen die „Sprachenteiligkeit" der Gesellschaft (Weinrich 1980; 1984; Finkenstaedt/Schröder 1990). Speziell in der wissenschaftlichen Kommunikation indes dominiert Englisch — wie eigene und andere Befunde belegen — international so stark, daß alle anderen Sprachen vergleichsweise unbedeutend erscheinen; sie spielen zwar noch

Englisch als faktische Forschungssprache

207

eine gewisse Rolle, jedoch eine vergleichsweise sehr bescheidene. Unter diesen Umständen können es sich Wissenschaftler kaum leisten, anderen Fremdsprachen vor dem Englischen den Vorzug zu geben; sie eignen sich nicht als dessen Ersatz, sondern nur als Ergänzung (vgl. auch Coulmas 1990). Auf das Englische angewiesen sind besonders die theoretischen Naturwissenschaftler, aber — in geringerem Maße — auch die angewandten Natur- und die Sozialwissenschaftler und bis zu einem gewissen Grad sogar die Geisteswissenschaftler. Damit wird nicht die fortdauernde Bedeutsamkeit der jeweiligen Muttersprache für die wissenschaftliche Kommunikation angezweifelt, die für alle Disziplinen besteht, besonders aber für die angewandten Wissenschaften und die Geisteswissenschaften. Wie halten es nun die deutschsprachigen Wissenschaftler oder — was zwar nicht dasselbe ist, aber im vorliegenden Zusammenhang nicht unterschieden werden muß — die Wissenschaftler der deutschsprachigen Länder tatsächlich mit dem Englischen? Welche Rolle spielt es für sie? Die Untersuchung des rückläufigen Anteils von Deutsch an den wissenschaftlichen Publikationen hat ergeben, daß viele deutschsprachige Wissenschaftler für das Publizieren inzwischen von ihrer eigenen Sprache auf das Englische umgestiegen sind. Dies ließ sich aus den Zahlen der bibliographischen Datenbanken erschließen, und zwar einerseits daraus, daß der Anteil deutschsprachiger Publikationen weit stärker geschrumpft ist als der Anteil von Autoren aus deutschsprachigen Ländern, und andererseits daraus, daß der Anteil der Autoren aus deutschsprachigen Ländern an den englischsprachigen Beiträgen zugenommen hat (vgl. Tab. D-7 bis D -10). Diese Befunde seien hier noch ergänzt durch Zahlen von Biological Abstracts einschließlich Biological Abstracts/RRM. (Reports, Reviews, Meetings) sowie von INSPEC, das Physics Abstracts enthält. Die Daten von Biological Abstracts/RRM kontrastieren den Anteil der deutschen Sprache an den Publikationen der Biologie (vgl. Tab. D-2) mit dem Anteil der in Deutschland verlegten Zeitschriften (Hauptsitz des Verlags in Deutschland). Tabelle E-1 zeigt die Entwicklung beider Größen im Vergleich (Übermittlung durch John W. Schnepp, BIOSIS, Philadelphia, PA). Die Daten von INSPEC vergleichen den Anteil der deutschen Sprache an den Publikationen der Physik und benachbarter Disziplinen (vgl. Tab. D-4) mit dem Anteil Deutschlands an den Publikationen derselben Fächer (Tab. E-2) (Übermittlung durch Michele A. Day, Managerin des US-Büros von INSPEC, Piscataway, NJ). Wie man den Tabellen E-1 und E-2 entnehmen kann, schrumpft der Anteil der deutschen Sprache an den Publikationen in beiden Datenbanken

208

Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

Tab. E-l: Anteil von Beiträgen in deutscher Sprache und von Zeitschriften aus Deutschland in Biological Abstracts (in Prozent)

1980

1984

1988

1990

1992

1994

1996

Deutsche Sprache

2,6

2,5

2,4

1,9

1,5

1,1

1,1

Zeitschriften aus Deutschland

6,5

7,4

7,5

8,1

8,7

8,8

8,5

Tab. E-2: Anteil von Beiträgen in deutscher Sprache und Deutschlands als Publikationsland in INSPEC (in Prozent)

1981

1984

1987

1990

1993

1996

1997

Deutsche Sprache

3,9

4,1

3,3

2,7

1,1

0,9

0,7

Deutschland als Publikationsland

7,7

7,8

7,2

6,9

4,9

5,5

5,5

deutlich. Dagegen zeigt der Anteil von Zeitschriften aus Deutschland an Biological Abstracts sogar eine leicht steigende Tendenz (Tab. E-l), und der Anteil von Publikationen aus Deutschland an INSPEC nimmt zwar ab, aber in weit geringerem Maße als der Anteil der deutschen Sprache (Tab. E-2). Aus beiden Vergleichen kann man schließen, daß sich auch die wissenschaftlichen Publikationsorgane der deutschsprachigen Ländern zunehmend dem Englischen öffnen und sich vom Deutschen verabschieden. Diese Tendenz der Sprachwahl, sowohl der Wissenschaftler als auch der Publikationsorgane der deutschsprachigen Länder, ist in Grundzügen seit geraumer Zeit bekannt und inzwischen wiederholt untersucht und kommentiert worden. Allein schon die Titel mancher Abhandlungen verweisen darauf, z. B. „Der deutsche Geist weht englisch" (Traxel 1976) oder „Englisch als deutsche Wissenschaftssprache" (Wickler 1986). Vielfach haben solche Titel auch die Form einer Frage, die dann im Text — mit oder ohne Einschränkung — bejaht wird: „Ziehen die Wissenschaften aus dem Deutschen aus?" (Gauger 1992), „Rückzug der deutschen Sprache aus der Medizin?" (Lippert 1978). Im letztgenannten Fall gibt ein späterer Titel des Autors die Antwort: „Englisch — neue Wissenschaftssprache der Medizin" (Lippert 1986), womit speziell auf die deutschsprachigen Länder Bezug genommen wird. Andere Titel implizieren im Grunde die Verwendung des Englischen durch deutschsprachige Wissenschaftler, z. B. weil diese sonst aus der wichtigsten Forschung ausgeschlossen wären, wie etwa: „Die Spit-

Englisch als faktische Forschungssprache

209

zenforschung spricht englisch" (Markl 1986) oder „Spitzenforschung auf englisch — aus verlegerischer Sicht" (Schwabl 1986). In der Untersuchung Sabine Skudliks (1990) tritt das Ausmaß, in dem deutsche Wissenschaftler schon Ende der 80er Jahre auf englisch publizierten, deutlich zutage. In einigen Fächern hatten mehr Wissenschaftler (nach eigenen Angaben) englischsprachige als deutschsprachige Publikationen vorzuweisen, nämlich — in absteigender Reihenfolge: in Mathematik, Physik, Chemie und Biologie. In der Medizin hielten sich beide Sprachen die Waage. In den anderen Fächern war zwar Deutsch die häufigere Publikationssprache, doch spielte Englisch daneben stets auch eine bedeutende Rolle (Skudlik 1990: 69-99, 269-293; vgl. auch Ammon 1991a: 233-235). Unsere eigenen Befunde (Tab. D-7 bis D-10 und E-l, E-2) verraten, daß sich die Hinwendung der deutschsprachigen Wissenschaftler zum Englischen in den 90er Jahren weiter verstärkt hat. Indirekt deutet allein schon der fortdauernde Anteilsschwund der deutschen Sprache an der Gesamtmenge wissenschaftlicher Publikationen, speziell in den Naturwissenschaften, darauf hin (Kap. D.l). Auch in anderen Kommunikationsformen als dem Publizieren spielt Englisch für Wissenschaftler aus deutschsprachigen Ländern eine wichtige Rolle. Vorrangig gilt dies für die Rezeption, speziell das Lesen wissenschaftlicher Publikationen. Viele deutschsprachige Wissenschaftler lesen regelmäßig englischsprachige Publikationen, in manchen Fächern, vor allem den naturwissenschaftlichen, sogar häufiger als deutschsprachige Publikationen. Diese Einschätzung wird durch diverse Beobachtungen gestützt, z. B. durch die Befunde Skudliks (1990: 148 f., 318), daß so gut wie alle befragten deutschen Wissenschaftler zumindest Lesekenntnisse im Englischen geltend machten oder daß in den naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen die englischsprachige Fachlektüre die deutschsprachige überwog und auch in allen anderen Fächern einen beträchtlichen Teil ausmachte. In Computer-Recherchen, die heute in fast allen Fächern wichtig sind, wird Englisch, zumindest spezielle Teile der Sprache, schriftlich verwendet. In Englisch stehen unter anderem weit umfangreichere elektronische Datenbanken zur Verfügung als in Deutsch (vgl. Kap. D.l, D.2). In wissenschaftlichen Konferenzen verwenden zahlreiche deutschsprachige Wissenschaftler regelmäßig Englisch. Auf internationalen Konferenzen ist Englisch praktisch immer offizielle Konferenzsprache, Deutsch dagegen eher selten, abgesehen von den „Nischenfächern" in den Geisteswissenschaften (vgl. Kap. D.3). Allein schon die rezeptive Teilnahme an solchen Konferenzen erfordert mündliches Verstehen von Englisch. Wer selbst vor-

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Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

tragen möchte, muß Englisch sprechen. Bloßes Ablesen eines vorformulierten Textes ist meist unzureichend, weil oft über den Vortrag anschließend diskutiert wird. Die heutige Dominanz des Englischen und die untergeordnete Rolle des Deutschen auf internationalen Konferenzen ist ebenfalls durch Befragungen von Wissenschaftlern empirisch bestätigt (Skudlik 1990: 99-114, 296-298; vgl. Ammon 1991a: 242-251; zu einem Einzelfall auch Sachtleber 1990: 27). Mir liegen außerdem zahlreiche Einzelhinweise dazu vor, daß sich die Teilnehmerzahl an Vorträgen auf internationalen Konferenzen bei anderen Sprachen als Englisch regelmäßig dramatisch verringert. Schließlich korrespondieren deutschsprachige Wissenschaftler mit Kollegen anderer sprachlicher Provenienz in vielen Fällen in englischer Sprache, und zwar sowohl mündlich als auch schriftlich. Bisweilen findet solche Korrespondenz auch in „polyglottem Dialog" statt, vor allem schriftlich (was der Terminus Dialog in diesem Fall einschließt). Mit „polyglottem Dialog" ist gemeint, daß jeder Kommunikationspartner seine Muttersprache verwendet (Posner 1991). Diese muß dann allerdings auch vom jeweiligen Gegenüber verstanden werden. Daher sind zumindest passive Kenntnisse der jeweils ändern Sprache erforderlich. Damit aber kommt dieses Modell meist schnell an seine Grenzen, so daß auf eine Lingua franca rekurriert werden muß, was in der heutigen Welt in der Regel wiederum das Englische ist (vgl. Haspelmath 1992; auch Dürmüller 1996: 65-73). Die Wahl von Englisch oder Deutsch durch deutschsprachige Wissenschaftler in all diesen Kommunikationsformen bedarf weiterer empirischer Untersuchung. Jedoch ist schon beim derzeitigen Kenntnisstand gesichert, daß Englisch heute allenthalben eine wichtige Rolle spielt. Dies gilt wiederum besonders für die Naturwissenschaften, die theoretischen mehr als die angewandten, aber auch die Sozial- und Geisteswissenschaften. Die genannten Kommunikationsformen sind allesamt typisch und wichtig speziell für die wissenschaftliche Forschung. Auch in weiteren forschungsbezogenen Kommunikationsformen spielt die englische Sprache in den deutschsprachigen Ländern eine beachtliche Rolle, z. B. im Laborgespräch (Markl 1986: 21 f.; Diskussionsbeitrag Markl in Kalverkämper/ Weinrich, ed., 1986: 60). Dagegen ist Englisch in den deutschsprachigen Ländern von untergeordneter Bedeutung in anderen Kommunikationsformen, die für Wissenschaftler, mindestens Hochschulwissenschaftler typisch sind, nämlich in der akademischen Lehre und Selbstverwaltung. Manche der oben genannten Titel wären also eigentlich entsprechend zu spezifizieren: Statt umfassend von Wissenschaftssprache sollte spezieller von Forschungssprache die Rede sein („Englisch als deutsche Forschungssprache"

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usw.). Der Begriff ,Wissenschaftssprache' ist zu weit und trägt nicht dem Umstand Rechung, daß Englisch in der akademischen Lehre und Selbstverwaltung der deutschsprachigen Länder eine verhältnismäßig geringe Rolle spielt. Mit Fragen der akademischen Selbstverwaltung befasse ich mich im Rahmen dieser Studie nicht. Stattdessen konzentriere ich mich im weiteren auf die Sprachwahl für die akademische Lehre. Dafür wird das Englische bislang in den deutschsprachigen Ländern wenig verwendet (vgl. Kap. E.3.1). Diesem Umstand entspricht auch Skudliks Befund (1990: 81, 87, 272), daß Englisch an den Lehrbüchern geringeren Anteil hat als an anderen wissenschaftlichen Textsorten. Der weitgehende Verzicht auf das Englische in der Lehre ist keineswegs selbstverständlich. Vielmehr kann man in der unterschiedlichen Sprachwahl für Forschung und Lehre eine durchaus problematische Diskrepanz sehen. Geht in den deutschsprachigen Ländern etwa ein sprachlicher Riß durch die wissenschaftliche Tätigkeit, so daß diese in englischsprachige Forschung einerseits und deutschsprachige Lehre andererseits zerfällt? Wird womöglich in einer Sprache gelehrt, die — zumindest in manchen Fächern — zur Forschung nicht voll taugt? Handelt es sich dabei um eine Art der „Trennung von Forschung und Lehre", die eigentlich nicht vereinbar ist mit der vielbeschworenen Tradition deutscher Universitäten, vor allem, insoweit sie sich auf Wilhelm von Humboldt beruft? Schreibt dieser doch über das wünschenswerte Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden an der von ihm neu konzipierten Berliner Universität: „Es ist (...) eine Eigenthümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie (...) immer im Forschen bleiben (...) Das Verhältniss zwischen Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein anderes als vorher. Der erstere ist nicht für die letzteren, Beide sind für die Wissenschaft da (...)" (Humboldt [1809/10] 1964a: 256; vgl. auch 1964b: 33, 35). Wissenschaft ist hier als Einheit von Forschung und Lehre gedacht. Wie aber steht es um diese Einheit, wenn beide Tätigkeiten in unterschiedlichen Sprachen stattfinden? Wenn hier auf Humboldt rekurriert wird, soll damit nicht der Eindruck erweckt werden, die heutigen Hochschulen in den deutschsprachigen Ländern könnten pauschal an seiner Universitäts-idee gemessen werden. Dies wäre weltfremd. In heutiger Zeit dienen diese Hochschulen — zweckmäßigerweise — größtenteils der berufsvorbereitenden Ausbildung (vgl. z. B. Kreklau 1997: 62). Sie ermöglicht den Studierenden praktisch keine Forschungstätigkeit. Das Fachhochschulstudium und auch das Universitätsstudium bis zum ersten Examen gelangen allenfalls in Berührungsnähe der Einheit von Lehre und Forschung. Uneingeschränkt läßt sich das Hum-

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boldt'sche Ideal erst auf das Postgraduierten-Studium beziehen. Allerdings sollte das vorausgehende Studium schon auf diese Möglichkeit vorbereiten. Und für die im Postgraduierten-Studium zu verwirklichende Einheit von Forschung und Lehre verbietet sich dann tatsächlich die sprachliche Kluft zwischen beiden. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, diese sprachliche Kluft zu schließen: (1) indem Deutsch nicht nur als ausschließliche Sprache der Lehre, sondern auch der Forschung dient, d. h. auf die englische Sprache wird in der Forschung verzichtet, oder (2) indem Englisch außer in der Forschung auch in der Lehre verwendet wird. Im anschließenden Kapitel soll zunächst einmal geprüft werden, ob (1) durchführbar wäre.

2 Wäre Englisch für die Forschung verzichtbar? Man kann auch umgekehrt fragen: Wäre Deutsch als einzige Forschungssprache der deutschsprachigen Länder möglich? Könnte auf die Verwendung der englischen Sprache verzichtet werden — abgesehen von Spezialfällen von der Art, für die auch andere Fremdsprachen verwendet werden (vor allem innerhalb des jeweiligen Fremdsprachenfachs)? Ansonsten spielen andere Fremdsprachen außer Englisch als Forschungssprachen für deutschsprachige Wissenschaftler praktisch keine Rolle (vgl. E.l: Anfang). Um alle Möglichkeiten auszuloten, sollte man auch umgekehrt fragen, ob Deutsch vollwertig durch Englisch ersetzbar ist — abgesehen wiederum vom „eigenen" Fach, der Germanistik? Beide Fragen sind zugegebenermaßen reichlich akademisch; vielen deutschsprachigen Wissenschaftlern müssen sie geradezu weltfremd erscheinen. Dennoch sollen hier Antworten versucht werden, und zwar zum einen deshalb, weil diese Fragen wichtige sprachwissenschaftliche Probleme berühren, und zum ändern, weil eine so tiefgreifende Änderung wie die in den anschließenden Kapiteln vorgestellte auch die Erörterung von Grundsatzfragen verdient, damit eventuelle Alternativen oder unerwünschte Folgen zutage treten. Unsere Fragen führen in tiefes wissenschaftliches und philosophisches Fahrwasser, das hier nicht wirklich ergründet werden kann; daher bleiben die folgenden Antworten auch bis zu einem gewissen Grad unsicher, worauf von Fall zu Fall hingewiesen wird.

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Es erscheint zweckmäßig, die Fragen in folgende beiden Teile zu zerlegen: (I) Der kognitive Aspekt der Forschung: Wäre Deutsch als Erkenntnisinstrument für deutschsprachige Wissenschaftler ein vollwertiger Ersatz für das Englische? Oder ist schon in dieser Hinsicht die englische Sprache unabdingbar? (II) Der kommunikative Aspekt der Forschung: Wäre Deutsch für die Kommunikation deutschsprachiger Wissenschaftler ein vollwertiger Ersatz für das Englische? Oder ist in dieser Hinsicht die englische Sprache unverzichtbar? — Beide Fragen stellen sich entsprechend umgekehrt, hinsichtlich der Verzichtbarkeit auf die deutsche Sprache bzw. ihre vollwertige Ersetzbarkeit durch Englisch. Was Frage (I) angeht, so ist Deutsch als Forschungssprache deutschsprachiger Wissenschaftler dem Englischen nicht nur gleichwertig, sondern in gewisser Hinsicht sogar überlegen. Es ist als Muttersprache (oder Erstsprache) zugleich die bestbeherrschte Sprache und aus diesem Grund zunächst einmal ein tauglicheres Erkenntnisinstrument als jede andere Sprache. Keine Fremdsprache, die schlechter beherrscht wird, ist ein vollwertiger Ersatz, auch keine eventuell hochgradiger ,modernisierte' Fremdsprache — ein Begriff, auf den ich im nächsten Abschnitt sogleich zurückkomme. Denn sogar mit einer veralteten Rechenmaschine, auf der man Routine hat, rechnet man besser als mit einem modernen Computer, den man nicht beherrscht. Auf die weit bessere Beherrschung der Muttersprache beruft sich auch Werner Traxel (1975; 1979) in seiner Argumentation gegen die Einführung des Englischen als Publikationssprache deutscher Psychologen. Wäre Englisch nichts anderes als eben eine Fremdsprache, so wäre es sicher verzichtbar. Dagegen können wir festhalten, daß es für die deutsche Sprache als Forschungssprache deutschsprachiger Wissenschaftler in kognitiver Hinsicht keinen vollwertigen Ersatz gibt, oder nur unter einer ganz bestimmten Bedingung. Diese Bedingung ist, daß die als Ersatz dienende Fremdsprache ebensogut beherrscht wird wie die Muttersprache, genauer: daß sie in bezug auf die Kognitionsmöglichketten ebensogut beherrscht wird. Leider muß dieser Zusatz hier letzlich unklar bleiben; er kann im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht näher spezifiziert werden, da diese Aufgabe zu komplex ist. Ihre Lösung ist allerdings im Rahmen unserer Thematik ein wichtiges Desiderat zukünftiger Forschung. Unsere Formulierung soll nur andeuten, daß die kognitive Äquivalenz einer gut beherrschten Fremdsprache mit der Muttersprache nicht ohne weiteres auszuschließen ist, wenn auch im Regelfall die Muttersprache das beste, weil bestbeherrschte sprachliche Kognitionsinstrument eines Menschen darstellt.

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Man darf auch davon ausgehen, daß die deutsche Sprache aufgrund ihrer Struktur und ihres Wortschatzes den kognitiven Anforderungen jeglicher Art von Forschung voll entspricht. Dies gilt zumindest dann, wenn man die terminologischen Entlehnungen aus anderen Sprachen, in neuerer Zeit vor allem aus dem Englischen, als Bestandteile der deutschen Sprache akzeptiert. Diese Auffassung läßt sich rechtfertigen, zumal Deutsch in bezug auf den Wortschatz schon immer geradezu eine „Mischsprache" war — wie übrigens viele andere Sprachen auch, einschließlich des Englischen. Die Entlehnungen aus anderen Sprachen dienen unter anderem der „Modernisierung" (vgl. Ammon 1989: 78 — 82) des Deutschen, wie es im Rahmen der Sprachplanung meist heißt, der Ausstattung mit Ausdrucksmitteln für neue, „moderne" Begriffe und Gedanken, vor allem im Bereich von Wissenschaft und Technologie. (Die Termini Kultivierung oder Ausbau werden teils synonym mit Modernisierung, teils für Oberbegriffe verwendet.) Die deutsche Sprache (einschließlich ihrer Anglizismen) ist praktisch in vollem Umfang modernisiert oder zumindest bei Bedarf modernisierbar. Auch in dieser Hinsicht wäre sie also ein vollwertiger Ersatz für das Englische bzw. wäre das Englische verzichtbar. Allerdings besteht kein Zweifel, daß umgekehrt Englisch nach diesem Kriterium ebensogut ein vollwertiger Ersatz für Deutsch wäre, denn Englisch ist derzeit die am weitestgehend modernisierte Sprache überhaupt. Man kann den Ansatz bei Deutsch als Muttersprache und den Gedanken der Unersetzlichkeit des Deutschen durch Englisch als Forschungssprache der deutschsprachigen Länder noch weitertreiben. Hierbei geraten wir allerdings in die anfangs erwähnte Fahrtiefe, die wir nicht ergründen können. Von bestimmten wissenschaftstheoretischen Positionen aus wird argumentiert, daß sich keine Sprache voll äquivalent in eine andere übersetzen läßt. Dies wird unter anderem daran verdeutlicht, daß es — nach den umfangreichen Erfahrungen der Lexikographen — zwischen den Ausdrücken verschiedener Sprachen so gut wie nie exakte Bedeutungsübereinstimmung (Synonymic) gibt. (Nebenbei bemerkt, spricht man bei Bedeutungsübereinstimmungen zwischen Ausdrücken verschiedener Sprachen auch von Heteronymie und beschränkt den Terminus Synonymic auf Bedeutungsbeziehungen zwischen Ausdrücken innerhalb einer Sprache.) Nach Auffassung der strukturellen Sprachwissenschaft ist exakte Bedeutungsübereinstimmung sogar grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, sie erstrecke sich auf sämtliche Wörter ganzer, herauslösbarer Wortfelder, was extrem unwahrscheinlich ist. Übersetzungen von einer Sprache in die andere führen daher stets zu Bedeutungsveränderungen. Aus etwas anderer, aber verwandter

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Richtung wird dieser Gedanke durch das „sprachliche Relativitätsprinzip" (auch: linguistischer Relativismus) gestützt, ob sich dieser nun auf Wilhelm von Humboldt oder auf Benjamin L. Whorf als seine beiden vielleicht wichtigsten Exponenten beruft. Vereinfacht gesagt, wird dabei aus der unvollständigen Heteronymie oder aus semantisch relevanten strukturellen Unterschieden zwischen den Sprachen auf Unterschiede in ihren Erkenntnismöglichkeiten geschlossen. Verschiedene Sprachen fungieren dann gewissermaßen wie Brillen verschiedener Brennweite, die jeweils unterschiedliche Ausschnitte der Wirklichkeit scharf bzw. unscharf hervortreten lassen (vgl. zur detaillierten Darstellung z. B. Werlen 1989; bezüglich des Englischen als Wissenschaftssprache in den Niederlanden de Bot 1994). Diese Sicht der Dinge ist problematisch, vor allem dann, wenn dabei der Unterschied zwischen der Struktur von Sprachen und ihren Anwendungen in Texten oder Diskursen übersehen wird. Strukturunterschiede der skizzierten Art können unter Umständen vielleicht im Diskurs, durch geeignete Kombination sprachlicher Zeichen, ausgeglichen werden. Allerdings wird auch diese Möglichkeit von manchen Anhängern des Gedankens der sprachlichen Relativität bestritten. Folgt man dieser Auffassung, so ist keine Sprache durch eine andere vollwertig ersetzbar, also weder Englisch durch Deutsch noch umgekehrt (vgl. de Bot 1994). Erwähnung verdient in unserem Zusammenhang auch ein Gedanke, der speziell für die Geisteswissenschaften geltend gemacht wurde. Die Grundlage dafür bilden erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Positionen, die einen — in der Regel gegenstandsspezifisch begründeten — grundsätzlichen Unterschied zwischen den geisteswissenschaftlichen (auch kulturwissenschaftlichen) und den naturwissenschaftlichen Erkenntnismethoden postulieren. Sie gehen zurück unter anderem auf die Philosophen Wilhelm Dilthey [1883] (1922); [1910] (1965) und Heinrich Rickert [1899] (1926). In dieser Tradition wird für die Fachsprachen der Geisteswissenschaften eine notwendigerweise enge Verbindung zur Gemeinsprache gesehen, von der — im Gegensatz dazu — die naturwissenschaftlichen Fachsprachen weiter entfernt sind. Ähnlich sieht es auch Karl Vossler [1925] (1960), der sich übrigens ausdrücklich auf Rickert stützt (z. B. S. 25). Für ihn beruht der „geistige Bildungswert mathematischer und naturwissenschaftlicher Studien (...) auf der Überwindung des sprachlichen [« sprachgebundenen! U. A.] Denkens", während sich „in den spekulativen und historischen Wissenschaften" „das Verhältnis von Logos und Sprache" anders gestaltet: „Die Sprache der Historiker und zumeist auch der Philosophen" ist „die allgemein menschliche, bei den einzelnen Nationen gebrauchsmäßig übliche;

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wird nicht in die spanischen Stiefel einer technischen Konvention, nicht in Formeln und Termini eingeschnürt" (S. 158, 167). Auf dieser Grundlage scheint allerdings zunächst einmal jede Gemeinsprache unersetzbar. Deutsch hätte dabei keine besonderen Vorzüge gegenüber anderen Sprachen. Allerdings kann man aufgrund des sprachlichen Relativitätsprinzips argumentieren, daß zur Erkenntnis speziell der deutschen Kultur die deutsche Sprache unverzichtbar ist. Dabei wird vorausgesetzt, daß ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen der Erkenntnis „von innen" (mittels der eigenen Sprache/Muttersprache) und „von außen" (mittels einer Fremdsprache) und daß die Erkenntnis von innen besonders wichtig ist. Selbst wenn man die Erkenntnis von außen gleichfalls für unverzichtbar hält, hätte Englisch dann keinen besonderen Vorzug gegenüber anderen Fremdsprachen. Stattdessen wäre die Sicht von möglichst vielen verschiedenen Fremdsprachen aus wünschenswert. Ähnlich wurde die Erweiterung der Erkenntnismöglichkeiten aus fremder Perspektive, aufgrund anderer als nur der eigenen Sprache, für die „interkulturelle Germanistik" vorgeschlagen (vgl. z. B. Wierlacher, ed., 1985). Auf solchen und ähnlichen Grundlagen wurde auch verschiedentlich gegen das Vordringen des Englischen oder überhaupt gegen die Ausbreitung einer internationalen Wissenschaftssprache auf Kosten der nationalen Wissenschaftssprachen argumentiert, speziell im Hinblick auf die Geisteswissenschaften (z. B. Skudlik 1990: 226—228; Oksaar/ Skudlik/ Stackelberg 1988; Arntzen 1992). Allerdings entfiele damit auch die Berechtigung für die fortdauernd starke Stellung des Deutschen in Nischenfächern wie der Klassischen Archäologie oder Klassischen Philologie (Kap. D.3); unverzichtbare Erkenntnisinstrumente dieser Fächer wären allein die klassischen Sprachen. Alles in allem stützen die skizzierten Auffassungen die Nicht-Ersetzbarkeit jeglicher Sprache als Erkenntnisinstrument durch andere Sprachen, speziell aber die Nicht-Ersetzbarkeit der Muttersprache (oder Erstsprache) durch eine Fremdsprache. Allerdings sind all diese Positionen umstritten und werden oft sogar von für sie aufgeschlossenen Sprachwissenschaftlern infrage gestellt. Ein Beispiel liefert Hans-Martin Gauger (1991a: 95 f.; ähnlich 1991b; 1992), der die skizzierten und ähnliche Auffassungen referiert und zunächst einmal als „nicht von der Hand zu weisen", „nicht falsch" bewertet. Letzten Endes findet er sie jedoch „auch nicht zwingend: im Grunde handelt es sich doch nur um Legitimierung des bestehenden Zustands und der eigenen Praxis." Die Grundlage dieser Einschätzung verdeutlicht Gauger mit dem Hinweis, daß „wissenschaftliche Ergebnisse" von

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jeder Einzelsprache „ablösbar" und „auch in unbestimmt vielen verschiedenen Sprachen ausdrückbar sind." Er hält diese Ablösbarkeit und Ausdrückbarkeit in verschiedenen Sprachen sogar für ein Kriterium der Wissenschaftlichkeit, wovon er die Geisteswissenschaften nicht ausnimmt: „Die Ablösung des Inhalts vom Ausdruck ist gerade, was den wissenschaftlichen Diskurs kennzeichnet und prinzipiell vom poetischen unterscheidet." (Gauger 1991a: 100). So begründet Gauger (1992: 7) auch, daß ,,[d]ie Wissenschaft" „in unserer babelischen Welt ein antibabelisches Element" bildet, das seinen Ausdruck im Englischen findet (vgl. aber die Replik von Arntzen 1992). Mir scheint nach den vorliegenden Argumenten, daß die deutschsprachigen Wissenschaftler für Englisch als reines Erkenntnisinstrument — wohlgemerkt nur in dieser Hinsicht! — keinen zwingenden Bedarf haben. Vor allem nach dem sprachlichen Relativitätsprinzip hat Englisch keine besonderen Vorzüge vor anderen Sprachen. Alle ausreichend modernisierten Sprachen bieten danach andersartige, aber gleichwertige Erkenntnismöglichkeiten. Englisch wäre also, so gesehen, durch Deutsch ersetzbar. Wie aber lautet die Antwort auf die umgekehrte Frage, ob Deutsch als Erkenntnisinstrument durch Englisch ersetzbar wäre? Gegenüber allen anderen Sprachen spricht für Deutsch — was die deutschsprachigen Wissenschaftler angeht — die in aller Regel bessere Beherrschung der Sprache. Deshalb können deutschsprachige Wissenschaftler wissenschaftliche Begriffe, oder auch wissenschaftliche Fragestellungen, vermutlich am besten aus den Bedeutungen deutschsprachiger Ausdrücke heraus entwickeln. Diese besondere Möglichkeit der Muttersprache wird auch pädagogisch genutzt, nicht zuletzt in der Pädagogik der Naturwissenschaften (vgl. z. B. Cassels/Johnstone 1983a; 1983b; Lynch 1995; 1996; Pfundt/Duit 1991). Ob allerdings Begriffsbildung und Fragestellung aus den Bedeutungen der Gemeinsprache heraus — als welche die Muttersprache zunächst einmal der Wissenschaftssprache gegenübersteht — auf höherer wissenschaftlicher Ebene noch eine ernsthafte Rolle spielen, ist zweifelhaft. Auf dieser Ebene fußen Erkenntnisfortschritte hauptsächlich auf bereits vorliegenden Theorien und Methoden, die der Gemeinsprache weit entrückt sind. Dies gilt, wie es scheint, zumindest für die Naturwissenschaften; für die Sozial- und Geisteswissenschaften mag es teilweise anders aussehen. Aufgrund dieser Überlegungen kann daher zumindest für die Naturwissenschaften nicht ausgeschlossen werden, daß auch die deutsche Sprache als Erkenntnisinstrument deutschsprachiger Wissenschaftler ohne schweres Erkenntnis-Handikap durch Englisch ersetzbar wäre.

