Institutionelles Gleichgewicht und EU-Agenturen: Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung der European Banking Authority [1 ed.] 9783428544677, 9783428144679

Das Europäische Agenturwesen wird seit seinen Anfängen Mitte der siebziger Jahre wie kein anderes Phänomen der EU-Eigenv

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Institutionelles Gleichgewicht und EU-Agenturen: Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung der European Banking Authority [1 ed.]
 9783428544677, 9783428144679

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse

Band 196

Institutionelles Gleichgewicht und EU-Agenturen Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung der European Banking Authority

Von

Katja Michel

Duncker & Humblot · Berlin

KATJA MICHEL

Institutionelles Gleichgewicht und EU-Agenturen

Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse

Band 196

Institutionelles Gleichgewicht und EU-Agenturen Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung der European Banking Authority

Von

Katja Michel

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Sommersemester 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Buch Bücher de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-14467-9 (Print) ISBN 978-3-428-54467-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-84467-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

In Memoriam Helene Charlotte Michel

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2014 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung konnten aktuelle Rechtsentwicklungen und Literatur bis Ende Mai 2014 berücksichtigt werden. Herzlich bedanke ich mich bei meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Elke Gurlit, die mich stets sehr gut wissenschaftlich betreut, gefördert und gefordert hat. Von ihr habe ich viel gelernt. Dankbar bin ich ihr vor allem für ihre Aufforderung und Bestärkung, mutig die eigenen Wege zu gehen. Herrn Prof. Dr. Josef Ruthig danke ich sehr für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Über die Aufnahme meiner Dissertation in die Schriftenreihe „Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen“ habe ich mich sehr gefreut und spreche hierfür den Herren Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider und Prof. Dr. Dirk A. Verse meinen Dank aus. Besonders erwähnen möchte ich auch Herrn Andreas Steck, Leiter Finance Division Deutschland der Kanzlei Linklaters LLP in Frankfurt am Main. Ihm bin ich für wertvolle Gespräche über die Praxis der Bankenaufsicht, die dafür investierte Zeit und die optimalen Arbeitszeiten dankbar, mit denen ich meine Dissertation neben meiner Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin in der Kanzlei fertigstellen konnte. Zudem bedanke ich mich bei meinen ehemaligen Lehrstuhl- und Fach­ bereichskollegen der Universität Mainz und insbesondere bei Herrn Priv.Doz. Dr. Christian Bickenbach, Silvia Scheuer, Christopher Finck und Herrn Dr. Sebastian Zander. Sie standen Diskussionen stets offen gegenüber und haben maßgeblich zu einem guten Arbeitsumfeld beigetragen. Hieran schließt sich mein besonderer Dank an Laura Schumann an, die meine Dissertation Korrektur gelesen hat. Für ihre Unterstützung, Kraft und Zuversicht danke ich meinen Eltern Peter und Birgitt Michel. London, im August 2014

Katja Michel

Inhaltsverzeichnis 1. Teil



Fragestellung und Gang der Untersuchung 23 2. Teil



Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union 27 1. Kapitel



Ideengeschichtliche Wurzeln der Gewaltenteilung 27 2. Kapitel



Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts 31

A. Der institutionelle Rahmen und die Organisationsstruktur der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 B. Die unionsspezifische Funktionenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Gesetzgebungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Exekutivfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Funktion der Regierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Funktion der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Stärkung der Verwaltungsfunktion durch den Vertrag von Lissa­ bon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Träger der Verwaltungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 c) Bedeutung der Unabhängigkeit der europäischen Verwaltung nach Art. 298 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 d) Bedeutung der Effizienz und der Offenheit der europäischen Verwaltung nach Art. 298 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 III. Rechtsprechungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 IV. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 C. Das Verhältnis der Unionsorgane zueinander: Institutionelles Gleichgewicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 I. System von checks and balances . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Kontroll-, Mitwirkungs- und sonstige Einwirkungsrechte im Organverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2. Vorbehaltsbereiche an Aufgaben und Befugnissen der Unions­ organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

10 Inhaltsverzeichnis II. Institutionelles Gleichgewicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3. Kapitel

Entwicklung und Konkretisierung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union 70

A. Die Meroni-Rechtsprechung als Grundstein in der Entwicklung des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I. Der Hintergrund: Übertragung von Befugnissen an eine privatrecht­ liche Einrichtung durch die Hohe Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 II. Das „Gleichgewicht der Gewalten“ als Strukturprinzip der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 III. Aufrechterhaltung der Verantwortung der Organe als Grundgedanke  . 71 IV. Art der übertragbaren Befugnisse und Anforderungen an die Übertragung von Befugnissen an vertragsfremde Einrichtungen . . . . . . . . . . . 72 B. Der terminologische Wechsel zum institutionellen Gleichgewicht . . . . . . . . 74 C. Konkretisierung des Prinzips des institutionellen G ­ leichgewichts in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. System der Zuständigkeitsverteilung und justiziabler Grundsatz . . . . . 74 II. Einzelausprägungen des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts  . 75 1. Maßstab und Grenze für Gewichtsverschiebungen im Horizontalverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 a) Vereinbarkeit des Verwaltungsausschussverfahrens mit dem institutionellen Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Keine Ermächtigung der Verwaltungskommission zum Erlass von Rechtsakten mit normativem Charakter . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Sicherung der Beteiligungsrechte der Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Wahl der richtigen Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Keine Schaffung abgeleiteter Rechtsgrundlagen durch den Rat . 78 c) Anhörung als wesentliche Formvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3. Insbesondere: Aufwertung der prozessrechtlichen Stellung des ­Europäischen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 4. Loyalitätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 III. Methodische Bezugnahme auf das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 D. Der Gerichtshof als Bindungsadressat des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Inhaltsverzeichnis11 4. Kapitel

Prinzipiencharakter, Herleitung und Funktionen des institutionellen Gleichgewichts 83

A. Institutionelles Gleichgewicht als „Prinzip i. S. e. Optimierungsgebotes“ . . . 83 B. Herleitung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . 85 C. Funktionen des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Verhinderung von Machtmissbrauch und Sicherung von Freiheit . . . . 87 III. Funktionsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 IV. Demokratische Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 5. Kapitel Zusammenfassung 90 3. Teil



Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen 92 1. Kapitel



Das Europäische Agenturwesen 92

A. Das Europäische Agenturwesen als Element des Europäischen Verwaltungsverbundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Der Europäische Verwaltungsverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Ausbildung europäischer Agenturen als Folge der institutionellen Ausdifferenzierung des Direktvollzugs der Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 B. Begriff und Merkmale der europäischen Agentur sowie Abgrenzung zu anderen Einrichtungen auf Unionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Begriff und Merkmale der europäischen Agentur . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Regulierungs- und Exekutivagenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Exekutivagenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Regulierungsagenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 III. Abgrenzung zu anderen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 IV. Schritte zu mehr Einheitlichkeit unter den heterogenen europäischen Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C. Phasen des Agenturgründungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 D. Systematisierung des Einrichtungsbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I. Agenturen mit Regulierungsbefugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 II. Agenturen mit der Befugnis zur verbindlichen Einzelfallentscheidung . 106 III. Agenturen, die im Schwerpunkt eine Unterstützungsfunktion ausüben . 107

12 Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel

Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und seine Bedeutung für die Errichtung und das Handeln europäischer Agenturen 107

A. Agenturen als Herausforderung für das institutionelle Gleichgewicht . . . . . 108 I. Beeinflussung des institutionellen Gleichgewichts durch Agenturen . . 108 II. Gefährdung der Verwirklichung der hinter dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts stehenden Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Agenturspezifische Anknüpfungspunkte für die Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Art und Umfang der übertragenen Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Art und Umfang der übertragenen Aufgaben und betroffenes Sachgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Unabhängigkeit der Agentur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Wechselbeziehung zwischen den vorgenannten Parametern und Maßgeblichkeit der Einzelfallbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 B. Grundsätzliche Zulässigkeit der Errichtung europäischer Agenturen und der Übertragung von Befugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I. Keine abschließende Normierung der Unionseinrichtungen . . . . . . . . . 111 II. Keine prinzipielle Unvereinbarkeit der Organisationsform der Agentur mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Zulässigkeit der Übertragung von Befugnissen an Agenturen am Maßstab von Art. 290 AEUV und Art. 291 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Kein Ausschluss nach Art. 290 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Kein Ausschluss nach Art. 291 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 C. Kompetenz der Union zur Errichtung von Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Verbandskompetenz der Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Errichtungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Sachkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Im Besonderen: Art. 114 Abs. 1 AEUV als Grundlage für die Errichtung von Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Art. 352 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 d) Art. 298 AEUV als Rechtsgrundlage für die Errichtung von Agenturen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Subsidiaritätsprinzip und Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . 122 II. Organisationskompetenz: institutioneller Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . 123 D. Art und Umfang der an Agenturen übertragbaren Befugnisse . . . . . . . . . . . 124 I. Delegation als Übertragung von Befugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 II. Art der übertragbaren Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Bedeutung und Anforderungen der Meroni-Rechtsprechung für europäische Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

Inhaltsverzeichnis13 a) Grundlegende Unterschiede zwischen den Einrichtungen des Meroni-Urteils und den europäischen Agenturen  . . . . . . . . . . . 126 b) Übertragung genau eingegrenzter (Durchführungs-)Befugnisse . 128 c) Spannungsverhältnis der Meroni-Rechtsprechung des EuGH mit der Schräder-Rechtsprechung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . 130 2. Primärrechtliche Zulässigkeit der Übertragung von Ermessensbefugnissen an europäische Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 3. Bedingte Tauglichkeit des Begriffs „politisch“ als Abgrenzungs­ kriterium für die an Agenturen delegierbaren (Ermessens-)Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 4. Übertragung der Befugnis zum Erlass von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung an europäische Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III. Umfang der an Agenturen übertragbaren Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . 136 IV. Übertragung quasi-judizieller Befugnisse an Agenturen . . . . . . . . . . . . 137 V. Formelle Anforderungen an die Delegation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 E. Zulässige Formen des Agenturhandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 I. Erstreckung des Handlungsformenkatalogs des Art. 288 AEUV auf Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Rechtsverbindliche Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Verordnungen und Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Verwaltungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 III. Nicht rechtsverbindliche Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Empfehlungen und Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Soft law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Schlicht hoheitliches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 F. Unabhängigkeit der Agenturen und Aufsicht und Kontrolle durch die Unions­organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Unabhängigkeit der Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Gründe für die Unabhängigkeit von Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Steigerung der Effizienz der Verwaltungstätigkeit . . . . . . . . . . . 146 b) Steigerung der Glaubwürdigkeit der Agenturhandlungen . . . . . 146 c) Effektive Wahrnehmung einer Koordinierungsfunktion . . . . . . . 147 2. Zunehmende Unabhängigkeit der Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Aufsicht, Kontrolle und Steuerung der Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Bedürfnis nach einer Bindung der Agenturen an die Unions­ organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Differenzierung zwischen Aufsicht, Kontrolle und Steuerung . . . . 149 III. Aufsicht durch die Kommission? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 IV. Ausschluss der Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum zur Kompensation der Unabhängigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 V. Kontrolle durch das Parlament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

14 Inhaltsverzeichnis VI. Kontrolle durch den Gerichtshof der Europäischen Union . . . . . . . . . . 156 VII. Rechnungshofkontrolle und Kontrolle durch OLAF . . . . . . . . . . . . . . . 157 VIII. Zwischenergebnis: Unverzichtbare Kontrollen der Agenturen durch die Unionsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 IX. Sonstige Kontroll- und Einwirkungsrechte der Unionsorgane gegenüber den Agenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 X. Insbesondere: Einwirkung auf die Agenturen über deren Binnenorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 G. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 I. Primärrechtsschutz und sekundärrechtliche Rechtsschutzmodelle . . . . 162 II. Sekundärrechtsschutz: Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 H. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4. Teil



Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) 166 1. Kapitel



Begriffe der Bankenaufsicht und der Bankenregulierung und Ziele der Bankenaufsicht 166 2. Kapitel



Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht 168

A. Die Europäisierung der Bankenaufsicht – Besonderheiten und ausgewählte Meilensteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Der europäische Finanzmarkt als Element des europäischen Binnenmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 II. Die Bankenmarktintegration auf sekundärrechtlicher Ebene . . . . . . . . 169 1. Die drei Leitprinzipien der Bankenmarktintegration . . . . . . . . . . . . 169 2. Integrationsschub durch den Financial Service Action Plan . . . . . 170 3. Vertiefung der europäischen Bankenmarktintegration durch das Regelwerk CRD IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 III. Die Errichtung des Lamfalussy-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 IV. Die Neuorganisation der Europäischen Bankenaufsicht durch das ­Europäische System der Finanzaufsicht und die Europäische Bankenunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 B. Die EBA als Bestandteil des Europäischen Systems der Finanzaufsicht und als europäische Agentur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 I. Die wesentlichen Ursachen der Finanzkrise der Jahre 2007 / 2008 . . . 176 II. Die Ziele des ESFS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 III. Die Zusammensetzung des ESFS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Inhaltsverzeichnis15 1. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) . . . . . . . . . 177 2. EBA, ESMA und EIOPA als sektorale und dezentral angesiedelte Behörden der europäischen Finanzmarktaufsicht . . . . . . . . . . . . . . 178 3. Der Gemeinsame Ausschuss der ESA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4. Die nationalen Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5. Die Netzstruktur des ESFS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 IV. Die EBA als europäische Agentur und Nachfolgerin des CEBS . . . . . 181 1. Die EBA als europäische Agentur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Die Gründe für die Unabhängigkeit der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 3. Die EBA als Nachfolgerin des CEBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 C. Die EBA als Bestandteil der Europäischen Bankenunion . . . . . . . . . . . . . . . 183 I. Die Europäische Bankenunion – Überblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Hintergrund und Ziele der Europäischen Bankenunion . . . . . . . . . 183 2. Die drei Säulen der Europäischen Bankenunion – Überblick . . . . 185 a) Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus für Banken . . . . . . . . . 185 b) Das Regime der Sanierung und Abwicklung von Banken . . . . 188 aa) Die BRRD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus für Banken . . 189 c) Die Harmonisierung der Regeln für die Einlagensicherung . . . 190 II. Das Verhältnis des ESFS und der EBA zum Einheitlichen Aufsichtsmechanismus und zur EZB als zentraler Bankenaufseherin . . . . . . . . . 190 D. Ziele und Aufgaben der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 I. Ziele der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 II. Aufgaben der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Erarbeitung eines single rulebooks und Entwicklung eines europäi­ schen Aufsichtshandbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Schaffung einer gemeinsamen Aufsichtskultur . . . . . . . . . . . . . . . . 193 3. Förderung der Delegation von Aufgaben und Pflichten und Durchführung vergleichender Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4. Verbraucherschutzrechtliche Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 5. Koordinator- und Informationsfunktion der EBA . . . . . . . . . . . . . . 195 6. Überwachung und Bewertung von Marktentwicklungen . . . . . . . . 196 7. Einbindung der EBA in die Sanierungs- und Abwicklungsplanung für Finanzinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 8. Beteiligung an den Aufsichtskollegien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 9. Enge Zusammenarbeit mit dem ESRB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 10. Einbindung in das internationale Aufsichtssystem . . . . . . . . . . . . . 199 11. Erweiterung der Aufgaben der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 E. Der materiell-rechtliche Rahmen für die Tätigkeit der EBA . . . . . . . . . . . . . 199

16 Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel

Die Vereinbarkeit der Errichtung der EBA mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts 201

A. Kompetenz der Union zur Errichtung der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 I. Verbandskompetenz der Union zur Errichtung der EBA . . . . . . . . . . . 201 1. Art. 114 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Rechtsetzung der Union im Bereich der Bankenaufsicht . . . . . 201 b) Errichtung der EBA  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2. Subsidiarität der Art. 115 und Art. 352 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Subsidiaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 4. Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Kein Ausschluss nach Art. 127 Abs. 5 und Abs. 6 AEUV . . . . . . . . . . 205 III. Organisationskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 B. Binnenorganisation und Entscheidungsstruktur der EBA – Steuerungsmöglichkeiten der Unionsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Der Rat der Aufseher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Bildung interner Ausschüsse und Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 3. Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 4. Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 II. Der Verwaltungsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Zusammensetzung und Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 III. Der Vorsitzende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Ernennung und Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 IV. Der Exekutivdirektor  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 1. Ernennung und Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 V. Der Beschwerdeausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Zusammensetzung des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Unabhängigkeit und Unparteilichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 3. Das Beschwerdeverfahren – Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 VI. Die Interessengruppe Bankensektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 VII. Die Unabhängigkeit der EBA-Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 VIII. Die laufende Einwirkung der politischen Unionsorgane über die Binnenorganisation der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Die Einflussnahme der Kommission in den Kollegialorganen der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Die Beteiligung der Kommission an der personellen Besetzung des Beschwerdeausschusses und der Bestellung des Vorsitzenden und des Exekutivdirektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

Inhaltsverzeichnis17 3. Die Beteiligung des Europäischen Parlaments an der personellen Besetzung der Ämter des Vorsitzenden und des Exekutivdirektors . 222 IX. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 C. Kontrolle der EBA durch die Unionsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 I. Rechenschafts- und Berichtspflichten gegenüber den Unionsorganen  . 224 II. Finanzierung der EBA und Haushaltskontrolle durch das Parlament und den Rat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 III. Rechnungshofkontrolle, Kontrolle durch OLAF und gerichtliche Kontrolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 IV. Weitere Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 D. Die Übertragung von Befugnissen auf die EBA im Lichte des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 I. Kein Entzug bestehender Aufgaben der Kommission . . . . . . . . . . . . . . 227 II. Beteiligung der EBA an der Rechtsetzung auf Unionsebene . . . . . . . . 227 1. Entwürfe technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards . 227 a) Technische Regulierungs- und Durchführungsstandards . . . . . . 227 b) Entwicklungsmonopol der Kommission für technische Regulierungs- und Durchführungsstandards? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c) Würdigung der Befugnisse der Kommission und der EBA hinsichtlich der Entwicklung und des Erlasses von technischen Standards nach der EBA-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 d) Kontrolle durch das Parlament und den Rat . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Leitlinien und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 III. Aufsichts- und Vollzugsbefugnisse der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 1. Weisungs- und Durchgriffsbefugnisse der EBA . . . . . . . . . . . . . . . 243 a) „Drei-Stufen-Mechanismus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 b) Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten . . . . . . . . . . . . . . . 248 c) Krisenfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 d) Gemeinsame Folgen der EBA-Beschlüsse für die Aufsichts­ tätigkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 e) Schutz der haushaltspolitischen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 2. Beschränkungen und Verbote bestimmter Finanztätigkeiten . . . . . . 257 3. Warnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 4. Durchführung unionsweiter Stresstests für Banken  . . . . . . . . . . . . 260 5. Vollzugsorientierte Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 6. Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 7. „Single Rulebook Questions & Answers Tool“ der EBA . . . . . . . . 265 8. Die informatorischen Befugnisse der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 9. Die sonstigen Befugnisse der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 IV. Quasi-judizielle Befugnisse der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 V. Gesamtwürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

18 Inhaltsverzeichnis E. Der Rechtsschutz gegen das Handeln der EBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 I. Die Bedeutung des Beschwerdeverfahrens nach der EBA-Verordnung für das institutionelle Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 II. Rechtsschutz gegen die verschiedenen Handlungen der EBA . . . . . . . 270 1. Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 a) Anfechtungskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 b) Beschränkte gerichtliche Überprüfung der EBA-Beschlüsse? . . 274 2. Technische Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 4. Handeln ohne Rechtswirkungen gegenüber Dritten – insbesondere Rechtsschutz gegen Warnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 5. Sekundärrechtsschutz gegen das Handeln der EBA . . . . . . . . . . . . 279 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 F. Gesamtwürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 5. Teil



Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen 282

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere(r) Auffassung ABl. Amtsblatt ACER Agency for the Cooperation of Energy Regulators AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ausf. ausführlich Ausn. Ausnahme(n) BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BayVBl. Bayrische Verwaltungsblätter BRRD Banking Resolution and Recovery Directive CEBS Committee of European Banking Supervisors CEDEFOP European Centre for the Development of Vocational Training CEIOPS Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors CEP Centrum für Europäische Politik CESR Committee of European Securities Regulators CMLR Common Market Law Review Colum. J. Eur. L. Columbia Journal of European Law CPVO Community Plant Variety Office CRD IV Capital Requirements Directive IV CRR Capital Requirements Regulation dms Der moderne Staat (Zeitschrift) DuD Datenschutz- und Datensicherheit (Zeitschrift) DVBl. Deutsche Verwaltungsblätter d. Verf. (Hervorhebung) durch Verfasserin EASA European Aviation Safety Agency EBA European Banking Authority EBA-ÄnderungsVO VO (EU) Nr. 1022 / 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.10.2013, ABl. Nr. L 287 v. 29.10.2013, S. 5 EBOR European Business Organization Law Review ECB European Central Bank ECFR European Company and Financial Law Review EG Europäische Gemeinschaft EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

20 Abkürzungsverzeichnis EGKS-Vertrag

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EIOPA

European Insurance and Occupational Pensions Authority

ELJ

European Law Journal

ELR

European Law Review

EMA

European Medicines Agency

EMIR

European Market Infrastructure Regulation

endg. endgültig ENISA

European Network and Information Security Agency

EPL

European Public Law (Zeitschrift)

ESA

European Supervisory Authority / Authorities

ESFS

European System of Financial Supervision

ESM

European Stability Mechanism

ESMA

European Securities and Markets Authority

ESRB

European Systemic Risk Board

ESZB

Europäisches System der Zentralbanken

EU

Europäische Union

EUROJUST

The European Union’s Judicial Cooperation Unit

EUROPOL

European Police Office

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EVV

Vetrag über eine Verfassung für Europa

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWG-Vertrag

Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

EZB

Europäische Zentralbank

f.

folgend

ff.

fortfolgend

FinDAG

Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

FRONTEX

European Agency for the Management of Operational Cooperation at the External Borders

GA

Generalanwalt / Generalanwältin

GASP

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

GEREK

Gremium Europäischer Regulierungsstellen für Elektronische Kommunikation

GNSS

Global Navigation Satellite System

GPR

Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht

GR-Charta

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Abkürzungsverzeichnis21 HABM Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt Hoher Vertreter Hoher Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik i. E. im Ergebnis IMFS Institute for Monetary and Financial Stability im Orig. (Hervorhebung) im Original insbes. insbesondere i. R. d. im Rahmen der / des i. S. d. im Sinne der / des i. S. e. im Sinne einer / eines i. V. m. in Verbindung mit JCMS Journal of Common Market Studies JFS Journal of Financial Stability JIBLR Journal of International Banking Law and Regulation Kap. Kapitel krit. kritisch MaRisk Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk v. 14.12.2012 MLR The Modern Law Review MMR MultiMedia und Recht (Zeitschrift) m. w. N. mit weiteren Nachweisen OLAF European Anti-Fraud Office REACH Regulation on Registration, Evaluation and Restriction of Chemicals RL Richtlinie Rn. Randnummer Rspr. Rechtsprechung S.  Seite(n) SRM Single Resolution Mechanism SSM Single Supervisory Mechanism u. und u. a. unter anderem sowie und andere v. vom v. a. vor allem Var. Variante VerwArch Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) vgl. vergleiche VO Verordnung ZaöRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht ZfgK Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen

22 Abkürzungsverzeichnis ZFR ZHR ZRP z. T. zust.

Zeitschrift für Finanzmarktrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil zustimmend ***

Im Übrigen werden die üblichen Abkürzungen gebraucht (zitiert nach Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 7. Aufl., Berlin u. a. 2013). Zitierte Internetquellen wurden zuletzt aufgerufen am 19.06.2014.

1. Teil

Fragestellung und Gang der Untersuchung Seit Anfang des Jahres 2011 nimmt die Europäische Bankenaufsichtsbehörde1 als Teil des Europäischen Systems der Finanzaufsicht2 Aufgaben der Bankenaufsicht auf Unionsebene wahr. Damit ist die EBA aus einer relativ jungen Neuorganisation der Bankenaufsicht auf Unionsebene hervorgegangen. Im Zuge der Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken3 als erster Säule der Europäischen Bankenunion4 wurde die Rolle der EBA jedoch bereits im Jahr 2013 an die neue Aufsichtsstruktur im Euroraum angepasst, in der die Europäische Zentralbank5 weitreichende Aufgaben der Bankenaufsicht wahrnimmt. Die EBA ist eine von mittlerweile über vierzig Agenturen der Union.6 Hierbei handelt es sich um Einrichtungen der EU-Eigenverwaltung, die zur Erfüllung bestimmter Aufgaben auf Unionsebene gegründet werden und die 1  Im Folgenden auch: „EBA“, „Bankenaufsichtsbehörde“ und „Behörde“; siehe VO (EU) Nr. 1093 / 2010 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716 / 2009 / EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009 / 78 / EG der Kommission, ABl. Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 12 und VO (EU) Nr. 1022 / 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.10.2013 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093 / 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) hinsichtlich der Übertragung besonderer Aufgaben auf die Europäische Zentralbank gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1024 / 2013, ABl. Nr. L 287 v. 29.10.2013, S. 5; im Folgenden wird auf die durch die VO (EU) Nr. 1022 / 2013 geänderte Verordnung (EU) Nr. 1093 / 2010 wie folgt Bezug genommen: „EBA-Verordnung“, „EBA-VO“ oder „Gründungsverordnung“; die VO (EU) Nr. 1022 / 2013 wird wie folgt abgekürzt: „EBA-ÄnderungsVO“. 2  Im Folgenden auch: „ESFS“, was für „European System for Financial Super­ vision“ steht. 3  Im Folgenden auch: „Einheitlicher Aufsichtsmechanismus“ und „SSM“, was für „Single Supervisory Mechanism“ steht. Siehe VO (EU) Nr. 1024 / 2013 des Rates v. 15.10.2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl. Nr. L 287 v. 29.10.2013, S. 63, im Folgenden: SSM-VO. 4  Im Folgenden auch: „Bankenunion“. 5  Im Folgenden auch: „EZB“. 6  Vgl. für einen aktuellen Überblick über die derzeit auf EU-Ebene existierenden Agenturen http: /  / europa.eu / about-eu / agencies / index_de.htm.

24

1. Teil: Fragestellung und Gang der Untersuchung

neben Rechtspersönlichkeit auch über eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber den Unionsorganen verfügen.7 Auffallend sind die bemerkenswert weiten Befugnisse der EBA. Die Behörde kann nationalen Bankenaufsichtsbehörden „Weisungen“ erteilen und durch rechtsverbindlichen Beschluss selbst auf einzelne Finanzinstitute durchgreifen und gegebenenfalls deren Schließung anordnen (vgl. Art. 17 Abs. 6, Art. 18 Abs. 3–4, Art. 19 Abs. 3–4 EBA-VO). Darüber hinaus hat sie das Recht, vor bestimmten Finanztätigkeiten zu warnen und diese vorübergehend zu beschränken oder zu verbieten (Art. 9 Abs. 3, Art. 9 Abs. 5 EBAVO). Die EBA wird selbst an der Rechtsetzung auf Unionsebene beteiligt, indem sie technische Standards entwickelt, die durch die Kommission erlassen und rechtsverbindlich werden (vgl. Art. 10 und Art. 15 EBA-VO). Neben ihren weitreichenden Befugnissen ist die hohe Unabhängigkeit der EBA von den Unionsorganen augenfällig. Diese zeigt sich schon mit einem Blick auf die Besetzung ihres Hauptentscheidungsgremiums, den Rat der Aufseher, in den die Kommission nur einen nicht stimmberechtigten Vertreter entsenden darf (Art. 40 Abs. 1 lit. c) EBA-VO). Zudem finanziert sich die EBA größtenteils über die Pflichtbeiträge der nationalen Bankenaufsichtsbehörden (Art. 62 Abs. 1 lit. a) EBA-VO), was ihr eine große finan­ zielle Unabhängigkeit verschafft. Aufgrund ihrer weitreichenden Befugnisse und ihrer hohen Autonomie gegenüber den Unionsorganen wurde schon frühzeitig die Frage aufgeworfen, ob die Errichtung der EBA mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar ist.8 Dies setzt eine Tradition fort, denn seit seinen Anfängen Mitte der siebziger Jahre wird das Europäische Agenturwesen wie kein anderes Phänomen der EU-Eigenverwaltung am Prinzip des institutionellen Gleichgewichts gemessen. Oftmals bleibt dabei jedoch im Dunkeln, was sich hinter diesem Prinzip genau verbirgt und inwiefern es maßstabsbildend und begrenzend auf die Errichtung von Agenturen und die Übertragung von Befugnissen auf diese Einrichtungen wirken kann. Das institutionelle Gleichgewicht betrifft das Verhältnis der Unionsorgane zueinander und greift für die Unionsebene den Gedanken der Gewaltenteilung auf. Den Zweifeln an der Vereinbarkeit europäischer Agenturen mit dem institutionellen Gleichgewicht liegt die nachvollziehbare Überlegung zugrunde, dass sich das Verhältnis der Organe zueinander verfälschen könnte, wenn Agenturen mit Befugnissen ausgestattet und in die Aufgabenwahrnehmung auf Unionsebene integriert werden. 7  Fischer-Appelt,

Agenturen, 1999, S. 38 ff. z. B. Lehmann / Manger-Nestler, EuZW 2010, 87 (88); dies., ZBB 2011, 2 (7); Partsch, ZBB 2010, 72 (76); siehe auch H. Siekmann, DV 43 (2010), 95 (111 f., dort auch Fn. 48). 8  Siehe



1. Teil: Fragestellung und Gang der Untersuchung25

Dies gibt Anlass, sich mit der Bedeutung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts für europäische Agenturen auseinanderzusetzen. Der folgenden Untersuchung liegt daher die Fragestellung zugrunde, welche Maßstäbe und welche Grenzen aus dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts für die Errichtung von Agenturen und die Übertragung von Befugnissen auf diese Einrichtungen folgen. Zudem wird anhand der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde analysiert, ob sich diese Agentur noch in dem Rahmen bewegt, der durch das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts abgesteckt wird. Neben den weitreichenden Befugnissen und der hohen Autonomie der EBA bietet sich deren Untersuchung auch deshalb an, weil sich das Finanzmarktaufsichtsrecht in jüngerer Zeit als besonders fruchtbarer Boden für die Ausbildung von europäischen Agenturen gezeigt hat. Mit der EBA sind nämlich die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde9 und die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung10 gegründet worden. Alle drei Behörden, die mit dem Kurzwort „ESA“11 zusammengefasst werden, sind organisatorisch im Wesentlichen identisch strukturiert (vgl. jeweils Art. 6 EBA-VO, ESMA-VO und EIOPA-VO) und haben auf ihren Sektor bezogen ähnliche Aufgaben und Befugnisse (vgl. Art. 8 EBA-VO, ESMA-VO und EIOPA-VO).12 Zudem werden gerade die rechtlichen Grundlagen für eine Europäische Behörde geschaffen, die als zentrale Akteurin in Abwicklungsverfahren für Banken in der Eurozone im Rahmen des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus für 9  VO (EU) Nr. 1095 / 2010 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716 / 2009 / EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009 / 77 / EG der Kommission, ABl. Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 84; im Folgenden auch: „ESMA“ und „ESMA-VO“. 10  VO (EU) Nr. 1094 / 2010 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716 / 2009 / EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009 / 79 / EG der Kommission, ABl. Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 48; im Folgenden auch: „EIOPA“ und „EIOPA-VO“. 11  „ESA“ steht für „European Supervisory Authority“; im Folgenden wird die Bezeichnung „ESA-VO“ benutzt, wenn sich auf Regelungen aus den Gründungsverordnungen aller drei ESA bezogen wird. 12  Einzig die ESMA nimmt mit weiterreichenden Befugnissen eine Sonderstellung ein, weil ihr die direkte Aufsicht über Ratingagenturen obliegt (vgl. Erwägungsgrund (5) ESMA-VO), vgl. insbesondere Art. 14 ff. VO (EG) Nr. 1060 / 2009 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.9.2009 über Ratingagenturen, ABl. Nr. L 302 v. 17.11.2009, S. 1, geändert durch Verordnung (EU) Nr. 513 / 2011 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 11.5.2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060 / 2009 über Ratingagenturen, ABl. Nr. L 145 v. 31.5.2011, S. 30; siehe zu den Befugnissen der ESMA Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 97 ff.

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1. Teil: Fragestellung und Gang der Untersuchung

Banken13 fungieren soll. Darüber hinaus gibt auch das Urteil14 des EuGH zu den Befugnissen der ESMA nach Art. 28 Leerverkaufsverordnung15 von Januar 2014 Anlass, sich mit der Frage nach der Vereinbarkeit der Übertragung von Befugnissen auf europäische Agenturen auseinander zu setzen. Ausgehend vom Erkenntnisinteresse dieser Arbeit werden zunächst die Figur und der Prinzipiencharakter des institutionellen Gleichgewichts analysiert (2. Teil).16 Sodann wird die Bedeutung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts für die Errichtung und das Handeln europäischen Agenturen im Sinne der Herausbildung von Maßstäben und Grenzen beleuchtet (3. Teil). Im Zentrum werden hierbei vor allem die Art der Befugnisse, die auf Agenturen übertragen werden dürfen, und die Bindungen stehen, denen Agenturen gegenüber den Unionsorganen unterliegen müssen. Im anwendungsbezogenen Teil dieser Arbeit (4. Teil) wird die Vereinbarkeit der Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts untersucht. Hierbei werden auch die Änderungen der Befugnisse der EBA und ihres Verhältnisses zur EZB berücksichtigt, die Folge der Anpassung der EBA an die neue Bankenaufsichtsstruktur im Euroraum sind. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen (5. Teil).

13  Im

Folgenden auch: „Einheitlicher Abwicklungsmechanismus“. Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Parlament u. Rat, Rs. C-270 / 12, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht; NJW 2014, 359 ff.); im Folgenden: „Leerverkaufsentscheidung“. 15  VO (EU) Nr. 236 / 2012 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 14.3.2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps, ABl. Nr. L 86 v. 24.3.2012, S. 1; im Folgenden: „LeerverkaufsVO“. 16  Die Untersuchung des institutionellen Gleichgewichts bezieht sich in dieser Arbeit nur auf die horizontale Ebene, das heißt das Verhältnis der Unionsorgane zueinander; siehe zur Analyse des vertikalen Gewaltenteilungsverhältnisses zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten z. B. Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S.  172 ff. 14  EuGH,

2. Teil

Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union Schon der Begriff des „institutionellen Gleichgewichts“ zeigt deutlich, dass es bei dieser Figur im Kern um die Balance im Gefüge der Unionsorgane geht. Eine Annäherung an das institutionelle Gleichgewicht erfolgt regelmäßig aus der Perspektive der Gewaltenteilung. Oftmals wird das institutionelle Gleichgewicht gar als das unionsspezifische Äquivalent dieses Grundsatzes angesehen.1 Auch diese Untersuchung setzt beim Gedanken der Gewaltenteilung an und stellt dabei die Frage ins Zentrum, inwiefern bereits die Ideengeschichte der Gewaltenteilung den Balancegedanken verwirklichte. 1. Kapitel

Ideengeschichtliche Wurzeln der Gewaltenteilung Das Konzept der Gewaltenteilung wurde maßgeblich von John Locke und von Charles de Montesquieu im 17. und 18. Jahrhundert geprägt. Das Locke’sche System der Gewaltenteilung findet sich im zweiten Buch seines Werkes „two treatises of government“2 von 1690. Ausgehend von der „(…) Schwäche der menschlichen Natur, die stets bereit ist, nach der Macht zu greifen (…)“, strebt Locke danach, die Freiheit und das Eigentum des Bürgers zu schützen, indem die Konzentration und der Missbrauch von Macht verhindert werden.3 Sein Gewaltenteilungssystem basiert auf einer Teilung staatlicher Macht in legislative und exekutive Gewalt, ohne dass die Judikative als eigenständige Gewalt ausdifferenziert wird. Im Verhältnis der 1  Z. B. Herdegen, Europarecht, 2014, § 7 Rn. 109; Schmidt-Glaeser, GG und Europarecht, 1996, S. 198; A. Peters, Elemente, 2001, S. 422: „das ungefähre funktionale Äquivalent“; Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 353; Streinz, Europarecht, 2012, § 4 Rn. 268; siehe auch Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101: „teleologisch im Prinzip gleichlaufende, parallele Konzepte“. 2  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung. 3  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, §§ 131, 134, 143.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

Gewalten zueinander ist die vom Volk eingesetzte Legislative aufgrund ihres Rechts, Gesetze zu geben, die höchste Gewalt.4 Die Exekutive ist von ihr abgeleitet und untergeordnet.5 Die Legislative ist in ihrer Tätigkeit auf das Wohl des Staates ausgerichtet und begrenzt. Sie hat das Recht zu bestimmen, wie die Staatsmacht gebraucht werden soll, um die Gemeinschaft und ihre Glieder zu erhalten. Die gesetzgebende Gewalt wird mehreren Personen zugewiesen, die sich nach jedem Akt der Gesetzgebung wieder trennen und den von ihnen erlassenen Gesetzen auch selbst unterliegen.6 Obwohl die hervorgehobene Stellung der Legislative mehrfach betont wird, kommt der Exekutive, die der König wahrnimmt, eine überragende Bedeutung zu.7 Sie ist im Gegensatz zur gesetzgebenden Gewalt ständig im Amt und hat das Recht, die Legislative einzuberufen.8 Die vollziehende Gewalt umfasst neben der exekutiven die föderative und die prärogative Gewalt.9 Neben der Wahrnehmung der Exekutive wird der König an der Legislative beteiligt, weil ein Gesetzerlass ohne seine Zustimmung nicht möglich ist.10 Schon Locke ist der Gedanke des Gewaltengleichgewichts zur Verhinderung von Machtkonzentration und Machtmissbrauch nicht völlig fremd.11 Dies wird deutlich, wenn er von Folgendem spricht: „(…) balancing the power of government by placing several parts of it in different hands“.12 Gegenseitige Hemmung und Blockierung in der Machtausübung erreicht Locke, indem er die Legislative und die Exekutive verschiedenen gesellschaftlichen Kräften zuweist und eine Pflicht zur Zusammenarbeit der beiden Gewalten und der hinter ihnen stehenden Träger auf dem Gebiet der Gesetzgebung 4  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, §§  131  f., 134 ff., 138, 141, 149 f., 153. 5  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, §§ 150, 156. 6  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, §§ 131, 135, 142 f. 7  Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S. 159. 8  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, §§ 153 f., 156, 158. 9  Vgl. Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, §§ 143 ff., 159 ff.; J. Becker, Gewaltenteilung, 1986, S. 28; Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S. 159 (dort Fn. 8); die prärogative Gewalt „ist die ganze dem Könige nach Abzug der parlamentarischen Beschränkungen verbliebene, nach freiem Ermessen im Interesse des Gemeinwesens auszuübende Gewalt“, so Jellinek, Allg. Staatslehre, 1966, S. 602. 10  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, § 151 f. 11  J. Becker, Gewaltenteilung, 1986, S. 31; Th. Fleiner / L. R. Basta Fleiner, Allg. Staatslehre, 2004, S. 237; Merten, in: Weinacht, Montesquieu, 1999, S. 31 f.; Petzold, Gewaltenteilung, 1966, S. 18; Seiler, Gewaltenteilung, 1994, S. 18; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 517; Zippelius, in: Merten, Gewaltentrennung, 1997, S. 28; ders., JZ 1999, 1125 (1128). 12  Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 2. Abhandlung, § 107.



