Vom Spätmittelalter bis zum Dreißigjährigen Krieg (1350-1650)
 9783412216597, 9783412222260

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Grundzüge der Agrargeschichte In drei Bänden herausgegeben von Stefan Brakensiek, Rolf Kießling, Werner Troßbach und Clemens Zimmermann

Rolf Kießling . Frank Konersmann . Werner Troßbach

GRUNDZÜGE DER ­ GR ARGESCHICHTE A Band 1: Vom Spätmittelalter bis zum Dreißigjährigen Krieg (1350–1650) Mit einem Beitrag von Dorothee Rippmann

2016 Böhlau Verlag Köln Weimar Wien

Die Grundzüge der Agrargeschichte beruhen auf einem Vorhaben des Arbeitskreises Agrargeschichte und der Gesellschaft für Agrargeschichte. Das Projekt wurde gefördert mit Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank und der Gesellschaft für Agrargeschichte e.V., Frankfurt am Main.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek  : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie  ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Hans Wertinger, Monatsbild Juni, Landshut 1520/30 (Ausschnitt); Öl/Holz, 32,5 x 39,8. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (GM 1130). © 2016 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Jörg Eipper-Kaiser, Graz Einbandgestaltung  : Satz + Layout Werkstatt Kluth, Erftstadt Satz: Michael Rauscher, Wien Druck und Bindung  : Balto print, Vilnius Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-22226-0

Inhalt

1

1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der hochmittelalterliche Aufschwung und sein Ende . . . . Grundzüge der Epoche zwischen 1350 und 1650 . . . . . . Klima, Bevölkerung und Landwirtschaft. . . . . . . . . . . Die Entstehung von Wirtschaftslandschaften . . . . . . . . Transformation der Grundherrschaft und gesellschaftliche Differenzierung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Die Bevölkerungsverluste des Spätmittelalters . . . . 2.1.1 Hungerkrisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Epidemien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Das Problem der Wüstungen . . . . . . . . . . . . 2.2 Faktoren des Bevölkerungswachstums . . . . . . . . 2.2.1 Siedlung und Nutzfläche 1450–1600 . . . . . . . . 2.2.2 Juden auf dem Land . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Das Anwachsen der unterbäuerlichen Schichten. . . 2.2.4 Durchsetzung des „Europäischen Heiratsmusters“  ? . 2.3 Krisen und gesellschaftliche Reaktionen . . . . . . . 2.3.1 Gemeindeprotest und Bauernkrieg. . . . . . . . . . 2.3.2 Judenpogrome und Hexenverfolgungen . . . . . . .

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15 17 17 20 24 28 33 33 38 42 44 46 46 49

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3 Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Ackerbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Nutzungssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Verfahren und Resultate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Pflanzenbau im Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Probleme und Potenziale der Agrarmodernisierung . . . . . . . . . 3.2 Wiesennutzung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Gartenkulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Tierhaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Erfahrung und Vergleich  : Wissensdarstellung in der Agrarliteratur .

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. 52 . 52 . 53 . 62 . 75 . 77 . 84 . 89 . 98 . 108

4.1

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4

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Wirtschaftliche Entwicklungstrends.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Spezialisierungen des Anbaus.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

6

Inhalt

4.1.1 Wein und Hopfen als Indikatoren für Anpassungsprozesse ? . 4.1.2 Gewerbliche Rohstoffe  : Faser- und Färbepflanzen . . . . . . 4.2 Strukturbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Stadt-Land-Beziehungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Der Handel mit Agrarprodukten. . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Ländliches Gewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Formen des Kredits.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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113 123 130 130 145 162 176

Agrarverfassung im Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft . . . Das Herrschaftssystem der Grundherrschaft und seine Funktion . Struktur, Wandel und Auflösung der Villikationsverfassung . . . . Rentengrundherrschaft und Pachtverhältnisse . . . . . . . . . . . Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland. . . . . . . . . . . . . . . Gutswirtschaft und Ostseegetreidehandel . . . . . . . . . . . . . Gutswirtschaft vor Ort  : Land, Arbeitskraft, Kapital . . . . . . . . Schollenbindung und Leibeigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . Senseneinsatz und Ochsenanspannung.. . . . . . . . . . . . . . Politische Faktoren  : Landesherren und Adelsmacht . . . . . . . .

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182 182 182 185 190

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212 212 215 223 225 226

6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.2.6

Sozialer und kultureller Wandel. . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kirche im Dorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verdichtung der Pfarrorganisation und die Gemeinden . . Die Reformation auf dem Lande. . . . . . . . . . . . . . . . Konfessionalisierung als Disziplinierung  ? . . . . . . . . . . . Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft . . . . Stand, Ehre und Haus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschlechterkampf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschlechtsbezogene Arbeit – Arbeitsteilung . . . . . . . . . Spezifische Arbeitsfelder  : Landwirtschaft und Textilgewerbe.. „Multitasking“ und Spezialisierung . . . . . . . . . . . . . . Frauen und Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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228 228 228 233 236 242 243 245 246 248 252 254

7

Schluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

7.1

Bevölkerung und Krise  : die begrenzte Reichweite des malthusianischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Spezialisierung der Produktion – Regionalisierung der Wirtschaft. . . . 260 Elemente agrarischen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

5

5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 6

7.2 7.3

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Inhalt

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

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1 Einführung Rolf Kießling/Werner Troßbach

1.1 Der hochmittelalterliche Aufschwung und sein Ende Der „Schwarze Tod“ traf Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa auf Gesellschaften, die bereits ein erhebliches Ausmaß an Komplexität entwickelt hatten. Dies war einer langen Periode der Prosperität zu verdanken, die als „hochmittelalterlicher Aufschwung“ in die Lehrbücher eingegangen ist. Er setzte im 11. Jahrhundert ein und lässt sich zunächst in der Zunahme der Bevölkerungszahlen fassen – für Frankreich und England ist von einer Verdreifachung zwischen 1100 und 1350 die Rede. Schätzungen für die deutschen Territorien, die in diesem und den folgenden Bänden zentral behandelt werden, gehen davon aus, dass die Bevölkerung zwischen 1200 und 1300 um etwa 6 Millionen auf 14 Millionen Menschen anwuchs. In engem Zusammenhang mit der Bevölkerungszunahme stehen mehrere Wellen von Städtegründungen, die v. a. die zuvor wenig urbanisierten Länder nördlich der Alpen erfassten. Für die beteiligten Menschen bedeuteten sie den Aufbruch in neue Lebensformen, die individueller Entscheidungsfreiheit größeren Raum ließen als die Formen der Unterordnung, die in den ländlichen Gemeinschaften vorherrschten. Die neuen städtischen Verhältnisse wirkten zugleich auf die sozialen Organisationsformen auf dem Lande zurück. So kann die Bildung von Dorfgemeinden nicht losgelöst von den Erfahrungen betrachtet werden, die in den Städten gesammelt wurden. Umgekehrt waren die Städtegründungen nicht möglich ohne die Veränderungen, die auf dem Lande im Gange waren. So ist die „Freisetzung“ von Teilen der Bevölkerung aus der landwirtschaftlichen Produktion ein Indiz dafür, dass zahlreiche Wirtschaftseinheiten auf dem Lande in der Lage waren, Überschüsse für städtische Märkte zu produzieren. Möglich wurde dies vor dem Hintergrund von Produktivitätsgewinnen, die im 11. Jahrhundert im Westen einsetzten und im 12. und 13. Jahrhundert „in voller geographischer, sozialer und ethnischer Breite“1 in ganz Europa spürbar wurden. Sie basierten auf einer Reihe von Innovationen, die an einigen Stellen bereits in Spätantike und Frühmittelalter erschienen, aber erst im Hochmittelalter stärker Fuß fassten. Dazu gehört die Entwicklung der „modernen Sense“ mit abgewinkeltem Blatt und angepasstem Wurf, die erst das Mähen und damit eine „rationelle“ Wiesenkultur möglich machte. Noch bedeutsamer für die Länder nördlich der Alpen war der bodenwendende Pflug, der in den Niederlanden und in Friesland bereits

1 Bentzien 1980, S. 88.

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Einführung

um die Zeitenwende nachgewiesen ist.2 Er ermöglichte die dauerhafte Kultur nasser und schwerer, oft fruchtbarer Böden. Für den Einsatz dieses schweren Geräts war eine Ablösung des Ochsen, des klassischen Zugtiers der Antike und des Frühmittelalters, nicht erforderlich, wohl aber eine Verstetigung und Verbesserung der Fütterungsgrundlage. Sie wurde durch effektiveren Ackerbau teils vorbereitet, teils begleitet. Differenzierte Fruchtfolgen, in erster Linie die Dreifelderwirtschaft, sorgten an einigen Stellen bereits im Frühmittelalter mit der Abwechslung von Sommer- und Wintergetreidearten für eine bessere Nahrungsgrundlage. Während die Wintergetreidearten der menschlichen Ernährung reserviert blieben, konnte das Sommergetreide nun verstärkt, wenn auch nicht ausschließlich, den Zugtieren zugutekommen. Stärkere Gespanne konnten schwerere Pflüge bewegen, zuvor ungenutzte Bodenschichten an die Oberfläche befördern und damit zur Ertragssteigerung beitragen. Pferde sah man – von Flandern ausgehend – erst nach der Jahrtausendwende vor dem Pflug. Diese hochmittelalterliche Innovation wurde durch die Übernahme des Kummets erleichtert, wodurch die Pferdekraft erheblich besser genutzt werden konnte als mittels der jochartigen Geräte, mit denen Pferde in der Antike belastet waren.3 In den Mittelgebirgen dominierte besonders auf kleineren Betrieben aber weiterhin das Ochsengespann, z. T. bis ins 20. Jahrhundert. Die Verbesserung der Zugkraft ermöglichte die Ausdehnung derjenigen Kultur, die sich am besten für mechanisierte Bearbeitung eignet, des Getreides. Wahrzeichen dieses Prozesses, der von manchen Autoren „Vergetreidung“ genannt wird, war die Wassermühle. Im 9. Jahrhundert bildeten sich in Flandern und der Lombardei regelrechte Mühlenlandschaften heraus, im Hochmittelalter war dann in Mitteleuropa quasi jedes größere Dorf mit mindestens einer Mühle ausgestattet.4 Während die Wassermühle bereits in römischer Zeit bekannt war, kann die vertikale Windmühle, die sich zwischen 1220 und 1280 in Flandern, der Normandie und Ostengland ausbreitete, als echte Innovation des Hochmittelalters bezeichnet werden. Der zweiteilige Dreschflegel passt gleichfalls in das Bild einer stärker rationalisierten Getreidewirtschaft, wurde aber bereits Ende der Römerzeit entwickelt. Begünstigt wurde die „Vergetreidung“ durch das sogenannte mittelalterliche Klimaoptimum, eine epochale Warmphase, die auch die Ausdehnung des Weinbaus z. B. bis nach Ostpreußen ermöglichte. Die steigenden Bevölkerungszahlen des Hochmittelalters gingen nicht allein auf das Konto der Städte. Auch auf dem Land nahm die Zahl der Menschen zu, was sich teils im Ausbau bestehender, teils in der Anlage neuer Siedlungen spiegelt. Seit dem 12. Jahrhundert wurden zahlreiche Regionen europaweit – z. B. in den Niederlanden oder im Osten Englands – von planendem Vorgehen und Neusiedlungsprozessen erfasst. Auf dem Gebiet des späteren Deutschland griffen diese Vorgänge auf Räume aus, die bereits seit Längerem 2 K. Herrmann 1985, S. 19 f., S. 67 f. 3 Hägermann 1997, S. 398 f. 4 Mitterauer 2004, S. 22 f.; Volk 1998, S. 383 f.

Einführung

von slawischen Völkern besiedelt waren. Dass das Problem der „deutschen Ostsiedlung“ lange Zeit zu den heißen Eisen der Mittelalterforschung gehörte, ist nicht allein auf die Einschätzung der dabei v. a. zu Beginn angewandten Gewalt zurückzuführen, sondern es wurde auch diskutiert, ob mit der Besiedlung eine „höhere Kulturstufe“ erreicht worden sei. Tatsächlich wurde die „Vergetreidung“ von Landschaft und Landwirtschaft nach Osten ausgedehnt und zeitigte bemerkenswerte ökonomische Erfolge, die bereits Mitte des 13. Jahrhunderts messbar wurden.5 Die langfristigen ökologischen Auswirkungen – allen voran Entwaldung, Entwässerung und Abnahme der Biodiversität – werden heute allerdings längst nicht mehr nur positiv beurteilt.

1.2 Grundzüge der Epoche zwischen 1350 und 1650 1.2.1 Klima, Bevölkerung und Landwirtschaft

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts fand die getreidebasierte Prosperität allerdings ein Ende. Die Bevölkerungszahlen stagnierten, ehe es Mitte des Jahrhunderts zu katastrophalen Einbrüchen kam. Die Krise des Spätmittelalters kann auf ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zurückgeführt werden, die die Forschung unterschiedlich gewichtet hat. In erster Linie gehören dazu das vermehrte Auftreten von Seuchen – mit der verheerenden Pestepidemie der Jahre 1347–1352 als Tiefpunkt – und der Abbruch der klimatischen Gunstphase. Hier setzt der vorliegende Band mit seiner differenzierten Darstellung ein, die stärker die regionalen Unterschiede im Krisenszenario betont, nicht zuletzt um die sehr unterschiedlichen Reaktionen zu erklären, die von dieser Gelenkstelle der spätmittelalterlichen Geschichte ausgingen. Einer weiteren regionalen Differenzierung unterlagen auch die im Hochmittelalter entwickelten Anbauformen. Die Darstellung dieser Grundlagen und ihrer Modifikationen bildet einen zweiten Schwerpunkt des vorliegenden Bandes. Es wird deutlich werden, dass auf dem für die Bevölkerung zentralen Gebiet, der Getreideproduktion, der spätmittelalterliche Einbruch bereits an der Schwelle der Neuzeit weitgehend überwunden war. Vieles spricht dafür, dass um 1550 sogar eine Art Optimum anzusetzen ist. Die Getreideerträge erreichten den höchsten Stand des Jahrhunderts und die Territorien des Ostens nahmen in einem Maße am europäischen Getreidehandel teil, wie dies trotz erster Ansätze im Hochmittelalter noch nicht vorstellbar gewesen war. Um 1560 häuften sich jedoch die Anzeichen einer erneuten Krise. Die Getreidepreise stiegen, es traten wieder verstärkt Missernten auf, die Bevölkerungszahlen nahmen jedoch weiter zu, wenn auch langsamer. Die Landwirtschaft reagierte mit einer Ausdehnung der Nutzflächen. Der vorliegende Band lenkt die Aufmerksamkeit jedoch noch auf ein anderes Phänomen  : die Entwicklung größerer Nutzpflanzenvielfalt. Sie bahnte sich bereits im Spätmittelalter an und verlieh dem Ackerbau im Vergleich zum Hochmittelalter einen Zuwachs an Flexibilität. Ein ge5 Franke/Schich 2005, S. 240.

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Einführung

sondertes Kapitel geht der Frage nach, inwieweit die Innovationen durch ein gesteigertes Interesse von Angehörigen privilegierter und gebildeter Schichten an landwirtschaftlichen Fragen erleichtert wurden, das sich in der Bildung überregionaler Korrespondenznetze und der Entstehung einer landwirtschaftlichen Fachliteratur verdichtete. 1.2.2 Die Entstehung von Wirtschaftslandschaften

Die Überlagerung von Elementen der Krise und der Prosperität, die dem Zeitraum um 1600 eine schwer zu erfassende Unübersichtlichkeit verleiht, war in der Sicht neuerer Arbeiten bereits für die spätmittelalterliche Agrarkrise charakteristisch  ; sie ist das Eingangs­ szenario des vorliegenden Bandes. Der „Schwarze Tod“ hatte nicht alle Regionen Europas zur gleichen Zeit und auch nicht mit gleicher Wucht getroffen. Nicht überall in Europa suchte die Landwirtschaft nach 1350 ihr Heil in Extensivierungsvorgängen. So zeichnen sich schon früh Spezialisierungsstrategien ab, durch die der Rückgang der Nachfrage auf dem Getreidesektor nachhaltig kompensiert werden sollte. Paradebeispiel für einen solchen „jump start“ ist die niederländische Provinz Holland, wo die Landwirte bereits im 14. Jahrhundert die natürlichen Voraussetzungen für den Übergang zu marktorientierter Viehhaltung und Milchproduktion nutzten.6 Ähnliche Entwicklungen sind in zahlreichen anderen Regionen im mitteleuropäischen Raum zu erkennen. Regionale Entwicklungspfade, die an einigen Stellen bereits im Hochmittelalter eingeschlagen wurden, mündeten im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts in Wirtschaftslandschaften mit sehr unterschiedlichem Profil.7 Die Rekonstruktion dieser Prozesse ist eines der Hauptthemen des vorliegenden Bandes. Einige Facetten werden für die deutschen Regionen schon seit Längerem diskutiert, wenn auch nur bedingt in einen größeren Kontext integriert  : So erlebte bereits im 13. Jahr­hundert ein intensivierter Wein- und Gartenbau in den stark urbanisierten Gegenden Süd- und Westdeutschlands einen nachhaltigen Aufschwung. In anderen Regio­ nen stand die Prosperität städtischen Handwerks und Handels Pate bei der Ausdehnung des Anbaus von Faser- und Färbepflanzen und deren Verarbeitung. Angesichts steigender Bevölkerungszahlen wurden spätestens an der Wende zur Neuzeit auch Ackerbau und Tierhaltung von Spezialisierungsprozessen ergriffen. Der Handel mit Agrarprodukten fächerte sich auf verschiedene „Stockwerke“ aus – vom lokalen Markt bis zum Transport von Massenwaren über weite Strecken. Aber auch die Kehrseite der Medaille wird im vorliegenden Band zu beachten sein  : Die verbreitete Spezialisierung zog eine zunehmende Importabhängigkeit selbst agrarisch geprägter Regionen nach sich. Besonderes Augenmerk ist deshalb auf Wechselwirkungen zu richten  : von urbanisierten Zentren und ländlich strukturierten Gebieten, von Gewerbe- bzw. Montanwirtschaft und agrarwirtschaftlicher Spezialisierung im Spannungsfeld von Intensivierung und Extensivierung. Solche Wechselwirkungen entfalteten sich in sehr unterschiedlichen Dimensio6 Van Bavel/van Zanden 2004. 7 Scott 2002, Society, S. 72–112.

Einführung

nen, reichten sie doch von einem räumlichen In- und Nebeneinander wie am Oberrhein über benachbarte Ergänzungsgebiete wie im süddeutschen Raum bis zur Arbeitsteilung auf europäischer Ebene, von Zonen der Intensivwirtschaft im Westen zu solchen des Getreidebaus und der Viehzucht im Osten. Für die ländlichen Gesellschaften mussten sich daraus entscheidende Veränderungen ergeben, die freilich jeweils nur im regionalen Kontext genauer zu bestimmen sind  : Neben vorherrschend bäuerliche Existenzen traten Formen agrarisch-handwerklicher Mischökonomie bis hin zu ersten Ausprägungen ländlicher Protoindustrie. 1.2.3 Transformation der Grundherrschaft und gesellschaftliche Differenzierung

Die Veränderungen bewirkten zugleich eine Neuverteilung der gesellschaftlichen Gewichte auf dem Land. In den Gebieten östlich der Elbe begannen sie sich an der Schwelle der Neuzeit zugunsten der Herrschaftsträger zu verlagern. Zahlreiche Angehörige des Adels ergriffen die Marktchancen, die regionale Spezialisierung und europäische Arbeitsteilung boten, und stiegen in großem Maßstab in die landwirtschaftliche Produktion ein. Mit dem marktorientierten Großbetrieb schufen sie einen neuen Kristallisationspunkt landwirtschaftlicher Kompetenz. Zugleich setzten sie einen neuen gesellschaftlichen Ordnungsrahmen durch, die Gutsherrschaft, die freilich, wie zu zeigen ist, tendenziell auf Kosten bäuerlicher Perspektiven realisiert wurde. Im Westen dagegen basierten die Entwicklungspfade stärker auf der Initiative bäuerlich und/oder bäuerlich-gewerblich geprägter Wirtschaftseinheiten. Um die Voraussetzung, die Transformation der Grundherrschaft, nachvollziehen zu können, ist in der vorliegenden Darstellung ein Rückgriff auf das Hochmittelalter unerlässlich. Das Ergebnis wird, regional allerdings in unterschiedlichem Ausmaß, zu Beginn der Neuzeit sichtbar  : Die Grundherrschaft gab ihre leitende Funktion in der Agrarproduktion an die bäuerlichen bzw. die sich entwickelnden bäuerlich-gewerblichen Haushalte ab und verlor damit auch den Charakter eines umfassenden Herrschafts- und Sozialsystems. Zurück blieben Abgabenberechtigungen, konkret in Form von Renten- oder Pachtsystemen organisiert, und Rahmenfunktionen, von denen einige an der Wende zur Neuzeit an die ländlichen Gemeinden und die entstehenden Territorialstaaten übergegangen waren, regional und lokal in allerdings stark unterschiedlicher Verteilung. Aufseiten der Produzenten war dieser Prozess mit entsprechenden Freiheitsgewinnen verbunden. Sie sollten v. a. jenen Haushalten zugutekommen, die aufgrund ihrer Ausstattung mit Land und Vieh Marktchancen wahrnehmen konnten. In zahlreichen Regionen ist zu beobachten, wie diese Schichten ihre materielle Prosperität zur Teilhabe am kulturellen Fortschritt nutzten, nicht zuletzt, wie zu zeigen sein wird, zur Gestaltung des religiösen Lebens. Als sich vor dem Hintergrund der einsetzenden Reformationsbewegungen nicht nur auf diesem sensiblen Gebiet die Spielräume auszudehnen schienen, Grundherrschaften und entstehende Territorialstaaten sich jedoch anschickten, bäuerliche Initiativen zurückzudrängen, kam es im Bauernkrieg zu revolutionärem Aufbegehren.

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Einführung

Das Scheitern der Revolution verweist auf die soziale Inhomogenität der ländlichen Gesellschaften. Gerade in den am weitesten entwickelten Regionen waren die bäuerlichen Oberschichten mit einer wachsenden Anzahl landarmer und landloser Haushalte konfrontiert. Die Interessen dieser Schichten, die ihre Arbeitskraft zumindest temporär anbieten und Grundnahrungsmittel wenigstens zum Teil kaufen mussten, waren mit denen ihrer bäuerlichen Nachbarn nur partiell identisch. Es scheint jedoch, dass die daraus resultierenden Konflikte nur selten offen ausgetragen wurden. Eskapistische Handlungsmuster wie Judenpogrome und Hexenverfolgungen rücken daher im Anschluss an neuere Forschungen stärker in den Fokus der Darstellung. Als differenzierte Gebilde stellen sich auch die ländlichen Haushalte dar, die sich im Zuge der Transformation der Grundherrschaft deutlich erweiterte Kompetenz- und Verantwortungsbereiche aneigneten. Bisweilen wurden sie von alleinstehenden Frauen oder Männern, viel öfter von einem Arbeitspaar geleitet, dessen Binnenverhältnis zwar durch gesellschaftliche Normen bzw. Vorverständnisse vorstrukturiert war, das aber angesichts der schwer kalkulierbaren praktischen Herausforderungen ein hohes Maß an Flexibilität aufwies. Es wird eine Vielfalt regionaler Konstellationen sichtbar werden, die nicht zuletzt von den jeweiligen Tätigkeitsprofilen abhingen. In diesen von der Forschung erst in den letzten Jahrzehnten stärker ausgeleuchteten Kernbereich der ländlichen Gesellschaften führt im Detail der abschließende Beitrag von Dorothee Rippmann, der zeitlich zugleich über die Epochengrenzen hinaus blickt.

2 Bevölkerung

Frank Konersmann/Rolf Kießling/Werner Troßbach Lebten um 1200 im Römischen Reich deutscher Nation1 etwa acht Millionen Menschen, so hatte sich die Bevölkerung zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges auf ca. 16 Millionen Menschen verdoppelt.2 Innerhalb dieses Zeitraums verlief die Bevölkerungsentwicklung jedoch in lang gestreckten, ungleichmäßig verlaufenden Wellenbewegungen mit einem markanten Tiefpunkt, der – je nach Region mit leichten Verschiebungen – in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts anzusetzen ist, ehe dann seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Bevölkerungszahlen wieder merklich zunahmen.3 Den Ausgangspunkt für den Untersuchungszeitraum bildet ein auffallend starkes Bevölkerungswachstum im Hochmittelalter, als sich die Bevölkerung im Reich bis 1300 auf etwa 14 Millionen Menschen vergrößerte.4 Es entfaltete sich eine historisch einmalige Bereitschaft zur Gründung von Städten und Dörfern, begleitet von dichterer Bebauung in den ländlichen Siedlungen (Dorfbildung), Rodung von Wäldern und Trockenlegung von Sümpfen in Altsiedelgebieten (Landesausbau) sowie der Besiedlung von zuvor meist extensiv kultivierten Gebieten in Holstein, Mecklenburg, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Mähren (Ostsiedlung).5 Die Versorgungslage hochmittelalterlicher Bevölkerungen mit Lebensmitteln ist insgesamt „als mindestens ausreichend“ bezeichnet, „Unterernährung als Dauerzustand großer Teile der Bevölkerung“ weitgehend ausgeschlossen worden.6 Jenseits der Kalorienzufuhr scheint jedoch ein Mangel an einzelnen Nährstoffen, insbesondere Eiweiß, bestanden zu haben.7 Inwieweit zu den Ursachen für die Bevölkerungszunahme eine im Vergleich zum Spätmittelalter und vor allem zur Frühen Neuzeit erheblich niedrigere Rate der Kinder- und Säuglingssterblichkeit gehört, ist schwer zu entscheiden, da sich eine solche Einschätzung nicht auf serielle Quellen, sondern auf Knochenfunde in Gräberfeldern stützt.8 Unbestritten ist, dass nach dem Einbruch im 14. Jahrhundert in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erneut ein lang anhaltendes Bevölkerungswachstum einsetzte, für das ­Josef Ehmer eine Rate von drei Promille bis 1500 und eine von deutlich über zwei

1 2 3 4 5 6 7 8

Ehlers 1994, S. 17–20. Livi-Bacci 1999, S. 15, 38  ; C. Pfister 1994, S. 43. Ebd., S. 16, S. 26  ; Ehmer 2005, Sp. 102 f. Slicher van Bath 1963, S. 80  ; Rösener 1985, S. 41. Rösener 1985, S. 40–54  ; Livi-Bacci 1999, S. 33–41  ; Troßbach/Zimmermann 2006, S. 28–45. Dirlmeier 1987, S. 147. von Hippel 1978, S. 424. Fehring 1987, S. 85 f.; B. Herrmann 1987  ; Saunders/Brarrans 1999.

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Bevölkerung

Abb. 1  : Verlauf der Bevölkerungsentwicklung Europas 1000–2000.

Promille bis 1600 errechnet hat.9 Im Zuge dieser Dynamik vergrößerte sich die Bevölkerung im Reich zwischen 1470 und 1620 von 10 auf etwa 16 Millionen Menschen10, obwohl nach wie vor Pestwellen und andere Seuchen – freilich mit sehr unterschiedlich hoher Letalität – Verluste mit sich brachten.11 Auch hinsichtlich des Urbanisierungsgrades lassen sich „lange Wellen“ nachzeichnen, die jedoch nicht parallel zur Bevölkerungsentwicklung insgesamt verliefen  : Seit der hochmittelalterlichen Städtegründung stieg er bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts stetig an. Kann man den Urbanisierungsgrad um 1300 vielleicht mit etwa 10 bis 12% ansetzen12, so erreichte er um 1500 einen ersten Höhepunkt  : Etwa 16% der Bevölkerung waren in Städten mit über 5.000 Einwohnern ansässig, davon 4% in „Großstädten“ mit mehr als 10.000 Einwohnern.13 Dann setzte allerdings eine Stagnation ein, die auch regionale Deurbanisierungsvorgänge – Rückgang von Bevölkerungszahlen oder Verlust der Stadtqualität bei Kleinstädten – nicht ausschloss und bis ins 18. Jahrhundert anhielt.

9 Ehmer 2005, Sp. 103. 10 C. Pfister 1994, S. 43. 11 Eckert 1996  ; Vasold 2008, S. 65 f. 12 Kelter 1953, S. 175. 13 C. Pfister 1994, S. 14, S. 76.

Die Bevölkerungsverluste des Spätmittelalters

Abb. 2  : Die Bevölkerungsdichte in Europa um 1600.

2.1 Die Bevölkerungsverluste des Spätmittelalters Frank Konersmann/Werner Troßbach 2.1.1 Hungerkrisen

Thomas Robert Malthus, der Nestor der demografischen Wissenschaft, ging davon aus, dass die Bevölkerungszahlen exponentiell, die Lebensmittelproduktion dagegen nur linear wüchsen. Wenngleich die Entwicklung der agrarischen Produktivität der Industriegesellschaften die zweite Annahme – wenigstens für die letzten 200 Jahre – falsifiziert hat, fanden die Annahmen des anglikanischen Pastors unter Wissenschaftlern, die sich mit vorindustriellen Agrargesellschaften befassen, noch länger eine Reihe von Anhängern. Sie sahen z. B. in dem Bevölkerungsrückgang des 14. Jahrhunderts einen „positive check“ im Sinne der malthusianischen Theorie. Demnach hätten die Bevölkerungszahlen Anfang des 14. Jahrhunderts ein Niveau erreicht, auf dem mit herkömmlichen Methoden die Sicherung der Ernährung nicht mehr möglich und ein Rückschlag auch deswegen unvermeidlich gewesen sei, weil die Erschöpfung des Bodens sogar eine langsame Abnahme der Erträge herbeigeführt habe.14 14 Campbell 2010, S. 30  ; Hagenbusch 2005, S. 3.

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Als eine Art End- und Wendepunkt der hochmittelalterlichen Prosperität wurde in diesem Sinne v. a. in der britischen Historiografie die Hungerkrise der Jahre 1315–1318/22 gesehen, deren epochale Bedeutung die noch immer gängige Benennung „Great Famine“ signalisieren soll(te). Auch neuere Interpretationen sehen die Krise im Kontext abnehmender Wachstumsraten, die bereits Ende des 13. Jahrhunderts einsetzten.15 Die Krise war bekanntlich nicht auf die britischen Inseln beschränkt. In Brügge und Ypern fielen ihr 5 bzw. 10% der Bevölkerung zum Opfer16, während ihr Umfang für deutsche Territorien weniger präzise zu erkennen ist. Zahlreiche Chroniken, von denen die Mehrzahl freilich erst Jahrzehnte nach den Ereignissen verfasst wurden, berichten über „groisse sterfde und groisse dure zit“, v. a. in Nordwestdeutschland (hier Köln).17 In der Gegend von Braunschweig fiel die Ernte von 1316 tatsächlich „katastrophal“ aus.18 Den Getreidemissernten folgten – von Böhmen bis nach England ausgreifend – Viehseuchen, die in Gestalt eines Verlusts an Zugtieren wiederum auf den Ackerbau zurückwirkten.19 Für das Rheinland erkennt Otto Volk nach 1315 einen „ersten spätmittelalterlichen Bevölkerungseinbruch“.20 Eine zweite „malthusianische“ Phase sah die Forschung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts heraufziehen. In diesen Zeitraum fiel der Höhepunkt der sogenannten Preisrevolution, ein steiler Anstieg der Getreidepreise und eine nur moderate Zunahme der Löhne und damit der Preise für gewerbliche Erzeugnisse. Wilhelm Abel hat diese von neueren Forschungen bestätigte Scherenbewegung21 im Wesentlichen auf die Bevölkerungszahlen zurückgeführt.22 Zugleich ist dieser Zeitraum – freilich in regional unterschiedlichem Ausmaß – von einer Häufung akuter Phasen der Nahrungsmittelverknappung charakterisiert, z. B. in den Jahren 1569–1575, 1584–1588, 1592–1594 und 1597–1602.23 Insgesamt ist aus dem Zusammenspiel lang- und kurzfristiger Faktoren ein S­ zenario abgeleitet worden, das sich mit Elementen der Lehre von Malthus deckt. Für Süddeutschland sehen einige Autoren eine Situation „relativer Überbevölkerung“ erreicht. Für Württemberg wird z. B. festgestellt, Teile der lohnabhängigen Schichten seien bei sinkenden Reallöhnen „permanenter Unterbeschäftigung und Unterernährung“ ausgesetzt ­gewesen.24 In der Grafschaft Hohenlohe war das „ländliche Proletariat“ spätestens seit 1560 nach Thomas Robisheaux in einem Klima von „Hunger, Angst und Verzweiflung“ 15 Jordan 1996, S. 12. 16 Dirlmeier 1987, S. 146. 17 Jörg 2008, S. 37, S. 54  ; Jordan 1996, S. 7 f., S. 148 f., S. 158  ; Jankrift 2003, S. 124. 18 H. Hoffmann 1981, S. 206, 253  ; Jordan 1996, S. 33. 19 Campbell 2010, S. 13 f.; Slavin 2010, S. 177. 20 Volk 1998, S. 136 f. 21 Bauernfeind 1993, S. 232 f., S. 241, S. 511  ; Bauernfeind/Woitek 1999, S. 309  ; Landsteiner 2001, S. 90–93. 22 Ebeling 1979, S. 32. 23 Abel 1984, S. 70–111  ; Glaser 2001, S. 183 f. 24 C. Pfister 1994, S. 14  ; von Hippel 1978, S. 430.

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gefangen.25 Neuere Arbeiten stellen jedoch infrage, ob solche Einschätzungen den Schluss zulassen, dass übergreifend harte „malthusianische“ Schranken erreicht waren.26 Konsens besteht darüber, dass sich die demografischen Zuwachsraten nach 1560 abschwächten, wenn auch regional, teilweise sogar lokal in unterschiedlichem Ausmaß, wobei das Seuchengeschehen eine ausschlaggebende Rolle spielte.27 Detailstudien sind angesichts der schwierigen Quellenlage Mangelware. Für das schwäbische Tailfingen ist errechnet worden, dass die Lebenserwartungen Erwachsener zwischen 1585 und 1619 den niedrigsten Wert im Zeitraum der Jahre 1585–1829 erreichten.28 Wie Teuerungskrisen in dieses Mosaik einzuordnen sind, ist zurzeit gleichfalls nur in Umrissen zu erkennen. Kaum wahrscheinlich ist, dass sie, der malthusianischen Lehre entsprechend, nach 1560 quasi rhythmisch den „positive check“ exekutierten. Einer teleologischen Interpretation im Sinne des englischen Bevölkerungstheoretikers widerspricht z. B. ein im akuten Verlauf oft feststellbarer „Zickzackkurs“ in der Preisentwicklung,29 d. h. abrupte Wechsel zwischen Teuerungen und Preisstürzen.30 Sie sind oft auf lokale Übersterblichkeit zurückzuführen, die nicht, zumindest nicht direkt, aus dem Hunger, sondern zumeist aus leicht zeitversetzt ausbrechenden Seuchen resultierten. Dieses Zusammenspiel wird später genauer angesprochen werden. An dieser Stelle ist zunächst festzuhalten, dass ein Rückgang der Nachfrage in solchen Fällen für eine rasche Normalisierung des lokalen Preisgeschehens sorgen konnte.31 Es ist außerdem zu bedenken, dass abrupt einsetzende Preissteigerungen nicht auf das späte 16. Jahrhundert beschränkt waren. Sie waren auch schon hundert Jahre zuvor regelmäßig präsent32, in einem demografischen Umfeld, das sich nicht für das Szenario einer malthusianischen Überbevölkerungskrise eignet. Selbst die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts, ein Zeitraum demografischen Tiefstandes, blieb von Lebensmittelknappheiten nicht verschont, wobei die weit ausgreifende Teuerung um 1438 besonders gravierend ausfiel. Für diese Zeiträume ist die Schlussfolgerung abgeleitet worden  : „In Jahren mit gestörter Lebensmittelversorgung konnte ein sehr erheblicher Teil der Bevölkerung, weil ohne eigene Reserven, rasch unter das Existenzminimum zurückfallen.“33 In anderen Worten  : Durch abrupte Preissteigerungen wurden lohnabhängige und zur Vorratsbildung nicht fähige Teile der Bevölkerung abrupt vom Zugang zum wichtigsten Grundnahrungsmittel ausgeschlossen. Auch die Lebensmittelkrisen des späten 16. Jahrhunderts waren, soweit sich zurzeit überblicken lässt, weniger Ausdruck einer strukturellen Überbevölkerungskrise als eines struktu25 Robisheaux 1989, S. 161. 26 Sreenivasan 2004, S. 119–123, S. 129  ; Warde 2006, S. 96. 27 Bauernfeind 1993, S. 238–250, S. 366  ; Eckert 1996, S. 155–157. 28 Maisch 1992, S. 289. 29 Kelter 1953, S. 164. 30 Abel 1974, S. 33–69, S. 100–115. 31 Bauernfeind 1993, S. 248, S. 253. 32 Buszello 1982, S. 29 f.; Groebner 1993, S. 65 f. 33 Dirlmeier 1987, S. 148.

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rellen (sozial und geografisch dimensionierten) Verteilungsproblems, das freilich vor dem Hintergrund klimabedingter Missernten (Kap. 2.1.2) gehäuft zutage trat. Dies ergibt sich auch indirekt, und zwar aus Beispielen erfolgreicher Krisenintervention. Wo Obrigkeiten durch Ausfuhrverbote, Preiskontrollen und den verbilligten Verkauf von Vorräten an die Armen akute Notlagen zu entschärfen vermochten34, konnten Hungersnöte vermieden werden. In Köln gelang dies offenbar in der gesamten kritischen Periode zwischen 1560 und 1610.35 Auch im ländlichen Hohenlohe wurden die Märkte überwacht, außerdem halfen die Landesfürsten Angehörigen der unterbäuerlichen Schichten mit Krediten durch die Krise.36 Im städtischen Kontext waren bereits 1438 Getreideaufkäufe in entfernten Regionen praktiziert worden.37 Im 16. Jahrhundert weitete sich ihr Radius insoweit aus, als selbst in Süddeutschland Getreide aus dem Ostseeraum in der Krise zum Verkauf kam.38 Freilich sind noch weitere Einzelstudien nötig, damit für das späte 16. Jahrhundert ein Gesamtbild von den Krisenverläufen wie vom Krisenhandeln der Obrigkeiten entstehen kann. Es sollte nämlich nicht vergessen werden, dass sich Herrschaftsträger vom Spätmittelalter bis ins späte 16. Jahrhundert auch an Preisspekulationen auf den Märkten für Agrarprodukte beteiligten, sei es für Wein, sei es für Getreide39, indem sie Vorverkaufsrechte reklamierten und Höchstpreise abwarteten. Außerdem erhoben sie Umsatzsteuern, die insbesondere solche Produzenten belasteten, die auf den Verkauf kleiner Mengen angewiesen waren. 2.1.2 Klimawandel

Die malthusianische Theorie zeichnet sich dadurch aus, dass sie auf der Annahme eines geschlossenen Systems mit lediglich zwei Basisfaktoren beruht, die jeweils sowohl als Ursache wie auch als Wirkung auftreten können. Andere Determinanten, die die beiden Basisfaktoren beeinflussen, kommen nur unzureichend ins Bild.40 Dagegen ist zu bedenken, dass Agrarproduktion nicht in einem geschlossenen, sondern in einem offenen System stattfindet, das exogenen Faktoren ausgesetzt ist, und zwar in den vorindustriellen Epochen in besonderem Maße. Dementsprechend ist in den letzten Jahrzehnten der Abfall der agrarischen Leistungsfähigkeit nach 1315 weniger auf ein ungünstiges Verhältnis zwischen Bevölkerungszahl und agrarischer Produktivität als auf eine Verschlechterung der klimatischen Rahmenbedingungen zurückgeführt worden, die sich nördlich der 34 Abel 1974, S. 76–94. 35 Ebeling 1979. 36 Robisheaux 1989, S. 164, S. 171–173. 37 Jörg 2008, S. 178–317. 38 Abel 1974, S. 82, S. 102 f. 39 Vice 1988, S. 143 f., S. 149  ; Sreenivasan 2004, S. 131–141  ; Demade 2009, Grundrente, S.  236–239  ; Hildebrandt/Gudd 1991, S. 125. 40 Campbell 2010, S. 31 f.

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Abb. 3  : Die jährlichen Durchschnittstemperaturen in Mitteleuropa 1000−2000 sowie die jährlichen Niederschläge in Mitteleuropa 1000–2000. Jeweils mittelfristiger Verlauf, errechnet aus den jährlichen Angaben über einen 31-jährigen Filter, und langfristige Entwicklung.

­ lpen in der Häufung starker und anhaltender Frühjahrsregen äußerte.41 Auch die HunA gerkrise um 1438 lässt sich mit Wetteranomalien, in diesem Fall einem europaweit erlebten Kälteeinbruch, in Verbindung bringen.42 Allgemein ist es der historischen Klimaforschung in den letzten Jahren gelungen, Jahreszeit- und Durchschnittstemperaturen sowie Niederschlagsmengen für einen 41 Jordan 1996, S. 17. 42 Jörg 2011, S. 135 f.

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Zeitraum von beinahe 1000 Jahren für die mitteleuropäischen Verhältnisse zu rekonstruieren.43 Die Wellenbewegung der Klimadaten in Mitteleuropa umfassen das „Mittelalterliche Wärmeoptimum“ (1000–1300), die „Kleine Eiszeit“ (1400–1850) sowie das „Moderne Klimaoptimum“ (1850 bis zur Gegenwart) mit den entsprechenden Übergangsphasen.44 Der Begriff „Kleine Eiszeit“ wurde in den 1930er-Jahren zunächst nur auf die zwischen dem Ende des 13. und der Mitte des 19. Jahrhunderts allmähliche Zunahme von Gletscherzungen in den Alpen, in Skandinavien und in Nordamerika bezogen.45 Das Wachstum der Gletscher wird auf eine deutliche Abkühlung der Arktis zurückgeführt, womit auch die Durchschnittstemperaturen in Mitteleuropa deutlich absanken.46 Die Häufung von lang anhaltenden kalten Wintern47 machte sich in der Bildung geschlossener, mehrere Zentimeter dicker Eisdecken auf großen Wasserflächen wie der Ostsee und dem Bodensee bemerkbar, wobei eine über mehrere Wochen andauernde Temperatur von 20o C unter Null vorauszusetzen ist. Im Fall des Bodensees ist dieses Phänomen zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert ungefähr alle zwölf Jahre und im Fall der Ostsee mehrfach sowohl in der ersten Hälfte des 15. als auch während des 16. Jahrhunderts nachgewiesen worden.48 Parallel zu diesem Rückgang der Durchschnittstemperaturen häuften sich Sturmfluten an den Küsten der Nordsee und Überschwemmungen in Tallagen aufgrund von Starkregen infolge atmosphärischer Anomalien, die von den ansonsten in Mitteleuropa typischen Klimakonstellationen deutlich abwichen. Sie sind das Ergebnis von Wechselwirkungen zwischen einem erhöhten Meeresspiegel, hervorgerufen durch die Eisschmelze im mittelalterlichen Wärmeoptimum, und dem im Übergang zum Spätmittelalter einsetzenden Vordringen der Polarluft bis zum 50. Breitengrad.49 Bei dem beispielsweise Mitte Juli 1342 einsetzenden Starkregen ging von Nordfriesland bis Franken innerhalb von acht Tagen die Hälfte der durchschnittlichen Jahresmenge nieder50 und löste vielfach eine „flächenhafte Bodenerosion“ aus.51 Als Ursache wird das Zusammentreffen wasserreicher und warmer Luftmassen aus dem Mittelmeerraum mit kühlen Luftmassen aus dem Norden angenommen, denn „die feuchte Warmluft kühlte sich ab, kondensierte an den kühlen Luftmassen und löste anhaltende Niederschläge aus“.52

43 Glaser 2001  ; Mauelshagen 2010. 44 Glaser 2007, Klima, Sp. 798  ; Sirocko 2010, S. 165, S. 171, S. 190. 45 C. Pfister 2001, S. 24  ; Glaser 2007, Kleine Eiszeit, Sp. 767  ; Behringer 2009, S. 119. 46 Lamb 1989, S. 108, S. 207. 47 Schwarz-Zanetti 1998, S. 49  ; Reith 2011, S. 17. 48 Lamb 1989, S. 215  ; Dobras 1983  ; Glaser 2001, S. 49, S. 52  ; Behringer 2009, S. 126–129. 49 Lamb 1989, S. 212. 50 Glaser/Riemann 2009, S. 227. 51 Bork 2006, S. 118. 52 Lamb 1989, S. 212.

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Abb. 4  : Hochwasserkatastrophe von 1342 in Nürnberg, Aquarell aus der Neubauer’schen Chronik (frühes 17. Jahrhundert).

Die Zunahme von langen kalten Wintern und feuchten Sommern53 gewann durch ein „außergewöhnlich häufiges Vorkommen von blockierenden Hochdrucklagen über Nordeuropa“ im 15. Jahrhundert eine gewisse Stabilität.54 Die schlechten Wetterbedingungen bewirkten nicht nur Missernten und periodische Nahrungsmittelengpässe bei solchen Haushalten, die keine Vorräte halten konnten, sondern waren vermutlich auch für eine säkulare Abnahme des Proteingehalts von Getreide und Milchprodukten verantwortlich55, und damit desjenigen Nährstoffs, der in einer stark getreidebasierten Ernährung ohnehin nur in eingeschränktem Maße zur Verfügung stand. Diese erste Etappe der Klimaverschlechterung wurde freilich zwischen 1490 und 1550 von einer gegenläufigen Phase mit überwiegend warmen Sommern und milden Wintern abgelöst, die mehrfach außerordentlich gute Ernten ermöglichte.56 Nach diesem positiven, wenn auch nicht völlig gleichförmigen Intermezzo, das den Hintergrund für die starke Zunahme der Bevölkerungszahlen bildete, folgte zwischen 1570 und 1600 erneut eine Kaltphase57, in der sich, wie dargestellt, akute Hungerkrisen häuften. Der Temperatursturz des Jahres 1569, kombiniert mit einem verregneten Sommer58, bildete eine Art 53 Schwarz-Zanetti 1989, S. 49 f., S. 73 f.; Glaser 2001, S. 61–82. 54 Lamb 1989, S. 226. 55 C. Pfister 2005, S. 62–66  ; s. auch Livi-Bacci 1999, S. 72. 56 Lamb 1989, S. 232  ; Glaser 2001, S. 71, S. 93. 57 Glaser 2001, S. 176. 58 Glaser 2001, S. 119.

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Abb. 5  : Kalter Winter 1525 in Nürnberg, Aquarell aus der Neubauer’schen Chronik (frühes 17. Jahrhundert).

Vorgeschmack. Im Jahrzehnt zwischen 1592 und 1601 sollte diese Kombination zur Regel werden  : Die Winter waren kalt, die Sommer nicht nur kühl, sondern auch noch nass. Diese Dekade war mit einer Abweichung von -0,87o C vom Vergleichszeitraum 1971– 2000 die kälteste der letzten 500 Jahre.59 Im Vergleich mit diesen auf die mitteleuropäischen Durchschnittswerte bezogenen generellen Angaben vermitteln die Temperaturverläufe im Herzogtum Württemberg ein etwas anderes Bild.60 Demnach lagen die Temperaturen vor allem im Frühling, öfter aber auch im Sommer bereits von den 1510er-Jahren an unterhalb des Durchschnitts, was sich auch im Rückgang der württembergischen Weinerträge widerspiegelt.61 Ein deutliches Absinken der Temperaturen im Winter ist hingegen erst nach 1550 festzustellen. Die weitere Forschung wird daher nicht umhin kommen, die regionalen Wetterverläufe stärker zu thematisieren. 2.1.3 Epidemien

Seit Langem ist in der Forschung unstrittig, dass die Wellenbewegungen der Bevölkerungsentwicklung in erheblichem Maße auf das Auftreten und die Wirkung von Epidemien 59 Mauelshagen 2010, S. 65 f. 60 Glaser 1990. 61 Landsteiner 1999, S. 326.

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zurückzuführen sind. Während in akuten Hungersnöten, selbst wenn sie Ausmaße des „Great Famine“ erreichten, maximal etwa 10 bis 15% der Bevölkerung starben, wird den großen Epidemien eine erheblich höhere Opferrate zugeschrieben.62 Globalgeschichtlich kann die auffallende Häufigkeit von Infektionskrankheiten im Zeitraum nach 1300 auf Vorgänge zurückgeführt werden, die bereits das Hochmittelalter prägten  : die historisch einmalige Gründung zahlreicher Städte und Dörfer, die zunehmende Besiedlungsdichte und die damit prekärer werdenden hygienischen Verhältnisse sowie den zunehmenden interregionalen Handel und Verkehr mit einer steigenden Verbreitungsgefahr von epidemischen Krankheiten. Vor diesem Hintergrund kann die Tatsache, dass das Hochmittelalter von einem derart massiven Auftreten von Infektionskrankheiten, wie es Mitte des 14. Jahrhunderts einsetzte, verschont blieb63, zunächst nur als glücklicher historischer Zufall bezeichnet werden. Inwieweit die seit Beginn des 14. Jahrhunderts einsetzende Klimaabkühlung für das gehäufte Auftreten von Seuchen im Spätmittelalter eine Rolle spielte, ist differenziert zu sehen. Ein in der Vergangenheit konstruierter Zusammenhang zwischen abnehmenden Getreideerträgen, zunehmender Unterernährung und Krankheitsanfälligkeit kann auf den „Schwarzen Tod“ der Jahre 1347–1352 dann nicht bezogen werden, wenn man davon ausgeht, dass es sich um die Pest handelte. Unterernährung begünstigt nämlich den Befall mit dem Pestbazillus nicht.64 Allerdings scheinen bestimmte Witterungsphänomene Infektionen indirekt erleichtert zu haben. So unterstützen feuchte Sommer z. B. die Vermehrung und Beweglichkeit des den Pestbazillus tragenden Flohs.65 Lange und strenge Winter konnten zu erhöhter Infektionsgefahr beitragen, weil eine große Anzahl Ratten als Hauptwirt des Pestflohs starb, sodass er eher auf den Menschen übersprang.66 Neuere Arbeiten ziehen bisweilen in Zweifel, ob es sich überhaupt um die Pest handelte, da der Anteil der Infizierten alles übersteigt, was aus dem Auftreten der Pest im 19. und 20. Jahrhundert bekannt ist, selbst wenn man bedenkt, dass die Chroniken aus eschatologischen Motiven häufig Opferzahlen übertrieben.67 Eine Mehrheit von Autoren hält zwar an der Pest-Hypothese fest, schließt aber nicht aus, dass verschiedene Seuchen parallel auftraten oder das Pestbakterium mutiert habe.68 Für die traditionelle Pest-Hypothese spricht außerdem, dass die Seuche nach dem „großen Sterben“ der Jahre 1347–1352 nicht aus Europa verschwand. So trat die Pest zwischen 1347 und 1683 alle 11–13 Jahre in einem „beinahe synchronen Rhythmus“ wieder auf.69 Zusammenhänge mit klimatischen Phänomenen legen die 62 Ehmer 2005, Sp. 902. 63 Eckart 2006, Sp. 356. 64 Livi-Bacci 1991, S. 37 f.; Dirlmeier 1987, S. 146 f. 65 Russell 1978, S. 33  ; C. Pfister 1994, S. 39  ; Vasold 2003, S. 285. 66 Bergdolt 1994, S. 20  ; Eckert 1996, S. 157. 67 Bergdolt 1994, S. 20  ; Irsigler 1993, Sp. 16  ; Schaab 2000, S. 494 f. 68 Vasold 2008, S. 66. 69 Bergdolt 1994, S. 192  ; Ehmer 2005, Sp. 899  ; Livi-Bacci 1999, S. 100  ; H. Hoffmann 1981, S. 209-213.

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Tatsache nahe, dass sich in der Kernphase der „Kleinen Eiszeit“ zwischen 1560 und 1720 die Intervalle auf zehn Jahre verkürzten.70 Die Verluste scheinen auch in den späteren Wellen hoch gewesen zu sein, von bis zu 18% der Bevölkerung ist z. T. die Rede.71 Zwar schnellte danach in der Regel die normale Geburtenrate von etwa 3% um bis zwei Drittel in die Höhe, sodass die negative Bilanz nach etwa zehn Jahren hätte wieder ausgeglichen werden können72, doch wegen der offenbar hohen Kindersterblichkeit während der Epidemien73 ergaben sich langfristige demografische Effekte. Das Ansteckungsrisiko war besonders hoch in dicht besiedelten Gebieten, vor allem in großen Landgemeinden und in Großstädten, wo eine Vielzahl Menschen auf regelmäßige Versorgung mit Trinkwasser und Getreide angewiesen war und größere Mengen Abfall hinterließ. Unter diesen Bedingungen vergrößerten sich die Populationen der Haus- und der Wanderratte rasch, da sie im Umfeld großer Getreidedepots ihre Hauptnahrung fand. Es verwundert daher nicht, dass zu den besonders häufig vom Pestbazillus infizierten Berufsgruppen Leinweber, Bäcker, Müller und Getreidebauern gehörten, während Angehörige von Metallberufen weniger befallen waren, da Ratten den Lärm ihrer Werkstätten mieden.74 Geistliche, Ärzte und ihre Hilfskräfte infizierten sich vor allem bei der seelsorgerischen Betreuung und medizinischen Behandlung erkrankter Personen.75 Darüber hinaus schufen der regelmäßige Warenaustausch und der überregionale Großhandel wichtige Voraussetzungen für die räumliche Verbreitung der Pest entlang der Handelswege.76 Dass Städte wie Hamburg, Bremen, Lüneburg, Hannover, Bautzen, Frankfurt, Speyer, Worms, Freiburg oder Konstanz77 besonders stark von der Pest betroffen waren, ist daher nicht erstaunlich. Andererseits ist mittlerweile deutlich geworden, dass von einer flächendeckenden Ausbreitung der Seuche bereits für ihr erstes Auftreten 1347–52 nicht die Rede sein kann.78 So bildeten Gebiete wie Ober- und Mainfranken, Ostschwaben, Teile Altbayerns, Böhmens und Schlesiens „weiße Flecken“ in der Landschaft des Schwarzen Todes.79 Dort trat das „große Sterben“ entweder gar nicht oder deutlich abgeschwächt auf. Die regionale Bevölkerungsentwicklung war demnach nicht nachhaltig beeinträchtigt. Für diese „weißen Flecken“ mangelt es allerdings bisher an überzeugenden Erklärungen. Vor diesem Hintergrund ist der Beitrag anderer Krankheiten stärker in den Fokus der Betrachtung gerückt. Während Pocken, Lepra oder Formen des Ergotismus (Kap. 3.1.2.4), 70 Eckert 1996, S. 158. 71 Livi-Bacci 1999, S. 110 f. 72 C. Pfister 1994, S. 39  ; Eckart 1996, S. 33 f. 73 Russell 1978, S. 33 f.; Bulst 1979, S. 52 f.; C. Pfister 1994, S. 40. 74 Vasold 2008, S. 65. 75 Vasold 2003, S. 292  ; Eckert 1996, S. 28. 76 Bergdolt 1994, S. 17, S. 78–84. 77 Abel 1978, S. 48–50  ; Sprandel 1987, S. 26 f.; Schaab 2000, S. 494f.; Hauptmeyer 1997, S. 114–116. 78 Vasold 2003, S. 293, S. 304. 79 Kießling 2005, S. 532, S. 539  ; Bulst 1979, S. 49 f.

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dann die „neuen“ um 1500 auftretenden Seuchen wie Syphilis oder der rätselhafte ‚Englische Schweiß‘ demografisch weniger gravierend zu Buche schlugen80, werden die Wirkungen von Milzbrand, Typhus und Fleckfieber höher taxiert.81 Beim Milzbrand handelt es sich um eine Infektionskrankheit, für die vor allem Schafe, Rinder, Pferde und Ziegen empfänglich sind, hingegen weitaus weniger der Mensch, der nur unter Einwirkung hoher Mengen Milzbrandsporen erkrankt. Im Falle einer Ansteckung führte Milzbrand jedoch – nach Einschätzung heutiger Epidemiologen – mit einer siebzigprozentigen Wahrscheinlichkeit zum Tode.82 In ihren Symptomen ähneln sich Pest und Milzbrand stark. Ein erhöhtes Ansteckungsrisiko stellte sich bei lebhaftem Handel mit Tieren und Tierhäuten ein, wie das beispielsweise für Franken 1440/1441 bezeugt ist, als vor den Menschen zunächst Schafherden erkrankten.83 Der Beginn des von Osten nach Westen als auch von Norden nach Süden verlaufenden Rinder- und Ochsenhandels mit großen Herden erhöhte die Gefahr der Infektion mit dem Milzbranderreger genau in dem Zeitraum, als sich auch der Pestbazillus in Europa ausbreitete. Der Stellenwert dieser Viehseuche für die Bevölkerungsentwicklung ist bisher allerdings noch nicht näher untersucht worden.84 Stärkere Aufmerksamkeit widmen Demografiehistoriker inzwischen den Erkrankungen des Verdauungstraktes, die – oft als „Ruhr“ bezeichnet – z. B. im „Great Famine“ 1315–1318 die Sterbeziffern in die Höhe trieben.85 Auch Typhus (engl. typhoid fever) und Fleckfieber (engl. typhus) waren in Hungerkrisen präsent, obwohl Unterernährung den Befall mit Typhus nicht und mit Fleckfieber nur marginal begünstigt.86 Typhus wird durch Kontakt mit Fäkalien, z. B. durch fäkal verschmutztes Wasser übertragen, Fleckfieber durch Bisse von (Kleider-)Läusen, Zecken oder Flöhen. Das Auftreten dieser völlig verschiedenen Krankheiten in Hungerkrisen kann mit der Verschlechterung hygienischer Zustände durch die Agglomeration größerer Menschenmengen erklärt werden.87 Wie wir detailliert aus dem 18. Jahrhundert wissen, entwickelte sich oft ein „Run“ Hungernder auf eine Stadt, in der Lebensmittelvorräte vermutet wurden. In und vor den Städten sorgte die anschwellende Schar der Elenden ähnlich wie ein durchziehendes Heer88 für eine derartige Verschlechterung der hygienischen Zustände, dass ideale Ansteckungsbedingungen nicht nur für hungerbedingte Erkrankungen, sondern auch für Typhus und Fleckfieber geschaffen wurden.89 Hungerflüchtlinge waren zugleich den unmittelbaren Einwirkungen von Feuchtigkeit und Kälte (Abb. 5), die den Hungerkrisen in Europa oft zugrunde lagen, ungeschützt aus80 Jankrift 2003, S. 113–131. 81 C. Pfister 1994, S. 37–44  ; Livi-Bacci 1999, S. 113–120. 82 Vasold 2003, S. 293. 83 Jörg 2008, S. 160–162. 84 Engelken/Hünniger/Windelen 2007, S. 17. 85 Dirlmeier 1987, S. 146. 86 Livi-Bacci 1991, S. 38  ; Post 1990, S. 244 f. 87 Post 1990, S. 258–266. 88 Livi-Bacci 1999, S. 93 f.; C. Pfister 1994, S. 37. 89 Post 1990, S. 258 f.; Jörg 2008, S. 148 f.

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gesetzt und von daher auch für schwere Atemwegserkrankungen besonders anfällig, die sie wiederum durch Migration und Agglomeration leicht verbreiteten.90 Unterernährung ist auch hier keine notwendige Vorbedingung. In der irischen Krise der Jahre 1845 bis 1850 wurden von den grassierenden Infektionskrankheiten gut ernährte Angehörige der Oberschicht nicht verschont.91 Panikmobilität war auch ein verbreitetes Handlungsmuster in den Hungerkrisen des 15. und 16. Jahrhunderts.92 Die Oberschichten erkannten bereits 1438 die damit verbundenen Gefahren und verließen in Scharen ihre Städte93, nahmen also an der Panikmobilität Teil, wenn auch in umgekehrter Richtung. Insgesamt bedarf das Zusammenspiel von Kälte, Hunger, Panikmigration und -agglomeration für den Zeitraum zwischen 1350 und 1650 jedoch noch gezielter Studien. 2.1.4 Das Problem der Wüstungen

Zwar hat sich das malthusianische Entwicklungsmodell als nur rudimentär geeignet erwiesen, die Wirksamkeit exogener Faktoren zu erfassen, die die Rahmenbedingungen für Bevölkerungsentwicklung und Lebensmittelproduktion bestimmten. Allerdings kann schwerlich hinter eine Sichtweise zurückgewichen werden, die – wie Malthus – die Interaktion der Faktoren „Bevölkerungsentwicklung“ und „Agrarproduktion“ betont. Insofern ist die in dieser Darstellung zunächst angelegte Trennung zwischen Ursachen und Folgen der Bevölkerungsentwicklung lediglich Erwägungen zur übersichtlicheren Darstellungsweise geschuldet. Dass die Zusammenhänge tatsächlich komplexerer Natur sind, zeigt ein erstrangiges siedlungsgeschichtliches Phänomen, das Problem der Wüstungen. Bis heute prägen die quantitativen Angaben Wilhelm Abels zu permanenten bzw. totalen Ortswüstungen im Spätmittelalter (Abb. 6) das verbreitete Bild der Wüstungspro­ zesse.94 Demzufolge ging von den auf 170.000 geschätzten Siedlungen um 1300 in den folgenden zwei Jahrhunderten mindestens ein Fünftel verloren, wobei der Wüstungsquotient (die prozentuale Verlustrate) regional sehr unterschiedlich ausfällt.95 Die höchsten Werte von 40 bis 68 sind für Gebiete Mitteldeutschlands errechnet worden, so für Hessen, Teile Thüringens, das südliche Niedersachsen, Braunschweig und Sachsen, dagegen für Nordwestdeutschland oft „nur unbedeutende“ Werte von etwa 10.96 Tatsächlich treten seit dem Spätmittelalter in Urbaren, Urkunden, Lehen- und Rechnungsbüchern verstärkt Angaben auf, die sich auf unbebaute, unfruchtbare und/oder zerstörte Siedlungen und Güter beziehen  : „villa deserta“, „villa inculta“, „predium sterile et

90 Post 1990, S. 255. 91 Donnelly 2001, S. 175. 92 Abel 1974, S. 94  ; Jörg 2008, S. 335–340. 93 Jörg 2008, S. 151. 94 Rösener 1985, S. 255 f.; Jäger 1998, Sp. 388. 95 Abel 1976, S. 11. 96 Abel 1953, S. 383; Rösener 1992, S. 32.

Die Bevölkerungsverluste des Spätmittelalters

Abb. 6  : Verbreitung spätmittelalterlicher Wüstungen.

incultum“.97 Eine semantische Variante eröffnete der Mitte des 14. Jahrhunderts in der deutschen Sprache gebräuchlich werdende Quellenbegriff „wustunge“.98 Im Gegensatz zu den eindeutigen Interpretationen, die die Arbeiten Wilhelm Abels vermitteln, sind die Quellenbegriffe mehrdeutig und variantenreich. So wurden mit dem Begriff „wustunge“ z. B. auch Lehen benannt, für deren Nutzung mitunter Zehntabgaben und Frondienste zu leisten waren.99 Die wenig eindeutige Quellenlage sowie die Tatsache, dass „zeitgenössische Begründungen selten“ in den einschlägigen Quellen zu finden sind100, haben dazu geführt, dass die Wüstungsforschung stark von theoriebezogenen Annahmen geprägt ist. Die gängigen Ansätze zur Bestimmung der Wüstungsursachen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen  :

 97 Jäger 1998, Sp. 387  ; Sprandel 2009, S. 113–116.  98 Sprandel 2009, S. 113.  99 Ebd., S. 113 f., S. 129  ; Jäger 1998, Sp. 387. 100 Jäger 1998, Sp. 388.

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1. Erklärungen, die die Aufgabe von Nutzflächen und Siedlungen primär in den Bevölkerungsverlusten durch die Epidemien, teils auch durch Kriege und Fehden verursacht sehen. 2. Hypothesen, die eine Veränderung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse (Kap. 5.1), also erhöhte Abgaben und Frondienste sowie Einführung der Leibeigenschaft, dafür verantwortlich machen, dass Bauernfamilien verstärkt abwanderten. 3. Ökologische Erklärungsvarianten, die z. T. an ältere Hypothesen (Fehlsiedlungstheorie) anknüpfen und v. a. die Aufgabe von Ackerflächen in Rechnung stellen, die durch jahrelange Übernutzung ausgelaugt oder einer durch zunehmende Klimaanomalien verstärkten Bodenerosion ausgeliefert gewesen seien. Im Zentrum der Interpretationen und Erklärungen steht bis heute die von Wilhelm Abel bereits 1935 entwickelte Agrarkrisentheorie.101 Sie basiert auf einer Hervorhebung der Bevölkerungsverluste durch die Pest und zeichnet sich zugleich durch eine Betonung der Folgereaktionen aus.102 Abel erkannte ein nahezu europaweites Nachlassen der Nachfrage nach Getreide und damit einen säkularen Rückgang der Getreidepreise. Ungunstlagen für den Getreideanbau wurden aufgegeben, Bauern wanderten ab, wenn sie nicht direkt von der Pest betroffen waren, Ortschaften und Höfe wurden zusammengelegt. Eine Studie zum Braunschweiger Umland hat diese Zusammenhänge kleinräumig bestätigt, allerdings herausgearbeitet, dass ein Tiefpunkt erst in den Jahren nach 1380 erreicht war, nachdem weitere Epidemien die Früchte einer kurzfristigen Erholung nach dem „Schwarzen Tod“ zunichte gemacht hatten.103 Für die auf dem Lande verbliebenen Produzenten begannen sich in der Krise die Spielräume im wörtlichen Sinne zu erweitern  : Die „Land-Mann-Relation“ lockerte sich – mit weitreichenden Folgen für den gesellschaftlichen Aufbau  : Da es schwieriger wurde, Land zu verpachten und zu vergeben, sanken die Einkommen der Grundherren. Sie waren in dieser Sicht die Hauptverlierer der Krise.104 Anders die Produzenten  : Auch in dieser Hinsicht sind Abels Thesen durch eine neuere Studie bestätigt worden. Auf der Hochfläche bei Paderborn konnten die verbleibenden Bauern ihren Landbesitz in der Krise ausdehnen, reduzierten vor dem Hintergrund sinkender Getreidepreise den Getreidebau und intensivierten die Viehhaltung. Als jedoch die Getreidepreise in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wieder anzogen, erfolgte ein „starker Zuzug von Bauern aus Regionen mit hohem Bevölkerungsüberschuss“ und entfachte „eine erhöhte Konkurrenz um Land“.105 Im Unterschied zu Abels Fixierung auf den Pesteinbruch richtet die führend von Guy Bois vertretene Hypothese von einer „Krise des Feudalismus“ ihre Aufmerksamkeit auf 101 102 103 104 105

Ebd., Sp. 389. Kritische Würdigung  : Schuster 1999, S. 28–35. H. Hoffmann 1981, S. 209-216. Abel 1978, S. 139–150  ; H. Hoffmann 1981, S. 226. Lienen 1984, S. 331–342  ; Lienen 1991, S. 290, S. 310.

Die Bevölkerungsverluste des Spätmittelalters

Abb. 7  : Überrest einer Kirche (Turm) aus dem im Spätmittelalter wüst gefallenen Ort Gosseldorf im Nordosten Hessens (sog. Gießlingskirche).

eine Abnahme der „Steuerungspotentiale“ in den feudalen Grundherrschaften.106 Bois erkannte in der Normandie, seinem Untersuchungsgebiet, bereits um 1250 vor dem Hintergrund des beschleunigten Landesausbaus Tendenzen zur Stagnation, die u. a. in e­ inem Missverhältnis zwischen Ackerbau und Tierhaltung begründet lagen und die grundherrschaftlichen Einkommen beeinträchtigten. Die Reaktion – Erhöhung der Abgaben und Dienste – veranlasste eine zunehmende Zahl ländlicher Arbeitskräfte, in die Städte abzuwandern.107 Versuche der Gegensteuerung konzentrierten sich auf restriktive Maßnahmen, die auf die Erhöhung von Abgaben und Frondiensten sowie auf die Verschlechterung der Nutzungs- und Personenrechte zielten, damit aber die Abwanderung nur weiter vorantrieben. Rolf Sprandel sieht eine der Hauptursachen der spätmittelalterlichen Wüstungshäufigkeit ebenfalls in diesem restaurativen Krisenmanagement108, zu dem er auch die vermehrten Kriege des Hochadels und Fehden des Niederadels rechnet, die etwa in Westfalen, Franken, Bayern und in ostelbischen Gebieten das Land verwüsteten, die Bevölkerung dezimierten oder in die Flucht trieben.109 Aus dieser Perspektive werden die hohen Bevölkerungsverluste infolge der Pestepidemien lediglich als Katalysator, nicht aber als entscheidende Ursache für die Wüstungen gesehen. 106 107 108 109

Kriedte 1981, S. 60. Stamm 2003, S. 309 f., S. 315  ; Hagenbusch 2005, S. 3. Sprandel 2009, S. 121, S. 128. Sprandel 2009, S. 120–123, S. 128 f.

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Landschaftsökologie und Historische Klimaforschung110 stellen dagegen den von der älteren Forschung in Deutschland – im Gegensatz zu westeuropäischen Autoren111 – skeptisch beurteilten Zusammenhang von Klimaschwankungen und Wüstungsbildung in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Damit rücken die naturräumlichen Unterschiede der Wüstungsanfälligkeit sowie Einzelereignisse wie der schon erwähnte Starkregen von 1342 in den Mittelpunkt. Otto Volk sammelte für das Rheinland zahlreiche Indizien, dass bereits die Klimakalamitäten der Jahre 1315–1318/22 und die damit verbundene Hungerkrise „die Phase des massiven Landesausbaus“ beendeten und sogar für einen Rückzug von Bauern aus rezenten Ausbauorten sorgten.112 Während bis in die Siebzigerjahre vor allem „Dauerwüstungen“ bzw. „Totalwüstungen“ dörflicher Siedlungen betrachtet wurden, haben spätere Forschungen im Anschluss an skandinavische und britische Arbeiten für eine zeitliche und sachliche Erweiterung der Perspektive gesorgt. Partielle Ortswüstungen z. B. sind keineswegs auf das Spätmittelalter beschränkt. Sie sind Zeugen eines lang anhaltenden Prozesses von Siedlungsverdichtung und -verlegung, der erst in der Neuzeit langsam zur Ruhe kam.113 Hinter sogenannten Flurwüstungen wiederum können sich temporäre Flächenstilllegungen verbergen. (Teil-) Wüstungen dienten in diesem Sinne als variable Bodenressourcen – ähnlich den Außenfeldern (Kap. 3.1.1.1) und in gewisser Hinsicht auch der Brache.114 Auf diese flexible Funktion von Wüstungen deuten Beispiele aus Franken, wo im gesamten Spätmittelalter das „räumliche Alternieren von Rodungen und Wüstungsvorgang“ nachweisbar ist.115 Damit wurde offenbar veränderten Bevölkerungsgrößen und wechselndem Flächenbedarf Rechnung getragen. Ähnlich flexibel gingen die Inhaber kleinbäuerlicher Stellen (Selden) in Ostschwaben mit partiellen Flurwüstungen um.116 Eine nicht abschätzbare Anzahl partieller bzw. temporärer Flurwüstungen bzw. Flächenstilllegungen wird schließlich auf Veränderungen in der Bodenbewirtschaftung zurückgeführt. Dazu gehören die Einführung bzw. Ausdehnung von Dreifelderwirtschaften während des Hochmittelalters117 und das Vordringen von Gewannfluren118, das gegen Ende des Hochmittelalters einsetzte. Umgekehrt ist auf die im Spätmittelalter regional stattfindende (Kap. 3.1.1.2) Rückbildung von Drei- auf Zweifelderwirtschaften hingewiesen worden, wobei auf Sommerfelder häufig verzichtet, Weinbau oder Viehwirtschaft hingegen ausgedehnt wurden.119 Solche Umstellungen sind auch mit gehäuft auftreten110 111 112 113 114 115 116 117 118 119

Bork 2006  ; Glaser 2007, Klima, Sp. 802 f.; Gringmuth-Dallmer 1998, Sp. 384. Russell 1978, S. 31 f. Volk 1998, S. 136 f. Troßbach/Zimmermann 2006, S. 20 f., S. 30–32. Sprandel 2009, S. 117. Jäger 1979, S. 229. Grees 2006  ; Troßbach/Zimmermann 2006, S. 50. Pohlendt 1950, S. 29 f., S. 56–59. Scharlau 1957, S. 55 f. Schröder-Lembke 1978, S. 31–48  ; Sprandel 2009, S. 117 f.

Faktoren des Bevölkerungswachstums

den Dürren im Sommer in Verbindung gebracht worden, des Weiteren mit der ohnehin geringeren Produktivität der Sommerfelder oder mit verschlechterten Absatz- und Marktbedingungen infolge sinkender Getreidepreise.120 Damit wird wieder eine Rückbindung an die klassischen Topoi der Wüstungsforschung möglich, zu denen der Nachweis von Wüstungshäufungen in Gebieten mit vorwiegendem Getreideanbau gehört.

2.2 Faktoren des Bevölkerungswachstums 2.2.1 Siedlung und Nutzfläche 1450–1600

Werner Troßbach Wie angedeutet, kann die Wüstungsperiode in größerem zeitlichem Zusammenhang auch als Übergangsphase in einem längeren Prozess der Umstrukturierung von Siedlung und Nutzung erscheinen. Vor diesem Hintergrund ist eine saubere Grenzziehung zwischen der Wüstungsperiode des 14. Jahrhunderts und Phänomenen, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an Breite gewinnen und in der historischen Geografie traditionell als „frühneuzeitlicher Landesausbau“121 bezeichnet werden, kaum vorzunehmen. Die Einordnung wird zusätzlich durch regional und territorial uneinheitlich strukturierte Verläufe erschwert. Für zahlreiche Dörfer des Südwestens ist z. B. nachgewiesen, dass sich insgesamt im Laufe des Mittelalters nicht nur „der Dorfkern … beträchtlich verschoben“ hatte, sondern insgesamt „das Siedlungsbild“ „völlig und von Grund auf “ Veränderungen unterlag, und zwar besonders im Bereich der Fluren. Wo seit Beginn der Neuzeit z. B. die Gemarkungen der zwei Dörfer Gutmadingen und Neudingen in der Baar bestanden, gab es im Hochmittelalter „mindestens vier, wenn nicht fünf und mehr“, die im Spätmittelalter eingegliedert wurden.122 Auf ähnliche Weise ist es in Südwestdeutschland im 15. und 16. Jahrhundert an vielen anderen Stellen gelungen, „mehrere Tausend solcher Kleingemarkungen“ nach oder bereits in der Wüstungsphase „wieder in den Wirtschaftsumlauf einzugliedern“.123 Zunächst nutzten Dorfgemeinden die Fluren verlassener Nachbardörfer als Allmende, meist nicht infolge spontaner Okkupation, sondern durch geregelten Erwerb.124 Weiter nördlich scheint die Initiative zunächst stärker vonseiten der Herrschaftsträger ausgegangen zu sein. Aber auch dort ist selten eine klare Unterscheidung zwischen Wiederinbetriebnahme, Neugründung, Erweiterung bzw. Umwidmung von Siedlungs- und 120 121 122 123 124

Pohlendt 1950, S. 55–59  ; Sprandel 2009, S. 117 f.; Hauptmeyer 1997, S. 1120. Born 1989, S. 73–84. Bader 1981, S. 30 f. Jänichen 1970, S. 168, S. 196, S. 203. Ebd., S. 196, 203.

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Wirtschaftsflächen zu treffen. Im Nordharz wurden Neugründungen von grundherrlicher Seite bereits im späten 15. Jahrhundert mit den Fluren untergegangener Dörfer ausgestattet.125 Im Stift Hersfeld dagegen wurden Ortswüstungen öfter wieder als Dörfer in Besitz genommen.126 Nicht nur Planung und Organisation, sondern auch erheblichen Kapitaleinsatz erforderten die Maßnahmen zur Befestigung der Küstenlinie an der Nordsee, mit denen im 16. Jahrhundert in großem Stil versucht wurde, die durch mittelalterliche Flutereignisse erlittenen Verluste rückgängig zu machen. Insgesamt schätzt man einen Landgewinn von ca. 40.000 ha.127 Die Grafen von Oldenburg veranlassten seit 1514 Eindeichungen128 in Butjadingen und Stadland. Auf ca. 4000 ha Land wurden zahlreiche Vorwerke errichtet, die zur Milch- und Fleischwirtschaft sowie in geringerem Umfang der Pferdezucht dienten.129 Die wirtschaftlich aktiven Grafen versuchten Viehhaltung und -handel zu kontrollieren.130 In anderen Teilen Ostfrieslands blieb das eingedeichte Land dagegen in bäuerlicher Hand.131 Gleichfalls bäuerlicher Initiative verdankt sich in großen Teilen das in Nordfriesland, Eiderstedt und der Wilstermarsch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewonnene Land, das v. a. dem Ackerbau diente.132 In den Mittelgebirgsterritorien nahm nach 1550 das herrschaftliche Interesse an der Neugewinnung landwirtschaftlicher Nutzfläche deutlich ab, unglücklicherweise in einem Zeitraum steigender Bevölkerungszahlen. Landesherrliche Verwaltungen richteten ihr Augenmerk eher auf steigende Holzpreise, die, ausgelöst durch die überseeische Expansion, im stark zunehmenden Holzexport in die Niederlande zu realisieren waren. Daher versuchte man in zahlreichen Forstordnungen die erreichte Nutzungsverteilung zwischen Forst- und Landwirtschaft zu konservieren.133 Wollten Gemeinden und Einzelhaushalte die landwirtschaftliche Nutzfläche erweitern, mussten sie mehr und mehr auf eigene Faust agieren. Das hatte es auch vorher schon gegeben, nunmehr war allerdings in zahlreichen Fällen der Konflikt mit herrschaftlichen Interessen vorprogrammiert. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen dieser „molekularen“ Initiativen zur Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind nur schwer abzuschätzen. Für Hessen liegen immerhin Einzelangaben auf lokaler Ebene vor. Für das Amt Ziegenhain wurden bereits 1555 für 13 verschieden große Dörfer ca. 875 ha als Rottland verzeichnet, verteilt an 355 Haushalte. Die Rodeländer wurden nahezu ausschließlich mit Getreide

125 126 127 128 129 130 131 132 133

Franz 1976, S. 68 f. Jäger 1958, S. 89. Abel 1978, S. 161. Nitz 1984, S. 65. Bölts 1966, S. 140. Ramsauer 1929, S. 21–30. Küster 1999, S. 272 f. von Arnim 1957, S. 22. Born 1961, S. 39  ; Robisheaux 1989, S. 76 f.

Faktoren des Bevölkerungswachstums

bebaut.134 In Balhorn nutzte man lediglich vier der 74 ha, die 1579 als Rottland ausgewiesen wurden, als Wiesen.135 Das Land stammte oft aus der Allmende, einer Verfügungsmasse, die meist die Gemeinden kontrollierten. In Loshausen im Schwalmgebiet wurden in der ersten Hälfte des Jahrhunderts 51 ha aus dem Gemeindewald gerodet und das Land zu gleichen Teilen unter 36 Nutzungsberechtigte ausgeteilt.136 Nach dem gleichen Prinzip wurde im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts in zahlreichen Dörfern der Schwäbischen Alb, Sachsens und Thüringens Allmendestücke in Ackerland verwandelt.137 Im hessischen Amt Ziegenhain hingegen hatte bereits 1550 eine Besichtigung des Landbesitzes ergeben, dass die Rodungen auch solche Wälder nicht verschont hätten, die von der Landesherrschaft als Eigentum reklamiert wurden. Für einen Teil der gewonnenen Stücke werde nicht einmal Zins entrichtet. Die Klausel in der hessischen Forstordnung von 1532, die Rodungen nur dann gestattete, wenn sie mit „Wissen und Erkenntnis“ des zuständigen Oberförsters vorgenommen wurden, war in der Praxis offenbar nicht durchzusetzen.138 Kein Wunder, dass die hessische Holzordnung von 1593 schließlich jegliches Roden unter Strafe stellte.139 Von „wilden“ Rodungen berichten die Quellen auch in anderen Mittelgebirgsterritorien.140 Wie in Hessen versuchte man in der Folgezeit, das gewonnene Land durch die Revision der Salbücher wieder in den Rahmen der Grundherrschaft einzufügen.141 Da das Neuland allerdings meist an den Rändern der Gemarkungen lag, wurde es oft nicht intensiv bewirtschaftet. In Hessen fiel den Beamten auf, dass zahlreiche Inhaber auf regelmäßige Düngung des gewonnenen Landes verzichteten und stattdessen weitere Rodungen durchführten.142 In Thüringen und Sachsen wurde nach 1570 allerdings mit innovativen Methoden versucht, auch die vom Siedlungskern weiter entfernt liegenden Felder intensiver in Kultur zu nehmen (Kap. 3.1.4.2). Inwieweit sich die landwirtschaftliche Fläche im Laufe des 16. Jahrhunderts gegenüber dem Hochmittelalter ausdehnte, ist schwer zu bilanzieren. Die gut dokumentierten „wilden“ Rodungen im Schwalmgebiet fanden in der Mehrheit auf Wüstungsfluren statt.143 Das brachte gegenüber dem Hochmittelalter keinen Zuwachs. Es gab sogar größere Areale, etwa im nordhessischen Reinhardswald, in denen man Wüstungen selbst auf Lössböden nicht wieder in Kultur nahm. Neben den steigenden Holzpreisen soll dabei auch die 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143

Born 1961, S. 35  ; s. auch Saalfeld 1998, S. 675. Krieger 1998, S. 82. Born 1961, S. 33. Berthold 1982, S. 13, S. 21  ; Fink 2004, S. 68 f. Born 1961, S. 27, S. 32 f. Born 1961, S. 38 f.; Thüringer Territorien  : Schwarze 1975, S. 72. Winter 1965, S. 59  ; Troßbach 1985, S. 275 f. Berthold 1982, S. 14 f. Born 1961, S. 27, S. 32 f.; Krieger 1998, S. 62. Born 1961, S. 31 f.

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Jagdleidenschaft der Landesherren eine Rolle gespielt haben. Im Weserbergland dagegen wurde etwa 20% der heutigen Siedlungs- und Kulturfläche erst seit dem späten 15. Jahrhundert gerodet.144 Einer einheitlichen Beantwortung entzieht sich die Frage, wie sich die Rodungsgewinne auf die dörflichen Schichten verteilten.145 In Anhalt-Köthen trat 1611 auf Vollbauernhöfen in einzelnen Fällen ein durch Rodung erwirktes „Übermaß“ von bis zu 30 ha zutage.146 Im hessischen Balhorn entfielen die größten Anteile an den Rodungsflächen gleichfalls auf die größten Landbesitzer.147 An anderer Stelle ergriffen eher unterbäuerliche Schichten die Chancen. In Holstein hatten landarme Schichten bereits im Spätmittelalter ihren Besitz aufgestockt.148 In Ostschwaben waren Kleinbauern, sogenannte Seldner, auf den Flurstücken, die der Wüstungsmasse entstammten, überproportional vertreten.149 Im hessischen Amt Ziegenhain machten von der Möglichkeit der Rodung sogenannte Kötter am stärksten Gebrauch, meist Kleinbauern, aber auch „Personen, die kein eigenes Haus besaßen und auf anderen Betrieben als Knechte oder Tagelöhner arbeiteten“.150 Ähnlich in der Grafschaft Hohenlohe151 und im schaumburgischen Lindhorst152, wo eine Anzahl von Kleinstellenbesitzern durch Rodung überhaupt erst zu Landbesitz kamen. Auch in den Territorien der Gutsherrschaft, wo die Gewerbeentwicklung nur punktuell Fuß fasste, griffen unterbäuerliche Schichten auf diese Landreserve zu, die oft aus Wüstungsland bestand. In der Lausitz wandelten sich sogenannte Gärtner und Kossäten im Horizont von Wüstungs- und Ausbauperiode „von einer Art Häusler zum Kleinbauern mit mehreren Morgen Hufenland“153, auch in der Uckermark erweiterten die Kossäten durch Rodung ihren Landbesitz.154 In zahlreichen Orten Ostschwabens begannen sich die Vermögenswerte der reichsten Seldner mit denen der ärmeren Bauern, dort Huber genannt, zu „überlappen“.155 Die traditionellen Benennungen der dörflichen Besitzklassen spiegelten in solchen Fällen die soziale Verteilung nur noch unzureichend wider. Innerdörfliche Konflikte blieben nicht aus, z. B. im hessischen Schwalmgebiet, wo Bauern schon vor 1550 darauf drängten, die expandierenden Höfe der Kötter zu Spanndiensten heranzuziehen.156 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156

Jäger 1958, S. 86 f. Born 1989, S. 77 f. Berthold 1982, S. 15. Krieger 1998, S. 62. Lorenzen-Schmidt 1986, S. 41. Grees 1975, S. 137–139. Born 1961, S. 35–38. Robisheaux 1989, S. 76 f. Abel 1978, S. 163. Boelcke 1967, S. 86. Harnisch 1968, S. 97. Grees 1975, S. 165, S. 265 f. Born 1961, S. 25 f.

Faktoren des Bevölkerungswachstums

In Nordwestdeutschland schoben sich seit Beginn des 16. Jahrhunderts die Behausungen der Kötter in den bestehenden Siedlungen zwischen die älteren Bauernhöfe  ; eine neue Schicht, Brinksitzer genannt, siedelte am Dorfrand. Zahlreiche Kötter wiederum expandierten in die ausgedehnten Marken.157 Diese sog. Markkötter waren eine Art Aussiedler, deren neu gewonnenes Land eng an ihren Wohnstätten lag und daher intensiv bewirtschaftet werden konnte. In der Grafschaft Lippe meldeten die großbäuerlichen Huteberechtigten158 jedoch Widerspruch an, als die landesherrliche Verwaltung Mitte des 16. Jahrhunderts die Errichtung von Kleinstellen auf Teilen der ausgedehnten Gemeinheitshutungen förderte. Dies heißt jedoch nicht, dass landesherrliche Verwaltungen generell den Interessen der unterbäuerlichen Schichten entsprochen hätten. In Mittelgebirgsregionen wie Ostthüringen, Hessen und Hohenlohe sollten wiederholt verkündete Teilungs- und Veräußerungsverbote für eine Festschreibung der bäuerlichen Besitzstrukturen sorgen. Das Interesse der Landesherrschaft an Hofgrößen, die bestimmte Dienstleistungen erbringen konnten, konvergierte mit dem Bestreben vollbäuerlicher Schichten, ihren Besitz zu konsolidieren.159 Wo der Bodenmarkt dagegen nicht geschlossen wurde, entwickelte sich die Nachfrage nach Land angesichts steigender Bevölkerungszahlen und abnehmender Getreideerträge stürmisch. Für „Bayern und Schwaben“ beklagte Sebastian Franck bereits 1530, dass „die guetter und herberg in ein sollich aufschlag kommen, dass kaum hoeher mag“.160 In Schleswig-Holstein stiegen trotz des Landgewinns durch Eindeichungen die Kauf- und Pachtpreise für Ackerland zwischen 1526/1550 und 1575/1600 um das Zweieinhalb- bis Dreifache.161 In den schwäbischen Dörfern Bondorf und Gebersheim wurden die Ackerpreise der Jahre zwischen 1615 und 1619 erst um 1800 wieder erreicht.162 Während sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts an immer mehr Stellen die Grenzen schlossen, bestanden zuvor in den ländlichen Gesellschaften im wörtlichen Sinne Spielräume, in denen eine wachsende Bevölkerung Platz finden konnte. Der Umstand eines im 16. Jahrhundert stagnierenden oder sogar abnehmenden Urbanisierungsgrades verliert auf dieser Basis seinen befremdlichen Charakter. Umgekehrt erklärt sich aus den zunehmenden Bevölkerungszahlen ein Stück weit die Attraktivität, die „das Land“ für die expandierende Gewerbeentwicklung des 16. Jahrhunderts besaß. Allerdings hing der Umfang der Spielräume von verschiedenen Faktoren ab. Das Verhältnis lokaler demografischer Wachstumsraten zu den jeweils mobilisierbaren Landreserven bildete dabei eine Art Basisfaktor, nicht jedoch als Fixum, sondern als eine Art Rahmen, der durch lokale Entscheidungen gedehnt oder verengt werden konnte. Gegen die Festigung unterbäuerlicher Existenzen durch die Aufteilung von Allmendestücken 157 158 159 160 161 162

Saalfeld 1998, S. 668. Rothe 1998, S. 65 f.; Stiewe 2001, S. 160. Troßbach/Zimmermann 2006, S. 63–65. Zit. nach Bohl 1990, S. 59. von Arnim 1957, S. 21. Maisch 1992, S. 49.

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erhoben bereits im Vorfeld des Bauernkriegs oberschwäbische Vollbauern Einspruch, um die Mitte des Jahrhunderts dann auch ihre Standesgenossen in westfälischen Gebieten. Im zentralen Mittelgebirgsraum expandierten dagegen an vielen Stellen Angehörige verschiedener dörflicher Schichten auf bewaldetes Terrain, ehe landesherrliche Eigentumsansprüche seit der Mitte des 16. Jahrhunderts auch hier die Spielräume verengten. 2.2.2 Juden auf dem Land

Rolf Kießling Mit dem Spätmittelalter entstand eine neue Siedlungsgruppe in der ländlichen Gesellschaft, die schon wegen ihrer eigenständigen Religiosität eine Sonderstellung einnahm  : die Niederlassungen der Juden. Waren die frühen Gemeinden bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts vorwiegend auf die Städte konzentriert und lag der geografische Schwerpunkt dabei auf dem Westen und in den Zentrallandschaften des Reiches, so ergab sich nach dem gravierenden Einschnitt der weit ausgreifenden Pestpogrome um die Mitte des 14. Jahrhunderts eine Verschiebung in der Siedlungsstruktur  : Zum einen setzte sich die Binnenwanderung nach Osten bis Sachsen, Böhmen und Mähren weiter fort, zum anderen löste sich die Verknüpfung mit der Urbanisierung auf  ; dabei nahm die Bildung kleiner und kleinster Gemeinden bzw. Familienverbände in protostädtischen oder dörflichen Siedlungen erheblich zu. Von den erfassten 1038 Orten mit Juden nach 1350 waren immerhin 27% Märkte und Dörfer.163 Zwar hatte es im Elsass und am Mittelrhein, dann auch in Franken und Niederösterreich schon wegen der Beteiligung am Weinbau und Weinhandel bereits im Hochmittelalter sporadisch ländliche jüdische Ansiedlungen gegeben164, doch im 15. Jahrhundert erscheint der steigende Anteil signifikant für einen Wandel, der in das „Landjudentum“ der Frühen Neuzeit führte. Sie gehörten vielfach dem Typus einfacher Niederlassungen (Jischuw) an, die sich schon wegen der kultischen Erfordernisse den urbanen Zentren anschlossen und mit ihnen zusammen eigene Bezirke (Medinot) ausbildeten.165 Auslöser dafür war die Vertreibung aus fast allen Reichsstädten mit einem Schwerpunkt im Zeitraum zwischen 1424 (Köln) und 1519 (Regensburg) und parallel dazu aus vielen Territorien (z. B. Herzogtümer Bayern-Landshut 1450, Württemberg 1498, Mecklenburg 1492, Erzbistum Magdeburg 1493)166, die das „Judenregal“, also das Recht zur Schutzgewährung, vom Königtum übertragen bekommen, übernommen oder einfach usurpiert hatten und es nun neben hohen steuerlichen Belastungen sowie die zunehmende generelle Marginalisierung des Judentums für eine Ausweisung instrumentalisierten. Die jüngere Forschung hat zudem herausgearbeitet, dass die spätmittelalterliche Siedlungsstruktur of163 164 165 166

Toch 1992  ; Toch 1998, S. 12 f. Müller in  : Haverkamp 2002, S. 114 f.; G. Maier 2010, S. 33–42. Barzen 2011. Wenninger 1981  ; Burgard/Haverkamp/Mentgen 1999  ; Toch 2003, S. 2298–2327.

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Abb. 8  : Jüdische Niederlassungen im Elsass 1480−1520.

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fenbar zu einer „‚Verdörflichung‘ und ‚Individualisierung‘ der jüdischen Lebensweise“ in Familienverbänden tendierte.167 Das schlug sich nicht zuletzt in einer Verdichtung der jüdischen ländlichen Siedlungen zumindest im Elsass (Abb. 8) und am Mittelrhein, in der Wetterau und am unteren Neckar nieder.168 Im Laufe des 16. Jahrhunderts erreichte diese Entwicklung einen Höhepunkt und gewann auch in den jüngeren Siedlungsregionen an Gewicht  : Genaue Untersuchungen ergaben für den Südwesten von Thüringen169, für Hessen-Marburg170 und für das Stift Minden171 Strukturen jüdischer Existenz, bei denen ländliche Kleingemeinden, vielfach aber auch nur sporadische Kleingruppen dominierten. Dagegen blieben in Kurköln die kleinstädtischen Siedlungsplätze dominant.172 Dieses hohe Maß an Labilität und Fluktuation im aschkenasischen Judentum des 16. Jahrhunderts dauerte bis zum Dreißigjährigen Krieg an  : Bei einer geschätzten Anzahl von 35.000–40.000 Personen im Reich, d. h. etwa 0,2% der Gesamtbevölkerung, galten als Kernlande nach wie vor der Mittelrhein, die Wetterau und Franken, das Elsass war demgegenüber erheblich ausgedünnt  ; sehr unterschiedlich verteilten sich die Familienverbände im Südwesten über die Habsburger Länder bis ins Burgenland, von Schlesien und den Kurlanden Brandenburg über die niederrheinischen Territorien und Bistümer bis in die Niederlande.173 Die nur mehr begrenzte Wirksamkeit des kaiserlichen Judenregals und die Verschiebung des Judenschutzes auf die territorialen und lokalen Herrschaftsträger zog sehr verschiedenartige Ansiedlungsbedingungen nach sich  : Die Juden waren stets auf der Suche nach Nischen, nach Orten, in denen ihnen ein – gegen finanzielle Entschädigung befristeter – Schutz gewährt wurde. Als günstig erwiesen sich komplexe Kondominate konkurrierender Herrschaftsträger, etwa in Ganerbschaften wie im thüringischen Berka/Werra, Barchfeld, Ilmenau, Oberdorla, Schmalkalden, Schwarza, Vacha und Völkershausen174, besonders markant aber im Falle von Fürth, wo die Reichsstadt Nürnberg, die Markgrafschaft Ansbach und die Dompropstei Bamberg ihre Herrschaftsansprüche seit 1528 durch die Gewährung von Rechten an die Judengemeinde demonstrierten.175 Als weiteres Merkmal zeichnet sich die Ansiedlungsbereitschaft der Reichsritterschaft ab, etwa besonders ausgeprägt im Busecker Tal und im Londorfer Grund östlich von Gießen.176 Die Strukturen des langen 16. Jahrhunderts sind dabei bislang nur in Ansätzen erkennbar  : Neben wenigen größeren Stadtgemeinden wie Frankfurt, Worms und Prag 167 Ziwes 1995, S. 60. 168 Ziwes 1995, S. 49–61  ; Mentgen 1995, S. 65, S. 76; Haverkamp 2002, Karten A 4.7–9 u. dazu Müller, S.  120 f.; Barzen 2011, S. 66 f. 169 Litt 2003, S. 125–133. 170 Treue 2009, S. 10–26. 171 Linnemeier 2002, S. 67–70. 172 Klein 2003, S. 56 f. 173 Battenberg 2001, S. 10–13. 174 Litt 2003, S. 132. 175 Renda 1989, S. 239  ; Löwenstein 1974. 176 Treue 2009, S. 18, S. 21  ; Battenberg 2015.

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Abb. 9  : Jüdische Hausierer, Buchillustration um 1450.

dominierten nun überall die Dorf- und Kleinstadtniederlassungen – vielfach nur mehr mit rudimentären Gemeindeeinrichtungen bis hin zur „Atomisierung“ nur kurzfristig fassbarer Familien.177 Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg stabilisierte sich die Situation – einschließlich der nun auch charakteristischen „Judendörfer“, die nicht zuletzt durch eine gezielte Peuplierungspolitik gefördert wurden178 und in den potenten Hofjuden vielfach ihre Stützen fanden.179 Schon die Lage vieler dieser Dörfer mit jüdischem Anteil in der Nähe größerer Städte lässt auf eine ökonomische Verbindung städtischer Märkte mit dem ländlichen Einzugsbereich schließen  ; so etwa in den Vorstadtgemeinden Pfersee, Kriegshaber und Steppach vor den Toren Augsburgs180 oder in den „Küchendörfern“ Daberstedt und Hochheim im Umland Erfurts.181 Daraus entstand eine grundlegende Bedeutung der Juden für die Infra­struktur ländlicher Regionen, angefangen vom Viehhandel, in dem sie zu dominierenden Trägern wurden182, über den Handel mit Leder, Tuchen und Wolle aus ländlicher 177 178 179 180 181 182

Cohen 1983, S. 151 f.; Battenberg 2001, S. 98. Battenberg 2001, S. 32–36. Hödl u. a. 2004. Ullmann 1999, S. 40–46. Litt 2009, S. 11. Kaufmann 2008, vgl. G. Maier 2010, S. 93–99.

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Produktion bis hin zum Hausierhandel mit Waren des nichtalltäglichen Bedarfs und vielfältig verbunden mit den tradierten Formen des Geldverleihs vom Pfandgeschäft bis zu ansehnlicheren Kreditbeziehungen.183 (Abb. 9) Auch wenn deren Anfänge nur schwer fassbar sind, so wird man doch davon ausgehen dürfen, dass die Grundlagen für die bis ins 19. Jahrhundert andauernden Strukturen des Wirtschaftens der ländlichen Judenschaften bis in deren Entstehungszeit im 16. Jahrhundert zurückreichen. Bei der Geldleihe wird jedenfalls schon im Spätmittelalter die Einbeziehung des ländlichen Raumes vonseiten der städtischen Judengemeinden deutlich erkennbar (Kap. 4.2.4). Dieses neue Strukturelement des Landjudentums blieb freilich nicht ohne Konfliktpotenziale. So lösten die langtradierten antijüdischen Stereotype auch hier immer wieder lokale bzw. regionale Verfolgungen aus. Nach den mittelalterlichen Pogromen mit dem verheeren Höhepunkt zur Zeit des Schwarzen Todes 1348/50 bedeuteten sie weiterhin eine latente Gefährdung. Die generelle Dämonisierung des Judentums184, die im Spätmittelalter vor allem in der Massenpredigt der Bettelorden popularisiert wurde, erfuhr auch in der Reformationszeit kaum wesentliche Veränderungen, setzte sich vielmehr auf vielen publizistischen Kanälen weiter fort. Judenfreundliche Haltungen, wie sie vor allem der Humanist und Hebräist Johannes Reuchlin propagierte, blieben die Ausnahme.185 Die Reformatoren selbst pendelten zwischen den Polen einer eher seltenen grundsätzlichen Akzeptanz wie bei Osiander, einer solchen der Abgrenzung wie bei Martin Bucer bis zu dem vehementen Verdikt des späten Luther von 1543186, ein Spektrum das sich bei vielen örtlichen Pfarrern wiederfindet. Die dörflich-kleinstädtische Existenz der Juden stieß deshalb vor Ort vielfach auf distanziertes Verhalten, auch wenn bei Alltagskonflikten nicht immer klar wird, inwieweit sie auf „normalen“ Interessendivergenzen beruhten oder sich aus antijüdischen Stereotypen speisten. Eine generelle Verstetigung der Akzeptanz wird jedenfalls vielfach erst im 17./18. Jahrhundert deutlicher erkennbar.187 2.2.3 Das Anwachsen der unterbäuerlichen Schichten

Frank Konersmann/Werner Troßbach Wie bereits die Veränderung des Urbanisierungsgrades zu erkennen gibt, war die Zunahme der Bevölkerungszahlen nach 1500 v. a. den starken Wachstumsraten auf dem Lande zu verdanken. In einigen Regionen war dies spätestens seit den 1470er-Jahren der Fall, z. B. in Oberschwaben, wo David W. Sabean bis ca. 1560 eine Verdoppelung der Bevölkerung bzw. eine jährliche Wachstumsrate von bis zu 1,5% errechnet hat.188 Im 183 Ullmann 1999, S. 255–327. 184 Patschovsky 1992. 185 Güde 1981, S. 61–66. 186 Zusammenfassend Battenberg 2001, S. 82–86. 187 Kießling/Ullmann 2003  ; Mordstein 2004. 188 Sabean 1975, S. 136, S. 140.

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westlichen Bodenseegebiet war bereits am Vorabend des Bauernkriegs „zunehmende(r) Bevölkerungsdruck“ spürbar.189 Vor dem Hintergrund der Daten, die Fritz Körner bereits in den Fünfzigerjahren anhand von Steuerlisten vornehmlich aus dem mitteldeutschen Raum zusammengestellt hat, lässt sich die Perspektive unschwer erweitern. Solche Listen bilden noch immer die wichtigste Grundlage für die Schätzung von Bevölkerungszahlen. Freilich kann die Zählung von Steuerpflichtigen lediglich als Indikator dienen, da die Zahl der Haushaltsangehörigen nicht erfasst ist. Die höchste Wachstumsrate (1,68% pro Jahr) wurde demnach in 39 Dörfern um Marburg registriert, wo die Zahl der Steuerzahler zwischen 1502 und 1577 von 584 auf 1320 zunahm, die niedrigste im Erzbistum Magdeburg mit drei Städten und 252 Dörfern, wo sie zwischen 1563 und 1600 lediglich von 7642 auf 7864 stieg. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Zeitspannen werden aus dem Gesamtmaterial190 zwei Trends deutlich  : Einmal war die Zunahme in „rein“ ländlichen Gebieten besonders stark ausgeprägt, zum andern schwächte sie sich insgesamt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, als die „Kernphase“ der „Kleinen Eiszeit“ einsetzte, stark ab. Auffallend ist in zahlreichen Regionen eine besonders starke Zunahme der semi- und unterbäuerlichen Gruppen191, deren jährliche Wachstumsrate z. B. im sächsischen Amt Grimma auf rund 3 bis 5,5% beziffert wird.192 Durch ihren Anstieg befürchteten Vollbauern soziale und wirtschaftliche Risiken für ihre Familien und eine Gefährdung großbäuerlicher Dominanz in den Dörfern. Latent schon zu Beginn des Spätmittelalters193, v. a. aber an der Wende zum 16. Jahrhundert und im Bauernkrieg brachen deshalb in einigen Regionen besonders im Südwesten Ressourcenkonflikte in den Landgemeinden auf.194 Das bemerkenswerte Wachstum der ländlichen Bevölkerung – insbesondere der semiund unterbäuerlichen Gruppen – von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an steht in differenzierter Wechselwirkung mit wirtschaftlichen und administrativen Vorgängen. Die Spezialisierung der Agrarproduktion und die Verlagerung gewerblicher Produktion in ländliche Gebiete boten zusätzliche Einkommensmöglichkeiten für bäuerliche und semibäuerliche Gruppen (Kap. 4.2).195 Außerdem waren städtische, klösterliche und landesherrliche Obrigkeiten an der Steigerung ihrer Einnahmen interessiert, sodass sie sich um eine Vergrößerung der Gruppe der Steuerzahler bemühten, indem sie etwa eine dichtere Besiedlung und die Aufteilung bzw. Besiedlung von Kollektivland förderten. Dies kam v. a. unterbäuerlichen Gruppen zugute (Kap. 2.3.1). Inwieweit die überproportionale Zunahme unterbäuerlicher Haushalte als Indiz für besonderen Kinderreichtum und/oder frühe Heirat gewertet werden kann, ist dagegen zweifelhaft. Bekanntlich rekrutierten sich 189 190 191 192 193 194 195

Bohl 1990, S. 60 f.; P. Blickle 2004, S. 114. F. Körner 1958, S. 191–193. Troßbach/Zimmermann 2006, S. 62–65. Schirmer 1996, S. 32. Kelter 1953, S. 175, S. 182  ; Bergdolt 1994, S. 201 f. Sabean 1975, S. 138 f., S. 142 f., S. 150  ; Troßbach 2008, S. 248. Kelter 1953, S. 192–195  ; U. Pfister 1991, S. 158  ; Kießling 2010, S. 15–54.

