Investorenvereinbarungen zur Sicherung von Arbeitnehmerinteressen: Ein Beitrag zur Lehre vom Koalitionsvertrag [1 ed.] 9783428553686, 9783428153688

Die Konsequenzen eines Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer hat der Gesetzgeber in § 613a BGB ausschließlich für den s

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Investorenvereinbarungen zur Sicherung von Arbeitnehmerinteressen: Ein Beitrag zur Lehre vom Koalitionsvertrag [1 ed.]
 9783428553686, 9783428153688

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 348

Investorenvereinbarungen zur Sicherung von Arbeitnehmerinteressen Ein Beitrag zur Lehre vom Koalitionsvertrag

Von

Christian Friedrich Bock

Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN FRIEDRICH BOCK

Investorenvereinbarungen zur Sicherung von Arbeitnehmerinteressen

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Matthias Jacobs, Hamburg Prof. Dr. Rüdiger Krause, Göttingen Prof. Dr. Sebastian Krebber, Freiburg Prof. Dr. Thomas Lobinger, Heidelberg Prof. Dr. Markus Stoffels, Heidelberg Prof. Dr. Raimund Waltermann, Bonn

Band 348

Investorenvereinbarungen zur Sicherung von Arbeitnehmerinteressen Ein Beitrag zur Lehre vom Koalitionsvertrag

Von

Christian Friedrich Bock

Duncker & Humblot  ·  Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Göttingen hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-15368-8 (Print) ISBN 978-3-428-55368-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-85368-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort M&A-Transaktionen erleben derzeit – wieder einmal – eine Renaissance. Die betroffenen Beschäftigten spüren häufig massive Auswirkungen. Das gilt auch für reine Share Deals. Insoweit sind transaktionsbegleitende vertragliche Ab­reden zum Schutz von Arbeitnehmerinteressen zugleich reizvoll wie herausfordernd, weil wissenschaftliche Abhandlungen sie stiefmütterlich behandeln und sie an der Schnittstelle von Arbeits-, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht angesiedelt sind. Zur Lösung ihrer theoretischen und praktischen Fragen soll diese Arbeit einen Beitrag leisten. Im Sommersemester 2017 hat die Juristische Fakultät der Georg-August-Universität zu Göttingen die vorliegende Arbeit als Dissertation angenommen. Nach Abschluss des Manuskripts im Februar 2016 ist die Arbeit an einigen Stellen geringfügig überarbeitet worden. Rechtsprechung und Schrifttum berücksichtigt sie bis September 2017. Vom Grundkurs im ersten Semester über den Schwerpunkt bis hin zur Promotion begleitete, förderte und lehrte mich Prof. Dr. Rüdiger Krause. In der Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl haben die vorgelebte Freude am Arbeitsrecht, die stete Bereitschaft zur Diskussion und Erörterung von Fragen sowie der gewährte Freiraum einen nicht unerheblichen Beitrag zum Gelingen der Arbeit geleistet. Hierzu trug die angenehme und freundschaftliche Atmosphäre am gesamten Institut für Arbeitsrecht ganz besonders bei. Hervorheben möchte ich insofern das offene Ohr wie die mitfühlende Art von Herrn Rüdiger Krause sowie das Engagement und die Lebendigkeit der guten Seele des Lehrstuhls, Frau Ilona Sprott. Meinem Doktorvater danke ich herzlich für die lehrreiche und schöne Zeit. Herrn Prof. Dr. Gerald Spindler danke ich für die äußerst zügige Erstattung des Zweitgutachtens. Das gilt auch für die Anregungen und Hinweise auf Verborgenes und Vergleichbares. Mit tiefer Dankbarkeit erfüllt mich die unermüdliche und fortwährende Unterstützung sowie das Vertrauen meiner lieben Eltern, Sabine Grieben-Bock und Klaus D. Bock. Ihnen widme ich deshalb diese Arbeit. Meinem Bruder und Mitbewohner Clas H. Bock danke ich für manche Aufmunterung wie allerlei Ablenkung, insgesamt für eine tolle Studienzeit. Hamburg, im September 2017

Christian F. Bock

Inhaltsübersicht 1. Teil

Einführung und Grundlagen  21

§ 1 Einführung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 § 2 Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 § 3 Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Teil

Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft  73

§ 4 Exklusive gewerkschaftliche oder konkurrierende betriebliche Abschlusszuständigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 § 5 Kollektivvertragliches Instrumentarium: Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrag  . . . 86 § 6 Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem  . . . . . . . . . 179 § 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 § 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung  .. . . . . . . . . . . . 270 3. Teil

Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft  294

§ 9 Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen  . . . . 294 § 10 Gestaltungsmittel zur Absicherung von Arbeitnehmerschutzklauseln  . . . . . . . . . . . . . 316 4. Teil Schluss  321 § 11 Zusammenfassung und Schlussbetrachtung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Anhang  326 Appendix I: Vereinbarung zwischen ACS und der IG BAU  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Appendix II: Vereinbarung zwischen Schaeffler und der IG Metall  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Appendix III: Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes und Terex  . 331 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Sachwortregister  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

1. Teil

Einführung und Grundlagen  21

§ 1 Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Problemaufriss .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Begriffsbildung und Eingrenzung der Thematik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Koalitionsvereinbarungen  ............................................ II. Vereinbarungen eines Investors mit einer Gewerkschaft  . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarungen eines Investors mit einer Zielgesellschaft  . . . . . . . . . . . . C. Gang der Untersuchung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28 28 29 30

§ 2 Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 A. Allgemeines .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 B. Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Motive des Investors  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Wirtschaftlichkeitspostulat und Betriebsfrieden  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Bindung der eingearbeiteten Kräfte an das Unternehmen  . . . . . . . . . . 35 3. Zielkonflikt der Stakeholder  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Motive der Gewerkschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Gesellschaftsrechtliches „Trennungsprinzip“ und Arbeitsrecht  . . . . . 38 2. Asymmetrie von Informationsinteresse und Informationszugang  .. . 39 a) Informationslage bei börsennotierten Unternehmen  . . . . . . . . . . 39 b) Informationslage bei nicht börsennotierten Unternehmen  . . . . 40 c) Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitnehmer auf einen Gesellschafter­ wechsel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Lage beim Betriebsübergang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Lage beim Kontrollerwerb börsennotierter Unternehmen  .. . . . 43 c) Lage beim Kontrollerwerb nicht börsennotierter Unternehmen  44 4. Defizite im Arbeitnehmerschutz bei Veränderungen auf Gesell­schaftsebene  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5. Autonome unternehmerische Entscheidung und betriebsbedingte Kündigung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Entscheidungsablauf bei betriebsbedingten Kündigungen  . . . . 48 I.

Inhaltsverzeichnis

12

b) Grenzen gerichtlicher Kontrolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis: Fehlende Schutzmechanismen gegenüber Veränderungen auf Gesellschaftsebene  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.

49 51 54 55

Motive des Investors  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Goodwill des Managements der Zielgesellschaft  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz vor anderen Bietern  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prävention gegen Reibungsverluste  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Motive der Zielgesellschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Auswirkung besonderer Umstände auf die Abschlussmotivation  .. . . . . . . . . .

55 56 60 60 61 63 63

I. Finanzielles oder strategisches Engagement des Investors  . . . . . . . . . . . . II. Öffentlichkeitswirksame Begleitung der Übernahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abschlusszeitpunkt vor oder nach der Übernahme  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63 64 65 67

§ 3 Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 A. Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 I. Inhalte der Vereinbarung ACS und IG BAU  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalte der Vereinbarung Schaeffler und IG Metall  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Potenzielle Regelungsgegenstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 69 70 71

I. Inhalte der Vereinbarung Continental und Schaeffler  . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 II. Inhalte der Vereinbarung Demag Cranes und Terex  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Teil

Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft  73

§ 4 Exklusive gewerkschaftliche oder konkurrierende betriebliche Abschlusszuständigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 A. Abschlussfähigkeit des Betriebsrats  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I.

Rechtsfähigkeit des Betriebsrats  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Außenrechtsfähigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte Außenrechtsfähigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vermögensfähigkeit als Schranke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Funktionelle Zuständigkeit als Schranke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsfähigkeit des Betriebsrats gegenüber einem Investor  . . . . . . . . . . . 1. Keine Außenrechtsfähigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte Außenrechtsfähigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74 75 76 77 78 78 79 79 83

Inhaltsverzeichnis

13

B. Abschlussfähigkeit der Gewerkschaft  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I. Rechtsfähigkeit von Gewerkschaften  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 II. Keine Beschränkung auf das Mitgliederinteresse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 § 5 Kollektivvertragliches Instrumentarium: Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 A. Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I.

Sachlich-inhaltliche Regelungsbefugnis (Tarifmacht)  .. . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normativer Teil des Tarifvertrags  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfassungsrechtliche Vorgaben  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gestaltung durch das Tarifvertragsgesetz  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Obligatorischer Teil des Tarifvertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkte normative Regelungsmacht und schuldrechtliche Regelungsbefugnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tarifmacht und Differenzierungsklauseln  .. . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tarifmacht und Mitbestimmungsvereinbarungen  . . . . . . . . . cc) Tarifmacht und Unternehmensautonomie  . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schuldrechtliche Tarifmacht im Rahmen der funktionellen Zuständigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Personelle Abschlussbefugnis (Tariffähigkeit)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tariffähigkeit und Koalitionsfreiheit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gestaltung durch das Tarfivertragsgesetz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Koalitionsvertrag .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 87 88 91 93 93 93 94 95 96 96 99 99 99 100 101 101

Verfassungsrechtliche Gewährleistung einer außertariflichen Regelungskompetenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Eigener Vertragstyp oder Auslegung im Lichte der Koalitionsfreiheit?  105 III. Sachlicher und personeller Anwendungsbereich  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Sachlich-inhaltliche Regelungsbefugnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen  . . . . . . 108 b) „Funktionelle Einheit“ des Begriffspaares  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Personelle Abschlussbefugnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Koalitionsbegriff .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Offener Koalitionsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 bb) Funktionaler Koalitionsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 cc) Merkmale des Koalitionsbegriffs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Koalitionseigenschaft der Vertragsparteien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Erfordernis beiderseitiger Koalitionseigenschaft  . . . . . . . . . . 118

I.

14

Inhaltsverzeichnis bb) Erfordernis einseitiger Koalitionseigenschaft  . . . . . . . . . . . . . cc) Personale Rückkopplung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beteiligung des Betriebsrats am Abschluss eines Koalitionsvertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anwendungsfälle des Koalitionsvertrags in der Privatwirtschaft  . . . . . V. Rechtswirkungen des Koalitionsvertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine private Rechtsetzung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umsetzung des Koalitionsvertrags ins einzelne Arbeitsverhältnis  .. 3. Übertragbarkeit von tarifrechtlichen Regeln und Prinzipien  . . . . . . . . a) Schriftformerfordernis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verzichtsverbot .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Günstigkeitsprinzip .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einfachgesetzliche Ausgestaltung eines verfassungsrecht­lichen Gebots  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Komplementärfunktion zur zwingenden Wirkung von Tarifnormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis zu betrieblichen Vereinbarungen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlage des Tarifvorbehalts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweck des Tarifvorbehalts  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schutz des Koalitionsvertrags vor betrieblicher Konkurrenz  .. 5. Schutz gegenüber beeinträchtigenden Maßnahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Richtigkeitsgewähr des Koalitionsvertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlage der Angemessenheitsvermutung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Erstreikbarkeit von Koalitionsverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Grenzen des Koalitionsvertrags  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Außenschranken .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innenschranken .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zum Europäischen Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis zur Grundrechtsordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis zum einfachen Gesetzesrecht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verhältnis zum Tarifvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Ergebnis: Eigenständiger Vertragstyp, eigenständige Rechtswirkungen, eigenständige Schrankensystematik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Schuldvertrag  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

118 121 123 124 125 126 129 129 131 133 134 136 137 138 139 141 142 143 144 146 148 149 149 151 153 153 153 154 154 157 159 161 161 162 163

I. Grundlage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Unbeschränkte schuldrechtliche Regelungsmacht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

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III. Stellung schuldrechtlicher Abreden jenseits der Koalitionsfreiheit  . . . . IV. Verbot sachwidriger Koppelung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis  .............................................................. D. Rechtsformenwahlfreiheit der Verhandlungspartner  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165 166 167 168

I. Wahlfreiheit  .......................................................... II. Kombinationsfreiheit  ................................................. III. Bestimmung der Handlungsform mittels Auslegung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Motive für die Wahl der koalitionsvertraglichen Handlungsform  . . . . . . . . . .

168 170 172 174

I. Abgrenzung zur tariflichen Handlungsform  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 II. Abgrenzung zur schuldvertraglichen Handlungsform  .. . . . . . . . . . . . . . . . 177 F. Ergebnis: Gleichberechtigtes Nebeneinander von Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrag  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 § 6 Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem  . . . . 179 A. Investorenvereinbarung als Tarifvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Sachlich-inhaltliche Regelbarkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normative Tarifmacht über die Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einzelarbeitsverhältnisbezogene Normen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Betriebsbezogene Normen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schuldrechtliche Tarifmacht über die Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Qualifikation als Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen  . . . . . . b) Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen  .. . . . . . . . II. Tariffähigkeit eines Investors  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Investor als Einzelarbeitgeber oder Arbeitgeberverband  . . . . . . . . . . . 2. Konzernierter Investor  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tariffähigkeit des Investors in Analogie zu den §§ 291 ff. AktG  .. . . a) Unternehmenseigenschaft eines Investors  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit einer Analogiebildung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis: Keine Tariffähigkeit eines Investors  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

184 185 186 188 188 189 190 191 192 195 195 196

Regelungsmacht über die Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Koalitionsvertragliche Abschlussbefugnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Koalitionseigenschaft des Investors  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Wahrnehmung von Arbeitgeberinteressen  . . . . . . . . . . . . . b) Materiale Bestimmung der Grundrechtsträgerschaft  . . . . . . . . . c) Gesellschaftsanteile primär als bloßes Vermögensrecht  .. . . . . . d) Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196 196 197 197 198 199 200

I.

I.

179 179 179 180

Inhaltsverzeichnis

16

2. Koalitionseigenschaft der Gewerkschaft und personale Rückkopplung des Investors  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Investorenvereinbarung als Schuldvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200 203 203 203

D. Ergebnis: Typengemischter Koalitions- und Schuldvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . 204 § 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung  . . . . . . . . . . . . . 205 A. Verbindlichkeit und Auslegung von Investorenvereinbarungen  . . . . . . . . . . . . 205 I. Verbindlichkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Auslegung von Vertragsklauseln  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 B. Grundsätzliche Zulässigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 C. Rechtlicher Rahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 I.

Aktienrechtliche Kompetenzordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stimmbindung gegenüber Nichtaktionären  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stimmbindung gegenüber Gewerkschaften  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundrechtspositionen des Investors  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentumsfreiheit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfassungsrechtlicher Schutz des Aktieneigentums  . . . . . . . . . b) Kollision von Aktieneigentum und Koalitionsfreiheit  .. . . . . . . . 2. Berufs- und Unternehmerfreiheit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragsfreiheit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Grundrechtskonkurrenz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zulässigkeit exemplarischer Regelungsgegenstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 212 214 215 216 216 220 221 223 224 226 228

I.

230 230 230 230 231 231 232 233 233 233 234 235 235 235 235 237

Arbeitsverhältnisbezogene Gegenstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufrechterhaltung des kollektivrechtlichen Status quo  . . . . . . . 2. Regelungszulässigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufrechterhaltung des kollektivrechtlichen Status quo  . . . . . . . II. Unternehmenspolitische Gegenstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Standortzusage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Investitionszusage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Einmischung des Investors ins operative Geschäft  . . . . . 2. Regelungszulässigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Standortzusage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung  . . . . . bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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b) Investitionszusage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 aa) Gewinnverwendungsfreiheit der Anteilseigner  .. . . . . . . . . . . 238 bb) Mitgliedschaftlicher Gewinnbeteiligungsanspruch  . . . . . . . . 240 cc) Verfügungsbefugnis über den Dividendenanspruch  . . . . . . . 241 dd) Leitungsautonomie als korporative Schranke  . . . . . . . . . . . . . 242 ee) Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Keine Einmischung des Investors ins operative Geschäft  . . . . . 244 III. Organisationsrechtliche Gegenstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 a) Verbot eines Rechtsformwechsels   .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 b) Konstitutive Einführung unternehmerischer Mitbestimmung  . 246 c) Bestimmung der Arbeitsdirektoren „im Benehmen“ mit den Gewerkschaftsvertretern  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 d) Kein Abschluss eines Beherrschungsvertrags  .. . . . . . . . . . . . . . . . 247 2. Regelungszulässigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Verbot eines Rechtsformwechsels  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 aa) Vereinbarkeit mit Europäischen Grundfreiheiten  .. . . . . . . . . 249 bb) Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung  . . . . . 250 cc) Vereinigungsfreiheit des Investors  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 b) Konstitutive Einführung eines mitbestimmten Aufsichtsrats  . 252 aa) Satzungsändernde Mitbestimmungsvereinbarung  . . . . . . . . . 253 bb) Entsenderecht einer Arbeitnehmervertretung  . . . . . . . . . . . . . 253 cc) Stimmbindung an einen Arbeitnehmervorschlag  . . . . . . . . . . 253 c) Bestimmung der Arbeitsdirektoren „im Benehmen“ mit den Gewerkschaftsvertretern  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 aa) Zulässige Leistungsbestimmung durch einen Dritten  . . . . . 254 bb) Vereinbarkeit mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 cc) Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung  . . . . . 256 dd) Diskriminierung durch ein Sonderkonsultationsrecht  . . . . . 257 ee) Benachteiligung anders- oder nichtorganisierter Arbeitnehmer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 ff) Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 d) Kein Abschluss eines Beherrschungsvertrages  . . . . . . . . . . . . . . . 260 IV. Sonstige Gegenstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 1. Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 b) Vereinbarung des anwendbaren Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 c) Bestimmung eines Garanten  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Regelungszulässigkeit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 a) Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

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b) Vereinbarung des anwendbaren Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbarung des Koalitionsvertragsstatuts  . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterlassene Bestimmung des Koalitionsvertragsstatuts  .. c) Bestimmung eines Garanten  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

265 265 266 267 268

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung  . . . . . . . 270 A. Verquickung von tariflicher Regelungsmacht und koalitionärer Kampfbefugnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Tarifbezogenheit des Arbeitskampfs  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Entkoppelung des Arbeitskampfs von der Tarifautonomie  . . . . . . . . . . . . 272 B. Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Vereinbarungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 I.

Typologie außertariflicher Vereinbarungsformen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tarifvertragssubstituierender Koalitionsvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tarifvertragsüberschießender Koalitionsvertrag  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einfacher Schuldvertrag  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erkämpfbarkeit von Koalitionsverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kampfmitteleinsatz von tarifunfähigen Parteien  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

276 276 277 277 278 280

I.

Kampfbefugnis von tarifunfähigen Arbeitnehmerkoalitionen  . . . . . . . . 281 1. Gefährdung des Vertragspartners  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2. Gefährdung der Tarifautonomie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 3. Gefährdung der koalierten Arbeitnehmer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 4. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 II. Verstoß des gewerkschaftlichen Streikmonopols gegen Art. 6 Nr. 4 ESC  285 III. Anforderungen an den Kampfgegner  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 1. Einflussnahme auf die Arbeitsbedingungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 2. Entfaltung spürbaren und sozialadäquaten Drucks  . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 D. Erkämpfbarkeit von Investorenvereinbarungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 I. Zulässiges Kampfziel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 II. Zulässiger Kampfgegner  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 E. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 3. Teil

Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft  294

§ 9 Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen  294 A. Aktienrechtliches Kompetenzgefüge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 I. Abschlusszuständigkeit des Vorstands  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses  . . . . . . . . . . . . . . . . B. Materielle Grenzen der Vereinbarungsmacht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

297 299 300 302

Inhaltsverzeichnis I.

Vorwegbindung des Leitungsermessens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Standort-, Beschäftigungsgarantien und Mitbestimmungsvereinbarungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen einer unzulässigen Selbstbindung des Vorstands  . . . . . II. Stimmbindung des Investors  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Standort- und Beschäftigungszusagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitbestimmungsklauseln und Rechtsformwechsel  . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Business Judgment bei der Sicherung von Standorten und Beschäftigungsbedingungen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Negative Auswirkungen auf den Angebotspreis  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfordernis einer Gegenleistung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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302 303 306 307 308 308 309 311 313 314

§ 10 Gestaltungsmittel zur Absicherung von Arbeitnehmerschutzklauseln  . . . . . . . 316 A. Investorenvereinbarung zugunsten Dritter  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 B. Installation eines Garanten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 C. Implementation von Vertragsstrafeklauseln  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 D. Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 4. Teil Schluss  321 § 11 Zusammenfassung und Schlussbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 A. Zusammenfassung in Thesen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 ............................................ I. Koalitionsvereinbarungen  II. Vereinbarungen eines Investors mit einer Gewerkschaft  . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarungen eines Investors mit einer Zielgesellschaft  . . . . . . . . . . . . B. Schlussbetrachtung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

321 322 324 324

Anhang  326 Appendix I: Vereinbarung zwischen ACS und der IG BAU  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Appendix II: Vereinbarung zwischen Schaeffler und der IG Metall  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Appendix III: Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes und Terex  .. 331 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Sachwortregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

1. Teil

Einführung und Grundlagen 1. Teil: Einführung und Grundlagen

§ 1  Einführung A.  Problemaufriss Veränderungen in der Gesellschafterstruktur eines Unternehmens haben regelmäßig weitreichende Folgen für die Arbeitnehmer.1 Zwar bleibt bei einem Wechsel der Anteilseigner, anders als bei einem Betriebsübergang, der die Rechtsfolgen des § 613a BGB auslöst2, der Unternehmensträger als Arbeitgeber formal unverändert. Jedoch gehen damit teilweise vergleichbare Gefährdungen für die Belegschaft einher.3 Während Finanzinvestoren häufig die unternehmerischen Kennzahlen der Zielgesellschaft kurzfristig heben, um sie oder einen Kern von ihr gewinnbringend weiterzuveräußern, werden strategische Investoren die Gesellschaft in ihren eigenen Unternehmensverbund einbinden wollen. Unter den Arbeitnehmern herrscht deshalb oftmals die Besorgnis vor, die eigene Gesellschaft könnte in ein fremdes Unternehmen eingegliedert und anschließend könnten Standorte geschlossen bzw. verlagert oder sonstige Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Diese Ängste finden ihren Ausdruck in der Diffamierung von Investoren als „Heuschrecken“4, die sich – vermeintlich – die Filetstücke eines Unternehmens sichern und die übrigen Unternehmensteile einverleiben, veräußern oder stilllegen.5 Investo1 

Simon, in: Semler/Volhard, ÜN Hdb., Bd. 2, § 55, Rn. 1; Grobys, GmbHR 2000, R 389. Nach allg. Meinung unterfällt ein Gesellschafterwechsel nicht § 613a BGB, vgl. BAG 03. 05. 1983 – 3 AZR 1263/79 – AP HGB § 128 Nr. 4 (unter B 2 a); BAG 12. 07. 1990 – 2 AZR 39/90 – AP BGB § 613a Nr. 87 (unter B II 2 a – c); BAG 14. 08. 2007 – 8 AZR 803/06 – AP BGB § 613a Nr. 326 (unter Rn. 16); LAG Düsseldorf 10. 08. 2015 – 9 Sa 421/15 – ZIP 2016, 383 (unter Rn. 10 ff., 27 ff.); jüngst hat das BAG 23. 03. 2017 – 8 AZR 91/15 – juris (unter Rn. 17 ff.) festgestellt, dass ein Gesellschafterwechsel auch nach der RL 2001/23/EG keinen Unternehmensübergang darstellt. 3  Davies, Preliminary Remarks, S. 131, 135; R. Krause, in: Schlachter/Heinig, EnzEuR Bd. 7, § 7, Rn. 31; ferner McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 337 ff. 4  Das Bild der „Heuschrecke“ prägte Franz Müntefering, indem er bei einem Vortrag am 22. 11. 2004 erklärte: „Wir müssen denjenigen Unternehmern, die die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen und die Interessen ihrer Arbeitnehmer im Blick haben, gegen die verantwortungslosen Heuschreckenschwärme helfen, die im Vierteljahrestakt Erfolg messen, Substanz absaugen und Unternehmen kaputtgehen lassen, wenn sie sie abgefressen haben.“, vgl. SPD Programmheft I Tradition und Fortschritt, S. 10, 18. 5  Zum Verhalten von „Heuschrecken“ bei Umstrukturierungen Böhm/Pawlowski, NZA 2005, 1377, 1382; allgemein zum Wesen von „Heuschrecken“ aus arbeitsrechtlicher Sicht Vogt, AiB 2009, 327 ff.; Beutler/Bender/Steinberger/Kursch, AiB 2007, 535 ff. 2 

1. Teil: Einführung und Grundlagen

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renvereinbarungen suchen diesen Bedenken zu begegnen, indem einem Investor Zusagen darüber abgerungen werden, in welcher Art und in welchem Maß er sich als neuer Anteilseigner im Unternehmen engagiert. Angesprochen sind damit Vereinbarungen, wie die Ende 2010 zwischen ACS6 und der IG BAU getroffene.7 Darin wurde am 21. 12. 2010 befristet bis zum 31. 12. 2013 vereinbart, dass die HOCHTIEF AG eine eigenständige und mitbestimmte, operativ tätige Gesellschaft bleibe, die nicht in eine Gesellschaft europäischen Rechts umgewandelt werden solle. Zudem verbleibe die Hauptverwaltung der HOCHTIEF AG in Essen. Diese sei auch in Zukunft in Gestalt des Vorstands für das operative Geschäft verantwortlich, weil ACS weder den Abschluss eines Beherrschungsvertrages anstrebe, noch sich in operative Entscheidungen des Managements einmischen wolle. ACS respektiere überdies die Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die bei HOCHTIEF derzeit Geltung beanspruchen und beabsichtige auch zukünftig keine Änderung der Arbeitsbedingungen und der Mitbestimmung im Betrieb oder Aufsichtsrat. Weiter heißt es in der Vereinbarung, dass ACS keinen Einfluss im Hinblick auf den Abbau von Arbeitsverhältnissen ausüben werde, im Gegenteil sogar dem Vorstand Unterstützung zusagt, wenn sich dieser entscheidet, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Im Zentrum der Vereinbarung stand damit die Sicherung deutscher Arbeitsplätze, die mit dem Wechsel in der Gesellschafterstruktur der HOCHTIEF AG als gefährdet angesehen wurden.8 Obgleich eine Investorenvereinbarung in der Regel bezweckt, während eines Übernahmeverfahrens entstandene, schwelende Konflikte zu löschen, beschwört sie unter Umständen neue Konflikte herauf. Denn verlässt man die bipolare Beziehung von Gewerkschaft und Investor, betrifft die Abrede im Zuge einer Übernahme offensichtlich ein Konglomerat divergierender und ggf. konfligierender Interessen. So bemühten sich Unternehmensleitung und Betriebsrat in der Übernahmeaus­ einandersetzung mit ACS noch um die Abwendung der Übernahme, während die IG BAU – nach Ansicht des Betriebsrats – ohne Mandat vom Betriebsrat und vom Konzern mit ACS Verhandlungen aufnahm und mit den Spaniern offenbar ihren Frieden machte.9 Schlussendlich endete die Übernahme für Hochtief mit einem tiefen Riss im Arbeitnehmerlager.10 6 

Actividades de Construcción y Servicios S.A. Siehe Vereinbarung ACS/IG BAU im Anhang (Appendix I); siehe Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall im Anhang (Appendix II). 8  Zum weiteren Inhalt der Vereinbarung siehe unter § 3 A. I. 9  FAZ Nr. 299 vom 23. 12. 2010 „IG Bau trifft Vorsorge für eine Hochtief-Übernahme“, S. 15; FAZ Nr. 304 vom 30. 12. 2010 „Hochtief-Betriebsrat und Gewerkschaft überwerfen sich im Übernahmekampf“, S. 9. 10  Anschaulich Wirtschaftswoche Nr. 19 vom 09. 05. 2011 „Dolch, Stoß und Legende“, S. 124, 128 ff.; Dierig, Die Welt vom 23. 12. 2010 „Gewerkschaft foppt Hochtief-Belegschaft“, S. 9. Auf der Hauptversammlung nach der Übernahme musste sich der Initiator der Vereinbarung der IG BAU mit ACS, Klaus Wiesehügel, heftige Angriffe gefallen lassen, 7 

§ 1  Einführung

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Abmachungen dieser Art sind Ausdruck eines rechtspraktischen Bedürfnisses. Sowohl der Investor als künftiger Anteilseigner als auch die Arbeitnehmer streben danach, die unternehmerischen Folgen eines Gesellschafterwechsels, die langfristig unweigerlich mit dem Wohlergehen der Arbeitnehmer verbunden sind, vorherzusehen. Das in der Vorhersehbarkeit der unternehmerischen Folgen liegende psychologische Element11 wird allerdings vom ökonomischen Standpunkt überragt. Denn zentrales Anliegen von Investorenvereinbarungen bilden die Absicherung der Durchführung einer M&A-Transaktion12 und in der Regel die anschließende Integration der Zielgesellschaft. Die hohen und zuletzt wieder steigenden Transaktionsvolumen in Deutschland13, Westeuropa14 und der Welt15 wie auch die hohe Misserfolgsquote von Transaktionen16 offenbaren die ökonomische Bedeutung von vgl. FAZ Nr. 111 vom 13. 05. 2011 „Hochtief-Kleinaktionäre begegnen ACS mit Misstrauen“, S. 15. 11  Speziell zum Kontrollerlebnis der Mitarbeiter durch die „Möglichkeit, Ereignisse in der Umwelt erklären bzw. vorhersagen zu können“ Hodapp/Jöns, Wie Mitarbeiter Fusionen erleben – eine kontrolltheoretische Betrachtung, S. 35, 36 f. Zur Verunsicherung der Mitarbeiter durch die Ungewissheit von Umstrukturierungen und den Auswirkungen Jöns, Wirtschaftspsychologie 2002, 22, 23 f.; Böning, Übernahmen und Fusionen: Psychologie ist nicht alles – aber ohne Psychologie ist alles nichts, S. 346, 347 f.; Schweiger/Denisi, Academy of Management Journal 34 (1991), 110, 127 ff.; Probst, The Impact of Job Insecurity on Employee Work Attitudes, Job Adaptation, and Organizational Withdrawal Behaviors, S. 141, 145, 162 ff.; Ashford/Lee/Bobko, Academy of Management Journal 32 (1989), 803, 819; für Manager Roskies/Louis-Guerin, Journal of Organizational Behavior 11 (1990), 345, 356 f. 12  Der M&A-Begriff beschreibt den Handel mit Unternehmen oder Unternehmensteilen (Anwendungsbereich des § 613a BGB) und Unternehmensbeteiligungen, vgl. Müller-Stewens, Mergers & Acquisitions: Eine Einführung, S. 3, 4. Unternehmensbeteiligungen unterfallen allerdings erst dann dem M&A Begriff, wenn die erworbene Beteiligung zu einem (teilweisen) Leitungs- und Kontrollwechsel führt. Gerade diese Konstellation interessiert hier, denn ohne einen Kontrollwechsel wird sich der Status quo der Arbeitnehmer bei einem Gesellschafterwechsel grundsätzlich nicht ändern. 13  Düsterhoff, M&A Review 2015, 73, 75 ff.; Kunisch, Von Sonderkonjunktur bis Notverkäufe – Ein Due Diligence-Bericht zur Entwicklung des deutschen M&A Marktes, S. 47, 64 ff.; Rafiqpoor, FAZ Verlagsspezial vom 29. 09. 2015 „Übernahmewelle im Mittelstand“, S. V; FAZ Nr. 303 vom 31. 12. 2015 „Finanzinvestoren kaufen Deutschland auf“, S. 27; FAZ Nr. 301 vom 29. 12. 2014 „Für Firmen werden Rekodpreise bezahlt“, S. 17. 14  Bureau van Dijk, Zephyr Annual M&A Activity Report, S. 18 ff. 15  Tschöke, Rückblick auf das weltweite M&A-Geschehen seit 1990, S. 119, 121; FAZ Nr. 176 vom 01. 08. 2015 „Die vierte große Welle von Übernahmen läuft noch lange“, S. 26; FAZ Nr. 174 vom 30. 07. 2014 „Die Fusionitis ist schon wieder so weit wie 2007“, S. 25; KPMG, M&A Predictor, S. 5. 16  Misserfolg meint nicht das Scheitern, sondern eine wirtschaftlich unrentable Transaktion. Zu empirischen Befunden Bühner, Erfolg von Unternehmenszusammenschlüssen in der Bundesrepublik Deutschland, S. 41 ff.; Erklärungsansätze bei Bradley/Desai/Kim, Journal of Financial Economics 21 (1988), 3, 31; Buckmann, Erfolg von M&A-Trans­aktionen – Indikatoren und Erfolgsquoten, S. 99, 112 ff.; Moeller/Schlingemann/Stulz, Journal of Fi-

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

Investorenvereinbarungen. Diese können durch die Sicherung der Leistungsbereitschaft der Belegschaft einen Beitrag dazu leisten, dem wirtschaftlichen Misserfolg einer Transaktion vorzubeugen. Auf dem Nährboden dieser ökonomischen Rahmenbedingungen hat sich die Investorenvereinbarung als Regelungsinstrument zwischen Investor und Gewerkschaft entwickelt, um die Belange der Arbeitnehmer in einer Übernahmesituation zu wahren. Weite Verbreitung haben Vereinbarungen einer Gewerkschaft mit einem Investor unterdessen bislang nicht gefunden. Außer während des Übernahmekampfes ACS/HOCHTIEF hat – soweit ersichtlich17 – lediglich die IG Metall mit Schaeffler, die eine Übernahme der Continental AG anstrebte und schließlich vollzog, eine Investorenvereinbarung geschlossen.18 Das mag vor allem daran liegen, dass sich in der Praxis üblicherweise Investorenvereinbarungen zwischen Investor und Zielgesellschaft bereits der Belange und Interessen der Arbeitnehmer annehmen.19 Parallel zur Vereinbarung der IG Metall statuierte nämlich die Investorenvereinbarung zwischen Schaeffler und Continental teils auch Handlungs- und Unterlassungspflichten des zukünftigen Großaktionärs im Hinblick auf die Interessen der Arbeitnehmer.20 Auf die entsprechende Aufnahme von Arbeitnehmerschutzklauseln wirkten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Continental AG hin, die Druck auf den Vorstandsvorsitzenden zur Verhandlung über Zusagen nance Vol. 60 (2005), 757, 764 ff., 770 ff.; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 539 ff.; Seiden­ sticker, FAZ Nr. 41 vom 18. 02. 2008 „Warum die Mehrheit der Übernahmen scheitert“, S. 20. 17  Seibt, CFL 2013, 145, 153, der insofern von Gewerkschaftsabreden spricht, ist im Zeitraum Juli 2011 bis Juni 2013 keine Vereinbarung einer Gewerkschaft mit einem Investor bekannt geworden. 18  Zukunftsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Schaeffler-Gruppe und der IG Metall vom 23. 02. 2009 (siehe Appendix II). 19  Siehe Section 3.1 und Section 4.1 sowie 4.2 Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes AG und Terex Industrial Holding AG und Terex Corporation vom 16. 06. 2011 (Appendix III); Pressemitteilung der GAGFAH Group vom 01. 12. 2014 „GAGFAH S.A. und Deutsche Annington Immobilien SE vereinbaren möglichen Zusammenschluss“, abrufbar unter: http://www.gagfah.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/ archiv-2014/pressemitteilung/news/detail/News/gagfah-sa-und-deutsche-annington-immobilien-se-vereinbaren-moeglichen-zusammenschluss.html (Abruf am 16. 01. 2016). In der Auseinandersetzung um die letztlich abgewendete Übernahme von K+S durch den kanadischen Düngemittelhersteller Potash forderte der K+S-Vorstand u. a. verbindliche Zusagen zum Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen, siehe FAZ Nr. 187 vom 14. 08. 2015 „K+S wehrt sich gegen Übernahme“, S. 18; Handelsblatt vom 30. 07. 2015 „Potash schwächelt im Übernahmepoker“, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/ industrie/kampf-um-ks-potash-schwaechelt-im-uebernahmepoker/12124630.html (Abruf am 16. 01. 2016). 20 Pressemitteilung der Continental vom 21.  08. 2008 „Continental schließt weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler“, abrufbar unter: http://www.continental-corporation.com/www/portal_com_de/themen/continental/archiv/hidden/uebernahme/ pr_2008_08_21_ar_de.html (Abruf am 16. 01. 2016).

§ 1  Einführung

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hinsichtlich der Beschäftigten ausübten.21 Auch die Übernahme von HOCHTIEF durch ACS sollte grundsätzlich durch eine Investorenvereinbarung beider Parteien begleitet werden 22, scheiterte aber am Widerstand des HOCHTIEF Managements.23 Jüngst haben die Arbeitnehmervertreter im Rahmen der Übernahme von Opel durch PSA bekräftigt, dass sie mehr als nur mündliche Zusagen wünschen.24 Zu einer direkten Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft ist es – soweit ersichtlich – aber nicht gekommen. Schließt eine Gewerkschaft mit einem Investor zur Sicherung der Arbeitnehmerinteressen eine Investorenvereinbarung, tauchen damit zugleich neue wie ungewohnte Rechtsfragen auf. Beginnend mit der Qualifikation der Abrede herrscht bereits Unsicherheit darüber, welches Regelungsinstrument die Vertragsparteien für die Übereinkunft nutzen. Sicher können sie sich des einfachen Schuldvertrags bedienen, aber maßgeblich interessiert, ob die Gewerkschaft in Erfüllung ihres kollektiven Schutzauftrags die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der abhängig Beschäftigten wahrt und fördert, womit die Abmachung dem kollektiven Arbeitsrecht zugeschlagen und die Grenzen der Vereinbarungsmacht zugunsten der Gewerkschaft verschoben sein könnten. Wendet man sich von den rechtsdogmatischen Fragen der Qualifikation und Handlungsgrundlage ab hin zu den praktisch erheblichen Fragen des zulässigen Inhalts und der Erstreikbarkeit, erinnert die Problematik der Investorenvereinbarung an den klassischen Konflikt zwischen Unternehmensautonomie und kollektivrechtlicher Regelungsmacht, abgewandelt durch die Tatsache, dass nicht Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband, sondern ein Investor bzw. Anteilseigner Vertragspartner der Gewerkschaft ist. Vorwiegend unternehmerische Entscheidungen sollen auf einer höheren Ebene durch eine Regelung mit dem hinter der Gesellschaft stehenden Anteilseigner vorprogrammiert werden.

21  Brennpunkt IG Metall Nr. 4 vom 25. 08. 2008 „Das Pokerspiel ist zu Ende“, abrufbar unter: http://www.igmetall-nieder-sachsen-anhalt.de/uploads/media/20080825_brennpunkt_conti.pdf (Abruf am 16. 01. 2016). 22  FAZ Nr. 29 vom 04. 02. 2011 „Die Vorstände von Hochtief und ACS wollen sich zusammensetzen“, S. 16. 23  Für die mangelnde Gesprächs- und Kompromissbereitschaft wurde die Verwaltung der HOCHTIEF AG ausdrücklich von einem Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) gerügt, vgl. Handelsblatt Nr. 93 vom 13./14. 05. 2011 „Die leise Stunde der Niederlage“, S. 20 f.; Handelsblatt Nr. 65 vom 01./02. 04. 2011 „Das letzte Gefecht der alten Garde“, S. 13. Ein anderes Bild zeichnete indessen der Aufsichtsratsvorsitzende Detlev Bremkamp, der auf den mehrfachen vergeblichen Versuch hinwies, eine Investorenvereinbarung mit ACS abzuschließen, vgl. FAZ Nr. 111 vom 13. 05. 2011 „Hochtief-Kleinaktionäre begegnen ACS mit Misstrauen“, S. 15. 24  FAZ vom 05. 04. 2017 „Peugeot bekräftigt Zusagen an Opel-Mitarbeiter“, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/uebernahmeplan-peugeot-bekraef tigt-zusagen-an-opel-mitarbeiter-14958514.html (Abruf am 24. 07. 2017).

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

Die mit Investorenvereinbarungen aufgeworfenen Rechtsfragen harren einer Aufarbeitung.25 Überhaupt sind Verträge einer Gewerkschaft mit Anteilseignern ungewöhnlich und lediglich von Mitbestimmungsvereinbarungen bekannt.26 Weil eine Gewerkschaft mit einem Investor in der Praxis häufig eine Vereinbarung parallel zu einer Abmachung der Zielgesellschaft mit demselben Investor schließt und letzte regelmäßig ebenfalls Klauseln zur Sicherung der Arbeitnehmerinteressen enthält, sollen auch diese insoweit einen Gegenstand der Untersuchung bilden. Schaeffler vereinbarte dementsprechend nicht nur mit der IG Metall, sondern auch mit der Zielgesellschaft Continental Inhalte zum Schutz der Beschäftigten.27 Teilweise schließen Investoren, wie im Fall der Übernahme von Demag Cranes durch Terex, allein mit der Zielgesellschaft Verträge, die dann die Regelung von beschäftigungsrelevanten Maßnahmen einschließen.28 Investorenvereinbarungen der Zielgesellschaft mit einem Investor halten insofern ganz andere rechtliche Fragen vor, als sie mit Klauseln über die Aufrechterhaltung von Standorten, der Anerkennung bestehender Kollektiv- und Individualrechte der Arbeitnehmer sowie der Sicherung der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung Gegenstände regeln, die insbesondere auf Seite der Zielgesellschaft die unternehmerische Handlungsfähigkeit für die Zukunft einschränken und auf Seite des Investors die freie Ausübung von Aktionärsrechten begrenzen. Gesellschaftsrechtliche Abhandlungen 29 zu Investorenvereinbarungen nehmen stetig zu und streben danach, den wissenschaftlichen Dornröschenschlaf zu be25 Grundlegend Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61 ff.; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175 ff.; Däubler, Tarifverträge zur Unternehmenspolitik?, S. 24 ff., 57 ff.; rudimentär Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 969, 1003; Däubler/ Heuschmid, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1037; Seibt, CFL 2011, 213, 221 f.; Kempen/Zachert/ Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 962. 26 Dazu P. Hanau, ZGR 2001, 75, 86 f.; P. Hanau, ZIP 2009, Beil. zu Heft 48, S. 6, 7; Hensche, AuR 1971, 33, 38 f.; Jacobsen, Vereinbarungen über Mitbestimmungsfragen im Konzern, S. 370 ff.; Mertens, AG 1982, 141, 150; T. Raiser, BB 1977, 1461, 1463 f.; T. Raiser, in: FS Westermann (2008), S. 1295, 1310 ff.; T. Raiser, in: FS Hopt (2010), S. 1167, 1173 ff.; Rieble, Tarifautonomie und Unternehmensmitbestimmung, S. 41, 48 f., 52 ff.; Schöpfe, Gewillkürte Unternehmensmitbestimmung, S. 237; Seibt, AG 2005, 413, 417 f.; Wahlers, ZIP 2008, 1897, 1901 ff. 27  Pressemitteilung der Continental vom 21. 08. 2008 „Continental schließt weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler“. 28  Siehe BCA Demag Cranes/Terex im Anhang (Appendix III). 29  Arens, Vertragliche Einflussrechte auf die Geschäftsführung des Vorstandes durch ein Business Combination Agreement, 2014; Bungert/Wansleben, ZIP 2013, 1841 ff.; Decher, in: FS Hüffer (2010), S. 145 ff.; Heß, Investorenvereinbarungen, 2014; Hippeli/Diesing, AG 2015, 185 ff.; Kiefner, ZHR 178 (2014), 547 ff.; Kiem, AG 2009, 301 ff.; J. Koch, in: 50 Jahre AktG (2016), S. 65, 94 ff.; König, NZG 2013, 452 ff.; H. Krause, CFL 2013, 192 ff.; H-J. Otto, NZG 2013, 930 ff.; Paschos, NZG 2012, 1142 ff.; Reichert, ZGR 2015, 1 ff.; Reichert/Ott, in: FS Goette (2011), S. 397 ff.; Rubner, KSzW 2011, 412 ff.; Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, S. 75 ff.; Schockenhoff/Culmann, ZIP 2015, 297, 300 ff.; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusam-

§ 1  Einführung

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enden.30 Zu einigen streitigen Fragen sind inzwischen erste untergerichtliche Entscheidungen ergangen.31 Die arbeitsrechtlichen Implikationen von Investorenvereinbarungen haben jedoch bislang weitgehend keine Aufmerksamkeit erfahren.32

B.  Begriffsbildung und Eingrenzung der Thematik Mit Vereinbarungen zur Sicherung von Arbeitnehmerinteressen anlässlich einer Unternehmensübernahme zwischen einem Investor und einer Gewerkschaft oder der Zielgesellschaft wird ein aus Arbeitnehmerperspektive relevanter Teilbereich von M&A-Transaktionen beleuchtet. Die Ausführungen über vertragliche Abreden im Umfeld eines Beteiligungserwerbs fokussieren die Übernahmen von börsennotierten Aktiengesellschaften. Investorenvereinbarungen im Zusammenhang mit der Übernahme einer Zielgesellschaft anderer Rechtsform sind – soweit ersichtlich – bislang nicht bekannt geworden. Ihre Zulässigkeit ist weithin unproblematisch, weil Vereinbarungen mit einem Investor dessen faktische Einflussnahme auf die unternehmerische Ausrichtung und die Organisation der Zielgesellschaft steuern sollen, bei anderen Rechtsformen in der Regel aber keine Vorschrift wie § 76 Abs. 1 AktG die eigenverantwortliche Leitungsmacht der Unternehmensführung gewährleistet33 und keine mit § 23 Abs. 5 AktG vergleichbaren gesetzlich zwingenden Einschränkungen der Satzungsautonomie bestehen. Andere Rechtsformen sind daher offener für vertragliche Gestaltungen. Auf die Rechtsform des Investors kommt es bei der Beurteilung der Zulässigkeit und der Grenzen von Vermenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195 ff.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, 2013; Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77 ff.; Weber-Rey/Reps, ZGR 2013, 597, 617 ff.; Wiegand, Investorenvereinbarungen und Business Combination Agreements bei Aktiengesellschaften, 2017. 30  Gräwe, M&A Review 2013, VI. 31  LG Hannover 12. 03. 2009 – 21 T 2/09 – ZIP 2009, 761 ff.; LG München I 31. 01. 2008 – 5 HK O 19782/06 – ZIP 2008, 555, 559 ff.; LG München I 05. 04. 2012 – 5 HK O 20488/11 – NZG 2012, 1152 ff.; LG Nürnberg-Fürth 18. 12. 2008 – 1 HK O 4286/08 – AG 2010, 179 f.; OLG München 24. 06. 2008 – 31 Wx 83/07 – ZIP 2008, 1330 ff.; OLG München 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11 – ZIP 2012, 773 ff.; OLG München 18. 07. 2012 – 7 AktG 1/12 – AG 2012, 802 f.; OLG München 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12 – ZIP 2012, 2439, 2442 f.; OLG München 11. 06. 2015 – 23 U 4375/14 – ZIP 2015, 1680 ff.; OLG Stuttgart 02. 12. 2014 – 20 AktG 1/14 – ZIP 2015, 1120 ff. 32  Knapp lediglich Heß, Investorenvereinbarungen, S. 16 ff.; 291 f.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 173. 33 Nach zutreffender Auffassung besteht selbst bei einer mitbestimmten GmbH kein Kernbereich eigenverantwortlicher Leitungsmacht der Geschäftsführer. Vielmehr können die Gesellschafter auf die Geschäftsführung durch Satzungsregelung oder Beschluss unmittelbar Einfluss nehmen, vgl. Paefgen, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbhG, 2. Aufl., § 37, Rn. 31; ähnlich BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 323, 346; BGH 14. 11. 1983 – II ZR 33/83 – BGHZ 89, 48, 57.

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

einbarungen eines Investors mit einer Gewerkschaft oder einer Zielgesellschaft nicht an, denn maßgeblich ist der Eintritt in die Stellung als Anteilseigner der Zielgesellschaft. Es haben sich drei Schwerpunkte der Untersuchung herausgebildet. I.  Koalitionsvereinbarungen Der Koalitionsvertrag als Gestaltungsinstrument zur Regelung der Arbeitsbeziehungen und des Betriebslebens erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Von der Praxis wird er, seit er in den 1980iger Jahren erstmals in Erscheinung trat, vermehrt genutzt. In der Rechtsprechung nehmen demgemäß die Judikate zum Koalitionsvertrag zu.34 Auch wissenschaftliche Abhandlungen haben sich dem Phänomen bereits angenommen.35 Zahlreiche Fragen sind gleichwohl unbeantwortet. Deshalb werden die Handlungsgrundlage für den Abschluss eines Koalitionsvertrags, seine zulässigen Vereinbarungsinhalte und insbesondere seine Besonderheiten gegenüber einem einfachen Schuldvertrag untersucht. Die Untersuchung dieser rechtsdogmatischen Frage soll allerdings nicht den Blick für die praktischen Probleme verstellen. Sie nimmt sich daher insbesondere solcher Probleme an, die die Praxis beschäftigen. II.  Vereinbarungen eines Investors mit einer Gewerkschaft Für Vereinbarungen einer Gewerkschaft mit einem Investor anlässlich seines Beteiligungserwerbs hat sich der Begriff „Investorenvereinbarung“ herausgebildet.36 Über seine Aussagekraft kann gestritten werden, bezeichnet man Verträge üblicherweise doch nach dem Inhalt der Vereinbarung und nicht nach den am Vertragsschluss beteiligten Parteien. Die Regelungsgegenstände sind indessen mannigfaltig und betreffen mit arbeitsverhältnisbezogenen, unternehmenspolitischen und organisationsrechtlichen Fragen derart unterschiedliche Themenkreise, dass 34  BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 1); BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1); BAG 12. 05. 2005 – 6 AZR 220/04 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 25 (unter 1 a); BAG 24. 09. 2008 – 6 AZR 657/07 – NZARR 2009, 221 (unter Rn. 20); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 17 ff.); BAG 13. 10. 2011 – 8 AZR 514/10 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 228 (unter Rn. 17 ff., 23 ff.); BAG 15. 10. 2013 – 9 AZR 572/12 – AP BGB § 611 Nr. 17 (unter Rn. 45); BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 30 ff.); BAG 12. 04. 2017 – 7 AZR 446/15 – AP Tz BfG § 14 Nr. 157 (unter Rn. 32 ff.). 35  Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts; Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen. 36  Geprägt durch Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61 ff.; aufgegriffen von Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1037; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 115; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1328; Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 962.

§ 1  Einführung

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eine Begriffsbildung nach dem Inhalt der Vereinbarung willkürlich erschiene. Zu farblos wirkt außerdem der Begriff „Gewerkschaftsabreden“.37 Insgesamt ist nicht ersichtlich, wie eine neue Begriffsbildung den wissenschaftlichen Diskurs erhellt, ohne zugleich beim Leser den ersten Eindruck zu erwecken, es handele sich um eine andere Materie. Deshalb bezeichnet die vorliegende Untersuchung Abreden zwischen einer Gewerkschaft und einem Investor ebenfalls als Investorenvereinbarungen. Zentralfragen der folgenden Ausführungen bilden die Bestimmung der gewerkschaftlichen Handlungsgrundlage, die Einordnung des Vertragswerks in die bestehenden Regelungsinstrumente, die Grenzen der Vereinbarungsmacht sowie die Zulässigkeit eines Kampfmitteleinsatzes für den Abschluss einer Investorenvereinbarung. Dabei sollen die Handlungsgrundlage der Gewerkschaftstätigkeit und die eng damit verwobene Qualifikation des Vertragswerks eine besonders gründliche Auseinandersetzung erfahren, da die Antworten auf die nachgehenden Einzelfragen zu einem großen Teil auf diesem Fundament ruhen. So bauen die Ausführungen zur Zulässigkeit exemplarischer Regelungsgegenstände auf diesem Teil auf. Ausgespart bleiben Abwehrstrategien und sonstige Handlungsalternativen einer Gewerkschaft in Übernahmeverfahren. Inwiefern es zulässig ist, dass eine Gewerkschaft öffentlich gegen einen Investor mobilisiert, wird deshalb ebenso wenig betrachtet, wie die Möglichkeit mit dem Management der Zielgesellschaft Abreden vor der Übernahme für den Zeitraum danach zu treffen. III.  Vereinbarungen eines Investors mit einer Zielgesellschaft Schließt eine Zielgesellschaft anlässlich eines Beteiligungserwerbs eine verbindliche Abrede mit einem Investor, liegt eine Investorenvereinbarung vor. Einen wichtigen Teilausschnitt aus diesem Komplex stellen Zusammenschlussvereinbarungen (Business Combination Agreements) dar38, die bislang die Rechtsprechung beherrscht haben. Die allgemeinen Ausführungen über Vereinbarungen zwischen Zielgesellschaft und Investor treffen daher gleichsam auf Investoren- wie die spezielleren Zusammenschlussvereinbarungen zu. Aus diesem Grund sondert die Betrachtung nicht zwischen beiden Regelungstypen. Eingang in die Darlegungen finden nur die Fragen mit einem weit verstandenen Bezug zu den bei der Zielgesellschaft bestehenden Arbeitsverhältnissen. Dement37 So

Seibt, CFL 2011, 213, 221. „Investorenvereinbarung“ als Oberbegriff sämtlicher Erwerbsvereinbarungen zwischen Zielgesellschaft und Investor treten ein Hippeli/Diesing, AG 2015, 185, 189; offenbar ebenso Hasselbach, BB 2015, 1033, 1034 f.; Wicke, DNotZ 2013, 812, 816 f.; OLG München 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11 – ZIP 2012, 773, 776: „Investorenvereinbarung, um die es sich bei dem streitgegenständlichen BCA wohl handelt“. Anders Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, S. 75, 77; ferner Reichert, ZGR 2015, 1, 3; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 108 f. 38 Für

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

sprechend werden lediglich die Teile einer Investorenvereinbarung beleuchtet, welche für die Arbeitnehmer relevante Regelungen vorsehen. Die Kontrolle zulässiger Regelungsgegenstände nimmt nur solche Klauseln in den Blick, die sich unmittelbar auf die Beschäftigungsverhältnisse beziehen, wie die Zusage, nicht auf betriebsbedingte Kündigungen hinzuwirken oder die bestehenden Kollektivverträge zu respektieren, oder zumindest mittelbar einen Bezug zu den Interessen der Beschäftigten aufweisen, wie Vereinbarungen über die unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Umgekehrt werden mit Regelungen zur Sicherung der Unabhängigkeit der Zielgesellschaft, der Besetzung der Aufsichtsratsposten der Anteilseigner, der Zusammensetzung des Vorstands, der künftigen Geschäftspolitik, der Deal-Protection, dem Ablauf und der Höhe des Beteiligungsaufbaus sowie dem Ausschluss kapitalbezogener Maßnahmen, denen gemeinsam ist, dass sie keine Wirkung für die Beschäftigten zeitigen, zugleich praktisch überwiegende wie zum Lehrbuchkanon39 zählende Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung ausgeklammert. Diese Fragen bleiben gesellschaftsrechtlichen Abhandlungen vorbehalten, sodass die Überlegungen nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Themenkreis von Vereinbarungen zwischen Zielgesellschaft und Investor einbeziehen.

C.  Gang der Untersuchung Im ersten Teil „Einführung und Grundlagen“ (§§ 1 bis 3) schließt sich dem Prolog (§ 1) eine Ermittlung der maßgeblichen Motive von Gewerkschaft, Zielgesellschaft und Investor für den Abschluss einer Investorenvereinbarung an, die nach der allgemeinen und besonderen Interessenlage differenziert (§ 2). Aus der spezifischen Interessenlage der Vertragsparteien kann ein Rückschluss auf typische Regelungsgegenstände von Übernahmeverfahren begleitende Vereinbarungen zwischen Investor und Gewerkschaft oder Investor und Zielgesellschaft gezogen werden, weshalb u. a. anhand der bekannt gewordenen Abreden zwischen ACS/IG BAU und Schaeffler/IG Metall Erläuterungen dazu folgen (§ 3). Herzstück und somit Schwerpunkt der Untersuchung bildet der zweite Teil „Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft“ (§§ 4 bis 8), der sich zunächst mit dem Phänomen befasst, dass lediglich Gewerkschaften mit einem Investor anlässlich einer Übernahme verbindliche Regelungen getroffen haben, obwohl diese grundsätzlich nicht wie der Betriebsrat die gesamte Belegschaft, sondern ausschließlich ihre Mitglieder repräsentieren. Insofern wird einer konkurrierenden betrieblichen Abschlusszuständigkeit nachgegangen (§ 4). Eingehend legt die Betrachtung anschließend das kollektivvertragliche Instrumentarium dar (§ 5), bevor Investorenvereinbarungen darin eingeordnet werden (§ 6), denn die Qualifikation kommt bei sämtlichen anschließenden Fragestellungen zum Tragen. Dabei verdient der Koalitionsvertrag ein besonderes Augenmerk, weil Rechtsprechung wie Schrifttum diesen Vertragstypus abstrakt nicht hinreichend ausgeformt ha39  Siehe eine Mustervereinbarung mit anschließender Kommentierung bei Seibt/Seibt, Formularbuch M & A, 2. Aufl., E. II.

§ 1  Einführung

31

ben. An die Qualifikation einer Investorenvereinbarung schließen Ausführungen über zulässige Regelungsgegenstände an, wobei insbesondere Regelungen aus der Übereinkunft zwischen ACS und der IG BAU auf ihre Zulässigkeit hin überprüft werden (§ 7), bevor die Betrachtung zuletzt die Kampfbefugnis der Gewerkschaft für den Abschluss einer Investorenvereinbarung untersucht (§ 8). Die arbeitsrechtlichen Bestandteile einer „Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft“ sind Untersuchungsgegenstand des gleichnamigen dritten Teils (§§ 9 und 10). Kernanliegen ist insofern die Beurteilung der Grenzen einer Sicherung von Arbeitnehmerinteressen durch eine Investorenvereinbarung (§ 9). Außerdem wird den Gestaltungsmitteln zur effektiven Absicherung solcher Schutzklauseln nachgespürt (§ 10). Im Rahmen der Vereinbarkeit mit dem aktienrechtlichen Kompetenzgefüge und zwingenden Aktienrecht geht die Betrachtung exemplarisch auf bisher relevant gewordene Zusagen über die Aufrechterhaltung eines Standortes, den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und die Unternehmensmitbestimmung ein. Mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse (§ 11) im vierten Teil „Schlussbetrachtung“ endet die Untersuchung. Ihr ist ein fünfter Teil angehängt, in dem die Vereinbarungen zwischen ACS und der IG BAU (Appendix I), den Gesellschaftern der Schaeffler-Gruppe und der IG Metall (Appendix II) sowie Demag Cranes und Terex (Appendix III) wiedergegeben werden.

1. Teil: Einführung und Grundlagen

32

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung Die Gründe für den Abschluss einer Investorenvereinbarung und damit ihr Ziel und ihr Zweck hängen von verschiedenen Faktoren, wie der Person bzw. dem Unternehmen des Investors, dem Partner der Vereinbarung (Gewerkschaft oder Zielgesellschaft), den die Übernahme begleitenden unternehmensbezogenen Umständen oder der gesamtwirtschaftlichen Lage im Umfeld der Übernahme ab. Angesichts der Vielfalt dieser Faktoren sind die entsprechenden Gründe, die zum Abschluss einer Investorenvereinbarung führen, nicht abschließend aufzählbar.1 Trotzdem ist eine Systematisierung der Gründe sinnvoll, denn im direkten Zusammenhang mit den verfolgten Interessen stehen die typischen Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung und die Wahl des richtigen Instrumentariums zu ihrer effektiven Umsetzung. Insofern bietet es sich an, die Gründe zunächst nach den beteiligten Akteuren zu systematisieren und anschließend die Auswirkung besonderer Umstände auf die Abschlussmotivation zu behandeln.

A.  Allgemeines Ausdruck der Komplexität und Verflechtung wirtschaftlicher Beziehungen ist heute die umfassende Vorbereitung eines Anteilserwerbs, der eine Übereinkunft nicht nur mit der Zielgesellschaft erfordert, sondern mit allen, die in irgendeiner Beziehung zur Zielgesellschaft stehen und damit ein eigenes Interesse an ihr verfolgen (Stakeholder).2 Denn Veränderungen in der Anteilseignerstruktur können die teilweise fragilen geschäftlichen Beziehungen3, die vordergründig allein auf ökonomischem Kalkül, aber bei einem zweiten Blick häufig auf einer vertrauensvollen Beziehung unter Geschäftspartnern beruhen4, in Gefahr bringen. Angesichts dieser Gefahr kann das Vorgehen von Schaeffler beim Beteiligungsaufbau an Continental und dasjenige von ACS bei der Übernahme von HOCHTIEF als typisch beschrieben werden.

1 

Kiem, AG 2009, 301, 302. Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 106 f.; Danker, Investorenvereinbarungen bei öffentlichen Übernahmen, S. 303, 312. 3  Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 243, bezeichnen Übernahmen in wirtschaftlicher Hinsicht als „äußerst sensible Vorgänge“. 4 Zur Ökonomik des Vertrauens bei Verträgen i.R. wirtschaftlicher Tauschprozesse Fiedler, Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), 576, 580 ff.; Deakin/Lane/Wilkinson, Journal of Law and Society 21 (1994), 329, 337 ff.; ferner zur ökonomischen Vertrauenskonzeption Coleman, Grundlagen der Sozialtheorie, Bd. 1, S. 115, 123 ff.; Ripperger, Ökonomik des Vertrauens, S. 63 ff.; zu den Gefahren zu ausgeprägten oder zu geringen Vertrauens Gilbert, ZfM 2007, 60, 95. 2 Instruktiv

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

33

Nach einem wochenlangen Übernahmekampf hatte Continental eine weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler geschlossen, um die Auseinandersetzung beizulegen.5 Darin wird neben dem verbesserten Angebotspreis und einem versprochenen Nachteilsausgleich die Vermeidung von negativen Effekten, die aufgrund des Gesellschafterwechsels mit „change of control“-Klauseln6 einhergehen können, als wesentlicher Punkt der Vereinbarung bezeichnet. Der Beteiligungsaufbau von Schaeffler hätte nämlich Sonderkündigungsrechte in den mit der Continental AG bestehenden Finanzierungsverträgen auslösen und damit die fortlaufende Finanzierung erschweren können. Ferner sicherte Schaeffler zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen in der Investorenvereinbarung zu, die bestehenden Arbeitnehmerrechte zu respektieren und keine Änderung kollektiver Vereinbarungen oder der paritätischen Mitbestimmung anzustreben.7 Obgleich Schaeffler darauf verzichtet hat, mit allen Stakeholdern direkt in Kontakt zu treten, entschied sich Schaeffler für eine Regelung nicht nur zum Schutz der Interessen der Continental AG, sondern auch ihrer Aktionäre, Mitarbeiter und Kunden, in dem wohlverstandenen Interesse, dass die Wahrung der Fremdinteressen von Banken oder Mitarbeitern unmittelbar eigene Belange betrifft. Die Gesellschafter der Schaeffler-Gruppe gingen aber noch weiter und bedienten sich, indem sie im Nachgang zum Übernahmeverfahren am 23. 02. 2009 eine „Zukunftsvereinbarung“8 mit der IG Metall schlossen, erstmals eines neuen Vertragstypus, bei dem sich der Investor (Schaeffler) mit einer in der Zielgesellschaft (Continental) vertretenen Gewerkschaft (IG Metall) über die Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten einigte.9 Eine Einigung erzielten die Beteiligten insbesondere hinsichtlich der beabsichtigten Abspaltung und des Verkaufs der Rubber-Gruppe, der in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmerseite geprüft werden sollte, der Reinvestition erzielter Gewinne in Forschung, Entwicklung sowie Arbeitsplätze, der Einführung einer Mitbestimmung in der Schaeffler-Gruppe, eines Ausschlusses von betriebsbedingten Kündigungen und der Akzeptanz von bestehenden Tarifverträgen, einer Kapitalbeteiligung der Belegschaft und einer aktiven öffentlichkeitswirksamen Unterstützung der Schaeffler-Gruppe und seiner Gesellschafter durch die IG Metall. Damit steht die Vorgehensweise von Schaeffler, jeweils eine Investorenvereinbarung mit der Zielgesellschaft und separat dazu 5  Zum

Inhalt siehe die Pressemitteilung der Continental AG vom 21. 08. 2008 („Continental schließt weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler“). 6  Sie sehen insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen im Fall eines Kontrollwechsels bei einer Vertragspartei ein Sonderkündigungsrecht der anderen Vertragspartei vor, vgl. MüKoWpÜG/Schlitt/Ries, 3. Aufl., § 33, Rn. 114. 7 Dazu Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 173. 8  Siehe Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall im Anhang (Appendix II); ferner die Pressemitteilung 06/2010 der IG Metall vom 23. 02. 2010 („Zukunftsvereinbarung mit Schaeffler zeigt, dass Unternehmen und IG Metall erfolgreich neue Wege gehen können“). 9  Seibt, CFL 2011, 213, 221.

34

1. Teil: Einführung und Grundlagen

mit der Gewerkschaft abzuschließen, im Zeichen des oben skizzierten Konzepts, im Umfeld einer Übernahme auch mit den sonstigen Stakeholdern Vereinbarungen zur Transaktionsabsicherung einzugehen. Da Investorenvereinbarungen sowohl zwischen dem Investor und der in der Zielgesellschaft vertretenen Gewerkschaft als auch zwischen dem Investor und der Zielgesellschaft vertreten durch ihren Vorstand zum Zweck einer Wahrung und Förderung der Arbeitnehmerinteressen abgeschlossen werden, sollen nachfolgend die zentralen Motive für den Abschluss beider Vereinbarungstypen dargestellt und erläutert werden. Dabei stehen die Interessen für den Abschluss einer Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft im Vordergrund. Das Interesse an einer Vereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft interessiert insoweit lediglich als sie Belange der Arbeitnehmer berührt.

B.  Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft I.  Motive des Investors Nachfolgend sollen die Motive eines Investors für den Abschluss einer Vereinbarung mit einer in der Zielgesellschaft vertretenen Gewerkschaft während der Übernahme der Gesellschaft betrachtet werden. 1.  Wirtschaftlichkeitspostulat und Betriebsfrieden Nach einer Übernahme ist zur Amortisation der Übernahmekosten regelmäßig die Implementierung einer neuen Unternehmensstrategie erforderlich, für die der Investor die Unterstützung der Arbeitnehmer benötigt. Proteste ihrerseits können die Akzeptanz des Investors und seiner neuen Strategie beeinträchtigen und schließlich insgesamt zum Misslingen der Übernahme führen.10 Der Investor versucht in der Vereinbarung mit einer Gewerkschaft diesen Protesten zuvorzukommen und eine konfliktfreie Fortführung des operativen Geschäfts zu gewährleisten, um den „normalen“ Geschäftsbetrieb während des Übernahmeverfahrens und darüber hinaus aufrechtzuerhalten.11 Indes sind die wirtschaftlichen Folgen von Protesten der Belegschaft im Zusammenhang mit einem Übernahmevorgang schwer verifizierbar. Zu den Auswirkungen eines Arbeitskampfes revidierte das BAG 1985 seine ursprünglich geäußerte Auffassung, dass sie „volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringen“12, weil allgemein in der Wirtschaft streikbedingte

10  Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 243. Zu Verzögerungs- oder gar Verhinderungsstrategien der Arbeitnehmervertreter Böhm/Pawlowski, NZA 2005, 1377, 1378 f. 11  Danker, Investorenvereinbarungen bei öffentlichen Übernahmen, S. 303, 322 hält deshalb die Investorenvereinbarung flankierende Regelungen mit den Arbeitnehmern und den sie vertretenden Gewerkschaften für hilfreich. 12  BAG 28. 01. 1955 – GS 1/54 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 1 (unter I 3).

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

35

Schäden durch Nachholen der Arbeit vermieden werden können13.14 Offenkundig ist ein Unternehmen in der Umbruchphase einer Übernahme aber besonders schadensanfällig. Eine Investorenvereinbarung kann in dieser Phase für die Zufriedenheit der Arbeitnehmer, den Betriebsfrieden insgesamt, die Akzeptanz einer neuen oder die Bestätigung der alten Unternehmensstrategie sorgen und dadurch zum wirtschaftlichen Erfolg einer Übernahme beitragen. Zumindest langfristig ist für den Erfolg der Übernahme eine positive Haltung der Belegschaft gegenüber dem Investor erforderlich.15 2.  Bindung der eingearbeiteten Kräfte an das Unternehmen Unzufriedenheit und Proteste, die das Unternehmen lähmen, sind allerdings die milderen Folgen einer Übernahme. Bei zunehmender Unzufriedenheit droht dem Investor das qualifizierte und mit den Unternehmensabläufen vertraute Personal abhandenzukommen. Obgleich dem Investor grundsätzlich daran gelegen ist, das Management der Zielgesellschaft in seinem Sinn zu besetzen16, gerade auch um seine Unternehmensstrategie durchzusetzen, wird ihm im Allgemeinen jedoch daran liegen, mittlere und untere Management-Ebenen an die Zielgesellschaft zu binden, weil ihm üblicherweise die personellen Ressourcen für eine Auswechslung fehlen, er jedenfalls nicht über Personal verfügt, das Beziehungen und Kontakte zu den Lieferanten und Kunden pflegt oder das Vertrauen der Belegschaft genießt.17 Durch eine Übereinkunft mit der Gewerkschaft kommt der Investor den Arbeitnehmervertretern entgegen, indem er beispielsweise auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet bzw. auf die Unterlassung von betriebsbedingten Kündigungen durch das Management der Zielgesellschaft hinwirkt. Bereits dadurch können Abwanderungsgedanken der Beschäftigten reduziert werden.

13  BAG 05. 03. 1985 – 1 AZR 468/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 85 (unter I 3 b); grundsätzlich wird ein solcher Nachholeffekt nur im Bereich Produktion und Handel vorkommen und nicht im Dienstleistungssektor, vgl. H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 2, Rn. 33. 14  Auf fehlende betriebswirtschaftliche Untersuchungen zum Umfang von Streikschäden weist Däubler/Däubler, Arbeitskampfrecht, 4. Aufl., § 8, Rn. 28 hin. 15 Ebenso Zäh, Die arbeitsrechtlichen Aspekte des § 11 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 17; Rentsch, Die rechtzeitige Unterrichtung betrieblicher Arbeitnehmervertretungen, S. 168 f. 16  Weber-Rey/Reps, ZGR 2013, 597, 624; v. Riegen, CFL 2010, 1, 9; Seibt/Seibt, Formularbuch M & A, 2. Aufl., E. II., Rn. 9; Bruse, Gesellschafter- und Investorenvereinbarungen in der Praxis, S. 564, 569; exemplarisch für eine Neubesetzung ist das Business Combina­ tion Agreement („BCA“) zwischen Lenovo/Medion vom 01. 06. 2011 zu nennen, vgl. 6.10 und 9.3 der Angebotsunterlage http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Angebotsunterlage/lenovo_germany.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Abruf am 01. 02. 2016). 17  Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 64.

1. Teil: Einführung und Grundlagen

36

3.  Zielkonflikt der Stakeholder Arbeitnehmerinteressen müssen nicht zwangsläufig im Widerspruch zu einem Gesellschafterwechsel stehen.18 Investoren bringen neben einer neuen Unternehmensstrategie häufig liquide Mittel mit, ermöglichen dadurch dringend erforderliche Investitionen und sichern dadurch Arbeitsplätze oder schaffen sogar weitere in der Zielgesellschaft. Denkbar, wenn auch in der Praxis selten, ist, dass durch einen strategischen Investor die Zusammenarbeit mit der Zielgesellschaft verbessert wird, Synergieeffekte entstehen, die aber nicht zu einem Abbau von Stellen, sondern zu einer Steigerung der Produktivität führen und damit gegebenenfalls neue Arbeitsplätze schaffen.19 Arbeitnehmerinteressen stehen folglich nicht kraft Natur der Sache kontradiktorisch Übernahmen entgegen. Daraus kann je nach der Übernahmesituation ein Interessenkonflikt zwischen den Share- und Stakeholdern der Zielgesellschaft (insbesondere zwischen Verwaltung, Arbeitnehmern und Aktionären) resultieren, denn gerade die Verwaltung muss wegen des Interesses des Investors an einer Neubesetzung befürchten, Einfluss zu verlieren oder gar abberufen zu werden.20 Weder Arbeitnehmer noch Aktionäre können im Übernahmefall deshalb erwarten, ihre Interessen seien deckungsgleich mit denjenigen der Verwaltung.21 In einer solchen Situation wird 18 Vgl.

Greiner, Rechtsfragen der Koalitions-, Tarif- und Arbeitskampfpluralität, S. 85. Ein Jahr nach Abschluss der Zukunftsvereinbarung zwischen Schaeffler und IG Metall konnte letztgenannte ein positives Resümee ziehen und die Sicherung der Arbeitsplätze trotz der Krise konstatieren, vgl. Pressemitteilung 06/2010 der IG Metall vom 23. 02. 2010 („Zukunftsvereinbarung mit Schaeffler zeigt, dass Unternehmen und IG Metall erfolgreich neue Wege gehen können“). 20  Diesbezüglich heißt es in der Begründung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 12. 03. 2001: „Hinzu tritt der Konflikt, in dem Vorstand und Aufsichtsrat im Hinblick auf eigene Interessen stehen, nicht auf Grund einer Übernahme Einfluss und ggf. die eigene Position zu verlieren.“, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 374, 481. Fleischer/Fuchs, Handbuch des Vorstandsrechts, § 22, Rn. 98 sieht die Gefahr, dass Vorstandsmitglieder in Übernahmesituationen eigene Interessen unter dem Deckmantel der Verfolgung von Arbeitnehmerinteressen wahrnehmen; ferner Cahn, in: FS Stilz (2014), S. 99, 99; Krause, Standortsicherung und Arbeitsrecht, S. 12; Buchholtz/Ribbens, Academy of Management Journal 37 (1994), 554, 554; Art, Willamette Law Review 30 (1994), 223, 226 ff. Indes ist auch die umgekehrte Situation möglich, dass die Verwaltung zugunsten des Investors handelt, die Interessen der sonstigen Stakeholder hingegen unzureichend berücksichtigt. Drohenden Interessendivergenzen beugen nämlich vermehrt Abmachungen des Managements der Zielgesellschaft mit dem Investor vor, worin teils eine Beteiligung des Managements an der Zielgesellschaft, teils mittelfristige Weiterbeschäftigungsversprechen verabredet werden, vgl. Seibt/Wunsch, ZIP 2008, 1093, 1093, 1098. Insofern zur übernahmerechtlichen Zulässigkeit von Weiterbeschäftigungszusagen an die Verwaltung Reichert/Ott, in: FS ­Goette (2011), S. 397, 410 f. 21  Schmidt/Prigge, DBW 62 (2002), 225, 232; ferner Bebchuk, Harvard Law Review 118 (2005), 833, 840 f. 19 

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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dem Investor daran gelegen sein, sich derjenigen Unterstützung zu versichern, die am besten mit seinem Vorhaben vereinbar ist. Wohl aus diesem Grund hat ACS im Zuge des Übernahmekampfs nur mit der Gewerkschaft IG BAU eine Investorenvereinbarung geschlossen und somit eine konstruktive Grundlage für eine gemeinsame Zusammenarbeit mit der Belegschaft geschaffen, obgleich auch der Vorstand den Abschluss einer Investorenvereinbarung mit ACS beabsichtigte, „um Spielregeln für das gemeinsame Miteinander festzulegen“.22 Dennoch dürfte die Vorgehensweise von ACS Ausnahmecharakter haben und das Modell divide et impera nicht Schule machen, da es den Betriebsfrieden nachhaltig stört.23 Jedenfalls in Extremsituationen, wenn die Verwaltung in gesteigerter Form eigene Interessen verfolgt, kann ein Investor sich aber mittels einer Investorenvereinbarung der Unterstützung durch die Belegschaft versichern und somit eine wichtige Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Transaktion schaffen. 4.  Ergebnis Ursächlich für den Abschluss einer Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft sind einerseits die Sicherung von Arbeitnehmerinteressen, um ihre Zufriedenheit und damit Produktivität zu erhalten24 sowie Abwanderung zu verhindern, andererseits die Besonderheit einer Übernahmesituation, in der die Interessen der Stakeholder der Zielgesellschaft miteinander in Konflikt geraten können. Beide Aspekte gefährden nicht den Anteilserwerb seitens des Investors, sondern die Rentabilität einer Übernahme. Demgemäß hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine erfolgreiche Umstrukturierung von der Akzeptanz durch die Beschäftigten abhängt.25 Eine Übereinkunft mit einer Gewerkschaft bezweckt aus der Sicht eines Investors insbesondere die Regelung der Modalitäten des Beteiligungsaufbaus, um eine Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Übernahme zu legen.

22  FAZ vom 23. 03. 2011 „Hochtief bereitet sich auf Machtübernahme durch ACS vor“, abrufbar unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/rekord-dividende-hochtief-bereitet-sich-auf-machtuebernahme-durch-acs-vor-1608992.html. 23  Von den „tiefen inneren Rissen“ innerhalb von Hochtief berichtet ausführlich Wirtschaftswoche Nr. 19 vom 09. 05. 2011 „Dolch, Stoß und Legende“, S. 124 ff. 24 Nach Bolt, Harvard Business Review 61 (1983), 115, 116 sind Arbeitnehmer mit dem Gefühl, einen sicheren Arbeitsplatz innezuhaben, produktiver. Ähnlich Schweiger/Denisi, Academy of Management Journal 34 (1991), 110, 111. 25  Laßmann/Rupp, Beschäftigungssicherung, 2. Aufl., S. 21; drastischer Berger, Die Bank 2000, 558, 562 f., der den „wirtschaftliche[n] Erfolg von Übernahmen nur durch die Mitarbeit der Arbeitnehmer“ als erreichbar ansieht; Grobys, NZA 2002, 1, 2; Kersting, in: Beckmann/Kersting/Mielke, Das neue Übernahmerecht, S. 97, B Rn. 261; Steigelmann, Information des Betriebsrats bei der Umwandlung und Übernahme von Unternehmen, S. 128; für Umstrukturierungen im Anwendungsbereich von § 613a BGB R. Krause, in: FS Wank (2014), S. 275, 285 m. w. N.

1. Teil: Einführung und Grundlagen

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II.  Motive der Gewerkschaft Das Interesse der Arbeitnehmer an dem Abschluss einer Investorenvereinbarung erscheint auf den ersten Blick nicht plausibel, weil sich für die Arbeitnehmer durch einen Gesellschafterwechsel grundsätzlich nichts verändert. Weder hat ein Gesellschafterwechsel Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag, noch müssen die Arbeitnehmer vorerst den Verlust individual oder kollektiv vereinbarter Arbeitsbedingungen befürchten.26 Daher ist fraglich, welche Gründe eine Gewerkschaft zum Abschluss einer Investorenvereinbarung bewegen. 1.  Gesellschaftsrechtliches „Trennungsprinzip“ und Arbeitsrecht Unterscheiden lassen sich aus einem rechtstechnischen Blickwinkel Strukturmaßnahmen, die vorwiegend die gesellschafts- oder die arbeitsrechtliche Ebene betreffen. Während erstgenannte für Arbeitnehmer und ihre Vertretungen im Zusammenhang mit einer Strukturmaßnahme regelmäßig keine Rechtsfolgen auslösen, führen letztere typischerweise zu einer Änderung der Arbeitsbedingungen.27 Von diesem Standpunkt aus ist ein Kontrollwechsel im Kreis der Anteilseigner zugunsten eines neuen Investors der gesellschaftsrechtlichen Ebene zuzuordnen, denn die Aktiengesellschaft als Unternehmensträgerin ändert sich nicht. Auf die Arbeitnehmer hat eine Anteilsübertragung, anders als ein Betriebs(teil)übergang i. S. d. § 613a BGB, bei dem die Arbeitnehmerrechte bereits aufgrund der Tatsache des Übergangs an sich verloren gehen könnten, folglich keine direkten Auswirkungen. Wirtschaftlich gesehen werden aber auch durch eine neue Zusammensetzung der Anteilseigner, die grundsätzlich nur die gesellschaftsrechtliche Ebene betrifft, Arbeitnehmerinteressen häufig ebenso intensiv berührt, wie durch einen Betriebs­ (teil)übergang i. S. d. § 613a BGB. Im Nachgang einer erfolgreichen Übernahme plant ein Investor nämlich oftmals Umstrukturierungen oder Personalmaßnahmen zur Verwirklichung von Synergieeffekten.28 An der Durchsetzbarkeit einer solchen Umstrukturierung oder Änderung der Unternehmensstrategie bestehen in den allermeisten Fällen keine Zweifel, da bei Publikumsgesellschaften grundsätzlich bereits 30 % der Anteile einer Gesellschaft, mithin deutlich unterhalb von 50 %, dem Investor wegen der niedrigen Partizipation an der Hauptversammlung und des verbreiteten Streubesitzes die einfache Stimmenmehrheit sichern, mit der er die Mitglieder des Aufsichtsrats gem. §§ 101 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 AktG wählen kann. Restriktionen, die verhindern, dass alle den Anteilseignern zustehenden Aufsichtsratsposten von einem Großinvestor besetzt werden und auch Minderheitsaktionäre repräsentiert werden, existieren nicht, soweit in der Satzung keine Sonderregelung 26 

McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 337; Davies, YEL 9 (1989), 21, 27. 5. Aufl., B Rn. 2 ff. 28  Barnard, 4th ed., S. 590; Davies, Preliminary Remarks, S. 131, 135; Rebhahn, RdA 2006, Sonderbeilage zu Heft 6, S. 4, 6; Grobys, NZA 2002, 1; Seibt, DB 2002, 529; WHSS/ Willemsen, 5. Aufl., B Rn. 5. 27 WHSS/Willemsen,

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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getroffen wurde.29 Mittelbar nimmt der Investor damit auch auf die Zusammensetzung des Vorstands Einfluss, der vom Aufsichtsrat nach § 84 Abs. 1 S. 1 AktG bestellt wird. Selbst wenn der Investor nicht die Neubesetzung des Managements aktiv betreibt, besteht für den bisherigen Vorstand die Pflicht, bei einem beabsichtigten Kurswechsel potenzielle Reibungsverluste so gering wie möglich zu halten und keine Politik der „verbrannten Erde“ zu betreiben.30 Andernfalls setzt sich die Verwaltung einem Haftungsrisiko wegen fehlgeschlagener „Post Merger Integration“ aus.31 Insofern steuert der Investor mittels seiner – z. T. lediglich faktischen – Einwirkungsmöglichkeiten die Unternehmensstruktur und -strategie.32 2.  Asymmetrie von Informationsinteresse und Informationszugang Fraglich ist, ob das Informationsinteresse der Belegschaft hinsichtlich einer sich abzeichnenden Kontrollübernahme durch einen Investor von den bestehenden Informationsmöglichkeiten hinreichend befriedigt wird. Dabei ist zwischen der Informationsmöglichkeit im Fall der Übernahme eines börsennotierten Unternehmens, §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG, und derjenigen eines nicht börsennotierten Unternehmens, §§ 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG, zu unterscheiden. a)  Informationslage bei börsennotierten Unternehmen Bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich gelungen, durch die §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG ein hohes Informationsniveau des Betriebsrats sicherzustellen. Er wird vom Vorstand der Zielgesellschaft über die Abgabe eines Angebots unterrichtet und erhält von diesem auch die Angebotsunterlage, die gem. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG Angaben über die Absichten des Bieters im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft, den Sitz und den Standort wesentlicher Unternehmensteile, die Verwendung des Vermögens und wesentliche Änderungen der Beschäftigungsbedingungen sowie der insoweit vorgesehenen Maßnahmen enthält. Dass der Vorstand der Zielgesellschaft nicht verpflichtet ist, über den Inhalt der veröffentlichten Angebotsunterlage mit dem Betriebsrat zu beraten33, beeinträchtigt nicht dessen Recht zur Stellungnahme gem. § 27 Abs. 2 WpÜG, weil der Vor29  Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 5, Rn. 14; krit. gegenüber den schwachen Rechten der Kleinaktionäre Bachmann, in: FS Hopt (2010), S. 337, 344. Auf eine zwingende Vertretung der Minderheit im Aufsichtsrat hat der Gesetzgeber jedoch bewusst verzichtet, siehe RegEBegr zum AktG abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, S. 138. 30 GroßKommAktG/Hopt/Roth, 5. Aufl., § 93, Rn. 222. 31 Dazu Seibt/Wollenschläger, DB 2009, 1579, 1580 ff. 32 Vgl. Schmidt/Spindler, Kap. D, Rn. 112; Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 1003 bezeichnet den Anteilseigner deshalb als „den eigentlichen Entscheidungsträger“. 33  Grobys, NZA 2002, 1, 4; Seibt, DB 2002, 529, 531; Geibel/Louven, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, 3. Aufl., § 10, Rn. 108; Hirte, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 10, Rn. 83.

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

stand ganz überwiegend selbst über keinen Informationsvorsprung verfügt, seine Kenntnis von den Absichten des Erwerbers vielmehr aus öffentlich zugänglichen Quellen bezieht. Allerdings stellen die Unterrichtung und die Weitergabe der Angebotsunterlage durch den Vorstand gem. §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG, die nicht den Bieter verpflichten, sondern sich an den eigenen Vorstand der Zielgesellschaft richten34, einen Umweg dar. Eigentlicher Schwachpunkt der Regelung ist jedoch, dass die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 27 Abs. 2 WpÜG nur auf den vom Bieter erklärten Absichten beruht35, deren Wahrheitsgehalt nicht verifizierbar ist und die sich jederzeit ändern können, weil die Angebotsunterlage keine Bindung des Investors gegenüber den Arbeitnehmern für die Zukunft bewirkt.36 Mangels dieser Bindung können Arbeitnehmer wegen der Nichteinhaltung der in der Angebotsunterlage dargelegten Maßnahmen keinen Erfüllungs-, Schadensersatz- oder Unterlassungsanspruch gegen den Bieter geltend machen.37 Gem. §§ 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG besteht parallel dazu die Pflicht des Unternehmers, sprich der Zielgesellschaft, den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen über die mit einem Kontrollerwerb verbundene Übernahme des Unternehmens zu unterrichten. b)  Informationslage bei nicht börsennotierten Unternehmen Das Informationsinteresse der Arbeitnehmer bei nicht börsennotierten Unternehmen sichern dagegen ausschließlich die §§ 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG. Bis zur Verabschiedung des Risikobegrenzungsgesetzes38 fehlte für nicht börsennotierte Unternehmen eine dem WpÜG vergleichbare Regelung.39 Nunmehr hat der Unternehmer eines nicht börsennotierten Unternehmens den Wirtschafts34  Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 4. Aufl., § 10 WpÜG, Rn. 35 und § 14 WpÜG, Rn. 24. 35  Vogt/Bedkowski, NZG 2008, 725, 726. 36  Röder, in: FS Bauer (2010), S. 885, 887. 37  Grobys, NZA 2002, 1, 5 weist ergänzend daraufhin, dass das WpÜG seiner Zwecksetzung nach die Unternehmerfreiheit nicht einschränkt und die Arbeitnehmerrechte durch speziellere Vorschriften (§§ 111 ff. BetrVG oder § 613a BGB) geschützt werden. Im Erg. auch Seibt, DB 2002, 529, 535; Steigelmann, Information des Betriebsrats bei der Umwandlung und Übernahme von Unternehmen, S. 194. 38  Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestoren verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12. 08. 2008, BGBl. I 2008, S. 1666 ff. 39  Bereits vor Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes war für den Fall der Veräußerung sämtlicher Gesellschaftsanteile anerkannt, dass dem Wirtschaftsausschuss die Tatsache der Veräußerung, der Name des Erwerbers und eventuelle Planungen über die künftige Geschäftspolitik nach § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG mitzuteilen sind, vgl. BAG 22. 01. 1991 – 1 ABR 38/89 – AP BetrVG 1972 § 106 Nr. 9 (unter B II 1); Röder/Göpfert, BB 1997, 2105, 2106 wiesen auf die ungeklärte Rechtslage bei einer teilweisen Veräußerung der Gesellschafteranteile hin.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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ausschuss, in Kleinbetrieben ersatzweise gem. § 109a BetrVG den Betriebsrat40, auch im Fall einer Übernahme des Unternehmens, wenn damit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist (§ 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG), rechtzeitig und umfassend nach § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG zu unterrichten. Den Umfang der Informationspflicht stellt § 106 Abs. 2 S. 2 BetrVG klar, der bestimmt, dass dazu die Angabe über den potentiellen Erwerber, dessen Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer gehören. Die Begründung für die Erweiterung der Unterrichtungspflicht gegenüber dem Wirtschaftsausschuss erschöpft sich darin, dass es nicht nachvollziehbar sei, Arbeitnehmern börsennotierter Unternehmen ein Informationsrecht zu gewähren, Arbeitnehmern nicht börsennotierter Unternehmen hingegen dieses Recht vorzuenthalten.41 Für die Arbeitnehmer bergen die betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften Probleme. Adressat der Verpflichtung aus § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG ist der Unternehmer, welcher derjenige ist, der die Unternehmensziele, den finanziellen Rahmen und somit die Planungs- und Leitungsvorgaben trifft.42 Das ist der Rechtsträger des Unternehmens, für das wiederum seine Organe handeln.43 Vorgänge auf Gesellschaftsebene entziehen sich i. d. R. aber der Kenntnis der Unternehmensleitung, ihr bleiben die Intention eines Gesellschafters seinen Anteil zu veräußern wie die Erwerbsabsicht eines potenziellen Bieters unbekannt, weil die Veräußerung ohne ihre Beteiligung stattfindet.44 Zudem ist ein potenzieller Erwerber weder dem Unternehmerbegriff subsumierbar, noch kommt ein Informationsdurchgriff auf ihn in Betracht.45 Schließlich fehlt ein der Angebotsunterlage i. S. d. § 11 WpÜG vergleichbares zentrales Informationsdokument.46 Dem Management der eigenen Gesellschaft fehlen in der Regel selbst belastbare Erkenntnisse über die Absichten und Pläne eines Investors. Selbst wenn der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss unterrichten möchte, hängt die Erfüllung des 40 Wie hier Hey/Claßmann, BB 2015, 3061, 3062, die mit Blick auf den Sinn und Zweck der Einführung von § 109a BetrVG eine Inbezugnahme des Schwellenwerts aus § 106 Abs. 1 S. 1 BetrVG ablehnen. 41  BT-Drucks. 16/7438, S. 9. 42  Fitting, 28. Aufl., § 106, Rn. 28. 43  Liebers/Erren/Weiß, NZA 2009, 1063, 1065; Fleischer, ZfA 2009, 787, 793; Löw, DB 2008, 758, 758; Simon/Dobel, BB 2008, 1995, 1956; Vogt/Bedkowski, NZG 2008, 725, 727. 44  Joost, in: FS Kreutz (2010), 161, 169; Simon/Dobel, BB 2008, 1995, 1956. 45  Ablehnend auch Fleischer, ZfA 2009, 787, 806; Neuerburg, Die Rolle des Wirtschaftsausschusses bei einer Unternehmensübernahme vor und nach Einführung des RisikobG, S. 71 f.; Schröder/Falter, NZA 2008, 1097, 1097; Liebers/Erren/Weiß, NZA 2009, 1063, 1066; Vogt/Bedkowski, NZG 2008, 725, 727; Löw, DB 2008, 758, 759. Für einen Informationsdurchgriff auf den Alleingesellschafter bzw. beherrschenden Gesellschafter Däubler, in: DKKW, BetrVG, 15. Aufl., § 106, Rn. 91; für einen Durchgriff im Konzern wohl Lerch/ Weinbrenner, NZA 2013, 355, 359. 46  Fleischer, ZfA 2009, 787, 800.

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

Informationsinteresses im Ergebnis deshalb von der Mithilfe des Erwerbers ab, der darüber frei entscheiden kann.47 c)  Ergebnis Zusammengefasst besteht sowohl bei der Übernahme von börsennotierten, als auch nicht börsennotierten Unternehmen ein asymmetrisches Verhältnis zwischen dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer und dem Zugang zu Informationen. Dabei hängt der Informationszugang maßgeblich von der Rechtsform des Unternehmensträgers ab. Im ersten Fall erhalten Arbeitnehmer von Gesetzes wegen zwar alle Informationen, die sie für eine rationale Bewertung der Übernahme benötigen, gleichwohl handelt es sich dabei lediglich um unverbindliche Absichtserklärungen, weil der Bieter jederzeit seine Absichten und Pläne ändern kann. Haben die Arbeitnehmer im ersten Fall wenigstens eine effektive Möglichkeit überhaupt Informationen zu erlangen, fehlt es daran bereits außerhalb des Anwendungsbereichs des WpÜG. 3.  Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitnehmer auf einen Gesellschafterwechsel Der Schutz von Arbeitnehmern bei Transaktionen und daran anschließenden Strukturmaßnahmen durch die „Teilhabe an Information“48 hat sich als Allgemeingut herauskristallisiert.49 Sieht eine Vorschrift die Information der Arbeitnehmer vor, sichert die Information selbst jedoch nicht die Interessen der Arbeitnehmer. Dem Auftraggeber nutzt der Auskunftsanspruch gem. § 666 BGB bspw. wenig, wenn ihm nach der Erfüllung dieses Anspruchs nicht der Herausgabeanspruch des § 667 BGB zur Seite stünde. Umgekehrt bildet die Auskunft die Grundlage für die Wahrnehmung und die Durchsetzbarkeit des Herausgabeanspruchs. So kann der Auftraggeber ohne eine Bezeichnung des Gegenstands seinen Herausgabeanspruch nicht geltend machen. Führt der Gesetzgeber eine Informationspflicht ein, gewährt im Anschluss daran aber keine Möglichkeit Einfluss zu nehmen, verfehlt die Verpflichtung ihren Zweck und schafft nur „wohlinformierte Ohnmacht“.50 Erst ein sich an die Information anschließendes Recht oder ein Anspruch, mit dem die Arbeitnehmer auf die Information hin reagieren können, schützt die Arbeitnehmerinteressen. Nachfolgend sollen deshalb die Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitnehmer im Anschluss an die Information über einen Betriebsübergang (Asset Deal) oder An47  Schröder/Falter, NZA 2008, 1097, 1099 bezeichnen den Unterrichtungsanspruch deswegen faktisch als Leerformel; Nagel/Hopfe, ZIP 2010, 817, 817 sehen den Informationserfolg nicht gewährleistet. 48  Grobys, NZA 2002, 1, 7. 49  Vogt/Bedkowski, NZG 2008, 725, 729. 50  Für § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG Thüsing, ZIP 2008, 106, 107.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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teilskauf (Share Deal) börsen- sowie nicht börsennotierter Unternehmen gegenübergestellt werden.51 a)  Lage beim Betriebsübergang In das deutsche Betriebsübergangsrecht hat die Informationspflicht mit der Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 RL 98/50/EG durch § 613a Abs. 5 BGB Eingang gefunden.52 Danach sind die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den Zeitpunkt und den Grund des Übergangs, seine rechtlichen, wirtschaftlichen sowie sozialen Folgen für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommen Maßnahmen zu informieren. Zweck dieser Regelung ist, die Transparenz eines Betriebsübergangs aus Arbeitnehmerperspektive zu erhöhen, um den betroffenen Arbeitnehmern durch die erteilten Informationen eine rationale Entscheidung über die Ausübung des in § 613a Abs. 6 BGB normierten Widerspruchsrechts zu ermöglichen.53 b)  Lage beim Kontrollerwerb börsennotierter Unternehmen Nahezu zeitgleich ist das WpÜG in Kraft getreten54, welches das Informationsinteresse der Arbeitnehmer in den §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG berücksichtigt. § 10 Abs. 5 S. 2 WpÜG bestimmt die Unterrichtung des zuständigen Betriebsrats oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar der Arbeitnehmer durch den Vorstand der Zielgesellschaft über die Abgabe eines Übernahmeangebots. Daraufhin muss der Bieter gem. § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG innerhalb von vier Wochen nach der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots der BaFin eine Angebotsunterlage übersenden. Nachdem die BaFin die Angebotsunterlage mit dem Inhalt des § 11 WpÜG gestattet und der Bieter diese veröffentlicht hat, übermittelt der Bieter dem Vorstand der Zielgesellschaft nach § 14 Abs. 4 S. 1 WpÜG unverzüglich die Angebotsunterlage, damit der Vorstand der Zielgesellschaft seinerseits die Angebotsunterlage an den zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern gem. § 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG weiterleiten kann. Die Belegschaft versetzt diese Unterrichtungspflicht in die Lage, durch die Kenntnis vom Inhalt des Angebots die ihnen gesetzlich zustehenden Rechte wahrzunehmen.55 Dazu gehört insbesondere ihr Recht zur Abgabe einer Stellungnahme 51  Eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen Informationssysteme findet sich bei Röder, in: FS Bauer (2010), S. 885 ff. 52  Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. 03. 2002, BGBl. I 2002, S. 1163 ff. 53  BT-Drucks. 14/7760, S. 19; BAG 15. 02. 1984 – 5 AZR 123/82 – AP BGB § 613a Nr. 37 (unter III 1); BAG 22. 04. 1993 – 2 AZR 313/92 – AP BGB § 613a Nr. 102 (unter B V 1). 54  Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20. 12. 2001, BGBl. I 2001, S. 3822 ff. 55  BT-Drucks. 14/7034, S. 40, 45.

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

nach § 27 Abs. 2 WpÜG, das die Arbeitnehmer ohne die Angebotsunterlage als Informationsgrundlage nicht, jedenfalls aber nicht effektiv ausüben können.56 c)  Lage beim Kontrollerwerb nicht börsennotierter Unternehmen Während die Einführung von § 613a Abs. 5 BGB und §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG begrüßt wurde, stoßen die durch das Risikobegrenzungsgesetz neu eingeführten §§ 106, 109a BetrVG überwiegend auf Ablehnung.57 Unter den vielen Aspekten, die in Beiträgen moniert werden, fehlt allerdings eine tiefschürfende Auseinandersetzung mit der Zwecksetzung der §§ 106, 109a BetrVG, obwohl die Gegenüberstellung mit den sonst vorgesehen Informationsrechten nach § 613a Abs. 5 BGB oder gem. §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG diesbezüglich einen offensichtlichen Mangel aufdeckt.58 Im Betriebsübergangsrecht dient die Informationsmöglichkeit nach § 613a Abs. 5 BGB der Ausübung des Widerspruchsrechts gem. § 613a Abs. 6 BGB. Ohne eine Handlungsmöglichkeit des Arbeitnehmers im Nachgang zur Information würde der Arbeitnehmer – zu Recht – einen geringen Zweck in der Mitteilung sehen. Im Anwendungsbereich des WpÜG erfolgt die Mitteilung über den Anteilskauf ebenfalls nicht zum Selbstzweck, denn dem Betriebsrat steht gem. § 27 Abs. 2 WpÜG ein Recht zur Stellungnahme beiseite. Vor der Ausübung dieses Rechts können sich sowohl der Betriebsrat, als auch der nach §§ 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG zu benachrichtigende Wirtschaftsausschuss59 mit der Verwaltung, die nach § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG Stellung zum Angebot bezieht, über den Anteilskauf bera56  Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 4. Aufl., § 14 WpÜG, Rn. 24; Fleischer, ZfA 2009, 787, 790; Vogt/Bedkowski, NZG 2008, 725, 725; Seydel, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 11, Rn. 67. 57  Kritik findet nicht das Anliegen des Arbeitnehmerschutzes, sondern die systemwidrige und handwerklich missglückte Regelung im BetrVG. Siehe Oetker, in: FS Bauer (2010), S. 791, 796 f.; Thüsing, ZIP 2008, 106, 107 f.; Vogt/Bedkowski, NZG 2008, 725, 727; Löw, DB 2008, 758, 761; Däubler, in: DKKW, BetrVG, 15. Aufl., § 106, Rn. 87; Neuerburg, Die Rolle des Wirtschaftsausschusses bei einer Unternehmensübernahme vor und nach Einführung des RisikobG, S. 183 f. Simon/Dobel, BB 2008, 1995, 1959. Für einen pragmatischen Umgang Fleischer, ZfA 2009, 787, 810. 58  Der Aspekt fehlender Rechte im Anschluss an die Information findet sich nur bei Thüsing, ZIP 2008, 106, 107. 59  Die §§ 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG finden nicht ausschließlich auf Übernahmen außerhalb des WpÜG’s Anwendung, obwohl ihr primärer Zweck darin liegt, die diesbezügliche Schutzlücke zu schließen. Somit muss bei börsennotierten Unternehmen der Vorstand der Zielgesellschaft nicht nur dem Betriebsrat gem. § 11 Abs. 4 S. 2 WpÜG, sondern auch dem Wirtschaftsausschuss die Angebotsunterlage nach § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG übermitteln, wenn die Kontrolle erworben wird, vgl. Oetker, in: FS Bauer (2010), S. 791, 799; Steigelmann, Information des Betriebsrats bei der Umwandlung und Übernahme von Unternehmen, S. 255; allgemein dazu Joost, in: FS Kreutz (2010), 161, 164; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 4. Aufl., § 10 WpÜG, Rn. 35; Hirte, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 10, Rn. 83.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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ten und dadurch die Effektivität eventueller Abwehrmaßnahmen steigern. Dagegen spricht nicht die Neutralitätspflicht des Vorstands gem. § 33 Abs. 1 WpÜG60, weil die Pflicht zur Stellungnahme aus § 27 WpÜG als lex specialis der Neutralitätspflicht aus § 33 WpÜG vorgeht und dem Vorstand geradezu gebietet, eine eigene Position zu beziehen.61 Folglich erfolgt die Information im Anwendungsbereich des WpÜG nicht zum bloßen Selbstzweck. Vielmehr ermöglicht sie dem Betriebsrat erst eine eigene Stellungnahme zum Angebot und eröffnet ihm durch eine zustimmende oder ablehnende Stellungnahme eine Handlungsmöglichkeit. Grundverschieden ist die Situation außerhalb des Anwendungsbereichs des WpÜG. Für den Wirtschaftsausschuss besteht keine Möglichkeit zur Stellungnahme nach der Mitteilung eines Gesellschafterwechsels. Zumindest fehlt ihm die Plattform für die Veröffentlichung seiner Stellungnahme, die eine Breitenwirkung bei den Gesellschaftern gewährleistet.62 Die Wahrnehmung sonstiger Rechte, wie die Verhandlung eines Interessenausgleichs oder eines Sozialplans, §§ 111 ff. BetrVG, kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil in der Übernahme keine Betriebsänderung liegt.63 Generell setzen alle weiteren Mitbestimmungsrechte die Planung eines weiteren Umsetzungsaktes voraus, der nicht in der Übernahme selbst liegt. Erst zu diesem späteren Zeitpunkt haben Wirtschaftsausschuss bzw. Betriebsrat eine Handlungsmöglichkeit. Obwohl das Bild von der gelähmten Maus vor der Schlange zu plakativ scheint, ermöglichen die §§ 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG jedenfalls kaum eine über die bloße Informationsgewinnung hinausgehende Reaktionsmöglichkeit der Arbeitnehmer.64 4.  Defizite im Arbeitnehmerschutz bei Veränderungen auf Gesellschaftsebene Ein Kontrollwechsel in der Hauptversammlung und eine daran anschließende Neubesetzung der Verwaltung führen aus der Perspektive der Arbeitnehmer zu einer vergleichbaren Gefährdungslage wie ein Betriebsübergang i. S. d. § 613a BGB.65 Bemerkenswert ist insoweit, dass der ursprüngliche Entwurf einer 60 Unklar

Thüsing, ZIP 2008, 106, 107. Louven, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, 3. Aufl., § 27, Rn. 2; Hirte, in: KKWpÜG, 2. Aufl., § 27, Rn. 1, meint, dass keine Rede von einer Pflicht zur Neutralität sein könne; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, 2003, § 27, Rn. 12, geht von einem Vorrang des § 27 WpÜG aus; a.A. Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 419; Hopt, in: FS Lutter (2000), S. 1361, 1380, der davon ausgeht, beide Verhaltenspflichten stünden nebeneinander; zust. H. Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 2. Aufl., § 27, Rn. 16. 62 Ähnlich Neuerburg, Die Rolle des Wirtschaftsausschusses bei einer Unternehmensübernahme vor und nach Einführung des RisikobG, S. 169, der mangels Stellungnahme vom Fehlen einer Anstoßfunktion für diejenigen Wertpapierinhaber ausgeht, die noch unentschlossen sind und sich deshalb gegebenenfalls an der Haltung der Belegschaft orientieren. 63  Thüsing, ZIP 2008, 106, 107. 64  Im Erg. Thüsing, ZIP 2008, 106, 107. 65  Barnard, 4th ed., S. 590; Davies, YEL 9 (1989), 21, 27 f. 61 

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

Betriebsübergangsrichtlinie auch Veränderungen auf der Gesellschaftsebene erfassen sollte66, ein Unternehmensübergang im Wege des Anteilskaufs später aber bewusst vom Anwendungsbereich ausgenommen wurde.67 Obgleich die Günstigkeitsregelung in Art. 8 RL 2001/23/EG, nach der den Mitgliedstaaten das Recht unbenommen bleibt, günstigere Rechtsvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer zu schaffen, den Mitgliedstaaten ermöglicht, den Anwendungsbereich der Richtlinie auf den Anteilskauf zu erstrecken68, wurde hiervon kein Gebrauch gemacht. Eine Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes beim Anteilskauf wurde grundsätzlich auch nicht durch die Übernahmerichtlinie69 erreicht, denn sie dient anders als die Betriebsübergangsrichtlinie primär dem Schutz der Aktionäre und enthält nur punktuell Vorschriften zum Arbeitnehmerschutz.70 Weitgehend unbeachtet blieb ferner der Vorschlag des DGB in seiner Stellungnahme zum Risikobegrenzungsgesetz, § 613a Abs. 4 bis Abs. 6 BGB auf einen Erwerb von mindestens 30 % der Unternehmensanteile anzuwenden.71 Man könnte deshalb erwägen den Anwendungsbereich des § 613a BGB durch Auslegung auf den Kontrollerwerb durch einen Investor zu erstrecken. Indessen ist die Regelungstechnik im Betriebsübergangsrecht nicht vollumfänglich übertragbar auf einen Anteilskauf, weil dieser sich mangels einer Auswechslung des Arbeitgebers nicht unmittelbar auf den Arbeitsvertrag auswirkt. Demgemäß hätte Art. 3 Abs. 1 RL 2001/23/EG beispielsweise keinen Anwendungsbereich. Andere Schutzbestimmungen der Betriebsübergangsrichtlinie, die unverändert oder zumindest entsprechend auf die Interessenlage der Arbeitnehmer beim Anteilskauf anwendbar sind, werden dadurch den Arbeitnehmern vorenthalten. Dies betrifft insbesondere ihr Bestandsinteresse im Hinblick auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der Arbeitsbedingungen sowie ein Informationsinteresse hinsichtlich der Absichten des Investors mit der Zielgesellschaft.72 Beim Anteilskauf fehlt eine Art. 4 Abs. 1 RL 2001/23/EG bzw. § 613a Abs. 4 S. 1 BGB vergleichbare Regelung, die Kündigungen allein aufgrund des 66  Art. 11 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen und Vergünstigungen der Arbeitnehmer bei Gesellschaftsfusionen, Betriebsübertragungen sowie Unternehmenszusammenschlüssen vom 31. 05. 1974, ABl. 1974 C 104/1, 4. Siehe insbesondere die Erläuterungen zu Art. 11 des Entwurfs, KOM (74) 351 endg., S. 14 = RdA 1975, 124, 126. 67  McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 337. 68  McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 339; Riesenhuber, Europäisches Arbeitsrecht, § 24, Rn. 20. 69  RL 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. 04. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. 2004 L 142/12. 70  Riesenhuber, Europäisches Arbeitsrecht, § 24, Rn. 113. 71  DGB-Stellungnahme zum Risikobegrenzungsgesetz vom 31. 01. 2008, Wipo-Schnelldienst Nr. 02/2008, S. 3. 72  McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 337.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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Übergangs für unwirksam erklärt. Mag die Notwendigkeit für dieses Verbot beim Anteilskauf geringer sein als beim Betriebsübergang, offenbart sich die Bedeutung dieser Regelung, wenn der allgemeine Kündigungsschutz nicht eingreift. § 613a Abs. 4 S. 1 BGB schützt nämlich alle Arbeitnehmer unabhängig davon, ob das KSchG keine Anwendung findet, weil das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung nicht länger als sechs Monate bestanden hat (§ 1 Abs. 1 KSchG) oder es sich um einen Kleinbetrieb handelt (§ 23 Abs. 1 S. 2 KSchG). Ebenso wenig sind die Arbeitsbedingungen vor einer Änderung allein aufgrund des Anteilskaufs geschützt. Beim Betriebsübergang hat der EuGH dagegen festgestellt, dass der Unternehmensübergang als solcher keinen Grund für eine Änderung der nach Art. 3 Abs. 1 RL 2001/23/EG übergegangenen Arbeitsverhältnisse darstellt.73 Schließlich bleibt das Schutzniveau bezüglich des Informationsinteresses der Arbeitnehmer beim Anteilskauf hinter dem des Betriebsübergangsrechts zurück.74 Die Übernahmerichtlinie75 und das WpÜG, das zu ihrer Umsetzung an zentralen Stellen geändert worden ist, dienen primär dem Schutz der Aktionäre.76 Dementsprechend gering ist der Arbeitnehmerschutz in den Regelungswerken. Wegen des unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Schutzniveaus zwischen Betriebs­übergang (Asset Deal) und Anteilskauf (Share Deal) besteht eine Missbrauchsgefahr durch Investoren. Um die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften des Betriebsübergangsrechts zu vermeiden, könnten sie sich bewusst für einen Anteilskauf entscheiden.77 Möglichkeiten, solchen Vermeidungsstrategien zu begegnen, fehlen. 5.  Autonome unternehmerische Entscheidung und betriebsbedingte Kündigung Arbeitnehmer sehen sich nach einem Kontrollwechsel häufig mit der Problematik konfrontiert, dass die (neubesetze) Verwaltung die Unternehmensstrategie verändert, womit eine Anpassung des Personalbedarfs notwendig wird. Dabei bilden betriebswirtschaftliche Umstände den Ausgangspunkt einer Kausalkette, die über eine autonome gestaltende unternehmerische Entscheidung schlussendlich zu betriebsbedingten Kündigungen führt.78 Besonders problematisch ist für die Arbeit-

73 

EuGH 10. 02. 1988 – Rs. 324/86 (Daddy’s Dance Hall) – Slg. 1988, 739 (unter Rn. 17). Zum Informationsrecht der Arbeitnehmer siehe unter § 2 B. II. 2. 75  Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. 04. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. 2004 L 142/12. 76  Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 18, Rn. 13; Riesenhuber, Europäisches Arbeitsrecht, § 24, Rn. 113. 77  McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 338; Davies, Preliminary Remarks, S. 131, 135; gleichsinnig R. Krause, in: Schlachter/Heinig, EnzEuR Bd. 7, § 7, Rn. 31. 78  Zum Ursachenzusammenhang Walker, ZfA 2004, 501, 515 f.; v. Hoyningen-Huene, NZA 1994, 1009, 1010; v. Hoyningen-Huene, in: FS 50 Jahre BAG (2004), S. 369, 370 f. 74 

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

nehmer daran die gerichtlich eingeschränkte Überprüfbarkeit79, womit man der wirtschaftlichen Risikotragung des Arbeitgebers Rechnung trägt, dem letztlich die Entscheidungsfreiheit über das „Ob“ und „Wie“ der Unternehmensfortführung obliegen muss80, denn andernfalls würde der Kerngehalt seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG resultierenden Berufsfreiheit verletzt. Bevor in diesem Konflikt zwischen autonomer Unternehmerentscheidung und Schutz der Arbeitnehmer vor betriebsbedingten Kündigungen die Grenzen gerichtlicher Kontrolle ausgelotet werden, soll der insofern übliche Entscheidungsablauf aufgedeckt werden. a)  Entscheidungsablauf bei betriebsbedingten Kündigungen In der Terminologie des BAG beginnt der Ursachenzusammenhang mit innerbetrieblichen Umständen oder außerbetrieblichen Gründen, die das dringende betriebliche Erfordernis i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Var. 3 KSchG für eine betriebsbedingte Kündigung begründen.81 Inner- und außerbetriebliche Gründe unterscheiden sich dadurch, dass die Gründe einerseits im Betrieb oder seiner Arbeitsorganisation angelegt sind82, andererseits Umstände vorliegen, die von der Betriebsgestaltung und -führung unabhängig sind, aber einen konkreten Bezug zum Betrieb des Arbeitgebers haben83. Häufig vorliegende innerbetriebliche Gründe sind ein aufgeblähter Verwaltungsapparat, ein Informationsverlust aufgrund zu vieler Hierarchiestufen, veraltete personalintensive Maschinen, eine zeitintensive Arbeitsaufteilung, unrentable Produktionsschritte und eine Neuausrichtung der Unternehmensstrategie beispielsweise im Hinblick auf eine neue Zielgruppe. Sie lassen sich den drei Kategorien Technik, Organisation und Strategie zuordnen. Außerbetriebliche Gründe sind stattdessen ein Absatzeinbruch, Umsatzrückgang oder Gewinneinbruch. Anlässlich einer Umstrukturierung infolge eines Kontrollwechsels spielen letztere, nimmt man insolvenzbedingte Reorganisationen aus, eine geringe Rolle, weil strategische Investoren nach einem starken Partner und Finanzinvestoren nach einem konstanten Umsatz sowie stabilen Cashflows suchen.84 79  Grundlegend BAG (GS) 28. 11. 1956 – GS 3/56 – AP KSchG § 1 Nr. 20 (unter III 3); seither st. Rspr. BAG 22. 11. 1973 – 2 AZR 543/72 – AP KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 22 (I 2 b); BAG 09. 05. 1996 – 2 AZR 438/95 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 79 (unter B I 2 a); BAG 13. 03. 2008 – 2 AZR 1037/06 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176 (unter Rn. 12); ausführlich Annuß, Betriebsbedingte Kündigung und arbeitsvertragliche Bindung, S. 62 ff. 80  Vgl. BAG 24. 10. 1979 – 2 AZR 940/77 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 8 (unter II 1 b). 81 BAG 24. 05. 2012 – 2 AZR 124/11 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 191 (unter Rn. 21); BAG 29. 03. 1990 – 2 AZR 369/89 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 50 (unter B II 1); BAG 15. 06. 1989 – 2 AZR 600/88 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 45 (unter II 1 a); BAG 07. 12. 1978 – 2 AZR 155/77 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 6 (unter II 1 a). 82  R. Krause, in: v. Hoyningen-Huene/Linck, 15. Aufl., § 1, Rn. 722. 83 KR/Griebeling/Rachor, 11. Aufl., § 1 KSchG, Rn. 517; Hillebrecht, ZfA 1991, 87, 93.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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Nachdem der Investor Verbesserungspotenzial konstatiert hat, trifft er eine gestaltende unternehmerische Entscheidung, die sich als eine Organisationsentscheidung über die Einrichtung und Gestaltung des Betriebs begreifen lässt.85 Anerkannt hat die Rechtsprechung eine solche unternehmerische Entscheidung, die der Beseitigung der oben genannten Gründe dient, bei der Vergabe von bisher im eigenen Betrieb durchgeführten Tätigkeiten an ein anderes Unternehmen (Outsourcing)86, der Stilllegung einer Abteilung87 oder Zusammenlegung mehrerer Abteilungen88, der Entscheidung, Personal abzubauen89, der Beseitigung einer Hierarchiestufe90 oder allgemein bei Rationalisierungsmaßnahmen91. Diese gestaltenden unternehmerischen Entscheidungen einer neuen Verwaltung sind typische Maßnahmen anlässlich einer Umstrukturierung. 84

Zuletzt und damit am Ende des Kausalzusammenhangs steht mit der Kündigung die umsetzende unternehmerische Entscheidung. Zwar lässt sich dieser Zusammenhang nicht als unmittelbarer und zwingender Kausalzusammenhang einer wirtschaftlichen Entwicklung begreifen, weil eine gestaltende Unternehmerentscheidung (Organisationsentscheidung) des Arbeitgebers anschließend nicht zwingend eine betriebsbedingte Kündigung als umsetzende Unternehmerentscheidung bedingt.92 So kann der Arbeitgeber unterschiedlich auf wirtschaftliche Begebenheiten reagieren, indem er eine veraltete personalintensive Maschine nicht lediglich durch eine neue ersetzt und deshalb Arbeitsplätze abbaut, sondern stattdessen mehrere neue Maschinen erwirbt, infolgedessen den Absatz steigert und alle Arbeitsplätze erhält. b)  Grenzen gerichtlicher Kontrolle Die Aufspaltung eines Umstrukturierungsprozesses in diese drei Phasen (inner- und/oder außerbetriebliche Gründe, gestaltende und umsetzende unternehmerische Entscheidung) macht die Reichweite der gerichtlichen Kontrollbefugnis 84 

Speziell zu Finanzinvestoren Schmidt/Spindler, Kap. D, Rn. 116. R. Krause, in: v. Hoyningen-Huene/Linck, 15. Aufl., § 1, Rn. 718. 86  BAG 09. 09. 2010 – 2 AZR 493/09 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 (unter Rn. 17). 87  BAG 05. 10. 1995 – 2 AZR 269/95 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 71 (unter II 1); BAG 01. 07. 1976 – 2 AZR 322/75 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 2 (unter II 2). 88  BAG 06. 11. 1997 – 2 AZR 94/97 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 42 (unter II 3). 89  BAG 17. 06. 1999 – 2 AZR 522/98 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 102 (unter II 1 a). 90  BAG 27. 09. 2001 – 2 AZR 176/00 – AP KSchG 1969 § 14 Nr. 6 (unter B I 2 b). 91  BAG 18. 07. 1996 – 8 AZR 127/94 – AP BGB § 613a Nr. 147 (unter I 2); BAG 19. 05. 1993 – 2 AZR 584/92 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 31 (unter II 2 c); BAG 30. 04. 1987 – 2 AZR 184/86 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 42 (unter II). 92  BAG 16. 12. 2004 – 2 AZR 66/04 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 133 (unter B II 1). 85 

1. Teil: Einführung und Grundlagen

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jeder einzelnen Phase plausibel.93 Gerichtlich voll überprüfbar ist das tatsächliche Vorliegen der inner- oder außerbetrieblichen Gründe (Phase eins) für die gestaltende Unternehmerentscheidung.94 Einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegt die gestaltende Unternehmerentscheidung (Phase zwei), denn die Gerichte überprüfen zwar nicht ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit, jedoch prüfen sie, ob die unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.95 Die umsetzende unternehmerische Entscheidung in Form der Kündigung (Phase drei) ist vollumfänglich gerichtlich überprüfbar und wird insbesondere daraufhin geprüft, inwiefern die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung das Beschäftigungsbedürfnis tatsächlich entfallen lässt.96 Bleibt man beim Beispiel der veralteten personalintensiven Maschine, kann die Entscheidung des Arbeitgebers, die alte Maschine durch eine neue Maschine zu ersetzen (Phase eins), gerichtlich nicht überprüft werden, nur die Tatsache der Entscheidung an sich wird geprüft, und auch die gestaltende Entscheidung infolgedessen Arbeitsplätze abzubauen (Phase zwei), unterliegt nur einer sehr eingeschränkten Kontrolle. Die gerichtliche Überprüfbarkeit der dritten Phase, d. h. der Umsetzung der Gestaltungsentscheidung durch den Ausspruch der Kündigung, betrifft die Frage welche konkreten Arbeitnehmer gekündigt werden und nutzt der Belegschaft insgesamt wenig, weil die Reduzierung des Personalbedarfs weitgehend vorprogrammiert ist durch nicht oder nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidungen des Arbeitgebers. Mithin schafft sich der Arbeitgeber durch eine Unternehmerentscheidung selbst die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung.97 Nachvollziehbar ist deshalb das Bestreben der Belegschaft, des Betriebsrats und der Gewerkschaften, betriebsbedingten Kündigungen durch eine Steuerung der vorgelagerten unternehmerischen Entscheidung entgegenzuwirken. Hierbei setzen 93 

R. Krause, in: v. Hoyningen-Huene/Linck, 15. Aufl., § 1, Rn. 717. 07. 12. 1978 – 2 AZR 155/77 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 6 (unter II 1 b); R. Krause, in: v. Hoyningen-Huene/Linck, 15. Aufl., § 1, Rn. 822; Rommé/Pauker, NZA-RR 2000, 281, 283 f., 290; ErfK/Oetker, 18. Aufl., KSchG, § 1, Rn. 262; Deinert, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, 9. Aufl., § 1 KSchG, Rn. 359; APS/Kiel, 5. Aufl., § 1 KSchG, Rn. 463; KR/Griebeling, 11. Aufl., § 1 KSchG, Rn. 534. 95  BAG 17. 06. 1999 – 2 AZR 141/99 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 101 (unter II 1 b); BAG 30. 04. 1987 – 2 AZR 184/86 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 42 (unter I). 96  BAG 16. 12. 2004 – 2 AZR 66/04 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 133 (unter B II 1); BAG 26. 09. 1996 – 2 AZR 200/96 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 80 (unter II 2 b); BAG 15. 06. 1989 – 2 AZR 600/88 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 45 (unter II 1 a). 97 Vgl. Walker, ZfA 2004, 501, 518; Däubler, in: Blank, Reform der Betriebsverfassung und Unternehmerfreiheit, S. 11, 28 f. wirft der Rechtsprechung deshalb vor, das Tatbestandsmerkmal der „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ aus § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu einem vom Arbeitgeber bis zur Willkürgrenze beliebig einsetzbaren Mittel herabzusetzen. 94  BAG

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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sie mit einer Investorenvereinbarung weit vor der Unternehmerentscheidung an und lassen sich bereits vor einem Kontrollerwerb des Investors versichern, dass die Unternehmenspolitik nur personalschonend geändert wird. Aus der Arbeitnehmerperspektive schließt eine Investorenvereinbarung insofern zumindest partiell die Schutzlücke aus der autonomen unternehmerischen Entscheidungsgewalt des Arbeitgebers. Ein Investor soll verpflichtet werden, seinen Einfluss auf die Verwaltung nicht zu Lasten der Belegschaft auszuüben oder im Gegenteil seinen Einfluss zugunsten der Arbeitnehmer geltend zu machen. 6.  Ergebnis: Fehlende Schutzmechanismen gegenüber Veränderungen auf Gesellschaftsebene Zusammenfassend lassen sich bei Übernahmen für die Arbeitnehmer drei Problemkreise ausmachen: Unzureichend befriedigen die gesetzlichen Regelungen zunächst das Informationsinteresse/-bedürfnis der Arbeitnehmer. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht des Arbeitnehmers auf freie Entfaltung und Verwirklichung der Persönlichkeit im beruflichen Leben, was im Arbeitsrecht aufgrund der strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmer eine Schutzpflicht des Staats auslöst.98 Er muss deshalb einen Regelungsrahmen schaffen, der den Arbeitnehmer in die Lage versetzt, frei über die Fortsetzung oder Beendigung seines Arbeitsverhältnisses entscheiden zu können. Die informationelle Einbeziehung der Arbeitnehmer in einen Anteilskauf gebietet folglich die an den Gesetzgeber gerichtete grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG, um Arbeitnehmer nicht zu Figuren auf einem Schachbrett zu degradieren, die von einem dahinterstehenden Spieler (dem Investor) dirigiert werden. Andernfalls erschienen sie lediglich als Objekt unternehmerischer Entscheidungen.99 Dementsprechend ist der Gesetzgeber nicht nur zur Kreation irgendeines, sondern eines effektiven Informationszugangs verpflichtet. Damit ist nicht gesagt, dass die bestehende Informationsmöglichkeit der Arbeitnehmer das grundrechtlich gebotene Schutzniveau unterschreitet. Zweifel bestehen insofern lediglich mit Blick auf die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, das der traditionellen Ausrichtung aller Pflichten auf den Arbeitgeber folgt, obwohl für eine effektive Unterrichtung der eigentliche Adressat der Pflichten der Investor sein müsste.100 Stattdessen richtet sich der betriebsverfassungsrechtliche 98  Statt vieler BAG 12. 06. 1992 – GS 1/89 – AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 101 (unter B III 4 a); allg. zur Schutzpflichtenlehre BVerfG 25. 02. 2975 – 1 BvF 1/74 – BVerfGE 39, 1, 42 ff.; BVerfG 28. 05. 1993 – 2 BvF 2/90 und 4, 5/92 – BVerfGE 88, 203, 251 ff.; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. IX, 3. Aufl., § 191, Rn. 146 ff.; ­Murswiek, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 2, Rn. 24 ff. 99 So Riesenhuber, in: GS Blomeyer (2004), S. 195, 200 f. zur Informationspflicht des Arbeitgebers nach der Betriebsübergangsrichtlinie. 100  Schmidt/Spindler, Kap. E, Rn. 50, 52; ein effizienter Auskunftsanspruch hätte dadurch geschaffen werden können, dass potenzielle Erwerber gegenüber dem Wirtschaftsausschuss informationspflichtig wären, vgl. Röder, in: FS Bauer (2010), S. 885, 892.

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Unterrichtungsanspruch gegen den Unternehmer, der regelmäßig selbst nicht informiert ist. Überdies hält der Investor Informationen nicht rechtswidrig zurück, wenn er die Belegschaftsvertreter nicht über seine Absichten informiert, da er nicht die Informationslast gegenüber dem Wirtschaftsausschuss oder Betriebsrat trägt. Obgleich einfach-rechtlich weitergehende Rechte wünschenswert sein mögen, gebietet Art. 12 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht den Erlass weitergehender Informationsvorschriften. Der Gesetzgeber verfügt nämlich im Hinblick auf den Ausgleich zwischen Informationsinteresse der Arbeitnehmer und Geheimhaltungsinteresse des Investors über einen besonders weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen erst überschritten werden, wenn er das verfassungsrechtlich gebotene Schutzmaß unterschreitet.101 Das gebotene Schutzniveau ist jedoch nicht unterschritten. Aus Arbeitnehmerperspektive besser fällt der Befund für die Übernahme börsennotierter Unternehmen aus. Mit der Angebotsunterlage, die der Bieter selbst zu erstellen hat, werden die Arbeitnehmer über die maßgeblichen Absichten und Folgen unterrichtet. Für sie erscheint die Lage dennoch unbefriedigend, weil weder nach dem WpÜG noch nach dem BetrVG Falschinformationen für den Investor Folgen haben. Anders als beim Betriebsübergang102 begründen sie keinen Schadensersatzanspruch der Arbeitnehmer.103 Außerdem binden die Aussagen einen Investor nicht für die Zukunft. Spielt der Investor mit verdeckten Karten, können sich Arbeitnehmer nicht auf die Angaben in der Angebotsunterlage berufen. Die mangelnde Bindungswirkung104 der Angebotsunterlage können die Arbeitnehmer durch eine gesonderte Übereinkunft „nachholen“. Einen zweiten Problemkreis bilden die sich an die Information anschließenden eingeschränkten Reaktionsmöglichkeiten.105 Werden bereits die Unterrichtung 101 Allg.

Wieland, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 12, Rn. 147. Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB ist eine Rechtspflicht und begründet im Fall ihrer Verletzung einen Schadensersatzanspruch. Dazu BAG 09. 12. 2010 – 8 AZR 592/08 – AP BGB § 613a Nr. 393 (unter Rn. 30); BAG 31. 01. 2008 – 8 AZR 1116/06 – AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 (unter Rn. 38). Überwiegend führt ein Unterrichtungsfehler aber nicht zu einem Schadensersatzanspruch, vgl. ErfK/Preis, 18. Aufl., BGB, § 613a, Rn. 94. 103  Grobys, NZA 2002, 1, 6; Steigelmann, Information des Betriebsrats bei der Umwandlung und Übernahme von Unternehmen, S. 150 f., 176 f., 194, 227; Seibt, DB 2002, 529, 536; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen in Übernahmeauseinandersetzungen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, S. 158 f.; in der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss kritisierte der DGB das Fehlen eines Haftungsanspruchs der Arbeitnehmer wegen eines Nachteils aufgrund einer fehlerhaften oder unvollständigen Angebotsunterlage scharf, siehe DGB-Stellungnahme, Anlage zur 111. Sitzung (18. 10. 2001) des Finanzausschusses, S. 3 f.; siehe ferner die DGB-Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen vom 11. 10. 2000, § 13 ÜG-E. 104  Simon, in: Semler/Volhard, ÜN Hdb., Bd. 2, § 55, Rn. 37. 105 Unklar Simon, in: Semler/Volhard, ÜN Hdb., Bd. 2, § 55, Rn. 37, der die Angebotsunterlage des Bieters als Informationsgrundlage für die Ausübung potenzieller Arbeitnehmerrechte betrachtet, jene aber nicht bezeichnet. 102 

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des Betriebsrats und seine Berechtigung zur Abgabe einer Stellungnahme nach § 27 Abs. 2 WpÜG als schwache Regelung bezeichnet106, muss das Urteil für Übernahmen nicht börsennotierter Unternehmen, bei denen keine Rechte im Anschluss an die Mitteilung einer Übernahme existieren, auch kein Recht zur Stellungnahme, noch negativer ausfallen.107 Die mangelnde Einflussnahmemöglichkeit der Arbeitnehmerseite im Anschluss an Veränderungen auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene mag einer strikten Durchsetzung des Trennungsprinzips entsprechen, verliert aber die faktischen Machtverhältnisse in vielen Gesellschaften aus dem Blick. Verlässt man die vermeintlich rein gesellschaftsrechtliche Ebene, wird drittens ersichtlich, dass auch auf der arbeitsrechtlichen Ebene, die unmittelbar die Belange von Arbeitnehmern betrifft, Entscheidungen der Einflussnahmemöglichkeit durch die Arbeitnehmer entzogen sind. So fehlt ein flankierender Schutz vor übernahmebedingten Kündigungen und Veränderungen der Arbeitsbedingungen allein aufgrund der Übernahme108, denn nach einem Kontrollerwerb treten häufig ähnliche Maßnahmen wie bei einem Inhaberwechsel in Kraft.109 Wegen des Prinzips der autonomen unternehmerischen Entscheidung, die nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist, bergen Veränderungen auf der Anteilseignerebene für die Belegschaft deshalb eine ähnliche Gefahr für die Rechte der Belegschaft wie ein Betriebsübergang. Beim flankierenden Schutz handelt es sich außerdem nicht nur um eine bloße Formalität, denn trotz der formalen Identität des Arbeitgebers bietet ein flankierender Kündigungsschutz zumindest partiell eine Rechtserweiterung, sofern das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, vgl. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG. Für den Abschluss einer Investorenvereinbarung sprechen aus Arbeitnehmerperspektive somit verschiedene Gründe. Beim Anteilskauf (Share Deal) sind im europäischen wie im deutschen Recht arbeitnehmerschützende Vorschriften rar gesät. Nachdem der europäische Gesetzgeber im Gegensatz zu einem früheren Entwurf 110 in der Betriebsübergangsrichtlinie nur den Asset Deal geregelt hat, wurde auch durch die Übernahmerichtlinie der Arbeitnehmerschutz nicht wesentlich verbessert.111 Das überrascht nicht, weil die Richtlinien unterschiedliche Ziele, einmal 106 So Oetker, in: FS Bauer (2010), 791, 792; wohl auch Deinert, RdA 2001, 368, 370, der im WpÜG „praktisch“ keine arbeitsrechtlichen Bestimmungen sieht. 107  Im Ergebnis konzediert Steigelmann, Information des Betriebsrats bei der Umwandlung und Übernahme von Unternehmen, S. 194, dass die Unterrichtung über eine bevorstehende Übernahme die Situation der Arbeitnehmer mangels anschließender Mitwirkungsoder Mitbestimmungsrechte nicht wesentlich verbessert. 108  McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 337. 109  R. Krause, in: Schlachter/Heinig, EnzEuR Bd. 7, § 7, Rn. 31. 110  Vgl. Art. 11 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen und Vergünstigungen der Arbeitnehmer bei Gesellschaftsfusionen, Betriebsübertragungen sowie Unternehmenszusammenschlüssen vom 31. 05. 1974, ABl. 1974 C 104/1, 4. Siehe insbesondere die Erläuterungen zu Art. 11 des Entwurfs, KOM (74) 351 endg., S. 14 = RdA 1975, 124, 126. 111  Krit. auch Barnard, 4th ed., S. 590.