1. Kap.: Ideengeschichtliche Wurzeln der Gewaltenteilung29

begründet.13 Trotz der Ansätze einer Gewaltenbalancierung fügt sich die Überordnung der Legislative über die Exekutive dennoch nicht recht in das Bild des Gewaltengleichgewichts ein.14 Mögen die Locke’schen Überlegungen bereits den Weg für das moderne Verständnis von Gewaltenteilung bereitet haben, baut dieses wesentlich auf der Lehre Montesquieus auf, die er im XI. Buch seines Werkes „De l’esprit des lois“15 von 1748 veröffentlichte. Montesquieus Gewaltenteilungssystem steht im Zeichen der Sicherung individueller Freiheit und der Verhinderung von Machtmissbrauch.16 Ähnlich wie Locke geht Montesquieu davon aus, dass der Mensch, der Macht hat, zu ihrem Missbrauch geneigt ist und so weit geht, bis er auf Schranken stößt. Zur Verhinderung von Machtmissbrauch muss die Macht der Macht deshalb Schranken setzen.17 Montesquieu geht es jedoch auch um die Herstellung des sozialen Ausgleichs zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften.18 Mit den Begriffen der Teilung und Trennung von Herrschaftsgewalt lässt sich die Montesquieu’sche Gewaltenteilungslehre nur unvollständig beschreiben. Ihr Herzstück liegt vielmehr in der Balancierung, Hemmung und Kontrolle der Gewalten und ihrer Träger.19 So unterteilt Montesquieu die staatliche Macht zunächst in die gesetzgebende, die vollziehende und die richterliche Gewalt. Er trennt diese organisatorisch und personell vonein­ ander und legt sie in die Hände verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, nämlich des Monarchen, des Adels und des Volkes.20 Montesquieu vertraut die gesetzgebende Gewalt sowohl dem Volk als auch dem Adel an (Zweikammersystem).21 Hierdurch verwirklicht er auch innerhalb der Legislative die Gewaltenteilung und schafft ein System von checks and balances, 13  Euchner,

Einleitung zu John Locke, 1977, S. 40 f. in: Rausch, Gewaltentrennung, 1969, S. 133 f. 15  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze. 16  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap.; J. Becker, Gewaltenteilung, 1986, S. 32, 34; Böckenförde, Gesetz, 1981, S. 30; v. Hippel, Gewaltenteilung, S. 7, 9; Merten, in: Weinacht, Montesquieu, 1999, S. 33 f.; H. Peters, in: Rausch, Gewaltentrennung, 1969, S. 82. 17  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 4. Kap. 18  Forsthoff, Einführung zu Montesquieu, 1992, S. XXX; Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S. 160. 19  Forsthoff, Einführung zu Montesquieu, 1992, S. XXXI; v. Hippel, Gewaltenteilung, 1948, S. 10, 14; Merten, in: Weinacht, Montesquieu, 1999, S. 35; Petzold, Gewaltenteilung, 1966, S. 19; Riklin, in: Weinacht, Montesquieu, 1999, S. 17; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 527, 529. 20  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap.; Böckenförde, Gesetz, 1981, S. 31. 21  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap. 14  Kluxen,

30

2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

weil die beiden gesellschaftlichen Gruppen zum ständigen Ausgleich ihrer Interessen gezwungen werden.22 Vorrangige Aufgabe der gesetzgebenden Gewalt ist es, Gesetze zu erlassen und auf deren Vollziehung zu achten. Jedoch nimmt die Adelskammer der Legislative auch bestimmte Rechtsprechungsaufgaben wahr.23 Hier zeigt sich, dass Montesquieu noch nicht strikt zwischen den einzelnen staatlichen Funktionen unterscheidet und auch keine strenge Gewaltenteilung vertritt.24 Die dem Monarchen anvertraute Exekutive25 umfasst sowohl die Bereiche der auswärtigen Angelegenheiten als auch die der inneren Sicherheit.26 Ihr obliegt vor allem die Umsetzung der Gesetze und die Einberufung der Legislative.27 Bei der Einrichtung der richterlichen Gewalt geht es Montesquieu insbesondere darum, deren Unabhängigkeit zu sichern.28 Diesem Ziel dienen mehrere verfassungsrechtliche Vorkehrungen, wie etwa die Trennung der Judikative von den beiden anderen Gewalten und die Verbote, die richterliche Gewalt an einen permanenten Senat zu übertragen oder sie an einen bestimmten Stand oder Beruf zu binden.29 Die Judikative erstreckt sich nur auf die Straf- und die Zivilgerichtsbarkeit und die Tätigkeit des Richters ist formal normgebunden.30 Zwischen der Legislative und der Exekutive schafft Montesquieu ein System der Gewaltenbalancierung.31 Im Verhältnis dieser beiden Gewalten zueinander besteht der größte Mäßigungsbedarf bei der Legislative, weil sie wegen ihres Anordnungsrechts der Exekutive überlegen ist.32 Um die gesetzgebende Gewalt in Schranken zu halten, versagt ihr Montesquieu das Recht, sich selbst zu versammeln und zu vertagen. Zudem gewährt er der vollziehenden Gewalt Einwirkungsmöglich22  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 100  f.; J. Becker, Gewaltenteilung, 1986, S.  38 f.; Forsthoff, Einführung zu Montesquieu, 1992, S. XXXI; v. Hippel, Gewaltenteilung, 1948, S. 14. 23  Vgl. Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap. 24  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 101 f. 25  Vgl. Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap. 26  Kägi, Gewaltenteilungsprinzip, 1937, S. 56; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 527. 27  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap. 28  Kägi, Gewaltenteilungsprinzip, 1937, S.  58  f., 61; Seiler, Gewaltenteilung, 1994, S. 22; die Aussagen Montesquieus, die Judikative werde „sozusagen unsichtbar und zu seinem Nichts“ und sei „in gewisser Weise nicht vorhanden“, werden unterschiedlich bewertet; siehe daher auch z. B. J. Becker, Gewaltenteilung, 1986, S.  39 f.; Forsthoff, Einführung zu Montesquieu, 1992, S. XXXI. 29  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap.; Kägi, Gewaltenteilungsprinzip, 1937, S. 59. 30  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap.; Kägi, Gewaltenteilungsprinzip, 1937, S. 57 und S. 60. 31  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap.; Forsthoff, Einführung zu Montesquieu, 1992, S. XXXI; Kägi, Gewaltenteilungsprinzip, 1937, S. 62. 32  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap.; Böckenförde, Gesetz, 1981, S. 32; siehe auch Kägi, Gewaltenteilungsprinzip, 1937, S. 62.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts31

keiten wie das Initiativrecht und das Vetorecht, um die gesetzgebende Gewalt zu hemmen.33 Hingegen werden der gesetzgebenden Gewalt keine besonderen Rechte eingeräumt, um die vollziehende Gewalt zu beschränken. Montesquieu verweist insoweit auf die „natürlichen Grenzen“ der Vollziehung, die eine Beschränkung unzweckmäßig erscheinen lassen. Die Legislative hat jedoch das Recht, die Vollziehung der Gesetze seitens der Exekutive nachzuprüfen.34 Abschließend kann festgehalten werden, dass die klassische Gewaltenteilungslehre nach Locke und Montesquieu den Gleichgewichtsgedanken kennt, die Balancekonzeption bei Montesquieu sogar das Kernelement darstellt, das die Teilung und die Trennung der Gewalten in den Hintergrund treten lässt. 2. Kapitel

Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts wurde maßgeblich durch die Rechtsprechung des EuGH geprägt. Voraussetzung für die Geltung als Prinzip ist jedoch, dass sich das Konzept des institutionellen Gleichgewichts, also einer Balance zwischen den Unionsorganen, auch primärrechtlich nachweisen lässt. Dies erfordert eine nähere Untersuchung des vertraglich ausgestalteten Verhältnisses der Unionsorgane zueinander.

A. Der institutionelle Rahmen und die Organisationsstruktur der Europäischen Union Der institutionelle Rahmen der Europäischen Union wird von Art. 13 Abs. 1 EUV abgesteckt. Mit dem Europäischen Parlament35, dem Europäischen Rat, dem Rat, der Europäischen Kommission36, dem Gerichtshof der Europäischen Union37, der Europäischen Zentralbank und dem Rechnungshof zählt die Norm im Sinne eines numerus clausus die sieben (Haupt-) Organe der Union auf.38 Für die Schaffung neuer Organe bedürfte es daher 33  Montesquieu,

Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap. Vom Geist der Gesetze, Buch XI, 6. Kap. 35  Im Folgenden auch: „das Parlament“. 36  Im Folgenden: „die Kommission“. 37  Im Folgenden auch: „der Gerichtshof“. 38  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 Rn. 4; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 15; wenn im Folgenden von „Organen“ gesprochen wird, sind die in Art. 13 Abs. 1 EUV genannten Organe der Union gemeint. 34  Montesquieu,

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

der Änderung der Verträge (Art. 48 EUV).39 Die Organstellung des Europäi­ schen Rates und der EZB ist eine Folge der Lissabonner Vertragsreform, die den institutionellen Rahmen insoweit neu definiert hat.40 Der Begriff des „Organs“ ist untechnisch zu verstehen und drückt aus, dass es sich bei den in Art. 13 Abs. 1 UAbs. 2 EUV genannten Handlungsträgern um die zentralen politischen Einrichtungen der Union handelt, welche die europäische Integration wesentlich steuern und prägen.41 Das Verhältnis der Organe zueinander ist von Gleichrangigkeit bestimmt.42 Der institutionelle Rahmen der Union wird primärrechtlich auf den Zweck verpflichtet, den Werten der Union (Art. 2 EUV) Geltung zu verschaffen und ihre Ziele (Art. 3 EUV) zu verfolgen. Zudem soll er den Interessen der Union, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten dienen. Ferner zielt der institu­ tionelle Rahmen darauf, die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität der Politik der Union und ihrer Maßnahmen sicherzustellen (Art. 13 Abs. 1 EUV).43 Nach der Aufgliederung der Organisationsstruktur der Union anhand der Rechtsgrundlage, auf der eine Einrichtung beruht,44 sind die Organe der primären Organisationsebene zugehörig, da sie vertraglich explizit vorgesehen sind und über eigene Befugnisse verfügen.45 Die höchste Organisationsebene der Union umfasst zudem den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Region als beratende Einrichtungen (Art. 13 Abs. 4 EUV, Art. 300 ff. AEUV) und die Europäische Investitionsbank (Art. 308 AEUV).46 Die sekundäre Organisationsebene wird von den Einrichtungen gebildet, für deren Errichtung eine primärrechtliche Ermächtigung vorhanden ist.47 Da­ runter fallen beispielsweise der Ausschuss der ständigen Vertreter (Art. 240 AEUV) und der Erweiterte Rat der Europäischen Zentralbank (Art. 141 39  Streinz,

in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 29. Der Vertrag, 2010, S. 59; die Institutionalisierung des Europäischen Rates resultiert aus der Auflösung der Säulenstruktur der früheren Europäischen Union. 41  Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 5, 7 ff., v. a. Rn. 9.; siehe zu den zentralen Eigenschaften der Organe Bieber, in: v. d. Groeben /  Schwarze, EUV / EGV, Bd. 1, 2003, Art. 7 EGV Rn. 11. 42  Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 5. 43  Siehe zum Kohärenzgebot Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 9; zum Effizienzgebot Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 2; zum Kontinuitätsgebot Geiger, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010 Art. 13 Rn. 2. 44  Die Aufgliederung der Organisationsstruktur geht auf M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 13 ff. zurück. 45  M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S.  13; so auch Calliess, in: C. / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 4. 46  Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 18. 47  M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S.  65  ff.; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 19. 40  S / O / H,



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts33

AEUV). Auf der tertiären Organisationsebene sind schließlich die Einrichtungen angesiedelt, zu deren Gründung allgemeine Rechtsetzungskompetenzen des Vertrags seitens der Organe aktiviert werden, weil keine explizite primärrechtliche Errichtungsgrundlage existiert.48 Die Mehrzahl dieser Einrichtungen sind Agenturen.

B. Die unionsspezifische Funktionenteilung Die Europäische Union gründet sich nach Art. 2 S. 1 EUV auf den Wert der Rechtsstaatlichkeit. Zudem qualifiziert der Europäische Gerichtshof die Union ausdrücklich als „Rechtsgemeinschaft“.49 Hat die Rechtsprechung des EuGH bereits mehrere allgemeine Rechtsgrundsätze hervorgebracht, die als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips aus dem nationalen Bereich bekannt sind, wie die Prinzipien des Vertrauensschutzes50 und der Rechtssicherheit51, war sie mit der ausdrücklichen Anerkennung des Gewaltenteilungsgrundsatzes als Rechtsprinzip auf Unionsebene bislang zurückhaltend.52 I. Gesetzgebungsfunktion Die Festlegung der „wesentlichen Grundzüge der zu regelnden Materie“ macht nach dem EuGH die gesetzgeberische Tätigkeit auf Unionsebene aus.53 Dies spiegelt auch Art. 290 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 AEUV, wonach „die wesentlichen Aspekte eines Bereichs (…) dem Gesetzgebungsakt vorbehal48  M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 109 ff.; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 7. 49  EuGH, Urt. v. 23.4.1986, Les Verts, Rs. C-294 / 83, Slg. 1986, S. 1339 (1365); EuGH, Urt. v. 18.1.2007, PKK u. KNK / Rat, Rs. C-229 / 05 P, Slg. 2007, I-439 Rn. 109. 50  EuGH, Urt. v. 17.4.1997, de Compte . / . Parlament, Rs. C-90 / 95 P, Slg. 1997, I-1999 Rn.  35 ff. 51  EuGH, Urt. v. 22.3.1961, S.N.U.P.A.T . / . Hohe Behörde, verb. Rs. 42 und 49 / 59, Slg. 1961, 101 (172); für einen Überblick über die vom EuGH entwickelten Rechtsgrundsätze Haratsch / Koenig / Pechstein, Europarecht, 2014, S. 190 f. Rn. 438; siehe auch Sternberger, VVDStRL 50 (1990), 9 (29 ff.). 52  Martenczuk, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 227; vgl. für ältere Untersuchungen der gewaltenteiligen Verfasstheit der Europäischen Gemeinschaften Le­ naerts, CMLR 28 (1991) 11 ff.; Petzold, Die Gewaltenteilung in den europäischen Gemeinschaften, 1966; Sachsse, Die Kompetenzen des Europäischen Parlaments und die Gewaltenteilung in den Europäischen Gemeinschaften, 1971; siehe auch H. Hahn, Funktionenteilung im Verfassungsrecht europäischer Organisationen, 1977. 53  EuGH, Urt. v. 17.12.1970, Köster, Rs. C-25 / 70, Slg. 1970, S. 01161 Rn. 6; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 1 AEUV Rn. 27; siehe auch Le­ naerts, CMLR 28 (1991), 11 (13).

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

ten“ sind. Für die Qualifizierung als legislative Tätigkeit ist jedoch eine formale Sicht entscheidend.54 Die supranationale Gesetzgebung zeichnet danach aus, dass sie in einem vertraglich vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren (vgl. Art. 289, Art. 294 AEUV) auf der Grundlage der primärrecht­ lichen Kompetenzen erfolgt und durch den Rat und das Parlament als Unionsgesetzgeber wahrgenommen wird.55 Daher ist ein unionaler Gesetzgebungsakt immer das Produkt eines förmlichen Gesetzgebungsverfahrens (Art. 289 Abs. 3 AEUV).56 Zur exekutiven Rechtsetzung gehören die delegierte Rechtsetzung (Art. 290 AEUV)57 und die Durchführungsrechtsetzung durch die Kommission (Art. 291 Abs. 2 AEUV),58 wobei sich im Bereich der delegierten Rechtsetzung von materieller Gesetzgebung sprechen lässt.59 Für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik60 schließen die Verträge den Erlass von Gesetzgebungsakten ausdrücklich aus (Art.  24 Abs.  1 UAbs. 2 S. 3, Art. 31 Abs. 1 S. 2 EUV). Terminologisch wird die Legislativfunktion im Vertrag deutlich herausgestellt, indem vom „Gesetzgeber“ (Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 16 Abs. 1 S. 1 EUV), dem „ordentlichen und dem besonderen Gesetzgebungsverfahren“ (Art. 289 Abs. 1–2, Art. 294 Abs. 1 AEUV) und von „Gesetzgebungsakten“ (Art. 17 Abs. 2 S. 1 EUV, Art. 289 Abs. 3, Art. 290 Abs. 1–2 AEUV) gesprochen wird und letzteren die „Rechtsakte ohne Gesetzescharakter“ (Art. 290 Abs. 1 UAbs. 1 AEUV) gegenüber gestellt werden.61 Die primärrechtliche Einführung dieser Begriffe erfolgte mit der Lissabonner Vertragsreform. Diese hat zudem das Parlament zum „(nahezu) völlig gleichberechtigte[n] Gesetzgeber“62 neben dem Rat (vgl. Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 16 Abs. 1 S. 1 EUV) gemacht, indem das frühere Mitentscheidungsverfahren in Gestalt des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens (Art. 298 Abs. 1 54  S / O / H,

Der Vertrag, 2010, S. 112. Rs. C-25 / 70, Köster, Urt. v. 17.12.1970, Slg. 1970, S. 01161 Rn. 6; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 1 AEUV Rn. 27; S / O / H, Der Vertrag, 2010, S. 112. 56  Schroeder / Gellermann, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 289 AEUV Rn. 1. 57  Gellermann, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 290 AEUV Rn. 2; Ruffert, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (46); ausf. zur delegierten Rechtsetzung unten 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. a) und C. I.; zur delegierten Rechtsetzung mit Bezug zur EBA unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 1. 58  Sydow, JZ 2012, 157 (157). 59  Gellermann, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 290 AEUV Rn. 2. 60  Im Folgenden: „GASP“. 61  Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 2. 62  Bieber, in: Bieber / Epiney / Haag, Die EU, 2013, § 4 Rn. 7; S / O / H, Der Vertrag, 2010, S. 63.; so auch Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 91; Oppermann, DVBl. 2008, 473 (478 f.); Papastamkos / Schwab, EuZW 2008, 161 (161); Th. Richter, EuZW 2007, 631 (632). 55  EuGH,



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts35

AEUV) zum Regelfall wurde.63 In den übrigen Fällen des besonderen Gesetzgebungsverfahrens werden die Gesetzgebungsakte entweder vom Rat oder vom Parlament mit Beteiligung des jeweils anderen Organs erlassen (Art. 289 Abs. 2 AEUV).64 Ausdrücklich von jeglicher Gesetzgebungstätigkeit ausgeschlossen ist der Europäische Rat (Art. 15 Abs. 1 S. 2 EUV). Hingegen wird die Kommission maßgeblich an der Legislativfunktion beteiligt. So ist bei ihr das Recht zur Gesetzesinitiative monopolisiert (Art. 17 Abs. 2 S. 1 EUV, Art. 289 Abs. 1 S. 1 AEUV).65 Der Rat und das Parlament können die Kommission zur Unterbreitung eines Gesetzesvorschlags lediglich auffordern, aber nicht zwingen (Art. 225 S. 1, Art. 241 S. 1 AEUV).66 Dies hat das Parlament beispielsweise im Januar 2013 getan, als es die Kommission aufforderte, eine Verordnung über ein Verwaltungsverfahrensrecht der Europäischen Union vorzuschlagen.67 Erlässt die Kommission nach Aufforderung durch den Rat und das Europäische Parlament keinen Gesetzesvorschlag, muss sie diesen lediglich die Gründe dafür mitteilen (Art. 225 S. 2, Art. 241 S. 2 AEUV). Will der Rat von einem Vorschlag der Kommission abweichen, erfordert dies Einstimmigkeit (Art. 293 Abs. 1 HS. 1 AEUV).68 Die Kommission bleibt im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch die Abgabe von Stellungnahmen und die Mitarbeit im Vermittlungsausschuss ständig in den Gesetzgebungsprozess eingebunden (Art. 294 Abs. 6 S. 2, Abs. 7 lit. c), Abs. 9, Abs. 11, Abs. 15 AEUV). Festzuhalten bleibt, dass die Legislativfunktion von mehreren Organen wahrgenommen wird, nämlich von dem Parlament und dem Rat als Unionsgesetzgeber (Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 16 Abs. 1 S. 1 EUV) und der Kommission.

63  Pache / Rösch,

NVwZ 2008, 473 (475). z. B. Art. 19 Abs. 1 S. 1, Art. 21 Abs. 3, Art. 22 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2, Art. 25 Abs. 2 S. 1, Art. 127 Abs. 6, Art. 223 Abs. 2 S. 1 und Art. 226 Abs. 3 AEUV. 65  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 97; Lenaerts, CMLR 28 (1991), 11 (16, 22); Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 114; Ruffert, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (39); ausführlich zum Initiativrecht der Kommission v. Buttlar, Das Initiativrecht der Europäischen Kommission, 2003, 1 ff.; siehe für Ausnahmen vom Gesetzesinitiativmonopol der Kommission nur Art. 289 Abs. 4 AEUV. 66  Siehe zum Recht der europäischen Bürgerinitiative Art. 11 Abs. 4 EUV. 67  Europäisches Parlament, Dokument A7-0369 / 2012; dazu Geber, EuZW 2013, 298 (300 f.). 68  Siehe für Ausnahmen nur Art. 293 Abs. 1 HS. 2 AEUV. 64  Siehe

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

II. Exekutivfunktion Die Exekutivfunktion kann in die Regierungs- und die Verwaltungsfunktion aufgespalten werden. Die Regierungsfunktion drückt sich in der politischen Führung des Gemeinwesens aus,69 in der verantwortlichen Leitung des Ganzen der inneren und äußeren Politik.70 Die definitorische Erfassung von Verwaltung bereitet im unionalen Kontext jedoch ebenso große Schwierigkeiten wie im nationalen.71 Häufig wird zur Bestimmung des Begriffs der Verwaltung eine Negativabgrenzung zur Legislative und zur Judikative vorgenommen, wonach Verwaltung diejenige Tätigkeit des Staates ist, die nicht Gesetzgebung und Rechtsprechung ist.72 Zumindest lässt sich das Wesen der europäischen Verwaltungstätigkeit mit der Implementierung europäischer Gesetzgebung erfassen.73 1. Funktion der Regierung Die Europäische Union ist von der Pluralität ihrer politischen Spitze geprägt.74 So nehmen mit dem Europäischen Rat, dem Rat und der Kommission gleich drei Organe die politische Führung in der Union wahr.75 Man kann jedoch auch von einem „Führungsquartett“76 sprechen, wenn man den Blick auf die Akteure richtet, die den einzelnen Organen vorstehen oder Führungspositionen in bestimmten Politikbereichen der Union wahrnehmen. Aus dieser Perspektive treten der Präsident des Europäischen Rates, der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik77, der Kommissionspräsident und der Ratsvorsitz in ein Konkurrenzverhältnis um zentrale politische Führungsrollen.78 69  Dederer, Demokratie, 2010, S.  92; Hesse, Verfassungsrecht, 1999, §  14 Rn. 531. 70  Hesse, Verfassungsrecht, 1999, § 14 Rn. 531, siehe auch Rn. 536. 71  Gärditz, DÖV 2010, 453; Forsthoff, Verwaltungsrecht, Bd. I, AT, 1973, S. 1. 72  O. Mayer, Dt. Verwaltungsrecht, Bd. I, 1934, S. 7; so auch J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, 2012, § 1 Rn. 51; siehe auch Lenaerts, CMLR 28 (1991), 11 (13); Ch. Möllers, Gewaltengliederung, 2005, S. 112 ff. 73  v. Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, § 2 Rn. 3; siehe auch Gärditz, DÖV 2010, 453 (453). 74  Ruffert, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (41 f.). 75  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 92. 76  A. Hofmann / Wessels, integration 2008, 3 (11). 77  Im Folgenden: „Hoher Vertreter“. 78  Hobe, Europarecht, 2011, § 8 Rn. 222; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 15 EUV Rn. 34; A. Hofmann / Wessels, integration 2008, 3 (10 f.); Ruffert, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (42) m. w. N.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts37

Die politische Gesamtleitung der Union nimmt der Europäische Rat wahr, denn die Verträge weisen ihm die politische Impuls- und Gestaltungsfunktion zu (Art. 15 Abs. 1 S. 1 EUV).79 Dieses Organ bestimmt die großen Linien der europäischen Politik,80 was sich vor allem im Bereich des auswärtigen Handelns – insbesondere der GASP – (Art. 21, Art. 22, Art. 26 Abs. 1 S. 1 EUV) und mit Blick auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zeigt (Art. 68 AEUV). Zudem fungiert der Europäische Rat als „politische Revisionsinstanz“81 in gewissen Gesetzgebungsverfahren (vgl. Art. 48 Abs. 2, Art. 82 Abs. 3 und Art. 83 Abs. 3 AEUV). Die politische Spitzenposition des Europäischen Rates zeigt sich auch bei der Ausübung des Rechts zum freiwilligen Austritt aus der Union seitens eines Mitgliedstaates,82 bei der er die Leitlinien festlegt, auf deren Grundlage die Union mit dem austrittswilligen Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aushandelt und schließt (Art. 50 Abs. 2 S. 2 EUV). Zu den bedeutsamen personalpolitischen Aufgaben des Europäischen Rates zählen der Vorschlag eines Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten gegenüber dem Parlament (Art. 17 Abs. 7 S. 1 EUV), die Ernennung der Kommission als Kollegium (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 3 S. 2 EUV) und die Ernennung des Hohen Vertreters (Art. 18 Abs. 1 S. 1 EUV). Der an der Spitze des Europäischen Rates stehende Präsident führt den Vorsitz bei den Arbeiten des Organs, vermittelt ihm politische Beständigkeit und fungiert als Impulsgeber (Art. 15 Abs. 6 lit. a) EUV).83 Eine wichtige politische Position nimmt der Präsident des Europäischen Rates auch auf außenpolitischem Parkett ein, wo er „die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ „unbeschadet der Befugnisse des Hohen Vertreters“ wahrnimmt (Art. 15 Abs. 6 UAbs. 2 EUV). Im Rahmen der großen politischen Linien, die vom Europäischen Rat abgesteckt werden, nimmt auch der Rat an der Regierungsfunktion der Union teil.84 So sind die Festlegung der Politik und die Koordinierung 79  Kumin, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 15 EUV Rn. 1; Nowak, Europarecht, 2011, 3. Teil Rn. 36; Ruffert, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (42); Lenski, in: Pernice, Der Vertrag, 2008, S. 101; Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 106. 80  Lenski, in: Pernice, Der Vertrag, 2008, S. 100. 81  S / O / H, Der Vertrag von Lissabon, 2010, S. 61; Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 111 f. 82  Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 107. 83  Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 106; S / O / H, Der Vertrag, 2008, S. 62; vgl. zur Aufgabendefinition des Präsidenten des Europäischen Rates Art. 15 Abs. 6 lit. a)–d) EUV. 84  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 93; Nowak, Europarecht, 2011, § 8 Rn. 138.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

nach Maßgabe der Verträge Bestandteil seiner Aufgaben (Art. 16 Abs. 1 S. 2 EUV). Der Rat tagt in verschiedenen Zusammensetzungen, hat jedoch mit dem Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ und dem Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ zwei vertraglich vorgesehene Formationen (Art. 16 Abs. 6 UAbs. 2, UAbs. 3 EUV). Der Vorsitz im Rat wird nach dem Rotationsprinzip in einem sechsmonatigen Turnus von einem Mitgliedstaat ausgeübt, der mit zwei weiteren Mitgliedstaaten über einen Zeitraum von achtzehn Monaten eine „Team-Präsidentschaft“85 bildet.86 Einzig der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ hat mit dem Hohen Vertreter einen permanenten Vorsitz (Art. 16 Abs. 9, 18 Abs. 3 EUV). In dieser Formation füllt der Rat den Rahmen aus, der durch die strategischen Vorgaben des Europäischen Rates vorgegeben wird und sorgt für die Kohärenz des Handelns der Union (Art. 16 Abs. 6 UAbs. 3, Art. 21 Abs. 3 UAbs. 2 S. 2 EUV). Dies gilt vor allem für den Bereich der GASP (Art. 26 Abs. 2 UAbs. 1 EUV).87 Eine wichtige politische Funktion kommt dem Rat auch beim Abschluss völkerrechtlicher Übereinkommen zu (vgl. Art. 218 AEUV).88 Als „supranationale Leitungsinstanz“89 im Organgefüge und „Motor der Integration“90 nimmt auch die Kommission an der Regierungsfunktion der Union teil.91 Sie ist dazu berufen, die allgemeinen Interessen der Union zu fördern und zu diesem Zweck geeignete Initiativen zu ergreifen (Art. 17 Abs. 1 S. 1 EUV). Politisch-gestaltend wirkt die Kommission auch bei der Leitung der jährlichen und mehrjährlichen Programmplanung der Union (Art. 17 Abs. 1 S. 7 EUV).92 Zudem ist ihr die Führung des Haushaltsplans überantwortet (Art. 17 Abs. 1 S. 4 EUV). Daneben nimmt die Kommission die Außenvertretung der Union wahr, was jedoch nicht für den Bereich der GASP und andere primärrechtlich vorgesehene Fälle gilt (Art. 17 Abs. 1 S. 6 EUV). Der an der Spitze der Kommission stehende Präsident (Art. 17 Abs. 6 EUV) hat die Leitlinienkompetenz inne (Art. 17 Abs. 6 lit. a) EUV) 85  A.

Hofmann / Wessels, integration 2008, 3 (11). Abs. 9 EUV i. V. m. Art. 236 lit. b) AEUV i. V. m. Beschluss des Europäischen Rates v. 1.12.2009 über die Ausübung des Vorsitzes im Rat, ABl. Nr. L 315 / 50 v. 2.12.2009, S. 50. 87  Siehe dazu Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 93 f. 88  S / O / H, Der Vertrag, 2010, S. 135. 89  Ruffert, EuR 2004, 165 (182); ders., in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 17 EUV Rn. 2; ders., EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (44). 90  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 17 EUV Rn. 2; Harnier / Jacqué, in: v. d. Groeben / Schwarze, EUV / EGV, Bd. 4, 2003, Art. 211 EGV Rn. 36. 91  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 17 Rn. 3; Martenczuk, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 17 EUV Rn. 9. 92  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 93. 86  Art. 16



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts39

und bestimmt damit die programmatische Richtung der Kommission.93 Zudem stehen ihm die Organisationskompetenz94 der Kommission und das Recht zu, zwei der drei Vizepräsidenten der Kommission zu ernennen (Art. 17 Abs. 6 lit. b), c) EUV). Auf dem außenpolitischen Parkett der Union nimmt auch der Hohe Vertreter eine bedeutende Führungsrolle wahr, was vor allem für die GASP (vgl. Art. 18 Abs. 2 S. 1–2, Art. 27, Art. 30 EUV) und für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union (Art. 18 Abs. 2 S. 3 EUV) gilt.95 Der Hohe Vertreter hat die Außenvertretungsbefugnis in den Bereichen der GASP (Art. 27 Abs. 2 S. 1 EUV) und stützt sich bei seiner Aufgabenerfüllung auf den Europäischen Auswärtigen Dienst (Art. 27 Abs. 3 EUV).96 Abschließend lässt sich festhalten, dass die Regierungsfunktion der Union von drei Organen mit unterschiedlich starker Beteiligung wahrgenommen wird, nämlich – hierarchisch absteigend – von dem Europäischen Rat, dem Rat und der Kommission.97 2. Funktion der Verwaltung a) Stärkung der Verwaltungsfunktion durch den Vertrag von Lissabon Die letzte Vertragsreform hat die Verwaltungsfunktion in der Europäischen Union primärrechtlich klarer herausgeschält und abgebildet, was vor allem in terminologischer Hinsicht augenfällig ist (vgl. Art. 17 Abs. 1 S. 5 93  Kugelmann,

in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 17 EUV Rn. 89. Organisationskompetenz wird durch das Recht der Aufforderung zur Amtsniederlegung gegenüber den Kommissionsmitgliedern nach Art. 17 Abs. 6 S. 1 EUV verstärkt; Lengauer, ZfRV 2008, 4 (6). 95  Siehe Dederer, Demokratie, 2010, S. 93; Kaufmann-Bühler / Meyer-Landrut, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 18 EUV Rn. 5; siehe zu den Aufgaben des Hohen Vertreters hinsichtlich des auswärtigen Handelns innerhalb der Kommission Art. 18 Abs. 4 S. 3–4 EUV. 96  Zur genauen Abgrenzung der GASP-Außenvertretungskompetenzen des Hohen Vertreters von denen des Präsidenten des Europäischen Rates (Art. 15 Abs. 6 UAbs. 1 EUV) geben die Verträge keinen Hinweis. Zu Recht wird überwiegend vertreten, dass dem Präsidenten des Europäischen Rates nur rein repräsentative Außenvertretungskompetenzen zustehen, siehe Geiger, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 15 EUV Rn. 11; Pache / Rösch, NVwZ 2008, 473 (476); Pache, in: ders. / Schorkopf, Die EU, 2009, S. 27; Alb. Weber, EuZW 2008, 7 (9); Schoo, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 51 (64); a. A. Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 94 (dort Fn. 52). 97  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 92 f. 94  Diese

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

EUV, Art. 298 AEUV, Art. 41 GR-Charta).98 Zu einer deutlicheren Abschichtung von Gesetzgebungs- und Verwaltungsaufgaben hat die Neuregelung der abgeleiteten Rechtsetzung geführt (Art. 290, Art. 291 AEUV).99 Sie unterteilt sich in die delegierte Rechtsetzung (Art. 290 AEUV) und die Durchführungsrechtsetzung (Art. 291 AEUV). Die delegierte Rechtsetzung bezieht sich vornehmlich auf das horizontale Kompetenzverhältnis und betrifft die Übertragung legislativer Rechtsetzungsbefugnisse vom Unionsgesetzgeber auf die Kommission.100 In Ausübung delegierter Rechtsetzungsmacht kann die Kommission bestimmte nicht wesentliche Vorschriften eines Gesetzgebungsaktes ändern oder ergänzen (Art. 290 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV). Konsequent bezeichnet der Vertrag die delegierten Rechtsakte (Art. 290 Abs. 3 AEUV) als solche „ohne Gesetzescharakter“ (Art. 290 Abs. 1 UAbs. 1 AEUV). Die Durchführungsrechtsetzung seitens der Kommission (Art. 291 Abs. 2 HS. 1 AEUV) berührt hingegen vor allem das Vertikalverhältnis zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, weil sie eine Ausnahme vom Grundsatz der mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts bildet (Art. 291 Abs. 1 AEUV).101 Daher setzt sie auch den Bedarf an einheitlichen Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Unionsrechtsakte voraus (Art. 291 Abs. 2 AEUV).102 Bei der Kompetenz zum Erlass von Durchführungsrechtsakten (Art. 291 Abs. 2 AEUV) handelt es sich um eine rein exekutive Aufgabe.103 Die Differenzierung zwischen der legisla­ tiven Tätigkeit des Unionsgesetzgebers und der exekutiven Rechtsetzung durch die Kommission wird jedoch durch die punktuellen originären Rechtsetzungskompetenzen der Kommission teilweise verzerrt (vgl. z. B. Art. 108 Abs. 4 AEUV).104 Zu einer primärrechtlichen Verankerung und einer wesentlichen Stärkung der Verwaltungsdimension der Union hat die Einführung von Art. 298 AEUV geführt.105 Hiernach stützen sich die Organe, Einrichtungen und sonsti98  Gärditz, DÖV 2010, 453 (453 ff.); Ruffert, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (44); Terhechte, EuR 2008, 143 (174 f.); siehe auch Ladenburger, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 118 ff. 99  Gärditz, DÖV 2010, 453 (454); siehe auch Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 290 AEUV Rn. 1; a. A. Conway, ELJ 17 (2011), 304 (321); zur Neuordnung der abgeleiteten Rechtsetzung Ch. Möllers / v. Achenbach, EuR 2011, 39 (40 ff.). 100  Art. 290 AEUV und Art. 291 AEUV betreffen sowohl das horizontale als auch das vertikale Gewaltenteilungsverhältnis, so schon Ohler, JZ 2014, 249 (251). 101  Gellermann, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 291 AEUV Rn. 11. 102  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 291 AEUV Rn. 6. 103  Möstl, DVBl. 2011, 1076 (1081). 104  Möstl, DVBl. 2011, 1076 (1079). 105  Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 14; Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 1.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts41

gen Stellen der Union zur Ausübung ihrer Aufgaben auf eine offene, effiziente und unabhängige europäische Verwaltung (Art. 298 Abs. 1 AEUV), was als deutlicher Beleg für die vertragliche Zulässigkeit der Herausbildung einer europäischen Verwaltung gilt. Zur Konkretisierung der in Art. 298 Abs. 1 AEUV genannten Zwecke wird der Unionsgesetzgeber dazu ermächtigt, Bestimmungen nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen zu erlassen (Art. 298 Abs. 2 AEUV).106 Zudem trägt die EU-Grundrechtecharta, die mit der Lissabonner Vertragsreform rechtsverbindlich geworden und mit den Verträgen gleichrangig ist (Art. 6 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EUV), zur deutlichen Abbildung der Verwaltungsfunktion in der Union bei, indem nun erstmals ein subjektives Recht auf eine gute Verwaltung normiert wurde (Art. 41 GR-Charta). Angemerkt sei, dass auch die Verwaltungsautonomie der Mitgliedstaaten und der Vollzugsföderalismus mit der letzten Vertragsreform eine deutliche primärrechtliche Stärkung erhalten haben.107 Der Vertrag sieht nämlich die effektive Durchführung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten ausdrücklich als „Frage von gemeinsamem Interesse“ an (Art. 197 Abs. 1 AEUV). Zudem bekräftigt er die grundsätzliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Durchführung der verbindlichen Unionsrechtsakte (Art. 291 Abs. 2 AEUV).108 b) Träger der Verwaltungsfunktion Die Verwaltungsfunktion der Union wird schwerpunktmäßig von der Kommission wahrgenommen. Sie gilt als das zentrale Verwaltungsorgan der Europäischen Union.109 Primärrechtlicher Anknüpfungspunkt für diese funktionelle Zuordnung ist Art. 17 Abs. 1 S. 5 EUV.110 Hiernach übt die Kommission neben „Koordinierungsfunktionen“ auch „Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen“ aus. Zu ihren zentralen Exekutivaufgaben gehört vor allem die Befugnis zur Durchführungsrechtsetzung unter dem Vorbehalt des Art. 291 Abs. 2 AEUV. 106  Zum Begriff der „europäischen Verwaltung“ und zur Bedeutung der „Offenheit“, „Effizienz“ und „Unabhängigkeit“ sogleich unter 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c) und d). 107  Ladenburger, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 119. 108  Siehe dazu Terhechte, in: ders., Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 1 Rn. 14. 109  Gärditz, DÖV 2010, 453 (454); Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 17 EUV Rn. 13; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / ders. / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 5 Rn. 22; siehe auch v. Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 2 Rn. 1. 110  Gärditz, DÖV 2010, 453 (454).

