Intime Zeugen: Vom Waschtisch zum Badezimmer 9783205791485, 9783205787310

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Intime Zeugen: Vom Waschtisch zum Badezimmer
 9783205791485, 9783205787310

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Eva B. Ottillinger (Hg.)

intime zeugen Vom Waschtisch zum Badezimmer

Band 30

böhlau verlag wien . köln . weimar

eine publikationsreihe

M MD

der museen des mobiliendepots

Das Buch erscheint zur Ausstellung »Intime Zeugen. Vom Waschtisch zum Badezimmer« im Hofmobilendepot . Möbelmuseum Wien, 21. September 2011–22. Jänner 2012.

Gedruckt mit Unterstützung der Bundesmobilienverwaltung – Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien Andreasgasse 7 A-1070 Wien

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek  : Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-78731-0 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, ­insbesondere die der Über­setzung, des Nachdruckes, der Entnahme von ­Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf ­fotomechanischem oder ­ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Daten­ver­arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2011 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H. & Co. KG, Wien · Köln · Weimar http://www.boehlau-verlag.com Gestaltungskonzept  : fuhrer, 1070 Wien Umschlagabbildung  : Berthold Löffler, Schlafzimmer Kaiser Franz ­Josephs in Schönbrunn, Aquarell, 30. November 1916 (Bundesmobilienverwaltung, Wien) (FT 16) Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier Druck  : Holzhausen Druck GmbH, 1140 Wien Printed in Austria

IN H A LT

7 : Vorwort der Reihenherausgeberin · Ilsebill Barta 9 : Einleitung und Dank der Bandherausgeberin · Eva B. Ottillinger 11 : Vom Waschtisch zum Badezimmer, Zur Geschichte der Körperhygiene und des privaten Bades in Europa · Eva B. Ottillinger Farbtafeln, nach Seite 16 64 : Katalog, zusammengestellt von Eva B. Ottillinger 113 : Vom Nachtscherm zur Klomuschel, Hygieneporzellan und Sanitärkeramik · Ulrike Scholda 129 : Haut und Haar. Die Schönheitspflege im Wandel der Zeit am Beispiel von Königin Marie Antoinette, Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph · Marlene Ott 148 : Ausgewählte Literatur 149 : Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots

inhalt : 5

V o rw o rt d e r reihenHerausgeberin Händewaschen ist neuerdings wieder groß in Mode. Ärzte und Hygieniker empfehlen dabei ausreichendes Händereiben für 30 Sekunden, Eltern und Schulen legen vermehrt Wert auf die Umsetzung dieser neuen Einsichten. Toxische Bakterienstämme und exotische Virenverbindungen erobern sich in der abweisenden Welt klinischer und nur vermeintlicher Sauberkeit Terrain zurück. So kehrt ein alter Ritus als Vorkehrung wider neue Krankheiten zurück  : das Reinigen der Hände vor dem Essen. Zur Wohn- und Tafelkultur des Hofes, dem Thema unserer Schriftenreihe, gehören kostbare Objekte der ›Kunst‹ des Händewaschens als wichtige Bestandteile des höfischen Tafelzeremoniells, außerdem bislang wenig erforschte Gefäße für menschliche Exkremente und Flüssigkeiten und zur Körperhygiene. Leibstühle, Nachttöpfe und Spucknäpfe, aber auch Lavoirs, Zahnbürstentrockner und Wasserkrüge, Bidets und Waschtische sind jene Gerätschaften, die auch der Hygiene der kaiserlichen Familie dienten. Sie haben sich im Hofmobiliendepot und in der Silberkammer ebenso erhalten wie andere Objekte des kaiserlichen Haushalts zum alltäglichen Gebrauch. Unsere Ausstellung und der Katalog zu den kaiserlichen Hygienemöbeln umfassen die Zeitspanne zwischen 18. und frühem 20. Jahrhundert. Sie rufen die Zeit Maria Theresias zurück, in der Waschen und Baden – zum Teil aus Bigotterie – an den Höfen sehr unterschiedlich gehandhabt wurden. So schrieb Maria Karoline, eine Tochter der Kaiserin, die 1768 in das Königreich Sizilien eingeheiratet hatte, dass sie aus Prüderie und der daraus folgenden mangelnden Hygiene fast ihren Mann als Liebhaber verloren hätte und führte das auf ihre Erziehung am Wiener Hof zurück. Marie Antoinette, die jüngste Tochter der Kaiserin, badete zwar jeden Tag, legte aber zeitlebens das Hemd zum Baden nicht ab. Im Barock waren goldene und silberne Waschund Schminkutensilien sowie Gerätschaften aus

Porzellan zur Hygiene genauso der höfischen Konkurrenz einer überbordenden Luxusproduktion unterworfen wie das edle Tafelgeschirr. Und die Retirade – ursprünglich ein Plätzchen im Zimmer – wuchs zu einem speziellen, wichtigen und mehreren Funktionen dienenden eigenen Raum, der vielerlei Gestaltungsmöglichkeiten erschloss. Die Errungenschaften und Moden des Adels, vor allem die Entwicklung bestimmter Räume für die verschiedenen Bedürfnisse der Hygiene, fanden in bürgerlichen Kreisen mit der Zeit ebenfalls Verwendung. Nicht allein darauf beschränkte sich der Vorbildcharakter adeliger Kreise, er war ebenso in der Kleidermode und bei den Frisuren wie in der Verwendung von Accessoires, bestimmter Seifen, Pflegemittel und Parfums wirksam. Meine Kollegin Dr. Eva B. Ottillinger hat Katalog und Ausstellung in bewährter Weise erarbeitet, mit großem Engagement unterstützt von Dr. Marlene Ott; Dr. Ulrike Scholda ergänzte die wissenschaftlichen Recherchen um die Geschichte des Hygieneporzellans. Ihnen allen danke ich wie auch Mag. Josefa Haselböck und Mag. Markus Laumann für Marketing und Organisation der Ausstellung. Der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. sind wir außerdem für die Mitfinanzierung der Ausstellung verpflichtet. Allen Leihgebern, den unterstützenden Museen und Institutionen, den Werkstätten der Bundesmobilienverwaltung sowie dem Böhlau Verlag sei für ihre Mitwirkung herzlichst gedankt. MR Dr. Ilsebill Barta Wissenschaftliche Leiterin Hofmobiliendepot und Silberkammer Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

vorwort der reihenherausgeberin : 7

Einleitung und Da n k d e r Ba n d h e r a u s g e b e r i n Eva B. Ottillinger

Das Badezimmer mit Fließwasseranschluss und fix installierter Badewanne ist eine Entwicklung des späten 19. Jahrhunderts. Sie wird hier am Beispiel Wiens vorgestellt. Heilbäder und Schwimmbäder sowie außer­europäische Badegewohnheiten sind hingegen nicht Thema von Buch und Ausstellung.

Das Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien ver- D A N K fügt über eine umfangreiche Sammlung von Waschtischen, Toilettetischen, Bidets und „Zimmerretiraden“. Ausstellung und Katalog konnten nur durch die gute In der Silberkammer – Hofburg Wien werden da­ Zusammenarbeit von zahlreichen Personen und Instirüber hinaus zahlreiche Hygieneporzellane aus tutionen realisiert werden. dem kaiserlichen Haushalt verwahrt, darunter auch Für Leihgaben danken wir folgenden Institutionen  : »Bourdalous«, spezielle Nachttöpfe für Damen. Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums (Dr. Die Sammlung des Hofmobiliendepots ist ein Franz Kirchweger) »materielles Gedächtnis«. Hier sind zahlreiche Ge- Landesinnung Wien der Sanitär-, Heizungs- und Lüfgenstände erhalten geblieben, die durch veränderte tungstechniker (Mag. Alexander Schrötter, Komm.Lebensgewohnheiten aus dem alltäglichen Gebrauch Rat Peter Stieg) gekommen sind oder nach dem Ende der Monarchie MAK – Österreichisches Museum für angewandte ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Kunst (Dr. Rainald Franz, Dr. Sebastian HackenWir haben uns die Frage nach dem Aufkommen schmidt, Dr. Katja Miksovsky, Dr. Elisabeth Schmutdieser unterschiedlichen Gerätschaften für die Körper­ termeier) hygiene, nach ihrer Funktion und nach dem Ort ­ihrer Sammlung Klauda (Jutta Laskowski-Klauda) Verwendung gestellt. Im Rahmen der Quellen­recher­ Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. chen zu unserer Publikation »Kaiserliche Interieurs, (Dr. Elfriede Iby, Mag. Olivia Lichtscheidl) Die Wohnkultur des Wiener Hofes im 19. Jahrhun- Technisches Museum Wien (Dr. Peter Payer) dert« (1997) sind wir bereits auf aufschlussreiche Hin- Wien Museum Karlsplatz (Mag. Eva-Maria Orosz) weise zum Einbau von Bädern und WCs in den kaiserlichen Residenzen gestoßen. Nun gilt es diese Quellen Mein Dank gilt den Katalog-Autorinnen Dr. Ulrike und die erhaltenen Objekte im Kontext der Geschichte Scholda für ihren Beitrag über Hygieneporzellan der europäischen Körperhygiene zu beleuchten. und Sanitärkeramik und Dr. Marlene Ott für ihren Der Schwerpunkt von Buch und Ausstellung liegt Beitrag über den Wandel der Haar- und Hautpflege. in der Entwicklung vom 18. bis ins frühe 20. Jahr- Marlene Ott stand mir bei der Ausstellung auch als hundert und beschreibt den schrittweisen Wandel wissenschaftliche Assistentin mit großem Engagevom mobilen Hygienemöbel zum modernen Bade- ment zur Seite. Gestaltung und Produktion der Pub­ zimmer. Die spartanischen Waschgewohnheiten von likation lag in den erfahrenen Händen des Böhlau Kaiser Franz Joseph und die aufwendige Schönheits- Verlages. Die Exponate wurden von Edgar Knaack in pflege von Kaiserin Elisabeth sind Beispiele dieses bewährter Weise für den Katalog ins Bild gesetzt. Wandels. Die Einrichtung der Appartements der kaiserlichen Für Abbildungsvorlagen danken wir in Wien  : Familien illustrieren die Verwendung spezieller Hy- Kunsthistorisches Museum, Landesinnung Wien der gienemöbel in »Toilette-Cabinetten« und »Retiraden« Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker, MAK – auf anschauliche Weise. Österreichisches Museum für angewandte Kunst,

einleitung und dank

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Österreichische Nationalbibliothek, Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Technisches Museum Wien, Wien Museum Karlsplatz, Wiener Stadt- und Landesbibliothek  ; in Berlin  : Gemäldegalerie und Kunstbibliothek der staatlichen Museen/bpk  ; in Bremen  : Kunsthalle  ; in Dresden  : Deutsches Hygiene Museum  ; in Heidelberg  : Universitätsbibliothek  ; in Nürnberg  : Germanisches Nationalmuseum  ; in Stuttgart  : Staatsgalerie  ; in London  : The Royal Collection und The Wallace Collection  ; in Paris  : Parisienne de Photographie/Roger-Viollet  ; in den USA  : Minneapolis Institute of Arts. Für Unterlagen und Informationen danken wir darüber hinaus  : Wolfgang Bauer (Beletage, Wien), Generalleutnant Christian Clausen, René Edenhofer, Dr. Lieselotte Hanzl-Wachter (Marchfeldschlösser Revitalisierungsund Betriebsgesellschaft), Mag. Petra Kalousek (Hofburgprojekt der ÖAW), Kunsthandel Patrick Kovacs, Gerhard Posch (Firma H. Enders), Dr. Petra Krutisch (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg) und den Kollegen vom Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Für die Gestaltung der Ausstellung sorgte auf einfühl­ same Weise Mag. Markus Reuter. Die aufwendigen Restaurierungen der Exponate sowie die Rekonstruktion der Biedermeier-Draperien des Toilettekabinetts von Erzherzogin Maria Anna wurden vom gesamten Team der Bundesmobilienverwaltung mit großen Fachwissen und Einsatz durchgeführt. Ihnen allen danke ich für die gute Zusammenarbeit herzlich. Mein abschließender Dank gilt meinen KollegInnen im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend MR Dr. Ilsebill Barta, Mag. Andreas Gugler, Dr. Catharina Charlotta Scheich, Dr. Kurt Schimak, Sabine Appl und Ingrid Hajek für ihre vielfältige Unterstützung.

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einleitung und dank

V o m Wa s c h t i s c h z u m Ba d e z i m m e r Z u r G e s c h i c h t e d e r K ö r pe r h yg i e n e u n d d e s p r i vat e n B a d e s i n E u ro pa Eva B. Ottillinger

Das Badezimmer mit Fließwasseranschluss und fix installierter Badewanne, wie wir es heute kennen, entstand im späten 19. Jahrhundert. Wesent­ liche ­Voraussetzungen dafür waren eine kommunale Trinkwasser-Versorgung und Abwasser-Entsorgung sowie das Entstehen eines neuen Berufsstandes, der des Installateurs. Der Wiener Architekt und Kulturkritiker Adolf Loos widmete dem englischen »Plumber« – zu Deutsch  : Spengler oder Klempner – 1898 einen Artikel in der Neuen Freien Presse, in dem er die Bedeutung dieses Berufes folgendermaßen beschrieb  : »Aber ohne den plumber gebe es kein neunzehntes jahrhundert. Er hat ihm seinen stempel aufgedrückt, er ist uns unentbehrlich geworden. Und doch müssen wir ihn französisch benennen, wir sagen zu ihm installateur.«1 Der Artikel von Loos erschien 1898 wohl nicht zufällig zum zehnjährigen Bestandsjubiläum der »Genossenschaft der consessionirten Gas- und Wasserleitungs-Installateure«, die sich in Wien 1888 zusammengeschlossen hatten.2 Die Entwicklung des modernen Badezimmers gehört zur Geschichte der anonymen technischen Innovationen. Es ist daher nicht überraschend, dass eine der ersten historischen Abhandlungen über die haustechnischen Aspekte von Bädern im Kapitel »The mechanization of the bath« von Siegfried Giedeons 1948 erschienener Studie »Mechanization takes command, A contribution to anonymous history« zu finden ist.3 In früheren Zeiten wurde das Baden oft außerhalb der eigenen Wohnung und in geselliger Form praktiziert. Man denke nur an die römischen ThermenAnlagen oder die Badestuben des Mittelalters. Zu Hause wurde die Körperhygiene hingegen mithilfe mobiler Gerätschaften bewerkstelligt. Unser beson-

deres Interesse gilt den Hygienemöbeln beginnend mit den Waschkästen, über Toilette- und Waschtische bis zu den Bidets, »Zimmerretiraden« und mobilen Badewannen. Bei den Verrichtungen zur Körperhygiene ging es nicht ausschließlich um Sauberkeit, sondern auch um gesellschaftliche Umgangsformen. So gehörte etwa das Händewaschen bei Tisch seit alters her zu den guten Sitten und das »Toilette-Machen« war bei Hofe ein wichtiger Teil des Zeremoniells. Für die Geschichte der Körperhygiene sind daher neben Badebauten, Baderäumen und Gerätschaften auch schriftliche Quellen sehr aufschlussreich. Diese reichen von der Dichtung über religiöse und autobiografische Texte bis hin zu Archivdokumenten und Medienberichten. Darüber hinaus können bildliche Darstellungen von der Grafik über die Malerei bis hin zu Fotografie und Werbung zusätzliche Informationen über Badepraktiken und Körperhygiene enthalten.

D i e a n t i k e B a d e k u lt u r Balnea, vina, Venus corrumperunt corporem, sed vitam ­feciunt. Römische Grabinschrift

Die europäische Badekultur reicht zurück bis in die Antike. Im Palast von Knossos auf Kreta gab es bereits im zweiten vorchristlichen Jahrtausend Badezimmer mit Badewannen. Zur Wasserversorgung diente in der Stadt ein System von Terrakotta-Rohren.4 An den Höfen des Mittelmeerraumes galt es als eine Selbstverständlichkeit, dem Gastfreund nach den Strapazen der Reise zunächst ein Bad bereiten zu lassen und dann zu Tisch zu laden. Agamemnon, dem mythischen König von Mykene und Anführer des griechischen Heeres vor Troja, wurde dies bei seiner Rückkehr zum Verhängnis. Als Agamemnon nach der zehnjährigen Belagerung der Stadt siegreich nach Mykene zurückkehrte, wurde er von seiner Gattin Klytaimnestra und ihrem Geliebten Aigisthos aus Rache dafür, dass der König vor der Abreise nach

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Troja seine Tochter Iphigenie opfern ließ, um die schen bei der Tafel dienten eine Wasserkanne und ein Göttin Artemis für die Überfahrt nach Ionien güns- Wasserbecken. tig zu stimmen, im Bade ermordet.5 Diese Annehmlichkeit war nicht nur auf fürstliche Auch Homer berichtete in der »Odyssee« an meh- Paläste beschränkt oder Helden nach abenteuerlichen reren Stellen von diesen Badegewohnheiten. Im drit- Reisen vorbehalten, auch in Wohnhäusern gab es ten Gesang hören wir, wie Telemach auf der Suche Bade- bzw. Waschräume, die häufig neben der Küche nach seinem Vater Odysseus bei Nestor gastlich auf- lagen. Dort befanden sich eine Sitzwanne aus Terragenommen wurde  : kotta und ein von einer Säule getragenes Waschbecken (louterion, von  : loutein – waschen) aus Bronze, »Den Telemachos badete dann Polykaste, die schöne, Terrakotta oder Marmor.8 Das Vasenbild eines KraNestors spätgeborene Tochter, des Neleiaden. ters in der Antikensammlung des Kunsthistorischen Als sie darauf nach dem Bad ihn gesalbt mit dem Museums in Wien zeigt junge Frauen, die sich bei ­glänzenden Öle, einem solchen Becken waschen. Die rot-figurige VaUnd ihn wohl gehüllt mit prächtigem Mantel und senmalerei aus der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. ­Leibrock, lässt deutlich erkennen, dass zur Körperpflege ein Stieg er aus dem Bad, an Gestalt Unsterblichen ähnlich, metallenes Schabeisen (strigilis) und Salböl VerwenGing und setzte sich hin bei Nestor, dem Hirten der dung fanden, das in einer kleinen Flasche aufbewahrt ­Völker.«6 wurde (FT 1). Neben diesen privaten Bädern entwickelten sich Im zehnten Gesang wurde dann detailreich beschrie- in den Sportstätten auch öffentliche Badeeinrichtunben, wie die Zauberin Kirke für den weitgereisten gen. In den Palästren und Gymnasien gab es zunächst Odysseus durch ihre Dienerin ein Bad bereiten ließ, Waschräume, wo sich die Knaben und Männer nach bevor sie ihn zu Tisch bat  : Übungen Öl und Sand abwaschen konnten.9 Im 5. Jahrhundert entstanden, wie etwa in Olympia, »Aber die vierte Magd trug Wasser und zündete Feuer Schwimmbecken mit angeschlossenen Massage- und Unter dem großen Dreifuß an, das Wasser zu wärmen. Ruheräumen.10 Diese Schwimm- und BadeeinrichUnd nachdem das Wasser gekocht im blinkenden Erze, tungen waren zunächst Kaltbäder, die zur AbhärSetzte sie mich in das Bad und goss aus dem mächtigen tung dienen sollten, da ein warmes Bad – so Platon Dreifuß, in den »Nomoi« – nur Alten und Kranken vorbeLieblich gemischtes Wasser mir über das Haupt und die halten sein sollte. Der Arzt Hippokrates (460–377 Schultern, v. Chr.) verschrieb Schwitzbäder und Thermalbäder Bis sie die Glieder erlöst von herzergreifender Mattheit. für vielfältige Heilanwendungen.11 Im 4. JahrhunDa sie mich aber gebadet und mich gesalbt mit dem Öle, dert entwickelten sich neue Heizungssysteme, die Gab sie mir um den prächtigen Mantel über den Leibrock, es ermöglichten, Badeanlagen auch in den kälteren Und dann führte sie mich ins Gemach zum silberbeschla- Wintermonaten entsprechend zu beheizen.12 In den genen griechischen Städten gab es auch unabhängig von Schön künstlichen Sitz, mit fußstützenden Schemel. Sportstätten öffentliche Badeeinrichtungen. Eine Eine Dienerin brachte in schöner goldener Kanne solche Badestube (balaneion) verfügte über einen Wasser und netzte über dem silbernen Becken zum Waschen Raum mit Badewannen und über einen Salbraum.13 Mir die Hände und stellte vor mich den geglätteten Tisch Von Griechenland aus verbreiteten sich die öffenthin.«7 lichen Badestuben in der gesamten hellenistischen Welt. Das Baden-Gehen gehörte, wie die von Vitruv Gebadet wurde in warmem Wasser, danach wurde überlieferte Geschichte des Archimedes von Syrakus die Haut mit Salbölen eingecremt. Zum Händewa- (287–212 v. Chr.) zeigt, zu den alltäglichen Verrich-

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tungen. Hieron der Jüngere von Syrakus hatte den sollten drei Wasserkessel für kaltes, lauwarmes und Mathematiker beauftragt zu überprüfen, ob ein gol- heißes Wasser vorhanden sein.17 Dementsprechend dener Kranz, der als Weihegabe dienen sollte, tat- verfügten die römischen Thermenanlagen über eine sächlich zur Gänze aus Gold angefertigt worden oder Abfolge von Räumen mit unterschiedlichen Temperaob Silber beigemengt worden war. »Während dieser turen  : Nach dem Umkleideraum (apodyterium) bedarüber nachdachte, ging er zufällig in eine Bade- trat man zu Beginn den Kaltbaderaum (frigitarium), stube und, als er dort in die Badewanne stieg, be- wo sich die Besucher zunächst reinigten und später merkte er, dass ebenso viel wie er von seinem Körper abkühlen konnten. Es folgte ein mäßig erwärmter in die Wanne eintauchte, an Wasser aus der Wanne Baderaum (tepidarium) mit Ruhebänken und Washerausfloss. Weil [dieser Vorgang] einen Weg für die serbecken und das eigentliche Warmbad (caldarium) Lösung der Aufgabe gezeigt hatte, hielt er sich da- sowie ein Schwitzraum mit trockener Hitze (laconiher nicht weiter auf, sondern sprang voller Freude cum) bzw. ein Dampfbad (sudatorium).18 Der Badebesuch diente nicht ausschließlich der aus der Badewanne, lief nackend nach Hause und rief mit lauter Stimme, er habe das gefunden, was er Körperhygiene, sondern war eine gemeinschaftliche suche. Laufend rief er nämlich immer wieder grie- und lustbetonte Angelegenheit. Der römische Autor Petronius (um 14–66 n. Chr.) schilderte im Schelchisch  : »Heureka  !« – »Ich hab’s gefunden  !«14 Der römische Architekturtheoretiker Vitruv (um menroman »Satyricon« das gemeinsame Baden als 70/60–um 10 v. Chr.) gab in seinem um 22 v. Chr. Teil eines sorglosen Luxuslebens folgendermaßen  : verfassten Traktat »De architectura libri decem« »Wir gingen daher ins Innere des Bades, ließen uns (Zehn Bücher über Architektur) auch einen Einblick durch die Hitze in Schweiß bringen und gingen in die Badearchitektur im Rom der späten Repub- dann eilig unter die kalte Dusche. Trimalichio hatte lik und der frühen Kaiserzeit. Voraussetzung für die sich bereits mit Salböl übergießen lassen und wurde Thermen und öffentlichen Latrinenanlagen war eine abgetrocknet – nicht mit Leinentüchern, sondern komplexe kommunale Infrastruktur, die von Wasser- mit Überwürfen aus ganz weicher Wolle. Inzwischen leitungen bis zu Kanalsystemen reichte und die suk- tranken drei Masseure vor seinen Augen Falnerwein  : zessive im gesamten römischen Imperium Verbrei- als sie sich rauften und dabei den meisten Wein vertung fand. In Rom gab es bereits um 300 v. Chr. die schütteten, sagte Trimalchio  : ›Die trinken auf mein erste große Wasserleitung, die Aqua Appia. So über- Wohl.‹ Dann ließ er sich in einen scharlachroten rascht es nicht, dass Vitruv das achte Buch seines Schlafrock aus Flausch wickeln und in die Sänfte setArchitekturtraktates zur Gänze dem Wasser gewid- zen.«19 Im Sinne dieses Lebensgefühls war auf einem met hat. Das sechste Kapitel dieses Buches hat die römischen Grabstein zu lesen, dass die Bäder, der »Anlage einer Wasserleitung, Graben von Brunnen Wein und die Liebe zwar den Körper verderben, aber und Zisternen« zum Thema und enthält detaillierte das Leben ausmachen würden  ; die Inschrift lautet  : Informationen über gemauerte Wasserrinnen sowie »Balnea, vina, Venus corrumperunt corporem, sed vitam feciunt.«20 Blei- und Tonröhren.15 Im fünften Buch, das den öffentlichen Bauten geBadeanlagen gab es in großen Villen. Die öffentwidmet ist, beschäftigte sich Vitruv neben der Markt- lichen Bäder wurden von der öffentlichen Hand Basilika und dem Theater auch mit der Anlage von oder von privaten Investoren betrieben. Männer und Bädern. Er empfahl einen möglichst warmen Bau- Frauen benutzten die Bäder zu unterschiedlichen platz, der nicht nach Norden ausgerichtet sein sollte Zeiten, größere Badeanlagen verfügten über nach und Licht möglichst von Südwesten erhalten sollte, Geschlechtern getrennte Bereiche. »weil die Badezeit vornehmlich von Mittag bis Abend Die Stabianer Therme in Pompeji aus der Zeit festgesetzt ist«.16 Die Gebäude sollten mittels Fuß- um 140 v. Chr. gehört zu den ältesten erhaltenen bodenheizung (suspensura) erwärmt werden und es Thermenanlagen. Die Therme war mit einer Palästra

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verbunden und verfügte über ein Frauen- und ein Männerbad.21 Zur Zeit von Kaiser Augustus gab es allein in Rom etwa 170 öffentliche Bäder.22 Auch in Provinzen des Imperium Romanum wurden von Karthago bis Trier Thermen gebaut.23 In der Kaiserzeit wurden die Thermenanlagen in Rom zu prestigeträchtigen Monumentalbauten. Anschauliche Beispiele sind die 206 bis 216 n. Chr. errichteten Thermen des Caracalla und die 298 bis 306 n. Chr. erbauten Diokletiansthermen.24 Unter Kaiser Konstantin wurde 324 n. Chr. schließlich die letzte große Kaisertherme in Rom errichtet. Neben diesen technisch aufwendig gestalten Badeanlagen gab es in der Hauptstadt Rom sowie in allen großen Städten des Römischen Reiches auch öffentliche Latrinenanlagen, die an die kommunale Wasserversorgung angeschlossen waren. Die Latrinen bestanden zumeist aus einem größeren Raum mit Sitzreihen an den Wänden, die über Öffnungen verfügten, durch die die Fäkalien direkt in einen Abwasserkanal fielen. Zur Reinigung nach dem Stuhlgang verwendete man anstelle des heute üblichen Klopapiers Badeschwämme, die an einem Holzstock befestigt waren.25 Nach dem Tod von Kaiser Theodosius I. war es zur Teilung des Imperium Romanum in ein oströmisches und ein weströmisches Reich gekommen. Während das oströmische Reich bis zur Eroberung von Kons­tantinopel durch die Osmanen 1453 weiterbestand, ging das weströmische Reich bereits 476 n. Chr., mit der Proklamation von Odoaker zum König, zu Ende. Dies hatte das schrittweise Ende der römischen Badekultur zur Folge. Bei der Belagerung Roms durch die Goten im Jahre 537 n. Chr. wurden die Wasserleitungen zerstört. Im Zuge der Völkerwanderung brach auch die kommunale Wasserversorgung in den ehemals römischen Provinzen zusammen. Damit verloren die Thermen ihre Funktion. Im Orient blieb die römische Badekultur hingegen über Jahrhunderte lebendig und wurde in der islamischen Welt weiterentwickelt.26 Das türkische Hamam, das im Osmanischen Reich auch auf europäischem Boden besucht werden konnte, wurzelte in der römischen Badekultur.27

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Der Paradigmenwechsel im frühen Christentum Der Lust wegen zu baden soll man unterlassen Clemens von Alexandria, Paedagogos, um 200 n. Chr.

In den Glaubensvorstellungen des Judentums nehmen rituelle Reinheitsgebote einen wichtigen Stellenwert ein. Im dritten Buch Mose ist den Themen »Unreinheit bei Männern« und »bei Frauen« ein Kapitel gewidmet,28 das Grundlage für die zahlreichen Reinigungsregeln im jüdischen Alltagsleben ist. Stets wird streng zwischen rein (tahor) und unrein (tame) unterschieden. Auch in der Diaspora gehört die Mikwe, das Ritualbad, neben der Synagoge und der koscheren Fleischhauerei zu den identitätsstiftenden Institutionen jeder jüdischen Gemeinde. In Europa sind beeindruckende Reste dieser jüdischen Badearchitektur aus der römischen Kaiserzeit (z. B. in Ostia Antica, um 350 n. Chr.) und aus dem Mittelalter (z. B. in Speyer und Worms, 12. Jahrhundert) erhalten geblieben.29 Auch im Islam gibt es zahlreiche Reinheitsgebote, die jenen des Judentums verwandt sind. Der Koran nennt rituelle Waschungen vor dem Gebet30 und die »monatliche Reinigung« von Frauen.31 Für Christen bedeutet die Taufe zwar eine Vergebung der Sünden, wenn es im Markus-Evangelium heißt  : »So trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündete  : Lasst euch taufen  ! Bekehrt euch, damit eure Sünden vergeben werden.«32 Das Eintauchen in das Wasser ist jedoch keine rituelle Reinigung im Sinne der jüdischen Tradition, sondern hat eine spirituelle Bedeutung, die Johannes der Täufer mit dem Verweis auf Jesus erklärte, wenn es im Markus-Evangelium weiter heißt  : »Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit heiligem Geist taufen.«33 Im Neuen Testament wird Kritik an den überlieferten Vorstellungen von ritueller Reinheit geübt. Der Evangelist Markus berichtet dazu im Kapitel »Von Reinheit und Unreinheit« Folgendes   : »Die Pharisäer und Schriftgelehrten, die aus Jerusalem gekommen waren, hielten sich bei Jesus auf. Sie sahen,

dass einige seiner Jünger mit unreinen, das heißt mit getan habe. Amen, Amen ich sage euch, der Knecht ungewaschenen Händen aßen. Denn die Pharisäer ist nicht größer als sein Herr (…)«35 Die Habsburessen wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer gerkaiser folgten diesem Beispiel und wuschen jeweils Handvoll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es am Gründonnerstag bedürftigen Alten die Füße.36 die Überlieferung der Alten vorschreibt. Auch wenn Der biblische Bericht vom Letzen Abendmahl enthält sie vom Markte kommen, essen sie nicht, ohne sich auch Hinweise auf das Alltagsleben in Palästina, wo vorher zu waschen  ; noch viele andere überlieferte man im ersten Jahrhundert – wie im gesamten MitVorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Be- telmeerraum – häufig offene Sandalen trug, mit den chern und Krügen und kupfernen Kesseln. Die Pha- Fingern und zumeist im Liegen aß. Es gehörte daher risäer und Schriftgelehrten fragen ihn also  : Warum zu den guten Sitten, sich vor dem Essen die Hände halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferun- und Füße zu waschen. Mit dem frühen Christentum kam es in der angen der Alten, sondern essen mit unreinen Händen  ? Er antwortet ihnen  : Recht hatte der Prophet Jesaja, tiken Welt zu einer Neuorientierung des Körperbeals er über euch Heuchler sagte, wie es geschrieben wusstseins, das sich auch auf die Badegewohnheiten steht  : Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein bezog. Clemens von Alexandria (150–215) widmete Herz aber ist weit weg von mir. Es ist sinnlos, wie dem Thema in seinem Erziehungsbuch »Paedagogos« sie mich ehren  ; was sie lehren, sind Satzungen von das Kapitel »Weswegen man das Bad benützen soll« und schrieb  : »Was also das Baden betrifft, so gibt Menschen.«34 Als sich Jesus mit seinen Jüngern beim Paschafest es vier Gründe, warum wir ins Bad gehen  : nämlich zum Letzten Abendmahl versammelte, bekam die entweder der Reinlichkeit wegen oder wegen der Ervon der Tradition vorgeschriebene Reinigung vor wärmung oder wegen der Gesundheit oder schließdem Essen eine neue Bedeutung als Akt der Demut lich wegen des damit verbundenen Lustgefühls. Der und Nächstenliebe  ; der Evangelist Johannes berich- Lust wegen zu baden, soll man unterlassen  ; denn die tet  : »Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, verabscheuungswerte Lust muss man gänzlich ausaus dieser Welt zum Vater zu gehen (…) Sie hielten rotten. Dagegen sollen Frauen Bäder nehmen zum ein Mahl (…) da stand er vom Mahl auf, legte das Zwecke der Reinigung und wegen der Gesundheit, Oberkleid ab und gürtete sich mit einem Leinentuch. Männer aber nur wegen der Gesundheit.«37 Der AuDann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den tor warnte im Weiteren vor der GesundheitsgefährJüngern die Füße zu waschen und mit dem Leintuch dung durch das Baden38 und verwies auf die Vorstelabzutrocknen, mit dem er umgürtet war. Als er zu Si- lung der Vier-Säfte-Lehre, wonach das Badewasser mon Petrus kam, sagte dieser zu ihm  : Herr, du willst durch die Haut in den Körper eindringen könne39. mir die Füße waschen  ? Jesus antwortete ihm  : Was Hippokrates hat diese Lehre bereits im 5. vorchristliich tue, verstehst du jetzt nicht, du wirst es aber spä- chen Jahrhundert formuliert, Galenos von Pergamon ter erkennen. Petrus entgegnete ihm  : Niemals sollst (129–216 n. Chr.) fasste sie um 200 zusammen. Für du mir die Füße waschen  ! Jesus erwiderte ihm  : Wenn die Christen sollte an die Stelle der heidnischen Baich dich nicht wasche, hast du keine Gemeinschaft defreuden nun die Reinheit der Seele treten, wenn es mit mir. Da sagte Simon Petrus zu ihm  : Herr, nicht bei Clemens von Alexandria weiter hieß  : »Waschen nur meine Füße, sondern auch die Hände und den muss man aber zu allererst die Seele mit dem reiniKopf  ! Jesus sprach zu ihm  : Wer gebadet hat, braucht genden Logos und zuweilen auch den Körper wegen nur noch die Füße zu waschen, und er ist ganz rein des Schmutzes«40 und »Das beste Bad reinigt also die (…) Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Oberkleid Seele vom Schmutz und ist geistig. (…) Für das Bad angelegt und sich wieder zu Tisch gesetzt hatte, sagte des Körpers aber, für das fleischliche, genügt auch er  : Begreift ihr, was ich an euch getan habe  ? (…) Ein Wasser allein, wie es so oft auf dem Lande geschieht, Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, was ich wo es kein Bad gibt.«41

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Bei Augustinus (354–430) verstärkte sich dieser rinen.46 In den Klöstern des Zisterzienserordens, die Bezug zwischen christlichem Glauben und Badege- im 12. und 13. Jahrhundert wichtige Beiträge zur wohnheiten, und er antwortete in seinen Briefen auf Urbarmachung einiger Regionen Mitteleuropas leisdie Frage, warum vor Ostern, wo damals üblicher- teten, wurden häufig lokale Bäche zur Wasserversorweise die Taufe durch Untertauchen gespendet wor- gung von Klosterküche, Waschhaus bzw. Badestube den ist, auch gebadet werden sollte  : »Willst du aber sowie für Latrinen genutzt.47 Das »Necessarium« von wissen, warum es an diesem Tage üblich ist, ein Bad Stift Zwettl in Niederösterreich ist ein Beispiel dafür. zu nehmen, so ist mir, als ich darüber nachdachte, am wahrscheinlichsten vorgekommen, dass man etwas Unziemliches für das Auge darin gesehen hätte, M i t t e l a lt e r l i c h e B a d e f re u d e n wenn man mit dem durch die Beobachtung der Fasten schmutzigen gewordenen Leibe bei der Tauf- Du schonen wib, der gute win (…) und zwirnt in der woquelle erschienen wäre. Da hat man nun am liebsten chen baden. Tannhäuser, um 1246 jene Tage zur Reinigung gewählt, an dem die Jahresfeier des heiligen Abendmahles begangen wird. Da es nun einmal den Täuflingen gestattet war, so wollten Im Mittelalter gehörte ebenso wie in der Antike das auch viele andere gleich ihnen an diesem Tage ein Waschen nach Reise und Kampf sowie vor dem Essen zu den guten Sitten. Die Anstandsregeln im Rahmen Bad nehmen und das Fasten mildern.«42 In der im 6. Jahrhundert von Benedikt von Nursia der »Tischzucht«48 illustrieren dies ebenso wie die (480–547) formulierten Regel für das Klosterleben, Dichtung. Jean Renart beschrieb die Praktiken der die zur Grundlage des Mönchtums in Europa wer- Körperhygiene um 1200 in »Der Roman der Rose« den sollte, finden sich in den 73 Kapiteln nur wenige oder »Wilhelm von Dole« mit großer SelbstverständVorgaben zum Waschen der Hände und Füße. Im 35. lichkeit folgendermaßen  : Nach den Kämpfen stiegen Kapitel »Vom Wochendienst in der Küche« hieß es  : die Grafen und Barone mit ihren Männern bei der »Wer den Wochendienst beendet, nehme am Samstag Herberge ab  : »Sie fanden die Tischtücher aufgebreidie Reinigung vor  ; er wasche die Tücher, womit sich tet und die guten Weine und Speisen, je nachdem, die Brüder Hände und Füße abtrocknen. Die Füße wie jeder sie bei den Aufträgern bestellt hatte. Warsolle allen Brüdern waschen, wer mit dem Dienst be- mes Wasser erfreute sich großer Beliebtheit, um daginnt, wie auch, wer ihn beschließt.«43 Zum Baden mit die blutunterlaufenen Stellen an den Hälsen, wo lesen wir im Kapitel 36 »Von den kranken Brüdern«  : die schweren Schläge getroffen hatten, und die schö»Den Gebrauch von Bädern bietet man den Kranken nen Gesichter zu waschen.«49 Auch nach dem Essen an, so oft es zuträglich ist  ; den Gesunden aber und war es üblich, sich erneut die Hände zu waschen, da vor allem den Jüngeren werde er nicht leicht gestat- es damals noch keine Gabeln gab und die Speisen daher mit den Fingern zum Mund geführt werden tet.«44 Badehäuser und Latrinen waren jedoch Bestand- mussten. Jean Renart berichtete darüber an anderer teile der Klosteranlagen. Der Klosterplan von St. Stelle  : »Die Söhne der reichsunmittelbaren Barone Gallen, entstanden um 818/828 im Kloster Reiche- brachten sogleich, nachdem man die Tischtücher abnau, zeigt den Idealplan einer Klosteranlage nach genommen hatte, die Handtücher und Becken voll den Regeln des heiligen Benedikt. Das Zentrum bil- klaren Wasser. Sobald der Kaiser, der so gut bedient det die Kirche. An das linke Seitenschiff schließt ein wurde, und die Kaiserin und der Erzbischof sich als Kreuzgang an, der seinerseits von Refektorium und erste die Hände gewaschen hatten, begann unverzügDormitorium umschlossen wird. An der Ecke zwi- lich das große Fest, das die ganze Nacht währte.«50 Zum Händewaschen bei der Tafel wurden in den schen diesen gibt es ein »balneatorium«, in dem wohl Badewannen vorgesehen waren45 sowie mehrere Lat- Höfen des Mittelalters ebenso wie an den Fürsten-

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FT 1: Tarquinia Maler, Darstellung eines Frauenbades auf einem rot-figurigen attischen Kolonettenkrater, um 450 v. Chr. (Antikensammlung – Kunsthistorisches ­Museum, Wien)

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FT 2: Darstellung des Minnesängers Jakob von der Warte beim Baden, in  : Große Heidelberger Liederhandschrift ­(Codex Manesse), um 1300/1340 (Universitätsbibliothek, Heidelberg)

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FT 3: Darstellung eines Badebordells, in  : Valerius Maximus, Factorum Dictorumque Memorabilium, um 1470 (Kunstbibliothek, Berlin/bpk)

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FT 4: Hausbuchmeister, Fuß­waschung Christi, Ölgemälde, um 1475/80 (Gemäldegalerie, Berlin/ bpk)

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FT 5: Gabriel Mäleß­ kircher, Maria Magdalena salbt Jesus die Füße, Ölgemälde, um 1476 (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg)

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FT 6: Niederländischer Meister, Dame bei der Toilette, Ölgemälde, um 1650/60 (Minneapolis Institute of Arts, The Putnam Dana McMillan Fund) FT 7: »Der Morgen« aus der Serie der Tageszeiten, ­Pietra-Dura-Arbeit, Florenz, um 1750 (Bundesmobilienverwaltung – Hofburg, Wien)

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FT 8: Gottlieb Menzel, Lavabo aus vergoldetem Silber, 1729/30 (Silberkammer Hofburg, Wien)

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FT 9: Anton Matthias Domanek, »Nachtzeug« von Franz ­Stephan von Lothringen aus Gold, um 1750 (Kunst­ kammer – Kunsthistorisches Museum, Wien)

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FT 10: Johann Zoffany, Königin Charlotte mit ihren zwei ältesten Söhnen vor dem Toilettetisch, Ölgemälde, um 1765 (The Royal Collection, London)

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FT 11: Hans Memling, ­Bathseba im Bade, Ölgemälde, um 1485 (Staatsgalerie, Stuttgart)

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FT 12: Jean-Baptiste Pater, Le plaisir de l’été, Ölgemälde, um 1730/40 (The Wallace Collection, London)

farbtafeln

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FT 13: Ferdinand Waldmüller, Elise Höfer an ihrem Toilettetisch, Ölgemälde, 1827 (Wien Museum Karlsplatz)

FT 14: Johann Stephan Decker, Toilettekabinett von Erzherzogin Maria Anna, aquarellierte Bleistiftzeichnung, um 1831 (Wien Museum Karlsplatz)

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FT 15: Toilettezimmer im Fremdenappartement der Wiener Hofburg, Farbpostkarte, um 1900 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

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FT 16: Berthold Löffler, Schlafzimmer Kaiser Franz ­Josephs in Schönbrunn, Aquarell, 30. November 1916 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

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FT 17: Badezimmer von Kaiserin Elisabeth in der ­Wiener Hofburg (Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft, Foto  : Wilfried Gredler)

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FT 18: WC von Kaiserin Elisabeth in der Wiener ­Hofburg (Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebs­ gesellschaft, Foto  : Sascha Riegler)

höfen der Antike Wasserbecken und Krügen aus herangeschafft und in Kesseln erhitzt werden. Das Metall verwendet, die von Bedienten herumgereicht Badewasser wurde auch mit Kräutern und Blüten wurden. In bäuerlichen und bürgerlichen Haushal- versetzt, um den Badenden zu verwöhnen. Ein Bad ten benutzte man zum Waschen hingegen Zuber aus zu bereiten war ein Akt der Gastfreundschaft. WolfHolz sowie Schüsseln und Krüge aus Keramik. Ein ram von Eschenbach beschrieb eine solche Badeszene Gemälde des Hausbuchmeisters mit der Darstellung um 1207 in seinem »Parzival«, wo einem verwundeder »Fußwaschung Christi« aus der Zeit um 1475/80 ten Ritter nach dem Turnier auf folgende Weise von zeigt die Form und Verwendung dieser Gerätschaften den Mägden ein Bad bereitet wurde  : auf anschauliche Weise (FT 4). Mit welcher Selbstverständlichkeit das Händewaschen den allgemein Ihm stand zur mittleren Morgenzeit verbreiteten Tischsitten zugerechnet wurde, bestätigt Vor seinem Bett ein Bad bereit, auch, dass Sebastian Brant in seinem »Narrenschiff« Wie es so Sitte war in seinem Haus, im Kapitel »Von Unarten bei Tische« jene als Narren Und Rosen goss man drüber aus. anführte  : »Die sich die Hände nicht waschen wollen, Der Gast erwachte, der da schlief, Wenn auch aus Schonung niemand rief, wenn sie zu Tisch sich setzen sollen.«51 Das etwa zeitgleiche, wohl um 1476 datierte, Und in die Kufe setzte sich dann Gemälde von Gabriel Mäleßkircher »Maria Mag- Der junge werte süße Mann. dalena salbt Jesus die Füße« (FT 5) zeigt Christus Da kamen Jungfraun hold und licht  ; bei Tisch im Hause des Pharisäers Simon (nach  : Wer sie entsandte, weiß ich nicht. Lukas 7,36–50).52 Die biblische Tafelszene wird In prächtiger Gewande Schimmer vom Maler in einem zeitgenössischen bürgerlichen Betraten züchtig sie das Zimmer, Wohnraum dargestellt und zeigt die Wohn- und Ta- den Gast zu waschen und zugleich felkultur des Spätmittelalters auf detailreiche Weise. Mit ihren Händen blank und weich Im Hintergrund des Gemäldes ist an der Rückwand Seine Wunden sanft zu streicheln des Raumes ein neuer Möbeltyp zu sehen, der spezi- Und sich vertraut ihm anzuschmeicheln, ell der Körperhygiene dient : der Waschkasten. Der Mocht’ ihn auch noch sein Witz versagen. schmale, hohe Überbauschrank verfügt über zwei Geduldig ließ er sichs behagen. geschlossene Kästen und ein offenes, nischenartiges Ein Badelaken ward gebracht  ; Zwischengeschoss, in dem ein Waschbecken und ein Er aber nahm es nicht in acht  ; Wasserbehälter aus Metall angebracht sind. In den So konnt’ er sich vor Frauen schämen. Sammlungen des Germanischen Nationalmuseums Er wollt’ es aber nicht von ihnen nehmen. in Nürnberg ist ein süddeutscher Waschkasten dieser Gern blieben noch die Mägdlein dort, Art aus dem frühen 16. Jahrhundert erhalten geblie- Er litt es nicht, sie mussten fort.54 ben, und aus dem Schloss Anneberg im Südtiroler Vinschgau stammt ein weiteres, noch vor 1500 ange- Die hölzerne Badewanne konnte sowohl in einem fertigtes Beispiel (Kat.-Nr. 1), das aus der Sammlung Wohnraum als auch im Freien aufgestellt werden. Figdor ins MAK – Österreichisches Museum für an- Letzteres zeigt die Darstellung des Schweizer Minnesängers Jacob von der Warte in der Großen Heidelgewandte Kunst kam.53 Badewannen für ein Vollbad waren im Mittelalter berger Liederhandschrift (Codex Manesse) aus der gleichfalls mobile Gerätschaften, die wie Zuber und Zeit von 1300/40. Zu sehen ist der Ritter, der seine Weinfässer in Fassbinder-Technik aus Holz gefertigt Waffen abgelegt hat und in einer hölzernen Wanne wurden. Ein solches Wannenbad war eine mühsame unter einem Baum sitzt, während ihn Hofdamen und personalaufwendige Angelegenheit. Danach bekränzen und ihm Wein reichen (FT 2). Das Bamusste das Badewasser von Brunnen oder Quellen den in einer Holzwanne war keineswegs nur Rittern