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die ländlichen Unterschichten nicht allein aus sich selbst, sondern erhielten auch aus dem Kreis der vollbäuerlichen Familien Zuwachs – infolge der Abstiegsmobilität der im Erbgang benachteiligten Geschwister.196 Weniger problematisch dürfte die Einschätzung sein, dass sich Angehörige der ländlichen Unterschichten bei ihren Heiratsentscheidungen bereits im 15. Jahrhundert eher an den Marktchancen ihrer Arbeitskraft als an der Verfügbarkeit von Land orientierten. Ob oder inwieweit man deshalb schon von einer „früh-proletarischen Lebensweise“ sprechen kann, die v. a. für Tagelöhner und Kleinstelleninhaber kennzeichnend gewesen sei, die im ländlichen Umfeld prosperierender Städte ansässig waren197, oder der Mischökonomie aus Kleinbauernstellen und handwerklicher Arbeit einen höheren Stellenwert einräumt, wird je nach Region unterschiedlich einzuschätzen sein. Zweifellos ist für diese Gruppen aber eine bemerkenswert hohe Mobilität zu konstatieren.198 2.2.4 Durchsetzung des „Europäischen Heiratsmusters“  ?

Frank Konersmann/Werner Troßbach Wenn bei der Gründung neuer Haushalte nach 1550 öfter ein Stillstand einsetzte, wie für einige süddeutsche Territorien belegt199, dann war das jedoch nicht allein den eigenen Entscheidungen der Familien geschuldet. Eine wichtige Rolle spielten administrative Einschränkungen. Dazu gehören in zahlreichen Territorien Rodungs- und Hausbauverbote, deren demografische Folgen schwer messbar sind.200 Direkte demografische Auswirkungen können dagegen der massiv einsetzenden konfessionskirchlichen Kontrolle der Eheschließung zugeschrieben werden, die den Konsens der Eltern und eine auskömmliche Existenzgrundlage verbindlich machten201 und sog. Winkelehen im Gegenzug unterbanden. In der Folge sahen v. a. die auf Lohneinkommen angewiesenen semi- und unterbäuerlichen Gruppen nicht nur ihrer Pauperisierung entgegen, sondern wurden darüber hinaus immer häufiger mit Ehelosigkeit konfrontiert.202 Bei den auf Statusbewahrung zielenden vollbäuerlichen Familien bzw. ihren Oberhäuptern trafen diesbezügliche Aktivitäten von Amtsträgern und Behörden weitgehend auf positive Resonanz.203 Vor dem Hintergrund einer Koinzidenz spontaner und intentionaler Faktoren ist der Zeitraum zwischen 1550 und 1620 seit Längerem in das Fadenkreuz der historischen Demografie gerückt. Bereits 1972 stellte Erik Midelfort für Südwestdeutschland fest, dass 196 Schirmer 1996, S. 31 f.; Robisheaux 1989, S. 77. 197 U. Pfister 1991, S. 158. 198 Mols 1979, S. 40  ; C. Pfister 1994, S. 41. 199 Sabean 1975, S. 136  ; C. Pfister 1994, S. 41 ; Sreenivasan 2004, S. 119. 200 Sreenivasan 2004, S. 165–172. 201 Robisheaux 1989, S. 96–105. 202 Gestrich 2003, S. 415 f.; U. Pfister 2009, S. 412. 203 Robisheaux 1981, S. 293–295  ; Konersmann 1996, S. 315.

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etwa 20% der Frauen unverheiratet geblieben seien, und zwar „for the first time in European history“.204 An diese Beobachtung schließt sich die Frage an, ob das als „European Marriage Pattern“ bezeichnete demografische System mit hohem Ledigenanteil, hohem Heiratsalter und demzufolge niedriger Geburtenzahl205 sich erst in diesem Zeitraum durchgesetzt hat oder ob es – wie Michael Mitterauer jüngst gefolgert hat – bereits in den Grundherrschaften der Karolingerzeit präsent war.206 Die Ledigenrate von 20%, die Midelfort seiner Schlussfolgerung zugrunde legte, hat in dieser Diskussion insoweit keinen Beweiswert, als sie sich nicht aus Quellenanalysen ergibt, sondern auf Extrapolationen beruht. Allerdings könnten die hohen Wachstumsraten zwischen 1450 und 1550 als Indiz dafür gewertet werden, dass das „Europäische Heiratsmuster“ in diesem Zeitraum entweder „ausgesetzt“ oder noch nicht „voll ausgebildet“ war.207 Die Problematik kann jedoch nur schlaglichtartig beleuchtet werden  ; ein europäisches Phänomen ließe sich ohnehin nur im europäischen Vergleich erfassen. Für deutschsprachige Territorien besitzen zudem exakte Daten „Seltenheitswert“.208 Es ist daher kein Wunder, dass einer Bevölkerungsliste aus dem Fürstbistum Speyer besondere Aufmerksamkeit zuteil geworden ist. In diesem kleinen oberrheinischen Territorium waren 1530 etwa 90% aller Erwachsenen verheiratet. Somit hätte die Ledigenquote nur halb so hoch gelegen wie in Midelforts Annahme für die Spätphase des 16. Jahrhunderts. Diese Schlussfolgerung wäre jedoch voreilig. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass ein Teil der Unverheirateten als „Kinder“, d. h. als Angehörige elterlicher Haushalte, gezählt wurde, selbst wenn sie bereits erwachsen waren.209 Ebenso schwierig ist die Interpretation der Liste bezüglich des Heiratsalters. Im Durchschnitt wurde pro Haushalt eine Kinderzahl von 2,34 erreicht. Sie lag nicht wesentlich über den Werten, die aus dem 18. Jahrhundert bekannt sind, sicherte also lediglich eine „leichte Zunahme der Bevölkerung“.210 Dies spräche für eine Orientierung am „Europäischen Heiratsmuster“. Der Aussagewert der Durchschnittszahlen ist jedoch durch eine breite Streuung beeinträchtigt  : So lebten 50,8% der Kinder in Familien mit drei und mehr Kindern, mehr als 20% sogar in Familien mit fünf und mehr Kindern. Hingegen waren 21,6% aller Paare kinderlos.211 Der Aussagewert der insgesamt niedrigen Durchschnittszahlen wird zudem durch starke lokale Unterschiede beeinträchtigt. Dörfer und Kleinstädte mit insgesamt hohen Kinderzahlen stehen solchen mit insgesamt niedrigen Kinderzahlen und einem hohen Anteil kinderloser Paare gegenüber. Lokale Unterschiede im Heiratsalter sind je204 Midelfort 1972, S. 184. 205 C. Pfister 1994, S. 43–48  ; Ehmer 1991, S. 65  ; Livi-Bacci 1999, S. 141. 206 Mitterauer 2004, S. 73–76. 207 C. Pfister 1994, S. 11. 208 Ebd., S. 83. 209 Bull 1990, S. 110–112. 210 Ebd., S. 116. 211 Ebd., S. 112–114, S. 135.

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doch nicht zu erkennen. Insofern ist die Vermutung ausgesprochen worden, dass einzelne Orte stärker als andere der Verbreitung von (Kinder-)Krankheiten ausgesetzt waren. Indirekt wäre dies ein Argument für hohe Geburtenzahlen und damit die Verbreitung früher Eheschließungen, letztlich also dafür, dass das „Europäische Heiratsmuster“ um 1530 in dieser Kleinregion nicht praktiziert wurde.212 Nicht zu erkennen ist, ob sich Unterschiede in der Kinderzahl auf Schichtzugehörigkeit oder agrarische Orientierung beziehen lassen. Für diese Frage liegen Einzelbeobachtungen aus einer anderen Region vor. Im Gebiet des Klosters Salem am Bodensee umfassten 1578 die Haushalte und Familien im Weinbauort Nussdorf mit lohnabhängiger Bevölkerung im Durchschnitt 4,7 bzw. 4,3 Personen, im bäuerlich-landwirtschaftlich ausgerichteten Weiler Tepfenhard dagegen 11,1 bzw. 8,4 Personen.213

2.3 Krisen und gesellschaftliche Reaktionen Frank Konersmann/Werner Troßbach 2.3.1 Gemeindeprotest und Bauernkrieg

Die historische Klimaforschung hat für das 17. Jahrhundert auf globaler Ebene einen Zusammenhang zwischen Krisenphänomenen und dem gehäuften Auftreten gesellschaftlicher Konflikte, darunter auch Fällen bäuerlichen Aufbegehrens gegen Staat und Grundherrschaft, aufweisen können.214 Für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts lassen sich auf Reichsebene ähnliche Zusammenhänge erkennen, wenn auch freilich nur en miniature und im Wesentlichen auf den Süden und Südosten beschränkt.215 Immer ist dabei jedoch zu bedenken, dass die Proteste, ob überterritorial ausgerichtet oder lokal begrenzt, nicht lediglich „spasmodische“ Reaktionen auf Krisenphänomene darstellten, sondern in ein komplexes Ursachengeflecht einzuordnen sind. Bevor also Korrelationen vorgenommen werden können, sind die jeweils konkreten Konstellationen zu analysieren. Dazu gehören zunächst die sozialgeschichtlichen Voraussetzungen. So waren von der säkularen Preissteigerung für Grundnahrungsmittel wie von den periodischen Subsistenzkrisen auf dem Lande in erster Linie Tagelöhner betroffen, die ihren gesamten Getreidebedarf auf dem Markt decken mussten, aber auch Parzellenbesitzer und Kleinbauern. Selbst mittlere Existenzen waren nach Missernten in ihrer Vorratshaltung stark beeinträchtigt, oft gezwungen, sich zu verschulden, um sich Saatgut zu beschaffen und Abgaben leisten zu können.216 212 Bull 1990, S. 113–115. 213 Bohl 1990, S. 56. Zum Hintergrund  : Brun 2013, S. 164–166. 214 Mauelshagen 2010, S. 104 f. 215 P. Blickle 1973, S. 423–425  ; Elbs 1981, S. 102 f.; Fink 2004, S. 192 f.; M. Weber 1994, S. 47–51. 216 Landsteiner 2001, S.  93  ; Jakubowski-Tiessen 2010, S. 35, S. 38.

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Abb. 10  : Die Aktionsräume im Bauernkrieg, 1525.

Konflikte konnten vermieden werden, wenn Herrschaftsträger bereit waren, Abgaben zu stunden, wie dies Ende des 15. Jahrhunderts in den Grundherrschaften der Klöster St. Gallen und Ottobeuren der Fall war.217 In einigen anderen Territorien in Süddeutschland zwang man dagegen bereits in diesem Zeitraum rückständige Zahler, ihre Höfe zu verlassen.218 Auch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ließ man trotz zunehmend häufiger Missernten nicht überall größere Nachsicht walten. Immerhin waren die Grafen von Hohenlohe bereit, bei Zahlungsschwierigkeiten kleinbäuerlichen Schichten Aufschub und sogar Kredite zu gewähren.219 Das nordwestdeutsche Meierrecht sah ohnehin „bei Unglücksfällen oder Missernten“ ein Recht auf Reduzierung der Abgaben vor.220 In der Grafschaft Isenburg im Vogelsberg jedoch mussten Bauern in solchen Fällen ihren Hof räumen, der stattdessen neuen „Pächtern bzw. Pächterkonsortien“ übergeben wurde.221 Kaum mit einem unmittelbaren Klima- bzw. Krisenereignis zu korrelieren ist der Bauernkrieg (1524–26), die größte Erhebung im Zeitraum zwischen 1350 und 1650. In Fran217 Sreenivasan 2004, S. 142  ; Sonderegger 2012, S. 150–156. 218 P. Blickle 2004, S. 53  ; Sabean 1972, S. 76. 219 Robisheaux 1989, S. 166 f., S. 171–173. 220 Saalfeld 1998, S. 644. 221 Hildebrandt/Gudd 1991, S. 129–131.

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ken jedenfalls gingen dem Aufstand etwa zwanzig Jahre mit moderaten Getreidepreisen und günstigen Ernteergebnissen voraus. „Wenn jemand materiell unter der Getreidepreisentwicklung zu leiden hatte, dann waren es nicht unter- oder kleinbäuerliche Schichten bzw. die Lohnarbeiter in den Städten, sondern v. a. mittel- und großbäuerliche Schichten, die eine Marktquote erwirtschafteten.“222 Tragfähiger als Klimabezüge sind ohnehin die Interpretationen, die aus den beiden „großen Erzählungen“ zur spätmittelalterlichen Agrarkrise abgeleitet werden können. Guy Bois hat bekanntlich das Hauptaugenmerk auf die feudalrechtlich legitimierten Zwänge gerichtet, mit denen Grundherrschaften in Anbetracht knapp werdender Arbeitskräfte auf die soziale und ökonomische Dynamik ländlicher Gesellschaften antworteten. Für deutsche Territorien gewinnt diese Auffassung besonderen Aussagewert, da sich diese Form der Reaktion dort in einer neuen personenrechtlichen Konstruktion verdichtete, der Leibeigenschaft (Kap. 5.1).223 Die damit verbundenen Beschränkungen verschärften die Krise insofern, als sie Wege zur Ausweitung und Differenzierung der ökonomischen Tragfähigkeit ländlicher Gesellschaften blockierten. Zugleich wurden damit Spannungen ausgelöst, die zunächst in lokalen Konflikten ausgetragen wurden – von der älteren Forschung als „Voraufstände“ des Bauernkrieges bezeichnet. Auch im Bauernkrieg stand die Leibeigenschaft im Zentrum der Kritik. Bereits die „Voraufstände“ fanden v. a. im wirtschaftlich stark differenzierten Süden des Reiches statt, wo die feudalrechtlich legitimierten Blockaden am stärksten die gesellschaftliche Entwicklung behinderten. Auch für den Bauernkrieg selbst lässt der geografische Überblick erkennen, dass Regionen mit marktbezogenen Sonderkulturen (Gemüse, Wein, Färbe- und Faserpflanzen  ; s. Kap. 4.1) und intensiven Austauschprozessen bzw. engen Stadt-Land-Beziehungen224 vom Aufstandsgeschehen besonders stark erfasst wurden. Dies gilt für länger aktive Unruhegebiete wie Oberschwaben, die Oberrheinlande und die alpinen Montanregionen mit ihren modernen Produktionsstrukturen225, aber auch für Teile Frankens und die Intensivgebiete Thüringens mit ihrem starken Gemüse- und Waid-, teils auch Weinanbau, wo allerdings keine Leibeigenschaft bestand. Dort spitzten sich erst im Bauernkrieg die Konflikte zu. Auch die Krisentheorie Wilhelm Abels kann einen Beitrag zur Erklärung des Bauernkrieges leisten. So steht der Bauernkrieg an markanter Stelle im Verlauf der säkularen Bevölkerungsentwicklung. Die spätmittelalterlichen Bevölkerungsverluste waren in den betroffenen Gebieten nahezu aufgeholt226 und es begann erneut eine Expansionsphase, Zeit für die Verlierer der spätmittelalterlichen Krise, in erster Linie die adligen und kirchlichen Grundherrschaften, ihre Verluste wieder auszugleichen. Die wieder zunehmende Landknappheit ermutigte sie, als nominelle Eigentümer großer Teile des Bodens „alte 222 Bauernfeind 1993, S. 223. 223 P. Blickle 2003, S. 53–74. 224 Scott 2002, Society, S. 72–137. 225 Ludwig/Schmidtchen 1997, S. 216–230. 226 C. Pfister 1994, S. 11.

Krisen und gesellschaftliche Reaktionen

Rechte“ wiederherzustellen, von der Landbevölkerung höhere Abgaben zu fordern und sie wieder stärker in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. So kann der Bauernkrieg als Versuch der Gegenwehr gegen eine „feudale Reaktion“ begriffen werden. Nimmt man die Beschwerdekataloge als Ausgangspunkt für die Analyse der Ursachen, ist der Eindruck eines zunehmenden Ressourcendrucks unabweisbar, am deutlichsten in den Artikeln, die Kollektivrechte thematisieren.227 Dieser Eindruck gewinnt durch den Umstand an Plausibilität, dass die Brennpunkte in den dichter bevölkerten Gebieten im Süden des Reiches lagen228, in denen die spätmittelalterlichen Verluste eher wieder ausgeglichen waren. Der vergleichsweise dünn besiedelte Norden nahm hingegen nicht teil. Insofern kann der Bauernkrieg auf hoher Abstraktionsstufe als Verteilungskonflikt innerhalb rasch enger werdender Grenzen bezeichnet werden. Unter dem Einfluss reformatorischer Gedanken gab es unter den Aufständischen jedoch auch Gruppen, die die feudale Reaktion zum Anlass nahmen, größere Freiheit und Unabhängigkeit für die Landbevölkerung zu fordern und die wirtschaftlichen Ursachen damit programmatisch zu transzendieren. Der Bauernkrieg endete bekanntlich in einer Serie blutiger Niederlagen. Dennoch gelang es den feudalen Grund- und Landesherrschaften in den Aufstandsgebieten nicht, für längere Zeit ein auf die Leibeigenschaft zugeschnittenes Maximalprogramm durchzusetzen. Heute wissen wir, dass zumindest die Klügeren unter ihnen sich den Risiken eines derart gefährlichen Aufbegehrens nicht noch einmal aussetzen wollten.229 2.3.2 Judenpogrome und Hexenverfolgungen

Betrachtet man die gesellschaftlichen Reaktionen auf die spätmittelalterlichen Bevölkerungsverluste, so sticht in der Breite weniger der von den ländlichen Gemeinden organisierte Protest gegen feudale Herrschaft ins Auge, als Handlungsweisen, die von einem spezifischen mentalen Gemisch aus „Fatalismus und Aktivismus“230 gekennzeichnet waren. Einen konstruktiven Ausdruck fand dieses Gemisch in Stadt und Land zunächst in einer wachsenden Anzahl von Memorialstiftungen und Prozessionen (Kap. 6.1.1). In zahlreichen Städten wurden darüber hinaus bereits in der ersten großen Pestepidemie stärker eskapistische Varianten wie Totentänze und Geißlerumzüge organisiert. Nicht auf den städtischen Raum zu beschränken ist eine zunehmende Bereitschaft zu Übergriffen auf jüdische Gemeinden und Familien.231 Bereits vor dem „Schwarzen Tod“ war die jüdische Bevölkerung in zwei Wellen gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt, an denen auch Landbewohner beteiligt waren. Sie gingen jeweils von Franken aus. Die 227 Holenstein 1993, S. 265. 228 Endres 1984, S. 219 f.; Sabean 1972, S. 37 f.; P. Blickle 2004, S. 79 f. 229 Troßbach 2008. 230 Dinges 1995, S. 10. 231 Bulst 1979, S. 63–67  ; Bergdolt 1994, S. 107–145.

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Verwüstungen, die 1298 unter dem Anführer Rintfleisch angerichtet wurden, erfassten darüber hinaus die Oberpfalz, Thüringen und Schwaben, während die Armlederpogrome der Jahre 1336–1339 bis an den Niederrhein und das Elsass reichten. Dabei spielten die antijüdischen Stereotype des Hostienfrevels und Ritualmords eine wichtige Rolle.232 V. a. in der Armlederbewegung stammte die Masse der Täter aus der Bauernschaft, die Anführer meist aus dem Niederadel.233 Unmittelbar nach dem Pesteinbruch des Jahres 1347 sah sich die jüdische Bevölkerung mit dem Vorwurf der Brunnenvergiftung konfrontiert. Die dadurch motivierten Pogrome fanden jedoch fast ausschließlich im städtischen Rahmen statt. Die Unruhen, die 1431/1432 die Stadt Worms, ein traditionsreiches Zentrum jüdischen Lebens, bedrohten, waren dagegen wieder stärker von ländlicher Beteiligung gekennzeichnet, wobei die Täter zumindest zeitweise von den Pfalzgrafen und ihren Beamten unterstützt wurden.234 Im 16. Jahrhundert nahm die Zahl der Pogrome ab, ohne vollständig von der Bildfläche zu verschwinden. Im Sommer 1567 z. B. plünderten in Assenheim bei Hanau Bauern der Umgebung, angestachelt von lokalen Landesherrschaften, die Häuser jüdischer Bewohner und schreckten auch vor Vergewaltigungen nicht zurück.235 Demgegenüber spielte nun die Ansiedlung jüdischer Familien und Gemeinden auf dem Land für die Infrastruktur des ländlichen Raums eine zunehmend wichtige Rolle (Kap. 2.2.2). Kennzeichnend für die Kernphase der „Kleinen Eiszeit“ zwischen 1560 und 1630 ist der Umstand, dass die eskapistischen Reaktionen eher auf eine andere Adressatengruppe zielten, die sog. Hexen. Hexenverfolgungen hatten bereits im Spätmittelalter eingesetzt, ein regionales Massenphänomen wurden sie jedoch erst jetzt.236 Zu bemerken ist zudem, dass die Verfolgungen auch Städte erfassten, keinesfalls also ein ausschließlich ländliches Phänomen darstellten. Hinter den Verfolgungen stand zunächst ein theologisches Lehrgebäude, das sich im konfessionellen Zeitalter zu verfestigen begann, paradoxerweise konfessionsübergreifend. Unwetter, Blitze, Stürme, Heuschreckenschwärme, Hungersnöte wurden als Zeichen göttlicher Macht und Strafe für die Sünden der Menschen verstanden.237 Gemäß der offiziellen Lehre – ob katholischer, lutherischer oder calvinistischer Provenienz – bediente sich Gott dabei des Teufels und sogenannter Hexen. Die Verbindung zum Realgeschehen der „Kleinen Eiszeit“ bildete die schon länger in der Volkskultur virulente Konstruktion des „Schadzaubers“, wodurch man Wetteranomalien, Missernten, Tierseuchen und Hunger auf intentionale Einwirkungen, in diesem Falle der Hexen, zurückführen konnte. Kürzlich ist vor diesem Hintergrund eine charakteristische Konzentration des Verfolgungsgeschehens in Weinbaugebieten festgestellt worden  : „Die dortigen Monostrukturen waren 232 Lotter 1988. 233 Arnold 1974, S. 56–59. 234 Eckhardt 1975, S. 56 f. 235 Battenberg 1983. 236 Behringer 2009, S. 168–182  ; Reith 2011, S. 9. 237 Midelfort 1972, S. 36–58  ; Behringer 2009, S. 165–175  ; Oberholzner 2010, S. 92–97.

Krisen und gesellschaftliche Reaktionen

ausgesprochen krisenanfällig. … Die Hexenverfolgungen entwickelten sich dort also aus einer massiven sozialen Notlage, die durch Ernteverluste ausgelöst war“.238 Die Reaktionen waren freilich weder spontan noch alternativlos. So ist festzuhalten, dass die Verfolgungen keineswegs ein flächendeckendes Phänomen waren, im Gegenteil  : Die große Mehrheit der Territorien blieb von Massenverfolgungen verschont. Insofern darf angesichts des Klima- und Krisenbezugs nicht vergessen werden, dass den Verfolgungen meist ein Bündel von Faktoren zugrunde lag.239 Dazu gehörte neben konfessionellem Eifer oft eine verzerrte Wahrnehmung der sich ausbreitenden sozialen Differenzierungen. Nicht selten forderten sog. Ausschüsse, die von einflussreichen Gruppen aus der Gemeinde gebildet wurden, von einer unschlüssigen Obrigkeit die Einleitung von Verfolgungen gegen Personen, die als Außenseiter wahrgenommen wurden. Teilweise ging die Initiative aber auch von einzelnen Obrigkeiten aus, insbesondere solchen, die sich in unübersichtlichen territorialen Schütterzonen Vorteile bei der Konkurrenz um Herrschaftspositionen versprachen.240 Schließlich standen konfessionsübergreifend theologische Versatzstücke bereit, in denen geschlechtsspezifische Vorurteile zum Auslöser von Verunsicherung und Aggression mutiert waren. Anders ist die Tatsache, dass 70 bis 80% der Opfer Frauen waren241, kaum zu erklären. Es gerieten bei der Beobachtung des „Schadzaubers“ oft missratene Milchprodukte oder misslungene Heilungen bei Mensch und Tier ins Fadenkreuz der Verfolger, womit Kernbereiche als weiblich definierter Aufgaben identifiziert waren.242 Man schreckte jedoch auch nicht davor zurück, die zeittypischen Kalamitäten im Getreidebau gleichfalls auf „Anschläge“ von Hexen zurückzuführen. Als im Jahre 1562, das ansonsten klimatisch nicht durch „bemerkenswerte Anomalien“ hervorsticht, am 10. August im Raum Stuttgart Hagelschlag die Ernte lokal vernichtete, erklärte man dies mit „einer Hexenversammlung auf der Feuerbacher Heide und verbrannte deswegen in Stuttgart mehrere alte Weiber“.243 Inwiefern die erhöhte, von fahrlässigen oder fanatisierten Predigern genährte Verfolgungs- und Denunziationsbereitschaft in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch mit Integrationsproblemen einer möglicherweise deutlich vergrößerten Anzahl Lediger und Witwen zusammenhing, ist dagegen eine kaum erörterte Frage.244

238 Dillinger 2007, S. 79. 239 Rummel/Voltmer 2008, S. 86. 240 Ebd., S. 95, 105. 241 Ebd., S. 79–83. 242 Labouvie 1992, S. 136, S. 158  ; Kamp 2010, S. 14–16. 243 Glaser 2001, S. 116 f. 244 Midelfort 1972, S. 183 f.

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3 Landwirtschaft

3.1 Ackerbau Werner Troßbach Die vielfältigen Formen der Landnutzung, die im Spätmittelalter und an der Wende zur Neuzeit anzutreffen waren, unterschieden sich augenfällig durch den Intensitätsgrad. Extensiv genutzte Flächen, die als Weide oder zur Versorgung mit Holz, Streu, Futterlaub und anderen Sammelprodukten1 dienten, lagen in der Regel in größerer Entfernung von den Siedlungskernen. Meist waren sie kollektiv zugänglich, vielfach befanden sie sich als Allmenden bzw. Gemeinheiten im Besitz eines Verbandes, z. B. einer Dorfgemeinde oder einer Markgenossenschaft, oft war eine Obrigkeit an der Kontrolle zumindest beteiligt. In Württemberg umfassten diese Extensivzonen zu Beginn des 17. Jahrhunderts bei starken lokalen Unterschieden etwa die Hälfte der dörflichen Gemarkungen.2 Das in der Nähe der Siedlungskerne gelegene Acker- und Wiesenland gehörte dagegen zur Zone der Intensivwirtschaft. Dem entsprach, dass sich diese Ländereien vorwiegend in Privatbesitz befanden. In zahlreichen Fällen unterlagen jedoch auch die intensiv bewirtschafteten Teile der Gemarkung, Äcker und Wiesen, die als „Flur“ bezeichnet werden, saisonal überbetrieblicher Nutzung, v. a. der Beweidung. Sozial ermöglichten diese kollektiven Elemente, insbesondere die von einem Hirten beaufsichtigte gemeinsame Herde des Dorfes, auch Kleinstellenbesitzern eine Basisversorgung, die sie – wie sich spätestens Ende des 18. Jahrhunderts herausstellte3 – oft auch zu verteidigen bereit waren. Strukturell können die vielfältigen Formen der Flurnutzung auf zwei Prinzipien zurückgeführt werden  : die Alternierung und die dauerhafte Trennung von Acker- und Grünland. Die Nutzungssysteme und ihre zahlreichen Varianten lassen sich zunächst als regionale und lokale Anpassungsformen an jeweilige Naturgegebenheiten begreifen. Bereits auf dieser Ebene beinhalten sie Elemente des Wandels, da die natürlichen Voraussetzungen, in „unserer“ Epoche insbesondere die klimatischen, keine Konstante verkörpern. Die zahlreichen Varianten der Nutzungssysteme wiesen darüber hinaus ein solches Maß an Elastizität auf, dass nicht allein Naturprozesse, sondern auch sozial oder wirtschaftlich begründete Strategien der Akteure Wandlungsprozesse einleiten konnten. Wenn die Historiografie dagegen historische Nutzungssysteme, insbesondere die Dreifelderwirtschaft, in der Vergangenheit gerne als „statisch“ dargestellt hat, dann liegt dies v. a. daran, dass sich Wandlungsprozesse oft zögerlich vollzogen, dass zumindest anfangs 1 Schöller 1973, S. 53 f.; Gudermann 2000, S. 76–78  ; Zückert 2003, S. 90–132. 2 Warde 2006, S. 45. S. auch 3 C. Zimmermann 1983, S. 135.

Ackerbau

lediglich „kleine“, oft marginal erscheinende Modifikationen zu erkennen waren. Diese Art des Wandels ist auf zwei verschiedene Ursachen zurückgeführt worden. Zunächst auf eine Strategie der Wirtschaftssubjekte, die darauf zielte, Risiken zu minimieren. Angesichts eines niedrigen Niveaus der Naturbeherrschung und einer ökonomischen Grundlage, die oft nicht mehr als die einfache Reproduktion gestattete, waren in dieser Sicht insbesondere bäuerliche Akteure wenig geneigt, ungewohnte Praktiken zu erproben, selbst wenn sie – zumindest kurzfristig – ökonomische Vorteile zu bieten schienen. Dieses Argument impliziert ein zweites, das jedoch auch für sich aussagekräftig ist  : Ein erprobtes Nutzungssystem beinhaltete in der Regel ein als „Tradition“ gefestigtes Wissenssystem, das darüber hinaus führende Lernprozesse als nicht notwendig erscheinen ließ oder zumindest nicht ermutigte. Tatsächlich ist nicht zu leugnen, dass Elemente der Statik, vornehm ausgedrückt, der „longue durée“, eine erhebliche Rolle spielten. Bei einzelnen der im Folgenden vorgestellten Nutzungssysteme kommt dies so zum Ausdruck, dass ihnen sogar vormittelalterliche Elemente zugrunde lagen. Ihre volle lokale Ausgestaltung verdanken sie jedoch meist dem Hochmittelalter. In beinahe allen Nutzungssystemen wurden aber auch Elemente des Wandels aufgenommen, von denen einige als Modernisierungspotenziale angesprochen werden können. Manche dieser Elemente wurden im Spätmittelalter, ein größerer Teil jedoch erst im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert sichtbar. 3.1.1 Nutzungssysteme

Werner Troßbach 3.1.1.1 Alternierung von Acker- und Grünland Extensive Formen der Wechselwirtschaft traf man in nahezu allen geografischen Zonen an, meist außerhalb der Feldfluren auf den sog. Ausfeldern bzw. Drieschen oder Dreeschen. Solche Stücke wurden, nachdem sie im 14. Jahrhundert vielfach infolge der Bevölkerungskrise aufgegeben worden waren, im Laufe des 16. Jahrhunderts wieder verstärkt in Kultur genommen, z. T. auch ausgeweitet. Die Flächen lagen jedoch so weit von den Siedlungsstätten entfernt, dass sich intensive Bearbeitung und Dungfuhren oft bis ins 18. Jahrhundert nicht lohnten. Daher blieben die Ausfelder oft bis zu zehn Jahren als bebuschte Weide liegen, ehe ein oder zwei Jahre Roggen oder Hafer angesät wurde.4 In Siedlungsnähe waren ähnliche Varianten der Feld-Weide-Wirtschaft wegen des hohen Flächenbedarfs v. a. in dünn besiedelten Landschaften vertreten, z. B. im Münsterland und auf Geestböden im Westen Niedersachsens.5 Der Ackerbau erfolgte durch Einzeleigentümer, die Beweidung meist durch die gemeinsame Herde verschiedener Viehhalter. Ein Vorteil bestand im Humusaufbau, der während der Weide- bzw. Wiesennutzung 4 Abel 1978, S. 85 f.; Berthold 1982, S. 68 f. 5 von Bremen 1971, S. 17 f.; Kopsidis 2006, S. 348 f.

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erfolgte. Außerdem stand der Dung des Weideviehs für die spätere Ackernutzung zur Verfügung. Eine Zunahme an Variantenreichtum, z. B. die Einschaltung von Buchweizen und Hülsenfrüchten in der Ackerphase, deutete sich verschiedentlich Mitte des 16. Jahrhunderts an.6 In Alpentälern und in einigen Mittelgebirgslagen verstand man unter der Bezeichnung Egartenwirtschaft kleinräumig organisierte Wechselwirtschaften, die zunächst offenbar extensiv betrieben wurden.7 An der Wende zum 17. Jahrhundert zeichneten sich an einigen Stellen – oft in enger Nachbarschaft zu Flächen mit Dauergrünland – stärker differenzierte Abfolgen ab  : Zunächst wurde Hafer, dann zwei Jahre hintereinander Weizen und schließlich Gerste geerntet, ehe man die kleinteiligen, oft in Hanglage befindlichen Flächen acht bis zehn Jahre als einmähdige Wiese nutzte.8 Im Schwarzwald wurden nach der Weide- bzw. Wiesennutzung häufiger die abgeschälten Grassoden verbrannt und die Asche als Dünger für die periodisch stattfindende Ackernutzung aufgebracht. In der Eifel nannte man diese auch dort ausgeübte Praxis seit dem 16. Jahrhundert Schiffelwirtschaft.9 Die auch in Schleswig-Holstein dank eines von Natur aus guten Graszuwachses verbreiteten Feld-Gras-Systeme wurden im Laufe des 16. Jahrhunderts an vielen Stellen langsam in die sog. Koppelwirtschaft überführt. Die Initiative zu den damit verbundenen Flächenzusammenlegungen und Betriebsarrondierungen ging um 1540 von einigen der politisch unabhängigen Gemeinden im Westen der Halbinsel aus, ehe sie gegen Ende des Jahrhunderts auf einzelne Gutswirtschaften übersprang.10 Man teilte die gesamte Gemarkung unter Einbeziehung der Extensivweiden bzw. Allmenden in mit Gräben und Hecken abgegrenzte Koppeln ein, auf denen in zunächst variablen Rotationen Ackerbau mit Weide- und Wiesennutzung abwechselte. Der Dung des Weideviehes ging nicht mehr in den Extensivzonen verloren, sondern kam Getreidebau und Heugewinnung zugute.11 Mit der Schwerpunktverlagerung von der Ochsenmast zur Milchviehhaltung bildeten sich im 17. Jahrhundert vielfach stabilere Rotationen heraus.12 „Künstliche“ Graseinsaat (Kap. 3.2) kam in den Koppelwirtschaften erst im Laufe des 18. Jahrhunderts in größerem Umfang auf, ein Schritt, der vielfach als Etappe auf dem Weg einer raschen Agrarmodernisierung begriffen wird.13 Eine weitere Variante der Wechselwirtschaft stellen Wald-Feld-Systeme dar, die Ackerbau und Beweidung mit Holznutzung verbanden.14 Dabei ließ man zwölf oder fünf 6 Saalfeld 1998, S. 675–677.  7 Sprandel 2009, S. 117.  8 Abel 1978, S. 87  ; Bentzien 1980, S. 82.  9 Winter 1965, S. 61 f.; Knapp 1919/1964, S. 89. 10 Gerber 1998, S. 285 f. 11 Abel 1978, S. 183, S. 229 f. 12 Slicher van Bath 1963, S. 249  ; Schröder-Lembke 1978, S. 62. 13 Slicher van Bath 1963, S. 178 f., S. 249  ; Kriedte 1980, S. 33 f. 14 Abel 1978, S. 85 f.

Ackerbau

zehn Jahre (Nieder-)Wald aufwachsen, der zeitweise als Weide betrieben wurde. Danach wurde das Stangenholz geerntet und Reisig abgebrannt, ehe zwei bis drei Jahre Roggen bzw. Hafer folgten – im 16. Jahrhundert auch Buchweizen15 – und danach wieder Wald aufwuchs. Der Flächenbedarf war ähnlich hoch wie in der Acker-Weide-Wirtschaft, die Nutzpflanzen konnten jedoch auf einen größeren Nährstoffvorrat zurückgreifen. Durch das Abbrennen von Teilen des Holzzuwachses wurde der Nährstoffkreislauf beschleunigt und v. a. Kalium (K), neben Stickstoff (N) und Phosphor (P) einer der Hauptnährstoffe, dem Getreide verfügbar gemacht. Außerdem stellte sich nach der Anbauperiode öfter Ginster ein, der als Leguminose Stickstoff fixiert.16 Wald-Feld-Systeme wurden bis in die Neuzeit v. a. in Osteuropa praktiziert.17 In Mitteleuropa scheint man sich solcher im Grunde vormittelalterlicher Verfahren verstärkt im Horizont der spätmittelalterlichen Bevölkerungsverluste entsonnen zu haben, als vermehrt Land extensiv genutzt werden konnte.18 Zentren der Wald-Feld-Wirtschaft überdauerten in den Ostalpen, im Moselland19 und in höheren Lagen der Mittelgebirge. Am längsten hielten sie sich im Siegerland in Gestalt der Haubergswirtschaft20, die erst im Laufe des 20. Jahrhunderts aufgegeben wurde. Sie war über die Gewinnung von Holzkohle mit der Montanwirtschaft verbunden, deren Infrastruktur (Kanäle und Wehre) an der Schwelle zur Neuzeit wiederum verstärkt zur Bewässerung von Wiesen (Kap. 3.2) genutzt wurde. 3.1.1.2 Trennung von Acker und Dauergrünland In Teilen Nordwestdeutschlands – vom Emsland bis in die Lüneburger Heide, in Südoldenburg und im Münsterland – war bis ins 19. Jahrhundert21 die wiederholte Kultivierung von Roggen auf der gleichen Parzelle gängig.22 Diese Nutzungsform wird „ewiger Roggenbau“ genannt, was insofern nicht ganz zutrifft, da alle fünf bis zehn Jahre ein Hafer- oder Gerstenschlag für Abwechslung sorgte. Vermutlich wurde diese Bewirtschaftungsform im 10. Jahrhundert im Zuge der Ausdehnung des Roggenanbaus v. a. dort entwickelt, wo Ackerbau inmitten von Heide- oder Feuchtgebieten lediglich inselartig möglich war.23 Hohe Anteile von Dauergrünland sicherten einen entsprechenden Viehbesatz, der jedoch nicht ausreichte, um die Fruchtbarkeit des Ackerlandes zu erhalten – nicht einmal in Kombination mit ausgedehnter Schafhaltung.24 15 U. Maier 1983, S. 182  ; Aspelmeier 2009, S. 46–49. 16 Leuschner u.a. 2007. 17 Mitterauer 2004, S. 24, S. 89. 18 Bentzien 1980, S. 104. 19 Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 139. 20 Gleitsmann 1980. 21 Bentzien 1980, S. 23  ; Behre 2007, S. 77. 22 Abel 1978, S. 87 f. 23 Behre 1980, S. 42. 24 Kaiser 1998, S. 13.

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Zusätzlich wurde von Gräben und Wegrainen, aus umliegenden Sumpf- oder Heidegebieten Erde mit anhängendem organischem Material als Dünger auf die Äcker transferiert, meist auf dem Umweg über vertiefte Viehställe, in denen die abgeschälten „Plaggen“ als Einstreu verwendet wurden. Im 18. Jahrhundert waren auf einem Vollbauernhof von März bis Ende Juli zwei Arbeitskräfte und ein Pferdegespann mit „Plaggen“ beschäftigt.25 Die über Jahrhunderte auf diese Weise gedüngten Ackerböden hoben sich langsam von der Umgebung ab (Abb. 11).26 Zwar hielt sich der Krankheitsdruck angesichts hoher Selbstverträglichkeit des Roggens in Grenzen, die ununterbrochene Bewirtschaftung leistete jedoch der Verunkrautung Vorschub.27 Außerdem waren die Entnahmegebiete der Plaggen großflächig von Devastation bedroht, da auf einen ha Acker ca. 20–30 ha Plaggenland gerechnet wurden. Inwieweit die lokal registrierte Anreicherung einzelner Gersten- und Haferschläge mit Ackerbohnen und Erbsen Mitte des 16. Jahrhunderts28 aufkam oder ab dann lediglich besser dokumentiert ist, muss – ähnlich wie für vergleichbare Modifikationen der westfälischen Feld-Weide-Systeme – offen bleiben. Der Einzug des Buchweizens im Laufe des 16. Jahrhunderts kann dagegen – hier wie dort – als echte Innovation festgehalten werden. Damit werden auch in den Eschwirtschaften Fruchtfolgen, d. h. die periodische Abfolge landwirtschaftlicher Nutzpflanzen, erkennbar, wie sie in anderen Teilen West- und Mittel­ europas bereits im Hochmittelalter üblich waren. Nördlich der Alpen bildeten sich v. a. solche Systeme heraus, die auf der Abfolge von Sommer- und Wintergetreide beruhten. Ihr Auftreten ist kürzlich als Teil einer (früh-)„mittelalterlichen Agrarrevolution“ gewürdigt worden.29 Fruchtfolgesysteme beinhalten den ökologischen Vorteil, dass die verschiedenen Getreidearten die Bodennährstoffe in unterschiedlicher Weise beanspruchen und zumindest graduell die Kontinuität von Begleitflora und Schädlingsbefall unterbrechen.30 Der Wechsel von Sommer- und Wintergetreide wurde in Mittelalter und Neuzeit überwiegend in Dreifeldersystemen vorgenommen, war also jedes dritte Jahr durch die (Voll-)Brache unterbrochen. Dennoch bedurfte es, wie Johann Heinrich von Thünen bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts berechnete,31 regelmäßiger Düngung, sollte eine nachhaltige Versorgung der Pflanzen mit Nährstoffen, v. a. mit dem flüchtigen Element Stickstoff, erreicht werden. Obwohl seit der Jahrtausendwende der Ackerbau immer stärker von den Getreidearten dominiert wurde32, wies die Dreifelderwirtschaft schon im Hochmittelalter zahlreiche regionale, z. T. lokale Variationen auf. So drang auf dem Winterfeld der wenig anspruchsvolle, aber schnellwüchsige und frostharte Roggen von Norden weiter nach Süden vor, 25 Gudermann 2000, S. 80 f. 26 Berthold 1982, S. 69. 27 von Bremen 1971, S. 19. 28 Saalfeld 1998, S. 676 f. 29 Mitterauer 2004, S. 18, S. 21 f. 30 Berthold 1982, S. 64. 31 Abel 1978, S. 106. 32 Behre 2007, S. 74 f.

Ackerbau

Abb. 11  : Eschkante in Borgloh, Ldkr. Osnabrück  : Gut zu erkennen ist, wie sich ein über Jahrhunderte durch Plaggen unterfütterter Acker von der Umgebung „abhebt“.

um bereits im Hochmittelalter bis in das östliche Schwaben eine beherrschende Stellung einzunehmen.33 Dank seiner ausgeprägten Wurzelbestockung nutzt Roggen das Potenzial selbst sandiger Böden mit ungleichmäßigem Wasserhaushalt optimal aus. In den schwäbisch-alemannischen Gebieten wiederum gewann seit dem Spätmittelalter der Dinkel an Terrain34, eine kälte- und feuchtigkeitsresistente Weizenart, deren Körner in einem zusätzlichen Mahlgang – teilweise nach vorherigem Rösten – entspelzt werden müssen. Die Umhüllung macht die Körner jedoch weniger anfällig für Krankheiten und Vogelfraß. Mitte des 16. Jahrhunderts ist Dinkel auch in Thüringen und Sachsen belegt.35 Das gleichfalls zu den Spelzweizenarten zählende urtümliche Einkorn wurde dagegen bereits im Hochmittelalter nur noch selten kultiviert, manchmal als Aushilfsfrucht, wenn die Herbstsaaten verdarben oder nicht aufgingen. Das kräftige Stroh benutzte man in Schwaben bisweilen zum Anbinden der Reben.36 Auf den Sommerfeldern dominierten kälteempfindliche Getreidearten, z. B. der nährstoffreiche Hafer, der auch als Pionier- und Gesundungsfrucht gilt. Neben dem heute 33 U. Maier 1983, S. 182  ; Rösch/Jacomet/Karg 1992, S. 221. 34 Jänichen 1970, S.  87–97  : „Verdinkelung“  ; Karg 1996, S. 68  ; Weingarten 2009, S. 48. Die enstspelzten Körner wurden in Schwaben, dem Hauptanbaugebiet, „Kern(en)“ genannt, für den bespelzten Zustand begegnet öfter das Wort „Veesen“  : Kleinschmidt 2012, S. 210. 35 Bentzien 1980, S. 82. 36 Jänichen 1970, S. 99.

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üblichen hexaploiden Saathafer wurde bis ins 19. Jahrhundert der weniger anspruchsvolle diploide Sandhafer angebaut. Auch Gerste wurde ganz überwiegend im Frühjahr ausgesät37, da winterharte Sorten kaum entwickelt waren. Die Körner von Gerste und Hafer bleiben, soweit es sich nicht um die im Mittelalter selten vorkommende Nacktgerste handelt, nach dem Dreschen von einer Schale umhüllt38, was bei der Verwendung als Futteroder Braugetreide keinen Nachteil darstellt. Wurden sie dagegen direkt der menschlichen Ernährung zugeführt39, mussten sie ähnlich wie Dinkel oder Hirse geschält werden. Wegen ihrer geringen Backfähigkeit wurden Gerste und Hafer bis ins 16. Jahrhundert vorwiegend in Breiform oder als Beimischungen im Brotteig verzehrt. Die ebenso anspruchslose wie geschmacksintensive Weizenart Emmer musste gleichfalls von der Samenumhüllung befreit werden. Angesichts geringer Erträge wurde sie bereits im Spätmittelalter höchstens in ausgesprochenen Feuchtgebieten dem Roggen als Brotgetreide vorgezogen, was sie ihrer kurzen Vegetationszeit verdankte. Sommerweizen und -roggen40 wurden angesichts der Witterungsrisiken und geringer Ertragserwartungen nur selten gesät, z. B. als Aushilfsfrucht, wenn das Wintergetreide geschädigt war. Der Anbau von Hirse – für das Mittelalter nicht allein in den slawisch besiedelten Gebieten in Pflanzenfunden häufig nachgewiesen41 – ging in der Neuzeit zurück42, obwohl Hirsebrei im 16. Jahrhundert v. a. im Norden Bestandteil des Speisezettels blieb.43 Starke Zuwachsraten erzielte in der Neuzeit der in Schriftquellen erst nach 135044 bezeugte Buchweizenanbau. Die bereits mehrfach erwähnte Kultur diente zunächst offenbar als Schweinefutter. Als solches pries sie noch 1570 der niederrheinische Agrarschriftsteller Heresbach. Der Botaniker Hieronymus Bock registrierte dagegen schon 1539 in seiner Heimat, dem Odenwald, die „armen Leut“ konsumierten Buchweizen direkt.45 Ähnlich wie die Kartoffel, die ihn im späten 18. Jahrhundert zu verdrängen begann, gedeiht er auch auf sandigen Böden46, anders als die Knollenfrucht benötigt er wenig Düngung. Im 17. Jahrhundert gewann das Knöterichgewächs trotz geradezu sprichwörtlicher Ertragsschwankungen47 als Pionierpflanze im Rahmen der dem Torfabbau folgenden Moorbrandkulturen Norddeutschlands sowie auf den Haubergen des Siegerlandes stetig an Bedeutung. 48 37 Grosser 1590/1965, S. 22, S. 25, S. 29  ; Berthold 1982, S. 31. 38 Behre 2007, S. 75 f. 39 Pasternak 1991, S. 371–373  ; Wagner 2005, S. 89  ; Kleinschmidt 2012, S. 220–222. 40 Behre 1980, S. 36. 41 Willerding 1979, S. 337  ; U. Maier 1983, S. 182. 42 Jänichen 1970, S. 29. 43 Wiethold/Schulz 1990, S.  63  ; Kleinschmidt 2012, S. 223. 44 Slicher van Bath 1963, S. 264 f.; Schröder-Lembke 1978, S. 184  ; Hellwig 1990, S. 31 f. 45 Zitiert nach  : H. Bock 1546, S. 211. 46 Berthold 1982, S. 35. 47 Böhme 1890, S. 93. 48 Born 1989, S. 78  ; Aspelmeier 2009, S. 46–49.

Ackerbau

Hieronymus Bock zufolge gab es auf dem Tisch von „Reichen und Armen“ „nichts breuchlichers“ als „die kleinen Felderbsen“.49 Die bis ins Frühmittelalter v. a. im Norden als Nahrungspflanze stark vertretenen (Acker-)Bohnen50 scheinen im Spätmittelalter dagegen an Bedeutung verloren zu haben. Hülsenfrüchte wurden meist getrocknet und vermahlen und dann im Brotteig eingebacken oder in Breiform auf den Tisch gebracht.51 Während die Forschung für England und die Niederlande schon länger auf den Stellenwert von Hülsenfrüchten in den Fruchtfolgen hingewiesen hat52, ist für Deutschland nicht einmal regional zu quantifizieren, welche Rolle diese für den Konsum bedeutsamen Nahrungspflanzen im Ackerbau spielten. Im Rheinland, in Schlesien und in der Nordschweiz scheint zumindest der Anbau der Erbsen vor 1500 noch meist in den Gärten stattgefunden zu haben, seltener auf der Ackerflur, dann meist vermischt mit Hafersaat zur Entwicklung einer Stützpflanze.53 In Schwaben erschien auf den Äckern bisweilen ein Gersten-Linsengemisch, von dem lokal Brot gebacken wurde.54 Körnerleguminosen waren spätestens ab 1550, wie erwähnt, auch in den Feld-Weide- und Eschwirtschaften Niedersachsens und Westfalens anzutreffen55 sowie im Umkreis der mecklenburgischen Hansestädte.56 Für die 45 sächsischen Domänen sind Hülsenfrüchte 1571 lediglich auf sieben Flurstücken genannt.57 Während mit Beginn der Neuzeit die Dreifelderwirtschaften zumindest lokal ein zunehmend buntes Aussehen gewannen, hatten in einigen Gebieten entlang des Rheins bereits im Hoch-, verstärkt im Spätmittelalter gegenläufige Entwicklungen eingesetzt. Dreifelderwirtschaften wurden durch die Abfolge von Getreide, meist Wintergetreide, und Brache abgelöst. Dieser Übergang zu Zweifelderwirtschaften wird öfter mit dem Vordringen des Weinbaus in Zusammenhang gebracht. Die Ausdehnung der Marktbeziehungen im Hochmittelalter, insbesondere aber die spätmittelalterlichen Bevölkerungsverluste ließen in dieser Sicht in den dafür geeigneten Gebieten eine Konzentration auf Sonderkulturen und im Gegenzug eine Extensivierung des Getreidebaus sinnvoll erscheinen (Kap. 4.1.1). Da die Reben die knappen Düngemittel absorbierten58, war nachhaltiger Getreidebau höchstens in Zweifeldersystemen, und dann auch meist nur auf Lössböden möglich.59 Als Indiz für ein regional stark ausgeprägtes Intensitätsgefälle zwischen Wein- und Getreide49 Zitiert nach  : H. Bock 1546, S. 200. Tatsächlich wurden im St. Georgs-Spital zu Speyer Ende des 16. Jahrhunderts pro Person jährlich etwa 10 kg Erbsen verzehrt, in den Spitälern von Danzig und Elbing im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts etwa das Doppelte (Kleinschmidt 2012, S. 238). 50 Behre 2007, S. 75. 51 Willerding 1992, S. 271. 52 Slicher van Bath 1963, S. 176, S. 246 f. 53 Grosser 1590/1965, S. 23  ; Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 133  ; Karg 1996, S. 39, S. 69. 54 Jänichen 1970, S. 88, S. 100. 55 Saalfeld 1998, S. 677. 56 Schröder-Lembke 1978, S. 55–57. 57 Wiemann 1940. 58 Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 138  ; Volk 1998, S. 277. 59 Strobel 1972, S. 138  ; Schröder-Lembke 1978, S. 46.

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bau kann der Transport von Stallmist in die Weinbaugebiete gewertet werden, der im 14. Jahrhundert per Schiff auf dem Rhein erfolgte.60 Ein anderes Getränk sorgte hingegen für eine Intensivierung des Getreidebaus. In den nördlichen Ämtern Mecklenburgs und Pommerns, wo zahlreiche Betriebe „für ihre Gerste einen sicheren Absatz bei den Brauern“ der durstigen Hansestädte erwarten konnten (Kap. 4.1.1.2), wurden bereits Ende des 15. Jahrhunderts, verstärkt nach 1560, Vieroder auch Fünffelderwirtschaften praktiziert – mit Fruchtfolgen wie Roggen – Gerste – Hafer – Brache bzw. Roggen – Gerste – Gerste – Hafer/Erbsen – Brache.61 Auch im Gebiet um Wolfenbüttel und in der Magdeburger Börde wurde angesichts wachsenden Braugersteexports die Dreifelderwirtschaft „stark modifiziert“.62 Auf niedersächsischen Marschböden lag eher ein verstärkter Anbau von Hafer der Dehnung der Fruchtfolgen zugrunde. Die Nachfrage nach diesem Futtergetreide wuchs im Laufe des 16. Jahrhunderts mit der Zunahme der Pferdehaltung, die eng mit der Ausdehnung der Handelsaktivitäten verbunden war. In Elbnähe wurden Pferdegespanne nicht nur im Landtransport, sondern auch zum Treideln der Flussschiffe eingesetzt.63 Die Intensivierungen des Anbaus waren ohne eine entsprechende Verbesserung der Düngung jedoch problematisch, weswegen Domänenverwaltungen in Mecklenburg wie in Niedersachsen verschiedentlich die Rückkehr zur Dreifelderwirtschaft anordneten.64 Die lange Persistenz der Brache im Ackerbau zahlreicher europäischer Regionen erklärt sich aus der Vielfalt ihrer Funktionen. Zunächst hatte die Kulturunterbrechung das Absterben von getreidespezifischen Schädlingen zur Folge. Da nach der Ernte des Sommergetreides öfter keine Herbst- bzw. Winterfurche gezogen wurde, wuchsen außerdem bis in das späte Frühjahr des Folgejahres insbesondere in feuchten Klimazonen spontan Kräuter und Gräser auf, darunter auch solche, die Nährstoffe aufschließen und den nachfolgenden Kulturen verfügbar machen. Der Bewuchs diente des Weiteren der Humusanreicherung und konnte von Rindern, Schafen und Schweinen abgeweidet werden65, was v. a. dort praktiziert wurde, wo – wie im schwäbischen Strohgäu66 und in der Bodenseegegend67 – Grasland schon zu Beginn der Neuzeit knapp war. Die Weidenutzung, insbesondere der Schafsverbiss, trug zur Vertilgung von Unkräutern und -gräsern bei.68 Im frühen Sommer schloss sich eine Phase intensiver Bodenbearbeitung an.69 Sie diente u. a. der Bekämpfung von Samenunkräutern. Auf das Hoch- und Spätmittelalter 60 Volk 1998, S. 728 f. 61 Schröder-Lembke 1978, S. 55–57. 62 Harnisch 1980, S. 41–47, S. 138. 63 Saalfeld 1998, S. 678. 64 Schröder-Lembke 1978, S. 55  ; Saalfeld 1960, S. 58. 65 Saalfeld 1960, S. 57  ; Wagner 2005, S. 93. 66 Boelcke 1972, S. 61. 67 Knapp 1919/1964, Anmerkungen, S. 96. 68 Jacobeit 1987, S. 14. 69 Slicher van Bath 1963, S. 69 f.

Ackerbau

zurückgehende Vorratsfunde in der Ostschweiz haben ergeben, dass die Beimischung von Unkrautsamen im Wintergetreide, das direkt auf die Brachphase folgte, erheblich geringer war als im Sommergetreide.70 Durch die Bodenbearbeitung wird außerdem die Verwitterung bzw. Mineralisierung der organischen Substanzen beschleunigt und damit die Pflanzenernährung vorbereitet. Pflanzen nehmen Nährstoffe vorwiegend nicht in organischer, sondern in mineralisierter Form auf. Als Hauptterrain der Bodenbearbeitung war die Brache somit kein mehr oder weniger notwendiges Übel, sondern das „Rückgrat“ eines im Grunde mittelalterlichen Ackerbaus, das – allerdings nur zusammen mit regelmäßiger Düngung – ein säkulares Absinken der Erträge verhinderte und damit auf niedrigem Niveau und mit hohem Aufwand Nachhaltigkeit ermöglichte.71 Den Zeitgenossen waren zwar die agrochemischen Zusammenhänge nicht bekannt, wohl aber die Resultate. Eine sorgfältige Brachbearbeitung werde für „die halbe Thüngung … gerechnet“, referierte der sächsische Domänenverwalter Abraham von Thumbshirn.72 Vor diesem Hintergrund wird die Tatsache verständlich, dass die Überwindung der Brachwirtschaften in manchen Teilen Europas eine ganze historische Epoche in Anspruch nahm. Bemerkungen in einer Urkunde des Klosters St. Gallen aus dem Jahr 763 werden als Ersterwähnung der Dreifelderwirtschaft interpretiert73  ; und in einigen Regionen treffen wir die Vollbrache noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts an. Erklärbar wird diese Persistenz auch dadurch, dass die Dreifelderwirtschaft als übergreifendes Anbausystem auch unterhalb der Schwelle grundlegender Veränderungen vielfältige Modifikationen zuließ, abhängig von geografischen Gegebenheiten, klimatischen Variabilitäten und ökonomischen Kontexten. Dies gilt z. B. für die Frage, wie und wie oft die Brache bearbeitet wurde. Seit dem 14. Jahrhundert häufen sich Belege, die von drei Pfluggängen sprechen.74 Dazu riet 1590 auch der schlesische Pfarrer Martin Grosser. Er empfahl insbesondere für schwere Böden ein „zeitiges“ erstes Pflügen im Frühsommer, das sog. Brachen, um die Äcker „mürb“ zu machen. Der zweite Arbeitsgang bestand nach Grosser darin, dass „man mit dem Rurhaken quer uber fehret und die Ackerforchen zerreisset. Darnach muss man die Rurforchen einegen, das ist, mit den eisern Zinken einfüllen und gleich machen“.75 Zuletzt wurde die Saatfurche gezogen. Eine weitere Pflugfurche zwischen Brachen und Rühren, das sog. Wenden, empfahl Grosser vor der Aussaat der anspruchsvollen Getreideart Weizen.76 Eine solche vierte Brachfurche ist bereits 1402 auf den Fluren des württembergischen Dorfes Kornwestheim im schwäbischen Strohgäu bezeugt, wo Getreidebau besonders intensiv betrieben wurde.77 70 Karg 1996, S. 81. 71 Saalfeld 1960, S. 57. 72 Thumbshirn 1616/1965, S. 101. 73 Bentzien 1980, S. 21  ; Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 131–136. 74 Abel 1978, S. 90  ; Wagner 2005, S. 95. 75 Grosser 1590/1965, S. 20  ; Volk 1998, S. 282. 76 Grosser 1590/1965, S. 20 f. S. auch Jänichen 1970, S. 30. 77   Boelcke 1964, S. 261f.; Bentzien 1980, S. 105 f.

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Sommergerste erhielt laut Grosser und Thumbshirn78 im Herbst eine „aufs seichteste“ gezogene Schälfurche79, ehe im Frühjahr „zähes“ Ackerland mit dem Haken (Kap. 3.1.2.1) „gerührt“ und dann die Saat eingepflügt werden sollte. Auf leichteren Äckern war im Frühjahr eine Saatfurche mit nachfolgendem Eineggen angesagt.80 Hafer erhielt seltener eine Winterfurche, für das Frühjahr wurde lediglich eine Saatfurche mit Eineggen empfohlen.81 Für die Baseler Umgebung ergibt sich der Eindruck, diese „oberflächliche Bewirtschaftungsmethode“ sei noch im späten 15. Jahrhundert allgemein bei Sommergetreide angewendet worden.82 Offenbar gestattete hier erst die Zunahme der Bevölkerungszahlen nach 1500 eine Intensivierung der Bodenbearbeitung. Jedenfalls wird an diesen Beispielen deutlich, dass die Feldbestellung abhängig von Bodenverhältnissen und Wirtschaftszielen eine Vielzahl von Varianten kannte. 3.1.2 Verfahren und Resultate

Werner Troßbach 3.1.2.1 Haken und Pflug Wenn bisher im Rahmen des Ackerbaus von „Pflügen“ die Rede war, wurde nicht berücksichtigt, dass für die Arbeiten in Mittelalter und Frühneuzeit – in zahlreichen Variationen – im Grunde zwei Gerätetypen zur Verfügung standen  : Haken und Pflug. Während der Haken den Boden lediglich aufriss, schnitt der Pflug mit dem Pflugmesser, dem Sech, den Boden senkrecht, mit der Schar waagrecht an und wendete mithilfe des hölzernen Streichbretts die Scholle um (Abb. 12). Schar und Sech wurden bereits im Hochmittelalter aus Eisen gefertigt. Dies setzte ein qualifiziertes Schmiedehandwerk voraus.83 Das Holzgerüst der Pflüge und Haken wurde dagegen bis ins 19. Jahrhundert meist in Eigenproduktion von Bauern, Knechten oder Tagelöhnern hergestellt.84 Die Einzelgeräte waren daher Unikate, in deren Konstruktion auch Kenntnisse über lokale Bodenverhältnisse einflossen. Erste Nachweise für den Einsatz des Hakens stammen aus der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. und reichen von Nordeuropa bis ins Zweistromland. Streichbrettpflüge sind hingegen erst um die Zeitenwende nachgewiesen, und zwar in nordseenahen Gebieten der Niederlande.85 Die Streichbrettpflüge erschlossen schwere und feuchte Böden und sorgten durch flächenhaftes Umbrechen für einen gut durchlüfteten Wurzelhorizont oberhalb 78 Thumbshirn 1616/1965, S. 80. 79 Bentzien 1980, S. 105 f.; Volk 1998, S. 282 f. 80 Grosser 1590/1965, S. 24. 81 Ebd., S. 22. 82 Karg 1996, S. 81. 83 Bentzien 1980, S. 35, S. 89  ; Sperber 1984, S. 298 f. 84 Bentzien 1969, S. 239–254. 85 K. Herrmann 1985, S. 19 f., S. 67 f.

Ackerbau

Abb. 12  : Ein Beetpflug mit unbeweglichem Streichbrett und asymmetrischer Schar, schematische Darstellung einer Vorlage aus dem 19. Jahrhundert.

der Pflugsohle. Außerdem boten sie Vorteile bei der Bekämpfung von Samenunkräutern. Die Hakenvarianten waren dagegen leichter zu handhaben und erforderten weniger Zugkraft. Während der Einsatz des Pfluges bereits im Mittelalter eine „starke Zunahme der Bodenerosion und die Ablagerung mächtiger Auen-, Hang- und Decklehmschichten“86 zur Folge hatte, schonte der Haken die Bodenstruktur, außerdem konnten Quecken und andere Wurzelunkräuter besser extrahiert werden. Dass der Haken im Hochmittelalter vom Streichbrettpflug verdrängt worden sei, ist in älteren Darstellungen zu lesen. Weniger bekannt ist, dass nach 1500 unter der Regie der Gutsherrschaft in großen Teilen Mecklenburgs und dem nördlichen Brandenburg ein umgekehrter Prozess einsetzte (Kap. 5.2.4). Ebenso wenig passt zur Geschichte der Verdrängung, dass der Haken im 16. Jahrhundert auf sächsischen Vorwerken und größeren hessischen Bauernhöfen neben dem Streichbrettpflug präsent war, eingesetzt als Zusatzgerät87, z. B. für die sog. Rührfurchen auf der Brache. Schließlich lassen sich in Bayern bereits Ende des Mittelalters Hakenvarianten mit breiter Schar finden, mit denen sich bei

86 Willerding 1988, S. 38. 87 Bentzien 1980, S. 129  ; Achilles 1991, S. 20  ; Schirmer 1996, S. 128.

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Schrägstellung der Boden zumindest ansatzweise auch wenden ließ.88

Abb. 13  : Beetpflug und s-förmige Langstreifenflur. Die dargestellte, modern anmutende Kombination „ein Mann – ein Pferd“ war im 16. Jahrhundert in deutschen Territorien nicht die Regel. Sie setzte leichte Böden und leistungsstarke Pferde voraus. Landschaft mit Sturz des Ikarus, Öl auf Leinwand, Pieter Brueghel d. Ä. zugeschrieben, 1555–1568.

Unter den Pflugtypen mit Streichbrett standen zu Beginn der Neuzeit zwei Hauptvarianten zur Verfügung, der Beetpflug und der Kehrpflug.89 Der Typus des Beetpflugs war am weitesten verbreitet. Gemeinsame Charakteristika dieser meist schweren Geräte waren ein fest angebrachtes Streichbrett und eine asymmetrische Schar, sodass man den Boden nur nach einer Seite wenden konnte. Die Kehrpflugvarianten verfügten dagegen über ein verstellbares Sech und ein umsetzbares Streichbrett, sodass man wie mit den heutigen Drehpflügen Furche an Furche ziehen konnte.90 Eine schriftliche Erwähnung eines Kehrpflugs datiert aus dem Jahr 1425 (Württemberg), Vorläuferformen lassen sich bis ins Frühmittelalter verfolgen.91 Ein Nachteil der Kehrpflüge mit ihren verstellbaren Teilen bestand darin, dass es damit nicht immer gelang, den Boden vollständig zu wenden.92 Beetpflüge mit fixierten Teilen und asymmetrischer Schar waren zumindest für schwere Böden besser geeignet. Eisenbe88 Sperber 1984, S. 300. 89 Bentzien 1980, S. 107 f.; Comet 1992, S. 22. 90 Bentzien 1980, S. 129  ; K. Herrmann 1985, S. 103. 91 Jänichen 1970, S. 34  ; J. Henning 2004, S. 407, S. 414. 92 Bentzien 1980, S. 107  ; S. Becker 2002, S. 269.

Ackerbau

Abb. 14  : Bewirtschaftung eines Gutes um 1700. Bifänge werden mit der Ackerwalze geglättet. Kupferstich, 1702.

schläge an Pflugsohle und Streichbrett erhöhten seit der Mitte des 16. Jahrhunderts ihre Wirksamkeit, auch an den Eggen begannen sich eiserne Zinken durchzusetzen. Eine Abbildung aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts lässt bereits ein gewölbtes Streichbrett erkennen (Abb. 16), 300 Jahre bevor diese Modifikation, die das Wenden des Bodens erleichterte, im Pflugbau Standard wurde.93 Wenn mit einem Haken gearbeitet wurde, war es sinnvoll, den Acker einmal längs und das nächste Mal quer zu pflügen, um stehengebliebene Zwischenraine zu erfassen. Insofern werden mit dem Haken Blockfluren assoziiert, die für das Frühmittelalter tatsächlich öfter dokumentiert sind. Die Häufung von Langstreifenfluren (Abb. 13) seit dem Hochmittealter ist dagegen auf das Vordringen der Beetpflüge zurückgeführt worden.94 Im hessischen Balhorn waren die Parzellen im 16. Jahrhundert schließlich im Durchschnitt bis zu hundert Meter lang und nicht mehr als zehn Meter breit.95 Auf solchen Äckern musste man einen schweren Pflug weniger oft wenden. Durch die „Einseitigkeit“ der Beetpflüge konnte man den Äckern charakteristische 93 Bentzien 1969, S. 264  ; Bentzien 1980, S. 110–113. 94 Slicher van Bath 1963, S. 70  ; Bentzien 1969, S. 102–109. 95 Krieger 1998, S. 74.

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Oberflächenformen verleihen. Wenn beim Pflügen in der Mitte des Ackers begonnen, die Kämme der ersten beiden Furchen gegeneinander geworfen und die Arbeiten kontinuierlich bis an die Ackerränder fortgesetzt wurden, kamen Wölbäcker zustande96, die man z. B. in Württemberg bis in die Neuzeit antraf. In Teilen Bayerns und Westfalens waren eher schmal gewölbte, durch Gräben getrennte Beete, sog. Bifänge (Abb. 14), vorzufinden. Sie waren das Resultat, wenn jeweils nur drei oder vier Furchen beidseitig an den Mittelkämmen angebracht wurden. Bodenwölbungen haben den Vorteil, dass sie eine größere Oberfläche der (Ver-)Witterung aussetzen. Bifänge ermöglichten außerdem den Wasserabfluss in den Gräben97, d. h. eine rudimentäre Feuchtigkeitsregulierung, bevor durch die Entwicklung der Röhrendrainage Mitte des 19. Jahrhunderts98 neue Standards gesetzt wurden. Noch 1836 erkannte der Agrarreformer Schwerz in der Herstellung von Bifängen eine Art Risikoversicherung, da in nassen Jahren das Getreide auf den erhöhten, in trockenen an den tieferen und feuchteren Stellen besser gedieh.99 Für den Anbau von Hafer mit seinem hohen Wasserbedarf empfahl allerdings bereits Martin Grosser die Herstellung eines flachen Beetes. Flache Beete erleichterten außerdem den Einsatz der Egge und bei der Ernte den Gebrauch der Sense (Kap. 3.1.2.5).100 Sie kamen zustande, wenn die ersten Furchen jeweils an den Längsseiten der Äcker gezogen wurden und der Pflug erst zum Schluss die Mitte erreichte. 3.1.2.2 Anspannung Zur Erleichterung der Linienführung waren Pflüge und Haken bereits im Hochmittelalter meist an ein Radvorgestell angeschlossen. Je nachdem, wie der Pflugbaum auf dem Radvorgestell auflag und befestigt wurde, konnte dadurch auch die Arbeitstiefe variiert werden.101 Bis ins 18. Jahrhundert wurde jedoch kaum tiefer als 10–15 cm gepflügt.102 Die Arbeitsleistungen schwankten in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit und der Leistungsfähigkeit der Zugtiere. Im Frühmittelalter wurde ausschließlich mit Rindergespannen gepflügt, im Wesentlichen mit Ochsen. Pferde erschienen erst im Hochmittelalter vor dem Pflug. Die Bevölkerungsverluste des 14. Jahrhunderts scheinen diesen Trend verstärkt zu haben. Um 1900 setzte man hinsichtlich der Arbeitsleistung vier Ochsen mit drei Pferden gleich.103 Dennoch hielt sich die Rinderanspannung an zahlreichen Stellen bis ins 20. Jahrhundert. Ob Pferde oder Ochsen eingesetzt wurden, hing von einer Vielzahl von Faktoren  96 Bentzien 1969, S. 107  ; Jänichen 1970, S. 40–45.  97 Slicher van Bath 1963, S. 174  ; Beck 1993, S. 126.  98 Gudermann 2000, S. 126 f.  99 Beck 1993, S. 126. 100 Grosser 1590/1965, S. 22  ; S. Becker 2002, S. 268. 101 Bentzien 1969, S. 114 f. 102 Berthold 1982, S. 63. 103 Alfred Bauer 2009, S. 363.

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ab und lässt sich demgemäß nicht auf einen Nenner bringen. Erwägungen zur Nutzungsdauer, zur Eignung für bestimmte Bodenverhältnisse, zu Haltung, Fütterung und Fleischverwertung gehörten ebenso dazu wie kulturelle Präferenzen.104 Als Faustregel für die frühe Neuzeit kann gelten, dass Ochsenanspannung dort überwog, wo die Fleischnutzung geschätzt, Geschwindigkeit ein zweitrangiges Kriterium darstellte und Fuhren zu entfernten Märkten nicht erforderlich waren.105 Mecklenburgische und benachbarte Gutsbetriebe konnten die jeweiligen Vorteile kombinieren. Dort waren seit dem 16. Jahrhundert Ochsen vor dem Haken, Pferde vor dem Wagen zu finden (Kap. 5.2.4).106 In der Magdeburger Börde, auf sächsischen Domänen und im Umkreis von Biberach traf man im 16. Jahrhundert Pferde auch vor dem Pflug an, meist Gespanne, die aus vier Tieren bestanden.107 In dieser Zusammensetzung benötigte man neben dem Pflüger ähnlich wie bei der Anspannung mehrerer Ochsen108 einen „Treibknaben“ als weitere Arbeitskraft (Abb. 16).109 Auf der braunschweigischen Domäne Gandersheim pflügte im Zeitraum zwischen 1610 und 1660 ein Gespann von vier Pferden ca. 0,5 ha am Tag110, wobei im Vergleich zum 19. Jahrhundert111 die geringe Arbeitstiefe zu beachten ist. Die 0,3 t Hafer, die auf Braunschweiger Domänen112 den Pferden pro Kopf und Jahr gereicht wurden, entsprechen annähernd dem Ertrag eines halben Hektars. Wie sehr die Leistungsfähigkeit von der Fütterung abhängig war, zeigt das Beispiel der sog. Graspferde, von denen zu Beginn des 17. Jahrhunderts z. B. in Mecklenburg die Rede war. Es handelte sich um schwächliche Tiere, die oft zu sechst einen Pflug zogen. Sie bekamen „nur ausnahmsweise … Kraftfutter“ und lebten „für gewöhnlich, solange es anging auch im Winter, von natürlicher Weide.“113 3.1.2.3 Düngung Stallmist liefert zahlreiche Nährstoffe und reichert im Boden Humus an, Grundlage des Bodenlebens. Die für den Misthaufen (Abb. 15) charakteristische Mischung von Stroh und Exkrementen, die durch Gärungsprozesse den Nährstoffumsatz beschleunigt, scheint sich erst im Laufe des 14. Jahrhunderts stärker durchgesetzt zu haben, als durch vermehrten Einsatz der Sense in der Ernte (Abb. 18) vermehrt Stroh anfiel.114 Im 16. Jahrhundert 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114

Saalfeld 1960, S. 71, S. 75. Böhme 1890, S. 106  ; Boelcke 1972, S. 62. Bentzien 1969, S. 90–93. Böhme 1890, S. 158  ; Heimpel 1966, S. 66  ; Harnisch 1980, S. 115. Slicher van Bath 1963, S. 186. Thumbshirn 1616/1965, S. 91  ; Jänichen 1970, S. 36  ; Bentzien 1980, S. 69 f. Saalfeld 1960, S. 41. Alfred Bauer 2009, S. 363. Saalfeld 1960, S. 75. Maybaum 1926, S. 178  ; Bentzien 1969, S. 96. Comet 1992, S. 185  ; Schreg 2009, S. 159.

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wurde Stallmist vorwiegend in die Brache – oft bereits mit der ersten Furche – eingearbeitet115, kam also v. a. der Winterfrucht zugute. Auf Braunschweiger Domänen erhielten die Äcker alle drei Jahre die heute als gering, im zeitgenössischen Maßstab als reichlich116 bewertete Menge von 120–140 dt/ha.117 Andernorts war Dünger so knapp, dass nur ein Drittel der Brachfelder versorgt werden konnte. Dank der nächtlichen Stallhaltung der Rinder wurden zwar Nährstoffe von den Weiden auf die Äcker transferiert, in den Systemen der Trennung von Acker- und Dauergrünland blieb jedoch ein Teil des Dungs auf den Extensivweiden liegen.118 Zu einer besseren Schließung des betrieblichen Nährstoffkreislaufs kam es in deutschen Territorien erst Mitte des 18. Jahrhunderts, als vermehrt Jauchegruben bzw. -gräben119 ausgehoben und damit flüssige Dungstoffe aufgefangen wurden. Eine besondere Variante des Transfers von Nährstoffen bestand im Einsatz des Schafspferches. Die Schafe grasten tagsüber auf den extensiv genutzten Teilen der Gemarkungen, wurden abends aber nicht in Ställe getrieben, sondern auf Äckern und Weinbergen zusammengepfercht, wo sie ihre stickstoff-, phosphor- und kalkhaltigen Exkremente direkt abgaben.120 Da die Zahl der Schafe im Zuge der Wollkonjunktur (Kap. 3.4) insbesondere in Thüringen und Sachsen stark zunahm, ist der Eindruck entstanden, der Schafdung sei erst im 15. und 16. Jahrhundert „richtig zur Geltung gekommen“. Jedenfalls datieren aus diesem Zeitraum zahlreiche Versuche, die Verteilung des Dungs rechtlich zu regeln, in Sachsen und Thüringen oft zugunsten der Grundherrschaft.121 Aus den Regelungen wird deutlich, dass auch Herden von Wanderschäfern zum Einsatz kamen. Schwäbische Dorfordnungen legten mitunter die Zahl der Nächte, teils auch der Stunden fest, in denen die Pferche transhumanter Herden – gegen entsprechende Bezahlung durch den Grundbesitzer – auf den jeweiligen Parzellen verweilten.122 Die Sammlung des stark phosphorhaltigen Dungs der Vögel geschah auf Gütern und Dörfern in Geflügel- bzw. Taubentürmen.123 Um das neu gewonnene Rodeland und die Ausfelder, die mit schweren Dungfuhren schlecht zu erreichen waren, besser in Kultur zu nehmen, wurde am sächsischen Hof Ende des 16. Jahrhunderts vorgeschlagen, am Waldrand große Gruben auszuheben, „Moos und Tangel und Eichenlaub“ einzubringen, zu kompostieren und auf die anliegenden Felder auszubringen.124 Gleichfalls am sächsischen Hof wurde empfohlen, „ungeleschten Kalk“ 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124

Grosser 1590/1965, S. 20 f.; Jänichen 1970, S. 40  ; Wagner 2005, S. 96. Berthold 1982, S. 67 f. Saafeld 1960, S. 93. Gudermann 2000, S. 78. Kauter 2002, S. 124 f. Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 204. Jacobeit 1987, S. 22–25. Knapp 1919/1964, S. 90  ; Schmied 1988, S. 8. Rösener 1991, Abb. 38, S. 244 (1532)  ; Volk 1998, S. 292. Abel 1978, S. 92.

Ackerbau Abb. 15  : Im Vordergrund ein wenig sorgsam angelegter Misthaufen (Reuschten- oder Wolffenhof in Schlieren bei Zürich, aquarellierte Zeichnung, 1695). Mehr Mühe wurde auf die geometrische Anlage des Gartens verwandt.

oder Mergel, ein Kalk-Ton-Gemisch, auf die Stoppeln zu streuen.125 Kalk verhindert die Versauerung der Böden und erhöht die Verfügbarkeit der Nährstoffe, Ton stabilisiert weiche Böden. Thumbshirn beobachtete, dass nach einer Mergelgabe ein „köstlich Getreide“ wachse, „großkörnigt, liecht und mehlreich an Körnern.“ Außerdem würden durch Mergeln Quecken beseitigt.126 Eine neuere Arbeit sieht in der Mergelung eine Voraussetzung für die spätmittelalterliche Expansion des Dinkels in Süddeutschland127, da Weizenarten auf sauren Böden schlecht gedeihen. Im Rheinland hatte der Gebrauch von Mergel, von Flandern und Nordfrankreich her kommend, bereits Mitte des 13. Jahrhunderts Fuß gefasst, nach 1500 ist er auch in anderen Intensivgebieten dokumentiert.128 Auf braunschweigischen Domänen erhielt nach 1550 jährlich ca. 5% des Ackerlandes eine Mergelgabe.129 In der Grafschaft Waldeck wie125 Abel 1978, S. 173  ; Schlude 2008, S. 44. 126 Thumbshirn 1616/1965, S. 98. 127 Fischer/Rösch 2009, S. 84 f. S. auch Boelcke 1964, S. 260: Beispiel für Mergelung in Württemberg (1405). 128 Abel 1978, S. 92 f.; Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 178  ; Volk 1998, S. 276. 129 Saalfeld 1960, S. 57.

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sen die Landesordnungen von 1525 und 1581 Vollbauern und Kötter an, jährlich zwei bzw. einen „großen Morgen“ Acker zu mergeln.130 Im Altenburger Land dagegen, einer derjenigen „Kornkammern“, die sich an der Wende zur Neuzeit mit Bezug auf die neuen Zentren von Gewerbe und Handel herausgebildet hatten (Kap. 4.2.2.2), wurde um 1550 „das Mürgel graben“ aus bäuerlicher Initiative aufgenommen. Fünfzig Jahre später war es „so gemein worden, daz vast sellten ein dorff …, do mann es nicht furgenommen, mitt unaußsprechlichen, jha vast handtgreiflichen Nutz der Felder.“131 Das Hofinventar des Bauern Peter Becker aus Diesdorf bei Magdeburg lässt andere Anstrengungen erkennen, die auch ein Stück weit die Dehnung der Fruchtfolgen in den intensivwirtschaftlichen Gebieten erklären (Kap. 3.1.1.2). Wie der Niederländer Rienck Hemmema, ein Zeitgenosse, dessen Betrieb in der agrargeschichtlichen Literatur als Paradebeispiel für Intensivwirtschaft dient132, kaufte Becker Fäkalien und Abfälle aus der Stadt, in England vornehm „nightsoil“ genannt. 1591 waren es genau 30 Wagenfuhren.133 Für die Umgebung von Köln sind solche Praktiken schon für 1353 bezeugt.134 3.1.2.4 Saat Die Saatgutauswahl scheint vorwiegend innerbetrieblich erfolgt zu sein, d. h. es wurden die jeweils kultivierten Sorten „nachgebaut“. Die sächsischen Domänen waren allerdings angewiesen, untereinander Saatgut auszutauschen.135 Im Gebiet von Neustadt a. d. Aisch wurde 1575 geraten, „auch fremdes Getreide“ auszusäen und insbesondere Saathafer, „welcher … viel Metzen gibt“, in einem lokalen Marktort wie Windsheim zu erwerben. Auch Dinkelsaatgut wurde oft von weit her geholt.136 Die Aussaatmengen variierten mit der Bodenqualität137, der Witterungsanfälligkeit der Getreidearten138 und den Betriebszielen. Auf braunschweigischen Domänen umfassten sie zwischen 1550 und 1690 für Roggen und Weizen ca. 190, für Gerste bzw. Hafer 163 bzw. 130 kg/ha139, auf ostpreußischen140 und sächsischen141 noch mehr. Die im Vergleich zur Gegenwart höheren Aussaatmengen auf schweren Böden142 können als Versuch der Ausnutzung größerer Fruchtbarkeitspotenziale verstanden werden oder auch als Reaktion 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142

Berthold 1982, S. 70. Bentzien 1980, S. 105. Slicher van Bath 1963, S. 176. Harnisch 1980, S. 48. Irsigler 1984, S. 722. Grosser 1590/1965, S. 29. Jänichen 1970, S. 29, S. 99. Berthold 1982, S. 73. Achilles 1960, S. 152  ; Ermisch/Wuttke 1910, S. 56. Saalfeld 1960, S. 56. Wächter 1958, S. 112. Berthold 1982, S. 23. Heresbach 1570/1970, S. 43.

Ackerbau

Abb. 16  : Vorbereitung und Ausbringen der Wintersaat sowie Obsternte  : Sämänner mit Sätüchern, Einsatz der Egge, Arbeiten mit einem Pflug mit gewölbtem Streichbrett und einem reitenden „Treibknaben“. Monatsbild (Tafelgemälde) September von Hans Wertinger, Landshut um 1520.

auf einen erschwerten Saataufgang, der dadurch bedingt war, dass die Pflüge grobe Schollen hinterließen, die von den schwachen Eggen kaum aufgelöst wurden.143 Im Hochmittelalter war man dem Problem mit Schollenhämmern zu Leibe gerückt, an der Schwelle zur Neuzeit kam auf einzelnen Gutsbetrieben und größeren Bauernhöfen, z. B. in Hessen und Sachsen, ein Gerät zum Einsatz, das im Prinzip schon in der Antike bekannt war, die Ackerwalze (Abb. 14).144 Dennoch blieben Schollenbildung und Staunässe Faktoren, die bis zur Entwicklung der Röhrendrainage und neuer Pflugtypen nach 1850 das Fruchtbarkeitspotenzial schwerer Böden verdeckten.145 Die Reinigung des Saatguts durch Worfeln, d. h. die Trennung von Unkraut- und Getreidesamen mittels eines natürlichen Luftzuges, behinderte die Ausbreitung von Samen143 S. Becker 2002, S. 279. 144 K. Herrmann 1985, S. 106  ; Ermisch/Wuttke 1910, S.  54  ; Ackermann 1911, S. 126  ; Bentzien 1980, S. 114, S. 129. 145 Böhme 1890, S. 63 f.; Ackermann 1911, S. 15 f.; North 1982, S. 28.

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unkräutern nur unzulänglich. So musste in den stehenden Beständen vielfach noch von Hand gejätet werden.146 Wie dicht das Unkraut oft stand, verdeutlicht das als Kollektivrecht organisierte Grasen, das Frauen aus ärmeren Haushalten gestattete, Ungräser auf den Äckern der Wohlhabenden zur Futterbeschaffung147 zu schneiden, teils bis in den Mai hinein. Trotz aller Bemühungen verliehen an der Wende zum 17. Jahrhundert z. B. in der Umgebung von Lüneburg „die blau blühende Kornblume Centaurea cyanus, die rote Kornrade Agrostemma githago und gelber Hederich Raphanus raphanistrum“ den Roggenfeldern „ein farbenprächtiges Bild“.148 Kehrseite der Farbenpracht waren freilich Vergiftungen beispielsweise durch Keimlinge der Kornrade149, die durch Worfeln nicht entfernt werden konnten. Die Fälle von Ergotismus convulsivus, die sich 1596/97 in Westfalen und Hessen häuften, sind dagegen auf die Ausbreitung des Mutterkornpilzes in den Roggenfeldern zurückzuführen. Die Kälte und Feuchtigkeit der letzten Dekade des 16. Jahrhunderts bereitete ihm einen idealen Nährboden.150 3.1.2.5 Ernte Die Ernte war nur durch den Einsatz aller verfügbaren Arbeitskräfte zu bewältigen. In Ostpreußen wie in Franken überwand man Engpässe im 16. Jahrhundert durch die Beschäftigung von Hilfskräften aus der Stadt151, mit denen oft langjährige Arbeitsbeziehungen bestanden.152 Überregionale Arbeitsmigration ist vor 1650 nur in Einzelfällen belegt.153 Bis ins Hochmittelalter wurde als Schneidegerät in der Getreideernte ausschließlich die Sichel genutzt. Erst im 14. Jahrhundert kam die Sense in Gebrauch, zunächst auf dem meist flach gestalteten Haferfeld.154 Möglicherweise war dies eine Reaktion auf die Bevölkerungsverluste, denn durch den Einsatz der Sense wurde die Arbeitsproduktivität gesteigert. Es konnte aber zu höheren Verlusten durch Körnerausfall kommen. Insofern blieb die Sichel (Abb. 17) v. a. in kleinbäuerlichen Betrieben bis ins 20. Jahrhundert eine realistische Option. Auf dem Winterfeld erschien die Sense (Abb. 18) im 15. Jahrhundert, zuerst im Nordosten Deutschlands155, aber auch im Gebiet um Weinsberg, wo daneben weiterhin die Sichel in Gebrauch blieb. Wie die lokalen Lohnregister zeigen, wurden Sensen von Männern, Sicheln überwiegend von Frauen geführt.156 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156

Bentzien 1980, S. 82  ; Wagner 2005, S. 89  ; B. Fuhrmann 2009, S. 133, S. 135. Thumbshirn 1616/1965, S. 84  ; Gabler 1952, S. 45 f.; Kauter 2002, S. 133 f. Wiethold 1995, S. 148. Pasternak 1991, S. 377. Hecker 2001, S. 214 f.; Frieß 2012, S. 257, S. 264 f. Wächter 1958, S. 69  ; Kramer 1961, S. 244 f. Gabler 1952, S. 46. Kramer 1961, S. 245. Jänichen 1970, S. 37. Bentzien 1980, S. 117. B. Fuhrmann 2009, S. 132–137.

Ackerbau

Abb. 17  : Verdeckt durch zwei Jäger, ernten drei Frauen und ein Mann Getreide mit der Sichel, ohne dass eine geschlechtsspezifische Aufteilung der Arbeitsschritte erkennbar wird. Monatsbild Juli, Öl auf Leinwand, vermutlich aus der Werkstatt von Jörg Breu d. Ä., Augsburg um 1530.

Belastbare Angaben zu den Flächenerträgen des 15. und 16. Jahrhunderts sind den Rechnungen einzelner Großbetriebe zu entnehmen, die sich in der Hand einer Landesherrschaft oder von Korporationen befanden. Die Erträge bäuerlicher Betriebe können lediglich indirekt über Zehntlisten erschlossen werden.157 Im Falle einzelner Großbetriebe gestattet kontinuierliche Buchführung sogar eine Durchschnittsbildung. Diese ist deswegen von Belang, weil Einzelangaben angesichts starker Ertragsschwankungen158 von Jahr zu Jahr nur geringe Aussagefähigkeit beinhalten. Auf schönburgischen Domänen bewegten sich die Schwankungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts im Extremfall um das Drei- bis Vierfache.159

157 Sreenivasan 2004, S. 126 f.; Wille 2009. 158 North 1982, S. 27  ; Sreenivasan 2004, S. 129. 159 Ackermann 1911, S. 143.

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Tabelle 1  : Durchschnittliche Flächenerträge (brutto  ; dt (hl)/ha), Auswahl Zeitraum  ; Anzahl der Angaben

Betrieb

Region

Weizen

Roggen

Hof Sulzbach

Nordpfalz

1443– 1533  ; 44

Vorwerke Thüringen Weimar/ Bachstedt/ Göttendorf

1528– 1564  ; 32

11,0 (15,58)

10,8 (14,84)

Vorwerke Thüringen Weimar/ Bachstedt/ Göttendorf

1568– 1573  ; 6

13,83 (19,58)

Derenburg

SachsenAnhalt

1555/56– 1558/59

Wolfenbüttel

Niedersachsen

Lucklum

Gerste

10 (13,74)

Hafer 7 (16,02)

Wagner 2005, S. 113

8,3 (14,04)

6,3 (14.42)

Militzer 1993, S. 123 f.

7,69 (10,57)

12,38 (20,93)

12,24 (28,02)

Militzer 1993, S. 111

11,56 (16,51)

10,3 (14,16)

8,14 (13,13)

6,39 (12,78)

Harnisch 1980, S. 51

1540– 1682  ; 21

11,7 (16,57)

12,0 (16,49)

11,6 (19,62)

7,4 (16,94)

Saalfeld 1960, S. 60

Niedersachsen

1595– 1676  ; 31

7,3 (10,34)

8,3 (11,4)

7,4 (12,51)

5,3 (12,13)

Saalfeld 1960, S. 60

Kirchenland Bornum

Niedersachsen

1619– 1623, 1633– 1641  ; 12

6,29 (14,40)

Achilles 1960, S. 140

Versch. Vorwerke

Ostpreußen

1550– 1695  ; 28, 24

3,7 (8,47)

Wächter 1958, S. 112

8,33 (11,8)

8,7 (12,32)

7,6 (10,44)

7,0 (11,84)

Die Angaben zu den Flächenerträgen lassen sich quellenbedingt nicht immer mit Ertragsrelationen verknüpfen. In den internationalen Vergleich hat für deutsche Territorien ein durchschnittliches Saat-Ernte-Verhältnis von 1  : 4 bis 1  : 4,5 Eingang gefunden.160 Die aus der Tabelle erkennbaren Unterschiede lassen solche Verallgemeinerungen als problematisch erscheinen. So lagen der Hof Sulzbach (1443–1533) in der Pfalz und die Domäne Wolfenbüttel (1540–1682) mit einem Verhältnis von 1  : 7,5 bzw. 1  : 6,25 bei Roggen kon160 Kriedte 1980, S. 33  ; Robisheaux 1989, S. 25  ; Warde 2006, S. 64.

Ackerbau

Abb. 18  : Das dicht stehende Getreide wird mit Sensen gemäht, die sich in den Händen von drei Männern befinden. Mit dem Aufheben, Binden und Aufstellen der Garben sind drei Frauen beschäftigt, Öl auf Holz, aus der Werkstatt von Pieter Brueghel d. J., 1622.

tinuierlich darüber, bei Gerste erzielte die Domäne Wolfenbüttel einen Spitzenwert von 1  : 7,1. Ostpreußische Domänen erreichten dagegen im Durchschnitt (1550–1625) bei Roggen nicht mehr als 1  : 3,78. Hafer, für den dort lediglich eine Rate von 1  : 2,76161 ermittelt wurde, wies häufiger schwächere Erträge auf, sei es wegen eines geringeren Aufwands bei der Bestellung, sei es wegen der Witterungsrisiken, die angesichts eines späten Erntezeitpunkts bestanden. 3.1.3 Pflanzenbau im Klimawandel

Frank Konersmann Alle aufgeführten Ertragsangaben stammen von Betrieben, die auf Grundlage des Dreifeldersystems wirtschafteten. Die meisten verfügten über überdurchschnittliche Bodenqualitäten.162 Ein Trend zur Abnahme der Erträge ist vor 1560 nicht zu erkennen. Auf 161 North 1982, S. 227. 162 Abel 1978, S. 237.

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thüringischen Domänen wiesen die Ernten zwischen 1528 und 1560 sogar „steigende Ergiebigkeit“ auf  ; die Dekade zwischen 1550 und 1560 erbrachte schließlich stark überdurchschnittliche Resultate.163 Nach 1560 änderte sich jedoch das Bild  : Die Erträge gingen auf breiter Front zurück.164 Neuerdings wird zur Erklärung der Ertragsrückgänge v. a. die Veränderung der klimatischen Gegebenheiten akzentuiert. Die Tatsache, dass die Verluste beinahe abrupt einsetzten, kommt dieser Sichtweise entgegen, ebenso der Umstand, dass ein Rückgang bei allen der Ernährung dienenden Agrarprodukten konstatiert werden kann. Dies ist darauf zurückgeführt worden, dass bestimmte Wetterbedingungen das Wachstum aller angebauten Nutzpflanzen beeinträchtigen. Das gilt z. B. für dominierende Feuchtigkeit in den Sommermonaten Juli und August, wie sie v. a. für das letzte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts charakteristisch war. Im Fall des Getreides entwickelt sich der Keimling frühzeitig auf Kosten des Mehlgehalts, und es erhöht sich die Anfälligkeit der Ähre für Pilzbefall und Insektenfraß.165 Im Heu verringert sich im feuchten Zustand der Anteil an Nährstoffen in kürzester Zeit, und damit geben die mit diesem Heu gefütterten Kühe weniger Milch. Auch späte Fröste schädigen alle Agrarprodukte, in besonderer Weise aber das Sommergetreide und die Weinernte. Von vorherrschend kalten Phasen im März und April waren hingegen Wintergetreide und Graswuchs (indirekt also die Heuernte) besonders betroffen. Häufigere Regenfälle im Herbst können gleichfalls Ernteeinbußen beim Wintergetreide bewirken. Sie behindern die Ausbringung der Saat und können zur Stickstoffauswaschung beitragen. Tatsächlich war bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts, als die „Kleine Eiszeit“ einsetzte, v. a. das Wachstum der weniger wetterresistenten Wintergetreidearten Weizen und Roggen nachhaltig beeinträchtigt.166 Der Zeitraum zwischen 1427 und 1438 stellt sich gleichfalls als Krisenperiode dar  : Angesichts kürzerer Vegetationsperioden sanken die Erntemengen von Wintergetreide und Wein deutlich, im nördlichen Rheinhessen stellenweise sogar um 80%.167 Auch nach 1560 gingen die Ernteergebnisse bei den Wintergetreidearten am stärksten zurück. Dies lässt sich jedenfalls aus den wenigen regionalen Ergebnissen folgern, die aus deutschen Territorien vorliegen. Auf vier schönburgischen Domänen zeichnet sich der stärkste Negativtrend bei dem im Winterfeld nahezu ausschließlich angebauten Roggen ab168  :

163 164 165 166 167 168

Militzer 1993, S. 111. Militzer 1993, S. 122 f.; Saalfeld 1960, S. 62 f. C. Pfister 2005, S. 62–68  ; C. Pfister 1984, Bd. 2, S. 36. Sprandel o.J., S. 12. Lamb 1989, S. 225  ; Hagenbusch 2005, S. 29. Ackermann 1911, S. 141 f.

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Tabelle 2  : Ernteergebnisse Vorwerk Penig

Saatfaktor Roggen

Vorwerk Zinnberg

Saatfaktor Roggen

1545–1564

5,81

1545–1564

5,40

1600–1625

3,99

1600–1625

3,68

Vorwerk Wiederau

Saatfaktor Roggen

Vorwerk Wechselburg

Saatfaktor Roggen

1544–1569

5,29

1545–1569

4,84

1584–1625

4,20

1600–1604

3,85

Auch am Südrand des Vogelsbergs war seit etwa 1560 Roggen am meisten betroffen, in den höheren Lagen in den besonders ungünstigen 1590er-Jahren mit Rückgängen um nahezu die Hälfte. Die Hafererträge verringerten sich „nur“ um knapp 15%, wenn man jeweils die Ernten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert zum Maßstab nimmt.169 Insofern versuchten bäuerliche Produzenten und adlige Eigenwirtschaften Schäden am Wintergetreide durch nachträgliche Aussaat von Sommergetreide zu kompensieren oder sie setzten überhaupt mehr auf Hafer, Gerste und Buchweizen.170 Hingegen scheiterten Versuche mit dem wetterresistenten Wintergetreide Dinkel, denn die Erträge fielen zu gering aus.171 In Anbetracht des verringerten Eiweißgehalts bei Roggen, der auf die Häufung feuchter Sommermonate zurückzuführen ist, wurde bei der Herstellung von Brot der Anteil von Gerste erhöht, obwohl auch diese Getreideart von Ernterückgängen und Qualitätsverlusten nicht ausgenommen war. Theoretisch hätte ein verstärkter Anbau proteinhaltiger Leguminosen einen Ausweg dargestellt. Auf braunschweigischen Domänen war jedoch der Ertragsrückgang nach 1550 bei Erbsen noch stärker ausgeprägt als bei den Getreidearten.172 3.1.4 Probleme und Potenziale der Agrarmodernisierung

Werner Troßbach 3.1.4.1 Flurformen und -reglements Die Gestalt der Feldfluren war durch Anbausysteme nicht determiniert. Siedlungs- und Flurformen hatten jedoch Auswirkungen auf die Entscheidungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte. Lagen – wie im Falle der Einzelhofsiedlung – die Felder um die Höfe der Landwirte, konnten sie unbehindert eigene Einteilungen vornehmen. Raum für individuelle 169 170 171 172

Hildebrandt/Gudd 1991, S. 107 f. Ebd.,, S. 113. Ebd., S. 116. Saalfeld 1960, S. 62.

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Entscheidungen war auch in Dörfern mit Waldhufen- oder Hagenfluren gegeben, wo sich die Äcker der einzelnen Wirte direkt hinter ihren Höfen erstreckten. Ähnliches galt für die Feld-Gras- und die Eschwirtschaften Norddeutschlands, da die Längsstreifen der dortigen Fluren meist an der Schmalseite individuell zugänglich waren.173 Auch Dreifelderwirtschaften kamen – wie im Herzogtum Braunschweig und der fuldischen Rhön174 – ohne kommunale Restriktionen aus, wenn die Äcker von Wegen her zu erreichen waren. In Gewannfluren hingegen, die man v. a. in Drei- bzw. Mehrfelderwirtschaften antrifft, waren Regelungen, die als Flurzwang (frz. assolement forcé) bezeichnet werden, unumgänglich. In Gewannfluren waren die individuellen Parzellen auf annähernd gleich große Schläge bzw. Zelgen verteilt, deren Zahl sich danach richtete, ob Zwei-, Drei- oder Mehrfelderwirtschaft praktiziert wurde. Die Einzeläcker lagen in Gemenge, umfassten oft nur wenige Ar und waren meist nicht von den Wegen her erreichbar, die größtenteils am Rand der Zelgen verliefen.175 In Realteilungsgebieten verfügten im 17. Jahrhundert bereits mittelgroße Besitzer über eine kaum überschaubare Anzahl an kleinen und kleinsten Stücken.176 Gewannfluren sind jedoch auch in Gebieten mit geschlossener Vererbung anzutreffen.177 Als Stammland kann der Südwesten – bis hinauf in die Wetterau – gelten, wo Gewannfluren bereits Ende des Hochmittelalters an mehreren Stellen nachzuweisen sind. In den Gebieten der Ostsiedlung breiteten sich Gewannfluren seit dem Spätmittelalter aus. Die Vorstellung, bereits die hochmittelalterlichen Siedler hätten „Plangewanne“ angelegt, hat heute kaum noch Anhänger. Auch in den Altsiedelgebieten war die „Vergewannung“ ein bis ins 17. und 18. Jahrhundert andauernder178, nur selten ein die gesamte Flur umfassender Prozess. Im hessischen Schwalmgebiet bspw. war Mitte des 16. Jahrhunderts nur die Kernflur in Gewanne geteilt, „nicht unbeträchtliche Ackerareale v. a. an den Rändern“ wurden „in freier Fruchtfolge bestellt“.179 Bereits Wilhelm Abel hat betont, dass sich die Gewannbildung „nicht auf einen Nenner bringen lässt.“180 Der Beginn dieses Prozesses wird mit dem hochmittelalterlichen Bevölkerungszuwachs in Verbindung gebracht. Besonders in den landwirtschaftlichen „Gunstzonen“ seien die Wege innerhalb der Flur dem zunehmenden Getreidebedarf zum Opfer gefallen. Die zusätzlich erfolgende Ausdehnung von Ackerflächen habe außerdem eine Verknappung von Weideland nach sich gezogen, der man mit stärkerer Beweidung der Brache und der Stoppelfelder begegnet sei. Diese habe wiederum einen verstärkten Flurzwang erforderlich gemacht.181 Erwägungen zum einzelbetrieblichen Risikoausgleich 173 174 175 176 177 178 179 180 181

Bentzien 1980, S. 62. Saalfeld 1960, S. 58 f.; Röll 1966, S. 61. Gabler 1952, S. 49  ; Bader 1973, S. 22–24  ; Schöller 1973, S. 31. Abel 1978, S. 78  ; Fetzer 2002, S. 91. Beck 1993, S. 53. Boelcke 1974, S. 137  ; Schillinger 1982, S. 121 f. Born 1961, S. 31. Abel 1978, S. 83. R. C. Hoffmann 1975, S. 53 f.; Comet 1992, S. 30.