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

Zudem ist die Kommission dazu berufen, für die Anwendung der Verträge und der von den Organen kraft der Verträge erlassenen Maßnahmen zu sorgen (Art. 17 Abs. 1 S. 2 EUV). Ihre Aufsichtsfunktion bzw. „Wächterrolle“, die ihr den Beinamen „Hüterin der Verträge“ bzw. „Hüterin des Unionsrechts“111 eingebracht hat, ist in Art. 17 Abs. 1 S. 3 EUV verankert, wonach sie die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union überwacht.112 Zudem vertritt die Kommission die Union im privatrechtlichen Verkehr und gemeinsam mit dem Hohen Vertreter auch im völkerrechtlichen Verkehr (Art. 220 Abs. 2, Art. 335 S. 2 AEUV, siehe auch Art. 218 und Art. 207 Abs. 3 AEUV). Auch der Rat wird an der Exekutivfunktion der Union beteiligt.113 Ihm werden beispielsweise anstelle der Kommission in entsprechend begründeten Ausnahmefällen und im Bereich der GASP (Art. 24 und 26 EUV) Durchführungsbefugnisse übertragen (Art. 291 Abs. 2 HS. 2 AEUV). Zudem hat der Rat punktuelle primärrechtliche Exekutivaufgaben (vgl. z. B. Art. 108 Abs. 2 UAbs. 3, Art. 122 AEUV). Mit speziellen Aufgaben und Befugnissen wirken auch die EZB und der Rechnungshof an der Verwaltungsfunktion der Union mit.114 So führt die EZB die Grundsatzbeschlüsse des EZB-Rats im Bereich der Geldpolitik aus und der Rechnungshof vollzieht die Rechnungsprüfung der Union (Art. 285, Art. 287 AEUV).115 Schließlich werden unterhalb der Kommission eine Vielzahl von Behörden – vor allem die europäischen Agenturen – und sonstige Verwaltungseinheiten in die Wahrnehmung der Exekutivfunktion der Union integriert. Es lässt sich damit festhalten, dass die Verwaltungsfunktion im Organgefüge der Union im Schwerpunkt von der Kommission wahrgenommen wird, der Rat jedoch auch an ihr beteiligt wird.116 Zudem sind der EZB und dem Rechnungshof spezielle Verwaltungsaufgaben übertragen.117

111  Ehlermann, EuR 1981, 335 (361 ff.); Martenczuk, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 17 EUV Rn. 15. 112  Geiger, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 17 EUV Rn. 11; F. Mayer, AöR 129 (2004), 411 (416). 113  Conway, ELJ 17 (2011), 304 (313). 114  Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 8. 115  Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 8. 116  Bieber, in: ders. / Epiney / Haag, Die EU, 2013, § 4 Rn. 7; Conway, ELJ 17 (2011), 304 (311). 117  Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 8.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts43

c) Bedeutung der Unabhängigkeit der europäischen Verwaltung nach Art. 298 AEUV Gerade aus Sicht der Funktionenteilung stellt sich die Frage, welche Bedeutung und Reichweite die Verpflichtung zur „Unabhängigkeit“ der „europäischen Verwaltung“ nach Art. 298 Abs. 1 AEUV hat. Bezugsobjekt des Art. 298 AEUV ist vor allem die Eigenverwaltung der Union.118 Art. 298 AEUV liegt mit der „europäischen Verwaltung“ ein funktionaler Verwaltungsbegriff zugrunde, womit sich die in Abs. 1 genannten Anforderungen auf die Ausübung von Verwaltungstätigkeit beziehen.119 Adressaten sind neben den Unionsorganen (Art. 13 Abs. 1 UAbs. 2 EUV) die primärrechtlich vorgesehenen Einrichtungen und unter dem Begriff der „sonstigen Stellen der Union“ vor allem die Agenturen.120 Indem Art. 298 Abs. 1 AEUV die Grundsätze der Offenheit, Effizienz und Unabhängigkeit im Primärrecht verankert, statuiert er eine vertragliche Verpflichtung zu ihrer Einhaltung.121 Will man die Bedeutung der „Unabhängigkeit“ der europäischen Verwaltung i. S. d. Art. 298 Abs. 1 AEUV erschließen, ist der Wortlaut der Norm nur bedingt aufschlussreich, da er mehrere Deutungsmöglichkeiten zulässt. Die Unabhängigkeit könnte als eine solche im funktionellen Sinne gemeint sein, wonach die Verwaltungstätigkeit unparteilich und gerecht und damit frei von sachfremden Einflüssen auszuüben ist.122 Damit würde sie primär in Richtung der Aufsichtsunterworfenen wirken, also der Privaten und der Unternehmen.123 Sie hätte aber auch eine vertikale Dimension, da sie 118  Siehe hingegen auch Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 4; Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 10; Ladenburger, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 119, nach denen sich die Vorschrift ausschließlich auf die Eigenverwaltung der Union bezieht. 119  Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 4; Krajewski / Rösslein, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 13. 120  Ruffert, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (45); Weiß, Verwaltungsverbund, 2010, S. 37; siehe auch die englische Sprachfassung des Art. 298 Abs. 1 AEUV: „In carrying out their missions, the institutions, bodies, offices and agencies of the Union shall have the support of an open, efficient and independent European administra­ tion.“ Ausf. zu den Merkmalen der Agenturen unten 3. Teil 1. Kap. B. I. 121  Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 14 Rn. 1; so auch Krajewski /  Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 17. 122  So Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 7, 11; Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 24; ­Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 8. 123  So Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 7, 11; Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 24.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

gleichfalls der Einflussnahme der Mitgliedstaaten auf die Ausübung der Verwaltungstätigkeit durch die Unionsstellen entgegenstünde.124 Die „Unabhängigkeit“ der europäischen Verwaltung nach Art. 298 Abs. 1 AEUV könnte jedoch auch wie die der Kommission zu verstehen sein und damit einen umfassenderen Charakter haben als im vorgenannten Sinne. Die Kommission übt ihre Tätigkeit „in voller Unabhängigkeit“ aus und ihre Mitglieder haben sich jeder Einholung und Entgegennahme von Weisungen einer Regierung, eines Organs, einer Einrichtung und jeder anderen Stelle zu enthalten. Zudem dürfen sie keine Handlung unternehmen, die mit ihrem Amt oder der Erfüllung ihrer Aufgaben unvereinbar ist (Art. 17 Abs. 3 UAbs. 3 EUV, Art. 245 UAbs. 1 AEUV). Für ein derartiges Verständnis spricht, dass die Kommission das zentrale Verwaltungsorgan125 der Europäi­ schen Union ist, sodass die Unabhängigkeitsgewährleistung nach Art. 298 Abs. 1 AEUV für alle anderen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, die Verwaltungstätigkeit ausüben, in ihrer Auslegung dem Leitbild der Art. 17 Abs. 3 UAbs. 3 EUV i. V. m. Art. 245 UAbs. 1 AEUV zu entsprechen haben könnte. Der Wortlaut des Art. 298 Abs. 1 AEUV lässt es jedoch auch zu, die Unabhängigkeit im Sinne der Weisungsfreiheit der europäischen Verwaltung zu verstehen. Sie würde dann eine vertikale Wirkung innerhalb der Exekutivfunktion entfalten und die Verwaltung von der Regierung abschichten.126 Bezugsobjekt der Unabhängigkeit wäre damit das Verhältnis der Kommission zu den unterhalb ihr angesiedelten Behörden, den europäi­ schen Agenturen. Ein Vergleich des knapp formulierten Art. 298 Abs. 1 AEUV mit den detaillierten Vorschriften über die Autonomie der Europäischen Zentralbank (vgl. Art. 130, Art. 282 Abs. 3 S. 3–4 AEUV), die sich in eine organisatorisch-institutionelle, funktionelle und finanzielle Unabhängigkeit und die persönliche Unabhängigkeit der Direktoriumsmitglieder auffächern lässt,127 legt den Schluss nahe, dass die Unabhängigkeit der Verwaltungsstellen nach Art. 298 Abs. 1 AEUV zumindest nicht derart umfassend gemeint sein kann wie die Zentralbankautonomie, da die Vertragsgeber ansonsten in Art. 298 AEUV umfassendere Regelungen getroffen hätten. Vom Gedanken der Gewaltenteilung her fasst Art. 298 Abs. 1 AEUV die europäische Verwaltung als funktionelle Einheit auf und grenzt sie über die 124  Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 19; Krajewski /  Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 24. 125  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. b) und die dort genannten Nachweise. 126  So Kotzur, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 298 AEUV Rn. 3: „ein Minimum an Trennung“; so auch Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 8. 127  Palm, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 283 AEUV Rn. 31 m. w. N.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts45

Gewährung von Unabhängigkeit deutlich gegenüber der Gesetzgebung und der Rechtsprechung ab, die als eigenständige Funktionen auf Unionsebene nachgewiesen werden können.128 Die Unabhängigkeit schützt damit vor Übergriffen des Unionsgesetzgebers auf die Ausübung von Verwaltungstätigkeit im Einzelfall, es sei denn, eine solche Einflussnahme ist primärrechtlich vorgesehen, wie zum Beispiel bei Art. 290 Abs. 2 AEUV.129 Das Unabhängigkeitspostulat kann jedoch nicht als Freistellung der europäischen Verwaltung von der Kontrolle durch die Rechtsprechung gemeint sein, da dies mit dem Verständnis der Union als Rechtsgemeinschaft (vgl. auch Art 19 EUV und Art. 47 GR-Charta) unvereinbar wäre.130 Aufschluss über die Bedeutung der Unabhängigkeit der europäischen Verwaltung nach Art. 298 Abs. 1 AEUV gibt vor allem die Entstehungsgeschichte der Norm. Art. 298 AEUV kennt mit Art. III-398 des gescheiterten Vertrags über eine Verfassung für Europa eine Vorgängerregelung, die zuvor keine Entsprechung im Primärrecht hatte.131 Art. 298 AEUV bzw. Art. III398 EVV ist auf das Drängen skandinavischer Mitgliedstaaten und allen voran Schwedens ins Primärrecht integriert worden. Erklärtes Ziel war es, eine Rechtsgrundlage in den Vertrag einzuführen, durch die eine „gute Verwaltungskultur“ im Institutionengefüge der Union gefestigt und weiterentwickelt werden kann.132 So sollte ursprünglich der Begriff „gute Verwaltung“ in Art. III-398 EVV normiert werden, der jedoch dann durch die Begriffe „offen“, „effizient“ und „unabhängig“ ersetzt wurde.133 Die Einführung der objektiven Kriterien des Art. 298 Abs. 1 AEUV stand in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grundrecht auf eine gute Verwaltung nach Art. 41 GR-Charta, das – wie gesehen – seinerseits mit dem Lissabonner Reformvertrag erstmals normiert wurde.134 Demnach ist zur Auslegung 128  Kotzur, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 298 AEUV Rn. 3; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 8; zur Gesetzgebungsfunktion schon oben 2. Teil 2. Kap. B. I.; zur Rechtsprechungsfunktion unten 2. Teil 2. Kap. B. III. 129  Hatje, in: Schwarze, EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 19. 130  Gärditz, DÖV 2010, 453 (461). 131  Epping, in: Vedder / H. v. Heinegg, Unionsrecht, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 1. 132  Vgl. Arbeitsgruppe V, Arbeitsdokument 13, „Complementary Competencies“ v. 30.7.2002; Arbeitsgruppe V, Abschlussbericht V v. 4.11.2002, S. 17 f.; beide Dokumente sind abrufbar unter http: /  / european-convention.eu.int; siehe auch Statskontoret, Principles of Good Administration in the Member States of the European Union, 2005, S. 9; Efstratiou, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 296 (dort Fn. 40); Geber, EuZW 2013, 298 (301); Ladenburger, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 118. 133  Statskontoret, Principles of Good Administration in the Member States of the European Union, 2005, S. 10. 134  Ladenburger, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 118; so auch Guckelberger / Geber, Verwaltungsverfahrensrecht, 2013, S. 83; der

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der Unabhängigkeit der Verwaltung nach Art. 298 Abs. 1 AEUV insbesondere Art. 41 GR-Charta heranzuziehen.135 Neben der Entstehungsgeschichte trägt auch die Systematik einen Rückgriff auf das Grundrecht aus Art. 41 GR-Charta, da die Verträge und die Charta nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 HS. 1 EUV gleichrangig sind. Auch der Wortlautvergleich der beiden Normen offenbart deren enge Beziehung. Art. 41 Abs. 1 GR-Charta vermittelt jeder Person das Recht, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union „unparteiisch und gerecht“ behandelt werden. Das Grundrecht aus Art. 41 Abs. 1 GR-Charta zielt auf die Gewährleistung eines fairen Verwaltungsverfahrens zugunsten des Bürgers.136 Die Unparteilichkeit betrifft in erster Linie den individuellen Amtsträger und verpflichtet ihn, bei seiner Amtsführung unbefangen zu handeln, dass heißt sich weder von eigenen oder mitgliedstaatlichen Interessen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten zu lassen.137 Zudem muss die Unparteilichkeit durch eine entsprechende Verfahrensgestaltung abgesichert werden, die insbesondere den Geboten der Gleichbehandlung und der Waffengleichheit Rechnung trägt.138 Die Unabhängigkeit der europäischen Verwaltung nach Art. 298 Abs. 1 AEUV ist damit in erster Linie als Grundsatz der guten Verwaltung zu verstehen, der insbesondere den Aspekt der Unparteilichkeit im Sinne des Art. 41 GR-Charta beinhaltet.139 Nach der Gründungsintention bezieht sich Unabhängigkeit also vorrangig auf das Verhältnis der Administration zum Bürger bzw. Aufsichtsunterworfenen.140 Um die nähere Bedeutung der Unabhängigkeit zu erschließen, sind vor allem die betreffenden Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung zu berücksichtigen, die vom EuGH141 geprägt wurden, sowie der Europäische Kodex für enge entstehungsgeschichtliche Bezug von Art. 298 AEUV zu Art. 41 GR-Charta ergibt sich auch aus der Erläuterung zu Art. 41 GR-Charta in den Erklärungen zu Bestimmungen der (gescheiterten) Verfassung für Europa, die explizit auf Art. III398 EVV als Rechtsgrundlage für die Annahme gesetzlicher Bestimmungen im Interesse einer offenen, effizienten und unabhängigen europäischen Verwaltung verweist; siehe Erklärungen zu Bestimmungen der Verfassung, ABl. Nr. C 310 v. 16.12.2004, S. 447. 135  Epping, in: Vedder / H. v. Heinegg, Unionsrecht, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 4; Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 1, 5; Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 28. 136  Gundel, in: Ehlers, Europäische Grundrechte, 2009, § 20 Rn. 5. 137  Pfeffer, Gute Verwaltung, 2006, S. 117 ff. m. w. N. 138  Pfeffer, Gute Verwaltung, 2006, S. 124 ff. m. w. N.; siehe auch Classen, Gute Verwaltung, 2008, S.  345 ff. m. w. N. 139  Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 7, 11. 140  Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 7. 141  Siehe zur Verpflichtung der Organe zum sorgfältigen und unparteiischen Handeln z. B. EuGH, Urt. v. 21.11.1991, TU München, Rs. C-269 / 90, Slg. 1991, I-05469 Rn. 14.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts47

gute Verwaltungspraxis aus dem Jahr 2005142.143 Der Unabhängigkeitsgrundsatz fordert jedoch auch eine verwaltungsorganisatorische Sicherstellung der Neutralität der Verwaltungseinrichtungen.144 Nach dem Entstehungshintergrund dient Art. 298 Abs. 2 AEUV dazu, die in Absatz 1 genannten Prinzipien der guten Verwaltung im Gesetzgebungswege zu konkretisieren.145 Die Vorschrift enthält dem Wortlaut nach („werden“) eine Verpflichtung an den Unionsgesetzgeber, tätig zu werden.146 Insbesondere soll auf der Grundlage von Art. 298 AEUV ein „Gesetz über gute Verwaltung“ erlassen werden.147 Art. 298 Abs. 2 AEUV kann jedoch auch zur Verabschiedung einer Verordnung über ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht herangezogen werden, zu deren Vorschlag das Parlament die Kommission mit Blick auf genau diese Vertragsvorschrift Anfang des Jahres 2013 aufgefordert hat.148 Aus der Entstehungsgeschichte des Art. 298 AEUV geht jedoch nicht hervor, dass sich der Zweck der Unabhängigkeit in dem Gebot zur unparteilichen Amtsführung erschöpft oder dass auf der Grundlage der Norm nur ein „Gesetz über gute Verwaltung“ verabschiedet werden könnte.149 Zudem haben die Vertragsstaaten in Art. 298 AEUV den mehrdimensionaleren Begriff der „Unabhängigkeit“ gewählt und nicht wie in Art. 41 Abs. 1 GRCharta die „Unparteilichkeit“ explizit normiert. Damit lässt Art. 298 AEUV Raum für ein eigenständiges Verständnis der Unabhängigkeit der europäischen Verwaltung, ohne dabei ein bestimmtes 142  Vgl. Europäischer Kodex für gute Verwaltungspraxis, 2005; im Folgenden: „Kodex für gute Verwaltungspraxis“. 143  Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 1, 7; Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 17. 144  Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 20; Krajewski / Rösslein, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 25. 145  Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 5. 146  Epping, in: Vedder / H. v. Heinegg, Unionsrecht, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 4; Ladenburger, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 119. 147  Vgl. Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Jahresbericht 2003 über die Tätigkeit des Europäischen Bürgerbeauftragten (2004 / 2091 (INI)), Erwägung K; auch der Europäische Bürgerbeauftragte sah Art. III-398 AEUV als Rechtsgrundlage an, um den Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis in bindendes Recht umzuwandeln; vgl. Europäischer Kodex für gute Verwaltungspraxis, 2005, S. 9; siehe zum Ganzen Pfeffer, Gute Verwaltung, 2006, S. 254 f.; zu einer „regulation on common administrative procedure“ auf der Grundlage des Art. 298 AEUV Nieto-Garrido, EPL 18 (2012), 373 ff. 148  Europäisches Parlament, Dokument A7-0369 / 2012; siehe dazu Geber, EuZW 2013, 298 (300 f.) und insbesondere auch Guckelberger / Geber, Allgemeines Europäisches Verwaltungsverfahrensrecht vor seiner unionsrechtlichen Kodifizierung?, 2013. 149  Statskontoret, Principles of Good Administration in the Member States of the European Union, 2005, S. 10: „law on good administration“.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

Konzept zu fordern. Die Norm richtet einen entsprechenden Ausgestaltungsauftrag an den Unionsgesetzgeber (Art. 298 Abs. 2 AEUV). Ein solch eigenständiges Verständnis der Unabhängigkeit von Behörden wird seit geraumer Zeit in der Rechtsprechung des EuGH und der Rechtsetzung des Unionsgesetzgebers entwickelt.150 Art. 298 AEUV dient als primärrechtlicher Ankerpunkt hierfür, ohne dass in diesem Sinne bislang explizit auf diese Norm Bezug genommen wurde.151 Besonders deutlich kommt dieses eigene Verständnis der Unabhängigkeit von Behörden in den Urteilen des EuGH zu den nationalen Datenschutzkontrollstellen aus den Jahren 2010, 2012 und 2014 zum Ausdruck,152 in denen der Gerichtshof Verstöße Deutschlands (2010)153, Österreichs (2012) und Ungarns (2014) gegen ihre Verpflichtung aus Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 der Datenschutzrichtlinie154 annahm, die „völlige Unabhängigkeit“ dieser Stellen zu gewährleisten. Die Urteile gegen die Bundesrepublik und gegen Ungarn sind auch für die Verwaltungsorganisation auf supranationaler Ebene von Relevanz. So hat der EuGH für die Auslegung des Unabhängigkeitspostulats der Datenschutzrichtlinie auf die parallelen Verordnungsnormen Bezug genommen, die den Unabhängigkeitsstatus des Europäischen Datenschutzbeauftragten umfassend absichern (Art. 42 Abs. 4 und 5 und Art. 44 VO Nr. 45 / 2001)155.156 Der EuGH geht also von einer engen Beziehung zwischen nationaler und supranationaler Verwaltungsorganisation aus.157 In 150  Kahl, NVwZ 2011, 449 (450 f.); siehe dazu Groß, JZ 2012, 1087 ff.; Ruthig, in: Böse, Europäisches Strafrecht, 2013, § 20 Rn. 22 f. 151  In diese Richtung auch schon Classen, in: FS Scheuing, 2011, S. 299; Kahl, NVwZ 2011, 449 (450 f.). 152  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885; EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, Rs. C-614 / 10, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht; Leitsätze zu finden in DÖV 2013, 34); EuGH, Urt. v. 8.4.2014, Kommission . / . Ungarn, Rs. C-288 / 12, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht; Zusammenfassung zu finden in MMR-Aktuell 2014, 356980). 153  Nach deutschem Landesrecht unterlagen diese Datenschutzkontrollstellen teilweise der Rechts- und Fachaufsicht und teilweise nur der Rechtsaufsicht. 154  Richtlinie 95 / 46 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. Nr. L 281 v. 23.11.1995, S. 31; im Folgenden: „Datenschutzrichtlinie“. 155  Verordnung (EG) Nr. 45 / 2001 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 18.12.2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr, ABl. Nr. L 8 v. 12.1.2001, S. 1. 156  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 28; EuGH, Urt. v. 8.4.2014, Kommission . / . Ungarn, Rs. C-288 / 12, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht) Rn. 56. 157  So schon Groß, JZ 2012, 1087 (1091).



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts49

seinem Urteil gegen Österreich bezieht sich der EuGH zumindest einmal auf die Stellung des Europäischen Datenschutzbeauftragten.158 Der Gerichtshof versteht die „Unabhängigkeit“ einer öffentlichen Stelle als eine Position, in der diese gänzlich weisungsfrei und ohne Druck handeln kann und fordert für ihre „völlige“ Unabhängigkeit die Abschirmung von „jeglicher Einflussnahme von außerhalb der Kontrollstelle, sei sie unmittelbar oder mittelbar“.159 Dem Verständnis der „völligen Unabhängigkeit“ als einer bloß relativen Unabhängigkeit, dass heißt mit einer Wirkung nur gegenüber den kontrollierten Einrichtungen, erteilt der EuGH eine klare Absage.160 Dasselbe gilt für die Gleichsetzung der geforderten „völligen Unabhängigkeit“ mit den Anforderungen, die Art. 267 AEUV an die Unabhängigkeit nationaler Gerichte stellt.161 Was die staatliche Aufsicht anbetrifft, schließt der EuGH in einer besonderen Deutlichkeit die Erteilung von Weisungen durch die Regierung und damit die Ausübung von Fachaufsicht über die Kontrollstellen aus.162 Jedoch hält er auch die staatliche Rechtsaufsicht mit dem Erfordernis der „völligen Unabhängigkeit“ der Kontrollstellen für unvereinbar,163 da er in ihr ebenfalls ein potentielles Einfallstor für die Verfolgung sachfremder und vor allem politischer und wirtschaftlicher Interessen sieht, die einem objektiven Vorgehen entgegenstehen.164 Für eine Beeinträchtigung der unabhängigen Aufgabenwahrnehmung durch die Kontrollstellen lässt der EuGH 158  EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, Rs. C-614 / 10, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht) Rn. 58. 159  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 18 f., 25, 30, 50; so auch EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, Rs. C-614 / 10, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht) Rn. 41; der EuGH ist bei der Auslegung des Erfordernisses der „völligen Unabhängigkeit“ nicht dem Schlussantrag des Generalanwalts gefolgt, wonach die „völlige Unabhängigkeit“ eine funktionale Unabhängigkeit im Verhältnis zu den Kontrollunterworfenen erfordere und die Sicherstellung, dass die staatliche Rechtsaufsicht nicht missbraucht werde; siehe Schlussanträge GA Mazák v. 12.11.2009, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885; siehe dazu Streinz, JuS 2010, 556 (558). 160  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 25; die „völlige Unabhängigkeit“ erfordert jedoch auch die Abschirmung der Kontrollstelle von der Einflussnahme seitens der kontrollierten Stellen; EuGH, ebd. Rn. 30. 161  EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, Rs. C-614 / 10, Slg. 2012 (noch nicht in der Slg. veröffentlicht) Rn. 39 f. 162  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 18 f., 25, 28, 30, 32. 163  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 30, 32 ff. 164  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn.  34 f.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

bereits die bloße Gefahr einer politischen Einflussnahme von aufsichtsbehördlicher Seite genügen.165 Jeglicher Verdacht der Parteilichkeit der Kon­ trollstellen müsse ausgeschlossen sein.166 In seinem Urteil zu der in Österreich eingerichteten Datenschutzkommission geht der EuGH sogar noch einen Schritt weiter und erklärt die Dienstaufsicht über die Beamten der Datenschutzkommission für mit dem Erfordernis der völligen Unabhängigkeit dieser Stellen unvereinbar, da sie potentiell zu einem „vorauseilenden Gehorsam“ der Beamten gegenüber dem Vorgesetzten führen könnte.167 Der EuGH erachtet auch die organisatorische Eingliederung der Geschäftsstelle der österreichischen Datenschutzkommission sowie das unbedingte Recht des Bundeskanzlers von Österreich, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Datenschutzkommission zu unterrichten, als Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinie.168 In seinem Urteil gegen Ungarn erachtet der EuGH zudem die Verpflichtung, „die Dauer des Mandats der Kontrollstellen bis zu [ihrem, sic!] Ablauf zu beachten und sie nur unter Einhaltung der Grundsätze und Garantien der anwendbaren Rechtsvorschriften vorzeitig zu beenden“ als Erfordernis des Unabhängigkeitsgebotes.169 Die von der Richtlinie geforderte „völlige Unabhängigkeit“ ist auf den Zweck gerichtet, eine objektive und unparteiische Aufgabenwahrnehmung durch die nationalen Datenschutzkontrollstellen sicherzustellen,170 womit eine bessere im Sinne einer strengeren und effektiveren Erfüllung gemeint 165  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 36; zust. Roßnagel, EuZW 2010, 296 (300); hiermit wird jedoch die staatliche Aufsicht ohne nähere Substantiierung unter den generellen Verdacht gestellt, sich nicht rechtmäßig zu verhalten oder sachfremde Interessen zu verfolgen; in diese Richtung auch schon Bull, EuZW 2010, 488 (491 f.); Frenzel, DÖV 2010, 925 (927 f., 930); der Generalanwalt hatte der Kommission zuvor zurecht entgegengehalten, dass sie lediglich vermute, jedoch nicht wie im Vertragsverletzungsverfahren erforderlich beweise, dass die staatliche Aufsicht die völlige Unabhängigkeit der Kontrollstellen bei ihrer Aufgabenwahrnehmung beeinträchtige; siehe Schlussanträge GA Mazák v. 12.11.2009, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn.  30 ff. 166  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 36; so auch EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht), Rn. 52. 167  EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, Rs. C-614 / 10, Slg. 2012 (noch nicht in der Slg. veröffentlicht) Rn. 44 ff. (insbesondere Rn. 50 f. und 66). 168  EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, Rs. C-614 / 10, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht) Rn. 56 ff. 169  EuGH, Urt. v. 8.4.2014, Kommission . / . Ungarn, Rs. C-288 / 12, (noch nicht in der Slg. veröffentlich) Rn. 55. 170  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 25.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts51

ist.171 Die Unabhängigkeit findet ihre Rechtfertigung in der besonderen Funktion der Kontrollstellen als „Hüter“ der Grundrechte und Grundfreihei­ ten,172 also von Aufgaben, die über die schlichte verwaltungsmäßige Tätigkeit hinausgreifen.173 Die „völlige Unabhängigkeit“ dieser Stellen schließt die Fachaufsicht aus. Sie geht jedoch mit dem Ausschluss der Rechts- und Dienstaufsicht auch darüber hinaus. Da jedoch die Tätigkeit unabhängiger Verwaltungsbehörden nach dem Demokratieprinzip der Union (vgl. Art. 10 EUV) der hinreichenden Legitimation bedarf, nimmt der EuGH im Urteil zu den deutschen Datenschutzkontrollstellen auch zu einem eigenständigen europäischen Konzept der demokratischen Legitimation solcher Behörden Stellung. Hierzu stellt er zunächst fest, dass der Demokratiegrundsatz nicht bedeutet, „dass es außerhalb des klassischen hierarchischen Verwaltungsaufbaus keine öffentlichen Stellen geben kann, die von der Regierung mehr oder weniger unabhängig sind.“174 Der EuGH sieht die Kontrolle dieser Behörden im Schwerpunkt beim Parlament,175 dessen Einfluss nicht gänzlich ausgeschlossen werden dürfe,176 und den Gerichten. Als zwingend erforderlich erachtet er die Gesetzesbindung der unabhängigen Verwaltungsstellen und ihre Unterworfenheit unter die Kontrolle der Gerichte.177 Als mögliche weitere Kontroll- und Einwirkungsformen benennt er die Bestellung des Leitungspersonals der Kontrollstellen durch das Parlament oder die Regierung und die Statuierung von Rechenschaftspflichten gegenüber dem Parlament.178 Zu erwarten ist, dass der EuGH die Rechtsprechung zu den unabhängigen Aufsichtsbehörden auch auf andere regulierte Wirtschaftsbereiche erstrecken wird, in denen die Funktion der Aufsichtsbehörde ähnlich wie bei der Da171  Bull, EuZW 2010, 488 (491); Spieker gen. Döhmann, JZ 2010, 784 (790); dem ist entgegenzuhalten, dass auch eine Behörde mit absolutem Unabhängigkeitsstatus sachfremde Interessen verfolgen und ineffektiv oder gar rechtswidrig handeln kann; so auch Bull, EuZW 2010, 488 (491). 172  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 23, 36; so auch EuGH, Urt. v. 16.10.2012, Kommission . / . Österreich, Rs. C-614 / 10, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht) Rn. 37, 52; siehe dazu Petri / Tinnefeld, MMR 2010, 352 (355). 173  Roßnagel, EuZW 2010, 296 (300). 174  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 42. 175  Zustimmend Petri / Tinnefeld, MMR 2010, 352 (356). 176  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 43. 177  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 42. 178  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn.  44 f.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

tenschutzkontrolle eine objektive und unparteiische Aufgabenerfüllung erfordert und die damit vor allem von politischer Einflussnahme abgeschirmt sein muss.179 Das europäische Modell der von der politischen Exekutivspitze abgekoppelten, weisungsfreien Behörden, wie es sich in den Urteilen zu den Datenschutzkontrollstellen abzeichnet, wird zunehmend auch über das Richtlinienrecht der Union gefestigt, das die Rechtsstellung von nationalen Regulierungsbehörden im Energie-, Telekommunikations- und Eisenbahnsektor regelt.180 So fordert die Richtlinie 2009 / 72 / EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt,181 dass die nationale Regulierungsbehörde ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausübt (Art. 35 Abs. 4 S. 1 RL 2009 / 72 / EG). Hierzu haben die Mitgliedstaaten nicht nur sicherzustellen, dass die Regulierungsbehörde rechtlich getrennt und funktional unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen ist und ihr Personal und ihr Management unabhängig von Marktinteressen handelt (Art. 35 Abs. 4 S. 2 lit. a)–b) i) RL 2009 / 72 / EG). Darüber hinaus schließt sie auch die Einholung und Entgegennahme direkter Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen seitens des Personals und des Managements der Behörde bei der Wahrnehmung der Regulierungsaufgaben aus (Art. 35 Abs. 4 S. 2 lit. b) ii) S. 1 RL 2009 / 72 / EG). Die Regierung kann zwar allgemeine politische Leitlinien erlassen. Ein Zusammenhang mit den Regulierungsaufgaben und -befugnissen gemäß Art. 37 RL 2009 / 72 / EG darf jedoch nicht bestehen (Art. 35 Abs. 4 S. 2 lit. b) ii) S. 2 RL 2009 / 72 / EG). Die Abschirmung der Regulierungsbehörde von politischen Weisungen wird noch dadurch untermauert, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, sicherzustellen, „(…) dass die Regulierungsbehörde unabhängig von allen politischen Stellen selbständige Entscheidungen treffen kann (…)“ (Art. 35 Abs. 5 lit. a) RL 2009 / 72 / EG). Gefordert wird also die „völlige Unabhängigkeit“182 der nationalen Regulierungsbehörde, die ausweislich der Erwägungsgründe (33) und (34) der Richtlinie 2009 / 72 / EG darauf zielt, die Effektivität der Regulierung zu 179  Für die Übertragbarkeit der EuGH-Ausführungen Spieker gen. Döhmann, JZ 2010, 784 (790). 180  Gärditz, DÖV 2010, 453 (461); Hermes, in: FS Zuleeg, 2005, S. 410 und 416; siehe dazu Ruffert, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 2012, § 21 Rn.  27 ff.; Ruthig, in: Ruthig / Storr, Wirtschaftsrecht, 2011, § 2 Rn. 191. 181  Richtlinie 2009 / 72 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.7.2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003 / 54 / EG, ABl. Nr. L 211 v. 14.8.2009, S. 55; im Folgenden: „RL 2009 / 72 / EG“. 182  Ludwigs, DV 44 (2011), 41 (44); siehe zu weiteren Mechanismen, die den Unabhängigkeitsstatus der Regulierungsbehörde absichern sollen Art. 35 Abs. 5 RL 2009 / 72 / EG.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts53

steigern und das ordnungsgemäße Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarktes sicherzustellen. Die Kontrolle der unabhängigen nationalen Regulierungsbehörde soll – ganz ähnlich der Ausführungen des EuGH zu den nationalen Datenschutzkontrollstellen – bei den nationalen Gerichten und Parlamenten angesiedelt sein (vgl. Erwägungsgrund (34) RL 2009 / 72 / EG). Nahezu spiegelbildliche Regelungen finden sich für die nationalen Regulierungsbehörden im Gassektor in der Richtlinie 2009 / 73 / EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt183 (vgl. Art. 39 Abs. 4–5 und Erwägungsgründe (29) und (30) RL 2009 / 73 / EG) und im Telekommunikationssektor, wo mit der Änderungsrichtlinie 2009 / 140 / EG184 ein neuer Art. 3a in die Richtlinie 2002 / 21 / EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste185 integriert wurde (vgl. Art. 3 Abs. 3 S. 1, Art. 3 Abs. 3a UAbs. 1 Rahmenrichtlinie; Art. 1 Abs. 3a) Änderungsrichtlinie, Erwägungsgrund (13) Änderungsrichtlinie). Vergleicht man die Ausführungen des EuGH zur Unabhängigkeit der nationalen Datenschutzkontrollstellen und die des Unionsgesetzgebers zur Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden, fällt deren Gleichklang ins Auge.186 Trotz der Besonderheiten, die die Urteile zu den Datenschutzkontrollstellen und das Richtlinienrecht zu den Regulierungsbehörden aufweisen – beide beziehen sich auf die nationale Organisationsebene und in beiden Fällen geht es um Behörden, deren besondere Unabhängigkeit sekundärrechtlich ausgestaltet ist – bilden sie die Anfänge für ein eigenständiges europäisches Verständnis der Unabhängigkeit von Behörden, ihrer demokratischen Legitimation und der damit eng verbundenen Frage der zulässigen und gebotenen Kontrollen dieser Behörden.187 Dies zeigt sich schon darin, dass der EuGH im Urteil zu den deutschen Datenschutzkon­ 183  Richtlinie 2009 / 73 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.7.2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003 / 55 / EG, ABl. Nr. L 211 v. 14.8.2009, S. 94; im Folgenden: „RL 2009 / 73 / EG“. 184  Richtlinie 2009 / 140 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002 / 21 / EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002 / 19 / EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002 / 20 / EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. Nr. L 337 v. 18.12.2009, S. 37; im Folgenden: „Änderungsrichtlinie“. 185  Richtlinie 2002 / 21 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 33; im Folgenden: „Rahmenrichtlinie“. 186  Gärditz, AöR 135 (2010), 251 (281, dort Fn. 152). 187  In diese Richtung schon Classen, in: FS Scheuing, 2011, S. 299.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

trollstellen bewusst den Bogen zur europäischen Verwaltungsorganisationsebene spannt188 und seine Ausführungen zum Demokratieprinzip allgemein hält, ihnen also keinen spezifisch datenschutzrechtlichen Hintergrund vermittelt.189 Zudem spiegelt das Richtlinienrecht des Unionsgebers zu den nationalen Regulierungsbehörden dessen grundsätzliches Verständnis der Unabhängigkeit und der Kontrolle dieser Einrichtungen wider. Die „Unabhängigkeit“ der europäischen Verwaltung nach Art. 298 Abs. 1 AEUV soll ihre Bedeutung deshalb vor allem innerhalb der Exekutivfunktion entfalten und die unterhalb der Kommission angesiedelten Behörden – die europäischen Agenturen – in einem Mindestmaß von der Regierung und damit gerade auch von der Kommission abschichten.190 Art. 298 AEUV erfordert, dass die Behörden gegenüber der Kommission weisungsfrei sind.191 Die Unabhängigkeit zielt darauf ab, eine objektive und unparteiische Aufgabenerfüllung zu gewährleisten, die von politischer Einflussnahme frei ist.192 Dieses Verständnis der Unabhängigkeit von Behörden wird auch von dem Ergebnis eines Rechtsvergleichs der Verwaltungsorganisationen der EUMitgliedstaaten gestützt,193 die ganz überwiegend – und im deutlichen Kontrast zur deutschen Verwaltungskultur194 – das Modell der politisch abgeschirmten, unabhängigen Behörde kennen.195 188  Groß,

JZ 2012, 1087 (1091). AöR 135 (2010), 251 (280). 190  Kotzur, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 298 AEUV Rn. 3; Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 8; in diese Richtung wohl auch Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 6 Rn. 108. 191  So auch schon Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 65; krit. Gärditz, DÖV 2010, 453 (461). 192  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 25; Groß, JZ 2012, 1087 (1091); krit. Gärditz, DÖV 2010, 453 (461). 193  Groß, JZ 2012, 1087 (1091). 194  Diese zeichnet sich durch einen an der Verwaltungsspitze stehenden, parlamentarisch verantwortlichen Minister aus, der gegenüber den hierarchisch nachgeordneten Behörden weisungsbefugt ist und damit die Fachaufsicht ausübt. Ministerialfreie Räume sind die Ausnahme, bedürfen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung und sind nur bei strenger Gesetzesbindung ohne eigene Gestaltungsspielräume der Behörde zulässig; zudem wird in der Bundesrepublik die Rechtsaufsicht als „notwendiges Korrelat“ einer behördlichen Verselbständigung angesehen; vgl. für den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung BVerfGE 6, 104 (118); 78, 331 (341). 195  Ruffert, in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 433: „gemeineuropäischer Trend“; siehe für einen rechtsvergleichenden Abriss Groß, JZ 2012, 1087 (1090 f. m. w. N.); Hermes, in: FS Zuleeg, 2005, S. 417 m. w. N.; Ruffert, ebd., S. 433 ff.; siehe auch die Beiträge in Masing / Marcou, Unabhängige Regulierungsbehörden, 2010 und Verhey / Zwart, Agencies in European Comparative Per­ spektive, 2003. 189  Gärditz,



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts55

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Unabhängigkeit der europäischen Verwaltung nach Art. 298 Abs. 1 AEUV mehrere Bedeutungen und Wirkrichtungen hat. Hervorzuheben ist jedoch ihre Relevanz für das Verhältnis der Kommission zu den unterhalb ihr angesiedelten Behörden, den europäischen Agenturen. Hier schließt die Unabhängigkeit den politischen Einfluss und damit vor allem die Weisungen der Kommission aus. Aus den Urteilen des EuGH zur den nationalen Datenschutzkontrollstellen ergibt sich jedoch auch deutlich, dass die parlamentarische und die gerichtliche Kon­ trolle über die Behörden sichergestellt sein muss. Der Unionsgesetzgeber sollte von seinem Ausgestaltungsauftrag aus Art. 298 Abs. 2 AEUV Gebrauch machen und sein Verständnis der Unabhängigkeit der Verwaltung durch den Erlass übergreifender Verordnungen dokumentieren. d) Bedeutung der Effizienz und der Offenheit der europäischen Verwaltung nach Art. 298 AEUV Das Effizienzgebot, dem auch der institutionelle Rahmen der Europäischen Union unterliegt,196 erstreckt sich mit Art. 298 Abs. 1 AEUV ausdrücklich auch auf die Verwaltungstätigkeit der Eigenverwaltung der Europäischen Union. Das Prinzip verpflichtet die europäische Verwaltung zu einer möglichst ressourcenschonenden und zügigen Aufgabenerfüllung.197 Die Offenheit, die Art. 298 Abs. 1 AEUV als weitere Anforderung an die europäische Verwaltung formuliert, steht im Kontext des allgemeinen Transparenzgebotes der Verträge (vgl. nur Art. 1 Abs. 2, Art. 11 Abs. 2–3 EUV, Art. 15 AEUV).198 Sie zielt schwerpunktmäßig auf die rechtsstaatliche Kontrolle der Verwaltung und die Verfahrensbeteiligung des Bürgers.199 Der Transparenz dient vor allem das Recht auf Dokumentenzugang (Art. 42 GR-Charta).