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vorbehalten, sondern fand auf ähnliche Weise auch ten ließen. Die Badestuben des Mittelalters unterin Frauengemächern statt. Hans Memlings um 1485 schieden sich jedoch deutlich von den antiken Therentstandenes Gemälde von »Bathseba im Bade« zeigt men und orientalischen Hamams mit ihrer feuchten denselben Typ der Holzwanne, wie die Miniatur aus Hitze. In den heimischen Badestuben herrschte trodem Codex Manesse. Die Badewanne steht jedoch ckene Hitze vor, die durch Aufgüsse nur kurzfristig im Wohnraum und von einem textilen Baldachin be- mit Wasserdampf angereichert wurde. Diese Art des krönt, der die Wärme halten sollte (FT 11). Schwitzbades steht in der Tradition von germaniSolche mit großem Aufwand bereiteten Wannen- schen und slawischen Schwitzbädern58 und lebt in bäder waren im privaten Rahmen nur begüterten der finnischen Sauna fort. Schichten zugänglich. Für die breite Bevölkerung Eine typische Badestube bestand aus einem Umstanden öffentliche Badestuben zur Verfügung, über kleide- und Ruheraum, in dem die Besucher zuderen häufigen Besuch der Dichter Tannhäuser be- nächst die Straßenkleidung ablegten und dann nach richtete. Er hatte mit Kaiser Friedrich II. 1228/29 am dem Bad auf Ruhebetten ausruhen konnten.59 DaKreuzzug teilgenommen und weilte danach am Hof nach folgte das Vorbad, wo sich die Besucher zuerst des Babenberger-Herzogs Friedrich II., des Streitba- reinigten oder sich nach dem Schwitzbad abduschen ren, in Wien. Nach dem Tod dieses letzten Baben- ließen.60 In der Badestube gab es einen Badeofen, bergers in der Schlacht an der Leitha 1246 wurde um den Raum zu erwärmen, einen Wasserkessel für sein Wiener Hof aufgelöst. Dabei verloren auch die das warme Badewasser, Sitzbänke sowie hölzerne ZuKünstler und Handwerker ihren Brotherrn. Tann- ber und Wannen.61 Mitunter gab es einen gesonderhäuser war beim Abschied von Wien traurig über das ten Heizraum für den Ofen.62 Albrecht Dürers 1496 schöne Leben, das er nun aufgeben musste. Zu den datiertes Blatt »Das Frauenbad« zeigt eine solche Annehmlichkeiten der Stadt gehörten für ihn die Badestube und Gerätschaften darin auf anschauliche schönen Frauen, der gute Wein, das gute Essen und Weise (Abb. 1). der Besuch der Badestube zwei Mal in der Woche  ; Der Bader war ein eigenständiges Gewerbe, das er schrieb  : in Wien bereits vor 1400 zünftisch organisiert war.63 Üblicherweise wurde die Badestube zweimal in der »Du schonen wib, der gute win. du mursel an dem Woche aufgeheizt. Zudem mussten das Badewasser ­morgen. erwärmt und die Waschlauge vorbereitet werden. und zwirnt in der wochen baden. daz scheidet mich von Der Beginn des Badebetriebes wurde in der Stadt mit gute.«55 einer Posaune verkündet oder ausgerufen. In Hans Sachs’ 1568 erschienener Beschreibung Öffentliche Badestuben wurden im 13. Jahrhundert der Stände hieß es zum »Bader«  : immer zahlreicher, und ihr Besuch gehörte zum Alltagsleben in mittelalterlichen Städten.56 In Wien gab »Wolher ins bad reich unde arm, es im Spätmittelalter 29 Badestuben. Das »Stuben- Das ist jetzund geheizet warm. viertel« am Stubentor leitete seinen Namen von den Mit wolschmacker lauge man euch wescht, Denn auff die Oberbank euch setzt, zahlreichen Badestuben her.57 Das Aufkommen der Badestuben wurde häufig Erschwitzt, den werdt ir zwagn und gribn, mit den Kreuzzügen in Verbindung gebracht, bei de- Mit lassn das übrige Blut außtriebn, nen die Ritter die auf antike Traditionen fußende Ba- Dann mit dem Wannenbad erfreut, dekultur des Orients kennen- und schätzen gelernt Darnach geschoren und angefleht.«64 hätten. Ein unmittelbares Zusammentreffen war zwar in Spanien gegeben, wo die arabischen Eroberer In den Badestuben wurden Waschmöglichkeiten, aufwendige Badeanlagen – etwa in Granada – errich- Schwitz- und Wannenbäder angeboten, aber auch

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1. Albrecht Dürer, Frauenbad, 1496 (Kunsthalle Bremen)

Rasuren und Haarpflege. Der »Badepfennig« war oft Teil des Lohns, den Handwerksmeister ihren Gesellen zahlten. Albrecht Dürer schrieb im Tagebuch seiner Reise in die Niederlande 1520/21 mit großer Selbstverständlichkeit  : »Aachen – 5 Stüber mit den Gesellen verbatet.«65 Üblicherweise badeten Männer und Frauen getrennt, entweder zu anderen Zeiten oder in geson-

derten Räumen. Man trug leichte Badehemden und Badehüte aus Strohgeflecht.66 Die Badestube war aber auch ein Ort der Geselligkeit. Die sogenannte »Wenzlsbibel«, eine um 1390/1400 als Geschenk für König Wenzel IV. von Böhmen gefertigte illuminierte Bibelhandschrift, zeigt in ihren Randleisten »Bademädchen«, die leicht bekleidet die Badegäste verwöhnen.67 Neben den der Körperhygiene dienen-

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den Badestuben gab es Badebordelle, wo den Badegästen neben Wein und Speise auch andere Dienstleistungen angeboten wurden. Eine Miniatur aus der Handschrift zu »Factorum Dictorumque Memorabilium« von Valerius Maximus aus der Zeit um 1470 zeigt dies auf anschauliche Weise (FT 3).

wie Schröpfen, zur Aderlassen oder »Purgieren«, also Abführen durchgeführt. Jost Ammans Illustration von 1565 zum »Bäderbüchlein« des Paracelsus zeigt, wie den Eltern vom Bader Schröpfköpfe angesetzt werden, während die kleinen Kinder sich mit einem Schwamm waschen bzw. im Holzzuber baden (Abb. 2). Der Arzt und Alchemist Theophrastus Bombastus von Hohenheim (1493–1541), Paracelsus genannt, U m b rü c h e i n d e r F rü h e n N e u ze i t veröffentlichte 1525 eine Schrift »Von den natürlichen bedern«, die oft »Badebüchlein« genannt wurde. All houses of resort in the suburbs of Vienna must be plucked Darin werden die heilenden Wirkungen von Minedown ral- und Thermalquellen ebenso beschrieben wie verShakespeare, Measure for Measure, 1604 schiedene Indikationen von Badetechniken. Mitunter wurden mehrstündige Bäder empfohlen. Darüber Nach dem Tod von Königin Elisabeth I. von England, hinaus wurden die Zugabe von Kräutern und die die kinderlos gestorben war, folgte ihr der Sohn von Einhaltung von Diäten angeführt.70 Maria Stuart am englischen Thron. Zu den ersten Dieses wiedererwachte, auf der Tradition der mitMaßnahmen von König Jakob I. gehörte 1603 die telalterlichen »Badefahrten« beruhende Interesse an Schließung der Londoner Freudenhäuser. William Heil- und Kurbädern blieb im 16. Jahrhundert keiShakespeare bezog sich darauf, als er 1604 im Stück neswegs auf den deutschsprachigen Raum beschränkt, »Maß für Maß«, das er übrigens in Wien spielen ließ, der französische Adelige und Philosoph Michel de schrieb, dass alle »houses of resort« niedergerissen Montaigne (1533–1592) unternahm 1580/81 wegen werden müssten. seines Nierensteinleidens eine »Bäderreise«, die ihn Die Badestuben und Badebordelle erlebten im von Frankreich durch die Schweiz und Deutschland frühen 16. Jahrhundert noch eine letzte Blütezeit, nach Italien führte. Im September traf er in Plombières ein, wo es zugleich war das Ende der Entwicklung angebrochen. Eine Ursache lag in der steigenden Holzknappheit, üblich war, »zwei- bis dreimal täglich« zu baden.71 die das aufwendige Beheizen der Badestuben schwie- Über die Badeanlagen und Badesitten berichtete Montaigne  : »Es gibt mehrere Becken  ; das größte riger machte.68 Darüber hinaus verbreitete sich in Europa nach davon, das Hauptbad, nach antikem Muster oval geder Entdeckung Amerikas 1492 durch Christoph halten, ist fünfunddreißig Schritt lang und fünfzehn Kolumbus eine bisher unbekannte, ansteckende breit. Das heiße Wasser quillt in mehreren Strudeln Krankheit, die Syphilis. Diese neue, als »französische von unten empor (…) Es wird sehr auf Zucht und Krankheit« bezeichnete Infektionskrankheit verbrei- Sitte geachtet, obwohl die Badegäste fast nackt ins tete sich durch die Soldaten und über die Höfe in Becken steigen  : die Männer tragen nur eine kurze großer Geschwindigkeit über Europa, und es gab Hose, die Frauen nur ein Hemd.«72 In der Badeordbald Badeverbote für die Erkrankten. In der Stadt nung, die auf einer Tafel im Hauptbad befestigt ist, Nürnberg wurde bereits 1496 angeordnet, »allen pa- wurden folgende Regeln gegen Unzucht und Anstedern bei einer poen zehen gulden zu gepeten das sie ckungen im Bade festgehalten  : »Huren und andere darob und vor sein, damit die menschen, die an der unzüchtige Frauenzimmer haben keinen Zutritt zu Newen krankheit malum Frantzosen, beflekt und den Bädern (…) Des weiteren darf niemand, der aus einem Ort kommt, wo ansteckende Krankheiten krank sein, in Irn paden nicht gepadet«.69 In den Badestuben wurden neben Körperreinigung herrschen, die Stadt Plombières betreten.«73 Diese und Haarpflege auch medizinische Dienstleistungen Verhaltensregeln zeigen, dass sich die Heilbäder der

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frühen Neuzeit vor den Pest-Epidemien schützen und von den Badebordellen des Spätmittelalters abgrenzen wollten. Die traditionellen Badestuben blieben im deutschsprachigen Raum jedoch in Betrieb, so auch in Mittenwald, wo Montaigne im Oktober 1580 durchreiste. Sein Sekretär berichtet  : »Der Gasthof hat ein Dampfbad, in das die Gäste für anderthalb Batzen schwitzen gehen können  ; ich tat das auch, während die Herren zu Abend aßen. Viele Deutsche ließen sich hier mit Schröpfköpfen zur Ader.«74 In Augsburg, wo Montaigne zuvor die Brunnenanlagen aufgefallen waren, bemerkte er darüber hinaus im Gasthaus »eine besondere Vorrichtung zum Wasserzapfen«, durch die »das Wasser am Brunnenboden« so »in ein Bleirohr« gepresst wurde, »das es wiederum in die Küchen und überall hin leitete, wo man es bedurfte«.75 Derartige lokale Wasserleitun- 2. Jost Amman, Badestube, 1565 (Bundesmobilienvergen gab es auch zur Versorgung von Badestuben.76 waltung, Wien) Weiter ging es nach Innsbruck, wo Michel de Montaigne Erzherzog Ferdinand in der Hofburg seine Aufwartung machen wollte.77 Schloss Ambras aufwendigen Grottenanlagen und Wasserspielen für besuchte Montaigne offenbar nicht und lernte da- seine Geliebte Bianca Capello errichten lassen.83 her auch nicht das Bad der kurz zuvor verstorbenen Im Frühjahr 1581 gelangte Michel de Montaigne Philippine Welser kennen, das, im Hochschloss von schließlich nach Rom, wo er am 16. März eine römiAmbras gelegen, aus einem Heizraum, einem holz- sche Badeanlage besuchte  : »Ich wählte die von San vertäfelten Vorraum und Baderaum mit großem Marco  ; sie gelten als die vornehmsten (…) Eigentmit Blech ausgeschlagenem Wasserbecken bestand.78 lich ist es üblich, dass man Freundinnen mitbringt, Eine ähnliche Anlage hatte Markgraf Philipp II. von die dann vom Personal – jungen Burschen – ebenso Baden-Baden 1576–1588 im Kellergeschoss von eine Bürstenmassage erhalten wie man selbst.«84 Schloss Baden-Baden einrichten lassen. Auch hier Nicht zugänglich waren Michel de Montaigne hingab es ein mit Zinn ausgeschlagenes Becken für eine gegen die privaten Baderäume der Päpste  ; zu nennen Badegesellschaft.79 sind das Bad von Julius II. (1503–1513) im Vatikan Die Reise führte weiter nach Oberitalien, wo und von Clemens  VII. (1523–1534) in der EngelsMontaigne die Thermalbäder von Abbano und Bat- burg, das heute noch erhalten ist.85 taglia besuchte. Hier war »die Einrichtung im BadeAuf der Rückreise suchte Montaigne noch mehhaus denkbar schlicht  : das Wasser tröpfelte aus Röh- rere Bäder in der Toskana auf, darunter Bangni di ren, und man hält den kranken Körperteil darunter  ; Lucca, über dessen Hauptbad er Folgendes berichwer will, kann dies in Einzelkabinen tun«.80 Weiter tete  : »Neu war mir eine Art Brausenraum, la docging es in die Toskana, wo Montaigne die Medici- cia  – Dusche – genannt  : Röhren unterschiedlicher Villa Pratolino und die Wasserspiele im Garten be- Höhe in der Wand, deren Düsen unablässig heißes wunderte.81 »Auch eine treffliche Schwitzstube hat Wasser auf die einzelnen Körperteile, namentlich der Palast.«82 Ferdinand III. von der Toskana hat den Kopf, herniedersprühen.«86 Auf dem Wege bedieses Badeappartement in Pratolino zusammen mit suchte er auch die von Kardinal Gianfrancesco Gam-

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bara in den 1560er-Jahren errichtete Villa Lante in Bagnaio und die von Kardinal Alessandro Farnese in den 1570er-Jahren in Caprarola errichtete Villa Farnese mit ihren aufwendigen Wasserspielen in den Gartenanlagen,87 deren Leitungstechnik sich nicht von jener der Badeanlagen unterschied.88 Im weiteren Reiseverlauf berichtete Montaigne auch über die Praktiken der alltäglichen Körperhygiene wie Haarund Bartpflege,89 das Zähneputzen90 sowie über das Händewaschen beim Essen.91 Im Herbst 1581 ging es schließlich zurück nach Frankreich. Im letzten, 1588 erschienenen Band seiner Essays, schrieb er rückblickend auf seine Bäderreise  : »Ich habe gelegentlich meiner Reisen sozusagen alle berühmten Bäder der Christenheit gesehen und habe : seit einigen Jahren angefangen, sie aufzusuchen   denn allgemein halte ich das Baden für heilsam und glaube, dass wir uns dadurch recht erheblichen Nachteilen für unsere Gesundheit aussetzen, dass wir diese Gewohnheit aufgegeben haben, die in vorigen Zeiten durchgängig bei fast allen Völkern beobachtet wurde und bei vielen noch in Gebrauch ist, sich täglich den Körper zu waschen  ; und ich kann mir nicht vorstellen, dass es uns nicht höchst abträglich sei, unsere Glieder so mit Schmutz verkrusten und unsere Poren verstopfen zu lassen.«92 Montaigne reagierte dabei auf die aktuelle Lehrmeinung der Ärzte, die in Pest-Zeiten dem gemeinsamen Baden misstrauten. In Paris wütete die Pest 1510 und 1561. Als Überträger der Seuche galten Miasmen, also giftige Dämpfe. N. Houvel schrieb dazu 1573 im »Taité de la peste« dazu  : »Öffentliche Bäder und Dampfbäder werden in Zukunft nicht mehr besucht werden, weil sich durch die Hitze die Poren und kleinen Hautöffnungen leichter öffnen und so der Pesthauch eindringen kann.«93 Die Ablehnung öffentlicher Bäder kam nicht nur von ärztlicher Seite, in der frühen Neuzeit war, wie Norbert Elias in seiner grundlegenden Studie »Über den Prozess der Zivilisation«94 darlegte, bei den gesellschaftlichen Eliten ein Ansteigen der SchamSchwellen zu beobachten, was dem gemeinsamen Baden in öffentlichen Einrichtungen entgegenwirkte. Giovanni della Casa merkte in »Der Galateo, Trak-

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tat über die guten Sitten« 1509 dazu Folgendes an  : »Man soll sich nicht entkleiden, vor allem nicht in der Öffentlichkeit die Hosen ausziehen, das heißt nicht in vornehmer Gesellschaft. Eine solche Verhaltensweise gehört sich an einem solchen Ort nicht, und es könnte geschehen, dass sich beide – derjenige welcher sie zeigt und derjenige, der sie sieht –, der entblößten Körperteile schämen. Unter Leuten soll man sich nicht kämmen oder die Hände waschen, denn dies ist keine Angelegenheit für die Öffentlichkeit. Eine Ausnahme ist beim Händewaschen erlaubt, nämlich dann, wenn man zu Tische geht, ja, in diesem Fall gehört es sich sogar, sie vor anderen zu waschen, auch wenn es eigentlich nicht nötig wäre, damit es jeder sieht, der mit dir in die selbe Schüssel greift.«95 Wie die Bäder von Ambras, Baden-Baden und Rom zeigen, verfügten einige Herrscher im 16. Jahrhundert jedoch über private Badeeinrichtungen. König Franz I. von Frankreich ließ in Fontainebleau 1532 ein Badeappartement unter der Galerie einbauen, das aus sieben Räumen bestand und über Badewannen, Dampf- und Schwitzbäder sowie ein großes Becken und Ruheräume verfügte.96 Auch die mit Baldachinen bekrönten mobilen Holzwannen lassen sich auf Bildquellen noch bis um 1600 verfolgen. Anschauliches Beispiel ist das von einem anonymen Meister der Schule von Fontainebleau um 1592 angefertigte Porträt der Diana von Poitiers. Die Mätresse von König Heinrich II. von Frankreich ist als Halbakt in einer hölzernen Badewanne sitzend dargestellt.97

B a d e g ewo h n h e i t e n u n d B a d e r äu m e i m 1 7 . u n d 1 8 . J a h r h u n d e rt Ich liege in herrlichen, balsamischen Bädern, trinke am Vormittag und bin in keiner Weise incommodiert Madame de Sévigné, Brief vom 9. 10. 1687

Georges Vigarello hat in seinem der »Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter« gewidmeten Buch »Le propre et la sale« 1985 die These vertreten,

dass »Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts zwei Elemente dieser Körperkultur fast vollständig verschwinden, nämlich das gesellige öffentliche Baden und das individuelle private Baden.«98 Stattdessen hätte die Leibwäsche eine neue Bedeutung bekommen. Das sichtbare Tragen von weißer Wäsche galt als Zeichen von Sauberkeit und Distinktion.99 Die verfügbare Stückzahl an feinen Hemden stieg deutlich an. Der Dichter Molière hinterließ bei seinem Tod 1673 beispielsweise dreißig Hemden.100 Da das Wechseln der Leibwäsche im frühen 17. Jahrhundert in Frankreich als neue Form der Sauberkeit verstanden wurde, die das Baden abgelöst hat, verdeutlichte die Erklärung in Louis Savots 1624 erschienenem Architekturtraktat, warum der Einbau von Bädern heutzutage unnötig war  : »Wir können leichter darauf verzichten als die Menschen der Antike, weil wir Leibwäsche haben, durch deren Gebrauch wir auf bequemere Weise den Körper sauber halten können, als die Bäder und Dampfbäder in der Antike vermochten, denen nicht die Annehmlichkeiten der Wäsche zur Verfügung stand.«101 Die führenden Ärzte rieten um die Mitte des 17. Jahrhunderts vom Baden gänzlich ab. Theophraste Renaudot, der Leibarzt Ludwig XIII., legte diese Warnung in seinen 1655 erschienenen »Receuile général des questiones traitées et conférence du bureau d’adresse« folgendermaßen dar  : »Das Baden, ist es nicht aus medizinischen Gründen von höchster Dringlichkeit, ist nicht nur überflüssig, sondern für den Menschen zudem äußerst schädlich. Das Baden erschöpft den Körper und schwemmt ihn auf, was ihn empfindlich macht für schlechte Luft (…). Das Baden erfüllt den Kopf mit Dämpfen.«102 Kurbäder blieben beim Adel jedoch in Mode. So berichtete Marie de Rabutin-Chantal, Marquise de Sévigné (1626–1696) in einem Brief an ihre Tochter über ihren Aufenthalt in Vichy im Mai 1676  : »Heute habe ich mit der Dusche begonnen. Es ist eine recht gute Wiedergabe des Purgatoriums  : Man steht ganz nackt in einem kleinen Raum unter der Erde, wo eine Frau eine Röhre mit diesem heißen Wasser dahin richtet, wo man will. Der Zustand in dem einem kaum ein Feigenblatt als ganz Bekleidung bleibt, ist

etwas demütigend. Ich nahm meine beiden Zofen mit, um wenigstens bekannte Gesichter zu sehen.«103 Die Anwendungen sollten dem Verständnis der Medizin nach zur Harmonisierung der Körpersäfte dienen und wurden daher häufig vom Purgieren, dem »Abführen«, begleitet. Im Oktober 1687 verlief der Badeaufenthalt für Madame de Sévigné in Bourbon wesentlich angenehmer  ; ihrer Tochter schrieb sie  : »Ich musste nicht brechen und wurde nur mild purgiert. Weil ich keine schlechten Säfte habe, wurden mir richtige Brechmittel erspart. Ich liege in herrlichen, balsamischen Bädern, trinke am Vormittag und bin in keiner Weise incommodiert.«104 Der Blick auf andere europäische Länder zeigt eine weit weniger radikale Abkehr vom Waschen und Baden als die französischen Schriftquellen, auf die sich Georges Vigarello stützte, den Anschein machten. Dabei gilt es, den Blick auf vielfältige Quellen zu richten. Im Germanischen Nationalmuseum befindet sich eine Sammlung von Nürnberger Puppenhäusern des 17. Jahrhunderts. Diese waren kein Spielzeug, sondern dienten der hauswirtschaftlichen Ausbildung von Bürgertöchtern. Sie stellen auf plastische Weise ein idealtypisches Hauswesen im Kleinen dar und geben uns daher auch authentischen Einblick in die Wasch- und Badegewohnheiten. In den Wohnstuben der Puppenhäuser finden sich stets Waschkästen, die zum Händewaschen vor und nach dem Essen dienten. Darüber hinaus gibt es auch in den Schlafkammern Waschkästen, die offenbar der täglichen Morgentoilette dienen. Dafür notwendige Toilettegegenstände wie Schwämme und Bürsten kann man griffbereit daneben hängen sehen.105 Der Waschkasten, ein bereits in der Spätgotik vor 1500 entwickelter Möbeltyp (FT 5 und Kat.-Nr. 1), blieb im 16. Jahrhundert in Funktion und Aufbau unverändert, sein Dekor folgte jedoch der neuen Formenwelt der Renaissance. Eine Radierung von Daniel Hopfer aus dem frühen 16. Jahrhundert zeigt einen solchen Waschkasten im aktuellen Renaissance-Stil sowie zwei Wasserbehälter (Abb. 3). Ein Weiterleben fand dieses Hygienemöbel bis ins 18. und frühe 19. Jahrhundert im sakralen Bereich in Sakristeien (Kat.-Nr. 2, 3).106 Neben den

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3. Daniel Hofer, Entwurf eines Waschkastens, um 1531 (MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien)

Waschkästen als Requisiten der täglichen Körperhygiene verfügten die Nürnberger Bürgerhäuser auch über Badestuben und Waschküchen. In Heidi A. Müllers Studie über die Nürnberger Puppenhäuser heißt es dazu  : »Gehörte bereits im herzoglichen Puppenhaus Albrecht V. von Bayern eine Badestube zur häuslichen Bequemlichkeit, so war ihr Inventar mit Wanne und Schöpfgefäßen dem Range ihres adeligen Besitzers entsprechend nicht aus Holz, sondern aus Edelmetall angefertigt. Im Unterschied dazu legte man bei der Badestube im 1617 fertiggestellten Meierhof für den Pommernherzog Philipp II. Wert auf eine realitätsbezogene Darstellung. Ein kleiner An-

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bau am großen Herrenhaus beherbergt dort, ähnlich wie in den Puppenhäusern, Badestube und Waschküche in einem Raum. (…) Während in der kleinen Badestube des Stromerschen Puppenhauses (von 1639) nur einzelne hölzerne Gefäße enthalten sind, berichtet die ›Hauß-Halterin‹« – eine 1703 erschienene Haushaltsfibel – »aus Nürnberger Sicht darüber, wie ein solcher Raum komplett ausgerüstet sein sollte. Zur Grundausstattung gehörte danach ein eingemauerter Kupferkessel zum Erwärmen des Wassers für das Bad oder zum Wäschewaschen. Vor allem sollte die Badestube aus Wärmegründen vollständig mit Holz ausgekleidet sein. Denn ›übrigens muß das Bad mit Bäncken umgeben/und rings um mit Holtz getäfel seyn/damit die Kälte nicht durch das Mauerwerck häufig eindringe/und man an einen Ort verbrenne/und an den anderen fast erfröre.‹«107 Die idealtypischen Badestuben in den deutschen Bürgerhäusern ähnelten in der Raumgestaltung den öffentlichen Badestuben des 15. und 16. Jahrhunderts, sie dienten jedoch dem Baden und Wäschewaschen gleichermaßen. Aber auch im deutschen Schlossbau des 17. Jahrhunderts gab es Badestuben, etwa jene im Schloss von Kassel, die laut Inventar von 1652 neben der »Frawenzimer Küche« lag und über eine »Schwitzbadestube« und eine mit Zink ausgekleidete Badewanne verfügte.108 Zuvor war 1650 das alte, 1570 errichtete Badehaus abgerissen worden.109 Um 1720 entschied sich Landgraf Carl Theodor von der Pfalz zum Neubau eines Badehauses in der Karlsaue. 1722 bis 1728 wurde dieses »Marmorbad« errichtet, das über ein geräumiges versenktes Badebecken und eine aufwendige künstlerische Ausstattung verfügte, allerdings nie zu Badezwecken benutzt wurde.110 Wenige Jahre davor, 1718–22, ließ der bayerische Kurfürst Max II. Emanuel im Schlosspark von Nymphenburg von Hofarchitekt Joseph Effner die »Badenburg« erbauen. Der Gartenpavillon beherbergt ­einen Vorraum, einen Festsaal, ein Schlafzimmer mit Kabinett sowie einen mit »holländischen« Kacheln verkleideten Baderaum mit einem großem Bade­ becken, das mehreren Personen Platz bot.111 1769 bis 1773 wurde schließlich für Carl Theodor von der

Pfalz im Schlosspark von Schwetzingen ein Badehaus von London gelegenen Ham House 1677 ein pernach Plänen von Nicolas de Pigage errichtet, das ein sönliches Badeappartement im Erdgeschoss unter vollständiges Appartement mit Vorzimmern, Schlaf- ihrem Schlafzimmer einbauen  ; den übrigen Mitgliezimmer, Kabinett sowie ein als Grotte gestaltetes dern des Haushalts stand hingegen ein Badehaus im Badezimmer mit einem in den Boden eingelassenen Hof zur Verfügung.119 Und Königin Mary ließ ab Marmorbecken enthielt und als privater Rückzugsort 1689 in ihrer neuen »Water Gallery« in Hampton diente.112 Court auch ein »Bathing Closett« einrichten, das Von den deutschen Bürgerhäusern und Adelssit- Daniel Defoe 1724 folgendermaßen beschrieb  : »The zen richtet sich unser Blick nun auf einen Beamten­ queen had here also a small bathing-room, made very haushalt in London. Das Tagebuch von Samuel fine, suited either to hot cold bathing, as the season Pepys (1633–1703) gibt Auskunft über den gesell- should invite.«120 schaftlichen Aufstieg und das Alltagsleben eines All diese Quellen zeigen deutlich, dass im 17. königlichen Beamten im Marineamt in den 1660er- und 18. Jahrhundert das Baden zum Zwecke der Jahren, als in London die Pest (1665) und das Große Körperhygiene im deutschsprachigen Raum und in Feuer (1666) wüteten. Pepys verfasste sein Tagebuch, England gebräuchlich war, während es in Frankreich das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, in nach 1600 – so Georges Vigarello – nur mehr zu einer Geheimschrift. Mit großer Offenheit hielt er medizinischen Zwecken praktiziert wurde. Vigareldarin sein gesamtes Alltagsleben von den häufigen los These erweist sich jedoch als zu einseitig, da die Theaterbesuchen bis zum Ehebruch fest. Auch über Schlösser und Stadtpalais des Königshauses und der die Praktiken der Körperhygiene wurde detailliert französischen Aristokratie bereits im 17. Jahrhundert berichtet. So erwähnte er Fußbäder113 und Besuche vereinzelt über aufwendige Baderäume verfügten. Nicolas Fouquet, der Finanzminister Ludwigs XIV., beim Barbier bzw. dessen Hausbesuche  ;114 ab Januar 1664 rasierte er sich selbst,115 was in England im ließ seinen Landsitz Vaux-le-Vicomte 1656 bis 1661 Unterschied zum Kontinent immer üblicher wurde. vom Architekten Louis Le Vau, dem Gartengestalter Großen Raum in seinen Tagebuch-Eintragungen André Le Nôtre und dem Maler Charles Lebrun als nahm zudem die neu aufkommende Mode des Perü- Innenausstatter auf das Prunkvollste ausbauen und ckentragens ein.116 Gebadet wurde zunächst offen- ausgestalten. Die Schlossanlage verfügte über ein bar eher selten und zu besonderen Anlässen, wenn er Gästeappartement für den Besuch des Königs, das am 21. November 1660, also noch am Beginn seiner auch Badezimmer mit zwei Badewannen enthielt.121 Karriere, notierte  : »Nach dem Abendessen kam der Der Schlossbau erregte den Neid des Königs und Barbier. Ins Bett. Meine Frau badete sich und traf löste den politischen Sturz Fouquets aus. Jene Künstallerlei Vorbereitungen für ihren morgigen Auftritt ler, die Vaux-le-Vicomte geschaffen hatten, holte bei Hofe.«117 Im Zuge des gesellschaftlichen Auf- Ludwig XIV. hingegen zum Ausbau von Versailles.122 Im neuen Residenzschloss ließ sich der Sonnen­ stiegs wurde das Waschen und Baden häufiger, wobei seine Frau den Anstoß gegeben haben dürfte, wenn könig von Architekt Francois d’Orbay 1671–1689 Mr. Pepys im Februar 1665 notierte  : »21. 2. Meine auch ein eigenes Badeappartement einrichten, das im Frau ging heute ins Badehaus, nachdem sie hier im Erdgeschoss des Schlosses unter dem nördlichen Teil Haus im Schmutz gesessen hat. 22. 2. Gestern Nacht der Spiegelgalerie untergebracht war.123 Die Räume sehr gefroren, weil meine Frau nach ihrem Bad in ein waren mit Fresken und Marmor üppig dekoriert  ; das anderes Bett ging. 25. 2. Abends spät nach Hause, Badekabinett enthielt eine monumentale Badewanne musste mich auf Wunsch meiner Frau noch mit war- aus Marmor, in der zwei Personen bequem Platz fanmem Wasser waschen, weil sie das selbst jetzt tut.«118 den.124 Auch in seinem bevorzugten Landsitz Marly Eine ähnliche Haltung findet sich auch bei Adel und ließ König Ludwig 1688 einen der zwölf Pavillons als Hof. So ließ die Duchess of Lauderdale im westlich Badepavillon einrichten, der ein »chambre de repos«

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4. Johann Georg Merz nach Nicolas Pineau, Entwurf ­eines Badezimmers, um 1740 (MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien)

mit Betten und Fauteuils und »chambre de bains« mit zwei Badewannen enthielt und mit niederländischen Kacheln ausgekleidet war.125 Schon zuvor war 1680 im »Maison de délices« seiner Mätresse Madame de Montespan in Clagny ein Badezimmer mit luxuriöser Ausstattung eingerichtet worden.126 Auch Ludwig XV., der 1722 von Paris nach Versailles zurückgekehrt war, sorgte rasch für Bademöglichkeiten im Schloss. Der König verfügte über eine Badewanne aus Kupfer in einem mit Delfter Kacheln verfliesten Raum, während seine Gemahlin Maria Leszczynska in ihrem Privatappartement eine tragbare Badewanne verwendete.127 Auch seine langjährige Mätresse, die Marquise de Pompadour, verfügte über ein Badezimmer in ihrem Appartement, das im

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Erdgeschoss des Schlosses zum Nordparterre hin gelegen war.128 Das heute noch erhaltene Badezimmer im Inneren Appartement Ludwig XV. wurde 1773 neu gestaltet  ; die reich geschnitzten Vertäfelungen der Wände zeigen die Freuden des Wassers, Schwimmen, Fischen und die Entenjagd.129 Für Ludwig XVI. und seine Gemahlin Marie Antoinette war Baden auch eine Selbstverständlichkeit. Die Tochter Maria Theresias wusch sich bei ihrem »Lever« täglich die Füße und badete häufig. Zunächst verfügte sie in ihrem Schlafzimmer über eine teilweise abgedeckte Wanne für Sitzbäder, die wie ein großer Schuh aussah und daher »bain chausson« genannt wurde.130 Es dürfte sich dabei um jenen Wannentyp gehandelt haben, den Jacques-Louis David auf seinem berühmten Gemälde »Der Tod des Marat« von 1793 im Königlichen Museum der Schönen Künste in Brüssel darstellt und der im Englischen als »Boot Bath« bezeichnet wurde.131 1784 wurde für die Königin ein neues Privatappartement eingerichtet, das über ein Ankleidezimmer, ein Badezimmer sowie eine Toilette mit Wasserspülung verfügte.132 Nur wenige andere Mitglieder der königlichen Familie verfügten über eigene Baderäume in Versailles, der übrige Hofstaat war auf Waschschüsseln und tragbare Badewannen angewiesen. Darüber hinaus gab es in der Stadt Versailles auch Badehäuser  ; um 1675 wurde das erst öffentliche Bad dieser Art vom Kammerdiener des Duc d’Orleans unter dem Namen »Königliche Bäder« eingerichtet.133 Die Einrichtung von luxuriösen Badeappartements blieb außerhalb Versailles’ keineswegs dem königlichen Hof vorbehalten, in Jacques-François Blondels 1737 erschienenem Architekturtraktat »De la Distribution des Maisons de Plaisance« finden sich Badezimmer mit je zwei Badewannen für Stadtpalais.134 Ein Stich von Johann Georg Merz zeigt die Raumaufteilung und Wasserleitungstechnik eines Baderaumes noch detaillierter  ; das Badezimmer besteht aus einem Raum mit zwei Badewannen (links im Bild) und einem Nebenraum mit dem Badeofen (rechts) (Abb. 4). In den Erläuterungen zu dieser »Innere(n) verzierung eines Baad-Zimmer(s)« heißt es zur Ausstattung  : »Das Getaeffel-Werck dieses Ge-

machs kann von Holz gemacht werden oder auch um praechtiger ansehns wegen, von Marmor, mit Zierrath von vergoldtem Bley. Daran ist die Stube, wo mittelst eines eingesetzten Ofens, nach art der Teutschen Kachel Oefen, das Wasser warm gemacht wird so hernach in die Baad-Kessel lauffet, welche gemeiniglich von Kupfer sind. Die Röhren wodurch das Wasser geleitet wird, sind von Bley, und gehen durch die Mauer, gleich wie auch die jenigen, so das kalte Wasser in besagte Baad-Kessel nach Nothdurfft geben.«135 Das Blatt wurde von Jean Mariette seitenverkehrt bereits 1732 in seiner »Architecture française« abgebildet.136 Alle diese königlichen und aristokratischen Badezimmer verfügten über fix eingebaute Badewannen und in den Wänden installierte Wasserleitungen. Die aufwendige Leitungstechnik war aus der Gartenarchitektur seit Langem bekannt, wo Brunnenanlagen, Fontänen und andere Wasserspiele in der italienischen und französischen Gartenkunst ihre Anwendung gefunden haben. Auch aus deutschen Badestuben der Renaissance sind Wasserleitungen bekannt. So überrascht es nicht, dass in französischen Architekturtraktaten auch Klosetts mit Wasserspülung 5. Pierre-Jean Mariette, Décoration d’une ­Garderobe zu finden sind. In der Neuauflage von Pierre-Jean ou Lieux à l’Angloise, in: Cours d’Architecture, Mariettes »Cours d’Architecture« von 1750 fand ­Novell Edition, Paris 1750 (MAK – Österreichisches sich beispielsweise eine solche »Décoration d’une ­Museum für angewandte Kunst, Wien) Garderobe ou Lieux à l’Angloise« abgebildet, die ein solches »Watercloset« zeigt (Abb. 5). Die dafür notwendige Leitungstechnik wurde von M. Roubo richtungen in der europäischen Palastarchitektur illes Fils in »L’Art du Menuisier« 1769 noch genauer lustriert ein Liebesabenteuer, das Giacomo Casanova dargestellt.137 Die Bezeichnung »Lieux à l’Angloise« 1753 mit der Nonne M. M. in Venedig erlebt hatte. verweist auf England, wo der Londoner Uhrmacher Den Ort eines geheimen Treffens beschrieb er in seiAlexander Cumming ein solchen Klosett mit Wasser- nen Lebenserinnerungen so  : »Das Haus hatte fünf spülung 1775 patentieren ließ.138 Aber bereits 1596 Räume, die mit erlesenem Geschmack möbliert wasoll Sir John Harrington, ein Patenkind von Königin ren. Alles und jedes war wohl bedacht für die FreuElisabeth I., ein Spülklo entwickelt haben, das so- den der Liebe und der guten Tafel (…) Dieses Zimwohl in seinem Haus in Kelson bei Bath als auch bei mer grenzte an ein Bettgemach, das zwei verborgene der Königin in Richmond Verwendung fand.139 Türen hatte, auf der einen Seite ein Ankleidezimmer, In der von d’Lambert und Diderot herausgege- auf der anderen ein Boudoir mit einer Wanne und benen »Encyclopédie« verfasste Architekt Blondel einem englischen Örtchen.«141 den Artikel über Bäder und stellte ein typisches, aus Diese Beispiele zeigen, dass bereits im 18. Jahrmehreren Räumen bestehendes Badeappartement hundert ausgehend vom französischen Hof, Badevor.140 Die weitere Verbreitung derartiger Badeein- zimmer mit fix installierten Badewannen und WCs

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entwickelt wurden. Derartige Badeappartements waren jedoch Luxuseinrichtungen, die nur einem kleinen Kreis des Adels zugänglich waren.

T o i l e t t e - M ac h e n Ich wasche mich so sauber ich kann (…) schnell hernach (…) setze (…) mich an meine Toilette (…), daß man mich kämmt und koiffiert. Liselotte von der Pfalz, Brief vom 6. 11. 1721

Das Händewaschen vor und nach dem Essen war seit der Antike ein selbstverständlicher Teil der Tischsitten. Darüber hinaus wurde in den Anstandsbüchern seit der frühen Neuzeit die Morgentoilette erwähnt. Erasmus von Rotterdam (1466–1536) schrieb in seinem 1529 erschienenen und dem Sohn des Fürsten Adolf von Burgund gewidmeten Benimm-Buch »De Civitate« dazu  : »Sich das Gesicht morgens mit kaltem Wasser zu waschen, ist sowohl reinlich als auch gesund.«142 Wesentlich detaillierter waren die Anleitungen von Herzogin Dorothea Susanne von Sachsen-Weimar für die tägliche Körperpflege ihres Sohnes Johann von 1586  ; für seine Morgentoilette fordert sie, »dass er sich reiniglich an henden wasche  ; desgleichen soll er auch reiniglich mit einem sauberen weißen tüchlein das angesicht waschen, nachmals auch den mundt mit einem sauberen frischen mundtwasser, welches allezeit frisch geholt soll werden und winters zeit ein wenig überschlagen, wol ausspülen und sonderlich mit dem dazu geordeneten instrumentlein die zungen wol abreiben.«143 Auch in der niederländischen Genre-Malerei des 17. Jahrhunderts ist das Thema »Morgentoilette« häufig zu finden. Zur morgendlichen Körperpflege wurde auf einem Tisch in der Wohn- oder Schlafstube ein leinenes Tuch gebreitet. Auf dieses stellte man zunächst Waschschüssel und Wasserkrug, danach einen Spiegel sowie Requisiten zur Haarpflege. Das Gemälde eines unbekannten flämischen Meisters aus der Zeit um 1650/60 im Minneapolis Institute of Arts zeigt eine solche Morgentoilette auf besonders detailreiche Weise (FT 6)  : Eine junge Frau

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hat sich nach dem Aufstehen zunächst gewaschen und angezogen. Waschschüssel und Krug wurden am Tisch bereits zur Seite geschoben, der Spiegel ist nach vorne gerückt. Nun hilft die Magd der Dame eine Schleife ins Haar zu binden  ; den Besen und vollen Nachttopf hat sie dafür rasch abgestellt. Im Hintergrund sieht man das noch ungemachte Bett und die offene Tür eines Aborts. Auch der französische König Ludwig XIV. (1636– 1715) »hatte als Kind gelernt, sich Gesicht, Hände und Mund zu waschen«144 und integrierte diese Praxis in sein morgendliches »Lever«. Dazu kamen die Rasur, die Auswahl der Perücke und das Wechseln des Hemdes, wobei die dafür notwendigen Handreichungen zu einem differenzierten Medium der königlichen Gunst wurden. Auch Seife war ihm nicht fremd, zumal er Seifensieder in Versailles ansiedeln ließ und 1688 ein Reinheitsgebot für die Produktion erließ. Elisabeth Charlotte, Prinzessin von der Pfalz (1652–1722), die Gemahlin Philipps, Duc d’Orléans, dem Bruder des Königs, schilderte in den zahlreichen Briefen an ihre deutschen Verwandten viele Details ihres Alltags am Hofe des »Sonnenkönigs«. Den genauen Ablauf ihrer persönlichen Morgentoilette im November 1721 im Schloss St. Cloud beschrieb sie folgendermaßen  : »Ich schreibe bis halb elf, dann laß ich mein Honigwasser bringen, wasche mich so sauber ich kann, reibe meine schmerzhaften Knie und Schenkel mit Eau vulneraire, so mein Doktor geraten, ein, schnell hernach, laß ich meine Kammerweiber kommen, setze mich an meine Toilette, wo alle Leute, Manns- und Weibspersonen hereinkommen, unterdessen, daß man mich kämmt und koiffiert. Wenn ich koiffiert bin, gehen alle Mannsleut außer mein Doktor und Barbierer und Apotheker hinaus, ich ziehe Schuhe, Strümpfe und Unterhosen an, wasche die Händ. In der Zeit kommen meine Damen, mich zu bedienen, geben mir die Hände zu waschen, und das Hemd  ; alsdann geht alles Doktorgeschirr fort und kommt mein Schneider herein mit meinem Kleid, das ziehe ich gleich an, sobald ich mein Hemd angetan. Wenn ich wieder geschnürt bin, kommen alle Mannsleute wieder herein  ; denn mein Manneau

ist so gemacht, daß, wenn ich geschnürt bin, so bin prunkvoll eine Toilettegarnitur im 18. Jahrhundert ich ganz fertig, denn alle Unterröcke seind mit Nes- gestaltet werden konnte, zeigt das »Nachtzeug« von teln an mein Leibrock gebunden, das find ich sehr Kaiser Franz I., das vom Wiener Goldschmied Anton gemächlich. Nachdem ich ganz angezogen bin, wel- Matthias Domanek (1713–1779) um 1750 für den ches gewöhnlich um dreiviertel auf zwölf ist, gehe Gemahl Maria Theresias aus Gold anfertigt wurde. ich in die Kapell.«145 Diese Schilderung zeigt, dass Die in der Kunstkammer des Kunsthistorischen Musich das »Lever« am französischen Hofe keineswegs seums befindliche Toilettegarnitur besteht aus einem nur auf Wechseln der Hemden und ein »Koiffieren« Toilettespiegel mit Lichtständern und Lichtscheren der Haare beschränkte. Der offenherzige Bericht Li- zu dessen Beleuchtung, einem Wasserkrug und eiselottes von der Pfalz lässt erkennen, dass dabei der ner Barbierschüssel, mehreren verschieden geformGebrauch von Wasser durchaus üblich war, wenn- ten Büchsen und Glasflakons sowie einem ledernen gleich sie das Waschen nicht im öffentlichen Teil der Toiletteetui, das mehrere Rasiermesser, ein LanzetteMorgentoilette vornahm. messer, eine Pinzette, eine Schere, eine Zahnbürste Das öffentliche Toilettemachen war Teil der höfi- und einen Zungenschaber enthielt (FT 9).146 Diese schen Repräsentation. Die Gewohnheit, beim mor- Gerätschaften zeigen, dass neben der Rasur auch die gendlichen Ankleiden Besuche zu empfangen, wurde Zahnpflege ein wichtiger Aspekt der Morgentoilette im späten 17. und 18. Jahrhundert aber auch von des Kaisers war. In welchem Raum Franz Stephan von Lothringen Kreisen außerhalb des Hofes übernommen. Eine typische Szene dieser Art zeigt die Darstellung des sein »Nachtzeug« verwendet hat, konnte aus den »Morgens« aus einer Bilderserie von Tageszeiten, Quellen bislang nicht erschlossen werden. Die Posidie im Auftrag von Franz Stephan von Lothringen, tionierung und Bestückung eines Toilettetisches war dem Großherzog der Toskana und Gemahl Maria im 18. Jahrhundert jedoch Gegenstand von ZeremoTheresias, zur Mitte des 18. Jahrhunderts in den nienfragen. So schrieb Julius Bernhard von Rohr 1729 Florentiner Hofwerkstätten in Pietra-Dura-Arbeit in seiner »Einleitung zur Ceremonial-Wissenschaft angefertigt wurden (FT 7). Wie die Darstellung der großen Herren«  : »Die Nacht-Tische der Dames, zeigt, waren der Toilettetisch und die darauf plat- die mit silbernen Aufsatzspiegeln, Poure-Schachteln, zierte Toilette­garnitur die zentralen Requisiten dieser Mouchen-Schächtelgen, Wachsstock-Scheeren, NehForm der häuslichen Selbstdarstellung. Es überrascht gesteck, L’hombre-Tellern, Marquen=Schachteln, daher nicht, dass Johann Zoffanys Porträt von »Kö- Lichtputz=Kästgen, und andern dergleichen Galantenigin Charlotte mit ihren beiden ältesten Söhnen« rien paradiren, werden gemeinlich in die Putz-Stube aus der Royal Collection die englische Königin vor gesetzt, obgleich kein Bett darinnen stehet  ; eigentihrem Toilettetisch sitzend zeigt (FT 10). Der Tisch lich aber gehören sie in das Schlaff-Zimmer.«147 Im ist wie jener auf der Florentiner Pietra-Dura-Tafel Gegensatz zu Frankreich, wo der König und die Közur Gänze von feinen Stoffdraperien umhüllt. Da- nigin in den Schlafzimmern ihrer getrennten Apparrüber hinaus verfügt er noch über eine vorhangar- tements vor dem Hofstaat ihr »Lever« abhielten, vertige Draperie, mit der die auf dem Tisch stehenden fügte das Kaiser-Paar in Wien über ein gemeinsames Toilette­ gegenstände verfüllt werden konnten. Die- Schlafzimmer, in dem größere Privatheit herrschte. ser diente beim Pudern der Haare als Staubschutz. Wie Johann B. Küchelbecker in seiner 1730 erschieWährend die junge Niederländerin zur Mitte des nenen »Allerhöchsten Nachricht vom Römisch-Käy17. Jahrhunderts für ihre Morgentoilette nur über serlichen Hofe« berichtete, fand das »Lever« Kaiser eine Waschgarnitur und einen einfachen Frisier- Karls VI. im Nebenraum des kaiserlichen Schlafgespiegel verfügte (FT 6), besaß die englische Königin machs nur vor den Kammerherrn und Kammerdiezur Mitte des 18. Jahrhunderts eine Toilettegarnitur nern statt.148 Auch die 1745 nach der Kaiserkrönung mit zahlreichen Einzelteilen. Wie umfangreich und Franz I. neu erstellte Kammerordnung für die Wiener

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Hofburg enthielt keine »Zutritte« in das gemeinsame Schlafzimmer des Kaiserpaares.149 Die Anfertigung von Waschschüsseln und Wasserkrug aus Edelmetallen geht – wie der Bericht in der »Odyssee« und Grabungsfunde beweisen – bis in die Antike zurück. Mit dem Aufkommen von Porzellan in Europa im frühen 18. Jahrhundert wurden die traditionellerweise aus Metall angefertigten Wasch­ utensilien wie Lavabos (FT 8) oder Barbierschüsseln (Kat.-Nr. 64) aus dem neuen Werkstoff angefertigt (Kat.-Nr. 63). Auch komplette Toilettegarnituren entstanden aus Porzellan.150 Mit der weiteren Entwicklung des Hygieneporzellans beschäftigt sich der Beitrag von Ulrike Scholda.