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Eine eindeutigere Antwort auf unsere Ausgangsfrage nach der Verzichtbarkeit des Englischen als Forschungssprache deutschsprachiger Wissenschaftler liefert erst die Betrachtung der mit der Forschung verbundenen Kommunikation (Aspekt II, Kapitelanfang). Sie ist in der Forschungspraxis kaum von der Kognition selber trennbar. Die bislang separate Betrachtung der Kognition war vor allem ein analytisches Hilfsmittel schrittweisen Vorgehens. Die forschungsbezogene Kommunikation von Wissenschaftlern läßt sich grob unterteilen in: (1) Rezeption von Forschung, vor allem Rezeption der Forschung anderer Wissenschaftler, und (2) Publikation von Forschung, vor allem die Publikation eigener Forschung. Mit Forschung sind dabei jeweils Forschungsergebnisse im weiteren Sinn gemeint. Die Rezeption der Forschung anderer, worauf dann die eigene Forschung aufbaut, erscheint auf den ersten Blick grundlegender als die Veröffentlichung eigener Forschung, denn sie ist ihr so gut wie immer zeitlich vorgeordnet und bildet ihr erkenntnismäßiges Fundament. Man wird jedoch davon ausgehen dürfen, daß letztlich beide Arten von Kommunikation: Rezeption und Publikation, notwendige Bestandteile erfolgreicher Forschung sind, zumindest im Regelfall. Unsere Frage lautet dann: Ist die englische Sprache heutzutage — hinsichtlich der für erfolgreiche Forschung notwendigen Kommunikation — durch die deutsche Sprache vollwertig ersetzbar, oder umgekehrt die deutsche Sprache durch die englische? Was die Rezeption von Forschung angeht, wurde die Ersetzbarkeit der englischen durch die deutsche Sprache im Verlauf der vorliegenden Untersuchung im Grunde schon wiederholt verneint. Allein die Schmalheit des deutschsprachigen Anteils an den wissenschaftlichen Publikationen in heutiger Zeit rechtfertigt Zweifel, ob die deutsche Sprache ausreichenden Zugang zur laufenden Forschung gewährt. Dies gilt besonders für die Naturwissenschaften (Kap. D.l), aber in schwächerem Maße auch für die Sozialund Geisteswissenschaften (Kap. D.2); nicht einmal in den „Nischenfächern" garantiert Deutsch noch breiten Zugriff auf die Forschung, jedenfalls nicht in gleichem Maße wie Englisch (Kap. D.3). Schon diese zugegebenermaßen pauschale Beweisführung dürfte hier genügen, weil in diesem Punkt mit entschieden gegenteiliger Auffassungen kaum zu rechnen ist; auch unbeugsame Anhänger des Deutschen als Forschungssprache bestreiten nämlich kaum je die Notwendigkeit, über die deutschsprachigen Publikationen hinaus anderssprachige, insbesondere englischsprachige Publika-

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tionen zu rezipieren. Was die Rezeption von Forschung angeht, ist Englisch also nicht vollwertig durch Deutsch ersetzbar. Die englischsprachige Forschung bildet nämlich heute in fast allen Fachrichtungen, wenn auch mit beträchtlichen Schwankungen, das Gros der einschlägigen Literatur. Selbstverständlich eröffnen andere Fremdsprachen — vor allem Französisch, Russisch und Japanisch — weitere Fachliteratur, jedoch nicht in gleichem Ausmaß wie Englisch. Diese Sichtweise ist zwar zunächst einmal rein quantitativ und sollte zur Präzisierung sowohl nach Qualitätsgesichtspunkten spezifiziert als auch nach Fächern differenziert werden; in Grundzügen ist sie jedoch richtig. Schwieriger ist die Beantwortung der auch in umgekehrter Richtung zu stellenden Frage, ob — was die forschungsnotwendige Rezeption angeht — die deutsche Sprache verzichtbar ist, speziell für deutschsprachige Forscher, auf die wir hier unser Augenmerk richten. Für die Naturwissenschaften, besonders die theoretischen, ist diese Frage vermutlich weitgehend zu bejahen. Für die angewandten Naturwissenschaften sowie die Sozial- und Geisteswissenschaften dürfte sie dagegen zu verneinen sein, da für diese Disziplinen auch weniger hochspezialisierte bis hin zu populärer Literatur eine teilweise wichtige Rolle spielen, die — gerade soweit sie sich inhaltlich auf die deutschsprachigen Länder bezieht — großenteils in deutscher Sprache vorliegt. Läßt sich nun, was die Publikation von Forschungsergebnissen durch deutschsprachige Wissenschaftler angeht, die englische Sprache vollwertig durch Deutsch ersetzen, oder umgekehrt? Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen und wurde auch schon oft weithin vernehmlich ausgesprochen, so z. B. in einem Beitrag von Dieter Zimmer für Die Zeit („Von Deutsch keine Rede." 19. 7. 1996: 29), der überschrieben ist mit den Worten: „Englisch wird zur Lingua franca der Wissenschaften, wer sie nicht beherrscht, wird ignoriert." Dennoch empfiehlt sich auch hier die nähere Prüfung der Frage. Wichtige Zwecke der Publikation von Forschung sind: a) die Zurverfügungstellung von Wissen für die Praxis, aber auch — wenn man so will — zum weiteren Aufbau des Gebäudes der Wissenschaften; b) die kritische Rückmeldung aus der Fachwelt, z. B. über Rezensionen, die den publizierenden Wissenschaftlern zur Korrektur und Ergänzung eigener Ansätze und Einsichten dienen; c) die materielle Belohnung oder die Steigerung des Ansehens der publizierenden Wissenschaftler. — Nebenbei bemerkt, kommt solche Gratifika-

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tion nicht nur den publizierenden Wissenschaftlern selbst zugute, sondern indirekt auch den Institutionen, an denen sie arbeiten, oder sogar den Nationen, denen sie angehören. Man denke beispielsweise an Belohnungen in Form von Wissenschaftspreisen und als Beispiel an die jährliche Mitteilung der Nobelpreise. Bei ihr wird regelmäßig weltweit vernehmbar, daß die Wissenschaftler der USA wieder einmal den Löwenanteil gewonnen haben. Selbst die damit verbundene Steigerung des Ansehens dieser Wissenschaftler kommt nicht nur ihnen selbst, sondern auch ihrer Nation zugute, indem sie unter anderem deren wissenschaftliches Ansehen vergrößert, was diverse, wenngleich im Detail schwer abschätzbare Vorteile hat (z. B. Anziehung von Wissenschaftlern und Studierenden aus dem Ausland). Es gibt gute Gründe, anzunehmen, daß die deutsche Sprache in mancher Hinsicht die Zwecke des Publizierens in geringerem Maße erfüllt als die englische Sprache, sogar für deutschsprachige Wissenschaftler (vgl. Lienert 1977). Zwar hat unsere Fragebogenerhebung eine erstaunliche Verbreitung von Deutschkenntnissen unter nicht-deutschsprachigen Wissenschaftlern zutage gefördert; sie hat aber zugleich erbracht, daß Englischkenntnisse allenthalben weit mehr verbreitet sind (vgl. Kap. C.2), was sich im übrigen auch anderen Quellen entnehmen läßt. Ebenso werden Englischkenntnisse weltweit in höherem Maße als Deutschkenntnisse für alle Arten forschungsbezogener Kommunikation genutzt, auch zur Rezeption von Forschung (vgl. Kap. C.3). — Die bevorzugte Rezeption englischsprachiger wissenschaftlicher Literatur ist vermutlich nicht nur durch Sprachkenntnisse bedingt, sondern zusätzlich durch die verbreitete Vorstellung, daß wichtige Forschungsergebnisse eher auf englisch veröffentlicht werden als auf deutsch oder in irgendeiner anderen Sprache. Auch hierauf verweisen unsere Fragebogenbefunde: 44% der Informanten würden „wissenschaftlich bedeutendere Ergebnisse" auf englisch, aber nur 9% auf deutsch publizieren (Tab. C-13). Dementsprechend — so darf man annehmen — erwarten diese Informanten „bedeutende" Befunde auch eher in englischsprachigen als in deutschsprachigen Publikationen. Die zu Anfang von Kapitel E.l zitierten Arbeiten, z. B. „Die Spitzenforschung spricht englisch" (Markl 1986), indizieren ebenfalls — schon durch ihre Titel — diese Bewertung (vgl auch Kap. D.4: (8)). — Aus all diesen Gründen ist zu erwarten, daß Publikationen in englischer Sprache breiter rezipiert werden als Publikationen in deutscher Sprache. In manchen Ländern, z. B. Entwicklungsländern mit Englisch als Amtssprache, ist sogar mit fast überhaupt keiner Rezeption deutschsprachiger Veröffentlichungen zu rechnen. Aber auch in der übrigen nicht-deutsch-

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sprachigen Welt sind die Rezeptionsaussichten für deutschsprachige Publikationen verhältnismäßig ungünstig (vgl. am Beispiel einzelner Disziplinen Klein 1985; Wunderlich 1986; Eisenberg 1987; Jung 1986; Beidelmann 1986; Frese 1990; Herfarth/Schürmann 1996). Außerdem ist kaum anzunehmen, daß nicht-deutschsprachige Wissenschaftler in Zukunft mehr Deutsch und weniger Englisch lernen. Die Sprachlern-Empfehlungen der von uns befragten Wissenschaftler an den wissenschaftlichen Nachwuchs weisen in die entgegengesetzte Richtung (Kap. C.4). Ebensowenig ist zu erwarten, daß die englischsprachigen Wissenschaftler durch die vielfach geäußerte Kritik an ihren mangelnden Fremdsprachenkenntnissen (z. B. Wood 1967; Ellen 1979; Holden 1986) zum Deutschlernen, oder überhaupt zu vermehrtem Fremdsprachenlernen, motiviert werden. Sie befinden sich nämlich in der besonderen Lage, daß ihnen die Kenntnis jeder Fremdsprache nur einen kleinen Sektor der wissenschaftlichen Publikationen erschließt, in der Regel weniger als 5 Prozent. Zudem stehen sie vor der Wahl zwischen mehreren ungefähr gleichrangigen — gleich niedrigrangigen! — Wissenschaftssprachen: neben Deutsch vor allem Französisch, Russisch, Japanisch, Spanisch, Chinesisch und Italienisch. Selbst wenn sie eine oder zwei davon lernen, bleiben ihnen andere kleine Publikationsanteile verschlossen. Ähnlich ergeht es den nicht-englischsprachigen Wissenschaftlern mit jeder anderen Fremdsprache außer Englisch. Dagegen gewinnen sie durch das Erlernen allein des Englischen gleich ein Vielfaches: Es eröffnet ihnen auf einen Schlag den größten Teil ihrer Fachliteratur, oftmals über 80 Prozent. Unter solchen Umständen ist das Erlernen anderer Fremdsprachen als Englisch für Wissenschaftler verhältnismäßig unattraktiv (vgl. Kap. D.4: (9)). Auch können deutschsprachige Wissenschaftler nicht darauf hoffen, sie könnten durch hartnäckiges Beharren auf deutschsprachigem Publizieren die anderssprachigen Wissenschaftler dazu bewegen, Deutsch zu lernen. Zudem werden englischsprachige Publikationen vermutlich eher von den „Spitzenwissenschaftlern" des jeweiligen Fachs rezipiert, und zwar allein schon aufgrund der stärkeren Rezeption dieser Publikationen in der angelsächsischen Welt, der heutzutage mehr tonangebende Wissenschaftler angehören als irgendeiner anderen Sprachgemeinschaft. Speziell die USA gelten heute als Zentrum der wissenschaftlichen Welt (Hoch/Platt 1993: 143; vgl. auch Kap. A.l, D.4: (4)). Ein anderer Grund könnte die genannte Höherbewertung englischsprachiger Publikationen sein („Die Spitzenforschung spricht englisch"), aufgrund der sogar nicht-englischsprachige Wissenschaftler englischsprachige Publikationen bevorzugt rezipieren. Die Grob-

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heit, ja Klischeehaftigkeit solcher Bewertungen liegt auf der Hand; ihre Verbreitung ist indes offenbar ein Faktum. Es ist sogar nicht auszuschließen, daß sich selbst ausgesprochene Kritiker solcher Wertvorstellungen diesen letztlich nicht entziehen können, was anhand ihres Rezeptionsverhaltens zu prüfen wäre. Schließlich ist das Publizieren in Englisch heutzutage fast schon die Voraussetzung dafür, in die Riege der „Spitzenwissenschaftler" der Welt aufzurücken. Die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ist nämlich, so muß man annehmen, in beträchtlichem Maß auch das Ergebnis eines sozialen Selektionsprozesses, nicht nur wissenschaftlicher Leistungen an sich. Der Erfolg in diesem Prozeß wird zumindest erleichtert durch die Verwendung der unter Wissenschaftlern meistverbreiteten Sprache, also des Englischen, wenn sie nicht sogar Voraussetzung dafür ist. Nur durch Verwendung des Englischen kann man heutzutage Zitatenrekorde erzielen (vgl. Garfield 1977a: passim) und in die einflußreichsten unsichtbaren Kollegien („invisible colleges"; vgl. de Solla Price 1986: 56—81) aufrücken. Es sind sogar gute Gründe dafür vorgebracht worden, daß das Publizieren auf englisch weitgehend Voraussetzung für das Gewinnen des Nobelpreises ist (vgl. Skudlik 1990: 172-185). Zumindest scheint der Weg dorthin über jede andere Sprache weit steiniger zu sein. Auch aus diesen Gründen können deutschsprachige Wissenschaftler auf das englischsprachige Publizieren kaum verzichten. Allerdings wurde verschiedentlich argumentiert, daß den Wissenschaftlern der deutschsprachigen Länder die Hinwendung zum Englischen als Publikationssprache beim Bemühen um internationale Rezeption und Anerkennung nicht viel hilft. Werner Traxel hat diese von ihm bedingt geteilte Auffassung damit begründet, daß die von deutschsprachigen Wissenschaftlern produzierten englischsprachigen Texte sprachlich zu schlecht seien; wer nicht gleichzeitig auch Anglist sei oder lange Zeit in der angelsächsischen Welt gelebt habe, bringe „oft nicht viel Besseres als eine Art von spezialisiertem Pidgin English zustande" (Traxel 1975: 589). Bisweilen wird sogar behauptet, US-Wissenschaftler rezipierten Texte von Wissenschaftlern anderer Länder nicht einmal, wenn diese in einwandfreiem Englisch verfaßt seien. In diese Richtung weist z. B. die Warnung von Francoise [sie!] HarroisMonin (1987: 310 f.) davor, die rein sprachlichen Gründe für die NichtBeachtung der europäischen Forschung in den USA zu überschätzen — wobei sie sich freilich mit den US-Wissenschaftsjournalisten, nicht mit den Wissenschaftlern selber, befaßt. Gäbe es nämlich nur sprachliche Gründe, dann müßten britische, kanadische und australische Publikationen weit

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mehr zur Kenntnis genommen werden als kontinentaleuropäische. In Wirklichkeit jedoch zeigten die US-Wissenschaftsjournalisten für Publikationen aus den anderen englischsprachigen Ländern nur eine „slight preference". Allerdings antwortet Harrois-Monin (1987: 310) auf die Frage „Why, then, is European science ignored by U. S. science journalists?" dann doch, nicht ganz konsequenterweise: „The main reason is perhaps language." Was die US-Wissenschaftler selber betrifft (im Gegensatz zu den Wissenschaftsjournalisten), sind mir zwar keine stichhaltigen Belege dafür bekannt, daß sie englischsprachige Publikationen von Wissenschaftlern anderer Länder oder anderer sprachlicher Zugehörigkeit nicht rezipierten oder diese Wissenschaftler nicht in die eigenen unsichtbaren Kollegien aufnähmen. Die zögerlichere Rezeption ist aber denkbar. Aufgrund der Stellung der USA als Weltwissenschaftszentrum und der Dominanz des Englischen als Weltwissenschaftssprache halten US-Wissenschaftler vielleicht — aufgrund von Hof-Effekten — englischsprachige Publikationen ihrer eigenen Landsleute für am ehesten lesenswert (vgl. Kap D.4: (8)). Gemieden werden vor allem Veröffentlichungen, über deren wissenschaftliche Qualität, möglicherweise auch politische Ausrichtung, relativ feste negative Vorurteile kursieren. Beispiele davon finden H.-J. Czerwon/E Havemann (1993) bei der Analyse früherer DDR-Zeitschriften. Von Zeitschriften, deren Autoren ausschließlich aus Osteuropa oder aus Entwicklungsländern stammten, wurden englischsprachige Beiträge im Westen gleich selten zitiert wie deutschsprachige. Ansonsten gibt es jedoch deutliche Anzeichen dafür, daß das Englische als Publikationssprache die Aussichten wesentlich verbessert, auch von USWissenschaftlern rezipiert zu werden. Gustav Lienert (1977: 488) berichtet, daß die ins Englische übersetzten deutschen Psychologen in den USA wohlbekannt sind. Repräsentativere Hinweise darauf, daß die Wahl der englischen Sprache der Rezeption insgesamt zuträglich ist, liefern Zitatenanalysen. Sie belegen z. B. eine bemerkenswerte Entwicklung für die englischsprachige Version der in Deutschland erscheinenden Zeitschrift Angewandte Chemie: Applied Chemistry. Diese englischsprachige Version kann sich inzwischen — trotz ihres Verlagsortes — nach dem Einflußfaktor, also der Häufigkeit des Zitiertwerdens (vgl. Kap. B.l), mit den erfolgreichsten konkurrierenden US-Zeitschriften messen — ganz im Gegensatz zu ihrer fortexistierenden deutschsprachigen Version (Chemische Kundschau 28. 10. 1988; vgl. auch Moed/van Leeuwen/Reedijk 1996). H.-J. Czerwon/F. Havemann (1993) fanden folgendes für DDR-Zeitschriften: Wenn darin auch Wissenschaftler aus hochentwickelten westlichen Ländern — keineswegs

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nur den USA! — in nennenswertem Umfang veröffentlichten, so wurden die englischsprachigen Beiträge häufiger zitiert als die deutschsprachigen. Der Befund einer groß angelegten, quantifizierenden Vergleichsuntersuchung wissenschaftlicher Publikationen in verschiedenen Sprachen, die am Institute for Scientific Information (Philadelphia, PA) durchgeführt wurde, wird folgendermaßen resümiert: „Regardless of its native language, a nation's English-language publications have the highest impact. For example, 59 percent of West Germany's 41,000 source items were in English and 41 percent in German. Its English-language publications had a cited impact of 8.87 and a total impact of 5.83, compared to 3.08 and 1.16, respectively, for German. Switzerland's exceptional citation record (...) is even better in English. Its cited impact of 11.71 and total impact of 7.67 are well above the second-ranked United States, at 9.29 and 4.95, respectively." (Garfield/ Welljams-Dorof 1990: 15) Vor allem der letztgenannte Befund stellt sogar den Hof-Effekt der USA als Weltwissenschaftszentrum infrage, dessen Existenz ich in Kapitel D.4 (8) als Hypothese formuliert habe. Allerdings bedürfte es zur zuverlässigen Prüfung speziell dieser Hypothese noch mehr als dieser einen Untersuchung von Garfield/Welljams-Dorof. Wichtig sind im vorliegenden Zusammenhang jedoch folgende beiden Befunde: (i) Die englischsprachigen Publikationen von Wissenschaftlern aus deutschsprachigen Ländern (Deutschland, Schweiz) wurden insgesamt deutlich häufiger zitiert als ihre deutschsprachigen Publikationen. (ii) Die englischsprachigen Publikationen speziell der Schweiz wurden sogar häufiger zitiert als diejenigen der USA. Vor allem letzterer Befund mahnt zur Vorsicht gegenüber undifferenzierten Behauptungen über US-Wissenschaftler, nicht selten kombiniert mit heftiger Kritik an ihrem „Chauvinismus", sie nähmen nur die Publikationen der eigenen Landsleute zur Kenntnis. Stattdessen scheint auch bei US-Wissenschaftlern die Sprache der Publikationen die Rezeptionschancen maßgeblich zu beeinflussen. Die englische Sprache ist der Rezeption förderlicher als die deutsche Sprache, insbesondere — so ist zu spezifizieren — der Rezeption außerhalb der deutschsprachigen Länder. Dabei muß hier offen bleiben, inwieweit dies durch Sprachkenntnisse oder durch — möglicherweise vorurteilsbeladene — Vorstellungen von der Sprachwahl der Spitzenforschung oder dergleichen bedingt ist. In diesem Zusammenhang sei auch noch eine denkbare politische Strategie angesprochen, die verlockend erscheinen könnte: eine energischere Poli-

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tik zur internationalen Verbreitung der deutschen Sprache. Alle größeren Sprachgemeinschaften bzw. ihre Staaten betreiben eine solche Politik. Auch die deutschsprachigen Staaten tun dies (vgl. Ammon 1991a: 524—566; 1992b), und besonders Frankreich (Kleineidam 1992); aber sogar die USA und Großbritannien engagieren sich in diesem Sinne zugunsten des Englischen (Phillipson 1992), das doch — so würde man meinen — keiner besonderen Förderung mehr bedarf. Die Politik der Verbreitung einer Sprache als Fremdsprache in der Welt bringt — wenn sie erfolgreich ist — hauptsächlich wirtschaftlichen, teilweise auch politisch-ideologischen Nutzen. Ausländische Betriebe orientieren sich zunächst einmal in Richtung derjenigen Länder, deren Sprachen sie beherrschen, auch in ihren Einkäufen, ehe sie die teuere Investition des Erlernens weiterer Sprachen auf sich nehmen: „Wer deutsch spricht kauft auch deutsch!" („Geschäfte statt Goethe" 1980; Witte 1985). Ebenso lassen sich die eigenen politischen Vorstellungen bei stärkerer internationaler Verbreitung der eigenen Sprache besser propagieren oder lancieren. Es wäre jedoch eine fatale Fehleinschätzung, wollte man der Dominanz des Englischen als Weltwissenschafts-, speziell Weltforschungssprache durch eine Politik der internationalen Förderung der deutschen Sprache begegnen. Möglicherweise beruht die Abstinenz von solchen Vorstellungen im Bericht der Bundesregierung über die deutsche Sprache in der Welt von 1985 stillschweigend auf solcher Einschätzung, während der Bericht von 1967 noch forderte, „Deutsch als Konferenzsprache [wissenschaftlicher Konferenzen! U. A.] zu fördern", sowie: „Deutsche Wissenschaftler sollten möglichst nur auf Deutsch veröffentlichen (...)"! (S. 18) Eine solche Politik würde kaum die deutsche Sprache gegenüber der englischen fördern, triebe jedoch die deutschsprachigen Wissenschaftler in die Isolation. Daß deutschsprachiges Publizieren zwar die internationale Rezeption beeinträchtigt, aber kaum die Stellung von Deutsch als internationale Wissenschaftssprache stärkt, braucht nicht nochmal begründet zu werden. Ungünstig wirkt sich meist auch die Wahl des Deutschen als Vortragssprache auf internationalen Konferenzen aus, indem die Teilnehmerschaft auf ein Häuflein Unentwegter zusammenschrumpft. Verlockender erscheint dagegen ein Engagement oder gar eine gezielte Politik mit dem Ziel, Deutsch wieder zur offiziellen Sprache von mehr internationalen Wissenschaftsverbänden zu machen, womit es in der Regel auch zur offiziellen Sprache ihrer Konferenzen würde. Die französischsprachigen und neuerdings oft auch die spanischsprachigen Länder haben sich für diesen Weg entschieden. Auf meinen eigenen Vorstoß bei der International Sociological Association, wo bisher Englisch, Französisch und Spanisch offizielle Sprachen sind, hat der Ver-

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bandspräsident positiv reagiert: „Personally, I think the claim of German to be one of them [der offiziellen Sprachen des Verbandes! U. A.] is very strong, and I would support it in any organization in which I had a say." (Brief Immanuel Wallerstein 19. 2. 1996) Allerdings fand meine Anfrage bei deutschen Soziologen, ob sie einen entsprechenden Antrag unterstützen würden, keinerlei positive Resonanz, woraufhin ich den Gedanken begraben habe. Die erwogene sprachenpolitische Stoßrichtung wäre in der Tat nicht unproblematisch. Vielleicht schaden sich die französisch- und spanischsprachigen Länder mit ihrem Bemühen um Statusaufwertung der eigenen Sprache mehr, als sie davon profitieren. Nützlich ist der Status als Konferenzsprache insoweit, als dadurch Wissenschaftler der eigenen Sprachgemeinschaft zur Teilnahme motiviert werden, die andernfalls ganz wegblieben. Insofern jedoch Wissenschaftler dadurch dazu verleitet werden, statt auf englisch in der eigenen Sprache vorzutragen, wird ihre internationale Rezeption und Wirksamkeit erheblich eingeschränkt. Ob die Wahl der eigenen Sprache für Konferenzvorträge die internationale Stellung dieser Sprache tatsächlich stärkt, ist zweifelhaft. Die Etablierung anderer Sprachen als des Englischen auf internationalen Konferenzen fördert unter Umständen die Isolation und Provinzialisierung der Wissenschaftler dieser Sprache, während der Zwang zur Wahl des Englischen ihre internationale Wirksamkeit stärkt. Ähnlich ungünstig kann sich auch die Förderung des Publizierens in anderen Sprachen als Englisch auswirken. All diese Gründe zugunsten englischsprachigen Publizierens (einschließlich englischsprachigen Referierens) deutschsprachiger Wissenschaftler beziehen sich auf ganz bestimmte Umstände, speziell auf die Ebene internationaler Kommunikation, und sind keineswegs als pauschale Argumente gegen deutschsprachiges Publizieren gemeint. Allein schon der oben genannte Zweck (1), nämlich Wissen für die Praxis zur Verfügung zu stellen, ist Grund genug, daß deutschsprachige Wissenschaftler auf deutschsprachiges Publizieren nicht verzichten können. Sie sind dringend auf die Förderung durch die eigene Gesellschaft angewiesen und können sich deshalb die sprachliche Entfremdung von ihr nicht leisten. Daher unter anderem hat nach Hubert Markl (1986: 24), der ansonsten deutschsprachigen Wissenschaftlern dringend das englischsprachige Publizieren empfiehlt, jeder deutschsprachige Wissenschaftler zugleich „die unabweisbare Verpflichtung, in Lehrbüchern, in populärwissenschaftlichen Schriften, über alle verfügbaren Medien und durch intensives, offenes, geduldiges Zusammenwirken mit den Wissenschaftsjournalisten alles zu tun, um Wissenschaft nicht nur in Form von Sensationen, Hiobsprognosen, politischen Pauken und

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Trompeten oder schlimmeren Schlagzeugen, sondern in ihrer ganzen Vielfalt, Aussagekraft und Schönheit jedem Aufnahmebereiten auf Deutsch und in möglichst gutem Deutsch zugänglich zu machen." Die Beantwortung unserer Eingangsfragen noch weiter abzusichern hieße wohl Eulen nach Athen tragen, sofern dies nicht jetzt schon zum Teil so empfunden wird. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß heutzutage Englisch als Forschungssprache der deutschsprachigen Länder unverzichtbar und nicht vollwertig durch Deutsch ersetzbar ist. Inwieweit umgekehrt Deutsch als Forschungssprache vollwertig durch Englisch ersetzbar wäre, ist demgegenüber zu differenzieren. Aufgrund unserer vereinfachten Fächereinteilung ist Deutsch, grobgesprochen, unersetzlich für die angewandten Naturwissenschaften sowie für die Sozial- und Geisteswissenschaften. Für die theoretischen Naturwissenschaften gilt dies jedoch nicht, hier ist für die reine Forschung Deutsch weitgehend verzichtbar. In den theoretischen Naturwissenschaften ist dies nur dann nicht der Fall, wenn sie die Vermittlung ihrer Erkenntnisse an die eigene Bevölkerung als unerläßliche Aufgabe anerkennen. Die Notwendigkeit von Deutsch für die Forschung wird hier also zu einer Frage des Verhältnisses der Vertreter dieser Disziplinen zur eigenen Bevölkerung und damit letztlich gesellschaftspolitisch. Damit ist zugleich das Feld gewiesen, auf dem sich die Auseinandersetzung um die zukünftige Sprachwahl dieser Disziplinen abspielen dürfte. Als Mitspieler kommen alle in Betracht, die einerseits an dieser Sprachwahl ein Interesse haben und andererseits in den deutschsprachigen Ländern über gesellschaftspolitische Einwirkungsmöglichkeiten verfügen. Dabei sollte allerdings das hohe Gut der Freiheit der Forschung nicht vergessen werden. Zu ihr gehört auch, wie mir scheint, die Freiheit der Sprachwahl. Forscher sollten, denke ich, das Recht haben, die für ihre Tätigkeit bestgeeignete Sprache zu wählen. Nur so können sie nämlich ihre spezifische Aufgabe, die Forschung voranzubringen, optimal erfüllen. — Wenden wir uns nun, nach dem Blick auf die Forschung, der Sprachwahl für die akademische Lehre zu.

3 Englisch auch für die Hochschullehre? 3.1 Wirklichkeit und Chancen englischsprachiger Lehre Für die heutige Zeit gilt zweifellos, daß „the international language of science is English". Darauf müssen auch die deutschsprachigen Länder sich

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einstellen. Möglicherweise ändert es sich irgendwann wieder, „one day it may be Chinese" (Patrick 1986: 1053). In der Tat scheint es überhaupt keine dauerhaft stabile Dominanz einer Sprache zu geben, wie Jonathan Pool (1991) hypothetisch am Beispiel der vermutlich besonders stabilen Situation einer von allen Menschen der Welt als Zweitsprache beherrschten Kunstsprache (von der Art des Esperanto) gezeigt hat — besonders stabil deshalb, weil nationale Rivalitäten sowie Spannungen aufgrund eines einseitigen Muttersprachvorteils wegfallen würden und alle internationalen Kommunikationsprobleme gelöst wären. Selbst eine solche Situation bliebe jedoch grundsätzlich labil (vgl. Kap. D.4: (10)). Jedoch ist derzeit keine Verschiebung weg vom Englischen als dominanter Weltwissenschaftssprache und hin zu einer anderen Sprache in Sicht. Sie ist ganz besonders nicht in Richtung einer der anderen europäischen Sprachen zu erwarten (vgl. Kap. E.l: Anfang). Im vorausgehenden Kapitel (E.2) wurde gezeigt, daß deutschsprachige Wissenschaftler auf das Englische als Forschungssprache nicht verzichten können; allerdings auch wohl kaum auf das Deutsche, außer vielleicht in den theoretischen Naturwissenschaften. Im Kapitel davor (E.l: gegen Ende) wurde überdies auf die derzeitige sprachliche Kluft zwischen Forschung und Lehre hingewiesen: Forschung auf englisch und deutsch — Lehre nur auf deutsch. Ein solcher sprachlicher Riß ist nicht, zumindest nicht ohne weiteres, vereinbar mit der seit Wilhelm von Humboldt tradierten Universitäts-idee, denn für sie ist die Einheit von Forschung und Lehre wesentlich. Hierzu gehört, wie man meinen sollte, auch die sprachliche Einheit. Diese ließe sich wieder herstellen durch die Hinzunahme von Englisch auch für die Lehre. Am Ende von Kapitel E.l wurde verdeutlicht, daß die Humboldt'sche Idee heute uneingeschränkt nur auf das Postgraduierten-Studium anwendbar ist. Speziell dort findet akademische Lehre im engeren Sinn statt; für sie ist die Einheit mit der Forschung ein Definitionsmerkmal; jedenfalls soll der Terminus hier in diesem Sinne verstanden werden. Im davorliegenden Teil des Studiums, bis zur Graduierung (Diplom, Magister, Erstes Staatsexamen), ist die Lehre von der Forschung insoweit getrennt, als die Studierenden in der Regel nicht selber forschen; freilich ist der Übergang zur eigenen Forschung fließend, im Hauptstudium gibt es Ansätze dazu, vor allem bei der Anfertigung der Examenshausarbeit (Diplom-/Magister-/Staatsexamensarbeit). Vereinfacht läßt sich jedoch der Gegensatz zwischen der Studienphase vor der Graduierung und dem Postgraduierten-Studium charakterisieren durch fehlende bzw. vorhandene Einheit von Forschung und Lehre. Will man diesen Gegensatz terminologisch hervorheben, so kann

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man bei fehlender Einheit von Forschung und Lehre auch von Unterricht (hier genauer: Hochschulunterricht) sprechen. Für den Oberbegriff von Lehre im engeren Sinn und Hochschulunterricht eignet sich der Ausdruck Lehre (im weiteren Sinn), wobei der Klammerzusatz auch verzichtbar ist. Durch diese Zusammenfassung wird der Unterschied zwischen Hochschule (Lehre] und Schule (Unterricht im engeren Sinn/Schulunterricht) betont, der unter anderem darin besteht, daß die Lernenden an der Hochschule generell, also auch schon im Grundstudium, an den aktuellen Forschungsstand herangeführt und unmittelbar mit Forschungsliteratur befaßt werden, in der Schule jedoch in der Regel nicht. Der Ausdruck Hochschullehre, synonym mit Lehre (im weiteren Sinn), ist dann pleonastisch, zur Verdeutlichung aber dennoch zweckmäßig. Für den Oberbegriff von Schul- und Hochschulunterricht eignet sich trivialerweise der Terminus Unterricht (im weiteren Sinn), bei Verzichtbarkeit des Klammerzusatzes (vgl. zur Illustration Abb. E-l). Schulunterricht — Hochschulunterricht — Hochschullehre Unterricht im engeren Sinn l l Unterricht (im weiteren Sinn) l l Lehre (im weiteren Sinn) l L Lehre im engeren Sinn Abb. E-l: Terminologie im Begriffsfeld ,Unterricht' — ,Lehre'

In dieser Terminologie überlappen sich die Bedeutungen von Unterricht (im weiteren Sinn) und von Lehre (im weiteren Sinn), was verwirrend sein kann, aber nicht muß. Störender ist die unterschiedliche Komponierbarkeit beider Ausdrücke: Lehrsprache ist — im Gegensatz zu Unterrichtssprache — im mündlichen Sprachgebrauch mißverständlich (vgl. Leersprache), weshalb besser zwei verschieden gebildete Termini verwendet werden: Sprache der Lehre — Unterrichtssprache. Bei erweiterten Zusammensetzungen verschwindet die Mißverständlichkeit allerdings; so ist z. B. der Terminus Lehr-Zusatzsprache für zusätzliche Sprache der Lehre ziemlich unproblematisch. — Dieser provisorische Sprachgebrauch soll hier fürs Weitere eine gewisse Einheitlichkeit gewährleisten. Dabei wird auf die Spezifizierung „im weiteren Sinn" in der Regel verzichtet; ebenso auf die Spezifizierung „im engeren Sinn" dann, wenn kein Mißverständnis droht. Nur nebenbei sei noch auf die ansonsten meist umfassendere Bedeutung von lehren hingewiesen, die in der Regel in Opposition steht zur Bedeutung von lernen und

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dabei auf keine bestimmte Alters- oder Ausbildungsstufe beschränkt ist (vgl. auch Lehrer). Der Gedanke, Unterricht oder Lehre an Bildungseinrichtungen deutschsprachiger Länder in englischer Sprache zu erteilen, ist nicht neu; solcher Unterricht bzw. solche Lehre ist vielmehr schon seit geraumer Zeit Praxis. Schulunterricht auf englisch gibt es seit Jahrzehnten an einer Reihe von zweisprachigen Gymnasien, z. B. an der deutsch-amerikanischen KennedySchule in Berlin oder an der Vienna International School, die — wie der Name sagt - ihren Sitz in Wien hat (Christ 1993: 66-69; Gauß/Lau 1993: 8). Dieser englischsprachige Unterricht in einem Teil der Fächer, neben deutschsprachigem Unterricht in den übrigen Fächern, wurde allerdings aus anderen Gründen eingeführt als aufgrund der Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache. Er dient ganz allgemein der Vermittlung solider Fremdsprachenkenntnisse bzw. der Handlungsfähigkeit in zwei Sprachen. Das geht unter anderem daraus hervor, daß an manchen Schulen statt Englisch auch andere Fremdsprachen zum Unterrichten dienen, nämlich Französisch, Italienisch, Niederländisch, Spanisch oder Russisch. In Deutschland gab es 1993 rund 100 zweisprachige Schulen. Ein wichtiges Motiv für ihre Einrichtung war und ist die Förderung der Mehrsprachigkeit im Hinblick auf ein vereintes Europa. Paradebeispiele dafür sind die „Europaschulen", von denen es in Deutschland 2 gibt: in Karlsruhe und München (vgl. Ammon 1991a: 449f.). Ohnehin jedoch kann Schulunterricht nicht unmittelbar auf die hier entwickelten Überlegungen bezogen werden, die vom vorherrschenden Sprachgebrauch in der Forschung ausgehen. Mehr in die Nähe dieser Überlegungen kommen neue Modellversuche zweisprachiger „internationaler" Studiengänge an den Hochschulen Deutschlands, die im Wintersemester 1997/98 zunächst einmal an 18 Hochschulen in Deutschland angelaufen sind (an 9 für „undergraduates" (Nichtgraduierte) und an 16 für „graduates" (Graduierte), an 7 davon beide Stufen). Die Broschüren, in denen sie vorgestellt werden, sind bezeichnenderweise zunächst einmal nur englischsprachig (Deutscher Akademischer Austauschdienst 1997a/b). Diese Studiengänge werden vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (bmb+f) finanziell gefördert und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) zentral verwaltet. Sie haben auch wiederholt die Aufmerksamkeit der deutschen Presse erhalten (vgl. z. B. „Studieren in Deutschland darf kein Auslaufmodell werden", „Das Bildungsministerium fördert internationale Studiengänge". Frankfurter Allgemeine Zeitung 22. 9. 1997: 14 bzw. 6. 10. 1997: 27; „Studium in Englisch: Visionär." Die Zeit 9. 5. 1997: 17).