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den Arbeitnehmer-, ein anderes Mal den Aktionärsschutz fokussieren. Zwingend war das nicht, denn das Europäische Parlament hatte ursprünglich in seiner Stellungnahme zum Vorschlag für eine 13. EU-Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote112 auf eine weitergehende Beteiligung der Arbeitnehmer oder ihrer Vertretungen gedrängt, die u. a. den Arbeitnehmern die Möglichkeit einräumen sollte, den „Anbieter einzuladen“, damit dieser den Arbeitnehmern sein Vorhaben erläutert.113 Des Weiteren hat der Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zu demselben Vorschlag der Kommission für eine Änderung der Richtlinie plädiert, wonach sämtliche Aspekte der Transaktion mit den Arbeitnehmervertretern diskutiert werden sollten.114 Aus der Pflicht des Bieters, Rede und Antwort zu stehen, ist jedoch ebenso wenig etwas geworden wie aus dem Diskussionsrecht der Arbeitnehmer. III.  Ergebnis Bei einer Übernahme stehen die Interessen eines Investors nicht zwingend denen einer Gewerkschaft unversöhnlich gegenüber. Im Gegenteil, dem Investor wird für eine zügige Integration der Zielgesellschaft regelmäßig daran gelegen sein, den Betriebsfrieden zu wahren und die Fluktuation im Nachgang der Übernahme einzudämmen. Für den wirtschaftlichen Erfolg ist der Integrationsprozess nämlich entscheidend.115 Obwohl ein Gesellschafterwechsel trotz der formalen Identität des Arbeitgebers für die Arbeitnehmer eine Imponderabilität birgt, trägt die bestehende Rechtslage dem aus Arbeitnehmerperspektive nur unzureichend Rechnung. Unter Berufung auf das formale „Trennungsprinzip“ unterscheiden sich die Rechte der Arbeitnehmer bei einem Kontrollerwerb durch einen Investor erheblich von ihren potenziellen Rechten bei einem Erwerb des Unternehmens im Wege des Betriebsübergangs i. S. d. § 613a BGB. So sind ihre Informationsrechte, deren Verletzung durch den Bieter keine Konsequenz hat, schwach ausgeprägt. An die Informationen knüpfen keine hinreichenden Rechte an. Außerdem fehlen flankierende Schutzvorschriften bei einem Anteilserwerb. Die tatsächliche Verquickung von gesellschaftsrechtlicher Ebene, die primär das Verhältnis der Anteilseigner untereinander und der Anteilseigner zur Gesellschaft betrifft, und arbeitsrechtlicher Ebene, die die Rechtsbeziehung der Arbeitnehmer und ihrer Vertretungen zum Unternehmens112  Kommission, Vorschlag für eine dreizehnte Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, ABl. 1989 C 64/8. 113  Europäisches Parlament, Änderungsvorschlag für eine dreizehnte Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, ABl. 1990 C 38/41, Änderung Nr. 5. 114  Wirtschafts- und Sozialausschuss, Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine dreizehnte Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, ABl. 1989 C 298/56, Änderung Art. 19. 115  Hopt, in: FS v. Rosen (2008), S. 537, 539.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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träger prägt, ist jedoch zu eng dafür, um beide Ebenen strikt zu trennen und keine Rücksicht auf das Potenzial einer faktischen Einflussnahme zu nehmen. Deshalb bedienen sich die Arbeitnehmer nunmehr eines neuen Instruments zur Wahrung ihrer Interessen. Als solches gewährleistet eine Investorenvereinbarung zumindest für einen Übergangszeitraum beiden Vertragsparteien Planungssicherheit.

C.  Vereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft I.  Motive des Investors Die Motive eines Investors für den Abschluss einer Investorenvereinbarung lassen sich danach kategorisieren, ob sie die Transaktion an sich schützen („Ob“) oder ihre Durchführung bzw. ihren Ablauf konturieren („Wie“). Sind am Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft andere Investoren interessiert und muss er sie ausstechen, bildet den primären Grund für den Abschluss einer Investorenvereinbarung die Steigerung der Transaktionssicherheit, um die Erfolgsaussicht seines Übernahmeangebots („Ob“) zu erhöhen.116 Der Kontroll­ erwerb selbst betrifft grundsätzlich nicht die Arbeitnehmerinteressen, sondern erst die regelmäßig anschließenden Maßnahmen zur Effizienzsteigerung. Zum einen sieht man sich deshalb mit der Frage konfrontiert, inwiefern die Belange von Arbeitnehmern bereits beim Beteiligungsaufbau eine Rolle spielen, zum anderen ist zu bedenken, dass der Erfolg einer Übernahme letztlich nur eingeschränkt von der Zielgesellschaft oder den Arbeitnehmern beeinflusst werden kann117, weil die Entscheidung über die Veräußerung der Gesellschaftsanteile den Anteilseignern obliegt. Bestehen keine konkurrierenden Angebote oder wehrt sich die Verwaltung der Zielgesellschaft nicht offensiv gegen den Kontrollerwerb, regeln Investorenvereinbarungen primär die Modalitäten des Beteiligungsaufbaus („Wie“) im Einvernehmen mit der Zielgesellschaft und den sonstigen Stakeholdern, um eine zügige und kostenarme Durchführung der Transaktion zu gewährleisten.118 Dabei spielen die Belegschaft und ihre Kollektivvertreter eine hervorgehobene Rolle, weil diese den regelmäßig anschließenden Umstrukturierungsprozess entschleunigen können und dadurch gegebenenfalls den wirtschaftlichen Erfolg einer Transaktion gefährden.

116  Danker, Investorenvereinbarungen bei öffentlichen Übernahmen, S. 303, 312; Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, S. 75, 75; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 110; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 196 ff. 117  Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 59 f. 118 Vgl. Danker, Investorenvereinbarungen bei öffentlichen Übernahmen, S. 303, 312; Kiem, AG 2009, 301, 302.

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

1.  Goodwill des Managements der Zielgesellschaft Dass der Investor, um den angestrebten Beteiligungsaufbau zu erreichen, den Weg einer Investorenvereinbarung beschreitet, überrascht nicht, denn empirische Untersuchungen119 haben eine Korrelation zwischen der Annahmequote eines 119  Für den deutschen Markt Blättchen/Götz, FB 2002, 660, 664 (13 Transaktionen/2 feindliche Übernahmen), die für den feindlichen Übernahmeversuch von Beta Systems durch die Deutsche Balaton AG eine vernichtende Annahmequote von 0,26 % konstatieren; Blättchen/Götz, FB 2005, 687, 688 f. (8 Transaktionen/1 feindliche Übernahme), die als Konsequenz der ablehnenden Haltung von Vorstand und Aufsichtsrat der Süd-Chemie den Willen von One Equity Partners feststellten, vorerst nicht mehr den Erwerb der Mehrheit anzustreben; Blättchen/Nespethal, FB 2007, 770, 772 (21 Transaktionen/13 Empfehlungen/6 Enthaltungen/2 feindliche Übernahme), die ausgesprochen niedrige Annahmequoten sowohl für die feindliche Übernahme der Volkswagen AG durch die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG (0,04 % für Stammaktien und 0,06 % für Vorzugsaktien) als auch für die feindliche Übernahme der COR AG Insurance Technologies durch die msg systems AG (3,5 %) ausweisen (Tab. 1); Blättchen/Nespethal, FB 2009, 217, 220 (17 Transaktionen/8 Empfehlungen/6 Enthaltungen/2 feindliche Übernahmen/1 differenzierte Stellungnahme), die für die feindliche Übernahme der SYGNIS Pharma AG durch die dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG lediglich eine Annahmequote von 8,7 % verzeichneten; Karl, CFB 2012, 363, 364 f. zum gescheiterten feindlichen Übernahmeversuch der RHÖN-KLINIKUM AG durch den Fresenius Konzern; Karl, CF 2013, 220, 220 (19 Transaktionen/7 Empfehlungen/6 Enthaltungen/6 feindliche Übernahmen), der für die feindlichen Übernahmeversuche von Easy Software AG durch Allgeier Holding SE (0,01 %), artnet AG durch Redline Capital Management S.A. (0,00 %) und German Brokers AG durch David L. Deck sowie Gilbert Schöni (4,73 %) durchweg niedrige Annahmequoten ausweist. Für den amerikanischen Markt Bange/Mazzeo, Review of Financial Studies 17 (2004), 1185, 1207, nach denen der Widerstand gegen ein Übernahmeangebot die Aussicht auf einen erfolgreichen Ausgang reduziert. Bei ihrer Erhebung von 165 unabgesprochenen freiwilligen Übernahmeangeboten im Zeitraum von 1979 bis 1990 endeten 118 (71,5 %) Übernahmeangebote erfolgreich, womit bei einem Widerstand gegen 74 (44,8 %) Übernahmen signifikant viele feindliche Übernahmeversuche scheiterten (vgl. 1198); Cotter/Shivdasani/Zenner, Journal of Financial Economics 43 (1997), 195, 201 f., die ihrer Untersuchung 169 Übernahmeangebote aus dem Zeitraum 1988 bis 1992 zugrunde legen und bei 79 (46,7 %) abgelehnten Angeboten 127 (75,1 %) erfolgreiche Übernahmen verzeichnen; Officer, Journal of Financial Economics 69 (2003) 431, 450; für das Vereinigte Königreich Brennan, Journal of Business Finance & Accounting 26 (1999), 883, 896, der Übernahmen von an der London Stock Exchange notierten Unternehmen im Zeitraum von 1988 bis 1992 untersuchte und feststellte, dass von 477 abgestimmten Übernahmen 15 (3,1 %) und von 160 feindlichen Übernahmen 80 (50 %) Versuche scheiterten; für Australien Maheswaran/Pinder, Accounting and Finance 45 (2005), 613, 628, die die Erfolgsaussicht eines von der SDC (Securities Data Company) feindlich eingeschätzten Angebots 24,9 % niedriger einschätzen und für Angebote, die zugleich von der SDC als feindlich qualifiziert werden und vom Management der Zielgesellschaft die Ablehnung des Angebots empfohlen wird, die Erfolgschance sogar 41,2 % niedriger beurteilen. Ob eine Unterstützung des Übernahmeangebots durch den Vorstand der Zielgesellschaft (§ 27 WpÜG) die Annahme des Angebots durch die Anteilseigner fördert, muss getrennt von den wirtschaftlichen Erfolgsaussichten einer Übernahme beurteilt werden. Der Erfolg, eine bestimmte (Mindest-)Beteiligung an einer Gesellschaft überhaupt zu erwerben, betrifft eine ganz andere Frage als die Beurteilung des wirtschaftlichen Erfolgs einer Übernahme.

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Übernahmeangebots und der Unterstützung desselben durch den Vorstand der Zielgesellschaft festgestellt.120 Damit spielt der Goodwill des Managements eine exponierte Rolle in Übernahmeszenarien. Das übernahmerechtliche Verhinderungsverbot aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG, das dem Vorstand untersagt, nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses Handlungen vorzunehmen, die den Erfolg eines Angebots verhindern können, täuscht nämlich darüber hinweg, dass sich eine Übernahme, obwohl sie sich zumindest unter rechtlichen Aspekten im Ergebnis nicht verhindern lassen wird121, durch Vorfeldmaßnahmen oder Handlungen im Umfeld der Übernahme erheblich erschweren lässt.122 Dem entspricht die Rechtspraxis insofern, als sich der ganz überwiegende Anteil von Übernahmen freundlich123 vollzieht oder ein feindlicher Übernahmeversuch im Laufe eines schwebenden Übernahmeverfahrens in eine freundliche Übernahme umschlägt.124 Vor diesem Hintergrund schließen viele Bieter eine feindliche Übernahme aus125 und versuchen eine Unterstützung ihres Angebots durch die Zielgesellschaft zu erreichen. Plattform für diese Unterstützung bietet in der Regel die Pflicht des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft, gem. § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG zu dem Angebot sowie zu jeder seiner Änderungen eine begründete Stellungnahme abzugeben.126 Die Stellungnahme des Vorstands nach § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG Demgemäß widerspricht der Feststellung einer positiven Korrelation von Angebotsempfehlung durch den Vorstand der Zielgesellschaft und Annahmequote der Anteilseigner nicht der empirische Befund, dass teils für feindliche Übernahmen wirtschaftlich bessere Erfolgsaussichten nachgewiesen werden als für freundliche Übernahmen, vgl. Sudarsanam/ Mahate, British Journal of Management 17 (2006), 7, 19; keinen Signifikaten Unterschied zwischen freundlichen und feindlichen Übernahmen können feststellen Martynova/Oosting/Renneboog, Finance Working Paper Nr. 137/2006, S. 14 f.; Moeller/Schlingemann, Journal of Banking & Finance 29 (2005), 533, 549. 120  Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 197. 121  Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 176; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 59 f.; Klemm/Reinhardt, NZG 2010, 1006, 1107. 122  Zur Zulässigkeit von Verteidigungsmaßnahmen Hopt, in: FS Lutter (2000), S. 1361, 1386 ff.; v. Falkenhausen, NZG 2007, 97 ff.; Süßmann, NZG 2011, 1281 ff. 123  Im Fall einer Annahmeempfehlung des Angebots durch die Verwaltung der Zielgesellschaft gegenüber den Anteilseignern liegt eine freundliche Übernahme vor, wohingegen bei einer ablehnenden Haltung der Verwaltung gegenüber dem Angebot des Bieters und einer damit verbundenen Empfehlung zur Nichtannahme, es sich um eine feindliche Übernahme handelt, vgl. dazu eingehend Richter, in: Semler/Volhard, ÜN Hdb., Bd. 2, § 52, Rn. 10 ff. 124  v. Falkenhausen, NZG 2007, 97, 99; Süßmann, NZG 2011, 1281. 125  H. Krause, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 2. Aufl., § 18, Rn. 77. 126  Siehe exemplarisch dafür die Vereinbarung in LG Nürnberg-Fürth 18. 12. 2008 – 1 HK O 4286/08 – AG 2010, 179, 179; ferner die am 03. 04. 2012 geschlossene „Transaktionsvereinbarung“ zwischen TKH Technologie Deutschland/Augusta, vgl. zum Inhalt 6.6 der Angebotsunterlage http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Angebotsunterlage/ tkh_technologie.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Abruf am 01. 02. 2016).

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hat bei öffentlichen Angeboten eine erhebliche Bedeutung.127 Sie dient den Aktionären dabei, über die Folgen der Übernahme einen Überblick zu gewinnen und bildet damit die Grundlage ihrer Verkaufsentscheidung.128 Gerade im Fall einer feindlichen Übernahme gewinnt die Stellungnahme zusätzlich an Relevanz, weil sie das wichtigste Verteidigungsmittel der Zielgesellschaft bildet129, weshalb der Bieter ein nachvollziehbares Interesse an einer das Übernahmeangebot befürwortenden Stellungnahme hat. Im Zeichen einer sachgerechten Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen steht dem Vorstand allerdings eine zustimmende oder ablehnende Haltung offen, und es bleibt ihm sogar überlassen, den Aktionären eine konkrete Handlungsempfehlung zu geben.130 Unter arbeitsrechtlichen Aspekten ist die Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat insofern relevant, als sie gem. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 WpÜG die voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die Beschäftigungsbedingungen beinhaltet. Außerdem können die Arbeitnehmer gem. § 27 Abs. 2 WpÜG eine eigene Stellungnahme derjenigen des Vorstands beifügen, die nach der Gesetzesbegründung bezweckt, die Wertpapierinhaber nicht nur über die Position des Vorstands, sondern auch über die Haltung der Arbeitnehmer aufzuklären.131 Einige Aktionäre werden nämlich ihrer Entscheidung über die Annahme des Angebots auch das weitere Fortkommen der Beschäftigten zugrunde legen.132 Kann zwischen der Zielgesellschaft und dem Investor ein Kompromiss in Bezug auf die Standorte, die Belegschaft und die Beschäftigungsbedingungen erzielt werden oder kann dies in Fällen, in denen der Investor gar keine beschäftigungsrelevanten Maßnahmen beabsichtigt, rechtsverbindlich mittels einer Investorenvereinbarung fixiert werden, steigt dadurch voraussichtlich die Chance auf eine höhere Annahmequote des Angebots, denn die Aktionäre wissen dann um die gesicherte Zukunft der Arbeitnehmer.133 127 

Vgl. BT-Drucks. 14/7034, S. 52; Hirte, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 27, Rn. 13. Hirte, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 27, Rn. 2. Zur Signalwirkung der Stellungnahme nach § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG Danker, Investorenvereinbarungen bei öffentlichen Übernahmen, S. 303, 326. 129  H. Krause, NJW 2002, 705, 711; Hasselbach, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 18, Rn. 71. 130  BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 131  BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 132  Rentsch, Die rechtzeitige Unterrichtung betrieblicher Arbeitnehmervertretungen, S. 168; Neuerburg, Die Rolle des Wirtschaftsausschusses bei einer Unternehmensübernahme vor und nach Einführung des RisikobG, S. 170; Beusch, in: FS Werner (1984), S. 1, 15, bezieht dagegen das Interesse der Aktionäre in erster Linie auf die Aktie und erst in zweiter Linie auf das Schicksal der Aktiengesellschaft. Unter dieser Prämisse werden Aktionäre kaum einmal ihrer Verkaufsentscheidung die Interessen der Belegschaft zugrundelegen. 133 Ähnlich Rentsch, Die rechtzeitige Unterrichtung betrieblicher Arbeitnehmervertretungen, S. 168; auch nach der europäischen Kommission ist die „enge, effektive Einbeziehung der Arbeitnehmer dieser Gesellschaften durch ihre Vertreter […] ein wichtiger Faktor […] für den Erfolg des Angebots“, Kommission, KOM(2002) 534 endg., ABl. 2003 C 45 E/1, 7. 128 

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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In der Praxis haben Bieter wegen der erheblichen Bedeutung einer Stellungnahme nach § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG für den Erfolg des öffentlichen Angebots und der Unsicherheit darüber, ob die Stellungnahme durch den Vorstand positiv ausfällt, versucht, eine positive Stellungnahme zur Bedingung für die Wirksamkeit ihres Angebots zu machen. Darin liegt zwar kein Verstoß gegen das in § 18 Abs. 1 WpÜG kodifizierte Verbot einer Aufnahme subjektiver Bedingungen, deren Bedingungseintritt der Bieter einseitig verhindern könnte, um sich wieder von seinem abgegebenen Angebot zu lösen, denn der Bieter kann die positive Stellungnahme der Zielgesellschaft nicht selbst herbeiführen. Dennoch hat die BaFin dem eine Absage erteilt.134 Sie hält es mit der Konzeption des WpÜG, die Entscheidung über die Annahme eines öffentlichen Angebots den Aktionären zu überlassen, für unvereinbar, dem Vorstand einen so großen Einfluss auf den Erfolg des Angebots zu verschaffen.135 Der Vorstand erhielte durch eine ablehnende Stellungnahme die Möglichkeit zur direkten Abwendung des Angebots, indem er den Bedingungseintritt, nämlich eine positive Stellungnahme, verhindert. Dies widerspricht dem WpÜG, das mit § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG zwar nicht jede Art der Beeinflussung des Angebots durch den Vorstand ausschließt, sondern gerade die Vorstandspflicht zur eigenen, auch negativen Stellungnahme statuiert. Allerdings obliegt bei einer negativen Stellungnahme gem. § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG den Aktionären die Letztentscheidung über die Annahme des Angebots. Damit hat der Vorstand lediglich einen mittelbaren Einfluss auf den Erfolg des Übernahmeangebots, was dem Sinn und Zweck des Verhinderungsverbots in § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG entspricht, den Aktionären die Möglichkeit zu einer freien Entscheidung über die Annahme des Angebots zu geben, wohingegen der Vorstand bei einer Angebotsabgabe unter der Bedingung einer positiven Stellungnahme einen unmittelbaren Einfluss auf den Erfolg hätte.136 Folglich steht die Abgabe einer Angebotsunterlage unter der Bedingung einer unterstützenden Stellungnahme mit der in § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG zum Ausdruck kommenden Konzeption des WpÜG im Widerspruch und ist unwirksam. 134  Strunk/Linke, Erfahrungen mit dem Übernahmerecht aus Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, S. 3, 29. 135  Strunk/Linke, Erfahrungen mit dem Übernahmerecht aus Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, S. 3, 29; zustimmend H. Krause, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, 2. Aufl., § 18, Rn. 80; ablehnend Hasselbach, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 18, Rn. 71; Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, 2003, § 18, Rn. 8; Scholz, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, 3. Aufl., § 18, Rn. 56; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, S. 172; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 18, Rn. 29 f. 136 Ähnlich H. Krause, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 2. Aufl., § 18, Rn. 80; a.A. Geibel/Süßmann, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, 3. Aufl., § 18, Rn. 49; danach differenzierend, dass der Vorstand gem. § 33 Abs. 1 S. 2 a.E. WpÜG gemeinsam mit dem Aufsichtsrat Verteidigungsmaßnahmen ohne Zustimmung der Aktionäre ergreifen darf und zumindest für diesen Fall eine Bedingung der positiven Stellungnahme zulässig sein müsste Hopt, in: FS K. Schmidt (2009), S. 681, 694.

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In diese Lücke stößt eine Investorenvereinbarung.137 Sie ermöglicht es dem Investor, sein Übernahmeangebot auf eine positive Stellungnahme des Vorstands der Zielgesellschaft zu stützen und damit die Transaktionssicherheit zu erhöhen.138 2.  Schutz vor anderen Bietern Zum Kanon einer Investorenvereinbarung zählen neben einer Verpflichtung der Verwaltung zu einer positiven Stellungnahme nach § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG Klauseln zum Schutz vor weiteren Interessenten an der Zielgesellschaft. Während im ersten Fall die Erfolgsaussicht des eigenen Angebots gesteigert werden soll, indem die Annahmequote erhöht wird, sollen im zweiten Fall die Erfolgsaussichten anderer Angebote geschmälert werden. Legitim ist das Interesse eines Investors am Ausschluss konkurrierender Angebote durch Deal Protection Klauseln vor allem wegen der hohen internen und externen Kosten139, die im Zusammenhang mit einem Übernahmeversuch entstehen. Ferner können Trittbrettfahrer140 auftreten, denen sich u. U. die Möglichkeit bietet, ohne eigene Anstrengungen eine attraktive Zielgesellschaft als Übernahmeobjekt ausfindig zu machen oder einem Konkurrenten absichtlich durch ein eigenes Angebot die Übernahme im Bieterwettbewerb zu erschweren.141 Die Belange von Arbeitnehmern werden durch sie indessen nicht berührt. Deshalb sollen sie nicht weiter interessieren. 3.  Prävention gegen Reibungsverluste Ist der Beteiligungsaufbau gesichert und steht der Kontrollerwerb fest, interessiert den Investor ein geregelter Ablauf der Transaktion ohne Reibungsverluste, um 137 

Kiem, AG 2009, 301, 304. weckt eine Empfehlungspflicht des Vorstands (sog. Board Recommendation-Klausel) Bedenken. Jedenfalls die uneingeschränkte Verpflichtung zur positiven Stellungnahme wird für unzulässig gehalten. Die überwiegende Auffassung geht von einem Verstoß gegen das Verbot der Vorwegbindung aus, vgl. Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 176; Rubner, KSzW 2011, 412, 414 f.; Kuhn, Exklusivvereinbarungen bei Unternehmenszusammenschlüssen, S. 230; Seibt/ Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202; Bachmann, Konkurrierende Angebote, S. 191, 214; ders., Vorstandspflichten bei freundlichen Übernahmeangeboten, S. 109, 122; wohl auch Drygala, WM 2004, 1457, 1458/1462; Banerjea, DB 2003, 1489, 1494 f. Von einem Verstoß gegen die „Pflicht zur Fremdinteressenwahrnehmung als Treuhänder der Aktionäre“ geht dagegen aus Fleischer, in: FS Schwark (2009), S. 137, 153; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 558 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 80. 139  Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, 6. Aufl., Kap. 14, Rn. 7. 140  Easterbrook/Fischel, Harvard Law Review 94 (1981), 1161, 1178; Easterbrook/Fischel, Stanford Law Review 35 (1982), 1, 2, 5; Martin, Der konkurrierende Bieter bei öffentlichen Übernahmeangeboten, S. 30 ff.; Schmidt/Prigge, Das Werpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 3 m. Fn. 8, S. 23. 141  Zu den Grenzen eines Schutzes vor konkurrierenden Angeboten Schiessl, in: Liber Amicorum für Winter (2011), S. 569, 572 f. 138  Aktienrechtlich

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den wirtschaftlichen Erfolg der Transaktion zu sichern. Reibungsverluste können insbesondere ein Widerstand der Belegschaft oder ihrer Interessenvertreter hervorrufen. Deshalb verfolgt der Investor in der Regel ähnliche Motive wie mit einer Vereinbarung gegenüber einer Gewerkschaft, wenn er mit der Zielgesellschaft die Modalitäten des Kontrollerwerbs regelt. Mit einer Selbstbindung gegenüber der Zielgesellschaft kann der Investor durch die Vereinbarung von Arbeitnehmerschutzklauseln ein klares Statement an die Belegschaft senden, wodurch potenziell die Schlüsselmitarbeiter an das übernommene Unternehmen gebunden142 und der Betriebsfrieden sichergestellt werden kann und dadurch die Produktivität der Mitarbeiter aufrechterhalten wird. Reibungsverluste drohen aber insbesondere bei den anstehenden Umstrukturierungen, weil der neue wirtschaftliche Eigentümer vielfach Um- oder Restrukturierungsmaßnahmen plant143, sei es, um die Zielgesellschaft auf Rendite zu trimmen und anschließend weiterzuveräußern oder um sie in die eigene Gesellschaft zu integrieren und Synergieeffekte zu heben. Überwirft sich der Investor mit der Belegschaft und den betrieblichen sowie gewerkschaftlichen Interessenvertretern, können sich diese notwendigen Umstrukturierungen in den Weg stellen und sie erheblich verzögern. In mitbestimmten Gesellschaften können die Arbeitnehmer bereits im Aufsichtsrat gegen beabsichtigte Umstrukturierungsmaßnahmen agieren. Die Veränderung betrieblicher Strukturen und die Implementierung einer neuen Unternehmensstrategie lassen sich dort im Vorhinein erschweren. Insofern ist für den Investor die Unterstützung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erstrebenswert.144 Außerdem löst eine Umstrukturierung des Unternehmens, sobald sie eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 S. 3 BetrVG darstellt, Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus, die Strukturmaßnahmen durch eine mangelnde Übereinkunft mit den Belegschaftsvertretern und die anschließende Anrufung der Einigungsstelle verlangsamen. II.  Motive der Zielgesellschaft Von den Gründen aus Sicht der Zielgesellschaft, die für den Abschluss einer Investorenvereinbarung sprechen, werden nur diejenigen behandelt, welche durch Arbeitnehmerinteressen indiziert sind.145 Die Verwaltung, der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft, wahrt gem. § 3 Abs. 3 WpÜG als Sachwalter der Gesellschaftsinteressen neben dem Shareholder- auch das Stakeholderinteresse, wozu insbesondere die Interessen der 142  Die maßgebliche Bedeutung der Mitarbeiterbindung heben hervor WHSS/Seibt/Hohenstatt, 5. Aufl., K Rn. 42. 143  Davies, Preliminary Remarks, S. 131, 135; R. Krause, in: Schlachter/Heinig, EnzEuR Bd. 7, § 7, Rn. 31; ferner McMullen, IJCLLIR 23 (2007), 335, 337 ff. 144  Heß, Investorenvereinbarungen, S. 291. 145  Ausführlich zu den Gründen der Zielgesellschaft Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198 f.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 63 ff.

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1. Teil: Einführung und Grundlagen

Arbeitnehmer und der Gesellschaft insgesamt gehören.146 Demgemäß muss die Verwaltung nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 WpÜG im Rahmen ihrer Stellungnahme auf die voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die Beschäftigungsbedingungen eingehen. Einseitig zugunsten einer Gruppe dürfen der Vorstand und der Aufsichtsrat nicht handeln, auch nicht zugunsten der Arbeitnehmer.147 Vielmehr sind sie im Zeichen einer sachgerechten Wahrnehmung der in der Gesellschaft zusammentreffenden Interessen verpflichtet, die Auswirkungen auf die Belange der betroffenen Gruppen zu prognostizieren, im Zuge einer Relation gegeneinander zu gewichten und im Fall einer unausgewogenen Betroffenheit die divergierenden Interessen im Wege praktischer Konkordanz auszugleichen.148 Stellt die Verwaltung bei einem Übernahmeangebot fest, für eine Gruppe (z. B. die Anteilseigner) liege ein sehr günstiges Angebot vor, aber die damit verbundenen Nachteile für eine andere Gruppe (z. B. die Arbeitnehmer) seien überproportional groß, kann sie die beeinträchtigten Interessen gegebenenfalls durch Begleitmaßnahmen wahren und dadurch nicht nur der eigenen Pflicht zum Ausgleich der Interessen gerecht werden, sondern auch eine ablehnende Stellungnahme gem. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 WpÜG vermeiden.149 Begleitende Maßnahmen, die divergierende Belange ausgleichen, können auf zwei Wegen erreicht werden. Zum einen kann eine interne Regelung getroffen werden, die auch nach der Übernahme gilt und im besten Fall nicht änderbar ist, zum anderen kann eine externe Regelung mit dem Investor getroffen werden, die das Ziel hat, die Übernahmebedingungen zu ändern. Zum Ausgleich von Arbeitnehmerinteressen könnte dies eine interne Regelung zwischen Zielgesellschaft und Gewerkschaft oder Betriebsrat sein.150 In Betracht kommt aber vor allem eine externe Regelung durch eine Übereinkunft der Zielgesellschaft mit dem Investor und künftigen Mehrheitseigner. Durch sie kann die Verwaltung Bedingungen über den Zeitpunkt der Übernahme hinaus fixieren, die eine Ausgewogenheit der Belange verschiedener Stakeholder herstellen. Im Verhältnis zu einer internen Regelung dürfte die Zielgesellschaft den Abschluss einer 146 BT-Drucks. 14/7034, S. 35; der doppelte Adressatenkreis ist Ausdruck des dem WpÜG zugrundeliegenden Stakeholder-Gedankens Seibt, DB 2002, 529; WHSS/Willemsen, 5. Aufl., B Rn. 11. 147  Hirte, in: KK-WpÜG, 2. Aufl., § 27, Rn. 43; Louven, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, 3. Aufl., § 27, Rn. 17; H. Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 2. Aufl., § 27, Rn. 79; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, 3. Aufl., § 27, Rn. 49. 148 BT-Drucks. 14/7034, S. 52; H. Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 2. Aufl., § 27, Rn. 79; gegen eine Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen i. R. d. Abwägung Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1744. 149  Vgl. HWK/Seibt, 7. Aufl., WpÜG, Rn. 17. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zum WpÜG ist darauf hingewiesen worden, dass die Arbeitnehmerinteressen trotz einer fehlenden direkten Beziehung zum Investor gewahrt werden können, indem der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber zur Beschäftigungssicherung verbindliche Vereinbarungen trifft, die auch den Bieter binden, BT-Drucks. 14/7477, S. 51 f. 150  Vgl. HWK/Seibt, 7. Aufl., WpÜG, Rn. 17.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

63

Investorenvereinbarung als externe Regelung vorziehen, denn mit ihr erreicht sie eine Selbstverpflichtung des Investors. III.  Ergebnis Während die primären Gründe des Investors für eine Vereinbarung mit der Zielgesellschaft in der Unterstützung des Angebots durch die Verpflichtung der Zielgesellschaft zu einer „freundlichen“ Stellungnahme nach § 27 Abs. 1 S. 1 WpÜG und dem Schutz vor anderen Bietern (Deal-Protection) liegen151, welche beide auf einen erfolgreichen Beteiligungsaufbau des Investors abzielen, motiviert den Investor nachrangig die Sicherung des wirtschaftlichen Erfolgs der Übernahme oftmals zur Einbindung der Belegschaft, um Reibungsverluste zu senken.152 Die Zielgesellschaft kann bei einem bevorstehenden Kontrollerwerb durch den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Investor die Interessen und Belange der Anteilseigner und sonstiger am Unternehmen interessierter Gruppen ausgleichen. Mit einer Investorenvereinbarung kann die Zielgesellschaft mithin ihre Pflicht zur Berücksichtigung und Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen erfüllen.

D.  Auswirkung besonderer Umstände auf die Abschlussmotivation Neben der allgemeinen Interessenlage der beteiligten Akteure können sich situa­tionsspezifische Gegebenheiten auf den Abschluss einer Investorenvereinbarung auswirken. Die Ausführungen beschränken sich auf die arbeitsrechtliche Perspektive und lassen gesellschaftsrechtliche Implikationen außer Acht. I.  Finanzielles oder strategisches Engagement des Investors Maßgeblichen Einfluss auf den Abschluss einer Investorenvereinbarung hat die Frage, ob dem Engagement des Investors ein finanzielles oder ein strategisches Interesse zugrunde liegt. Finanzinvestoren verfolgen grundlegend andere Ziele als strategische Investoren. Entscheidend dürfte diesbezüglich sein, dass Finanzinvestoren sich regelmäßig kurzfristig, exitorientiert engagieren, strategische Investoren hingegen nach einem Zielobjekt mit einer langfristigen Perspektive suchen.153 Erstgenannte stellen für Arbeitnehmer ein besonderes Risiko dar, weil „Wertschaffung“ nicht die einzige Quelle des Ertrags ihres Geschäftsmodells bildet, ihr Erfolg stattdessen vor allem auf einem „Werttransfer“ beruht. Diesen erreichen sie durch 151  Vgl.

Seibt/Seibt, Formularbuch M&A, 2. Aufl., E. II., Rn. 1. zu sonstigen Motiven des Investors Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 110 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 196 ff.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 63 ff.; Kiem, AG 2009, 301, 302. 153 Vgl. Rupp, Übernahme durch Finanzinvestoren, S. 10. 152  Ausführlich

64

1. Teil: Einführung und Grundlagen

eine Umverteilung von Einkommen bzw. Einkommenschancen, indem mittels erheblichen Drucks auf die Arbeitnehmer Löhne und Gehälter gekürzt sowie Pensionszusagen reduziert werden.154 Aber auch das Engagement eines strategischen Investors kann negative Konsequenzen für Arbeitnehmer haben. Typischerweise schalten diese sich nämlich ins operative Geschäft ein, verändern bestehende Organisationsstrukturen durch Betriebsstillegungen oder Betriebsveräußerungen, entscheiden über Standortverlagerungen und passen die Personaldeckung daran an, um Synergieeffekte zu heben.155 Aus Arbeitnehmerperspektive ist deshalb ein strategisches Investment nicht generell „besser“ als ein finanzielles Investment.156 Diese Ausführungen und die Praxis, aus der keine Vereinbarung zwischen einer Gewerkschaft und einem Finanzinvestor bekannt ist157, legen die Vermutung nahe, dass Investorenvereinbarungen überwiegend mit strategischen Investoren geschlossen werden, die grundsätzlich eine langfristige Investition planen, gerade weil eine Investorenvereinbarung insofern als sichere Basis für die zukünftige Zusammenarbeit dient. Investoren, die ein kurzfristiges Engagement planen und keine langfristige Beteiligung anstreben, bedienen sich wohl nicht einer Investorenvereinbarung, da sie kein zwingendes Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit haben. II.  Öffentlichkeitswirksame Begleitung der Übernahme Primär für den Investor, allerdings auch für die Zielgesellschaft und damit mittelbar für die Arbeitnehmer gewinnt das Image in Übernahmesituationen an Bedeutung. Die Beteiligten scheuen häufig keine Ressentiments, um bewusst die Öffentlichkeit, teils sogar die Politik für die Durchsetzung eigener Ziele zu instrumentalisieren, die allein mit rechtlichen Mitteln nicht erreichbar sind.158 Wegen der rechtlich beschränkten Möglichkeiten zur Abwehr eines Übernahmeangebots gehen i. d. R. der Vorstand der Zielgesellschaft oder die Arbeitnehmer diesen Weg, 154  Schmidt/Spindler, Kap. B, Rn. 57; a.A. Kaserer/Achleitner/v. Einem/Schiereck, Private Equity, S. 192 ff. m. w. N. auch zur Gegenansicht, die als primäre Ertragsquelle des Geschäftsmodells die Wertschöpfung ansehen, in den meisten Fällen jedoch eine Mischung aus Werttransfer und Wertschöpfung annehmen, S. 198. 155  Rupp, Übernahme durch Finanzinvestoren, S. 10. 156  Rupp, Übernahme durch Finanzinvestoren, S. 11. 157  Nach der Finanzkrise 2007 hatte zwar H. Kravis Mitbegründer der KKR Private Equity Gesellschaft Fehler eingeräumt und angekündigt auf Gewerkschaften mit einer neuen Offenheit zuzugehen, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen, daraus resultierende Vereinbarungen mit Gewerkschaften sind jedoch nicht bekannt geworden, vgl. Reuters vom 03. 02. 2009 „Krise zwingt Private-Equity-Pioniere zu neuer Bescheidenheit“, abrufbar unter http://de.reuters.com/article/idDEL369848920090203. 158  In der Übernahmeschlacht mit ACS hat der Vorstand von HOCHTIEF an die Bundesregierung appelliert, die Politik müsse ein Interesse an der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauindustrie haben, vgl. FAZ Nr. 231 vom 05. 10. 2010 „Brüderle will Hochtief gegen ACS nicht helfen“, S. 11 und FAZ Nr. 231 vom 05. 10. 2010 „Bei Hochtief wächst der Widerstand gegen ACS“, S. 15.

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

65

selten hingegen ein Investor, um seinen Beteiligungsaufbau voranzutreiben. Während der Vorstand mitunter Werbekampagnen und Informationsveranstaltungen für die Aufklärung über den Investor nutzt159, bleibt den Arbeitnehmern nur der „Druck der Straße“160 zur Schaffung einer negativen Stimmungslage. Demzufolge haben Arbeitnehmervertreter und Arbeitnehmer nicht börsennotierter Unternehmen im Anschluss an ihr Informationsrecht zwar keine rechtlichen Handlungsoptionen, zumindest können sie jedoch tatsächliche Maßnahmen gegen eine Übernahme ergreifen. Insofern ermöglicht das Informationsrecht des Wirtschaftsausschusses nach § 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG wenigstens diese tatsächliche Handlungsalternative. Ungleich besser ist hier die Lage des Betriebsrats im Anwendungsbereich des WpÜG, weil diesem dort § 27 Abs. 2 WpÜG die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumt, die eine größere öffentliche Breitenwirkung hat und folgerichtig als „wichtiges Instrument der politischen Einflussnahme“161 in Übernahmeauseinandersetzungen bezeichnet wird. Der dadurch ausgeübte Druck darf nicht unterschätzt werden, er kann die Akzeptanz des Investors und seiner Strategie gefährden, die Übernahme gar insgesamt empfindlich stören.162 Eine Investorenvereinbarung kann die Kommunikation einer Übernahme zwischen den an ihr beteiligten Parteien und der Öffentlichkeit regeln. Möglich ist es, dass eine Vereinbarung die Öffentlichkeitsarbeit detailliert und konkret regelt, in den meisten Fällen wird allerdings die von der Vereinbarung an sich ausgehende Öffentlichkeitswirkung ausreichen. Gerade für den hier im Mittelpunkt stehenden Fall einer Vereinbarung zwischen einem Investor und einer Gewerkschaft trifft dies zu, weil der Investor einen Repräsentanten wichtiger Stakeholder gewinnt.163 Die Verteidigung gegen eine feindliche Übernahme wird nämlich wenig Rückhalt in der Bevölkerung finden mit der Begründung, die Mitglieder des Vorstands würden dadurch ihre hoch dotierten Posten verlieren oder das Übernahmeangebot und damit der Profit der Aktionäre sei zu gering. III.  Abschlusszeitpunkt vor oder nach der Übernahme Mit dem Vollzug eines Unternehmenszusammenschlusses, dem Kontrollerwerb oder einer Beteiligung erreichen die Beteiligten einen Wendepunkt im Übernahmeverfahren, nach dem die Parteien, selbst im Fall einer feindlichen Übernahme, für den künftigen Erfolg des Unternehmens konstruktiv zusammenarbeiten müssen. Regelmäßig sichern Investorenvereinbarungen bereits im Vorfeld dieser Transaktionen die reibungslose Durchführung und die Zusammenarbeit nach Abschluss 159 

Dimke/Heiser, NZG 2001, 241. Röder, in: FS Bauer (2010), S. 885, 896. 161 WHSS/Schweibert, 5. Aufl., C Rn. 475a. 162  Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 241/243. Vor allem deshalb ließ sich ACS wohl auf weitreichende Zugeständnisse gegenüber der IG BAU ein, vgl. Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 68 f. 163 Vgl. Seibt, CFL 2011, 213, 221 f. 160 

1. Teil: Einführung und Grundlagen

66

des Übernahmeverfahrens. Allerdings stellt sich die Frage, ob der Abschluss von Investorenvereinbarungen lediglich vor diesem Wendepunkt in Betracht kommt, oder ob es auch danach noch einen sinnvollen Anwendungsbereich gibt. Diesbezüglich scheint es angebracht, zwischen Investorenvereinbarungen zu differenzieren, die vorrangig Berührungspunkte mit dem kollektiven Arbeitsrecht haben und solchen, die insbesondere das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht berühren. Der Abschluss einer Investorenvereinbarung mit einer Gewerkschaft erfüllt sowohl vor als auch nach einer Übernahme einen Zweck. Sind die Abwehrbemühungen erfolglos geblieben und durch den Anteilserwerb Tatsachen geschaffen worden, müssen die Beteiligten nunmehr nach vorne schauen und sich mit den Begebenheiten arrangieren. In einer derartigen Situation führt eine verbindliche Vereinbarung zwischen einem Investor und einer Gewerkschaft die zerstrittenen Lager nach einer Übernahmeauseinandersetzung wieder zusammen. Soweit nicht bereits durch eine Investorenvereinbarung vor einer Übernahme die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gelegt wurde, erscheint es durchaus sinnvoll dies später nachzuholen. Für beide Konstellationen lassen sich Beispiele aus der Praxis anführen. Exemplarisch für eine Investorenvereinbarung vor einem Kontrollerwerb steht die Vereinbarung zwischen ACS und der IG Bau. Für den Abschluss nach einer Übernahme lässt sich die Zukunftsvereinbarung zwischen Schaeffler und der IG Metall benennen. Auffallend ist dabei, dass beide Vereinbarungen trotz des abweichenden Vereinbarungszeitpunkts inhaltlich weitgehend übereinstimmen. Ursächlich dafür ist die Zukunftsorientierung solcher Vereinbarungen. Mit dem Erwerb der Anteile und somit dem Vollzug einer Übernahme erledigt sich ihr Anliegen nicht. Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Investorenvereinbarungen, die vornehmlich dem erfolgreichen Erwerb einer Mindestbeteiligung dienen, haben ihre maßgebliche Bedeutung im Vorfeld von Transaktionen.164 Durch die Verpflichtung der Zielgesellschaft zu einer positiven Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat nach § 27 Abs. 1 WpÜG, durch Abreden zur Deal Protection und zur Begrenzung der Beteiligungshöhe steigern sie die Transaktionssicherheit, worin ihr ureigener Zweck ruht.165 Nach Abschluss eines Übernahmeverfahrens verlieren diese Regelungen ihren Zweck. Regeln sie die Besetzung des Aufsichtsrats und des Vorstands166, könnte darüber zwar noch nach einer Übernahme eine Einigung mittels einer Investorenvereinbarung erzielt werden, jedoch erscheint dies angesichts der 164 

Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, S. 75, 75. Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, S. 75, 77 f.; Kiem, AG 2009, 301, 303 f.; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 110 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 197. 166  Krit. zu Besetzungsvereinbarungen Neumann, Rechtliche Probleme von PIPE-Transaktionen, S. 219 ff.; Weber-Rey/Reps, ZGR 2013, 597, 624 ff.; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 126 ff.; Kiem, AG 2009, 301, 309 f. 165 

§ 2  Motive für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

67

inzwischen eingetretenen Veränderung in der Aktionärsstruktur eher hypothetisch. Insgesamt kann gesellschaftsrechtlichen Investorenvereinbarungen deshalb nur ein begrenzter Anwendungsbereich nach einem Kontrollerwerb attestiert werden.

E.  Ergebnis Die Gründe für den Abschluss von Investorenvereinbarungen können auf eine allgemeine Interessenlage und auf übernahmespezifische Umstände des Anteilserwerbs zurückgeführt werden. Allgemein sollen Investorenvereinbarungen die Transaktionssicherheit und die wirtschaftliche Rentabilitätsaussicht steigern, denn ein potenzieller Investor beabsichtigt, die Erfolgschance seines Angebots vor einem Anteilserwerb auszuloten, um im Vorhinein vergebliche Aufwendungen zu vermeiden. Wegen der kosten- und zeitintensiven Vorbereitung eines Erwerbs ist ein Investor häufig auf den wirtschaftlichen Erfolg der Übernahme angewiesen, ohne den er die entstanden Kosten nicht amortisieren kann. Unter diesem Vorzeichen stehen auch Vereinbarungen zwischen Investor und Gewerkschaft, die eine schnelle Rückkehr zum operativen Tagesgeschäft und die Vermeidung eines betrieblichen Stillstands gewährleisten sollen. Oftmals dienen sie einer nachfolgenden Integration der Zielgesellschaft in einen Unternehmensverbund. Die Beschäftigten der Zielgesellschaft und ihre Interessenvertretungen mit einer Investorenvereinbarung zur (vorübergehenden) Absenkung der Arbeitsbedingungen zu bewegen, bildet anders als in Standortsicherungstarifverträgen167 nicht den maßgeblichen Beweggrund für den Abschluss einer Investorenvereinbarung. Es mag aber ein nachgeordneter Grund sein, wenn es darum geht, konzerneinheitliche Arbeitsbedingungen herzustellen. Andere Gründe bewegen die Verwaltung der Zielgesellschaft. Für sie ist eine Investorenvereinbarung ein Instrument zur Wahrung der Shareholder- und Stake­ holderinteressen, mit dem sie ihrer Verantwortung für das Unternehmen, die Kapitaleigner und die Arbeitnehmer nachkommt. Die Ambivalenz der Interessenlage im Hinblick auf den Anteilserwerb kongruiert mit der Anzahl der Gründe, die den Vorstand zum Abschluss solcher Vereinbarungen veranlassen. In erster Linie mildern sie einseitige Belastungen einer Gruppe ab. Arbeitnehmer und ihre Vertretungen veranlasst insbesondere die geringe Berücksichtigung ihrer Belange in Übernahmesituationen dazu, Investorenvereinbarungen abzuschließen. Abgesehen von Informationsrechten, die de lege lata einen geringen Schutz bieten, bleiben Arbeitnehmerbelange bei Anteilsveräußerungen bislang weitgehend unberücksichtigt. Der Arbeitsplatz ist jedoch die Existenzgrundlage des Arbeitnehmers und faktisch sehr viel enger mit der Gesellschafterebene verwoben, als es das „Trennungsprinzip“ nahelegt. Wenigstens in der Übergangsphase garantiert eine Investorenvereinbarung den Arbeitnehmern den Bestand des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen, schafft Planungssicherheit und ermöglicht den Arbeitnehmern, gelassener einem Gesellschafterwechsel entgegenzusehen. 167 Däubler/Heuschmid/Klein,

TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 888.

1. Teil: Einführung und Grundlagen

68

§ 3  Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung Im Anschluss an die Gründe für den Abschluss von Investorenvereinbarungen gilt es, die typischen Regelungsgegenstände solcher Verträge herauszuarbeiten. Dem Anliegen der Untersuchung entsprechend stehen Vereinbarungen zwischen einer Gewerkschaft und einem Investor im Vordergrund. Dennoch werden auch die möglichen Regelungsinhalte einer Vereinbarung zwischen Zielgesellschaft und Investor dargelegt, soweit sie die Belange der Arbeitnehmer berühren.

A.  Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft Regelungsinhalte, die in der Praxis bereits Gegenstand einer Investorenvereinbarung zwischen einem Investor und einer Gewerkschaft waren, lassen sich den Vereinbarungen zwischen ACS und IG BAU1 sowie Schaeffler und IG Metall2 entnehmen. Im Kern unterscheiden sich beide Regelungen nur geringfügig, im Detail bestehen allerdings Abweichungen und/oder Ergänzungen, die vor allem die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen, was im Fall Schaeffler insbesondere auf der Rechtsform der Kommanditgesellschaft beruhte. I.  Inhalte der Vereinbarung ACS und IG BAU Kernanliegen der Vereinbarung der IG BAU mit ACS waren arbeitsverhältnisbezogene Regelungsgegenstände, wozu insbesondere die Bestandssicherung von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen zählte. Betriebsbedingte Kündigungen sollten nach der Zusage von ACS nicht angestrebt werden. Im Gegenteil, ACS versprach, nicht auf eine Verminderung der gegenwärtigen Beschäftigungsverhältnisse hinzuwirken. Vielmehr sagte ACS sogar zu, die Verwaltung von HOCHTIEF (Zielgesellschaft) bei der Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen aktiv zu unterstützen.3 Außerdem sicherte ACS der IG BAU den Fortbestand tariflicher und betrieblicher Kollektivverträge zu, mithin wird insgesamt eine Änderung der Arbeitsbedingungen untersagt.4 Daneben programmierte die Vereinbarung unternehmerische Entscheidungen vor, indem ACS die Einflussnahme auf operative Entscheidungen vertraglich untersagt wurde. Die Unternehmensleitung sollte weiterhin in der Eigenverantwortung des Vorstands von HOCHTIEF liegen.5 Teil der Vereinbarung war auch eine Standortzusage, wonach der Verbleib der Hauptverwaltung von HOCHTIEF in Essen garantiert wurde.6 1 

Siehe Vereinbarung ACS/IG BAU im Anhang (Appendix I). Siehe Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall im Anhang (Appendix II). 3  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 5). 4  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 4). 5  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 3). 2 

§ 3  Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

69

Ferner betraf die Vereinbarung organisationsrechtliche Fragen. Zunächst garantierte ACS die Eigenständigkeit von HOCHTIEF und schloss darüber hinaus eine Umwandlung der Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft europäischen Rechts (z. B. SE) aus.7 ACS versprach überdies, am Status quo der unternehmerischen und betrieblichen Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer keine Änderungen vorzunehmen.8 Zu den organisationsrechtlichen Versprechen rechnen außerdem die Zusagen, keinen Beherrschungsvertrag abzuschließen9 und die Arbeitsdirektoren der mitbestimmten Gesellschaften des Konzerns zukünftig „nur im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern in den jeweiligen Aufsichtsräten“ vorzuschlagen10. 6

Mediale Aufmerksamkeit rief insbesondere die Regelung von ACS mit der IG BAU hervor, nach der die IG BAU „alleiniger Sozialpartner im HOCHTIEF-Konzern für Deutschland und alle Arbeitsverhältnisse nach deutschem Recht“ bleiben sollte. Die Gegner der Abmachung kritisierten diesen Passus scharf und warfen ihm zum Teil einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG vor.11 II.  Inhalte der Vereinbarung Schaeffler und IG Metall Über ganz ähnliche Regelungsgegenstände erzielte die IG Metall mit den Gesellschaftern der Schaeffler-Gruppe eine Übereinkunft. So schloss Schaeffler betriebsbedingte Kündigungen für die Mitarbeiter von Continental (Zielgesellschaft) im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten aus und verpflichtete sich, alles dafür zu tun, dieses Ziel zu erreichen.12 Arbeitsverhältnisbezogene Versprechen stellten ferner das Anerkenntnis der bestehenden Tarifverträge und deren Geltung bei eventuellen Umstrukturierungen oder Betriebsübergängen dar.13 6 

Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 2). Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 1). 8  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 4). 9  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 3). 10  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 9). Der Arbeitsdirektor, teils auch Personaldirektor, ist gleichberechtigtes Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens berufenen Organs (§ 33 MitbestG, § 13 Montan-MitbestG), für die personellen und sozialen Angelegenheiten der Belegschaft zuständig und genießt nach Möglichkeit deshalb das besondere Vertrauen der Arbeitnehmer. Dadurch hat er eine Mittlerrolle zwischen dem Vertretungsorgan und der Belegschaft bzw. den Betriebsräten inne (Preis, Kollektivarbeitsrecht, 3. Aufl., S. 874). Nach § 13 Abs. 1 S. 2, 3 Montan-MitbestG haben die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bei der Bestellung und der Abberufung des Arbeitsdirektors ein Vetorecht, wonach der Arbeitsdirektor nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter bestellt oder abberufen werden kann. 11  FAZ Nr. 304 vom 30. 12. 2010 „Hochtief-Betriebsrat und Gewerkschaft überwerfen sich im Übernahmekampf“, S. 9; dazu Seibt, CFL 2011, 213, 222. 12  Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 c). 13  Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 c). 7 

1. Teil: Einführung und Grundlagen

70

Unternehmerische Entscheidungen waren insofern Gegenstand der Vereinbarung, als Schaeffler der IG Metall versprach, die bisherige unternehmerische Haltung, insbesondere mit Blick auf die Verwendung von Unternehmensgewinnen und deren Reinvestition in Forschung und Entwicklung sowie in Arbeits- und Ausbildungsplätze, fortzusetzen.14 Neben der Investitionszusage von Schaeffler ist die Abrede hervorzuheben, wonach über den Verkauf von Unternehmenssparten „in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmerseite“ entschieden werde.15 Organisationsrechtliche Fragen klammerte die Vereinbarung zwischen der IG Metall und Schaeffler weitgehend aus. Allerdings wurde zugesichert, für die Schaeffler-Gruppe die unternehmerische Mitbestimmung vergleichbar bei einer Aktiengesellschaft einzuführen.16 Letztlich sollte dadurch für den Fall einer beherrschenden Stellung von Schaeffler und einer Abhängigkeit von Continental die unternehmerische Mitbestimmung bei Entscheidungen für den Unternehmensverbund sichergestellt werden. Während die meisten Regelungsgegenstände somit Pflichten des Investors statuieren, begründete die Investorenvereinbarung durch eine Public-Relations-Klausel die Pflicht der IG Metall, sich aktiv und öffentlich für das Engagement des Investors an der Zielgesellschaft einzusetzen.17 III.  Potenzielle Regelungsgegenstände Bisher nicht Inhalt einer Investorenvereinbarung zwischen Gewerkschaft und Investor geworden, aber denkbar sind Abreden, die sich mit der Lösung von entstehenden Konflikten aufgrund der Abmachung befassen. Bei internationalen Konzernen ist dabei zunächst an eine Verschwiegenheitserklärung zu denken, die allerdings die gesetzlichen Publizitätspflichten wahren muss. Entsteht ein Streit über den Inhalt, sollte bereits die Vereinbarung selbst ein Schlichtungsverfahren vorsehen oder weitergehend eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten, womöglich auch das dort anzuwendende Recht bestimmen. Ein probates Mittel für die Beilegung eines eventuell entstehenden Streits könnte daher die Installation eines neutralen Garanten sein, der das Vertrauen beider Vertragsparteien genießt und mit seinem Namen für die Einhaltung der Abmachung einsteht, wie es bei der Investorenvereinbarung zwischen Schaeffler und Continental durch die Einsetzung von Altbundeskanzler Gerhard Schröder als Garanten geschehen ist. In Betracht kommen aber auch Vertragsstrafen, die Sanktionen für den Fall eines Verstoßes gegen die Abmachung vorsehen und durch ihre abschreckende Wirkung die Einhaltung fördern. 14 

Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 2). betraf eine potenzielle Veräußerung der Rubber-Gruppe der Continental AG, vgl. Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 1). 16  Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 a). 17  So die Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 f). 15 Das

§ 3  Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

71

Da eine Veränderung in der Gesellschafterstruktur häufig eine Umstrukturierung bzw. Sanierung auslöst, können durchaus auch Vereinbarungen zu einer Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern, zumindest mit der Pflicht, darauf hinzuwirken, auf den Plan treten.18 Gewerkschaften sind mit einer Absenkung tariflicher Leistungen bekanntlich oftmals nur einverstanden, wenn sie im Gegenzug gegenüber ihren Mitgliedern erklären können, dass für Gewerkschaftsmitglieder die Einsparungen geringer ausfallen als für die Außenseiter.19 In der Gewerkschaftspraxis reicht das Repertoire solcher Vereinbarungen von Einmalzahlungen bis hin zu einem befristeten Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.20

B.  Vereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft Anhand der übernahmebegleitenden Vereinbarungen von Continental mit ­Schaeffler21 und Demag Cranes mit Terex22 sollen arbeitnehmerrelevante Aspekte einer Vereinbarung zwischen einer Zielgesellschaft und einem Investor exemplifiziert werden. I.  Inhalte der Vereinbarung Continental und Schaeffler Zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer gewährleistete Schaeffler in erster Linie den Fortbestand der geltenden Arbeitsbedingungen, die in Kollektivverträgen geregelt waren. Eine Änderung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ohne Zustimmung des Vorstands von Continental werde man nicht betreiben oder unterstützen. Außerdem garantierte Schaeffler die Aufrechterhaltung des bestehenden unternehmerischen und betrieblichen Mitbestimmungsniveaus, womit 18  Restrukturierungstypische Besserstellungen von Gewerkschaftsmitgliedern können in Sonder- oder Abfindungszahlungen, einem erhöhten Transferkurzarbeitergeld oder einem Sonderkündigungsschutz liegen. Zur Zulässigkeit Lelley/Becker, BB 2015, 1397, 1398 ff. 19  Kamanabrou, Anm. zu BAG 18. 03. 2009 – 4 AZR 64/08 – AP TVG § 3 Nr. 41 (unter III 2); Neumann, Tarifboni für Gewerkschaftsmitglieder, S. 22. 20  Leydecker, AuR 2009, 338. 338 f.; Däubler, RdA 2013, 1, 4; krit. zum Privileg eines verbesserten Bestandsschutzes von Gewerkschaftsmitgliedern gegenüber Außenseitern Gamillscheg, NZA 2005, 146, 150; Franzen, RdA 2006, 1, 5; Boss, BB 2009, 1238, 1240 ff. 21 Pressemitteilung der Continental vom 21.  08. 2008 „Continental schließt weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler“, abrufbar unter: http://www.continental-corporation.com/www/portal_com_de/themen/continental/archiv/hidden/uebernahme/ pr_2008_08_21_ar_de.html (Abruf am 27. 01. 2016). 22  Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes AG und Terex Industrial Holding AG und Terex Corporation vom 16. 06. 2011 (Appendix III); eine unverbindliche Übersetzung des BCA enthält die „Gemeinsame Ergänzende Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Demag Cranes AG“ nach § 27 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 S. 1 WpÜG als Anlage 4, abrufbar unter: http://www.demagcranes.de/files/ content/sites/global/files/PDF/IR/Uebernahmeangebot/Gemeinsame_Ergnzende_Stellungnahme.pdf (Abruf am 05. 11. 2015).

1. Teil: Einführung und Grundlagen

72

insbesondere die Abschaffung der paritätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer verhindert werden sollte. II.  Inhalte der Vereinbarung Demag Cranes und Terex Mit Blick auf die Belange der Arbeitnehmer lassen sich die Regelungsgegenstände in der Übereinkunft von Demag Cranes (Zielgesellschaft) mit Terex nach arbeitsverhältnisbezogenen, unternehmenspolitischen und organisationsrechtlichen Regelungen systematisieren. Beginnend mit den arbeitsverhältnisbezogenen Klauseln hat Terex im Business Combination Agreement Demag Cranes zugesagt, die Rechte der Mitarbeiter, Betriebsräte und Gewerkschaften zu respektieren.23 Dazu zählten die Vertragsparteien insbesondere die Akzeptanz der bestehenden Arbeitnehmerrechte in Kollektivverträgen, weshalb Terex nicht durch eine Einflussnahme auf Demag Cranes die Änderung oder Kündigung bestehender Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge veranlassen durfte.24 Des Weiteren untersagte die Vereinbarung Terex eine Änderung der Tarifzuständigkeit auf Arbeitgeberseite zu bewirken.25 Nebulös schloss Terex zuletzt betriebsbedingte Kündigungen „as a direct result of the Transaction“ aus und verpflichtete sich insoweit, die übernommene Gesellschaft nicht zu einem Personalabbau zu veranlassen.26 Unternehmenspolitische Fragen betrafen die Verpflichtung von Terex, den Sitz von Demag Cranes in Düsseldorf zu belassen 27, und die Garantie mehrerer Produktionsstandorte28, die weder geschlossen noch verlagert werden sollten. Außerdem versprach Terex, eine Einmischung ins operative Geschäft und eine Umverteilung der Aufgabenbereiche zu unterlassen 29. Von der Vereinbarung werden organisationsrechtliche Regelungen weitgehend ausgespart. Allein das unternehmerische Mitbestimmungsniveau friert die Vereinbarung ein und sichert der Belegschaft den aktuellen Umfang der Unternehmensmitbestimmung, indem Terex Handlungen untersagt waren, die auf eine Änderung abzielten.30

23 

Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 4.1 b). Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 4.1 a). 25  Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 4.1 c). 26  Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 4.2). 27  Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 2.1). 28  Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 3.1). 29  Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 3.1). 30  Vereinbarung Demag Cranes/Terex (unter Sec. 4.1 d). 24 

2. Teil

Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft 2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

§ 4  Exklusive gewerkschaftliche oder konkurrierende betriebliche Abschlusszuständigkeit § 4  Exklusive Abschlusszuständigkeit

Bislang haben mit IG BAU und IG Metall in der Praxis – soweit ersichtlich – ausschließlich Gewerkschaften Vereinbarungen zur Sicherung von Arbeitnehmerinteressen im Fall eines Kontrollerwerbs durch einen Investor geschlossen. Vereinbarungen aus der Praxis zwischen einem Betriebsrat und einem Investor zur Sicherung der Arbeitnehmerinteressen sind nicht bekannt geworden. Dieser Befund überrascht, zumal das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz den Betriebsrat in den §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2, 27 Abs. 2 WpÜG als legitimen Vertreter der Belegschaftsinteressen adressiert. Ferner erstaunt der praktische Befund, weil der Betriebsrat als Repräsentant1 der Belegschaft für die Interessen sämtlicher Arbeitnehmer des Betriebs mandatiert wird, wohingegen eine Gewerkschaft lediglich ein Mandat ihrer Mitglieder innehat und dementsprechend grundsätzlich lediglich die Mitgliederinteressen wahrnimmt. Für die Wahrung und Förderung der Interessen und Belange der „gesamten“ Belegschaft tritt eine Gewerkschaft grundsätzlich nicht ein 2. Daher sieht man sich mit der Frage konfrontiert, weshalb nicht der Betriebsrat eine Vereinbarung mit einem Investor im Zuge einer Übernahme schließt. Dieser Frage geht dieser Teil nach und untersucht, ob eine konkurrierende Zuständigkeit von Gewerkschaft und Betriebsrat besteht oder ob einer Gewerkschaft insofern eine exklusive Abschlusszuständigkeit zukommt. 1 Richardi/Richardi, BetrVG, 15. Aufl., Einl., Rn. 101; GK/Franzen, BetrVG, 10. Aufl., § 1, Rn. 65; Bergwitz, Die Rechtsstellung des Betriebsrats, S. 457; Hueck/Nipperdey, Bd. II/2, 7. Aufl., S. 1091; Kreutz, Grenzen der Betriebsautonomie, S. 36; Veit, Die funktionelle Zuständigkeit des Betriebsrats, S. 129 f.; Konzen, ZfA 1985, 469, 486. Für eine Rechtsstellung sui generis Jawad, Die rechtliche Stellung und die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats, S. 99. 2  An der Beschränkung des Regelungsauftrags der Gewerkschaften auf Mitgliedsinteressen bestehen Zweifel, vgl. BAG 18. 03. 2009 – 4 AZR 64/08 – AP TVG § 3 Nr. 41 (unter Rn. 63 ff.). Demgegenüber krit. J. Schubert, ZTR 2011, 579, 581; Ulber/Strauß, Anm. zu BAG 23. 03. 2011 – 4 AZR 366/09, in: EzA Art. 9 GG Nr. 104 (unter III 2). Die DGB-Gewerkschaften selbst sehen sich jedenfalls nicht ausschließlich als Vertreter der Mitgliedsinteressen. Ihrem Selbstverständnis nach sind sie gesellschaftlicher Integrationsmotor und nehmen einen übergreifenden Gestaltungsauftrag wahr, vgl. das Grundsatzprogramm des DGB von 1996, S. 2.

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Zunächst soll daher die Fähigkeit des Betriebsrats zum Abschluss einer Investorenvereinbarung untersucht werden. Die Abschlussfähigkeit des Betriebsrats für einen Vertrag mit einem Investor bemisst sich nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, wobei im Verhältnis zum Investor die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Vordergrund steht. Sollte es dem Betriebsrat im Verhältnis zum Investor daran fehlen, ist der Betriebsrat nicht imstande, Träger von Rechten und Pflichten zu sein und kann demgemäß keine Vereinbarung mit einem Investor abschließen. Anschließend behandelt die Untersuchung die Regelungsfähigkeit und Kompetenz einer Gewerkschaft zum Abschluss einer Investorenvereinbarung, mit der über die Mitgliederinteressen hinaus mit Blick auf unternehmenspolitische und organisationsrechtliche Vereinbarungsgegenstände zumindest mittelbar die Interessen sämtlicher Arbeitnehmer des Betriebs geregelt werden.

A.  Abschlussfähigkeit des Betriebsrats I.  Rechtsfähigkeit des Betriebsrats Der Betriebsrat müsste, um einen Vertrag wie eine Investorenvereinbarung abschließen zu können, die ihn als Rechtssubjekt berechtigt und verpflichtet, rechtsfähig sein. Das sind grundsätzlich nur natürliche oder juristische Personen. Der Betriebsrat ist weder eine natürliche noch eine juristische Person.3 Eine vermittelnde Position, nach der es Rechtsubjekte mit einer relativen Rechtsfähigkeit gegenüber bestimmten anderen Rechtssubjekten beschränkt auf bestimmte Geschäfte gibt, existierte nach der herkömmlichen Auffassung nicht. Stattdessen bestand nur die Alternative einer vollständigen oder keiner Rechtsfähigkeit.4 Folgerichtig sprachen das Schrifttum und die Rechtsprechung früher dem Betriebsrat generell die Rechts- und Vermögensfähigkeit ab.5 Nachdem man aber den Betriebsrat als Zuordnungssubjekt der Mitbestimmungsrechte im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes erkannt und ihn zum Repräsentanten der Belegschaft erklärt hatte, war der Weg für seine (Teil-)Rechts-

3 Richardi/Richardi,

BetrVG, 15. Aufl., Einl., Rn. 108. Krit. zu diesem Dualismus Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 61; P ­ awlowski, Allgemeiner Teil des BGB, 7. Aufl., Rn. 109, 111; Triebel, Die Haftung des Betriebsrats und der Durchgriff auf seine Mitglieder, S. 39 f. 5 BAG 09. 09. 1975 – 1 ABR 21/74 – AP ArbGG 1953 § 83 Nr. 6 (unter II 2); BAG 21. 11. 1978 – 6 ABR 10/77 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 35 (unter III 5); BAG 24. 04. 1986 – 6 AZR 607/83 – AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 7 (unter II 2 a); BAG 24. 10. 2001 – 7 ABR 20/00 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 71 (unter B II 1); BGA 29. 09. 2004 – 1 ABR 30/03 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 81 (unter B I 1); BGH 25. 10. 2012 –III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 11); Galperin/Löwisch, BetrVG, Bd. I, 6. Aufl., Vor § 1, Rn. 36; Erdmann/Jürging/Kammann, BetrVG, § 1, Rn. 9; Hueck/Nipperdey, Bd. II/2, 7. Aufl., S. 1106; Nolting, Die Haftung des Betriebsrats gegenüber Arbeitnehmern unter besonderer Berücksichtigung von personellen Einzelmaßnahmen, S. 77. 4 

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fähigkeit geebnet.6 Anfangs konnte die Rechtsprechung die Frage nach der (Teil-) Rechtsfähigkeit zwar noch offen lassen7, später anerkannte das BAG diese jedoch, soweit der Betriebsrat innerhalb seines vom Betriebsverfassungsgesetz zugewiesenen Wirkungskreises handelte8. 1.  Keine Außenrechtsfähigkeit Ging das BAG nunmehr von der (Teil-)Rechtsfähigkeit des Betriebsrats aus, war der gemeinsame Nenner dieser Entscheidungen, dass das BAG die (Teil-)Rechtsfähigkeit nur im Verhältnis zum Arbeitgeber annahm. So machte beispielsweise in der Entscheidung vom 24. 10. 20019 die Antragstellerin, die den Betriebsrat in mehreren Beschlussverfahren vertreten hatte, den vom Betriebsrat an die Antragstellerin abgetretenen Freistellungsanspruch nach § 40 Abs. 1 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber geltend. Der Sache nach ging es um die Frage, ob ein Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber besteht und demnach um das Rechtsverhältnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Erst als letzterer die Freistellung der Betriebsratsmitglieder verweigerte, trat der Betriebsrat nämlich den Freistellungsanspruch an die Antragstellerin ab, damit diese nicht zunächst den Betriebsrat in Anspruch nehmen, im Wege der Zwangsvollstreckung den Freistellungsanspruch pfänden und daraufhin den Arbeitgeber auf Zahlung verklagen musste. Die Entscheidung des BAG vom 23. 08. 200610 betraf ebenso das Betriebsinternum. Im zugrundeliegenden Sachverhalt klagte der Konzernbetriebsrat u. a. gegenüber dem Arbeitgeber die Freistellung von Forderungen gem. §§ 59 Abs. 1, 40 Abs. 1 BetrVG ein, die anlässlich der Konstituierung des Konzernbetriebsrats durch die Anmietung von Tagungsräumen entstanden sind. Dem wurde vor dem LAG stattgegeben, weshalb der Arbeitgeber anschließend die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung beantragte. Im Ergebnis ließ das BAG zwar die Entscheidung wegen mangelnder Tatsachenfeststellungen offen und verwies die Angelegenheit zurück, jedoch erklärte es den Konzernbetriebsrat im Verhältnis zum herrschenden Unternehmen für partiell rechts- und vermögensfähig, damit die Sache entscheidungsreif war.11 Während die (Teil-)Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im betrieblichen Innenverhältnis somit feststand, blieb einstweilen ungeklärt, ob 6 

Veit, Die funktionelle Zuständigkeit des Betriebsrats, S. 126 – 130, passim. 24. 04. 1986 – 6 AZR 607/83 – AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 7 (unter II 2 a). 8  BAG 13. 05. 1998 – 7 ABR 65/96 – AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 55 (unter B I); BAG 24. 10. 2001 – 7 ABR 20/00 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 71 (unter B II 1); BGA 29. 09. 2004 – 1 ABR 30/03 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 81 (unter B I 1); BAG 23. 08. 2006 – 7 ABR 51/05 – AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 12 (unter Rn. 50). 9  BAG 24. 10. 2001 – 7 ABR 20/00 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 71. 10  BAG 23. 08. 2006 – 7 ABR 51/05 – AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 12. 11  BAG 23. 08. 2006 – 7 ABR 51/05 – AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 12 (unter Rn. 50). 7  BAG

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der Betriebsrat auch im Verhältnis zu betriebsfremden Dritten rechts- und vermögensfähig sein kann. Bei der Annahme einer (Teil-)Rechtsfähigkeit des Betriebsrats ausschließlich im betriebsinternen Innenverhältnis wollen viele stehen bleiben.12 Das Betriebsverfassungsgesetz regele schließlich die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, was die (Teil-)Rechtsfähigkeit auf das betriebliche Binnenverhältnis beschränke.13 Die nach dem Enumerationsprinzip abschließend verteilten Kompetenzen der Betriebspartner14 sehen keine ausdrückliche Ermächtigung des Betriebsrats zum Abschluss von Verträgen mit betriebsfremden Dritten vor. Daran änderten auch die §§ 40 Abs. 1, 80 Abs. 3, 111 S. 2 BetrVG nichts. Namentlich § 40 Abs. 1 BetrVG statuiere allein eine Kostenübernahmepflicht des Arbeitgebers, was das einzelne Betriebsratsmitglied zu einem Individualanspruch gegen den Arbeitgeber berechtige, aber nicht den Betriebsrat zum Abschluss von Verträgen mit betriebsfremden Dritten ermächtige.15 Mithin bestehe nur eine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsund Handlungsfähigkeit, die keine Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats begründe. 2.  Beschränkte Außenrechtsfähigkeit Am 25. 10. 201216 lag dem BGH ein Sachverhalt zur Entscheidung vor, in dem die den Betriebsrat beratende Gesellschaft das Angebot auf Abtretung des Freistellungsanspruchs gegen den Arbeitgeber abgelehnt hatte und stattdessen vom Betriebsrat die Begleichung der entstandenen Kosten forderte. Weil die streitige Forderung aus einem Dienstvertrag resultierte, war der BGH zuständig17, der die Teilrechtsfähigkeit des Betriebsrats gegenüber betriebsfremden Dritten anerkannte, wenn der Betriebsrat innerhalb des ihm vom Betriebsverfassungsgesetz übertragenen Aufgabenkreises handelt und ihm gegenüber dem Arbeitgeber ein Freistellungsanspruch gem. § 40 Abs. 1 BetrVG im Einzelfall zusteht.18 12  Franzen, in: FS v. Hoyningen-Huene (2014), S. 87, 97; Rose, in: Hess/Schlochauer/ Worzalla/Glock/Nicolai/Rose, BetrVG, 9. Aufl., Einl., Rn. 103; GK/Franzen, BetrVG, 10. Aufl., § 1, Rn. 73; GK/Weber, BetrVG, 10. Aufl., § 40, Rn. 19; MüArbR/v. Hoyningen-Huene, 3. Aufl., § 212, Rn. 14; v. Hoyningen-Huene, in: GS Blomeyer (2003), S. 141, 150; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. II, S. 576; Gamillscheg, in: FS Otto (2008), S. 93, 96; Jawad, Die rechtliche Stellung und die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats, S. 174 ff.; HWK/Reichold, 7. Aufl., § 40 BetrVG, Rn. 3. 13 MüArbR/v. Hoyningen-Huene, 3. Aufl., § 212, Rn. 14; v. Hoyningen-Huene, in: GS Blomeyer (2003), S. 141, 147. 14  So jedenfalls Picker, NZA 2002, 761, 769; ähnlich Veit, Die funktionelle Zuständigkeit des Betriebsrats, S. 205. 15  Franzen, in: FS v. Hoyningen-Huene (2014), S. 87, 92, 97; Richardi/Thüsing, BetrVG, 15. Aufl., § 40, Rn. 43; ablehnend Kempter, in: FS Buchner (2009), S. 423, 425. 16  BGH 25. 10. 2012 –III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110. 17  Walker, in: FS v. Hoyningen-Huene (2014), S. 535, 536; Schwarze, JA 2013, 467, 470. 18  BGH 25. 10. 2012 –III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 24 – 26). Der BGH lehnt sich dabei ausdrücklich (Rn. 14) an die Rechtsprechung des BVerwG’s

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Das ganz überwiegende Schrifttum schließt sich, soweit es nicht bereits vor der Gerichtsentscheidung von der Außenrechtsfähigkeit ausging, der Position des Bundesgerichtshofs an.19 Begründet wird die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Außenverhältnis maßgeblich mit dem Freistellungsanspruch nach § 40 Abs. 1 BetrVG, der geradezu eine Verbindlichkeit des Betriebsrats im Außenverhältnis voraussetzt. Denn eine eigene Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber Dritten ist die notwendige Grundlage eines Anspruchs auf Befreiung gegen den Arbeitgeber.20 Ist demgemäß grundsätzlich die Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats anerkannt, stellt sich anschließend nachdrücklich die Frage nach der Grenze der Teilrechtsfähigkeit des Betriebsrats im Verhältnis zu Dritten. Bereits die Stellung des Betriebsrats in der Betriebsorganisation impliziert eine Beschränkung der Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Außenverhältnis. Unstreitig ist der Betriebsrat nicht voll rechtsfähig wie eine natürliche oder juristische Person. Der gesetzlich zugewiesene Wirkungskreis schränkt den Betriebsrat als Außenschranke in seiner (Teil-)Rechtsfähigkeit gegenüber Dritten ein.21 Allerdings ist streitig, ob neben der funktionellen Zuständigkeit eine weitere Schranke der Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats Grenzen setzt. a)  Vermögensfähigkeit als Schranke Einige äußern allerdings Bedenken dagegen, die (Teil-)Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Verhältnis zu Dritten ausschließlich durch den gesetzlich zugewiesenen Wirkungskreis als Außenschranke zu begrenzen, weil der Betriebsrat zumindest im Hinblick auf den Abschluss von Verträgen mit Dritten, die vermögensrechtliche Ansprüche begründen, ausschließlich dann rechtsfähig sei, wenn

an, das bereits seit langem die beschränkte Außenrechtsfähigkeit des Personalrats anerkennt, vgl. BVerwG 09. 03. 1992 – 6 P 11.90 – AP BPersVG § 40 Nr. 11 (unter 1 b); BVerwG 29. 04. 2011 – 6 PB 21/10 – NZA-RR 2011, 446 (unter Rn. 10). 19  Walker, in: FS v. Hoyningen-Huene (2014), S. 535, 537; Preis/Ulber, JZ 2013, 579, 580; aus dem früheren Schrifttum Belling, Die Haftung des Betriebsrats und seiner Mitglieder für Pflichtverletzungen, S. 222 f.; Dütz/Säcker, DB 1972, Beil. Nr. 17/72 zu Heft 41, 1, 7; Rosset, Rechtssubjektivität des Betriebsrats und Haftung seiner Mitglieder, S. 41 f.; wohl auch HaKo-BetrVG/Kloppenburg, 4. Aufl., § 1, Rn. 146; Oetker, NZA 2002, 465, 471 f.; Haas, Anwaltliches Mandatsverhältnis zum Betriebsrat, S. 17 ff. 20  BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 16); nicht im Ergebnis aber hinsichtlich der Begründung abl. Uffmann, Anm. 2 zu BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter II 1), die dem BGH einen Zirkelschluss vorwirft. Nach der Terminologie des BGH ist die Existenz eines Freistellungsanspruchs nur sinnvoll, wenn der Betriebsrat Verbindlichkeiten zu Dritten eingehen kann. Andererseits ist der Betriebsrat nur außenrechtsfähig, soweit ihm ein Freistellungsanspruch zusteht. Zweifelnd auch Jawad, Die rechtliche Stellung und die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats, S. 168. 21  Allgemeine Meinung: BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 24); Richardi/Richardi, BetrVG, 15. Aufl., Einl., Rn. 113; Fitting, 28. Aufl., § 1, Rn. 207; anders wohl Schelp, Dreigliedrige Standortsicherungsvereinbarungen, S. 97.

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er vermögensfähig ist.22 Insofern folge die Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats seiner Vermögensfähigkeit, die nur besteht, wenn mit der eingegangenen Verpflichtung ein Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG korrespondiert.23 Dahinter steht wohl die Erwägung, einen Gleichlauf zwischen der Außenrechtsfähigkeit einerseits und der Reichweite des Erstattungsanspruchs andererseits, der im Anwendungsbereich des § 111 S. 2 BetrVG durch die Erforderlichkeit der Kosten begrenzt ist, herzustellen.24 Sonst könnte der Betriebsrat Verbindlichkeiten eingehen, die er nicht begleichen kann. b)  Funktionelle Zuständigkeit als Schranke Die Begrenzung der Außenrechtsfähigkeit durch die Existenz des Freistellungsanspruchs im Innenverhältnis zum Arbeitgeber überzeugt nicht. Nicht die Vermögensfähigkeit ist Voraussetzung der Rechtsfähigkeit. Vielmehr folgt die Vermögensfähigkeit der Existenz des Rechtssubjekts.25 Mitunter stellt die Vermögensfähigkeit nur einen – wenn auch wichtigen – Teilausschnitt der Rechtsfähigkeit dar, ist aber nicht Grundlage selbiger. Die Rechtsfähigkeit besteht zudem abstrakt und unabhängig davon, ob ein einzelnes Rechtsgeschäft unwirksam ist.26 Folglich kann die Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats nicht von der Existenz eines Erstattungs- oder Freistellungsanspruchs nach § 40 Abs. 1 BetrVG abhängen. Nur seine funktionelle Zuständigkeit, die dem Betriebsrat durch das Betriebsverfassungsgesetz gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, Befugnisse und Rechte determinieren die Grenzen seiner Rechtsfähigkeit.27 II.  Rechtsfähigkeit des Betriebsrats gegenüber einem Investor Obgleich alleine die Anerkennung einer Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats und insoweit lediglich eine Beschränkung der (Teil-)Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Außenverhältnis durch die funktionelle Zuständigkeit überzeugt, soll unab-

22 

BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 27). BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 25, 26); ebenso wohl Triebel, Die Haftung des Betriebsrats und der Durchgriff auf seine Mitglieder, S. 89; Fitting, 28. Aufl., § 1, Rn. 209. 24  Vgl. BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 28). 25  Belling, Anm. 1 zu BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter II 3 b); Lehmann, AcP 207 (2007), 225, 250. 26  Belling, Anm. 1 zu BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter II 3 c). 27  Wie hier Kempter, in: FS Buchner (2009), S. 423, 425; Richardi/Richardi, BetrVG, 15. Aufl., Einl., Rn. 113; Wedde, in: DKKW, BetrVG, 15. Aufl., Einl., Rn. 142; Belling, Anm. 1 zu BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter II 3 d); Triebel, Die Haftung des Betriebsrats und der Durchgriff auf seine Mitglieder, S. 88; Dommermuth-Alhäuser/Heup, BB 2013, 1461, 1462; Gutzeit, ZIP 2009, 354, 356. 23 

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hängig davon, welcher Annahme man folgt, die Verpflichtbarkeit des Betriebsrats gegenüber einem Investor geprüft werden. 1.  Keine Außenrechtsfähigkeit Nach der Auffassung, die die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats auf das betriebliche Innenverhältnis beschränkt, ist eine wirksame Vereinbarung mit einem Investor mangels Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats ausgeschlossen. Stattdessen soll ein Vertrag zwischen betriebsfremden Dritten und dem handelnden Betriebsratsmitglied bzw. allen Betriebsratsmitgliedern, die der Beauftragung zugestimmt haben, zustande kommen.28 Eine Beschränkung der Fähigkeit, rechtswirksam mit Dritten Verträge abzuschließen, besteht hier offenbar nicht. Ihrer bedarf es auch nicht, weil die Betriebsratsmitglieder frei darüber entscheiden, inwieweit sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Verpflichtungen eingehen. Vom Arbeitgeber können sie dann Freistellung nach Maßgabe von § 40 Abs. 1 BetrVG verlangen. 2.  Beschränkte Außenrechtsfähigkeit Die Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats lässt sich indes nicht mehr grundsätzlich in Frage stellen. Fraglich ist allein die Reichweite der Außenrechtsfähigkeit. Überzeugende Gründe sprechen dafür, die Rechtsfähigkeit nur mittels der funktionellen Schranken des Betriebsverfassungsgesetzes zu bestimmen. Der Streit, ob die Vermögensfähigkeit die Außenrechtsfähigkeit beschränkt, kann in Bezug auf Investorenvereinbarungen unterdessen dahinstehen, sofern der Betriebsrat mit dem Abschluss eines Vertrags mit einem Investor die Grenze seiner funktionellen Zuständigkeit überschreitet. Dann lehnen nämlich beide Auffassungen die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats ab, weil die Vermögensfähigkeit lediglich eine weitere, engere Schranke darstellt. Wegen der Koppelung von Rechts- und Vermögensfähigkeit an die gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats ist die entscheidende Frage, ob eine Vorschrift dem Betriebsrat Aufgaben gegenüber einem Investor zuweist. Inwieweit den Aufgabenzuweisungen des Betriebsverfassungsgesetzes die Kompetenz zum Abschluss von Vereinbarungen mit Investoren zu entnehmen ist, hat weder die Rechtsprechung noch das Schrifttum bisher geklärt. Anhaltspunkte enthält jedoch die Diskussion über die Rechtswirksamkeit von Vereinbarungen zwischen Betriebsräten und Betriebserwerbern im Rahmen von Betriebsübergängen i. S. d. § 613a BGB. Ausgehend von einer Einordnung der Betriebsverfassung ins Privatrechtssystem unterscheidet Konzen zwischen belastenden und begünstigenden Verträgen. Wenigstens letztere sollen zulässig sein und damit Vereinbarungen mit einem künftigen Arbeitgeber vor einem Betriebsübergang ermöglichen.29 Das Betriebsverfassungsgesetz als korporative Zwangs28  29 

Franzen, in: FS v. Hoyningen-Huene (2014), S. 87, 97. Konzen, ZfA 1985, 469, 489.

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ordnung erweitere den Aktionsradius des Betriebsrats, indem durch Betriebsvereinbarungen belastende Wirkungen für Dritte erreichbar sind, schränke zugleich aber nicht vertragliche Drittbegünstigungen ein, soweit sie nicht gegen gesetzliche Einzelbestimmungen verstoßen.30 Diese Annahme trifft nicht zu. Der Betriebsrat hat keine „natürliche“ Fähigkeit, beliebige Verträge zu schließen, die durch die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes dahin erweitert wird, dass er in bestimmten Sonderfällen Verträge zulasten Dritter schließen kann. Stattdessen muss sich der Betriebsrat jeweils im Einzelfall für seine Tätigkeit auf seine gesetzlichen Aufgaben stützen. Dementsprechend weist Gutzeit die Entkoppelung der (Teil-)Rechtsfähigkeit des Betriebsrats von der gesetzlichen Aufgabenzuweisung entschieden zurück.31 Keinen Beleg für die Zulässigkeit einer drittbegünstigenden schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Betriebserwerber erbringt jedenfalls die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. 03. 1977, in der es offenbar ebenso eine Vereinbarung zugunsten der ausgeschiedenen Pensionäre von den Grenzen der Regelungsmacht umfasst sah.32 Ausweislich seiner Begründung verkennt es die Rechtsprechung des Großen Senats, auf die es seine Erwägung maßgeblich stützt. Zwar hat der Große Senat dort eine schuldrechtliche Vereinbarung zugunsten bereits ausgeschiedener Belegschaftsmitglieder für möglich gehalten33, jedoch überging das BAG bei der Entscheidungsanalyse den fundamentalen Unterschied, dass die schuldrechtliche Vereinbarung des Betriebsrats nicht mit einem Betriebserwerber, sondern schlicht mit dem Arbeitgeber zustande kam. Mithin betreffen beide Judikate gänzlich unterschiedliche Rechtsfragen34, weshalb die Entscheidung des Großen Senats keinen Beleg für die Zulässigkeit von drittbegünstigenden schuld­ rechtlichen Vereinbarungen mit einem Betriebserwerber erbringt. Neuerlich scheint das BAG selbst skeptischer zu sein. In einer Entscheidung vom 19. 06. 2006 zu einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen Betriebsveräußerer, Betriebsübernehmer und Personalrat, der strukturell und funktionell dem Betriebsrat vergleichbar ist35, wurde die personalvertretungsrechtliche Kompetenz zur Begründung einer solchen Verpflichtung ausdrücklich offengelassen.36 Möglich war das, weil der sog. Personalüberleitungsvertrag, der den Betriebsübernehmer für die Zukunft dauerhaft verpflichtete, Mitglied eines bestimmten Arbeitgeberverbands 30 

Konzen, ZfA 1985, 469, 488 f. Gutzeit, ZIP 2009, 354, 357. 32  BAG 24. 03. 1977 – 3 AZR 649/76 – AP BGB § 613a Nr. 6 (unter 2 b). 33  BAG (GS) 16. 03. 1956 – GS 1/55 – AP BetrVG § 57 Nr. 1 (unter I 3) = BAGE 3, 1, 11. 34 Ausführlich Gutzeit, ZIP 2009, 354, 357. 35  So BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 14). 36  BAG 19. 09. 2006 – 1 ABR 2/06 – AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 22 (unter Rn. 11). Die Vorinstanz hatte offenbar keine Bedenken hinsichtlich der personalvertretungsrechtlichen Kompetenz und damit der Rechtsfähigkeit, vgl. LAG Schleswig-Holstein 07. 12. 2005 – 3 TaBV 20/05 – LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 1 (unter II 1 a-b). 31 

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zu sein, ohnehin gem. § 134 BGB i. V. m. Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG nichtig war. Eine Auseinandersetzung mit den gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zeigt aber schnell, dass keine normative Grundlage ersichtlich ist, die dem Betriebsrat Außenrechtsfähigkeit im Verhältnis zu potenziellen Betriebserwerbern verleiht.37 Aus diesem Grund und mangels Arbeitgeberstellung des zukünftigen Betriebsinhabers ist auch der Abschluss einer aufschiebend bedingten Betriebsvereinbarung unwirksam, die mit dem Übergang des Betriebs wirksam werden soll.38 Fehlt dem Betriebsrat bereits eine gesetzliche Aufgabenzuweisung und damit die Rechtsfähigkeit für den Abschluss von Vereinbarungen mit potenziellen Betriebserwerbern i. S. d. § 613a BGB, neigt man erst recht zur Ablehnung seiner Rechtsfähigkeit im Hinblick auf Vereinbarungen mit einem potenziellen neuen Gesellschafter. Dieses Problem überwindet eine Arbeitnehmervertretung nicht durch den Abschluss einer aufschiebend bedingten Betriebsvereinbarung, denn selbst wenn man grundsätzlich von dieser Möglichkeit ausginge39, rückt ein Investor anders als ein Betriebserwerber zu keinem Zeitpunkt in die Stellung des Betriebsinhabers ein. Allgemein spricht dagegen zunächst die traditionelle Ausrichtung des Betriebsverfassungsgesetzes auf den Arbeitgeber, speziell dann der neu eingeführte § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG, der i. V. m. § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG den Wirtschaftsausschuss bzw. Betriebsrat (§ 109a BetrVG) nur im Verhältnis zum Unternehmer berechtigt. Obwohl dem Gesetzgeber bekannt gewesen sein muss, dass sich Vorgänge auf Gesellschafterebene häufig der Kenntnis des Unternehmers entziehen, hat er den Unternehmer und nicht den Bieter zur Unterrichtung verpflichtet. Einen Anspruch unmittelbar gegen den Erwerber hat der Wirtschaftsausschuss bzw. Betriebsrat (§ 109a BetrVG) nicht. Daher ist die Vorschrift ungeeignet, die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats nach außen zu begründen. Auch außerhalb des Abschnitts über die wirtschaftlichen Angelegenheiten ist eine Norm dieses Inhalts nicht ersichtlich, weshalb nur noch eine Generalklausel oder ein Beteiligungsrecht außerhalb der Betriebsverfassung die normative Grundlage bilden kann. Eine Allzuständigkeit des Betriebsrats aus § 2 Abs. 1 BetrVG zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs tätig zu werden, besteht jedenfalls nicht mit der Konsequenz einer generellen Rechtssubjektivität im Außenverhältnis.40 Nur für den Bereich der sozialen Angelegenheiten hat der Betriebsrat eine generalklauselartige Zuweisung der Rechte erfahren, Ausdruck dessen die freiwilligen Betriebsvereinbarungen in § 88 BetrVG sind, wonach ohne eine Beschränkung 37 Vgl.

Gutzeit, ZIP 2009, 354, 358. BetrVG, 10. Aufl., § 77, Rn. 46; a.A. Fitting, 28. Aufl., § 77, Rn. 20. 39  Dafür Fitting, 28. Aufl., § 77, Rn. 20. 40 So Veit, Die funktionelle Zuständigkeit des Betriebsrats, S. 117, die zwischen einer umfassenden Aufgabenstellung und bestimmten gesetzlich vorgegebenen subjektiven Rechten unterscheidet. Ablehnend gegenüber einem generellen Mandat, Arbeitnehmerbelange zu fördern Plander, AuR 1993, 161, 166. 38 GK/Kreutz,

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

auf bestimmte Inhalte Betriebsvereinbarungen geschlossen werden können.41 Ob diese Zuweisung zwingend eine Außenrechtsfähigkeit bedingt, kann vorliegend dahinstehen, weil eine Vereinbarung mit einem Investor nicht dem Bereich der sozialen Angelegenheiten zugeordnet werden kann. Ferner könnte eine Aufgabenzuweisung außerhalb der Betriebsverfassung die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats begründen.42 In Betracht kommen bei der Übernahme von börsennotierten Unternehmen die Vorschriften des Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetzes, §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2, 27 Abs. 2 WpÜG. Nach den §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2 WpÜG teilt der Vorstand der Zielgesellschaft die Abgabe eines öffentlichen Angebots dem Betriebsrat mit und übermittelt die Angebotsunterlage. Verpflichteter ist somit nicht der Bieter, sondern wiederum der eigene Arbeitgeber. Des Weiteren richtet sich das Recht zur Stellungnahme gem. § 27 Abs. 2 WpÜG an die aktuellen Anteilseigner, um eine vollständige Informationsversorgung sicherzustellen und Divergenzen bei der Beurteilung des Angebots zu vermeiden. Demzufolge können auch die Vorschriften des Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetzes, die zwar eine gesetzliche Aufgabenzuweisung an den Betriebsrat enthalten, welche aber nicht im Verhältnis zum Bieter (dem Investor) besteht, nicht die Außenrechtsfähigkeit begründen. Zuletzt spricht dafür die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der der Betriebsrat „im Rahmen der ihm nach dem Betriebsverfassungsgesetz obliegenden Aufgaben und zugehöriger Hilfsgeschäfte rechtsfähig“ ist.43 Ersteres wurde soeben ausgeschlossen, letzteres kommt bei einer selbständig mit einem Investor verhandelten Vereinbarung nicht in Betracht. Dafür fehlt es an einem Hauptgeschäft, dessen Absicherung oder Förderung eine derartige Vereinbarung als Hilfsgeschäft bewirkt. Somit fehlt dem Betriebsrat die Rechtsfähigkeit für den Abschluss von Verträgen mit einem Investor.44 Diese Rechtsfähigkeit lässt sich auch nicht durch eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erweitern mit der Folge, dass der Betriebsrat als Rechtssubjekt im Außenverhältnis wirksam Handlungen vornehmen kann.45 41  BAG 05. 03. 2013 – 1 AZR 417/12 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 105 (unter Rn. 23); BAG 12. 04. 2011 – 1 AZR 412/09 – AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 57 (unter Rn. 19); BAG (GS) 07. 11. 1989 – GS 3/85 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 46 (unter C I 2 a-d); ähnlich Konzen, ZfA 1985, 469, 489 f., Gutzeit, ZIP 2009, 354, 357. 42  Umfassend zu den funktionellen Aufgaben des Betriebsrats außerhalb der Betriebsverfassung Pulte, NZA-RR 2008, 113 ff. 43  BGH 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 110 (unter Rn. 5, 16). 44  Wie hier Lasson, Kollektivrechtliche Investitionsvereinbarungen, S. 157. 45  Ausdrücklich ausgeschlossen hat das BAG die Erweiterung der Rechtsposition des Betriebsrats nur für das betriebliche Innenverhältnis, vgl. BAG 29. 09. 2004 – 1 ABR 30/03 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 81 (unter I 1). Die Installation des Betriebsrats als außenrechtsfähiges Rechtssubjekt durch die Betriebspartner ist daher erst Recht abzulehnen. Gutzeit, ZIP 2009, 354, 356 resümiert insofern das Fehlen einer „Kompetenz-Kompetenz“ des Betriebsrats allein oder in Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber.

§ 4  Exklusive Abschlusszuständigkeit

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III.  Ergebnis Mit einem Investor kann der Betriebsrat mangels Außenrechtsfähigkeit keine wirksamen Verträge schließen. Zu diesem Ergebnis kommen in der vorliegenden Konstellation alle Auffassungen, weil entweder die Rechtsfähigkeit auf den betriebsinternen Bereich beschränkt ist oder die funktionelle Grenze der nach dem Betriebsverfassungsgesetz zugewiesenen Aufgaben überschritten würde. Indes bliebe die Möglichkeit, dass die Betriebsratsmitglieder selbst Träger einer solchen Vereinbarung sind. Diesbezügliche Wirksamkeitshindernisse sind freilich nicht in Sicht, jedoch sprechen dagegen praktische Erwägungen. Ein einzelnes Betriebsratsmitglied hat keine Vertretungsbefugnis für die übrigen Arbeitnehmer, es möchte insbesondere nicht für die Einhaltung des Vertrags einstehen und eine Konstruktion über einen Vertrag zugunsten Dritter scheitert in der Regel an der Vereinbarung von gegenseitigen Zusagen, die mitunter eine belastende Wirkung haben. Angesichts dessen wird ein Investor ein geringes Interesse am Abschluss einer solchen Vereinbarung haben.

B.  Abschlussfähigkeit der Gewerkschaft I.  Rechtsfähigkeit von Gewerkschaften Auf der Suche nach „einer“ Stimme der Belegschaft, die rechtswirksam Verträge im Rahmen eines Anteilskaufs mit ihm eingeht, findet der Investor die Gewerkschaft. Obwohl die Gewerkschaften ganz überwiegend in der Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins i. S. d. § 54 BGB organisiert sind, womit grundsätzlich eine zum Betriebsrat parallele Problematik einhergehen könnte, sind Gewerkschaften rechtsfähig und nehmen am allgemeinen Rechtsverkehr teil. Die Begründungen dafür gehen auseinander. Vertreten wird, dass die Tariffähigkeit eine besondere Ausprägung der Rechtsfähigkeit sei46, die Tariffähigkeit einen Rechtsfähigkeitsersatz unabhängig vom verbandsrechtlichen Status statuiere47 oder eine verfassungskonforme Auslegung des bürgerlichen Vereinsrechts im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG eine allgemeine Vereinsrechtsfähigkeit sowie aktive und passive Parteifähigkeit begründe48. Jedenfalls seit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den BGH49 hat sich die Problematik erledigt, denn § 54 S. 1 BGB verweist auf die §§ 705 ff. BGB, weshalb die Gewerkschaften

46 

Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 522. TVG, 7. Aufl., § 2, Rn. 12. 48 Kempen/Zachert/Kempen, TVG, 5. Aufl., § 2, Rn. 32. Unter eben dieser Begründung hat der BGH Gewerkschaften für aktiv parteifähig erklärt, vgl. BGH 06. 10. 1989 – V ZR 152/88 – BGHZ 109, 15, 17; BGH 06. 10. 1964 – VI ZR 176/63 – AP BGB § 54 Nr. 6 (unter C b). 49  BGH 29. 01. 2001 – II ZR 331/00 – AP ZPO § 50 Nr. 9 (unter A I). 47 Wiedemann/Oetker,

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

selbst in der Form des nicht rechtsfähigen Vereins rechtsfähig sind.50 Sie können mit einem Investor Verträge schließen. II.  Keine Beschränkung auf das Mitgliederinteresse Seit geraumer Zeit stecken die Gewerkschaften in der Krise.51 Anders als der Betriebsrat können sie sich nicht auf eine gesetzlich definierte Basis stützen, sondern müssen sich ihre Legitimationsgrundlage in Gestalt der Mitglieder selbst verschaffen, wofür Erfolge notwendig sind, die die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer (potentiellen) Mitglieder befriedigen.52 Dies zwingt sie, neue Wege zu gehen, vor allem aber eigene Erfolge einem breiten Publikum zu vermitteln, was in öffentlichkeitswirksamen Übernahmesituationen aufgrund der Breitenwirkung besonders gut gelingt. Indem eine Gewerkschaft mit einem Investor auf Augenhöhe verhandelt, demonstriert sie den organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern Verhandlungsmacht und profiliert sich im Verhältnis zu konkurrierenden Gewerkschaften. In diesem Sinne können Gewerkschaften in schwierigen Zeiten solche Maßnahmen als Werbung in eigener Sache gut gebrauchen. Wenn die Gewerkschaften sich vermehrt zum Schutzpatron der gesamten Belegschaft aufschwingen, entspricht dies außerdem dem Standpunkt der Rechtsprechung, zumal sie Anhaltspunkte dafür sieht, dass „die Aufgabe der Gewerkschaften nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht nur darin besteht, sich für eine Regelung der Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder einzusetzen“.53 Vielmehr spreche einiges dafür, dass „die Arbeitsverfassung der Bundesrepublik nach ihren rechtlichen Rahmenbedingungen und im Verständnis der Rechtsprechung auf einer umfassenden Regelungsaufgabe der Tarifvertragsparteien aufbaut“.54 An der Grundsätzlichkeit dieser Aussage darf man Zweifel hegen.55 Die Koalitionen erfüllen jedenfalls keine öffentliche Aufgabe.56 Dem gewerkschaftlichen Selbstverständnis dürfte eine umfassende Regelungsaufgabe hingegen entspre50 Zum Paradoxon des rechtsfähigen nicht rechtsfähigen Vereins Hadding, ZGR 30 (2001), 712, 727; Jauernig, NJW 2001, 2231, 2232; Staudinger/Weick, Neubearb. 2005, § 54, Rn. 14; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 736; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 13. Aufl., Rn. 5088 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, 20. Aufl., Rn. 619, die zukünftig daher nicht mehr vom „nichtrechtsfähigen“, sondern vom „nicht eingetragenen“ Verein sprechen wollen. 51 Eingehend Stütze, Die Kontrolle der Entgelthöhe im Arbeitsrecht, S. 29 ff. m. w. N. 52  Dieterich, RdA 2002, 1, 4. 53  BAG 18. 03. 2009 – 4 AZR 64/08 – AP TVG § 3 Nr. 41 (unter Rn. 63). 54  BAG 18. 03. 2009 – 4 AZR 64/08 – AP TVG § 3 Nr. 41 (unter Rn. 63); wohl auch BAG 22. 09. 2010 – 4 AZR 117/09 – AP GG Art. 9 Nr. 144 (unter Rn. 28); BAG 23. 03. 2011 – 4 AZR 366/09 – AP GG Art. 9 Nr. 147 (unter Rn. 22). 55  Siehe nur Bauer/Arnold, NZA 2011, 945, 948; Lobinger/Hartmann, RdA 2010, 235, 239 ff.; Hartmann, SAE 2011, 225, 227. 56  Picker, in: FS 50 Jahre BAG (2004), S. 795, 812 ff.

§ 4  Exklusive Abschlusszuständigkeit

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chen.57 Insgesamt sollte die Problematik im hiesigen Kontext nicht überhöht werden. Grundsätzlich greifen die Gewerkschaften nicht in die Rechte und Pflichten zulasten von nicht oder anders Organisierten ein, jene nehmen vielmehr regelmäßig bereitwillig die gewerkschaftlich ausgehandelten Vorteile in Anspruch.58 Gerade das trifft auf die typischen Regelungsinhalte einer Investorenvereinbarung zu. Von der Sicherung der Eigenständigkeit der Gesellschaft und der Erhaltung von Standorten profitieren auch die nicht oder anders Organisierten. Ebenfalls kommt ihnen die Gewährleistung des Status quo betrieblicher und unternehmerischer Mitbestimmung zugute. Diese für alle Arbeitnehmer günstigen Vereinbarungen sind unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Legitimation nicht angreifbar. Deshalb wirft ein eventuelles Legitimationsdefizit nur ausnahmsweise für Gegenstände einer Investorenvereinbarung Probleme auf.59

C.  Ergebnis Zwar nehmen derzeit nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (vgl. §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S. 2, 27 Abs. 2 WpÜG) sowie dem Betriebsverfassungsgesetz (vgl. § 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG) die betrieblichen Arbeitnehmervertreter, sprich der Betriebsrat und/oder der Wirtschaftsausschuss, die Interessen der Belegschaft in Übernahmeszenarien wahr. Mangels ihrer Rechtsfähigkeit im Verhältnis zu einem Investor können sie jedoch nicht rechtswirksam Investorenvereinbarungen schließen. Früher wie heute gilt insofern, dass sich die Betriebspartner nicht auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit berufen können. Die Gewerkschaften hingegen sind imstande, mit beliebigen Dritten Schuldverträge abzuschließen.60 Diese Lücke füllen die Gewerkschaften bereitwillig aus und profilieren sich als Krisenmanager.

57 

Grundsatzprogramm des DGB von 1996, S. 2. Einwand, Gewerkschaften könnten wegen der bloßen Repräsentation ihrer Mitglieder und mangels einer Legitimation durch die Außenseiter keine Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber schließen, die die gesamte Belegschaft (faktisch) betreffen, ist für Standortvereinbarungen überzeugend zurückgewiesen worden, vgl. Krause, Standortsicherung und Arbeitsrecht, S. 67; Fischinger, Arbeitskämpfe bei Standortverlagerung und schließung, S. 59; Olschewski, Standorterhaltung und Arbeitskampf, S. 154 f.; dagegen Lobinger, Arbeitskämpfe bei Standortschließungen und –verlagerungen?, § 3, Rn. 32 ff.; F. Hartmann, Grenzen der Tarifautonomie über Unternehmerverhalten, S. 15, 37. 59  Siehe § 7 D. III. 2. c) ee) und § 7 D. IV. 2. a). 60  Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille, S. 322. 58  Der

2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

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§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium: Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrag Die Einordnung einer Investorenvereinbarung in das Repertoire der gängigen Instrumentarien bereitet mit der Beteiligung eines Investors, mithin einem Anteilseigner des Unternehmens als Vertragspartei, bereits auf den ersten Blick Probleme. Den sozialen Gegenspielern stehen bei der Regelung von Arbeitsbedingungen unterschiedliche Instrumentarien zur Verfügung, um unmittelbar oder mittelbar die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer festzuschreiben. Dominierende Einigungsform ist dafür, soweit sich tariffähige Verhandlungspartner gegenüberstehen, der normative Teil des Tarifvertrags, der durch den rein schuldrechtlichen Tarifvertrag sowie den einfachen Schuldvertrag komplettiert wird. Bisher fristen außertarifliche Instrumentarien angesichts der erdrückenden Dominanz des Tarifvertrags ein Schattendasein, weshalb nahezu sämtliche sie betreffenden Fragen streitig sind. Teils hinterfragen einige selbst die Existenz dieser Instrumentarien. Vor allem aber sind Fragen nach den Grundlagen und Grenzen von Koalitions- und Schuldverträgen, möglichen Vertragsparteien oder -gegenständen, den Motiven für die Wahl dieser Instrumentarien, ihrer Auslegung, Verbindlichkeit und Erstreikbarkeit weitgehend ungeklärt.1 Deren Klärung erschwert überdies eine unterschiedliche Verwendung der Begrifflichkeiten. So sind außertarifliche Vereinbarungen, obgleich es teilweise um das gleiche Phänomen geht, in der chemischen Industrie als „außertarifliche Sozialpartnervereinbarungen“2, in der Literatur hingegen überwiegend als „Koalitionsvertrag“3, „sonstiger Kollektivvertrag“4 oder „Kollektivvertrag sui generis“5 bezeichnet worden, dem sich das BAG6 in dieser Uneinheitlichkeit weitgehend angeschlossen hat. Zurück gehen die unterschiedlichen Bezeichnungen auf den fehlenden dogmatischen Unterbau außertariflicher Vereinbarungen. Eine grundsätzliche Ausein1 Vgl.

Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 67. K. Molitor, in: FS Stahlhacke (1995), S. 339, 340; K. Molitor, in: FS Schlemmer (1990), S. 103, 113; Eich, NZA 1995, 149 (154 f.). 3  Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 128. 4  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 64; Däubler, AuR 1981, 257, 264; G. Müller, RdA 1982, 86, 97; Weißleder, Erhaltungs- und Notstandsarbeiten im Streik, S. 255 ff. 5  Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 132; Plander, ZTR 1997, 145, 152. 6  BAG 14. 12. 1993 – 1 AZR 550/93 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 129 „kollektivrechtliche Regelung eigener Art“ (unter I 4 a); BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 „nichttarifliche Vereinbarung“, weist aber auf die Uneinheitlichkeit der Bezeichnungen hin (unter II 1 1.2); BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 „Koalitionsvertrag“ (unter II 1 c aa); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 „Koalitionsvertrag“ (unter Rn. 17); BAG 13. 10. 2011 – 8 AZR 514/10 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 228 „Koalitionsvereinbarung“ (unter Rn. 23). 2 

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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andersetzung mit ihnen lohnt sich jedoch bereits wegen ihres stetig wachsenden Anwendungsbereichs, der damit korrespondierenden Zunahme gerichtlicher Entscheidungen und der zu verzeichnenden Krise des Tarifvertrags7. Zunächst ist in diesem Kapitel der Untersuchung zu klären, welche rechtstechnischen Instrumentarien den sozialen Gegenspielern zur Verfügung stehen, inwiefern sie zwischen diesen frei wählen können und welche Motive die sozialen Gegenspieler zum Abschluss außertariflicher Vereinbarungen bewegen. Erst im nächsten Kapitel (§ 6) stellt sich die Frage, welchem Vertragstypus Investorenvereinbarungen zugeordnet werden.

A.  Tarifvertrag Der Tarifvertrag soll und kann nicht lehrbuchartig in all seinen Facetten als Vertragstypus tariffähiger Koalitionen dargestellt werden. Vielmehr geht es darum, den Tarifvertrag mit Blick auf Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Anteilseignern eines Unternehmensträgers in seiner sachlich-inhaltlichen Regelungsbefugnis sowie personellen Abschlussbefugnis zu untersuchen. I.  Sachlich-inhaltliche Regelungsbefugnis (Tarifmacht) 1.  Normativer Teil des Tarifvertrags Sachlich-inhaltlich beschränkt das Tarifvertragsgesetz die normative Regelungsbefugnis gem. § 1 Abs. 1 TVG auf Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen. Ob durch das Tarifvertragsgesetz aber ein abschließendes Regelwerk hinsichtlich der normativen Regelbarkeit von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch die Tarifvertragsparteien geschaffen wurde, ist umstritten. Damit ist das Verhältnis von § 1 Abs. 1 TVG zu Art. 9 Abs. 3 GG angesprochen. Während vielfach angenommen wird, der Gesetzgeber habe von seiner Pflicht gem. Art. 9 Abs. 3 GG, ein funktionsfähiges Tarifvertragssystem zu gewährleisten8, hinsichtlich der Kreation von Rechtsnormen 7 Die Krise der Tarifautonomie ist mit aller Vehemenz in Politik und Wissenschaft angekommen. Gegenwärtig werden zahlreiche Wege zu ihrer Stärkung diskutiert, die nach der politischen Absichtserklärung im Koalitionsvertrag „Deutschlands Zukunft gestalten – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD“, 18. Legislaturperiode, 2013, S. 48 nunmehr Ausdruck im Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie, BGBl. Teil I 2014, S. 1348 ff. finden. Im Zeichen dieser Krise stand auch der 70. Deutsche Juristentag „Stärkung der Tarifautonomie – Welche Änderungen des Tarifvertragsrechts empfehlen sich?“. Ausführlich zu Reformvorschlägen Bepler, Gutachten B zum 70. DJT; Bepler, NZA 2014, 891 ff.; Lobinger, JZ 2014, 810 ff.; siehe auch Preis/Ulber, in: FS Kempen (2013), S. 15, 29 ff.; Waltermann, NZA 2014, 874, 877 ff.; Richardi, NZA 2013, 408 ff.; Dieterich, NZA-Beil. 2/2011, 84 ff. 8  BVerfG 18. 11. 1954 – 1 BvR 629/52 – AP GG Art. 9 Nr. 1 (unter C 2 b aa) = BVerfGE 4, 96, 106; BVerfG 06. 05. 1964 – 1 BvR 79/62 – AP TVG § 2 Nr. 15 (unter B I 1) = BVerfGE

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

durch § 1 Abs. 1 TVG abschließend Gebrauch gemacht9, hält die Gegenansicht den Katalog des § 1 Abs. 1 TVG für eine exemplarische Aufzählung der normativ regelbaren Gegenstände10. Konsequenz des Meinungsstreits ist, dass sich nach erstgenannter Auffassung die normative Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien auf die in § 1 Abs. 1 TVG enumerativ aufgezählte Materie beschränkt11, zweitgenannte Ansicht hingegen auch außerhalb des § 1 Abs. 1 TVG eine Normsetzungsbefugnis anerkennt, soweit der beabsichtigte Regelungsgegenstand dem Begriff der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 GG zugeordnet werden kann12. Die Rechtsprechung hat trotz der Tragweite dieser Problematik eine Entscheidung in der Sache bisher stets offengelassen oder umgangen.13 a)  Verfassungsrechtliche Vorgaben Fraglich ist zunächst, inwiefern die Verfassung die Regelungsmacht der Koalitionen in Form von objektiven Rechtssätzen präjudiziert, indem sie den Koalitionen 18, 18, 26; BVerfG 18. 12. 1974 – 1 BvR 430/65 und 259/69 – AP GG Art. 9 Nr. 23 (unter C II 3 c) = BVerfGE 38, 281, 306; mit der starken Betonung einer Notwendigkeit der gesetzlichen Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 (unter B IV 1) = BVerfGE 50, 290, 368 f.; BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 (unter B I 1) = BVerfGE 58, 233, 247 f; zust. Isensee, Die verfassungsrechtliche Verankerung der Tarifautonomie, S. 159, 167; Wiedemann, in: FS Stahlhacke (1995), S. 675, 680 f.; Henssler, ZfA 1998, 1, 16. 9  Rieble, ZTR 1993, 54, 55; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 163; Säcker/ Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 100 ff.; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 50; Reuter, ZfA 1990, 535, 548; Mayer-Maly, BB 1966, 1067, 1069; Lasson, Kollektivrechtliche Investitionsvereinbarungen, S. 44; ausf. Friese, Kollektive Koalitionsfreiheit und Betriebsverfassung, S. 249 ff., insb. S. 255, 263 f.; Biedenkopf, Grenzen der Tarifautonomie, S. 105; F. Hartmann, Grenzen der Tarifautonomie über Unternehmerverhalten, S. 15, 35; auch Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 126, der davon ausgeht, der Gesetzgeber habe „die Gegenstände normativer Tarifregelungen in § 1 Abs. 1 TVG festgelegt“. 10  Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 539 f.; Schwarze, Der Betriebsrat im Dienst der Tarifvertragsparteien, S. 86; Wolter, RdA 2002, 218, 219 mit Fn. 13; Misera, Tarifmacht und Individualbereich unter Berücksichtigung der Sparklausel, S. 22; Kempen, RdA 1994, 140, 147; Badura, RdA 1974, 129, 133. 11  Beuthien, ZfA 1983, 141, 161 f.; Stein, Tarifvertragsrecht, Rn. 301. 12  Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 539 f. 13  So erklärte das BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B I 5): „Solange der GesGeb. nicht die tarifl. Regelung der außerhalb des Kernbereichs liegenden Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen untersagt, können die TVParteien in TVen alle Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. von Art. 9 Abs. 3 GG regeln“. Offenbar geht das BAG hier davon aus, die Tarifvertragsparteien können sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen normativ regeln. Zum Schwur kam es allerdings nicht, weil das BAG die Forderung der Gewerkschaft nach Zeitzuschlägen auf die Grund- und Grundarbeitszeit, welche Grundlage für die Personalbemessung des Arbeitgebers waren, schlussendlich als betriebliche Norm (unter B I 6) ein- und somit dem Katalog des § 1 Abs. 1 TVG zuordnete. Ähnlich BAG 28. 06. 2001 – 6 AZR 114/00 – AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 24 (unter B III 3 a).

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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ein Monopol zur normativen Regelung sämtlicher Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sichert und zugleich den Staat verfassungsrechtlich verpflichtet, auf dem Gebiet des Arbeitsrechts seine Gesetzgebungsaktivität zurückzunehmen. Gegen ein solches Monopol der Koalitionen könnte bereits eine Beschäftigung mit dem Begriff der Tarifautonomie sprechen, welcher in Art. 9 Abs. 3 GG verortet wird14, aber nicht mit der Befugnis zur Normsetzung gleichgesetzt werden kann. Die Tarifautonomie sichert die Selbstregelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch die Koalitionen, allerdings garantiert sie ihnen nicht ein bestimmtes Instrument zur autonomen, selbständigen Ordnung dieses Lebensbereichs, wie das Recht zur Kreation eigenen objektiven Rechts.15 Daraus, dass der Tarifautonomie nicht die Befugnis zur Rechtsetzung immanent ist, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Koalitionen kein grundrechtlich geschütztes Normsetzungsrecht haben. Zum Inhalt ihrer koalitionären Betätigungsfreiheit gehört eine effiziente Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen, was erst eine normative Rechtsetzungsbefugnis ermöglicht. Folgerichtig anerkennt die überwiegende Meinung die Gewährleistung eines Normsetzungsrechts der Koalitionen durch Art. 9 Abs. 3 GG.16 Trotzdem kann sich der Bundesgesetzgeber auf die Zuständig14 BVerfG 10. 01. 1995 – 1 BvF 1/90, 1 BvR 342, 348/90 – AP GG Art. 9 Nr. 76 = BVerfGE 92, 26, 38; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 – NZA 1999, 992 = BVerfGE 100, 271, 282; BVerfG 11. 07. 2006 – 1 BvL 4/00 – AP GG Art. 9 Nr. 129 = BVerfGE 116, 202, 219. 15 Vgl. Waltermann, ZfA 2000, 53, 57, der eindrücklich auf den etymologischen Ursprung des Autonomiebegriffs rekurriert. Während der allgemeine Sprachgebrauch Autonomie als „Unabhängigkeit“ bzw. „Selbständigkeit“ versteht (Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 25. Aufl., S. 78), spezifiziert sich das Verständnis in der Rechtswissenschaft auf eine staatsferne Selbstregelung eigener Angelegenheiten „nach eigenem Gesetz“ (freier, aber passender wohl „aus eigenem Recht“). Allerdings muss das nicht durch Sätze objektiven Rechts geschehen (ebenso Söllner, AuR 1966, 257, 260; a.A. v. Lübtow, Autonomie oder Heteronomie der Universitäten, S. 14, 20; teilweise wird unter Autonomie nur die autonome Rechtsetzung verstanden, vgl. Enneccerus/Nipperdey, AT, 1. Hb, 15. Aufl., S. 207, 277, 279; Krüger, Allg. Staatslehre, S. 492; zwischen einem öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Autonomiebegriff unterscheidet Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, 10. Aufl. S. 479 ff.). 16 Ausf. Waltermann, in: FS Söllner (2000), S. 1251, 1269 ff.; Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 96 m. w. N.; Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 101 zum Stichwort Tarifautonomie; Papier, RdA 1989, 137, 141; P. Hanau, RdA 1993, 1, 5; auch das Bundesverfassungsgericht anerkennt offenbar eine grundrechtlich geschützte Normsetzungsbefugnis, wenn es formuliert, dass die Koalitionen „Löhne und sonstige materielle Arbeitsbedingungen in einem von staatlicher Rechtsetzung frei gelassenen Raum in eigener Verantwortung und im wesentlichen ohne staatliche Einflußnahme durch unabdingbare Gesamtvereinbarung sinnvoll ordnen“ (BVerfG 24. 05. 1977 – 2 BvL 11/74 – AP TVG § 5 Nr. 15 = BVerfGE 44, 322, 340 f.). Später ausdrücklich: „Art. 9 Abs. 3 GG verleiht den Tarifvertragsparteien […] ein Normsetzungsrecht“ BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 284; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BurlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 306; auch BAG 09. 12. 2009 – 7 AZR 399/08 – AP TzBfG § 14

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

keitsvorschrift des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG berufen, wonach sich die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz auf das gesamte Arbeitsrecht erstreckt, staatliche und privatautonome Regelungsbefugnis folglich auf dem Gebiet des Arbeitsrechts miteinander konkurrieren. Ein grundrechtlich fundiertes Normsetzungsmonopol fehlt den Koalitionen somit.17 Auch mittels der Bindung des Gesetzgebers an die Grundrechte gem. Art. 1 Abs. 3 GG und damit an Art. 9 Abs. 3 GG lässt sich keine vorrangige Befugnis der Koalitionen zur Setzung objektiven Rechts auf dem Gebiet der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen begründen.18 Über die funktionelle Gewährleistung einer normativen Rechtsetzungsmacht19 hinaus lässt sich der Rechtsprechung keine Bezeichnung derjenigen Materien entnehmen, deren normative Regelbarkeit Art. 9 Abs. 3 GG unmittelbar den Koalitionen gewährleistet. Dem stünde, ungeachtet der Trennung von Tarifautonomie und Normsetzungsbefugnis, die Entwicklungsoffenheit der Tarifautonomie20 entgegen. Sie ist notwendig, um dem Wandel der sozio-ökonomischen Grundlagen des Arbeitslebens Rechnung zu tragen und einer Verkrustung des bestehenden Systems vorzubeugen und lässt sich dem Sinn und Zweck nach auf die Normsetzungsbefugnis übertragen. Insoweit lässt sich den Aussagen des Bundesverfassungsgerichts implizit entnehNr. 67 (unter Rn. 29); BSG 29. 01. 2014 – B 5 R 36/12 R – BSGE 115, 110 (unter Rn. 25); a.A. Giesen, Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb, S. 154. 17  BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 284; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BurlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 306; BAG 27. 05. 2004 – 6 AZR 129/03 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 5 (unter B II 2 b); Henssler, ZfA 1998, 1, 20 f.; Lieb/Jacobs, Arbeitsrecht, 9. Aufl., Rn. 451; Säcker, Grundprobleme der kollektiven Koalitionsfreiheit, S. 50. 18  So aber Kempen, RdA 1994, 140, 147; Kempen, AuR 1996, 336, 341; soweit unter dem Begriff der Normsetzungsprärogative ein Vorrecht der Koalitionen zur Rechtsetzung auf dem Gebiet der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen diskutiert wird, verwechseln ihre Befürworter die faktisch wahrnehmbare, freiwillige Zurückhaltung staatlicher Regulierung im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Existenz eines nomologischen Vorrechts, vgl. Hopfner, Gesetzgebung und Tarifautonomie, S. 26 ff., insb. S. 65; abl. gegenüber einem Monopol der Koalitionen auch Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 91. 19  BVerfG 18. 11. 1954 – 1 BvR 629/52 – AP GG Art. 9 Nr. 1 = BVerfGE 4, 96, 106; BVerfG 26. 05. 1970 – 2 BvR 664/65 – AP GG Art. 9 Nr. 16 = BVerfGE 28, 295, 304 f.; BVerfG 24. 05. 1977 – 2 BvL 11/74 – AP TVG § 5 Nr. 15 = BVerfGE 44, 322, 349; BVerfG 04. 07. 1995 – 1 BvF 2/86, 1, 2, 3, 4/87, und 1 BvR 1421/86 – AP AFG § 116 Nr. 4 = BVerfGE 92, 365, 395; BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 283; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 – NZA 1999, 992 = BVerfGE 100, 271, 282; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BurlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 306. 20  Vgl. BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 367, 369; BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B I 1); Bayreuther, Tarifautonomie als kollektiv ausgeübte Privatautonomie, S. 13 f.; Kempen, AuR 1980, 193, 195; Konzen, ZfA 1980, 77, 90; Schnorr, JR 1966, 327, 331; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 299.

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men, dass der Gesetzgeber nicht gezwungen ist, ein Tarifsystem zur Verfügung zu stellen, das den Koalitionen eine normative Regelung sämtlicher Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG ermöglicht. Stattdessen ist der Gesetzgeber berechtigt und verpflichtet, die Tarifautonomie gesetzlich auszugestalten. In diesem Rahmen kreiert der Gesetzgeber auch begrenzende Vorschriften und darf mithin die Normsetzungsmacht der Koalitionen auf einen Ausschnitt der Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG begrenzen. b)  Gestaltung durch das Tarifvertragsgesetz Ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, die normative Regelungsbefugnis der Koalitionen auf sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu erstrecken, verengt sich die Problematik auf die Frage, ob das Tarifvertragsgesetz einfachgesetzlich abschließend die normativen Regelungsinhalte im Katalog des § 1 Abs. 1 TVG beschreibt. Im Gegensatz zum Wortlaut von § 1 Abs. 1 TVG, der insofern nicht eindeutig ist, spricht systematisch ein Vergleich zur in § 88 BetrVG geregelten betrieblichen Normsetzungsmacht, wo der Gesetzgeber den offenen Charakter der Aufzählung durch „insbesondere“ kenntlich gemacht hat, für den abschließenden Charakter der Aufzählung.21 Wenig überzeugend ist es dagegen, wegen der grundsätzlichen Beschränkung der zulässigen Kampfziele auf tariflich regelbare Gegenstände, den abschließenden Charakter des § 1 Abs. 1 TVG zu begründen, weil andernfalls die Kampfbefugnis auszuufern drohe.22 Dem widerspricht bereits die Tatsache, dass sich die Kampfbefugnis nach der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien richtet und nicht umgekehrt. Andernfalls würde die Frage, was erkämpfbar sein soll, die Frage nach der normativen Regelungsbefugnis der Tarifparteien vorprogrammieren. Außerdem unterscheidet sich die Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien nach dem schuldrechtlichen und normativen Teil eines Tarifvertrages, wobei die Kampfbefugnis nicht auf letzteren beschränkt ist und deshalb keine Beschränkung der Normsetzungsmacht zu rechtfertigen vermag. Einige beschränken die Normsetzungsbefugnis der Tarifparteien auf den Katalog des § 1 Abs. 1 TVG, weil der Staat erst durch diesen Geltungsbefehl den Tarifvertragsbestimmungen Rechtsnormcharakter zuerkennt. Ohne jene Anerkennung tariflicher Bestimmungen als echte Rechtsnormen können im Vertragsschlussverfahren zustande gekommene privatautonome Vereinbarungen nicht dem objektiven Recht zugeordnet werden, ihnen fehlt folglich die Rechtsnormqualität.23 Somit 21  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 163; Maschmann, Tarifautonomie im Zugriff des Gesetzgebers, S. 247. 22  So aber Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 163. 23  F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 133 f.; Bachmann, Private Ordnung, S. 62 ff.; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 50; Söllner, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 24, S. 33, 33; Söllner, AuR 1966, 257, 261; Waltermann, in: FS Söllner (2000), S. 1251, 1264 f.; Waltermann, ZfA 2000, 53, 65; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille, S. 142; Belling,

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könnten nur die in § 1 Abs. 1 TVG genannten Materien Inhalt des normativen Teils eines Tarifvertrags sein. Der Hinweis auf das Normanerkennungsmonopol des Staates ist aber unergiebig. Auf dem eigenen Territorium drückt sich zwar die souveräne Macht des Staates in der Trägerschaft der Rechtsordnung aus, welche ihm die Macht verleiht, die Rechtsqualität von Vorschriften zu bestimmen und so der objektiven Rechtsordnung zuzuordnen.24 Das steht indes nicht in Frage, es geht allein um die Interpretation der Reichweite des Geltungsbefehls. Grundsätzlich erkennt der Staat privat gesetztes Recht allgemein an und beschränkt sich nicht auf die Zuordnung einer einzigen Norm zum objektiven Recht.25 Inwiefern der Gesetzgeber die Normwirkung von Tarifinhalten allgemein anerkennt oder durch § 1 Abs. 1 TVG auf einzelne Gegenstände beschränkt, ist gerade fraglich. Demnach löst der Hinweis nicht die Frage, ob der Geltungsbefehl in § 1 Abs. 1 TVG abschließend ausgestaltet ist. Die vorgetragenen Argumente vermögen nicht mehr als einen Anhaltspunkt für den abschließenden Charakter des § 1 Abs. 1 TVG zu liefern. Aufschlussreicher als die Interpretation dieser Vorschrift ist eine Befassung mit dem geltenden Tarifsystem insgesamt, mit dem der Gesetzgeber seine Pflicht erfüllt, einen Bestand von Normen zu schaffen und zu erhalten (Institutsgarantie), auf deren Grundlage die Koalitionen im Arbeitsleben ihren Verfassungsauftrag wirksam und sinnvoll wahrnehmen können. Seinen Auftrag, durch zwingende gesetzliche Regelungen den Rahmen für angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen, darf der Gesetzgeber aber nicht irgendwie ausgestalten, sondern muss die kollidierenden Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung erfassen und begrenzen, damit sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden.26 Das Tarifvertragsgesetz folgt dieser Vorgabe und bildet insoweit eine Gesamtkonzeption, durch die widerstreitende Grundrechtspositionen ausgeglichen werden. Der Gesetzgeber überließ es insofern nicht dem freien Spiel von Macht und Gegenmacht, „gerechte“ Arbeitsbedingungen auszuhandeln, sondern kreierte ein in sich geschlossenes System, indem er den Koalitionen das Rechtsinstitut des Tarifvertrags zuerkannt, gleichzeitig aber abschließend ausgestaltet hat.27 Er markiert so das Spielfeld der Akteure, überlässt ihnen aber das Spiel. Raum für Regeln außerhalb dieses verbindlichen Rechtsrahmens besteht für die Tarifvertragsparteien ZfA 1999, 547, 582 ff.; Schnorr, JR 1966, 327, 330; Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 25; Rupp, JZ 1998, 919, 922; C. Hartmann, Gleichbehandlung und Tarifautonomie, S. 59 ff.; Dechant, Der Kollektivvertrag, S. 33; bereits Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., S. 256 f. hat ein Recht zur Rechtsbildung seitens Dritter ohne Anerkennung durch den Staat ausgeschlossen; ferner Haenel, Deutsches Staatsrecht, Bd. 1, S. 111, 171. 24  F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 133; Belling, ZfA 1999, 547, 584. 25  F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 134. 26  BVerfG 19. 10. 1993 – 1 BvR 567/89 – AP GG Art. 2 Nr. 35 = BVerfGE 89, 214, 232; BVerfG 27. 01. 1998 – 1 BvL 15/87 – AP KSchG 1969 § 23 Nr. 17 = BVerfGE 97, 169, 176; BVerfG 06. 02. 2007 – 1 BvR 978/05 – NZA 2007, 394 = BVerfGK 10, 250, 256. 27  Im Erg. ebenso F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 182.

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nicht, weshalb der Katalog des § 1 Abs. 1 TVG die tariflichen Regelungsinhalte abschließend formuliert. c)  Ergebnis Da sich die Normsetzungsbefugnis sachlich-inhaltlich auf die in § 1 Abs. 1 TVG genannten Regelungsinhalte verengt, könnten nur solche Gegenstände einer Investorenvereinbarungen in die Form von Tarifnormen gebracht werden, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen. Investorenvereinbarungen sind insofern den sachlich-inhaltlichen Schranken des Tarifvertragsgesetzes unterworfen, weshalb im Einzelfall beurteilt werden muss, ob der Gegenstand einer Investorenvereinbarung von der normativen Tarifmacht gedeckt ist. 2.  Obligatorischer Teil des Tarifvertrags Den sachlich-inhaltlichen Restriktionen einer normativen Regelung könnte möglichweise eine Regelung im obligatorischen Teil des Tarifvertrags entgehen. Ein Tarifvertrag setzt nicht nur unmittelbar, einseitig zwingende Mindestarbeitsbedingungen für die organisierten Arbeitnehmer mittels Rechtsnormen fest, in seinem schuldrechtlichen Teil28 regelt er gem. § 1 Abs. 1 TVG auch die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien, beschränkt jedoch zumindest begrifflich die schuldrechtliche Regelungsbefugnis im Gegensatz zum normativen Teil nicht auf Gegenstände, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen betreffen. Zwangsläufig schließt sich daran die Grundsatzfrage an, ob tariffähige Koalitionen Regelungen im schuldrechtlichen Teil eines Tarifvertrages treffen können, deren Vereinbarung im normativen Teil des Tarifvertrages unzulässig ist. Daran bestehen immerhin Zweifel, weil durch die tarifvertragliche Verpflichtung praktisch das Ziel erreicht wird, welches die sachlich-inhaltliche Begrenzung der normativen Regelungsbefugnis auszuschließen sucht. a)  Beschränkte normative Regelungsmacht und schuldrechtliche Regelungsbefugnis Rückblickend betrachtet, handelt es sich beim Verhältnis von normativer zu obligatorischer Regelungsbefugnis nicht um eine neue Problematik, erhitzte die Zu28 Die normative Regelung von Arbeitsbedingungen erheben Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. II, 2. Aufl., S. 211 und Plander, ZTR 1997, 145, 149 zum konstitutiven Alleinstellungsmerkmal des Tarifvertrages. Ein Vertrag ohne solche Rechtsnormen könne nicht als Tarifvertrag angesehen werden (zur grammatikalischen Auslegung Mangen, RdA 1982, 229, 233 f.). Die ganz h. M. in Rspr. und Lit. hält freilich auch Tarifverträge mit nur obligatorischem Inhalt für zulässig, vgl. nur BAG 31. 10. 1958 – 1 AZR 632/57 – AP TVG § 1 Friedenspflicht Nr. 2 (unter I 4); BAG 26. 09. 2012 – 4 AZR 689/10 – AP TVG § 1 Tarifverträge Bewachungsgewerbe Nr. 24 (unter Rn. 27); Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rn. 178.