P o u d re u s e , W a s c h t i s c h u n d » Z i m m e r re t i r a d e « Sie (Sophie) sagte, dass Sauberkeit zu den obersten Pflichten einer Frau gehört (…) Jean-Jacques Rousseau, Emile oder Über die Erziehung, 1762

Der Earl of Chesterfield riet seinem Sohn Philip Stanhope in zahlreichen Briefen nicht nur zu guten Sitten, zum klugen Umgang mit Menschen und zur klassischen Bildung, sondern auch zur Sauberkeit und Gesundheitspflege. Am 15. Mai 1749 schrieb er dem auf Italien-Reise befindlichen Sohn  : »Du darfst auch deine Kleidung nicht vernachlässigen, sondern musst Sorge tragen, stets in guten Aufzug zu gehen  ! Lass den besten Zahnarzt zu Turin holen und deine Zähne völlig in Ordnung bringen  ! Danach aber trage selber Sorge, sie darin zu erhalten. Du hattest sehr gute Zähne, ich hoffe, es ist noch an dem. Aber auch jene, die schlechte haben, sollten sie dennoch rein halten. Denn ein unreiner Mund ist meines Erachtens sehr anstößig.«151 Diese Ratschläge des Earls of Chesterfield unterschieden sich kaum von jenen, die Maria Theresia an ihre Tochter Marie Antoinette, die im Mai 1770 den französischen Dauphin und späteren König Ludwig XVI. geheiratet hatte, richtete. Am ersten November 1770

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schrieb die Mo­nar­chin aus Schönbrunn folgendes an ihre Tochter  : »Die Windischgrätz, die hier glücklich, aber abgespannt angekommen ist, hat mir bestätigt, wie liebenswürdig und verführerisch Sie sein können, wenn Sie wollen. (…) da sie aber nicht ablehnen konnte, auf meine Fragen wahrheitsgemäß zu antworten, hat sie mir gestanden, dass Sie sich sehr vernachlässigen, und das sogar bis auf die Reinheit der Zähne. Dies ist ein ebenso bedeutsamer Punkt wie der der Taille, die sie auch ärger gefunden hat. Sie sind jetzt in einem Alter, in dem Sie sich formen  ; das ist ein kritischer Moment.«152 Marie Antoinette hat sich die Ratschläge ihrer Mutter offenbar zu Herzen genommen und entwickelte sich – wie der Beitrag von Marlene Ott zeigt – bald zu einer »Stilikone«. Die wohlgemeinten Ratschläge zur Erziehung junger Aristokraten unterschieden sich kaum von den Forderungen der Aufklärung. Jean-Jacques Rousseau merkte in »Emile oder Über die Erziehung« 1762 über die Pflege von Kindern an  : »Wascht die Kinder oft  ; ihre Unsauberkeit macht dies notwendig. Wischt man sie nur ab, so werden sie wund. In dem Maß, wie sie kräftiger werden, vermindert man die Wärme des Wassers, bis ihr sie, sommers wie winters mit kaltem, ja eisigem Wasser wascht. (…) Hat man diesen Badegebrauch einmal angefangen, so soll man ihn ohne Unterbrechung sein ganzes Leben lang beibehalten.«153 Besonderes Augenmerk galt dabei den Frauen und Mädchen, wenn Rousseau über Emils zukünftige Gefährtin Sophie berichtete  : »Sie (Sophie) sagte, dass Sauberkeit zu den obersten Pflichten einer Frau gehört und eine dem Geschlecht eigene, unerlässliche und von der Natur auferlegte Verpflichtung ist. Es gibt nichts Widerlicheres auf der Welt als eine unsaubere Frau, und der Mann, der sich vor ihr ekelt, hat niemals unrecht. Die Mutter hat ihrer Tochter von Kindheit an diese Verpflichtung so oft gepredigt, sie hat so sehr die Sauberkeit ihrer Person, ihrer Kleidung, ihres Zimmers, ihrer Arbeit, ihrer Toilette verlangt, dass diese Aufmerksamkeit zur Gewohnheit wurde (…).«154 So überrascht es nicht, dass Maria Theresias Tochter Maria Karoline, die Gemahlin König Ferdinands I. beider Sizilien, ihrer Tochter Maria Theresia von Neapel 1790 anlässlich ihrer Hochzeit

6. Jean-Charles Delafosse, Entwurf einer Badewanne, um 1770 (MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien)

mit Erzherzog Franz, dem späteren Kaiser Franz II./I., mit großer Offenheit über ihre Erziehung am Wiener Hof und die ersten Ehejahre in Neapel Folgendes erzählte  : »Ich wurde zu übergroßer Bescheidenheit angehalten, man vernachlässigte es, mir zu sagen, ich solle mich rein halten, mich pflegen, damit ich nicht allzu großen Wert auf mein Äußeres lege  ; jung und bequem, leichtsinnig, dachte ich auch in den ersten Jahrs meines [Ehe-]Lebens nicht daran und es fehlte nicht viel und ich hätte Deinen lieben Vater fast für das ganze Leben abgestoßen. Dies lehrte mich, meinen Körper sorgfältig zu pflegen (…) mich gut anzuziehen, in jeder Weise zu waschen, (…) um allen üblen Geruch zu meiden, (…) ich empfehle es Dir auf das lebhafteste.«155 Kaiser Franz II./I. und Maria Theresia von Neapel waren einander sehr zugetan und hatten zwölf Kinder.

Ganz im Sinne dieser erzieherischen Ratschläge entstanden etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts vielfältige Möbeltypen speziell für die Körperpflege. Im kaiserlichen Haushalt sind vor allem aus der Regierungszeit Kaiser Franz II./I. (1792–1835) zahlreiche Hygienemöbel in der Formenwelt des Klassizismus, Empire und Biedermeier erhalten geblieben. Die traditionellen, vom Fassbinder angefertigten Badewannen und Badezuber aus Holz wurden bereits im Laufe des 17. Jahrhunderts durch Badewannen aus Metall abgelöst. Jean-Baptiste Paters Gemälde »Le plaisir de l’été« (FT 12) in der Wallace Collection in London zeigt eine Badeszene aus der Zeit um 1730/40. In einem Schlafzimmer oder Boudoir wurde neben dem Toilettetisch eine Badewanne aufgestellt, in der die Dame des Hauses, unterstützt von mehreren Zofen, gerade ein Bad genommen hat.

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7. Jean-Charles Delafosse, Bidet-Entwürfe, um 1770 (MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien) 8. Louis-Léopold Boilly, »Die Morgentoilette«, um 1780 (Parisienne de Photographie/Roger-Viollet, Paris)

Die längsovale Metallwanne wurde mit Leintuch ausgelegt, um zu vermeiden, dass die feine Haut der Badenden direkt mit dem Blech in Berührung kam. Während die auf Paters Gemälde dargestellte Wanne völlig schmuck- und zeitlos ist, zeigt der Entwurf »Baignoire vue en face« (Abb. 6) von Jean-Charles Delafosse eine Auseinandersetzung mit den typischen Möbelformen des Louis-seize-Stils aus der Zeit um 1770. Derart aufwendig gestaltete Badewannen waren allerdings nur wohlhabenden Kreisen vorbehalten. Aus dem kaiserlichen Haushalt sind jedoch

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  9. »Bason Stand« und »Bidet«, in: George Hepplewhite, The Cabinet-Maker and Upholsterer’s Guide, 1794 (Bundesmobilienverwaltung, Wien) 10. »Ein Waschtisch mit einem Zylinder«, in: Thomas Sheraton, Modell- und Zeichenbuch für Ebenisten, Tischler, Tapezirer und Stuhlmacher, Dresden 1794 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

keine mobilen Badewannen aus dem 18. Jahrhundert erhalten geblieben. Im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts kam der »Sauberkeitsstuhl« oder das Bidet als neues Hygiene­ utensil auf, das zunächst in aristokratischen Kreisen Verwendung fand und als Luxusgegenstand von Kunsthandwerkern angefertigt wurde. In Giacomo Casanovas Lebenserinnerungen finden sich mehrfach Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen raffinierter Erotik und Körperhygiene.156 Für Madame de Pompadour wurde 1751 ein Bidet aus Rosenholz,

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11. »Night Tables«, in: George Hepplewhite, The Cabinet-Maker and Upholsterer’s Guide, 1794 (Bundesmobilien­ verwaltung, Wien)

verziert mit geschnitzten Blumen und vergoldeten Bronzen, angefertigt.157 Drei Bidet-Entwürfe von Jean Charles Delafosse (Abb. 7) illustrieren, wie aufwendig diese Hygienemöbel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts für gehobene Kreise gestaltet wurden. Das Gemälde »Die Morgentoilette« von Louis-Léopold Boilly (Abb. 8) zeigt hingegen eine junge Frau auf einem einfachen Bidet aus Holz. Aus funktionellen Gründen wurde der Möbeltyp in Form einer Geige gestaltet. In George Hepplewhites »The Cabinet-Maker and Upholsterer’s Guide« von 1794 ist ein einfaches Möbel dieser Art zu finden (Abb. 9), darüber hinaus finden sich in Thomas Sheratons »Cabinet Maker an Upholsterers Drawing Book« von 1793, das 1794 auch in Deutsch erschien, komplizierte Kombinationen mit Waschtischen und Zimmerklosetts (Abb. 10). Im kaiserlichen Haushalt sind vor allem einfache Bidets aus dem Biedermeier

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und Historismus erhalten geblieben (Kat.-Nr. 55– 60), die zumeist in »Retiraden« neben dem Leibstuhl standen. Im späten 19. Jahrhundert wurden Bidets auch aus Eisenrohr und Messing angefertigt (Kat.Nr. 61, 62). Mittelalterliche Burganlagen verfügten häufig über Abort-Erker, durch die die menschlichen Ausscheidungen direkt ins Freie entsorgt wurden.158 Im ländlichen Raum waren sogenannte »Plumpsklos« aus Holz meist im Bereich der Ställe und Scheunen zu finden  ; ihr Inhalt wurde auf dem Misthaufen entsorgt und gemeinsam mit dem Stallmist zur Düngung der Felder verwendet. Im städtischen Bereich mündeten die Aborte in Fäkalgruben, die regelmäßig entleert werden mussten, was zu erheblichen Schmutz- und Geruchsbelästigungen führte.159 Darüber hinaus waren Nachttöpfe aus Metall, Keramik, später auch aus Porzellan (Kat.-Nr. 65, 66),

12. »Ein Ecknachttisch«, in: Thomas Sheraton, Modell- und Zeichenbuch für Ebenisten, Tischler, Tapezirer und Stuhlmacher, Dresden 1794 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

in Verwendung, die ebenfalls auf den Misthaufen, in wurde die mit Scham behaftete Funktion des MöFäkalgruben oder auf die Straße hinaus entleert wur- bels hinter einer kommodenartig gestalteten Fassade den. Letzteres wurde in den Städten erst im Laufe der versteckt. Ein Ecknachttisch aus Thomas Sheratons Neuzeit schrittweise durch Reglements untersagt.160 Vorlagewerk zeigt dies auf typische Weise (Abb. 12). Nachttöpfe wurden auch in Armlehnstühle integ­ Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert wurden riert. Dieser Möbeltyp ist als Leibstuhl noch heute in Europa zahlreiche Erfindungen für »geruchlose im Bereich der Krankenpflege in Verwendung. Lise- Nachtstühle« entwickelt.163 Bei den Allgemeinen lotte von der Pfalz hat dieses Möbel in ihren Briefen Österreichischen Gewerbsprodukten-Ausstellungen der Funktion entsprechend als »Kackstuhl« bezeich- 1835 und 1839 präsentierte der bürgerliche Tischlernet.161 In den Quellen zur Wohnkultur des Wiener meister Laurenz Mayer aus Wien-Lichtental, Obere Hofes sind die Begriffe »Zimmerretirade« und »Be- Hauptstraße 207, »Zimmer-Retiraden mit Wasserquemlichkeitsort« zu finden, andere Quellen verwen- behälter« zum Nachspülen.164 Die Firma »Laurenz den die Bezeichnung »Nachtstuhl«.162 Die Funktion Mayer’s Söhne« aus Wien IX, Nußdorfer Straße 69– des Leibstuhles konnte auch in Nachtkästchen in- 71, lieferte ihre »Zimmer-Retiraden« auch an den tegriert werden, wie ein »Night Table« aus George Wiener Hof (Kat.-Nr. 44, 47, 50). Weitere Hersteller Hepplewhites Vorlagenwerk zeigt (Abb. 11). Häufig waren Josef Klemm (Kat.-Nr. 48), Carl Oswald &

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13. »A Lady’s Dressing Table«, in: Thomas Chippendale, The Gentleman & Cabinet Maker’s Director, 1761 (Bundesmobilienverwaltung, Wien) 14. »Anziehschrank«, in: Thomas Sheraton, Modellund Zeichenbuch für Ebenisten, Tischler, Tapezirer und Stuhlmacher, Dresden 1794 (Bundesmobilien­ verwaltung, Wien)

Co. (Kat.-Nr. 49), L. Guttmann (Kat.-Nr. 53) und Bartolomeus Breuer (Kat.-Nr. 54 und Abb. 33). Im kaiserlichen Haushalt sind vor allem kistenförmige Leibstühle erhalten geblieben (Kat.-Nr. 43–50 und 54). Die Formen des Armlehnstuhls (Kat.-Nr. 51), des Hockers (Kat.-Nr. 53) und des Nachtkästchens (Kat.-Nr. 52) sind hingegen seltener. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die zuvor meist als reine Tapeziererarbeit ausgeführten Toilettetische zu einem eigenständigen vom Möbeltischler angefertigten Möbeltyp. Thomas Chip-

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15. »Shaving Table«, in: Thomas Chippendale, The Gentleman & Cabinet Maker’s Director, 1761 (Bundesmobilien­ verwaltung, Wien)

pendales Vorlagewerk aus den 1760er-Jahren zeigt mit diesem Möbeltyp. Als Frisier- und Schminktisch ein frühes Beispiel mit integriertem Spiegel (Abb. (Kat.-Nr. 11) bzw. als sogenannte »Psyche« (Kat.-Nr. 13). Seiner Funktion als Frisiermöbel entsprechend, 13) war dieser Typ noch bis nach dem Zweiten Weltwurde dieser neue Möbeltyp auch als »Poudreuse« krieg ein selbstverständlicher Bestandteil der Schlafbezeichnet. Thomas Sheratons Publikation enthält zimmereinrichtung. Tisch- bzw. schreibtischartige Varianten (Abb. 14). Darüber hinaus hat sich im Klassizismus der Im kaiserlichen Haushalt sind einige Toilettetische in Standspiegel als neuer Möbeltyp für Ankleidezimmer Schreibtischform erhalten geblieben (Kat.-Nr. 4, 5). entwickelt. Die Spiegelrahmen wurden von TischEinige Beispiele zeichnen sich durch ihre ungewöhn- lern passend zum übrigen Mobiliar in der Formenliche Form – ovaler Korpus und Laden an den Sei- welt des Empire, Biedermeier und Neorokoko gestalten (Kat.-Nr. 7) – aus. Andere verfügen über einen tet (Kat.-Nr. 33–35, 40, 41). Wenige Beispiele dieses aufwendigen Dekor  ; Beispiel dafür ist ein signiertes Möbeltyps wurden noch nach dem Ersten Weltkrieg und 1808 datiertes Möbel von Johann Hirsch, das in entworfen (Kat.-Nr. 42). Laxenburg Verwendung fand (Kat.-Nr. 6).165 ToiletNeben diesen Toilettetischen entwickelten sich tetische aus Holz blieben vom 18. bis ins 20. Jahr- etwa ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hundert in Gebrauch. Wiener Architekten wie Josef auch Waschtische, die speziell auf den Gebrauch von Hoffmann (Kat.-Nr. 9), Josef Frank (Kat.-Nr. 10) Wasser und Waschgarnituren hin konzipiert wurund Oswald Haerdtl (Kat.-Nr. 12) beschäftigten sich den. In England, wo es üblich war, dass sich Män-

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16. »Ein Eck-Beckenständer«, in: Thomas Sheraton, Modell- und Zeichenbuch für Ebenisten, Tischler, Tapezirer und Stuhlmacher, Dresden 1794 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

ner selbst rasierten, entstanden spezielle Rasiertische oder »Shaving Stands«, die bereits in Chippendales Vorlagewerk zu finden sind (Abb. 15). Inspiriert von der Formenwelt der Antike, wurden im Klassizismus darüber hinaus Lavabo-Gestelle kreiert (Abb. 16). Auch am Wiener Hof haben sich Beispiele für diesen Typ erhalten (Kat.-Nr. 19, 20). Darüber hinaus finden sich bei Hofe im 19. Jahrhundert auch Waschtische in Kasten- oder Kommodenform, die tagsüber geschlossen werden konnten (Kat.-Nr. 24). Zwei formgleiche Waschtische aus der Innsbrucker Hofburg (Kat Nr. 21, 22) – Arbeiten des Innsbrucker Hoftischlers Johann N. Gey(e)r von 1838166 – zeigen, dass die Ausführung – Marmor und Bronzebe-

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schläge für das Appartement von Kaiser Ferdinand I. und Anstrich bzw. glatte Holzoberfläche für andere Appartements – vom Standort abhing. Der Typ des Rasiertischchens mit Spiegel war noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Herrenschlafzimmern in Gebrauch (Kat.-Nr. 38).

17. »Gabinetto di Toalette a uso Tenda di Mussolina«, in: Varii Dissegni inventati dal Conte Francesco Harrach, um 1810/12 (Bildarchiv der ÖNB)

Toilettekabinette und Badezimmer am Wiener Hof

Leopoldinischen Traktes der Wiener Hofburg noch eine Einheit bildeten, verfügte Kaiser Franz II./I. über ein privates Wohnappartement im zweiten (…) und besonders dieses letzte Cabinet kann wirklich ein Stock des Schweizertraktes,167 zeremonielle AufgaFeengemach genannt werden ben nahm er hingegen in den ehemaligen Räumen Franz Xaver Ritter von Sickingen, Darstellung der k. k. Maria Theresias wahr. Die Wohnkultur des Wiener Haupt- und Residenzstadt Wien, 1832 Hofes gibt auch beispielhaft Auskunft über jene Räume, in denen die vielfältigen Hygienemöbel VerIn Versailles war in den privaten Appartements der wendung fanden.168 königlichen Familie bereits im 18. Jahrhundert eine Während Kaiser Franz II./I. und seine Gemahgrößere Differenzierung der einzelnen Raumfunktio­ lin in der Tradition der Großeltern auf »deutsche nen zu beobachten gewesen, dabei entstanden rein Art« in einem gemeinsamen Schlafzimmer schliefen, private Räumlichkeiten wie Boudoirs oder Ankleide- wünschte sich Maria Ludovica d’Este, die Kaiser zimmer. Die Entwicklung wurde vom französischen Franz nach dem frühen Tod Maria Theresias 1808 Palais-Bau und im übrigen europäischen Schlossbau geheiratet hatte, ein eigenes Appartement, das im schrittweise übernommen. Während unter Maria zweiten Stock des Leopoldinischen Traktes für sie Theresia und Franz Stephan von Lothringen die eingerichtet wurde. Dort bewohnte die Kaiserin Wohn- und Zeremonialräume im ersten Stock des 24 Zimmer, die nach Entwürfen von Franz Anton

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Graf Harrach in der aktuellen Formenwelt des Empire auf aufwendige Weise gestaltet waren. An völlig privaten Räumen stand ihr neben einem großen, drei-fenstrigen Schlafzimmer, in dem ein Waschtisch stand,169 auch ein einfenstriges »Gabinetto di Toalette«, das als »a uso di Tenda di Mussolina«170 zur Gänze zeltförmig mit feinem Stoff drapiert war (Abb. 17), zur Verfügung. Darüber hinaus gab es ein ovales Badezimmer, über dessen Raumausstattung es in der Hofburg-Beschreibung von 1832 hieß  : »(…) das Badecabinet in halbrunder Form von lichtgrünem Gipsmarmor und mit zwei großen Spiegeln versehen (…)«171 Der Hinweis auf eine Badewanne fehlt hier,172 sodass im Vergleich auf das 1818 von Architekt Raphael Rigel, einem Moreau-Schüler, in der »Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode« veröffentlichte Interieur eines Badezimmers verwiesen werden kann, das über eine versenkte Badewanne und ein Ruhebett verfügte.173 Während des Wiener Kongresses (1814/15) wurden die 1810/12 neu ausgestatteten Räume Maria Ludovicas von den ausländischen Gästen sehr bewundert. Die Kaiserin konnte sich jedoch nicht lange an ihrer neuen Wohnung erfreuen, sie starb bereits 1816 an Schwindsucht. Kaiser Franz II./I. heiratete noch im selben Jahr Carolina Augusta von Bayern, die wieder mit ihm gemeinsam im Schweizerhof wohnte. Dort verfügte sie auch über ein »Toilette-Cabinet«, dessen Wände und Decke mit in Falten gelegtem weißem Musselin ausgespannt und mit »lila seidenen und goldmelierten Holzfranzen« versehen waren.174 Zur Einrichtung des Raumes gehörten zwei mit weißem Stoff überzogene Toilettetische, zwei Toilettespiegel, ein Toilettesessel aus Mahagoni, ein Kleiderstock aus Nussbaumholz, ein großer Ankleidespiegel aus Mahagoni sowie ein Mahagoni-Kanapee, Taburette und Tische.175 Weiter verfügte sie über eine »Retirade mit grünem Taffet spaliert«, in der ein »Retiradengestell mit geschopptem Spiegel« – also ein Leibstuhl mit gepolsterter Sitzfläche –, ein »Mahagoni politiertes Pidet« und ein »ovales Nachtgeschirr von Porzellain« – also ein Bourdalou – standen.176 Die aus dem Inventar von 1826 entnommenen Angaben über die

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Möblierung lassen erkennen, dass das Toilettekabinett als Ankleide- und Sitzzimmer diente, während die intimeren Verrichtungen in der »Retirade« stattfanden. 1824 heiratete Erzherzog Franz Karl, der zweitälteste Sohn von Kaiser Franz II./I., Sophie von Bayern. Das junge Paar bezog das ehemalige Appartement Maria Ludovicas, das daraufhin schrittweise in der aktuellen Formenwelt des Biedermeier umgestaltet wurde. Erzherzogin Sophie erhielt auch ein neues »Toiletten-Cabinet, welches von roth und weißem Vapeur äußerst geschmackvoll tapeziert ist«.177 Im 1826 aufgenommenen Inventar des erzherzoglichen Appartements wurde die Raumausstattung folgendermaßen beschrieben  : »Toilette Kabinet in Form eines Zeltes mit in Falten gelegten weißen Perkal spaliert, an der Plafonde-Abtheilung und dem Gesims mit roth seidenen Schnüren beputzt.«178 Die Art der Raumgestaltung mit feinen Stoffdraperien entsprach jener der Toilettekabinette von Maria Ludovica und Carolina Augusta. Zur Möblierung des Raumes dienten ein weiß überzogener Toilettetisch, ein Toilettesessel aus Mahagoni mit weißem PerkalÜberzug, ein Toilettespiegel, ein kleines mit weißem Perkal bezogenes Mahagoni-Kanapee, mehrere Taburette, ein Kasten aus Mahagoni, ein weiß bezogener Fußschemel, ein Ankleidespiegel aus Mahagoni, ein »Kleiderstock« aus Nussbaumholz und eine Hängelampe aus vergoldeter Bronze.179 Der Funktion der Möbel nach zu schließen diente auch dieser Raum als Sitz-, Frisier- und Ankleidezimmer. Weiter verfügte die Erzherzogin über eine »Retirade mit bemahltem Papier spaliert«, in der sich ein »großer geschoppter Retiradenspiegel mit Rücklehne und mit weißem Perkal überzogen« sowie ein »politirtes Pidet« befanden.180 1835 wurde zudem »ein geruchloser Bequemlichkeits-Ort nach englischer Art im Appartement Ihrer kaiserlichen Hoheit Erzherzogin Sophie und zwar in der Vertiefung zu nächst dem Toilette-Kabinett hergestellt«.181 1831 heiratete Erzherzog Ferdinand, der älteste Sohn von Kaiser Franz und Kronprinz, Maria Anna von Sardinien. Für das junge Paar wurde ein neues Appartement im Amalientrakt der Wiener Hofburg

eingerichtet.182 Für Erzherzogin Maria Anna wurde ebenfalls ein »Toilette-Cabinet« mit großem Aufwand angefertigt, das im Hofburg-Führer 1832 folgendermaßen beschrieben wurde  : »Es ist ganz rosa, mit weißem mit Blättern durchwirkten Vapeur überraschend schön zeltartig gespannt und an dem gleich zierlichen Plafond mit Rosenkränzen von Vapeur geziert  ; deßgleichen auch sind die Fauteuils und der Toilette-Tisch weiß überzogen, unter denen ein großer Ankleidespiegel mit dunklem Gestell sich sehr gut ausnimmt. Die sämmtlichen Tapezirer-Arbeiten sind von der Kunsthand des k.k. Hof-Tapezirers Stöger, und besonders dieses letzte Cabinet kann wirklich ein Feengemach genannt werden (…)«183 Der Hofburg-Führer irrte jedoch, was die kunstvolle Tapezierer-Arbeit betraf, nicht der in Laxenburg und Baden tätige Hoftapezierer Friedrich Stöger hat das Toilettekabinett Maria Annas gestaltet, sondern der Tapezierer Ferdinand Auenhamer.184 Ein von Johann Stephan Decker unfertig hinterlassenes InterieurAquarell vermittelt einen Eindruck von der gänzlich verlorenen Raumausstattung (FT 14). Neben den bereits erwähnten zeltartigen Draperien wurde der Raumeindruck auch durch einen fast Wiesen-artig anmutenden Spannteppich mit naturalistischen 18. Franz Lechner, Entwurf eines Toilettekabinetts, in: W. C. W. Blumenbach, Wiener Kunst und GewerRosenmotiven bestimmt.185 Die vom Hoftischler befreund, Wien 1825 (Bundesmobilienverwaltung, Ernest Gissl angefertigten Möbel (Kat.-Nr. 14–18) Wien) konnten anhand dieser Bildquelle in den Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung eindeutig identifiziert werden.186 Im Rahmen der Restaurierung Räume, die der Ruhe und Privatheit, aber auch eiwurde an der Unterseite einer Lade ein Papieretikett ner weiblichen Form von Repräsentation dienten. So des Wiener Tischlers entdeckt (Kat.-Nr. 18a). Das porträtierte Georg Ferdinand Waldmüller 1827 die von den Zeitgenossen als »Feengemach« bezeichne- Schauspielerin Elise Höfer an ihrem mit Stoff drates Toilettekabinett der Erzherzogin wird daher als pierten Toilettetisch sitzend (FT 13). Während KöRekonstruktion in unserer Ausstellung zu sehen sein. nigin Charlotte auf Johann Zoffanys Gemälde von In W. C. W. Blumenbachs 1825 erschienenem 1765 neben ihrem Toilettetisch mit großer Distan»Wiener Kunst- und Gewerbefreund oder der neu- ziertheit gleichsam thront (FT 10), ist die Schauspieeste Wiener Geschmack« ist ein Musterblatt des lerin dem Betrachter wie einem persönlichen BesuWiener Tapezierermeisters Franz Lechner abgebildet, cher im Gespräch zugewandt. das ebenfalls ein zur Gänze mit feinem Stoff draFerdinand und Maria Anna bewohnten ihr neues piertes Toilettekabinett zeigt (Abb. 18). Toiletteka- Appartement im Amalientrakt nur wenige Jahre. Im binette dieser Art dienten nicht ausschließlich dem März 1835 starb Kaiser Franz II./I. und sein ältester Ankleiden und Frisieren, sondern waren zuallererst Sohn folgte ihm als Kaiser Ferdinand I. am österrei»Frauenzimmer«, also speziell weiblich konnotierte chischen Kaiserthron. Aus politischen Überlegungen

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wurde von der Hofadministration entschieden, dass das Kaiser-Paar wieder im ehemaligen Appartement Maria Theresias im ersten Stock des Leopoldinischen Traktes wohnen sollte. Die Räume des 18. Jahrhunderts wurden in der Formenwelt des nun aktuellen Neorokoko-Stils, dem sogenannten »Blondel’schen Styl«, neu möbliert.187 Infolge der Revolution von 1848 dankte Ferdinand I. jedoch ab und übergab den österreichischen Kaiserthron an seinen damals 18-jährigen Neffen Franz Joseph, den Sohn seines jüngeren Bruders Franz Karl. Zunächst bewohnte der junge Monarch die Räume seines Vorgängers im Leopoldinischen Trakt. 1854 heiratete Kaiser Franz Joseph I. die damals 17-jährige Herzogin Elisabeth in Bayern. Für das junge Paar wurden neue Räumlichkeiten im Reichskanzleitrakt und im benachbarten Amalientrakt der Wiener Hofburg eingerichtet. Für die junge Kaiserin wurden vom bürgerlichen Tischlermeister und späteren Hoftischler Heinrich Dübell Möbel für das Schlafzimmer, den Salon, das Schreibkabinett, ein weiteres kleines Kabinett und das Toilettezimmer angefertigt. Letzteres war mit einem Toilettetisch, einem Ankleidespiegel, einem Balzac  – also einem bequemen Fauteuil –, einem Fußschemel, einer Handtuchstellage und zwei Spucknäpfen eingerichtet.188 Der Tapezierer Joseph Hassa sorgte für die Polsterung der Sitzmöbel und die Bespannung der Wände, wobei das Toilettezimmer mit »roth und grauem Seidenstoff« bezogen war.189 Gemäß dem 1861 aufgenommenen »Mobilien Inventarium Denen in dem Allerhöchsten Apartement Ihro Majestät der Kaiserin Elisabeth befindlichen Hofmobilien« befanden sich im »Toilettezimmer Ihro Majestät« »1 Waschtisch samt Waschzeug«, auf dem »1 Stehspiegel mit 4 Bronzen« stand, weiter »1 Toilettetische«, »1 Retirade« und »1 Pidé«. Zur weiteren Einrichtung des Raumes gehörten ein Kanapee, drei Stühle, zwei Armlehnstühle, ein kleiner Tisch und Etagere. Die Vorhänge waren aus »Rosa und grauem Altas«.190 Das Toilettezimmer Elisabeths hatte wie die Toilettekabinette von Carolina Augusta, Sophie und Maria Anna den Charakter eines privaten Wohnraumes. Im Unterschied zu den Beispielen

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aus der Biedermeier-Zeit war das Toilettezimmer in den 1850er-Jahren kein reines Ankleidezimmer mehr, sondern auch ein Waschraum mit Waschtisch, Bidet und Leibstuhl. Auf ganz ähnliche Weise war das Toilettezimmer in den Wohnräumen des in den 1840er-Jahren neu ausgestatteten Stadtpalais Liechtenstein möbliert. Auch hier standen Wasch- und Toilettettisch sowie ein Bidet neben einer Sitzgruppe. Darüber hinaus verfügte der Fürst von Liechtenstein jedoch über ein Badezimmer mit einer Badewanne aus Marmor.191 Elisabeth, deren großes Interesse an Körper- und Schönheitspflege im Beitrag von Marlene Ott genauer beleuchtet wird, konnte das Toilettezimmer ihres Hofburg-Appartements nicht auf Dauer genügen. 1876 wurde daher das kleine Kabinett hinter dem Schlafzimmer der Kaiserin in ein Badezimmer umgebaut.192 Es handelt sich dabei übrigens um jenen Raum, in dem sich ab 1831 das Toilettekabinett von Erzherzogin Maria Anna befand. Die Ausstattung des Raumes kostete 5.500 Gulden. Die Wände wurden mit Stoff bespannt. Zur Einrichtung gehörten eine Badewanne aus Metall und ein Badeofen (FT 17). Gleich daneben wurde ein Klosett eingebaut  ; die Majolika-Verkleidung kostete weitere 6.506 Gulden. Eine neue WC-Muschel lieferte die Firma Gramlick 1885 (FT 18).193 Im benachbarten Toilettezimmer befanden sich der Waschtisch und der Toilettetisch sowie die Turngeräte der Kaiserin (Abb. 19, 20). Nach dem Tod von Kaiserin Carolina Augusta, der Witwe von Kaiser Franz II./I., 1873, wurde das Appartement im zweiten Stock des Schweizerhofes frei für den damals 15-jährigen Kronprinzen Rudolf.194 1877 wurde auch ein Badezimmer eingebaut. Die Kosten der Installateur-Arbeiten betrugen 7.141 Gulden, die der Fayence-Kacheln 2.400 Gulden.195 1888 wurde schließlich im großen Fremdenappartement im ersten Stock des Leopoldinischen Traktes der Wiener Hofburg zwischen dem Toilettezimmer und der Passage zur Johanneskapelle ein Bad eingebaut.196 Das Toilettezimmer in den Gästeappartements war mit einer Sitzgruppe, einem Waschtisch und einem Toilettetisch möbliert (FT 15). Darüber hinaus wurden in der Hofburg und in Schloss Schönbrunn auch

19. Einblick in das Toilettezimmer von Kaiserin Elisabeth in der Wiener Hofburg, um 1898 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

Maßnahmen zum Einbau von Trinkwasserleitungen Möbeltyp ist noch heute im Schlafzimmer von Kaigetroffen.197 ser Franz Joseph in der Wiener Hofburg zu sehen. Kaiser Franz Joseph war persönlich sehr beschei- In Schönbrunn sorgte Ketterls Kritik für den Anden und blieb zeitlebens dem Gebrauch eines Wasch- kauf eines modernen Waschtisches, sodass Erwein tisches treu. Sein Leibkammerdiener Eugen Ketterl Lobkowicz, der 1916 als junger Gardeoffizier seinen berichtete in seinen Lebenserinnerungen darüber Dienst beim Kaiser angetreten hatte, das Möbel im Folgendes  : »Ich fand völlig verzopfte Verhältnisse Schlafzimmer des Monarchen unmittelbar nach desvor. Man sollte es zum Beispiel nicht glauben, dass sen Tod so beschreiben konnte  : »Der Waschtisch war weder in der Wiener Hofburg, noch in Schönbrunn, recht modern aus Messing und Marmor (…)«199 Der noch in Ischl ein Badezimmer vorhanden war. Be- Waschtisch wurde 1916 auch auf einem Aquarell von sonders der Waschtisch Seiner Majestät in Schön- Berthold Löffler festgehalten (FT 16). Das Möbel ist brunn, ein hölzernes, aufklappbares Möbel mit viel noch heute im Schlafzimmer von Franz Joseph in zu geringem Fassungsvermögen, an dessen Kanten Schönbrunn zu sehen. und Ecken sich der Monarch überall blaue Flecken Zum Baden verwendete der Kaiser, der täglich holte, war fürchterlich primitiv.«198 Ein ähnlicher sehr früh aufstand, eine mobile Badewanne aus

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20. Einblick in das Toilettezimmer von Kaiserin Elisabeth in der Wiener Hofburg, um 1898 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

Gummi, die für ihn aufgestellt und mit Wasser gefüllt werden musste. Eugen Ketterl berichtete auch über diese aufwendige Prozedur sehr ausführlich folgendes  : »Schon abends vorher war der Badeteppich im Schlafzimmer aufgebreitet worden, und nun traten das ›Tub‹ und der ›Badewaschler‹ in Aktion. Mit diesem Badediener hatten wir immer unsere liebe Not. Dieser Mann, der von der Vorsehung dazu ausersehen war, mit dem Kaiser von Österreich in intimsten persönlichen Verkehr zu treten, hielt sich auch dazu bereit, zwar nicht den Thron zu stürzen, wohl aber sich selbst vom Träger der Krone stützen zu lassen. Dies kam so  : Um 3 Uhr früh aufstehen ist namentlich im Winter kein besonderes Vergnügen und nicht jedermanns Sache. ›Wenn einen nun

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diese nachtschlafene Stunde schon zur Pflicht ruft‹, so dachte dieser wackere Mann, ›gibt es nur ein Mittel, um über die Schwierigkeiten des Frühaufstehens hinwegzukommen  : nämlich nicht schlafen zu gehen‹. Gedacht, getan  : Unser ›Badewaschel‹ wurde also ein ständig trinkfester Gast im benachbarten Vierstöckelkeller. Und um nicht einzuschlafen, trank er (…) So vergaß er denn auch in diesem Zustand die schuldige Ehrfurcht vor dem Monarchen und erschien einmal in aller Früh in nicht gerade audienzfähigem Zustande vor des Kaisers Gummibadewanne (… Als) die mangelnde Standhaftigkeit des Badewaschels dazu führte, dass er sich so kräftig an die Arme Seiner Majestät anklammerte, dass im nächsten Augenblick die ohnehin kleine Badegelegenheit beinahe zwei In-

sassen gehabt hätte, war es mit den Dienstleistun- obwohl der Kostenvoranschlag um 28 Gulden und gen dieses Mannes zu Ende (…) Nach Ischl und auf 67 Kreuzer über jenem des Mitbewerbers lag.206 Die kleinere Reisen begleitete immer ein Badediener den beauftragte Firma schloss nicht nur eine WC-MuMonarchen, im Ausland, sowohl bei Privat- als auch schel an, sondern sorgte für die gesamte Raumausbei offiziellen Reisen, versah ich diese Funktion.«200 stattung, die folgendermaßen gestaltet werden sollte  : Tatsächlich findet sich im Möbel-Inventar der Wie- »Die innere Ausstattung des Closets ist als Holzverner Hofburg unter der Nummer 35.464 eine »runde täfelung der Wände und des Plafonds gedacht und Wanne aus Kautschuk«.201 Möglicherweise handelte zwar würde der ganze Raum auf die Höhe von 1.10 es bei der Gummiwanne des Kaisers um ein Erzeug- (Meter) eine Lambris erhalten, welche ebenso wie nis der Firma Gebrüder Reithoffer, die 1875 um den der Closetsitz in ausgesucht schön politiertem NußTitel eines Hoflieferanten ansuchte.202 Johann Nep. oder Mahagoniholz herzustellen wäre, die WandverReithoffer hatte nämlich bereits 1845 bei der dritten täfelungen darüber und der Plafond würden aus weiAllgemeinen Österreichischen Gewerbsprodukten- chem Holz mit Füllungen ausgeführt und mit einem Ausstellung in der Abteilung für Kautschuk-Arbei- fein geschliffenen weiß abgetönten Anstrich und ten »Bade-Apparate« und »Douche-Apparate« ausge- Goldleisten versehen werden. Die Beleuchtung des stellt.203 Raumes würde durch eine an der Decke anzubrinNach dem tragischen Tod von Kaiserin Elisabeth gende elektrische Lampe in Halbkugel von Mattglas 1898 wohnte Kaiser Franz Joseph die meiste Zeit in erfolgen.«207 Der k. k. Hoflieferant Paul Dumont Schloss Schönbrunn. 1899 wurde in seinem Appar- aus Wien I, Rauhensteingasse 6, führte alle Arbeitement ein WC eingebaut, zu dessen Positionierung ten zum Gesamtpreis von 1.600 Gulden durch. Der und technischer Ausstattung von der Schlosshaupt- Wiener Installateur fungierte demnach als Raumausmannschaft folgende Überlegungen angestellt wur- statter für das neue »Water Closet« von Kaiser Franz den  : »Für dieses Closet sollte der bisher ungenutzte Joseph. Das Unternehmen führte die notwendigen Raum neben dem Allerhöchsten Schlafzimmer, wel- Installationsarbeiten durch, montierte die WC-Muches sich in einem sehr starken Mauerpfeiler befindet schel, die von einem spezialisierten Hersteller zugeund durch einen Mauerbruch auf die erforderliche liefert wurde, und führte mit hauseigenen Tischlern Größe erweitert werden kann (…) Canal und Was- oder durch ein Subunternehmen auch die notwenserleitung befinden sich in unmittelbarer Nähe, die digen Holzarbeiten an den Wänden aus. Dies ist Ventilierung des Closetraums und Canalschlauches eine typische Entwicklung im Wiener Installateurnach Außen ist leicht durchzuführen.«204 Die Fir- Gewerbe der Jahrhundertwende, die im Beitrag von men Paul Dumont und Wlassack & Hadwiger legten Ulrike Scholda genauer beschrieben wird. Das WC dafür Angebote vor. Wlassack & Hadwigers »Etab- des Kaisers ist in Schloss Schönbrunn noch heute in lissement und Technisches Bureau für Gas-, Was- unverändertem Zustand zu sehen. ser- und Heizungs-Anlagen, Bade-Einrichtungen, Nach dem Tod von Kaiser Franz Joseph I. 1916 Wasch-Toiletten und Closet-Anlagen« hatte eine Fa- übersiedelte Kaiser Karl I. mit seiner Familie nach brik in Wien III, Seidelgasse 23, und eine Verkaufs- Schloss Schönbrunn. Für Karl und Zita wurden im niederlage am Kolowratring 14. Die Firma war der Zuge umfangreicher Adaptierungsarbeiten auch zwei Nachfolger des Hoflieferanten Josef Klemm, der an moderne Badezimmer im Schloss neu eingebaut.208 den Hof »Zimmer-Retiraden« mit Wasserspülung Diese mit Marmor verkleideten Bäder sind ebenfalls geliefert hatte (Kat.-Nr. 48).205 Beauftragt wurde noch erhalten. jedoch »ein Water Closet solidester Construction mit kupfernem Reservoir (und) automatischer Wasserfüllung (…) der Firma Paul Dumont (…) wegen einiger wichtiger Vortheile bei der Construction«,

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D i e E n t w i c k lu n g d e s m o d e r n e n Badezimmers in Wien