Ackerbau

Abb. 19  : Umzäunung der Flur zum Schutz vor Wild und Vieh, Holzschnitt 1502.

erscheinen in diesem Szenario als nachgetragen. Tatsächlich gab es in den südwestdeutschen Kernländern der Gewannflur bereits zu Beginn der Neuzeit zahlreiche Betriebe, die nicht in allen Zelgen gleichmäßig vertreten waren.182 Als Pluspunkt der Gewannfluren ist weiter angeführt worden, dass die mosaikartige Parzellenanordnung mit wellenförmigen Vertiefungen und zahlreichen Feldrainen zum Schutz vor Erosion und Dungauswaschung beigetragen habe.183 Ökonomische Vorteile bot der Umstand, dass zum Schutz vor Vieh und Wild nicht jede einzelne Parzelle, sondern lediglich die Zelgen insgesamt umzäunt (Abb. 19) werden mussten.184 Den Vorteilen stand ein hoher Regelungsbedarf gegenüber. Die räumliche Gemengelage war nur durch die Einhaltung strikter Vorschriften für die zeitliche Abfolge der Arbeiten zu bewältigen. Die Vielzahl der Übertretungen, die bereits im 16. Jahrhundert belegt sind, lassen erkennen, dass der Kampf um die „Ordnung der Flur“ einer Sisyphus182 Jänichen 1970, S. 110  ; Warde 2006, S. 58. 183 Slicher van Bath 1963, S. 56. 184 Schöller 1973, S. 32  ; R. C. Hoffmann 1975, S. 59 f.

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arbeit gleichkam.185 Allerdings trug der unerschöpfliche Regelungsbedarf zur Festigung der sich herausbildenden dörflichen Gemeinden bei186, wenngleich sich nicht überall die Grundherrschaft aus diesem Regelungsbereich herausdrängen ließ. Die Agrarreformer des 18. Jahrhunderts sahen im Flurzwang und der zugrunde liegenden Kollektivweide der Nutztiere (Kap. 3.2) das „Haupthindernis“ für Innovationen, die sie sich v. a. als individuellen Wirtschaftsfortschritt vorstellten. Tatsächlich bestrafte man im niederbayerischen Moosham am 21. Oktober 1654 einen Bauern, weil er seinen Acker vier Wochen zu spät bestellt und dadurch die Saaten der anderen beschädigt hatte, mit der bezeichnenden Ermahnung  : „Soll bauen, was die andern bauen.“187 Jenseits der Modernisierungsperspektive kann der Flurzwang jedoch als Absicherung von Praktiken begriffen werden, die auf der Basis eines nur langsam evolvierenden Wissensstandards eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Nutzung knapper Ressourcen gestatteten. Außerdem ließ der Flurzwang Auswege offen. Sonderkulturen wurden z. B. oft in sog. Einschlägen angebaut, Flurstücken, die unter Gartenrecht gestellt waren (Kap. 3.3).188 Schließlich bot auch das weite Terrain der „Ausfelder“ Raum für innovatives Wirtschaften. 3.1.4.2 Elemente neuer Fruchtfolgen Die „Besömmerung“ der Brache gehörte spätestens seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zum Arsenal der Vorschläge, die zahlreiche Agrarreformer zur „Hebung“ der Landwirtschaft unterbreiteten. In der Praxis hatte man bereits vor 1550 auch in deutschen Territorien begonnen, diesen Weg zu beschreiten, wenn auch anders als in den Niederlanden und Flandern nur zögerlich. Auf den nach zeitgenössischem Standard aufmerksam bewirtschafteten braunschweigischen Domänen war die Brache nur zu 5–6% besät189, ein Wert, der in den Pachtbetrieben des Rheinlandes ebenfalls nicht überschritten w ­ urde.190 Wenn auch in Bauernwirtschaften der benachbarten Magdeburger Börde lediglich kleine Teile der Brache bestellt wurden191, heißt dies umgekehrt, dass diese gegenüber Gutsbetrieben keinen prinzipiellen Rückstand aufwiesen.192 Der Flurzwang stand neuen Praktiken nicht prinzipiell entgegen, man benötigte für die Brachbestellung allerdings Gemeindebeschlüsse, wie sie für zahlreiche Dörfer am Rande der Schwäbische Alb sowie der Umgebung von Ulm und Nördlingen für das gesamte 16., vereinzelt bereits für das späte 15. Jahrhundert dokumentiert sind. 193 185 186 187 188 189 190 191 192 193

Strobel 1972, S. 166. Jänichen 1970, S. 153. Wilhelm 1954, S. 97. Strobel 1972, S. 140 f.; Abel 1978, S. 98. Saalfeld 1960, S. 54. Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 186. Harnisch 1980, S. 53. Bentzien 1980, S. 105. Knapp 1919/1964, Anmerkungen, S. 90  ; von Trauchburg 1995, S. 314, S. 318.

Ackerbau

Als Brachfrüchte wurden vor 1650 u. a. jene Kulturen eingesetzt, die bereits in den Einschlägen, z. T. auch auf den Sommerfeldern zu finden waren, d. h. Kraut, Rüben, Faser- und Färbepflanzen.194 Darunter befinden sich jedoch eine Reihe sog. Starkzehrer wie z. B. die Kohlpflanze, deren Anbau einem wichtigen Zweck der Brache, der Humus- und Nährstoffanreicherung, diametral entgegen wirkte. Insofern war die Skepsis, mit der selbst im fortschrittlichen Rheinland im 16. Jahrhundert einzelne Grundherrschaften dem Anbau auf der Brache begegneten, nicht unbegründet. Die Skepsis galt besonders der Färbepflanze Waid (Kap. 4.1.2.2). Darüber hinaus kamen für den Brachanbau Leguminosen wie Wicken, Erbsen, Linsen und Ackerbohnen infrage. Ihre bodenverbessernde Wirkung, die auf ihrer Fähigkeit beruht, im Zusammenwirken mit Bodenbakterien Stickstoff aus der Luft zu fixieren, war zumindest regional im Erfahrungswissen präsent. Auf Gut Stavenow in der Prignitz hielt man 1584 die Beobachtung fest, nach Erbsen und Ackerbohnen trage das Land „guten Roggen“.195 In Colers „Oeconomia“ (Kap. 3.5) fand diese Erfahrung bereits in eine Art Lehrsatz Eingang  : Wo Erbsenstroh „untergearbeitet wird, … tregt der Acker ein herrlich gut Korn oder Tunkel“.196 Abraham von Thumbshirn teilte konkreter mit, „umb Quedlinburg“ pflege „man … auf die weit entlegene Felder Erbeiß zu seen und wenn die anfahen zu blühen, so ackert man sie unter, davon wird der Acker fett und milde.“ Offensichtlich hatten die Anwohner diese Methode entwickelt, um vor dem Hintergrund der Bevölkerungszunahme die Ausfelder stärker in Kultur zu nehmen, aufwändige Dungfuhren aber zu vermeiden. Thumbshirn formulierte daraus für die Domänenbestellung den Rat, man solle Roggen Anfang September auf die „gesommerten Erbeis und Wickenfeld“ säen.197 Die praktische Umsetzung blieb offenbar begrenzt. Traditionell wurden Hülsenfrüchte weniger auf der Brache als auf den Sommerfeldern kultiviert, wodurch die Stickstofffixierung zwar den Stützpflanzen Hafer und Gerste, den Nachfolgekulturen aber nur in geringem Maße zugute kommen konnten. Im Rheinland allerdings schrieben bereits seit der Mitte des 13. Jahrhunderts zahlreiche Pachtverträge die Ansaat von Wicken auf Teilen der Brache vor.198 Die Wicken wurden nicht ausgezogen, sondern geschnitten oder abgeweidet. Vor diesem Hintergrund konnte der rheinische Agrarschriftsteller Conrad von Heresbach 1570 die Erfahrung mitteilen, dass Wicken „das Land weit besser hinterlassen, als sie es finden, besonders wenn man sie als Futter grün einbringt und gleich nach dem Abmähen die Reste einackert.“199 Weniger Hülsenfrüchte als Futterpflanzen wie Klee und Luzerne standen bekanntlich auf der Agenda des Reformdiskurses, der spätestens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun194 195 196 197 198 199

Hellwig 1990, S. 113  ; Hagen 2002, S. 42  ; Kreißler 2006, S. 59. Hagen 2002, S. 42. Coler 1603, 7. Buch, 39. Kap., unpaginiert. Thumbshirn 1616/1965, S. 80, S. 98, S. 107. Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 183  ; s. auch Volk 1998, S. 276 f. Abel 1978, S. 175  ; Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 188.

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derts auch deutsche Territorien erreichte. Da auf einem Kleefeld in den dicht stehenden Wurzeln in der Regel mehr Stickstoff gesammelt wird als auf einem herkömmlichen Leguminosenschlag, gilt der Kleebau tatsächlich als wichtiger Schritt zur Lösung des Stickstoffproblems, das die Ernten stark limitierte. Klee fördert zugleich Humusbildung und Bodengare. Anders als in Norditalien und den südlichen Niederlanden200 ist domestizierter Rot- oder Weißklee in ackerbaulichen Fruchtfolgen vor 1650 in deutschen Territorien bisher nicht nachgewiesen worden.201 Ein Autor wie Hieronymus Bock kannte jedoch – wie bereits Hildegard von Bingen – die guten Futtereigenschaften des Wiesenklees.202 Auch domestizierter Klee war in deutschen Territorien gegen Ende des 16. Jahrhunderts nicht unbekannt, der Samen wurde allerdings in kleinen Mengen als Rarität gehandelt, z. B. im höfischen Raum (Kap. 3.2). Conrad von Heresbach, Inhaber eines auf einer Rheininsel unweit von Wesel gelegenen Gutes203, wies 1575 auf zwei andere Leguminosen hin, Lupine und Luzerne, deren Vorfruchtwirkung unter Umständen die des Klees noch übertreffen kann. Es kann kein Zweifel bestehen, dass Heresbach nicht nur aus der antiken Wissenstradition (Kap. 3.5) schöpfte, sondern eigene Anbauerfahrungen besaß, beinahe zweihundert Jahre bevor die Luzerne zusammen mit dem Klee einen europaweiten Siegeszug antrat.204 Obwohl Heresbach vorwiegend an den Futtereigenschaften interessiert war, war ihm die bodenverbessernde Wirkung von Luzerne und Lupine voll bewusst.205 Hieronymus Bock hingegen hatte eine andere Kultur im Auge, wenn er den Eindruck mitteilte, „unser Germania würt bald Felix Arabia heissen/dieweil wir so vil frembder gewächß von tag zu tag/auß frembden Landen inn unsern grund gewenen.“206 Die Maispflanze, der diese Bemerkung des weitsichtigen Botanikers galt, musste auf ihren Durchbruch in den Territorien nördlich der Alpen jedoch länger warten, nicht anders als eine weitere Kultur der Neuen Welt, die Kartoffel. Die Knollenfrucht war zwar seit etwa 1590 in einigen adligen und bürgerlichen Medizinal- und Lustgärten (Kap. 3.3) präsent, z. B. in Kassel, Breslau und Heidelberg. Teilweise wurde sie als Zierpflanze betrachtet, obwohl im höfischen Raum bereits Kochrezepte kursierten.207 Einer der ersten, der Kartoffeln auf der Feldflur kultivierte, war der Kleinbauer Hans Rogler aus Pilgramsreuth im fränkischen Vogtland. Er will die Knollen 1647 bei einem Verwandtenbesuch in Westböhmen kennen gelernt haben, wo sie ein niederländischer Offizier eingeführt haben soll.208 200 Kjærgaard 2003, S. 43  ; Dejongh/Thoen 1999, S. 49 f. 201 Schröder-Lembke 1978, S. 145. 202 H. Bock 1546, S. 192. 203 Abel 1970, S. 6. 204 Kjærgaard 2003, S. 44  ; Ambrosoli 1997, S. 372 f. 205 Heresbach 1570/1970, S. 63–67. 206 Zitiert nach  : H. Bock 1546, S. 214. 207 Denecke 1976. 208 Wirsing 1988.

Ackerbau

Auch einheimische Wurzelpflanzen fanden erst zögerlich Eingang in die Fruchtfolgen. Wurzelpflanzen verlangen zwar reichlich Dünger und Handarbeit, begünstigen durch die Beschattung mit ihren Blättern aber das Bodenleben und machen nachfolgenden Kulturen Nährstoffe aus Schichten verfügbar, die vom Getreide nicht erschlossen werden. Abgesehen von Kulturen wie Pastinak und Rettich, die in Gebieten der Intensivwirtschaft (Kap. 3.3) auch in der Feldflur angebaut wurden209, war das Artenspektrum jedoch beschränkt. Die Runkelrübe z. B. war erst gegen Ende des Mittelalters als solche verfügbar, nachdem man begonnen hatte, aus der Mangoldpflanze „Rübenpflanzen mit verdickter Wurzel … zu züchten“, zunächst am Niederrhein und wohl auch in der Pfalz.210 Steckrüben und v. a. die damit verwandten Wasserrüben („turnips“), eine Pflanzenart, deren Beitrag zu einer erneuerten Landwirtschaft im England des 18. Jahrhunderts breit gewürdigt wurde, waren dagegen in Flandern schon im Hochmittelalter auf der Ackerflur präsent.211 Für deutsche Territorien setzen Belege erst später ein. Grosser und Heresbach sahen Wasserrüben im Rheinland wie in Schlesien auf bäuerlichen Äckern und schätzten sie wegen ihrer „wunderbaren Größe“. 212 Genutzt wurde diese heute kaum noch kultivierte Art als Viehfutter, auf sächsischen Domänen nach längerer Lagerung als „Welkrüben“ auch für die Ernährung des Gesindes.213 Wasserrüben haben den Vorteil einer kurzen Vegetationszeit. Auf sächsischen Domänen sollten sie im Juli „auf ein getünget brachfeldt im neuen monden“ gesät214 und Anfang bis Mitte Oktober ausgegraben werden. Dieses Verfahren setzt allerdings niederschlagsreiche Sommer voraus, wie sie im Horizont der „Kleinen Eiszeit“ tatsächlich gehäuft vorkamen. Auf ertragreichem Land bildeten Lein oder Gerste215 die Folgefrucht, Kulturen, die von der vorausgehenden Unkrautbekämpfung mit der Hacke profitierten. Thumbshirn fand die Rotation Brache/Rüben – Gerste – Gerste – Roggen oder Weizen – Erbsen oder Wicken 1571 auf vier elbnahen Domänen mit Schwemmlandböden vor.216 Heresbach zog die in seiner niederländischen Nachbarschaft praktizierte Variante vor, Rübenvarietäten als Stoppelfrüchte nach Roggen einzuschalten.217 Der ebenfalls der Familie der Kreuzblütengewächse angehörende Rübsen wurde als Ölfrucht genutzt und hatte den im Mittelalter bevorzugten Leindotter218 weitgehend abgelöst. Winter- und Sommerrübsen waren um 1500 im Gebiet um Erfurt „auffällig 209 Abel 1978, S. 173. 210 Knörzer 1991, S. 159  ; Körber-Grohne 1995, S. 210  ; Bedal/Bärnthol 2012, S.  48  ; Kleinschmidt 2012, S. 247. 211 Thoen 1997, S. 79. 212 Grosser 1590/1965, S. 32  ; Heresbach 1570/1970, S. 53 f. 213 Ermisch/Wuttke 1910, S. 20 f. 214 Ebd., S. 255. 215 Thumbshirn 1616/1965, S. 32, S. 78. 216 Wiemann 1940, S. 32, S. 38. 217 Schröder-Lembke 1978, S. 184  ; Bieleman 1992. 218 Kroll 1994, S. 19  ; Behre 2007, S. 73.

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stark“ verbreitet.219 Etwas später expandierte der Raps, ein ertragreicherer Abkömmling des Rübsens, der in den Niederlanden ab dem 14. Jahrhundert nachgewiesen ist. In Schlesien scheint man mit der Pflanze 1590 noch wenig vertraut gewesen zu sein.220 Für das Rheinland hingegen konnte Heresbach schon 1570 mitteilen, dass der Rapsanbau „den Bauern“ gutes Geld einbringe.221 Auch in Nordwestdeutschland war Rapsanbau zu dieser Zeit bereits etabliert.222 Heresbach zufolge wurde Rapsöl allenfalls in der Küche der Armen verwendet, ansonsten zum Schmieren der Wagen sowie für Beleuchtungszwecke.223 Erst seit den 1960er-Jahren gelang es der Züchtung, ernährungsphysiologisch bedenkliche Inhaltsstoffe im Raps merklich zu reduzieren.

3.2 Wiesennutzung Werner Troßbach Offene Grasflächen bildeten sich bereits im Neolithikum an Stellen, wo der Wald durch intensive Weidenutzung licht geworden war, aber auch in Flusstälern, wo die andauernde Feuchtigkeit ackerbauliche Nutzung erschwerte. Allerdings ist die massenhafte Ausbreitung typischer Wiesengräser pollenanalytisch „häufig erst nach der des Getreides im Mittelalter“224 nachweisbar. Dies liegt darin begründet, dass neben der Weidenutzung v. a. der Grasschnitt zur Ausbreitung und Gestaltung derjenigen Ökosysteme beigetragen hat, die unter dem Begriff „Wiese“ zusammengefasst werden. Die Gewinnung von Wiesenheu als Winterfutter für das Vieh scheint sich in Mitteleuropa erst spät entwickelt zu haben. Zuvor wurde im Winter v. a. Laubheu verfüttert, eine Praxis, die unterstützend an einigen Stellen bis ins 20. Jahrhundert ausgeübt wurde. Die Ernte von Wiesenheu ist in größerer Breite erstmals in den Inventaren karolingischer Pfalzen dokumentiert. Erleichtert wurde die Heugewinnung durch die Verfügbarkeit der „modernen“ langstieligen Sense, deren Blatt vom Stiel nach außen abgewinkelt ist. Sie war seit der Merowingerzeit in Gebrauch.225 Im Verlauf des Mittelalters weitete sich das „Spektrum von Wiesentypen“ erheblich aus.226 Es reichte von artenreichen, aber wenig ertragreichen Magerrasen auf siedlungsfernen Standorten mit oft schlechten Bodenverhältnissen bis zu siedlungs- und wassernahen „Fettwiesen“, die intensive Wirtschaftsformen gestatteten und höhere Heuerträge lieferten.227 219 Schröder-Lembke 1978, S. 186 f.; Bentzien 1980, S. 120. 220 Grosser 1590/1965, S. 33. 221 Schröder-Lembke 1978, S. 185 f. 222 Kroll 1994  ; Saalfeld 1998, S. 52. 223 S. auch Grosser 1590/1965, S. 33  ; Bentzien 1980, S. 120  ; Kroll 1994. 224 Willerding 2003, S. 255. 225 J. Henning 1996, S. 780. 226 Speier 1996, S. 214. 227 Willerding 2003, S. 255–257.

Wiesennutzung

Gebiete mit vorherrschender Grünlandwirtschaft waren v. a. in den Nordseemarschen und voralpinen Regionen zu finden.228 Ansonsten nahm der Wiesenanteil im 16. Jahrhundert selten mehr als 20% einer Gemarkung ein.229 Umgekehrt heißt dies aber auch, dass angesichts solcher Verteilungen eine Umwandlung von Wiesen in Ackerland selbst im Horizont steigender Getreidepreise kaum eine realistische Option war, wie Angaben aus Württemberg bestätigen.230 In der Umgebung des schwäbischen Kornwestheim, einem Getreideanbaugebiet mit besten Lössböden, nahmen im Spätmittelalter Wiesen lediglich 3% der Nutzfläche ein und befanden sich fast ausschließlich in der Hand von Großbauern. Auch Allmendeweiden standen dort nur in geringem Umfang zur Verfügung.231 Tierhaltung war auf dieser Basis nur eingeschränkt möglich, selbst der Zugviehbesatz war „in kaum glaublicher Weise knapp bemessen.“232 Noch die Agrarreformer des 18. Jahrhunderts kritisierten das nachteilige Verhältnis von Acker und Wiese, das in ihren Augen für weite Teile Deutschlands charakteristisch war. Wenig Gnade fand auch die Nachlässigkeit, mit der sie die Wiesen behandelt sahen. Der Kameralist Justi führte sie auf mangelndes Privatinteresse zurück.233 Dem widerspricht nur vordergründig, dass Wiesen im Regelfall bereits im Spätmittelalter als Eigentum der Einzelhaushalte geführt wurden. Die meisten Wiesen wurden in der frühen Neuzeit nämlich nicht als reine Mähwiesen, sondern als Mähweide genutzt, standen somit auch der dörflichen Herde zur Verfügung. Die „Frühjahrsvorweide“ durch die gemeinsame Herde setzte oft Anfang April ein und sorgte für erheblichen Nährstoffentzug sowie eine Verlagerung der Heuernte z. T. bis in den Juli. Erst Ende April wurden die Wiesen in der Mehrzahl für die (Kollektiv-) Weidenutzung gesperrt234, um den Grasaufwuchs für die Heuernte zu ermöglichen. Wenn kein zweiter Schnitt erfolgte, waren die Wiesen danach wieder für den kommunalen Weidegang geöffnet.235 Dennoch trafen die beredten Klagen der Agrarreformer des 18. Jahrhunderts236 über eine nachlässige Behandlung der Wiesen nicht generell zu. Positive Nachrichten stammen allerdings v. a. aus Großbetrieben. Im 1553 aufgezeichneten Niederbacher Hubenweistum (Nähe Braubach) verpflichteten sich die Pächter, die Herrenwiese zu „fegen“, außerdem sollten sie „molterhauf scharren und hegen“.237 Auf den knapp 35 ha Wiesen des schönburgischen Vorwerks Penig waren im Frühjahr 1658 für acht Tage 19 Fronarbeitskräfte 228 Bölts 1966, S. 171 ; Kauter 2002, S. 117 f. 229 Berthold 1982, S. 27 f.; Abel 1978, S. 43  ; Kauter 2002, S. 114  ; Warde 2006, S. 48 f. 230 Bauernfeind 1993, S. 251 ; anders Warde 2006, S. 48 f. 231 Boelcke 1972, S. 61 ; Warde 2006, S. 45. 232 von Hippel 1978, S. 423. 233 Justi 1767/1957, S. 43 f. 234 Schöller 1973, S. 37 f.; Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 194  ; Saalfeld 1998, S. 674. 235 Kapfer 2010. 236 Abel 1978, S. 240 f. 237 Abel 1978, S. 94  ; s. auch Thumbshirn 1616/1965, S. 87.

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mit „Räumen“ beschäftigt. Allerdings blieben die Wiesen „ungeebnet und stellenweise mit Büschen bestanden“.238 Der Eindruck der Vernachlässigung, den die Kameralisten mitteilten, hing auch damit zusammen, dass den Wiesen über den Grasschnitt kontinuierlich Nährstoffe entzogen und mit dem Stallmist auf die Äcker transferiert wurden.239 Zwar förderte das Grünland die Humusbildung, außerdem konnten sich Stickstoffdefizite spontan ausgleichen, da unter den Wiesenkräutern auch Leguminosen vertreten waren. Ansonsten mussten als Dung oft die Exkremente ausreichen, die das Vieh im Rahmen der Weidenutzung zurückließ. Da sich die Vegetation auf solchen Magerwiesen – nicht zuletzt dank der „Vorweide“ – im Frühjahr nur langsam entwickelte, war meist nur ein Schnitt möglich. In Schwaben setzte man auf manchen dieser „mageren“ Standorte öfter analog zur Brache im Ackerbau jedes dritte Jahr die Heugewinnung aus.240 Nachrichten über gezielte Düngung liegen wiederum v. a. von Großbetrieben vor, z. T. erfolgte sie auch in Stadtnähe, z. B. auf den Nürnberger Stadtwiesen, die vom Dung aus dem städtischen Marstall profitierten.241 Das sächsische Hausbuch von 1569/70 (Kap. 3.5) empfahl eine Düngung von „dürren, filzichten und mosichten Wiesen“ durch den Schafspferch.242 Auf den schönburgischen Domänen wurde instinktsicher Asche auf den Wiesen verstreut.243 Damit ließ sich Moos beseitigen244, v. a. aber wurde mit der Asche Kalium eingetragen, ein Nährstoff, der bei starker Schnittnutzung dem Ökosystem Wiese in hohem Maße entzogen wird. Im dörflichen Kontext wurden am intensivsten sog. Grasgärten gedüngt und gepflegt, kleine, mehrschürige Wiesenstücke in Siedlungsnähe, die unter Gartenrecht standen, von der Beweidung also ausgenommen waren. Dort wurde das sommerliche Grünfutter entnommen, das dem Vieh an einigen Stellen vor oder nach dem Weidegang verabreicht wurde.245 Dass sich Dünge- und Pflegemaßnahmen auszahlten, lässt sich indirekt daran erkennen, dass die Heuerträge in Braunschweig-Wolfenbüttel von ca. 25 dt/ha an der Wende zum 17. Jahrhundert im Horizont der einsetzenden Kriegswirren zwischen 1620 und 1638 auf ca. 16 dt/ha sanken.246 Auf den schönburgischen Domänen Zinnberg und Penig lagen die durchschnittlichen Heuerträge zwischen 1619 und 1645 bei knapp 20 dt. Sie galten jedoch nur für die „besseren“, für zwei Schnitte geeigneten Wiesen, die auf den beiden Domänen lediglich ein Drittel umfassten.247 238 Ackermann 1911, S. 120, S. 146 f. 239 Kauter 2002, S. 106. 240 Knapp 1919/1964, S. 85. 241 Schnelbögl 1967, S. 263. 242 Abel 1978, S. 241. 243 Ackermann 1911, S. 147  ; s. auch Thumbshirn 1616/1965, S. 99, der zusätzlich Vogelmist empfiehlt. 244 Kauter 2002, S. 106, S. 131. 245 Kauter 2002, S. 135. 246 Saalfeld 1960, S. 66, S. 100. 247 Ackermann 1911, S. 148. Zum Vergleich  : Kauter 2002, S. 109  ; Warde 2006, S. 67  ; für das frühe 19. Jahrhundert sind beinahe die doppelten Erträge (Württemberg) verzeichnet  : Schaal 2011, S. 88.

Wiesennutzung

Abb. 20  : Heuernte im Juni. Im Vordergrund Männer mit Sensen, während die Rechen von Frauen gehalten werden. Das Schwaden im Hintergrund führen Frau und Mann gemeinsam aus. Monatsbild Juni, Öl auf Leinwand, vermutlich aus der Werkstatt von Jörg Breu d. Ä., Augsburg um 1530.

Solche „guten“, „fetten“ Wiesen, die meist in Niederungen und entlang der Wasserläufe anzutreffen waren, erzielten selbst im getreidehungrigen 16. Jahrhundert oft höhere Preise als Ackerland.248 Der höhere Preis hing u. a. mit dem Erhaltungsaufwand zusammen, der für die Feuchtigkeitsregulierung zu Buche schlug. Für die Entwässerung von Feuchtwiesen wurde im sächsischen Hausbuch geraten, man solle Gräben anlegen, „dieselben mit Feldsteinen füllen und oben mit Rasen wieder zudecken, so fleust auch das sumpfigte sawer Wasser abe“249, ein Verfahren (engl.: „hollow drainage“), das vor der Entwicklung der Röhrendrainage vereinzelt auch im Ackerbau angewandt wurde. 248 Ackermann 1911, S. 146  ; W. Held 1988, S. 117  ; Kauter 2002, S. 115. 249 Abel 1978, S. 241.

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Breiteren Raum nehmen in der Ratgeberliteratur Überlegungen über die Zufuhr von Wasser ein. Wiesenbewässerung ist bereits im Hochmittelalter bezeugt, in den Alpen, im Umkreis süddeutscher Städte sowie im Moselgebiet.250 Im hessischen Schwalmgebiet wurde im 16. Jahrhundert das Wasser der zahlreichen Bäche in Gräben abgeleitet und auf Dämmen, auf deren Scheitel eine schmale Rinne verlief, in die Wiesen geführt251. Durch Bewässerung konnte die Artenzusammensetzung positiv beeinflusst werden. Das sächsische Hausbuch empfahl Brunnen- oder Quellwasser, um Verschlammung zu verhindern  : „Wechst kein schmelicht gras darnach, sondern lauter guette faiste kleewayde und futter.“252 Mit dem Wasser kamen Mineralien als Dungstoffe, die von höher gelegenen Äckern, Wiesen und Wegen ausgewaschen wurden. Bisweilen wurden auch dörfliche253 und – wie in Isny bereits seit dem späten 12. Jahrhundert – städtische254 Abwässer auf die Wiesen geleitet. Die zahlreichen Einzelbelege aus dem 16. Jahrhundert werfen die Frage auf, warum die Wiesenbewässerung noch an der Schwelle zum 20. Jahrhundert zum Repertoire jener Maßnahmen gehörte, für die man seitens der Agrarwissenschaft Beratungsbedarf feststellte.255 Wie die urkundliche Überlieferung zu erkennen gibt, lag ein regionaler Schwerpunkt der Wiesenbewässerung im Siegerland. Man nutzte die zahlreichen Bäche, aber auch damit verbundene Kanäle und Wehre, die seit dem 14. Jahrhundert zum Antrieb von Mühlrädern und Schmiedehämmern angelegt worden waren.256 Im Wasser war mineralreiche, kaliumhaltige Asche enthalten, die von den höher gelegenen Haubergen (Kap. 3.1.1.1) stammte.257 Die Wiesen waren oft wie Wölbäcker geformt, um ein langsames Verrieseln des Wassers zu bewirken. In der Umgebung von Nürnberg dagegen hatte nachweislich seit 1429 eine Art der Bewässerung ihren Schwerpunkt, die an orientalische Vorbilder erinnert.258 Hölzerne Verteilersysteme leiteten das Wasser, das von Schöpfrädern aus Bächen und Flüssen entnommen wurde, an seine Bestimmungsorte. Der hohe Preis, der im 16. Jahrhundert für „gute Wiesen“ gezahlt wurde, kann schließlich darauf zurückgeführt werden, dass sie nicht beliebig vermehrbar waren. So nahm der spontane Grasaufwuchs oft vier bis fünf Jahre in Anspruch.259 Die Verwandlung von Ackerland in Wiesen erschwerte bereits der Umstand, dass oft der Konsens der Feudalherrschaft erforderlich war, da ein Großteil der Abgaben, v. a. der Zehnt, in Getreideform (Kap. 5.1.3.3) zu entrichten war.260 Im Laufe des 16. Jahrhunderts wirkte außerdem die 250 Bentzien 1980, S. 82 f.; Kauter 2002, S. 123 f. 251 Born 1961, S. 34. 252 Ermisch/Wuttke 1910, S. 67. 253 Küster 1999, S. 228–231 ; Kauter 2002, S. 124. 254 Konold 1991 ; Kauter 2002, S. 123. 255 Alfred Bauer 2009, S. 286 f. 256 Monheim 1943, S. 104. 257 Ebd., S. 18. 258 Kupfer 1931, S. 51–56. 259 Kauter 2002, S. 103. 260 Freilich waren durchgängige oder vorübergehende Abgabenkonversionen, v.a. die Verwandlung von

Gartenkulturen

stark zunehmende Nachfrage nach Getreide der Umwandlung von Acker- in Wiesenland entgegen. Auch wenn auf Landreserven zugegriffen wurde, die in Form extensiv genutzter Allmendeareale zur Verfügung standen, geschah dies nach 1550 meist mit dem Ziel ackerbaulicher Nutzung (Kap. 2.2.1). In den Niederlanden und in England begann man dagegen an der Wende zum 17. Jahrhundert vor dem Hintergrund steigender Nachfrage nach tierischen Produkten verstärkt Wiesen anzulegen. Dabei verließ man sich zunehmend nicht mehr auf den natürlichen Grasaufwuchs, sondern griff zum Mittel der gezielten Ansaat, insbesondere in solchen Nutzungssystemen, in denen Acker und Grasland periodisch abwechselten. Zur Saatgutgewinnung fegte man zunächst den Heuboden aus, ehe gezielt – in England seit etwa 1620 – die Samen ertragreicher Gräser, darunter auch Kleesorten, selektiert wurden. Die Einrichtung solcher „künstlicher Wiesen“ war jedoch langwierig und wurde mit gezielter Samenauswahl kostspieliger.261 Das grundlegende Verfahren bestand im Ausbringen einer Decksaat aus Hafer, Wicken oder Klee mit einer Untersaat aus „Heublumen“, d. h. auf dem Heuboden zusammengefegtem Grassamen.262 Es war, teils in Anknüpfung an die antike Agrarliteratur, bereits von französischen Agrarschriftstellern des späten 16. Jahrhunderts wie Charles Éstienne und Olivier de Serres beschrieben worden. Obwohl Éstiennes Werk seit 1579 übersetzt zugänglich war, kann von praktischen Auswirkungen in deutschen Territorien nur rudimentär die Rede sein. Immerhin erhielt Kurfürst Christian I. von Sachsen 1591 von den hessischen Landgrafen Georg und Wilhelm 18 Pfund Kleesamen zugesandt. Nach den hessischen Angaben brachten ihn die fürstlichen Gärtner zusammen mit „Heublumen“ und Sand in die Erde, wenn sie „einen neuen Garten zurichten“ bzw. „einen Grasboden“ anlegen sollten.263

3.3 Gartenkulturen Werner Troßbach Anhand von Pflanzenrestfunden in Latrinen, Brunnen und Lagerräumen hat die Mittelalterarchäologie in den letzten Jahrzehnten unsere Vorstellung von der Ernährungsgrundlage spätmittelalterlicher Bevölkerungen erheblich erweitert.264 Freilich wurden vorwiegend Funde aus Städten und Burgen analysiert. Für Angehörige der dort ansässigen Bevölkerungsgruppen gilt, dass ihre Ernährung keineswegs so einseitig auf GetreidekonNaturalien- in Geldabgaben, schon im Spätmittelalter gängige Praxis  : Demade 2009, conversion. s. auch Sonderegger 2012, S. 153. 261 Overton 1996, S. 117. 262 Kauter 2002, S. 91 f., S. 102 f.; Schröder-Lembke 1978, S. 185 f. 263 Arras 1912/2011, S. 61. 264 Kühn/Rippmann 2000, S. 103–105.

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sum basierte, wie dies die Quellen aus dem unmittelbaren Bereich der landwirtschaftlichen Produktion nahe legen. Gemüse und Obst waren demnach regelmäßige Bestandteile des bürgerlichen und adligen Speisezettels. Dass diese Produkte aus großflächigem Feldbau stammten, war wegen der einschränkenden Vorschriften des Flurzwangs nur unter bestimmten Umständen wahrscheinlich. Tatsächlich wurde ein Teil dieser Produkte von den Konsumenten selbst gezogen, und zwar in den zahlreichen Gärten, die in den Städten und auf den Burgen bereits im Hochmittelalter zu finden waren. Die Bürgergärten lagen im Hochmittelalter meist direkt hinter den Häusern. Mit zunehmender Bebauung wurde ein Teil der Gärten in die Vorstädte oder das Vorgelände der Mauern verlegt, wo sie einen regelrechten Kranz um die Stadt bildeten.265 Im westlichen Bodenseegebiet wurden Mitte des 16. Jahrhunderts Stadtgräben aufgeteilt und zur Nutzung an die „notturfftigen burger“ vergeben.266 Gemüse und Kräuter wurden jedoch nicht nur zum Eigenverbrauch gezogen, sondern zunehmend von städtischen Gärtnern auf dem Markt verkauft. In Basel, Straßburg, Frankfurt am Main und in Bamberg sind Erwerbsgärtner bereits im 13. Jahrhundert genannt, in Bamberg hatte ihre Zunft um 1450 ca. 70 Mitglieder.267 Über die Ernährungsgrundlagen ländlicher Schichten ist weniger bekannt. Sicher ist jedoch, dass auch die ländliche Bevölkerung Gärten zum Anbau von Gemüse und anderen Sonderkulturen bewirtschaftete. Ursprünglich war „Garten“ der Begriff für ein umfriedetes Flurstück, das der Beweidung oder anderen Kollektivnutzungen nicht zugänglich war.268 In der Gemarkung gab es z. B. Flachs-, Wein-, Gras- und Kohlgärten. In Sinbronn bei Nördlingen standen Letztere noch Mitte des 16. Jahrhunderts im Eigentum der Gemeinde.269 Obst wurde nicht nur in abgegrenzten Baumgärten, sondern auch im Einzelbestand kultiviert. Dadurch fungierten die Bäume oft als Gliederungselemente der Landschaft, wie spätmittelalterlichen Grenzbeschreibungen aus dem Baseler Raum zu entnehmen ist.270 Für die Standortwahl der Gärten spielte die Bodenqualität eine wichtige Rolle. Daher grenzten die Gemüse- bzw. Küchengärten noch im 16. Jahrhundert nicht immer an die Hofstelle.271 Allerdings war die Düngerausbringung in der Nähe der Hofstelle einfacher zu bewerkstelligen. In solcher Lage befanden sich im Raum Biberach zu Beginn des 16. Jahrhunderts bisweilen Gärten, die den Umfang eines halben Hektars erreichten.272 Ähnlich wie in den Städten waren in Bauerngärten die Beete rechteckig geformt, geometrisch angeordnet (Abb. 15) und mit Flechtwerk befestigt.273 Bereits der idealisierte Garten, den 265 Hennebo/Hoffmann 1962, S. 164–167  ; Willerding 1992, S. 263. 266 Bohl 1990, S. 60. 267 Scheinost 2009, S. 28  ; Rippmann 1996, Gärten. 268 Bader 1973, S. 63  ; Abel 1978, S. 97. 269 Bedal/Bärnthol 2012, S. 43 f.; Gabler 1952, S. 45. 270 Rippmann 1996, Gärten. 271 Kaiser 1998, S. 15. 272 Heimpel 1966, S. 6, Anm. 27. 273 Willerding 1992, S. 258, S. 260  ; Bedal/Bärnthol 2012, S. 10.

Gartenkulturen

Walahfrid Strabo (809–848) in Anlehnung an seine Erfahrungen auf der Insel Reichenau schilderte, war nach einem solchen Schema aufgebaut.274 Dies ist eines der vielen Indizien, dass bei der Gartengestaltung viel eher als im Ackerund Wiesenbau starke Impulse von der Kultur der Oberschichten ausgingen. Adlige und Fürsten deckten bis ins 19. Jahrhundert ihren Obst- und Gemüsebedarf gerne aus eigenen Gärten, die sich in der Obhut angestellter Gärtner befanden. Bereits im Spätmittelalter nutzten sie in Anlehnung an antike Literatur und idealisierte Orient- und Mittelmeererfahrungen den Garten nicht nur zur Nahrungsmittelproduktion, sondern auch als Ort der Muße und Rekreation.275 Städtische Oberschichten folgten zu Beginn der Neuzeit. Sie hatten bereits früher vor den Mauern für ihre großen Haushalte ausgedehnte Gemüseund v. a. Obstgärten anlegen lassen, auf denen sich auch Viehställe zur Versorgung mit Dünger sowie Teiche befanden, die das im Binnenland kostspielige Nahrungsmittel Fisch lieferten.276 Von Italienreisen inspiriert, ließen Angehörige des Patriziats im Laufe des 16. Jahrhunderts vor den Mauern Augsburgs, Nürnbergs und später auch Hamburgs die Gärten nach südländischem Vorbild umgestalten, Wasserspiele anlegen, Zierpflanzen aus südlichen Breiten kultivieren.277 Der Zürcher Biologe Conrad Gessner erstellte 1561 vor diesem Hintergrund eine Gartentypologie, die folgende Stufen beinhaltete  : 1. Nutzgärten (horti utiles), 2. Medizinalgärten (horti medicinales), 3. Mischgärten (horti varii), 4. „elegante Gärten“ (horti elegantes) und 5. horti magnifici.278 Wenngleich die gartenkulturelle Bewegung der Oberschichten nur am Rande thematisiert werden kann, soll nicht übergangen werden, dass neue Nutzpflanzen, z. B. die Kartoffel, zuerst in den „eleganten“ Gärten der Oberschichten Einzug hielten, oft früher als in den Botanischen Gärten, in Gessners Typologie „horti magnifici“ genannt. Letztere waren anfangs279 ohnehin nur schwer von den Lust- und Ziergärten abzugrenzen. Die praktischen Versuche der Aneignung neuer Zier- und Nutzpflanzen wurden durch die Publikation von „Kräuterbüchern“, d. h. Pflanzenbeschreibungen, flankiert, unter denen die Werke von Otto Brunfels (1530/36), Hieronymus Bock (1539) und Leonhart Fuchs (1543) herausragen.280 Die dörfliche Gartenkultur litt dagegen lange unter dem Rückgang der Nutzartenvielfalt, der seit dem Ende der Römerzeit zu verzeichnen war. Dies wird jedenfalls für Binnenterritorien wie Bayern angenommen281, während im Einzugsbereich des Rheins grö-

274 Hennebo/Hoffmann 1962, S. 156  ; Stoffler 1978. 275 Hennebo/Hoffmann 1962, S. 52 f. 276 vonTrauchburg 2001, S. 147, S. 152, S. 154, S. 179. 277 Busch 1984, S. 26 f.; Schröder-Lembke 1984, S. 114 f.; vonTrauchburg 2001, S. 178. 278 http://www.deutsches-museum.de/bibliothek/unsere-schaetze/biologie/besler/der-hortus-eystettensis (Zugriff  : 21.10.2015). 279 Hennebo/Hoffmann 1962, S. 162. 280 Nützlich noch immer der Überblick von Arber 1912. S. auch Schröder-Lembke 1984, S. 113–116. 281 Henker/Brockhoff/Geisler 1992, S. 63.

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ßere Kontinuität nachgewiesen ist.282 Bewusst auf die Bewahrung des reichhaltigen römischen Erbes zielte man in zahlreichen Klöstern. Davon zeugt der um 820 entstandene St. Galler Klosterplan.283 Er zeigt drei getrennte Gartenbereiche und einen mit Obstbäumen bepflanzten Friedhof. Die Aufzählung der darin verzeichneten Obstbäume, Gemüse- und Gewürzpflanzen ergibt einen Ausgangspunkt, an dem sich die Gartengestaltung späterer Jahrhunderte messen lässt. Der Gemüsegarten enthielt  : „1. Zwiebeln, 2. Lauch, 3. Sellerie, 4. Koriander, 5. Dill, 6. Schlafmohn, 7. Rettich, 8. Feldmohn, 9. Mangold, 10. Knoblauch, 11. Schalotten, 12. Petersilie, 13. Kerbel, 14. Salat, 15. Bohnenkraut, 16. Pastinak oder Möhren, 17. Kohl, 18. Schwarzkümmel“ der Kräutergarten u. a. „9. Salbei, 10. Rauke, 14. Kreuzkümmel, 15. Liebstöckel, 16. Fenchel, auf den Außenbeeten 2. Rose, 3. (Acker-)Bohne, 7. Rosmarin, 8. Minze.“ Im Obstgarten waren zu finden  : „1. Apfel, 2. Birne, 3. Pflaume, 4. Pinie, 5. Speierling, 6. Mispel, 7. Lorbeer, 8. Edelkastanie, 9. Feige, 10. Quitte, 11. Pfirsich, 12. Haselnuss, 13. Mandel, 14. Maulbeer, 15. Walnuss.“284 Bei Filialgründungen von Klöstern wurden Pflanzen und Samen mitgenommen und gelangten dadurch in ein neues geografisches Umfeld.285 Auch Teilen des Adels gelang es, dem klösterlichen Vorbild nachzueifern. Das haben Grabungen auf der Niederungsburg „Haus Meer“ am Niederrhein erwiesen, die den Zeitraum vom 10. bis zum 12. Jahrhundert dokumentieren. Dort stieß man auf einen großen Teil der im St. Galler Plan aufgeführten Arten, insbesondere im Obstgarten. Selbst kälteempfindliche Arten wie Edelkastanie, Feige, Pfirsich und Walnuss konnten sich neben Apfel, Birne, Pflaume, Haselnuss und Mispel halten286, Resultat kultureller Kontinuität wie günstiger Klimaumstände. Im Gemüsegarten der Burg wurden Sellerie, Koriander, Dill, Knoblauch, Petersilie, Schlafmohn, Pastinak und Kohl, darüber hinaus Rosen und (Acker-)Bohnen angebaut. Die Aufzählung kann allerdings leicht verdecken, dass die Gemüsesorten im Mittelalter „noch in sehr einfachen Formen kultiviert“ wurden.287 Hülsenfrüchte, Sellerie, Pastinak, Zwiebeln, Lauch und v. a. Kohl, dessen Unterarten nicht immer genau bestimmt werden können, waren im 15. und 16. Jahrhundert auch in den Bürgergärten der Stadt Neuss vorhanden. Durch archäobotanische Analysen von Pflanzenresten ist deutlich geworden, dass diese Arten zusammen mit Rettich und Mangold einen Grundbestand städtischen Gemüseangebots bildeten288, und zwar in Süd- wie in Norddeutschland. Als Salat bzw. Blattgemüse wurden Arten verzehrt, die heute nur noch gelegentlich auf den Speisezettel kommen, z. B. Gartenmelde, Amarant und Wiesen­

282 Knörzer 1990, S. 413. 283 Hennebo/Hoffmann 1962, S. 28–37. 284 Janssen 2007, S. 223. 285 Irsigler 1984, S. 734. 286 Janssen 2007, S. 223. 287 Behre 2007, S. 71. 288 Bedal/Bärnthol 2012, S. 16 f.

Gartenkulturen Abb. 21  : Der Nutzgarten des Gelehrten Joachim Jungius (1587– 1657) in Hamburg (Skizze vom Frühjahr 1641) enthält mit Kerbel, Meerrettich, Zwiebeln, Pastinak, Möhren („gele wortel“), Erbsen, Estragon, Kohl, Petersilienwurzel und (Acker-)Bohnen traditionell genutzte, mit Spinat, Spargel und Kopfsalat („Lactuk“) auch „modernere“ Kulturen. In der Mitte ist ein Birnbaum eingezeichnet.

löwenzahn.289 Ein Mittel sozialer Distinktion war die Verfeinerung der Speisen durch zahlreiche Gewürzkräuter, einheimische wie für teures Geld importierte. Der Zeitraum zwischen dem 9. Jahrhundert (St. Galler Klosterplan) und den Pflanzenfunden aus dem 15.–17. Jahrhundert ist nicht allein durch die Bewahrung und Verbreitung traditioneller Arten gekennzeichnet. Erhebliche Züchtungsfortschritte erzielte man vom 16. bis zum 18. Jahrhundert bei den Rüben, v. a. bei der aus Mangoldvarietäten entwickelten Runkelrübe und der Roten Bete sowie der Möhre290, die den Pastinak in der Neuzeit zu verdrängen begann. Die „Differenzierung des Kohls in verschiedene Sorten“ machte „ihren großen Sprung“ gleichfalls in der Neuzeit.291 Die Gurke dagegen, eine im St. Galler Klosterplan nicht verzeichnete Art, kam vereinzelt schon im 13. Jahrhundert auf den Tisch, und zwar zuerst in solchen Städten, in denen Kontakte mit slawischen Siedlungsgebieten gepflegt wurden, wo man sie schon länger kultivierte.292 In 289 U. Maier 1983, S. 144, S. 179  ; Carroll-Spillecke 1993, S. 140. 290 Hellwig 1990, S. 34 f. 291 Behre 2007, S. 72  ; Bertsch 1949, S. 178 f.; Kleinschmidt 2012, S. 240–244, 290 f. 292 Hellwig 1990, S. 35  ; Janssen 2007, S. 225  ; Bedal/Bärnthol 2012, S. 38.

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Norddeutschland ist die Gurke erst in der Neuzeit in größerem Umfang nachweisbar.293 Dies gilt auch für Spinat und Kopfsalat.294 In der Nordschweiz erschien Letzterer als Nachfolger der Melde ebenso wie die Schwarzwurzel erst Ende des 16. Jahrhunderts.295 Früchte der überseeischen Entdeckungen, Tomate, Kürbis und (Garten-)Bohne z. B., spielten dagegen in den nördlichen Breiten vor 1650 für die Ernährung keine Rolle. Auch im Obstbau wurden zunächst die traditionellen Arten weiterentwickelt. Bei Kirsche, Zwetschge und Schlehe wurden am Niederrhein im Spätmittelalter erhebliche Züchtungsfortschritte erzielt, wie ein Vergleich der Überreste aus den nur 10 km entfernten Fundstellen „Haus Meer“ (10.–12. Jahrhundert) und Neuss (15./16. Jahrhundert) ergibt.296 Im südlichen Oberrheingebiet nahm die Kultur von Obstbäumen seit dem 13. Jahrhundert einen spürbaren Aufschwung, der teils lokalen Bemühungen, teils neuen Einflüssen aus dem süditalienisch-arabischen Raum zugeschrieben wird. In den Schriftquellen des Gebietes um Basel und Freiburg, z. B. in Dorfordnungen und Grenzbeschreibungen, werden bemerkenswert oft Birnbäume erwähnt. Der Arzt und Botaniker Johann Bauhin listete 1602 allein für die Umgebung von (Bad) Boll in Württemberg 49 Apfel- und 31 Birnensorten auf, die er mithilfe der lokalen Bevölkerung identifiziert hatte.297 Eine große Sortenvielfalt entwickelten auch die eher im Umkreis norddeutscher Städte kultivierten Pflaumen.298 Inwieweit die Klimaabkühlung des späten 16. Jahrhunderts zu einem Rückgang des Arten- und Sortenspektrums beitrug, ist schwer zu entscheiden. In Colmar wurden 1608 nach einem Winterfrost Plantagen mit Mandel- und Pfirsichbäumen neu angelegt.299 Der Rückzug der Feige und des Schwarzen Maulbeerbaums kann allerdings mit der Abkühlung korreliert werden.300 Umgekehrt kam mit heute noch beliebten Beerenarten ein neues Spektrum in die Gärten. Kulturformen der Roten Johannisbeere traten erst Mitte des 16. Jahrhunderts auf, die Schwarze Johannisbeere und die Stachelbeere noch später.301 Erheblichen Einfluss übten im Spätmittelalter weiterhin die Klöster aus.302 Obstbaumzucht und -veredlung entwickelten sich jedoch eher zu einem Steckenpferd von Adel und gehobenem Bürgertum, wie die bereits im Spätmittelalter beliebten sog. Pelzbücher andeuten.303 Kurfürst August von Sachsen (1526–1586) ließ sich Pfropfreiser von anderen Fürstenhöfen kommen und scheint höchstpersönlich zum Pfropfmesser gegriffen zu 293 Wiethold 1995, S. 147. 294 Hellwig 1990, S. 34  ; Kleinschmidt 2012, S. 247, S. 253 f. 295 Hauser 1976, S. 71, S. 74. 296 Janssen 2007, S. 233. 297 Bauhin 1602, 4. Buch  ; allgemein  : Volk 1998, S. 254  ; Rippmann 1996, Gärten, S. 88–92  ; Kühn/ Rippmann 2000, S. 138. 298 Hellwig 1990, S. 40. 299 Kühn/Rippmann 2000, S. 131. 300 Carroll-Spillecke 1993, S. 144. 301 U. Maier 1983, S. 143  ; Wiethold 1995, S. 142, S. 147. 302 Janssen 2007, S. 224. 303 Kiewisch 1995, S. 15–17.

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haben.304 Die Fugger nutzten den weiten Horizont ihrer Handelsgeschäfte, um in ihren Obstgärten die Sortenvielfalt zu erhöhen. Zwei Fugger-Brüder begleiteten 1564/65 Carolus Clusius (Charles de l’Écluse), den führenden Botaniker seiner Zeit, auf einer Reise nach Spanien und Portugal, die der Klassifikation unbekannter Pflanzenarten diente.305 Auch die Landbevölkerung fand Anschluss an die gartenbaulichen Entwicklungen, zunächst im Umkreis solcher Städte, in denen die Pflege von Gemüse- und Obstbau bereits im Hochmittelalter weit gediehen war. Gewerblicher Gemüsebau, d. h. intensiver Anbau von „Rüben“, Rettich, Zwiebeln und „Kraut“ wird bereits für das 13. Jahrhundert aus dem Umkreis von Breslau, Erfurt und Würzburg sowie aus dem Nürnberger „Knoblauchländchen“ berichtet.306 Der Schwerpunkt des Obst- und Gemüsebaus lag jedoch eindeutig im Rheinland, und zwar in seiner gesamten Ausdehnung von der Schweiz bis in die Niederlande. Das milde Klima ermöglichte den Anbau kälteempfindlicher Arten, die zahlreichen Städte garantierten einen stetigen Absatz, der Fluss erlaubte Transporte der empfindlichen Waren über größere Strecken.307 Hilfestellung leistete der verbreitete Weinbau, dessen rechtlicher Rahmen Nebennutzungen in Gestalt von Obst- und Gemüsebau gestattete. Der Rheingau wurde bereits um 1240 als ein einziger Garten mit Getreide-, Obst-, Nuss- und Weinbau imaginiert308, die Schrift des „Oberrheinischen Revolutionärs“ übertrug das Bild 1510 auf das Elsass, sicher nicht zu Unrecht.309 In diesem Zeitraum säumten nach Auskunft verschiedener Zeugen Edelkastanien, Mandel-, Birn- und v. a. Kirschbäume an zahlreichen Stellen die Flüsse Rhein und Mosel und verbreiteten sich auch im Hinterland – z. B. im Breisgau. Während am Mittelrhein im Spätmittelalter der Obstbau eher der Subsistenz diente310, entwickelte sich am Oberrhein der Verkauf von Obst spätestens an der Schwelle zur Neuzeit zu einem lukrativen ländlichen Betriebszweig.311 Verzehrt wurde Obst v. a. getrocknet und gedörrt oder als Kompott. Diese Forderung zeitgenössischer Ernährungsratgeber deckt sich mit Aufzeichnungen in den Rechnungsbüchern des Baseler Spitals, die um 1480 geführt wurden.312 Unter den Gemüsearten erscheinen in den Rheinzollregistern des 15. und 16. Jahrhunderts Kohl und Rettich als Massenware, zugleich wird ein schwunghafter Handel mit Edelkastanien, Birnen und Kirschen sichtbar.313 Als herausragend wird der Gemüsebau um Speyer, Worms und v. a. Straßburg beschrieben, wo im 16. Jahrhundert der aus Süd-

304 Falke 1886, S. 112, S. 117 f.; Schlude 2008, S. 36. 305 Dolezal 1957, S. 296 f. 306 Abel 1978, S. 97 f. 307 Irsigler 1984, S. 729. 308 Relativierend  : Volk 1998, S. 249. 309 Sittler 1942. 310 Volk 1998, S. 249. 311 Rippmann 1996, Gärten, S. 90. 312 Ebd., S. 93 f. 313 Volk 1998, S. 735  ; Irsigler 1984, S. 732–738.

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europa stammende Spargel adaptiert wurde.314 Allgemein scheint die Experimentierfreude kaum Grenzen gekannt zu haben. Im 15. Jahrhundert regten Kaufleute in Basel, Freiburg i. Br. und im Elsass den Anbau von Safran an.315 Erfolgreicher war man mit Senfkörnern, die um Speyer „geradezu monokulturartig“ gewonnen wurden. Ein einziger Kaufmann schaffte 1494 nicht weniger als 6778 Pfund nach Köln. Straßburger Zwiebelsamen gelangte im 17. Jahrhundert bis nach England.316 Auch in anderen Regionen, z. B. um Erfurt, um Ulm und im Harzvorland, wurde Samenzucht betrieben.317 Es liegt auf der Hand, dass in den Intensivgebieten die herkömmlichen Gartenflächen für den Anbau der Sonderkulturen schon um 1500 nicht ausreichten. In der Breslauer Umgebung behalf man sich im späten 16. Jahrhundert damit, dass man Rettich- und Kohlarten in Felder einbrachte, die mit Rüben bzw. Färberröte besät waren.318 Anderswo, in der Gegend um Celle wie um Würzburg, in Hohenlohe und im Oberrheingebiet wurden bereits an der Wende zur Neuzeit verstärkt neue Gartenflächen ausgewiesen, sog. „Bündte“, „Bifänge“ bzw. „Einschläge“.319 Im Oberrheingebiet sorgte die – freilich nicht nur dort erhobene320 – feudalherrschaftliche Forderung nach einem „Kleinen Zehnten“, der auch Gartenprodukte umfassen sollte, für Konflikte, die im Bauernkrieg kulminierten. Teilweise wurde der Gemüsebau dort – ähnlich wie in der Umgebung Breslaus – in die ackerbaulichen Fruchtfolgen eingegliedert, was die Zehnterhebung allerdings ­erleich­terte.321 Die Bevölkerungskrise des Spätmittelalters scheint dagegen den Aufschwung von Obstund Gemüsebau nicht gebremst zu haben. Im Gegenteil  : Für das Oberrheingebiet wird angenommen, der Anbau von Sonderkulturen sei ausgeweitet worden, um den Rückgang der Nachfrage nach Getreide zu kompensieren.322 Differenzierter klingen die Befunde zum Mittelrheingebiet. Demnach wurde der zuvor in den Feldgärten dominierende Flachs im 13. Jahrhundert vom Weinbau verdrängt, bis dieser an einigen Stellen im Horizont der Agrarkrise seit etwa 1430 (zunächst) subsistenzorientiertem Obstbau wich.323 Ein frappierender Kontrast wird sichtbar, wenn man die wenigen Nachrichten sammelt, die die Situation außerhalb der Intensivgebiete beleuchten. In Westfalen z. B. scheinen die Bauerngärten bis ins 18. Jahrhundert ein wenig abwechslungsreiches Bild geboten zu haben.324 Vielleicht hing dies damit zusammen, dass die Landbevölkerung besonders 314 Karg 1996, S. 95. 315 Kühn/Rippmann 2000, S. 131. 316 Irsigler 1984, S. 732–738. 317 Schröder-Lembke 1984, S. 131. 318 Grosser 1590/1965, S. 32, S. 37. 319 Abel 1978, S. 97 f. 320 Irsigler 1984, S. 738  ; Volk 1998, S. 245. 321 Strobel 1972, S. 139–141. 322 Abel 1978, S. 97  ; Kühn/Rippmann 2000, S. 132. 323 Volk 1998, S. 250. 324 Kaiser 1998, S. 25  ; Düselder 2009, S. 23.

Gartenkulturen

beim Obst noch auf zahlreiche Sammelprodukte zurückgreifen konnte.325 Für die Mark Brandenburg zählt Coler an Gemüse lediglich „ein wenig Kohl, Mohrrüben, Petersilie und dergleichen Küchenkräuter“ auf und bemängelt, dass manche Bauern im Garten noch Getreide einsäten.326 War das männlicher Unkenntnis geschuldet  ? Man kann sich dieser Frage auf dem Umweg der Frondienste annähern, die oft in den Gärten von Herrschaftsträgern gefordert wurden. Für das Unkrautjäten im Herrschaftsgarten empfahl Coler jedenfalls „weibliche Dienste“. Am Mittelrhein mussten Frauen im 15. Jahrhundert nicht nur jäten, sondern die herrschaftlichen Gärten umgraben, Mist einbringen und Kohl setzen.327 Coler begründete seine Empfehlung damit, dass die Frauen der Dienstpflichtigen zu Hause gewöhnlich auch die eigenen Gärten bestellten.328 Andere Kenntnisse waren 1644 in der Mark Brandenburg gefragt. „Für die churfürstliche Hof-Apotheke“ sollten „Kräuter-Frauen“ wild wachsende „Kräuter, Blumen und Wurzeln“ aus bestimmten Wäldern suchen.329 Auch in der Stadt kamen Pflanzenkenntnisse von Frauen zum Tragen. Das Gartenbuch des Berner Ratsherren Daniel Rhagor war ausdrücklich an die Bürgersfrauen adressiert. Sie sollten den Garten zwar v. a. für die eigene Küche nutzen, er schloss aber nicht aus, dass der Überschuss „einer emsigen Frau … etwas in ihren Säckel eintragen“ könne.330 Für den ländlichen Bereich sprach Pfarrer Mayer aus Kupferzell noch 1793 wie selbstverständlich von den „Küchengärten der Weiber“. Dort erblickte er einzelne Kartoffelstauden, ehe er selbst diese neue Kultur für den Ackerbau propagierte.331 Auch bei der Übernahme der Maiskultur traten Frauen exponiert in Erscheinung. Im Weiler Hardt westlich von Graz hatten zwei Bauersfrauen 1572 – angeblich ohne Wissen ihrer Männer – etwa 150 kleine Stämme oder auch nur Äste aus einem Wald entwendet, um daran einige offenbar nicht sehr kräftig geratene Pflanzen einer bislang unbekannten Art zu befestigen. Ihr Grundherr, der den „Holzdiebstahl“ verhandeln sollte, hatte zwar von einem „türggischen waitz“ gehört, wusste aber nicht, um was „für aine seltsame sadt“ es sich handle.332

325 Schöller 2010. 326 Schröder-Lembke 1984, S. 119. 327 Volk 1998, S. 246. 328 Schröder-Lembke 1984, S. 129. 329 Jüttner/Heilmeyer 2004, S. 82. 330 Schröder-Lembke 1984, S. 127. 331 Schumm 1980, S. 41. 332 W. Brunner 1994, S. 10.

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Abb. 22  : Zwei ausgewachsene Rinder, darunter eine trächtige Kuh, durch die Kuh verdeckt eventuell noch ein Kalb. Die Rinder sind im Vergleich mit der Körpergröße ihres Treibers kleinwüchsig dargestellt, allerdings in gutem Fütterungszustand. Eine Frau trägt Produkte in einem Korb auf dem Kopf. Der Zug bewegt sich offenbar auf einen Markt. Tafelbild, Innsbruck, Ende des 15. Jahrhunderts.

3.4 Tierhaltung Werner Troßbach Die Domestikation der Rinder am Ende des Neolithikums war mit erheblichen Verlusten an Größe und Gewicht verbunden. Erst die Römerzeit sah in Europa wieder ein langsames Größenwachstum. Inwieweit sich dies im Mittelalter fortsetzte, ist umstritten333, einige Funde deuten jedoch darauf hin, dass die Schulterhöhe der Rinder zwischen dem 12. und dem 16. Jahrhundert um ca. 20 cm zunahm.334 Dennoch betrug die Fleischausbeute bis ins 17. Jahrhundert unter durchschnittlichen Verhältnissen, wie sie z. B. in Wismar und Münster herrschten, nicht mehr als 80 kg pro Kuh, was auf ein Lebendgewicht von

333 Bölts 1966, S. 145  ; Comet 1992, S. 20. 334 Doll 2003, S. 55.

Tierhaltung

ca. 200 kg schließen lässt.335 Kälber wogen zwischen 20 und 35 kg, was einem Fleischanteil von 10 bis 18 kg entspricht.336 Mastochsen erreichten im 16. Jahrhundert jedoch öfter bereits ein Lebendgewicht von 375 kg, Rinder friesischer Herkunft waren im Normalfall noch einmal größer und schwerer.337 Dorfordnungen und Weistümer thematisieren bisweilen die Haltung eines Gemeindebullen, zunächst auf dem Pfarr- oder Meierhof, später reihum in der Gemeinde.338 Dass die kostspielige Bullenhaltung im Zufallsprinzip auf einen Einzelhof abgewälzt wurde, lässt erkennen, dass Überlegungen zur Steuerung der Bestände hinter unmittelbaren Nutzen- und Verteilungskalkulationen zurückstanden. Inwieweit in den entstehenden Großlandwirtschaften des Adels Zuchtanstrengungen eine größere Rolle spielten, ist schwer zu entscheiden. Immerhin unterlag dort der Bestand der Milchkühe Auswahlprozessen. Auf den ostfriesischen Vorwerken wurden Mitte des 17. Jahrhunderts regelmäßig solche Kühe ausgesondert und zur Schlachtung gemästet, die einen unterdurchschnittlichen Milchertrag erbrachten. In bäuerlichen Betrieben dagegen hatte „auch die geringste Kuh noch ihren Wert“339, nicht zuletzt angesichts häufig auftretender Viehseuchen. Außerdem war, da in die dörflichen Herden oft Stiere einbrachen340, sexuelle Isolation, die Grundvoraussetzung gezielter Zuchtanstrengung, kaum gegeben. Es ist also kein Wunder, dass sich trotz regionaler Vereinheitlichungstendenzen die einzelnen Herden noch im 18. Jahrhundert durch Unausgeglichenheit bzw. Merkmalsvielfalt auszeichneten. Das betraf sichtbare Merkmale wie Farben, Größe und Gewicht, aber auch indirekt erkennbare wie Milchleistung und Masteignung. Entsprechend unterschiedlich waren die Preise, die für einzelne Tiere aus dem gleichen Bestand erzielt werden konnten.341 Zuchtanstrengungen, die auf der Einkreuzung „fremder“ Landschläge beruhten, werden in der Literatur landesherrlichen Initiativen zugeschrieben, z. B. Herzog Adolf I. von Schleswig-Holstein-Gottorf, der um 1580 einige friesische Bullen „um der Art Willen“ erwarb. Friesische Rinder verstärkten die Herden auch auf einzelnen sächsischen und braunschweigischen Domänen.342 Kurfürstin Anna von Sachsen hielt um 1570 ca. 450 Rinder, die aus ihrer Heimat Dänemark/Holstein und aus Polen kamen.343 Außerdem traf man seit Ende des 16. Jahrhunderts auf sächsischen wie auf schönburgischen Domänen „schwitzerische“ Kühe an.344 „Hollendische“ Rinder wurden bereits Ende des 15. Jahrhunderts regelmäßig an der sächsischen Zollstelle Colditz registriert. Die Annahme ist 335 Krug-Richter 1994, S. 139  ; Abel 1978, S. 26. 336 Krug-Richter 1994, S. 140  ; Böhme 1890, S. 109. 337 Abel 1978, S. 182  ; H. Wiese 1966, S. 89. 338 Bölts 1966, S. 160 f.; Schöller 1973, S. 78–81  ; Rösener 1991, S. 147. 339 Bölts 1966, S. 162 f. 340 Saalfeld 1960, S. 119  ; Bölts 1966, S. 161, S. 209. 341 Bölts 1966, S. 150, S. 158 f. 342 Abel 1978, S. 244. 343 Schlude 2008, S. 44. 344 Ackermann 1911, S. 90  ; Wiemann 1940, S. 30.

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erlaubt, dass sie nicht allein für landesherrliche Domänen bestimmt waren.345 Der Erfolg der Einkreuzungen scheint jedoch gering gewesen zu sein, da sie nicht kontinuierlich erfolgten und die Vorteile durch Futtermangel oft wieder verloren gingen.346 Futtermangel und geringe Qualität, die insbesondere die Brach- und Waldweide kennzeichnete, beeinträchtigten auch die Milchleistung. Zahlen liegen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vor. Sie reichen von 440 Litern pro Jahr, die auf braunschweigischen Domänen erzielt wurden, über 675 auf schönburgischen Domänen347 bis zu 900 Litern auf den Geest- und stattlichen 1600 Litern auf den Marschvorwerken der Grafen von Oldenburg. Indirekt sind die Unterschiede an der Besteuerung der Kühe erkennbar, die für das Amt Stickhausen an der Weser für die Jahre 1605 und 1607 in dem Maße stieg, wie sich das Flusstal verbreiterte und die Böden fruchtbarer wurden.348 Der Fettgehalt der Milch und die Butterausbeute differierten nicht nur von Ort zu Ort, sondern waren v. a. starken jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen.349 Das Erstkalbealter lag bei drei bis dreieinhalb, das durchschnittliche Lebensalter der Kühe bei neun bis zehn Jahren, womit sich eine mittlere Nutzungsdauer von fünf bis sechs Jahren errechnet. Auf braunschweigischen und ostfriesischen Domänen brachten ca. 80% der Kühe jährlich ein gesundes Kalb auf die Welt – bei erheblichen Schwankungsbreiten.350 Auf sächsischen und ostpreußischen Domänen musste jedoch mit einer anschließenden Todesrate von bis zu 20% gerechnet werden.351 Für eine abschließende Mast kamen eher ausgediente Zugochsen als ausgemusterte Milchkühe infrage.352 Bis ins 19. Jahrhundert bildete im Sommer Weidegras die Grundlage der Ernährung, höchstens morgens und abends wurde zugefüttert, oft Grünfutter aus gut erreichbaren Wiesen.353 In Heu umgerechnet, ging man bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts von 13,5 bis 15,4 dt Heu pro Kuh für eine „vollständige Ernährung“ aus, was bei einem Körpergewicht von 200 kg etwa 4 kg pro Tag entspricht.354 Der Winterkonsum einer Kuh wurde Mitte des 18. Jahrhunderts im Harz mit 12 Zentnern Heu angegeben. Somit konnten mit dem Heuertrag von ca. 20 dt von einem ha Wiese (Kap. 3.2) drei Kühe über den Winter gebracht werden. Allerdings wurde das Winterfutter im Harz mit 140 „starken“ Garben Stroh und 60 Bund Erbsenstroh gestreckt.355 Diese Zufütterung ist nicht zu un345 Schirmer 1996, S. 155 f. 346 Kaiser 2008, S. 12 f. 347 Saalfeld 1960, S. 76  ; Ackermann 1911, S. 94. 348 Bölts 1966, S. 151 f. 349 Ebd., S. 215 f. 350 Saalfeld 1960, S. 75 f.; Bölts 1966, S. 205–207. 351 North 1982, S. 39 f.; Schirmer 1996, S. 154. 352 Alfred Bauer 2009, S. 381. 353 Ackermann 1911, S. 91  ; Bölts 1966, S. 211. 354 Schaal 2011, S. 88  ; s. auch Selter 1995, S. 183  ; Bub 2003, S. 53. 355 Saalfeld 1960, S. 120  ; s. auch Ermisch/Wuttke 1910, S. 73. Das entsprach in etwa dem Ertrag eines Hektars Ackerland.

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terschätzen  : Haferstroh erreicht, wie um 1900 dokumentiert, fast den Futterwert des Grummets356, des nährstoffreichen zweiten Schnitts. Dass man jedoch in Kornwestheim 1557 genau 160 Rinder und zahlreiche Pferde von lediglich 130 Morgen Wiesenland ernährte,357 ist ohne den Zukauf von Heu schwer vorstellbar. Im Mittelrheingebiet jedenfalls war Heu schon im 14. Jahrhundert eine begehrte Handelsware, die mit Schiffen befördert wurde.358 Getreideschrot kam nur „in verschwindenden Mengen“359 zum Einsatz. Anfang des 17. Jahrhunderts erhielten selbst die leistungsfähigen ostfriesischen Domänenkühe nicht mehr als 3,9 kg Gerste und 2,3 kg Weizen im Jahr. Allerdings kamen an einzelnen Standorten 22 kg „Maltz“ hinzu, d. h. Abfälle aus Bremer Brauereien.360 In bäuerlichen Betrieben der Breslauer Umgebung sowie auf sächsischen Domänen war nach 1550 der Einsatz von Leinkuchen als Kraftfutter nicht unbekannt. Wenn im gleichen Kontext davon die Rede ist, dass Rinder mit „Kraut und Rüben“ gemästet wurden, ist dies ein erster Hinweis auf Feldfutterbau.361 „Moderne“ Futterpflanzen wie Luzerne und Lupine erwähnt allerdings allein der Agrarschriftsteller Heresbach. Enthusiastisch lobte er die Futtereigenschaften des Spergels, einer auch auf Sandböden gedeihenden Futterpflanze, die in seiner niederländischen Nachbarschaft als Zwischenfrucht kultiviert wurde. Aus keinem anderen Futter gewinne man „in Deutschland“ bessere Butter bzw. „reichlichere und wohlschmeckendere Milch“.362 Vom nordwesteuropäischen Küstenraum abgesehen, hielt die Preisentwicklung für tierische Erzeugnisse nach 1560 allerdings kaum mit dem Anstieg der Getreidepreise (Kap. 5.1.3.3) Schritt.363 Eine Ausweitung des Feldfutterbaus machte vor diesem Hintergrund höchstens regional ökonomischen Sinn. Punktuell sind nach 1560 sogar Reduktionen der Rinderbestände verzeichnet364, wenngleich von einem Trend zu regelrechter „Depekoration“ heute nicht mehr gesprochen wird. Als Ursache wird neuerdings neben dem Getreideboom ein klimabedingter Rückgang der Heuernten erwogen.365 Etwaige Verluste durch Viehseuchen sind nicht zu bilanzieren, da sich Forschungen zur Tiergesundheit nahezu ausschließlich auf das 18. und 19. Jahrhundert konzentrieren.366 So ist auch ungeklärt, ob 356 Alfred Bauer 2009, S. 372. 357 Boelcke 1972, S. 60 f. 358 Volk 1998, S. 729 f. 359 Ackermann 1911, S. 91 ; Saalfeld 1960, S. 120. 360 Bölts 1966, S. 214. 361 Grosser 1590/1965, S. 42 f.; Ermisch/Wuttke 1910, S. 18, S. 83. Ähnlich in Speyer, wo das Spital seit 1579 Rüben an Bauern verkaufte und 1589 erstmals eine Rübenmiete anlegte (Kleinschmidt 2012, S.  246 f.). 362 Heresbach 1570/1970, S. 69a. 363 Abel 1978, S. 183. 364 Ebd., S. 185. 365 Bauernfeind 1993, S. 251f. 366 Ausnahme  : Slavin 2010  : Rinderseuche um 1320 in England und Wales. Zur Verbreitung auf dem Kontinent Einzelhinweise auf S. 117.

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die Masseneinfuhr von Rindern aus Dänemark, Polen und Ungarn, mit denen die Nachfrage v. a. in den gewerblichen Zentren gedeckt wurde (Kap. 4.2.2.2), zur Ausbreitung von Krankheiten beigetragen hat. Hinsichtlich der Milch- und Fleischeffizienz waren die kleinsten Wiederkäuer, die Ziegen, den Rindern unterlegen. Dies kann erklären, warum sie in Norddeutschland, wo meist genügend Grünland zur Fütterung zur Verfügung stand, selbst in den Ställen der Armen nur selten anzutreffen waren.367 Da Ziegen nicht mit Abgaben belastet waren, sind exakte Zahlen ohnehin kaum anzugeben. In den Mittelgebirgen und den Alpen368 waren Geißen augenscheinlich stärker vertreten, da sie marginales, aber eiweißreiches Futter wie Blätter und Zweige gerne verwerten und Hanglagen problemlos erklettern können. Ihre Reproduktionsraten übertreffen die der Schafe deutlich, die der Rinder erheblich. Fleischund v. a. Milcheffizienz liegen im Durchschnitt etwas höher als bei den Schafen369, Letztere erhielten aber dort den Vorzug, wo ein hoher Bedarf an Wolle bestand. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurde die Ziege in zahlreichen Forstordnungen als Waldschädling gebrandmarkt. Ärmere Dorfbewohner waren jedoch öfter von Haltungsverboten ausgenommen.370 Geflügel war zusammen mit Eiern überproportional im System der grundherrschaftlichen Abgaben vertreten, z. B. in Gestalt von Martinsgänsen, Fastnachtshennen und Leibhühnern.371 Angesichts der wenig mühevollen Haltung und der wenig anspruchsvollen Fütterung war Geflügel offenbar weit verbreitet372, auf Einzelbetrieben jedoch, wie auch für Ostengland belegt, schon im Spätmittelalter nur in geringen Stückzahlen vorhanden.373 Besonderen Wert auf Geflügelhaltung, v. a. auf Gänsemast und -handel374, legten jüdische Dorfbewohner, denen angesichts mangelnder Landausstattung die kontinuierliche Haltung größerer Tiere nur schwer möglich war. Die Ende des 16. Jahrhunderts in Münster angebotenen Schweine lieferten bei einem durchschnittlichen Lebendgewicht von knapp 60 kg wie ihre sächsischen Artgenossen knapp 40 kg Fleisch.375 Pro Jahr brachte eine Zuchtsau etwa acht Ferkel zur Welt.376 Männliche Tiere wurden meist vor der Geschlechtsreife kastriert, um den Weidebetrieb zu ermöglichen und die Fleischqualität zu steigern.377 Die meist dörflich organisierte Haltung eines Ebers zur Bestandssicherung erscheint so weniger als Zuchtmaßnahme denn 367 Bentzien 1984, S. 80  ; Doll 2003, S. 78. 368 Flechsig 1980  ; Rippmann 2012, Ziegen, Sp. 473–477. 369 Siddle 2009, S. 524. 370 Flechsig 1980. 371 Kuchenbuch 2003, Huhn. Leibhuhn = Abgabe zur Anerkennung der Leibeigenschaft. 372 Weingarten 2009, S. 50 f. 373 Slavin 2009  ; Heimpel 1966, S. 20. 374 Toch 1997, S. 62. 375 Krug-Richter 1994, S. 140  ; Schirmer 1996, S. 161. 376 Saalfeld 1960, S. 78. 377 Doll 2003, S. 70.

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als Mittel zur Ressourcenersparnis. Insgesamt war die Fortpflanzung wenig kontrollierbar, da anders als bei den Rindern auf der Weide die spontane Einkreuzung von Wildexemplaren möglich blieb. Die Populationsentwicklung hing im Wesentlichen von der Futterverfügbarkeit ab. Trächtige Sauen wurden mit Getreide, v. a. Gerste, gefüttert.378 In Mecklenburg und Westfalen, den spätmittelalterlichen Hochburgen der Schweinehaltung, wurde Getreide bis ins 16. Jahrhundert auch in der Mast eingesetzt.379 Insgesamt ist für die langfristige Entwicklung der Eindruck mitgeteilt worden, dass die Populationen den langen Wellen der Agrarkonjunktur dergestalt folgten, dass sie im Hochmittelalter und nach 1550 parallel zum Anstieg der Getreidepreise zurückgingen.380 Durchgehend größere Schweinebestände waren in den Milchviehhaltungsgebieten anzutreffen, da die jungen Schweine – auf den Schweighöfen und Almbetrieben der Alpenländer auch die älteren Artgenossen – die Molke aus der Milchverarbeitung verwerteten.381 Ansonsten wurden die Tiere im Alter von ½ bis ¾ Jahren dem kommunalen Schweinehirten übergeben, um sich „von der Weide und Wurzeln auf dem Felde“ bzw. „in den Stoppeln von den Körnern“ zu „erhalten“.382 Im Stall scheinen zumindest auf größeren Betrieben Frauen die Aufsicht übernommen zu haben. So wurde in der Ratgeberliteratur der „Hausmutter“ empfohlen, den rückkehrenden Schweinen abends einen warmen Aufguss von „dünner Milch“ oder Käsemolke mit Kleie vorzusetzen, um die Verdauung des Futters zu erleichtern, das die Tiere tagsüber auf dem Feld aufgenommen hatten.383 Hinzu kamen Abfälle aus der Nahrungsmittelbereitung, wodurch die Schweinehaltung von Müllern und Bäckern begünstigt wurde.384 Das Abfallaufkommen erklärt auch die Allgegenwart von Schweinen in den Städten. Die damit verbundenen Hygieneprobleme wurden mit zunehmender, lokal jedoch stark unterschiedlich ausgeprägter Skepsis beobachtet.385 Wachsende Bedeutung gewann im 16. Jahrhundert die Mast im Wald (Abb. 23). Sie begann je nach Futterangebot Mitte bis Ende September und endete im Dezember, in guten Jahren im Januar.386 Die Mast war wie andere Weiderechte oft sozial quotiert.387 Außerdem mussten Nutzungsberechtigte den Waldeigentümern vielfach Gebühren zahlen, im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel immerhin 41 kg Hafer pro Schwein.388 378 Heimpel 1966, S. 42  ; Wagner 2005, S. 89. 379 Bentzien 1984, S. 81  ; Kaiser 2008, S. 16, S. 23–26. 380 Krug-Richter 1994, S. 129  ; Schirmer 1996, S. 157, S. 160  ; Regnath 2008, S. 87 f. 381 Saalfeld 1960, S. 77  ; Regnath 2008, S. 35  ; Kaiser 2008, S. 36. 382 Grosser 1590/1965, S. 43  ; Coler 1591/1988, S. 87. 383 Böckler 1678, S. 235. 384 Abel 1978, S. 248  ; Wagner 2005, S. 88. 385 Kaiser 2008, S. 33 f.; Jankrift 2003, S. 164 f. 386 Regnath 2008, S. 121. 387 Schöller 1973, S. 47. 388 Saalfeld 1960, S. 78.

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Kein Wunder, dass man z. B. in Schleswig-Holstein versuchte, Schweine „schwarz“ zu ­mästen.389 Die Schweinemast wurde selbst von der sensiblen Forstwissenschaft des 19. Jahrhundert nicht prinzipiell negativ eingeschätzt, da Schweine den Boden durchlüfteten, Schädlinge vertilgten und Saatgut nicht nur verzehrten, sondern auch einwühlten.390 Konflikte traten auf, wenn Jagdberechtigte durch den Schweineeintrieb den Bestand an Wildtieren gefährdet sahen.391 Das Angebot an Schweinefleisch war in den Gebieten der Waldweide angesichts der Schwankungen in der Futterversorgung kaum planbar.392 Fiel die Mast lokal völlig aus, wurden Schweine „über das Jahr gehungert“ und im folgenden Herbst eingetrieben.393 Das Magdalenenhospital zu Münster behalf sich in solchen Fällen mit der teuren Verfütterung von Gerste, Hafer und Ackerbohnen.394 Der Agrarschriftsteller Johann Coler, der sich des Themas „Schweine“ besonders liebevoll annimmt, erwähnt für Schlesien als weiteres Futtermittel Leinkuchen, für Meißen und das Vogtland Buchweizen.395 Eine spätere Ausgabe nennt für Mecklenburg und Pommern Erbsen, „die sie dort viel säen“.396 Dazu waren eher größere Bauern in der Lage. Ausgeprägte Schweinehaltung erschien im späten 16. Jahrhundert als „Reichtumsindikator“.397 Auch das Magdalenenhospital konnte die Verluste in einem schlechten Mastjahr nur partiell kompensieren. So stammten die Fleischmahlzeiten im Rechnungsjahr 1569/70 zu 40% von Rindern, zu 7% von Kälbern und zu 44% von Schweinen. Im Rechnungsjahr 1600/01, einem schlechten Mastjahr, lieferten Rinder 59,5%, Kälber 10,4%, Schweine jedoch nur 17%.398 Lag – wie etwa alle vier Jahre – eine gute Mast vor, konnten dagegen, wie der Bauer Caspar Preis aus Stausebach bei Marburg in seiner Chronik notierte, auch ärmere Haushalte ein Schwein schlachten („Schwein gehabt“). Preis notierte die Ergebnisse der Mast ebenso aufmerksam wie den Ertrag der Getreideund Heuernten.399 Für die räumliche Verteilung bedeutet dies, dass Schweinehaltung im 16. Jahrhundert v. a. dort in erheblichem Umfang möglich war, wo ein ausreichender Bestand an Buchenund Eichenwäldern zugänglich war, d. h. besonders in den tieferen, klimatisch begünstigten Lagen Schleswig-Holsteins, Mecklenburgs und des Binnenlandes.400 So wurden in 389 Buchholz 1985, S. 70. 390 Selter 1995, S. 180 f. 391 Regnath 2008, S. 271. 392 Schirmer 1996, S. 159  ; Warde 2006, S. 82. 393 Saalfeld 1960, S. 78  ; Doll 2003, S. 68. 394 Krug-Richter 1994, S. 129  ; s. auch Grosser 1590/1965, S. 43. 395 Coler 1597, Buch 12, Capitel 129, 135 (unpaginiert). 396 Oeconomia ruralis 1675, S. 458. 397 Bentzien 1984, S. 81 ; Maisch 1992, S. 107. 398 Krug-Richter 1994, S. 129, S. 141 f. 399 Menk 1998, S. 91–98  ; s. auch Schenk 1994, S. 127 f. 400 Selter 1995, S. 174.

Tierhaltung Abb. 23  : Ein Hirt treibt Schweine zur Eichelmast. Hans Holbein d. J., Scheibenriss mit einem Schweinehirten 1518/19.

den Fürstentümern Wolfenbüttel und Calenberg 1598 über 30.000 zur Mast berechtigte Schweine gezählt, von denen man allein etwa 15.000 in die Wälder des Sollings trieb.401 Legendär sind Angaben aus dem Jahr 1437, nach denen im Lußhardtwald bei Speyer auf ca. 60 km2 mehr als 43.000 Schweine gemästet wurden.402 Die ungleiche räumliche Verteilung hatte spätestens im 16. Jahrhundert überregionalen Schweinehandel zur Folge. Auch die Haltung verlangte eine gewisse Mobilität, da die Mastbestimmungen bisweilen den Eintrieb „fremder“ Schweine zuließen. Die mittelalterlichen Schweine waren anders als ihre heutigen Artgenossen Weidetiere, die pro Tag bis zu 30 km zurücklegen konnten.403 Ein Angehöriger der „Ebersberger Gemeind“ (östlich München) trieb an der Wende zum 17. Jahrhundert Schweineherden bis nach Speyer, möglicherweise in den Lußhardtwald.404 Er besaß eine Sölde, d.h. ein kleineres Anwesen, und kann als früher Vertreter jener „bairischen Schweinetreiber“ gelten, von denen ein 401 Beinlich u.a. 2005. 402 Regnath 2008, S. 94. 403 Ebd., S. 230. 404 Breit 1998, S. 153.

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Württemberger im frühen 19. Jahrhundert berichtete, dass von ihnen Tiere „zu uns herdenweise gebracht und … gemästet werden“.405 Zu den Auswirkungen der Extensivierungsprozesse, die im Horizont der Agrarkrise stattfanden, wird der Aufschwung der Schafhaltung gerechnet.406 Er ist auf breiter Front vom Rheinland mit den führenden Tuchmacherstädten Köln und Aachen407 über Niedersachsen408, Hessen und Thüringen409 bis in die Territorien östlich der Elbe nachzuweisen  ; im Süden bildete die Schwäbische Alb einen Schwerpunkt.410 Die sprichwörtliche Genügsamkeit, die Fähigkeit, auch mageres Futter von entsprechenden Standorten zu verwerten, stützt diese Einschätzung ebenso ab wie die im Vergleich zur Rinder-, insbesondere der Milchviehhaltung geringe Arbeitsintensität, die mit Haltung und Fütterung verbunden war.411 In Franken, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg wurden bereits an der Wende zur Neuzeit412 Herden vergrößert bzw. neue eingerichtet, im nördlichen Niedersachsen und in Württemberg in einer zweiten Welle gegen Ende des 16. Jahrhunderts.413 Hintergrund war der Umstand, dass die Wollpreise trotz erheblicher Schwankungen „nach den Getreidepreisen von allen Agrarprodukten am stärksten anzogen“.414 Der Zusammenhang von Schafhaltung und Wollkonjunktur lag darin begründet, dass die Wollverkäufe 50–60% der Einnahmen erbrachten.415 Die Tatsache, dass in manchen Gebieten der norddeutschen Eschwirtschaft „die Wälder im 18. Jahrhundert fast vollständig verschwunden und Heideflächen von riesigen Ausmaßen entstanden waren“, wird nicht nur der Plaggenwirtschaft, sondern auch einer v. a. für die Produktion von Dung intensivierten Schafhaltung zugeschrieben.416 Ansonsten entfaltete die Schafhaltung mit dem Ackerbau eine Reihe von Synergieeffekten. Dazu gehörte die winterliche Saathütung, die zur Unkrautbekämpfung beitrug und ein Ausfaulen oder Erfrieren der Wintersaat verhindern sollte. Sie war jedoch nur bei Frost erlaubt und erforderte besonderes Geschick, da sonst die Saat beschädigt wurde.417 Als weniger problematisch wurde der Hürdendung angesehen. Das Pferchgeld (Kap. 3.1.2.3) machte in Thüringen Mitte des 16. Jahrhunderts etwa 10% der Einnahmen aus der Schafhaltung aus, etwas mehr als der Erlös aus den Milchprodukten. Die Fleischnutzung schlug auf sächsischen Domänen durchschnittlich mit 25% zu Buche. Die Fleischausbeute betrug 405 Regnath 2008, S. 274 f. 406 Sprandel 2009, S. 127. 407 Reinicke 1984, S. 204  ; Volk 1998, S. 802. 408 Sprandel 1974, S. 99 f., S. 102. 409 Pohl 1974, S. 90 f. 410 Hornberger 1959, S. 39. 411 Schirmer 1996, S. 136. 412 Schmied 1988, S. 18  ; Antje Bauer 1995, S. 63, S. 143. 413 Hornberger 1959, S. 44  ; Sprandel 1974, S. 102. 414 Pohl 1974, S. 96  ; Antje Bauer 1995, S. 87  ; Schirmer 1996, S. 136. 415 Schmied 1988, S. 11  ; Antje Bauer 1995, S. 89  ; Schirmer 1996, S. 146. 416 Kaiser 1998, S. 13  ; s. auch Schöller 1973, S. 43  ; Jacobeit 1987, S. 15. 417 Schmied 1988, S. 11.

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bis zu 15 kg pro ausgewachsenem Schaf, bei Hämmeln mit allerdings fragwürdiger Geschmacksqualität bis zu 24 kg.418 Die insgesamt hohen Renditen419 erklären die Aktivitäten, die Landesherren und Adel seit dem späten 15. Jahrhundert entfalteten. Im sächsischen Amt Grimma ist für 1542 in lediglich 17 von 101 Orten bäuerliche Schafhaltung mit zusammen nicht mehr als 1795 Tieren nachweisbar. Der Adel hielt dagegen mehr als 10.000 Schafe.420 Soweit – wie in Thüringen421 – bäuerliche Schafhaltung in größerem Umfang möglich war, ist innerdörflich zu erkennen, dass sich einzelne, meist wohlhabende Betriebe als sog. Schafbauern spezialisierten.422 Die privilegierte Schafhaltung bot Adel und Landesherren die Möglichkeit, ohne Vergrößerung des Eigenlandes Erträge zu steigern, „indem das Hutungsrecht als Bestandteil der grundherrlichen Befugnisse … betrachtet wurde.“423 Kein Wunder, dass sich die Konflikte zwischen Bauern und privilegierten Schafhaltern v. a. um das Durchzugsrecht (Triftrecht) und die Nutzung von Allmendeflächen drehten, die auch von Dorfbewohnern beansprucht wurden.424 Dabei machte es keinen Unterschied, ob die Privilegien transhumanten oder stationären Haltungssystemen zugute kamen. Im Mittelrheingebiet fühlten sich Gemeinden bereits um 1400 durch die herrschaftliche Schafhaltung beeinträchtigt425, im Bauernkrieg forderten die Aufständischen dort die Abschaffung sämtlicher Schäfereien.426 In Württemberg kam es im gleichen Zeitraum „auf Wunsch der Bauern“427 zur Aufhebung landesherrlicher Schäfereien, wodurch bäuerliche Schafhaltung wieder in größerem Umfang möglich wurde.428 Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts verlagerte sich der Schwerpunkt bäuerlichen Protests nach Thüringen und Sachsen.429 Dass Bestrebungen zu gezielter Züchtung v. a. für die guts- bzw. grundherrschaftliche Seite dokumentiert sind, ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich.430 In Sachsen nahm die Domänenverwaltung 1570 etwa 600 schlesische Schafe in Empfang431, die zur Bestandsverbesserung beitragen sollten. Im Nürnberger und Regensburger Raum wurden bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts flämische Schafe eingekreuzt, die ihrerseits von englischen Linien abstammten.432 418 Ebd., S.  10  ; Schirmer 1996, S. 149. 419 North 1982, S. 44  ; Antje Bauer 1995, S. 87. 420 Schirmer 1996, S. 150 f. 421 Antje Bauer 1995, S. 146. 422 Ebd., S.  116  ; Schirmer 1996, S. 151. 423 Blaschke 1974, S. 70  ; Harnisch 1980, S. 52. 424 Jacobeit 1987, S. 97 f.; Schirmer 1996, S. 138. 425 Volk 1998, S. 304. 426 Reinicke 1984, S. 46. 427 Jänichen 1961, S. 30. 428 Hornberger 1959, S. 46. 429 W. Held 1988, S. 117 f.; Antje Bauer 1995, S. 128–133. 430 Schmied 1988, S. 3 f. 431 Jacobeit 1987, S. 31. 432 Hornberger 1959, S. 39  ; von Stromer 1974, S. 114.

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Dorfbewohner ließen ihre Schafe ähnlich wie Rinder und Schweine meist von einem Gemeindehirten hüten. Solche Lohnschäfer, die bei entsprechend großen Herden Mägde und Knechte beschäftigten433, wurden auch von Adel und Landesherren angestellt. Im Bereich der privilegierten Schafhaltung war jedoch die Pacht- bzw. Mengschäferei weiter verbreitet. Letztere ist dadurch charakterisiert, dass der Pächter auch eigene Tiere in die Herde einbrachte. Dass der Schäfer zu den unehrlichen Berufen gezählt wurde, lag nicht nur an seiner Beschäftigung mit kranken und toten Tieren, sondern auch daran, dass er schwer in die Sozialverbände zu integrieren war, insbesondere wenn er mit der Herde große Entfernungen zurücklegte. Konfessionell ambitionierten Obrigkeiten bereitete der Umstand Sorgen, dass der Schäfer nicht immer Gelegenheit hatte, den Sonntagsgottesdienst zu besuchen.434

3.5 Erfahrung und Vergleich  : Wissensdarstellung in der Agrarliteratur Werner Troßbach Im deutschen Sprachraum gelang es erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, landwirtschaftliches Wissen systematisch in schriftlicher Form zu präsentieren. Das Jahr 1570 besitzt emblematische Bedeutung  : In Köln brachte der rheinische Gutsbesitzer Conrad von Heresbach ein dreibändiges Werk in lateinischer Sprache auf den Markt435, in Dresden wurde in deutscher Sprache eine Handreichung für die Wirtschaftspraxis auf den Domänen abgeschlossen. Wenngleich das „sächsische Hausbuch“ erst 1910 unter dem Titel des ersten Teils, „Haushaltung in Vorwerken (bzw. „forwergen“)“, gedruckt wurde, blieb die Kenntnis der Handschrift nicht auf Angehörige der sächsischen Domänenverwaltung beschränkt.436 Vor 1570 hatten sich interessierte Leser dagegen lediglich aus der antiken Agrarliteratur sowie aus Werken informieren können, die in Italien, Frankreich und Spanien erschienen waren. Besonderer Wertschätzung erfreute sich das Kompendium des Petrus de Crescentiis (Pietro de’ Crescenzi). Es lag seit 1471 in deutschen Übersetzungen vor, war allerdings schon um 1300 verfasst worden.437 Crescenzis Werk war nicht nur veraltet, es hob auch ähnlich wie die antike Literatur stark auf das regionale Umfeld des Verfassers ab, in diesem Fall auf oberitalienische Verhältnisse. Die Ratschläge neuerer in Italien, Spanien und Südfrankreich erschienener Werke waren gleichfalls nur partiell auf die klimatischen Verhältnisse nördlich der Alpen anzuwenden.438 Dennoch blieb das erste Werk der Agrarliteratur in Deutschland, Heres433 Schmied 1988, S. 123. 434 Reinicke 1984, S. 45. 435 Heresbach 1570/1970. 436 Ermisch/Wuttke 1910, S. XXIXX. 437 Abel 1978, S. 168 f. 438 Ebd.

Erfahrung und Vergleich  : Wissensdarstellung in der Agrarliteratur

bachs „Vier Bücher über Landwirtschaft“, um einen Dialog mit der antiken Agrarliteratur bemüht. Tatsächlich war, wie Mauro Ambrosoli schlüssig nachweist, das antike Wissen insbesondere auf dem Gebiet des Futterbaus für die neuzeitliche Agrarmodernisierung nicht ohne Belang.439 Anders als in Westeuropa brach in der deutschsprachigen Literatur die Tradition ernsthafter Auseinandersetzung mit der antiken Literatur allerdings mit Heresbach ab. Dies galt zeitweise auch für die Rezeption französischer und italienischer Agrarliteratur.440 Bereits Heresbach bezog einen Teil seiner Ratschläge auf einen anderen Horizont  : persönlich in der Praxis erworbenes Wissen. Die Verfasser des „sächsischen Hausbuchs“ beriefen sich nahezu ausschließlich auf diese Quelle. Tatsächlich konnten auch nichtbäuerliche Schichten auf praktische Erfahrungen zurückgreifen, zunächst auf dem Gebiet des Gartenbaus. Die führende Rolle mittelalterlicher Klöster in diesem Bereich wurde bereits erwähnt. Auch bei Fürsten, Adligen und Patriziern erfreute sich der Garten als Betätigungsfeld zunehmender Beliebtheit (Kap. 3.3). So ist es nicht verwunderlich, dass z. B. das „sächsische Hausbuch“ diesen Bereich am ausführlichsten behandelt. Er war auch traditioneller Gegenstand des Austauschs zwischen den Fürstenhöfen, der sich im Laufe des 16. Jahrhunderts intensivierte.441 Ein wichtiges Hilfsmittel stellten die bereits erwähnten Pflanzenkataloge dar (Kap. 3.3), wenngleich sie nur selten Anbauempfehlungen enthalten. Wachen Auges wurden darin nicht zuletzt Nutzpflanzen registriert, die aus der „Neuen Welt“ stammten. Ende des 16. Jahrhunderts begannen diese auch physisch im höfischen Bereich zu zirkulieren. Landgraf Wilhelm IV. von Hessen z. B. übersandte Kurfürst August von Sachsen mehr als 4000 Tabakpflanzen.442 Augusts Sohn Christian I. erhielt 1591 aus Kassel nicht nur ein Rezept für Bratkartoffeln, sondern auch einige Knollen, die im Lustgarten des Landgrafen gewachsen waren.443 Auch außerhalb der Gärten konnten Angehörige der Oberschichten landwirtschaftliche Erfahrungen sammeln, weil trotz der Auflösung der Villikationen (Kap. 5.1.2) Landwirtschaftsbetriebe, die nicht von Bauern geleitet wurden, an zahlreichen Stellen fortbestanden. Sie dienten im Wesentlichen der Versorgung klösterlicher, adliger oder fürstlicher Haushalte444 oder städtischer Korporationen.445 Im Laufe des 16. Jahrhunderts kam es zur Ausdehnung bestehender und zur Neugründung weiterer Betriebe dieser Art. Sie waren oft nicht mehr auf Haushaltsversorgung beschränkt, sondern traten offensiv auf dem Markt auf (Kap. 5.2), nicht allein, aber vor allem in den Territorien östlich der Elbe. Unter den Personen, die diese Entwicklung vorantrieben, befanden sich auch Landesfürsten,

439 Ambrosoli 1997. 440 Wimmer 2004, S. 60. 441 Schlude 2008, S. 36. 442 Falke 1868, S. 119. 443 Denecke 1976, S. 66. 444 Hagenbusch 2005  ; B. Fuhrmann 2009  ; Wagner 2005. 445 Heimpel 1966.

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Landwirtschaft

z. B. die Grafen Anton I. und Anton Günther von Oldenburg.446 Das Interesse von Landesfürsten war nicht zuletzt dadurch geweckt, dass in protestantischen Territorien mit der Eingliederung von Klostergütern der landesherrliche Gutsbesitz ausgedehnt wurde und zur Neuordnung anstand.447 Am sächsischen Hof setzte ein landwirtschaftlich interessiertes Herrscherpaar stärker auf „Selbstadministration“ der Güter als auf die sonst meist übliche Verpachtung. Damit war eine Bestandsaufnahme verbunden, die 1568 unter der Leitung des Verwalters Abraham von Thumbshirn stattfand.448 Die in diesem Kontext erstellten Vergleiche bildeten die Grundlage für das „sächsische Hausbuch“, in dem über die Bestandsaufnahme hinaus Optimierungsvorschläge enthalten waren. Schließlich flossen in die Korrespondenzen zwischen den Höfen nicht nur Fragen des Gartenbaus, sondern auch der Landwirtschaft allgemein ein. Der Austausch war von besonderer Intensität, wenn eingeheiratete Fürstinnen landwirtschaftlich interessiert waren und heimatliche Verbindungen abrufen konnten.449 Eine von ihnen, Kurfürstin Anna von Sachsen, scheint außerdem auf einzelnen Domänen lange vor der Etablierung landwirtschaftlicher Fakultäten und Akademien eine besondere Form der Generierung von Wissen inspiriert zu haben, den landwirtschaftlichen Versuch.450 Dem Zug zur Praxis folgte auch die entstehende Hausväterliteratur, die landwirtschaftliche mit moralischen und politischen Ratschlägen verknüpfte. Ihr erster Exponent, der protestantische Pfarrer Johann Coler (bzw. Cöler)451, rief dazu auf, nicht die Ratschläge der antiken Literatur in den Mittelpunkt zu stellen, sondern „aus der täglichen Erfahrung dieser Lande“452 zu schöpfen. Inwieweit er selbst diesem Ruf folgte, ist zweifelhaft. Das von ihm publizierte Werk wurde zum großen Teil bereits von seinem Vater Jakob Coler zusammengestellt und spätestens 1573 abgeschlossen.453 Den Weg seines Vaters von der Welt des akademischen in die des praktischen Wissens skizzierte Johann Coler in der „Vorrede“ zu einer Ausgabe seines „Calendariums“ folgendermaßen  : „Nachdem er Varronem, Catonem, Columellam, Palladium und andere die rem rusticam geschrieben/ fleissig durchsehen/und sich jhren Praeceptis nach verhalten wollen/in mehrern teil gefeilet/aber hernachmalen/da er mit Bawern/Scheffern/Gertnern/Weinmeistern/und andern umbgangen/dieselbigen gehöret und ausgeforschet/hat er in vielen dingen gar ein anders befunden/als in diesen autoribus gemeldet wird. Derentwegen er auch letztlich dieselbigen scribenten verlassen/und mit denen Leuten conferiret, unnd von jhnen manniches

446 Ramsauer 1929, S. 10 f. 447 Schlude 2008, S. 34. 448 Wiemann 1940  ; John 1997. 449 Falke 1868, S. 118. 450 Schlude 2008, S. 36. 451 Wimmer 2004, S. 54. 452 Ermisch/Wuttke 1910, S. XXVIII. 453 Wimmer 2004, S. 59 f.