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lässigkeit von Differenzierungsklauseln und von Mitbestimmungsvereinbarungen oder jüngst eines Zugriffs auf das Unternehmerverhalten die Diskussion um das grundsätzliche Verhältnis beider Teile des Tarifvertrags doch immer wieder die Gemüter lediglich in einem anderen Gewand. Nachdem Tarifnormen über derlei Inhalte einmütig für unwirksam gehalten wurden, sahen und sehen einige die genannten Gegenstände als zulässige Inhalte des schuldrechtlichen Teils eines Tarifvertrags an, wogegen sich aber erheblicher Widerstand formierte. aa) Tarifmacht und Differenzierungsklauseln Bei Differenzierungsklauseln, die einen Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt setzen sollen, indem sie Außenseiter von erzielten Verhandlungserfolgen ausschließen, diskutierte man besonders kontrovers eine Gleichsetzung bzw. Harmonie normativer und schuldrechtlicher Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien. Hierbei beriefen sich diejenigen, die schuldrechtliche und normative Regelungsbefugnis gleichsetzen wollen, insbesondere auf den o. g. Umgehungsgedanken.29 Es spiele schließlich keine Rolle, ob durch eine normative Regelung unmittelbar gestalterisch in die Arbeitsverhältnisse eingegriffen und positiv eine Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern festgelegt werde oder ob der Arbeitgeber tarifvertraglich, möglichweise sogar mittels eines Arbeitskampfes, zur Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit verpflichtet werde. Hat sich der Arbeitgeber erst einmal unter dem Druck eines Arbeitskampfes tarifvertraglich verpflichtet, kann diese Verpflichtung gegebenenfalls mit Hilfe der Arbeitsgerichte durchgesetzt werden. Das Resultat wäre unabhängig vom Regelungstyp faktisch das gleiche. Die Gegenansicht argumentierte vornehmlich mit dem ergänzenden Charakter des schuldrechtlichen Teils des Tarifvertrags, der eben jenes ergänzt, was normativ nicht erreicht werden kann, und dadurch die Innovationsfähigkeit des Tarifvertrags 29 So Mayer-Maly, BB 1965, 829, 833, der die Gefahr sieht, „in der gesetzgeberischen Ordnung der normativen Tarifwirkungen klar positivierte Wertungen zu durchkreuzen“. Später verwahrte er sich dagegen, hierin ein Umgehungsargument zu sehen, denn die Umgehungsproblematik sei erst die Folge der verfehlten Annahme, „man könne das Ergebnis normativer Ordnung auch durch vermeintlich schuldrechtliche Tarifbestimmungen anstreben“. Entscheidend sei nur die Funktion und Wirkung einer Klausel, weshalb, bei einem materialen Verständnis des Normativen, schuldrechtliche Tarifbestimmungen, soweit sie Arbeitsverhältnisse ordnen, an die gleichen Grenzen der Tarifmacht, wie normative Regelungen, gebunden sind (Mayer-Maly, BB 1966, 1067, 1069). Ganz ähnlich unterscheiden Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 155 ff. in obligatorischen Tarifbestimmungen „Eigenverpflichtungen“ und „Einwirkungspflichten“, die einerseits das Verhältnis der Verbände zueinander regeln, andererseits Drittinteressen wahren. Nur bei letzteren bestünde die Gefahr einer Umgehung (S. 157). Siehe auch Giesen, NZA 2004, 1317, 1319 f.; Hueck/Nipperdey, Bd. II/1, 7. Aufl., S. 337; Biedenkopf, Gutachten zum 46. DJT, Bd. I Teil 1, S. 97, 125 f.; Säcker, BB 1031, 1032; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille, S. 199 ff., insb. S. 202; Ganter, Die tarifvertragliche Regelung betrieblicher Fragen, S. 47 ff.; abl. Wiedemann, RdA 1969, 321, 334; Zöllner, Tarifvertragliche Differenzierungsklauseln, S. 40 f.; Zöllner, BB 1968, 597, 601; P. Hanau, JuS 1969, 213, 218.

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wahrt, weil in der Vergangenheit häufig Schritt für Schritt aus einer schuldrechtlichen eine normative Regelung geworden sei.30 Außerdem erweitere die durch Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG gewährleistete Tarifautonomie eine zusätzliche über die allgemeine Privatautonomie hinausgehende Mittelfreiheit, schränke die Vertragsfreiheit der Koalitionen gleichzeitig aber nicht ein.31 bb) Tarifmacht und Mitbestimmungsvereinbarungen In ganz ähnlichen Bahnen verlief die Diskussion über die Zulässigkeit von tarifvertraglichen Mitbestimmungsvereinbarungen, die die Mitbestimmungsgesetze vornehmlich im Bereich der Unternehmensverfassung privatrechtlich ergänzen und/oder erweitern, offensichtlich aber nicht Inhalt von Tarifnormen sein können. Die Gegner von Mitbestimmungsvereinbarungen mittels des schuldrechtlichen Teils eines Tarifvertrags beriefen sich auf die gegenständliche Begrenzung der normativen Tarifmacht in § 1 Abs. 1 HS. 2 TVG, die nicht durch den offenen Gesetzeswortlaut der nicht näher beschriebenen Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien unterminiert werden dürfe.32 Mit Rücksicht auf die Gefahr einer Gesetzesumgehung setzen sie daher normative und schuldrechtliche Regelungsbefugnis gleich. Gleichwohl werden vielfach wenigstens Tarifverträge mit schuldrechtlicher Wirkung für möglich gehalten, da die Entwicklungsoffenheit des Art. 9 Abs. 3 GG über die traditionellen Tarifinhalte hinaus den Abschluss von Regelungen gewährleiste, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG darstellen.33 30 

Gamillscheg, Die Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit, S. 95; Gamillscheg, BB 1967, 45, 52; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 627; Kempen/ Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 939 bezeichnen den schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags als „klassisches Vehikel der tariflichen Rechtsfortbildung“. 31  Herschel, Sinn und Grenzen der Vereinbarungsbefugnis der Tarifvertragsparteien, Referat zum 46. DJT, Bd. II Teil D, S. 7, 19; Herschel, Tariffähigkeit und Tarifmacht, S. 45; Gamillscheg, Die Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit, S. 97 bezeichnet die Fähigkeit zur Setzung objektiven Rechts insofern als Danaer-Geschenk, sollten sich für die Koalitionen infolgedessen Schranken der Vertragsfreiheit ergeben, denen sonstige Vereinigungen nicht unterworfen sind. 32  Siehe nur Beuthien, ZHR 148 (1984), 95, 102; Beuthien, ZfA 1983, 141, 150 f.; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 96, Rn. 24; im Erg. abl. wegen der vom Tarifvertrag ausgehenden Zwangswirkung OLG Hamburg 05. 05. 1972 – 11 U 46/71, 11 U 166/71 – AG 1972, 183, 188. 33  Fabricius, in: FS Hilger/Stumpf (1983), S. 155, 165; im Erg. auch Zachert, AuR 1985, 201, 207; Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 329; wohl auch Beck, AuR 1981, 333, 339 ff. Entgegen der einhelligen Meinung, die unternehmensverfassungsrechtliche Fragen nicht vom Katalog des § 1 Abs. 1 TVG erfasst sieht, nimmt Jahnke, Tarifautonomie und Mitbestimmung, S. 87 f., 190 f., 197 ff. an, dass unternehmensverfassungsrechtliche Fragen sogar mit normativer Wirkung durch die Tarifpartner geregelt werden können. Krit. gegenüber einer tarifvertraglichen Regelbarkeit Kolbe, Mitbestimmung und Demokratieprinzip, S. 376.

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cc) Tarifmacht und Unternehmensautonomie Jüngst, durch vermehrte gewerkschaftliche Versuche auf die Unternehmerfreiheit mittels Tarifvertrags zuzugreifen, erlebt auch die Frage eine Renaissance, inwiefern dasjenige, was nicht mit normativer Wirkung versehen werden kann, einer Regelung im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags zugänglich ist. Der Zugriff auf die Unternehmensautonomie ist mit Hilfe der Rechtsnormen des § 1 Abs. 1 TVG, die einen Bezug zum Einzelarbeitsverhältnis oder zu betrieblichen bzw. betriebsverfassungsrechtlichen Fragen haben müssen, nämlich nur unvollkommen möglich.34 Auf inhaltliche, insbesondere operative und strategische Entscheidungen, aber auch auf personelle Besetzungsentscheidungen von Führungspositionen, in gewerkschaftlichen Kategorien gedacht die zwei Hauptziele, kann so jedenfalls kein Einfluss ausgeübt werden. Obwohl seit der ersten eingehenden Diskussion viel Zeit verstrichen ist und sich die den Anlass bildende Materie änderte, hat sich die Argumentation mit der Umgehung von Tarifmacht-Schranken hier35, der Notwendigkeit einer Gewährleistung zur Anpassung an die sich ständig wandelnde Arbeitswelt, die die Sozialpartner in die Lage versetzt, autonom neue Herausforderungen außerhalb des Normenkatalogs des § 1 Abs. 1 TVG zu regeln, dort36, im Wesentlichen nicht geändert. b)  Schuldrechtliche Tarifmacht im Rahmen der funktionellen Zuständigkeit Zustimmung verdient die zwischen der normativen und schuldrechtlichen Tarifmacht differenzierende Auffassung, wonach in Tarifnormen nur die Gegenstände der §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG, im schuldrechtlichen Teil inhaltlich hingegen alle Gegenstände vereinbart werden können, die dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG subsumierbar sind. Mit der Unzulässigkeit einer Vereinbarung im normativen Teil ist kein Urteil über die Regelungsfähigkeit im obligatorischen Teil des Tarifvertrages verbunden, bestehen beide Teile doch als selbständige, gleichwertige Bestandteile des Tarifvertrages nebeneinander.37 34 Aktuell eindringlich diskutiert wird die Problematik auch bei der Arbeitnehmer­ überlassung. Dort versuchen die Gewerkschaften den Entleiher mittels schuldrechtlicher Tarifverträge zu verpflichten, in Verträgen mit dem Verleiher den Equal-Pay-Grundsatz durchzusetzen, um u. a. einem Verdrängungswettbewerb der Stammbelegschaft entgegenzuwirken. Eine normative Regelung beim Entleiher scheitert bereits an der beschränkten Tarifmacht, weil nur die Partner des Arbeitsverhältnisses jener Tarifmacht unterworfen sind, zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer aber kein Arbeitsverhältnis besteht. 35 Ausführlich Giesen, Grenzen schuldrechtlicher Vereinbarungsmacht über Unternehmerverhalten, S. 57, 62 ff., der zudem eine „strukturelle Überprivilegierung durch Befugnishäufung“ der Tarifvertragsparteien (S. 68) betont. 36  R. Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit, 2. Aufl., S. 40 f.; R. Krause, AuR 2012, 55, 57. 37  Clausen, Der schuldrechtliche Teil des Tarifvertrags, S. 72 m. w. N.

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Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG weist den Tarifvertragsparteien Tarifmacht für sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu, begrenzt sie zugleich aber darauf als äußere Grenze dessen, was sie in einem Tarifvertrag vereinbaren können.38 Eine weitergehende Eingrenzung enthält das Tarifvertragsgesetz ausweislich der §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG nur für Tarifnormen. Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber die Tarifmacht insgesamt auf Bestimmungen, die den Inhalt, den Abschluss, die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen betreffen, verstanden wissen wollte, sind nicht ersichtlich. Dass durch das Tarifvertragsgesetz einfachgesetzlich die Anerkennung objektiven Rechts auf die Inhalte des § 1 Abs. 1 TVG beschränkt ist, hat somit keine Auswirkungen auf die umfassendere verfassungsrechtlich garantierte funktionelle Zuständigkeit, die sich im obligatorischen Teil des Tarifvertrages ausdrückt.39 Für eine funktionelle Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien auf dem gesamten Gebiet der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 GG spricht außerdem, dass Tarifverträge in einem Bereich die Lücke schließen, in dem der Staat seine Regelungszuständigkeit weit zurückgenommen hat40, um den Koalitionen die Regelung der Arbeitsbedingungen in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme anzuvertrauen. Beschränkt sich der Staat auf die Kreation von Rahmenvorschriften, überlässt aber die Ausgestaltung und das Aushandeln der Arbeitsbedingungen der Verantwortung der Sozialpartner, scheint es sachgemäß, ihnen die tarifvertragliche Regelung des gesamten von staatlicher Rechtsetzung freigebliebenen Raums anheimzustellen. In einem Vakuum, in dem die staatliche Reglementierung weit zurückgenommen ist, die Koalitionen zugleich aber keine Tarifverträge zugunsten ihrer Mitglieder abschließen können, droht eine Verschiebung der Machtverhältnisse zulasten der Arbeitnehmer. Vor allem die tatsächliche Durchsetzung des Gegenmachtprinzips rechtfertigt nämlich die Zurückhaltung des Staates hinsichtlich einer Reglementierung des Arbeitsmarktes. Man müsste auch daran zweifeln, ob eine Harmonie von normativer und schuldrechtlicher Tarifmacht mit der Begrenzung auf die Gegenstände des § 1 Abs. 1 TVG noch eine bloße Ausgestaltung der Tarifautonomie darstellt oder 38  Vgl. BAG 23. 03. 2011 – 4 AZR 366/09 – AP GG Art. 9 Nr. 147 (unter Rn 38): „von Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene, durch diese Bestimmung aber auch begrenzte Tarifmacht“; ähnlich bereits BVerfG 26. 05. 1970 – 2 BvR 664/65 – AP GG Art. 9 Nr. 16 = BVerfGE 28, 295, 304, das durch Art. 9 Abs. 3 GG den Koalitionen die Aufgabe zugewiesen sieht, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in eigener Verantwortung zu gestalten; treffend bezeichnet daher JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 46, 50 die Koalitionsfreiheit gleichermaßen als Grundlage und Grenze der funktionellen Zuständigkeit der Tarifparteien. 39  Dazu bereits oben § 5 A. I. 1. 40  BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 (unter B I 1) = BVerfGE 58, 233, 246; BVerfG 24. 05. 1977 – 2 BvL 11/74 – AP TVG § 5 Nr. 15 (unter B II 1 b aa) = BVerfGE 44, 322, 340; BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 96); BAG 19. 12. 2006 – 9 AZR 356/06 – AP TzBfG § 8 Nr. 20 (unter Rn. 34); BAG 12. 09. 1984 – 1 AZR 342/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 81 (unter B II 2 a).

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nicht viel eher bereits als ein rechtfertigungsbedürftiger, möglicherweise verfassungswidriger Eingriff in die Koalitionsfreiheit angesehen werden müsste.41 Jedenfalls der verfassungsrechtliche Schutz einer koalitionsspezifischen Betätigung im Gesamtbereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen42 erschiene in seiner Effektivität unverhältnismäßig beschnitten. Vor allem aber hat die Rechtsprechung die Tarifautonomie von der umfassenden Gewährleistung einer koalitionsförmigen Betätigung nicht eigens ausgenommen.43 Die Tarifautonomie gewährleistet demnach die koalitionsspezifische Betätigung der Koalitionen durch Tarifvertrag nicht bloß in einem Ausschnitt der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Gestützt wird die Ansicht einer unterschiedlichen Reichweite der normativen und schuldrechtlichen Tarifmacht durch die Systematik bzw. den Gesamtzusammenhang des Tarifvertragsgesetzes. Nahezu sämtliche Vorschriften stehen im Zeichen der Normwirkung des Tarifvertrags und beruhen auf seiner gesetzesgleichen Wirkung, wohingegen nur klarstellend erwähnt wird, dass der Tarifvertrag auch ein Schuldvertrag ist. Das ist auch plausibel, weil das Normanerkennungsmonopol den Staat zur Erteilung eines Geltungsbefehls für die private Normsetzung bewegt hat und der Staat aufgrund der gesetzesgleichen Wirkung aus Gründen der Rechtssicherheit die Normwirkung umfassend regeln bzw. ausgestalten musste. Einer Ausgestaltung des obligatorischen Teils hat er sich dagegen enthalten und ging offensichtlich davon aus, dass sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im schuldrechtlichen Teil geregelt werden können. Zuletzt wäre der Tarifvertrag auch seiner Flexibilität beraubt, könnten in beiden Teilen des Tarifvertrags nur die Inhalte des Katalogs in § 1 Abs. 1 TVG vereinbart werden. Die Arbeitswelt ist einem ständigen Wandel ausgesetzt, dem das Tarifvertragsgesetz in seiner seit Jahrzenten unveränderten Ausformung der Normsetzungsbefugnis unzureichend Rechnung tragen würde, wenn den Tarifpartnern nur die Selbstregulierung der in § 1 Abs. 1 GG genannten Materien gestattet wäre.44 Auch unter dem Aspekt der Parität erfordert die Dynamik jenes Lebensbereichs eine ständige Anpassung zulässiger Tarifinhalte, weil mit den ständig zunehmenden Handlungsalternativen der Arbeitgeberseite die Handlungsmöglichkeiten der Tarifvertragsparteien korrespondieren müssen. Im schuldrechtlichen Teil sehen viele mit Recht den innovativen Charakter des Tarifvertrags, mit dem neue arbeitsrechtliche Entwicklungen der sozio-ökonomischen Wirklichkeit aufgenom41  Die Frage werfen auf und verneinen im Erg. Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 132, 161 ff. 42  BVerfG 14. 11. 1995 – 1 BvR 601/92 – AP GG Art. 9 Nr. 80 = BVerfGE 93, 352, 357; BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 224; BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 283; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 – NZA 1999, 992 = BVerfGE 100, 271, 282; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BurlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 304; BVerfG 06. 02. 2007 – 1 BvR 978/05 – NZA 2007, 394 = BVerfGK 10, 250, 255. 43  Ebenso Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 124. 44  R. Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit, 2. Aufl., S. 41.

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men und in die Verhandlungen der Sozialpartner transportiert werden.45 Insofern trägt das Tarifvertragsgesetz auf einfachgesetzlicher Ebene der Entwicklungsund Zeitoffenheit der Koalitionsfreiheit Rechnung. Mithin können im obligatorischen Teil des Tarifvertrages sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 GG geregelt werden.46 3.  Ergebnis Die sachlich-inhaltliche Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien, durch das Instrument des Tarifvertrags Arbeitsbedingungen zu regeln, reicht von einer funktionellen Allzuständigkeit für den gesamten Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG im obligatorischen Teil bis zur Möglichkeit, im normativen Teil objektives Recht zu schaffen, dessen Anerkennung der Staat jedoch auf den Katalog des § 1 Abs. 1 TVG beschränkt hat. Nur in diesem Rahmen könnten die Gegenstände einer Investorenvereinbarung Inhalt eines Tarifvertrages werden.47 II.  Personelle Abschlussbefugnis (Tariffähigkeit) 1.  Tariffähigkeit und Koalitionsfreiheit Die Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen haben nicht sämtliche Koalitionen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG, die den Zweck verfolgen, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern. Die Fähigkeit, mit dem sozialen Gegenspieler durch Vereinbarung insbesondere die Arbeitsbedingungen des Einzelarbeitsvertrags mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die tarifunterworfenen Arbeitnehmer wie durch staatliche Rechtsnormen zu regeln48, hat der Gesetzgeber durch § 2 Abs. 1, 2, 3 TVG ausgestaltet und auf Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern begrenzt. Man könn45 Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 939; Gamillscheg, Die Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit, S. 95; jüngst nachdrücklich R. Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit, 2. Aufl., S. 40 f.; R. Krause, AuR 2012, 55, 57; im Ansatz bereits Fabricius, in: FS Hilger/Stumpf (1983), S. 155, 165. 46 Ganz h. M. ErfK/Franzen, 18. Aufl., TVG, § 1, Rn. 80; Däubler/Ahrendt, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1211; Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 939; Hölters, Harmonie normativer und schuldrechtlicher Abreden in Tarifverträgen, S. 106 ff.; ebenso offenbar das BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 20 ff.), das, obwohl der gewerkschaftliche Zustimmungsvorbehalt zu Outsourcing-Maßnahmen keine Rechtsnorm darstellte, die Vereinbarung als einen schuldrechtlichen Tarifvertrag einordnete. 47 Zur Qualifizierung der einzelnen Regelungsgegenstände als Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG siehe § 7 D. I. 1., II. 1., III. 1., IV. 1. 48  BVerfG 19. 10. 1966 – 1 BvL 24/65 – AP TVG § 3 Nr. 24 = BVerfGE 20, 312, 313; BAG 28. 03. 2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4 (unter Rn. 35); ähnlich ferner BAG 16. 11. 1982 – 1 ABR 22/78 – AP TVG § 2 Nr. 32 (unter B II).

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te zunächst meinen, der Gesetzgeber habe mit dem Tarifvertragsgesetz die Koalitionsfreiheit nur auf einfachgesetzlicher Ebene konkretisiert. Indes stellt die h. M. insbesondere mit der sozialen Mächtigkeit Anforderungen an die Tariffähigkeit, die Art. 9 Abs. 3 GG nicht immanent sind und eine Verengung gegenüber dem verfassungsrechtlichen Koalitionsbegriff bedeuten. Gleichwohl liegt darin eine bloße Ausgestaltung und kein Eingriff in die Tarifautonomie als Teilgewährleistung der Koalitionsfreiheit.49 Gegenüber Art. 9 Abs. 3 GG erhöhte Anforderungen an die Tariffähigkeit, die im Lichte eines effektiven Koalitionsverfahrens geboten sind, greifen nicht in Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG ein.50 Das gilt beispielsweise für Anforderungen, die zum Ausgleich der strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmer durch die Bildung kollektiver Gegenmacht i. S. e. paritätischen Verhandlung über Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen erforderlich sind, damit die Koalitionen ihre Aufgabe erfüllen können, das Arbeitsleben zu ordnen und zu befrieden. Unter der Voraussetzung dieser Gebotenheit zusätzlicher Anforderungen an die Tariffähigkeit für einen gerechten Ausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ist bis zu einem gewissen Grad der verfassungsrechtlich offene Koalitionsbegriff51 vom Gesetzgeber oder ersatzweise den Gerichten auszufüllen52 und erst bei einem Verstoß gegen das Untermaßverbot wäre der verfassungsrechtliche Schutzauftrag gegenüber dem Koalitionswesen beeinträchtigt.53 2.  Gestaltung durch das Tarifvertragsgesetz Angesichts der verfassungsgemäßen Ausgestaltung der Tarifautonomie durch das Tarifvertragsgesetz und der damit verbundenen Beschränkung der Abschlussbefugnis von Tarifverträgen bleiben als Parteien des Tarifvertrags auf Arbeitnehmerseite ausschließlich die Gewerkschaften und auf Arbeitgeberseite der einzelne Arbeitgeber sowie die Vereinigung von Arbeitgebern (Arbeitgeberverband) üb-

49  Einen Widerspruch zu Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG sehen hingegen Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, 7. Aufl., § 37, Rn. 6. 50  BVerfG 18. 11. 1954 – 1 BvR 629/52 – AP GG Art. 9 Nr. 1 = BVerfGE 4, 96, 107; ferner BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 (unter B IV 1) = BVerfGE 50, 290, 369; BAG 28.03. 2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4 (unter Rn. 44); BAG 05. 10. 2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7 (unter Rn. 35); Gamillscheg, Koalitionsfreiheit und soziale Selbstverwaltung, S. 41. 51 Zum offenen Koalitionsbegriff v. Danwitz, Koalitionsfreiheit, in: HGR V, § 116, Rn. 58; Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 36; Scholz, Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit, S. 14. Siehe dazu unten § 5 B. III. 2. a). 52  BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 = BVerfGE 58, 233, 248 f. 53  Ähnlich BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 = BVerfGE 58, 233, 249; BAG 05. 10. 2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7 (unter Rn. 35); BAG 28.03. 2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4 (unter Rn. 44).

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rig.54 Die Voraussetzungen an die jeweiligen potenziellen Parteien des Tarifvertrags unterliegen einer ausdifferenzierten und verzweigten Rechtsprechung, die maßgeblich von dem Gedanken einer Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Tarifwesens geleitet wird. Deswegen muss die Tariffähigkeit anhand der etablierten Kriterien einzelfallbezogen beurteilt werden.55 III.  Ergebnis Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit ist damit der Tarifvertrag in seinen wesentlichen Grundzügen beschrieben. Im schuldrechtlichen Teil besteht eine umfassende funktionelle Zuständigkeit für den gesamten Bereich der Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG. Dagegen kann Inhalt von Tarifnormen nur sein, was die §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG abschließend als zulässigen Regelungsgegenstand aufzählen. Personell zum Abschluss eines Tarifvertrags befugt sind die in § 2 Abs. 1 TVG benannten Rechtssubjekte. Dass § 2 Abs. 1 TVG den Kreis potenzieller Vertragsparteien eines Tarifvertrags einschränkt, ist als zulässige Ausgestaltung der Tarifautonomie anzusehen und insofern verfassungskonform. Ob und inwiefern die Gegenstände einer Investorenvereinbarung zulässiger Inhalt eines Tarifvertrags sein können und Investoren überhaupt zum Abschluss eines Tarifvertrags befugt sind, wird im Abschnitt über die rechtliche Einordung von Investorenvereinbarung in das kollektive Arbeitsrecht (§ 6) untersucht.

B.  Koalitionsvertrag Die Praxis kennt und bedient sich neben dem Tarifvertrag etwa seit den 1980iger Jahren vermehrt außertariflicher (Sozialpartner-)Vereinbarungen zur Regulierung der Rahmenbedingungen, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird. Pionierfunktion haben insofern die außertariflichen Abmachungen der chemischen Industrie übernommen56, die in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise Regelungen zum betrieblichen Umweltschutz, den leitenden Angestellten oder der Gruppenarbeit enthielten.57 Danach sind solche Vereinbarungen im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung58, der vereinbarten Mitbestim-

54  Ferner sind gem. § 2 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 TVG die Spitzenorganisationen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden tariffähig. 55  Ausführlich zur Tariffähigkeit eines Investors § 6 A. II. 56  Die erste Vereinbarung dieser Art regelte am 25. 01. 1983 die Wahl gewerkschaftlicher Vertrauensleute (abgedruckt in RdA 1983, 304). 57  Einen umfassenden Überblick liefert BAVC, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 13 ff.; Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 967 m. w. N. 58 Dazu Blanke, Verwaltungsmodernisierung, S. 79 ff.; Plander, in: FS Kehrmann (1997), S. 295 ff.; Heldmann, PersR 1996, 386 ff.; Lörcher/Armbruster, ZTR 2000, 483 ff.

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mung59, Metall- und Elektroindustrie60 oder im Rahmen von Konzernverhältnissen61 bekannt geworden. Mit der zunehmenden praktischen Verbreitung außertariflicher Vereinbarungen hält der wissenschaftliche Diskurs allerdings nicht Schritt. Rechtsprechung und Schrifttum haben sich bisher vorwiegend mit Fragen der Abgrenzung62, hier insbesondere derjenigen zum Tarifvertrag, und der Auslegung63 beschäftigt, inzident damit den Koalitionsvertrag rechtlich anerkannt, weitere grundsätzliche Fragen zu den Grundlagen, Voraussetzungen und Rechtswirkungen aber offengelassen. Der Koalitionsvertrag bedarf dringend einiger Konturen, weil er, je nachdem welchen Inhalt und welche Rechtswirkungen man ihm beigibt, durchaus geeignet ist, die Grundfesten des kollektiven Arbeitsrechts zu erschüttern. Anschaulich wird das an der Arbeitskampfbefugnis in ihrer richterrechtlichen Ausprägung, die zum Arbeitskampf nur tariffähige Koalitionen zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Inhalte berechtigt, durch den Koalitionsvertrag aber sowohl personell einem viel größeren Adressatenkreis zugänglich sein, als auch zur Durchsetzung tariflich nicht regelbarer Inhalte genutzt werden könnte.64 Ließe man dies – uneingeschränkt – zu, wirft das unmittelbar die Frage nach dem Verhältnis zum Tarifvertrag auf, ob jener lediglich ergänzt oder ersetzt zu werden droht.65 Soweit der Koalitionsvertrag eine Ergänzungsfunktion übernimmt, bietet er neben den genannten Risiken auch die Chance zur autonomen Regelung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen durch die Sozialpartner in Bereichen, die einer tariflichen Regelung in sachlich-inhaltlicher und/oder personeller Hinsicht entzogen sind. Gerade auf diesen Aspekt soll sich die nachfolgende Untersuchung mit Blick auf Investorenvereinbarungen konzentrieren. Dabei stehen die abstrakten Fragen der Grundlagen, Rechtswirkungen und Grenzen des Koalitionsvertrags im Mittelpunkt. 59 Kempen/Zachert/Wendeling-Schröder, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 852; Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 960 ff.; Spieker, Das Mitbestimmungsgespräch 1962, 181, 183; Schöpfe, Gewillkürte Unternehmensmitbestimmung, S. 230 ff. 60  Siehe dazu Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 963 m. w. N. 61  Nach allg. Auffassung ist die schuldrechtliche Verpflichtung der Konzernobergesellschaft gegenüber einer oder mehrerer Gewerkschaften zur Einwirkung auf konzernangehörige Unternehmen, gerichtet auf die Herstellung einheitlicher Arbeitsbedingungen im Konzern, zulässig, vgl. JKOS/Schubert, 2. Aufl., § 2, Rn. 134; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1331 u. § 2, Rn. 491. 62  BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 1.1); BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 a-c); Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 41 ff.; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 35 ff.; Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 229 ff. 63  BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 2. 2. 1 f.). 64  Zur Zulässigkeit des Arbeitskampfes bei außertariflichen Vereinbarungen § 8 B. 65  Zachert, NZA 2006, 10, 14.

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I.  Verfassungsrechtliche Gewährleistung einer außertariflichen Regelungskompetenz Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG schützt das Recht von jedermann und für alle Berufe, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden. Zwangsläufig umfasst diese verfassungsrechtliche Gewährleistung über den bloßen Schutz der Bildung einer Koalition auch ihre koalitionsspezifische Betätigung, sprich das Recht, die in der Verfassungsvorschrift genannten Zwecke zu verfolgen.66 Die Tarifautonomie als Teilbereich der Koalitionsfreiheit eröffnet den (tariffähigen) Koalitionen die Möglichkeit, Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge zu regeln, schließt gleichzeitig aber eine Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit sonstigen Mitteln nicht aus. Mithin steht die Tarifautonomie im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeit zur Verfolgung ihrer Zwecke.67 Daneben garantiert die Koalitionsfreiheit jedoch weitere Mittel, mit denen der Koalitionszweck im Rahmen einer koalitionsmäßigen Betätigung verfolgt werden kann.68 Die Gewährleistung der Koalitionsmittelfreiheit69 hat nach dem geltenden, einfachgesetzlichen Recht, das zwischen tariffähigen und tarifunfähigen Koalitionen differenziert, eine doppelte Folgewirkung. Zum einen sichert Art. 9 Abs. 3 GG tariffähigen Koalitionen sonstige, außertarifliche Mittel zur Koalitionseinigung, denn die Verfassungsnorm lässt sich nicht dahingehend interpretieren, dass sie „ein Tarifsystem als ausschließliche Form der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gewährleiste“.70 Tariffähige Koalitionen können sich folglich 66  BVerfG 26. 05. 1970 – 2 BvR 664/65 – AP GG Art. 9 Nr. 16 (unter B II 1) = BVerfGE 28, 295, 304; BVerfG 14. 06. 1983 – 2 BvR 488/80 – AP BergmVersSchG NRW § 9 Nr. 21 = BVerfGE 64, 208, 213; ähnlich BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 312; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 897/95 – NZA 1999, 992 = BVerfGE 100, 271, 282; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BUrlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 304. 67  BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 897/95 – NZA 1999, 992 (unter B II 1 a) = BVerfGE 100, 271, 282; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BUrlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 304; Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 13. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 26; Scholz, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VIII, 3. Aufl., § 175, Rn. 116. 68  So gewährleistet Art. 9 Abs. 3 GG in dem von staatlicher Regelung frei gelassenem Raum, dass „die Beteiligten selbst eigenverantwortlich bestimmen können, wie sie die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen fördern wollen. Daß dies nur im Wege von Tarifverträgen möglich sein sollte, ist nicht zu erkennen, zumal eine solche Lösung auf eine Einschränkung der gewährleisteten Freiheit hinausliefe.“, vgl. BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 (unter B IV 2 b aa) = BVerf­ GE 50, 290, 371; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 279; MüArbR/Löwisch/Rieble, 3. Aufl., § 157, Rn. 60 ff.; vgl. auch Fuchs, in: Weiss/Gagel, HAS, § 29, Rn. 22; Kemper, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 125. 69 Dazu Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 297 ff. 70  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 371.

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verschiedener Mittel zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen bedienen. Zum anderen können tarifunfähige Koalitionen außerhalb des Bereichs der Tarifautonomie durch koalitionsspezifische Betätigung ihre Aufgabe, die in Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG genannten Zwecke zu verfolgen, erfüllen.71 D. h. tarifunfähige Koalitionen können, wenn sie vom Anwendungsbereich des Tarifvertragsgesetzes ausgeschlossen sind und keine Tarifverträge zur Wahrung und Förderung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen schließen können, andere Mittel zur Koalitionseinigung verwenden. Soweit das BVerfG früher erklärt hat, Art. 9 Abs. 3 GG räume „den geschützten Personen und Vereinigungen nicht mit Verfassungsrang einen inhaltlich unbegrenzten und gesetzlich unbegrenzbaren Handlungsspielraum“ ein72, beruhte das auf seiner Kernbereichslehre. Später revidierte es jedenfalls diese Aussage und stellte klar, dass Art. 9 Abs. 3 GG die koalitionsmäßige Betätigung nicht in einem inhaltlich eng begrenzten Umfang schütze.73 Seitdem können der Schutz und die rechtliche Existenz alternativer Handlungsformen der Koalitionen nicht mehr in Frage stehen. Von Verfassungs wegen ist das Recht in der Arbeitswelt, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu fördern, nicht den Tarifpartnern vorbehalten, sondern den Koalitionen der Auftrag zur Gestaltung und zum Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insgesamt zur Ordnung des Arbeitslebens, übertragen. Dass nur ein Ausschnitt der Koalitionen tariffähig ist, steht nicht im Widerspruch zu Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG.74 Jenen Koalitionen, die das TVG vom Privileg einer Einigung durch Tarifvertrag ausschließt, muss im Gegenzug aber die Möglichkeit offenstehen, durch autonome Vereinbarung die Rechte ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern. Dabei ist an Koalitionen, die auf dem Weg zur Tariffähigkeit sind, bis dahin aber ein alternatives Gestaltungsmittel brauchen, ebenso zu denken, wie an Koalitionen, denen zwar die soziale Mächtigkeit fehlt, Art. 9 Abs. 3 GG aber wenigstens die Chance gewährleistet, sich gegenüber anderen (mächtigen) Verbänden zu etablieren.75 Richtig ist dieses Ergebnis bereits deshalb, weil mit der umfassenden Gestaltungsfunktion der Koalitionen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts ein kongruenter Rahmen an Gestaltungsmitteln einhergehen muss, was die Existenz eines Inst71  Vgl. BVerfG 26. 05. 1970 – 2 BvR 664/65 – AP GG Art. 9 Nr. 16 (unter B II 1 a) = BVerfGE 28, 295, 305. 72  BVerfG 19. 02. 1975 – 1 BvR 418/71 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 50 = BVerfGE 38, 386, 393. 73  BVerfG 14. 11. 1995 – 1 BVR 601/92 – AP GG Art. 9 Nr. 80 (unter B I 3 a) = BVerfGE 93, 352, 358; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 897/95 – NZA 1999, 992 (unter B II 1 a) = BVerfGE 100, 271, 282; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BUrlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 304. 74  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 369; JKOS/Schubert, 2. Aufl., § 2, Rn. 15; dagegen Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, 7. Aufl., § 37, Rn. 6. 75  Ähnlich MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 2.

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ruments außerhalb des Tarifsystems erfordert.76 Tariffähigen und tarifunfähigen Koalitionen stehen außertarifliche Koalitionsmittel zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zu, sei es ergänzend zum Tarifvertrag oder als zentrales Mittel der koalitionären Einigung. Beides mildert das Spannungsverhältnis zwischen sachlich-inhaltlicher sowie personeller Reichweite der Koalitionsfreiheit einerseits und Tarifmacht77 nach dem Tarifvertragsgesetz andererseits ab. Grundlage des Koalitionsvertrags bildet Art. 9 Abs. 3 GG, soweit die persönlichen und sachlichen Anforderungen erfüllt sind, mithin die Vereinbarung insbesondere dem Zweck dient, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu fördern.78 Es ist nicht nach der Tariffähigkeit der Koalition zu differenzieren, ob die Grundlage eines Koalitionsvertrags Art. 9 Abs. 3 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG bildet79, denn Art. 9 Abs. 3 GG ist in seinem Anwendungsbereich gegenüber der durch die allgemeine Handlungsfreiheit geschützten Privatautonomie das speziellere Grundrecht80. Erst wenn die Vertragspartner nicht den persönlichen Anforderungen genügen oder, wie häufiger, sobald sie den gegenständlichen Bereich der Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen verlassen, ist Art. 2 Abs. 1 GG die Grundlage der Vereinbarung.81 Welche Norm die Grundlage derartiger Vereinbarungen ist, spielt zumindest für die Auslegung eine Rolle, welche im Schutzbereich der Koalitionsfreiheit „im Lichte“ der Bedeutung des Grundrechts konkret für die betroffene Koalition und abstrakt für die liberale Wirtschaftsordnung zu beurteilen ist.82 II.  Eigener Vertragstyp oder Auslegung im Lichte der Koalitionsfreiheit? Die rechtliche Zulässigkeit von privatrechtlichen und koalitionären Einigungsformen neben dem Tarifvertrag entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG.83 Nicht (ausdrücklich) geklärt ist indes der rechtliche Status des Koalitions76  Zachert, NZA 2006, 10, 13; Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 940; ähnlich Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 165; Däubler/ Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 988. 77 Speziell zum persönlichen Spannungsverhältnis Kovács, Das Spannungsverhältnis zwischen Koalitionsfreiheit und Tariffähigkeit, S. 207 ff. 78 Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 946; Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 302; Ruch, Dreiseitige Vereinbarungen, S. 23. 79  So aber Kempen/Zachert/Zachert, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 733. 80  Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 302. 81 Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 989; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 159. 82 Vgl. Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1294. Zu weiteren Konsequenzen siehe § 5 B. V. 83  BAG 28. 09. 1983 – 4 AZR 313/82 – AP TVG § 1 Rückwirkung Nr. 9 (unter Bl. 3) = BAGE 43, 305, 311 f.; BAG 28. 07. 1988 – 6 AZR 349/87 – AP TV Arb Bundespost § 5

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

vertrags. Handelt es sich beim Koalitionsvertrag um einen schuldrechtlichen Vertrag, der „im Lichte“ der Koalitionsfreiheit auszulegen und mit zusätzlichen Wirkungen angereichert ist, oder bildet dieser einen eigenständigen, gegenüber dem Tarifvertrag selbständigen, einfachgesetzlich aber nicht geregelten Vertragstypus? Gegen letzteres wurde eingewandt, es fehle die Erforderlichkeit für „die Entwicklung eines eigenständigen und unmittelbar aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG abzuleitenden speziellen und eigenständigen Typs von Kollektivverträgen“.84 Einem speziellen mitbestimmungsrechtlichen Unternehmensvertrag, der seine Rechtsgrundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet und nur eine besondere Ausprägung des Koalitionsvertrages darstellt, solle außerdem die mangelnde einfachgesetzliche Regelung eines solchen Vertragstyps entgegenstehen.85 Die Erforderlichkeit einer weiteren Einigungsform der Koalitionen neben dem Tarifvertrag lässt sich angesichts des Unterschieds von Koalitionsfreiheit und Tariffähigkeit nicht von der Hand weisen. Neu gegründeten oder kleinen und deshalb schwachen Koalitionen ohne hinreichende Mächtigkeit für die Anerkennung ihrer Tariffähigkeit muss ein Mittel zur Verfügung stehen, mit dem sie bis zu ihrer Tariffähigkeit übergangsweise oder dauerhaft die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder koalitionsautonom wahren und fördern können. Es ist nicht ersichtlich, warum der Koalitionsvertrag, anders als sonstige neue Vertragstypen, zwingend einer einfachgesetzlichen Normierung bedarf.86 Im allgemeinen Zivilrecht gewährleistet die Vertragsfreiheit als zentrale Ausprägung der Privatautonomie Privatrechtssubjekten den Abschluss, die Gestaltung, die inhaltliche Veränderung und Vermischung von Verträgen.87 Darunter fällt auch die Bildung neuer Vertragstypen, denn der Gesetzgeber hat in den §§ 433 ff. BGB nur für besonders wichtige und häufig vorkommende Verträge Rechtsnormen aufgestellt.88 Demgemäß zweifelt niemand an der Zulässigkeit des Leasingvertrags, weil er gesetzlich nicht geregelt ist. Für das Arbeitsrecht als Teilbereich der Privatrechtsordnung gilt ebenso kein Typenzwang. Stattdessen erweitert Art. 9 Abs. 3 GG den Aktionsradius der Koalitionen auf der Basis der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Nr. 1 (unter II 3 c); BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 1 1.2); BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 c aa); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 18); BAG 13. 10. 2011 – 8 AZR 514/10 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 288 (unter Rn. 17). 84 So Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 161. 85  Hensche, AuR 1971, 33, 38. 86 Für den mitbestimmungsrechtlichen Unternehmensvertrag Raiser, BB 1977, 1461, 1464. 87  BVerfG 12. 11. 1958 – 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57 – BVerfGE 8, 274, 328; BVerfG 19. 05. 1992 – 1 BvR 126/85 – BVerfGE 86, 122, 130; BVerfG 08. 04. 1997 – 1 BvR 48/94 – BVerfGE 95, 267, 303; BVerfG 08. 11. 2000 – 1 BvR 12/92 – BVerfGE 103, 89, 100; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvR 2014/95 – BVerfGE 103, 197, 215; Bamberger/Roth/Gehrlein, 3. Aufl., § 311, Rn. 2. 88 Palandt/Grüneberg, 76. Aufl., v. § 311, Rn. 11.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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Art. 2 Abs. 1 GG um spezifisch koalitionäre Betätigungsmittel und die kollektive Verhandlungsführung bei Vertragsbedingungen. Zutreffenderweise bedarf der Koalitionsvertrag als „neuer“ Vertragstypus keiner einfachgesetzlichen Regelung, was auch auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken stößt, weil Art. 9 Abs. 3 GG den Gesetzgeber nicht verpflichtet, ein einheitliches Institut zu schaffen, vielmehr zwei Kollektivvertragsformen nebeneinander existieren können89. Der Koalitionsvertrag stellt daher einen eigenen, selbständigen Vertragstyp dar.90 III.  Sachlicher und personeller Anwendungsbereich Über den sachlichen und personellen Anwendungsbereich des Koalitionsvertrags fehlen bislang grundlegende Ausführungen, weil regelmäßig tariffähige Parteien außertarifliche Vereinbarungen abgeschlossen haben und dementsprechend allein die Frage nach der sachlichen Regelungsbefugnis auftauchte. Mit Blick auf die Qualifikation von Investorenvereinbarungen werden beide Aspekte des Anwendungsbereichs relevant. Da der Koalitionsvertrag seine rechtliche Grundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet, müssen die Inhalte einer Investorenvereinbarung sachlich-inhaltlich dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG unterfallen und der Investor müsste abschlussbefugt sein. 1.  Sachlich-inhaltliche Regelungsbefugnis Da das Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen den äußeren Handlungsrahmen der Koalitionen determiniert91, mithin auch das Repertoire der zulässigen Regelungsgegenstände des Koalitionsvertrags beschreibt, soweit im Einzelfall einem Regelungsgegenstand kein höherrangiges Recht entgegensteht, muss sich nachfolgend um eine Konkretisierung jener Formulierung bemüht werden. Seit jeher bereitet dabei Schwierigkeiten, dass die Koalitionsfreiheit nicht zu den klassischen Grundrechtsgewährleistungen gehört und deshalb nicht sämtliche Auslegungsmethoden gleich geeignet sind, um den Inhalt dieser Garantie und insbesondere den des Begriffspaares der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu 89 

Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 193. So offenbar auch das BAG 14. 12. 1993 – 1 AZR 550/93 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 129 (unter I 4 a), das zwischen kollektivrechtlichen Regelungen eigener Art und schlicht schuldrechtlich zu bewertenden Regelungen unterscheidet. Auf dieser Linie liegt auch die Feststellung, dass eine vertragliche Regelung zwischen Tariffähigen kein Tarifvertrag sein müsse, sondern „auch ein sonstiger [schuldrechtlicher] Vertrag oder ein Koalitionsvertrag sein“ könne, vgl. BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 c aa). Ausdrücklich Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 990 m. Fn. 70; Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 63 f.; dagegen Lasson, Kollektivrechtliche Investitionsvereinbarungen, S. 44 m. Fn. 75, der die Annahme, es gebe zwischen Tarifvertrag und einfachem Schuldvertrag einen dritten Vertragstypus auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG, ablehnt. 91 Vgl. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 219; Badura, JahrbArbR 15 (1977), S. 17, 27. 90 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

ermitteln.92 Als „zeitoffene Begriffe“93 werden sie teilweise einer Konkretisierung durch die Verfassungswirklichkeit überantwortet94, während eine Präzisierung wenigstens i. S. e. Bestimmbarkeit des Begriffspaares notwendig ist, die auf der einen Seite erlaubt, auf einen gesellschaftlichen, technischen und organisatorischen Wandel des Arbeitslebens zu reagieren, auf der anderen Seite dieses Begriffspaar nicht jeder Willkür preisgibt.95 a)  Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Im Schrifttum haben sich drei meinungsbildende Strömungen für das Verständnis des Begriffspaares der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen formiert, wobei die überwiegend vertretene Auffassung einen vermittelnden Standpunkt zwischen zwei kontradiktorischen Polen einnimmt. Vom besonders restriktiven Standpunkt aus interpretiert, geht der Begriff der Wirtschaftsbedingungen in den Arbeitsbedingungen auf und bildet aus der Sicht des wirtschaftenden Unternehmens nur die Kehrseite dessen, was den gegenständlichen Inhalt von Arbeitsverhältnissen ausmacht.96 Inhaltlich entspricht dem weitgehend, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG auf die 1869 in § 152 Abs. 1 GewO97 genannten „Lohn- und Arbeitsbedingungen“ zu reduzieren.98 Die extreme Gegenposition dazu versieht den Begriff der Wirtschaftsbedingungen mit einer eigenständigen Bedeutung gegenüber den Arbeitsbedingungen, löst die Regelungsbefugnis der Koalitionen bezüglich der Wirtschaftsbedingungen 92 

BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B I 1). Bauer, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 9, Rn. 75; Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 88; Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 58; in der Sache wohl auch BAG 21. 03. 1978 – 1 AZR 11/76 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 62 (unter III 2), das auf die Schnelllebigkeit und die Entwicklung des sozialen Lebens im Bereich der abhängigen Arbeit und eine kongruente Entwicklungsoffenheit der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen für neue Regelungsinhalte hinweist. Bisweilen wird die Konkretisierung des Begriffspaares durch logischen Erkenntnisakt vorschnell ablehnt, vgl. Säcker, Grundprobleme der kollektiven Koalitionsfreiheit, S. 40; Säcker, Gruppenautonomie und Übermachtkontrolle im Arbeitsrecht, S. 255 f.; ähnlich Gerhardt, Das Koalitionsgesetz, S. 160 f. 94  Siehe nur Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 44; Krüger, Gutachten zum 46. DJT, Bd. I Teil 1, S. 7, 24 ff.; Herschel, Referat auf dem 46. DJT, Bd. II, D S. 7, 11. 95 Eindringlich Sodan, JZ 1998, 421, 423. 96  Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, 7. Aufl., § 10, Rn. 14. 97  Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. 06. 1869, BGBl. S. 245. 98 So Forsthoff, BB 1965, 381, 385; offenbar auch Weber, Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie als Verfassungsproblem, S. 23; restriktiv auch Biedenkopf, Gutachten zum 46. DJT, Bd. I Teil 1, S. 97, 162 f., der die koalitionsautonome Regelungsbefugnis auf die der unternehmerischen Planung vorgelagerten „sozialen Daten“ beschränkt, die unternehmerische Entscheidung selbst aber einer koalitionären Auseinandersetzung entzieht. Ausdrücklich dagegen BSG 19. 02. 1976 – 12/7 RAr 126/74 – BSGE 41, 193, 196. 93 

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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vom einzelnen Arbeitsverhältnis und bezieht alle wirtschaftlichen Entscheidungen im Unternehmen mit ein.99 Einen der arbeitsrechtlichen Entscheidung vorgelagerten, entzogenen Freiraum wirtschaftlicher Entscheidungsmacht des Unternehmens über seine Organisation, den Zutritt auf oder den Austritt aus einem Markt kennt diese Ansicht nicht und unterwirft der prinzipiellen Regelungsbefugnis der Koalitionen auch sämtliche nicht auf das Arbeitsleben bezogenen Rahmenbedingungen im Unternehmen. Obwohl auf die beschränkte Aussagekraft der herkömmlichen Auslegungsmethoden hingewiesen wurde, ist jedenfalls die erstgenannte Extremposition kaum mit dem Wortlaut und der Historie von Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG vereinbar. Diese Ansicht überzeugt bereits wegen des Wortlauts („Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“) nicht, denn man würde dem Verfassungsgeber eine Tautologie, die Beschreibung ein und desselben Sachverhalts aus dem Blickwinkel der Arbeitnehmer sowie der Unternehmer, unterstellen.100 Außerdem hat sich der Verfassungsgeber mit seiner Formulierung an den nahezu wortgleichen Art. 159 WRV angelehnt101 und somit bewusst von der engen Formulierung des § 152 Abs. 1 GewO Abstand genommen, der die Regelungskompetenz der Koalitionen auf „Lohn- und Arbeitsbedingungen“ begrenzt hat.102 So zählt das BVerfG zum Wirkungsbereich der Koalitionen als kleinsten gemeinsamen Nenner diejenigen Materien, derer sich die Koalitionen bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes angenommen haben. Indem es zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen „vor allem das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen“ rechnet, zeigt sich das Bundesverfassungsgericht zugleich gegenüber anderen Inhalten aufgeschlossen.103 99  Jüngst dezidiert Poscher, RdA 2017, 235, 237 ff.; ferner Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rn. 175b; Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 187, nach dem sich die Regelungsbefugnis auf alle im Produktionsprozess fallenden Entscheidungen erstrecken müsse; AK-GG/Kittner/Schiek, 3. Aufl., Art. 9 Abs. 3, Rn. 93; ebenso Weiss, in: FS Vetter (1977), S. 293, 298 f.; Berg/Wendeling-Schröder/Wolter, RdA 1980, 299, 307; MüArbR/Löwisch/Rieble, 3. Aufl., § 155, Rn. 24. Teilweise werden sogar rein wirtschaftliche Zusammenschlüsse dem Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG zugeordnet, vgl. Hamann/Lenz, GG, 3. Aufl., Art. 9 GG, S. 231 (unter B 8 a); für Kartelle Dürig, NJW 1955, 729, 729 f. 100  Söllner, JahrbArbR 16 (1978), S. 19, 23 = Söllner, Das Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in. Art. 9 Abs. 3 GG, S. 199, 205; Otto/Schwarze, ZfA 1995, 639, 664. 101  BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B I 1). 102  Söllner, JahrbArbR 16 (1978), S. 19, 23; Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 41; Otto/Schwarze, ZfA 1995, 639, 664; Krüger, Gutachten zum 46. DJT, Bd. I Teil 1, S. 7, 22 f. 103  BVerfG 24. 05. 1977 – 2 BvL 11/74 – AP TVG § 5 Nr. 15 = BVerfGE 44, 322, 340 f. „insbesondere“; BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 (unter B I 1) = BVerfGE 58, 233, 246 „insbesondere“; BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 283 „vor allem“; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 – NZA 1999, 992 = BVerfGE 100, 271, 282 „insbesondere“; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BurlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 304 „insbesondere“; BAG

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Ungleich schwieriger ist es, die besonders weite Auffassung zu widerlegen, die den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen jeweils eine eigenständige Bedeutung beigibt und damit den Koalitionen eine umfassende Regelungsmacht auf dem gesamten Gebiet des Arbeits- und Wirtschaftslebens zuerkennt. Mit dem Wortlaut lässt sie sich jedenfalls unproblematisch vereinbaren. Derweil steht es der Entwicklungsgeschichte entgegen, die Koalitionsfreiheit vollständig vom einzelnen Arbeitsverhältnis zu abstrahieren und unter Berufung auf die eigenständige Bedeutung der Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG die Koali­tionsbetätigung auf rein wirtschaftliche Entscheidungen zu erstrecken oder gar jede Vereinigung, die bloß wirtschaftliche Interessen verfolgt, als Koalition besonders zu schützen104. Ihrem historisch gewachsenen Kern nach bezweckt die Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG den Ausgleich der kollidierenden Berufsfreiheiten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit den Mitteln der kollektiven Privatautonomie.105 Sie schützt zwar gleichermaßen arbeitnehmer- und arbeitgebernahe Koalitionen und bezieht demnach nicht einseitig Stellung zugunsten der Arbeitnehmer. Ihrer entwicklungsgeschichtlichen Funktion nach dient sie jedoch insbesondere dem Schutz der abhängig Beschäftigten.106 Geschichtlich liegt es dem Verfassungsgeber also fern, das Betätigungsfeld der Koalitionen mit dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen auf rein wirtschaftliche Entscheidungen, welche keine bzw. nur sehr entfernte Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse haben, auszudehnen. b)  „Funktionelle Einheit“ des Begriffspaares Die ganz h. M. interpretiert das Begriffspaar der „Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ deshalb zu Recht als eine „funktionelle Einheit“107, das einerseits eine Regelungsbefugnis der Koalitionen über die bloßen „Lohn- und Arbeitsbedingungen“ des früheren § 152 Abs. 1 GewO 1869 hinaus gewährleistet, andererseits einen Zugriff auf den Kernbereich unternehmerischer Betätigung nicht umfasst 17. 06. 2009 – 7 AZR 112/08 (A) – AP TzBfG § 14 Nr. 64 (unter Rn. 15) „vor allem“; ErfK/ Linsenmaier, 18. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 74. 104 So aber Hamann/Lenz, GG, 3. Aufl., Art. 9 GG, S. 231 (unter B 8 a); Dürig, NJW 1955, 729, 729 f. 105  Vgl. ErfK/Schmidt, 18. Aufl., GG, Art. 12, Rn. 25; BAG 08. 12. 2010 – 7 ABR 98/09 – AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 62 (unter Rn. 53). 106  Otto/Schwarze, ZfA 1995, 639, 665; Söllner, JahrbArbR 16 (1978), S. 19, 23 weist insofern auf den historischen Zusammenhang zwischen der Koalitionsfreiheit und der Entwicklung des kollektiven Arbeitsrechts hin. Noch weiter geht Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 46, der die Koalitionsfreiheit als ein „Grundrecht des Arbeitsrechts“ bezeichnet. 107  Wiedemann, in: FS Riesenfeld (1983), S. 301, 302 = RdA 1986, 231, 231; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 47; v. Münch, in: Bonner Kommentar, Art. 9 (Lfg. 16 Juni 1966), Rn. 123; ähnlich Scholz, in: FS Rittner (1991), S. 629, 634; Scholz, in: Tarifautonomie und Kartellrecht, S. 1, 3.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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und gerade nicht sämtliche wirtschaftlichen Entscheidungen im Unternehmen zum Gegenstand koalitionärer Auseinandersetzung macht.108 Wenn nicht alle im Unternehmen anfallenden wirtschaftlichen Entscheidungen zur sachlich-inhaltlichen Regelungsbefugnis der Koalitionen gehören, stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Abgrenzung der wirtschaftlichen Entscheidungen, die innerhalb und außerhalb dieser Regelungsbefugnis liegen. Einen Anhaltspunkt für die Abgrenzung liefert das einheitliche Verständnis der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, das für einen Zugriff auf unternehmerische Entscheidungen zumindest eine abstrakte Rückkoppelung an das Arbeitsverhältnis i. S. e. arbeitsrechtlichen Zusammenhangs fordert.109 Eine losgelöste Interpretation der Wirtschaftsbedingungen vom Begriff der Arbeitsbedingungen ist nicht legitim. Erforderlich ist vielmehr, dass koalitionäre Regelungen auf dem Gebiet der Wirtschaftsbedingungen einen spezifischen Bezug zu den Arbeitsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG oder dem Arbeitsleben insgesamt wahren. Auf den Punkt gebracht fasst die h. M. unter Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sämtliche Bedingungen zusammen, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird oder die sich regulierend auf den Arbeitsmarkt auswirken.110

108  Badura, JahrbArbR 15 (1977), S. 17, 27; Söllner, JahrbArbR 16 (1978), S. 19, 23; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 220; Wiedemann, in: FS Riesenfeld (1983), S. 301, 302 f.; Jarass, NZA 1990, 505, 506; umfassend dazu Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 2027 ff., insb. S. 2029; Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 39 ff. In der Sache entspricht diese Auffassung auch der Rechtsprechung, denn sie sieht vom Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen neben dem Arbeitsentgelt und den anderen materiellen Arbeitsbedingungen weitere Bereiche des Arbeitsverhältnisses sowie darauf bezogene Leistungen und Einrichtungen erfasst, vgl. BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 283; im Anschluss daran BAG 24. 10. 2013 – 6 AZR 467/12 – AP InsO § 131 Nr. 3 (unter Rn. 18). Früher hat das BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B II 1) bereits darauf hingewiesen, dass sich der Kernbereich der Unternehmensautonomie einer koalitionsautonomen Regelung entzieht und unternehmerische Entscheidungen nur soweit einer Regelung zugänglich sind, als sie die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Arbeitnehmer berühren, die sich gerade aus deren Eigenschaft als abhängige Beschäftigte ergeben. 109  Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 88; Kemper, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 89; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 47; Otto/ Schwarze, ZfA 1995, 639, 666; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 220; Waltermann, NZA 1991, 754, 757, 759; Clausen, Der schuldrechtliche Teil des Tarifvertrags, S. 133; Kempen, AuR 1980, 193, 195; ähnlich Weyand, Die tarifvertragliche Mitbestimmung unternehmerischer Personal- und Sachentscheidungen, S. 182 f., der insb. auf die Intention der Koalitionspartner abstellt, einen sozialen Schutzeffekt für die Arbeitnehmer zu bewirken. 110  Ursprünglich geht die Formel wohl auf Söllner, JahrbArbR 16 (1978), S. 19, 24 zurück. Inzwischen hat sie allg. Zustimmung erfahren, siehe statt aller R. Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit, 2. Aufl., S. 38; Scholz, ZfA 1990, 377, 395; ähnlich BAG 28. 06. 2001 – 6 AZR 114/00 – AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 24 (unter B III 3 a).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

2.  Personelle Abschlussbefugnis Die personelle Komponente des Koalitionsvertrages hat in der Rechtsprechung und im Schrifttum bisher eine untergeordnete Rolle gespielt, weil in der Praxis häufig tariffähige Parteien Koalitionsverträge abschließen, welche unbestritten auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG handeln. Ist an einem Koalitionsvertrag aber wenigstens eine tarifunfähige Partei beteiligt oder sind beide Vertragspartner tarifunfähig, stellt sich die Frage nach der persönlichen Abschlussbefugnis. Koalitionsverträge auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG111 können selbstredend nur Parteien mit dem Zweck, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern, nach herkömmlicher Begriffsbildung die Koalitionen112, abschließen. Andere Zusammenschlüsse können sich demzufolge grundsätzlich nicht des Koalitionsvertrags als Einigungsmittel bedienen. Auf Arbeitnehmerseite handeln regelmäßig Gewerkschaften, die unproblematisch die Anforderungen an die Koalitionseigenschaft i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG erfüllen. Die Bestimmung der Abschlussbefugnis stößt stattdessen auf der Gegenseite auf weitgehend ungeklärte Probleme, denn allgemein sind der verfassungsrechtliche Schutz des Koalitionsgegners der Arbeitnehmer, mithin die Bestimmung der Grundrechtsträgerschaft und die persönliche Reichweite des Schutzes113, durch Art. 9 Abs. 3 GG ebenso wenig erörtert wie speziell die in Betracht kommenden Vertragspartner eines Koalitionsvertrages.114

111 Siehe

zum Schuldvertrag, dessen Grundlage nicht Art. 9 Abs. 3 GG, sondern Art. 2 Abs. 1 GG bildet § 5 C. 112  Dem Verfassungstext selbst ist freilich der Koalitionsbegriff fremd, gemeinhin wird Art. 9 Abs. 3 GG allerdings die Koalitionsfreiheit entnommen, vgl. nur BVerfG 18. 11. 1954 – 1 BvR 629/52 – AP GG Art. 9 Nr. 1 = BVerfGE 4, 96, 105; BVerfG 11. 07. 2006 – 1 BvL 4/00 – AP GG Art. 9 Nr. 129 = BVerfGE 116, 202, 218; Tettinger, Jura 1981, 1, 1. 113  Grundlegend zur verfassungsrechtlichen Diskussion Hoffmann, Der Grundsatz der Parität und die Zulässigkeit der Aussperrung, S. 47, 59 ff., 66 ff., der nach dem Zurechnungssubjekt des Koalitionsrechts fragt und einseitig die Arbeitnehmer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt sieht. Ebenso Berghäuser, Koalitionsfreiheit als demokratisches Grundrecht, S. 174 ff. m. w. N.; für einen schwächeren Schutz von Arbeitgebern AK-GG/Kittner/Schiek, 3. Aufl., Art. 9 Abs. 3, Rn. 80, 103; Däubler/Hege, Koalitionsfreiheit, Rn. 87, 99. Ganz ähnlich sah Kempen/Zachert/Kempen, TVG, 3. Aufl., Grundl., Rn. 79 früher die Arbeitgeberseite nur als mittelbare Grundrechtsadressatin. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerfG’s (26. 06. 1991 – 1 BvR779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 224) hält er seit der 4. Aufl. aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer für Träger der Koalitionsfreiheit, vgl. Kempen/Zachert/Kempen, TVG, 5. Aufl., Grundl., Rn. 101. Abl. Scholz, ZfA 1980, 357, 359 f.; Scholz/Konzen, Die Aussperrung im System von Arbeitsverfassung und kollektivem Arbeitsrecht, S. 84 f., 123. 114  Speziell zu den potenziellen Vertragspartnern eines Koalitionsvertrags – soweit ersichtlich – nur Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 67 f.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

113

a)  Koalitionsbegriff aa) Offener Koalitionsbegriff Mit der Entwicklungsoffenheit der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG insgesamt115, die gewährleistet, neue technische, organisatorische und wirtschaftliche Entwicklungen aufzunehmen und im Arbeitsleben in einen gerechten Ausgleich zu bringen, korrespondiert die Offenheit des Koalitionsbegriffs.116 Diese Offenheit resultiert zunächst aus der unterlassenen Definition im Verfassungstext117, der das berechtigte Kollektiv nur als Vereinigung zum Zweck der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen beschreibt. Grundsätzlich trägt die Entwicklungsoffenheit des Koalitionsbegriffs dem ständigen Wandel des Arbeitslebens Rechnung. Ermöglicht und garantiert das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG den Vereinigungen des Arbeitslebens, auf veränderte Abläufe und neue Entwicklungen flexibel mit den Mitteln des Koalitionsverfahrens zu reagieren118, dann kann sich die Verfassungsnorm nicht einem sozial-gesellschaftlichen Wandel in dem Sinne verschließen, dass neue Akteure im Arbeitsleben von der Ordnung des Arbeitsmarkts im Wege der koalitionären Auseinandersetzung ausgeschlossen werden. Der verfassungsrechtliche Koalitionsbegriff garantiert daher nicht rückwärtsgewandt den Status quo der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes geschützten Träger von Art. 9 Abs. 3 GG. Vielmehr ist die Verfassungsnorm imstande, neuere Entwicklungen auch im Kreis der Grundrechtsträger zu berücksichtigen.119 Somit gewährleistet Art. 9 Abs. 3 GG einen zeitoffenen Schutz für sämtliche Akteure auf dem Arbeitsmarkt, die einen Ausgleich der gegensätzlichen Interessen von Arbeit und Kapital120 im Wege der freiheitlich, liberalen und autonomen Auseinandersetzung suchen. Es ist nicht statthaft, den Gewährleistungsinhalt der Koalitionsfreiheit auf die derzeit zentralen Verhandlungspartner (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände) zu beschränken.

115  Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 163; Bayreuther, Tarifautonomie als kollektiv ausgeübte Privatautonomie, S. 13 f.; Gamillscheg, Die Grundrechte im Arbeitsrecht, S. 86; ähnlich Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 55; BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B I 1). 116 Ähnlich v. Danwitz, Koalitionsfreiheit, in: HGR V, § 116, Rn. 58. 117  Scholz, Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit, S. 14. 118 Dabei sei insbesondere an den schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages gedacht, welcher – nach hier vertretener Auffassung – gerade dazu dient, Regelungen über neue Verhandlungsgegenstände zu ermöglichen, siehe oben § 5 A. I. 2. b). 119  Scholz, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VIII, 3. Aufl., § 175, Rn. 58. 120  Krit. zum Gegensatz von „besitzender und arbeitender Klasse“ MüArbR/Richardi, 3. Aufl., § 3, Rn. 25; Greiner, Rechtsfragen der Koalitions-, Tarif- und Arbeitskampfpluralität, S. 85; Reuter, Die Stellung des Arbeitsrechts in der Privatrechtsordnung, S. 8 f., 13 f. Allerdings hat Piketty, Das Kapital im 21. Jahrhundert, S. 265 ff. jüngst eindrücklich Zweifel an der Überwindung des Gegensatzes von Arbeit und Kapital belegt.

114

2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

bb) Funktionaler Koalitionsbegriff Art. 9 Abs. 3 GG öffnet den Koalitionsbegriff sachlich wie personell für einen technischen, organisatorischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Wandel und droht ihn damit zu entgrenzen. Indem die Norm den Koalitionsbegriff funk­ tionell auf den Koalitionszweck bezieht121, konkretisiert sie den unbestimmten Koalitionsbegriff aber wiederum und macht ihn bestimmbar. Unter diesem funktionellen Blickwinkel umfasst die personelle Gewährleistung der Koalitionsfreiheit sämtliche Beteiligten des Arbeitslebens, die gemeinsam friedlich oder gegensätzlich kämpferisch die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen wahren und fördern. Denn obgleich die deutsche Arbeitsrechtsordnung praktisch das Prinzip des antagonistischen Ausgleichs von Interessen im Arbeitsverhältnis mittels der koalitionären Gegenmachtbildung prägt, bleibt i. R. d. Koalitionsfreiheit Raum für eine konsensorientierte Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch die sozialen Gegenspieler. Diesem funktionellen Verständnis zufolge nimmt der Koalitionsbegriff alle Beteiligten des Arbeitslebens in sich auf, deren Aufgabe bzw. Zielsetzung bezogen auf das Arbeitsverhältnis die Überwindung innergesellschaftlicher sozialer Spannungen mit den Mitteln der privatautonomen und liberalen Auseinandersetzung ist. Wenig überzeugend ist daher der heute oft anzutreffende Befund, der einzelne Arbeitgeber sei keine Koalition, deshalb nicht durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt und könne sich nur auf seine Berufs- und Unternehmerfreiheit berufen.122 Nach dem hier vertretenen funktionellen Maßstab wahrt und fördert nämlich gerade auch der einzelne Arbeitgeber die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Bedingungen, der bei ihm abhängig Beschäftigten. Demgemäß geht das BAG davon aus, dass sich der einzelne Arbeitgeber in seiner Betätigung auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen kann.123 Gleichwohl folgt aus diesem Verständnis nicht, dass jeder mit irgendeinem Einfluss auf die Arbeitsverhätlnisse der Beschäftigten selbst Träger der Koalitionsfreiheit ist. Insoweit ist zwischen der funktionalen Bestimmung der Grundrechtsträgerschaft und der funktionalen Sicherung der Wahrnehmung des Koalitionsauftrags

121 So Kemper, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 91; Scholz, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VIII, 3. Aufl., § 175, Rn. 58; Scholz, Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit, S. 14. 122  Siehe nur MüArbR/Löwisch/Rieble, 3. Aufl., § 155, Rn. 16; wohl auch Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 13. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 29. 123  BAG 14. 07. 1981 – 1 AZR 159/78 – AP TVG § 1 Verhandlungspflicht Nr. 1 (unter III 2); BAG 20. 11. 1990 – 1 ABR 62/89 – AP TVG § 2 Nr. 40 (unter B II 2 c); zuletzt offengelassen in BAG 11. 08. 1992 – 1 AZR 103/92 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 124 (unter A I 3 b); zust. Konzen, Anm. zu BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – SAE 1991, 335, 342; Rüthers, in: Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl., § 4, Rn. 91; ähnlich Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 296 f., der die Freiheit von Koalitionsbildung und -verfahren getrennt versteht, was dem einzelnen Arbeitgeber ermöglicht am Koalitionsverfahren teilzunehmen, ohne formal eine Koalition zu sein.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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zu differenzieren.124 Dafür spricht insbesondere die geschichtliche Entwicklung der Koalitionsfreiheit aus der Not der abhängig Beschäftigten in der industriellen Massenproduktion.125 Intentional garantiert die Koalitionsfreiheit damals wie heute das Recht der Arbeitnehmer zur Selbsthilfe durch die kollektive Zusammenfassung, Bündelung und Durchsetzung ihrer Interessen, während ihr historisch die Wahrung und Förderung von Arbeitgeberinteressen fernliegt.126 Selbst wenn nach der historischen Entwicklung Art. 9 Abs. 3 GG demnach Arbeitnehmerinteressen den Vorrang einräumt, bedarf es nach der Konzeption der verfassungsrechtlichen Gewährleistung allerdings eines kontradiktorischen Partners mit Einfluss auf die Arbeitsbedingungen, welche sie zu regulieren beabsichtigen. Ohne die Mitwirkung der Gegenseite können die Arbeitnehmerkoalitionen die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder nicht ändern. Insofern erfordert das Koalitionsverfahren funktionell ein Zusammenspiel beider Seiten127, woraus sich abstrakt die verfassungsrechtliche Garantie eines Verhandlungspartners ableiten lässt. Dieser Verhandlungspartner kann sich unterdessen nicht aus eigenem Recht auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen. Seine Teilnahme am Koalitionsverfahren stellt lediglich einen Reflex der funktionalen Gewährleistung einer effektiven Wahrung und Förderung der Arbeits und Wirtschaftsbedingungen als Ausfluss des Selbsthilferechts der Arbeitnehmerseite dar. Der Verfassungstext selbst enthält keine weitere Konkretisierung des Verhandlungspartners, fixiert diesen also nicht verfassungsunmittelbar. Der historischen Entwicklung und dem Schutzzweck der Koalitionsfreiheit würde dies ohnehin nicht entsprechen, schließlich ist sie zeitoffen gestaltet, wodurch sie einem stetem Wandel unterliegt, und kanalisiert primär Arbeitnehmer- und nicht Arbeitgeberinteressen. Deshalb bezieht Art. 9 Abs. 3 GG den Koalitionsbegriff schutzzweckbezogen auf all diejenigen Vertragspartner, mit denen sich die Arbeitnehmerkoali­ tionen entscheiden, gemeinsam konsensorientiert oder gegensätzlich kämpferisch eine Einigung über die Arbeitsbedingungen abhängig Beschäftigter zu erzielen und die kumulativ dazu in einer Nähebeziehung zum Arbeitsverhältnis stehen, die ihnen einen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten ermöglicht.128 Auf welche Art und Weise, vor allem 124 

Für eine solche Trennung Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 296 f. sozial-gesellschaftlichen Entwicklung und dem damit aufkommendem Koalitionswesen Kurth, Geschichte der Gewerkschaften in Deutschland, 2. Aufl., S. 9 ff.; Stadler, Die Gewerkschaften, S. 11 ff. 126 Vgl. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 181; Scholz, ZfA 1980, 357, 358. Dazu passt der vornehmlich reaktive, defensive Charakter der ersten Arbeitgeberverbände, vgl. Erdmann, Die deutschen Arbeitgeberverbände im sozialgeschichtlichen Wandel der Zeit, S. 57. 127  Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 183. 128  Bislang wird die schutzzweckbezogene Interpretation allein dahingehend verstanden, dass Art. 9 Abs. 3 GG auf Seiten der abhängig Beschäftigten nicht ausschließlich Arbeitnehmer im engen Sinn, sondern auch andere individuell vergleichbar abhängig Beschäftige erfasst (dazu MüArbR/Löwisch/Rieble, 3. Aufl., § 155, Rn. 29). Diese schutzzweckbezogene Auslegung wirkt sich auch auf den Kreis der Koalitionsgegner aus, denn Arbeitnehmerko125  Zur

116

2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

aber mit welchem Verhandlungspartner Arbeitnehmerkoalitionen die Arbeitsbedingungen von abhängig Beschäftigten effektiv wahren und fördern, überlässt Art. 9 Abs. 3 GG diesen im genannten Rahmen selbst. Die funktionell eingeschränkte Wahl des Verhandlungspartners durch die Arbeitnehmerkoalitionen resultiert aus ihrem Selbstbestimmungsrecht. Frei von staatlicher Einflussnahme bestimmen sie selbst und eigenverantwortlich über die gemeinsame Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.129 Hat man bisher dieses Selbstbestimmungsrecht vor allem auf die Wahl der Mittel bezogen, die die Koalitionen nach dem Kriterium ihrer Eignung im Hinblick auf die Erreichung des koalitionsspezifischen Zwecks frei auswählen können130, bezieht sich das Wahlrecht der verfassungsrechtlichen Gewährleistung überdies auf den Verhandlungspartner. Die Freiheit, selbst darüber zu bestimmen, „in welcher Weise sie die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder fördern wollen“131, umfasst danach neben der Mittelfreiheit der Koalitionen eine personelle Wahlfreiheit hinsichtlich des Verhandlungspartners. Indessen können die Arbeitnehmerkoalitionen nicht jeden beliebigen Dritten als Verhandlungs- bzw. Vertragspartner auswählen. Arbeitnehmerkoalitionen wahren und fördern nicht allgemein die Arbeitsbedingungen aller abhängig Beschäftigen, sondern verfolgen gerade die Förderung der Interessen ihrer Mitglieder. Deshalb muss der Verhandlungspartner selbst Einfluss auf die in der Arbeitnehmerkoalition organisierten abhängig Beschäftigten ausüben können, was zwar nicht die Stellung des Verhandlungspartners als Arbeitsvertragspartei, wenigstens aber eine mittelbare Gestaltungsmacht über die konkreten Arbeitsbedingungen erfordert. Die Funktion der Koalitionsfreiheit, die Interessen der eigenen koalitionsangehörigen Mitglieder wahrzunehmen, setzt dem Wahlrecht der Arbeitnehmerkoalition diese rechtliche Schranke, indem sie eine Nähebeziehung des Verhandlungspartners zum Arbeitsverhältnis erfordert. cc) Merkmale des Koalitionsbegriffs Da auf beiden Seiten einzelne Arbeitnehmer und einzelne Arbeitgeber koalieren, um jeweils gemeinsam unter dem Dach einer Vereinigung ihre Interessen bestmöglich durchzusetzen, können die Anforderungen an die Koalitionseigenschaft alitionen können ohne einen Verhandlungspartner keine Gegenmacht bilden und Verhandlungsparität schaffen. 129  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 (unter B IV 1) = BVerfGE 50, 290, 367. 130 BVerfG 26. 03. 2014 – 1 BvR 3185/09 – NZA 2014, 493, 494 (Rn. 23); ­ BVerfG 06. 02. 2007 – 1 BvR 978/05 – NZA 2007, 394 = BVerfGK 10, 250, 255 f.; BVerfG 10. 09. 2004 – 1 BvR 1191/03 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 167 = BVerfGK 4, 60, 63; BVerfG 04. 07. 1995 – 1 BvF 2/86, 1, 2, 3, 4/87, 1 BvR 1421/86 – AP AFG § 116 Nr. 4 = BVerfGE 92, 365, 393. 131  BVerfG 28. 04. 1976 – 1 BvR 71/73 – AP BetrVG 1972 § 74 Nr. 2 = BVerfGE 42, 133, 138.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

117

von der einen Seite auf die andere Seite grundsätzlich gespiegelt werden. Damit eine Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG vorliegt, fordert die ganz überwiegende Meinung – erstens – eine privatrechtliche Vereinigung, die sich – zweitens – freiwillig zusammengeschlossen hat, um – drittens – die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern, ohne dabei – viertens – von der Gegenseite abhängig zu sein.132 Gelegentlich werden die Kriterien an das Vorliegen einer Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG um weitere Anforderungen ergänzt. So soll der Zusammenschluss von Arbeitnehmern überbetrieblich sein, um unter den Koalitionsbegriff des Grundgesetzes zu fallen.133 Nicht erforderlich ist für die Koalitionseigenschaft eine gewisse Durchsetzungskraft und Mächtigkeit des Zusammenschlusses, welche die Anerkennung der Tariffähigkeit erfordert.134 Grundsätzlich stellt Art. 9 Abs. 3 GG an einen Zusammenschluss der Arbeitnehmer und einen Zusammenschluss der Arbeitgeber die gleichen Anforderungen.135 b)  Koalitionseigenschaft der Vertragsparteien Gelöst vom verfassungsrechtlichen Koalitionsbegriff gilt es, die Anforderungen an die koalitionsvertragliche Abschlussbefugnis der Vertragsparteien zu beurteilen. Dabei geht es nicht darum, eine autonome, dem Koalitionsvertrag eigene Begriffsbestimmung zu entwickeln, vielmehr darum, der Frage nachzugehen, ob beide Vertragsparteien dem verfassungsrechtlichen Koalitionsbegriff unterfallen müssen oder es ausreicht, dass eine Vertragspartei auf dem Boden der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG den Vertrag abschließt.

132 

Siehe statt aller JKOS/Schubert, 2. Aufl., § 2, Rn. 41 ff. u. 103 ff. 26. 01. 1995 – 1 BvR 2071/94 – AP GG Art. 9 Nr. 77 (unter II 2 a); ­BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 = BVerfGE 58, 233, 247; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 368; BAG 05. 10. 2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7 (unter Rn. 30); BAG 28. 03. 2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4 (unter Rn. 34); BAG 14. 12. 2004 – 1 ABR 51/03 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 1 (unter B III 1); BAG 06. 06. 2000 – 1 ABR 10/99 – AP TVG § 2 Nr. 55 (unter B II 1); BAG 16. 01. 1990 – 1 ABR 10/89 –AP TVG § 2 Nr. 39 (unter II 1); BAG 15. 03. 1977 – 1 ABR 16/75 – AP GG Art. 9 Nr. 24 (unter III 1); BAG 15. 11. 1963 – 1 ABR 5/63 – AP TVG § 2 Nr. 14 (unter 5); bereits RAG 10. 10. 1928 – 144/28 – ARS 4, 239, 243 f. prüfte die Überbetrieblichkeit als einen Aspekt der Gegnerunabhängigkeit; dagegen LAG Hessen 22. 07. 2004 – 9 SaGa 593/04 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 168 = NZA-RR 2005, 262, 263. 134  BAG 14. 03. 1978 – 1 ABR 2/76 – AP TVG § 2 Nr. 30 (unter III 3); BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 = BVerfGE 58, 233, 250. 135  Vgl. Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 106 ff. Nur die Aufrechterhaltung der Funktionsvoraussetzungen der Koalitionsfreiheit kann u. U. weitere, voneinander abweichende Anforderungen an den Koalitionsbegriff rechtfertigen. 133  BVerfG

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

aa) Erfordernis beiderseitiger Koalitionseigenschaft Im Tarifvertragsrecht müssen beide Parteien tariffähig sein, um einen Tarifvertrag abzuschließen. Beim Koalitionsvertrag müssen die Parteien selbstredend nicht tariffähig sein, aber möglicherweise müssen sie dem Koalitionsbegriff i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG unterfallen, um ihre Vereinbarung in die Form des Koalitionsvertrags bringen zu können. Der Koalitionsvertrag ist wie der Tarifvertrag ein Kollektivvertrag zwischen Vertragsparteien, die sich bewusst gegen den Abschluss eines Tarifvertrags entschieden haben oder denen die Tariffähigkeit fehlt, und setzt im Grundsatz daher die beiderseitige Koalitionseigenschaft voraus. In den überwiegenden Fällen ist das nicht weiter problematisch, weil tariffähige Vereinigungen oder Vereinigungen, die die Tariffähigkeit anstreben und sich gegenüber den mächtigen Interessenverbänden durchzusetzen suchen, einen Koalitionsvertrag abschließen. Unterdessen hat die Rechtsprechung bereits Verträge zwischen einer Gewerkschaft und einem einzelnen Arbeitgeber als Koalitionsvertrag qualifiziert136, obgleich letzterer keine Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG darstellt.137 Die Grundlage einer solchen Qualifikation und ihre Berechtigung hat sie jedoch nicht offen gelegt und wird nachfolgend betrachtet. bb) Erfordernis einseitiger Koalitionseigenschaft Ausnahmsweise können aber Konstellationen auftreten, in denen einer Vertragspartei die Koalitionseigenschaft i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG fehlt. Bei Mitbestimmungs- und Investorenvereinbarungen verhandelt auf der Seite der Arbeitnehmer mit der Gewerkschaft unstrittig eine Koalition i. S. d. richterrechtlich geprägten Koalitionsbegriffsbildung, der aber mit den Anteilseignern oder einem Investor auf der anderen Vertragsseite eine Größe gegenübersteht, die nicht die Anforderungen an den Koalitionsbegriff erfüllt. Dann stellt sich die Frage, inwieweit die einseitige Koalitionseigenschaft der Gewerkschaft auf Arbeitnehmerseite ausreicht, um den geschlossenen Vertrag als einen Koalitionsvertrag auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG zu qualifizieren. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet als „Doppelgrundrecht“ zum einen die individuelle Freiheit, eine Koalition zu bilden, ihr beizutreten, sich koalitionstypisch 136  So BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29; BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188. 137  Ungeachtet dessen kann sich der einzelne Arbeitgeber nach der Rspr. bei einer koalitionszweckgerichteten Betätigung auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen, vgl. BAG 14. 07. 1981 – 1 AZR 159/78 – AP TVG § 1 Verhandlungspflicht Nr. 1 (unter III 2); BAG 20. 11. 1990 – 1 ABR 62/89 – AP TVG § 2 Nr. 40 (unter B II 2 c); zuletzt offengelassen in BAG 11. 08. 1992 – 1 AZR 103/92 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 124 (unter A I 3 b); zust. Konzen, Anm. zu BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – SAE 1991, 335, 342; Rüthers, in: Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl., § 4, Rn. 91. Ähnlich Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 296 f., der die Freiheit von Koalitionsbildung und -verfahren trennt, was dem einzelnen Arbeitgeber ermöglicht am Koalitionsverfahren teilzunehmen, ohne formal eine Koalition zu sein.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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für sie zu engagieren (positiv) oder ihr fern zu bleiben und aus ihr auszutreten (negativ), zum anderen die kollektive Freiheit der Koalition selbst, mithin deren Bestand sowie deren Betätigung zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.138 Blendet man die hier nicht interessierende individuelle Gewährleistung aus, bedeutet das für die Gewerkschaft, dass Art. 9 Abs. 3 GG sie selbst in ihrer koalitionsspezifischen Betätigung schützt. Der Betätigungsschutz, besser die Betätigungsgarantie, erstreckt sich dabei nicht allein auf den Bereich der Tarifautonomie, sondern auch auf „solche Betätigungen der Koalitionen, die auf andere Weise als durch Abschluss von Tarifverträgen die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder wahren und fördern“.139 Als den Koalitionszweck fördernd hat die Rechtsprechung insofern bereits die Mitgliederwerbung140, die Sicherung vor Arbeitslosigkeit durch Arbeitsvermittlung oder berufliche Bildungsförderung141 sowie die Betätigung im Personalvertretungs-142 und Betriebsverfassungsrecht143 über die betriebliche Interessenvertretung, ja sogar die Wahlwerbung der Koalitionen vor Personalratswahlen144 angesehen. In zweifacher Hinsicht hat die Rechtsprechung dadurch die (kollektive) Koalitionsbetätigungsgarantie konkretisiert, denn offensichtlich können sich Koalitionen erstens jenseits der Tarifautonomie koalitionsmäßig betätigen und das zweitens offenbar nicht nur im kontradiktorischen Koalitionsverfahren mit dem sozialen Gegenspieler, sondern auch alleine mittelbar. Kann eine Koalition im Koalitionsverfahren demnach mit dem Sozialpartner die Arbeits- und Wirtschaftsbedingun138  BVerfG 18. 11. 1954 – 1 BvR 629/52 – AP GG Art. 9 Nr. 1 = BVerfGE 4, 96, 101 f.; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 – NZA 1999, 992 = BVerfGE 100, 271, 282; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BurlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 304; Schaub/Treber, ArbR-HdB, 16. Aufl., § 189, Rn. 1; Gneiting, in: Umbach/Clemens, GG, Bd. I, Art. 9, Rn. 97. 139  BAG (GS) 29. 11. 1967 – GS 1/67 – AP GG Art. 9 Nr. 13 (unter Teil IV VI 4 c) = BAGE 20, 175, 212; BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 313 f.; BVerfG 28. 04. 1976 – 1 BvR 71/73 – AP BetrVG 1972 § 74 Nr. 2 = BVerfGE 42, 133, 138; ferner BSG 19. 02. 1976 – 12/7 RAr 126/74 – BSGE 41, 193, 196; siehe bereits Schnorr, RdA 1955, 3, 8 f. 140  BVerfG 26. 05. 1970 – 2 BvR 664/65 – AP GG Art. 9 Nr. 16 = BVerfGE 28, 295, 305. 141  BSG 19. 02. 1976 – 12/7 RAr 126/74 – BSGE 41, 193, 196. 142 Noch offengelassen in BVerfG 14. 04. 1964 – 2 BvR 69/62 – AP PersVG Bayern Art. 81 Nr. 1 = BVerfGE 17, 319, 333; später st. Rspr. BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 313 f.; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 372; BVerfG 27. 03. 1979 – 2 BvR 1011/78 – AP GG Art. 9 Nr. 31 = BVerfGE 51, 77, 88; BVerfG 23. 03. 1982 – 2 BvL 1/81 – AP LPVG Bremen § 48 Nr. 1 = BVerfGE 60, 162, 170. 143  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 372. 144  BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 319 f.; BVerfG 27. 03. 1979 – 2 BvR 1011/78 – AP GG Art. 9 Nr. 31 = BVerfGE 51, 77, 88; BVerfG 23. 03. 1982 – 2 BvL 1/81 – AP LPVG Bremen § 48 Nr. 1 = BVerfGE 60, 162, 170.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

gen ihrer Mitglieder wahren und fördern, ohne dafür die Form des Tarifvertrags zu wählen, sich vielmehr sogar alleine ohne den Sozialpartner koalitionsspezifisch betätigen, solange dadurch (mittelbar) die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von abhängig Beschäftigten gefördert werden, ist nicht ersichtlich, weshalb eine Arbeitnehmerkoalition nicht vertraglich mit einem Dritten, der selbst nicht die Anforderungen an den Koalitionsbegriff erfüllt, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Koalierten auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG wahren und fördern kann. Damit ein Koalitionsvertrag auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG vorliegt, genügt es daher, wenn eine der vertragsschließenden Parteien die Voraussetzungen an den Koalitionsbegriff erfüllt sich mit dem Vertragsschluss sachlich-inhaltlich auf dem Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betätigt. Schließlich darf auch der einzelne Arbeitgeber am Koalitionsverfahren zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen partizipieren, ohne selbst Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG zu sein.145 Indes darf das nicht dahingehend missverstanden werden, dass eine Koalition mit jedem beliebigen Dritten einen Koalitionsvertrag abschließen kann. Um eine Vereinbarung als Koalitionsvertrag qualifizieren zu können, muss bei einer lediglich einseitig vorliegenden Koalitionseigenschaft der Dritte zumindest irgendeine Einflussnahmemöglichkeit auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Koalitionsmitglieder haben, denn der Bezug von Art. 9 Abs. 3 GG zu den zusammengeschlossenen Mitgliedern, genauer der Zweck die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der in der Koalition organisierten Mitglieder zu fördern, beschränkt den Kreis der Verhandlungspartner.146 Nur wer die Arbeitsbedingungen der koalierten Beschäftigten beeinflussen und Verhandlungsergebnisse in die Arbeitsverhältnisse umsetzen kann, gerade also nicht der außenstehende Dritter ohne jede Einwirkungsmöglichkeit, kommt als Vertragspartner in Betracht.147 Andernfalls verlässt man den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 3 GG.

145  Nach der Rspr. garantiert Art. 9 Abs. 3 GG dem einzelnen Arbeitgeber die gleichen Rechte wie einer Arbeitgeberkoalition, vgl. BAG 14. 07. 1981 – 1 AZR 159/78 – AP TVG § 1 Verhandlungspflicht Nr. 1 (unter III 2); BAG 20. 11. 1990 – 1 ABR 62/89 – AP TVG § 2 Nr. 40 (unter B II 2 c); zuletzt offengelassen in BAG 11. 08. 1992 – 1 AZR 103/92 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 124 (unter A I 3 b); zust. Konzen, Anm. zu BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – SAE 1991, 335, 342; Rüthers, in: Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl., § 4, Rn. 91. Dabei ist der einzelne Arbeitgeber trotz der Teilnahme am Koalitionsverfahren nach herkömmlicher Auffassung keine Koalition, vgl. nur Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 13. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 29. 146 Ähnlich Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 67 f.; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 186. 147  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 68; Däubler, Tarifverträge zur Unternehmenspolitik?, S. 59.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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cc) Personale Rückkopplung Zwangsläufig stellt sich im Anschluss die Frage, in welchem Umfang und Maß der Dritte Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der abhängig Beschäftigten nehmen können muss. Durch den Abschluss eines Kaufvertrags für Material, das die Koalition für eine koalitionsspezifische Betätigung braucht, nimmt der Verkäufer jedenfalls keinen ausreichenden Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Koalierten, womit ein hinreichender Bezug zum Koalitionszweck fehlt. Freilich liegt dieses Ergebnis auf der Hand. Weniger offensichtlich ist die fehlende Einflussnahme, wenn ein essentieller Kunde dem Unternehmen einen wichtigen Auftrag entzieht (beispielsweise ein Automobilhersteller entzieht einem seiner Zulieferbetriebe einen Auftrag), wodurch er auf die Arbeitsbedingungen, gar den Bestand der Arbeitsverhältnisse einwirken kann. Gleiches gilt für wichtige Lieferanten oder Banken. Gleichwohl können sie nicht Partner eines Koalitionsvertrags sein. Nachfolgend interessiert ausschließlich eine gesellschaftsrechtliche Einflussnahme. Ausgeblendet bleibt die Frage einer Einflussnahme durch wirtschaftliche Beherrschung über das Marktverhalten. Wo die Grenze verläuft und welche Kriterien sie festlegen, ist ungeklärt. Überzeugend ist insofern nur an der funktionell-rechtlichen Grenze von Art. 9 Abs. 3 GG anzuknüpfen, die den Kreis der Verhandlungspartner auf diejenigen begrenzt, die auf die Arbeitsverhältnisse der organisierten Arbeitnehmer einwirken können. Dafür ist jedenfalls nicht die Stellung des Verhandlungspartners als Arbeitsvertragspartei notwendig, wie Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände belegen. Denn selbst wenn man die Möglichkeit eines Arbeitgeberverbands ausblendet, gemeinsam mit einer Gewerkschaft durch Rechtsnormen gem. § 4 Abs. 1 S. 1 TVG unmittelbar und zwingend Arbeitsverhältnisse zu gestalten, zweifelt niemand ihre koalitionsvertragliche Abschlussbefugnis an, obwohl sie außerhalb des Tarifrechts nicht die Möglichkeit haben, normativ Arbeitsbedingungen festzulegen.148 Mit Ausnahme der kraft mitgliedschaftlicher Legitimation durch die Arbeitsvertragsparteien berechtigten Verbände kann vor allem gesellschaftsintern auf die Arbeitsverhältnisse Einfluss genommen werden. Vorwiegend geht es um die unmittelbare Gestaltungsmacht des Arbeitgebers, allerdings genügt ein mittelbarer Einfluss, wie ihn Kapitaleigner vermittelt über den Aufsichtsrat und den Vorstand ausüben.149 Dass vorstehende Überlegung zutrifft, sprich Kapitaleigner mittelbar-faktisch eine erhebliche Einwirkungsmöglichkeit auf das Arbeitsverhältnis haben, beruht auf der personellen Legitimation und der sachlichen Verantwortlichkeit des Unternehmensleitungsorgans. Gemeinsam stellen beide Elemente vergangenheitsbe148  Allg. Meinung: vgl. Bauer, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 9, Rn. 75; Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 93; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 193. 149  Nach Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1037 umfasst die Funktionsgarantie der Koalitionsfreiheit deshalb auch Vereinbarungen mit Gesellschaftern. Jedenfalls diejenigen Anteilseigener, die über die einfache Stimmmehrheit in der Hauptversammlung verfügen, können vermittelt über Aufsichtsrat und Vorstand mittelbaren Einfluss auf die Arbeitsbedingungen ausüben, siehe § 2 B. II. 1.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

zogen durch die Kontrolle ihrer Tätigkeit und zukunftsbezogen durch die Auswahl der Verwaltungsmitglieder weitgehend die Umsetzung der Interessen von Kapitaleignern sicher. Überdies hat sich der Aufgabenkreis bzw. die Rolle des Aufsichtsrats von der bloß retrospektiven Kontrolle um die vorausschauende Einbeziehung in die unternehmerische Planung erweitert.150 Die Entwicklung eines zunehmenden unternehmerischen Einflusses auf der Ebene des Aufsichtsrats steht formal im Gegensatz zu § 76 Abs. 1 AktG, nach dem die Leitung der Gesellschaft in der eigenen Verantwortung des Vorstands liegt, beruht jedoch rechtlich auf den steigenden Anforderungen einer ordnungsgemäßen Corporate Governance sowie faktisch auf einer Veränderung des Anlegerverhaltens weg von einem desinteressierten rein finanziellen Investment hin zu einer steuerungs- und kontrollorientierten Strategiebeteiligung. Diesbezüglich besteht ein Trend vom passiven Anleger zum aktiven Investor. Auf dem Standpunkt einer Vorprogrammierung der Unternehmensführung auf der Ebene der Kapitaleigner steht offenbar auch der Gesetzgeber, wenn er zunehmend Vorschriften in einem System der Arbeitnehmerunterrichtung und -konsultation implementiert, das bisher ausschließlich Fragen der Unternehmens- und Betriebsebene betraf, nunmehr aber genuin gesellschaftsrechtliche Fragen mit einschließt. So sehen die §§ 10 Abs. 5 S. 2, 14 Abs. 4 S.2 WpÜG, § 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 9a BetrVG und §§ 289 Abs. 4, 290 Abs. 3 KAGB eine Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter bzw. unmittelbar der Belegschaft über Veränderungen in der Struktur der Kapitaleigner vor, gehen teilweise sogar noch darüber hinaus und verpflichten den neuen Eigner, seine Absichten und Pläne offenzulegen.151 Die in der jüngeren Vergangenheit kodifizierten Informationspflichten trägt offenbar die Anschauung, dass wesentliche, die Arbeitnehmer betreffende Entscheidungen mitunter bereits auf der Ebene der Gesellschafter fallen. Während für die Kapitaleigner einer Aktiengesellschaft dies ein faktischer Befund ist, haben die Gesellschafter einer GmbH gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten zur Unternehmenslenkung. Im Unterschied zur Aktiengesellschaft, die nach ihrer Organisationsverfassung die Kompetenzen von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung klar voneinander abgrenzt, besteht im GmbH-Recht ein 150  BGH 25. 03. 1991 – II ZR 188/89 – BGHZ 114, 127, 130; BGH 04. 07. 1994 – II ZR 197/93 – BGHZ 126, 340, 344; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 289 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., § 1, Rn. 20; Lutter, DZWiR 2011, 265, 266 f.; ausf. Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Aufl., § 3, Rn. 103 ff.; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111, Rn. 39; Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 21, Rn. 110; einschränkend BGH 21. 04. 1997 – II ZR 175/95 – BGHZ 135, 244, 254 f.; krit. Theisen, AG 1995, 193, 199; Probst/Theisen, DB 2010, 1573 ff.; Mertens, AG 1980, 67, 68; Claussen, AG 1981, 57, 69; Sünner, AG 2008, 411, 415 f. 151  Sämtliche Bestimmungen lösen dem allgemeinen Trend entsprechend Benachrichtigungs- und Unterrichtungspflichten gegenüber der Belegschaft bei rein gesellschaftsrechtlichen Vorgängen aus. Krit. zur nachträglichen Unterrichtungspflicht gem. §§ 289 Abs. 4, 290 Abs. 3 KAGB Klebeck/Kolbe, BB 2014, 707, 710 ff.; Kolbe, DB 2009, 1874, 1876; WBA/ Swoboda, KAGB, § 290, Rn. 7 f.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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Spannungsverhältnis zwischen den Zuständigkeiten der Geschäftsführer und der Gesellschafter, das das GmbH-Gesetz nicht zugunsten einer Seite auflöst. Dort haben die Gesellschafter die rechtliche Befugnis, die Geschäftsführung an sich zu ziehen152 oder dem Vorstand Weisungen zu erteilen153 und damit das Recht, selbst die Geschäfte der Gesellschaft zu leiten. Vom Abschluss eines Koalitionsvertrags grundsätzlich ausgeschlossen sind indessen gesellschaftsfremde Dritte ohne einen innergesellschaftlich vermittelten Bezug zum Arbeitsverhältnis der durch die Arbeitnehmerkoalition vertretenen Arbeitnehmer. Das Verhalten Dritter schafft oder verändert lediglich die marktspezifischen Rahmenbedingungen und das ökonomische Umfeld der Unternehmen auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten, bewirkt demnach allein reflexartige Auswirkungen auf den Bestand oder den Inhalt der Arbeitsverhältnisse. Aus der konsequenten Anwendung des o. g. Kriteriums folgt eine Ausnahme von diesem Grundsatz jedenfalls für den Vertragskonzern. Dort unterstellt das Unternehmen die Leitung seiner Geschäfte auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrags nach § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG einer rechtlich selbständigen Obergesellschaft mit der Berechtigung, ihr gem. § 308 Abs. 1 S. 1 AktG Weisungen hinsichtlich der Unternehmensführung zu erteilen. Das Weisungsrecht der Obergesellschaft erfasst alle Angelegenheiten, die in den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich des Vorstands der Tochtergesellschaft fallen, deckt sich demnach mit § 76 Abs. 1 AktG und erfasst u. a. die Besetzung von Führungsstellen.154 Insofern besteht dann aber eine originäre Einwirkungsmöglichkeit des Dritten auf die Arbeitsverhältnisse. Ist der Dritte nicht imstande, Einfluss auf die Arbeitsbedingungen auszuüben, fördert die Arbeitnehmerkoalition durch eine vertragliche Abrede mit ihm nicht den spezifischen Koalitionszweck. Das ist freilich erforderlich, damit der Koalitionsvertrag auf Art. 9 Abs. 3 GG beruht. Wer Partei eines Koalitionsvertrags sein kann, bedarf deshalb einer wertenden Einzelfallbetrachtung. dd) Ergebnis Ein Koalitionsvertrag auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG liegt unproblematisch vor, wenn zwei Koalitionen i. S. d. verfassungsrechtlichen Begriffsbestimmung einen Vertrag schließen, mit dem sie Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen 152 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack,

GmbHG, 21. Aufl., § 46, Rn. 5 u. 89; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 93; MüKoGmbHG/Stephan/Tieves, Bd. 2, 2. Aufl., § 37, Rn. 69; ähnlich Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 11. Aufl., § 46, Rn. 1, der von einer „Vorgriffszuständigkeit der Gesellschafter“ ausgeht. Das gilt allerdings nur soweit dadurch nicht in den unentziehbaren Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführer eingegriffen wird, vgl. MüHdbGmbHG/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. 3, 4. Aufl., § 44, Rn. 63. 153 MüKoGmbHG/Stephan/Tieves, Bd. 2, 2. Aufl., § 37, Rn. 115 ff. Zum Inhalt des Weisungsrechts OLG Düsseldorf 15. 11. 1984 – 8 U 22/84 – ZIP 1984, 1476, 1478. 154 OLG Schleswig 27. 08. 2008 – 2 W 160/05 – NZG 2008, 868, 869; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 291, Rn. 10; Kort, NZG 2009, 364, 365; Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 32, Rn. 25.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

ihrer Mitglieder wahren und fördern. Auf den Einzelfall kommt es dagegen an, wenn von den am Vertragsschluss Beteiligten nur eine Partei dem Koalitionsbegriff subsumiert werden kann, die andere jedoch nicht über die Koalitionseigenschaft verfügt. Gleichwohl kann ein Koalitionsvertrag vorliegen. Erforderlich ist dafür, dass die Arbeitnehmerkoalition mit dem Vertragsschluss die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der in ihr zusammengeschlossen Arbeitnehmer fördert, wozu sie nur imstande ist, falls der Vertragspartner einen hinreichenden Bezug zu den Koalierten hat und zumindest faktisch mittelbar auf ihre Arbeitsverhältnisse einwirken kann. Der Abschluss eines Koalitionsvertrags auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG erfordert wenigstens die Koalitionseigenschaft eines Vertragspartners und eine Einwirkungsmöglichkeit der anderen Vertragsseite auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der koalierten Arbeitnehmer (personale Rückkoppelung). c)  Beteiligung des Betriebsrats am Abschluss eines Koalitionsvertrags Zuletzt bleibt fraglich, inwieweit der Betriebsrat am Abschluss von Koalitionsverträgen beteiligt werden kann, schließlich ist der Betriebsrat kein freiwilliger Zusammenschluss155 von Arbeitnehmern oder anderen abhängig Beschäftigten zur Wahrung und Förderung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, somit keine Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG156 und deshalb selbst nicht zum Abschluss eines Koalitionsvertrags befugt. Sofern der Betriebsrat gemeinsam mit einer Gewerkschaft dem Arbeitgeber oder einem sonstigen Dritten gegenübertritt, könnte man jedoch der Auffassung sein, dass die Koalitionseigenschaft der Gewerkschaft auf Arbeitnehmerseite ausreiche. Eine Beteiligung i.  S.  e. Einflussnahme auf den vertraglichen Willensbildungsprozess kommt indes nicht in Betracht. Eine Beteiligung des Betriebsrats am Abschluss eines Koalitionsvertrags entgrenzt die betriebsverfassungsrechtliche Kompetenzordnung, die gerade keine Allzuständigkeit157 für sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen bestimmt, sondern die Kompetenzen punk155  Sodan, JZ 1998, 421, 428 f. hält dagegen den Betriebsrat für einen freiwilligen Zusammenschluss, denn es bestehe keine Pflicht zu seiner Errichtung. 156  Im Erg. auch Kempen, in: FS P. Hanau (1999), S. 529, 542, der allerdings den Betriebsrat aufgrund des hierarchischen Fundaments der Betriebsverfassung nicht als freie Vereinigung einordnet. Allg. zur Notwendigkeit einer freien Gründung JKOS/Schubert, 2. Aufl., § 2, Rn. 55; Bauer, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 9, Rn. 74; Engels, in: Henssler/Moll/Bepler, 2. Aufl., Teil. 1, Rn. 18 m. w. N. Andere leiten dagegen die Betriebsautonomie aus Art. 9 Abs. 3 GG ab und qualifizieren daher den Betriebsrat als Vereinigung i. S. v. Art. 9 Abs. 3 GG, vgl. Sodan, JZ 1998, 421, 428; wohl auch Ehmann/Lambrich, NZA 1996, 346, 350; v. Langen, Von der Tarif- zur Betriebsautonomie, S. 102. 157  LAG München 06. 09. 1988 – 3 TaBV 30/87 – LAGE BetrVG 1972 § 99 Nr. 22 (unter II 3 a); Brossette, ZfA 1992, 379, 394; Belling, Die Haftung des Betriebsrats und seiner Mitglieder für Pflichtverletzungen, S. 316.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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tuell, für die einzelnen Bereiche dann aber teilweise offen, aufzählt. Über eine Beteiligung an einer im Koalitionsverfahren zustandegekommenen Vereinbarung kann dem Betriebsrat nicht eine Ausdehnung seiner Kompetenzen möglich sein. Neben diese betriebsverfassungsrechtliche Unverträglichkeit treten Erwägungen aus eben jenem Koalitionsverfahren. Die betriebliche Mitbestimmung fußt anders als Art. 9 Abs. 3 GG nicht auf dem Prinzip der Gegenmacht. Stattdessen ist sie eine betriebsbezogene Ausprägung des gesellschaftspolitischen Leitprinzips einer demokratischen Legitimation von Entscheidungen durch die Mitwirkung der von diesen Entscheidungen betroffenen Personen sowie Bestandteil des sozialstaatlich geforderten Schutzkonzepts (Art. 20 Abs. 1 GG) zugunsten der abhängig Beschäftigten.158 Sie prägt mithin das notfalls erzwungene Miteinander bei der Entscheidungsfindung. Die Beteiligung des Betriebsrats ist nicht mit der Teilnahme am antagonistischen Koalitionsverfahren kompatibel. Inhaltlich dürfen Vereinbarungen im Anwendungsbereich der Koalitionsfreiheit deshalb nicht von Parteien beeinflusst werden, die vom Koalitionsverfahren ausgeschlossen sind.159 Da sich der Betriebsrat nicht inhaltlich an den Verhandlungen zu einem Koalitionsvertrag beteiligen kann, wirft das die Frage auf, ob er wenigstens pro forma den Verhandlungen beiwohnen kann, indem er sich mit an den Verhandlungstisch setzt und ggf. die getroffene Vereinbarung mitunterschreibt. Sofern der Betriebsrat an den Verhandlungen über den Abschluss eines Koalitionsvertrages lediglich teilnimmt, ist das wie bei der Beteiligung einer nichttariffähigen Partei am Abschluss eines Tarifvertrags160 unproblematisch, sofern die betriebliche Interessenvertretung keinen Einfluss auf die Willensbildung ausübt. Darüber hinaus kann der Betriebsrat nicht am Abschluss eines Koalitionsvertrags mitwirken. Im Hinblick auf Vereinbarungen mit außenstehenden Dritten fehlt ihm dafür zudem die erforderliche Rechtsfähigkeit im Außenverhältnis.161 3.  Ergebnis In einem Koalitionsvertrag auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG können die Vertragspartner sämtliche Bedingungen regeln, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird oder die sich regulierend auf den Arbeitsmarkt auswirken. Dabei gewährleistet Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG keinen unbeschränkten Zugriff auf bloße Wirtschaftsbedingungen ohne jeden Bezug zum Arbeitsverhältnis. Unternehmerische Entscheidungen bilden deshalb nur einen zulässigen Vertragsgegenstand von Koalitionsverträgen, wenn eine Rückkoppelung an das einzelne Arbeitsverhältnis oder das Arbeitsleben insgesamt besteht. 158 

Preis, Kollektivarbeitsrecht, 3. Aufl., S. 469, 471. Für das Tarifvertragsrecht Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 67. 160 Dazu Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 977; Zachert, NZA 2006, 10, 13; Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 25; Thüsing, NZA 2008, 201, 202; zu weit Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 65 ff. 161  Siehe dazu § 4 A. I. 2. 159 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Ebenso wie Art. 9 Abs. 3 GG die äußere Grenze der sachlichen Regelungsbefugnis determiniert, begrenzt die Verfassungsnorm zugleich den Kreis der möglichen Vertragspartner eines Koalitionsvertrags. Auf Arbeitnehmerseite bestehen diesbezüglich keine Probleme als sowohl tariffähige als auch tarifunfähige Arbeitnehmerkoalitionen unzweifelhaft durch Art. 9 Abs. 3 GG zum Abschluss berechtigt werden und demnach einen Koalitionsvertrag schließen können. Die betriebliche Interessenvertretung ist dagegen vom Kreis der Vertragspartner ausgeschlossen und darf sich nur formal an Verhandlungen beteiligen, ohne die Willensbildung der Verhandlungspartner zu beeinflussen. Schwieriger ist indes die Bestimmung der möglichen Vertragspartner, mit denen Arbeitnehmerkoalitionen sich über die Förderung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen verständigen können. Funktional darauf gemünzt und offen dafür organisatorische, ökonomische, sozial-gesellschaftliche sowie technologische Veränderungen aufzunehmen, um einen effektiven und dauerhaften Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen der Arbeitswelt herzustellen, nehmen am Koalitionsverfahren nach Art. 9 Abs. 3 GG auf der Gegenseite der Arbeitnehmer alle teil, die kraft verbandsrechtlicher Legitimation oder kraft gesellschaftsrechtlich personell und sachlich vermittelter Leitungsmacht Einfluss auf die Arbeitsverhältnisse der beim Vertragspartner organisierten abhängig Beschäftigten ausüben. Die strukturelle Unterlegenheit der abhängig Beschäftigten und das Erfordernis eines Zusammenwirkens beider Seiten erfordern auf der Gegenseite nämlich eine Sichtweise, die sich an den „Funktionen oder funktionsbestimmenden Ordnungsaufgaben des Grundrechts der Koalitionsfreiheit“162 orientiert. Nur ganz ausnahmsweise können gesellschaftsfremde Dritte Vertragspartner eines Koalitionsvertrags sein. Jedenfalls für den Vertragskonzern besteht eine solche Ausnahme. IV.  Anwendungsfälle des Koalitionsvertrags in der Privatwirtschaft Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit seien nachfolgend die wichtigsten anerkannten Anwendungsfälle von Koalitionsverträgen in der Privatwirtschaft genannt. Konzeptionell wie inhaltlich sind die getroffenen Absprachen äußerst heterogen und reichen von bloßen Absichtserklärungen bis hin zu verbindlichen Absprachen. Davon legen bereits die Koalitionsverträge der chemischen Indus­ trie Zeugnis ab. Gerade dort, wo außertarifliche Einigungsformen den Ausgangspunkt in der Praxis markieren und besonders weite Verbreitung erfahren, lassen sich die unterschiedlichen Regelungsgegenstände kaum auf einen gemeinsamen Nenner bringen.163 Aus den zahlreichen Übereinkünften sind die Vereinbarungen zum betrieblichen Umweltschutz164, der Frauenförderung165, der beruflichen Wei162 So Scholz, ZfA 1980, 357, 361 für die Bestimmung der arbeitnehmerischen und arbeitgeberischen Grundrechtsträgerschaft. 163 Zusammenfassend BAVC, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 13 ff. 164 Dazu Rieble, ZTR 2000, 1 ff.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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terbildung 166, der Gruppenarbeit167 oder dem sog. Wittenberg-Prozess168 zu nennen.169 Außerhalb der chemischen Industrie regelten dann später Notdienstvereinbarungen in der Form von Koalitionsverträgen die verbindliche Verpflichtung von Arbeitnehmern, während eines Streiks ausnahmsweise Arbeiten auszuführen, um Schäden vom bestreikten Unternehmen abzuwenden, die dauerhaft die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs beeinträchtigen.170 165

Während diese Themen überwiegend zumindest theoretisch Inhalt eines Tarifvertrags sein können, nutzten die Sozialpartner den Koalitionsvertrag in der folgenden Zeit insbesondere um Regelungsgegenstände gemeinsam vertraglich zu fixieren, die nicht im normativen Teil des Tarifvertrags vereinbart werden können, weil entweder die sachlich-inhaltliche Regelungskompetenz überschritten ist oder die Vertragspartner nicht tariffähig i. S. v. § 2 Abs. 1 TVG sind. So bildet der Koalitionsvertrag das Vehikel zur vertraglichen Regelung der Unternehmensverfassung.171 In solchen Abmachungen verpflichten sich die Anteilseigener gegenüber einer Gewerkschaft, bspw. im Unternehmen die paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer einzuführen, oder sie versprechen, ihre Stimme in der Hauptversammlung einem bestimmten von der Gegenseite benannten Vertreter zu geben, damit dieser in den Aufsichtsrat gewählt wird.172 Besonders häufig werden derartige Vereinbarungen über die unternehmerische Mitbestimmung in Konzernverhältnissen abgeschlossen173, womit das Fehlen des Konzerntarifvertrags 165 Ausf.

Debler, NZA 1997, 529 ff. Fracke, Die betriebliche Weiterbildung, S. 191 f.; Schlaffke, Regelungen zur Weiterbildung im Tarifvertrag, S. 83. 167 Siehe Schack, NZA 1996, 923 ff. 168  Die Sozialpartnervereinbarung „Verantwortliches Handeln in der Sozialen Marktwirtschaft“ vom 14. 08. 2008 ist im Wortlaut abrufbar unter: http://www.chemie-sozialpart ner.de/vereinbarungen/soziale-marktwirtschaft/wittenberg-prozess/ (Abruf am 01. 02. 2015). Dazu Däubler, NZA-Beil. 1/2011, 42, 43, 45 f.; Rieble, in: FS Goos (2009), S. 39, 43 ff.; ferner Stindt, in: FS Goos (2009), S. 9 ff. 169  Insgesamt einen Überblick liefern Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 187 ff.; Zachert, in: FS P. Hanau (1999), S. 137, 138 ff.; K. Molitor, in: FS Schlemmer (1990), S. 103, 112 ff.; Schlemmer, in: FS Molitor (1988), S. 309, 314 ff.; Eich, NZA 1995, 149, 153 ff. 170  Weißleder, Erhaltungs- und Notstandsarbeiten im Streik, S. 255 ff., 259; Kraus, Erhaltungsarbeiten im Streik, S. 131 ff.; Oetker, Die Durchführung von Not- und Erhaltungsarbeiten bei Arbeitskämpfen, S. 67 f. 171 Kempen/Zachert/Wendeling-Schröder, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 852; so bereits die Kommission zur Modernisierung der deutschen Unternehmensmitbestimmung („Bieden­ kopf-Kommission II“), S. 22, 24, 37 abrufbar unter: http://kohte.jura.uni-halle.de/recht/ Kommissionsbericht_Endfassung.pdf (Abruf am 02. 02. 1015); wohl auch Henssler, in: FS Westermann (2008), S. 1019, 1022. 172  Weitere Bsp. bei Raiser, Gutachten zum 66. DJT, Bd. I, B S. 85 ff. 173 Jüngst Jacobsen, Vereinbarungen über Mitbestimmungsfragen im Konzern, S. 371 ff., die aber im Erg. von einem Unternehmensvertrag analog §§ 291 f. AktG ausgeht; zu Konzernvereinbarungen siehe auch Hommelhoff, ZGR 2010, 48, 68 ff. 166 Siehe

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

kompensiert wird, indem die Muttergesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern die Verpflichtung eingeht, mittels ihres Stimmrechts oder ggf. mithilfe eines Beherrschungsvertrags im Interesse der Arbeitnehmer auf die Tochtergesellschaft einzuwirken.174 Ganz ähnlich verhielt es sich insofern mit der Vereinbarung zwischen der Treuhand­anstalt und dem DGB sowie der DAG175 über die Bemessung von Sozialplanleistungen in den neuen Bundesländern.176 Darin vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Treuhandanstalt auf den Abschluss sozialverträglicher Sozialpläne hinwirkt ggf. sogar im Rahmen eines bestimmten Gesamtsozialplanvolumens stellvertretend Zahlungen garantiert. Neuerdings nutzen die Sozialpartner vermehrt Koalitionsverträge für einen Zugriff auf das unternehmerische Verhalten, das sich zumindest einer normativen Regelung im Tarifvertrag entzieht. Im Mittelpunkt stehen dabei der Schutz von Arbeitsplätzen und die Sicherung von kollektivvertraglich geregelten Arbeitsbedingungen, indem Standortzusagen abgegeben werden und betriebsbedingte Kündigungen ebenso ausgeschlossen werden wie ein Absinken des Entgeltniveaus. Statt das Entgelt zu kürzen, vereinbaren die Vertragspartner regelmäßig, Jahreseinmalzahlungen zu streichen, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu reduzieren sowie Tariferhöhungen nicht weiterzugeben, womit die Parteien die nur vorübergehende Kürzung der finanziellen Leistungen sicherstellen und gerade einer generellen Reduktion entgegentreten.177 An solchen Einschnitten beteiligt sich teilweise das Management und trägt einen entsprechenden Einsparungsbeitrag bei, um nach innen und außen Geschlossenheit zu demonstrieren.178 Regelungen in Koalitionsverträgen können aber auch in Aussicht genommene Investitionen betreffen179 oder die Verwendung von Gewinnen festlegen, wonach der Gewinn thesauriert oder in die Entwicklung neuer Technologien bzw. die Förderung des Wachstums investiert wird. 174  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1331 u. § 2, Rn. 491; Wiedemann/Oetker, TVG, 7. Aufl., § 2, Rn. 145. 175 Die gemeinsame Erklärung von Deutschem Gewerkschaftsbund, Deutscher Angestelltengewerkschaft und Treuhandanstalt vom 13. 04. 1991 ist abgedruckt in ZIP 1991, 690 f. 176  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 68 qualifiziert die Abmachung zwischen DGB und DAG mit der Treuhandanstalt wohl als Koalitionsvertrag; früher noch offen gelassen Däubler, AiB 1991, 179, 180; zur rechtlichen Qualifikation ausf. Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 167 ff.; außerdem Schaub, NZA 1993, 673, 674 f.; RobbenVahrenhold, Die Haftung der Treuhandanstalt, S. 32 f.; Wiedemann/Oetker, TVG, 7. Aufl., § 2, Rn. 146. 177  Siehe bspw. die als „Master Agreement“ bezeichnete Vereinbarung bei Opel vom 31. 05. 2010, die auszugsweise wiedergegeben ist in BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 3). 178  So im „Master Agreement“ bei Opel vom 31. 05. 2010. Siehe dazu Lasson, Kollektivrechtliche Investitionsvereinbarungen, S. 69 f. 179  Zur rechtlichen Qualifizierung von Investitionsvereinbarungen ausf. Lasson, Kollektivrechtliche Investitionsvereinbarungen, S. 49 ff.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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V.  Rechtswirkungen des Koalitionsvertrags Mit der Qualifikation einer Abrede als Koalitionsvertrag verbindet man unwillkürlich die Frage nach den Rechtsfolgen einer solchen Einordnung. Soll der Koalitionsvertrag als eigener Vertragstypus zwischen Tarifvertrag und einfachem schuldrechtlichen Vertrag eigenständige Bedeutung haben, muss er insbesondere gegenüber dem Schuldvertrag Rechtswirkungen entfalten, die ihn davon abgrenzen. Rechtswirkungen entwickeln allerdings nur verbindliche Verträge, was die Abgabe von Erklärungen mit Rechtsbindungswillen voraussetzt und damit zahlreiche Vereinbarungen ausschließt, bei denen bloß gemeinsame Erklärungen abgegeben werden, eine gemeinsame Grundsatzposition bezogen wird oder die nur allgemeine Hinweise enthalten. Solche gemeinsamen Erklärungen haben bspw. die Sozialpartner der Metall- und Elektroindustrie abgegeben, worin sie einen Konsens über das Mindestentgelt von außertariflich Angestellten180 oder über die Unternehmensfinanzierung und den Schutz von Arbeitsplätzen in wirtschaftlichen Krisenzeiten durch eine antizyklische Personalpolitik erzielt haben181, die einen zügigen Aufschwung nach dem Anziehen des Absatzes begünstigen sollen. Erklärungen dieser Art bleiben außer Betracht, vielmehr bezieht sich die Beurteilung der rechtlichen Wirkungen allein auf verbindliche Vereinbarungen, die sachlich-inhaltlich Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG betreffen und von zum Abschluss personell befugten Vertragsparteien abgeschlossen werden. Wer sich mit den Rechtswirkungen des Koalitionsvertrags beschäftigt, betritt weitgehend Neuland, denn Rechtsprechung und Literatur haben sich bislang nicht eingehend damit beschäftigt, welche Rechtswirkungen von einem Koalitionsvertrag auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG ausgehen. Dabei interessiert insbesondere, ob und wie die Vertragsparteien Rechte zugunsten der Arbeitnehmer statuieren können, ob Regelungen aus dem Tarifrecht auf den Koalitionsvertrag übertragbar sind, welches Verhältnis der Koalitionsvertrag zu betrieblichen Regelungen aufweist und ob der Abschluss selbiger ggf. mit den Mitteln des Arbeitskampfrechts durchgesetzt werden kann. 1.  Keine private Rechtsetzung Rechte zugunsten der abhängig Beschäftigten könnten die Parteien eines Koalitionsvertrags am einfachsten schaffen, wenn ihre Vereinbarung objektives Recht kreiert und somit unmittelbar und zwingend Arbeitsbedingungen festlegt. Aufgrund des Verfassungsschutzes durch Art. 9 Abs. 3 GG könnte man eine solche 180 Gemeinsame Erklärung von Schaeffler, BR und IG Metall zum AT-Abstand vom 21.  12.  2010 abrufbar unter: http://www.igmetall-schaeffler.de/Ansicht.81+M53fc81d5145.0.html?tx_ttnews[tt_news]=14709 (Abruf am 03. 02. 1015). 181  Gemeinsame Erklärung VDMA und IG Metall: „Arbeitsplätze schützen, Unternehmensfinanzierung sichern“ abrufbar unter: http://www.igmetall.de/SID-2C190892–60D1A 18C/internet/docs_0160882_Gem_Erklaerung_IG_Metall_VDMA_e8d9606edb18ffd 0c75518ff1a89707c4356df8a.pdf (Abruf am 03. 02. 1015).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

normative Wirkung des Koalitionsvertrags erwägen, zumal S. 2 die verfassungsrechtliche Garantie mit einer unmittelbaren Drittwirkung versieht und jede Abrede, die dieses Recht einzuschränken oder zu behindern sucht, für nichtig erklärt. Außerdem könnte dafür die nach überwiegender Auffassung in Art. 9 Abs. 3 GG verortete verfassungsrechtliche Gewährleistung eines Normsetzungsrechts der Koalitionen zur effektiven Ordnung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sprechen.182 Nur wenn die durch Art. 9 Abs. 3 GG berechtigten Verhandlungspartner mit unabdingbaren Gesamtvereinbarungen Mindestarbeitsbedingungen festlegen können, sind sie imstande, das Arbeitsleben ohne staatlichen Eingriff zu ordnen.183 Dennoch hat der Koalitionsvertrag keine normative, quasi-tarifvertragliche Wirkung, mit der die Vertragspartner unmittelbar und zwingend Arbeitsbedingungen regeln können.184 Die Verfassung garantiert den Koalitionen des Arbeitslebens zwar ein Normsetzungsrecht, das ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einem Normsetzungsmonopol.185 Selbst der Staat hat kein Normsetzungsmonopol i. S. e. Pflicht, selbst alles Recht setzen zu müssen, kann er doch private Regelbildung zulassen und damit die Macht zur Normsetzung delegieren.186 Als Träger der Rechtsordnung und mit den Mitteln, sie durchzusetzen, obliegt dem souveränen Staat die Entscheidung über die Zuordnung einer durch Dritte gebildeten Regel zur objektiven Rechtsordnung.187 Im Vertragsschlussverfahren zustande gekommene privatautonome Vereinbarungen wie Koalitionsverträge werden deshalb erst durch einen staatlichen Anerkennungsakt zu Rechtsnormen und damit Teil der objektiven Rechtsordnung. Anders als für den Tarifvertrag, für den die §§ 1 und 4 TVG den staatlichen Geltungsbefehl erteilen188, fehlt für den Koalitionsvertrag aber eine staatliche Anerkennung des Rechtsnormcharakters, denn von Art. 9 Abs. 3 GG wird der erforderliche Geltungsbefehl nicht erteilt189. Der Koalitionsvertrag als private Regel entwickelt demzufolge ohne die Anerkennung einer Rechtsnormwirkung seitens des Staats nur relative Wirkung zwi182  So nimmt das BVerfG an, „Art. 9 Abs. 3 GG verleiht den Tarifvertragsparteien […] ein Normsetzungsrecht“, vgl. BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 284; BVerfG 03. 04. 2001 – 1 BvL 32/97 – AP BurlG § 10 Kur Nr. 2 = BVerfGE 103, 293, 306; auch BAG 09. 12. 2009 – 7 AZR 399/08 – AP TzBfG § 14 Nr. 67 (unter Rn. 29); ausf. Waltermann, in: FS Söllner (2000), S. 1251, 1269 ff.; siehe dazu oben § 5 A. I. 1. a) m. w. N. 183  So BVerfG 24. 05. 1977 – 2 BvL 11/74 – AP TVG § 5 Nr. 15 = BVerfGE 44, 322, 340 f. 184  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1295, 1297; Klempt, Dreiseitige Standortsicherungsvereinbarungen, S. 14 f. 185  BAG 09. 12. 2009 – 7 AZR 399/08 – AP TzBfG § 14 Nr. 67 (unter Rn. 29). 186 Vgl. F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 48. 187  BVerfG 09. 05. 1972 – 1 BvR 518/62 und 308/64 – BVerfGE 33, 125, 158; F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 133 f.; Ehmann/Lambrich, Anm. zu BAG 07. 11. 2000 – 1 AZR 175/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 14 (unter 2). 188  F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 182; Hueck/Nipperdey, Bd. II/1, 7. Aufl., S. 239. 189  So jedenfalls für das Tarifrecht F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 181.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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schen den Beteiligten. Für nichttariffähige Parteien hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt, diese könnten allenfalls Koalitionsverträge ohne normative Wirkung abschließen.190 Mangels eines staatlichen Geltungsbefehls gilt das aber ebenso für tariffähige Parteien, die sich bewusst gegen das Mittel des Tarifvertrags entscheiden und einen Koalitionsvertrag abschließen.191 Insofern müssen die Inhalte des Koalitionsvertrags, sollen sie Rechte der Arbeitnehmer begründen, durch einen besonderen Akt in das einzelne Arbeitsverhältnis umgesetzt werden. 2.  Umsetzung des Koalitionsvertrags ins einzelne Arbeitsverhältnis Da der Koalitionsvertrag keine normative Wirkung entwickelt, mithin nicht unmittelbar und zwingend Mindestarbeitsbedingungen für die einzelnen Arbeitsverhältnisse festlegt, müssen die Vertragsparteien Wege suchen, wie sie ihre Verhandlungsergebnisse in die Arbeitsverhältnisse transportieren. Diese Wege für die Umsetzung der Ergebnisse eines Koalitionsvertrags entlehnt man den vor Inkrafttreten der Tarifvertragsverordnung vom 23. Dezember 1918192 entwickelten Vorstellungen zum Tarifvertrag. Als dieser, wie der Koalitionsvertrag heute, lediglich schuldrechtliche Wirkung hatte, mussten die Ergebnisse auch noch in die Individualarbeitsverhältnisse umgesetzt werden.193 Im Wesentlichen lassen sich vier verschiedene Stufen unterscheiden, die von der ersten bis zu letzten Stufe die Einwirkung auf das Individualarbeitsverhältnis steigern. Zunächst kann der Koalitionsvertrag ein Richtlinienvertrag mit einer Musterregelung sein, von der die Arbeitsvertragsparteien Gebrauch machen können, derer sie sich aber nicht bedienen müssen.194 In das einzelne Arbeitsverhältnis werden solche Musterregelungen nicht selbständig, sondern erst durch einen weiteren Akt transportiert, indem die Arbeitsvertragsparteien eine gleichlautende Vereinbarung schließen oder mit einer Verweisungsklausel auf den Koalitionsvertrag Bezug nehmen. Der Koalitionsvertrag wirkt stärker auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse ein, wenn die Parteien des Koalitionsvertrags die Verpflichtung eingehen, mittels ih190  BAG 13. 03. 2013 – 5 AZR 294/12 – AP AÜG § 10 Nr. 25 (unter Rn. 13); für Notdienstvereinbarungen bereits BAG 14. 12. 1993 – 1 AZR 550/93 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 129 (unter I 4 a). 191  BAG 07. 06. 2006 – 4 AZR 272/05 – AP TVG § 1 Nr. 37 (unter Rn. 25). 192  RGBl. 1918, S. 1456 ff. 193  Grundlegend für sämtliche „Normenverträge“ Hueck, Jherings Jahrbücher, 73. Bd. (1923), S. 33, 47 ff.; anschließend für die Umsetzung von Koalitionsverträgen weiterentwickelt von MüArbR/Löwisch, 1. Aufl., § 273, Rn. 9 ff.; später dann auch Rieble, Arbeitsmarkt und Wettbewerb, Rn. 780 ff.; Debler, NZA 1997, 529, 529 f.; Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 147 ff.; krit. Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 286 f. 194  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1298; MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 11; Kämpgen, Die Zusammenarbeit der Sozialpartner, S. 26; so bereits Hueck, Jherings Jahrbücher, 73. Bd. (1923), S. 33, 47 ff.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

rer Verbandsmacht auf die Arbeitsvertragsparteien dahingehend Einfluss zu nehmen, dass sie die koalitionsvertragliche Regelung in das einzelne Arbeitsverhältnis übernehmen.195 Die Regelungen eines solchen schuldrechtlichen Normenvertrags196 können aber nur die Arbeitsvertragsparteien auf die gleiche Weise wie beim Richtlinienvertrag umsetzen. Ob die Arbeitsvertragsparteien die Ergebnisse des Koalitionsvertrags übernehmen, bleibt ihnen im Rahmen der Verbandsmacht überlassen, denn die Möglichkeiten des Verbands, auf seine Mitglieder Druck auszuüben, sind gerade vor dem Hintergrund der Mitgliederschwäche und der Angst vor einem weiterem Mitgliederverlust begrenzt.197 In einigen Fällen kann die Abgrenzung des schuldrechtlichen Normenvertrags vom Richtlinienvertrag problematisch sein. Jedenfalls sofern die Vertragspartner des Koalitionsvertrags bloß an ihre Mitglieder appellieren, die getroffene Vereinbarung in den Arbeitsvertrag einzubeziehen, reicht das nicht aus. Noch weiter gehen die Wirkungen, wenn die Vertragsparteien den Koalitionsvertrag als berechtigenden schuldrechtlichen Normenvertrag abschließen, bei dem die Arbeitsvertragsparteien nach § 328 BGB berechtigt sind, Leistung an sich selbst, d. h. die Umsetzung des Koalitionsvertrags, von der anderen Koalitionsvertragspartei zu verlangen.198 Probleme bereitet die Durchsetzung der Rechte aus dem Koalitionsvertrag dennoch, sofern der Arbeitsvertragspartner nicht zugleich Partei des Koalitionsvertrags ist, denn das BGB kennt keinen Vertrag zulasten Dritter und räumt dementsprechend dem nach § 328 BGB Berechtigten nur einen Anspruch gegen den Koalitionsvertragspartner auf Einwirkung ein. Die Mittel zur Einwirkung sind jedoch beschränkt und die Arbeitsvertragspartei kann sich der Einwirkung durch den Austritt entziehen. Allein auf der vierten und letzten Stufe kann eine Arbeitsvertragspartei unmittelbar gegen die andere Arbeitsvertragspartei einen Anspruch aufgrund eines Koalitionsvertrags geltend machen. Dann muss aber die Satzung der Koalitionsvertragspartei die eigenen Mitglieder verpflichten, die Ergebnisse von abgeschlossenen Koalitionsverträgen einzuhalten bzw. umzusetzen, und jene Ansprüche gegen die Mitglieder müssen bereits in der Satzung gegenüber Außenstehenden, 195 Ursprünglich Hueck, Jherings Jahrbücher, 73. Bd. (1923), S. 33, 59 ff.; MüArbR/ Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 13. 196  Der Terminologie haben sich das BAG und die Literatur angeschlossen, vgl. BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 c aa-cc); BAG 14. 08. 2007 – 9 AZR 18/07 – AP ATG § 6 Nr. 2 (unter Rn. 42); MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 13; Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 158 ff.; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 90; L. Raiser, in: FS DJT (1960), Bd. 1, S. 101, 111. 197 Ähnlich Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1304. 198 MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 16; Rieble, Arbeitsmarkt und Wettbewerb, Rn. 798; Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 166 ff.; für einen berechtigenden schuldrechtlichen Normenvertrag siehe BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 2 b).