Römerzeit lokale Wasserzuleitungen wie die 1562 unter Ferdinand I. zur Versorgung der Hofburg errichtete »Siebenbrunner Hofwasserleitung«, die Ein Juwel ist das Bad. Hernalser Wasserleitung oder die aus Hütteldorf Adolf Loos, Die Interieurs in der Rotunde, 1898 kommende, 1804 unter Herzog von Albert von Sachsen-Teschen errichtete »Albertinische WasserEmpfehlungen für eine sorgfältige und regelmäßige leitung«.215 Der Großteil der Bevölkerung musste Körperpflege blieben im 18. und 19. Jahrhundert kei- sich jedoch an Brunnen oder bei umherfahrenden neswegs auf adelige Kreise beschränkt. In Schulen und Wasserverkäufern versorgen.216 Das Anwachsen der Internaten, beim Militär und in Kadettenanstalten, in Städte machte das Problem der Versorgung mit sauSpitälern und Gefängnissen wurden auch Standards berem Trinkwasser, aber auch der Entsorgung von der Körperhygiene vermittelt. Ziel der aufgeklärten Abfällen und Abwässern immer dringlicher. So galt Herrscher war es dabei, das Volk als Humanressource es auch Unrat, Schlachtabfälle, Fäkalien zu entfernen gesund und damit arbeitsfähig zu erhalten.209 Darü- und nicht zuletzt die überbelegten Friedhöfe aus der ber hinaus erlangten Kaltwassertherapien und Bade- Stadt zu verlegen.217 In Paris218 wurde die Situation kuren bei der aufgeklärten Ärzteschaft, aber auch in bereits im 18. Jahrhundert überaus prekär, in Wien der Volksmedizin eine gesteigerte Bedeutung. Man führten der Eis-Stoß auf der Donau im Winter und denke nur an den schlesischen Bauern Vinzenz Prieß- das Hochwasser im Frühjahr 1830219 zu einer vernitz oder an Pfarrer Sebastian Kneipp.210 Den Vorstel- heerenden Cholera-Epidemie, da der Wienfluss und lungen seiner Zeit entsprechend, empfahl daher der andere Wiener Bäche wegen des aufgestauten WasArzt Christoph Wilhelm Hufeland 1801 im »Journal sers und Eises nicht rasch genug abfließen konnten, des Luxus und der Moden«, einer Art »Modeheft«, in sodass der mitgeführte Unrat aus Gewebebetrieben dem man sich über die neuesten Kleider-, Möbel- und und Haushalten die angrenzenden GrundwasserKutschenformen informieren konnte, zur Körperhygi- brunnen verseuchte. Zur Abwendung dieser Gefahr ene Folgendes  : »Man wasche sich täglich mit frischem wurden unter Kaiser Franz I. von Österreich der Wasser den ganzen Körper, und reibe die Haut stark, »Cholerakanal« und unter Kaiser Ferdinand I. 1835 wodurch sie äußerlich viel Leben und Gangbarkeit er- bis 1841 die »Kaiser Ferdinand-Wasserleitung« erhalte. Man bade Jahr aus Jahr jede Woche wenigstens richtet.220 Die Kapazität dieser Wasserleitung reichte einmal in lauem Wasser, wozu sehr nützlich noch eine jedoch für die weiter wachsende Großstadt nicht Abkochung von fünf bis sechs Lot Seife gemischt wer- aus, sodass unter Kaiser Franz Joseph I. 1870 mit den kann.«211 dem Bau einer Hochquellenwasserleitung begonnen Zu Hause ein Bad zu nehmen war für weite Kreise wurde, die aus dem Rax-Schneeberg-Gebiet gespeist der Bevölkerung eine mühevolle und schwierige An- wurde. Im Oktober 1873 wurde die Erste Wiener gelegenheit. Das Bedürfnis danach konnte in neuen, Hochquellenwasserleitung eröffnet. 221 Damit waren öffentlich zugänglichen Badeeinrichtungen gestillt erstmals seit der Römer-Zeit die technischen Vorauswerden, den Badeschiffen an Flüssen. In Paris gab setzungen dafür gegeben, dass Wiener Wohnhäuser es ab 1785 ein Badeschiff an der Seine,212 in Wien an die kommunale Wasserversorgung angeschlossen lag das Badeschiff des Dr. Paskal Joseph Ferro, das in hätten werden können. Die Wiener Bauordnung von 1868 nannte zwar josefinischer Zeit beim Tabor lag.213 In den 1840erJahren entstanden in Wien Schwimmhallen wie Aborte und Kanäle bzw. Senkgruben, aber noch keine das Dianabad oder das Sophienbad, in denen auch Wasserversorgung.222 Bei der gesetzlichen Neufassung von 1883 hieß es im neuen § 62 »Wasserbeschaffung«  : Dampf- und Duschbäder angeboten wurden.214 Problematisch blieb jedoch die Wasserversorgung »Bei Neu- und Umbauten ist dort, wo Röhren der der Haushalte. Zwar gab es in Wien auch nach der Hochquellenleitung liegen, das Wasser in die Häuser

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21. »Waschtische- und ständer«, in: Gebrüder-ThonetKatalog, 1904 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

22. »Garnitur Nr. 221«, in: Gebrüder-Thonet-Katalog, 1904 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

zu führen.«223 Badezimmer wurden in dieser Neufas- ente Verwendung. Für Arbeiterfamilien, Handwerkssung der Bauordnung jedoch nicht erwähnt. gesellen oder Hausangestellte waren solche Möbel In den Mietwohnhäusern der Vorstädte, den so- jedoch unerschwinglich. Die Hersteller von Möbeln genannten »Zinskasernen«, erreichte das Fließwasser aus gebogenem Holz und aus Metall erkannten dienur die Gänge, wo es aus einem Wandbrunnen aus sen Massenbedarf und fertigten Hygienemöbel aus emailliertem Gusseisen, der »Bassena« (Kat.-Nr. 76), neuen Werkstoffen in Serienproduktion. Die Buggezapft werden konnte. Von dort musste das kalte holzmöbelproduzenten »Gebrüder Thonet« boten im Wasser in Krügen oder Kübeln in die Wohnungen Firmenkatalog von 1885 bereits zwei »Waschtischgetragen werden, wo es zum Trinken, zum Kochen, Gestelle« und Ankleide- bzw. Toilettespiegel an.224 zum Waschen der Wäsche und zur täglichen Kör- Im wesentlich umfangreicheren Katalog von 1904 perhygiene, die mithilfe eines Lavoirs am Waschtisch war den »Waschtischen und -ständern« bereits eine verrichtet wurde, Verwendung fand. ganze Seite gewidmet (Abb. 21). Darüber hinaus Die Waschtische und Toilettetische in den Toilet- wurden komplette Schlafzimmereinrichtungen angetekabinetten der kaiserlichen Familie waren durch- boten, zu denen auch »Waschkästen« gehörten (Abb. wegs handwerklich hochwertige Einzelanfertigungen. 22). Und Metallmöbelfabrikanten wie die »Erste k.k. In Form und Funktion verwandte Möbel, die anstelle priviliegierte Eisenmöbel-Fabrik und Metallgießerei von teurem Mahagoni aus heimischen Hölzern ange- August Kitschelt’s Erben« und die »Eisenmöbelfabrik fertigt wurden, fanden auch im bürgerlichen Ambi- und Eisengießerei Josef & Leopold Quittner« produ-

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23. Metallwaschtische, in: Prospekt der Firma Josef & Leopold Quittner, vor 1900 (Technisches Museum Wien)

zierten mehrere Waschtisch-Modelle aus Eisenrohr und Blech in Serie (Abb. 23 und Kat.-Nr. 27, 28). Darüber hinaus waren im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert mobile Badewannen aus Metallblech in vielfältiger Form in Verwendung. Es gab Wannen zum Sitzen für Teilbäder (Kat.-Nr. 83, 84) und zum Darinliegen für ein Vollbad. Während in früheren Jahrhunderten Blechwannen vom lokalen Spengler oder Klempner angefertigt wurden, entwickelten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Spezialhersteller von Badewannen. Anschauliches Beispiel ist die Firma »Carl Becker & Franz Both Wien« mit einer Produktionsstätte in Wien V, Traubengasse 1–3, und einer Verkaufsniederlage in Wien I, Jasomirgottgasse 3. Die Firma bot für das »Bad zu Hause« auch einen mobilen »Dampf Bade Apparat« und eine patentierte Schaukelbadewanne zur

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»Wasser-Cur« an (Kat.-Nr. 85, 86). Im Bericht von der Londoner Weltausstellung 1862 wurde von einer weiteren Art des Badens zu Hause berichtet, dem »sponging bath« in einer flachen Blechwanne. »Das englische Schwammbad ist leicht und findet während des Tages seinen Platz unter dem Bette. Jedes gute Hotel, ja jede meublierte Wohnung der besseren Art ist damit versehen. Man stellt oder setzt sich hinein, taucht einen großen Badeschwamm in einen daneben stehenden Eimer mit Wasser und giebt sich in wenigen Minuten eine Reinigung und Erfrischung, die in mancher Hinsicht einem Wannenbad vorzuziehen ist.«225 Maler wie Pierre Bonnard, Edgar Degas und Henri de Toulouse-Lautrec haben diese Art zu »duschen« mehrfach dargestellt.226 Neben dem Wasserholen war vor allem das Wasser-Erwärmen eine aufwendige und mühselige Angelegenheit. Während es in den Badestuben des Spätmittelalters und in Badeappartements am französischen Hof Badeöfen gab, musste das Badewasser in Bürger- und Arbeiterhaushalten in der Küche erwärmt werden. Das traditionelle »Bad am SamstagAbend« fand daher häufig im Familienkreise in der Küche statt. Auch hier erkannte die Industrie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den aktuellen Bedarf, und es kam zur Entwicklung von Badeöfen aus Metall, die ohne größeren Aufwand aufgestellt werden konnten (Kat.-Nr. 87). Darüber hinaus wurden auch Blechbadewannen mit integriertem Ofen angeboten. Ein in den Sammlungen des Technischen Museums Wien erhaltenes Foto zeigt auf anschauliche Weise, wie aus einer mobilen Liegewanne und einem fix montierten Badeofen eine Badegelegenheit mit Duschfunktion kreiert werden konnte (Abb. 24). Wie die Wasch- und Badegelegenheiten in den neu errichteten Villen und in den Mietzinshäusern des wohlhabenden Bürgertums ausgestattet und eingerichtet werden sollten, erfahren wir zunächst aus den im späten 19. Jahrhundert zahlreich erschienenen Einrichtungshandbüchern, war das Badezimmer in bürgerlichen Kreisen doch ein weitgehend neuer Raumtyp. In Jacob von Falkes 1871 erschienenem Manual »Die Kunst im Hause«227 wird das Badezimmer bei der Darstellung der künstlerischen

Einrichtung der verschiedenen Wohnräume noch nicht erwähnt. In der von Werner Herzig 1873, also zeitgleich mit der Fertigstellung der Ersten Wiener Hochquellenwasserleitung, veröffentlichten Studie »Angewandte oder Praktische Ästhetik oder Theorie der dekorativen Architektur« wurden die Funktionen und die räumliche Disposition des Toilettezimmers und des Badezimmers folgendermaßen beschrieben  : »Das Toilettezimmer hat den Zweck, sich in demselben waschen, reinigen, frisieren und die Morgen- und die Nachttoilette anlegen zu können  ; es ist daher der größtmöglichen Bequemlichkeit wegen mit dem Schlaf- und Badezimmer und dem Klosett in direkte Verbindung zu bringen und mit  : Divan, Fauteuils, Wasch- und Toilettetischen, einem Ankleidespiegel, einigen Trummeaukästen und Tischen sowie mit den nöthigen Vorhängen und Teppichen einzurichten (…). Das Badezimmer ist mit einer ganz oder halb vertieften Badewanne und einem Badebassin aus Metall, Marmor oder Porzellan für das warme und kalte Bad, in welche das warme und kalte Wasser durch eigene Metall-, Glas- oder Porzellanröhren direkt eingeleitet wird, sowie mit einem mehrseitig wirkenden DouchApparat einzurichten und mit einem Divan oder Ruhebett, einem Fauteuil, einem Tisch und einem Kleiderrechen zu möblieren.«228 Das von Werner Herzig beschriebene Toilettezimmer unterschied sich in Funktion und Einrichtung kaum von den Toilettezimmern im kaiserlichen Haushalt. Auch die Wasch- und Toilettetische der Ringstraßen-Zeit unterschieden sich in Gesamtform und Funktion nur wenig von jenen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Sinne der historistischen Stilrezeption wurden die Möbel nun aber in der Formenwelt der Neorenaissance und des Neorokoko gestaltet (Kat.-Nr. 25, 26). Das Badezimmer beschreibt Werner Herzig hingegen als einen Raum, in dem sich neben der Badewanne und einer modernen Dusche auch ein Liegemöbel zur Erholung befinden sollte. Das Baden und Duschen wurde vom Autor demnach – anders als heute meist üblich – nicht als rasche alltägliche Reinigungsmaßnahme, sondern als Akt der Rekreation verstanden. Übrigens ganz in

24. Einblick in ein Badezimmer mit Badewanne und Badeofen, um 1900 (Technisches Museum Wien)

diesem Sinne enthielt das Badezimmer von Kaiserin Elisabeth in der Hofburg zwar eine Badewanne, aber kein Waschbecken (FT 17). Cornelius Gurlitt widmete sich in seinem 1888 erschienenen Ratgeber »Im Bürgerhause« einer seiner Verlobten gewidmeten »Plauderei über Kunst, Kunstgewerbe und Wohnungsausstattung« den psychologischen Dimensionen der Badezimmergestaltung   : »Die Fenster seien mit farbigen Vorhängen zu versehen oder aus gefärbtem oder mattem Glas, um den Blick Neugieriger und selbst der lieben Sonne fern zu halten, dem Raum aber zum Genuss des Bades den nöthigen Eindruck völliger Abgeschlossenheit zu verleihen. So sei auch die Thür verhängt, damit man an sie nicht erinnert werde, sondern völlig im Begriff des Ungestörtseins sich dem Wasser anvertrauen kann.«229 Cornelius Gurlitt erkannte, dass die mo-

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25. Einblicke in das Badezimmer von Otto Wagner in der Köstlergasse, 1898 (Wien Museum Karlsplatz)

derne Installationstechnik eine neue Art des Badens zu Hause ermöglichte. Wenn das Badewasser nicht mehr von »dienstbaren Geistern« mit Mühe herbeigeschafft werden muss, sondern bequem aus der Leitung fließt, ist es erstmals möglich, ganz für sich allein zu baden. Dieser neu entstandenen Intimität galt es, seiner Meinung nach, auch bei der Raumausstattung des Badezimmers Rechnung zu tragen. Dieses Bedürfnis nach »völliger Abgeschlossenheit« weist zudem auf ein Ansteigen der Schamschwellen in bürgerlichen Kreisen hin. Lothar Abel widmete sich in seiner Studie »Das gesunde, behagliche, billige Wohnen« 1894 der zweckmäßigen Ausstattung des Badezimmers und forderte  : »Der Fußboden muß in jedem Badezimmer warm sein, gewöhnlich macht man eine Plattenpflasterung aus Thonfliesen und legt darüber einen dicken Wollteppich. Zweckmäßig soll ein bequemer Baderaum aber außer den nothwendigen Toilettegegenständen auch ein Ruhebett enthalten.«230 Bei der 1898 anlässlich des 50-jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. abgehaltenen Kunstgewerbe-Ausstellung in der Rotunde im

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Wiener Prater stellte der k. u. k. Hoftapezierer Franz Xaver Schenzel & Sohn aus Wien IX, Nußdorfer Straße 64, folgende zwei Räume aus  : »Schlafzimmer und Badezimmer«.231 Im »Officiellen Katalog« der Jubiläums-Ausstellung nicht erwähnt wurde der Entwerfer der beiden Räume, Architekt Otto Wagner. Der junge Architekt Adolf Loos (1870–1933) berichtete als Kunstkritiker in einer Artikelserie in der Neuen Freien Presse ausführlich über die JubiläumsAusstellung. Unter dem Titel »Die Interieurs in der Rotunde« schrieb er am 12. Juni 1898 unter dem Stichwort »Einfachheit« ausführlich über diese beiden Räume  : »Gegenwärtig fängt sie bei uns erst an. Das kann man wohl am besten aus dem umstande entnehmen, daß das meistbewunderte zimmer in der rotunde auch das einfachste ist. Ein schlafzimmer mit bad ist es. Hoftapezierer Schenzel hat es verfertigt und es ist für denjenigen bestimmt, der es selbst entworfen hat (…) Niemand anderer könnte darin wohnen, niemand anderer könnte es so voll und ganz auswohnen, erwohnen wie der besitzer selbst, Otto Wagner (…) Ein juwel ist das bad. Die gesamte wandverkleidung, der fußbodenbelag, der ottomanüberzug und die pölster bestehen nämlich aus jenem wolligen stoff, aus dem bademäntel verfertigt werden. Er hat ein diskretes violettes muster erhalten, und das weiß, violett und silber der vernickelten möbel, der toilettegegenstände und der badewanne geben die farbige stimmung an. Die badewanne besteht nämlich aus spiegelglas, das durch nickel montiert wird. Sogar die gläser auf dem waschtisch – facettenschliff – sind nach Wagner’schen zeichnungen ausgeführt. Natürlich auch die toilettegarnitur. Ich bin ein gegener jener richtung, die etwas besonders vorzügliches darin erblickt, daß ein gebäude bis zu kohlenschaufel aus der hand eines architekten hervorgehe. Ich bin der meinung, daß dadurch das gebäude ein sehr langweiliges aussehen erhält (…) aber vor dem Otto Wagner’schen genius streiche ich die segel. Otto Wagner hat nämlich eine eigenschaft, die ich bisher nur bei wenigen englischen und amerikanischen architekten gefunden habe  ; er kann nämlich aus seiner architektenhaut heraus- und in eine beliebige handwerkerhaut hineinschlüpfen. Er macht ein

26. Einblicke in das Badezimmer von Otto Wagner in der Köstlergasse, 1898 (Wien Museum Karlsplatz)

wasserglas – dann denkt er wie ein glasbläser und ein bespannt. Die verschiedenen Teile der Einrichtung glasschleifer. Macht er ein messingbett – er denkt, er wurden von Handwerkern nach den Entwürfen des fühlt wie ein messingarbeiter (…) Nur eines nimmt Architekten einzeln angefertigt und waren keine Seer überall hin mit  : Seine künstlerschaft.«232 rienprodukte. Die Badewanne aus Glas und Metall Otto Wagner (1841–1918) hat das Schlafzimmer war ebenfalls ein Unikat, obgleich Badewannen aus und das Badezimmer zur Einrichtung seiner eigenen Metall oder Keramik um 1900 in Wien bereits aus Wohnung in dem von ihm errichteten Mietwohn- dem Katalog zu kaufen gewesen wären. Weiter gab haus in Wien VI, Köstlergasse 3, entworfen. Die es in dem Raum ein Waschbecken und ein WC, die Wohnung diente dem Architekten als »Absteigquar- auf den historischen Fotos nicht erkennbar sind.233 tier« für seine Tätigkeit als Professor für Baukunst an Otto Wagner hat für seinen eigenen Gebrauch die der nahe gelegenen Akademie der bildenden Künste. Funktionen eines Badezimmers, einer »Retirade«, in Das kleine Appartement bestand aus einem Speise- der traditionell der Leibstuhl und das Bidet standen, zimmer, einem Schlafzimmer und dem Badezimmer, und eines Toilette- oder Ankleidezimmers in einem dessen Aussehen durch zwei historische Fotos über- Raum zusammengefasst. Dieses Badezimmer ist ein liefert ist (Abb. 25, 26). Die Ausstattung des Rau- kontemplativer Ruheraum und noch kein Ort für mes entspricht der Beschreibung in Lothar Abels die rasche, möglichst effiziente Körperreinigung, wie Studie »Das gesunde, behagliche, billige Wohnen« wir es heute kennen. von 1894. Wir finden neben der Badewanne auch Wagners Badezimmer markiert einen wichtigen ein Ruhebett und einen Toilettetisch mit Toilette­ Punkt in der Entwicklung des privaten Bades in gegenständen. Der Boden, aber auch die Wände und Wien. Der Architekt setzte sich als Entwerfer und die Türfüllungen sind mit wärmendem Frottee-Stoff Benutzer mit der Gestaltung und Funktion eines für

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27. Einblick in das Badezimmer von Otto Wagner in der Döblergasse, 1912, in: Das Interieur XIV/1913 (Beletage, Wien)

breite Kreise der Bevölkerung neuen und noch nicht ganz klar definierten Raumtyps auseinander. Otto Wagner entwickelte für sein Badezimmer eine individuelle, auf seine persönlichen Bedürfnisse ausgerichtete Lösung. Die Serienproduktion hatte er dabei offenbar nicht im Blick, wohl aber die von ihm 1895 in »Moderne Architektur« vorgetragenen theoretischen Überlegungen, wonach jede zeitgemäße Gestaltung »dem neuen Material und den Anforderungen der Gegenwart entsprechen« muss und nichts entstehen soll, »ohne künstlerische Weihe zu erhalten.«234 Diese dem modernen Stand der Technik entsprechende und zugleich wohnliche Badezimmereinrichtung scheint den persönlichen Bedürfnissen von Otto Wagner gut entsprochen haben. Denn als er 1911/12 in Wien VII, Döblergasse 4 sein letztes

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Mietwohnhaus errichtete, stattete er seine Hausherren-Wohnung mit einem ähnlichen Badezimmer wie jenem in der Köstlergasse aus (Abb. 27). Auch dieser Raum enthielt neben Badewanne, Waschbecken, Bidet und WC einen Toilettetisch und einen Diwan. Auch dieser Raum war, wie jener in der Köstlergasse, mit Frottee-Stoff ausgelegt und bespannt, der weißviolett gestreift war.235 Auch andere Künstler-Architekten der Wiener Moderne kreierten um und nach 1900 künstlerisch gestaltete Badezimmer für entsprechend wohlhabende Bauherrn. Besonders anschauliches Beispiel ist das mit Marmor verkleidete Badezimmer in dem vom Wagner-Schüler Josef Hoffmann 1907 bis 1911 geplanten Palais Stoclet in Brüssel.236 Neben diesen individuell gestalteten, nur für einen kleinen Kundenkreis erschwinglichen Badezimmern entstanden zur Jahrhundertwende auch noch zahlreiche Hygienemöbel aus Holz im gerade modernen Jugendstil. Denn nach wie vor gehörte der Waschtisch zum Standardmobiliar einer kompletten Schlafzimmereinrichtung (Kat.-Nr. 29, 30). Auch dann, wenn in einer Villa oder einer repräsentativen Stadtwohnung bereits ein Badezimmer für die Hausherrnfamilie vorhanden war, standen weiterhin Waschtische in den Zimmern der Gäste und Hausangestellten. Anschauliches Beispiel ist das von Architekt Joseph Maria Olbrich auf der Hohen Warte errichtete Wohnhaus von Alfred Stifft, dessen Innenräume 1901 ausführlich in »Das Interieur« vorgestellt wurden. In den beiden Gästezimmern und im Schlafraum des Stubenmädchens sind Waschtische mit Waschgarnituren zu sehen.237 Daher überrascht es nicht, dass Architekt Olbrich um 1902 auch selbst eine Waschgarnitur entwarf (Kat.-Nr. 32).238 Und als 1899 im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie ein Wettbewerb für die »Einrichtung eines Wohnzimmers eines verheirateten Arbeiters« ausgeschrieben wurde, umfassten alle von den Schülern der Wiener Kunstgewerbeschule und den Wiener Möbeltischlern eingereichten Entwürfe neben Bett, Esstisch und Kleiderschrank selbstverständlich einen Waschtisch.239 Auch die führenden Architekten der Zeit, wie Josef Hoffmann, entwarfen

für die von ihnen zur Gänze eingerichteten Woh- gewesen. Der »Bericht über die medizinisch-hygieninungen und Häuser Waschtische und Toilettetische sche Abteilung« von der Weltausstellung in Chicago, in der Formenwelt der Wiener Moderne. Beispiele die Loos 1893 besucht hatte, bestätigte die Beobachsind ein Toilettetisch aus dem Sanatorium »West- tungen des Architekten, wenn es hieß  : »Die ausgeend« in Purkersdorf von 1904 (Kat.-Nr. 9)240 und stellten Badeeinrichtungen amerikanischer Faktur ein Waschtisch aus der Wohnung Stonborough übertrafen, was praktische Installation, Solidität und Wittgenstein in Berlin von 1905 (Kat.-Nr. 31)241. Eleganz betrifft, Alles, was wir in diesem Genre in Adolf Loos muss das Badezimmer Otto Wag- Europa gesehen haben. Das Prinzip, von welchem ners im Juni 1898 sehr beeindruckt haben, denn er sich der Amerikaner bei der Ausstattung der Wohwidmete sich im Rahmen seiner Artikelserie in der nung leiten läßt, ist in erster Linie ein behaglicher Neuen Freien Presse bereits am 17. Juli, also weniger Comfort und strenge Reinlichkeit   ; Eleganz und als ein Monat nach dem Erscheinen seines Berichtes künstlerische Ausschmückung spielen dabei eine seüber die »Interieurs in der Rotunde«, dem Thema kundäre Rolle. Ein gut eingerichtetes Badezimmer Badezimmer. Unter dem Titel »Die Plumber« legte er fehlt daher wohl selten in dem Heim des Amerikaeine kurze Kulturgeschichte der Körperhygiene vor ners. Die meisten Wohnungen besser situierter Famiund verwies auf die vorbildliche Entwicklung der In- lien besitzen außerdem noch ein eigenes Badezimmer stallationstechnik in England und Amerika, wenn er für die Dienerschaft.«247 schrieb  : »Wir sind zurückgeblieben. Als ich vor einiLoos richtete seinen Blick dann auf die heimische ger zeit eine amerikanische dame fragte, welches ihr Produktion von Badewannen und merkte kritisch der bemerkenswerteste unterschied zwischen Öster- an  : »Am schwächsten sind wohl unsere badeeinrichreich und Amerika dünkte, antwortete sie mir  : The tungen. Statt die wanne mit weißen kacheln auszuPlumbing  ! – Die installationsarbeiten (…) Daß wir, kleiden, nimmt man hierzulande lieber färbige, dawenn wir uns die hände waschen wollen, erst auf den mit, wie mir ein fabrikant – er hat nicht ausgestellt korridor gehen müssen, um das wasser im krug zu – naiv versichert, der schmutz weniger gesehen werde. holen, daß es toiletten ohne waschgelegenheit gibt, Die blechwannen werden statt mit weißer farbe, der das erscheint dem Amerikaner als das auffälligste einzigen, die dafür taugt, auch dunkel emailliert. (…) Eine wohnung ohne badezimmer  ! In Amerika Schließlich gibt es blechbadewannen, die den schein eine unmöglichkeit. Der gedanke, daß es am ende erwecken wollen, daß sie aus marmor bestehen. Es des 19. Jahrhunderts ein land von millionen gibt, gibt leute die das glauben, denn auch diese marmodessen einwohner nicht alle täglich baden können, rierten finden käufer.«248 Tatsächlich waren die vor wäre für Amerika eine ungeheuerlichkeit.«242 Für und um 1900 angebotenen Badewannen, Badeöfen Loos war der Installateur, wie er weiter ausführte, der (Abb. 36) und Sanitärkeramiken (Kat.-Nr. 77–82) Wegbereiter der modernen Zivilisation  : »Der plum- von der Formenwelt des Historismus bzw. des Juber aber ist der pionier der reinlichkeit. Er ist der gendstils beeinflusst und zeigten bunte Bemalunerste handwerker im staate, der quartiermacher der gen und Reliefschmuck. Erst nach 1900 setzte sich kultur, der heute maßgebenden kultur. Jedes engli- die heute geläufige weiße Sanitärkeramik mehr und sche waschbecken mit dem wassereinlauf und abguß mehr durch. ist ein merkmal englischen fortschritts.«243 1905 beschrieb Joseph August Lux das moderne Adolf Loos hatte den Fortschritt der amerika- Badezimmer in »Die moderne Wohnung und ihre nischen Installationstechnik bei seinem USA-Auf- Ausstattung« daher folgendermaßen  : »Jede bessere enthalt 1893 bis 1896 persönlich kennengelernt.244 Stadtwohnung hat ihr Badezimmer. Ein regelrechSchon zuvor waren neue WC-Spülsysteme, Bade- tes Bad, mit seinen weißen glänzenden Kacheln, der wannen und Badeöfen bei den Weltausstellungen in vertiefen Wanne, den blankgeputzten Hähnen in der London 1862245 und Philadelphia 1876246 zu sehen Marmorverschalung, den glänzenden Apparaten, den

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28. und 28a) Max Benirschke, Entwurf eines Badezimmers, in: Joseph August Lux, Die Moderne Wohnung und ihre Ausstattung, 1905 (Kunsthandel Patrick Kovacs, Wien)

technisch vorzüglich eingerichteten Waschtischen Zur Illustration bildete Lux einen Badezimmer-Entsieht immer einladend aus. Im Schlafzimmer kann wurf von Architekt Max Benirschke, einem Schüler man sodann den Waschtisch entbehren. Gerade was von Josef Hoffmann an der Wiener Kunstgewerbedie Badeeinrichtung angeht, so haben wir eine unbe- schule, ab (Abb. 28, 28a). Dieser Entwurf ist 1902 scholtene Vergangenheit. In den glanzvollen Zeiten in der Wiener Kunstgewerbezeitschrift »Das Invon der Gothik bis zum Rokoko ist keine Rede von terieur« als »I. Preis von der Konkurrenz der Max Badeeinrichtungen. Die ›Kunst‹ befasste sich nicht Mauthner Stiftung« vorgestellt worden.250 Der Fußdamit, es blieb eine rein technische Angelegenheit boden und die Wände sind in diesem Entwurf mit der neueren Zeit, darum haben wir es heute in voll- Kacheln verkleidet. Badewanne, Waschbecken und kommen von Stilarchitektur unbeirrten, praktischen WC-Muschel bestehen aus weißer Keramik  ; sie sind Formen vorgefunden.«249 fix angeschlossen und offenbar Serienprodukte der Das moderne Badezimmer hatte für Lux als Keramik-Industrie. Eckspiegel und Hocker, SitzRaumtyp keine historischen Vorbilder. Es war ein bank und Handtuchhalter sind hingegen Entwürfe neuer, rein technisch entwickelter Nutzraumtyp. des Architekten.

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29. Komplettes Badezimmer, in: Hauptkatalog Otto Schidloff & Co., Wien, um 1910 (Landesinnung, Wien)

In der deutschen Kunstgewerbezeitschrift »InnenDekoration« befasste sich 1906 eine Artikelserie mit dem Thema »Hygiene und Innen-Kunst«, wo es zum Badezimmer hieß  : »Das Badezimmer wird immer mehr Bestandteil einer bürgerlichen Wohnung. In England dient es nicht allein dem Bade in der Wanne, sondern dem gesamten Reinigungsbedürfnis der ganzen Familie. Auch der Waschtisch mit mehreren Becken und direktem Zu- und Abfluss steht hier. (…) Dass daraus sich für diesen, gewissermaßen neuen Raum in der Wohnung natürlich auch gewisse neue Dekorationsprinzipien ergeben, liegt auf der Hand. Die Fayence übernimmt hier ganz die Führung (…).«251 Zur Illustration dieses »neuen Dekorationsprinzips« mit Fliesen und Waschbecken aus Keramik wurden Badezimmer im Grand-Hotel »Vier Jahreszeiten« in Hamburg abgebildet.252 In weiteren Heften waren auch die Bäder im Grand-Hotel »Con-

tinental« in München253 und im Hotel Adlon in Berlin254 zu sehen. Diese Beispiele überraschen nicht, waren doch Hoteleinrichtungen um 1900 in vielfacher Weise Wegbereiter des modernen Komforts.255 Das moderne Badezimmer war nun ein Raum, in dem das Wasser in der gewünschten Temperatur aus Armaturen in der Wand in ein Waschbecken oder eine Badewanne fließt und, nach Gebrauch, über einen Ausguss im Boden wieder abfloss. Das neue Gewerbe der »consessionirten Gas- und Wasserleitungs-Installateure« war in der Lage, moderne WCs und Badezimmer komplett zu liefern. Die heimische Keramik-Industrie bot Sanitärkeramik in guter Qualität und ausreichender Menge an. In Wien wurden diese neuen Errungenschaften 1906 in der »Allgemeinen Hygienischen Ausstellung« in der Prater-Rotunde einem breiten Publikum vor Augen geführt.256 Es kam nun auch zum Einbau von modernen Ba-

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dezimmern in bereits bestehende Wohnhäuser. Ein errichteten Siedlungshäusern war das Bad in die Beispiel eines solchen, um 1912 in ein Wohnhaus Wasch- und Spülküche integriert. Die junge Archiam Wiener Karlsplatz eingebauten Badezimmers, ist tektin Margarete Lihotzky entwickelte bereits 1922 in der ständigen Sammlung des Hofmobiliendepots – eine kompakte Lösung für diesen multifunktionalen Möbel Museum Wien zu besichtigen.257 Nutzraum260 Im Unterschied zu Wien gab es in der Wie auch der Katalog des Wiener Installateurs vom Bauhaus-Architekten Walter Gropius ab 1926 Otto Schidloff & Co von 1910 zeigt, hatte das »Kom- geplanten Siedlung in Dessau-Törten in manchen plette Badezimmer« (Abb. 29) bereits vor dem Ersten Haustypen auch separate Badezimmer.261 Weltkrieg in Funktion und Ausstattung den heute Die Gemeindewohnungen des »Roten Wien« verüblichen Standard erreicht. Boden und Wände wa- fügten in der Zwischenkriegszeit im Sinne der Bauren verfliest. Die Waschbecken, WC-Muscheln und ordnung zwar durchwegs über Fließwasser in der Badewannen waren nun durchwegs weiß, schmuck- Küche und über ein WC, nicht jedoch über ein eigelos und hatten gerundete Formen. Das moderne Ba- nes Badezimmer. Architekt Franz Schuster hat daher dezimmer hatte sich damit ästhetisch konstituiert. bei der Mustereinrichtung für »Eine eingerichtete Zahlreiche Architekten verzichteten daher bei der Kleinstwohnung« 1927 einen Waschtisch im SchlafEinrichtung der von ihnen geplanten Häuser nun zimmer vorgesehen.262 Statt des eigenen Badezimauf die individuelle Gestaltung der Badezimmer- mers standen den Bewohnern »Tröpferlbäder« und Einrichtung und entschieden sich für die Erzeug- zahlreiche öffentliche Schwimmbäder zur Verfügung. nisse der industriellen Serienproduktion.258 Auch Bereits 1887 wurde das erste Volks-Brausebad in der Otto Wagner hat bei der Ausstattung seines neuen Mondscheingasse eröffnet. 1914 wurde mit dem JörBadezimmers 1912 industriell produzierte Sanitär- gerbad das erste Hallenschwimmbad errichtet, 1926 keramik gewählt und ließ keine weitere Glasbade- folgte das Amalienbad.263 Im Gegensatz zu Wien wanne anfertigen (Abb. 27). gab es im Rahmen der kommunalen Wohnbau-Ini­ 1910 wurde die Zweite aus den steirischen Wildal- tiative des »Neuen Frankfurt« neben der bekannten pen kommende Hochquellenwasserleitung fertigge- Einbauküche von Margarete Schütte-Lihotzky, der stellt. Erst jetzt waren die Wassermengen groß genug, sogenannten »Frankfurter Küche«, auch Badezimum die Millionenmetropole Wien ausreichend mit mer in jeder Wohnung, was allerdings zu weit höheTrinkwasser versorgen zu können. Damit wären die ren Wohnungsmieten führte als in Wien.264 praktischen Voraussetzungen dafür vorhanden geweBei Ausstellungen wie »Der gute, billige Gegensen, dass in jeder Wiener Wohnung ein modernes stand« dachten junge Architekten wie Ernst Plischke Badezimmer eingebaut hätte werden können. und Ernst Lichtblau 1930 auch in Wien über kleine, Tatsächlich war es bis zum Badezimmer für alle kompakte Baderäume nach.265 Erst in den Gemeinnoch ein langer Weg. Zunächst war das private Bad dewohnungen aus der Zeit des Wiederaufbaus nach herrschaftlichen Villen, gutbürgerlichen Einfami- 1945 gehörte das Bad jedoch zum Standard der Wielienhäusern und Wohnungen vorbehalten. In den ner Gemeindewohnungen.266 Wiener »Zinskasernen« blieb hingegen der Standard Mit dem zunehmenden Wohlstand verlor das Bader Gründerzeit mit »Bassena« und Klosett am Gang dezimmer den Charakter eines reinen Nutzraums. vielfach bis nach dem Zweiten Weltkrieg bestehen. Designer setzen sich mit dem Entwurf von WaschAuch nach dem Ersten Weltkrieg forderte die neue becken und Badewannen auseinander, und die InWiener Bauordnung von 1930 nur eine Trinkwas- stallateure propagieren die »Oase Bad«. Mit dem serversorgung für jede Wohnung, nicht jedoch den wachsenden Umweltbewusstsein wird jedoch der Einbau eines privaten Badezimmers.259 hohe Energie- und Wasserverbrauch zur Diskussion In den unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg gestellt. Darüber hinaus lässt die steigende Lebenserim kommunalen und genossenschaftlichen Rahmen wartung Fragen nach der barrierefreien Ausstattung

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des eigenen Badezimmers immer bedeutsamer werden.

B a d e n   : i n G e s e l l s c h a f t – z u H au s e – allein Im antiken Rom und in den Städten des Spätmittelalters wuschen sich und badeten die Menschen regelmäßig außer Haus in speziellen, professionell geführten Einrichtungen, den Thermen und Badestuben. Körperhygiene war eine lustvolle und gesellige Angelegenheit (Abb. 1, 2). Im türkischen Hamam und in der finnischen Sauna ist diese Tradition lebendig geblieben. In der frühen Neuzeit wurde das Sich-Waschen und Baden bedingt durch ansteckende Krankheiten und aufgrund eines Anstiegs der Schamschwellen in das private Heim verlagert. Fürsten, Königen und Päpsten standen persönliche Baderäume in ihren Residenzen zur Verfügung, die mitunter über eine gebäudeinterne Wasserversorgung verfügten. Die übrige Bevölkerung war auf den Gebrauch von Hygienemöbeln angewiesen, die zumeist in den Schlafräumen oder Ankleidezimmern standen. Mobile Badewannen wurden nur bei Bedarf aufgestellt. Das Wasser zum Waschen und Baden musste von Bediensteten oder Familienmitgliedern herbeigeholt und erwärmt werden. Man badete zwar in privatem Ambiente, aber keineswegs allein (FT 11, 12). Mit der kommunalen Wasserver- und ­-entsorgung sowie mit der modernen Installationstechnik entstand das Badezimmer als ein neuer Raumtyp in der bürgerlichen Wohnung. Sobald das Wasser in der gewünschten Temperatur durch Armaturen aus der Wand floss, konnte die Körperhygiene zu einer tatsächlich intimen Angelegenheit werden. Im modernen Badezimmer ist der Badende/die Badende erstmals allein mit seinem/ihrem Körper und seinen/ ihren Gedanken. Diese Intimität findet allerdings nicht in einem individuell dekorierten Badeappartement mit Ruhebett, sondern in einem hygienisch ausgekachelten »Nasszelle« mit seriell produzierten Waschbecken und Badewannen statt.

Heimito von Doderer beschrieb das Morgenbad in einem solchen Badezimmer 1925 in der Wohnung von Mary K. in Wien-Rossau so  : »Die Kinder waren schon um halb acht gegangen, der Bub in’s Gymnasium, das Mädel in einen Kurs  ; Mary aber in’s Badezimmer. Während sie unter dem heißen Wasserspiegel in der Wanne lag und gleichgültig ihren Körper betrachtete (immer noch ohne Tadel, aber seine Wirkung blieb hier freilich aus, zwischen gekachelten Wänden und vernickelten Hähnen), bewegte sie sich mit Befriedigung entlang einem Gesinnsel von Vorstellungen, (…).«267

a n m e rk u n g e n   1 Adolf Loos, Die Plumber (1898), in  : Ders., Ins Leere gesprochen (1921), Reprint, Wien 1981, S. 101.   2 Freundlicher Hinweis von Mag. Alexander Schrötter, Landesinnung Wien.   3 Siegfried Giedeon, Mechanization Takes Command, A Contribution to an Anonymous History (1948), Oxford 1969, S. 682–712.   4 Dtv-Atlas zur Baukunst, Band I, 3. Auflage, München 1979, S. 142f.   5 Aischylos, Agamemnon, Vers 1127–1129 und 1343.  6 Homer, Odyssee, Deutsch-Griechisch, Augsburg 1994, 3. Ge­­ sang, Verse 464–469, Übersetzung nach Johann Heinrich Voss.   7 Homer, Odyssee (zit. Anm. 6), 10. Gesang, Verse 358–370.   8 Katherine Ashenburg, Clean – An unsanitised History of Washing, London, 2008, S. 21.   9 Dtv-Atlas (zit. Anm. 4), S. 176. 10 Dtv-Atlas (zit. Anm. 4), S. 235. 11 Badewonnen, Gestern – Heute – Morgen, Hg. von Hans Grohe, Köln 1993, S. 16f. 12 Dtv-Atlas (zit. Anm. 4), S. 235. 13 Ashenburg (zit. Anm. 8), S. 21f. 14 Vitruv, Zehn Bücher über Architektur, übersetzt von Curt Fensterbusch, Darmstadt 1981, S. 407–409  ; Das sogenannte »Archimedische Prinzip« lautet  : Die Auftriebskraft eines Körpers in einem Medium ist so groß wie die Gewichtskraft des vom Körper verdrängten Mediums. – Siehe  : www.de.wikipedia. org/wiki/Archimedisches_Prinzip vom 7. 3. 2011. 15 Vitruv (zit. Anm. 14), S. 393–401. 16 Vitruv (zit. Anm. 14), S. 243. 17 Ebenda. 18 Dtv-Atlas (zit. Anm. 4), S. 235. 19 Petron, Satyricon, Ein römischer Schelmenroman, Übersetzt und erläutert von Harry C. Schnur, Stuttgart 1979, S. 37.

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20 Wolfgang Wohlmayr, Das Badewesen in der römischen Antike, in  : Gabriele Groscher, Badeszenen, Rituale, Entrüstung und Verführung, Ausstellungskatalog, Residenzgalerie Salzburg, Salzburg 2009, S. 55. 21 Dtv-Atlas (zit. Anm. 4), S. 235. 22 Ebenda. 23 Dtv-Atas (Zit. Anm. 4), S. 237. 24 Ebenda. 25 Andreas Hensen, … hic cacavit bene, Betrachtungen zur Architektur und Ästhetik der römischen Latrinenanlagen der Kaiserzeit, in  : Wolfgang Wiener/Wolfgang Schröck-Schmidt, Das Stille Örtchen, Tabu und Reinlichkeit bey Hofe, Berlin/ München 2011, S. 19–29. 26 Giedeon (zit. Anm. 3), S. 634–644. 27 Eine berühmt gewordene Schilderung von einem HamamBesuch überlieferte Lady Montagu in ihren Reise-Briefen aus dem frühen 18. Jahrhundert  : Der Lady Mary Pierrepont Wortley Montagu Reisebriefe 1717–1718, übertragen, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von Dr. Hans Heinrich Blumenthal, Wien 1931, S. 93–95. 28 3. Mose, Kapitel 15, berichtet über Berührungstabus und Waschvorschriften beim Kontakt mit Männern, die »einen Fluss« haben, und mit Frauen, die »Blutfluss« haben. – Zit. nach  : www.bibel-online.net/text/luther_1912/13_mose/15 vom 17. 1. 2011. 29 Ganz rein  ! Jüdische Ritualbäder fotografiert von Peter Seidel, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum Frankfurt am Main, Hohenems und Wien, 2010. 30 Koran, 5 Sure/6  : »Wenn ihr zum Gebet hintretet, waschet euer Gesicht und eure Hände bis zu den Ellenbogen und fährt euch über den Kopf und waschet eure Füße bis zu den Knöcheln. Und wenn ihr im Zustand der Unreinheit seid, reinigt euch durch ein Bad. Und wenn ihr krank oder auf einer Reise seid (und dabei unrein), oder wenn einer von euch vom Abtritt kommt, oder wenn ihr Frauen berührt habt, und ihr findet kein Wasser, so nehmt reinen Sand und reibt euch damit Gesicht und Hände. Allah will euch nicht in Schwierigkeiten bringen, sondern Er will euch nur reinigen und Seine Gnade an euch erfüllen, auf dass ihr dankbar seiet.« – Zit. nach  : www.intratext.co/IXT/DEU0018/_PG.HTM vom 18. 1. 2011. 31 Koran, 2 Sure/222  : »Und sie fragen dich wegen der monatlichen Reinigung. Sprich  : Das ist schadenbringend, so haltet euch fern von Frauen während der Reinigung, und geht nicht ein zu ihnen, ehe sie sich gereinigt. Haben sie sich durch ein Bad gereinigt, so geht ein zu ihnen, wie Allah es euch geboten. Allah liebt die sich Bekehrenden und liebt die sich Reinhaltenden.« – Zit. nach  : www.intratext.com/IXT/DEU0018/_ P6.HTM vom 18. 1. 2011. 32 Das Neue Testament, Markus 1/4, Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Wien 1975, S. 129. 33 Das Neue Testament, Markus 1/8 (zit. Anm. 32), S. 129.

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34 Das Neue Testament, Markus 7/1–23 (zit. Anm. 32), S. 154f. 35 Das Neue Testament, Johannes 13/1–16 (zit. Anm. 32), S. 360f. 36 Hubert Winkler, Ehemalige Hofsilber & Tafelkammer, Silber, Bronzen, Porzellan, Glas, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 1, Wien/Köln/Weimar 1996, S. 178/79. 37 Clemens von Alexandria, Paedagogos, 46/1. – Zit. nach  : Bib­ liothek der Kirchenväter  : www.unifr.ch/bkv/kspitel2292–1. htm vom 30. 12. 2010. 38 Clemens von Alexandria, Paedagogos, 47/1–2  : »Man darf aber auch nicht jederzeit baden, vielmehr muss man, wenn man den Magen allzu leer oder umgekehrt allzu voll hat, das Bad meiden  ; ebenso muss man auf das Lebensalter und auf die Jahreszeit Rücksicht nehmen.« – Zit. nach  : Bibliothek der Kirchenväter  : www.unifr.ch/bkv/kspitel2292–1.htm vom 30. 12. 2010. 39 Clemens von Alexandria, Paedagogos, 47/2 und 46/3  : »(…) man darf auch nicht fortwährend und oft an einem Tage baden (….) Denn wie die Bäume trinkt der Körper gewissermaßen nicht nur mit dem Mund, sondern beim Bad auch mit dem über den ganzen Körper ausgebreiteten sogenannten Porennetz.« – Zit. nach  : Bibliothek der Kirchenväter  : www. unifr.ch/bkv/kspitel2292–1.htm vom 30. 12. 2010. 40 Clemens von Alexandria, Paedagogos, 47/4. – Zit. nach  : Bib­ liothek der Kirchenväter  : www.unifr.ch/bkv/kspitel2292–1. htm vom 30. 12. 2010. 41 Clemens von Alexandria, Paedagogos, 48/2–3. – Zit. nach  : Bibliothek der Kirchenväter  : www.unifr.ch/bkv/kspitel2292 –1.htm vom 30. 12. 2010. 42 Augustinus, Antworten auf die Fragen des Januarius. – Zit. nach  : Bibliothek der Kirchenväter  : www.unifr.ch/bkv/kapitel2794–10.htm-Bad vom 30.12.2010. 43 Die Regel des Heiligen Benedikt, Kapitel 35, »Vom Wochendienst in der Küche«. – Zit. nach  : Bibliothek der Kirchenväter  : www.unifr.ch/bkv/kapitel2032–35.htm vom 18. 1. 2011. 44 Die Regel des Heiligen Benedikt, Kapitel 36, »Von den Kranken«. – Zit. nach  : Bibliothek der Kirchenväter  : www.unifr. ch/bkv/kapitel2032–26.htm vom 18. 1. 2011. 45 Birgit Tuchen, Öffentliche Badehäuser in Deutschland und der Schweiz im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Petersberg 2003, S. 22. 46 Hans Rudolf Sennhauser, St. Gallen – Klosterplan und Gozbertbau, Zwei Aufsätze, Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich 23, Zürich 2001. 47 Clemens Kosch, Wasserbaueinrichtungen in hochmittelalterlichen Konventanlagen, in  : Andreas Zur Nieden (Hg.), Der Alltag der Mönche – Studien zum St. Gallener Klosterplan, Hamburg 2008, S. 69–84. 48 Siehe allgemein  : Heinz Endermann, So du zu Tische wolltest gan, Tischzucht aus acht Jahrhunderten, Berlin 1991.