Erfahrung und Vergleich  : Wissensdarstellung in der Agrarliteratur

erfahren unnd gelernet/das man in keinen Büchern leichtlich finden wird.“454 Selbst für Heresbach stellte neben gelehrten Referenzen und eigenen Erfahrungen die Beobachtung bäuerlicher Praktiken eine erstrangige Quelle dar. Bauern bildeten tatsächlich mit ihrer Arbeitskraft, ihren Tieren und Geräten, nicht zuletzt mit ihrer Erfahrung auch nach 1550 das Rückgrat der Agrarproduktion. Die von ihnen betriebenen Wirtschaften machten an der Wende zum 17. Jahrhundert trotz der Ausdehnung der Domänen und Güter noch immer den Löwenanteil der Agrarfläche aus, selbst in den Territorien östlich der Elbe. Darüber hinaus waren Bauern auch auf der zunehmenden Zahl von Großbetrieben präsent, die Adel und Korporationen aus- bzw. aufbauen ließen. Der Großteil dieser Einheiten setzte bäuerliche Fronarbeit ein, v. a. Gespanndienste groß- und mittelbäuerlicher Wirte (Kap. 5.2.2). Die zentral organisierten sächsischen Domänen bildeten davon keine Ausnahme.455 Damit sparte man nicht nur Lohnzahlungen und Geräteanschaffungen, sondern griff auch auf Fähigkeiten und Wissensbestände zurück, die auf bäuerlichen Betrieben gewachsen waren. Handarbeit wurde dagegen selten von Großbauern verrichtet. Auch auf ihren eigenen Betrieben überließen sie dies meist ihren Ehefrauen und der wachsenden Schar von Knechten und Mägden, landlosen und landarmen Tagelöhnern. Demzufolge kamen auch auf den Gütern und Domänen bezahlte Tagelöhner zum Einsatz. Unvergütet blieben die Handdienste, wenn sie von Kleinbauern verlangt wurden, die kein Gespann besaßen. Aber auch wenn Großbetriebe Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter beschäftigten, wurden Fertigkeiten abgerufen, die diese z. T. in ihren eigenen Wirtschaften erworben hatten. Insofern basierten auch die scheinbar selbstreferenziellen sächsischen Kompendien auf bäuerlichem Wissen, freilich in einem kaum noch exakt abzusteckenden Umfang. Martin Grosser dagegen, ein in Schebitz bei Breslau ansässiger Amtsbruder der protestantischen Pastoren Johann und Jakob Coler, berief sich in einer 1590 erschienenen kleinen Schrift ausschließlich darauf, was „die Pauersleute in Erfahrunge haben“.456 Dabei registrierte er sorgsam, dass die Erfahrungen auch lokal nicht uniform waren. Nicht selten regiert zwar das Pronomen „man“ seinen Text, an anderen Stellen werden jedoch Praktiken dargestellt, die lediglich von „etlichen“ bzw. „in etlichen Orten“ ausgeübt worden seien.457 Bisweilen findet Grosser auch zu sozialer Präzisierung  : Beim Füttern der Rinder ist z. B. die Erfahrung der „Paurenweiber“ gefragt. Auch wie sich „arme Pauren“ bei der Tierernährung behalfen oder welche Mittel „bei armen Gärtnern und Hausleuten“ üblich waren, wurde nicht übergangen.458 Teile der Agrarliteratur sind damit als Quelle für bäuerliche Praktiken zu lesen. Sie machen darüber hinaus deutlich, welchen Wert Erfahrung allgemein und insbesondere 454 1. Mai 1592, zitiert nach Coler 1603. Zur verschlungenen Druckgeschichte dieses Werkes  : Lindner 1973. 455 Wiemann 1940, S. 11, S. 15, S. 17, S. 39. 456 Grosser 1590/1965, S. 41  ; s. auch S. 24, S. 25, S. 29, S. 33, S. 44. 457 Ebd., S. 25–27, S. 31, S. 41. 458 Ebd., S. 41 f.

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bäuerliche Erfahrung als Wissensreferenz auch für die gebildeten Verfasser besaß. Umgekehrt sollte jedoch nicht unterschätzt werden, dass die Agrarliteratur bereits durch ihre schiere Existenz einen Wissenszuwachs sui generis produzierte.459 Selbst wenn, wie bei Grosser, lokale Orientierungen nicht transzendiert wurden, reizte die durch die Druckerpresse erleichterte überregionale Bereitstellung regionaler Praktiken zum Vergleich. Der von Grosser noch dem Leser überlassene Vergleich ist in Colers Werk zumindest ansatzweise dadurch geleistet, dass er zwar die Landwirtschaft der Mark Brandenburg in den Mittelpunkt stellt, aber auch auf Mecklenburg und Schlesien verweist, außerdem ohne akademische Skrupel Passagen aus dem „sächsischen Hausbuch“ übernimmt.460 Allerdings offenbart sich gerade in Colers Publikationen die Kehrseite der starken Praxisorientierung. So ist Colers Blick auf die mittel- und ostdeutschen Erfahrungsräume beschränkt. Neuere Publikationen italienischer und französischer Zeitgenossen nahm er dagegen nicht zur Kenntnis. Innovative Praktiken wie Luzerne-, Klee- und Wiesenbau (Kap. 3.2), die dort beschrieben wurden, blieben Colers Lesern demnach unbekannt. Diese Auslassung ist nicht nur auf die vehemente Praxisorientierung zurückgeführt worden, sondern auch auf den Umstand, dass das Werk mehr als 15 Jahre nach dem Tod Jakob Colers, des Hauptverfassers, herausgebracht und die später erschienene Literatur nicht mehr eingearbeitet wurde.461 Für eine Horizonterweiterung bei den Lesern der Hausväterliteratur sorgte erst Wolf Helmhard von Hohberg, der in seiner Ende des 17. Jahrhunderts erschienenen „Georgica curiosa“ endlich die europäische Landwirtschaftsliteratur berücksichtigte. Dennoch konnten Ende des 16. Jahrhunderts auch in deutschen Territorien lesekundige Landwirte, indem ihnen ein – wenn auch beschränkter – überregionaler Überblick erschlossen wurde, schrittweise gegenüber ihren ursprünglichen Vorbildern und Ratgebern, den Bauern, einen Vorsprung gewinnen.462 Waren sie an Fürstenhöfen ansässig, konnten sie darüber hinaus an anderen Formen überlokalen Austauschs partizipieren, der gelehrten Briefkultur und der Versendung von Saatgut, Pflanzen und z. T. auch Tieren (Kap. 3.4). Allerdings war auch bäuerlicher Landwirtschaft der überlokale Vergleich und Austausch nicht fremd, wie u. a. die Einführung der Kartoffel im kleinbäuerlich strukturierten Pilgramsreuth zu erkennen gibt, die unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg stattfand.463 Freilich war dieses Lernen vor 1650 eher an physische Ortswechsel als an Leseerlebnisse gebunden. Als Leser der Agrarliteratur sind Bauern vor 1650 jedenfalls noch nicht nachgewiesen.

459 Schlude 2008, S. 36. 460 Ermisch/Wuttke 1910, S. XXIXX. 461 Wimmer 2004, S. 60. 462 M. Schulze 1967, S. 38. 463 Wirsing 1988.

4 Wirtschaftliche Entwicklungstrends

4.1 Spezialisierungen des Anbaus 4.1.1 Wein und Hopfen als Indikatoren für Anpassungsprozesse ?

Frank Konersmann Die Entwicklung der beiden Sonderkulturen vermittelt weitreichende Einblicke in die zwischen Klima-, Agrar-, Gewerbe-, Konsum- und Sozialgeschichte bestehenden Wechselbeziehungen. Insbesondere der Wein gilt als „Klimaanzeiger“.1 Angaben über den Zeitpunkt der Blüte und der Ernte des Weins sowie qualitative Umschreibungen des Ernteausgangs sind zuweilen in Chroniken und Zehntregistern zu finden.2 Dank solcher Informationen kann der Klimafaktor wesentlich genauer bestimmt und im Verhältnis zu anderen Produktionsfaktoren eher gewichtet werden, als das bei anderen Agrarprodukten der Fall ist. Hopfen steht in klimatischer Hinsicht in einem komplementären Verhältnis zum Wein. Denn Hopfen wächst „dort am besten, wo der Wein gerade anfängt zu versagen“.3 Beide Sonderkulturen erreichten ihren Zenit in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts.4 Unter den Ursachen für diesen Expansionsprozess kommt der Transformation der älteren Grundherrschaft in die neue Rentenherrschaft besondere Bedeutung zu. Die persönliche Abhängigkeit wurde gelockert und der Austausch und Handel zwischen Stadt und Land intensiviert. Durch ein ausgeprägtes Bevölkerungswachstum standen ausreichend Arbeitskräfte für die arbeitsintensiven Kulturen zur Verfügung.5 Allerdings spielten unabhängige Bauernwirtschaften im Hopfenanbau eine geringere Rolle als im Weinbau. Die Sonderkulturen können zudem helfen, die bisher in der Historiografie stark unterbelichteten Bedürfnisse der Konsumenten als Triebkräfte stärker in den Blick zu nehmen. So reagierten kapitalkräftige bürgerliche Grundeigentümer und adlige Grundherren im Verlauf des 16. Jahrhunderts mit dem Ausbau von Hopfenfeldern auf erhöhte Qualitätsansprüche städtischer Konsumenten an das Bier.6 Denn die Bitterstoffe des Hopfens verleihen ihm zuallererst die charakteristische Würze, erhöhen Haltbarkeit und Transportfähigkeit.7 Die Orientierung an kaufkraftstarken Konsumentenschichten scheint 1 2 3 4 5 6 7

Glaser 2001, S. 4  ; C.Pfister 1984, Bd. 1, S. 94  ; Borde 1989, S. 52 f. Flohn 1949/1950, S. 349  ; C.Pfister 1984, Bd. 1, S. 19–23  ; Glaser 2001, S. 22. Kettner 1976, S. 24  ; vgl. auch Gradmann 1961, Bd. 1, S. 147  ; Scott 2002, Viticulture. W. Weber 1980, S. 55–61  ; Volk 1993, S. 64–68  ; Borde 1989, S. 15–17 ; Behre 2000, S. 112. Volk 1993, S. 68 f., S. 92. Behringer 2005, Sp. 182–190  ; Konersmann 2007, Sp. 649–651. Borde 1989, S. 13–15  ; Irsigler 1996, S. 379, S. 385.

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Wirtschaftliche Entwicklungstrends

auch ein Grund dafür gewesen zu sein, dass sich Produktions- und Absatzprobleme der spätmittelalterlichen Agrarkrise bei den Sonderkulturen weniger drastisch auswirkten als im Getreidesektor.8 4.1.1.1 Wein Der Weinstock bedarf lockerer, kalkhaltiger und mineralreicher Böden, die zudem Wärme gut speichern können, da neben Lufttemperatur und Luftdruck insbesondere die Bodentemperatur im Juni und Juli für die Entwicklung der Triebe und die Ausbildung der Beeren sorgt. Denn höhere Bodentemperaturen und Hochdrucklagen können den Mostertrag bis zu 40% und das Mostgewicht (Oexle) sogar bis zu 50% positiv beeinflussen.9 Des Weiteren ist der Weinstock im Jahresdurchschnitt auf Lufttemperaturen von mindestens 8,5 bis 9o C, hohe Sonnenscheindauer von jährlich mindestens 1300 Stunden und direkte Sonneneinstrahlung angewiesen  ; während der gesamten Vegetationsperiode braucht er eine durchschnittliche Tagestemperatur von mindestens 15oC und in der Reifezeit zwischen den Monaten Juli und September von mindestens 18o C.10 Als ein wesentliches Kennzeichen der Weinkultur im Hochmittelalter ist ihre weiträumige Entfaltung bis in den Norden und Osten Europas anzusehen. Der Anbau von Wein ist nicht nur im südlichen Norwegen, in Südschottland, Dänemark und Mittelengland, sondern auch in Ostpreußen, Mähren und Russland nachgewiesen worden.11 Dass dieser bemerkenswerte Ausbau der Weinkultur im Hochmittelalter nicht unbedingt zulasten der Qualität gehen musste, lässt sich zeitgenössischen Stellungnahmen entnehmen, wonach beispielsweise Weine aus dem südlichen England denen aus Frankreich nicht nachgestanden haben sollen.12 Für diese erhebliche Ausdehnung der Weinkultur auch in weniger günstigen Lagen bildeten günstige Klimaverhältnisse eine wesentliche Ausgangsbedingung. Die Ausdehnung des Weinanbaus ging vom 13. Jahrhundert an jedoch zunehmend zulasten von Waldflächen, da man sich zumeist der Pfahlbauweise bediente, also des Aufziehens des Rebstocks an Holzpfählen.13 Der damit wachsende Bedarf nach Stangenholz führte beispielsweise am Mittelrhein im späten 13. Jahrhundert zur „landschaftsprägenden Form der Niederwaldwirtschaft“14 und auch zu einer Belebung des Holzhandels auf den Flüssen. Weiterhin hatte das Vordringen der Weinkultur in die höher liegenden Vegetationszonen nicht nur eine Veränderung des Kleinklimas, sondern auch eine erhöhtes Risiko von Bodenerosion bei starken Niederschlägen und bei auftretendem Schmelzwasser zur  8 Volk 1993, S. 156  ; Mertens 1899, S. 10 f.; dazu kritisch jüngst Krämer 2009, S. 28–32.  9 Lauer/Frankenberg 1986, S. 28, S. 32. 10 Falk 1955, S. 17–19  ; W. Weber 1980, S. 15–24. 11 Hahn 1956, S. 17–24  ; Lamb 1989, S. 198 f  ; W.Weber 1980, S. 55–63. 12 Bassermann-Jordan 1975, Bd. 1, S. 109 f.; Lamb 1989, S. 198. 13 Volk 1993, S. 61, S. 109. 14 Volk 1993, S. 110.

Spezialisierungen des Anbaus

Abb. 24  : Reiche Weinernte 1439 in Nürnberg, Aquarell aus der Neubauer’schen Chronik (frühes 17. Jh.).

Folge. Um diese Gefahr zu verringern, wurden an Steilhängen entsprechende Vorkehrungen durch gemauerte Abflussrinnen getroffen.15 Für die in diesem Zeitraum erzielten Mosterträge gibt es nur wenige Richtwerte. So sollen im ländlichen Umfeld von Würzburg auf einem Hektar neun bis zwölf Hektoliter, in manchem Dorf in Altbayern gelegentlich 8 1/2 hl und am Oberrhein im Durchschnitt 6 hl erzielt worden sein.16 Diese Mengenangaben entsprechen etwa einem Drittel bis zu der Hälfte der im späten 19. Jahrhundert erreichten Hektarerträge.17 Die von einer Vielzahl bäuerlicher Winzer, Tagelöhner und Saisonarbeiter produzierten Weine des Hochmittelalters trafen auf einen bemerkenswert hohen Bedarf der Konsumenten in den Städten und Klosterherrschaften. Für die bevölkerungsreiche Stadt Nürnberg wird beispielsweise 1470/71 ein jährlicher Pro-Kopf-Verbrauch von über 62 l Wein angenommen.18 Trotz der höheren klimatischen Sensibilität des Weins wirkte sich die spätmittelalterliche Klimaverschlechterung zunächst stärker auf den Getreide- als auf den Weinbau aus. Für diesen bemerkenswerten Unterschied scheinen zwei Voraussetzungen eine Rolle gespielt zu haben  : die weiterhin hohe Nachfrage und der bereits seit dem 11. Jahrhundert allenthalben in bergigen Gunstlagen eingeführte Terrassenbau. Dadurch gelang es, die Sonneneinstrahlung besser zu nutzen und eine nachhaltige qualitative Verbesserung und Erhöhung der Erträge zu erreichen.19 15 Volk 1993, S. 63  ; Volk 1998, S. 66. 16 A. Weber 1999, S. 216 f.; Scott 2002, Viticulture, S. 101-104. 17 Hahn 1956, S. 54–56. 18 Volk 1993, S. 143. 19 Volk 1993, S. 59–63.

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Wirtschaftliche Entwicklungstrends

Erst gegen Ende des Spätmittelalters stieß angesichts einer Häufung von klimabedingten Ernteausfällen bzw. verdorbener Ernten mit sinkendem Mostgewicht oder steigendem Säuregehalt der weiterhin hohe Weinbedarf auf ein sinkendes Angebot trinkbarer Weine. So sah sich etwa die Stadt Überlingen 1484 gezwungen, „mehr als eine Million Liter verdorbenen vorjährigen Weines in den Bodensee“ zu schütten.20 In dieser sich zuspitzenden Produktionskrise behalfen sich allenthalben bäuerliche Weinproduzenten und manche grundherrschaftliche Weinkellerei mit der Beschwefelung des Weins, um noch eine gewisse Restsüße zu gewährleisten21, bzw. sie versetzten den Wein mit allerlei den Geschmack überlagernden Substanzen. Diese Praktiken hatten zur Folge, dass sich im 15. Jahrhundert auf regionaler Ebene die „Weinskandale“ häuften22 und sogar eine Gesetzesinitiative auf dem Reichstag 1498 veranlassten, die in das „Reichsgesetz gegen Weinfälschung“ mündete.23 Das deutlich sinkende Mostgewicht zahlreicher Weinernten infolge einer stark verkürzten Vegetationsperiode insbesondere durch Spätfröste im Frühjahr24 führte dann im 15. Jahrhundert zu einem Rückzug des Weinanbaus insbesondere aus klimatischen Ungunstlagen etwa Nord- und Ostdeutschlands.25 Eine weitere Massierung von Erntekrisen lässt sich für die meisten Weingebiete nördlich der Alpen in den 1560er- und 1580er-Jahren konstatieren.26 Als Reaktion ist eine Ausweitung des Getreideanbaus bei gleichzeitiger regionaler Konzentration der Sonderkulturen zu erkennen, ein Prozess, der sich nach 1560 beschleunigte. Klimatische Ungunstlagen wurden aufgegeben, Gunstlagen dagegen zunehmend intensiver genutzt, sodass in Sachsen, Bayern, Franken, Württemberg, Pfalz, Rheingau und mittlerer Saar im Übergang vom Spätmittelalter in die Frühe Neuzeit sogar von einem Ausbau der Weinkultur gesprochen werden kann27, mithin von dauerhaft angelegten Agrarlandschaften.28 Kleinräumig lassen sich individuelle Anpassungsstrategien beobachten. Im Einflussbereich des Klosters Bebenhausen im Vorland der Schwäbischen Alb entschieden sich manche Weinbauern für den Anbau klimaunempfindlicherer Massenweine, auch wenn Grundherren diese Strategie zu verhindern suchten.29 Hingegen verlegten sich andere zwar auf den Anbau von hochwertigen Rebsorten wie Traminer und Klevner, behandelten sie aber beim Vergärungsprozeß mit Schwefel, um „ihre typischen Geruchsnuancen“ zu

20 Spahr 1981/1982, S. 192. 21 Volk 1993, S. 138. 22 Volk 1993, S.  140  ; Nüske 1977, S. 5. 23 Volk, 1993, S. 138 f. 24 W. Weber 1980, S. 88, S. 90–103. 25 Volk 1993, S. 66  ; Landsteiner 2005, S. 135. 26 Pfister 1984, Bd. 1, S. 70  ; Landsteiner 1999, S. 324–327  ; Vice 1988, S. 142. 27 Volk 1993, S. 154–156, S. 162 f.; Kettner 1976  ; Berger 1988. 28 Scott 1996. 29 Krämer 2009, S. 38 f.

Spezialisierungen des Anbaus

Abb. 25  : Verbreitung des Weinbaus um 1500.

bewahren.30 In Baden wandte man sich bevorzugt dem Anbau von Burgunder und Gutedel und im Rheingau dem des Rieslings zu. Letzteren kultivierte die Zisterzienserabtei Eberbach in Eigenregie besonders erfolgreich. Sie erwirtschaftete beispielsweise um 1566 einen bemerkenswerten Hektarertrag von 24,6 hl.31 Der Bedarf an Arbeitskräften wird im Weinanbau um das fünf- bis achtfache höher als im Getreideanbau geschätzt.32 Die Weinstöcke sind sowohl im Vorjahr als auch im Erntejahr zu pflegen, vielfältige Aufgaben stehen bei der Bodenbearbeitung an, einschließlich einer hohen Zufuhr an Dung, ehe mit der Lese die arbeitsintensivste Zeit beginnt.33 Wollte ein Winzer mit seiner Familie allein vom Weinbau leben, musste er je nach Bodenund Klimaverhältnissen über zwei bis vier Hektar verfügen.34 Auch ein solcher Produzent 30 Krämer 2009, S. 39. 31 Volk 1993, S. 132. 32 Vice 1988, S. 139  ; Volk 1993, S. 156  ; Krämer 2009, S. 32. 33 Volk 1993, S. 86–89, S. 111–119. 34 W. Weber 1980, S. 148.

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Wirtschaftliche Entwicklungstrends

war in Spitzenzeiten auf außerfamiliäre Arbeitskräfte wie Tagelöhner und Saisonarbeiter angewiesen Das gilt erst recht für kirchliche, städtische und bürgerliche Grundherren, die im Hochund Spätmittelalter, häufig auch noch in der Frühen Neuzeit zu den größten Eigentümern von Weinbergen gehörten. Bereits im Hochmittelalter unter den Bedingungen grundherrschaftlicher Eigenwirtschaft trug der Weinbau für eine größere Anzahl von Menschen zur Absicherung ihrer Lebenshaltung bei. Während der Fron wurden sie mit Brot und Wein, gelegentlich auch mit Fleisch- und Milchprodukten verköstigt.35 Die Verköstigung wurde oft auch beibehalten, wenn die Fron abgelöst war und ein Geldlohn bezahlt wurde. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts gewann der Stellenwert von überlassenen Agrarprodukten und der Verköstigung sogar wieder an Bedeutung, je höher die Getreidepreise stiegen. Allgemein lockerte sich im Horizont der Auflösung herrschaftlicher Eigenwirtschaften die personale Abhängigkeit der Winzer, wobei die Grundherrschaften vermehrt Land parzellenweise an Winzer und nebengewerblich tätige Weinproduzenten verpachteten.36 Dabei setzte man auf die für die Produzenten zunächst eher ungünstige Form der Teilpacht, bei der es sich im Prinzip um einen ertragsunabhängigen Modus der Teilung der Ernte auf Verpächter und Pächter handelte und letzterer die Risiken zu tragen hatte. Dieser Modus veränderte sich am Übergang vom Hoch- auf das Spätmittelalter am Mittelrhein, in Württemberg und in Altbayern zumeist dahingehend, dass die herrschaftliche Quote bis auf ein Sechstel verringert wurde, womit auf die prekäre Wirtschaftslage der Pächter Rücksicht genommen wurde.37 Andererseits war eine Vielzahl von Winzern wegen der in Rentenzahlungen umgewandelten Frondienste verstärkt auf die Verfügung über Geld angewiesen. Zudem waren sie etwa im Rahmen der Teilpacht am Verkauf des ihnen verbleibenden Anteils an der Weinernte interessiert, sodass die Entwicklung der Weinpreise auf den Märkten für sie eine zunehmende Bedeutung annahm. In Anbetracht dieser Konstellation waren Weinbauern dank steigender Preise und guter Absatzchancen im 13. und 14. Jahrhundert38 in weitaus geringerem Maße von der spätmittelalterlichen Agrarkrise betroffen als Getreidebauern. Dieser Einschätzung entspricht auch ein deutlich geringerer Wüstungsquotient in Gebieten mit vorherrschendem Weinanbau39, zumal diese Gebiete – wie etwa am Mittelrhein und im Vorland der Schwäbischen Alb – einen starken Zuzug von außerhalb erfuhren.40 Die Strukturprobleme dieser Sonderkultur traten zunächst auf anderen Gebieten zutage. Offenbar lösten die den Pachtbedingungen zugrunde liegenden Nutzungs- und Erbrechte (Realteilung) und der hohe Bedarf an Arbeitskräften eine bemerkenswerte Dynamik im 35 Rippmann 1996, S. 40, S. 45  ; B. Fuhrmann 2009, S. 142 f. 36 W. Weber 1980, S. 140–148  ; Volk 1993, S. 77–86. 37 Volk 1993, S. 95–97  ; Volk 1998, S.  165–173  ; A.Weber 1999, S. 208 f., S. 218, S. 235  ; Krämer 2009, S. 35. 38 Schmitz 1968, S. 73–77. 39 Pohlendt 1950, S. 44–46  ; Volk 1993, S. 156. 40 Volk 1998, S. 139–142  ; Krämer 2009, S. 31 f.

Spezialisierungen des Anbaus

demografischen Verhalten aus. So hatte sich die Bevölkerung beispielsweise in den stark ländlichen Gebieten des Mittelrheins und in Württemberg zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert verdoppelt bis verdreifacht.41 Allein in dem Weinbaugebieten Frankens sollen zu Beginn des 16. Jahrhunderts schätzungsweise 100.000 Kleinbauern und Tagelöhner ihren Lebensunterhalt im Weinanbau bestritten haben.42 Soziale Probleme deuteten sich an, als an der Wende vom 15. auf das 16. Jahrhundert beispielsweise am südlichen Oberrhein die Reallöhne zu sinken begannen.43 Selbstständige Winzer wiederum beklagten angesichts klimabedingter Produktionsausfälle und sinkender Weinpreise zunehmenden Kapitalmangel, der sie zu Schuldnern ihrer Grundherren machte. Dazu trug eine wachsende finan­ zielle Abhängigkeit von Großkaufleuten beispielsweise aus Köln bei, die frühzeitig Ernten günstig aufkauften44, um sie anderorts zu wesentlich höheren Preisen weiter zu verkaufen. In diesen Großhandel waren auch weltliche und geistliche Grundherrschaften wie die Zisterzienserabteien Eberbach im Rheingau und Salem am Bodensee sowie die am Mittelrhein residierenden Grafen von Katzenelnbogen involviert.45 Sie konnten nicht nur Zollprivilegien in Anspruch nehmen, die ihnen hohe Einnahmen bescherten, sondern sie verfügten auch über riesige Vorratskeller, die mehrere Hunderttausend Liter Wein aufnehmen konnten.46 Die solchermaßen ausgestatteten Grundherren vermochten konjunkturelle Wechsellagen auf den Weinmärkten bis weit in die Frühe Neuzeit für sich vorteilhaft zu nutzen47, während größere bäuerliche Winzer nur vorübergehend bei günstigen Nutzungsrechten und im Fall hoher Nachfrage eine günstige Marktposition zu erringen vermochten.48 Erst ihre Nachfahren waren im späten 18. Jahrhundert mancherorts wie in der Pfalz mithilfe von Privilegien der Landesherren etwa als Hoflieferanten in der Lage, ihre Produktions- und Marktbedingungen entscheidend zu verbessern.49 Die zu Beginn der Neuzeit vergrößerten sozialen Unterschiede zwischen Produzenten, grundherrschaftlichen Eigentümern und Großhändlern fanden ihren Widerhall in sozialen und politischen Spannungen, zumal dort, wo Winzer nach städtischem Vorbild im Verlauf des 14. Jahrhunderts sich in Landzünften organisiert hatten. Neuere Arbeiten legen nahe, dass die aus dem Elsaß, aus Baden, aus Franken und vom Bodensee bekannten Zünfte der Weingärtner und Rebleute im Bauernkrieg 1525 eine wichtige, in der Forschung noch nicht vollständig ausgeleuchtete Rolle spielten.50 41 W. Weber 1980, S. 148 f.; Volk 1993, S. 76. 42 Vice 1988, S. 141  ; Volk 1993, S. 87. 43 Rippmann 1996, S. 40–51. 44 Volk 1993, S. 146 f., S. 151–153. 45 Volk 1993, S. 145  ; Volk 1998, S. 700–705  ; Maulhardt 1980, S. 48–55  ; Scott 2002, Viticulture, S.  101 f. 46 Schmitz 1968, S. 78  ; Spahr 1981/1982, S. 195, S. 198. 47 Zu dieser Strategie generell Demade 2009, Grundrente, S. 238 f., S. 240–243. 48 Wisplinghoff 1995, S. 326–328. 49 Bassermann-Jordan, 1975, Bd. 1, S. 170–180. 50 Vice 1988, S. 142 f., S. 149, S. 153  ; Volk 1993, S. 88 f., S. 161 f.; Scott 2002, Viticulture, S. 107 f.

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4.1.1.2 Hopfen Da die Hopfenpflanze ähnlich hoher Durchschnittstemperaturen und einer nahezu identischen jährlichen Sonnenscheindauer wie der Weinstock bedarf, bot das hochmittelalterliche Klimaoptimum günstige Anbaubedingungen. Außerdem war insbesondere im Norden Deutschlands die Nachfrage nach Bier bereits im Hochmittelalter beachtlich. Größere Hansestädte wie Bremen, Hamburg, Lübeck, Braunschweig, Rostock, Danzig und Wismar wiesen im 13. und 14. Jahrhundert mehrere hundert Brauereien auf, die auf den Zusatz von Hopfen angewiesen waren, um ihr Bier als lukratives Handelsgut weiträumig anbieten zu können.51 Im ländlichen Umfeld von Wismar und Hamburg wurden schon im 14. Jahrhundert jährlich mehrere Hunderttausend Liter Hopfenbier produziert.52 Dort hatte sich der Hopfenanbau z. T. sogar zulasten des Getreideanbaus ausgeweitet, sodass z. B. die Räte von Braunschweig und Magdeburg im 14. Jahrhundert auf eine räumliche Beschränkung der Hopfenanlagen drängten.53 Die hochmittelalterliche Ausweitung des Hopfenanbaus im Umfeld der norddeutschen Hansestädte ergab sich auch aus der starken Dominanz der Hanse im überregionalen Handel, unter deren Regie Hopfen nach Skandinavien und Holland exportiert wurde.54 Im Verlauf des 16. Jahrhunderts verlagerte sich jedoch allmählich der Schwerpunkt des Hopfenhandels nach Franken, insbesondere in die Umgebung von Spalt, Nürnberg und Fürth.55 Der Aufschwung des Hopfenanbaus in Bayern zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird gleichfalls in erster Linie mit dem Niedergang der Hanse im Spätmittelalter in Verbindung gebracht.56 Zugleich scheinen bereits seit dem 14. Jahrhundert klimatische Ursachen die Südverlagerung von Handel und Anbau begünstigt zu haben.57 Im ländlichen Umfeld der Städte Göttingen und Merseburg z. B. gingen die Agrarproduzenten dazu über, ehemalige Weinberge für den Hopfenanbau in Anspruch zu nehmen.58 Auch in manchen Lagen Niederösterreichs und Niederbayerns wurde der Hopfenanbau auf solche Felder ausgeweitet, wo sich der Weinbau infolge der Kleinen Eiszeit immer weniger lohnte.59 Die Häufung von feuchteren Sommermonaten war für die Entwicklung der Hopfenrebe nämlich weniger schädlich, da Hopfen einen deutlich höheren Wasserbedarf als der Wein hat. Außerdem beträgt die Vegetationsperiode des Hopfens nur vier, die des Weins hingegen sechs Monate. 51 Irsigler 1996, S. 382–385  ; Dollinger 1998, S. 298. 52 Irsigler 1996. 53 Mertens 1899, S. 11  ; Saalfeld 1960, S. 13. 54 Mertens 1899, S. 13, S. 45  ; Irsigler 1996, S. 384–386. 55 Mertens 1899, S. 46  ; Weiss 1997, S. 899. 56 Kettner 1976, Vorwort. 57 Gradmann 1961, Bd. 1, S. 147  ; Irsigler 1996, S. 394 f. 58 Volk 1993, S. 65. 59 Huntemann 1971, S. 48 f.; Landsteiner 1999  ; Landsteiner 2005.

Spezialisierungen des Anbaus

Daneben spielte die wachsende Beliebtheit des Hopfenbieres bei städtischen Konsumenten eine Rolle. Für die ärmeren Haushalte war angesichts stagnierender Reallöhne bedeutsam, dass selbst im getreidehungrigen 16. Jahrhundert Bier im Vergleich zu Wein preiswerter blieb.60 Die städtischen und territorialen Obrigkeiten versprachen sich ihrerseits steigende Einnahmen aus dem Umgeld (Verbrauchssteuer), wobei sie durch Brauordnungen und Reinheitsgebote wie beispielsweise in Bayern 1487, 1493 und 1516 die Qualität des Hopfenbieres zu sichern bestrebt waren.61 Die Entscheidungen von bürgerlichen Grundeigentümern und Grundherren, die günstigeren Anbaubedingungen etwa in der niederbayerischen Hallertau, am Bodensee in Tettnang, im Umfeld mehrerer ostschwäbischer Reichsstädte und an der mittleren Saar stärker zu nutzen62, sind also auf ein Bündel von Faktoren zurückzuführen. Hopfen muss mindestens alle zwei bis drei Jahre gedüngt werden, und zwar im Herbst des Vorjahres sowie im Frühjahr und Frühsommer des Erntejahres.63 Hinzu kommen zahlreiche Arbeiten etwa beim Gerüstaufbau mit Stangen und Drähten, des Weiteren bei der Bodenbewirtschaftung durch mehrfaches Lockern und Pflügen des Bodens, um Unkrautbildung zu vermeiden und das Austreiben des Wurzelwerks zu erleichtern, sowie kontinuierliche Pflegearbeiten, gegebenenfalls auch Bewässerung, regelmäßige Kontrolle von potentiellem Schädlingsbefall, sodann zahlreiche Schritte bei den Erntearbeiten, wobei es vor allem auf sorgsames Pflücken der Hopfenreben ankommt, und schließlich aufwendige Arbeiten bei der Trocknung und Lagerung des Hopfenmehls.64 Der Arbeitseinsatz im Hopfenanbau wird in der Gegenwart auf 900 Stunden pro Hektar geschätzt.65 Wenn Hopfen in Gärten mit einem Umfang weit unterhalb eines Hektars angebaut wurde, konnte er in der Regie einzelner Familien erfolgen. Diese Konstellation war in Wismar und in der Altmark nördlich von Magdeburg vom Hochmittelalter bis zu Beginn der Neuzeit verbreitet.66 Allerdings widmeten sich im Hochmittelalter auch klösterliche Eigenwirtschaften insbesondere des Zisterzienserordens beispielsweise in Thüringen sowie Stadträte etwa von Hamburg, Lübeck, Wismar, Rostock, Magdeburg, Brandenburg, Erfurt und Weimar dem Hopfenanbau.67 Da der Hopfenpreis in Abhängigkeit von Ernte und Handel stark schwankte68, lohnte sich der fachkundige Eigenanbau, sodass zunehmend städtische Brauer, die zugleich – wie etwa in Wismar – Ratsmitglieder waren69, aber 60 Huntemann 1971, S. 44–59. 61 Huntemann 1971, S.  161–166  ; Kießling 1989, S. 211, S. 477, S. 676  ; Irsigler 1996, S. 395. 62 Kießling 1989, S. 211, S. 477, S. 676  ; Berger 1988, S. 48. 63 Schlipf 1898, S. 237  ; Borde 1989, S. 55. 64 Kettner 1976, S. 11–17  ; Borde 1989, S. 55–146. 65 Borde 1989, S. 70. 66 Mertens 1899, S. 11, S. 32, S. 35, S. 45  ; Techen 1916, S. 264–266, S. 316–321. 67 Wülfing, 1983, S. 459–464  ; Borde 1989, S. 15 f.; Irsigler 1996, S. 381 Anm. 19  ; Landsteiner 2005, S. 135. 68 Huntemann 1970, S. 134 f. 69 Techen 1916, S. 266–272.

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auch so genannte Hopfenführer, die als Hopfenbauern und/oder Hopfenhändler identifizierbar sind70, und schließlich Großhändler beispielsweise im Raum Wismar und Magdeburg in die Anlegung regelrechter „Hopfenhöfe“ außerhalb der Stadttore investierten.71 In solchen Fällen dürften im Unterschied zum Weinanbau die Hopfenfelder von den städtischen, kirchlichen und adligen Grundherren im Hoch- und Spätmittelalter nicht an abhängige Bauern verpachtet worden sein, weil diesen das Kapital für den Aufbau und die Unterhaltung der Hopfenanlage, die trockene Lagerung des Hopfens und die Entlohnung der zahlreichen Arbeitskräfte nicht zur Verfügung standen  ; das zeigt sich beispielsweise im zunehmenden Mangel an teuren Hopfenstangen in den Dörfern im Raum Magdeburg.72 Daher zeichnete sich bei dieser Sonderkultur im Verlauf der Frühen Neuzeit eher eine allmähliche Dominanz grundherrschaftlicher Eigenwirtschaften und bürgerlicher Grundeigentümer ab.73 Auch in anderen Hauptanbaugebieten, z. B. in Sachsen, Schlesien, Franken, Bayern, Böhmen und Niederösterreich wurden geistliche, adlige und städtische Grundherren angesichts steigender Gewinnaussichten74 zum Engagement im Hopfenanbau motiviert.75 Für die Bewirtschaftung der Hopfenfelder setzten sie immer häufiger auf Lohnarbeit durch Tagelöhner und Kleinbauern sowie temporär auf Fachkräfte aus Böhmen, Franken, Sachsen und Bayern. Diese verfügten über langjährige Erfahrungen im Hopfenanbau und in der Herstellung lukrativer Biersorten, aber auch über entsprechende Kontakte zu Kaufleuten.76 In der Altmark und im ländlichen Umfeld nord- und ostdeutscher Handelsstädte scheint man den feldmäßigen Hopfenanbau77 in wachsendem Maße im Verlags- oder Einkaufssystem organisiert zu haben, hierin vergleichbar mit den Produktionsbedingungen der textilen Protoindustrie. Demzufolge wurden die teuren Hopfenanlagen von kapitalkräftigen Bürgern und Grundherren finanziert, die diese Anlagen Kleinbauern und Tagelöhnern zur Bewirtschaftung übergaben oder in Parzellen verpachteten. Im Gegenzug hatten diese Agrarproduzenten einen Großteil der Ernte an ihre Geldgeber abzuführen. Ihren eigenen Anteil boten sie zum Verkauf an.78 Zu eigenständigem Hopfenbau auf dem Feld waren Bauern infolge von Privilegien offenbar erst Ende des 18. Jahrhunderts wie etwa in der Südpfalz79 und vor allem zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Lage, als – wie 1808 in Bayern80 – die Gewerbefreiheit eingeführt wurde. 70 Techen 1916, S. 321. 71 Mertens 1899, S. 8–12  ; Techen 1916, S. 317 f. 72 Mertens 1899, S. 16. 73 Abel 1978, Landwirtschaft, S. 131  ; Landsteiner 1999, S. 328  ; Konersmann 2007, Sp. 650. 74 A. Weber 1999, S. 208–210. 75 Abel 1978,Landwirtschaft, S. 131  ; Kettner 1976, S. 51–58  ; Berger 1988, S. 48  ; Landsteiner 2005, S. 142. 76 Mertens 1899, S. 2–15  ; Behringer 2005, Sp. 183–185  ; Konersmann 2007, Sp. 649. 77 Mertens 1899, S. 15 f., S. 19, S. 27, S. 45 f.; Konersmann 2007, Sp. 650. 78 Mertens 1899, S. 43. 79 Bender 1976, S. 125 f. 80 Kettner 1976, S. 55, S. 58.

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4.1.2 Gewerbliche Rohstoffe  : Faser- und Färbepflanzen

Rolf Kießling Ausgangspunkt für den im Horizont der spätmittelalterlichen Krise verstärkten Anbau von gewerblichen Rohstoffen war die Ausbildung der frühen Gewerbelandschaften (Kap. 4.2.3.2). Er begann im Umland führender Gewerbestädte  : Man denke an die nordwesteuropäische Tuchproduktion im Grenzgebiet zu den Niederlanden seit dem 13. Jahrhundert, die oberdeutsche Leinen- und Barchentherstellung und schließlich die Leinenproduktion Sachsens, die sich besonders im Gebiet um Chemnitz konzentrierte. Die agrarwirtschaftlichen Einbrüche des 14. Jahrhunderts wirkten sich dort kaum negativ aus, im Gegenteil  : die Bevölkerungsdezimierungen schufen buchstäblich Platz für den Anbau der Gewebepflanzen. Wo weiterhin Nachfrage bestand, verstärkte sich zudem die regionale Differenzierung. Schon Ernst Pitz hat deshalb von einem „Strukturwandel der Landwirtschaft des Spätmittelalters“ gesprochen und im verstärktem „Anbau von Handels- und Industriepflanzen wie Hopfen, Ölfrüchte, Hanf, Flachs, Waid oder Krapp…. sogar eine Blüte“ gesehen.81 Die Getreidekrise des Spätmittelalters findet in diesem Sektor also einen aufschlussreichen Gegenpol – was inzwischen Konsens in der Forschung sein dürfte.82 4.1.2.1 Flachs und Hanf Echter Lein (Linum usitatissimum), ein vorwiegend gemäßigtes, aber regenreicheres Klima bevorzugendes ca. 30–120 cm hohes Kraut mit lanzettförmigen Blättern und himmelblauen (auch weißen, seltener rosafarbenen) Blüten, gedieh zum einen in der Kulturform des Gespinstlein (Faserlein), dessen Bastfasern zur Herstellung der verschiedensten Arten von Leinen- bzw. Halbleinenstoffen (Barchent) verwendet und zum anderen als Öllein genutzt wurde, dessen Samenkapseln man zur Gewinnung von Leinöl, Leinsamen und gepressten Leinkuchen für vielfältige Heilmittel sowie als Nahrungsmittel bis hin zum Viehfutter verarbeitete. Flachs wird deshalb schon in grundherrschaftlichen Quellen des Früh- und Hochmittelalters greifbar, wie etwa in den Zinsrödeln des Klosters St. Gallen, wo im 12. Jahrhunderts verschiedene Villikationen eine Abgabe in Flachs bzw. Tuch zu leisten hatten.83 In dieser Ausgangssituation entstanden im Bodenseeraum und in Ostschwaben frühe Ansätze zu einer Textilgewerbelandschaft (Kap. 4.2.3.3). Flachs wurde insgesamt zu der gewerblichen Nutzpflanze mit der größten Verbreitung  ; seit dem späten Mittelalter gab es „einen ausgesprochenen Flachsgürtel“ von Irland über Nordwestfrankreich und Flandern, Westfalen, Sachsen und Schlesien bis ins Baltikum sowie in Böhmen und Schwaben.84 81 Pitz 1965, S. 358, S. 360. 82 Vgl. Rösener 1984, S. 36  ; Rösener 1992, S. 95–102. 83 Rösener 1991, Grundherrschaft, S. 198–207. 84 Kellenbenz 1986, S. 190.

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Die Verarbeitung des Faserlein der aus den Stengeln gewonnenen ca. 50–70 cm langen 20–40 Faserbündel geschah in mehreren Arbeitsgängen (Abb. 26)  : Nach dem Abernten und Trocknen wurden zunächst durch „Riffeln“ die Blätter und Samenkapseln entfernt, dann durch „Rösten“ (= [Ver-] Rotten, mit Wasser) und „Dörren“ (im Ofen  ; wegen der Brandgefahr vielfach Gegenstand der Dorfordnungen) der Faserleim zerstört und der Bast von der Rinde gelöst und durch „Brechen“ und „Schwingen“ herausgelöst und gesäubert, mit dem „Hecheln“ durch Kämme in Längsrichtung sortiert und dabei die nutzbare Langfaser vom kurzen und wirren Werg (das zum Teil aber auch zu grober Leinwand verarbeitet, ansonsten als Dichtungsmaterial weiter verwendet wurde) getrennt. Das anschließend gesponnene Garn wurde durch „Sieden“ – in Süddeutschland professionell betrieben – widerstandsfähiger, elastischer und weißer gemacht, zum Teil in dieser Arbeitsphase auch bereits gefärbt oder gebleicht in den Webvorgang geleitet.85 Diese Arbeitsgänge, vor allem das Spinnen, wurden weitgehend Frauen, mitunter auch Kindern übertragen und waren Teil des ländlichen Haushalts, fanden aber auch in den dörflichen Spinnstuben als Orten der geselligen Begegnung statt. Das Spinnrad gewann freilich erst im 16. Jahrhundert als wichtige Stufe der Mechanisierung größere Bedeutung. Die Flachsgewinnung gehörte zu den lukrativen, arbeitsintensiven Sonderkulturen. Der Anbau auf feuchten und mäßig schweren, gut vorbereiteten Böden begann im Frühjahr, die Ernte erfolgte von Mitte Juni bis Anfang Juli – nach mehreren Durchgängen, in denen Unkraut durch Jäten entfernt wurde. Zunächst – ähnlich wie Hanf86 − vielfach außerhalb der klassischen Dreifelderwirtschaft als Gartenkultur vorwiegend auf den individuell genutzten „(Kraut-)Gärten“, „Beunden/Bündten“, „Wurt/Worth“ etc. betrieben und bisweilen auf die Sommerfelder ausgreifend, wurde Flachs zuerst im 14./15. Jahrhundert in den Niederlanden,87 seit dem ausgehenden Mittelalter auch in Oberdeutschland in die Brache gesät, um den wachsenden Bedarf zu decken. Allgemein war der Anbau auf der Brache freilich dann problematisch, wenn kein zusätzlicher Dünger zur Verfügung stand. Bei Lein fiel diese Beschränkung jedoch weniger ins Gewicht, da die Pflanze geringe Nährstoffansprüche stellt, insbesondere nur wenig Stickstoff benötigt. Als Vorfrucht war Hafer sinnvoll, da diese Getreideart Unkraut besser unterdrückt als andere Sommerkulturen. Die sorgsame Bodenbearbeitung und das intensive Jäten in den Beständen wiederum substituierten in gewisser Weise die Unkrautbekämpfung, die ansonsten auf der Brache mit dem Pflug geschah. Problematisch war der Umstand, dass Lein sich auf den Humusgehalt des Bodens negativ auswirkt.88 Selbst in den Anbauschwerpunkten in Oberschwaben, Westfalen, Sachsen und Schlesien nahm Flachs bis ins 18. Jahrhundert selten mehr als 10% der Ackerfläche ein.89 Dies kann u. a. 85 Flad 1984. 86 Weingarten 2009, S. 49. 87 Kellenbenz 1986, S. 577. 88 Hanus u. a. 2006, S. 283–285. 89 Achilles 1975, S. 110–114  ; Kießling 1998, Oberschwaben, S. 42.

Spezialisierungen des Anbaus

Abb. 26  : Ernte und Verarbeitung des Flachses, Kupferstich 1702.

darauf zurückgeführt werden, dass Lein mit sich selbst unverträglich ist, d. h. höchstens alle sechs Jahre auf der gleichen Ackerfläche angebaut werden kann.90 Die Einschätzung, dass ein Familienbetrieb mit der Bewirtschaftung von etwa einem Hektar bei einem Ertrag von ca. 6 Ztr./ha weitgehend ausgelastet gewesen sei, damit aber auch sein Auskommen finden konnte,91 bleibt somit ein Rechenexempel – anders als in der niederländischen Provinz Südholland, wo spezialisierte „Vlassers“ geeignete, von den bäuerlichen Eigentümern zur Saat vorbereitete Parzellen pachteten und die anschließenden Anbau- und Verarbeitungsschritte übernahmen.92 Bereits der Anbau und die spinnfähige Verarbeitung von Flachs gab in den Dörfern zahlreichen Menschen Arbeit, die vom Getreidebau allein nicht hätten leben können. Auch die Spinnerei war in der Umgebung von Ulm und Augsburg93 ähnlich wie in der Grafschaft Lippe, im Braunschweiger Land und in Nordhessen in den Dörfern konzentriert, wenngleich auch in den Städten gesponnen wurde. In Süddeutschland geriet die Flachsverarbeitung zu Leinengarn als Massenware seit dem Spätmittelalter zuweilen in den Sog der Verlagsorganisation, in der städtische Kaufleute wie 90 Hanus u. a. 2006, S. 283–285. 91 F.-W. Henning 1991, S. 244. 92 Bieleman 2010, S. 95. 93 Kießling 1998, Ländliches Gewerbe, S. 72.

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der Konstanzer Ulrich Imholz in den 1420er-Jahren die Marktbelieferung kontrollierten und das von ihnen aufgekaufte Garn an die Weber zur Verarbeitung ausgaben.94 Wegen seiner grundlegenden wirtschaftlichen Bedeutung wurde dann sehr häufig das Garn in die städtischen bzw. territorialen Marktregelungen wie Bannmeilen und „Leggen“ bzw. „Geschau“ einbezogen (Kap. 4.2.2). Wie die dörflichen Haushalte im Einzelnen in die Textilproduktion Oberdeutschlands integriert waren, lässt sich nicht genauer verfolgen. Auch wenn zeitgenössische Berichte gelegentlich hervorheben, dass vor allem „die armen Leute … sich auff dem landt allain mit dem spinnen ernähren“,95 so bleibt doch festzuhalten, dass es sich um eine sehr breit gestreute Form des (Zu-)Erwerbs handelte – freilich vor allem für die landarme und landlose Schicht. So nimmt es nicht wunder, dass im Textilrevier Oberschwaben die dörfliche Sozialstruktur überwiegend von Seldnern geprägt wurde. Im Ulmer Umland stieg möglicherweise deshalb sogar die Zahl der Haushalte ohne Land- und Hausbesitz im Verlauf des 16. Jahrhunderts stark an.96 Ein hoher Anteil an Landlosen – Häuslern wie Hausgenossen – findet sich auch in Textilzentren der Oberlausitz, wo in den größeren Siedlungen mit durchschnittlich 800–1000 Einwohnern auf einen landbesitzenden Haushalt vielfach ein bis zwei Haushalte von Häuslern und Hausgenossen kamen.97 Auch der Gewöhnliche Hanf (Cannabis sativa) – eine ursprünglich in Asien angebaute einjährige bis zu 3 m hohe Pflanze, die in ihrem Ursprungsgebiet vielfach als Rauschmittel diente – wurde nach dem Import über den Mittelmeerraum seit dem späteren Mittelalter vor allem für gewerbliche Zwecke kultiviert. Hanf bevorzugt saure, moorige Böden, fand vorwiegend vom Baltikum bis in die Bretagne, im Reich vor allem in den norddeutschen Küstenlandschaften Verbreitung und kam deshalb vor allem über die Seestädte in den Handel.98 In Süddeutschland wurden die Samen im Spätmittelalter noch gerne zu Öl gepresst.99 Die Anbautechnik und -organisation sowie die Zubereitung zum Garn vollzog sich in ganz ähnlichen Arbeitsgängen wie beim Flachs. Doch aufgrund der gröberen Fasern fand er vor allem für Seile, Netze und Säcke bzw. Segeltuch und zur Abdichtung beim Schiffsbau Verwendung  ; nur selten dagegen wurde er für Kleiderstoffe verarbeitet – in süddeutschen Städten war das ausdrücklich verboten. Während Flachs und Hanf seit der Antike breite Verwendung fanden, kam die Baumwolle erst im Hochmittelalter nach Europa, ergänzte seit dem 14. Jahrhundert im Textilsektor zunächst in Mischgeweben und erst seit dem 17. Jahrhundert in reinen Cottonen die traditionelle Dominanz des aus Flachs gewonnenen Leinen (Kap. 4.2.3.3). 94 Kirchgässner 1974, S. 93–97. 95 Clasen 1981, S. 156. 96 Grees 1975, S. 156. 97 Kunze 1961, S. 169 f. 98 F.-W. Henning 1991, S. 675. 99 Weingarten 2009, S. 50.

Spezialisierungen des Anbaus Abb. 27  : Der Waidstein von Sömmerda/Thüringen. In dieser Mühlenanlage wurden die gewaschenen und getrockneten Blätter der Waidpflanze zu Mus zerquetscht und anschließend zu Bällchen geformt und getrocknet.

4.1.2.2 Waid und Krapp Mit dem Ausbau der Textilgewerbe ging der Anbau der wichtigsten Färbepflanzen als Sonderkulturen Hand in Hand. Neben dem „Rausch“, gewonnen aus den Blättern der Beerentraube und gesammelt aus natürlichen Vorkommen vor allem in Tirol, mit denen die Schwarzfärbung in Ostschwaben betrieben wurde,100 war die Verwendung von Saflor und Safran (für Seide und Leinen), die aus dem Mittelmeerraum stammten, für Gelbtöne üblich, seit dem 15. Jahrhundert in geringen Mengen auch in Niederösterreich, Böhmen, Sachsen und am Oberrhein,101 sowie Wau (für Wolle und Seide), der u. a. am Niederrhein bei Köln angebaut wurde.102 Großangelegte und damit agrarwirtschaftlich relevante Kulturen entfalteten sich allerdings nur für Waid und Krapp. Mit Waid (Isatis tinctoria) färbte man die Stoffe blau, er lieferte aber auch zuweilen die Basisfarbe für Schwarz und (vermischt mit Gelb) Grün. Die Waidpflanze verlangte 100 Kießling 1998, Oberschwaben, S. 184. 101 Reinicke 1989, Farbstoffe, Sp. 285 f.; Reinicke 1995, Sp. 1250 f. 102 Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 224.

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lehmige und kalkreiche Böden, beanspruchte anders als Flachs die Nährstoffe Stickstoff und Kalium in starkem Maße und verlangte deshalb eine gute Düngung.103 Die wichtigsten Anbaugebiete waren der Niederrhein und Thüringen sowie die östliche Lausitz, ursprünglich zumeist in Gärten und nur selten in der Feldmark. Die Schafweide auf der Brache wurde durch Waidanbau allerdings nicht beeinträchtigt, da die Tiere die Pflanze verschmähten und lediglich das Unkraut als Futter aufnahmen.104 Die wirtschaftliche Bedeutung der meist zweijährigen Waidkulturen wird allerdings schon daraus ersichtlich, dass der monetäre Flächenertrag höher als beim Getreide einzuschätzen war. Dem stand ein intensiver Arbeitseinsatz gegenüber  : Nach mehrmaliger Lockerung des Bodens wurde der Samen eingebracht, danach in mehreren Arbeitsgängen der Boden gehackt und Unkraut entfernt. Zweimal oder auch öfter wurden die Blätter dann mit Stoßeisen abgeschnitten, gewaschen und getrocknet und in besonderen Waidmühlen zu Brei zermahlen (Abb. 27). Sie waren in Thüringen Gemeindeeigentum, am Niederrhein in grund- bzw. landesherrlichem Besitz.105 Zu kleinen Ballen gepresst kam der Waid nach dem anschließenden Trocknen auf den städtischen Markt. Die Farbgewinnung selbst übernahmen die städtischen Waidhändler  : Sie beruhte auf einem Gärungs- und Fäulnisprozess unter Beigabe von Flüssigkeit (auch Urin), sodass sich im Laufe eines Jahres eine blauschwarze Masse bildete, die als getrocknetes Pulver in den Handel gelangte. Dass es sich als besonders lukrativ erwies, im Umland der Textilstädte und im räumlichen Kontext der Textilreviere bei geeigneten Böden und Klimaverhältnissen den Anbau in größerem Stil zu betreiben, ist am Niederrhein schon im 13. Jahrhundert überliefert  : Zunächst herrschten zwar kleine Gartenflächen vor, aber die Tendenz, den Anbau wegen der steigenden Nachfrage auf die Feldflur auszudehnen, wird immer wieder erkennbar. Im Kölner Umland reagierten Grundherren wie Pächter bereitwillig auf die Konjunkturen der Textilproduktion (Abb. 28). Der Anbau wurde bereits früh in Pacht- und Halbpachtverträgen geregelt, die eine Ausweitung beschränken sollten, um das Getreideangebot nicht zu schmälern, aber auch die Auslaugung des Bodens zu verhindern. So verpflichtete das Stift St. Aposteln 1299 und 1311 einen Pächter in Sielsdorf, nicht mehr als vier Joch Ackerland mit Waid zu bebauen und „als Ausgleich für die hohe Beanspruchung des Bodens … die gleiche Menge Landes [zu] mergeln“. Seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts häuften sich schließlich Anweisungen, den Waidanbau in der Feldflur ganz zu unterlassen,106 offensichtlich ohne größeren Erfolg. Noch Hieronymus Bock sprach in seinem „Kräuterbuch“ von 1539/46 nicht ohne kritischen Unterton davon, dass die Getreideäcker zwischen Aachen und Düren „diser zeit mehr Waidt dann andere frücht“ trügen, weil das den höchsten Gewinn einbringe. Erst nach der Wende 103 104 105 106

Hanus u. a. 2006, S. 529 f. Schirmer 1996, S. 117  ; allg. Selzer 2010. Troßbach 2006, S. 823 f. Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 215–222, Zitat S. 219.

Spezialisierungen des Anbaus

Abb. 28  : Der Anbau von Färbepflanzen zwischen Köln und Aachen im Spätmittelalter.

zum 17. Jahrhundert ließ der Anbau nach, weil nun der steigende Import und die Zulassung von Indigo eine echte Alternative bot.107 Die in Thüringen um die Städte Erfurt, Gotha, Arnstadt, Tennstedt und Langensalza erzeugten Mengen waren besonders groß  : Das älteste Waidregister um 1500 verzeichnet mindesten 583 Bauern in 35 Dörfern, die zusammen etwa 422,5 ha bewirtschafteten  ; zwischen 1579 und 1615 war die Anbaufläche sogar auf etwa 571 bis 1284 ha im Bereich von 51 Dörfern gestiegen.108 Mit weniger als 10% der Ackerfläche – für das Dorf Büßleben hat man 1491/1500 lediglich 4%, 1579 wiederum nur 7% errechnet109 – nahm die Waidkultur selbst in den Schwerpunktgebieten damit etwas weniger Raum ein als der Flachsanbau in seinen Hochburgen. Tatsächlich war sie wegen der hohen Beanspruchung des Bodens problematisch – auch Martin Luther klagte  : „… aber man hat mit dem Weiden die Acker also verderbt, daß der Segen nun in ein Fluch gerathen ist“110. Dennoch wurde vom „Goldenen Vließ des Wohlstandes der Landschaft“ gesprochen, hing doch daran der Lebensunterhalt auch vieler „klein- und kleinstbäuerlicher Betriebe“.111 107 108 109 110 111

Selzer 2010, S. 401–406. W. Held 1988, S. 108–111. Selzer 2010, S. 335 f. Selzer 2010, S. 338. W. Held 1988, S. 108.

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Bei der Färberröte, dem Krapp, entstanden ganz ähnliche Strukturen. Seit dem 13./14. Jahrhundert im Elsaß und am Oberrhein um Speyer sowie an der Mosel um Trier, dann seit dem 16. Jahrhundert in Schlesien kultiviert, erforderte die Pflanze (Rubia tinctorum) ein relativ warmes Klima und lockere Lößböden. Diesmal waren es die Wurzeln, die nach einem Wachstum von zwei bis drei Jahren im Herbst oder Frühjahr gestochen wurden, dann in Öfen getrocknet, zerkleinert und gemahlen das Färbemittel ergaben. Wiederum war der Anbau im Umkreis der Städte dominant und erforderte ein hohes Maß an Arbeitsaufwand zur Auflockerung des Bodens und zur Unkrautbeseitigung. Wegen der offensichtlichen Marktchancen kam es auch hier zu großflächigen Bewirtschaftungsformen, die wiederum seit dem 14. Jahrhundert auf Regelungen zu ihrer Eindämmung trafen.112 Der schlesische Anbau, der wohl schon 1335 gemäß der Schweidnitzer Tuchordnung verwendet wurde, expandierte seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zu einer Fläche von etwa 1350 ha  ; berücksichtigt man aber den Anbau in Form von Fruchtwechsel mit Getreide, dann kommt man auf eine Fläche von etwa 4000 ha, die insgesamt vom Krappanbau betroffen waren. Hier schätzte man einen Ertrag von etwa 170 dt frischen oder 24 dt/ ha gedörrten Wurzeln, der wegen der jährlichen Düngung und der Arbeitsintensität vor allem für die Kleinbauern – „Pawern und Gärtner“ – eine wichtige Erwerbsquelle bot und zugleich den Einsatz von polnischen Wanderarbeitern nach sich zog.113

4.2 Strukturbildungen Rolf Kießling 4.2.1 Stadt-Land-Beziehungen

Die Entwicklung der ländlichen Wirtschaft und Gesellschaft ist ohne das Gegenüber der Stadt nicht adäquat beschreibbar – bei aller Schwierigkeit der Definitionen von Stadt und Dorf.114 Seit der Stadtentstehung im Hochmittelalter und den anschließenden Phasen der Urbanisierung, in denen sich das Städtenetz des Spätmittelalters ausbildete und in der beginnenden Frühen Neuzeit strukturell verdichtete, war zum einen ein steigender Anteil der städtischen Bevölkerung vom Land zu ernähren und mit Rohstoffen zu versorgen, zum anderen strahlten die neuen städtischen Lebensformen auch zunehmend auf das Land aus. Begreift man das Gegenüber von Stadt und Dorf – auch wenn die Übergänge fließend sind115 – typologisch als Beziehungsgeflecht zweier Pole, in dem die Stadt auf der einen Seite aufgrund ihrer Zentralität im Sinne eines „Bedeutungsüberschusses“116 112 113 114 115 116

Reinicke 1991, Sp. 1475. F.-W. Henning 1976, S. 33–36. Hirschmann 2009, S. 61–70  ; Troßbach/Zimmermann 2006, S. 9–16. Hirschmann 2009, S. 69 f. Christaller 1933.

Strukturbildungen

über sich hinauswies und damit ein Umland auf sich zog, auf der anderen Seite in einer gewissen Abhängigkeit von den Produktionsstrukturen des Landes stand, sodass die Dörfer mehr oder weniger stark mit diesen Zentren verbunden waren, dann mussten sich aus diesen Vernetzungen vielfältige Rückwirkungen auf die Ausgangspole ergeben. Dabei ist es nicht nur methodisch einseitig, sondern auch sachlich unzutreffend, aus der tendenziellen Asymmetrie des Beziehungsgeflechts eine ausschließliche Abhängigkeit des Landes von der Stadt abzuleiten und die Entwicklung nur aus der Perspektive städtischer Überlegenheit zu sehen. Schon die Tatsache, dass die Ausformung des Dorfes und der ländlichen Gemeinde117 sich vielfach parallel zur Stadtwerdung vollzog, zwingt dazu, das Gegenüber als dynamisch zu verstehen118, sodass es darum gehen muss, zu erkennen, von wo die jeweiligen Impulse ausgingen und wie sie zu gewichten sind. 4.2.1.1 Die Entstehung der Städte und ihre Sogwirkung auf das Land Der Urbanisierungsprozess gewann in Mitteleuropa im 11./12. Jahrhundert mit der Entstehung von Bürgertum und selbstständigen Kommunen der Mutterstädte eine neue Qualität. Er verlief zunächst in einem steilen Aufstieg bis ins 14./15. Jahrhundert, wobei die Entwicklungsimpulse zunächst von Königtum, Dynasten und Hochkirche in Gründungsstädten aufgenommen wurden, ehe sie in Form von Kleinstädten auch von den übrigen Herrschaftsträgern aus dem Adel und der Kirche in die Breite ausgriffen. Die Förderung der Infrastruktur für die Wirtschaft wie die Etablierung von Zentren für den Territorialisierungsprozess lassen sich als wichtigste Motive erkennen. Versucht man eine Quantifizierung, so wird man bis zum Ende des Mittelalters mit etwa 4000 Städten zu rechnen haben. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die weit überwiegende Mehrheit von 94,5% nur als Klein- und Kleinstformen mit bis zu 2000 Einwohnern ausgebildet war, bei denen der Anteil der Ackerbürger – mit Getreidebau, Gartenkultur, Weinbau – sehr hoch zu veranschlagen ist. Allerdings schätzt man den Anteil der städtischen Bevölkerung in den Mittel- (ab 4–5000) und Großstädten (ab 10.000 Einwohnern) bereits um 1300 auf etwa 40%. Der Verstädterungsgrad war am Ende des Mittelalters in Deutschland im Vergleich zu anderen Teilen Europas jedoch relativ gering  : So geht man zwar von einem Gesamtanteil der städtischen Bevölkerung von etwa 25% der Gesamtbevölkerung aus119, zieht man die Grenze für die Urbanität aber bei 5000 Einwohnern, so lassen sich zwischen lediglich 8,2%120 oder doch 16%121 veranschlagen. Bis 1600 ging der Urbanisierungsgrad anscheinend eher wieder zurück  : Die Großstädte konnten ihren Anteil mit 4,4% zwar leicht steigern122, der Anteil der Städte zwischen 117 118 119 120 121 122

Wunder 1986. C. Zimmermann 2001, S. 1–28. Isenmann 2012, S. 62 f. Epstein 2001, Town and Country, S. 10. C. Pfister 1994, S. 14, S. 76. Malanima 2010, S. 41.

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5000 und 10.000 Einwohnern sank jedoch auf 12%123 – freilich werden dabei die Kleinformen und Marktsiedlungen nicht berücksichtigt, die eine wichtige Basis für die Ausformung der Urbanität darstellten.124 Die Genese der Städtebildung in der regionalen Besiedlungsgeschichte vollzog sich sehr unterschiedlich. Der hochmittelalterliche Landesausbau war beispielsweise in Hessen bereits abgeschlossen, als die Landgrafen mit dem Aufbau des Städtenetzes im 12./13. Jahrhundert vorwiegend territorialpolitische Funktionen verbanden  ; sie erfolgte weitgehend „aus den vorhandenen Ressourcen des Altsiedellandes“, also durch eine teilweise Umschichtung der Bevölkerung  : Bauern zogen in die Stadt, die Fluren aufgelassener Dörfer wurden von dort aus bewirtschaftet  ; selbst Kassel folgte der Regel, dass „die Städte … agrarische Siedlungen in der Umgebung auf[sogen]“. In der Mark Brandenburg dagegen entstanden die Städte „annähernd parallel zum agrarischen Landesausbau und ganz überwiegend mit zusätzlichen Kräften“.125 Unbestreitbar ist, dass diese gesellschaftliche Umschichtung eine starke horizontale Mobilität auslöste. Sie wurde noch dadurch gesteigert, dass die Städte in der Vormoderne aufgrund einer in der Regel passiven Bevölkerungsbilanz auf die Zuwanderung vom Land angewiesen blieben. Zusätzlich löste die Attraktivität bürgerlicher Freiheit – auch wenn der Satz „Stadtluft macht frei“ nicht ohne Einschränkungen galt – eine „Landflucht“ aus.126 Sie ist in den bereits vor 1350 breit überlieferten Aufnahmeverboten von Eigenleuten ebenso erkennbar wie in der Androhung von Strafen für einen Abzug ohne Erlaubnis des Herrn – oft resultierten daraus Klagen und Prozesse. Die These, dass bei den mobilen Gruppen vorwiegend an die „servi cottidiani“, die hofgebundenen Eigenleute der Grundherrschaften, nicht zuletzt an Handwerker und Taglöhner, zu denken sei, spiegelt die enge Verknüpfung mit dem grundlegenden Vorgang der Auflösung der Villikationsverfassung127 (Kap. 5.1.2). Zudem können Verbesserungen des Vergaberechts von Höfen, vor allem der Übergang von der Freistift (der jährlicher Vergabe) zum Erbrecht, wie er etwa bei den bayerischen Klöstern beobachtet wurde, in diesen Kontext eingeordnet werden.128 Auf jeden Fall ist nicht erst die Agrarkrise in der Folge der Pest als Ursache zu konstatieren, vielmehr setzte der Vorgang bereits mit der ersten Urbanisierungswelle im 13. Jahrhundert ein. Die Strukturelemente der Land-Stadt-Wanderung, die sich bereits hier abzeichnen, hielten während des Spätmittelalters und der beginnenden Frühneuzeit vielfach an. Was Hektor Ammann schon im Zusammenhang mit dem „Lebensraum der mittelalterlichen Stadt“ eher pauschal konstatierte, dass nämlich die Stadt ihre „unteren Schichten der Einwohnerschaft“ aus einem „enger[en] Einflußbereich“ im Umkreis von 10 bis 20 km 123 124 125 126 127 128

C. Pfister 1994, S. 14, S. 76. Kießling 2004, Marktbegriff  ; vgl. Cerman/Landsteiner 2010. Schich 2001, S. 39 f., S. 49. Spieß 1983. Rösener 1991, Grundherrschaft. Kirchner 1956.

Strukturbildungen

rekrutierte129, ist für die Mittelstädte Nördlingen, Esslingen und Schwäbisch Hall in einer sehr präzisen Studie für den Zeitraum zwischen 1450 und 1550 unterstrichen worden  : „etwa die Hälfte der Einwanderer kam aus einer Entfernung bis zu 20 km, rund 70% aus einer Entfernung bis zu 50 km“  ; die Zuwanderung in einem engeren Umkreis von etwa 40 km betraf vorwiegend „Taglöhner, Fuhrleute, landwirtschaftliche Berufe und handwerklich weniger [Q]ualifizierte“ aus den Dörfern.130 Neuere Forschungen zum gesamten Reich haben diese Strukturen weitgehend bestätigt und „eine erstaunliche Stabilität und Konstanz des seit dem 14. Jahrhundert einmal aufgebauten städtischen Migrationsraums“ festgestellt. Wenn sich zudem in dessen innerstem Segment, dem „Kernraum“, die Einbürgerung „als Mittel zur Herrschaftssicherung“ und „allgemein zur politischen Einflußnahme“ verstehen lässt131, dann öffnet sich damit bereits eine weitere Dimension dessen, wie die Städte in ihr Umland ausgriffen. 4.2.1.2 Expansion des Bürgerrechts auf das Land und ländliche Inwohner in der Stadt Die Sogwirkung der Stadt, die mit der Zuwanderung von der ländlichen Bevölkerung als Chance zur Verbesserung der Lebensbedingungen begriffen wurde, liefert ein erstes Indiz für eine Überlegenheit der Stadt gegenüber dem Land. Sie verbindet sich mit dem weiteren Phänomen, dass die Städte ihre bürgerrechtlichen Beziehungen räumlich ausdehnten und schon damit die herrschaftlichen Bindungselemente durchlöcherten. Nur selten erfolgte eine förmliche Privilegierung von Landbewohnern mit Bürgerrechten wie etwa 1282 im südschwäbischen Eglofs, wo die Freien das Lindauer Recht übertragen erhielten – und noch lange als Sonderrecht verteidigten.132 Sehr viel häufiger war die Anwendung eines Pfa(h)l- und Ausbürgertums, mit dem eine Stadt die Einbindung von Landsässigen in die städtische Bürgergemeinde gewährte. Zwar hatten schon die Reichsgesetze zugunsten der geistlichen und weltlichen Fürsten von 1220 und 1231/32 und weitere bis zur Bulle König Sigismunds 1431 diese Expansionsbemühungen verboten, und die divergierende Interessenlage machte sie zu einem der am meisten umstrittenen Rechtsfragen zwischen Adel und Städten, doch wurde das Problem in der Praxis sehr unterschiedlich gehandhabt. So verzichtete Köln etwa auf einfache Pfalbürger, um sich nicht „dauernde Scherereien und Auseinandersetzungen mit deren Herren einzuhandeln“ zugunsten von adeligen Ausbürgern133, ganz ähnlich wie Frankfurt und Nürnberg. Demgegenüber setzte Straßburg seit dem 14. Jahrhundert bis 1422 bevorzugt auf das Pfalbürgertum als politisch-rechtliches Instrument, ähnlich wie Soest, Dortmund und eine Reihe niederländischer und 129 130 131 132 133

Ammann 1963, S. 286–288. Vasarhelyi 1974, S. 146, S. 159. Schwinges 2002, S. 398, S. 402. Kissling 2006, S. 33–38. Domsta 1973, S. 30.

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Schweizer Städte.134 Am Fall Augsburg lässt sich erkennen, dass die Pfalbürger – 1355 war das Maximum mit 156 Eintragungen erreicht, um dann rückläufig zu werden – vorwiegend im Umkreis bis zu 30 km saßen und neben Bauern („villici“) als Schmiede, Wagner, Lederer, Schuster, Schneider oder Bäcker enge wirtschaftliche Beziehungen zur Stadt unterhielten  ; Möglichkeiten des Warenabsatzes und die Sicherheit der Versorgung spielten hier zusammen.135 Nicht selten genossen die Pfalbürger aber auch lediglich eine Art Zwischenstatus, bevor sie endgültig in die Stadt zogen. Und da ihre Verpflichtung zur Steuerleistung den Anspruch auf Schutz und Rechtsbeistand im Konfliktfall beinhaltete, sah sich die Stadt auch zunehmend in Streitigkeiten mit den Grundherren verwickelt, sodass der Rat Augsburgs 1415 den Verzicht auf diese Form der Bindungen erklärte, während er das Bürgerrecht von Adel und Klöstern bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts weiter betrieb.136 Ordnet man dieses Phänomen in weitere Befunde ein, in denen Städte zusammen mit Besitz an Höfen und ganzen Dörfern Herrschaftsrechte aufkauften oder etwa in den Großen Landfrieden des 13. und 14. Jahrhunderts bzw. per königlichem Privileg die Verfolgung sog. schädlicher Leute außerhalb ihrer Mauern übernahmen, so lässt das aus der Perspektive der Stadt den Schluss zu, dass es sich um Elemente eines „präterritorialen Systems“ handelte, das zur Sicherung der Einflusszone dienen sollte.137 Es ging entweder nach und nach in die städtische Territoriumsbildung über oder wurde zumindest nach den politischen Gegebenheiten solange wie möglich beibehalten, um der sich verdichtenden Territorialgewalt fürstlicher Nachbarn ein Gegengewicht gegenüberzustellen. Denn die Territorienbildung der Städte, die im 14. Jahrhundert begann und im 16. Jahrhundert weitgehend zum Abschluss kam, war nur dort möglich, wo die herrschaftliche Struktur des Umlandes neben dem Aufkauf von Landbesitz die Übernahme von Herrschaftsrechten bis hin zur Etablierung der Landeshoheit zuließ – Nürnberg, Ulm, Rothenburg oder Straßburg waren die erfolgreichsten Fälle, Augsburg oder Köln blieben dagegen in den Ansätzen stecken.138 Die vielfältige räumliche Deckung bürgerrechtlicher Beziehungen mit konkreten wirtschaftlichen Interaktionsfeldern belegt jedoch auch, dass die Produktions- und Vermarktungsinteressen aus dem Umland der Stadt damit korrespondierten. Was den Städten am Ende des Mittelalters von den Ausbürgerrechten blieb, war nur mehr die Tatsache, dass nicht wenige Landadelige und Geistliche einen Wohnsitz in der Stadt unterhielten. Zwar lief in Norddeutschland die Existenz adeliger Stadthöfe schon im 14. Jahrhundert aus139, doch im oberdeutschen Raum blieb die Präsenz von Adeligen in der Stadt durchaus üblich – und nicht nur, wenn sie sich als Soldritter im städtischen Wehrverband verpflichteten. Trotz aller durch Standesinteressen bedingten Gegensätzlichkeit zwischen Stadt und Adel im Spätmittelalter kann nicht übersehen werden, dass „das 134 135 136 137 138 139

Marchal 2002. Kießling 2002. Kalesse 2001, S. 142–176. Kießling 2002, S. 312. Leiser 1975  ; Scott 2001, S. 209–213. Mindermann 1996, S. 332–337.

Strukturbildungen

gesellige Leben der Adeligen seine feste Verankerung beinahe ausschließlich im städtischen Raum gefunden hat“, dass dort die „Bühne adeligen Lebens“ war140, sei es als Orte von Hochzeiten und anderen Festlichkeiten, vor allem aber von Turnieren und höfischen Tänzen. Felix Fabri, der Dominikanerprior in Ulm, spricht in seinem „Tractatus“ über Ulm 1488 von Adeligen, „die nach dem Verlassen ihrer Burgen und Wohnsitze ihrer Vorfahren, sei es wegen Fehden oder wegen des Verdrusses über die Einsamkeit oder wegen des Mangels an notwendigen Dingen, in die Städte emigriert seien, um hier das solatium societatis, den Trost der Gesellschaft und Geselligkeit ebenso wie andere voluptates zu finden“.141 Die Stadt war also attraktiv wegen ihrer Lebensform, nicht mehr als Ort, der in der Lage war, besonderen Schutz oder rechtlichen Vorteil zu gewähren. 4.2.1.3 Elemente der Marktorientierung für Agrarprodukte Der Markt als System des Austausches von Waren und Dienstleistungen im Spannungsfeld von Angebot und Nachfrage wurde im Mittelalter sehr konkret topografisch verstanden und war herrschaftlich gebunden  : Der ordentliche Markt am abgrenzbaren Marktplatz unterlag einem bestimmten Recht und festen Abläufen – im Gegensatz zum illegalen, weil unkontrollierten Winkelmarkt und dem verpönten sog. Fürkauf, also den Aufkaufspraktiken vor oder neben dem Markt mit Warenhortung, denen man preistreibende Absichten unterstellte. Das mittelalterliche Marktsystem bekam mit den königlich privilegierten Marktgründungen des 10./11. Jahrhunderts – in Süddeutschland häufig in der Nachfolge spätantiker Orte142 – seinen ersten gezielten Ausbau, der oft, aber nicht immer in die Stadterhebung mündete. Der Markt wurde jedenfalls zu einer der wichtigen Zentralitätsfunktionen der Stadt und zusammen mit den weiter praktizierten alten Märkten entstand ein erstes ökonomisches Netz – mitunter aber wie der bei einem kleinen Weiler an einem Straßenkreuz abgehaltene „Murwiesenmarkt“ in Schwaben143 oder die bedeutende Landschaftsmesse in Zurzach bei Basel144 gleichsam auf dem flachen Land platziert oder als bäuerlicher Handel wie in den Dithmarschen ausgebildet.145 Vor allem durch neue Gründungen von Marktsiedlungen der Dynasten wie der kleineren kirchlichen und adeligen Herrschaftsträger erfuhren Marktbeziehungen seit dem 13./14. Jahrhundert eine zunehmende Verdichtung. Im Raum zwischen Weser und Ems bzw. Weser und Elbe ist dieser Vorgang zur Erschließung eines vorwiegend agrarischen Produktionsgebietes eindringlich beschrieben worden (Abb. 29).146 140 141 142 143 144 145 146

Ranft 1994, S. 235, S. 245. Zotz 1993, S. 27  ; Reichert 2012, S. 117–119. Mitterauer 1967. Schaab 1979, S. 245. Ammann 1923. Kellenbenz 1962. Holbach 2001  ; Henn 2001.

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Wie sehr derartige Markterhebungen auch einem gewerblichen Entwicklungsschub folgen konnten, zeigt der systematische ostschwäbische Ausbau in der Phase des Textilbooms im 14./15. Jahrhundert mit klar abgrenzbaren Jahrmarktzyklen.147 Aber auch die Verdichtung in den fränkischen Territorien des Spätmittelalters mit ihren konkurrierenden Gründungen148, die böhmischen „městečko“ des Adels149 oder die „Freiheiten“ der Grafen von Arnsberg im 14. Jahrhundert150 folgten diesem Prinzip des wirtschaftlichen Ausbaus. Der Mittelrhein wiederum war schon wegen des intensiven Weinbaus seit dem 13. Jahrhundert ausreichend mit Städten besetzt, ehe er dann über Marktgründungen gezielt verdichtet wurde, die jedoch nur mehr örtliche Bedeutung gewannen.151 Stand somit der ländlichen Bevölkerung spätestens seit dem 14. Jahrhundert nahezu überall ein relativ unkompliziert erreichbarer Marktplatz zur Verfügung, so konnte er nicht nur die eigene bäuerliche Vermarktung der agrarischen Überschüsse sicherstellen, sondern zunehmend auch als Stimulans für eine marktorientierte Wirtschaftsweise wirken. Inwieweit die Verbesserung der rechtlichen Positionen auf dem Land, d. h. Leiheformen in Richtung Erbrecht oder Zinserhebung statt Frondienst152 auch als Folge der Attraktivität der Urbanisierung gewertet werden kann, ist eine noch offene Frage. Die spezifische Wirtschaftsform des Weinbaus förderte jedenfalls die Monetarisierung und stand in einer engen Verflechtung von Stadt und Land.153 Seine urbane Zuordnung über den Markt, wie sie sich im Rhein- und Moselraum, aber auch um Regensburg bereits früh konstatieren lässt154, entwickelte sich in Franken seit dem hohen Mittelalter vor allem mit Würzburg155, und sie gilt ebenso für die Wechselbeziehung des Weinbaus von Kloster Bebenhausen mit dem Konsum der benachbarten Städte des oberen Neckars.156 Solche ökonomischen Verbindungslinien – Produktion auf dem Land und Konsumtion in der Stadt – lassen sich auch für weitere Produkte aus der Palette der Versorgung ziehen, angefangen von den Lebensmitteln bis hin zu den Rohstoffen. Um den Zustrom zu steuern und zu sichern, wurde vielfach der Marktzwang als Instrument eingesetzt. Mithilfe der „Bannmeilen“ verbot der städtische Rat bzw. die Zunft gezielt den sog. Für- oder Vorkauf von Produkten, bevor sie auf den Marktplatz kamen. Entstanden aus dem hochmittelalterlichen Marktbann ergab sich die Rechtsfigur des privilegierten Marktes, der innerhalb einer Bannmeile vor Konkurrenz geschützt werden sollte157 und zum alleini147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157

Kießling 1998, Jahrmarktzyklen. Flachenecker 2010. Maur 2010. Ehbrecht 1979. Volk 1998, S. 660–697. Kuchenbuch 2003, Bemerkungen. Volk 1998, S. 124–126, S. 807 f. A. O. Weber 1999, S. 41, S. 45. A. O.Weber 2010. Krämer 2009, 27 f. Küchler 1964.

Strukturbildungen Abb. 29  : Jahrmärkte zwischen Weser und Ems im späten Mittelalter.

gen Umschlagplatz für den Warenhandel wurde, was seit dem 14. Jahrhundert vielfältig ausgestaltete und differenzierte Verbote des Fürkaufs nach sich zog.158 Die Bannmeilen dienten in Oberschwaben seit dem 14. Jahrhundert, besonders aber seit der Zuspitzung der Versorgungsprobleme des ausgehenden 15. Jahrhunderts, allen voran den Engpässen beim Getreide, zur Sicherung des Marktbezugs in einer herrschaftlichen Gemengelage auch dort, wo die Stadt keine Herrschaftsrechte ausüben konnte  ; ihre jeweilige Ausdehnung deutet die Bedarfszone aus ihrer Perspektive an.159 Dass diese Marktbeziehungen bereits um und nach 1300 eingespielt waren und sich verstetigten, lässt sich zudem an den großen Grundherrschaften ablesen  : Die Messung des Gültgetreides nach den Maßen der jeweils benachbarten Städte belegt die Zuordnung auf das vorhandene urbane Netz160, und die Errichtung von Wirtschaftshöfen der Klöster und des Adels erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass sie dort ihre agrarischen Überschüsse in den Wirtschaftskreislauf einschleusten. Die Stadthöfe der fränkischen Zisterzienser158 Gönnenwein 1939. 159 Kießling 1989. 160 Ammann 1963, S. 163.

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klöster in Würzburg vermarkteten Wein und Getreide aus ihrer Eigenwirtschaft bzw. den eingenommenen Gülten auf diese Weise schon seit dem beginnenden 13. Jahrhundert  : Ebrach, Heilsbronn, Bronnbach, Langheim, Schöntal, Himmelspforten, Maidbronn, Heiligenthal. „monachi avari sunt, mercatores sunt“, urteilte um 1220 Cäsarius von Heisterbach über die Zisterzienser, und 1525 beschwerten sich die Würzburger Bürger bei ihrem Stadtherrn, dass „etliche geistliche, munch und closter-jungfrauen ihr wein und getreid aus der statt fremden verkauften“, denn „dadurch mocht gemeiner statt an versehung merklicher nachtheil und daraus nichts guets erwachsen“.161 Die Breite des Phänomens im Kontext der städtischen Wirtschaft des Spätmittelalters wird in Norddeutschland162, speziell in Köln (Abb. 30)163 ebenso sichtbar wie bei den oberschwäbischen Reichsstädten. Klöster und Stifte belieferten etwa den Memminger Getreidemarkt aus ihrem grundherrschaftlichen Besitz im Umkreis von etwa 20 km auch später noch mit beträchtlichen Mengen, wie die Rechnungen des 16. Jahrhunderts belegen. Gleichzeitig verwendeten Ritterherrschaften des Umlandes geeichte Getreidemaße der Stadt, was der Rat schon deshalb förderte, weil damit der eigene Getreidemarkt gestärkt wurde. Wenn aber auch die Bauern aus dem gleichen Umkreis Anfang des 16. Jahrhunderts vertraglich bestimmte Abgaben für den Unterhalt einer Fähre bzw. Brücke über die Iller auf dem Weg nach Memmingen entrichteten und dafür Zollfreiheit genossen, dann spiegelt das eine Gewohnheit, die mindestens bis ins frühe 15. Jahrhundert zurückging und offenbar aus bäuerlichen Interessen entstand.164 Dass derartige Marktorientierungen schon lange bestanden, belegt der Fall Bremen, wo bereits um 1250 eine Liste von hundert Kirchspielen bzw. Ortschaften überliefert ist, die für die Benutzung der Weserbrücke auf dem Weg zum Markt Abgaben zum Unterhalt zu leisten hatten.165 Wägt man diese Faktoren der ländlichen Wirtschaft ab, dann wird man davon ausgehen müssen, dass sich auf diesem Weg eine verstärkte Monetarisierung über die Städte in den ländlichen Lebensbereich ausbreitete  : Die Produktion agrarischer Güter musste einen täglichen Umgang mit Geldbeträgen nach sich ziehen, der sich in der notwendigen Beschaffung von Nahrungsmitteln auch in einem innerdörflichen Markt fortsetzte166 und in Kreditbeziehungen spiegelte (Kap. 4.2.4). Spätestens seit dem 15. Jahrhundert folgten die Marktbeziehungen jedoch nicht mehr nur den Mustern der Zentralität einer Einzelstadt, sondern wurden von denen des regionalen Austauschs überlagert. Das gilt vor allem für die Versorgung mit Getreide und damit korrespondierend die mit Fleisch, da die Tierhaltung wegen der Schwerpunktverlagerung auf den Getreidesektor durch Importe aus Nord- und Ostmitteleuropa kompensiert wurde (Kap. 4.2.2.2). Aber auch der Rohstoffbezug der Exportgewerbe griff vielfach weiträumig 161 162 163 164 165 166

Schich 1976, S. 72, S. 85. Haas/Cramer 1985. Steinwascher 1981. Kießling 1989, S. 432 f., S. 455–460. Hill 2004, S. 79 f. Demade 2009, Grundrente.

Strukturbildungen

Abb. 30  : Die mittelalterlichen Stadthöfe der Zisterzienser in Köln.

aus. So war etwa Thüringens Waidproduktion mit Erfurt als Zentrum167 von einer Koppelung mit den Textilrevieren bestimmt, und im ostschwäbischen Leinen- und Barchentrevier musste der Flachsanbau des Umlandes schon im frühen 16. Jahrhundert durch weit reichenden Import aus Ostmitteldeutschland und dem Baltikum ergänzt werden. „Land“ wurde in solchen ökonomischen Entwicklungsformen zur Region  : Die Belieferung der Städte führte zu verdichteten Städtelandschaften, und dabei konnten agrarwirtschaftliche Produzenten nicht selten Standortvorteile zugunsten kommerzialisierter Strukturen nutzen. 4.2.1.4 Kulturelle Diffusionsprozesse und ihre Grenzen Werden somit zwar seit dem Spätmittelalter die Grenzen zwischen Stadt und Land rechtlich und ökonomisch vielfältig übersprungen, so blieb die typologisch bestimmte Trennung von Stadt und Land dennoch in den Köpfen lange erhalten. Sie erfuhr von den Zeitgenossen mitunter stereotype Charakterisierungen, in denen etwa die ländliche Lebenswelt im Genrebild der Malerei idyllisiert, in Flugschriften und Fastnachtsspielen der Bauer im Sinne der Ständedidaxe als „Tor“ oder „Narr“ der städtischen Lebensform gegenübergestellt wurde.168 Demgegenüber war in den Lebensformen die erfassbare Realität durch 167 W. Held 1988, S. 107–121. 168 Wunder 1985, S. 35.

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vielfältige Formen der Kommunikation gekennzeichnet, über die in einem langfristigen Prozess auch eine Diffusion von Verhaltensweisen von der Stadt in die Dörfer ablief.169 Unterschieden sich bei den Essgewohnheiten Stadt und Land nicht so sehr prinzipiell als in den sozialen Schichten170, so blieb bei der Kleidung lange Zeit die Standeszugehörigkeit betont – die Abgrenzung gegenüber adeligen Allüren war dabei offensichtlich dominant. So schrieb der bayerische Landfrieden von 1244 den Bauern vor, „keine vornehmere Kleidung als graue und billige und nur rindledernes Schuhwerk“ zu tragen171, während der Lindauer Reichsabschied von 1497 demgegenüber vorsah, dass „pawrsmann und arbaitend Leut in Stetten oder auf dem Land kain tuch anmachen oder tragen sollen, des die Ele über ainen halben gulden kostet“, und Schmuckstücke verbot, beide Gruppen also als soziale Einheit betrachtete (Abb. 31).172 Auch die Ordnung für die Grafschaft Lippe von 1549 folgte dem ständischen Modell, das die Reichsabschiede von 1530 und 1548 vorgegeben hatten, und gestand für „die gemeine Bauersleuthe, Arbeiter vnnd tagloener vff dem lande“ nur einfache westfälische Textilien zu, gestattete aber sowohl Männern wie Frauen die Farbigkeit, sodass selbst „zwischen Reicheren und Ärmeren kein signifikanter Unterschied bestanden zu haben [scheint]“.173 Auch die Festkultur zeigt in Spätmittelalter und beginnender Neuzeit noch eher trennende als verbindende Elemente  : Gleichgerichtet waren zweifellos die Feiern des Lebenslaufs von der Geburt bis zum Tod und die hohen kirchlichen Feiertage – wobei offen bleiben mag, ob sich „die bäuerlichen Gelage von höfischen und bürgerlichen Festmählern zweifellos durch ein größeres Maß an Unmäßigkeit, Derbheit und Rüpelei [unter­schie­ den]“.174 Bei den Bestrebungen zu deren Eindämmung markierte man in der Ordnung der reformatorischen Grafschaft Lippe 1530 die Unterschiede zwischen Stadt und Land lediglich mit der Zahl der Gäste.175 Dennoch waren Feste auf dem Land vor allem vom bäuerlichen Jahreskreislauf bestimmt176, während sie in den Städten spezifischer ausfielen und nicht selten auch den Adel einbezogen  ; Schützenfeste und Fasnacht/Karneval hatten hier ihre gestalterischen Höhepunkte – und waren gleichzeitig Anziehungspunkte für die Landbevölkerung.177 Freilich behielten gerade die ländlichen Formen der Festkultur lange ihre Eigenheiten  : So konnten im Karneval die Polarität von adeliger Herrschaft und Untertanen in der Geselligkeit entschärft werden178, andererseits die Chancen genutzt werden, die Anbahnung von Begegnungen der jungen Frauen und Männer im Dorf zu 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178

Krug-Richter 2001. Saalfeld 1990, 64 f. Franz 1974, S. 328 f. Rösener 1985, S. 101, S. 103 f. Angermann 1995, S. 135–145, Zitat S. 144. Rösener 1985, S. 158. Angermann 1995, S. 107–111. Rösener 1991, Feste. Zotz 1991  ; Rippmann 1990. Schindler 1992, S. 169–171.

Strukturbildungen Abb. 31  : Drei Bauern im Gespräch. Kupferstich von Albrecht Dürer, um 1497.

realisieren – was in der Pfalz erst in den verschiedenen Phasen der Konfessionalisierung der kirchlichen und staatlichen Kontrolle und Ahndung zum Opfer fiel.179 Die Entwicklung der Wohnkultur lässt demgegenüber ein Spannungsfeld von Stadt und Land erkennen. Vor dem Hintergrund, dass sich bis ins 16. Jahrhundert die spezifischen Bauweisen und typischen Formen vor allem regional entwickelten – Grundtypen waren das niederdeutsche Hallenhaus und das oberdeutsche Mittertennhaus bzw. die Gehöftformen, die sich aus Mitteldeutschland nach Süden ausdehnten180 –, gibt es einige übergreifende Beobachtungen. Dass sich überall auf dem Land die zunehmende soziale Differenzierung in den Wohnbauten spiegelte181, mag ebenso wenig überraschen wie der Übergang zur zweigeschossigen Bauweise bei den vermögenden Bauern. Wirkte hier bereits das städtische Vorbild, so vor allem bei der beheizbaren Stube als zentralem Raum. Sie wird als bedeutsame „Kulturleistung des Mittelalters“ eingeschätzt  : Seit dem 13. Jahrhundert muss in Sachsen, Böhmen, Mähren und Österreich mit der „Stube als all 179 Konersmann 1997. 180 Rösener 1985, S. 73–95. 181 Stiewe 2006, S. 29–37  ; Bedal, Hausformen.

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Abb. 32  : Die Stube schafft Wohnkomfort, Südtirol 15. Jahrhundert.

umfassendem, vielseitigen Wohnraum bei den mittleren und unteren Schichten sowohl in der Stadt wie auf dem Land gerechnet werden  ; in ihr befand sich ein Wärme- und Kochofen und manchmal sogar der Backofen“182 (Abb. 32). Von Oberdeutschland breitete sie sich nach Norden aus, wobei vielfach der Weg von den Städten auf die Dörfer ging  ; in Schleswig-Holstein war sie dann „um 1500 auf dem Land“ vielfach anzutreffen.183 Ihren Stellenwert im bäuerlichen Haus Oberdeutschlands illustrieren schon im 13. Jahrhundert die „Winterlieder“ Neidharts von Reuental  : „Megenwart hat eine große Stube. Wenn’s euch allen wohl gefällt, wollen wir den Sonntagstanz dorthin verlegen…“, oder  : „Räumt die Schemel und die Stühle aus  ! Laßt uns die Tische forttragen  ! Heute wollen wir bis zum Umfallen tanzen …“.184 Freilich unterschieden sich in der hier angesprochenen bescheidenen Möblierung dieser Zeit – Ofen, Tisch, umlaufende Bänke mit Stühlen und dreibeinigen Schemeln, dazu noch die Truhe zur Aufbewahrung – wiederum einfache Stadtwohnung und Bauernhaus kaum. Ein wichtiges Indiz für eine langsame Angleichung von Verhaltensformen als Vorgang der Ausbreitung von der Stadt auf das Land ist der Umgang mit der Zeit  : Waren bereits um 1400 in den größten Städten Turmuhren verbreitet, so fand seit dem 16. Jahrhundert 182 Bedal 1994, S. 116. 183 Schmidt/Dirlmeier 1998, S. 296. 184 Rösener 1985, S. 92.

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Abb. 33  : Ländliches Kirchweihfest. Die Turmuhr verweist auf die Übernahme der Stunde als Zeittakt. Holzschnitt von Hans Sebald Beham, 1539 (Ausschnitt).

eine „administrative Diffusion“ in die Dörfer statt, die den Rhythmus durch die Tageszeiten und Kirchenglocken zu überlagern begann und in den Kontext der sog. Guten Policey eingeordnet wird (Abb. 33).185 Zusammen mit der schrittweisen Monetarisierung der ländlichen Lebenswelt aufgrund der immer intensiveren Marktbeziehungen darf man zudem auf einen langfristigen Wandel der Vorstellungen von der ländlichen Bevölkerung schließen. Die in den Forderungen im Kontext des Bauernkrieges zumindest rudimentär erkennbaren Gesellschaftsmodelle bis hin zu den eigenständigen Faktoren der „bäuerlichen Reformation“186 (Kap. 6.1.2) verweisen auf eine durchaus beachtliche, an der Konkretheit des Alltags orientierte reflexive Kraft – der „tumbe“ Bauer wurde „witzig“, damit brachte Eberlin von Günzburg die Dinge auf den Punkt 187. Dem Topos vom illiteraten Bauern steht der Dispersionsvorgang von Bildung von der Stadt auf das Land gegenüber, der im Spätmittelalter begann – auch wenn es Gegenbeispiele wie die Schweiz gibt, wo eher ein „ablehnendes Verhalten der ländlichen Gesellschaft“ konstatiert wird.188 Die seit dem 14. Jahrhundert überlieferte wachsende Zahl von 185 186 187 188

Dohrn-van Rossum 1992, S. 145–149  ; vgl. Dohrn-van Rossum 2015  ; skeptischer Rösener 2004, S. 21 f. Conrad 1984. Köhler 1987, S. 187. M. Körner 1998, S. 71.

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Wirtschaftliche Entwicklungstrends Abb. 34  : Lernhilfe  : Das Alphabet als Baum, Holzschnitt 1490.

Studenten ländlicher Herkunft setzt zumindest die Vermittlung elementarer Kulturtechniken voraus (Abb. 34).189 Sieht man sie zusammen mit den ersten Erwähnungen von Lehrern und Schulen, so zeichnet sich, wie etwa im Fall des Hochstifts Eichstätt, ab, dass Kleinstädte die Distribution schulischer Elementarbildung in das flache Land trugen190, aber auch herrschaftliche Verwaltungsmittelpunkte und Marktorte in Altbayern und Schwaben seit dem 15. Jahrhundert ein erstes Netz bildeten  : Für die 181 vorreformatorischen Schulen in Franken und der Kuroberpfalz konnten immerhin 27 in Märkten und 29 in Dörfern lokalisiert werden.191 Ihre enge Verbindung mit der Pfarrkirche – häufig in Form einer Mesnerschule – kann aber nicht übersehen lassen, dass auch herrschaftliche Schreiber für diese Funktion standen.192 Ähnliche Einzelbelege finden sich für das Rheinund Moselgebiet  ; so erzählt der berühmte Prediger Johann Geiler von Kaysersberg, er habe

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Flachenecker 2005. Heiler 1998. Jakob 1994, S. 123–132. Kießling 2005, Ansatzpunkte, S. 248.

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„zuo Ammerschwyer das Abc gelert“ – einem kleinen Dorf im Oberelsass.193 Auch am Niederrhein waren spätmittelalterliche Ansatzpunkt vorhanden, auch wenn der entscheidende Schub erst mit der Reformation kam  : Herzog Johann III. von Kleve-Mark und Jülich-Berg ordnete 1533 an, „die Kirspelkirchen und Scholen mit guden beqwemen und fromen Predigern und Regenten besetzen“ zu lassen. Eine Visitation hatte ergeben, dass es neben den Stadtschulen immerhin in 18 Dörfern an die Kirche angeschlossene Schulen gab, 1559/60 waren dann in Jülich bereits 51 Dörfer unter den 65 nachweisbaren Schulorten194, wobei die Initiativen sowohl aus lokaler wie aus landesherrlicher Ebene kamen.195 Auch aus der Perspektive der Praxis gewinnen die frühen Alphabetisierungen an Gewicht  : Die Anschreibebücher mit den Aufzeichnungen bäuerlichen Wirtschaftens beginnen in Schleswig bereits vor der Mitte des 16. Jahrhunderts.196 Die reformatorischen Anstrengungen – lange Zeit stand die sächsischen Schulordnung für den Beginn einer breit gestreute Elementarbildung und Philipp Melanchthon als praeceptor Germaniae – bedeuteten somit eher eine Intensivierung als einen fundamentalen Neuansatz. Die Angleichung der Lebensformen von Stadt und Land setzte also in manchen Bereichen bereits im Spätmittelalter spürbar ein – als klassischer Prozess der langen Dauer intensivierte er sich freilich erst im Laufe der folgenden Jahrhunderte. Die Dynamik der politisch-herrschaftlichen wie der wirtschaftlichen Entwicklung hat ihn sicher wesentlich gefördert. 4.2.2 Der Handel mit Agrarprodukten

Mit der Urbanisierung wurde der Handel mit agrarischen Produkten zu einem konstitutiven Element ländlichen Wirtschaftens, unterschied sich freilich regional in seiner Intensität  : Die Versorgung der größeren Städte und der Bergbaureviere als Ballungszentren erfolgte nicht nur von ihrem jeweiligen Umland, sondern griff zunehmend auf jene Landstriche aus, die noch eine fast rein agrarische Wirtschaft betrieben. Die strukturellen Voraussetzungen für den Warenaustausch – das Vorhandensein von Märkten – waren erst im Aufbau, und andererseits richtete sich der Zugang nicht nur nach dem jeweiligen Bedarf vor Ort, sondern war nicht zuletzt von den herrschaftlichen Regelungen abhängig. Das Modell von der Mehrstöckigkeit des Handels bietet gerade auch für den Sektor der agrarischen Produkte genügend Möglichkeiten, um dessen Mechanismen zu erfassen  : Vielfach vorauszusetzen, wenn auch nur schwer im Detail zu verfolgen, war der innerdörfliche Austausch zwischen den groß- und kleinbäuerlichen Betrieben, der sich aus der Siedlungsgenese ergab. Eine Beschwerdeschrift von Bauern aus Owingen, einem Dorf der Schwäbischen Alb, in einem Streit mit dem Herrschaftsträger, Graf Eitelfriedrich von Ho193 194 195 196

Schmieder 2000, S. 23–25. Wesoly 2010, S. 34. Ehrenpreis 2010, S. 317. Poulsen 1992.

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henzollern-Hechingen, spricht das 1584 deutlich an  : Die Überschüsse erwirtschaftenden Bauern verwiesen nämlich darauf, in der Vergangenheit hätten sie „freyen handel unnd wandel gehabt, unnsere aigne früchten, auch roß, viech, kelber, schaff, lember, schwein jung und allt, auch genß, hennen, hiener, keß, schmaltz, ayr (und alle andere sachen, so der arm pauersman zuerzeugen und zuerobern pflegt) nach unßer freyen gelegenhait zu marckt an annder orth zue bringen oder inn unnßern heußern zuverkauffen, wie wir deßen am besten zuegenießen erachten megen“. Die Waren wurden also sicher nicht zuletzt an Kunden aus dem Dorf verkauft.197 Weitere Mikrostudien zeigen, dass gerade dem innerdörflichen, vielfach informellen Handel wegen des wachsenden Anteils von Kleinbauernstellen im Verlauf des 16. Jahrhunderts ein erheblicher Anteil eingeräumt werden muss 198, und er behielt bis ins 18. Jahrhundert seine Bedeutung.199 Klare Konturen gewinnen jedoch erst die kleinräumigen Marktzyklen mit abgestimmten Wochen- und sehr häufig an Kirchenfeste angelehnten Jahrmärkten, einem sehr dynamischen System mit spezifisch regionaler Ausrichtung.200 Sie wurden ihrerseits von der Zulieferung an die Großstädte überlagert, um schließlich in die großräumigen Messe- und interregionalen Handelssysteme zu münden.201 Dabei ist nicht zu übersehen, dass auf allen Ebenen der Handel mit agrarischen Produkten beteiligt war  : Selbst die Frankfurter Messe beruhte auf einer agrarwirtschaftlichen Basis, nämlich den Angeboten an Getreide, Wein und Obst der älteren „Herbstmesse“ um den saisonalen Termin an Mariä Himmelfahrt (15. 8.) und Bartholomäus Kirchweih (24. 8.), und auch nach der Privilegierung 1330 durch Ludwig den Bayern mit dem zusätzlichen Termin an Mitfasten blieb der regionale Landwarenhandel als Teilbereich erhalten, auch wenn die Waren des nichtalltäglichen Bedarfs ihn zunehmend an den Rand drängten.202 Der Bevölkerungsanstieg des späten 15. und des 16. Jahrhunderts und die wirtschaftliche Expansion zogen den überregionalen Handel nach sich  : Danziger Getreide wurde in großen Mengen durch den Sund nach Westeuropa verschifft, und die generelle Verschiebung des Anbaus auf die Getreideproduktion stimulierte den weiträumigen Import von Ochsen aus Ostmittel- und Nordeuropa, um die Fleischversorgung zu gewährleisten. Ein solches an der Zentralörtlichkeit ausgerichtetes System hatte freilich immer noch seine Ausnahmen  : So gestaltete es sich etwa in den Küstenregionen wegen der Beziehungsnetze der Hafenstädte nicht nur räumlich, sondern auch strukturell schon deshalb anders, weil gerade dort sich ein lebhafter bäuerlicher Handel mit Agrarprodukten, nicht zuletzt über See, zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert entfalten und beispielsweise an der Westküste Nordelbiens gegen die Städte behaupten konnte.203 Einzelnen Bauernhänd197 Elbs 1980, S. 111. 198 Sreenivasan 2004. 199 Beck 1993. 200 Kießling 1998, Jahrmarktzyklen  ; Flachenecker 2010  ; Maur 2010. 201 Johanek/Stoob 1996  ; Hirschmann 2009, S. 44. 202 Dietz 1910, S. 17–116. 203 Lorenzen-Schmidt 1999.