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Das primäre Motiv für die Einrichtung dieser Studiengänge ist allerdings nicht die Herstellung der sprachlichen Einheit von Forschung und Lehre für die deutschen Studierenden, sondern die breitere Öffnung der Universitäten Deutschlands für Studierende aus nicht-deutschsprachigen Ländern („Auslandsstudenten"). An diese Adressaten, und nur an sie, ist auch das „Preface" der Broschüren gerichtet (Deutscher Akademischer Austauschdienst 1997a/b: 5 bzw. 3). Die neuen Studiengänge sind vor allem für die Fachrichtungen „Wirtschaftswissenschaften/ Betriebswirtschaftslehre, Ingenieurwissenschaften (einschließlich Informatik), Mathematik [und] Naturwissenschaften" gedacht (DAAD [1997] Ausschreibung (...): 2; Zusendung durch Anne K. Jansen, DAAD). Sie dürfen nicht mit inhaltlich international ausgerichteten Studiengängen verwechselt werden, die derzeit ebenfalls in verschiedenen Ländern aufkommen (vgl. van der Wende 1997). Der Grund für die Einrichtung jener neuen Studiengänge an den deutschen Hochschulen ist den Planungspapieren zu entnehmen und wird schon erkennbar an Titeln wie Studienstandort Deutschland attraktiver machen (Bonn, 24. 6. 1996, Zusendung durch Peter C. Jentsch, bmf+f) oder Überschriften wie „Alarmzeichen für den Studienstandort Deutschland" oder „(...) Wachsende regionale Defizite in der Nachfrage ausländischer Eliten" (Ebd.: l f.). Aus Hochtechnologieländern wie den USA sowie aus den Wachstumsländern Ostasiens einschließlich Indiens und Indonesiens, aber auch aus Lateinamerika, kommen immer weniger Studierende nach Deutschland, vor allem im Verhältnis zu den anschwellenden Studentenzahlen in diesen Ländern (vgl. im Internet; auch Eglau 1997). Die meisten zieht es stattdessen in die USA und andere englischsprachige Länder. Welcher Umschwung sich hier vollzogen hat, wird daran deutlich, daß vor 15 Jahren bundesdeutsche Politiker noch nach Restriktionsmöglichkeiten gesucht haben „angesichts des hohen Zustroms ausländischer Studienbewerber zu den deutschen Hochschulen" (Deutscher Bundestag 1981: 41). Die heute entgegengesetzte Entwicklung wurde und wird in Deutschland nun auch wieder vielfach beklagt. Ein Zeitungsbericht über die Alexander von Humboldt-Stiftung zitiert z. B. Entwicklungsminister Carl-Dieter Spranger: „Die Anzahl der Studenten aus Asien ist seit fünf Jahren rückläufig. Nicht einmal hundert Indonesier beginnen pro Jahr ein Studium in Deutschland, aber Tausende strömen in die USA (...)". Im Zusammenhang damit wird auch die Pflege wissenschaftlicher Kontakte zu diesen Ländern schwieriger; sogar das Interesse ihrer Wissenschaftler an deutschen Stipendien nimmt ab: „Diese Entwicklung macht auch der Alexander von Humboldt-Stiftung Sorgen. Denn viele, die sich um ein Stipen-

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dium bewerben, waren vorher schon als Studenten in Deutschland und haben die deutsche Sprache auf diesem Weg gelernt. Ohne diesen Background verstärkt sich die Tendenz, lieber gleich in die USA zu gehen. Das beobachtet die Stiftung zur Zeit vor allem in den asiatischen Ländern." („Die Humboldt-Mafia." Die Zeit 4. 7. 1997: 17. Ähnlich „Das deutsche Internet. Die Humboldt-Stiftung und ihr schwieriges Erbe." Frankfurter Allgemeine Zeitung 6. 10. 1997: 41) Allerdings scheint diese Entwicklung nicht ganz neu, denn die Alexander von Humboldt-Stiftung stellt schon seit einiger Zeit fest, „daß das früher »natürliche Reservat' für künftige Gastwissenschaftler, die das deutsche Hochschulsystem bereits kennen und exzellent Deutsch sprechen und bei denen aufgrund ihrer eigenen Biographie eine besondere Werbung für einen Forschungsaufenthalt in Deutschland nicht erforderlich ist, stark geschrumpft ist." Und sie beklagt in diesem Zusammenhang auch, „daß es für einen ausländischen Wissenschaftler praktisch nicht möglich ist, sich durch eine englischsprachige Publikation regelmäßig über neue Entwicklungen und Schwerpunkte in der deutschen Forschungslandschaft zu informieren." (Lust 1997: 125) — In anderen Berichten wird auf die Erschwerung zukünftiger wirtschaftlicher Kontakte als Folge dieser Entwicklung hingewiesen. Als einer von verschiedenen Gründen für das Desinteresse nicht-deutschsprachiger Studierender am Studium in einem deutschsprachigen Land werden, sicher zu Recht, mangelnde Deutschkenntnisse der potentiellen Bewerber vermutet; diese „Sprachbarriere" soll durch ein englischsprachiges Lehrangebot abgebaut werden, in Verbindung mit studienbegleitendem gezieltem Deutschunterricht. In dieser Begründung spielt die Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache keine, wenigstens keine unmittelbare Rolle. Dies wird auch daran ersichtlich, daß — zumindest in der Ausschreibung — gerade für die forschungsnahen Postgraduierten-Studiengänge nur „ausländische" Studierende als Zielgruppe genannt sind, wogegen in den „grundständigen Studienangeboten" nur ,,[e]twa „die Hälfte der Studierenden (...) Ausländer sein", die andere Hälfte also Deutsche bzw. Deutschsprachige sein sollen (DAAD [1997] Ausschreibung (...): jeweils 1). Im Hinblick auf Englisch als internationale Wissenschaftssprache wäre dagegen gerade in Postgraduierten-Studiengängen englischsprachige Lehre auch für Deutsche besonders wichtig. — Allerdings wurden dann in der Praxis doch auch deutsche Studierende in die Postgraduierten-Studiengänge aufgenommen. Die Einrichtung dieser neuen Studiengänge soll hier keineswegs kritisiert werden. Im Gegenteil: Sie mögen längerfristig tatsächlich dazu beitragen,

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den Hochschulen Deutschlands wieder mehr nicht-deutschsprachige Studierende zuzuführen und dadurch der Hochschul-Provinzialisierung entgegenwirken. Zwar sind gewisse Schwierigkeiten abzusehen, schon bei der Gewinnung wirklich qualifizierter ausländischer Dozenten mit den nach oben auf maximal C3 beschränkten Gehältern. Außerdem werden Dozenten und Studierende mit erheblichen Kommunikationsproblemen zu kämpfen haben, zumindest anfänglich (vgl. z. B. Ho 1982; Tobin/McRobbie 1996). Dabei ist zu unterscheiden zwischen a) den Verstehensproblemen der Studierenden, für die Englisch Fremdsprache ist, bei Dozenten mit Englisch als Muttersprache, vor allem wenn diese keine Erfahrung im Umgang mit Fremdsprachlern haben, und b) den Mitteilungsproblemen von Dozenten mit Englisch als Fremdsprache. Letztere wurden von Urs Dürmüller in der Schweiz schon untersucht, ohne daß freilich die Ergebnisse bislang veröffentlicht sind (E-Mail Dürmüller 8. 12. 1997). Jedoch lassen sich derartige Schwierigkeiten nach und nach überwinden oder auf ein erträgliches Maß reduzieren, zumal bei geeigneter evaluierender Begleitung — die übrigens Karlfried Knapp (Universität Erfurt) geplant hat und durchführen möchte. — Bleibt nur die ebenfalls mögliche Überwindung der speziell in Deutschland unvermeidlichen Verwaltungshürden, wonach z. B. „ausschließlich in englischer Sprache nur reine Wahlveranstaltungen angeboten werden dürfen", solange Englischkenntnisse nicht Einschreibungsvoraussetzungen sind, oder „mündliche Prüfungen nicht in englischer Sprache abgehalten werden sollten", wegen der „Beweissituation vor Gericht aufgrund evtl. Sprachschwierigkeiten" (briefliche Mitteilung des Kanzlers der Universität Bonn an das Rektorat der Universität Duisburg 4. 9. 1997). Mehr Auslandsstudenten würden diese neue Studiengänge vor allem insoweit anziehen, als die bislang geforderten Deutschkenntnisse tatsächlich ein maßgeblicher Abschreckungsgrund waren. Manche Zahlen passen in der Tat recht genau zu der Vermutung, daß die „Sprachbarriere" wesentlich zur geringen Nachfrage seitens nicht-deutschsprachiger Studenten nach einem Studium an den Hochschulen Deutschlands beigetragen hat. So bewarben sich z. B. im Rahmen des Stipendienprogramms der Europäischen Union (EU) „Human Capital" für Nachwuchswissenschaftler „mehr als dreimal so viele Wissenschaftler für einen Aufenthalt in Frankreich als für einen Aufenthalt in Deutschland und noch weit mehr als dreimal so viele Wissenschaftler für einen Aufenthalt in Großbritannien" (Studienstandort Deutschland attraktiver machen. Bonn 24. 5. 1996: 5. Vgl. auch Lust 1997:

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124). Und tatsächlich liegt sowohl in der EU als auch weltweit die Zahl der Fremdsprachenlerner des Französischen etwas über dreimal so hoch wie beim Deutschen, und beim Englischen noch um ein Mehrfaches höher. In der früheren Europäischen Gemeinschaft (EG) lagen die Zahlen der Fremdsprachenlerner an den Schulen um 1985 bei 2,9 Mio. für Deutsch, 9,1 Mio. für Französisch und 18,1 Mio. für Englisch (Eurydice 1989); weltweit waren es in den 80er Jahren ungefähr 15 Mio. für Deutsch, 55 Mio. für Französisch und 120 Mio. für Englisch (Ammon 1991a: 437—440); die Proportionen haben sich seitdem noch mehr zugunsten des Englischen verschoben. Es gibt viele weitere Daten, die vermuten lassen, daß vorhandene Sprachkenntnisse bei der Wahl eines Studienlandes eine gewichtige Rolle spielen. So strebten z. B. von den Erasmus-Stipendiaten der EU die weitaus meisten nach Großbritannien und die zweitgrößte Zahl nach Frankreich, während Deutschland mit gehörigem Abstand an dritter Stelle folgte — in annähernder Übereinstimmung mit den Proportionen der Fremdsprachenkenntnisse in der EU (vgl. Ammon 1991 a: 277). Allerdings ist nicht genau bekannt, welches Gewicht vorhandene Sprachkenntnisse bei der Wahl von Studienländern haben. Gezielte Untersuchungen dazu sind ein Desiderat, gerade auch im Hinblick auf die neuen internationalen Studiengänge an den Hochschulen Deutschlands. Inzwischen pfeifen es freilich die Spatzen vom Dach, daß Rücksichten auf vorhandene Sprachkenntnisse nicht ausreichen, um die Hochschulen Deutschlands, zum Teil auch die der anderen deutschsprachigen Länder, kurz: die deutschsprachigen Hochschulen, für Ausländer wieder wirklich attraktiv zu machen (vgl. z. B. Hollerith, ed., 1997; Pistor, ed., 1997; Jentschura 1995). Anläßlich der Studentenstreiks Ende des Jahres 1997 schrieben renommierte ausländische Zeitungen ganz offen vom „perilous decline in the quality of German universities" („German universities' ills prompt exodus". Japan Times 29. 11. 1997: 8 — Hinweis Jürgen Ziegler). Um solchen abschreckenden Einschätzungen entgegenzuwirken müssen die deutschsprachigen Universitäten in allen wesentlichen Aspekten von Forschung und Lehre auf Spitzenniveau gebracht werden, in Annäherung an den besseren Teil der US-Universitäten; außerdem müssen sie international geltende Abschlüsse bieten, die heutzutage denen an den US-Universitäten entsprechen (Bachelor/Bakkalaureus bzw. Master/Magister). Grundsätzlich wird dies von vielen Verantwortlichen auch gesehen, nicht zuletzt vom deutschen Bundesminister für Bildung (...). Dementsprechend wurden zusätzlich zum englischsprachigen Lehrangebot zahlreiche weitere Reformen angeregt und teilweise auch angepackt (vgl. z. B. das Positionspapier von

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Jürgen Rüttgers Hochschulen für das 21. Jahrhundert, o. J., bmf+f). Es bleibt jedoch zweifelhaft, ob solche Reformen ohne weit substantiellere Veränderungen als die bisher geplanten je im nötigen Ausmaß durchführbar sein werden, z. B. allein schon wegen des — verglichen mit den US-Universitäten, zumindest den besseren unter ihnen — deutlich ungünstigeren Zahlenverhältnisses von Dozenten zu Studierenden, das letztlich eine finanzielle Frage ist. So lag 1995 die Relation Dozenten : Studierende der 300 besten Hochschulen der USA bei durchschnittlich l : 12,7, der deutschen Universitäten dagegen bei l : 19,0, also fast 50% höher, der deutschen Fachhochschulen gar bei l : 29,2 (Meltzer u. a. 1995 bzw. Wissenschaftsrat, ed., 1996: 33). Aufgrund dieses ungünstigeren Zahlenerhältnisses wird es an deutschen Universitäten kaum möglich sein, daß die Dozenten die Studierenden sowohl gleichermaßen intensiv betreuen als auch die gleichen Forschungsleistungen erbringen wie an den US-Universitäten. Statt sich — wie es gängig ist — mit dem Gedanken zu beruhigen, die deutschen Universitäten seien besser als ihr Ruf, wäre es vielleicht realistischer und ein nachhaltigerer Reformansporn, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß sie noch schlechter sind als ihr Ruf, der aus früheren Glanzzeiten aufgehellt ist (vgl. Fritzsch 1998). Diese Bemerkungen sind nicht defaitistisch gemeint; die geplanten bescheidenen Reformen sind Schritte, denen weitere folgen können. Doch zurück zur Sprachwahl für die Lehre, die nur eine von vielen Facetten im Attraktivitätsspektrum der deutschsprachigen Universitäten bildet. Der Ansatz bei der Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache legt eine Sprachwahl für die Lehre nahe, durch die sich die deutschsprachigen Universitäten für ausländische Studierende noch mehr öffnen würden als durch die bisherigen Reformmodelle: nämlich die generelle Zweisprachigkeit Deutsch + Englisch. Generell heißt insbesondere: auch für alle deutschsprachigen Studierenden. Darin vor allem unterscheidet sich diese Zielvorstellung von den im Wintersemester 1997/98 angelaufenen internationalen Studiengängen. Aus wissenschaftssprachlicher Sicht wäre nämlich ein englischsprachiges Lehrangebot, als Ergänzung zum deutschsprachigen Lehrangebot, für deutschsprachige Studierende ebenso wichtig wie für fremdsprachige. Allerdings müßte es — bei aller Einbeziehung auch der deutschsprachigen Studierenden — gewisse Einschränkungen geben, und zwar: (1) nach den Fächern. In erster Linie kämen die theoretischen Naturwissenschaften in Betracht, teilweise auch die angewandten Natur- und die Sozialwissenschaften, während sich für die Geisteswissenschaften die Situation anders darstellt.

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(2) nach den Studienphasen. Der dringendste Bedarf bestünde in der Postgraduierten-Phase. Für die davorliegenden Studienphasen wäre die Notwendigkeit aus wissenschaftssprachlicher Sicht nicht so groß; allerdings gibt es hier andere Gründe für ein englischsprachiges Lehrangebot. Um Mißverständnisse zu vermeiden, sei betont, daß diese Zielvorstellungen hier nicht verfochten, sondern zur Diskussion gestellt werden — was der Gebrauch des Konjunktivs signalisieren soll. Allerdings werden im vorliegenden Kapitel hauptsächlich die Vorzüge englischsprachiger Lehre an deutschsprachigen Hochschulen dargestellt. In gewisser Weise verbindet sich damit die Prognose, die freilich — auch dies soll der Konjunktiv ausdrücken! — höchst unsicher ist, daß die englischsprachige Lehre wegen dieser Vorteile in Zukunft um sich greifen wird, so sehr sich bestimmte Gruppen auch dagegen stemmen mögen. Dabei soll nicht übersehen werden, daß mit der Lehre auf englisch erhebliche Probleme verbunden sind. Ihre Darstellung folgt in Kapitel E.3.2. Die vorausblickende Abschätzung dieser Probleme ist wichtig, um ihnen möglichst angemessen zu begegnen. Dies ist gerade dann notwendig, wenn man davon ausgeht, daß die englischsprachige Lehre tatsächlich kommt. Wer einen solchen Gang der Dinge annimmt, setzt im Grunde voraus, daß die Vorteile englischsprachiger Lehre ihre Nachteile überwiegen bzw. genauer: daß die Entscheidungsträger dies so einschätzen. Tatsächlich liebäugeln maßgebliche Hochschulpolitiker und auch viele Hochschullehrer schon heute mit englischsprachiger Lehre. Allerdings gibt es offenbar noch keine Attitüden-Untersuchung dazu, die ein Desiderat ist. Es existiert auch ein merklicher öffentlicher Druck in die Richtung englischsprachiger Lehre, und zwar nicht nur von politischer Seite, z. B. seitens des bmb+f (vgl. oben), sondern auch seitens renommierter Medien, z. B. Zeitungen wie Die Zeit. In ihr wurden wiederholt Auffassungen publiziert, wie sie etwa in der Titelblatt-Formulierung von Joachim Fritz-Vannahme zum Ausdruck kommen: „Wann überwindet die Universität [Deutschlands! U. A.] ihre nationalsprachliche Beschränktheit und nimmt das Englische als das, was ihr das Lateinische einmal war, eine Lingua franca, nicht mehr Fremd-, sondern Umgangssprache unter Gebildeten?" („Holt die Welt in die Uni." Die Zeit 5. 9. 1997: 1) Ein Beispiel von hochschulpolitischer Seite ist das Plädoyer des Gründungsrektors der Universität Erfurt, Peter Glotz, „mehr englischsprachige Studiengänge einzuführen", das er sogar auf dem deutschen Romanistentag, also gewissermaßen in der Höhle des Löwen, vortrug („Es ist eine Lust, Wortforscher zu sein." Frankfurter Allgemeine

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Zeitung 8. 10. 1997: N6). Ebenso erklärte der Bundesaußenminister „den Vorschlag, an deutschen Hochschulen auch englischsprachige Studiengänge einzuführen, (...) für eine gute Anregung." (Kinkel 1997) Schließlich kam sogar von höchster staatlicher Ebene, von Bundespräsident Roman Herzog, Ermutigung zu englischsprachiger Hochschullehre. In seiner öffentlichkeitswirksamen Rede zu notwendigen Bildungsreformen warnte er vor ,provinziellem Denken' im deutschen akademischen Leben und setzte anerkennend davon ab: „Es gibt inzwischen schon eine Reihe von Hochschulen, in denen — beispielsweise — Vorlesungen auf englisch zum Alltag gehören (...)" — für ihn offenbar eines der hoffnungsvollen Anzeichen seiner Vision eines ,internationalen Bildungssystems' für Deutschland. („Freiheit ist anstrengend: Fördern und Fordern." Frankfurter Allgemeine Zeitung 6. 11. 1997: 9) In der Tat ist Englisch über die ansonsten im vorliegenden Kapitel berichteten Ansätze hinaus faktisch in vielfältiger, unauffälliger Weise in der Lehre an deutschsprachigen Hochschulen schon präsent. An mehreren Hochschulen existieren beispielsweise Sommerkurse mit Englisch als Sprache der Lehre, z. B. im Rahmen der Sommerschule für Mathematik an der Universität Kaiserslautern. An anderen Hochschulen finden vereinzelte Lehrveranstaltungen in englischer Sprache statt. So haben z. B. an der Universität Duisburg einige Dozenten der Mathematik damit begonnen, die Vorlesungen für Erstsemester mit einem rein englischsprachigen Vortrag zu beschließen (Hinweis Klaus-Werner Wiegmann). Ähnliche Entwicklungen lassen sich vielerorts beobachten. Auch in der deutschsprachigen Schweiz gibt es seit einiger Zeit englischsprachige Lehrveranstaltungen: „Naturwissenschaften, Medizin sind die Vorreiter. Beiträge auf Englisch auch bei den Juristen und den Spezialwissenschaftern." (E-Mail Urs Dürmüller 8. 12. 1997) Ebenso werden an den österreichischen Hochschulen ziemlich regelmäßig englischsprachige Lehrveranstaltungen angeboten, „am ehesten in den technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen." „So sind für technische Studienrichtungen im 2. Studienabschnitt 5 Stunden Lehrveranstaltungen auf Englisch verpflichtend. Die Uni Innsbruck hat ein Studium ,Wirtschaftswissenschaften mit internationaler Ausrichtung', das ebenfalls einen englischsprachigen Teil verpflichtend enthält. An der Universität für Montanistik in Leoben gilt dasselbe für eine Studienrichtung, die sich mit Erdölwissenschaften befaßt. Und an der Uni Wien gibt es ein Studium in internationaler Betriebswirtschaftslehre, das ebenfalls einen englischsprachigen Teil enthält." (E-Mail Rudolf de Cillia 9. 12. 1997, Hinweise Günter Vallaster).

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Genauere Untersuchungen stehen allenthalben noch aus, sind aber in näherer Zukunft zu erwarten. Deutliche Ansätze der Anglisierung in der Lehre wurden sichtbar bei der Durchsicht der Vorlesungsverzeichnisse für das Wintersemester 1997/98 von 8 großen deutschen Universitäten (Freie Universität Berlin, Frankfurt, Göttingen, Hamburg, Heidelberg, Köln, Leipzig, München). In zahlreichen Fächern gab es nicht nur fachspezifische Englischkurse („Englisch für Commercial Law", „Legal English", „Medical English", „English for Physical Education" usw.) sowie Kurse für englischsprachige Fachlektüre („Lektürekurs englischsprachiger Texte aus den Bereichen der Politikwissenschaft und der internat. Beziehungen", „Aktuelle Publikationen im Bereich der molekularen Evolution, teilweise in englischer Sprache" und dergleichen), sondern auch reguläre Vorlesungen, Seminare und Übungen mit englischsprachigen Titeln und damit vermutlich auch in englischer Sprache, was gelegentlich durch Zusätze wie „in English" klargestellt wurde. Nur ein Teil dieser Veranstaltungen war inhaltlich auf die angelsächsische Welt bezogen, z. B. „History of American Democracy I" (Vorlesung Neuere Geschichte, FU Berlin). Einige der englischsprachigen Veranstaltungen wurden, wie die Namen vermuten lassen, von ausländischen Gastdozenten angeboten, bei den meisten gaben die Namen jedoch dafür keine Anhaltspunkte. Die englischsprachigen Veranstaltungen streuten über ziemlich alle Fakultäten und Fächer, ausgenommen die Sprachfächer (Germanistik, Romanistik usw.). Anbei eine kleine Blütenlese in Form je eines Beispiels von den genannten 8 Universitäten (Originalschreibungen): „On-Line and Adversial Algorithms" (Vorlesung Mathematik, FU Berlin), „Out of Minds-Science, Ecstasis, and the ethnographic Exploration of Afrika [sie!]" (Vorlesung Philosophie/Geschichtswissenschaften, Frankfurt), „Water and Nutrient Management in the Tropics" (Vorlesung Agrarwissenschaften, Göttingen), „Topics in Gastrointestinal Endoscopy" (Vorlesung Medizin, Hamburg), „Eurkaryotic transcription factors in differentiation and oncogenesis" (Hauptseminar-Praktikum Biologie, Heidelberg), „Problems in Ukrainian history" (Vorlesung Geschichte, Köln), „Introduction to the Yoruba Language I" (Hauptseminar Afrikanistik, Leipzig), „Leibniz: Ideas, Language, Met[a]physics" (Vorlesung Philosophie, München). Anteilmäßig waren die englischsprachigen Veranstaltungen in allen Fächern Ausnahmen (unter 5% der Fach- und unter 1% der Fachbereichs-/Fakul-

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tätsangebote), aber sie waren doch jeweils in mehreren Fächern und Fachbereichen vertreten. Eine gründliche empirische Untersuchung der englischsprachigen Veranstaltungen an den Hochschulen der deutschsprachigen Länder wäre aufschlußreich für die weitere Planung. Dabei könnten Vorzüge und Probleme aufgedeckt, aber auch — durch Langzeituntersuchungen — Entwicklungstendenzen extrapoliert werden. Auch im Hinblick auf den Fortbestand deutschsprachiger Lehre ist es an der Zeit, sich mit der Frage englischsprachiger Lehre an deutschsprachigen Hochschulen gründlich zu befassen. Außer der Untersuchung des gegenwärtigen Zustandes und aktueller Pläne (wie die neuen internationalen Studiengänge) wäre auch die Entwicklung alternativer Modelle von Interesse. Unterschiedliche Modellvarianten englischsprachiger Lehre für verschiedene Fächer und Studentengruppen sollten auf ihre Realisierungsmöglichkeiten sowie ihre Vor- und Nachteile hin durchgespielt werden, wobei letzteres die möglichst ungeschminkte Aufdeckung jeweils tangierter Interessen voraussetzt. Auch Untersuchungen der Einstellung von Dozenten und Studierenden zu englischsprachiger Lehre, differenziert nach Fächern und bei den Dozenten zusätzlich nach Altersgruppen, stehen — wie oben schon erwähnt — aus und wären wichtig (vgl. Trifonovitch 1981). Offenkundig sind diese Aufgaben bei weitem zu komplex für den Rahmen der vorliegenden Studie; mehr als einige allgemeine Überlegungen dazu sowie Hinweise auf Probleme sind hier nicht möglich. Der Hauptzweck des vorliegenden und des nächsten Kapitels besteht darin, die Diskussion anzustoßen und Forschungdesiderate aufzuzeigen sowie möglichst viele der Betroffenen zu ermuntern, ihre Interessen — sofern sie diese berührt sehen — zu artikulieren. Englischsprachige Lehre an deutschsprachigen Hochschulen wurde schon vor Jahrzehnten vorgeschlagen. Der Psychologe Gustav A. Lienert (1977: 489) hat schon vor über 20 Jahren bei der für seine Hochschule zuständigen Landesregierung, nämlich Bayerns, die „Einrichtung englischsprachiger Universitäten" oder zumindest „eine College-Stufe einer internationalen Universität" in München und Nürnberg angeregt. Diese Anregung war Teil seiner Suche nach dem für deutschsprachige Wissenschaftler „beste[n] Weg, Englisch zu publizieren", was ihm angesichts des Übergewichts der englischen Sprache und der Dominanz der USA in den Wissenschaften geboten schien, speziell für sein eigenes Fach. Allerdings stieß sein Vorschlag damals bei seinen Kollegen nicht auf Gegenliebe (vgl. Traxel 1979; Süllwold 1980; Marx 1989; auch Smith 1981). Einer der Gründe für die Ablehnung mag die Rigorosität der Lienert'schen Formulierung gewesen

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sein, die fast den Eindruck vermittelte, als solle die Lehre in der Psychologie an den deutschsprachigen Hochschulen in Zukunft ganz auf englisch stattfinden. Vermutlich hielt Lienert jedoch die Rolle des Deutschen einfach für so gesichert und selbstverständlich, daß ihm der Hinweis darauf überflüssig erschien — eine Unterlassung, die mißdeutet worden sein könnte. Über die amtliche Wirkung seiner Anregung hat Lienert mir geschrieben (Brief vom 8. 10. 1997): „Bezüglich meiner Korrespondenz mit der Bayerischen Landesregierung sind leider keine Unterlagen mehr vorhanden. Auch hat mein Hinweis keinerlei Nachwirkungen gehabt; ich bin nicht einmal ganz sicher, ob meine Anregungen bis zum damaligen Kultusminister Maier vorgedrungen sind." Nicht München oder Nürnberg, wohl aber nicht weniger als 45 andere Hochschulen in Deutschland wiesen im Jahr 1997 schon „[fremdsprachige Angebote im Bereich des weiterführenden Studiums" aus (Aufstellung der Hochschulrektorenkonferenz vom 24. 7. 1997, Zusendung durch Peter C. Jentsch, bmf+f). Nur 3 davon enthielten kein Englisch, sondern Französisch; 8 weitere umfaßten neben Englisch noch andere, manchmal wahlweise mehrere Fremdsprachen (Französisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Serbokroatisch, Spanisch, Ungarisch); bei den übrigen 34 war Englisch die einzige Fremdsprache. Allerdings verraten schon die Benennungen der meisten dieser zweisprachigen Studiengänge vorrangig andere Motive für die fremdsprachige Lehre als die Nutzung des Englischen als Wissenschaftssprache oder das Vertrautmachen damit. Ziel dieser fremdsprachigen Studienangebote ist die berufspraktische Kommunikationsfähigkeit — im Gegensatz zur wissenschaftlichen Kommunikationsfähigkeit, die bei unseren Überlegungen im Vordergrund steht. Die berufspraktische Kommunikationsfähigkeit steht auch bei europabezogener Zweisprachigkeit in aller Regel vornean, z. B. bei der Lehre in Deutsch und Polnisch an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder (vgl. Weiler 1996). Inwieweit dies auch für neueste Entwicklungen gilt, läßt sich derzeit noch nicht sicher abschätzen — etwa für die geplante englischsprachige internationale Privatuniversität in Stuttgart, der die bisherigen baden-württembergischen Universitäten eine „Internationale Tele-Universität" und „International Departments", jeweils ebenfalls englischsprachig, entgegensetzen wollen (vgl. „Universitäten stellen eigene Modelle vor. Initiative für private internationale Hochschule", „Neue Studienangebote für Ausländer". Frankfurter Allgemeine Zeitung 13. 10. 1997: 6 bzw. 19. 11. 1997: 4). Die beiden Zielsetzungen: berufspraktische und wissenschaftliche Kommunikationsfähigkeit, schließen sich zwar nicht aus; sie lassen sich vielmehr

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sinnvoll verbinden, und im Beruf des/r Wissenschaftlers/in kongruieren sie sogar; dennoch können sie, wenn sie unabhängig voneinander verfolgt werden, zu erheblich divergierenden Resultaten führen. Dies läßt sich verdeutlichen am Beispiel von Studiengängen in Deutsch + Französisch, die angeboten werden für „Medienwissenschaften" an der Universität-Gesamthochschule Kassel, für „Europäische Wirtschaftswissenschaften" an der Hochschule für Wirtschaft und Politik Hamburg (neben Französisch auch Englisch) und am Beispiel eines Studiengangs in Deutsch + Spanisch (daneben auch Englisch) für „Master of Business Administration" an der Fachhochschule Pforzheim (Aufstellung der Hochschulrektorenkonferenz vom 24. 7. 1997). Die erworbenen Kenntnisse in Französisch oder Spanisch sind für die spätere Berufsausübung vermutlich sehr wichtig, vor allem bei einer auf die frankophonen Länder (Frankreich, Westafrika) bzw. die hispanophonen Länder (Spanien, Hispano-Amerika) bezogenen Tätigkeit; jedoch ist die den betreffenden Fächern zugrundeliegende wissenschaftliche Literatur sicher nur kleinenteils französisch- bzw. spanischsprachig; ihr Gros ist englischsprachig. Wenn also nur Französisch bzw. Spanisch gewählt wird, unter Verzicht auf Englisch, dann lernen die Studierenden nicht die für eine eventuelle spätere wissenschaftliche Tätigkeit primär erforderliche Sprache, die sie übrigens auch benötigen, um sich fachlich auf dem laufenden zu halten. Zwar ist bei diesen Studiengängen die spätere wissenschaftliche Tätigkeit nicht das Berufsziel; jedoch ist problematisch, daß dieses Ziel durch den Verzicht auf gute Englischkenntnisse geradezu ausgeschlossen wird. In Kassel ist Englisch gar nicht wählbar — wobei gerade diese Hochschule nicht so vorrangig berufspraktisch ausgerichtet ist wie die beiden anderen. Für einen Studiengang, der unter anderem auf spätere wissenschaftliche Kommunikationsfähigkeit (Kommunikationsfähigkeit als Wissenschaftler) abzielte, wäre die Vermittlung gründlicher Englischkenntnisse unabdingbar, auch in den hier angebotenen Fächern. Außerdem stellt sich die Frage, ob nicht in den meisten Studiengängen, einschließlich der eben genannten Beispiele, sogar für die berufspraktische Kommunikationsfähigkeit Englisch ziemlich unverzichtbar ist, so daß die Wahl anderer Sprachen stets zu Dreisprachigkeit nötigt. Die Formel für die Sprachen der Lehre wäre dann: Deutsch + Englisch + X (X = Französisch oder Spanisch oder Japanisch usw.), wobei hier die Reihenfolge keine Gewichtung anzeigen soll. Obgleich sich berufspraktische und wissenschaftliche Kommunikationsfähigkeit unterscheiden lassen, sind Englischkenntnisse doch in beiden Fällen vorteilhaft. Ihre berufspraktische Wichtigkeit wird bei anti-angelsächsischer Einstellung oft unterschätzt, die — wie es