49 Jean Renart, Der Roman von der Rose oder Wilhelm von Dole, Hg. und übersetzt von Helmut Birkhan, Wien 1982, S. 131. 50 Ebenda, S. 211f. 51 Sebastian Brant, Das Narrenschiff (Erstausgabe 1494, Zusätze 1499), Leipzig 1986, S. 345. 52 Mythos Burg, Ausstellungskatalog, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 2010, Kat.-Nr. 5.37. 53 Ebenda, Kat.-Nr. 5.32  ; Adolf Feulner, Kunstgeschichte des Möbels, Frankfurt a. M./Berlin/Wien, 1980, Kat Nr. 72 a und 72 b. 54 Wolfram von Eschenbach, Parzival, Vers 116/5, zit. nach  : Badewonnen (zit. Anm. 11), S. 36. 55 Musik in mittelalterlichen Wien, Ausstellungskatalog, Wien 1987, S. 107  ; – Freundlicher Hinweis von Herrn Christian Clausen. 56 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 23. 57 Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien, Band 1, Wien 1992, S. 230. 58 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 20–22. 59 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 93–95. 60 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 81–84. 61 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 48–80. 62 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 84–91. 63 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 25. 64 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 298. 65 Albrecht Dürer, Tagebuch der niederländischen Reise, Schriften, Tagebücher, Briefe, Stuttgart 1961, S. 71. 66 In der Ambraser Sammlung ist ein geflochtener Badehut erhalten, der mit Gewürzen besteckt war  : Kunsthistorisches Museum, Ambraser Sammlung KK 5.400. 67 Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbib­ liothek, Codex 2759, fol. 160. 68 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 26. 69 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 28. 70 Wolfgang Klinger, Ansichten des Paracelsus zu Bädern und Kuren, in  : Manuskripte, Thesen Informationen herausgegeben von der Deutschen Paracelsus-Gesellschaft, Nr. 1–4, 1993. 71 Michel de Montaigne, Tagebuch einer Reise nach Italien über die Schweiz und Deutschland (1581), Zürich 2007, S. 40/41. 72 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 42/43. 73 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 44/45. 74 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 113. 75 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 108. 76 Tuchen (zit. Anm. 45), S. 106–111. 77 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 115–117. 78 Lokalaugenschein im Sommer 2010. 79 Badewonnen (zit. Anm. 11), S. 81. 80 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 153. 81 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 164/165. 82 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 166.

  83 Cordula Bischoff, Fürstliche Badegemächer des 16. und 17. Jahrhunderts. Von der Funktion zur Repräsentation, in  : Susanne Grötz/Ursula Quecke (Hg.), Balnea, Architekturgeschichte des Bades, Marburg 2006, S. 54.   84 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 222/23.   85 Badewonnen (zit. Anm. 11), S. 78/79.   86 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 288.   87 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 380–383.   88 Badewonnen (zit. Anm. 11), S. 74–78.   89 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 313 und 371.   90 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 379.   91 Montaigne (zit. Anm. 71), S. 58 und 191.   92 Michel de Montaigne, Essays, Auswahl und Übersetzung von Herbert Lüthy, Zürich 1985, S. 591.   93 Zitiert nach  : Georges Vigarello, Wasser und Seife, Puder und Parfum, Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter, Frankfurt/New York 1988, S. 18.   94 Norbert Elias, Über den Prozess der Zivilisation, Frankfurt a. M. 1988, S. 224.   95 Giovanni della Casa, Der Galateo, Traktat über die guten Sitten, herausgegeben und übersetzt von Michael Rumpf, Heidelberg 1988, S. 111.   96 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 55.   97 Badewonnen (zit. Anm. 11), S. 81.   98 Vigarello (zit. Anm. 93), S. 30.   99 Vigarello (zit. Anm. 93), S. 74ff. 100 Vigarello (zit. Anm. 93), S. 83. 101 Louis Savot, L’Architecture française, Paris 1624, S.  102 – zitiert nach  : Vigarello, S. 76. 102 T. Renaudot, Receuile général des questiones traitées et conférence du bureau d’adresse, Paris 1655. Zit. nach  : William Ritchy Newton, Hinter den Fassaden von Versailles, Mätressen, Flöhe und Intrigen am Hof des Sonnenkönigs, Berlin 2010, S. 77. 103 Madame de Sévigné, Briefe, herausgegeben und übersetzt von Theodora von der Mühl, Baden-Baden 1979, S. 149f. 104 Ebenda, S. 307. 105 Heidi A. Müller, Ein Idealhaushalt im Miniaturformat, Die Nürnberger Puppenhäuser des 17. Jahrhunderts, Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Band 9, Nürnberg 2006, S. 56–58. 106 Siehe auch  : Carl Maria Stefan, Die Sakristeien von St. Lambrecht und Mariazell, Der Lambrechter Hoftischler Gregor Perchtoldt, in  : Barockberichte 48/49 – 2007, S.  220–245, Abb. 9 und Abb. 14. 107 Müller (zit. Anm. 105), S. 32. 108 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 53. 109 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 58. 110 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 58 f.; Marmorbad Kassel, Kurzführer 7, Edition der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Regensburg 2001. 111 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 55–57  ; Gerhard Hojer/ Elmar D.

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Schmid, Nymphenburg, Schloss, Park und Burgen, Amtlicher Führer, München 1991, S. 62–66. 112 Bischoff (zit. Anm. 83), S.  57 f.; Ralph Richard Wagner, (…) und wan eine Prizeß auf die retirade gehen will (…), Bade- und Toiletteräume in den Schlössern der Kurpfalz, in  : Wolfgang Wiese/Wolfgang Schröck-Schmidt, Das Stille Örtchen, Tabu und Reinlichkeit bey Hofe, Berlin/München 2011, S. 126–128. 113 Samuel Pepys, Tagebuch aus dem London des 17. Jahrhunderts, ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Helmut Winter, Stuttgart 2009, S. 117, 156, 288. 114 Pepys (zit. Anm. 113), S. 20, 36, 37, 49, 77, 117. 115 Pepys (zit. Anm. 113), S. 181. 116 Pepys (zit. Anm. 113), S. 153, 166, 173/4, 203, 323, 248. 117 Pepys (zit. Anm. 113), S. 49. 118 Pepys (zit. Anm. 113), S. 225. 119 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 53  ; National Trust (Hg.), Ham House, London 1995, S. 150. 120 Zit. nach Bischoff (zit. Anm. 83), S. 63. 121 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 62. 122 Erik Orsenna, Portrait eines glücklichen Menschen, Der Gärtner von Versailles, Andrè Le Nôtre 1613–1700, München 2001, S. 65–73. 123 Wagner (zit. Anm. 112), S. 121. 124 Newton (zit. Anm. 102), S. 79. 125 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 62. 126 Bischoff (zit. Anm. 83), S. 54. 127 Newton (zit. Anm. 102), S. 80/81. 128 Newton (zit. Anm. 102), S. 81/82. 129 Pierre Lemoine, Versailles and Trianon, Guide to the Museum and National Domain of Versailles and Trianon, Paris 1991, S. 105. 130 Newton (zit. Anm. 102), S. 82. 131 Lawrence Wright, Clean and Decent, The fascinating history of the bathroom & the water closet, London 1960, S. 172f. 132 Wagner (zit. Anm. 112), S. 122  ; Lemoine (zit. Anm. 129), S. 105. 133 Newton (zit. Anm. 102), S. 81. 134 Abgebildet in Bischoff (zit. Anm. 83), S. 62. 135 Bildtext auf  : Johann Georg Merz, Innere verzierung eins Baad-Zimmer, MAK – Kunstblättersammlung KI 10018 – 141/27/5. 136 Abgebildet in  : Joan Dejean, The Age of Comfort, When Paris discovered casual and the modern home began, New York/Berlin/London 2009, S. 74. 137 M. Roubo les Fils in »L’Art du Menuisier« 1769 Pl. 69  : »Plans, Coupe et Elévations des lieux à Soupapes«. Eine ähnliche Darstellung findet sich bereits in Jacques-François Blondel, Architecture dans la Goit modern, Paris 1738, abgebildet in  : Dejean (zit. Anm. 136), S. 85. 138 Wright (zit. Anm. 131), S. 97–110.

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139 Herbert Lachmayer/Sylvia Mattl-Wurm/Christoph Gagerle, Das Bad, Eine Geschichte der Badekultur im 19. und 20. Jahrhundert, Salzburg – Wien 1991, S. 56. 140 Lachmayer/Mattl-Wurm/Gagerle (zit. Anm. 139), S. 52. 141 Giacomo Girolamo Casanova, Aus meinem Leben, aus dem Französischen übersetzt von Heinz von Sauter, Auswahl und Nachwort von Roger Willemsen, Stuttgart 2010, S. 117/118. 142 Zit. nach Vigarello (zit. Anm. 93), S. 27. 143 Felix Pischel, Die Erziehung des Herzogs Johann von Sachsen-Weimar, in  : Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts, 8/9, 1918/19, S. 21f. 144 Newton (zit. Anm. 102), S. 78. 145 Das war mein Leben, Die Briefe der Liselotte von der Pfalz, Herzogin von Orleans vom Hofe des Sonnenkönigs, München 1951, S. 249f. 146 Lothringens Erbe, Ausstellungkatalog, Schallaburg 2000, S. 280, Kat.-Nr. 12.06. 147 Julius Bernhard von Rohr, Einleitung zur Ceremonial-Wissenschaft der großen Herren, Berlin 1729, S. 541f. 148 Johann Basilius Küchelbecker, Allerneueste Nachricht vom Römisch-Käyserlichen Hofe nebst einer ausführlichen Historischen Beschreibung der Kayserlichen ResidentzStadt Wien und der umliegenden Oerter, Hannover 1730, S. 358f. 149 Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Ältere Zeremonialakte, Karton 45  : Kammerordnung vom 20. November 1745. 150 Meredith Chilton/Claudia Lehner-Jobst (Hg.) Fired by Passion, Barockes Wiener Porzellan der Manufaktur Claudius Inicentius Du Paquier, Stuttgart 2009, Band 2, S. 587–619. 151 Philip Dormer Stanhope, Earl of Chesterfield, Briefe an seinen Sohn Philip Stanhope über die anstrengende Kunst, ein Gentleman zu werden, Leipzig/Weimar 1983, S. 146. 152 Paul Christoph (Hg.), Maria Theresia, Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, Wien/München 1980, S. 29. 153 Jean-Jacques Rousseau, Emile oder Über die Erziehung, Paderborn/München/Wien/Zürich 1993, S. 35f 154 Rousseau (zit. Anm. 153), S. 431. 155 Brief vom 16. 6. 1791 zitiert nach  : Charlotte Pangels, Die Kinder Maria Theresias, Leben und Schicksal in kaiserlichem Glanz, München 1980, S. 456. 156 Casanova (zit. Anm. 141), S. 146  : »(…) wir kamen überein, uns mit einer kurzen Abwaschung wieder in den Status quo zu versetzen.« 157 Vigarello (zit. Anm. 93), S. 129/30. 158 Das stille Örtchen (zit. Anm. 112) Abb. 2, 3, S. 32. 159 Ebenda  ; siehe auch  : Peter Payer, Der Gestank von Wien, Über Kanalgase, Totendünste und andere üble Geruchskulissen, Wien 1997. 160 Payer (zit. Anm. 159), S. 124. 161 Liselotte von der Pfalz (zit. Anm. 145), S. 158.

162 Stephan Kohls, Garniert, beschlagen, überzogen, Leib- und Nachtstühle im Spiegel der Ludwigsburger, Schwetzinger, Stuttgarter und Weikersheimer Schlossinventare, in  : Wiese/ Schröck-Schmidt (zit. Anm. 112), S. 41–53. 163 Stephan Ritter von Kees/W. C. W. Blumenbach, Systematische Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen, Wien 1829, S. 748–751. 164 Berichte über die erste allgemeine österreichische Gewerbsprodukten-Ausstellung im Jahre 1835, Wien 1835, S. 317  ; Bericht über die zweite allgemeine österreichische Gewerbs­ produkten-Ausstellung im Jahre 1839, Wien 1840, S. 386. 165 Das Möbel Kat.-Nr. 6, MD 42.684 (L 4744) trägt am Blindholz hinter dem Spiegel folgende Aufschrift in Bleistift  : »Disa Dulett Hobich Gemath/Joanney Hirsch/5ta Marti Anno 1808« (Diesen Toilettetisch habe ich gemacht/ Johann Hirsch/5. März 1808). Diese Signatur wurde bei den Restaurierungsarbeiten zur Vorbereitung der Ausstellung in der Tischlerwerkstatt der Bundesmobilienverwaltung entdeckt. 166 Lieselotte Hanzl-Wachter, Hofburg zu Innsbruck, Architektur, Möbel, Raumkunst. Repräsentatives Wohnen in den Kaiserappartements von Maria Theresia bis Kaiser Franz Joseph, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 17, Wien/Köln/Weimar 2004, S. 105. 167 Eva B. Ottillinger/Lieselotte Hanzl, Kaiserliche Interieurs, Die Wohnkultur des Wiener Hofes im 19. Jahrhundert und die Wiener Kunstgewerbereform, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 3, Wien/Köln/Weimar 1997, S. 103–121. 168 In der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wird derzeit ein vom FWF gefördertes Forschungsprojekt zur Bau- und Ausstattungsgeschichte der Wiener Hofburg durchgeführt. Das Projekt-Team zum 18. Jahrhundert fand im Zuge der aktuellen Archivrecherchen keine Hinweise auf fix installierte Badeeinrichtungen in den Herrschaftsappartements im Leopoldinischen Trakt und im Amalienhof nach französischem Vorbild. Es wird vermutet, dass in den kleine Garderobe- und Ankleideräumen mobile Badewannen in Verwendung waren. – Freundlicher Hinweis von Mag. Petra Kalousek. 169 Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), Abb. 34, S. 79. 170 Diese Art der Raumgestaltung findet sich bereits im französischen Empire – beispielsweise in den Räumen von Napoleon und Josephine in Malmaison – und wurde etwa auch im Appartement von Königin Louise in Berlin-Charlottenburg angewandt. 171 Franz Xaver Ritter von Sickingen, Darstellung der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, Wien 1832, S. 27. 172 Auch im Inventarium des Appartements von 1826 ist keine Badewanne angeführt, sondern vier Trumeau-Tische und sechs Taburette, was für eine geänderte Nutzung nach 1824 spricht.

173 Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, 94/1818, S. 768. 174 Inventar von 1826. 175 Inventar 1826  ; Siehe auch  : Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), S. 116/117. 176 Inventar 1826. 177 Sickingen (zit. Anm. 171), S. 25. 178 Bundesmobilienverwaltung  : Inventar von 1826 179 Ebenda. 180 Ebenda. 181 Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), S. 171. 182 Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), S. 138–140. 183 Sickingen (zit. Anm. 171), S. 37/38. 184 Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), S. 139/140. 185 Ganz ähnlich dürfte auch das Toilettekabinett von Eleonore Fürstin Schwartzenberg ausgesehen haben, über das 1840 bei einer Ballveranstaltung berichtet wurde, dass der Raum »aus in Zeltform zusammengefügten Goldstäben mit fassoniertem weissem Mousselin auf rosafarbigem Grund übermacht bestand. Toilettetisch mit Silberspiegeln, Waschtisch mit chinesischem Porzellaine, runde Tischchen mit französischen Blumenkörben und den schönsten lebenden Rasen, dann Bronze-Lampen waren prachtvoll und so wie die herrlich neuen Fußteppiche vor rothem Grunde mit weiß und grünem Dessins dem Ganzen angemessen. Sehr innig und gelungen erblickt man an den Plafonds und Vorhängen Rosengirlanden angebracht. Die Tapeziererkunst hatte hier alles bisher in dieser Art gesehene weit übertroffen und man kann sagen einen Triumph gefeiert.« – Zitiert nach Hannes Stekl, Die österreichische Aristokratie im Vormärz, Herrschaftsstil und Lebensreform der Fürstenhäuser Liechtenstein und Schwarzenberg, Wien 1973, S. 162. 186 Die zweite Ladenkommode (MD 47.217) wurde zur Amtsraumeinrichtung an das BMF verliehen und ist dort bislang leider unauffindbar. 187 Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 166), S. 59–69. 188 HHStA (= Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien)/OMeA (=Obersthofmeisterakten) r (=Rubrik) 21 C 7 – 1854  ; Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 166), S. 144. 189 HHStA, Akten der Hofmobiliendirektion 4/1854, Nr. 18  ; Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), S. 145. 190 Bundesmobilienverwaltung   : »Mobilien Inventarium Denen in dem Allerhöchsten Apartement Ihro Majestät der Kaiserin Elisabeth befindlichen Hofmobilien« von 1861. 191 Liechtensteinisches Hausarchiv  : Karton H 1853  : Aufstellung des Tapezierers Josef Weissenberger  ; Stekl (zit. Anm. 185), S. 160f. 192 Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), S. 146. 193 HHStA/OMeA r 21 B 8 – 1876, die Gesamtkosten betrugen 12.006 Gulden. Burghauptmannschaftsakten 40/1885. 194 Ottillinger/Hanzl (zit. Anm. 167), S. 130–134. 195 HHStA/OMeA r 21 B 4 – 1877.

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196 HHStA /OMeA r 21 B 4 – 1888, die Kosten betrugen 2.400 Gulden. 197 Hofburg  : HHStA/OMeA r 21 B 4 – 1882  ; Schönbrunn  : HHStA/OMeA r 128 B 4 – 1876 und r 128 B 17 – 1896. 198 C. Klastersky (Hg.), Der alte Kaiser wie nur Einer ihn sah. Der wahrheitsgetreue Bericht seines Leibkammerdieners Eugen Ketterl, Wien 1929, S. 22. 199 Erwein Lobkowicz, Erinnerungen an die Monarchie, Wien/ München 1989, S. 262. 200 Ketterl (zit. Anm. 198), S. 24. 201 Laut Inventareintragung ist die Wanne nach 1923 in die Verlassenschaft nach Kaiser Karl übergegangen. 202 HHStA/OMeA r 12/7 – 1875. 203 Verzeichnis der im Jahre 1845 in Wien öffentlich ausgestellten Gewerbs-Erzeugnisse der österreichischen Monarchie, Wien 1845, S 169. 204 HHStA/OMeA r 128 B 20 – 1899. 205 HHStA/OMeA r 21 C 11 – 1910. 206 HHStA/OMeA r 128 B 20 – 1899. 207 HHStA/OMeA r 128 B 20 – 1899. 208 HHStA/OMeA r 128 B 5 – 1917. 209 Vigarello (zit. Anm. 93), S. 227–238. 210 Wolfgang Krauss, Über das Wasser in der Medizin, in  : Das Bad, Körperkultur und Hygiene im 19. und 20. Jahrhundert, Ausstellungskatalog, Historisches Museum der Stadt Wien, 1991, S. 19–29. 211 Zitiert nach  : Herbert Lachmayer/Christoph Gagerle, Inszeniertes Wohlbehagen, Funktion und Luxus des privaten Bades, in  : Lachmayer/Matt-Wurm/Gagerle (zit. Anm. 139), S. 49. 212 Vigarello (zit. Anm. 93). 213 Ernst Gerhard Eder, Antiseptikum kaltes Wasser, Bäder für Arme am Fluss, in  : Das Bad, Körperkultur und Hygiene im 19. und 20. Jahrhundert, Ausstellungskatalog, Historisches Museum der Stadt Wien, 1991, S. 30–38. 214 Ernst Gerhard Eder, in  : Das Bad (zit. Anm. 213), S. 39–42. 215 Sylvia Mattl, Die »Assanierung« Wiens, in  : Das Bad (zit. Anm. 213), S. 60  ; siehe auch  : www.wien.gv.at/wienwasser. 216 Mattl (zit. Anm. 215), Abb. S. 52. 217 Mattl (zit. Anm. 215), S. 57. 218 Alain Corbin, Pesthauch und Blütenduft, Eine Geschichte des Geruchs, Berlin 1984, S. 291–298  ; Vigarello (zit. Anm. 93), S. 174–183. 219 Siehe  : Jakob und Rudolf Alt, Im Auftrag des Kaisers, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2010, Kat.-Nr. 1–5. 220 Mattl (zit. Anm. 215), S. 56 und 60. 221 Mattl (zit. Anm. 215), S. 60–62. 222 Landesgesetz vom 2. December 1868, womit eine Bauordnung für die k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien erlassen wird, § 58) Aborte und § 60) Kanäle, Senkgruben. – Freundlicher Hinweis von Dr. Kurt Schimak. 223 Bauordnung für die k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt

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Wien. Gesetz vom 17. Jänner 1883, Wien 1897, § 62). – Freundlicher Hinweis von Dr. Kurt Schimak. 224 Eva B. Ottillinger (Hg.), Gebrüder Thonet, Möbel aus gebogenem Holz, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 16, Wien/Köln/Weimar 2003, S. 138 und 143. 225 Lothar Bucher, Bilder aus der Fremde für die Heimath gezeichnet, Zweiter Band  : Die Londoner Industrie-Ausstellung von 1862, Berlin 1863, S. 260. 226 Françoise de Bonneville, Das Buch vom Bad, München 1998, S. 110–114. 227 Jacob Falke, Die Kunst im Hause, Wien 1871. 228 Werner Herzig, Angewandte oder Praktische Ästhetik oder Theorie der dekorativen Architektur, Wien 1873, S.  277– 279. 229 Cornelius Gurlitt, Im Bürgerhause, Plauderei über Kunst, Kunstgewerbe und Wohnungs-Ausstattung, Dresden 1888, S. 113. 230 Lothar Abel, Das gesunde, behagliche, billige Wohnen, Wien/Pest/Leipzig 1894, S. 233. 231 Jubiläums-Ausstellung Wien 1898, Officieller Katalog Herausgegeben von der Ausstellungs-Commission, Wien 1898, S. 170. 232 Adolf Loos, Die Interieurs in der Rotunde, in  : Ders., Ins Leere gesprochen (zit. Anm. 1), S. 79–81. 233 Paul Asenbaum u. a., Otto Wagner, Möbel und Innenräume, Salzburg/Wien 1984, S. 28–32 und S. 178–181. 234 Otto Wagner, Die Baukunst unserer Zeit, 4. Auflage (1. Auflage »Moderne Architektur« 1895), Wien 1914, S.  39 und 96. 235 Asenbaum (zit. Anm. 233), S.  268f.; Das Interieur XIV/1913, Tafel 48, Bildtext. 236 Eduard F. Sekler, Josef Hoffmann, Das architektonische Werk, Salzburg/Wien 1982, Abb. 114 und WV 104. 237 Das Interieur, II/1901, S. 59, 61 und 63. 238 Ralph Beil/Regina Stephan (Hg.), Joseph Maria Olbrich (1867–1908), Architekt und Gestalter der frühen Moderne, Ausstellungskatalog, Mathildenhöhe Darmstadt, Ostfildern 2010, S. 305 und 431. 239 Cumgard Salis, Arbeiterwohnungen, in   : Das Interieur, I/1900, S.  65–69  ; siehe auch  : Eva B. Ottillinger, Vom »Einfachen Hausrat« zur »Sozialen Wohnkultur«, Sozial motiviertes Möbeldesign in Wien, in  : Monika Wenzl-Bachmayer (Hg.), Wagner-Schule – Rotes Wien, Architektur als soziale Utopie, Ausstellungskatalog des Wagner  :Werk/Museum Postsparkasse, Wien 2010, S. 86–88. 240 Sekler (zit. Anm. 236), WV 84. 241 Sekler (zit. Anm. 236), WV 97. 242 Adolf Loos, Die Plumber (zit. Anm. 1), S. 104. 243 Ebenda, S. 106. 244 Stephan Muthesius, »The Sanitary Revolution« – englische Badekultur als Vorbild im 19. Jahrhundert, in  : Lachmayer/ Mattl-Wurm/Gagerle (zit. Anm. 139), S. 122–135.

245 The International Exhibition of 1862, The Illustrated Catalogue of the Industrial Department, British Division, London 1862, Volume II, Class X  : Civil Engineering, Architectural and Building Contrivances und Class XIII  : Iron and General Hardware  : diverse WC-Systeme, Armaturen für Wasserleitungen und Badewannen. 246 Bericht über die Weltausstellung in Philadelphia 1876, herausgegeben von der österreichischen Commission für die Weltausstellung in Philadelphia 1876, Heft XIV, Zweiter Theil  : Wasserleitungen, Wien 1877, S. 56–80. 247 A. Politzer, Bericht übe die medizinisch-hygienische Abteilung der Weltausstellung in Chicago 1893, Wien 1894, S. 29. 248 Adolf Loos, Die Plumber (zit. Anm. 1), S. 106. 249 Joseph August Lux, Die moderne Wohnung und ihre Ausstattung, S. 133/134. 250 Das Interieur, III/1902, Tafel 84 und 84. 251 Stadtbaumeister Schoenfelder, Hygiene und Innen-Kunst, in  : Innen-Dekoration, 10/1906, S. 291. 252 Ebenda, S. 283 und 292. 253 Innen-Dekoration, 12/1906, S. 353. 254 Innen-Dekoration, 1/1908, S. 51. 255 Giedeon (zit. Anm. 3), S. 697f. 256 Joseph M. Gally, Offizieller Katalog der unter dem höchsten Protektorate Erzherzog Leopold Salvators stehenden Allgemeinen Hygienischen Ausstellung, Wien 1906. 257 Badewanne MD 68.650. 258 Markus Kristan u. a., Landhaus Khuner am Kreuzberg, Wien 2004, S. 66/67  ; Jana Horeková u. a., The House Müller in Prague, Prag 2002, S. 72/73  ; Adolf Mayer, Ein Versuchshaus des Bauhauses in Weimar, Bauhausbuch, Bad 3, Reprint, Weimar 2008  ; Ilsebill Barta, Wohnen in Mies van der Rohes Villa Tugendhat, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 14, Wien 2002, Abb. 24a. 259 Wiener Bauordnung veröffentlicht am 3. Februar 1930, § 91) Wasserversorgung. – Freundliche Mitteilung von Dr. Kurt Schimak. 260 Margarete Schütte-Lihotzky, Soziale Architektur, Zeitzeugin eines Jahrhunderts, Ausstellungskatalog, MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien 1993, Kat.-Nr. 28. 261 Andreas Schwarting, Die Siedlung Dessau-Töten, Walter Gropius 1926–1928  ; Lokalaugenschein im August 2009  : Der Haustyp Sietö 1 von 1926 verfügte über eine Sparbadewanne in der Spülküche, der Haustyp Sietö 2 von 1927 verfügte über eine Sparbadewanne im Badezimmer. 262 Franz Schuster, Eine eingerichtete Kleinstwohnung, Stuttgart 1927. Abgebildet in  : Eva B. Ottillinger, Wohnen zwischen den Kriegen, Wiener Möbel 1914–1941, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 28, Wien/ Köln/Weimar 2009, Abb. 21. 263 Martina Wurzacher, Mehr Frust als Lust, Die städtischen

Badeanstalten zwischen sozialem und kulturellem Anspruch, in  : Das Bad, Körperkultur und Hygiene im 19. und 20. Jahrhundert, Ausstellungskatalog, Hermesvilla, Wien 1991, S. 127–137. 264 Ernst May und das Neue Frankfurt 1925–1930, Ausstellungskatalog, Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt a. M. 1986, S. 73. 265 Ottillinger (zit. Anm. 262), Abb. 30 und 31. 266 Erich Bramhas, Der Wiener Gemeindebau, Vom Karl Marx-Hof zum Hundertwasserhaus, Basel/Boston/Stuttgart 1987, S. 79/80. 267 Heimito von Doderer, Die Strudelhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre (1966), München 1980, S. 769.

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Ka t al o g zusammengestellt von Eva B. Ottillinger fotografiert von Edgar Knaack

Darüber hinaus stammen folgende Abbildungsvorlagen von  : MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst (Fotos  : Georg Mayer)  : Kat.-Nr. 1, 10, 32, 63, 64, 65, 75, 76  ; Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft (Foto  : Rudolf Hemetsberger)  : Kat.-Nr. 2  ; Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft (Fotos  : Edgar Knaack, Sascha Riegler)  : Kat.-Nr. 53, 69, 70  ; Silberkammer – Hofburg Wien (Fotos  : Marianne Haller)  : Kat.-Nr. 68, 72, 73, 74  ; Technisches Museum Wien  : Kat.-Nr. 83–85  ; Wien Museum Karlsplatz  : Kat.-Nr. 12, 86. Abkürzungen  : B  : Breite, DM  : Durchmesser, H  : Höhe, T  : Tiefe Jh.: Jahrhundert, H.: Hälfte, V.: Viertel Abb.: Textabbildung, FT  : Farbtafel Kat.-Nr.: Katalognummer Alle Maße in cm

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katalog

W A SC H K Ä STEN 1: Spätmittelalterlicher ­Waschkasten aus Schloss Anneberg im Vinschgau Tirol, 4.V.15.Jh., im 19. Jh. ergänzt Zirbenholz, teilweise geschnitzt und bemalt H  : 273, B  : 75, T  : 48 Provenienz  : Sammlung ­Figdor MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, F 764

waschkästen

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2: Waschkasten aus der Sakristei von Schlosshof (davor im Belvedere) Wien, 1. V. 18. Jh. Nussbaumholz mit Einlegearbeit, teilweise geschnitzt, politiert, Wasserbehälter  : Kupfer H  : 174, B  : 115, T  : 75 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 22.097 (SB 906)

3: Waschkasten aus Baden Wien, 2. H. 19. Jh. Eiche, Wasserbehälter  : Zinn H  : 160, B  : 47, T  : 34 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 51.761 (KI Ba./J 879)

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TOI L ETTETISC H E

4 und 4a: Toilettetisch aus Schloss Schönbrunn Wien, 4. V. 18. Jh. Kirschbaumholz, Einlagen in Ahorn, Birnbaumholz und Nussbaumholz, politiert, Spiegelglas, Bronze­ beschläge H  : 79, B  : 96,5, T  : 49,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 2.896 (S 4215)

toilet tetische

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5:

Toilettetisch aus Baden Wien, 1. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 79, B  : 96,5, T  : 50 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 51.140 (Ba. 953)

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6 und 6a: Toilettetisch aus Laxenburg Johann Hirsch, signiert 5. März 1808 Mahagoni, Einlagen in Ahorn und Birnbaumholz, schwarz gebeizt, politiert, Tuschmalerei, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 85, B  : 134, T  : 58 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 42.684 (L 4744)

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7:

Toilettetisch aus Baden Wien, 2. V. 19. Jh. Mahagoni, politiert, Glas, Bronzebeschläge H  : 80, B  : 136,5, T  : 82,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 4.593 (Ba. 4481 und Bg. 5634)

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8: Toilettetisch mit Spiegel aus Schloss Schönbrunn Wien, 3. V. 19. Jh. Weichholz, teilweise geschnitzt, gefasst und teilweise vergoldet, Glas und Spiegelglas H  : 149, B  : 120, T  : 68,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 53.307 (S 3062) Oben: 9: Toilettetisch aus dem Sanatorium »Westend« in Purkersdorf Entwurf  : Josef Hoffmann, 1904 Ausführung  : Wiener Werkstätte, Wien Weichholz, weiß lackiert, Spiegelglas  ; Spiegel und Spiegelrahmen nach dem Original ergänzt H  : 133,5, B  : 100, T  : 50 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 56.968

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10: Toilettetisch mit Spiegel Entwurf  : Josef Frank, um 1930 Ausführung  : Haus & Garten, Wien Mahagoni, politiert, Alabasterglas und Spiegelglas, Messing, vernickelt H  : 133, B  : 105, T  : 51 MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, H 2280 11: Toilettetisch Entwurf und Ausführung  : Johann Vinzenz Kabele, 1939 Rosenholz, politiert, Glas, Messingbeschläge H  : 68, B  : 129, T  : 40 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 73.666

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12: Toilettetisch mit Spiegel Entwurf  : Oswald Haerdtl, um 1950 Ausführung  : Wien Nussbaumholz, politiert, Glas und Spiegelglas, ­Messing H  : 128, B  : 114,4, T  : 50 Wien Museum Karlsplatz, HMW 246.167

13: »Psyche« Entwurf und Ausführung  : Josef Sereinig, 1949 Ahorn, politiert, Spiegelglas, Metallfassung H  : 177, B  : 119,5, T  : 36 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 68.582

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TOI L ETTEK A BINETT V ON ERZ H ERZOGIN ­M A RI A A NN A , 1 8 3 1

14: Ankleidespiegel aus dem Toilettekabinett von ­Erzherzogin Maria Anna in der Wiener Hofburg Entwurf und Ausführung  : Ernest Gissl, Wien, 1831 Mahagoni, politiert, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 206, B  : 135, T  : 47 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 3.923 (Bg. 15.235)

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15: Kleiderständer aus dem Toilettekabinett von ­Erzherzogin Maria Anna in der Wiener Hofburg Entwurf und Ausführung  : Ernest Gissl, Wien, 1831 Mahagoni, politiert H  : 193, DM  : 54 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 64.500 (Bg. 15.238)

16: Tisch aus dem Toilettekabinett von Erzherzogin ­Maria Anna in der Wiener Hofburg Entwurf und Ausführung  : Ernest Gissl, Wien, 1831 Mahagoni, politiert H  : 74, B  : 115, T  : 51 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 53.062 (Bg. 15.251) 17: Kanapee aus dem Toilettekabinett von Erzherzogin Maria Anna in der Wiener Hofburg Entwurf und Ausführung  : Ernest Gissl, Wien, 1831 Kirschbaumholz, politiert, Stoffbespannung nach dem Original erneuert H  : 84, B  : 127, T  : 61 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 57.022 (Bg. 15.242)

TOILETTEKABINETT VON ERZHERZOGIN M ­ ARIA ANNA

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18: Ladenkommode aus dem Toilettekabinett von ­Erzherzogin Maria Anna in der Wiener Hofburg Entwurf und Ausführung  : Ernest Gissl, Wien, 1831 Mahagoni, politiert, Bronzebeschläge H  : 157, B  : 89, T  : 47 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 53.002 (Em 56) 18a  : Papieretikette von Tischlermeister Ernest Gissl in einer Lade von Kat.-Nr. 18

76 :

katalog

W A SC H TISC H E

19: Waschgestell Wien, 1. V. 19. Jh. Mahagoni, politiert, Bronzebeschläge H  : 88, DM  : 40 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 71.739

20: Waschgestell aus Baden Wien, 2. V. 19. Jh. Ahorn, Einlagen in Mahagoni, politiert, Bronzereifen H  : 84,5, B  : 44, T  : 41 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 62.556 (Ba. 1966)

waschtische

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21 und 21a: Waschtisch aus Innsbruck Johann Gey(e)r, Innsbruck, 1838 Mahagoni, Einlagen in Buchsbaumholz, politiert, Marmor, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 80, B  : 93, T  : 44,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 1.603 (I. 221)

22: Waschtisch aus Innsbruck Johann Gey(e)r, Innsbruck, 1838 Mahagoni, Einlagen in Buchsbaumholz, politiert, Spiegelglas H  : 80,5, B  : 93,5, T  : 44 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 1.709 (I. 252)

78 :

katalog

23: Waschgestell mit Metallbecken Wien (?), 2. V. 19. Jh. Esche, politiert, Metallbecken nach dem Original ergänzt H  : 97, B  : 70,5, T  : 63 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 5.389

24: Waschkasten aus Innsbruck Wien oder Innsbruck (?), 3. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert H  : 100, B  : 116, T  : 55 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 60.627 (I. 3.460)

waschtische

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25: Waschtisch aus der Wiener Hofburg Wien, 3. V. 19. Jh. Weichholz, teilweise geschnitzt, gefasst und teilweise vergoldet, Spiegelglas H  : 160, B  : 150, T  : 76 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 38.007 (Bg. 30.064)

80 :

katalog

26: Waschtisch aus Mürzsteg Wien, 4. V. 19. Jh. Wacholder, teilweise gedrechselt, politiert, Marmorplatte H  : 94,5, B  : 100, T  : 70 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 35.599 (Ms. 1489)

27: Metall-Waschtisch aus Mürzsteg Wien, 4. V. 19. Jh. Eisenrohr und Blech, lackiert H  : 80, B  : 73, T  : 50 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 35.676 (Ms. 1005)

28: Metall-Waschtisch aus dem Belvedere Wien, um 1900 Messing, Marmorplatten H  : 120, B  : 96, T  : 67 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 50.394 (SB 2378)

waschtische

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29: Waschtisch mit Spiegel Entwurf  : Joseph M. Olbrich, 1899 Ausführung  : August Ungethüm, Wien Birnbaumholz, Marmorplatte, Spiegelglas, Messingbeschläge Waschtisch  : H  : 104, B  : 137, T  : 71, Spiegel  : H  : 87,5, B  : 102,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 31.374

30: Ladenkommode mit Ankleidespiegel Entwurf  : Joseph M. Olbrich, 1899 Ausführung  : August Ungethüm, Wien Birnbaumholz, Spiegelglas, Messingbeschläge H  : 198, B  : 128, T  : 39 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 31.372

82 :

katalog

31: Waschtisch aus der Wohnung Stonborough in Berlin Entwurf  : Josef Hoffmann, 1905 Ausführung  : Wiener Werkstätte Weichholz, weiß lackiert, Waschbecken  : Keramik, glasiert H  : 108,5, B  : 95, T  : 66,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 70.614 32: Wasch-Garnitur Entwurf  : Joseph M. Olbrich, um 1902 Ausführung  : Villeroy & Boch Steingut, glasiert MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, Ke 9649/1, 2

waschtische

: 83

S P IEGE L

33: Ankleidespiegel aus Salzburg Wien oder Salzburg (?), 1. V. 19. Jh. Birnbaumholz, schwarz gebeizt und politiert, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 173  ; B  : 79  ; T  : 58 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 2.777 (S. 5382)

34: Ankleidespiegel aus Innsbruck Johann Gey(e)r, Innsbruck, 1838 Mahagoni, Einlagen in Buchsbaumholz, politiert, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 179,5, B  : 96,5, T  : 60 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 1.850 35: Ankleidespiegel Wien, 2. V. 19. Jh. Ahorn, politiert, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 175. B  : 110, T  : 43 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 34.965

84 :

katalog

spiegel

: 85

36: Frisierspiegel aus Innsbruck Wien (?), 2. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Weichholz, geschnitzt und vergoldet, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 69, B  : 45,5, T  : 22 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 59.029 (I. 629)

37: Frisierspiegel aus Innsbruck Wien oder Innsbruck (?), 3. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Spiegelglas, Bronze­ beschläge H  : 38, B  : 31 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 59.065 (I. 2514)

86 :

katalog

38: Rasierspiegel mit Tisch aus der Wiener Hofburg Wien, 3. V. 19. Jh. Nussbaumholz, teilweise gedrechselt und geschnitzt, politiert, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 134, B  : 73, T  : 56 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 64.643 (Bg. 28.145)

39: Frisierspiegel mit Tisch aus Schloss Schönbrunn Wien, 4. V. 19. Jh. Weichholz, geschnitzt und farbig gefasst, Samt ­erneuert Spiegel  : H  : 64,5, B  : 67, T  : 21; Tisch  : H  : 81, B  : 71, T  : 47 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 42.992 (S 23.982)

waschkästen

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88 :

katalog

40: Ankleidespiegel aus der Wiener Hofburg Wien, 2. V. 19. Jh. Weichholz, teilweise geschnitzt, aufgesetzte ­Ornamente aus Papiermaché, gefasst und teilweise vergoldet, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 118, B  : 193,5, T  : 54 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 5.676 (Bg. 8002) 41: Ankleidespiegel aus dem Gisela-Appartement in Schloss Schönbrunn Wien, 4. V. 19. Jh. Weichholz, geschnitzt und farbig gefasst, Spiegelglas, Bronzebeschläge H  : 210, B  : 120, T  : 45 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 43.523 (S 24.213)

42: Ankleidespiegel aus dem Schlafzimmer von Emma Foltin Entwurf  : Wilhelm Foltin, 1922 Ausführung  : Johann Kutscherowsky, Wien Palisander, politiert, Einlegearbeiten mit Ahorn, Nussbaumholz und Rosenholz, Buche geschnitzt und schwarz gebeizt, Spiegelglas, Messingbeschläge H  : 183,5, B  : 66,5, T  : 17,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 34.074

waschkästen

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» ZIMMERRETIR A DEN «

43 »Zimmerretirade« aus Innsbruck Wien oder Innsbruck (?), 1. H. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, originale Lederpolsterung, Einsatz aus Keramik H  : 56, B  : 47, T  : 47 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 57.076 (I. 1105) 44: »Zimmerretirade« aus Innsbruck Laurenz Mayer’s Söhne, Wien, 3. V. 19. Jh. Buche, teilweise lasiert, politiert, Einsatz aus Metall und Keramik H  : 50, B  : 62, T  : 50,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 64.600 (I. 3719)

90 :

katalog

45: »Retirade« für Manöver Wien, 1. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, originale Polsterung, ­Einsatz aus Keramik H  : 52,5, B. 52, T  : 42 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 40.521 (Krone 1088)

46: »Zimmerretirade« aus Schloss Schönbrunn Wien, 1. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, originale Polsterung H  : 53,5, B  : 50, T  : 40 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 2.480 (S 16.616)

»ZIMMERRETIRADEN«

: 91

47: »Zimmerretirade« aus Mürzsteg Laurenz Mayer’s Söhne, Wien, 4. V. 19. Jh. außen  : Nussbaumholz, innen  : Ahorn und Buche, ­politiert, Einsatz aus Metall und Keramik H  : 49, B  : 60, T  : 48 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 35.669 (Ms. 1761)

48: »Zimmerretirade« aus Salzburg Josef Klemm, Wien, 2. H. 19. Jh. Weichholz, lasiert, Einsatz aus Metall und Keramik H  : 53,5, B  : 62, T. 54 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 46.293 (S. 2105)

92 :

katalog

49: »Zimmerretirade« aus Schloss Schönbrunn Carl Oswald & Co., Wien, 2. H. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Einsatz aus Metall und ­Keramik H  : 46, B  : 67,5, T  : 55 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 62.562 (S 20.968)

50: »Zimmerretirade« aus Gödöllo Laurenz Mayer’s Söhne, Wien, 2. H. 19. Jh. Weichholz, innen  : lasiert, Einsatz aus Metall und Keramik H  : 50, B  : 65, T  : 48 Provenienz  : Sammlung Klauda Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 71.497

»ZIMMERRETIRADEN«

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Rechte Seite : 53: »Zimmerretirade« in Hockerform L. Gutmann, Wien, 4. V. 19. Jh. Buche, gedrechselt, gebeizt und politiert, originaler Stoffbezug, Keramikeinsatz H  : 53, DM  : 42,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 47.873 54: »Zimmerretirade« aus Mayerling Bartolomeus Breuer (?), Wien, 4. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Einsatz aus Metall und ­Keramik H  : 49, B  :56, T  : 40 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 58.601

51: Leibstuhl aus Salzburg Wien oder Salzburg (?), 3. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Samtpolsterung, Einsatz aus Metall und Keramik H  : 116, B  : 67, T  : 82 Hofmobiliendepot Möbel – Museum Wien, MD 47.192 (S. 3076) 52: Nachtkästchen mit »Retirade« aus Innsbruck Innsbruck oder Wien (?), 3. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert H  : 85, B  : 60, T  : 51 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 57.262 (I. 3090)

94 :

katalog

»ZIMMERRETIRADEN«

: 95

BIDETS

55: Bidet aus Schloss Schönbrunn Wien, 1. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Keramikeinsatz H  : 46, B  : 52, T  : 32 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 2.585 (S 14.350)

96 :

katalog

56: Bidet Wien, 1. V. 19. Jh. Kirschbaumholz, politiert, Keramikeinsatz H  : 47, B  : 55, T  : 32 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 2.908

57: Bidet aus Innsbruck Wien oder Innsbruck (?), 2. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Metalleinsatz H  : 47,5, B  : 66, T  : 37 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 64.618 (I. 2495)

58: Bidet aus Salzburg Wien oder Salzburg (?), 3. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Keramikeinsatz H  : 47,5, B  : 48,5, T  : 26,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 46.203 (S. 3957)

bidets

: 97

59: Bidet Wien, 2. V. 19. Jh. Nussbaumholz, politiert, Keramikeinsatz H  : 51, B  : 51, T  : 30 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 9.907 60: Bidet aus der Wiener Hofburg Wien, 3. V. 19. Jh. Ahorn, politiert, Keramikeinsatz H  : 46, B  : 54, T  : 34 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 43.940 (Bg. 33.206)

98 :

katalog

61: Bidet aus Mürzsteg Wien, 4. V. 19. Jh. Eisenrohr, lackiert, Keramikeinsatz H  : 44,5, B  : 46,5, T  : 30,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 72.732 (Ms. 669)

62: Bidet aus Messing Wien, um 1900 Messing, Keramikeinsatz H  : 42,5, B  : 46,5, T. 38,5 Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 32.969

bidets

: 99

H Y GIENE P ORZE L L A N

100 :

katalog

63: Krug und Schüssel Wiener Porzellanmanufaktur, Wien, 3. V. 18. Jh. Porzellan, bemalt und glasiert MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, Ke 4558/1, 2 64: Barbier-Schüsseln aus Metall und Steingut Johann Adam Aichmayer, Linz, um 1720, Zinn J. Broch, Luxemburg, 2. V. 19. Jh., Steingut, bemalt und glasiert MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, KS 462 und Ke 3711 Rechte Seite : 65: Pot de chambre und Bourdalou Wiener Porzellanmanufaktur, Du Paquier, Wien, um 1730, Porzellan, bemalt und glasiert Holitsch, um 1800, Steingut, bemalt und glasiert MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, Ke 7118 und Ke 7422

66: Nachttöpfe und Bourdalous aus dem kaiserlichen Haushalt Wiener Porzellanmanufaktur und Böhmen, 19. Jh. Porzellan, glasiert Silberkammer – Hofburg Wien