196  Siehe

oben 2. Teil 2. Kap. A. in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 18; Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2010, Art. 298 AEUV Rn. 12.; siehe auch Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 7. 198  Kotzur, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 298 AEUV Rn. 3; Krajewski /  Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 8; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 6. 199  Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 9; ­Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 17. 197  Hatje,

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

III. Rechtsprechungsfunktion Im Kreis der Organe der Union ist die Rechtsprechungsfunktion200 ausschließlich dem Gerichtshof der Europäischen Union zugewiesen. Er hat die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge zu sichern (Art. 19 Abs. 1 S. 2 EUV). Der Gerichtshof der Europäischen Union setzt sich aus dem Gerichtshof, dem Gericht und den Fachgerichten zusammen (Art. 19 Abs. 1 S. 1 EUV).201 Für den Bereich der GASP und der Rechtsakte, die auf der Grundlage der GASP-Bestimmungen erlassen werden, ist der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zuständig (Art. 275 Abs. 1 AEUV). Die Unabhängigkeit des Rechtsprechungsorgans wird durch vielfältige primärrechtliche Regelungen abgesichert (vgl. nur Art.  252 Abs. 2, Art. 253, Art. 254 Abs. 2 und Art. 255 AEUV).202 IV. Zusammenfassung und Bewertung Festzuhalten bleibt, dass sich alle drei Funktionen von Herrschaftsausübung auf Unionsebene nachweisen lassen.203 Die Gesetzgebungs- und die Exekutivfunktion sind durch die Lissabonner Vertragsreform deutlicher voneinander abgegrenzt worden, was vor allem durch die Aufnahme des Unabhängigkeitsgrundsatzes der europäischen Verwaltung (Art. 298 AEUV) bewirkt wurde. Das Unabhängigkeitsprinzip entfaltet seine Wirkung jedoch vor allem innerhalb der Exekutivfunktion und schichtet die Verwaltung von den Einflüssen der Regierung ab.204 Trotz der Erfolge, welche die Lissabonner Vertragsreform bezogen auf eine klarere Gewaltenteilung erzielt hat, sind die Gesetzgebungs- und die Exekutivfunktion auf Unionsebene weiterhin stark miteinander verschränkt.205 Mit der Kommission und dem Rat nehmen nämlich gleich zwei Organe an zwei Funktionen der Union teil.206 Hingegen werden der Europäische Rat, das Parlament und der Gerichtshof 200  Siehe zur Definition von Rechtsprechung Hesse, Verfassungsrecht, 1999, § 14 Rn. 548; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof, HStR, Bd. II, 2004, § 26 Rn. 52; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 898; siehe auch Lenaerts, CMLR 28 (1991), 11 (13 f.). 201  vgl. zur Architektur der EU-Gerichtsbarkeit Hakenberg / Schilhan, ZfRV 2008, 104 ff. 202  Siehe dazu Conway, ELJ 17 (2011), 304 (315). 203  So auch schon Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 106; Ruffert, EuR 2009, Heft 1 Beiheft 1, 31 (39). 204  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c). 205  Zu früheren Fassungen der Verträge v. Alemann, Der Rat, 2009, S. 82; Le­ naerts / Verhoeven, CMLR 37 (2000), 645 (649). 206  Bieber, in: ders. / Epiney / Haag, Die EU, 2013, § 4 Rn. 7; Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 96.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts57

jeweils nur im Rahmen einer Funktion tätig. Da an der Rechtsprechungsfunktion neben dem Gerichtshof keine weiteren Organe beteiligt sind, verwirklicht sich der „Trennungsgedanke“ der Gewaltenteilung im Hinblick auf diese Funktion noch am ehesten.207 Zwingen die Verschränkungen zwischen der Gesetzgebungs- und der Exekutivfunktion nun dazu, die gewaltenteilige Verfasstheit der Europäischen Union zu verneinen? Zu diesem Ergebnis müsste man kommen, wenn man ein bestimmtes Gewaltenteilungskonzept gleichsam als Schablone auf die Unionsebene legen und auf Kompatibilität hin überprüfen würde.208 Denn die Europäische Union entspricht weder dem klassischen,209 maßgeblich von Montesquieu geprägten Konzept von Gewaltenteilung210 noch einer auf mitgliedstaatlicher Ebene vorzufindenden Ausprägung.211 Jedoch gilt auch für den Bereich der Gewaltenteilung, dass für den Staat entwickelte Konzepte nur strukturangepasst auf die supranationale Ebene übertragen werden können.212 Auf Unionsebene wurden die traditionellen Vorstellungen von Gewaltenteilung aufgegriffen und über den Prozess der Integration zu einem eigenen unionsspezifischen Modell der Funktionenteilung weiterentwickelt.213 Den Grundvorstellungen von Gewaltenteilung, nämlich Teilung und Verschränkung von öffentlicher Gewalt zum Zwecke des Ausschlusses von Machtkonzentration, wird auf Unionsebene Genüge getan,214 nur eben auf spezifische Weise.215 Anzumerken sei an dieser Stelle, dass Gewaltenverschränkung und -verflechtung keine Besonderheiten der Europäischen 207  Borchardt, Grundlagen, 2012, § 4 Rn. 159; siehe auch Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 Rn. 1; Priebe, Entscheidungsbefugnisse, 1979, S. 76. 208  Siehe z. B. Kirchner / Haas, JZ 1993, 760 (768); siehe hingegen auch Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 1. 209  Borchardt, Grundlagen, 2012, § 4 Rn. 159 f.; Badura, VVDStRL 23 (1966), 34 (60 f.); Haratsch, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 209. 210  Dazu ausf. oben 2. Teil 1. Kap. 211  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 9; Haratsch, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 199; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 1; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 115. 212  Di Fabio, in: Isensee / Kirchhof, HStR, Bd. II, 2004, § 27 Rn. 80 f., 84; Ossenbühl, DÖV 1980, 545 (546); siehe auch Schmidt Glaeser, GG, 1996, S. 197; siehe auch H. P. Ipsen, Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 315 ff. 213  Schlussanträge GA Trstenjak v. 30.6.2009, Audiolux u. a., Rs. C-101 / 08, Slg. 2009, I-09823 Rn. 104; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 9, 18; Fritzsche, Ermessen, 2008, S. 139 m. w. N.; Fuß, DÖV 1964, 577 (582 ff.); ­Läufer, Organe, 1990, S. 216; Oppermann, Europacht, 3. Aufl., 2005, § 5 Rn. 10; Pernice, JZ 2000, 866 (871); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2006, 7. Kap., Rn. 31; Schütz, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 23 f. 214  Di Fabio, in: Isensee / Kirchhof, HStR, Bd. II, 2004, § 27 Rn. 84; siehe auch ders., JZ 2000, 737 (741). 215  Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 1.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

Ebene sind, auch wenn sie dort vergleichsweise stark ausgeprägt sind. Vielmehr ist Gewaltenteilung „nirgends rein verwirklicht“, sondern es „bestehen zahlreiche Gewaltenverschränkungen und -balancierungen“.216

C. Das Verhältnis der Unionsorgane zueinander: Institutionelles Gleichgewicht? In der folgenden Analyse des Organverhältnisses in der Europäischen Union bleiben die Europäische Zentralbank und der Rechnungshof ausgeblendet, weil sie keine politischen Organe sind. Dies trifft zwar auch auf den Gerichtshof der Europäischen Union zu. Da er aber eine wesentliche Kontrollfunktion im institutionellen System wahrnimmt, wird er in die Analyse integriert. I. System von checks and balances 1. Kontroll-, Mitwirkungs- und sonstige Einwirkungsrechte im Organverhältnis Als Mechanismen, die auf die Herstellung eines horizontalen Systems von checks and balances abzielen, sind zunächst das Prinzip der begrenzten organschaftlichen Einzelermächtigung (Art. 13 Abs. 2 S. 1 EUV) und das Loyalitätsprinzip (Art. 13 Abs. 2 S. 2 EUV) zu nennen.217 Nach diesen Grundsätzen handeln die Organe nach Maßgabe der ihnen in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse und arbeiten loyal zusammen. Zu Austarierungen zwischen den Organen tragen auch institutionelle Vereinbarungen bei, für deren Erlass seit der Lissabonner Vertragsreform in Art. 295 AEUV eine explizite Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist. Betrachtet man das vertraglich ausgestaltete Organverhältnis näher, zeigt sich ein System gegenseitiger Abhängigkeit schon innerhalb der Legislative. Hier sind das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zur Zusammenarbeit verpflichtet, weil kein Gesetzgebungsakt ohne die Mitwirkung jedes Einzelnen von ihnen zustande kommen kann.218 Insofern zeigt sich eine Parallele zur Montesquieu’schen Gewaltenteilungslehre, die bereits das Element der Austarierung innerhalb der Legislative zwischen der Adels- und der Volkskammer kennt.219 216  BVerfGE 3, 225 (247); 7, 183 (188), 95, 1 (15); Conway, ELJ 17 (2011), 304 (308); Zippelius, Allg. Staatslehre, 2010, S. 254. 217  Hobe, Europarecht, 2011, § 8 Rn. 234; siehe auch Borchardt, Grundlagen, 2012, § 4 Rn. 160 ff.; Fuß, DÖV 1969, 577 (583 f.). 218  So zum Rat und zum Parlament Oppermann, DVBl. 2008, 473 (479). 219  Siehe oben 2. Teil 1. Kap.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts59

Ein ähnliches Bild der gegenseitigen Abhängigkeit wie im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren ergibt sich auch im Haushaltsverfahren der Union, in dem das Parlament und der Rat als gemeinsame Haushaltsbehörde mit der Kommission zusammenwirken (vgl. Art. 317 ff. AEUV). Auf das Parlament in unterschiedlicher Art und Intensität einwirken können außerhalb der Gesetzgebungs- und Haushaltsverfahren neben dem Rat auch die Kommission und der Europäische Rat. Alle drei Organe werden vom Parlament gehört, und die Kommission ist darüber hinaus zur Teilnahme an den Sitzungen des Parlaments berechtigt (Art. 230 Abs. 1–3 AEUV). Zudem muss der Rat vielen parlamentarischen Maßnahmen zustimmen. Der Europäische Rat leistet einen maßgeblich Beitrag zur Konstituierung des Parlaments, indem er einen Beschluss über dessen Zusammensetzung erlässt, wobei er jedoch auf die Initiative und die Zustimmung des Parlaments angewiesen ist (Art. 14 Abs. 2 UAbs. 2 EUV). Dem Europäischen Parlament stehen hingegen seinerseits mit Blick auf die an der Exekutivfunktion beteiligten Organe gewichtige politische Wahlund Kontrollrechte und sonstige Mitwirkungsrechte zu.220 Dies gilt vor allem hinsichtlich der an der Verwaltungsspitze stehenden Kommission. Das Parlament beeinflusst maßgeblich die personelle Besetzung des Amtes des Kommissionspräsidenten, indem es den Kandidaten, der vom Europäischen Rat unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Wahlen zum Europäischen Parlament vorgeschlagen wird, mit der Mehrheit seiner Mitglieder wählt (Art. 14 Abs. 1 S. 3, Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1 EUV). Zudem sind der Präsident der Kommission, der Hohe Vertreter sowie die übrigen Kommissionsmitglieder als Kollegium vom Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments abhängig (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 3 S. 1 EUV). Darüber hinaus steht die Kommission als Kollegium in der Verantwortung des Europäischen Parlaments (Art. 17 Abs. 8 EUV, Art. 234 Abs. 1 AEUV) und hat mündlich oder schriftlich auf die ihr vom Parlament oder von dessen Mitgliedern gestellten Fragen zu antworten (Art. 230 Abs. 2 AEUV). Als besonders scharfes Schwert der politischen Kontrolle gegenüber der Kommission kann das Europäische Parlament einen Misstrauensantrag gegen die Kommission annehmen.221 Dieses Instrument zwingt die Kommissionsmitglieder geschlossen zum Rücktritt von ihren Ämtern und verpflichtet auch den Hohen Vertreter der Union zur Niederlegung seines im Rahmen der Kommission ausgeübten Amtes (Art. 17 Abs. 8 S. 2–3 EUV, Art. 234 Abs. 1–2 AEUV). Der Kontrolle der Kommission dienen darüber hinaus die Entgegennahme und die Debatte über den jährlichen Gesamtbericht der Kommission in öf220  Siehe nur Geiger, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 14 EUV Rn. 10; siehe auch Art. 14 Abs. 1 S. 2 EUV. 221  Bieber, in: Bieber / Epiney / Haag, Die EU, 2013, § 4 Rn. 25.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

fentlicher Sitzung (Art. 233 AEUV) und die Untersuchungen des vom Parlament gewählten Bürgerbeauftragten (Art. 228 AEUV).222 Seiner Kontroll­ aufgabe kommt das Europäische Parlament auch durch sein Untersuchungsrecht nach. Dieses Recht ermächtigt das Organ, durch Beschluss einen nichtständigen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der behauptete Verstöße gegen das Unionsrecht oder Missstände bei dessen Anwendung seitens der Kommission prüft und dem Parlament berichtet (Art. 226 AEUV). Zudem ist das Europäische Parlament zur haushaltsrechtlichen Kontrolle der Kommission berufen, indem es über die Entlastung der Kommission zur Ausführung des Haushaltsplans auf Empfehlung des Rats entscheidet (Art. 319 AEUV). Die delegierte Rechtsetzung der Kommission nach Art. 290 Abs. 1 AEUV wird vom Parlament und vom Rat dadurch kontrolliert, dass sie die Befugnisübertragung auf die Kommission widerrufen (Art.  290 Abs.  2 UAbs. 1 lit. a) AEUV) und über Einwände das Inkrafttreten der delegierten Rechtsakte der Kommission verhindern können (Art. 290 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b) AEUV). Einwirken kann das Europäische Parlament auch auf den Präsidenten des Europäischen Rates, weil dieser dem Parlament im Anschluss an jede Tagung des Europäischen Rates einen Bericht vorzulegen hat (Art. 15 Abs. 6 lit. d) EUV). Hinsichtlich der weiteren Beziehungen des Parlaments zu den anderen an der Exekutivfunktion beteiligten Organen sei an dieser Stelle nur auf das Anhörungs-, Unterrichtungs- und Fragerecht des Parlaments in der GASP verwiesen (Art. 36 EUV). Jedoch kommt es auch zwischen den an der Exekutivfunktion beteiligten Organen zu zahlreichen Verschränkungen. Bereits an der Konstituierung der Kommission sind der Rat und der Europäische Rat beteiligt. Der Rat nimmt im Einvernehmen mit dem Kommissionspräsidenten die Liste der anderen Persönlichkeiten an, die der Präsident als Kommissionsmitglieder vorschlägt (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 2 EUV) und der Europäische Rat ernennt die Kommission, nachdem sie sich als Kollegium dem Zustimmungsvotum des Parlaments gestellt hat (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 3 EUV). Zudem kann der Europäische Rat die Anzahl der Kommissionsmitglieder ändern und das Rotationssystem der Kommission festlegen (Art. 17 Abs. 5 UAbs. 1 EUV, Art. 17 Abs. 5 UAbs. 2 S. 2 EUV i. V. m. Art. 244 AEUV). Auch die Konstituierung des Kommissionspräsidenten erfordert die Mitwirkung des Europäischen Rates, da der Kandidat vom Europäischen Rat vorgeschlagen und zum Präsidenten ernannt wird (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1 S. 1, UAbs. 3 S. 2 EUV). Der Kommissionspräsident ist zugleich Teil des Europäischen Rates 222  Geiger, in: G / K / K, EUV / AEUV 2010, Art. 14 EUV Rn. 11; Kotzur, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 233 AEUV Rn. 2; Martenczuk, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 17 EUV Rn. 117.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts61

(Art. 15 Abs. 2 S. 1 EUV). Er ist zwar nicht stimmberechtigt, kann jedoch die Beratungen im Europäischen Rat beeinflussen.223 Der Rat kontrolliert die Kommission beispielsweise bei deren Tätigkeit auf dem Gebiet des Außenhandels (Art. 207 Abs. 3 UAbs. 3 AEUV) und kann ein gerichtliches Amtsenthebungsverfahren gegen einzelne Kommissionsmitglieder anstoßen (Art. 245, Art. 247 AEUV). Hingegen nimmt die Kommission als „Hüterin des Unionsrechts“224 die ihr vom Vertrag explizit zugewiesene Aufsichtsfunktion unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union wahr (Art. 17 Abs. 1 S. 2, S. 3 EUV). Bei behaupteten Unionsrechtsverstößen der übrigen Unionsorgane225 kann die Kommission durch Erhebung einer Nichtigkeits- oder Untätigkeitsklage den Gerichtshof der Europäischen Union befassen (Art. 263 Abs. 1–2, Art. 265 Abs. 1 AEUV).226 Einwirkungskraft innerhalb der Exekutivfunktion übt auch der Rat aus, indem er beispielsweise die Amtsbezüge der Kommissionsmitglieder und ihres Präsidenten, des Hohen Vertreters und des Präsidenten des Europäischen Rates festsetzt (Art. 243 AEUV). Zudem ist das Organ eng mit dem Europäischen Rat verwoben.227 In der Formation „Allgemeine Angelegenheiten“ bereitet der Rat mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Kommissionspräsidenten die Arbeiten des Europäischen Rates vor (Art. 15 Abs. 6 lit. b) EUV). Zudem erfährt der Europäische Rat in organisatorischer Hinsicht Unterstützung durch das Generalsekretariat des Rates (Art. 235 Abs. 4 AEUV). Der Europäische Rat wirkt hingegen maßgeblich auf den Rat ein, indem er einen Beschluss zur Festlegung der Zusammensetzung des Rates und zur Festlegung des Vorsitzes im Rat in allen seinen Zusammensetzungen erlässt (Art. 16 Abs. 6 UAbs. 1, Abs. 9 EUV i. V. m. Art. 236 lit. a) und b) AEUV).228 Zudem unterliegt der Rat in bestimmten Sachbereichen einer Berichtspflicht gegenüber dem Europäischen Rat (vgl. z. B. Art. 121 Abs. 2 AEUV). Die Verschränkungen zwischen dem Europäischen Rat und dem Rat zeigen sich 223  Art. 235 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 AEUV; Kumin, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 15 EUV Rn. 8. 224  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. b) und die dortigen Nachweise. 225  Mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen Union und im Falle der Nichtigkeitsklage auch mit Ausnahme des Rechnungshofes. 226  Diese Rechtsbehelfe stehen auch dem Europäischen Parlament, dem Rat, sowie der EZB und dem Rechnungshof zu. 227  Ziegenhorn, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 16 EUV Rn. 6. 228  Der Beschluss zur Festlegung der Zusammensetzungen des Rates betrifft jedoch nicht die Formationen „Allgemeine Angelegenheiten“ und „Auswärtige Angelegenheiten“ und den Beschluss über den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

besonders deutlich bei der Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der GASP (vgl. Art.  23 ff. EUV). Zu den institutionellen Verschränkungen zwischen dem Rat und dem Europäischen Rat trägt vor allem der Hohe Vertreter bei, welcher vom Europäischen Rat mit Zustimmung des Kommissionspräsidenten ernannt wird (Art. 18 Abs. 1 S. 1 EUV). Als Vorsitzender im Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ nimmt er an den Arbeiten des Europäischen Rates teil (Art. 15 Abs. 2 S. 2 EUV). Der Hohe Vertreter hat zudem eine Scharnierstellung zwischen dem Rat und der Kommission.229 Da er einer der Vizepräsidenten der Kommission und Außenkommissar ist und zugleich den Vorsitz im Rat „Auswärtigen Angelegenheiten“ innehat (Art. 18 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 EUV), trägt er sozusagen einen „Doppelhut“.230 Weit weniger in das System der Verschränkungen zwischen den Organen einbezogen ist der Gerichtshof der Europäischen Union. Im weiteren Sinne auf den Gerichtshof der Europäischen Union einwirken kann der Rat. Er setzt die Amtsbezüge der Mitglieder und des Kanzlers fest, kann die Anzahl der Generalanwälte des EuGH erhöhen, genehmigt die Verfahrensordnungen des Gerichtshofs und des Gerichts und ernennt die Mitglieder der Fachgerichte (Art. 243, Art. 252 Abs. 1 S. 2, Art. 253 Abs. 6 S. 2, Art. 254 Abs. 4 S. 2, Art. 257 Abs. 4 S. 2 AEUV). Der Gerichtshof übt seine Kontrollfunktion gegenüber sämtlichen Unionsorganen aus und zwar vor allem über die Verfahren der Nichtigkeits- und der Untätigkeitsklage (Art. 263, Art. 265 AEUV). Die Analyse des Organverhältnisses zeigt, dass aufgrund vielfältiger Verschränkungen, vor allem in Form von Kontroll-, Mitwirkungs- und sonstigen Einwirkungsrechten, ein veritables System von checks and balances zwischen den Unionsorganen existiert.231 Gegenseitige Hemmung und Austarierung prägen damit das funktionale und organisatorische Verhältnis zwischen der Gesetzgebung und der Exekutive auf Unionsebene weit mehr als der Gedanke der Trennung,232 wie dies auch schon in der Montes­ quieu’schen Gewaltenteilungslehre der Fall ist.233 229  Tömmel,

integration 2004, 202 (205). EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (44); Kaufmann-Bühler / Meyer-Landrut, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 18 EUV Rn. 1, 3, 29, 41. 231  Bleckmann, Europarecht, 1997, § 11 Rn. 1229; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 9; Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 97; Fuß, DÖV 1964, 577 (584); Haratsch, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 210; ders. / Koenig / Pechstein, Europarecht, 2012, S. 100 Rn. 204; Huber, EuR 2003, 574 (576); Kutscher, EuR 1981, 392 (410). 232  Haratsch, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 210. 233  Siehe oben 2. Teil 1. Kap. 230  Ruffert,



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts63

Dass das System von checks and balances auch zu Lähmungen im institutionellen Gefüge führen kann, wenn Unionsorgane Blockadehaltungen einnehmen oder ihre vertraglich zugewiesenen Befugnisse besonders extensiv auslegen, zeigte sich anschaulich im EU-Haushaltsstreit234 Anfang des Jahres 2013. Obwohl das Parlament dem mehrjährigen Finanzrahmens der Union für die Jahre 2014–2020 lediglich seine Zustimmung erteilen oder verweigern darf (Art. 312 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 AEUV), mischte es sich zur Durchsetzung seiner eigenen Vorstellungen in die Detailfragen ein und blockierte den Gesetzgebungsprozess. Zutreffend wies das Parlament in seiner Entschließung jedoch darauf hin, dass die Verhandlung im Gesetzgebungsverfahren zwischen dem Rat und dem Parlament nicht durch die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vorweggenommen werden dürfen.235 2. Vorbehaltsbereiche an Aufgaben und Befugnissen der Unionsorgane Die Verschränkungen zwischen den Unionsorganen sind jedoch nicht absolut. Vielmehr behalten die Verträge jedem Unionsorgan einen Bereich an Aufgaben und Befugnissen vor, der von den übrigen Organen nicht angetastet werden darf.236 Hier sind nur einige Beispiele zu nennen, wie das Gesetzesinitiativrecht der Kommission (Art. 17 Abs. 2 S. 1 EUV) und die Beteiligung des Europäischen Parlaments und des Rates am Gesetzgebungsverfahren in der jeweils vertraglich vorgesehenen Form (Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 16 Abs. 1 S. 1 EUV). Unzulässig wäre daher beispielsweise die Übertragung der Befugnis zum Erlass von Gesetzgebungsakten auf die Kommission.237 Die Befugnis zur delegierten Rechtsetzung (Art. 290 AEUV) ist hingegen vertraglich der Kommission vorbehalten.238 Der Rat und das Parlament dürften daher beispielsweise delegierte Rechtsetzungsbefugnisse nicht „an sich selbst“ delegieren.239 Dem Schutz der von der Kommission selbständig wahrzunehmenden Befugnisse vor der Intervention durch den Rat und das Parlament dient insbesondere die primärrechtlich dazu Kämmerer, EuZW 2013, 321. Entschließung des Europäischen Parlaments v. 13.3.2013 zu den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates im Rahmen seiner Tagung vom 7. / 8.  Februar betreffend den mehrjährigen Finanzrahmen (2012 / 2803 (RSP)). 236  So schon Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 243, 245, 252 f. 237  Edenharter, DÖV 2010, 645 (646). 238  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 125; Schammo, CMLR 48 (2011), 1055 (1069 f.). 239  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 290 AEUV Rn. 4; Gellermann, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 290 AEUV Rn. 5. 234  Siehe 235  Vgl.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

gewährleistete Unabhängigkeit der Kommission (vgl. Art. 17 Abs. 3 UAbs. 3 EUV und Art. 298 Abs. 1 AEUV).240 Die Wahrnehmung von Rechtsprechungsaufgaben im Organverhältnis ist auf Unionsebene ausschließlich dem Gerichtshof der Europäischen Union zugewiesen (Art. 19 EUV). Hier zeigt sich ein deutlicher Kontrast zur Montesquieu’schen Gewaltenteilungslehre, bei der die Adelskammer der Legislative mit bestimmten Rechtsprechungsaufgaben betraut ist und zum Locke’schen Gewaltenteilungskonzept, das die Judikative als eigenständige Funktion nicht kennt.241 Angemerkt sei, dass auch dem Rechnungshof mit der Rechnungsprüfung der Union (Art. 285 Abs. 1 und Art. 287 AEUV) eine Aufgabe zur alleinigen Wahrnehmung im Organgefüge vertraglich zugewiesen ist. II. Institutionelles Gleichgewicht? Oftmals wird vom Bestehen eines institutionellen Gleichgewichts zwischen den Unionsorganen gesprochen, ohne dass klar wird, anhand welcher Kriterien sein Nachweis geführt wird. Zugegeben lässt sich das „Gewicht“ eines Organs oder einer Gewalt in rechtlicher Hinsicht nur schwer bestimmen und erfordert eine Wertung.242 Parameter, anhand derer die Gewichte der Unionsorgane noch am ehesten „gemessen“ werden können, sind die Art und der Umfang der Befugnisse und Aufgaben, die jedem Einzelnen von ihnen vertraglich zugewiesen sind. Anhand dieser Maßstäbe haben das Parlament, der Rat und die Kommis­sion eine im Wesentlichen gleichgewichtige Position im Bereich der Gesetzgebung (Art. 289 AEUV) und der delegierten Rechtsetzung (Art. 290 AEUV).243 Die Position des Parlaments ist durch die Lissabonner Vertragsreform gestärkt worden,244 was einen Trend der vertraglichen Aufwertung dieses Organs auf Unionsebene fortsetzt.245 Die Stärkung des Parlaments ist vor 240  Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 19, wonach die Unabhängigkeit eine „Konkretisierung des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts“ ist. 241  Vgl. oben 2. Teil 1. Kap. 242  Siehe dazu nur Leisner, DÖV 1969, 405 (411). 243  So bzgl. der Kontrollen der delegierten Rechtsetzung der Kommission Edenharter, DÖV 2011, 645 (647). 244  Hobe, Europarecht, 2011, § 8 Rn. 184, 195; Lindner, BayVBl. 2008, 421 (431); Papastamkos / Schwab, EuZW 2008, 161 (161); Alb. Weber, EuZW 2008, 7 (9); Tömmel, integration 2004, 202 (205); vgl. ausf. Schoo, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 51 (58 ff.). 245  Hobe, Europarecht, 2011, § 8 Rn. 184, 195; Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S.  108 f.; M. Hilf, EuR 1990, 273 (278); Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (387); ders., integration 2010, 103 (110); Meyer-Ohlendorf, ZUR 2005, 225 (229).



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts65

allem zu Lasten des Rates erfolgt,246 und hat die beiden Organe in ein deutlicheres Gleichordnungsverhältnis gebracht.247 Bewirkt wurde sie in erster Linie durch die Erhebung des Parlaments zum „(nahezu) völlig gleichberechtigten Gesetzgeber“248 neben dem Rat.249 In ein Unterordnungsverhältnis hat sie den Rat jedoch nicht gebracht, weil dieser im Gegensatz zum Parlament maßgeblich an der Regierungsfunktion beteiligt wird. Was diese Funktion betrifft, nimmt die Kommission den Rang unterhalb des Europäischen Rates und des Rates ein.250 Diese vergleichsweise schwache Stellung der Kommission spiegelt jedoch nicht ihr Gewicht im institutionellen Gesamtgefüge wider. Über ihr Vorschlagsmonopol zur Gesetzgebung, das mit der Lissabonner Vertragsreform auf weitere Materien ausgedehnt wurde,251 kann sie nämlich über den Anstoß und die Richtung von Integrationsprojekten entscheiden, was ihr eine gewichtige Position im Organgefüge vermittelt.252 Der Europäische Rat nimmt eine hervorgehobene Rolle innerhalb der Regierungsfunktion wahr.253 Indem er in das Organgefüge der Union aufgenommen worden ist, hat er das vormalige „institutionelle Dreieck“ der poli­ tischen Unionsorgane aus dem Rat, der Kommission und dem Parlament zu einem „Viereck“ erweitert.254 Seine Aufwertung ist vor allem zu Lasten des Rates erfolgt, da einige Kompetenzen des Rates auf den Europäischen Rat übergegangen sind. Dies betrifft beispielsweise die Rechte zum Vorschlag des Kommissionspräsidenten und zur Änderung der Anzahl der Kommis­ sionsmitglieder (vgl. Art. 214 Abs. 2 HS. 1 EGV und Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1 S. 1 EUV, vgl. Art. 213 Abs. 1 S. 3 EGV und Art. 17 Abs. 5 UAbs. 1 EUV). Mag der Rat innerhalb der Exekutivfunktion hierarchisch unter dem Euro246  Epping, in: Vedder / H. v. Heinegg, Europ. Verfassungsvertrag, 2007, Art. I-23 Rn. 4; Huber, EuR 2003, 574 (597); a. A. Jacqué, integration 2010, 103 (111). 247  Oppermann, DVBl. 2008, 473 (478 f.); Ziegenhorn, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 16 EUV Rn. 8; Alb. Weber, EuZW 2008, 7 (9). 248  Bieber, in: Bieber / Epiney / Haag, Die EU, 2013, § 4 Rn. 7; S / O / H, Der Vertrag, 2010, S. 63. 249  Tömmel, integration 2004, 202 (205). 250  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 92. 251  Vgl. Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 114. 252  Siehe Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 104; Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 108. 253  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 1. 254  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 104 f.; Jacqué, integration 2010, 103 (104); Th. Richter, EuZW 2007, 631 (632); a. A. Lenski, in: Pernice, Der Vertrag, 2008, S. 114, der auch weiterhin von einem „institutionellen Dreieck“ ausgeht; so auch Huber, integration 2010, 103 (110).

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

päischen Rat stehen,255 trifft dieser Befund nicht für das Verhältnis der beiden Organe zueinander mit Blick auf das gesamte Organverhältnis zu.256 Der Rat wird nämlich maßgeblich an der Gesetzgebung auf Unionsebene beteiligt, von der der Europäische Rat ausdrücklich ausgeschlossen ist (Art. 15 Abs. 1 S. 2 EUV). Auch der Gerichtshof der Europäischen Union ist durch die Vertragsreform von Lissabon gestärkt worden. In Bezug auf die Unionsorgane erstreckt sich seine Zuständigkeit seitdem auch auf die Handlungen des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten (vgl. Art. 263 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1, Art. 265 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 AEUV) und umfasst auch den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.257 Seine Rechtsprechungsgewalt über sämtliche Unionsorgane veranschaulicht seine gleichgewichtige Position im Organgefüge,258 zeigt jedoch auch, welche große Bedeutung die Verträge der Wahrung des Rechtsschutzes beimessen. Ausgehend von ihren primärrechtlichen Befugnissen und Aufgaben lässt sich festhalten, dass die politischen Unionsorgane gleichwertige Positionen im Gesamtgefüge der Verträge haben.259 Innerhalb der Regierungsfunktion nimmt der Europäische Rat jedoch eine etwas erhöhte Stellung ein.260 Ungeachtet dieses ausgeglichenen Gesamtgefüges wäre die Forderung, dass das institutionelle Gleichgewicht ein absolutes261 sein müsse, um nicht als bloße Fiktion zu gelten, überspannt und würde zu schematisch am Begriff des Gleichgewichts verhaften.262 Auch beim Gewaltenteilungsgrundsatz bleibt man nämlich nicht bei der Begrifflichkeit stehen, sondern erkennt 255  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 1.; Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 92; Kumin, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 15 EUV Rn. 49. 256  Ziegenhorn, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 16 EUV Rn. 5; so aber S / O / H, Der Vertrag, 2010, S. 61 m. w. N. 257  Hatje / Kindt, NJW 2008, 1761 (1766); Alb. Weber, EuZW 2008, 7 (11); siehe die Ausn. nach Art. 276 AEUV; weiterhin nicht zuständig ist der Gerichtshof für die GASP und Rechtsakte, die auf der Grundlage der GASP-Bestimmungen erlassen wurden, Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 S. 6 HS. 1 EUV, Art. 275 Abs. 1 AEUV; siehe die Ausn. nach Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 S. 6 HS. 2 i. V. m. Art. 40 EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV. 258  So zum Verhältnis des Europäischen Gerichtshofs zu den gemeinschaftsrechtsetzenden Organen Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 253. 259  So schon der Befund unter dem Vertrag von Nizza von Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 243. 260  Siehe dazu oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 1. 261  Bieber, CMLR 21 (1984), 505 (518); siehe auch Kutscher, EuR 1981, 393 (410), der ein „institutionelles Ungleichgewicht“ attestiert; so auch Constantinesco, EuR 1981, 209 (212). 262  Siehe dazu auch Fritzsche, Ermessen, 2008, S. 140 f.; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 112.



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts67

dessen Verschränkungselemente an, die schon in der klassischen Gewaltenteilungslehre Montesquieus gegenüber den Trennungs- und Teilungselementen im Vordergrund stehen.263 Unter Aufrechterhaltung der Parallele zum Gewaltenteilungsgrundsatz sei zudem angemerkt, dass die regelmäßig miteinander verschränkten Gewalten auch in gewaltenteilig verfassten Staaten nicht absolut gleichgewichtig sind und üblicherweise einem bestimmten Organ eine hervorgehobene Rolle hinsichtlich der politischen Gesamtleitung des Gemeinwesens zukommt.264 Es fragt sich jedoch, ob von vornherein von der Vorstellung des institutionellen Gleichgewichts im Sinne eines Prinzips Abstand genommen werden muss, weil Vertragsrevisionen zu Gewichtsverschiebungen innerhalb des Organgefüges geführt haben beziehungsweise bislang ein derart ausgewogenes Verhältnis der Organe zueinander wie nach dem Lissabonner Vertrag und auch schon nach dem Nizza-Vertrag nicht bestanden habe.265 Da es mit der dynamischen Struktur der Gemeinschaft nicht zu vereinbaren sei, wird dem institutionellen Gleichgewicht insbesondere im älteren Schrifttum teilweise nur eine „beschreibende Funktion“266 hinsichtlich der jeweils geltenden Kompetenzordnung zugewiesen und es daher als „Leerformel“267 bezeichnet oder es wird als „verfassungspolitische Zielsetzung“268 charakterisiert.269 Andere folgern aus den Veränderungen des Organgefüges durch Vertragsänderungen, dass der EuGH das institutionelle Gleichgewicht immer nur so zu schützen habe, wie es von den Mitgliedstaaten vertraglich niedergelegt sei, messen ihm also keinen eigenständigen, über die Einhaltung der Kompetenzordnung hinausgehenden Bedeutungsgehalt zu.270 Dieser Kritik ist jedoch entgegenzuhalten, dass sie dabei stehen bleibt, das „Gewicht“ eines Organs und damit die „Gleichgewichtigkeit“ im Organ263  Vgl.

ausf. oben 2. Teil 1. Kap. Gleichgewicht, 2008, S. 209 f. 265  Siehe dazu z. B. Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S. 182 f.; Kutscher, EuR 1981, 392 (410); Lorz, Interorganrespekt, 2001, S. 125. 266  Bieber, Verfahrensrecht, 1992, S. 102  f.; Hummer, in: FS Verdross, 1980, 484 f.: „faktischer Reflex“, „Momentaufnahme“, „Resultante“ und bloßer „didaktischer Anschauungswert“; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 33. 267  Bieber, Verfahrensrecht, 1992, S. 102; ders., CMLR 21 (1984), 505 (519); Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S. 177 ff.; v. Danwitz, System, 1996, S. 130; Hummer, in: FS Verdross, 1980, S. 484; Läufer, Organe, 1992, S. 221: „Kunstfigur“. 268  Bieber, Verfahrensrecht, 1992, S. 102 f. 269  Bieber, CMLR 21 (1984), 505 (513, 518 f.); siehe ausf. Hummer, in: FS Verdross, 1980, 481 ff.; Läufer, Organe, 1990, S. 220 ff. 270  So z. B. Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101 f. (dort auch Fn. 124); H. Hofmann, Normenhierarchien, 2000, S. 68 f.: „keine rechtliche Grenze für die weitere Fortentwicklung durch Vertragsänderung“. 264  Goeters,

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

gefüge ausschließlich formal zu bestimmen, sie also nur an die Art und den Umfang der den Organen zugewiesenen Befugnisse anknüpft. Jedoch kommt es für die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den Organen auch maßgeblich darauf an, ob durch gegenseitige Kontroll-, Mitwirkungs- und Einwirkungsrechte die Befugnisausübung der Organe wirksam gehemmt werden kann. Auf diese Weise kann auch ein „Übergewicht“ eines Organs ausgeglichen werden.271 Schon die Montesquieu’sche Gewaltenteilungslehre zeigt deutlich, dass der Ausgleich zwischen den Gewalten und deren Trägern maßgeblich durch gegenseitige Hemmung und Kontrolle erfolgt.272 Mit Blick auf die Europäische Union war das System von checks and balances, zu dem die Kontrolle durch den Gerichtshof ganz wesentlich beiträgt, und damit der Balancegedanke im Organgefüge schon immer in den Verträgen angelegt, auch wenn sie in den Anfangsjahren der EGKS noch nicht derart stark ausgeprägt waren wie unter dem Lissabonner Vertragsregime.273 Die Veränderungen im Organgefüge durch Vertragsrevisionen finden ihren Grund darin, dass die Union als Gebilde sui generis im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten einer ständigen Weiterentwicklung und tieferen Integration unterliegt, die mit einer Hochzonung von Aufgaben und Befugnissen auf die Unionsebene einhergeht.274 Diese sich verändernden Rahmenbedingungen haben in der Vergangenheit auch Anpassungen bei den Organen erforderlich gemacht.275 Abgesehen davon gibt es zumindest rein tatsächlich in den Mitgliedstaaten auch eine gewisse Dynamik zwischen den Verfas271  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 202  f., 209 f.; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383: „The principle of institutional balance does not imply that the authors of the treaties set up a balanced distribution of the powers, whereby the weight of each institution is the same as that of the others. It refers simply to the fact that the Community institutional structure is based on the division of powers between the various institutions established by the treaties.“ 272  Siehe dazu oben 2. Teil 1. Kap. 273  A. A. Hummer, in: FS Verdross, 1980, S. 484 (dort Fn. 105). 274  Siehe Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S. 109  f.; dass eine gewisse Dynamik im Organgefüge selbst angelegt ist, zeigt Art. 290 AEUV, der die Übertragung von delegierten Rechtsetzungsbefugnissen vom Unionsgesetzgeber auf die Kommission ermöglicht; siehe auch Di Fabio, in: Isensee / Kirchhof, HStR, Bd. II, 2004, § 27 Rn. 87 f. 275  Siehe zur „dynamischen Natur“ des institutionellen Gleichgewichts Bebr, CMLR 28 (1991), 663 (677); Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S. 109 f., nach dem das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts „sich nicht auf eine in den EGVerträgen einmal festgeschriebene, unabänderbare Balancelage bezieht“; so auch Jacqué, CMLR 41 (2004), 838 (384): „The balance to which the Court refers is therefore that established by the Treaty“; zur Neustabilisierung des institutionellen Gleichgewichts durch Vertragsänderungen Haratsch, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 208; H. Hofmann, Normenhierarchien, 2000, S. 68 f.; Papastamkos / Schwab, EuZW 2008, 161 (161).; wegen der Ausgestaltung der Gemeinschaften als dynami-



2. Kap.: Primärrechtliche Analyse des institutionellen Gleichgewichts69

sungsorganen, weil diese im politischen Alltag stets versuchen, die Kräfteverhältnisse neu zu justieren.276 Trotz der Veränderungen, die Vertragsrevisionen für das Organgefüge mit sich gebracht haben, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass den Verträgen ein zu wahrendes Prinzip des institutionellen Gleichgewichts zugrunde liegt, das einen eigenständigen Bedeutungsgehalt entfaltet und dessen etwaige Ge- und Verbote auch bei Vertragsänderungen zu berücksichtigen sind.277 Ob dem so ist wird vor allem die folgende Analyse der Rechtsprechung zeigen. Abschließend sei angemerkt, dass auch das Demokratieprinzip (vgl. Art. 2 S. 1 und Titel II EUV), dessen Geltung auf Unionsebene mittlerweile unbestritten ist, in den Anfangsjahren der Gemeinschaft nur sehr schwach ausgeprägt war. Durch die stetigen Aufwertungen des Parlaments im Wege von Vertragsrevisionen, die zu Veränderungen im Organgefüge geführt haben, hat es als entwicklungsoffenes Prinzip eine wesentliche Fortentwicklung erfahren. Es stellt sich die Frage, weshalb dem institutionellen Gleichgewicht nicht auch eine derartige Entwicklung zugestanden werden sollte. III. Fazit Auf der Grundlage der unionsspezifischen Funktionenteilung wird über gegenseitige Mitwirkungs-, Kontroll- und sonstige Einwirkungsrechte ein System von checks and balances zwischen den Organen hergestellt.278 Dieses System und die den Organen vertraglich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse führen zu einer gleichgewichtigen Stellung der Organe im Verhältnis zueinander. Zudem ist jedem Organ primärrechtlich ein Bereich an Aufgaben und Befugnissen zur eigenständigen Wahrnehmung zugewiesen.279 Demnach lässt sich das institutionelle Gleichgewicht im Organgefüge der Union primärrechtlich nachweisen.

sche Organisation den Aussagegehalt des institutionellen Gleichgewichts ablehnend Läufer, Organe, 1990, S. 221. 276  Cornils, in: Depenheuer / Grabenwarter, Verfassungstheorie, 2010, § 20 Rn. 2. 277  Siehe auch Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 17 EUV Rn. 16: „Es handelt sich nicht um ein vertraglich fixiertes System, sondern wie in den verfassten Ordnungen der Mitgliedstaaten um ein politisch lebendiges und rechtlich dynamisches System, das sich angesichts der Herausforderungen fortentwickelt, die durch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die personelle Zusammensetzung der Organe und durch Änderungen des Sekundärrechts an das Organhandeln gestellt werden.“ 278  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 18. 279  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 243, 252 f.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

3. Kapitel

Entwicklung und Konkretisierung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Da von der Rechtsnatur des institutionellen Gleichgewichts seine Tauglichkeit als Maßstab und Grenze für die Gründung und das Handeln europäischer Agenturen abhängt, kommt es maßgeblich darauf an, wie und mit welchen Aussagegehalten der EuGH das institutionelle Gleichgewicht als Prinzip entwickelt und konkretisiert hat.

A. Die Meroni-Rechtsprechung als Grundstein in der Entwicklung des institutionellen Gleichgewichts Die Meroni-Rechtsprechung280 bildet den Grundstein in der Entwicklung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts durch den EuGH. Dieser Rechtsprechung wird in der Diskussion um die Zulässigkeit der Übertragung von Befugnissen an europäische Agenturen am Maßstab des institutio­ nellen Gleichgewichts von der Wissenschaft überragende Bedeutung zugemessen. I. Der Hintergrund: Übertragung von Befugnissen an eine privatrechtliche Einrichtung durch die Hohe Behörde Den Rechtssachen Meroni lag jeweils eine Nichtigkeitsklage zugrunde, mit der eine Entscheidung der Hohen Behörde für Kohle und Stahl281 angegriffen wurde, die eine Zahlungsverpflichtung an die belgische Schrottausgleichskasse beinhaltete. Grundlage der angegriffenen Entscheidung der Hohen Behörde war die allgemeine Entscheidung Nr. 14 / 55 „über die Schaffung einer finanziellen Einrichtung zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Schrottversorgung des Gemeinsamen Marktes“. Die Klage wurde unter anderem darauf gestützt, dass die Hohe Behörde mit der Entscheidung Nr. 14 / 55 in unzulässiger Weise Befugnisse an die Brüsseler Organe (die 280  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11; EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni II, Rs. C-10 / 56, Slg. 1958, S. 53. 281  Im Folgenden: „Hohe Behörde“; die Hohe Behörde für Kohle und Stahl war das Vorgängerorgan der Kommission unter dem EGKS-Vertrag.