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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wie der anderen Arbeitsvertragspartei, statuiert werden.199 Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Satzung die konkreten Ansprüche des Arbeitsvertragspartners gegen das Mitglied benennt, denn die Mitglieder können den Koalitionen nach den §§ 317 ff. BGB die Gestaltung ihrer Mitgliedschaftspflichten überlassen 200.201 Selbst dies garantiert allerdings nicht die Durchsetzung der Ergebnisse eines Koalitionsvertrags, weil sich die Arbeitsvertragspartei einem Anspruch aus der Verbandssatzung gegen sich durch einen Austritt aus seiner Koalition entziehen kann. Das gleiche Ergebnis erreicht man, wenn die Mitglieder ihrer Koalition eine Vollmacht zum Abschluss eines Koalitionsvertrags erteilen. Zwar setzt die Stellvertretung unmittelbar die Ergebnisse in das Individualarbeitsverhältnis um, jedoch können die Mitglieder jederzeit entgegengesetzte Vereinbarungen abschließen oder ihre Vollmacht widerrufen.202 Mithilfe des Koalitionsvertrags können keine Pflichten der Arbeitsvertragsparteien begründet werden, von denen sie sich nicht durch einen Austritt befreien können. Nur ausnahmsweise, wenn die Partei eines Koalitionsvertrags zugleich Partei des Arbeitsvertrags ist203, können Ansprüche auf die Umsetzung in das Individualarbeitsverhältnis mit Hilfe des Vertrags zugunsten Dritter unmittelbar gegen die andere Arbeitsvertragspartei geltend gemacht werden, ohne die Möglichkeit der anderen Seite, sich dieser Verpflichtung durch einen Austritt zu entziehen. 3.  Übertragbarkeit von tarifrechtlichen Regeln und Prinzipien Offen blieb bis hierhin das Verhältnis des Koalitionsvertrags zum Tarifvertragsrecht.204 Der Koalitionsvertrag setzt zwar unstrittig seine Regelungsinhalte nicht wie der Tarifvertrag unmittelbar und zwingend in die Arbeitsverhältnisse um, jedoch auch ohne dieses technische Mittel zielt er final darauf ab, die Bedingungen unter denen abhängige Arbeit geleistet wird, mit Kartellwirkung zu regulieren. Die Beschäftigten sollen je nach der Ausgestaltung des Koalitionsvertrags gegen den Arbeitgeber einen mittelbaren (über den Verband) oder unmittelbaren An199  Allg. dazu, dass als „unechte“ Satzungsbestandteile Rechte zugunsten von Nichtmitgliedern begründet werden können RG 23. 11. 1922 – IV 167/22 – RGZ 106, 120, 126; BGH 29. 09. 1955 – II ZR 225/54 – BGHZ 18, 205, 207 f.; BAG (GS) 29. 11. 1967 – GS 1/67 – AP GG Art. 9 Nr. 13 (unter Teil III IV 6 a) = BAGE 20, 175, 196. Speziell zum Koalitionsvertrag MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 19 ff. m. w. N.; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1305; Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 169 f. 200 So Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht, S. 20. 201 MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 21; Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 169. 202  Rieble, Arbeitsmarkt und Wettbewerb, Rn. 803. 203  Dem Tarifrecht entsprechend könnte insofern vom Haus- bzw. Firmenkoalitionsvertrag gesprochen werden. 204 Für eine Annäherung an tarifrechtliche Grundsätze plädieren Kempen/Zachert/ Kempen, TVG, 3. Aufl., § 1, Rn. 366; Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rn. 1625; offengelassen in BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 2. 2. 2).

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spruch auf die Umsetzung der Verhandlungsergebnisse in ihre Individualarbeitsverhältnisse haben. Dafür müssen sie freilich den Inhalt des Koalitionsvertrags kennen. Gerade dem dient beim Tarifvertrag die Schriftform gem. § 1 Abs. 2 TVG; sie stellt den Normurheber sowie den Inhalt des Tarifvertrags klar, um den Norm­ unterworfenen eine Unterrichtung über den Tarifvertragsinhalt zu ermöglichen.205 Insoweit ist fraglich, ob das Schriftformerfordernis des Tarifvertrags analog § 1 Abs. 2 TVG auf den Koalitionsvertrag anwendbar ist. Neben der entsprechenden Anwendung des Schriftformgebots könnten noch weitere Vorschriften des Tarifvertragsgesetzes für eine entsprechende Anwendung auf den Koalitionsvertrag in Betracht kommen, wie bspw. das Verzichtsverbot gem. § 4 Abs. 4 S. 1 TVG, das dem Arbeitgeber die Möglichkeit nimmt, kraft seiner Überlegenheit gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer auf den Verzicht kollektiv ausbedungener Rechte hinzuwirken. a)  Schriftformerfordernis Ob das Schriftformgebot des § 1 Abs. 2 TVG auf den Koalitionsvertrag entsprechend anwendbar ist, richtet sich vornehmlich nach dem Normzweck. Jener liegt nach ganz h. M. nicht in einem Schutz vor Übereilung206, sondern in der Klarstellung von Normurheber und Norminhalt.207 Auf dem Feld der Tarifverhandlungen sind die tariffähigen Koalitionen Spezialisten und brauchen deshalb im originären Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2 TVG keinen Schutz vor Übereilung.208 Beim Koalitionsvertrag trifft das jedenfalls nicht zu, soweit kleine Koalitionen ohne die für die Tariffähigkeit hinreichende Mächtigkeit Koalitionsverträge zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen abschließen. Dennoch rechtfertigt das nicht die analoge Anwendung auf den Koalitionsvertrag, denn in der Formvorschrift fehlt gerade der übertragungsfähige Gedanke eines Übereilungsschutzes. Indes könnte man in Betracht ziehen, § 1 Abs. 2 TVG analog auf den Koalitionsvertrag anzuwenden, weil dieser zwar nicht normativ, aber immerhin final darauf abzielt, eine Vereinbarung für eine Vielzahl von Arbeitnehmern zu treffen. 205  BAG 07. 07. 2010 – 4 AZR 120/09 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 77 (unter Rn. 21); BAG 10. 11. 1982 – 4 AZR 1203/79 – AP TVG § 1 Form Nr. 8 = BAGE 40, 327, 333; BAG 19. 10. 1976 – 1 AZR 611/75 – AP TVG § 1 Form Nr. 6 (unter 3); Wiedemann, Anm. zu BAG 09. 07. 1980 – 4 AZR 564/78 – AP TVG § 1 Form Nr. 7 (unter II 1); ErfK/Franzen, 18. Aufl., TVG, § 1, Rn. 27. 206  Für eine Beweis- und Warnfunktion neben der Klarstellungs-/Kundmachungsfunktion Wollenschläger, Arbeitsrecht, 3. Aufl., Rn. 559; so früher noch das RAG 04. 01. 1933 – 428/32 – ARS 17, 237, 240 f.; dagegen Schaub/Treber, ArbR-HdB, 16. Aufl., § 198, Rn. 7. 207  BAG 19. 10. 1976 – 1 AZR 611/75 – AP TVG § 1 Form Nr. 6 (unter 3); BAG 05. 07. 2006 – 4 AZR 381/05 – AP TVG § 1 Nr. 38 (unter Rn. 56); BAG 07. 07. 2010 – 4 AZR 120/09 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 77 (unter Rn. 21); Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 310. 208  Ähnlich BAG 19. 10. 1976 – 1 AZR 611/75 – AP TVG § 1 Form Nr. 6 (unter 3).

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Vom bloßen Muster einer arbeitsvertraglichen Regelung in einem Richtlinienvertrag bis hin zu satzungsrechtlichen Ansprüchen gegen die andere Arbeitsvertragspartei auf Umsetzung des Koalitionsvertrags in das Individualarbeitsverhältnis ist jeder Form des Koalitionsvertrags die Intention gemeinsam, Arbeitsverhältnisse inhaltlich auszugestalten. Insofern könnte auch beim Koalitionsvertrag ein Klarstellungsinteresse bestehen. Gleichwohl lässt sich das Formerfordernis nicht auf den Koalitionsvertrag übertragen.209 Prima facie spricht dagegen bereits das Prinzip der Formfreiheit im bürgerlichen Recht, wonach ohne eine besondere gesetzliche Anordnung beim Abschluss von Verträgen keine besondere Form beachtet werden muss.210 Zudem ersetzt die im Tarifvertragsgesetz vorgesehene Schriftform den für sonstige Rechtsnormen geltenden Verkündungszwang.211 Der Koalitionsvertrag enthält allerdings keine Rechtsnormen; als rein schuldrechtlicher Vertrag begründet er stattdessen nur Wirkungen Für und Wider die Vertragsparteien. Darin liegen neben dem formalen Gesichtspunkt, dass keine Rechtsnormen vorliegen, noch zwei andere Gedanken. Zum einen ist die Schriftform bereits notwendig, damit die verpflichteten Verbandsmitglieder, insbesondere die Arbeitgeber, den Inhalt und den Umfang ihrer Verpflichtung kennen.212 Zum anderen können sich beide Arbeitsvertragsparteien unabhängig von der Ausgestaltung des Koalitionsvertrags der Umsetzung durch einen Verbandsaustritt entziehen. Maßgeblicher Einwand gegen eine analoge Anwendung muss aber sein, dass die Inhalte eines Tarifvertrags wegen der Normwirkung eo ipso ohne Kenntnis der Arbeitsvertragsparteien Inhalt des Arbeitsvertrags werden, wohingegen der Koalitionsvertrag in allen Fällen einer gesonderten Umsetzung in das Individualarbeitsverhältnis durch die Vertragsparteien bedarf, bei der sie zwangsläufig Kenntnis von seinem Inhalt erlangen.

209  Im Erg. ebenso JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 193; Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 945, insb. 995; Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 994; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 95 ff.; Kraus, Erhaltungsarbeiten im Streik, S. 137 f.; so offenbar auch die Rspr., vgl. BAG 28. 07. 1988 – 6 AZR 349/87 – AP TV Arb Bundespost § 5 Nr. 1 (unter II 3 c), das für schuldrechtliche Abreden, zumindest wenn es sich um Vorverträge handelt, nicht die Beachtung der Schriftform fordert. Später lehnte es (BAG 14. 12. 1993 – 1 AZR 550/93 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 129 (unter I 4 a)) die Qualifizierung einer Notdienstvereinbarung als Tarifvertrag wegen der Nichtbeachtung der Schriftform gem. § 1 Abs. 2 TVG ab, zog dann aber eine kollektivrechtliche Regelung eigener Art oder eine schlicht schuldrechtliche Regelung in Betracht, für die offensichtlich nicht das Schriftformgebot gilt. 210 Ausf. zur Rechtfertigungsbedürftigkeit von Formvorschriften Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, S. 61; Mankowski, JZ 2010, 662, 662 f. 211  BAG 19. 10. 1976 – 1 AZR 611/75 – AP TVG § 1 Form Nr. 6 (unter 3). 212  Buchner, Anm. zu LAG Berlin 12. 02. 1979 – 9 Sa 63/78, in: AR-Blattei [D] Tarifvertrag II Abschluß Entscheidung 12 (unter 2); Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 97.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

b)  Verzichtsverbot Auf den Koalitionsvertrag könnte ferner das tarifvertragliche Verzichtsverbot gem. § 4 Abs. 4 S. 1 TVG entsprechend anwendbar sein, mit der Folge, dass Rechte zugunsten der Arbeitnehmer in berechtigenden schuldrechtlichen Normenverträgen unabdingbar sind. Ohne die entsprechende Anwendung von § 4 Abs. 4 S. 1 TVG kann der Arbeitgeber den einzelnen Arbeitnehmer kraft seiner strukturellen Überlegenheit dazu bewegen gem. § 333 BGB auf die Rechte aus dem Koalitionsvertrag zu verzichten. Insbesondere sofern der Arbeitgeber zugleich Partei des Koalitionsvertrags ist und der Koalitionsvertrag Rechte zugunsten der Arbeitnehmer begründet (§ 328 BGB), besteht dann eine vergleichbare Gefährdungslage der Arbeitnehmer wie im Tarifrecht.213 Diese Gefährdungslage sowie der fehlende Schutz für Koalitionsverträge zugunsten der Arbeitnehmer treffe – so könnte argumentiert werden – auf eine Gesetzeslücke und rechtfertige insofern eine parallele Anwendung auf den Koalitionsvertrag, als die beschriebene Gefahr einer Abbedingung der kollektiv geregelten Rechte nicht mit der Rechtsnatur der geschlossenen Vereinbarung zusammenhängt und die Vorschriften der §§ 328 ff. BGB nicht die arbeitsrechtlichen Besonderheiten berücksichtige.214 Ansonsten könne der Arbeitgeber die Bildung von Gegenmacht auf kollektiver Ebene auf der individuellen Ebene unterminieren, indem der Arbeitgeber an den einzelnen Arbeitnehmer herantritt und diesen zu einem Verzicht auf die kollektiven Rechte bewegt. Dafür spreche immerhin auch die Anwendung des Verzichtsverbots gem. § 4 Abs. 4 S. 1 TVG auf den obligatorischen Teil des Tarifvertrags, worin ebenso Rechte zugunsten der Arbeitnehmer vorgesehen werden können.215 Nach dieser Ansicht ist das tarifvertragliche Verzichtsverbot des § 4  Abs. 4 S. 1 TVG zumindest auf berechtigende schuldrechtliche Normenverträge analog anwendbar. Zu Recht wenden sich Rechtsprechung216 und Literatur217 gegen eine analoge Anwendung von § 4 Abs. 4 S. 1 TVG auf den Koalitionsvertrag. Das Verzichtsverbot ergänzt die zwingende Wirkung tariflicher Normen und stellt den Arbeitnehmer davon frei, seine eigenen Interessen in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber durchzusetzen.218 Die besondere Gewährleistung des Tarifvertrags liegt nicht nur darin, dass der einzelne Arbeitnehmer nicht selbständig und alleine für eine Ver213 

Plander, PersR 2002, 292, 296; Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 996. Plander, PersR 2002, 292, 296. 215  Plander, PersR 2002, 292, 296. 216  BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 2 c). 217  Kamanabrou, Anm. zu BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II); Zachert, NZA 2006, 10, 13; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 4, Rn. 674; Greiner, in: Henssler/Moll/Bepler, 2. Aufl., Teil. 9, Rn. 61. 218 So vor allem die Vorinstanz LAG Mecklenburg-Vorpommern 14. 01. 2003 – 5 Sa 305/02 – juris (unter 4); bestätigt durch BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 2 c bb). 214 

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besserung seiner Rechte kämpfen muss, sondern auch in der kollektiven Verteidigung dieser tariflichen Rechte. Einmal tatsächlich entstandene Rechte aus dem normativen Teil des Tarifvertrags sollen nicht mit der einen Hand gegeben und mit der anderen genommen werden.219 Funktional dient das Verzichtsverbot dementsprechend gerade der Absicherung der zwingenden Wirkung des Tarifvertrags.220 Im Unterschied dazu entstehen durch den Abschluss eines Koalitionsvertrags nicht unmittelbar Rechte der Arbeitnehmer, die ohne jeden Umsetzungsakt Inhalt des Arbeitsverhältnisses werden. Selbst im Fall eines eigenen Forderungsrechts bleibt insoweit dem Arbeitnehmer weiterhin die Durchsetzung der eigenen Rechte überlassen. Überdies beschränkt eine analoge Anwendung des Verzichtsverbots unzulässig die koalitionäre Handlungsfreiheit, zwingt man den Koalitionen trotz der bewussten Entscheidung gegen eine tarifliche Regelung einseitig unnachgiebiges Recht auf und nimmt ihnen die Möglichkeit zur Kreation nachgiebigen Rechts.221 § 4 Abs. 4 S. 1 TVG kann somit nicht analog auf Koalitionsverträge angewendet werden. c)  Günstigkeitsprinzip Nach § 4 Abs. 3 TVG dürfen die Tarifvertragsparteien die in Tarifnormen geregelten Arbeitsbedingungen nicht zu Höchstarbeitsbedingungen machen.222 Obwohl das in § 4 Abs. 3 TVG einfach gesetzlich kodifizierte Günstigkeitsprinzip systematisch im Zusammenhang mit der Normsetzung der Tarifvertragsparteien steht, jedenfalls sprechen dafür die Überschrift und § 4 Abs. 1 TVG, gilt es nach der Rechtsprechung ebenso für Abreden im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags, die in den Tarifnormen getroffene Inhalte als Höchstarbeitsbedingungen festsetzen.223 Folglich gilt das Günstigkeitsprinzip vollumfänglich für die tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen. 219  Ähnlich BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 2 c bb). 220  Greiner, in: Henssler/Moll/Bepler, 2. Aufl., Teil. 9, Rn. 59. 221  BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 2 c bb); Zachert, NZA 2006, 10, 13. 222  BAG 26. 08. 2009 – 4 AZR 294/08 – AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 28 (unter Rn. 49); BAG 26. 04. 1961 – 4 AZR 501/59 – AP TVG § 4 Effektivklausel Nr. 5 (unter Bl. 3 Vorders.). 223  BAG 14. 02. 1968 – 4 AZR 275/67 – AP TVG § 4 Effektivklausel Nr. 7 (unter Bl. 5 Vorders.) = BAGE 20, 308, 318; BAG (GS) 29. 11. 1967 – GS 1/67 – AP GG Art. 9 Nr. 13 (unter Teil III IV 5) = BAGE 20, 175, 194; BAG 21. 02. 1961 – 3 AZR 596/59 – AP TVG § 4 Günstigkeitsprinzip Nr. 8 (unter II a); BAG 15. 12. 1960 – 5 AZR 374/58 – AP TVG § 4 Angleichungsrecht Nr. 2 (unter II 2); BAG 15. 12. 1960 – 5 AZR 417/58 – AP TVG § 4 Angleichungsrecht Nr. 3 = (unter II 2); ebenso Säcker/Oetker, ZfA 1996, 85, 94, 102; Joost, ZfA 1984, 173, 190 f.; Löwisch, in: FS Rittner (1991), S. 381, 382; Buchner, DB 1990, 1715, 1723; Richardi, DB 1990, 1613, 1614; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille, S. 373; Hueck/Nipperdey, Bd. II/1, 7. Aufl., S. 574; Tyska, Das Günstigkeitsprinzip im Tarifvertragsrecht, S. 74; Wlotzke, Das Günstigkeitsprinzip, S. 24; Dietz, DB 1965, 591, 594; E. Mo-

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Keineswegs sicher ist dieser Befund für außertarifliche Vereinbarungen wie den Koalitionsvertrag, der keine Tarifnormen setzt und deshalb nicht unmittelbar und zwingend Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten regelt. Dort stellt sich die Frage, ob das tarifvertragliche Günstigkeitsprinzip aus § 4 Abs. 3 TVG auf den Koalitionsvertrag anwendbar oder übertragbar ist und den Vertragspartnern eines Koalitionsvertrags die Festlegung von Höchstarbeitsbedingungen untersagt. Dann könnten die Sozialpartner nicht mehr die Verpflichtung eingehen, mittels ihrer Verbandsmacht auf ihre Mitglieder dahingehend einzuwirken, ein bestimmtes Niveau kollektiver Arbeitsbedingungen als Obergrenze anzuerkennen. Maßgeblich für die Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips auf den Koalitionsvertrag ist seine Grundlage. Handelt es sich um ein Prinzip auf der Grundlage von einfachem Gesetzesrecht, bleibt der originäre Anwendungsbereich jedenfalls auf das Tarifvertragsrecht beschränkt und es käme lediglich eine analoge Anwendung auf den Koalitionsvertrag in Betracht.224 Andererseits könnte das Günstigkeitsprinzip nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten Anwendung auf den Koalitionsvertrag finden, sofern § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG nur einfachgesetzlich ein verfassungsrechtliches Gebot kodifiziert. aa) Einfachgesetzliche Ausgestaltung eines verfassungsrechtlichen Gebots Rechtsprechung und Literatur diskutieren kontrovers die Grundlage des Günstigkeitsprinzips und haben inzwischen verschiedene Begründungsansätze gefunden, wonach es teils als Ausfluss von Art. 9 Abs. 3 GG225, teils als Ausfluss der Privatautonomie i. V. m. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz226 gilt, aber es wird auch als Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips227, des Leistungsprinzips228, des ar-

litor, Höchstbegrenzung von Tarifnormen, S. 9; anders noch E. Molitor, BB 1957, 85, 86 f.; abl. auch Papritz, Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht, S. 18; Magis, Zum Günstigkeitsprinzip, S. 47; Courth, Günstigkeitsprinzip und Günstigkeitsvergleich, S. 115 f. 224  So offenbar Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 106. 225  BAG 23. 03. 2011 – 4 AZR 366/09 – AP GG Art. 9 Nr. 147 (unter Rn. 41); BAG 20. 04. 1999 – 1 ABR 72/98 – AP GG Art. 9 Nr. 89 (unter B III 1 b cc); BAG (GS) 16. 09. 1986 – GS 1/82 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 17 (unter C II 3 a) = BAGE 53, 42, 60; BAG 15. 12. 1960 – 5 AZR 374/58 – AP TVG § 4 Angleichungsrecht Nr. 2 (unter II 2 a); BAG 15. 12. 1960 – 5 AZR 417/58 – AP TVG § 4 Angleichungsrecht Nr. 3 = (unter II 2 a); Hueck/Nipperdey, Bd. II/1, 7. Aufl., S. 233; Reuss, AuR 1958, 321, 326; Robert, Vereinbarkeit betrieblicher Bündnisse für Arbeit mit dem Günstigkeitsprinzip, S. 34 ff.; Heise, in: FS 50 Jahre BAG (2004), S. 657, 661 f. 226 Däubler/Deinert, TVG, 4. Aufl., § 4, Rn. 622; JKOS/Jacobs, 2. Aufl., § 7, Rn. 16; Kühnast, Die Grenzen zwischen tariflicher und privatautonomer Regelungsbefugnis, S. 125 ff.; Wendt, Der Günstigkeitsvergleich im Verhältnis Einzelarbeitsvertrag zu Tarifvertrag, S. 20 ff. 227  Natzel, ZfA 2003, 103, 116; Ehmann/Schmidt, NZA 1995, 193, 195; Heinze, NZA 1995, 5, 7 f.; Küchenhoff, DB 1963, 765, 766; Wipfelder, DRiZ 1988, 361, 363.

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beitsrechtlichen Schutzprinzips229, des Sozialstaatsprinzips230 oder der freiheitlich-rechtsstaatlichen Wirtschafts- und Sozialverfassung231 angesehen. Bei allem Streit ist heute jedenfalls diejenige Auffassung232 überwunden, nach der das Günstigkeitsprinzip kein verfassungsrechtliches Fundament hat, sondern lediglich einfaches Recht darstellt. Die genaue Grundlage des Günstigkeitsprinzips ist dagegen bislang nicht abschließend geklärt, jedoch bestimmen die Diskussion maßgeblich die beiden erstgenannten Strömungen, während die sonstigen Begründungsansätze ins Hintertreffen geraten. 228

Zutreffend ist, dass das Günstigkeitsprinzip nicht entweder auf Art. 9 Abs. 3 GG oder alternativ auf der Privatautonomie beruhen muss, sondern beide Ansätze für seine Herleitung herangezogen werden können und gemeinsam die Festlegung von Höchstnormen ausschließen. So gewährleistet Art. 9 Abs. 3 GG nur die Festlegung von Mindestarbeitsbedingungen im Fall der gestörten Verhandlungsparität und muss demgemäß zurücktreten, wenn das Verbandsmitglied im Einzelfall in der Lage ist, für sich selbst günstigere Arbeitsbedingungen auszuhandeln.233 Das Kollektiv steht im Dienste des Mitglieds und schränkt nicht seinen Verhandlungsspielraum ein. Des Weiteren stellt das Günstigkeitsprinzip zwischen Tarifautonomie und Privatautonomie praktische Konkordanz her und ist somit Ausdruck eines verhältnismäßigen Ausgleichs der Kollektiv- und Individualautonomie. § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG gestaltet mithin einfachgesetzlich zwei verfassungsrechtliche Gebote aus. Wenngleich das Günstigkeitsprinzip nicht in der derzeitigen Ausgestaltung verfassungsrechtlich garantiert ist234, gewährleistet die Verfassung jedenfalls seinen Kerngehalt. bb) Komplementärfunktion zur zwingenden Wirkung von Tarifnormen Demnach könnte das Günstigkeitsprinzip als Grenze der verbandsrechtlichen Rechtsetzung durch Gesamtvereinbarung und als Ausdruck eines verhältnismäßigen Ausgleichs der Kollektiv- und Individualautonomie auch auf den Koalitionsvertrag angewendet werden, ohne dass es einer gesetzlichen Vorschrift für den Koalitionsvertrag bedürfte. Gleichwohl ist die Anwendung unsicher, denn selbiges 228  Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. II, 2. Aufl., S. 420 f.; Hueck/Nipperdey, Bd. II/1, 7. Aufl., S. 572; Kaden, Individuelle Bündnisse für Arbeit und Günstigkeitsprinzip, S. 89 f. 229  BAG (GS) 16. 09. 1986 – GS 1/82 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 17 (unter C II 3 a) = BAGE 53, 42, 60; BAG 20. 04. 1999 – 1 ABR 72/98 – AP GG Art. 9 Nr. 89 (unter B III 1 b aa); Wiedemann/Wank, TVG, 7. Aufl., § 4, Rn. 386; Herrmann, ZfA 1989, 577, 619. 230  G. Müller, DB 1967, 903, 905 f.; Ramm, JZ 1966, 214, 218. 231  Säcker, Gruppenautonomie und Übermachtkontrolle im Arbeitsrecht, S. 293 f. 232  Vgl. BVerwG 13. 03. 1964 – VII C 87.60 – AP TVG § 4 Angleichungsrecht Nr. 4 (unter 2 a) = NJW 1964, 1537, 1539 = BVerwGE 18, 135, 140; Bieback, ZfA 1979, 453, 477; Monjau, DöD 1964, 224, 228; Söllner, RdA 1989, 144, 149. 233 Ausf. Belling, Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht, S. 64 ff.; Robert, Vereinbarkeit betrieblicher Bündnisse für Arbeit mit dem Günstigkeitsprinzip, S. 34 ff. 234  BAG 20. 04. 1999 – 1 ABR 72/98 – AP GG Art. 9 Nr. 89 (unter B III 1 b cc); JKOS/ Jacobs, 2. Aufl., § 7, Rn. 17.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

steht in einem direkten Zusammenhang zur zwingenden Wirkung der Tarifnormen gem. § 4 Abs. 1 S. 1 TVG, welche das Günstigkeitsprinzip halbseitig zugunsten der Arbeitnehmer öffnet. Der Koalitionsvertrag erzeugt indes nur eine schuldrechtliche Bindung zwischen den Vertragsparteien und keine zwingende Wirkung für die Verbandsmitglieder. Sie können jederzeit Vereinbarungen abweichenden Inhalts treffen. Ferner ist eine andere Absicherung der zwingenden Wirkung aus dem Tarifrecht nicht auf den Koalitionsvertrag übertragbar. Selbst im Fall der Ausgestaltung des Koalitionsvertrags als berechtigender schuldrechtlicher Normenvertrag kann der Arbeitnehmer mangels einer analogen Anwendung des Verzichtsverbots gem. § 4 Abs. 4 S.1 TVG, das der Absicherung der zwingenden Wirkung im Tarifrecht dient, die Rechte aus dem Koalitionsvertrag nach § 333 BGB zurückweisen235 und damit auf seine Rechte verzichten. Insofern liegt der Schluss nahe, dass das Günstigkeitsprinzip nicht auf den Koalitionsvertrag anwendbar ist. Das kann aber wenigstens für solche Koalitionsverträge nicht gelten, die den Inhalt von Tarifnormen zu Höchstarbeitsbedingungen machen, dementsprechend eine Verpflichtung der Tarifparteien aussprechen, die darin festgelegten Arbeitsbedingungen nicht zu überschreiten. Können die Tarifparteien sich dazu nicht im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags verpflichten, muss ihnen das als Umgehung auch im Koalitionsvertrag verwehrt bleiben. Für den Koalitionsvertrag ohne Bezug zu Tarifnormen, der die Vertragsparteien verpflichtet, bei der Umsetzung ins Individualarbeitsverhältnis nicht überkoalitionsvertragliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, muss das Günstigkeitsprinzip indes ebenso angewendet werden. Andernfalls könnte final die Arbeitsvertragsfreiheit des Arbeitnehmers über die Verpflichtung des Arbeitgebers im Koalitionsvertrag zur Einhaltung von Höchstarbeitsbedingungen eingeschränkt werden.236 Insbesondere beim (Haus-)Koalitionsvertrag müsste der Arbeitgeber als Vertragspartei für überkoalitionsvertragliche Arbeitsbedingungen gar den Vertrag brechen, womit faktisch die Arbeitsvertragsfreiheit des Arbeitnehmers erheblich eingeschränkt wird, der für eine Vereinbarung besserer Arbeitsbedingungen nämlich auf die Mitwirkung des Arbeitgebers angewiesen ist. Dass das Günstigkeitsprinzip anders als das Verzichtsverbot auf den Koalitionsvertrag anwendbar ist, bedeutet keinen Widerspruch, denn das Verzichtsverbot verhindert eine Abänderung „nach unten“ und schränkt somit die Arbeitsvertragsfreiheit ein, wohingegen das Günstigkeitsprinzip für die Arbeitnehmer eine Öffnung „nach oben“ bedeutet und dadurch erst unbeschränkte Vertragsfreiheit ermöglicht. Nicht zuletzt spricht für die hier vertretene Meinung die Entscheidung des BAG237 zu Spannenklauseln, die nach dort vertretener Auffassung u. a. gegen das 235  Ausdrücklich so für schuldrechtliche Regelungen in Tarifverträgen Staudinger/Jagmann, Neubearb. 2015, § 333, Rn. 2. 236 Ähnlich Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 4, Rn. 562. 237  BAG 23. 03. 2011 – 4 AZR 366/09 – AP GG Art. 9 Nr. 147 (unter Rn. 41 f.); abl. Neumann, Anm. zu BAG 23. 03. 2011 – 4 AZR 366/09 – AP GG Art. 9 Nr. 147 (unter III 2 b); Kempen/Zachert/Schubert/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 4, Rn. 333.

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Günstigkeitsprinzip verstoßen. Wenn das Günstigkeitsprinzip es den Tarifvertragsparteien unmöglich macht, für die tarifgebundenen Arbeitnehmer Höchstarbeitsbedingungen festzulegen, und jederzeit individualvertraglich Abweichungen zugunsten der Arbeitnehmer gestattet, dann müsse das erst recht für schuldrechtliche Abmachungen gelten, die dem Arbeitgeber verwehren, die Außenseiter mit den koalitionsvertragsgebundenen Arbeitnehmern gleichzustellen oder ihnen günstigere Arbeitsbedingungen zu gewähren238. Folglich schützt das Günstigkeitsprinzip nicht nur vor unmittelbar normativ geltenden Höchstarbeitsbedingungen oder der schuldrechtlichen Pflicht, die normativen Arbeitsbedingungen als Höchstmaß anzuerkennen, sondern auch vor einer finalen Verkürzung der Privatautonomie bzw. der Arbeitsvertragsfreiheit der Arbeitnehmer, mittelbar über eine Verpflichtung des Verbands oder des Arbeitgebers keine über ein bestimmtes Maß hinausgehenden Rechte zu gewähren. Das Günstigkeitsprinzip verhindert insofern, dass dem Arbeitgeber schuldrechtlich untersagt wird, zu bestimmten Bedingungen mit dem Arbeitnehmer zu kontrahieren, wodurch mittelbar-final dessen Arbeitsvertragsfreiheit beschränkt würde. Somit gilt das Günstigkeitsprinzip für den Koalitionsvertrag. 4.  Verhältnis zu betrieblichen Vereinbarungen Offen ist weiterhin in welchem Verhältnis der Koalitionsvertrag zu betrieblichen Abreden mit normativer Wirkung wie der Betriebsvereinbarung oder mit bloß obligatorischer Wirkung wie der formlosen Regelungsabrede239 steht. Der Schutz der Tarifvertragsparteien vor einer „beitragsfreien Ersatzgewerkschaft“240 auf Betriebsebene verhindert einerseits Ersatzregelungen für nicht organisierte Arbeitnehmer, die mangels koalitionärer Organisation ein besonderes Interesse an einer starken betrieblichen Interessenvertretung haben, andererseits übertarifliche Zusatzregelungen für organisierte Arbeitnehmer, wodurch Verhandlungserfolge der Koalitionen herabgesetzt und Anreize zum Koalitionsbeitritt abgebaut werden.241 Einen Anreiz zum Koalitionsbeitritt schaffen Gewerkschaften vor allem, wenn sie sich als Krisenmanager in wirtschaftlichen Notlagen bewähren, Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen sichern sowie zum nachhaltigen Unternehmenserfolg beitragen. Das ist bislang aber die Domäne der Betriebspartner. Gewerkschaften sind bereits definitorisch überbetrieblich organisiert242 und nehmen daher regelmäßig einen anderen Blickwinkel auf betriebliche Krisen ein, wohingegen die Betriebs­ 238 

BAG 23. 03. 2011 – 4 AZR 366/09 – AP GG Art. 9 Nr. 147 (unter Rn. 42). Für den Begriff der Regelungsabrede werden Synonym verwandt „Betriebsabsprache“ oder „betriebliche Einigung“, vgl. Richardi/Richardi, BetrVG, 15. Aufl., § 77, Rn. 226 m. w. N. 240  P. Hanau, BB 1977, 350, 350; P. Hanau, NZA 1993, 817, 821; LAG Berlin 15. 06. 1977 – 9 TaBV 1/77 – EzA BetrVG 1972 § 87 Nr. 6 (unter III 3) = DB 1978, 115, 116. 241 Vgl. Berg, in: DKKW, BetrVG, 15. Aufl., § 77, Rn. 128; Fitting, 28. Aufl., § 77, Rn. 67. 242  H.M. BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 (unter B I 1) = BVerfGE 58, 233, 247; BAG 14. 12. 2004 – 1 ABR 51/03 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 1 (unter B III 1); dagegen LAG Hessen 22. 07. 2004 – 9 SaGa 593/04 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 168 = NZA-RR 2005, 262, 263; Stelling, NZA 1998, 920, 921 ff.; krit. auch Höfling, 239 

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partner die betrieblichen Abläufe u. U. besser kennen und vor dem Hintergrund des fehlenden mitgliedschaftlichen Legitimationsdrucks möglicherweise zu weitergehenden Zugeständnissen für die Betriebsaufrechterhaltung bereit sind. In Konflikt zu einem Koalitionsvertrag treten die betrieblichen Regelungen insofern, als das Bundesarbeitsgerichts den Betriebsrat für die Regelung aller normativ regelbaren Gegenstände i. S. d. § 1 Abs. 1 TVG zuständig hält243 und darüber hinaus von der „Annahme einer globalen Regelungskompetenz der Betriebsparteien“ ausgeht244, gleichzeitig aber die Gewerkschaften aufgrund der beschränkten sachlich-inhaltlichen Regelungs- und der personellen Abschlussbefugnis245 ggf. darauf angewiesen sind, auf den Koalitionsvertrag auszuweichen. Fraglich ist deshalb, ob bspw. Sanierungsbemühungen von Koalitionen in Krisenzeiten in der Form von Koalitionsverträgen nicht ebenso vor einer betrieblichen Konkurrenz geschützt sind wie tarifvertragliche Regelungen. a)  Grundlage des Tarifvorbehalts Der Tarifvorbehalt konkretisiert auf einfachgesetzlicher Ebene die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine freiheitliche, im Grundsatz staatsfreie Organisation des Arbeitsmarkts durch die autonome und paritätische Aushandlung gerechter Arbeitsbedingungen. Der Tarifvorbehalt gem. § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG ist mithin verfassungsrechtlich geboten und in Art. 9 Abs. 3 GG verankert.246 Um die verfassungsrechtliche Entscheidung des Art. 9 Abs. 3 GG durchzusetzen, müssen sich nämlich koalitionäre Vereinbarungen gegenüber betrieblichen Regelungen durchsetzen.247 Das Maß und der Umfang der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Vorrangkompetenz der Koalitionen sind allerdings nicht in Stein gemeiRdA 1999, 182, 184, der die Überbetrieblichkeit als Ausprägung der Gegnerunabhängigkeit einordnet. 243  Ausdrücklich BAG (GS) 07. 11. 1989 – GS 3/85 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 46 (unter C I 2 b); später BAG 18. 03. 2010 – 2 AZR 337/08 – AP BGB § 626 Nr. 228 (unter Rn. 34). 244  BAG (GS) 07. 11. 1989 – GS 3/85 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 46 (unter C I 2 c); ähnlich BAG 12. 12. 2006 – 1 AZR 96/06 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 94 (unter Rn. 14). 245  Siehe oben § 5 A. I. und II. 246  So hat das LAG Berlin 15. 06. 1977 – 9 TaBV 1/77 – EzA BetrVG 1972 § 87 Nr. 6 (unter III 2) = DB 1978, 115, 116 konstatiert, dass der Gesetzgeber mit § 77 Abs. 3 BetrVG „dem ihm in Art. 9 Abs. 3 GG erteilten Verfassungsauftrag, das Recht der Koalitionsfreiheit in seinem Kernbereich zu gewährleisten, Rechnung“ trägt. Aus dem Schrifttum G. Müller, AuR 1992, 257, 258; Kempen, RdA 1994, 140, 151; Heinze, NZA 1995, 5, 6; P. Hanau, RdA 1993, 1, 6, 9; Kissel, NZA 1986, 73, 79; Moll, Der Tarifvorrang im Betriebsverfassungsgesetz, S. 42; Rieble, RdA 1996, 151, 152; für einen Verfassungsschutz von § 77 Abs. 3 u. § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG Kittner, in: FS Stahlhacke (1995), S. 247, 255; abl. v. Hoyningen-Huene/Meier-Krenz, NZA 1987, 793, 794; Reuter, RdA 1991, 193, 201; Rüthers, RdA 1994, 176, 177; Bender, BB 1987, 1117, 1119; im Erg. auch Gamillscheg, in: FS Stahlhacke (1995), S. 129, 145, der eine verfassungsrechtliche Verankerung unter praktischen Erwägungen verneint. 247  Vgl. ErfK/Linsenmaier, 18. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 60.

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ßelt und lassen sich ggf. abschwächen.248 An der verfassungsrechtlichen Grundausrichtung i. S. e. Primärzuständigkeit der Koalitionen auf dem gesamten Gebiet der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ändert das jedoch nichts. b)  Zweck des Tarifvorbehalts Weit verbreitet ist die Ansicht, die Vorschrift schütze die „ausgeübte und aktualisierte Tarifautonomie“249, welche bisweilen um den Aspekt ergänzt wird, der Zweck der Bestimmung läge in der Garantie eines koalitionären Rechtsetzungsmonopols250. Das dürfte indes zu eng sein. Die Vorschrift schützt über die Tarif­ autonomie und das Rechtsetzungsmonopol der tariffähigen Koalitionen als Teilgewährleistungen der Koalitionsfreiheit hinaus jede Tätigkeit der Koalitionen vor betrieblicher Konkurrenz. Der Tarifvorbehalt dient der Erhaltung und Stärkung der Koalitionen, insbesondere der Gewerkschaften 251, ohne den ihre Stellung und ihre Funktionsfähigkeit maßgeblich geschwächt wären 252. Ohne den notwendigen Anreiz zum Beitritt zu einer Koalition erodiert das auf der freiwilligen Mitgliedschaft basierende Koalitionsverfahren, das nach seiner derzeitigen Ausgestaltung entscheidend auf die mitgliedschaftliche Organisation der Arbeitnehmer angewiesen und dementsprechend in Branchen mit einem hohen Organisationsgrad besonders durchsetzungsstark ist. Der Zweck der Bestimmung liegt folglich in der Erhaltung und Stärkung der Funktions- und Leistungsfähigkeit

248 GK/Kreutz, BetrVG, 10. Aufl., § 77, Rn. 86; Bender, BB 1987, 1117, 1119; Gast, Tarifautonomie und die Normsetzung durch Betriebsvereinbarung, S. 35; Gast, Anm. zu BAG 24. 02. 1987 – 1 ABR 18/85 – BB 1987, 1249, 1251; dagegen Heinze, NZA 1995, 5, 6. 249  BAG 10. 12. 2013 – 1 ABR 39/12 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 144 (unter Rn. 43); BAG 30. 05. 2006 – 1 AZR 111/05 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 23 (unter Rn. 26); BAG 22. 03. 2005 – 1 ABR 64/03 – AP TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 26 (unter B II 2 c ee [1]); BAG 24. 01. 1996 – 1 AZR 597/95 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 8 (unter I 1); BAG (GS) 03. 12. 1991 – GS 2/90 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 51 (unter C I 1); BAG 22. 05. 1979 – 1 ABR 100/77 – AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 13 (unter II 1); HWK/Gaul, 7. Aufl., BetrVG, § 77, Rn. 48; ErfK/Kania, 18. Aufl., BetrVG, § 77, Rn. 43; Fitting, 28. Aufl., § 77, Rn. 67; wohl auch Waltermann, Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung zwischen Privatautonomie und Tarifautonomie, S. 261 f. 250 So Zöllner, in: FS Nipperdey (1965), Bd. II, S. 699, 703 f.; zust. Hablitzel, DB 1971, 2158, 2160 f. 251  Fischer, Die tarifwidrigen Betriebsvereinbarungen, S. 189; Beuthien, BB 1983, 1992, 1995; Barwasser, DB 1975, 2275, 2275; Moll, Der Tarifvorrang im Betriebsverfassungsgesetz, S. 37; Bender, BB 1987, 1117, 1119 f.; Lethert, Ist der in § 77 Abs. 3 BetrVG 1972 normierte Tarifvorbehalt nur noch ein „law in the book“?, S. 17 ff. In diesem Sinn nimmt Hromadka, DB 1987, 1991, 1993 an, dass nicht der Tarifvertrag, sondern die Gewerkschaft Vorrang genießt, wenn sie sich üblicherweise der Materie annimmt. Zur alten Fassung bereits Biedenkopf, Grenzen der Tarifautonomie, S. 282; Mechtel, Die Tarifüblichkeit nach § 59 BetrVG, S. 19. 252  Fitting, 28. Aufl., § 77, Rn. 67.

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der Sozialpartner253 durch den umfassenden Vorrang der auf der Koalitionsfreiheit aufbauenden kollektiven Ordnung vor der Betriebsautonomie254. Dabei schließen sich die einzelnen Elemente des Normzwecks, also der Schutz der Tarifautonomie und die Stärkung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Koalitionen, nicht gegenseitig aus255, sondern bedingen vielmehr einander als einzelne Aspekte des globalen Vorrangs der auf der Koalitionsfreiheit fußenden kollektiven Ordnung. c)  Schutz des Koalitionsvertrags vor betrieblicher Konkurrenz Vor diesem Hintergrund könnte für einen auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG abgeschlossenen Koalitionsvertrag der in § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG geregelte Tarifvorbehalt entsprechend gelten, zumal der Gesetzeswortlaut dem bezweckten und verfassungsrechtlich zumindest im Kern gebotenen Privileg der Koalitionen im Verhältnis zu den Betriebspartnern nur unvollkommen Rechnung trägt. So erstreckt die zutreffende Auffassung die Vorschrift über den Wortlaut hinaus gemäß ihrem Zweck auf Regelungsabreden der Betriebspartner256, woran deutlich wird, dass selbige nicht bloß eine Normsetzungsprärogative257 der Koalitionen sichert, sondern einen umfassenden Vorrang der mitgliedschaftlichen Kollektivordnung gewährleistet. Zu dieser mitgliedschaftlich geprägten Kollektivordnung zählen auch der obligatorische Teil des Tarifvertrags oder der rein schuldrechtlich wirkende Koalitionsvertrag. Nehmen sich die Koalitionen einer Materie an, die den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG zuzuordnen ist, sind betriebliche Regelungen also ohne Ansehung der Einigungsform verdrängt. 253  Ergänzend wies darauf bereits die Rspr. hin, vgl. BAG 18. 03. 2010 – 2 AZR 337/08 – AP BGB § 626 Nr. 228 (unter Rn. 35); BAG 08. 12. 2009 – 1 ABR 66/08 – AP BGB § 613a Nr. 380 (unter Rn. 34); BAG 30. 05. 2006 – 1 AZR 111/05 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 23 (unter Rn. 26); Richardi, Betriebsverfassung und Privatautonomie, S. 17; Gamillscheg, Die Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit, S. 85; auch Wiese, RdA 1968, 41, 43, der die Funktionsfähigkeit der Koalitionen durch ein Zuständigkeitsmonopol gestärkt sieht; umfassend dazu, aber im Ergebnis eine ablehnende Haltung einnehmend Lambrich, Tarif- und Betriebsautonomie, S. 264 ff.; dagegen auch Säcker, RdA 1967, 370, 371, der selbst davon ausgeht (vgl. S. 372), die Vorschrift diene nur dem „Schutz eines leistungsfähigen und attraktiven tarifautonomen Handlungssystems“. 254 Richardi/Richardi, BetrVG, 15. Aufl., § 77, Rn. 246. 255  Wiese, RdA 1968, 41, 44. 256  Wie hier Richardi/Richardi, BetrVG, 15. Aufl., § 77, Rn. 292 f.; Berg, in: DKKW, BetrVG, 15. Aufl., § 77, Rn. 158; Berg, in: FS Kehrmann (1997), S. 271, 276 f.; Annuß, RdA 2000, 287, 291; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 328; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. II, S. 780 f.; P. Hanau, RdA 1973, 281, 285; Zachert, RdA 1996, 140, 145; Thon, NZA 2005, 858, 860. Dagegen aber die h. M., siehe nur BAG 20. 04. 1999 – 1 ABR 72/98 – AP GG Art. 9 Nr. 89 (unter B II 1 b aa [1] u. [2]); BAG 21. 01. 2003 – 1 ABR 9/02 – AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 (unter B II 2 c aa); Walker, in: FS Wiese (1998), S. 603, 606 f.; Waltermann, RdA 1996, 129, 132; Goethner, NZA 2006, 303 ff. Zur alten Rechtslage bereits Adomeit, Die Regelungsabrede, S. 77. 257 Dafür Belling/Hartmann, NZA 1998, 673, 676; Veit/Waas, BB 1991, 1329, 1330.

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Kein Einwand gegen diesen generellen Vorrang koalitionärer Vereinbarungen liegt im niedrigeren Schutzniveau der nur schuldrechtlich und damit lediglich die Koalitionsgegner bindenden Einigungsformen, denn die Vorschrift bezweckt gerade nicht den Schutz der Arbeitnehmer258. So schließt der Tarifvorbehalt einerseits neben Betriebsvereinbarungen auch Regelungsabreden aus, verhindert andererseits aber Regelungen nicht nur, wenn tatsächlich ein Tarifvertrag die betreffende Materie regelt, sondern bereits dann, wenn die Tarifparteien sich üblicherweise der Materie annehmen. Betriebsangehörige Arbeitnehmer bleiben deshalb ggf. ohne kollektiven Schutz. Demgemäß spricht der niedrigere Schutzgehalt einer schuld­ rechtlichen Regelung durch die Koalitionen nicht gegen den Vorrang des Koali­ tionsvertrags im Verhältnis zu betrieblichen Vereinbarungen. Im Gegenteil, ein mit einer normativen Regelung verglichen niedriger Schutz einer obligatorischen Regelung ist besser als gar kein Schutz. Ist jede Regelung auf der Betriebsebene selbst dann ausgeschlossen, wenn die Koalitionen eine Regelung unterlassen haben, muss das erst recht gelten, sofern die Koalitionen wenigstens eine schuldrechtliche Regelung getroffen haben. Das gilt unproblematisch für den tarifnormersetzenden Koalitionsvertrag. Außerhalb der Normsetzungsbefugnis gem. § 1 Abs. 1 TVG, also für den tarifnormüberschreitenden Koalitionsvertrag lässt sich zwar nicht ein Erst-Recht-Schluss anbringen, gleichwohl sperrt insoweit der Koalitionsvertrag ebenfalls eine betriebliche Regelung, da die Vorschrift einen generellen Zuständigkeitsvorbehalt zugunsten der Koalitionen ausdrückt. Dafür streitet zudem ein Vergleich mit § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG, der den Schutz der Arbeitnehmer vor einem individualrechtlichen Vorgehen des Arbeitgebers bezweckt259, indem nur eine bestehende zwingende und unabdingbare Tarifnorm das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschließt260. Ein Schutz der Arbeitnehmer durch die erzwingbare Mitbestimmung ist nur hinfällig, soweit eine Angelegenheit i. S. d. § 87 BetrVG umfassend durch zwingende Tarifnormen geregelt ist.261 258  Andernfalls würde im Verhältnis Tarifvertrag/Betriebsvereinbarung das Günstigkeitsprinzip angewendet und eine für die Arbeitnehmer günstigere Regelung von der zwingenden Wirkung des Tarifvertrags befreit sein. Im Anwendungsbereich von § 77 Abs. 3 BetrVG findet das Günstigkeitsprinzip allerdings keine Anwendung und wird insoweit verdrängt, vgl. BAG 30. 05. 2006 – 1 AZR 111/05 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 23 (unter Rn. 27). 259  Ausdrücklich den Schutz der Arbeitnehmer als Normzweck des § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG hebt hervor BAG 04. 07. 1989 – 1 ABR 40/88 – AP BetrVG 1972 § 87 Tarifvorrang Nr. 20 (unter B II 2 a); die unterschiedlichen Schutzzwecke von § 77 Abs. 3 BetrVG einerseits und § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG andererseits betont BAG (GS) 03. 12. 1991 – GS 1/90 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52 (unter C I 4 c); BAG 17. 11. 1998 – 1 ABR 12/98 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 79 (unter B II 2 a aa). 260  BAG 18. 04. 1989 – 1 ABR 100/87 – AP BetrVG 1972 § 87 Tarifvorrang Nr. 18 (unter B II 2 c); BAG 23. 03. 1993 – 1 AZR 520/92 – AP BetrVG 1972 § 87 Tarifvorrang Nr. 26 (unter I); BAG 09. 12. 2003 – 1 ABR 52/02 – EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 6 (unter B II 1 b). 261  BAG 03. 05. 2006 – 1 ABR 14/05 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 119 (unter Rn. 29).

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Hier trifft die Koalitionen zum Schutz der Arbeitnehmer demnach ein Formzwang, wenn sie die betriebliche Regelungsbefugnis verdrängen wollen.262 Mit Blick auf § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG sprechen daher gute Gründe für eine differenzierte Betrachtung je nachdem, ob ein potenzieller Koalitionsvertrag den Anwendungsbereich von § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG oder denjenigen von § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG betrifft. Keineswegs kann ein Koalitionsvertrag Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 BetrVG einschränken. Dafür fehlt dem Koalitionsvertrag die zwingende Wirkung. Außerhalb von § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG ist der Koalitionsvertrag hingegen gegenüber betrieblicher Konkurrenz privilegiert, da § 77 Abs. 3 BetrVG anders als § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG dem Schutz der Gewerkschaften vor einer Konkurrenz durch den Betriebsrat dient und nicht die Arbeitnehmer schützt263, weshalb dieser Zuständigkeitsvorbehalt auf das gesamte Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG ausgedehnt werden muss, andernfalls könnte der Betriebsrat nämlich einer Gewerkschaft in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Tätigkeitsfeld den Rang ablaufen. 5.  Schutz gegenüber beeinträchtigenden Maßnahmen Der Koalitionsvertrag steht unter dem besonderen Schutz von Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG, der einzigen Vorschrift des Grundgesetzes, die eine unmittelbare Drittwirkung einer verfassungsrechtlichen Gewährleistung für die Rechtsbeziehungen im Privatrechtsverkehr statuiert264 und sich dementsprechend vornehmlich an die Privatrechtssubjekte richtet265. Deren Abreden, die dieses Recht einzuschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, von ihnen hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Dabei nimmt die überwiegende Meinung an, dass das Schutzgut von Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG mit S. 1 übereinstimmt, die Vorschrift mithin den Schutz der individuellen sowie kollektiven Koalitionsfreiheit vermittelt.266 Wie der ein262 Ausdrücklich Rieble/Wiebauer, Kollektivarbeitsrechtliche Regulierung beim Entleiher, S. 65, 80 f. (unter Rn. 37). 263 ErfK/Kania, 18. Aufl., BetrVG, § 87, Rn. 14. 264  BVerfG 17. 02. 1981 – 2 BvR 384/78 – AP GG Art. 140 Nr. 9 = BVerfGE 57, 220, 245; BAG 17. 02. 1998 – 1 AZR 364/97 – AP GG Art. 9 Nr. 87 (unter II 2); BAG 20. 04. 1999 – 1 ABR 72/98 – AP GG Art. 9 Nr. 89 (unter B II 2 a); BAG 10. 12. 2002 – 1 AZR 96/02 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 162 (unter B I 3 b bb); BAG 31. 05. 2005 – 1 AZR 141/04 – AP GG Art. 9 Nr. 124 (unter I 2 b aa [1]); Oldiges, in: FS Friauf (1996), S. 281, 283; dagegen erstreckt die Vorschrift nach Ipsen, Staatsrecht II, 19. Aufl., § 16, Rn. 708 keineswegs die Wirkung des Grundrechts auf Dritte, sondern stellt eine „zivilrechtliche Spezialvorschrift mit Verfassungsrang“ dar. Ausführlich dazu Ipsen, JZ 2014, 157 ff. 265  Sachs, Grundrechte, 2. Aufl., B 9, Rn. 36, der ausdrücklich darauf verweist, dass die in Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG angesprochenen Abreden und Maßnahmen „nicht auf staatliches Handeln zielen“; zust. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 2092. 266  Ausdrücklich dafür BAG 14. 02. 1967 – 1 AZR 494/65 – AP GG Art. 9 Nr. 10 (unter 2) = BAGE 19, 217, 223: „Ein Schutz [der Koalitionsfreiheit] lediglich gegenüber dem Staat wäre ungenügend. Diese Folgerung ist in Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG ausdrücklich gezogen.

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zelne Arbeitnehmer oder Arbeitgeber können die Parteien des Koalitionsvertrags selbst eine Verletzung ihrer Rechte und damit die Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit einer Abrede bzw. Maßnahme einwenden. Weitere Konsequenzen aus einer Verletzung des Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG resultieren nicht unmittelbar aus der Verfassung, stattdessen ergeben sich die Rechtsfolgen und die Rechtsbehelfe gegen eine Verletzung der Vorschrift durch Private aus der allgemeinen (Privat-)Rechtsordnung.267 Gegen beeinträchtigende Maßnahmen von Privaten stellt das Zivilrecht die entsprechenden Mittel bereit. Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG ist ein Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB und führt zur Nichtigkeit von einschränkenden oder behindernden Abreden sowie hierauf gerichteter Maßnahmen.268 Beseitigt die Nichtigkeit einer Abrede oder einer Maßnahme nicht vollständig die Verletzung eines individuellen oder kollektiven Rechts nach Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG, kann Ersatz des entstandenen Schadens nach § 823 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB verlangt werden, je nachdem, ob man die Koalitionsfreiheit als ein sonstiges Recht269 oder Dort ist jedermann verboten, den Versuch zu unternehmen, das Koalitionsrecht des einzelnen Arbeitnehmers und des einzelnen Arbeitgebers zu beeinträchtigen oder zu behindern. Unter eben diesem Schutz steht dann ebenfalls die Koalition, wenn und soweit sie sich im Rahmen der ihr gestellten Aufgaben bewegt. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG gewährt eine Sicherung des in Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Rechtes gegenüber jedermann, dieses Recht selbst aber umfaßt nun einmal auch den Bestand und die Betätigung der Koalitionen entsprechend dem Sinne des Koalitionswesens. Die Vorschrift ist also ein Schutzgesetz nicht nur für den einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Mitglied der Koalition, sondern auch für die Koalition selbst.“ (Hervorhebung durch Verf.) Nunmehr ständige Rspr., vgl. BAG 20. 04. 1999 – 1 ABR 72/98 – AP GG Art. 9 Nr. 89 (unter B II 2 a), das annimmt, eine Koalition könne sich wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in ihre kollektive Koalitionsfreiheit wehren; siehe auch BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 54); zust. weite Teile d. Lit. Bauer, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 9, Rn. 88; Dietz, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte III/1, S. 417, 459. Mit umfassender Gegendarstellung Höfling/Burkiczak, RdA 2004, 263, 270 ff. Ausgehend von der „drohenden Paradoxie des Art. 9 Abs. 3 GG“, die darin liegen soll, dass nach S. 1 geschützte Abreden und Maßnahmen nach S. 2 „inkriminiert“ werden, lehnen sie die kollektive Koalitionsfreiheit als Schutzgut von Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG ab. Ebenso Löwer, in: v. Münch/ Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 106; Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 133; Reuter, JuS 1986, 19, 19 f. 267  Konzen, in: FS Kissel (1994), S. 571, 579; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 206. 268  Wie hier BAG 04. 06. 2008 – 4 AZR 419/07 – AP TVG § 3 Nr. 38 (unter Rn. 60, 72); Waltermann, Arbeitsrecht, 18. Aufl., § 6, Rn. 79; MüArbR/Löwisch, 1. Aufl., § 238, Rn. 100; Dietz, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte III/1, S. 417, 451. Andere wenden § 134 BGB angesichts der abschließenden Rechtsfolgenregelung in Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG nicht oder nur auf rechtswidrige Maßnahmen an, weil für „Abreden“ die Nichtigkeit selbständig angeordnet wird, vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 7. Aufl., § 134, Rn. 33; ebenso MüArbR/Richardi/Buchner, 3. Aufl., § 34, Rn. 6; dafür offenbar auch AG Ahrensberg 12. 04. 1996 – 9 C 128/96 – NJW 1996, 2516, 2517. 269  BAG 26. 04. 1988 – 1 AZR 399/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 101 (unter B II 1); bestätigt durch BAG 20. 08. 1991 – 1 ABR 85/90 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbe-

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

als Schutzgesetz270 ansieht. In entsprechender Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 S. 1, 2, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG kann der Rechtsträger der individuellen oder kollektiven Koalitionsfreiheit ferner die Beseitigung oder (vorbeugende) Unterlassung eines privaten Eingriffs verlangen.271 6.  Richtigkeitsgewähr des Koalitionsvertrags Hinlänglich bekannt ist die von Tarifverträgen ausgehende Richtigkeits- bzw. Angemessenheitsvermutung272, für Koalitionsverträge wird sie erst neuerdings diskutiert. Sollte von einem Koalitionsvertrag eine Vermutung für seine Angemessenheit ausgehen, zeitigt dies Konsequenzen für andere Bereiche des Arbeitsrechts. Wie Tarifverträge273 müsste man sie dann nur einer allgemeinen Rechts- und keiner Angemessenheitskontrolle unterziehen, insbesondere könnte die AGB-Kontrolle gem. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB eingeschränkt, darüber hinaus der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz unanwendbar sein.

halt Nr. 2 (unter II 3); BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 54); BGH 06. 10. 1964 – VI ZR 176/63 – BGHZ 42, 210, 219; Heinze, Anm. zu BAG 21. 12. 1982 – 1 AZR 411/80 – SAE 1983, 224, 227 f.; noch offen gelassen in BAG 14. 02. 1967 – 1 AZR 494/65 – AP GG Art. 9 Nr. 10 (unter 3) = BAGE 19, 217, 228. Zu weit geht es indes die individuelle Koalitionsfreiheit zu einer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu stilisieren (so aber Wiese, ZfA 2008, 317, 325 f.). Demgegenüber abl. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 207. 270  BAG 14. 02. 1967 – 1 AZR 494/65 – AP GG Art. 9 Nr. 10 (unter 3); BAG 02. 06. 1987 – 1 AZR 651/85 – AP GG Art. 9 Nr. 49 (unter III 1); AG Köln 08. 05. 1985 – 10 Ca 10010/84 – NZA 1986, 32, 33; früher bereits RAG 15. 02. 1928 – 71.27. – ARS 2, 112, 115; Soergel/ Spickhoff, 13. Aufl., § 823, Rn. 104, 202 hält die Koalitionsfreiheit für ein sonstiges Recht und ein Schutzgesetz. 271  BAG 14. 02. 1967 – 1 AZR 494/65 – AP GG Art. 9 Nr. 10 (unter 3) = BAGE 19, 217, 228; BAG 11. 11. 1968 – 1 AZR 16/68 – AP GG Art. 9 Nr. 14 (unter 4 a); BAG 17. 02. 1998 – 1 AZR 364/97 – AP GG Art. 9 Nr. 87 (unter II 4); BAG 20. 04. 1999 – 1 ABR 72/98 – AP GG Art. 9 Nr. 89 (unter B II 2 a); BAG 31. 05. 2005 – 1 AZR 141/04 – AP GG Art. 9 Nr. 124 (unter I 2 b aa [1]). 272 BAG 21.  05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 29); BAG 04. 06. 2008 – 4 AZR 419/07 – AP TVG § 3 Nr. 38 (unter Rn. 65); BAG 28. 03. 2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4 (unter Rn. 47); BAG 24. 03. 2004 – 5 AZR 303/03 – AP BGB § 138 Nr. 59 (unter I 2 b); BAG 10. 06. 1980 – 1 AZR 168/79 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 65 (unter A I 1 c); umfassend zur Richtigkeitsgewähr des Tarifvertrages Krämer, Die Richtigkeitsgewähr des Tarifvertrags, S. 79 ff.; Stütze, Die Kontrolle der Entgelthöhe im Arbeitsrecht, S. 326 ff.; Kemper, Die Bestimmung des Schutzbereichs der Koalitionsfreiheit, S. 181 ff. 273  Vgl. BAG 25. 10. 2000 – 4 AZR 438/99 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Internationaler Bund Nr. 1 (unter II 2), das nicht die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung kontrolliert.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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a)  Grundlage der Angemessenheitsvermutung Rechtsprechung274 und Literatur275 gehen mit Nuancen von einer Richtigkeitsvermutung für den Koalitionsvertrag aus. Maßgeblich für die Vermutung einer Angemessenheit sei nämlich nicht die Rechtsform, in die die Vertragsparteien ihre koalitionsförmige Einigung bringen, und damit unerheblich, dass der Tarifvertrag zwingende und unmittelbare Geltung für die darunter fallenden Arbeitsverhältnisse beansprucht. Entscheidend für die Vermutung der Angemessenheit von kollektiv ausgehandelten (Koalitions-)Vereinbarungen müsse stattdessen sein, ob zwischen den Vertragsparteien Parität herrscht, beide mithin gleich starke Verhandlungsmacht besitzen. Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht276 zunächst dort, wo die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag lediglich durch einen Koalitionsvertrag substituieren und jederzeit einen inhaltsgleichen Tarifvertrag abschließen können, einen Koalitionsvertrag für regelmäßig angemessen gehalten. Später dehnte es diese Rechtsprechung auf sämtliche schuldrechtlichen Abreden von tariffähigen Parteien aus.277 Verantwortlich dafür scheint seine ständige Rechtsprechung zur Fähigkeit der Druckausübung (soziale Mächtigkeit) als Voraussetzung der Tariffähigkeit von Gewerkschaften zu sein, welche eine paritätische Verhandlung der Vertragspartner garantiert. b)  Grenzen Die Grenzen der Vermutungswirkung scheinen damit klar abgesteckt zu sein. Solange tariffähige Vertragspartner einen (schuldrechtlich wirkenden) Koalitionsvertrag schließen, spricht für diesen die Vermutung der Angemessenheit nicht nur, soweit sie einen Tarifvertrag substituieren, sondern für sämtliche schuldrechtlichen Vereinbarungen.278 Vereinbarungen von Koalitionen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG, denen die Tariffähigkeit wegen mangelnder Durchsetzungsfähigkeit fehlt, können indes nicht die Angemessenheit des Inhalts gewähren. Ausnahmsweise gilt das auch für Vereinbarungen von tariffähigen Koalitionen, wenn diese lediglich einen unverbindlichen Charakter haben. Denn mit der Unverbindlichkeit steigt die Be274  BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 33); BAG 18. 03. 2008 – 9 AZR 394/07 – juris (unter Rn. 25); BAG 14. 08. 2007 – 9 AZR 18/07 – AP ATG § 6 Nr. 2 (unter Rn. 27); BAG 03. 12. 2002 – 9 AZR 457/01 – AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 2 (unter A II 2 a cc [2]). 275  Däubler, in: Däubler/Bonin/Deinert, AGB, 4. Aufl., § 310, Rn. 30; Staudinger/Krause, Neubearb. 2013, Anh. zu § 310, Rn. 91; einschränkend und für eine Evidenzkontrolle eintretend noch Krause, in: Clemenz/Krause/Kreft, AGB, Einf., Rn. 100. 276  Vgl. BAG 03. 12. 2002 – 9 AZR 457/01 – AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 2 (unter A II 2 a cc [2]). 277  BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 30 ff.). 278  So jedenfalls ohne eine weitere Einschränkung BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 30, 33).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

reitschaft zu unangemessenen Zugeständnissen 279, schließlich binden solche Übereinkünfte nicht die Parteien, gefährden aber gleichwohl Arbeitnehmer im Fall einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme. Obwohl die Grundaussage der Konzeption des Bundesarbeitsgerichts, nicht die Form des koalitionsförmigen Handelns, sondern die Parität der Verhandlungspartner entscheide über die Angemessenheitsvermutung, überzeugt und zutrifft, bestimmt es schlussendlich wenig überzeugend die Grenzen der Vermutungswirkung, wobei es jene einerseits sachlich zu weit und andererseits personell zu eng fasst. Bei der Wahl zwischen einer sehr engen Angemessenheitsvermutung nur für tarifvertragsersetzende Koalitionsverträge und einer sehr weiten Angemessenheitsvermutung für sämtliche schuldrechtlichen Vereinbarungen von tariffähigen Koalitionen entschied es sich für letztere. Diese Ansicht steht auf tönernen Füßen. Soweit die schuldrechtliche Vereinbarung auf der allgemeinen Vertragsfreiheit und nicht auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG beruht, fehlen der tariffähigen Koalition alle kollektiven Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen, denn nach keiner Auffassung280 kann für den Abschluss einer Vereinbarung auf der Grundlage der allgemeinen Vertragsfreiheit gestreikt werden. Eine Gewerkschaft ohne Mittel zur Interessendurchsetzung bleibt ein zahnloser Tiger. Parität ist insofern das Ergebnis der Bildung von Gegenmacht mit kollektiven Mitteln, mithin der Druckausübung mit Kampfmitteln. Deshalb fehlt selbst einer tariffähigen Koalition für eine ausschließlich auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG abgeschlossene Vereinbarung die notwendige Parität und kann deshalb nicht die inhaltliche Angemessenheit garantieren. Überzeugender ist die erste – vom Bundesarbeitsgericht verworfene – Auffassung einer Richtigkeitsvermutung für tarifvertragsersetzende Koalitionsverträge. Jedenfalls nach hier vertretener Auffassung281 einer Regelungsbefugnis im schuldrechtlichen Teil für alle Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG, hätte sie nahegelegen, weil die Koalitionen in diesem Bereich druckweise ihre Interessen durchzusetzen vermögen. So könnten sie jederzeit den Abschluss eines Tarifvertrags mit den Mitteln des Arbeitskampfes ins Spiel bringen.282 Diese Ansicht könnte lediglich dann nicht überzeugen, wenn man mit 279  Däubler, in: Däubler/Bonin/Deinert, AGB, 4. Aufl., § 310, Rn. 30 mit. Fn. 62; zust. Staudinger/Krause, Neubearb. 2013, Anh. zu § 310, Rn. 91, der die Unverbindlichkeit offenbar als Unterfall eines freiwilligen Verzichts auf einen angemessenen Inhalt einordnet. Für eine solchermaßen verstandene Obergruppe kann keinesfalls eine Richtigkeitsgewähr eintreten. 280  Einhellige Meinung, siehe nur Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 64 f.; Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 129. 281  Vgl. ausführlich dazu und zur Gegenmeinung § 5 A. I. 2. b). 282 Das entspricht weitgehend der ursprünglichen Rechtsprechung. Nach BAG 03. 12. 2002 – 9 AZR 457/01 – AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 2 (unter A II 2 a cc [2]) beruhte die Vermutung der materiellen Richtigkeit noch auf der Möglichkeit „beide[r] Parteien

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der Gegenauffassung die obligatorische Regelungsbefugnis im Tarifvertrag auf die normativen Inhalte von § 1 Abs. 1 TVG beschränkt. Angebracht ist dennoch eine Modifikation dieses Ansatzes insofern, als für die Richtigkeitsvermutung beim Tarifvertrag weder für die Tariffähigkeit eines Arbeitgebers283 noch für die einer Arbeitgebervereinigung284 die soziale Mächtigkeit i. S. e. Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem Gegner erforderlich ist. Dann muss für die Richtigkeitsvermutung beim Koalitionsvertrag die Durchsetzungsfähigkeit der Gewerkschaft ausreichen. Setzt die Vermutung für die Angemessenheit ein paritätisches Aushandeln voraus und erfordert die Parität beim Tarifvertrag wiederum allein die soziale Mächtigkeit der Koalition auf Arbeitnehmerseite, können keine höheren Maßstäbe an einen Koalitionsvertrag angelegt werden. Folglich besteht die Vermutung der inhaltlichen Angemessenheit für einen Koalitionsvertrag bereits dann, wenn auf der Arbeitnehmerseite eine sozial mächtige Organisation handelt und die Vereinbarung inhaltlich Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG betrifft.285 An den Gegner sind keine weiteren Anforderungen zu stellen, insbesondere muss er nicht ebenfalls sozial mächtig sein. Getragen wird das von der Erwägung, dass dieser regelmäßig eine passive Position einnimmt, sich gegenüber von Forderungen der Arbeitnehmerschaft schlicht ablehnend zeigen kann und seine Interessen nicht aktiv durchsetzen muss. Gerade dafür bedarf es aber der Fähigkeit zur Druckausübung. c)  Rechtsfolgen Rechtsfolgen hat die Vermutung der Angemessenheit eines Koalitionsvertrags insbesondere im Recht der AGB-Kontrolle sowie bei der Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Beide beruhen auf dem Gedanken eines Über-Unter-Ordnungsverhältnisses und gehen von der Übervorteilung einer Seite aufgrund der Machtposition des Vertragspartners aus.286 Nach dem oben Darjederzeit inhaltsgleiche Tarifverträge [zu] fordern und damit auf die Möglichkeit zu ihrer Durchsetzung zurückgreifen [zu] können“. 283  BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 (unter B II 2) = BVerfGE 58, 233, 256; BAG 20. 11. 1990 – 1 ABR 62/89 – AP TVG § 2 Nr. 40 (unter B II 2 c). 284  BAG 20. 11. 1990 – 1 ABR 62/89 – AP TVG § 2 Nr. 40 (unter B II 2 c); LAG Berlin 29. 11. 2001 – 2 Sa 1359/02 – NZA-RR 2003, 426, 426 f.; S. Otto, NZA 1996, 624, 625; a.A. Gitter, in: FS Kissel (1994), S. 265 ff. und P. Hanau, NZA 2003, 128, 129, die für Arbeitgeberverbände ebenso das Kriterium der Durchsetzungsfähigkeit verlangen. 285  Dieses Ergebnis liegt auf der Hand, wenn man mit Ulber, RdA 2011, 353, 353 davon ausgeht, das Kriterium der sozialen Mächtigkeit sei verfassungsrechtlich geboten. 286  Die tragenden Gedanken beider Schutzmechanismen sind hier stark vereinfacht wiedergegeben und sind nicht deckungsgleich. Für die AGB-Kontrolle: BAG 31. 10. 1969 – 3 AZR 119/69 – AP BGB § 242 Ruhegehalt – Unterstützungskassen Nr. 1 (unter 2 b) begründet die Inhaltskontrolle mit der „gestörten Vertragsparität“; umfassend zum Kontrollgrund allgemein im Privatrecht und speziell im Arbeitsrecht Krause, in: Clemenz/Krause/Kreft, AGB, Einf., Rn. 25 ff., 44 ff. Für den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz: den

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gelegten spricht im Fall der kollektiven Interessenbündelung aber eine Vermutung für eine paritätische Verhandlungsmacht und nimmt insoweit diese Vereinbarungen von einer Inhaltskontrolle aus. Für den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat das BAG inzwischen ausdrücklich eine Anwendung auf den Koalitionsvertrag abgelehnt.287 Bislang unentschieden ist das für die AGB-Kontrolle, weil das BAG stets offengelassen hat, ob schuldrechtliche Koalitionsverträge zugunsten Dritter unter den Tarifvertragsbegriff des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB fallen.288 Hinsichtlich des Koalitionsvertrags selbst wird man eine analoge Anwendung des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB annehmen müssen.289 Mangels einer unmittelbaren und zwingenden Wirkung des Koalitionsvertrags spielt das indes eine geringe Rolle, weshalb sich eher die Frage nach dem Umgang mit einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme oder einer vorbehaltlosen Übernahme des Inhalts ins Individualarbeitsverhältnis stellt. Diesbezüglich hat das Bundesarbeitsgericht für die arbeitsvertragliche Übernahme eines (Formular-)Koalitionsvertrags, in der sich eine Lehrkraft damit einverstanden erklärte, dem Arbeitgeber die Möglichkeit einzuräumen, den Beschäftigungsumfang für die Dauer eines Schuljahres zu erweitern, angenommen, dass gem. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB unter der Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten die Erweiterung des Direktionsrechts keine unangemessene Benachteiligung darstelle.290 Besser als der Lösungsweg des Bundesarbeitsgerichts, die Übernahme von Bestimmungen aus einem Koalitionsvertrag als arbeitsrechtliche Besonderheit i. S. d. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB zu qualifizieren, dürfte es sein, wie beim Tarifvertrag291 mit der Einbeziehung des Inhalts zugleich von einer Einbeziehung der Richtigkeitsgewähr in den Einzelarbeitsvertrag auszugehen.292 Daher ist nach richtiger Auffassung § 310 Abs. 4 S. 3 BGB entsprechend auf die individualvertragliche Geltungsgrund sieht die überwiegende Meinung in der einseitigen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, siehe u. a. R. Krause, Arbeitsrecht, 3. Aufl., § 4, Rn. 12. Ferner wird er aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, aus der Fürsorgepflicht, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben sowie einem der Rechtsordnung immanenten Gerechtigkeitspostulat abgeleitet, vgl. Raab, in: FS Kreutz (2010), S. 317, 319 f.; Rindone, Arbeitsrechtliche Sonderzahlungen, S. 40 f.; H. Hanau, in: FS Konzen (2006), S. 233, 236 f. sieht entgegen der h. M. keinen Geltungsgrund in der einseitigen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. 287  BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 34); für einen Hauskoalitionsvertrag Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1365. 288  BAG 13. 06. 2012 – 7 AZR 169/11 – AP BGB § 307 Nr. 65 (unter Rn. 40); BAG 19. 10. 2011 – 7 AZR 672/10 – AP BGB § 307 Nr. 58 (unter Rn. 50); BAG 09. 02. 2011 – 7 AZR 91/10 – AP BGB § 307 Nr. 52 (unter Rn. 16, 45 ff.). 289  Däubler, in: Däubler/Bonin/Deinert, AGB, 4. Aufl., § 310, Rn. 30; wohl auch Staudinger/Krause, Neubearb. 2013, Anh. zu § 310, Rn. 234. 290  BAG 14. 08. 2007 – 9 AZR 58/07 – AP GewO § 106 Nr. 1 (unter Rn. 38). 291  BAG 24. 03. 1988 – 2 AZR 630/87 – AP BGB § 241 Nr. 1 (unter II 2 b aa). 292 MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 11.

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Umsetzung eines Koalitionsvertrags anzuwenden 293 und keine Inhaltskontrolle vorzunehmen. VI.  Erstreikbarkeit von Koalitionsverträgen In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird das Arbeitskampfrecht engen Grenzen unterworfen. Inwiefern tariffähige und/oder tarifunfähige Koalitionen für den Abschluss von außertariflichen Vereinbarungen Kampfmittel einsetzen dürfen, ist einstweilen ungewiss. Wegen der überragenden Bedeutung einer Kampfbefugnis für außertarifliche Kampfziele beschäftigt sich hiermit ein eigener Abschnitt.294 VII.  Grenzen des Koalitionsvertrags Nicht jede beliebige Materie können die Vertragsparteien in der Form des Koalitionsvertrags vereinbaren. Ihre Macht dazu ist nicht unbeschränkt. Systematisch lassen sich zum einen die generelle (funktionelle) Zuständigkeit zur Regelung bestimmter Inhalte als eine äußere Grenze dessen, was maximal in einem Koalitionsvertrag geregelt werden kann („Außenschranken“), zum anderen die konkrete Unzulässigkeit einer koalitionsvertraglichen Regelung wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht („Innenschranken“), unterscheiden.295 Nachfolgend werden beide Grenzen konkretisiert. 1.  Außenschranken Eine koalitionsvertragliche Regelung kann nur auf dem Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG getroffen werden, weil die dazu berechtigten Vertragsparteien allein für deren Regelung zuständig sind. Verlassen sie den Boden von Art. 9 Abs. 3 GG, überschreiten sie die Außenschranken einer koalitionsvertraglichen Regelung. Zwar können sie auch Vereinbarungen außerhalb dieses Bereichs auf der Grundlage der allgemeinen Vertragsfreiheit schließen296, 293 

Ebenso Staudinger/Krause, Neubearb. 2013, Anh. zu § 310, Rn. 91. Vergleiche dazu § 8 B. 295  Die hier vertretene Schrankensystematik lehnt sich an die zum Tarif- und Betriebsrecht entwickelte an. Im jüngeren Schrifttum wird die hier befürwortete Systematik bevorzugt, vgl. R. Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit, 2. Aufl., S. 37; ebenso für Betriebsvereinbarungen GK/Kreutz, BetrVG, 10. Aufl., § 77, Rn. 80, 311. Früher überwog eine Gleichsetzung von Unzulässigkeit mit „Außenschranken“ und Unzuständigkeit mit „Innenschranken“ und somit ein umgekehrter Sprachgebrauch, vgl. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 333; ähnlich Fischinger, Arbeitskämpfe bei Standortverlagerung und -schließung, S. 42 f.; Lobinger, Arbeitskämpfe bei Standortschließungen und -verlagerungen?, § 3, Rn. 19 ff.; für Betriebsvereinbarungen Richardi/Richardi, BetrVG, 15. Aufl., § 77, Rn. 104. 296  Dazu § 5 C. 294 

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dann steht die vertragliche Abmachung jedoch nicht unter dem besonderen Schutz der Koalitionsfreiheit. Sachlich-inhaltliche Außenschranke eines Koalitionsvertrags sind also die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.297 Darüber hinausgehende Inhalte können nicht in dieser Rechtsform vereinbart werden. 2.  Innenschranken Die Vereinbarung bestimmter Inhalte in einem Koalitionsvertrag kann, obwohl die konkrete Regelung das Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betrifft, trotz der grundsätzlichen Regelungszuständigkeit unzulässig sein, wenn und soweit die vereinbarten Inhalte gegen Innenschranken, d. h. gegen höherrangiges Recht verstoßen. Als gegenüber einem Koalitionsvertrag höherrangiges Recht kommt sämtliches zwingendes Gesetzesrecht in Betracht298, wozu insbesondere Europäisches Recht, Verfassungsrecht, einfaches Gesetzesrecht oder andere Tarifverträge zählen. Die Darstellung zeichnet nachfolgend nur die generellen Grenzlinien nach, denn eine konkrete Bestimmung selbiger scheitert regelmäßig bereits daran, dass es häufig eine Einzelfallentscheidung darstellt, wie die kollidierenden Rechte miteinander in Ausgleich gebracht werden. a)  Verhältnis zum Europäischen Recht Zunächst bindet die Parteien eines Koalitionsvertrags das Europäische Recht. Das gilt jedoch nicht vorbehaltlos für sämtliches Primärrecht und alle darauf aufbauenden sekundären Rechtsakte der Europäischen Union, die in erster Linie die nationalen Gesetzgeber bei der Ausgestaltung ihrer Rechtsordnung binden. Notwendig ist vielmehr die unmittelbare Wirkung des Unionsrechts, gepaart mit einer zweckgerichteten Bindung, die gerade auch die Parteien eines Koalitionsvertrags treffen soll.299 So entwickelt bspw. das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV zwar eine unmittelbare Wirkung und richtet sich gerade an die Privatrechtssubjekte, wenn es alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind, verbietet. Gleichwohl 297 

Zum Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ausführlich § 5 B. III. 1. ausdrücklich für den Tarifvertrag BAG 24. 10. 2013 – 6 AZR 466/12 – AP InsO § 131 Nr. 2 (unter Rn. 21); BAG 18. 12. 1984 – 1 AZR 588/82 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 88 (unter II 3 b); BAG 26. 09. 1984 – 4 AZR 343/83 – AP TVG § 1 Nr. 21 (unter Bl. 3 Vorders.); ferner BSG 29. 01. 2014 – B 5 R 36/12 R – BSGE 115, 110 (unter Rn. 25). Niedrigere Grenzen als für die Tarifmacht können nicht für die „Koalitionsmacht“ i. R. v. Koalitionsverträgen gelten, wobei Beachtung finden muss, dass der Koalitionsvertrag anders als der Tarifvertrag kein objektives Recht setzt. 299  Vgl. insofern die Ausführungen zum Tarifvertrag bei JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 160; Däubler/Schiek, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 525. 298  So

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sind davon Verträge mit Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, also solche mit sozialpolitischer Zielsetzung ausgenommen, da Art. 156 AEUV (ex-Art. 140 EGV, ex-Art. 118 EGV) insoweit die Kommission beauftragt, das Gebiet des Koalitionsrechts und der Kollektivverhandlungen zu fördern.300 Mithin ist das Kartellverbot grundsätzlich nicht auf Tarifverträge anwendbar, obwohl es unmittelbare Wirkung und Geltung gegenüber Privaten beansprucht. Diese Bereichsausnahme gilt nicht nur für Tarifverträge. Auch Koalitionsverträge auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG sind von der Kartellkontrolle befreit301, denn ausweislich der Begründung des EuGH302 fallen „die im Rahmen von Tarifverhandlungen zwischen den Sozialpartnern im Hinblick auf diese [sozialpolitischen] Ziele geschlossenen Verträge aufgrund ihrer Art und ihres Gegenstands nicht unter“ Art. 101 Abs. 1 AEUV. Darunter versteht das Gericht die Art des Zustandekommens durch Verhandlungen zwischen Organisationen, die die Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten, sowie eine inhaltliche Beschränkung der sozialpolitischen Ziele auf Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer. Maßgeblich für die Freistellung von der Kartellkontrolle ist demnach nicht die Form des abgeschlossenen Vertrags zwischen den Sozialpartnern.303 Denn dafür, ob Gründe vorliegen, die eine Herausnahme von Kollektivverträgen aus der europäischen Kartellkontrolle gebieten, ist nicht die Form der schlussendlich abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung entscheidend, sondern die Verfolgung der vom EuGH genannten sozialpolitischen Ziele rechtfertigt die Bereichsausnahme für Kollektivvertäge vom Kartellverbot.304 Die Herausnahme aus dem Kartellverbot hängt folglich nicht von der Vertragsform oder -gestaltung, sondern von einem 300  Ausdrücklich für den Tarifvertrag EuGH 21. 09. 1999 – Rs. C-67/96 (Albany) – Slg. 1999, I-5863 = AP EG-Vertrag Art. 85 Nr. 1 (unter Rn. 52 ff., insb. 55, 59); EuGH 21. 09. 2000 – Rs. C-222/98 (van der Woude) – Slg. 2000, I-7111 (unter Rn. 22); EuGH 11. 12. 2007 – Rs. C-438/05 (Viking) – Slg. 2007, I-10779 = AP EG Art. 43 Nr. 3 (unter Rn. 50); EuGH 03. 03. 2011 – Rs. C-437/09 (AG2R Prévoyance) – Slg. 2011, I-973 (unter Rn. 29); EuGH 04. 12. 2014 – Rs. C-413/13 (FNV Kunsten Informatie) – NZA 2015, 55 (unter Rn. 22 f.); zur Grundlage der Bereichsausnahme Kamanabrou, EuZA 2010, 157, 159 ff.; C. Schubert, ZfA 2013, 1, 31 f. 301  A. A. Löwisch/Rieble, TVG, 3. Aufl., § 1, Rn. 1216, nunmehr moderater 4. Aufl., § 1, Rn. 1391. 302 EuGH 21. 09. 1999 – Rs. C-67/97 (Albany) – Slg. 1999, I-5751 = AP EG-Vertrag Art. 85 Nr. 1 (unter Rn. 60). 303 Anders R. Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit, 2. Aufl., S. 108. 304  Ähnlich bereits Ackermann, Kartellrecht und Arbeitsmarkt, S. 17, 30 (unter Rn. 17). Zur Formulierung des EuGH, wonach im Rahmen von Tarifvverhandlungen geschlossene Verträge vom Kartellverbot ausgenommen sind, bemerkt er: „Das heißt nicht, dass nur Tarifverträge im Sinne des deutschen TVG gemeint sind. Es geht vielmehr um Kollektivvereinbarungen in einem weiten Sinn. Ob diese etwa mit Normwirkung ausgestattet oder nur schuldrechtlicher Natur sind, ist eine für das Kartellrecht im Grunde unwichtige […] Technizität.“ Zu Recht weisen Mohr/Wolf, JZ 2011, 1091, 1093 daraufhin, dass die Sozialpartner, würde man umgekehrt formal an der Vereinbarungsform des Tarifvertrags anknüpfen, für

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arbeits- und sozialpolitischen Bezug der vertraglichen Abrede ab. Diese Sichtweise ist bereits deshalb geboten, weil in der europäischen Gemeinschaft höchst unterschiedliche Auffassungen über den Begriff und die Wirkung des Tarifvertrags vorherrschen.305 Koalitionsverträge kommen wie Tarifverträge in einem spezifischen Verfahren, geprägt von der Entmachtung der Gegenseite durch kollektive Gegenmachtbildung zum Zweck des Ausgleichs der strukturellen Unterlegenheit des einzelnen Arbeitnehmers, zustande. Zudem stimmen sie inhaltlich mit der Anforderung des EuGH nach einer Förderung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer überein. Von der europäischen Kartellkontrolle306 sind somit Koalitionsverträge befreit.307 Nach den o. g. zwei Anforderungen müsste in einem Koalitionsvertrag beispielsweise der Grundsatz der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen nach Art. 157 Abs. 1 AEUV beachtet werden. Dem bloßen Wortlaut nach richtet sich die Vorschrift zwar lediglich an die Mitgliedstaaten, der EuGH hat dennoch unter Berufung auf die hervorgehobene Bedeutung eine unmittelbare Wirkung, verbunden 307

sämtliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen durch die bloße Einkleidung in einen Tarifvertrag „Kartellrechtsimmunität“ erzeugen könnten. 305  Zu den mitgliedstaatlichen Differenzen Mühlbach, Tarifverträge in der europäischen Kartellkontrolle, S. 98 ff.; ferner liefert einen Überblick über die Grundlagen der mitgliedstaatlichen Kollektivverträge Deinert, Der Europäische Kollektivvertrag, S. 293 ff. Deshalb dürfen auch die Schlussanträge des GA Jacobs, 28. 01. 1999 – C-67/96 (Albany) – Slg. 1999, I-5751 (unter Rn. 191), in denen er das Zustandekommen der Vereinbarung „im förmlichen Rahmen von Tarifverhandlungen zwischen den Tarifpartnern“ als eine Bedingung für die Freistellung von der Kartellkontrolle vorschlug, nicht wörtlich genommen werden. Ausreichen muss vielmehr das Zustandekommen der Vereinbarung in einem antagonistischen Koalitionsverfahren. 306  Nach der Intention des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/3640, S. 21 ff., insb. S. 23; Reichold, in: FS Reuter (2010), S. 759, 760; Reichold, ZESAR 2010, 195, 195) mit der 7. GWB-Novelle von 2005 europäisches Kartell- und deutsches Wettbewerbsrecht zu harmonisieren, gilt die aufgestellte These ebenso für eine Kontrolle nach dem GWB, also für Koalitionsverträge mit rein nationalem Bezug. Dagegen lässt sich nicht, auf bauend auf der Prämisse die tarifliche Regelungsbefugnis sei auf die Inhalte des § 1 Abs. 1 TVG begrenzt, ins Feld führen, der Gesetzgeber habe die Grenzen der Tarifmacht abschließend definiert und so den einer Kartellkontrolle entzogenen Bereich festgelegt, weshalb Koalitionsverträge dem Kartellrecht unterfielen (so noch Löwisch/Rieble, TVG, 3. Aufl., § 1, Rn. 1216, anders 4. Aufl., § 1, Rn. 1391; während diese Begrenzung der Tarifmacht durch das TVG eine zulässige Ausgestaltung darstellen soll, halten sie Einschränkungen der verfassungsrechtlichen Kartellerlaubnis für unzulässig, vgl. MüArbR/Löwisch/Rieble, 3. Aufl., § 158, Rn. 8). Die Koalitionsfreiheit erlaubt somit i. R. ihrer persönlichen und sachlichen Grenzen die Kartellbildung. Zu weit geht daher Dürig, NJW 1955, 729, 732 mit seiner Annahme, alle Kartellvereinigungen nach Art. 9 GG seien von Verfassungs wegen erlaubt. 307  Ackermann, Kartellrecht und Arbeitsmarkt, S. 17, 36 (unter Rn. 26); offenbar auch Latzel/Serr, EuZW 2014, 410, 414, die aber nur von „kartellrechtlich tariffähig[en] und tarifzuständige[en]“ Sozialpartnern alle Kollektivvereinbarungen wettbewerbsrechtlich privilegieren. Zu Recht anders Ackermann, ebd., S. 17, 35 (unter Rn. 26).

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mit dem Hinweis, dies gelte auch für (Kollektiv-)Verträge zwischen Privatpersonen, angenommen.308 Somit ist individuell für jede Bestimmung des Unionsrechts zu prüfen, ob sie unmittelbar wirkt und zudem gerade die zum Abschluss eines Koalitionsvertrags Berechtigten adressiert. Eine bloß allgemeine unmittelbare Wirkung zwischen Privatpersonen genügt nicht. b)  Verhältnis zur Grundrechtsordnung Es muss die Frage aufgeworfen werden, inwiefern die Vertragsparteien beim Abschluss eines Koalitionsvertrags an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden sind. Unerheblich ist die Frage trotz der mangelnden normativen Wirkung des Koalitionsvertrags und des fehlenden direkten Eingriffs in die Rechte der Arbeitnehmer und ggf. Arbeitgeber nicht. Gerade beim Hauskoalitionsvertrag könnten Abreden zur Standortsicherung, Investitionszusagen, Vorgaben hinsichtlich der Gesellschaftsform oder Mitentscheidungsrechte über Unternehmenszuund -verkäufe die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG), je nach Ausgestaltung, des Arbeitgebers oder der Kapitaleigner unangemessen beschneiden, sodass sie der koalitionären Vereinbarungsmacht über Unternehmer- und Kapitaleigner- bzw. Investorenverhalten Grenzen setzen würden. Ebenso könnten Arbeitnehmer in ihren Grundrechten beeinträchtigt sein, wenn sie mittelbar über die Verbandsgewalt zur Einhaltung des Koalitionsvertrags gebracht werden oder wenn mittelbar über eine Verpflichtung des Arbeitgebers die Arbeitsverhältnisse von Außenseitern reguliert werden. Insofern stellt sich die Frage einer Grundrechtsbindung der Koalitionsvertragsparteien. Ein Vergleich zur Diskussion einer Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien erhellt den Blick auf die genannte Frage. Dort hat das Bundesarbeitsgericht jahrzehntelang die Meinung vertreten, die Tarifparteien seien unmittelbar an die Grundrechte gebunden.309 Sämtliche Erklärungsansätze310 beruhten maßgeblich auf der Normwirkung von Tarifverträgen, missverstanden somit den Charakter der Tarifautonomie als kollektive Privatautonomie und hätten in der Konsequenz zwangsläufig zu einer gespaltenen Grundrechtsbindung von normativem und ob-

308  EuGH 08. 04. 1976 – Rs. 43/75 (Defrenne) – Slg. 1976, 455 = NJW 1976, 2068, 2069; EuGH 07. 02. 1991 – Rs. C-184/89 (Nimz) – Slg. 1991, I-297 = AP BAT § 23a Nr. 25 (unter Rn. 11); EuGH 09. 09. 1999 – Rs. C-281/97 (Krüger) – Slg. 1999, I-5127 = AP EG-Vertrag Art. 119 Nr. 11 (unter Rn. 20). 309  BAG 15. 01. 1955 – 1 AZR 305/54 – AP GG Art. 3 Nr. 4 (unter Bl. 2 Rücks. f.) = BAGE 1, 258, 262 f.; BAG 23. 03. 1957 – 1 AZR 64/56 – AP GG Art. 3 Nr. 18 (unter Bl. 4 Rücks. f.) = BAGE 4, 133, 140; BAG 15. 01. 1964 – 4 AZR 75/63 – AP GG Art. 3 Nr. 87 (unter Bl. 2 Vorders. f.) = BAGE 15, 228, 232 f.; BAG 13. 05. 1997 – 3 AZR 66/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 36 (unter B II 2 a). 310  Umfassend Däubler/Schiek, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 207 ff.; ferner Wiedemann/ Wiedemann, TVG, 7. Aufl., Einl., Rn. 184; Kempen/Zachert/Kempen, TVG, 5. Aufl., Grundl., Rn. 263 ff.

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ligatorischem Teil des Tarifvertrags geführt311.312 In der Folgezeit hat sich in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts313 folgerichtig die Meinung einer mittelbaren Grundrechtsbindung der Tarifparteien nach der Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten durchgesetzt, welche die Rechtsprechung sowohl für eine Wirkung der Freiheitsrechte als auch der Gleichheitsrechte im Privatrechtsverkehr bemüht314. Die vom Bundesarbeitsgericht auf den Tarifvertrag angewendete Schutzpflichtenlehre des Bundesverfassungsgerichts315, welche den Staat in Kollisionslagen verpflichtet, für den Schutz wechselseitiger Grundrechtspositionen geeignete Gesetze zu schaffen oder diese bei der Anwendung bestehender Gesetze zur bestmöglichen Entfaltung zu bringen, setzt nicht an der Art der Einwirkung an. Bei Grundrechtskollisionen muss der Staat demzufolge vermeiden, dass ein „Mehr“ an Freiheit für den einen Grundrechtsträger zugleich ein „Weniger“ für einen anderen bedeutet. Keine Rolle spielt hiernach die besondere Normwirkung des Tarifvertrags, vielmehr trifft den Staat allgemein eine Pflicht zum Schutz vor privaten Übergriffen in grundrechtliche Freiheiten, womit sich die Grundrechtsbindung für den Tarifvertrag entsprechend der Deutung der Tarifautonomie als kollektive Privatautonomie in die allgemeine zivilrechtliche Dogmatik einfügt. Eben dort sind 311 JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 57; damals folgerichtig für eine unterschiedliche Grundrechtsbindung beider Teile Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 249; eine Gleichbehandlung beider Teile, soweit das Verhalten der Mitglieder gesteuert wird, befürwortet Dörrwächter, Tendenzschutz im Tarifrecht, S. 210; unklar im Hinblick auf die Grundrechtsbindung des schuldrechtlichen Teils Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 668. 312  Zur Kritik aus dem Schrifttum Dieterich, in: FS Schaub (1998), S. 117, 120 ff.; Dieterich, in: FS Wiedemann (2002), S. 229, 235 ff.; Schliemann, in: FS Hanau(1999), S. 577, 583 ff.; Canaris, AcP 184 (1984), 201, 243 ff. 313  Im Ansatz bereits BAG 25. 02. 1998 – 7 AZR 641/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 11 (unter 3 b); grundlegend BAG 27. 05. 2004 – 6 AZR 129/03 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 5 (unter B II 1 d); BAG 09. 12. 2009 – 7 AZR 399/08 –AP TzBfG § 14 Nr. 67 (unter Rn. 31). 314  Die Schutzpflichtenlehre zieht zur Begründung einer Bindung an den Gleichheitssatz heran BAG 25. 10. 2007 – 6 AZR 95/07 – AP BAT § 34 Nr. 12 (unter Rn. 23); BAG 18. 12. 2008 – 6 AZR 287/07 – AP TVÜ § 11 Nr. 2 (unter Rn. 20); BAG 18. 03. 2010 – 6 AZR 156/09 – NZA 2010, 824 (unter Rn. 30); BAG 22. 04. 2010 – 6 AZR 966/08 – AP GG Art. 3 Nr. 322 (unter Rn. 26). 315  Grundlegend BVerfG 25. 02. 1975 – 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 – BVerfGE 39, 1, 42: Im Hinblick auf das ungeborene Leben enthalte Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht nur ein Abwehrrecht gegen unmittelbare staatliche Eingriffe, sondern bilde zugleich die Grundlage für einen positiven Schutzanspruch gegenüber dem Staat, der sich für das Verhältnis zu Dritten fruchtbar machen lasse. Weiterentwickelt in BVerfG 16. 10. 1977 – 1 BvQ 5/77 – BVerfGE 46, 160, 164; BVerfG 28. 05. 1993 – 2 BvF 2/90 und 4, 5/92 – BVerfGE 88, 203, 254, wo es das „Ob“ der Schutzpflicht in der Verfassung vorgegeben, das „Wie“ aber weitgehend dem Gesetzgeber überlassen sieht, solange er die Grenze des Untermaßverbots beachtet; BVerfG 30. 07. 2008 – 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 – BVerfGE 121, 317 (356 f.).

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Übergriffe in geschützte Grundrechtspositionen von Privaten durch schuldrechtliche Verträge seit langem bekannt.316 Koalitionsverträge sind besondere privatrechtliche Verträge unter dem Schutz von Art. 9 Abs. 3 GG, richten sich intentional aber bereits darauf, andere Grundrechte, insbesondere die der Koalitionsgegenseite, aber auch die der Verbandsmitglieder oder der Außenseiter, zu verkürzen. Während die koalitionsmäßige Betätigung Grundrechtsentfaltung und -realisierung für die einen bedeutet, geht für den Sozialpartner in gewissem Maß zwangsläufig eine Beschränkung seiner Grundrechtsposition einher. Die sich aus der objektiven Bedeutung der Grundrechte ergebende Schutzpflicht verlangt insofern allen staatlichen Grundrechts­ adressanten, also auch den Gerichten317, ab, der Unterschreitung eines bestimmten Untermaßes vorzubeugen und alle Grundrechte in Privatrechtsverhältnissen bestmöglich durchzusetzen. Deshalb können und müssen Gerichte bei der Auslegung und Anwendung von Koalitionsverträgen einen grundrechtlichen Mindestschutz der Gegenseite wahren, sie also unter diesem Gesichtspunkt überprüfen. c)  Verhältnis zum einfachen Gesetzesrecht Anders als der Tarifvertrag setzt der Koalitionsvertrag kein objektives Recht, lässt sich deshalb nicht in eine Normenpyramide318 einordnen und muss wie alle anderen privatrechtlichen Verträge das gesamte an ihn gerichtete einfache Gesetzesrecht beachten, wozu alle materiellen Gesetze zählen. Obgleich damit das grundsätzliche Verhältnis beschrieben sein mag, hängt das konkrete Verhältnis eines Koalitionsvertrags zu gesetzlichen Vorschriften von ihrer Ausgestaltung ab. Hinsichtlich der Ausgestaltung der zwingenden Wirkung von Gesetzesvorschriften unterscheidet man mit abnehmendem Zwang allseitig bzw. beidseitiges zwingendes Gesetzesrecht, einseitig zwingendes Gesetzesrecht, ausschließlich tarifdispositives Gesetzesrecht sowie allseitig dispositives Gesetzesrecht.319 Allseitig bzw. beidseitig zwingendes Gesetzesrecht untersagt ohne Ansehung der Form privatrechtliche Abweichungen in jede Richtung. Bei einseitig zwingenden Gesetzesvorschriften sind hingegen Abweichungen zugunsten der Arbeitneh316  Exemplarisch dafür der Bürgschaftsbeschluss des BVerfG 19. 10. 1993 – 1 BvR 567, 1044/89 – BVerfGE 89, 214, 234 f.; später bestätigte es im zweiten Bürgschaftsbeschluss, dass es eine der Hauptaufgaben des Zivilrechts ist, auf strukturelle Störungen des Verhandlungsgleichgewichts angemessen zu reagieren BVerfG 06. 12. 2005 – 1 BvR 1905/02 – BVerf­GE 115, 51, 67 f. 317  Ausdrücklich BVerfG 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84 – AP GG Art. 12 Nr. 65 = BVerfGE 81, 242, 256, wonach sich der Schutzauftrag der Verfassung an den Richter richtet, „der den objektiven Grundentscheidungen der Grundrechte in Fällen gestörter Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu verschaffen hat“. Vgl. ferner BVerfG 19. 10. 1993 – 1 BvR 567, 1044/89 – BVerfGE 89, 214, 232 ff. 318 In der Normenhierarchie steht der Tarifvertrag unter dem Gesetz JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 132. 319  Siehe statt aller Wiedemann/Wiedemann, TVG, 7. Aufl., Einl., Rn. 350 ff.

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mer zulässig, legen mithin ein minimales Schutzniveau fest und verhindern nur ein Abweichen zugunsten des Arbeitgebers. Während beidseitig zwingendes Gesetzesrecht folglich jeder Abweichung durch einen Koalitionsvertrag entgegensteht, kann im Fall einer einseitig zwingenden Vorschrift einzel- oder kollektivvertraglich zugunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden, was dann auch für die Kollektivierung und Bündelung von Individualinteressen mit Hilfe des Koalitionsvertrags gelten muss. Eine glasklare Zuordnung zu einer Gruppe anhand eines eindeutigen sie von einander scheidenden Kriteriums ist nicht möglich und muss stets für jede Norm individuell durch Auslegung vorgenommen werden, jedoch hat sich als erster Anhaltspunkt bewährt, zwischen Organisationsvorschriften, dann regelmäßig zweiseitig zwingend, und Arbeitnehmerschutzvorschriften, dann i. d. R. lediglich einseitig zwingend, zu unterscheiden.320 Die beiden anderen Formen einer gesetzlichen Ausgestaltung der zwingenden Wirkung unterscheiden sich davon insofern, als sie Abweichungen zulasten der Arbeitnehmer zulassen. Das ist im Fall von tarifdispositivem Gesetzesrecht aber nur statthaft, wenn die Abweichung durch Tarifvertrag erfolgt, sonst hingegen in jeder Form, d. h. auch individualvertraglich unzulässig. Dass in denjenigen Fällen, in denen individualvertraglich vom Gesetz abgewichen werden kann321, eine Abweichung durch einen Koalitionsvertrag möglich ist, liegt auf der Hand. Fraglich ist stattdessen, ob im Fall von tarifdispositivem Gesetzesrecht ein Koalitionsvertag vom Gesetz abweichen kann. Annehmen könnte man das zumindest bei einem Koalitionsvertrag, für den die Richtigkeitsvermutung gilt, denn wie beim vom Gesetz abweichenden Tarifvertrag322 spricht dann viel dafür, dass sich die Koalition im Gegenzug für die Gesetzesunterschreitung an anderer Stelle Vorteile hat versprechen lassen. Diesen Schluss wird man dennoch nicht ziehen können323, denn der Tarifvertrag schafft eine neue zwingende, die Arbeitnehmer schützende und auf das einzelne Unternehmen besser passende (Gesamt-)Ordnung mit einer punktuellen Verschlechterung der Arbeitnehmerrechte, wohingegen der Koalitionsver320  BAG 25. 09. 1987 – 7 AZR 315/86 – AP BeschFG 1985 § 1 Nr. 1 (unter C I 3 a bb); BAG 10. 02. 1988 – 1 ABR 70/86 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 53 (unter II 2 b). 321  Beispielhaft stehe dafür § 616 BGB, von dem durch Einzelvereinbarung, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag abgewichen werden kann, vgl. BAG 06. 12. 1956 – 2 AZR 192/56 – AP BGB § 616 Nr. 8 (unter 2) = BAGE 3, 190, 192; BAG (GS) 17. 12. 1959 – GS 2/59 – AP BGB § 616 Nr.  21(unter B I) = BAGE 8, 285, 292; BAG 25. 04. 1960 – 1 AZR 16/58 – AP BGB § 616 Nr. 23 (unter 1 b). 322  Die Berechtigung der Tariföffnungsklausel im Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung stützte der Gesetzgeber auf die Gewähr des Tarifvertrags für eine hinreichende Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen, die von der Parität der Vertragspartner ausgehe, vgl. BT-Drucks. 7/1281, S. 31; zum Entwurf eines Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 ähnlich BR-Drucks. 393/84, S. 27. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers wird also nicht das Schutzniveau insgesamt abgesenkt, sondern nur die Verhandlungsbasis erweitert. 323  A. A. Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 151.

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trag zwar ebenfalls eine neue ausgewogene (Gesamt-)Ordnung aufrichtet, diese für die Arbeitnehmer aber eine erhebliche Gefährdung bedeutet, weil sie mangels unmittelbarer und zwingender Wirkung des Koalitionsvertrags nicht mehr vor einer einzelvertraglichen Verschlechterung geschützt sind.324 Abgesehen davon wäre ein Abweichen durch Koalitionsvertrag regelmäßig nicht mit dem Wortlaut von Tariföffnungsklauseln vereinbar, die ausschließlich dem Tarifvertrag einen gesetzlichen Dispens erteilen. d)  Verhältnis zum Tarifvertrag Der Koalitionsvertrag ist nicht an Tarifverträge gebunden. Das gilt selbst für das Aufeinandertreffen von Verbandstarifvertrag und Hauskoalitionsvertrag, weil die Rechtsnormen eines Tarifvertrags gem. § 4 Abs. 1 S. 1 TVG nur zwischen den beiderseits tarifgebundenen gelten, der Koalitionsvertrag wenigstens aber auf Seite der Arbeitnehmer nicht von einem tarifgebundenen Rechtssubjekt abgeschlossen wird. Adressaten der Normwirkung sind mit Ausnahme des Haustarifvertrags niemals die Tarifvertragsparteien selbst.325 Faktisch bindet ein Tarifvertrag weitgehend gleichwohl Koalitionsverträge an sich. In das einzelne Arbeitsverhältnis werden die Ergebnisse eines Koalitionsvertrags erst durch einen individualvertraglichen Umsetzungsakt, der in einer arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung oder Bezugnahmeklausel liegen kann, einbezogen. Gegenüber einem ungünstigeren Arbeitsvertragsinhalt setzt sich ein Tarifvertrag jedoch wegen seiner unmittelbaren und zwingenden Wirkung durch. Im Ergebnis sind Koalitionsverträge für die einzelnen Arbeitsverhältnisse nur relevant, wenn und soweit sie günstigere Arbeitsbedingungen vorsehen als der anwendbare Tarifvertrag.326 e)  Ergebnis Verbindliche Innenschranken setzen dem Koalitionsvertrag grundsätzlich Europäisches Recht, deutsches Verfassungsrecht sowie einfaches Gesetzesrecht. Auf 324  Für und nicht gegen die hier vertretene Meinung spricht eine Entscheidung des AG Berlin 28. 10. 1983 – 16 Ca 164/83 – EzA BUrlG § 13 Nr. 21 (unter S. 69, 72), in der eine Dauernachtwache die Zahlung eines Nachtzuschlages verlangte, dem aber die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, soweit mit ihnen von tarifdispositivem Gesetzesrecht abgewichen werden konnte, entgegen standen. Die Tariföffnungklausel konnte nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts mittels der kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinie nur genutzt werden, weil sie wie ein Tarifvertrag normativ wirke und eine einzelvertragliche Einbeziehungsabrede überflüssig mache. Dezidiert dagegen Dütz, Anm. zu ArbG Berlin 28. 10. 1983 – 16 Ca 164/83 – EzA BUrlG § 13 Nr. 21 (unter II 3). Beim Tarifvertrag gestattet die h. M. – nach dem hier vertretenen Standpunkt – folgerichtig nur Tarifnormen von tarifdispositiven Gesetzesvorschriften abzuweichen, vgl. JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 162; MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 188, Rn. 12; Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 962. 325  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 4, Rn. 26. 326  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1394.

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allen Ebenen des Rechts lässt sich diese Grundaussage aber je nach der Ausgestaltung der Vorschrift nicht durchhalten. Für jede Vorschrift muss deshalb geklärt werden, ob und wieweit sie einem Koalitionsvertrag entgegensteht. Steht ein Verstoß gegen Innenschranken fest, sind Koalitionsverträge, zumindest ihre gesetzeswidersprechenden Teile, wegen eines Gesetzesverstoßes nichtig gem. § 134 BGB, obwohl sich die Vertragsparteien durchaus in den Grenzen ihrer funktionellen Zuständigkeit i. R. d. Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gem. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG bewegt haben. Von tarifdispositivem Gesetzesrecht kann durch einen Koalitionsvertrag nicht abgewichen werden. VIII.  Ergebnis: Eigenständiger Vertragstyp, eigenständige Rechtswirkungen, eigenständige Schrankensystematik Die Koalitionsmittelfreiheit327 als ein Teilaspekt der Koalitionsfreiheit gewährleistet neben der Tarifautonomie weitere ergänzende oder alternative Mittel zur Erreichung des auf die Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gerichteten Koalitionszwecks. Unter diesen Mitteln nimmt die Tarifautonomie zwar eine hervorgehobene Stellung ein, schließt andere Formen aber nicht aus, sodass der Koalitionsvertrag einen eigenständigen Vertragstypus jenseits von Tarifvertrag und einfachem Schuldvertrag darstellt.328 Die Gegenauffassung329 ist angesichts der besonderen Rechtswirkungen des Koalitionsvertrags bzw. nach der Gegenauffassung des im Lichte der verfassungsrechtlichen Garantie gem. Art. 9 Abs. 3 GG ausgelegten Schuldvertrags nicht überzeugend, insbesondere weil sie selbst Abmachungen im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ähnliche Rechtsfolgen zuschreibt und demgemäß solche Vereinbarungen gegenüber einem einfachen Schuldvertrag verselbständigt. 329

Der Anwendungsbereich des Koalitionsvertrags stimmt mit Blick auf die sachlich-inhaltliche Regelungsmacht mit der schuldrechtlichen Tarifmacht überein und ermöglicht demgemäß eine koalitionsvertragliche Einigung über sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG. Hinsichtlich der per327  BVerfG 06. 05. 1964 – 1 BvR 79/62 – AP TVG § 2 Nr. 15 = BVerfGE 18, 18, 32; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 368; BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 224. 328  Wie hier Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 990 m. Fn. 70; Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 63 f.; eine Kollektivvereinbarung sui generis anerkennen ferner Boeck, Tarifverträge und andere Koalitionsverträge, S. 131 f.; Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 302 f.; Kempen/Zachert/Zeibig/ Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 996; M. Koch, Dreigliedrige Standortsicherungsvereinbarungen, S. 121 ff.; Ruch, Dreiseitige Vereinbarungen, S. 22 ff.; Weißleder, Erhaltungs- und Notstandsarbeiten im Streik, S. 255. 329  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1283  – 1422 passim; MüArbR/Rieble/ Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn. 8; Lasson, Kollektivrechtliche Investitionsvereinbarungen, S. 44 m. Fn. 75.

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sönlichen Abschlussbefugnis unterscheidet sich der Koalitionsvertrag grundlegend vom Tarifvertrag, zu dessen Abschluss nach § 2 Abs. 1 TVG nur Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber und Vereinigungen von Arbeitgebern befugt sind, vor allem durch den sehr weiten Kreis möglicher Vertragspartner. Soll Art. 9 Abs. 3 GG die Arbeitnehmerkoalition in die Lage versetzen, effektiv die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder zu fördern, muss sie imstande sein, mit jedem eine Einigung zu erzielen, der Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der in ihr organisierten Arbeitnehmer hat.330 Auf der Rechtsfolgenseite zeigt sich die Schwäche des Koalitionsvertrags darin, dass er kein objektives Recht setzt und nach allgemeinen Grundsätzen eine Verpflichtung zu Lasten Dritter unzulässig ist, sodass er praktisch kaum einmal als Verbands-, sondern vielfach als Hauskoalitionsvertrag in Betracht kommt. Prinzipien des Tarifrechts sind nicht übertragbar, sieht man vom Günstigkeitsprinzip ab, das im Kern die Ausprägung einer höherrangigen Gewährleistung ist und insofern auch beim Koalitionsvertrag beachtet werden muss. Bei der Bindung an höherrangiges Recht sind die Grenzen enger als beim Tarifvertrag und weiter als beim Schuldvertrag, denn der Koalitionsvertrag steht unter dem besonderen Schutz der Koalitionsfreiheit. An den Staat, vor allem die Gerichte, richtet sich daher der Auftrag, bei der Anwendung und Auslegung eines Koalitionsvertrags die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 9 Abs. 3 GG zu berücksichtigen.

C.  Schuldvertrag Soll eine Materie zwischen den Sozialpartnern geregelt werden, die nicht dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zugeordnet werden kann, bleibt ihnen als dritte Form der Regelungsmöglichkeit der einfache Schuldvertrag. Besondere Voraussetzungen müssen für die Nutzung eines Schuldvertrags nicht erfüllt sein. So unterliegt er insbesondere keinen Restriktionen in personeller oder sachlich-inhaltlicher Hinsicht. Ausreichend ist insofern allein die Rechtsfähigkeit beider Vertragspartner. Gewerkschaften, die aus historischen Gründen überwiegend in der Form des nicht rechtsfähigen Vereins verfasst sind, können wegen der Verweisung des § 54 S. 1 BGB ins Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs331 zur (Teil-) Rechtsfähigkeit der Außen-GbR unproblematisch als rechtsfähig angesehen werden332, weil Gewerkschaften durchweg rechtlich nach außen hin in Erscheinung treten. Sie sind also imstande beliebige Schuldverträge abzuschließen. Dieses 330  Im Erg. ebenso Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 67 f.; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 186. 331  St. Rspr. seit BGH 29. 01. 2001 – II ZR 331/00 – AP ZPO § 50 Nr. 9 (unter A I) = BGHZ 146, 341, 343 ff. 332  Zur Teilrechtsfähigkeit des nicht rechtsfähigen Vereins und seiner partiellen Gleichstellung mit dem rechtsfähigen Verein KG Berlin 06. 01. 2015 – 1 W 250, 251, 252/14 – ZIP 2015, 168, 168 f., das davon allerdings wirtschaftliche Vereine ausnimmt. Grds. ähnlich

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Recht besteht allerdings nicht grenzenlos, weshalb es zu untersuchen gilt, wo und wie die Grenzen solcher schuldrechtlichen Vereinbarungen abstrakt gezogen werden müssen. I.  Grundlage Außerhalb der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen bildet die Grundlage für Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG333, welche im einfachen Gesetzesrecht zwar nicht unmittelbar in den §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB statuiert, aber als bestehend vorausgesetzt wird. Auf diese Regelungsmöglichkeit können die Sozialpartner trotz der Ausgestaltung und Kodifizierung der Tarifautonomie im Tarifvertragsgesetz zurückgreifen, weil die Koalitionsfreiheit die sonstigen privatrechtlichen Handlungsmöglichkeiten um die koalitionsspezifische Betätigung ergänzt. Weder hat das Tarifvertragsgesetz die Koalitionsfreiheit umfassend ausgestaltet, sodass eine koalitionsspezifische Betätigung neben dem Tarifvertragsgesetz ausgeschlossen ist334, noch verdrängt sie die allgemeine Handlungsfreiheit vollständig oder beschränkt sie auf die Regelungsgegenstände der normativen Tarifmacht gem. § 1 Abs. 1 TVG.335 II.  Unbeschränkte schuldrechtliche Regelungsmacht Die schuldrechtliche Regelungsmacht der Sozialpartner, das können tariffähige, aber auch tarifunfähige nach Art. 9 Abs. 3 GG Berechtigte sein, ist grundsätzlich unbegrenzt.336 Im Grundsatz können sie sich jeder Regelungsmaterie auch jenseits des Begriffspaars der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen annehmen. Das Bundesarbeitsgericht steht auf demselben Standpunkt337, obgleich der exemunter ausdrücklicher Nennung der Gewerkschaften LG Neuruppin 09. 12. 2014 – 5 O 199/14 – juris (unter Rn. 10). 333 Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 967; offenbar ebenso BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 31). 334 Ähnlich Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 39, die ausdrücklich ablehnen, dass der Tarifvertrag auschließliches Instrument einer koalitionsautonomen Einigung ist. 335 HWK/Henssler, 7. Aufl., TVG, § 1, Rn. 74; Hexel, in: Henssler/Moll/Bepler, 2. Aufl., Teil. 4, Rn. 128; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1283; dagegen wendet sich dezidiert Giesen, Grenzen schuldrechtlicher Vereinbarungsmacht über Unternehmerverhalten, S. 57, 67 ff. Er befürchtet mit dem Verlassen des koalitionsspezifischen Auftrags eine „strukturelle Überprivilegierung durch Befugnishäufung“ aufgrund des zweckwidrigen Einsatzes tariflicher Verhandlungsmacht zur Durchsetzung außertariflicher, bloß auf der allgemeinen Handlungsfreiheit beruhender Ziele. 336  Jedenfalls für die Tarifvertragsparteien BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 31); Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1338. 337  Vgl. den Hinweis in BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 31).

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plarische Hinweis auf eine frühere Entscheidung338 kein Beispiel für die unbeschränkte schuldrechtliche Regelungsmacht erbringt. Dort verpflichtete sich eine Klinik gegenüber einer Gewerkschaft, Outsourcing-Maßnahmen generell zu unterlassen oder zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen nur ausnahmsweise mit einer Zustimmung der Tarifvertragsparteien durchzuführen. Insofern handelten die Tarifvertragsparteien gerade in den funktionell-rechtlichen Grenzen von Art. 9 Abs. 3 GG, d. h. sie regelten Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. In den funktionell-rechtlichen Grenzen von Art. 9 Abs. 3 GG können tariffähige Koalitionen allerdings eine Regelung im obligatorischen Teil des Tarifvertrags treffen339, weshalb das Bundesarbeitsgericht damals den Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Gewerkschaft zutreffend als schuldrechtliche Tarifvereinbarung qualifizierte340. Der Hinweis der Rechtsprechung ist demgemäß wenigstens missverständlich, wenn sie zunächst die schuldrechtliche Vereinbarungsmacht als unbeschränkt bezeichnet und im selben Atemzug beispielhaft dafür eine Entscheidung benennt, bei der sachlich-inhaltlich Art. 9 Abs. 3 GG betroffen war. III.  Stellung schuldrechtlicher Abreden jenseits der Koalitionsfreiheit Außerhalb des Schutzbereichs von Art. 9 Abs. 3 GG, wenn keine koalitionsspezifische Betätigung mehr vorliegt, rufen schuldrechtliche Verträge keine besonderen Rechtswirkungen hervor. Teilweise entsteht aber der Eindruck, als wolle man generell allen schuldrechtlichen Abreden zwischen tariffähigen Vertragspartnern, auch solchen, die nicht Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betreffen, Rechtswirkungen beigeben, die einem „normalen“ einfachen Schuldvertrag fremd sind.341 Würden solche Rechtswirkungen tatsächlich insinuiert, müsste dem nachdrücklich entgegengetreten werden. Der Schuldvertrag teilt nicht die von einem Koalitionsvertrag ausgehenden o. g. Rechtswirkungen, unstreitig ist er nicht erstreikbar342, woran der Abschluss durch tariffähige Vertragspartner nichts ändert.

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BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7. Hexel, in: Henssler/Moll/Bepler, 2. Aufl., Teil. 4, Rn. 128; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 158. 340 BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 20 ff.). 341  In diese Richtung BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 30 ff.). Sieht man die Aussage des BAG im Kontext der beispielhaft genannten Entscheidung, liegt allerdings die Vermutung einer missverständlichen Formulierung nahe, insbesondere weil die der Entscheidung zugrundeliegende Vereinbarung das Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betrifft. Zwar hätte das BAG dann von einer unbegrenzten schuldrechlichen Vereinbarungsmacht gesprochen, implizit aber nur eine auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen begrenzte angenommen. 342  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 64 f.; Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 129; ohnehin die restriktive Rspr., die ausschließlich den Kampf um Tarifnormen als zulässiges Kampfziel anerkennt, vgl. BAG 04. 05. 1955 – 1 AZR 493/54 339 

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Im Hinblick auf die Grenzen können die Ergebnisse zum Koalitionsvertrag weitgehend übertragen werden, nur unterliegen Schuldverträge uneingeschränkt der Kartellkontrolle und, sofern sie die Rechte Dritter beschneiden, im Lichte der allgemeinen Handlungsfreiheit weit restriktiveren Schranken als der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsvertrag. IV.  Verbot sachwidriger Koppelung Aus koalitionärer Perspektive könnten Bestrebungen zu beobachten und nachvollziehbar sein, die schuldrechtlichen Regelungsziele mit tariflichen zu koppeln, um über diesen Umweg einen auf den Vertragsschluss gerichteten, sonst nicht zulässigen Druck auszuüben. So wird beispielsweise befürchtet, dem Arbeitgeber könne von der Gewerkschaft zu verstehen gegeben werden, wenn er sich auf eine nicht erkämpfbare schuldrechtliche Vereinbarung über unternehmerische Entscheidungen einlasse, werde man von der Forderung einer erkämpfbaren exorbitanten tariflichen Lohnforderung absehen.343 Wann und in welchen Grenzen tarifliche Kampfziele mit anderen Zielsetzungen verbunden werden können, ist insofern fraglich. Durchaus legitim ist es, die Zustimmung zu einer tariflichen Forderung des Arbeitgebers von der Akzeptanz einer eigenen tariflichen Forderung abhängig zu machen, sprich eigene Zugeständnisse an gegnerische zu binden. Man nennt das Kompromiss; gerade davon lebt der Tarifvertrag. Dass ein Kompromiss nur jeweils und für jede Forderung separat erzielt werden kann und darf, weil es unzulässig sei, eine Übereinkunft in Tarifvertragsverhandlungen bezüglich eines Regelungsgegenstands an eine Einigung über einen anderen Regelungsgegenstand zu binden, lässt sich nicht sagen, wäre indessen auch lebensfremd. In den Fällen tarifdispositiven Gesetzesrechts hat der Gesetzgeber zudem selbst dazu beigetragen, wenn er beispielsweise im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Abweichung vom EqualPay-Grundsatz zulasten der Arbeitnehmer gestattet, mit der Intention den gewerkschaftlichen Handlungsspielraum gerade für Fragen zu erweitern, die in keinem inneren Zusammenhang zum Entgelt stehen, im Ergebnis also die Praxis einer Verknüpfung von Tarifforderungen ohne sachlichen Zusammenhang billigt.344 Wollte man solche tarifvertragsinternen Verknüpfungen einem Koppelungsverbot unterwerfen, liefe das auf eine inhaltliche Kontrolle der Tarifverhandlungen hinaus, würde die anerkannte Angemessenheitsvermutung des Tarifvertrags konterkarieren, die gerade vom Tarifvertrag insgesamt ausgeht, und daher eine unzulässige Tarifzensur bedeuten.345 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 2 (unter Bl. 3 Vorders.); BAG 20. 11. 2012 – 1 AZR 611/11 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 180 (unter Rn. 49). 343  Giesen, Grenzen schuldrechtlicher Vereinbarungsmacht über Unternehmerverhalten, S. 57, 69. 344 Vgl. Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 194. 345 Ähnlich Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 194; im Erg. ebenso Kobler, Fremdeinflüsse auf die tarifliche Willensbildung, S. 265 f.

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So eindeutig und klar wie dieser Befund ist, lautet die Antwort darauf, ob Gewerkschaften zur Voraussetzung einer Rücknahme von überzogenen tariflicherkämpfbaren Forderungen den Abschluss eines nicht erkämpfbaren Schuldvertrags erklären können. Das ist freilich nicht zulässig und kann als sachwidrige Koppelung eines tariflichen Kampfziels mit einem unzulässigen Kampfziel oder schlicht als unzulässiges (mittelbares) Kampfziel angesehen werden. Entscheidend ist allein, dass der Arbeitgeber unter Vorschub einer tariflichen Forderung mit unzulässigem Druck zu einer an sich möglichen Verpflichtung bewegt werden soll.346 In welche Form solche unzulässigen Kampfziele gehüllt werden347, spielt keine Rolle. Man wird in der Konsequenz den gesamten Arbeitskampf als rechtswidrig ansehen müssen, selbst wenn nur ein Teil der gestellten Forderungen unzulässig ist.348 V.  Ergebnis Der Schuldvertrag ist das Mittel der Wahl, sofern die Koalitionen gemeinsam eine Angelegenheit regeln, die sachlich nicht dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen unterfällt. Auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG ist ihre schuldrechtliche Regelungsmacht grundsätzlich unbegrenzt, sofern kein entgegenstehendes Gesetzesrecht besteht oder unverhältnismäßig in die Rechte Dritter eingegriffen wird. Eine besonders strenge Kontrolle erfordert beim Schuldvertrag die Einhaltung der Abschlussfreiheit, die nicht durch einen unzulässigen sozialen Druck beeinträchtigt werden darf, weil eine Arbeitnehmerkoalition den Abschluss eines Schuldvertrags zum mittelbaren Arbeitskampfziel macht bzw. sachwidrig den Ausgang von Tarifvertragsverhandlungen an den Abschluss eines Schuldvertrags koppelt. 346 Ähnlich F. Hartmann, Grenzen der Tarifautonomie über Unternehmerverhalten, S. 15, 42 f. 347  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 516 ff. unterscheiden verschiedene unzulässige Verknüpfungen: Das könnte erstens die Zusammenfassung von tariflicherkämpfbaren und schuldrechtlich nicht erkämpfbaren Forderungen in einem Vertragswerk sein. Wird dann insgesamt für den Abschluss des Vertragswerks gestreikt, ist der Arbeitskampf rechtswidrig. Zweitens könnten Gewerkschaften überzogene tarifliche Forderungen vorschieben und zugleich Nachgiebigkeit signalisieren, wenn die Gegenseite „freiwillig“ eine kampffreie Vereinbarung abschließt. Auch das ist nicht möglich und führt zur gesamten Rechtswidrigkeit des Streiks. Moderner ist die dritte Möglichkeit, eine tarifliche Regelung auf Tatbestandsseite mit einer Bedingung zu versehen, die eine unliebsame tarifliche Vorschrift außer Kraft setzt oder umgekehrt eine begehrte Regel in Gang setzt. Ob ein derartiger Bedingungszusammenhang überhaupt hergestellt werden darf, ist höchst zweifelhaft. Jedenfalls müsste die Aufnahme der Bedingung selbst kampffrei gestellt werden, sodass darum nicht gestreikt werden darf. 348  H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 5, Rn. 25; jedenfalls für den Fall einer rechtswidrigen Hauptforderung BAG 10. 12. 2002 – 1 AZR 96/02 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 162 (unter B I 4); BAG 04. 05. 1955 – 1 AZR 493/54 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 2 (unter Bl. 3 Vorders.).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

D.  Rechtsformenwahlfreiheit der Verhandlungspartner Wenn feststeht, dass den Koalitionen für die äußere Form einer Vereinbarung das Mittel des Tarifvertrags, des Koalitionsvertrags sowie des einfachen Schuldvertrags zur Seite steht, stellt sich die Frage, ob sie bei der Wahl des Instruments eine Pflicht trifft, eine Vereinbarung in eine bestimmte Form zu bringen. Anschließende Folgeprobleme sind, ob die Vertragstypen miteinander kombiniert werden können und nach welchen Kriterien zu ermitteln ist, welcher Rechtsform sich die Vertragspartner bedient haben, wenn eine Einigung über die Handlungsform fehlt. I.  Wahlfreiheit Einen solchen Rechtsformenzwang könnte man wegen des Grundsatzes lex specialis derogat legi generali zumindest im Verhältnis des Tarifvertrags zum Koalitionsvertrag annehmen349, solange der Vertragsgegenstand ausschließlich Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG betrifft. Dann müssten die Vertragspartner einen Tarifvertrag schließen, wenn beide tariffähig i. S. v. § 2 Abs. 1 TVG sind und der Regelungsgegenstand innerhalb der Tarifmacht, d. h. des Begriffspaars der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, liegt. Dementsprechend nehmen einige an, der privatrechtliche Schuldvertrag stünde den tariffähigen Koalitionen nur subsidiär dort zu, wo sie außerhalb des gesetzlich geschaffen tarifvertraglichen Instrumentariums agieren.350 Auf den Koalitionsvertrag kann und müsste man das übertragen. Er wäre dann insofern verdrängt, als seine Inhalte zugleich zulässiger Gegenstand eines Tarifvertrags sein können. Zur Begründung berufen sich die Vertreter dieser Ansicht teils auf eine Umgehung des Schriftformerfordernisses351, teils auf die Verdrängung der Privatautonomie im Anwen349  Erforderlich für die Anwendung der lex specialis Regel ist, dass die speziellere Regel alle Merkmale des allgemeinen Grundsatzes und mindestens ein zusätzliches Merkmal enthält. Nicht anwendbar ist der Grundsatz deshalb im Fall sich zweier überschneidender Normen, die zwar eine identische Schnittmenge, aber auch außerhalb dessen liegende Fälle regeln (Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl., S. 32). Gerade so verhält sich aber der Schuldvertrag zum Koalitions- und Tarifvertrag, denn alle drei können Regelungen betreffend die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen enthalten, jedoch nur der Schuldvertrag kann jenseits dessen weitere Gegenstände vertraglich regeln. 350  Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 166; Karsten, Schuld­rechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 301; offenbar auch Wiedemann, Anm. zu BAG 26. 01. 1983 – 4 AZR 224/80 – AP TVG § 1 Nr. 20 (unter 2); ausgehend von dem Standpunkt, dass die schuldrechtliche Tarifmacht auf die Regelungsgegenstände des § 1 Abs. 1 TVG begrenzt ist [siehe zum gegensätzlichen – hier vertretenen – Standpunkt § 5 A. I. 2. b)], nehmen andere an, dass die Subsidiarität des Schuldvertrags nur für die potenziellen Inhalte von § 1 Abs. 1 TVG gilt, vgl. Beuthien, ZfA 1983, 141, 162; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1311. 351  Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 166 f.; Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 298; Schlaffke, Regelungen zur Weiterbildung im Tarifvertrag, S. 82.