Hygienepor zell an

: 101

67: Wasch-Garnitur von Kaiser Franz Joseph Fischer & Mieg, Pirkenhammer, 2. H. 19. Jh. Porzellan, glasiert Silberkammer – Hofburg Wien, MD 84.804 68: Wasch-Garnitur von Kaiserin Elisabeth für Korfu Karl Knoll, Karlsbad, um 1890 Porzellan, glasiert Silberkammer – Hofburg Wien, MD 180.775

102 :

katalog

69: 23-teilige Reisetoilette-Garnitur von Kaiserin ­Elisabeth Würzl, Budapest, um 1890 Koffer aus Schlangenleder, innen mit Büffelleder gefüttert Provenienz  : Sammlung Klauda Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft, Wien, SKB 7016 70: Rasier-Set von Kaiser Franz Joseph Böhler Stahl, um 1890 Lederetui, gefüttert, Klingen  : Edelstahl Provenienz  : Nachlass Eugen Ketterl Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft, Wien, SKB 2457

Hygienepor zell an

: 103

72: Mundspül-Garnitur Böhmen (Lobmeyr  ?), 2. H. 19. Jh. Kobaltglas Silberkammer – Hofburg Wien, MD 180.189 Rechte Seite : 73: Sanitärporzellan aus dem kaiserlichen Haushalt Wiener Porzellanmanufaktur, Pirkenhammer und Schlaggenwald, 2. H.19. Jh. Porzellan, glasiert Silberkammer – Hofburg Wien, MD 180.954

71: Sanitärporzellan aus dem kaiserlichen Haushalt Haas & Czjzek, Schlaggenwald, 2. H.19. Jh. Porzellan, glasiert Silberkammer – Hofburg Wien, MD 180.806

104 :

katalog

74: Sanitärporzellan aus dem kaiserlichen Haushalt Wiener Porzellanmanufaktur, Pirkenhammer und Schlaggenwald, 2. H. 19. Jh. Porzellan, glasiert Silberkammer – Hofburg Wien, MD 180.954

Hygienepor zell an

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W A SC H BECKEN UND WC

75: Wasserbehälter und Waschbecken Niederlande, um 1800 Messing MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, Me 1598/1896

Rechte Seite : 77: Waschbecken »Baltic« Rudolf Ditmars Erben, Znaim, um 1905 Keramik mit Sonnenblumendekor, glasiert Landesinnung Wien

76: »Bassena« aus dem Österreichischen Museum für Kunst und Industrie Wien, um 1870 Gusseisen, emailliert, Messing MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, Ei 1329-1

78: Waschbecken »Baltic« Rudolf Ditmars Erben, Znaim, um 1905 Keramik mit Sonnenblumendekor, glasiert Landesinnung Wien

106 :

katalog

waschbecken und wc

: 107

79: Klomuschel »Oxford« Lieferant  : J. Gramlick, Wien, produziert in England, 4. V. 19. Jh. Keramik, glasiert Landesinnung Wien

80: Klomuschel Lieferant  : Paul Dumont, Wien, produziert in ­Hanley in England, 4. V. 19. Jh. Keramik mit blauem Dekor, glasiert Landesinnung Wien

108 :

katalog

81: Klomuschel »Vineta Patent« aus Neuberg Rudolf Ditmars Erben, Znaim, um 1900 Keramik mit Reliefdekor, glasiert Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 72.536 82: Klomuschel »Baltic« Rudolf Ditmars Erben, Znaim, um 1905 Keramik mit Sonnenblumendekor, glasiert Landesinnung Wien

waschbecken und wc

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B A DEW A NNEN UND ­B A DEO F EN

83: Sitzbadewanne Wien (?), 4. V. 19. Jh. Weißblech, Messing Technisches Museum Wien, 81.557 84: Sitzbadewanne Wien (?), um 1900 Weißblech Technisches Museum Wien, 29.015

110 :

katalog

85: Schaukelbadewanne C. Becker & F. Both, Wien, um 1900 Weißblech Technisches Museum Wien, 81.558 86: Postkarte der Firma Carl Becker & Franz Both, Wien Wien, um 1900 Wien Museum Karlsplatz, Inv. Nr. 194.975

badewannen und badeofen

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87: Badeofen Houben’s Aachener Badeöfen D. R. P., um 1900 Buntmetalle und Blech, teilweise lackiert

112 :

katalog

Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, MD 62.356

vOM n A C H TSC H ERM ZUR k L OMUSC H E L H yg i e n e p o r ze l l a n u n d S a n i tä rk e r a m i k Ulrike Scholda

V o rg e s c h i c h t e Geschirr am Tisch und unter dem Bett In den kaiserlichen Residenzen hat sich kostbares Sanitärgeschirr aus Porzellan und Silber erhalten. Nicht immer waren die Gefäße, die früher zum Wasserholen und Wasserlassen verwendet wurden, so kunstvoll gefertigt. Meist wurde das Geschirr der Küche umfunktioniert  : Krug, Schüssel und Topf wurden als Waschgarnitur und Nachttopf verwendet, weitere Gefäße als Bettpfannen und Leibschüsseln. Die Materialien zum Aufbewahren und Transportieren der Flüssigkeiten aller Art waren vielfältig. Der Nachttopf konnte aus Holz, Blech oder Keramik sein, Krug und Waschschüssel aus Keramik oder Glas, Kübel und Badezuber aus Holz oder Blech (FT 4, 10, 11). Metall bewährte sich über einen langen Zeitraum für das Sammeln, Transportieren und Aufbewahren von Flüssigkeiten. Mit Blech gab sich natürlich nicht jeder zufrieden, je nach Rang variierte das verwendete Material. Außergewöhnliche Beispiele von hochrangigen Persönlichkeiten sind auch die, die sich bis heute in musealen Sammlungen erhalten haben, da ihre Bedeutung durch den ursprünglichen Eigentümer, das Material und die Technik über die des ordinären Sanitärgeschirrs hinausgeht. Dazu zählen aus kaiserlichem Besitz Lavabo-Garnituren aus vergoldetem Silber sowie Flakons, Dosen und Schalen kostbarer Toilettegarnituren aus Gold (FT 8, 9). Aus dem 18. Jahrhundert haben sich zahlreiche weitere Gefäße des höfischen Bereichs aus Porzellan erhalten, die mit der Körperpflege und Hygiene in Zusammenhang standen. Das damals in Europa neue Material Porzellan war kostbar und edel genug, um auch für Wasch- und Nachtgeschirr bei Hof

verwendet zu werden. Frühe Beispiele der Porzellanmanufaktur Du Paquier, mit der 1718 die Porzellanproduktion in Wien begann, belegen dies ebenso wie Garnituren der ausländischen Manufakturen Meißen oder Sèvres. Stilistisch unterschieden sich die frühen Lavabo-Garnituren und Pots du chambre, wie die Nachttöpfe genannt wurden, nicht vom Essgeschirr. Formal entsprach der Nachttopf dem Suppentopf. Zeittypische Dekorelemente, Tiere, mythologische Szenen und andere Motive gaben vorerst keine Hinweise auf den Inhalt. Zahlreiche höfische Tafelservice umfassten auch Waschgarnituren und Nachttöpfe mit gleichem Dekor wie die Speiseteller und Schüsseln (Kat.-Nr. 73, 74). Ein besonderer Gegenstand entstand im 18. Jahrhundert und wurde fast ausschließlich in Porzellan hergestellt  : das Bourdalou. Diese länglichen Gefäße, einer Saucière nicht unähnlich, wurden ein wichtiges Stück für die vornehmen Damen der Gesellschaft und dienten quasi als Nachttopf für unterwegs. Für die Herkunft des Wortes Bourdalou haben sich zwei Varianten überliefert  : einerseits der französische Jesuitenpater Louis Bourdaloue (1632–1704), der am Hof Ludwigs XIV. stundenlange Predigten hielt, die besonders den Damen gut gefallen haben sollen. Sie wollten die Messe wegen dringender »Bedürfnisse« nicht verlassen und bedienten sich daher der praktischen Hilfe. Andererseits ist es nicht unwahrscheinlich, dass das provenzalische Wort für Unrat  – »bourdalho« – für die Namengebung als Anregung diente.1 Wie auch immer  : Die Form der Metallsau­ cièren wurde entsprechend adaptiert in Porzellan gefertigt und war bald im Angebot aller europäischen Manufakturen. Szenerien mit pikanten Themen wurden bei diesem Gefäßtypus beliebter Dekor (Kat.-Nr. 65). Das Material Porzellan übernahm im Laufe des 18. Jahrhunderts einen Teil der bis dahin in Metall oder Glas ausgeführten Sanitärgegenstände. Abgesehen von der neuen Form des Bourdalou änderte sich die Ausstattung für die tägliche Hygiene weiterhin kaum  : Nachttöpfe und Waschgarnituren (Wasserkrug und Waschschüssel) genügten und wurden nur um Accessoires wie Seifenschalen, Flakons, Tiegeln

vOM nACHTSCHERM ZUR kLOMUSCHEL

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und Dosen ergänzt. Diese wurden weiterhin an ge- in Verbindung damit. Über das als »Wedgwoodeigneten Orten im Wohnbereich, meist in der Nähe Steingut« bezeichnete neue Material wurde 1823 in der Schlafgelegenheiten, verwahrt. Ein Tisch diente Österreich berichtet  : »Das Wedgwoodgeschirr oder als Standort für die Waschschüssel, Stühle und an- Wedgwood-Steingut ist ein durch seine Festigkeit dere Möbel verbargen die Nachttöpfe. und Dauerhaftigkeit, und durch seine zweckmäßigen, schönen, den Antiken nachgeahmten Formen ausgezeichnetes, dem Steingut ähnliches Geschirr. (….) N e u e M at e r i a l i e n u n d n e u e F o r m e n Die Haupteigenschaften des Wedgwoodgeschirrs S a n i tä rg e s c h i r r u n d W a s s e rk lo s e t t sind  : außerordentliche Härte, (…) Unauflöslichkeit in Säuren, Unempfindlichkeit gegen schnellen Tem»WEDGWOOD« peraturwechsel (…). Die Fabrication des Wedgwood Wesentliche Innovationen im Sanitärbereich wie das ist im Inlande nicht erheblich, da die Geschirre dieWasserklosett oder der Siphon gingen von England ser Art weniger gesucht sind.«3 aus. Dort wurde außerdem mit der Erfindung des Um 1830 tauchte der Begriff »Sanitäts-Geschirr« Steinguts ein neues Material entwickelt, das sich für bzw. »Sanitätswaren« als neue Gattung von SteinSanitärgeschirr besonders bewährte. Um 1760 war gutwaren auf. Ursprünglich leitet sich die Bezeichdieser Werkstoff von Josiah Wedgwood (1730–1795) nung wohl vom Kochgeschirr in Blech oder Kerazur Herstellung von Geschirr kreiert worden. Sein mik ab, bei dem keine Gefahr von Vergiftung durch Name wurde neben der allgemeinen Bezeichnung schlechte Verzinnung bzw. Bleiglasur gegeben war. Steingut zum Synonym für den neuen Werkstoff. Dieser Begriff wurde schließlich auch für die widerBei Steingut handelt es sich um einen porösen standsfähigen Hygienegefäße übernommen und erst Scherben, der erst durch eine Glasur die notwendige nach und nach bis Mitte des 20. Jahrhunderts durch Abdichtung erhält.2 Die verwendeten Rohstoffe wur- den Begriff Sanitärwaren ersetzt. den im Feuer zu einer steinartigen, undurchsichtigen In Wien war schon Ende des 18. Jahrhunderts eine Masse zusammengesintert und mit einem glasartigen Steingut-, Majolika- und Fayence-Geschirrfabrik Überzug bedeckt. Es entstand dadurch ein äußerst durch die Gründung des Erfinders Josef Hardtmuth festes Geschirr, das feuerfest war und daher auch für (1758–1816) entstanden. Auf der ersten österreichiSchmelzgefäße verwendet werden konnte. Durch schen Gewerbsprodukten-Ausstellung im Jahr 1835 die billigen Rohstoffe wurde Steingut bald eine kos- wurde über seine Erzeugnisse in sogenanntem »Wietengünstige Alternative zu Porzellan. Es übernahm ner Steingut«4 Folgendes berichtet  : »Die vorzüglichsdamit die Funktion von Fayence, einem anderen ten Eigenschaften desselben sind in der eigenthümtonkeramischen Erzeugnis, das bis dahin als Ersatz lich zubereiteten, vollkommen ausgebrannten Masse, für Porzellan gedient hatte. Neben der Produktion und in der von metallischen Zusätzen ganz freien von Essgeschirr aus Steingut wurde in England auch Steinglasur begründet. Erstere ertheilet den Fabribald begonnen, Nachtgeschirr und Toilettetrichter katen die Härte und Dauer des Porzellans, letztere herzustellen. wird weder von Säuren angegriffen, noch unterliegt Die Produktion von Steingut fasste gegen 1800 sie einer Abnützung bei im Gebrauche eintretender auch auf dem Kontinent Fuß. Anfangs wurden aus mechanischer Einwirkung.«5 Damit eignete es sich dem Material vorwiegend Krüge und Töpfe (für auch besonders zur Herstellung von Sanitärwaren. Schmalz und Butter) ebenso wie Nachttöpfe herge1839 wurde im Rahmen der zweiten Gewerbsprostellt, außerdem Rohre für Brunnen und Wasserlei- dukten-Ausstellung in Wien betont, dass sich dieses tungen. Die Bezeichnung war und blieb nicht ganz Wiener Steingut dadurch auszeichnete, »dass es nicht einheitlich. Der Begriff »Wedgwood« konnte als ei- eine Blei- oder Borax- sondern eine vollkommene genes Material neben Steingut genannt werden oder Steinglasur hat, wohin in die Classe jener Fabricate

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gehört, welche im Auslande Sanitäts-Gut genannt Toilettegegenstände, Lavoirs mit Kanne, Waschwerden. Viele Formen sind den englischen Geschir- Service und Fußbadewannen wurden aber auch von ren glücklich nachgemacht, in der Glasur selbst aber Porzellanfabriken angeboten. 1835 wurde von der ist nichts zu wünschen übrig.«6 kaiserlichen Porzellan-Manufactur in Wien unter Steingut wurde bereits seit 1809 in einer mähri- zahlreichen Tafelgegenständen nur ein Waschbeschen Fabrik in Frain erzeugt, in der es unter dem cken mit Kanne ausgestellt, 1839 zählten »ein runBesitzer Stanislaus Graf von Mniszek (Mnischek) des Lavoir sammt Kanne, eine Schwammtasse, eine bald gelang, »(…) nach vielfachen selbst kostspieli- Seifendose, eine Kammschachtel, 3 Pomadebüchsen gen Versuchen (…) ein glasirtes Wedgwood in licht- und 2 Flacons mit blauen Blumen«11 zum Sortiment, brauner, lichtgrüner und lichtblauer Farbe zu erzeu- das ansonsten Dejeunés, Teeschalen, Schreibzeuge, gen, welches dem besten Ausländischen an die Seite Schüsseln, Obstkörbe usw. umfasste. Mehrere Fabrigestellt werden kann (…).«7 kanten vereinten zu dieser Zeit auch die Produktion Auch in dieser Fabrik umfasste ein Teil der Pro- von Porzellan und Steingut.12 duktion Sanitärartikel wie Lavoirs mit Kannen, Toi­ Durch die Eigenschaften des Steinguts wurden lette-, Seifen- und Pomadendosen, die sowohl in die Porzellanfabrikanten herausgefordert, besonders Steingut als auch in einer eigenen Materialvariante, haltbares Porzellan herzustellen. Kriegel und Wolff die unter der Bezeichnung ›Wedgwood‹ angeboten beispielsweise, zwei Fabrikanten, die 1836 eine wurden, gefertigt waren.8 Steingut- und Porzellanfabrik in Prag übernommen Der Einfluss Englands wurde immer wieder be- hatten, ließen dazu die Steinguterzeugung auf und tont, gerade auch in Zusammenhang mit den Sani- richteten ihre Tätigkeit »bloß auf die Hervorbrintärgegenständen  : »Diese Fabrik [Graf von Mniszek] gung eines dauerhaften Porzellans«13. hat durch die ausgestellten Wedgwood Gegenstände Weitere Produkte zum Baden wurden Anfang des bewiesen, dass sie in der neuesten Zeit ungemein 19. Jahrhunderts weiterhin in Metall gefertigt, da­ große Fortschritte gemacht habe. Formen, Druck runter vor allem Badewannen, wobei die Wannen und Glasur zeigten glückliche Nachahmungen der mit einer Heizung »unter dem Sitze des Badenden« englischen Erzeugnisse, insbesondere aber war der versehen sein konnten.14 Druck an sehr vielen Stücken so schön und rein, wie Glas blieb ebenfalls ein beliebtes Material im man ihn nur an den besten Stücken aus England se- 19. Jahrhundert  : Waschschüssel und -krug wurden hen kann. Dabei ist die Masse leicht und steht sehr ­ daraus ebenso hergestellt wie ganze Garnituren, gut im Feuer. Ein so glückliches Streben nach Ver- Mundspülgarnituren oder Urinflaschen (Kat.-Nr. vollkommnung, und hierdurch erzielte nahmhafte 72). Fortschritte, von welchen sich erwarten lässt, dass sie In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Einfuhr der Wedgwood-Geschirre aus England das Sanitärgeschirr im Rahmen der Weltausstellunbald ein Ende machen werden, konnten nur mit der gen ein nur vereinzelt gelistetes Produkt bei Steingoldenen Medaille würdig belohnt werden.«9 gut- und Porzellanfabriken. Toilettegeschirre und War es bei der Graf Mniszek’schen Fabrik bei- Waschgarnituren wurden gemeinsam mit Tafel-, spielsweise 1839 eine »Waschtisch-Einrichtung nach ­Kaffee- und Teeservicen genannt (Kat.-Nr. 71). englischer Art«, so war es bei der böhmischen Steingutfabrik von Johann Fürst von Lobkowitz-Wrtby » W A T E R C L O S E T « eine »Fußbadewanne mit blauem, grünem, schwar- England hatte nicht nur mit dem Material Steinzem und chinesischem Drucke nach englischer Ma- gut einen wesentlichen Beitrag geleistet, sondern nier«10. Die Firma erzeugte gleichzeitig Saucieren, war auch Vorreiter in der technischen Entwicklung Milchkannen, Eierbecher, Speiseteller und Ähnliches des Wasserklosetts und der Konstruktion der ersten aus Steingut. Spülklosette. Dazu wurde eine Schüssel, meist aus

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Keramik, mit einer Wasserzuleitung und einem Ab- ner Ausführung auf den Markt kam. In Russland lauf verbunden. Die Verbindung von Schüssel und wurde der Name »Unitas« ein Synonym für Toiletten. mechanischer Vorrichtung wurde durch technische Viele Modelle folgten, und auch weitere Firmen Innovationen zu Wasserzulauf- und -ablauf ständig produzierten die notwendigen Keramikteile wie weiterentwickelt. Die Entwicklung des Siphons zur »The Armitage sanitary pottery manufacture«, eine Geruchsvermeidung stellte eine zusätzliche Verbesse- seit 1817 bestehende, auf Sanitärwaren spezialisierte rung dar. Dazu wurde 1775 durch den Uhrmacher Firma, oder Johnson Brothers, eine 1883 ebenfalls in Alexander Cumming beim britischen Patentamt ein Hanley gegründete Tonwarenerzeugung. Ein weiteKlosett mit Wasserspülung und einem Geruchsver- rer Pionier in der Entwicklung des WCs wurde der schluss – daher die Bezeichnung »water closet« – an- Installateur John Shanks in Barrhead bei Glasgow, gemeldet. Das Zimmerklosett ohne direkten Was- der 1865 sein erstes Patent für ein Klosett anmeldete serzu- und -ablauf wurde von da an nach und nach und 1868 eine Gießerei eröffnete, um die Anschlüsse durch das Wasserklosett ersetzt und schließlich an für seine Erfindungen zu erzeugen. Im Jahr 1900 erdie Kanalisation angeschlossen. weiterte er sein Unternehmen um eine eigene ErzeuEin wesentlicher Beitrag dazu kam auch aus Ame- gung für Tonwaren.15 rika, wo dem Keramiker Charles Harrisson in New Den verschiedenen Modellen wurden klingende York im Jahr 1877 das Brennen einer WC-Muschel Namen gegeben, die Assoziationen zu Form oder Demit Siphon aus einem Stück gelang. In England kor sowie zu Wasser, Städten oder Personen weckten, folgte 1883 die Firma Twyford mit dem Modell beispielsweise »Dolphin, »Lion«, »Cascade«, »The »Unitas«, der ersten frei stehenden Klomuschel aus Dover«, »Rhine«, »Bombay«, »Aeneas« usw., oder einem Stück. Das Material Steingut bewährte sich einfach vielversprechend klangen wie »Optimus«, dabei. Durch diese Neuerung wurde die Herstellung »Patent Syphonic Closet«, »The improved Tornado billiger, die Montage einfacher und die Toiletten Flush« und dergleichen mehr. dichter und hygienischer als die zusammengesetzten Die in England in einem Stück gefertigten KloKlosetts. Diese nun frei aufstellbaren Toiletten konn- settmuscheln mit Siphon und Abfluss aus Steingut ten auch neu gestaltet werden. Nicht mehr versteckt wurden bald nach ganz Europa exportiert. Ende des in Möbelstücken oder Gehäusen, erhielten sie eigene 19. Jahrhunderts begann in Deutschland die Firma Formen und Designs. Häufig waren Tierfiguren die Villeroy & Boch mit der Großserienproduktion für Trägerfiguren der Schalen. Beliebt wurden dichter neue Sanitärkeramik wie Toiletten und Waschtische. floraler Dekor, Blumen- und Blattmuster wie Akan- Die Firma war 1836 im Saarland aus mehreren Kerathus, Magnolie, Efeu, Eichenlaub und dergleichen mikfabriken entstanden. In Verbindung mit technikombiniert mit Früchten oder Vögeln. Oft hatten schen Innovationen im Bereich der Produktion von die Motive auch Bezug zu Wasser und sollten den weißem, extrem festem Steingut, auch als PorzellanInhalt verbergen. Während es sich bei den Vorläufer- steingut bezeichnet, spezialisierte sich die Firma früh modellen um Schüsseln gehandelt hatte, die ähnlich auf Sanitärwaren. den Waschschüsseln innen dekoriert waren, konnte nun sowohl die Innen- als auch die Außenseite der Muschel mit Dekor überzogen werden. Farbige De- W C u n d S A N I T Ä R K E R A M I K I N D E R korationen wurden in einem Umdruckverfahren un- M O N A R C H I E ter der Glasurschicht aufgetragen. Reliefs setzten sich Auch in der Monarchie begannen heimische Eraus hygienischen Gründen nicht durch. Die 1849 in Hanley gegründete Sanitärwarenfab- zeuger den wachsenden hygienischen Bedürfnissen rik Twyford erzielte international große Erfolge mit der Bevölkerung in Österreich nachzukommen. ›Unitas‹, das in hohen Stückzahlen und verschiede- Neue Wasserleitungssysteme, sowohl für Zuleitung

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als auch für Abwasser, brachten neue Möglichkeiten mit sich. Wasserleitungsrohre waren schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts im Sortiment von Keramikfabrikanten, aber auch von Glasfabrikanten und Kupferschmieden. 1870 wurde in Wien die erste Floridsdorfer Chamotte-Steinzeugröhren- und Tonwarenfabrik Lederer & Nessenyi gegründet, die glasierte Steinzeugröhren und »AbortwasserleitungsCanalröhren« produzierte und nach 1900 auch Fliesen, Badewannen sowie Mosaik- und Klinkerplatten anbot. Weitere Firmen begannen sich auf die neuen Anforderungen im Sanitärbereich zu spezialisieren. Am erfolgreichsten war eine Keramikfabrik in Znaim, die 1878 von Dr. Rudolf Ditmar gegründet worden war. Rudolf Ditmar (1818–1895), aus Prenzlau bei Stettin stammend, war 1839 als Spenglergehilfe nach Wien gekommen und gründete dort gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich 1841 die erste Lampenfabrik in Österreich. In Znaim wurden anfangs Lampenfüße und Geschirr gefertigt, ab 1884 auch Sanitärkeramik. Dort entstanden neben Waschgeschirr bald die ersten Klosettschalen mit Siphon und Zu- bzw. Ablauf, Waschbecken sowie Urinale (Pissoirs). Dem Zeitgeschmack angepasst, konnten sie reich und bunt verziert sein und wurden ebenfalls wie die englischen Vorbilder mit entsprechenden Namen versehen.16 Bei den Klosetts war das Modell »Nautilus« mit Löwenkopf, Pranken und Flügeln besonders reich gestaltet (Abb. 37). Möglicherweise bezog sich die Namengebung auf das Unterseeboot in Jules Vernes Roman ›Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer‹. In verschiedener Ausführung, glatt oder mit floralem Rankenwerk, war das Modell »Vineta« erhältlich, dessen Name auf eine sagenumwobene Stadt hinwies, die durch ein Hochwasser untergegangen war  ; erhabene Assoziationen für eine elementare Tätigkeit (Kat.-Nr. 81). Nach dem Tod des Firmengründers im Jahr 1895 wurde die Firma unter »Rudolf Ditmars Erben« weitergeführt. Um 1910 wurde sie an Richard und Oskar Lichtenstern verkauft, den Besitzer der K.u.K. privilegierten Wilhelmsburger Steingut- und Porzellanfabrik. Zuerst wurde die Fabrik unter der bisheri-

gen Firmierung weitergeführt, 1913 in die deutsche Porzellanfabrik AG Triptis eingebracht. Die Familie Lichtenstern erhielt dadurch Aktien der Triptis AG, die nach dem Ersten Weltkrieg nach Auflösung der Firma erneut verteilt wurden. Zur Triptis AG gehörte seit 1906 auch die Steingutfabrik Brüder Urbach in Teplitz (heute Teplice) in Nordböhmen mit einer Niederlage in Wien V, Schlossgasse 16. Im Jahr 1882 gegründet, hatte sich diese Steingutfabrik ebenfalls auf Sanitärprodukte spezialisiert und bot »Wasserleitungsartikel aus englischem Hartsteingut, wie  : Klosetts, Pissoirs, Waschtische, Wandbrunnen etc.«17 an. Durch den Zusammenschluss nach dem Ersten Weltkrieg mit Ditmars Erben wurde das Unternehmen unter der Bezeichnung Ditmar-Urbach AG eine bedeutende Keramikfabrik in Europa. Auf eine besonders lange Geschichte blickt eine Fabrik in Wilhelmsburg in Niederösterreich zurück  : 1794 wurde die »Winckelmühle zu Wilhelmsburg« mit Befugnis zur »Errichtung einer englischen Steingut-Geschirr-Fabrik«18 gegründet und begann mit der Produktion von Steingutgeschirr. Aus den Anfangsjahren ist nichts über Sanitärwaren bekannt. 1883 erwarb Heinrich Lichtenstern aus Wien gemeinsam mit Bruder Leopold, einem Textilgroßhändler, diese »k.u.k. privilegierte Wilhelmsburger Steingut- und Porzellanfabrik«. Sein Sohn Richard baute mit Bruder Oskar die Firma aus, die 1908 über 400 Mitarbeiter verfügte, und vergrößerte sie durch den Ankauf von Rudolf Ditmars Erben. Der Katalog von 1913 bestätigt das gemeinsame Auftreten von Wilhelmsburg mit Ditmars Erben und Urbach im Rahmen der Triptis-Aktiengesellschaft als Vereinigte Steingutfabriken Wilhelmsburg, Teplitz und Znaim. Zu dieser Zeit umfasste das Angebot in Wilhelmsburg im wesentlichen Gebrauchsgeschirr (Teller, Schüsseln, Schalen, Tassen, Kannen, Krüge, ganze Speiseservice und auch Eierbecher, Zahnstocherbehälter und Ähnliches) und ein begrenztes Sortiment an Sanitärgeschirr  : Spucknäpfe, Nachttöpfe, Lavoirs, Kannen, Bidets, Bettschüsseln, Seifen-, Schwamm- und Zahnbürstenschalen und dergleichen, aber keine Waschtische oder Klosetts (Abb. 30).

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30. Preisliste der Steingutfabrik Wilhelmsburg, 1913 (Sammlung Edenhofer)

cken und weitere Einrichtungsgegenstände wie Etageren, Papierkästen und Spülkästen wurden angefertigt. Enns, Lech, Traun, Salzach und andere Flussnamen stellten bei den Waschtischen in bewährter Weise den Bezug zum Verwendungszweck her. 1938 kam es nach dem »Anschluss« zu einer Änderung der Besitzverhältnisse und des Firmennamens in »Ostmark Keramik Aktiengesellschaft«, in die neben Wilhelmsburg auch Ditmar-Urbach A.G. und Gmunden-Engelhof eingegliedert wurden. Hand in Hand mit dem steigenden Bedarf an Sanitärgegenständen, vor allem den großen Formen für Klosetts und Waschtische, ging auch die Weiterentwicklung des Materials. Steingut wurde verbessert bezüglich Erzeugung und Haltbarkeit. Die Bezeichnungen waren vielfältig und auch irreführend. Ende des 19. Jahrhunderts wurde mit Feuerton ein steingutähnliches widerstandsfähiges Material weiterentwickelt, das sich beim Brennen kaum mehr verzog und für sanitäre Gegenstände besonders geeignet war. Höherwertig waren auch sogenanntes Hartsteingut und Halbporzellan, auch als Vitreous China oder Kristallporzellan bezeichnet, ein besonders säurebeständiges steingutartiges Material, das nichts mit Porzellan im eigentlichen Sinn zu tun hat, diesem Material aber in den optischen Eigenschaften ähnlich ist.

Durch die neuen Grenzen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs musste in Österreich eine eigene Produktion von Sanitärkeramik erst wieder aufge- E i n n e u e r B e ru f e n ts t e h t   : baut werden, vor allem »sanitäre Spülwaren« (Klo- d e r I n s ta l l at e u r settschalen und Waschtische), die bis dahin für die D i e A n fä n g e d e s m o d e r n e n B a d e z i m m e r s Monarchie vorwiegend in Böhmen und Mähren erzeugt worden waren. Durch die Entwicklung der Gas- und Wasserleitun1922 wurde mit der Produktion dieser Sanitärarti- gen und Anschlüsse in Gebäuden kam es zur Entkel in Wilhelmsburg begonnen, noch in den zwanzi- stehung eines neuen Berufs  : der Installateur. Dieser ger Jahren konnte die Firma 25.000 Klosettmuscheln Berufszweig ging aus dem Gewerbe der Spengler an Wien und Graz im Rahmen des Sozialen Wohn- (Klempner) hervor, die begannen, Badegefäße und baus liefern19. Seit 1928 gab es eine eigene Wasch­ -öfen zu fertigen, Anschlüsse für Wasser und Gas sotisch­abteilung. wie Gasbeleuchtungen und Rohrverlegung übernahIm Jahr 1923 wurde in Oberösterreich die »Steingut- men und schließlich komplette Installationen anboIndustrie AG Gmunden-Engelhof« mit Schwerpunkt ten. In Wien wurden die Installateure im Jahr 1872 Sanitärwarenerzeugung gegründet. Waschtische, Klo- in die Genossenschaft der Maschinenfabrikanten setts, Bidets, Urinale, Spuckbecken, Küchenspülbe- und Mechaniker eingegliedert. 1875 kam es durch

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31. Inserat der Firma S. Friedmann, in: Verzeichnis der Genossenschafts-Mitglieder der Gas- und WasserleitungsInstallateure, Wien 1898 (Landesinnung, Wien)

eine Ministerialverordnung zur Einordnung der Ausführung von Gasrohrleitungen unter die konzessionierten Gewerbe.20 Im gleichen Jahr wurde das erste Gasregulativ erlassen. 1887 fassten die Installateure schließlich den Beschluss, aus der Genossenschaft der Maschinenbauer und Mechaniker auszuscheiden und eine eigene Genossenschaft zu bilden. Dieser Schritt wurde folgendermaßen begründet  : »… um die Installateur-Interessen kräftiger zu vertreten und dem Gewerbe den nöthigen Schutz zu verschaffen … ferner die Gewerbebehörden darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig das Installateur-Gewerbe sei, da von diesem das Leben der Menschen und Thiere abhängt, und darauf hinzuweisen, dass es höchst nothwendig und wünschenswert sei, auf die Begutachtungen der Fachgenossenschaften bei der Ertheilung der Concessionen mehr Aufmerksamkeit und Rücksicht zu nehmen, und vollinhaltlich das Gewerberecht zu respectiren. Demzufolge wurde bei der Generalversammlung der Maschinenbauer-Mechaniker und Installateure

am 20. Juni 1887 der Beschluss gefasst, eine Trennung der Installateurmitglieder aus dieser Genossenschaft vorzunehmen und sich zu einer neuen Genossenschaft selbständig zu constituiren.«21 1888, im Jahr nach der Gründung, zählten rund 170 Firmen zu den Wiener Genossenschaftsmitgliedern, bis ins Jahr 1900 war die Berufsgruppe auf 300 Mitglieder angewachsen. Es handelte sich dabei um den Beruf des Gas- und Wasserleitungs-Installateurs. Nur wenige boten darüber hinaus schon Badeeinrichtungen an, wie in den Anfangsjahren die Instal­ lateure Paul Dumont, Eduard Hauler oder Carl Lohberger.22 Die Firma von Paul Dumont, die das WC von Kaiser Franz Joseph in Schönbrunn ausgeführt hatte, war auch im Jahr 1900 auf der Weltausstellung in Paris im österreichischen Repräsentationshaus mit einem »freistehenden Fayence-Closet und Waschtischen« vertreten. Dumont bezog damals Objekte aus England, die er mit seiner Firmenbeschriftung versehen ließ (Kat.-Nr. 80). Ähnlich war es auch

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Utensilien« anboten, wie beispielsweise S.(alomon) Friedmann, Franz Kutschera oder Russ & Conditt. Sein Sortiment umfasste »Sämtliche Artikel für Gasund Wasseranlagen, Klosett-, Bade- und Wasch­ toiletten-Einrichtungen, Kanalisations-Gegenstände, Pumpen aller Art, Installations-Werkzeuge etc.«24 (Abb. 31, 32) »Englische Closets« wurden bis ins 20. Jahrhundert nach Wien importiert. Zu den wichtigsten Zulieferfirmen innerhalb der Monarchie zählte schon bald die bereits erwähnte Kunst-Thonwaaren-Fabrik Rudolf Ditmar in Znaim mit einer Niederlage in Wien I, Walfischgasse 12, deren Sortiment Ende des 19. Jahrhunderts folgendes Angebot umfasste  : »Grosses Lager von Wasserleitungs-Artikel aus bestem engl. Hartsteingut wie  : Closets aller Systeme, Pissoirs, Waschtische, Wandbrunnen, Ventil und Kippbecken, Untersetzer, Wandfliesen, Badewannen aus einem Stück und solche aus Fliesen, decorirt und vergoldet, etc. etc.«25 1897 bezeichnete er sich als »Spezialfabrik für Sanitäts- und Wasserleitungs-Gegenstände aus Hartsteingut wie  : Closets aller Systeme, Pissoirs, Waschtische, Kipp- und Ventilbecken, Küchenausgüsse, Wandwaschbecken, Dekorative Wandbrunnen. Alles in weiss, einfach und feinst dekorirt. Wandbekleidungsfliesen, Fliesenbäder und Badewannen aus einem Stück.«26 Zahlreiche Installationsbetriebe bezogen diese Gegenstände aus Znaim und ließen sich auch nament32. Inserat der Firma F. Kutschera, in: Offizieller Katalog lich auf den Produkten von Ditmar nennen. Neben der Allgemeinen Hygienischen Ausstellung, Wien Kloschüsseln und Waschtischen wurden außerdem 1906 (Österreichische Nationalbibliothek) die Endstücke der Züge für die Spülkästen mit den Namen der Installateure versehen. bei der »Wasser-, Gas- und Sanitätsunternehmung« Im Vordergrund der technischen Entwicklung Gramlick (Kat.-Nr. 79), die das Wasserklosett der der WCs standen dessen hygienische und geruchlose Kaiserin Elisabeth in der Hofburg installierte (FT Verwendung sowie seine Haltbarkeit (Abb. 33). Ein 18). Auf der Hygienischen Ausstellung in Wien im Schwerpunkt der Anbieter waren technische FortJahr 1906 war er mit »einem modernen Badezim- schritte und eigene Patente, wie Spülapparate, aber mer« und einer »hygienischen Badezelle« vertreten.23 auch »Weltneuheiten« wie der besonders hygienische Die Installateurfirmen arbeiteten mit spezialisier- »Klosett-Fußtritt Hygiea« der Firma Franz Bogner in ten Produzenten der Metall- oder Tonwarenindustrie Wien (Abb.34).27 zusammen, die die benötigten Wasserhähne, Rohre, Klingende Namen wie »Senator Klosett«28 oder Verbindungsstücke, Badeöfen und andere »Sanitäts- »Majestic-Closet«29 machten die Grundbedürfnisse

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33. Muster-Blatt II über geruchlose Haus- sowie Zimmer­aborte, Gesundheits-Gegenstände und diverse ­Bestandteile von Bartolomeus Breuer, um 1900 (Landes­innung, Wien)

34. Werbeeinschaltung »Klosett-Fußtritt Hygiea«, in: ­Offizieller Führer durch die Hygiene-Ausstellung, Wien 1925 (Österreichische Nationalbibliothek)

der Menschen zu besonderen Ereignissen. Mit Na- mit Bleiarmaturen ausgerüsteten Holzspülkasten mensgebungen wie der Badewanne »Austria« (Abb. mit der Markenbezeichnung »Phönix« eingetragen 35), dem »Austria-Closet« oder dem Patent-Gasbade- wurde, wurden in Österreich Spülkästen aus Kupfer ofen »Vindobona« wurde die heimische Produktion in Holzverschalung sowie aus Gusseisen, aber auch betont. Keramik angeboten. Beim Toilettensitz setzte sich nach Versuchen in Ein wesentlicher Bestandteil des WCs war der Spülkasten. Die Notwendigkeit des Wassersparens verschiedenen Materialien vorerst Holz durch, bis wurde dabei von Anfang an berücksichtigt und der dieser in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Konstruktion der Spülung viel Aufmerksamkeit ge- nach und nach durch Kunststoff ersetzt wurde. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war der Sitz an der schenkt. Während in der Schweiz von Albert Emil Gebert Wand oder am Boden montiert, erst seit 1911 wa1912 ein Patent für die schon um 1905 entwickelte ren in der WC-Muschel Montierungslöcher vorgeHerstellung der ersten mit Blei ausgeschlagenen und sehen.

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35. Werbeeinschaltung Badewanne »Austria« von Mathias Schütz, in: Österr.-Ung. Installateur, Fachzeitung für die gesamte Beheizungs-Beleuchtungs-Technik, 3/1910 (Landesinnung, Wien)

Die Waschbecken entwickelten sich aus einer Schüssel mit Abflussöffnung in unterschiedlichen Formen und wurden schließlich mit eingelassenen Seifenablagen, Überlauf, Armatur-Auslässen usw. hergestellt. Während für Waschbecken und WCMuscheln Keramik das bevorzugte Material war, blieb das wertvollere Porzellan vorerst für einen weiteren Sanitärgegenstand in Verwendung  : das Bidet. Bei diesem aus Frankreich stammenden Sitzbecken wurde eine Porzellanschale auf einem Holz oder Metallgestell verwendet. Weitere Beispiele waren aus Metall, meist Zinn gefertigt, und erst später wurden auch Fayencebecken mit Zufluss- und Abflussgarnitur für Wasseranschlüsse hergestellt. Bei Badewannen hingegen setzte sich Metall (Zink oder Gusseisen, später auch emailliert) durch (Abb. 35). Waren die Wannen ursprünglich in den

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Räumen für die Dauer des Bades aufgestellt worden, so konnten sie seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch fix montiert sein. Um 1900 wurden Luxusbadewannen, wenn die Bausubstanz das Gewicht zuließ, aus Keramik, Feuerton, Porzellan oder auch Marmor hergestellt. Ein Sonderfall blieb wohl die Badewanne aus Glas, die Otto Wagner 1898 für seine Wiener Wohnung in der Köstlergasse auswählte (Abb. 25). Duschtassen, ebenfalls aus Metall, fanden lange Zeit nur in Kasernen, Gefängnissen und öffentlichen Badeanstalten Verwendung. Vorwiegend für den öffentlichen Bereich war außerdem das Pissoir oder Urinal, das aus Keramik oder Gusseisen, innen emailliert, gefertigt wurde. Auch die sogenannte Bassena, der Wandbrunnen, der lange Zeit im Stiegenhaus der Wiener Zinshäuser die Wasserversorgung

36. Completes Bad Nr. 3, in: Preis-Courant, K. u. K. Hoflieferant Heinrich Enders, Wien, um 1900 (Landes­innung, Wien)

37. Fayence-Closetschalen, in: Preis-Courant, K. u. K. Hoflieferant Heinrich Enders, Wien, um 1900 (Landes­innung, Wien)

Schlosser, sondern auch Maurer und Tischler im Firmensitz Schleifmühlgasse 11, Wien IV. Mit circa zwanzig Arbeitern bezeichnete er sich schon 1892 als Fabrik für Wasser- und Sanitätsanlagen. Er entwickelte und patentierte Ventilatoren und Ventile SANITÄRANLAGEN UND SANITÄRBEDARF sowie ein sogenanntes »Austria-Closet«, bot aber Die Firmen ENDERS und SCHIDLOFF auch weiterhin ein »engl. Water-Closet« und ZimWie das immer umfassendere Sortiment nun von mer-Closets an. Schon damals zählten prominente Auftraggeber den Installateuren genützt wurde, ist an der Firma Enders nachvollziehbar. Dieser Wiener Gas- und wie Kaiserin Elisabeth (Achilleion in Korfu, 1890– Wasserleitungsinstallateur geht auf einen Spengler 1892), Erzherzog Carl Ludwig oder Erzherzog Otto zurück  : Anton Nadhera hatte 1879 den im Jahr 1852 zu den Kunden. Im Jahr 1894 wurde das Unternehmen vom Spenggegründeten Betrieb von einem gewissen Spengler ler Heinrich Enders (1848–1915) übernommen, der Zainer übernommen. A. Nadhera firmierte im Verzeichnis der Ge- es als »Fabrik für Gas-, Wasser und alle Sanitäts-Annossenschaft als »Wasserleitungs-Installateur«, be- lagen« gemeinsam mit seinem Sohn Heinrich Rudolf schäftigte aber nicht nur Monteure, Spengler und (1874–1934) führte.30 der Wohnungen sicherstellte, wurde aus Gusseisen hergestellt (Kat.-Nr. 76).

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38. Engl. Water-Closets, in: Preis-Courant, K. u. K. Hoflieferant Heinrich Enders Wien, um 1900 (Landes­ innung, Wien)

39. Zimmer-Closets, in: Preis-Courant, K. u. K. Hof­ lieferant Heinrich Enders, Wien, um 1900 (Landes­ innung, Wien)

1902 konnte er 32 Mitarbeiter und weitere promiDie Waschtische wurden auf Holzkästen mit Marnente Kunden bzw. Auftragsorte auflisten, allen vo- morplatten, auf Holz- oder Eisengestellen oder diran das Kaiserhaus mit dem Ausbau der Hofburg ge- rekt an der Wand montiert. Bei den Klosetts waren gen den Michaelerplatz, weiters dem Arsenal und den verschiedene Typen im Angebot, die teilweise noch Staatsbahnen, außerdem König Georg I. von Grie- aus England kamen. chenland, Prinz Don Alfonso, Fürst Nikolaus Palffy, Neben der eigenen Metallerzeugung wurden bei Prinz Constantin Hohenlohe, Otto Graf Traun, Graf Enders auch die Tischlerarbeiten in der eigenen Thun, Graf Rudolf Chotch, Ladislaus Graf Batthyany Werkstatt ausgeführt. Zu seinem Angebot zählten u.a.31 Bald war er auch für die Ausstattung großer deshalb auch »Zimmer-Closets« im Holzkasten (u.a. Hotels wie das Grand-Hotel in Wien zuständig. »Trumeau-Kasten-Form«) oder in »Fauteuil-Form« Das Sortiment von Enders war umfassend  : Was- bzw. »Waschkasten-Form« sowie Holzverkleidungen ser-Anlagen und Gas-Anlagen aller Art, Brunnen, mit Vorder- und Rückwand und »Seitenlambrie« soRohre in allen Materialien, Waschtische, Waschbe- wie Waschtischverkleidungen. Die Keramikobjekte hingegen wurden zugekauft. cken, Wandbrunnen, Closets und Urinale, Badeöfen, Armaturen und Ventilationen, aber auch komplette Dabei stand die Firma in enger Beziehung zu Rudolf Bäder, Viehtränken, Springbrunnen und Pumpen Ditmar in Znaim. Von dort erhielt er die Klosett­ schalen wie »Nautilus«, »Vineta«, »Hygiea«, »Impe(Abb. 36–39).