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scheint — gerne auf frankophiler Grundhaltung gedeiht. Nur für einzelne Fächer, vor allem andere Sprachen (Romanistik, Germanistik usw.), sind Englischkenntnisse einigermaßen unwichtig. Die Bedeutsamkeit von Englischkenntnissen für die Praxis vieler Berufe ist bedingt durch die Stellung der englischen Sprache in der Welt, insbesondere ihre Rolle als Welt-Lingua-franca (vgl. dazu z. B. Fishman/Conrad/ Rubal-Lopez, eds., 1996; Fishman/Cooper/Conrad 1977; Truchot 1990; Ammon 1991a; die Zeitschrift English World-Wide) und auch als Lingua franca Europas sowie einzelner mehrsprachiger Länder (vgl. Dollerup 1996; McArthur 1996; Viereck 1996; Siguan 1996: 125-137 bzw. Dürmüller 1986; 1991; 1996). Als Lingua franca fungiert English sogar in den Regionen anderer Großsprachen, auch solcher, die selbst teilweise Lingua franca sind, wie vor allem Französisch, aber auch Spanisch, Deutsch, Russisch, Portugiesisch oder Chinesisch (vgl. auch Knapp 1989; 1991). Auch in den frankophonen, hispanophonen Ländern usw., kurzum weltweit, ist Englisch vorrangige Kontaktsprache mit Nicht-Frankophonen, Nicht-Hispanophonen usw. Der Funktionsabstand von Englisch z. B. gegenüber Französisch zeigt sich unter anderem daran, daß Franzosen mit Deutschen viel häufiger englisch, als Amerikaner oder Briten mit Deutschen französisch sprechen. Entsprechendes gilt in der überwiegenden Mehrzahl vergleichbarer Sprachkontakte. Daß Englisch allen anderen Sprachen als Lingua franca übergeordnet ist, basiert auf den vorhandenen Sprachkenntnissen, die ihrerseits politisch-ökonomisch bedingt sind. Ein Umschwung ist nicht in Sicht. Eher deuten alle Beobachtungen darauf hin, daß sich die Dominanz des Englischen als Welt-Lingua-franca in Zukunft noch verstärkt. Und ganz sicher ist die deutsche Sprachgemeinschaft nicht dazu imstande, diese Entwicklung zu wenden. Berufspraktische Gesichtspunkte sind natürlich bei der Wahl von Fremdsprachen für die Lehre wichtig und zu berücksichtigen. Die vorliegenden Überlegungen beziehen sich jedoch — entsprechend dem Thema dieser Untersuchung — in erster Linie auf die Rolle des Englischen als dominante Wissenschaftssprache. Von diesem Blickwinkel aus wäre, wie schon gesagt, Englisch als Sprache der Lehre am dringlichsten im Postgraduierten-Studium. Inwieweit es auch im vorausgehenden Studium schon wichtig wäre, hängt von anderen Überlegungen ab, insbesondere der Vorbereitung auf das Postgraduierten-Studium sowie der Öffnung der deutschsprachigen Hochschulen für nicht-deutschsprachige Studierende, Wissenschaftler und Dozenten. Auch die Begründung fortdauernder deutschsprachiger Lehre setzt andersartig an, vor allem

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— bei den Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Wissenschaftlern und Laien innerhalb der eigenen Sprachgemeinschaft, — bei der Festigung der Beziehungen von Auslandsbesuchern zur deutschen Sprachgemeinschaft durch Deutschkenntnisse und — bei der Pflege der eigenen Wissenschaftssprache als Teil der nationalen oder sprachgemeinschaftsspezifischen Kultur. Der Auseinandersetzung mit solchen Überlegungen bis hin zur detaillierten Ausformung und Umsetzung in die Praxis werden sich die verschiedenen Fächer in Zukunft nicht leicht entziehen können. Ferner wäre vom wissenschaftssprachlichen Blickwinkel aus Englisch als Sprache der Lehre, um auch dies zu wiederholen, am wichtigsten in den theoretischen Naturwissenschaften, weniger in den angewandten Naturund den Sozialwissenschaften und am wenigsten in den Geisteswissenschaften. Allerdings ist der Forschungsstand zur Funktion des Englischen als Wissenschaftssprache immer noch zu lückenhaft, um die Dringlichkeit englischsprachiger Lehre Fach um Fach zu ermessen oder die Fächer, wenigstens die größeren unter ihnen, nach diesem Gesichtspunkt in eine Rangordung zu bringen. Aufgrund vieler ungeklärter Fragen ist es derzeit ausgeschlossen, für irgendein Fach von außen her ins Einzelne gehende Vorschläge eines geeigneten englischsprachigen Lehrangebots zu unterbreiten. Sogar allgemeinere Fragen wie z. B. die Wahlfreiheit eines solchen Lehrangebots für die Studierenden, die Mitwirkung auch deutschsprachiger oder nur englischsprachiger Dozenten und andere müssen hier offen bleiben. Letzten Endes haben die Vertreter jedes Fachs über die Einführung eines englischsprachigen Lehrangebots und seine Ausgestaltung selbst zu befinden. Wie kontrovers die Urteilsfindung im Einzelfall sein könnte, verrät der „Sprachenstreit" in der deutschen Psychologie, bei dem es fast nur um die Sprachwahl für Publikationen ging, die — wie man annehmen sollte — weniger Konfliktpotential enthält (Traxel 1975; 1979; Lienert 1977; Eysenck 1980; Süllwold 1980; Smith 1981; Empfehlungen des Vorstandes 1985; Marx 1989; Roth 1989; Sanders 1989; Weingart 1989). Vermutlich wird man in vielen Fächern überhaupt keinen Konsens finden, jedenfalls vorerst nicht. In diesem Fall könnten die Hochschulen uneinheitlich verfahren, was der Differenzierung und dem Wettbewerb zuträglich wäre. Ein englischsprachiges Lehrangebot - zusätzlich zum deutschsprachigen Lehrangebot — wäre aus verschiedenen Gründen schon vor der Graduierung vorteilhaft, sogar ab Beginn des Studiums. Die deutschsprachigen Stu-

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dierenden hätten dann mehr Zeit und Gelegenheit, sich in die Fremdsprache einzuüben. Heute, wo „der Lehrbereich von der Hinwendung zum Englischen (...) ausgenommen ist", erleben die Studierenden dagegen nicht selten einen Schock. Sie werden bisweilen „erst als angehende Wissenschaftler beim Studium der Spezialliteratur mit der Tatsache konfrontiert, daß Englischkenntnisse (...) in vielen Wissenschaftsbereichen unumgänglich sind." (Skudlik 1990: 81) Die derzeit an den Hochschulen angebotenen, meist nur fakultativen Einführungen in das jeweilige Fachenglisch (technisches Englisch, Wirtschaftsenglisch, Englisch für Sozialwissenschaftler und dergleichen) bleiben oft schon im Bereich bloßer Terminologie zu undifferenziert; erst recht vermitteln sie keine zufriedenstellende sprachliche Gesamtkompetenz (vgl. zum Hintergrund Hübler 1985: 123 — 149). In beiden Hinsichten wäre ein echtes englischsprachiges Lehrangebot weit wirksamer. Diese Begründung für ein englischsprachiges Lehrangebot schon in den frühen Studienphasen, möglichst sogar von Anfang an, verbindet sich zudem harmonisch mit der oben referierten Begründung für neue internationale Studiengänge, nämlich die leichtere Zugänglichkeit der deutschsprachigen Hochschulen für Nicht-Deutschsprachige. Beide Begründungen zusammen bilden ein starkes Argument für ein englischsprachiges Zusatz-Lehrangebot ab Studienbeginn. Ein weiterer Vorteil für die Studierenden wäre die problemlosere Verwendbarkeit englischsprachiger Lehrbücher. Hubert Markl (1986: 68) hat darauf hingewiesen, daß englischsprachige Lehrbücher im Durchschnitt aktueller sind als deutschsprachige, weil sie — wegen des größeren Marktes — schneller Neuauflagen erreichen. Nicht selten sind auch deutschsprachige Lehrbücher aus dem Englischen übersetzt und dann nicht nur wegen der dadurch bedingten Verzögerung weniger aktuell, sondern oft überdies mit Übersetzungsmängeln behaftet. Sogar in Fächern, wo deutschsprachige Dozenten viel auf englisch publizieren, behilft man sich noch mit schlecht eingedeutschten Lehrbüchern. Skudliks Untersuchung vor rund zehn Jahren ergab folgenden Befund: „Paradoxerweise erscheinen die höchsten Werte für das Englische im Bereich der Lehrbücher in der Philosophie und der Geschichtswissenschaft, also in Bereichen, die fast nicht oder zumindest nicht ausschließlich das Englische als Alternativsprache [zum Deutschen! U. A.] bei Publikationen wählen." (Skudlik (1990: 81) Vielleicht erklärt sich die — zumindest damals noch — größere Abstinenz der Naturwissenschaften daraus, daß die Lehre in diesen Fächern stark standardisiert ist und auf gängige Lehrwerke zurückgreift, während sie in den Geisteswissenschaften mehr variiert und daher leichter englischsprachige Literatur einbeziehen

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kann. Immerhin sind nach Skudliks Befunden sogar manche Geisteswissenschaften der Lehre in englischer Sprache nicht gänzlich abhold. In jüngster Zeit scheint sich die Lage in den Naturwissenschaften teilweise stark verschoben zu haben. Englischsprachige Lehrbücher sind inzwischen weithin gängig, während englischsprachige mündliche Lehre eher die Ausnahme darstellt. Verbreitet ist offenbar die Verbindung deutschsprachiger mündlicher Lehre mit englischsprachigen Lehrbüchern. Dagegen würde ein auch mündlich englischsprachiges Zusatz-Lehrangebot die unbefangenere Nutzung englischsprachiger Lehrbücher ermöglichen. Dabei brauchte und sollte auf deutschsprachige Lehrbücher für die daneben fortdauernde deutschsprachige Lehre nicht verzichtet werden (vgl. Kap. E.3.2.: (1)). Bei der jetzt üblichen Zweisprachigkeit innerhalb einzelner Veranstaltungen sind Verständnisschwierigkeiten und Terminologie-Verwirrung geradezu vorprogrammiert. Dementsprechend scheint die an den heutigen deutschsprachigen Hochschulen gebräuchliche Wissenschaftssprache vielfach ein „Deutschlisch" (auch „Engleutsch" oder „Denglisch") zu sein: Deutsch mit einer Anhäufung englischsprachiger Terminologie (vgl. Heald 1978; Ammon 1991a: 277-281; auch Fritz-Vannahme 1997). Oft werden gar keine Anstrengungen mehr unternommen, die englischsprachige Terminologie einzudeutschen. Allerdings fehlen zu diesen Fragen wiederum empirische Untersuchungen, die ein Desiderat sind. Jedenfalls böte die klare Trennung in einen englischsprachigen und einen deutschsprachigen Teil der Lehre auch die Chance zur besseren Pflege des Wissenschaftsdeutschen. Die weiterbestehende deutschsprachige Lehre könnte nämlich den konsequenten Ausbau einer eingedeutschten Terminologie ausdrücklich zu einer ihrer Aufgaben machen. Ein dementsprechendes Bewußtsein zu schaffen und Hilfestellung zu leisten wäre eine wichtige neue Aufgabe der germanistischen Linguistik und des Fachs Deutsch als Fremdsprache (vgl. auch Kap. E.3.2: (1), (6)). Zunächst einmal käme es dabei darauf an, solche Pflege bzw. Modernisierung der eigenen Sprache gegen den einseitigen Vorwurf der „Deutschtümelei" zu wappnen. Dieser Vorwurf ignoriert, daß die Schaffung einer spracheigenen Terminologie die Kommunikation zwischen Experten und Laien erleichtern kann, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Bei aller Unzugänglichkeit fortgeschrittener Forschung für Laien eröffnen deutschsprachige Termini oft doch wenigstens ein vages Verständnis der Thematik, jedenfalls eher als englischsprachige Termini. Sprachmodernisierung läßt sich daher als Versuch der Überbrükkung der Kluft zwischen Wissenschaftlern und Laien und damit demokratisch begründen. Auch hinzukommende Motive der Pflege der eigenen Wis-

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senschaftssprache als Bestandteil der eigenen Kultur lassen sich nicht einfach auf Deutschtümelei reduzieren. Die Entwicklung einer stringenten Argumentation zu dieser Frage ist ebenfalls ein Desiderat (vgl. Ansätze bei Kaehlbrandt 1996). Ein fest etabliertes englischsprachiges Lehrangebot an den deutschsprachigen Hochschulen hätte auf längere Sicht nicht nur für die Studierenden Vorteile. Eine andere Gruppe, die davon profitieren würde, sind die Dozenten. Vor allem würden sich in einem solchen Kontext mit der Zeit ihre Englischkenntnisse verbessern, wenigstens im Durchschnitt. Damit würde zugleich eine der heutigen Hauptschwierigkeiten eines englischsprachigen Lehrangebots abgebaut. Die deutschsprachigen Dozenten könnten sich zunehmend selbst daran beteiligen. Sie blieben dann auch verschont von frustrierenden Erlebnissen der Art, wie sie Gustav A. Lienert (1977: 490) schildert: „Neidvoll sah und sehe ich noch heute, wie flüssig sich Jungpsychologen kleinerer Nationen auf dem internationalen Fachparkett bewegen, wenn es um die (notwendigerweise in Englisch zu führende) Vortragsdiskussion und Small-talk-Kommunikation geht." Gemeint sind hier wohl in erster Linie Dozenten aus den Niederlanden und Skandinavien, wo englischsprachige Lehrangebote seit Jahren in vielen Fächern existieren (vgl. z. B. Kroon/Sturm 1994; van der Wende 1996; 1997; Bailey-Nilsson, ed., 1990; Tireus, ed., 1996; Wiggen 1995a; 1995b; im Druck; Sundbäck/Vento, eds., 1997). Die von Lienert geschilderte Situation ist kein Einzelfall. Der Koordinator wissenschaftlicher Netzwerke der European Science Foundation äußerte mir gegenüber im Gespräch, daß deutsche Wissenschaftler beim Englischsprechen manchmal „wie Babys" wirken. Auf einer Konferenz in Brüssel bekannte ein deutscher Sektionsleiter coram publico seine Erleichterung darüber, daß sein Stellvertreter den anstehenden englischsprachigen Vortrag moderiere, da seine Englischkenntnisse dafür nicht ausreichten (Tagung Contact + Conflict, 2. 6. — 4. 6. 1988). Ein bekannter deutscher Wissenschaftsjournalist bekennt in seinen Memoiren, daß ihm zwar das Lesen englischsprachiger Texte keine Schwierigkeiten bereite, „mit dem Sprechen und akustischen Verstehen hapert es aber beklagenswerterweise beträchtlich. Als besonders schmerzliches Handicap empfinde ich das Unvermögen, mich bei Diskussionen und als Vortragender (...) auf Englisch hinreichend differenziert ausdrücken zu können" (Hoimar von Ditfurth (1989) Innenansichten eines Artgenossen. Düsseldorf: Ciaassen, 26). Unzureichende Englischkenntnisse behindern Wissenschaftler der deutschsprachigen Länder in verschiedener Hinsicht (vgl. Ammon 1991a: 266-277):

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— Bei der Pflege wissenschaftlicher Kontakte. Bei einer Befragung von Wissenschaftlern an der Universität und in Betrieben Duisburgs antworteten 25%, sie würden auf Kontakte mit Kollegen verzichten — vermutlich nolens volens —, wenn dazu die Verwendung der englischen Sprache erforderlich sei — was heute häufig der Fall ist. — Beim Besuch von Konferenzen. 19% der Befragten antworteten, sie würden auf die Teilnahme an Tagungen verzichten, wenn Englisch Tagungssprache sei — was bei internationalen Tagungen die Regel ist. — Beim Publizieren. 33% bekannten, daß sie auf das Publizieren manchmal lieber verzichten, wenn es auf englisch sein muß (vgl. auch Poller 1983). Die solchem Vermeidungsverhalten zugrundeliegenden Sprachschwierigkeiten könnten im Umfeld eines regelmäßigen englischsprachigen Lehrangebots schneller abgebaut werden. Auf die erweiterten Publikations- und Wirkungsmöglichkeiten sowie umfassenderen Rezeptions- und Lernmöglichkeiten, die gute Englischkenntnisse heutzutage eröffnen, wurde im vorliegenden Buch schon mehrfach hingewiesen. Ein besonderer Aspekt verdient jedoch noch Hervorhebung. Im Zusammenhang mit der schwindenden Attraktivität der deutschen Hochschulen für ausländische Studierende und Wissenschaftler ist auch häufig auf ihre mangelnde Innovationsfähigkeit hingewiesen worden. Sie scheint ein Faktum, wie auch immer bedingt: durch schlechte finanzielle und personelle Ausstattung, verkrustete Strukturen einschließlich der fortdauernden Gängelung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch die Ordinarien oder anderes. Die mangelnde Innovationsfähigkeit der deutschsprachigen Länder ist allerdings nicht nur ein Problem der Hochschulen, sondern auch der Industrie. Im Zusammenhang mit diesem Befund ist gelegentlich auch das „Ende der Überheblichkeit" gefordert worden (z. B. Maas 1996: 649 unter Berufung auf Wolf Lepenies). Fast sieht es so aus, als befänden sich die deutschsprachigen Länder heute in einer ähnlichen Lage wie Japan vor 100 Jahren. Jedenfalls wäre es für sie vorteilhaft, intensiv dieselbe Tugend zu entwickeln wie damals die Japaner, nämlich von anderen zu lernen. Zahlreiche Berichte zeugen schon vom Lernen deutscher Wissenschaftler an US-Universitäten, deren wissenschaftliche Innovationsfähigkeit wesentlich zu ihrem Prestige beigetragen hat. Ein Beispiel ist die Schilderung der deutschen Kognitionswissenschaftlerin Angela Friederici: „Als ich aus den USA zurückkam, habe ich zu meinem Mann gesagt: Was soll ich in Deutschland? Was man in Amerika machen kann, gibt es hier einfach

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nicht." („Sprache im Gehirn." Die Zeit 4. 7. 1997: 18) Die aus den USA zurückkehrende Wissenschaftlerin hat jedoch dazu beigetragen, daß es ihre Forschungsrichtung nun auch in Deutschland gibt. Die Möglichkeit solcher inspirierender Aufenthalte wird durch gute Englischkenntnisse entscheidend verbessert. Englischkenntnisse erschließen außerdem nicht nur die Hochschulen angelsächsischer Länder, sondern — zumindest bis zu einem gewissen Grad — auch vieler anderer, z. B. der ostasiatischen Länder. Schließlich sei noch eine letzte Gruppe — außer den Studierenden und den Dozenten — genannt, denen die regelmäßige Hochschullehre in englischer Sprache Vorteile brächte: den Besitzern und Beschäftigten der wissenschaftlichen Verlage der deutschsprachigen Länder. Vor allem die größeren dieser Verlage haben ihre Produktion, insbesondere die naturwissenschaftliche, schon Ende der 60er Jahre englischsprachig ausgerichtet (Skudlik 1990: 197-209; Ammon 1991a: 260-266). Zahlreiche Handbücher (z. B. Beilstein 1984; Ullmann's 1985 - beide Chemie; Flügge 1956-1988 - Physik) wie auch Zeitschriften wurden teilweise oder vollständig von der deutschen auf die englische Sprache umgestellt (vgl. Traxel 1976; Lippert 1978; 1986; Karger 1986; Schwabl 1986; Staehr 1986: 112 f.; auch Becker 1984); ebenso wurden die wichtigsten der noch verbliebenen Datenbanken englischsprachig (vgl. Kap. D.l). Zur Schwierigkeit des Exports deutschsprachiger Wissenschaftsliteratur sei hier ein kurzer Exkurs gestattet. Die Wissenschaftsverlage der deutschsprachigen Länder befinden sich in einer mißlichen Lage. Einer der Gründe ist die Verschiebung des wirtschaftlichen Gravitationszentrums der Welt nach Asien, vor allem Ost- und Südasien. Im Zusammenhang damit sind größere, international ausgerichtete Bibliotheken vieler Länder bemüht, von der einseitigen Bevorzugung westeuropäischer und nordamerikanischer Literatur abzukommen und dafür Asien stärker einzubeziehen. So berichtet B. C. Bloomfield (1972: IX) von zwei Konferenzen zur Beschaffung ausländischer Literatur für britische Bibliotheken schon Ende der 60er Jahre, „both of which dealt with the acquisition of library materials from Asia alone." Sarah M. Pritchard (1991: 362) unterstreicht bei ihren Überlegungen zur Beschaffung ausländischer Literatur für US-Bibliotheken, daß „the 1980s saw the emergence of Japan, China, and Korea as important publishing centers. The Asian share of world book production increased from 18.8 percent in 1980 to 22.7 percent in 1986." Die Konsequenzen für europäische Verlage liegen auf der Hand, zumal angesichts der von derselben Autorin betonten stagnierenden Bibliotheksetats und „the rising prices of academic books and periodicals, particularly European technical journals" (Pritchard 1991: 363). Von der Ver-

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Schiebung der von US-Bibliotheken im Ausland getätigten Anschaffungen in Richtung Asien sind auch die deutschsprachigen Wissenschaftsverlage betroffen. Dies verrät wiederum ein Hinweis Pritchards (1991: 365): „Harrassowitz, the primary vendor for German materials, reported a 20 percent reduction in titles exported to the U. S. over the past three years." Die Verschiebung weg von Europa trifft allerdings die nicht-englischsprachigen Publikationen bzw. ihre Verlage am stärksten. Die Geschäftstätigkeit britischer Verlage ist davon kaum beeinträchtigt. Man vergleiche als Beispiel die beneidenswerte Erfolgsgeschichte des britischen Verlags Basil Blackwell (Samore 1982: 42-62, besonders 42). Die US-Hochschulen sind ein besonders gewichtiger Faktor auf dem Markt der wissenschaftlichen Literatur. Marcia Tuttle, die vormalige Leiterin (bis 30. 6. 1997) der Periodika-Abteilung der Bibliothek der University of North Carolina in Chapel Hill hat mir im Gespräch bestätigt, daß die Nicht-Englischsprachigkeit eines Periodikums ein Grund für seine Abbestellung sein kann. Selbst wenn er nicht explizit genannt werde, was in der Tat selten geschehe, schlage er doch über die Nutzungsstatistiken durch, denn nicht-englischsprachige Periodika fänden aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse einfach weniger Zuspruch. In der Tat: Nutzungs-Untersuchungen („library use studies") an US-Bibliotheken „continue to indicate heavy preference for English-language material (...). A 1977 study at the Library of Congress (LC) found that 89 percent of items requested during a three-day period were in English, although only 62 percent of LC holdings are in English (...)" (Pritchard 1991: 355). Die Nutzungsstatistiken der US-Bibliotheken werden zwar als Planungsgrundlagen für Anschaffungen immer wieder kritisiert: „If the goal of the library is to support not only current research but tomorrow's research as well, current user studies will not necessarily be a good guide" (Samore 1982: 65); auch verfestigten sie nur die „ ,backwardness' of general education in foreign languages and cultures" (Pritchard 1991: 355); jedoch erscheint solche Kritik angesichts der eingespielten Praxis als Donquichotterie (vgl. zu dieser Problematik auch Large 1983). Offenbar besteht bei Periodika allenfalls die Chance eines symbolischen Fortbestandes von Deutsch als internationale Wissenschaftssprache auf Titelblättern, ähnlich einer ausgestorbenen Tierart, die als Emblem eines Zoos der heutigen Tierwelt dient. Gut eingeführte Periodika mit nicht-englischsprachigem Titel finden auch bei US-Akademikern weiterhin Zuspruch, solange nur die Beiträge englischsprachig sind. Entsprechend ist der Anteil solcher Periodika an vielen US-Bibliotheken noch recht hoch. Tab. E-3 liefert als Beispiel die Anteile nicht-englischsprachiger Periodika-Titel

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Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

an der University of North Carolina in Chapel Hill, hinter denen sich nach Auskunft Marcia Tuttles großenteils englischsprachige Beiträge verbergen. Vor allem dominiere Englisch in den Zeitschriften, während in sonstigen Periodika noch eher Raum für andere Sprachen bleibe. Tab. E-3: Abonnierte Periodika nach Sprache des Titels an der Bibliothek der University of North Carolina, Chapel Hill, im Jahr 1997 Englisch

Franzö- Deutsch Russisch sisch

Italienisch

Spanisch

Sonstige

Zeitschriften ( > 1 Exemplar pro Jahr)

9161 84,9%

482 4,5%

357 3,3%

188 1,7%

179 1,7%

170 1,6%

252 2,3%

Sonstige Periodika (^1 Exemplar pro Jahr)

3005 67,7%

240 5,4%

602 13,6%

88 2,0%

132 3,0%

106 2,4%

268 6,0%

Nun zurück zu unserem Thema: Wenn Englisch an den deutschsprachigen Hochschulen fest etablierte Sprache der Lehre wäre, so entwickelten, wie gesagt, mit der Zeit mehr Dozenten eine umfassende englischsprachige Kompetenz. Dann bekämen die Verlage der deutschsprachigen Länder auch mehr englischsprachige Publikationen von ihnen, oder sie bekämen sie zumindest problemloser und brauchten dafür weniger auf angelsächsische Autoren zurückzugreifen. Die Zusammenarbeit mit Autoren der eigenen Sprachgemeinschaft ist aufgrund größerer geographischer und kultureller Nähe einfacher und preisgünstiger. Bei besseren Englischkenntnissen der Autoren der eigenen Sprachgemeinschaft verringerten sich auch die Kosten für sprachliche Korrekturen und Übersetzungen. Kurzum, es entstünde eine reibungslosere englischsprachige Publikationskultur. Einen Eindruck dieser möglichen Entwicklung vermitteln die Niederlande, deren Verlage durch englischsprachiges Publizieren außerordentlich erfolgreich sind (Eisevier, Kluwer, Brill, Benjamins und andere). Es ist anzunehmen, daß die meist ausgezeichneten Englischkenntnisse der niederländischen Wissenschaftler, die auch mit der englischsprachigen Lehre an niederländischen Hochschulen zusammenhängen, wesentlich zu diesen Erfolgen beigetragen haben. — Die besseren Englischkenntnisse kämen auch anderen textherstellenden oder -verarbeitenden Einrichtungen zugute, z. B. der Erstellung von Datenbanken. Über deren heutige Lage schrieb mir das Fachinformationszentrum Karlsruhe: „Die Dominanz der englischen Sprache verteuert die Produktion unserer Datenbanken wegen zum Teil erheblichem Übersetzungsaufwand." (Brief Dr. H. Behrens 20. 10. 1997) - Wiederum freilich bedürfte dieser ganze Fragenkomplex näherer empirischer Untersuchung, auch um die Zusammenhänge im einzelnen aufzudecken.

Wirklichkeit und Chancen englischsprachiger Lehre

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Trotz diverser Ansätze sind die deutschsprachigen Hochschulen von konsequenter englischsprachiger Lehre noch weit entfernt. Selbst für die Forschung gibt es noch Vorschriften, die angesichts der Rolle des Englischen als Weltwissenschaftssprache antiquiert wirken. Ein Beispiel sind die Promotionsordnungen, die vielfach — sogar in den Naturwissenschaften — nur Deutsch für Dissertationen zulassen, zumindest für deutschsprachige Doktoranden. Nach einem Überblick über die Promotionsordnungen der bundesdeutschen Hochschulen des Jahres 1990 — ein neuerer Überblick lag 1997 noch nicht vor! — überwog für Dissertationen in allen Arten von Promotionen Deutsch als vorgeschriebene Sprache, zumindest als Regelfall, von dem nicht ohne triftige Gründe abgewichen werden durfte. Tabelle E4 gibt einen Überblick, wieviel Prozent der Hochschulen welche Sprachvorschriften machten (restliche Prozent keine sprachbezogenen Angaben). Es ist nicht anzunehmen, daß sich die Verhältnisse seitdem nachhaltig geändert haben. Tab. E-4: Sprachenvorschriften für Dissertationen an bundesdeutschen Hochschulen (Prozent der verleihenden Hochschulen)

Nur Deutsch "

Dr. Dr. Dr. theol. theol. phil. (kath.) (evang.)

Dr. Dr. paed. jur.

Dr. rer. pol.

Dr. rer. oec.

Dr. rer. soc.

Dr. Dr. med. rer. nat.

Dr. Ing.

-

27

14

27

50

29

11

13

44

17

17

• 63

74

68

50

72

80

78

76

68

53

83

Deutsch mit Ausnahmen -

63

47

54

23

22

51

67

63

24

36

66

Auch andere Sprache

19

13

7

9

6

6



13

16

10

17

Wie weitgehend die deutsche Sprache noch vorgeschrieben ist, verraten die Summen der Zeilen l und 3 (Zeile 2, Fettdruck). Die Ausnahmen vom Deutschen sind nämlich meist für spezielle Sonderfälle gedacht, am ehesten noch für Studierende mit anderer Muttersprache als Deutsch. Gelegentliche Berichte über die restriktive Handhabung wirken wie aus vergangener Zeit, etwa die Ablehnung des Antrags eines Molekularbiologen, seine Dissertation in Englisch verfassen zu dürfen, durch den zuständigen Dekan der Universität Heidelberg noch im Jahr 1997 mit der Begründung: ,,[D]a bisher alle diesbezüglichen Anträge von Doktoranden deutscher Muttersprache vom Promotionsausschuß abgelehnt wurden." („Studium in Englisch: Visionär." Die Zeit 9. 5. 1997: 17)

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Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

Solche Verhältnisse sogar noch in der Forschung, der die Promotion ja vorrangig zuzuordnen ist, lassen ahnen, wie weit der Weg zu konsequenter englischsprachiger Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen noch sein könnte. — Im folgenden, letzten Kapitel sollen einerseits die hauptsächlichen Hindernisse auf diesem Weg beleuchtet und Möglichkeiten ihrer Überwindung aufgezeigt werden. Andererseits kommen aber auch die im Zusammenhang mit englischsprachiger Lehre zu erwartenden Gefahren zur Sprache, die rechtzeitige Vorkehrungen erfordern, damit — um es auf den Punkt zu bringen — deutschsprachige Lehre langfristig neben der englischsprachigen erhalten bleibt. 3.2 Probleme und ihre Relativierung Wäre englischsprachige Lehre an den Hochschulen deutschsprachiger Länder (kurz: deutschsprachige Hochschulen) unproblematisch, so müßte sie — bei den in Kapitel E.3.l geschilderten Vorteilen — längst die Regel sein. In Wirklichkeit sind mit ihrer Einführung erhebliche Probleme verbunden, von denen manche auf den ersten Blick sogar geradezu unüberwindlich erscheinen. Einige davon sollen nun besprochen, und für einen Teil von ihnen sollen Möglichkeiten der Lösung oder Abmilderung gezeigt werden. Bei manchen Problemen ist allerdings guter Rat für eine Lösung teuer; auch sie sollen jedoch zur Sprache kommen, in der Hoffnung auf zukünftige Lösungen. Alle hier angeschnittenen Probleme bedürfen zur besseren Abschätzung weiterer Untersuchung. Wie dringlich man solche Untersuchungen findet, hängt unter anderem davon ab, in welchem Tempo und mit welcher Nachhaltigkeit man die englischsprachige Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen voranschreiten sieht (vgl. Kap. E.3.1). Zwar dürfte ihre reguläre Einführung letztlich politisch zu entscheiden sein, seitens der einzelnen deutschsprachigen Staaten bzw. ihrer föderativ organisierten Länder; jedoch werden möglicherweise die „Sachzwänge" in Richtung englischsprachiger Hochschullehre mit der Zeit so massiv, daß keine echte Wahl mehr bleibt. Ungeachtet solcher Zwänge könnte sich die Frage zu einem spannenden Politikum entwickeln, von vermutlich weit größerer Brisanz als z. B. jede Rechtschreibreform. Ein Indiz für diese Brisanz sind negative Einstellungen bis hin zur emotionsgeladenen Ablehnung, die in den deutschsprachigen Ländern offenbar verbreitet sind; jedenfalls lassen sich ihre Erscheinungsformen leicht beobachten. „Kann sein, daß Sie recht haben, aber ich hasse den Gedanken." So oder ähnlich ist häufig die Reaktion, wenn ich auf die Tendenz zu englisch-

Probleme und ihre Relativierung

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sprachiger Lehre an deutschsprachigen Hochschulen hinweise. Bisweilen ist die Ablehnung so heftig, daß die sachliche Argumentation zusammenbricht. Herbert Lippert berichtet von einem „Sturm der Entrüstung" auf seinen Vorschlag, für die Medizin in Deutschland die „lateinische Nomenklatur" durch „eine englische Nomenklatur" zu ersetzen (was hier wohlgemerkt nicht befürwortet wird!) und fährt fort: „Bemerkenswert ist, daß keine sachlichen Einwände, sondern nur Emotionen dagegen vorgebracht werden." (Diskussionsbeitrag in Kalverkämper/Weinrich, ed., 1986: 61) Solche psychischen Zustände bilden einen guten Humus für Übertreibungen und Panikmache. Ähnliche Reaktionen hat es auch in manchen unserer Nachbarländer gegeben, wo Englisch schon länger und konsequenter als Lehr-Zusatzsprache fungiert. So wurde in den Niederlanden 1992 der Versuch, Englisch als zusätzliche Sprache der Hochschullehre einzuführen (neben dem Niederländischen, nicht statt seiner), durch die weltweit verbreitete Pressemeldung zum Straucheln gebracht, das Niederländische werde nun als Sprache der höheren Bildung abgeschafft. Zwar stammte die Meldung ursprünglich von einer britischen Agentur; sie führte jedoch in den Niederlanden selber zu einem „Mediensturm" und schließlich sogar zu einer Debatte im niederländischen Parlament „über eine gesetzliche Festlegung des Niederländischen als Unterrichtssprache im höheren Schulwesen" (Kroon/Sturm 1994: 182 f.). Einesteils handelt es sich bei solchen Reaktionen um ein generelles Problem bei Reformen, ganz besonders sogar in den deutschsprachigen Ländern — man denke nur an die Rechtschreibreform; andernteils jedoch berührt die Einführung des Englischen als Sprache der Hochschullehre — wie jeder Reformvorschlag — spezifische Werte und Interessen, die möglichst vorab identifiziert und berücksichtigt werden sollten. Vielleicht entspringt die emotionsgeladene Ablehnung auch der — übrigens nicht grundlosen — Sorge, daß manche der nachfolgend beschriebenen Schwierigkeiten am Ende unlösbar sind. Die folgenden Probleme, darunter vielleicht auch Scheinprobleme, reichen in unterschiedliche gesellschaftliche und fachliche Bereiche hinein und können hier, vom Blickwinkel einer einzelnen Disziplin aus, nur ansatzweise und nicht immer fundiert behandelt werden. Zum besseren Überblick seien sie zunächst einmal aufgelistet: (1) Gefährdung deutschsprachiger Hochschullehre, (2) Auflösung der „deutschen Sprachnation", (3) Gefahren staatlicher Zweisprachigkeit,