3. Kap.: Entwicklung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts71

Schrottausgleichskasse) übertragen habe.282 Bei den Brüsseler Organen handelte es sich um eine privatrechtliche Einrichtung belgischen Rechts, die nicht im EGKS-Vertrag vorgesehen war. II. Das „Gleichgewicht der Gewalten“ als Strukturprinzip der Gemeinschaft Nachdem der EuGH festgestellt hatte, dass die Behörden den Brüsseler Organen tatsächlich Hoheitsbefugnisse übertragen hatte, sprach er erstmals vom „Gleichgewicht der Gewalten“ als einer „grundlegende[n] Garantie“ „für den organisatorischen Aufbau der Gemeinschaft“.283 Dieses Gleichgewicht erhob er zum Maßstab und zur Grenze für die Übertragung von Befugnissen der Organe an eine vertragsfremde Einrichtung.284 Bereits in dieser Ausgangsentscheidung tritt damit der Charakter des „Gleichgewichts der Gewalten“ als institutionelles Strukturprinzip mit verfassungsrechtlicher Bedeutung deutlich hervor.285 III. Aufrechterhaltung der Verantwortung der Organe als Grundgedanke Trotz des Verzichts auf eine weitergehende inhaltliche Erläuterung des „Gleichgewichts der Gewalten“ hat der EuGH bereits in der Meroni-Rechtsprechung den Grundgedanken verdeutlicht, der hinter diesem Gleichgewicht steht. Dieser zeigt sich in der Begründung, mit der der EuGH die Übertragung von Ermessensbefugnissen mit (wirtschafts-)politischem Charakter an vertraglich nicht vorgesehene Einrichtungen ausschließt. Hierunter versteht der EuGH solche Befugnisse, die „nach freiem Ermessen auszuüben sind und die einen weiten Ermessensspielraum voraussetzen“ und die „je nach der Art ihrer Ausübung, die Verwirklichung einer ausgesprochenen Wirtschaftspolitik“ ermöglichen.286 Da er in der Übertragung von Ermessensbefugnissen mit (wirtschafts-)politischem Charakter die Gefahr einer „tatsächlichen Verlagerung der Verantwortung“ sieht, weil „an die Stelle des Ermessens der übertragenden Behörden (…) dann nämlich das Ermessen derjenigen Stelle [tritt], der diese Befugnisse übertragen worden sind“,287 282  EuGH,

Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (34). Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (44). 284  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (43 f.); siehe Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 47. 285  Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 354. 286  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (43). 287  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (44). 283  EuGH,

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

zeigt er, dass die Aufrechterhaltung der fortdauernden Verantwortung der Organe der Grundgedanke des „Gleichgewichts der Gewalten“ und seiner Sicherstellung ist.288 IV. Art der übertragbaren Befugnisse und Anforderungen an die Übertragung von Befugnissen an vertragsfremde Einrichtungen Neben dem Ausschluss der Übertragung von freien Ermessensbefugnissen beschränkt der EuGH die auf privatrechtliche Einrichtungen übertragbaren Befugnisse auf „genau umgrenzte Ausführungsbefugnisse“, „deren Ausübung einer strengen Kontrolle im Hinblick auf die Beachtung objektiver Tatbestandsmerkmale [unterliegt], die von der übertragenden Behörde festgesetzt werden“.289 Um das Gleichgewicht der Gewalten aufrecht zu erhalten, sieht es der EuGH als erforderlich an, dass die Ausübung der genau umgrenzten Ausführungsbefugnisse durch die privatrechtliche Einrichtung seitens der Hohen Behörde „in vollem Umfang beaufsichtigt wird“.290 Zwar schließt der EuGH an einer Stelle der Entscheidung pauschal die „Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum auf andere Einrichtungen“ als die Unionsorgane aus, da das „Gleichgewicht der Gewalten“ ansonsten verletzt werde.291 Letztlich erklärt er aber die Übertragung der Befugnisse an die vertragsfremde Einrichtung deshalb für unzulässig, weil der Einrichtung dadurch eine „Entscheidungsfreiheit eingeräumt wurde, die weitreichende Ermessensentscheidungen ermöglicht“.292 Dies legt den Schluss nahe, dass lediglich freie beziehungsweise weite Ermessensspielräume von der Übertragung ausgeschlossen sein sollen. Der EuGH hat die Meroni-Rechtsprechung in den folgenden Jahrzehnten mehrfach für die Beurteilung der Übertragung von Befugnissen in verschiedenen Konstellationen herangezogen. In der Rechtssache DIR International Film Srl aus dem Jahr 1998, in der es abermals um die Übertragung von Befugnissen auf eine privatrechtliche Einrichtung ging, wiederholte der EuGH, dass die 288  M. Hilf, Organisationsstruktur, 1981, S. 83; Pipkorn, in: Starck, Verwaltungsaufgaben, 1992, S. 235; zustimmend Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 37; so auch, jedoch ohne den Prinzipiencharakter des institutionellen Gleichgewichts anzuerkennen, Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 276  ff.; Uerp­mann, AöR 125 (2000), 551 (561). 289  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (43). 290  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (44). 291  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (44); so die Lesart von Kämmerer, NVwZ 2013, 830 (834). 292  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (47).



3. Kap.: Entwicklung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts73

Einräumung eines „weiten“ Ermessens zugunsten des Übertragungsempfängers ausgeschlossen sei. Auch in der Rechtssache Tralli aus dem Jahr 2005, in dem der EuGH die Meroni-Rechtsprechung auf die Übertragung von Befugnissen innerhalb eines Organs und einer Einrichtung der Gemeinschaft erstreckte, hielt der EuGH nur die Übertragung „genau umgrenzter Ausführungsbefugnisse und Durchführungsbefugnisse für zulässig.293 Die Beschränkung der übertragbaren Befugnisse auf genau umgrenzte und streng kontrollierte Befugnisse, nicht jedoch solcher mit Ermessensspielraum, wird auch in der Rechtssache Alliance for Natural Health aus dem Jahre 2005 bestätigt, in der der EuGH auf die Meroni-Rechtsprechung für die Beurteilung der Übertragung der Befugnis zur Abänderung von Bestandteilen eines Rechtsetzungsaktes auf einen Komitologieausschuss abstellte.294 Dass die Meroni-Rechtsprechung nach wie vor von Relevanz für die Übertragung von Befugnissen auf Einrichtungen außerhalb der Unionsorgane ist, zeigt auch die Leerverkaufsentscheidung des EuGH von Januar 2014, in der es um die Delegation von Befugnissen auf die europäische Agentur ESMA ging.295 Unabhängig von der Art der übertragbaren Befugnisse stellt der EuGH in der Meroni-Rechtsprechung noch einige weitere Anforderungen an die Übertragung von Befugnissen an vertragsfremde Einrichtungen auf. Vom Umfang her dürfen keine weiterreichenden Befugnisse übertragen werden, als sie dem übertragenden Organ primärrechtlich selbst zustehen.296 Zudem muss sich jede Übertragung auf eine ausdrückliche Entscheidung stützen.297 Darüber hinaus haben alle Entscheidungen der vertragsfremden Einrichtungen den gleichen Bedingungen der Nachprüfung wie die des übertragenden Organs zu unterliegen, der Rechtsschutz dürfe also durch die Übertragung nicht beeinträchtigt werden.298 Deshalb bestehe eine Begründungs- und Veröffentlichungspflicht dieser Entscheidungen.299 Schon in diesen ersten Entscheidungen wird deutlich, welche große Bedeutung der gerichtlichen 293  EuGH, Urt. v. 26.5.2005, Tralli . / . EZB, Rs. C-301 / 02 P, Slg. 2005, I-4071 Rn. 41–43. 294  EuGH, Urt. v. 12.7.2005, Alliance for Natural Health, verb. Rs. C-154 / 04 und C-155 / 04, Slg. 2005, I-06451 Rn. 90. 295  Vgl. EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Parlament u. Rat, C-270 / 12 = NJW 2014, 1359 (1360 ff.); zur Leerverkaufsentscheidung siehe unten 3. Teil 2. Kap. D. II. 1. b). 296  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (39 f.); Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 47. 297  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (42); Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 47. 298  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (40). 299  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 49.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

Kontrolle für die Sicherstellung des „Gleichgewichts der Gewalten“ in der Europäischen Union zukommt.300

B. Der terminologische Wechsel zum institutionellen Gleichgewicht Sprach der EuGH in den Meroni-Entscheidungen noch vom „Gleichgewicht der Gewalten“, nahm er von diesem in den Folgeentscheidungen begrifflich durchweg zugunsten des „institutionellen Gleichgewichts“ Abstand.301 Den terminologischen Wechsel hat er nicht begründet. Da das „Gleichgewicht der Gewalten“ jedoch vom Begriff her eine besondere Nähe zum Gewaltenteilungsgrundsatz nationalstaatlicher Prägung suggeriert,302 erscheint es naheliegend, dass der EuGH die begriffliche Änderung vollzogen hat, um die Eigenständigkeit des institutionellen Gleichgewichts in seiner Ausgestaltung, seiner Bedeutung und seinen Funktionen hervorzuheben. Erwartungen hinsichtlich der passgenauen Entsprechung des „Gleichgewichts der Gewalten“ beziehungsweise des „institutionellen Gleichgewichts“ mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz nach nationalstaatlicher Prägung hat er damit den Boden entzogen.303

C. Konkretisierung des Prinzips des institutionellen ­Gleichgewichts in der Rechtsprechung I. System der Zuständigkeitsverteilung und justiziabler Grundsatz Den Bedeutungsgehalt des institutionellen Gleichgewichts hat der EuGH vor allem in der Rechtssache Parlament . / . Rat aus dem Jahr 1990 näher konkretisiert. Hiernach ist das institutionelle Gleichgewicht als „System der 300  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 57; Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 115; siehe auch Uerpmann, AöR 125 (2000) 551 (571 ff.). 301  Z. B. EuGH, Urt. v. 17.12.1970, Köster, Rs. C-25 / 70, Slg. 1970, S. 01161 Rn. 4; EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères, Rs. 138 / 79, Slg. 1980, S. 03333 Rn. 19; EuGH, Urt. v. 24.11.2010, Kommission . / . Rat, Rs. C-40 / 10, Slg. 2010, I-12043 Rn. 78; auch das Gericht spricht vom institutionellen Gleichgewicht, z. B. EuG, Urt. v. 10.3.1992, Societa Italiana Vetro Spa. u. a. / . Kommission, verb. Rs. T-68 / 89, T-77 / 89 u. T-78 / 89, Slg. 1992, II-01403 Rn. 319; EuG, Urt. v. 15.1.2003, Rs. T-377 u. a. / 00, Philip Morris Int., Slg. 2003, II-1 Rn. 87. 302  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 100; Siegel, Gleichgewicht, 2009, S. 7. 303  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 210 f.; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 110 (dort auch Fn. 454).



3. Kap.: Entwicklung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts75

Zuständigkeitsverteilung“ zwischen den Gemeinschaftsorganen zu verstehen, „das jedem Organ seinen eigenen Auftrag innerhalb des institutionellen Gefüges der Gemeinschaft und bei der Erfüllung der dieser übertragenen Aufgaben zuweist“.304 Da mit der Zuweisung eines eigenen Auftrags auch ein eigener Verantwortungsbereich verbunden ist, kann das institutionelle Gleichgewicht auch als System der Verantwortungsverteilung verstanden werden. Aus dem Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts folgt die Verpflichtung der Organe, bei der Wahrnehmung ihrer Befugnisse die Grenze zum Befugnisbereich der anderen Organe zu achten.305 Verstöße gegen das in dieser Rechtssache deutlich als normatives Prinzip306 hervortretende institutionelle Gleichgewicht sind justiziabel, wobei der EuGH seine Aufgabe darin sieht, „die volle Anwendung der Vertragsbestimmungen über das institutionelle Gleichgewicht sicherzustellen“.307 Die Bedeutsamkeit des effektiven Rechtsschutzes für die Aufrechterhaltung des institutionellen ­ Gleichgewichts wird auch in dieser Entscheidung deutlich. II. Einzelausprägungen des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts In der Rechtsprechung zum Prinzip des institutionellen Gleichgewichts lassen sich Einzelausprägungen dieses Grundsatzes nachweisen.308 1. Maßstab und Grenze für Gewichtsverschiebungen im Horizontalverhältnis a) Vereinbarkeit des Verwaltungsausschussverfahrens mit dem institutionellen Gleichgewicht Wie bereits in den Rechtssachen Meroni hat der EuGH auch in der Folge das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts als Maßstab und 304  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn. 21; siehe dazu Leibrock, DVBl. 1990, 1018 ff. 305  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn. 22; EuGH, Urt. v. 6.5.2008, Parlament . / . Rat, Rs. C-133 / 06, Slg. 2008, I-03189 Rn. 57. 306  J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 111. 307  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn. 22 f. und 25. 308  Siehe zu einer ähnlichen Unterteilung Bueren, EuZW 2012, 167 (169); siehe auch Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 205 ff. (insbes. S. 219 ff.); siehe zur Verwendung des institutionellen Gleichgewichts durch den EuGH auch Poscher, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 8 Rn. 69.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

Grenze herangezogen, um die Zulässigkeit von Gewichtsverschiebungen auf der Horizontalachse zu beurteilen – insbesondere hinsichtlich der Integration von vertragsfremden Einrichtungen in das Rechtsetzungsverfahren.309 Dies zeigt sich beispielsweise in der Rechtssache Köster aus dem Jahr 1970, in der es um „die Vereinbarkeit des Verwaltungsausschussverfahrens mit der Gemeinschaftsstruktur und dem institutionellen Gleichgewicht unter den Gesichtspunkten des Verhältnisses der Organe zueinander und der Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse“ ging.310 Der Verwaltungsausschuss war in die Ausübung der Durchführungsbefugnisse der Kommission inte­ griert und verfügte nur über begrenzte Befugnisse, da er (nur) eine stän­ dige Konsultation mit der Kommission gewährleisten und Stellungnahmen zu den Entwürfen abgeben sollte, die die Kommission plante.311 Jedoch hatte er nicht das Recht, anstelle der Kommission oder des Rates zu entscheiden, sodass der EuGH das Verwaltungsausschussverfahren nicht als Verfälschung der Gemeinschaftsstruktur und des institutionellen Gleichgewichts ansah.312 b) Keine Ermächtigung der Verwaltungskommission zum Erlass von Rechtsakten mit normativem Charakter In der Rechtssache Romano hatte sich der EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren mit der Gültigkeit und Auslegung des Beschlusses Nr. 101 der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und einer Verordnung auseinander zu setzen. Der EuGH kam zu dem Schluss, dass „sowohl aus Art. 155 EWG-Vertrag als auch aus dem durch den Vertrag, insbesondere seine Art. 173 und 177 geschaffenen Rechtsschutzsystem [folge], dass eine Stelle wie die Verwaltungskommission vom Rat nicht ermächtigt werden kann, Rechtsakte mit normativem Charakter zu erlassen.“313 Der EuGH schloss damit die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf Einrichtungen außerhalb der Unionsorgane aus, was er zum 309  Bueren, EuZW 2012, 167 (169); Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S.  88 f.; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 11 und 16; Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (816 m. w. N.); J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 110; Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 215; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (385); Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 17 EUV Rn. 16. 310  EuGH, Urt. v. 17.12.1970, Köster, Rs. C-25 / 70, Slg. 1970, S. 01161 Rn. 4; vgl. dazu Ehlermann, EuR 1971, 250 ff.; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (384 f.); Lenaerts / Verhoeven, CMLR 37 (2000), 645 ff. 311  Vgl. EuGH, Urt. v. 17.12.1970, Köster, Rs. C-25 / 70, Slg. 1970, S. 1161 Rn. 9; krit. hingegen Schindler, DVBl. 1971, 356 (358): „Weichensteller“. 312  EuGH, Urt. v. 17.12.1970, Köster, Rs. C-25 / 70, Slg. 1970, S. 01161 Rn. 9. 313  EuGH, Urt. v. 14.5.1981, Romano, Rs. C-98 / 80, Slg. 1981, S. 01241 Rn. 20.



3. Kap.: Entwicklung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts77

einen mit der Gefahr der Aushöhlung der Durchführungsrechte der Kommission begründete und zum anderen mit den fehlenden Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Rechtsakte mit allgemeiner Geltung der Verwaltungskommission.314 2. Sicherung der Beteiligungsrechte der Organe In einer Vielzahl von Rechtssachen hat der EuGH das institutionelle Gleichgewicht herangezogen, um die Beteiligungsrechte der Organe abzusichern. a) Wahl der richtigen Rechtsgrundlage Die Wahl der Rechtsgrundlage für das Handeln der Union determiniert das Verfahren, also insbesondere die Art und den Umfang der Beteiligung der Unionsorgane, und hat damit erheblichen Einfluss auf das Interorganverhältnis und den Inhalt eines Rechtsaktes.315 In mehreren Verfahren, die sich mit der Wahl der richtigen Rechtsgrundlage befassen, hat sich der EuGH bei der Entscheidungsfindung zum Schutze der Beteiligungsrechte der Organe vom Prinzip des institutionellen Gleichgewichts leiten lassen, auch wenn er nicht immer explizit auf diesen Grundsatz Bezug genommen hat.316 Im Fokus stand dabei überwiegend die Sicherung der Beteiligungsrechte des Parlaments. In einem viel beachteten Verfahren erklärte der EuGH beispielsweise im Jahr 1991 die Titandioxid-Richtlinie317 für nichtig, da sie auf Art. 100a EWG-Vertrag statt auf die umweltschutzrechtliche Kompetenzgrundlage (Art. 130s EWG-Vertrag) hätte gestützt werden und damit im Verfahren der Zusammenarbeit hätte erlassen werden müssen.318 Der EuGH muss sich hin314  Zur Relevanz der Romano-Rechtsprechung für die Übertragung von Befugnissen auf europäische Agenturen unten 3. Teil 2. Kap. B. III. 1. und D. II. 4. 315  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 231; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (386); Leibrock, DVBl. 1990, 1018 (1018); EuGH, Urt. v. 26.3.1987, Kommission . / . Rat, Rs. C-45 / 86, Slg. 1987, S. 01493 Rn. 12. 316  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 233; vgl. z.  B. EuGH, Urt. v. 26.3.1987, Kommission . / . Rat, Rs. C-45 / 86, Slg. 1987, S. 01493; EuGH, Urt. v. 27.9.1988, Kommission . / . Rat, Rs. C-165 / 87, Slg. 1988, S. 5545; EuGH, Urt. v. 11.6.1991, Kommission . / . Rat, Rs. C-300 / 89, Slg. 1991, I-02867. 317  RL 89 / 428 / EWG des Rates v. 21.6.1989 über die Modalitäten zur Vereinheitlichung der Programme zur Verringerung und späteren Unterbindung der Verschmutzung durch Abfälle der Titandioxid-Industrie, ABl. Nr. L 201 v. 14.7.1989, S. 56. 318  EuGH, Urt. v. 11.6.1991, Kommission . / . Rat, Rs. C-300 / 89, Slg. 1991, I-02867 Rn. 25; der Ablehnung, die Richtlinie auf beide Rechtsgrundlagen zu stützen, lag das Motiv zugrunde, das Verfahren der Zusammenarbeit, welches das Parlament stärker am Gesetzgebungsverfahren beteiligt als die bloße Anhörung nach

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

sichtlich dieses Urteils die Kritik gefallen lassen, bewusst zugunsten der integrationsfreundlicheren Rechtsgrundlage entschieden und für Art. 130s ­ EWG-Vertrag nur wenig Raum gelassen zu haben.319 Da das ordentliche Gesetzgebungsverfahren zum Regelfall geworden ist und das Parlament gleichberechtigt neben dem Rat an diesem beteiligt wird,320 kommt der Wahl der Rechtsgrundlage mit Blick auf die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlaments unter dem Lissabonner Vertragsregime keine derart große Bedeutung mehr zu.321 b) Keine Schaffung abgeleiteter Rechtsgrundlagen durch den Rat Auch in der jüngeren Rechtsprechung zeigt sich, dass die Einhaltung der vertraglich festgelegten Grundsätze über die Willensbildung der Organe für die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts als wesentlich angesehen wird. So hat der EuGH im Jahr 2008322 die Schaffung abgeleiteter Rechtsgrundlagen durch den Rat für unzulässig erklärt und sich dabei erkennbar von der Absicht leiten lassen, die Mitwirkungsrechte des Parlaments am Gesetzgebungsprozess zu sichern und dadurch dessen Stellung im Institutionengefüge zu schützen. In der zu beurteilenden Rechtssache hatte der Rat abgeleitete Rechtsgrundlagen in eine Richtlinie eingeführt und ein Verfahren zum Erlass von Maßnahmen mit qualifizierter Mehrheit auf Initiative der Kommission geschaffen, das lediglich eine Anhörungspflicht des Parlaments vorsah, obwohl das Mitentscheidungsverfahren hätte angewendet werden müssen.323 In der Schaffung abgeleiteter Rechtsgrund-

Art. 130s EWG-Vertrag, vor seiner Aushöhlung zu schützen; EuGH, Urt. v. 11.6.1991, Kommission . / . Rat, Rs. C-300 / 89, Slg. 1988, S. I-02867 Rn. 18 ff.; der EuGH betonte einmal mehr, dass die Beteiligung des Parlaments am Gesetzgebungsverfahren „ein grundlegendes demokratisches Prinzip“ widerspiegele, vgl. ebd., Rn. 20. 319  Epiney, JZ 1992, 564 (567 f.); Nettesheim, EuR 1993, 243 (249 ff.). 320  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. I. 321  Der Wahl der Rechtsgrundlage kam jedoch bei der Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken eine große Rolle zu. Zwar sah die herangezogene Vertragsgrundlage, Art. 127 Abs. 6 AEUV, nur ein parlamentarisches Anhörungsrecht vor. Tatsächlich hat das Parlament jedoch auf Augenhöhe mit dem Rat verhandelt und viele Änderungen am Gesetzgebungstext durchgesetzt. „Druckmittel“ war die Änderung der EBA-Verordnung, die im Zuge der Errichtung des SSM notwendig wurde und die auf der Basis des Art. 114 AEUV erfolgte, der das ordentliche Gesetzgebungsverfahren vorsieht. 322  EuGH, Urt. v. 6.5.2008, Parlament . / . Rat, Rs. C-133 / 06, Slg. 2008, I-03189. 323  EuGH, Urt. v. 6.5.2008, Parlament . / . Rat, Rs. C-133 / 06, Slg. 2008, I-03189 Rn.  50 ff.



3. Kap.: Entwicklung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts79

lagen sah der EuGH einen Verstoß gegen das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts.324 c) Anhörung als wesentliche Formvorschrift Mit dem Ziel, die Beteiligung des Parlaments am Gesetzgebungsverfahren in der Form der Anhörung abzusichern,325 rekurrierte der EuGH in den Rechtssachen Roquette Frères326 und Maizena327 auf das institutionelle Gleichgewicht. Er qualifizierte das Anhörungsrecht als eine wesentliche Formvorschrift, der nur dann Genüge getan werde, wenn das Parlament seiner Auffassung tatsächlich Ausdruck verleihe, nicht jedoch schon durch das bloße Ersuchen des Rates um die Abgabe einer parlamentarischen Stellungnahme.328 Da das Parlament nicht angehört worden war und der Rat nicht von sämtlichen Mitteln Gebrauch gemacht hatte, um eine vorherige parlamentarische Stellungnahme einzuholen, erklärte der EuGH die betroffenen Rechtsakte für nichtig.329 Die Nichtigkeitsfolge, die der EuGH an die Missachtung der parlamentarischen Anhörung als wesentliche Formvorschrift knüpft, zeigt noch einmal deutlich, dass der EuGH von der Normativität des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts ausgeht.330 324  EuGH, Urt. v. 6.5.2008, Parlament . / . Rat, Rs. C-133 / 06, Slg. 2008, I-03189 Rn. 56 f.; siehe auch Schlussanträge GA Mazák v. 16.1.2008, cp-Pharma Handels GmbH . / . Bundesrepublik Deutschland, Rs. C-448 / 06, Slg. 2008, I-05685 Rn. 57; siehe auch EuGH, Urt. v. 24.11.2010, Kommission . / . Rat, Rs. C-40 / 10, Slg. 2010, I-12043 Rn. 78, in dem der EuGH die grundlegende Bedeutung des Vorschlagsmonopols der Kommission für den Gesetzgebungsprozess auf Unionsebene und die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts in der Union hervorhob. 325  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 225; explizit erklärte der EuGH die Anhörung des Parlaments als „für das vom Vertrag gewollte institutionelle Gleichgewicht wesentlich.“ Vgl. EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères . / . Rat, Rs. C-138 / 79, Slg. 1980, S. 03333 Rn. 33; EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Maizena . / . Rat, Rs. 139 / 80, Slg. 1980, S. 03393 Rn. 34; krit. Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 33, der keinen Verstoß gegen das institutionelle Gleichgewicht, sondern gegen die die Anhörungspflicht anordnenden Normen annimmt. 326  EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères . / . Rat, Rs. C-138 / 79, Slg. 1980, S. 03333. 327  EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Maizena . / . Rat, Rs. 139 / 80, Slg. 1980, S. 03393; krit. zur Bezugnahme auf das institutionelle Gleichgewicht Bieber, Verfahrensrecht, 1991, S. 102 (dort Fn. 127). 328  EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères . / . Rat, Rs. C-138 / 79, Slg. 1980, S. 03333 Rn. 34; EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Maizena . / . Rat, Rs. 139 / 80, Slg. 1980, S. 03393 Rn. 35. 329  EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères . / . Rat, Rs. C-138 / 79, Slg. 1980, S. 03333 Rn. 33 und 37; EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Maizena . / . Rat, Rs. 139 / 80, Slg. 1980, S. 03393 Rn. 34 und 38. 330  Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S. 88.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

3. Insbesondere: Aufwertung der prozessrechtlichen Stellung des Europäischen Parlaments In mehreren Rechtssachen hat der EuGH das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts bemüht, um die prozessrechtliche Stellung des Parlaments zu stärken und damit seiner aufgewerteten Bedeutung im Organgefüge eine prozessuale Entsprechung zu geben.331 So zog der EuGH den Grundsatz etwa bei der Auslegung der Vertragsvorschriften heran, um das Recht des Parlaments zur Erhebung der Untätigkeitsklage332 zu untermauern.333 Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erlangte jedoch bislang die größte Bedeutung im Verfahren Parlament . / . Rat aus dem Jahr 1990.334 Hier wurde es vom EuGH herangezogen, um die Klagebefugnis des Parlaments im Rahmen der Nichtigkeitsklage zu begründen, obwohl das Organ ausweislich des Wortlauts des Art. 173 EWG-Vertrag nicht zu den aktiv Klagebefugten zählte.335 Der EuGH sah die primärrechtlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zutreffend als nicht ausreichend an, um die Beachtung der Befugnisse des Parlaments zu gewährleisten, die „Bestandteil des von den Verträgen gewollten institutionellen Gleichgewichts“ sind.336 Diese „verfahrensrechtliche Lücke“ musste aus Sicht des EuGH durch die Gewährung der Klagebefugnis zugunsten des Parlaments und damit rechtsfortbildend337 geschlossen werden.338 Hervorzuheben ist, dass der EuGH zwischen der verfahrensrechtlichen Lücke und dem Interesse an der Sicher­ 331  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 244 m. w. N.; vgl. auch Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S. 110 ff., insbes. S. 120 ff. 332  EuGH, Urt. v. 22.5.1985, Parlament . / . Rat, Rs. C-18 / 83, Slg. 1985, S. 01513 Rn.  17; siehe zum Recht des Parlaments zum Streitbeitritt EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères . / . Rat, Rs. C-138 / 79, Slg. 1980, S. 03333 Rn. 19; so auch EuGH, Urt. 29.10.1980, Maizena . / . Rat, Rs. C-139 / 80, Slg. 1980, S. 03393 Rn. 19; zur passiven Beteiligtenfähigkeit des Parlaments im Rahmen der Nichtigkeitsklage EuGH, Urt. v. 23.4.1986, Les Verts, Rs. C-294 / 83, Slg. 1986, S. 01339 Rn.  24 ff. 333  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 219. 334  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041. 335  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn. 12 ff.; zuvor hatte der EuGH im Urt. v. 27.9.1988, Parlament . / . Rat, Rs. 302 / 87, Slg. 1988, S. 05615 Rn. 15 noch das Recht des Europäischen Parlaments zur Erhebung der Nichtigkeitsklage mit dem Argument abgelehnt, dass verschiedene vertragliche Rechtsbehelfe zur Verfügung stünden, um die Beachtung der Befugnisse des Parlaments sicherzustellen. 336  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn.  16 ff. 337  Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (386). 338  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn.  23 ff.



3. Kap.: Entwicklung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts81

stellung des institutionellen Gleichgewichts abwägt, was dafür spricht, dass er das geschriebene Recht nur in Ausnahmefällen mit dem Ziel der Sicherstellung des institutionellen Gleichgewichts verändern will.339 Indem der EuGH die Klagebefugnis des Parlaments auf den Schutz seiner Befugnisse und auf die Klagegründe reduziert, mit denen deren Verletzung geltend gemacht wird,340 beschränkt er die Rechtsfortbildung unter Rückgriff auf das institutionelle Gleichgewicht auf die Korrektur einer prozessrechtlichen Schieflage, die im Widerspruch zur materiellrechtlichen Stellung des Parlaments steht.341 Diese Korrektur war notwendig, da die Befugnisse des Parlaments und damit auch seine Stellung im Institutionengefüge durch die Einheitliche Europäische Akte maßgeblich gestärkt wurden.342 Nur durch das Klagerecht war und ist es dem Parlament möglich, die ihm zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse vor den Übergriffen der anderen Organe auf eigene Initiative hin gerichtlich schützen zu lassen.343 Daher hat der EuGH sich durch die Zuerkennung der Klagebefugnis im Rahmen der Nichtigkeitsklage zugunsten des Parlaments keine Kompetenz-Kompetenz angemaßt.344 4. Loyalitätsgrundsatz Ein Grundsatz, der seinen Ursprung im Prinzip des institutionellen Gleichgewichts findet, ist der der loyalen Zusammenarbeit der Organe.345 Jedoch ist der Loyalitätsgrundsatz mit der Vertragsreform von Lissabon in Art. 13 Abs. 2 S. 2 EUV positiviert worden, sodass sich dessen Aussagen direkt aus dem Vertrag ableiten und die dazu ergangene Rechtsprechung nur im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen ist.

339  Goeters, 340  EuGH,

Gleichgewicht, 2008, S. 224. Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041

Rn. 27. 341  Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (824 f.). 342  So auch schon Faber, DVBl. 1990, 1095 (1100); Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (826 ff.). 343  In diese Richtung schon Dauses, EuZW 1990, 169 (169). 344  Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (825). 345  Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S.  116; Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 242 f.; vgl. nur v. Alemann, Der Rat, 2009, S. 96; vgl. z. B. EuGH, Urt. v. 27.9.1988, Griechenland . / . Rat, Rs. C-204 / 86, Slg. 1988, S. 5323 Rn. 16, in dem jedoch nicht explizit auf das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts Bezug genommen wurde.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

III. Methodische Bezugnahme auf das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts Methodisch benutzt der EuGH das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts ganz überwiegend im Rahmen der Auslegung der Vorschriften des Vertrages und insbesondere, um ein gefundenes Auslegungsergebnis zu stützen.346 So hat er beispielsweise das Recht des Parlaments, eine Untätigkeitsklage zu erheben, im Wege der Wortlautauslegung aus Art. 175 Abs. 1 EWG-Vertrag abgeleitet und zur Unterstützung dieses Ergebnisses vorgebracht, dass eine Einschränkung der Befugnis zur Erhebung der Untätigkeitsklage „die vom Vertrag (…) gewollte institutionelle Stellung eines Organs beeinträchtigen“ würde.347 Der EuGH zieht das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts jedoch auch zur punktuellen Rechtsfortbildung heran, wie die Zuerkennung der aktiven Klagebefugnis zugunsten des Parlaments im Rahmen der Nichtigkeitsklage zeigt.348 Hier offenbart sich deutlich, dass das institutionelle Gleichgewicht kein bloßes Abbild der vertraglichen Zuständigkeitsverteilung, schlichte „Argumentationsfigur“349, oder „verfassungspolitische Zielsetzung“ mit appellativer Wirkung350 ist, oder nur im Rahmen der Auslegung im Zusammenwirken mit einer Vertragsnorm Bedeutung erlangt.351 Vielmehr kann das institutionelle Gleichgewicht einen weiterreichenden selbständigen Bedeutungsinhalt entfalten, und zeigt sich damit als übergeordnetes Prinzip, dem weiterführende Aussagen entnommen werden können.352

D. Der Gerichtshof als Bindungsadressat des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts ist auch in seiner Entwicklung durch die Rechtsprechung nicht auf das Verhältnis der politischen Organe zueinander beschränkt. Der Gerichtshof der Europäischen Union bezieht sich vielmehr selbst in den Kreis der Bindungsadressaten mit ein. 346  Siehe

Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 219, 222 f., 225, 244. Urt. v. 22.5.1985, Parlament . / . Rat, Rs. C-13 / 83, Slg. 1985, S. 01513

347  EuGH,

Rn. 17. 348  Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (386); siehe dazu oben 2. Teil 3. Kap. C. II. 3. 349  So jedoch Beutler, EuR 1981, 55 (58). 350  So jedoch Lorz, Interorganrespekt, 2001, S. 125. 351  So aber Lorz, Interorganrespekt, 2001, S. 125. 352  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 223 und 244; Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 363.



4. Kap.: Prinzipiencharakter, Herleitung und Funktionen83

Deutlich herausgestellt haben dies der EuGH und das Gericht bislang vor allem in ihrer Beziehung zur Kommission,353 in deren wettbewerbsrechtliche Kompetenzen oder Hüterfunktion sie beispielsweise nicht in Ausübung ihrer Rechtsprechungsfunktion übergreifen dürfen.354 Zunehmend betont wird auch, dass der Gerichtshof der Europäischen Union unter Achtung der Kompetenzen des Unionsgesetzgebers nicht in die unionale Rechtsetzung übergreife. Daher übe er gerade bei der Entwicklung allgemeiner Rechtsgrundsätze Zurückhaltung, wenn eine Regelungslücke durch ein gesetzgeberisches Tätigwerden ausgefüllt werden könne.355 Ob der EuGH bei der Entwicklung allgemeiner Rechtsgrundsätze jedoch tatsächlich stets die Kompetenzen der Rechtsetzungsorgane der Union und der Mitgliedstaaten wahrt, kann bezweifelt werden.356 So ist gerade die Entwicklung des europäischen Staatshaftungsanspruchs durch den EuGH, den dieser „aus dem Wesen der mit dem EWG-Vertrag geschaffenen Rechtsordnung“ abgeleitet und dessen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen er selbst konkretisiert hat,357 zu Recht teilweise als „Rechtsschöpfung“ kritisiert worden.358 4. Kapitel

Prinzipiencharakter, Herleitung und Funktionen des institutionellen Gleichgewichts A. Institutionelles Gleichgewicht als „Prinzip i. S. e. Optimierungsgebotes“ Die primärrechtliche Analyse des Organverhältnisses hat ergeben, dass aufbauend auf der unionsspezifischen Funktionenteilung ein System von 353  Fritzsche,

Ermessen, 2008, S. 138. EuGH, Urt. v. 11.11.1981, IBM . / . Kommission, Rs. C-60 / 81, Slg. 1981, S. 02639 Rn. 20; EuG, Urt. v. 10.3.1992, SIV, verb. Rs. T-68 / 89, T-77 / 89 und T-78 / 89, Slg. 1992, II-1403 Rn. 319; EuGH, Urt. v. 21.6.1988, Rs. C-415 / 85, Kommission . / . Irland, Slg. 1988, S. 3115 Rn. 9. 355  Schlussanträge GA Trstenjak v. 30.6.2009, Audiolux u. a., Rs. C-101 / 08, Slg. 2009, I-09823 Rn. 107; siehe auch Schlussanträge GA Kokott v. 6.5.2010, Afton Chemical Limited . / . Secretary of State for Transport, Rs. C-343 / 09, Slg. 2010, I-07027 Rn.  85 f. 356  Siehe dazu Mayer, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 19 EUV Rn. 70. 357  EuGH, Urt. v. 19.11.1991, Francovich, verb. Rs. C-6 / 90 und 9 / 60, Slg. 1991, I-05357 (insbes. Rn. 35 und 38 ff.); siehe aus dem neueren Schrifttum Dörr, EuZW 2012, 86 ff. 358  So z. B. Ossenbühl, DVBl. 1992, 993 (995); siehe zur Rechtsfortbildung des EuGH im Spannungsfeld zum institutionellen Gleichgewicht ausf. Calliess, NJW 2005, 929 ff. 354  Z. B.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

checks and balances zwischen den Organen besteht, das im Zusammenwirken mit der Art und dem Umfang der den Organen primärrechtlich zugewiesenen Aufgaben und Befugnissen eine Gleichgewichtslage zwischen den Organen herstellt. Die Verträge behalten jedoch jedem Organ auch einen Bereich an Aufgaben und Befugnissen vor, den es eigenständig wahrzunehmen hat.359 Richterrechtlich wurde das institutionelle Gleichgewicht vom EuGH als normatives und der Überprüfung und dem Schutz der Gerichtsbarkeit unterliegendes Prinzip geprägt.360 Rechtstheoretisch ist das institutionelle Gleichgewicht als ein Prinzip im Sinne eines Optimierungsgebotes zu qualifizieren.361 Im Anschluss an Alexy362 versteht man hierunter, dass eine Norm gebietet, dass „etwas in einem relativ auf die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohen Maße realisiert wird.“363 Da Optimierungsgebote „definitiv gelten und strikt zu erfüllen sind“364, kann es eigentlich keine Abweichung davon geben.365 Grundgedanke des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts ist die Aufrechterhaltung der Verantwortung der Organe.366 Das Prinzip bezweckt in diesem Sinne im Kern den Schutz der den Organen vertraglich zugewiesenen und vor allem vorbehaltenen Aufgaben und Befugnisse.367 Einbrüche in diese Vorbehaltsbereiche sind verboten.368 359  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 2.; so auch der Befund für das Organverhältnis unter dem Nizza-Regime bei Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 243. 360  Siehe oben 2. Teil 3. Kap.; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 10; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S 111; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 23; den Prinzipiencharakter ablehnend hingegen Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (560). 361  So schon Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 246; so zum Gewaltenteilungsgrundsatz Haratsch, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 208 f.; ebenfalls den Prinzipiencharakter des institutionellen Gleichgewichts annehmend H. v. Heinegg, in: Vedder / ders., Europ. Verfassungsvertrag, 2007, Art. I-3 Rn. 9; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (383). 362  Vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 75 ff. 363  Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 75 f.; J.-R. Siekmann, Regelmodelle, 1990, S. 86. 364  J.-R. Siekmann, Regelmodelle, 1990, S. 86. 365  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 246. 366  Dazu oben 2. Teil 3. Kap. A. III. und C. I.; Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 37; so auch, jedoch ohne den Prinzipiencharakter des institutionellen Gleichgewichts anzuerkennen Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S.  276  ff. Uerp­mann, AöR 125 (2000), 551 (561). 367  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 243, 245, 252 f.; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (383); Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 363. 368  Di Fabio, in: Isensee / Kirchhof, HStR, Bd. II, 2004, § 26 Rn. 88 ff.; Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 363.



4. Kap.: Prinzipiencharakter, Herleitung und Funktionen85

B. Herleitung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts Einen expliziten positivrechtlichen Anknüpfungspunkt im Primärrecht hat das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts nicht.369 Aus dem Fehlen eines solchen ist jedoch nichts zu folgern, dass dem institutionellen Gleichgewicht keine normative Aussagekraft für das Organverhältnis zukommt.370 Eine ausdrückliche vertragliche Verankerung ist nämlich keine unerlässliche Voraussetzung für die Entstehung von Verfassungsrecht.371 Der EuGH spricht lediglich in den Meroni-Entscheidungen explizit die Zielbestimmung des Art. 3 EGKS-Vertrages an, aus der zu folgern sei, dass das Gleichgewicht der Gewalten eine grundlegende Garantie darstellt.372 In der Mehrzahl der Urteile knüpft der EuGH mit dem Terminus des institutio­ nellen Gleichgewichts an das vertragliche System der Zuständigkeitsverteilung an.373 Da der EuGH das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts teilweise jedoch unter Bezugnahme auf die institutionelle Grundnorm ableitet, die auch das Prinzip der begrenzten organschaftlichen Einzelermächtigung (vgl. Art. 4 EWG-Vertrag) inkorporiert, ist hierin der vertragliche Anknüpfungspunkt zu sehen.374

C. Funktionen des institutionellen Gleichgewichts Es stellt sich die Frage, welche Funktionen mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts verbunden sind.

369  Aus dem Protokoll Nr. 30 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (1997) ist die Bezugnahme auf dieses Prinzip mit der letzten Vertragsrevision entfernt worden. 370  So aber Bieber, CMLR 21 (1984), 505 (518); ders., Verfahrensrecht, 1992, S. 102; ders., in: Bieber / Epiney / Haag, Die EU, 2013, § 4 Rn. 16; Läufer, Organe, 1990, S.  220 f. 371  Siegel, Gleichgewicht, 2009, S. 6; ders., DÖV 2010, 1 (2). 372  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (44). 373  Vgl. Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 10; Fritzsche, Ermessen, 2008, S. 139; siehe z. B. EuGH, Urt. v. 17.12.1970, Köster, Rs. 25 / 70, Slg. 1970, S. 01161 Rn. 4. 374  Z. B. EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères . / . Rat, Rs. C-138 / 79, Slg. 1980, S. 03333 Rn. 19; die große Mehrheit im Schrifttum sieht die institutionelle Grundnorm bzw. das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung als vertraglichen Ankerpunkt des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts an; siehe Haratsch /  Koenig / Pechstein, Europarecht, 2014, S. 102 Rn. 206; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 7.