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40. Werbeeinschaltung für Sanitäre Einrichtungen von Otto Schidloff & Co., in: Österr.-Ung. Installateur, Fachzeitung für die gesamte Beheizungs-Beleuchtungs-Technik, 4/1910 (Landesinnung, Wien)

41. Komplette Klosetts, in: Hauptkatalog Otto Schidloff & Co., nach 1920 (Landesinnung, Wien)

rial«, »Unita«, »Pacific«, »Panama«, »Baltic« usw., die er ebenso wie Waschbecken mit seinem Firmennamen beschriften ließ. Die standardisierten Modelle gab es in verschiedener Ausführung – verziert oder glatt, in Weiß, Blaudekor, bunt, mit und ohne Gold – und passten daher ebenso wie die verschiedenen reich dekorierten Waschtische in jeden Haushalt. Ergänzt wurde das Angebot durch umfangreiches Zubehör wie Bürstenhalter, Papierbehälter (»Patent Closet-Papier-Kastel«), Zuggriffe für die Spülung, Spucknapf, Eimer32 usw. Früh spezialisierte sich auch die Wiener Firma Otto Schidloff & Co. auf den Sanitärbereich. Sie wurde 1908 als Handelsagentur gegründet und bot ab 1910

»Sanitäre Wasserleitungsartikel en gros« an.33 Daraus entstand eine »Fabrik und Grossvertrieb gesundheitstechnischer Wasserleitungseinrichtungen« mit einem Angebot an Badewannen, Waschtischen, Klosetts und sonstigen sanitären Artikeln, Garderobehaltern, Handtuchhaltern, Spiegeln, Armaturen, Waschschränk­chen, aber ebenso Seziertischen und weiteren Spezialgegenständen. Ab Anfang der zwanziger Jahre ergänzte die Tochtergesellschaft Safum, die Simmeringer Armaturenfabrik und Metallgießerei mit eigener Formerei, Schleiferei, Schlosserei und Montagewerkstätten, das Sortiment der Einrichtung (Abb. 40). Ein Firmenkatalog Schidloffs aus den zwanziger Jahren verdeutlicht, wie weit die Materialspezialisierung nach dem Ersten Weltkrieg im Sanitärbereich

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43. Werbeeinschaltung »Standard«, in: Profil, Österreichische Zeitschrift für bildende Kunst, 1933 (Österreichische Nationalbibliothek)

42. Doppelwasch- und Gurgeltisch »Apollo«, in: Hauptkatalog Otto Schidloff & Co., Wien, nach 1920 (Landesinnung, Wien)

fortgeschritten war. Für Emaillewaren und Badewannen gab es die Wahl zwischen Spezial-Emaille (rein weiß) und Porzellan-Emaille (hochglanz weiß), wahlweise auch säurebeständig (für medizinische Bäder). Waschtische, Klosetts und andere sanitäre Artikel wurden in Hartsteingut angeboten und im noch widerstandsfähigem Halbfeuerton oder einem weiß glasierten Feuerton (Abb. 41, 42). Im Vorwort zum Hauptkatalog von Otto Schidloff & Co. wurde die Entwicklung auf dem Gebiet der Sanitäreinrichtung bis in die 1920er-Jahre folgendermaßen zusammenfasst  : »Die gesteigerten Anforderungen des modernen wirtschaftlichen Lebens an die heutige Generation bedingen naturgemäß eine erhöhte Berücksichtigung der Hygiene des Körpers und infolgedessen einen steten Fortschritt in der

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Technik der sanitären Wasserleitungsbranche. Was früher vielfach Luxus schien, ist heute eine kulturelle Notwendigkeit geworden.«34 In den zwanziger Jahren wurde die Sanitärausstattung ein immer wichtigerer Produktionszweig. Der Platz zum Waschen verlagerte sich vom Schlafzimmer in die Küche, bis schließlich das Badezimmer ein eigener Raum des Wohnbereiches wurde. Die mobilen Gegenstände zum Waschen und für die Toilette wurden daher durch fix montierte Einrichtungsgegenstände ersetzt. Die Modelle wurden dem Zeitgeschmack angepasst und um Gegenstände wie Handtuchhalter, Etageren und Papierbehälter und Ähnliches ergänzt. Nach 1900 trat der Dekor zugunsten der reinen Form in weißen, schlichten Modellen in den Hinter-

grund (Abb. 43). Die Einrichtung kompletter Bäder brachte nicht nur einen erweiterten Arbeitsbereich für den Installateur mit sich, sondern wurde im 20. Jahrhundert auch ein neues Betätigungsfeld für Architekten und Designer.

a n m e rk u n g e n  1 Ernst Gamillscheg. Etymologisches Wörterbuch der französischen Sprache. Heidelberg 1926  ; Sarah Oppold, 64 Stück weiße verschiedene Nachtgeschirre, in  : Das Stille Örtchen, Berlin/München 2011, S.  56–57  ; Traunsteiner Tagblatt, 47/2002 (http  ://www.traunsteinertagblatt.de/includes/mehr_ chiemg.php  ?id=180)   2 Steingut besteht aus Ton, Quarz, Feldspat und Kalkfeldspat und ist nicht zu verwechseln mit Steinzeug, das aus einem dichten Scherben besteht. Es war sehr hart und billiger als Steingut, allerdings durch die braune Farbe unansehnlicher.   3 Beschreibung der Fabricate, welche in den Fabriken, Manufacturen und Gewerben des österreichischen Kaiserstaates erzeugt werden. Herausgegeben von Stephan Edlem von Keeß, Zweyter Band, Wien 1823, S. 814–816.   4 Privileg 1789, Firmengründung in Wien 1790, später auch eine Produktion in Budweis. Nach dem Tod des Gründers Joseph Hardtmuth übernahmen seine Söhne Ludwig und Carl das Familienunternehmen, die »Steingut- und Graphitstifen Fabrik« in Wien. Mit der von Joseph Josef Hardtmuth entwickelten Bleistiftmine erlangte der Name Hardtmuth Weltruhm.   5 Bericht über die erste allgemeine österreichische Gewerbsprodukten-Ausstellung im Jahre 1835, Wien 1835, S. 251.   6 Bericht über die zweite allgemeine österreichische Gewerbsprodukten-Ausstellung im Jahre 1939, Wien 1840, S. 14.   7 Bericht 1839 (zit. Anm. 6), S. 9 (Exp. Nro. 303. Stanislaus Graf Mniszek, Besitzer der k.k. landesbefugten Steingut- und Wedgwood Geschirr-Fabrik zu Frain, Mähren, Znaymer Kreis).   8 Bericht 1835 (zit. Anm. 5), S. 264, 265.   9 Bericht 1839 (zit. Anm. 6), S. 11. 10 Bericht 1839 (zit. Anm. 6), S. 15. 11 Bericht 1839 (zit. Anm. 6), S. 24. 12 Bericht 1835 (zit. Anm. 5) u.a. vertreten waren  : Wilh. Wenzel Lorenz, privil. Steingut- und Porzellanfabrik in Dallwitz, Böhmen  ; M. Raufer, Geschirrfabrik in Krawska bei Znaim, Mähren, (Steingut, Wegdwood, Porzellan). 13 Bericht 1839 (zit. Anm. 6), S. 20. 14 Beschreibung der Fabricate, welche in den Fabriken, Manufacturen und Gewerben des österreichischen Kaiserstaates erzeugt werden. Herausgegeben von Stephan Edlem von Keeß,

Zweyter Band, Wien 1823, S.  492  : Kupferschmiedarbeiten, Badeeinrichtungen. 15 1969 fusionierte Armitage mit Shanks und besteht noch heute unter der Bezeichnung Armitage Shanks als Sanitär­ erzeugung. 16 Auf den Objekten wurde oft nicht nur der Firmenname, sondern auch der Modellname angebracht. Seit 1881 war als Firmenmarke ein Rad mit Sonne und Flügel sowie den Chiffren R.D.Z. registriert. Nach der Übernahme durch Lichtenstern wurde die Sonne 1910 durch einen Stern ersetzt  ; siehe  : René Edenhofer  : Wilhelmsburger Steingut. Markenführer 1795 bis 1997, Deutsch Wagram 2010, S. 101. 17 Joseph M. Gally, Offizieller Katalog der unter dem höchsten Protektorate Erzherzog Leopold Salvators stehenden Allgemeinen Hygienischen Ausstellung Wien 1906, S. 56. 18 Gustav Otruba, Vom Steingut zum Porzellan in NiederÖster­reich. Eine Firmenfestschrift zum 170jährigen Bestand des Werkes Wilhelmsburg der ÖSPAG, Wien 1966, S. 68. 19 Ebenda, S. 152. 20 Festschrift anlässlich der Eröffnung eines eigenen Gebäudes der Genossenschaft der österreichischen Gas- und Wasserleitungsinstallateure im Jahr 1932 (Landesinnung Wien, Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker). 21 Protokoll und Memorandum über die Entstehung der Gas- u. Wasserleitungs-Inst.-Genossenschaft 22. 3. 1888 (Landesinnung Wien, Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker). 22 Verzeichnis der Genossenschafts-Mitglieder der Gas- und Wasserleitungs-Installateure, Wien 1889  : Paul Dumont  : Fab­ rik für Gas-, Wasser- und Heizungs-Anlagen, Bade-Einrichtungen, Wasser Closets, sowie alle Sanitäts-Einrichtungen, III, Heumarkt 19, ab  : 1900 Rauhensteingasse 6  ; Eduard Hauler  : Installateur, VII, Kaiserstrasse 80. Behördlich conc. Fabrik für Gas- und Wasserleitungen, Badeeinrichtungen und englische Closets, Erzeugung von Lusters, Wandarmen etc. in allen Metallen  ; Carl Lohberger  : Gas- und Wasserleitungs-Installateur, sowie Bade-Einrichtung, Ventilation und englische Aborte, I, Blutgasse 5. 23 John Th. Gramlick, Wien III, Ungargasse 29, in  : Gally (zit. Anm. 17), S. 50. 24 Preiskurant von Russ & Conditt Wien I. Himmelpfortgasse Nr. 26, September 1910 (Landesinnung Wien, Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker). 25 Inserat im Verzeichnis der Genossenschafts-Mitglieder der Gas- und Wasserleitungs-Installateure, Wien 1896. 26 Ditmar bot außerdem »Artikel für den elektrotechnischen Bedarf wie  : Idolatoren, Klemmen, Schraubdosen, Einführungen etc.etc.« an  ; Inserate im Verzeichnis der Genossenschafts-Mitglieder der Gas- und Wasserleitungs-Installateure 1896 und 1897 (Landesinnung Wien, Sanitär-, Heizungsund Lüftungstechniker). 27 Offizieller Führer durch die Hygiene-Ausstellung Wien 1925, S. 89  : Inserat. Hygiea, die Göttin der Gesundheit, war auch

vOM nACHTSCHERM ZUR kLOMUSCHEL

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namensgebend für eine Fayence-Closetschale der Firma Enders. 28 Inserat Jonak in der Fachzeitung Österr.-Ung. Installateur, Wien 1910. 29 Katalog der Firma H. Enders (Landesinnung Wien, Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker). 30 Heinrich Rudolf übernahm das Unternehmen im Jahr 1907, danach sein Sohn Heinrich Josef (1906–1977). In den siebziger Jahren wurde sie vom Mitarbeiter Gerhard Posch übernommen, der seit 1980 Alleininhaber ist. 31 Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien, Obersthofmeisteramtsakten, Rubrik 1 aus 1892, 1902 und 1907  : Ansuchen um Hof- bzw. Hoflieferantentitel. 32 Silberkammer – Hofburg Wien, MD 42.356. 33 Lehmann’s Allgemeiner Wohnungsanzeiger, Wiener Adressbücher, 1909 und 1910. 34 Hauptkatalog Otto Schidloff & Co., Wien ohne Jahr (nach 1920).

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H a u t u n d H aa r D i e S c h ö n h e i ts p f l e g e i m W a n d e l d e r Z e i t a m B e i s pi e l vo n K ö n i g i n M a r i e A n to i n e t t e , K a i s e r i n E l i s a b e t h u n d K a i s e r F r a n z J o s e ph Marlene Ott

Die Körperhygiene und die Schönheitspflege nehmen seit Jahrhunderten einen bedeutenden Stellenwert innerhalb des menschlichen Tagesablaufes ein. Grabfunde in Form von Haarnadeln, Kämmen, Rasiermessern, Spiegeln, Salbölen, Perücken und Schminke bezeugen, dass die Körperpflege bereits von den ägyptischen Hochkulturen auf breiter Basis betrieben wurde. Der sogenannte Papyrus Ebers, die älteste Sammlung von kosmetischen Rezepten, stammt aus der Zeit um 1500 v. Chr. und beinhaltet Anleitungen zur Herstellung von Pasten, Salben und Duftölen aus Bienenwachs oder Olivenöl, zur Parfümierung dienten die tierischen Substanzen Ambra und Moschus. Die heute praktizierte Trennung zwischen Medizin und Kosmetik war in Ägypten noch unbekannt.1 In der griechischen und römischen Antike wurde ebenfalls großer Aufwand zur Erhaltung der körperlichen Schönheit betrieben. Die Griechen legten besonderes Augenmerk auf die Kräftigung des Körpers in Form von gymnastischen Übungen, wie Speerwerfen, Weitspringen oder Ringen. Zur Pflege sowie Betonung und Hervorhebung der einzelnen Muskelpartien wurde der Körper mit parfümierten Ölen und Salben eingerieben, auch Homer berichtete von einer Salbung Odysseus’ nach dem Bade. In Rom entwickelte sich hingegen eine ausgeprägte Badekultur.2 Das Idealbild von Schönheit wandelte sich im Laufe der einzelnen Epochen und Jahrhunderte. Bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert fungierte als breitenwirksames und stilbildendes Vorbild zumeist eine Herrscherpersönlichkeit, die sich intensiv mit den Bereichen der Kosmetik, Haarpflege, Hautpflege,

Parfumkunde und Mode beschäftigte. Als frühestes diesbezüglich bekanntes Beispiel ist die letzte ptolemäische Herrscherin Kleopatra (69–30 v. Chr.) zu nennen, die für ihre Schönheit weit über die Grenzen ihres Reiches bekannt war. Als erste Frau verfasste Kleopatra ein Handbuch der Kosmetik, indem sie Rezepturen für Kosmetika – wie etwa Gesichtspuder aus pulverisiertem Krokodilmist – lieferte.3 Im Folgenden sollen die gängigen Praktiken der Schönheitspflege anhand von Königin Marie Antoinette und Kaiserin Elisabeth dargestellt werden  ; beide galten als Stilikonen ihrer Zeit.

K ö n i g i n M a r i e A n to i n e t t e Es ist richtig, dass ich mich ein wenig mit meinem Putz beschäftige.4

Mit dem Thema Schönheitspflege wird besonders der königliche Hof im 17. und 18. Jahrhundert in Frankreich assoziiert. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte sich in Versailles ein luxuriöser Modestil, der durch pompöse Perücken, starke, kontrastreiche Schminke und das Tragen von schweren Parfums gekennzeichnet ist. Die Perückenmode setzte sich in Frankreich schon zu Beginn der 1620er-Jahre durch. Vorerst war diese aber nur auf den königlichen Hof beschränkt, Ludwigs XIII. bediente sich ab 1624 der »falschen« Haarpracht. Die hochwertigen Perücken waren sehr teuer und galten als Luxusobjekt, wurden sie doch aus Menschenhaar5 gefertigt. Unter der Regierungszeit Ludwig XIV. (1638–1715) entwickelte sich die langhaarige und papillotierte Allongeperücke zum Symbol der absoluten Macht und Autorität. Die Morgentoilette, das sogenannte »Lever«, bestehend aus der Perückenauswahl, dem Rasieren und Ankleiden, wurde Teil des strengen Hofzeremoniells, an dem auserwählte Untertanen anwesend sein durften.6 Außerhalb Frankreichs verbreitete sich die Perückenmode nur langsam. Der englische Staatssekretär Samuel Pepys erstand seine erste Perücke 1663. Zu seinem Erstaunen erregte das Tragen einer neuartigen Perücke aber nicht das erwartete Aufsehen.7

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44. Das Pudern des Haares mit Weizenmehl, »La Toilette d’un Clerc de Procureur«, Frankreich, 1778 ­(Deutsches Hygiene Museum, Dresden)

Im 17. und 18. Jahrhundert blieb die Verwendung von Perücken hauptsächlich Männern vorbehalten. Die Frauen beschränkten sich zumeist auf das Tragen von Haarteilen. Das Volumen der kunstvollen Hochsteckfrisuren wurde mithilfe von Kissen oder Drahtgestellen erreicht, die mit Eigenhaar bedeckt wurden. Die sehr hohen, meisterhaft aufgebauten Frisuren sorgten für Belustigung und stießen auf zahlreiche Kritik. So berichtete Liselotte von der Pfalz über die Hofgesellschaft Ludwigs XIV.: »Komme derowegen an die Koiffüren. Ich bin versichert, daß, wenn Euer Liebden sehen sollten, mit was Mühe und Sorgen sich die Weiber nun abscheulich machen, würden Euer Liebden von Herzen darüber lachen. Ich vor mein Teil kann dieser Maskeraden ganz nicht gewohnen, aber alle Tag setzt man sich höher auf  ; ich glaube,

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daß man endlich wird gezwungen sein, die Türen höher zu machen, denn sonsten wird man nicht mehr in den Kammern aus- und eingehen können.«8 Zur Schaffung eines einheitlicheren Gesamteindrucks der Turmfrisuren sowie zur Verwischung der Altersgrenzen wurde ab 1720 vermehrt weißes Haarpuder aus Weizenmehl eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem aufwendigen Pudervorgang entwickelte sich ein neues Möbel, die sogenannte Poudreuse. Vor diesem Toilettetisch wurde Platz genommen und zur Schonung der Kleidung ein Frisiermantel umgelegt  ; zum Schutz des Gesichts diente eine stanitzelförmige Papiermaske. Anschließend wurde das Mehl mithilfe eines Blasebalgs in die Luft gestäubt, von wo es auf die Frisur herabrieselte (Abb. 44). Dieser modische Gebrauch war von ungeheurer Dekadenz geprägt, denn durch das tägliche Pudern des Haares stieg der Weizenmehlverbrauch um ein Vielfaches an und hatte eine Erhöhung des Brotpreises zur Folge, was massiven Protest innerhalb der französischen Bevölkerung auslöste.9 Zu dem gängigen Schönheitsideal im 17. und 18. Jahrhundert zählte neben der aufwendigen Haarmode ein nahezu maskenhaft geschminktes Gesicht. Die Grundierung bildete weiße Schminke, die zumeist schädliches Bleiweiß oder Quecksilber enthielt, die Wangen erfuhren durch den Auftrag von Rouge eine Betonung, ebenso die Lippen. Der rote Farbstoff wurde aus der Cochenillelaus oder aus den Blütenblättern der Färberdistel (Saflor) gewonnen. Zwecks Unterstreichung der adeligen Herkunft sowie zur Verstärkung des filigranen Eindrucks wurden die Adern mit blauer Schminke nachgezogen. Die Schminken waren entweder in Puderform oder als Pomade erhältlich. Die beliebten Schönheitspflästerchen »Mouche« dienten in erster Linie zur Kaschierung von Narben und Hautunreinheiten, im Laufe der Zeit entwickelte sich jedoch durch die jeweilige Platzierung der Pflästerchen im Gesicht eine amouröse Geheimsprache. Die überbordende Schminkkunst der Damen entwickelte sich auch zum beliebten Thema für Karikaturisten.10 So zeigt die Grafik »La Folie pare la Décrépitude des ajustemens de la Jeunesse« (Abb. 45) eine alte Frau, die versucht, mit-

hilfe von Puder und »Mouches« ihr wahres Alter zu verbergen. Sie trägt einen Frisiermantel und befindet sich gerade im Begriff, ein weiteres Schönheitspflästerchen in ihrem Gesicht anzubringen. Auf dem Toilettetisch davor steht eine Dose Rouge. Abgerundet wurde die höfische Mode des 17. und 18. Jahrhunderts durch das Tragen von schweren Düften, diese wurden in Form von kleinen Behältern am Körper getragen oder als Duftkissen in die Kleidung eingenäht. Zu den bevorzugten Aromen zählten Moschus, das Geschlechtsdrüsensekret des männlichen Moschustieres, und Ambra, das Ausscheidungsprodukt von Pottwalen. Zum einen diente das Parfum zur Überdeckung der Körpergerüche, zum anderen war es ein Statussymbol, das die adelige Hofgesellschaft von der arbeitenden Bevölkerung unterscheiden sollte.11 Ihren Höhepunkt fand die französische Opulenz während der Regierungszeit von König Ludwig XVI. und Marie Antoinette. Marie Antoinette (1755–1793) wurde als jüngste Tochter von Maria Theresia und Kaiser Franz Stephan I. in Wien geboren. 1770 wurde sie mit dem Dauphin Louis-Auguste von Frankreich (1754– 1793), dem späteren König Ludwig XVI., vermählt. Nur kurze Zeit nach ihrer Ankunft in Frankreich entwickelte sich Marie Antoinette aufgrund ihrer spektakulären Frisuren und ihrer extravaganten Kleider zum modischen Ideal, die Schönheitspflege dominierte von nun an ihren Alltag. Wie zeitgenössischen Berichten zu entnehmen ist, deutete bei der Ankunft der österreichischen Erzherzogin in Paris bezüglich ihres äußeren Erscheinungsbildes noch nichts auf ihre spätere Vorbildwirkung hin, die sie in Sachen Mode einnehmen sollte. Ihr Leibfriseur Léonard Autié berichtete diesbezüglich in seinen Memoiren  : »Damals [1770] war Marie Antoinette weder schön noch hübsch, ja nicht einmal anziehend. […] Das aschblonde Haar der Tochter Maria Theresias schien mir äußerst schlecht frisiert. […] Die Augen der Dauphine waren von schönem Azurblau und verrieten Lebhaftigkeit, Geist und gar ein wenig Keckheit. Sie hatte eine hohe Stirn, eine etwas zu ausgeprägte Adlernase, einen kleinen Mund mit dicken, aber sehr frischen Lippen, einen strahlend weißen Teint, be-

45. Louis Surugue nach Charles Antoine Coypel, »La ­Folie pare la Décrépitude des ajustemens de la Jeunesse«, 1745 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

tont von vielleicht etwas zu starken natürlichen Farben.«12 Auch Maria Theresia ermahnte ihre Tochter kurz nach ihrer Vermählung zur vermehrten Körperpflege. Sie kritisierte Marie Antoinettes nachlässige Haltung in Bezug auf die Reinheit ihrer Zähne und den schlechten Kleidungsstil.13 Beeinflusst durch den modebewussten französischen Hof und die Ratschläge ihrer Mutter, änderte Marie Antoinette ihre Aufmachung grundlegend. Ihr »neues« Erscheinungsbild wurde gezielt von drei »Stylisten«, dem Friseur Léonard Autié, der Modistin Rose Bertin und dem Parfumeur Jean-Louis Fargeon, in Zusammenarbeit kreiert und geprägt. Léonard Autiés (ca. 1746–1819) Wirken im Dienst von Marie Antoinette ist gut in Form seiner Memoiren14 dokumentiert. Mit seinen extravaganten Frisuren er-

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46. Marie Antoinette als junges Mädchen mit »Wiener Frisur«, um 1765 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

wies er sich als überaus stilbildend und einflussreich. Für die Dauphine entwickelte Autié völlig neuartige Krea­tionen, mit denen sie großes Aufsehen erregte und die sowohl innerhalb der Hofgesellschaft als auch in der breiten Bevölkerungsschicht zahlreiche Nachahmer fanden. Seine Schöpfungen unterschieden sich deutlich von Marie Antoinettes »Wiener Frisuren«, die aus eng am Kopf anliegenden, eingeflochtenen beziehungsweise festgesteckten Haarpartien bestanden (Abb. 46). Autiés Frisuren wirkten weitaus weniger streng, viel voluminöser und aufgelockerter, zudem verwendete er als Blickfang sowie zur Verzierung die verschiedensten Accessoires, wie bunte Stoffbänder, Perlen oder Federn (Abb. 47). Die einzelnen Kreationen erhielten ausgefallene Bezeichnungen, so erreichte etwa die »Coiffure à la comète«, bei der sich feuerrote Bänder durch das

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lockige Haar zogen, großen Bekanntheitsgrad. Autiés Experimentierfreudigkeit erlangte in den sogenannten »Pouffs au sentiment« ihren Höhepunkt. Diese Frisuren, bei denen die unterschiedlichsten Gegenstände in das Haar eingearbeitet wurden, fungierten als Träger einer bestimmten Information beziehungsweise Aussage. Es wurden unter anderem aktuelle Ereignisse thematisiert, bekanntestes diesbezügliches Beispiel ist Marie Antoinettes Frisur »La Fregate«, die sie sich zu Ehren des siegreichen französischen Kriegsschiffes »La belle poule« inszenieren ließ. Autié montierte in ihrer Lockenpracht mithilfe eines Drahtgestells ein 50 cm hohes Modell des Schiffes. Er selbst berichtete über die »Pouffs au sentiment«  : »In diesen Pouffs sah man alles, was an Absonderlichkeiten nur ersonnen werden konnte  : die leichtfertigen Mädchen überhäuften sich den Kopf mit Schmetterlingen, die zarten Seelchen bereiteten Amourettenschwärmen in ihrem Haar ein Nest, die Ehefrauen von Generalstabsoffizieren trugen ganze Schwadronen versteckt im Toupet und die Melancholikerinnen errichteten Sarkophage und Ascheurnen in Form von Pouffs.«15 Neben seinem künstlerischen Talent erwies sich Léonard Autié als sehr geschäftstüchtig. Da er Marie Antoinette persönlich verpflichtet war, durfte er keine externen Aufträge annehmen. Um trotzdem ein breites Zielpublikum bedienen zu können, ging er mit dem Friseur Frémont eine Geschäftsbeziehung ein. Autié entwarf die Frisuren, die Marie Antoinette werbewirksam der Hofgesellschaft präsentierte, und gab sein Wissen an seinen Partner weiter, der dann die rege Nachfrage der Bevölkerung nach der neues­ ten Frisurenmode bedienen konnte. Autié erhielt eine Gewinnbeteiligung, und seine Kreationen fanden große Verbreitung in ganz Frankreich.16 Auch als Marie Antoinette nach ihrer Schwangerschaft 1781 unter Haarausfall litt, wusste Léonard Autié dieser für ihn existenzbedrohenden Situation eine positive Wendung zu geben. Er überredete die Königin zu einem damals unüblichen Kurzhaarschnitt, der sogenannten »Coiffure à l’enfant«  : »Unter dem regenierenden Zugriff meiner Schere fiel der Königin schönes Haar, und bereits zwei Wochen später wa-

ren alle Damen bei Hofe à l’enfant frisiert.«17 Diese Frisur wurde zumeist mit einem federgeschmückten Hut oder einer Haube kombiniert. Neben der aufwendigen Gestaltung der Haarpracht war Marie Antoinette für ihren extravaganten Kleidungsstil bekannt. Für diesen zeichnete ab 1772 die Modistin Rose Bertin (1747–1813) verantwortlich. Diese führte das 1770 in Paris gegründete Modegeschäft »Au Grand Mogol«, dessen prominenter Kundenstock sich aus der einflussreichen Adelsschicht zusammensetzte. Beispielsweise zählte Madame du Barry, die bekannteste Mätresse von Ludwig XV., zu den Klienten von Rose Bertin. Die aufsehenerregenden und sehr teuren Kleider waren aus kostbaren Stoffen geschneidert und mit großer Liebe zum Detail in Form von Schleifen oder künstlichen Blumen verziert (Abb. 47). Madame Bertin griff ausschließlich auf hoch qualitative Materialien zurück, die Blumenarrangements bestehend aus Batist und Taft ließ sie extra in Italien fertigen. Ebenso wie der Friseur Léonard Autié bewies Rose Bertin einen ausgeprägten Geschäftsinn. Mithilfe von Marie Antoinettes hoher Werbewirksamkeit sowie einer 47. Elisabeth Vigée-Lebrun, Marie Antoinette mit hoher federgeschmückter Frisur und einem Kleid von Rose geschickten Vermarktung – einmal pro Monat verBertin, 1778 (Kunsthistorisches Museum, Wien) sendete sie mit den neuesten Modellen ausgestattete Kleiderpuppen – wurde sie mit ihrer Mode in ganz Europa stilbildend.18 Marie Antoinette hegte eine Vorliebe für exqui- orderte sie Hygieneprodukte und Parfums im Wert site Düfte, die ihr der Parfumeur Jean-Louis Fargeon von rund 200.000 Livres.20 Zu ihren Lieblingspro(1748–1806) lieferte. Er wurde in Montpellier gebo- dukten zählten Orangenblüten- und Lavendeltoiletren und stammte aus einer alteingesessenen Parfu- teessige. Als Badezusatz – Marie Antoinette badete meur-Familie, seine Einführung bei Hof verdankte regelmäßig, allerdings trug sie dabei immer ein düner Madame du Barry. Neben der Königin zählten die nes Hemd – verwendete sie Lavendel- und ZitroHofdamen sowie die weibliche Pariser Adelsschicht nenessenzen sowie zur Reinigung eine mit Kräutern, zu seinen Kundinnen. Fargeons Produktpalette Amber und Bergamotte parfümierte Seife. Toiletwar breit gefächert  ; zum einen vertrieb er die un- tewässer, wie etwa »Eau de Charmes« aus unreifen terschiedlichsten Artikel zur Schönheitspflege, wie Weintrauben oder »Eau d’ange« zur Reinigung und Toilettewässer, Cremen, Pomaden für Haare, Gesicht Aufhellung des Teints, sowie Pomaden mit Rosen-, und Lippen, Puder, Zungenkratzer, Zahnbürsten, Vanille-, Mandel-, Nelken- oder Jasminduft zählten parfümierte Kissen, Strumpfbänder, parfümierte zu ihren bevorzugten Hautpflegeprodukten.21 Handschuhe, Haarspangen und Kämme, zum anIm Auftrag der Königin kreierte Fargeon spezielle deren war er auf die Herstellung von individuellen Parfums mit blumiger Duftnote. Die Herstellung Parfums spezialisiert.19 Marie Antoinette entwickelte der kostbaren Rohstoffe war äußerst aufwendig und sich zur besten Kundin Fargeons, allein im Jahr 1778 teuer, da die Essenzen mithilfe des Destillationsver-

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fahrens gewonnen wurden. Zur Aufbewahrung der Seit dem Ende der Bälle hat man die Höhe sehr verwertvollen Duftwässer besaß die Königin in Ver- ringert.«25 Wie bereits erwähnt gab Marie Antoinette ab 1781 sailles ein eigenes Kabinett, auf Reisen verstaute sie die kleinen facettierten Glasflakons mit silbernen aufgrund von Haarausfall die hohen Turmfrisuren Stöpseln in einem Necessaire. 1774 schenkte Lud- zugunsten einer kurzen Lockenfrisur auf. Auch der wig XVI. seiner Gemahlin das im Park von Versailles Einsatz von Puder und Schminke sowie das Tragen befindliche Lustschloss Petit Trianon, das ihr fortan von schweren Parfums ging im Laufe der 1780erals bevorzugter Rückzugsort diente. Um sich auf Rei- Jahre zurück und fand durch die Französische Resen mit ihrer Heimat verbunden zu fühlen, wollte volution 1789 sein Ende. Puder und Perücke entwiMarie Antoinette die Essenz des Petit Trianons in ckelten sich vor dem Hintergrund der Aufklärung zu einem Parfum verewigt wissen. Infolgedessen schuf Symbolen der verabscheuten absolutistischen HerrJean-Louis Fargeon aus den Essenzen Rose, Oran- schaft. Die Mode unterwarf sich nun dem Diktat genblüte, Lavendel, Zitronenöl, Bergamotteöl, Gal- von Einfachheit und Natürlichkeit. banumharz, Schwertlilie, Narzisse, Jasmin, Lilie und Tuberose das »Parfum du Trianon«22, das auf große Kaiserin Elisabeth Begeisterung seitens der Auftraggeberin stieß. Der extravagante Lebenswandel der Königin fand nicht nur Befürworter. In Frankreich wurde Ich bin die Sklavin meiner Haare.26 sie aufgrund der enormen Ausgaben23, die sie für ihre Schönheitspflege tätigte, harsch kritisiert, aber Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der Wandel von auch Maria Theresia zeigte kein Verständnis für die der pompösen Mode des 17. und 18. Jahrhunderts luxuriöse und experimentelle Mode ihrer Tochter. hin zu der neuen schlichten Zurückhaltung auf allen Wie an einem Briefwechsel zwischen Mutter und Ebenen – Frisur, Schminke, Kleidung – vollzogen. Tochter nachvollzogen werden kann, lehnte die ös- Im Biedermeier wurde das Haar der Damen zu eiterreichische Kaiserin hohe Turmfrisuren und starke nem Mittelscheitel frisiert und in Form eines einfaSchminke ab. Vor allem in Bezug auf die Haarauf- chen Knotens am Hinterkopf zusammengefasst, die bauten bezog Maria Theresia eine tadelnde Position  : Schläfen zierten teils angesteckte Stocklocken (FT »Ich kann nicht umhin, einen Punkt zu berühren, 13). Die Frisur fand meistens in Kombination mit den viele Zeitungen oft genug wiederholen  : es han- einer gerüschten Haube oder einem sogenannten delt sich um den Kopfputz, den Sie tragen  ; er soll Schutenhut Anwendung. Die Kopfbedeckung, die von der Haarwurzel 36 Zoll hoch sein, und dazu auch zu Hause getragen wurde (FT 14), stand in der mit soviel Federn und Bändern geschmückt, die Zeit des Biedermeiers als Symbol für die Unterorddas alles noch erhöhen. Sie wissen, dass ich immer nung der verheirateten Frau unter die Herrschaft des der Meinung war, man solle der Mode mit Zurück- Mannes.27 Bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts war die Gehaltung folgen, sie aber niemals übertreiben. Eine junge hübsche Königin voller Vorzüge hat alle diese sundheitsgefährdung durch die in der Schminke entTorheiten nicht nötig  ; im Gegenteil, die Einfachheit haltenen ätzenden Substanzen wie Blei und Queckdes Putzes läßt die Erscheinung besser hervortreten silber bekannt.28 Allerdings ging die Verwendung und ist für den Rang der Königin passender.«24 Be- von weißem Gesichtspuder erst Anfang des 19. Jahrzüglich der Bedenken ihrer Mutter konterte Marie hunderts stark zurück, zeitgleich war ein rückläufiger Antoinette nur kurz und bündig  : »Es ist richtig, daß Einsatz von Lippen- und Wangenrot zu beobachten. ich mich ein wenig mit meinem Putz beschäftige  ; Trotzdem blieb die als elegant geltende weiße Hautund was die Federn betrifft, so trägt sie jeder, und farbe als vorherrschendes Schönheitsideal bestehen. es würde außerordentlich auffallen, keine zu tragen. Anstelle der dick aufgetragenen weißen Schminke ver-

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suchten die Damen nun durch Vermeidung von Son- und der Zeitaufwand der Schönheitspflege (Kat.-Nr. nenstrahlen ihren natürlich hellen Teint zu erhalten. 69) nahmen von Jahr zu Jahr zu, bis sich diese zu Bei der Parfumherstellung war zur Jahrhundert- einer wahren Besessenheit31 entwickelt hatten, die wende eine Veränderung in Bezug auf die Inhalts- ihren gesamten Tagesablauf bestimmte. stoffe zu bemerken. Die über Jahrhunderte domiElisabeths Erscheinungsbild war das Ergebnis nierenden tierischen Essenzen Ambra und Moschus harter Arbeit und beruhte auf Verzicht und Konwurden nunmehr von pflanzlichen Aromen, wie sequenz. Die Erhaltung ihrer extrem schlanken Zitrone, Orangenblüte, Bergamotte, Rose, Lavendel, Silhouette wurde zu ihrem täglichen Antrieb. Bei Majoran oder Lavendel, zurückgedrängt. Die daraus einer Körpergröße von 1,72 m wog sie rund 50 Kiloresultierenden leichten und blumigen Duftnoten gramm und brachte es auf einen Taillenumfang von verkörperten größere Natürlichkeit. Mit dem wie- nur 50 cm.32 Durch ein hohes Maß an körperlicher dererstarkten Hygienebewusstsein verloren die Par- Bewegung in Kombination mit einer strikten Diät fums ihre vorherige Hauptaufgabe, die Überdeckung erhielt sie ihren schlanken Körper. Zu ihrer bevorvon schlechten Körperausdünstungen.29 Im 19. Jahr- zugten sportlichen Betätigung zählte das Reiten, auhundert nahmen sie somit noch vermehrt den Stel- ßerdem betrieb sie täglich – für die damalige Zeit lenwert von luxuriösen Schönheitsmitteln ein. äußerst unüblich – gymnastische Übungen, wie ihr Im 17. und 18. Jahrhundert gingen die in Europa noch heute erhaltenes Turn- und Toilettezimmer in vorherrschenden Modetrends und Schönheitsvor- der Wiener Hofburg bezeugt (Abb. 19, 20). Ihre Erstellungen unbestritten von Frankreich aus – Paris nährungsgewohnheiten sind als ungesund und unhatte diesbezüglich eine Vormachtstellung inne. Zu orthodox zu bezeichnen, immer wieder kasteite sie Beginn des 19. Jahrhunderts, mit Einsetzen des Bie- sich mit Hungerkuren, bei denen sie sich nur von dermeiers, wandelte sich allerdings auch Wien zu Eiern, rohem Fleisch und Milch ernährte. Außereiner führenden europäischen Modemetropole. Ab dem legte Elisabeth großen Wert auf ihre Hautpflege. Mitte der 1850er-Jahre stand der Wiener Hof, im Wie Elisabeths Nichte Marie Larisch bemerkte, Speziellen Kaiserin Elisabeth als Person, im Zent- verwendete die Kaiserin ausschließlich natürliche rum der europäischen Aufmerksamkeit. Ähnlich wie Schönheitsmittel.33 So dienten Masken aus rohem Marie Antoinette im 18. Jahrhundert entwickelte sie Kalbfleisch, Erdbeercreme oder Olivenölbäder der sich zum Schönheitsidol ihrer Zeit. Erhaltung ihrer Schönheit.34 Ähnliche Rezepturen Kaiserin Elisabeth (1837–1898) wurde als Tochter zur Gesichtspflege fanden bereits im 18. Jahrhundert des Herzogs Max in Bayern und seiner Frau Ludo- Anwendung, in einem Ratgeber für Schönheitspflege vika Wilhelmine in München geboren. Nach einer heißt es etwa  : »Ferner kann man, ehe man zu Bette unbeschwerten Kindheit in München und Possen- geht, Erdbeeren auf dem Gesichte zerreiben, sie die hofen heiratete sie 1854 den österreichischen Kaiser Nacht über darauf trocknen lassen, und es den folFranz Joseph. Elisabeth war schon in jungen Jahren genden Morgen mit Brunnenwasser, oder vielmehr ein hübsches Mädchen. Zum Zeitpunkt ihrer Hoch- mit Körbelwasser oder Pimpernellwasser abwaschen. zeit war sie sechzehn Jahre alt und von schlanker, Durch dieses Mittel wird die Haut frisch und schön, mittelgroßer Statur. Auffällig war ihr von Natur aus und nimmt einen angenehmen Glanz an.«35 Weiters heller Teint, den Kontrast dazu bildeten ihre dunk- wird empfohlen  : »Ein treffliches Mittel zu Wegschaflen Augen und ihr dichtes, rehbraunes Haar, das sie fung der zu zeitig sich einstellenden Runzeln ist, des in Form einer Flechtfrisur trug. Mit ihrem Aussehen Nachts einige Schnitten Kalbfleisch auf das Gesichte und Auftreten wusste sie ihr Volk zu fesseln, wenn zu legen.«36 sie durch die Stadt fuhr oder ritt, strömten die MenIm Gegensatz zu Marie Antoinette liebte Elisabeth schen herbei, um einen Blick auf die Kaiserin zu er- die Schlichtheit und lehnte kräftige Parfums und langen.30 Elisabeths Beschäftigung mit ihrem Körper dick aufgetragene Schminke ab. Ihre Kleidung, die

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48. Franz Xaver Winterhalter, Kaiserin Elisabeth mit offenem Haar, 1864 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

49. Johann Halbig, Kaiserin Elisabeth im Alter von 16 Jahren, 1853 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

sie sich von Schneiderinnen37 anfertigen ließ, war Anstelle des »Stylistenteams«, das Marie Antoivon zurückhaltender Eleganz geprägt. nette beriet, vertraute Kaiserin Elisabeth in Bezug auf Im Zentrum ihres Schönheitskults stand unan- ihr modisches Erscheinungsbild nur einer einzigen gefochten die Pflege des Haares. Die Kaiserin hatte Person, nämlich ihrer Friseurin Franziska Angerer ungewöhnlich langes, kräftiges und reichhaltiges (1842–1911), genannt Fanny. Die Tochter eines FriHaar, das ihr weit bis über die Hüften reichte. Ei- seurs wuchs in Wien auf und arbeitete ab Anfang der nen Eindruck von Elisabeths wallender Haarpracht 1860er-Jahre am Burgtheater. Dort kam die Kaiserin vermitteln drei Gemälde des Malers Franz Xaver mit den Kreationen von Fanny Angerer in BerühWinterhalter. Bei zwei der 1864 gefertigten Bilder rung. Elisabeth zeigte sich begeistert und engagierte handelt es sich um Privatporträts für den Kaiser, die die junge Wienerin ab 1863 als Leibfriseurin. Inte­ seine Gemahlin mit offenem, über die Schultern ressant erscheint in diesem Zusammenhang, dass die fallendem Haar im Negligé zeigen (Abb. 48). Das Kaiserin ihre Hofschneiderin Fanny Scheiner ebendritte trug zur Untermauerung von Elisabeths Ruf falls im Zuge ihrer Tätigkeit für das Theater kennenals Schönheitsidol bei. Es zeigt die Kaiserin in einem lernte und anschließend in ihren Dienst stellte. weißen Ballkleid, die Frisur mit Diamantensternen Mit der Beauftragung von Fanny Angerer ist ein geschmückt. Wandel in der Frisurmode Elisabeths zu beobachten.