Strukturbildungen Abb. 35  : Varianten von Transport und Verkehr  : Holzziehen, Fuhrwerk, Tragtier, Reiten. Fresko, Ende des 14. Jahrhunderts, Trient, Adlerturm.

lern gelang es dabei, ihre Verbindungen zu den Nachbarhöfen mit dem regionalen und sogar dem Fernhandel zu verknüpfen.204 Buchstäblich eigene Wege ging aufgrund der nötigen Futterversorgung der interregionale Ochsenhandel mit seinen Triebrouten, bis er die Verbrauchszentren der Großstädte und Ballungsgebiete erreichte, die ihrerseits nicht unbedingt, wie die Bergbaureviere zeigen, zentralörtlichen Systemen einzupassen sind.205 Somit zeichnen sich als Merkmale für die Entwicklung zum einen eine Verdichtung der Handelsnetze und zum anderen eine räumliche Ausweitung der Handelsbeziehungen sowie zum dritten eine quantitative Steigerung des Handelsvolumens ab  ; dies gilt es an einigen markanten Bereichen genauer zu verfolgen. 4.2.2.1 Die Versorgung der Großstädte  : Milchprodukte und Gemüse Die Marktorientierung der Agrarproduktion lässt sich schon früh im Kontext der Versorgung städtischer Siedlungen beobachten. So findet sich auf dem Kölner Markt im 204 Poulsen 1992  ; Poulsen 2011. 205 Westermann 1997.

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13. Jahrhundert Butter aus dem erzbischöflichen Hochstift.206 In Düsseldorf sind die Gemüsebauern bis ins 14. Jahrhundert zurückzuverfolgen, in Erfurt gehen die Ansätze im 13. Jahrhundert möglicherweise auf die Ansiedlung von Niederländern zurück.207 Die Hamburger Versorgung mit Gemüse aus den Elbmarschen begann wohl ebenfalls im 14. Jahrhundert208, und auch die Bamberger Gärtner sind seit dem 13./14. Jahrhundert in besonderer Dichte belegt.209 Die bekannte Nürnberger Lebkuchenherstellung beruhte auf der Honiggewinnung der Zeidler aus den Reichswäldern im Osten der Stadt, die seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert kultiviert wurde.210 Mit dem Wachstum der Städte weitete sich auch die Zone aus, die für eine ausreichende Belieferung anzusetzen war  : Wenn für den Augsburger Markt eine Ordnung von 1523/27 Preise für Frischmilch und Milchtopfen (Quark), die auch in die Häuser geliefert wurden, enthielt und der Bannmeilen-Bezirk für Lebensmittel – Honig, Kraut, Zwiebeln, Weintrauben – in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts auf 6 Meilen (45 km) festgelegt wurde, dann signalisiert das die Etablierung eines ausgreifenden Handels mit einer differenzierten Produktpalette aus dem agrarischen Hinterland.211 Der Ausbau lokaler Marktbeziehungen wurde seit dem späten Mittelalter in verschiedenen Regionen mit spezialisiertem Anbau verbunden. In der holsteinischen Eiderstedt und in der Kieler Bucht setzten die Betriebe auf Milchwirtschaft, Butter- und Käseherstellung212, und gleichermaßen gelangten die Butjadinger Produkte von „Butterschiffern über die Siele und die Weser“ nach Bremen.213 Von dort aus wiederum wurden im 16. Jahrhundert die „Bremer Waren“ – Milchprodukte, Fisch und Käse – über die Weser nach Mittel- und Oberdeutschland transportiert.214 Aus dem Rheingau gingen Schiffladungen von Obst nach Frankfurt ab, Ende des 15. Jahrhunderts will ein Bauer mit seinen Kirschen, die er in Mainz verkaufte, in einem Jahr 30 fl verdient haben, eine Summe, die in etwa der Hälfte des Ertrages entsprach, den ein großer Bauernhof im Gebiet von Biberach abwarf.215 Vom Breisgau wurden fuderweise gedörrte Birnen, Kastanien in Fässern und Mandeln in Säcken auf die Messe geliefert, wie ein Privileg Friedrichs III. für Neuenburg belegt.216 Die Tatsache, dass der Gemüsebau im Breisgau – Linsen, Erbsen, Bohnen, Rüben, Kraut sowie Salat, Petersilie, Zwiebeln und Möhren werden genannt – im 16. Jahrhundert von der Gartenkultur über die Nutzung der Beifangfelder direkt auf 206 Ennen 1975, S. 131  ; Irsigler 1975, S. 282, S. 289. 207 F.-W.Henning 1991, S. 335 f. 208 B.Wolf 1989, S. 106  ; Lorenzen-Schmidt 2011, S. 40. 209 Scheinost 2009. 210 Schnelbögl 1967. 211 Kießling 1979, S. 195 f. 212 Abel 1978, S. 182. 213 Norden 1984, S. 252–254, Zitat S. 253. 214 März 2001, S. 62 f., S. 68 f. 215 Abel 1978, S. 129  ; s.u. Kap. 4.1.4.3. 216 Kellenbenz 1977, S. 160.

Strukturbildungen Abb. 36  : Bauer mit Korb und Sack sowie Bäuerin mit Kind und Gänsen auf dem Weg zum Markt. Kupferstich von Martin Schongauer, um 1471–1473.

Ackerland ausgriff (Kap. 3.3), kann als untrügliches Zeichen einer Vermarktung im großen Stil gewertet werden.217 Das Nürnberger Knoblauchsland in den Flussniederungen der Regnitz, in dem man ähnlich wie im Wiesenbau (Kap. 3.2) durch Be- und Entwässerung mit Wasserschöpfrädern bzw. Düngung die Erträge an Gemüse zu steigern suchte, produzierte bald neben dem städtischen Bedarf für den Export – die Situation des 15. Jahrhunderts muss sicher in ihren Ansätzen weit früher datiert werden  ; 1618 finden wir dann Nürnberger Zwiebeln und Rübsamen sogar im „Welschland“, in Frankreich und Spanien.218 4.2.2.2 Der Massenkonsum und seine Folgen  : Getreide und Vieh Angelpunkte für die Versorgung waren und blieben freilich Getreide und Fleisch als Grundnahrungsmittel. Getreide hatte einen gänzlich unelastischen Bedarf, wurde es doch in vielfältigen Formen von Mus und Brot täglich verzehrt und war vor allem für die un217 Strobel 1972, S. 139–142. 218 Schnelbögl 1967.

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teren Schichten unverzichtbar. Hatte die erste große Hungerkrise der Jahre 1315/18 die Grenzen der hochmittelalterlichen Ausbauphase sichtbar gemacht, so war nach den ersten großen Pestwellen wiederum 1437/38 ein Ernteeinbruch erfolgt, der bereits zu weiträumigem Getreidehandel geführt hatte.219 Auch wenn umstritten bleibt, ob die Zuspitzung der spätmittelalterlichen Agrarkrise auf eine Getreidekrise in dieser Engführung zu halten ist (vgl. Kap. 2.1), so markiert sie doch den neuralgischen Punkt für die Sicherstellung der Ernährung  : Als gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Versorgungsengpässe immer dichter aufeinander folgten, wurde auch der Getreidehandel immer engmaschiger, gleichzeitig aber auch weitreichender. Inwieweit die zahlreichen Kleinstädte sich mit ihren Ackerbürgern selbst versorgen konnten220, müssen Einzelstudien ergeben  ; für Sachsen-Anhalt wirkte jedenfalls die „Dominanz des Nahmarktes“ in dieser Richtung.221 Weit besser erforscht ist die Situation der größeren Städte. Die Belieferung dieser Konsumzentren mit Brotgetreide war über die Kornmärkte mit einem entsprechend weit angelegten Umland in der Regel gut organisiert. Um die Größenordnung sichtbar zu machen  : Für Nürnberg setzte man das Einzugsgebiet mit etwa 5000 km2 an, also einen Umkreis von etwa 40–50 km222, für Lübeck immer noch 2000 km2, also im Radius von etwa 15–20 km223. Für Köln hat man einen Bedarf von ca. 6000 t pro Jahr errechnet – immerhin etwa 10.000 Wagen- oder 2400 Schiffsladungen –, die aus Kurköln, dem Herzogtum Jülich und dem Rheingau bezogen wurden224  ; eine neuere Berechnung für die rheinische Metropole mit ihren 35–40.000 Einwohnern kommt zu dem Ergebnis, dass dafür bei einer Marktquote von etwa 10% allein 1500 Dörfer ihre Überschüsse an die Stadt verkaufen mussten.225 Bei allen Unwägbarkeiten und Einschränkungen der Aussagekraft solcher Modellrechnungen wird eines deutlich  : Die Marktorientierung hatte im Spätmittelalter bereits ein hohes Maß erreicht. Konnte der städtischen Umlandhandel noch per Wagen erfolgen, wobei die Flussschifffahrt bereits erhebliche Erleichterungen mit sich brachte, so waren weitreichende Transporte des Massengutes Getreide aus den ausgesprochenen Exportlandschaften nur über den Seeweg erfolgreich zu bewältigen. Die bekannteste Trasse von den wendischen, preußischen und livländischen Hansestädten, insbesondere aus Danzig, nach Flandern, Holland, aber auch Norwegen, verzeichnete seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert einen erheblichen Anstieg, wobei die Produktionsgebiete bis in die Ukraine reichten.226 Export nach Friesland und Holland ging aber auch vom Münsterland und den Börden des Hellwegs aus. Die Magdeburger Börde spezialisierte sich aufgrund ihrer hervorragenden 219 Jörg 2008. 220 Cerman 2010, S. 10. 221 Kreißler 2006. 222 Franz 1960, S. 37 f. 223 Fritze 1976, S. 29–45. 224 Irsigler 1972. 225 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 66. 226 Dollinger 1976, S. 563  ; Stark 1973, S. 91–96.

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Böden in einem Areal von etwa 4000 km2 seit dem Hochmittelalter in besonderem Maße auf den Getreidebau  : Die Abnehmer der Gutsherrschaften wie der Bauern saßen nicht nur in den Montangebieten von Harz und Erzgebirge, sondern auch in den Großstädten Hamburg und Bremen, sporadisch selbst in den Niederlanden. Zwischen 1560 und 1580 wurden jährlich bis zu 10.000 t exportiert, darunter zunehmende Mengen an Gerste für die Brauereien der Hansestädte von Braunschweig bis Bremen.227 Das junge aufsteigende Bergbaurevier in Sachsen und im Erzgebirge wurde seit dem 15. Jahrhundert über die Elbe aus Böhmen228, aber auch zu einem erheblichen Teil über den Landweg aus den sächsisch-thüringischen Erzeugergebieten aus relativ großen Entfernungen versorgt  : Nach den Geleitsrechnungen wurden allein im Zeitraum zwischen 1. Mai und 18. November 1525 insgesamt 6516 t Getreide über die Geleitstellen von Borna, Altenburg und Gerstenberg ins westliche Erzgebirge transportiert, womit etwa 30.000 Menschen ein Jahr lang ernährt werden konnten.229 Sein Pendant in Tirol, das ebenfalls in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts einen rasanten Aufschwung erlebte, sodass allein in Schwaz eine Bergbausiedlung mit etwa 20.000 Einwohnern entstand, erhielt seine Lebensmittelzufuhr aus Niederbayern und Österreich über den Treidelverkehr auf der Donau bzw. dem Inn bis zur Lände von Hall – für die 1452 eine eigene Ordnung erlassen wurde. Entlang des Inn reihten sich die Getreidemärkte mit der Verschiffung wie die Perlen einer Kette auf, denn allein in Schwaz rechnete man Mitte des 16. Jahrhunderts mit einem wöchentlichen Verbrauch von über 100 Mut (150 t) Getreide  ; unter Einbeziehung der weiteren Tiroler Bergbauregion ergab sich etwa ein doppelter Einfuhrbedarf von insgesamt 12.000 Mut (etwa 18.000 t) im Jahr.230 Und auch für das Eisenrevier der Steiermark lässt sich eine langfristig angelegte regionale Strukturpolitik erkennen.231 Ähnliche Vernetzungen deuten sich zwischen Oberschwaben und der Nordschweiz seit dem 15./16. Jahrhundert an, wenn Lindauer und St. Galler Händler als Aufkäufer auf dem Memminger Getreidemarkt auftauchten232 und seit Anfang des 15. Jahrhunderts regelmäßig von Lindau und Überlingen aus Getreideschiffe über den Bodensee unterwegs waren.233 Basel und Straßburg wickelten wichtige regionale Exporte aus dem Elsass über den Rhein ab, denen flussabwärts Frankfurt, Mainz und Köln folgten.234 Die stimulierende Wirkung für den Getreideanbau, die von diesen relativ festen Marktstrukturen ausging, ist sicher nicht zu unterschätzen, und man wird daraus den Schluss ziehen müssen, dass die Weichenstellungen für die Etablierung der Kornkammern in dieser Zeit gelegt wurden – auch wenn über die Struktur des Getreidebaus und 227 Harnisch 1980, S. 133–140. 228 Blaschke 1990, S. 232–251. 229 Straube 1997, S. 214–216. 230 Kießling 2004, Inn als Wasserstraße. 231 Mitterauer 2010. 232 Kießling 1989, S. 448–455. 233 Eitel 1971, S. 9–23  ; Sonderegger 2009, S. 152 f. 234 Habermann/Schlottmann 1977/79.

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die Veränderung der sozialen Beziehungen in solchen Kornkammern, von der Magdeburger Börde abgesehen, bislang keine einschlägigen Studien vorliegen. Ganz ähnliche Befunde ergeben sich bei der Fleischversorgung. Hier war die Eigenwirtschaft auf dem Land, aber auch in den Städten weit verbreitet  ; war es doch üblich und für die Bäcker und Müller besonders lohnend, die Schweinemast nebenbei zu betreiben.235 Inwieweit die Mast im Wald möglich war, hing freilich nicht nur von ökologischen, sondern auch von komplizierten Eigentums- und Nutzungsregularien ab, bei denen Landesherrschaft, Grundherrschaft und Gemeinden involviert sein konnten. Im württembergischen Schönbuch war die Genossenschaft der Anrainer der Eigentümer. Man mästete die Schweine dort zwar primär für die Selbstversorgung, z. T. aber auch „zur Gewinnorientierung“ – sei es zum Verkauf, sei es als sog. Leihschweine, bei denen man die Mastrechte gegen Geld nutzte –, was bei einem Eintrieb von immerhin 1000–2000 Schweinen dem lokalen Markt durchaus zugutekam.236 Die Versorgung der großen Städte zog allerdings einen weiträumigen Handel nach sich, wie das etwa für Augsburg im 15. Jahrhundert aus dem östlich benachbarten Bayern,237 für Köln vom Niederrhein, aus dem Münsterland und der Hellwegzone bzw. aus dem Saarland und Lothringen belegt ist.238 Nicht einmal Sachsen war zu weit entfernt, um einen Beitrag zu leisten  : „kleine Meißener verken“ [Ferkel] wurden bereits Ende des 14. Jahrhunderts auf dem Kölner Markt als „Markenware“ angeboten.239 Zwar erforderten die klimatischen Bedingungen in den voralpinen und alpinen Regionen eine stärkere Betonung der Viehhaltung, wie auch die Flussniederungen vielfach mit Schwaigen besetzt waren  :Viehhöfen mit Käseabgaben, wie sie etwa 14./15. Jahrhundert an der oberen Donau bei Lauingen bestanden.240 Strukturbestimmend aber wurde der interregionale Ochsenhandel als europäischer Differenzierungsprozess im Agrarsektor  : Seit dem 15. Jahrhundert bereits mehrfach belegt, steigerte sich die Importrate in deutsche Territorien am Anfang des 16. Jahrhunderts auf etwa 150.000 Stück pro Jahr, um dann gegen 1600 auf bis zu 350.000 Stück anzuwachsen. Auf drei Hauptrouten wurden die Herden aufgetrieben  : Aus Jütland erreichten sie auf dem Seeweg die Niederlande, auf dem Landweg über Hamburg und Lübeck, Münster und Dortmund das Rheinland bis nach Frankfurt  ; die aus Ruthenien, Wol­ hynien und Podolien stammenden Tiere gelangten über Posen und Frankfurt/Oder bzw. Schlesien (Brieg, Breslau, Schweidnitz) in die sächsischen, thüringischen und hessischen Zielgebiete  ; die aus der Walachei und Ungarn stammenden Ochsen wurden teilweise über Mähren und Böhmen auf den Verteilermarkt nach Nürnberg und Mitteldeutschland, zum größeren Teil aber über Wien entlang der Donau und die niederbayerischen Märkte nach Regensburg, Augsburg und Ulm, seltener über Graz nach Tirol getrieben (Abb. 37).241 235 Regnath 2008, S. 55 f., S. 78. 236 Regnath 2009, S. 192–195. 237 Kießling 1979, S. 195 f. 238 Irsigler 1975, S. 244 f. 239 Irsigler 1994, S. 81. 240 Seitz 1966, S. 21 f. 241 Westermann 1980  ; Westermann 2008  ; Pickl 1973.

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Abb. 37  : Routen, Märkte und Wechselplätze des Ochsenhandels in Mittel-und Osteuropa im 16. Jahrhundert.

Hamburg und Lübeck übernahmen eine zentrale Stellung im nördlichen Routensystem, da sie Hauptzielorte des dänischen Ochsentriebes waren, dessen Gesamtzahl von etwa 20.000 Stück im ausgehenden 15. Jahrhundert sich bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts auf 45–50.000 Stück verdoppelte.242 Dazu waren die Aufzuchtgebiete der Küstenregionen sowohl der See- und Fluss-Marschen wie auf den Geestrücken Oldenburgs für die Versorgung Nordwestdeutschlands von großer Bedeutung. Nürnberg übernahm für Franken eine Schlüsselstellung und verknüpfte den schlesisch-böhmischen mit dem österreichischbayerischen Transit, 1570 verzeichnete das Ochsenamt der Stadt einen Auftrieb von 8712 Stück.243 Augsburg erhielt eine ähnliche Bedeutung für Schwaben auf der südlichen Verteilerschiene  ; für 1578 liegt hier eine Gesamtzahl von 6100 vor244, aber es kann nach 242 H.Wiese 1966, S. 78. 243 Klier 1965. 244 Dalhede 1992, S. 115–137, bes. S. 122.

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neueren Forschungen sogar mit einem jährlichen Auftrieb von 13.000 Stück gerechnet werden.245 Neben der Fleischversorgung der Großstädte und Fürstenhöfe deckten auch kleinere Städte wie Weißenhorn bei Ulm oder Leutkirch ihren Bedarf auf diese Weise. So rechnet man für die Mitte des 16. Jahrhunderts mit einem Trieb in der Größenordnung von etwa 24.000 Ochsen in das übrige Schwaben, und bezeichnenderweise spielte dabei das ostschwäbische Textilrevier ebenso eine wichtige Rolle als Absatzmarkt wie der innerschwäbische Kern des Herzogtums Württemberg.246 Ähnliche Zusammenhänge ergaben sich für das Waidgebiet Thüringen, wo der Einkauf von Ochsen in Buttstädt und Zerbst die Versorgung gewährleistete.247 Anders formuliert  : die Landwirtschaft der jeweiligen Regionen war nicht mehr in der Lage, den Fleischbedarf vollständig zu decken. Dafür entwickelte sich die Aufmästung vor Ort, wofür die Metzger vielfach eigene Wiesen zur Nutzung übernahmen, zu einem lokalen Wirtschaftsfaktor. Insgesamt gesehen bestimmte dennoch prinzipiell die Verzahnung von lokalen, regio­ nalen und überregionalen Viehmärkten das Bild, wie die Hofhaltung der Landgrafen von Hessen zu Kassel und Marburg im 16. Jahrhundert belegt  : Während das Geflügel und Schwarzwild aus den landesherrlichen Naturaleinkünften und den Domänen bezogen wurde, lieferte die Schweinemast in den herrschaftlichen Wäldern einen Überschuss, der bis nach Hannover und an die Ems abgesetzt wurde, während die Ochsen vor allem aus Polen und Dänemark stammten.248 Dass sich an diesen ausgreifenden Viehhandel zur Fleischversorgung die Verarbeitung der Häute und Felle zu einer breiten Palette von Ledersorten anschloss, liegt auf der Hand. Aus ihr speiste sich wiederum eine komplexe Verbindung aus lokalem und Messehandel, bei der die Frankfurter Messe, seit dem 16. Jahrhundert auch die Leipziger Messe zentrale Bedeutung gewannen.249 Die differenzierte Verarbeitung konnte damit groß dimensionierte Nachfragen wie etwa aus den Bergbaurevieren befriedigen250 – selbst wenn diese Zusammenhänge bislang noch keine adäquate Untersuchung im Detail gefunden haben. 4.2.2.3 Verschiebungen der Konsumgewohnheiten  : Wein und Bier Ähnlich überlagerten sich beim Getränkekonsum zunehmend lokale, regionale und überregionale Marktstrukturen – wenn dabei auch die Ausgangslage kontrastiv ausfiel  : Während der Weinbau und die Kelterung zu den wichtigsten ländlichen Spezialkulturen gehörte, deren Produkte in die Städte verhandelt wurden, waren qualitativ hochwertigere Biere zunächst vorrangig städtische Produkte, die sich im Laufe der Zeit auf dem Land ausbreiteten – insofern überkreuzten und ergänzten sich die Distributionswege. 245 Grillmaier 2013. 246 Grillmaier 2011, S. 183, S. 198 f. 247 W. Held 1988, S. 141. 248 Westermann 1973. 249 Dietz 1910, S. 185–259  ; Fischer 1929, S. 97–106. 250 Westermann 1997, S. 429 f.

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Zum Handelsartikel wurde das Bier als Massengetränk in Nord- und Ostdeutschland seit etwa 1300, als die Verwendung des Hopfens es gegenüber dem rheinischen „Grutbier“ (wegen der Verwendung von Kräutern) länger haltbar und damit exportfähig machte251 – abseits der lokalen Ausschankmonopole in den dörflichen Krügen. Der zusätzliche wirtschaftliche Sog auf das Umland muss sehr hoch gewesen sein  : Wenn Lübeck in den Jahren zwischen 1400 und 1450 tatsächlich jährlich etwa 120.000 hl herstellte, dann bedeutete das allein einen Bedarf an Gerste in der Größenordnung von 10.000 t252  ; dazu kam der Hopfenhandel, für den sich neben dem spezifischen Gärten im Umland bald eigene spezialisierte Produktionsstandorte herauskristallisierten (Kap. 4.1.1.2). Ein großer Teil des Bieres wurde in den Städten selbst getrunken  ; so hat man etwa 1475 einen Verbrauch von 310 l pro Kopf errechnet, der sich bis 1615 auf 700 l mehr als verdoppelte.253 Aber der Fernabsatz wurde bald zur zweiten Säule für die Brauereiwirtschaft  ; er schnellte beispielsweise in Hamburg zwischen 1343 und 1369 von 37.500 auf 60.000 l in die Höhe. Demgegenüber fiel das Umland nicht so sehr ins Gewicht. Für Wismar lässt sich die Struktur des Absatzes genauer bestimmen  : Der Brauer Hinrik Ganskow verkaufte 1432/33 lediglich 10% seines Bieres im Umkreis von 20 km, eine Größenordnung, die für die Stadt Wismar insgesamt gilt.254 Die städtische Verteilerfunktion wurden dabei wie in Uelzen oder Bremen nur zuweilen von ländlichen Produktionsstandorten unterlaufen.255 Das entspricht den Beobachtungen für das sächsische Amt Grimma, wo das Zentrum, die Stadt Grimma, allein 71% der Gesamtmenge braute, 22,5% stammten aus den kleinen Minderstädten und lediglich 6,5% aus den Erbschenken des Amtes.256 Bier war also ein Produkt, in dem Stadt und Land über den Bezug von Gerste und Hopfen durch die Stadt, dann aber die erneute Distribution auf die Dörfer besonders eng verzahnt waren. Parallel dazu begann der weiträumige Export per Schiff nach Nord- und Westeuropa in den Küstenstädten Bremen und Lübeck bereits im 13. Jahrhundert, gefolgt von Hamburg bis Wismar und Danzig  ; im 14. Jahrhundert zogen die Binnenstädte mit der Braunschweiger „Mumme“, der Goslarer „Gose“ und vor allem Einbeck („Bockbier“) nach, wobei dessen Bier im 15. Jahrhundert bis nach Süddeutschland gelangte.257 Spätestens seit der Wende zum 16. Jahrhundert, seit die Klimaverschlechterung den Anbau von Wein reduzierte und sich mit einer Qualitätsverbesserung verband (Kap. 2.1.2), fand zudem, und zwar vor allem in Süddeutschland, eine teilweise Überlagerung bzw. Substitution des Weines durch das Bier statt. Entgegen vielfacher Annahme markiert in Altbayern erst die Wende zum 16. Jahrhundert den Anfang einer rasanten Ausbreitung

251 Irsigler 1996. 252 Lorenzen-Schmidt 2003, S. 7. 253 Unger 1992, S. 306. 254 von Blanckenburg 2001, S. 269. 255 Hill 2004, S. 89–91  ; Vogtherr 2006, S. 62. 256 Schirmer 1996, S. 96–112. 257 Plümer 1985  ; von Blanckenburg 2001, S. 223–244.

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der Braukultur im Herzogtum Bayern.258 Die städtischen Brauereien erhielten hier wie in Ostschwaben dabei aber nicht nur durch die Klöster, sondern auch durch zahlreiche Landbrauereien in herrschaftlichen Märkten eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz, zumal es billiger war und der „arme man“ durch der „Weinschenck Maaß beschwerdt vnnd Inen Ir hart errungener pfenning nit vergolten wurdt“, wie es 1565 in Lauingen a. d. Donau hieß. Dabei wurde auch die bisher übliche Einschränkung der Bierherstellung auf die Winterzeit – ergänzt durch das stärkere Märzen- als Fastenbier –, durch das leichtere Sommerbier und vor allem das Weißbier aufgehoben, das bei den Bauern der mittelschwäbischen Herrschaften besonders beliebt wurde.259 Der in Altbayern konsumierte Wein konnte ohnehin mit Ausnahme des Regensburger Umlandes nur durch Importe als „Osterwein“ aus der Wachau und solchem aus Südtirol gedeckt werden, wo die Klöster und Stifte schon seit dem Hochmittelalter mittels grundherrschaftlicher Transportketten die Erträge ihrer Güter bezogen.260 Exportfähiges Bier wurde hier erst seit dem beginnenden 16. Jahrhundert gebraut – und mit den Reinheitsgeboten von 1487 für München und 1516 für Gesamtbayern belegt, wonach das Bier aus „nichts anndern  : dann hopfen, gersten vnd wasser gesotten“ werden durfte.261 So verzahnte sich im Spätmittelalter der Bier- mit dem Weinhandel aus den traditionellen Anbaugebieten am Bodensee, am Ober- und Mittelrhein, an Neckar, Main und Mosel, ergänzt durch Südtirol und Niederösterreich. Besonders deutlich wird das an Köln als zentralem Weinhandelsplatz im Nordwesten. In der Glanzzeit des ausgehenden 14. Jahrhunderts wurden durchschnittlich 121.000 hl pro Jahr (1379–1384  : 13.830 Fuder), in Spitzenjahren sogar bis zu 269.000 hl umgeschlagen – dann sank das Volumen auf gut 60.000 hl, weil der Bierkonsum anstieg. Die Weingroßhändler schlossen in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts feste Lieferverträge auf Jahre mit den Erzeugern ab, der Kundenkreis für Qualitätsweine vom Elsass, der Pfalz und dem Rheingau reichte bis in den Hanseraum nach Brügge und Nowgorod.262 Geht man eine Ebene tiefer zu den Erzeugern, so wird deutlich, dass die Grundherren am Mittelrhein ihren Wein weitgehend in diesem Zentrum Köln vermarkteten  : Klöster wie Eberbach oder Adlige wie die Grafen von Katzenelnbogen organisierten den Schiffstransport in jährlichen Köln-Fahrten – letztere beispielsweise 1438 mit insgesamt 64 Fudern, was einen Gesamtaufwand von 132 fl für den Transport bedeutete. Umgekehrt unternahmen die Kölner Weinhändler Einkaufsfahrten an den Mittelrhein, vorbereitet durch einheimische Agenten und abgewickelt mithilfe amtlicher Makler, denn seit dem 15. Jahrhundert übernahmen vielfach die Gemeinden die Aufsicht über den Weinverkauf, was eine zunehmende Abhängigkeit der Erzeuger aber nicht vermeiden konnte.263 258 Gattinger 2007, S. 39-50  ; Letzing 1995. 259 Kießling 1989, S. 211 f., S. 477 f., S. 609 f., S. 676 f. 260 H. Klein 1949/50  ; A. O.Weber 1999. 261 Gattinger 2007, S. 42–44. 262 Irsigler 1975, S. 285–287. 263 Volk 1998, S. 700–716.

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Die steigende Marktorientierung wird in Franken erkennbar, wo die anfängliche Ausweitung der Anbauflächen auch auf weniger gute Lagen im Laufe des 16. Jahrhunderts zugunsten von Baumobst mit Unterkulturen von Beerenobst und Gemüse zurückgenommen wurde, gleichzeitig aber die Intensivierung des Anbaus auf eine Qualitätssteigerung zielte – wenn man nicht ohnehin dem Hopfen wie im Raum Spalt den Vorzug einräumte, das 1538 mit einem Gütesiegel von seinem Landesherrn, dem Bischof von Eichstätt, geschützt werden sollte.264 Die Ausfuhr des Frankenweins selbst reichte zum einen über den Main bis nach Köln – trotz der Konkurrenz durch die Rheinweine –, über den Thüringer Wald bis nach Sachsen und über die Oberpfalz nach Prag bzw. Niederbayern bis Salzburg.265 Im württembergischen Neckargebiet fand noch im 14. Jahrhundert eine Umwandlung von Ackerflächen und Obstgarten in Weinberge statt, weil der Absatz – vor allem über Ulm und Esslingen – anstieg, während im 15. Jahrhundert dann Absatzprobleme durchschlugen, die einen deutlichen Flächenrückgang nach sich zogen  : Wegen der relativ bescheidenen Qualität konnte er sich gegenüber der Nachfrage nach gehaltvolleren Südweinen aber nicht in gleichem Maße halten.266 Immerhin stellte der Wein noch im 16. Jahrhundert ein wichtiges Exportgut dar, für 1520/21 schätzt man den Ertrag allein aus den herzoglichen Güter auf knapp 21.000 hl, und 1599 stellte der württembergische Landtag fest, es sei „einig und allein dieß … herzogthumbs … untertonen fürnembste nahrung“.267 4.2.2.4 Rohstoffe für die Gewerbelandschaften  : Textilfasern, Färbemittel und Holz Mit Flachs, Hanf und Schafwolle als Rohstoffen, Waid und Krapp als Färbemitteln, waren die agrarischen Kulturen besonders eng mit der gewerblichen Wirtschaft verbunden. Im Hochmittelalter noch auf dem einheimischen Angebot aufbauend, entwickelten die sich verdichtenden Gewerbelandschaften bald wegen des steigenden Rohstoffbedarfs weitreichende Handelsverbindungen. So verknüpfte ein Großkaufmann wie der Konstanzer Ulrich Imholz schon in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts im Bodenseeraum den regionalen Einkauf von Flachs mit einer dominierenden Stellung in der Leinenproduktion.268 Bald reichte der heimische Flachanbau in Oberschwaben trotz Intensivierungsansätzen und einem dichten Geflecht von Märkten, die neben den Erzeugern über ländliche Garnhändler („Kauderer“ oder „Pfragner“) die städtischen Zentren bedienten269, nicht mehr aus. Seit der Wende zum 16. Jahrhundert ergänzten Importe aus Mitteldeutschland das Angebot, die ihrerseits nach Preußen und bis ins Baltikum ausgriffen. Danzig und Königsberg waren insgesamt die wichtigsten Umschlagplätze für den Export in die westlichen Leinen­ 264 Weiß 1997, S. 898 f.; Störmer 1967. 265 A. O.Weber 2010, S. 417. 266 Krämer 2009. 267 Boelcke 1987, S. 60 f. 268 Wielandt 1950, S. 31 f. 269 Kießling 1989.

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reviere270, und in dieses weiträumig verzahnte Handelsgebiet wurden auch kleinregionale Produktionen wie die von Uelzen integriert.271 In Westfalen griffen im Gegensatz zum reichsstädtisch bestimmten oberschwäbischen Handel die Landesherren stärker ein. So organisierten Elberfelder Kaufleute z. B. in der Grafschaft Lippe auch unter Mithilfe der Landesherrin den Einkauf von Garn über einen Kommissionshandel und die verlegerische Anbindung von ländlichen Garnhändlern. Freilich wurde die Masse des westfälischen Garns durch die Elberfelder und andere rheinische Kaufleute zunehmend zusammen mit Garnen aus einem weiten Einzugsgebiet nach Holland exportiert.272 Der Wollhandel war dagegen schon früh von zwei unterschiedlichen Komponenten bestimmt, die sich mehrfach überlagerten  : Während die feine Tuchproduktion mit flämischer und englischer Importwolle arbeitete, wurde für einfachere Sorten die gröbere einheimische Wolle herangezogen, sodass ihre Fertigung ihrerseits regionale Handelsstrukturen ausbildete. In Köln als Zentrum am Niederrhein reichte seit dem 13. Jahrhundert der nähergelegene mittel- und niederrheinische Raum bald nicht mehr aus und zusätzliche Importe aus Hessen, dem Oberrhein und Südostdeutschland über Nürnberg mussten die Lücke abdecken. Der eigene Einkauf von Meistern im Umland der Stadt, teilweise auch von handwerksinternen sog. Fürkäufern im 4-Meilen-Umkreis (1489), wurde dabei durch den Wollhandel von Kaufleuten auf den Messen von Brabant oder Frankfurt überlagert, der freilich auch zu Abhängigkeiten der städtischen und ländlichen Weber in der Produktion führte.273 Nördlingen baute die Lodenweberei als Substitution des Barchent zunächst auf der Basis einheimischer Wolle auf, im Laufe des 16. Jahrhunderts jedoch tätigten kapitalkräftige städtische Wollhändler Einkäufe in ganz Franken von Rothenburg bis Coburg und drangen bis nach Altbayern vor.274 Zu wichtigen Wollmärkten stiegen die Leipziger und Naumburger Messen auf  ; allein durch das Amt Grimma wurden dabei 1532/33 bis 1536/37 durchschnittlich 48 Wagenladungen, also gut 580 Ztr. geleitet.275 Kleinräumigere Strukturen finden sich im Südwesten, wo die Markgrafen von Baden seit 1486 eine ländlich-kleinstädtische Wollweberei mit dem Exportverbot von Wolle 1527 zu verbinden suchten, was bald darauf (1536) auch Württemberg übernahm.276 Auf einer grundständigen Verarbeitung einheimischer Wolle entwickelte sich auch die Lodenherstellung in Bayern, dessen Rohstoffbasis offenbar weitgehend lokal angelegt blieb und nur München und Ingolstadt zusätzliche Importe aus Böhmen verarbeitete – allerdings damit in eine Stagnation mündete.277 270 Stark 1973, S. 124–128, 271 Vogtherr 2006, S. 60. 272 Geiger 1976, S. 37–47. 273 Irsigler 1979, Wirtschaftliche Stellung, S. 37–43  ; Irsigler 1975. 274 Kießling 1989, S. 224–234. 275 Schirmer 1996, S. 145–149  ; S. 295–299. 276 Gothein 1892, S. 545–565. 277 Schremmer 1970, S. 78–99.

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Mit der Verdichtung zu Textilgewerbelandschaften verband sich naturgemäß der weiträumige Vertrieb von pflanzlichen Färbemitteln. Abgesehen vom „Rausch“, der auf natürlichem Vorkommen beruhte und für den schwäbischen Barchent in großen Massen aus Tirol importiert wurde, gewann der gezielte Anbau von Krapp (rot) und Waid (blau) besondere Bedeutung (Kap. 4.1.2.2). Bereits seit dem 13./14. Jahrhundert ist der oberrheinische Krapp im Elsass und um Speyer sowie an der Mosel um Trier und in den Niederlanden im Kontext regionaler Verarbeitung bezeugt. Im 16. Jahrhundert wurde er in Schlesien um Breslau und Liegnitz über einen intensiven Anbau auf die Ebene eines großräumig angelegten Exports gehoben, der oderabwärts bzw. über Thorn und Danzig in das niederländische Tuchrevier ablief, über Thüringen und Sachsen aber auch Nürnberg und damit Oberdeutschland und den Südosten erreichte.278 Diesen Status hatte der Waid am Niederrhein um Köln schon im 14. Jahrhundert erreicht.279 Die Thüringer Produktion wurde für Mittel- und Süddeutschland dominant, erreichte aber auch den Nordwesten  : Auf einem breiten bäuerlichen Anbau basierend, kamen die Waidbällchen zum einen über das bäuerliche Angebot auf die Märkte von Mühlhausen, Naumburg und Arnstadt in den Handel, die Masse aber von spezialisierten Waidhändlern vor allem über Erfurt, für das 1579 allein 2.316.294,4 l Ballwaid verzeichnet wurden.280 Für den Osthandel nach Breslau konnte der Görlitzer Stapel seit 1339/40 eine Monopolstellung gewinnen, den um 1470 ebenfalls 560 Wagenladungen durchliefen, dem dann freilich im sächsischen Großenhain eine Konkurrenz erwuchs.281 Für den Export nach Nordwesten nutze man vor allem die Weserschifffahrt nach Bremen.282 Wichtigstes Verteilerzentrum für das hessisch-mittelrheinische Textilrevier wurde Frankfurt a. M.283 und für Oberdeutschland Nürnberg, wo seit 1357 Waidmesser und seit 1377 eigene städtische Waidmeister den Handel überwachten  ; bereits seit Beginn des 15. Jahrhunderts waren dort jährlich um die 200 Wagenladungen üblich, in Spitzenjahren wie 1476–78 wurden bis zu 600 Wagenladungen bezogen – ehe seit den 1570er-Jahren der Indigo dem Waid den Rang abzulaufen begann.284 Stärker abhängig von den naturräumlichen Voraussetzungen war die Belieferung mit Holz und Holzkohle  : Eine Stadt wie Nürnberg konnte die benachbarten Reichswälder nutzen, andere waren auf den Holzeinschlag in den Gebirgsregionen und den Transport über die Flößerei angewiesen. Die Analyse in Altbayern zeigt, dass die Holzversorgung der Städte an der Isar über die Flößerei zunächst auf die Initiative der Landbevölkerung zurückging und erst im 15. Jahrhundert die Eigeninteressen der herzoglichen Landesherren regelnd einzugreifen versuchten – was freilich die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten 278 F.-W.Henning 1972. 279 Irsigler 1979, S. 89–93. 280 W. Held 1988, S. 107–111. 281 Jecht 1923. 282 März 2001, S. 67. 283 Selzer 2010, S. 301–307. 284 Sakuma 1993, S. 97–111  ; Selzer 2010, S. 294–301, S. 397–412.

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und gewerblichen Erwerbsformen kaum beeinträchtigen konnte.285 Sehr gut ist auch zu verfolgen, wie aus der eher lokalen Versorgung mit Holz in Schleswig von Ost nach West sich im 16. Jahrhundert ein großräumiger Handel entwickelte, bei dem die nördlichen und östlichen Teile Dänemarks bzw. Südnorwegens vor allem Bauholz in den norddeutschen und niederländischen Raum lieferten.286 Interregionale Bedeutung erlangte gleichermaßen der Holzhandel über den Main, den Oberrhein, die Weser und Elbe und die Hollandflößerei  ; auf der gleichen Ebene lag der massenweise Holzexport aus Preußen über die Ost- und Nordsee bis nach England und Schottland. 287 Überblickt man die Strukturen in den verschiedenen Sparten des Handels mit agrarischen Produkten, so wird deutlich, wie sehr seit dem späten Mittelalter die Agrarwirtschaft mit der Urbanisierung und Entfaltung der Gewerbelandschaften verbunden war. Die Kommerzialisierung und Monetarisierung, die daraus resultierten, banden die ländliche Wirtschaft immer mehr in die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ein, auch wenn sie dafür nur selten den Motor abgaben. Die Gelenkstelle dafür ist vielfach in das 14. Jahrhundert zu datieren, in der die Versorgung der nichtagrarischen Bevölkerung zunächst die Marktbeziehungen zu den größeren Städten ausbildete, dann aber auch eine weiterreichende Warenzirkulation stimulierte. Das gilt sicher für die regionale und territoriale Versorgung, die über Versuche der Marktlenkung unterstützt, aber auch begrenzt werden sollte. Sie blieb aber nicht auf dieser Stufe stehen, sondern band die sich spezialisierenden Agrarlandschaften spätestens im 16. Jahrhundert in den Sog der interregionalen Handelsströme ein. 4.2.2.5 Bäuerlicher Wohlstand als Ergebnis der Partizipation am Handel Die Auswirkungen auf die ländliche Gesellschaft waren vielfältig. Während am Ostseerand die Profite aus dem Getreideexport größtenteils in die Kassen der expandierenden Gutswirtschaften flossen, partizipierten in einer Region, die vom Osten Niedersachsens über die Magdeburger Börde bis nach Thüringen und Sachsen reichte, Gutsbetriebe und größere Bauernwirtschaften gleichermaßen am Aufschwung des Getreidehandels. Im Süden dagegen waren beinahe ausnahmslos größere Bauern von der Expansion begünstigt288, und zwar in solchen Gebieten, in denen sich die Bevölkerungsverluste in Grenzen gehalten hatten, bereits an der Schwelle zur Neuzeit. In Straßburg z. B. setzten sich 1501 „täglich“ mehr als 80 Wagen von Bauern aus dem elsässischen Kochersberg in Bewegung, die Korn für „Schwaben“ bis nach Bregenz beförderten.289 Im sächsischen Amt Grimma bildete sich bäuerlicher Wohlstand dagegen erst im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts 285 Freitag 2007. 286 Poulsen 2011, S. 64–69. 287 Kießling 1995, S. 159–167. 288 Holenstein 1996, S. 45–49. 289 Rapp 1975, S. 100.

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stärker heraus, als „die mittelalterlich geprägten Bauernwirtschaften, die vorrangig zum Eigenbedarf produzierten“, von „modernen … Betrieben abgelöst“ wurden, deren Kennzeichen „hohe und sehr hohe Marktquoten“ waren290. Zwischen 1531 und 1546 stiegen dort die Einkommen der Bauern, die Überschüsse auf den Markt bringen konnten, im Einklang mit den Lebensmittelpreisen kontinuierlich an.291 Etwa zur gleichen Zeit sorgte die Konjunktur selbst in einem wenig für intensiven Getreideanbau geeigneten Gebiet wie der Abtei Ottobeuren292 für Einkommenssteigerungen bei den größeren Bauernwirtschaften. Große Bauern saßen bereits im Hochmittelalter in den Gemeinden oft an den Schaltstellen, teils als Partner, im Konflikt jedoch nicht selten auch als Gegner von Grund- oder Landesherrschaften.293 Zusammen mit der Konsolidierung der Gemeindeverfassungen im 16. Jahrhundert und der Schaffung neuer bzw. der Revitalisierung älterer dörflicher Ämter im Zuge der Kirchenreformen trug die Festigung der ökonomischen Grundlagen, einhergehend mit der Sanktionierung einer auf Statusbewahrung zielenden Heiratspolitik durch Kirchen und Territorialstaaten zur weiteren Positionsverbesserung der bäuerlichen Oberschichten bei. Der Aufbau außergewöhnlich großer Vermögen war jedoch selbst in diesem Szenario der Stärkung bäuerlichen Reichtums ein Phänomen, das auch die Zeitgenossen mit Verwunderung wahrnahmen. Er war am ehesten dort möglich, wo Getreidebau mit Fuhrund Handelstätigkeit, ggf. auch Geldverleih kombiniert werden konnten. Der Bauernhandel an der Nord- und Ostsee und an den überregionalen Handelswegen bot besonders gute Chancen – z. B. entlang der Flüsse Elbe294, Donau und Inn295. Hohe Vermögen wurden bei Angehörigen der bäuerlichen Oberschicht aber auch in einem Territorium wie Hohenlohe inventarisiert296, das abseits der großen Handelswege lag. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel bäuerlichen Reichtums gedieh jedoch auf den Lössböden des schwäbischen Strohgäus, wo schon im Spätmittelalter Getreide nahezu in Monokultur angebaut wurde. In den Händen des 1599 verstorbenen Bauern Georg Minner aus Kornwestheim konzentrierte sich ein Vermögen, dessen Inventarisierung Ende 1599 beinahe einen ganzen Monat in Anspruch nahm. Es ergab in etwa den Betrag von 80.000 fl. Schon 1555 hatte Minner mehr als 150 ha bewirtschaftet. Östlich der Elbe wäre mancher Junker für ein solches Gut dankbar gewesen. Minner konnte Getreide in erheblichen Mengen verkaufen, trat als Fuhrunternehmer in Erscheinung und trieb in großem Umfang Geldverleih.297 290 Schirmer 1996, S. 157. 291 Schirmer 1996, S. 64. 292 Sreenivasan 2004. 293 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 44 f. 294 Harnisch 1980, S. 48. 295 Rebel 1983, S. 87–93. 296 Robisheaux 1989, S. 247–250. 297 Boelcke 1964.

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Neben dem Getreideverkauf konnte sich auch spezialisierte Tierhaltung auszahlen, v. a. im Norden Deutschlands, wo die entsprechenden naturräumlichen Bedingungen vorlagen. Unter den spezialisierten Bauern in Holstein und in der ostfriesischen Marsch befanden sich auch kleinere Höfe.298 Der Wohlstand der „Butterschiffer“ an der Weser begann sich in den Dörfern spätestens Ende des 16. Jahrhunderts in repräsentativen Gebäuden und kostbaren Einrichtungsgegenständen darzustellen299, oft auch in der reichen Ausgestaltung der Kirchen und der verbreiteten Gründung von Schulen.300 Selbst im Osten, wo die Gutswirtschaft immer stärker Raum griff, erreichte zumindest im Einzelfall die Prosperität das bäuerliche Milieu. So hinterließ im Amt Wilsnack ein Hüfner 12 Pferde, 15 Kühe, 8 Schafe und 7 Schweine.301 Schlaglichtartig werden damit Möglichkeiten einzelbetrieblichen Wirtschaftserfolges sichtbar302, die noch vielfach hinter den von der Forschung oft hervorgehobenen kollektiven Bindungen verborgen liegen. Im Amt Wilsnack bestand diese Möglichkeit im Pferdehandel, da ausgedehnte Bruch- bzw. Sumpfgebiete artgemäße Haltung und Zucht erlaubten. Andere Chancen thematisierte ein Mitte des 17. Jahrhunderts protokollierter Dialog zweier Nachbarn im Raum Boppard. So fragte ein erfolgreicher Bauer einen Neider zurück, warum er seinen Betrieb nicht auch auf neue Absatzmöglichkeiten hin einrichte, „warumb er nicht auch sich kühe stelle“.303 4.2.3 Ländliches Gewerbe

Obwohl lange Zeit in der Forschung vernachlässigt, lässt sich nicht übersehen, dass das Gewerbe einen signifikanten Stellenwert in der ländlichen Gesellschaft einnahm. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, dass sich darunter viele Formen subsumieren lassen, seien es hauptberuflich ausgeübte Handwerke, seien es im Nebenerwerb mit einer Kleinlandwirtschaft verbundene Tätigkeiten. Einige davon lassen sich zudem als wichtige Indikatoren für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel in der Vormoderne einstufen, der seit dem Spätmittelalter, wenn auch regional unterschiedlich, zu beobachten ist. Unter ihnen finden sich304 sowohl die traditionellen Dorfhandwerke der Müller, Schmiede, Wirte oder die dörflichen Dienstleistungen der Hirten sowie alle die Handwerke, die Grundbedürfnisse abdeckten wie Bäcker und Metzger, Schneider, Schuster oder Sattler, Zimmerleute und Maurer bzw. dem Verkehr dienten wie die Schiffsleute oder Wagner. Standortgebunden waren demgegenüber Hafner und Ziegeleien oder Waldgewerbe wie die Köhler sowie der Betrieb verschiedener Formen von Mühlen (Säg-, Öl-, Papier-) als 298 Bölts 1966, S. 200. 299 Küster 1999, S. 272. 300 Norden 1984, S. 255. 301 Peters 2007, S. 239. 302 Bentzien 1984, S. 82  ; Schirmer 1996, S. 157. 303 Rummel 1991, S. 308. 304 Reininghaus 1990, S. 64–75  ; Meier 1986, S. 23–36, S. 97–116.

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Abb. 38  : Die Gleismühlen  : Eine Anlage früher Papiermühlen im Umland von Nürnberg, kolorierte Federzeichnung von Wolf Jacob Stromer, 1590 (Ausschnit).

der wichtigsten Energietransformatoren samt den Hammerwerken305. (Abb. 38) Davon abzuheben ist das ausgesprochene Exportgewerbe, das sich vor allem als Textilgewerbe, aber auch in der Metallverarbeitung flächig entfaltete und spezifische Gewerberegionen ausbildete. Saisonale Wandergewerbe von Fremden ergänzten schließlich die Palette der Möglichkeiten. 4.2.3.1 Entstehung und Verbreitung Mit der Auflösung der Villikationsverfassung und der „Verdorfung“ im Hoch- und Spätmittelalter306 blieben die ehemals in den Fronhöfen angesiedelten gewerblichen Funktionen teilweise über das Bannrecht in der Verfügungsgewalt der Grundherren, gingen aber zumindest teilweise auch auf die Gemeinden über. Davon betroffen waren vor allem die Mühlen, Tavernen, Backhäuser, Schmieden und Badstuben, die in Süddeutschland unter der Bezeichnung „Ehaften“ ihre besondere Stellung bewahrten. Insbesondere der 305 Zu letzteren Gilomen 2014, S. 69–72. 306 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 29–44.

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Mühlenbann mit seiner Zuordnung von bäuerlicher Hintersassen und den besonderen Leiheformen307 hielt sich noch lange, in Bayern auch die herrschaftliche Besetzung von Wirtshaus und Schmiede, während für weite Bereiche Südwestdeutschlands diese Ehaften seit dem Spätmittelalter zunehmend von den Gemeinden in Anspruch genommen wurden.308 Im kurpfälzischen Oberamt Alzey verblieben nur mehr die Mühlen in der Hand der Grundherren, während die Bannbackhäuser als Monopolbetriebe an die Gemeinde übergegangen waren und nun unter der Ordnungskompetenz des Landesherrn an Bäcker verpachtet wurden  : „Wer Brot zu backen hatte, musste dies dem Bäcker mindestens einen Tag zuvor mitteilen. Dieser brachte ihm dann eine ‚mule‘, in der der Teig bereitet wurde. Der Bäcker holte den fertigen Teig ab. … War das Brot gebacken, musste es der Bäcker dem Nachbarn noch am gleichen Tag nach Hause bringen“.309 In Württemberg, Franken und Hessen wurden diese Gewerbe seit dem 16. Jahrhundert von Kleinbauern sogar schon privat betrieben.310 Im Falle der gemeindlichen Einbindung erfolgte die Bezahlung nicht immer nur nach festgelegten Gebühren, sondern gelegentlich auch über jährliche Naturallieferungen der Dorfmitglieder.311 Für den lokalen Markt arbeitende Landhandwerker werden seit dem generellen Bevölkerungsanstieg im 15./16. Jahrhundert nach dem Einbruch der großen Pestwellen vermehrt greifbar. Zwar wird die Migration von städtischen Handwerkern aufs Land dabei nicht ganz auszuschließen sein, doch ist die Entstehung vorrangig aus den ländlichen Bedingungen abzuleiten  : Der Strukturwandel in den Dörfern mit der Ausdifferenzierung zahlreicher Kleinbauernstellen, den Seldnern, Köttern, Gärtnern, bzw. die Ansiedlung von Häuslern ohne landwirtschaftlichen Baugrund bis hin zu den Familien ohne eigene Behausung (sog. Gehäusete, Inwohner u. ä.) zog die Notwendigkeit des gewerblichen (Zusatz-) Verdienstes nach sich. Wird etwa für das Amt Meißen und die meisten kursächsischen Ämter die Schicht der Gärtner und Häusler um die Mitte des 16. Jahrhunderts mit 25% aller Landbewohner geschätzt312, und hielten sich im westlichen Altbayern beide Gruppen um 1600 noch die Waage313, so wurde in Ostschwaben314 schon im 16. Jahrhundert die Struktur der meisten Dörfer mehrheitlich von Seldnern und Häuslern bestimmt, und auch im Breisgau stellten in dieser Zeit die „Karrenmeier“ als Kleinbauern zusammen mit den Taglöhnern bis zur Hälfte der Dorfhaushalte.315 Ihren Lebensunterhalt konnten sie zwar teilweise als Arbeitskräfte für die größeren Bauern bestreiten, in erheblichem Maße musste aber der Erwerb über handwerkliche Tätigkeiten erfolgen. 307 Bader 1973, S. 36–44. 308 Bader 1967, S. 373–379. 309 Schmitt 1992, S. 217–219, S. 269–271, Zitat S. 271. 310 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 41. 311 von Trauchburg 1995, S. 341–364. 312 Keller 2002,S. 180, S. 185, 313 Rankl 1999, S. 1085 f. 314 Grees 1975. 315 Strobel 1972, S. 122–124.

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Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen ließen dabei verschiedenartige Verbreitungsgebiete des ländlichen Gewerbes im Bereich des Alten Reiches entstehen  : Am ehesten als Fortschreibung der alten Strukturen mag die Entwicklung in Mecklenburg-Schwerin gelten. Noch im ausgehenden 16. Jahrhundert waren hier in 919 Orten lediglich 455 Handwerker verzeichnet, davon knapp die Hälfte Schmiede und Müller, nur vereinzelt Schuster und Schneider, lediglich lokal Radmacher an den Verkehrsachsen. „Die Herstellung aller Güter des Arbeitens und des täglichen Lebens der bäuerlichen Bevölkerung und der Landarmut war noch weitgehend Bestandteil der Hauswirtschaft.“ Dabei spielte wohl das landesherrliche Verbot des Landhandwerks in den Polizeiordnungen seit 1516 eine zusätzliche dämpfende Rolle.316 Demgegenüber verfügte der Südwesten über ein dichtes Landhandwerk. Dabei waren in Gebieten mit großbäuerlicher Dominanz vielfach nur die Versorgungsgewerbe aus der „dörflichen Hauswirtschaft ausgeschieden“ worden.317 Immerhin signalisiert im Hochstift Speyer seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert die Einbeziehung der dörflichen Handwerksmeister wie Schreiner, Schuhmacher, Leineweber in die städtische Zunft von Bruchsal ein wachsendes Landgewerbe318, ganz ähnlich wie das im Herzogtum Berg im Land unterhalb der Wupper für die Schuhmacher schon seit 1453 bezeugt ist.319 Als zusätzliches Strukturmerkmal ist sicher seit dem 14./15. Jahrhundert die Stadtnähe für die Ausbildung regionaler Profile einzubeziehen  : Dadurch entstanden in vielen ländlichen Regionen ausgeprägte agrarisch-gewerbliche Mischökonomien mit deutlichem Marktbezug. In vieler Hinsicht eine Vorreiterrolle spielte in dieser Hinsicht Köln  : Abgesehen vom regionalen Tuch- und Eisengewerbe, auf das noch einzugehen ist, hatte hier die Lederproduktion bereits im 15. Jahrhundert stark auf das Umland ausgegriffen.320 In Nördlingen stimulierte die Pfingstmesse als wichtige Regionalmesse die Marktmechanismen zusätzlich, sodass sich die Stadt zu einem Zentrum eines regionalen Ledermarktes entwickelte, dessen Ressourcen in der Viehzucht und den Ochsentrieben lagen, das Land aber ebenfalls bei der Aufbereitung von Leder einbezogen wurde.321 Das waldfreie Ries ermutigte zudem die Bauern der bewaldeten Randhöhen, den eigenen Holzeinschlag mit der Verarbeitung zu Brettern zu verbinden und als „Pretter bawrn … dye gewonlichen Wochenmärckt… zu besuchen“, ja massenweise rohe Bettgestelle herzustellen und auf den Markt zu bringen, die von den städtischen Schreinern für den Messeabsatz nur mehr weiter zugerichtet wurden.322 Ganz ähnlich wurden Fassdauben für die Büttner von Würzburg und am Rhein auf dem Land vorgefertigt – wofür sich spezialisierte Märkte wie Odernheim bildeten.323 316 Schultz 1984, S. 79–81, S. 118 f. 317 Reininghaus 1990, S. 70. 318 Drollinger 1974, S. 210. 319 Wesoly 2002, S. 493 f. 320 Irsigler 1979, Wirtschaftliche Stellung, S. 217–224. 321 Kießling 2011, Aspekte. 322 Kießling 1989, S. 254 f. 323 Göttmann 1977, S. 18.

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Im Umland von Memmingen beteiligten sich Dorfschmiede an der Herstellung von Sensen, die im Allgäu zur Massenware wurden, und auf dem Land produzierte Holzräder wurden in der Stadt nur noch in einer Endmontage mit Eisenringen beschlagen. Dass im 16. Jahrhundert dort auch immer mehr Schuster in den Dörfern zu verzeichnen waren, die dazu tendierten, nicht nur auf die offiziellen Märkte zu drängen, sondern auch mit ihrer Ware zu hausieren, lag im Trend des wachsenden Dorfhandwerks.324 4.2.3.2 Gewerbelandschaften Einen eigenen Entwicklungspfad gingen freilich die Regionen, in denen sich eine flächig ausgeprägte gewerbliche Produktion einstellte. In derartigen Gewerbelandschaften v. a. der Textilherstellung und Eisenverarbeitung – bei Bergbaurevieren fehlt demgegenüber vielfach eine ausgeprägte städtische Infrastruktur325 – entfalteten sich die engen Verzahnungen von Stadt und Land zu Mustern abgestufter ländlich-städtischer Arbeitsteilung  : Für Köln und Nürnberg war etwa die Herstellung von Eisenwaren in der engen Verbindung mit dem benachbarten Bergbau kennzeichnend, Konstanz, Augsburg und Ulm stehen für die frühe Herstellung von Textilien.326 Die Entstehung dieser Gewerbelandschaften ist noch keineswegs völlig geklärt, doch lassen sich als Ursachen wohl zwei Faktoren ausmachen327  : Zum einen schuf die Verdichtung von Städtelandschaften, mit denen eine verstärkte Marktorientierung Hand in Hand ging, Voraussetzungen dafür, dass das flache Land in die Produktion von Exportgütern einbezogen wurde – wie das in besonders ausgeprägtem Maße auch in Flandern und den südlichen Niederlanden seit dem 14. Jahrhundert der Fall war.328 Zum anderen trug eine tendenziell steigende Bevölkerung dazu bei, dass sich in der ländlichen Gesellschaft eine Schicht abzuheben begann, die nur mehr zum Teil oder gar nicht mehr von der Landwirtschaft leben konnte, sich also von handwerklicher Arbeit ernähren musste. Für Süddeutschland bietet sich an, die Weichenstellung in der Mitte des 14. Jahrhundert zu suchen, wobei offensichtlich eine besondere Konstellation maßgebend wurde. Das Ausbleiben des „Schwarzen Todes“ in weiten Gebieten Ostschwabens und Frankens329 legt es nahe, die ansonsten generell konstatierte Agrarkrise des 14. Jahrhunderts erheblich zu modifizieren  : Ein demografischer Einbruch fand hier erst um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert statt, und auch der lediglich in abgeschwächter Form. Die tendenzielle Überbevölkerung schlug sich in einem Anwachsen der kleinbäuerlichen Stellen – der oberschwäbischen Selden – nieder, deren landwirtschaftliche Nutzfläche in der Regel nicht mehr ausreichte, um die Familie ernähren zu können. Für die Klostergrundherr324 Kießling 1989, S. 508 f., S. 514 f., S. 517 f. 325 Mitterauer 2010. 326 vgl. Schulz 2010, S. 158–188. 327 von Stromer 1986. 328 Van der Wee 1975  ; Holbach 1987  ; Stabel 2002. 329 Fößel 1987, Kießling 2005, Schwarze Tod  ; Kießling 2010.

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Abb. 39  : Trittwebstuhl, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts (links). Das Haspeln der Baumwolle (rechts), Holzschnitt, Augsburg 1477.

schaft des oberschwäbischen Weingarten hat man einen Grenzwert von 10–14 Jauchert (5–7 ha) Ackerland errechnet und 1530 etwa ein Drittel der Anwesen in diese Kategorie eingeordnet.330 Nicht überall waren die Stelleninhaber in der Lage, auf Spezialisierung wie den Weinbau oder die Färbepflanzen auszuweichen331, sondern sie waren auf den Zuerwerb als Taglöhner, Waldarbeiter oder im gewerblichen Bereich angewiesen.332 Da sich für den Bodenseeraum und das östliche Schwaben ein flächiges Leinentextilexportgewerbe bereits seit der Wende zum 13. Jahrhundert nachweisen lässt333, war dort eine ausreichende Grundlage für einen Ausbau vorhanden. Es lässt sich wahrscheinlich machen, dass der Transfer des Barchent – eines Mischgewebes aus Leinen und Baumwolle, der auf den europäischen Märkten auf eine hohe Nachfrage stieß – in den 1360/70er-Jahren aus den oberitalienischen Produktionsgebieten nach Süddeutschland gerade wegen der dafür nötigen Arbeitskräfte trotz der dafür notwendigen Umstellung auf den Trittwebstuhl und der neuartigen Verarbeitung von Baumwolle (Abb. 39) nicht zuletzt im ländlichen Be330 Sabean 1972, S. 48–85. 331 Robisheaux 1989, S. 68–91, 332 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 62 f., S. 67 f.; von Friedeburg 2003, S. 37–41. 333 Ammann 1953.

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reich erfolgreich etabliert werden konnte  ; dort war über den Flachsanbau und das Garnspinnen der Weg zur städtischen Produktion bereits vorbereitet.334 Für die Nürnberger Eisenwaren ist die enge Anbindung an das „Ruhrgebiet des Mittel­ alters“, den Eisenbergbau in der Oberpfalz, seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert erkennbar  : Seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden 100–120 Schienhämmer und eine steigende Zahl von Blechhämmern an den Bächen und Flüssen östlich der Stadt bis ins Fichtelgebirge betrieben, die das nötige Roheisen und die Zwischenprodukte für die Massenproduktion herstellten.335 Entscheidend für die Ausformung als Gewerbelandschaft wurde auch hier die Einbeziehung ländlicher Arbeitskräfte. Frühe Belege für einen Verlag in den ersten Satzungsbüchern von 1320/30 verweisen auf eine über die Stadtmauern hinaus greifende, arbeitseilige Organisation, die sich in eigenen Gewerbeorten des Nürnberger Landgebietes und der angrenzenden Territorien verdichtete.336 Der Stellenwert des Landes für die Kölner Produktion von Metallwaren ist ganz ähnlich einzuschätzen. Mit der Herstellung von Waffen schon seit dem 12. Jahrhundert exportorientiert, ergab sich in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts ein „starker Trend zum Übergang von der Urproduktion zur Veredelungstechnik“, wobei damit auch „die verlegerische Zusammenfassung des ländlichen, zum Teil auch kleinstädtischen Handwerks durch Kölner Kaufleute und die führenden Kräfte des Handwerks“ verbunden war.337 Besonders ausgeprägt entwickelte sich in der breiten Warenpalette die Pfannenherstellung als arbeitsteiliges Verfahren, denn „pannenschyben“, aus denen Pfannen und Böden gefertigt wurden, und „pannen­sturt­ zen“ für Deckel wurden vielfach in ganzen Wagenladungen aus dem ostrheinischen Eisenproduktionsgebieten des Siegerlandes und dem Bergischen und Sauerland bezogen (Abb. 40).338 Roh- und Schmiedeeisen lieferten im 14. und 15. Jahrhundert „drei bedeutende Erzbergbauund Verhüttungsgebiete, auf der rechten Rheinseite das Siegerländer und sauerländer Eisenrevier und linksrheinisch die Nordeifel“ – wobei im Laufe des 15. Jahrhunderts die zunehmende rechtsrheinische Eigenproduktion eine Zufuhr aus der Eifel begünstigte.339 Dass in den Gewerbelandschaften das „Land“ eine grundlegende Veränderung erfuhr, steht außer Frage  : Es wurde von einer agrarisch-gewerblichen Mischproduktion bestimmt, die bis in die Zeit der Industrialisierung anhielt.340 So stellte man auf dem Land neben dem Rohstoff auch Zwischenprodukte her, während die Endfertigung zu vermarktungsfähigen Textilien und Metallwaren meist den Städten vorbehalten blieb. Ähnliche Strukturen entstanden im Bereich der Holz- und Lederverarbeitung Schwabens.341 Die Anbindung der ländlichen Arbeitskräfte wurde vielfach über den Verlag als Organisations334 Kießling 2010, S. 26–47. 335 Götschmann 1985  ; Stahlschmidt 1971, S. 76. 336 Aubin 1967, S. 624  ; Stahlschmidt 1971, S. 50–53, S. 187–190. 337 Irsigler 1979, Wirtschaftliche Stellung, S. 165. 338 Irsigler 1979, Wirtschaftliche Stellung, S. 167–182. 339 Irsigler 1979, Wirtschaftliche Stellung, S. 192 f.; Irsigler 1979, Stadt und Umland. 340 Reininghaus 1990, S. 64–75. 341 Kießling 1989, S. 252–258, S. 504–510.

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Abb. 40  : Herkunftsorte der Kölner Eisen- und Kupferwarenlieferanten um 1500.

prinzip und die kaufmännischen Vertriebszentren sichergestellt. Deutliche Bestrebungen, das „Land“ der städtischen Führungsstellung unterzuordnen, indem vor allem die dortigen Zünfte Anläufe zur gleichberechtigten Anlieferung von Fertigwaren aus dem Umland zu unterbinden suchten, kulminierten in der generellen Abwehr des ländlichen Handwerks, wie das auch am Oberrhein sichtbar wird.342 Wurde der Zugang zu den Zünften wegen Übersetzung ohnehin zunehmend gegen „Störer, Stümpler, Pfuscher, Bönhasen und Fremde“ abgeschottet 343, so sollten die Landhandwerker in die Unehrlichkeit und Marginalität abgedrängt werden. Das blieb freilich letztlich vergeblich, denn die städtischen Interessen erfuhren verschiedene Einschränkungen  : Förderten Territorien die Verlagerung der Produktion auf das Land, wie im Textilrevier Sachsen seit dem 16. Jahrhundert auf breiter Front344, so erhielt damit das Land ein eigenständiges Gewicht. Das wurde aber auch dann entscheidend verstärkt, wenn die Organisation der Handwerker in eigene Landzünfte mündete, sodass ihre Bindungskraft an die Stadt abgeschwächt wurde – ein Vorgang, der schon im 16. Jahrhundert etwa in der Luzerner Landschaft einsetzte345, freilich erst während des 17./18. Jahrhunderts an Intensität gewann.346 342 Scott 1997, S. 102–121. 343 Schulz 1984. 344 Heitz 1961. 345 Dubler 1982. 346 Reininghaus 1990, S. 69–72.

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Die Situation in den verschiedenen Regionen zeigt allerdings erhebliche Unterschiede. In Westfalen war die Produktion von grobem Leinen, basierend auf dem Flachsanbau, traditionelle bäuerliche Nebenbeschäftigung, der Export ging in den Hansebereich, aber auch über Frankfurt nach Süddeutschland.347 Die mittelalterlichen Schwerpunkte lagen um Herford, Bielefeld und Lippe, im Münsterland und im Osnabrücker Land  ; die Herstellung wurde im 16. Jahrhundert vor allem von Kleinbesitzern wie Köttern und Heuerlingen getragen, die nicht selten auch für Zwischenhändler und städtische Kaufleute im Verlag produzierten.348 Die städtische Zentralität spiegelte sich in den Leggen, in denen die standardisierte Ware aus Stadt und Land geprüft wurde  ; eine solche ist in Osnabrück schon 1404 belegt, in Münster entstand sie um 1457.349 Die Sicherung des städtischen Vorrangs gelang über landesherrliche Einkaufsprivilegien, z. B. 1527 für Lippe, aber der Garnexport vorwiegend nach Holland unterlief die stadtbezogene Produktion.350 Gegenüber der ländlichen Selbstversorgung wurde erst in der späteren Frühen Neuzeit ein breiteres ländliches Gewerbe in die stadtbezogene Produktion integriert.351 Im mitteldeutschen Leinenrevier von Sachsen über die Lausitzen bis Schlesien und Nordböhmen lassen sich die Anfänge zwar auch bereits in der Mitte des 14. Jahrhundert datieren  : Schon 1357 wurde die Chemnitzer Bleiche für die Stadt und das gesamte umliegende Produktionsgebiet in einer 10-Meilen-Zone privilegiert und erhielt erst Mitte des 15. Jahrhunderts Konkurrenz durch andere Orte. Obwohl hier die Produktion weitgehend auf die Städte beschränkt werden sollte, entwickelte sich zwischen 1470 und 1555 im Umland von Chemnitz unter dem Schutz des Adels eine nicht unerhebliche ländliche Leinenproduktion, die über die örtliche Versorgung hinausging, dann aber wieder zurückgefahren wurde352, während sie weiter östlich unter der Regie oberdeutscher Kaufleute ausgebaut wurde. Im niederschlesischen Fürstentum Schweidnitz-Jauer konnten seit 1545 die Landweber gleichberechtigt arbeiten.353 So lassen sich etwa 1598 in 21 Orten um Liegnitz 101 Weber als „Pfuscher“ nachweisen, und um 1610/20 schätzt man den Anteil der Dorfleinwand in Schlesien relativ hoch ein und setzt ihren Wert mit 150.000 Talern etwa in der Größenordnung von 20% der Gesamtproduktion an.354 Die Waldhufendörfer in der südlichen Oberlausitz wurden auf dieser Grundlage nach dem Dreißigjährigen Kriege zu ausgesprochenen Weberdörfern.355 Wenn in Niederschlesien und Nordböhmen schon im Verlauf des 16. Jahrhunderts „die ländliche Produktion“ – sei es Garn, sei es Leinwand – „zu einem … ebenbürtigen Faktor“ gegenüber den städtischen Zünften 347 Scholz 1983, S. 446. 348 Holbach 1994, S. 167. 349 Jeggle 2000, S. 230. 350 Geiger 1976  ; Holbach 1994, S. 168. 351 Hauptmeyer 1997, S. 1216 f.; Flügel 1997, S. 93. 352 Heitz 1961. 353 Aubin/Kuntze 1940, S. 6–18. 354 Aubin/Kunze 1940, S. 269 f.; vgl. Holbach 1994, S. 169–175. 355 Schunka 2004, S. 146 f.

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wurde356, dann lag das nicht primär daran, dass die Impulse für das ländliche Heimgewerbe unterbäuerlicher Schichten vonseiten der Grundherrschaften wegen der abzuschöpfenden Einnahmen aus den Weberzinsen und „Stuhlgeldern“ (für die Webstühle) ausgingen. Vielmehr war die Zunahme der „landarmen und landlosen Stellen das Resultat eines jahrhundertelangen Prozesses des agrarischen Wandels, Bevölkerungszuwachses und der Erbschaftsteilungen, neuer Siedlungsinitiativen und der lokalen Ökonomie“. Dabei ist die Initiative der oberdeutschen Handelshäuser, das Potenzial für den Exportmarkt fruchtbar zu machen, sehr viel höher einzustufen.357 4.2.3.3 Der Fall Ostschwaben Die Entwicklungsdynamik über die Zeitschiene lässt sich am oberschwäbischen Fall einigermaßen deutlich nachvollziehen.358 So werden in der Konstanzer Leinwandordnung von 1283 und im Augsburger Stadtrecht von 1276 bereits neben den städtischen auch ländliche Weber fassbar. Die agrarische Grundlage für das Gewerbe, der in den feuchten Talniederungen gut gedeihende Flachs, wurde zunächst in den sog. Krautgärten und Beunden, die nicht dem Flurzwang unterworfen waren, seit dem 16. Jahrhundert vermehrt auch in der Brache angebaut und zu Garn verarbeitet. Die Nachweise für Flachsabgaben im Urbar des Hochstifts Augsburg von 1316/66 und ihre Erhöhung bzw. Neueinführung um 1572/74 im Raum Memmingen im 16. Jahrhundert359 verweisen auf den hohen Bedarf. Das gesteigerte Interesse in der Agrarwirtschaft wird auch im Kontext des Bauernkriegs sichtbar, weil Flachs zu den umstrittenen Kleinzehnten gehörte360  ; in der Grundherrschaft des Hans von Rot war es offenbar üblich, die „Lein­ äcker“ besser zu düngen als die „Getreideäcker“, denn es sei „ihnen wichtiger, Lein zu säen als Korn“.361 Eine enorme Produktionssteigerung bot der Transfer der Barchent­ weberei aus Oberitalien um 1370, für den die Rohbaumwolle aus dem östlichen Mittelmeerraum über Oberitalien und die zentralen Alpenpässe importiert und vor Ort bearbeitet wurde. Die Produktionsvorgänge begünstigten die Arbeitsteilung  : Die leinenen Kettfäden, bereits als sog. Wepfen in Länge und Fädenzahl gemäß den Normvorgaben vorgefertigt, wurden seit der Mitte des 15. Jahrhunderts zum bevorzugten Produkt der „Gäuweber“, während der baumwollene Durchschuss – die Spinnarbeit lag ebenfalls im Umland der Städte – und damit die Herstellung der Rohware nur in Konkurrenz mit den Stadtwebern eingebracht wurde. Der anschließende Veredelungsvorgang des Bleichens bzw. Färbens, Kartens und Appretierens zur fertigen Exportware war auf jeden Fall der Stadt vorbehalten. 356 Cerman 1997, S. 167. 357 Cerman 1997, S. 189 f. 358 von Stromer 1978  ; Kießling 1998, Oberschwaben  ; Kießling 1998, Ländliches Gewerbe. 359 Dees 2007, S. 287 f., S. 304 f., S. 333 f. 360 Vgl. P. Blickle 2004, S. 32-–39. 361 Heimpel 1966, S. 39.

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Schon um 1385 lässt sich allein in Augsburg eine Herstellung von etwa 12.000 Stücken errechnen, 1410 waren es schon ca. 85.000 Stück. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts stieg die Produktionsziffer auf bis zu 500.000 Stück pro Jahr, jedes je nach Qualität zwischen 27 und 37 Ellen, also etwa 16–22 m lang, sodass sich daraus etwa 8–10 Mill. Meter Stoff errechnen lassen.362 Versucht man eine Quantifizierung der Arbeitsleistungen, so bietet ein Quellenhinweis von 1495 einen Ansatzpunkt363  : Damals berechneten die Augsburger Weber ihren wöchentlichen Flachsgarnbedarf (einschließlich der Wepfen) auf 100 Ztr. Dafür war ein jährlicher Anbau in der Größenordnung von 1000 ha nötig  ; legt man einen Arbeitsbedarf von ca. 40 Tagen für die Pflege der Leinäcker pro ¼ ha Lein zugrunde und veranschlagt für die Verarbeitung der geernteten Menge zu Garn weitere 225 Tage, dann lässt sich die Bereitstellung des Flachsgarns allein für die Augsburger Bedarf auf 3000–4000 Arbeitskräfte hochrechnen – was freilich eine Rechengröße bleibt, da die Arbeit als Nebentätigkeit bzw. im Taglohn realisiert wurde. Doch der Ausstoß der Augsburger Ware stieg bis zum Ende des 16. Jahrhunderts noch auf das Zehnfache. Bei allen Unwägbarkeiten dieser Zahlen  : Es wird einsichtig, dass der Augsburger Rat bereits 1513 eine Bannbezirk von 8 Meilen (ca. 60 km) um die Stadt festlegte, in dem der Handel mit Garn und Wepfen außerhalb gebannter Märkte verboten – und auch verfolgt – wurde, sodass gewerbliche Zwischenhändler in den dicht gedrängten Marktsiedlungen das Produktionsaufkommen in das städtische Zentrum zu bringen hatten und zusätzlich Importflachs in großen Mengen importiert werden musste. Die lokalen Herrschaften und ihre Hintersassen drängten nach wie vor massiv und erfolgreich auf den städtischen Markt, und die städtische Produktion konnte sich nur wegen der langfristigen Boomphase halten, wie sich aus konkreten Konflikten in des 16. Jahrhunderts ablesen lässt.364 Zusammen mit den ganz ähnlichen Strukturen im Textilrevier des Städtefünfecks von Augsburg, Ulm, Biberach, Memmingen und Kaufbeuren, auf das sich die Barchent-Produktion seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert konzentrierte, etwas modifiziert in dem nicht ganz so dicht besiedelten anschließenden Leinenrevier des Allgäus und Bodenseegebietes bzw. des nordschwäbischen Ries und der schwäbischen Alb, deckten der Rohstoffbedarf und die Verarbeitung in einer Gewerbelandschaft die gesamte Fläche Ostschwabens ab, und es gelang den Städten weitgehend, die Weber über den Verlag an die Kaufleutegesellschaften zu binden (Abb. 41).365 Die Konsequenzen für die Agrarwirtschaft waren erheblich  : Die zahlreichen handwerklich entweder ausschließlich oder im Zuerwerb beschäftigten Dorfbewohner – bei einer ohnehin hohen Städtedichte – benötigten offensichtlich für ihre Eigenversorgung inzwischen das gesamte Aufkommen der Getreideerzeugung der Region. Die Abwehr der Bestrebungen, Getreide zu exportieren, und der Kampf gegen die Aufkaufspraktiken der 362 Clasen 1981, S. 425–427. 363 Kießling 1998, Oberschwaben, 44 f. 364 Kießling 1998, Ländliches Gewerbe, S. 49 f. 365 Kießling 1989, S. 733–741  ; Nutz 1996, S. 202–242.

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Abb. 41  : Die Struktur des ostschwäbischen Textilreviers im 16. Jahrhundert.

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Händler bestimmten seit dem 15. Jahrhundert die Getreidemärkte Ostschwabens.366 In Krisenjahren waren Augsburger Aufkäufer in ganz Süddeutschland unterwegs, in Normaljahren bezog die Stadt im 16. Jahrhundert ihr Getreide nicht zuletzt aus dem östlich benachbarten bayerischen Herzogtum.367 Zum anderen setzte der Import von ungarischen und böhmischen Ochsen („Waldochsen“) bereits in den 1420er-Jahren ein und bestimmte im 16. Jahrhundert den Fleischmarkt ganz wesentlich368 (Kap. 4.2.2.2). Die Viehwirtschaft der Schwaigen in der Donauniederung und ihr hoher Anteil in den alpinen Gebieten, vielleicht verstärkt durch eine bereits seit dem 15. Jahrhundert vereinzelt greifbare, seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zunehmende Vereinödung im Allgäu, die vor allem von den Großbauern als Mittel der wirtschaftlichen Intensivierung betrieben wurde369, reichten bei weitem für die Fleischversorgung der Gewerbelandschaft nicht mehr aus. Dennoch kommt die demografische Analyse zu dem Ergebnis, dass die in anderen Regionen beobachtete Dämpfung der Wachstumsdynamik aufgrund einer nicht mehr ausreichenden Versorgung mit Erwerbsstellen hier möglicherweise nicht voll in Erscheinung trat und dass selbst in den Allgäuer Voralpen aufgrund des Zusatzerwerbs eine Plafondbildung, also ein Erreichen der Grenzen der „Trägfähigkeit“, selbst um und nach 1600 nicht zu erkennen ist.370 Andererseits kann aber auch eine typisch protoindustrielle Bevölkerungsstruktur in den Weberdörfern – etwa die Nivellierung der saisonalen Geburten, ein überdurchschnittliches Niveau der Geburten im Vergleich zu den Eheschließungen – noch im 17. Jahrhundert bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden, vielmehr dürfte die Stütze auf die „kleine Landwirtschaft“ der Sölden eine Proletarisierung verhindert haben.371 Detailuntersuchungen zur ländlichen Gesellschaft der Benediktinerabtei Ottobeuren decken eine zunehmende Orientierung der Lebensgänge und der Lebensplanung an ökonomischen Wertmaßstäben auf372  : Wie Aufstieg und Abstieg in der dörflichen Gesellschaft verliefen, ob sich für den nichterbenden Teil der Nachkommenschaft Zukunftschancen boten, hing von Erbgängen, aber eben auch von den Möglichkeiten zum Neuerwerb von Grundbesitz, d. h. vom Einsatz von Kapital ab, das wiederum aus Markterlösen resultierte. Die steigende Ausnutzung von Marktgegebenheiten sowohl innerhalb der Herrschaft und vor allem in verstärktem Maße in der benachbarten Reichsstadt Memmingen – es ging dabei nicht zuletzt um Verstöße gegen die Ordnungen beim Absatz von Flachs, Garn und Tüchern – zeigen jedenfalls eine ausgeprägte Monetarisierung des ländlichen Lebens in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Aber sie hatte auch eine Kehrseite  : die Gefahr des Absinkens in die Armut bei Misswirtschaft, Erntekrisen, Familienzerwürfnissen oder Todesfällen. Was sich quellenbedingt erst in dieser Zeit tatsächlich so detailliert festmachen 366 Kießling 1989, passim. 367 Roeck 1987, S. 83–93. 368 Grillmaier 2011; Grillmaier 2013. 369 Immler 2006. 370 Lengger 2002, S. 449 f. 371 Lengger 2002, S. 142, S. 393–395. 372 Sreenivasan 2004, S. 266–279.

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lässt, dürfte zumindest in Ansätzen bereits in die Zeit des wirtschaftlichen Aufstiegs zurückzuprojizieren sein. 4.2.3.4 Zur historischen Situierung der Gewerbelandschaften Das Verhältnis von Land und Stadt unterlag in diesen Gewerbelandschaften grundlegenden Wandlungen.373 Die städtische Überlegenheit der Anfangszeit, in der das Umland vorwiegend Zulieferfunktionen übernahm, während die Fertigstellung bzw. Veredelung in den Städten verblieb, verschob sich nach und nach zu einer Verselbstständigung ländlicher Produktionsstandorte – auch wenn das Kapital nach wie vor von den KaufleuteUnternehmern kam, die über weite Entfernungen agierten. Nicht immer gelang es den Städten, die Verlagerung auf das Land abzufangen oder auf höherwertige Warenherstellung auszuweichen und damit eine neue Zentralität aufzubauen374, manchmal waren die Interessen – wie in Ulm – eher darauf gerichtet, die Preisvorteile ländlicher Produktion der städtischen vorzuziehen und die benachbarten Herrschaften wie die der Fugger in Weißenhorn zu integrieren.375 Doch auch wenn es schwierig ist, eine generelle Entwicklungslinie zu ziehen, so zeichnet sich doch eine gewisse Phasenbildung ab  : Gemessen am europäischen Kontext376 ist die Ausbildung von Gewerbelandschaften, die auch das Land einbezogen, mit seinen früheren Ansätzen im deutschen Bereich seit dem 13./14. Jahrhundert durchaus nicht immer verspätet. Während in Teilen Süddeutschlands der Einschnitt des Schwarzen Todes keine bzw. keine gravierende Bedeutung hatte, vielmehr aufgrund einer tendenziellen Überbevölkerung bereits um 1400 relativ verdichtete Gewerbelandschaften ausgebildet waren, zogen die nördlichen und östlichen Regionen erst später im 15./16. Jahrhundert nach. Blieb die Dominanz städtischer Interessen in der Arbeitsteilung vielfach noch bis ins 16. Jahrhundert erhalten, so gewannen die ländlichen Standorte zunehmend an Selbstständigkeit, sodass sich ein, wenn auch labiles Gleichgewicht einstellte. Im weiteren Verlauf konnte es sich durch die Professionalisierung des ländlichen Handwerks, die sich in der verstärkten Bildung von ländlichen Zünften wie in Ostschwaben seit dem beginnenden 17. Jahrhundert niederschlug, verfestigen377, oder gar wie in Altbayern in eine Deurbanisierung umschlagen378. Bei aller Unterschiedlichkeit der konkreten Ausformung in der Region  : Auf jeden Fall müssen diese Aspekte einer frühen Protoindustrialisierung – wie im übrigen Europa – bereits als ein Phänomen des Spätmittelalters begriffen werden.379

373 Vgl. Scott 2001. 374 Holbach 1987, S. 250–253. 375 Kellenbenz 1983. 376 Vgl. Epstein 2001, Introduction. 377 Kießling 1998, Ländliches Gewerbe, S. 62–68, 378 C. A. Hoffmann 2001. 379 Epstein 2001, Introduction, S. 76–81  ; Epstein 2001, Town and Country, S. 21–25.

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4.2.4 Formen des Kredits

Auch wenn die Kommerzialisierung und Monetarisierung des flachen Landes gegenüber der Stadt in ihren Anfängen nur schwer zu verifizieren ist, so verweisen doch einige Indizien darauf, dass wir im 13./14. Jahrhundert mit gewichtigen Ansätzen zu rechnen haben. Die frühen Marktbeziehungen zu den Großstädten boten lokale Ansatzpunkte, spezifische Rahmenbedingungen kamen dazu  : Die Bauern der Elbmarschen orientierten sich nicht nur früh an günstigen Absatzmöglichkeiten, sondern es entstand auch bald nach der Besiedlung ein „lebhafter Bodenmarkt“380, und die ostschwäbischen Landweber auf ihren Selden (Kleinbauernstellen) waren über die Partizipation am Exportgewerbe ebenfalls schon seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert auf dem Umgang mit Geld angewiesen.381 Kredite spielten generell zur Überbrückung schwankender Ernteerträge eine wichtige Rolle, wenn die grundherrschaftliche Modifizierung der Abgabenpflicht382 nicht mehr ausreichte, und begleiteten die vielfachen Übergänge von den Natural- zu Geldzinsen. Umgekehrt gilt die Verschuldung als eine wichtige Ursache für ländliche Unruhen bis hin zum Bauernkrieg  : Für Teile Tirols hat man „eine Verschuldung von durchschnittlich 50% des Gutswertes“ errechnet383  ; der Bundschuh zu Lehen beklagte 1513 ausdrücklich zu hohe Zinsen und forderte die Möglichkeit, die Schulden mit der Zinszahlung zu tilgen384, in Thüringen sprachen während des Bauernkriegs lokale Artikel das gleiche Problem der Übervorteilung bei Rentenkäufen an385. Kreditvergabe auf dem Land ist aber sicher auch im Kontext des immer mobiler werdenden Grundstücksmarktes zu sehen, in dem vor allem die Bürger der Städte für kürzere oder längere Zeit Kapital in ländlichen Besitzungen anlegten. Dafür standen oft ganze Höfe oder Dörfer von Seiten des Adels oder der Klöster zur Disposition. Vielfach erhielten aber auch Bauern und Kleinbesitzer aus der Stadt Kredit, wenn sie kleinere Investitionen in Ackerparzellen, Wiesen oder Gärten tätigten.386 Frühe Belege für die ländliche Kreditaufnahme sind demgemäß vor allem in Regionen hoher Gütermobilität zu finden. So hat die Forschung für das Hamburger Umland schon für die 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts anhand von Testamenten Hamburger Bürger herausarbeiten können, dass sie vor allem kurzfristige Überbrückungskredite an Dorfbewohner ausgaben, und zwar Handwerker oder Hufner unterschiedlicher Größe, die meist nach der folgenden Ernte zu begleichen waren.387 Spätere Rentenverkäufe (Kapitalaufnahmen gegen feste Zinsen) des 14. und 15. Jahrhunderts von Bauern aus den holsteinischen Elbmarschen in beträchtlicherer Höhe um die 30 Mark gegen Sicherheiten deuten dagegen 380 Lorenzen-Schmidt 2011, S. 38, S. 40, 381 Kießling 2011, Kommerzialisierung. 382 Sonderegger 2011. 383 P. Blickle 2004, S. 115  ; generell dazu Gilomen 2014, S. 115 f. 384 Buszello 2004, S. 111–113. 385 Graupner 2008, S. 356  ; W. Held 1988, S. 149–151. 386 Fritze 1976  ; Kießling 1979. 387 G. Bock 2006, S. 118–125.

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eher auf Investitionen.388 Damit war der fließende Übergang zu den Kapitalmärkten der sog. Umschläge – Jahrmärkte mit Zahlungsterminen389 – gegeben  ; in Kiel waren daran neben dem dominierenden Adel auch einzelne Bauern beteiligt  ; neben kleineren Beträgen finden sich „in einem Rechnungsbuch von 1569 des Großbauern und Bodenspekulanten Backe Detlefsen … Kreditgeschäfte auf den Umschlag zwischen 15 und 300 Mark“.390 Für die süddeutschen Verhältnisse ist die Situation nicht leichter zu rekonstruieren. Die Rolle der Kirchen als Kreditgeber könnte etwa bei der Pfarrzeche des Augsburger Doms aufscheinen, deren Stiftungskapital angelegt wurde  ; hinter den laut einer Aufstellung aus dem Jahre 1344 verzeichneten Haus- und Gartenzinsen sowie Naturalabgaben in der Stadt und auf dem Land, darunter auch von 13 Rindern, von denen ein Wachszins eingenommen wurde, mochten unter diversen Kapitalinvestitionen auch Kreditvergaben stecken.391 Diese Form ist bei kirchlichen Institutionen vielfach zu beobachten  : Im württembergischen Dorf Münchingen wurden 1448 bei 112 Steuerzahlern insgesamt 26 Darlehen von 5 bis 35 fl registriert, die von Geistlichen der Stadt Pforzheim stammten.392 Das Memminger Spital fungierte – wie viele andere in Horb, Lindau, Biberach, Isny393 – als Gläubiger für manche seiner Hintersassen  : So verzeichnete es 1436 Zinslasten in einer Spanne von ½ bis 2 Pfund Pfennige, was einer Kapitalaufnahme von 10 bzw. 40 Pfund Pfennigen entsprach.394 Seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert lassen sich in Sachsen auch Kreditvergaben der dörflichen Pfarrkirchen belegen  ; nach einem Visitationsregister von 1575 für 50 Ortskirchen der Superintendentur Chemnitz waren die 45 Dörfer zwar mit relativ geringen Summen von wenigen bis zu 100 fl, dafür aber in beträchtlicher Streubreite vertreten  ; der Verwendungszweck der Kredite wird zwar meist nicht genannt, darunter waren aber etliche, die speziell als „Erbegelder“ für die Auszahlung nachgeborener Geschwister eingesetzt wurden.395 Auch die ländlichen Gemeinden selbst schalteten sich zuweilen in die Kreditvergabe ein, wobei sie mitunter zur Stützung der Herrschaftsträger herangezogen wurden396, aber auch verschuldeten Gemeindegliedern unter die Arme griffen.397 Dennoch waren zweifellos die Städte und ihr Bürgertum als Gläubiger dominant. So konnte für Basel gezeigt werden, dass die Stadt im Spätmittelalter „den überwältigenden Hauptteil ihrer Anleihen … bei ihren eigenen Bürgern und Hintersassen [platzierte]“.398 388 Lorenzen-Schmidt 2006. 389 Hansen 2002, S. 551. 390 Christiansen 2006, S. 166. 391 Kießling 1971, S. 105. 392 Boelcke 1991, S. 195. 393 Ebd., 198 f. 394 Lambacher 1991, S. 277 f. 395 Blaschke 1987. 396 Bader 1974, S. 448–459. 397 Boelcke 1991, S. 196 f. 398 Gilomen 2007, S. 149–153, S. 180–185.

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Der dortige Kaufmann Ulrich Meltinger streute in den 1470/80er-Jahren im stadtnahen Umland in vielfältiger Weise Kredite, vom Schäfer über Wirte bis zu Bauern, die damit wirtschaftliche Engpässe überbrücken konnten. Eine wichtige Rolle spielten Vieheinstellungen, bei denen der Gläubiger als Eigentümer des Viehs fungierte, während der Ertrag an Milch bzw. Kälbern mit dem Bauern geteilt wurde.399 Dass der jüdische Kredit auf dem Land bereits früh eine wichtige Rolle spielte (Abb. 42), zeigen einige erhalten gebliebene Verzeichnisse der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts  : Eine fragmentarische Auflistung von Außenständen wohl eines einzigen Juden aus Niederbayern im Raum Straubing mit 108 Einträgen zwischen 5. Dez. 1329 und 9. Sept. 1332 belegt nicht nur Schulden von Adligen und Bürgern, sondern sogar als „zahlenmäßig umfangreichste Gruppe“ von Bauern und Landhandwerkern (Schmiede, Fischer, Müller). In der Regel handelte es sich um kurzfristige Kredite von wenigen Tagen oder Wochen, aber auch solchen von Monaten, wobei sich die Rückzahlungstermine auffällig im Herbst häuften, also schon „möglicherweise auf die Ackerfrucht geliehen wurde“. Die vielfach geringen Beträge – 35 Anleihen von 71 Belegen lagen unterhalb von 1, 15 bis 2 Pfund Pfennigen, nur 2 über 50 Pfund Pfennigen – lassen darauf schließen, dass es weniger um „eine Verschuldung aus Not“ ging, als um eine „Teilnahme des Bauern am Geldverkehr“, um den Einsatz von flüssigem Kapitel zu bestimmten Gelegenheiten oder für eine „expandierende Wirtschaftsführung“.400 Eine Zusammenstellung der Rechtsstreitigkeiten zwischen Christen und Juden am kaiserlichen Landgericht Würzburg zwischen 1317 und 1349 unterstreicht den Befund, dass „die Judenverschuldung ganz überwiegend ein ländliches Phänomen war“, hier freilich (wohl quellenbedingt) in höherem Maße des Landadels, der offenbar seine Verarmung durch Konsumtion kompensieren wollte, als der Handwerker und Bauern.401 Dennoch gehörten vielfach gerade bäuerliche Gruppen zum Kundenkreis jüdischer Geldverleiher. So belegt eine Liste von Oberwesel nach dem Pogrom von 1337 unter den 245 christlichen Schuldnern zahlreiche Bewohner der Dörfer aus dem Hinterland, Bauern und Winzer, die, soweit sie nur geringe Beträge aufwiesen, als „alltägliche Verbrauchskredite“ gewertet werden, „um eine momentane Geldknappheit zu befriedigen oder um die durch schlecht Ernten oder einen niedrigen Weinpreis entstandenen Defizite auszugleichen“.402 Die Verhältnisse im Elsass bestätigen die These, dass jüdischer Geldverleih generell sehr eng mit der dortigen Weinwirtschaft verknüpft war. So waren Mitglieder der dortigen jüdischen Gemeinden nicht nur intensiv in den Weinhandel integriert, sondern besaßen auch selbst Weingärten – nicht zuletzt, um koscheren Wein für die eigenen Haushalte herzustellen. Doch „viele elsässische Winzer waren Dauerkunden bei Geldhändlern und Pfandleihern“, um Verdiensteinbußen bei schlechten Ernten oder einen Preisverfall bei großem Mengenangebot zu kompensieren. Das zog die 399 Rippmann 1990, S. 187–192  ; vgl. Sonderegger 2009, S. 147 f. 400 Toch 1982, S. 514 f., S. 524 f. 401 Jenks 1978, S. 326 f., S. 331–333. 402 Volk 1998, S. 761–764, Zitat S. 762.

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Abb. 42  : Jüdischer Geldverleih  : Eine volle Börse wird von Hand zu Hand gereicht, Buchillustration (hebräisch) um 1450.

Verpfändung von Weingärten oder deren Lesererträge nach sich, doch bot sich auch die Rückzahlung statt in Geld in Form von Wein an.403 Gerade in Weinbaugebieten war das Kapitalbedürfnis offensichtlich besonders ausgeprägt. Daran änderten auch die mehrfachen Verfolgungswellen sehr wenig. Ihre Motivation lag vorwiegend in religiösen antijüdischen Stereotypen wie dem angeblichen Ritualmord an Werner von Oberwesel 1287/88 oder der Hostienschändung in Deggendorf 1337 bis hin zu regional weit ausgreifendem Progromgeschehen wie der sog. Rintfleischverfolgung von 1298 in Franken oder der Armlederbewegung von 1336/37 und den Pogromen im Kontext der ersten Pestwelle von 1348/49 (Kap. 2.3.2).404 Im Rheinland waren nach den Pogromen Wiederansiedlungen – freilich in deutlich geschwächten Judengemeinden – üblich und wurden vielfach von den ländlichen Gemeinden gewünscht, denn „die Winzer und Bauern am Mittelrhein blieben … dringend auf die Kreditgewährung durch die Juden angewiesen“.405 403 Mentgen 1995, S. 557–574, Zitat 567. 404 Toch 1998, S. 55–68. 405 Volk 1998, S. 773.

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Die generelle Bedeutung des jüdischen Kredits für den ländlichen Raum auch nach den Pogromen vermag eine weitere Schuldnerliste zu belegen  : Das Verzeichnis des reichen Kölner Juden Simon von Siegburg von 1377 mit 126 Darlehen aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts weist unter den 652 Schuldbriefen, die von den Siegburger Schöffen ausgestellt wurden, auch „Bauern aus den nahegelegenen Dörfern“ auf, darunter Schultheißen, einen Müller und einen Schäfer, mehrere Handwerker und einen Fährmann, vielfach mit kleinen Summen von wenigen Mark oder Gulden. Sie bestätigen den Kreditbedarf nicht nur in Notzeiten, sondern auch als wirtschaftliche Chance  : „Es muß etwas ganz Normales gewesen sein, beim Juden zu leihen“.406 Ganz ähnlich umfasste in den Konstanzer Gerichtsbüchern der Jahre 1423–1429 die Masse der Fälle von Judenschulden „die kleine Bürgerschaft in der Stadt und in den Städtchen der engeren Nachbarschaft, dann vor allem die Weinbauern an beiden Ufern des Bodensees“.407 Und gleichermaßen finden sich in Nürnberg im ausgehenden 15. Jahrhundert wieder „Dorfbewohner aus dem Nürnberger Landgebiet“, obwohl hier sowohl die Höhe der Anleihen selbst und insgesamt die Bedeutung des jüdischen Kredits wegen der Marginalisierung der Juden deutlich zurückgegangen waren.408 Die mancherorts gebotenen Angaben von Zinssätzen jüdischer Kredite, etwa am Mittelrhein mit 15,47%, 43,33% oder gar 72,22%409, beruhen freilich darauf, dass sie zum einen von kurzfristigen Wochenzinsen – in der Regel 1 bis 3 Pfennige pro Pfund oder Gulden und Woche – auf die Jahreszinsen hochrechnen, somit vielfach an der Realität vorbeigehen, und zum anderen die Frage nach den Sicherheiten bzw. die Verquickung mit der Pfandleihe nicht berücksichtigen  ; dabei wurden die Grenzen zum Inakzeptablen durchaus markiert.410 Zweifellos waren im Rentengeschäft des ausgehenden Mittelalters sehr viel niedrigere Werte üblich  ; im Hamburger Umland lagen die Zinssätze mit etwa 10% immerhin noch über den städtischen.411 Die territorialen Vorschriften seit dem 15. Jahrhundert wie die Reichspolizeiordnungen des 16. Jahrhunderts trugen zur weiteren Stabilisierung des Kapitalmarktes um einen Nominalzins von 5% bei412, doch wurden die realen Bedingungen für den alltäglichen Kleinkredit weiterhin sehr viel flexibler gehandhabt. Der Strukturwandel auf dem Kreditmarkt ist unübersehbar  : Nicht nur die finanzielle Ausbeutung der Juden durch die zwangsweisen Schuldentilgungen König Wenzels in den 1380er-Jahren, das Vordringen der Lombarden am Niederrhein, die Ausbreitung des Rentenkaufs und die Vergabe von Krediten von kirchlichen Institutionen drängte die Bedeutung jüdischer Geldleihe zurück, verschob dabei aber deren Kundenkreis noch mehr auf 406 Irsigler 1981, S. 129 f. 407 Ammann 1952, S. 43. 408 Toch 1981, S. 292, S. 308. 409 Volk 1998, S. 771, S. 774. 410 Toch 2003, Wirtschaftliche Tätigkeit, S. 2157–2160. 411 Lorenzen-Schmidt 2006, S. 154 f. 412 North 1995, S. 442–445.