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dungsbereich von Art. 9 Abs. 3 GG352 und teils begründen sie den Rechtsformenzwang nicht weiter353. Schließen nicht tariffähige Vertragspartner einen Vertrag, müssten sie nach der dargestellten Auffassung zwingend die Handlungsform des Koalitionsvertrags wählen, wenn und soweit sachlich-inhaltlich der Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 3 GG betroffen ist. Demgegenüber gehen Rechtsprechung354 und der überwiegende Teil der Literatur355 von der freien Wahl der Handlungsform durch die Vertragspartner aus. Es bestehe schlicht kein Anlass für einen Rechtsformenzwang356, vor allem widerspreche ein „Vorrang des Tarifvertrags“ aber dem Grundsatz einer bloßen Erweiterung der klassischen privatrechtlichen Handlungsformen um spezifisch kollektive Reaktionsmöglichkeiten357; die allgemeinen zivilrechtlichen Instrumentarien sollen gerade nicht verdrängt werden. Letzterem ist unumwunden zuzustimmen. Bei der Wahl zwischen Tarif- und Koalitionsvertrag ergibt sich das bereits aus der verfassungsrechtlich geschützten Koalitionsmittelfreiheit358, denn Art. 9 Abs. 3 GG überlässt den Vertragspartnern die Wahl des aus ihrer Sicht geeigneten Mittels zur Erreichung des Koalitionszwecks. Aber auch die Wahl zwischen einer koalitionsspezifischen oder einer auf der allgemeinen Handlungsfreiheit fußenden Betätigung steht den Vertragspartnern frei. Zwar ist die Koalitionsfreiheit grundsätzlich gegenüber Art. 2 Abs. 1 GG 352 

Beuthien, ZfA 1983, 141, 162. Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1311. 354  BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 c aa) lehnte einen Typenzwang dahingehend, dass tariffähige Verhandlungspartner einen Tarifvertrag schließen müssen, ab; ebenso BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 18). Eine freie Wahl setzen ferner voraus: BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 1 1.2); BAG 16. 02. 2000 – 4 AZR 14/99 – AP TVG § 2 Nr. 54 (unter II 3 b bb); BAG 21. 05. 2014 – 4 AZR 50/13 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 220 (unter Rn. 31). 355  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 65; Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 990; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 2, 158; Ruch, Dreiseitige Vereinbarungen, S. 27 ff.; Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 25; offenbar auch Thüsing/Goertz, Anm. zu BAG 16. 02. 2000 – 4 AZR 14/99 – AP TVG § 2 Nr. 54 (unter IV); Zachert, NZA 2000, 121, 124; differenzierend Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 945, die eine freie Wahl zwischen Tarif- und Koalitionsvertrag zulassen, im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 GG jedoch ein Spezialitätsverhältnis zu rein privatrechtlichen Schuldverträgen annehmen; ferner Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 302. 356 JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 2. 357 Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 990. 358  Ausdrücklich BVerfG 06. 05. 1964 – 1 BvR 79/62 – AP TVG § 2 Nr. 15 = BVerfGE 18, 18, 32; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 368; BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 224; ähnlich BVerfG 24. 04. 1996 – 1 BvR 712/86 – NZA 1996, 1157 = BVerfGE 94, 268, 283. 353 

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das speziellere Grundrecht359, das gilt jedoch lediglich, wenn sich die Koalitionen tatsächlich koalitionsspezifisch betätigt haben und nicht bereits dann, wenn sie es hätten tun können. Die Spezialität und damit das Zurücktreten der allgemeinen Handlungsfreiheit betreffen überdies ausschließlich die konkrete Abmachung und schließen keine neuerliche Vereinbarung auf dem Boden von Art. 2 Abs. 1 GG ggf. sogar über denselben Regelungsgegenstand aus. So bleibt den Koalitionen stets selbst überlassen, auf welche Grundlage sie einen Vertrag stellen. Ein solchermaßen verstandenes Verhältnis koalitions- und privatautonomer Betätigung entspricht zudem der Deutung360 der Tarifautonomie als kollektiv ausgeübte Privatautonomie. Wenn die Privatautonomie als Teilgewährleistung der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG grundsätzlich die privatrechtliche Abschluss-, Inhalts-, Form- sowie Formenwahlfreiheit der Privatrechtssubjekte gewährleistet, sind diese Gewährleistungsgehalte der Tarifautonomie ebenfalls immanent, denn sie wird aus der von den einzelnen Grundrechtsträgern ausgeübten Privatautonomie abgeleitet361. Dass für Tarifverträge die Abschluss- und Inhaltsfreiheit gilt, ist nicht zu bestreiten, wohingegen die Beschränkung der Formfreiheit gem. § 1 Abs. 2 TVG zur Rechtssicherheit geboten ist. Über die Formenwahl­ freiheit, für deren Beschränkung der Tarifvertrag keinen sachlichen Grund liefert, lässt sich das jedoch nicht sagen. Somit können Tarifvertragsparteien frei zwischen den Instrumenten des Tarif- und Schuldvertrags wählen. Warum tarifunfähige Koa­litionen dann nicht zwischen den Handlungsformen Koalitions- und Schuldvertrag wählen dürfen, ist nicht ersichtlich. Im Ergebnis können die Vertragsparteien frei darüber entscheiden, ob sie eine Vereinbarung auf der Grundlage des Art. 9 Abs. 3 GG oder des Art. 2 Abs. 1 GG schließen (äußere Wahlfreiheit), sowie darüber, welche Handlungsform sie innerhalb von Art. 9 Abs. 3 GG wählen (innere Wahlfreiheit). II.  Kombinationsfreiheit Wenn den Vertragspartnern die freie Wahl zwischen verschiedenen Instrumentarien zur Verfügung steht, stellt sich anschließend die Frage, ob sie in einem Vertrag die Elemente mehrerer Vertragstypen derart miteinander kombinieren können, dass ein Vertragswerk Klauseln mit teils tarifvertraglichem, teils koaliti359  BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 314; BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 = BVerfGE 58, 233, 256; gegen ein Spezialitätsverhältnis von Art. 9 Abs. 3 GG gegenüber Art. 2 Abs. 1 GG offenbar BAG 02. 08. 1963 – 1 AZR 9/63 – AP GG Art. 9 Nr. 5 (unter III 2). 360  Allg. Meinung BAG 18. 07. 2006 – 1 ABR 36/05 – AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 19 (unter Rn. 55); BAG 25. 09. 2013 – 4 AZR 173/12 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Musiker Nr. 26 (unter Rn. 26); erschöpfend Bayreuther, Tarifautonomie als kollektiv ausgeübte Privatautonomie, S. 55 ff. 361  Bayreuther, Tarifautonomie als kollektiv ausgeübte Privatautonomie, S. 154, bezeichnet die Privatautonomie der Koalierten als das Schutzgut der Koalitionsfreiheit.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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onsvertraglichem und teils bloß schuldrechtlichem Charakter enthält. Im Schuld­ recht sind solche typengemischten Vertragsverhältnisse üblich, denn wegen des Prinzips der Vertragsfreiheit existiert dort kein Typenzwang.362 Dem Arbeitsrecht sind gemischte Vertragsverhältnisse an sich ebenfalls nicht unbekannt, doch bezog sich dies zunächst auf gemischte Individualarbeitsverhältnisse363 und jüngst auf die Vermengung kollektivvertraglicher Regelungssysteme von unterschiedlichen Normgebern364. Letzteres ist jedoch kaum mit der aufgeworfenen Problematik vergleichbar. Rührt das Vertragswerk nach der hier interessierenden Frage von zwei antagonistischen Rechtsträgern her, während dort zwei Rechtsträger einem anderen gegenüberstehen, von denen beide zur Normsetzung befugt sind und eventuell Unklarheit über die Normurheberschaft besteht. Unklar kann wegen der bipolaren Vertragsstruktur deshalb niemals die Urheberschaft sein, sondern lediglich der Charakter einer Bestimmung des einheitlichen Vertragswerks. Ohnehin setzen Koalitions- und Schuldvertrag keine Rechtsnormen, so dass der Grundsatz der Normenklarheit insoweit keine Anwendung findet. Präzedenzfälle für die Behandlung solcher Mischverträge auf der Kollektiv­ ebene fehlen und die Literatur365 behandelt die Frage stiefmütterlich. Im Tarifrecht können indes unstreitig obligatorische und normative Bestimmungen in ein Vertragswerk aufgenommen werden366, und niemand käme auf die Idee, hierin einen unzulässigen Mischvertrag zu sehen. Es reicht nach dem Bundesarbeitsgericht aus, wenn sich durch Auslegung ermitteln lässt, welchen Charakter eine Bestimmung hat. Diese Herangehensweise wird auf typengemischte Kollektivverträge übertragen, weshalb gegen kombinierte Vertragstypen nichts einzuwenden sei, solange der Charakter einer Bestimmung durch Auslegung zu ermitteln sei.367 362  Martinek, Moderne Vertragstypen, S. 17 ff.; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuld­ rechts II/2, 13. Aufl., S. 41. 363  BAG 06. 02. 1969 – 2 AZR 236/68 – AP BGB § 611 Gemischter Vertrag Nr. 1 (unter I); BAG 24. 08. 1972 – 2 AZR 437/71 – AP BGB § 611 Gemischter Vertrag Nr. 2 (unter 2 b); Schelp, in: FS Herschel (1955), S. 87 ff. 364  Keine Bedenken gegen eine Vermengung von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung in einem Regelwerk hegt BAG 24. 11. 1993 – 4 AZR 225/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge Metallindustrie Nr. 116 (unter III 2 b aa und V 2); offenbar ebenso noch BAG 07. 11. 2000 – 1 AZR 175/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 14 (unter 1 b aa-ee), das im konkreten Fall die dreiseitige Vereinbarung insgesamt als Haustarifvertrag auslegte. Später hielt das BAG 15. 04. 2008 – 1 AZR 86/07 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 96 (unter Rn. 27 f.) eine dreiseitige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat und Gewerkschaft wegen eines Verstoßes gegen das Prinzip der Rechtsquellenklarheit für unwirksam. Es ließ aber erkennen, dass grundsätzlich nichts gegen gemischte Vereinbarungen spreche, solange der Urheber einer Bestimmung erkennbar sei (ebenso Kolbe, Anm. zu BAG 15. 04. 2008 – 1 AZR 86/07 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 96 (unter II 2 a u. b); zweifelnd Grau/Döring, NZA 2008, 1335, 1336). Insgesamt dazu Ruch, Dreiseitige Vereinbarungen, S. 140 ff. 365 Knapp Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 66. 366  Vgl. BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 20). 367  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 66.

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Das allgemeine Zivilrecht kennt allerdings durchaus einen Typenzwang, so beispielsweise im Sachenrecht, wo der allgemeine Rechtsverkehr zum Verkehrsschutz Rechtsklarheit und Gewissheit über den Inhalt und Umfang dinglicher Rechte haben soll.368 Auch der Tarifvertrag berührt nicht ausschließlich die Interessen der legitimierenden Verbandsmitglieder und der mitgliedschaftlich legitimierten Verbände, sondern auch die Interessen von nicht tarifgebundenen Außenseitern, wenn gem. § 3 Abs. 2 TVG Rechtsnormen eines Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen für alle Betriebe gelten, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist, mithin dann, wenn für die Normanwendung bereits die einseitige Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ausreicht. Ein pauschaler Ausschluss jeder Kombination kollektiver Verträge wäre gleichwohl übertrieben und vor dem Hintergrund ihrer vertragsrechtlichen Grundlage nicht zu rechtfertigen. Richtigerweise liegt die Kollektivfreiheit zwischen vollumfänglicher Kombinationsfreiheit einerseits und abschließendem Typenzwang andererseits. Man muss daher differenzieren und eine inhaltliche Änderung der Vertragstypen mit neuen veränderten Rechtsfolgen ablehnen, eine bloße Vermischung der Vertragstypen dagegen zulassen. Das liegt wohl auch im Interesse beider Parteien und ihrer Mitglieder. Es wäre kaum nachvollziehbar, schuldrechtliche oder koalitionsvertragliche Nebenabreden, die im Zusammenhang mit einer anderen tariflichen Abmachung stehen und diese eventuell ergänzen, an einen anderen Ort zu verbannen. III.  Bestimmung der Handlungsform mittels Auslegung Regelmäßig qualifizieren die Vertragsparteien selbst den Charakter des Vertragswerks, besonders wenn sie unmittelbar Mindestarbeitsbedingungen der Arbeitnehmer durch Tarifnormen setzen wollen. Sind sie allerdings unsicher, ob die Vereinbarung jenseits der Grenzen der Tarifmacht liegt, oder fassen sie in einem Vertragswerk Regelungen verschiedenen rechtlichen Charakters zusammen, unterlassen sie in aller Regel eine rechtliche Qualifikation des Vertragswerks bzw. ordnen die einzelnen Regelungen nicht einem Vertragstypus zu. Dann stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien der Vertragscharakter zu bestimmen ist. Steht der Vertragstypus des Vertragswerks insgesamt oder einer Bestimmung daraus nicht fest, muss er durch Auslegung ermittelt werden. Als Kriterien zur Bestimmung des rechtlichen Charakters kommen insbesondere der Wille der Vertragsparteien, die Bezeichnung der Vereinbarung und die Entstehungsgeschichte in Betracht. Da tariffähige Koalitionen die freie Wahl haben zwischen Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrag und alle anderen Koalitionen immerhin zwischen Koalitions- und einfachem Schuldvertrag wählen können, allen Handlungsformen aber gemeinsam ist, dass sie nach den allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB zustande 368 

Ahrens, GRUR 2006, 617, 622.

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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kommen369, richtet sich die Bestimmung des rechtlichen Charakters nach den über die Auslegung für schuldrechtliche Verträge geltenden Vorschriften der §§ 133, 157 BGB.370 Demgemäß muss nach den §§ 133, 157 BGB der wirkliche Wille der Vertragsschließenden erforscht werden. Der erklärte Wille der Vertragsparteien ist vorrangiges und bei der Auslegung dominierendes Kriterium, dem die durch Auslegung erfolgende Charakterisierung der Vereinbarung nicht widersprechen darf.371 Die Benennung eines Vertrags determiniert nicht seine rechtliche Bewertung, weshalb auch ein als „Vereinbarung“ benannter Vertrag als Tarifvertrag i. S. d. Tarifvertragsgesetzes anzusehen sein kann372. Eine Bezeichnung kann deshalb nur ergänzend zur Erforschung des wirklichen Willens der Vertragspartner herangezogen werden und einen Anhaltspunkt dafür darstellen, was sie wirklich gewollt haben. Geht der rechtliche Charakter nicht aus dem erklärten Willen und/ oder der Bezeichnung hervor, kann u. U. mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus der Entstehungsgeschichte auf den Willen der Parteien geschlossen werden, d. h. aus dem Verhandlungsablauf.373 Das Bundesarbeitsgericht entscheidet folglich über die Frage, welchem Vertragstypus eine Abrede zuzuordnen ist, allein anhand der Grundsätze über die Vertragsauslegung. Verbleibt bis zuletzt Unsicherheit bezüglich des Vertragstypus, ist im Zweifel davon auszugehen, dass zumindest tariffähige Koalitionen angesichts ihrer tarifautonomen Möglichkeit zur unmittelbaren Rechtssetzung nach dem Tarifvertragsgesetz, einen Tarifvertrag abschließen wollen.374 Ausnahmsweise gilt diese Faustregel nicht, wenn die Vereinbarung als Tarifvertrag unwirksam wäre, denn im Zweifel haben sie eine Vereinbarung mit demjenigen rechtlichen Charakter schließen wollen, die wirksam sein und Bestand haben kann.375 369  Siehe nur für den Tarifvertrag HWK/Henssler, 7. Aufl., TVG, § 1, Rn. 13; JKOS/ Schubert, 2. Aufl., § 3, Rn. 1 ff. 370  BAG 08. 12. 2011 – 6 AZR 291/10 – AP TVG § 1 Nr. 58 (unter Rn. 15); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 18); BAG 15. 04. 2008 – 9 AZR 159/07 – AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 (unter Rn. 19); BAG 19. 09. 2007 – 4 AZR 670/06 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 202 (unter Rn. 16); BAG 07. 06. 2006 – 4 AZR 272/05 – AP TVG § 1 Nr. 37 (unter Rn. 25); BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b); BAG 26. 01. 1983 – 4 AZR 224/80 – AP TVG § 1 Nr. 20 (unter Bl. 2 Rücks.). 371  BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b). 372  BAG 16. 05. 2012 – 4 AZR 366/10 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 52 (unter Rn. 24); BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b); BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 1 1.1). 373  So BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b). 374  BAG 13. 10. 2011 – 8 AZR 514/10 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 228 (unter Rn. 17); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 18); BAG 16. 02. 2000 – 4 AZR 14/99 – AP TVG § 2 Nr. 54 (unter II 3 b bb); BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 1 1.3). 375  BAG 07. 11. 2000 – 1 AZR 175/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 14 (unter 1 b bb); Ehmann/Lambrich, Anm. zu BAG 07. 11. 2000 – 1 AZR 175/00, in: AP BetrVG

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Zu Recht findet die Sichtweise einer rechtlichen Charakterisierung anhand des subjektiven Willens der Vertragsparteien überwiegend Zustimmung376 und wird nur vereinzelt kritisiert377. Nur sie trägt dem Zustandekommen der Verträge mittels zweier korrespondierender Willenserklärungen hinreichend Rechnung. Zwar sind die Verträge von Koalitionen mittelbar über die Mitgliedschaft der organisierten Arbeitnehmer in den Verbänden legitimiert und richten sich vornehmlich an diesen Adressatenkreis, selbst wenn sie keine Normwirkung haben, indem sie Einwirkungspflichten oder Rechte zugunsten der Arbeitnehmer statuieren, jedoch lässt sich ihr Abschluss nur auf den Willen der Vertragsparteien zurückführen. Erst die nachgelagerte Frage nach dem Inhalt der Vereinbarung oder einzelner Vorschriften kann ggf. nach objektiven Kriterien zu bestimmen sein.378

E.  Motive für die Wahl der koalitionsvertraglichen Handlungsform Für die Nutzung der koalitionsvertraglichen Handlungsform bestehen höchst heteronome Motive, die sich zum Teil schwer ordnen lassen. Soweit man sie zu systematisieren sucht, bietet es sich an, die Gründe jeweils im Verhältnis zu den anderen Handlungsformen zu erforschen und dadurch zu ermitteln, weshalb die Sozialpartner sich für einen Koalitionsvertrag und gegen einen Tarifvertrag oder Schuldvertrag entscheiden. Das gilt freilich nur für tariffähige Koalitionen, tarif­ unfähige Koalitionen können allein zwischen dem Abschluss eines Koalitions- und Schuldvertrags wählen. Ausgangspunkt einer Untersuchung der Motivlage bildet die Rechtfertigungsbedürftigkeit eines koalitionsvertraglichen Vertragsabschlusses, die schlussendlich auf dem regelmäßig vorhandenen Willen der Vertragsparteien beruht, stets das wirksamste und effektivste Mittel zur Umsetzung ihrer Interessen auszuwählen. Das effektivste und einzige Gestaltungsmittel zur unmittelbaren und zwingenden Rechtsetzung stellt indessen der Tarifvertrag dar, weshalb bei verbleibenden Zweifeln zunächst eine Vermutung für die Wahl dieser Handlungsform besteht.379 Es 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 14 (unter 3), die insofern von einem allgemein anerkanntem Auslegungsprinzip sprechen. 376  Jacobs/Lang, Anm. zu BAG 16. 05. 2012 – 4 AZR 366/10, in: AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 52 (unter C I 2); Kamanabrou, Anm. zu BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03, in: AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter I); HWK/Henssler, 7. Aufl., TVG, § 1, Rn. 76; JKOS/ Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 198; Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 25; Kempen/ Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 989; wohl auch Wiedemann/Wank, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 995; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 85 f. 377  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1681. 378  Siehe dazu § 7 A. II. 379  Vgl. BAG 13. 10. 2011 – 8 AZR 514/10 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 228 (unter Rn. 17); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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stellt sich deshalb die Frage, unter welchen Umständen Tarifvertragsparteien den Abschluss eines Koalitionsvertrags vorziehen, denn nur in den allerwenigsten Fällen wird man davon ausgehen können, dass die rechtliche Form des Verhandlungsergebnisses für die Vertragsparteien nebensächlich ist.380 I.  Abgrenzung zur tariflichen Handlungsform Häufig liegen die Motive für den Abschluss eines Koalitionsvertrags in den verfahrensrechtlichen Restriktionen, denen das Tarifvertragsgesetz den Tarifvertrag unterwirft. Zunächst umgehen die Vertragsparteien mit einem Koalitionsvertrag ein aufwändiges innerverbandliches Ratifizierungsverfahren, dann das Schriftformgebot gem. § 1 Abs. 2 TVG, das Erfordernis einer Einreichung des Tarifvertrags beim Tarifregister sowie zuletzt seine Bekanntmachung nach § 8 TVG.381 Der zeitliche Aufwand ist insofern nicht zu unterschätzen, gerade aber im Hinblick auf das eventuell auftauchende Erfordernis einer Anpassung und somit der inhaltlichen Änderung der Vereinbarung relevant, kann so doch ein erheblich höheres Flexibilitätsniveau erreicht werden. Weitaus wichtiger als die Motive, die möglicherweise der Bequemlichkeit der Vertragspartner geschuldet sind, sind allerdings solche, die zur Unwirksamkeit der Vereinbarung im Falle einer Qualifikation als Tarifvertrag führen würden. Das kann daran liegen, dass den an sich tariffähigen Vertragsparteien die persönliche, betriebliche, fachliche oder räumliche Tarifzuständigkeit fehlt382 oder aber der vertragsschließende Arbeitgeber als Mitglied eines Arbeitgeberverbands verbandsrechtlich am Abschluss eines Tarifvertrags gehindert ist383. Schließen die Vertragsparteien einen Koalitionsvertrag, können sie auf diesem Weg die rechtliche Wirksamkeit der getroffenen Inhalte sicherstellen. Oftmals verhindern bereits die strengen Voraussetzungen an die Tariffähigkeit den Abschluss eines Tarifvertrags. Hier offenbart sich sein wichtigster Anwendungsbereich, denn die Notwendigkeit einer Straffung und Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen in einem Konzern ist ebenso wenig von der Hand zu weisen wie das Bedürfnis nach einer Flexibilisierung der Unternehmensmitbestimmung durch Vereinbarung. Für beide Bereiche kann nach ganz überwiegender Meinung Rn. 18); BAG 16. 02. 2000 – 4 AZR 14/99 – AP TVG § 2 Nr. 54 (unter II 3 b bb); BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 1 1.3). 380  So aber BAVC, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 11; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 164. 381 Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 948; Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 975. 382 Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 948. 383  Siehe BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b). Im betreffenden Fall fühlte sich das Land als Arbeitgeber an die Haltung der TdL gebunden, wäre aber unter rechtlichen Gesichtspunkten durchaus zum Abschluss eines Tarifvertrags imstande gewesen.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

das Instrument des Tarifvertrags nicht genutzt werden. Eine Vereinheitlichung der Arbeitsverhältnisse in einem Konzern mittels eines Tarifvertrags scheitert an der fehlenden Tariffähigkeit des Konzerns, der bloß eine wirtschaftliche und keine rechtsfähige Einheit darstellt.384 Weil der Abschluss von Mitbestimmungsvereinbarungen ein den Eigentümern vorbehaltenes Grundlagengeschäft darstellt, können sie nicht mit dem tariffähigen Rechtsträger geschlossen werden.385 Die Kapitaleigner sind allerdings nicht tariffähig. Daher müssen die Vertragspartner auf den Koalitionsvertrag ausweichen, wollen sie eine rechtsverbindliche Bindung erzeugen und nicht bloß einen Schuldvertrag eingehen. Auf den Koalitionsvertrag als wesentliches Handlungsinstrument angewiesen sind alle nicht tariffähigen Koalitionen, die mangels hinreichender sozialer Mächtigkeit am Abschluss von Tarifverträgen gehindert sind, möglicherweise aber die Tariffähigkeit anstreben und sich dafür gegenüber den mächtigen Gewerkschaften zu behaupten versuchen.386 Es wäre auch kaum mit dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag für das Koalitionswesen zu vereinbaren, wären nicht-tariffähige Koalitionen im Fall koalitionsförmigen Handelns allein auf den Schuldvertrag verwiesen und koalitionsspezifische Verhaltensweisen außerhalb des tariflichen Bereichs nicht besonders geschützt. Ein Motiv kann u. U. auch in der Vermeidung der normativen Wirkung des Tarifvertrags liegen.387 Allerdings wird man sagen müssen, dass der eigentliche Anwendungsbereich nicht in der bloßen Vermeidung der Normwirkung liegt, andernfalls hätten die Tarifparteien lediglich einen schuldrechtlichen Tarifvertrag schließen können. Vielmehr liegt das originäre Motiv am Abschluss eines Koalitionsvertrags in dem Willen, die Wirksamkeit einer getroffenen Übereinkunft sicherzustellen, d. h. eine wirksame Vereinbarung abzuschließen, wenn ein Tarifvertrag unwirksam wäre. Ein Ausweichen auf den Koalitionsvertrag bietet sich indes nicht nur an, wenn man sicher weiß, dass eine tarifvertragliche Regelung unwirksam wäre, sondern bereits dann, wenn bei den Vertragsparteien Unsicherheit über die Wirksamkeit herrscht. Mit dem Koalitionsvertrag entgeht man in solchen Zweifelsfällen der Gefahr einer rechtlichen Unwirksamkeit des Vertrags.388 Diese Handlungsform ist daher in besonderem Maß dazu geeignet, neuere Entwicklungen aufzunehmen. Durch die flexible rechtliche Handlungsform fördert sie die Innovationskraft der Sozialpartner.

384 

Siehe dazu § 6 A. II. 2. Vgl. § 6 A. II. 3. 386 Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 946; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 71; MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 190, Rn 2; Karsten, Schuld­ rechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 183; Ruch, Dreiseitige Vereinbarungen, S. 22 f. 387  Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 166. 388  Ähnlich Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 959. 385 

§ 5  Kollektivvertragliches Instrumentarium

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II.  Abgrenzung zur schuldvertraglichen Handlungsform Der Handlungsform des Koalitionsvertrags wäre nur geringe Bedeutung beizumessen und eine Abgrenzung zum Schuldvertrag sinnloser Formalismus, würden im Verhältnis zum einfachen Schuldvertrag keine besseren Gründe für die Wahl des Koalitionsvertrags sprechen. Denn angesichts der Verpflichtung auf den Koalitionszweck, zur Förderung und Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Mitglieder beizutragen, sowie der Weite des Begriffspaars müssen die Koalitionen wohl nur in seltenen Fällen tatsächlich auf den Schuldvertrag zurückgreifen, weil eine koalitionsvertragliche Regelung die Grenzen der funktionellen Zuständigkeit überschreiten würde.389 Bei der Wahl der Handlungsform motiviert die Vertragspartner i. d. R. der Wille, das effektivste Instrument zur Sicherung ihrer Interessen zu gebrauchen. Unter dem Gesichtspunkt der Effektivität bietet der Koalitionsvertrag gegenüber dem einfachen Schuldvertrag mehrere Vorteile, da vom Koalitionsvertrag unter dem Schutz von Art. 9 Abs. 3 GG spezifische Rechtswirkungen ausgehen, die dem Schuldvertrag auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG fremd sind.390 So besteht eine partielle Annäherung an die Wirkungen des Tarifvertrags, wenn für den Koalitionsvertrag das Günstigkeitsprinzip zumindest eingeschränkt gilt, die Bestimmungen eines Koalitionsvertrags teils Vorrang vor betrieblichen Vereinbarungen genießen oder seine Bestimmungen eine inhaltliche Angemessenheit gewähren können, die die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie der AGB-Kontrolle verhindert. Außerdem steht ein Koalitionsvertrag unter dem besonderen Schutz von Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG und kann Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche auslösen.391 Am wichtigsten dürfte indessen sein, dass der Koalitionsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen zulässiges Ziel eines Arbeitskampfes sein kann, wohingegen für den Abschluss eines rein privatrechtlichen Vertrags niemals gestreikt werden kann.392

389 Solche Vereinbarungen sind gleichwohl denkbar und könnten den Umweltschutz (ohne Bezug zum Arbeitsschutz), die Produktgestaltung, die Produktpalette oder die Preisgestaltung betreffen. 390  Vgl. dazu ausführlich § 5 B. V. 391  Mit dem allgemeinen Unterlassungsanspruch lassen sich nur solche Abreden verfolgen, die das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG gezielt bekämpfen, dagegen nicht solche, die nur mittelbar die Koalitionsfreiheit einschränken, vgl. ArbG Frankfurt a.M. 28. 10. 1996 – 1 Ca 6331/96 – NZA 1996, 1340, 1341; Kort, NJW 1997, 1476, 1477. 392  Siehe unten § 8 B. I. 3.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

F.  Ergebnis: Gleichberechtigtes Nebeneinander von Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrag Unterscheidet man zwischen tariflichen und außertariflichen Vereinbarungen oder spaltet man die normative und obligatorische Regelungsbefugnis im Tarifvertrag zu selbständigen Regelungsformen auf, verfügen die Sozialpartner über zwei oder sogar vier mögliche Instrumentarien. Mit Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrag stehen den Sozialpartnern abstrakt drei Handlungsformen zur verbindlichen Regelung ihrer Interessen zur Seite. Sie sind mit den drei genannten Instrumentarien imstande, das Arbeitsleben umfassend zu regulieren, wobei der konkreten Handlungsform vom Tarifvertrag über den Koalitionsvertrag bis zum Schuldvertrag stets engere Grenzen gezogen sind. Solche Grenzen können den Kollektivverträgen insbesondere die Rechte Dritter setzen, denn die kollektiven Handlungsformen sind per definitionem darauf gerichtet, die Rechte von Unternehmern, Außenseitern, konkurrierenden Koalitionen oder auch der eigenen verbandsangehörigen Mitglieder zu verkürzen. Vom Koalitionsvertrag als dritter Handlungsform gehen besondere, partiell auch tarifvertragsähnliche Rechtswirkungen aus, wobei nur solche Prinzipien des Tarifrechts übertragbar sind, die einen übertragungsfähigen Inhalt haben, weil sie nicht Ergebnis der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Tarifautonomie sind, sondern in der Koalitionsfreiheit angelegt sind. So gilt für den Koalitionsvertrag ebenfalls das Günstigkeitsprinzip, ein Vorrang vor betrieblicher Konkurrenz im Anwendungsbereich von § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG sowie eine Vermutung für seine inhaltliche Richtigkeit, die ihn von der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes oder der AGB-Kontrolle ausnimmt. Überdies kann nicht nur der Vertragspartner durch eine Verletzung der koalitionsvertraglichen Abrede vertragliche Erfüllungs-, Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche auslösen, sondern auch im Verhältnis zu Dritten können Unterlassungs- und Schadensersatz­ ansprüche nach den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1, 2 BGB entstehen.

§ 6  Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem

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§ 6  Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem Nunmehr, da das kollektivvertragliche Instrumentarium feststeht und die Handlungsformen des Tarif-, Koalitions- und Schuldvertrags in ihren wesentlichen Grundzügen beschrieben sind, geht es darum, Vereinbarungen zwischen einer Gewerkschaft und einem Investor einer dieser Handlungsformen zuzuordnen. Hierbei soll wiederum der Tarifvertrag den Ausgangspunkt der Diskussion bilden, denn der Tarifvertrag ist das effektivste Instrument zur Interessendurchsetzung der Arbeitnehmerseite und bietet den weitestgehenden Schutz der Arbeitnehmer.

A.  Investorenvereinbarung als Tarifvertrag I.  Sachlich-inhaltliche Regelbarkeit Fraglich ist zunächst, ob die Gegenstände einer Investorenvereinbarung überhaupt von der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien nach dem Tarifvertragsgesetz gedeckt sind. Insofern ist nach der überzeugenden Auffassung1 zwischen der begrenzten normativen Tarifmacht gem. §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG und der umfassenden schuldrechtlichen Tarifmacht für sämtliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zu unterscheiden. 1.  Normative Tarifmacht über die Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen Damit die Gegenstände einer Investorenvereinbarung Inhalt von Tarifnormen sein können, müssten sie sich den in § 1 Abs. 1 TVG genannten Rechtsnormen zuordnen lassen, die entweder das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer (Inhalts-, Abschluss- und Beendigungsnormen) oder das betriebliche Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft als Kollektiv (Betriebs- und betriebsverfassungsrechtliche Normen) regeln.2 a)  Einzelarbeitsverhältnisbezogene Normen Wohl kaum lassen sich die Gegenstände einer Investorenvereinbarung als einzelarbeitsverhältnisbezogene Normen einordnen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer regulieren. Angesichts des Wesens von Investorenvereinbarungen fehlt dafür bereits auf den ersten Blick ein Bezug zum Individualarbeitsverhältnis, denn die darin regelmäßig vereinbarten Gegenstände betreffen nicht das Verhältnis des Investors zu den einzelnen Arbeitnehmern als solchen, sondern zur Belegschaft insgesamt, wenn die dem 1  2 

Zum Streitstand § 5 A. I. 2. Zu dieser Einteilung JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 13.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Management vorgelagerte unternehmenspolitische Haltung des Investors auf eine sichere und nachhaltige Grundlage gestellt werden soll. So hat ACS der IG BAU u. a. zugesagt, keine Standortschließung oder -verlagerung, keine betriebsbedingten Kündigungen und keine Änderung der geltenden Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen vorzunehmen.3 HOCHTIEF bleibe vielmehr selbst oder eine über Tochtergesellschaften operativ tätige Gesellschaft, jedenfalls aber sei der Vorstand von HOCHTIEF auch zukünftig für das operative Geschäft verantwortlich.4 Außerdem bleibe die IG BAU im HOCHTIEF-Konzern für Deutschland und alle Arbeitsverhältnisse nach deutschem Recht alleiniger Sozialpartner.5 Eine Änderung der Eigenständigkeit und Mitbestimmung von HOCHTIEF sei zudem ebenso wenig beabsichtigt wie eine Umwandlung in eine Gesellschaft Europäischen Rechts (SE).6 In einer anderen Investorenvereinbarung, der sog. Zukunftsvereinbarung zwischen Schaeffler und der IG Metall, wurde den Arbeitnehmervertretern zugesichert, dass unabhängig von der künftigen Rechtsform der Schaeffler KG, eine Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbar einer Aktiengesellschaft neu eingeführt werde.7 Zusammengenommen betreffen die exemplarisch genannten Gegenstände insbesondere die künftige Geschäftspolitik, das Verhältnis der Gewerkschaft zum Anteilseigner sowie die gesellschaftsrechtliche Organisation und damit keinesfalls das Verhältnis zu den einzelnen Arbeitnehmern. b)  Betriebsbezogene Normen Bislang ist es nicht gelungen, für die Gruppe der betriebsbezogenen Normen eine präzise Umschreibung herauszuarbeiten, die ihren Inhalt subsumtionsfähig beschreibt.8 Voraussetzung für eine Zuordnung zu dieser Normengruppe bildet nach der Rechtsprechung jedoch die Tatsache, dass die genannten Regelungsgegenstände „nur einheitlich gelten können“, weil eine „einheitliche Regelung auf betrieblicher Ebene unerlässlich ist“.9 Obwohl diese Umschreibung Raum für zahlreiche Diskussionen und für Kritik eröffnet, bleiben jedenfalls Fragen, die das

3 

Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 2, 4). Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 1, 3). 5  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 8). 6  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 1). 7  Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 a). 8  BAG 26. 04. 1990 – 1 ABR 84/87 – AP GG Art. 9 Nr. 57 (unter B V 2 a aa). 9  BAG 21. 01. 1987 – 4 AZR 486/86 – AP GG Art. 9 Nr. 46 (unter Bl. 661 Rücks.); BAG 07. 11. 1995 – 1 ABR 676/94 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 1 (unter II 1 b aa); BAG 17. 06. 1997 – 1 ABR 3/97 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 2 (unter B 1 a); krit. Löwisch/ Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 426. 4 

§ 6  Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem

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Unternehmen als Ganzes betreffen, demgemäß nicht der betrieblichen Ebene10 zugeordnet werden können, vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.11 Seit jeher besonders umstritten ist die Zuordnung von Vereinbarungen über die unternehmerische Mitbestimmung zu der Gruppe der betriebsbezogenen Normen.12 Mitbestimmungsvereinbarungen ergänzen und erweitern die gesetzlich festgelegte unternehmerische Mitbestimmung, um aus der Sicht der Verhandlungspartner ein günstigeres Mitbestimmungsstatut festzulegen. Auch die Investorenvereinbarungen zwischen ACS/IG Bau und Schaeffler/IG Metall enthalten solche deklaratorischen bzw. konstitutiven Mitbestimmungsvereinbarungen. Die hierbei vereinbarten Mitbestimmungsstatuten weichen in der Sache allerdings nicht von Gesetzen ab, sehen vielmehr die Beibehaltung des derzeit in der Zielgesellschaft angewendeten Status vor oder verpflichten den Investor in seinem in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft geführten Unternehmen, ein der mitbestimmten Aktiengesellschaft vergleichbares Statut einzuführen. Solche Vereinbarungen greifen indes in die gesellschaftsrechtliche Organisation des Unternehmensträgers ein und regeln somit eine überbetriebliche Frage13, weshalb sie nicht der betriebsbezogenen Normengruppe zugeordnet werden können. Des Weiteren könnten Regelungen über die künftige Geschäftspolitik den betrieblichen oder betriebsverfassungsrechtlichen Normen zugeordnet werden, weil die Geschäftspolitik den ganzen Betrieb und nicht den einzelnen Arbeitnehmer betrifft. Eine solche Betrachtung greift freilich zu kurz, denn Gegenstand der betriebsbezogenen Normengruppe sind lediglich Regelungen mit einem Bezug zur betrieblichen Organisation. Bezug zur betrieblichen Organisation können einerseits im Falle von betrieblichen Normen Bestimmungen haben, die Einfluss auf 10  Abgrenzung Unternehmens- und Betriebsebene bei R. Krause, Arbeitsrecht, 3. Aufl., § 2, Rn. 42 f. 11  Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 140; Schulz, Umfang und Wirkung tariflicher Betriebsnormen, S. 38 f.; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 433; Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 760; ähnlich Beuthien, ZfA 1986, 141, 153. 12  Zur Zuordnungsproblematik bei Mitbestimmungsvereinbarungen P. Hanau, ZGR 2001, 75, 80 f.; Jahnke, Tarifautonomie und Mitbestimmung, S. 87 f., insb. 197 ff.; Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 329; Beuthien, ZfA 1983, 141, 142 ff.; Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 760 ff. m. w. N.; allg. dazu MüArbR/Wißmann, 3. Aufl., § 278, Rn. 10 ff.; Hensche, AuR 1971, 33, 34 ff.; Fabricius, in: FS Hilger/Stumpf (1983), S. 155, 165 ff. 13 Die Unternehmensverfassung beziehen in die tariflich-normative Regelungsmöglichkeit wie hier nicht mit ein Söllner, JahrbArbR 16 (1978), S. 19, 28; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille, S. 244; P. Hanau, ZGR 1977, 397, 419 f.; dagegen Jahnke, Tarifautonomie und Mitbestimmung, S. 87 f.; Säcker, Grundprobleme der kollektiven Koalitionsfreiheit, S. 60; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht II/2, S. 1490; Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, S. 148; Stark, Verfassungsfragen einer Arbeitsplatzsicherung durch Tarifvertrag, S. 17; weitgehend für eine Regelbarkeit im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags Biedenkopf, Grenzen der Tarifautonomie, S. 18 f.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

materiell betriebsbezogene Organisations-, Verteilungs- oder Verhaltensentscheidungen des Arbeitgebers ausüben14, oder andererseits im Falle von betriebsverfassungsrechtlichen Normen solche Regelungen, die formell das Zustandekommen dieser Entscheidungen unter der Mitwirkung der Arbeitnehmerrepräsentanten regeln15. Während Betriebsnormen also die betriebliche Organisationsgewalt des Arbeitgebers16 inhaltlich-materiell einschränken, schaffen betriebsverfassungsrechtliche Normen die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Arbeitnehmer an Entscheidungen des Arbeitgebers mitwirken.17 Bestimmungen über die Geschäftspolitik, mithin über unternehmerisches Verhalten des Arbeitgebers, fehlt dieser Bezug zur betrieblichen Organisationsgewalt, sie betreffen stattdessen das Außenverhältnis des Arbeitgebers zu den Dienstleistungs- und Gütermärkten. Nur das unternehmensinterne Binnenverhältnis lässt sich der betriebsbezogenen Normengruppe zuordnen, wohingegen Regelungen mit dem Ziel der Regelung des Außenverhältnisses kein zulässiger Gegenstand sein können. Dementsprechend sind beispielsweise Vereinbarungen über die Arbeitszeit dem unternehmensinternen Binnenverhältnis zuzuordnen und zulässiger Gegenstand von betriebsbezogenen Normen18, nicht dagegen die Festlegung von Geschäfts- bzw. Öffnungszeiten, die das Außenverhältnis des Arbeitgebers zu den Dienstleistungs- und Gütermärkten betreffen19. Regelungen hinsichtlich des unternehmerischen Verhaltens des Arbeitgebers dürfen insofern nicht im Gewand ei14  Nach BAG 23. 02. 1988 – 3 AZR 300/86 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 17 (unter 1) regeln betriebliche Normen die Organisationsgewalt des Arbeitgebers im Betrieb. Dazu zählen solche Fragen, die „unmittelbar die Organisation und Gestaltung des Betriebs, also der Betriebsmittel und der Belegschaft, betreffen“, vgl. BAG 08. 12. 2010 – 7 ABR 98/09 – AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 62 (unter Rn. 37); BAG 17. 06. 1997 – 1 ABR 3/97 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 2 (unter B 1 a). 15  Betriebsverfassungsrechtliche Normen beschäftigen sich mit der Rechtsstellung der Arbeitnehmer im Betrieb und ihren Organen, siehe 23. 02. 1988 – 3 AZR 300/86 – AP Betr­ AVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 17 (unter 1). 16  BAG 23. 02. 1988 – 3 AZR 300/86 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 17 (unter 1); BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B I 6); BAG 07. 11. 1995 – 3 AZR 676/94 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 1 (unter II 1 c bb). Im Einzelnen zum Inhalt und zur Abgrenzung der betrieblichen Fragen Dieterich, Die betrieblichen Normen nach dem Tarifvertragsgesetz vom 9. 4. 1949, S. 40 ff. 17  Ähnlich JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 69. 18  BAG 17. 06. 1997 – 1 ABR 3/97 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 2 (unter B 1 c) billigte die Festlegung einer Höchstquote für abweichende Arbeitszeitvereinbarungen als Betriebsnorm; in diese Richtung auch BAG 18. 12. 1997 – 2 AZR 709/96 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 46 (unter II 2) für die Begrenzung der Samstagsarbeit und BAG 01. 08. 2001 – 4 AZR 388/99 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 5 (unter I 2 c bb) für eine Arbeitszeitverkürzung im Rahmen eines beschäftigungssichernden Tarifvertrags; für Bestimmungen über Beginn und Ende der Arbeitszeit wurde bisher offen gelassen, ob sie Inhalts- oder Betriebsnormen sind BAG 27. 06. 1989 – 1 AZR 404/88 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 113 (unter II 3 b). 19  H. Hanau, Anm. zu BAG 07. 11. 1995 – 3 AZR 676/94, in: AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 1 (unter II 2); Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 436 f.; a. A. BAG 07. 11. 1995

§ 6  Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem

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ner betrieblichen Norm versteckt werden. Das gilt selbst dann, wenn das mittelbar dem Arbeitnehmerschutz dient.20 Andernfalls drohten unauflösbare Abgrenzungsschwierigkeiten, die einer Unterminierung der grundsätzlich freien Unternehmer­ entscheidung Tür und Tor öffneten. Zuletzt ist offen, ob die Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft gegenüber der IG BAU der betriebsbezogenen Normengruppe zugeordnet werden kann. Freilich ist das zu verneinen. Durch die betriebsbezogene Normsetzungsbefugnis der Tarifparteien nach § 1 Abs. 1 TVG gewährleistet der Gesetzgeber eine Einwirkungsmöglichkeit der Koalitionen auf die betriebliche Binnenverfassung21, wovon materielle Entscheidungen und das formell institutionalisierte Verfahren auf dem Weg zu diesen Entscheidungen umfasst sind. ACS und IG BAU haben allerdings keine Regelung vereinbart, um das institutionelle oder materiell-inhaltliche Verhältnis der Betriebspartner zueinander zu regeln, sondern eine Abmachung, die das Verhältnis von ACS zu einer überbetrieblichen Organisation, der IG BAU, regelt. Somit kann auch dieser Regelungsgegenstand nicht Inhalt des normativen Teils eines Tarifvertrags sein. Da sich die Normsetzungsbefugnis sachlich-inhaltlich auf die in § 1 Abs. 1 TVG genannten Regelungsinhalte verengt, sind die repräsentativen Inhalte einer Investorenvereinbarung, wie Regelungen zur gesellschaftsrechtlichen Organisation, zur Geschäftspolitik und zum Verhältnis der Sozialpartner zueinander nicht normativ regelbar. Eine vertragliche Regelung dieser Gegenstände durch die Sozialpartner ist damit nicht generell ausgeschlossen. Derartige Inhalte könnten stattdessen einer Regelung im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags zugänglich sein.

– 3 AZR 676/94 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 1 (unter II 1 b bb); bestätigt durch BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 25). 20 JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 68; a. A. Dieterich, in: FS Däubler (1999), S. 451, 462 m. w. N. 21  Aufgrund der grundsätzlichen Überbetrieblichkeit der Gewerkschaften und der betriebsbezogenen Orientierung der Betriebspartner lässt sich von einem Mehrebenensystem sprechen, wobei beide Ebenen nicht losgelöst nebeneinander bestehen, sondern miteinander verwoben sind. Die Konkurrenz beider Ordnungen, die eine Eigenart der deutschen Kollektivordnung mit freigebildeten Gewerkschaften einerseits und gesetzlich verfassten Betriebsräten andererseits ist, löst Art. 9 Abs. 3 GG zugunsten der Koalitionsfreiheit auf. Zeugnis legen davon die §§ 77 Abs. 3, 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG ab, die einen Vorrang tariflicher Normsetzung statuieren, für den Schutz des freiheitlich korporativen Tarifwesens aber nicht ausreichen (vgl. R. Krause, RdA 2009, 129, 138), weshalb den Koalitionen die Betätigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG (BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 (unter B 2 e) = BVerfGE 19, 303, 321 f.; BAG 18. 11. 1980 – 1 ABR 31/78 – AP BetrVG 1972 § 108 Nr. 2 (unter 1 b) = BAGE 34, 260, 266) eine Einwirkung auf die konkurrierende Betriebsverfassung ermöglicht.

2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

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2.  Schuldrechtliche Tarifmacht über die Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen Weil die exemplarisch herausgegriffenen Gegenstände nicht Inhalt von Tarif­ normen sein können, bedeutet das nicht, sie seien nicht im obligatorischen Teil vereinbar. Eine so verstandene Kongruenz/Harmonie der normativen und schuld­ rechtlichen Regelungsmacht besteht nicht.22 Erforderlich für die Vereinbarung po­ tenzieller Gegenstände einer Investorenvereinbarung im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags ist ihre Zuordnung zum Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschafts­ bedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG. Darunter fallen nach der oben befür­ worteten Begriffsbestimmung alle Bedingungen, unter denen abhängige Arbeit ge­ leistet wird oder die sich regulierend auf den Arbeitsmarkt auswirken. Fraglich ist insofern, ob die gesellschaftsrechtliche Organisation des Unternehmens, die Steue­ rung der Geschäftspolitik oder das Verhältnis der Sozialpartner zueinander gegen­ ständlich als Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen qualifiziert werden können.23 Diesbezüglich bereitet die Qualifikation unter zwei Aspekten Probleme. Erstens müssten Investorenvereinbarungen zwischen einem Investor und einer Gewerk­ schaft überhaupt Bedingungen schaffen, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird oder die sich regulierend auf den Arbeitsmarkt auswirken. Dies setzt aller­ dings voraus, dass ein ausreichender spezifischer Bezug zu den Arbeitsbedin­ gungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG oder dem Arbeitsleben insgesamt besteht. Gerade nicht ausreichend ist die Regelung bloßer Wirtschaftsbedingungen gem. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG ohne eine Rückkoppelung an das einzelne Arbeitsverhält­ nis i. S. e. arbeitsrechtlichen Zusammenhangs.24 Investorenvereinbarungen regeln jedoch vornehmlich die den arbeitsrechtlich vorgelagerten unternehmerischen Ent­ scheidungen, weshalb ein ausreichender spezifischer Bezug zu den Arbeitsbedin­ gungen gem. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG oder dem Arbeitsleben fehlen könnte. Zweitens könnte generell für alle Regelungsgegenstände einer Investorenver­ einbarung der erforderliche abstrakte Bezug zum Arbeitsverhältnis oder dem Arbeitsmarkt fehlen, weil Investoren als Anteilseigner der Unternehmensträger­ gesellschaft keine Arbeitgeberfunktion ausüben und eben nicht Partei des Arbeits­ verhältnisses sind. Über die Besetzung des Aufsichtsrats haben sie lediglich einen mittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis, der ohne Ansehung des konkreten Re­ gelungsgegenstands in einer Investorenvereinbarung ausreichen müsste, um einen 22 

Im Einzelnen § 5 A. I. 2. Qualifikation der sonstigen Regelungsgegenstände einer Investorenvereinba­ rung als Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG siehe im Einzelnen § 7 D. IV. 1. 24  Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 88; Kemper, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 89; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 47; Otto/­ Schwarze, ZfA 1995, 639, 666; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 220; Waltermann, NZA 1991, 754, 757, 759; Clausen, Der schuldrechtliche Teil des Tarifvertrags, S. 133; Kempen, AuR 1980, 193, 195. 23 Zur

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spezifischen Bezug zu den Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten oder dem Arbeitsleben insgesamt herzustellen. Je enger man den Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis begreift, gar einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Bedingungen der abhängigen Arbeit voraussetzt25, desto schwieriger lassen sich die Inhalte einer Investorenvereinbarung als arbeitsverhältnis- oder arbeitsmarktbezogen begreifen. Es geht also einmal um die Frage, ob inhaltlich die Gegenstände einer Investorenvereinbarung überhaupt das Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betreffen, und darum, ob eine mittelbare Förderung dieses Sachbereichs ausreicht, um den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit für diese Betätigung zu eröffnen. a)  Qualifikation als Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Einige Vertragsklauseln in Investorenvereinbarungen verlassen eindeutig den Boden von Art. 9 Abs. 3 GG, denn weder regeln sie die Bedingungen unter denen abhängige Arbeit geleistet wird, noch regulieren sie den Arbeitsmarkt. So betrifft die Klausel über die Geschäftstätigkeit von HOCHTIEF, worin eine Einmischung von ACS in operative Entscheidungen des Managements ausgeschlossen wird, die Verantwortung für die operativen Unternehmensentscheidungen vielmehr weiterhin beim aktuellen Vorstand verbleiben soll, sowie die Zusage, nicht den Abschluss eines Beherrschungsvertrags anzustreben26, ausschließlich unternehmerische Fragen oder Fragen der Beziehungen zwischen den Gesellschaftern der Zielgesellschaft und denjenigen der übernehmenden Gesellschaft.27 Bedingungen unter denen anhängige Arbeit geleistet wird, regeln diese Klauseln ebenso wenig, wie sie sich auf den Arbeitsmarkt regulatorisch auswirken. Daher deckt die schuldrechtliche Tarifmacht solche Bestimmungen nicht. Neben Vereinbarungen über das unternehmerische Engagement des Investors und über die Ausübung seines Einflusses auf die Organe der Gesellschaft enthalten Investorenvereinbarungen jedoch regelmäßig Gegenstände zu originär einzelarbeitsverhältnisbezogenen Materien, wie betriebsbedingten Kündigungen 28, der Sicherung des Status quo kollektivvertraglicher und arbeitsvertraglicher Rechte29 oder der betriebsverfassungsrechtlichen Organisation, die unstreitig die Grundlagen abhängiger Beschäftigung festlegen. ACS akzeptiert und respektiert den arbeitsrechtlichen Status quo bei HOCHTIEF und wird wenigstens bis zum 25  Wiedemann, in: FS Riesenfeld (1983), S. 301, 303; Beuthien, ZfA 1984, 1, 12; ­ amillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 220; für einen engen Zusammenhang bei G Regelungen über gemeinsame Einrichtungen bspw. auch Schelp, in: FS Nipperdey (1965), Bd. II, S. 579, 592; dagegen Schwarze, Der Betriebsrat im Dienst der Tarifvertragsparteien, S. 93 f.; Stark, Verfassungsfragen einer Arbeitsplatzsicherung durch Tarifvertrag, S. 51 ff.; krit. Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 70 f. 26  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 3). 27  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71. 28  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 5). 29  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 4).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

31. 12. 2013 keine personalrelevanten Maßnahmen initiieren, im Gegenteil ACS sichert seine Unterstützung bei der Verhinderung betriebsbedingter Kündigungen zu und beabsichtigt unter den richtigen Rahmenbedingungen neue Arbeitsplätze zu schaffen.30 Ersichtlich bewegen sich ACS als Investor und die IG BAU als Gewerkschaft insofern im Bereich von Art. 9 Abs. 3 GG.31 Demgemäß könnte die schuldrechtliche Tarifmacht insoweit die getroffene Vereinbarung decken. b)  Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Durch eine Vereinbarung mit einem Investor als Eigentümer der Gesellschaft werden anders als bei einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber mangels eines direkten Zugriffs auf die Arbeitsverhältnisse der abhängig Beschäftigten nicht unmittelbar die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gefördert. ACS sicherte mangels eines direkten Zugriffs deshalb zu, ein Ziel nicht anzustreben, sich nicht einzumischen, seinen Einfluss in einer bestimmten Weise nicht auszuüben oder den Vorstand ggf. in bestimmten Angelegenheiten zu unterstützen.32 Es geht also darum, Initiativen des Investors hinter den unmittelbaren Entscheidungen des Arbeitgebers über die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu steuern. Inwiefern es ausreicht, dass eine Gewerkschaft durch eine Vereinbarung mit einem Investor lediglich mittelbar die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der abhängig Beschäftigten fördert, um den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit für diese Betätigung zu eröffnen, ist ungeklärt. Für die Gewerkschaften nimmt das Bundesverfassungsgericht im Personalvertretungsrecht an, auch eine mittelbare Förderung der Dienstbedingungen über die Wahl gewerkschaftlicher Vertreter in den Personalrat und deren Tätigkeit im Hinblick auf die abhängig Beschäftigten sei eine von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tätigkeit der Gewerkschaften.33 Ferner gehört die Mitgliederwerbung der Gewerkschaften zu der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tätigkeit, obwohl dadurch nicht unmittelbar die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der abhängig Beschäftigten gefördert werden. Erst die Mitgliederwerbung sichert aber den Bestand und die von der Mitgliederstärke abhängige Schlagkraft der Koalitionen und trägt hierdurch mittelbar zur Koalitionszweckerfüllung bei, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern.34 „Art. 9 Abs. 3 GG unterscheidet [somit] nicht

30 

Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 5, 6). Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71. 32  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 3, 5, 6). 33  BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 313; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 372; BVerfG 27. 03. 1979 – 2 BvR 1011/78 – AP GG Art. 9 Nr. 31 = BVerfGE 51, 77, 88; BVerfG 23. 03. 1982 – 2 BvL 1/81 – AP LPVG Bremen § 48 Nr. 1 = BVerfGE 60, 162, 170. 34  BVerfG 26. 05. 1970 – 2 BvR 664/65 – AP GG Art. 9 Nr. 16 = BVerfGE 28, 295, 305. 31 Ebenso

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danach, ob die Koalitionen es unternehmen, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen unmittelbar oder mittelbar zu wahren und zu fördern.“35 Können Gewerkschaften auf Arbeitnehmerseite mittelbar die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch die Institutionen des Personalvertretungswesens und des Betriebsverfassungsrechts wahren und fördern36, liegt es nahe, dass es ausreicht, wenn eine Gewerkschaft gemeinsam mit einem Investor eine Vereinbarung betreffend die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen trifft und eben jener Investor über die gesellschaftsrechtlichen Vertretungsorgane mittelbar die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen wahren und fördern kann. Der Mittelbarkeit genügt ein Bezug zum Arbeitsverhältnis und damit zu den Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten im weitesten Sinn37, wofür es wiederum ausreicht, dass der Dritte, der nicht der vertragliche Arbeitgeber ist, einen indirekten Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der in der Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer ausübt38. Dieses Ergebnis stimmt mit der sozio-ökonomischen Wirklichkeit überein, in der strategische Investoren, sei es mit oder ohne Beherrschungsvertrag i. S. d. §§ 291 ff. AktG, die Führung der Gesellschaft beeinflussen und ihren Handlungsrahmen teilweise wesentlich verengen. Trotz der fehlenden Arbeitgeberstellung eines Investors besteht bei Vereinbarungen mit einer Gewerkschaft ein ausreichender abstrakter Bezug zu den Arbeitsverhältnissen, der es legitimiert, Regelungsgegenstände in Investorenverein­barungen hinsichtlich der Beschäftigten als Förderung und Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG anzusehen, denn sie programmieren die Bedingungen, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird, auf einer höheren Ebene vor. Sofern die konkreten Regelungsinhalte Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betreffen, schließt deren nur mittelbare Förderung durch den Investor über die Kette Hauptversammlung – Aufsichtsrat – Vorstand folglich nicht den Schutz der Koalitionsfreiheit für diese Tätigkeit aus. Natürliche Grenze einer solchen Bindung des Investors gegenüber einer Gewerkschaft bildet seine Rolle als Anteilseigner, die ihm verwehrt, Verpflichtungen über formale Arbeitgeberrechte einzugehen, was in der Konsequenz auf die Begründung von Einwirkungspflichten sowie eine Stimmbindung in der Anteilseignerversammlung hinausläuft.39

35  BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 313; zust. Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 261; Säcker, JahrbArbR 12 (1974), S. 17, 31 ff.; Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 70; wohl auch ­Zacher, in: FS Fröhler (1980), S. 509, 524 ff. 36  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 372. 37 JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 47. 38 Vgl. Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 67 f.; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 186. 39  Exemplarisch dafür die Vereinbarung ACS/IG BAU.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

II.  Tariffähigkeit eines Investors Nach § 2 Abs. 1 TVG sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern tariffähig. Investoren, freilich als personales Substrat der Trägergesellschaft funktional der Arbeitgeberseite zugeordnet, müssten infolgedessen Einzelarbeitgeber oder Arbeitgeberverband sein. Beides scheint ausgeschlossen. Sollte die Vermutung bestätigt werden, dass ein Investor weder Einzelarbeitgeber noch Arbeitgeberverband i. S. d. Tarifvertragsgesetzes ist, müsste untersucht werden, ob unter anderen Aspekten eine Tariffähigkeit in Betracht kommt. 1.  Investor als Einzelarbeitgeber oder Arbeitgeberverband Das Tarifvertragsgesetz enthält selbst keine Definition des Arbeitgeberbegriffs, überlässt die Begriffsbestimmung stattdessen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen, nach denen Arbeitgeber ist, wer einen anderen aufgrund eines Arbeitsverhältnisses abhängig beschäftigt.40 Ob eine hinreichende Abhängigkeit besteht, beurteilt sich danach, ob der Arbeitnehmer in eine fremde, von einem anderen bestimmte Arbeitsorganisation eingegliedert ist und hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausübung der übernommenen Tätigkeit dem Weisungsrecht eines anderen unterworfen ist.41 Arbeitgeber ist also jede natürliche oder juristische Person, die mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt42, wobei es ausreicht, dass im Hinblick auf die bevorstehende Aufnahme der Geschäftstätigkeit Verhandlungen über den Abschluss von Arbeitsverträgen aufgenommen werden43. In die maßgebliche Stellung des Vertragsarbeitgebers44 mit der Befugnis, Weisungen zu erteilen, rücken Investoren allerdings selbst dann nicht ein, wenn sie 100% der Unternehmensanteile halten oder übernehmen wollen.45 Obgleich ein Investor in seiner Eigenschaft als Kapitaleigner und Eigentümer niemals die Stellung als Vertragsarbeitgeber einnimmt, wird man häufig dem Investor an sich nicht die Arbeitgeberstellung absprechen können, wenn es sich um ein strategisches und kein rein finanzielles Engagement handelt. Ist der Investor wie im Fall von ACS selbst ein Unternehmen und beschäftigt eigene Arbeitnehmer, die in die betriebliche Arbeitsorganisation eingegliedert sind sowie seinem Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Ausübung der übernommenen 40 

BAG 02. 12. 1992 – 4 AZR 277/92 – AP TVG § 3 Nr. 14 (unter B I 2 b). BAG 02. 12. 1992 – 4 AZR 277/92 – AP TVG § 3 Nr. 14 (unter B I 2 b). 42 Kempen/Zachert/Stein, TVG, 5. Aufl., § 2, Rn. 100; Stein, Tarifvertragsrecht, Rn. 55; Wiedemann/Oetker, TVG, 7. Aufl., § 2, Rn. 125. 43  BAG 24. 06. 1998 – 4 AZR 208/97 – AP UmwG § 20 Nr. 1 (unter 1 a); Emmert, in: Thüsing/Braun, 2. Aufl., 2. Kap., Rn. 130. 44  So BAG 02. 12. 1992 – 4 AZR 277/92 – AP TVG § 3 Nr. 14 (unter B I 2 b); JKOS/ Schubert, 2. Aufl., § 2, Rn. 126; HWK/Henssler, 7. Aufl., TVG, § 2, Rn. 24. 45  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 67; Däubler, Tarifverträge zur Unternehmenspolitik?, S. 57. 41 

§ 6  Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem

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Tätigkeit unterstehen, muss ACS ihnen gegenüber als Arbeitgeber angesehen werden. Dass der Investor selbst ein Unternehmen ist, er mithin im Verhältnis zu den eignen Arbeitnehmern die Stellung des Arbeitgebers einnimmt46, macht ihn jedoch nicht in jeder Beziehung zum Arbeitgeber. Ausschließlich gegenüber den eigenen Arbeitnehmern hat er die Arbeitgeberstellung inne, in seiner Funktion als Investor bzw. Kapitaleigner fehlt ihm diese dagegen. Ebenso wenig wie ein Investor in seiner Funktion als solcher Arbeitnehmer beschäftigt und Arbeitgeber ist, schließen sich in ihm einzelne Arbeitgeber zusammen, deren mitgliedschaftliches Interesse an der Förderung ihrer Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen er wahrt. Selbst wenn durch die Übernahme der Gesellschaft ein faktischer Konzern oder durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags ein Vertragskonzern entsteht, kann er nicht als Arbeitgeberverband angesehen werden. Für eine Einordnung des Konzerns als Arbeitgebervereinigung fehlt nämlich die erforderliche körperschaftliche und binnendemokratische Organisationstruktur.47 2.  Konzernierter Investor Wer demgemäß die Tariffähigkeit eines Investors pauschal ablehnt, übersieht ein Sonderproblem. Der die Unternehmensanteile aufkaufende Investor stellt in der Praxis häufig eine Konzernmutter dar, der daran gelegen ist, das übernommene Unternehmen in den Konzern einzugliedern und anschließend für den gesamten Konzern, speziell für die neue Tochtergesellschaft, einheitliche Arbeitsbedingungen festzulegen. Insofern stellt sich, wenn der Investor als Konzernobergesellschaft mit den Arbeitnehmervertretern der künftigen Tochtergesellschaft einen Vertrag schließt, die Frage nach der Tariffähigkeit des Konzerns. Bevor die Tariffähigkeit des Konzerns untersucht wird, stellt sich die Frage, ob es praktisch überhaupt vorkommt, dass ein Konzernverhältnis zwischen der Zielgesellschaft und der Gesellschaft des Investors besteht. Praktisch am häufigsten handelt es sich um einen Unterordnungskonzern, den § 18 Abs. 1 AktG als ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens beschreibt. Der Unterordnungskonzern stellt derweil nicht nur den praktischen Hauptfall eines Konzernverhältnisses dar, sondern ist auch im vorliegenden Zusammenhang besonders naheliegend, da nach § 17 Abs. 2 AktG von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet wird, dass es von dem an ihm mit einer Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. Eine Konzernierung setzt darüber hinaus nicht zwingend den Abschluss eines Beherrschungsvertrags (§ 291 AktG) oder die Eingliederung (§ 319 AktG) der Zielgesellschaft voraus, wie man aus einem Umkehrschluss zu den §§ 311 ff. AktG 46 

Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 66 f. m. Fn. 33. 2. Aufl., § 2, Rn. 133; Kempen/Zachert/Stein, TVG, 5. Aufl., § 2, Rn. 111; Stein, RdA 2000, 129, 135; Wiedemann/Oetker, TVG, 7. Aufl., § 2, Rn. 141; anders Däubler/Peter, TVG, 4. Auflage, § 2, Rn. 114. 47 JKOS/Schubert,

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

schließen kann. Andernfalls hätte der Gesetzgeber die faktische Konzernierung verboten.48 Besonders häufig wird deshalb zwischen dem Investor und der Zielgesellschaft, deren Mehrheit an Unternehmensanteilen er übernimmt, ein Konzernverhältnis begründet. Das Konzernverhältnis fasst mehrere juristisch selbständige Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit ohne eigene Rechtsfähigkeit zusammen. Der Konzern selbst bildet eine besondere Organisationsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit49, weshalb er keine Tarifverträge abschließen kann.50 Das Bundesarbeitsgericht verweist diesbezüglich auch auf den Numerus clausus der Tarifvertragsparteien, die § 2 Abs. 1 TVG abschließend beschreibt, Konzerne jedoch nicht benennt.51 Im Übrigen tritt der Konzern gegenüber den bei den einzelnen Konzern­unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern nicht als Arbeitgeber auf, denn ihr Arbeitsverhältnis besteht im Verhältnis zu den selbständigen konzernabhängigen Gesellschaften. Nur für die Arbeitsverhältnisse der bei ihr selbst beschäftigten Arbeitnehmer tritt die herrschende Konzernobergesellschaft in der Funktion eines Arbeitgebers auf und ist berechtigt, als Tarifvertragspartei i. S. d. § 2 Abs. 1 TVG, Tarifverträge abzuschließen.52 Folglich ist die als Investor auftretende Konzernobergesellschaft nur tariffähig, wenn und soweit sie eigene Arbeitnehmer beschäftigt, d. h. die personelle Reichweite der Tarifmacht ist auf die nach § 3 Abs. 1 TVG Tarifgebundenen beschränkt. In dem hier interessierenden Zusammenhang eines Investors in seiner Funktion als Kapitaleigner besteht keine Tariffähigkeit nach dem Tarifvertragsgesetz. 3.  Tariffähigkeit des Investors in Analogie zu den §§ 291 ff. AktG Fraglich ist deshalb, ob nicht ausnahmsweise in Analogie zu den Unternehmensverträgen nach den §§ 291 ff. AktG die Anteilseignerversammlung zwar Träger 48 Hüffer/Koch,

AktG, 12. Aufl., § 18, Rn. 4. TVG, 4. Auflage, § 2, Rn. 109; Martens, in: FS 25 Jahre BAG (1979),

49 Däubler/Peter,

S. 367, 367. 50  Stein, RdA 2000, 129, 135; Konzen, RdA 1984, 65, 78; Wiedemann, RdA 1968, 420, 421. Skeptisch Däubler, ZIAS 1995, 525, 527 ff., der zunächst eine Lockerung der Akzessorietät des Tarifvertrags zum Arbeitsvertrag konstatiert, nicht zuletzt weil Tarifnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen sowie über gemeinsame Einrichtungen zulässig sind. Sodann belegt er einen Wertungswiderspruch, indem er auf die Möglichkeit zum Abschluss von Konzernbetriebsvereinbarungen durch den Konzernbetriebsrat hinweist, während Gewerkschaften nach der herkömmlichen Praxis das Privileg einer konzernweiten Regulierung vorenthalten wird. Dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (§§ 77 Abs. 3, 87 Abs. 1 BetrVG) zuwider werde hier das betriebsverfassungsrechtliche Handlungssystem gegenüber dem tarifrechtlichen bevorzugt (S. 529). Zust. Däubler/Peter, TVG, 4. Auflage, § 2, Rn. 115. 51  BAG 17. 10. 2007 – 4 AZR 1005/06 – AP TVG § 1 Nr. 40 (unter Rn. 26). 52 BAG 02. 12. 1992 – 4 AZR 277/92 – AP TVG § 3 Nr. 14 (unter B I 1 – 3); BAG 11. 09. 1991 – 4 AZR 71/91 – AP Inernat. Privatrecht, Arbeitsrecht Nr. 29 (unter III 1 a); Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern, S. 68 ff.; Sattler, Tarifvereinheitlichung im Konzern, S. 36 f.

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bzw. Partei des Tarifvertrags sein, beim Abschluss aber durch das Leitungsorgan vertreten werden kann. Das ist bei Mitbestimmungsvereinbarungen vorgeschlagen worden53, weil die Veränderung des Mitbestimmungsstatus ein den Eigentümern vorbehaltenes Grundlagengeschäft darstelle, wofür dem Vorstand die Abschlusskompetenz fehle54. Ferner könne sich die Zuständigkeit des Leitungsorgans nicht auf Vereinbarungen erstrecken, durch die es die Zusammensetzung oder die Tätigkeit seines Kontrollorgans selbst bestimmt.55 Aufgrund einer Analogie zu den §§ 291 ff. AktG könne das Unternehmensleitungsorgan aber in Vertretung der Anteilseignergemeinschaft, die dann der eigentliche Träger der Vereinbarung sei, eine Mitbestimmungsvereinbarung in der Form eines Tarifvertrags abschließen. a)  Unternehmenseigenschaft eines Investors Übertragen auf Investorenvereinbarungen könnte demzufolge der Vorstand der Zielgesellschaft in Vertretung des Investors in seiner Funktion als Anteilseigner einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft schließen, wobei der Investor selbst aber der Träger der Vereinbarung bliebe. Handelt es sich bei dem Investor nicht wie bei ACS um ein Unternehmen, könnte diese Auffassung in Anlehnung an eine Diskussion im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum auch auf einen Investor bzw. Anteilseigner ohne Unternehmenseigenschaft, der in der Lage ist, den für einen Unternehmensvertrag erforderlichen Zustimmungsbeschluss gem. § 293 Abs. 1 AktG durchzusetzen, erweitert werden. Wegen des Wortlauts von § 291 Abs. 1 S. 1 AktG, nach dem Unternehmensverträge Verträge sind, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt, streitet man nämlich darüber, ob ein Aktionär ohne Unternehmenseigenschaft als herrschendes Unternehmen qualifiziert werden kann, wenn er den Zustimmungsbeschluss i. S. d. § 293 Abs. 1 AktG durchzusetzen vermag.56 53  Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 9. Aufl., Rn. 342; Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 333, 342, 343; Zachert, AuR 1985, 201, 209; ferner Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, Mitbestimmung und Tarifvertrag, S. 166, die die Tariffähigkeit auf Arbeitgeberseite nicht problematisiert, sondern die Befugnis der Geschäftsführung im Verhältnis zu den Gesellschaftern als rein innergesellschaftliches Problem behandelt; zusammenfassend P. Hanau, ZGR 2001, 75, 84 ff.; umfassend zur Rechtsnatur von Konzernvereinbarungen Jacobsen, Vereinbarungen über Mitbestimmungsfragen im Konzern, S. 371 ff. 54 Vgl. Beuthien, ZHR 148 (1984), 95, 101. 55  Mertens, AG 1982, 141, 149; WHSS/Seibt, 5. Aufl., F Rn. 16; Seibt, AG 2005, 413, 417; Vollmer, Die Entwicklung partnerschaftlicher Unternehmensverfassungen, S. 98 f. 56 Dafür K. Schmidt, in: FS Koppensteiner (2001), S. 191, 194 ff.; K. Schmidt, in: FS Lutter (2000), S. 1167, 1181 f.; Hüffer, in: GS Tettinger (2007), S. 449, 461 f.; MHdB-AG/ Krieger, 3. Aufl., § 70, Rn. 9. Dagegen die h. M. Veil, in: Spindler/Stilz, 3. Aufl., § 291, Rn. 7; MüKoAktG/Altmeppen, 4. Aufl., § 291, Rn. 4 ff.; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher, 3. Aufl., § 291, Rn. 22; GroßKommAktG/Mülbert, 4. Aufl., § 291, Rn. 46 ff.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

b)  Zulässigkeit einer Analogiebildung Fraglich erscheint indes, ob eine Analogie zu den §§ 291 ff. AktG überhaupt zulässig ist. Für das Recht der Unternehmensverträge erweitern die §§ 291 ff. AktG ausnahmsweise den Aktionsradius des Geschäftsleitungsorgans. Obwohl solche Verträge per se die Grundlagen der Gesellschaft berühren, dementsprechend grundsätzlich der Leitungsmacht entzogen sind, erstrecken die Vorschriften die Zuständigkeit des Leitungsorgans auf bestimmte gesellschaftsrechtliche Grundlagengeschäfte, ohne ihm die Letztentscheidungsbefugnis einzuräumen, welche wegen des Erfordernisses der qualifizierten Zustimmung weiterhin bei den Kapitaleignern liegt (§ 293 Abs. 1 S. 1 AktG). Bei den Mitbestimmungsvereinbarungen stützen einige die Analogie auf das Dilemma der Zuständigkeit. Nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen kann der Vorstand keine Vereinbarungen abschließen, durch die Rechte und Pflichten der Gesellschafter tangiert werden, wohingegen die Gesellschafter weder jeweils für sich noch in ihrer Gesamtheit die Funktion eines die Gesellschaft vertretungsbefugten Organs ausüben. Durch die Analogie erreiche man daher einen interessengerechten Ausgleich, indem die Abschlusskompetenz für tarifvertragliche Mitbestimmungsvereinbarungen beim geschäftsführenden Organ liege, obgleich die Gesellschafter durch das Zustimmungserfordernis die eigentlichen Träger der Vereinbarung blieben.57 Tarifvertragliche Mitbestimmungsvereinbarungen seien daher vom Leitungsorgan abzuschließen, bedürften zu ihrer Wirksamkeit aber noch der qualifizierten Zustimmung der Gesellschafter.58 Die überwiegende Auffassung wendet sich dagegen. Eine Vorstandskompetenz zum Abschluss von tarifvertraglichen Mitbestimmungsvereinbarungen ließe sich nicht durch eine Analogie zu den §§ 291 ff. AktG begründen, da eine vergleichbare Interessenlage fehle. Unternehmensverträge übertragen Unternehmensfunktionen und Leitungsaufgaben auf einen anderen Rechtsträger, demgegenüber die Anteilseignergemeinschaft zur Außenvertretung kein geeignetes Organ darstellt. Da die 57  Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 333; Wissmann, in: FS Däubler (1999), S. 385, 397. Konstruktiv ähnlich Fabricius, in: FS Hilger/Stumpf (1983), S. 155, 165 f., der für die Aktiengesellschaft annimmt, die Zustimmung der Hauptversammlung gem. §§ 182 ff. BGB überwinde die gesetzlich beschränkte Vertretungsmacht des Vorstands. 58  Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 333, 342, 343; Zachert, AuR 1985, 201, 209. Dem entspricht der Vorschlag des Arbeitskreises „Unternehmerische Mitbestimmung“ (ZIP 2009, 885, 887) zur Änderung des Mitbestimmungsgesetzes, der gem. § 33a Abs. 1 S. 1 MitbestG-E die Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs und das Besondere Verhandlungsgremium zum Abschluss von Mitbestimmungsvereinbarungen berechtigt, die Wirksamkeit einer Mitbestimmungsvereinbarung gem. § 33a Abs. 4 S. 1 MitbestG-E aber von der Zustimmung des für die Änderung der Satzung (des Gesellschaftsvertrags) zuständigen Organs mit für die Änderung der Satzung (des Gesellschaftsvertrags) erforderlicher Mehrheit abhängig macht. Krit. P. Hanau, ZIP 2009, Beil. zu Heft 48, S. 6, 6, der das Zustimmungserfordernis darauf beschränkt, soweit eine Mitbestimmungsvereinbarung in die Rechte der Anteilseigner eingreift.

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Anteilseignergemeinschaft nicht in ihrer Gesamtheit gegenüber dem anderen Unternehmen auftreten kann, dehnt das Aktiengesetz ausnahmsweise die Kompetenz des Leitungsorgans auf bestimmte Geschäfte aus, die ihm grundsätzlich entzogen sind. Mitbestimmungsvereinbarungen regeln derweil die innergesellschaftliche, organisatorische Zuständigkeitsverteilung, die die Gesellschafter selbst durch eine Änderung der Satzung gerade ohne die Notwendigkeit einer Außenvertretung bewirken können.59 Zudem belassen die §§ 291 ff. AktG die eigentliche Sachentscheidungsbefugnis bei den Gesellschaftern, weshalb es sich lediglich um eine „von den Körperschaftsmitgliedern abgeleitete Regelungskompetenz“ des Leitungsorgans handelt, welche keine verallgemeinerungsfähige Kompetenz zur Gestaltung der den Gesellschaftern vorbehaltenen Bereiche enthält.60 Letztere Auffassung trifft zu. Man darf bereits an der für eine Analogie notwendigen planwidrigen Regelungslücke zweifeln. Ohne die §§ 291 ff. AktG würde der Abschluss von Unternehmensverträgen faktisch derart erschwert, dass solche kaum geschlossen würden. Es ist nicht ersichtlich, wie die Anteilseignergemeinschaft in ihrer Gesamtheit praktikabel als Verhandlungs- und Vertragspartner bei den Verhandlungen über den Abschluss eines Unternehmensvertrags auftreten kann. Investorenvereinbarungen könnten im Fall der Ablehnung einer Analogie lediglich nicht in die Form eines Tarifvertrags gebracht werden. Andere Rechtsformen wie möglicherweise der Koalitionsvertrag61, jedenfalls aber der Abschluss eines einfachen Schuldvertrags stünden zur Verfügung. Im Ergebnis müsste der Abschluss einer Investorenvereinbarung also kaum endgültig ausbleiben. Für eine entsprechende Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf Investoren- wie Mitbestimmungsvereinbarungen fehlt jedenfalls eine vergleichbare Interessenlage. Erstens handelt es sich bei den aktienrechtlich zugelassenen Unternehmensverträgen um ein vertretungsrechtliches Problem, das für einen eng begrenzten Ausnahmebereich überwunden wird. Bei Investoren- und Mitbestimmungsvereinbarungen bereitet jedoch nicht die Vertretung, sondern die Rechtsform Probleme, was sich darin niederschlägt, dass statt des Unternehmensträgers die Anteilseigner zu Parteien des Tarifvertrags entfremdet werden. Anders gewendet: Tragen für den Abschluss eines Unternehmensvertrages die Gesellschafter die Verantwortung, da es sich um ein gesellschaftsrechtliches Grundlagengeschäft handelt, ändern daran die §§ 291 ff. AktG nichts. Die Vorschriften statuieren ein Zustimmungserfordernis, das die erforderliche Beteiligung der Gesellschafter sichert und damit die Trägerschaft der Vereinbarung bei den Gesellschaftern belässt. Demnach verändern die §§ 291 ff. AktG nicht die personelle Verantwortung, sondern erweitern allein die Vertretungsbefugnis des Leitungsorgans. Bei tarifvertraglichen Investoren- und Mitbestimmungsvereinbarungen soll derweil der Kreis der gem. § 2 Abs. 1 TVG 59 Ausführlich

Beuthien, ZfA 1983, 141, 155 ff.; Konzen, AG 1983, 289, 294. Beuthien, ZHR 148 (1984), 95, 101 f.; Beuthien, ZfA 1983, 141, 156; ebenso Reinhardt, Die Sicherung der Unternehmensmitbestimmung durch Vereinbarung, S. 325. 61  Sogleich zur Qualifikation einer Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag, siehe § 6 B. 60 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

tariffähigen Parteien um eine ursprünglich tarifunfähige Partei erweitert werden. Würde man dem zustimmen, würden beim Tarifvertrag statt des Unternehmensträgers die Anteilseigner als Vertragspartner nunmehr die Verantwortung für den Abschluss eines Tarifvertrages tragen, während bei Unternehmensverträgen die Gesellschafter wegen des Zustimmungserfordernisses weiterhin die eigentlichen Träger des Vertrages bleiben. Ein analogiefähiger Rechtsgedanke, nach dem die §§ 291 ff. AktG im Tarifrecht einen Wechsel der Verantwortung vom Unternehmensträger auf die Anteilseigner begründen, lässt sich den §§ 291 ff. AktG jedoch nicht entnehmen. Zweitens berechtigen die §§ 291 ff. AktG abweichend vom Regelfall, nämlich der Vertretung des Unternehmensträgers durch das Leitungsorgan, das Leitungsorgan zur Vertretung der Anteilseigner beim Abschluss von Grundlagengeschäften. Gerade Investorenvereinbarungen schließt der Investor als Anteilseigner jedoch selbst ab und lässt sich dabei nicht vom Leitungsorgan der Zielgesellschaft vertreten. Dem würde auch der o. g. Interessenkonflikt62 zwischen den Interessen des Investors und den Rechten und Pflichten des Leitungsorgans der Zielgesellschaft widersprechen. Auch insofern passt der Rechtsgedanke nicht. Zu guter Letzt stellen die Gegenstände einer Investorenvereinbarung anders als Unternehmensverträge überwiegend keine Grundlagengeschäfte dar, weshalb der Unternehmensträger die in Investorenvereinbarungen üblicherweise vereinbarten Regelungsgegenstände selbst regeln könnte und nicht der Zustimmung der Kapitaleigner bedürfte. Dies ist freilich eine tatbestandsimmanente Voraussetzung der §§ 291 ff. AktG, denn sie dienen gerade dazu, die Regelungskompetenz des Unternehmensleitungsorgans auf einen Bereich auszudehnen, der ihm grundsätzlich entzogen ist. Für einen Analogieschluss bildet die Ähnlichkeit zweier Sachverhalte die Grundlage. Sie zu ergründen heißt, sich auf die Suche nach den gesetzlichen Wertungen zu machen, denn nur, wenn die Tatbestände „in den für die rechtliche Bewertung maßgebenden Hinsichten übereinstimmen“, sind beide Tatbestände gleich zu bewerten.63 Eben jene Vergleichbarkeit im Hinblick auf die rechtliche Bewertung fehlt zwischen dem Abschluss eines Unternehmensvertrags i. S. d. §§ 291 ff. AktG und dem Abschluss einer Investorenvereinbarung. Es wäre geradezu bizarr, einer Sondervorschrift64, die die aktienrechtliche Kompetenz des Vorstands für einen 62 

Siehe dazu oben § 2 B. I. 3. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 202. 64  Diese Ansicht stützt der interpretationstheoretische Grundsatz „Singularia non sunt extendenda“ („Ausnahmeregelungen sind eng auszulegen und nicht analogiefähig“). Zwar gilt dieser Grundsatz nicht absolut und kann durchbrochen werden, wenn dem Ausnahmesatz seinerseits ein engeres Prinzip zugrunde liegt, das innerhalb dieses Prinzips eine erweiternde Auslegung und Analogie gestattet, vgl. BAG 06. 04. 1955 – 1 ABR 25/54 – AP BetrVG § 76 Nr. 5 = BAGE 1, 328, 329; BAG 13. 07. 1955 – 1 ABR 20/54 – AP BetrVG § 81 Nr. 1 (unter II b) = BAGE 2, 91, 94; BAG 22. 02. 1966 – 1 ABR 9/65 – AP BetrVG § 81 Nr. 4 (unter B 1) = BAGE 18, 159, 161 f. Zumindest spricht aber zunächst eine Vermutung für eine 63 

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bestimmten Bereich ausdehnt, den übertragungsfähigen Rechtsgedanken beigeben zu wollen, der Kreis der nach § 2 Abs. 1 TVG tariffähigen Parteien sei um die Anteilseignerversammlung oder einzelne Mehrheitseigner zu erweitern. 4.  Ergebnis: Keine Tariffähigkeit eines Investors Mangels Tariffähigkeit ist ein Investor nicht in der Lage, eine Investorenvereinbarung in der Form eines Tarifvertrags abzuschließen. Weder ist er Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband i. S. v. § 2 Abs. 1 TVG, noch kann er, wenn es sich bei ihm um eine Konzernobergesellschaft handelt, die ihr Portfolio um die Zielgesellschaft erweitern will, einen Konzerntarifvertrag als Muttergesellschaft mit den Arbeitnehmern des zukünftig konzernangehörigen Unternehmens abschließen. Weil der Konzern nur mehrere Unternehmen in einer wirtschaftlichen Einheit zusammenfasst, selbst aber keine Rechtspersönlichkeit hat, fehlt dem Konzern die Tariffähigkeit i. S. d. Tarifvertragsgesetzes. Diese lässt sich mangels einer planwidrigen Regelungslücke, jedenfalls aber wegen der fehlenden rechtlich vergleichbaren Interessenlage nicht im Wege einer Analogie zu den §§ 291 ff. AktG begründen. Der Investor kann deshalb nicht mit seiner Zustimmung zu einem vom Vorstand der Zielgesellschaft abgeschlossen Tarifvertrag mit der eigenen Belegschaft zum Träger und damit der eigentlichen Tarifvertragspartei avancieren. III.  Ergebnis Investor und Gewerkschaft können eine Investorenvereinbarung nicht in der Form des Tarifvertrags abschließen. Die Vereinbarungen zwischen ACS/IG BAU65 und Schaeffler/IG Metall lassen sich deshalb nicht als Tarifvertrag qualifizieren. Bereits sachlich-inhaltlich schließt die Beschränkung in § 1 Abs. 1 TVG die Vereinbarung der typischen Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen als normative Tarifinhalte aus. Im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages besteht diese Hürde gegenständlicher Tarifmacht nach überzeugender Auffassung nicht. Dort können die Tarifpartner über den Katalog des § 1 Abs. 1 TVG hinaus, entsprechend der Entwicklungsoffenheit der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG, die hierin ihren Ausdruck findet, Regelungen mit jedem – auch neuem – Inhalt enge Auslegung der Sondervorschrift (vgl. BGH 19. 11. 1957 – VIII ZR 409/56 – BGHZ 26, 78, 83; BGH 07. 04. 1965 – VIII ZR 200/63 – NJW 1965, 1477, 1479 „Ausnahmebestimmungen sind regelmäßig eng auszulegen“). Allg. zur Analogiefähigkeit von Sondervorschriften Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 182 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 174 ff.; Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl., S. 256 ff.; Enneccerus/Nipperdey, AT, 1. Hb, 15. Aufl., S. 296 f.; Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, S. 186 f.; MüKoBGB/Säcker, 7. Aufl., Einl., Rn. 121 ff. m. w. N. 65  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 66 f.; Däubler, Investor agreements and collec­ tive labour law, S. 175, 184 f.; Däubler, Tarifverträge zur Unternehmenspolitik?, S. 58; Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Auflage, § 1, Rn. 1037; Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 962; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1328.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

treffen, soweit sie dem Zwillingspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen aus Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG subsumiert werden können. Selbst wenn dadurch sachlich-inhaltlich eine tarifvertragliche Regelung der Gegenstände einer Investorenvereinbarung weithin möglich wäre, schließt die Tarifunfähigkeit des Investors den Abschluss eines Tarifvertrags mit einer Gewerkschaft aus.66 Das gilt auch dann wenn der Investor als Konzernobergesellschaft auftritt und einheitliche Arbeitsbedingungen für den gesamten Konzern schaffen will. Außerdem lässt sich die Tariffähigkeit des Investors nicht mit einer Analogie zu den §§ 291 ff. AktG begründen. Dafür fehlt die rechtliche Vergleichbarkeit beider Sachverhalte.

B.  Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag Da eine Investorenvereinbarung zwischen einer Gewerkschaft und einem Investor nicht als Tarifvertrag qualifiziert werden kann, könnten die Vertragspartner bevor sie auf das Mittel des einfachen Schuldvertrags zugrückgreifen möglichweise die Handlungsform des Koalitionsvertrags wählen. Dann müssten die typischen Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung die Grenzen der sachlich-­ inhaltlichen Regelungsmacht im Koalitionsvertrag wahren und am Vertragsschluss zwei abschlussbefugte Rechtssubjekte beteiligt sein. I.  Regelungsmacht über die Regelungsgegenstände von Investorenvereinbarungen Schuldrechtliche Tarifmacht und sachlich-inhaltliche Regelungsmacht im Koalitionsvertrag stimmen für den Gesamtbereich der funktionellen Zuständigkeit gem. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG überein, sodass die Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung, soweit sie dem Zwillingspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zugeordnet werden können, in einem Koalitionsvertrag vereinbart werden können. Eine bloß mittelbare Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Arbeitnehmer steht dem nicht entgegen.67 II.  Koalitionsvertragliche Abschlussbefugnis Bei einer Investorenvereinbarung zwischen einer Gewerkschaft und einem Investor bestehen Zweifel, ob eine beiderseitige Befugnis im Sinn einer subjektiven Abschlussberechtigung besteht. Während erstgenannte sich zweifelsfrei als Vereinigung zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen einordnen lässt, steht mit letztgenanntem der Gewerkschaft eine Größe gegenüber, bei der fraglich ist, ob sie dem Kreis der abschlussbefugten natürlichen oder juristischen Personen zugerechnet werden kann. Die Qualifikation einer Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag stößt damit auf ein weitgehend unbekanntes Prob66  67 

Im Erg. wie hier Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Auflage, § 1, Rn. 1037. Siehe oben § 6 A. I. 2. b).

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lem. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich deshalb auf die Befugnis eines Investors zum Abschluss eines Koalitionsvertrags. 1.  Koalitionseigenschaft des Investors a)  Keine Wahrnehmung von Arbeitgeberinteressen Bereits mit dem allgemeinen Gebrauch des Koalitionsbegriffs, der in seiner klassischen Verwendung zu den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände rechnet68, konfligiert es, einem Investor die Koalitionseigenschaft zuzuerkennen. Ein Investor erfüllt keines der Merkmale, die Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG an das Vorliegen einer Koalition stellt. So ist ein Investor kein freiwilliger, privatrechtlicher und unabhängiger Zusammenschluss von Arbeitgebern mit der Zielsetzung, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern. Ihm fehlt die Koalitionseigenschaft. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ein einzelner Arbeitgeber einer Koalition gegenübertreten kann69. Denn selbst wenn man dem Koalitionsbegriff ein offenes und funktionales Verständnis zugrunde legt, ist ersichtlich, dass die Zielsetzung und die Zweckverfolgung eines Investors nicht mit der Zweckbindung der Koalitionsfreiheit übereinstimmt. Nach seinem Investment ist der Investor Anteilseigner der Gesellschaft. Insofern tritt er im Verhältnis zur Belegschaft nicht in der Funktion des Arbeitgebers auf, sondern verfolgt regelmäßig renditeorientierte Eigentümerinteressen an der Gesellschaft. Anders als der einzelne Arbeitgeber, der am Koalitionsverfahren partizipieren kann, nimmt er keine Arbeitgeberinteressen wahr, wofür an sich gleichgültig ist, ob er als Arbeitgeber selbst oder als Arbeitgeberverband Arbeitgeberinteressen wahrt. Die eigentliche Frage lautet daher nicht, ob ein Investor Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband ist, sondern inwiefern Art. 9 Abs. 3 GG auf der Grundlage eines offenen funktionalen Verständnisses über diese klassischen Grundrechtsträger hinaus weitere Personen berechtigt, die ökonomisch sowie organisatorisch einen Gegenpol zur Belegschaft bilden. Zweifel bestehen an einem solchen erweiterten Kreis der Grundrechtsträger, weil das Bundesverfassungsgericht den Gesamtzweck von Vereinigungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG auf die „Wahrnehmung der Arbeitgeber(Arbeitnehmer-)Interessen“ beschränkt70, der Investor jedoch nicht die Interessen des Arbeitgebers, sprich der Zielgesellschaft, sondern Eigeninteressen verfolgt, die oftmals von denjenigen der Zielgesellschaft abweichen71. Überdies müssen die 68 

Reuss, JahrbArbR 1 (1963), S. 144, 146. Däubler/Hege, Koalitionsfreiheit, Rn. 99; nach der Rspr. garantiert Art. 9 Abs. 3 GG dem einzelnen Arbeitgeber die gleichen Rechte wie einer Arbeitgeberkoalition, vgl. BAG 14. 07. 1981 – 1 AZR 159/78 – AP TVG § 1 Verhandlungspflicht Nr. 1 (unter III 2); BAG 20. 11. 1990 – 1 ABR 62/89 – AP TVG § 2 Nr. 40 (unter B II 2 c); zuletzt offengelassen in BAG 11. 08. 1992 – 1, AZR 103/92 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 124 (unter A I 3 b). 70  BVerfG 18. 11. 1954 – 1 BvR 629/52 – AP GG Art. 9 Nr. 1 = BVerfGE 4, 96, 106. 71  Zum Zielkonflikt der Stakeholder oben § 2 B. I. 3. 69 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Koalitionen nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts die „Interessen ihrer Mitglieder gerade in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber (Arbeitnehmer)“ wahrnehmen, was notwendige Voraussetzung „für das Vorhandensein echter arbeitsrechtlicher Vereinigungen überhaupt“ sei und nicht bloß für die darüber hinausgehende Tariffähigkeit.72 Auch daran fehlt es einem Investor. b)  Materiale Bestimmung der Grundrechtsträgerschaft Fraglich ist, ob ein Investor bei einer materialen Bestimmung der Grundrechtsberechtigung mittels der Grundrechtsgewährleistungen der Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG und der Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 GG Grundrechtsträger der Koalitionsfreiheit sein kann. Diese materiale Bestimmung73 basiert maßgeblich auf dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 3 GG, der die Grundrechtsträgerschaft an das Qualifikationsmerkmal einer bestimmten arbeitnehmerischen oder arbeitgeberischen Berufszugehörigkeit bindet („für alle Berufe“), selbige Qualifikation des Status als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber aber den Verfassungsentscheidungen von Art. 12 und Art. 14 GG überlässt.74 Daraus resultiert wiederum ein materiales Verständnis von der Grundrechtsträgerschaft, welches allein den „Inhaber des die Arbeitgeberschaft vermittelnden Produktiveigentums“ berechtigt, nicht jedoch denjenigen, der formell-organisatorisch Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt.75 Den Koalitionsgegner der Arbeitnehmer allein nach materialen Gesichtspunkten zu bestimmen, also danach, wer Eigentümer der Produktivmittel ist, unterwirft Art. 9 Abs. 3 GG in seiner personellen Reichweite allerdings einer Restriktion, die der Wortlaut oder die Systematik nicht stützen. Selbst wenn der Wortlaut von Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG einen Bezug zur Berufsfreiheit herstellt („für alle Berufe“), fehlt gerade ein spezifischer Bezug zur Eigentumsfreiheit.76 Zudem ist die Koalitionsfreiheit nicht bloßer Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 2 GG oder umgekehrt ein Hebel zur Durchsetzung der Eigentumsgarantie von Kapitaleignern.77 Unabhängig und selbständig von der Berufsfreiheit sowie insbesondere der Eigentumsfreiheit verbürgt die Koalitionsfreiheit stattdes72 

BVerfG 18. 11. 1954 – 1 BvR 629/52 – AP GG Art. 9 Nr. 1 = BVerfGE 4, 96, 106 f. Scholz, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VIII, 3. Aufl., § 175, Rn. 63, 82; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 183 ff.; Scholz, ZfA 1980, 357, 363 ff.; Scholz, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, S. 104 f.; wohl auch Zöllner/Seiter, Paritätische Mitbestimmung und Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz, S. 28 f. = ZfA 1970, 97, 125 f., die Unternehmen, in denen bei der Mitbestimmung ein faktisches Übergewicht zugunsten der Arbeitnehmer besteht, i. R. v. Art. 9 Abs. 3 GG nicht mehr der Arbeitgeberseite zurechnen. Zust. Raiser, Grundgesetz und paritätische Mitbestimmung, S. 98 f. 74  Scholz, ZfA 1980, 357, 361, 363. 75  Scholz, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VIII, 3. Aufl., § 175, Rn. 63; Scholz, ZfA 1980, 357, 364. 76 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 2076. 77  Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 2076 f.; Kübler/Schmidt/Simitis, Mitbestimmung als gesetzgebungspolitische Aufgabe, S. 232. 73 So

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sen das Recht, Verhandlungsparität durch die Bildung von Gegenmacht gegenüber einem Verhandlungspartner zu schaffen. Außerdem überzeugt eine materiale, am Privateigentum haftende Bestimmung des Gehalts von Art. 9 Abs. 3 GG gerade unter dem Aspekt des sozio-ökonomischen Wandels der Arbeitswelt von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft nicht, in der das Privateigentum inzwischen häufig eine geringe Rolle spielt und in der Konsequenz kein Koalitionsgegner der Arbeitnehmer durch die Koalitionsfreiheit berechtigt wäre.78 Dann würde den Arbeitnehmern ein Verhandlungspartner fehlen, mit dem sie die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen fördern können. Indes ist es unerheblich, ob man sich der materialen Bestimmung der Grundrechtsträgerschaft anschließt oder sie zutreffenderweise ablehnt, denn die Vertreter dieser Auffassung sehen darin selbst nur eine relative, die Grundrechtsträgerschaft der Gesellschaft vermittelnde Grundrechtsposition des einzelnen Kapitaleigners.79 Wie die unternehmerische Freiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG über die gesellschaftsrechtlichen Leitungsorgane mediatisiert sei, treffe dies auch auf die arbeitgeberische Grundrechtsträgerschaft i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG zu, weshalb bei einer Spaltung von Kapitaleignerschaft und Gesellschaft nur Letztere Trägerin beider Grundrechte ist.80 Investoren sind deswegen selbst im Fall einer materialen Bestimmung der Grundrechtsträgerschaft nicht Träger der Koalitionsfreiheit. c)  Gesellschaftsanteile primär als bloßes Vermögensrecht Der weit verbreitete Konsens, Anteilseignern den Schutz der Koalitionsfreiheit vorzuenthalten81, stützt sich ferner auf die Beurteilung der Aktie als primär bloßes Vermögensrecht durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts82. Bei großen Kapitalgesellschaften trete die Funktion als bloße Kapitalsammelstelle derart in den Vordergrund, dass ein hinter der Gesellschaft stehendes personales Element bis zur Bedeutungslosigkeit zurücktrete.83 Aktionäre können sich danach ausschließlich auf die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG und nicht auf die Vereinigungs- oder Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1, 3 GG berufen, wenn sie sich gegen belastende Maßnahmen wehren wollen.

78 

Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 2077. Scholz, ZfA 1980, 357, 368 f. 80  Scholz, ZfA 1980, 357, 368. 81  Nagel, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, S. 25, 33; Däubler/Hege, Koalitionsfreiheit, Rn. 99; Säcker, JahrbArbR 12 (1974), S. 17, 66. 82  BVerfG 20. 07. 1954 – 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/54 – BVerfGE 4, 7, 26; BVerfG 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60 – AP GG Art. 14 Nr. 13 = BVerfGE 14, 263, 273 ff.; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 356. 83  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 355. 79 Siehe

200

2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

d)  Ergebnis Ein Investor ist keine Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG, denn weder nimmt er koalitionsspezifisch Arbeitgeberinteressen wahr, noch lässt sich der Investor mittels einer materialen Bestimmung der Grundrechtsträgerschaft zum Träger der Koalitionsfreiheit erklären. Vielmehr sieht die Verfassung Gesellschaftsanteile als bloße Vermögensrechte an und schützt sie durch die Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 GG. Daran ändert sich nichts, wenn der Investor mit der Übernahme von Gesellschaften einer beruflichen Tätigkeit nachgeht. Zwar ist die berufliche Betätigung an sich durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt und er selbst gegenüber seinen Arbeitnehmern als Arbeitgeber zur Teilnahme am Koalitionsverfahren fähig, jedoch kann sich der Investor auf diese Gewährleistungen nicht in seiner Funktion als Anteilseigner berufen. Mit diesem Ergebnis ist die Qualifikation einer Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag aber nicht ausgeschlossen. Kumulativ erfordert die Qualifikation einer Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag dann allerdings, dass erstens wenigstens eine Vertragspartei eine Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG bildet und zweitens eine personale Rückkoppelung des Vertragspartners an die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der darin Koalierten besteht. 2.  Koalitionseigenschaft der Gewerkschaft und personale Rückkopplung des Investors Während eine Arbeitnehmervereinigung, die die engeren Voraussetzungen des Gewerkschaftsbegriffs erfüllt, unproblematisch dem verfassungsrechtlichen Koalitionsbegriff unterfällt, bereitet die erforderliche personale Rückkoppelung des Investors an die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Koalierten Probleme. Der Investor verfügt nicht über die unmittelbare Gestaltungsmacht des Arbeitgebers hinsichtlich der einzelnen Arbeitsverhältnisse und übt nicht das Weisungsrecht aus. Gleichwohl kann man davon ausgehen, dass der Mehrheitsgesellschafter in der von ihm beherrschten Gesellschaft faktisch die Arbeits- und Wirtschaftsbedin­ gungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer maßgeblich vorprogrammiert.84 Denn der Bundesgerichtshof hat es unbeanstandet gelassen, dass der Mehrheitsaktionär den Aufsichtsrat ausschließlich mit Personen seiner Wahl besetzt.85 Überdies bestehen in den Grenzen der §§ 117, 311, 317 AktG keine Bedenken gegen eine rein 84 Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 1003; ferner Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1037. 85 Obwohl der Mehrheitsaktionär mit der Besetzung sämtlicher Aufsichtsratsposten im konkreten Fall bezweckte, das Anstellungsverhältnis eines bestimmten Vorstandsmitglieds mit einer eigenen größeren Anzahl Aktien auslaufen zu lassen und die Wiederbestellung dieses Vorstandsmitglieds zu verhindern, lag darin kein Rechtsverstoß, siehe BGH 07. 06. 1962 – II ZR 131/61 – WM 1962, 811, 811 = BB 1962, 816, 816. Ein Recht der Minderheitsaktionäre auf die Wahl eines „neutralen“ Aufsichtsratsmitglieds besteht nach dt. Recht nicht, vgl. MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 100, Rn. 78; umfassend GroßKommAktG/ Hopt/Roth, 4. Aufl., § 101, Rn. 57 f.

§ 6  Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem

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faktische Einflussnahme auf die Entschließungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder durch Ratschläge, Anregungen, Erwartungen an ein bestimmtes Verhalten oder unverbindliche Weisungen.86 Das Prinzip der Eigentümerkontrolle87 basiert vielmehr auf der Einflussnahme der Eigentümer über den Aufsichtsrat auf die Unternehmensleitung und gestattet bzw. gebietet deshalb geradezu eine gemäßigte Einflussnahme. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof eine gezielte Besetzung der Aufsichtsratsposten mit solchen Personen gebilligt, bei denen der Aktionär annehmen konnte, dass die bestellten Mitglieder seine Vorstellungen bei der Unternehmensleitung berücksichtigen und umsetzen.88 Es lässt sich nicht einmal beanstanden, wenn sich die bestellten Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der bestellenden Person oder Gruppe (den Wählern) loyal verhalten und spezifische Interessen wahren, sofern sie dabei nicht gegen die Unternehmensinteressen handeln.89 Der Investor hat mithin einen wesentlichen Einfluss auf den Aufsichtsrat, welcher wiederum über die Personalhoheit bei der Zusammensetzung des Vorstands verfügt, und er kann sogar Geschäftsführungsmaßnahmen an seine Zustimmung binden.90 Zunehmend entwickelt sich der Aufsichtsrat von einem bloßen Kontroll­ 86 MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 100, Rn. 78 u. § 111, Rn. 138; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, 3. Aufl., MitbestG, § 25, Rn. 80; T. Raiser, ZGR 1978, 391, 395 f.; zulässig ist ferner die Bemühung um faktische Einflussnahme auf den Aufsichtsrat im Hinblick auf die Besetzung des Vorstands Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 48 f.; Hommelhoff, BB 1977, 322, 325; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 84, Rn. 9; eingehend zur Einflussnahme auf die personale und inhaltliche Entscheidungstätigkeit des Aufsichtsrats Westermann, in: FS Hommelhoff (2012), S. 1319 ff., insb. S. 1324 ff. 87  Schredelseker, Eigentümerkontrolle in der großen Aktiengesellschaft, S. 106 ff. unterscheidet insofern drei Formen der Eigentümerkontrolle, die direkt intern über die Aktionärsrechte (S. 106 ff.), indirekt intern über das institutionalisierte Gremium des Aufsichtsrats (S. 169 ff.) oder extern über die Reaktion am Kapitalmarkt (S. 226 ff.) ausgeübt wird; Gottschlich, Die Eigentümerkontrolle in der modernen Publikumsgesellschaft, S. 93 ff., 187 ff. 88  BGH 07. 06. 1962 – II ZR 131/61 – WM 1962, 811, 811 = BB 1962, 816, 816; zust. Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 48 f.; Hommelhoff, BB 1977, 322, 325; ebenso wohl Reichert/Ott, in: FS Goette (2011), S. 397, 402. 89  T. Raiser, ZGR 1978, 391, 396; Kropff, in: FS Huber (2006), S. 841, 844 ff.; KK-AktG/ Mertens/Cahn, 3. Aufl., Vorb. § 95, Rn. 14; zum satzungsrechtlichen Entsenderecht einer Gesellschafterin aufgrund eines Anteils von mind. 25 % des Gesellschaftskapitals bemerkte bereits das RG 12. 10. 1940 – II 33/40 – RGZ 165, 68, 84: Dass die Klägerin eine „Person ihres Vertrauens mit der Wahrnehmung ihrer Befugnisse im Aufsichtsrat beauftragte, war selbstverständlich und entsprach der ihr eingeräumten Sonderstellung, durch die ihr gerade ermöglicht werden sollte, ihre eigenen Meinungen und Absichten im Aufsichtsrat zur Geltung zu bringen“. Später dann auch BGH 29. 01. 1962 – II ZR 1/61 – BGHZ 36, 296, 307; speziell zur Berücksichtigung von Eignerinteressen in Konzernverhältnissen durch den Vorstand der Obergesellschaft im Aufsichtsrat der Untergesellschaft Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 68 ff. 90  Zur ausschließlichen Personalhoheit des Aufsichtsrats MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 84, Rn. 12; GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 84, Rn. 27; zur Relativierung des Geschäftsführungsverbots gem. § 111 Abs. 4 S. 1 AktG durch die Notwendigkeit einer Zustimmung

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

organ zu einem geschäftsleitenden Organ auf höherer Ebene. Dabei ist inzwischen anerkannt, dass der Aufsichtsrat nicht lediglich eine retrospektive Kontrolle der Vorstandstätigkeit vornimmt, sondern auch eigene vorausschauende unternehmerische Planungen anstellt91, um insoweit eine vorweggenommene Kontrolle sicherzustellen. Nichtsdestotrotz werden die Gegebenheiten verkehrt, wenn die Unternehmensleitung als faktisch ausführendes Organ und die Aktionäre bzw. Gesellschafter als die „eigentlichen Entscheidungsträger“ bezeichnet werden.92 Das Umgekehrte ist der Fall. Dennoch muss es den Arbeitnehmerkoalitionen möglich sein, den faktisch Einfluss übenden Gesellschaftsträgern gegenüberzutreten, wenn die Koalitionsfreiheit die strukturelle Unterlegenheit der abhängig Beschäftigten ausgleichen soll.93 Aus der gesellschaftsrechtlichen Aufspaltung von Arbeitgeberund Eigentümerstellung, die über die gesellschaftsrechtliche Organisationsverfassung miteinander verknüpft sind, dürfen den Arbeitnehmern keine Nachteile erwachsen. Sie müssen sich an sämtliche – ggf. nur mittelbar – arbeitsverhältnisbezogene Entscheidungsträger halten können. Dass ein Investor u. U. noch keine Anteile oder nur in geringer Zahl erworben hat, steht dem nicht entgegen, denn ausreichen muss bereits, dass dieser künftig maßgeblichen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer mittelbar ausübt, d. h. eine erhebliche Beteiligung anstrebt. Präziser: Eine Beteiligung reicht nur, wenn sie dem Investor tatsächlich einen faktischen Einfluss auf die Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen der abhängig Beschäftigten gewährt, was regelmäßig mit einem Kontrollerwerb der Fall ist. Unwesentliche Beteiligungen wie das Halten einer Aktie reichen nicht aus. Daran sollte man indes nicht zu große Anforderungen stellen, denn einerseits erscheint es unrealistisch, dass eine Gewerkschaft mit dem Inhaber nur einer Aktie oder einer geringen Beteiligung einen solchen Vertrag schließt, anderseits sollte man der Gewerkschaft eine Einschätzungsprärogative einräumen.

seitens des Aufsichtsrats MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111, Rn. 100; siehe BGH 21. 04. 1997 – II ZR 175/95 – BGHZ 135, 244, 254 f. 91 BGH 25. 03. 1991 – II ZR 188/89 – BGHZ 114, 127, 129: „Diese Kontrolle [nach § 111 Abs. 1 AktG] bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Sachverhalte, sondern erstreckt sich auch auf grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftspolitik“; BGH 04. 07. 1994 – II ZR 197/93 – BGHZ 126, 340, 344; BGH 21. 04. 1997 – II ZR 175/95 – BGHZ 135, 244, 254 f.; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 291 f.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., § 1, Rn. 20; Lutter, DZWIR 2011, 265, 266 f.; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111, Rn. 39; Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 21, Rn. 110; ausf. Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Aufl., § 3, Rn. 103 ff. 92  So aber Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 1003. 93  Im Erg. deshalb wie Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 1003; Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 67 f.; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 186; Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1037; offenbar auch Kempen/Zachert/ Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 962.

§ 6  Einordnung von Investorenvereinbarungen ins Kollektivvertragssystem

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3.  Ergebnis Die Regelungen einer Vereinbarung zwischen einem Investor und einer Gewerkschaft lassen sich unter zwei Bedingungen als Koalitionsvertrag qualifizieren. Einmal muss der konkrete Gegenstand der Regelung sachlich dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zugeordnet werden können, was zumindest teilweise bei der Vereinbarung zwischen ACS/IG BAU möglich ist94. Zweitens muss der Investor regelmäßig eine Mehrheitsbeteiligung innehaben oder wenigstens anstreben. III.  Ergebnis Die Vereinbarungen von ACS/IG BAU und Schaeffler/IG Metall stellen in den meisten Teilen einen Koalitionsvertrag auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG dar. Zumindest die die Arbeitnehmer betreffenden Kerngegenstände einer Investorenvereinbarung bewegen sich in den Grenzen der funktionellen Zuständigkeit für den Gesamtbereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen und sind somit einer Regelung in einem Koalitionsvertrag zugänglich. Am Abschluss sind außerdem zwei abschlussbefugte Rechtssubjekte beteiligt, woran die fehlende Koalitionseigenschaft des Investors nichts ändert, soweit er einen hinreichenden Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Koalierten hat und die Arbeitnehmerkoalition folglich durch einen Vertragsschluss mit ihm zur Wahrung und Förderung der Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder beiträgt.

C.  Investorenvereinbarung als Schuldvertrag Nicht sämtliche Gegenstände einer Investorenvereinbarung können in einem Koalitionsvertrag geregelt werden. Regelmäßig enthalten solche Vereinbarungen Regelungsinhalte, die jenseits des Begriffspaares der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen liegen. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass einigen der Klauseln aus der Vereinbarung zwischen ACS/IG BAU ein hinreichender Bezug zu diesem Begriffspaar fehlt.95 Aber auch an der Vereinbarung zwischen Schaeffler/ IG Metall lässt sich das exemplifizieren. Der Umgang mit Unternehmensgewinnen und ihre Reinvestition in Forschung und Entwicklung96 betreffen allein die unternehmerische Haltung der Eigentümer, mögen sie langfristig wegen der sonstigen Überholung des technologischen Fortschritts unbestritten die Arbeitsbedingungen möglicherweise sogar die Arbeitsplätze gefährden. Sicher nicht zu den Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen zählt ferner die Zusage einen Teil der Beteiligung an der Schaeffler-Gruppe zu veräußern und damit die Verschuldung der Unter94 

Vgl. § 7 D. I. 1., II. 1., III. 1., IV. 1. Siehe § 6 A. I. 2. a); dazu auch Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71. Im Einzelnen zur Qualifikation § 7 D. I. 1., II. 1., III. 1., IV. 1. 96  Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 2). 95 

2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

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nehmensgruppe zurückzuführen.97 Diese Regelungsgegenstände schaffen keine Bedingungen, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird. Häufig werden Investorenvereinbarungen nicht ausschließlich die Bedingungen der abhängigen Arbeit regeln. Gerade das die Arbeitsbedingungen vorprogrammierende wirtschaftliche Verhalten ist ein zentrales Regelungsanliegen. Gegenstände in Investorenvereinbarungen jenseits der verfassungsrechtlich besonders geschützten funktionellen Zuständigkeit der Koalitionen für die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 GG können nur mittels des einfachen Schuldvertrags einer verbindlichen Einigung zugeführt werden. Insofern besteht vorbehaltlich des zwingenden Aktien- und Gesellschaftsrechts oder der Rechte anderer eine unbeschränkte schuldrechtliche Regelungsmacht.

D.  Ergebnis: Typengemischter Koalitions- und Schuldvertrag Mangels Tariffähigkeit des Investors kann eine Investorenvereinbarung nicht in der Form eines Tarifvertrags vereinbart werden. Stattdessen können der beteiligte Investor und die beteiligte Gewerkschaft für den Abschluss einer Investorenvereinbarung die Handlungsform des Koalitionsvertrags wählen, soweit die Regelungsgegenstände inhaltlich das Zwillingspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betreffen, also die Bedingungen abhängiger Arbeit regeln und am Vertragsschluss wenigstens eine Koalition beteiligt ist, die ihrem Verfassungsauftrag gem. Art. 9 Abs. 3 GG nachgeht, indem sie mit einem Investor einen Vertrag zur mittelbaren Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der in ihr zusammengeschlossenen Arbeitnehmer schließt. Jenseits dieses Bereichs bleibt nur die Handlungsform des einfachen Schuldvertrags. Mitunter sind Mischungen verschiedener (Kollektiv-)Vertragstypen denkbar. Das wird bei Investorenvereinbarungen praktiziert, denn einige ihrer Teile sind lediglich als Schuldvertrag zulässig. Im Grunde handelt es sich dabei um nichts anderes als einen typengemischten Vertrag.98 Es sprechen keine rechtlichen Bedenken dagegen, Regelungen unterschiedlichen Rechtscharakters in einem Vertragswerk zusammenzuführen.99

97 

Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 d). Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 66. 99  Ausführlich § 5 D. II. 98 

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung Nunmehr geht es daran, zu beurteilen, welche Vertragsgegenstände in einer Investorenvereinbarung geregelt werden können und welche Regelungen einer Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft nicht zugänglich sind, weil sie gegen höherrangiges Recht verstoßen oder unverhältnismäßig in die Rechte des Vertragspartners bzw. Dritter übergreifen. Nachdem die Grenzen der koalitionsvertraglichen Vereinbarungsbefugnis bereits abstrakt dargestellt wurden, geht es darum, die Zulässigkeit im konkreten Einzelfall zu bewerten. Dabei sollen insbesondere solche Regelungsgegenstände problematisiert werden, die Inhalt der Vereinbarungen zwischen ACS/IG BAU und Schaeffler/IG Metall waren. Bevor die Zulässigkeit einzelner Gegenstände analysiert wird, sollen einige Fragen vorab erörtert werden, weil sie gleichsam allgemeingültige Aussagen für sämtliche Gegenstände einer Investorenvereinbarung enthalten oder lediglich einer Konkretisierung bezogen auf die einzelne Klausel bedürfen, um sie rechtlich bewerten zu können.

A.  Verbindlichkeit und Auslegung von Investorenvereinbarungen I.  Verbindlichkeit Zunächst gilt es die Verbindlichkeit von Investorenvereinbarungen zu klären, da sog. Soft-Law in der Form von bloßen Hinweisen, Empfehlungen oder unverbindlichen Richtlinien mangels rechtlicher Bindungswirkung grundsätzlich nicht imstande ist, die Rechte des Vereinbarungspartners oder unbeteiligter Dritter zu verletzen.1 Vereinbarungstypen ohne rechtliche Bindungskraft für die Beteiligten können ohnehin nicht unwirksam sein, sodass die Frage nach den zulässigen Regelungsgegenständen einer Investorenvereinbarung lediglich bei verbindlichen Klauseln auftritt. Mit der Feststellung, dass es sich bei Vereinbarungen zwischen einem Investor und einer Gewerkschaft wie in den Fällen ACS/IG BAU und Schaeffler/IG Metall um einen Mischvertrag mit koalitionsvertraglichen sowie schlicht schuldver1  Gerade für das Koalitionswesen trifft diese Aussage indes nicht zu, weil Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG auch rechtsunverbindliche „Maßnahmen“, die bloß darauf gerichtet sind das Recht nach S. 1 einzuschränken oder zu behindern, inkriminiert (vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 2093 m. w. N.). Selbst wenn die Bestimmung einer Investorenvereinbarung demnach bloß rechtsunverbindlichen Charakter hätte, könnte die betreffende Klausel wegen eines Verstoßes gegen die individuelle oder kollektive Koalitionsfreiheit rechtswidrig sein und somit Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche (siehe § 5 B. V. 5.) auslösen. Als solche könnte bspw. die Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft im HOCHTIEF-Konzern von ACS an die IG BAU gegen die Koalitionsfreiheit anderer Gewerkschaften verstoßen.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

traglichen Elementen handeln kann, ist jedoch keine Aussage darüber gewonnen, ob in den genannten Beispielen eine rechtsverbindliche Einigung erzielt wurde. Schließlich bedienen sich Gewerkschaften im außertariflichen Bereich häufig des sog. Soft-Law, um mit gemeinsamen Hinweisen oder Empfehlungen neue Entwicklungen anzuregen oder ein abgestimmtes Verhalten in Sachbereichen zu erreichen, über dessen verbindliche Regelbarkeit Zweifel bestehen 2. Auch bei Investorenvereinbarungen ist vorgebracht worden, sie zielten lediglich auf eine positive Öffentlichkeitswirkung der Übernahme sowie die Gewinnung eines wichtigen Stakeholders mit der Gewerkschaft und seien insofern rechtlich unverbindlich.3 Ob die Vertragsparteien eine verbindliche Regelung getroffen haben, hängt davon ab, ob sie übereinstimmend einen Rechtsfolgewillen gebildet, also eine Rechtsbindung gewollt haben.4 Freilich können die Beteiligten einer Abrede ausdrücklich einen rechtsverbindlichen oder unverbindlichen Charakter beigeben, denn sie können selbst über die rechtsgeschäftliche Bindung entscheiden.5 Häufig wird es daran aber fehlen, weil die Parteien nicht darüber nachgedacht haben oder sich darüber nicht einigen konnten. Dann muss durch Auslegung gem. der §§ 133, 157 BGB ermittelt werden, ob die Beteiligten eine rechtlich unverbindliche Regelung treffen wollten oder nicht.6 Indizien für eine verbindliche Regelung liefern insbesondere die Bestimmung einer Laufzeit der Vereinbarung, die Einräumung eines Sonderkündigungs- oder Anpassungsrechts sowie Sanktionen, die bei einer Verletzung der Vereinbarung ausgelöst werden.7 Allesamt ergeben sie keinen Sinn, wenn die Parteien von der Unverbindlichkeit, also bloßem Soft-Law ausgehen. Das gilt ferner für die Installation eines vertraglichen Streitschlichtungsverfahrens, mit dem Zweck, bei Meinungsverschiedenheiten die Anrufung staatlicher Gerichte zu verhindern.8 Gegen die Verbindlichkeit können die genannten Zweifel an der Wirksamkeit einer recht2 Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 992; siehe ferner Blanke, Verwaltungsmodernisierung, S. 89. 3 So Seibt, CFL 2011, 213, 221 f. 4  RG 01. 05. 1908 – VII 523/07 – RGZ 68, 322, 324; RG 09. 03. 1938 – VI 212/37 – RGZ 157, 228, 233; BGH 22. 06. 1956 – I ZR 198/54 – BGHZ 21, 102, 106; BGH 24. 05. 1993 – II ZR 73/92 – DB 1993, 1664, 1664 = NJW 1993, 2100, 2100; Reuss, AcP 154 (1955), 485, 491 unterscheidet unter dem Schlagwort Gentlemen’s Agreement die unterschiedliche Bindungskraft einer Abrede danach, ob eine bloß tatsächliche Erklärung oder eine Willen­ erklärung abgegeben ist; eingehend Bahntje, Gentlemen’s Agreement und abgestimmtes Verhalten, S. 115 ff. 5  Bork, BGB AT, 4. Aufl., § 17, Rn. 656; Medicus/Petersen, BGB AT, 11. Aufl., § 18, Rn. 191. 6  BGH 22. 01. 1964 – Ib ZR 199/62 – BB 1964, 410, 410 = MDR 1964, 570, 570; BGH 15. 05. 1986 – IX ZR 96/85 – DB 1987, 324, 325 = NJW 1986, 3131, 3132 f. 7 Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 992; zust. Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 994. 8  Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 992.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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lichen Verbindung sprechen oder eine besonders vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie sie aus der chemischen Industrie mit den Sozialpartnervereinbarungen auf der Grundlage des gemeinsamen Kooperationsverhältnisses bekannt ist. Die Entscheidung über die Verbindlichkeit einer Regelung ist das Auslegungsergebnis einer Gesamtwürdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls und kann gegebenenfalls dazu führen, dass Teile einer Vereinbarung verbindlich sind, andere dagegen unverbindlich. Bei der Vereinbarung zwischen ACS und der IG BAU sprechen die Umstände für eine verbindliche Übereinkunft beider Seiten.9 Wer das leugnet10, übersieht die zahlreichen Indizien, die dafür sprechen. In Kraft treten soll die Vereinbarung mit dem Mehrheitserwerb von ACS an HOCHTIEF und enden mit dem Ablauf des 31. Dezembers 2013. Unverbindliche Vereinbarungen müssen aber nicht in Kraft oder außer Kraft gesetzt werden. Zudem verspricht ACS bereits ab einem Erwerb von 30 % der Aktien „im Geiste dieser Abrede“ zu handeln, woraus im Umkehrschluss geschlossen werden kann, dass ACS sich selbst ab einem Erwerb der Mehrheit rechtsverbindlich an die Abrede gebunden fühlt, andernfalls könnte ACS auch danach lediglich im Geiste der Abrede handeln. Nicht anders lässt sich die Ausstiegsklausel interpretieren, die ACS für den Fall einer wesentlich nachteiligen Veränderung der Umstände zusteht.11 Auch sie ist nur im Lichte einer verbindlichen Abrede nachvollziehbar. Somit handelt es sich bei der Vereinbarung zwischen ACS und der IG BAU um eine rechtsverbindliche Vereinbarung. Anders dürfte zumindest im Grundsatz die Vereinbarung zwischen Schaeffler und der IG Metall zu beurteilen sein.12 Dort fehlt eine Bestimmung des Inkrafttretens oder eine Festlegung der Laufzeit der Zukunftsvereinbarung. Vielmehr stellen die IG Metall und Schaeffler lediglich heraus, in einigen Punkten übereinzustimmen, folglich eine gemeinsame Meinung zu vertreten. Dadurch gehen sie allerdings keine gegenseitigen rechtlich verbindlichen Bindungen ein. Man wird das gleichwohl nicht auf alle Teile der Vereinbarung erstrecken können, weil die Gesellschafter der Schaeffler-Gruppe beispielsweise einschränkungslos zusagen, unabhängig von der künftigen Rechtsform der Schaeffler KG eine Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbar der Aktiengesellschaft einzuführen13. Diese Zusage ist wohl nicht als bloße Absichtserklärung bzw. als

9  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 72; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 193; Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 994; Heß, Investorenvereinbarungen, S. 17. 10 Widersprüchlich Seibt, CFL 2011, 213, 222, der einerseits die Vereinbarung wohl für unverbindlich hält, andererseits aber Gründe für ihre Unwirksamkeit benennt. 11  Der Regelung ist wohl kaum gegenüber § 313 BGB ein eigener Wert beizumessen (ebenso Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 73), denn sie statuiert kein Sonderkündigungsrecht von ACS unter erleichterten Bedingungen. 12  Grds. zutreffend daher Seibt, CFL 2011, 213, 221. 13  Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 a).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

ein Gentleman’s Agreement aufzufassen.14 Das trifft ebenso auf den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und die Akzeptanz bestehender Kollektivverträge zu.15 II.  Auslegung von Vertragsklauseln Häufig streiten sich die Vertragsparteien im Nachhinein nicht erst um die rechtliche Zulässigkeit einer Klausel, sondern bereits um die Vorfrage, welchen genauen Inhalt die vereinbarte Bestimmung tatsächlich hat. Dann taucht die Frage auf, nach welchen Grundsätzen die Klausel auszulegen ist, ob dabei der wirkliche Wille der Vertragsparteien nach den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist (subjektive Auslegung) oder ob eine Auslegung der Investorenvereinbarung vorgenommen werden muss, die sich an den für Tarifverträge geltenden Grundsätzen orientiert, folglich die Grundsätze über die Auslegung von Gesetzen heranzuziehen sind (objektive Auslegung). Das Bundesarbeitsgericht spaltet die Auslegungsfrage auf und unterscheidet danach, ob zunächst der Vertragstypus charakterisiert oder ob im Anschluss an den feststehenden Vertragscharakter der Vertragsinhalt bestimmt werden soll.16 Erstgenannte Frage beantwortet die Rechtsprechung zurecht dahin, dass die Wahl des Vertragstypus nach subjektiven Kriterien ermittelt werden muss17, wohingegen zweitgenannte von der Charakterisierung des Vertragswerks abhängt. Den hier interessierenden Inhalt von Koalitionsverträgen legt die Rechtsprechung, soweit dieser Rechte zugunsten Dritter (insbesondere der Arbeitnehmer) gem. § 328 Abs. 1 BGB enthält, nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln aus und wendet insofern die auch für Tarifverträge geltende objektive Auslegungsmethode an.18 Das ist auch insofern geboten, als ein solcher Koalitionsvertrag wie ein Tarifvertrag eine Vielzahl von Personen betrifft.19 Im Umkehrschluss 14 Ebenso

P. Hanau, ZIP 2009, Beil. zu Heft 48, S. 6, 7. Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 c). 16  BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b); BAG 07. 06. 2006 – 4 AZR 272/05 – AP TVG § 1 Nr. 37 (unter Rn. 25); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 18); Kempen/Zachert/Zeibig/ Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 989. 17  BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b); BAG 07. 06. 2006 – 4 AZR 272/05 – AP TVG § 1 Nr. 37 (unter Rn. 25); BAG 26. 01. 2011 – 4 AZR 159/09 – AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 (unter Rn. 18); Jacobs/Lang, Anm. zu BAG 16. 05. 2012 – 4 AZR 366/10, in: AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 52 (unter C I 2); umfassend oben § 5 D. III. 18 BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 2. 2. 2); Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 995; dagegen Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1755; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 133 f.; auf einem abl. Standpunkt steht auch das allg. Zivilrecht Staudinger/ Jagmann, Neubearb. 2009, § 328, Rn. 55. 19  BAG 05. 11. 1997 – 4 AZR 872/95 – AP TVG § 1 Nr. 29 (unter II 2. 2. 2). 15 

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bedeutet das aber auch, dass die Bestimmungen von Koalitionsverträgen, die keine Rechte zugunsten der Arbeitnehmer statuieren und sich ausschließlich an die Vertragsparteien richten, subjektiv nach dem Willen der Vertragsparteien ausgelegt werden. Unbeschränkt können dann die Inhalte der Vereinbarung am Willen der Parteien beurteilt werden.20 Zumindest einige Teile einer Investorenvereinbarung lassen sich als Koalitionsvertrag qualifizieren, weshalb der tatsächliche Inhalt nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Grundsätzen zu ermitteln sein könnte. Dennoch bestehen durchgreifende Bedenken gegen eine objektive Auslegung der Inhalte einer Investorenvereinbarung. Sie müssten nämlich Rechte zugunsten Dritter i. S. d. § 328 BGB begründen. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch bereits festgestellt, dass ein Koalitionsvertrag regelmäßig nur die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regelt und besondere Umstände vorliegen müssen, die es rechtfertigen, die darin getroffenen Regelungen als Koalitionsvertrag zugunsten Dritter entsprechend § 328 Abs. 1 BGB würdigen zu können.21 Solche besonderen Umstände liegen bei einer Investorenvereinbarung grundsätzlich nicht vor, vielmehr wird man generell davon ausgehen können, dass ihre Inhalte nur den Investor und die Gewerkschaft berechtigen sollen. Es liegt nicht im wohlverstandenen Interesse beider Vertragsparteien, dass Dritte gegen die Vereinbarung querschießen oder einzelne Arbeitnehmer aus der Vereinbarung gerichtlich vorgehen können.22 Der einzelne Arbeitnehmer hat mangels einer arbeitsvertrag­ lichen Gestaltungsbefugnis des Investors überdies nur ein geringes Interesse, dessen Einwirkungspflicht aus der Investorenvereinbarung mit der Gewerkschaft vertraglich geltend zu machen oder gerichtlich durchzusetzen. Dafür wird es aus der Perspektive der Arbeitnehmer auch an hinreichend konkreten Arbeitnehmerrechten fehlen, denn typischerweise schuldet der Investor nur sein Bemühen und nicht ein bestimmtes Resultat, weil er dieses nicht durch eigene Umsetzungsakte erreichen kann. Im Ergebnis kann gegebenenfalls trotz vertragsgemäßen Bemühens ohnehin alles beim Alten bleiben, wenn die Mehrheitsverhältnisse gegen den Investor stehen oder das Management sich ihm widersetzt. Da eine Investorenvereinbarung in der Regel keine Rechte zugunsten Dritter entsprechend § 328 BGB begründet, richtet sie sich nicht an und betrifft auch nicht eine Vielzahl von Personen, was eine objektive Auslegung von koalitionsvertrag20 

Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1754. BAG 16. 02. 2000 – 4 AZR 14/99 – AP TVG § 2 Nr. 54 (unter II 3 b bb). 22  Hierin liegt der entscheidende Grund gegen die Annahme einer Drittberechtigung aus einer Investorenvereinbarung. Die Vertragsparteien bestimmen selbst darüber, ob sie Dritten Rechte aus der Investorenvereinbarung zuwenden möchten. Fehlt diesbezüglich eine ausdrückliche Einigung, muss auch insofern die Vereinbarung ausgelegt werden, wobei gem. § 328 Abs. 2 BGB der Parteiwille aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrags zu entnehmen ist (vgl. Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, S. 131 ff., insb. S. 133). Regelmäßig werden die Parteien einer Investorenvereinbarung allerdings keine Drittberechtigung anstreben. 21 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

lichen Klauseln nach der Rechtsprechung rechtfertigt. Somit muss der Inhalt einer Investorenvereinbarung grundsätzlich nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung ermittelt werden, indem der wirkliche Wille der Vertragsparteien gem. der §§ 133, 157 BGB erforscht wird.23

B.  Grundsätzliche Zulässigkeit Dadurch, dass den tariffähigen Koalitionen ergänzend zum Tarifvertrag und allen sonstigen Koalitionen ausschließlich die Form des Koalitions- und Schuldvertrags zur vertraglichen Einigung zur Verfügung steht und eine Investorenvereinbarung sich als typengemischter Vertrag mit Elementen dieser beiden Vertragstypen einordnen lässt, ist noch nicht über die generelle Zulässigkeit einer Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft entschieden. Denn trotz der Anerkennung einer koalitionären Einigungsform auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG jenseits des Tarifvertrags und der Befugnis, sich des einfachen Schuldvertrags zu bedienen, könnten generelle Erwägungen dagegen sprechen, dass Gewerkschaften an Investoren bzw. die Kapitaleigner der eigenen Gesellschaft herantreten. Schließlich könnte die Möglichkeit einer Investorenvereinbarung die Arbeitsrechtsordnung mit der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung sowie mit dem Tarifwesen in Ungleichgewicht bringen, vor allem aber könnte sie die grundsätzliche Freiheit der Kapitaleigner von einer Auseinandersetzung mit operativen Angelegenheiten der Gesellschaft ignorieren. Das Kapitalgesellschaftsrecht prägt nämlich die Vorstellung von der Kapitalsammelstelle bei einer juristischen Person, wobei die Kapitaleigner die bloßen Geldgeber sind und sich nicht in die Geschäfte der Gesellschaft selbst einbringen, ihr Eigentum und damit ihre Rechte vielmehr gesellschaftsrechtlich über Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand mediatisiert sind. Daraus kann man indessen nicht auf die grundsätzliche Unzulässigkeit einer Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft schließen. Auf der Grundlage eines weiten Verständnisses der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG und einer bloßen Erweiterung dieser individuellen Freiheit um kollektive Elemente durch die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG hätten solche Erwägungen keine Überzeugungskraft.24 Die allgemeine Handlungsfreiheit gewährleistet in einem umfassenden Sinn die „Freiheit, zu tun und zu lassen, was die Rechte anderer nicht verletzt“25, läuft mithin darauf hinaus, dass alles erlaubt ist, was nicht gesetzlich 23  Denkbar ist indes, dass ein Garant durch die Investorenvereinbarung berechtigt wird, stellvertretend für die Arbeitnehmer die vereinbarten Rechte klageweise geltend zu machen. Zur Zulässigkeit § 7 D. IV. 2. c). 24  Siehe § 5 B. II. 25  So lautete der ursprüngliche Vorschlag des Allgemeinen Redaktionsausschusses (vgl. JöR 1 (1951), 54, 62), der lediglich keinen Eingang ins Grundgesetz fand, weil diese Fassung des Wortlauts von Art. 2 GG aus sprachlichen Gründen als zu vulgär empfunden wurde (BVerfG 16. 01. 1957 – 1 BvR 253/56 – BVerfGE 6, 32, 36 f.). Siehe auch Lorenz, in: Bonner Kommentar, Art. 2 (Lfg. 157 Juni 2012), Rn. 2.