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Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

(4) Schwund der Vielsprachigkeit in Europa, (5) Verlust der in der Sprachenvielfalt angelegten Erkenntnismöglichkeiten, (6) Attraktivitätsverlust für Deutsch als Fremdsprache, (7) Interessenverletzung anderer Sprachfächer, (8) Sonstige Fächerdiskriminierung, (9) Vertiefte Sprachkluft zwischen Fachleuten und Laien, (10) Sprachbelastung, (11) Sprachliche Korrektheitsprobleme, (12) Zweckverfehlung: Keine größere Internationalität. (1) Gefährdung deutschsprachiger Hochschullehre Hierbei handelt es sich um ein Basisproblem. Ließe es sich lösen, so verschwänden gleichzeitig eine ganze Reihe der nachfolgend nochmals separat besprochenen Probleme (vgl. vor allem 5 und 6). Allerdings ist seine Lösung schwierig; es gibt sogar — wie es scheint — überhaupt keine Gewähr der sicheren Lösung. Bei Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache besteht die Gefahr, daß die deutschsprachige Lehre mit der Zeit verdrängt wird. Dies mag zwar momentan ganz unrealistisch erscheinen, ist aber auf längere Sicht keineswegs auszuschließen. Ähnlich hielten einstmals mächtige Immigranteninstitutionen die Verdrängung des Deutschen durch das Englische unter deutschsprachigen Einwanderergruppen in den USA für unmöglich und betrieben eine von vornherein aussichtslose Spracherhaltungspolitik (vgl. Schiffman 1987; auch Fishman 1972). Zwar liegt der vorliegende Fall insofern völlig anders, als die deutschsprachigen Universitäten in ein deutschsprachiges Umfeld eingebettet sind. Daher ist kein Verlust der deutschen Sprache insgesamt zu befürchten. Die Entwicklung einer — zumindest weitgehend — englischsprachigen Domäne Hochschule in diesem deutschsprachigen Umfeld ist jedoch denkbar. Folgende Umstände lassen eine solche Entwickung möglich erscheinen: — Die Hochschulen sind von der umgebenden Gesellschaft verhältnismäßig stark isoliert. Daß sie vor allem sprachlich ein Eigenleben entwickeln können, verrät die schon innerhalb des Deutschen bekannte und berüchtigte Kluft zwischen wissenschaftlicher Fachsprache und Gemeinsprache (vgl. 9). — Die englische Sprache hat ein höheres Prestige als die deutsche, besonders im akademischen Leben (Weltwissenschaftssprache). Dies könnte

Probleme und ihre Relativierung

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die allgemeine Hinwendung zum Englischen und die Zurückdrängung des Deutschen auch in so wichtigen Funktionen wie der Lehre fördern. — Das Englische ist für diejenigen Tätigkeitsaspekte von Wissenschaftlern, die für den beruflichen Erfolg besonders wichtig sind (Publizieren, Forschungsrezeption, internationale Kontakte), von größerem praktischen Nutzen als das Deutsche. Auch dieser Umstand könnte der Bevorzugung des Englischen für die Lehre Vorschub leisten, bei gleichzeitiger Vernachlässigung des Deutschen. — Die Aufrechterhaltung deutschsprachiger Lehre neben der englischsprachigen scheitert an der Lehrkapazität. Das Lehrpersonal reicht nicht aus zur Lehre in beiden Sprachen, zumindest nicht in vollem Umfang. Zwar ist in absehbarer Zeit kaum zu befürchten, daß die deutsche Sprache ganz aus dem Lehrbetrieb der deutschsprachigen Hochschulen verschwindet; ihre Zurückdrängung auf untergeordnete Funktionen wie Einführungsveranstaltungen, Tutorien, Repetitorien und dergleichen ist jedoch längerfristig eine ernstzunehmende Möglichkeit. Daß die Widerstände gegen eine solche Entwicklung innerhalb der Hochschulen vielleicht nicht allzu groß sind, verrät bis zu einem gewissen Grad die heute schon vorhandene Bereitwilligkeit, mit der englischsprachige Termini einfach übernommen und auf die Schaffung einer deutschsprachigen Terminologie verzichtet wird — wenngleich bloße Terminologie und vollständige Verwendung einer Fremdsprache zweierlei sind. Hinsichtlich der Terminologie geht die Verzichtsbereitschaft sogar so weit, daß einstmals eingeführte deutschsprachige Termini neuerdings durch englischsprachige ersetzt werden (Beispiele: Zusammenhangsproblem > connection problem — Mathematik, Hinweis Franz Pittnauer; Bekräftigung > reinforcement — Psychologie, Wickler 1986: 30. Im letzten Fall gibt es zusätzlich die Neubildung aus dem Englischen Verstärkung; vgl. auch Brix/Güdelhöfer 1989). Vielfach erscheinen auch innerhalb desselben Textes deutschsprachige und englischsprachige (oder aus dem Englischen entlehnte) Termini nebeneinander, ohne daß Synonymic oder eventuelle Bedeutungsunterschiede erläutert werden, z. B. Begriff und Konzept, Menge und Set oder Gespräch und Konversation. Fast sieht es so aus, als wolle sich das Rad der Sprachgeschichte des Deutschen zurückdrehen zu vor-Leibnizschen Zuständen (vgl. Leibniz [1717/1846] 1983), wenn nicht gezielt gegengesteuert wird (vgl. Zimmer 1997: 214). Mit eingedeutschter Terminologie ist natürlich nicht die Ersetzung lateinischer oder griechischer Wortbildungselemente gemeint, sondern nur die grammatische, orthographische und phonetische Integration der Termini ins Deutsche.

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Würde durch die Einführung des Englischen als Sprache der Lehre gleichzeitig die deutsche Sprache daraus verdrängt, so hätte dies diverse negative Folgen, wie in den weiteren Abschnitten deutlich wird (vgl. auch Stark 1993: 187f.). Manche der dort thematisierten Probleme verschärfen sich, wenn Deutsch aus der Lehre oder auch nur aus wichtigen Teilen davon verdrängt wird, während sie sich andernfalls oft als unbegründet erweisen. Wie aber läßt sich diese Verdrängung auf Dauer verhindern? Sind die Entscheidungsträger wirklich daran interessiert? Lassen sich institutionelle Regelungen, etwa in Form von Studienordnungen, schaffen, die den möglichst uneingeschränkten Fortbestand deutschsprachiger Lehre gewährleisten? Ist eine staatliche, für alle Hochschulen und Fächer verbindliche Regelung überhaupt wünschenswert? Ohne sie wäre die Aufrechterhaltung deutschsprachiger Lehre auf Dauer dann wohl unmöglich, wenn sie — in Verbindung mit englischsprachiger Lehre — kein Wettbewerbsvorteil für ein Fach bzw. eine Hochschule wäre (vgl. 12). Schwierig würde die Stabilisierung deutschsprachiger Lehre vor allem dann, wenn für das dabei erworbene Wissenschaftsdeutsch außerhalb der Hochschulen kein wirklicher Bedarf mehr bestünde. Diese Hinweise verraten die Komplexität der Zusammenhänge, die bei Regelungen zur Erhaltung deutschsprachiger Lehre zu berücksichtigen wären. Was das Nebeneinander der Lehre in zwei Sprachen betrifft, so könnten sich für Sozio- und Psycholinguisten sowie für Sprachenplaner wichtige Aufgaben empirischer Forschung und praktischer Beratung finden (vgl. auch 6). Die Schwierigkeit der Erhaltung deutschsprachiger Lehre sei noch an zwei Beispielen verdeutlicht. Soll diese Lehre nicht von vornherein erheblich eingeschränkt sein, so muß sie auch auf deutschsprachigen Lehrbüchern basieren. Schon heute jedoch leidet die Herstellung deutschsprachiger Lehrbücher unter dem — im Vergleich zum Englischen — kleineren Markt, der zu niedrigeren Auflagen und höheren Preisen zwingt, seltener Neuauflagen ermöglicht und für die Verlage geringere Gewinne abwirft (vgl. Kap. D.4: (2), Kap. E.3.1: gegen Ende). Die Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache könnte diesen Markt zusätzlich beschneiden. Wie sich unter solchen Bedingungen weiterhin Lehrbücher hoher Qualität, ähnlich derjenigen englischsprachiger Lehrbücher, herstellen lassen, ist nicht leicht zu beantworten. Wenn dies aber nicht gelingt, dann ist die Zweitklassigkeit der deutschsprachigen Lehre im Vergleich zur englischsprachigen fast schon vorprogrammiert. Zur ungeschmälerten deutschsprachigen Lehre gehört auch, wenngleich vielleicht weniger zwingend als die Lehrbücher, eine — zumindest weitgehend — eingedeutschte Terminologie (im oben skizzierten Sinn). Zu ihrer

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Ausbildung genügt keinesfalls die Spontanschöpfung in den Lehrveranstaltungen, wie sie die um Verständlichkeit bemühten Dozentinnen und Dozenten heutzutage oft praktizieren. Wichtig ist vielmehr eine Art Standardisierung oder Normierung der neugebildeten deutschsprachigen Termini, insbesondere ihre breite Akzeptanz in der Fachwelt der eigenen Sprachgemeinschaft. Die Normen wissenschaftlicher Terminologie setzen sich in der Regel auf dem Wege der Konsensfindung im wissenschaftlichen Diskurs durch. Dabei spielen Publikationen, nicht zuletzt wiederum Lehrbücher, eine zentrale Rolle. Es wäre zu prüfen, ob und inwieweit sich die Standardisierung der deutschsprachigen wissenschaftlichen Terminologie zusätzlich institutionell verbessern ließe. Dafür könnten auch Einrichtungen anregend sein, die scheinbar ganz anders funktionieren, z. B. das DIN (Deutsches Institut für Normung, Berlin), das hauptsächlich für Industrienormen zuständig ist. Ebenso könnte sich ein Blick auf die Terminologiearbeit der Academic Fran9aise lohnen, zumal bei französischsprachigen Terminologien ähnliche Probleme auftreten wie bei den deutschsprachigen. Solche Terminologien entstehen in Zukunft vermutlich in noch höherem Maße als heute sekundär, durch Übernahme aus dem Englischen und strukturelle Anpassung an die aufnehmende Sprache (Filipovic 1996), was übrigens auch für „Internationalismen" gilt (Braun/Schaeder/Volmert, eds., 1990; Hermanns 1991). Viele Beobachtungen sprechen dafür, daß solche sekundär gebildeten Terminologien sich unkontrolliert höchst unbefriedigend entwikkeln; sie bedürfen in der Regel der gezielten Pflege. (2) Auflösung der „deutschen Sprachnation" Eine der Quellen ablehnender Haltung gegenüber englischsprachiger Lehre an deutschsprachigen Hochschulen ist eine bestimmte politische Ideologie. Sie wird freilich nur selten explizit formuliert und ist den Personen, die sie hegen, oftmals gar nicht bewußt. Ein zugegebenermaßen etwas betagtes Beispiel liefert der Philosoph Arthur Schopenhauer, der im Englischen — im Einklang mit seinerzeit verbreiteten Auffassungen — die Endstufe sprachlichen Verfalls sieht, einen „Jargon", gleich einem „aus Lappen heterogener Stoffe zusammengeflickten Gedankenkleide." (Sämtliche Werke, hr. von A. Hübscher, Bd. 2. Wiesbaden: Brockhaus, 599. Hinweis Joachim Baer) Eine solche Unzier menschlichen Sprachschaffens empföhle sich in der Tat kaum zur Bereicherung der Lehre an deutschsprachigen Hochschulen. Nebenbei bietet der Philosoph auch den — dem Englischen oft ebenfalls abholden — Romanisten keinen Trost, denn auch im Französischen sieht

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er einen „ekelhaften Jargon". Dessen Entlehnung von Wörtern aus dem Griechischen ist für ihn sogar „ein Anblick, wie wenn die große westindische Spinne einen Kolibri, oder eine Kröte einen Schmetterling frißt." (Ebd. 607) Solche Rundum-Abwertung aller Sprachen, außer der eigenen und in diesem Fall den klassischen, verrät, wie mir scheint, den motivationalen Hintergrund dieser Philosophie: Sprachchauvinismus, zumindest Stolz auf die eigene Sprache, gepaart mit neuhumanistischen Werthaltungen. Diese vormals im deutschen Sprachraum verbreitete Geisteshaltung findet sich in Varianten auch noch heute. Der Stolz auf die eigene Sprache wird verletzt, wenn diese für die Lehre an den qualifiziertesten Bildungseinrichtungen des eigenen Landes nicht mehr ausreichen soll. Diese Reaktion auf die Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache an deutschsprachigen Hochschulen kann meines Erachtens nicht ernst genug genommen werden. Es handelt sich dabei nämlich um keine oberflächliche, leicht wegzuwischende Attitüde; zugrunde liegt vielmehr letztlich eine politische Ideologie mit gewichtiger Tradition. Sie läßt sich zusammenfassen im Begriff ,Sprachnation'. Den historischen Hintergrund seiner Entstehung, oder zumindest Festigung, bilden — etwas vereinfacht gesehen — die Einigungsbestrebungen der deutschsprachigen Länder in der nachnapoleonischen Zeit. Aus dieser Epoche stammen auch die obigen Zitate von Schopenhauer. Das einzige einigermaßen klar erkennbare Band der in diesen Bestrebungen vereinten Länder bzw. ihrer Bevölkerungen war damals die deutsche Sprache, ungeachtet ihrer großen inneren Variation. Daher waren für viele national denkende Intellektuelle der damaligen Zeit Sprache und Nation (oder „Volk") „beide eins", wie es Jacob Grimm im Vorwort zu seinem und seines Bruders Wörterbuch ausdrückte (Jacob Grimm/Wilhelm Grimm, 1854, Deutsches Wörterbuch. Bd. 1. Leipzig: Hirzel, LXVIII). Dieser Gedanke der Sprachnation lebt fort bis in die heutige Zeit. Ein Indiz dafür ist z. B. die Schwierigkeit, sich einen Deutschen vorzustellen, der kein Deutsch spricht. Entsprechend wird auch immer wieder gefordert, „ [maßgeblich für die Einbürgerung ausländischer Erwachsener in Deutschland müsse das Beherrschen der deutschen Sprache sein", wie eine Zeitung die Auffassung der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, wiedergibt (Neue Ruhr Zeitung 30. 9. 1997: 1). Ebenso hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil vom 12. 11. 1996 gegen die Aufnahme eines Spätaussiedlers aus Rußland entschieden, daß die Kenntnis der deutschen Sprache, und zwar ihre aktive Beherrschung, „Teil des Gesamtbildes ,deutscher Volkszugehöriger'" sei. „Eine

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deutsche Volkszugehörigkeit könne nur angenommen werden, wenn der Aufnahmebewerber ein Gesamtbild vermittle, in dem eine Verzahnung der Merkmale Sprache, Erziehung und Kultur deutlich werde. Die formale auf das Merkmal ,Kultur' beschränkte Feststellung [der Zugehörigkeit zum deutschen Volk! U. A.] widerspreche den Wechselbeziehungen der einzelnen Bestätigungsmerkmale und berücksichtige die erhebliche Bedeutung der deutschen Sprache nicht, die ihr im Gesamtbild zukomme." (S. 9 der Urteilsbegründung) Und diese Sprache, die geradezu die Nation konstituiert, soll nun nicht mehr ausreichen für die Lehre an den eigenen Bildungsstätten, sondern durch eine fremde Sprache ergänzt werden? Kommt dies nicht letztlich der Auflösung der deutschen Nation vom Kopf her gleich, oder ist es nicht zumindest ein Schritt in diese Richtung? Es ist klar, daß die Verdrängung — nicht nur Ergänzung! — des Deutschen durch das Englische in der Hochschullehre (vgl. 1) noch viel unerträglicher wäre (vgl. zu den Hintergründen solchen Sprachstolzes und des Begriffs ,Sprachnation' auch von Polenz 1998; Barbour 1996; Ammon 1995b: 18-34). Auch in den Niederlanden oder in Norwegen gibt es nationalsprachlich motivierte Widerstände gegen das Englische in der Hochschullehre, die letztlich auf dem Gedanken der Sprachnation basieren. In beiden Fällen förderten die zuständigen Wissenschafts- oder Erziehungsminister die Einführung des Englischen in die Hochschullehre und wurden darin von den Parlamenten gebremst. Zwar wurde das Englische als Sprache der Hochschullehre von den Parlamenten nicht untersagt, aber sein Gebrauch wurde zum Schutz der eigenen Sprache gesetzlich eingeschränkt. In den Niederlanden setzte sich der Bildungsminister dafür ein, „das Englische als Unterrichtssprache an den niederländischen Hochschulen einzuführen (...). Seine Begründung lautete, daß die Niederlande sich in zunehmendem Maße auf Internationalisierung der Universitäten (...) einstellen müßten." Nach längerer, auch öffentlich geführter Auseinandersetzung schränkte dann das niederländische Parlament die englischsprachige Hochschullehre ein auf das Fach Englisch, auf ausländische Dozenten sowie auf Fälle, „wenn die spezifische Art, die Einrichtung oder die Qualität des Unterrichts, oder die Herkunft der Studenten es nötig machen, in Übereinstimmung mit einem vom Institutsvorstand festgelegten Verhaltenscode". In Wirklichkeit erstreckte sich der Beschluß auf Fremdsprachen ganz allgemein; für die Praxis war jedoch klar, daß es vor allem um die englische Sprache ging (Kroon/Sturm 1994: v. a. 181-188, Zitate 182, 184; auch de Bot 1994: 10f.). Ähnliches geschah in Norwegen, wozu Geirr Wiggen mir folgendes schrieb (Brief vom 29. 8. 1997): „Higher education in Norway feels the pressure from English

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(...). Former Minister of Education (...), Gudmund Hernes, tried at the beginning of the '90s to remove from the recently passed law of higher education a paragraph stating that teaching should normally be given in Norwegian. Our national parliament (Stortinget), however, saw to it that such a paragraph was maintained." Ähnlich könnte auch die deutsche Sprache in ihrer Funktion für die Hochschule gesetzlich geschützt werden (vgl 1), und vermutlich wäre eine entsprechende Regelung sogar zweckmäßig. Sie nähme auch den Sprachnationsanhängern den Wind aus den Segeln der Kritik, zumindest teilweise; sie wäre außerdem im Hinblick auf andere im vorliegenden Kapitel thematisierte Probleme legitimierbar. Zwar scheint der dem Englischen gesetzlich belassene Spielraum im Falle der Niederlande und Norwegens fast zu beengt, jedoch bestehen in der Praxis offenbar ausreichende Einsatzmöglichkeiten (vgl. z. B. Vinke 1995). Die Anhänger des Gedankens der Sprachnation könnten eigentlich dann beruhigt sein, wenn die Fremdsprache nur hinzukäme (Lehr-Zusatzsprache) und die eigene Sprache für die Hochschullehre erhalten bliebe. Wie schon gesagt (vgl. 1), ist es allerdings möglich, daß die volle Erhaltung auf Dauer nicht gelingt. Außerdem bedeutet schon die Hinzunahme einer Fremdsprache einen Prestigeverlust für die eigene Sprache (vgl. 4). Dennoch würde durch all dies zwar der Sprachstolz verletzt, die „deutsche Sprachnation" als solche aber nicht gefährdet. Für ihren Erhalt ist im Grunde nur entscheidend, daß Deutsch die „Muttersprache" der Angehörigen der „Nation" bleibt. Daran aber besteht kein Zweifel. Die weitere Entwicklung würde zum Gegenstand einer „Soziologie des Englischen als Zusatzsprache", die — wegen der weltweiten Verbreitung des Phänomens — als eigene sprachsoziologische Disziplin vorgeschlagen wurde (Fishman 1982; ähnlich Görlach 1984; Kachru 1986; 1992). Sogar für die in der englischsprachigen Lehre engagierten deutschsprachigen Dozenten und Studierenden bliebe Deutsch weiterhin die „Muttersprache" — wobei auf die Problematisierung dieses Begriffs hier verzichtet wird (vgl. z. B. Ahlzweig 1994). Freilich läßt sich auch der Gedanke der Deutschen Sprachnation' selber problematisieren. So sind etwa keineswegs alle Muttersprachler des Deutschen zu einer einzigen Nation verbunden (die Fremdsprachler waren ohnehin nie einbezogen), denn die Österreicher und die deutschsprachigen Schweizer bilden andere Nationen als die Deutschen, und zur Schweizer Nation gehören auch beträchtliche Teile anderer Sprachgemeinschaften. Offenbar konstituert also nicht die Sprache die Nationen, zumindest nicht allein, sondern eher andere Faktoren wie der Staat, oder besser vielleicht: der politische Wille der Bevölkerung, in einem Staat zusammenzuleben, und

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anderes mehr. Diese anderen Grundlagen einer Nation sind aber ganz bestimmt nicht gefährdet, wenn für die Hochschullehre eine Fremdsprache hinzugezogen wird. (3) Gefahren staatlicher Zweisprachigkeit Ein Bedenken, das gelegentlich mitschwingt, aber kaum nachhaltig vertreten wird, sei dementsprechend kurz erörtert. Die bislang weitgehend monolingualen deutschsprachigen Staaten Deutschland und Österreich würden durch die Einführung von Englisch in die Hochschullehre in begrenztem Maße offiziell zweisprachig (bilingual). Zwar wird Englisch schon heute in den deutschsprachigen Staaten gebraucht, aber fast nur in internationaler Kommunikation im engeren Sinn (vgl. zum Begriff Ammon 1991a: 9—15), mit Angehörigen anderer Sprachgemeinschaften. Die Verwendung von Deutsch auch zwischen Angehörigen der eigenen Sprachgemeinschaft beschränkt sich auf ganz wenige, von der übrigen Lebenswelt abgeschnittene Kommunikationsvorgänge. Ein Beispiel sind Fluglotsen und Piloten, die auch dann auf englisch kommunizieren, wenn beide Muttersprachler des Deutschen sind (vgl. Griggs/Rulon 1953; Turner/Nübold 1981; Field 1982). Die Entwicklung einsprachiger Staaten zu zweisprachigen erscheint bedenklich wegen der Möglichkeit politischer DeStabilisierung. Von dieser Sorge sind Engagements für den Erhalt staatlicher Einsprachigkeit häufig getragen, z. B. die „English only"-Bewegung in den USA (vgl. Fishman 1994: 66 f.). Diese Sorge scheint auch in unserem Zusammenhang nicht völlig aus der Luft gegriffen. Jean A. Laponce (1987: 94—149) sieht in ihr das maßgebliche Motiv für die sprachliche Vereinheitlichungspolitik vieler Staaten, den Versuch der Eliminierung aller Sprachen innerhalb des Staatsgebiets außer einer einzigen Staatssprache, wofür Frankreich, vor allem zur Zeit der Revolution, ein Musterfall ist. Tatsächlich sind multilinguale Staaten in Krisenzeiten oft labiler als unilinguale. Dafür gibt es bis zur Gegenwart Beispiele wie Jugoslawien oder die Sowjetunion, aber auch Belgien oder Kanada. Die Einführung von Englisch für die Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen wäre jedoch ein ganz anderer Fall. Die beiden Sprachen würden nicht auf verschiedene Bevölkerungsteile oder Territorien verteilt. Es entstünde nur eine partielle Diglossie, bei der sich Deutsch und Englisch auf verschiedene Domänen (Situationstypen) erstreckten; genauer wäre Englisch auf eine Domäne als Zusatzsprache eingeschränkt (mit Ausnahme schon bestehender Randbereiche wie des Flugbetriebs). Zwar würden Teile

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der Bevölkerung: die beteiligten Dozenten und Studierenden, dann zweisprachig, zumindest in weit höherem Maße als die übrige Bevölkerung, jedoch wären sie dabei weiterhin auch deutschsprachig. Deutsch bliebe sogar, wie schon gesagt, ihre „Muttersprache" (vgl. 2); Englisch käme nur als Zweitsprache hinzu. Politisch labil sind mehrsprachige Staaten aus sprachlichen Gründen nur dann, wenn die verschiedenen Sprachen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen und Territorien verteilt sind. (4) Schwund der Vielsprachigkeit in Europa Sorgen wegen der Destabilisierung des Staates durch Mehrsprachigkeit, wie sie unter (3) zur Sprache kamen, wirken im Rahmen des zusammenwachsenden Europas antiquiert, vor allem innerhalb der Europäischen Union (EU), denn dort hat sich, wie es scheint, der Nationalstaat überlebt. So vernimmt man es jedenfalls in Deutschland schon von höchster staatlicher Ebene, wobei allerdings der Fortbestand der Nationen selber — nicht zu verwechseln mit dem Nationalstaat! — nicht infrage gestellt wird, gerade im europäischen Kontext (vgl. z. B. „Herzog: Nationalstaat hat sich überlebt." Die Welt 18. 9. 1996: 1). Erst recht hält man offiziell am Fortbestand der Sprachgemeinschaften fest, die übrigens eine gewisse Ähnlichkeit mit „Sprachnationen" haben (vgl. 2). Trotz aller europäischen Einigungsbestrebungen ist nämlich der Erhalt sprachlicher Vielfalt ein deklariertes politisches Ziel der EU (vgl. Coulmas, ed., 1991). Ist dieses Ziel verträglich mit der Bevorzugung des Englischen vor allen anderen Fremdsprachen für die Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen? Zur Beantwortung sei auf die Sprachenregelung in den Institutionen der Europäischen Union verwiesen. Zwar gibt es dort mittlerweile nicht weniger als 11 Amtssprachen, so daß jeder Mitgliedsstaat mit mindestens einer seiner staatlichen Amtssprachen vertreten ist; die Geschäfte selber werden jedoch hauptsächlich in den beiden Sprachen Englisch und Französisch geführt; allenfalls spielen noch Deutsch sowie in ganz geringem Maße Spanisch und Italienisch arbeitssprachliche Nebenrollen (vgl. Schloßmacher 1996; verschiedene Beiträge in Sociolinguistica 5, 1991, und 8, 1994). Die Bevorzugung einzelner Sprachen für bestimmte Funktionen läßt sich also zumindest in der politischen Praxis durchaus vereinbaren mit dem ständigen Bekenntnis der europäischen Politiker zum Erhalt der Sprachenvielfalt. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, daß die einseitige Bevorzugung des Englischen für die Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen dessen Stellung in der EU indirekt auch ansonsten weiter stärkt, sogar in ihren

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Institutionen, was hauptsächlich zu Lasten des Französischen ginge. Vielleicht würde dann aus der jetzigen institutionellen „Oligophonie" , genauer eigentlich „Diphonie", allmählich eine „Monophonie" (vgl. Haarmann 1973: 151). Zunächst einmal sind jedoch die Domänen von Hochschule und Wissenschaft einerseits und von Politik und Verwaltung andererseits so deutlich getrennt, daß zumindest keine unmittelbare Beeinflussung der einen durch die andere zu erwarten wäre. Auch die „Sprachenteiligkeit" Europas (Weinrich 1980) auf sonstigen Ebenen wäre dadurch nicht gefährdet. Ein Indiz für die weitgehende Unabhängigkeit wichtiger Domänen voneinander ist z. B. die beträchtliche Divergenz zwischen den EU-Institutionen auf der einen und der Ebene der Wirtschaftsbeziehungen auf der ändern Seite. In ersteren sind die Arbeitssprachen fast ganz auf Englisch und Französisch beschränkt, in letzteren dagegen spielen noch eine ganze Anzahl anderer Sprachen eine wichtige Rolle, besonders auch Deutsch (Vandermeeren im Druck; Glück 1992; Weiß 1992). - Offenkundig wäre die Sprachenvielfalt Europas auf der Alltagsebene ohnehin nicht betroffen von veränderten Sprachenregelungen auf der Ebene der Hochschullehre. Die „Muttersprachen" der Bevölkerung blieben davon unberührt. Der pauschale Vorwurf sprachlicher Gleichmacherei ginge also auf jeden Fall fehl. (5) Verlust der in der Sprachenvielfalt angelegten Erkenntnismöglichkeiten Auf der Ebene der Wissenschaftssprachen läßt sich die Möglichkeit sprachlicher Gleichmacherei nicht so leicht ausräumen. Im Zusammenhang damit wird gerne auf die Gefahr der Einschränkung von Erkenntnismöglichkeiten hingewiesen. Dieses Problem verdient wegen seiner Komplexität eine etwas ausführlichere Behandlung. Zugrunde liegt das sprachliche Relativitätsprinzip, das schon in Kapitel E.2 skizziert wurde. Daran knüpfen Sprachwissenschaftler von Entwicklungsländern häufig an, wenn sie die Verwendung ehemaliger Kolonialsprachen als Wissenschaftssprachen ihrer Länder beanstanden. Ein Beispiel liefert der Inder Hans R. Dua (1994), der sich zugunsten der Verwendung autochthoner Sprachen seines Landes für die Forschung und für den Unterricht in den Wissenschaften engagiert, auch in den Naturwissenschaften. Die Verwendung der autochthonen Sprachen — so einer von Duas Gründen — „can provide alternative ways of looking at reality through different perspectives on the boundary between nature and nurture." Dua stützt sich dabei auf Peter Mühlhäusler (1987), der — auf der Grundlage des sprachlichen Relativitätsprinzips — in bezug auf die australischen Ureinwohnersprachen ähnlich argumentiert hat. Dua (1994:

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206) ist der Überzeugung: ,,[T]he use of the Indian languages for scientific research, training and communication will (...) contribute to the growth of scientific knowledge in India in particular and Western science and technology in general." Wäre die Einführung des Englischen in die Lehre der deutschsprachigen Hochschulen ein Schritt in die Richtung der Entwicklungsländer, in einen Zustand, den manche Sprachenplaner dieser Länder überwinden möchten? Liefe die Entwicklung hinaus auf eine Reduktion der Erkenntnismöglichkeiten aufgrund nur noch einer einzigen Sprache? Der Verlust an Vielfalt in den Wissenschaftssprachen, vor allem der Trend zur Beschränkung auf das Englische, wird von verschiedenen Seiten beklagt, gerade mit Blick auf die Erkenntnismöglichkeiten (z. B. Wickler 1986: 27 f.; Heckhausen 1986; Diskussion in Kalverkämper/Weinrich, ed., 1986: 157—162; dagegen Diskussionsbeitrag Markl ebd.: 79). Immanuel Wallerstein, der Präsident der International Sociological Association hat sich in der Antwort auf meine Anregung, auch Deutsch als offizielle Sprache seines Verbandes aufzunehmen (neben Englisch, Französisch und Spanisch), entschieden zugunsten der Vielsprachigkeit in den Wissenschaften ausgesprochen (Brief vom 19. 2. 1996). Die Begründung liefert er in Aufsätzen, die sich unter anderem mit Übersetzungsschwierigkeiten wissenschaftlicher, speziell sozialwissenschaftlicher Texte befassen (Wallerstein 1995; 1996). So sei z. B. der in der US-amerikanisch geprägten Sozialwissenschaft inzwischen gängige Terminus inner-city ghetto nicht ins Französische übersetzbar. Soziologisch entspräche ihm am ehesten der terminus les banlieues: städtische Wohngebiete mit einer Konzentration sozial Benachteiligter, hoher Kriminalitätsrate und dergleichen; jedoch beinhalte die Lexikonbedeutung von banlieues, nämlich ,suburbs', einen völlig anderen Ort in der Stadtgeographie. Die Übersetzung durch Termini, die sich rein stadtgeographisch entsprechen, sei aber soziologisch verkehrt: suburbs für les banlieues z. B. evoziere fälschlicherweise ein Mittelschichtmilieu. Die Termini enthielten in beiden Sprachen nicht nur inkompatible Bedeutungskomponenten, sondern sie verwiesen auch auf die in beiden Kulturen unterschiedliche Entstehungsgeschichte der Städte. Als weiteres Beispiel nennt er liberalism, das in den USA heute eine ganz andere Bedeutung habe als sein Kognat Liberalismus in Deutschland. Wenn z. B. ein US-Autor von extreme liberalism spreche, so meine er damit eine ausgesprochen linke Position; der zur Übersetzung ins Deutsche naheliegende Ausdruck extremer Liberalismus beinhalte dagegen eher eine rechte Position (Wallerstein 1996: 114-117). Wie dem im Einzelfall auch sei, Wallersteins Feststellung der Kaum-Übersetzbar-