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die kleinen Leute in Stadt und Land413 – das spiegelt sich deutlich in der Chroniknotiz  : „man bedarf keiner Juden mehr, es sind andere, die wuchern können“.414 Doch führte vor allem die Marginalisierung und Dämonisierung zur Vertreibung aus vielen Städten und Territorien. Im langfristigen Übergang zum Landjudentum der Frühen Neuzeit, der bereits im ausgehenden Mittelalter begann und sich im 16. Jahrhunderts beschleunigte (Kap. 2.2.2), blieb freilich gerade die Versorgung des flachen Landes mit Kleinkrediten und die Pfandleihe eine der wichtigen Funktionen der im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert sehr labilen jüdischen Existenz.415 Einzelbeobachtungen wie die Kreditvergabe in den 1520er-Jahren im Umland von Memmingen416 oder in den schwäbischen Adelsherrschaften im Umkreis des Herzogtums Württemberg417 sprechen für eine funktionale, wenn auch nicht immer lokale Kontinuität vom Mittelalter in die Frühe Neuzeit. Die weitere allgemeine Entwicklung im Laufe des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts ist zweifellos generell von einer Ausweitung der Kreditbeziehungen im ländlichen Bereich gekennzeichnet. Auf der einen Seite gingen mit der Klimaverschlechterung der „Kleinen Eiszeit“ die Ernteerträge zurück und die Preise stiegen, sodass aufgrund der wachsenden Bevölkerung immer mehr Ausfälle durch Kreditaufnahmen zu überbrücken waren. In der Grafschaft Hohenlohe belegen zahlreiche Supplikationen zwischen 1560 und 1625 vor allem bei den Kleinbauern diese Zusammenhänge – die den Landesherrn Graf Wolfgang zum wichtigsten Kreditgeber werden ließ, um den Mangelsituationen zu begegnen.418 Andererseits tendierte die Eindämmung von Teilungsvorgängen gegenüber der Hofübergabe samt der Auszahlung von Geschwistern zu ökonomischen Belastungen, die gleichermaßen zu kompensieren waren – wie das schon für Sachsen angesprochen wurde. Für die Klosterherrschaft Ottobeuren konnte gezeigt werden, dass diese Vorgänge des Generationenwechsels vielfach über sozialen Abstieg entscheiden konnten, aber auch die Hoferweiterungen durch frei verkäufliche Ackerstücke oder Wiesen Chancen für den Aufstieg boten.419 Verschuldung ist ja nicht generell ein Zeichen von krisenhafter Entwicklung mit existenzieller Gefährdung, sondern kann auch auf risikobereite Expansion des Wirtschaftens deuten.420

413 Toch 2003, S. 2150. 414 Wenninger 1981, bes. S. 262. 415 Toch 1998, S. 96–102. 416 Sreenivasan 2004, S. 187–192. 417 Lang 2008. 418 Robisheaux 1989, S. 171–173. 419 Sreenivasan 2004, S. 266–279. 420 Troßbach 2005, S. 113 f.

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5 Agrarverfassung im Übergang

5.1 Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft 5.1.1 Das Herrschaftssystem der Grundherrschaft und seine Funktion

Frank Konersmann Mit dem im 18. und 19. Jahrhundert geprägten Forschungsbegriff „Grundherrschaft“ wird ein im frühmittelalterlichen Europa entstandenes und im Hoch- und Spätmittelalter sich regional ausdifferenzierendes „komplexes Herrschafts-, Wirtschafts- und Sozialgebilde“ bezeichnet.1 Es bildete „ein Kernelement der mittelalterlichen Agrarverfassung“2 und prägte als solches über Jahrhunderte hinweg die „Ordnungen des ländlichen Raums“ in weiten Teilen Europas.3 Der Zweck dieses Gebildes war zu Beginn in erster Linie „auf die unmittelbare Versorgung des herrschaftlichen Haushaltes mit Gütern des alltäglichen Bedarfs ausgerichtet“.4 Von zentraler Bedeutung hierfür waren zum einen die Abgaben von vollbäuerlichen Agrarproduzenten, zum anderen die Bewirtschaftung eines Herrenhofes mit bäuerlichen Spanndiensten und mit etlichen anderen Leistungen von Kleinbauern, Gesindekräften und Handwerkern.5 Diese Beziehungen zwischen den mit Herrschaftsrechten ausgestatteten, ständischen Herrschaftsträgern und den auf Landzuteilung angewiesenen Gruppen wurde nach Maßgabe römischer und germanischer Rechtstraditionen geregelt. Entsprechende Bestimmungen wurden in Urbaren, Rechtsordnungen und Hofrechten während des Früh- und Hochmittelalters festgehalten, um dann durch solche in Weistümern, Dorfordnungen, Verträgen und Landrechtsordnungen im Verlauf des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit ergänzt oder ersetzt zu werden. Die Verschränkung und Überlagerung unterschiedlicher Rechtsauffassungen in den Bestimmungen zur Regelung dieser Beziehungen warf allerdings zunehmend Interpretationsprobleme auf, als sich infolge der Zersplitterung von Herrschaftsrechten und gesellschaftlicher Ausdifferenzierung seit dem Hochmittelalter Interessenkonflikte sowohl um Ressourcen als auch um Nutzungs-, Eigentums- und Personenrechte häuften.6 Die Grundherrschaft wird allgemein als ein „Sonderfall von Herrschaft“ des Ancien Regime angesehen.7 Grundherren verstanden sich zunächst als Leiheherren, die Bo1 2 3 4 5 6 7

Schreiner 2000, S. 86. Rösener 1992, S. 7. Mitterauer 2004, S. 68. Rösener 2000, S. 114. Mitterauer 2004, S. 47 f. Schreiner 2000, S. 86 f. Schreiner 1983, S. 24.

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

den nach Maßgabe eines bäuerlichen Leiherechts verliehen hatten. Als Vergütung für die Überlassung von Land bezogen Grundherren entweder Arbeits-, Natural- und Geldrenten von den Leihenehmern oder Zinsen bzw. Ertragsanteile (Teilpacht) von den Pächtern. Grundherrschaft war jedoch nicht nur ein Leihe-, sondern auch ein Herrschaftsverhältnis. Daher sahen sich die Grundherren berechtigt, über Personen zu verfügen und sie gegebenenfalls zu zwingen oder zu bestrafen. Dank dieser Herrschaftsrechte konnten die Landnehmer – insofern es sich nicht um freie Bauern handelte – zusammen mit der Hofstelle verkauft, verliehen oder verschenkt werden und unterstanden der Vormundschaft und Strafgewalt des Herren.8 Die Landnehmer, Bauern und andere Schichten der ländlichen Gesellschaften, waren in diesem System zwar unterprivilegiert, aber nicht rechtlos. Aufseiten der Herrschaftsunterworfenen handelt es sich um gruppenspezifische Freiheits-, Nutzungs- und Erbrechte und auch um genossenschaftliche Befugnisse aller vollberechtigten Mitglieder zunächst eines Hofverbandes, später dann einer Landgemeinde.9 Diese spannungsreiche Konstellation von Rechten und Pflichten zwischen Personen mit und ohne Herrschaftsbefugnissen wurde spätestens im Hochmittelalter mit den Formeln „Schutz und Schirm“ vs. „Rat und Hilfe“ umschrieben, so etwa im Sachsenspiegel (vor 1235) und im Schwabenspiegel (um 1275).10 Mit diesen Formeln wurde zumindest idealiter eine Reziprozität zwischen den an sich ungleichen Akteuren zum Ausdruck gebracht. Denn realiter waren ihre Beziehungen von einer seit dem Frühmittelalter einsetzenden ständischen und damit rechtserheblichen Ungleichheit gekennzeichnet, die zumindest formaliter die Position der über Bodeneigentum verfügenden Standesherren zulasten der auf Landzuteilungen angewiesenen Personengruppen begünstigte.11 In Anbetracht dieser Asymmetrie hing die Stärke der Verhandlungsposition der nicht privilegierten Landnehmer entscheidend von den faktischen Kräfteverhältnissen vor Ort ab, die sich etwa in temporärer Verweigerung von Diensten und Abgaben oder in angedrohter Abwanderung bemerkbar machten, so etwa 1141 bei den Hörigen gegenüber dem Kloster St. Pantaleon bei Köln oder 1198 bei den Bewohnern des Dorfes Oberzell gegenüber der Abtei Salem am Bodensee12 oder 1393 und 1470 bei den Eigenleuten der klösterlichen Hofmark Rottenbuch13 oder 1406 bei den Gotteshausleuten gegenüber der Abtei Ottobeuren im Allgäu.14 Darüber hinaus eröffneten rechtsförmliche Verfahren seit dem Spätmittelalter Chancen zum Interessenausgleich und zur Friedenswahrung, indem etwa die kaiserliche und/oder die fürstliche Schiedsgerichtsbarkeit um Konfliktregulierung ersucht werden konnten. Dabei vermochten die bayerischen Herzöge bereits im  8 Goetz 1991, Sp. 1846.  9 Haverkamp 1983, S. 325  ; Schreiner 2000, S. 86 f.; P. Blickle 2006, Sp. 1163–1166. 10 Brunner 1984, S. 263–272  ; Schreiner 1983, S. 40 f.; Haverkamp 1983, S. 325. 11 Rösener 1991, S. 25 f. 12 Rösener 1985, S. 248 f. 13 R. Blickle 1983, S. 180. 14 Sreenivasan 2004, S. 17.

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15. Jahrhundert die bäuerlichen Kläger zum „weitgehenden Verzicht auf Selbsthilfe“ mit Mitteln der Gewalt zu bewegen, indem sie Beschwerdeinstanzen auf der mittleren Behördenebene (Rentmeister) einrichteten.15 Zu Beginn der Neuzeit rückte dann bei Interessenkonflikten die Appellation an Reichsgerichte (Reichskammergericht, später auch Reichshofrat) und/oder an territorialstaatliche Hofgerichte in den Vordergrund. Die Einsetzung besagter Reichsgerichte ist nicht zuletzt als Reaktion auf die im Spätmittelalter zunehmenden adligen Fehden und Bauernrevolten, die dann im Bauernkrieg (1524–1526) eskalierten, interpretiert worden.16 Denn die stark wachsende ländliche Bevölkerung insbesondere in Gebieten mit Sonderkulturen und gewerblicher Produktion auf dem Land wie am Oberrhein, in Oberschwaben, in Franken und in Thüringen reagierte auf Einschränkung ihrer Rechte, erst recht auf deren eklatante Verletzung durch Grundherren mit organisiertem Widerstand und gelegentlich auch mit Gewalt dank gefestigter Landgemeinden, enger Kontakte in die Städte und regionaler Bündnisse.17 Dabei entfalteten zunächst lokal entstandene Widerstandsaktionen mitunter eine regionale Dynamik, auch wenn Grundherren ihre Pflichten als Schutz- und Schirmherr gegenüber vollbäuerlichen Hörigen, Laten oder Eigenleuten missachteten18 und darüber hinaus einen erweiterten Katalog oft biblisch begründeter Normen und Forderungen verletzten, die an der Wende zur Neuzeit von den Betroffenen selbstbewusst als „göttliches Recht“ gefasst wurden.19 Besonders konfliktanfällig waren vor allem die in den Altsiedelgebieten häufig anzutreffenden kleineren Grundherrschaften der Reichsritter, die – wie etwa einer ihrer bekanntesten Vertreter Franz von Sickingen – unter vielfältigen finanziellen Engpässen litten.20 In den Fokus dieses grundsätzlichen Normenkonflikts rückte während des Bauernkrieges das Herrschaftsmittel der Leibeigenschaft, womit eine sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts abzeichnende Statusminderung vollbäuerlicher Eigenleute bzw. Gotteshausleute insbesondere in Oberschwaben gemeint war, um ihren Handlungsspielraum und damit ihre Mobilität durch Erhöhung persönlicher Abhängigkeit von der Grundherrschaft einzuschränken, etwa über Abzugsverbote und durch Eingrenzung des Kreises potenzieller Ehepartner.21 Der umkämpfte Begriff „Leibeigenschaft“ wurde im Verlauf des 15. Jahrhunderts zu einem herrschaftlichen Rechtsinstitut ausformuliert und lag Agrarverfassungsverträgen und Verordnungen, aber auch Weistümern und Dinghofordnungen zugrunde.22 Darüber hinaus bildete er den Ausgangspunkt für Bestrebungen kirchlicher und weltlicher Obrigkeiten sowohl in Südwest- als auch in Norddeutschland, 15 R. Blickle 1983, S. 173 f. 16 W. Schulze 1975, S. 277–302  ; Patze 1983, S. 263–292  ; Holenstein 1996, S. 95–101. 17 P. Blickle 1988, S. 12–21  ; Troßbach 2008, S. 252 f. 18 Bierbrauer 1980, S. 1–68  ; Rösener 1992, S. 92–94, S. 115. 19 P. Blickle 1988, S. 23 f., S. 29 f. 20 Press 1990, Sp. 745 f. 21 Rabe 1977, S. 33–46  ; P. Blickle 2003, S. 53–60. 22 Ott 1970, S. 128–133  ; P. Blickle/Holenstein 1996.

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ihren herrschaftlichen Zugriff auf bäuerliche Landnehmer zu intensivieren und ihren Herrschaftsbereich zu arrondieren. Dabei stand im territorial vielgliedrigen Südwesten der Austausch von Leibeigenen, hingegen in dem weniger dicht besiedelten Norddeutschland die Erbuntertänigkeit und in den dünn besiedelten Gebieten östlich der Elbe die Schollenbindung im Vordergrund der Herrschaftspraxis.23 Demgegenüber verzichteten andere Grundherrschaften wie etwa die fränkischen Grafen von Hohenlohe seit 1500 allmählich auf das Herrschaftsmittel der Leibeigenschaft24, während es sich in der Verwaltung von Besitzungen der bürgerlichen Grundherren der Fugger im nördlichen Oberschwaben „nur“ noch in einzelnen Frondiensten (z. B. Hof- und Küchendienst) und in mancher Abgabe (z. B. Herbst- und Fastnachtshuhn) bemerkbar machte25 oder im Geltungsbereich der Grundherrschaft des Biberacher Spitals sich auf die Erhebung von Aufzugsgebühren (Laudemium) beschränkte.26 5.1.2 Struktur, Wandel und Auflösung der Villikationsverfassung

Frank Konersmann Ausgangsbasis für die Entwicklung war die im Früh- und Hochmittelalter in vieler Hinsicht prägende Form der Villikation, einer „komplexen landwirtschaftlichen Betriebsform“, die aus Herren- bzw. Fronhöfen einerseits und einer unterschiedlich hohen Anzahl bäuerlicher Nebenhöfe andererseits bestand.27 Sie wurde im Frühmittelalter zuerst im Umfeld königlicher Pfalzen und in der Nähe von Bischofssitzen und Reichsabteien wie Fulda, Lorsch, Prüm, Weißenburg, Werden und Corvey realisiert.28 Die bäuerlichen Nebenhöfe konnten bei großen Reichsklöstern mehrere Tausend, bei gräflichen Adelsgeschlechtern wie in Westfalen einige Hundert und bei adligen Kleinstgrundherrschaften 20 bis 30 bäuerliche Hufenstellen umfassen, wenn man davon ausgeht, dass einem Fronhof 17 bis 27 Bauernstellen zugeordnet waren.29 Insbesondere die Verwaltung umfänglicher, regional weit verstreuter Grundherrschaften machte ein „mehrstufiges Villikationssystem … mit Oberhöfen an der Spitze von Haupt- und Nebenhöfen“ erforderlich.30 Dabei wurden die Haupt- oder Fronhöfe an Meier, Ministeriale oder Vögte vergeben, die vor Ort Aufgaben der Verwaltung und Durchsetzung der Leistungsforderungen gegenüber den Landnehmern übernahmen. Insgesamt ist die im Frühmittelalter entstandene Vil23 P. Blickle 2003, S. 236–243  ; W. Prange 2008, S. 7–56  ; Goehrke 2010, Sp. 831–833. Insgesamt s. Kap. 5.2. 24 Robisheaux 1989, S. 35 f. 25 Mandrou 1969, S. 101–113. 26 Heimpel 1966, S. 33. 27 Mitterauer 2004, S. 50  ; Rösener 2003, S. 228–235. 28 Rösener 2000, S. 117, S. 119 f. 29 Hauptmeyer 1997, S. 1071  ; Rösener 2000, S. 118 f.; Rösener 2003, S. 230 f., S. 233. 30 Rösener 2003, S. 230.

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likationsverfassung als ein sich in weiten Teilen Europas ausbreitender Grundmodus der Organisation und Verwaltung von Grundherrschaft anzusehen.31 Im Zentrum agrarwirtschaftlicher Verpflichtungen standen Getreideabgaben an den Herrenhof und Spanndienste auf den Böden des Herrenhofes durch bäuerliche Hufeninhaber. Der jeweilige Umfang des Herrenlandes (Sallandes) bildete den Maßstab für das Ausmaß der zu erbringenden Frondienste, wobei Werner Rösener für das Frühmittelalter von etwa 30% Herrenland an der Gesamtfläche einer Grundherrschaft ausgeht.32 Dieser Anteil verringerte sich im Verlauf des Hoch- und Spätmittelalters zunehmend, sodass einerseits die Frondienste an Bedeutung verloren, andererseits die Abgaben in Naturalien und in Geld einen immer größeren Stellenwert einnahmen.33 Die Gewährleistung regelmäßiger Frondienste und Abgaben durch bäuerliche Stelleninhaber setzte freilich voraus, dass nicht nur die Existenz der Bauernfamilien im Prinzip gesichert war, sondern auch ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit garantiert wurde. Zu diesem Zweck bedurfte der bäuerliche Agrarproduzent nicht nur einer Grundausstattung an Gebäuden, Garten und Vieh sowie eines Mindestumfangs an Ackerfläche, sondern auch Nutzungsrechte an Weide- und Waldflächen.34 Eine solche Hofstelle, die je nach den naturräumlichen Verhältnissen einen Umfang von ca. 20 bis 30 Tagwerken, d. h. 10 bis 15 ha Fläche einnahm35, bildete die wesentliche agrarische Wirtschafts- und auch administrative Abgabeeinheit einer Villikation. In Anbetracht der zentralen Bedeutung bäuerlicher Hofstellen für die ökonomische Funktionsfähigkeit der Villikationsverfassung wird sie in der Forschung auch als „zweigeteilte Grundherrschaft“ bezeichnet.36 Zudem besteht ein rechtsempirischer Rückhalt für diese Bezeichnung in den Nutzungsrechten an der einem bäuerlichen Hof zugeteilten Ackerfläche und auch in den von den Vollbauern beanspruchten Erbrechten an der Hofstelle. Solche Rechte wurden ihnen von Grundherren wie etwa der großen Abtei Prüm im Hochmittelalter faktisch auch zugebilligt37, um sie zu dauerhafter Ansässigkeit zu motivieren. Der als Villikationsverfassung bezeichnete Organisationsmodus von Grundherrschaft verbreitete sich im Verlauf des Mittelalters in unterschiedlichem Maße und mit zeitlichem Abstand in nahezu ganz Europa bis etwa an die östliche Linie zwischen Triest und St. Petersburg, ebenso im Balkan, in Süditalien und im Süden der Iberischen Halbinsel.38 Auch innerhalb dieser grob umrissenen Landmasse gab es zahlreiche grundherrschaftsfreie Inseln, z. B. an der nord-, ost- und westfriesischen Nordseeküste. Dort herrschten 31 Rösener 2000, S. 114–121  ; Mitterauer 2004, S. 66 f. 32 Rösener 2000. 33 Rösener 1985, S. 219–221. 34 Rösener 2003, S. 235–238. 35 Rösener 2003, S. 236. 36 Rösener 1992, S. 10, S. 59 f.; Mitterauer 2004, S. 48. 37 Kuchenbuch 1978  ; Rösener 2003, S. 237. 38 Mitterauer 2004, S. 66–69.

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großbäuerliche Clans, deren Einfluss erst seit dem Spätmittelalter in einem noch wenig erforschten Prozess von den entstehenden Landesherrschaften stärker beschnitten wurde. In anderen Gebieten wiederum, z. B. im Allgäu, war ein Großteil des Bodens bäuerliches Eigentum. Die Abwehr der Versuche einzelner Feudalherrschaften, auf diese Flächen zuzugreifen39, gehört zu den Gründen für die lang anhaltenden Proteste ländlicher Gemeinden, die v. a. den Süden Deutschlands im 15. und 16. Jahrhundert erfassten. Auch in den Gebieten stärkerer grundherrschaftlicher Durchdringung lagen keine einheitlichen Herrschaftsformen vor. So unterließen königliche und geistliche Grundherrschaften in solchen von Pfalzen, Abteien und Bischofskirchen weit entfernt liegenden Gebieten die Realisierung des Verwaltungsprinzips einer Villikation und wählten grundherrschaftliche Formen, die eher auf Natural- und Geldrenten gegründet waren.40 Das gilt auch für adlige und geistliche Grundherrschaften etwa in Sachsen und Westfalen, die in höherem Maße auf Rentenabgaben ausgerichtet waren, sodass die Herrenhöfe von Anfang an nur als Sammelstellen bäuerlicher Abgaben in Anspruch genommen wurden.41 Hingegen wurden in vornehmlich älteren Adelsbesitzungen und in Besitzungen von Prälaten bis in die in die Frühe Neuzeit hinein – wie etwa in Vorderösterreich42 – verschiedene Formen der Eigenwirtschaft gewählt, die der Standesherr oder sein Verwalter leitete und wo vornehmlich Gesinde zum Einsatz kam.43 Denn die Betriebsform einer Villikation „war verhältnismäßig aufwendig und erforderte ein hohes Maß an Organisationskenntnis, um eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Herrenhöfe sicherzustellen und die Verwaltungstätigkeit der Frohnhofsleiter zu kontrollieren.“44 Abgesehen von vollbäuerlichen Hufen bestanden bereits im Rahmen der Villikationsverfassung auch deutlich kleinere Landstücke, die entweder an Gesindekräfte verliehen wurden, die an drei Tagen in der Woche regelmäßig auf den Herren- bzw. Fronhöfen Dienste zu verrichten hatten, oder die an Tagelöhner vergeben wurden, die vor allem bei saisonalen Arbeitsspitzen zu Diensten verpflichtet waren. Die mit diesen verschiedenen Landstücken versehenen Landnehmer gehörten ursprünglich rechtlich heterogenen Gruppen an, die einen unterschiedlichen Freiheitsstatus innehatten, und zwar von Freien und Halbfreien mit Eigenbesitz bis zu besitzlosen Unfreien und Hintersassen.45 Diese ländlichen Gruppen bildeten im Rahmen eines Fron- oder Herrenhofbezirks zusammen einen Hufenverband (familia) mit abgestuften Hofrechten, auf deren Unterschiede gelegentlich noch in Weistümern des Spätmittelalters und zu Beginn der Frühen Neuzeit Bezug genommen wurde.46 Insofern stellt die im Frühmittelalter entstandene Hufenverfassung ein bemerkenswert 39 P. Blickle 2003, S. 235  ; Krieb 2003, S. 40. 40 Rösener 2000, S. 115. 41 Rösener 1980, S. 138–143  ; Rösener 2003, S. 231. 42 Strobel 1972, S. 43, S. 54 f. 43 Rösener 1992, S. 11  ; E. Münch 2003, S. 287–295. 44 Rösener 2000, S. 123. 45 Rösener 1992, S. 14–16  ; Rösener 2003, S. 236–238. 46 Schmitt 1992.

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dauerhaft administratives und agrarwirtschaftliches Organisationsprinzip von Grundherrschaft dar, das die „karolingische Villikation … um Jahrhunderte überlebt … und das sich weit über ihr ursprüngliches Entstehungsgebiet hinaus verbreitet hat“.47 Das heißt aber auch, dass die Villikationsverfassung bereits eine differenzierte Sozialstruktur mit unterschiedlichen Hufengrößen aufwies, die ihrerseits eng mit der wirtschaftlichen Aufgabenverteilung zwischen Vollbauern, Kleinbauern, Gesinde, Tagelöhner und Handwerker innerhalb dieser Betriebsform verbunden war.48 Diese Binnenstruktur erlaubte es den Grundherren auf soziale und wirtschaftliche Differenzierungsprozesse im Zuge von Bevölkerungswachstum und erhöhter Marktverflechtung während des Hochmittelalters flexibel zu reagieren, um ihrem Bedarf nach mehr bäuerlichen Agrarproduzenten sowie nach zusätzlichen agrarischen und gewerblichen Arbeitskräften Rechnung zu tragen, indem sie – wie etwa in Südwestdeutschland – entweder Hufen teilten oder Wälder rodeten oder Allmenden vorübergehend oder dauerhaft in Ackerflächen umwandelten.49 Dank solcher Praktiken zur Erweiterung von Bodenressourcen und zu ihrer intensiveren Nutzung vermochte sich eine wachsende Zahl von Kleinbauern und besitzarmen Gruppierungen, die je nach Region Kötter, Kätner, Häusler, Hüttler oder Selden genannt wurden50, anzusiedeln und eine agrarische oder wenigstens eine semiagrarische Existenz zu führen.51 Inwieweit die mit solchen Prozessen verbundenen Mobilisierungen und agrarische Innovationen wie die Einführung von Dreifelderwirtschaft und Gewannfluren der Entstehung neuer Organisations- und Siedlungsformen Vorschub leisteten, sei dahingestellt. Jedenfalls traten im Hochmittelalter in Gestalt des Dorfes oder der Landgemeinde gehäuft neue Siedlungs- und Wirtschaftsformen auf und nahmen je nach den lokalen Herrschafts-, Boden- und Klimaverhältnissen unterschiedliche Gestalt an.52 Im Horizont der spätmittelalterlichen Bevölkerungskrise scheinen diese nunmehr stärker genossenschaftlich organisierten Zusammenschlüsse die Ansiedlung klein- und unterbäuerlicher Existenzen weiter begünstigt zu haben. Somit lässt sich feststellen, dass – neben der Etablierung des Städtewesens – auch zahlreiche aus den ländlichen Gesellschaften selbst stammende Vorgänge – arbeitstechnischer, organisatorischer, sozialer Art – seit dem Hochmittelalter zur Auflösung der Villikationsverfassung beitrugen, wobei es sich je nach Region um einen länger währenden Vorgang handelte, der in manchen Gebieten noch zu Beginn der Neuzeit nicht abgeschlossen war.53 Das gilt zum einen etwa für nahezu alle geistlichen Grundherrschaften innerhalb

47 Mitterauer 2004, S. 54. 48 Kuchenbuch 1978. 49 Fehn 1966  ; Rösener 1991, S. 489–530  ; Rösener 2000, S. 126 f.; Zückert 2003, S. 14–73. 50 Mitterauer 2004, S. 47. 51 Grees 1975. 52 Wunder 1986, S. 63–77  ; Troßbach/Zimmermann 2006, S. 28–34. 53 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 30.

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des Bistums Hildesheim54, während ansonsten in Norddeutschland unter dem Einfluss der Landesherren im 15. und 16. Jahrhundert die grundherrschaftliche Villikation zugunsten des bäuerlichen Meierrechts mit zunächst zeitlich begrenzter Leihefrist aufgegeben wurde, bevor Letzteres dann zumeist im 17. Jahrhundert in ein erbliches und unteilbares Nutzungsrecht überführt wurde.55 Das gilt ebenfalls für eine spezifische Form der Villikationsverfassung, die klösterliche Grundherrschaften der im 12. und 13. Jahrhundert gegründeten Reformorden der Prämonstratenser und der Zisterzienser auf der betrieblichen Grundlage von Meierhöfen (Grangien) ausprägten. Diese Oberhöfe wurden von Laienbrüdern (Konversen) geleitet und mithilfe von Tagelöhnern bewirtschaftet.56 Als sich infolge der spätmittelalterlichen Agrarkrise und eines veränderten Frömmigkeitsverständnis Ende des 14. und vor allem im Verlauf des 15. Jahrhunderts allenthalben ein deutlicher „Konversenmangel“ abzeichnete57, konnte die bisherige Bewirtschaftungsform der Grangien nur noch in Ausnahmefällen aufrechterhalten werden, um dort etwa eine Schäferei zu installieren oder Weinbau zu betreiben.58 Als neue Bewirtschaftungsform schufen die meisten Zisterzienserklöster eigenständige Hofstellen, nachdem sie die Grangien aufgelöst und die Flächen aufgeteilt hatten. Sie wurden an vollbäuerliche Eigenleute zunächst auf Lebenszeit als Falllehen, seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dann als Erblehen unter Bedingungen der Leibeigenschaft vergeben, um weiterhin eine dauerhafte Bewirtschaftung der Hofstelle durch dieselbe Bauernfamilie zu gewährleisten.59 Solche Regelungen des Erblehenrechts, die beispielsweise auch die Benediktinerabtei Ottobeuren im Allgäu 1459 festlegte und sich in Lehnsreversen von den bäuerlichen Leihenehmern bestätigen ließ60, waren ein wesentlicher Gegenstand von Agrarverfassungsverträgen. Diese Verträge bildeten das Ergebnis zumeist langjähriger Auseinandersetzungen um Nutzungs- und Erbrechte zwischen bäuerlichen Eigenleuten bzw. Gotteshausleute und vor allem geistlichen Grundherrschaften in Oberschwaben und in einigen Nachbarregionen, wobei kaiserliche Kommissionen den Rechtskonflikt moderierten.61 Sie blieben zumeist bis zum Ende des Ancien Régime in Kraft, schufen vereinheitlichte agrarverfassungsrechtliche Strukturen und boten Ansätze zur Ausbildung territorialer Herrschaftsgebilde. Darüber hinaus nahmen Klosterherrschaften das Rechtsinstitut der Leibeigenschaft in Anspruch, um eine auf Bannrechten beruhende Dorfherrschaft zu errichten, die sie zur Bestellung dörflicher Ämter wie das des Schultheißen und zum Erlass von Dorfordnungen berechtigte. Den weiter entfernt liegenden Grundbesitz mit zumeist kleineren Hofstellen 54 Saalfeld 1998, S. 640–642. 55 Saalfeld 1998, S. 639–645. 56 Rösener 1992, S. 85 f.; Lohrmann 1983, S. 205–240. 57 Schaab 1983, S. 50  ; Lohrmann 1983, S. 218. 58 Schaab 1983, S. 54 f.; Gunzelmann/Simmler/Thiem 2005, S. 184–202. 59 Schaab 1983, S. 55–62. 60 Sreenivasan 2004, S. 19 f. 61 P. Blickle 1983, S. 241–261  ; P. Blickle/Holenstein 1996.

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verpachteten Zisterzienserabteien – wie etwa das Kloster Bebenhausen an der Schwäbischen Alb – zumeist unter den Bedingungen des Teilbaus zu einem Drittel oder sogar nur zu einem Zehntel der Ernte, während die besten Güter zur Halbpacht verliehen wurden, um von hohen Erträgen eher profitieren zu können. Die verbreitete Inanspruchnahme der versachlichten Pachtform höhlte die Hufenordnung der alten Villikationsverfassung immer weiter aus. Solche Pächter hatten keinen Frondienst mehr zu leisten und die wenigen noch bestehenden Herrenhöfe dienten lediglich als Sammelstellen.62 Mit dieser flexiblen Handhabung von Bodenleihe und Pacht und dank einer bemerkenswert profitorientierten Produktionsweise vermochte manche klösterliche Grundherrschaft bis in die Frühe Neuzeit hinein ihre Existenz abzusichern, so etwa die Zisterzienserabteien Salem am Bodensee und Eberbach am Mittelrhein.63 Insofern sie dank königlicher Privilegien auch Hoheitsrechte in Anspruch nehmen konnten und vom Kaiser in den Rang einer Reichsabtei erhoben wurden, gelang diesen Zisterzen im Verlauf des 17. Jahrhunderts sogar die Ausbildung einer Landesherrschaft.64 Zu einer solchen effektiven Handhabung der Bodenleihe entschloss sich auch die Grundherrschaft des Spitals der oberschwäbischen Stadt Biberach, die ihre Höfe im gesamten 16. Jahrhundert fast durchgehend nur als Falllehen, also auf Lebenszeit verlieh, sodass der nachfolgende bäuerliche Lehensnehmer mit steigenden Aufzugsgebühren und höheren Abgabeverpflichtungen zu rechnen hatte.65 5.1.3 Rentengrundherrschaft und Pachtverhältnisse

Frank Konersmann/Werner Troßbach Von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an bildeten sich unterschiedliche grundherrschaftliche Profile vor dem Hintergrund einer sich belebenden Agrarkonjunktur, eines erhöhten Bevölkerungswachstums, eines intensivierten internationalen Handels mit Agrarprodukten und aufstrebender Landesherrschaften. Allerdings fehlen in der Forschungspraxis bewährte Konzepte, die Agrarkonjunktur, Bevölkerungslage und Handelsbeziehungen mit rechtlichen und sozialen Aspekten verknüpfen und evtl. noch Beziehungen zu den ‚ausländischen‘ Nachbargebieten in den Blick nehmen.66 So sind z. B. die Pachtverhältnisse am Niederrhein kaum zu verstehen, wenn die Verhältnisse in Flandern und Brabant ausgeklammert werden, ähnlich wie die Konflikte in Oberschwaben schwer zu erklären sind, wenn die Austauschbeziehungen zur Ostschweiz unberücksichtigt bleiben. Inwieweit Konzepte wie das von Erik Thoen vorgeschlagene Modell der „Social Agrosys62 Schaab 1983, S. 63, S. 67. 63 Schaab 1983, S. 72–74  ; Volk 1993, S. 132. 64 H.-H. Maurer 1973, S. 174  ; Schaab 1983, S. 61–64. 65 Heimpel 1966, S. 12–14, S. 24, S. 33. 66 P. Blickle 1998, S. 8–11.

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tems“ Abhilfe schaffen können67, bleibt zukünftigen Forschungsanstrengungen überlassen. Einstweilen wären die verschiedenen grundherrschaftlichen Varianten als Ergebnis von Strategien zu interpretieren, mit denen Grundherren, Landnehmer und territorial ambitionierte Obrigkeiten auf veränderte Markt-, Sozial- und Herrschaftskonstellationen zu reagieren vermochten.68 Dabei bildeten im Geltungsbereich der Grundherrschaft Pacht und Leihe die beiden Pole eines Spektrums vielfältiger Bodennutzungsformen mit korrespondierenden Leistungen und Verpflichtungen. Während Pachtformen, denen im Prinzip eine zeitlich begrenzte freie Bodenleihe ohne Verpflichtung zum Herrendienst zugrunde lag, eher versachlichte Beziehungen zum Ausdruck brachten, zielten feudalrechtlich legitimierte Leiheformen auf weiter gehende Treueverhältnisse zwischen den Beteiligten.69 In den dichter besiedelten Gebieten des Alten Reiches westlich der Elbe wurden am Übergang vom Spätmittelalter in die Frühneuzeit die auf Erbleihe und Abgaben beruhende Rentengrundherrschaft sowie unterschiedliche Pachtverhältnisse vorherrschend. Der Herrendienst sollte demgegenüber in einer dritten Variante besondere Bedeutung erlangen, die in weniger dicht besiedelten Räumen v. a. östlich der Elbe, aber auch in Teilen Schleswig-Holsteins und Sachsens durchgesetzt wurde, der Gutsherrschaft (Kap. 5.2).70 5.1.3.1 Pachtverhältnisse Eine Einschätzung des im Spätmittelalter erreichten Ausmaßes der Pachtverhältnisse und ihrer weiteren Entwicklung während der Frühen Neuzeit ist mit einer Fülle terminologischer Probleme konfrontiert.71 Denn es stellt sich die Frage, inwiefern der moderne Pachtbegriff angewandt werden kann, wonach auf rein vertraglicher Basis zwischen zwei rechtlich unabhängigen Personen die zeitlich begrenzte Nutzung einer Bodenfläche vereinbart wird, wofür eine Nutzungsgebühr an den Eigentümer zu entrichten ist. Allgemein nahmen „freie Landpachtverhältnisse“ mit persönlich freien Pächtern bereits im Hochmittelalter zu, in Frankreich z. B. in Form der Halbpacht, in Oberitalien in Form der Teilpacht, im hessischen Raum als Landsiedelrecht und am Niederrhein – etwa im Herzogtum Kleve – als Zeitleihe.72 Freilich sind für diesen wichtigen Sachverhalt gegenwärtig nur grob konturierte Entwicklungen zu erkennen. Danach wurden Pachtformen seit dem Hochmittelalter vermehrt in Gebieten mit hoher Städtedichte, z. B. entlang des Rheins im Elsass, am Mittel67 Thoen 2004, S. 47–66. 68 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 30. 69 Kroeschell 1966, S. 103 f.; Scherner 1984, Sp. 1396 f.; Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 87 f.; Lafuente/Troßbach 2009, Sp. 742 f. 70 Bölts 1966, S. 170–190  ; R. Blickle 1983, S. 177 f.; Schirmer 1996, S. 120–132  ; Rasmussen 2005, S. 81–103. 71 S. die Überlegungen bei Kuchenbuch 2014, S. 129–134. 72 Scherner 1984, Sp. 1396 f.; Reinicke 1989, Agrarkonjunkur, S. 88, S. 91.

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und am Niederrhein, in Franken, Oberschwaben, Thüringen und Sachsen angeboten73, und zwar vornehmlich von bürgerlichen Grundbesitzern und kirchlichen Korporationen. Sie scheinen unterschiedliche Pachtverhältnisse – etwa Halbpacht von Bodenerträgen oder Viehverstellung – v. a. für den arbeitsintensiven Anbau verschiedener Sonderkulturen (Wein, Hopfen, Krapp, Waid, Hanf ) und für die Versorgung großer Viehherden im Umfeld von Städten genutzt zu haben. Auch im hoch- und z. T. noch im spätmittelalterlichen Weinbau waren nach der Auflösung von Villikationen Pachtverhältnisse verschiedener Art zunächst weit verbreitet, und zwar nicht nur unter bürgerlichen Landeigentümern. So wurde für das mittelrheinische Weinbaugebiet zwischen Bingen und Koblenz schon seit dem ausgehenden 13. und frühen 14. Jahrhundert der breite Übergang zur Zeitpacht in Form der Teilpacht über den Traubenertrag beobachtet, wobei die Höhe der Abgabenquote im Laufe des 15. Jahrhunderts zurückging. Schon 1284 ist in Oberlahnstein für 41 Wingerte des Klosters Altenberg überliefert, dass „die Teilung der Trauben ante ingressum, d. h. vor dem Einfahren der Herbstwagen in den Ort, zu erfolgen (hatte)“.74 Insbesondere ehemaliges Herrenland war oft unter Pachtbedingungen ausgegeben worden, womöglich um die Option einer späteren Eigenbewirtschaftung nicht völlig aufzugeben und – was offenbar für geistliche Korporationen eine Rolle spielte – Kontrollbefugnisse über die Art der Landbewirtschaftung zu bewahren.75 Mit der Verbreitung von Pachtverhältnissen war zugleich ein adäquates Instrument der Organisation gesellschaftlicher Beziehungen in einer Umwelt gefunden, die durch extreme Instabilität gekennzeichnet war. Dazu hatte im Spätmittelalter nicht allein die im Kontext von Städtebildung und Villikationsauflösung verstärkte Ausweitung von Marktbeziehungen beigetragen. Insbesondere demografische Entwicklungen waren vor dem Hintergrund von Klimaveränderung und Seuchengeschehen nach 1350 in eine Phase geringer Vorhersehbarkeit eingetreten. Schließlich waren selbst die Siedlungsverhältnisse stark in Bewegung geraten (Wüstungsperiode). Vor diesem Hintergrund gaben Verträge mit kurzer Laufzeit Landeigentümern wie Landnehmern die Möglichkeit, in ihren Arrangements jeweils kurzfristige Konjunkturen zu berücksichtigen. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass v. a. die ohnehin volatilen Sonderkulturen von Pachtverträgen erfasst waren, und zwar in besonderer Weise von Formen der Teilpacht, die eine Verteilung der Risiken auf beide Seiten vorsahen.76 Etwa um die Mitte des 15. Jahrhunderts bahnten sich jedoch Veränderungen an. So setzte sich nach einem Intermezzo von Zeit- und Teilpachtverträgen z. B. am Mittelrhein

73 Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 301–323  ; Kießling 1989, S. 115–132, S. 352–382, S. 558–579  ; Held 1996, S. 135–139  ; Holenstein 1996, S. 30 f.; Zückert 2003, S. 74–135. Im Braunschweiger Umland traten im 14. Jahrhundert städtische Bürger als Zinspflichtige in Erscheinung, die ihr Land teilweise an Bauern verpachteten  : H. Hoffmann 1981, S. 273. 74 Volk 1998, S. 156–173. 75 H. Hoffmann 1981, S. 234  ; Spieß 1988, S. 237. 76 Ebd., S. 234 f.

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

im Weinbau mit dem Übergang zur Neuzeit allenthalben die Erbpacht durch.77 Ähnliches gilt für die württembergischen Weinbaugebiete  : Während z. B. im Bereich des Klosters Bebenhausen 1356 noch „45 Prozent der Rebflächen zum Halbteil bebaut wurden, waren es im 16. Jahrhundert gerade einmal noch 1,4 Prozent.“78 Man kann diese markanten Veränderungen in einen breiten Prozess einordnen, in dessen Verlauf es den Landnehmern gelang, ihre Verfügungsrechte über den Boden zu verstetigen. Die Konstellationen und Absichten, die zu diesem Resultat führten, waren vielfältig und sind höchstens im Einzelfall untersucht. Hintergrund war eine einsetzende demografische und klimatische Stabilisierung, die es erlaubte, dass auf Langfristigkeit zielende Interessen (wieder) stärker Raum griffen, zunächst aufseiten der Landnehmer. Eine generationenübergreifende Perspektive z. B. war erst (wieder) vor dem Hintergrund stabilerer demografischer Verhältnisse sinnvoll. So änderten sich die Strategien von Großbauern im Raum Paderborn an der Wende zum 16. Jahrhundert merklich. Hatten sie zuvor – etwa durch häufigen Stellenwechsel – meist auf die Nutzung kurzfristiger Vorteile gezielt, lässt sich für die Zeit nach 1500 eine stärkere Orientierung auf die „Sicherung und Arrondierung der Familienbetriebe“ beobachten, wobei es auch um die „Kinder- und Altersversorgung“ ging, die zuvor oft temporär durch die Zupachtung ganzer Betriebe geregelt war. Die Grundherrschaft, im Paderborner Fall das Augustinerchorherrenstift Bödekken, musste diesen neuen Bestrebungen faktisch stattgeben.79 Unterstützt wurde diese Orientierung von einer neuen Kraft aufseiten der Herrschaftsträger, den entstehenden Territorialstaaten, die gleichfalls in längeren Zeiträumen kalkulierten und auf gefestigte Grundlagen der Besteuerung angewiesen waren. Dabei stellte sich das Problem, wie auch den Trägern der Grundherrschaft ein Interesse an stabilen Besitzverhältnissen zu vermitteln war. So ist es kein Wunder, dass zahlreiche Grundherren erst in langwierigen Konflikten von einer Orientierung auf kurzfristige Gewinnaussichten Abstand nahmen. Von der Entwicklung hin zu fixierten Besitzrechten deutlich ausgenommen war die niederrheinische Umgebung der Stadt Köln, die in besonderer Weise durch den Anbau von Sonderkulturen geprägt war. Pachtverhältnisse wurden im Kölner Umkreis ähnlich wie in anderen Städtelandschaften seit dem Hochmittelalter in Anspruch genommen, um eine Intensivierung von Bodenkultur und Viehhaltung zu veranlassen.80 Sozial scheint es auf dieser Basis den Landeigentümern im Kölner Raum besonders gut gelungen zu sein, ähnlich wie in Flandern und Brabant oder auch im Elsass stabile Vertrauensverhältnisse mit zumeist großbäuerlichen Pächtern (im Kölner Raum „Halfen“ genannt) aufzubauen, denen es ihrerseits gelang, in den Dörfern eine beherrschende Stellung einzunehmen 77 Volk 1998, S. 86 f., S. 796–798. 78 Krämer 2009, S. 35. Ähnliche Entwicklungen im Getreidebau  : Boelcke 1964, S. 267. 79 Lienen 1991, S. 297 f. 80 Spieß 1988, S. 234 f.; Zückert 2003, S. 74–135.

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und dort gegenüber Kleinbauern und Tagelöhnern neben eigenen auch die Interessen der Grundeigentümer zu vertreten. Oft konnten sie einen eigenen Hof als Pfand für die umfangreichen Pachtländereien einbringen, die sie z. T. wieder weiterverpachteten.81 Auf dieser Basis wurde das Pachtsystem stellenweise bis ins 19. Jahrhundert fortgeführt. Lediglich im Rahmen der spätmittelalterlichen Krise und dann wieder im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts erfuhr das Erbpachtrecht mit fixiertem Zins eine vorübergehende Konjunktur.82 In einem deutlich anderen Kontext steht die Zeitpacht von kleineren Parzellen, frei verfügbaren (walzenden) Grundstücken und Allmendeflächen, wie wir sie spätestens im 16. Jahrhundert im Süden und in der Mitte Deutschlands an der dörflichen Basis kennen. Unterbäuerliche Existenzen konnten auf diese Weise bei größeren Bauern Land pachten, größere Bauern bei Bedarf vorübergehend durch Pacht die Betriebsfläche vergrößern.83 Des Weiteren nutzten Grundherren im Rahmen der „Verpachtung von einzelnen Gerechtsamen“ die Form der Zeitpacht, um Mühlen, Backhäuser, Gastwirtschaften, Teiche etc. bewirtschaften zu lassen.84 5.1.3.2 Rentengrundherrschaft Als Resultat der spätmittelalterlichen Veränderungen wird spätestens um 1500 in weiten Teilen des Reiches nicht die Verbreitung von Zeit- und Teilpachtverhältnissen, sondern die Herausbildung einer neuen Aneignungsform sichtbar  : die Rentengrundherrschaft. Sie zielte vornehmlich auf Abschöpfung der von Bauern erwirtschafteten Bodenrente in Form von Geld oder Naturalien.85 Wenngleich die Verhältnisse weiterhin von Region zu Region, oft auch von Dorf zu Dorf eine große Variationsbreite aufwiesen, lässt sich ein Trend insofern ausmachen, als diese neue Form für die Landnehmer eigentumsähnliche Verfügungsrechte über das wichtigste Produktionsmittel, den Boden, zur Folge hatte.86 Als am weitesten verbreitete rechtliche Variante setzte sich im Verlauf der Neuzeit die Form des Erblehens mit festgelegten Zinszahlungen durch.87 Die Entwicklungen erfolgten jedoch keineswegs linear. Insbesondere die Versuche zahlreicher Feudalherrschaften im Süden des Reiches, auf bäuerliches Eigenland zuzugreifen88, liefen dem Trend zur Verbesserung der Verfügungsrechte diametral entgegen. In Süddeutschland war die Vergabe von Erblehen im 15. Jahrhundert außerdem oft an die Bedingungen der Leibeigenschaft gebunden – mit hohen Abgaben im Sterbefall und beim 81 Scheler 1993, S. 273 f. 82 Reinicke 1989, Agrarkonjunktur, S. 93–96. 83 Scherner 1984, Sp. 1397 f.; Lafuente/Troßbach 2009, Sp. 746. 84 Scherner 1984, Sp. 1398. 85 Holenstein 1996, S. 30 f. 86 P. Blickle 2003, S. 233 f. 87 Strobel 1972, S. 50–66  ; Fox 1993, S. 102  ; Holenstein 1996, S. 31. 88 Strobel 1972.

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

Abzug.89 Dies ist vor dem Hintergrund der demografischen Defizite zu interpretieren  : Offenbar wollte man seitens der Grundherrschaften auf diese Weise eine Abwanderung der Haushalte verhindern. Auch in Nordwestdeutschland ist die Kopplung „guter“ Besitzrechte an einen „schlechten“ persönlichen Rechtsstatus zu beobachten. Dort wurde das günstige Meierrecht oft unter den Bedingungen der Eigenbehörigkeit vergeben.90 Bei der Eigenbehörigkeit handelt es sich um eine spezifische Form der Leibeigenschaft, der zufolge – insbesondere in Westfalen und im Raum Hildesheim – im Sterbefall hohe Abgaben zu entrichten waren, die sich auf die Hälfte des Vermögens erstreckten, später dann aber in einen auszuhandelnden Geldbetrag umgewandelt wurden. Darüber hinaus waren die Kinder des Meiers zu Gesindedienst verpflichtet.91 Freilich nahm die Bedeutung dieser personenrechtlichen Bindungen und der damit verknüpften Belastungen bereits im Laufe des 16. Jahrhunderts im Einklang mit der demografischen Erholung ab – im Süden wie im Norden. Im Resultat entwickelten sich in den verschiedenen Varianten der Rentengrundherrschaft Verhältnisse, die sich de jure und de facto für die Landnehmer erheblich günstiger darstellten als die Gegebenheiten in süd- und osteuropäischen (darunter auch ostdeutschen) Agrarstrukturen.92 Sie unterscheiden sich auch erheblich von den von Pachtverhältnissen geprägten Entwicklungspfaden, die in England und Teilen der Niederlande eingeschlagen wurden. Die Herausbildung regional differenzierter Formen der Rentengrundherrschaft vollzog sich in zahlreichen Gebieten in einem relativ kurzen Zeitraum, und zwar zwischen dem Höhepunkt der hochmittelalterlichen Expansion und dem Abklingen der spätmittelalterlichen Bevölkerungskrise (1300–1500). In den dicht bevölkerten, sozial differenzierten und gewerblich durchdrungenen Gebieten Süddeutschlands war der Prozess der Neuverhandlung der Besitzrechte in zahlreichen Herrschaftsgebieten von periodisch aufflammenden Konflikten begleitet.93 In anderen Gebieten wie z. B. in Nordwestdeutschland nahm er einen längeren Zeitraum in Anspruch und war weit weniger von Konflikten geprägt. Auch das Resultat, eine im Unterschied zu mittelalterlichen Treueverhältnissen neuartige, versachlichte Beziehungsform zwischen Leihenehmern und Leiheherren, war nicht konfliktfrei. Inhaltlich kreisten die Auseinandersetzungen nach 1500 jedoch, wie bereits im Bauernkrieg zu erkennen, kaum noch um die Gestaltung der Besitzrechte, sondern viel stärker um die Höhe der versachlichten materiellen Belastungen, der so genannten Gülten und Zinsen, die als Natural- und Geldabgaben in der Rentengrundherrschaft an die Landgeber zu entrichten waren (vgl. dazu exemplarisch die Belastungen eines großen Hofes im Weiler Hagenbuch bei Biberach, Kap. 5.1.3.3). 89 Ulbrich 1979, S. 271–286. 90 Saalfeld 1998, S. 638–647. 91 F.-W. Henning 1978, Sp. 1767  ; jetzt Andermann 2013  ; Lienen 1991, S. 297, S. 315  ; Holenstein 1996, S.  33 f. 92 Robisheaux 1998, S. 132 f. 93 P. Blickle/Holenstein 1996.

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Agrarverfassung im Übergang

Der Nachteil für die Leiheherren bestand im Vergleich zu Pachtverhältnissen in einem Verlust an Flexibilität. Vor dem Hintergrund inflationärer Entwicklungen waren insbesondere die fixierten Geldabgaben einem stetigen Wertverlust ausgesetzt. Daher ist es verständlich, dass zahlreiche Herrschaftsträger – insbesondere im Süden – an Produktabgaben, in erster Linie Getreide, festhielten. Eine gewisse Flexibilität bei der Erhebung von Geldabgaben war den Grundherrschaften allerdings im Falle eines Besitzwechsels durch Kauf oder Erbschaft verblieben. Tatsächlich wurden die damit verbundenen Gebühren im Süden wie im Nordwesten im Verlauf des 16. Jahrhunderts kräftig gesteigert, z. T. – wie in Oberschwaben im Vorfeld des Bauernkriegs – mit Versuchen verbunden, wieder auf das Feld der Besitzrechte zuzugreifen, Erblehen z. B. in sog. Falllehen zu verwandeln, deren Bedingungen im Todesfall des Inhabers neu zu verhandeln waren. Stärker emotionalisierte Herrschaftsbeziehungen fanden einen neuen Ort, und zwar im Verhältnis der Landbewohner zu den entstehenden Landesherrschaften. Sie wurden in den Begriffen „Obrigkeit“ und „Untertan“ zum Ausdruck gebracht,94 wobei die Untertänigkeit in Schwör- und Huldigungsritualen beeidet werden musste, insbesondere anlässlich von Regentenwechseln.95 Einen – allerdings im Süden und in der Mitte des Alten Reiches v. a. im Rahmen der Kleinterritorien weit verbreiteten – Sonderfall stellte das Zusammenfallen von Grund- und Landesherrschaft dar. Mit dem allmählichen Auftreten von Landesherrschaften in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und durch Besitzumwälzungen infolge der Reformation und des landesherrlichen Kirchenregiments im Verlauf des 16. Jahrhunderts – etwa durch Säkularisation vormals geistlichen Besitzes – setzte eine „Verstaatlichung der Grundherrschaft“ ein.96 Denn die Territorialherren unterzogen die Beziehungen zwischen mindermächtigen Grundherren und ihnen gegenüber pflichtigen bäuerlichen Landnehmern verstärkt administrativer Kontrolle und griffen auch regulierend ein.97 Insbesondere in größeren Territorien zielte die Herrschaftsstrategie der Landesherrschaften auf eine Vereinheitlichung der agrarrechtlichen Bedingungen. Der wichtigste Grund bestand darin, den steuerlichen Zugriff auf Überschüsse der von Bauern erwirtschafteten Bodenrente zu erleichtern.98 In diesen Kontext sind zahlreiche Initiativen zur Erfassung und Neuvermessung des Landbesitzes einzuordnen, die vorwiegend in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stattfanden. Sie dienten meist der Steuererhebung und integrierten Nutzflächen in das System der Grundherrschaft, die durch Rodungen gewonnen waren. Auf der anderen Seite sanktionierten sie durch Verschriftlichung die Eigentums- bzw. Besitzansprüche bäuerlicher oder unterbäuerlicher Schichten.99 Die ältere 94 P. Blickle 1981. 95 H.-M. Maurer 1973, S. 186–188  ; Holenstein 1991 ; Holenstein 1993, Äbte, S. 244–250. 96 Winkler 1959, S. 2 f. 97 Strobel 1972, S. 62. 98 Strobel 1972, S. 54. 99 Sreenivasan 2004, S. 16  ; Robisheaux 1989, S. 34  ; Strobel 1972, S. 50  ; Mandrou 1969, S. 101–113, S.  142–161  ; Schirmer 1996, S. 24, S. 43  ; Saalfeld 1960, S. 19. S. auch Kap. 2.2.1.

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

Forschung hat in diesem Kontext von „Bauernschutz“ gesprochen.100 Man kann darin eine wichtige Legitimationsgrundlage sehen, derer eine neue Herrschaftsinstanz wie die Landesherrschaft auch dringend bedurfte, da sie in Form von zunächst anlassbezogenen Steuern quasi zusätzliche Ansprüche auf das bäuerliche Mehrprodukt geltend machte. Zur Festigung der Landesherrschaften trug auch ihre Fähigkeit bei, flexibel von den sich intensivierenden interregionalen Warenströmen zu profitieren. Dabei machten Einnahmen aus Zöllen an großen Flussläufen wie dem Rhein und der Weser einen wachsenden Anteil am Budget der Landesherren aus, wie das etwa für die Grafen von Katzenelnbogen, die Erzbischöfe von Trier und Köln, die pfälzischen Kurfürsten, die Grafen von Schaumburg-Lippe und die Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel bekannt ist.101 Allgemein nahmen Landesherrschaften zum Zweck der Vereinheitlichung lokal heterogener ökonomischer Verhältnisse ihr gesetzgeberisches Regal in Anspruch, indem sie seit dem 15. Jahrhundert Landesordnungen zu verschiedenen Sachverhalten wie etwa Handel, Markt, Münzen, Preise, Löhne, Forst etc. erließen.102 Dementsprechend publizierte etwa die Kurpfalz 1582, 1598 und 1610 Landesordnungen, in denen die bäuerlichen Verhältnisse – insbesondere Leibeigenschaft und Bodenleihe – Berücksichtigung fanden.103 Ein ähnliches Gesetzeswerk wurde 1616 im Kurfürstentum Bayern und 1622 in der Markgrafschaft Baden vorgelegt. In Baden diente das Landrecht u. a. zur Identifizierung der verschiedenen Bedingungen von Bodenleihe nach Maßgabe römisch-rechtlicher Begriffe, um etwa Erb- und Zeitpacht deutlich voneinander zu unterscheiden104, während es in Bayern zur Begrenzung der Dienstbelastung auf den adligen Gutshöfen innerhalb der so genannten Hofmarken beitragen sollte105 und im Gegenzug die Möglichkeit der Steigerung von Besitzwechselabgaben nicht ausschloss. Allerdings nahmen lokale Kräfte weiterhin starken Einfluss auf die Verhältnisse „vor Ort“, die auch weiterhin sehr unterschiedlich gestaltet sein konnten. In Norddeutschland wurden solche Regelwerke eher unter Einbeziehung der Landstände verabschiedet, so etwa in den Fürstentümern Braunschweig-Wolfenbüttel 1597 und Calenberg 1601 sowie im Fürstbistum Osnabrück 1618. In diesen Landesordnungen ging es vornehmlich um die Festlegung der Betriebsgrößen von Meierhöfen, ihre Unteilbarkeit nach dem Anerbenrecht und um Bestimmungen zur Regelung der Eigenbehörigkeit.106 Die konsensuelle Einbindung der landständisch-grundherrschaftlichen Kräfte war möglicherweise ein Grund dafür, dass im Norden der Übergangsprozess weniger von akuten Konflikten begleitet war als im Süden. 100 Lütge 1967, S. 159, S. 161, S. 167  ; Holenstein 1996, S. 23, S. 34, S. 38 f. 101 Maulhardt 1980, S. 234 f.; Volk 1998, S. 812–816  ; Volk 1993, S. 141–153  ; Schaab 1988, S. 119 f.; Schaab 1992, S. 90–92  ; Möller 1992, S. 115–141 ; März 2001, S. 49–75. 102 Schmelzeisen 1955  ; H. Maier 1986, S. 80–91. 103 Mußgnug 1999, S. 100, S. 122, S. 136. 104 Strobel 1972, S. 42. 105 Holenstein 1996, S. 38. 106 Saalfeld 1960, S. 18 f.; Saalfeld 1998, S. 644 f.

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Die obrigkeitlichen Bemühungen zur Vereinheitlichung heterogener Formen der Bodenleihe, der Abgabeverhältnisse, der bäuerlichen Nutzungs- und Erbrechte, der Nutzung von Allmenden u. a. m. korrespondierten mit Bedürfnissen vollbäuerlicher Familien nach Rechtssicherheit und Erhaltung ihrer Hofstellen, wobei von dialektischen Prozessen zwischen obrigkeitlichen Absichten und bäuerlichen Interessen bei jeweils unterschiedlichen Kräfteverhältnissen auszugehen ist. Im Geltungsbereich der Benediktinerabtei Ottobeuren im Allgäu z. B. rangen die Äbte als Leiheherren mit den bäuerlichen Eigenleuten als Leihenehmern während des gesamten 15. Jahrhunderts um die Gestaltung der Nutzungsund Erbrechte, sodass unter Aufsicht von Schiedskommissionen von 1434 an mehrere Agrarverfassungsverträge ausgehandelt werden mussten.107 Auf dieser Rechtsgrundlage vermochten großbäuerliche Familien ihre Höfe kontinuierlich zu bewirtschaften und bereits um 1560 dank fixierter Abgaben einen gewissen Wohlstand zu erringen.108 Diese günstigen Wirtschaftsbedingungen großbäuerlicher Betriebe lassen sich für die meisten Regionen im Alten Reich westlich der Elbe beobachten.109 In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begann sich jedoch vielfach der Handlungsspielraum von Bauern zur Versorgung ihrer Nachkommen zu verringern. Bis zum Jahr 1562 vermochten z. B. im Rahmen der Grundherrschaft der fränkischen Grafen von Hohenlohe weichende Erben aus Bauernfamilien kleine Hofstellen zu begründen, wenn auch zumeist auf kargen Böden. Danach erließen die Grafen – ähnlich wie andere Landesherren v. a. in der Mitte Deutschlands110 – Teilungs- und Ansiedlungsverbote.111 Mit diesen restriktiven Regelungen hoffte man eine sich vornehmlich in dichter besiedelten Landschaften abzeichnende Verarmung ländlicher Haushalte zu verhindern, ebenso wie durch gezielte Anwendung und restriktive Handhabung eines neuen Eherechts, das bei einer Eheanbahnung den Konsens der Eltern verbindlich machte.112 Dies zog nicht zwangsläufig ein Ende der Bevölkerungszunahme nach sich. Im Geltungsbereich der klösterlichen Grundherrschaft Ottobeuren führten Gründungs- und Teilungsverbote zwischen 1580 und 1620 zu einer Vergrößerung der bestehenden bäuerlichen Haushalte von im Durchschnitt vier auf sechs Personen.113

107 108 109 110 111 112 113

P. Blickle/Holenstein 1996, S. 45–47. Sreenivasan 2004, S. 9–50. Robisheaux 1998  ; Troßbach/Zimmermann 2006, S. 65–67. Fox 1993  ; Troßbach/Zimmermann 2006, S. 63–65. Robisheaux 1989, S. 69–81. Robisheaux 1989, S. 96–105  ; Schmidt 1992, S. 102 f. Sreenivasan 2004, S. 305.

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Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

5.1.3.3 Bauernwirtschaft in der Rentengrundherrschaft  : Simulationen für die Umgebung von Biberach Werner Troßbach Im Folgenden sollen Perspektiven bäuerlicher Landwirtschaft im grundherrschaftlichen System des 16. Jahrhunderts an zwei Einzelfällen verdichtet dargestellt werden. Anders als in Abels bahnbrechenden Modellrechnungen wird nicht an die Überlegungen Johann Heinrich von Thünens aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angeknüpft, sondern an zwei konkreten Beispielen, einem großen und einem kleinen Hof aus der Umgebung von Biberach. Diese Beispiele werden auf zwei Zeitebenen modellartig durchgerechnet, einmal für die Jahre 1524 bzw. 1537, dann für das Jahr 1601. Die grundherrschaftlichen Abgaben werden nicht geschätzt, sondern lassen sich exakt bestimmen. Während sich Abels Berechnungen auf die Getreidewirtschaft konzentrierten114, wird im Folgenden die Milchwirtschaft einbezogen, wobei allerdings anders als für die Getreidewirtschaft nur teilweise auf Angaben aus der Region zurückgegriffen werden kann. Nicht erfasst sind mögliche Erlöse aus dem Anbau von Faser- und Färbepflanzen, die gerade in der Nähe von Biberach, einem Zentrum der Barchentherstellung, beträchtlich gewesen sein dürften115, sowie das breite Spektrum denkbaren Nebenerwerbs – bei Kleinbetrieben in erster Linie Lohnarbeit, bei spannfähigen Betrieben v. a. inner- und außerdörfliches Fuhrgeschäft. Auch andere Betriebszweige – z. B. die Fleischproduktion – sind nicht ausreichend dokumentiert. Der im Weiler Hagenbuch gelegene erste Beispielshof zählt zu den großen Betrieben. Nachgewiesen ist, dass er im Jahre 1524 zwei Knechte und zwei Mägde beschäftigte. Christian Heimpel schätzt, dass insgesamt zehn Personen auf dem Hof lebten. Diese Schätzung wird für die folgende Simulation um zwei Personen reduziert. Ansonsten wird den Annahmen Heimpels gefolgt. Um die Modellannahmen möglichst einfach zu halten, werden in der folgenden Simulation Abschreibungen, innerbetriebliche Stoffumsätze und Löhne für die Familienmitglieder nicht bilanziert. Tabelle 3  : Grundausstattung des Hofes im Weiler Hagenbuch. Personen (Kinder/ Knechte/Mägde)

Acker

Wiesen

Pferde/ Fohlen

Kühe/Färsen/Kälber

Schweine/ Ferkel

Hennen/ Hühner

8 (2/2/2)

26 ha

8 ha

7/2

12/5/3

2/2

6/6

Arbeitskräfte (Ak)/ha  : 0,23  ; Ak/Kuh  : 0,5  ; Ak/Pferd  : 0,85 (Quelle  : Heimpel 1966, S. 19 f., S. 39–43)

114 Ähnlich Sabean 1972, S. 64–66 und Boelcke 1964, S. 264f. 115 Garlepp 1987, S. 32  ; Heimpel 1966, S. 39.

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Agrarverfassung im Übergang

Der Besatz mit Pferden war gut auf den Bedarf an Ackerarbeiten und Fuhren zugeschnitten. Das Verhältnis von Wiesen- und Ackerland war mit 1  :3,5 nach zeitgenössischen Maßstäben gut organisiert und ermöglichte kontinuierlichen Nährstofftransfer. Setzt man pro Kuh 60, pro Färse 50 dt Stallmist an, konnten jährlich 113 dt/ha auf der Brache verteilt werden, was knapp den Werten entspricht, die im 18. Jahrhundert auf den intensiv bewirtschafteten Braunschweiger Domänen vorlagen.116 Hinzu kam der nicht unbeträchtliche Dung der Pferde. Die Saat-Ernte-Relation bei Getreide lagen dank günstiger Bodenqualitäten117 mit 1  :6 am oberen Ende der für das 16. Jahrhundert ermittelten Ergebnisse (Kap. 3.1.2.5). Dies entsprach bei Roggen nach einer Aussaat von 1,6 dt/ha einem Bruttorohertrag von 9,6 dt/ha. Nach Abzug der Saat verblieben als Wirtschaftsergebnis bzw. Nettorohertrag, d.h. für Konsum, Futter, Löhne, Abgaben und Verkauf, 8 dt/ha übrig. Für den menschlichen Konsum auf dem Hof geht Heimpel davon aus, dass ca. 2000 von lebensnotwendigen 3000 Kalorien durch Brot gedeckt wurden, aus Mehl gebacken, das, so wird angenommen, zu gleichen Teilen aus Roggen und entspelztem Dinkel (Kernen)118 gewonnen wurde. Pro erwachsener Person entsprach dies einem Jahreskonsum von 228 kg Wintergetreide, für Kinder wird die Hälfte angesetzt. In der Simulation wird weiter angenommen, dass das Sommergetreide größtenteils an die Tiere verfüttert wurde. Der hofinterne Getreideumsatz muss also v. a. die Haferration der Pferde berücksichtigen, die Heimpel mit 200 kg pro Tier und Jahr sehr niedrig schätzt. Im Spital Biberach erhielten außerdem tragende Sauen Getreide, und zwar pro Tier ca. 75 kg Hafer und 75 kg Gerste im Jahr.119 Auch an Kälber wurde sicherlich Getreide verfüttert120, der Umfang ist allerdings nicht bekannt und kommt hier nicht in Anschlag. Der schwer zu beziffernde menschliche Konsum von Sommergetreide wird nicht berücksichtigt121  ; in der Modellrechnung geht der Nettorohertrag von Gerste und Hafer nach Abzug des Futters voll in den Verkauf. Für das Stroh wird vorausgesetzt, dass es von den Rindern als Futter und im Stall als Einstreu verwendet wurde. Das Zehntstroh verließ allerdings als Abgabe den Hof, wird hier aber nicht berücksichtigt. Für die Monetarisierung der Getreideerträge werden die Preise und Währungseinheiten des Raumes Biberach eingesetzt. Der Umfang der Naturalzinsen, d.h. der Getreidegülten, und die Berechnung des Zehnten änderten sich zwischen 1520 und 1620 nicht.122 116 117 118 119 120 121

Saalfeld 1960, S. 93. Garlepp 1987, S. 61 f. Zur Terminologie „Dinkel“, „Veesen“, „Kern(en)“ s. Kap. 3, Anm. 34. Heimpel 1966, S. 42. Saalfeld 1960, S. 119. Heimpel 1966, S. 42  ; Sabean 1972, S. 64–66. Die Insassen des Spitals St. Georg in Speyer verzehrten allerdings bis in die siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts mehr Gerste als Dinkel  : Kleinschmidt 2012, S. 223. 122 Heimpel 1966, S. 22. Die Monetarisierung basiert auf Heimpel 1966, S. 97 und Asmuss 1980, Anhang B.

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Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

Tabelle 4  : 1524, Getreidepreise (Biberach) in Schilling/Dezitonne (ß/dt) Roggen

Dinkel (Veesen)

Hafer

Gerste

26,55

33,71

23,93

25,625

ß/dt

Auf der Basis der oben genannten Voraussetzungen und unter Berücksichtigung der Preise des Jahres 1524 stellt sich die Getreidewirtschaft folgendermaßen dar  : Tabelle 5  : 1524, Hof im Weiler Hagenbuch, Getreidewirtschaft Ernte dt  ; Saat-ErnteFaktor  ; Geldwert ß

Saat insgesamt dt  ; Saat/ha dt  ; Geldwert ß

Futter dt  ; Geldwert ß

Konsum dt  ; Geldwert ß

NaturalAbgaben (davon Zehnt) dt  ; Geldwert ß

Markt dt  ; Geldwert ß

Roggen

48,2  ; 6  ; 1279,71

8,0  ; 1,6  ; 212,4

8,0  ; 212,4

18,6 (4,8)  ; 493,86

13,6  ; 361,08

Dinkel

54,1  ; 6 1823,71

9,0  ; 1,8  ; 303,39

12,25 (entspelzt in Kernen = 8,0 dt)  ; 412,95

5,5 (Nur Zehnt)  ; 185,41

27,35  ; 921,97

Hafer

59,5  ; 10,6  ; 5,6 1423,84 1,4  ; 254,93

18,75  ; 450,93

12,5 (6,0); 299,13

17,65  ; 418,85

Gerste

15,6  ; 5,1 ; 399,75

1,5  ; 38,43

1,6 (nur Zehnt); 41

9,45  ; 242,16

Gesamt ß

4927,01

3,05  ; 1,4  ; 78,14 848,86

489,36

625,36

1019,4

1944,06

Der Anteil der Naturalabgaben am (Getreide-)Nettorohertrag lag mit 25% etwas höher als im Bereich des Klosters Weingarten123, vom (Getreide-)Bruttorohertrag des Hofes in Hagenbuch betrug er 20,7%. Aus dem Roggen- und Veesenüberschuss (Abgaben + bäuerlicher Marktverkauf ) konnte der Hof den Bedarf von 25 Personen decken, die Getreideprodukte kaufen mussten. Für die Fleischerzeugung (Kap. 3.4) wird angenommen, dass sie ausschließlich dem Konsum auf dem Hof diente. Pro Jahr sorgten zwei ausscheidende Kühe zusammen für vielleicht 160 kg Fleisch auf dem Tisch des Hofes. Außerdem wäre das Fleisch von sechs Kälbern (je nach Lebensdauer pro Kopf ca. 8–18 kg) zu addieren, die man allerdings 123 1531 durchschnittlich 20%  : Sabean 1972, S. 62.

202

Agrarverfassung im Übergang

auch verkaufen konnte. In entsprechenden Mastjahren kamen vier Schweine (zusammen mindestens 120 kg Fleisch) hinzu. Sammelprodukte124 und Früchte aus dem großen Garten125 trugen außerdem dazu bei, dass der Tisch ausreichend gedeckt war. Nimmt man als Leistung 650 l pro Kuh an (Kap. 3.4), betrug die jährliche Milcherzeugung auf dem Hof 7800 l. Im Anschluss an sächsische, braunschweigische und ostfriesische Angaben zur Milchwirtschaft wird von einer Nutzungsdauer von sechs Jahren pro Kuh ausgegangen. Um die Remontierung zu sichern, sollten in der Herde demnach pro Jahr je zwei ein- und zweijährige Färsen enthalten sein. Für eine Kuh werden an Winterfutter 12 Zentner Heu berechnet, um 12 Zentner Stroh ergänzt, pro Jungrind jeweils 10 Zentner Heu und Stroh126, für die Herde insgesamt 97 dt Heu. Einen Heuertrag von 20 dt/ha Wiese vorausgesetzt, blieben etwa 70 dt für die sieben Pferde – angesichts der niedrig angesetzten Haferportionen keine übertriebene Annahme. Für den Viehbestand insgesamt waren 15 ha Weide das Minimum127, wobei offen bleibt, inwieweit diese aus extensiv genutzten Randflächen (Allmende) bestanden oder Weiderechte auf Äckern und Wiesen einzuberechnen sind. Wenn ca. 80% der Kühe ein gesundes Kalb zu Welt brachten128, konnten pro Jahr 6,6 Kälber verkauft bzw. verzehrt werden, drei mussten zur Aufzucht behalten werden. Geht man davon aus, dass alle Kälber ca. acht Wochen lang Milch erhielten, wäre ein Vollmilchverbrauch von mindestens 80 l pro Kalb anzusetzen.129 In Norddeutschland130 wurden Kälber oft bereits kurz nach der Geburt verkauft oder verzehrt. Tabelle 6  : Milchviehherde, Hof im Weiler Hagenbuch Milch pro Kuh

Kühe

Färsen

Kälber  : Verkauf/ Verzehr

Kälber  : Aufzucht zur Remontierung

650 l

12

5

6,6

3

Für den menschlichen Milchkonsum wird ungeachtet der extremen jahreszeitlichen Schwankungen pro Person und Tag ein halber Liter gerechnet, wobei Kinder anders als beim Getreidekonsum als volle Personen gelten sollen. In Augsburg kostete ein Liter Milch 1530 etwa 0,161 ß.131

124 125 126 127 128 129 130 131

Saalfeld 1960, S. 73–75  ; Peters 2007, S. 243, S. 246 f. Heimpel 1966, S. 6, Anm. 27. Saalfeld 1960, S. 120  ; Schaal 2011, S. 88. Heimpel 1966, S. 7  ; Schaal 2011, S. 88. Saalfeld 1960, S. 75 f. Saalfeld 1960, S. 75 f., S. 119. Bölts 1966, S. 218. Elsas 1936, S. 601.

203

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

Die regelmäßigen Geldabgaben umfassten 96 ß, darunter einen Wiesenzins von 80 ß (10 ß/ha). Die Besitzwechselabgabe von 52 fl (für einen Bestandszeitraum von 1513–1537) entspricht einer jährlichen Belastung von 75,8 ß (ohne Zinsen). Zusammen ergeben sich Geldabgaben in Höhe von 171,8 ß im Jahr. Kleinzehnt und Eckergeld für den Schweineeintrieb sind nicht zu beziffern, scheinen lediglich „von untergeordneter Bedeutung“132 gewesen sein. Insgesamt war ähnlich wie 1544 im Territorium des Klosters Ottobeuren die Bedeutung der Geldabgaben gering.133 Allein wo Viehwirtschaft den Schwerpunkt bildete, wurden in Süddeutschland die Abgaben vorwiegend in Geldform erhoben.134 Insofern werden die Geldabgaben mit den Milcherlösen verrechnet. Auf dieser Basis stellt sich der Milchsektor folgendermaßen dar  : Tabelle 7  : 1524, Hof im Weiler Hagenbuch, verbrauchte und verkaufte Milch (inclusive Verkauf zur Bestreitung der Geldabgaben) Milch von 12 Kühen

Milch für 9,6 Kälber

Hofkonsum

Geldabgaben

Markt

7800 l = 1255,8 ß

770 l = 123,97 ß

1460 l = 235,06 ß

171,8 ß = 1063 l

4507 l = 725,27 ß

Die Kälbermilch geht vom Bruttorohertrag ab, sodass nach dieser Definition als Nettorohertrag 1132 ß übrig bleiben. Mit der Milch aus Marktverkauf und Abgaben war der Bedarf von ca. dreißig Personen aus demjenigen Teil der Bevölkerung (pro Hofarbeitskraft fünf ) zu decken, der Milch kaufen musste. Freilich ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Milch damit hoch angesetzt. Überschlagsrechnungen zu Württemberg legen nahe, dass er real weit niedriger lag.135 Außerdem war der Vollmilchverkauf nur städtischen oder extrem stadtnahen Betrieben möglich. Aus dem Verkauf von Butter136 hätte der Hof nach sächsischen Angaben lediglich die Hälfte erlösen können.137 Allerdings wäre bei Butterherstellung die Magermilch zur Weiterverarbeitung bzw. zum direkten Konsum von Mensch und Tier zurückgeblieben, was den Vollmilchkonsum auf dem Hof verringert hätte. Man hätte somit mehr als 5570 l Milch verbuttern können.

132 133 134 135 136

Heimpel 1966, S. 9, S. 32. Sreenivasan 2004, S. 138. R. Blickle 1980, S. 76. von Hippel 1978, S. 424. Optimale Quote  : 22.5 kg von 650 l Milch  : Schirmer 1996, S. 155  ; Durchschnittsangaben von 13 kg pro Kuh und Jahr  : Bölts 1966, S. 216. 137 Schirmer 1996, S. 155.

204

Agrarverfassung im Übergang

Tabelle 8  : 1524, Hof im Weiler Hagenbuch, Gesamtergebnis (ohne Löhne) in ß Nettorohertrag (Getreide+Milch)

Eigenverbrauch (% vom Nettorohertrag)

Feudalquote (% vom Nettorohertrag)

Markt (% vom ­Nettorohertrag)

5210

1350 (25,9)

1191 (22,85)

2669 (51,23)

Tabelle 9  : 1524, Hof im Weiler Hagenbuch, Ergebnisse pro ha Land (Getreide/Acker  ; Milch/Wiese) in ß138 Nettorohertrag

Feudalquote (% vom Nettorohertrag)

Marktquote (% vom Nettorohertrag)

Getreide

156,85

39,2 (25)

74,91 (47,76)

Milch

141,50

21,5 (15,25)

90,60 (64,25)

Für die Bestreitung ihrer Bedürfnisse (Ernährung, Kleidung), für Investitionen (Gebäudeerhaltung, Geräteerneuerung) sowie für Dienstbotenlöhne blieben der Bauernfamilie somit „vor Steuern“ mehr als 75% des Wirtschaftsergebnisses. Im Hesselberggebiet bei Nördlingen ist dieser Anteil für das vierte Viertel des 16. Jahrhunderts mit 80% angesetzt worden.139 Ähnliche Werte sind für die Klosterherrschaften Ottobeuren und Weingarten ermittelt worden, wo die Gesamtheit der grundherrschaftlichen Abgaben etwa ein Viertel des Wertes der Getreideernte ausmachten.140 Immer ist zu bedenken, dass lediglich zwei Betriebszweige erfasst sind, wenn auch sicher die Wichtigsten. Analog zu den vom Spital Biberach gezahlten Löhnen wird davon ausgegangen, dass die zwei Mägde und die zwei Knechte pro Person 13,72 ß im Jahr erhielten. Kosten für ihre Unterbringung gehen nicht in die Berechnung ein.141 Auf dieser Basis blieben der angenommenen Bauernfamilie 2614 ß als verfügbares Einkommen. Für 1524 hätte der Überschuss nach den Berechnungen von Elsas142 ca. 1820 g Silber entsprochen, etwa 75 fl. Der große Hof ermöglichte damit seinen Bewohnern ein gutes Auskommen, das monetär noch durch den Verzicht auf den Verzehr von drei Kälbern143 aufgestockt werden konnte. Außergewöhnliche Ereignisse, insbesondere Viehverluste (Krankheiten, Kriege, Pfändung), konnten jedoch auch diesen Hof in Bedrängnis bringen. Um eine einzige Kuh zu ersetzen, hätte man 1526 (allerdings zu Würzburger Preisen) 131,4 g Silber144, etwa 7,2% des verfügbaren Hagenbucher Jahreseinkommens, aufwenden müssen. Nicht zuletzt 138 Vgl. Sreenivasan 2004, S. 137. 139 Gabler 1963, S. 94 f. 140 Sabean 1972, S. 62 f.; Sreenivasan 2004, S. 137 f. 141 Heimpel 1966, S. 75  ; Garlepp 1987, S. 71. 142 Elsas 1936, S. 122  ; relativierend zu Elsas  : Bauernfeind 1993, S. 70. 143 Pro Kalb etwa 0,5 fl  : Schirmer 1996, S. 155. 144 Elsas 1936, S. 470.

205

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

vor diesem Hintergrund ist es einsichtig, dass der Milchsektor trotz höherer Rentabilität (Markterlös auf die Fläche bezogen) nicht ausgedehnt wurde. Weitere Naturalabgaben in Gestalt von 120 Eiern, vier Hühnern und einer Henne wurden aus der kleinen, wenig arbeitsintensiven Geflügelwirtschaft bestritten. Für die vier Handdiensttage145 konnten Magd und Knecht eingesetzt werden. Zusätzlich kann allerdings davon ausgegangen werden, dass in der Ernte (ca. sechs Wochen) mindestens zwei Tagelöhner beschäftigt wurden, deren Lohn nicht Eingang in die Berechnung findet. Schließlich kamen in unvorhersehbarem Rhythmus Steuern hinzu.146 Die bisweilen sehr hohen, aber unregelmäßig anfallenden Reichssteuern wurden zwar im Bereich des Spitals Biberach – anders als in den meisten Territorien – zum größten Teil aus den Einkünften der Grundherrschaft bestritten147, hinzu kamen aber weitere Forderungen, die meist über die Stadt Biberach eingezogen wurden und deshalb schwer zuzuordnen sind.148 Von den materiell ausgerichteten Bauernkriegsbeschwerden dürften damit lediglich jene gegen die Höhe der Getreideabgaben (incl. des Zehnten) und evtl. gegen die Steuerbelastung die Stimmungslage auf diesem großen Hof getroffen haben. Bis zum Jahre 1601 hatten sich die durchschnittlichen Ernterelationen in der Umgebung von Biberach wie an anderen Stellen im Reich (Kap. 3.1.3) abgeschwächt.149 Insofern wird in den folgenden Überlegungen von einer Saat-Ernterelation von 1  :5 (alle Getreidearten) ausgegangen. Die Preise hatten, setzt man voraus, dass die Biberacher Getreidepreise in gleichen Proportionen stiegen wie die Augsburger150, nominal ein erheblich höheres Niveau als 1524 erreicht. Tabelle 10  : 1601, Getreidepreise (Biberach) in Schilling pro Dezitonne (ß/dt) Roggen

Dinkel (Veesen)

Hafer

Gerste

120,220

120,68

77,53

132,225

ß/dt

 4,528

  3,58

 3,24

  5,160

Steigerungsfaktor gegenüber 1524

Außerdem werden im Modell unveränderte Anbauproportionen vorausgesetzt. Auf der Basis dieser Annahmen sah die Getreidewirtschaft 1601 folgendermaßen aus  :

145 146 147 148 149 150

Heimpel 1966, S. 20. P. Blickle 2004, S. 71  ; Sabean 1972, S. 55. Heimpel 1966, S. 85. Heimpel 1966, S. 56  ; Garlepp 1987, S. 37. Heimpel 1966, S. 40. Heimpel 1966, S. 25, Anm. 99. Augsburger Roggenpreise auf Silberbasis  : Rahlf 1996, S. 150–152.

206

Agrarverfassung im Übergang

Tabelle 11  : 1601, Hof im Weiler Hagenbuch, Getreidewirtschaft Ernte dt  ; Saat-ErnteFaktor  ; Geldwert ß

Saat insgesamt dt  ; Saat/ha dt  ; Geldwert ß

Futter dt  ; Geldwert ß

Konsum dt  ; Geldwert ß

Natural-­ Abgaben (davon Zehnt) dt  ; Geldwert ß

Markt dt  ; Geldwert ß

Roggen

40,2  ; 5  ; 4832,84

8,0  ; 1,6  ; 961,76

8,0 ; 961,76

17,8 (4,0)  ; 2139,92

6,4  ; 769,41

Dinkel

45,08  ; 5  ; 5440,25

9,0  ; 1,8  ; 1086,12

12,25 (entspelzt in Kernen = 8,0 dt)  ; 1478,33

4,5 (nur Zehnt)  ; 543,06

19,33  ; 2332,74

Hafer

52,8  ; 5  ; 4093,58

10,6  ; 1,4  ; 821,8

18,75  ; 1453,69

11,7 (5,2); 907,14

11,75  ; 910,98

Gerste

15,6  ; 5,1  ; 2062,71

3,05  ; 1,4  ; 203,27

1,5  ; 198,33

1,6 (nur Zehnt)  ; 211,56

9,45  ; 1249,53

Gesamt in ß

16.429,38

3272,95

1652,02

3801,68

5262,66

2440,09

Die Naturalabgaben umfassten angesichts der Annahme gesunkener Erträge nunmehr 23,14%151 des Bruttorohertrages bzw. 28,9% des Nettorohertrages. Auch bezüglich der Milchwirtschaft wird davon ausgegangen, dass sich die Verhältnisse gegenüber 1524 nicht verändert hatten. Der Milchpreis war in der Zwischenzeit weniger stark gestiegen als die Getreidepreise. In den 1590er-Jahren betrug er in Augsburg etwa 0,35 ß pro Liter.152 Gemäß obiger Definition lag der Nettorohertrag bei 2460,6 ß. Die Wiesenzinsen wurden – anders als für andere Höfe der Region – im 16. Jahrhundert nicht gesteigert153, ebenso wenig weitere kleine Posten wie „Hauptrecht“ und Strafen. Die Besitzwechselabgaben wurden zwar nominell stark erhöht, eine lange Bestandsphase auf dem Beispielshof bremste den Anstieg jedoch etwas ab. Die Belastung umfasste (ohne Zinsen) bis 1601 pro Jahr 5,8 fl (203 ß). Seit 1590 waren zusätzlich 70 ß „Fleischgeld“ jährlich zu entrichten, damit war die zuvor bestehende Verpflichtung, für das Spital Biberbach ein Stück Vieh einzustellen, abgelöst worden.

151 Im Durchschnitt der Höfe des Stifts Biberach 29,2%  : Heimpel 1966, S. 40. 152 In Sachsen etwas höher  : Schirmer 1996, S. 155. 153 Heimpel 1966, S. 30.

207

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

Tabelle 12  : 1601, Hof im Weiler Hagenbuch, verbrauchte und verkaufte Milch (inclusive Verkauf zur Bestreitung der Geldabgaben) Milch von 12 Kühen

Milch für 9,6 Kälber

Hofkonsum

Geldabgaben

Markt

7800 l = 2730 ß

770 l = 269,5 ß

1460 l = 511 ß

369 ß = 1054 l

4526 l = 1580,6 ß

Die Rentabilität des Milchsektors hielt nicht mit den absoluten Zuwächsen Schritt, die durch den Getreideverkauf erzielt wurden. Tabelle 13  : 1601, Hof im Weiler Hagenbuch, Gesamtergebnis (ohne Löhne) in ß Nettorohertrag

Eigenkonsum (% vom Nettorohertrag)

Feudalquote (% vom Nettorohertrag)

Marktquote (% vom Nettorohertrag)

15.617

4604 (29,4)

4170 (26,8)

6843 (43,8)

Tabelle 14  : 1601, Hof im Weiler Hagenbuch, Ergebnisse pro ha Land (Getreide/Acker  ; Milch/Wiese) in ß Nettorohertrag

Feudalquote (% vom Nettorohertrag)

Markt (% vom Nettorohertrag)

Getreide

506,00

146,22 (28,9)

202,41 (39,9)

Milch

307,56

46,12 (15)

197,60 (64,2)

Nach Abzug des moderat gestiegenen Gesindelohns (75,4 ß) ergibt sich in dieser Momentaufnahme ein Überschuss von 6767 ß (3573 g Silber). Mit etwa 190 fl lag das Einkommen des Biberacher Hofes damit deutlich über der Marge von 20 bis 100 fl, die um 1600 auf vergleichbaren Höfen der Herrschaft Plattenburg-Wilsnack (mit durchschnittlich 22,5 ha Ackerland, einer unbekannten Wiesenfläche und deutlich geringerem Rinderbesatz) erwirtschaftet werden konnte.154 Verglichen mit 1524 hatte sich auf dem Hof Hagenbuch das Einkommen nominal um das Zweieinhalbfache (Faktor 2,6), auf Silberbasis wegen des abnehmenden Silbergewichts der Münzen allerdings nur um etwa das Zweifache (Faktor 1,96) erhöht, bei einer – ähnlich wie in der Reichsabtei Ottobeuren155 – leicht angestiegenen Feudalquote („vor Steuern“). Wie sich dies auf die Konsumkraft des Hofes auswirkte, ist nur unvollständig zu erhellen.156 Der Preis für Eisen hielt (wiederum in Würzburg) zwischen 1530 und 1610 154 Peters 2007, S. 235, S. 237, S. 242. 155 Sreenivasan 2004, S. 140. 156 Zur Problematik  : Bauernfeind 1993, S. 329 f.

208

Agrarverfassung im Übergang

mit der Entwicklung des Hagenbucher Einkommens Schritt.157 Für eine Kuh bezahlte man 1600 in Würzburg 262,7 g Silber, das Doppelte des Preises von 1526158, knapp 7,4% des Hagenbucher Jahreseinkommens von 1601. Die Preise einzelner verarbeiteter Produkte stiegen dagegen weit weniger an. Hundert „große Lattennägel“ z. B. kosteten in Würzburg im Jahre 1603 genau 3,26 g Silber gegenüber 2,86 im Jahre 1528.159 Für Hufeisen blieb (in München) der Preis zwischen 1530 und 1580 sogar unverändert.160 Moderat war auch der Preisanstieg der Textilprodukte. Der Preis für eine Elle „schwarze Leinwand“ kletterte in Augsburg zwischen 1539 und 1608 lediglich von 18 auf 24 d.161 „Schlechtere“ Handschuhe waren in München 1610 noch immer zum Preis von 1559 zu haben.162 Damit zeichnet sich eine trotz höherer Feudalquoten steigende bäuerliche Kaufkraft ab, deren Hauptursachen in scharf ansteigenden Getreidepreisen und nur moderat wachsenden Löhnen zu suchen sind. Die Abel’sche Preisschere zwischen Getreide einerseits und gewerblichen Erzeugnissen wird damit durch die Einbeziehung weiterer Warengruppen bestätigt.163 Insgesamt verfestigt sich der Eindruck, dass auf diesem Hof wenig Handlungsdruck in Richtung auf eine Veränderung der wirtschaftlichen Schwerpunkte bestand. Allerdings ist anhand dieses Beispiels nicht zu eruieren, inwieweit die bäuerliche Kaufkraft temporär durch unkalkulierbare Steuerlasten164 gefährdet war. Auch die Frage, inwieweit mögliche Kaufkraftgewinne bäuerliche Konsumgewohnheiten veränderten, muss offen bleiben. Skeptisch stimmt der persönliche Besitz des „reichen Minners“, eines Großbauern aus dem schwäbischen Kornwestheim (Kap. 4.2.2.5). Bei einem Vermögen von 80.000 fl fanden sich 1599 zwar 50 Holzteller in seinem Nachlass, aber nur vier silberne Becher. An Kleidungsstücken hinterließ der Verstorbene lediglich ein wollenes Hemd, einen Wams, eine Hose, „einen Beltz oder Rock, einen Nachtpelz, eine Joppe“ sowie einige Kleintextilien.165 Für die zweite Simulation wird ein Hof ausgewählt, der unter der Grundherrschaft der Herrschaft Kronburg bei Biberach (E. Seltmann, Nr. 72 des Urbars von 1537) stand. Dort sind ähnliche Klima- und Bodenverhältnisse wie im Weiler Hagenbuch anzutreffen. Insofern werden gleiche Ertragsentwicklungen angenommen. Höfe unter fünf ha machten 1524 unter den Grundsässigen des Spitals Biberach 27,2% der Betriebe aus166, in der Herrschaft Kronburg waren es 1537 dagegen bereits 42%.167 157 Faktor 2  : Elsas 1936, S. 626–628. 158 Elsas 1936, S. 470. 159 Elsas 1936, S. 447 f. 160 Elsas 1936, S. 266. 161 Elsas 1936, S. 525. 162 Elsas 1936, S. 549 f. 163 Siehe auch Saalfeld 1998, S. 688. 164 Heimpel 1966, S. 55 f.; Sreenivasan 2004, S. 138 f. 165 Boelcke 1964, S. 251. 166 Heimpel 1966, S. 6. 167 Asmuss 1980, S. 78 f.

209

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

Tabelle 15  : Grundausstattung des Hofes E. Seltmann, Herrschaft Kronburg Personen

Acker

Wiesen

Pferde/Fohlen

Kühe/Kälber

4 (2 Kinder) geschätzt

3 ha

1 ha



2/0,6

Auf dem Hof wurden im Jahre 1537 an Getreide nur Roggen und Hafer angebaut. Den Preisen wird der Durchschnitt der Jahre 1531–1540 zugrunde gelegt, die Abgabenbemessung bezieht sich auf das Jahr 1537. An Nutztiere wurde in diesem Szenario kein Getreide verfüttert. Tabelle 16  : 1537, Hof E. Seltmann, Herrschaft Kronburg, Getreidewirtschaft Ernte dt  ; Saat-ErnteFaktor  ; Geldwert ß

Saat insgesamt dt  ; Saat/ha dt  ; Geldwert ß

Roggen

9,6  ; 6  ; 314,4

1,6  ; 1,6  ; 52,4

Hafer

7,02  ; 5  ; 207,09

1,4  ; 1,4  ; 41,3

Gesamt ß

521,49

93,7

Futter dt

Konsum dt  ; Geldwert in ß

NaturalAbgaben + Zehnt dt  ; Geldwert ß

Markt dt  ; ß

6,86  ; 224,67

1,38 +0,96  ; 76,64

-1,2  ; -39,3

1,66 + 0,7  ; 69,62

3,26  ; 96,17

146,26

56,87

224,67

Die Abgaben umfassen 28,02% des Bruttorohertrags, 34,2% des Nettorohertrags. Dies fällt in den Rahmen, der im Spital Biberach wie in der weiteren Nachbarschaft ausgeschöpft wurde. Dass kleinere Betriebe durch Getreidegülten höher belastet waren, war in diesem Teil des Südwestens nicht ungewöhnlich.168 Der Umstand, dass Kleinbetriebe oft einem Akt der Teilung oder der „Nachsiedlung“ auf Rodungsland entstammten, gab der Grundherrschaft die Möglichkeit, Dienste und Abgaben neu festzusetzen, oft höher als dies auf den länger bestehenden Höfen der Fall war.169

168 Asmuss 1980, S.  57  ; Sabean 1972, S. 60, S. 62  ; Sreenivasan 2004, S. 140. 169 P. Blickle 2004, S. 54  ; Troßbach/Zimmermann 2006, S. 43.

210

Agrarverfassung im Übergang

Tabelle 17  : 1537, Hof E. Seltmann, Herrschaft Kronburg, verbrauchte und verkaufte Milch (inclusive Verkauf zur Bestreitung der Geldabgaben) Milch von 2 Kühen

Konsum 1,6 Kälber

Hofkonsum

Geldabgaben

Markt

1300 l = 209,3 ß

128 l = 20,6 ß

730 l = 117,53 ß

62 ß = 385 l

57 l = 9,2 ß

Daraus ergibt sich als Gesamtergebnis  : Tabelle 18  : 1537, Hof E. Seltmann, Herrschaft Kronburg, Gesamtergebnis in ß Nettorohertrag

Eigenkonsum (% vom Nettorohertrag)

Feudalquote (% vom Nettorohertrag)

Markt (% vom ­Nettorohertrag)

616,5

342,2 (55,5)

208,26 (33,8)

66,47 (10,8)

Von dem Überschuss von 66,47 ß konnten zwar weitere kleinere Abgaben bestritten werden, Steuern und der beträchtliche Lohn für Gespannarbeiten, der anfiel, weil kein Pferd vorhanden war, dagegen nicht. Auch für Kleidung und Schuhwerk blieb nichts übrig. Im Jahre 1601 stellte sich aufgrund gesunkener Erträge und gestiegener Preise (s. o.) die Getreidewirtschaft folgendermaßen dar  : Tabelle 19  : 1601, Hof E. Seltmann, Herrschaft Kronburg, Getreidewirtschaft Ernte dt  ; Saat-ErnteFaktor  ; Geldwert ß

Saat insgesamt dt  ; Saat/ha dt  ; Geldwert ß

Roggen

8  ; 5  ; 961,76

1,6  ; 1,6  ; 192,35

Hafer

7  ; 5  ; 542,71

1,4  ; 1,4  ; 108,54

Gesamt ß

1504,47

300,89

Futter dt

Konsum dt  ; Geldwert in ß

NaturalAbgaben + Zehnt dt  ; Geldwert ß

Markt dt  ; ß

6,86  ; 824,71

1,35 + 0,8  ; 258,47

–2,61  ; –313,77

1,66 + 0,56  ; 172,12

3,38  ; 262,05

430,59

–51,72

824,71

Die Abgaben betrugen 28,6% vom (Getreide-)Bruttorohertrag, 35,75% vom (Getreide-) Nettorohertrag.

211

Von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Grundherrschaft

Tabelle 20  : 1601, Hof E. Seltmann, Herrschaft Kronburg, verbrauchte und verkaufte Milch (inclusive Verkauf zur Bestreitung der Geldabgaben) Milch von 2 Kühen

Konsum 1,6 Kälber

Hofkonsum

Geldabgaben

Markt

1300 l = 455 ß

128 l = 44,8 ß

730 l = 255,5 ß

62 ß = 177,15 l

264 l = 92,7 ß

Der Nettorohertrag aus der Milchproduktion betrug 410,2 ß, der Erlös aus dem Milchverkauf (bei konstant angenommenen Geldabgaben) 92,7 ß. Daraus ist abzuleiten  : Tabelle 21  : 1601, Hof E. Seltmann, Herrschaft Kronburg, Gesamtergebnis in ß Nettorohertrag

Eigenkonsum (% vom Nettorohertrag)

Feudalquote (% vom Nettorohertrag)

Markt (% vom ­Nettorohertrag)

1613,78

1080 (66,9)

492,59 (30,52)

40,98 (2,54)

Von den Preissteigerungen für Getreide konnte dieser Hof nicht profitieren, im Gegenteil, einen Teil seines Getreidebedarfs musste er angesichts gefallener Erträge nun käuflich erwerben. Andererseits waren die angenommenen Ertragsverluste zu gering, um mehr als eine graduelle Verschlechterung zu bewirken. Der – wenn auch geringe – Landbesitz deckte den Ernährungsbedarf noch immer zum überwiegenden Teil. Dass die Feudalquote in diesem Fall sinkt, ergibt sich aus der Annahme konstanter Geldabgaben und gestiegener Milchpreise. Dennoch war der Überschuss gegenüber 1537 geschrumpft. Daraus waren Steuern und Fuhrlohn nicht zu bestreiten, vom Einkauf gewerblicher Erzeugnisse ganz zu schweigen. Außerdem ist zu bedenken, dass ausgesprochene Missernten, die seit 1560 häufiger wurden, diese Hofstelle erheblich in Mitleidenschaft zogen, da Vorratsbildung aus besseren Jahren nicht möglich war. Entsprechende Abgabenrückstände führten in die Verschuldung (mit Zinsbelastung) bei der Grundherrschaft, im Bereich des Spitals Biberach oft mit dramatischen Folgen  : „Gültremissionen waren selten, Zurücknahme des Hofes oder sogar Pfändungen wegen ausständiger Abgaben häufiger.“170 Ähnlich waren benachbarte Herrschaftsträger bereits in der Bauernkriegszeit verfahren.171 Aus dem späten 15. Jahrhundert sind in der weiteren Umgebung dagegen eher kulante Reaktionen nachgewiesen.172

170 Heimpel 1966, S. 13, S. 31. 171 P. Blickle 2004, S. 53, S. 112 f.; Sabean 1972, S. 76. 172 Sreenivasan 2004, S. 142  ; Sonderegger 2012.

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Agrarverfassung im Übergang

5.2 Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland Werner Troßbach 5.2.1 Gutswirtschaft und Ostseegetreidehandel

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts waren in den Territorien östlich der Elbe an zahlreichen Stellen landwirtschaftliche Betriebe, meist Großbetriebe zwischen 50 und 500 ha, entstanden, die sich in der Regie von Herrschaftsträgern, v. a. von Adel und Landesherren, befanden. Für Aufbau und Betrieb dieser Güter wurden – freilich in jeweils unterschiedlicher Intensität – Herrschaftsrechte genutzt, v. a. der Anspruch auf Hand- und Spanndienste, die von den ansässigen Bauern und Kleinstellenbesitzern gefordert wurden. Oft überstiegen in einem so geprägten Herrschaftskomplex die aus der Eigenwirtschaft resultierenden Betriebseinnahmen in erheblichem Maße denjenigen Anteil an den herrschaftlichen Einkünften, der von Bauern und Kleinstellenbesitzern in Geld- und Naturalform zu entrichten war.173 Für diese Kombination von Herrschaftselementen und Eigenwirtschaft ist in der Historiografie der Begriff „Gutsherrschaft“ geprägt worden. Er findet sich bereits in zeitgenössischen Quellen, bezieht sich meist aber nicht auf die Herrschaftsform, sondern den Herrschaftsträger. Heute begreift man gutsherrschaftliche Formen überwiegend als Varianten der Grundherrschaft, aus deren spätmittelalterlicher Ausprägung sie unzweifelhaft hervorwuchsen. Auch im Westen, z. B. am Oberlauf der Weser174, befanden sich bereits im 16. Jahrhundert große Güter in den Händen von Herrschaftsträgern. Zum einen wurde für ihren Betrieb jedoch in geringerem Maße auf Herrschaftsrechte, z. B. Hand- und Spanndienste, zurückgegriffen. Zum andern entfalteten die Güter östlich der Elbe durch ihre größere Verbreitungsdichte eine ungleich stärkere agrarstrukturelle Prägekraft. In der Mark Brandenburg z. B. war der agrarrechtliche Rahmen an vielen Stellen spätestens seit der Mitte des 16. Jahrhunderts „auf den Betrieb von Großbetrieben zugeschnitten“.175 Dies bedeutete allerdings nicht, dass großbetriebliche Strukturen alle Teile des Territoriums dominierten. Auch in anderen Territorien östlich der Elbe gab es sog. „grundherrschaftliche Inseln“, in denen herrschaftliche Eigenbetriebe nur eine geringe Rolle spielten. In der Mark Brandenburg war besonders der Westen von bäuerlichen Betrieben geprägt, die weniger Hand- und Spanndienste als Geld- und Naturalabgaben leisteten. Man kann diesen Teil Brandenburgs zu einer Übergangszone rechnen, die außerdem noch Kursachsen, die Magdeburger Börde und Nordthüringen176 umfasste. Dort war nicht nur die Verbreitungsdichte der Güter geringer als in den Kernzonen der Gutsherr173 174 175 176

Enders 2008, S.  709  ; Schattkowsky 2007, S. 86  ; Cerman 2012, S. 89 f. G. Maurer 1995. Kaak 2010, S. 100. Schattkowsky 2007, S. 22–27  ; Enders 2008, S. 785–796  ; Harnisch 1980, S. 190–195.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

Abb. 43  : West-Ost-Gefälle der Getreidepreise (Durchschnitt der Jahre 1551 bis 1600).

schaft. Auch die Einnahmen aus den landwirtschaftlichen Eigenbetrieben nahmen dort selten den Stellenwert ein, den sie in den Gutsbezirken der weiter östlich gelegenen Territorien zunehmend erreichten. Innerhalb der Übergangszonen, besonders deutlich in Kursachsen177, ist – ähnlich wie in der Mark Brandenburg – noch einmal ein internes Ost-West-Gefälle zu erkennen. Jenseits allen wissenschaftlichen Meinungsstreits steht seit Langem fest, dass die ostelbischen Gutswirtschaften keine hochmittelalterlichen Relikte darstellten, sondern ­ihren entscheidenden Schub im Übergang zur Neuzeit erhielten. Parallel zur Entstehung der Betriebe verlief auf territorialer Ebene eine Veränderung des rechtlichen Rahmens, d. h. nicht nur der Abgaben-, sondern auch der Eigentums- und Herrschaftsstrukturen. Während sich westlich der Elbe die personen- und eigentumsrechtlichen Verhältnisse der Agrarproduzenten in der Regel verbesserten, ging im Osten die Tendenz an vielen Stellen in die entgegengesetzte Richtung. Die Entstehung der Großbetriebe ist oft darauf zurückgeführt worden, dass die zunehmende Rentabilität des Getreidebaus im Laufe des 16. Jahrhunderts Landwirtschaft auch 177 Rudert 1995, Gutsherrschaft und ländliche Gemeinde.