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verboten ist26 und richtet demgemäß eine allgemeine Freiheitsvermutung auf.27 Diese Freiheitsvermutung gilt gerade für das Schuldvertragsrecht28, das in besonderer Weise der privatrechtlichen Entfaltung durch den Abschluss von Verträgen verhaftet ist und Einschränkungen der Vertragsfreiheit zumeist nur unter dem sozialstaatlich gespeisten Blickwinkel einer Paritätsstörung erlaubt29. Während die eine Vertragspartei sich also auf die prinzipiell unbeschränkte Vertragsfreiheit berufen kann, trifft den Staat gegenüber der anderen Vertragspartei gegebenenfalls eine grundrechtliche Schutzpflicht zur Aufrechterhaltung ihrer Privatautonomie, denn die in einem Vertragsschluss liegende Selbstbestimmung darf aufgrund des starken Übergewichts einer Partei nicht in Fremdbestimmung der anderen Partei umschlagen.30 Derart generelle Bedenken gegen eine vertragliche Einigung zwischen Gewerkschaft und Investor bzw. Kapitaleigner, die grundsätzlich den Abschluss einer Investorenvereinbarung ausschließen, bestehen jedoch nicht. Gleichwohl sind unangemessene Eingriffe in die Rechte einer Vertragspartei bei Investorenvereinbarungen im Einzelfall nicht ausgeschlossen, sodass trotz der grundsätzlichen Zulässigkeit einzelne Vertragsklauseln unzulässig sein können.

C.  Rechtlicher Rahmen Die grundsätzlichen Konfliktlinien bei Investorenvereinbarungen verlaufen nicht deckungsgleich mit denjenigen bei Tarif- oder Schuldverträgen einer Gewerkschaft mit dem Arbeitgeber. Vertragliche Abreden mit dem Arbeitgeber beschränken seine wirtschaftliche Handlungsfreiheit und betreffen damit primär seine Unternehmerfreiheit aus Art. 2 und 12 GG, sekundär seine Koalitionsfreiheit 26 

Enders, Die Menschenwürde in der Verfassungsordnung, S. 76 f. BVerfG 16. 01. 1957 – 1 BvR 253/56 – BVerfGE 6, 32, 42; BVerfG 07. 04. 1964 – 1 BvL 12/63 – AP GG Art. 2 Nr. 2 = BVerfGE 17, 306, 313 f.; BVerfG 05. 11. 1980 – 1 BvR 290/78 – BVerfGE 55, 159, 165; ähnlich BVerfG 24. 04. 1986 – 2 BvR 1146/85 – BVerfGE 72, 105, 115; speziell zur Freiheitsvermutung für die Berufswahl und -ausübung BVerfG 17. 07. 1961 – 1 BvL 44/55 – BVerfGE 13, 97, 105; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 GG, Rn. 2: „prinzipielle Freiheitsvermutung“; Kahl, Die allgemeine Handlungsfreiheit, in: HGR V, § 124, Rn. 59: „Die Freiheit ist der Grundsatz. Für sie besteht eine prinzipielle Vermutung.“ 28 Vgl. Berjasevic, Wucherähnliche Rechtsgeschäfte, S. 144. 29  Brenner, Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit, in: HGR V, § 115, Rn. 31; Isensee, Vertragsfreiheit und Verfassung, S. 9, 10 identifiziert exemplarisch für ein solches Gefälle in Rechtsbeziehungen von „sozial Stärkeren“ zu „sozial Schwächeren“ das Verhältnis des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer, des Vermieters zum Mieter, des Unternehmers zum Verbraucher. Insgesamt sieht er in der jüngeren Gesetzgebung – plakativ gesprochen – die Vertragsfreiheit auf dem Altar der Sozialmoral geopfert, vgl. S. 11 ff. 30  Vgl. BVerfG 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84 – AP GG Art. 12 Nr. 65 = BVerfGE 81, 242, 255; BVerfG 19. 10. 1993 – 1 BvR 567, 1044/89 – BVerfGE 89, 214, 232; BVerfG 06. 02. 2001 – 1 BvR 12/92 – BVerfGE 103, 89, 100 f.; BVerfG 23. 10. 2013 – 1 BvR 1842, 1843/11 – BVerf­GE 134, 204 (unter Rn. 75). 27 

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aus Art. 9 Abs. 3 GG sowie die Eigentumsgarantie gem. Art. 14 GG. Bindet sich ein Investor gegenüber einer Gewerkschaft vertraglich, können der schuldrechtlichen Bindung insbesondere die aktienrechtliche Kompetenzordnung und die Gewährleistung der Eigentumsfreiheit durch Art. 14 GG Grenzen setzen. Ferner kann seine Berufsfreiheit betroffen sein, wenn der Anteilserwerb der Berufsausübung des Investors entspricht. Die betroffenen Rechte des Investors und des Arbeitgebers weichen mithin voneinander ab. Um nicht für jeden Regelungsgegenstand die begrenzenden Eckpfeiler einer Investorenvereinbarung neu aufzustellen, gilt es, die grundlegenden Parameter solcher vertraglichen Abreden vorab zu erläutern. I.  Aktienrechtliche Kompetenzordnung Eine Investorenvereinbarung verpflichtet den Investor zur Durchsetzung und Einhaltung der sachlich-inhaltlich festgelegten Regelungsgegenstände, was darin liegen kann, dass er sich aktiv für die vereinbarten Ziele einsetzt oder eigene vertragswidrige Vorstöße unterlässt, folglich in gewissen Verhandlungspunkten die Aufrechterhaltung des Status quo zusagt. Dabei richtet sich eine solche Vereinbarung zum Teil an die rechtlich schwierig zu greifenden informellen Einwirkungsmöglichkeiten, auf denen deshalb nicht der Schwerpunkt liegt, vor allem aber an die Ausübung seines Stimmrechts in der Hauptversammlung. Einerseits kann sich das auf inhaltliche Fragen beziehen, andererseits kann damit die Berufung nur bestimmter Personen in Gesellschaftsorgane verbunden sein, zumal von der Person maßgeblich der inhaltliche Standpunkt abhängt. Gerade unter dem Aspekt der vertraglichen Stimmbindung des Investors durch eine Vereinbarung mit einer Gewerkschaft könnte allerdings die aktienrechtliche Organisationsverfassung verletzt sein. 1.  Stimmbindung gegenüber Nichtaktionären Im Grundsatz bestreiten zwar weder Rechtsprechung31 noch Schrifttum32 die Möglichkeit der Aktionäre, sich vertraglich zu einer Abstimmung in der Hauptversammlung in einem ganz bestimmten Sinn zu verpflichten. Bedenken werden jedoch geäußert, wenn Aktionäre die vertragliche Stimmbindung gegenüber ei31  BGH 29. 05. 1967 – II ZR 105/66 – BGHZ 48, 163, 166 f. (dort auch zur Vollstreckbarkeit, vgl. S. 169 ff.); BGH 20. 01. 1983 – II ZR 243/81 – NJW 1983, 1910, 1911; BGH 07. 02. 1983 – II ZR 25/82 – ZIP 1983, 432, 433; BGH 13. 01. 2003 – II ZR 227/00 – BGHZ 153, 285, 292; BGH 24. 11. 2008 – II ZR 116/08 – BGHZ 179, 13 (unter Rn. 12); siehe bereits RG 11. 06. 1931 – II 398/29 – RGZ 133, 90, 93 f.; RG 21. 09. 1938 – II 183/37 – RGZ 158, 248, 253. 32 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 133, Rn. 27; GroßKommAktG/Grundmann, 4. Aufl., § 136, Rn. 71; Lübbert, Abstimmungsvereinbarungen in den Aktien- und GmbH-Rechten, S. 97 ff.; Habersack, ZHR 164 (2000), 1, 8; Noack, Gesellschaftervereinbarungen bei Kapi­ talgesellschaften, S. 66 ff.; Odersky, in: FS Lutter (2000), S. 557, 559; Overrath, Die Stimmrechtsbindung, S. 10 ff.; Wertenbruch, NZG 2009, 645, 647; eingehend bereits Zluhan, AcP 128 (1928), 257 ff. (mit dem Ergebnis der grds. Zulässigkeit, vgl. S. 286).

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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nem Dritten ohne Aktionärseigenschaft eingehen. Obgleich im Umkehrschluss zu § 136 Abs. 2 AktG auf die grundsätzliche Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen geschlossen wird33, halten einige wenigstens Abstimmungsvereinbarungen mit Nichtaktionären für unzulässig, da sie das Band zwischen der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung und der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht des Mitgliedschaftsinhabers (des Aktionärs) zerschneiden34, ja sogar das Stimmrecht in der Hauptversammlung von der Aktie spalten und somit gegen das Abspaltungsverbot verstoßen35. Andere36 nehmen einschränkend an, Stimmbindungsvereinbarungen mit gesellschaftsfremden Dritten seien zumindest dann nicht mehr von der Vertragsfreiheit gedeckt, sofern sie eine bestimmte Abstimmungspflicht bezüglich einer Satzungs- oder grundlegenden Strukturänderung regeln. Grundsätzliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer vertraglichen Stimmbindung von Aktionären an die Interessen und den Willen von Nichtaktionären bestehen weder unter dem Gesichtspunkt des Abspaltungsverbots noch unter dem der Trennung von Stimmrechtsausübung und Treurechtsbindung.37 Zutreffend lässt sich beiden Vorbringen entgegenhalten, dass das Stimmrecht als Teilhaberecht weiter durch den Inhaber der Aktie bzw. des Gesellschaftsteils selbst ausgeübt wird, der Dritte also nicht unmittelbar und direkt in der Hauptversammlung abstimmen kann. Mithin spaltet ein Stimmbindungsvertrag die Stimme nicht vom Mitgliedschaftsrecht. Auch eine Trennung von Stimmrechtsausübung und Treuepflicht besteht deshalb nicht. Eine entgegen der Stimmbindung an der Treuepflicht ausgerichtete Abgabe der Stimme führt nämlich nicht zur Unwirksamkeit der Stimmabgabe38, weshalb hinreichend Raum für die Berücksichtigung der Treuepflicht bleibt, selbst wenn ein faktischer Druck im Hinblick auf die Einhaltung der Stimmrechtsbindung zuzugeben ist, um Schadensersatzforderungen aus der Ver-

33  BGH 24. 11. 2008 – II ZR 116/08 – BGHZ 179, 13 (unter Rn. 12); Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 133, Rn. 27; GroßKommAktG/Grundmann, 4. Aufl., § 136, Rn. 71; KK-AktG/ Zöllner, 1. Aufl., § 136, Rn. 85. 34  Habersack, ZHR 164 (2000), 1, 11 f. 35  Flume, Die juristische Person, S. 242; Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 133, Rn. 27. 36  Priester, in: FS Werner (1984), S. 657, 671 f.; Dittert, Satzungsbegleitende Aktionärsvereinbarungen, S. 121 ff.; Rodemann, Stimmbindungsvereinbarungen in den Aktienund GmbH-Rechten, S. 38 ff.; ähnlich K. Müller, GmbHR 2007, 113, 116. 37  Groß-Bölting, Gesellschaftervereinbarungen in der Aktiengesellschaft, S. 171; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 136, Rn. 50; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 181; für Stimmbindungsvereinbarungen im Recht der GmbH Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 47, Rn. 20. 38  Allg. Meinung, dass die Wirksamkeit der Stimmabgabe nicht berührt wird, wenn die Stimme entgegen der schuldrechtlichen Pflicht aus dem Stimmbindungsvertrag abgegeben wird, vgl. RG 10. 01. 1928 – II 173/27 – RGZ 119, 386, 388 f.; OLG Koblenz 25. 10. 1990 – 6 U 238/90 – NJW 1991, 1119, 1120; BGH 20. 01. 1983 – II ZR 243/81 – NJW 1983, 1910, 1911, wonach ein abredewidrig zustandegekommener Beschluss „grundsätzlich nicht anfechtbar“, sondern wirksam ist; Holzborn, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., § 136, Rn. 27.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

letzung der vertraglichen Abrede zu entgehen.39 Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof40 jüngst eine Nichtzulassungsbeschwerde u. a. mit der Begründung zurückgewiesen, weder das Abspaltungsverbot noch die Treuepflicht des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft stünden einer auf den Einzelfall beschränkten Stimmbindung des Aktionärs gegenüber Dritten generell entgegen. Auf unkonkretisierte sowie satzungs- oder strukturändernde Stimmbindungen trifft diese Feststellung ebenso zu, gleichwohl können sich insoweit Restriktionen unter anderen Gesichtspunkten ergeben.41 2.  Stimmbindung gegenüber Gewerkschaften Am arbeitsrechtlichen Schrifttum ist die gesellschaftsrechtliche Problematik nicht spurlos vorbeigegangen. Zwar ging es dabei nicht um die Steuerung der Unternehmenspolitik über eine Einflussnahme auf die Kapitalgeber, sondern unter dem Schlagwort der „statusbegründenden Mitbestimmungsvereinbarungen“ um die Aufrechterhaltung oder Erweiterung der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer, insbesondere wenn aufgrund von personalreduzierenden Maßnahmen und dem damit verbundenen Unterschreiten der Arbeitnehmerschwellenwerte statt der paritätischen Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz nunmehr lediglich das Drittelbeteiligungsgesetz Anwendung findet oder die Gesellschaft gar vollständig aus der Mitbestimmungspflicht herausfällt. Formal bereiten solche Vereinbarungen nicht unter dem Gesichtspunkt der Satzungsänderung Probleme, weil Mitbestimmungsvereinbarungen mit der Pflicht zur Zuwahl von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat die gewählten Vertreter nicht zu „Vertretern der Arbeitnehmer“ umfunktionieren. Vielmehr bleiben die von den Kapitaleignern gewählten Arbeitnehmervertreter Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre42, sodass sich das Mitbestimmungsstatut nicht ändert und folglich keine Satzungsänderung oder Strukturänderung herbeigeführt wird. Faktisch sehen einige darin dennoch eine unzulässige satzungsändernde Stimmbindung mit gesellschaftsfremden Dritten.43 39 Vgl. A. Hueck, in: FS Nipperdey (1965), Bd. I S. 401, 409; relativierend Weber, Privat­ autonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht, S. 341 f. m. w. N. 40  BGH 15. 07. 2014 – II ZR 375/13 – AG 2014, 705; für die Sittenwidrigkeit von Stimmbindungsverträgen mit Dritten noch RG 07. 06. 1908 – II 632/07 – RGZ 69, 134, 137. 41 Dazu grundlegend Priester, in: FS Werner (1984), S. 657, 671 f.; demgegenüber offener für Stimmbindungen in Satzungsänderungsfragen Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 181 f.; krit. gegenüber Drittbindungen, wenn die Satzung der GmbH auf die Persönlichkeiten der Gesellschafter zugeschnitten ist Peters, Anm. zu BGH 29. 05. 1967 – II ZR 105/66, in: JZ 1968, 27, 28. 42 MüHdbAktG/Hoffmann-Becking, 3. Aufl., § 28, Rn. 42; Wahlers, ZIP 2008, 1897, 1903. 43  Henssler, ZfA 2000, 241, 264; Schmiedel, JZ 1973, 343, 348; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, 3. Aufl., MitbestG, § 1, Rn. 21; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 96, Rn. 17, die wenigstens dauerhaft dem gesetzlichen Mitbestimmungsmodell

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Unabhängig davon, ob überhaupt die grundsätzlichen Bedenken gegen eine Stimmbindung in Satzungsfragen zutreffen, sind jedenfalls „statusbegründende Mitbestimmungsvereinbarungen“ mit der ganz überwiegenden Meinung44 als statt­haft zu erachten, weil sie keine Satzungsänderung im juristisch-technischen Sinn vollziehen und auch in ihrer Wirkung nicht „faktisch“ einer solchen vergleichbar sind. Schließlich können die Arbeitnehmervertreter auf den Aufsichtsratssitzen der Kapitaleigner durch eben diese jederzeit wieder abberufen werden. Zudem bindet eine Stimmbindung nur relativ die an ihr Beteiligten, hingegen nicht wie eine Satzungsregelung auch künftig in die Gesellschaft ein- bzw. hinzutretende Gesellschafter.45 Angesichts der typischen Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung dürften insofern nur wenige Klauseln Konfliktpotenzial bergen, denn i. d. R. bezwecken die Vertragspartner mit ihr keine Satzungs- oder grundlegende Strukturänderung. Im Einzelfall können dennoch Probleme bestehen.46 Sofern die Vertragspartner mit der Stimmbindung die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von abhängig Beschäftigten anstreben, wie es bei den überwiegenden Vorschriften einer Investorenvereinbarung der Fall ist, liegt ein Koalitionsvertrag auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG vor, ansonsten handelt es sich um einen bloßen Schuldvertrag.47 II.  Grundrechtspositionen des Investors Grundrechtlich befindet sich der Investor beim Abschluss einer Investorenvereinbarung mit einer Gewerkschaft in einer schwierigen und unübersichtlichen Gemengelage zwischen Eigentums- und Berufsfreiheit, die abweicht von der Rechtslage, wie man sie von Vereinbarungen einer Gewerkschaft mit dem Arbeitgeber zuwiderlaufende Mitbestimmungsvereinbarungen für nichtig halten; ähnlich hält Hommelhoff, ZHR 148 (1984), 118, 140 für nur eine Amtsperiode des Aufsichtsrats geltende Abstimmungsvereinbarungen für rechtswirksam. 44  Biedenkopf/Säcker, ZfA 1971, 211, 264; Beuthien, ZHR 148 (1984), 95, 105; Fabricius, in: FS Hilger/Stumpf (1983), S. 155, 157; Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 9. Aufl., Rn. 336; Ihrig/Schlitt, NZG 1999, 333, 335; Konzen, AG 1983, 289, 298 ff.; GroßKommAktG/Hopt/Roth, 4. Aufl., § 96, Rn. 31 f. und § 101, Rn. 32; GroßKommAktG/ Oetker, 4. Aufl., Vorb. MitbestG, Rn. 106; Rieble, Tarifautonomie und Unternehmensmitbestimmung, S. 41, 52 ff.; Wahlers, ZIP 2008, 1897, 1902 f.; T. Raiser, in: FS Werner (1984), S. 681, 686 ff.; T. Raiser, ZGR 5 (1976), 105, 108; Raiser/Veil, KagGesR, 5. Aufl., § 16, Rn. 88; an der Zulässigkeit zweifelnd Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 133, Rn. 25; von der Rspr. bisher offengelassen, vgl. BGH 03. 07. 1975 – II ZR 35/73 – AP AktG § 96 Nr. 1 (unter IV 2 b) = NJW 1975, 1657, 1658. 45 Vgl. Wahlers, ZIP 2008, 1897, 1902 f. 46  Siehe § 7 D. III. 2. a) bb) und § 7 D. III. 2. d). 47 Für eine solche Qualifikation eines Stimmbindungsvertrags über die Zuwahl von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat bereits Rieble, Tarifautonomie und Unternehmensmitbestimmung, S. 41, 52.

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kennt. Während bei zuletzt genannten Vereinbarungen der Schwerpunkt der Betroffenheit auf der Berufsfreiheit des Arbeitgebers gem. Art. 12 GG liegt, lässt sich nicht einfach beurteilen, ob der Schwerpunkt beim Investor auf Art. 14 GG oder Art. 12 GG liegt. Gewerkschaften steuern bzw. regulieren mit einer Investorenvereinbarung die Einflussnahmemöglichkeiten des Investors in der Gesellschaft, welche aus den gesellschaftsrechtlich mediatisierten Mitgliedschaftsrechten des Aktieneigentümers resultieren. Die Rechte und die Einflussnahme übt der Investor als Kapitaleigner auf der Grundlage seines Anteilseigentums an der Gesellschaft aus.48 Überdies tritt er der Gewerkschaft gerade in seiner Funktion als Kapitaleigner gegenüber, sodass auf den ersten Blick ausschließlich die Eigentumsfreiheit betroffen zu sein scheint. Gleichwohl stellt sich die Ausübung dieser Eigentumsrechte, insbesondere wenn ein strategisches Investment vorliegt und der Investor ein Unternehmen betreibt, häufig als berufliche Betätigung dar.49 So wird man den Aufbau der Unternehmensbeteiligung an HOCHTIEF seitens ACS ihrer beruflichen Tätigkeit zuordnen müssen, weil in der Übernahme und Zusammenfassung anderer Unternehmen in einem Konzern unternehmerisches Handeln liegt. Anschließend muss dann allerdings auch das Handeln in der Zielgesellschaft nach dem Beteiligungsaufbau, das sich an dem Interesse der den Beteiligungsaufbau betreibenden Gesellschaft (ACS) orientiert, der wirtschaftlichen Betätigung dieser Gesellschaft und somit ihrer Berufsfreiheit zugeordnet werden. Nachfolgend gilt es daher zu klären, welchen Gewährleistungsgehalt das Aktieneigentum und die Berufsfreiheit des Investors haben und in welchem Verhältnis diese Garantien zur Koalitionsfreiheit sowie zueinander stehen. 1.  Eigentumsfreiheit a)  Verfassungsrechtlicher Schutz des Aktieneigentums Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Eigentum. Dazu zählt neben dem Sacheigentum das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum am Unternehmensträger.50 48 

Das ist insbesondere das Stimmrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung. der Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde konnte das BVerfG 08. 04. 2010 – 1 BvR 1473/09 – ZIP 2010, 1121 (unter Rn. 2) zuletzt offenlassen, ob und inwieweit der „verfassungsrechtliche Eigentumsschutz eines über eine Sperrminorität verfügenden Minderheitsaktionärs, dessen Beteiligung an der Gesellschaft regelmäßig auch von einem ausgeprägten unternehmerischen Interesse getragen sein wird“ (kursiv nicht im Original), die wirtschaftliche Betätigung weitergehend schützt als die vermögensrechtliche Komponente des Aktieneigentums. Unklar bleibt insofern nicht nur das Verhältnis der mitgliedschaftlichen zur vermögensrechtlichen Komponente des Anteilseigentums, sondern auch dasjenige zur Berufsfreiheit. 50  BVerfG 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60 – AP GG Art. 14 Nr. 13 = BVerfGE 14, 263, 276; BVerfG 07. 05. 1969 – 2 BvL 15/67 – AP MitbestErgG § 16 Nr. 1 = BVerfGE 25, 371, 407; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 341; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 49  Wegen

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Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Anteilseigentums an sich steht noch nicht fest, welche Reichweite die verfassungsrechtliche Anteilseigentumsgewährleistung hat. Privates Eigentum zeichnet zwei Komponenten aus, die im Wesentlichen gleichermaßen für das Sach- wie für das Anteilseigentum gelten. Das sind die vermögensrechtliche und die herrschaftsrechtliche Seite, die sich beim Sacheigentum in der Privatnützigkeit und der Befugnis des Eigentümers, gem. § 903 BGB nach Belieben mit der Sache zu verfahren oder über sie gem. der §§ 929 ff. BGB zu verfügen, niederschlagen, beim Anteilseigentum dementsprechend vergleichbar in der vermögensrechtlichen Nutz- und Verwertbarkeit sowie mitgliedschaftlichen Stellung in der Aktiengesellschaft liegen51. Dabei interessiert mit Blick auf Vereinbarungen einer Gewerkschaft mit einem Investor vornehmlich das mitgliedschaftliche Element des Anteilseigentums. Aus der mitgliedschaftlichen Stellung erwachsen dem Aktionär nämlich Lenkungsund Leitungsbefugnisse in der Gesellschaft, die letztendlich in der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung der Aktionärsversammlung als dem zentralen Organ der Aktiengesellschaft Ausdruck gefunden haben.52 Zur mitgliedschaftsrechtlichen Herrschaftskomponente des Anteilseigentums zählt deshalb folgerichtig, obgleich gesellschaftsrechtlich vermittelt über die Organe der Gesellschaft, Einfluss auf das Schicksal des Unternehmens zu nehmen.53 Unter dem Gesichtspunkt der in der Aktienbeteiligung verkörperten mitgliedschaftlichen Herrschaftskomponente musste das Bundesverfassungsgericht eine Berührung der Eigentumsfreiheit der Anteilseigner gem. Art. 14 Abs. 1 GG durch die dauerhafte Geltung der drittelparitätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einer „Alt-Aktiengeselleschaft“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 DrittelbG mit weniger als 500 Arbeitnehmern annehmen.54 Obwohl die Vorschrift die mitgliedschaftliche Herrschaftsmacht des Aktionärs und somit seine Eigentumsfreiheit einschränkt, indem die Besetzung des Aufsichtsrats zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern erfolgen muss und der Aktionär nur noch auf die Wahl 289, 301; BVerfG 09. 01. 2014 – 1 BvR 2344/11 – ZIP 2014, 464 (unter Rn. 18); Jung, JZ 2001, 1004, 1011 f.; Stumpf, NJW 2003, 9, 10 f. beide m. w. N. 51  Nach st. Rspr. erfasst Art. 14 Abs. 1 GG das Anteilseigentum in seiner mitgliedschafts- und vermögensrechtlichen Ausgestaltung, vgl. BVerfG 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60 – AP GG Art. 14 Nr. 13 = BVerfGE 14, 263, 276; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 301 f.; BVerfG 11. 07. 2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 – BVerfGE 132, 99 (unter Rn. 52); Schön, in: FS Ulmer (2003), S. 1359, 1371 ff.; Schmidt-Aßmann, in: FS Badura (2004), S. 1009, 1015. 52  BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 301 f. 53 BVerfG 09. 01. 2014 – 1 BvR 2344/11 – ZIP 2014, 464 (unter Rn. 21); vgl. ferner ­BVerfG­01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 343 ff.; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 301 f.; ausdrücklich Bryde, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 14 GG, Rn. 22; Droege, DVBl. 2009, 1415, 1420; Papier, VVDStRL 35 (1977), 55, 89 f.; Papier, in: Maunz/ Dürig, Art. 14 GG, Rn. 195. 54  BVerfG 09. 01. 2014 – 1 BvR 2344/11 – ZIP 2014, 464 (unter Rn. 21).

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von zwei Drittel der Aufsichtsratsmitglieder unmittelbar Einfluss nehmen kann, handele es sich um eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Anteilseigentums.55 Die Befürchtung56, das Anteilseigentum am Unternehmen werde zum bloßen Vermögensrecht degradiert und der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz sei auf einen Vermögensschutz reduziert, hat das Bundesverfassungsgericht dadurch einstweilen kaltgestellt. Nicht leugnen lässt sich allerdings, dass der Ansatz der Rechtsprechung wenig überzeugt, qualitativ zwischen Klein- und Großaktionär zu unterscheiden.57 Während erstere regelmäßig die reine Kapitalanlage interessiere und somit der vermögensrechtliche Aspekt des Eigentums betroffen, aber nicht verletzt sei, wenn eine vollständige wirtschaftliche Entschädigung geleistet werde58, könne sich der größere Aktionär offenbar auf eine Beeinträchtigung seiner grundrechtlich geschützten Mitgliedschaftsrechte berufen. Dem Minderheitsaktionär stehen indes qualitativ die gleichen Mitgliedschaftsrechte nur in quantitativ geringerem Umfang als Groß- bzw. Mehrheitsaktionären zu. Für Investorenvereinbarungen spielt die Problematik des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes für die Mitgliedschaftsrechte von Kleinaktionären eine geringe Rolle, weil die Gewerkschaft wohl nur einen Vertragspartner mit starken Einflussmöglichkeiten sucht. Offengeblieben ist zuletzt, welche konkreten eigentumsrechtlich geschützten Mitgliedschafts- bzw. Herrschaftsrechte eines Aktionärs durch eine Investorenvereinbarung betroffen sein können. Dabei kann und darf die Eigentumskonzeption des Grundgesetzes nicht überstrapaziert werden, ihr lassen sich nicht eindeutige Vorgaben für die Ausgestaltung des Aktienrechts entnehmen. Aber das Leitbild des Gesetzgebers, ein Aktienrecht für den „Zusammenschluss[es] mehrerer mit wesentlich gleichartigen unternehmerischen Interessen zum Betrieb eines selbständigen wirtschaftlichen Unternehmens“ zu formen59, erfordert zwingend 55 

BVerfG 09. 01. 2014 – 1 BvR 2344/11 – ZIP 2014, 464 (unter Rn. 21 ff.). H. Hanau, NZG 2002, 1040, 1041 ff. 57  Jedenfalls liest sich derart BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 348. Dort formulierte es: „Für die Vielzahl der Anteilseigner bedeutet das Anteilseigentum typischerweise mehr Kapitalanlage als Grundlage unternehmerischer Betätigung, […] Den vergleichsweise wenigen großen Anteilseignern gewährt das Anteilseigentum [.] die Chance, bestimmenden Einfluß auf die Geschäftspolitik des Unternehmens auszuüben.“ In der Rechtsprechungsanalyse ebenso Schön, in: FS Ulmer (2003), S. 1359, 1373; insgesamt sieht Papier, Eigentumsgarantie des Grundgesetzes im Wandel, S. 27 f. die Tendenz, wirtschaftliche Freiheitsgrundrechte auf einen zu engen Kern zu reduzieren, was gerade für die Eigentumsfreiheit gelte. 58  BVerfG 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60 – AP GG Art. 14 Nr. 13 = BVerfGE 14, 263, 283; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 305 f.; BVerfG 16. 05. 2012 – 1 BkjvR 96/09, 1 BvR 117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09 – BVerfGK 19, 388, 391 = ZIP 2012, 1408 (unter Rn. 17); BVerfG 05. 12. 2012 – 1 BvR 1577/11 – ZIP 2013, 260 (unter Rn. 8); Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 14, Rn. 143. 59  Vgl. BVerfG 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60 – AP GG Art. 14 Nr. 13 = BVerfGE 14, 263, 273. 56 So

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wirtschaftliche Mitgestaltungsbefugnisse der Anteilseigentümer. Ihr Kapitaleinsatz für die wirtschaftliche Unternehmung berechtigt sie zur Herrschaft über die wirtschaftliche Unternehmung. Demgemäß sichert die mitgliedschaftliche Herrschaftskomponente eine Rechtsposition des Aktionärs, durch die er beispielsweise „unmittelbar auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und damit mittelbar auf die Besetzung des Vorstands […] und die Leitung der AG Einfluss“ nehmen kann.60 Die aus der Mitgliedschaft fließenden relativen Beteiligungsrechte61, insbesondere die Leitungsbefugnis62, finden ihren Ausdruck in der Aktionärsversammlung als zentralem Organ der Gesellschaft. Ohne die eigentumsrechtliche Lenkung verkäme das Aktienrecht zum Stiftungswesen. Die Aktiengesellschaft wäre dann eine Stiftung bei der die Aktionäre ihre Nutznießer wären. Dass die mitgliedschaftliche Stellung durch die gesellschaftsrechtliche Mediatisierung geschwächt ist63, stellt einen zulässigen Eingriff in das Anteilseigentum der Aktionäre dar.64 Ausreichend, aber auch erforderlich, ist insofern, dass alle Gesellschaftsorgane ihre Legitimation von den Aktionären ableiten und die Aktionäre ein Stimmrecht in allen wesentlichen, die Grundlagen der wirtschaftlichen Unternehmung tangierenden Angelegenheiten haben.65 Neben weiteren Ausprägungen der mitgliedschaftlichen Komponente des Anteilseigentums ist die Stimmrechtsmacht des Aktionärs in der Hauptversammlung seine essentielle eigentumsrechtlich geschützte Möglichkeit, Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu üben.

60  BVerfG 09. 01. 2014 – 1 BvR 2344/11 – ZIP 2014, 464 (unter Rn. 21); ähnlich BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 301 f., wonach dem Aktionär aus der mitgliedschaftlichen Stellung „Leitungsbefugnisse“ erwachsen. Sinnfällig unterscheidet H. Hanau, NZG 2002, 1040, 1041 zwischen einem (mit)unternehmerischem und einem finanziellen Element der Beteiligung, das in der Stimmrechtsmacht einerseits und dem in der Aktie verkörperten Vermögenswert andererseits liege. Ähnlich konzedieren bereits Badura/Rittner/Rüthers, Mitbestimmungsgesetz 1976 und Grundgesetz, S. 201 f. eine dem aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrecht innewohnende „gesellschaftsrechtlich mediatisierte unternehmerische Planungs- und Dispositionsbefugnis“ der Aktionäre. Insoweit anschaulich lässt sich von der „Kapitallenkungsfunktion der Aktie“ sprechen (vgl. den Vortrag der Beschwerdeführer gegen das Mitbestimmungsgesetz BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 308). 61 BVerfG 11. 07. 2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 – BVerfGE 132, 99 (unter Rn. 55); vgl. auch BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 343. 62  Insoweit BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 302. Es handelt sich insofern um eine vom Sacheigentum abweichende Form der Eigentumsverwaltung. 63  Dazu BGH 25. 02. 1982 – II ZR 174/80 – BGHZ 83, 122, 136 ff.; BGH 25. 11. 2002 – II ZR 133/01 – BGHZ 153, 47, 54. 64 Eingehend Schön, in: FS Ulmer (2003), S. 1359, 1371 ff. 65  Schön, in: FS Ulmer (2003), S. 1359, 1376, der insoweit eine „Urzuständigkeit“ der Aktionäre annimmt. Zust. Schmidt-Aßmann, in: FS Badura (2004), S. 1009, 1017.

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b)  Kollision von Aktieneigentum und Koalitionsfreiheit Belastbare Aussagen der Rechtsprechung zum Verhältnis der Anteilseigner zu den Arbeitnehmern fehlen bisher, allein das Mitbestimmungsurteil vom 01. 03. 197966 beleuchtet diese Beziehung, jedoch beurteilt das Bundesverfassungsgericht die Beziehung aus einem ganz anderen Blickwinkel als es bei Investorenvereinbarungen notwendig ist, weil es den sozialstaatlich motivierten Eingriff des Gesetzgebers zugunsten von Arbeitnehmern in das Eigentumsrecht von Anteilseignern zu bewerten hatte. Bei Investorenvereinbarungen steht hingegen ein privatrechtlicher Übergriff der in einer Gewerkschaft koalierten Arbeitnehmer in das Eigentumsgrundrecht der Anteilseigner im Raum. Im Hinblick auf das Anteilseigentum muss nach dem oben Dargetanen zwischen der mitgliedschaftsrechtlichen Herrschaftskomponente und der vermögensrechtlichen Nutzungs- und Verfügungskomponente unterschieden werden. Vor allem erstere soll durch den Abschluss einer Investorenvereinbarung manipuliert werden, denn sie programmiert unternehmerische Entscheidungen in einem Frühstadium vor der eigentlichen Unternehmerentscheidung vor. Das ist aber nur in bestimmten Grenzen möglich. Dem Aktionär vermittelt das Anteilseigentum eine gesellschaftsrechtlich mediatisierte mitunternehmerische Stellung, die er, wie die Aktiengesellschaft selbst, in einem Kernbereich autonom ohne eine Einwirkung der Arbeitnehmer wahrnehmen kann. Man muss deshalb die Begründung einer Einwirkungspflicht des Investors jedenfalls für den Bereich ablehnen, für den keine Verpflichtbarkeit des Unternehmensträgers besteht, weil andernfalls in seine durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Unternehmerfreiheit eingegriffen würde. Können vertragliche Pflichten des Arbeitgebers nicht begründet werden, weil sie unzulässig seine Unternehmensautonomie gem. Art. 12 Abs. 1 GG beschränken, ist es ebenso unzulässig dieses Ziel indirekt über den Umweg einer Verpflichtung des (Mehrheits-)Aktionärs zur innergesellschaftlichen Einwirkung zu erreichen. Das würde dann zugleich eine unzulässige Beschränkung der Eigentumsnutzung bedeuten. Wenn vorgetragen wird, die Situation der Arbeitnehmer dürfe nicht dadurch verschlechtert werden, dass sich die eigentlichen wirtschaftlichen Entscheidungsträger hinter dem Gebilde einer juristischen Person verbergen, darf umgekehrt die Arbeitnehmerposition nicht allein aufgrund dieser Aufspaltung verbessert werden. Die Begründung einer Einwirkungspflicht des Investors, gerichtet auf eine der Unternehmerfreiheit der Trägergesellschaft vorbehaltene wirtschaftliche Entscheidung, schränkt sein Eigentum unzulässig ein.67 66  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 339 ff. 67 Ein grundrechtsverletzender Übergriff der Gewerkschaft in die Berufsfreiheit des Arbeitgebers stellt allerdings keine Verletzung des Anteilseigentums der Kapitaleigner dar. Insoweit führt die gesellschaftsrechtliche Mediatisierung dazu, dass solche Eingriffe nur den Arbeitgeber, also die Trägergesellschaft in ihren Grundrechten beeinträchtigen.

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Wohl nur theoretisch und in der Praxis selten wird die vermögensrechtliche Komponente des Anteilseigentums berührt sein. Im Rahmen der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen wurde teils zum Zweck der Entlohnung, teils zum Zweck der Altersvorsorge, mitunter aber auch sozialpolitisch motiviert zur Überwindung des Gegensatzes von Kapital und Arbeit diskutiert, inwiefern durch Tarifvertrag Arbeitnehmerbeteiligungen am Arbeitgeber begründet werden können.68 Die herrschende Auffassung lehnt eine tariflich begründete Arbeitnehmerbeteiligung ab.69 Bei Kapitalgesellschaften folgt das bereits daraus, dass die Anteilseigner nicht an die Rechtsnormen des Tarifvertrags gebunden sind und eine Vereinbarung im schuldrechtlichen Teil eine unzulässige Bindung zulasten Dritter darstellt.70 Gegen eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Gewerkschaft und Investor ist jedoch an sich nichts einzuwenden. Realistischer und ebenfalls eigentumsrelevant sind Haltefristen, die den Investor verpflichten, seine Beteiligung mindestens einen bestimmten Zeitraum aufrechtzuerhalten. Insoweit weist jedoch bereits die Vorschrift des § 137 S. 2 BGB nach, dass die Verpflichtung, sich einer Verfügung zu enthalten, wirksam vereinbart werden kann. 2.  Berufs- und Unternehmerfreiheit Investorenvereinbarungen können neben der Eigentumsfreiheit die Berufsfreiheit und die daraus abzuleitende Unternehmerfreiheit71 des Investors berühren, sofern der Investor, wie im Fall der Übernahme von HOCHTIEF durch ACS, ein Unternehmen ist und aus strategischen Gründen an anderen Unternehmen Beteiligungen aufbaut oder die Mehrheit mit der Folge eines Kontrollwechsels erwirbt. Dann schützt die Berufsfreiheit nicht nur den Beteiligungsaufbau, sondern erfasst ebenfalls die anschließende Ausübung der Mitgliedschaftsrechte in der Zielgesellschaft. Das gilt jedenfalls für einen unternehmerisch tätigen Gesellschafter, unabhängig von seinem Engagement in einem Leitungsorgan der Gesellschaft.72 Eine bloße Kapitalbeteiligung und ihre vermögensmäßige Verwaltung fallen hingegen nicht unter Art. 12 Abs. 1 GG.73 Von einer unternehmerischen Beteili68 Ausführlich

Loritz, DB 1985, 531, 533 f. Loritz, DB 1985, 531, 533 f.; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 116; Wiedemann/Wiedemann, TVG, 7. Aufl., Einl., Rn. 331. 70  Dazu MüArbR/R. Krause, 3. Aufl., § 61, Rn. 10, der einen hinreichenden Schutz der Anteilseigner in den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften sieht. 71 Sie wird verstanden als die freie Gründung und Führung von Unternehmen, vgl. BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 363; BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B II 1). 72  Jung, JZ 2001, 1004, 1010; einschränkend verlangt Stumpf, NJW 2003, 9, 13 zusätzlich zur bloßen Beteiligung eine unternehmerische Absicht des Aktionärs. Indes ist nicht eine unternehmerische Absicht erforderlich, sondern eine tatsächliche unternehmerische Betätigung, die u. a. in der Ausübung von Stimmrechten liegen kann. 73 Gleichsinnig Stumpf, NJW 2003, 9, 13; grds. auch Jung, JZ 2001, 1004, 1010, der den Anlagegesellschafter nur für den Fall eines umfangreichen Vermögensmanagements mit 69 

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gung wird man in der Regel ausgehen können, wenn der Kapitaleigner über eine Stimmenmehrheit verfügt und deshalb eine beherrschende Stellung in der Gesellschaft einnimmt.74 Dem entspricht das Bundesverfassungsgericht insofern, als es den Ausschluss von Minderheitsaktionären aus einer Aktiengesellschaft gegen Zahlung einer Barabfindung gem. der §§ 327a ff. AktG (Squeeze out) mit dem legitimen Zweck rechtfertigte, Minderheitsaktionäre könnten die Durchsetzung unternehmerischer Entscheidungen gegen die Stimmenmehrheit des Hauptaktionärs zwar nicht verhindern, wohl aber verzögern.75 Man könne deshalb die Einschätzung des Gesetzgebers, dass Minderheitsbeteiligungen zum Teil gezielt eingesetzt werden, um „den Hauptaktionär bei der Unternehmensführung zu behindern“, nicht angreifen.76 Zumindest für Mehrheitsbeteiligungen (Hauptaktionär) anerkannte das Bundesverfassungsgericht mithin eine Betroffenheit der beruflichen Betätigung auf der Ebene der Kapitaleigner durch eine faktische Beschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit. Der Konflikt zwischen gewerkschaftlicher Koalitionsbetätigungsfreiheit und unternehmerischer Betätigungsfreiheit des Investors lässt sich nicht pauschal lösen. Wenn eine Anleihe vom kontroversen Verhältnis der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG zur Unternehmerfreiheit des Arbeitgebers gem. Art. 12 GG möglich ist, dann diejenige, dass keine schematische Grenze zwischen kollektiver Regelung und freier Unternehmerentscheidung gezogen werden kann und es stets einer Entscheidung im Einzelfall bedarf. An Ansätzen zur Lösung des Verhältnisses der Gewerkschaft zum Arbeitgeber im Hinblick auf unternehmerische Entscheidungen hat es in der Vergangenheit zwar nicht gefehlt77, eine griffige Abgrenzung ist jedoch nicht gelungen und lässt sich wohl nicht erreichen78. Schluss­endlich geht es darum, den Gewerkschaften eine Umgehung der unzulässigen Einwirkung auf den Arbeitgeber in unternehmenspolitischen Fragen über die hinter der Gesellschaft stehenden Kapitaleigner zu verwehren. Einwirkungspflichten der Kapitaleigner können deshalb nicht in Angelegenheiten begründet werden, die ausschließlich einer Entscheidung des Arbeitgebers vorbehalten sind, weil sie thematisch unternehmenspolitische Kernfragen betreffen und deshalb keiner koalitionären Regelung zugänglich sind. einem Bezug zum eigenen Lebensunterhalt unter Art. 12 GG fasst; weitergehend offenbar Leisner, JZ 1972, 33, 33. 74  Stumpf, NJW 2003, 9, 13. 75  BVerfG 30. 05. 2007 – 1 BvR 390/04 – BVerfGK 11, 253, 257 f. = ZIP 2007, 1261 (unter Rn. 22). 76  BVerfG 30. 05. 2007 – 1 BvR 390/04 – BVerfGK 11, 253, 257 f. = ZIP 2007, 1261 (unter Rn. 22). 77  Biedenkopf, Gutachten zum 46. DJT, Bd. I Teil 1, S. 97, 156 ff, insb. 162; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 339 ff.; Hanau/Thüsing, ZTR 2001, 1, 2 ff.; F. Hartmann, Grenzen der Tarifautonomie über Unternehmerverhalten, S. 15 ff.; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 107 ff.; MüArbR/Rieble/Klumpp, 3. Aufl., § 169, Rn. 85 ff.; Wiedemann, in: FS Riesenfeld (1983), S. 301 ff. = RdA 1986, 231 ff. 78 Ähnlich Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 341.

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3.  Vertragsfreiheit Nach der Schutzpflichtendoktrin richtet die Verfassung an alle staatliche Gewalt das Gebot, Privatrechtssubjekte vor privatrechtlichen Übergriffen in ihre grundrechtliche Schutzsphäre zu schützen, indem solchen übergreifenden Rechtsgeschäften die Wirksamkeit versagt wird.79 Eine Investorenvereinbarung auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 und 2 Abs. 1 GG, je nachdem, welcher Regelungsgegenstand betroffen ist, darf deshalb nicht über Gebühr in die verfassungsrechtlich geschützte Privatautonomie des Aktionärs eingreifen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Vielzahl von Entscheidungen einen Kontrollmaßstab für einen vertraglichen Übergriff in die Vertragsfreiheit entwickelt, wonach die Privatautonomie auf dem Prinzip der Selbstbestimmung beruht, eine Verwirklichung der Selbstbestimmung durch Vertragsfreiheit aber ein „annäherndes Kräftegleichgewicht“ beider Vertragsparteien voraussetzt.80 Andernfalls, wenn ein starkes Verhandlungsübergewicht zugunsten einer Vertragspartei besteht, wodurch diese faktisch einseitig den Vertragsinhalt festlegen kann, lässt sich nicht mehr eine Selbstbestimmung durch die vertragliche Abschluss- und Inhaltsfreiheit annehmen. In welchen Fallgestaltungen eine Ungleichgewichtslage zwischen den Vertragsparteien vorliegt, stellt die Rechtsprechung anhand einer typisierenden Betrachtung fest, indem sie seit den Bürgschaftsentscheidungen auf eine „strukturelle Unterlegenheit“ einer Vertragspartei abstellt.81 Diese kann insbesondere Folge wirtschaftlicher82, intellektuell-emotionaler83 oder rechtlicher84 Unterlegenheit einer Vertragsseite sein. Bei Investorenvereinbarungen ist eine strukturelle Unterlegenheit in Anlehnung an die bisher gebildeten Fallgruppen nicht ersichtlich. Im Gegenteil, soweit eine Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag qualifiziert werden kann, spricht eine Vermutung für eine paritätische Verhandlung und ein inhaltlich „richtiges“ Verhandlungsergebnis.85 Gleichwohl werfen die in einer Gewerkschaft zusam79  Canaris, AcP 184 (1984), 201, 232 ff.; zur Rezeption der grundrechtlichen Schutzpflichten und ihrer Resonanz im Arbeitsrecht R. Krause, Die Vergrundrechtlichung des Arbeitsverhältnisses, S. 175, 192 ff. 80  Grundlegend BVerfG 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84 – AP GG Art. 12 Nr. 65 = BVerfGE 81, 242, 254 f. 81  Vgl. BVerfG 19. 10. 1993 – 1 BvR 567, 1044/89 – AP GG Art. 2 Nr. 35 = BVerfGE 89, 214, 232; BVerfG 06. 12. 2005 – 1 BvR 1905/02 – BVerfGE 115, 51, 68. Zur typisierenden Betrachtung Preis/Rolfs, DB 1994, 261, 266. 82  BVerfG 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84 – AP GG Art. 12 Nr. 65 = BVerfGE 81, 242, 260; BVerfG 28. 01. 1992 – 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 – AP AZO § 19 Nr. 2 = BVerfGE 85, 191, 213. 83  Siehe zur emotionalen Unterlegenheit BVerfG 06. 02. 2001 – 1 BvR 12/92 – BVerfGE 103, 89, 102 ff. 84  BVerfG 26. 07. 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 – BVerfGE 114, 1, 34 ff.; BVerfG 26. 07. 2005 – 1 BvR 80/95 – BVerfGE 114, 73, 90. 85  Zur Richtigkeitsvermutung des Koalitionsvertrags oben § 5 B. V. 6.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

mengefasste Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer und der damit einhergehende kollektive Druck gegenüber dem Investor in dieser Angelegenheit Fragen auf. Die Interessenbündelung auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG und ihr Einsatz zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Arbeitnehmer rechtfertigt der Gedanke, dass dadurch die regelmäßig gestörte Parität des Arbeitsverhältnisses kompensiert wird. Es entsprach einem lange währenden Missverständnis, dass die Herrschaftsgewalt des Arbeitgebers aus dem Eigentum an den Produktivmitteln folgt; es gilt inzwischen als überwunden.86 Die Direktions- und Organisationsgewalt des Arbeitgebers fließt allein aus dem Arbeitsverhältnis. Mit der Kollektivgewalt auf Arbeitnehmerseite kompensiert die Gewerkschaft gegenüber einem Investor nicht ein arbeitsvertragliches Ungleichgewicht. Die genannte arbeitsvertragliche Macht fehlt einem Investor. Dennoch kann man nicht annehmen, Investorenvereinbarungen läge grundsätzlich eine strukturelle Unterlegenheit des Investors zugrunde, die sie unwirksam und damit nichtig macht. Der Investor ist regelmäßig ein Unternehmen oder zumindest verfügt er, wegen des Interesses der Gewerkschaft nur mit einem Investor einen Vertrag zu schließen, der auf die Unternehmenspolitik einen bestimmenden Einfluss ausübt, nach den faktischen Verhältnissen in der Hauptversammlung über eine Mehrheit, weshalb prinzipiell nicht von einer unterlegenen Verhandlungsposition auszugehen ist.87 Für den wohl unrealistischen Fall, dass eine Gewerkschaft einen Kleinaktionär zum Abschluss einer Investorenvereinbarung drängt, könnte man indes an einer paritätischen Verhandlungsmacht zweifeln. 4.  Grundrechtskonkurrenz In vielen Fällen ergänzt die Berufs- bzw. Unternehmerfreiheit den Schutz des Investors durch die Eigentumsgarantie, denn der Einfluss des Investors folgt aus eigentumsrechtlich geschützten Rechtspositionen. Er übt mithin Eigentümerbefugnisse aus, wobei die Ausübung dieser Befugnisse bei Investorenvereinbarungen regelmäßig im Rahmen einer wirtschaftlichen Betätigung stattfindet. Soweit die Rechtsprechung mit der Faustformel88, Art. 12 GG schützt den Erwerb, Art. 14 GG schützt das Erworbene, insinuiert, beide Grundrechte stünden in einem Exklusivitätsverhältnis, trifft das nicht zu. Das Bundesverfassungsgericht sieht denn auch beide Grundrechte „funktionell aufeinander bezogen“ und teilweise den Schutzbe86 

Söllner, RdA 1989, 144, 145. beim Abschluss einer Investorenvereinbarung ein „annäherndes Kräftegleichgewicht“ vorliegt, ist nicht mit der Frage zu verwechseln, inwiefern sie mit den Mitteln von Druck und Gegendruck zustande gekommen ist, was eine Frage der Kampfbefugnis und des Kampfmitteleinsatzes darstellt. Vgl. zur Erstreikbarkeit von Investorenvereinbarungen § 8 D. 88  Siehe nur BVerfG 16. 03. 1971 – 1 BvR 52, 665, 667, 754/66 – AP GG Art. 12 Nr. 48 = BVerfGE 30, 292, 334 f.; BAG 28. 06. 2001 – 6 AZR 114/00 – AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 24 (unter B III 3 c). 87  Ob

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reich beider Grundrechte nebeneinander für eröffnet.89 Das ist nicht weiter überraschend und stimmt mit dem ganz überwiegenden Teil des Schrifttums90 überein, das ebenfalls zumindest von einem partiell deckungsgleichen Anwendungsbereich ausgeht. Die Gewährleistung des Eigentums durch Art. 14 GG schützt nämlich nicht allein den Status quo des erworbenen Besitzstands, sondern auch die eigenwirtschaftliche Nutzung der erworbenen Güter und Rechte.91 Daraus folgt allerdings „kein übergreifender Schutz ökonomisch sinnvoller und rentabler Eigentumsnutzung und hierfür bedeutsamer unternehmerischer Dispositionsbefugnisse“.92 D. h. in einem bestimmten Bereich kann die Verfassung wirtschaftliches Handeln zugleich als Eigentumsnutzung und als berufliche Betätigung schützen. Nur die Verfolgung ökonomischer Ziele unter Nutzung des Eigentums erfasst die Eigentumsfreiheit nicht. Ob dadurch, dass das Verhalten des Investors in den Schutzbereich der Berufsund Eigentumsfreiheit fällt bzw. fallen kann, sein grundrechtlicher Schutz verstärkt ist, mithin der autonome Kernbereich unternehmerischer Entscheidungskompetenz sich ausgedehnt gegenüber einem rein eigentumsrechtlichen Schutz darstellt, scheint zweifelhaft. So hat der beruflich tätige Kapitaleigner beispielsweise nach dem Aktiengesetz nicht weitergehende Stimmrechte und Möglichkeiten zur Einflussnahme als der rein finanziell interessierte Kapitaleigner. Diese Zweifel sind berechtigt, denn unter dem Grundgesetz ist eine Addition des Grundrechtsschutzes verschiedener betroffener Grundrechte, derzufolge das grundrechtliche Schutzniveau im Fall einer mehrfachen Schutzbereichseröffnung insgesamt gehoben wird, nicht statthaft.93 In der Sache beurteilt sich stattdessen ein Grundrechtseingriff vorrangig am sachnäheren oder am stärker geschützten Grundrecht94, absorbiert 89  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 365. 90  Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1, 25; Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 GG, Rn. 222; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 122 f.; gerade „wirtschaftslenkende Maßnahmen“ betreffen regelmäßig die Berufs- und Eigentumsfreiheit, vgl. Manssen, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 12, Rn. 290. 91  Depenheuer, Eigentum, in: HGR V, § 111, Rn. 56; Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 264, Leisner, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VIII, 3. Aufl., § 173, Rn. 41 f. 92  Vgl. BVerfG 06. 10. 1987 – 1 BvR 1086/82, 1 BvR 1468/82, 1 BvR 1623/82 – BVerfGE 77, 84, 118. 93  Dreier, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Vorb., Rn. 158; Rüfner, in: FG BVerfG (1976), Bd. II, S. 453, 477; gegen eine mathematische Addition ebenfalls Hofmann, AöR 133 (2008), 523, 545. 94  Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. IX, 3. Aufl., § 201, Rn. 112; Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, S. 1391 f. Exemplarisch sei insofern das Mitbestimmungsurteil des BVerfG herausgegriffen. Dort führte das BVerfG, nachdem es einen ungerechtfertigten Eingriff in die Eigentumsfreiheit abgelehnt hatte und sich der Berufsfreiheit zuwandte, aus, dass „die verfassungsrechtliche Beurteilung, auch wenn sie sich nach den zu Art. 12 Abs. 1 GG entwickelten Regeln zu richten hat, im Prinzip keine andere sein [kann] als die zu Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dargelegte“, vgl. BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 365. Ähnlich BVerfG

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

daher praktisch die weiteren betroffenen Grundrechte, wozu auch die Dominanz des Verhältnismäßigkeitsprinzips beiträgt, das eine Identität oder weitgehende Annäherung des Prüfungsrahmens stiftet, wenn es den legitimen Zweck und letztlich das Sachargument als entscheidende Kriterien proklamiert und somit die Schrankensystematik des Grundgesetzes verwässert.95 Deswegen ist in Abhängigkeit vom Regelungsgegenstand je nachdem vorwiegend auf das eine oder das andere Grundrecht abzustellen, was bei Investorenvereinbarungen regelmäßig die Eigentumsfreiheit sein wird. Ist sie zulässig beschränkt, kommt im Prinzip keine andere Beurteilung mehr unter dem Aspekt der Berufsfreiheit in Betracht.96 III.  Ergebnis Das erworbene Anteilseigentum des Investors an der Zielgesellschaft ist eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition. Investoren können sich neben der Eigentumsfreiheit häufig auf die Berufs- und Unternehmerfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen, zumal dann, wenn der Investor die Beteiligung aus erwerbswirtschaftlichen Gründen aufbaut und hält. Einen weitergehenden Schutz bietet diese Gewährleistung dem Kapitaleigner in der Regel nicht. Auf diese Rechtspositionen können Gewerkschaften nicht unbegrenzt zugreifen, um arbeitnehmerbezogene, unternehmerische oder organisationsrechtliche Angelegenheiten der Gesellschaft zu regeln. Grenzen setzen der grundsätzlich freien vertraglichen Vereinbarungsmacht von Investor und Gewerkschaft insbesondere die in einem Kernbereich vor Übergriffen geschützte Eigentümerverantwortung des Investors und die aktienrechtliche Kompetenzordnung. Der Kontrollmaßstab bei der Inhaltsüberprüfung von schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen einem Investor und einer Gewerkschaft ist stark reduziert. Man kann der Äußerung des Bundesgerichtshofs, es sei „kein Grund ersichtlich, das Aktieneigentum gegen Eingriffe auf Grund schuldrechtlicher Abreden geringer zu schützen als gegen Eingriffe, die auf einer Satzungsbestimmung oder auf dem Gesetz beruhen“97, mit dieser Diktion nicht beipflichten. Sie lässt die im Normalfall vorliegende gleichberechtigte und paritätische Verhandlung der Vertragsbedingungen unberücksichtigt. Vertragliche Bindungen sind die Folge einer Freiheitsausübung der Vertragsparteien.98 Grundsätzlich können Vertragsbestimmungen des14. 03. 2006 – 1 BvR 2087, 2111/03 – BVerfGE 115, 205, 248 zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. 95 Vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Vorb., Rn. 155; v. Münch/Kunig, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Vorb., Rn. 48. 96 Zutreffend weist Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 GG, Rn. 222 auf die ohnehin ähnliche Schrankenregelung beider Grundrechte hin, die abweichende Ergebnisse zum Ausnahmefall machen. 97  So für eine schuldrechtliche Abrede zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär BGH 22. 01. 2013 – II ZR 80/10 – NJWRR 2013, 410 (unter Rn. 17). 98  Murswiek, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 2, Rn. 37a.

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halb nur inhaltlich überprüft werden und unwirksam sein, wenn sie nicht in einem Prozess wechselseitigen Durchsetzens und Nachgebens zustande gekommen sind, sondern einseitig von einer Vertragspartei diktiert und aufgrund einer strukturellen Unterlegenheit der anderen Seite akzeptiert wurden. Weitgehende Beschränkungen der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit können derweil gegen die guten Sitten verstoßen, ohne dass sich die Freiheitsbeschränkung zwingend mit anderen Sittenwidrigkeitselementen wie der Ausnutzung von Übermacht verbindet.99 Obgleich dies häufig der Fall sein mag.100 Dem Vertragspartner müssen substantiell eigene Entscheidungsspielräume im geschäftlichen Bereich verbleiben. Demgemäß dürfen Einflussmöglichkeiten von Kreditgebern die Handlungs- und Entschließungsfreiheit des Kreditnehmers nicht in einem „Kernbereich der Unternehmensleitung“ beeinträchtigen.101 Mit Blick auf § 138 Abs. 1 BGB werden deshalb weitreichende finanzielle und unternehmerische Covenants kritisch gesehen, die Kreditgebern ermöglichen, durch Informations-, Mitsprache- und Zustimmungsrechte tief in eine kreditnehmende Gesellschaft hineinzuregieren.102 Daraus folgt, dass vertragliche Beschränkungen der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit zivilrechtlich auch unterhalb einer grundrechtsrelevanten Schwelle missbilligt sein können. Wenn Vertragsbestimmungen die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit substanziell einengen, kann dieser vertragliche Übergriff nach der Zivilrechtsordnung unwirksam sein, ohne zugleich einen Übergriff im Sinne eines Grundrechtsverstoßes darzustellen. So liest sich auch die vorbezeichnete Entscheidung, nach der die schuldrechtliche Pflicht eines Aktionärs zur entschädigungslosen Andienung seiner Aktien gegen § 138 Abs. 1 BGB verstößt.103 Für die Beurteilung der Zulässigkeit von vertraglichen Übergriffen in die Rechtsposition eines Investors ist gleichwohl – oder gerade deswegen – ein Rekurs auf den Gewährleistungsgehalt von Art. 14 Abs. 1 GG erforderlich, um den beeinträchtigungsfreien Kernbereich der Herrschaft des Anteilseigentümers über seine Gesellschaft zu bestimmen. Bei Grundlagenentscheidungen, die den Kerngehalt des verfassungsrechtlich gewährleisteten Aktieneigentums ausmachen und die nach der zwingenden Kompetenzverteilung der Aktiengesellschaft ausschließlich den Anteilseignern zugewiesen sind, darf die Bewegungsfreiheit des Kapitaleigners nicht unbillig beschränkt werden. Sie bleibt den Kapitaleignern vorbehalten. Wie Art. 12 Abs. 1 GG dem Arbeitgeber und Unternehmer einen beeinflussungsfreien Kernbe99 Staudinger/Sack/Fischinger, Neubearb. 2017, § 138, Rn. 339; Erman/Arnold, 14. Aufl., § 138, Rn. 120, für den in erster Linie die rechtliche Bindung maßgebend ist. 100 MüKoBGB/Armbrüster, 7. Aufl., § 138, Rn. 72. 101  BGH 07. 01. 1993 – IX ZR 199/91 – NJW 1993, 1587, 1588. 102  Habersack, ZIP 2007, 2145, 2149; Habersack, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30, Rn. 92; Staudinger/Freitag, Neubearb. 2015, § 488, Rn. 140. 103  BGH 22. 01. 2013 – II ZR 80/10 – NJWRR 2013, 410 (unter Rn. 16); zust. MüKoAktG/ Oechsler, 4. Aufl., § 237, Rn. 65a.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

reich unternehmerischer Eigenverantwortung garantiert104, so gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG dem Anteilseigner einen Kernbereich der Eigentümerverantwortung. Aktienrechtlich können Klauseln einer Investorenvereinbarung, die auf eine Stimmbindung des Aktionärs in der Hauptversammlung gegenüber einer Gewerkschaft hinauslaufen, nicht unter dem Gesichtspunkt einer verbotenen Stimmbindung gegenüber gesellschaftsfremden Dritten beanstandet werden. Eine andere Frage ist, ob durch eine vertragliche Übereinkunft Gegenstände geregelt werden können, die die Satzung einer entsprechenden Regelung entzieht. Insoweit können Schranken aus der korporativen Sphäre in die schuldrechtliche Beziehung hinüberwirken.105 Das nimmt man teils für zwischen einem Kreditgeber und dem Vorstand einer Gesellschaft vereinbarte Covenants an, die zu einer Entmachtung der Hauptversammlung durch die Beschränkung der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre führen.106 Sie sind gemäß § 134 BGB nichtig.107 Auch insoweit sind Investorenvereinbarungen mit einer Gewerkschaft kritisch zu würdigen.

D.  Zulässigkeit exemplarischer Regelungsgegenstände Dem Abschluss einer Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft stehen zwar keine grundsätzlichen Bedenken entgegen, dennoch können sich Regelungsgegenstände im Einzelfall als unzulässiger Vereinbarungsinhalt erweisen, weil sie geltendes Gesetzesrecht verletzen oder unverhältnismäßig in die Rechte des Vertragspartners oder Dritter übergreifen. Dafür und für die Frage nach den Rechtswirkungen der eingegangenen Verpflichtungen spielt es eine Rolle, ob die vereinbarten Gegenstände unter dem besonderen Schutz der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG stehen, weshalb vor der Regelungszulässigkeit jeweils die koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit untersucht wird. Von der koalitionsvertraglichen Regelungszuständigkeit hängt allerdings nicht die Regelungszulässigkeit ab, denn Investor wie Gewerkschaft bleibt jenseits der koalitionsvertraglichen Regelungszuständigkeit, mithin außerhalb des Gesamtbereichs der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG, ein Handeln auf der Grundlage der Privatautonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG in der Form des einfachen Schuldvertrags unbenommen. Da bereits festgestellt wurde, dass eine Gewerkschaft durch einen Vertrag mit einem Investor abstrakt die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder wahren und fördern kann108, geht es hier darum, die exemplarischen Gegenstände einer Investorenvereinbarung thematisch dem Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zuzuordnen. 104 

BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B II 1). mit Blick auf die Entscheidung des BGH vom 22. 01. 2013 Noack, NZG 2013, 281, 284. 106  Bochmann, Covenants und die Verfassung der Aktiengesellschaft, S. 124 ff. 107  Bochmann, Covenants und die Verfassung der Aktiengesellschaft, S. 126. 108  Siehe oben § 6 B. I. 105  Dazu

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Erst nach der Beurteilung der koalitionsvertraglichen Regelungszuständigkeit wird die Regelungszulässigkeit untersucht, auf deren rechtliche Bewertung es einen Einfluss hat, dass die nachfolgenden exemplarischen Klauseln in der Regel nur Teil eines Vereinbarungspakets sind. Ein solches Vereinbarungspaket prägt maßgeblich der Gedanke, dass die eine Vertragspartei der anderen in einem Punkt entgegenkommt und die Gegenseite in einem anderen Punkt nachgibt. Darin liegt, wenn man die Frage der Regelungsbefugnis von der Frage der Kampfbefugnis109 trennt und berücksichtigt, dass in der Praxis die im Mittelpunkt stehenden Investorenvereinbarungen zwischen ACS/IG BAU sowie Schaeffler/IG Metall freiwillig ohne den Druck eines Arbeitskampfes zustande gekommen sind, freilich ein Akt der Selbstbestimmung des Investors. Er befindet darüber, welche (Anteils-)Eigentümerbefugnisse er vertraglich gegenüber der Gewerkschaft einschränkt, damit diese ihm wiederum an anderer Stelle entgegenkommt. Das kann auch nicht unter dem Deckmantel der grundrechtlichen Schutzpflichten bezweifelt werden, denn man muss im Regelfall mangels einer strukturellen Unterlegenheit des Investors ein annäherndes Kräftegleichgewicht beider Verhandlungspartner annehmen.110 Daraus ergibt sich, dass in dem Abschluss einer Investorenvereinbarung grundsätzlich keine Einschränkung der (Anteils-)Eigentümerbefugnisse oder der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Investors liegt. Statt um eine Einschränkung seiner Eigentums- und Unternehmerfreiheit handelt es sich in erster Linie um eine Ausübung dieser Rechte.111 Trotzdem kann man nicht jeder vertraglichen Verpflichtung eines Investors in einer Investorenvereinbarung eine übergreifende Wirkung absprechen und sie als bloße Grundrechtsausübung abtun. Das Augenmerk muss vielmehr auf der Frage liegen, welche Klauseln eine nicht rechtfertigungsbedürftige Grundrechtsausübung darstellen und welche unzulässig in Grundrechte des Investors übergreifen. Im Mittelpunkt der Prüfung, welche Gegenstände in einer Investorenvereinbarung vereinbart werden können, stehen solche Gegenstände, die Inhalt der Vereinbarungen zwischen Schaeffler/IG Metall vom 23. Februar 2009 sowie ACS/ IG BAU vom 21. Dezember 2010 waren.112 Die vereinbarten Inhalte betreffen insbesondere arbeitsverhältnisbezogene, unternehmenspolitische und organisationsrechtliche Fragen, daneben aber auch das Verhältnis der Sozialpartner zueinander, die Frage nach dem anwendbaren Recht oder die Einschaltung eines Garanten. 109  Gemeint ist damit die Frage, ob die IG BAU oder IG Metall den Abschluss der Investorenvereinbarung gegenüber den Investoren ACS bzw. Schaeffler hätten erstreiken dürfen, vgl. dazu § 8 D. 110  Siehe oben § 7 C. II. 3. 111  Allg. sieht man in Verträgen über die Belastung, Nutzung oder Veräußerung von Eigentumspositionen den Ausfluss der Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 GG, vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 GG, Rn. 229; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 14, Rn. 101. 112 Dazu Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 70 ff.; Berg/Kocher/Schumann-Wankel/ Schoof, 5. Aufl., § 2, Rn. 172.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

I.  Arbeitsverhältnisbezogene Gegenstände 1.  Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit a)  Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen Die koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit der Vertragsparteien besteht, sofern der vertragliche Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zugeordnet werden kann.113 Darunter fasst die h. M. sämtliche Bedingungen zusammen, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird oder die sich regulierend auf den Arbeitsmarkt auswirken.114 Keineswegs sind hiervon ausschließlich Bedingungen erfasst, die den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses betreffen. Vielmehr zählen hierzu auch kollektivvertragliche Vorgaben zur Begründung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Gerade der zeitlich begrenzte Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen, der die Beendigungsmöglichkeit eines Arbeitsverhältnisses aus unternehmenspolitischen Erwägungen erheblich einschränkt, kann deshalb dem Doppelbegriff der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zugeordnet werden.115 b)  Aufrechterhaltung des kollektivrechtlichen Status quo Bestimmungen zur Aufrechterhaltung des kollektivrechtlichen Status quo, wie sie in der Vereinbarung von ACS mit der IG BAU116 oder in der Vereinbarung von Schaeffler mit der IG Metall zugesagt worden sind, letztere mit dem zusätzlichen Versprechen, bestehende Tarifverträge auch bei möglichen Neustrukturierungen oder Betriebsübergängen zugrunde zu legen117, werfen bereits auf den ersten Blick die Frage auf, ob sie dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zugeordnet werden können. Technisch regeln solche Klauseln selbst keine Arbeitsbedingungen. Stattdessen schließen sie zeitlich begrenzt eine Änderung bestehender Arbeitnehmerrechte in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen aus. Dennoch müssen solche Klauseln den Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen zugeordnet werden, weil wegen des Wortlauts von Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG nicht bezweifelt werden kann, dass sich durch die Sicherung des Fortbestands bestehender Arbeitnehmerrechte die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von abhängig Beschäftigten wahren lassen. Außerdem können nicht 113  Unerheblich ist hingegen, welcher Rechtsnormenkategorie des § 1 Abs. 1 HS 1 TVG der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zugeordnet werden kann (dazu Däubler/ Heuschmid/Klein, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 897), denn Investor und Gewerkschaft können einen solchen Vereinbarungsgegenstand ohnehin nicht zum Inhalt eines Tarifvertrags erklären, vgl. § 6 A. 114  Zum Meinungsstand § 5 B. III. 1. b). 115  Ebenso Kempen/Zachert/Buschmann, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 502. 116  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 4). 117  Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 c).

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nur Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die unmittelbar selbst den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses bestimmen, sondern auch Klauseln, die ein Tarifniveau in Krisen- oder Umbruchzeiten verteidigen, Arbeitsbedingungen von abhängig Beschäftigten wahren und fördern.118 Unter den Schutz von Art. 9 Abs. 3 GG fällt deshalb der Schutz des Individualarbeitsverhältnisses mit Hilfe des Tarifvertrags sowie der Schutz des Tarifvertrags mittels koalitionsvertraglicher Abreden mit einem Investor.119 2.  Regelungszulässigkeit a)  Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen Fraglich ist, ob die Verpflichtung eines Investors, seine mitgliedschaftlichen Mitwirkungsrechte und informellen Einwirkungsrechte für den Erhalt von Arbeitsplätzen und gegen die Aussprache von betriebsbedingten Kündigungen einzusetzen, seine Eigentums- und ggf. Unternehmerfreiheit über Gebühr und somit unzulässig beeinträchtigt. Von einer Regelungsunzulässigkeit und einer insoweit nichtigen Vereinbarung gem. der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB120 könnte wegen der Grundannahme, dass der Abschluss einer Investorenvereinbarung für beide Vertragsparteien und damit eben auch für den Investor einen Akt der Selbstbestimmung darstellt, nur ausgegangen werden, wenn die Verpflichtung zum Einsatz für einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen einen Übergriff in den Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors (Anteilseigners) bedeutet und dieser Übergriff sich bei der Abwägung mit anderen Gütern von Verfassungsrang als unverhältnismäßig erweist.121 Einer solchen Klausel fehlt bereits die Qualität eines Übergriffs in den Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors. Dazu können insbesondere den Eigentümern vorbehaltene gesellschaftsrechtliche Grundlagen- und Organisationsentscheidungen gerechnet werden, nicht aber vorübergehende Einschränkungen der Einflussnahme auf die Personalpolitik. Weder die im Anteilseigentum verkörperte mitgliedschaftliche Stellung mit den korrespondierenden Stimmrechten in der Hauptversammlung, noch die vermögensrechtliche Komponente des Anteilseigentums mit den verbundenen Ausschüttungs-, Dividenden- und Ver118 

Im Erg. wie hier Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 70. der Koalitionsfreiheit insbesondere der Schutz des Individualarbeitsverhältnisses anheimgestellt ist, lässt sich der Schutz des diesbezüglichen Kollektivvertrags mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG nicht leugnen. 120  Beide Vorschriften dienen der Inhaltskontrolle von Rechtsgeschäften, vgl. Staudinger/ Sack/Fischinger, Neubearb. 2017, § 138, Rn. 8; so zu § 138 Abs. 1 BGB ausdrücklich BGH 25. 01. 1990 – I ZR 19/87 – AP GG Art. 9 Nr. 58 (unter 3 b aa) = BGHZ 110, 156, 174. 121  Zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts durch die Verletzung von Grundrechtsnormen: grundlegend BVerfG 15. 01. 1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198, 206; BVerfG 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84 – AP GG Art. 12 Nr. 65 = BVerfGE 81, 242, 256; siehe ferner Staudinger/Sack/Fischinger, Neubearb. 2017, § 138, Rn. 22. 119 Obgleich

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

wertungsrechten werden durch die Begründung einer Einwirkungspflicht des Investors eingeschränkt, denn beide verfassungsrechtlich gebotenen Teilgewährleis­ tungen beziehen sich nicht auf ein Entscheidungsrecht in Personalangelegenheiten. Im Grunde schreiben die Vertragsparteien insofern nur das fest, was aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Mediatisierung der Eigentümerbefugnisse des Anteilseigners gesetzlich ohnehin gilt. Die Personalpolitik bleibt dem zur Vertretung des Rechtsträgers befugten Organ vorbehalten und die hinter dem Rechtsträger stehenden Kapitaleigner halten sich aus dieser Angelegenheit heraus. Nicht zuletzt spricht dafür, dass in Tarifverträgen zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft seit langem die Zulässigkeit eines Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen anerkannt ist.122 Es wäre jedoch wenig einsichtig, eine Vereinbarung über den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen mit dem nach der Unternehmensverfassung zuständigen Entscheidungsträger, dem Rechtsträger, vertreten durch das Unternehmensleitungsorgan, zuzulassen, zugleich aber eine Vereinbarung mit einem Investor, der ohnehin nach der Unternehmensverfassung nicht zur Entscheidung in Personalangelegenheiten berufen ist, als unzulässig anzusehen. Folglich kann der Investor wirksam versprechen, auf den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen hinzuwirken. b)  Aufrechterhaltung des kollektivrechtlichen Status quo Die Verpflichtung eines Investors, den kollektivrechtlichen Status quo zu schützen bzw. jede Änderung der Arbeitsbedingungen zulasten der Arbeitnehmer über eine Einwirkung auf seine von ihm benannten Aufsichtsrats- und ihm nahestehenden Vorstandsmitglieder zu unterlassen, ist ebenso wenig angreifbar wie die Bemühensklausel um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Zu den Kernaufgaben der Koalitionen zählt der Schutz der Bedingungen, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird. Eben diese Bedingungen werden ganz überwiegend durch Kollektivverträge im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG geregelt. Deshalb ist das Interesse einer Gewerkschaft legitim, im Fall einer Änderung der personellen Zusammensetzung der Anteilseigner die rechtliche Trennung von gesellschafts- und arbeitsrechtlicher Ebene123 auch faktisch durchzusetzen, indem die bestehenden Kollektiv­ verträge wenigstens vorübergehend beeinträchtigungsfrei fortgelten. Mit Blick auf § 613a Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem die kollektiv geregelten Arbeitsbedingungen selbst im Fall des Rechtsträgerwechsels zumindest für ein Jahr fortgelten, kann die vertragliche Verpflichtung eines Investors, seinen Einstieg in den Kreis der Anteilseigner nicht zum Anlass eines Absenkens des kollektivrechtlichen Niveaus zu nehmen, nicht angegriffen werden. 122  BAG 24. 02. 2011 – 2 AZR 830/09 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 91 (unter Rn. 21); BAG 18. 03. 2010 – 2 AZR 337/08 – AP BGB § 626 Nr. 228 (unter Rn. 17); BAG 10. 05. 2007 – 2 AZR 626/05 – AP BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 1 (unter Rn. 25); BAG 08. 04. 2003 – 2 AZR 355/02 – AP BGB § 626 Nr. 181 (unter II 3 b bb). 123  Siehe dazu § 2 B. II. 1.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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II.  Unternehmenspolitische Gegenstände 1.  Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit a)  Standortzusage Die Zuordnung von Standortzusagen zum Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen wird insbesondere seit der Jahrtausendwende kontrovers diskutiert. So hat die zwischenzeitlich weitgehend zurückgewiesene Auffassung, welche das Begriffspaar allein auf Arbeitsbedingungen reduziert, gerade in der Frage einer Steuerung von unternehmerischen Initiativen neuen Auftrieb gewonnen. Sie schließt eine Zuordnung zur sachlichen Regelungsgewalt gem. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG mangels eines ausreichenden Bezugs zum Arbeitsverhältnis aus.124 Speziell die Standorterhaltung sei eine dem Art. 9 Abs. 3 GG vorgelagerte Angelegenheit, die darüber entscheidet, ob überhaupt und wenn, wie viele Arbeitnehmer nachgefragt werden, weshalb erst die nachfolgenden Fragen den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit betreffen.125 Entsprechend zum Ausgang der grundsätzlichen Debatte126 über das Verständnis der Doppelformel positioniert sich das überwiegende Schrifttum entgegengesetzt und ordnet Regelungen über die Standortaufrechterhaltung den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu.127 Es geht zu Recht davon aus, dass ein hinreichender arbeitsrechtlicher Zusammenhang zu den Arbeitsverhältnissen der abhängig Beschäftigten besteht, zumal die beschäftigungsrelevante Reaktion (die Kündigung der Arbeitsverhältnisse) des Arbeitgebers nicht vermittelt über das Marktverhalten Dritter, sondern unmittelbar aufgrund einer Entscheidung des Arbeitgebers in seiner Funktion als Unternehmer eintritt.128 Auf diesem Standpunkt steht offenbar auch das Bundesarbeitsgericht, denn obwohl es zuletzt offengelassen hat, inwiefern die Standortverlagerung der koalitionären Regelungsmacht unterfällt129, hielt es in der Vergangenheit eine Fortführungsverpflichtung für Kureinrichtungen für „eine Art Bestandsgarantie“ und beanstandete gleichwohl nicht die mangelnde Regelungskompetenz130. Folglich muss man Standortvereinbarungen zu den Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG rechnen. 124 

Lobinger, Arbeitskämpfe bei Standortschließungen und –verlagerungen?, § 3, Rn. 24. Franzen, ZfA 2005, 315, 329; Löwisch, DB 2005, 554, 556. 126  Siehe § 5 B. III. 1. 127  Cherdron, Tarifliche Sanierungs- und Sozialplanvereinbarungen, S. 424 ff.; ­Fischinger, Arbeitskämpfe bei Standortverlagerung und -schließung, S. 56 ff.; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 220; Krause, Standortsicherung und Arbeitsrecht, S. 63; Olschewski, Standorterhaltung und Arbeitskampf, S. 124. 128 Vgl. Krause, Standortsicherung und Arbeitsrecht, S. 63. 129  BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 111). 130  BAG 04. 04. 2001 – 4 AZR 237/00 – AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 26 (unter II 1 f bb); LAG Niedersachsen 18. 05. 2011 – 17 SaGa 1939/10 – BeckRS 2011, 74667 (unter II 2.2) = AiB 2011, 481, 483 hält zumindest freiwillige Standortvereinbarungen für unbedenklich gem. Art. 9 Abs. 3 GG. 125 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

b)  Investitionszusage Fraglich ist ferner die Zuordnung von Investitionsversprechen zum Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Investitionszusagen, die den Arbeitgeber verpflichten, durch Gehaltskürzungen und Kurzarbeit eingesparte finanzielle Mittel zweckgebunden zum Abbau eines Investitionsstaus zu verwenden oder schlicht die Zusage, künftig wie in der Vergangenheit Unternehmensgewinne in das Unternehmenswachstum zu reinvestieren131, stellen nämlich zunächst einmal eine Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen ohne einen unmittelbaren Bezug zu den Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten dar. Da aber auch ein mittelbarer Bezug zum Arbeitsverhältnis ausreicht, bewegen sich Vereinbarungen einer Gewerkschaft mit einem Investor über die Verwendung von Unternehmensgewinnen unter der Einschränkung eines arbeitsrechtlichen Zusammenhangs im Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG.132 Schließlich muss die koalitionsrechtliche Zuständigkeit wenigstens insoweit auf unternehmerische Kausalfaktoren mit einer bloß mittelbaren Auswirkung auf die Arbeitsverhältnisse bezogen sein, als eine Koalition nur so wirksam ihren verfassungsrechtlichen Schutzauftrag erfüllen kann133, weshalb die Qualifikation einer vertraglichen Einflussnahme auf Investitionsentscheidungen als Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG unter der genannten Bedingung134 nicht in Zweifel steht. Ohne diese Einschränkung sah zuletzt die Rechtsprechung zumindest zeitlich begrenzte, freiwillige Investitionsversprechen als von der Regelungsmacht nach Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt an.135

131 

So bspw. Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 2). Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1391; MüArbR/Löwisch/Rieble, 3. Aufl., § 155, Rn. 24; ferner Söllner, JahrbArbR 16 (1978), S. 19, 27, der mit der Einflussnahme auf Investitionsentscheidungen den Koalitionszweck, nicht aber die Mittel und Wege verfassungsrechtlich garantiert sieht; anders Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 88. 133 MüArbR/Löwisch/Rieble, 3. Aufl., § 155, Rn. 24; ähnlich BAG 03. 04. 1990 – 1 AZR 123/89 – AP GG Art. 9 Nr. 56 (unter B II 2), das unternehmerische Sachentscheidungen dem Regelungsauftrag des Art. 9 Abs. 3 GG zuordnet, wenn sich die wirtschaftliche und soziale Seite einer unternehmerischen Maßnahme nicht trennen lassen; ferner für den Tarifvertrag Vollmer, JA 1978, 53, 54. 134  Hinsichtlich der Frage, ob ein ausreichender arbeitsrechtlicher Zusammenhang besteht, lässt sich einerseits daran anknüpfen woher das Investitionskapital stammt, andererseits daran wofür es verwendet werden soll. Inwiefern der Investor das Investitionskapital aus eigenen Mitteln aufbringen muss oder Mittel aus Einsparungen, die Arbeitnehmer erbracht haben, verwendet werden sollen, kann diesbezüglich nur eine nachrangige Bedeutung haben, denn in erster Linie muss entscheidend sein, wofür der Investor das Investitionskapital einsetzt und inwiefern ein Bezug zu den Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten besteht. 135  LAG Niedersachsen 18. 05. 2011 – 17 SaGa 1939/10 – BeckRS 2011, 74667 (unter II 2.2) = AiB 2011, 481, 483. 132 Ähnlich

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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c)  Keine Einmischung des Investors ins operative Geschäft Ein hinreichender arbeitsrechtlicher Bezug zu den Bedingungen, unter denen abhängig Beschäftigte ihre Arbeit leisten, könnte bei Versprechen wie dem von ACS an die IG BAU136, die Verantwortung für das operative Geschäft von HOCHTIEF beim Vorstand zu belassen und sich als Gesellschafter nicht in die operativen Angelegenheiten des Managements einzumischen, fehlen. Der betreffende Vereinbarungsgegenstand regelt ohne einen Bezug zu jeder Sachmaterie das Verhältnis von ACS in der Rolle als Aktionär zur Unternehmensführung von HOCHTIEF und steuert ersichtlich keine arbeitnehmerbezogenen Entscheidungen. Durch die Regelung wird mithin nicht das arbeitsrechtsrelevante unternehmerische Verhalten von ACS reguliert, sondern generell jede Einflussnahme auf die Unternehmenspolitik ausgeschlossen. Die Klausel soll die Unabhängigkeit von HOCHTIEF wahren. Obgleich der vertragliche Ausschluss einer Einmischung des Investors ins operative Geschäft nicht in den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG fällt137, ist eine solche Regelung zumindest als einfacher Schuldvertrag auf der Grundlage der Privatautonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG möglich, soweit diese Regelung nicht gegen objektives Recht oder Rechte Dritter verstößt. 2.  Regelungszulässigkeit a)  Standortzusage Weil mit der Zuordnung einer Standortzusage zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG die koalitionsrechtliche Regelungszuständigkeit dargetan ist, bleibt zuletzt offen, ob dem Versprechen des Investors in einer Investorenvereinbarung, sich für die Erhaltung eines bestimmten Standortes einzusetzen, die Zulässigkeit versagt werden muss, weil sie seine Eigentums- und Unternehmerfreiheit verletzt. aa) Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung Das ist nur möglich, wenn eine solche Zusage zunächst überhaupt einen Übergriff in den Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung des Investors bedeutet. Daran bestehen wegen der gesellschaftsrechtlichen Mediatisierung des Anteilseigentums Zweifel, zumal die Mediatisierung in der Aktiengesellschaft mit der unbeschränkten Leitungsbefugnis des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG besonders ausgeprägt ist. Damit die Verpflichtung eines Investors zur Standortaufrechterhaltung den Kernbereich seiner (Anteils-)Eigentümerverantwortung betrifft, müsste die vermögensrechtliche oder die herrschaftsrechtliche Komponente des Anteilseigentums berührt sein, was man jedenfalls für die Regelung solcher Gegenstände 136  137 

Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 3). Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

annehmen muss, die nach der Holzmüller-138 und Gelatine-139 Entscheidung des Bundesgerichtshofes ausnahmsweise zur ungeschriebenen Kompetenz der Hauptversammlung zählen, weil Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstandes „so tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen […], dass diese Auswirkungen an die Notwendigkeit einer Satzungsänderung heranreichen“140. Denn die vertragliche Verpflichtung eines Investors gegenüber einer Gewerkschaft in derart grundlegenden Geschäftsführungsmaßnahmen, die trotz der streng austarierten Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung entgegen der Grundregel des § 76 Abs. 1 AktG als ungeschriebene Ausnahme der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen, zieht einen Übergriff in die Eigentümerverantwortung des Investors nach sich. Wenn also eine Geschäftsführungsmaßnahme wegen ihrer überragenden Bedeutung für die Gesellschaft entgegen der Grundregel des § 76 Abs. 1 AktG in die Verantwortung der Aktionäre fällt und deshalb eine ungeschriebene Kompetenz der Hauptversammlung vorliegt, läge in einer vertraglichen Verpflichtung der Aktionäre, in einem bestimmten Sinn abzustimmen, zugleich ein Übergriff in ihre Eigentümerverantwortung.141 Es stellt sich daher die Frage, ob die Entscheidung über eine Standortschließung oder -verlagerung zu den nur in engen Grenzen anerkannten ungeschrieben Kompetenzen der Hauptversammlung zählt. Mit der Gelatine-Entscheidung hat die Rechtsprechung zwar die Voraussetzungen für die Annahme einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz weiter präzisiert, dennoch ist der Rechtsanwender weitgehend darauf verwiesen, qualitative und quantitative Auswirkungen einer Geschäftsführungsmaßnahme zu bewerten und als Indizien bei der Bestimmung zu berücksichtigen.142 So soll qualitativ maßgeblich der Eintritt eines Mediatisierungseffekts erforderlich sein und die rein wirtschaftlich erhebliche Bedeutung der Maßnahme nicht ausreichen.143 138 

BGH 25. 02. 1982 – II ZR 174/80 – BGHZ 83, 122 ff. BGH 26. 04. 2004 – II ZR 155/02 – BGHZ 159, 30 ff. 140  BGH 26. 04. 2004 – II ZR 155/02 – BGHZ 159, 30, 40; im Wesentlichen bereits BGH 25. 02. 1982 – II ZR 174/80 – BGHZ 83, 122, 131; BGH 15. 01. 2001 – II ZR 124/99 – BGHZ 146, 288, 296. Diese Rechtsprechung findet nicht ausschließlich Anwendung in Fällen der Ausgliederung und Umstrukturierung von Unternehmensbeteiligungen im Konzern, sondern auch in Fällen ohne einen Konzernbezug, vgl. Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 29. 141  Wegen der grds. Zulässigkeit von Stimmbindungen gegenüber gesellschaftsfremden Dritten läge aber selbst darin noch nicht zwangsläufig ein unzulässiger Übergriff in den Rechtskreis des Investors. Vielmehr müsste man anschließend einen verhältnismäßigen Ausgleich mit den Grundrechtspositionen der Gewerkschaft überprüfen. 142 Vgl. Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 30, 32. 143  So wohl BGH 20. 11. 2006 – II ZR 226/05 – ZIP 2007, 24, 24; deutlicher OLG Köln 15. 01. 2009 – 18 U 205/07 – ZIP 2009, 1469, 1471; OLG Stuttgart 13. 07. 2005 – 20 U 1/05 – ZIP 2005, 1415, 1418; Habersack, AG 2005, 137, 145; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 119, Rn. 22; Hofmeister, NZG 2008, 47, 48 f., 50; Kort, AG 2006, 272, 274; Spindler, in: Schmidt/ 139 

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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Quantitativ müsse hinzutreten, dass die Geschäftsführungsmaßnahme in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft an die Ausmaße des im Holzmüller-Fall zugrundeliegenden Sachverhalts heranreiche144, weshalb überwiegend davon ausgegangen wird, die Geschäftsführungsmaßnahme müsse sich auf 70 – 80% des Gesellschaftsvermögens auswirken.145 Aus diesem Grund spielt es für Standortsicherungsklauseln einer Investorenvereinbarung regelmäßig keine Rolle, ob man wie ein Teil des Schrifttums146 das qualitative Element in seiner Indizwirkung zurücksetzt und sich vorrangig am quantitativen Element, mithin einer Überschreitung der Wesentlichkeitsschwelle, orientiert. In der Regel werden Standorte nämlich lediglich verlagert, um Personalkosten einzusparen. Dann berührt die Standortschließung an einem Ort jedoch nicht substanziell die Vermögensinteressen der Anteilseigner, da an einem anderen Ort der Standort wieder errichtet wird. Nur die ersatzlose Betriebsschließung könnte die quantitativen Anforderungen an eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz erfüllen und insofern im Ergebnis von der herrschenden Gegenauffassung abweichen.147 Die ersatzlose Stilllegung eines beträchtlichen Betriebsteils wird aber ein selten bleibender Fall sein. bb) Ergebnis Mangels einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz für Entscheidungen über Standortverlagerungen fällt der Abschluss einer Standortsicherungsklausel nicht in den Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung eines Investors. Die herrschende Auffassung vermisst insoweit einen Mediatisierungseffekt, wohingegen nach einem Teil des Schrifttums zumindest bei Standortverlagerungen die Wesentlichkeitsschwelle nicht übertreten ist. Im Regelfall zeichnet nach § 76 Abs. 1 AktG der Vorstand einer Aktiengesellschaft verantwortlich für Standortverlagerungen. Folglich greift die Verpflichtung eines Investors, sich für die Aufrechterhaltung eines Standortes einzusetzen, bereits nicht in den KernbeLutter, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 30, 34; anders OLG Schleswig 08. 12. 2005 – 5 U 57/04 – ZIP 2006, 421, 424; ferner offenbar OLG München 10. 11. 1994 – 24 U 1036/93 – AG 1995, 232, 233; OLG Karlsruhe 12. 03. 2002 – 8 U 295/00 – AG 2003, 388, 389; OLG Stuttgart 14. 05. 2003 – 20 U 31/02 – ZIP 2003, 1981, 1988 f.; LG München I 24. 08. 2006 – 5 HKO 1558/06 – AG 2007, 336, 337 f. 144  BGH 26. 04. 2004 – II ZR 155/02 – BGHZ 159, 30, 45. Zu den übertragenen Vermögensteilen im Holzmüller-Fall siehe die Entscheidung der Vorinstanz OLG Hamburg 05. 09. 1980 – 11 U 1/80 – ZIP 1980, 1000 ff., insb. 1005. 145  Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 119, Rn. 25; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 32. 146  Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 30; Bungert, BB 2004, 1345, 1350. Goette, AG 2006, 522, 525 stellt klar, dass der BGH keineswegs eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz an den Eintritt eines Mediatisierungseffekts gebunden hat. Das ist zumindest dann schlüssig, wenn man wie Mülbert, GroßKommAktG, 4. Aufl., § 119, Rn. 33 das Schutzobjekt weniger in den mitgliedschaftlichen Herrschaftsrechten als vielmehr in den Vermögensinteressen der Aktionäre sieht. 147  So bspw. Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 32.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

reich seiner Eigentümerverantwortung über. Eine Gewerkschaft kann deshalb eine entsprechende Klausel mit einem Investor vereinbaren. b)  Investitionszusage Fraglich ist, ob die Investitionszusage eines Investors an eine Gewerkschaft in den Kernbereich seiner Eigentümerverantwortung übergreift und die Verpflichtung zugleich keinen verhältnismäßigen Ausgleich mit gleichrangigen Rechtsgütern der Gewerkschaft findet. Die Existenz eines arbeitsrechtlichen Bezugs der angestrebten Investition bestimmt grundsätzlich nicht unmittelbar über die Zulässigkeit einer Investitionsvereinbarung, sondern nur darüber, ob sich die Gewerkschaft auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG koalitionsspezifisch betätigt oder auf der Grundlage der Privatautonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG handelt, und gewinnt somit grundsätzlich erst Bedeutung bei der Frage eines verhältnismäßigen Ausgleichs der Rechtspositionen. Gleichwohl kann sie auch beim Eingriff eine Rolle spielen, denn offensichtlich greift ein Investitionsversprechen nicht in die (Anteils-)Eigentümerverantwortung eines Investors über, sofern die zu verwendenden Kapitalmittel aus Einsparungen seitens der Belegschaft resultieren. Weder das mitgliedschaftliche Herrschaftsrecht noch vermögensrechtliche Interessen der Anteilseigner berührt eine solche Investitionszusage. Derweil könnte eine Verpflichtung, Unternehmensgewinne in das Wachstum der Gesellschaft sowie in Forschung und Entwicklung zu reinvestieren148, sehr wohl den Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors betreffen. aa) Gewinnverwendungsfreiheit der Anteilseigner § 174 Abs. 1 S. 1 AktG legt die Entscheidungsbefugnis über die Verwendung des Bilanzgewinns in die Hände der Hauptversammlung. Dieses Recht kann nicht auf den Vorstand oder den Aufsichtsrat durch Satzung oder Beschluss der Hauptversammlung übertragen werden.149 Eine Übertragung auf eine außenstehende Stelle ist ebenfalls ausgeschlossen.150 Dass eine Aktiengesellschaft durch Rechtsgeschäft über den Jahreserfolg verfügen kann, beispielsweise durch den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags nach § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG, bildet davon keine Ausnahme, weil auch bei derartigen Verträgen ein Zustimmungserfordernis die alleinige Zuständigkeit der Hauptversammlung sichert (vgl. § 293 Abs. 1 S. 1 AktG).151 Davon zu trennen ist die Bindung der Stimmausübung durch einen Investor beim Gewinnverwendungsbeschluss auf der Hauptversammlung an die Interessen einer Gewerkschaft. Die einfachrechtlich normierte Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung wird dadurch nicht eingeschränkt. Es 148 

Vgl. die Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 2). Euler/Klein, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 174, Rn. 7; Drygala, in: Schmidt/ Lutter, AktG, 3. Aufl., § 174, Rn. 3. 150 MüKoAktG/Hennrichs/Pöschke, 3. Aufl., § 174, Rn. 4. 151 GroßKommAktG/Brönner, 4. Aufl., § 174, Rn. 10. 149 

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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könnte allerdings ein Übergriff in die Gewinnverwendungsfreiheit des konkreten Anteilseigners vorliegen. Das setzt voraus, dass die Gewinnverwendungsfreiheit gegenständlich in den Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung fällt und das zugesicherte Investitionsversprechen einen privatrechtlichen Übergriff darin darstellt, der in keinem verhältnismäßigen Ausgleich zu den Interessen der Arbeitnehmer steht. Es könnte die vermögensrechtliche Komponente des Aktieneigentums berührt sein, wenn nicht erst das Recht auf Teilhabe am verteilten Bilanzgewinn dazu zählt, sondern bereits die Entscheidung über die Verwendung des erzielten Bilanzgewinns. Zunächst ist die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns eine dem Recht auf Teilhabe am Bilanzgewinn vorgelagerte Frage, ohne deren Entscheidung zugunsten einer Ausschüttung überhaupt kein Teilhaberecht der Anteilseigner entsteht, weshalb der verfassungsrechtliche (Anteils-)Eigentumsschutz die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns umfasst. Dass derjenige, der Kapital in eine Unternehmung investiert und die Risiken daraus trägt, folgerichtig über die Verwendung der daraus erwirtschafteten Gewinne entscheiden kann, lässt sich ferner mit Blick auf das verfassungsrechtlich gewährleistete Herrschaftsrecht der Anteilseigentümer begründen. So garantiert Art. 14 Abs. 1 GG den Anteilseignern über die Ausübung von Herrschaftsrechten zumindest mittelbar die Leitung der Gesellschaft, weil die Anteilseigner das haftende Kapital aufbringen und sich somit sämtliche Entscheidungen zumindest gesellschaftsrechtlich vermittelt auf die Kapitaleigner zurückführen lassen müssen. Das bezieht sich unterdessen nicht bloß auf die Entscheidung von Sachfragen und Personalangelegenheiten, auch in vermögensrechtlichen Kernangelegenheiten der Gesellschaft gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG den Anteilseigentümern eine Steuerungsmöglichkeit. Das Anteilseigentum vermittelt dem Aktionär eine Teilherrschaft in vermögensrechtlichen Kernangelegenheiten der Aktiengesellschaft. Zum Kernbereich der Eigentümerverantwortung muss man deshalb die dem Gewinnbeteiligungsanspruch vorgelagerte Freiheit der Anteilseigner rechnen, frei darüber zu entscheiden, ob sie die erwirtschafteten Gewinne der Gesellschaft entziehen und für sich behalten oder diese in der Gesellschaft belassen. Obligatorische Investitionsvereinbarungen zwischen Gewerkschaft und Investor müssten in diesen Kernbereich der vermögensrechtlichen (Anteils-)Eigentümerverantwortung unverhältnismäßig übergreifen. Erwirtschaftete Gewinne der Gesellschaft kann der Investor aufgrund der vertraglichen Verpflichtung nicht entziehen, also nicht frei über die Verwendung des Unternehmensgewinns disponieren, sondern er muss diesen vollständig oder teilweise in der Gesellschaft belassen. Folglich greift die vertragliche Bindung in den Kernbereich der vermögensrechtlichen Eigentümerverantwortung der Anteilseigner über. Ob dieser Übergriff unverhältnismäßig ist, beurteilt sich nach dem Investitionszweck, also nach dem arbeitsrechtlichen Zusammenhang der Investition, welcher vorliegt, wenn die Investition in Bezug zu den Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten steht. Dann würde die Gewerkschaft unter dem Schutz von

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG handeln.152 Andernfalls, wenn kein arbeitsrechtlicher Bezug der Investition besteht, agiert die Gewerkschaft bloß auf der Grundlage der Privat­ autonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG, die es nicht rechtfertigt, dem Investor in einem Kernbereich seiner vermögensrechtlichen (Anteils-)Eigentümerverantwortung die sachliche Verwendung des Gewinns vertraglich vorzuschreiben. Hinsichtlich der Frage, ob ein ausreichender arbeitsrechtlicher Zusammenhang besteht, lässt sich einerseits daran anknüpfen, woher das Investitionskapital stammt, andererseits daran, wofür es verwendet werden soll. Inwiefern der Investor das Investitionskapital aus eigenen Mitteln aufbringen muss oder Mittel aus Einsparungen, die Arbeitnehmer erbracht haben, verwendet werden sollen, kann diesbezüglich nur eine nachrangige Bedeutung haben, denn in erster Linie muss entscheidend sein, wofür der Investor das Investitionskapital einsetzt und inwiefern ein Bezug zu den Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten besteht. bb) Mitgliedschaftlicher Gewinnbeteiligungsanspruch Wenn Anteilseigner durch die Reinvestition von Unternehmensgewinnen potenziell zukünftig eigene Kapitalmittel in die Gesellschaft aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung einbringen müssen, berührt das zwar nicht die mitgliedschaftlich-herrschaftsrechtliche Komponente der (Anteils-)Eigentümerverantwortung, möglicherweise könnte aber die vermögensrechtliche Komponente beeinträchtigt sein, denn die Anteilseigner bringen das haftende Kapital auf und tragen somit das wirtschaftliche/unternehmerische Risiko. Allerdings bestehen insofern Zweifel, weil eine solche Verpflichtung nicht an die Substanz der bestehenden Kapitaleinlage geht, nach herkömmlicher Auffassung bloß zukünftige Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Chancen oder Hoffnungen darauf 153 ebenso wie das nicht konkretisierte154 Recht der Aktionäre auf einen Anteil am Bilanzgewinn jedoch nicht zum von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentum zählen. So bezieht sich der eigentumsrechtliche Schutz nach Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich erst auf Teilhabe am verteilten Bilanzgewinn155, was der allgemeinen Vorstellung entspricht, Art. 14 Abs. 1 GG schütze vergangenheitsgewandt den Bestand bereits erworbener Rechtspositionen, hingegen nicht zu152 

Siehe § 7 D. II. 1. b). das Betriebseigentum BGH 31. 01. 1966 – III ZR 110/64 – BGHZ 45, 150, 155; BGH 28. 02. 1980 – III ZR 131/77 – BGHZ 76, 387, 394; BVerfG 20. 04. 2004 – 1 BvR 1748/99, 905/00 – BVerfGE 110, 274, 290; BVerwG 15. 12. 2011 – 3 C 40/10 – NJW 2012, 1608 (unter Rn. 33). 154  Ein konkreter Gewinnbeteiligungsanspruch, der dann zu den von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen gerechnet werden müsste, entsteht erst, wenn der Jahresabschluss und der darin ausgewiesene Bilanzgewinn festgestellt sind, vgl. BGH 28. 10. 1993 – IX ZR 21/93 – BGHZ 124, 27, 31 f.; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 58, Rn. 26. 155  So zu Recht Wieland, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 14, Rn. 41. Davon zu unterscheiden ist der verfassungsrechtliche Schutz der grundsätzlichen Existenz eines Anspruchs der Aktionäre auf Gewinnbeteiligung, vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 GG, Rn. 195. 153  Für

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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kunftsgerichtet den Neuerwerb156. Das zukünftige Recht auf Teilhabe am Bilanzgewinn ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses allerdings noch nicht entstanden, nicht einmal ist absehbar, ob überhaupt ein Bilanzgewinn entstehen wird und wie hoch dieser ausfällt. Daran etwas ändern könnte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts157 zur Übertragung von Lebensversicherungsverträgen, denn obgleich die Versicherten mit ihrer Prämienzahlung in dem zugrundeliegenden Sachverhalt lediglich die Grundlage für eine Überschussbeteiligung gelegt hatten, erkannte das Gericht eine nach Art. 14 Abs. 1 GG eigentumsrechtlich geschützte Rechtsposition der Versicherten an, weil sich der objektiv-rechtliche Schutz der Eigentumsgarantie „auch auf die Sicherung der späteren Konkretisierung und Realisierung des zunächst nur dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Überschussbeteiligung“ erstrecke.158 Insofern könnte der Gewinnbeteiligungsanspruch der Aktionäre möglicherweise als „werdendes Eigentum“159 i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG aufgefasst werden und dem verfassungsrechtlichen Schutz unterfallen. Man wird aus diesem Urteil seine Lehren ziehen. Den nicht konkretisierten Gewinnbeteiligungsanspruch zum Schutzgut von Art. 14 Abs. 1 GG zu erklären, gehört aber nicht dazu. Ein subjektiver Anspruch auf Auszahlung des Bilanzgewinns wird auf dem Weg zu seiner Entstehung nicht durch eine Automatik, wie man sie von der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Erreichen des Renteneintrittsalters kennt, abgesichert, und selbst wenn man das nicht für erforderlich hält160, fehlen vergleichbare Vorkehrungen zum Schutz der Entstehung eines Gewinnbeteiligungsanspruchs. Ohne solche Schutzvorkehrungen ist die Entstehung eines Teilhabeanspruchs auf den Bilanzgewinn jedoch nicht hinreichend abgesichert. Folglich besteht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der bloßen Erwartung auf einen Gewinnbeteiligungsanspruch noch keine geschützte Rechtsposition. cc) Verfügungsbefugnis über den Dividendenanspruch Vom mitgliedschaftlichen Gewinnbeteiligungsanspruch, dessen Grundlage in der mitgliedschaftlichen Stellung des Aktionärs liegt und diesem deshalb höchstpersönlich unabtretbar gem. § 399 Alt. 1 BGB zusteht161, muss der spätere Anspruch auf Auszahlung einer Dividende unterschieden werden.162 In diesen könnte ferner 156  Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 14, Rn. 99; Wieland, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 14, Rn. 202. 157  BVerfG 26. 07. 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 – BVerfGE 114, 1 ff. 158  BVerfG 26. 07. 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 – BVerfGE 114, 1, 37 f. 159  Ausdrücklich BVerfG 26. 07. 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 – BVerfGE 114, 1, 41; hinsichtlich des Begründungsansatzes kritisch, im Erg. aber wohl zustimmend Sachs, in: FS R. Schmidt (2006), S. 385, 399 f. 160  So BVerfG 26. 07. 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 – BVerfGE 114, 1, 41 f. 161  Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 58, Rn. 91; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., § 58, Rn. 28. 162  Vgl. BGH 14. 09. 1998 – II ZR 172/97 – BGHZ 139, 299, 303.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

durch ein Investitionsversprechen privatrechtlich übergegriffen werden. Dieser ist anders als der mitgliedschaftliche Gewinnbeteiligungsanspruch verkehrsfähig und kann dementsprechend abgetreten werden.163 Abtretbare Ansprüche unterfallen jedoch dem verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums, weil sie dem Inhaber privatnützig zugeordnet sind und er zur privatautonomen Disposition über sie befugt ist.164 Da der Dividendenanspruch als künftiges Recht auch im Voraus für spätere Jahre abgetreten werden kann165, könnte ein vertragliches Reinvestitionsversprechen mit Blick auf die Verwendung von Unternehmensgewinnen in die privatautonome Verfügungsbefugnis der Aktieninhaber übergreifen. An einem Übergriff in die Verfügungsbefugnis der Aktieninhaber über den Dividendenanspruch lässt sich indes zweifeln. Man muss bereits in Frage stellen, ob der Dividendenanspruch der Anteilseigner überhaupt der beabsichtigte Anknüpfungspunkt einer Investitionsvereinbarung zwischen Gewerkschaft und Investor sein soll, oder ob eine Reinvestitionszusage stattdessen nicht eher an die Gewinnverwendungsfreiheit der Aktionäre anknüpft, die der Beschluss nach den §§ 174 Abs. 1 S. 1, 58 AktG über die Verwendung des Bilanzgewinns absichert. Selbst wenn man ersteres unterstellt, bleibt aber kein Raum für eine privatrechtliche Freiheitsbeschränkung des Investors, denn lediglich ein Abtretungsverbot im Sinne des § 399 Alt. 2 BGB könnte die grundrechtlich geschützte Dispositionsfreiheit der Anteilseigner betreffen. Von diesem ist jedoch die nur schuldrechtlich wirkende Verpflichtung, keine Abtretung vorzunehmen, zu unterscheiden166, welche die Verfügungsbefugnis selbst unberührt lässt und nahezu ausnahmslos in einer Investorenvereinbarung vereinbart sein wird. Somit liegt insoweit ebenfalls kein privatrechtlicher Übergriff in eine verfassungsrechtlich garantierte Rechtsposition des Investors vor. dd) Leitungsautonomie als korporative Schranke Darüber hinaus ist fraglich, inwiefern eine Gewerkschaft einen Investor zur Einflussnahme auf die Verwendung des Bilanzgewinns verpflichtet kann, da der Bilanzgewinn im Wesentlichen durch Vorstand und Aufsichtsrat bestimmt wird. Nach § 58 Abs. 2 S. 1 AktG stellen sie gemeinsam den Jahresabschluss fest und bilden Rücklagen bereits im Zuge seiner Aufstellung.167 Die Vorschrift begrenzt nur quantitativ die Kompetenz der Verwaltung, Teile des festgestellten Jahresüber163  RG 16. 04. 1920 – II 396/19 – RGZ 98, 318, 320; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 58, Rn. 28. 164  BVerfG 08. 07. 1976 – 1 BvL 19, 20/75 und 1 BvR 148/75 – BVerfGE 42, 263, 294; BVerfG 09. 01. 1991 – 1 BvR 929/89 – BVerfGE 83, 201, 208; BVerfG 26. 04. 1995 – 1 BvL 19/94, 1 BvR 1454/94 – BVerfGE 92, 262, 271; BVerfG 18. 01. 2006 – 2 BvR 2194/99 – ­BVerfGE 115, 97, 111. 165  RG 16. 04. 1920 – II 396/19 – RGZ 98, 318, 320; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., § 58, Rn. 28. 166  Vgl. BGH 13. 05. 1982 – III ZR 164/80 – ZIP 1982, 1051, 1052. 167 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 58, Rn. 9.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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schusses zu Lasten des der Verteilung durch die Hauptversammlung vorbehalteten Bilanzgewinns für andere Zwecke zu verwenden.168 Ob und in welchem Umfang sie im Rahmen von § 58 Abs. 2 S. 1 AktG Gewinne thesauriert oder zur Reinvestition nutzt, bleibt ihr im Rahmen ihres Leitungsermessens überlassen.169 Werden die fraglichen Mittel vom Vorstand für die Investitionsfinanzierung eingeplant, deckt ein weitgehender Ermessensspielraum diese Entscheidung der Verwaltung.170 Gewinnverwendungsabsprachen mit einem Investor können daher in die zwingende aktienrechtliche Kompetenzverteilung gem. § 76 Abs. 1 AktG eingreifen. Solche korporativen Schranken wirken hinüber auf schuldrechtliche Vereinbarungen.171 Sie müssen die Verfassung der Aktiengesellschaft achten, weshalb sich ein Investor gegenüber einer Gewerkschaft weder zur direkten Einflussnahme auf von ihm selbst bestellte Aufsichtsratsmitglieder noch zur mittelbaren Einflussnahme auf Investitionsentscheidungen des Aufsichtsrats oder Vorstands verpflichten darf. ee) Ergebnis Zulässig und somit wirksam sind ohne Ansehung des Investitionszwecks solche Investitionszusagen eines Investors, bei denen die eingesetzten Kapitalmittel aus Einsparungen der Arbeitnehmer resultieren. Der Anteilseigner wird durch die vertraglich festgelegte Vorgabe des Kapitaleinsatzes nicht in einer eigenen Rechtsposition betroffen. Eine deutlich höhere Relevanz haben derweil Investitionsversprechen, die den Anteilseignern abverlangen, erzielte Unternehmensgewinne zu reinvestieren und damit den Kernbereich der vermögensrechtlichen Eigenverantwortung der Anteilseigentümer berühren, da den Anteilseigner insoweit nicht nur eine Pflicht zur Einwirkung auf die Gesellschaftsorgane trifft172, er vielmehr aufgrund der Hauptversammlungskompetenz unmittelbar selbst über die Verwendung befinden kann. Ihre Zulässigkeit hängt maßgeblich vom Investitionszweck ab. Besteht der Investitionszweck in einer Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im Sinne des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG, sind vertragliche Abreden über die Gewinnverwendung zulässig. Schreibt die Investitionsvereinbarung demgegenüber die Verwendung des Unternehmensgewinns ohne einen Bezug zu den Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten vor, greift eine solche Regelung unverhältnismäßig in die Eigentümerverantwortung des Investors über und ist unwirksam.

168 MüKoAktG/Bayer,

4. Aufl., § 58, Rn. 37. AktG, 12. Aufl., § 58, Rn. 9; KK-AktG/Drygala, 3. Aufl., § 58, Rn. 54; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 58, Rn. 34; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 58, Rn. 18. 170  Vgl. KK-AktG/Drygala, 3. Aufl., § 58, Rn. 56, nach dem § 93 Abs. 1 S. 2 AktG die Autonomie der unternehmerischen Leitungsentscheidung der Verwaltung stärkt. 171  Siehe § 7 C. III. 172  So legt der Vorstand die Investitionspolitik fest und bestimmt, welche Mittel in welchen Geschäftsbereich investiert werden, vgl. Schiessl, ZGR 1992, 64, 68. 169 Hüffer/Koch,

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

c)  Keine Einmischung des Investors ins operative Geschäft Die Zusage des Investors, sich in seiner Funktion als Anteilseigner nicht in die operativen Angelegenheiten der Gesellschaft einzumischen, könnte unwirksam sein, wenn sie unverhältnismäßig in den Kernbereich der Anteilseigentümerverantwortung übergreift. Allein daraus, dass die Gewerkschaft nicht unter dem weitergehenden Schutz von Art. 9 Abs. 3 GG agiert173, folgt nicht die Unzulässigkeit, denn ihr bleibt ein Handeln auf der Grundlage der Privatautonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG unbenommen. Entscheidend ist stattdessen die Reichweite des konkreten Einmischungsverbots. Läuft die Klausel auf eine schlichte Wiederholung von § 76 Abs. 1 AktG hinaus, der ohnehin Aufsichtsrat und Hauptversammlung von der Unternehmensleitung ausschließt174, hat sie keine die gesetzlichen Vorschriften überschießende Tendenz und greift nicht in eine Rechtsposition des Investors über. Sie ist wirksam.175 Anders sieht es dagegen aus, wenn die vertragliche Verpflichtung überdies eine Einmischung in solche operativen Geschäfte untersagt, die die organschaftlichen Grenzen der eigenverantwortlichen Leitung des Unternehmens erreichen176 und als Grundlagengeschäfte nach der Holzmüller-177 und Gelatine-Entscheidung178 des Bundesgerichtshofes ein Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung auslösen. Soll nicht einmal der Vorstand, der in seinem Handeln mittelbar über den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung von den Aktionären legitimiert ist179, über solche Sachfragen frei entscheiden, kann eine Gewerkschaft nicht wirksam die Einflussnahme des Investors auf solche Entscheidungen vertraglich unterbinden. Die Einflussnahme einer Gewerkschaft auf derart grundlegende unternehmenspolitische Entscheidungen des Investors liefe auf eine Verschiebung der zwingenden aktienrechtlichen Kompetenzordnung zugunsten des Vorstands hinaus. Eine solche Abrede ist unwirksam. Welchen konkreten Inhalt die Klausel hat, muss durch Auslegung ermittelt werden und richtet sich mangels einer koalitionsvertraglichen Regelbarkeit sowie einer fehlenden Begründung von Rechten zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Abs. 1 BGB nach dem wirklichen Willen der Vertragsparteien.180 Im Regel173 Vgl.

Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 191 f. 174  OLG Stuttgart 22. 07. 2006 – 8 W 271, 272/06 – ZIP 2007, 231, 231 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 7. 175 Ebenso Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 72, der lediglich Zweifel hegt, ob ein Investor unbefristet darauf verzichten kann, seinen Einfluss auf das operative Geschäft geltend zu machen. 176 Siehe Bürgers, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., § 76, Rn. 22 f. 177  BGH 25. 02. 1982 – II ZR 174/80 – BGHZ 83, 122 ff. 178  BGH 26. 04. 2004 – II ZR 155/02 – BGHZ 159, 30 ff. 179  Siehe oben § 2 B. II. 1. 180 Staudinger/Klumpp, Neubearb. 2015, § 328, Rn. 84; siehe § 7 A. II.

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fall werden diese eine wirksame Abrede treffen wollen und daher lediglich eine Einmischung in das nach § 76 Abs. 1 AktG dem Vorstand vorbehaltene operative Geschäft ausschließen, damit der Investor keinen informellen Einfluss auf die Geschäfte ausübt. III.  Organisationsrechtliche Gegenstände Den Kern einer Investorenvereinbarung machen i. d. R. organisationsrechtliche Regelungsgegenstände aus, denn anders als bei arbeitsverhältnisbezogenen und unternehmenspolitischen Abreden verpflichtet sich der Investor nicht lediglich zur (informellen) Einwirkung auf die ihm nahestehenden Gesellschaftsorgane mit ungewissem Ausgang. Vielmehr kann er regelmäßig selbst unmittelbar die vereinbarte Maßnahme durch Stimmabgabe in der Hauptversammlung umsetzen. Während bei arbeitsverhältnisbezogenen und unternehmenspolitischen Gegenständen ggf. die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand der Umsetzung entgegensteht, weil der Vorstand nicht an Weisungen der Aktionäre gebunden ist, besteht hinsichtlich der Umsetzung organisationsrechtlicher Regelungen zumindest dann Gewissheit, wenn der Investor über die erforderliche Mehrheit in der Hauptversammlung verfügt. 1.  Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit a)  Verbot eines Rechtsformwechsels Einer koalitionsvertraglichen Regelung auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG wäre das vertragliche Verbot, eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht in eine Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) umzuwandeln, so wie es die IG Bau mit ACS für HOCHTIEF vereinbart hat181, nur zugänglich, wenn man es sachlich dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im Sinne des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zuordnen könnte. Dann müsste wegen des funktionell einheitlichen Verständnisses beider Begriffe das Verbot eines Rechtsformwechsels im weitesten Sinne einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben.182 Das Umwandlungsverbot betrifft jedoch ausschließlich eine gesellschaftsrechtliche Frage.183 Daran vermag die Tatsache, dass mit dem Rechtsformwechsel in eine Societas Europaea (SE) potenziell eine Absenkung des Mitbestimmungsniveaus verbunden ist, nichts zu ändern, da von der vorgelagerten Frage der Rechtsform die anschließende Frage nach dem Umfang der Arbeitnehmerbeteiligung bei der unternehmerischen Mitbestimmung getrennt werden muss. Mithin kann ein Umwandlungsverbot nur als eine rein schuldrechtliche Klausel vereinbart werden. 181 

Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 1). Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rn. 175 b; JKOS/Krause, 2. Aufl., § 1, Rn. 47. 183  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 72. 182 Vgl.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

b)  Konstitutive Einführung unternehmerischer Mitbestimmung Während das vertragliche Verbot der Umwandlung einer deutschen Aktiengesellschaft in eine Europäische Aktiengesellschaft die Aufrechterhaltung des mitbestimmungsrechtlichen Status quo intendiert, soll die Verpflichtung zur Einführung der unternehmerischen Mitbestimmung, wie sie beispielsweise die Gesellschafter von Schaeffler mit der IG Metall vereinbart haben184, das Mitbestimmungsstatut ändern. Die koalitionsvertragliche Regelung einer Änderung des Mitbestimmungsstatuts setzt einen hinreichenden Bezug zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der abhängig Beschäftigten voraus. Einige ordnen die Einwirkung auf die Unternehmensverfassung ausschließlich der gesellschaftsrechtlichen Ebene zu und schließen solche Regelungsgegenstände daher aus dem Kreis der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG aus.185 Ausreichend ist jedoch bereits irgendeine Rückwirkung auf die Tätigkeit der Arbeitnehmer.186 Nimmt man diese Rückwirkung bereits bei der Werbung und Tätigkeit von Koalitionen zu den Aufsichtsratswahlen an und anerkennt den Schutz durch Art. 9 Abs. 3 GG187, dann muss der koalitionäre Einsatz für die grundlegende Vorfrage, ob überhaupt bzw. wieviele Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer Gesellschaft sitzen, ebenfalls von der Koalitionsfreiheit gedeckt sein.188 Grundsätzlich kann die Einführung der unternehmerischen Mitbestimmung in einer bisher nicht mitbestimmten Gesellschaft daher in der Form des Koalitionsvertrags auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 GG geregelt werden. c)  Bestimmung der Arbeitsdirektoren „im Benehmen“ mit den Gewerkschaftsvertretern Außerdem ist die Aufnahme einer Klausel in einen Koalitionsvertrag problematisch, die vorsieht, in sämtlichen Konzerngesellschaften die Arbeitsdirektoren ausschließlich „im Benehmen“ mit den Gewerkschaftsvertretern in den jeweiligen Aufsichtsräten vorzuschlagen.189 Durch die Bestellung eines gewerkschaftsnahen Arbeitsdirektors werden die Bedingungen, unter denen abhängige Arbeit geleistet 184 

Zukunftsvereinbarung Schaeffler/IG Metall (unter 3 a). TVG, 7. Aufl., § 1, Rn. 962. 186  Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rn. 175 b. 187  P. Hanau, Die Verpflichtung zur Abführung von Aufsichtsratsvergütungen an die Hans-Böckler-Stiftung, S. 23; Wißmann, in: Wißmann/Kleinsorge/Schubert, 5. Aufl., MitbestG, § 20, Rn. 17, 41. 188  Wenn die Unternehmensmitbestimmung eine weitere Form der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen darstellt (ausf. Kempen, in: FS Richardi (2007), S. 587, 596 ff.), schützt die Koalitionsfreiheit auch den koalitionären Einsatz für die Einführung dieses Systems in einer Gesellschaft. Demgemäß stellte das OLG Frankfurt a. M. 22. 08. 2001 – 23 U 177/00 NZA-RR 2002, 531, 533 fest, die Förderung der Mitbestimmung zähle zum Kernbereich der gewerkschaftlichen Betätigung. 189  Siehe für eine solche Klausel die Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 9). 185 Wiedemann/Thüsing,

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wird, nicht unmittelbar in die eine oder andere Richtung verbessert. Erst im Anschluss daran, wenn der Arbeitsdirektor bestellt ist, kann er durch die Aufnahme seiner Tätigkeit im Personal- und Sozialwesen die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im Sinne des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG wahren und fördern. Im Betriebsverfassungs-190 und Personalvertretungsrecht191 reicht dem Bundesverfassungsgericht eben das aus, wenn es die Betätigung der Gewerkschaften im Vorfeld von Betriebs- und Personalratswahlen von der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG geschützt sieht. So nimmt es im Personalvertretungsrecht an, dass den Koalitionen mit Rücksicht auf die Aufgabe der Personalräte, die Dienstbedingungen zu wahren und zu fördern, zur Verfolgung ihres in Art. 9 Abs. 3 GG beschriebenen Zwecks gewährleistet sein muss, Einfluss auf die Wahl der Personalräte zu nehmen.192 Dass Art. 9 Abs. 3 GG nach verbreiteter Auffassung ferner die Betätigung der Gewerkschaften in Bezug auf die Aufsichtsratswahl gewährleistet, steht im Zeichen dieser Rechtsprechung.193 Dementsprechend ist eine vertragliche Abrede zwischen Gewerkschaft und Investor im Vorfeld der Bestellung eines Arbeitsdirektors, der durch seine Tätigkeit die Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten wahrt und fördert, von der Koalitionsfreiheit gedeckt. Mithin kann grundsätzlich in einem Koalitionsvertrag vereinbart werden, die Arbeitsdirektoren in den jeweiligen Aufsichtsräten nur im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern zu bestimmen.194 d)  Kein Abschluss eines Beherrschungsvertrags Mit der Mehrheitsübernahme geht häufig das Interesse des Investors einher, die Zielgesellschaft zu einem späteren Zeitpunkt in den eigenen Konzern einzugliedern und ihre Leitung durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags nach § 291 Abs. 1 S. 1 AktG dem eigenen Unternehmen zu unterstellen. Dem wirkt eine Klausel entgegen, die den Abschluss eines Beherrschungsvertrags verhindert.195 Dass eine Gewerkschaft insofern unter dem Schutz von Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG agiert, ist ausgeschlossen, denn Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten wahrt und fördert die Klausel nicht. Stattdessen betrifft die Vereinbarung gesell190  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 372; BVerfG 24. 02. 1999 – 1 BvR 123/93 – AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 18 = BVerfGE 100, 214, 223; ferner BAG 06. 12. 2000 – 7 ABR 34/99 – AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 48 (unter B II 3 b). 191  BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 319 f.; BVerfG 27. 03. 1979 – 2 BvR 1011/78 – AP GG Art. 9 Nr. 31 = BVerfGE 51, 77, 88; BVerfG 23. 03. 1982 – 2 BvL 1/81 – AP LPVG Bremen § 48 Nr. 1 = BVerfGE 60, 162, 170. 192  BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 319 f. 193  P. Hanau, Die Verpflichtung zur Abführung von Aufsichtsratsvergütungen an die Hans-Böckler-Stiftung, S. 23; Wißmann, in: Wißmann/Kleinsorge/Schubert, 5. Aufl., MitbestG, § 20, Rn. 17, 41. 194  Im Erg. ebenso Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71. 195  Exemplarisch dafür steht die Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 3).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

schaftsrechtliche Fragen und dabei insbesondere die organisatorische Verflechtung zweier Unternehmen durch den Abschluss eines konzernrechtlichen Organisationsvertrags, der vor allem das Verhältnis der Aktionäre zur nunmehr beherrschten Aktiengesellschaft verändert, weil die Aktionäre ihren Einfluss auf die Leitung dieser Gesellschaft weitgehend verlieren.196 Daher lässt sich das Verbot, einen Beherrschungsvertrag abzuschließen, lediglich in einem einfachen Schuldvertrag regeln.197 2.  Regelungszulässigkeit a)  Verbot eines Rechtsformwechsels Ein Formwechsel von einer deutschen in eine Europäische Aktiengesellschaft nach Art. 2 Abs. 4 SE-VO198 erfordert insbesondere gem. Art. 37 Abs. 7 S. 1 SEVO einen Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung zum Umwandlungsplan und der SE-Satzung, wobei das erforderliche Quorum erreicht ist, wenn drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals für den Formwechsel stimmen199. Wegen der weithin niedrigen Partizipation an der Hauptversammlung kann ein Investor effektiv auch mit deutlich weniger als 75% der Anteile die Umwandlung in eine SE durchsetzen. Daher ist für die Arbeitnehmervertreter interessant, ob sie den Investor wirksam vertraglich verpflichten können, seine Mitgliedschaftsrechte insofern nicht auszuüben. Mit einem Verweis auf § 137 S. 2 BGB ist die Zulässigkeit jedenfalls nicht dargetan 200, stellt die Vorschrift doch lediglich klar, dass es grundsätzlich möglich ist, sich mit schuldrechtlicher Wirkung zu verpflichten, Verfügungen zu unterlassen. Schuldrechtliche Verfügungsbeschränkungen stellt die Vorschrift indes gerade nicht von einer Inhaltskontrolle frei, weshalb ein obligatorisches Verfügungsverbot gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein kann.201 Das Umwandlungsverbot könnte insofern einerseits wegen eines Verstoßes gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV, andererseits wegen eines unverhältnismäßigen Übergriffs in den Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung des Investors unwirksam sein.