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keit vieler Ausdrücke, auch wissenschaftlicher Termini, ist sicher zutreffend. Zwar liegt die Annahme nahe, daß dies vor allem für die Sozial- und Geisteswissenschaften gilt, jedoch kann es auch für die Naturwissenschaften nicht ausgeschlossen werden. Zumindest läßt sich nicht bestreiten, daß in den Naturwissenschaften die Verbindung wissenschaftlicher Termini zur Gemeinsprache (Alltagssprache) ebenfalls von Sprache zu Sprache verschieden ist. So sind — um einfachste Beispiele zu nehmen — die Bestandteile der Wortgruppen Fisch — Wal/Walfisch bzw. fish — whale (whalefish existiert nicht) oder Kraft — Schwerkraft bzw. force — gravity im Deutschen und Englischen unterschiedlich aufeinander bezogen: Im Deutschen suggeriert die Wortbildung eine Gattungs-Art-Beziehung oder eine Menge-Teilmenge-Beziehung, im Englischen dagegen nicht. Ähnliche Fälle unterschiedlicher Zuordnung ließen sich in großer Zahl beibringen, auch beim Vergleich anderer Sprachen (vgl. auch Appell 1986). Im Schulunterricht, gerade in den Naturwissenschaften, werden die gemeinsprachlichen Ausdrücke bisweilen genutzt, um aus ihren Bedeutungen die wissenschaftlichen Begriffe zu entwickeln (vgl. z. B. Cassels/Johnstone 1983a; 1983b; Lynch 1995; 1996; Pfundt/Duit 1991). Dadurch können sich, wie man annehmen muß, von Sprache zu Sprache unterschiedliche Perspektiven auf die wissenschaftlichen Begriffe herausbilden. Zumindest in diesem Sinn evozieren verschiedene Sprachen eine unterschiedliche Sicht der Welt oder stellen für deren Erkenntnis divergierende Ressourcen bereit. Ob und unter welchen Bedingungen diese verschiedenen Dispositionen der Sprachen dann auch andersartige wissenschaftliche Fragestellungen, Theorien oder Methoden zur Folge haben, ist allerdings eine zu komplexe Frage, um sie hier ernsthaft zu beantworten. Der Einwand aus dieser Richtung gegen das Englische als Sprache der Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen wäre nicht nur hinfällig, sondern ließe sich sogar umkehren, wenn der Erhalt deutschsprachiger Lehre in vollem Umfang gewährleistet werden könnte (vgl. 1). Im Gegensatz zu den Entwicklungsländern oder den „unterentwickelten" Sprachen, auf die sich Dua (1994) oder Mühlhäusler (1987) beziehen, geht es ja nicht um einsprachige Lehre in Englisch, sondern um Englisch als Lehr-Zusatzsprache, neben der deutschsprachige Lehre auf allen Niveaus erhalten bleiben soll. Auch dabei würden sicher manche der Probleme auftreten, die — allerdings in bezug auf niedrigere Bildungsstufen — für wissenschaftlichen Unterricht in einer Fremdsprache diagnostiziert wurden (vgl. Strevens 1976; Collison 1975; in bezug auf Prüfungen Bird/Welford 1995). Sprachbedingte

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Erkenntnis-Einseitigkeiten wären jedoch nicht zu befürchten. Sie drohen sogar, im Gegenteil, eher bei monolingual deutschsprachiger Lehre. Die Anwendung von zwei Sprachen müßte dagegen — aufgrund jener Annahmen — die Erkenntnismöglichkeiten der Lernenden erweitern (vgl. Grigat 1992). So argumentiert auch Kees de Boot (1994) gegenüber den Gegnern englischsprachiger Lehre in den Niederlanden — solange die niederländische Lehre erhalten bleibt. In der Tat ist die Kombination der Muttersprache mit einer Fremdsprache im Wissenschaftsunterricht schon mit Erfolg genutzt worden (Rollnick/ Rutherford 1993; 1996); an solche Ansätze ließe sich anknüpfen. Dabei wäre es am günstigsten, wenn englischsprachige und deutschsprachige Lehre nicht unverbunden nebeneinander herliefen, sondern soviel wie möglich explizit aufeinander bezogen wären. Hier könnten anglistische und germanistische Sprachwissenschaft, nicht zuletzt wiederum das Fach Deutsch als Fremdsprache, Hilfestellung leisten, denen sich damit interessante neue Aufgaben eröffneten (vgl. 6, 12). Die in der unterschiedlichen Semantik der Sprachen angelegten Erkenntnisressourcen erschließen sich nämlich am gründlichsten im Vergleich, wie ihn z. B. Wallerstein (1996: 114—117) in den oben genannten Beispielen vorgenommen hat. Er gelingt am besten bei unbeschränkter Zweisprachigkeit (oder auch Mehr-als-Zweisprachigkeit), d. h. wenn alle involvierten Sprachen möglichst umfassend beherrscht werden. Erst die gründliche Beherrschung des Englischen durch die deutschsprachigen und des Deutschen durch die nicht-deutschsprachigen Dozenten und Studierenden eröffnet daher das Potential der zweisprachigen Lehre in vollem Umfang. Erkenntnisschranken aufgrund von Einsprachigkeit wären allerdings nicht auszuschließen, wenn das Deutsche durch das Englische aus der Lehre verdrängt würde, wenn also die bislang monolingual deutsche am Ende in monolingual englische Lehre überginge. Hier liegt eine der potentiellen Gefahren einer solchen Entwicklung (vgl. 1). Diese Gefahr abzuschätzen ist eine wichtige Forschungsaufgabe, vor allem der Psycholinguistik. — Germanistische Sprachwissenschaftler, besonders die Vertreter des Fachs Deutsch als Fremdsprache, haben allerdings noch andere Gründe, sich für die uneingeschränkte Weiterverwendung der deutschen Sprache in der Hochschullehre einzusetzen, die nun zur Sprache kommen sollen (vgl. 6 und 7). (6) Attraktivitätsverlust für Deutsch als Fremdsprache Jean A. Laponce, der sich hauptsächlich mit dem Französischen befaßt, weist darauf hin, daß die Hinwendung französischer Wissenschaftler zum

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Englischen, vor allem als Publikationssprache, das Französische in Frankreich nicht gefährdet, denn die betreffenden Physiker oder Chemiker kauften ihre Croissants weiterhin auf französisch und sprächen auch mit ihren Nachbarn kein Englisch (vgl. 2 und 4). Man könnte hinzufügen, daß die beiden Sprachen im Sinne einer Diglossie auf verschiedene Domänen verteilt bleiben (vgl. 3). Allerdings trügen jene Chemiker und Physiker, so Laponce, mit der Übernahme des Englischen als Wissenschaftssprache dazu bei, daß das Französische als Fremdsprache an Attraktivität verliere. Warum sollten Wissenschaftler z. B. in Beirut, Hue oder Säo Paulo künftig noch Französisch lernen, wenn sich die französischen Wissenschaftler selbst dem Englischen zuwendeten? Zweckmäßigerweise konzentrierten auch sie sich dann gleich auf das Englische. (Laponce 1987: 196 f.) Für das Deutsche scheint dies analog zu gelten. In der Tat bereitet die Dominanz des Englischen vielen Germanisten, vor allem Vertretern von Deutsch als Fremdsprache, Sorge. Droht doch, wie es scheint, als Folge davon eine Rückwärtsentwicklung der alles in allem spektakulären „Karriere" ihrer Sprache, deren Verlauf beschrieben wurde als „von der Barbarensprache zur Weltsprache" (Straßner 1995; vgl. auch Kap. A.l). Manche Germanisten oder Vertreter von Deutsch als Fremdsprache wehren sich gegen das weitere Vordringen des Englischen durch pauschale Abwertungen seiner Verwendung und durch düstere Warnungen vor den Konsequenzen. So zitiert der vormalige Inhaber der ersten Professur für Deutsch als Fremdsprache Harald Weinrich (1985a: 309) mit stillschweigender Zustimmung die Bemerkung des früheren Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, zur „Überbrückung wissenschaftlicher Kommunikationsgrenzen" diene heute „das Verfahren B. E. = ,Broken English'", während seine Schülerin Sabine Skudlik (1990: 24) in ähnlichem Zusammenhang auf „die Gefahr der Pidginisierung" dieses Englisch hinweist. Für Weinrichs Nachfolger auf der Professur Deutsch als Fremdsprache in München, Konrad Ehlich, ist das heutige „Scientific English" weniger „Organon für differenzierte wissenschaftliche Kommunikation" als eine „Rudimentärsprache" (1997a: 133), angesichts deren Ausbreitung er vor einer „Weltmonokultur" warnt (1997b: 94). Ein indirekter Hieb gegen die allgemeine Anglophonie ist auch das Lob auf die Mehr-als-Zweisprachigkeit, an deren Vorzüge Harald Weinrich immer wieder erinnert hat (1980; 1985a: 307-330; ebenso in „Höflichkeit der Nationen. Drei Sprachen braucht der Europäer." Frankfurter Allgemeine Zeitung 11. 1. 1995: 23). Nicht ganz zufällig war es auch ein Germanist, der sich dezidiert gegen die Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache an den deutschsprachigen Hochschulen wandte (Schlosser 1997).

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Verliert Deutsch als Fremdsprache unweigerlich weiter an Attraktivität, wenn es seine bisherige Monopolstellung in der Universitätslehre einbüßt? Mir scheint, daß dies nicht der Fall sein muß. Allerdings lassen sich die Folgen insgesamt nur schwer überblicken. Es könnte jedoch gleichzeitig eine Wirkung in entgegengesetzter Richtung geben. Als Folge der englischsprachigen Lehre kämen vermutlich mehr Nicht-Deutschsprachige an die deutschsprachigen Universitäten, die dort in der Regel dann auch Deutsch lernten (vgl. 12). Damit wüchsen der deutschen Sprache neue Lerner zu. Genau dies ist einer der erwünschten Effekte der neuen internationalen Studiengänge (vgl. Kap. E.3.1). Ob letztlich der Verlust oder der Zuwachs an Deutschlernern überwiegt, hängt maßgeblich davon ab, auf welche Weise die Zusatzlehre in Englisch verwirklicht wird. Gelingt es, die deutschsprachigen Universitäten durch die zusätzliche englischsprachige Lehre und durch weitere Reformmaßnahmen wirklich wieder international attraktiv zu machen? Werden den Gästen aus nicht-deutschsprachigen Ländern dann auch geeignete Möglichkeiten zum Erlernen der deutschen Sprache geboten? Wenn all dies gelänge, so könnte die Einbuße an Fremdsprachenlernern, wie Laponce (1987: 196 f.) sie im vergleichbaren Fall für das Französische vermutet, durchaus anderweitig wieder ausgeglichen werden; vielleicht wäre die Bilanz am Ende sogar positiv (vgl. aber 7: letzter Abschnitt). Dabei ist zu bedenken, daß wissenschaftssprachliche Motive heutzutage ohnehin vielfach nur noch eine ganz untergeordnete Rolle für die Wahl von Deutsch als Fremdsprache spielen (vgl. z. B. Ammon 1991b; Bister-Broosen/Good 1997). Auch das Niederländische hat durch die Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache an den niederländischen Hochschulen insgesamt nicht an Attraktivität als Fremdsprache verloren; es wird im Gegenteil heute mehr gelernt als zuvor. In Finnland bilden die ausländischen Studierenden, die aufgrund des englischsprachigen Lehrangebots angezogen werden, sogar eine ganz besondere Zielgruppe für Finnischkurse (anfänglich mit englischer Unterrichtssprache). Dabei wird darauf hingewiesen, daß auch Fakultäten mit umfassendem englischsprachigem Lehrangebot wie „Faculty of Science, Faculty of Education, Faculty of Social Sciences and Faculty of Theology" „require some amount of Finnish language studies of their foreign students" („Finnish für Exchange Students." University of Helsinki. Courses in English. 1997-1998: 12-16, s. 16; vgl. auch Sundbäck/Vento, eds., 1997. Zusendung Harald Haarmann). Die englischsprachige Central European University in Warschau bietet neben „study skills in English" auch „survival Polish" an (Prospekt), womit der polnischen Sprache immer-

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hin Lerner zugeführt werden, und sei es auf rudimentärem Niveau, die andernfalls kein Polnisch gelernt hätten. Im Deutschen, das ja neben dem Englischen als Sprache der Lehre fungieren soll, bliebe dieses Niveau dagegen keineswegs rudimentär. Jedenfalls verdient der Gedanke des möglichen Ausgleichs von Lernerverlusten sorgfältige Prüfung, nicht zuletzt im Hinblick auf zuträgliche Maßnahmen. Wichtig wäre allerdings auch dafür die möglichst uneingeschränkte Bewahrung des Deutschen als Sprache der Hochschullehre. Andernfalls würde Englisch als Lehr-Zusatzsprache wohl tatsächlich zum Trojanischen Pferd für Deutsch als Fremdsprache. Dabei sei nochmals an die Schwierigkeit der Aufrechterhaltung deutschsprachiger Lehre erinnert (vgl. 1). Aus Untersuchungen zum Spracherhalt und zur Diglossie ist bekannt, daß die Funktionsaufteilung von Sprachen auf unterschiedliche Domänen ihren Erhalt begünstigt. Werden dagegen zwei Sprachen innerhalb derselben Domäne verwendet, so besteht die Gefahr, daß die prestigeträchtigere die prestigeärmere verdrängt. Im vorliegenden Fall ist Englisch prestigeträchtiger. Die Gefahr der Verdrängung von Deutsch zeigt sich schon im heutigen Kontakt zwischen beiden Sprachen in der Asymmetrie der Entlehnungen (Übernahme von mehr Anglizismen ins Deutsche als umgekehrt), der häufigen „Akkommodation" (prestige- und kenntnisbedingte Anpassung) Deutschsprachiger an Englischsprachige, der sich ausweitenden Verwendung des Englischen auf Kosten des Deutschen (nicht zuletzt aufgrund ökonomischer Zwänge, z. B. Sprachwahl wissenschaftlicher Zeitschriften), der besseren Kenntnis und häufigeren Verwendung des Englischen in der jüngeren als in der älteren Generation und in anderem mehr. Das Nebeneinander zweier Sprachen in gleicher Funktion kann zur sozialen und psychischen Belastung für Individuen werden, der sie sich dann durch Sprachumstellung entledigen (vgl. 10; außerdem Schiffman 1987: 69 f.; Laponce 1987: 1-52). Die Klärung dieser Fragen ist eine wichtige Aufgabe der Sozio- und Psycholinguistik, speziell ihrer germanistischen und anglistischen Richtungen. Vielleicht ließe sich aus solchen Bemühungen auch eine neue Sprachkultur des Deutschen als Wissenschaftssprache entwickeln einschließlich konsequenterer Bemühungen der Hochschullehrer vor Ort um den fortlaufenden Ausbau der deutschen Terminologie anstelle gedankenloser Übernahme nicht-adaptierter englischsprachiger Termini (vgl. 1). — Die hiermit skizzierten Aufgaben und Probleme gehören zu den schwierigsten bei der Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache an den deutschsprachigen Hochschulen.

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(7) Interessenverletzung anderer Sprachfächer Der Aufstieg des Englischen als Welt-Lingua-franca, speziell auch als WeltWissenschaftssprache, kann für Lehrer, Lerner und Sprecher einst annähernd gleichrangiger Sprachen eine bittere Erfahrung sein. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist nämlich vielfach die Entwertung ihres Könnens und ihrer Qualifikation. Daher ist es nicht verwunderlich, daß Romanisten — ähnlich wie Germanisten, aber vielleicht in noch höherem Maße — über jede weitere Stärkung des Englischen besorgt sind und auf Möglichkeiten seiner Schwächung bzw. der Aufwertung der eigenen Sprache sinnen. Auch Romanisten haben eine Vorliebe für Abqualifizierungen des weltweit gesprochenen Englisch als „Bad English" (Wandruska 1990: 103), „PidginEnglisch" (Christ 1980: 37) und dergleichen oder verfechten oft die Mehrais-Zweisprachigkeit (z. B. Baschera 1997; Christ 1980: passim; anders dagegen DAAD-Präsident Berchem 1997). Auf der Expolingua Berlin 1997 (20. 11.) veranstalteten fünf Romanisten ein „sprachenpolitisches Forum" „Wider die monolinguale Verarmung im Fremdsprachenunterricht" (Albert Raasch, Franz-Joseph Meißner, Helene Harth, Wolfgang Nastarowitz, Regina Gerber). Zwar sind derartige Bewertungen, wie man sich denken kann, nicht aus der Luft gegriffen, sondern meist in eine komplexe Argumentation eingebettet, weshalb es zu einfach wäre, sie auf bloße Fachinteressen zurückzuführen; jedoch läßt ihre Häufung in bestimmten Fächern darauf schließen, daß solche Interessen, die im übrigen völlig legitim sind, als Motivation mitspielen. Im Zusammenhang damit stellt sich die Frage, ob und inwieweit die anderen Fremdsprachenfächer durch die Einführung des Englischen in die Lehre der deutschsprachigen Hochschulen Schaden nähmen. In der Tat ist mit positiven Auswirkungen kaum zu rechnen. Insbesondere haben sie geringe Chancen, sich neben Englisch als Sprachen der Lehre zu etablieren, abgesehen von einzelnen Sonderfällen. Dies gilt sogar für die großen Sprachen wie Französisch oder Spanisch. Speziell für die wissenschaftliche Kommunikation wären sie auch kaum geeignet (vgl. Kap. E.l: Anfang). Für berufspraktische Zwecke und im Zusammenhang mit allgemeinen Bemühungen um die Internationalisierung der deutschsprachigen Hochschulen ist es möglicherweise anders (vgl. Kap. E.3.1); jedoch verraten die ersten Erfahrungen mit den neuen internationalen Studiengängen, daß sogar dabei Englisch fast eine Monopolstellung zufällt. „Der Bildungsminister, der [diese Studiengänge! U. A.] finanziert, hätte gerne auch französischsprachige Projekte gefördert", „effektiv sind aber, von wenigen Ausnahmen ab-

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gesehen, nur englischsprachige Projekte beantragt worden" (briefliche Mitteilung Anne K. Jansen, DAAD, 15. 8. 1997). Eigentlich gibt es solche Ausnahmen überhaupt nicht, denn andere Fremdsprachen als Englisch dienen in keinem dieser neuen Studiengänge zur Lehre. Sie werden nur vereinzelt als fakultative Lehrgegenstände angeboten, und zwar für die „undergraduates" an der Universität Magdeburg, der Fachhochschule Reutlingen und der Fachhochschule Stralsund sowie für die „graduates" an der Fachhochschule Darmstadt und an der Universität Magdeburg. Die Sprachen sind Französisch, Russisch (je 4mal), Spanisch (2mal), Dänisch, Italienisch, Litauisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch und Schwedisch (je Imal). Es bleibt abzuwarten, inwieweit solche Zusatzkurse besucht werden, neben der zweisprachigen Lehre und den Kursen in Englisch (für deutschsprachige Teilnehmer) und Deutsch (für nicht-deutschsprachige Teilnehmer). Möglicherweise finden dabei sogar eher die ansonsten seltener gelernten Fremdsprachen Zuspruch als diejenigen, die man vielerorts lernen kann. Es ist also anzunehmen, daß Sprachen wie Französisch und Spanisch von der Einführung des Englischen in die Lehre der deutschsprachigen Hochschulen kaum profitieren können. Dies gilt besonders, insofern es dabei um den verbesserten Zugang zur internationalen Wissenschaftskommunikation geht. Aufgrund der Interessenlage sind daher Widerstände vor allem der Romanisten gegen die Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache an den deutschsprachigen Hochschulen verständlich. Allerdings könnte sich die Lage der Romanisten ändern, wenn auch die romanischsprachigen Länder Englisch als Lehr-Zusatzsprache an ihren Hochschulen einführten — was freilich zumindest für die frankophonen Länder auf absehbare Zeit undenkbar scheint. Davon würden die Vertreter dieser Sprachen als Fremdsprachen ähnlich profitieren wie im vorliegenden Fall die Vertreter von Deutsch als Fremdsprache (vgl. 7). Hier zeichnet sich nun allerdings ein Problem ab. Nutznießer einer solchen Entwicklung wären in erster Linie die Vertreter des Fachs im eigenen Land, weniger die im Ausland. Denn die dann in die romanischsprachigen Länder kommenden Auslandsstudenten würden wohl großenteils erst dort die betreffende romanische Sprache lernen, parallel zu ihrem Studium in englischer Sprache. Den Vertretern von Französisch, Spanisch usw. als Fremdsprache in den nicht-romanischsprachigen Ländern — in Deutschland, Österreich usw. — wüchse dadurch keine neue Klientel zu. Entsprechendes ist auch für Deutsch als Fremdsprache zu erwarten. Vermutlich lernen viele der Auslandsstudenten, die aufgrund der englischspra-

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chigen Lehre an die deutschsprachigen Hochschulen kommen, erst an Ort und Stelle Deutsch, nicht schon vorbereitend zu Hause. Die neu eingerichteten internationalen Studiengänge haben unter anderem ja gerade den Zweck, die deutschsprachigen Hochschulen für Auslandsstudenten ohne vorherige Deutschkenntnisse zugänglich zu machen. Ob unter solchen Umständen die Vertreter von Deutsch als Fremdsprache in den nicht-deutschsprachigen Ländern die geplanten Veränderungen unbeschadet überstehen, läßt sich derzeit nur schwer abschätzen. Möglicherweise sind vor allem sie es, die die Suppe der Lehr-Zusatzsprache Englisch an den deutschsprachigen Hochschulen auszulöffeln haben. Ob und wie diese eventuelle Beschädigung der Lehre von Deutsch als Fremdsprache außerhalb des deutschen Sprachgebiets aufgefangen werden kann, verdient schon aus Rücksicht auf die betroffenen Dozenten sorgfältige Prüfung. (8) Sonstige Fächerdiskriminierung Von eher untergeordneter Bedeutung ist demgegenüber das Problem, daß Englisch für die Fächer, denen es als Sprache der Lehre dienen würde (neben dem Deutschen), zusätzliche Vorteile mit sich brächte bzw. entsprechende Nachteile für die weiterhin auf das Deutsche beschränkten Fächer. Englisch in der Lehre würde sicher das Prestige der betreffenden Fächer vergrößern und verliehe ihnen eine Aura größerer Internationalität Es würde auch tatsächlich die internationale Kommunikations- und Aktionsfähigkeit der Dozenten und Studierenden erhöhen. Umgekehrt bekämen die Fächer, die sich mit dem Deutschen für die Lehre begnügten, verstärkt den Beigeschmack des Provinziellen. Mißlicherweise würden sich diese Diskrepanzen nach Ansehen und Handlungsfähigkeit ziemlich genau entlang schon existierender Prestigeunterschiede zwischen den Fächern entwickeln. Grob gesprochen gewännen die Naturwissenschaften zusätzliches Prestige gegenüber den Geisteswissenschaften. Den Geisteswissenschaften bliebe wohl, wenn sie dieser Entwicklung begegnen wollten, nichts anderes übrig, als auf Kompensation zu sinnen, womöglich gleichfalls durch Einführung einer zusätzlichen Fremdsprache für die Lehre. Vielleicht käme dafür in Einzelfällen eine andere Fremdsprache als Englisch in Betracht, was die Differenzierung und den Wettbewerb zwischen den Hochschulen fördern könnte. Möglicherweise wäre bei manchen Geisteswissenschaften eine andere Fremdsprache als Englisch sogar aus wissenschaftssprachlichen Gründen zu rechtfertigen (vgl. Kap. D.3); für berufspraktische Zwecke sind ohnehin

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für verschiedene Fächer auch andere Fremdsprachen als Englisch von Belang (vgl. Kap. E.3.1). (9) Vertiefte Sprachkluft zwischen Fachleuten und Laien Die Unverständlichkeit von Wissenschaftssprachen für Laien ist ein altbekanntes Ärgernis; sarkastische Schlagwörter wie „Fachchinesisch" zeugen davon (vgl. z. B. Lepenies 1986; Fache 1981). Es ist auch schon oft mit guten Gründen dargelegt worden, daß sich das Problem, das auch als eines der „fachexternen Kommunikation" von Wissenschaftlern (als einer Sondergruppe von Fachleuten) thematisiert wurde (Mohn 1979; Beier 1983), nicht gänzlich beheben läßt (vgl. die Beiträge in Bungarten, ed., 1981). Allerdings gibt es gelegentlich spektakuläre Lösungsversuche. Ein Beispiel liefert das US-Labor der Teilchenphysik Fermilab (Accelerator Laboratory), das seit 1997 zu jeder noch so technischen eigenen Veröffentlichung eine Version in „plain English" (Gemein-/Alltags-Englisch) im Internet publiziert. Die Physiker des Labors halten dies sogar bei ihrer hochspezialisierten Fachsprache für sinnvoll, wenn dabei auch unvermeidlich Information verloren geht (Glanz 1997). Einen bemerkenswerten Versuch in diese Richtung machte schon Albert Einstein (1917), indem er seine Relativitätstheorie „gemeinverständlich" darstellte, wobei er an Leser mit dem für das Abitur notwendigen Kenntnisstand dachte. Obwohl die Sprachkluft zwischen Fachleuten und Laien nicht ganz geschlossen werden kann, gibt es also Möglichkeiten, sie zu verringern (vgl. Riggs 1989) — aber auch, sie noch weiter aufzureißen. Man darf annehmen, daß die Verwendung des Englischen als Wissenschaftssprache in jedem nicht-englischsprachigen Land die sprachliche Distanz zwischen Wissenschaftlern und Laien vergrößert. Dabei sind zweierlei Auswirkungen zu beachten und auseinanderzuhalten: (a) die wirkliche Verständniserschwerung und (b) der bloße Eindruck der Distanzvergrößerung. Was (a) angeht, so gleicht zwar schon die heutige wissenschaftliche Fachsprache, zumal auf Hochschulebene, für Laien einem Buch mit sieben Siegeln. Deutschsprachige Termini ermöglichen aber dennoch eher ein wenigstens vages Verstehen als englischsprachige Termini. Dieses Problem verdient umso mehr Beachtung, als die Sprachkluft zwischen Fachleuten und Laien gerade in den Fächern besonders groß ist, die für Englisch als LehrZusatzsprache hauptsächlich infrage kommen: Naturwissenschaften und Teile der Sozialwissenschaften. Was (b) betrifft, so muß fremdsprachige Lehre die ohnehin verbreiteten Vorstellungen von den Hochschulen als un-

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zugänglichen, jeder Kontrolle entzogenen „Elfenbeintürmen" bei der übrigen Bevölkerung noch verstärken. Beide Probleme könnten abgemildert werden, wenn Deutsch als Sprache der Lehre neben Englisch möglichst ungeschmälert erhalten bliebe. Unter besonders günstigen Umständen könnte die Hinzunahme des Englischen sogar zur Verringerung der Sprachdistanz zwischen Wissenschaftlern und Nichtwissenschaftlern beitragen. Es ist nämlich immerhin denkbar, daß das regulierte Nebeneinander beider Sprachen das Bewußtsein der Fachleute von den Verständnisschwierigkeiten der Laien schärft. Dies wäre vor allem dann möglich, wenn die unter (6) (gegen Ende) vorgeschlagenen Einwirkungen seitens der Germanisten und der Vertreter von Deutsch als Fremdsprache greifen würden. Eine Gewähr für die Erfüllung dieser Hoffnungen gibt es freilich nicht. Viele Wissenschaftler scheinen in ihre hochspezialisierte Geistestätigkeit so eingesponnen, daß sie die Kommunikation mit Laien nicht leisten können oder wollen. Harald Weinrich hat die auf englisch publizierenden deutschsprachigen Wissenschaftler ermahnt, daß sie zusätzlich „für die Umsetzung und Übersetzung dieses Wissenschaftsenglisch in gutes Wissenschaftsdeutsch verantwortlich" seien. Das sei „besonders bei der Begriffsbildung [in unseren Worten Terminologiebildung! U. A.] zu bedenken, und kein deutscher Wissenschaftler sollte Beifall für eine englische Begrifflichkeit finden, wenn er sich nicht gleichzeitig Mühe gegeben hat, dafür zu sorgen, daß diese Begriffe in mündliches und schriftliches Wissenschaftsdeutsch gut übertragbar sind." Weinrich macht die deutschsprachigen Wissenschaftler, die auf englisch publizieren, sogar „für die Folgeveröffentlichungen in deutscher Sprache — bis hin zu den Gymnasialfächern — mitverantwortlich" (Weinrich 1986b: 193. Hervorhebung im Original). Dies mag zwar übertrieben anmuten, jedoch wird damit der richtige Weg gewiesen. Die gesamte Wegstrecke dürfte sich freilich in der Regel nur in einer Art Staffellauf zurücklegen lassen, wobei Wissenschaftsjournalisten, Lehrbuchautoren und Lehrer an den Schulen als Zwischenträger zwischen Wissenschaftlern und Laien eine unverzichtbare Rolle spielen. Die erste Stabübergabe in diesem Staffellauf erfolgt an die deutschsprachige Lehre an den Hochschulen. Sie muß bei Einführung des Englischen als Lehr-Zusatzsprache alles, was auf englisch gelehrt wird, auch ins Deutsche übersetzen. Zumindest darf es nie dahin kommen, daß bestimmte Themengebiete nur noch auf englisch angeboten werden. Zwar läßt sich dieses Ziel in der Praxis vermutlich nicht vollkommen verwirklichen; bei ständigem Bemühen kann man ihm jedoch zumindest nahekommen. Damit sollte sich auch weitgehend verhindern lassen,

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daß das Englische als Lehr-Zusatzsprache an den Hochschulen den Graben zwischen Wissenschaftlern und Laien weiter vertieft. Ich möchte diese Gedanken noch etwas fortsetzen, über den Bereich von Wissenschaft und Hochschullehre hinaus. In den skandinavischen Ländern wird die um sich greifende Verwendung der englischen Sprache teilweise sogar als Gefährdung der Demokratie bewertet. Im Anschluß an die Diskussion englischsprachiger Lehre in Norwegen führt Geirr Wiggen (1995a: 76) aus: „Moreover, a more general use of Englisch words, idioms, phrases, and whole texts in various everyday situations divides people into those who control and understand the foreign language and those who do not. Letting English develop into a new Latin in Norway, carried by snobbism and cosmopolitan appearances, would be to allow an undemocratic development." Was hier in bezug auf Alltagssituationen gesagt wird, läßt sich mutatis mutandis auf das Verhältnis zwischen Hochschule und umgebender Gesellschaft übertragen. Hier lauert in der Tat ein gesellschaftspolitisches Problem. Mir scheint jedoch fraglich, ob es sich durch restriktive Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Englischen bannen läßt. Erfolgversprechend ist wohl eher der umgekehrte Ansatz: die Vermittlung besserer Englischkenntnisse an die gesamte Bevölkerung. In der Regel lassen sich nämlich Sprachbarrieren nicht durch Unterdrückung des für Teile der Bevölkerung momentan unerreichbaren Sprachgebrauchs überwinden, sondern nur durch bessere Sprachbildung dieser Bevölkerungsteile. Begleitende Erziehung der sprachlich Privilegierten zu mehr Sprachrücksicht und -toleranz wirkt zwar abmildernd, beseitigt die Barriere selber aber nicht. Was die Sprachbarriere betrifft, die durch die Fremdsprache Englisch aufgerichtet wird, so ist man in vielen europäischen Ländern auf dem richtigen Weg, indem man zunehmend schon in der Grundschule mit dem allgemeinen Fremdsprachenunterricht beginnt (Sarter 1997: besonders 10—13). In Deutschland, wo dieser Unterricht hauptsächlich europabezogen ist, sind auch andere Sprachen als Englisch einbezogen („Nachbarsprachen", „Begegnungssprachen"); jedoch ist Englisch spätestens in der Sekundarstufe vorherrschend. Bei allgemeiner Kenntnis des Englischen als Fremdsprache oder Zusatzsprache (Fishman 1982) würden sich die Probleme der Verständigung zwischen Fachleuten und Laien allmählich denen in der Muttersprache annähern (vgl. für Englisch als Muttersprache Beier 1983). Im Zusammenhang mit der Vermittlungsproblematik zwischen Fachleuten und Laien soll hier noch die Frage „sprachlicher Menschenrechte" berührt werden (vgl. Skutnabb-Kangas/Phillipson/Rannut, eds., 1995; auch Laponce 1987: 150-164). Das Recht auf Bildung in der Muttersprache

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wurde ursprünglich vor allem für die allgemeine, insbesondere sogar die Elementarbildung geltend gemacht, häufig unter Bezugnahme auf die weithin bekannte Studie der UNESCO (1953) The Use of the Vernacular Languages in Education. In jüngster Zeit wird dieses Recht jedoch auch für die höhere, ja sogar die Hochschulbildung beansprucht. Jean A. Laponce (1987: 170 f.) weist darauf hin, daß dafür oft — neben dem Anspruch auf Bildung in der eigenen Sprache — zusätzliche Begründungen genannt werden, die sich zusammenfassen lassen als „the right to language as identity". Als Beispiel nennt er die Ukrainer, „[who] would like Ukrainian to be the ,teaching' language in all the faculties, including Science and Medicine." Eine Lösungmöglichkeit, die solchen Forderungen wenigstens einigermaßen entgegenkommt, sieht Laponce im „bilingual teaching". Offenkundig paßt diese Lösungsmöglichkeit genau auf unseren Fall. Auch wir plädieren ja für zweisprachige Lehre, keinesfalls die Ersetzung des Deutschen durch das Englische. Aus diesem Grund dürften Fragen aus dem Umfeld des „Menschenrechts auf die eigene Sprache" im vorliegenden Zusammenhang keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten. (10) Sprachbelastung Das Arbeiten mit einer zweiten Sprache, schon ihr Erlernen, ist zusätzliche zeitliche und kognitive Belastung für Dozenten und Studierende (vgl. auch 6). Der britische Biologe Theodore H. Savory (1953: 154f.), der schon in den 50er Jahren die Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache voraussah, gab der heranwachsenden Wissenschaftlergeneration seines Landes den folgenden aus zwei Teilen bestehenden Rat. Einerseits: ,,[I]t must not be forgotten that other languages than English are in fact also used by many scientists"; andererseits: ,,[T]he time spent on languages is time lost to science." Die deutschsprachigen Wissenschaftler brauchen gewiß nicht daran erinnert zu werden, daß auch andere Sprachen als ihre eigene in der Wissenschaft eine Rolle spielen. Was aber sollen sie mit dem Rat anfangen, daß die auf Sprachen verwandte Zeit für die Wissenschaft verloren ist? Müssen sie davon ausgehen, daß sie aufgrund der Notwendigkeit, mindestens Englisch zu lernen, gegenüber ihren angelsächsischen Kollegen, die sich heutzutage vor dem Fremdsprachenlernen drücken können, unausweichlich im Nachteil sind? Die eindeutige Beantwortung dieser Frage erweist sich bei näherer Betrachtung als schwierig. Zweifellos können sich deutschsprachige Wissenschaftler in der Zeit, in der sie Englisch lernen, nicht immer auch gleichzeitig mit Fragen ihrer eige-