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für solche Schichten interessant machte, die zuvor nur als Abgabenbezieher aufgetreten waren. Um zu erklären, warum sich die Veränderungen gerade im Osten Deutschlands und Europas vollzogen, ist ein Blick auf Strukturen der europäischen Arbeitsteilung erforderlich, die sich im Mittelalter herausgebildet hatten und in der Neuzeit ihre volle Gestalt gewannen.178 Seit dem Hochmittelalter vollzogen sich in Teilen (Nord-)Westeuropas Spezialisierungsprozesse, zuerst im stark verstädterten Flandern, etwas später in den nördlichen Niederlanden. In Holland und Friesland bildeten sich marktorientierte Sparten der Vieh- und Milchwirtschaft heraus, Teilregionen konzentrierten sich – ähnlich wie zuvor in Flandern – auf den Anbau von Gemüse und Handelspflanzen. Gleichzeitig wuchs der Getreidebedarf durch eine Zunahme der Bevölkerungszahlen, die auf der Expansion städtischer und ländlicher Gewerbeaktivitäten basierte.179 Als Folge lagen die Getreidepreise zwischen 1550 und 1600 in der Mitte und im Osten Europas z. T. um die Hälfte niedriger als im (Nord-)Westen180, womit ein starker Anreiz zum Export bestand (Abb. 43). Wegen der schlechten Wegeverhältnisse kam für den Transport von Massenwaren über lange Distanzen v. a. der Seeweg infrage, auf dem bereits seit dem Hochmittelalter die Schiffe der Hanse verkehrten. Seit 1426 nutzten die dänischen Herrscher ihre Position am Nadelöhr dieses Handelsweges, um Zölle abzuschöpfen, und haben auf diese Weise die maßgebliche Quelle für den internationalen Getreidehandel hinterlassen  : die Sundzollregister. Unter den darin aufgeführten Häfen nahm Danzig die herausragende Stellung ein. Dort wurden zwischen 1560 und 1620 im jährlichen Durchschnitt mehr als 110.000 t Getreide umgeschlagen, ausreichend, um knapp eine Million Menschen zu ernähren. Im 17. Jahrhundert war dies etwa die Hälfte der Einwohnerzahl der Vereinigten Nieder­lande.181 Nicht alles Getreide war jedoch für die Niederlande bestimmt. Nach 1580 wurde ein Teil an Amsterdam vorbei dirigiert („voorbijlandvaart“), um v. a. in Krisenjahren den Bedarf in Spanien und sogar in Venedig zu decken.182 Polnische Forschungen haben seit Längerem ermittelt, dass das „Ostseegetreide“ nicht allein aus küstennahen Regionen stammte, sondern über die Weichsel auch aus dem Hinterland herangeschafft wurde. Durch den Nachweis, dass zu den Verkäufern in erster Linie Gutsbetriebe gehörten, die mit bäuerlichen Zwangsdiensten wirtschafteten, war die Argumentationskette zwischen überregionalem Getreidehandel und Gutswirtschaft geschlossen.183 Daneben darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch großbäuerliche Schichten, insbesondere die rechtlich privilegierten „Kölmer“ im königlich-polnischen Preußen, in beträchtlichem Umfang am internationalen Getreidehandel teilnahmen.184 178 179 180 181 182 183 184

North 1999. Kriedte 1980, S. 38–44. Achilles 1959, S. 40. Tielhof 2002, S. 91. Ebd., S. 72. Wyczański 1961  ; Malecki 1983. North 1999, S. 52.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

Für deutsche Territorien sind die Kausalitäten weniger stringent nachvollziehbar. So liegen zum Umfang des Handels lediglich Schätzungen vor. Demnach steuerten die Häfen in Pommern und Ostpreußen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts jeweils zehnbis fünfzehntausend t jährlich zum Ostseegetreidehandel bei – mit erheblichen Schwankungsbreiten.185 Für die Mark Brandenburg hat Hartmut Harnisch errechnet, dass in den Jahren 1560 bis 1620, dem Höhepunkt des Ost-West-Handels, jährlich etwa 15.000 t Getreide das Territorium verließen, von denen das Meiste nicht über die Ostsee, sondern auf der Elbe in Richtung Nordsee verschifft wurde. Wie in Polen entstammte der Großteil des Exportgetreides Gutsbetrieben, jedenfalls in den wenigen Einzeljahren, für die Quellen vorliegen.186 Güter entstanden jedoch auch dort, wo der Export von Getreide nicht an erster Stelle stand. War der Pfad zur Gutsbildung einmal beschritten, konnten auch Nahmärkte stimulierend wirken.187 Es stand auch nicht immer Getreide im Mittelpunkt. Unter natur­geografischen Bedingungen wie in den Niederungen von Elbe und Havel lag der Schwerpunkt der Güter auf Milch- oder Fleischproduktion.188 Vieh- und Milchwirtschaft dominierte auch in Schleswig-Holstein und v. a. im Territorium der Grafen von Oldenburg. Die Bauern waren dort zu Futterlieferungen an Güter und Domänen sowie winterliche Einstallungen von landesherrlichem Vieh verpflichtet, nach Wilhelm Abel „die Entsprechung zu den Ackerfronen“ der weiter östlich gelegenen Getreidegüter.189 Die – wie auch immer gearteten – wirtschaftlichen Anreize reichen jedoch für sich genommen nicht aus, um die Strukturveränderungen zu erklären190, die an zahlreichen Stellen in den Territorien Ostdeutschlands durchgesetzt wurden. Mindestens drei Fragen können nicht durch Verweis auf die europäische Arbeitsteilung geklärt werden  : Woher kam das Land für die entstehenden Gutsbetriebe  ? Woher kamen Arbeitskraft und Kapital  ? Wie gelang es den Herrschaftsträgern, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Veränderungen begünstigten  ? 5.2.2 Gutswirtschaft vor Ort  : Land, Arbeitskraft, Kapital

5.2.2.1 Land Die Frage nach der Herkunft des Landes für die entstehenden Gutsbetriebe berührt nicht nur einen Grundzug ostelbischer Agrarentwicklung, sie spricht zugleich eines der Grundprobleme deutscher Geschichte an. Letztlich ist diese Frage jedoch nur auf landes- und ortsgeschichtlicher Ebene zu klären. Für die Mark Brandenburg insgesamt existieren zwar 185 186 187 188 189 190

Wachowiak 1976, S. 715 f.; North 1985, S. 40 f. Harnisch 1969, S. 124–126, S. 130 f. Holenstein 1996, S. 87 f.; North 1999, S. 50 f.; abwägend  : Cerman 2012, S. 43–48. Peters 2007, S. 604  ; Hagen 1985, S. 99. Abel 1978, S. 181 ; Buchholz 1985, S. 77–80. Holenstein 1996, S. 89.

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Agrarverfassung im Übergang

ältere Schätzungen, exakte Ergebnisse liegen jedoch am ehesten für einen Teil des Territoriums vor, die Uckermark. Demnach enthielten die Güter Land aus zwei Zeitschichten  : Ein Teil, meist der kleinere, bestand aus der hochmittelalterlichen Landausstattung der am Siedlungsgang beteiligten Ritter (Ritterhufen), der Andere aus dem „Zugewinn“ des 16. Jahrhunderts.191 Wenn gesagt wurde, dass Gutswirtschaft und Gutsherrschaft keine mittelalterlichen Relikte darstellten, so bedeutet dies nicht, dass sie keine mittelalterlichen Wurzeln hatten.192 Bereits zur Siedlungszeit wurden Rittersitze mit landwirtschaftlichen Betrieben ausgestattet, die jedoch nicht den Umfang erreichten, den in der Neuzeit ein auch nur mittelgroßes Gut annahm. Im 15. Jahrhundert jedoch traten an einigen Stellen schon größere Güter auf, z. B. in Alt-Quilitz im Oderbruch.193 Kirchliche Herrschaften hatten bisweilen schon früher große Betriebe inne,194 von denen einige im Spätmittelalter verkleinert wurden. Für zahlreiche mittelalterliche Rittersitze Mecklenburgs und Pommerns195 ist dagegen nachgewiesen worden, dass sie die Keimzelle für einen neuzeitlichen Herrschaftskomplex bildeten. Insbesondere wenn sie in Zonen mit günstigen Bodenverhältnissen lagen196, entwickelten sie sich zu einer Art Zentrale mit dem Stammgut und einer größeren dörflichen Siedlung, von der aus ein Kranz weiterer, jüngerer Güter, sog. Vorwerke, verwaltet werden konnte. Unstrittig ist jedoch, dass die Hauptausbauphase der Gutswirtschaften ins 16. Jahrhundert fiel.197 Der „Zugewinn“ des 16. Jahrhunderts kann seiner rechtlichen Herkunft nach in zwei Teile aufgegliedert werden, in wüste Feldmarken und rezentes Bauernland. Nicht allein in der Uckermark entstand in einer ersten Phase (bis 1560) der größte Teil der neuen Gutsareale auf wüsten Feldmarken.198 Bekanntlich bedeutet der Ausdruck „wüste Feldmarken“ nicht, dass das Land vor der Gutsbildung vollständig aus der Nutzung genommen war. Oft brauchten Bauern und Kleinbauern (Kossäten) Wüstungen als Gemeinschaftsweide oder zur Holzversorgung, in nicht geringem Umfang auch als Ackerund Wiesenland.199 Oft war die Nutzung durch Pachtzahlungen abgesichert.200 An einigen Stellen201 konnten Bauern und Kossäten diese Positionen halten, in der Mehrzahl waren die Herrschaftsträger stärker. In der Mark Brandenburg, in Pommern und in Mecklenburg sammelten sie zahlreiche Wüstungen nach und nach für die eigene Nutzung ein. 191 Hagen 1985, S. 88  ; Enders 1992, S. 173. 192 Cerman 2012, S. 55. 193 Kaak 2010, S. 76. 194 Peters 2007, S. 601  ; Harnisch 1968, S. 66 f. 195 E. Münch 1997  ; Schleinert 2001, S. 200. 196 Hagen 1985, S. 93, S. 98. 197 Abel 1978, S. 167  ; Cerman 2012, S. 49, 54. 198 Enders 1992, S. 172–175  ; North 1999, S. 53  ; Cerman 2012, S. 61. 199 H. Wolf 1938, S. 22  ; Steinmann 1960, S. 25. 200 Harnisch 1968, S. 50  ; Mager 1955, S. 102  ; Peters 2007, S. 147–152. 201 Enders 2000, S. 309 f.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

Dabei konnte eine entstehende Gutsherrschaft auf die aus dem Spätmittelalter überkommene Befugnis zur „Nachmessung des Ackerlandes unter Bezug auf die altüberkommene Hufenzahl mit Nutzbarmachung … des dabei festgestellten Überschusses (overland)“ zurückgreifen.202 Solche Messungen fanden an zahlreichen Stellen statt, z. B. 1574 in der Herrschaft Plattenburg-Wilsnack, von den Bauern mit verständlichem Misstrauen begleitet.203 Von Peter Rantzau, wie Matthias von Saldern auf der Plattenburg einer der Prototypen adliger Tatkraft im 16. Jahrhundert, sagten Holsteiner Bauern, dass er noch nach dem Tod mit der Messkette ruhelos umherwandere.204 Auch westlich der Elbe wurden Nachmessungen durchgeführt, freilich nicht mit dem Sinn, das „overland“ in herrschaftlichen Eigenbetrieben zu nutzen (Kap. 2.2.1). In Brandenburg hatte der Adel für die Einsammlung des „Überschusses“ 1550 auf dem Landtag die Rückendeckung der Landesherrschaft eingeholt.205 Die Festlegung der mecklenburgischen Polizeiordnung von 1572, es solle „einer jeden Obrigkeit ihre Güter und Hufen nach ihrer Gelegenheit und Besten zu verändern unbenommen sein“206, erleichterte dagegen Übergriffe auf unstrittiges Bauernland. Für die Uckermark ist nachgewiesen, dass der Zuwachs des Gutslandes zwischen 1560 und 1620 zu mehr als 70% auf Kosten rezenten Bauernlandes ging.207 In Pommern wurde nach 1560 Gutsland gleichfalls öfter durch Arrondierungen vergrößert, indem man angrenzenden Bauernwirtschaften Landanteile entzog.208 Die Beseitigung ganzer Stellen, das sog. Bauernlegen, war zwar insgesamt für diese Periode nicht entscheidend, spielte für einzelne Regionen jedoch eine Rolle. In der Mark Brandenburg wurde dieser Weg von den Bredow im Havelland schon in der ersten Jahrhunderthälfte eingeschlagen.209 Stark ausgeprägt war diese Methode im Südosten Mecklenburgs. Das Dorf Helpt z. B. bestand im 15. Jahrhundert aus 60 Hufen, von denen bereits 10 zum Hofland des Ritters gehörten. Die übrigen vier Pfarr- und 46 Bauernhufen waren auf 23 Stellen verteilt, hinzu kamen zehn Kossätenstellen. Für den Zeitraum zwischen 1554 und 1584 fasst ein landesherrliches Register zusammen  : zwölf Bauernhöfe mit zusammen 24 Hufen „haben die Oertzen eingenommen, die Hofe wuest gemacht und bauen die Huefen selber“. Übrig blieben elf Bauern mit 22 Hufen sowie sechs Kossäten. Ihnen stand nunmehr eine Adelswirtschaft von 34 Hufen (ca. 340 ha) gegenüber.210 Das landesherrliche Dorf Börm in Holstein wurde im gleichen Zeitraum von einem Bauerndorf in eine Gutssiedlung umgewandelt. Durch die Legung und die 202 W. Prange 1983, S. 546. 203 Peters 2007, S. 151. 204 Jessen 1922, S. 67. 205 Enders 1992, S. 171, S. 210. 206 Mager 1955, S. 96. 207 Enders 1992, S. 172–175. 208 Wachowiak 1967, S. 45–66, S. 158 f.; Schleinert 2001, S. 67, S. 87, S. 101 f., S. 211. 209 Hahn 1979, S. 107  ; Harnisch 1975, S. 166. 210 Steinmann 1960, S. 143–45.

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Errichtung eines Meierhofes wurden die Einnahmen des Amtes bis zum Jahre 1610 quasi verzehnfacht.211 Das Schicksal der gelegten Bauern liegt oft im Dunkel. In Pommern konnte man eine neue Existenz im Osten des Landes gründen. Auch in Mecklenburg mussten gelegte Bauern quasi von vorn anfangen, wenn sie z. B. auf Wüstungen oder abgebrannte Höfe „umgesetzt“ wurden.212 Im Herrschaftsbereich des vormaligen Klosters Ribnitz dagegen wollte man gelegte Bauern auf einem neu gebildeten Gutshof „unterbringen“213, offenbar als Tagelöhner, wie es in der großen Welle des Bauernlegens in Mecklenburg nach 1750 üblich wurde. Es ist auffällig, dass Bauern und Kossäten kaum versuchten, Legungen durch kollektiven Widerstand zu verhindern. Solidarisierungen kamen offenbar dann nicht zustande, wenn das gutsherrschaftliche Vorgehen auf einzelne Bauern- oder Kossätenstellen zielte. In diesem Fall konnten die ehemaligen Inhaber öfter eine Entschädigung erstreiten.214 Ein ganzer Ort wurde am ehesten dann „gelegt“, wenn es sich wie bei Börm um eine Kleinsiedlung handelte, deren politische Handlungsfähigkeit begrenzt bzw. kalkulierbar war. Auch die rechtlichen Grundlagen begünstigten bäuerliche Einsprüche nicht. Übergriffe auf Bauernland widersprachen zwar im Grunde dem seit der hochmittelalterlichen Siedlung weithin gültigen Erbzinsrecht. Allerdings wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts nach und nach eine Art zweites Besitzrecht konstituiert, in Brandenburg „Lassrecht“ genannt. Es wurde – zunächst im Horizont der Wüstungsperiode – Neusiedlern erteilt, die einen verlassenen Hof nicht käuflich erwerben konnten. Sie erhielten ihn quasi leihweise „überlassen“, waren demzufolge verpflichtet, ihn auf Verlangen dem Eigentümer wieder zu übergeben.215 Wie weit dieses „Recht“ bis 1620 in einzelnen Territorien Fuß gefasst hatte, ist freilich nicht bekannt. Bedeutsamer für die rechtliche Neudefinition der Eigentumsverhältnisse war der Umstand, dass die Grenzen des etablierten Erbzinsrechts im Laufe des 16. Jahrhunderts immer enger gezogen wurden. In Mecklenburg und auf Rügen wurde bereits im Mittelalter „die Kündigung von Bauern“ sozusagen bei Eigenbedarf als zulässig betrachtet, etwa „wenn der Grundeigentümer selbst den Bauernhof als ritterlichen Hof bewohnen wollte.“216 In der Mark Brandenburg ließ sich der Adel ein solches Recht 1572 als „Herkommen“ bestätigen und setzte es öfter auch faktisch um, z. B. zur Einrichtung von Witwensitzen.217 Auch der Landtagsabschied von 1540, der es gestattete, einen „mutwilligen“ Bauern zu entfernen, immerhin gegen eine Entschädigung218, konnte zur Erweiterung von Gutsland eingesetzt 211 Buchholz 1985, S. 79  ; für Pommern Schleinert 2001, S. 229. 212 Kobrow 1980, S. 36. 213 Baumgarten/Bentzien 1963, S. 235 f. 214 Enders 1992, S. 185 f. 215 Enders 1992, S. 188  ; Kaak 2000, S. 82  ; Cerman 2012, S. 30. 216 Mager 1955, S. 78. 217 Enders 1992, S. 184 f. 218 Enders 1992, S. 161  ; Enders 2000, S. 301.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

werden. In Mecklenburg und in Holstein wurden Legungen gleichfalls öfter als „Strafen“ ausgegeben.219 In zwei Ostseeterritorien gingen den an der Expansion der Gutswirtschaft interessierten Kräften diese Möglichkeiten nicht weit genug. Sie nutzten ihre gesetzgeberischen Befugnisse in den Landtagen zur rechtlichen Beseitigung des mittelalterlichen Erbzinsrechts. In der Bauernordnung des Herzogtums Pommern-Stettin (1616) wurde alles Land zum Eigen­tum der „Herrschaft und Obrigkeit des Orts“ erklärt. Bauern hätten „kein Dominium nec directum nec utile“ und könnten auch nicht „vorwenden“, „dass sie und ihre Vorfahren die Höfe über 50, 60, auch wohl 100 Jahre bewohnt haben“. Dementsprechend müssten sie, wenn die Obrigkeit die Äcker, Höfe oder Wiesen „wieder“ zu sich nehmen oder Betroffene auf einen andern Hof versetzen wolle, „ohne alles Widerstreben“ folgen.220 In Mecklenburg wurde nur fünf Jahre später in den sog. Sternberger Reversalien festgelegt, dass die Bauern „ihre Zinshufen, -äcker und -wiesen, für die sie die Erbzinsgerechtigkeit nicht urkundlich nachweisen könnten, den Eigentumsherren im Falle der Kündigung ohne Rücksicht auf unvordenkliche Verjährung unweigerlich abzutreten und einzuräumen schuldig sein sollten.“221 Auf breiter Front umgesetzt wurden diese rechtlichen Möglichkeiten zunächst jedoch nicht. Für das Jahr 1635 wird angenommen, dass sich im Bereich der Ritterschaft zwei Drittel des Landes in bäuerlicher und lediglich ein Drittel in adliger Hand befanden222, ähnlich wie 1620 in der Mark Brandenburg.223 Darin spiegelt sich zum einen die ungleichmäßige geografische Verbreitung des gutswirtschaftlichen Ausbaus in beiden Territorien wider. In Mecklenburg z. B. lagen die gutswirtschaftlichen Schwerpunkte im Südosten und in einzelnen Bezirken des Nordens.224 Zum anderen waren adligem Landhunger Grenzen gesetzt, die aus der verbreiteten Wirtschaftsweise mit Zwangsdiensten resultierten. Die Gutswirtschaft konnte auf dieser Basis nur funktionieren, wenn genügend dienstfähige Bauernstellen erhalten blieben.225 Erst um 1700 nahm im ritterschaftlichen Teil Mecklenburgs das Gutsland in etwa die Hälfte der Nutzfläche ein, mit freilich noch immer beträchtlichen regionalen und lokalen Schwankungsbreiten.226 5.2.2.2 Hand- und Spanndienste Die Grundherrschaften des Mittelalters basierten in den Kolonisationsgebieten des Ostens im Wesentlichen auf Getreideabgaben.227 Arbeitsleistungen waren z. B. in der Mark 219 Kobrow 1980, S. 36  ; Buchholz 1985, S. 65–67, S. 71. 220 Fuchs 1888, S. 72. 221 Mager 1955, S. 97  ; E. Münch 2003, Mecklenburg, S. 16. 222 Tessin 1955/56, S. 156 f. 223 Enders 1992, S. 172–175  ; Hagen 1985, S. 108  ; Kaak 2010, S. 100. 224 Steinmann 1960, S. 31; Kobrow 1980. 225 Harnisch 1969  ; Harnisch 1975. 226 Rudert 1995, Gutsherrschaft und Agrarstruktur, S. 99. 227 Hagen 1985, S. 87 f.

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Brandenburg noch an der Wende zur Neuzeit meist nur in geringem Umfang zu erbringen, selten umfassten sie mehr als sechs Tage im Jahr.228 Im Laufe des 16. Jahrhunderts nahmen die Dienstbelastungen an vielen Stellen erheblich zu.229 Allerdings konnten Bauern und Kossäten durch hinhaltenden Widerstand, in der Mark Brandenburg meist prozessual vorgetragen, in Schlesien und den Lausitzen öfter gewaltsam ausgeübt230, „das Tempo des gutswirtschaftlichen Aufbaus ausbremsen“.231 Landesherrliche Gerichte sahen sich gezwungen, zeitliche Limitierungen festzusetzen, Detailbestimmungen zu Arbeitszeiten, Anfahrtswegen und Verpflegungssätzen zu erlassen.232 Nicht infrage gestellt wurde die grundsätzliche Verpflichtung der Dienstleistenden, für die Arbeit auf dem Herrenland Geräte und Gespanne aus eigenem Besitz zu stellen. Allerdings scheinen Bauern und Kossäten schon im 16. Jahrhundert an vielen Stellen die Dienste mit einer Nachlässigkeit ausgeführt zu haben233, die im 18. Jahrhundert in die Sprichwortsammlungen einging.234 Wo sich Auseinandersetzungen häuften, legten landesherrliche Gerichte zeitweise eine Obergrenze fest  ; um 1600 waren dies für die Prignitz wie für die Neumark zwei Tage Spanndienst pro Woche.235 Der Uneinheitlichkeit des gutswirtschaftlichen Ausbaus entsprechend, wurde dieser Spielraum von den Herrschaftsträgern nicht überall ausgeschöpft. Wurde die Grenze von zwei Tagen hingegen überschritten, waren die Dienstpflichtigen oft gezwungen, ein zweites Gespann anzuschaffen.236 Ein zweites Gespann band nicht nur zusätzliche Ressourcen, es machte auch die Unterhaltung zusätzlicher Arbeitskräfte erforderlich. Zum Höhepunkt des Fronsystems in Mecklenburg um 1700 waren z. B. auf den Höfen der Ämter Gadebusch und Boizenburg im Durchschnitt doppelt so viel Erwachsene ansässig wie um 1500, als die Gutswirtschaften weitgehend noch in den Kinderschuhen steckten.237 Auch vor 1600 waren an einigen Stellen bereits mehr als zwei Tage Spanndienst pro Woche zu leisten, in der Mark z. B. im Oderbruch.238 In Mecklenburg239 und Pommern240 sind um 1600 in Einzelfällen Belastungen dokumentiert, die die ganze Woche umfassten. Zu einem „Ausbremsen“ des gutswirtschaftlichen Ausbaus durch bäuerlichen Widerstand war es an diesen Stellen offenbar nicht gekommen. Um die Motive von Bauern zu ergründen, die sich nicht gegen Dienststeigerungen wehrten und demzufolge auch 228 G. Vogler 1986, S. 282 f.; Enders 2000, S. 196  ; Cerman 2012, S. 72 f. 229 G. Vogler 1986, S. 284–288  ; Hahn 1979, S. 104 f. 230 M. Weber 1993/4. 231 Peters 2007, S. 625. 232 Enders 1992, S. 193–201  ; Enders 2000, S. 401–416. 233 Hagen 1985, S. 109 f. 234 Troßbach 2005, S. 229. 235 Enders 2000, S. 407  ; G. Vogler 1986, S. 288. 236 Harnisch 1975, S. 155  ; Enders 2000, S. 415. 237 Seemann 1990, Aspekte. 238 Kaak 2010, S. 92 f. 239 Mager 1955, S. 101; E. Münch 1997, S. 54 f.; Rudert 1997, S. 365. 240 Wachowiak 1967, S. 299–311.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

keine Spuren in den Gerichtsarchiven hinterlassen haben, sind in der Forschung strukturelle Überlegungen angestellt worden  : „Dem feudalherrschaftlichen Druck ausgesetzt, verstanden sich möglicherweise die großen Bauern der ostelbischen Kurmark leichter dazu, eine Erhöhung der Arbeitsrenten hinzunehmen … als einer Erhöhung ihrer Produktenrente zuzustimmen.“241 Eine zunächst „bescheidene“ Steigerung der Arbeitsrente konnten große Bauern, so die Überlegung weiter, durch einen Knecht abarbeiten lassen, der in eigener Wirtschaft vielleicht nicht voll ausgelastet war.242 „Wohin diese Entwicklung führen würde“, sahen diese Bauern „zunächst nicht.“243 Tatsächlich blieben, während die Dienstbelastungen der Höfe stiegen, die Getreideabgaben oft auf dem relativ niedrigen spätmittelalterlichen Niveau eingefroren.244 Geldabgaben verloren angesichts steigender Getreidepreise ohnehin an Wert.245 Auf dieser Basis konnten Bauernwirtschaften Getreide vermarkten und an der guten Konjunktur teilhaben. Voraussetzung war allerdings eine vorteilhafte Landausstattung. Tatsächlich waren im Nachklang der hochmittelalterlichen Siedlungs- und der spätmittelalterlichen Wüstungsperiode östlich der Elbe bäuerliche Betriebe im Durchschnitt besser mit Land ausgestattet als in den meisten Regionen des Südens und Westens. Besitzgrößen von mehr als 20 ha Ackerland waren keine Seltenheit.246 In der Herrschaft Plattenburg-Wilsnack konnten bäuerliche Betriebe auf dieser Basis noch um 1600 jährlich Überschüsse zwischen 20 und 100 fl erwirtschaften – trotz verstärkter Dienstforderungen.247 Vermögensbildung und Prestigekonsum blieben für große bäuerliche Betriebe auch in anderen gutswirtschaftlich geprägten Regionen möglich.248 Neuere Forschungen machen verstärkt auf bäuerliche Anpassungsstrategien aufmerksam, die solche Ergebnisse ermöglichten.249 5.2.2.3 Lohnarbeit In Ostpreußen nahm an der Wende zum 17. Jahrhundert die Zahl der Güter stark zu, die auf Lohnarbeit setzten. Dagegen erhielten zahlreiche Bauern die Möglichkeit, die Dienste in eine Geldabgabe umzuwandeln, die jedoch als „Hochzins“ weit über dem mittelalterlichen „Herkommen“ lag und die Gutsherrschaft in die Lage versetzte, Löhne zu zahlen.250 Einen erheblichen Anteil nahmen Lohnausgaben auch in der Uckermark251 241 Harnisch 1969, S. 137  ; Cerman 2012, S. 72 f. 242 Rusinski 1960, S. 419  ; Hagen 1998, S. 168. 243 Harnisch 1969, S. 137. 244 Harnisch 1968, S. 88 f.; H. Wolf 1938, S. 40. 245 Hagen 1985, S. 104, S. 111. 246 Hagen 1985, S. 86  ; Peters 2007, S. 235  ; Harnisch 1969, S. 136 f. 247 Peters 2007, S. 242. 248 Harnisch 1969, S. 138  ; Hagen 1998, S. 165, S. 169  ; Enders 2000, S. 417. 249 Cerman 2012, S. 83, S. 118. 250 North 1988, S. 13. 251 Enders 1992, S. 180.

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Agrarverfassung im Übergang

und im Herzogtum Pommern-Wolgast in Anspruch. Dort wurden um 1600 etwa 25% der Güter, besonders die kleineren, ohne bäuerliche Spanndienste als „reine“ Eigenbetriebe bewirtschaftet, auf anderen wurden – wie im brandenburgischen Stavenow – Lohn- und Fronarbeitskräfte parallel beschäftigt. In jedem Fall mussten die Betriebsinhaber zumindest einige Zugtiere und Geräte anschaffen und unterhalten.252 Die Lohnarbeiter rekrutierten sich zu einem Teil bereits aus dem Kreis der sog. Einlieger, der unterbäuerlichen Bevölkerung also.253 Allerdings ist fraglich, ob die Zunahme ihrer Zahl in den Territorien der Gutsherrschaft254 dem Tempo entsprach, das z. B. für Südwestdeutschland charakteristisch ist.255 In einigen mecklenburgischen Gutsbezirken stützten sich Herrschaftsträger weniger auf unter- als auf kleinbäuerliche Schichten, indem sie Kossätenstellen durch die Überlassung von Zugochsen spann- und damit auch dienstfähig machten.256 Auch ein Großteil derjenigen Gutsbetriebe, die auf Hand- und Spanndiensten basierten, verfügte über fest angestellte Arbeitskräfte, die teilweise eine Familie unterhielten und auf dem Gut bzw. in gutseigenen Unterkünften wohnten.257 Sie leiteten – wie der v. a. aus Mecklenburg und den angrenzenden Gebieten bekannte Häker – die Spanndienste der Bauern bzw. ihrer Knechte an, nahmen Aufsichtsaufgaben wahr oder verwalteten als Fruchtschreiber das Erntegut.258 Ihre verantwortungsvollen Posten machten auskömmliche Geld- und Naturallöhne erforderlich.259 Einen festen Stamm benötigte der Bereich Milch- und Viehwirtschaft260, der v. a. deshalb auf den Gütern expandieren konnte, weil die Zugviehhaltung weitgehend auf dienstpflichtige Bauern abgewälzt wurde. Bisweilen war der Bereich Milch- und Viehwirtschaft durch Verpachtung an einen Spezialisten, den sog. Holländer, bereits im 16. Jahrhundert ausgegliedert.261 Öfter stand ihm eine angestellte „Baumuhme“ oder „Meiersche“262 vor. Sie leitete einen Kreis von Viehmägden an, die meist aus der dörflichen Bevölkerung stammten. Es war nicht einfach, den Bedarf an solchen jugendlichen Arbeitskräften zu decken. In Pommern suchten ledige Bauernkinder, wenn sie „ohne Aussicht auf Nachfolge auf der elterlichen Wirtschaft“ blieben, „ihr Glück … lieber woanders“.263 Als Reaktion konnte der

252 Schleinert 2001, S. 126 f., S. 146  ; Cerman 2012, S. 85 f. 253 Schleinert 2001, S. 97. 254 Enders 1992, S. 190  ; Enders 2000, S. 442 f. 255 Troßbach/Zimmermann 2006, S. 62–65. Ein Überblick zu ostelbischen Territorien  : Seemann 1990, Bevölkerung. 256 Bentzien 1969, S. 188–190  ; H. Wolf 1938, S. 23–42. 257 Hagen 1986, S. 146  ; Schleinert 2001, S. 96. 258 Bentzien 1969, S. 205–213  ; Hagen 1986, S. 149  ; Peters 2007, S. 605 f. 259 Hagen 1986, S. 148–150. 260 Schleinert 2001, S. 79. 261 Bölts 1966, S. 202 f.; Buchholz 1985, S. 60  ; Schleinert 2001, S. 69, S. 97. 262 Bölts 1966, S. 203  ; Schleinert 2001, S. 97  ; Hagen 2002, S. 63. 263 Schleinert 2003, S. 25.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

Adel in den meisten Territorien – in Brandenburg264 bereits 1518 – ein sog. Vormietrecht durchsetzen, das in den Kodifikationen des 17. Jahrhunderts zum „Gesindezwangsdienst“ ausgebaut wurde. 5.2.3 Schollenbindung und Leibeigenschaft

Außerdem ist zu bedenken, dass Herrschaftsträger bereits in der Phase der „Wüstungskultivierung“ nicht lediglich als „Investoren“ auftraten. Bei der Aufführung von Gebäuden leisteten Dienstpflichtige mindestens Hilfsarbeiten, und auch die Anlage neuer Felder und Wiesen, selbst schwere Rodungsarbeiten wurden auf größeren Gütern in der Fron verrichtet.265 Da der Bereich der Dienste am ehesten bäuerlichem Widerspruch ausgesetzt war, lag es nahe, dass sich Herrschaftsträger bemühten, ihren Zugriff auch auf diesem Gebiet durch Veränderungen des rechtlichen Rahmens abzusichern. Diese Versuche gipfelten in personenrechtlichen Neustrukturierungen, deren Zweck es war, Bauern und Kossäten die Gelegenheit zu nehmen, durch Abzug von ihren Stellen den neuen Lasten zu entgehen.266 Zu Beginn der Neuzeit stellte sich die Sachlage in den Territorien des Ostens so dar, dass Bauern nur dann einen Abzugsbrief erhielten, wenn das Winterfeld bestellt und Saatgut zurückgelassen, Schulden und Abgaben, darunter evtl. auch ein Abzugsgeld, bezahlt waren.267 Wurden diese Bedingungen nicht erfüllt, galten Bauern und Kossäten als „entlaufen“. Ihre neue Obrigkeit – in Mecklenburg und Schleswig-Holstein oft eine Stadt – war rechtlich verpflichtet, die „Entlaufenen“ auszuliefern.268 In Brandenburg wurde darüber hinaus bereits 1518 verlangt, der Bauer solle den Hof bewehrt, d. h. mit einer Mindestausstattung an Zugvieh, Saatgut und Gerät versehen, zurücklassen.269 Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde daraus ein herrschaftlicher Besitzanspruch an der sog. Hofwehr abgeleitet, besonders nachdrücklich in Mecklenburg. Dort gingen Herrschaftsträger seit etwa 1550 verstärkt davon aus, dass der Herr einem Bauernbetrieb „ursprünglich“ Zugvieh und Gerät „überlassen“ habe. Wenngleich im 16. Jahrhundert Herrschaftsträger an einigen Stellen im Zuge des Ausbaus der Gutswirtschaft tatsächlich so handelten, war eine generelle Rückdatierung auf die mittelalterliche Siedlung nichts Anderes als Fiktion.270 Bereits im 15. Jahrhundert ist in Mecklenburg und Pommern271 das Verlangen von Herrschaftsinhabern dokumentiert, Bauern sollten im Falle ihres Abzugs außerdem für eine Hofnachfolge sorgen. In Brandenburg ratifizierte der Kurfürst diese Forderung im 264 Enders 1992, S. 160. 265 Hagen 1985, S. 101 f.; Wachowiak 1967, S. 59. 266 Hagen 1986, S. 145  ; Schleinert 2001, S. 25. 267 W. Prange 2008, S. 18 f., S. 45  ; Enders 1992, S. 191. 268 W. Prange 2008  ; Schleinert 2003, S. 24. 269 Enders 1992, S. 160. 270 Bentzien 1969, S. 188. 271 Fuchs 1888, S. 51.

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Landtagsabschied von 1518272, in Schleswig-Holstein273 ging die Landesherrschaft spätestens seit 1565 vom gleichen Prinzip aus. Die Suche nach den Ursprüngen führt ins Land des Deutschen Ordens. In zeitlicher Nähe zu den spätmittelalterlichen Bevölkerungsverlusten war dort bereits 1420 verfügt worden, Abzugswillige hätten die Stelle wieder „in werende hand“ zu bringen.274 Für Inhaber einer unattraktiven Stelle war damit ein legaler Wechsel nahezu unmöglich. In der Mark Brandenburg basierte bis zum Ende des Ancien Régime die sog. Untertänigkeit der Bauern und Kossäten im Wesentlichen auf dieser „wirkungsvollen“ Regelung.275 Zahlreiche Angehörige des Adels in Holstein, Mecklenburg, Pommern und an den Nord- und Osträndern Brandenburgs begnügten sich jedoch nicht damit, dass ihnen auf dieser Basis nunmehr „ein völlig neues Bauernrecht“276 zur Verfügung stand. Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts begannen diese Adligen in einer Art triumphalen Überschwangs „ihre“ Untertanen als „leibeigen“ zu bezeichnen.277 Terminologisch handelt es sich um einen Transfer aus dem Südwesten Deutschlands278, paradoxerweise in einem Zeitraum, in dem dort die Bedeutung der Leibeigenschaft zurück ging. Im Osten kulminierte eine gegenläufige Entwicklung 1616 mit der Bauernordnung des Herzogtums Pommern-Stettin, in der die Bauern als „coloni glebae adscripti“ bzw. „homines proprii“ bezeichnet wurden. Vorarbeit war bereits 1590 von Friedrich Husanus, Professor der Rechte an der Rostocker Universität, geleistet worden. In seinem „Tractatus de servis seu hominibus propriis“ hatte er eine passgenaue Adaptierung der süddeutschen Bezeichnung an die Bedürfnisse der ostelbischen Gutsherrschaft vorgenommen und eine „autochthone“ Ursprungslegende ersonnen.279 In Mecklenburg und der Mark Brandenburg fand die Bezeichnung „Leibeigenschaft“ jedoch erst nach dem Dreißigjährigen Krieg Eingang in die Landesgesetzgebung. Aber selbst in Mecklenburg war zu keinem Zeitpunkt die gesamte Landbevölkerung der Leibeigenschaft unterworfen. Zudem war Leibeigenschaft in keinem der genannten Territorien als präzises „Rechtsinstitut“ definiert. Den widerstreitenden Kräften eröffneten sich dadurch unterschiedliche Handlungsspielräume. Der Gutsherrschaft kam die „Rechtsmeinung“ entgegen, von leibeigenen Bauern könnten „ungemessene“ Dienste gefordert werden und sie seien „an die Scholle gebunden“.280 Darüber hinaus konnte der Hinweis auf Leibeigenschaft die Kontrolle von Heirat und Hofübergabe281 absichern. Ihre körperliche Unversehrtheit sowie ihren per272 Kaak 2010, S. 76. 273 W. Prange 2008, S. 24. 274 G. Aubin 1910, S. 85–91. 275 Kaak 2000, S. 76. 276 Kaak 2010, S. 77. 277 W. Prange 2008, S. 36 f. 278 W. Prange 2008, S. 34 f.; E. Münch 2003, Mecklenburg, S. 10 f. 279 M. Wiese 2006, S. 86–89. 280 Franz 1976, S. 77 f. 281 Enders 1992, S. 192 f.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

sönlichen Besitz und den ihrer Familien konnten leibeigene Bauern jedoch verteidigen, oft auch vor Gerichten. Allerdings bedurfte es noch 1744 einer persönlichen Intervention des preußischen Königs, um den Versuch, in Königsberg leibeigene Dienstboten wie Sklaven zum Verkauf anzubieten, zu unterbinden.282 Wie Leibeigenschaft praktiziert wurde, konnte sich somit in Abhängigkeit von Intentionen und Kräfteverhältnissen von Ort zu Ort stark unterscheiden. Wurden Grenzen überschritten, löste die diskriminierende Terminologie bei den Betroffenen, insbesondere wenn es sich um wirtschaftlich gut situierte Bauern handelte, statt hilfloser Ergebung von Anfang an Erbitterung aus283, die bis zum Ende der Leibeigenschaft an zahlreichen Stellen offene und versteckte Formen der Resistenz speiste.284 5.2.4 Senseneinsatz und Ochsenanspannung

Inwieweit sich Unterschiede in der Agrarverfassung zwischen „Ost“ und „West“ auf die Getreideerträge auswirkten, lässt sich für deutsche Territorien285 für das 16. Jahrhundert nicht feststellen. Vergleiche können nicht lediglich Einzelergebnisse (Kap. 3.1.2.5) gegenüber stellen, sondern müssten systematisch auf der Grundlage ähnlicher Klima- und Bodenverhältnisse erfolgen. In der Forschung sind stattdessen Unterschiede auf dem Gebiet der Agrartechnik hervorgehoben worden. Während in den kleinbäuerlichen Regionen Westdeutschlands noch lange die Sichel in der Ernte dominierte, finden sich z. B. aus Mecklenburg zahlreiche Belege für den Einsatz der Sense bei der Ernte aller Getreidearten, und zwar bereits aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die damit verbundene Steigerung der Arbeitsproduktivität kam zweifelsohne den Intentionen der Gutsherrschaft entgegen. Die frühesten Nachweise stammen jedoch aus bäuerlichen Betrieben286, wo man offenbar bereits im Horizont der spätmittelalterlichen Bevölkerungsverluste an Rationalisierungsschritten interessiert war. Ein weiterer Substitutionsprozess, der v. a. Mecklenburg erfasste, wurde dagegen von den sich entwickelnden herrschaftlichen Eigenbetrieben forciert.287 Mitte des 16. Jahrhunderts wurde auf zahlreichen Gutswirtschaften der leichter handhabbare, meist von Ochsen gezogene Haken dem Beetpflug vorgezogen. Auf dem Wege der Hofwehrstellung (Kap. 5.2.3) konnte die Gutswirtschaft aktiv zur Verbreitung dieser Kombination bei Bauern und v. a. Kossäten beitragen.288 Die Rationalisierungsbestrebungen gipfelten im Einsatz von „Wechselochsen“, der allerdings vor dem 17. Jahrhundert nur spärlich bezeugt ist. Zwei Paare wechselten sich vor dem Pflug nach jeweils zweistündiger Ruhepause ab.289 282 Franz 1976, S. 213, siehe auch S. 202. 283 Ulbricht 1991; W. Prange 2008. 284 Klußmann 1995. 285 Eine Zusammenstellung für weite Räume Ost- und Südosteuropas  : Cerman 2012, S. 95–101. 286 Bentzien 1980, S. 116. 287 Bentzien 1969, S. 200 f. 288 Bentzien 1969, S. 189–191. 289 Bentzien 1969, S. 96.

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Agrarverfassung im Übergang

5.2.5 Politische Faktoren  : Landesherren und Adelsmacht

Die Frage, warum sich gutsherrschaftliche Entwicklungen im Osten in viel stärkerem Maße als im Westen durchsetzten, liegt nahe, entzieht sich durch die kontrafaktische Stellung jedoch exakter Beantwortung. Mögliche Antworten beinhalten eine schwer vermeidbare Tendenz zur Pauschalität. So ist auf die geografische Lage und die damit verbundenen Transportmöglichkeiten für Getreideüberschüsse verwiesen worden, desgleichen auf die dünnere Besiedlung und das erhebliche Ost-West-Gefälle bei den bäuerlichen Betriebsgrößen, das Übergriffe auf Bauernland eher verkraftbar erscheinen ließ. Andere Argumente zielen auf bereits im Hochmittelalter angelegte Unterschiede in der Agrarverfassung. Tatsächlich war im Laufe der Ostsiedlung das grundherrschaftliche System nahezu flächendeckend durchgesetzt worden, wenn auch mit der günstigen Besitzvariante des Erbzinsrechts. Im deutschen Südwesten dagegen gab es in zahlreichen Regionen in erheblichem Umfang bäuerliches Eigenland. Der Hinweis auf den hohen Wüstungsquotienten im Osten gewinnt damit doppelte Bedeutung, da Wüstungen auf durchstrukturiert grundherrschaftlicher Basis leichter „einkassiert“ werden konnten. Auch die territorialen Kräfteverhältnisse spielten eine Rolle. Auf den Landtagen in Mecklenburg, Brandenburg, Pommern oder Schleswig-Holstein trat der Adel meist geschlossen auf, während im Westen die territoriale Zersplitterung Adelsrivalität begünstigte. „Vor Ort“ hatte der Adel östlich der Elbe bereits im Mittelalter Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit meist in einer Hand vereinigt. Seit dem späten 15. Jahrhundert versuchten zahlreiche Herrschaftsträger zudem, sich auch in Eigentumsfragen mit Konkurrenten auf dörflicher Ebene zu arrangieren und Streubesitz durch Tausch und Kauf zu arrondieren.290 Dieser Prozess war im 16. Jahrhundert noch in vollem Gang. Außerdem waren die Gegensätze zwischen Fürsten und Adel – wie aus den Landtagsverhandlungen zu erkennen ist – im Osten offenbar schwächer ausgeprägt. An sich waren Fürsten daran interessiert, dass starke Bauernwirtschaften bestanden, da nicht der Adel, sondern meist die sog. Untertanen den Löwenanteil der Steuern zahlten. Wurden Bauern „gelegt“, wären die landesfürstlichen Steuern von ihren Stellen entfallen.291 In Kursachsen wurde dementsprechend unter Kurfürst August (1553–1586) „Bauernschutzpolitik“ betrieben.292 In Brandenburg dagegen fand man andere Lösungen  : Landtagsbeschlüsse hoben 1608 und 1612 die adlige Steuerfreiheit für die Hufen gelegter Bauern auf.293 Staatlicher Widerstand gegen die Beseitigung von Bauernstellen war damit zumindest nicht mehr fiskalisch zu begründen. In Mecklenburg wurde 1626 die gesamte Aussaat des Adels der Besteuerung unterworfen.294 Eine Fronde des 290 Hagen 1985, S. 96–98  ; Enders 2000, S. 326  ; Schleinert 2001, S. 193 f.; Tessin 1955/56, S. 155. 291 Schleinert 2001, S. 204. 292 Schattkowsky 2007, S. 35. 293 Enders 1992, S. 185. 294 Rudert 1995, Gutsherrschaft und Agrarstruktur, S. 23–27.

Entstehung und Funktionsweise von Gutswirtschaft und Gutsherrschaft in Nordostdeutschland

Adels wiederum blieb aus, da er offenbar aus der Gutswirtschaft genügend Einnahmen erzielte. Diese versetzten den Adel auch in die Lage, den Landesherren Kredite zu gewähren, während im Westen auf eine größere Zahl potenter Städte und deren Bürger zurück gegriffen werden konnte. Nicht zufällig stand z. B. die Bestätigung der adligen Privilegien auf dem brandenburgischen Landtag von 1540 in engem Zusammenhang mit einer Kreditgewährung. Schließlich befanden sich die Landesherren selbst in einer Art Zwitterstellung. Sie nahmen nicht nur staatliche Belange wahr, sondern waren selbst im Land der größte Grund- bzw. Gutsherr. Von Festlegungen zugunsten der Gutswirtschaft profitierte daher auch der landesherrliche Anteil295, der z. B. in Mecklenburg nach der Reformation annähernd die Hälfte des Territoriums umfasste.

295 Wachowiak 1967, S. 47–66.

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6 Sozialer und kultureller Wandel

6.1 Die Kirche im Dorf Rolf Kießling/Frank Konersmann Die Einbindung der ländlichen Arbeitsrhythmen in den Zyklus des Kirchenjahres und die Orientierung des Lebensalltags an der Werteordnung christlicher Glaubensvorstellungen verweisen auf die hohe Bedeutung der „Kirche im Dorf “. Die dörfliche Pfarrei war nicht nur die unterste Ebene in die Hierarchie der Kirchenorganisation, in der den Gläubigen das Heil vermittelt werden sollte, sondern sie war auch das Aktionsfeld, auf dem sich Gemeinde und Pfarrer begegneten  : Einerseits war der Pfarrer als Kleriker herausgehobene Standesperson, der die Messe las, die Beichte abnahm, die Absolution erteilte und Kirchenbußen verhängte, der aber auch mit Taufe, Eheschließung und Beerdigung den Lebenskreislauf segnete, und dem dafür der Zehnt gereicht wurde – was sich freilich im Laufe der Zeit zu einem auch für andere Empfänger verfügbaren Recht auf eine Naturalabgabe verselbstständigte. Pfarrbücher als Quelle geben im Spätmittelalter einen sehr detaillierten Einblick in dieses Gefüge.1 Andererseits war der Pfarrer mitlebender und mitwirtschaftender Dorfgenosse  : „Weistümer und Dorfordnungen legen fest, ‚wie sich ein Pfarrer haben soll gen dem Nachpawern‘. Pfarrers Vieh und Pfarrers Acker sind dem Gemeinderecht, dem Nachbarschaftsrecht unterworfen“.2 In der Kirche selbst trafen sich die Interessen beider Seiten und hier entschied sich die Mitwirkung der Laien an der Gestaltung ihrer Gemeinde. 6.1.1 Die Verdichtung der Pfarrorganisation und die Gemeinden

Siedlungsgeschichte und Entwicklung des Pfarreisystems gingen weitgehend Hand in Hand  : Die Ausbildung der Urpfarreien und die Entfaltung in Tochtergründungen wurden „vom Stand der Besiedlung her geprägt“, nahmen aber auch „auf die Bedürfnisse der Herrschaft“ Rücksicht.3 Für das Hoch- und Spätmittelalter ist deshalb zunächst vor allem die Ausweitung der Pfarreien charakteristisch – trotz der demografischen Einbrüche –, die zu markant dichten Sprengelnetzen führte  : In Schwaben wies die Diözese Augsburg vor der Reformation 1054 Pfarreien auf, in Franken darf man am Ende des Mittelalters mit 870 Pfarreien in der Diözese Würzburg, im Bistum Eichstätt mit 307 Pfarreien rechnen – dazu kam eine hohe Zahl von Benefizien, d. h. Stiftungen von Pfründen für niedere Geistliche.4 1 2 3 4

Fuchs 2013. Schubert 1998, S. 257. Wendehorst 2007, S. 188  ; zur Frühzeit Petke 2013. Bünz 2004, S. 72 f.

Die Kirche im Dorf

Die Entwicklung bis zu diesem Punkt erscheint bezeichnend  : So bestand das 1007 neu errichtete Bistum Bamberg anfangs aus 39 Pfarreien, am Vorabend der Reformation waren es 203  ; der Zuwachs verteilte sich auf alle Jahrhunderte, erreichte aber im 15. Jahrhundert mit 53 Neugründungen einen Höhepunkt. Die Initiativen gingen in dieser Phase nach wie vor von den Bischöfen (9), Stiften und Klöstern (3) sowie dem niederen Adel (12) aus  ; ganz selten traten Stadtbürger (1) in Erscheinung, häufiger Mutterpfarreien (8) und v. a. die Gemeinden selbst (15).5 Zusätzlich wurden 430 sog. Kuratbenefizien gestiftet, die für die Seelsorge gedacht waren, von denen immerhin 168 in Filialkirchen verankert waren. Außerdem sind 191 Kapellen zu nennen, in denen allerdings nur gelegentlich Gottesdienste stattfanden.6 Ähnlich wie in den zahlreichen Stiftungen, die dem Totengedenken dienten (Memorialstiftungen), spiegelt sich darin zweifellos eine wachsende Bereitschaft wider, zunehmenden materiellen Wohlstand immateriellen Zwecken zu widmen.7 Man empfand auf dem Lande aber immer noch Versorgungslücken. So zeigt die Verteilung der Pfarreien „vor allem im östlichen Thüringen und am Thüringer Wald … Pfarrsprengel, die so groß waren, dass sich die Frage aufdrängt, wie dort eine geregelte Seelsorge überhaupt möglich gewesen sein soll“.8 Andererseits war um 1500 ein regelrechter Bauboom an Dorfkirchen im Gange, der nicht nur für das Zürcher Land gilt, sondern als ein überregionales Phänomen einzuschätzen ist.9 Das wachsende Bedürfnis nach religiöser Selbstständigkeit in den Gemeinden, die bislang ohne Pfarrei geblieben waren, verweist auf ein dynamisches Element, denn mit gemeinsamen Stiftungen konnte der kommunale Zusammenhalt gestärkt und die „Kirche ins Dorf “ gezogen werden.10 Gerade Vikariestiftungen öffneten vielfach den Weg zur eigenen Pfarrei.11 Eine genauere Untersuchung der Verhältnisse in Dörfern am Oberrhein zeigt12, dass auf der Grundlage von kommunalen Messstiftungen und Kaplaneien, die bereits auf eine bessere Betreuung zielten, häufig der Schritt zur Separation von der Muttergemeinde folgte  : Meist waren es Filialgemeinden mit eigenen Kapellen, die damit „ihren“ Pfarrer gewinnen wollten  ; er sollte tatsächlich präsent sein und die sakramentale Versorgung jederzeit gewährleisten, aber auch dem Wunsch nach Predigt nachkommen – abgesehen davon, dass die äußeren Verhältnisse für den Gottesdienstbesuch wegen großer Entfernung oder ungünstiger Wegeverhältnisse dadurch zu verbessern waren. Die Gemeinden nahmen also eine aktive Rolle im Rahmen der Amtskirche ein und verstanden „die Kirche als soziales Zentrum im Dorf “.13  5 Von Guttenberg/Wendehorst 1966, S. 31–41.  6 Machilek 1999, S. 495.  7 Moeller 1965, S. 5–31  ; G. Zimmermann 1986, S. 65–81  ; Bünz 2008, S. 62 f.  8 Bünz 2004, S. 54  ; vgl. die Karte bei Kühne/Bünz/Müller 2013, S. 34 f.  9 Bünz 2008, S. 62 f. 10 R. Fuhrmann 1995, S. 423–433. 11 Bünz 2004, S. 55. 12 R. Fuhrmann 1987. 13 Ebd., S. 185  ; Konersmann 2015.

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Einer Mitwirkung der Gemeinden bei der Bestellung von Pfarrern bzw. Kaplänen war durch das Patronat als Herrschaftsrecht deutliche Grenzen gesetzt  : Nur teilweise waren seine Inhaber die Bischöfe, bisweilen traten auch andere kirchliche Institutionen oder adelige bzw. bürgerliche Grund- oder Dorfherren als solche auf. Zuweilen konnten die Landesherrn ihre Ansätze zu einem Kirchenregiment über diesen Weg ausbauen wie in Württemberg, wo der Herzog etwa die Hälfte der Patronatsrechte innehatte, während im Herzogtum Bayern der Landesherr nur über 46 Pfarreien und 86 Kaplaneien bzw. Messen und damit nur über einen Bruchteil der geistlichen Pfründen vor Ort verfügte14  ; ähnliche Verhältnisse bestanden in der Kurpfalz, wo sich die Patronatsrechte der Landesherren auf insgesamt 120 Pfarreien, Frühmessen, Kaplaneien und Kanonikate beschränkten.15 Noch enger waren die Grenzen für die Dorfgesellschaften gezogen, wenn die Pfarrei einem Stift oder Kloster inkorporiert und damit auch materiell der Gemeinde entzogen war. Dennoch gab es im Spätmittelalter manche Landgemeinde, die das Recht der Pfarrerwahl innehatte. Die Gemeinden verstanden sich also nicht einfach nur als Objekt der Seelsorge (cura animarum), wie das im Kirchenrecht vorgesehen war, sondern dem Patronatsrecht standen nicht zuletzt „genossenschaftliche und kommunale Gewohnheiten“ gegenüber, die in vielfältigen Formen praktiziert wurden.16 Eindringlich wird etwa in den Dithmarschen erkennbar, dass die Kirchengemeinden bei der Präsentation oder Nomination informellen Einfluss auf die Besetzung der Pfarrstellen nahmen und „alle oder zumindest die meisten Pfarreien…von den Geschlechterverbänden oder Bauernschaften gegründet, gebaut und ausgestattet worden sein“ dürften17 – wenn auch hier eine gewisse Sonderstellung vorlag, weil dieses Gebiet nur marginal von der Grund- und erst im 16. Jahrhundert von der Landesherrschaft erfasst wurde. Dass die Kirche als Schnittpunkt der Interessen von Pfarrer und Gemeinde verstanden werden muss, zeigt sich am besten in der Handhabung der Vermögensverwaltung. Nicht nur in den Städten drangen mit den Kirchenpflegern die Laien in die Amtskirche vor, sondern auch in dörflichen Gemeinden übernahmen Kirchenpröpste bzw. Heiligenpfleger die Aufsicht über das kirchliche Stiftungsvermögen.18 Auch sie wurden zumeist gewählt – und gelegentlich in komplizierten Verfahren  : So spielten etwa in Leinburg bei Nürnberg und den zur Pfarrei gehörigen Orten Diepersdorf und Haimendorf Ende des 15. Jahrhunderts alle drei Dorfgemeinschaften über Wahlmänner, die auch die unterschiedlichen Grundherrschaften zu berücksichtigen hatten, zusammen.19 Die Kirchenpflegen hatten generell über die „Kirchenfabrik“ für den Kirchenbau und seinen Unterhalt zu sorgen, verwalteten aber auch vielfach die liturgischen Stiftungen – Jahrtage, Ewigmessen u. a. m. Daraus leiteten sie wiederum die Möglichkeit des Kapitalverleihs an die Gemeindemit14 Rankl 1971, S. 229–231. 15 Lossen 1907, S. 99  ; Schaab 1988, S. 168. 16 Kurze 1966  ; Kurze 1990, Zitat 224  ; zahlreiche Beispiele von Dörfern in der Einflusszone der Zisterzienserabtei Salem  : Brun 2013, S. 98–102. 17 Bünz 2006, S. 253–255. 18 Reitemeier 2005  ; Schröcker 1934. 19 Kurze 1990, S. 199 f.

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glieder ab.20 In der Diözese Eichstätt „schalteten sie mit den Kirchengeldern … vielfach nach Gutdünken“,21 hatten sie doch in der Regel die Kasse in den Händen und verfügten über mindestens einen Schlüssel dazu. Im Bistum Münster regelte bereits ein Synodalstatut von 1317 die Mitwirkung der Laien detailliert. Weil man die Einmischung von Dorfbewohnern in Fragen der Reliquien, Oblationen und Legate, der Schlüssel und des Kirchenschmucks als zu weitgehend empfand, wurde festgelegt, dass die beiden Vertreter der Pfarrgemeinde zusammen mit dem Pfarrer jährlich Rechnung legen sollten.22 Die starke Stellung der Laienverwalter, in Thüringen „Altermänner“ genannt, führte vielfach zu Konflikten mit dem Pfarrer, die wiederum über genaue Festlegungen kanalisiert werden sollten. Dadurch gingen beide Seiten Verpflichtungen ein  : Vikar Jakob Jacoff aus Gräfenthal z. B. versprach kurz nach 1500 neben „vleissiger seelsorg“ die Durchführung genau aufgelisteter Messen während der Woche und an den hohen Festen sowie das Einhalten der Jahrtage und des vierteljährlichen „gedechtniß aller stifter und wohltheter der kirchen“  ; dafür sollten aus den Opferstöcken die Altermänner ihm „dy helft des guten geldes geben  ; do kegen sal der pfarher yn kese und brot und eynen drunck geben, wen sy ym dasselbe antworten“  ;23 an Karfreitag geschah das gleiche gegenüber dem Pfarrherrn. Ein sehr anschauliches Bild vom Verhältnis zwischen Pfarrer und Gemeinde vermittelt die Flugschrift „Epistola de miseria curatorum seu plebanorum“ aus dem Bistum Meißen, die seit 1489 vielfach gedruckt und gelesen wurde. (Abb. 44) Danach sah sich ein unbekannter Landpfarrer mit neun Teufeln konfrontiert, die ihm das Leben gleichsam zur Hölle machten  : Neben dem Bischof, der ständig Abgaben fordere, und dem Patronatsherrn, der die Pfarrei als „sein eigen“ betrachte, waren darunter die „Köchin, die Gebieterin“, der Küster (custos ecclesiae), den er mit Judas verglich, weil er einerseits sein Vertrauter, andererseits der Gemeinde verbunden sei, die ihn gewählt habe  ; und schließlich der Heiligenpfleger als Verwalter des örtlichen Kirchengutes (vitricus ecclesiae), der zwar nicht Messe halten könne, aber „ansonsten regiert er deine ganze Kirche“.24 Detailanalysen kommen also zu einem vielschichtigen und differenzierten Bild der Landpfarreien, das keineswegs stets von einem ungebildeten Klerikerproletariat nur unzureichend versorgt worden wäre.25 Im Bistum Ratzeburg waren schon 1319 Lateinkenntnisse und Schreibfähigkeit bei einfachen Dorfpfarrern in beachtlichem Maße gegeben,26 in Thüringen hatten 41,5% der Kleriker zwischen 1480 und 1525 studiert und 19,5% mit dem Baccalaureat abgeschlossen.27 Dennoch bleibt unübersehbar, dass der Druck 20 Bünz 2000, S. 147–149. 21 Buchner 1997, S. 138 f. 22 Petke 2006, S. 40. 23 Zitiert nach Bünz 2004, S. 63 f., 66  ; s. auch Kühne/Bünz/Müller 2013, S. 242–247. 24 Bünz 2004, S. 61 f., S. 65 f.; Bünz 2000, S. 143–146. 25 Petke 2006, S. 33 f. 26 Petersen 2006, S. 234 f. 27 Bünz 2004, S. 71.

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Sozialer und kultureller Wandel Abb. 44  : Der Pfarrer mit den neun Teufeln, die ihm quälen, kolorierter Holzschnitt 1489.

der Gemeinden zunahm, dass sich die „Untertanen“ des Pfarrers28 also von einem Objekt der Kirche zu einem Subjekt der Mitwirkung zu wandeln begannen, d. h. den religiösen Bedürfnissen Geltung verschaffen und an der Gestaltung von Kirche beteiligt werden wollte.29 In dieser Hinsicht verfügten Laien in der Stadt wie auf dem Land bereits über eigene praktische Erfahrungen durch ihre Beteiligung in Bruderschaften mit ihren vielfältigen Zwecken. Denn diese genossenschaftlichen Verbände dienten der Verehrung von Heiligen – etwa dem im Spätmittelalter beliebten heiligen Sebastian und der besonders verehrten Maria –, des Weiteren der Unterhaltung von Altarstiftungen und Messpfründen, sodann der Organisation besonderer Festtage – wie dem besonders populären Fronleichnamsfest, der Verehrung des Corpus Christi – im Zuge der vielfältigen Devotio-ModernaBewegung und nicht zuletzt auch der Aufrechterhaltung der Armenpflege vor Ort.30 28 Bader 1984. 29 So auch jüngst Bünz 2012, S. 190 und Konersmann 2015. 30 Moeller 1981, S. 36–47  ; P. Blickle 1992, S. 20  ; Remling 1986  ; Konersmann 1996, S. 130–135  ; Kühne/ Bünz/Müller 2013, S. 236–241.

Die Kirche im Dorf

6.1.2 Die Reformation auf dem Lande

Die bekannte Forderung an der Spitze der „Zwölf Artikel“ des Bauernkriegs, in der „ain ganze Gemain“ in Anspruch nahm, sie „sol ain Pfarer selbst erwölen und kiesen  ; auch Gewalt haben den selbigen wider zů entsetzen, wann er sich ungepürlich hielt“, schon um damit zu gewährleisten, dass er „das hailig Evangeli lauter und klar predigen [solle] one allen menschlichen Zůsatz, Leer und Gebot“31, knüpft direkt an diese Strukturmerkmale an. Auch wenn sie nur in 13% der lokalen oberschwäbischen Beschwerdeartikel direkt auftauchte und erst das „Produkt eines Entwicklungsprozesses … innerhalb der Bauernhaufen im Februar 1525“ war32, so wurde sie doch zu einem der wichtigen Merkmale bäuerlicher Selbstbestimmung. Wenn im fränkischen Wendelstein bei Nürnberg im Herbst 1524 Dorfmeister und Gemeinde dem neuen Pfarrer die Bedingungen diktierte, so war das prägnanter Ausdruck dieser Haltung  : „So werden wir dich für kain Herren [halten], sunder wir dir zu gebieten haben, und bevelhen dir demnach, das du uns das Evangelion und Wort Gottes lauter und klar nach der Warheit … treulich vorsagest“, wobei sein Verhalten vorbildhaft zu sein hatte, d. h. „in der Gemain und Kirchen dem Evangelion mit der Tat nachfarest als ein getreuer Diener Jesu Christi.“33 Die frühe Rezeption der reformatorischen Anliegen auf dem Lande im Vorfeld und im Kontext des Bauernkriegs ist zwar unbestreitbar,34 nicht selten erfolgte sie aber auch erst in Reaktion auf den negativen Ausgang des Bauernkrieges.35 Vom Allgäu und der Nordschweiz über Franken bis nach Thüringen, von Salzburg und Tirol bis an den Oberrhein finden sich Belege dafür, dass die Kirche im Dorf ein durchgängiges Anliegen war. Ihre Deutung als Ausdruck einer Kommunalisierung der Kirche, in der die religiöse Versorgung der Gemeinde ebenso zentralen Stellenwert erhielt wie die wohlfeile Kirche und die Rückführung des Zehnten auf seine ursprüngliche Funktion, weil das alles im Evangelium und damit im „göttlichen Recht“ verankert sei36, hat aus der Sicht spätmittelalterlicher Entwicklungstendenzen Vieles für sich. Dennoch bleibt die Frage  : Gab es eine spezifische „bäuerliche Reformation“  ? Franziska Conrad hat anhand von Supplikationen von elsässischen bäuerlichen Gemeinden des Straßburger Landgebiets an den städtischen Rat deren Reformationsverständnis herauszufiltern versucht  : Sie basierten offenbar auf einem sehr energischen Mitwirken der Gemeinden und stimmten darin überein, dass die Bauern zunächst einmal die Vermittlung des Evangeliums als „heilsamen, godtseligen vnderricht, als spys der selen, als brot des lebens“ einforderten, das allein die Erlangung des Seelenheils garantierte. Die Umsetzung sahen sie aber vorwiegend im praktischen Handeln, in der eigenen Lebensführung, für die der Pfarrer das Vorbild abzugeben hatte. Maßstab war für 31 Zitiert nach Kuhn 2000, S. 543. 32 P. Blickle 2004, S. 38. 33 Zitiert nach P. Blickle 1987, S. 27  ; s. auch Endres 1987, S. 139–145. 34 Vgl. Mörke 2011, S. 100–104  ; Konersmann 2015, S. 61 f. 35 Konersmann 2015, S. 64. 36 G. Zimmermann 1982  ; P. Blickle 1987, S. 24–76.

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sie die Realisierung der Nächstenliebe im Alltag, die ihrerseits die Ehre Gottes fördern sollte. „Die neue Heilslehre, wie die Bauern sie verstanden, bedeutete eine Anerkennung des in die irdische Realität eingebundenen Christen, eine Integration seines Alltags in die Gott-Mensch-Beziehung“ – und das entsprach nur sehr bedingt den Vorstellungen der reformatorischen Theologen.37 Auch nach der Niederschlagung des Bauernkriegs blieb die Reformation auf dem Land ein komplexer Vorgang, der nicht einfach als Oktroy der Herrschaftsträger begriffen werden kann. So zeigt der Fall Graubünden sehr eindringlich, wie bei der Entstehung von selbstständigen dörflichen Kirchengemeinden die kommunalen Verbände mitwirkten und damit das spätmittelalterliche Bestreben abrundeten.38 In den Territorien schwäbischer Reichsstädte lässt sich eher eine Mischung aus Eigeninitiativen von dörflichen Gemeinden und den Bemühungen städtischer Ratsgremien um Umsetzung der eigenen Beschlüsse beobachten  : Schon vor der Entscheidung des Ulmer Rates von 1531 zugunsten der Reformation richteten einige Landgemeinden des städtischen Territoriums an ihn die Bitte, „ain aigenn prediger der in der gemaind sag und verkund uff ihrn aigen costenn zu zu lassen“. Und die Orientierung am Diesseits wurde weiterhin mit der Forderung nach Aufhebung der Leibeigenschaft oder der „Rekommunalisierung des Zehnten“ bekräftigt  : Nur so wollten sie „evangelisch sein“. Umgekehrt sträubten sich aber auch nicht wenige Dörfer gegen allzu massive Veränderungen ihrer Gewohnheiten, sei es in der Bilderfrage oder bei den liturgischen Neuerungen.39 Darüber hinaus artikulierten Laien allenthalben zunehmend energischer ihre Kritik am Lebenswandel des Klerus, wobei das „Priesterkonkubinat“ in den Fokus der Auseinandersetzungen rückte.40 Die moralischen Ansprüche an den Klerus setzten die Obrigkeiten in dieser eminent kirchenpolitischen wie auch kirchenrechtlichen Frage unter Zugzwang. Ihn machten sich einige weltliche Obrigkeiten als Legitimationsvorlage zunutze und beanspruchten in diesem Bereich des ius mixtum nunmehr eine „policeyliche“ Aufsicht oder sogar eine gerichtliche Kompetenz. Zürich und Straßburg setzten bereits Mitte der 1520er-Jahre besondere Ehe- und Kirchengerichte ein41 und begründeten damit erste legislative und judikative Maßnahmen im Sinne eines protestantischen Kirchenregiments. Bald schlossen sich ihnen große Fürstentümer wie Kursachsen und spätestens nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 auch mittlere und kleine Fürstentümer wie etwa die Landgrafschaft Hessen und das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken an.42 Die obrigkeitliche Ehegerichtsbarkeit und Ehegesetzgebung bildete eine ganz wesentliche Scharnierstelle an übereinstimmenden reformatorischen Anliegen zwischen dem „gemeinen Mann“ und den weltlichen Obrigkeiten. 37 Conrad 1984, S. 92–107, Zitate S. 95 f., S. 105 f. 38 Saulle Hippenmeyer 2002. 39 Hofer 1977  ; Kießling 1996, S. 54–56. 40 Lossen 1907, S. 83–86  ; Schmidt 1992, S. 7 f.; Konersmann 1996, S. 117–124  ; Mörke 2011, S. 15. 41 Köhler 1932/1942. 42 Sibeth 1994, S. 105–147  ; Konersmann 1996, S. 188–201, S. 301–343.

Die Kirche im Dorf

Eine breite Rezeption reformatorischen Gedankenguts war selbst in Altbayern gegeben, obwohl sich die Herzöge schon 1522 eindeutig dagegen entschieden hatten  ; das Eindringen über die Kommunikationswege der benachbarten Zentren war nicht völlig zu unterbinden. Sie erhielt seit den 1550er-Jahren neuen Auftrieb in der sog. Kelchbewegung – nach einem formalen Zugeständnis des Laienkelchs durch Herzog Albrecht V. –, die in der Praxis ihren Niederschlag in einer breiten Palette evangelischer Äußerungsformen fand, wie sich in den Visitationsprotokollen von 1558/60 detailliert verfolgen lässt  :43 Neben dem Empfang des Altarsakraments in beiderlei Gestalt waren die Taufe und die Messe in deutscher Sprache, das spontane Anstimmen protestantischer Kirchenlieder, Zusammenkünfte in Winkelschulen zu gemeinsamen Andachten mit Lektüre reformatorischer Schriften sowie die Verweigerung der Einzelbeichte und der letzten Ölung oder das Auslaufen in benachbarte evangelische Zentren weit verbreitet.44 Für den bayerischen Teil des Bistums Passau hat man bis 1564 einen Anteil von 71% der Pfarreien errechnet, die sich entweder ganz evangelisch gaben oder in denen zumindest ein „gemischtes“ Verhalten registriert wurde45 und die damit auf dem Weg zu evangelischen Gemeinden waren. In den Territorien, in denen die Landesherren die Reformation einführten und über ihr Kirchenregiment die Neuordnung zentral lenkten, wurden die Akzente anders gesetzt. Im ernestinischen Sachsen, dem Land Luthers, sorgten die Visitationen v. a. seit 1528/29 für eine normative Handhabung der reformatorischen Anliegen, der Glaubensinhalte wie der Gottesdienstordnung  ; sie wurden nach 1539/40 auch im albertinischen Landesteil auf gleiche Weise durchgesetzt. Dabei galten für die Dorfpfarrer die „Mindestforderungen  : Abschaffung der ‚papistischen‘ Messe, Reichen des Abendmahls … mit Brot und Wein, Verzicht auf die Klostergelübde … Ehe für alle Stände, auch für die Pfarrer und Prediger“.46 Dagegen klagte 1539 die bäuerliche Bevölkerung nicht selten gegenüber den Visitatoren, „wenn die heilige Messe abgeschafft würde, wüßten sie nicht, was Gottesdienst wäre, sie müßten nun in großen Haufen in die Hölle fahren“.47 So dürfte selbst im Ursprungsland der Reformation der Prozess ihrer Einführung relativ lange gedauert haben.48 Zudem hielt der Mangel an geeigneten Pfarrern in vielen Dörfern noch lange an.49 Für das Herzogtum Württemberg hatte Herzog Ulrich 1534 den Schritt zur Reformation vollzogen, und auch hier war die Umstrukturierung der Kirchenorganisation nur die Konsequenz  : Die Beseitigung des Pfründenwesens und die Besetzung der Pfarrstellen durch das landesherrliche Konsistorium stellten den äußeren Rahmen dar  ; für die Gemeinden nachhaltiger wirkte sich die neue Stellung der Pfarrer aus. Wie in anderen lutherischen Territorien wurde aus einem „Stand“ eine „Berufsgruppe“ mit fester Besoldung und damit 43 Landersdorfer 1986. 44 Rößler 1966  ; Kaff 1977. 45 Kaff 1977, S. 296. 46 Wartenberg 2005, S. 71. 47 Zitiert nach Wartenberg 2005, S. 118. 48 Schirmer 2008, S. 117–119  ; von Birgelen 2011. 49 Blaschke 1970, S. 117.

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auch unabhängiger materieller Existenz, bald auch kontrollierter Ausbildung durch das Tübinger Stift.50 Der Gewinn an Ansehen, der sich aus dieser „Professionalisierung“ ergab, korrespondierte mit der Forderung nach guter Predigt und Seelsorge – und verlieh dem Pfarrer zusätzliche Autorität. Die Wandlung vom Kleriker zum Bürger51 einschließlich der Familiengründung näherte ihn wiederum den Lebensformen der Gemeindeglieder an.52 Mit der lutherischen Geistlichkeit etablierte sich dennoch ein neuer Faktor in der ländlichen Honoratiorenschaft, der zunächst durchaus auf Widerstand stieß. Die „Kultur des Pfarrhauses“ mit „bürgerlicher Herkunft“ und Lebensform53 erforderte offenbar einen Anpassungsprozess an die ländliche Gesellschaft, an die sozialen Gegebenheiten wie den alltäglichen Lebenszyklus. Aber auch in katholischen Landschaften setzte mit dem Konzil von Trient (1545–1563) eine grundlegende Veränderung ein, die nicht immer willkommen war. „Sie hette allhie lenger geweßen als die dömersche papen“, argumentierte eine Bauernfrau gegen den neuen Ortspfarrer im Münsterland noch 1680. Man erwartete nach wie vor von ihm die Rolle des „Kultdieners“, der die Sakramente und damit die amtskirchliche Begleitung der Lebensphasen zu vollziehen hatte und dabei nach wie vor selbst mit seinem Pfarrgut in den landwirtschaftlichen Alltag eingebunden war. So ging es nicht nur um neue religiöse, sondern auch um soziale Standards, denn  : „Auf dem Dorf ist die religiöse Identität weniger mit den politischen als mit den gesellschaftlichen Ordnungsstrukturen verbunden“, spielte sich also im Rahmen der Familien, Verwandtschaften und Genossenschaft ab.54 6.1.3 Konfessionalisierung als Disziplinierung  ?

Dennoch stand hinter diesen sozialen Vorgängen jene „Konfessionalisierung“, die trotz vielfacher Modifikationen zu den zentralen Entwicklungsprozessen der Frühen Neuzeit gezählt werden muss  :55 Nach der Phase der „Konfessionsbildung“56 schufen fürstliche Obrigkeiten, Konfessionskirchen und gesellschaftliche Kräfte mit formal ähnlichen Instru­mentarien, allen voran mit regelmäßigen Kirchenvisitationen und einer verkirchlichten Lebensordnung, ein Normen- und Ordnungssystem, das darauf zielte, eine konfessionelle Homogenisierung der Untertanen durchzusetzen.57 Wie gestaltete sich die Situation im ländlichen Bereich  ? Ein für Süddeutschland maßstabbildender Fall war zweifellos das Herzogtum Württemberg  : Der Weg zur Vereinheitlichung der Lehre über die Kirchenordnungen, die schließlich 50 Vogler 1976  ; Schnabel-Schüle 1986, S. 345. 51 Moeller 1972. 52 Schnabel-Schüle 1986, S. 346 f. 53 Wahl 2002, S. 44, S. 57. 54 Holzem 2002, S. 197. 55 Reinhard 1977  ; Reinhard 1983  ; Schilling 1982  ; Schilling 1988. 56 Zeeden 1965. 57 Schmidt 1992.

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mit Johannes Brenz in die lutherische Ausrichtung von 1553 mündete, die Einführung eines Katechismus und einer verbindlicher Agenda für den Gottesdienst waren die Gestaltungselemente  ; die Handhabung der Kirchenzucht wurde zum Instrument, um abweichendes Verhalten wie Gotteslästerung und Fluchen, mangelnden Gottesdienstbesuch oder Sakramentenempfang, aber auch Ehebruch, Völlerei oder Spielsucht als öffentliches Ärgernis zu definieren und zu rügen und bei Verstößen gegebenenfalls vom Besuch des Abendmahls auszuschließen. Damit sollten die Pfarrkinder auf die konfessionellen Normen eingeschworen werden – eine Mitwirkung der Gemeinden war dabei in der Regel nicht vorgesehen. Das gilt auch für die Kirchenverfassung und die Verwaltung des Kirchengutes, die zumeist der hierarchisch aufgebauten Landeskirche unterstanden. Diese Einschätzung hat Eike Wolgast zu dem weitreichenden Schluss motiviert  : „Die Einzelgemeinde besaß nahezu keine Rechte und verfügte über keine Repräsentanten“, während Meinrad Schaab die presbyterial-synodalen Verfassungselemente in der Pfalz stärker positiv gewichtet.58 Verlagert man jedoch den Blick auf die Ebene der Dörfer, dann wird sehr schnell deutlich, dass die Durchsetzung der Reformation vielfach ein zähes Ringen zwischen den eingespielten Traditionen, Strukturen der Gemeinden und den Pfarrern auslöste. So wurde am Beispiel von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach dargelegt, dass zum einen die Gemeinden nur solche Neuerungen akzeptierten, die ihren bisherigen Regeln nicht allzu sehr widersprachen, zum anderen die lokalen Eliten unter den Bauern sich den Veränderungen der Machtverhältnisse in den Entscheidungsprozessen widersetzten und auf ihren Freiheiten bestanden.59 Werner Freitag hat das für Anhalt, Magdeburg und Halberstadt auf den Punkt gebracht  : „Sozialdisziplinierung und die Formierung neuer Frömmigkeit konnten also nur gelingen, wenn der Pfarrer Rücksichten auf seine Gemeinde nahm“, vor allem „den örtlichen Normen- und Ehrenkontext respektierte“.60 Und so nimmt es auch nicht Wunder, dass vor allem in den territoria non clausa, also Gebieten mit sich überschneidenden Herrschaftsrechten im deutschen Südwesten, sich auch Grauzonen der Indifferenz finden lassen  : So ging etwa in der Markgrafschaft Burgau ein Holzheimer Bauer 1535 „weder zum Evangelischen noch Päpstischen an die Predigt“ und begründete das damit, „es gang ihm wohl“ dabei, er glaube „weder diesem noch einem anderen“  ; und ein Lützelburger Hafner meinte 1605 im Disput mit dem katholischen Pfarrer, dass er „weder auf die catholische noch lutterische religion nichts halte“.61 Dem lutherischen Typus stand ein anderer gegenüber, der heterogene Varianten zwinglianischer, calvinistischer und deutsch-reformierter Konfessionalität und Kirchenvorstellungen aufwies.62 In dem von zwinglianischen Kirchenvorstellungen dominierten Berner Land war die Kirchenzucht eine Sache spezieller Chorgerichte, die von den Kirchenge58 Wolgast 2000, S. 223–228, Zitat S. 228  ; Schaab 1993, S. 42-51, 84–86. 59 Dixon 2002, S. 98–110. 60 Werner Freitag 2001, S. 188 f. 61 Zitiert nach Schiersner 2004, S. 246. 62 P. Münch 1978  ; Holenstein 1993.

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meinden vorwiegend mit dörflichen Honoratioren – zumeist großen Bauern – besetzt wurden  ; damit wurde eine Art Selbstdisziplinierung vollzogen  ; sie „bekämpft[e] nach außen Heidentum und Magie, und sie kämpft[e] für mehr Frömmigkeit im Innern“63, nicht zuletzt auch gegen illegitime Formen der Sexualität, für mehr Kontrolle der Ehe und eine Eindämmung von Konflikten bei den Nachbarschaften. Freilich gab es auch dort Widerstände  : bei den Männern aus einer oft patriarchalischen Sicht gegenüber den Vorstellungen der Frauen, bei der Jugend gegen die Einschränkung der Geselligkeit und der vorehelichen Sexualität. Ein „glatter Erfolg der Sittenzucht“ stellte sich nicht unbedingt ein  ; und dennoch entwickelte sie eine gewisse „innovative Kraft christlicher Normen in der Gesellschaft“64. Eine ähnliche zwischen Kirchenzucht und niederer Gerichtsbarkeit changierende Vorgehensweise ist schließlich selbst im lutherischen Herzogtum Württemberg festzustellen, als von 1642 an Kirchenkonvente in Verbindung mit lokalen Ruggerichten die Sittenzucht zu beaufsichtigen und zu kontrollieren begannen.65 Umso mehr wirkte dieses Modell in der Kurpfalz, im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken und in den hessischen Landgrafschaften, dort sogar unter Anknüpfung an vorreformatorische Ansätze in den Zwischenphasen lutherischer Konfessionalisierung.66 Die Ausprägung der deutsch-reformierten Konfessionskirchen in der Pfalz und am Niederrhein beruhte in starkem Maße auf den Erfahrungen der oberdeutschen Refor­ ma­tion(en), täuferischen Einflüssen67 und calvinistischen Glaubensflüchtlingen aus den Niederlanden, Frankreich, England und der Schweiz.68 Hauptcharakteristikum war die landesweite Etablierung des Presbyteramtes in den Kirchengemeinden.69 Das Laiengremium der Presbyter überwachte nicht nur die Kirchen- und Sittenzucht, sondern auch die Amtsausübung der Prediger. So verstanden die Kirchengemeinden die Kirchenvisitationen allmählich für ihre Anliegen und Belange zu nutzen, um sich etwa über Pfarrer, adlige Kirchenpatrone und weltliche Amtsträgern zu beschweren.70 Die dörflichen Presbyterien – zumeist mit Sitz in den Mutterkirchen71 – waren somit im Prinzip an der Realisierung der wesentlichen Ziele policeylicher und konfessioneller Verhaltenssteuerung der Bevölkerung aktiv beteiligt. Eines der zentralen Aufgabenfelder der Visitationskommissionen zwischen 1553 und 1591 stellte im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken die Kontrolle des Sexualverhaltens, der Eheanbahnung und des Ehelebens dar72, wobei sich eine enge Zusammenarbeit mit den Presbytern, Pfarrern, Schultheißen, Amtleuten und dem 63 Schmidt 1995  ; Schmidt 1999, S. 285. 64 Schmidt 1999, S. 315 f. 65 Landwehr 2000, S. 141–161. 66 Schaab 1993, S. 34–86  ; Menk 1993, S. 164–238. 67 Goeters 1959  ; Ehrenpreis 1999. 68 Press 1986  ; Press 1994  ; Albrecht 1996, S. 140  ; Konersmann 1998  ; Dünnwald 1998. 69 Konersmann 1996, S. 177–186, S. 201–216. 70 Konersmann 2000, S. 613–622. 71 Konersmann 1996, S. 214–216. 72 Konersmann 1996, S. 336–343.

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Ehegericht einstellte. Im Unterschied zu den Befunden für die lutherische Grafschaft Hohenlohe73 und für die Stadt Basel74 dominierten in der Ehegerichtsbarkeit des zunächst lutherischen Herzogtums Pfalz-Zweibrücken jedoch nicht Fälle von Winkelehen, heimlichen Eheversprechungen bzw. fehlendem Konsens der Eltern, sondern Desertion und Ehebruch, die nicht zuletzt mit der langen Abwesenheit der Ehemänner während ihres Kriegsdienstes im Zusammenhang stehen dürften.75 Die katholische Variante der Konfessionalisierung, wie sie nach dem Tridentinum praktiziert wurde76, wird mit dem Herzogtum Bayern unter Wilhelm V. besonders markant besetzt, der seit 1569/70 daran ging, Bayern zur Vormacht der Gegenreformation zu gestalten. Hierfür wurde ein Geistlicher Rat „als Organ für die Sicherung der Kirchenhoheitsrechte und die Beaufsichtigung des sittlich-religiösen Vollzugs“ eingesetzt77, der mit der Zensur und einer Flut von Mandaten abweichende Glaubensvorstellungen im Rahmen der „guten Policey“ zu beseitigen suchte. Insbesondere unter Maximilian I. (reg. 1597/98–1651) verband sich dies mit der besonderen Förderung der neuen Orden, allen voran des 1540 vom Papst bestätigten Jesuitenordens, der Verpflichtung zu einem flächendeckenden System von deutschen Elementarschulen in den Pfarrdörfern, der Wiederbelebung und Neugründung von Bruderschaften und Wallfahrten und einer gesteigerten Marienverehrung, die in ihrer Erhebung zur „Patrona Bavariae“ 1616 gipfelte (Abb. 45).78 Nur ganz wenige Gemeinden wie die Grafschaft Ortenburg blieben als Inseln des Protestantismus übrig, weil die adeligen Herrschaftsträger auf ihre reichsrechtliche Unabhängigkeit pochten.79 Ganz ähnliche Vorgänge spielten sich im benachbarten Salzburg, Oberösterreich und Tirol ab, die vielfach erst mit der Vertreibung und Flucht von Evangelischen im ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert abgeschlossen wurden. Wiederum war in Bayern das „Land“ zunächst vor allem Objekt der Katholisierung, deren Tiefenwirkung sich freilich erst langfristig einstellen mochte, selbst bei den Pfarrern  : Im Bistum Freising lebten zwischen 1586 und 1632 noch zahlreiche im Konkubinat, waren in Gewalttätigkeiten verwickelt, immerhin über 150 Pfarrer mussten sich verantworten, weil sie den Gottesdienst und den Umgang mit den Sakramenten nicht ordnungsgemäß gehalten, zudem in etwa 50 Fällen die Predigt unterlassen hatten – und nicht selten war es die Pfarrgemeinde, die vor dem Geistlichen Gericht klagte, aber auch in innerdörflichen Ehrhändeln ihren Pfarrer dem Spott aussetzte, weil sie von ihm vorbildliches Verhalten erwartete.80 Auch im Rheinland, in Westfalen und in Niedersachsen war die Besetzung von Bischofsitzen durch bayerische Vertreter der wittelsbachschen Dynastie ausschlaggebend für 73 Robisheaux 1981, S. 293–294. 74 Burghartz 1992, S. 15. 75 Konersmann 1996, S. 339  ; Konersmann 1999. 76 Reinhard 1995. 77 Ziegler 1989, S. 64. 78 Ziegler 1989, S. 68. 79 Schachtl 2009. 80 Feldbauer 1999, S. 257–269.

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Abb. 45  : Maria vom Siege (Apotheose auf Kurfürst Maximilian von Bayern), um 1640, Graphik von Wolfgang Kilian.

die faktische Realisierung der katholischen Reform Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Dabei wurde z. B. den bäuerlichen Kirchengemeinden die Förderung der Elementarschulen, Hilfestellungen bei der Armenpflege und die Gestaltung des „liturgischen Brauchtums“ zugesichert.81 Im Niederstift Münster reaktivierten adlige und bürgerliche Archidiakone die altkirchliche Sendgerichtsbarkeit in den Bauernschaften, was als „Sonderfall“ im Rahmen katholischer Konfessionalisierung bezeichnet worden ist.82 Die aktive Beteiligung lokaler Sendschöffen bzw. Eidschwörer trug insgesamt zu einer Gewöhnung an zivile Standards der Konfliktregulierung nach Maßgabe christlicher Versöhnung und zum klaren Bewusstsein katholischer Identität etwa durch Gewöhnung an die tridentinische Messe bei.83 Im Verlauf des 17. Jahrhunderts wurden die Kirchengemeinden und die nach konfessionellen Normen reaktivierten Bruderschaften unter Anleitung von Orden – Jesuiten, 81 Holzem 2000, S. 295–323. 82 Holzem 2000, S. 85. 83 Holzem 2000, S. 379–424.

Die Kirche im Dorf Abb. 46  : Der Gemeindegesang als Charakteristikum des evangelischen Gottesdienstes  : Sängergruppe mit gemeinsam benutztem Liederbuch, Holzschnitt Straßburg (Gesangbuch) 1562.

Kapuzinern, Dominikanern, Franziskanern – im Rheinland84 und in Westfalen85 in die territo­rialstaatlich organisierte katholische Konfessionskultur eingebunden, um sich an ­lokalen Prozessionen und landesweit stattfindenden Wallfahrten aktiv zu beteiligen. Insbesondere an den generalstabsmäßig organisierten Wallfahrten zu den auserkorenen Landesheiligen, so zur Heiligen Maria 1654 in Telgte oder 1674 in Vinnenberg im Bistum Münster und 1656 dem Heiligen Liborius im Dom von Paderborn, die als Schutzheilige angesehen wurden, sollen in manchem Jahr im 18. Jahrhundert bis zu 137.000 Gläubige teilgenommen haben.86 Die „Herausbildung konfessionell unterschiedlicher Kirchentypen“ hat Ernst Walter Zeeden 1956 als „Hauptvorgänge der europäischen wie besonders der deutschen Geschichte im 16. und 17. Jahrhundert“ bezeichnet.87 Dies gilt auch für die unterschiedlich organisierten ländlichen Gesellschaften. Der auf Landes- und Reichsebene verlaufene 84 Th. Becker 1989. 85 Werner Freitag 1991, S. 92–108. 86 Werner Freitag 1991, S. 273–295  ; Lotter 2003. 87 Zeeden 1985, S. 67.

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Konfessionalisierungsprozess führte nicht nur zu steigenden Leistungsansprüchen auf allen Ebenen der Verwaltung von Kirche und Fürstenstaat, sondern auch gegenüber den einfachen Gläubigen. Zweifelsohne stärkte das in allen Konfessionskirchen im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts reformulierte Eherecht mit dem nunmehr verpflichtenden Konsens der Eltern für eine Eheschließung die Inhaber von Bauern- und Handwerkerstellen und bot den Rügegerichten, Chorgerichten, Kirchenkonventen, Presbyterien und Sendgerichten vor Ort eine rechtliche und normative Handhabe zur Kontrolle der Jugend, von Ledigen und verwitweten Personen. Predigten, Kirchengesang (Abb. 46), Gottesdienstbesuch, Empfang der Sakramente, Teilnahme an Prozessionen und Wallfahrten formten im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts das soziale und kulturelle Verhalten in den lokalen Gemeinschaften eines Dorfes, einer Bruderschaft oder einer Pfarrei, der sich Einzelpersonen wie Haushalte schwer entziehen konnten – auch wenn Fälle von Devianz noch über einen längeren Zeitraum sichtbar machten, dass die Wirkungen der intendierten Maßnahmen auch an ihre Grenzen stießen.

6.2 Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft Dorothee Rippmann Eine erste Asymmetrie des Geschlechterverhältnisses wie auch der Beziehung zwischen Bauern und Eliten zeigt sich darin, dass unser Wissen über die Lebensumstände der vorindustriellen ländlichen Bevölkerung, über die Rechtsstellung, die Lebenspläne und den gesellschaftlichen Einfluss von Frauen88 überwiegend aus der Feder von Männern stammt, und zwar solchen aus den gehobenen Ständen des Adels, der Geistlichkeit, des Stadtbürgertums und seit dem 16. Jahrhundert zunehmend von akademisch geschulten Juristen und Beamten.89 Weil zudem viele Texte in Latein verfasst sind, erscheinen in den Quellen die Lebenswelt und -praxis von Frauen in doppelter Brechung, mit dem Effekt der Sprachlosigkeit der Frauen.90 Die Situation von Bäuerinnen, Mägden91, Tagelöhnerinnen in der ländlichen Gesellschaft wird in den Quellen durch ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht definiert, je nach Umständen ist sie allerdings zuerst lebenszyklisch (junge oder ältere Frau) beziehungsweise durch ihren Geburtsstand (adelige Frau und bäuerliche Untertanin) und ihren Rechtsstatus (Leibeigenschaft) bedingt – ebenso wie bei den Männern. Neben dem Geburtsstand markierte der zivile Stand (um eine moderne Formulierung zu benützen) eine Hierarchie unter den weiblichen Mitgliedern eines Haushalts beziehungsweise eines 88 Herdick 2011. 89 Peters 1997, S. 190  ; Schattkowsky 2007, S. 261, S. 264 und passim. 90 Ulbrich 1990, S. 29 f. 91 Göttsch 1991, S. 131–136  ; Dürr 1997.

Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft

Abb. 47  : Drei Kopfstudien einer jungen Dame. Meister der Gewandstudien, Straßburg um 1480. Lavierte Federzeichnung, H. 18,4 cm, B. 27,7 cm.

Dorfs. Stand und Geschlecht wirkten „wechselweise als Bestimmungsfaktoren auf dem Lebensweg der Frauen“.92 6.2.1 Stand, Ehre und Haus

Als äußeres, symbolisches Zeichen ihres ehelichen bzw. Witwen-Status trugen die verheirateten Frauen und Witwen Haube und Schleier, während mit offenem Haar zu gehen, den Jungfrauenstatus einer Tochter oder Magd anzeigte. (Abb. 47) Das ließ die betreffenden Frauen auf dem Heiratsmarkt als potenzielle Partnerinnen erscheinen und bedeutete in der Face-to-Face-Gesellschaft des Dorfes auch, dass sie Formen der aktiv-aggressiven Eheanbahnung wie dem nächtlichen Brauch des „Fensterns“ ausgesetzt waren, insbesondere auch dass sie stets auf ihre Ehrbarkeit acht zu geben hatten.93 Stets stand die Ehre der Person und des Hauses auf dem Spiel, in diesem Zusammen­ hang gilt es, den in der mittelalterlichen Literatur auftretenden Begriff „husêre“ zu erklären  :94 Er stand zunächst in Verbindung mit Minne und der von adeligen Hausfrauen 92 Dilcher 1997, S. 56. 93 Enders 1992, S.177 f.; Göttsch 1996, S. 209–211. 94 Grimm 1984, Art. Hausehre, Bd. 4, Abt. 2, Sp. 656 f.

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geforderten, zur Ehre des Hausherrn gereichenden Tugend der Gastfreundschaft. An der Wende zum 14. Jahrhundert wird „husêre“ schon im Sinne von Haushabe und Haushalt gebraucht, womit die Mühe und Arbeit der Hausfrau hervortritt, losgelöst von der Idee einer höfischen Tugend. Seit dem um 1400 entstandenen Werk „Der Ackermann“95 wird „husêre“ im Sinne von Ehefrau und Hausfrau gebraucht. Das Wort „husfrow“ verliert seine aristokratische Bedeutung und bezeichnet nun auch Stadtbürgerinnen und Bäuerinnen96, während „husêre“ zwar bei Luther und Fischart noch gelegentlich auftritt, dann aber allmählich verschwindet.97 Die historische Semantik der beiden Begriffe „husêre“ und „husfrow“ lässt darüber hinaus erkennen, dass die Ehre des Hauses sich wesentlich am ehrenhaften Verhalten der Hausfrau bemisst. Die Definition der Ehefrau geschieht also über den Haushalt, und nicht den Mann. So führt Fischart in seinem „Ehebüchlein“ folgendes Sprichwort an  : „die hauszehr ligt mehr am weib, dann am mann“.98 Im Anschluss an die bereits im Hochmittelalter beginnenden Veränderungen der familialen und wirtschaftlichen Strukturen auf dem Land nahm im Spätmittelalter die gesellschaftliche Bedeutung der Ehe zu. Denn im Zuge der Auflösung des Villikationssystems, das heißt mit der Reduzierung der herrschaftlichen Eigenwirtschaft, kam den bäuerlichen Wirtschaftseinheiten zunehmend mehr (Eigen-)Verantwortung in der Agrarwirtschaft zu. Diese Wirtschaftseinheiten sind als Haushalte zu charakterisieren. Sie ruhten auf den Schultern von Frau und Mann gemeinsam. Die selbstständige Existenz des Ehepaars wird in der zeitgenössischen Sprache mit der Formel „eigen feuer und rauch haben“ ausgedrückt.99 Insofern war mit der Auflösung der Villikationen, wie es Robert Fossier formulierte, der Triumph des Ehepaars verbunden.100 Nicht nur in der Ehe, sondern in der Gesamtheit der Haushalte im Dorf kam es darauf an, „Freud und Leid zu teilen“101 und für ein friedliches Zusammenleben einzustehen. Für die Friedenswahrung im Dorf, die Organisation genossenschaftlicher Aufgaben, die Wahrnehmung gemeindlicher Verpflichtungen gegenüber dem Grund- und Gerichtsherrn und vieles mehr waren im Zuge der Gemeindebildung die Dorfvorsteher unter ihrem Schulzen, Vogt oder Meier zuständig geworden, sie gestalteten in jenem Raum, der nicht obrigkeitlich bestimmt war, das dörfliche Regel- und Normensystem. Von diesen Handlungen waren Frauen ausgeschlossen102  ; ihre aktive Teilhabe am „Regiment“ wurde in der Neuzeit sogar als „weiberregiment“ diskreditiert.103 Dennoch ist es problematisch,  95 Johannes von Tepl 2000  ; Dallapiazza 1981, S. 44–51.  96 Vgl. Rippmann 1990, S. 61  ; Dallapiazza 1981, S. 46  ; Grimm 1984, Art. Hausfrau,Bd. 4, Abt. 2, Sp. 662 f.  97 Dallapiazza 1981, S. 45.  98 Grimm 1984, Art. Hausehre, Bd. 4, Abt. 2, Sp. 656. Vgl. Münch 1988.  99 Grimm 1984, Art. Rauch, Bd. 8, Sp. 237. 100 Fossier 1991, S. 168. 101 Wunder 1991, Ländliche Gemeinde, S. 392. 102 Berner 1994, S. 12. 103 Davis 1987, S. 137  ; J. Held 1988  ; Wunder 1997, S. 33.

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allein daraus das Bild einer Absenz der Hauswirtinnen im öffentlichen Raum abzuleiten und die ländliche Gemeinde als „Hausväterdemokratie“ zu kennzeichnen.104 Dem steht beispielsweise die Beobachtung entgegen, dass die Ortsvorsteher ihre amtlichen Aufgaben im Namen der Herrschaft bzw. der Gemeinde oftmals mit Unterstützung ihrer Ehefrauen versahen, was dem Verständnis von „Amtsehepaaren“ entsprach.105 Solche „Amtspaare“ wirkten auch in der Leitung von ländlichen Hospitälern.106 So ist durch die Frauen- und Geschlechterforschung zunehmend deutlich geworden, dass der Kern der Vergesellschaftung (auf dem Land wie auch in der Stadt) nicht allein in der Schaffung von Gemeindeämtern bestand. Um ihn genauer zu umreißen, muss ein breiteres Handlungsfeld abgesteckt und auf die bereits im Hochmittelalter beginnenden Veränderungen der ländlichen Strukturen bezogen werden. Erst im Anschluss daran kann die Repräsentanz von Frauen in der Verfassungsform „Gemeinde“ neu beleuchtet werden. Da das Projekt des „gemeinsamen Haushaltens“ an die ökonomische Grundlage von Besitz gebunden war, stand die Eheschließung jedoch nicht jeder Person offen – auch nicht nach dem 12. Jahrhundert.107 Insofern ist ein zweiter Entwicklungsstrang zu betrachten, der mit dem Bedeutungszuwachs des Haushalts vielfach verwoben war  : Nach der Ausbreitung des Städtewesens und der Monetarisierung wirtschaftlicher Beziehungen seit dem Spätmittelalter gewann die Lohnarbeit stark an Bedeutung.108 Sie bot den vom Hoferbe Ausgeschlossenen eine Alternative zur Gewinnung des Lebensunterhalts. Im Wirtschaftsleben gab es „also keinen Numerus clausus der Hauswirtschaften mehr“.109 Auch der Bereich der Lohnarbeit stand beiden Geschlechtern offen, die oft kolportierte Vorstellung des Hauses als des natürlichen Orts der Frauen führt daher in die Irre. Als viel lohnender hat sich die Analyse der Interessensdifferenz zwischen Verheirateten und Unverheirateten erwiesen. Neuere Arbeiten haben darin ein erstes Konfliktfeld innerhalb der Dorfgemeinde erkannt, wobei der Graben häufig erst anlässlich eines Erbgangs aufbrach.110 6.2.2 Geschlechterkampf

Auch die innerhäusliche Ordnung war längst nicht festgefügt und unbestritten, sind doch die Geschlechterbeziehungen einschließlich der Machtbalance zwischen den Eheleuten fortwährend neu auszuhandeln, „damit sie als Instrument gesellschaftlicher Ordnung dienen“ können.111 Wenn etwa innereheliche Konflikte die unter Dorfleuten herrschenden 104 105 106 107 108 109 110 111

P. Blickle 2008, S. 19. Wunder 1997, S. 52. Vanja 1992  ; Vanja 1996. Rösener 1989. Hon-Firnberg 1978. Dilcher 1997, S. 62. Peters 1995, S. 17  ; Brakensiek/Stolleis/Wunder 2006. Wunder 1993, S. 19 f.