196 

Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 305, Rn. 1. Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71. 198  Verordnung EG/2157/2001 des Rates vom 08. 10. 2001 betreffend das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. 2001 L 294/1. 199 Das Mehrheitserfordernis von drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals ergibt sich aus der Verweisung in Art. 37 Abs. 7 S. 2 SE-VO auf § 65 Abs. 1 S. 1 UmwG, der Art. 7 RL 78/855/EWG umsetzt, vgl. MüKoSE-VO/Schäfer, 3. Aufl., Art. 37, Rn. 28; Bayer, Die Gründung einer Europäischen Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, S. 25, 63; Teichmann, ZGR 2003, 367, 395 m. Fn. 106. 200  So aber Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 72. 201 Staudinger/Kohler, Neubearb. 2017, § 137, Rn. 46; Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 110 ff., insb. 113 ff. 197 

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aa) Vereinbarkeit mit Europäischen Grundfreiheiten Die Vereinbarung zwischen der IG BAU und ACS ist wegen eines Verstoßes gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 Abs. 1 AEUV wenigstens insoweit für nichtig gehalten worden, als sie dem spanischen Baukonzern ACS untersagt, die deutsche HOCHTIEF AG in eine SE umzuwandeln.202 Auf den ersten Blick erscheint fraglich, ob der Einwand stichhaltig ist, ein an die Kapitaleigner einer deutschen Aktiengesellschaft gerichtetes vertragliches Verbot eines Rechtsformwechsels verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 Abs. 1 AEUV. Denn obgleich das Stigma von der Subsidiarität der Dienstleistungsfreiheit sich nicht mehr hält203, könnten die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV oder die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV vorrangig sein. So sieht der EuGH den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit als eröffnet an, wenn sich ein Investor durch den Erwerb einer Beteiligung an einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat die Möglichkeit verschafft, bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und dadurch ihre Geschäftstätigkeit kontrolliert.204 Zur Kapitalverkehrsfreiheit grenzt der EuGH die Niederlassungsfreiheit ab, indem nach der Rechtsprechung maßgeblich ist, ob die Beteiligung dem Investor einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft und deren Tätigkeiten ermöglicht oder sie in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgt, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll.205 Den Erwerb einer Beteiligung, die einen Mehrheitseinfluss in einem anderen Unternehmen ermöglicht, misst der EuGH nach dieser Formel an der Niederlassungsfreiheit.206 Konkret die Übernahme von HOCHTIEF durch ACS sowie allgemein grenzüberschreitende Übernahmen, die den Abschluss einer Investorenvereinbarung im Umfeld eines Beteiligungserwerbs veranlassen, liegen grundsätzlich im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit, weil eine Investorenvereinbarung stets anlässlich des Erwerbs einer wesentlichen (Mehrheits-)Beteiligung geschlossen wird. Gleichwohl wird man auf den 202 So

Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1371. Subsidiarität der Dienstleistungsfreiheit kommt zwar im Normtext des Art. 57 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck (Kluth, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl., AEUV, Art. 56/57, Rn. 4), der EuGH erkennt ihr jedoch einen eigenständigen Anwendungsbereich zu und lehnt ihre Interpretation als bloß subsidiäre Auffangfreiheit ab, vgl. EuGH 03. 10. 2006 – Rs. C-452/04 (Fidium Finanz) – Slg. 2006, I-9521 (unter Rn. 30 ff.); EuGH 01. 07. 2010 – Rs. C-233/09 (Dijkman u. a.) – Slg. 2010, I-6649 (unter Rn. 33); ferner Tiedje, in: von der Groe­ ben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl., AEUV, Art. 57, Rn. 30. 204  EuGH 13. 04. 2000 – Rs. C-251/98 (Baars) – Slg. 2000, I-2787 (unter Rn. 22); EuGH 23. 10. 2007 – Rs. C-112/05 (Kommission/Deutschland) – Slg. 2007, I-8995 (unter Rn. 13); EuGH 06. 12. 2007 – Rs. C-298/05 (Columbus Container Services) – Slg. 2007, I-10541 (unter Rn. 29); EuGH 26. 06. 2008 – Rs. C-284/06 (Burda) – Slg. 2008, I-4571 (unter Rn. 69); Germelmann, EuZW 2008, 596, 597; Schlag, in: Schwarze, 3. Aufl., AEUV, Art. 49, Rn. 11. 205  EuGH 10. 06. 2015 – C-686/13 – EuZW 2015, 846 (unter Rn. 18 f.). 206  Vgl. EuGH 05. 02. 2014 – C-385/12 – ZIP 2014, 966 (unter Rn. 23 f.); EuGH 08. 11. 2012 – C-244/11 – (unter Rn. 19 ff.); Korte, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl., AEUV, Art. 49, Rn. 35. 203 Die

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

zweiten Blick die Niederlassungsfreiheit nicht als tatsächlich betroffen ansehen können, denn eine Investorenvereinbarung richtet sich nicht gegen den sachlich von der Niederlassungsfreiheit geschützten Erwerb der Beteiligung, sondern steuert die Art und Weise der Einflussnahme des Investors im Anschluss an den Beteiligungserwerb. Über einen Verstoß des Umwandlungsverbots gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 Abs. 1 AEUV ist damit noch nichts gesagt. Zum Teil nimmt das Schrifttum 207 einen derartigen Verstoß an, weil die durch den Europäischen Regelungsgeber mit der Rechtsform der SE geschaffene erhöhte Beweglichkeit im Binnenmarkt und die hiermit erleichterte Unternehmensbetätigung im europäischen Wirtschaftsraum 208 konterkariert bzw. unterminiert würde, sofern die Wahl dieser Rechtsform abbedungen werden könnte. Man darf allerdings daran zweifeln, dass der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit überhaupt eröffnet ist. Die Anteilseigner erbringen selbst keine Dienstleistung, noch empfangen sie eine, und eine jenseits dessen liegende Korres­ pondenzdienstleistung lässt sich ebenso wenig annehmen, weshalb der sachliche Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit für Investoren in ihrer Funktion als Kapitaleigner nicht eröffnet ist.209 Das soll ein einfaches Beispiel verdeutlichen: Wäre in einem Vertrag zwischen einer Gewerkschaft und den Aktionären der Volkswagen AG der Rechtsformwechsel in eine SE ausgeschlossen, so würde darin wohl kaum einer eine Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs gem. Art. 28, 34 AEUV sehen. Da das vertragliche Verbot eines Rechtsformwechsels die Dienstleistungsfreiheit des Investors bzw. Kapitaleigners gem. Art. 56 Abs. 1 AEUV nicht betrifft, ist die Klausel jedenfalls aus diesem Grund nicht unwirksam. bb) Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung Das Umwandlungsverbot könnte unverhältnismäßig in den Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung des Investors übergreifen. Dann müsste die freie Entscheidung über die Wahl der Rechtsform entweder Teil der mitgliedschaftlichen Herrschaftskomponente oder der vermögensrechtlichen Seite des Aktieneigentums sein. Die Eigentümer, die Kapital in eine Unternehmung investieren, müssen selbst darüber entscheiden können, in welcher Rechtsform die Gesellschaft bestehen soll, schließlich hängt von der Rechtsform maßgeblich die Organisation der Unternehmensverfassung und davon der Grad der gesellschaftsrechtlichen Mediatisierung ihrer Eigentümerbefugnisse ab. Dieses Entscheidungsrecht, auch zu einem nach Gründung der Gesellschaft liegenden Zeitpunkt über die Stimmabgabe 207 

Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1371. soll durch die europäischen Gesellschaftsformen die Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit erleichtert werden, vgl. Jung, in: Schwarze, 3. Aufl., AEUV, Art. 54, Rn. 54. 209 Siehe zum sachlichen Anwendungsbereich Kluth, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl., AEUV, Art. 56/57, Rn. 27 ff. 208 Daneben

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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in der Hauptversammlung die Rechtsform zu ändern, ist wesentlicher Bestandteil der mitgliedschaftlichen Herrschaftskomponente des Aktieneigentums. Mithin berührt das Umwandlungsverbot den Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung des Investors. Mit Rücksicht auf die Interessen der Gewerkschaft und der vertretenen Arbeitnehmer müsste es unverhältnismäßig erscheinen, das Stimmrecht in der Frage der Rechtsformenwahl einzuschnüren und die Anteilseigentümer ihrer Entscheidungsfreiheit zu berauben. Dabei handelt die Gewerkschaft nicht unter dem besonderen Schutz der Koalitionsfreiheit, vielmehr kann sie das vertragliche Umwandlungsverbot bloß auf die Privatautonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG stützen. Nicht nur, dass die besondere Gewährleistung des Anteilseigentums gem. Art. 14 Abs. 1 GG im Rang der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG vorgeht, sie ist im Gegensatz zur Handlungsfreiheit der Gewerkschaft auch in einem Kernbereich beschnitten. Folglich stellt das Umwandlungsverbot einen unverhältnismäßigen Übergriff in die Rechtsposition eines Investors dar. Die Entscheidung über die Rechtsform des Unternehmens fällt daher zwingend in die Entscheidungshoheit der Gesellschafter.210 cc) Vereinigungsfreiheit des Investors Unvereinbar könnte der vertragliche Ausschluss eines Rechtsformwechsels mit der Vereinigungsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 1 GG eines Investors sein. Ihr Schutzbereich erfasst die natürlichen Personen, die sich zu Vereinigungen des Privatrechts zusammenschließen, und den Verband selbst.211 Den Mitgliedern wie den Vereinigungen gewährleistet die Vereinigungsfreiheit das Recht auf Selbstbestimmung über die eigene Organisation.212 Die freie Selbstbestimmung sichert insbesondere die Entscheidung über die Rechtsform der Vereinigung.213 Insoweit muss der Staat nicht nur selbst die freie Selbstbestimmung achten, sondern darf als Grundrechtsverpflichteter auch eine Fremdbestimmung durch Nicht-Mitglieder nicht gestatten.214 Ein Übergriff in diese Rechtsposition setzt aber voraus, dass der Schutzbereich überhaupt für Kapitalgesellschaften und ihre Anteilseigner eröffnet ist. 210 Däubler/Heuschmid, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1018. Ein Rechtsformenzwang zugunsten der Mitbestimmung ist dem geltenden Recht fremd, vgl. Ulmer/Habersack, in: Ulmer/ Habersack/Henssler, 3. Aufl., MitbestG, § 1, Rn. 18; Lutter, ZGR 1977, 195, 201; Kunze, ZGR 1978, 321, 343. 211  BVerfG 10. 06. 2009 – 1 BvR 825; 831/08 – BVerfGE 124, 25, 34. 212  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 354; BVerfG 15. 06. 1989 – 2 BvL 4/87 – BVerfGE 80, 244, 253; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 84. 213  Merten, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VII, 3. Aufl., § 165, Rn. 48; Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 17. 214  Merten, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VII, 3. Aufl., § 165, Rn. 45, der unter dem Gesichtspunkt der Fremdbestimmung erhebliche Bedenken gegenüber dem Mitbestimmungsgesetz äußert; ferner Bauer, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl., Art. 9, Rn. 50.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Das BVerfG hat offen gelassen, inwiefern Art. 9 Abs. 1 GG eine Anwendung der Gewährleistungen auf Wirtschaftsgesellschaften oder größere Kapitalgesellschaften zulässt. Die Vereinigungsfreiheit bezweckt ihrer Historie und ihrem Geltungsgrund nach nämlich nicht den Schutz von Vereinigungen, bei denen das personale Element bis zur Bedeutungslosigkeit zurücktritt.215 Obgleich bei Kapitalgesellschaften nicht das personale Element der freien sozialen Gruppenbildung, sondern die Allokation von Kapitalmitteln im Vordergrund steht, befindet sich hinter der Gesellschaft der personale Zusammenschluss der Anteilseigner.216 Daher nehmen auch Kapitalgesellschaften am Schutz von Art. 9 Abs. 1 GG teil217, wobei sich mit der Abnahme des personalen Vereinigungscharakters der Grundrechtsschutz abschwächt und ein weitergehender Spielraum besteht.218 Dem entspricht es, wenn das BVerfG beim Schutz der Aktie von einer Dominanz der Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 GG ausgeht und der Vereinigungsfreiheit keinen weitergehenden Schutz beimisst.219 Erwirbt ein Investor eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, verpflichtet den Gesetzgeber zum Schutz vor Übergriffen Dritter daher – nach der Rechtsprechung des BVerfG nur nachrangig – auch die Vereinigungsfreiheit. Gemessen an ihr greift ein vertragliches Verbot eines Rechtsformwechsels unverhältnismäßig in die durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Selbstbestimmung eines Investors über, die einen Schutz vor einer Fremdbestimmung durch Nichtmitglieder gewährt. b)  Konstitutive Einführung eines mitbestimmten Aufsichtsrats Mit dem Ziel vereinbarte privatautonome Regeln, einen mitbestimmten Aufsichtsrat einzuführen, hängen in ihrer Wirksamkeit maßgeblich von der rechtlichen Ausgestaltung ab. Auf ganz unterschiedlichen Wegen kann eine Gewerkschaft die Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene erreichen, wobei nicht jede Regelung mit dem geltenden Aktienrecht vereinbar ist. Als solche kommen insbesondere die Änderung des Mitbestimmungsstatus (aa)), die Begründung eines Entsenderechts der Arbeitnehmer bzw. Gewerkschaften (bb)) sowie die Stimmbindung an den Vorschlag von Arbeitnehmern oder Gewerkschaften (cc)) in Betracht.

215  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 355 f.; BVerfG 10. 06. 2009 – 1 BvR 825; 831/08 – BVerfGE 124, 25, 34. 216  Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 60. 217 ErfK/Linsenmaier, 18. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 5; Kemper, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 20. 218  Jarass/Pieroth, 14. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 14. 219  BVerfG 20. 07. 1954 – 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/54 – BVerfGE 4, 7, 26; BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 356; vgl. BVerfG 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60 – AP GG Art. 14 Nr. 13 = BVerfGE 14, 263, 277 ff.; Jarass/Pieroth, 14. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 14; für Idealkonkurrenz Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 93.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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aa) Satzungsändernde Mitbestimmungsvereinbarung Unter der Änderung des Mitbestimmungsstatus werden solche Regelungen verstanden, die dauerhaft in einer Gesellschaft das Mitbestimmungsniveau ändern, wie das vor allem durch eine vereinbarte Änderung der Satzung erreicht werden soll. Eine Vereinbarung dieser Art verstößt gegen die zwingende Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach § 96 AktG, missachtet die Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG sowie die Wahlfreiheit der Hauptversammlung.220 Die Verpflichtung zur Veränderung des Mitbestimmungsstatus durch Satzungsänderung ist mithin unwirksam. bb) Entsenderecht einer Arbeitnehmervertretung Die Arbeitnehmervertretung bzw. eine Gewerkschaft könnte sich deshalb darauf verlegen, in der Satzung ein Entsenderecht nach § 101 Abs. 2 S. 1 AktG zu statuieren, wodurch sie exklusiv221 Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat entsenden dürfte. Das scheitert regelmäßig bereits daran, dass ein Entsenderecht nach dem Wortlaut nur den Aktionären zustehen kann, die Gewerkschaft in der Regel an der Gesellschaft jedoch keine Anteile hält. Selbst wenn die Gewerkschaft die Stellung eines Aktionärs innehat, muss die Begründung eines Entsenderechts indes zurückgewiesen werden, würde damit doch von der zwingenden Vorschrift über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach § 96 Abs. 1 AktG dauerhaft abgewichen und die Satzung geändert werden müssen.222 Eine auf die Einführung eines Entsenderechts zugunsten der Arbeitnehmervertretung oder einer Gewerkschaft gerichtete Vereinbarung ist somit unwirksam.223 cc) Stimmbindung an einen Arbeitnehmervorschlag Möchte sich eine Gewerkschaft nicht darauf verlassen, dass die Kapitaleigner freiwillig Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat wählen, bleibt ihnen zuletzt noch 220  Noch offen gelassen von BGH 03. 07. 1975 – II ZR 35/73 – AP AktG § 96 Nr. 1 (unter IV 2 b) = NJW 1975, 1657, 1658; später hielt der BGH 30. 01. 2012 – II ZB 20/11 – ZIP 2012, 472 (unter Rn. 12) eine von § 7 Abs. 1 MitbestG abweichende Regelung, die lex specialis zu den §§ 95, 96 AktG ist, für unzulässig, weil die Vorschrift abschließenden Charakter habe; vgl. ferner OLG Bremen 22. 03. 1977 – 2 W 102/75 – NJW 1977, 1153, 1153 f., das bei einer aufsichtsratspflichtigen GmbH der Frage nachging, ob durch eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags die paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer eingeführt werden kann und im Vorhinein unterstellte, ein solches Vorgehen sei bei der Aktiengesellschaft nach einhelliger Auffassung unzulässig; Henssler, in: FS Westermann (2008), S. 1019, 1023; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 96, Rn. 26; Wahlers, ZIP 2008, 1897, 1899. 221  Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., § 101, Rn. 10. Der Entsender kann sich allerdings im Rahmen einer zulässigen Stimmbindung zu einer vertraglich präfixierten Ausübung des Entsenderechts verpflichten KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 101, Rn. 82. 222  Ähnlich wohl Wahlers, ZIP 2008, 1897, 1900. 223  Ihrig/Schlitt, NZG 1999, 333, 334; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/­Henssler, 3. Aufl., MitbestG, § 1, Rn. 21.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

die Möglichkeit, einen Stimmbindungsvertrag mit dem Haupt- oder mehreren Kleinaktionären zu schließen. Soweit Stimmbindungsverträge über die Zuwahl von Arbeitnehmern in den Aufsichtsrat angegriffen werden, vermögen die dagegen vorgebrachten Argumente nicht zu überzeugen 224, sodass sich ein Investor wirksam gegenüber einer Gewerkschaft verpflichten kann, in der Hauptversammlung bei der Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats für einen Arbeitnehmer zu stimmen. c)  Bestimmung der Arbeitsdirektoren „im Benehmen“ mit den Gewerkschaftsvertretern Die Vertragsklausel in einer Investorenvereinbarung, Arbeitsdirektoren nur „im Benehmen“225 mit den Gewerkschaftsvertretern in den jeweiligen Aufsichtsräten vorzuschlagen, ist unter mehreren Aspekten problematisch. Einmal könnte diese Regelung Probleme unter dem Gesichtspunkt von § 317 BGB bereiten, der die Drittleistungsbestimmung durch einen tauglichen Dritten verlangt (aa)). Hinzu treten Zweifel, ob nicht (bb)) die aktienrechtliche Kompetenzordnung einer wirksamen Bindung der Bestellung der Arbeitsdirektoren an das „Benehmen“ einer Gewerkschaft entgegensteht, (cc)) eine solche Verpflichtung in die Eigentümerverantwortung des Investors unverhältnismäßig übergreift, (dd)) deutsche Arbeitsdirektoren benachteiligt oder diskriminiert sowie (ee)) nicht- oder andersorganisierte Arbeitnehmer in der Frage der Bestellung des Arbeitsdirektors ausgebootet werden. Bei der rechtlichen Beurteilung soll allein die Legitimität eines Einflusses auf die Auswahl des Arbeitsdirektors untersucht werden, nicht hingegen, ob es möglich ist, in nicht mitbestimmten oder dem BetrVG 1952 unterfallende Unternehmen die Stelle eines Arbeitsdirektors durch Vereinbarung einzurichten 226. aa) Zulässige Leistungsbestimmung durch einen Dritten Die konkrete vertragliche Klausel zwischen der IG BAU und ACS überlässt den Gewerkschaftsvertretern im Aufsichtsrat die Konkretisierung der Einwirkungspflicht des Investors auf die Vertreter der Anteilseigner, indem die Bestimmung Vorschläge hinsichtlich eines Arbeitsdirektors an ihr Benehmen bindet. D. h. nicht die IG BAU selbst bestimmt darüber, worauf der Investor hinwirken soll, sondern die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat, denn der Investor wirkt auf die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat ein, einen Arbeitsdirektor nur im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern vorzuschlagen. Die wirksame Bestimmung der Leistung des Investors durch die Gewerkschaftsvertreter i. S. d. § 317 Abs. 1 BGB verlangt einen tauglichen Dritten, der selbst keine Parteistellung in der Unterwerfungsvereinbarung innehat und im Stande

224 

Ausführlich zu beiden Auffassungen oben § 7 C. I. 2. m. w. N. Zur Auslegung dieser Formulierung Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71. 226 Dazu Schöpfe, Gewillkürte Unternehmensmitbestimmung, S. 211 ff. 225 

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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ist, eine ihm zurechenbare Willenserklärung abzugeben.227 Unstrittig sind die Gewerkschaftsvertreter nicht Partei der Unterwerfungsvereinbarung zwischen der IG BAU und ACS. Problematisch ist derweil die Abgabe einer einheitlichen Willens­ erklärung durch die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat, denn dazu sind nur natürliche oder juristische Personen in der Lage228. Der Aufsichtsrat selbst kommt mangels Rechtsfähigkeit daher nicht als tauglicher Dritter in Betracht. Möglich ist es hingegen, den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern als natürlichen Personen die Leistungsbestimmung zu überantworten 229, die dann nach § 317 Abs. 2 HS 1 BGB in der Regel die Leistungsbestimmung nur übereinstimmend vornehmen können. Da die IG BAU und ACS mit der Leistungsbestimmung nicht sämtliche Organmitglieder betraut haben, muss man den subjektiven Willen der Vertragsparteien annehmen, die Leistungsbestimmung den Gewerkschaftsvertretern als natürlichen Personen zu überlassen. Die Klausel ist folglich mit § 317 BGB vereinbar. bb) Vereinbarkeit mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung Gem. § 31 Abs. 1 S. 1 MitbestG wird der Arbeitsdirektor wie jedes andere Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs nach den §§ 84 und 85 AktG bestellt. Die Bestellung des Arbeitsdirektors erfolgt mithin in erster Linie nach § 84 Abs. 1 S. 1 AktG durch den Aufsichtsrat. Dieser230 kann mangels Rechtsfähigkeit und Stimmbindungsverbot231 nicht zur Bestellung einer bestimmten Person zum Arbeitsdirektor verpflichtet werden.232 Wohl deshalb wandte sich die IG BAU an den hinter der Gesellschaft stehenden Aktionär ACS. Trotz der Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats werden sich dessen Mitglieder häufig nicht den Vorstellungen des sie bestellenden (Mehrheits-)Aktionärs widersetzen. Einen faktischen, rechtlich nicht abgesicherten bzw. durchsetzbaren Einfluss auf die Mitglieder des Aufsichtsrats hinsichtlich der Bestellung von Vorstandsmitgliedern schließen weder das AktG noch das MitbestG aus.233 So hat die Rechtsprechung in einem unverbindlichen Vorschlag einer Mehrheitsaktionärin 227 Staudinger/Rieble,

Neubearb. 2015, § 317, Rn. 47 f. Joussen, AcP 203 (2003), 429, 434; offen gelassen von BAG 10. 12. 2008 – 4 AZR 801/07 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 (unter Rn. 64). 229 Staudinger/Rieble, Neubearb. 2015, § 317, Rn. 52. 230  Die Hauptversammlung könnte in ihrer Gesamtheit ebenfalls nicht Vertragspartner sein, weil ihr die notwendige Rechtsfähigkeit für den Abschluss von Verträgen fehlt, vgl. GroßKommAktG/Oetker, 4. Aufl., MitbestG, Vorbem., Rn. 105. 231  T. Raiser, in: Raiser/Veil/Jacobs, 6. Aufl., MitbestG, § 31, Rn. 8 und § 33, Rn. 7; Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, 3. Aufl., MitbestG, § 33, Rn. 12; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 84, Rn. 6. 232  Schöpfe, Gewillkürte Unternehmensmitbestimmung, S. 213. 233  T. Raiser, in: Raiser/Veil/Jacobs, 6. Aufl., MitbestG, § 31, Rn. 8; ebenso bereits Wlotzke, JahrbArbR 14 (1976), S. 17, 32, der insbesondere die faktische Einflussnahme der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Kooperation mit den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseignern hervorhebt. 228 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern keine unzulässige Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats gesehen.234 Durch eine Investorenvereinbarung verpflichtet sich ein Investor lediglich, im Rahmen der rein tatsächlichen Einflussnahmemöglichkeit die Bestellung eines bestimmten Arbeitsdirektors zu erreichen. Ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung liegt darin nicht. cc) Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung Weiterhin könnte die Vereinbarung einer Einwirkungsklausel, gerichtet auf die Bestellung eines Arbeitsdirektors durch den Aufsichtsrat „im Benehmen“ mit den Gewerkschaftsvertretern, unter dem Gesichtspunkt der Eigentümerverantwortung des Investors problematisch sein. Teil der (Anteils-)Eigentümerverantwortung ist das mitgliedschaftliche Herrschaftsrecht, kraft dessen der Aktionär unmittelbar auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, mittelbar auf die Bestellung des Vorstands und die Leitung der Aktiengesellschaft insgesamt Einfluss nimmt.235 Die vertragliche Pflicht zur Bestellung einer bestimmten Person zum Arbeitsdirektor könnte diese mitgliedschaftliche Stellung unverhältnismäßig schwächen. Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht im Mitbestimmungsurteil implizit angedeutet, dass in der Begründung eines Vetorechts der Arbeitnehmermitglieder im Aufsichtsrat in Anlehnung an § 13 Abs. 1 S. 2 MontanMitbestG oder einer sonstigen Einflussnahme auf die Bestellung des Arbeitsdirektors eine den Regelungsinhalt der §§ 33 Abs. 1 S. 1, 31 MitbestG überschreitende Praxis liegen könnte.236 Letztendlich ist aber nicht nur § 33 Abs. 1 MitbestG selbst verfassungskonform 237, man wird auch in der Begründung einer vertraglichen Einwirkungspflicht im o. g. Sinn keinen unverhältnismäßigen Übergriff in den Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors sehen können. Das mitgliedschaftliche Herrschaftsrecht gewährleistet dem Anteilseigner zwar einen maßgeblichen Einfluss auf die Besetzung der Gesellschaftsorgane und vermittelt ihm darüber die Leitung der Gesellschaft. Es garantiert ihm jedoch keinen absoluten Einfluss auf die Besetzung der Leitungsorgane. Die Klausel berührt mithin nicht den Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors.

234  OLG Stuttgart 30. 05. 2007 – 20 U 14/06 – AG 2007, 873, 876; zust. MüKoAktG/ Spindler, 4. Aufl., § 84, Rn. 15; einschränkend Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 84, Rn. 5; Zöllner, DB 1976, 1766, 1767 f; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Aufl., § 7, Rn. 335; abl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 10; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 84, Rn. 9. 235  BVerfG 09. 01. 2014 – 1 BvR 2344/11 – ZIP 2014, 464 (unter Rn. 21). 236  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 379 f. 237  Vgl. BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 378 ff.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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dd) Diskriminierung durch ein Sonderkonsultationsrecht Gegen die Zulässigkeit einer Bestimmung in einer Investorenvereinbarung, die den Gewerkschaftsvertretern in den jeweiligen Aufsichtsräten ein „Sonderkonsultationsrecht“ für die Bestellung des Arbeitsdirektors einräumt, ist ferner vorgebracht worden, sie diskriminiere mittelbar nach der Staatsangehörigkeit.238 Die Benachteiligung und die Diskriminierung sollen nach dieser Lesart wohl darin liegen, dass der gewerkschaftsangehörige Arbeitsdirektor zur Abführung seiner Tantiemen für die Verwaltungstätigkeit verpflichtet ist239, während ein nicht gewerkschaftsangehöriger Arbeitsdirektor oder ein ausländischer Arbeitsdirektor nicht einer solchen Pflicht unterliegt. Die Benachteiligung sei deshalb als Verstoß gegen die §§ 44 Nr. 3, 45 Abs. 2 Nr. 3 SEBG gem. § 134 BGB nichtig.240 Die genannten Vorschriften finden auf den Vertrag zwischen der IG BAU und ACS indessen keine Anwendung, da der von § 3 Abs. 1 SEBG umschriebene Geltungsbereich nicht einschlägig ist. Selbst § 3 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 SEBG eröffnet nicht den Geltungsbereich des SEBG, denn obgleich in diesem Fall die §§ 44 Nr. 3, 45 Abs. 2 Nr. 3 SEBG auf eine deutsche Gesellschaft mit Sitz in Deutschland anwendbar sind, müsste dann wenigstens die Muttergesellschaft ACS in der Rechtsform der SE bestehen und dürfte nicht eine Aktiengesellschaft nach spanischem Recht sein.241 Daran stört man sich insofern, als die für rein nationale Sachverhalte vergleichbaren Vorschriften § 9 S. 2 DrittelbG und § 26 S. 2 MitbestG sich nur an den Aufsichtsrat richten, den im Verwaltungsorgan sitzenden Arbeitsdirektor dementsprechend gar nicht adressieren. Gleichwohl soll einer eventuellen Benachteiligung und Diskriminierung weiter nachgegangen werden, um die Frage in der Sache auch für den Fall zu beantworten, dass der Investor in der Rechtsform einer SE organisiert ist oder sonst der Anwendungsbereich nach § 3 Abs. 1 SEBG eröffnet ist. Ob man in der Pflicht zur Abführung der Tantiemen die Benachteiligung eines gewerkschaftsangehörigen Arbeitsdirektors nach den §§ 44 Nr. 3, 45 Abs. 2 Nr. 3 SEBG sehen kann, scheint fraglich. Richtig ist zunächst, dass die §§ 44 Nr. 3, 45 Abs. 2 Nr. 3 SEBG einen strafbewehrten Tätigkeitsschutz für 238 

Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1418. für eine solche Regelung nur den Beschluss des DGB-Bundesausschusses vom 05. März 2014 (abrufbar unter: http://www.boeckler.de/pdf/foerderer_richtlinie_2014. pdf), der die Beschlüsse des DGB-Bundesausschusses vom 19. Oktober 2005 (FAZ Nr. 249 vom 26. 10. 2005 „DGB: Neue Regeln für Aufsichtsräte“, S. 14), vom 10. Oktober 2000 und vom 7. März 1979 (Mitbestimmungsgespräch 1979, 98) ändert und wie die früheren Bestimmungen eine Abführungspflicht für Arbeitsdirektoren vorsieht. Die Regelungen werden ferner wiedergegeben in Hans-Böckler-Stiftung, Steuerleitfaden für den Aufsichtsrat, S. 3 ff., S. 4 zu Arbeitsdirektoren. 240  Bei § 44 SEBG handelt es sich unstrittig um ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB, siehe KK-SEBG/Feuerborn, 3. Aufl., § 44, Rn. 14; Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, 3. Aufl., SEBG, § 44, Rn. 8. 241  Vgl. KK-SEBG/Feuerborn, 3. Aufl., § 3, Rn. 7. 239 Siehe

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Arbeitnehmer im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan aufrichten, wonach sie von niemandem 242 wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt werden dürfen. Benachteiligend kann insoweit jede tatsächliche, persönliche oder wirtschaftliche Schlechterstellung im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Arbeitnehmern wirken.243 Im Verhältnis zu anderen nicht-, teilweise auch andersorganisierten Arbeitnehmern müssen die meisten gewerkschaftsangehörigen Arbeitsdirektoren ihre Vergütung für die Verwaltungstätigkeit abführen, was sie gegenüber dieser Vergleichsgruppe wirtschaftlich schlechter stellt. Problematisch ist derweil das Erfordernis einer Benachteiligung wegen der ausgeübten Tätigkeit, welches hier nicht als erfüllt angesehen werden kann, knüpft die Abführungspflicht doch an der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gewerkschaft an und nicht an der Tätigkeit im Verwaltungsorgan. Möchte der gewerkschaftsangehörige Arbeitsdirektor keine Tantiemen abführen, kann er sich durch einen Gewerkschaftsaustritt der Abführungspflicht entziehen und ungehindert seiner Tätigkeit im Verwaltungsorgan weiter nachgehen.244 Somit liegen die Voraussetzungen einer Benachteiligung nach § 44 Nr. 3 SEBG nicht vor. Über die Benachteiligung nach § 44 Nr. 3 SEBG hinaus in der Klausel eine mittelbare Diskriminierung nach der Staatsangehörigkeit zu sehen, muss ebenso zurückgewiesen werden.245 Anknüpfungspunkt der Abführungspflicht bildet nämlich die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft, die in ihren Statuten die Abführung der Tantiemen für die Organtätigkeit vorsieht, gerade aber nicht die Staatsangehörigkeit des Mitglieds im Verwaltungsorgan. So müsste freilich ein ausländischer Arbeitsdirektor seine Tantieme abführen, wenn er einer entsprechenden Gewerkschaft mit einer Abführungspflicht angehört, umgekehrt müsste ein deutscher Arbeitsdirektor allerdings wie ein ausländischer keine Tantiemen abführen, sofern er nicht Mitglied einer Gewerkschaft ist. Folglich ist die Klausel auch unter diesem Aspekt nicht unwirksam. Man möchte überdies hinzufügen, träfe der Einwand einer Benachteiligung und/oder Diskriminierung zu, läge die Konsequenz kaum in der Unwirksamkeit der Bemühenspflicht des Investors, sich für die Bestimmung des Arbeitsdirektors nur im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern im jeweiligen Aufsichtsrat einzusetzen, sondern in der Unwirksamkeit der Abführungspflicht. 242 

BT-Drucks. 15/3405, S. 57. 3. Aufl., § 44, Rn. 6; KK-SEBG/Feuerborn, 3. Aufl., § 44, Rn. 12. 244 Dass der aus der Gewerkschaft austretende Arbeitsdirektor anschließend wohl schnell abberufen wird, ist nur die Konsequenz aus seiner Bestellung, die er maßgeblich der gewerkschaftlichen Unterstützung verdankt. 245  So aber Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1418. Sie berufen sich dabei auf das „eiserne Prinzip“ der Gleichberechtigung aller Aufsichtsratsmitglieder (BGH 25. 02. 1982 – II ZR 145/80 – AP MitbestG § 28 Nr. 1 = BGHZ 83, 151, 154), das – so kann man unterstellen – wohl auch für die Mitglieder des Verwaltungsorgans Geltung beansprucht, verkennen indes, dass tatsächlich der Arbeitsdirektor gleich behandelt wird, weil ihm die AG wie allen anderen Mitgliedern der Verwaltung eine angemessene Vergütung zuwendet und die Abführungspflicht in der Sphäre des Arbeitsdirektors begründet liegt. 243 MüKoSEBG/Jacobs,

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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ee) Benachteiligung anders- oder nichtorganisierter Arbeitnehmer Die Abhängigkeit der inhaltlichen Einwirkungspflicht allein vom Einvernehmen der Gewerkschaftsvertreter der IG BAU im Aufsichtsrat könnte einen Verstoß gegen die positive und negative Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG der anders- oder nichtorganisierten Arbeitnehmer bedeuten, weil nach § 7 Abs. 2 MitbestG die Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat stets aus dem Unternehmen kommt, deren Votum bei der Bestellung des Arbeitsdirektors effektiv nunmehr aber weitgehend belanglos wird. Ist die Stimmabgabe der unternehmensangehörigen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat effektiv beseitigt, könnte man immerhin noch einwenden, die Arbeitnehmer seien in der Lage, auf die Wahl der Gewerkschaftsvertreter Einfluss zu nehmen. So können die Arbeitnehmer des Unternehmens über die Delegierten auch die Vertreter der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat wählen, jedoch erfolgt die Wahl gem. § 16 Abs. 2 S. 1 MitbestG aufgrund von Vorschlägen der Gewerkschaften, weshalb sich der Einfluss der unternehmensangehörigen Arbeitnehmer auf die Auswahl eines Vorschlags beschränkt. Da der Investor darauf hinwirkt, dass die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern abstimmen und zudem die Gewerkschaftsvertreter zur Wahl von den Gewerkschaften gem. § 16 Abs. 2 S. 1 MitbestG vorgeschlagen werden, hat in der Konsequenz die Gewerkschaft ihren effektiven Einfluss auf die Bestellung des Arbeitsdirektors erheblich erhöht. Misslich ist das, zumal der Arbeitsdirektor in einer besonderen Nähebeziehung zu den Arbeitnehmern des Unternehmens stehen soll 246, nun aber vor allem eine externe Kraft maßgeblich über die Person des Arbeitsdirektors bestimmt. Obendrein konterkariert diese vertragliche Regelung die zwingende247 Regelung des § 7 Abs. 2 MitbestG, die einen überwiegenden Einfluss der Arbeitnehmer des Unternehmens im Aufsichtsrat sicherstellt. Das zeigt sich daran, dass als Gewerkschaftsvertreter auch unternehmensangehörige Arbeitnehmer gewählt werden können 248, während es umgekehrt nicht möglich ist, auf die Stelle eines unternehmensangehörigen Arbeitnehmers einen unternehmensexternen Gewerkschafter zu wählen 249. 246  Schubert, in: Wißmann/Kleinsorge/Schubert, 5. Aufl., MitbestG, § 33, Rn. 23; anders Martens, Der Arbeitsdirektor nach dem Mitbestimmungsgesetz, S. 37; ErfK/Oetker, 18. Aufl., MitbestG, § 33, Rn. 2. Siehe zu den gegensätzlichen Vorstellungen auch die Meinungsäußerungen der Abgeordneten zum Entwurf des MitbestG, vgl. Stenographischer Bericht vom 18. 03. 1976, 7. Wahlperiode, 230. Sitzung, S. 16000, 16010, 16066 ff. 247  T. Raiser/Jacobs, in: Raiser/Veil/Jacobs, 6. Aufl., MitbestG, § 7, Rn. 2; Wißmann, in: Wißmann/Kleinsorge/Schubert, 5. Aufl., MitbestG, § 7, Rn. 25. 248  Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, 3. Aufl., MitbestG, § 7, Rn. 78; GroßKomm­ AktG/Oetker, 4. Aufl., MitbestG, § 7, Rn. 17; Wißmann, in: Wißmann/Kleinsorge/Schubert, 5. Aufl., MitbestG, § 7, Rn. 45. 249 Für die Nichtigkeit einer solchen Bestellung T. Raiser/Jacobs, in: Raiser/Veil/Jacobs, 6. Aufl., MitbestG, § 7, Rn. 11.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Man muss nicht auf das Verfassungsrecht rekurrieren, vielmehr liegt bereits eine mit dem einfachen Gesetzesrecht unvereinbare Benachteiligung anders- oder nichtorganisierter Arbeitnehmer bei der Bestellung des Arbeitsdirektors vor. Die Klausel ist somit unwirksam. ff) Ergebnis Die vertragliche Pflicht eines Investors gegenüber einer Gewerkschaft, auf die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat einzuwirken, damit sie den Arbeitsdirektor nur im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern bestellen, lässt sich, zumindest in der Ausgestaltung wie sie Eingang in die Vereinbarung zwischen der IG BAU und ACS gefunden hat, nicht mit den Belangen und den Interessen andersoder nichtorganisierter Arbeitnehmer vereinbaren.250 Davon legen die Vorschriften des MitbestG Zeugnis ab. Wirksam ist eine solche Klausel, sofern sie in das Benehmen sämtliche Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite einbezieht, also sowohl solche der Arbeitnehmer des Unternehmens als auch externe Vertreter der Gewerkschaften. d)  Kein Abschluss eines Beherrschungsvertrages Die vertragliche Zusage eines Investors an eine Gewerkschaft, nicht den Abschluss eines Beherrschungsvertrags anzustreben, könnte unverhältnismäßig in den Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung des Investors übergreifen. Dann müsste zu diesem Kernbereich die Herrschaftsmacht der Anteilseigner zählen, ob sie sich der Leitungsmacht über ihre Gesellschaft begeben, und zudem die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit nicht hinreichend durch andere gleichrangige Rechtspositionen legitimiert sein. Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit im Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags einen Eingriff in das aus der Mitgliedschaft folgende Herrschaftsrecht und die vermögensrechtliche Stellung der Minderheitsaktionäre gesehen 251, der nur dann mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Aktieneigentums gem. Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn die betroffenen Anteilseigner eine Kompensation für die erlittenen Nachteile erfahren.252 In diesem Sinn sichern die §§ 304, 305 AktG den außenstehenden Aktionären einen Ausgleich im Gegenzug für die erfahrenen Einbußen durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags.253 Was für den Minderheitsaktionär eine Beschränkung sei250  Im Erg. auch Seibt, CFL 2011, 213, 222, der allerdings von einem Verstoß gegen § 31 MitbestG ausgeht. 251  Ausdrücklich BVerfG 19. 04. 2007 – 1 BvR 1995/06 – ZIP 2007, 1055, 1056, das nach der Beendigung des Unternehmensvertrags vom Fortfall der Einschränkung des mitgliedschaftlichen Herrschafts- und Vermögensrechts spricht. 252  BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 301 ff. 253  BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 – BVerfGE 100, 289, 304; BVerfG 05. 12. 2012 – 1 BvR 1577/11 – ZIP 2013, 260 (unter Rn. 11); BGH 20. 05. 1997 – II ZB 9/96 – BGHZ

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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ner mitgliedschaftlichen Herrschaftsmacht darstellt, bedeutet währenddessen für den Mehrheitsaktionär die freie Ausübung einer verfassungsrechtlich geschützten Rechtsposition. Überdies schützt die Unternehmerfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG die unternehmerische Entscheidung zur Konzernierung. Obgleich damit mehrere Grundrechtspositionen kumuliert beim Investor auftreten, erhöht sich dadurch nicht sein grundrechtliches Schutzniveau.254 Vielmehr stellt man auf das vorwiegend betroffene Grundrecht ab. Zum Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors muss man daher gerade auch die Entscheidung rechnen, die Leitung der Zielgesellschaft durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags unmittelbar der eigenen Gesellschaft zu unterstellen. Hinzu tritt ein weiterer Aspekt: Ist der Investor selbst eine Kapitalgesellschaft, wird die mitgliedschaftliche Herrschaftsmacht ihrer Eigentümer auf die Zielgesellschaft, die mittelbar über die Beteiligung des Investors an der Zielgesellschaft im Eigentum der Anteilseigner des Investors steht, dem Grade nach substanziell erhöht, weil die Anteilseigner einen viel stärkeren Einfluss auf die Unternehmensleitung des Investors nehmen, als sie dies über mehrere gesellschaftsrechtliche Ebenen vermittelt auf die Leitung der Zielgesellschaft tun könnten. Für die Anteilseigner des Investors ist der Abschluss eines Beherrschungsvertrags mit der Zielgesellschaft insoweit eine Re-Mediatisierung ihrer mitgliedschaftlichen Herrschaftsmacht. Auch unter diesem Blickwinkel scheint die freie Entscheidung zur Konzernierung besonders schutzwürdig. Fraglich ist, ob eine gleichrangige Rechtsposition der Gewerkschaft ein vertragliches Abschlussverbot als nicht unverhältnismäßigen Übergriff in den Kernbereich der Anteilseigentümerverantwortung erscheinen lässt. Das könnte hier nur die Privatautonomie nach Art. 2 Abs. 1 GG sein, da durch den Nichtabschluss eines Beherrschungsvertrags keine Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten gewahrt und gefördert werden.255 Setzt man allerdings den abstrakten Rang der Eigentums- und Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG zur allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG in Relation wie auch die Intensität, mit der die Grundrechte betroffen sind, ergibt sich, dass die Grundrechtspositionen des Investors im abstrakten Rang derjenigen der Gewerkschaft vorgehen und zudem in einem Kernbereich betroffen sind, während die Gewerkschaft sich außerhalb ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrags im Sinne des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der abhängig Beschäftigten zu wahren und zu fördern, betätigt. In diesem Kernbereich der (Anteils-)Eigentümerverantwortung darf mithin die Entscheidungsfreiheit des Investors nicht eingeschränkt werden.

135, 374, 378 f.; BGH 04. 03. 1998 – II ZB 5/97 – BGHZ 138, 136, 139; Kropff, Aktiengesetz, S. 397; Röhricht, ZHR 162 (1998), 249, 257. 254  Vgl. § 7 C. II. 4. 255  Siehe oben § 7 D. III. 1. d).

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

IV.  Sonstige Gegenstände Zunächst befasst sich dieser Abschnitt mit der Zusage der ausschließlichen Anerkennung einer Gewerkschaft als Sozialpartner für einen Konzern, die besonders vehement kritisiert worden ist und das Arbeitnehmerlager spaltete.256 Anschließend werden die Rahmenbedingungen für eine vertragliche Einigung über das anwendbare Recht bei grenzüberschreitenden Investorenvereinbarungen abgesteckt. Zuletzt soll die Zulässigkeit der Installation eines Garanten zur Sicherung der Durchsetzung einer Investorenvereinbarung geprüft werden. Letztere zwei Gegenstände waren bisher noch nicht Inhalt der bekannt gewordenen Vereinbarungen, gleichwohl können sie künftig den Gegenstand einer Investorenvereinbarung bilden. 1.  Koalitionsvertragliche Regelungszuständigkeit a)  Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft Im Rahmen der Investorenvereinbarung vereinbarte die IG BAU mit ACS, sie bleibe „alleiniger Sozialpartner im HOCHTIEF-Konzern für Deutschland und alle Arbeitsverhältnisse nach deutschem Recht“.257 Einer unter dem Schutz von Art. 9 Abs. 3 GG stehenden koalitionsvertraglichen Regelung wäre diese Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft nur zugänglich, sofern sie thematisch dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zugeordnet werden kann. Ansonsten, wenn die Parteien lediglich auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG handeln, bleibt ihnen noch die Handlungsform des einfachen Schuldvertrags. In dieser Regelung eine Förderung der Arbeit- und Wirtschaftsbedingungen zu sehen 258, scheint problematisch, denn mehrfach ist auf einen Bezug zum Arbeitsverhältnis im weitesten Sinn hingewiesen worden. Den Drittbezug der Koalitionsfreiheit259 hat auch das BVerfG herausgestellt, indem es darauf verwies, das Recht zur Koalitionsbetätigung beziehe sich auf die Mitglieder der Koalitionen.260 Unmittelbarkeit im Sinn einer direkten Förderung der Bedingungen abhängiger Arbeit kann darunter nicht verstanden werden 261, erfasst der verfassungsrechtliche Schutz durch Art. 9 Abs. 3 GG nach dem BVerfG doch auch die koalitio-

256  Eindrücklich Wirtschaftswoche Nr. 19 vom 09. 05. 2011 „Dolch, Stoß und Legende“, S. 124, 128 ff.; FAZ Nr. 304 vom 30. 12. 2010 „Hochtief-Betriebsrat und Gewerkschaft überwerfen sich im Übernahmekampf“, S. 9. 257  Vereinbarung ACS/IG BAU (unter Rn. 8). 258 So Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 70 f. 259 Ausführlich Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 159 f. 260  BVerfG 06. 05. 1964 – 1 BvR 79/62 – AP TVG § 2 Nr. 15 = BVerfGE 18, 18, 26; BVerfG 28. 04. 1976 – 1 BvR 71/73 – AP BetrVG 1972 § 74 Nr. 2 = BVerfGE 42, 133, 138; BVerfG 24. 05. 1977 – 2 BvL 11/74 – AP TVG § 5 Nr. 15 = BVerfGE 44, 322, 344; BVerfG 07. 04. 1981 – 2 BvR 446/80 – AP GG Art. 9 Nr. 34 = BVerfGE 57, 29, 37. 261  Vgl. BVerfG 30. 11. 1965 – 2 BvR 54/62 – AP GG Art. 9 Nr. 7 = BVerfGE 19, 303, 313.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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näre Mitgliederwerbung262. Grundsätzlich gilt, „soweit sich die Tätigkeiten bzw. die Vereinbarungen der Koalitionen nicht auf die Mitglieder beziehen, sondern der Ausgestaltung der Binnenbeziehungen zwischen den Koalitionen dienen, verläßt eine konsensuale Regelung [.] den sachlichen Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG“.263 Die Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft betrifft ausschließlich das Verhältnis der Gewerkschaft zum Investor und regelt ihre Stellung im Konzern. Dass diese Regelung möglicherweise die Stellung der IG BAU stärkt und dadurch mittelbar die Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten wie bei der Mitgliederwerbung fördert, folglich Art. 9 Abs. 3 GG diese Koalitionsbetätigung deckt, liegt fern. Erweist sich der wesentliche Unterschied darin, bei der Mitgliederwerbung aus einer eigenen Position der Stärke heraus zu handeln, bei der Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft sich dagegen auf die Schwächung anderer Koalitionen zu verlegen. Letzteres ist wenig erfolgversprechend, kann eine konkurrierende Gewerkschaft ungeachtet dessen Verhandlungen durch Streik erzwingen.264 Somit fördert dieser Gegenstand weder unmittelbar noch mittelbar Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG und kann dementsprechend nur durch einen einfachen Schuldvertrag geregelt werden. b)  Vereinbarung des anwendbaren Rechts Europäische Integration und Globalisierung machen grenzüberschreitende Transaktionen seit geraumer Zeit vom seltenen Ausnahmefall zum täglichen Brot der Rechtspraxis. Die grenzüberschreitende Investorenvereinbarung zwischen der IG BAU und ACS ist insofern kein Ausreißer, sondern steht exemplarisch für die ökonomische Entwicklung. Eine Übereinkunft darüber, welches Recht auf ihre Vereinbarung Anwendung findet, haben die Vertragsparteien nicht getroffen. Daher interessiert, ob die Parteien die auf den Koalitionsvertrag anwendbaren Rechtsnormen selbst wählen können (Koalitionsvertragsstatut) und welches Recht gilt, sofern eine Übereinkunft diesbezüglich fehlt. Eine Einigung über das Koalitionsvertragsstatut können die Parteien einer Investorenvereinbarung jedenfalls nicht in der Form des Koalitionsvertrags erzielen. Es reicht insoweit nicht aus, dass ein bestimmtes Statut möglicherweise die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Arbeitnehmer effektiver fördert als ein anderes, denn den inneren Bezug zum Arbeitsverhältnis der abhängig Beschäftigten stellt die geregelte Sachmaterie her und nicht das auf die Vereinbarung anwendbare Recht. Es handelt sich mithin um

262  BVerfG 26. 05. 1970 – 2 BvR 664/65 – AP GG Art. 9 Nr. 16 = BVerfGE 28, 295, 304 f.; BVerfG 14. 11. 1995 – 1 BvR 601/92 – AP GG Art. 9 Nr. 80 = BVerfGE 93, 352, 357 f. 263  Säcker/Oetker, Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie, S. 160. 264  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71; Preis, Stellungnahme, in: FAZ Nr. 304 vom 30. 12. 2010 „Hochtief-Betriebsrat und Gewerkschaft überwerfen sich im Übernahmekampf“, S. 9.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

eine selbständige vertragliche Verweisungsabrede265 allein auf der Grundlage der Privat­autonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG. c)  Bestimmung eines Garanten Angeregt durch die Investorenvereinbarung zwischen Schaeffler und Conti­ nental, worin der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Garanten der Interessen von Continental, ihrer Aktionäre, Arbeitnehmer und sonstigen Stakeholder mit der Berechtigung und Ermächtigung bestellt worden war, die Erfüllung der Verpflichtungen von Schaeffler jederzeit gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen 266, und die anschließende gesellschaftsrechtliche Diskussion 267 zur Zulässigkeit und zu den Grenzen der Installation eines Garanten, soll auch die Bestellung eines Garanten zur Sicherung der Vertragserfüllung in einer Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft untersucht werden. Gegenständlich betrifft die Regelung die Vertragsdurchführung und regelt sachlich-inhaltlich keine Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Sie trägt vielmehr Sorge dafür, dass die in der Investorenvereinbarung geregelten Gegenstände tatsächlich umgesetzt werden. Eine solche Klausel lässt sich lediglich in einem einfachen Schuldvertrag vereinbaren. 2.  Regelungszulässigkeit a)  Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft Für die vereinbarte exklusive Sozialpartnerschaft der IG BAU ernteten beide Vertragsparteien – auch und gerade aus dem Arbeitnehmerlager268 – viel Kritik, obschon sich die Meinungen in der rechtlichen Analyse scheiden, inwiefern die Klausel mit Blick auf die Koalitionsbetätigungsgarantie anderer Koalitionen gem. Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG wirksam bzw. unwirksam ist. So sehen einige in der Klausel keinen Übergriff in die freie Koalitionsbetätigung anderer Gewerkschaften, weil

265  MüKoRom I-VO/Martiny, 6. Aufl., Art. 3, Rn. 5, 104. Das entspricht der Rechtsprechung zur alten Rechtslage, vgl. BGH 19. 01. 2000 – VIII ZR 275/98 – NJW-RR 2000, 1002, 1004. 266  Pressemitteilung der Continental AG vom 21. 08. 2008 „Continental schließt weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler“, abrufbar unter http://www.continental-corporation.com/www/portal_com_de/themen/continental/archiv/hidden/uebernahme/ pr_2008_08_21_ar_de.html (Abruf am 12. 07. 2014). 267  Heß, Investorenvereinbarungen, S. 325 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200 f.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 188 ff. 268  Eindrücklich Wirtschaftswoche Nr. 19 vom 09. 05. 2011 „Dolch, Stoß und Legende“, S. 124, 128 ff.; FAZ Nr. 304 vom 30. 12. 2010 „Hochtief-Betriebsrat und Gewerkschaft überwerfen sich im Übernahmekampf“, S. 9.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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dem deutschen Tarifsystem eine Verhandlungspflicht fremd sei269 und dementsprechend die Verpflichtung, Verhandlungen mit anderen Gewerkschaften zu unterlassen, zulässig sein müsse.270 Wer auf diesem Standpunkt beharrt, berücksichtigt zweierlei nicht: Erstens besteht aus der vertraglichen Abrede ein klagbarer Anspruch, nicht in Verhandlungen mit anderen Gewerkschaften zu treten. Zweitens kann die Verletzung der vertraglichen Pflicht einen Schadensersatzanspruch auslösen. Beides ist dazu geeignet, den Investor von der Verhandlung mit anderen Gewerkschaften abzuhalten, zumindest die Partei in einen Abwägungsprozess darüber eintreten zu lassen, nach welchem Szenario ihr der geringere Schaden droht. Obgleich hier nicht die Gesellschaft selbst, die hypothetisch die Parteistellung bei einem Tarifvertrag einnehmen würde, die Verpflichtung eingegangen ist, mit anderen Gewerkschaften keinen Tarifvertrag abzuschließen, kann die tatsächliche Wirkkraft der Klausel kaum bezweifelt werden, wenn der hinter der Gesellschaft stehende, maßgeblichen Einfluss übende Investor seine Einwirkung in eine bestimmte Richtung verspricht. Nach dem eindeutigen Wortlaut von Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG erfordert die Vorschrift ohnehin keine tatsächlich eingetretene Einschränkung oder Behinderung der Koalitionsfreiheit, ausreichend ist vielmehr bereits jede Abrede, die bloß den Eintritt des gewünschten Effekts subjektiv anstrebt.271 „Tarifliche Ausschließlichkeitsbindungen“ schalten gezielt Gewerkschaftskonkurrenz aus272, ihre Effektivität im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels kann im Ergebnis deshalb dahinstehen. Die Zusage einer exklusiven Sozialpartnerschaft im HOCHTIEF-Konzern an die IG BAU ist mithin nichtig nach Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG.273 b)  Vereinbarung des anwendbaren Rechts aa) Vereinbarung des Koalitionsvertragsstatuts Das auf einen Koalitionsvertrag anwendbare Recht können Investor und Gewerkschaft nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 Rom I-Verordnung frei wählen, sofern der Anwendungsbereich der Verordnung gem. Art. 1 Abs. 1 Rom I-Verordnung eröffnet ist und keine Ausnahme nach Art. 1 Abs. 2, 3 Rom I-Verordnung vorliegt. 269  Siehe nur BAG 02. 08. 1963 – 1 AZR 9/63 – AP GG Art. 9 Nr. 5 (unter III 1 – 5); BAG 14. 07. 1981 – 1 AZR 159/78 – AP TVG § 1 Verhandlungspflicht Nr. 1 (unter II 1 a); BAG 14. 02. 1989 – 1 AZR 142/88 – AP GG Art. 9 Nr. 52 (unter III 4); a.A. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 275 ff. m. w. N. 270  Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 71; ähnlich Preis, Stellungnahme, in: FAZ Nr. 304 vom 30. 12. 2010 „Hochtief-Betriebsrat und Gewerkschaft überwerfen sich im Übernahmekampf“, S. 9. 271  Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 333; Gneiting, in: Umbach/Clemens, GG, Bd. I, Art. 9, Rn. 133; Kemper, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 187. 272  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1397. 273  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1397; im Erg. auch Seibt, CFL 2011, 213, 222.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Anders als im Tarifrecht, wo die parteiautonome Festlegung der anwendbaren Rechtsnormen auf einen Tarifvertrag hoch umstritten ist274, bestehen beim Koalitionsvertrag keine ernsthaften Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Rom I-Verordnung, weil ein Koalitionsvertrag ein vertragliches Schuldverhältnis darstellt und der erforderliche zivil- und handelsrechtliche Bezug nur solche Schuldverhältnisse vom Anwendungsbereich ausschließt, die im Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse stehen275. Koalitionsverträge unterfallen somit dem Anwendungsbereich der Rom I-Verordnung, sodass die Parteien nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 Rom I-Verordnung das anwendbare Recht (Koalitionsvertragsstatut) frei wählen können.276 bb) Unterlassene Bestimmung des Koalitionsvertragsstatuts Wie ACS und die IG BAU werden es viele Parteien unterlassen, ein Koalitionsvertragsstatut ausdrücklich oder konkludent zu bestimmen. In diesem Fall sieht Art. 4 Rom I-Verordnung vor, das für den Koalitionsvertrag maßgebliche Recht objektiv zu ermitteln, indem zunächst nach Abs. 1 an den Vertragstypus angeknüpft wird, anschließend gem. Abs. 2 an die charakteristische Vertragsleistung und zuletzt nach Abs. 4 an die engste Verbindung zu einem Staat. Die maßgebliche Rechtsordnung beim Koalitionsvertrag nach Art. 4 Abs. 1 oder 2 Rom I-Verordnung zu bestimmen, scheitert daran, dass der Koalitionsvertrag nicht von Abs. 1 aufgezählt wird und die charakteristische Vertragsleistung i. S. d. Abs. 2 sich wie beim Tarifvertrag277 nicht ohne weiteres bestimmen lässt. Dann kann man aber auch nicht Art. 4 Abs. 3 Rom I-Verordnung zur Bestimmung des Koalitionsvertragsstatuts heranziehen.278 Die Vorschrift statuiert nämlich eine Ausweichklausel, die es ermöglicht, von einem nach Abs. 1 oder 2 bestimmten Statut ausnahmsweise abzuweichen. Das anwendbare Recht kann beim Koalitionsvertrag indes nicht nach Abs. 1 und 2 bestimmt werden. Folglich ist gem. Art. 4 Abs. 4 Rom I-Verordnung die engste Verbindung zu einem Staat entscheidend, die in erster Linie zu demjenigen Staat besteht, wo die Parteien die vertraglich versprochenen Leistungen erbringen müssen und erst nachrangig dort, wo der Verwaltungssitz der Koalitionsvertragsparteien liegt oder die Parteien den Vertrag abgeschlossen haben. Zieht 274 Bejahend Deinert, Internationales Arbeitsrecht, § 15, Rn. 19 ff., 36 ff.; Deinert, in: FS Bepler (2012), S. 75, 81 ff.; ErfK/Schlachter, 18. Aufl., Rom I-VO, Art. 9, Rn. 32; zur alten Rechtslage BAG 11. 09. 1991 – 4 AZR 71/91 – AP Internat. Privatrecht, Arbeitsrecht Nr. 29 (unter II 2 b): „Tarifverträge werden dem Privatrecht zugeordnet; dann gilt aber auch für sie der Grundsatz, daß die Tarifvertragsparteien das Rechtsstatut bestimmen können.“; abl. Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 393 m. w. N. 275  MüKoRom I-VO/Martiny, 6. Aufl., Art. 1, Rn. 6. 276  Deinert, Internationales Arbeitsrecht, § 15, Rn. 20; wohl auch Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 394. 277  Deinert, Internationales Arbeitsrecht, § 15, Rn. 25; Schlachter, NZA 2000, 57, 64. 278  So aber Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 177; Däubler, Tarifverträge zur Unternehmenspolitik?, S. 25.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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man für die Vereinbarung zwischen ACS und IG BAU das wichtigste Kriterium, den Erfüllungsort, heran, findet auf die Investorenvereinbarung deutsches Recht Anwendung.279 c)  Bestimmung eines Garanten Rechtliche Bedenken gegen die Bestimmung eines Garanten zur Durchsetzung einer Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft bestehen allein unter dem Aspekt der Berechtigung und Ermächtigung des Garanten, wirksam fremde Rechte gerichtlich geltend zu machen. Die gewillkürte Prozessstandschaft erfordert insofern ein eigenes schutzwürdiges Interesse des nach § 185 BGB analog Ermächtigten an der Prozessführung, welches vorliegt, wenn die Prozessentscheidung die Rechtslage des Ermächtigten günstig beeinflusst.280 Soweit der Garant Arbeitnehmer der Zielgesellschaft ist, liegt zwar ein ausreichendes schutzwürdiges Eigeninteresse vor, regelmäßig werden die Vertragsparteien allerdings einen außenstehenden Dritten zum Garanten bestellen wollen. Für diesen steht die Vergütung im Vordergrund, zumal dann, wenn sie neben einem Pauschalbetrag eine tätigkeitsbezogene Folgevergütung umfasst281. Das reicht aber gerade nicht für ein schutzwürdiges Eigeninteresse aus, denn bereits das Reichsgericht entschied, ein eigenes Interesse an der Geltendmachung von fremden Forderungen in eigenem Namen sei nicht jedem zuzubilligen, der ein vermögenswertes Interesse verfolgt.282 Obgleich ein Garant mithin grundsätzlich rechtlich zulässig eingesetzt werden kann, muss er ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Rechtsdurchsetzung nachweisen, was seine Einsetzung wohl in der Praxis unattraktiv macht. Dafür besteht bei einer Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft aber ohnehin ein geringes praktisches Bedürfnis, denn es existiert nicht wie bei einer Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft die Gefahr, dass das vertretungsbefugte Organ der Zielgesellschaft aufgrund der mittelbaren Abhängigkeit von der Durchsetzung absieht, weil es eigene oder fremde Partikularinteressen verfolgt283.

279  Im Erg. übereinstimmend Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 177; Däubler, Tarifverträge zur Unternehmenspolitik?, S. 25. 280 BAG 19. 02. 2014 – 5 AZR 1047/12 – AP AÜG § 10 Nr. 40 (unter Rn. 21); BAG 25. 02. 2015 – 5 AZR 593/13 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 128 (unter Rn. 17). 281  Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201 schlagen das zumindest für eine Investorenvereinbarung zwischen Zielgesellschaft und Investor vor. 282  RG 21. 04. 1939 – VII 231/37 – RGZ 160, 204, 210 f. 283  Siehe dazu Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 188 f.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

E.  Ergebnis Im Mitbestimmungsurteil vom 01. 03. 1979 hob das Bundesverfassungsgericht hervor, die „Anteilseigner behalten die alleinige Zuständigkeit für die Grundlagen­ entscheidungen, die nach wie vor von der Anteilseignerversammlung getroffen werden“, und stellte ferner heraus, dass das Mitbestimmungsgesetz „nicht auf eine unmittelbare Mitbestimmung von Arbeitnehmervertretern in allen Organen der Unternehmen, namentlich der Unternehmensleitung“, abziele.284 Zwar beziehen sich diese Aussagen auf einen legislatorischen Eingriff in die Rechtsposition der Anteilseigner, gleichwohl bringen sie den besonderen Schutz eines Kernbereichs der (Anteils-)Eigentümerverantwortung zum Ausdruck, der auch einer privatautonomen Einschränkung durch Vereinbarung entzogen ist. Wo die exakte Grenze gezogen werden muss, hängt dann vor allem davon ab, ob der betreffende Regelungsgegenstand der Investorenvereinbarung sachlich-inhaltlich unter den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG fällt. Insoweit kann eine Gewerkschaft, die sich auf dem Feld der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG betätigt, zum Schutz der abhängig Beschäftigten weitergehende Regelungen treffen, als wenn sie bloß auf der Grundlage der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG eine Vereinbarung mit einem Investor abschließt. Im Einzelnen sind daher mit dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und der Aufrechterhaltung des kollektivrechtlichen Status quo insbesondere arbeitsverhältnisbezogene Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung zulässig, mit denen die Gewerkschaft arbeitnehmerrelevanten Entscheidungen des Unternehmensträgers auf der Ebene der Kapitaleigner vorgreift. Gemischt ist dagegen das Bild beim Zugriff der Gewerkschaft auf unternehmenspolitische Gegenstände. Dass die Gewerkschaft auf der Ebene der Kapitaleigner versucht, unternehmerische Entscheidungen vorzuprogrammieren, ist wegen des tariflich eingeschränkten Einflusses auf unternehmerische Entscheidungen des Arbeitgebers und Unternehmensträgers nachvollziehbar, darf aber nicht die freie Unternehmerentscheidung des Arbeitgebers aushöhlen. Mithin kann eine Gewerkschaft mit einem Investor die Aufrechterhaltung eines Betriebsstandorts vereinbaren, bei der Zusage von Investitionen und dem Versprechen des Investors, sich aus dem operativen Geschäft der Gesellschaft herauszuhalten, kommt es aber auf die konkrete Ausgestaltung an. Noch weiter eingeschränkt sind die Regelungsmöglichkeiten hinsichtlich organisationsrechtlicher Gegenstände einer Investorenvereinbarung, die typischerweise in den Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors fallen. Aus diesem Grund sind die vertraglichen Verbote, die Rechtsform zu wechseln oder den Abschluss eines Beherrschungsvertrags anzustreben, unwirksam. Problematisch ist ferner die konstitutive Einführung eines mitbestimmten Aufsichtsrats. Insofern ist ausschließlich eine Stimmbindung des Investors an den 284  BVerfG 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – AP MitbestG § 1 Nr. 1 = BVerfGE 50, 290, 323.

§ 7 Zulässige Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung

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Vorschlag von Arbeitnehmern oder Gewerkschaften zulässig. Zumindest in der konkreten Ausgestaltung in der Investorenvereinbarung zwischen ACS und der IG BAU ist außerdem die Bestimmung der Arbeitsdirektoren nur im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern im Aufsichtsrat unwirksam, weil dadurch andersoder nichtorganisierte Arbeitnehmer benachteiligt werden. Von den sonstigen Gegenständen ist allein die Zusage der alleinigen Sozialpartnerschaft im Konzern an eine Gewerkschaft wegen eines Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG nichtig, wohingegen Vereinbarungen über das anwendbare Recht oder die Einsetzung eines Garanten zulässig sind.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung Verknüpft mit der Frage nach der instrumentellen Regelbarkeit der Gegenstände einer Investorenvereinbarung ist ihre Erkämpfbarkeit, denn das deutsche Arbeitskampfrecht befugt die Akteure des Arbeitslebens, einen Verhandlungsknoten nur durch den lösenden Druck eines Arbeitskampfes zu überwinden, wenn ein zulässiges Kampfziel den Gegenstand des Arbeitskampfes bildet und nach der Rechtsordnung kampfberechtigte Parteien den Arbeitskampf führen. Nach überkommener Rechtsprechung ist das nur der Abschluss eines Tarifvertrags durch tariffähige Koalitionen. Das „eigentliche Problem der neuen Gewerkschaftsstrategien“, wozu man auch den Abschluss einer Investorenvereinbarung mit einem neuen Kapitaleigner rechnen mag, sieht man daher häufig nicht in der Regelbarkeit einer Materie, sondern in der Erstreikbarkeit der Regelung.1 Sinnfällig nimmt die Rechtsprechung im Tarifrecht an, dass „Tarifverträge letztlich nur unter dem Druck zumindest möglicher Arbeitskämpfe zustande kommen“.2 Ohne dieses Recht zur Druckausübung mit Kampfmitteln wären interessengegensätzliche Verhandlungen im Allgemeinen nicht mehr als „kollektives Betteln“.3 Das trifft ebenfalls auf Investorenvereinbarungen zu, obgleich die bislang bekannt gewordenen Vereinbarungen zwischen ACS und der IG BAU sowie Schaeffler und der IG Metall nicht unter dem Druck von Arbeitskampfmaßnahmen zustande gekommen sind. Die Frage der Erzwingung einer Investorenvereinbarung mit Hilfe eines Streiks dürfte praktisch auch kaum relevant werden. Diese theoretische Frage soll gleichwohl kurz behandelt werden. Denn ein Investor wird sich, sofern er potenziell mit einem Arbeitskampf rechnen muss, regelmäßig auf weitergehende Zugeständnisse in einer Investorenvereinbarung einlassen, selbst wenn tatsächlich keine Auseinandersetzung mit Kampfmitteln stattfindet.4 Ob der Abschluss und der Inhalt einer Investorenvereinbarung mit Kampfmitteln durchgesetzt werden kann, untersucht der nachfolgende Abschnitt in drei Schritten. Zunächst wird dem Dogma von der Verknüpfung tariflicher Regelungsmacht mit koalitionärer Kampfbefugnis mithin der Tarifbezogenheit des Arbeits1  Henssler, in: FS Wank (2014), S. 137, 139; in der Sache ebenso Franzen, in: FS Reuter (2010), S. 479, 481, der die Problematik aber konkret auf Tarifverträge mit sozialplanähnlichem Inhalt bezieht. 2  BAG 12. 09. 1984 – 1 AZR 342/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 81 (unter A I 2 b). 3  BAG 10. 06. 1980 – 1 AZR 822/79 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 64 (unter A I 2 a); BAG 12. 09. 1984 – 1 AZR 342/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 81 (unter B II 2 a); BAG 20. 11. 2012 – 1 AZR 611/11 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 180 (unter Rn. 56). Demgemäß beanstandet das BVerfG nicht die Sicht des BAG, wonach Arbeitskampfmaßnahmen das Verhandlungsgleichgewicht herstellen, vgl. BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 229. 4  Vgl. BVerfG 06. 05. 1964 – 1 BvR 79/62 – AP TVG § 2 Nr. 15 = BVerfGE 18, 18, 30.

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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kampfes nachgegangen (sub A.), danach der Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Vereinbarungen und die Kampfberechtigung abstrakt beurteilt (sub B. und C.), bevor zuletzt die eigentlich interessierende Frage der Erstreikbarkeit einer Investorenvereinbarung beantwortet wird (sub D.).

A.  Verquickung von tariflicher Regelungsmacht und koalitionärer Kampfbefugnis Die inzwischen jahrzehntelang währende Spruchpraxis der Rechtsprechung beurteilt Arbeitskampfmaßnahmen nur als rechtmäßig, wenn und soweit der Kampfmitteleinsatz den Abschluss bzw. die Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele bezweckt.5 Investorenvereinbarungen, die nach dem oben Gesagten nicht in der Form des Tarifvertrags abgeschlossen werden können, sind nicht erstreikbar. Folglich sollen die Grundlage und die Konsistenz der Spruchpraxis in Bezug auf die Tarifbezogenheit des Arbeitskampfs untersucht werden. I.  Tarifbezogenheit des Arbeitskampfs Als wesentliches Mittel zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von abhängig Beschäftigten i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG hat sich der Tarifvertrag etabliert und ist, obwohl die Tarifautonomie nur eine Teilgewährleistung der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG darstellt, das maßgebliche, in der Verbandspraxis faktisch nahezu ausschließliche Regelungsinstrument zur Koalitionszweckverfolgung. Hängt die effektive Verfolgung dieses Zwecks vom Einsatz bestimmter Mittel ab, schützt Art. 9 Abs. 3 GG auch diese.6 Auf dem Arbeitsmarkt ist die effektive Zweckverfolgung generell nicht gewährleistet, weil sich herausgestellt hat, dass im Bereich der abhängigen Arbeit der Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage versagt7, woran der Tarifvertrag konkret nur bedingt etwas ändert, weil sich der Verhandlungspartner trotz der Interessenkollektivierung zurücklehnen und jede Forderung nach einer Verbesserung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von sich weisen kann, ohne seinen arbeits-

5  BAG

05. 03. 1985 – 1 AZR 468/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 85 (unter II 3 b); BAG 07. 06. 1988 – 1 AZR 372/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 106 (unter A I 1); BAG 27. 06. 1989 – 1 AZR 404/88 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 113 (unter II 3); BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 79); ebenso bereits BAG 04. 05. 1955 – 1 AZR 493/54 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 2 (unter Bl. 2 Vorders.); BAG (GS) 21. 04. 1971 – GS 1/68 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 43 (unter Teil III A 1). 6  BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 224; BVerfG 02. 03. 1993 – 1 BvR 1213/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 126 = BVerfGE 88, 103, 114; BVerfG 04. 07. 1995 – 1 BvF 2/86, 1, 2, 3, 4/87 und 1 BvR 1421/86 – AP AFG § 116 Nr. 4 = BVerfGE 92, 365, 393 f. 7  Kemper, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 127.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

vertraglichen Leistungsanspruch zu verlieren8. Der Kampfmitteleinsatz richtet insoweit ein „Prinzip des faktischen Einigungszwangs“9 auf und stellt damit die Verhandlungsparität zwischen den Vertragspartnern her.10 Diesen praktischen Erwägungen trägt die Fachgerichtsbarkeit insofern Rechnung, als sie eine der Tarifautonomie dienende Funktion des Arbeitskampfs annimmt, wonach Arbeitskampfmaßnahmen Parität am Verhandlungstisch herstellen und das Mittel zur Lösung festgefahrener Verhandlungen darstellen, mithin insoweit eine „Hilfsfunktion für die Tarifautonomie“ übernehmen.11 Erst der Arbeitskampf oder die Drohung mit ihm stelle eine funktionierende Tarifautonomie sicher.12 Daraus folgert man in der Rechtsprechung13 und im überwiegenden Schrifttum14 die Tarifbezogenheit des Arbeitskampfs, sodass er nur zur Durchsetzung tariflicher Regelungen eingesetzt werden darf. Teils wird der Kreis zulässiger Kampfziele noch enger gezogen und der Arbeitskampf strikt auf die Materie beschränkt, die der Regelungsmacht der Arbeitsvertragspartner unterliegt.15 Den intermediären Kräften am Arbeitsmarkt solle der Arbeitskampf beim Umschlag der Ware Arbeit gegen Entgelt nämlich nicht mehr als das elementare Marktverhalten ermöglichen, das bei anderen synallagmatischen Verträgen bestehe.16 II.  Entkoppelung des Arbeitskampfs von der Tarifautonomie Ob man nun den Standpunkt der Rechtsprechung betrachtet oder die noch rigidere Ansicht, die den Arbeitskampf auf die Inhaltsbestimmungen des Arbeitsvertrags beschränkt, beide Ansichten überzeugen mit Blick auf die Aufgabenzuwei-

8 Ähnlich Kemper, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 127. Eindrücklich spricht ErfK/Linsenmaier, 15. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 69 davon, dass der Arbeitskampf die für Kollektivverhandlungen erforderliche „Bewegungsenergie“ erzeugt. 9  Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 491. 10  Für die Abwehraussperrung BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 225. 11  BAG 05. 03. 1985 – 1 AZR 468/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 85 (unter II 3 b); BAG 07. 06. 1988 – 1 AZR 372/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 106 (unter A I 1); BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 79). 12  BAG 22. 09. 2009 – 1 AZR 972/08 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 174 (unter Rn. 33); BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = ­BVerfGE 84, 212, 225. 13  BAG 27. 06. 1989 – 1 AZR 404/88 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 113 (unter II 3); BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 79). 14  Kissel, Arbeitskampfrecht, § 24, Rn. 2, 5; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 492 f.; Staudinger/Richardi/Fischinger, Neubearb. 2016, § 611, Rn. 1136; MüArbR/Ricken, 3. Aufl., § 200, Rn. 29; Wank, RdA 2009, 1, 3; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 1071 m. w. N. 15  Picker, ZfA 2011, 443, 478. 16  Picker, ZfA 2011, 443, 453 f.

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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sung nach Art. 9 Abs. 3 GG nicht, wenn man hieraus die Kampfgarantie ableitet.17 Die tradierte Monopolstellung des Tarifvertrags bei der autonomen Regulierung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG sowie die zur Entscheidung gekommenen Verfassungsbeschwerden haben zwar dem Bundesverfassungsgericht die Aussage abgenötigt, Arbeitskampfmaßnahmen seien von der Koalitionsfreiheit gedeckt, sofern sie für eine funktionierende Tarifautonomie erforderlich sind18. Zum außertariflichen Bereich hat es derweil weder eine Aussage in die eine noch in die andere Richtung getroffen19, denn es hat sich stets darauf zurückgezogen, dass „jedenfalls“ der auf den Abschluss eines Tarifvertrags gerichtete Arbeitskampf zulässig sei20. Soweit man annahm, die Tarifbezogenheit des Arbeitskampfes sei ein Produkt der Kernbereichslehre des Bundesverfassungsgerichts und werde spätestens mit ihrer Aufgabe21 hinfällig22, enttäuschten Rechtsprechung und Schrifttum diese Erwartungen, denn trotz des Schutzes jeder koalitionsspezifischen Verhaltensweise setzte überwiegend kein Umdenken ein. Indessen hätte darin der richtige Schluss gelegen. Da die verfassungsrechtliche Arbeitskampffreiheit in Umfang und Reichweite mit der Gewährleistung der koalitionären Zweckverfolgung und nicht mit der Teilgewährleistung der Tarifautonomie korrespondiert, kann verfassungsrechtlich zulässiges Kampfziel der Abschluss einer tarifvertraglichen Regelung sein. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein von Art. 9 Abs. 3 GG exklusiv garantiertes Kampfziel.23 Vielmehr umspannt die Gewährleistung der Arbeitskampffreiheit durch Art. 9 Abs. 3 GG sämtliche Vereinbarungsformen mit dem sachlich-inhaltlichen Ziel, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von abhängig Beschäftigten zu wahren und zu fördern. Sofern das Bundesarbeitsgericht auf einfach-rechtlicher Ebene die Zulässigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen auf den Abschluss tarifver-

17 Dagegen Picker, ZfA 2011, 443, 479, der trotz der koalitionären Befugnis zur Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen eine Beschränkung der Kampfbefugnis auf den Autonomiebereich der Arbeitsvertragsparteien vornimmt. 18  Vgl. nur BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = BVerfGE 84, 212, 225. 19 Däubler/Däubler, Arbeitskampfrecht, 4. Aufl., § 13, Rn. 4. 20  BVerfG 26. 06. 1991 – 1 BvR 779/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 117 = B ­ VerfGE 84, 212, 225; BVerfG 02. 03. 1993 – 1 BvR 1213/85 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 126 = BVerfGE 88, 103, 114; BVerfG 04. 07. 1995 – 1 BvF 2/86, 1, 2, 3, 4/87 und 1 BvR 1421/86 – AP AFG § 116 Nr. 4 = BVerfGE 92, 365, 393 f. 21  BVerfG 14. 11. 1995 – 1 BvR 601/92 – AP GG Art. 9 Nr. 80 = BVerfGE 93, 352, 358 f.; BVerfG 27. 04. 1999 – 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 – NZA 1999, 992 = BVerfGE 100, 271, 282. 22  Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 111 m. Fn. 288; AK-GG/Kittner/Schiek, 3. Aufl., Art. 9 Abs. 3, Rn. 142; Berg/Kocher/Schumann-Wankel/Schoof, 5. Aufl., AKR, Rn. 22. 23  Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 316; Scholz, in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, Bd. VIII, 3. Aufl., § 175, Rn. 124.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

traglicher Regelungen beschränkt, bedarf diese Beschränkung einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung.24 Gleichwohl ordnet das Bundesarbeitsgericht aufgrund der Hilfsfunktion des Arbeitskampfs die Tarifbezogenheit weiterhin als eine der Koalitionsfreiheit immanente nicht rechtfertigungsbedürftige Schutzbereichsbegrenzung ein, unternimmt jedenfalls gar nicht erst den Versuch einer Rechtfertigung25. Dass es den Tarifbezug offenbar doch nicht als eine schutzbereichsimmanente Begrenzung der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG ansieht, bekräftigt unterdessen sein Urteil zur Rechtmäßigkeit des Unterstützungsstreiks, in dem es Arbeitnehmern zur Verbesserung fremder tariflicher Rechte gestattete, ihre Arbeit für die Teilnahme an einem Unterstützungsstreik niederzulegen.26 Obwohl die Arbeitnehmer nicht um die Verbesserung eigener Arbeitsbedingungen und damit den Abschluss eines eigenen Tarifvertrags kämpften, sei die Unterstützung eines fremden Tarifabschlusses eine koalitionsspezifische Betätigung i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG27, deren Reglementierung durch den Gesetzgeber oder die Rechtsprechung eine Beschränkung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Betätigungsfreiheit darstelle28 und im Fall des Unterstützungsstreiks wenigstens nicht grundsätzlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei29. Ein mittelbarer Bezug zu einer tariflichen Regelung reicht also für den Einsatz von Arbeitskampfmitteln aus. So lässt sich auch eine ältere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verstehen, mit der es grundsätzlich den unter dem Druck eines Boykotts zustande gekommenen schuldrechtlichen Vorvertrag, gerichtet auf

24  Gooren, Der Tarifbezug des Arbeitskampfes, S. 95 ff., 120 ff.; Engels, Verfassung und Arbeitskampfrecht, S. 226 ff.; Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, S. 415; Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 111; gleichsinnig R. Krause, Der Flashmob-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – Einladung zur Entgrenzung?, S. 43, 65, der gerichtliche Entscheidungen, die grundsätzlich in den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit fallende Arbeitskampfmaßnahmen untersagen, an der abwehrrechtlichen Dimension von Art. 9 Abs. 3 GG misst. 25  Siehe dazu Gooren, Der Tarifbezug des Arbeitskampfes, S. 133 ff. 26 BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 29 ff.); anders noch BAG 05. 03. 1985 – 1 AZR 468/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 85 (unter II 3 c); BAG 12. 01. 1988 – 1 AZR 219/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 90 (unter IV 2 a-c). 27 BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 12); zust. Bertke, Zur Zulässigkeit von Sympathiestreiks, S. 136; Gumnior, Die Rechtmäßigkeit des Sympathiestreiks, S. 70; Birk, Die Rechtmäßigkeit gewerkschaftlicher Unterstützungskampfmaßnahmen, S. 28 f., 66 f. lehnte früh eine Verengung der koalitionsspezifischen Betätigung nach Art. 9 Abs. 3 GG auf den tarifvertragsbezogenen Arbeitskampf ab. 28 BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 19). 29 BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 40).

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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den Abschluss von Anschlusstarifverträgen, billigte.30 Auch hier bezog sich der Boykott nur mittelbar auf einen Tarifvertrag. Das Bundesarbeitsgericht hat den proklamierten Tarifbezug, ohne es kund zu tun, erheblich gelockert. Zuletzt ließ das Bundesarbeitsgericht unter einem Hinweis auf die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland in Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC ausdrücklich offen, ob es die ausschließliche Erkämpfbarkeit von Tarifverträgen aufrechterhält.31 Den richtigen Weg dürfte insofern die Flashmob-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts weisen, in der es in Anlehnung an die Verfassungsrechtsprechung „jedenfalls“ auf den Abschluss eines Tarifvertrags gerichtete Arbeitskampfmaßnahmen als zulässig erachtete.32 Soweit das Bundesarbeitsgericht in eben jener Entscheidung weiter ausführt, die „Beurteilung, ob eine Betätigung koalitionsspezifisch ist, richtet sich grundsätzlich nicht nach der Art des von der Koalition gewählten [Kampf-]Mittels, sondern nach dem von ihr damit verfolgten Ziel“33, wäre es nicht plausibel, weiterhin eine koalitionszweckgetragene Arbeitskampfmaßnahme bloß wegen der (nichttariflichen) Vereinbarungsform als unrechtmäßig einzuordnen.34 Auf der einen Seite eine Arbeitskampfmaßnahme ohne Ansehung des gewählten Kampfmittels als koalitionsspezifische Betätigung zu qualifizieren, wenn das Ziel den Koalitionszweck fördert, zugleich aber einer Arbeitskampfmaßnahme die koalitionsspezifische Betätigung abzusprechen, weil 30 

BAG 19. 10. 1976 – 1 AZR 611/75 – AP TVG § 1 Form Nr. 6 (unter 4). BAG 10. 12. 2002 – 1 AZR 96/02 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 162 (unter B I 2 a und 3 a); BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 79). Dazu Bepler, in: FS Wissmann (2005), S. 97, 104 ff. Ob ohne einen Tarifbezug geführte Demonstrationsstreiks zulässig sind, ließ zuletzt offen BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 13). 32 BAG 22. 09. 2009 – 1 AZR 972/08 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 174 (unter Rn. 33); außerdem führte BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 11) zur Zulässigkeit des Unterstützungsstreiks aus: „Dementsprechend schützt das Grundrecht als koalitionsmäßige Betätigung auch Arbeitskampfmaßnahmen, die auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet sind.“ Demselben Urteil attestiert Junker, Anm. zu BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – JZ 2008, 102, 103 einen Paradigmenwechsel des richterlich geprägten Arbeitskampfrechts weg von der Funktion des Arbeitskampfs, den Abschluss von Tarifverträgen zu fördern, hin zur Aufgabe der Koalitionen, den Auftrag nach Art. 9 Abs. 3 GG wahrzunehmen, womit der Bezug des Arbeitskampfs zur Tarifautonomie untergehe. Auf einem demgegenüber sehr restriktiven Standpunkt beruhen BAG 20. 11. 2012 – 1 AZR 179/11 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 179 (unter Rn. 111) und BAG 20. 11. 2012 – 1 AZR 611/11 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 180 (unter Rn. 49). Ebenda heißt es: „Ein Grundrecht auf Streik, losgelöst von seiner funktionalen Bezugnahme auf die Tarifautonomie, gewährleistet Art. 9 III GG nicht.“ 33 BAG 22.  09. 2009 – 1 AZR 972/08 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 174 (unter Rn. 34); verfassungsrechtlich gebilligt durch BVerfG 26. 03. 2014 – 1 BvR 3185/09 – NZA 2014, 493 (unter Rn. 27). 34  Im Erg. ebenso Schansker, Die Beschränkung des Streikrechts auf tariflich regelbare Ziele, S. 125, die das Streikrecht „unabhängig vom Regelungsmittel“ auf Arbeitskämpfe bezieht, an deren Ende die kollektive Regelung von Arbeitsbedingungen steht. 31 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

das gewählte Mittel für die vertragliche Einigung kein Tarifvertrag ist, würde dem Gebot der Folgerichtigkeit widersprechen. In beiden Fällen deckt die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG deshalb bereits dann eine Arbeitskampfmaßnahme, wenn mit ihr koalitionsspezifische Interessen verfolgt werden. Demgemäß entkoppeln zunehmend mehr Vertreter des Schrifttums die Rechtmäßigkeit einer Arbeitskampfmaßnahme vom formalen Kampfziel Tarifvertrag.35

B.  Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Vereinbarungen Die Zulässigkeit des Kampfmitteleinsatzes für außertarifliche Vereinbarungen kann nicht pauschal für sämtliche dieser Kategorie angehörenden Regelungen beantwortet werden. Darunter lassen sich nämlich Vereinbarungen mit ganz unterschiedlichem Inhalt zusammenfassen, die deshalb in einem ersten Schritt typisiert36 und in einem zweiten Schritt im Hinblick auf ihre Erstreikbarkeit untersucht werden. I.  Typologie außertariflicher Vereinbarungsformen 1.  Tarifvertragssubstituierender Koalitionsvertrag Ein tarifvertragssubstituierender Koalitionsvertrag liegt vor, wenn die Parteien die Übereinkunft hypothetisch auch in der Form eines Tarifvertrags hätten abschließen können. Einerseits erfordert das sachlich-inhaltlich, dass die getroffene Regelung den Normarten des § 1 Abs. 1 TVG oder wenigstens dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zugeordnet werden kann, damit die Vertragsparteien zumindest die weitere Grenze der schuldrechtlichen Tarifmacht beachten. Zudem müssen personell tariffähige Koalitionen am Abschluss der Vereinbarung beteiligt sein. Eine solche Regelung lag beispielsweise der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über das Lehrerpersonalkonzept zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zugrunde37, denn obwohl an dem Vertragsschluss ta35 ErfK/Linsenmaier, 18. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 114; Däubler/Däubler, Arbeitskampfrecht, 4. Aufl., § 9, Rn. 16 und § 13, Rn. 5; Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 129 ff.; Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 998; Mückenberger, KJ 1980, 258, 263 ff; Karsten, Schuldrechtliche Tarifverträge und außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen, S. 315; Grub, Außertarifliche Sozialpartner-Vereinbarungen im System des kollektiven Arbeitsrechts, S. 121 f.; grds. auch H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 5, Rn. 20 f., der sich gegen eine typusmäßige und für eine wertende Betrachtung ausspricht. 36  Die Typenbildung ist an Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 127 ff. angelehnt, weicht jedoch insofern von ihr ab als dieser konzeptionell auf dem abweichenden Standpunkt steht, tarifvertraglich sei nur dasjenige regelbar, was den Normarten des § 1 Abs. 1 TVG unterfällt. 37  BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188.

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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riffähige Parteien beteiligt waren und die Regelung inhaltlich unbestritten Gegenstand eines Tarifvertrags hätte sein können38, sah sich die Gewerkschaft aufgrund der Haltung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder nicht in der Lage, einen Tarifvertrag abzuschließen39. 2.  Tarifvertragsüberschießender Koalitionsvertrag Weil sich nach dem hier vertretenen Standpunkt die Grenze der schuldrechtlichen Tarifmacht mit der Regelungsmacht in einem Koalitionsvertrag für den Gesamtbereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen deckt, überschießen nur von nichttariffähigen Vertragsparteien abgeschlossene Koalitionsverträge das Tarifvertragsrecht. Das kann ein Koalitionsvertrag sein, der von einer bzw. zwei nichttariffähigen Koalition(en) abgeschlossen wird oder an dem lediglich eine tariffähige bzw. nichttariffähige Koalition sowie ein Vertragspartner ohne Koalitionseigenschaft, aber immerhin mit einem mittelbaren Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der koalierten Arbeitnehmer beteiligt ist. Vor allem Koalitionen, die die Tariffähigkeit anstreben und auf dem Weg dahin Vereinbarungen im sachlich-­inhaltlichen Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG schließen, können das sein. Außerdem zählt hierzu eine Investorenvereinbarung zwischen Gewerkschaft und Investor. Selbst eine Investorenvereinbarung zwischen einer nichttariffähigen Koalition und einem Investor muss man dieser Kategorie zuordnen, soweit die Abmachung Regeln und Bedingungen aufstellt, unter denen abhängige Arbeit geleistet wird. Bei diesem Typus steht folglich die Abschlussbefugnis im Vordergrund. 3.  Einfacher Schuldvertrag Jenseits dessen bleiben noch außertarifliche Vereinbarungen, die den sachlich-inhaltlichen Regelungsrahmen der Koalitionsfreiheit verlassen, also dem Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nicht subsumtionsfähige Gegenstände regeln. Die Parteien einigen sich in dieser dritten Kategorie auf der Grundlage der Privatautonomie gem. Art. 2 Abs. 1 GG und müssen zum Schutz der Vertragsfreiheit die allgemeinen zivilrechtlichen Grenzen eines Einsatzes von Druckmitteln wahren.40 Jedenfalls der Abschluss von Vereinbarungen dieser dritten Kategorie ist mit Arbeitskampfmitteln nicht erkämpfbar.41 Deshalb sollen sie nicht Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung sein.

38 

Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 128. BAG 14. 04. 2004 – 4 AZR 232/03 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188 (unter II 1 b). 40  H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 5, Rn. 19. 41 HWK/Hergenröder, 7. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 281; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 316; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 1070 f.; Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 129; Rüthers, in: Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl., § 8, Rn. 261. 39 

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

II.  Erkämpfbarkeit von Koalitionsverträgen Dass das Verfassungsrecht in Gestalt der Koalitionsfreiheit auf der Ebene des einfachen Rechts den Kampfmitteleinsatz für den Abschluss außertariflicher Regelungen nicht dahingehend präformiert, der Kampfmitteleinsatz mit dieser Zielsetzung sei generell unzulässig42, lässt umgekehrt aber nicht auf die Gestattung einer kämpferischen Durchsetzung sämtlicher Koalitionsverträge schließen. Vielmehr ist fraglich, ob und inwieweit es zulässig ist, Koalitionsverträge mit den Mitteln des Arbeitskampfs durchzusetzen. Dabei ist entsprechend der vorgenommenen Typologie erstens problematisch, ob eine außertarifliche Einigungsform wie der Koalitionsvertrag ein zulässiges Kampfziel bilden kann, und zweitens, welche subjektiven Anforderungen an die Kampfparteien gestellt werden. Bei einem tarifvertragssubstituierenden Koalitionsvertrag spricht bereits die „Nähe“ zum Tarifvertrag für seine Erkämpfbarkeit.43 Die Rechtsposition tariffähiger Koalitionen erweitert die Möglichkeit eines Kampfmitteleinsatzes für den Abschluss eines Koalitionsvertrags ohnehin nicht, denn sie können aufgrund der Erkämpfbarkeit des obligatorischen Teils44 eines Tarifvertrags alternativ auf den Tarifvertrag zurückgreifen. Tariffähigen Koalitionen ermöglicht dies lediglich die freie Wahl im Hinblick auf das Einigungsmittel bzw. das Regelungsinstrument. Überdies steht die Bestimmung des Regelungstypus regelmäßig am Ende eines Einigungsprozesses, ist häufig sogar selbst Gegenstand der Koalitionsauseinandersetzung, sodass zu Beginn eines Arbeitskampfs oftmals die Regelungsform noch nicht feststeht.45 Wenn in Bezug auf eine an sich tariflich regelbare Materie zu Beginn einer Koalitionsauseinandersetzung grundsätzlich Einigkeit über eine tarifvertragliche Regelung besteht und deshalb während der Verhandlungen lediglich über die Inhalte der Vereinbarung gestritten wird, später aber die Auseinandersetzung nicht in einem Tarifvertragsschluss, sondern in dem Abschluss eines Koalitionsvertrags endet, kann ein Arbeitskampf nicht im Nachhinein als rechtswidrig beurteilt werden. Andernfalls hätte es der Koalitionsgegner u. U. in der Hand, einem Arbeitskampf nachträglich den Boden der Rechtmäßigkeit zu entziehen, indem er sich bewusst nur auf einen Koalitionsvertrag einlässt. Ein Arbeitskampf ist freilich selbst dann nicht rechtswidrig, wenn die Parteien im Kampf um eine tariflich regelbare Forderung von Anfang an einen Koalitions42 

Im Erg. ebenso Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 496. Ähnlich Däubler/Däubler, Arbeitskampfrecht, 4. Aufl., § 13, Rn. 20. 44  Nach h. M. ist neben dem normativen auch der schuldrechtliche Teil des Tarifvertrags erkämpfbar, vgl. nur Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 1070; Rüthers, in: Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl., § 8, Rn. 261; Seiter, Streikrecht und Aussperrungsrecht, S. 488 ff.; Krause, Standortsicherung und Arbeitsrecht, S. 93 f.; einschränkend Henssler, in: FS Richardi (2007), S. 553, 555 sowie MüArbR/Löwisch/Rieble, 2. Aufl., § 253, Rn. 39, 42, die für das Erfordernis eines mittelbaren Bezugs der schuldrechtlichen Regelung zu den Tarifnormen eintreten. Grundsätzlich gegen die Erstreikbarkeit des schuld­ rechtlichen Teils Mayer-Maly, BB 1965, 829, 833; Greiner, NZA 2008, 1274, 1277. 45  Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 129. 43 

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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vertrag anstreben.46 Allein entscheidend muss in diesem Fall nämlich die potenzielle tarifliche Regelbarkeit sein. Man kann den Koalitionen nicht anlasten und zu ihrem Nachteil gedeihen lassen, dass sie den Inhalt einer Vereinbarung über den Regelungstypus stellen, den Konsens, an dessen Ende ein Koalitionsvertrag steht, also einer weiteren Störung des Betriebsfriedens durch Arbeitskampfmaßnahmen, allein zu dem Zweck einen Tarifvertrag abzuschließen, vorziehen. A maiore ad minus gilt das jedenfalls für tarifnormersetzende Koalitionsverträge. Lassen sich gegenüber dem Verhandlungspartner (Einzelarbeitgeber oder Arbeitgeberverband) nach § 4 Abs. 1 S. 1 TVG unmittelbar und zwingend wirkende Tarifnormen mit den Mitteln des Arbeitskampfs durchsetzen, muss man ihm gegenüber erst recht schuldrechtliche Klauseln entsprechenden Inhalts mit dem Einsatz von Kampfmitteln erwirken können. Für sämtliche tarifvertragssubstituierende Koalitionsverträge kann man diesen Schluss unterdessen nicht ziehen, weil im schuldrechtlichen Teil eines Tarifvertrags sachlich-inhaltlich gegenüber einem Koalitionsvertrag nicht „mehr“ geregelt werden kann. Wendet man den Blick von der „Nähe“ zum Tarifwesen hin zu originär koalitionsfreiheitsrechtlichen Erwägungen, stellt man schnell fest, dass Arbeitskampfmaßnahmen auch jenseits des Tarifvertragssystems einen empfindlichen Einigungsdruck entfalten47, dadurch für Parität am Verhandlungstisch sorgen und somit grundsätzlich gleichberechtigte Verhandlungen über die Belange von abhängig Beschäftigten gewährleisten. Soweit Art. 9 Abs. 3 GG neben dem Tarifvertrag andere Mittel zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen garantiert und die Vertragsparteien den Koalitionsauftrag durch eine koalitionsvertragliche Regelung wahrnehmen, muss ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, das Druckpotenzial von Arbeitskampfmaßnahmen einzusetzen, um eine gleichberechtigte Einwirkung auf die autonome Regulierung des Koalitionszwecks zu erreichen48. Derweil darf das nicht dahin missverstanden werden, es sei jede koalitionsvertraglich regelbare Materie erstreikbar. Inzwischen unterscheiden im Hinblick auf schuldrechtliche Regelungen von tariffähigen Parteien – zu Recht – vermehrt Vertreter des Schrifttums zwischen der grundsätzlichen Erkämpfbarkeit und derjenigen im Einzelfall.49 Indem man tarifvertragssubstituierende Koalitionsverträge 46  Für normativ regelbare Arbeitsbedingungen ebenso Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., Grundl., Rn. 511. 47  Wiegelmann, Zulässigkeit und Grenzen von Arbeitskämpfen in kirchlichen Einrichtungen, S. 92. 48  Ähnlich Däubler/Däubler, Arbeitskampfrecht, 4. Aufl., § 9, Rn. 16; Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 64 erstreckt den für das Tarifrecht geltenden Topos, dass Tarifverträge nicht durch „kollektives Betteln“ zustandekommen, auf den Koalitionsvertrag. 49 Grundlegend Scholz, ZfA 1981, 265, 297 ff.; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9 GG, Rn. 364; ferner MüArbR/Otto, 2. Aufl., § 285, Rn. 20 und Franzen, Kampfmitteleinsatz für außertarifliche Regelungen, S. 119, 131, die beide dahin die Entscheidung BAG 14. 02. 1978 – 1 AZR 76/76 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 58 (unter 6 b) deuten, in der es die schuld­

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

generell für erstreikbar hält, hat man noch kein Urteil darüber getroffen, inwiefern im konkreten Fall das Zustandekommen unter dem Druck eines Arbeitskampfs unverhältnismäßig in den Rechtskreis des Koalitionsgegners übergreift. Setzt man grundsätzliche und konkrete Erkämpfbarkeit einer Regelung nicht gleich und akzeptiert diese Trennung, fällt es außerdem leichter die Wirksamkeit von Vereinbarungen im Gesamtbereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen anzuerkennen, die die andere Vertragspartei in der Ausübung ihrer Rechte stark beschränken. Eine Regelung, der sich eine Vertragsseite freiwillig unterworfen hat, kann selbstredend weitere Einschränkungen dieser Partei vorsehen als eine durch den Einsatz von Kampfmitteln aufgezwungene Abmachung. Im Tarifrecht ist diese Zweiteilung insbesondere bei Standortsicherungsklauseln praktisch geworden, wo man eine Regelungsbefugnis im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags für Standortvereinbarungen annimmt, ihre Erstreikbarkeit aber überwiegend ablehnt.50 Dass das Arbeitskampfrecht dadurch weiter justizielle Vorhersehbarkeit einbüßt, lässt sich nicht erwarten, unterliegt es aufgrund des Ultima-ratio-Prinzips doch ohnehin bereits einer strengen Verhältnismäßigkeitskontrolle im Einzelfall.

C.  Kampfmitteleinsatz von tarifunfähigen Parteien Ein tarifvertragsüberschießender Koalitionsvertrag in dem hier verstandenen Sinn stößt schnell an die vom Bundesarbeitsgericht aufgerichteten Grenzen eines zulässigen Arbeitskampfs, da die ständige Rechtsprechung nur den von einer tariffähigen Koalition getragenen gegen eine tariffähige Koalition geführten Arbeitskampf anerkennt.51 Bloß koalitionsgetragenen Arbeitskampfhandlungen, gar Kampfmaßnahmen einer Koalition gegen eine Nichtkoalition brandmarkt das Bundesarbeitsgericht als „wilden Streik“52 und versagt ihnen die Anerkennung durch die Rechtsordnung. Degradiert man den Arbeitskampf zu einem bloßen Hilfsinstrument der Tarifautonomie, mag das Erfordernis der Tariffähigkeit beider Kampfrechtliche Regelbarkeit offen ließ, jedenfalls aber die Erstreikbarkeit verneinte. Siehe außerdem Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 1070, der schuldrechtliche Abreden insoweit nicht für erkämpfbar hält, wie sie der unternehmerischen Alleinentscheidung vorbehalten sind. 50  Fischinger, Arbeitskämpfe bei Standortverlagerung und -schließung, S. 74 ff.; R. Krause, Standortsicherung und Arbeitsrecht, S. 94, der darauf hinweist, eine Gleichsetzung von Regelbarkeit und Erkämpfbarkeit schließe dann in vielen Fällen bereits die tarifliche Regelbarkeit aus, womit man dem Aspekt der Freiwilligkeit unzureichend Rechnung trägt; H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 5, Rn. 14 ff. 51  BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 4); BAG 07. 06. 1988 – 1 AZR 372/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 106 (unter A I 1); siehe aus dem Schrifttum nur MüArbR/Ricken, 3. Aufl., § 200, Rn. 15; a. A. ArbG Gelsenkirchen 13. 03. 1998 – 3 Ca 3173/97 – NZA-RR 1998, 352, 353 f. 52 Besser ist es, den nicht von einer tariffähigen Koalition getragenen Arbeitskampf als „nichtorganisierten Streik“ zu bezeichnen, vgl. BAG 07. 06. 1988 – 1 AZR 372/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 106 (unter A I 1).

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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parteien die konsequente Folge sein.53 Die Kritik daran und ein möglicher Wandel in der Rechtsprechung wurden allerdings aufgezeigt. Dass die Rechtsprechung in ihrer Allgemeinheit nicht überzeugt, lässt sich ferner an der Erstreikbarkeit des tarifvertragssubstituierenden Koalitionsvertrags im Verhältnis zum Einzelarbeitgeber ablesen, der zweifelsohne keine Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG bildet. Können gegenüber dem einzelnen Arbeitgeber, dem keine Koalitionseigenschaft zukommt, Koalitionsverträge mit den Mitteln des Arbeitskampfs durchgesetzt werden54, stellt sich die Frage, welche Anforderungen an die Kampfparteien zu stellen sind, damit sie den Abschluss eines Koalitionsvertrags mit dem Einsatz von Kampfmitteln vorantreiben dürfen. I.  Kampfbefugnis von tarifunfähigen Arbeitnehmerkoalitionen Dass die von Arbeitnehmerinteressen geleitete Kampfpartei eine Koalition i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG sein muss, ist unabdingbar, andernfalls kann die Koalitionsfreiheit arbeitsrechtliche Kampfhandlungen offenkundig nicht mehr decken. Ob eine Kampfberechtigung darüber hinaus die Tariffähigkeit der Koalition erfordert, sie mithin eine Gewerkschaft i. S. v. § 2 Abs. 1 TVG sein muss, lässt sich nicht mit der Hilfsfunktion des Arbeitskampfs für die Tarifautonomie beantworten55, sondern hängt maßgeblich von den rechtlichen und wirtschaften Folgen eines Arbeitskampfs sowie den daraus resultierenden Gefährdungen ab. Der rechtmäßige Arbeitskampf suspendiert die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten zur Erbringung der Arbeitsleistung und Zahlung der vereinbarten Vergütung,56 führt also notwendig zu einem Produktions- bzw. Dienstleistungsausfall, wodurch dem Arbeitgeber und unbeteiligten Dritten, wie zuletzt insbesondere der Piloten- und Lokführerstreik gezeigt haben, erhebliche Schäden entstehen kön-

53  BAG 07. 06. 1988 – 1 AZR 372/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 106 (unter A I 1) beschränkt unter Hinweis auf die Hilfsfunktion der Tarifautonomie folgerichtig nicht nur die zulässigen Kampfziele, sondern auch den Kreis der kampfberechtigten Parteien. Siehe ferner v. Danwitz, Koalitionsfreiheit, in: HGR V, § 116, Rn. 75; Löwer, in: v. Münch/Kunig, 6. Aufl., Art. 9 GG, Rn. 101; Kissel, Arbeitskampfrecht, § 25, Rn. 1; Rieble, RdA 2005, 200, 204. 54  Vgl. insofern die Erwägungen von BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 2). 55  Anders BAG 07. 06. 1988 – 1 AZR 372/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 106 (unter A I 1); im Grundsatzurteil BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 1 – 4) fehlte noch jeder Hinweis in diese Richtung; ebenfalls in BAG 14. 02. 1978 – 1 AZR 76/76 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 58 (unter 6 a). 56  St. Rspr. seit BAG (GS) 21. 04. 1971 – GS 1/68 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 43 (unter Teil III C 1); BAG 17. 06. 1997 – 1 AZR 674/96 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 150 (unter II 1); BAG 03. 08. 1999 – 1 AZR 735/98 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 156 (unter I 1).

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nen. Da der Arbeitskampf große volkswirtschaftliche Schäden verursachen kann57, stellt er ein scharfes Schwert dar58. Fraglich ist insofern, ob allein Gewerkschaften die Gewähr für einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser „scharfen Waffe“ bieten. Nichttariffähige Koalitionen können im Umkehrschluss keinen verantwortungsvollen Umgang mit der Kampfbefugnis gewährleisten und durch den Einsatz von Kampfmitteln die andere Vertragspartei, die Tarifautonomie oder die in ihr koalierten Arbeitnehmer gefährden. 1.  Gefährdung des Vertragspartners Durch die Kampfberechtigung von nichttariffähigen Koalitionen könnten zunächst der verantwortungsvolle Umgang mit dem Recht zum Arbeitskampf und die Beachtung der im Allgemeininteresse erforderlichen Kampfregeln, wie man teilweise befürchtet, verloren gehen.59 Verletzungen der Kampfregeln zu verfolgen, sei nämlich praktisch aussichtslos, weil nichttariffähige Koalitionen nicht dieselbe Kontinuität prägt wie Gewerkschaften, sie sich vielmehr für die Verfolgung eines einzelnen Zwecks bilden können und nach dem Erreichen oder Scheitern durch Auflösung verflüchtigen.60 Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche würden dann keinen Adressaten finden und leer laufen. Mit der Diskontinuität nichttariflicher Koalitionen verbunden, dürfte am schwersten der Einwand wiegen, die Friedenspflicht werde durch einen fehlenden längerfristigen Vertragspartner unterminiert, ja geradezu ausgeschaltet61, weil einerseits gewerkschaftsangehörige Arbeitnehmer durch den Zusammenschluss in einer nichttariflichen Koalition trotz bestehender Friedenspflicht einen unbefriedigenden Tarifabschluss angreifen könnten, andererseits nichttarifliche Koalitionen durch Auflösung und Neubildung ohne Identitätswahrung imstande wären, die Friedenspflicht62 eines Koalitionsvertrags auszuhebeln. 57  BAG 05. 03. 1985 – 1 AZR 468/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 85 (unter I 3 b) weist auf einen Nachholeffekt hin, durch den „allgemein in der Wirtschaft streikbedingte Schäden vermieden“ werden; einschränkend H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 2, Rn. 33; ferner Däubler/Däubler, Arbeitskampfrecht, 4. Aufl., § 8, Rn. 28; a. A. noch BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 3 e): „zwangsläufig“. 58  Vgl. BAG (GS) 28. 01. 1955 – GS 1/54 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 1 (unter I 3); BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 3 e). 59  BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 3 e); zust. Bepler, in: FS Wissmann (2005), S. 97, 108; Rieble, RdA 2005, 200, 209; grds. auch Löwisch/Hartje, RdA 1970, 321, 324 f.; H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 6, Rn. 24. 60  Rieble, RdA 2005, 200, 209. 61  Rieble, RdA 2005, 200, 209; zurückhaltender BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 3 a). 62 Unterstellt man die Erkämpfbarkeit eines Koalitionsvertrags, muss man auch von einer ihm immanenten Friedenspflicht ausgehen.

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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Diese Einschätzung beruht auf der im Kern kontrollfreien Prognose, dass Arbeitskämpfe quantitativ erheblich zunehmen und qualitativ geordnete Bahnen verlassen, sowie der Kreis der kampfberechtigten Parteien ausgedehnt wird. Angreifbar ist dagegen die These, die Friedenspflicht werde umgangen. Schuldner der tariflichen Friedenspflicht sind ausschließlich die Tarifvertragsparteien und damit in keinem Fall die einzelnen Arbeitnehmer.63 Als Tarifvertragspartei muss die Gewerkschaft allerdings auf ihre Mitglieder einwirken, die Friedenspflicht während der Laufzeit des Tarifvertrags zu beachten.64 Demgemäß müsste sie ihre aktuellen Mitglieder auch disziplinieren, wenn diese sich in Koalitionen zusammenschließen und trotz bestehender Friedenspflicht gegen den Koalitionsgegner mit Kampfmitteln vorgehen. Beim Abschluss eines Koalitionsvertrags durch nichttariffähige Koalitionen stößt eine solche Einwirkungspflicht mangels organisatorischer Verfasstheit aber an praktische Grenzen, denn es fehlen regelmäßig der Apparat und die Autorität zur Durchsetzung dieser Einwirkungspflicht. Dadurch ordnet und befriedet die Einschränkung der Kampfbefugnis das Betriebsleben und, nimmt man statt des Individualinteresses des einzelnen Arbeitgebers die Arbeitsrechtsordnung insgesamt in den Blick, sichert das Ziel einer Ordnung und Befriedigung des Arbeitslebens. 2.  Gefährdung der Tarifautonomie Problematisch könnte die Anerkennung eines privilegierten Kampfrechts aller Arbeitnehmerkoalitionen außerdem im Hinblick auf die Tarifautonomie sein, die unter gehörigen Druck gerät, weil der Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt in der Zeit eines geringen Organisationsgrads weiter sinken dürfte, wenn wohl beitragsfreien Koalitionen ein Streikrecht zukäme. Eine Störung der Tarifautonomie und eine Gefährdung der Verteilungsgerechtigkeit im Betrieb sei ferner durch den Gruppenegoismus von Funktionseliten, den die Möglichkeit zur Organisation in kleinen Koalitionen weiter fördere, sowie durch die nichtorganisierten Außenseiter des Betriebs zu befürchten, die aufgrund von Bezugnahmeklauseln bislang überwiegend an den Ergebnissen von Tarifverhandlungen partizipieren, selbst aber keine Anstrengungen unternehmen, diese Ergebnisse zu übertrumpfen.65

63 BAG 17. 12. 1958 – 1 AZR 349/57 – AP TVG § 1 Friedenspflicht Nr. 3 (unter 4); JKOS/Krause, 2. Aufl., § 4, Rn. 149; anders offenbar BAG 28. 04. 1966 – 2 AZR 176/65 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 37 (unter 7), das die Arbeitsniederlegung eines Arbeitnehmers nicht als Verletzung der Pflicht zur Arbeitsleistung, sondern als einen Verstoß gegen die Treuepflicht qualifizierte. 64  Preis, Kollektivarbeitsrecht, 3. Aufl., S. 141; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl., § 1, Rn. 1183 f. 65  Rieble, RdA 2005, 200, 209 f.; ähnlich Löwisch/Hartje, RdA 1970, 321, 324; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 1088, der in der Gefährdung der Tarifautonomie „die eigentliche Rechtfertigung der h. M.“ sieht.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Die befürchtete Gefährdung der Tarifautonomie lässt sich freilich nicht gänzlich ausräumen, indes muss man sie relativieren.66 Der Gruppenegoismus von Funktionseliten stört bereits den Betriebsfrieden ganz unabhängig von einem Streikrecht nichttariffähiger Koalitionen. Ob eine Verschlechterung dieses Zustands noch eintreten kann, ist jedenfalls fraglich. Außerdem kann nichtorganisierten Arbeitnehmern mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 GG nicht vorgeworfen werden, dass sie sich zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zusammenschließen. Wenn eine Gewerkschaft sich mit gewerkschaftlicher Konkurrenz auseinandersetzen und sie aushalten muss, dann muss eine Gewerkschaft erst recht der Konkurrenz durch eine Koalition standhalten. Dass der aktuelle Zustand indes unbefriedigend ist, bezeugt der Gesetzgeber mit der Verabschiedung des Tarifeinheitsgesetzes67, mit dem genau einer solchen Zersplitterung der Belegschaft und Störung der Verteilungsgerechtigkeit begegnet werden soll.68 3.  Gefährdung der koalierten Arbeitnehmer Während man teils ein „enormes Druckpotenzial“ des gewerkschaftsfreien Arbeitskampfs befürchtet69, könnte im Gegenteil eine wesentliche Gefahr in der Übervorteilung der koalierten Arbeitnehmer liegen, weil einzelnen Arbeitnehmern auch unter Einsatz von Arbeitskampfmitteln u. U. das erforderliche Verhandlungsgewicht fehlt und sie die strukturelle Unterlegenheit im einzelnen Arbeitsverhältnis nicht aufheben.70 Die Verhandlungsparität ist diesem Gedanken nach Schutzgut von Art. 9 Abs. 3 GG und zugleich immanenter Rechtsbeschränkungsgrund der Koalitionsfreiheit, der die Arbeitnehmer vor einer Regelung ihrer Arbeitsbedingungen durch eine nicht durchsetzungsfähige Interessenvertretung bewahrt.71 Weil der normative Teil des Tarifvertrags die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer unmittelbar und ohne weiteres Zutun festlegt, ist eine Beschränkung der subjektiven Zugangsvoraussetzungen zu diesem Regelungsinstrument unbestreitbar erforderlich. Schuldrechtliche Regelungen bergen dagegen kein oder ein geringes Gefährdungspotenzial für die Arbeitnehmer, da sie das Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar regeln, eine Regelung zwischen den Koalitionsvertragsparteien zu ihren Lasten 66  Keine Aushöhlung der Tarifautonomie befürchtet Däubler, AuR 1998, 144, 147; Däubler/Däubler, Arbeitskampfrecht, 4. Aufl., § 12, Rn. 17; ferner Zachert, AuR 2001, 401, 405. 67  Gesetz zur Tarifeinheit vom 03. 07. 2015, BGBl. I 2015, S. 1130 f. 68  BT-Drucks. 18/4062, S. 8. 69  Rieble, RdA 2005, 200, 209. 70  In diese Richtung BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428/62 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 32 (unter B II 3 a); BAG 14. 02. 1978 – 1 AZR 76/76 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 58 (unter 6 a); Kissel, Arbeitskampfrecht, § 25, Rn. 14: „Das Erfordernis der Durchsetzungsfähigkeit für die Anerkennung […] der Arbeitskampffähigkeit im Interesse eines angemessenen Interessenausgleichs […] wird insgesamt in Frage gestellt“. 71 Vgl. Rieble, RdA 2005, 200, 204.

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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nicht möglich ist und sie deshalb zwangsläufig einer Umsetzung in das Individualarbeitsverhältnis unter Mitwirkung des einzelnen Arbeitnehmers bedürfen. Zum Schutz der koalierten Arbeitnehmer ist die Beschränkung der Kampfberechtigung auf tariffähige Koalitionen nicht erforderlich. 4.  Ergebnis Art. 9 Abs. 3 GG schließt tarifunfähige Koalitionen von Verfassungs wegen nicht vom Kampfmitteleinsatz zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen abhängig Beschäftigter aus.72 Auf der anderen Seite verletzt die einfachrechtliche Beschränkung der Kampfberechtigung auf tariffähige Koalitionen nicht die Koalitionsfreiheit, da mit der Ordnung und Befriedigung des Arbeitslebens legitime Erwägungen und mit dem Schutz des Vertragspartners legitime Prognosen diese Beschränkung tragen. Die Verfassung präformiert nicht unmittelbar das einfache Recht mit der Konsequenz, dass sie konkrete Vorgaben für die persönliche oder sachliche Kampfbefugnis trifft.73 Vielmehr garantiert die Koalitionsfreiheit den Arbeitskampf als Institut und als Grundrecht, überlässt den Arbeitskampf als eine Art normgeprägte Freiheit aber hinsichtlich der konkreten Bestimmung eines zulässigen Kampfmitteleinsatzes dem einfachen Recht.74 Wegen des einfachrechtlichen Ausgestaltungsspielraums, den die Schutzpflichtdimension der Grundrechte zum Schutz Privater nicht hinsichtlich der persönlichen Kampfbefugnis im Sinne einer zwingenden Vorgabe beschränkt75, wäre es de lege ferenda denkbar und grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar, nichttariffähigen Koalitionen das Recht zum Arbeitskampf einzuräumen. II.  Verstoß des gewerkschaftlichen Streikmonopols gegen Art. 6 Nr. 4 ESC Für die Notwendigkeit eines Bruchs mit dem gewerkschaftlichen Streikmonopol ziehen einige76 die Europäische Sozialcharta vom 18. 10. 1961 heran, die der deutsche Gesetzgeber mit Gesetz vom 19. 09. 196477 ratifiziert hat. In Teil II Art. 6 ESC gewährleistet sie das Recht auf Kollektivverhandlungen. Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC zählt zu diesem Recht insbesondere „das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von In72  Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 1089; Däubler, AuR 1998, 144, 145 ff.; Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 9, Rn. 115. 73 Ausführl. Poscher, RdA 2017, 235, 236. 74  R. Krause, Der Flashmob-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – Einladung zur Entgrenzung?, S. 43, 62. 75  Zur Schutzpflicht im Arbeitskampfrecht Höfling/Engels, ZG 2008, 250, 257. 76  Däubler, AuR 1998, 144, 147 f.; Czycholl/Frieling, ZESAR 2011, 322, 327; wohl Evju, AuR 2012, 276, 284; Seifert, EuZA 2013, 205, 215. 77 Gesetz zur Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961, BGBl. II 1964, S. 1261 ff.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

teressenkonflikten, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus geltenden Gesamtarbeitsverträgen“. Einen Verstoß des deutschen Arbeitskampfrechts gegen diese Verpflichtung erkannte der für die Kontrolle der Einhaltung der ESC durch die Vertragsstaaten zuständige Sachverständigenausschuss u. a. wegen der Beschränkung der Kampfbefugnis auf tariffähige Koalitionen, weswegen das Ministerkomitee am 03. 02. 1998 der Bundesrepublik Deutschland empfahl, die Ergebnisse des Ausschusses zu berücksichtigen.78 Welche Schlussfolgerungen aus der abgegebenen Zusage in der ESC und aus der Interpretation durch das Ministerkomitee zu ziehen sind, ist umstritten. Auf eigene Rechte können sich Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Verbände nur berufen, wenn die Sozialcharta unmittelbar geltendes Recht setzt. Das Bundesverfassungsgericht und das Bundesarbeitsgericht haben den Charakter der ESC und die Bindung des Richters an sie bisher offengelassen, mithin die Frage nach einer unmittelbaren Wirkung von Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC nicht entschieden.79 Konkret hat das Bundesarbeitsgericht zwar eine Überprüfung im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Beschränkung der Kampfbefugnis mit den Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus dem völkerrechtlichen Vertrag Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC angekündigt, im zur Entscheidung anstehenden Fall die Frage aber nicht erörtert.80 Es beschränkt sich darauf, in der ESC eine von der Bundesrepublik Deutschland eingegangene Verpflichtung zu sehen, deren Gewährleistungsinhalt die Gerichte beachten müssen, wenn sie im Gesetzesrecht bestehende Lücken des Arbeitskampfs anhand von Wertentscheidungen der Verfassung ausfüllen.81 Der Gesetzgeber hat abgelehnt, aus der Stellungnahme des Sachverständigen­ ausschusses und aus der Empfehlung des Ministerkomitees Konsequenzen zu ziehen und jeden Handlungsbedarf zurückgewiesen.82 Da der Gesetzgeber nicht aktiv geworden ist und die Gewährleistungen des Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC mangels unmittelbarer Anwendbarkeit keine subjektiven Rechte begründen83, kann und muss die ESC als ein Auslegungsmittel für das nationale Recht herangezogen werden. Ihre 78  AuR 1998, 154, 156; zust. EUArbR/Schubert, 2. Aufl., ESC, Art. 6, Rn. 28; relativierend Schlachter, SR 2013, 77, 88 f. 79  BVerfG 20. 10. 1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31 = BVerfGE 58, 233, 254; BAG 10. 06. 1980 – 1 AZR 822/79 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 64 (unter A II 2 a); BAG 12. 09. 1984 – 1 AZR 342/83 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 81 (unter B II 2 c); vom Rang einfachen Bundesrechts gehen aus Czycholl/Frieling, ZESAR 2011, 322, 324. 80 BAG 10. 12. 2002 – 1 AZR 96/02 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 162 (unter B I 3 a); BAG 24. 04. 2007 – 1 AZR 252/06 – AP TVG § 1 Sozialplan Nr. 2 (unter Rn. 79). 81 BAG 20. 11. 2012 – 1 AZR 611/11 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 180 (unter Rn. 75); Bepler, in: FS Wissmann (2005), S. 97, 106. 82  BT-Drucks. 13/11415, S. 18. 83  Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 206 ff., 243; Bepler, in: FS Wissmann (2005), S. 97, 106; H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 4, Rn. 55; Rieble, RdA 2005, 200, 203; Junker, ZfA 2015, 267, 269; differenziert, im Erg. für Art. 6 Nr. 4 ESC aber abl. Dumke, Streikrecht i.S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 152 ff., 190 f.; allg. für die ESC BVerwG 18. 12. 1992 – 7 C 12.92 – AP

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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Gewährleistungen können bei der richterlichen Fortbildung und Anwendung des Arbeitskampfrechts nur unberücksichtigt bleiben, sofern den Vorgaben der ESC nationales Bundes- oder Verfassungsrecht entgegensteht.84 Ein nicht gewerkschaftliches Kampfrecht verstößt nicht gegen einfach-richterliches oder verfassungsrechtliches Arbeitskampfrecht. Die Verfassung räumt auf dem Feld des Arbeitskampfrechts dem Gesetzgeber und mangels seiner Tätigkeit der Rechtsprechung einen Gestaltungsspielraum ein, der eine einfach-rechtliche Anerkennung wie Aberkennung eines Kampfmitteleinsatzes von tarifunfähigen Koalitionen gestattet.85 In diesem Rahmen gebietet eine völkerrechtsfreundliche Interpretation des nationalen Rechts ein Kampfrecht nicht tariffähiger Koalitionen.86 Mit Autorität ist diese Vorgabe derweil nicht versehen, weil keine gemeinschaftliche Auslegungsinstanz existiert und der Sachverständigenausschuss sowie das Ministerkomitee kein Recht zu einer authentischen Interpretation innehaben.87 Durch eine – zulässige – innerstaatliche Auslegung von Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC kann die Garantie des Rechts auf Kollektivverhandlungen eine von der Interpretation durch den Sachverständigenausschuss und das Ministerkomitee abweichende Dimension erlangen. III.  Anforderungen an den Kampfgegner Welche Anforderungen an den Kampfgegner der Arbeitnehmerkoalition bestehen, hat über die Tatsache hinaus, dass es sich nach herkömmlicher Auffassung um eine nach § 2 Abs. 1 TVG tariffähige Vertragspartei handeln muss88, lange keine weitere Konkretisierung erfahren. Folgt man der überkommenen Auffassung, ist zumindest der Kampf um den Abschluss eines solchen Koalitionsvertrags unzulässig, an dem als Vertragspartner der Arbeitnehmerkoalition eine nichttariffähige Partei beteiligt ist. Erst recht gilt das, wenn der Vertragspartner gar nicht dem Koalitionsbegriff i. S. d. Art. 9 Abs. 3 GG unterfällt.89 Diese eindimensionale Sicht hat das Urteil des Bundesarbeitsgerichts90 zum Unterstützungsstreik gelockert und den Kreis des richtigen Arbeitskampfgeg-

Europäische Sozialcharta Art. 16 Nr. 1 = BVerwGE 91, 327, 330; dagegen Czycholl/Frieling, ZESAR 2011, 322. 84  Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 237; Bepler, in: FS Wissmann (2005), S. 97, 107; Rieble, RdA 2005, 200, 204. 85  Siehe § 8 C. I. 4.; anders Rieble, RdA 2005, 200, 204. 86 EUArbR/Schubert, 2. Aufl., ESC, Art. 6, Rn. 29. 87  Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 131 ff., 243. 88 HWK/Hergenröder, 7. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 282. 89 Nach hier vertretener Auffassung kann derjenige Partei eines Koalitionsvertrags mit einer Arbeitnehmerkoalition sein, der imstande ist, Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der koalierten Arbeitnehmer zu üben, siehe oben § 5 B. III. 2. b). 90  BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

ners91 erweitert, indem es den Druck mit Arbeitskampfmitteln nicht auf den eigenen92 Tarifvertragspartner beschränkt. Obwohl sich das Bundesarbeitsgericht in vorgenannter Entscheidung mit der Frage auseinandersetzt, ob der Kampfmitteleinsatz nicht bloß gegen den eigenen, sondern auch gegen einen dritten Tarifvertragspartner eingesetzt werden kann93, wohingegen hier der Kampfmitteleinsatz gegen den eigenen Koalitionsvertragspartner im Raum steht, ist das Urteil aufschlussreich, weil der Koalitionsvertragspartner nicht zwingend der Arbeitgeber oder ein Arbeitgeberverband sein muss und das Bundesarbeitsgericht den zulässigen Kampfgegner offenbar nicht begrifflich-formal, sondern wertend bestimmt.94 Das Urteil setzt insofern wesentliche Wegmarken bei der Bestimmung des Kampfgegners. 1.  Einflussnahme auf die Arbeitsbedingungen Zunächst muss der Kampfgegner Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der in der vertragsschließenden Koalition zusammengefassten Arbeitnehmer nehmen können. Das versteht sich von selbst, denn Art. 9 Abs. 3 GG deckt nicht den Kampfmitteleinsatz gegen irgendeine Partei zur allgemeinen Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, sondern nur die gruppenspezifische Interessenwahrnehmung. Daraus folgt nicht nur, dass die Arbeitnehmerkoalition mit ihrer Koalitionsbetätigung die Arbeitsbedingungen ihrer Koalitionsmitglieder fördern muss95, sondern auch spiegelbildlich, dass der Kampfgegner imstande sein muss, Einfluss auf die Arbeitsbedingungen ihrer Koalitionsmitglieder zu nehmen. Welche Qualität der Einfluss des Kampfgegners auf die Arbeitsbedingungen haben muss, harrt einer abstrakten Klärung. Da das Bundesarbeitsgericht im Urteil zum Unterstützungsstreik auf die Einfluss- und Reaktionsmöglichkeit des Arbeitgebers auf den „Dritten“ in der Realität des Arbeits- und Wirtschaftslebens unabhängig von einer gemeinsamen Zugehörigkeit zu demselben Verband hinweist und ausdrücklich eine informelle Einflussnahme ausreichen lässt96, können umge91  Zutreffend als zentrale Problematik der Entscheidung bezeichnet von Wank, Anm. zu BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter I). 92  So ausdrücklich noch Wank, FS Kissel (1994), S. 1225, 1229. 93  Deutlich BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 38). 94 BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 9, 32 ff.) misst die Zulässigkeit von Unterstützungsstreiks maßgeblich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; ähnlich bereits LAG Hamm 24. 04. 1980 – 8 Sa 1259/79 – EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 39 (unter Bl. 458). 95 An der Rechtsprechung zu Unterstützungskampfmaßnahmen kritisiert Wank, RdA 2009, 1, 4 zu Recht, dass das BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 12) offenbar auch die fremdnützige Förderung der Arbeitsbedingungen billigt. 96  BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 34).

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kehrt keine höheren Anforderungen an die Qualität der Einflussnahme durch den Kampfgegner auf den Arbeitgeber gestellt werden. Der Kampfgegner muss demgemäß nicht in der Lage sein, die Arbeitsbedingungen der koalierten Arbeitnehmer unmittelbar selbst zu gestalten. Unzulässig ist jedoch der mit Arbeitskampfmitteln ausgeübte Druck auf einen unbeteiligten Dritten ohne eine Nähebeziehung zur anderen Vertragspartei und ohne jeden Einfluss auf sie.97 2.  Entfaltung spürbaren und sozialadäquaten Drucks Der Kampfmitteleinsatz muss den Kampfgegner unter Druck setzen. Der „Arbeitskampf als eine Auseinandersetzung auf wirtschaftlicher Ebene mit wirtschaftlichen Mitteln und Zielen [muss] den Kampfgegner auch als wirtschaftliche Größe treffen können“.98 Andernfalls, wenn der Arbeitskampf gegenüber dem sozialen Gegenspieler offensichtlich keinen Druck aufbaut, ist er zur Erreichung des Kampfziels ungeeignet und somit rechtswidrig.99

D.  Erkämpfbarkeit von Investorenvereinbarungen Praktisch ist die Erstreikbarkeit einer Investorenvereinbarung zwischen Gewerkschaft und Investor noch nicht virulent geworden. Die bislang bekannt gewordenen Vereinbarungen zwischen Schaeffler und der IG Metall sowie ACS und der IG BAU sind friedlich zustande gekommen in dem Bemühen, einen wichtigen Stakeholder für sich zu gewinnen, damit dieser dem Mehrheitserwerb zustimmt und auf der Grundlage dieser Zustimmung eine gute Zusammenarbeit in der Zukunft sichergestellt ist. Dass zukünftig weiterhin Vereinbarungen mit einem neuen Kapitaleigner friedlich abgeschlossen werden, ist keineswegs gewiss. So haben im April 2015 Beschäftigte der Postbank ihre Arbeit niedergelegt und vor der Deutschen Bank in Frankfurt am Main gegen die Muttergesellschaft für eine Verlängerung des Kündigungsschutzes bis 2020 demonstriert.100 Vor dem Hintergrund laufender Strategieberatungen der Deutschen Bank, in deren Rahmen man eine Veräußerung der Tochter Postbank diskutierte, weigerte sich nämlich die Mutter, über die Verlängerung des Kündigungsschutzes zu verhandeln, weil man einem potenziellen Erwerber für eine anstehende Umstrukturierung keine Steine in den Weg legen wollte, 97  Wank, Anm. zu BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter III 1 c bb [2] [b]). 98  BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 157/63 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 34 (unter III 1). 99 BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 35). 100  FAZ Nr. 96 vom 25. 04. 2015 „Postbanker protestieren vor den Türmen der Deutschen Bank“, S. 41; FAZ vom 24. 04. 2015 „Wenn Postbank-Mitarbeiter protestieren“, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/dpostbank-mitarbeiter-demonstrieren-vor-deutscher-bank-13557001.html.

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

indem man eine Garantie für die Arbeitsplätze durch den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen ausspricht.101 Dass sich Kampfmaßnahmen bei wirtschaftlicher Verflechtung gegen dritte Entscheidungsträger oder in Konzernverhältnissen gegen den eigentlichen Entscheidungsträger hinter dem Rechtsträger, d. h. dem Arbeitgeber, richten können, haben Rechtsprechung102 und Literatur103 in Ausnahmefällen zum Teil bereits gebilligt. Der Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung wurde wohl wegen der friedlichen Übereinkunft in den beiden bekannt gewordenen Fällen kaum in der Literatur diskutiert104, obwohl die Frage nach der Erstreikbarkeit auf den zweiten Blick weniger ungewöhnlich ist, als es der erste Anschein vermuten lässt. Bei bestreikten Kapitalgesellschaften richtet sich der Arbeitskampf gegen den Arbeitgeber, d. h. den Rechtsträger, der zwar als Rechtssubjekt Träger von Rechten und Pflichten ist und somit ein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Vermeidung von Arbeitsausfällen verfolgt. Jedoch tragen die Kapitaleigner das wirtschaftliche Risiko eines Arbeitsausfalls, denn sie sind die materiell am Unternehmensergebnis Interessierten. Hinzukommt, dass die für den Rechtsträger handelnden Unternehmensleitungsorgane unter keinen wirtschaftlichen Druck geraten, da der Arbeitskampf selbstredend nicht die Pflicht zur Zahlung der Bezüge des Leitungsorgans suspendiert. Während demnach ein Arbeitskampf gegen eine Kapitalgesellschaft mittelbar die wirtschaftlich eigentlich interessierten Kapitaleigner betrifft, richtet sich der Kampf um den Abschluss einer Investorenvereinbarung unmittelbar gegen die Kapitaleigner und setzt sie vermittelt über ihre Beteiligung am Rechtsträger unter Druck. Im ersten wie im zweiten Fall sind die Kapitaleigner also mittelbar wirtschaftlich betroffen, worauf sie im ersten Fall lediglich mittelbar reagieren können, wohingegen sie im zweiten Fall den Arbeitskampf unmittelbar beenden können. Damit der Arbeitskampf um den Abschluss einer Investorenvereinbarung rechtmäßig ist, müsste es sich dabei um ein zulässiges Kampfziel und beim Investor um einen zulässigen Kampfgegner handeln.

101  Handelsblatt vom 24. 04. 2015 „Demonstration um ‚fünf vor zwölf‘“, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/postbank-und-diedeutsche-bank-demonstration-um-fuenf-vor-zwoelf/11683476.html. 102  BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 157/63 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 34 (unter III 1); BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter Rn. 46, 54). 103  H. Otto, Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, § 10, Rn. 45; ErfK/Linsenmaier, 18. Aufl., GG, Art. 9, Rn. 121. 104 Bejahend Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 68; Däubler, Tarifverträge zur Unternehmenspolitik?, S. 59 f.; offengelassen von Kempen/Zachert/Zeibig/Zachert, TVG, 5. Aufl., § 1, Rn. 962.