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

I. Interessenausgleich Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts ist zuvörderst auf den Zweck gerichtet, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen auf Unionsebene herzustellen, die durch die unterschiedlichen Organe repräsentiert werden.375 Dies spiegelt sich schon in Art. 13 Abs. 1 EUV, der den institutionellen Rahmen376 der Union auf den Zweck verpflichtet, den Interessen der Union, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten zu dienen. Das Europäische Parlament ist das Repräsentativorgan der Unionsbürgerinnen und -bürger (Art. 14 Abs. 2 S. 1 EUV) und vertritt deren Belange. Auf die politische Interessenvertretung der Mitgliedstaaten ausgerichtet sind hingegen der Rat (vgl. Art. 16 Abs. 2 EUV) und der Europäische Rat (Art. 15 Abs. 2 S. 1 EUV).377 Ihnen steht mit der Kommission das Organ gegenüber, das ausschließlich378 auf das Unionsinteresse verpflichtet ist. Dies ergibt sich deutlich aus dem Primärrecht, da die Kommission „die allgemeinen Interessen der Union“ repräsentiert und „zu diesem Zweck“ geeignete Initiativen ergreift (Art. 17 Abs. 1 S. 1 EUV). Der mit dem institutionellen Gleichgewicht intendierte Interessenausgleich vollzieht sich im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art. 289 Abs. 1 i. V. m. Art. 294 AEUV) der Union besonders anschaulich:379 Die Kommission stößt als Vertreterin des Unionsinteresses den Gesetzgebungsprozess an und gibt mit ihrer Initiative (Art. 17 Abs. 2 S. 1 EUV) die integrationspolitische Richtung vor. Der Rat und das Parlament arbeiten im Gesetzgebungsverfahren eng zusammen und müssen unter Vermittlung der Kommission und hinreichender Berücksichtigung des Unionsinteresses die mitgliedstaatlichen Interessen mit den Unionsbürgerinteressen ausgleichen. 375  v. Alemann, Der Rat, 2009, S. 94; Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101; Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (816 f.); A. Peters, Elemente, 2001, S. 423 (dort Fn. 274); Sommermann, in: Bauer / Calliess, Verfassungsprinzipien, 2008, S. 35. 376  Zum institutionellen Rahmen oben 2. Teil 2. Kap. A. 377  v. Alemann, Der Rat, 2009, S. 93 f.; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 9; Kolb, DVP 2001, 447 (451); Kumin, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 15 EUV Rn. 49; Lenski, in: Pernice, Der Vertrag, 2008, S. 107, 111 (dort Fn. 47); Nicolaysen, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 105 und 114. 378  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101; Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 139; Kolb, DVP 2001, 447 (451); Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 17 EUV Rn. 2 und 4; siehe jedoch zur ‚Intergouvernementalisierung‘ der Kommission Jacqué, integration 2010, 103 (109). 379  So schon zur früheren Rechtslage Epping, in: Vedder / H. v. Heinegg, Europ. Verfassungsvertrag, 2007, Art. III-396 Rn. 4; Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (818 f.).



4. Kap.: Prinzipiencharakter, Herleitung und Funktionen87

II. Verhinderung von Machtmissbrauch und Sicherung von Freiheit In funktionalem Gleichlauf mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz380 auf mitgliedstaatlicher Ebene zielt auch das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts darauf ab, den Missbrauch von Macht durch eines oder mehrere Unionsorgane zu verhindern.381 Wurde die Gefahr des Machtmissbrauchs früher vor allem mit Blick auf den Rat und zu Lasten des Europäischen Parlaments ausgemacht,382 zeigt sich eine solche in der europäischen Finanzkrise teilweise im Verhältnis des Europäischen Rates zum Rat. So dehnt der Europäische Rat seine schon vertraglich hervorgehobene Stellung im Bereich der Regierungsfunktion zum Teil aus, indem er nicht nur die großen Linien der Politik vorzeichnet, sondern in einem solchen Ausmaß Detail­ regelungen trifft, dass der Gestaltungsspielraum des Rates minimiert wird. Demnach besteht auch auf Unionsebene ein Bedürfnis nach gegenseitiger machtbegrenzender Hemmung und Kontrolle.383 Diesem Bedürfnis vermag das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und das ihm zugrundeliegende System von checks and balances nachzukommen,384 wenn die Organe die ihnen zugewiesenen Kontroll-, Mitwirkungs- und sonstigen Einwirkungsrechten auch tatsächlich nutzen und bei Übertretungen im Organverhältnis auch den Gerichtshof anrufen (vgl. Art. 263 AEUV). Teilweise wird der individual-freiheitsschützende Charakter des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts verneint.385 Dieser Auffassung ist zuzugestehen, dass die Gemeinschaftsrechtsordnung in ihren Anfangsjahren vornehmlich auf die wirtschaftliche Integration gerichtet war und der Schutz des Individuums und die Sicherung seiner Freiheit nicht im Vordergrund standen.386 Jedoch hat der Unionsbürger gegenüber der von der Union ausgeübten Hoheitsgewalt ein ähnliches Schutzbedürfnis wie gegenüber der, der er staatlicherseits unterliegt. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Union durch den Erlass unmittelbar anwendbaren Rechts wie durch Verordnungen 380  Zum

Gewaltenteilungsgrundsatz in der Ideengeschichte oben 2. Teil 1. Kap. Grundlagen, 2012, § 4 Rn. 160; Goeters, Gleichgewicht, 2008,

381  Borchardt,

S. 254. 382  Siehe dazu Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 360 f. 383  Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 271. 384  Siehe Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 253 f. 385  Schlussanträge GA Trstenjak v. 30.6.2011, Audiolux u. a., Rs. C-101 / 08, Slg. 2009, I-09823 Rn. 104; Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (816). 386  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 255; Sternberger, VVDStRL 50 (1990), 9 (30).

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2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

(Art. 288 Abs. 2 AEUV) auf den einzelnen Unionsbürger durchgreift und ihm Pflichten auferlegt. Deshalb ist der Einzelne gegenüber der Ausübung unionaler Hoheitsgewalt auf die gleichen grundlegenden Vorrichtungen zum Schutz seiner Rechtsposition angewiesen wie im nationalen Recht.387 Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts entfaltet daher mit der Verhinderung von Machtmissbrauch zwar nicht primär, jedoch auch eine (mittelbar) individual-freiheitssichernde Wirkung.388 Auch der EuGH hat dem institutionellen Gleichgewicht einen individualfreiheitsschützenden Charakter zugewiesen,389 als er in der Rechtssache Meroni das „Gleichgewicht der Gewalten“ als „eine grundlegende Garantie“ bezeichnete, und zwar „insbesondere zugunsten der Unternehmen und Unternehmensverbände, auf welche der Vertrag Anwendung findet“.390 III. Funktionsgerechtigkeit Das institutionelle Gleichgewicht steht auch im Dienste der Funktionsgerechtigkeit.391 Damit wird eine weitere funktionale Parallele zum Gewaltenteilungsprinzip staatlicher Prägung augenscheinlich,392 denn nach der ständi387  Haratsch, in: Demel u. a., Funktionen, 2001, S. 206; Rittner, EuZW 2000, 129 (129); Sachsse, Die Kompetenzen, 1971, S. 127. 388  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 17 f.; Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101; Fritzsche, Ermessen, 2008, S. 139; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2006, 7. Kap. Rn. 32; Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 360; a. A. Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S. 178; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 115; Schweitzer / Hummer / Obwexer, Europarecht, 2007, S. 178 Rn. 653. 389  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 211 f., 258; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (384). 390  EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, 11 (44); EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni II, Rs. C-10 / 56, Slg. 1958, 53 (82). 391  Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S. 102  ff.; Brenner, Gestaltungsauftrag, 1996, S. 178, der jedoch die rechtliche Aussagekraft des institutionellen Gleichgewichts verneint; Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101; Fritzsche, Ermessen, 2008, S. 139; Giegerich, ZaöRV 50 (1990), 812 (816); Grosche, Rechtsfortbildung, 2011, S. 228; Helfritz, Verwaltungseinheiten, 2000, S. 127; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 115; Schweitzer / Hummer / Obwexer, Europarecht, 2007, S. 178 Rn. 653; Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 360  ff.; Siegel, Gleichgewicht, 2009, S. 8; Schlussanträge GA Trstenjak v. 30.6.2009, Audiolux u. a., Rs. C-101 / 08, Slg. 2009, I-09823 Rn. 104; siehe jedoch auch zum „Mangel an Operationalisierbarkeit“ Cornils, in: Depenheuer / Grabenwarter, Verfassungstheorie, 2010, § 20 Rn. 37. 392  V. Alemann, Der Rat, 2009, S. 94 f.; Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101; Siegel, Gleichgewicht, 2009, S. 8; siehe auch Goeters, Gleichgewicht, 2008, S.  259 ff.



4. Kap.: Prinzipiencharakter, Herleitung und Funktionen89

gen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zielt Gewaltenteilung (auch) darauf ab, „dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen (…).“393 Auf Unionsebene soll die Wahrnehmung der jeweiligen Funktionen den Organen obliegen, die der Vertrag hierfür am besten ausgerüstet hat.394 Leitbild der Funktionenteilung ist der bestmögliche Einsatz der Mittel zur Erreichung der Unionsziele.395 Beispielsweise ist das Parlament aufgrund seiner Größe mit derzeit 766 Abgeordneten, seines Auftrages, die 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger auf Unionsebene zu vertreten und seiner mehrsprachigen Arbeitsweise am besten für die Erfüllung der Deliberativ- und Veröffentlichungsfunktion der Gesetzgebung geeignet. Die funktionsgerechte Aufgabenerfüllung als Zweck der Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts spiegelt sich auch in der Rechtsprechung des EuGH.396 Dieser hat betont, dass jedes Organ nach der Gemeinschaftsverfassung Träger eines „eigenen Auftrags“ innerhalb des Organgefüges der Gemeinschaft „und bei der Erfüllung der dieser übertragenen Aufgaben“ ist397 und, dass der Gerichtshof die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts sicherstellt, damit jedes Organ seine Aufgabe erfüllen kann.398 IV. Demokratische Legitimation Die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts steht zudem im Dienste der demokratischen Legitimation der von der Union ausgeübten Herrschaftsgewalt.399 Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erfordert, dass das Europäische Parlament als „der wichtigste Träger unmittelba393  BVerfGE

68, 1 (86); 90, 286 (364); 95, 1 (15); 98, 218 (251 f.). Alemann, Der Rat, 2009, S. 94 f.; Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S. 102; Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 360 ff.; Schweitzer / Hummer / Obwexer, Europarecht, 2007, S. 178 Rn. 653; siehe auch Schlussanträge GA Trstenjak v. 30.6.2009, Audiolux u. a., Rs. C-101 / 08, Slg. 2009, I-09823 Rn. 104. 395  Schweitzer / Hummer / Obwexer, Europarecht, 2007, S. 178 Rn. 653. 396  Siehe Schroeder, Gemeinschaftssystem, 2002, S. 361 f. 397  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn. 21. 398  EuGH, Urt. v. 22.5.1990, Parlament . / . Rat, Rs. C-70 / 88, Slg. 1990, I-02041 Rn. 23; Schroeder, Gemeinschaftssystem, 2002, S. 362. 399  Di Fabio, JZ 2000, 737 (742); Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 370; zum Gewaltenteilungsgrundsatz Lenaerts, CMLR 28 (1991), 11 (12); siehe auch Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 264 ff.; Ch. Möllers, Gewaltengliederung, 2005, S. 27 ff., 253 ff. 394  v.

90

2. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht in der Europäischen Union

rer demokratischer Legitimation“400 auch substantielle und gewichtige Befugnisse haben muss.401 Wie der EuGH bereits in mehreren Rechtssachen deutlichen gemacht hat, spiegelt die parlamentarische Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren „auf Gemeinschaftsebene ein grundlegendes demokratisches Prinzip wider“.402 Das institutionelle Gleichgewicht verlangt jedoch auch, dass dem Rat gewichtige Befugnisse im Organgefüge verbleiben, da er ebenfalls ein wichtiger Legitimationsvermittler der Union ist. Das System gegenseitiger Überwachung und Einflussnahme, das das institutionelle Gleichgewicht kennzeichnet, leistet zudem einen Beitrag zur Steigerung der Akzeptanz der Entscheidungen auf Seiten der in den Entscheidungsprozess integrierten betroffenen Interessengruppen.403 5. Kapitel

Zusammenfassung Die Europäische Union unterliegt einer unionsspezifischen Funktionenteilung. Durch die Vertragsreform von Lissabon ist insbesondere die Gesetzgebungsfunktion näher von der Exekutivfunktion abgegrenzt worden, was vor allem durch die Einführung des Art. 298 AEUV bewirkt wurde, der die Unabhängigkeit der europäischen Verwaltung primärrechtlich festschreibt. Diese Unabhängigkeit ist unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH und der Gesetzgebung des Unionsgesetzgebers zu unabhängigen nationalen Datenschutzkontrollstellen und Regulierungsbehörden als Abschirmung der Verwaltung von der politischen Einflussnahme auszulegen.404 Auf der Grundlage der unionsspezifischen Funktionenteilung wird über ein System von checks and balances und die den Organen primärrechtlich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse ein Gleichgewicht im Organgefüge hergestellt. Trotz der weitreichenden Verschränkungen ist jedem Organ ein Bereich an Aufgaben und Befugnissen zur eigenständigen Wahrnehmung vertraglich zugewiesen.405 400  Pache / Rösch, NVwZ 2008, 473 (475); Pache, in: ders. / Schorkopf, Die EU, 2009, S. 25. 401  Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 102; vgl. auch Bernhardt, Verfassungsprinzipien, 1987, S. 118 f. 402  EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Roquette Frères, Rs. C-138 / 78, Slg. 1980, 03333 Rn. 33; EuGH, Urt. v. 29.10.1980, Maizena . / . Rat, Rs. C-139 / 80, Slg. 1980, 03393 Rn. 34; EuGH, Urt. v. 11.6.1991, Kommission . / . Rat, Rs. C-300 / 89, Slg. 1991, I-02867 Rn. 20. 403  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 268 m. w. N. 404  Ausf. oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c). 405  Ausf. oben 2. Teil 2. Kap. C. I.–III.



5. Kap.: Zusammenfassung91

Das durch den EuGH als Prinzip entwickelte institutionelle Gleichgewicht fordert die Aufrechterhaltung der Verantwortung der Unionsorgane.406 In diesem Sinne dient es dem Schutz der den Organen vertraglich zugewiesenen und insbesondere vorbehaltenen Aufgaben und Befugnissen.407 Es bildet vor allem einen Maßstab und eine Grenze für Gewichtsverschiebungen zwischen den Organen.408 Zur Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts in der Union kommt dem Rechtsschutz eine große Bedeutung zu. Zu den Funktionen des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts zählen der Interessenausgleich auf Unionsebene, die Verhinderung von Machtmissbrauch, die Sicherstellung der funktionsgerechte Erfüllung der Unionsaufgaben und die Mitwirkung an der demokratischen Legitimation der Ausübung von Herrschaftsgewalt auf Unionsebene. Mittelbar dient das Prinzip auch der individuellen Freiheitssicherung. Da es als Verfassungsprinzip gilt, muss dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts auch bei Vertragsänderungen Rechnung getragen werden.409

406  Siehe oben 2. Teil 3. Kap. A. III. und C. I.; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S.  276 ff.; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 37; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551. 407  Siehe oben 2. Teil 4. Kap. A.; Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 243, 245, 252 f.; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (383); Schroeder, Gemeinschaftsrechtssystem, 2002, S. 363. 408  Vgl. oben 2. Teil 3. Kap. C. II. 1.; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 16; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, Art. 17 EUV Rn. 16. 409  Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 286; a. A. z. B. Dederer, in: H / N, Demokratie, 2010, S. 101 f. (dort auch Fn. 124); H. Hofmann, Normenhierarchien, 2000, S.  68 f.

3. Teil

Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen Im folgenden Teil wird die Bedeutung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts für die Errichtung und das Handeln europäischer Agenturen untersucht. Ziel ist es, Maßstäbe und Grenzen zu konkretisieren, die aus diesem Prinzip für europäische Agenturen folgen. 1. Kapitel

Das Europäische Agenturwesen A. Das Europäische Agenturwesen als Element des Europäischen Verwaltungsverbundes I. Der Europäische Verwaltungsverbund Das Prinzip der Verwaltungsautonomie der Mitgliedstaaten prägt auch nach der Vertragsreform von Lissabon das Europäische Verwaltungssystem,1 wurde durch sie sogar gestärkt.2 Hiernach ist der mitgliedstaatliche Vollzug des Unionsrechts der Regelfall (vgl. Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV, Art. 197 AEUV, Art. 291 AEUV), der Direktvollzug durch die Union hingegen der Ausnahmetypus, dessen Inanspruchnahme einer besonderen Begründung bedarf.3 Die primärrechtlich angelegte Trennung zwischen direktem und indirektem Vollzug kann das europäische Verwaltungssystem jedoch nicht mehr angemessen charakterisieren.4 Treffender lässt sich ebenenübergrei1  Schwarze,

EuR 2009, Heft Beiheft 1, 9 (21). schon oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. a). 3  Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 5 Rn. 19; Ruffert, in C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 291 AEUV Rn. 2; v. Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 2 Rn. 6; S. Augsberg, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 6 Rn. 31; siehe auch Groß, EuR 2005, 54 (54); Schwarze, EuR 2009, Heft Beiheft 1, 9 (21). 4  Britz, EuR 2006, 46 (46); Groß, EuR 2005, 54 (54); v. Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 2 Rn. 7. 2  Dazu



1. Kap.: Das Europäische Agenturwesen93

fend vom Europäischen Verwaltungsverbund sprechen.5 Mit diesem Begriff werden bestimmte immer wieder vorzufindende Strukturelemente6 illus­ triert und die Verwaltungswirklichkeit gespiegelt, in der mitgliedstaatliche und unionale Stellen das Unionsrecht und das harmonisierte nationale Recht in funktioneller Einheit vollziehen.7 Der Europäische Verwaltungsverbund kann als Informations-, Entscheidungs- und Kontrollverbund verstanden werden.8 Die sich sowohl horizontal zwischen den Verwaltungen der Mitgliedstaaten als auch vertikal zwischen den Einrichtungen der Union und den mitgliedstaatlichen Verwaltungen vollziehende Kooperation zeigt sich im Europäischen Verwaltungsverbund in verschiedenen Erscheinungsformen, wie zum Beispiel in der informationellen, verfahrensrechtlichen und institutionellen Zusammenarbeit.9 Die Verbundstruktur zeigt sich auch beim indirekten Vollzug, wie zum Beispiel bei der Beihilfenaufsicht (vgl. Art. 107 und 108 AEUV). II. Ausbildung europäischer Agenturen als Folge der institutionellen Ausdifferenzierung des Direktvollzugs der Union Die Eigenverwaltung der Europäischen Union, die vor allem den Direktvollzug umspannt,10 ist in den Europäischen Verwaltungsverbund eingebettet. Neben seiner sachbezogenen Ausdehnung11 erfährt der Direktvollzug der Union seit Langem auch eine institutionelle Ausdifferenzierung,12 die 5  Siehe dazu ausführlich v. Bogdandy, Supranationaler Föderalismus, 1999, S.  11 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann / Schöndorf-Haubold, Verwaltungsverbund, 2005, S.  1  ff.; ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 5 Rn. 16 ff.; Siegel, Entscheidungsfindung, 2009, S. 11 ff.; Weiß, Verwaltungsverbund, 2010, S. 20 ff.; siehe auch Sydow, Verwaltungskoopera­ tion, 2004, S. 3 ff. 6  Britz, EuR 2006, 46 (47); Siegel, Entscheidungsfindung, 2009, S. 12. 7  Schmidt-Aßmann, in: ders. / Schöndorf-Haubold, Verwaltungsverbund, 2005, S. 2; so auch Geber, EuZW 2013, 298 (298). 8  Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 5 Rn. 16, 25; ders., Ordnungsidee, 2006, 7. Kap. Rn. 6; Siegel, Entscheidungsfindung, 2009, S. 12. 9  Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 5 Rn. 25; siehe auch Frenz, DÖV 2010, 66 (66 ff.). 10  S. Augsberg, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 6 Rn. 32; siehe auch Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2006, Kap. 7 Rn. 14. 11  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 83 Rn. 64; Siegel, Entscheidungsfindung, 2009, S. 9. 12  Sydow, Verwaltungskooperation, 2004, S. 63; siehe auch Terhechte, in: ders., Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 1 Rn. 38; siehe auch Siegel, Entscheidungsfindung, 2009, S. 4 ff., der von „Ausdiversifizierung“ spricht.

94

3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

zum Beispiel das Komitologiewesen hervorgebracht hat. Die Ausbildung europäischer Agenturen, die Mitte der siebziger Jahre ihren Anfang nahm, ist jedoch die wohl augenscheinlichste Folge dieser organisatorischen Ausdifferenzierung. Sie hat dazu geführt, dass die Union nunmehr teilweise über einen Verwaltungsunterbau im Bereich des Direktvollzugs verfügt.13 Insofern kann durchaus von „mittelbarer Unionsverwaltung“ durch die europäischen Agenturen gesprochen werden.14 Bei der Ausbildung von Agenturen handelt es sich um keine originäre Unionsidee. Vielmehr findet das europäische Agenturwesen sein großes Vorbild im US-amerikanischen Agency Modell. Trotz wesentlicher Unterschiede, die zwischen den US-amerikanischen agencies und den europäischen Agenturen bestehen, nähert sich das Agenturwesen der Union immer stärker seinem amerikanischen Vorbild an, was vor allem hinsichtlich der Aufsicht und Kontrolle über diese Verwaltungseinheiten zutrifft.15

B. Begriff und Merkmale der europäischen Agentur sowie Abgrenzung zu anderen Einrichtungen auf Unionsebene I. Begriff und Merkmale der europäischen Agentur Die „Agentur“ ist ein weithin anerkannter Gattungsbegriff, der sich auf dezentrale Einrichtungen eines bestimmten Verwaltungstyps auf Unionsebene bezieht.16 Er umfasst auch solche Einrichtungen, die unter ganz unterschiedlichen Bezeichnungen auftreten, wie „Amt“, „Behörde“, „Gremium“, „Stelle“, „Stiftung“ oder „Zentrum“.17 Um die Fortsetzung dieser begrifflichen Inkohärenzen zu vermeiden und um dem Agenturwesen eine bessere Sichtbarkeit und Transparenz zu vermitteln, sollen Agenturen zukünftig standardmäßig als „Europäische Agentur für …“ i. V. m. der Benennung des Mandats oder des betroffenen Sachbereichs bezeichnet werden.18 13  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 83 Rn. 75; siehe zu Agenturen auf deutscher Ebene Wentzel, DÖV 2010, 763 ff. 14  Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 8 f.; ders., Jura 2012, 42 (43); Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (553). 15  Zur primärrechtlichen Gewährleistung der Unabhängigkeit der Agenturen ausf. oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c) und sogleich unten 3. Teil 2. Kap. F.; siehe zu den Agencies und der Gewaltenteilung in den USA Schladebach / Schönrock, Verw­ Arch 93 (2002), 100 (107 ff.). 16  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 44; Kilb, EuZW 2006, 268 (269); Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 187; Sydow, Verwaltungskooperation, 2004, S. 63. 17  Kilb, EuZW 2006, 268 (269). 18  Siehe gemeinsame Erklärung und gemeinsames Konzept des Europäischen Parlaments, des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission



1. Kap.: Das Europäische Agenturwesen95

Mittlerweile haben sich mehrere Merkmale herausgebildet, die für eine europäische Agentur als grundlegend angesehen werden:19 Zunächst handelt es sich um Einrichtungen im Rahmen der Unionsrechtsordnung.20 Charakteristisch ist, dass ihre Gründung und ihr Tätigwerden nicht auf einer expliziten primärrechtlichen Errichtungsermächtigung beruhen, sondern auf sekundärrechtlicher Grundlage.21 Mit der Europäischen Verteidigungsagentur22 (Art. 42 Abs. 3, Art. 45 EUV), Eurojust23 (Art. 85 AEUV) und Europol24 (Art. 88 AEUV) sind hingegen drei Agenturen explizit in den Verträgen vorgesehen. Das wohl herausragende Merkmal der europäischen Agenturen ist ihre Rechtspersönlichkeit, die ihnen durch ihren jeweiligen Gründungsakt vermittelt wird (vgl. z. B. Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 168 / 200725 für die Europäische Grundrechteagentur und Art. 5 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 1406 / 200226 für die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs).27 Hinzu tritt über dezentralisierte Agenturen, 2012, Rn. 1; im Folgenden: „Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, S. oder Rn.“. 19  Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (7); Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 188. 20  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  40; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 188. 21  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 40; Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (8); zur Einordnung der Agenturen auf die tertiäre Organisationsebene der Union siehe schon oben 2. Teil 2. Kap. A.; nach der hier zugrunde gelegten Definition fallen daher solche Unionseinrichtungen aus dem Agenturbegriff heraus, die zwar alle sonstigen Merkmale erfüllen – insbesondere Rechtspersönlichkeit haben – aber nicht auf sekundärrechtlicher Grundlage geschaffen wurden, wie die EZB, die Europäische Investitionsbank, der Europäische Investitionsfonds und die Europäische Atomversorgungsagentur; Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (8). 22  Gemeinsame Aktion 2004 / 551 / GASP des Rates v. 12.7.2004 über die Einrichtung der Europäischen Verteidigungsagentur, ABl. Nr. L 245 v. 17.7.2004, S. 17. 23  Beschluss 2002 / 187 / JI des Rates v. 28.2.2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität, ABl. Nr. L 063 v. 6.3.2002, S. 1; im Folgenden: „Eurojust“. 24  Beschluss des Rates 2009 / 371 / JI zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol), ABl. Nr. L 121 v. 15.5.2009, S. 37; im Folgenden: „Europol“; siehe aber auch Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the European Union Agency for Law Enforcement Cooperation and Training (Europol) and repealing Decision 2009 / 371 / JHA and 2005 / 681 / JHA, COM(2013) 173 final v. 27.3.2013. 25  VO (EG) Nr. 168 / 2007 des Rates v. 15.2.2007 zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, ABl. Nr. L 53 v. 22.2.2007, S. 1; im Folgenden: „VO (EG) Nr. 168 / 2007“ und „Grundrechteagentur“. 26  VO (EG) Nr. 1406 / 2002 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.6.2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, ABl. Nr. L 208 v. 5.8.2002, S. 1; im Folgenden: „VO (EG) Nr. 1406 / 2002“. 27  Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 8 ff.; Görisch ders., Jura 2012, 42 (43); Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (7).

96

3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

als weiteres Charakteristikum eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten, die bei den Agenturen unterschiedlich stark ausgeprägt ist.28 So wird beispielsweise in der Gründungsverordnung der Europäischen Grundrechteagentur herausgestellt, dass diese Einrichtung ihre Aufgaben in „völliger Unabhängigkeit“ wahrnimmt (Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 168 / 2007). Kennzeichnend ist schließlich, dass Agenturen bestimmte Verwaltungsaufgaben übertragen werden, welche sie eigenständig und dauerhaft wahrzunehmen haben und zu deren Erfüllung sie mit bestimmten Befugnissen ausgestattet werden.29 II. Regulierungs- und Exekutivagenturen Die Kommission ist im Jahre 2002 dazu übergegangen, zwischen Regulierungs- und Exekutivagenturen zu differenzieren.30 1. Exekutivagenturen Exekutivagenturen bilden einen seit dem Jahr 2002 bestehenden Sondertyp von Agenturen, deren Verfassung in einer Verordnung31 festgelegt ist. Sie werden mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben bei der Verwaltung von Gemeinschaftsprogrammen betraut (Art. 3 Abs. 1 Exekutiv-VO). Hierbei darf ihnen jedoch kein „Ermessensspielraum zur Umsetzung politischer Entscheidungen“ übertragen werden (Art. 6 Abs. 1 Exekutiv-VO). Auch Exekutivagenturen verfügen über Rechtspersönlichkeit (Art. 4 Abs. 2 S. 1 Exekutiv-VO). Binnenorganisatorisch sind sie identisch strukturiert und zwar mit einem Lenkungsausschuss, dem vor allem die inhaltliche Arbeit der Agentur obliegt, und einem Direktor, der für die Außenvertretung der Agentur und deren Verwaltung verantwortlich ist (Art. 7 ff. Exekutiv-VO). Exekutivagenturen zeichnen sich durch einige Besonderheiten aus: Sie werden durch einen Beschluss der Kommission eingesetzt, bestehen lediglich für einen bestimmten, von der Kommission festgelegten Zeitraum und können durch einen Beschluss dieses Unionsorgans auch vorzeitig aufgelöst 28  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 39; Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (7); zu den Gründen für die Unabhängigkeit und zur zunehmenden Unabhängigkeit der Agenturen unten 3. Teil 2. Kap. F. I. 1. und 2. 29  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  38  f.; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 189. 30  KOM(2002) 718 endg. 31  VO (EG) Nr. 58 / 2003 des Rates v. 19.12.2002 zur Festlegung des Status der Exekutivagenturen, die mit bestimmten Aufgaben bei der Verwaltung von Gemeinschaftsprogrammen beauftragt werden, ABl. Nr. L 011 v. 16.01.2003, S. 1; im Folgenden: „Exekutiv-VO“.



1. Kap.: Das Europäische Agenturwesen97

werden (Art. 3 Abs. 1 S. 1–2, Abs. 2 S. 2 Exekutiv-VO). Zudem stehen sie in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zur Kommission und unterliegen ihrer Kontrolle (siehe z. B. Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1–3 Exekutiv-VO).32 Sämtliche Exekutivagenturen müssen am Dienstort der Kommission und ihrer Dienststellen angesiedelt sein (Art. 5 Abs. 1 Exekutiv-VO). Da Exekutivagenturen einen Sondertyp bilden, bleiben sie aus der Untersuchung ausgeblendet, es sei denn, es wird explizit auf sie Bezug genommen. 2. Regulierungsagenturen Die im Zentrum dieser Untersuchung stehenden und bereits anhand ihrer abstrakten Merkmale33 vorgestellten Agenturen hat die Kommission lange Zeit als „Regulierungsagenturen“ bezeichnet.34 Hiervon scheint sie jedoch Abstand zu nehmen und den Begriff der „dezentralen Agenturen“ zu favorisieren,35 womit sie begrifflich auf die Agenturstandorte anspielt, die über die EU-Mitgliedstaaten verteilt sind.36 Regulierungsagenturen haben aus Sicht der Kommission „zur Aufgabe, durch Handlungen, die zur Regulierung eines bestimmten Sektors beitragen, aktiv an der Wahrnehmung der Exekutivfunktion mitzuwirken“.37 Legt man das hier vertretene Verständnis von Regulierung zugrunde, wonach deren Wesen in einer normativen Tätigkeit liegt, durch die auf das Marktverhalten eingewirkt wird,38 können mit einem weiten Regulierungs32  Siegel, Entscheidungsfindung, 2009, S. 297; Shirvani, DÖV 2008, 1 (7); Sydow, Verwaltungskooperation, 2006, S. 68 f. 33  Zu dem Begriff und den Merkmalen der Agenturen oben 3. Teil 1. Kap. B. I. 34  Nicht als „Regulierungsagenturen“ sieht die Kommission hingegen die beiden ersten Agenturen auf Unionsebene an, nämlich das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung und die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen; KOM(2002) 718 endg., S. 12 (dort Fn. 11); krit. gegenüber dem Begriff der Regulierungsagentur Sydow, VerwArch 97 (2006), 1 (4); Weiß, Verwaltungsverbund, 2010, S. 89. 35  Insbesondere in der Vereinbarung über dezentrale Agenturen von 2012 findet sich an keiner Stelle der Begriff der „Regulierungsagentur“. 36  Vgl. zum Sitz der Agenturen und zur Rolle des Aufnahmestaates die Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 6 ff. 37  KOM(2002) 718 endg., S. 4; siehe auch KOM(2005) 59 endg., S. 6: „Unter einer europäischen Regulierungsagentur ist (…) eine autonome Rechtsperson zu verstehen, die vom Gesetzgeber errichtet wird, um an der Regulierung eines Sektors auf europäischer Ebene und an der Durchführung einer Gemeinschaftspolitik mitzuwirken.“ 38  Zum Regulierungsbegriff unter Bezugnahme auf die Bankenregulierung unten 4. Teil 1. Kap.; siehe zum umstrittenen Regulierungsbegriff nur v. Danwitz, DÖV

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

begriff die europäischen Agenturen als Regulierungsagenturen bezeichnet werden, die an der Rechtsetzung auf Unionsebene beteiligt werden, indem sie etwa unverbindliche Leitlinien herausgeben.39 III. Abgrenzung zu anderen Einrichtungen Von den Unionsorganen unterscheiden sich die Agenturen vornehmlich über ihre Rechtspersönlichkeit und die Nichterwähnung in der institutionellen Grundnorm des Art. 13 EUV.40 Die Rechtspersönlichkeit grenzt sie zudem von solchen Einrichtungen der Union ab, die entweder einem Organ zugehörig sind, wie der Ausschuss der ständigen Vertreter zum Rat (Art. 241 AEUV), oder interinstitutionelle Einrichtungen sind, wie das Amt für amtliche Veröffentlichungen.41 Nicht zu den Agenturen zählen ferner solche Einrichtungen, die außerhalb der Unionsverträge auf zwischenstaatlicher Ebene errichtet wurden, wie die europäischen Schulen. Zudem unterfallen privatrechtliche Organisationen nicht dem Begriff der Agentur, da sie nicht in die unionale Hoheitsgewalt eingegliedert sind.42 IV. Schritte zu mehr Einheitlichkeit unter den heterogenen europäischen Agenturen Die europäischen Agenturen sind von einer starken Heterogenität geprägt. Diese offenbart sich deutlich, wenn man beispielsweise einen Blick auf die Regelungen über ihre Binnenorganisation, ihre Finanzierung, ihre Befugnisse und ihre Aufsichts- und Kontrollunterworfenheit gegenüber den Unionsorganen wirft.43 Vergleicht man beispielsweise die Binnenstrukturen, hat zwar die große Mehrheit der älteren Agenturen – wie die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht44 – eine dualistische Führungsstruktur mit einem (Exekutiv-)Direktor (vgl. Art.  9 VO (EWG) Nr. 302 / 93), der für die operativen Tätigkeiten und die Außenvertretung der 2004, 977 ff.; Laubinger, VBlBW 2010, 306 (307 f.); Ruffert, in: Fehling / Ruffert, Regulierungsrecht, 2010, § 7 Rn. 1 ff. 39  Siehe dazu unten 3. Teil 1. Kap. D. I. 40  Siehe zu den Merkmalen der Unionsorgane oben 2. Teil 2. Kap. A. 41  Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 9; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 191; Remmert, EuR 2003, 134 (135). 42  Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 194 m. w. N. 43  Siehe zu einer vergleichenden Untersuchung Shirvani, DÖV 2008, 1 (8 ff.). 44  VO (EWG) Nr. 302 / 93 des Rates v. 8.2.1993 zur Schaffung einer Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, ABl. Nr. L 36 v. 12.2.1993, S. 1; im Folgenden: VO (EWG) Nr. 302 / 93.



1. Kap.: Das Europäische Agenturwesen99

Agentur verantwortlich ist (vgl. Art. 9 Abs. 1 und Abs. 3 VO (EWG) Nr. 302 / 93),45 und einem Verwaltungsrat (vgl. Art. 8 VO (EWG) Nr. 302 / 93), dem die inhaltliche Führung der Agentur obliegt (vgl. Art. 8 Abs. 3–5 VO (EWG) Nr. 302 / 93). Bei den jüngeren Agenturen ist diese Führungsstruktur jedoch in der Regel modifiziert, was sich am Beispiel der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden46 zeigt. Hier tritt ein Regulierungsrat hinzu (vgl. Art. 14 ACER-VO), dem ebenfalls bestimmte Führungsaufgaben innerhalb der Agentur obliegen (vgl. Art. 15 ACER-VO). Schließlich differieren die Agenturen erheblich voneinander, wenn es um weitere Agenturorgane geht, wie Beschwerdeausschüsse (vgl. z. B. Art. 18– 19 ACER-VO) oder wissenschaftliche Ausschüsse (vgl. Art. 24 lit. d) und Art. 28 VO (EG) Nr. 178 / 200247 für den wissenschaftlichen Ausschuss und die wissenschaftlichen Gremien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit). Nachdem Anfang des neuen Jahrtausends Versuche der Kommission gescheitert waren, einen kohärenteren Rechtsrahmen für Regulierungsagenturen zu schaffen,48 haben das Parlament, der Rat und die Kommission mit der gleichen Zielsetzung im Jahr 2012 eine rechtlich nicht bindende Vereinbarung für dezentrale Agenturen getroffen. Diese Vereinbarung enthält „politische Richtlinien“49 für zukünftige Agenturgründungen und soll zu mehr Einheitlichkeit beitragen. Inhaltlich bezieht sie sich unter anderem auf die Bezeichnung der Agenturen, ihre Errichtung, mögliche Fusionen und Schließungen, ihren Sitz, ihre Binnenorganisation und Arbeitsweise, ihre Programmplanung und Ressourcenverwaltung und ihre Berichterstattungsund Kontrollpflichten.

45  Siehe zu den Aufgaben des Exekutivdirektors auch die Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 14. 46  VO (EG) Nr. 713 / 2009 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.7.2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, ABl. Nr. L 211 v. 14.8.2009, S. 1; im Folgenden: auch „ACER“ und „ACER-VO“. 47  VO (EG) Nr. 178 / 2002 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.1.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. Nr. L 31 v. 1.2.2002, S. 1. 48  Vgl. KOM(2002) 718 endg.; KOM(2005) 59 endg. und KOM(2008) 135 endg., S. 9. 49  Šefčovič, EuZW 2012, 801 (802).