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Normen zu verletzen schienen und ein Haus in Verruf geriet, schaltete sich die Dorföffentlichkeit ein. Es konnte so weit kommen, dass Frauen an die Öffentlichkeit traten. Die drastische Rügemaßnahme des Dachabdeckens, die sich 1653 im hessischen Breitenbach ereignete, hatten zuvor die Frauen in einem „Weibergericht“ unter der Dorflinde beschlossen, das unter Vorsitz dreier gewählter weiblicher „Greben“ getagt hatte. Sie griffen unter dem Motto der „verkehrten Welt“ ein, indem sie „die Verkehrung der häuslichen Ordnung von Mann und Frau konsequent fortsetzten“, die Rolle von Männern als Dorfgericht übernahmen und ihre Meinung der Kasseler Regierung zu Gehör brachten. Schließlich stellte ein gemeinsam gefeiertes Zechgelage unter Teilnahme des betroffenen Ehepaars den Frieden im Dorf wieder her.112 Bekam ein Mann Schläge und war er buchstäblich der Unterlegene, bezahlte er die Schmach mit dem Verlust von Ehre. Was im Eheleben vorging, blieb der Dorföffentlichkeit nicht verborgen, denn die Wände der Häuser hatten buchstäblich Ohren, und was nach außen gedrungen war, bot den Ausgangspunkt für Gerüchte und deren Steigerungsform, das (gerichtsnotorische) „geschrey“.113 Mit den Rügebräuchen ist nur eine der im Dorf gängigen rituellen Austragungsformen in Ehrkonflikten erwähnt. Es zeigt sich, dass Frauen nicht nur schimpfend eingriffen, sondern mitunter körperliche Gewalt anwendeten, wobei der Einsatz in der Regel höherschwellig war als bei den Männern.114 Mit der Episode des Breitenbacher „Weibergerichts“ fällt Licht auf die in den Köpfen herrschenden Vorstellungen über die innerhäuslichen Verhältnisse. In der „Konfliktgemeinschaft“ des Dorfs115 stellte sich das Haus als ein Ort der Herrschaftsausübung dar. Während der Hausvater die Hausregierung über seine Ehefrau und alle Hausgenossen führte, regierte die Hausmutter über die Kinder, Mägde und das Gesinde. Mit dem Züchtigungsrecht stand dem Hausherrn das Recht zu, Ungehorsam angemessen zu bestrafen, seine Strafgewalt erstreckte sich auch auf seine Gattin, die ihm gegenüber zu Gehorsam verpflichtet war.116 6.2.3 Geschlechtsbezogene Arbeit – Arbeitsteilung

Zwar lag ein egalitäres Ideal gleicher Rechte von Mann und Frau fern, und rechtlich gesehen war der Mann das Haupt der Frau,117 doch im alltäglichen Lebensvollzug stellten sich in den Geschlechterbeziehungen auch Gemeinsamkeiten und Symmetrien ein. Barbara Hanawalt, Olwen Hufton und Heide Wunder haben das Prinzip der auf ehelicher Gefährtenschaft beruhenden Haushaltsökonomie mit dem Konzept des Ehe- und Arbeitspaars (partnership marriage) gefasst.118 Das (ökonomische) Kapital ehewilliger Paare, gerade 112 113 114 115 116 117 118

Vanja 1986. Krug-Richter 1998, S. 487, S. 495, S. 497  ; Schubert 1974/75  ; Rippmann 1998, S. 148, S. 149. Walz 1996. Peters 1995, S. 16–18. Frühsorge 1978  ; P. Münch 1992, S. 180 f. Floßmann 1977  ; Schwab 2012  ; Fehr 1912, S. 57 f. Hufton 1994.

Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft Abb. 48  : Almosenverteilung in der Stadt. Eine Frau im Hintergrund trägt eine Wiege auf dem Kopf, die Frau mit dem Säugling im Vordergrund ein Brot. Altarretabel (Werktagsseite eines Altarflügels) vom Bugnon-Altar des Hans Fries, um 1505. Ölhaltiges Bindemittel und Polimentvergoldung auf Fichtenholz.

auch solcher aus ärmeren bäuerlichen Schichten, die ohne elterliche Aussteuer blieben, bestand in der Arbeitskraft beider Partner.119 So trugen die Eheleute im Familienbetrieb, aber auch mit außerhäuslicher Lohnarbeit, gemeinsam Verantwortung für den Lebensunterhalt, in der zeitgenössischen Sprache ausgedrückt, sorgten sie für die Sicherung der Nahrung.120 Dabei nahmen sie teils unterschiedliche Funktionen in separaten Räumen wahr, teils arbeiteten sie gemeinsam wie z. B. bei der Getreide- und Heuernte. Was Ludolf Kuchenbuch für die frühmittelalterliche Gesellschaft feststellt, bleibt auch in den folgenden Jahrhunderten zu beachten  : Das Zusammenwirken der Geschlechter, die „Aufgaben-Zwiefalt“ war vor Ort je nach Wirtschaftstypus unterschiedlich ausgeformt.121 Die Komplementarität von Männer- und Frauenarbeiten fügte sich zwar zu einem haus- bzw. ehewirtschaftlichen Ganzen, wurde jedoch im öffentlichen Raum vielfach asymmetrisch bewertet.122 Monetär ausgedrückt, 119 120 121 122

Wunder 1991, Überlegungen  ; Wunder 1993  ; Hanawalt 1988  ; Hanawalt 1999. R. Blickle, 1988. Kuchenbuch 1986, S. 235  ; Mitterauer 1986  ; Mitterauer 1981. Hon-Firnberg 1978  ; Wunder 1993  ; Wunder 1991, Überlegungen.

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wog Frauen-Lohnarbeit in der Regel weniger.123 Dabei waren die Arbeiten der Frauen, anders als einige Pioniere sozialökonomischer und sozialstatistischer Forschung in Deutschland dachten,124 nicht leichter als die der Männer. Zum Teil handelte es sich um körperliche Schwerstarbeit wie das Lastentragen (Abb. 48), das Düngen,125 das Umgraben und Jäten in Gärten und Sonderkulturen, das Wäschewaschen (mitunter in eisigem Wasser) und in den Bergbaugebieten im Harz, in Böhmen, im Tirol, im Münstertal am Oberrhein vor allem auch das Waschen des Erzes.126 Als körperlich anstrengend hat übrigens auch das Kneten von Brotteig zu gelten, ebenso das Bierbrauen, zu dem Wasserholen und das Hantieren mit den schweren, vollen Braukesseln nötig waren.127 Das Wäschewaschen war in besonders strikter Weise als Aufgabe der Frauen festgelegt und galt für Männer als tabu. Die Erklärung ist im Blut- und Menstruationstabu zu suchen  : Männer sollten nicht mit durch die Regelblutung verunreinigter Wäsche zu tun haben, und damit war ihnen auch die Kontrolle über diesen weiblichen Intimbereich entzogen.128 6.2.4 Spezifische Arbeitsfelder  : Landwirtschaft und Textilgewerbe

In der Theorie galt freilich der Ackerbau mit den „männlichen“ Haupttätigkeiten des Pflügens, Säens und Eggens als Arbeit schlechthin, andererseits stand den Menschen in Gestalt Adams und Evas das erste arbeitende Menschenpaar als Bild vor Augen.129 Dass in diesen Bildtypen die männlichen „Haupttätigkeiten“ auf dem Acker beziehungsweise Eva als Spinnerin und nährende Mutter dargestellt werden, prägte bis zu einem gewissen Grade die Wahrnehmung geschlechtsbezogener Arbeit in der Forschung. Dabei blieb unberücksichtigt, dass die Arbeitsdarstellungen nicht der Würdigung weltlicher Handarbeit hier auf Erden galten, sondern in biblischem Sinn auf das Jenseits und die angestrebte Erlösung des sündigen Menschen gerichtet waren. Niemals handelt es sich um die Darstellung „realer“ Bauern und Bäuerinnen, sondern um die Präsentation von Typen.130 Häufig dienen die topischen Schilderungen der Didaxe oder dem Versuch der höheren Stände (Adel, Städter), sich gegen unten abzugrenzen und damit an eigenem Profil zu gewinnen. Bauern werden als Andere stilisiert, zuweilen einer exotischen Gattung zugehörig, nämlich als Wilder Mann und Wilde Frau „verkleidet“.131 Dass Frauen Arbeiten verrichteten, die Männern zugeordnet waren, erscheint vor diesem Hintergrund nicht als spektakulär. Sie taten dies etwa zur Sommerszeit im alpinen 123 124 125 126 127 128 129 130 131

Rippmann 1996  ; Frauenarbeit im Wandel. Bücher 1910. Huggle 1996, S. 66 mit Abb. 12  ; vgl. Biedlingmaier 1918, S. 18–20. Vanja 1987. Mitterauer 1989, S. 826  ; Bennett 1996  ; von Blanckenburg 2001, S. 180–189. Mitterauer 1989, S. 827 f. Postel 2004  ; Kuchenbuch 1991, S. 142–144. Sosson 1990  ; Jaritz 1995. Jaritz 1995  ; Rippmann 2008  ; Rippmann 2012, Bilder.

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Raum, wenn sie nach dem Alpaufzug die Verantwortung für das Leben in den Talsiedlungen übernahmen, wo zur Selbstversorgung immer noch auf den Getreidebau abgestellt wurde,132 oder bei der Absenz der auswärts arbeitenden Männer in jenen Gegenden, wo die Arbeitsmigration unter den Bedingungen protoindustrieller Wirtschaftsstrukturen eine unverzichtbare Erwerbsform darstellte.133 Mit der Intensivierung und Kapitalisierung von Viehzucht und Viehhandel seit dem 14. Jahrhundert ging ein Wandel der Arbeitsorganisation einher und die Aufgaben von Frauen und Männern, ebenso wie die von Jungen und Alten, mussten einander neu und ergänzend zugeordnet werden. Wenn nun die Sennen in den Viehzuchtgebieten auch das Melken besorgten, so blieb diese Übertretung einer klassischen Geschlechtergrenze der Umwelt nicht verborgen, und sie bot Gelegenheit zu politisch motivierten Diffamierungen von Männern, die nun mit weiblichen Tieren zu schaffen hatten.134 Umgekehrt war es durchaus akzeptiert, dass Frauen z. B. zum Dreschflegel griffen oder das Pfluggespann führten, wenn „Not am Mann“ herrschte. Ein Beispiel ist die verwitwete Mutter des humanistischen Buchdruckers Thomas Platter, die unter schwersten Umständen im Walliser Berggebiet zu wirtschaften hatte. Niemand nahm daran Anstoß, dass die tapfere Frau um ihrer „Hausnotdurft“ willen die (in Normalzeiten geltenden) Geschlechtergrenzen überschritt.135 Eine Frau, die als Mann verkleidet jahrelang bei Bauern Knechtsarbeit verrichtet hatte – der Fall ist keineswegs einzigartig –, wurde im Jahr 1537, nachdem ihr „wahres“ Geschlecht entdeckt worden war, nicht deshalb zum Tode verurteilt, weil sie Männerarbeit getan, sondern weil sie mit ihrer Verkleidung gegen das Verbot in Deuteronomium 22,5 verstoßen hatte  : „Ein Weib soll nicht Männertracht tragen, und ein Mann soll nicht Frauenkleider tragen  ; denn ein Greuel ist dem Herrn, deinem Gott, ein jeder, der solches tut.“136 Für das „Denken der Geschlechterdifferenz“137 sind aber auch andere Überlegungen relevant, sei es in Bezug auf die Aktivitäten und ihre räumliche Verortung (z. B. innen – außen, Garten – Feld), sei es in Bezug auf den Umgang mit Haustieren und in Bezug auf die benützten Materialien und Geräte (materiae und utensilia).138 In der Landwirtschaft forderte der Getreidebau von den Männern, mit männlichen Zugtieren umzugehen, und entsprechend galten auch der Pferde- und Ochsenstall als Männerräume.139 Beim Pflügen und Eggen, wie auch beim Schlachten eines Tieres oder Fällen eines Baumes, ist die Wirkung das Schneiden, Brechen, Trennen. Diesen Effekt hat auch das Dreschen des Getreides, er wird mit starkem Körpereinsatz und weit ausholenden Bewegungen erzielt. Frauen taten Ähnliches etwa beim Flachsbrechen. Ansonsten verrichteten sie ihre 132 133 134 135 136 137 138 139

Sablonier 1990, S. 208–210, S. 232. Fitz 1996. H. Maurer 1999  ; Holenstein 2015, S. 30–71. Platter 1999  ; Bumiller 1993  ; R. Blickle 1987. Rippmann 1996, Frauenarbeit im Wandel, S. 26  ; Simon-Muscheid 1995. Nagl-Docekal/Pauer-Studer 1990. Rippmann 2006. Mitterauer 1989, S. 846, S. 853.

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Arbeiten häufig mit gebeugtem Rücken wie etwa das händisch getätigte Jäten oder das Einfassen der Getreidegarben auf dem Feld. Wenn sie buken und kochten, so wurden Ingredienzien zusammengefügt und (chemisch) verbunden. Solche Beobachtungen idealtypischer Handlungen erweisen sich nicht nur für die Frühmittelalter-Forschung als wichtig, denn sie dienen generell der Erkenntnis einstiger Wahrnehmungsstrukturen und Denkmuster – wie sie sich etwa in den Buchilluminationen und den Bildern niederschlagen.140 Die Analyse richtet sich auf die in Gegensatzpaaren oder Homologien gefassten Kriterien historischer Geschlechterordnung wie die Arten des Körpereinsatzes, weiters die benützten Werkzeuge und schließlich die Materialeigenschaften der Rohstoffe – wie etwa Hartes und Weiches, Festes und Biegsames. So gingen Frauen – und später, im Zuge der Professionalisierung auch Männer – in der Textilfabrikation mit Fasern als einem weichen, biegsamen Rohstoff um, den es zu verbinden galt.141 In der gelebten Realität dagegen erwiesen sich die geschlechtsbezogenen Arbeiten allerdings weniger als Oppositionen denn in einem Kontinuum zusammenspielend, und nur aus diesem Grund ließen sich langfristig verwurzelte Denkstrukturen mit jenem Maß an Flexibilität und Wandel in Einklang bringen, das im Zuge von Professionalisierung, regionaler Spezialisierung und Kommerzialisierung gefordert war. Gewissermaßen umgekehrt erscheint die Textilarbeit in den Quellen aus früh- und hochmittelalterlichen Klostergrundherrschaften zunächst als frauentypisch, nämlich als opus feminile schlechthin. Allerdings steht dem „Frauenwerk“ auf der anderen Seite sprachlich kein Begriff wie opus masculum gegenüber  ; denn dem Mann wird der Vorrang gegeben, er ist der Ausgangspunkt der Unterscheidung, der Frau und ihrem Tun kommt damit die Enge des Unterschiedenen zu.142 So dokumentieren Urbare beispielsweise der Klöster Prüm und Lorsch eindrucksvoll, dass neben der Lebensmittelherstellung hauptsächlich textile Handarbeit zum weiblichen Unterhaltshandeln gehörte, sei es, dass die hofhörigen Mägde in den feuchten Frauenhäusern der Fronhöfe, den sog. Gynaeceen, Wolle sponnen und Tücher webten, die sie dann auch zu Kleidern verarbeiten mussten, sei es, dass es sich bei der von Hufnerinnen geforderten Produktenrente um Textilien oder Rohstofflieferungen handelte. Solche frauentypische Abgaben finden sich, sofern sie nicht durch monetäre Zahlungen abgelöst worden waren, noch in manchen Grundherrschaften des späten Mittelalters.143 Das Textilhandwerk umfasste die Rohstoffgewinnung  : Frauen schoren die Schafe und wuschen die Wolle, bauten Flachs an, jäteten und ernteten ihn, rösteten und hechelten ihn.144 Die Vorbereitungsschritte zur Leinenherstellung stellten bis in die Frühe Neuzeit hinein Arbeitsprozesse dar, die Frauen im Dorf gemeinschaftlich ausführten, wo sie Neuigkeiten austauschten und wo sie bisweilen an140 Lorenz-Schmidt 1998  ; Husa/Petráň/Šubrtová 1967. 141 Kuchenbuch 1986  ; Kuchenbuch 1991, vgl. Verdier 1982. 142 Vgl. Kuchenbuch 1991, S. 174. 143 Zangger 1991, S. 233–245. 144 Kuchenbuch 1991, S. 150, S. 154, S. 157.

Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft

dere Mitmenschen – nach Art der „Waschweiber“ – „durchhechelten“.145 Eine ähnliche gesellige Funktion besaßen in der Frühen Neuzeit die Zusammenkünfte der Frauen in den Spinnstuben.146 Textilproduktion blieb vom Frühmittelalter bis in die Frühe Neuzeit eine weibliche Hauptbeschäftigung, wandelte sich aber seit dem Ende des 13. Jahrhunderts im Zeichen der Professionalisierung und der zünftischen Organisation städtischen Weberhandwerks stark ab.147 Das äußerte sich auch technisch  : Denn bis zum 14. Jahrhundert war der vertikale Gewichtswebstand, an dem stehend gearbeitet wurde, außer Gebrauch gekommen. Spätestens mit der Professionalisierung der Tuchproduktion setzte sich der Trittwebstuhl (Horizontalwebstuhl) durch. Ein erster bildlicher Beleg ist aus dem 13. Jahrhundert überliefert,148 in ländlichen Siedlungen wie Reinach bei Basel (BL), Rheinau (ZH) und Finsterhennen (BE) in der Schweiz bezeugen Grabungsbefunde jedoch noch frühere Trittwebstühle in Grubenhäusern des 12. Jahrhunderts.149 Noch haben die Geschichtswissenschaft und Archäologie den technischen Wandel in seinem Zusammenhang mit der „Vermännlichung“ des Weberhandwerks nicht geklärt. In den Städten ist zu beobachten, dass, sofern die Weber die weibliche Konkurrenz ausschalten wollten, die betroffenen Frauen nicht einfach aufgaben, sondern nun außerhalb der Kontrolle und des „schützenden“ Rahmens der Zunft sozusagen Nischenprodukte fabrizierten, zum Beispiel Hauben, Schleier und „Tüechli“ für den weiblichen Käuferkreis.150 Für den Wandel hergebrachter Produktionsweisen im Zuge regionaler Spezialisierung sei idealtypisch auf das Beispiel der Textillandschaft am Bodensee und Oberschwabens verwiesen (Kap. 4.2.3.3).151 Mit der Exportorientierung der Leinen- und Barchentherstellung boten der Flachsanbau und die Herstellung von Halbfertigprodukten ein regelmäßiges Auskommen, zumindest als Nebenerwerb. Dabei „reduzierte“ sich die Arbeit der Frauen auf dem Land neben der Aufbereitung der gewonnenen Fasern, auf das Garn- und Wepfenmachen (gezetteltes Garn), teilweise auch auf die Rohgewebe, während die Fertigstellung und Veredelung sich auf die Stadt verlagerte, von der aus die ganze Produktionskette, bis hin zur Vermarktung gelenkt wurde. In jedem Fall stellte das Spinnen – und sei es nur als Nebenbeschäftigung – eine Verdienstmöglichkeit dar,152 die seit der Einführung des Barchents um 1370/80 auch die von Verlegern gelieferte Baumwolle umfasste.153 In einem grundlegenden Wandel der Arbeitsorganisation und der (geschlechtsbezogenen) 145 Signori 1991. 146 Medick 1980  ; Schnyder 1998. 147 Sonnleitner 1995, S. 56. 148 Trinity College Library Cambridge, Ms 0.9.34, fol. 32r. Vgl. Windler 1992, S. 131 und Abb. S. 132. 149 Hauptabteilung Archäologie und Museum Baselland, Abteilung Kantonsarchäologie, Grabungsnr. 56.78 Reinach Stadthof. Vgl. Marti 2010, S. 11–14  ; Cardon 1999, S. 391–-441  ; Windler 2008. 150 Simon-Muscheid 1990  ; Pfister 1993. Vgl. Werkstetter 2001. 151 Das Folgende nach Kießling 1989  ; Kießling 1998. 152 Wunder 1990, S. 32. 153 Kießling 2001, S. 70 f.

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Sozialer und kultureller Wandel

Arbeitsteilung verrichteten Webermeister die Arbeit am Webstuhl, während die „zudienenden“, vorbereitenden Arbeitsschritte arbeitsteilig Frauen und Kindern überlassen wurden. In diesem Falle änderten sich für die ländlichen Familienwirtschaften unter dem Druck der regionalen Industrialisierung avant la lettre die sozialen Bezugssysteme, da sie nicht mehr nur unter der Herrschaft von Vogtei und Grundherrschaft standen, sondern nun im Rahmen der Rohstoffbeschaffung und Vernetzung der textilgewerblichen Produktionsschritte in neue, wirtschaftliche Abhängigkeiten von Städtern (Verlag) gerieten. Bei einem derartigen fundamentalen wirtschaftlichen Wandel bedurfte es des Mitspielens der ländlichen Akteure als Grundvoraussetzung. Eine Erklärung dafür bietet die Annahme, dass die Akteure auf dem Land längst eingeübte Vorerfahrungen in ihr Handeln einbezogen, um den neuen Anforderungen des Marktes und der Konjunktur gerecht zu werden. Bei aller Geschlechterverbindlichkeit der Arbeiten im vorindustriellen Europa verhielten sich die Arbeitskräfte insofern flexibel, als einer, wenn es die Situation erforderte, den Part des anderen Geschlechts übernehmen konnte, ohne dass er/sie sich damit in der Dorföffentlichkeit exponiert hätte.154 Ein von der Alltagsroutine abweichender Rollentausch beflügelte zuweilen die literarische Fantasie von Autoren  ; da wurde der heilige Joseph, der seiner Maria das Müslein kochte, zu einer belächelten Figur, an deren Männlichkeit man oder frau zweifeln mochte.155 6.2.5 „Multitasking“ und Spezialisierung

Die heute oft beklagte Arbeitsform des „Multitasking“ kann auch für die hier zur Diskussion stehende Epoche in verschiedenen sozialen Milieus geradezu als eine „condition féminine“ betrachtet werden. Denn Frauen hatten nicht nur mit den Hausarbeiten und der Betreuung der kleinen Kinder in den eigenen vier Wänden zu tun, sondern leisteten auch Lohnarbeit  ; das trifft vor allem auf Frauen in den unterbäuerlichen Schichten zu.156 Außer mit Arbeiten für die Textilherstellung beschäftigten sie sich mit vielen anderen Dingen wie der Aufzucht und Pflege des Kleinviehs und des Federviehs, mit der Milchwirtschaft, dem Bierbrauen und Brotbacken, in den Weinbaugegenden mit Winzerarbeiten.157 Mit den genannten Aufgaben traten Bäuerinnen aus dem engen Kreis der selbstversorgenden Hauswirtschaft heraus, weil sie die Produkte ihres „Arbeitsfleißes“ wie Hülsenfrüchte, Obst,158 Milch, Käse, Butter, Eier und Geflügel auf den städtischen Markt trugen  ; solche Lebensmittel hatten sie auch den Grundherren als Produktenrente abzugeben.159 In den großen Städten suchten sie die Spezialmärkte wie den Schweine-, 154 155 156 157

Pley 1988. Signori 1995  ; Hanawalt 1988, S. 141. Wunder 1992, S. 106–110  ; Rippmann/Simon-Muscheid 1991  ; Hanawalt 1988. Lorenz-Schmidt 1998  ; Rippmann 1996, Frauenarbeit im Wandel  ; Landsteiner 1993  ; Volk 1993, S. 88. 158 Othenin-Girard 1994, S. 276–286  ; Volk 1998, S. 244–256. 159 Mitterauer 1989, S. 833–838  ; Sonnleitner 1995, S. 52.

Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft

Butter-, Gemüse-, Zwiebel-, Obst- und Geflügelmarkt auf. Was das Lastentragen angeht, ist aus städtischen Verwaltungsakten Näheres zu erfahren  : In Frankfurts Straßen war man noch im 18. Jahrhundert an die Erscheinung der bei der Butterwaage angestellten „Butterweiber“ gewöhnt, die auf den Köpfen bis zu 23 Kilogramm schwere Butterlasten trugen, in gewissen Fällen durften ihnen 28 Kilogramm aufgebürdet werden.160 Durch die Vermarktung von Produkten agierten Frauen aus ländlichen Gebieten als Akteurinnen in den geldwirtschaftlichen Austauschbeziehungen zwischen Stadt und Land.161 Für sie stellten Marktbesuche eine Gelegenheit dar, mit Hucken und Tragkörben beladen, Haus und Dorf periodisch zu verlassen und bildlich gesprochen, ihren Gesichtskreis über den Kirchturmhorizont hinaus zu erweitern. Am Marktstand, im Wirtshaus oder im Krug ließen sich Kontakte knüpfen.162 Die mit ihren kommerziellen Aktivitäten einhergehende „Spezialisierung“ von Agrarproduzentinnen wurde anerkennend wahrgenommen, auch fanden die besonders für einen weiblichen Käuferkreis, nämlich adelige und nichtadelige Hausfrauen und Mägde, bestimmten Produkte Anklang. Unter Umständen kam es zum Erfahrungs- und Gedankenaustausch unter Frauen ungleichen Standes. Bei der Analyse der Gutsökonomie des Ritterguts Schleinitz ist deutlich gemacht worden, dass neben dem Getreide die eigenwirtschaftliche Butterproduktion gute Absatzchancen besaß. Marie von Loß kümmerte sich als Gutsherrin persönlich darum und stand deswegen mit Hedwig von Dänemark (1581–1641), der Witwe des Kurfürsten Christian II., in Kontakt. Über deren Verwalter tätigte sie mit ihr Buttergeschäfte, nicht ohne hart um den Preis zu feilschen. Die Kurfürstin teilte brieflich mit, sie wolle „selbsten nach Schleinitz kommen und sehen, wie E. gn. buttern können“. Mit diesem Interesse stand sie nicht alleine da, wie die Quellen über ihre Schwägerin, Kurfürstin Magdalena Sibylla (1586–1659), Gattin Kurfürst Johann Georgs I., berichten. Von ihr wird gesagt, „sie laufe in die Viehställe, mache Butter und Käse und verkaufe sie wieder, man heiße sie eine dänische Käsemutter“.163 Andere Fürstinnen überwachten die Geflügelzucht, die Viehhaltung, den Garten, die Teichwirtschaft und anderes in der Gutsökonomie und suchten ihr fachliches Wissen über Milchwirtschaft, Geflügelmast, Obstkulturen und Gartenbau stetig durch Lektüre und praktische Erfahrung zu erweitern. In gärtnerischen Fragen beispielsweise ließ sich Kurfürstin Anna von Sachsen (1532–1585) von der städtischen Elite Nürnbergs beraten.164 Zu untersuchen steht freilich noch, wie weit solch rational geleitetes Tun fürstlicher und adeliger Damen von den Bäuerinnen und dem Personal auf den Gütern zum lehrreichen und gewinnbringenden Vorbild genommen wurde. 160 161 162 163

Rentschler 1989, S. 242. Wiesner 1981  ; Wiesner 1986  ; vgl. Karpinski 1990  ; Radeff 1993. Rippmann 1990, S. 41–137, bes. S. 59–65 u. S. 90–98  ; Fenske 2006  ; Simon-Muscheid 2000. Schattkowsky 2007, S. 207–209. Vgl. Essegern 2007, S. 122, S. 139, S. 156, S. 158 f., S. 418  ; Essegern, Hedwig von Dänemark  ; Essegern, Magdalena Sibylla von Preußen. 164 Schlude 2008, S. 36.

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6.2.6 Frauen und Gemeinde

Vor dem Hintergrund der Bedeutung der wirtschaftlichen Tätigkeit von Frauen lohnt es sich, ihre Stellung in der ‚Verfassungsgemeinde‘ (Christine Werkstetter) noch einmal genauer zu betrachten.165 Normative Texte wie Dorfordnungen sind bezüglich des Personenkreises im Normalfall unbestimmt. Wenn darin von der „ganzen Gemeinde“ die Rede ist, muss Spekulation bleiben, ob Frauen „mitgemeint“ sind. Wie fränkische und hessische Quellen belegen, waren Witwen, wenn sie im Dorf „haushäblich“ waren, zur Gemeindeversammlung zugelassen, während die Teilnahme von Ehefrauen allgemein untersagt war.166 Den in dem Entscheidungsgremium vertretenen Witwen gegenüber waren indes die Männer ohne Gemeindebürgerrecht diskriminiert, blieb ihnen doch die Teilnahme an der Gemeindeversammlung verwehrt. Das Recht der Ehemänner, sich durch ihre Ehefrauen vertreten zu lassen, ist zwar im Weistum von Fessenheim (Elsass, Dép. Haut-Rhin) 1590 festgeschrieben  : „Aůf denselbigen tag zů mittel meyen so hat er (der Grundherr) den gewaldt, dasz jedes haůsz und hoůestett ihn dem selben dorf einen mann oder ein fraw da soll haben zů dem gedinge“.167 Doch bestehen Zweifel an der These der Allgemeingültigkeit dieses Vertretungsrechts.168 Dennoch, in Anbetracht der Zulassung der Witwen zur Gemeindeversammlung realisiert sich Gemeinde weniger nur als Verband der Hausväter als vielmehr als die Gesamtheit der durch die Ehepaare repräsentierten Tischgemeinschaften bzw. Haushalte der Gemeindebürger.169 Ein solches, die Kategorie Gender berücksichtigendes Konzept von Gemeinde als politischer und sozialer Korporation scheint in der Praxis der Fiskalität eine Stütze zu finden  ;170 denn im 16. und 17. Jahrhundert erhoben die Landes- und Gerichtsherren die Steuern nach Feuerstätten, Haushalten, Häusern, zuweilen figurieren in den Verzeichnissen die Namen beider im Haushalt lebenden Eheleute und der Witwen.171 Unter der Gender-Perspektive bleiben die Formen und Umstände weiterer Anlässe zu klären, bei denen Frauen als Teil der Gemeindeöffentlichkeit in Erscheinung traten. Als Ausgangspunkt können die rechtsförmlichen Akte der Huldigung der Untertanen genommen werden, die auf verschiedenen hierarchischen Beziehungsebenen inszeniert wurden. Periodisch wurden die Untertanen aus dem Territorium aufgerufen, zu einem öffentlichen Huldigungsakt zu erscheinen. Sie hatten dem Landesherrn (oder dessen Vertreter) Treue und Gehorsam zu schwören, mitunter enthielt die Eidesformel die Verpflichtung, Steuern zu zahlen (das taten auch Frauen) und die den Männern auferlegte Reispflicht.172 Bei 165 Wunder 1997, S. 50–54. 166 Werkstetter 2004, S. 77. 167 Fehr 1912, S. 12  ; Grimm 2000, S. 253  ; allgemein Werkstetter 2004, S. 77. 168 Wunder 1991, Ländliche Gemeinde, S. 393  ; Wunder 1992, S. 225. 169 Wunder 1986, S. 66 f.; Wunder 1992, S. 225–229. 170 Sablonier 1984. 171 Vgl. Andermann 1990, Auswertung  ; Bull 1990. 172 Holenstein 1991, S. 217–432  ; Munzel-Everding 2008  ; Diestelkamp 2012.

Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft

den Huldigungen auf höchster, landesherrlicher Ebene waren einzig Männer anwesend, hingegen steht die Repräsentativität der folgenden beiden Beispiele noch näher zu bestimmen. Als Ott Heinrich Fugger im September 1612 die Herrschaft Grönenbach übernahm, ordnete er im Flecken Dettenheim in der Wirtsstube eine Huldigungszeremonie an. Während die Männer ihr Gelübde durch Aufhebung „der zweyen fordern Finger der rechten Hand“ taten, legten die „Weibspersonen“ die rechte Hand auf die linke Brust, eine weibliche Geste, die auch in Weistümern für andere rechtserhebliche Akte bezeugt ist.173 Ähnlich verlief 1750 eine Huldigung in der Fuggerherrschaft Welden, unter Teilnahme der Witwen. Da im Falle Dettenheims alle Leute aus 16 Ortschaften in der Stube Platz fanden, geht Werkstetter davon aus, dass nur Abordnungen, einschließlich von (möglicherweise verwitweten) Frauen, anwesend waren, jedenfalls legte man Wert darauf, „das gesamte Dorf zu repräsentieren“.174 Einen anderen Verantwortungsbereich, mit einer Wirkung gleichsam „nach innen“, in die Häuser hinein, nahmen Dorfhebammen wahr. Ihre Stellung im Dorf war insofern janusköpfig, als sie einerseits z. T. noch bis ins 18. Jahrhundert von der versammelten Frauengemeinde des Dorfs gewählt wurden und in der „Not-, Hilfs- und Festgemeinschaft“175 der Frauen im gebärfähigen Alter eine zentrale Rolle spielten, andererseits der Herrschaft einen Eid ablegen mussten  ; sie hatten unter anderem bei unehelichen Geburten und in Gerichtsfällen herrschaftlicherseits die delikate Aufgabe, die Gebärende zu verhören bzw. gerichtliche Gutachten in laufenden Prozessverfahren anzufertigen.176 Damit gerieten sie in der ländlichen Gesellschaft in einen Solidaritätskonflikt. Im Laufe eines längeren Prozesses entwickelte sich das professionelle Hebammenwesen aus solidarischer, weiblicher Nachbarschaftshilfe heraus zum Amt, und ungeschworene Hebammen waren weiterhin neben den geschworenen tätig. Seit dem 17. Jahrhundert standen sie unter zunehmendem obrigkeitlichem Druck, sie sollten vor einem gelernten Landphysicus zuerst eine Prüfung ablegen, bevor sie überhaupt für das Amt infrage kämen. So hatte beispielsweise Erzbischof Johann Hugo von Trier 1683 für die kurtrierischen Ämter verordnet, dass die Landhebammen „von den Medicis“ zu prüfen seien.177 Eine der wenigen autonomen Formen weiblicher Geselligkeit in der ländlichen Gesellschaft stellte die Kindsbettfeier dar, welche die Frauen der Nachbarschaft im Haus der Wöchnerin zusammen begingen.178 Kam ein Kind zur Welt, so zollte u. U. auch die Herrschaft der Mutter nach ihrer schweren Geburtsarbeit Anerkennung, indem sie dem betreffenden Haushalt eine Abgabe erließ oder ihr ein Geschenk zuteilen ließ. So verzichtete die württembergische Herrschaft im Amt Weinsberg auf die jährlich geforderte 173 Vgl. Fehr 1912, S. 55. 174 Werkstetter 2004, S. 70 f. 175 Labouvie 1992, Selbstverwaltete Geburt, S. 480. 176 Labouvie 1992, Verbotene Künste  ; Gleixner 1996  ; Flügge 1997  ; Wunder 1997, S. 51 f. 177 Labouvie 1992, Selbstverwaltete Geburt, S. 490. 178 Ulbrich 1990, S. 25.

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Rauchhenne  ; ebenso verzichtete der Herr von Rappoltstein auf das Fasnachtshuhn,179 andernorts war nur dessen Kopf abzuliefern, als Zeichen, dass der Bauer die Abgabe zu geben gewillt gewesen war. Gewisse Herrschaften stifteten dem betreffenden Wöchnerinnen-Haushalt Brennholz. 180 Der Basler Fürstbischof bezahlte den Wein für eine Kindbettfeier im Dorf.181 Dass diese herrschaftlichen Gesten seitens der Untertanen nicht als unverbindliches Handeln verstanden wurden, zeigt sich in der Bauernkriegszeit, als die unzufriedenen Bauern einiger Ämter in ihren Beschwerdeartikeln einen (Rechts-)Anspruch auf die betreffenden (rechts-)symbolischen Erleichterungen geltend machten. Im Solothurnischen beispielsweise erregte die Einforderung von Vogtshühnern und die Belastung des Kindbettweins mit dem Bösen Pfennig Anstoß.182 Mit der Entstehung unterbäuerlicher Schichten bzw. der Ansiedlung von Hintersaßen, Kätnern, Seldnern in den Dörfern entstand ein zweistufiges Gemeindebürgerrecht. Am deutlichsten lässt es sich für Württemberg umreißen  : „Jede Person, die als Kind eines Bürgers in einem Dorf geboren war, hatte das Bürgerrecht in diesem Dorf, d. h. das Recht dort zu leben … ‚Bürger‘ hatte außerdem noch eine andere Bedeutung und meinte erwachsene, verheiratete Männer, all jene, die das Recht zur Nutzung des Gemeindeeigentums und die Verpflichtung zu Gemeindefronen sowie zur Wahl der Dorfbeamten hatten.“183 Die Arbeitspflicht erstreckte sich nicht allein auf die genossenschaftlichen Gemeindefronen, sondern auch auf die dem Landesherrn als Gerichts- und Grundherrn im Gemeindeverband zu leistenden Dienste. Zwar wurde in adeligen oder klösterlichen Vogteien zuweilen darauf gepocht, dass erwachsene, leistungsfähige Männer den Frondienst leisteten. So wollte Egenolph von Rappoltstein zu den Frondiensten keine „weiber oder jung gesind“ zulassen. Offensichtlich stand dieser Wunsch aber im Widerspruch zu einer anderen Ordnung, die für Mütter, die auf dem Feld arbeiteten, vorsah, dass sie drei Stunden am Tag „heimziehen“ und „zu iren kinden lugen“ sollten.184 Tatsächlich lassen sich besonders aus Weinbaugebieten, z. B. am Oberrhein, zahlreiche Beispiele anführen, in denen Frauen – im Vergleich zu Männern sogar in erheblichem Umfang – Frondienste leisteten.185 In den Weingärten des Basler Heilig-Geist-Spitals entfielen je nach Jahr zwischen 24,6 und 52,8% der ausbezahlten Taglöhne auf Frauen. Analog zu diesen Verhältnissen in der freien Lohnarbeit entfielen im herrschaftlichen Weinbau, den der Fürstbischof von Basel betrieb, indem er sich vollumfänglich auf die Fronarbeit seiner Untertanen stützte, ein Drittel bis über die Hälfte 179 Trugenberger 1990, S. 43  ; Huggle 1996, S. 45. 180 Andermann 1990, Leibeigenschaft, S. 296  ; Fehr 1912, S. 6. 181 Worschech 1971, S. 107  ; Bange 1991  ; vgl. Archives de l’Ancien Evêché de Bâle, Porrentruy, Comptes de Birseck, 1568/69. 182 Franz 1972, S. 49, S. 53, S. 62, S. 63  ; vgl. Kobelt-Groch 1988, S. 112. 183 Sabean 1986, S. 24. 184 Huggle 1996, S. 45, S. 106  ; vgl. Fehr 1912, S. 12. 185 Gerlich 1993  ; Volk 1993  ; vgl. Volk 1995  ; Landsteiner 1993  ; Rippmann 1996, Frauenarbeit im Wandel.

Geschlechterverhältnisse in der ländlichen Gesellschaft

Abb. 49  : Tanzende Bauern auf der Brunnensäule des so genannten Holbein- oder Sackpfeiferbrunnens in der Spalen-Vorstadt, Basel. Nachbildung (Original im Historischen Museum Basel). Anonymer Künstler, um 1546.

aller vollbrachten Tagewerke auf Frauen. Auch Kinder beteiligen sich mit Hilfsarbeiten wie Steine- und Holzauflesen. In Ausnahmefällen konnte sich der Anteil der Frauenarbeit auf 62% erhöhen wie bei den Winzerfrondiensten im fürstbischöflich-baslerischen Amt Birseck im Jahr 1499, nach der Schlacht bei Dornach.186 So gesehen, waren auch Frauen Gemeindebürgerinnen, soweit im Begriff der Bürgerschaft die Arbeitspflicht enthalten war, und das Kollektiv als Dienstverband erschien. Dieser für die Konzeption von Gemeinde im Rechtssinn relevante Befund lässt sich mit Beispielen aus dem Dorfleben des 16. Jahrhunderts illustrieren, etwa anhand eines nicht alltäglichen Ereignisses, des Neubaus der herrschaftlichen Kelter in Arlesheim (CH) 1562, wo auch die Bauern ihre Trauben pressen ließen. An den kollektiven Bauarbeiten unter Aufsicht des Landvogts waren zunächst die „murer [Maurer] und gantze gemeindt“ einschließlich der Zimmerleute beteiligt. Am zweiten Tag, einem Sonntag, halfen die Frauen mit, das Ziegeldach zu decken. Durch die Kooperation beider Geschlechter bei der „Krönung“ des für alle wichtigen Bauwerks wurde der Zusammenhang der Gemeinde und 186 Rippmann 1996, S. 38 f.; Rippmann/Simon-Muscheid 2010, S. 389–402.

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ihrer Haushaltungen symbolisch realisiert und gefestigt. Anschließend feierten die beteiligten Arbeitspaare das Aufrichtefest mit einem gemeinsamen Mahl, das der Inszenierung der Gemeinde als alle Häuser verbindende Tisch- und Trinkgemeinschaft gleichkam.187 Saßen die Frauen und die Männer (wie an Bürgerhochzeiten in der Stadt) an je eigenen Tischen oder paarweise nebeneinander  ? Wurde getanzt  ? Wir wissen es nicht.

187 Archives de l’Ancien Evêché de Bâle, Porrentruy, Comptes de Birseck, 1568/69  ; Wunder 1991, Ländliche Gemeinde, S. 393  ; vgl. auch Holenstein 1991, S. 472–478.

7 Schluss

Rolf Kießling/Werner Troßbach

7.1 Bevölkerung und Krise  : die begrenzte Reichweite des malthusianischen Modells Eine grundlegende Gemeinsamkeit der beiden Krisen, die einmal im 14. und dann wieder im 17. Jahrhundert die Gesellschaften in der Mitte Europas heimsuchten, bestand in der starken Reduktion der Bevölkerungszahlen. Sie sanken von ca. 14 (1300) bzw. 16–17 (1620) auf jeweils 10 Millionen (1470 bzw. 1650). In der internationalen Literatur werden die Rückgänge oft auf ein Szenario zurückgeführt, das bereits der anglikanische Pastor und Bevölkerungstheoretiker Thomas Robert Malthus entwickelt hat. Er machte bekanntlich das Ungleichgewicht von Nahrungsmittelproduktion und Bevölkerungsent­ wicklung für Übersterblichkeitskrisen verantwortlich, die er als „positive checks“ bezeich­ nete. Wenn er freilich auch Seuchen und Kriege in das Szenario des „positive check“ integrierte, war ihm ein logischer, letztlich nur aus theologischen Prämissen erklärbarer Fehler unterlaufen. Die Pest des 14. Jahrhunderts, die nach wie vor bei der Suche nach den Ursachen der Bevölkerungsverluste eine prominente Rolle spielt, lag ebenso wenig in Restriktionen in der Nahrungsmittelproduktion begründet wie der Dreißigjährige Krieg. Erst unterhalb dieser Fundamentalereignisse könnte sich die malthusianische Lehre für die Geschichte Zentraleuropas als erklärungsrelevant erweisen. So ist z. B. die Hungersnot der Jahre 1315–1317 als Indikator dafür genommen worden, dass die Landwirtschaft angesichts steigender Bevölkerungszahlen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gekommen war. Im späten 16. Jahrhundert scheinen wiederum verstärkt auftretende Teuerungskrisen und ein säkularer Preisauftrieb für Getreideprodukte in die gleiche Richtung zu deuten. Die vorliegende Darstellung hat eine andere Erklärung bevorzugt  : So hatten die Menschen im frühen 14. ebenso wie im späten 16. Jahrhundert mit einem weiteren Phänomen zu kämpfen, das ähnlich wie Krieg und Pest in den beiden Seiten der malthusianischen Gleichung nicht enthalten war  : einem Klimawandel, dessen Ursachen anders als heute nicht in menschlichen Aktivitäten zu suchen sind. Neben dem „positive check“ kennt die malthusianische Theorie bekanntlich den „preventive check“, den Versuch, durch bewusstes Handeln das Bevölkerungswachstum zu drosseln. In der Sicht der malthusianischen Orthodoxie wird der „preventive check“ durch massenhafte Entscheidungen insbesondere der Unterschichten bewirkt, angesichts sinkender Reallöhne auf Heirat zu verzichten. Ein „preventive check“ in diesem Sinne konnte in der vorliegenden Darstellung nicht bestätigt werden. Stattdessen ist auf administrative Reglementierungen der Eheschließung hinzuweisen, die in zahlreichen Territo-

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Schluss

rien ab der Mitte des 16. Jahrhunderts v. a. gegenüber landarmen und landlosen Schichten durchgesetzt wurden. In gewisser Weise kann man darin einen repressiv vermittelten „preventive check“ erkennen.1 Bei der Durchsetzung konnten die entstehenden Staaten auf die Mitwirkung der bäuerlichen Oberschichten rechnen, die zunehmend danach trachteten, durch endogame Heirat ihren Status zu fixieren oder auszubauen.

7.2 Spezialisierung der Produktion – Regionalisierung der Wirtschaft In der Welt des Spätmittelalters war hingegen mit zielgerichtetem staatlichem Handeln nicht zu rechnen, da die entsprechenden Institutionen, Instrumentarien und Konzepte erst im Entstehen begriffen waren. Inwieweit sich demografische Verhaltensweisen änderten, ist aufgrund der prekären Quellengrundlage kaum zu erkennen. Differenzierte Einblicke sind hingegen in die andere Seite der malthusianischen Gleichung, die Agrarproduktion, möglich. Dass nach den Bevölkerungsverlusten Mitte des 14. Jahrhunderts die Getreideproduktion an Attraktivität verlor, Flächen aufgegeben wurden und selbst Erträge zurückgingen, ist mittlerweile Grundkonsens der europäischen Forschung. In zahlreichen deutschen Territorien wird die Schlussfolgerung, dass Landwirtschaft über weite Strecken extensiver geworden sei, plastisch durch den Aufschwung der Schafhaltung unterstrichen. In der vorliegenden Darstellung sollte jedoch deutlich geworden sein, dass Extensivierungsvorgänge nur eine Seite der Medaille darstellen. Dass in zahlreichen Regionen die Extensivierung von Elementen der Spezialisierung kompensiert wurde, ist zwar seit Längerem erkannt – aber bislang zu wenig gewichtet worden. An dieser Stelle setzte der vorliegende Band ein  : In klimatisch und verkehrstechnisch geeigneten Regionen drang der Wein-, Obst- und Gemüsebau auf ehemaliges Getreideland vor. Dies war v. a. im Rheinland in seiner ganzen Ausdehnung von der Schweizer bis zur niederländischen Grenze der Fall oder auch im Umkreis der Großstädte wie Nürnberg-Bamberg. Andernorts, in Ost- und Oberschwaben, im Westen Thüringens, im Süden Sachsens und in Schlesien, im südlichen Westfalen wurde auf den Anbau von Färbe- und Faserpflanzen gesetzt, non-food-crops, die die Fundamente eines anhaltenden gewerblichen Aufschwungs legten, der wieder auf das Land zurückwirkte. Die Aktivitäten gingen von einer stark differenzierten Landbevölkerung aus, der es im Westen Deutschlands – regional allerdings in unterschiedlichem Ausmaß – gelungen war, grundherrschaftliche Abhängigkeiten in einem bereits im Hochmittelalter einsetzenden Prozess zu lockern und vielfach stabile Besitzrechte zu erringen. Die damit erreichten Ausprägungen von Stabilität und Autonomie unterscheiden sich deutlich von oft prekären Pachtverhältnissen, wie sie für zahlreiche Regionen im Süden Europas kennzeichnend sind. Versuche von Herrschaftsträgern, diesen Prozess aufzuhalten, trafen bereits im 15. Jahrhundert auf vielfältige Formen der Gegenwehr, die im Bauernkrieg kulminierten. 1 Livi-Bacci 1991, S. 15 f.

Spezialisierung der Produktion – Regionalisierung der Wirtschaft

Davon waren besonders solche Regionen erfasst, in denen sich moderne, differenzierte Wirtschafts- und Sozialstrukturen entfalteten. Im Osten Deutschlands und Europas bahnten sich dagegen – parallel zum Aufschwung des Ostseegetreidehandels – gegenläufige Tendenzen an, die von Frondiensten auf Herrengütern und verschlechterten Besitzrechten gekennzeichnet waren. Räumliche Ausprägungen von Wirtschaftslandschaften sind für das Spätmittelalter schon mehrfach konstatiert worden.2 Die Ursachen für die räumliche Verteilung von Extensivierung und Intensivierung im deutschen Sprachraum erscheinen aber noch nicht hinreichend geklärt. Ein tragfähiger Ansatz scheint das regionale Auftreten des Schwarzen Todes und der anschließenden Pestwellen zu sein, denn daraus ergaben sich recht unterschiedliche Ausgangslagen  : Wo die Seuche nicht auftrat oder sich nur geringfügig auswirkte, standen ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung, die mit der Verarbeitung von einheimischen oder importierten Rohstoffen zu Exportwaren ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Besonders deutlich wurde das in Teilen Oberdeutschlands zwischen dem östlichen Schwaben um Augsburg und Nürnberg/Würzburg, aber auch in Böhmen und Schlesien, sodass das Textilgewerbe sich schon um 1400 flächig ausdehnte und ausgesprochene Weberdörfer mit einem hohen Anteil an Haushalten entstehen ließ, die überwiegend handwerklich tätig waren. Andere Gewerbelandschaften wie Sachsen oder Westfalen lassen sich entsprechend mit dem Bevölkerungswachstum des 16. Jahrhunderts korrelieren. Die Ausbildung von derartigen Gewerbelandschaften steigerte die Regionalisierung der mitteleuropäischen Wirtschaft – und zwar, ohne dass sie mit der Territorienbildung deckungsgleich ausgefallen wäre. Die Weichenstellungen für die räumliche Strukturierung wurden offensichtlich im Spätmittelalter primär von den Akteuren der Wirtschaft selbst über die Produktionsstrukturen in Orientierung an den Marktsystemen vollzogen  : Reviere der Textilherstellung auf der Basis einheimischer Wolle am Mittelrhein und in Württemberg oder auf der Basis von Flachs in Oberschwaben, Sachsen, Westfalen und Schlesien wurden über die Rohstoffversorgung und Unternehmerinitiative miteinander verzahnt und im Falle Ostschwabens durch Importe von Baumwolle aus dem Mittelmeerraum ergänzt. Solche der Eisenverarbeitung im Siegerland, im südwestlichen Westfalen oder um Nürnberg und in der Steiermark entstanden wiederum in Verbindung mit der aufstrebenden Montanindustrie in den Nordalpen, in den Mittelgebirgen und in den Randgebirgen des Oberrheins. So wie die Urbanisierung den Bedarf an Nahrungsmitteln aus dem Umland steigerte, so mussten auch diese Gewerbelandschaften versorgt werden, d. h. die Impulse stimulierten Landschaften mit überwiegend agrarischer Produktion. Dies war ohne ausgreifende Handelsströme nicht denkbar. Meißner Ferkel, friesische Ochsen und Elsässer Weine waren schon vor 1500 auf den Kölner Märkten keine Sensation. Doch seit Beginn der Neuzeit versorgte Getreide aus der Magdeburger Börde und dem Altenburger Land die 2 von Stromer 1986  ; Scott 2000  ; Scott 2002, Society.

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neuen Gewerbesiedlungen des Erzgebirges  ; über Donau und Inn wurde Korn aus Niederbayern und Österreich in das Tiroler Montanzentrum verschifft. Die weitesten Strecken legten das Ostseegetreide und andere Agrarprodukte aus den Randgebieten der europäischen Wirtschaftszone zurück. Ein Teil der oberdeutschen Textilprodukte ging bereits im Spätmittelalter in die entwickelten Städtelandschaften Norditaliens, deren heimische Produzenten sich auf qualitativ höherwertige Textilien verlegt hatten, teils aber auch in die Regionen Polens und Ungarns, die ihrerseits Rindertrecks in die Mitte Europas schickten, wo sie zusammen mit Ochsen aus Jütland und in geringeren Mengen auch aus Burgund und der Schweiz zu Hunderttausenden auf die städtischen Märkte gelangten. Anders formuliert  : Bis zur Wende zum 17. Jahrhundert hatte sich ein komplexes System von Märkten herausgebildet, in dem die Landwirtschaft im engeren Sinne nur mehr einen Faktor von mehreren und die vollbäuerlichen Gruppierungen vielerorts nur mehr einen Teil der ländlichen Gesellschaft ausmachten.

7.3 Elemente agrarischen Wandels Durch ihre Einbettung in demografische Konjunkturen und wirtschaftlichen Austausch waren auch die Kernbereiche der landwirtschaftlichen Produktion im Untersuchungszeitraum nicht von Stagnation gekennzeichnet. Den Faser- und Färbepflanzen gelang angesichts des kontinuierlich wachsenden Bedarfs der Sprung aus abgegrenzten Feldgärten in die offene Flur, z. T. auf die Brachfelder. Eine damit möglicherweise verbundene Abnahme der Getreideerträge war angesichts gesunkener Bevölkerungszahlen zumindest anfangs zu verkraften. Mit Raps und Buchweizen wurden neue Kulturpflanzen eingeführt, die zunächst gleichfalls nicht bzw. nicht direkt der menschlichen Ernährung dienten. Das Rapsöl wurde v. a. zu Beleuchtungszwecken verwandt, und der aus Osteuropa vordringende Buchweizen scheint zuerst nicht auf dem Tisch, sondern im Schweinetrog gelandet zu sein. Auch im Getreidebau gab es Innovationen, gleichfalls bereits im Spätmittelalter. In erster Linie kamen sie aus Regionen, in denen man eine anfangs stagnierende Lokalnachfrage durch weiträumigen Handel zu kompensieren suchte. Angesichts der Bevölkerungsverluste wurde es – zunächst im Nordosten – offenbar sinnvoll, die Arbeitsproduktivität durch den Einsatz der Sense in der Getreideernte zu steigern und damit verbundene Körnerverluste in Kauf zu nehmen. Eine gewisse Arbeits- und Energieersparnis ging auch von dem in einzelnen Mittelgebirgsregionen auftretenden wendigen Kehrpflug aus, der auf den glatten Äckern, die er hinterließ, wiederum den Einsatz der Sense erleichterte. Eine vierte Brachfurche, deren Ersterwähnung (1402) aus einem Getreideexportgebiet stammt, machte dagegen zusätzlichen Einsatz von Arbeitskraft und Kapital erforderlich. Als die Bevölkerungszahlen stiegen, wurde sie auch in den Bördelandschaften Norddeutschlands und der Umgebung Breslaus im Weizenanbau Standard. In nordwestdeutschen Esch- und Feld-Gras-Wirtschaften deuteten sich zugleich anspruchsvollere

Elemente agrarischen Wandels

Fruchtfolgen an. Eine Intensivierung der Bodenbearbeitung konnte durch eine bessere Ausstattung von Pflügen und Eggen mit Eisenteilen und den Gebrauch der Ackerwalze erreicht werden. Diese Ansätze, deren Verbreitung und Wirkung im einzelnen allerdings noch genauer zu erforschen ansteht, lassen einen positiven Zusammenhang zwischen Bevölkerungswachstum und Intensivierung der Agrarproduktion erkennen, ähnlich wie ihn in den Sechzigerjahren Ester Boserup in entwicklungstheoretischen Studien festgestellt hat.3 Deutlich geworden ist jedoch auch, dass sich die Aktivitäten – von den (Grün-)Landschaften an der Nordseeküste und im alpinen Raum abgesehen – auf den Pflanzenbau konzentrierten. Die Viehbestände hielten dagegen mit der Ausdehnung der Nutzflächen meist nicht Schritt. Die verbreitete Stagnation in der Viehwirtschaft ist damit geeignet, eine Kehrseite der Pfadabhängigkeiten zu enthüllen, die durch die pflanzenbaulichen und gewerblichen Spezialisierungen eingegangen wurden. Die heute auch in der Agrargeschichte weithin akzeptierten Thesen Ester Boserups bedürfen demnach einer stärker auf ökologische Zusammenhänge bedachten Differenzierung. Auf der einen Seite leitete die Forcierung des Exports – ob von rheinischen Weinen, brandenburgischem Getreide, thüringischen Farben oder oberdeutschen Fasern – Geldströme in die produzierenden Regionen und ermöglichte zahlreichen landarmen und landlosen Haushalten in Stadt und Land ein Auskommen. Auf der anderen Seite band sie Energien und nahm landwirtschaftliche Flächen in Beschlag. Stofflich bedeutete sie den Anbau ökologisch z. T. bedenklicher Kulturen und einen Export von Bodennährstoffen.4 Da der städtische Rindfleischbedarf zu einem großen Teil durch den Import aus Nord- und Osteuropa gedeckt wurde, kamen außerdem betriebliche Synergien von Ackerbau und Tierhaltung nur unzureichend zum Tragen. Synergien von Ökologie und Ökonomie in der Art, wie sie für die englische Agrarrevolution des 18. Jahrhunderts in Gestalt des Anbaus neuer Futterpflanzen mit bodenverbessernder Wirkung charakteristisch sind, blieben im Untersuchungszeitraum in den deutschen Territorien nicht völlig aus, waren jedoch auf wenige Intensivinseln beschränkt, deren gesellschaftlicher Hintergrund noch nicht völlig aufgeklärt ist. Dazu gehören Gegenden um Breslau, am Oberrhein und an der niederländischen Grenze, wo bäuerliche Produzenten stärker als anderswo Futterpflanzen kultivierten. Initiativen in der Vieh- und Futterwirtschaft konnten jedoch auch von Großbetrieben ausgehen, in Sachsen z. B. von der Domänenverwaltung, hinter der ein landwirtschaftlich interessiertes Herrscherpaar stand. Auch andernorts fand Landwirtschaft nach 1550 das Interesse privilegierter und gebildeter Gesellschaftsschichten. Der am Niederrhein ansässige Agrarschriftsteller Conrad von Heresbach beschäftigte sich z. B. in Theorie und Praxis mit dem Anbau von Luzerne. Ihren Beitrag zu einer besseren Tierernährung und zur Überwindung des tradi3 Kopsidis 2006, S. 86–101, S. 114–118  ; Grüne 2011, S. 20 f. 4 Ambrosoli 1997, S. 158–160  ; R. C. Hoffmann 2001, S. 137  ; van Zanden 1999, S. 366.

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tionellen Stickstoffdefizits leistete diese Futterpflanze im Wesentlichen jedoch erst nach 1750. Andere in die Zukunft weisende Elemente hatten um 1600 jedoch erheblich weiter an Terrain gewonnen. Man denke an die Einführung neuer Nutzpflanzen und die Aufmerksamkeit, die dem Wiesenbau im Siegerland und im Nürnberger Umland geschenkt wurde. Die arbeits- und kapitalintensive Mergeldüngung scheint nach 1550 zumindest in den Regionen mit intensivem Getreidebau Standard gewesen zu sein. Zu einem Kanon, der überregional zur Anwendung kommen sollte, wurden diese verschiedenen Elemente – einhergehend mit der Propagierung des Kartoffel- und Kleebaus sowie besserer Tierfütterung und -züchtung – jedoch erst im 18. und 19. Jahrhundert zusammengefügt, als neue Erfahrungen, neue Marktlagen und verstärkter internationaler Wissenstransfer auf breiterer Front neue Problemlösungen ermöglichten.

Abkürzungsverzeichnis Ak Arbeitskraft/Arbeitskräfte fl Gulden   d denarius (Pfennig) dt Dezitonne (Doppelzentner) g Gramm ha Hektar hl Hektoliter kg Kilogramm km Kilometer l Liter m Meter ß Schilling t Tonne Ztr. Zentner

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Abbildungsnachweis Abb. 1  : Livi-Bacci, Massimo  : Europa und seine Menschen. Eine Bevölkerungsgeschichte, München 1999, S. 15. Abb. 2  : Ehmer, Josef  : Artikel  : „Bevölkerung“, in  : Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 2, Stuttgart 2005, Sp. 107–108. Abb. 3  : Glaser, Rüdiger  : Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Darmstadt 2001, S. 181. Abb. 4  : Glaser, Rüdiger  : Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Darmstadt 2001, S. 66. Abb. 5  : Glaser, Rüdiger  : Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Darmstadt 2001, S. 104. Abb. 6  : Abel, Wilhelm  : Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart 1978, S. 113. Abb. 7  : Foto Jochen Ebert (Kassel). Abb. 8  : Mentgen, Gerd  : Studien zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Elsaß, Hannover 1995, Beilage G. Abb. 9  : Metzger, Therese/Mendel Metzger  : Jüdisches Leben im Mittelalter, Fribourg/Würzburg 1982, S. 166. Abb. 10  : Blickle, Peter  : Die Revolution von 1525, vierte, durchgesehene und bibliographisch erweiterte Aufl., München 2004, Anhang V, S. 338–339. Abb. 11  : Wiegand, Christian (in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Kulturlandschaft)  : Spurensuche in Niedersachsen. Historische Kulturlandschaften erkennen, 2. Aufl., Hannover 2005, S. 108. Abb. 12  : Becker, Siegfried  : Der Darmstädter Ruchadlo in Kurhessen, in  : Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 107, 2002, S. 266. Abb. 13  : © AKG-Images Abb. 14  : Florinus, Franciscus Philippus  : Oeconomus prudens et legalis. Oder Allgemeiner Klugund Rechts-verständiger Haus-Vatter …, Nürnberg/Frankfurt am Main/Leipzig 1702, Bd. 1, ND Stuttgart 1981, S. 587. Abb. 15  : Spitalurbar 1695 (Staatsarchiv Zürich, H I 111, pag. 201). Abb. 16  : Deutsches Historisches Museum (Hrsg.)  : „Kurzweil viel ohn’ Maß und Ziel“. Alltag und Festtag auf den Augsburger Monatsbildern der Renaissance, München 1994, S. 123. Abb. 17  : Deutsches Historisches Museum Berlin. Abb. 18  : © AKG-Images. Abb. 19  : Heidrich, Hermann  : Das Haus und die Volkskultur in der frühen Neuzeit, in  : Richard van Dülmen (Hrsg.)  : Kultur der einfachen Leute. Bayerisches Volksleben vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, München 1983, S. 20. Abb. 20  : Deutsches Historisches Museum Berlin. Abb. 21  : Roth, Dietrich  : Ita mîca mea, mein klein Luststübchen. Joachim Jungius, Gelehrter und Gärtner, in  : Horbas, Claudia (Hrsg.)  : Gartenlust und Blumenliebe. Hamburgs Gartenkultur vom Barock bis ins 20. Jahrhundert, Ostfildern-Ruit 2006, S. 71.

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Abbildungsnachweis

Abb. 22  : Brunner, Karl/Gerhard Jaritz  : Landherr, Bauer, Ackerknecht. Der Bauer im Mittelalter  : Klischee und Wirklichkeit, Wien/Köln/Graz 1985, S. 95. Abb. 23  : Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett  ; Foto Martin B. Bühler. Abb. 24  : Glaser, Rüdiger  : Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Darmstadt 2001, S. 91. Abb. 25  : Abel, Wilhelm  : Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart 1978, S. 130. Abb. 26  : van Dülmen, Richard  : Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, Bd. 2, München 1992, S. 40. Abb. 27  : https://commons.wikimedia.org/wiki/File  :Waidstein_Sömmerda.jpg, Foto  : Michael Sander (Zugriff 16.11.2015). Abb. 28  : Irsigler, Franz  : Intensivwirtschaft, Sonderkulturen und Gartenbau als Elemente der Kulturlandschaftsgestaltung in den Rheinlanden (13.–16. Jahrhundert), in  : Guarducci, Annalisa (Hrsg.)  : Agriculture as an Actor in the Modifying of Environment, Prato 1984, S. 719–747, S. 741. Abb. 29  : Holbach, Rudolf  : Jahrmärkte und Handelsbeziehungen zwischen Weser und Ems im späten Mittelalter, in  : Ebeling, Dietrich (Hrsg.)  : Landesgeschichte als multidisziplinäre Wissenschaft. Festgabe für Franz Irsigler zum 60. Geburtstag, Trier 2001, S. 223–268, S. 268. Abb. 30  : Steinwascher, Gerd  : Die Zisterzienserstadthöfe in Köln, Bergisch Gladbach 1981, S. 63. Abb. 31  : Albrecht Dürer  : Das druckgraphische Werk, Bd. I, Bad Schussenried 2013, S. 59. Abb. 32  : Kühnel, Harry (Hrsg.)  : Alltag im Spätmittelalter, 2. Aufl., Darmstadt 1986, S. 259. Abb. 33  : Rösener, Werner  : Bauern im Mittelalter, München 1985, S. 186. Abb. 34  : Kühnel, Harry (Hrsg.)  : Alltag im Spätmittelalter, 2. Aufl., Darmstadt 1986, S. 173. Abb. 35  : Kühnel, Harry (Hrsg.)  : Alltag im Spätmittelalter, 2. Aufl., Darmstadt 1986, S. 191. Abb. 36  : Krohm, Hartmut (Hrsg.)  : Martin Schongauer. Druckgraphik im Berliner Kupferstichkabinett, Berlin 1991. Abb. 37  : Westermann, Ekkehard (Hrsg.)  : Internationaler Ochsenhandel in der frühen Neuzeit (1450–1750), Stuttgart 1980, S. 267. Abb. 38  : Sporhan-Krempel, Lore  : Papiererzeugung und Papierhandel in der Reichsstadt Nürnberg und ihrem Territorium, in  : Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Bd. II, Nürnberg 1967, S. 726–750, nach S. 728. Abb. 39  : Stromer, Wolfgang von  : Die Entstehung der Baumwollindustrie in Mitteleuropa. Wirtschaftspolitik im Spätmittelalter, Stuttgart 1978, S. 68. Abb. 40  : Irsigler, Franz  : Die wirtschaftliche Stellung der Stadt Köln im 14. und 15. Jahrhundert. Strukturanalyse einer spätmittelalterlichen Exportgewerbe- und Fernhandelsstadt, Wiesbaden 1979, S. 172. Abb. 41  : Kießling, Rolf  : Die Stadt und ihr Land. Umlandpolitik, Bürgerbesitz und Wirtschaftsgefüge in Ostschwaben vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Köln/Wien 1989, S. 738. Abb. 42  : Metzger, Therese/Mendel Metzger  : Jüdisches Leben im Mittelalter, Fribourg/Würzburg 1982, S. 170. Abb. 43  : Achilles, Walter  : Getreidepreise und Getreidehandelsbeziehungen europäischer Räume im 16. und 17. Jahrhundert, in  : Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 7, 1959, S. 32–55, S. 40. Abb. 44  : Bünz, Enno  : „Die Kirche im Dorf lassen…“. Formen der Kommunikation im spätmit-

Abbildungsnachweis

telalterlichen Niederkirchenwesen, in  : Rösener, Werner (Hrsg.)  : Kommunikation in der ländlichen Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Moderne, Göttingen 2000, S. 77–167, S. 144. Abb. 45  : Schreiner, Klaus  : Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, München/Wien, S. 405. Abb. 46  : Bümlein, Klaus (Hrsg.)  : Zweibrücker Gesangbuch 1557. Faksimileausgabe mit Erläuterung, Heidelberg/Ubstadt-Weiher/Basel 2007, S. 16. Abb. 47  : Wien, Staatliche Graphische Sammlung Albertina, Inv. Nr. 3027. Abb. 48  : Freiburg (CH), Museum für Kunst und Geschichte, Depositum der Gottfried-KellerStiftung 1941, GKS Inv. Nr. 899.1. Abb. 49  : Fotos Dorothee Rippmann (2008).

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Ortsregister

Vorbemerkung Die Orte sind den heutigen deutschen Ländern bzw. europäischen Staaten zugeordnet  ; dasselbe gilt für Landschaftsnamen und deren Differenzierungen (Ober-, Nieder- etc.). Die Bistümer/Diözesen werden unter die Städte subsumiert. Teilfürstentümer (z. B. Bayern-Landshut) werden als eigene Begriffe geführt. Aachen (Nordrhein-Westfalen) 128f. Allgäu (Bayern, Baden-Württemberg) 166, 174, 183, 187, 189, 198, 233 Alpen 9, 21f., 56, 82, 88, 108, 116 Ostalpen 55 Altenberg, Kloster (Hessen) 192 Altenburg (Thüringen) 151 Altmark (Brandenburg) 121f. Alt-Quilitz = Neuhardenberg (Brandenburg) 216 Alzey (Rheinland-Pfalz) 164 Ammerschwyer = Ammerschwihr (Frankreich, Département Haut-Rhin) 145 Amsterdam 214 Anhalt 237 Anhalt-Köthen, Fürstentum 36 Ansbach-Kulmbach, Fürstentum 237 Arlesheim (Schweiz, Kanton Basel-Landschaft) 257 Arnsberg (Nordrhein-Westfalen) 136 Arnstadt (Thüringen) 129, 159 Assenheim, Ortsteil von Niddatal (Hessen) 50 Augsburg (Bayern) 73, 87, 134, 152f., 166f., 171f., 202, 206, 208, 228, 261 Baar (Baden-Württemberg) 33 Bachstedt, Gutsbetrieb (Thüringen) 74 Boll = Bad Boll (Baden-Württemberg) 94 Baden 117, 119, 158, 197 Baar (Baden-Württemberg) 33 Balhorn, Ortsteil von Bad Emstal (Hessen) 35f., 65 Bamberg (Bayern) 40, 90, 229, 260 Barchfeld (Thüringen) 40

Basel, Stadt und Kanton (Schweiz) 90, 94, 96, 151, 177, 251, 256f. Basel, Spalen-Vorstadt 257 Bautzen (Sachsen) 26 Bayern 31, 37, 63, 91, 116, 120–22, 132, 140, 152, 156, 158, 164, 197, 230, 239f. Niederbayern 151, 157, 178, 262 Altbayern 115, 118, 144, 155f., 158f., 164, 175, 235 Bayern-Landshut, Teilherzogtum 37 Bebenhausen, Kloster (Tübingen, Baden-Württemberg) 116, 136, 190, 193 Berg, Herzogtum 145, 165 Bergisches Land (Nordrhein-Westfalen) 168 Berka/Werra (Thüringen) 40 Bern, Stadt und Kanton (Schweiz) 97, 238 Biberach a. d. Riß (Baden-Württemberg) 67, 90, 148, 172, 177, 190, 195, 199–211 Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) 170 Birseck (Schweiz, Kanton Basel-Landschaft) 256 Anm. 181, 257, 258 Anm. 187 Bödekken, Kloster (Büren, Nordrhein-Westfalen) 193 Bodensee 22, 46, 116, 119, 121, 151, 156, 190, 251 Böhmen 18, 38, 122f., 127, 141, 152, 158, 248, 261 Boizenburg (Mecklenburg-Vorpommern) 220 Bondorf (Baden-Württemberg) 37 Boppard (Rheinland-Pfalz) 162 Borgloh (Niedersachsen) 57 Börm (Schleswig-Holstein) 217f. Borna (Sachsen) 151

321

Ortsregister Bornum, Ortsteil von Börßum (Niedersachsen) 74 Brabant (Belgien) 158, 190, 193 Brandenburg, Mark 15, 40, 63, 97, 112, 121, 132, 212f., 215–226 Braubach (Rheinland-Pfalz) 85 Braunschweig (Niedersachsen) 18, 28, 78, 120, 151 Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzogtum 86, 103, 197 Bregenz (Österreich) 160 Breisgau (Baden-Württemberg) 95, 148, 164 Breitenbach (Hessen) 246 Breslau = Wrocław (Polen, Województwo Dolnośląskie) 82, 95, 111, 152, 159, 263 Bretagne 126 Brieg = Brzeg (Polen, Województwo Opolskie) 152 Bronnbach, Kloster, Ortsteil von Wertheim ­(Bayern) 138 Bruchsal (Baden-Württemberg) 165 Brügge (Belgien) 18, 156 Burgau, Markgrafschaft (Bayern) 237 Burgenland (Österreich) 40 Burgund (Frankreich) 262 Busecker Tal (Hessen) 40 Büßleben (Thüringen) 129 Butjadingen (Niedersachsen) 34 Buttstädt (Thüringen) 154 Calenberg, Teil des Herzogtums BraunschweigLüneburg (Niedersachsen) 105, 197 Celle (Niedersachsen) 96 Chemnitz (Sachsen) 123, 170, 177 Coburg (Bayern) 158 Colditz (Sachsen) 99 Colmar (Frankreich, Département Haut-Rhin) 94 Corvey, Abtei (Höxter, Nordrhein-Westfalen) 185 Daberstedt (Thüringen) 41 Dänemark 99, 102, 114, 154, 253 Anm. 163 Danzig = Gdańsk (Polen) 59 Anm. 49, 120, 150, 155, 157, 159, 214 Deggendorf (Bayern) 179 Dettenheim, Ortsteil von Weißenburg (Bayern) 255 Diepersdorf, Ortsteil von Leinburg (Bayern) 230

Diesdorf (Sachsen-Anhalt) 70 Dithmarschen (Schleswig-Holstein) 135, 230 Donau 151ff., 156, 161, 262 Donauniederung 174 Dornach (Schweiz, Kanton Solothurn) 257 Dortmund (Nordrhein-Westfalen) 133, 152 Dresden (Sachsen) 108 Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) 148 Eberbach, Abtei (Hessen) 117, 119, 156, 190 Ebersberg (Bayern) 105 Ebrach, Kloster (Bayern) 138 Eglofs, Ortsteil von Argenbühl (Baden-Württemberg) 133 Eichstätt (Bayern) 144, 157, 228, 231 Eiderstedt (Schleswig-Holstein) 34, 148 Eifel (Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen) 54, 168 Einbeck (Niedersachsen) 155 Elbe 13, 106, 109, 111, 135, 151, 160f., 185, 191, 198, 212–217, 221, 226 Elberfeld, Ortsteil von Wuppertal (NordrheinWestfalen) 158 Elbmarschen (Niedersachsen) 148, 176 Elsass (Frankreich) 38ff., 50, 95f., 151, 156, 159, 178, 191, 193, 254 Ems 135, 137, 154 Emsland (Niedersachsen) 55 England 9, 18, 59, 70, 83, 89, 96, 101, 114, 160, 195, 238 Erfurt (Thüringen) 83, 95f., 121, 129, 139, 148, 159 Erzgebirge (Sachsen, Böhmen) 151 Esslingen (Baden-Württemberg) 133, 157 Fessenheim (Frankreich, Département HautRhin) 254 Feuerbach, Ortsteil von Stuttgart (Baden-Württemberg) 51 Fichtelgebirge (Bayern) 168 Finsterhennen (Schweiz, Kanton Bern) 251 Flandern 10, 69, 80, 83, 123, 150, 166, 190, 193, 214 Franken 22, 27, 31f., 38, 40, 49, 72, 106, 116, 119f., 122, 136, 144, 153, 157f., 164, 179, 184, 192, 228, 233

322

Ortsregister Oberfranken 26 Mainfranken 26 Frankfurt a. Main (Hessen) 26, 40, 90, 133, 148, 151f., 158f., 170 Frankfurt a. d. Oder (Brandenburg) 152 Frankreich 9, 108, 114, 149, 191, 238 Südfrankreich 108 Freiburg (Baden-Württemberg) 26, 94 Freising (Bayern) 239 Friesland 9, 150, 214 Nordfriesland 22, 34 Ostfriesland 34, 99–101, 162, 202 Fulda, Abtei (Hessen) 185 Fürth (Bayern) 40, 120 Gadebusch (Mecklenburg-Vorpommern) 220 Gandersheim (Niedersachsen) 67 Gebersheim, Ortsteil von Leonberg (BadenWürttemberg) 37 Gerstenberg (Thüringen) 151 Gießen (Hessen) 40 Görlitz (Sachsen) 159 Goslar (Niedersachsen) 155 Gosseldorf, wüster Ort (Hessen) 31 Gotha (Thüringen) 129 Göttendorf, Gutsbetrieb (Thüringen) 74 Göttingen (Niedersachsen) 120 Gräfenthal (Thüringen) 231 Graubünden, Kanton (Schweiz) 234 Graz (Österreich) 97, 152 Grimma (Sachsen) 43, 107, 155, 158, 160 Grönenbach = Bad Grönenbach (Bayern) 255 Gutmadingen, Ortsteil von Geisingen (BadenWürttemberg) 33 Hagenbuch, Ortsteil von Biberach an der Riß (Baden-Württemberg) 195, 199, 201–204, 206–208 Haimendorf, Ortsteil von Röthenbach (Bayern) 230 Halberstadt (Sachsen-Anhalt) 237 Hall (Österreich, Tirol) 151 Hallertau (Bayern) 121 Hamburg 26, 91, 93, 120f., 148, 151–153, 155, 176, 180 Hannover (Niedersachsen) 26, 154

Hardt (Österreich, Bezirk Graz-Umgebung) 97 Harz (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt) 34, 96, 100, 151, 248 Havel 215, 217 Heidelberg (Baden-Württemberg) 82 Heiligenthal, Kloster (Bayern) 138 Heilsbronn, Kloster (Bayern) 138 Helpt, Ortsteil von Woldegk (MecklenburgVorpommern) 217 Herford (Nordrhein-Westfalen) 170 Hersfeld, Stift (Hessen) 34 Hessen 28, 31, 34–37, 63, 71f., 78, 88f., 106, 109, 125, 132, 152, 154, 159, 158, 164, 191, 234, 238, 254 Hessen-Marburg, Teilfürstentum 40, 154 Hildesheim (Niedersachsen) 189, 195 Himmelspforten, Kloster (Würzburg, Bayern) 138 Hochheim (Thüringen) 41 Hohenlohe, Grafschaft (Baden-Württemberg) 47, 96, 161, 181, 185, 198, 239 Hohenzollern-Hechingen, Grafschaft (BadenWürttemberg) 145f. Holland (Provinz der Niederlande) 12, 120, 125, 150, 158, 160, 170, 214 Holstein, s. Schleswig-Holstein Holzheim (Bayern) 237 Horb (Baden-Württemberg) 177 Iller 138 Ilmenau (Thüringen) 40 Ingolstadt (Bayern) 158 Inn 151, 161, 262 Innsbruck (Österreich, Tirol) 98 Irland 123 Isar 159 Isenburg, Grafschaft (Hessen) 47 Isny (Bayern) 88, 177 Italien 94,108f., 112, 167, 171 Oberitalien 82, 171, 191, 262 Süditalien 186 Jülich-Berg, Herzogtum (Nordrhein-Westfalen) 145, 150 Jütland (Dänemark) 152, 262

323

Ortsregister Kassel (Hessen) 82, 109, 132, 154, 246 Katzenelnbogen, Grafschaft (Hessen, RheinlandPfalz) 119, 156, 197 Kaufbeuren (Bayern) 172 Kiel (Schleswig-Holstein) 148, 177 Kleve-Mark, Herzogtum (Nordrhein-Westfalen) 145, 191 Koblenz (Rheinland-Pfalz) 192 Kochersberg (Frankreich, Département HautRhin) 160 Köln (Nordrhein-Westfalen) 18, 20, 38, 40, 70, 96, 106, 108, 119, 127–129, 133f., 138f., 147, 150, 152, 156–159, 165f., 168f., 180, 183, 193, 197, 261 Königsberg = Kaliningrad (Russland) 157, 225 Konstanz (Baden-Württemberg) 26, 126, 133, 157, 166, 171, 180 Kornwestheim (Baden-Württemberg) 61, 85, 101, 161, 208 Kriegshaber, Ortsteil von Augsburg (Bayern) 41 Kronburg (Bayern) 208–211 Kupferzell (Baden-Württemberg) 97 Kurköln, s. Köln Kurpfalz, s. Pfalz Kursachsen, s. Sachsen Landshut (Bayern) 71 Langensalza (Thüringen) 129 Langheim, Kloster (Lichtenfels, Bayern) 138 Lauingen a. d. Donau (Bayern) 152, 156 Lausitz (Sachsen, Brandenburg) 36, 128, 170, 220 Oberlausitz 126, 170 Lehen, Ortsteil von Freiburg i. Br. (Baden-Württemberg) 176 Leinburg (Bayern) 230 Leipzig (Sachsen) 154, 158 Leutkirch (Baden-Württemberg) 154 Liegnitz = Legnica (Polen, Województwo Dolnośląskie) 159, 170 Lindau (Bayern) 133, 140, 151, 177 Lindhorst (Niedersachsen) 36 Lippe, Grafschaft (Nordrhein-Westfalen) 37, 125, 140, 158, 170, 197 Lombardei (Italien) 10 Londorfer Grund (Hessen) 40

Lorsch, Abtei (Hessen) 185, 250 Loshausen (Hessen) 35 Lothringen (Frankreich) 152 Lübeck (Schleswig-Holstein) 120f., 150, 152f., 155 Lucklum, Gutsbetrieb (Niedersachsen) 74 Lüneburg (Niedersachsen) 26, 72 Lüneburger Heide (Niedersachsen) 55 Lußhardtwald (Baden-Württemberg) 105 Lützelburg (Bayern) 237 Luzern, Kanton (Schweiz) 169 Magdeburg (Sachsen-Anhalt) 38, 43, 60, 67, 70, 80, 120f., 122, 150, 152, 160, 212, 237, 261 Mähren 15, 38, 114, 141, 152 Maidbronn, Kloster (Rimpar, Bayern) 138 Main 156f., 160 Mainz (Rheinland-Pfalz) 148, 151 Marburg (Hessen) 43, 104, 154 Mecklenburg 15, 38, 59, 60, 63, 67, 103f., 106, 112, 216–220, 222–227 Mecklenburg-Schwerin, Teilherzogtum 165 Meißen (Sachsen) 104, 152, 164, 231 Memmingen (Bayern) 138, 166, 171f., 174, 181 Merseburg (Sachsen-Anhalt) 120 Minden, Stift (Nordrhein-Westfalen) 40 Mittelrhein s. Rheinland(e) Moosham (Bayern) 80 Mosel 95, 130, 156, 159 Moselland 55 München (Bayern) 105, 156, 158, 208 Münchingen (Baden-Württemberg) 177 Münster (Nordrhein-Westfalen) 98, 102, 104, 170, 152, 231, 240f. Münsterland (Nordrhein-Westfalen) 53, 55, 150, 152, 170, 236, 248 Münstertal am Oberrhein 248 Neckar 40, 136, 156f. Neckargebiet 157 Neudingen, Ortsteil von Donaueschingen (Baden-Württemberg) 33 Neuenburg (Baden-Württemberg) 148 Neumark (östl. Teil der Mark Brandenburg, heute Polen) 220 Neuss (Nordrhein-Westfalen) 92, 94

324

Ortsregister Neustadt a. d. Aisch (Bayern) 70 Niederlande 9f., 34, 40, 59, 62, 80, 82, 84, 89, 95, 123f., 151f., 159, 166, 195, 214, 238 Niederrhein s. Rheinland(e) Niedersachsen 28, 53, 59f., 74, 106, 160, 239 Niederstift Münster (Niedersachsen) 240 Nördlingen (Bayern) 80, 90, 133, 158, 165, 204 Nordsee 22, 34, 62, 85, 160f., 186, 215, 263 Normandie 10, 31 Norwegen 114, 150, 160 Nowgorod (Russland) 156 Nürnberg (Bayern) 23f., 40, 86, 88, 91, 95, 107, 115, 120, 133f., 148–150, 152f., 158f., 163, 168, 180, 230, 233, 253, 260f., 264 Nussdorf (Rheinland-Pfalz) 46 Oberdorla, Ortsteil von Vogtei (Thüringen) 40 Oberlahnstein, Ortsteil von Lahnstein (Rheinland-Pfalz) 192 Oberpfalz 50, 144, 157, 168 Oberrhein s. Rheinlande Oberwesel (Rheinland-Pfalz) 178f. Oberzell (Baden-Württemberg) 183 Odenwald (Hessen) 58 Oderbruch (Brandenburg) 216, 220 Odernheim (Rheinland-Pfalz) 165 Oldenburg, Grafschaft (Niedersachsen) 34, 55, 100, 110, 153, 215 Ortenburg, Grafschaft (Bayern) 239 Osnabrück (Niedersachsen) 57, 170, 197 Österreich 141, 151, 153, 262 Niederösterreich 38, 120, 122, 127, 156 Oberösterreich 239 Ostpreußen s. Preußen Ostsee 20, 22, 160f., 212, 214f., 219, 261f. Ottobeuren, Abtei (Bayern) 47, 161, 174, 181, 183, 189, 198, 203f., 207 Owingen (Baden-Württemberg) 145 Paderborn (Nordrhein-Westfalen) 30, 193, 241 Passau (Bayern) 235 Penig, Gutsbetrieb (Sachsen) 77, 85f. Pfalz 74, 83, 116, 119, 122, 141, 156, 187, 197, 230, 237f. Pfalz-Zweibrücken, Herzogtum 234, 238f. Pfersee, Ortsteil von Augsburg (Bayern) 41

Pforzheim (Baden-Württemberg) 177 Pilgramsreuth, Ortsteil von Rehau (Bayern) 82, 112 Podolien (Ukraine) 152 Polen 99, 102, 154, 215, 262 Pommern 15, 60, 104, 215–18, 220, 222–24, 226 Pommern-Stettin, Teilherzogtum 219, 224 Pommern-Wolgast, Teilherzogtum 222 Portugal 95 Posen = Poznań (Polen) 152 Prag 40, 157 Preußen 157, 160, 214, 253 Anm. 163 Ostpreußen 10, 72, 74, 114, 215, 221 Prignitz (Brandenburg) 81, 220 Prüm, Abtei (Rheinland-Pfalz) 185f., 250 Quedlinburg (Sachsen-Anhalt) 81 Ratzeburg, Bistum (Schleswig-Holstein, Mecklenburg) 231 Regensburg (Bayern) 38, 107, 136, 152, 156 Regnitz 149 Reichenau, Kloster (Baden-Württemberg) 91 Reinach (Schweiz, Kanton Basel-Landschaft) 251 Reinhardswald (Hessen) 35 Rhein 59f., 91, 95, 151, 190, 197, 260 Rheinland(e) 18, 32, 59, 69, 95, 106, 136, 144, 155, 157f., 165, 179, 239, 241 Mittelrhein 38, 40, 95–97, 101, 107, 114, 118f., 136, 156, 159, 179f., 190, 192, 261, 263 Niederrhein 40, 50, 58, 80–84, 92, 94, 108, 127f., 145, 152, 158f., 180, 190, 192f., 238 Oberrhein 13, 45, 48, 94–96, 115, 119, 127, 130, 158–160, 169, 184, 229, 233, 248, 256, 261, 263 Rheinau (Schweiz, Kanton Zürich) 251 Rheingau (Hessen) 95, 116f., 119, 148, 150, 156 Rheinhessen (Rheinland-Pfalz) 76 Rhön (Hessen, Bayern, Thüringen) 78 Ribnitz, Kloster (Mecklenburg-Vorpommern) 218 Ries = Nördlinger Ries (Bayern) 165, 172 Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) 120f., 224 Rothenburg o. d. Tauber (Bayern) 134, 158

325

Ortsregister Rottenbuch, Kloster (Bayern) 183 Rügen (Mecklenburg-Vorpommern) 218 Russland 114 Ruthenien (Ukraine, Weißrussland) 152 Saar 116, 121 Saarland 152 Sachsen 28, 35, 38, 57, 68, 71, 89, 94, 99, 106f., 110, 116, 122f., 127, 141, 151f., 157, 159f., 169f., 177, 181, 187, 191f., 206 Anm. 152, 212f., 234f., 253, 260f. Sachsen-Anhalt 74, 150 Salem, Abtei (Baden-Württemberg) 46, 119, 183, 190, 230 Anm. 16 Salzburg (Österreich) 157, 233, 239 Sauerland (Nordrhein-Westfalen) 168 Schaumburg-Lippe, Grafschaft (Niedersachsen) 197 Schebitz = Szewce (Polen, Województwo Dolnośląskie) 111 Schleinitz, Rittergut (Sachsen) 253 Schlesien 15, 26, 40, 59, 83f., 104, 112, 122–24, 130, 152, 159, 170, 220, 260f. Schleswig-Holstein 37, 54, 104, 142, 191, 215, 223f., 226 Holstein 15, 36, 99, 148, 162, 176, 217, 219, 224 Schleswig 145, 160 Schleswig-Holstein-Gottorf, Teilfürstentum 99 Schlieren (Schweiz, Kanton Zürich) 69 Schmalkalden (Thüringen) 40 Schönbuch (Baden-Württemberg) 152 Schönburg, Grafschaft (Sachsen) 73, 85f., 99f. Schöntal, Kloster (Baden-Württemberg) 138 Schottland 114, 160 Schwaben 37, 50, 57, 59–61, 68, 85f., 123, 133, 143f., 153f., 160f., 181, 208, 228, 234 Oberschwaben 38, 42, 48, 124, 126, 137f., 151, 157f., 166f., 171, 184f., 189f., 192, 196, 233, 251, 260f. Ostschwaben 19, 26, 32, 36, 57, 86, 121, 127, 136, 139, 154, 156, 159, 164, 166–168, 171–176, 228, 260f. Schwäbische Alb 35, 80, 106, 116, 118, 145, 172, 190 Schwäbisch Hall (Baden-Württemberg) 133

Schwalmgebiet (Hessen) 35f., 78, 88 Schwarza (Thüringen) 40 Schwarzwald 54 Schwaz (Österreich, Tirol) 151 Schweidnitz = Świdnica (Polen, Województwo Dolnośląskie) 130, 152 Schweidnitz-Jauer, Teilfürstentum (Polen, Województwo Dolnośląskie) 170 Siegburg (Nordrhein-Westfalen) 180 Siegerland (Nordrhein-Westfalen) 55, 58, 88, 168, 261, 264 Sielsdorf, Ortsteil von Hürth (Nordrhein-Westfalen) 128 Sinbronn (Bayern) 90 Soest (Nordrhein-Westfalen) 133 Solling (Niedersachsen) 105 Solothurn (Schweiz) 256 Sömmmerda (Thüringen) 127 Spalt (Bayern) 120, 157 Spanien 95, 108, 149, 214 Speyer (Rheinland-Pfalz) 26, 45, 59 Anm. 49, 95f., 101 Anm. 361, 105, 130, 159, 165, 200 Anm. 121 St. Gallen, Abtei (Schweiz) 47, 61, 123 St. Pantaleon, Kloster (Köln, Nordrhein-West­ falen) 183 St. Petersburg (Russland) 186 Stadland (Niedersachsen) 34 Stausebach, Ortsteil von Kirchhain (Hessen) 104 Stavenow, Gutsbezirk (Brandenburg) 81, 222 Steiermark (Österreich) 151, 261 Steppach, Ortsteil von Neusäß (Bayern) 41 Stickhausen, Ortsteil von Detern (Niedersachsen) 100 Straßburg = Strasbourg (Frankreich, Département Haut-Rhin) 90, 95f., 133f., 151, 160, 233f., 241, 243 Straubing (Bayern) 178 Strohgäu (Baden-Württemberg) 60f., 161 Stuttgart (Baden-Württemberg) 51 Südtirol s. Tirol Tailfingen, Ortsteil von Albstadt (Baden-Württemberg) 19 Telgte (Nordrhein-Westfalen) 241 Tennstedt (Thüringen) 129

326

Ortsregister Tepfenhard (Baden-Württemberg) 46 Tettnang (Baden-Württemberg) 121 Thorn = Toruń (Polen, Województwo Kujawsko Pomorskie) 159 Thüringen 28, 35, 37, 40, 48, 50, 57, 68, 74, 106f., 127–29, 139, 154, 157, 159f., 176, 184, 192, 212, 229, 231, 233, 260 Tirol (Österreich) 127, 151f., 159, 176, 233, 239, 248, 262 Südtirol (Italien) 142, 156 Trier (Rheinland-Pfalz) 130, 159, 197, 255 Triest = Trieste ( Italien) 186 Überlingen (Baden-Württemberg) 116, 151 Uckermark (Brandenburg) 36, 216f., 221 Uelzen (Niedersachsen) 155, 158 Ulm (Baden-Württemberg) 80, 96, 125f., 134f., 152, 154, 157, 166, 172, 175, 234 Ungarn 101, 152, 262 Vacha (Thüringen) 40 Venedig = Venezia (Italien) 214 Vinnenberg, Kloster (Nordrhein-Westfalen) 241 Vogelsberg (Hessen) 47, 77 Vogtland (Bayern, Thüringen, Sachsen) 82, 104 Völkershausen (Thüringen) 40 Vorderösterreich (Bayern, Baden-Württemberg) 187 Wachau (Österreich) 156 Walachei (Rumänien) 152 Waldeck, Grafschaft (Hessen) 69 Wallis (Schweiz) 249 Wechselburg, Gutsbetrieb (Sachsen) 77 Weichsel 214 Weimar (Thüringen) 74, 121 Weingarten, Kloster (Baden-Württemberg) 167, 201, 204 Weinsberg (Baden-Württemberg) 72, 255

Weißenburg, Abtei (Frankreich, Département Haut-Rhin) 185 Weißenhorn (Bayern) 154, 175 Welden (Bayern) 255 Wendelstein (Bayern) 233 Werden, Abtei (Essen, Nordrhein-Westfalen) 185 Weser 100, 135, 137f., 148, 159–162, 185, 197, 212 Weserbergland (Niedersachsen) 36 Westfalen 31, 59, 66, 72, 96, 103, 123f., 158, 170, 185, 187, 195, 239, 241, 260f. Wetterau (Hessen) 40, 78 Wiederau = Königshain-Wiederau, Gutsbetrieb (Sachsen) 77 Wien 152 Wilsnack (Brandenburg) 162, 207, 217, 221 Wilstermarsch (Schleswig-Holstein) 34 Windsheim = Bad Windsheim (Bayern) 70 Wismar (Mecklenburg-Vorpommern) 98, 120– 22, 155 Wolfenbüttel (Niedersachsen) 60, 74f. Wolhynien (Ukraine) 152 Worms (Rheinland-Pfalz) 26, 40, 50, 95 Wupper 165 Württemberg 18, 24, 38, 52, 61, 64, 66, 69 Anm. 127, 85, 86 Anm. 247, 94, 106f., 116, 118f., 152, 154, 157f., 164, 177, 181, 193, 203, 230, 235f., 238, 255f., 261 Würzburg (Bayern) 95f., 115, 136, 138, 178, 204, 207f., 229, 261 Ypern (Belgien) 18 Zerbst (Sachsen-Anhalt) 154 Ziegenhain (Hessen) 34–36 Zinnberg, Gutsbetrieb (Sachsen) 77, 86 Zürich, Stadt und Kanton (Schweiz) 69, 234 Zurzach b. Basel (Schweiz) 135

Personenregister Adolf I., Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf (1526–1586) 99 Albrecht V., Herzog von Bayern (1528–1579) 235 Anna, Kurfürstin von Sachsen (1532–1585) 99, 110, 253 Anton Günther, Graf von Oldenburg (1583– 1667) 110 Anton I., Graf von Oldenburg (1505––1573) 110 August, Kurfürst von Sachsen (1526–1586) 94, 109, 226 Bauhin, Johann (1541–1611, Arzt, Botaniker) 94 Becker, Peter (spätes 16. Jh., Bauer, Diesdorf bei Magdeburg) 70 Beham, Hans Sebald (1500–1550, Maler, Kupferstecher) 143 Bock, Hieronymus (1489–1554, Botaniker) 58f., 82, 91, 128 Brenz, Johannes (1499–1570, Prediger, Reformator) 237 Breu der Ältere, Jörg (1475/80–1537, Maler, Zeichner) 73, 87 Brueghel der Ältere, Pieter (1525/30–1569, Maler) 64 Brueghel der Jüngere, Pieter (1564–1638, Maler) 75 Brunfels, Otto (1488–1534, Botaniker) 91 Bucer, Martin (1491–1551, Theologe, Reformator) 42 Cäsarius von Heisterbach (um 1180–1240, Zisterziensermönch, Chronist) 138 Christian I., Kurfürst von Sachsen (1560–1591) 89, 109 Christian II., Kurfürst von Sachsen (1583–1611) 253 Clusius, Carolus (Charles de l’Écluse, 1526–1606, Botaniker) 95 Coler (Cöler), Jakob (1537–1612, evang. Pfarrer, Agrarschriftsteller) 110f., 112

Coler (Cöler), Johann (1566–1639, evang. Pfarrer, Agrarschriftsteller) 81, 97, 104, 110f., 112 Crescenzi, Pie(t)ro de’ (Petrus de Crescentiis, 1230/1233–1320/1321, Agrarschriftsteller) 108 Detlefsen, Backe (spätes 16. Jh., Großbauer, nahe Kiel) 177 Dürer, Albrecht (1471–1528, Maler, Grafiker) 141 É(s)tienne, Charles (1504–1564, Arzt, Agrarschriftsteller) 89 Eberlin von Günzburg (1470–1533, Franziskanermönch, Prediger, Schriftsteller) 143 Egenolph, Herr von Rappoltstein (†1585) 256 Eitelfriedrich, Graf von Hohenzollern-Hechingen (1545–1605) 145 Fabri, Felix (1441/42–1502, Dominikanermönch, Geschichtsschreiber) 135 Fischart, Johann Baptist (1546/47–1590, Jurist, Schriftsteller) 244 Franck, Sebastian (1499–1542/43, Theologe, Schriftsteller) 37 Friedrich III. (1415–1493), deutscher König (1449) und Kaiser (1452) 148 Fuchs, Leonhart (1501–1566, Botaniker) 91 Fugger, Ott Heinrich, Graf (1592–1644, Grundherr, Heerführer) 255 Ganskow, Hinrik (frühes 15. Jh., Bierbrauer bei Wismar) 155 Geiler von Kaysersberg, Johann (1455–1510, Theologieprofessor, Prediger, Humanist) 144 Georg I., Landgraf von Hessen-Darmstadt (1547–1596) 89 Gessner, Conrad (1516–1566, Botaniker) 91 Grosser, Martin (spätes 16. Jh., evang. Pfarrer, Agrarschriftsteller) 61f., 66, 83, 111f. Hedwig, Kurfürstin von Sachsen (1581–1641) 253

328

Personenregister Hemmema, Rienck (spätes 16. Jh., Bauer, Niederlande) 70 Heresbach, Conrad von (1496–1576, niederrheinischer Gutsbesitzer, Agrarschriftsteller) 58, 81–84, 101, 108f., 111, 263 Hildegard von Bingen (1098–1179, Äbtissin, Botanikerin, Mystikerin) 82 Hohberg, Wolf Helmhard von (1612–1688, Agrarschriftsteller) 112 Holbein der Jüngere, Hans (1497/98–1543, Maler) 105 Husanus, Friedrich (1566–1592, Jurist) 224 Imholz, Ulrich (frühes 15. Jh., Großkaufmann aus Konstanz) 126, 157 Jacoff, Jakob (um 1500, Vikar in Gräfenthal) 231 Johann Georg I., Kurfürst von Sachsen (1585– 1656) 253 Johann Hugo von Orsbeck (1634–1711), Bischof von Speyer (1675), Erzbischof von Trier (1676) 255 Johann III., Herzog Jülich-Kleve-Berg (1490– 1539) 145 Johannes von Tepl (um 1350–1415, Schriftsteller) 244 Jungius, Joachim (1587–1657, Mathematiker, Naturforscher) 93 Justi, Johann Heinrich Gottlob von (1717–1771, Kameralist) 85 Kilian, Wolfgang (1581–1663, Kupferstecher) 240 Loß, Marie von (um 1600, Gutsherrin, Sachsen) 253 Ludwig IV., gen. der Bayer (1282–1347), deutscher König (1314) und Kaiser (1328) 146 Luther, Martin (1483–1546, Augustinermönch, Professor für Bibelkunde, Reformator) 42, 129, 235, 244 Magdalena Sibylla, Kurfürstin von Sachsen (1586–1659) 253 Malthus, Thomas Robert (1766–1834, Demograf ) 17f., 28, 259f.

Maximilian I., Herzog von Bayern (1573–1622), Kurfürst (ab 1623) 239f. Mayer, Johann Friedrich (1719–1798, evang. Pfarrer, Agrarreformer) 97 Melanchthon, Philipp (1497–1560, Gräzist, Schriftsteller, Reformator) 145 Meltinger, Ulrich (Ende 15. Jh., Kaufmann aus Basel) 178 Minner, Georg (Ende 16. Jh., Großbauer, Kornwestheim) 161 Neidhart, gen. von Reuental (um 1180–vor 1247, Dichter) 142 Platter, Thomas (1492–1582, Gräzist, Buchdrucker) 249 Preis, Caspar (um 1600–1667, hessischer Bauer, Verfasser der Stausebacher Chronik) 104 Rantzau, Peter (1535–1602, Gutsbesitzer, Schlossherr in Schleswig-Holstein) 217 Reuchlin, Johannes (1455–1522, Hebräist, Jurist, Humanist und Diplomat) 42 Rhagor, Daniel (1577–1648, Ratsherr in Bern, Agrarschriftsteller) 97 Rintfleisch (Ende 13. Jh., Anführer von Judenpogromen in Franken) 50, 179 Rogler, Hans (Mitte 17. Jh., Kleinbauer, Pilgramsreuth im Vogtland) 82 Rot, Hans von (1. Hälfte 16. Jh., Grundherr in Schwaben) 171 Saldern, Matthias von (ca. 1505–1575, Gutsbesitzer in Brandenburg) 217 Schongauer, Martin (1445/50–1491, Maler, Kupferstecher) 149 Schwerz, Johann Nepomuk von (1759–1844, Agrarwissenschaftler) 66 Seltmann, E. (1. Hälfte 16. Jh., Kleinbauer, Kronburg/Bayern) 208–211 Serres, Olivier de (1539–1619, Agrarschriftsteller) 89 Sickingen, Franz von (1481–1523, Reichsritter, Hauptmann) 184 Sigismund von Luxemburg (1368–1437), deutscher König (1411) und Kaiser (1433–1437) 133

329

Personenregister Simon von Siegburg (Ende 14. Jh., Jude aus Köln) 180 Stromer, Wolf Jacob (1561–1614, Ratsbaumeister in Nürnberg) 163 Thumbshirn, Abraham von (1535–1593, Gutsbesitzer, sächsischer Domänenverwalter, Agrarschriftsteller) 61f., 69, 81, 83, 110 Thünen, Johann Heinrich von (1783–1850, Gutsbesitzer, Agrarwissenschaftler) 56, 199 Walahfrid von der Reichenau, gen. Strabo (808/9–848, Abt, Schriftsteller, Botaniker) 91

Wenzel von Luxemburg (1361–1419), König von Böhmen (1363–1419), deutscher König (1376–1400) 180 Werner von Oberwesel (1271–1287, Tagelöhner in Bacharach, Volksheiliger mit antijüdischer Legende) 179 Wertinger, Hans (1465/70–1533, Maler) 71 Wilhelm IV., Landgraf von Hessen-Kassel (1532– 1592) 109 Wilhelm V., Herzog von Bayern (1548–1626) 239 Wolfgang II., Graf von Hohenlohe (1546–1610) 181

GRUNDZÜGE DER AGR ARGESCHICHTE (BAND 1–3) HERAUSGEGEBEN VON STEFAN BRAKENSIEK, ROLF KIESSLING, WERNER TROSSBACH UND CLEMENS ZIMMERMANN

Das vorliegende Werk erzählt in drei Bänden die Agrargeschichte vom Mittelalter bis in die Moderne neu. Es behandelt klassische wirtschaftsgeschichtliche Aspekte wie die Steigerung der Produktivität und setzt neue Akzente – etwa durch vielseitige Wechselbezüge zwischen Land- und Stadtökonomien oder durch kulturgeschichtliche Schwerpunkte. Umweltgeschichtliche Themen wie der Klimawandel und sozialgeschichtlichen Themen werden bis in die Gegenwart hinein verfolgt. BAND 1:

BAND 3:

ROLF KIESSLING, FRANK KONERSMANN,

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