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nen Disziplin befassen. Allenfalls im fortgeschrittenen Lernstadium ist es möglich, daß sie sich dabei gleich englischsprachigen Fachtexten zuwenden. Aber auch dann, vielleicht sogar zeitlebens, kann die Arbeit in einer Fremdsprache zeitaufwendiger oder zumindest ermüdender sein als in der Muttersprache. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, daß sogar fließend Zweisprachige bei der Verwendung einer nicht schon im Kleinkindalter erlernten zweiten Sprache zusätzliche „Gehirn-Kraft" benötigen („extra brain power"). Ein Beispiel liefert eine Untersuchung zweisprachiger Personen in Quebec (allerdings nur n = 7), deren Muttersprache Englisch war und die fließend Französisch sprachen, das sie seit dem Alter von 7 Jahren gelernt hatten. Ihr Gehirn zeigte durchgehend beim Französischsprechen andere Aktivitäten als beim Englischsprechen. Beim Französischsprechen wurde stets das linke Putamen angehoben, was beim Englischsprechen nie geschah. Die Anhebung des Putamens läßt sich erklären als zusätzliche Kontrolle der Artikulation. Das Putamen ist Teil der basalen Ganglien im Vorderteil des Gehirns, unterhalb der Cortex. Bisher wird seine Funktion hauptsächlich in der Kontrolle weitgehend mechanischer oder automatisierter Bewegungsabläufe gesehen. Der Untersuchungsbefund deutet auf größere Anstrengung beim Sprechen der zweiten Sprache hin. (Barinaga 1995: 1437) Er paßt zu gelegentlichen Schilderungen deutscher Angestellter in den Institutionen der Europäischen Union, die sich nach einem langen Arbeitstag in englischer oder französischer Sprache gerädert fühlen, während ihre englischen bzw. französischen Kollegen noch Lust auf Abenteuer verspüren (vgl. zur allgemeinen Situation dort Schloßmacher 1996). Die einzige gründliche Lösung dieses Problems wäre, wie es scheint, das schon frühkindliche Erlernen des Englischen (Vorschlag Eis Oksaars in Kalverkämper/Weinrich, ed., 1986: 62f.). Vor allem dadurch ließe sich statt einer belastenden eine befreiende Zweisprachigkeit erzielen, statt eines „harmful" ein „beneficial bilingualism" (Laponce 1987: 16 — 19). Im Lichte dieser Problematik bzw. ihrer Lösungsmöglichkeit erscheint die vielfach erhobene Forderung, Englisch solle in der Schule keinesfalls als erste Fremdsprache, sondern nur als zweite gelernt werden, höchst fragwürdig. Sie wird damit begründet, daß andernfalls keine Motivation mehr bestehe, sich noch eine andere Fremdsprache anzueignen; Englisch werde dagegen wegen seiner vielfachen Anwendbarkeit ohnehin erlernt, bis zu einem gewissen Grad sogar unwillkürlich über die Massenmedien (Weinrich 1981: 66; 1985a: 317). Diese Strategie läuft, wie mir scheint, Gefahr, daß die Fremdsprache, die im Leben am meisten gebraucht wird, unzureichend gelernt wird, so daß der Umgang mit ihr zeitlebens eine Qual bleibt. Letztlich stehen hier

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unterschiedliche sprachenpolitische Prioritäten zur Diskussion, die zugespitzt charakterisiert werden können mit Ausdrücken wie „globale Kommunikationsfähigkeit" (Vorrang des Englischen) versus „Rücksicht auf die europäischen Nachbarn" (nachgeordnete Stellung des Englischen). Welche Option für Wissenschaftler angezeigt ist, steht außer Zweifel; die Wissenschaftler unserer europäischen Nachbarländer haben sich längst entschieden (vgl. Kap E.l: Anfang). Natürlich ist die Kenntnis von mehr als zwei Sprachen höchst wünschenswert, gerade im Hinblick auf das vielsprachige, zusammenwachsende Europa; speziell für Wissenschaftler müssen jedoch gründliche und mühelos anwendbare Englischkenntnisse vorrangiger Bestandteil eventueller Drei- oder Mehrsprachigkeit sein. (11) Sprachliche Korrektheitsprobleme Dieses Thema knüpft unmittelbar an die vorausgehenden Ausführungen an. Es geht dabei vielleicht um die überhaupt größten Probleme bei der Handhabung des Englischen als Wissenschaftssprache in den deutschsprachigen Ländern, speziell auch seiner Anwendung in der Hochschullehre. Geirr Wiggen schrieb mir dazu (Brief vom 29. 8. 1997), „that the quality of the English used by non-native academics is far worse than perceived by the users themselves. That goes for Germans as well as for Norwegians and does not only put its users at risk of ridicule, but even of misunderstanding and, thus, of not being taken seriously — an important aspect to remind the promoters of English of" (vgl. auch Kap. E.3.1: gegen Ende). Man beachte den Unterschied, den Wiggen macht zwischen ,sich lächerlich machen' und ,falsch verstanden werden' — wenn er auch beides im Zusammenhang sieht. Ich komme auf diesen Unterschied sogleich zurück. An die Problematik unzureichender Englischkenntnisse deutschsprachiger Wissenschaftler ist zwar verschiedentlich eindringlich erinnert worden — als Beispiel sei Werner Traxel genannt (1975; 1979; vgl. Kap. E.2); sie wird aber, wie es scheint, nicht immer wirklich ernst genommen. Den Eindruck gewinnt man z. B. bei dem Vorschlag, daß Englisch in der Schule generell erst als zweite Fremdsprache unterrichtet werden sollte (vgl. 10). Mir scheint, daß für die hier anzusprechende Problematik ganz besonders gilt, daß es keine Patentlösung gibt, vielleicht sogar überhaupt keinen wirklich befriedigenden Ausweg. Zumindest auf absehbare Zeit wird man sich mit Möglichkeiten bloßer Problemmilderung begnügen müssen. Versuche hierzu sollten meines Erachtens vor allem in zweierlei Richtung unternommen werden.

Probleme und ihre Relativierung

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Maßnahmen in die eine Richtung wären Verbesserungen des Englischunterrichts einschließlich Aufenthalten in angelsächsischen Ländern. Solche Aufenthalte hat neben anderen schon Gustav Lienert (1977) angeregt, und sie wurden neuerdings wieder in alarmschlagenden Zeitungsartikeln gefordert (z. B. Fritz-Vannahme 1997). Diese Maßnahmen erstrecken sich teils auf die Didaktik der englischen Sprache (Verbesserung des Englischunterrichts) und teils auf die Organisation des Studiums und der Berufstätigkeit der Dozenten (Aufenthalte an englischsprachigen Hochschulen). Wegen ihrer Evidenz im allgemeinen und Komplexität im Detail verzichte ich auf die nähere Ausführung, die hier allzu trivial ausfallen müßte. Wichtig ist, daß man sich klar macht: Auch die wesentlich verbesserte Didaktik des Englischen einschließlich Aufenthalten in englischsprachigen Ländern macht aus Deutschsprachigen keine „native Speakers" des Englischen. Dies ist jedoch weder erforderlich, noch wären Versuche in diese Richtung überhaupt wünschenswert. Sie wären aus politischen Gründen problematisch (vgl. 2) und aufgrund des materiellen und kognitiven Aufwandes wohl auch aussichtslos. Daher sind zusätzliche Maßnahmen der nun folgenden Art bedenkenswert, wenn sie auch kurzfristig unrealistisch erscheinen mögen; auf längere Sicht sind sie nicht grundsätzlich illusorisch. Dieses zweite Bündel von Maßnahmen knüpft an die Sprachrichtigkeitserwartungen der Muttersprachler des Englischen an. Sie sind ein Problem, das dringend gründlicher wissenschaftlicher Untersuchung bedarf. Es gibt einerseits den Topos, daß die anglophone Welt Normabweichungen von ihrer Sprache großzügig toleriere, im Gegensatz zur frankophonen Welt; andererseits wurde verschiedentlich auf die harsche Verurteilung normwidrigen Englische wissenschaftlicher Publikationen durch angelsächsische Kritiker hingewiesen (Coulmas 1989: 106f.; Ammon 1989a: 267; 1991a: 273). Diverse persönliche Beobachtungen nähren in mir außerdem den Verdacht, daß die Sprachnormerwartungen angelsächsischer Wissenschaftler auch in bezug auf den mündlichen Sprachgebrauch häufig streng sind. „He makes up his grammar as he proceeds", „Her English is unbearable", „I cannot stand Indian English" und dergleichen sind — zumindest sinngemäß — authentische, von mir registrierte Kommentare angelsächsischer Kolleginnen und Kollegen bei Konferenzvorträgen. Dabei handelte es sich sogar meist um Sprachwissenschaftler, von denen eigentlich ein Problembewußtsein von den Schwierigkeiten der Handhabung einer Fremdsprache zu erwarten wäre. Solche negativen Reaktionen von Muttersprachlern, in diesem Fall des Englischen, können durch zweierlei enttäuschte Erwartungen ausgelöst

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sein: durch bloße Sprachunrichtigkeit oder durch Schwerverständlichkeit der wahrgenommenen Äußerung (abgesehen von indiskutablen kulturellen Vorurteilen gegen bestimmte Akzente). Zwar geht oft beides, Sprachunrichtigkeit und Schwerverständlichkeit, Hand in Hand, ohne sich säuberlich trennen zu lassen; es gibt jedoch durchaus auch Fälle bloßer Sprachnormabweichung, ohne daß die Verständlichkeit gravierend beeinträchtigt ist. Letzteres gilt z. B. weitgehend für national unterschiedliche Normen des Textaufbaus (vgl. Clyne 1984; 1987; auch Galtung 1985). Negative Reaktionen auf bloße Sprachnormabweichungen, auch im weiteren Sinn (Textnormen), verdienen Ächtung. Gegen sie ist ähnlicher Protest angebracht wie z. B. seitens der Feministinnen gegen die „Männersprache", gefolgt von gleichartigen politischen Aktivitäten, ja Aktionen. Zumindest müßte unüberhörbar artikuliert werden, daß Sprachnorm-Intoleranz, insbesondere von Muttersprachlern gegenüber Fremdsprachlern, eine untragbare Diskriminierung darstellt, die zudem eine bedenkliche Engstirnigkeit und Eigensprach-Zentrierung verrät. Die Nichtmuttersprachler müssen ein Recht auf Sprachbesonderheiten einfordern („the non-native speaker's right to linguistic peculiarities"), für die der Ausdruck Sprachfehler aus agitatorischen Gründen vermieden werden sollte; ganz besonders sollten Nicht-Muttersprachler zu Transferenzen aus ihrer Muttersprache berechtigt sein. Außerdem ist es den Muttersprachlern des Englischen zuzumuten, daß sie sich um das Verstehen solcher Transferenzen nachhaltig bemühen und die Bereitschaft entwickeln, Verstehens-Mißerfolge auch als eigenes Versagen zu werten. Im Gegensatz dazu kommt es heutzutage immer noch vor, daß Sprachnormabweichungen, die das Verstehen kaum beeinträchtigen, zur Globalabwertung von Äußerungen einschließlich ihres Inhalts führen. Möglicherweise urteilen Fremdsprachler mit besonders guten Englischkenntnissen nicht weniger rigoros als englische Muttersprachler; daher richtet sich auch an sie die Forderung nach dem Recht der Nicht-Muttersprachler auf Sprachbesonderheiten. Fairerweise wird man allerdings gestehen müssen, daß alle Verstehensbemühungen an ihre Grenzen stoßen können (vgl. Nelson 1982). Außerdem wird allzu variables Englisch auch für die Fremdsprachler aus anderen Sprachgemeinschaften unverständlich. Dann sind korrigierende Eingriffe unvermeidlich. Es sollte jedoch zusätzlich eine Lösung angestrebt werden, die die Situation grundlegend verändert, indem sie die Asymmetrie zwischen Muttersprachlern und Fremdsprachlern zumindest teilweise beseitigt. Dieser weitergehende Vorschlag mag nun zwar utopisch anmuten, aber

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auch er ist keineswegs aus der Welt. Er soll hier ein Stück weit skizziert werden, ohne zu sehr in Details zu gehen. Zunächst müßten sich die Bemühungen darauf richten, der angelsächsischen Welt zu verdeutlichen, daß die englische Sprache als Welt-Linguafranca nicht mehr nur ihr gehört, sondern daß die nicht-angelsächsischen Benutzer auch ein Recht haben, sie mitzugestalten; der Vorteil für die Muttersprachler des Englischen bliebe immer noch groß genug (vgl. z. B. Vandenbroucke 1989). Solche Gedanken sind übrigens sogar von Muttersprachlern des Englischen geäußert worden, z. B. im Kontext der Bemühungen um ein vereinfachtes Englisch. So hat auf einer Konferenz zum „International English" schon in den 70er Jahren ein Teilnehmer folgende Forderung erhoben: „Aber — und dies ist etwas, dessen sich die große Mehrheit derjenigen, die Englisch als Muttersprache haben, nicht bewußt zu sein scheint — ihre Muttersprache mit ihrem reichen Wortschatz, ihrer reichen ererbten Idiomatik, den unzähligen lokalen Anspielungen und den vielen gehegten und gepflegten regionalen Besonderheiten, mit ihren Feinheiten und ihren Doppeldeutigkeiten, kann in sozusagen ungereinigtem Zustand nicht als Sprache für den internationalen Gebrauch dienen, denn es ist nur einer kleinen Anzahl von Spezialisten, die ihr die ganze Arbeitskraft ihres Lebens widmen können, möglich, sie als Fremdsprache zu meistern. Deshalb müssen Muttersprachensprecher des Englischen in Zukunft nicht nur ihre Muttersprache mit all ihrem Reichtum lernen, sondern auch das Englisch, das Millionen andere mit ganz anderen Muttersprachen zu beherrschen in der Lage sind." (zit. in deutscher Übersetzung nach Hübler 1985: 96; vgl. auch die Beiträge in Kachru, ed., 1982; Brumfit, ed., 1982; vor allem Nancarrow 1982; ferner Bailey/Görlach, eds., 1982; Graustein 1981: 24f.). Diese Forderung bezog sich auf Versuche, für Zwecke der internationalen Kommunikation ein vereinfachtes Englisch zu entwickeln („BASIC" = British + American + Science + International + Commercial, „Nuclear English" — vgl. Quirk 1981, und dergleichen). Solche Bemühungen zielen teilweise in die richtige Richtung; ein Manko ist jedoch, daß sich daran bislang nur Muttersprachler des Englischen beteiligt haben. Auf der Grundlage der Einsicht, daß Englisch als Welt-Lingua-franca nicht mehr nur, und sogar nicht einmal in erster Linie, eine Angelegenheit der englischen Sprachgemeinschaft ist, sollte sich dies grundlegend ändern. An der Planung und Gestaltung des Welt-Englisch sollten alle, zumindest alle größeren Sprachgemeinschaften der Welt beteiligt werden. Hierzu bedürfte es einer sprachgemeinschaftsübergreifenden Planungs- und Kodifizierungsinstanz, wobei an Konzepte angeknüpft werden könnte, wie sie für Kunstsprachen entwik-

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Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

kelt wurden. Eine geeignete Institution für solche Bemühungen könnten die Vereinten Nationen sein. Bei Nennung dieser Weltorganisation wird allerdings schlagartig klar, wie weit solche Vorstellungen noch von unserer heutigen Wirklichkeit entfernt sind. Die derzeitigen Vereinten Nationen wären wohl eine denkbar ungeeignete Institution. Ein Indiz dafür ist schon der Umstand, daß sie zäh an sechs verschiedenen Amts- und Arbeitssprachen festhalten (Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Chinesisch und Arabisch). Englisch aus ihnen derart herauszuheben, wie es unsere Anregung vorsieht, darauf könnte sich diese Institution derzeit wohl kaum verständigen. Ob eine andere Institution in unserer heutigen Welt dazu in der Lage wäre, muß hier offen bleiben. Eine schnelle Lösung der in diesem Abschnitt berührten Probleme ist jedenfalls nicht zu erwarten. Man wird mit der Chancen-Ungleichheit zwischen Muttersprachlern und Nicht-Muttersprachlern des Englischen noch geraume Zeit leben müssen. Sie läßt sich zwar allmählich abmildern durch Appelle an die Sprachnorm-Toleranz gegenüber Fremdsprachlern, vielleicht auch durch politische Maßnahmen, vor allem aber durch verbesserte Möglichkeiten des Englischlernens; ganz beseitigen läßt sie sich aber allenfalls in ferner Zukunft. — Keinesfalls jedoch kann eine Sprachgemeinschaft wie die deutsche die Probleme durch den Ausstieg aus der englischen Sprache lösen; damit schnitte sie sich zu tief ins eigene Fleisch. (12) Zweckverfehlung: Keine größere Internationalität Aufgrund der in absehbarer Zeit nicht nachhaltig lösbaren Schwierigkeiten mit der Sprachrichtigkeit (vgl. 11) könnte eingewandt werden, es sei zu erwarten, daß die Einführung des Englischen in die Lehre ihren Zweck großenteils verfehlt. Ähnlich hat Werner Traxel (1975; 1979) bezüglich des englischsprachigen Publizierens deutschsprachiger Wissenschaftler argumentiert. Allerdings zeigt sich — entgegen Traxels Befüchtungen —, daß die englischsprachigen Publikationen deutschsprachiger Wissenschaftler international doch mehr rezipiert werden als ihre deutschsprachigen Publikationen (Garfield/Welljams-Dorof 1990: 15; Kap. E.2). Einer der beiden Hauptzwecke der Lehre in englischer Sprache an den deutschsprachigen Hochschulen wäre, den deutschsprachigen Studierenden und Dozenten die englischsprachige Wissenschaftskommunikation möglichst uneingeschränkt zugänglich zu machen. (Der andere wäre die Öffnung für Auslandswissenschaftler und -studierende.) Zu diesem Zugänglichmachen gehört das Er-

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schließen der englischsprachigen Fachliteratur im weitesten Sinn einschließlich der Online-Dienste, die Nutzung englischsprachiger Lehrbücher, die Herstellung von Kontakten mit englischsprachigen Fachkollegen und die Öffnung englischsprachiger Lehr- und Forschungsinstitutionen. Dabei handelt es sich nicht nur um Einrichtungen englischsprachiger Länder, sondern — aufgrund der Funktion des Englischen als Welt-Lingua-franca — auch vieler nicht-englischsprachiger Länder, die sich des Englischen bedienen. Es ist klar, daß sich den deutschsprachigen Dozenten und Studierenden all diese Möglichkeiten umso leichter erschließen, je besser ihre Englischkenntnisse sind. Deren Verbesserung wäre daher wichtiger Teilzweck englischsprachiger Lehre. All diese Ziele würden durch zusätzliche englischsprachige Lehre besser erreicht als ohne sie. Die vollkommene Zweckverfehlung der neuen Maßnahme ist daher nicht zu befürchten, sondern nur das Zurückbleiben hinter allzu hochgesteckten Erwartungen. In anderen Ländern war die Akzeptanz englischsprachiger Lehrveranstaltungen seitens der einheimischen Studierenden teilweise unbefriedigend. So schrieb mir Lars-Olof Nyhlen (12. 11. 1997) über das englischsprachige Lehrangebot in Schweden: „Das Interesse der schwedischen Student/INNEN an solchen Kursen war und ist nicht besonders groß. Mein Eindruck ist, daß unsere Student/INNEN lieber im Ausland studieren, wenn sie an einem international ausgerichteten Studiengang interessiert sind." Auf dieses Problem müßte man also ein Auge haben. Auf jeden Fall aber wäre mit beträchtlichen Anfangsschwierigkeiten zu rechnen, vor allem in der Verständigung zwischen englischsprechenden Dozenten und deutschsprachigen Studierenden. Speziell die Verstehensschwierigkeiten ließen sich jedoch mit der Zeit abbauen. Immerhin antworteten bei einer Meinungsumfrage in Deutschland von den Informanten mit höherem Schulabschluß aus den Alten Bundesländern 94% und aus den Neuen Bundesländern 54%, daß sie Englisch „einigermaßen gut sprechen oder verstehen" können (Noelle-Neumann/Köcher, eds., 1993: 171). Ebenso würden sich Sprachschwierigkeiten in Prüfungen (vgl. Bird/Welford 1995) mit der Zeit verringern. Außerdem könnten neben englischsprachigen (ausländischen) Dozenten nach und nach auch mehr deutschsprachige Dozenten mit ausreichenden Sprachkenntnissen englischsprachige Lehrveranstaltungen durchführen. Sie wären in der Regel besser in der Lage als englischsprachige Dozenten, den anfänglichen Verstehensschwierigkeiten der deutschsprachigen Studierenden Rechnung zu tragen. Der Erwerb guter Englischkenntnisse durch deutschsprachige Dozenten ließe sich stimulieren, indem man

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Englischkenntnisse bei Ausschreibungen von Hochschullehrerstellen als Zusatzqualifikation wertete. Damit kommt der zweite Zweck englischsprachiger Lehre in den Blick: die Öffnung der deutschsprachigen Hochschulen für nicht-deutschsprachige Studierende und Wissenschaftler. Daß diese Zugänglichkeit für fremdsprachige Wissenschaftler und Dozenten durch die englischsprachige Lehre verbessert würde, steht außer Zweifel, zumal die englischsprachige Lehre auch Verbesserungen der sonstigen englischsprachigen Infrastruktur in den Bereichen Forschung und Lehre mit sich brächte. Die Zugänglichkeit für nichtdeutschsprachige Studierende würde gleichfalls erhöht, was ja auch die Absicht der neu eingerichteten internationalen Studiengänge ist (vgl. Kap. E.3.1). Allerdings fragt es sich, ob ein englischsprachiges Lehrangebot die deutschsprachigen Hochschulen ebenso attraktiv machen könnte wie die Hochschulen der englischsprachigen Länder. Natürlich hängt dies auch von den sonstigen Studienbedingungen ab, jedoch soll diese Frage — so wichtig sie ist — hier nicht diskutiert werden. Ich beschränke mich — dem Thema der vorliegenden Untersuchung gemäß — auf den sprachlichen Aspekt. Gegenüber den englischsprachigen Hochschulen hätten die deutschsprachigen Hochschulen den Nachteil nicht-muttersprachlichen Englischs, zumindest von Seiten der deutschsprachigen Dozenten — deren Beteiligung am englischsprachigen Lehrangebot wünschenswert, vermutlich sogar unverzichtbar wäre. Ein Teil der Attraktivität der englischsprachigen Hochschulen besteht demgegenüber im Angebot von muttersprachlichem Englisch. Die deutschsprachigen Hochschulen haben in dieser Hinsicht einen dauerhaften Standortnachteil, zumal auch das englischsprachige Umfeld außerhalb der Hochschule fehlt. Erst Entwicklungen in Richtung der in (11) (gegen Ende) angesprochenen Art könnten hier auf längere Sicht zu Standortangleichungen führen. — In diesem Zusammenhang wäre dringend eine Untersuchung geboten, welches Gewicht bei welchen Studierenden aus welchen Ländern, das Motiv, die eigenen Englischkenntnisse zu verbessern, für die Wahl eines Studienstandortes hat. Entsprechendes gilt für Gastaufenthalte von Wissenschaftlern und Dozenten. Daß auch für sie die Verbesserung der Englischkenntnisse eine Rolle spielt, folgt indirekt schon aus unseren eigenen bzw. den referierten Vorschlägen, deutschsprachige Wissenschaftler und Dozenten sollten ihre Englischkenntnisse unter anderem durch Aufenthalte an englischsprachigen Hochschulen verbessern (vgl. 11). Haben die deutschsprachigen Hochschulen deshalb insgesamt einen Standortnachteil, der womöglich unaufhebar ist? Nicht unbedingt. Grund-

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sätzlich ist das Englischlernenkönnen nur eine von verschiedenen Attraktionen eines Studienstandortes. Er kann durchaus durch andere Vorzüge ausgeglichen werden, z. B. durch ein höheres wissenschaftliches Niveau, klareren Studienaufbau, bessere Betreuung und dergleichen. Gerade in diesen Hinsichten ist es allerdings für die Hochschulen der deutschsprachigen Länder schwierig, die Hochschulen der englischsprachigen Länder zu übertreffen. Eine Attraktion haben die deutschsprachigen Hochschulen jedoch zu bieten, die ihnen die Hochschulen der englischsprachigen Länder nicht streitig machen können, nämlich die deutsche Sprache bzw. die Möglichkeit, sie zu erlernen. Damit können sich Studierende, und auch Wissenschaftler und Dozenten, eine Zusatzqualifikation erwerben, die unter Umständen nicht gering zu veranschlagen ist. Deutschkenntnisse — nicht anstelle, sondern zusätzlich zu Englischkenntnissen! — können nämlich die Berufschancen und Handlungsmöglichkeiten durchaus erweitern. In anderen gesellschaftlichen Bereichen hat Deutsch teilweise noch eine stärkere internationale Stellung als in der Wissenschaft. Insbesondere für erfolgreiche Wirtschaftskontakte zu den deutschsprachigen Ländern sind Deutschkenntnisse fast unverzichtbar (vgl. Vandermeeren im Druck). Immerhin rangiert die deutsche Sprachgemeinschaft nach der Wirtschaftskraft an dritter Stelle aller Sprachgemeinschaften, hinter der englischen und japanischen (Ammon 1991a: 47—51). Für die deutschsprachigen Hochschulen wäre es daher von großer Bedeutung, mit den Pfunden dieser möglichen Zusatzqualifikation zu wuchern. Dabei ist vor allem das Fach Deutsch als Fremdsprache gefordert. Möglicherweise vergrößert sich so seine Klientel tatsächlich durch die englischsprachige Lehre — falls diese den deutschsprachigen Hochschulen wirklich mehr nicht-deutschsprachige Studierende zuführt als bisher. Angesichts dieser Perspektive ist für die Germanistik, vor allem das Fach Deutsch als Fremdsprache, eher Aufbruchs-Elan angezeigt als Untergangsstimmung. Zu bedenken ist auch, daß die Einführung englischsprachiger Zusatzlehre ohnehin nur den Tatsachen Rechnung trüge, nämlich der weltweiten Dominanz des Englischen als Wissenschaftssprache. Eine realistische Arbeitsgrundlage ist allemal besser als eine illusorische. Deutsch ist heutzutage in den Bildungsinstituten der meisten Länder allenfalls noch zweite Fremdsprache, in aller Regel zusätzlich zu oder nach Englisch, mithin — nach der Muttersprache — dritte Sprache: L3. Zumindest geht die Entwicklung stark in diese Richtung. Die zusätzliche englischsprachige Lehre an den deutschsprachigen Hochschulen trüge vermutlich eher dazu bei, Deutsch als L3 in der Welt zu stabilisieren, als das Beharren auf rein deutschsprachiger Lehre.

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Englisch als Wissenschaftssprache der deutschsprachigen Länder

Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß die sich eröffnenden Chancen von der Germanistik, speziell dem Fach Deutsch als Fremdsprache, wirklich genutzt werden. Ein Teil der zukünftigen Aufgaben wäre die Beratung der Fächer mit zukünftig englischsprachiger Lehre bei der Gestaltung des weiterhin deutschsprachigen Teils des Lehrangebots, ein anderer Teil die Entwicklung und Durchführung von Deutschkursen oder Veranstaltungen zur deutschen Kultur (im weitesten Sinn) als zusätzliches Studienangebot für die Gäste aus dem Ausland (vgl. l und 6).

Anhang Fragebogen zum Sprachengebrauch in der wissenschaftlichen Kommunikation Sehr geehrte Damen und Herren, anhand dieses Fragebogens soll die Rolle verschiedener Sprachen in der wissenschaftlichen Kommunikation erhoben werden. Selbstverständlich bleibt bei all Ihren Angaben die Anonymität gewahrt. Für Ihre Bereitschaft, uns einige Informationen über Ihre persönlichen Sprachkenntnisse und -gewohnheiten zu geben, danken wir Ihnen recht herzlich. Bitte nicht ausfüllen!!! LK

A: Persönliche Daten AI Geburtsjahr

l

A3 Geschlecht:

m

A2 Nationalität

9

w

A4 Universität AS wissenschaftliche Disziplin

B: Sprachen Bitte nennen Sie alle Sprachen, Muttersprache(n)

die Sie beherrschen, einschließlich Ihrer

1. Sprache 2. Sprache 3. Sprache

4. Sprache 5. Sprache 6. Sprache

gegebenenfalls weitere Fremdsprachen

Cl: Wie haben Sie die Sprachkenntnisse erworben? Bitte beantworten Sie diese Frage für jede der unter B aufgeführten Sprachen gesondert! Tragen Sie bitte die Nummern aus B (1-6) in die dafür vorgesehenen Kästchen ein. (Mehrfachantworten sind möglich)

1. a) Die Sprachen sind meine Muttersprachen b) In der Schule c) Während meines Studiums

2.

3.

4.

5.

288

Anhang 1.

2.

3.

4.

5.

6.

d) Während eines Aufenthaltes im betreffenden Sprachgebiet e) Im Sprachunterricht eines Kulturinstituts eines der betreffenden Länder g) Die Sprache wird in meiner Familie gesprochen h) Durch Selbststudium i) In kommerziellen Sprachkursen j) Durch Lektüre k) Über Massenmedien (Bsp. Rundfunk) 1) Erwachsenenbildung m) Sonstiges 1. Sprache

4. Sprache

2. Sprache

5. Sprache

3. Sprache

6. Sprache

C2: Beherrschung der einzelnen Sprachen Bitte geben Sie im Folgenden an, über welche Fertigkeiten Sie in der jeweiligen Sprache verfügen! Behalten Sie auch hier die Reihenfolge von B bei. Bitte geben Sie zusätzlich Ihre eigene Bewertung der jeweiligen Fertigkeit durch die Vergabe der Noten A bis E an (A = perfekte Kenntnisse, E = rudimentäre Kenntnisse). Mündliches Verstehen 1. Sprache 2. Sprache 3. Sprache 4. Sprache 5. Sprache 6. Sprache

Lesen

Schreiben

Sprechen

Anhang

289

D: Publikations- und Rezeptionsgewohnheiten Bitte tragen Sie auch hier in den zutreffenden Fällen die Nummer der betreffenden Sprache aus B ein.

Oft Dl Ich lese wissenschaftliche Literatur in folgenden Sprachen D2 Ich publiziere selbst in folgenden Sprachen

D3 Ich korrespondiere mit Fachkollegen in den Sprachen

D4 Ich nehme als Zuhörer während wissenschaftlicher Tagungen an Vorträgen in folgenden Sprachen teil D5 Ich habe schon Vorträge in folgenden Sprachen gehalten

Gelegentlich

Selten

DGDD DDDD DDDD DDDD DDDD

DDDD

DDDD DDDD DDDD DDDD

DDDD

DDDD

DDDD DDDD DDDD

E. Fremdsprachenbedarf El Ich bin mit meinen Fremdsprachenkenntnissen vollauf zufrieden Ja U

Nein U

E2 Ich würde gerne meine Kenntnisse folgender Sprachen verbessern

DDDDDD E3 Ich glaube, daß mir Fremdsprachenkenntnisse in folgenden zusätzlichen Sprachen in meiner wissenschaftlichen Arbeit nützen würden

l 2 3

290

Anhang

£4 Ich halte meine Kenntnisse der folgenden Sprachen heute für nicht mehr bedeutsam für meine wissenschaftliche Arbeit

DDDDDD E5 Ich meine, daß junge Wissenschaftler meiner Disziplin auf jeden Fall folgende Fremdsprachen beherrschen sollten l

2 3 Keine

l—'

F Welche Faktoren beeinflussen Ihrer Meinung nach die Sprachwahl in Ihrer Disziplin? Fl Die wichtigsten Fachzeitschriften akzeptieren nur Artikel in folgenden Sprachen

1 2 3 F2 Viele Fachwissenschaftler halten enge wissenschaftliche Kontakte zu den muttersprachlichen Gebieten folgender Sprachen 1

2

3 F3 International liegt der Großteil der wissenschaftlichen Literatur meiner Disziplin in folgenden Sprachen vor (Bitte geben Sie den geschätzten Anteil der betreffenden Sprachen in % an)

l 2

3 F4 Die Mehrzahl der wichtigen Arbeiten wird heute auf englisch publiziert, so daß man auf weitere Sprachen verzichten kann Ja U

Nein Ll

Weiß nicht U

F5 Bei der Sprachenwahl für eigene Publikationen spielt die wissenschaftliche Bedeutung eine Rolle Ja L

Nein L

Anhang

291

Daher veröffentliche ich wissenschaftlich bedeutendere Ergebnisse in oder wissenschaftlich vielleicht weniger bedeutsame Arbeiten in oder eher populärwissenschaftliche Schriften in oder F6 In der Tradition meiner Wissenschaft spielten einst die Angehörigen folgender Sprachgemeinschaften eine bedeutende Rolle, und eine Vielzahl von Literatur lag in diesen Sprachen vor l 2 3

Ich bin daher der Meinung, daß sie auch heute noch von Wissenschaftlern meiner Disziplin beherrscht werden sollten Ja, dies gilt für folgende Sprachen

|_J| ILJ

Nein, dies gilt nicht für folgende Sprachen

l II II l

H Schwierigkeiten bei der Publikation in anderen Sprachen Wenn Sie in anderen Sprachen publizieren, auf welche Hilfsmittel können Sie dabei zurückgreifen? (Bitte verwenden Sie für die einzelnen Sprachen wieder die Numerierung aus Frage B) Arbeiten in den folgenden Sprachen fertige ich ganz ohne Hilfe an

DDDDDD

Wenn ich in einer Fremdsprache publizieren muß, so lasse ich den Text übersetzen lasse ich den Text korrigieren

l II II II II II l

292

Anhang

Ich kann beim Verfassen fremdsprachiger Arbeiten auf folgende Hilfsmittel zurückgreifen Hilfe von Fachkollegen, die Muttersprachler der betreffenden Sprache sind

DDDDDD Hilfe durch Muttersprachler, die jedoch nicht vom Fach sind

DDDDDD Hilfe von Fachkollegen, die schon viel in dieser Sprache publiziert haben

DDDDDD Hilfe durch professionelle Übersetzer

DDDDDD Hilfe seitens des Verlages, der die Arbeit publiziert

DDDDDD Vielen Dank !!