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

C. Phasen des Agenturgründungsprozesses In der Europäischen Union nahm der Agenturgründungsprozess Mitte der siebziger Jahre seinen Anfang und erfolgte in verschiedenen Phasen. Neben der zeitlichen Differenzierung lassen sich die Wellen auch danach unterscheiden, welche Gründe die Ausdifferenzierung motiviert haben.50 In der ersten Phase wurden 1975 das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung51 und die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen52 ins Leben gerufen („erste Generation von Agenturen“). Beide Agenturen wurden für das Gebiet der Sozialpolitik errichtet, um dort eine Unterstützungsfunktion für die Durchführung einer gemeinsamen Berufsbildungspolitik (vgl. Art. 2 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 337 / 75) beziehungsweise für die Maßnahmen der Gemeinschaft zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (vgl. Art. 2 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1365 / 75) wahrzunehmen. Da beide Agenturen nicht mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet wurden,53 hat ihre Errichtung das Verwaltungsgefüge in der Gemeinschaft nicht grundlegend berührt.54 In den neunziger Jahren schloss sich eine zweite Phase von Agenturgründungen an. In dieser Zeit wurden die Europäische Umweltagentur55, die Europäische Stiftung für Berufsbildung56, die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, die Europäische Arzneimittelagentur57, 50  Bodiroga-Vukobrat / Martinović, in: B-V / S / B, Regulierungsagenturen, 2012, S. 78. 51  VO (EWG) Nr. 337 / 75 des Rates v. 10.2.1975 über die Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung, ABl. Nr. L 39 v. 13.2.1975, S. 1; im Folgenden: „CEDEFOP“, was die englische Bezeichnung für die Agentur ist und „European Centre for the Development of Vocational Training“ bedeutet, und „VO (EWG) Nr. 337 / 75“. 52  VO (EWG) Nr. 1365 / 75 des Rates v. 26.5.1975 über die Gründung einer Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, ABl. Nr. L 139 v. 30.5.1975, S. 1. 53  M. Hilf, ZaöRV 36 (1976), 551 (565 f.). 54  Geradin, Colum. J. Eur. L. 11 (2004–2005), 1 (8); so auch Bodiroga-Vukobrat / Martinović, in: B-V / S / B, Regulierungsagenturen, 2012, S. 78. 55  VO (EG) Nr. 1641 / 2003 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.7.2003 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1210 / 90 des Rates zur Errichtung einer Europäischen Umweltagentur und eines Europäischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetzes, ABl. Nr. L 245 v. 29.9.2003, S. 1; im Folgenden: „Umweltagentur“. 56  VO (EWG) Nr. 1360 / 90 des Rates v. 7.5.1990 zur Errichtung einer Europäischen Stiftung für Berufsbildung, ABl. Nr. L 131 v. 23.5.1990, S. 1. 57  VO (EWG) Nr. 2309 / 93 des Rates v. 22.7.1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarz-



1. Kap.: Das Europäische Agenturwesen101

das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt58, die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz59, das Gemeinschaftliche Sortenamt60 und das Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union61, die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit62 und die Europäische Agentur für Wiederaufbau63 gegründet („Agenturen der zweiten Generation“). Ihre Errichtung stand im Zeichen der Durchführung ganz unterschiedlicher Politiken,64 wie dem Marken-, Sorten-, Umwelt- und Gesundheitsschutz. Im Vergleich zueinander wurden diese Agenturen mit recht heterogenen Befugnissen ausgestattet, die erstmals mit der Arzneimittelagentur die Erstellung wissenschaftlicher Gutachten und mit dem Markenamt und dem Sortenamt auch hoheitliche Befugnisse umfassten.65 Anfang des neuen Jahrtausends kam der Ausgründungsprozess nochmals stark in Bewegung. In einer dritten Phase wurden die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die Europäische Agentur für die Sicherheit des neimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln, ABl. Nr. L 214 v. 24.8.1993, S. 1; Neufassung durch die VO (EG) Nr. 726 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 31.3.2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen ArzneimittelAgentur, ABl. Nr. L 136 v. 30.4.2004, S. 1; im Folgenden: „Arzneimittelagentur“. 58  VO (EG) Nr. 207 / 2009 des Rates v. 26.2.2009 über die Gemeinschaftsmarke, ABl. Nr. L 78 v. 24.3.2009, S. 1; im Folgenden: „Markenamt“ und HABM-VO. 59  VO (EG) Nr. 2062 / 94 des Rates v. 18.7.1994 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, ABl. Nr. L 216 v. 20.8.1994, S. 1. 60  VO (EG) Nr. 2100 / 94 des Rates v. 27.7.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz, ABl. 1994 Nr. L 227 v. 1.9.1994, S. 1; im Folgenden: „Sortenamt“ oder „Gemeinschaftliches Sortenamt“ und „CPVO-VO“, wobei CPVO für die englische Bezeichnung des Sortenamtes steht und „Common Plant Variety Office“ meint. 61  VO (EG) Nr. 2965 / 94 des Rates v. 28.11.1994 zur Errichtung eines Übersetzungszentrums für die Einrichtungen der Europäischen Union, ABl. Nr. L 314 v. 7.12.1994, S. 1. 62  VO (EG) Nr. 1035 / 97 des Rates v. 2.6.1997 zur Errichtung einer Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, ABl. Nr. L 151 v. 10.6.1997, S. 1; Aufhebung am 01.3.2007 durch die VO (EG) Nr. 168 / 2007. 63  VO (EG) Nr. 2667 / 2000 des Rates v. 5.12.2000 über die Europäische Agentur für Wiederaufbau, ABl. Nr. L 306 v. 7.12.2000, S. 7; die Verordnung ist mittlerweile außer Kraft getreten. 64  Bodiroga-Vukobrat / Martinović, in: B-V / S / B, Regulierungsagenturen, 2012, S. 78. 65  Siehe die Übersicht bei H. Hofmann / Rowe / Türk, Administrative Law, 2011, S.  286 f.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

Seeverkehrs, die Europäische Agentur für Flugsicherheit66, die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit67, das Europäische Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten68, die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen69, die Europäische Eisenbahnagentur70, die Europäische Fischereiaufsichtsagentur71, die Europäische Chemikalienagentur72, die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, die Europäische Aufsichtsbehörde für das Globale Satelliten-Navigationssystem (GNSS)73, das Europäische Institut für 66  VO (EG) Nr. 216 / 2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.2.2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91 / 670 / EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592 / 2002 und der Richtlinie 2004 / 36 / EG, ABl. Nr. L 79 v. 19.3.2008, S. 1; im Folgenden: „Flugsicherheitsagentur“ oder „EASA“ und „EASA-VO“. 67  VO (EU) Nr. 526 / 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.5.2013 über die Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informations­ sicherheit (ENISA) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 460 / 2004, ABl. Nr. L 165 v. 18.6.2013, S. 41; im Folgenden: auch „ENISA“ und „ENISA-VO“. 68  VO (EG) Nr. 851 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, ABl. Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 1. 69  VO (EG) Nr. 2007 / 2004 des Rates v. 26.10.2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. Nr. L 349 v. 25.11.2004, S. 1; im Folgenden: „Frontex“ und „Frontex-VO“. 70  VO (EG) Nr. 1335 / 2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.12.2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 881 / 2004 zur Errichtung einer Europäischen Eisenbahnagentur, ABl. Nr. L 354 v. 31.12.2008, S. 51. 71  VO (EG) Nr. 768 / 2005 des Rates v. 26.4.2005 zur Errichtung einer Europäischen Fischereiaufsichtsagentur und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2847 / 93 zur Einführung einer Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik, ABl. Nr. L 128 v. 21.5.2005, S. 1; im Folgenden: „Fischereiaufsichtsagentur“. 72  VO (EG) Nr. 1907 / 2006 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 18.12.2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999 / 45 / EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793 / 93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488 / 94 der Kommission, der Richtlinie 76 / 769 / EWG des Rates sowie der Richtlinie 91 / 155 / EWG, 93 / 67 / EWG, 93 / 105 / EG und 2000 / 21 / EG der Kommission, ABl. Nr. L 2006 v. 30.12.2006, S. 1; im Folgenden: „Chemikalienagentur“ oder „ECHA“, was die englische Bezeichnung der Agentur ist und „European Chemical’s Agency“ meint und „REACH-VO“, was die englische Abkürzung für die Gründungsverordnung der Chemikalienagentur ist. 73  VO (EU) Nr. 912 / 2010 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.9.2010 über die Errichtung der Agentur für das Europäische GNSS und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1321 / 2004 des Rates über die Verwaltungsorgane der europäischen Satellitennavigationsprogramme sowie zur Änderung der Verord-



1. Kap.: Das Europäische Agenturwesen103

Gleichstellungsfragen74, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen75, die EBA, die ESMA und die EIOPA als „Agenturen der dritten Generation“ errichtet. In dieser Phase wurde auch das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation76 gegründet, das sich aus einem Regulierungsrat (vgl. Art. 4 Abs. 1 GEREK-VO) zusammensetzt, der über ein Büro verfügt, das eine Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit im Sinne des Art. 185 der Haushaltsordnung ist (Art. 6 Abs. 1 S. 1 GEREK-VO).77 Hat sich bei der zweiten Gründungsphase schon gezeigt, dass der Errichtung der Agenturen keine einheitliche Motivation zugrunde lag, gilt dies umso mehr für die Ausdifferenzierung in der dritten Phase. Die Agenturerrichtungen folgten hier eher den Bedürfnissen verschiedenster Sachbereiche. Dennoch lag der Errichtung einiger Agenturen eine ähnliche Zwecksetzung zugrunde. Eine Vielzahl der „dritte Generation“-Agenturen ist mit Sicherheitsaufgaben betraut worden,78 um in einem bestimmten Sektor zu einem hohen Schutzniveau für wichtige Rechtsgüter beizutragen, wie der menschlichen Gesundheit, der Umwelt, bestimmter Ressourcen, der Finanzmarktnung (EG) Nr. 683 / 2008 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 276 v. 20.10.2010, S. 11. 74  VO (EG) Nr. 1922 / 2006 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.12.2006 zur Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen, ABl. Nr. L 403 v. 30.12.2006, S. 9; im Folgenden: „Institut für Gleichstellungsfragen“. 75  VO (EU) Nr. 439 / 2010 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19.5.2010 zur Errichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, ABl. Nr. L 132 v. 29.5.2010, S. 11; im Folgenden: „Unterstützungsbüro für Asylfragen“. 76  VO (EG) Nr. 1211 / 2009 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.11.2009 zur Einrichtung des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) und des Büros, ABl. Nr. L 337 v. 18.12.2009, S. 1; im Folgenden: „GEREK“ und „GEREK-VO“. 77  Das GEREK selbst ist keine Unionsagentur mit eigener Rechtspersönlichkeit, sondern „ein ausschließliches Forum für die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und der Kommission“ (Erwägungsgrund (6) GEREK-VO). Das Büro des GEREK leistet dem Regulierungsrat des GEREK in administrativer und professioneller Hinsicht Unterstützung (Art. 4 Abs. 11 GEREK-VO) und setzt sich vergleichbar vieler Unionsagenturen aus einem Verwaltungsausschuss und einem Verwaltungsdirektor zusammen (Art. 6 Abs. 3 GEREK-VO). 78  Bodiroga-Vukobrat / Martinović, in: B-V / S / B, Regulierungsagenturen, 2012, S. 78; siehe zu den Agenturen im Bereich der „europäischen Sicherheitsverwaltung“ auch Schöndorf-Haubold, Europäisches Sicherheitsverwaltungsrecht, 2010, S. 51 ff.; siehe zur Klassifizierung bestimmter europäischer Agenturen als „Risikoassessmentagenturen“ Braun, Bundesbehörden und europäische Agenturen, 2013, S.  192 ff.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

stabilität oder spezifischer (Netz-)Infrastrukturen (z. B. die Chemikalienagentur, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die ENISA, die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, die Flugsicherheitsagentur und die Eisenbahnagentur79). Ein weiterer Beweggrund für die Ausbildung mehrerer Agenturen der „dritten Generation“ war die Übertragung einer Koordinierungsfunktion für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und der Union in einem bestimmten Sachbereich80 (z. B. FRONTEX, die Europäische Aufsichtsbehörde für das GNSS, das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, die ENISA und die Fischereiaufsichtsagentur und das Unterstützungsbüro für Asylfragen). Dies betrifft vor allem bereits teilweise regulierte und noch zu regulierende Wirtschaftsbereiche (z. B. ACER und die ESA). Andere Agenturen wurden für die Förderung der Geschlechtergleichstellung und des Grundrechtsschutzes errichtet (z. B. das Institut für Gleichstellungsfragen und die Grundrechteagentur). Die Agenturen der „dritten Generation“ verfügen über sehr heterogene Aufgaben und Befugnisse, die von der unabhängigen Beratung und Information in wissenschaftlichen und technischen Angelegenheiten, über Gutachtertätigkeiten bis zur verbindlichen Einzelentscheidung reichen.81 Vor der Auflösung der Säulenstruktur der Europäischen Union mit dem Vertrag von Lissabon wurden auch im Bereich der GASP und des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Agenturen geschaffen. Im Falle der GASP waren dies die Europäische Verteidigungsagentur, das Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien82 und das Satellitenzentrum der Europäischen Union83. Agenturen für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sind Europol und Eurojust sowie die Europäische Polizeiakademie84. Mit der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von 79  Mit der Gründung der Eisenbahnagentur wurden auch Interoperabilitätsziele hinsichtlich der europäischen Eisenbahnsysteme und -märkte verfolgt (vgl. Erwägungsgrund (5) VO (EG) Nr. 881 / 2004). 80  Bodiroga-Vukobrat / Martinović, in: B-V / S / B, Regulierungsagenturen, 2012, S. 78. 81  Bodiroga-Vukobrat / Martinović, in: B-V / S / B, Regulierungsagenturen, 2012, S.  78 f. 82  Gemeinsame Aktion 2001 / 554 / GASP des Rates v. 20.7.2001 betreffend die Einrichtung eines Instituts der Europäischen Union für Sicherheitsstudien, ABl. Nr. L 200 v. 25.7.2001, S. 1. 83  Gemeinsame Aktion 2001 / 555 / GASP des Rates v. 20.7.2001 betreffend die Einrichtung eines Satellitenzentrums der Europäischen Union, ABl. Nr. L 200 v. 25.7.2001, S. 5. 84  Beschluss 2006 / 681 / JI des Rates v. 20.9.2005 zur Errichtung der Europäischen Polizeiakademie und zur Aufhebung des Beschlusses 2000 / 820 / JI, ABl. Nr. L 256 v. 1.10.2005, S. 63.



1. Kap.: Das Europäische Agenturwesen105

IT-Großsystemen hat Anfang Dezember 2012 eine weitere Einrichtung in diesem Bereich ihre Arbeit aufgenommen.85 Mit den Exekutivagenturen Bildung, Audiovisuelles und Kultur86, des Europäischen Forschungsrats87, für das transeuropäische Verkehrsnetz88, für die Forschung89, für Gesundheit und Verbraucher90 und für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation91 existieren mittlerweile sechs Sondertypagenturen auf Unionsebene.

D. Systematisierung des Einrichtungsbestandes Die Kriterien, anhand derer man europäische Agenturen differenzieren kann, sind vielfältig.92 Da für die Beurteilung, ob eine Agentur mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar ist, die Art und 85  VO (EU) Nr. 1077 / 2011 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.10.2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Rahmen der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, ABl. Nr. L 286 v. 1.11.2011, S. 1. 86  Beschluss (2009 / 336 / EG) der Kommission v. 20.4.2009 zur Einrichtung der „Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur“ für die Verwaltung der Gemeinschaftsmaßnahmen in den Bereichen Bildung, Audiovisuelles und Kultur gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58 / 2003 des Rates, ABl. Nr. L 101 v. 21.4.2009, S. 26. 87  Beschluss (2008 / 37 / EG) der Kommission v. 14.12.2007 zur Einsetzung der Exekutivagentur des Europäischen Forschungsrats für die Verwaltung des spezifischen Gemeinschaftsprogramms Ideen auf dem Gebiet der Pionierforschung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58 / 2003 des Rates, ABl. Nr. L 9 v. 15.1.2008, S. 15. 88  Beschluss (2006 / 60 / EG) der Kommission v. 26.10.2006 zur Einrichtung der Exekutivagentur für das transeuropäische Verkehrsnetz gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58 / 2003 des Rates, ABl. Nr. L 32 v. 6.2.2007, S. 88. 89  Beschluss (2008 / 46 / EG) der Kommission v. 14.12.2007 zur Einsetzung der Exekutivagentur für die Forschung für die Verwaltung bestimmter Bereiche der spezifischen Gemeinschaftsprogramme Menschen, Kapazitäten und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58 / 2003 des Rates, ABl. Nr. L 11 v. 15.1.2008, S. 9. 90  Beschluss (2004 / 858 / EG) der Kommission v. 15.12.2004 zur Einrichtung einer als „Exekutivagentur für das Gesundheitsprogramm“ bezeichneten Exekutivagentur für die Verwaltung der Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58 / 2003 des Rates, ABl. Nr. L 369 v. 16.12.2004, S. 73. 91  Beschluss (2007 / 372 / EG) der Kommission v. 31.5.2007 zur Änderung des Beschlusses 2004 / 20 / EG in Bezug auf die Umwandlung der Exekutivagentur für intelligente Energie in die Exekutivagentur für Wettbewerbsfähigkeit und Innova­ tion, ABl. Nr. L 140 v. 2007, S. 52. 92  Vgl. Chiti, CMLR 37 (2000), 309 (311 ff.); Görisch, Unionsagenturen, 2009, S.  187 ff.; Groß, EuR 2005, 54 (56 ff.); Helfritz, Verwaltungseinheiten, 2000, S. 13 ff.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

der Umfang der an sie übertragenen Befugnisse eine zentrale Rolle spielen,93 wird der Einrichtungsbestand nach verschiedenen Typen von Befugnissen kategorisiert. Dies erfolgt in Anlehnung an die Systematisierungen von Paul Craig und Stefan Griller / Andreas Orator.94 I. Agenturen mit Regulierungsbefugnissen Wie bereits erwähnt, werden einige Agenturen an der unionalen Rechtsetzung beteiligt, indem sie beispielsweise unverbindliche Leitlinien herausgeben oder Entwürfe für unionale Rechtsakte entwickeln. Prominentes Beispiel für eine solche Agentur ist die Flugsicherheitsagentur.95 Sie erstellt Entwürfe zu Durchführungsrechtsakten der Kommission (Art. 19 Abs. 1 EASA-VO) und zur Änderung ihrer eigenen Gründungsverordnung (Art. 62 Abs. 3 EASA-VO). Mit den „Zulassungsspezifikationen“ erlässt sie unverbindliche Vorgaben, um das Sekundärrecht der Union im Flugsicherheitssektor zu konkretisieren (vgl. Art. 18 lit. c), Art. 19 Abs. 2 lit. a) und Art. 52 EASAVO).96 Trotz ihrer rechtlichen Unverbindlichkeit werden diese Spezifikationen in der Luftfahrtindustrie wie verbindliches Recht befolgt.97 II. Agenturen mit der Befugnis zur verbindlichen Einzelfallentscheidung Unter der Vielzahl an Agenturen haben bislang lediglich acht Einrichtungen die Befugnis, Einzelfallentscheidungen zu treffen, die gegenüber Dritten rechtlich bindend sind. Dies sind das Harmonisierungsamt im Bereich des unionalen Markenschutzes (vgl. Art. 25 ff. HABM-VO), das Gemeinschaftliche Sortenamt für den Sortenschutz in der Union (vgl. Art. 19 ff. CPVOVO), die EASA für Angelegenheiten der Flugsicherheit (vgl. Art. 18 lit. d), Art. 20–23 und Art. 54–55 EASA-VO), die Chemikalienagentur in Vollzug des Aufsichtsregimes nach der REACH-VO (vgl. Art. 9, Art. 20, Art. 27 Abs. 6, Art. 30 Abs. 2–3 und Art. 51 REACH-VO), die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (vgl. Art.  4 lit.  d), Art. 7–9 ACER-VO) sowie die ESA (vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. e), Art. 17 Abs. 6, Art. 18 Abs. 3–4 und Art. 19 Abs. 3–4 ESA-VO). Da einige der vorgenann93  Siehe

unten 3. Teil 2. Kap. A. III. 1. und D. EU Administrative Law, 2012, S. 149  ff.; Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (9 ff., insbes. 12 ff.). 95  Craig, EU Administrative Law, 2012, S. 150 f.; so auch Busuioc, Accountability, 2010, S. 27 ff. 96  Siehe dazu ausf. Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 116 ff. 97  Craig, EU Administrative Law, 2012, S. 150. 94  Craig,



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts107

ten Agenturen, wie zum Beispiel die EASA, auch über Regulierungsbefugnisse verfügen, zeigt sich, dass eine schematische Einordnung der Agenturen nach nur einer Art von Befugnissen nicht möglich ist. III. Agenturen, die im Schwerpunkt eine Unterstützungsfunktion ausüben Einige Agenturen verfügen weder über Regulierungsbefugnisse noch über Einzelfallentscheidungsbefugnisse. Dies hängt mit der Unterstützungsfunktion zusammen, die diese Agenturen zu erfüllen haben und die sich vor allem in der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben der Information98 (z. B. Europäische Umweltagentur und Europäische Agentur für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz), der Koordination der mitgliedstaatlichen Zusammenarbeit (z. B. FRONTEX und ENISA) und des Managements bestimmter Angelegenheiten (z. B. Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union) verwirklichen soll.99 2. Kapitel

Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und seine Bedeutung für die Errichtung und das Handeln europäischer Agenturen Das folgende Kapitel widmet sich der Kernfrage dieser Arbeit und analysiert die Maßstäbe und Grenzen, die aus dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts für die Errichtung und das Handeln europäischer Agenturen folgen. Als logische Vorfrage ist jedoch zunächst zu untersuchen, ob das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts der Ausbildung von Agenturen und der Übertragung von Befugnissen an diese Behörden prinzipiell entgegensteht.

98  Siehe zu den „Informationsagenturen“ v. Bogdandy, in: Hoffmann-Riem /  Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. II, 2012, § 25 Rn. 85 ff. 99  Vgl. die Aufstellung bei Busuioc, Accountability, 2010, S. 27; Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (13); Craig, EU Administrative Law, 2012, S. 151, spricht von „Information and Coordination Agencies“.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

A. Agenturen als Herausforderung für das institutionelle Gleichgewicht I. Beeinflussung des institutionellen Gleichgewichts durch Agenturen Durch die Ausbildung europäischer Agenturen kann das Gleichgewicht zwischen den Organen der Union beeinflusst werden. Durch die Expan­ sion und Verselbständigung der durch Agenturen gebildeten Fachverwaltung im Zusammenspiel mit der Übertragung von Aufgaben und Befugnissen an Agenturen erscheint es nämlich als möglich, dass sich diese Einrichtungen in ihrer Gesamtheit sozusagen als „vierte Gewalt“ neben den Gesetzgebungs- und Exekutivorganen sowie der rechtsprechenden Gewalt der Union etablieren.100 Dadurch würde die unionsspezifische Funktionen­ teilung101 verwischt und insbesondere die durch das System von checks and balances hergestellte Gleichgewichtslage zwischen den Organen gestört.102 Eine tatsächliche Verlagerung von Verantwortung wäre nicht auszuschließen. Neben dieser Gefahr, die das Gesamtphänomen „Agenturen“ mit sich bringen kann, ist es auch denkbar, dass einzelne Organe Agenturen als In­ stanzen zur Ausdehnung ihres Einflussraumes im Organgefüge instrumentalisieren und dadurch das Gleichgewicht beeinträchtigen. So könnten der Rat und das Parlament schon über die Ausgestaltung der Gründungsverordnung einer Agentur ihren Einflussbereich zu Lasten der Kommission ausdehnen.103 Hingegen könnte die Kommission auf die tägliche Arbeit der Agenturen wegen ihrer Nähe zu diesen Einheiten besonderen Einfluss ausüben und ihren Machtbereich hierdurch erweitern. Diese Gefahr besteht umso mehr, wenn der Kommission Aufgaben übertragen werden, die sie im Zusammenwirken mit den Agenturen wahrzunehmen hat. Hingegen ist auch das Szenario denkbar, dass Agenturen durch den Unionsgesetzgeber mit einer besonders großen Autonomie gegenüber den Unionsorganen ausgestattet werden und durch eine weitgehend unbeaufsichtigte und unkontrollierte Tätigkeit das institutionelle Gleichgewicht in der Union beeinträchtigen. 100  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  170; Gärditz, AöR 135 (2010), 251 (271 f.). 101  Dazu ausf. oben 2. Teil 2. Kap. B. 102  Gärditz, AöR 135 (2010), 251 (271 f.); zum System von checks and balances und zum institutionellen Gleichgewicht ausf. oben 2. Teil 2. Kap. C. 103  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 86; siehe auch M. Hilf, ZaöRV 36 (1976), 551 (560).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts109

Agenturen könnten zudem durch ihr Handeln in die Vorbehaltsbereiche an Aufgaben und Befugnissen einbrechen, die den Unionsorganen vertraglich zugewiesen sind. Die Ausbildung von Agenturen ist in ihren Wirkungen jedoch nicht auf das Gleichgewicht zwischen den Organen begrenzt. Der verstärkte Einsatz von Agenturen und vor allem solcher, die mit Vollzugsbefugnissen ausgestattet sind, dehnt den Eigenverwaltungsbereich der Union zunehmend aus und drängt den primärrechtlich als Regelfall vorgesehenen Vollzugsföderalismus (vgl. Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV, Art. 291 AEUV) immer weiter zurück.104 Vordergründig ist damit eine Schmälerung des Einflussraumes der Mitgliedstaaten verbunden, so dass man an eine Machtverschiebung zugunsten der Union denken könnte. Da Agenturen jedoch binnenorganisatorisch zunehmend mitgliedstaatlich beherrscht und damit gesteuert werden, besteht eher die Gefahr, dass das Agenturwesen zur Ausdehnung des mitgliedstaatlichen Machtbereichs ausgebaut wird.105 II. Gefährdung der Verwirklichung der hinter dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts stehenden Funktionen Ist das europäische Agenturwesen dazu geeignet, störend auf das institutionelle Gleichgewicht einzuwirken, ist auch die Verwirklichung der hinter diesem Prinzip stehenden Funktionen in Gefahr. Dies ist für die Verhinderung von Machtmissbrauch und die Freiheitssicherung des Einzelnen augenscheinlich, gilt aber in besonderem Maße auch für den Interessenausgleich auf Unionsebene.106 Jeder dominante Einfluss auf die Agentur seitens einzelner Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten führt zur Überbetonung der unionalen oder mitgliedstaatlichen Dimension in dem Bereich, in dem die Agentur tätig wird.107 Zudem bedarf auch die Tätigkeit europäischer Agenturen der hinreichenden demokratischen Legitimation.108

104  Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. Verwaltungsrecht, 2010, § 5 Rn. 36; siehe auch Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 173. 105  Michel, DÖV 2011, 728 (735); Schmidt-Aßmann, Die Verwaltung 2010, Beiheft 10, 262 (277 f.); siehe auch Koch, EuZW 2005, 455 (456). 106  Zu den Funktionen des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts oben 2.  Teil 4. Kap. C. 107  Die Kommission bemängelt die unzureichende Berücksichtigung der Gemeinschaftsdimension in den Agenturen; vgl. KOM(2002) 718 endg., S. 10 f. 108  Ausf. zur demokratischen Legitimation von Agenturen Görisch, Demokratische Verwaltung durch Unionsagenturen, 2009.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

III. Agenturspezifische Anknüpfungspunkte für die Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts Es stellt sich die Frage, anhand welcher Parameter sich die Beeinflussung und die Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts durch Agenturen nachweisen lässt. 1. Art und Umfang der übertragenen Befugnisse Ein Anknüpfungspunkt sind die Art und der Umfang der Befugnisse, die einer Agentur übertragen werden.109 Je bedeutsamer und weitreichender die einer Agentur übertragenen Befugnisse sind – was vor allem den Raum für eigene Gestaltung betrifft –,110 desto eher und stärker kann das institutionelle Gleichgewicht gefährdet werden. Insofern geht von der Ausübung rechtsverbindlicher Befugnisse durch Agenturen, wie dem Erlass von Vollzugsentscheidungen, eine größere Bedrohung für das institutionelle Gleichgewicht aus als beispielsweise durch die Abgabe unverbindlicher Stellungnahmen an die Unionsorgane.111 2. Art und Umfang der übertragenen Aufgaben und betroffenes Sachgebiet Auch die Art und der Umfang der einer Agentur übertragenen Aufgaben und der Sachbereich, in dem eine Agentur tätig wird, geben Aufschluss darüber, ob eine Agentur auf das institutionelle Gleichgewicht einwirken kann. Werden einer Agentur zum Beispiel nur eng umgrenzte technische Aufgaben in einem hochspezialisierten Sachbereich übertragen, ist die Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts geringer einzuschätzen, als bei der Integration der Agentur in den politischen Gestaltungsprozess der Union mit eigenen Aufgaben.

109  Berger, Einrichtungen, 1999, S.  71; M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 316, 321; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 121. 110  Klepper, Vollzugskompetenzen, 2001, S. 144. 111  Berger, Einrichtungen, 1999, S. 71 und Ehlermann, EuR 1973, 193 (204), weisen zutreffend darauf hin, dass die Ausstattung von Agenturen mit Rechtspersönlichkeit für die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts weniger Bedenken aufwirft als die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen; Helfritz, Verwaltungseinheiten, 2000, S. 164 sieht hingegen auch in der „Konzentration von Spezial- und Monopolwissen“ Gefährdungspotential für das institutionelle Gleichgewicht.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts111

3. Unabhängigkeit der Agentur Bedeutsam ist für das institutionelle Gleichgewicht auch, inwieweit eine Agentur von den Unionsorganen unabhängig ist. Dies betrifft ihre Bindungen, denen sie durch materiell-rechtliche Vorsteuerung, exekutive Aufsicht sowie gerichtliche und politische Kontrolle unterliegt. Kann eine Agentur weitgehend autonom von den Unionsorganen handeln, birgt dies ein größeres Gefährdungspotential als wenn eine Agentur der Aufsicht und der Kontrolle durch die Unionsorgane unterliegt, ohne dass ein oder mehrere Organe einen dominanten Einfluss auf die Agentur ausüben können. 4. Wechselbeziehung zwischen den vorgenannten Parametern und Maßgeblichkeit der Einzelfallbetrachtung Die vorgenannten Parameter müssen in Beziehung zueinander gesetzt und gewürdigt werden. Dies bedeutet, dass die Gefahr, die von einer Agentur für das institutionelle Gleichgewicht ausgehen kann, vor allem von der Art und dem Umfang der an sie übertragenen Aufgaben und Befugnisse unter Berücksichtigung des Sachbereichs abhängt, in dem eine Agentur tätig wird und zwar im Verhältnis zum Maß an Unabhängigkeit der Agentur von den Unionsorganen. Maßgeblich ist eine Einzelfallbetrachtung. Festgehalten werden kann jedoch, dass die Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts umso größer ist, je weitreichender die ihr zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse sind und je freier die Agentur von den Unionsorganen handeln kann, oder – im zweiten denkbaren Extremfall – je stärker sie von einem oder mehreren Unionsorganen beherrscht wird.

B. Grundsätzliche Zulässigkeit der Errichtung europäischer Agenturen und der Übertragung von Befugnissen Betrachtet man das erhebliche Störpotential, das von Agenturen für das institutionelle Gleichgewicht ausgehen kann, fragt sich, ob ihre Errichtung und ihre Ausstattung mit außenwirksamen Befugnissen überhaupt zulässig sind. I. Keine abschließende Normierung der Unionseinrichtungen Da Art. 13 Abs. 1 EUV nur als abschließende Normierung der Unions­ organe zu verstehen ist,112 steht er der organisatorischen Ausdifferenzierung 112  So bereits oben 2. Teil 2. Kap. A.; so auch Berger, Einrichtungen, 1999, S. 63; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 4; a. A. Priebe, Entscheidungsbefugnisse, 1979, S. 75 f., 82; Everling, FS Ophüls, 1965, S. 42; Holderbaum,

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

unterhalb der Primärebene nicht entgegen. Hierfür spricht schon, dass der Vertrag neben den Hauptorganen weitere Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.113 Aus der expliziten primärrechtlichen Erwähnung bestimmter Einrichtungen unterhalb der Organebene folgt auch kein „numerus clausus“ der unionsunmittelbaren juristischen Personen.114 So bekennen sich die Verträge nach der Lissabonner Vertragsreform in einer besonderen Deutlichkeit zur Organisationsform der Agentur, die sie über die Begriffe „Einrichtungen und sonstige Stellen der Union“ mehrfach aufgreifen (vgl. etwa Art. 15 Abs. 1 und 3, Art. 228 Abs. 1 S. 1, Art. 263 Abs. 1 S. 2, Abs. 5, Art. 265 Abs. 1 S. 2, Art. 287 Abs. 1 S. 2, Art. 298 Abs. 1 AEUV, Art. 41 Abs. 1 GRCharta).115 Hierdurch finden gerade die Agenturen eine vertragliche Verankerung, deren Gründung sich nicht auf eine explizite primärrechtliche Grundlage stützt und die teilweise schon seit über vierzig Jahren Bestandteil der Verwaltungswirklichkeit der Union sind. Auch das Bekenntnis zu einer „offenen, effizienten und unabhängigen europäischen Verwaltung“ (Art. 298 Abs. 1 AEUV) unterstreicht die vertragliche Offenheit für die Ausbildung vertraglich nicht vorgesehener Agenturen.116 II. Keine prinzipielle Unvereinbarkeit der Organisationsform der Agentur mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts In der Rechtssache Vereinigtes Königreich . / . Parlament117 aus dem Jahr 2006 hat sich der EuGH erstmals ausführlich mit der Rechtsgrundlage für die Errichtung einer nicht im Vertrag vorgesehenen europäischen Agentur, nämlich der für Netz- und Informationssicherheit auseinandergesetzt.118 Dabei hat er die Frage nach einer etwaigen prinzipiellen Unvereinbarkeit vertraglich nicht ausdrücklich vorgesehener Agenturen mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts nicht aufgeworfen. Gleiches gilt für die EuR 1967, 116 (124 f.); Treeger, Einrichtungen, 1998, S. 98; Weis, EuR 1980, 273 (280 f.). 113  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 80. 114  Görisch, Jura 2012, 42 (43). 115  Gärditz, DÖV 2010, 453 (459); Kirste, VerwArch 2 (2011), 268 (273); Michel, DÖV 2011, 728 (731). 116  Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 15; Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 63 f. 117  EuGH, Urt. v. 2.5.2006, Vereinigtes Königreich . / . Parlament, Rs. C-217 / 04, Slg. 2006, I-03771; im Folgenden auch: „ENISA-Rechtsprechung“; siehe auch EuG, Urt. v. 8.10.2008, Sogelma, T-411 / 06, Slg. 2008, II-02771. 118  Siehe zu dieser Rspr. allgemein ausf. unten 3. Teil 2. Kap. C. I. 2. b) und mit Bezug zur EBA 4. Teil 3. Kap. A. I. 1. a) und b).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts113

Leerverkaufsentscheidung von Januar 2014, in der der EuGH am Beispiel der ESMA „lediglich“ Bedingungen und Kriterien herausstellte, denen die Übertragung von Befugnissen an eine Agentur zu genügen hat. Gerade die Billigung der ENISA und der ESMA und damit generell der Organisationsform der Agentur durch den EuGH119, der das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts maßgeblich geprägt hat,120 spricht dafür, dass die Einbindung europäischer Agenturen in das Unionssystem möglich sein muss, ohne dass das institutionelle Gleichgewicht dabei verletzt wird. Zudem hat das Gericht in der Rechtssache Fiorucci . / . Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt aus dem Jahr 2009 die Geltung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts auch auf das Verhältnis des Gerichts zum Markenamt bezogen und daraus gefolgert, dass es sich nicht die Wahrnehmung von Verwaltungs- und Ermittlungsaufgaben anmaßen dürfe, die dem Markenamt obliegt.121 In der Rechtsprechung sind daher Tendenzen erkennbar, dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts auch eine Schutzdimension zugunsten der den Agenturen übertragenen Kompetenzen vor den Übergriffen der Organe zu entnehmen. Die Errichtung von Agenturen und die Übertragung von Aufgaben auf diese Einrichtungen lässt sich unter anderem122 auch aus dem institutionellen System der Union selbst heraus rechtfertigen.123 Die fortgesetzte Hochzonung von Vollzugsaufgaben auf die Unionsebene führt nämlich zu einer erheblichen Mehrbelastung der Kommission. Damit sie ihre Kernaufgaben als politisches (Initiativ-)Organ wahrnehmen kann und im Organgefüge nicht zu einer bloßen Vollzugsbehörde abgewertet wird, ist ihre Entlastung durch die Auslagerung von Aufgaben auf Agenturen erforderlich.124

119  Gärditz,

AöR 135 (2010), 251 (271). ausf. oben 2. Teil 3. Kap. 121  EuG, Urt. v. 14.5.2009, Fiorucci . / . Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt, Rs. T-165 / 06, Slg. 2009, II-01375 Rn. 67; vgl. auch EuG, Urt. v. 2.4.2006, Freixenet SA . / . Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt Rs. T-188 / 04, Slg. 2006, II-00078 Rn. 47. 122  Siehe ausführlich zu den Gründen der Ausdifferenzierung der EU-Eigenverwaltung durch Agenturen Helfritz, Verwaltungseinheiten, 2000, S. 63 ff.; Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 29  ff.; Pipkorn, in: Starck, Verwaltungsaufgaben, 1992, S.  243 ff.; Weiß, Verwaltungsverbund, 2010, S. 96. 123  Shirvani, DÖV 2008, 1 (6); Sydow, VerwArch 97 (2006), 1, (17 f.); KOM(2002) 718 endg., S. 2; KOM(2001) 428 endg., S. 30 ff. 124  Kilb, EuZW 2006, 268 (271); Shirvani, DÖV 2008, 1 (6); Sydow, VerwArch 97 (2006), 1, 17 f. 120  Dazu

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

III. Zulässigkeit der Übertragung von Befugnissen an Agenturen am Maßstab von Art. 290 AEUV und Art. 291 AEUV Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Übertragung von Befugnissen im Außenverhältnis an Agenturen nicht von vornherein vertraglich ausgeschlossen ist. 1. Kein Ausschluss nach Art. 290 AEUV Nach Art. 290 Abs. 1 AEUV kann die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes auf die Kommission übertragen werden. Der Erlass ­ delegierter Rechtsakte gehört zu den Vorbehaltsbefugnissen der Kommis­ sion.125 Als argumentum e contrario folgt aus Art. 290 Abs. 1 AEUV, dass der Unionsgesetzgeber quasi-legislative Befugnisse nicht auf Agenturen übertragen darf.126 Dies ist auch systemgerecht, da im Wege delegierter Rechtsakte der normative Inhalt eines Gesetzgebungsaktes geändert wird, wenn auch nur die nicht wesentlichen Vorschriften.127 Diese Verantwortung muss bei der Kommission verbleiben.128 Außerdem ist das in Art. 290 Abs. 2 AEUV niedergelegte spezielle System der checks and balances für die Ausübung delegierter Rechtsetzungsbefugnisse ausschließlich auf die Kommission zugeschnitten.129 Auch wenn der EuGH in der Leerverkaufsentscheidung die Anwendbarkeit der Romano-Rechtsprechung130 für europäische Agenturen 125  Vgl. oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 2.; dafür, dass ausschließlich die Kommission Delegationsempfängerin sein kann auch Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, (noch nicht in der Slg. veröffentlicht; BeckRS 2013, 81781) Rn. 76; Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 290 AEUV Rn. 4; Gellermann, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 290 AEUV Rn. 5; Haratsch / Koenig / Pechstein, Europarecht, 2014, S. 102 Rn. 206. 126  Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 76; so im Ergebnis auch Ohler, JZ 2014, 249 (251). 127  Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 85. 128  Dies schließt es jedoch nicht aus, Agenturen unter bestimmten Voraussetzungen in die Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu integrieren; siehe dazu ausf. und mit Bezug zur EBA unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 1. b) und c). 129  Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 85. 130  Siehe dazu oben 2. Teil 3. Kap. C. II. 1. b).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts115

prinzipiell für nicht anwendbar erklärte,131 bleibt ihr Rechtsgedanke insoweit aufrechterhalten, als dass an Agenturen zumindest keine materiellen Gesetzgebungsbefugnisse übertragen werden dürfen.132 Aus Art. 290 Abs. 1 AEUV folgt hingegen als argumentum e contrario nicht, dass über quasilegislative Befugnisse hinaus auch sonst nicht das Recht zum Erlass von Rechtsakten mit normativem Charakter an Agenturen übertragen werden dürfte.133 2. Kein Ausschluss nach Art. 291 AEUV Es stellt sich die Frage, ob Art. 291 AEUV der Übertragung von Durchführungsbefugnissen an Agenturen entgegensteht, da er der Kommission und in bestimmten Fällen dem Rat die Befugnis zum Erlass von Durchführungsbefugnissen zuweist, wenn es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Unionsrechtsakte bedarf. Für die Ausschließlichkeit dieser Zuständigkeitszuweisung mit Blick auf administrative Befugnisse könnte auch Art. 17 Abs. 1 S. 5 EUV sprechen, wonach die Kommission nach Maßgabe der Verträge Exekutiv- und Verwaltungsfunk­ tionen ausübt. Art. 291 Abs. 2 AEUV zielt jedoch auf die Absicherung der Durchführungsbefugnisse der Kommission im Verhältnis zum Rat und hat damit ausschließlich dieses Interorganverhältnis und nicht die Übertragung von Befugnissen an Agenturen zum Regelungsgegenstand.134 Art. 291 Abs. 2 und Art. 290 AEUV sind zwar keine Rechtsgrundlagen für die Übertragung von Durchführungsbefugnissen an Agenturen, schließen diese jedoch auch nicht grundsätzlich aus.135 Art. 291 Abs. 2 AEUV setzt einer solchen Über131  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1361). 132  So schon Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 84. 133  So aber Görisch, Jura 2012, 42 (47); so zu Art. 202 3. Spiegelstrich EGV Koenig / Loetz / Fechtner, intereconomics 2008, 226 (231); KOM(2005) 59 endg., S. 5; KOM(2008) 135 endg., S. 5; Treeger, Einrichtungen, 1998, S. 109. 134  Gellermann, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 291 AEUV Rn. 12 f.; Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 291 AEUV Rn. 8; siehe auch H. Hofmann, ELJ 15 (2009), 482 (501). 135  Mit Bezug zur Gesamtheit der Verträge EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1361); siehe bezogen auf „Verwaltungs- und sonstige Befugnisse“ Oppermann / Classen / Nettesheim, Europarecht, 2011, § 11 Rn. 40; siehe jedoch auch Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 86, wonach der Unionsgesetzgeber hinsichtlich Art. 291 AEUV „einen Mittelweg (…) wählen [könne], die Durchführungszuständigkeit entweder bei der Kommission oder beim Rat anzusiedeln oder sie den Mitgliedstaaten zu überlassen.“

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

tragung aber insoweit eine Grenze, als die prinzipielle Zuweisung der Durchführungsbefugnis an die Kommission nicht unterlaufen werden darf.136 Zudem zeigt auch ein Umkehrschluss aus den Vorschriften über den Rechtsschutz gegen Handlungen der „Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union“ „mit Rechtswirkung gegenüber Dritten“ (z. B. Art. 263 Abs. 1 S. 2 und Abs. 5, Art. 265 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 und Art. 267 Abs. 1 lit. b) AEUV), dass der Vertrag die Ausstattung europäischer Agenturen mit ­ außen­wirksamen Befugnissen grundsätzlich für zulässig erachtet.137 IV. Fazit Die Verträge und das ihnen zugrundeliegende Prinzip des institutionellen Gleichgewichts stehen der Errichtung von Agenturen und der Übertragung von außenwirksamen Befugnissen an diese Verwaltungseinheiten nicht prinzipiell entgegen. Da von Agenturen jedoch eine Gefährdung für das institu­ tionelle Gleichgewicht ausgehen kann, ist eine schrankenlose Errichtung und Übertragung von Befugnissen an diese Stellen nicht möglich. Daher werden in der Folge die Maßstäbe und Grenzen analysiert, die aus dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts für die Errichtung und das Handeln europäischer Agenturen folgen. Die Untersuchung knüpft dabei vor allem an zwei Parameter an, die für die Beurteilung des Gefährdungspotentials der Agenturen für das institutionelle Gleichgewicht als wesentlich erachtet wurden, nämlich die Übertragung von Befugnissen und die Unabhängigkeit der Agenturen von den Unionsorganen. Zunächst stellt sich jedoch die Frage, inwiefern die Union die Kompetenz zur Errichtung von Agenturen hat.