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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I.  Zulässiges Kampfziel Unter dem Druck eines Arbeitskampfs können Investorenvereinbarungen nur geschlossen werden, sofern sie ein zulässiges Kampfziel darstellen. Mit der Entkoppelung des Arbeitskampfs von der Tarifautonomie und der Anerkennung einer Arbeitskampfbefugnis für den Koalitionsauftrag nach Art. 9 Abs. 3 GG105 können jedenfalls Vereinbarungen im sachlich-inhaltlichen Gesamtbereich der Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen durch den Druck einer Arbeitsniederlegung erzwungen werden. Damit sind zumindest diejenigen Gegenstände einer Investorenvereinbarung ein zulässiges Kampfziel, die den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zugeordnet werden können.106 Regelungsgegenstände jenseits dieses Bereichs mit bloßer Regelbarkeit in einem einfachen Schuldvertrag kann eine Gewerkschaft nicht zum Ziel eines Arbeitskampfs machen. Soweit sich also eine Investorenvereinbarung als Koalitionsvertrag qualifizieren lässt, kann ihr Abschluss mit Arbeitskampfmitteln grundsätzlich durchgesetzt werden. II.  Zulässiger Kampfgegner Größere Probleme bereitet die Frage, ob hypothetische Kampfmaßnahmen der IG Metall gegen Schaeffler und der IG BAU gegen ACS den richtigen Kampfgegner adressieren, zumal eine Gewerkschaft möglicherweise bereits vor einem Anteilserwerb durch einen Investor ein Interesse an der Regelung der Rechtsbeziehung hat. Ein Investor kommt als richtiger und damit zulässiger Arbeitskampfgegner in Betracht, sofern er aktiv eine Einflussnahme- und Reaktionsmöglichkeit auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der koalierten Arbeitnehmer hat und passiv durch einen Kampfmitteleinsatz unter einen spürbaren Abschlusszwang gerät. Eine aktive Einflussnahme des Kampfgegners auf die Arbeitsbeziehungen der koalierten Arbeitnehmer erfordert keine unmittelbare Gestaltungsmacht über die Arbeitsbedingungen, wie sie der Arbeitgeber innehat. Es genügt vielmehr ein an der Realität des Arbeits- und Wirtschaftslebens gemessen effektiver tatsächlicher Einfluss. Ein an einer Gesellschaft bereits beteiligter Investor übt als Mehrheitseigner direkt über die Ausübung von Mitgliedschafts- und Herrschaftsrechten in Personalund Sachfragen, teils sogar in richtungsweisenden wirtschaftlichen Angelegenheiten der Gesellschaft (sog. Grundlagengeschäfte) sowie indirekt über das von ihm besetzte Kontrollgremium in tatsächlicher Hinsicht bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft aus.107 Dadurch kann ein Investor wenigstens faktisch-mittelbar die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von abhängig Beschäftigten beeinflussen.108 Das soll für einen Investor mit einer relevanten Beteiligung und der definitiven 105 

Eingehend dazu § 8 A. II. und B. II. dezidiert zur Zuordnung der Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung zum Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen § 7 D. I. 1., II. 1., III. 1., IV. 1. 107  Zum Einfluss eines Investors § 2 B. II. 1. 108 Däubler/Däubler, TVG, 4. Aufl., Einl., Rn. 1003. 106  Siehe

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2. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft

Absicht zur Erweiterung gelten.109 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Man wird aber noch weitergehen und nicht bloß eine Beteiligung fordern müssen, mit der der Investor Minderheitsrechte bereits ausüben und dadurch Entscheidungen blockieren bzw. verzögern kann, obgleich damit eine gewisse Steuerung der Gesellschaft korrespondiert. Vielmehr ist eine Mehrheitsbeteiligung erforderlich, die dem Investor nach den tatsächlichen Mehrheitsverhältnissen ermöglicht, organisatorische, personelle und sachliche Angelegenheiten zu entscheiden. Sieht man in einem Investor den zulässigen Kampfgegner einer Arbeitnehmerkoalition, könnte das allerdings auf eine „wirtschaftliche Geiselnahme“110 des Arbeitgebers hinauslaufen, dem keine Reaktionsmöglichkeit zur Abwehr bzw. Beendigung des Arbeitskampfs zur Verfügung steht, weil nicht der Abschluss eines Vertrags mit ihm oder dem zuständigen Verband, in dem er organisiert ist, in Aussicht genommen wird. Eine solche Objektstellung droht dem Arbeitgeber im Kampf einer Arbeitnehmerkoalition um eine Investorenvereinbarung ebenso wie bei Unterstützungskampfmaßnahmen111, bei denen ebenfalls der Kampfgegner ein vom Arbeitgeber verschiedener Dritter ist, jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber die Forderungen der Gewerkschaft selbst nicht erfüllen kann. Das trifft beispielsweise auf die organisationsrechtlichen Gegenstände einer Investorenvereinbarung zu. Gleichwohl wird man darin keine „wirtschaftliche Geiselnahme“ des Arbeitgebers sehen können, denn das wesentliche Charakteristikum einer Investorenvereinbarung liegt gerade im kompensatorischen Durchgriff auf den Investor in Angelegenheiten, in denen dem Arbeitgeber faktisch die Entscheidungsmacht fehlt. Überdies strebt die Arbeitnehmerkoalition mit dem Abschluss einer Investorenvereinbarung nicht die Verbesserung fremder Arbeitsbedingungen, sondern die Förderung der Arbeitsbedingungen von koalitionsangehörigen Arbeitnehmern an, weshalb die Behinderung des Arbeitgebers zumindest gerechtfertigt ist. Des Weiteren müsste ein Investor durch eine Arbeitsniederlegung passiv unter einen Abschlusszwang geraten. Spürt er keinen wirtschaftlichen Druck, ist der Kampfmitteleinsatz offensichtlich ungeeignet, den Abschluss einer Investorenvereinbarung zu erzwingen, und somit unzulässig. Problematisch ist der Kampfmitteleinsatz daher gegenüber einem Investor, der zwar einen Beteiligungsaufbau an einer Gesellschaft anstrebt, jedoch noch nicht oder nicht in nennenswertem Umfang Anteile an der Gesellschaft erworben hat. Der Druck eines Arbeitskampfs ist für ihn wirtschaftlich nicht spürbar, könnte ihm im Gegenteil sogar in die Hände spielen, wenn gegebenenfalls über eine Reaktion am Kapitalmarkt der Aktienkurs sinkt. 109 Ähnlich Däubler, in: FS Bepler (2012), S. 61, 68; Däubler, Investor agreements and collective labour law, S. 175, 187. 110  Der Begriff stammt aus der Lit. zum Unterstützungsstreik H. Otto, Arbeitskampfund Schlichtungsrecht, § 10, Rn. 39; Wank, Anm. zu BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter III 1 c bb [2] [b]); Wank, FS Kissel (1994), S. 1225, 1229; Rieble, BB 2008, 1506, 1511. 111 Dazu Wank, Anm. zu BAG 19. 06. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 (unter III 1 c bb [2] [b]).

§ 8 Kampfmitteleinsatz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung

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E.  Ergebnis Verfassungsrechtlich korrespondieren der koalitionäre Regelungsauftrag nach Art. 9 Abs. 3 GG und die darauf bezogene koalitionäre Kampfbefugnis miteinander. Die Gewährleistung der Kampfbefugnis beschränkt sich demnach nicht auf die Tarifautonomie als einen Ausschnitt aus der Koalitionsfreiheit, sodass das Verfassungsrecht auf der Ebene des einfachen Rechts kein Kampfverbot für außertarifliche Regelungen oder tarifunfähige Koalitionen präformiert. Grundsätzlich kann der Abschluss eines Koalitionsvertrags also mit Kampfmitteln erzwungen werden. Das gilt jedoch nicht für jede Abmachung zur Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, vielmehr können einfach-rechtliche Beschränkungen der Kampfbefugnis in sachlicher und/oder personeller Hinsicht zum Schutz der koalierten Arbeitnehmer, des Kampfgegners, Dritter oder der Tarifautonomie ausnahmsweise gerechtfertigt und damit zulässig sein. Das scheinbar schier unumstößliche Dogma des Bundesarbeitsgerichts von der ausschließlichen Erstreikbarkeit tariflicher Regelungen wackelt insofern. Soweit eine Investorenvereinbarung koalitionsvertraglich regelbare Gegenstände enthält und Kampfgegner ein Investor mit einem hinreichend großen Einfluss auf die Zielgesellschaft ist, kann ihr Abschluss mit Kampfmitteln erzwungen werden. Entscheidend ist zum einen die Zuordnung ihrer Regelungsgegenstände zum Begriffspaar der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nach Art. 9 Abs. 3 GG, weil die Kampfbefugnis sich auf den Koalitionsauftrag bezieht. Eine Zuordnung der Regelungsmaterie zu Art. 9 Abs. 3 GG hat allerdings nicht zwangsläufig die Zulässigkeit des Kampfmitteleinsatzes für den Abschluss einer Investorenvereinbarung zur Folge, im Einzelfall beschränken vielmehr Rechte Dritter oder der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz das Streikrecht. Zum anderen müsste ein Investor ein zulässiger Kampfgegner sein, weshalb er bereits an der Zielgesellschaft beteiligt sein muss und nach den tatsächlichen Verhältnissen in zentralen Fragen Entscheidungen treffen kann. Das dürfte wegen der geringen Teilnahme an Hauptversammlungen regelmäßig mit einem Erwerb von 30 % der Anteile einer Gesellschaft der Fall sein. Mithin hätte die IG Metall mit Kampfmitteln Druck auf Schaeffler im Hinblick auf den Abschluss der Investorenvereinbarung ausüben können. Die IG BAU dagegen hätte gegenüber ACS den Abschluss der Investorenvereinbarung nicht mit Kampfmitteln erzwingen können, weil ACS zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch keine hinreichende Beteiligung aufgebaut hatte. Ein hypothetischer Arbeitskampf wäre im Übrigen nach Deutschem Recht zu beurteilen gewesen, obgleich ACS eine nach Spanischem Recht gegründete Gesellschaft ist, weil nach Art. 9 Rom II-Verordnung der Ort des Arbeitskampfs den Anknüpfungspunkt für die Rechtmäßigkeitsfrage bildet.112

112  Art. 9 Rom II-Verordnung präjudiziert die Frage nach der Rechtmäßigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen als Voraussetzung für eine Haftung, vgl. Deinert, Internationales Arbeitsrecht, § 16, Rn. 2, 21.

3. Teil

Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft 3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen Die Motivlage1 beim Abschluss einer Investorenvereinbarung legt der Zielgesellschaft und dem Investor häufig nahe, Klauseln hinsichtlich der Sicherung von Produktionsstandorten und Arbeitsplätzen, individuellen und kollektiven Arbeitsbedingungen sowie der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung aufzunehmen.2 Damit kommt der Vorstand der Zielgesellschaft seiner Pflicht zur Berücksichtigung von Stakeholderinteressen nach, die ihm insbesondere gegenüber der Belegschaft obliegt3, was sich bereits aus der hervorgehobenen Berücksichtigung von Arbeitnehmerbelangen bei der Unternehmensleitung nach 4. 1. 1 DCGK ergibt4. Ausweislich § 3 Abs. 3 WpÜG und der entsprechenden Gesetzesbegründung5 muss die Verwaltung der Zielgesellschaft die Interessen der Arbeitnehmer gerade auch in Übernahmesituationen berücksichtigen.6 Freilich verspricht sich auch die andere Vertragsseite Vorteile von einer solchen Klausel. So soll die Aufnahme einer Schutzklausel zugunsten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmervertretungen insbesondere der Post Merger Integration im Konzern dienen, indem der Betriebsfrieden gewahrt und eingearbeitete Arbeitskräfte in der Zielgesellschaft gehalten werden.7 Vereinbart worden sind arbeitsrechtliche Schutzklauseln beispielsweise in den Abmachungen zwischen Schaeffler und Continental, Demag Cranes und Terex 1 

Siehe ausführlich oben § 2 C. Hasselbach, BB 2015, 1033, 1035; Kiem, AG 2009, 301, 304; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 198; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 118; WHSS/Seibt/Hohenstatt, 5. Aufl., K Rn. 52; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 76, Rn. 28; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 173. 3  Goette, ZGR 2008, 436, 447; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 173. 4 GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 76. 5  BT-Drucks. 14/7034, S. 35. 6 Fleischer/Fuchs, Handbuch des Vorstandsrechts, § 22, Rn. 33. 7  Dazu oben § 2 C. I. 3.; freilich interessiert die Zielgesellschaft ebenso die Einbindung in den Konzern des Bieters, vgl. Paschos, NZG 2012, 1142, 1142. 2 

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 295

sowie Deutsche Annington und GAGFAH. Darin sicherte Schaeffler zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer zu, ohne Zustimmung des Vorstands der Continental AG keinerlei Maßnahmen zu treffen oder zu unterstützen, die die bestehenden Rechte der Mitarbeiter, Betriebsräte oder Gewerkschaften gefährden.8 Terex versprach Demag Cranes in einem Business Combination Agreement, keine Verlegung der Standorte zu betreiben, betriebsbedingte Kündigungen als direkte Folge der Transaktion nicht zu unterstützen, den mitbestimmungsrechtlichen Status quo zu erhalten und die kollektiv geregelten Arbeitsbedingungen zu respektieren.9 Auch die Vereinbarung der Deutschen Annington mit der GAGFAH enthielt „Garantien und Schutzrechte“ für die Mitarbeiter der GAGFAH, womit man sich verpflichtete, die Rechte der Arbeitnehmer, der Betriebsräte und der Gewerkschaften zu respektieren.10 Jüngst ein Negativbeispiel bildet dagegen der Versuch der Übernahme von K+S durch den kanadischen Düngemittelhersteller Potash. Der K+S Vorstand gab sich Stakeholder-orientiert11 und monierte das Fehlen verbindlicher Zusagen zum Schutz der Beschäftigten12, denn man befürchtete die Schließung bzw. Verlagerung von Standorten und den Abbau von Arbeitsplätzen13. Obwohl Potash dem K+S Vorstand später in einem Business Combination Agreement die Zusicherung anbot, Standorte zu erhalten, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen sowie das Fortbestehen der Rechtsform Aktiengesellschaft befristet zu garantieren, um der Gewerkschaft entgegenzukommen14, scheiterte schließlich die Übernahme vorgeblich am mangelnden Schutz der Arbeitnehmerinteressen. Das macht deutlich, welchen Stellenwert Schutzklauseln zugunsten von Arbeitnehmern in Investorenvereinbarungen haben.

8 Pressemitteilung der Continental vom 21.  08. 2008 „Continental schließt weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler“. 9  Siehe Section 3.1 und Section 4.1 sowie 4.2 BCA Demag Cranes/Terex im Anhang (Appendix III). 10  Pressemitteilung der GAGFAH Group vom 01. 12. 2014 „GAGFAH S.A. und Deutsche Annington Immobilien SE vereinbaren möglichen Zusammenschluss“, abrufbar unter: http://www.gagfah.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/archiv-2014/pressemitteilung/news/detail/News/gagfah-sa-und-deutsche-annington-immobilien-se-vereinbaren-moeglichen-zusammenschluss.html (Abruf am 18. 10. 2015); Ad-hoc-Mitteilung der Deutsche Annington vom 01. 12. 2014 „Öffentliches Übernahmeangebot der Deutsche Annington Immobilien SE für alle ausstehenden Aktien der GAGFAH S. A.“, abrufbar unter: http://investoren.deutsche-annington.com/websites/da/German/5900/news-detail.html?newsID=1434549 (Abruf am 18. 10. 2015). 11  FAZ Nr. 207 vom 07. 09. 2015 „Potash intensiviert Kampf um K+S“, S. 19. 12  FAZ Nr. 187 vom 14. 08. 2015 „K+S wehrt sich gegen Übernahme“, S. 18; Handelsblatt vom 30. 07. 2015 „Potash schwächelt im Übernahmepoker“, abrufbar unter: http:// www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/kampf-um-ks-potash-schwaechelt-im-uebernahmepoker/12124630.html (Abruf am 19. 10. 2015). 13  FAZ am Sonntag Nr. 41 vom 11. 10. 2015 „Millionen für die Kali-Söldner“, S. 28. 14  FAZ Nr. 228 vom 01. 10. 2015 „Potash bietet K+S-Vorstand ein Zuckerl an“, S. 26.

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

Trotzdem hat eine Auseinandersetzung mit Klauseln zur Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen in einer Investorenvereinbarung bislang kaum stattgefunden. Teils werden Zusicherungen dieser Art für rechtlich unbedenklich gehalten15, teils Einwände vornehmlich dann formuliert, wenn die Organkompetenz für einen Regelungsgegenstand bei der Hauptversammlung und nicht beim Vorstand der Zielgesellschaft liegt16. Überwiegend problematisieren Rechtsprechung und Literatur allerdings nicht die rechtlichen Hürden von Klauseln zum Schutz von Beschäftigung und Beschäftigungsbedingungen in Investorenvereinbarungen zwischen Zielgesellschaft und Investor. Vielmehr stehen transaktionssichernde Abreden, Abmachungen zur Bestellung von Organmitgliedern, Vereinbarungen über Unternehmensgegenstand, -politik und -ziele sowie die Post Merger Integration im Scheinwerferlicht der rechtlichen Beurteilung. Die dabei insbesondere aufgeworfenen Fragen nach der Abschlusskompetenz auf Seiten der Zielgesellschaft wegen einer verdeckten Beherrschung durch den Investor17, der Vorwegbindung des Leitungsermessens des Vorstands der Zielgesellschaft mit der korrespondierenden Beeinträchtigung seiner Leitungsautonomie18 wie auch das Verbot gebundener Aktien19 interessieren zwar auch bei Arbeitnehmerschutzklauseln, offensichtlich muss insofern jedoch eine gesonderte Auseinandersetzung stattfinden. Im Vordergrund stehen diesbezüglich die Abschlusszuständigkeit des Vorstands der Zielgesell15  Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 173. 16  Heß, Investorenvereinbarungen, S. 291 f. 17  LG München I 31. 01. 2008 – 5 HK O 19782/06 – ZIP 2008, 555, 559 ff.; im Erg. offengelassen OLG München 24. 06. 2008 – 31 Wx 83/07 – ZIP 2008, 1330, 1331; siehe ferner OLG München 18. 07. 2012 – 7 AktG 1/12 – AG 2012, 802, 803; OLG Stuttgart 02. 12. 2014 – 20 AktG 1/14 – ZIP 2015, 1120, 1121 ff.; MüHdbAG/Krieger, 4. Aufl., § 71, Rn. 12; krit. Decher, in: FS Hüffer (2010), S. 145, 150 ff.; Ederle, Verdeckte Beherrschungsverträge, S. 119 ff., insb. 122 ff.; Kiem, AG 2009, 301, 306; Reichert, ZGR 2015, 1, 10 ff.; Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, S. 75, 84 ff.; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 124; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200; Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 291, Rn. 70a. 18  LG München I 05. 04. 2012 – 5 HK O 20488/11 – NZG 2012, 1152, 1153; OLG München 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12 – ZIP 2012, 2439, 2443; eingehend Kiefner, ZHR 178 (2014), 547, 576 ff.; Reichert, ZGR 2015, 1, 21 ff.; ferner Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 41; GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 197; Hippeli/Diesing, AG 2015, 185, 192 f.; H. Krause, CFL 2013, 192, 194 f.; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143 f.; H.-J. Otto, NZG 2013, 930, 934 f.; knapp MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 76, Rn. 28; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 48; Weber, in: Hölters, AktG, 2. Aufl., § 76, Rn. 16b; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 82. 19  Heß, Investorenvereinbarungen, S. 160 ff.; Kiem, AG 2009, 301, 308; H.-J. Otto, AG 1991, 369, 376 ff.; H.-J. Otto, NZG 2013, 930, 932 f., 937; Reichert, ZGR 2015, 1, 8, 24 ff.; Reichert/Ott, in: FS Goette (2011), S. 397, 407 f.; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 119 f.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 67 ff.; Weber-Rey/Reps, ZGR 2013, 597, 623.

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 297

schaft und das eventuelle Erfordernis einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung einerseits, inhaltliche Grenzen der schuldrechtlichen Vereinbarungsmacht durch die eigenverantwortliche Unternehmensleitung nach § 76 Abs. 1 AktG sowie das Verbot unzulässiger Stimmbindung andererseits.

A.  Aktienrechtliches Kompetenzgefüge I.  Abschlusszuständigkeit des Vorstands Im Rahmen der aktienrechtlichen Kompetenzordnung müsste dem Vorstand der Zielgesellschaft die Kompetenz zur Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen mittels des Abschlusses einer Investorenvereinbarung zugewiesen sein. Im Verhältnis zu Hauptversammlung und Aufsichtsrat bestimmt § 76 Abs. 1 AktG insofern die exklusive Zuständigkeit des Vorstands zur Leitung der Gesellschaft.20 Allerdings reicht seine kompetenzielle Zuständigkeit weiter und umfasst den Gesamtbereich der Geschäftsführung21, aus dem die Unternehmensleitung bloß einen herausgehobenen Teilbereich darstellt22. Zum exponierten Bereich der Leitung der Gesellschaft zählen auch bedeutende Verwaltungsaufgaben im Produktionsprozess und der Personalpolitik, soweit sie ihre Grundlinien durch die Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Verlagerung eines Standorts, über die Kennziffern des Personaleinsatzes sowie die Anhebung oder Absenkung der allgemeinen Arbeitsbedingungen festlegen oder optimieren. Die Geschäftsführung umspannt dagegen jede Tätigkeit für die Gesellschaft. Dabei muss sich die Geschäftsführung nicht auf interne Maßnahmen und Entscheidungen beziehen, sie kann freilich auch im Abschluss von Verträgen für die Gesellschaft liegen.23 Letztendlich kann die Zuordnung zum denkbar weiten Begriff der Geschäftsführung oder dem sehr viel engeren Ausschnitt daraus, der Leitung, dahinstehen, denn der Abschluss einer Investorenvereinbarung mit einem künftigen Aktionär zur Sicherung des Unternehmensinteresses wie auch der Stakeholderinteressen lässt sich als Tätigkeit für die Gesellschaft zumindest dem allumfassenden Geschäftsführungsbegriff zuordnen.24 Bedenken gegenüber der Zuständigkeit des Vorstands zur Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen könnten in Übernahmesituationen unter dem Aspekt der Neutralitätspflicht bestehen. Danach darf der Vorstand keinen uneinge20 

Fleischer, ZIP 2003, 1, 1. 5. Aufl., § 76, Rn. 30. 22 KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 4; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 14 m. w. N. auch zur abw. Gegenauffassung. 23  Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 77, Rn. 3; MüHdbAG/Wiesner, 4. Aufl., § 22, Rn. 1. 24  Im Erg. Kiefner, ZHR 178 (2014), 547, 570; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 173; Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77, 79. 21 GroßKommAktG/Kort,

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

schränkten Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionariats nehmen, muss vielmehr die Entscheidung über Abwehrmaßnahmen gegen den Übernahmeversuch oder eine Empfehlung der Annahme am Interesse der Gesellschaft orientieren und darf keineswegs das Interesse an der Erhaltung der eigenen Position in die Entscheidung einfließen lassen.25 Selbstredend bereitet insofern nicht die Sicherung von Beschäftigung und Beschäftigungsbedingungen Probleme, sondern die Koppelung von diesbezüglichen Zugeständnissen des Investors an die Unterlassung von Abwehrbemühungen des Vorstands. Potash hat wohl u. a. deshalb von einer Übernahme des Salzproduzenten K+S abgesehen, wodurch der Vorstand die Zusammensetzung des Aktionärskreises beeinflusst hat und seine Mitglieder ihre Positionen gesichert haben.26 Dass im Rahmen einer Übernahme innerhalb der Zielgesellschaft Interessenkonflikte entstehen können, ist offensichtlich.27 Aktienrechtliches Neutralitätsprinzip und kapitalmarktrechtliches Vereitelungsverbot nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG schließen gleichwohl nicht die Abschlusszuständigkeit des Vorstands für Investorenvereinbarungen aus28, könnten sie ansonsten doch die Handlungsfähigkeit der Zielgesellschaft beeinträchtigen.29 Von einer gänzlich neutralen Rolle des Vorstands lässt sich in einer Übernahmesituation ohnehin nicht sprechen, denn nach § 27 Abs. 1 S. 2 WpÜG muss der Vorstand u. a. zu dem Übernahmeangebot und den voraussichtlichen Folgen der Übernahme Stellung beziehen. Mit einer zustimmenden oder ablehnenden Bewertung des Angebots nimmt der Vorstand keine neutrale Position ein.30 Neutralitätsprinzip und Vereitelungsverbot bestehen daher nicht absolut, indem sie dem Vorstand jede nachteilige Handlung zulasten des Bieters bzw. Investors untersagen. Tatsächlich sind nur solche Maßnahmen ausgeschlossen, die ohne einen sachlichen Bezug zum Unternehmensinteresse den Übernahmeversuch des Bieters behindern oder abwehren.31 Dieser Bezug lässt 25  Hopt, ZGR 1993, 534, 545 f.; GroßKommAktG/Hopt/Roth, 5. Aufl., § 93, Rn. 213 f.; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 25; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 245 ff.; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 76, Rn. 37; offener für eine Einflussnahme des Vorstands Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 40; Bayer, ZGR 2002, 588, 598 f. 26 Gerade in der Übernahmecausa Potash/K+S haben institutionelle Anleger angesichts des Kursverlusts die aktienrechtliche Verpflichtung des Vorstands angemahnt, vgl. FAZ Nr. 228 vom 01. 10. 2015 „Potash bietet K+S-Vorstand ein Zuckerl an“, S. 26. Der K+S Vorstandsvorsitzende Norbert Steiner hat allerdings hinsichtlich der mangelnden Verhandlungsbereitschaft die Verfolgung egoistischer Motive vehement zurückgewiesen, siehe FAZ am Sonntag Nr. 41 vom 11. 10. 2015 „Millionen für die Kali-Söldner“, S. 28. 27  Siehe oben § 2 B. I. 3. 28 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 40 f. 29 Ähnlich Kiem, AG 2009, 301, 305. 30  Bayer, ZGR 2002, 588, 603 f.; Heß, Investorenvereinbarungen, S. 66; Kiefner, ZHR 178 (2014), 547, 592. 31  Kiefner, ZHR 178 (2014), 547, 589, 593; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 40; Kort, in: FS Lutter (2000), S. 1421, 1434; MüHdbAG/Krieger, 4. Aufl., § 70, Rn. 18; Fleischer, AG 2009, 345, 350; Drygala, WM 2004, 1457, 1459 f.

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 299

sich einer vertraglichen Regelung über die Erhaltung von Betriebsstandorten und die Sicherung von Beschäftigungsbedingungen nicht absprechen, zumal der Vorstand nicht nur den Interessen des Unternehmens sowie der Aktionäre, sondern auch denjenigen der Arbeitnehmer verpflichtet ist32. Grundsätzlich besteht daher eine Abschlusskompetenz des Vorstands der Zielgesellschaft. II.  Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats Ob der Abschluss einer Investorenvereinbarung ausnahmsweise abweichend von der grundsätzlichen Abschlusszuständigkeit des Vorstands im Innenverhältnis eine Zustimmung durch den Aufsichtsrat erfordert, ist fraglich. Das hängt maßgeblich vom betreffenden Regelungsgegenstand ab.33 Für Standortzusagen und die Sicherung von Arbeitsbedingungen besteht kein ausdrückliches gesetzliches Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats, nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG hat die Satzung oder der Aufsichtsrat jedoch zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Fehlt bislang ein diesbezüglicher Zustimmungsvorbehalt, kann der Aufsichtsrat nach zutreffender Auffassung ad hoc für ein bestimmtes Einzelgeschäft einen Vorbehalt begründen.34 Dass personalrelevante Maßnahmen des Vorstands von grundlegender Bedeutung einem Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich unterstellt werden können, wird für Betriebsverlagerungen oder -stilllegungen35 wie für den Abschluss von Kollektiv­ verträgen36 weithin angenommen. Sinngemäße Regelungen in einer Investorenvereinbarung können dann ebenfalls einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden. Offen bleibt damit aber die entscheidende Frage, ob ein Zustimmungserfordernis oder bloß die Möglichkeit, dem Aufsichtsrat einen Zustimmungsvorbehalt einzuräumen, besteht. Nach der Neufassung von § 111 Abs. 4 S. 2 AktG durch das TransPuG37 muss die Satzung oder der Aufsichtsrat für grundlegende Geschäfte Zustimmungsvor32 

Kort, in: FS Lutter (2000), S. 1421, 1435. München 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11 – ZIP 2012, 773, 776; ähnlich bereits LG Nürnberg-Fürth 18. 12. 2008 – 1 HK O 4286/08 – AG 2010, 179, 180; Kiem, AG 2009, 301, 307. 34 BGH 15.  11. 1993 – II ZR 235/92 – BGHZ 124, 111, 127; OLG Braunschweig 14. 06. 2012 – Ws 44/12, Ws 45/12 – ZIP 2012, 1860, 1862; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111, Rn. 115. 35 Fleischer/Pentz, Handbuch des Vorstandsrechts, § 16, Rn. 116; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111, Rn. 110. 36 KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111, Rn. 87; GroßKommAktG/Hopt/Roth, 4. Aufl., § 111, Rn. 656; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Aufl., § 3, Rn. 118; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111, Rn. 111; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, 3. Aufl., MitbestG, § 25, Rn. 28; Vogel, Aktienrecht und Aktienwirklichkeit, S. 227; a. A. Fonk, ZGR 2006, 841, 851. 37  Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz – TransPuG) vom 19. 07. 2002, BGBl. I. S. 2681. 33  OLG

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

behalte einführen.38 Eine Pflicht der Hauptversammlung zur Begründung von Zustimmungsvorbehalten in der Satzung statuiert das AktG jedoch nicht, weshalb eine Auffangzuständigkeit des Aufsichtsrats besteht und er aktiv werden muss, wenn eine diesbezügliche Regelung in der Satzung fehlt.39 Demgemäß nimmt man teils an, der Aufsichtsrat müsse für Standort- und Beschäftigungszusagen einen Zustimmungsvorbehalt einrichten.40 Derweil bezieht sich die Einführungspflicht allein darauf, dass für bestimmte Arten von Geschäften ein Zustimmungsvorbehalt formuliert wird. Dies ist im Zusammenhang mit der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats zu sehen, deren ordnungsgemäße Wahrnehmung keinen umfangreichen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte erfordert, vielmehr die Einführung von Zustimmungsvorbehalten in das Ermessen von Satzungsgeber und Aufsichtsrat stellt, sofern nach den Verhältnissen der Gesellschaft grundlegende Belange41 berührt werden.42 Zustimmungsvorbehalte müssen folglich nicht für sämtliche Geschäfte von grundlegender Bedeutung statuiert werden.43 Standort- und Beschäftigungszusagen in einer Investorenvereinbarung können deshalb zwar einem Vorbehalt durch den Aufsichtsrat unterstellt werden, allerdings liegt eine Entscheidung darüber im Ermessen des Satzungsgebers und des Aufsichtsrats, sodass zumindest im Hinblick auf diesen Regelungsgegenstand keine zwingende Pflicht zur Einführung eines Vorbehalts besteht. III.  Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses Zuletzt könnte die Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen durch eine Investorenvereinbarung nicht in der alleinigen Zuständigkeit des Vorstands liegen, weil die Hauptversammlung dem Abschluss zustimmen muss. § 119 Abs. 1 AktG bestimmt keine Zuständigkeit der Hauptversammlung für vertragliche Vereinbarungen mit einem Investor. Deshalb kommt eine Zuständigkeit der Hauptversammlung nur entweder wegen einer Qualifikation der Vereinbarung als verdeckter Beherrschungsvertrag mit entsprechender Zustimmungspflicht nach § 293 Abs. 1 S. 1 AktG oder aufgrund einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz nach den Holzmüller- 44 und Gelatine-Grundätzen45 in Betracht. Unter beiden Gesichtspunkten ist eine Zustimmungspflicht der Hauptversammlung zu

38 

Götz, NZG 2002, 599, 602; Habersack, in: FS Hüffer (2010), S. 259, 261. Habersack, in: FS Hüffer (2010), S. 259, 262. 40  Göpfert/Rottmeier, ZIP 2014, 1259, 1259. 41  Dazu BT-Drucks. 14/8769, S. 17; siehe ferner 3.3 DCGK. 42 KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111, Rn. 105; Oetker, in: Hommelhoff/ Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, 2. Aufl., S. 277, 284. 43  A. A. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbHRecht, S. 100 ff. 44  BGH 25. 02. 1982 – II ZR 174/80 – BGHZ 83, 122 ff. 45  BGH 26. 04. 2004 – II ZR 155/02 – BGHZ 159, 30 ff. 39 

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 301

Investorenvereinbarungen zweifelhaft, zumal sie ausschließlich in Bezug auf Standort- und Beschäftigungszusagen interessiert. Nach der untergerichtlichen Rechtsprechung kommt es für das Vorliegen eines Unternehmens- oder Beherrschungsvertrags nicht auf die Bezeichnung, sondern darauf an, ob die Gesamtschau des Vertrages ergibt, dass der Vertragspartner imstande ist, eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption zu entwickeln und durchzusetzen.46 Seziert man aus dem Vertragswerk mit einem Investor eine Regelung über die Aufrechterhaltung von Standorten und die Fixierung der kollektiven und individuellen Arbeitsbedingungen, stellt die Klausel offensichtlich keine auf das Gesamtinteresse ausgerichtete Zielkonzeption dar und begründet insbesondere kein Weisungsrecht i. S. d. § 308 Abs. 1 S. 1 AktG47. Die einzelnen vertraglichen Regelungen können allerdings gerade nicht isoliert betrachtet werden, müssen stattdessen im Zusammenhang mit den anderen Regelungsgegenständen gesehen und in ihrer Gesamtwirkung beurteilt werden.48 Obgleich die Regelung für sich genommen eine Qualifikation der Investorenvereinbarung als Unternehmens- oder Beherrschungsvertrag nicht trägt, kann eine diesbezügliche Klausel in der Gesamtschau dazu beitragen, weil die Personalplanung einen wichtigen Teil der Unternehmensstruktur ausmacht und die Unternehmenspolitik somit determiniert. Die Annahme einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz für den Abschluss einer Investorenvereinbarung hat die Rechtsprechung bislang ausdrücklich offen gelassen.49 Sieht man von den generellen Bedenken gegenüber einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit ab50, scheint eine solche gerade aus dem spezifischen Blickwinkel von standortbezogenen- und beschäftigungsrelevanten Zusagen nicht oder nur ganz ausnahmsweise begründet. Würde der Investor beispielsweise mit dem Vorstand der Zielgesellschaft eine Betriebsstilllegung bzw. Standortschließung vereinbaren, die einen wesentlichen Unternehmensteil betrifft, zugleich aber den satzungsmäßigen Anforderungen genügt und ein lebensfähiges Restunternehmen erhält, könnte eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz in Betracht kommen.51 In der Regel liegen die qualitative und 46 

LG München I 31. 01. 2008 – 5 HK O 19782/06 – ZIP 2008, 555, 560. München 18. 07. 2012 – 7 AktG 1/12 – AG 2012, 802, 803 hat mangels eines direkten oder indirekten Weisungsrechts eine Investorenvereinbarung nicht als (verdeckten) Beherrschungsvertrag i. S. v. § 291 Abs. 1 AktG qualifiziert. 48  OLG München 24. 06. 2008 – 31 Wx 83/07 – ZIP 2008, 1330, 1331; ähnlich LG München I 31. 01. 2008 – 5 HK O 19782/06 – ZIP 2008, 555, 560. 49  OLG Frankfurt a. M. 01. 10. 2013 – 5 U 214/12 – NZG 2014, 1017, 1019. 50 Dazu Aha, BB 2001, 2225, 2231; MüHdbAG/Bungert, 4. Aufl., § 35, Rn. 58; Decher, in: FS Lutter (2000), S. 1209, 1223 f.; eingehend Heß, Investorenvereinbarungen, S. 39 ff.; a. A. Horn, ZIP 2000, 473, 479. 51 So wohl Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 119, Rn. 32; Götze, NZG 2004, 585, 588 m. Fn. 42; grds. dagegen Wallisch, Unternehmerische Entscheidungen der Hauptversammlung, S. 43. 47  OLG

302

3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

die quantitative Hürde52 eines Mitwirkungsrechts der Hauptversammlung mit dem Erfordernis einer Mediatisierung sowie der Wesentlichkeitsschwelle aber derart hoch, dass Standort- und Beschäftigungszusagen keine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz auslösen, weil sie nicht in einem hinreichenden Maß die Aktionärsinteressen berühren. Folglich fallen Vereinbarungen über die Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen nicht in die Zuständigkeit der Hauptversammlung.53

B.  Materielle Grenzen der Vereinbarungsmacht Nehmen die Parteien in die Vereinbarung Klauseln auf, die den Vorstand der Zielgesellschaft in der Ausübung der Unternehmensleitung zukünftig rechtlich binden sowie dem Investor bzw. Aktionär bei der Stimmabgabe in der Hauptversammlung Handlungs- oder Unterlassungspflichten auferlegen, bestehen Zweifel hinsichtlich einer wirksamen rechtlichen Verpflichtung. Die inhaltlichen Grenzen der Vereinbarungsmacht zwischen Zielgesellschaft und Investor über Standort- und Beschäftigungsgarantien bestimmen insofern vorwiegend die in § 76 Abs. 1 AktG verbürgte Unveräußerlichkeit der Leitungsautonomie in ihrer besonderen Ausprägung durch das Verbot der Vorwegbindung des Leitungsermessens, das Verbot gebundener Aktien nach § 136 Abs. 2 AktG sowie die Haftung für unternehmerische Entscheidungen nach Maßgabe der Business Judgment Rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. I.  Vorwegbindung des Leitungsermessens Rechtsgeschäftliche Selbstbindungen des Vorstands im Verhältnis zu einem Investor hat die Rechtsprechung bereits an § 76 Abs. 1 AktG gemessen und dabei einen Verstoß gegen den Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung einer Aktiengesellschaft durch den Vorstand festgestellt.54 Betreffende streitgegenständliche Regelung schloss aus, dass der Vorstand der Zielgesellschaft ohne Zustimmung des Investors genehmigtes Kapital nutzt, eigene Aktien erwirbt oder veräußert und Aktienoptionen ausgibt. Derweil haben sich weder Rechtsprechung noch Literatur mit den rechtlichen Grenzen von Standort- und Personalschutzkonzepten befasst. Um eine unzulässige Vorwegbindung des Leitungsermessens festzustellen, müsste die Entscheidung über die Aufrechterhaltung von Standorten sowie die Sicherung des Mitbestimmungsniveaus und der Arbeitsbedingungen zunächst überhaupt der Leitungsverantwortung des Vorstands unterfallen. Anschließend dürfte sich die vertragliche Einengung des unternehmerischen Handlungsspielraums nicht mehr 52 

Grundlegend BGH 26. 04. 2004 – II ZR 155/02 – BGHZ 159, 30, 41 f., 45. Erg. Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 173. 54  LG München I 05. 04. 2012 – 5 HK O 20488/11 – NZG 2012, 1152, 1153 f.; OLG München 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12 – ZIP 2012, 2439, 2443. 53  Im

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 303

als zulässige Ermessensausübung darstellen, sondern müsste das Ermessen unzulässig einschränken.55 1.  Standort-, Beschäftigungsgarantien und Mitbestimmungsvereinbarungen Schutzklauseln zugunsten von Betriebsstandorten und Beschäftigten zählen zu den nach § 76 Abs. 1 AktG dem Vorstand vorbehaltenen Leitungsaufgaben, wenn die Entscheidung darüber dem herausgehobenen Teilbereich der Geschäftsführung angehört. Die diesem Teilbereich sämtlicher Geschäftsführungsmaßnahmen zuzuordnenden Aufgaben lassen sich nicht abschließend beschreiben, werden vielmehr nach allgemeiner Auffassung typologisch bestimmt.56 In Anlehnung an die Betriebswirtschaftslehre werden als originäre Führungsaufgaben die Unternehmensplanung, -koordination, -kontrolle sowie Besetzung von Führungspositionen bezeichnet, deren Entscheidung Erheblichkeit für die mittel- oder langfristige Unternehmensentwicklung und Bedeutung für die Ertrags-, Finanz- und Beschäftigungslage aufweist.57 Neben der funktionalen Zuordnung ist mithin eine Entscheidung von einigem Gewicht erforderlich. Dazu können auch einzelne wesentliche Geschäftsführungsmaßnahmen rechnen58, während zu den Leitungsaufgaben keinesfalls die Wahrnehmung des laufenden Tagesgeschäfts zählt.59 Unter diesen Gesichtspunkten scheint es sachgerecht zwischen der Sicherung von Betriebsstandorten, des Mitbestimmungsniveaus und der Arbeitsbedingungen von abhängig Beschäftigten zu differenzieren. Im Rahmen der ihm obliegenden Unternehmenskoordination legt der Vorstand u. a. die grundlegenden Wegmarken in der Personalpolitik und Betriebsorganisation fest, wovon gerade Prognoseentscheidungen hinsichtlich der Standortauslastung und Festlegungen in Bezug auf die Standortwahl gegenständlich erfasst sind. Standortentscheidungen wirken sich auf die Unternehmensentwicklung regelmäßig erheblich aus und ändern grundsätzlich die Ertrags- wie auch die Beschäftigungslage des Unternehmens negativ oder positiv. Unter funktionalen wie unter Erheblichkeitsgesichtspunkten ist eine Entscheidung über die Schließung oder Verlagerung einer Produktionsstätte demnach den Leitungsentscheidungen zuzuschlagen.60 Dahingegen zählen vertragliche Regelungen über die Unternehmensmitbestimmung und die individuell oder 55 

Fleischer, in: FS Schwark (2009), S. 137, 151, 154 f. Dreher, in: FS Hopt (2010), S. 517, 521; Fleischer/Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, § 1, Rn. 15; Henze, BB 2000, 209, 210; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 9; Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 1, Rn. 6. 57  Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Rn. 13; KKAktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 5; GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 36. 58  Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 1, Rn. 23; GroßKommAktG/ Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 197. 59 GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 36a. 60 KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 5. 56 

304

3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

kollektiv geregelten Arbeitsbedingungen nicht zu den Leitungsaufgaben des Vorstands. Erstere sind funktionell weder dem Bereich der Unternehmenskoordination noch dem der Unternehmenskontrolle zuzuordnen, weil sie nicht die dem Vorstand nachgeordnete Struktur der Gesellschaft betreffen, sondern die ihm übergeordnete Ebene regeln. Darauf bezieht sich jedoch nicht die Unternehmensleitung durch den Vorstand. Der zweite Gegenstand ragt ebenfalls nicht aus dem Kreis der allgemeinen Geschäftsführungsmaßnahmen heraus, obwohl zumindest der Abschluss eines Kollektivvertrags keine Aufgabe des laufenden Tagesgeschäfts bildet. Dafür mangelt es nicht an der Zuordnung zu einer der Führungsfunktionen, vielmehr bleibt das Gewicht der Entscheidung regelmäßig unter der Wesentlichkeitsschwelle. Dass in einer Krisenlage die Entscheidung über eine Absenkung der kollektiv geregelten Arbeitsbedingungen zur Rettung des Unternehmens höheres Gewicht einnimmt und durchaus eine andere Bewertung ermöglicht61, entspricht der Erkenntnis einer vom Einzelfall abhängigen Bewertung62. Vertragliche Bindungen über nicht der Leitung unterliegende Gegenstände erfasst der sachliche Anwendungsbereich von § 76 Abs. 1 AktG nicht63, weshalb eine Mitbestimmungsvereinbarung oder eine Übereinkunft über die künftigen Arbeitsbedingungen mit einem Investor keine unzulässige Verengung des Leitungsermessens begründet. Im Gegensatz dazu betrifft eine Standortentscheidung in einer Investorenvereinbarung das Leitungsermessen des Vorstands und könnte es unzulässig einschränken. Geht der Vorstand eine langfristige Vertragsbindung ein, stehen dem Zusagen und Versprechen des Investors gegenüber, von denen er sich im Gegenzug regelmäßig Vorteile verspricht und in eine Abwägung mit eigenen Interessen eintritt, mit der er sein unternehmerisches Ermessen ausübt.64 Fraglich ist daher, wo man die Verpflichtung noch als zulässige Ermessensausübung ansieht und wo die Grenze zur unzulässigen Ermesseneinschränkung liegt. Das Maß der Vorwegbindung unterliegt einer Kontrolle in sachlicher und zeitlicher Hinsicht. Sachfremd und daher in sachlicher Hinsicht unzulässig sind Vorwegbindungen, die nicht das Unternehmensinteresse deckt. In den allermeisten Fällen ist eine vertretbare Relation mit dem Unternehmensinteresse geboten und ausreichend.65 Abstrakt lässt sich das unzulässige Maß einer ermessenseinschränkenden Vorwegbindung nur schwerlich bestimmen, denn eine Beurteilung muss 61  So

obliegen dem Vorstand in der Krise zahlreiche Sonderpflichten und ihm ist als Leitungsaufgabe die Feststellung der Insolvenzreife vorbehalten Thümmel, BB 2002, 1105, 1106; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 508. 62 Fleischer/Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, § 1, Rn. 15; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 18. 63  In der Sache für einen Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Investors, mit dem er die Ausnutzung genehmigten Kapitals blockieren kann Bungert/Wansleben, ZIP 2013, 1841, 1845; König, NZG 2013, 452, 453 f.; H. Krause, CFL 2013, 192, 194 f.; abl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 41. 64 Vgl. Fleischer, in: FS Schwark (2009), S. 137, 151 f. 65  Paschos, NZG 2012, 1142, 1143; MüHdbAG/Wiesner, 4. Aufl., § 19, Rn. 34.

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 305

die Besonderheiten des Unternehmens und die Umstände der Vereinbarung bedenken. Soweit als Grenze einer zulässigen Selbstbindung von einigen die Möglichkeit des Vorstands angesehen wird, stets in seiner aktuellen Zusammensetzung Sachfragen zu entscheiden, weitreichende Zukunftsbindungen der aktuellen Vorstandsmitglieder für ihre Amtsnachfolger mithin generell ausgeschlossen werden, lässt sich dem nicht beitreten.66 Gleichwohl unterliegen rechtsgeschäftliche Selbstbindungen neben einer sachlichen einer zeitlichen Schranke.67 Die zeitliche Obergrenze orientiert sich einzelfallbezogen vor allem an der Prognostizierbarkeit der unternehmerischen Entwicklung. Eine Standortentscheidung berührt wegen der Ertragslage die Belange der Aktionäre, wegen des Stellenabbaus die Belange der Arbeitnehmer und in Abhängigkeit von der Größe der Betriebsstätte auch die öffentlichen Belange. Sämtliche maßgeblichen Träger des Unternehmensinteresses betrifft demnach die Entscheidung über die Schließung oder Verlagerung. Da der Vorstand im Konfliktfall nicht an eine bestimmte Rangfolge der Interessen gebunden ist68, bleibt die Entscheidung für oder gegen einen Standort zulasten einer Gruppe auch dann sachlich mit dem Verbot der Vorwegbindung vereinbar, wenn sie die Belange einer Gruppe zurücksetzt.69 Im Rahmen der Ausübung des Leitungsermessens verbleibt dem Vorstand ein nicht überprüfbarer Entscheidungsspielraum, sodass er bei Standortentscheidungen mit der Ermittlung, Bewertung und Berücksichtigung des pluralen Unternehmensinteresses seiner Führungsfunktion gerecht wird und sich sachlich nicht seiner Führungsverantwortung entäußert.70 Zeitlich weckt eine Standortgarantie 66 So aber Lutter, in: FS Fleck (1988), S. 169, 184; Hüffer, in: FS Schwark (2009), S. 185, 196; GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 197; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 76, Rn. 27; Weber, in: Hölters, AktG, 2. Aufl., § 76, Rn. 16; Fleischer, ZIP 2003, 1, 10; Fleischer/ders., Handbuch des Vorstandsrechts, § 1, Rn. 60; anders nunmehr Fleischer., in: FS Schwark (2009), S. 137, 151; Fleischer., in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 59. 67  Für Business Combination Agreements vgl. H. Krause, CFL 2013, 192, 195; Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, S. 75, 102; Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kauf­ angeboten, S. 105, 130; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 76, Rn. 27a; Grundsatzkritik bei J. Koch, in: 50 Jahre AktG (2016), S. 65, 94 ff., insb. 98, der den Grundsatz der Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht auflockert, demgemäß starre sachliche und zeitliche Vorgaben ablehnt und insofern eine Selbstbindung der Zielgesellschaft unter Einbeziehung einer ihr zufließenden Gegenleistung an § 93 Abs. 1 AktG misst. 68 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 31; krit. GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 123. 69 Rentabilitäts- und Bestandsinteressen können für eine Berücksichtigung oder Zurücksetzung von Arbeitnehmerinteressen sprechen, siehe GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 81. 70  Eine großzügige Linie bei Fremdbindungen mit der Arbeitnehmerseite in Bezug auf Standort- und Beschäftigungsgarantien vertreten KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 53.

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

zumindest dann Bedenken, sofern sie zu einer unverhältnismäßig langen Aufrechterhaltung eines Standorts verpflichtet, ohne eine Ausstiegsklausel für den Fall einer wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse vorzusehen. Wegen der eingeschränkten Prognostizierbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung sind zumindest Bindungen über drei Jahre hinaus nicht mit der eigenverantwortlichen Leitung nach § 76 Abs. 1 AktG vereinbar. Standortgarantien in einer Investorenvereinbarung sind somit nicht per se unzulässig, müssen jedoch die zeitliche Grenze einer zulässigen Vorwegbindung beachten. 2.  Rechtsfolgen einer unzulässigen Selbstbindung des Vorstands Selbst wenn eine rechtsgeschäftliche Vorwegbindung des Vorstands gegen den Grundsatz der eigenverantwortlichen Unternehmensleitung nach § 76 Abs. 1 AktG verstößt, steht nicht fest, welche Rechtsfolge sich daran anschließt. Während die Rechtsprechung71 und die überwiegende Literatur72 auf dem Standpunkt stehen, ein Eingriff in die unveräußerliche Leitungskompetenz des Vorstands verletze ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB und ziehe die Nichtigkeit der Abrede nach sich, widersetzt sich dem ein Teil des Schrifttums, geht von der Wirksamkeit der Vereinbarung im Außenverhältnis aus und nimmt einen Verstoß der Vorstandsmitglieder gegen die Sorgfalts- und Treuepflicht nach § 93 Abs. 1, 2 AktG an73 oder hält die Vereinbarung bis zu einer Legitimation durch die Aktionäre lediglich für schwebend unwirksam74. Die vorwiegenden Bedenken gegenüber der Nichtigkeitsanordnung gem. § 134 BGB bauen auf der unbeschränkten Vertretungsbefugnis des Vorstands nach § 82 Abs. 1 AktG auf und werfen der h.  M. eine mangelnde Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis, mithin zwischen rechtlichem Dürfen und rechtlichem Können, vor. Sie zerschlagen sich aber, wenn man bedenkt, dass die Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis zuvörderst dem Verkehrsschutz dient, das Kompetenzgefüge der Aktiengesellschaft mit den fest vorgeschriebenen Organzuständigkeiten und ihrer mangelnden Änderbarkeit aufgrund der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 AktG jedoch außenstehende Dritte nicht gefährdet. Anders gewendet: Die Unterscheidung zwischen rechtlichem Dürfen und rechtlichem Können, die ihren Grund im Verkehrsschutz findet, ist nicht auf § 76 Abs. 1 AktG übertragbar, weil für Außenstehende die Unveräußerlichkeit der Leitungsautonomie erkennbar ist. Nach zutreffender Ansicht zieht ein Verstoß

71  LG München I 05. 04. 2012 – 5 HK O 20488/11 – NZG 2012, 1152, 1154; OLG München 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12 – ZIP 2012, 2439, 2443. 72 Dezidiert Arens, Vertragliche Einflussrechte auf die Geschäftsführung des Vorstandes durch ein Business Combination Agreement, S. 162 ff.; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 46; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 76, Rn. 41. 73  Bungert/Wansleben, ZIP 2013, 1841, 1845; H. Krause, CFL 2013, 192, 198 f. 74  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 113 ff.; Kiefner, ZHR 178 (2014), 547, 578; abl. KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 56, die aber in analoger Anwendung der §§ 291, 292 AktG die Aufrechterhaltung der Vereinbarung in Betracht ziehen.

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 307

gegen § 76 Abs. 1 AktG deshalb die Nichtigkeit der rechtsgeschäftlichen Beschränkung nach sich. II.  Stimmbindung des Investors Nichtig ist nach § 136 Abs. 2 S. 1, 2 AktG ein Vertrag, durch den sich ein Aktionär verpflichtet, sein Stimmrecht in der Hauptversammlung nach Weisung der Gesellschaft auszuüben oder für die Vorschläge des Vorstands oder des Aufsichtsrats zu stimmen. Die Vorschrift verhindert, dass die Verwaltung der Aktiengesellschaft ihr genehme Abstimmungsergebnisse in der Hauptversammlung mittels vertraglicher Vereinbarung durchsetzt und manifestiert dadurch die Gewaltenteilung in der Gesellschaft.75 Unter diesem Aspekt könnte die Wirksamkeit einer Investorenvereinbarung problematisch sein, wenn der Investor für die Zugeständnisse der Zielgesellschaft im Gegenzug verspricht, die Stimmabgabe in bestimmten Angelegenheiten zu unterlassen oder die Stimme im vertraglich präfixierten Sinn abzugeben.76 Insofern nicht wirksam binden könnte einen Investor die Verpflichtung, sich für die Erhaltung von Betriebsstandorten und die Verhinderung betriebsbedingter Kündigungen einzusetzen oder nicht auf eine Änderung des Status quo der unternehmerischen Mitbestimmung hinzuwirken. Wegen des formalen Verbots der Stimmbindung durch § 136 Abs. 2 AktG ist ein Stimmbindungsvertrag zwischen Zielgesellschaft und Investor engeren Grenzen unterworfen als eine das Abstimmungsverhalten des Investors regelnde Vereinbarung mit einer Gewerkschaft, deren Zulässigkeit sich vielmehr nach der inhaltlichen Ausgestaltung richtet.77 Gleichwohl schließt das Verbot gebundener Aktien nicht pauschal eine vertragliche Verbindung von Zielgesellschaft und Investor aus, sondern erfasst lediglich solche Klauseln, die ein bestimmtes Stimmverhalten in der Hauptversammlung determinieren.78 Das sind mithin nur solche Regelungsgegenstände, die in der originären Zuständigkeit der Hauptversammlung liegen.79 Sieht eine Regelung beispielsweise bloß die faktische Einflussnahme des Investors auf die Geschäftspolitik der Gesellschaft, also eine in die Zuständigkeit des Vorstands fallende Leitungsaufgabe i. S. d. § 76 Abs. 1 AktG vor, fällt sie mangels Hauptversammlungskompetenz für die Geschäftspolitik nicht dem Verdikt der Nichtigkeit anheim.80 Entscheidend für die Frage, ob eine vertragliche Abrede im Anwendungsbereich des § 136 Abs. 2 AktG liegt, ist demgemäß die Zuständigkeit der Hauptversammlung für den betreffenden Regelungsgegenstand. 75 

Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, S. 202. Kiem, AG 2009, 301, 308; Reichert/Ott, in: FS Goette (2011), S. 397, 407. 77 Zu Stimmbindungsvereinbarungen zwischen Gewerkschaft und Investor siehe § 7 C. I. 2. und D. III. 2. b). 78 MüHdbAG/Hoffmann-Becking, 4. Aufl., § 39, Rn. 50. 79  Kiem, AG 2009, 301, 308; Reichert, ZGR 2015, 1, 25; Reichert/Ott, in: FS Goette (2011), S. 397, 408. 80  Kiem, AG 2009, 301, 308; Reichert, ZGR 2015, 1, 25. 76 

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

1.  Standort- und Beschäftigungszusagen Der Vorstand führt die Geschäfte und leitet die Gesellschaft. Dass die Schließung und Verlagerung von Betriebsstätten sowie die Bestimmung der künftigen Personalpolitik Geschäftsführungsmaßnahmen sind und jedenfalls dann nicht der Leitung i. S. d. § 76 Abs. 1 AktG unterfallen, soweit die Gesellschaft sich in keiner Krise befindet, ändert nichts an der Zuständigkeit des Vorstands. Er entscheidet über die Festlegung, Umsetzung und Durchsetzung dieser Sachfragen. Ferner besteht keine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz.81 Nur wenn der Vorstand es verlangt, kann die Hauptversammlung nach § 119 Abs. 2 AktG über Fragen der Geschäftsführung entscheiden. Somit verstoßen standort- und beschäftigungssichernde Abreden mangels einer Mitwirkungsbefugnis der Hauptversammlung nicht gegen § 136 Abs. 2 AktG. Dem Investor bleibt lediglich, faktisch Einfluss auf Geschäftsführungsmaßnahmen zu nehmen. 2.  Mitbestimmungsklauseln und Rechtsformwechsel Mit einer Gewerkschaft kann ein Investor in seiner Eigenschaft als Aktionär zwar keine Änderung oder Beibehaltung des Mitbestimmungsstatuts vereinbaren, allerdings kann er ihr rechtswirksam die Wahl von Arbeitnehmervertretern auf Aufsichtsratsplätze der Anteilseigner versprechen.82 Dahingegen sind nicht nur Vereinbarungen über eine statutarische Änderung der Mitbestimmung aufgrund der Satzungsstrenge gem. § 23 Abs. 5 AktG83, sondern auch Wahlvereinbarungen zwischen der Zielgesellschaft und einem Investor wegen der Zuständigkeit der Hauptversammlung nach § 101 Abs. 1 S. 1 AktG für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder gem. der §§ 134 BGB, 136 Abs. 2 AktG nichtig84. Folglich sind Bestimmungen über die Aufsichtsratsbesetzung unwirksam.85 Ebenso wenig lässt sich, 81 

Siehe oben § 9 A. III. Dazu § 7 D. III. 2. b). 83 OLG Bremen 22. 03. 1977 – 2 W 102/75 – NJW 1977, 1153, 1153 f.; OLG Hamburg 05. 05. 1972 – 11 U 46/71, 11 U 166/71 – AG 1972, 183, 184; unentschieden von BGH 03. 07. 1975 – II ZR 35/73 – AP AktG § 96 Nr. 1 (unter IV 2 b). 84  Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 101, Rn. 24; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 101, Rn. 13; a. A. noch RG 10. 01. 1928 – II 173/27 – RGZ 119, 386, 388. 85 Grundsätzlich statthaft sind dagegen Abreden, die den Investor zu einer faktischen Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Vorstands verpflichten, denn § 84 Abs. 1 S. 1 AktG weist dem Aufsichtsrat und nicht der Hauptversammlung die Kompetenz zu, Vorstandsmitglieder zu bestellen (vgl. OLG Stuttgart 30. 05. 2007 – 20 U 14/06 – AG 2007, 873, 876; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Aufl., § 7, Rn. 335; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 84, Rn. 16). Allerdings darf eine vom Aufsichtsrat gebilligte Vereinbarung dem Investor bzw. Aktionär die Bestellung der Vorstandsmitglieder keinesfalls überlassen (KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 84, Rn. 7; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 9; Fleischer/Thüsing, Handbuch des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 20). Unzulässig sind wegen der Kompetenzzuweisung an die Hauptversammlung für den Vertrauensentzug gem. § 84 Abs. 3 S. 2 AktG ferner Abreden, die den 82 

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 309

um eine Absenkung des Mitbestimmungsniveaus zu verhindern, vertraglich ein Rechtsformwechsel in eine Europäische Aktiengesellschaft mit einem Investor ausschließen, weil es dafür gem. Art. 37 Abs. 7 S. 1 SE-VO eines Zustimmungsbeschlusses der Hauptversammlung zum Umwandlungsplan und der SE-Satzung bedarf. Mit dem Erfordernis eines Umwandlungsbeschlusses besteht eine originäre Hauptversammlungskompetenz. Eine wirksame Stimmrechtsbindung gegenüber der Zielgesellschaft ist insofern nach den §§ 134 BGB, 136 Abs. 2 AktG unwirksam.86 III.  Business Judgment bei der Sicherung von Standorten und Beschäftigungsbedingungen Die Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft wie auch diejenigen des Investors haben gem. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden, soweit sie sich nicht gegenüber ihrer Gesellschaft zum Ersatz des aus einer Pflichtverletzung resultierenden Schadens nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG ersatzpflichtig machen wollen. Verstößt der Vorstand gegen die Sorgfalts- und Treuepflicht, bewirkt das demzufolge anders als eine nach § 76 Abs. 1 AktG unzulässige Vorwegbindung des Leitungsermessens oder eine nach § 136 Abs. 2 AktG unzulässige Stimmbindung des Investors nicht die Unwirksamkeit der Vereinbarung gem. § 134 BGB. Dass die getroffene Regelung mit § 76 Abs. 1 AktG vereinbar ist, schließt nicht eine Verletzung der organschaftlichen Sorgfalts- und Treuepflicht der Vorstandsmitglieder nach § 93 Abs. 1 AktG aus.87 So kann das Vertragswerk einer Investorenvereinbarung die Zielgesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam binden und im Innenverhältnis eine Ersatzpflicht der Vorstandsmitglieder gegenüber ihrer Gesellschaft begründen. Hierdurch unterscheidet sich der kompetenz- vom haftungsrechtlichen Kontrollmechanismus. Obgleich die Missachtung der Sorgfaltspflicht folglich nicht die Nichtigkeit einer Investorenvereinbarung nach sich zieht, limitiert sie faktisch den Handlungsrahmen der Vorstandstätigkeit, denn die Organhaftung gewinnt vor dem Hintergrund spektakulärer Haftungsprozesse88 in der jüngeren Vergangenheit Aktionär verpflichten, für oder gegen einen Vertrauensentzug des Vorstands zu stimmen (Reichert, ZGR 2015, 1, 25; Reichert/Ott, in: FS Goette (2011), S. 397, 408). Dadurch könnte entweder der Weg für einen neuen Vorstand geebnet werden oder der aktuelle Vorstand seine Position sichern. 86  Im Erg. auch Heß, Investorenvereinbarungen, S. 291 f. 87  Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 69; Fleischer, in: FS Schwark (2009), S. 137, 155; ebenso H. Krause, CFL 2013, 192, 199; Bungert/Wansleben, ZIP 2013, 1841, 1845; Paschos, NZG 2012, 1142, 1144; Wansleben, Der Konzern 2014, 29, 35; Weber, in: Hölters, AktG, 2. Aufl., § 76, Rn. 16c. 88  BGH 20. 11. 2014 – III ZR 509/13 – ZIP 2015, 166: Haftung eines Stiftungsvorstands infolge pflichtwidriger Vermögensverwaltung für einen Schaden i. H. v. rund einer Mio. €. BGH 18. 06. 2013 – II ZR 86/11 – BGHZ 197, 304: Keine Haftung eines Geschäftsführers

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

zunehmend Beachtung89. Hat der Vorstand beispielsweise im Rahmen einer Übernahme oder eines Unternehmenszusammenschlusses Post Merger Risiken erkannt, liegt ein pflichtgemäßes Verhalten des Vorstands insbesondere darin, die im Vorhinein erkannten Risiken durch Vertragsgestaltung mittels einer Investoren- oder Zusammenschlussvereinbarung (Business Combination Agreement) abzufedern.90 Bei der Frage nach einer schadensersatzpflichtigen Sorgfalts- oder Treuepflichtsverletzung nimmt die in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifizierte Business Judgment Rule eine überragende Rolle ein, da die Beachtung ihrer Erfordernisse unwiderleglich eine Pflichtverletzung ausschließt91. Geht der Vorstand einer Zielgesellschaft mit einem Investor eine Vereinbarung ein, verletzt er danach nicht seine Pflichten, wenn ihrem Abschluss eine unternehmerische Entscheidung zugrunde liegt, bei der er vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Das Gesellfür einen Schaden i. H. v. 504.010 € durch den nachträglichen Abschluss einer über den gesetzlichen Gebühren liegenden Honorarvereinbarung, sofern er auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft handelte. OLG München 08. 07. 2015 – 7 U 3130/14 – ZIP 2015, 2472: Mangels hinreichenden Nachweises einer Pflichtverletzung keine Haftung eines Geschäftsführers i. H. v. 7.938.000 € für Verhandlungen bzw. den Vertragsschluss im Zusammenhang mit einer M&A-Transaktion. OLG Köln 28. 02. 2013 – 18 U 298/11 – ZIP 2013, 644: Haftung des Vorstandsvorsitzenden wegen einer entgangenen Provision i. H. v. 157.728 €. LG Düsseldorf 25. 04. 2014 – 39 O 36/11 – WM 2014, 1293: Keine Haftung von Vorstandsmitgliedern aufgrund fehlgeschlagener Kapitalanlagen. LG München I 10. 12. 2013 – 5 HK O 1387/10 – ZIP 2014, 570: Haftung eines Siemens-Vorstandsmitglieds für die mangelhafte Einrichtung eines Compliance-Systems zur Schadensprävention und Risikokontrolle i. H. v. 15 Mio. € trotz zahlreicher Hinweise auf die systematische Unterhaltung „schwarzer Kassen“ für Korruptionszahlungen. LG Essen 25. 04. 2012 – 41 O 45/10 – ZIP 2012, 2061: Keine Haftung der Organmitglieder von Arcandor wegen nicht vorgenommenen Innenregresses gegen ehemalige Organmitglieder. LAG Düsseldorf 20. 01. 2015 – 16 Sa 459/14 – ZIP 2015, 829: Keine Haftung des Geschäftsführers für eine gegen ThyssenKrupp verhängte Kartellbuße i. H. v. 191 Mio. € wegen Beteiligung am Schienenkartell. 89 FAZ Nr. 9 vom 12.  01. 2015 „Manager haften immer stärker“, S. 20; Jahn, FAZ Nr. 214 vom 15. 09. 2014 „Manager haften selten – aber streng“, S. 17; Bachmann, BB 2015, 771, 771; Bachmann, Gutachten zum 70. DJT, Bd. I, S. E 20 zieht den „vorsichtige[n] Schluss“, in Deutschland bestehe „insgesamt ein haftungsfreundliches Umfeld“. 90  Noch strenger wohl Seibt/Wollenschläger, DB 2009, 1579, 1582. In den USA kann sich der Vorstand der Zielgesellschaft für die Zusage transaktionssichernder Abreden i. R. e. BCA haftbar machen, wenn er vor dem Abschluss nicht ausreichend Informationen über die Vor- und Nachteile eingeholt und dadurch seinen Aktionsradius sorgfaltswidrig verkürzt hat, vgl. Volk/Leicher/Koloski, San Diego Law Review 33 (1996), 1077, 1082. Zum Risikomanagement für den Zeitraum zwischen dem Abschluss eines Business Combination Agreements und der Abwicklung der Transaktion durch Material Adverse Change (MAC) Klauseln Miller, William and Mary Law Review 50 (2008/2009), 2007, 2035 ff.; Miller, Cardozo Law Review 31 (2009/2010), 99, 107 ff. 91 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 93, Rn. 12.

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 311

schaftswohl ist mit dem Unternehmensinteresse gleichzusetzen92, weshalb der Vorstand ein Potpourri aus den Belangen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der sonstigen am Unternehmen interessierten Gruppen (Stakeholder) zu berücksichtigten hat93. Ein Spannungsverhältnis zwischen konfligierenden Interessen, gerade derjenigen der Arbeitnehmer mit den Unternehmens- oder Aktionärsinteressen, muss der Vorstand vorrangig zugunsten letzterer auflösen.94 Probleme könnte die Vereinbarung einer Klausel zur Sicherung von Standorten und Beschäftigungsbedingungen deshalb bereiten, weil sie die Aktionärs- und Unternehmensinteressen der Zielgesellschaft über Gebühr zurücksetzt. Aktuell könnte eine derartige potenziell unzulässige Verkürzung werden, wenn Standortgarantie und Beschäftigungszusage auf Kosten eines höheren Angebotspreises vereinbart werden oder ihnen keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. 1.  Negative Auswirkungen auf den Angebotspreis Ein Investor wird Zugeständnisse in der Frage der Standort- und Beschäftigungspolitik der Zielgesellschaft durchaus in sein Übernahmeangebot einpreisen. Ob dies offen oder verdeckt erfolgt, sei dahingestellt, jedenfalls lässt sich auf ein solch rationales Vorgehen schließen.95 Deshalb muss die Frage lauten, inwieweit das Aktionärsinteresse eine gesetzesimmanente Untergrenze für das Verhandlungsermessen des Vorstands bei der Vereinbarung eines vertraglichen Verzichts auf Rationalisierungsmaßnahmen im Anschluss an eine Übernahme bildet, wenn dadurch ein höherer Angebotspreis nicht erzielt werden kann oder gar lediglich ein unter dem Unternehmenswert liegender Kaufpreis erreicht wird.96 Man könnte sich leicht auf die Ansicht verlegen, jede Beeinflussung des Übernahmeangebots zulasten der Anteilseigner überschreite das Unternehmenswohl, soll doch § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG mit dem an den Vorstand der Zielgesellschaft gerichteten übernahmerechtlichen Vereitelungs- und Verhinderungsverbot die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre garantieren und somit ein Verfahren zwischen den Aktionären und dem Bieter im Wesentlichen ohne Beteiligung des Managements der Zielgesellschaft sicherstellen. Einflussnahme auf das Übernahmeangebot gestattet S. 2 ausnahmsweise nur solchen Abwehrmaßnahmen des Vorstands, die offenbar 92  Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230; GroßKommAktG/Hopt/Roth, 5. Aufl., § 93, Rn. 98; MüHdbAG/Wiesner, 4. Aufl., § 25, Rn. 62; ebenso wohl BegrRegE UMAG BT-Drucks. 15/5092, S. 11; BGH 21. 04. 1997 – II ZR 175/95 – BGHZ 135, 244, 253, 255 („Unternehmenswohl“). 93  Vgl. insoweit 4. 1. 1 DCGK. 94 GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 123; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 28; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 37; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230; für einen Vorrang der Aktionärsinteressen bei Unternehmensübernahmen Horn, ZIP 2000, 473, 481; Kirchner, WM 2000, 1821, 1822; Louven, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, 3. Aufl., § 3, Rn. 26; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 850 f. 95  Denkbar halten es Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77, 78. 96  Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77, 78.

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft und der Aktionäre liegen. Anders gewendet: Grundsätzlich soll eine Übernahme zwischen Aktionariat und Bieter ablaufen und nur ausnahmsweise darf die Zielgesellschaft Abwehrmaßnahmen zum Unternehmenswohl ergreifen. In der Konsequenz müsste sich der Vorstand aus den Übernahmemodalitäten heraushalten und dürfte erst recht nicht zum Nachteil für die Gesellschaft und die Aktionäre handeln. Aus dem WpÜG folgt unterdessen bloß ein Verbot der Angebotsvereitelung, Handlungen zur Förderung des Angebots adressiert das Gesetz nicht. Ihre Zulässigkeit beurteilt sich allein nach Maßgabe des Aktiengesetzes und wird nicht durch das Übernahmerecht determiniert. Deshalb steht nicht von vornherein fest, dass eine vertragliche Abrede mit negativen Auswirkungen auf den Angebotspreis gegen das Unternehmenswohl verstößt. Ebenso wenig verletzt die vertragliche Vereinbarung eo ipso die Grenzen des zulässigen unternehmerischen Ermessens, weil ein Vorrang der Aktionärsinteressen besteht, der jede Handlung zulasten des Angebotspreises unzulässig macht. Denn zurecht lehnt die allgemeine Auffassung ein striktes Shareholder Value-Konzept ab und schlägt einen moderaten Weg ein, der einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen im Sinne praktischer Konkordanz zulässt.97 Wegen des Gewichtungsvorsprungs der Aktionärsinteressen in einem Interessenkonflikt muss der Vorstand folglich zunächst auf die Interessen der Anteilseigner Bedacht nehmen, kann aber bei einem überproportionalen Gewicht der sonstigen Stakeholderinteressen insbesondere der Arbeitnehmer ihnen im Rahmen der unternehmerischen Abwägungsentscheidung Vorrang einräumen. Sein Verhandlungsermessen darf der Vorstand beim Abschluss einer Investorenvereinbarung somit auch auf Kosten des Angebotspreises ausüben.98 Den Ausgang der unternehmerischen Entscheidung bei der Verhandlung über den Inhalt einer Investorenvereinbarung und ihre Vertretbarkeit bestimmen maßgeblich die Umstände des Einzelfalls. Erheblich kann insofern die Unterscheidung zwischen produktions- und dienstleistungsbezogenen Betrieben sein. Bei letzten bildet die Belegschaft das eigentliche Kapital der Gesellschaft und kann deshalb eher Maßnahmen zur Wahrung der Arbeitnehmerbelange auf Kosten des Angebotspreises rechtfertigen als bei einem produktionsbezogenen Unternehmen, dessen Standort verlagert und dessen Mitarbeiter ausgetauscht werden können. Aber selbst dort können die Vorzeichen vertauscht sein, wenn die Produktion hoch tech97 GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 123; Roth, Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, S. 26 f.; ferner Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 38. 98 Ähnlich Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77, 79. Außerhalb einer Übernahmesituation darf der Vorstand einer Aktiengesellschaft in den Grenzen des § 93 Abs. 1 AktG Maßnahmen zur Förderung der Arbeitnehmerbelange ergreifen, die sich negativ auf den Bilanzgewinn niederschlagen, ohne eine Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft befürchten zu müssen (vgl. MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 76, Rn. 84 f.). Dann muss der Vorstand in jenen Grenzen aber auch keine Ersatzpflicht befürchten, wenn er während eines Übernahmeverfahrens Handlungen vornimmt, die den Angebotspreis belasten.

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nisiert abläuft und spezieller Kenntnisse bedarf. Ob sich das Unternehmen in der Krise befindet, verändert den Gewichtungszusammenhang und das Verhandlungsermessen des Vorstands dagegen nicht, denn hier besteht ebenfalls ein Spannungsverhältnis zwischen dem Angebotspreis und den Belangen der Arbeitnehmer. 2.  Erfordernis einer Gegenleistung Jüngst sind Standort- und Beschäftigungszusagen der Unternehmensleitung gegenüber Arbeitnehmervertretern an der Business Judgment Rule gemessen und zumindest dann für problematisch befunden worden, soweit keine hinreichende wirtschaftliche Gegenleistung durch die Arbeitnehmerseite den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen sowie das Versprechen von Standort- und Investitionszusagen kompensiert.99 Auf eine vertragliche Vereinbarung mit einem Investor könnte man diese Vorstellung übertragen, gar generell an der Statthaftigkeit solcher Zusagen im Verhältnis des Investors zur Zielgesellschaft zweifeln, weil die Zielgesellschaft anders als die Arbeitnehmer regelmäßig damit keine in einem inneren Zusammenhang stehende Gegenleistung erbringt. Unter einem Perspektivenwechsel100 stellt sich deshalb die Frage, inwiefern die Unternehmensführung des Investors durch die Vereinbarung einer Standort- und Beschäftigungssicherungsklausel für die Zielgesellschaft gegen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters i. S. d. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG verstößt. Auch hier beschränkt eine potenzielle Schadensersatzpflicht gem. § 93 Abs. 2 S. 1 AktG zumindest faktisch den Handlungsrahmen. Gemeinhin werden Äquivalenzstörungen unter dem Aspekt der Verschwendung von Gesellschaftsvermögen diskutiert, wobei die Gegenleistung in Relation zu marktüblichen Vertragskonditionen gesetzt wird und eine erhebliche Abweichung die unternehmerische Entscheidung regelmäßig sorgfaltswidrig erscheinen ließe.101 Gegen diese Methode zur Feststellung einer Vermögensverschwendung bestehen allerdings prinzipielle Bedenken, müssen sich doch unternehmerische Entscheidungen des Vorstands gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht ex post am Ergebnis messen lassen. Vielmehr sichert die Business Judgment Rule dem Vorstand ein weites kontrollfreies Handlungsermessen, indem sie unabhängig vom Handlungsergebnis Entscheidungen unter Beachtung der Anforderungen aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG als pflichtkonform vermutet. D. h. bezogen auf die unternehmerische Entscheidungs99 

Göpfert/Rottmeier, ZIP 2014, 1259, 1260. zu Sorgfaltspflichten und zur Haftung des Managements der Erwerbergesellschaft bei Unternehmensübernahmen Cahn, in: FS Stilz (2014), S. 99, 102 f., der die Problematik von Vereinbarungen mit der Zielgesellschaft vornehmlich in der gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsordnung sieht. 101  Bachmann, NZG 2013, 1121, 1122; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 90; Fleischer/Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, § 7, Rn. 71; MüKoAktG/ Spindler, 4. Aufl., § 93, Rn. 70; ähnlich Roth, Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, S. 131, der sich bei der Relation an den zur Sittenwidrigkeit entwickelten Maßstäben orientiert; vorsichtiger GroßKommAktG/Hopt/Roth, 5. Aufl., § 93, Rn. 191. 100  Allg.

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

findung: Die Konsequenzen einer unternehmerischen Entscheidung treffen keine Aussage über die sorgfaltsgemäße oder -widrige Geschäftsführung durch den Vorstand. Auf der Grundlage einer angemessenen Informationsbasis können vielmehr mehrere Entscheidungen sorgfaltsgemäß sein. Entscheidend für den sorgfaltsgemäßen Ablauf des unternehmerischen Entscheidungsprozesses ist demzufolge die sorgfältige Bewertung der Handlungsoptionen, mithin u. a. ob andere Angebote bestanden und inwiefern diese unter Abwägung der für oder gegen die jeweilige Offerte sprechenden Gründe bei der Entscheidungsfindung Berücksichtigung fanden.102 Die Relation der Gegenleistung im Verhältnis zu den marktüblichen Vertragskonditionen entscheidet folglich nicht über die Einhaltung der Sorgfaltsanforderungen. Eine Standort- und Beschäftigungssicherungsklausel ist nicht pauschal sorgfaltswidrig, weil die Zielgesellschaft ohne Mitwirkung der Arbeitnehmervertreter und Beschäftigten im Gegenzug keine konnexe Gegenleistung erbringen kann und der Investor somit keine hinreichende Gegenleistung erhält. Die Gegenleistung erfordert nämlich keinen inneren Zusammenhang zur vertraglich versprochenen Leistung. Sorgfaltsgemäß das Äquivalenzinteresse gewahrt hat der Vorstand deshalb dann, wenn er die versprochenen Vor- und Nachteile der Abrede in einem Abwägungsprozess abgeschätzt und erkennbaren Risiken Rechnung getragen hat.103 Gerade langfristige Bindungen erweisen sich insofern als problematisch und bergen angesichts der Schnelllebigkeit des Arbeits- und Wirtschaftslebens Risiken, die durch im Vorhinein verabredete Lösungsmöglichkeiten abgemildert werden können.104 Ansonsten sprengen vorbehaltlich besonderer Umstände Arbeitnehmerschutzklauseln nicht das Verhandlungsermessen des Vorstands des erwerbenden Investors.

C.  Ergebnis Speziell Arbeitnehmerschutzklauseln in einer Investorenvereinbarung sind vorwiegend das Ergebnis eines gemeinsamen Willens beider Parteien zur erfolgreichen Post Merger Integration, denn das Vorstandshandeln des Investors kann bereits vor der beabsichtigten Übernahme an der Integration der Zielgesellschaft ausgerichtet werden105. Nach der erfolgreichen Übernahme besteht für die Zielgesellschaft spiegelbildlich sogar eine Pflicht zur Berücksichtigung der Interessen des Investors, um den mit einem Kurswechsel verbundenen Reibungsverlust so gering wie möglich zu halten106. Mit einer vor der Übernahme geschlossenen 102 Vgl. BGH 14.  07. 2008 – II ZR 202/07 – ZIP 2008, 1675 (unter Rn. 11); BGH 18. 06. 2013 – II ZR 86/11 – BGHZ 197, 304 (unter Rn. 30). 103  BGH 18. 06. 2013 – II ZR 86/11 – BGHZ 197, 304 (unter Rn. 30). 104  Insofern zu Standort- und Beschäftigungszusagen der Unternehmensleitung gegenüber der Arbeitnehmerseite Göpfert/Rottmeier, ZIP 2014, 1259, 1260. 105  BGH 22. 11. 2005 – 1 StR 571/04 – ZIP 2005, 2317, 2319. 106 GroßKommAktG/Hopt/Roth, 5. Aufl., § 93, Rn. 100, 222.

§ 9  Rechtliche Grenzen einer Sicherung von Standorten und Arbeitsbedingungen 315

Vereinbarung über die Arbeitsplätze und -bedingungen gewinnen beide Seiten Planungssicherheit und beugen damit frühzeitig Konflikten im Anschluss an die Übernahme vor. Nach dem Grundsatz „Alles, was nicht gesetzlich verboten ist, ist erlaubt“107 steht die Zulässigkeit von Investorenvereinbarungen nicht generell in Zweifel.108 Es handelt sich bei ihnen in der Regel nicht um unverbindliche Absprachen, sondern um gerichtlich durchsetzbare Abreden.109 Inhaltlich begrenzen die Vereinbarungsmacht der Parteien insbesondere das Verbot der Vorwegbindung nach § 76 Abs. 1 AktG und das Verbot gebundener Aktien gem. § 136 Abs. 2 AktG. Ferner beeinflusst den Inhalt die Pflicht der Vorstände, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters i. S. d. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG anzuwenden. Andernfalls droht den Vorstandsmitgliedern eine Ersatzpflicht gem. § 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Standort- und Beschäftigungszusagen können wegen einer Selbstbindung des Vorstands über einen unternehmerisch nicht mehr vertretbar vorherseh- und prognostizierbaren Zeitraum im Außenverhältnis unwirksam sein oder im Innenverhältnis eine Ersatzpflicht des Vorstands auslösen, wenn der Vorstand unter Überschreitung des unternehmerischen Verhandlungsermessens eine Standortklausel auf Kosten des Angebotspreises vereinbart. Für die Sicherung der Beschäftigungsbedingungen gilt insofern ein vergleichbarer Maßstab. Dagegen verstoßen Abreden der Zielgesellschaft mit dem Investor über die künftige Mitbestimmung, gleich welcher Art, gegen das Verbot gebundener Aktien. Auch ein Rechtsformwechsel oder die Verpflichtung zur Beibehaltung der Rechtsform kann nicht rechtswirksam vereinbart werden.

107 

Enders, Die Menschenwürde in der Verfassungsordnung, S. 76 f. Allg. Meinung: Reichert/Ott, in: FS Goette (2011), S. 397, 398; Heß, Investorenvereinbarungen, S. 13 f.; GroßKommAktG/Kort, 5. Aufl., § 76, Rn. 150, 197; KKAktG/­Mertens/ Cahn, 3. Aufl., § 76, Rn. 48; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl., § 76, Rn. 28; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 62. 109  LG Hannover 12. 03. 2009 – 21 T 2/09 – ZIP 2009, 761, 764; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 195 f.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 61; krit. Kiem, AG 2009, 301, 304 f., 312, der eine Kluft zwischen bezweckter und praktischer Bindungswirkung sieht; H.-J. Otto, NZG 2013, 930, 936. 108 

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

§ 10  Gestaltungsmittel zur Absicherung von Arbeitnehmerschutzklauseln Zur Sicherung der Einhaltung von Arbeitsschutzklauseln in Investorenvereinbarungen bestehen ambivalente Gestaltungsoptionen. Im Wesentlichen können die Vertragsparteien auf drei Regelungsmechanismen zurückgreifen. Die Investorenvereinbarung kann einen Vertrag zugunsten Dritter darstellen, auf den sich die Arbeitnehmer oder stellvertretend für diese eine Gewerkschaft berufen kann. Dann können sie die Durchsetzung der Rechte in Eigenregie betreiben. Ebenso möglich ist die Installation eines Garanten, der die Verantwortung für die Einhaltung und Durchsetzung der getroffenen Vereinbarung trägt. Zuletzt bleibt den Vertragspartnern, ein Vertragsstrafenregime in der Investorenvereinbarung zu implementieren, das einen Verstoß sanktioniert und damit als Druckmittel die Erfüllung der Verbindlichkeit sichert.

A.  Investorenvereinbarung zugunsten Dritter Sofern eine Investorenvereinbarung zwischen Zielgesellschaft und Investor den Arbeitnehmern, der betrieblichen Arbeitnehmervertretung oder der Gewerkschaft ein eigenes Forderungsrecht auf Umsetzung der getroffenen Übereinkunft einräumt, liegt ein Vertrag zugunsten Dritter i. S. d. § 328 Abs. 1 BGB vor. Der gerichtlichen Praxis sind Unternehmenskaufverträge mit Klauseln zugunsten der Belegschaft nicht fremd. So sah beispielsweise ein Klinikkaufvertrag zwischen einem Landkreis und dem Erwerber zugunsten der Belegschaft die dynamische Anwendbarkeit der Vergütungstarifverträge nach Betriebsübergang vor.1 Einen Veräußerungsvertrag über eine Steuerberaterpraxis, der zugunsten einer Arbeitnehmerin eine Beschäftigungsgarantie bis zum Rentenalter sowie eine Gehaltserhöhung vorsah, qualifizierte das Bundesarbeitsgerichts ebenfalls als einen Vertrag zugunsten Dritter.2 Während es in der ersten Konstellation bloß darum ging, eine über § 613a Abs. 1 S. 2 BGB hinausgehende Bestandssicherung zu erreichen3, beabsichtigte der Veräußerungsvertrag über die Steuerberaterpraxis eine Verbesserung der Rechtsposition der Beschäftigten. Beides ist grundsätzlich auch in einer Investorenvereinbarung i. R. e. Anteilskaufs (Share Deal) möglich.

1 BAG 20. 04. 2005 – 4 AZR 292/04 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 (unter A I 5); siehe ferner für drittbegünstigende Regelungen in einem Personalüberleitungsvertrag zwischen dem Veräußerer und Erwerber eines Krankenhausbetriebs BAG 23. 02. 2011 – 4 AZR 439/09 – AP BGB § 133 Nr. 60 (unter Rn. 22 ff.); wohl ebenso BAG 23. 02. 2011 – 4 AZR 536/09 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86 (unter Rn. 25). 2  BAG 09. 12. 2008 – 3 AZR 431/07 – juris (unter Rn. 12). 3  Bepler, RdA 2009, 65, 68.

§ 10  Gestaltungsmittel zur Absicherung von Arbeitnehmerschutzklauseln

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Wie bei Unternehmenskaufverträgen im Anwendungsbereich von § 613a BGB4 muss bei Investorenvereinbarungen nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB ermittelt werden, ob und inwieweit die getroffene Abrede Regelungen zugunsten der Belegschaft oder ihrer Vertreter enthält. Für die Annahme eines Forderungsrechts zugunsten der Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmervertretung bedarf es deutlich hervortretender Umstände, weshalb eine Vereinbarung i. R. e. M&A-Transaktion im Zweifel lediglich gegenseitige Rechte und Pflichten der Vertragsparteien begründet.5 Allein daraus, dass die Vereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und dem Investor faktisch die Rechte von Arbeitnehmern oder sonstigen Stakeholdern wahrt, lässt sich jedenfalls nicht auf ein eigenes Forderungsrecht Dritter schließen.6 Wenn man den Vertragszweck zugrunde legt, dürfte maßgeblich sein, dass die Leitung der Zielgesellschaft das Unternehmensinteresse insgesamt zu wahren beabsichtigt, gerade keine Partikularinteressen vorrangig berücksichtigt, auch nicht solche der Arbeitnehmer, mit dem Abschluss einer Investorenvereinbarung vielmehr den Ausgleich zwischen den Interessen von Share- und Stakeholdern sucht. Damit passt es nicht zusammen, wenn einige oder sämtliche von der Vereinbarung berührten Stakeholder ihre Gruppeninteressen gegebenenfalls zulasten einer anderen Gruppe gegenüber dem Investor selbständig durchsetzen können. Dafür übernimmt stattdessen die Unternehmensleitung die Gesamtverantwortung. Außerdem fehlt dem Investor hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen die unmittelbare Gestaltungsmacht des Arbeitgebers, sodass zumindest das Individualinteresse der Arbeitnehmer an einem eigenen Forderungsrecht gering ist. Demgemäß enthält eine Investorenvereinbarung zwischen Zielgesellschaft und Investor nur ausnahmsweise ein eigenes Forderungsrecht der Arbeitnehmer, der Arbeitnehmervertretung oder der Gewerkschaft.

B.  Installation eines Garanten Im Zuge von Investorenvereinbarungen vermehrt sich in der Praxis das Modell, einen Garanten zu installieren, der die Interessen der Zielgesellschaft, ihrer Aktionäre, Arbeitnehmer und sonstigen Stakeholder sowie diejenigen Interessen des Investors wahren soll.7 Dieses Modell fand Einzug in die Vereinbarung zwischen Schaeffler und Continental, wonach der Garant die Erfüllung der Verpflichtung 4 Dazu BAG 20. 04. 2005 – 4 AZR 292/04 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 (unter A I 1); Hohenstatt/Schramm, NZA 2006, 251, 251; Müller-Bonanni/ Mehrens, NZA 2012, 195, 197. 5  Vgl. WHSS/Seibt/Hohenstatt, 5. Aufl., K Rn. 56. 6  Heß, Investorenvereinbarungen, S. 33; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 212, die ferner eine Schutzwirkung der Investorenvereinbarung zugunsten Dritter ablehnen; abl. gegenüber der Schutzwirkung eines Unternehmenskaufvertrags zugunsten der Belegschaft auch Reuter, Der Unternehmenskaufvertrag als Vertrag zu Gunsten der Arbeitnehmer, S. 78 f. 7  Bruse, Gesellschafter- und Investorenvereinbarungen in der Praxis, S. 660, 666.

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

von Schaeffler jederzeit gerichtlich und außergerichtlich geltend machen sowie Auskunft über den Stand der Erfüllung der Verpflichtungen verlangen kann.8 In vergleichbarer Form einigte sich die Deutsche Annington mit der GAGFAH in einem Business Combination Agreement über die Bestellung von zwei Garanten zur Überwachung der Einhaltung und Umsetzung der getroffenen Vereinbarung.9 Plausibel ist dieses Vorgehen zumal dann, wenn man im Anschluss an einen Kon­ trollwechsel die häufig nachfolgende Neubesetzung der Verwaltung berücksichtigt, die zwar nicht formal, aber faktisch dazu führt, dass der Investor auf beiden Seiten der Vereinbarung seine Interessen durchsetzen kann.10 Daher soll ein unabhängiger Dritter die Einhaltung und Umsetzung sicherstellen.11 Praktisch stößt die Einsetzung eines Garanten zur Überwachung einer Investorenvereinbarung schnell an Grenzen. Möchte man die Unabhängigkeit des Garanten sicherstellen, muss man ein Tätigwerden in sein Ermessen stellen. Dementsprechend können regelmäßig weder der Vorstand der Zielgesellschaft, noch ihre Aktionäre, auch nicht die Arbeitnehmer oder sonstigen Stakeholder ein Tätigwerden des Garanten beanspruchen.12 Ohne eine Pflicht dazu ist jedoch die Effektivität der Vereinbarung erheblich gemindert. Ferner bestehen rechtliche Bedenken gegen die Bestellung eines Garanten zum „Wächter“ über die Vereinbarung. Durch die Übertragung der Verantwortung für die Einhaltung der Investorenvereinbarung auf den Garanten entäußert sich der Vorstand einer Aktiengesellschaft nämlich zumindest dann in unzulässiger Weise seiner nach § 76 Abs. 1 AktG obliegenden Leitungsmacht, sofern keine Kontrollmöglichkeit gegenüber dem Garanten besteht und der Vorstand die Kompetenz zur Geltendmachung sowie Durchsetzung der getroffenen Vereinbarung nicht notfalls 8  Zum Garanten wurde Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder bestellt, vgl. Pressemitteilung der Continental vom 21. 08. 2008 „Continental schließt weitreichende Investorenvereinbarung mit Schaeffler“, abrufbar unter: http://www.continental-corporation.com/www/ portal_com_de/themen/continental/archiv/hidden/uebernahme/pr_2008_08_21_ar_de.html (Abruf am 20. 10. 2015). Die gerichtliche Durchsetzbarkeit durch den Garanten bestätigte LG Hannover 12. 03. 2009 – 21 T 2/09 – ZIP 2009, 761, 764. 9 Zu Garanten wurden die Vorsitzenden der Aufsichtsgremien Wulf Bernotat und Gerhard Zeiler bestellt, vgl. Ad-hoc-Mitteilung der Deutsche Annington vom 01. 12. 2014 „Deutsche Annington Immobilien SE: Deutsche Annington und GAGFAH beschließen Zusammenschluss“, abrufbar unter: http://investoren.vonovia.de/websites/vonovia/German/4080/news-detail.html?newsID=1434557&type=corporate (Abruf am 25. 10. 2016). 10  Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 200; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 232. 11  Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 120; an der Unabhängigkeit des Garanten zweifelt Heß, Investorenvereinbarungen, S. 326. 12  Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten, S. 105, 121 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 235.

§ 10  Gestaltungsmittel zur Absicherung von Arbeitnehmerschutzklauseln

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wieder an sich ziehen kann.13 Gestaltet man demgemäß die Rechtsstellung des Garanten, sinkt wiederum zwangsläufig die Praktikabilität der Installation eines Garanten, weil seine Unabhängigkeit eingeschränkt wird. Es bestehen also sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung der Rechtsstellung als auch bezüglich des praktischen Nutzens Zweifel an der Installation eines Garanten.

C.  Implementation von Vertragsstrafeklauseln Die Einhaltung der Investorenvereinbarung können beide Parteien ferner dadurch zu erreichen suchen, dass sie ein Vertragsstrafenregime aufrichten, mit dem sie als Druckmittel die Erfüllung der Verbindlichkeit sichern. Das Interesse an der Erfüllung der Vereinbarung beschränkt sich nicht auf die Zielgesellschaft. So ist beispielsweise ein Investor, dessen Beteiligungsentscheidung lediglich ein finanzielles Investment zugrunde liegt, regelmäßig nicht imstande, den Verlust von Management und Schlüsselmitarbeitern der Zielgesellschaft adäquat zu ersetzen.14 Abwanderungswillige Arbeitnehmer müsste die Zielgesellschaft dazu bewegen, im Unternehmen zu verbleiben, denn nicht die Schlüsselmitarbeiter selbst geben ein Vertragsstrafeversprechen gegenüber dem Investor ab. Deshalb unterliegt eine Vertragsstrafeklausel in einer Investorenvereinbarung als Individualabrede zwischen Zielgesellschaft und Investor keiner AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Für die Grenzen der rechtlichen Zulässigkeit gelten die §§ 138, 339 ff. BGB, wobei sich die Inhaltskontrolle auf die Strafhöhe verdichten dürfte, denn Vertragsstraferegelungen, die an das Ausbleiben eines Einwirkungserfolgs anknüpfen, treten praktisch selten auf 15. Strafversprechen gegenüber der Zielgesellschaft müssen in ihrer praktischen Effektivität aber angezweifelt werden, wenn der Investor ein strategisches Investment anstrebt und einen Unternehmensverbund mit der Zielgesellschaft gründet, bei dessen Grad an wirtschaftlicher Verbundenheit die gezahlte Strafe letztlich im Unternehmensverbund verbleibt. Diese Problematik lässt sich in Bezug auf die – hier interessierenden – arbeitsrechtlichen Schutzklauseln indessen überwinden, indem der Investor gegenüber der Zielgesellschaft die Leistung der Vertragsstrafe an die Arbeitnehmer verspricht, welche sich in einer Einmalzahlung, der Bildung eines Treuhandfonds für eine erweiterte Betriebsrente oder der Abfindung bei betriebsbedingten Kündigungen ausdrücken kann.16 13 Ausf. Heß, Investorenvereinbarungen, S. 329 ff.; Steinert, Sicherung der Interessen der Zielgesellschaft mittels einer Investorenvereinbarung, S. 228 ff.; offener Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 201, die keinen Verstoß gegen das Prinzip der Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht annehmen, wenn das Recht des Garanten auf Ausnahmefälle beschränkt ist. 14 WHSS/Seibt/Hohenstatt, 5. Aufl., K Rn. 42. 15  Überzeugend differenziert Reichert, ZGR 2015, 1, 30 hinsichtlich der Zulässigkeit von Strafversprechen danach, ob die Unterlassung der Einwirkungshandlung oder das Ausbleiben des Einwirkungserfolgs die Vertragsstrafe auslöst. 16  Vgl. zu diesem Sanktionsmechanismus bei kollektivrechtlichen Investitionsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft oder Betriebsrat Lasson, Kollektivrechtliche Investitionsvereinbarungen, S. 192 ff.

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3. Teil: Investorenvereinbarung zwischen Investor und Zielgesellschaft

D.  Ergebnis Die Einhaltung von Schutzklauseln zur Standort- und Beschäftigungssicherung sowie der Sicherung der bestehenden Beschäftigungsbedingungen lässt sich technisch vor allem über ein eigenes Forderungsrecht der Drittbetroffenen, die Installation eines Garanten oder den Erfüllungsdruck von Strafversprechen umsetzen. Sämtliche Mechanismen können unter dem Aspekt der rechtlichen Zulässigkeit weitgehend unbedenklich in eine Investorenvereinbarung eingepflegt werden, unter dem Gesichtspunkt ihrer praktischen Effektivität leiden sie jedoch an Schwächen. So ist ein Forderungsrecht einzelner Stakeholder problematisch im Hinblick auf die Gesamtverantwortung der Zielgesellschaft für das Unternehmensinteresse, der Rechtsstellung des Garanten fehlt bei einer rechtlich zulässigen Ausgestaltung oftmals eine hinreichende Unabhängigkeit bei der Aufgabenwahrnehmung, und Strafversprechen erweisen sich im Unternehmensverbund als unzulängliches Druckmittel. Letztere eignen sich allerdings als Druckmittel, sofern die Leistung der Vertragsstrafe an die Arbeitnehmer versprochen wird.

4. Teil

Schluss 4. Teil: Schluss

§ 11  Zusammenfassung und Schlussbetrachtung Der vierte Teil fasst die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zunächst in Thesen zusammen. Dabei lassen sich die wesentlichen Aussagen nach den drei zentralen Themenfeldern Koalitionsvertrag (sub I.), Vereinbarung zwischen Investor und Gewerkschaft (sub II.) sowie Investor und Zielgesellschaft (sub III.) sondern. Abschließend unterwirft der letzte Teil Vereinbarungen eines Investors mit einer Gewerkschaft sowie die arbeitsrechtlichen Aspekte einer Vereinbarung mit einer Zielgesellschaft im Rahmen einer Übernahme einer zusammenfassenden Betrachtung.

A.  Zusammenfassung in Thesen I.  Koalitionsvereinbarungen 1. Koalitionen können neben dem Tarif- und Schuldvertrag auf dem Boden von Art. 9 Abs. 3 GG einen Koalitionsvertrag schließen, wenn sie den aus der Koalitionsfreiheit resultierenden Auftrag, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen abhängig Beschäftigter zu wahren und zu fördern, wahrnehmen.1 2. Art. 9 Abs. 3 GG begrenzt den sachlichen und personellen Anwendungsbereich des Koalitionsvertrags dahin, dass in einem Koalitionsvertrag ausschließlich Regelungen über die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG von Parteien getroffen werden können, die entweder beide dem Koalitionsbegriff unterfallen oder die, wenn nur eine Vertragspartei eine Koalition darstellt, mit dem Abschluss des Vertragswerks die Arbeitsbedingungen der in dieser Vertragspartei zusammengeschlossenen Arbeitnehmer wahren und fördern.2 3. Der Koalitionsvertrag ist ein eigenständiger Vertragstypus mit selbständigen Rechtswirkungen, die nicht so weit reichen wie diejenigen des Tarifvertrags, aber im Lichte der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG weiter reichen als die des einfachen Schuldvertrags.3

1 

Siehe hierzu § 5 B. I. Vgl. dazu § 5 B. III. 3  Siehe hierzu § 5 B. II. und § 5 B. V. 2 

4. Teil: Schluss

322

4. Während die koalitionäre Regelungsbefugnis mit dem Begriffspaar der Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen als Außenschranke denkbar weit reicht, setzen ihr Europäisches Recht, die Grundrechtsordnung, einfaches Gesetzesrecht und faktisch bestehende Tarifverträge engere Innenschranken. Hervorhebung verdient allerdings die Befreiung des Koalitionsvertrags von der Kartellkontrolle, sodass eine Kartellwirkung des Koalitionsvertrags mit der europäischen und nationalen Wettbewerbsordnung vereinbar ist.4 5. Beim Kampfmitteleinsatz für den Abschluss eines Koalitionsvertrags muss die Frage der sachlichen Kampfbefugnis für ein außertarifliches Kampfziel strikt von der Frage der subjektiven Kampfberechtigung nichttariffähiger Vertragsparteien getrennt werden. Das Dogma von der Tarifbezogenheit des Arbeitskampfs lässt sich nicht aufrechterhalten, sodass zumindest der Abschluss eines Koalitionsvertrags zwischen tariffähigen Vertragsparteien mit Kampfmitteln erzwungen werden kann. Restriktionen hinsichtlich der subjektiven Kampfberechtigung sind lediglich dann und soweit zulässig, wie sie andere Interessen und Rechtsgüter von Verfassungsrang rechtfertigen.5 II.  Vereinbarungen eines Investors mit einer Gewerkschaft 1. Getroffene Vereinbarungen einer Gewerkschaft mit einem Investor regeln anlässlich einer Übernahme rechtsverbindlich, mithin gerichtlich durchsetzbar, die Art und das Maß des künftigen Engagements des Investors und sichern ihm im Gegenzug die Unterstützung der Belegschaft zu.6 2. Keinesfalls lässt sich eine Übereinkunft zwischen einer Gewerkschaft und einem Investor in einen Tarifvertrag transportieren. Ob die Vertragsparteien eine Investorenvereinbarung in die Form eines Koalitions- oder Schuldvertrags bringen, hängt, jedenfalls wenn die Regelungsgegenstände sachlich-inhaltlich den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i. S. d. Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG zugeordnet werden können, von ihrem Regelungswillen ab. Jenseits dessen bleibt ihnen nur der einfache Schuldvertrag.7 3. Klauseln einer Investorenvereinbarung sind subjektiv nach dem Vertragswillen der Parteien auszulegen. Nur ganz ausnahmsweise, sollte eine koalitionsvertragliche Klausel in einer Investorenvereinbarung Rechte zugunsten Dritter i. S. d. § 328 Abs. 1 BGB begründen, muss sich die Auslegung an den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Grundsätzen orientieren.8 4. Abreden einer Gewerkschaft mit einem Investor sind grundsätzlich zulässig. Die vertragliche Vereinbarungsmacht begrenzen indessen vor allem einfach-recht4 

Vgl. § 5 B. VII. Vgl. dazu § 8 B. und C. 6  Siehe hierzu § 7 A. I. 7  Vgl. hierzu § 6 A., B. und C. 8  Siehe dazu § 7 A. II. 5 

§ 11  Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

323

lich die aktienrechtliche Kompetenzordnung und über die Einstrahlung der Grundrechte ins Privatrecht die Berufs- und Eigentumsfreiheit des Investors aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG.9 5. Für Regelungsgegenstände einer Investorenvereinbarung folgt daraus eine abgestufte Zulässigkeit, die sich maßgeblich danach richtet, ob mit der Verpflichtung des Investors die Grenzen einer Verpflichtbarkeit des Arbeitgebers wegen seiner unternehmerischen Eigenverantwortung aus Art. 12 Abs. 1 GG umgangen werden sollen und je stärker eine Regelung sich dem Kernbereich der Eigentümerverantwortung des Investors aus Art. 14 Abs. 1 GG nährt, womit die Frage an Bedeutung gewinnt, inwiefern eine Entscheidung in die (Kern-)Kompetenz der Kapitaleigner fällt.10 6. Arbeitsverhältnisbezogene Regelungen können die Vertragsparteien i. d. R. problemlos vereinbaren. Sie liegen nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung nicht in der Zuständigkeit der Hauptversammlung, weshalb sich ein Investor dazu verpflichten kann, keine Änderung des Status quo durch Einflussnahme auf das Management anzustreben und Entscheidungen gemäß der aktienrechtlichen Aufgabenverteilung dem Vorstand zu überlassen.11 7. Unternehmenspolitische Regelungen müssen in ihrer Zulässigkeit differenziert betrachtet werden. Die Vorzeichen verschieben sich insofern je nachdem, ob die Gewerkschaft auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG oder Art. 9 Abs. 3 GG handelt und der Gegenstand den Investor bloß peripher in seiner (Anteils-)Eigentümerverantwortung beschränkt. Demgemäß können Standortentscheidungen auf der Ebene der Kapitaleigner vorprogrammiert werden, wohingegen bei Investitionsentscheidungen und der Ausrichtung der operativen Tätigkeit die Ausgestaltung im Einzelfall über die Zulässigkeit entscheidet.12 8. Organisationsrechtliche Regelungen lassen die aktienrechtliche Kompetenzordnung sowie die (Anteils-)Eigentümerverantwortung des Investors nur in sehr engen Grenzen zu. Jedenfalls kann ein Investor nicht verpflichtet werden, zwingend die aktuelle Rechtsform beizubehalten und keinen Beherrschungsvertrag abzuschließen.13 9. Den Abschluss einer Investorenvereinbarung kann eine Gewerkschaft mit Kampfmitteln erzwingen, wenn der Investor auf die Arbeitsbedingungen der in der Kampfpartei koalierten Arbeitnehmer faktisch hinreichenden Einfluss üben kann (Aktiv-Komponente) und einen wirtschaftlichen Druck spürt, der ihm zum Abschluss der Vereinbarung zwingt (Passiv-Komponente). Dafür ist eine Mehrheitsbeteiligung erforderlich, mithin ein Kontrollerwerb des Inves9 

Vgl. dazu § 7 B. und C. Siehe hierzu § 7 C. II. 11  Vgl. dazu § 7 D. I. 12  Siehe dazu § 7 D. II. 13  Hierzu § 7 D. III. 10 

4. Teil: Schluss

324

tors. In der Konsequenz können Vereinbarungen mit einem Investor erst nach dem Beteiligungsaufbau mit Arbeitskampfmitteln erzwungen werden.14 III.  Vereinbarungen eines Investors mit einer Zielgesellschaft 1. Mit einer Übereinkunft über die arbeitsrechtlichen Aspekte einer anstehenden bzw. im Vollzug befindlichen Übernahme reguliert die Zielgesellschaft mit einem Investor regelmäßig verbindlich die arbeitnehmerbezogenen Folgen eines Kontrollwechsels.15 2. Die Abschlusskompetenz liegt sowohl bei der Zielgesellschaft als auch beim Investor entsprechend der aktienrechtlichen Aufgabenverteilung, die den Vorstand mit der Unternehmensleitung gem. § 76 Abs. 1 AktG und der Geschäftsführung betraut, beim Vorstand. Oftmals kann der Aufsichtsrat den Abschluss aber einem Zustimmungsvorbehalt unterwerfen.16 3. Die Vereinbarungsmacht über arbeitnehmerbezogene Regelungsgegenstände begrenzen hinsichtlich Standort- und Beschäftigungsgarantien insbesondere das aus § 76 Abs. 1 AktG abzuleitende Verbot der Vorwegbindung des Leitungsermessens sowie mit Blick auf Mitbestimmungsklauseln oder einen Rechtsformwechsel das Verbot gebundener Aktien nach § 136 Abs. 2 AktG. Vom kompetenzrechtlichen Schrankenmechanismus, der die Unwirksamkeit der Vereinbarung im Außenverhältnis gem. § 134 BGB bewirkt, unterscheidet sich der haftungsrechtliche Schrankenmechanismus, der nicht zur Nichtigkeit der Abrede führt, aber tatsächlich einen Handlungsrahmen umspannt, weil sich andernfalls die Verwaltung im Innenverhältnis haftbar macht. Insofern müssen Standort- und Beschäftigungsgarantien außerdem nach der Business Judgment Rule eine sorgfaltsgemäße Geschäftsführungsmaßnahme darstellen.17 4. Eine praktikable Möglichkeit, um Arbeitnehmerschutzklauseln in einer Investorenvereinbarung effektiv und wirksam durchzusetzen, fehlt.18

B.  Schlussbetrachtung Die Ausführungen zeigen, dass anlässlich einer beabsichtigten Übernahme für alle Beteiligten handfeste Beweggründe bestehen, verbindliche Regeln für die künftige Geschäfts- und Personalpolitik festzulegen. Mit einer Investorenvereinbarung bewältigen Gewerkschaft, Investor und Zielgesellschaft divergierende Interessen in einer Übernahmesituation, indem sie vor allem einseitige Belastungen ausgleichen. Investorenvereinbarungen tragen dazu bei, schwelende Konflikte zu 14 

Siehe hierzu § 8 D. Vgl. hierzu § 9 C. 16  Dazu § 9 A. 17  Siehe hierzu § 9 B. 18  Vgl. dazu § 10 A. bis C. 15 

§ 11  Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

325

löschen und sichern den Erfolg des Beteiligungsaufbaus sowie im Anschluss daran den wirtschaftlichen Erfolg des Anteilserwerbs. Die Betrachtung sollte insofern die rechtlichen Eckpfeiler einer Sicherung von Arbeitnehmerinteressen durch Vereinbarungen eines Investors mit einer Gewerkschaft und/oder einer Zielgesellschaft aufstellen. Dabei verfolgte die Untersuchung eine doppelte Stoßrichtung, denn einerseits sollte insbesondere der für die Wissenschaft interessanten Frage nach der Handlungsgrundlage und der Qualifikation einer gewerkschaftlichen Vereinbarung mit einem Investor nachgegangen werden, andererseits für die Praxis die Grenzen der Vereinbarungsmacht ausgelotet und an exemplarischen Gegenständen plausibel gemacht werden. Die Untersuchung hat bezüglich des Koalitionsvertrags, der zwischen Tarif- und Schuldvertrag die dritte kollektivvertragliche Einigungsform im Arbeitsrecht darstellt, und in Hinblick auf Abreden einer Gewerkschaft mit einem Investor bestehende Erkenntnisse gefestigt und vertieft sowie neue Aspekte zu Tage gefördert. Abreden eines Investors mit einer Zielgesellschaft beleuchtet die Untersuchung aus der spezifischen Perspektive der von der Übernahme betroffenen Belegschaft. Schutzklauseln zugunsten der Belegschaft, welche Standorte, Beschäftigungsbedingungen und die Aufrechterhaltung bzw. Erweiterung der unternehmerischen Mitbestimmung garantieren, sind nicht derart unproblematisch, wie es bisher teils angenommen worden ist. In dieser Hinsicht unterfüttert die Betrachtung das bestehende Schrifttum und analysiert einen bislang weitgehend unbeachteten Aspekt von Investorenvereinbarungen. Für das Arbeitsrecht gewinnen Vereinbarungen zwischen einem Investor und einer Zielgesellschaft auch unter einem anderen Aspekt Bedeutung. Vor dem Hintergrund zunehmender Bestrebungen von Gewerkschaften das Unternehmerverhalten zu lenken, ist die Frage ungeklärt, inwiefern eine Gewerkschaft im Fall einer sich abzeichnenden Übernahme auf die Zielgesellschaft Druck ausüben kann, bestimmte arbeitnehmerbezogene Klauseln in eine Vereinbarung mit einem Investor aufzunehmen. Diesbezüglich besteht eine Parallele zu Fallgestaltungen, in denen eine Gewerkschaft das Verhalten des Arbeitgebers auf dem Dienstleistungs- und Gütermarkt zu steuern versucht und den eigenen Arbeitgeber zur Aufnahme bestimmter Vertragsklauseln in Verträgen mit Dritten zwingt. Bei der Überlassung von Arbeitnehmern haben Gewerkschaften insoweit den entleihenden eigenen Arbeitgeber zur Vereinbarung bestimmter Inhalte mit dem Verleiher als Dritten gedrängt.

Anhang Appendix I: Vereinbarung zwischen ACS und der IG BAU Anhang

Im Wortlaut1: Vereinbarung zwischen ACS, Actividades de Construcción y Servicios, S.A. (ACS) und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) im Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot von ACS für die HOCHTIEF AG Dieses Dokument enthält die wesentlichen Abreden, welche ACS gegenüber der IG BAU eingeht und die wirksam werden, sobald ACS die Mehrheit der Aktien an der HOCHTIEF AG hält. Es ist das beiderseitige Verständnis, dass ACS schon zuvor im Geiste dieser Abreden handeln wird, wenn das gegenwärtige Übernahmeangebot an die Aktionäre von HOCHTIEF erfolgreich vollzogen ist und ACS eine Beteiligung von 30% der Aktien überschreitet. Die Abreden treten am 31. Dezember 2013 außer Kraft. Die Parteien werden sich über etwaige Verlängerungen oder Änderungen dieser Absprachen rechtzeitig vor Ablauf verständigen. ACS wird einen Verhaltenskodex unterzeichnen, der auf dem „Modell Internationales Rahmenabkommen“ der Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) beruht. Als Mehrheitsgesellschafter der HOCHTIEF AG wird ACS, unbeschadet der nach deutschem Aktiengesetz zwingenden und ausschließlichen Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes der Gesellschaft, das Folgende unterstützen, vorausgesetzt, es treten keine HOCHTIEF betreffenden wesentlichen nachteiligen Veränderungen der Umstände auf: 1. Die HOCHTIEF AG bleibt eine eigenständige und mitbestimmte, selbst oder über Tochtergesellschaften operativ tätige Gesellschaft. Eine Umwandlung in eine Gesellschaft Europäischen Rechts (z. B. SE) ist ausgeschlossen. 2. Die Hauptverwaltung der HOCHTIEF AG verbleibt in Essen. 3. Der Vorstand der HOCHTIEF AG wird für das operative Geschäft der Gesellschaft verantwortlich bleiben. ACS strebt nicht den Abschluss eines Beherrschungsvertrages an und wird sich als Gesellschafter nicht in operative Entscheidungen des Managements einmischen. 4. ACS respektiert die Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen von HOCHTIEF und beabsichtigt nicht, Änderungen der Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern und der Mitbestimmung im Betrieb oder im Aufsichtsrat herbeizuführen. 5. ACS wird seinen Einfluss nicht dahingehend ausüben, dass die gegenwärtige Zahl der Arbeitnehmer des HOCHTIEF-Konzerns, deren Arbeitsverhältnisse deutschem Recht unterstehen, durch betriebsbedingte Kündigungen vermindert wird, die während der Dauer 1  Abrufbar als Anhang zur Pressemitteilung 92/2010 der IG BAU vom 22. 12. 2010 unter: https://www.igbau.de/Binaries/Binary13836/pm-92 – 2010-IG_BAU-ACS-Jobsicherung22. 12. 2010.pdf (Abruf am 17. 08. 2017).

Anhang

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dieser Absprachen ausgesprochen werden. ACS würde den Vorstand von HOCHTIEF unterstützen, wenn er entscheidet, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. 6. ACS wird eine Strategie von HOCHTIEF unterstützen, nationale Märkte – insbesondere den deutschen Markt – nachhaltig und mit angemessener Profitabilität zu entwickeln, um Arbeitsplätze zu sichern und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. 7. Die Zusammenarbeit zwischen allen Geschäftsbereichen des HOCHTIEF-Konzerns soll ausgebaut werden. Die Strategie der Geschäftsbereiche soll in höherem Maße darauf ausgerichtet werden, Aufträge für die jeweils anderen Geschäftsbereiche des Konzerns zu generieren. 8. Die IG BAU ist und bleibt alleiniger Sozialpartner im HOCHTIEF-Konzern für Deutschland und alle Arbeitsverhältnisse nach deutschem Recht. 9. Die Arbeitsdirektoren in den mitbestimmten Gesellschaften des HOCHTIEF-Konzerns werden nur im Benehmen mit den Gewerkschaftsvertretern in den jeweiligen Aufsichtsräten vorgeschlagen. Die IG BAU ist davon überzeugt, dass die vorstehenden Absprachen nunmehr eine konstruktive Beziehung zwischen HOCHTIEF, seinen Arbeitnehmern und ACS ermöglichen. Frankfurt am Main/Madrid, 21. Dezember 2010

Anhang

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Appendix II: Vereinbarung zwischen Schaeffler und der IG Metall Anhang

Im Wortlaut2: Zukunfts-Vereinbarung Zwischen den Gesellschaftern der Schaeffler-Gruppe und der IG Metall zum Erhalt des Unternehmensverbundes zwischen Schaeffler und Continental und der Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten Das Zusammengehen von Schaeffler und Continental schafft ein weltweit führendes Unternehmen in der Automobilindustrie, sowie mit großen Marktchancen im Maschinenbau; es verbindet Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit sowie die herausragenden Kompetenzen von Schaeffler in der Mechanik und von Continental in der Elektronik. Dieses industriepolitische Konzept ist richtig und zukunftsweisend. Seine Finanzierung ist wegen der weltweiten Finanzkrise und ihren massiven wirtschaftlichen Auswirkungen in akuter Gefahr. Davon sind direkt weltweit 220.000 Arbeitsplätze betroffen, davon allein in Deutschland 80.000 Arbeitsplätze, sowie indirekt eine große Zahl von Menschen bei Zulieferern beider Unternehmen. Die Sicherheit der Arbeitsplätze in einem weltweit führenden und wettbewerbsfähigen Unternehmensverbund hat sowohl eine übergeordnete volkswirtschaftliche wie eine besondere strategische Bedeutung für die deutsche Automobilindustrie. Auf dieser Grundlage stimmen IG Metall und die Familienunternehmer Schaeffler überein: 1. Der Verbund von Schaeffler und Continental ist zu erhalten und weiter zu entwickeln. Eine Zerschlagung gefährdet Arbeitsplätze, Standorte und die technologische Spitzenstellung und damit auch die langfristige Sicherung des Automobilstandortes Deutschland. Die bereits eingeleitete Verselbständigung und ein eventuell späterer Verkauf der Rubber-Gruppe der Continental AG wird in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmerseite sorgfältig geprüft werden. 2. Schaeffler und Continental werden ihre Fähigkeiten und Kompetenzen so zusammenführen, dass nach der Überwindung der aktuellen Herausforderungen ein von Innovation und Wachstum geprägter Unternehmensverbund eine sichere Basis für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Familien sowie für die Standorte bietet. Dafür haben sich die Belegschaften, ihre Betriebsräte, die IG Metall und die Familie Schaeff­ler immer eingesetzt. Die Gewinne der Schaeffler-Gruppe wurden deshalb durch die Gesellschafter in das Wachstum der Firma und ihre technologische Führungsposition, in Forschung und Entwicklung sowie in Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze investiert. Die Gesellschafter der Schaeffler-Gruppe sind entschlossen, diese unternehmerische Haltung fortzuführen und bleiben dem Standort Deutschland verpflichtet. 3. Durch den Unternehmensverbund von Schaeffler und Continental entstehen grundsätzlich neue Anforderungen. Beide Seiten stimmen in folgenden Grundsätzen und Eckpunkten überein: 2  Abrufbar unter: http://www.igmetall-schaeffler.de/fileadmin/01_Redaktion_Schaeffler/02-Downloads/Vereinbarung-IGM-Schaeffler.pdf (Abruf am 17. 08. 2017).

Anhang

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a. In der Schaeffler-Gruppe wird die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – vergleichbar einer Aktiengesellschaft – eingeführt. Dieser Grundsatz gilt unabhängig von der zukünftigen Rechtsform der Schaeffler KG (Kommanditgesellschaft auf Aktien, Aktiengesellschaft, Fortführung als Personengesellschaft oder anderes). b. Der Unternehmensverbund von Schaeffler und Continental darf weder zerschlagen werden noch durch sinnlose, von kurzfristigen Interessen getriebene Veräußerungen geschädigt werden. Maßstab für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung sind die Inhalte der bestehenden Investorenvereinbarung und der gemeinsamen Erklärung zum Einstieg der Schaeffler KG bei der Continental AG vom 22. August 2008. Die Suche nach weiteren Investoren bedarf deshalb einer soliden und langfristig verstandenen Strategie. c. Dafür sind Können und Leistungsbereitschaft der Belegschaften entscheidend; durch das Zusammenführen von Schaeffler und Continental wird es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. Beide Seiten werden alles dafür tun, dass es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. Sie werden gemeinsam an einer Strategie arbeiten, mit der die Standorte gesichert und weiterentwickelt werden können. Grundlage dafür sind die bestehenden Tarifverträge und deren Geltung auch bei möglichen Neustrukturierungen oder Betriebsübergängen. d. Die Gesellschafter der Schaeffler Gruppe sind bereit, sich zur Zukunftssicherung des Unternehmensverbundes von einem wesentlichen Teil ihrer Beteiligung an der Schaeff­ ler-Gruppe zu trennen und mit dem Erlös die Verschuldung der Schaeffler Gruppe zurück zu führen.

Damit sollen – wie bisher seitens der Familie Schaeffler immer gehandhabt – die Unternehmen, ihre Zukunftsfähigkeit und ihre Arbeitsplätze gesichert werden.

e. Beide Seiten stimmen überein, dass die Möglichkeiten zur Kapitalbeteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt werden sollen. Die Gesellschafter der Schaeffler Gruppe sind deshalb bereit, die Mitarbeiter an Ihrem zukünftigen Gesellschaftsanteil zu beteiligen. Beide Seiten werden darauf hinwirken, dass die bei Continental bestehenden Möglichkeiten der Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Unternehmen entsprechend angepasst werden. f. Um eine Zerschlagung beider Unternehmen zu verhindern, ist die Rolle der Familie Schaeffler als wesentlicher Ankeraktionär von entscheidender Bedeutung und damit Voraussetzung für die vorstehenden Eckpunkte. Im Interesse der Belegschaften beider Unternehmen wird sich die IG Metall aktiv und öffentlich dafür einsetzen. 4. Beide Seiten plädieren dafür, dass auch die anderen Beteiligten (wie Banken oder Investoren) an der weiteren Entwicklung des Unternehmensverbunds Schaeffler / Continental diese Grundsätze und Eckpfeiler mit aktiven Beiträgen unterstützen. 5. Schaeffler und IG Metall erwarten, dass auch alle anderen Beteiligten diese Grundsätze und Eckpfeiler bei allen weiteren Entscheidungen beachten.

IG Metall und Schaeffler verstehen diese Grundsätze und Eckpfeiler als Bestandteil jedes Konzeptes zur Erhaltung und Entwicklung des Verbunds von Schaeffler / Continental sowie zur Überwindung der aktuellen Herausforderungen.

6. IG Metall und Schaeffler stimmen überein, dass ein – die aktuelle Krise überbrückendes – Engagement der Länder und des Bundes erforderlich ist. Dieses Engagement soll und kann

Anhang

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weder die Bereitschaft der Gesellschafter ersetzen, sich von einem Teil ihrer Beteiligungen an der Schaeffler-Gruppe zu trennen noch die Notwendigkeit eines entsprechenden Beitrages der Banken. Die öffentliche Unterstützung – ob als Eigenkapitalhilfe, Liquiditätssicherung oder Bürgschaft – erfolgt auf Basis eines von der Schaeffler-Gruppe und den Banken zu erstellenden Zukunftskonzeptes und versteht sich als zeitlich begrenzte Übergangshilfe, um den Fortbestand der Unternehmen und seiner Arbeitsplätze zu erhalten und Zeit zu gewinnen in einem besseren wirtschaftlichen Umfeld Investoren zu finden. Es ist selbstverständlich, dass jedes öffentliche Engagement entsprechend verzinst wird beziehungsweise mit entsprechenden Gebühren belegt sein wird. 7. Alle weiteren Schritte zur Umsetzung dieser Vereinbarung werden durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe begleitet. Gesellschafter der Schaeffler Gruppe

IG Metall Vorstand

Maria-Elisabeth Schaeffler

Berthold Huber

Georg Schaeffler

Frankfurt am Main, 23. Februar 2009

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Appendix III: Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes und Terex Anhang

Auszug aus dem Business Combination Agreement zwischen Demag Cranes AG, Terex Industrial Holding AG und Terex Corporation im Wortlaut3: Section 2 Corporate Seat, Listing and Brands Corporate Seat: Terex undertakes to procure that Demag Cranes AG or, as the case may be, the Demag Cranes Operating Segment Board (as described in Section 3.5) maintains its (corporate) seat (Satzungssitz) in Düsseldorf, Germany, and the headquarter functions as set forth in more detail in Sections 3.5 and 3.6. 2.2 Listing: Until completion (effectiveness) of a Squeeze-Out, Terex will not cause Demag Cranes AG to cease the listing of the Company’s shares at the Frankfurt Stock Exchange on the regulated market (Regulierter Markt). 2.3 […] 2.1

Section 3 Operations and Locations of Demag Cranes Sites and Locations: Terex undertakes not to cause the change of the location of the German sites of Demag Cranes AG or any Demag Cranes Affiliate, or the main activities at significant production sites. In particular, and subject only to the centralisation of functions referred to in Section 3.2, – Luisenthal shall continue to be the lead manufacturing centre for standard cranes; – Uslar shall continue to be the lead manufacturing centre for drives; – Wetter shall continue to be the lead manufacturing centre for IC components; and – Düsseldorf/Benrath shall continue to be the lead manufacturing centre for mobile harbour cranes and services centre. 3.2 […] 3.1

Section 4 Workforce and Employees 4.1

Workforce and Workforce Regulation: Terex acknowledges that the dedicated workforce of Demag Cranes AG and the Demag Cranes Affiliates is the foundation of the current and future success of Demag Cranes. Terex expressly views the Transaction as an opportunity for growth for Demag Cranes’ workforce and other stakeholders and not as an acquisition which is directed towards cost reductions to the detriment of the Demag Cranes workforce. Conversely, Terex acknowledges that the success of the Transaction – and in particular the continued business success of Demag Cranes – de-

3 Abrufbar unter: http://www.demagcranes.cz/files/content/sites/global/files/PDF/IR/ 160611_Business_Combination_Agreement_ENG.pdf (Abruf am 25. 10. 2016). Eine unverbindliche Übersetzung des BCA enthält die „Gemeinsame Ergänzende Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Demag Cranes AG“ nach § 27 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 S. 1 WpÜG als Anlage 4, abrufbar unter: http://www.demagcranes.es/files/ content/sites/global/files/PDF/IR/Uebernahmeangebot/Gemeinsame_Ergnzende_Stellungnahme.pdf (Abruf am 26. 10. 2016).

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4.2

4.3

Anhang pends on the creativity of the Demag Cranes workforce and their potential for innovation, both of which heavily rely on the competence and commitment of the employees of Demag Cranes. Terex intends to continue and further strengthen a constructive dialogue with all of Demag Cranes’ workforce constituencies and to support the Management Board in maintaining and developing an attractive and competitive framework to retain an excellent and worldwide employee base. In particular, except to the extent required by law, Terex undertakes (a) not to cause Demag Cranes to take or initiate any action aiming at the amendment or termination of existing shop agreements (Betriebsvereinbarungen), collective bargaining agreements (Tarifverträge) or similar agreements of Demag Cranes AG and/or any Demag Cranes Affiliate; (b) to respect the rights of the employees, works councils (Betriebsräte) and unions (Gewerkschaften) existing within or with regard to Demag Cranes AG and the Demag Cranes Affiliates under applicablelaws, regulations, arrangements and agreements; (c) not to cause Demag Cranes to initiate any action aiming at a change of the employer’s collective bargaining jurisdiction (Tarifzuständigkeit auf Arbeitgeberseite); and (d) not to cause Demag Cranes to take actions that would lead to a change of the existing level of co-determination in the Supervisory Board. Reduction of Workforce: Terex acknowledges that Terex and Demag Cranes have complementary businesses with virtually no overlap. Against this background, other than the functions referred to in Section 3.6, Terex undertakes not to cause Demag Cranes to reduce the current workforce of Demag Cranes AG and/or any Demag Cranes Affiliate in Germany as a direct result of the Transaction and does not anticipate any termination for enforced redundancies (betriebsbedingte Kündigung) of employees of Demag ­Cranes AG or any Demag Cranes Affiliate as a direct result of the Transaction. Management and Employees Retention / Incentive Schemes: In the event that the Demag Cranes Shares cease to be listed on the Frankfurt Stock Exchange, any participant in the Matching Stock Program of Demag Cranes AG shall be entitled, consistent with past practice without a takeover offer, to receive from Demag Cranes AG for each phantom share held by him or her a cash payment in the amount equal to the difference between the base price (Basispreis) and the average unweighted closing price on the XETRA-trading platform during the last 60 trading days immediately prior to the effectiveness of the delisting (Ausübungskurs).

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Sachwortregister Sachwortregister

Abspaltungsverbot  213, 214 AGB-Kontrolle siehe Koalitionsvertrag Anteilseigentum  217 Arbeitsdirektor  246, 254 Arbeitskampf siehe Kampfmitteleinsatz Asset Deal siehe Betriebsübergang außertarifliche Sozialpartnervereinbarungen  86, 207 autonome Unternehmerentscheidung  48, 222 Beherrschungsvertrag  189, 247, 260 Bemühenspflicht  258 Berufsfreiheit  221 Betriebsbedingte Kündigung  48 Betriebsrat  74 – Gewerkschaftskonkurrenz  141 – Grundsatz der Normenklarheit  171 – Rechtsfähigkeit  74 Betriebsübergang  43 – Informationspflicht  43 – Widerspruchsrecht  43 Betriebsübergangsrichtlinie  46, 53 Board Recommendation-Klausel  60 Business Combination Agreement  29, 295 Business Judgement Rule  309 Deal Protection  60 Differenzierungsklauseln 

94

Eigentümerverantwortung  226 Eigentumsfreiheit  216 – Anteilseigentum  217 – Herrschaftsrecht  217 – Mitgliedschaftsrecht  217 – Squeeze out  222

einfacher Schuldvertrag siehe Schuldvertrag Einwirkungspflicht  232, 254, 256, 259 Europäische Sozialcharta  285 feindliche Übernahme  57, 65 freundliche Übernahme  57 Friedenspflicht  282 Garant  317 Gelatine-Entscheidung  236, 244, 300 Gesellschafterwechsel  21, 23, 36, 42 Gewerkschaft  83 – Mitgliederinteresse  84 – Rechtsfähigkeit  83 Gewerkschaftsabreden siehe Investorenvereinbarung (Gewerkschaft) Gewerkschaftsboni siehe Differenzierungsklauseln Grundrechte  215 – Berufsfreiheit  221 – Eigentumsfreiheit  216 – unmittelbare Drittwirkung  130, 146 – Vertragsfreiheit  223 Hauptversammlung  300 – Kompetenzen  300 – Stimmbindung  212 Holzmüller-Entscheidung  236, 300 Inhaltskontrolle  152 Investitionszusagen  234, 238, 313 Investor  34, 63 Investorenvereinbarung (Gewerkschaft)  179 – aktienrechtliche Kompetenzordnung  212 – anwendbare Rechtsordnung  266

376

Sachwortregister

– arbeitsverhältnisbezogene Gegenstände  230 – Auslegung  208 – Begriffsbildung  28 – Erkämpfbarkeit  289 – organisationsrechtliche Regelungsgegenstände  245 – Qualifikation  204 – Regelungsgegenstände  228 – Tarifvertrag  179, 195 – unternehmenspolitische Gegenstände  233 – Verbindlichkeit  205 – Vertragstypus  204 Investorenvereinbarung (Zielgesellschaft)  294 – Garant  317 – Grenzen  302 – haftungsrechtliche Grenzen  309 – kompetenzrechtliche Grenzen  302, 307 – Vorwegbindung der Leitungsautonomie  302 – Zuständigkeit  297 Kampfmitteleinsatz  270 – außertariflicher  276 – Investorenvereinbarung  289 – Koalitionsvertrag  278 – Streikmonopol  285 – Tarifbezogenheit des Arbeitskampfs  271 – tarifunfähiger Parteien  280 Kartellkontrolle  156 – Koalitionsvertrag  155 – Tarifvertrag  155 Kernbereich der Unternehmensleitung  227 Kernbereichslehre  273 Koalitionsbegriff  113 – funktionaler  114 – offener  113

Koalitionsfreiheit  220 – Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen  107 – Koalitionsbegriff  113 Koalitionsvertrag  101 – Abschlussbefugnis  112 – AGB-Kontrolle  151 – Anwendungsfälle  126 – Auslegung  208 – Grenzen  153 – Günstigkeitsprinzip  137 – Kartellkontrolle  154 – Kombinationsfreiheit  170 – Regelungsbefugnis  107 – Richtigkeitsgewähr  148 – Schadensersatz  147 – Schranken siehe Grenzen – Schriftform  134 – Schutz  146 – Umsetzung  131 – Vertragstypus  105 Kollektivverträge  86 – Koalitionsvertrag  101 – Kombinationsfreiheit  170 – Rechtsformenwahlfreiheit  168 – Schuldvertrag  163 – Tarifvertrag  87 Kontrollerwerb  43 – Informationslage bei börsennotierten Unternehmen  43 – Informationslage bei nicht börsennotierten Unternehmen  44 Konzern – schuldrechtliche Vereinbarungen im  102, 127, 176 – Vertrags-  123 Leitungsautonomie – Rechtsfolge eines Verstoßes  306 – unzulässige Vorwegbindung  302 Mehrheitserwerb siehe Kontrollerwerb

Sachwortregister Mitbestimmungsvereinbarungen – Entsenderechte  253 – Leitungsautonomie  303 – satzungsändernde  253 – Stimmbindung  253 – Tarifmacht  95, 181, 191 Motivlage  32 – Arbeitnehmer  38 – Gewerkschaft  38 – Investor  34 – Vorstand  36 – Zielgesellschaft  61 Neutralitätspflicht  45, 297 Normsetzungsbefugnis – Koalitionsvertrag  129 – Tarifvertrag  88, 90 Öffentlichkeit  Organhaftung 

65 309

praktische Konkordanz  Privatautonomie  170

62, 139, 312

Rechtsformwechsel  245, 248 Richtigkeitsgewähr  148 schuldrechtlicher Normenvertrag  132 Schuldvertrag  163 – Koppelungsverbot  166 – Regelungsmacht  164 Share Deal – Informationsinteresse  39 – Informationszugang  39 – Reaktionsmöglichkeiten  42 Sorgfaltspflichten siehe Business Judgement Rule soziale Mächtigkeit  100, 104, 149 Squeeze out siehe Eigentumsfreiheit Standortsicherung  233, 235, 303

377

Stimmbindungsverträge – Gewerkschaft  214 – Investor  307 – Nichtaktionär  212 Streik siehe Kampfmitteleinsatz Tariffähigkeit  99 Tarifmacht  87 – Differenzierungsklauseln  94 – Mitbestimmungsvereinbarungen  95 – Schranken  96 – Unternehmensautonomie  96 Tarifvertrag – Geltungsbefehl  91, 98, 130 – normativer Teil  87 – obligatorischer Teil  93 Tarifvorbehalt  142 Tarifvorrang  145 Trennungsprinzip  38 Treuepflicht  213 Übernahmeangebot – Angebotsunterlage  39, 43, 52 – Stellungnahme  45, 53, 57 Unternehmensverträge  190, 192, 194 Unternehmerfreiheit  221 Vereitelungsverbot  298 Vorstand – Abberufung  36 – Bestellung  39 – Unternehmensinteresse  297, 304, 311 – Unternehmensleitung  244, 294, 297 Vorwegbindung siehe Leitungsautonomie Wirtschaftsausschuss 

40, 44, 65, 81

Zukunftsvereinbarung  33, 66, 180 Zusammenschlussvereinbarung siehe Business Combination Agreement