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Sachregister Personennamen und durchgehend vorkommende Ausdrücke wie Deutsch, deutsche Sprache, Englisch usw. wurden nicht aufgenommen. Ablösbarkeit Ausdruck von Inhalt in Wissenschaft 217 Abstractdienste in Deutsch 10 Abtrünnigkeit von Sprache 203 Abwärtsmechanismus von Sprachstellung 201 Abwendung deutschsprachiger Wissenschaftler von Deutsch 153 — 157 Abwendung nicht-deutschsprachiger Wissenschaftler von Deutsch 153-157 Abwertung von Englisch 241 f., 257 f., 267 f., 270 Abwertung von Französisch 257 i., 267 f., 270 Academic Francaise 257 Afrikaans 75 Afrikanistik 238 Agrarwissenschaften 238 Ägyptologie 176 f. Ähnlichkeit Niederländisch — Deutsch 79 Akkommodation 269 Alexander von Humboldt-Stiftung 178, 231 f. Alter von Zitaten 87 Amtssprachen der EU 262 Angelsächsische Wissenschaftler: Fremdsprachenkenntnisse 25, 221 Angewandte Naturwissenschaften: Sprachwahl 23 Anglisierung 21, 238 Anglisierung der Lehre 227—286 Anglizismen 269 Anglophon geneigte Wissenschaften 23 Anglophon geprägte Wissenschaften 23

Anglophone Wissenschaften 23, 28, 38, 90, 121-129 Anscheinende Zeit 129 f. Anteil deutschsprachiger Zitate 48 — 53 Anteil englischsprachiger Zitate 49—51 Anteil von Deutsch an Publikationen 137-170 Anthropologie 163 Anti-angelsächsische Einstellung 241 f., 267, 270 Anwendung von Deutschkenntnissen 98-100, 120, 128, 135 Anwendung von Englischkenntnissen 98-100, 120, 128, 135 Anwendung von Sprachkenntnissen 99 f., 120 f., 128, 135 Apparent time 129 f. Arabisch 75 f., 282 Arbeitssprachen der EU 262 Archäologie 29, 172-174, 176 f. Archäologie, klassische 173 f., 176 f. Archäologie, vorderasiatische 177 Arithmetisches Mittel 97 Armenisch 75 Arts 8c Humanities Citation Index 32-34, 37, 67, 69, 86 Assyriologie 170 Asymmetrie von Entlehnungen 269 Attraktivitätsverlust von Deutsch als Fremdsprache 266—269 Auflösung deutscher Nation 29, 257-261 Aufrechterhaltung deutschsprachiger Lehre 254-257 Aura von Internationalität 272 Ausbau deutscher Terminologie 21, 269

328

Sachregister

Ausbau einer Sprache 214, 245 Ausdrückbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse 22 Auslandsstudierende 189, 230—252, 271 f., 282, 285 Auslandswissenschaftler 282, 285 Australien 184, 188 Autopsie 36 Autorenanteil von Ländern 159—161 Bad English 135, 270 Bakkalaureus/Bachelor 234 Baltikum 4 Barbarensprache 267 BASIC 281 Befreiende Zweisprachigkeit 277 Begegnungssprache 275 Begrenzt anglophone Wissenschaften 85 Beherrschungsgrad von Fremdsprachen 97 f., 134 Bekämpfung von Dominanz des Englischen 206, 241 f., 267, 270 Belastende Zweisprachigkeit 277 Belgien 188, 261 Beneficial bilingualism 277 Berlitz-Sprachschulen 133 Berufspraktische Kommunikationsfähigkeit 240 f. Beschreibung 179 Betriebswirtschaftslehre 57 f., 231, 237 Bevorzugung von Englisch in Datenbanken 138-144, 164 Bevorzugung von Englisch in deutschen Datenbanken 143 f. Bibliographien in Deutsch 10—12, 141-144 Bibliographische Datenbanken 11, 31, 138-144,250 Bilingualismus 277 Biological Abstracts 10 f. Biologie 2 f., 10 f., 20, 137-139, 144-147, 153 f., 208 f., 238

Botanik 11 Brain drain nach USA 181, 184 f. Broken English 135, 267 Bulgarisch 75 Business and Finance 57 Chemie 2-4, 6, 8, 27, 28, 38-56, 65, 77-89, 121-129, 137-139, 147 f., 156-159, 161, 165,209,223 Chemie: Patente 161 Chemie: Teilfächer 39 Chemieunternehmen 41 China 156, 159, 161, 184, 204, 248 Chinesisch 55, 75 f., 144-146, 148-151, 164-166, 203 f., 206, 221 242, 282 Dänisch 65, 145, 271 Datenbanken 10-12, 67, 238-144, 163-166,248,250 Datenbanken, bibliographische 11, 31, 138-144 Datenbanken, deutsche 10—12, 141-144,250 Datenbanken: Auswahl von Artikeln 138-144 Datenbanken: Auswertungstempo 163-166 Datenbanken: Bevorzugung von Englisch 138-144, 164 Datenbanken: Fachrepräsentativität 163 f. Datenbanken: weltweite Repräsentativität 144 Datenerhebung 27 f. DDR-Zeitschriften 223 f. Denglisch 245 Dermatologie 85 f. Deskriptoren 32 Deutsch als Auswanderungssprache 183 f. Deutsch als Fremdsprache 20, 29, 184, 266-269, 285 f.

Sachregister Deutsch als Fremdsprache: neue Aufgaben 268 f., 285 Deutsch als Konferenzsprache 12, 210, 226 Deutsch als L3 285 f. Deutsch als Publikationssprache 2 f., 9f., 16-19,41, 103-110 Deutsch als Sprachbarriere 29, 162 Deutsch als staatliche Amtssprache 183 Deutsch als Vortragssprache 12, 99, 120, 135, 210, 225 f. Deutsch als Weltwissenschaftssprache 1-15 Deutsch im Begleitstudium 16 Deutsch: Verzichtbarkeit 107 f. Deutsch: Vortragssprache — Zuhörerschwund 210 Deutsche Sprachinseln 112 Deutsche Sprachnation 257—261 Deutsche Universitäten 5, 33 Deutsche Universitäten: Ansehen im Ausland 234 f. Deutsche Volkszugehörigkeit 258 f. Deutschkenntnisse 93-98, 113-117, 120 f., 123 f., 131,285 Deutschkenntnisse als Zusatzqualifikation 285 Deutschlernen, außerschulisch 133 Deutschlisch 245 Deutschschüler in USA 184 Deutschsprachige Autoren — deutschsprachige Publikationen 153 — 156 Deutschsprachige Autoren — englischsprachige Publikationen 153 — 156 Deutschsprachige Hochschulen V, 29, 227-296 Deutschsprachige Lehre: Erhaltung 239, 245 f., 254-257, 269, 285 f. Deutschsprachige medizinische Zeitschriften 18 f. Deutschsprachige Nationen 26 Deutschsprachige Publikationen 10, 46, 99, 103-110, 120, 128, 135, 137-170

329

Deutschsprachige Publikationen: Anteil 2,24, 137-170 Deutschsprachige Terminologie VI, 245, 254-257, 274 Deutschsprachige Wissenschaftler im Ausland 9 Deutschsprachige Wissenschaftstradition 28, 107, 127 Deutschsprachige Zeitschriften 10, 16-18, 42 f., 46 Deutschsprachige Zeitschriften im Ausland 10 Deutschtümelei 245 f. Deutschunterricht in China 194 Differenziertheit der Wissenschaften V, 38 f. Diglossie 261, 269 Diplomatie 15, 203 Diskrepanz: Deutschkenntnisse — Anwendung 193 f. Dissertationen: Sprachvorschriften 251 Dolmetscher 199 Domäne 261, 263 Dominanz einer Sprache 198—204 Dominanz englischsprachiger Datenbanken 10-12, 140-142 Dominanz von Englisch 20 f., 124, 142, 152-162, 179-204 Dominanz von Englisch: Erklärung 142, 152-162, 179-204 Donaumonarchie 112, 181, 183 Dreisprachigkeit 241 Dreißigjähriger Krieg 181 Economics 56 Eindeutschung englischsprachiger Termini 245, 254-257, 274 Einflußfaktor 33, 36-38, 47f., 59 f., 69-71, 223 Einflußfaktor: Definition 37 Einheit von Forschung und Lehre 211 f., 228, 231

330

Sachregister

Einschätzung von Deutsch als Publikationssprache 103 — 110 Ende der Überheblichkeit 247 f. England 85 Engleutsch 245 Englisch als Fremdsprache: Normabweichungen 279, 278-282 Englisch als zweite Fremdsprache 277 Englisch: Forschungssprache deutscher Wissenschaftler 202-227 Englisch: Monopolstellung 105 Englisch: Wissenschaftssprache deutschsprachiger Länder 154 f., 205-286 Englischkenntnisse 93-98, 113, 116, 120f, 123, 131, 134, 210, 213, 246 f., 278f, 283 Englischkenntnisse deutscher Wissenschaftler 210, 213, 246 f., 278 f. Englischkenntnisse in Deutschland 283 Englischsprachige Lehre in Niederlanden 253, 259 Englischsprachige Lehre V, 29 f., 227-286, 235, 253, 259 Englischsprachige Publikationen: Aktualität 186 Englischsprachige Publikationen: Anteil 24, 137-170 Englischsprachige Publikationen: Höherbewertung 196 f. ,221 Englischsprachige Publikationen: Markt 186 Englischsprachige Publikationskultur 250 Englischsprachige Terminologie 253, 255 Englischsprachiger Schulunterricht 230 Englischsprachiges Publizieren 17, 22, 207-209, 218-226 ,English only "-Bewegung 261 Entbehrlichkeit von Deutsch 108 Entnationalisierung von Wissenschaft 190

Entscheidungshilfen für Sprachwahl 27 Enzymforschung 22 Erasmus-Stipendien 234 Erdölwissenschaften 237 Erkenntnismöglichkeit — Sprachenvielfalt 215 f., 263-266 Erklärung — Praxis 181 Erklärung 179-183 Erklärungsansatz 182 Erklärungsskizze 182 Erstsprache 213, 216 Esperanto 15, 94, 202 Estnisch 75 Europa 15,40, 133, 262 f. Europa-Universität 240 Europäische Gemeinschaft 234 Europäische Vereinigung 29 Fachenglisch 244 Fächereinteilungen 29 Fächerunterschiede 28 f., 82-89, 121-129, 137, 168-171. Fächerunterschiede in Sprachwahl: Erklärung 28 f., 87-89, 168 f. Fachexterne Kommunikation 273 Fachliche Spezialisierung 191 f. Fachsprache: Geisteswissenschaften 215 f. Fachsprache: Naturwissenschaften 215 f. Faktoren der Sprachwahl 104 Fertigkeit Hören 98, 134 Fertigkeit Lesen 98, 134 Fertigkeit Schreiben 98, 134 Fertigkeit Sprechen 98, 134 Fertigkeiten in Fremdsprache 96—98 Finnisch 65, 75, 145, 268 Finnland 268 Finno-Ugristik 170 Flandern 202 Flugverkehr: Sprachwahl 261 Förderungspolitik von Deutsch 15 f., 178, 225

Sachregister Formalisierte Wissenschaftssprache 88, 122, 168 Formelsprache, universale 88 Forschung: Deutsch internationale Wissenschaftssprache 15—25 Forschungsaufenthalte in Deutschland 7-9, 232 Forschungsfront 34 Forschungsprojekt »Deutsch in Europa" Vif. Forschungssprache 210 f. Fragebogenerhebung 28, 90—136 Fragestellung 27 Francophonie 54 Frankreich 28, 47-56, 59-66, 70-82, 92-136, 140, 156, 158, 161, 233, 267 Französisch l f., 12, 14 f., 42, 51 f., 54-56, 63-65, 76 f., 85 f., 93, 96-104, 106-111, 118, 121-123, 127, 131, 133, 144-152, 161, 164-166, 172-174, 177, 179, 182, 185, 187 f., 198, 203, 205 f., 219, 221, 230, 234, 240-242, 262-264, 267, 270 f., 277, 282 Französisch: keine Alternative zu Englisch 205 f. Fremde Perspektive 216 Fremdsprache 21, 94, 213 Fremdsprachen im weiterführenden Studium 240 Fremdsprachenkenntnisse englischsprachiger Wissenschaftler 25, 221 Fremdsprachenlernen: Art und Weise 95 f., 116, 132 Fremdsprachenlernen: Institutionen 95 f., 116, 132 Fremdsprachenlerner an Schulen 234 Fremdsprachiger Schulunterricht 230 Funktionsbestand 242 Gefährdung von Demokratie 275 Gegenstände von nationalem Interesse 88

331

Gehirn-Kraft 277 Geisteswissenschaften 21 f., 23, 27, 56, 66-77, 124 f., 162-170, 215 f., 235, 272 Geisteswissenschaften: Sprachenanteile an Publikationen 162-170 Geistige Landkarte 189 Gemäßigt anglophone Wissenschaften 28,38, 90, 121-129 Gemeinsprache 21, 88, 215 Gen-Technologie 22 Generationen-Unterschiede 129—136 Geographie 138 Geographische Nachbarschaft einer Sprache 202 Georgisch 75 German Science Reader 14 Germanistik 20, 29, 167, 212, 238, 267, 286 Geschichte 27, 38, 66-89, 121-129, 165 f., 168 f., 238, 244 Gesellschaft für Psychologie 17 Gesellschaftswissenschaft 23 Glaube an Hof-Effekt von Weltwissenschaftssprache 196 Globale Kommunikationsfähigkeit 278 Globalisierung 29, 190-192 Goethe-Institut 178 Griechisch 75 Großbritannien 14, 44, 124, 138, 156, 159, 161, 188, 233 Handbücher 19 Handel 15 Handlungsfähigkeit in zwei Sprachen 230 Harmful bilingualism 277 Hebräisch 75, 145, 177 Heteronymie 214 Hilfen beim fremdsprachlichen Publizieren 109-111 Historische Schule (Wirtschaftswissenschaft) 58

332

Sachregister

Hochschul-Provinzialisierung 233 Hochschulen für 21. Jahrhundert 235 Hochschullehre 229 Hochschulunterricht 229 Hof-Effekte von Weltwissenschaftssprache 194-197 Hof-Effekte von Weltwissenschaftszentrum 194-197 Höherbewertung englischsprachiger Publikationen 196 f., 221 Impact factor 36—38 Indogermanistik 170 Indonesien 231 Ingenieurwissenschaften 231 Innovationsfähigkeit 247 f. Innovationsfähigkeit, mangelnde 247 f. Instabilität von Dominanz einer Sprache 202-204 Institute for Scientific Information 32-34, 37, 47 Interesse an deutschsprachiger Fachliteratur 39 f. International English 281 f. Internationale Hochschule 240 Internationale Kommunikation 26 Internationale Sprache 26 Internationale Stellung von Deutsch 26 Internationale Studiengänge 230—252, 272, 284 Internationalismen 257 Internationalitätgrad einer Sprache 26 Internet 190 f. Isländisch 145 Israel 6 Italien 156, 188 Italienisch 12, 55, 65, 74, 77, 94 f., 144-146, 149-151, 164-166, 174, 177, 221, 230, 240, 262, 271 Japan 4-6, 19, 41, 92-136, 156-159, 161, 188, 247 f.

Japanisch 54 f., 75 f., 94 f., 144-152, 161, 164-166, 187,219,221 Japanische Medizin 6. 10, 19 Jiddisch 75 Judaistik 176 f. Jugoslawien 4, 261 Jura 4, 237 Kanada 184, 188, 261 Kenntnis des Deutschen 93-98, 113, 123, 131 Klassifikation der Wissenschaften 23 f. Klassiker der Fachliteratur 35 Klassische Archäologie 173 f., 176 f., 216 Klassische Philologie 173 f., 176 f., 216 Kluft Forschung — Lehre 228 Kolonialsprachen 263 Kolonien 15, 181, 183 Kommunikation, internationale 190 f. Kommunikationsgemeinschaft 41 Kommunikationspotential von Sprachen 203 Kommunikationspotential von Sprachenrepertoire 198-202 Konferenzsprachen 12, 178, 209, 226 Kontakte zu Kollegen 247 Kontakte zu Sprachgebieten 104 f. Konzentration wissenschaftlicher Datenbanken 190 Korea 248 Koreanisch 148 Korrespondieren 99 f., 120, 128, 135 Korrigierenlassen fremdsprachlicher Texte 109-111 Kosten-Nutzen-Analyse von Sprachlernen 199, 203 Kultivierung einer Sprache 213 f., 245 Kulturwissenschaft 23 Kunstgeschichte 176 f. Künstliche Sprache 202 f.

Sachregister L3285 Laborgespräch 210 Länder-Unterschiede 77-82, 110-112 Länder: Autorenanteile 159—161 Language requirements 2, 4 f., 13, 42, 175 Langzeituntersuchung 24, 137—141 Langzeituntersuchung von Sprachenanteilen 24 Latein l, 18, 65, 75 f., 236 Latein: Emanzipation davon l Lehr-Zusatzsprache V, 229, 258, 268 f., 271 f., 274 Lehrbuchautoren 274 Lehrbücher 4, 19, 244 f., 256 Lehrbücher für Wissenschaftsdeutsch 11 Lehre 22, 229 Lehre in Englisch 29 f., 227-286 Lesekenntnisse in Deutsch 17, 98, 113, 134 Lesekenntnisse in Englisch 98, 134, 209 Lesen 99 f., 120, 128, 135 Liechtenstein 188 Lingua franca 2, 24, 168, 210, 219, 236 Linguistik 23 Linguistischer Relativismus 215—217, 263-266 Litauisch 75, 271 Literaturrecherchen 33 Magister/Master 234 Marktgröße für Publikationen 185 f. Marktgröße von Sprachen 106, 185 f., 256 Mathematik 137-139, 143 f., 150 f., 154, 209, 238 Mazedonisch 75 Medizin 6, 9 f., 18-20, 137-140, 149 f., 160, 165, 209, 237 f., 253 Medizinische Terminologie 19, 253 Medizinische Zeitschriften: Titel 18

333

Mehr-als-Zweisprachigkeit 267 Menschenrechte, sprachliche 275 f. Mental map 189 Mikrobiologie 145 Mischsprache 214 Mitteilungsprobleme von Dozenten 233 Mittelwert 97 Modalwert 97 Moderner Wissenschaftsbetrieb 32 Modernisierte Fremdsprache 213 f. Modernisierung einer Sprache 213 f., 245 Molekularbiologie 251 Monolingual deutschsprachige Lehre 266 Monolinguale Verarmung 270 Monophonie 263 Montanistik 237 Multilingual Staaten 261 Multilingualismus 93 Musikwissenschaft 174—177 Muttersprache 19, 96, 213-217, 260, 262 f. Muttersprache: Definition 94 f. Muttersprachler 26 Nachbarländer 4, 27, 49, 79-81, 112-121 Nachbarländer, große 81 Nachbarländer, kleine 80 f., 112-. 121 Nachbarländer, östliche 112-121 Nachbarländer, westliche 112-121 Nachbarregionen deutschen Sprachgebiets 39 f. Nachbarsprachen 275, 278 Nachfrage nach deutschsprachigen Büchern 167 Nachfrage nicht-deutschsprachiger Länder nach deutschsprachigen Publikationen 77 Nachwuchswissenschaftler 103, 107, 233

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Sachregister

Nahrungswissenschaft 12 Nationale Kultur 243 Nationalsozialismus 42, 49, 181, 183-185 Nationalsprache 94 Nationalsprachliche Wissenschaften 23, 29, 38, 67, 85, 90, 121-129 Nationalstaat 262 Naturwissenschaften 4, 6, 21- 23, 27, 38-56, 124f., 137-162, 209, 235, 237, 265, 272 Naturwissenschaften: Sprachenanteile an Publikationen 137—162 Naturwissenschaftler 13 f., 17, 21 f. Neugriechisch 177 Nicht-deutschsprachige Wissenschaftler — deutsche Sprache 2 f., 10, 90-136, 154 Nicht-deutschsprachige Wissenschaftler — deutschsprachige Publikationen 2 f., 10, 99 f., 106, 109, 111, 120, 128, 135, 154 Nicht-Ersetzbarkeit von Muttersprache 216 f. Nicht-Muttersprache 94 Nicht-Muttersprachler 26 Nicht-muttersprachliches Englisch 279-282 Niederlande 4, 28, 47-56, 60-66, 70-85, 92-136, 156, 202, 246, 250, 253, 259 f., 266, 268 Niederlande: Maßnahmen gegen Englisch 259 f. Niederländisch 51, 55, 65, 75-77, 94 f., 145, 177, 202, 230, 253, 268 Nischenfächer des Deutschen 29, 218, 170-179 Nischenfächer: Gefährdung 177 f. Nobelpreise 7-9, 189, 220, 222 Nobelpreise Chemie 40 Nobelpreise Medizin 9 Nobelpreise Physik 8 f.

Nobelpreisträger 7—9, 13 Normabweichungen.· Englisch als Fremdsprache 245-247, 279 Normen wissenschaftlicher Terminologie 257 Norwegen 259 f., 275 Norwegen: Maßnahmen gegen Englisch 259 f. Norwegisch 65, 75, 271 Nuclear English 281 Nur-Muttersprache 95 Nützlichkeit von Fremdsprachenkenntnissen 102 Nutzlosigkeit von Deutschkenntnissen 194 Nutzungsstatistiken von US-Bibliotheken 249 Obligatorische Fremdsprache 131 Ökonomie 163 Ökonomische Stärke von Sprachen 187 Oligophonie 263 Online-Dienste VIII, 32, 190 Operationalisierung 24 Orientalistik 176 f. Ostausdehnung des Deutschen Reichs 112 Österreich 26, 40, 45, 157, 181, 260, 271 Österreichische Schule (Wirtschaftswissenschaft) 57 Osteuropa 80 f., 114-121 Osteuropäische Nachbarländer 49, 79-81, 112-121 Pädagogik 167 Pädagogik der Naturwissenschaften 217 Paradigmenbildend 189 Patente: Chemie 161 Periodika nicht-englischsprachiger Titel 249 f. Persisch 75

Sachregister Pflege eigener Wissenschaftssprache 245 f. Philologie, klassische 173 f., 176 f., 216 Philosophie 166, 176 f., 238, 244 Physik 6, 8 f., 137-139, 148 f., 156 f., 208 f. Physikalische Chemie 41 Pidgin-English 135, 222, 270 Pidginisierung 267 Plansprache 202 f. Polen 28, 48-56, 60-66, 70-84, 92-136, 268 f. Politik: Deutsch internationale Wissenschaftssprache 15 f. Politikwissenschaft 163 Polnisch 55, 65, 75 f., 148 f., 240, 268 f., 271 Polyglotter Dialog 100, 210 Portugal 4 Portugiesisch 65, 75, 146, 150, 240, 242, 271 Postgraduierten-Studium 212, 228, 232, 236, 242 Prestige von Englisch 196 Prestige von Fächern 272 Prestige von Siegermacht 45 Prestige von Weltmacht 45 Prestige-Bonus 195 Prestigeverlust eigener Sprache 260 Probleme englischsprachiger Lehre 252-286 Prognose 180 f. Promotionsordnungen 251 Prototypensemantik 24 Provinzialisierung von Wissenschaft 226 Psychologie 4, 16-18, 20, 22 Publikation in Buchform 87 Publikation.in Zeitschriften 87 Publikation von Forschung 218 — 226 Publikationen: Bedeutsamkeit — Sprachwahl 106

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Publikationssprache 26, 47f., 55 f., 59 f., 65 f., 69-71, 76 f., 137-170 Publikationssprache Psychologie 16-18 Publizieren 99 f., 120, 128, 135 Publizieren in Deutsch: nicht-deutschsprachige Wissenschaftler 2 f., 10, 99, 106, 109, 120, 128, 135, 154 Publizieren in Englisch 17, 22, 99, 106, 109, 120, 128, 135, 207 f., 218-226, 247 Real Time 129 f. Recht auf Bildung in Muttersprache 275 f. Recht auf Sprachbesonderheiten für Nicht-Muttersprachler 280 Recht auf sprachliche Identität 276 Relation Dozenten : Studierende 235 Rezeption deutschsprachiger Publikationen 7, 31-89, 220-226 Rezeption englischsprachiger Publikationen 31-89, 220-226 Rezeption von Forschung 218 f. Romanistik 20, 236, 238, 270 Rückgang von Deutsch 1980-1985 151 Rückgang von Deutsch: Erklärung 142, 152-162, 179-204 Rückkoppelung 50 f., 192, 197, 201 Rückübersetzung 21 Rumänisch 75 f. Russisch 12, 54 f., 65, 74, 76 f., 86, 94-104, 106-111, 121-123, 131, 144, 146, 148-152, 164 f., 172, 187, 198, 219, 221, 230, 240, 242, 271, 282 Rußland 28, 79, 81, 92-136, 140, 156 Schweden 9, 41, 85 Schwedisch 65, 75, 93, 145, 271 Schweiz 26, 45, 156 f., 188, 224, 260 Schwerverständlichkeit von Äußerungen 280

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Sachregister

Schwierigkeiten beim Publizieren in Fremdsprache 108-110 Science Citation Index V, 18, 31 f. 33 f., 37-39, 145 Science German/Scientific German 13 f. Selbstanfertigen fremdsprachlicher Texte 109-111 Selbstbeschleunigender Abwärtsmechanismus 201 Selbstschwächung dominierter Sprachen 198-202 Selbststärkung dominanter Sprachen 198-202 Selbstverstärkender Mechanismus 192, 197-202 Serbokroatisch 65, 75, 240 Skandinavien 4, 196, 246 Slavistik 170 Slowakisch 75 Social Sciences Citation Index 32—34, 37-38, 58, 67, 69, 140, 164 Sowjetunion 40, 47—56, 59—66, 70-84, 131, 140, 156-158, 161, 261 Sozialwissenschaften 21, 23, 27, 56-66, 124f., 162-170, 235, 264 Sozialwissenschaften: Sprachenanteile an Publikationen 162-170 Sozialwissenschaftliche Terminologie 264 Soziologie 20, 164f., 169 Soziologie von Englisch als Zusatzsprache 260 Spanisch 12, 55, 65, 75 f., 94 f., 102, 144-146, 148-151, 164-166, 172, 177, 187, 198, 206, 221, 230, 240-242, 262, 264, 270 f., 282 Spezialisierung der Naturwissenschaften 88 Spezialisierung der Wissenschaften 88, 191 Spitzenforschung 7, 20, 208 f., 220 f., 224

Spontanschöpfung von Termini 257 Sprachbarrieren 25, 162, 232 f., 275 Sprachbelastung 276—278 Sprachchauvinismus 258 Sprache der Hochschullehre V, 227-286 Sprachen internationaler Konferenzen 12, 178 Sprachenanteile an Publikationen: Geisteswissenschaften 162—170 Sprachenanteile an Publikationen: Naturwissenschaften 137—162 Sprachenanteile an Publikationen: Sozialwissenschaften 162—170 Sprachenanteile in Datenbanken 137-170 Sprachenanteile: deutsche — angelsächsische Datenbanken 143 f., 248 Sprachenlernen: Motive 198—204 Sprachenrepertoire 198—202 Sprachenstreit in Medizin 18 f. Sprachenstreit in Psychologie 16—18, 243 Sprachenteiligkeit Europas 206, 263 Sprachenvielfalt — Erkenntnismöglichkeiten 215-217, 263-266 Spracherhalt 269 Spracherhaltungspolitik 254 Sprachkluft Fachleute — Laien 273-276 Sprachkluft Forschung — Lehre 211 f. Sprachlern-Empfehlungen 100 — 103, 118 f., 126 Sprachlern-Wünsche 100-103, 117, 125 Sprachlernen als Investition 193, 199 Sprachlernen: Institutionen 96, 116, 132 f. Sprachlernen: Sprachwahl 198—202 Sprachliche Korrektheit 278—282 Sprachliche Menschenrechte 275 f. Sprachliches Relativitätsprinzip 215-217, 263-266

Sachregister Sprachmodernisierung 214, 245 Sprachnation 29, 257—262 Sprachnorm-Intoleranz 280 Sprachnorm-Toleranz 282 Sprachnormerwartungen angelsächsischer Wissenschaftler 279 f. Sprachregelung in Institutionen der EU 262 Sprachstolz 258 f. Sprachumstellung 18, 269 Sprachunrichtigkeit 280 Sprachverbreitungspolitik von Deutsch 15 f., 178, 225 Sprachvolk 258 f. Sprachvorschriften für Dissertationen 251 Sprachwohlsein 203 Staatliche Zweisprachigkeit 261 Stabile Weltsprache-Situation 202 Standortnachteil deutschsprachiger Hochschulen 284 f. Standortvorteil deutschsprachiger Hochschulen 285 Statusaufwertung einer Sprache 226 Stellungsverlust von Deutsch in Osteuropa 80 f., 114 f., 181, 183 Stereotypische Vorstellung von US-Wissenschaft 51 Stichwort 32 Stichwortindex 32 Studentenstreiks 234 Studienstandort Deutschland 231, 284 Suchwort 32 Synonymic 214 System von Sprachmengen 198 Teilnahme an Konferenzen 247 Terminologie-Verwirrung 245 Terminologie: Eindeutschung 245, 254-257, 274 Textrezeption 34—36 Textsorten, wissenschaftliche 169 Theologie 171 f., 176 f.

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Theologie, lutherische/protestantische 171 f., 176 f. Theoretische Naturwissenschaften 23, 137-162 , Trägheit von Sprachstellung 192—194 Transferenzen 280 Trennung Forschung — Lehre 211 Tschechisch 55, 65, 75 f., 149 Türkisch 75, 145 Überbewertung von Wissenschaft 195-197 Überlegenheit von US-Universitäten 33, 235 Übersetzenlassen fremdsprachlicher Texte 109-111 Übersetzer 199 Übersetzung 22, 109-111, 214, 264 f. Übersetzungsaufwand 250 Ukraine 276 Ukrainisch 75 Umgangssprache 21 Ungarisch 65, 75 f., 94 f., 172, 240 Ungarn 28, 48-56, 60-66, 71-85, 92-136 Ungenutzte Sprachkenntnisse 99, 102, 120 f., 129, 193 f. Unsichtbares Kollegium 34, 222 Unterentwickelte Sprache 265 Unterrichtssprache 229 Untersuchungsfragen 25—30 Untersuchungsländer Fragebogenerhebung 92 Urdu 75 US-Bibliotheken 42 f., 171, 248-250 US-Dissertationen 16, 39 US-Publikationen: Wertschätzung 44 f. US-Universitäten 2, 4, 13, 15, 33, 42 f., 175, 235 US-Universitäten: Fremdsprachenanforderungen 2, 4 f., 13, 42, 175 US-Zeitschriften 45 f.

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Sachregister

US-Zitatenanteile 44 USA 7, 11, 13 f., 16 f., 28, 40-56, 59-66, 70-85, 92-136, 138, 156-161, 184 f., 188 f., 194 f., 203, 220, 223 f., 239, 254, 264 Veralten von Fachliteratur: Fächerunterschiede 87 Verbandssprache, offizielle 225 f., 264 Verbesserung von Sprachkenntnissen 101, 117, 125 Verbesserungen von Englischunterricht 279 Verbreitungspolitik von Deutsch 15 f., 178, 225 Verdrängung deutschsprachiger Datenbanken 10-12, 140-142, 250 Vereinte Nationen: Amtssprachen 282 Verhaltensforschung 4 Verlage deutschsprachiger Länder 20, 175-178,248-250 Verlage, britische 249 Verlage, niederländische 250 Verlage: Befragung 175-178 Verlust Kolonien 181, 183 Vermeidungsverhalten, sprachliches 247 Verringerung Sprachdistanz Wissenschaftler — Laien 274 Verstehensprobleme Studierender 233 Vielsprachigkeit Europas 262 f. Vietnam 193 Vokalmusik, deutschsprachige 174 Volkswirtschaftslehre 57 f. Vor-/Frühgeschichte 176 f. Vor-Leibnizsche Zustände l, 255 Vorträge halten 99 f., 120, 128, 135 Vorträge hören 99 f., 120, 128, 135 Vortragssprache 26, 99 f., 120, 128, 135 Welt-Englisch 281 f. Welt-Englisch: Kodifizierung 281 f. Welt-Englisch: Planung 281 f.

Welt-Lingua-franca 242, 270, 281, 283 Weltkrieg, Erster 10 f., 17, 19, 49, 132, 181-184 Weltkrieg, Zweiter 12, 49, 73, 115, 181-185, 188, 193 Weltmachtbonus 45 Weltmonokultur 267 Weltsprache l, 12, 281 Weltwissenschaftssprache 1 — 15, 89, 205 f., 281 Westeuropa 81 Westeuropäische Länder 51 Westliche Nachbarländer 79 Wettbewerb der Hochschulen 243, 272 Wirkliche Zeit 129 f. Wirtschaftsenglisch 244 Wirtschaftskontakte zu deutschsprachigen Ländern 285 Wirtschaftskraft — Wissenschaftskraft 183, 186-188 Wirtschaftslehre, marxistische 58 Wirtschaftswissenschaft 27 f., 38, 56-66, 78-89, 121-129, 163, 231, 237, 241 Wissenschaften, harte 87 Wissenschaften, weiche 87 Wissenschaftliche Kommunikationsfähigkeit 240 f. Wissenschaftsdeutsch: Kurse 13 — 15 Wissenschaftsjournalismus 223, 226, 246, 274 Wissenschaftsleistung — Wirtschaftsleistung 186-188 WORLDCAT VIII, 14 Zeitschriften deutschsprachiger Publikationen: Psychologie 17 Zeitschriften in Deutschland 207 f. Zeitschriften: Sprachvorschriften 104, 248 Zentrum der Wissenschaften 14, 188-190, 195 Zitat 31, 36

Sachregister Zitatenanalysen 17, 19, 27, 31-89, 223 Zitatenanteil 31, 46 Zitatenindexe 31, 140 Zitatenquelle 31 Zitatenrekord-Bücher 86 f. Zitatensprache 31, 36 Zitationsanalyse 31 Zitieren 33 f., 36 Zitierkartell 34

Zitiertwerden 34—36 Zoologie 3, 11, 20, 138 Zufriedenheit mit eigenen Sprachkenntnissen 101, 129, 136 Zugänglichkeit deutschsprachiger Hochschulen 244 Zweisprachigkeit Deutsch/Englisch, generelle 235 Zweitsprache 262

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