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50. Emil Rabending, Kaiserin Elisabeth im Krönungs­ ornat mit einer Frisur von Fanny Feifalik, 1867 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

51. Miklos Vey, Kaiserin Elisabeth mit einer Frisur von Fanny Feifalik, 1867 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

In den 1850er-Jahren trug die Kaiserin eine Flechtfrisur, die auf den erhaltenen Gemälden fälschlicherweise den Eindruck einer Kurzhaarfrisur erweckt. Wie ihre Schwestern ließ Elisabeth jedoch seit frühester Kindheit ihr Haar wachsen. Dieses wurde in der Mitte gescheitelt und in zwei Partien geteilt, die auf Höhe der Ohren zu langen Zöpfen geflochten wurden. Wie man anhand von erhaltenen Skulpturen (Abb. 49) erkennen kann, wurden die beiden Zöpfe um den Hinterkopf geschlungen und im Nacken festgesteckt. Die von Fanny Angerer entwickelten Kreationen waren an Elisabeths Jugendfrisur angelehnt, stellten aber eine Weiterentwicklung dar. Als dominierendes Element fungierten wiederum eingeflochtene Zöpfe, die das Gesicht der Kaiserin umrahmten und die

über den Rücken herabfallende Haarpracht zusammenhielten (Abb. 50 und 51). Nach dem Tod ihres Sohnes Kronprinz Rudolf trug Elisabeth eine Hochsteckfrisur, bei der das gesamte zu einem Zopf geflochtene Haar am Kopf befestigt wurde. Durch den über der Stirn platzierten Zopf erweckten die Frisuren der Fanny Angerer den Eindruck einer Krone. Die aufwendigen Flechtfrisuren brachten die Länge und Dichte des Haares zur Geltung und unterstrichen das würdevolle Auftreten der Kaiserin. Die Pflege des Haares erwies sich in Anbetracht der Länge und Fülle als äußerst aufwendig und zeit­ intensiv. So beanspruchte allein das Waschen mit einer Mischung aus Eigelb und Franzbranntwein, das alle zwei Wochen stattfand, einen halben Tag. Aber auch das tägliche Frisieren und Einflechten dauerte

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mehrere Stunden und stellte eine große Herausfor- und den ruhigen Lauf der geschwungenen Brauen derung dar. Constantin Christomanos, welcher der nur hemmte, neigte dann dere Fäden wie schäumiges Kaiserin während der Toilette Griechischunterricht Wellengekräusel über die Ohren. […] Dann brachte gab, beschrieb die langwierige Prozedur des Frisie- sie auf einer silbernen Schüssel die toten Haare der rens im Detail  : »Die Kaiserin saß an einem Tisch, Herrin zum Anblick, und die Blicke der Herrin und der in die Mitte des Raumes gerückt und mit einem jene der Dienerin kreuzten sich eine Sekunde – leisen weißen Tuch bedeckt war, in einen weißen, mit Spit- Vorwurf bei der Herrin enthaltend, Schuld und Reue zen besetzten Frisiermantel gehüllt, mit aufgelösten der Dienerin kündend. Dann wurde der weiße ManHaaren, die bis zum Boden reichten und ihre Gestalt tel aus Spitzen von den fallenden Schultern gehoben, vollkommen einwickelten. […] Hinter dem Sessel und die schwarze Kaiserin entstieg gleich einer göttder Kaiserin stand die Friseuse in schwarzem Kleide lichen Statue der bergenden Hülle. Die Herrscherin mit langer Schleppe, eine weiße spinnewebene neigte dann den Kopf – die Dienerin versank in den Schürze sich vorgebunden, als Dienende selbst von Boden leise flüsternd  : ›Zu Füßen Eurer Majestät ich imposanter Erscheinung, Spuren verblühter Schön- mich lege.‹ – und so ward die heilige Handlung vollheit auf dem Gesicht und Augen voll finsterer Ränke. endet.«38 […] Mit weißen Händen wühlte sie in den Wellen Wie aus dem Zitat ersichtlich, verlangte die Bändider Haare, hob sie dann in die Höhe und tastete gung der kaiserlichen Haarpracht ein hohes Maß an darüber wie über Samt und Seide, wickelte sie um Können und Geschick. Diesbezüglich spielte Fanny die Arme wie Bäche, die sie auffangen möchte, weil Angerer eine besondere Rolle, keine andere Wiener sie nicht rinnen wollten, sondern fortfliegen, teilte Friseurin konnte sich mit ihrem exzellenten Handdie einzelne Welle mit einem Kamm aus goldgelbem werk messen. Sowohl die Kaiserin als auch die FriBernstein in mehrere und trennte dann jede von seurin waren sich dieser Tatsache bewusst und somit diesen in unzählige Fäden, die im Sonnenlicht wie entstand ein regelrechtes Abhängigkeitsverhältnis golden wurden und die sie behutsam auseinanderzog der Kaiserin zu ihrer Untergebenen. Fanny Angerer und über die Schultern hinlegte, um ein anderes Ge- hatte im Kreis der Hofbediensteten eine Sonderstelwirr von Strähnen wieder in Goldfäden aufzulösen. lung inne, die sie zu ihrem Vorteil zu nutzen wusste. Dann wob sie aus allen diesen Strahlen, die aus er- Ihr jährliches Gehalt lag bei 2.000 Gulden, was dem loschenem Gold zu Blitzen dunklen Granatrots auf- Verdienst eines Universitätsprofessors entsprach.39 flammten, neue ruhige Wellen, flocht diese Wellen zu Die Friseurin scheute auch nicht davor, die Macht, kunstvollen Geflechten, die in zwei schwere Zauber- die ihr die Kaiserin zugestand, zu missbrauchen. schlangen sich wandelten, hob die Schlangen empor Um bestimmte Forderungen durchzusetzen, strafte und ringelte sie um das Haupt und band daraus, mit sie Elisabeth gezielt mit Dienstentzug, bis diese geSeidenfäden dieselben durchwirkend, eine herrliche nervt kapitulierte. Der griechische Vorleser bemerkte Krone. Dann ergriff sie einen anderen spitzig aus- diesbezüglich in seinen Tagebuchblättern  : »Heute laufenden Kamm aus durchsichtigem Schildkrot mit sagte sie [Elisabeth] beim Frisieren  : – Sie müssen Silber beschlagen und wellte den Polster von Haaren, entschuldigen, heute bin ich zerstreut. Ich muß meider am Hinterhaupt die Krone zu tragen bestimmt nen ganzen Geist auf die Haare verwenden  : denn sie war, in jene Linien zurück, welche dem atmenden [die Friseuse] hat sich krank gemeldet und die junge Meer zu eigen. Dann zog sie die verwaist irrenden Dame hier [das Kammerfräulein] ist noch nicht so Strähnen über die Stirn hinab in die Nähe der Augen, eingeweiht in alle Mysterien. Nach einigen solchen so daß sie wie goldene Fransen vom Kranz der Krone Frisiertagen bin ich wieder ganz mürbe. Das weiß herabhingen und die lichte Stirn wie ein Schleier ver- Jene [Fanny Angerer] und wartet auf eine Kapitulahüllten, entfernte mit einer silbernen Schere, was bei tion. Ich bin die Sklavin meiner Haare.«40 Auf diese diesen Fäden Harmonie und Gleichheit verstörte Art und Weise gelang es der Friseurin, auf persönli-

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che Intervention Elisabeths, entgegen der Regeln für Er verwendete nur die gängigsten Hygieneartikel Hofbedienstete, sogar eine Heirat mit dem bürger- und zeigte sich im Umgang mit diesen sparsam.46 lichen Bankbeamten Hugo Feifalik41 durchsetzen.42 Während sich die Kaiserin 1876 ein Badezimmer mit Bei Hof war sie aufgrund ihrer bevorzugten Stellung fließend Wasser in der Wiener Hofburg installieren sowie ihres Benehmens sehr unbeliebt, Marie Feste- ließ, wusch sich der Kaiser bis zu seinem Tod 1916 tics, eine Hofdame Elisabeths, bezeichnete sie sogar an einem Waschtisch und badete in einer mobilen als »Luzifer«43. Nichtsdestotrotz stand Fanny Feifalik Kautschukbadewanne. Jeden Morgen musste diese bis zum Tod der Kaiserin in ihrem Dienst. von einem »Badewaschel« aufgebaut und mit heißem Mit fortschreitendem Alter fiel es Elisabeth immer Wasser befüllt werden. Ungeachtet des sanitären schwerer, ihr makelloses Aussehen sowie den damit Standards war dem Monarchen ein gepflegtes Äußeverbundenen Personenkult aufrechtzuerhalten. Ma- res wichtig. Wie sein Leibkammerdiener Eugen Ketrie Larisch bemerkte diesbezüglich folgendes  : »So war terl zu berichten weiß, war auch der Kaiser nicht frei die Kaiserin ständig um die Erhaltung ihrer Schön- von Eitelkeiten  : »Wenn Franz Josef den Besuch der heit besorgt, und der Gedanke an das Altwerden gnädigen Frau [Katharina Schratt] erwartete, stand bereitete ihr unaufhörliche Angst. Sie selbst schreibt er wohl unzählige Male vom Schreibtisch auf und darüber in ihren Tagebüchern  : ›Sobald ich mich al- ging in das angrenzende Schlafzimmer, um sich Bart tern fühle, ziehe ich mich ganz von der Welt zurück. und Haare zu bürsten. Auch hatte er einen kleinen Es gibt nichts ›Grauslicheres‹, als so nach und nach Taschenspiegel von Frau v. Schratt bekommen, der zur Mumie zu werden und nicht Abschied nehmen immer auf dem Schreibtisch lag und die Dedikation zu wollen vom Jungsein. Wenn man dann als ge- trug  : ›Portrait de la personne que j’aime.‹«47 Wenn schminkte Larve herumlaufen muß – Pfui  ! Vielleicht ferner nicht im gleichen Ausmaß wie seine Gemahwerde ich später immer verschleiert gehen, und nicht lin, so fungierte auch Franz Joseph in einem Bereich einmal meine nächste Umgebung soll mein Gesicht der Schönheitspflege als modisches Vorbild. Demgemehr erblicken.‹«44 Elisabeth setzte dieses utopisch mäß dominierte der begeisterte Bartträger mit seinen anmutende Vorhaben in die Realität um und zog sich Schnitten die Bartmode des ausgehenden 19. Jahrmehr und mehr aus dem öffentlichen Leben zurück. hunderts. Die letzten Porträts der Kaiserin entstanden Ende der Seit jeher war der Bart ein Zeichen von Männ1880er-Jahre und zeigen sie in Trauerkleidung (nach lichkeit und Stärke. In einem Schönheitsratgeber aus dem Tod des Kronprinzen) mit sogenannter Steck- dem 18. Jahrhundert heißt es etwa  : »Der Bart lehret brieffrisur. Im letzten Jahrzehnt ihres Lebens verbarg mich, dass ich keine Frau, sondern ein Mann bin, sie ihr Gesicht stets hinter dem Schutz eines Fächers und daß ich mich männlicher Tugend mit standhaffoder Sonnenschirms, darüber hinaus ließ sie sich we- tem Gemüthe befleißigen soll.«48 Somit erscheint es der malen noch fotografieren. So gelang es ihr, den nicht verwunderlich, dass viele Herrscher als AusSchönheitskult um ihre Person weit bis über den Tod druck ihrer Macht sowie in ihrer Position als Soldat hinaus – wie der noch heute bestehende Sisi-Mythos Bart trugen. Wie auch das Haupthaar war die Bartbezeugt – aufrechtzuerhalten. form im Laufe der Jahrhunderte bestimmten Moden unterworfen. Nach einer Hochblüte in der Antike und dem im Großen und Ganzen »bartlosen« MitK a i s e r F r a n z J o s e ph telalter kam das Tragen eines Bartes zu Beginn der Renaissance wieder in Mode. Beginnend mit Karl V. Aber darauf schauen [die Leute] doch nicht  ! 45 (1500–1558) bis hin zu Ferdinand II. (1578–1637) trugen sämtliche habsburgischen Kaiser Vollbart. Im Gegensatz zu seiner Frau legte Kaiser Franz Jo- Um 1620 fand eine Wandlung statt, die Haarpracht seph keinen gesteigerten Wert auf Schönheitspflege. lichtete sich. Demzufolge trugen die Kaiser Ferdi-

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nand III. (1608–1657) und Leopold I. (1640–1705) nur einen schmalen Oberlippenbart kombiniert mit einem spitz zulaufenden Kinnbärtchen. Mit Ausbreitung der Perückenmode war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein vorläufiges Ende der Bartmode zu beobachten. In Frankreich zeigte sich Ludwig XIV. (1638–1715) ab 1680 glatt rasiert, der österreichische Kaiser Josef I. (1678–1711) verzichtete bereits vollständig auf die schmückende Gesichtsbehaarung. Im Laufe der nächsten 150 Jahre blieb das Tragen eines Bartes ausschließlich Soldaten, Juden und Mönchen vorbehalten.49 Erst im Biedermeier hielt die männliche Gesichtsbehaarung als Modeerscheinung in Form des Backenbartes wieder Einzug. Ab den 1850er-Jahren war das Tragen eines Bartes wieder in breiten Bevölkerungskreisen en vogue. Erstmals seit mehr als einem Jahrhundert zeigten sich die europäischen Herrscher wieder mit Bart. Zu den prominenten Bartträgern und gleichzeitigen Vorbildern des Volkes zählten Kaiser Franz Joseph sowie der preußische Monarch Wilhelm II. Der überzeugte Militär Franz Joseph trug seit Jugendtagen Bart, dessen Schnittform sich jedoch im Laufe der Jahre veränderte (Abb. 52). In den 1850er-Jahren zierte das Gesicht des Kaisers nur ein Oberlippenbart, ein Jahrzehnt später ließ er sich zusätzlich noch einen Backenbart wachsen. In den 1870er-Jahren fiel Franz Josephs Bartmode am üppigsten aus, sowohl Oberlippen- als auch Backenbehaarung erreichten nun eine Länge von mehreren Zentimetern, die Kinnpartie rasierte er jedoch zeitlebens. Diese Bartform behielt der Kaiser auch in höherem Alter bei, allerdings trug er die mittlerweile vollständig ergraute Haarpracht wieder gestutzt. Eine Besonderheit ist in Bezug auf Franz Josephs Barttracht anzumerken. Im Gegensatz zu den meisten Bartträgern verzichtete der Kaiser vollständig auf Bartwichse, mit welcher die Haare gemeinhin getrimmt wurden. Abgesehen von der täglichen Rasur und dem Stutzen des Bartes, beließ Franz Joseph seine Haare natürlich. Zur Pflege verwendete er eine Bartpflegelösung, bestehend aus Alkohol, Lavendelspiritus und Schmierseife.50 Mit welch großer Aufmerksamkeit die Veränderungen in Bezug auf das äußere Erscheinungsbild des

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österreichischen Monarchen vonseiten der Untertanen verfolgt wurden, zeigt eine Zeitungsmeldung aus dem Jahr 1862. Darin wird berichtet, dass sich Franz Joseph in Possenhofen auf Wunsch seiner Gemahlin den Backenbart rasieren ließ.51 Diese geringfügige Abweichung sorgte bereits für großes Aufsehen. Als extravagantestes Beispiel in Bezug auf die Bartmode des 19. Jahrhunderts ist der Bruder des Kaisers Ferdinand Maximilian, der spätere Kaiser Maximilian von Mexiko, zu nennen. Maximilian fiel durch seinen dichten und langen Vollbart auf, sowohl Backen-, Oberlippen- als auch Kinnbehaarung ließ er auf eine Länge von 5 bis 10 cm wachsen. Ähnlich dem Kopfhaar, bedurfte der üppige Bart einer gewissenhaften Pflege. Die Kürzung des Haares erfolgte durch einen Barbier oder Herrenfriseur mithilfe eines Rasiermessers (Kat.-Nr. 70) und Seifenschaums. Der 1874 in Großbritannien eingeführte Rasierhobel ermöglichte erstmals die Selbst­ rasur. Dem Schutz des Haares dienten Bartwässer. Bartpomaden und Bartwichsen fanden zur Formung und Bändigung des Haares Anwendung. Um den getrimmten Zustand des Bartes aufrechtzuerhalten, wurde auf teils skurrile Hilfsmittel zurückgegriffen. In diesem Zusammenhang sind die Bartbinde, die beim Schlafen getragen wurde, sowie die Barttasse, die zum Schutz vor Flüssigkeiten einen horizontalen Steg besitzt, zu nennen. Ein fixer Bestandteil von Franz Josephs Hygienegewohnheiten stellte die täglich ein- bis zweimal stattfindende Rasur dar, für die der Kaiser eigens Friseure beschäftigte. Namentlich sind heute zwei von Franz Josephs Coiffeuren bekannt. Es handelt sich hierbei um Josef Sennhofer (geb. 1876), der einen Frisiersalon in der Habsburgergasse in der Wiener Innenstadt betrieb. Sein Dienst beim Monarchen gestaltete sich folgendermaßen  : »Es war im Jahre 1902 […] als ich Kaiser Franz Joseph zum ersten Mal bediente. Er war mit mir zufrieden, und ich wurde daraufhin Kammerfriseur. In Schönbrunn hatte ich ein eigenes Zimmer, und mein Dienst begann täglich um halb sechs Uhr früh. Nach der vorgeschriebenen Etikette mußte ich bei jeder Morgenvisite meinen Frack anziehen. Gab der Kaiser einen Empfang, so mußte ich

52. Die Bartmode von Kaiser Franz Joseph, 1914 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

ihn zweimal täglich rasieren, am Nachmittag oder abends nochmals. Auf Reisen rief er mich nicht so früh am Morgen zu sich. Ich begleitete ihn nach Ungarn und mußte auch in Ischl immer um ihn sein. Meist pflegte er sich während des Rasierens und des Bartstutzens mit mir über Ereignisse des Tages zu unterhalten, denn er wollte über die Meinung des Volkes unterrichtet sein und verlangte von mir die volle Wahrheit.«52 Über den zweiten Friseur des Kaisers ist weitaus mehr bekannt. Ludwig Kusmann (1843–1912) wurde in Budapest geboren und übersiedelte 1865 nach Wien. 1876 machte er sich in Bad Ischl am Kreuzplatz 24 mit einem Friseurgeschäft selbstständig. Seinen zweiten »elegant eingerichteten«53 Laden eröffnete er vier Jahre später in Wien, der sich im ersten Bezirk in der Naglergasse 3 befand. Dort beschäftigte er drei Gehilfen und eine Bedienerin.54 Laut Hofakten gehörte der »Kundenkreis den besten

Gesellschaftskreisen an«, und der Betrieb zählte »zu den renommiertesten Geschäften dieser Branche«.55 Ebenso wie Josef Sennhofer war Ludwig Kusmann für den Kaiser in Wien und auf Reisen tätig. Darüber hinaus belieferte er den Monarchen mit Hygieneartikeln, wie kosmetischer Creme, Brillantine-Haaröl sowie Kopf- und Bartbürsten.56 Neben dem Herrscher betreute er auch weitere Mitglieder des Kaiserhauses. Demgemäß arbeitete er in den 1870er-Jahren als Kammerfriseur der Erzherzöge Franz Ferdinand und Otto. Ab 1870 war er für Kronprinz Rudolf sowohl in der Reichshauptstadt als auch in Bad Ischl tätig, und von 1873 bis 1877 stand er im Dienst von Erzherzog Franz Karl.57 Nach dem Tod von Ludwig Kusmann im Jahr 1912 führte seine Ehefrau Leopoldine (geb. 1868) die Geschäfte in Wien und Bad Ischl fort.58

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V o n d e r H o fa p ot h e k e z u r D ro g e r i e Franz Joseph und Elisabeth bezogen den Großteil an Schönheitsmitteln aus der Hofapotheke. Dort wurden die Produkte nach Bedarf auf Basis individueller Rezepturen zusammengestellt. Es handelte sich hierbei um Einzelmischungen, die nur in kleinsten Portionen abgefüllt wurden. Wie erhaltene Rezeptblätter (Abb. 53, 54, 55) zeigen, verwendete Kaiserin Elisabeth oftmals Waschwasser zur Reinigung des Gesichtes sowie »Crème Céleste«, die aus weißem Wachs, Walrat, süßem Mandelöl und Rosenwasser hergestellt wurde und auch beim Kaiser Anwendung fand. Zur Klärung und Pflege der Haut dienten Toi­ letteessige, Elisabeth bevorzugte jene aus Veilchen-, Lavendel- oder Rosenessenzen. Franz Joseph und Elisabeth benutzten die »Neue Wilsoni Salbe«, eine Coldcreme mit Zusatz von salicylsaurem Zink. Weiters bezog der Kaiser aus der Hofapotheke Waschwasser, Rasierpuder, Mundwasser, Glycerinsalbe, Mandelmilch, Haarwasser und Augenbrauensalbe.59 Als Weiterentwicklung der individuellen Einzelmischungen sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Produkte anzusehen, die in Apotheken und Drogerien zum anonymen Freiverkauf angeboten wurden. Diese wurden nach bewährten Rezepten hergestellt und in Haushaltsmengen abgefüllt. Bekanntestes Beispiel in diesem Zusammenhang ist das Lavendelwasser der Firma J. B. Filz & Sohn. Bei dem Betrieb handelte es sich um eine seit 1809 bestehende Wiener Parfumerie mit Sitz am Graben. Neben selbst produzierten Duftwässern, Seifen, Cremen, Schminken und Pomaden vertrieb das Traditionsunternehmen Importware aus Paris und London. Zu dem elitären Kundenkreis von J. B. Filz & Sohn zählte der Kaiserhof genauso wie die wohlhabende Adelsschicht. 1872 wurde dem Unternehmen der Titel »k. u. k. Hof-Parfumeur« verliehen.60 Bei dem beliebtesten Schönheitsmittel der Firma handelte es sich um das 1892 kreierte Lavendelwasser »Eau de ­Lavande«. Welch großer Bekanntheitsgrad und zeittypischer Stellenwert dem Produkt beigemessen wurde, zeigt dessen Thematisierung in dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielenden Gesellschaftsroman

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Doderer  : »Die Strudlhofstiege« von Heimito von ­ »Am Freitag, dem 21. August, halb acht Uhr morgens, erwachte René Stangeler in seinem Zimmer zu Wien und empfand einen intensiven Duft nach Lavendel. Der Waschtisch von Marmor, auf welchen ein mit Lavendelwasser gefülltes, dicht verschraubtes Flakon stand, befand sich etwa vier und einen halben Meter vom Bett entfernt. […] Der Geruch schien mit einiger Kraft gleichsam vom Kopfe her in seine Nase vorzudringen, ja er empfand sich damit als in seltsam unwidersprechlicher Weise identisch  : es war er selbst. ›Könnt’ ich brauchen‹, dachte er vergnügt, ›müsst’ es nicht mehr am Graben einkaufen.‹«61 Infolge der voranschreitenden Industrialisierung und den damit einhergehenden neuen technischen Möglichkeiten nahmen ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Herstellung und der Verkauf von maschinell gefertigten Produkten zu. Die individuell und nach Bedarf zubereiteten Einzelmischungen wurden zusehends von den genormten und in hoher Stückzahl produzierten Kosmetik- und Hygieneartikeln verdrängt. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts folgte sogar Franz Joseph dieser Entwicklung. Im Gegensatz zu den meisten Mitgliedern der Hofgesellschaft, welche ihre Pflegeprodukte nach wie vor aus der Hofapotheke bezogen, verwendete der Kaiser gängige Industrieprodukte.62 Zu diesen zählten das beliebte Kölnischwasser, das direkt aus Köln von der Firma Johann Maria Farina63 bezogen wurde oder Williams Rasierseife, ein ursprünglich aus Amerika stammendes Produkt, das mithilfe eines Rasierpinsels direkt im Gesicht aufgeschäumt werden konnte. Als bekanntestes Beispiel in diesem Zusammenhang ist allerdings die Zahnpasta Kalodont zu nennen, die von der Wiener Firma F. A. Sarg’s Sohn & Co. produziert wurde. Vorläufer der Zahnpasta waren das im 19. Jahrhundert gebräuchliche Zahnpulver aus Kreide oder gerösteter Brotrinde, Chinarinde und Nelkenöl sowie die Zahnseife.64 Durch die Beigabe von Glycerin erfand ein Londoner Zahnarzt 1850 die erste Zahnpasta. Diese war jedoch nur in austrocknungsanfälligen Blech- oder Keramikdosen erhältlich. Bei der 1887 eingeführten Zahnpasta Kalodont handelte es sich um die weltweit erste Zahn-

53. Rezept von Kaiserin Elisabeth für Waschwasser, ­Destilliertes Wasser, Neue Wilson Salbe, Giesshübler Wasser, Engl. Soda Wasser, Bad Ischl am 1. Juli 1875 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

55. Rezept von Kaiserin Elisabeth für Franzbranntwein, Bad Ischl, am 1. Juli 1875 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

54. Rezept von Kaiserin Elisabeth für Neue Crême ­Céléste, Bad Ischl, am 1. Juli 1875 (Bundesmobilien­ verwaltung, Wien)

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57. Werbepappe für das Mundwasser Odol, 1940er-Jahre (Deutsches Hygiene Museum, Dresden)

56. Werbeeinschaltung für die Zahncrême Kalodont, in: Offizieller Führer zur Pariser Weltausstellung, Wien 1900 (Bundesmobilienverwaltung, Wien)

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pasta in der Tube. Der 1839 von dem Geschäftsmann de Milly in Wien-Wieden errichtete Betrieb hatte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Entwicklung von Stearinkerzen und der Glycerinverarbeitung einen Namen gemacht. 1854 wurde die Produktion in das neu gebaute Fabriksgelände nach Liesing verlegt. Vier Jahre später übernahm die Frankfurter Unternehmerfamilie Sarg den Betrieb.65 Die Zahnpasta wurde als Massenartikel hergestellt und in ganz Europa66 vertrieben. Der Erfolg von Kalodont beruhte neben der hohen Qualität und der funktionellen Verpackung auf einer gezielten Vermarktung des Hygieneprodukts. Mit der indus­ triellen Herstellung rückten die Bildung einer Marke und deren Bewerbung in den Vordergrund. Visionär veranlagt, beauftragte die Firma F. A. Sarg & Sohn für die Werbekampagne von Kalodont (Abb. 56) verschiedene Künstler, wie zum Beispiel den Franzosen Louis Vallet (1856–1940), welche die Anzeigen im zeittypischen Kunststil ausführten. Zur Stärkung der

58. Werbeplakat für Nivea Creme der Firma P. Beiersdorf & Co., um 1925 (Plakatsammlung der Wienbibliothek)

Kundenbindung wurden bekannte Schauspieler als der erfolgreichen Zahnpasta Kalodont kreierten verTestimonial verpflichtet, unter anderem warb der schiedene Künstler den Werbeauftritt des MundwasPublikumsliebling Sarah Bernhardt (1844–1923) für sers. Zusätzlich trug die charakteristische gebogene das Zahnpflegemittel.67 Form des Flaschenhalses zur Steigerung des WiederDer Erfolg der industriellen Herstellung von Hy- erkennungswertes bei. Zum anderen zählt bis heute gieneartikeln gipfelt in zwei Produkten, welche die die 1911 von der Firma Beiersdorf entwickelte erste Hygienegewohnheiten des 20. Jahrhunderts nach- stabile Fett- und Feuchtigkeitscreme Nivea Creme drücklich geprägt haben. Hierbei handelt es sich (Abb. 58) zu den beliebtesten Hautpflegeprodukten. einerseits um das Mundwasser Odol (Abb. 57), das Die Rezeptur bestehend aus den Inhaltsstoffen GlyAugust Karl Lingner (1861–1916) 1893 in Dresden zerin, Zitronensäure, Eucerit sowie Rosen- und Maiauf den Markt brachte. Durch die Beimischung von glöckchenöl zur Parfümierung69 blieb seit Markteinätherischen Ölen, vor allem Pfefferminze, sowie den führung nahezu unverändert bestehen, ebenso die ab Zusatz eines Antiseptikums gegen Bakterien wurde 1925 verwendete Verpackung in Form einer blauen Odol sowohl zur kosmetischen als auch zur medi- Metalldose, die den Kontrast zu der weißen Creme zinischen Behandlung eingesetzt.68 Ebenso wie bei bildet. Sowohl Farbe als auch Schriftzug wurden im

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Laufe von siebzig Jahren nur geringfügig modernisiert70, als Symbol von verlässlicher Qualität wird dem Kunden somit eine konstante Identifikationsmöglichkeit mit dem Produkt geboten. Wie anhand dieser Beispiele ersichtlich, spielen seit Einführung der industriellen Produktion neben der hohen Qualität der Produkte ein gezielter Werbeauftritt sowie die Imagekampagne eine entscheidende Rolle. Um sich gegen Konkurrenzfabrikate durchsetzen zu können, ist bei den maschinell erzeugten Hygieneartikeln im Gegensatz zu den Einzelmischungen aus der Apotheke die Schaffung einer Produktidentität, gepaart mit einem hohen Wiedererkennungswert, der zumeist mithilfe der Verpackung entsteht, von großer Bedeutung. Bezüglich der Inhaltsstoffe ist nach der Hochblüte der chemischen Erzeugnisse in den letzten Jahrzehnten wieder eine vermehrte Hinwendung zur Naturkosmetik zu beobachten.

a n m e rk u n g e n   1 Renate Lohse-Jasper, Die Farben der Schönheit, Eine Kulturgeschichte der Schminkkunst, Hildesheim 2000, S. 17.  2 Als Badezusätze verwendeten die Römer duftende Blüten. Kugelförmige Seifen dienten der Haarwäsche. Als römische Neuerung ist das regelmäßige Zähneputzen mit fein zerriebenen Rückenschalen des Tintenfisches gemischt mit Salbeiblättern und Minze anzusehen.   3 Lohse-Jasper (zit. Anm. 1), S. 20.  4 Brief von Marie Antoinette an Maria Theresia vom 17. 3. 1775, in  : Paul Christoph (Hg.), Maria Theresia. Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, Wien/München 1980, S. 145.  5 Der englische Staatssekretär Samuel Pepys vermutete 1665 infolge der Pestepidemie den nahenden Rückgang der Perückenmode. Er befürchtete, dass das verwendete Perückenhaar von Pestleichen stammen könnte.   6 Maria Jedding-Gesterling (Hg.), Die Frisur, Eine Kulturgeschichte der Haarmode von der Antike bis zur Gegenwart, München 1988, S. 119.   7 Samuel Pepys, Die geheimen Tagebücher, Frankfurt am Main 2004, S. 174.  8 Elisabeth Charlotte d’Orléons, Das war mein Leben, Die Briefe der Liselotte von der Pfalz Herzogin von Orleons vom Hofe des Sonnenkönigs, Ebenhausen 1951, S. 63.   9 Jedding-Gesterling (zit. Anm. 6), S. 130. 10 Siehe hierzu  : Yvonne Fritz, […] im Thronsaal der Unsauber-

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marlene ot t

keit. Reinlichkeit als Thema des Spottbildes und der Karikatur, in  : Wolfgang Wiese/Wolfgang Schröck-Schmidt, Das Stille Örtchen, Tabu und Reinlichkeit bey Hofe, Berlin/ München 2011. 11 Hans Schwarzkopf GmbH (Hg.), Sehnsucht nach Vollkommenheit, Ausstellungskatalog, Dresden 1995, S. 156–159. 12 Carolin Fischer (Hg.), Léonard, der Coiffeur der Königin, Berlin 2009, S. 116. 13 Brief von Maria Theresia an Marie Antoinette vom 1. 11. 1770, in  : Paul Christoph (Hg.), Maria Theresia, Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, Wien/München 1980, S. 29. 14 Die Memoiren erschienen erstmals 1838 in Paris. Die gesammelten Anekdoten vom Hof Marie Antoinettes basieren auf den Aufzeichnungen von Léonard Autié, die Autorenschaft des Friseurs wird allerdings infrage gestellt, als Verfasser des Buches wird der Journalist Georges Touchard-Lafosse gehandelt. 15 Fischer (zit. Anm. 12), S. 174. 16 Ebenda, S. 136–138. 17 Ebenda, S. 214. 18 Elisabeth de Feydeau, A scented palace, The secret history of Marie Anoinette’s Perfumer, London 2006, S. 54. 19 Ebenda, S. 57. 20 Ebenda, S. 58. Zum Vergleich  : Ein Arbeiter verdiente rund 2,50 Livres pro Tag. 21 Ebenda, S. 59. 22 Zur Geschichte des »Parfums du Trianon« siehe  : de Feydeau (zit. Anm. 18), S. 67–70. 23 Im Jahr 1776 zahlte Ludwig XVI. für die Schönheitspflege seiner Frau 487.000 Livres aus seiner Privatkasse. 24 Brief von Maria Theresia an Marie Antoinette vom 5. 3. 1775, in  : Paul Christoph (Hg.), Maria Theresia, Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, Wien/München 1980, S. 144. 25 Brief von Marie Antoinette an Maria Theresia vom 17. 3. 1775, in  : Paul Christoph (Hg.), Maria Theresia, Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, Wien/München 1980, S. 145. 26 Verena von Heyden-Rynsch (Hg.), Elisabeth von Österreich. Tagebuchblätter von Constantin Christomanos, München 1984, S. 65. 27 Jedding-Gesterling (zit. Anm. 6), S. 177. 28 Briefe eines Arztes an die Frauenzimmer, oder Regeln der Kunst die Gesundheit und Schönheit zu erhalten, Leipzig 1771, S. 24. 29 Schwarzkopf (zit. Anm. 11), S. 37. 30 Brigitte Hamann, Elisabeth, Kaiserin wider Willen, Wien/ München 1981, S. 182. 31 Elisabeth war von weiblicher Schönheit im Allgemeinen fasziniert. So unterhielt sie auch ein Schönheitenalbum, in dem sie Fotografien von den verschiedensten gutaussehenden Frauen sammelte. Deren Standeszugehörigkeit spielte keine

Rolle, so fanden sich darunter Zirkusartistinnen genauso wie adelige Damen. 32 Hamann (zit. Anm. 30), S. 182. 33 Marie Louise von Wallersee, Kaiserin Elisabeth und ich, Leipzig 1935, S. 15. 34 Chris Stadtlaender, Die geheimen Schönheitsrezepte der Kaiserin und des Hofes, München 1996, S. 48. 35 Briefe eines Arztes an die Frauenzimmer (zit. Anm. 28), S. 17–18. 36 Ebenda, S. 22–23. 37 Die Lieblingsschneiderin der Kaiserin war Fanny Scheiner. Bevor sie von Elisabeth entdeckt und engagiert wurde, arbeitete sie am Theater. Ab 1877 trug sie den Titel Hofschneiderin. Eine wissenschaftliche Erforschung des Lebens und Wirkens von Fanny Scheiner ist noch ausständig. 38 Verena von Heyden-Rynsch (Hg.), Elisabeth von Österreich, Tagebuchblätter von Constantin Christomanos, München 1984, S. 47–51. 39 Hamann (zit. Anm. 30), S. 195. 40 Heyden-Rynsch (zit. Anm. 38), S. 65. 41 Der Bräutigam Hugo Feifalik wurde in den Hofdienst aufgenommen, wo er kontinuierlich vom Privatsekretär der Kaiserin zum Regierungsrat und Hofrat aufstieg, bis er schließlich in den Ritterstand berufen wurde. 42 Hamann (zit. Anm. 30), S. 196. 43 Marie Festetics an Ida Ferenczy am 18. Jänner 1893, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Nachlass Conte Corti. 44 Wallersee (zit. Anm. 33), S. 45–46. 45 Eugen Ketterl, Der alte Kaiser wie nur Einer ihn sah, Der wahrheitsgetreue Bericht des Leibkammerdieners Kaiser Franz Joseph I., Wien/München/Zürich/Innsbruck 1980, S. 20. 46 Der Leibkammerdiener Eugen Ketterl berichtet, dass ausgemusterte Gegenstände aus dem kaiserlichen Haushalt, wie Socken, Hemden, Bürsten, Schwämme und sogar Zahnbürsten, nicht weggeworfen wurden, sondern am Ende des Jahres versteigert wurden. Des Weiteren ließ Franz Joseph anstatt der Neuanschaffung von Rasierpinseln von der Silberwarenfirma Klinkosch neue Pinselhaare in die alten Fassungen einsetzen. 47 Ketterl (zit. Anm. 45), S. 71. 48 Hermann Jägern/J. G. Müllern, Leibdiener der Schönheit. Oder neu entdeckte Geheimnisse von der Schönheit der Frauenzimmer, Leipzig/Bremen 1747, S. 34. 49 Jedding-Gesterling (zit. Anm. 6), S. 179. 50 Sabine Fellner/Katrin Unterreiner, Rosenblüte und Schneckenschleim, Schönheitspflege zur Zeit Kaiserin Elisabeths, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 25, Wien 2006, S. 45. 51 Morgenpost, 29. Juli 1862. 52 Josef Sennhofer, zit. nach  : Josef Cachée/Gabriele PraschlBichler, »Sie haben’s gut, Sie können ins Kaffeehaus gehen  !« Kaiser Franz Joseph ganz privat, Wien 1994, S. 42.

53 Ansuchen um den Hoftitel  : Haus-, Hof- und Staatsarchiv (=  HHStA), Obersthofmeisteramtsakten (= OmeA), Rubrik (= r) 12 – 1913. 54 Ansuchen um den Hoftitel, HHStA, OmeA, r 12 – 1896. 55 Ebenda. 56 Cachée (zit. Anm. 52), S. 45. 57 Ansuchen um den Hoftitel  : HHStA, OmeA, r 12 – 1896. 58 Ansuchen um den Hoftitel  : HHStA, OmeA, r 12 – 1913. 59 Stadtlaender (zit. Anm. 34), S. 84–93. 60 Die Historie des ältesten Wiener »Duft G’wölb’s«, in  : http  :// www.parfumerie-filz.at/erfolgsgeschichte.htm, 21.1.2011. 61 Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre, München 1951, S. 468–469. 62 Fellner (zit. Anm. 50), S. 43. 63 Ansuchen um den Hoftitel  : HHStA, OmeA, r 12 – 1872. 64 Peter Dilg/Sylvia Terlinden, Steinsalz, Myrrhe und Anis – frühe Mund- und Zahnpflegemittel, in  : Martin Roth u.a. (Hg.), In aller Munde, Einhundert Jahre Odol, Ausstellungskatalog, Dresden 1993, S. 88. 65 http  ://de.wikipedia.org/wiki/F._A._Sarg’s_Sohn_%26_Co., 25.1.2011. 66 1890 ließ sich Carl Sarg den Markennamen in 34 Staaten schützen. 67 http  ://de.wikipedia.org/wiki/F._A._Sarg’s_Sohn_%26_Co., 25.1.2011. 68 Anne Hodgson, Von der Gartenlaube zum Großbetrieb – die Odol-Geschichte, in  : Martin Roth u.a. (Hg.), In aller Munde, Einhundert Jahre Odol, Ausstellungskatalog, Dresden 1993, S. 33. 69 Beiersdorf AG (Hg.), Nivea. Entwicklung einer Weltmarke, Hamburg 1995, S. 9. 70 Zur Geschichte der Produktgestaltung von Nivea Creme siehe  : Ebenda, S. 20–51.

haut und haar

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A u s g e w ählt e L i t e r at u r Bücher  : Katherine Ashenburg, Clean – An unsanitised history of washing, London 2008. Badewonnen, Gestern – Heute – Morgen, Hg. von Hans Grohe, Köln 1993. Alain Corbin, Pesthauch und Blütenduft, Eine Geschichte des Geruchs, Frankfurt a. M. 1988. Munroe Blair, Ceramic Water Closets, Buckinghamshire 2000. Francoise de Bonneville, Das Buch vom Bad, München 1998. Joan Dejean, The Age of Comfort, When Paris discovered cashual and the modern home began, New York/Berlin/London 2009. René Edenhofer, Die Haferlbude. Von der Original Gmundner Tongeschirr-Erzeugung zur Öspag, Vom Geschirr zum Sanitär, Werksbiographie von Engelhof bei Gmunden, Eigenverlag Deutsch Wagram 2009. Sabine Fellner/Katrin Unterreiner, Rosenblüten und Schne­ckenschleim, Schönheitspflege zur Zeit Kaiserin Elisabeths, Publikationsreihe der Museen des Mobilien­ depots, Band 25, Wien 2006. Carolin Fischer (Hg.), Léonard, der Coiffeur der Königin, Berlin 2009. Siegfried Giedeon, Mechanization Takes Command, A Contribution to an Anonymous History (1948), Oxford 1969. Susanne Grötz/Ursula Quecke (Hg.), Balnea, Architekturgeschichte des Bades, Marburg 2006. Maria Jedding-Gesterling (Hg.), Die Frisur, Eine Kulturgeschichte der Haarmode von der Antike bis zur Gegenwart, München 1988. Klaus Kramer, Das private Hausbad 1850–1950 und die Entwicklung des Sanitärhandwerks, Schramberg 1997. Herbert Lachmayer/Sylvia Mattl-Wurm/Christoph ­Gagerle, Das Bad, Eine Geschichte der Badekultur im 19. und 20. Jahrhundert, Salzburg/Wien 1991. Renate Lohse-Jasper, Die Farben der Schönheit, Eine Kulturgeschichte der Schminkkunst, Hildesheim 2000. William Richard Newton, Hinter den Fassaden von Versailles, Mätressen, Flöhe und Intrigen am Hof des Sonnenkönigs, Berlin 2010.

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ausgewählte literatur

Eva B. Ottillinger/Lieselotte Hanzl, Kaiserliche Interieurs, Die Wohnkultur des Wiener Hofes im 19. Jahrhundert und die Wiener Kunstgewerbereform, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 3, Wien/ Köln/Weimar 1997. Roy Palmer, Auch das WC hat seine Geschichte, München 1977. Peter Payer, Der Gestank von Wien, Über Kanalgase, Totendünste und andere üble Geruchskulissen, Wien 1997. Mila Schrader, Plumpsklo, Abort, Stilles Örtchen, Suderburg-Hösseringen 2003. Chris Stadtlaender, Sisi, Die geheimen Schönheitsrezepte der Kaiserin Elisabeth und des Wiener Hofes, Wien 1995. Birgit Tuchen, Öffentliche Badehäuser in Deutschland und der Schweiz im Mittelalter und der frühen Neuzeit, Petersberg 2003. Georges Vigarello, Wasser und Seife, Puder und Parfum, Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter, Frankfurt a. M./New York 1988. Lawrence Wright  : Clean and descent, The fascinating history of the bathroom & the water closet, London 1960. Ausstellungskataloge  : Das Bad, Körperkultur und Hygiene im 19. und 20. Jahrhundert, Ausstellungskatalog, Historisches Museum der Stadt Wien, 1991. Hans Schwarzkopf Gmbh. (Hg.), Sehnsucht nach Vollkommenheit, Ausstellungskatalog des Deutschen Hygiene Museums, Dresden 1995. Klo & So, Museum für historische Sanitärobjekte., Eine ständige Ausstellung der Stadt Gmunden am Traunsee, Gmunden 1999. Gabriele Groscher, Badeszenen, Rituale, Entrüstung und Verführung, Ausstellungskatalog, Residenzgalerie Salzburg 2009. Urs Roeber/Uta Bernsmeier, Manieren, Geschichte von Anstand und Sitten aus sieben Jahrhunderten, Ausstellungskatalog des Focke Museum Bremen, Heidelberg 2009. Jedermanns Thron … Wohin selbst der Kaiser zu Fuß ging, Ausstellungskatalog, Schloss Artstetten 2010. Wolfgang Wiese/Wolfgang Schröck-Schmidt, Das Stille Örtchen, Tabu und Reinlichkeit bey Hofe, Ausstellungskatalog der staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Berlin/München 2011.

Reihe

M u s e e n d e s ­M o b i l i e n d e p o t s Herausgegeben von Ilsebill Barta und Peter Parenzan

Band 0: Ilsebill BARTA-FLIEDL/Peter PARENZAN (Hg.), Lust und Last des Erbens. Die Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung Wien, AG Museologie, Wien 1993, ISBN 3-901163-03-4 Band 1: Hubert Chryspolitus WINKLER, Ehemalige Hofsilber- & Tafelkammer 1: Silber, Bronzen, Porzellan, Glas, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 1996, ISBN 3-205-98323-8 Band 2: Ingrid HASLINGER, Ehemalige Hofsilber- & Tafelkammer 2: Der kaiserliche Haushalt, Verlag Schroll, Wien 1997, ISBN 3-7031-0704-9 Band 3: Eva B. OTTILLINGER/Lieselotte HANZL, Kaiserliche Interieurs. Die Wohnkultur des Wiener ­Hofes im 19. Jahrhundert und die Wiener Kunstgewerbereform, Böhlau Verlag, Wien · Köln · ­Weimar 1997, ISBN 3-205-98680-6 Band 4: Ilsebill BARTA-FLIEDL/Andreas GUGLER (Hg.), Tafeln bei Hofe. Zur Geschichte der fürstlichen Tafelkultur in Europa, Verlag Dölling und Galitz, Hamburg 1998, ISBN 3-930802-43-0 Band 5: Ingrid HASLINGER, Tafelkultur Marke Berndorf. Das niederösterreichische Erfolgsunternehmen ­Arthur Krupp, Verlag Ketterl, Wien 1998, ISBN 3-85134-007-8 Band 6: Ingrid HASLINGER, Tafeln mit Sisi. Rezepte und Eßgewohnheiten der Kaiserin Elisabeth von ­Österreich, Verlag Brandstätter, Wien 1998, ISBN 3-85447-811-9 Band 7: Ilsebill BARTA-FLIEDL/Herbert POSCH (Hg.), Inventarisiert. Enteignung von Möbeln aus ­jüdischem Besitz, Verlag Turia+Kant, Wien 2000, ISBN 3-85132-265-7 Band 8: Ingrid HASLINGER, Tafeln wie ein Kaiser. Franz Joseph und die kulinarische Welt des Wiener Hofes mit den besten Rezepten aus der Hofküche, Verlag Pichler, Wien 1999, ISBN 3-85431-194-X Band 9: Ingrid HASLINGER, Augenschmaus und Tafelfreuden. Geschichte des gedeckten Tisches, Verlag Norka, Klosterneuburg 2001, ISBN 3-85050-079/9 Band 10: Ingrid HASLINGER/Hermine und Michael WEISHAPPEL, Gulasch-Kochbuch. 103 Rezepte. ­Kulturgeschichte eines köstlichen Gerichts, Verlag Norka, Klosterneuburg 2001, ISBN 3-85050-078-0 Band 11: Ilsebill BARTA, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der ­Aufklärung, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2001, ISBN 3-205-05283-8

reihe museen des mobiliendepots

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Band 12: Eva B. OTTILLINGER (Hg.), Alvar Aalto: Möbel. Die Sammlung Kossdorff, Eigenverlag der ­Museen des Mobiliendepots, Wien 2002, ISBN 3-9501501-0-2 Band 13: Ingrid HASLINGER, Geheimnisse aus der Klosterküche. Wo sich Kultur mit Genuss verbindet, ­Verlag Norka, Klosterneuburg 2002, ISBN 3-85050-079-9 Band 14: Ilsebill BARTA (Hg.), Wohnen in Mies van der Rohes Villa Tugendhat, fotografiert von Fritz Tugendhat 1930–1938, Eigenverlag der Museen des Mobiliendepots, Wien 2002, ISBN 3-9501501-1-0 Band 15: Eva B. OTTILLINGER/August SARNITZ, Ernst Plischke, Das Neue Bauen und die Neue Welt, Das Gesamtwerk, Prestel Verlag, München · Berlin · London · New York 2003, ISBN 3-7913-2741-0 Band 16: Eva B. OTTILLINGER (Hg.), Gebrüder Thonet, Möbel aus gebogenem Holz, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2003, ISBN 3-205-77102-8 Band 17: Lieselotte HANZL-WACHTER, Hofburg zu Innsbruck, Architektur, Möbel, Raumkunst, ­Repräsentatives Wohnen in den Kaiserappartements von Maria Theresia bis Kaiser Franz Joseph, ­Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2004, ISBN 3-205-77202-4 Band 18: Nina WERZHBINSKAJA-RABINOWICH, K. u. K. Hofmobiliendepot Bildergeschichten, ­Eigenverlag der Museen des Mobiliendepots, Wien 2004, ISBN 3-9501501-2-9 Band 19: Beatrix HAJÓS, Schönbrunner Statuen 1773–1780, Ein neues Rom in Wien, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2004, ISBN 3-205-77228-8 Band 20: Eva B. OTTILLINGER (Hg.), Möbeldesign der 50er-Jahre, Wien im internationalen Kontext, Böhlau ­Verlag, Wien · Köln · Weimar 2005, ISBN 3-205-77376-4 Band 21: Géza HAJÓS (Hg.), Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien, Forschungen zu ­Laxenburg (Park und Franzensburg). Herausgegeben von Bundesdenkmalamt, Bundesmobilienverwaltung und der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten, Teilband 1, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2005, ISBN 3-205-77444-2 Band 22: Ernst BACHER (Hg.) Die Franzensburg – Ritterschloss und Dynastisches Denkmal, Forschungen zu Laxenburg (Park und Franzensburg). Herausgegeben von Bundesdenkmalamt, Bundesmobilienverwaltung und der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten, Teilband 2, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar (in Vorbereitung), ISBN 3-205-77458-2 Band 23: Ernst BACHER (Hg.), Architektur, Ausstattung und Kunstschätze der Franzensburg, Forschungen zu Laxenburg (Park und Franzensburg). Herausgegeben von Bundesdenkmalamt, Bundesmobilienverwaltung und der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten, Teilband 3, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar (in Vorbereitung), ISBN 3-205-77457-4

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Band 24  : Eva B. OTTILLINGER (Hg.), Zappel, Philipp  ! – Kindermöbel. Eine Designgeschichte, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2006, ISBN 3-205-77529-5; englische Ausgabe  : Fidgety Philip  ! A Design History of Children’s Furniture, ISBN 3-205-77571-6 Band 25  : Sabine FELLNER/Karin UNTERREINER, Rosenblüte und Schneckenschleim, Schönheitspflege zur Zeit Kaiserin Elisabeths, Sonderzahl, Wien 2006, ISBN 3-85449-263-4 Band 26  : Ilsebill BARTA (Hg.), Kronprinz Rudolf – Lebensspuren, Eigenverlag Schloss Schönbrunn 2008 Band 27  : Ingrid HASLINGER/Gerhard TRUMLER, So lebten die Habsburger, Kaiserliche und Königliche Schlösser in der österreichisch-ungarischen Monarchie, Christian Brandstätter Verlag, Wien 2007, ISBN 3-85447-651-1 Band 28: Eva B. OTTILLINGER (Hg.), Wohnen zwischen den Kriegen. Wiener Möbel 1914–1941, ­Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2009, ISBN 3-205-78406-7 Band 29: Maria-Luise JESCH, Wenn Möbel erzählen, Vom »K. u. k. Hofmobilien- und Material-Depot« zum »Möbel Museum Wien« 1899–1989, Böhlau Verlag, Wien · Köln · Weimar 2011, ISBN 978-3-205-78465-4

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Maria-Luise Jesch

wenn möbel erzählen VoM »K.u.K. hofMobiLien- und MateriaL-depôt« zuM »MöbeL MuseuM Wien« 1899–1998 pubLiKationsreihe M Md der Museen des MobiLiendepots, band 29

Das »K. u. k. Hofmobilien- und Material-Depôt« wurde ab 1899 in der Wiener Mariahilfer Straße – auf halbem Wege zwischen der Hofburg und Schloss Schönbrunn – erbaut und 1901 als kaiserliches Möbellager, Restaurierungswerkstatt und Wagenremise in Betrieb genommen. Nach dem Ende der Monarchie kamen das Depotgebäude und der gesamte hofärarische Möbelbestand an die Republik Österreich. Damit begann die Musealisierung des ehemals kaiserlichen Möbellagers: 1924 wurde die »Schausammlung des Bundesmobiliendepots« eröffnet. Nach den Umbauten und einer großzügigen Erweiterung in den 1990er Jahren wurde das »Hofmobiliendepot« 1998 zum »Möbel Museum Wien«. 2011. 216 s. 82 s/W-, 24 farb. abb. 210 x 280 MM. br. isbn 978-3-205-78465-4

böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, 1010 wien. t : + 43(0)1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau.at | wien köln weimar