C. Kompetenz der Union zur Errichtung von Agenturen I. Verbandskompetenz der Union Da die Europäische Union über die Gründung von Agenturen ihren Machtbereich nicht zu Lasten der Mitgliedstaaten ausweiten und den vertraglich vorgesehenen Vollzugsföderalismus (Art. 291 AEUV) aushöhlen darf, muss die Union im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten die Verbandskompetenz zur Schaffung von Agenturen haben.138 136  So schon zu Vorgängerregelungen Ehlermann, EuR 1973, 193 (200); Priebe, Entscheidungsbefugnisse, 1979, S.  110; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 285. 137  Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (27); Michel, DÖV 2011, 728 (731). 138  Die Verbandskompetenz für die Errichtung von Agenturen betrifft das vertikale Gewaltenteilungsverhältnis zwischen der Union und den Mitgliedstaaten. Um



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts117

1. Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung Das Selbstorganisationsrecht der Organe kann die Gründung von Agenturen nicht stützen. Dies findet seinen Grund darin, dass die Errichtung dieser mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Behörden über die selbstbestimmte Gestaltung des Binnenbereichs der Organe hinaustritt.139 Die Organisationsgewalt ermächtigt die Organe nur zur eigenverantwortlichen Organisation ihres internen Bereichs und trägt insoweit zum Beispiel die Ausbildung unselbständiger Einrichtungen, wie die Errichtung von Dienststellen durch die Kommission.140 Die Gründung von Agenturen muss sich vielmehr auf das Primärrecht zurückführen lassen, da die Union nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig werden darf, die durch die Mitgliedstaaten im Vertrag abgesteckt worden sind (Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 EUV). 2. Errichtungsgrundlagen a) Sachkompetenzen Die Europäische Union ist mittlerweile dazu übergegangen, die Gründung von Agenturen überwiegend auf die Sachkompetenzen der jeweiligen Politikbereiche zu stützen. Dies wird vornehmlich damit begründet, dass der Einsatz von Agenturen seinen Sinn und Zweck in der Durchführung einer bestimmten gemeinschaftspolitischen Maßnahme finde, weshalb sich ihre Errichtung auf dieselbe Vertragsgrundlage stützen müsse, die auch die politische Maßnahme trage.141 Eine solche Praxis entbindet jedoch nicht von der Prüfung im Einzelfall, ob die aktivierte Vertragsgrundlage tatsächlich eine organisationsrechtliche Seite entfaltet, was durch Auslegung und gegebenenfalls Heranziehung der implied-powers-Lehre zu ermitteln ist.142 Vertragsvorschriften, die in ihrer Rechtsfolge auf den Erlass von Richtlinien begrenzt sind, sind für die Schaffung von Agenturen nicht geeignet, da die ein umfassendes Bild über die Zulässigkeit der Errichtung von Agenturen zu geben, werden die Maßstäbe und Grenzen in die Untersuchung einbezogen, denen Agenturgründungen insofern zu genügen haben. 139  Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 234; ders., Jura 2012, 42 (44). 140  Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 251; Treeger, Einrichtungen, 1998, S. 41. 141  KOM(2002) 718 endg., S. 8; dieser Praxis zustimmend Klepper, Vollzugskompetenzen, 2001, S. 139; Sydow, VerwArch 97 (2006), 1 (11). 142  Berger, Einrichtungen, 1999, S. 64 ohne Bezugnahme zu implied-powers; Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 237 f.; gegen die Nutzbarmachung der impliedpowers Lehre hingegen J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 126.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

Richtlinie auf eine mitgliedstaatliche Umsetzung angelegt ist, was bei der Gründung von Agenturen auf dem Verordnungswege von vornherein nicht in Betracht kommt.143 Für die Gründung der in jüngerer Zeit geschaffenen Agenturen, die mehrheitlich mit Vollzugskompetenzen ausgestattet sind, hat die Union überwiegend die Harmonisierungskompetenz für den Binnenmarkt herangezogen. Es stellt sich daher die Frage, ob Art. 114 Abs. 1 AEUV tatsächlich die Gründung einer Agentur und die Übertragung von Vollzugsbefugnissen stützt. b) Im Besonderen: Art. 114 Abs. 1 AEUV als Grundlage für die Errichtung von Agenturen Art. 114 Abs. 1 AEUV ermächtigt die Union, „Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten [d. Verf.]“ zu erlassen. Damit bezieht sich die Vorschrift vom Wortlaut her auf die zu harmonisierenden Vorschriften der Mitgliedstaaten,144 was auch in systematischer Hinsicht unter Berücksichtigung der folgenden Absätze des Artikels gestützt wird.145 Zur Erreichung des Angleichungsziels soll die Union Maßnahmen mit normativem Charakter erlassen.146 Inwiefern die Gründung einer Agentur mit Verwaltungskompetenzen zur Harmonisierung mitgliedstaatlicher Vorschriften führen kann147 und damit als direkte Angleichungsmaßnahme möglich ist, erscheint daher fraglich. Der EuGH hat in der Rechtssache Vereinigtes Königreich . / . Parlament148 die Gründung der ENISA auf der Grundlage des Art. 95 Abs. 1 EGV, der Vorgängerregelung des Art. 114 Abs. 1 AEUV, für zulässig erachtet. Mit den „Maßnahmen zur Angleichung“ räumten die Verträge dem Gemeinschaftsgesetzgeber Ermessen mit Blick auf die zur Zielerreichung am besten ge143  Görisch, Jura 2012, 42 (44); siehe auch EuGH, Gutachten 1 / 91 v. 14.12.1991, Stilllegungsfonds für die Binnenschifffahrt, Slg. 1977, S. 741 Rn. 5, in dem der EuGH die Gründung von Einrichtungen mit Rechtsfähigkeit auf der Grundlage der Vorgängerregelung von Art. 91 Abs. 1 d) AEUV, die wie die jetzige Vorschrift die Befugnis zum Erlass aller „zweckdienlichen Vorschriften“ beinhaltete, für möglich erachtete; dazu Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 238; Vetter, DÖV 2005, 721 (724). 144  Vetter, DÖV 2005, 721 (729). 145  Ohler, EuZW 2006, 369 (373). 146  Vetter, DÖV 2005, 721 (729). 147  Ohler, EuZW 2006, 372 (373); Michel, DÖV 2011, 728 (729); Vetter, DÖV 2006, 721 (729); Winkler, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 352 AEUV Rn. 113; siehe auch die Schlussanträge GA Kokott v. 22.9.2005, Vereinigtes Königreich / Parlament, Rs. C-217 / 04, Slg. 2006, I-03771 Rn. 17 ff. 148  EuGH, Urt. v. 2.5.2006, Vereinigtes Königreich . / . Parlament, Rs. C-217 / 04, Slg. 2006, I-03771.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts119

eignete Angleichungstechnik ein, was vor allem für die Bereiche gelte, die sich durch komplexe technische Eigenheiten auszeichnen. Aus dem Wortlaut des ex-Art. 95 Abs. 1 EGV sei nicht zu folgern, dass Adressaten der auf Grundlage dieses Artikels erlassenen Maßnahmen nur die Mitgliedstaaten sein könnten. Vielmehr könne der Gemeinschaftsgesetzgeber nach seiner eigenen Bewertung die Errichtung einer Einrichtung der Gemeinschaft für erforderlich halten, „deren Aufgabe es ist, in Situationen, in denen der Erlass von nicht zwingenden Begleit- und Rahmenmaßnahmen zur Erleichterung der einheitlichen Durchführung und Anwendung von auf Art. 95 EG gestützten Rechtsakten geeignet erscheint, zur Verwirklichung des Harmonisierungsprozesses beizutragen.“ Eingrenzend verlangte der EuGH lediglich, dass die Aufgaben, die der Einrichtung übertragen wurden, zu den Bereichen, an die die Rechtsakte zur Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften anknüpften, „in einem engen Zusammenhang“ stünden.149 Führt man sich nochmals die Bedenken vor Augen, die gegen eine Agenturgründung als direkte Angleichungsmaßnahme sprechen, kann dem EuGH nur gefolgt werden, wenn man unter Berücksichtigung der von ihm aufgestellten Anforderungen von einer Annexkompetenz zu Art. 114 Abs. 1 AEUV ausgeht.150 Man mag die Kriterien des EuGH, die dem Unionsgesetzgeber einen weiten Spielraum für die Errichtung von Agenturen gewähren,151 als ausreichend erachten, wenn es um Agenturen geht, die wie die ENISA auf nicht zwingende Begleit- und Rahmenmaßnahmen beschränkt sind. Angemerkt sei, dass der EuGH diese Kriterien gerade mit Blick auf eine Agentur aufgestellt hat, die über solch beschränkte Befugnisse verfügt und nicht dazu Stellung genommen hat, ob für die Gründung von Agenturen mit weitergehenden Befugnissen nach Art. 114 AEUV nicht doch restriktivere Kriterien anzulegen sind.152 Für die Gründung von Agenturen, die mit rechtsverbind149  EuGH, Urt. v. 2.5.2006, Vereinigtes Königreich . / . Parlament, Rs. C-217 / 04, Slg. 2006, I-03771 Rn. 43 ff.; Hausmann, DVBl. 2006, 836 (839). 150  Ohler, EuZW 2006, 372 (374); so auch Hausmann, DVBl. 2006, 836 (839 f.); Michel, DÖV 2011, 728 (729); Weidemann, StoffR 2007, 232 (235); Winkler, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 352 AEUV Rn. 113; aus dem Urteil des EuGH wird nicht deutlich, ob die Agenturerrichtung eine direkte Harmonisierungsmaßnahme ist oder aus Art. 95 EGV i. V. m. einer Annexkompetenz folgt; für ein weites Verständnis des Begriffs der Harmonisierungsmaßnahme in Anlehnung an den EuGH Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 241 ff.; ders., Jura 2012, 42 (44 f.). 151  Weidemann, StoffR 2007, 232 (235); Wittinger, EuR 2008, 609 (613). 152  Siehe jedoch auch Pötzsch, in: FS Hopt, 2010, S. 2373 f.; im Anschluss ­Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 104; siehe zur Frage der richtigen Rechtsgrundlage mit Bezug zu den Befugnissen der ESMA nach Art. 28 LeerverkaufsVO auch Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 27 ff. und 35 ff.; EuGH, Urt. v. 22.1.2014,

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

lichen Verwaltungsbefugnissen ausgestattet sind, bedarf es restriktiverer Kriterien, um den Vollzugsföderalismus gegen seine Aushöhlung im Wege der Schaffung von Agenturen auf der Grundlage des Art. 114 Abs. 1 AEUV abzusichern.153 Die besondere „Flexibilität“ in der Handhabung dieser Vorschrift zeigt sich nämlich darin, dass auf ihrer Grundlage Vollzugsagenturen in ganz unterschiedlichen Bereichen wie der Chemikalienaufsicht und der Finanzmarktaufsicht gegründet wurden. Die restriktiveren Kriterien bestehen in der „dringende[n] Notwendigkeit eines gemeinschaftsweiten einheitlichen Vollzugs“, der sich nach den Sachgesetzlichkeiten einer bestimmten Materie richtet und dessen Nachweis es im konkreten Fall bedarf.154 Sind diese Kriterien erfüllt, stellt sich eine Agenturgründung auf der Grundlage des Art. 114 AEUV als primärrechtlich tragfähig dar.155 c) Art. 352 AEUV Agenturgründungen wurden bis zur Jahrtausendwende überwiegend auf die Vertragsergänzungsklausel gestützt. Prominentes Beispiel aus jüngerer Vergangenheit ist die Errichtung der Grundrechteagentur im Jahr 2008.156 Tatbestandlich setzt Art. 352 AEUV zunächst voraus, dass ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche erforderlich erscheint, um eines der Ziele der Verträge zu verwirklichen. Bezugsobjekte sind damit alle in EUV und AEUV normierten Ziele und Politikbereiche mit Ausnahme der GASP (Art. 352 Abs. 4 AEUV).157 Die „Erforderlichkeit“ eines unionalen Tätigwerdens setzt ein Missverhältnis zwischen einem Vertragsziel und seiner Erfüllung voraus, das zur Zielverwirklichung bewältigt werden muss.158 Für diese Einschätzung steht den Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1362 f.). 153  Krit. gegenüber der Heranziehung von Art. 114 AEUV mit Blick auf den Vollzugszuständigkeit der Mitgliedstaaten auch Kment, JuS 2011, 211 (213). 154  Ohler, EuZW 2006, 372 (374); so auch Michel, DÖV 2011, 728 (730). 155  Ohler, EuZW 2006, 372 (374); so auch Michel, DÖV 2011, 728 (730); a. A. Vetter, DÖV 2005, 721 (729), der die Grenzen der Kompetenz aus ex-Art. 95 EGV i. V. m. implied powers überschritten sieht, wenn die Agentur hoheitlich handelt; so auch Reusch / Burckhart, StoffR 2009, 224 (228). 156  Siehe zur Kompetenzfrage Schlichting / Pietsch, EuZW 2005, 587 (588 f.); zur Grundrechteagentur überblicksartig v. Bogdandy / v. Bernstorff, CMLR 46 (2009), 1035 ff.; dies., EuR 2010, 141 ff.; Lindner, BayVBl. 2008, 129 ff.; zur Kompetenzfrage für die Errichtung eines Europäischen Kartellamtes Merz, EuZW 1990, 405 (406 f.). 157  Rossi, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 352 AEUV Rn. 29, 38. 158  Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 352 AEUV Rn. 37; siehe auch unter Betonung des relativen Charakters der Erforderlichkeit Rossi, in: C / R, EUV / AEUV,



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts121

zuständigen Organen ein sehr weites politisches Ermessen zu.159 An den vorgenannten Maßstäben muss sich auch die Gründung von (Vollzugs-) Agenturen messen lassen, was vor allem die Beurteilung der für ihre Schaffung angeführten Gründe erforderlich macht. Der in Art. 352 AEUV verankerte Subsidiaritätsgrundsatz („(…) sind in den Verträgen die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen (…)“) unterwirft die Organe der Pflicht, die Hochzonung der Verwaltungskompetenzen auf die Ebene der mittelbaren Unionsverwaltung durch die Gründung von Vollzugsagenturen zu rechtfertigen.160 Kommt eine speziellere Vertragsvorschrift für die Agenturgründung in Betracht, schließt er die Anwendbarkeit des Art. 352 AEUV aus, womit insoweit für die Vorschrift nur wenig Raum verbleibt.161 Schließlich darf das Tätigwerden der Union nach Art. 352 AEUV nicht die Grenze zur Vertragsänderung überschreiten (sog. „immanentes negatives Tatbestands­ merk­mal“).162 Auf Rechtsfolgenseite trägt der Erlass von „geeigneten Vorschriften“, die unter Berücksichtigung anderer Sprachfassungen als „geeignete Maßnahmen“ zu verstehen sind, auch die Schaffung von Agenturen mit Verwaltungskompetenzen.163 Die „Geeignetheit“ ist mit Blick auf das favorisierte Ziel hin zu beurteilen.164 Was das Verfahren nach Art. 352 AEUV betrifft, normiert Art. 352 AEUV neben dem Einstimmigkeitserfordernis im Rat die parlamentarische Zustimmung. Damit kommt dem Parlament ein nahezu vergleichbarer Einfluss wie im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu. In der Praxis wurde von dieser Norm wegen der mit dem Einstimmigkeitserfordernis im Rat verbundenen Schwerfälligkeit des Verfahrens weitestgehend Abstand genommen.165 d) Art. 298 AEUV als Rechtsgrundlage für die Errichtung von Agenturen? Art. 298 Abs. 2 AEUV kommt als Rechtsgrundlage für die Errichtung von Agenturen oder die Übertragung von Befugnissen an bereits existierende 2011, Art. 352 AEUV Rn. 44; so auch Vetter, DÖV 2005, 721 (730); siehe auch Schwartz, in: v. d. Groeben / Schwarze, EUV / EGV, 2003, Bd. 4, Art. 308 EGV Rn. 176. 159  Khan, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 352 AEUV Rn. 10; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 352 AEUV Rn. 34. 160  Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (559), der insoweit jedoch am Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit anknüpft. 161  Vetter, DÖV 2005, 721 (729). 162  Rossi, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 352 AEUV Rn. 72 ff.; Vetter, DÖV 2005, 721 (730). 163  Rossi, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 352 AEUV Rn. 78, 80. 164  Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 352 AEUV Rn. 46. 165  Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. Verwaltungsrecht, 2010, § 5 Rn. 35.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

Agenturen nicht in Betracht.166 Hierfür spricht schon, dass die Heranziehung der Vorschrift für die Gründung von Agenturen dazu führen würde, dass die politikspezifischen Ermächtigungsgrundlagen des AEUV mit ihren detaillierten Anforderungen für ein unionales Tätigwerden weitestgehend leerlaufen würden. Die in Art. 298 Abs. 1 AEUV normierten Grundsätze bilden vielmehr einen Orientierungsrahmen für die Schaffung und die Tätigkeit von Agenturen.167 3. Subsidiaritätsprinzip und Verhältnismäßigkeitsprinzip Die Rechtsakte zur Schaffung von Agenturen müssen sich vor dem Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 EUV) als „Kompetenzausübungs­ schranke“168 rechtfertigen lassen, wenn die Union durch Agenturen in Bereichen nicht ausschließlicher Zuständigkeit verwaltend tätig werden will.169 Anknüpfungspunkt ist damit nicht der organisatorisch-institutionelle Akt der Agenturgründung an sich, sondern die Hochzonung der Verwaltungskompetenz auf die Unionsebene.170 Dem Subsidiaritätsprinzip liegt nämlich der Gedanke zugrunde, dass ein Tätigwerden auf der kleineren, mitgliedstaatlichen Ebene unter der Prämisse ihrer Leistungsfähigkeit Vorrang gegenüber einem Handeln auf der größeren, unionalen Ebene genießen soll.171 Das Subsidiaritätsprinzip knüpft die Ausübung der Unionszuständigkeit im Sinne eines Negativkriteriums zunächst daran, dass die anvisierten Ziele weder gesamtstaatlich noch auf einer untergliederten Ebene ausreichend verwirklicht werden können. Dies erfordert, dass die Mitgliedstaaten objektiv über eine für die Zielerreichung ungenügende Leistungsfähigkeit verfügen.172 Unter prognostischer Beurteilung muss sich diese Überforderung auch mit Blick auf die zukünftige Leistungsfähigkeit und ergreifbare Maßnahmen 166  Gärditz, DÖV 2010, 453 (459); Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 4, 30; zur Bedeutung des Art. 298 AEUV für Agenturen ausf. oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c) und unten 3. Teil 2. Kap. F. 167  Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 3. 168  Jarass, AöR 121 (1996), 173 (192); Klepper, Vollzugskompetenzen, 2001, S. 90; Vetter, DÖV 2005, 721 (726). 169  Anwendung findet das Prinzip damit auch für die Errichtung von Agenturen auf der Grundlage der Binnenmarktkompetenz nach Art. 114 AEUV (Art. 4 Abs. 2 AEUV). 170  Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 249 f. 171  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 5 EUV Rn. 20 m. w. N. 172  Klepper, Vollzugskompetenzen, 2001, S. 99; Schmidhuber, DVBl. 1993, 417 (419), der zutreffend auf das Kriterium der mitgliedstaatlichen Überforderung durch eine eigenständige Problemlösung abstellt; so auch Calliess, Subsidiaritätsprinzip, 1999, S. 110 f.; ebenso Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 265.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts123

bestätigen.173 Treten transnationale Aspekte hinzu, ist insbesondere danach zu fragen, ob nicht über das Rechtsinstitut der gegenseitigen Anerkennung die Ziele in subsidiaritätsschonenderer Weise erreicht werden können als durch die Errichtung einer Vollzugsagentur.174 Nach dem kumulativ zu erfüllenden „Positivkriterium“ müssen die Ziele wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sein (Art. 5 Abs. 3 EUV). Dies setzt voraus, dass ein wertender Effizienzvergleich der beiden Handlungsebenen einen qualitativen Mehrwert durch ein Tätigwerden auf Unionsebene verspricht.175 Aus dem Subsidiaritätsprinzip folgt eine gesteigerte Begründungspflicht für das Tätigwerden der Union.176 Dies zwingt den Unionsgesetzgeber dazu, im Einzelfall die Schaffung einer Agentur vor dem Hintergrund der Subsidiarität in dem betreffenden Gründungsakt zu rechtfertigen.177 Die unbestimmten Rechtsbegriffe des Subsidia­ ritätsprinzips sind zwar gerichtlich voll überprüfbar.178 Da der EuGH dem Unionsgesetzgeber jedoch einen weiten, von der gerichtlichen Überprüfung ausgeschlossenen Ermessensspielraum zubilligt, ist die praktische Wirksamkeit des Subsidiaritätsprinzips durchaus zweifelhaft.179 Schließlich muss die Errichtung von Agenturen auch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen, wonach die unionalen Maßnahmen nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinausgehen dürfen (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV). II. Organisationskompetenz: institutioneller Gesetzesvorbehalt Auf das horizontale Verhältnis der Unionsorgane zueinander bezieht sich die Frage nach der Organisationskompetenz zur Ausbildung von Agenturen. Für die Errichtung dieser Behörden gilt der institutionelle Gesetzesvorbe173  Bast / v. Bogdandy, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 5 EUV Rn. 54; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 5 EUV Rn. 38. 174  Görisch, Jura 2012, 42 (46); Klepper, Vollzugskompetenzen, S. 100; Vetter, DÖV 2005, 721 (727 f.) mit Beispielen. 175  Bast / v. Bogdandy, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 5 EUV Rn. 57; Calliess, in: C / R, Art. 5 EUV Rn. 42; Winter, EuR 2005, 255 (262); Pipkorn, EuZW 1992, 697 (699); Riedel, Gemeinschaftzulassung, 2006, S. 266. 176  Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 263; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 5 EUV Rn. 31. 177  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 167; Schmidhuber, DVBl. 1993, 417 (419); Winter, EuR 2005, 255 (261). 178  Vetter, DÖV 2005, 721 (728). 179  Vetter, DÖV 2005, 721 (728); Klepper, Vollzugskompetenzen, 2001, S. 106 ff.; Wittinger, EuR 2008, 616 f.; zur begrenzten Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips für die Rechtsangleichung nach Art. 114 AEUV Frenz / Ehlenz, EuZW 2011, 623 (624).

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

halt.180 Es handelt sich hierbei um eine wesentliche Angelegenheit, deren Regelung dem Unionsgesetzgeber obliegt.181 Die Wesentlichkeit folgt schon daraus, dass Agenturen stets Rechtsfähigkeit verliehen wird.182 Der institutionelle Gesetzesvorbehalt verlangt vom Unionsgesetzgeber, die bedeutsamen Grundfragen um die zu errichtende Agentur im Gründungsrechtsakt zu beantworten. Diese gesetzgeberische Vorzeichnung muss sich vor allem auf die Organisation der Agentur, ihre Ausstattung mit Aufgaben und Befugnissen und ihre Entscheidungsprozesse erstrecken.183 Die Kommission hat aus ihrer primärrechtlichen Rechtsstellung heraus keine Kompetenz, Agenturen selbständig zu gründen. Jedoch kann sie durch den Unionsgesetzgeber auf der Grundlage einer rechtlichen Regelung zur Agenturgründung ermächtigt werden.184 Die Kompetenz zur Errichtung von Exekutivagenturen hat der Unionsgesetzgeber der Kommission in der entsprechenden Rahmenverordnung vermittelt. Mit der detaillierten Festlegung des Status der Exekutivagenturen werden zudem die wesentlichen Grund­ entscheidungen um diese Agenturen gesetzgeberisch hinreichend vorgezeichnet.185

D. Art und Umfang der an Agenturen übertragbaren Befugnisse Die Art und der Umfang der an Agenturen übertragenen Befugnisse wurden bereits als Parameter identifiziert, anhand derer sich die Frage nach der Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts anknüpfen lässt.186 Auch wurde bereits die grundsätzliche Zulässigkeit der Übertragung von Durch180  Görisch, Jura 2012, 42 (45); Holznagel / Schumacher, in: FS für Säcker, 2011, 737 (750); Groß, JZ 2012, 1087 (1091); Kirste, VerwArch 2 (2011), 268 (274); Masing, in: FS Schmidt, 2006, S. 528. 181  Görisch, Jura 2012, 42 (45). 182  So für die Behördeneinrichtung im Lichte des deutschen Grundgesetzes F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 83 Rn. 36 m. w. N. 183  Hermes, in: FS Zuleeg, 2005, S. 426 ff.; Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 750; Groß, JZ 2012, 1087 (1091); für die Errichtung juristischer Personen des öffentlichen Rechts auf deutscher Ebene Ohler, AöR 131 (2006), 336 (358 ff.); Pöcker, VerwArch 99 (2008), 380 (398); siehe auch EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. 518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 42 ff.; in die Gründungsrechtsakte künftiger Agenturen soll zudem entweder eine Verfalls- oder eine Revisionsklausel aufgenommen werden; siehe zur Aufnahme von Verfalls- oder Revisionsklauseln, Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 4. 184  Görisch, Jura 2012, 42 (45). 185  Görisch, Jura 2012, 42 (45); Sydow, Verwaltungskooperation, 2004, S. 69; Sydow, VerwArch 97 (2006), 1 (6). 186  Siehe oben 3. Teil 2. Kap. A. III. 1.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts125

führungsbefugnissen an Agenturen festgestellt.187 Ziel dieses Abschnitts ist es, die Art und den Umfang der an Agenturen übertragbaren Befugnisse vor dem Hintergrund des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts näher zu bestimmen. Zunächst bedarf es jedoch der Erläuterung des Begriffs der Delegation im unionsrechtlichen Kontext. I. Delegation als Übertragung von Befugnissen Eine primärrechtliche Regelung für die Delegation von Befugnissen findet sich im Organverhältnis nur für die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen des Unionsgesetzgebers an die Kommission (Art. 290 AEUV). Im Übrigen definieren die Verträge den Begriff der Delegation nicht. Im Anschluss an den EuGH und den überwiegenden Teil der Europarechtswissenschaft wird Delegation als die Übertragung sämtlicher Arten von Befugnissen und damit weit verstanden.188 Von ihr umfasst ist auch die Möglichkeit der Neubegründung von Befugnissen zugunsten einer Agentur.189 Legt man das auf Triepel190 zurückgehende Delegationsverständnis zugrunde, handelt es sich bei der Befugnisübertragung an Agenturen um eine „unechte“ Delegation, da die Übertragung durch den delegierenden Unionsgesetzgeber wieder rückgängig gemacht werden kann.191 II. Art der übertragbaren Befugnisse Aus dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts folgt von vornhe­ rein, dass sämtliche Befugnisse von der Delegation an Agenturen ausgeschlossen sind, die primärrechtlich ausdrücklich den Organen zugewiesen sind.192 187  Vgl.

oben 3. Teil 2. Kap. B. III. 2. Unionsagenturen, 2009, S. 371 m. w. N.; vgl. nur EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, 11 (43 f.); EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni II, Rs. C-10 / 56, Slg. 1958, 53 (81); Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 100 m. w. N.; siehe zum Delegationsbegriff des EuGH auch Schindler, Delegation von Zuständigkeiten in der Europäischen Gemeinschaft, 1972, S. 40 ff. 189  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 101; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 45; a. A. Treeger, Einrichtungen, 1998, S. 128 f.; siehe hingegen auch Dorn, Art. 235 EWGV, 1985, S. 100 ff. 190  Triepel, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht. Eine kritische Studie, 1942, S. 1 ff.; für das deutsche Recht vgl. auch Schenke, VerwArch 68 (1977), 118 (120 f.); siehe hingegen auch Barbey, Rechtsübertragung und Delegation. Eine Auseinandersetzung mit der Delegationslehre Heinrich Triepels, 1962, S. 62 ff. 191  Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 371. 192  J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 122; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 56; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (560); so 188  Görisch,

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

1. Bedeutung und Anforderungen der Meroni-Rechtsprechung für europäische Agenturen Um die Art der Befugnisse zu bestimmen, deren Übertragung an Agenturen mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar ist, wird seit jeher ganz überwiegend an die Meroni-Rechtsprechung des ­EuGH193 angeknüpft. Die Heranziehung dieser Rechtsprechung mutet gar als Automatismus an, wird die Frage nach der Vereinbarkeit einer Agentur mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts aufgeworfen. In der Vergangenheit ist dabei oftmals die Entwicklung von Maßstäben aus dem Primärrecht ins Hintertreffen geraten. Da der EuGH die Meroni-Rechtsprechung nicht mit Bezug zu den europäischen Agenturen entwickelte, hat sich in der Europarechtswissenschaft ein ausdifferenziertes Meinungsbild darüber herausgebildet, ob diese Rechtsprechung in strenger194 oder modifizierter Form für die Errichtung von Agenturen und die Übertragung von Befugnissen maßgeblich sei.195 Im Januar 2014 hat der EuGH in der Leerverkaufsentscheidung196 schließlich die Meroni-Rechtsprechung im Kontext europäischer Agenturen für anwendbar erklärt – dies jedoch mit Abstrichen.197 a) Grundlegende Unterschiede zwischen den Einrichtungen des Meroni-Urteils und den europäischen Agenturen Der Generalanwalt hat in seinen Schlussanträgen zur Leerverkaufsentscheidung auf „die grundlegenden Unterschiede in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zwischen den Agenturen, die Gegenstand des Urteils Meroni von 1958 waren, und der Art der Tätigkeit heutiger Agenturen“ hingewiesen.198 Ein derartiger Hinweis ist auch in der Leerverkaufsentscheidung zu finden, auch wenn die Ausführungen des EuGH knapper ausgefallen sind.199 auch KOM(2008) 135 endg. v. 11.3.2008, S. 5 f.; zu diesen Befugnissen oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 2. 193  Ausf. zur Meroni-Rspr. oben 2. Teil 3. Kap. A. 194  Ehlermann, EuR 1973, 193 (200); Gärditz, AöR 135 (2010), 251 (271); Ludwigs, DVBl. 2011, 61 (65). 195  Vgl. zum Meinungsstand Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 52 ff.; siehe auch Schammo, CMLR 48 (2011), 1879 (1892 ff.). 196  Siehe dazu Skowron, EuZW 2014, 349 ff. 197  Siehe dazu unten 3. Teil 2. Kap. F. III. 198  Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 69. 199  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts127

Dem Generalanwalt und dem EuGH ist beizupflichten. Die Meroni-Rechtsprechung betrifft die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen an privatrechtliche Einrichtungen unter dem Regime des EGKS-Vertrags, die außerhalb der Verträge stehen.200 Hingegen handelt es sich bei Agenturen um Verwaltungseinrichtungen der Europäischen Union, die an die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten gebunden und in das Unionsrechtssystem von EUV und AEUV eingebettet sind.201 Im Gegensatz zu der durch die Hohe Behörde gegründeten privatrechtlichen Einrichtung, für deren Errichtung eine ausdrückliche Grundlage in Art. 53 EGKS-Vertrag bestand, existiert für die Gründung europäischer Agenturen mit drei Ausnahmen202 keine spezielle Rechtsgrundlage. Zudem werden sie – bis auf die von der Kommission durch Beschluss errichteten Exekutivagenturen – durch den Unionsgesetzgeber gegründet.203 Darüber hinaus stand der EGKS-Vertrag ausschließlich im Zeichen der wirtschaftlichen Integration. Über zahlreiche Vertragsrevisionen ist jedoch die politisch-soziale Integration der Union zunehmend vorangeschritten.204 Damit einhergegangen ist eine fundamentale Veränderung der Rahmenvoraussetzungen des Unionsrechts.205 Die Verträge haben nicht nur das Organgefüge maßgeblich weiterentwickelt, was sich vor allem in der Zuerkennung des Organstatus für den Europäischen Rat und die EZB zeigt,206 200  Dazu

oben 2. Teil 3. Kap. A. I. GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 69; S. Augsberg, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 11 Rn. 76; Bartodziej, Reform, 1994, S. 302 f.; Berger, Einrichtungen, 1999, S. 89; Chamon, CMLR 48 (2011), 1054 (1059); Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 107; Herdegen, WM 2012, 1889 (1893); J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 105; M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S.  317 f.; Ladenburger, in: v. d. Groeben / Schwarze, EUV / EGV, Bd. 4, 2003, Art. 284 EGV Rn. 21; Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 172; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 274; siehe auch. Breier / Hendrix, StoffR 2004, 50 (57); M. Hilf, ZaöRV 36 (1976), 551 (561, dort Fn. 29); siehe aber auch Kühling, EuZW 2008, 129 (129). 202  Siehe oben 3. Teil 1. Kap. B. I. 203  Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 69; Bartodziej, Reform, 1994, S.  302 f.; Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 56; Chamon, CMLR 48 (2011), 1054 (1059); Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 107; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 274  f.; Sydow, Verwaltungskooperation, 2004, S. 67. 204  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  107; Weller, Regulierungsagenturen, 2002, S. 36. 205  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  107; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 274; Weller, Regulierungsagenturen, 2002, S. 36; a.  A. Kühling, EuZW 2008, 129 (129), der auf die generelle Bedeutung der Ausführungen des EuGH verweist. 206  Dazu oben 2. Teil 2. Kap. A. und C. II. 201  Schlussanträge

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

sondern erkennen nunmehr Agenturen und selbst deren Ausstattung mit außenwirksamen Befugnissen an.207 Der AEUV ist damit als „Rahmenvertrag“ einer weitaus flexibleren Handhabung zugänglich als der EGKS-Vertrag.208 Die Ausdifferenzierung der EU-Eigenverwaltung durch Agenturen leistet zudem einen notwendigen und maßgeblichen Beitrag zur effektiven Aufgabenerfüllung der Union und zur Entlastung der Organe.209 Diese Unterschiede sind im Blick zu behalten, wenn sich mit den auf Agenturen übertragbaren Befugnissen auseinandergesetzt wird. b) Übertragung genau eingegrenzter (Durchführungs-)Befugnisse In der Leerverkaufsentscheidung von Januar 2014 präzisierte der EuGH die an europäische Agenturen delegierbaren Befugnisse. Mit der zugrundeliegenden Nichtigkeitsklage hatte das Vereinigte Königreich die Befugnisse der ESMA nach Art. 28 LeerverkaufsVO angegriffen, wonach die ESMA unter anderem ein Verbot für den Eintritt einer natürlichen oder juristischen Person in eine Leerverkauf aussprechen kann, oder diesen Eintritt bestimmten Bedingungen unterwerfen kann (vgl. Art. 28 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) LeerverkaufsVO). Das Vereinigte Königreich knüpfte vor allem an das „sehr weite Ermessen“ der ESMA nach Art. 28 LeerverkaufsVO an und zog zur Begründung seiner Klage insbesondere die Ausführungen des EuGH im Meroni-Urteil heran.210 Der EuGH stellt klar, dass nur solche Befugnisse an Agenturen übertragen werden können, die „genau eingegrenzt“ sind und „im Hinblick auf die von der übertragenden Behörde festgelegten Ziele überprüft werden können“.211 Zwar schließt der EuGH die Einräumung eines weiten Ermessens zugunsten der Agenturen aus,212 beschränkt die den Agenturen übertragbaren Befugnisse aber nicht auf gebundene Entscheidungen. Vielmehr geht er von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Übertragung von Ermessensbefugnissen aus, erachtet es aber als maßgeblich, dass diese Befugnisse 207  Dazu

oben 3. Teil 2. Kap. B. schon zu früheren Vertragsfassungen Ehlermann, EuR 1973, 193 (199); Berger, Einrichtungen, 1999, S. 89; Weller, Regulierungsagenturen, 2002, S. 37 m. w. N. 209  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  107  f.; Weller, Regulierungsagenturen, 2002, S. 36. 210  Vgl. zum Vorbringen der Parteien BeckRS 2014, 80195. 211  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360 f.). 212  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1361). 208  So



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts129

„an verschiedene Kriterien und Bedingungen geknüpft [sind], die den Handlungsspielraum [der Agentur] begrenzen“.213 Anhand der Befugnisse der ESMA nach Art. 28 LeerverkaufsVO zeigt der EuGH, dass für eine derartige Eingrenzung des Ermessensspielraums eine Vielzahl von Mechanismen und Mitteln in Betracht kommen. So könne die ESMA nur beim Vorliegen einer in Art. 28 Abs. 2 LeerverkaufsVO festgelegten Situationen tätig werden und auch nur dann, wenn die zuständigen nationalen Behörden nicht gehandelt haben, um der in Art. 28 Abs. 2 lit. a) LeerverkaufsVO beschriebenen „Bedrohung“ zu begegnen, oder dass ihre Maßnahmen der „Bedrohung“ nicht in angemessener Weise gerecht werden.214 Zudem habe die ESMA beim Ergreifen von Maßnahmen bestimmte, gesetzgeberisch festgelegte Maßstäbe zu berücksichtigen (vgl. Art. 28 Abs. 3 Leerverkaufs­VO).215 Auch hebt der EuGH die Konsultationspflichten der ESMA und die Vorläufigkeit der von der ESMA getroffenen Maßnahmen (vgl. Art. 28 Abs. 4–6 und Abs. 10 LeerverkaufsVO) hervor und dass letztere „streng auf die in Art. 9 Abs. 5 der ESMA-Verordnung genannten Maßnahmen beschränkt“ seien.216 Zudem verweist der EuGH auf die Vorsteuerung und damit die Eingrenzung der Befugnisse der ESMA nach Art. 28 LeerverkaufsVO durch die Kommission, die in einer delegierten Verordnung die Kriterien und Faktoren festlegt, die die ESMA bei einer Entscheidung über das Vorliegen bestimmter in Art. 28 Leerverkaufsverordnung aufgeführter Ereignisse zu berücksichtigen hat.217 Der EuGH kommt zum Ergebnis, dass die ESMA lediglich eine „Tatsachenbeurteilung technischer Art“ vorzunehmen habe und ihre Befugnisse nach Art. 28 Leerverkaufsverordnung „genau eingegrenzt“ seien und gerichtlich überprüft werden könnten. Die Behörde verfüge nicht über „weites Ermessen“, sodass die Delegation nach dem Meroni-Urteil mit dem Vertrag in Einklang stehe.218 Die Leerverkaufsentscheidung ist insoweit zu begrüßen, als dass nun höchstrichterlich klargestellt ist, dass Agenturen über Ermessensbefugnisse verfügen dürfen. Auch überzeugt, dass Ermessensbefugnisse hinreichend begrenzt sein müssen, da es durch die Zuerkennung besonders weiter Gestaltungsspielräume für Agenturen zu 213  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360). 214  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360). 215  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360). 216  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360). 217  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360). 218  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360 f.).

Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. Königreich . / . Rat und Parlament, Rs.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

einer Verlagerung von Verantwortung kommen könnte, die nicht mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar wäre.219 c) Spannungsverhältnis der Meroni-Rechtsprechung des EuGH mit der Schräder-Rechtsprechung des Gerichts Die Meroni-Rechtsprechung und die Leerverkaufsentscheidung des EuGH stehen mit dem Ausschluss von weitem Ermessen für Agenturen in einem Spannungsverhältnis zur Schräder-Rechtsprechung220 des Gerichts aus dem Jahr 2008.221 In der Rechtssache Schräder, der eine Nichtigkeitsklage gegen einen Beschluss des Sortenamtes wegen nicht gewährten Sortenschutzes zugrunde lag, knüpft das Gericht an eine gefestigte Rechtsprechung an, Unionsbehörden, deren Aufgabe es ist, komplexe Prüfungen insbesondere wirtschaftlicher oder technischer Art vorzunehmen, einen weiten Ermessensspielraum zuzugestehen.222 Einen derartigen Spielraum erkennt das Gericht für das Sortenamt „bei komplexen botanischen Beurteilungen“ an, wobei es im konkreten Fall um die Unterscheidbarkeit einer Pflanzensorte nach den Kriterien des Art. 7 Abs. 1 CPVO-VO ging.223 Die Meroni-Rechtsprechung des EuGH bleibt im Schräder-Urteil gänzlich unerwähnt.224 Zudem erstreckt das Gericht die Rechtsprechungstradition225 der beschränkten Justiziabilität von weiten behördlichen Ermessensspielräumen im Schräder-Urteil auf die komplexen botanischen Beurteilungen des Sortenamtes.226 219  Vgl. zur Wahrung der Verantwortung der Unionsorgane als Grundgedanke des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts oben 2. Teil 3. Kap. A. III. und C. I. 220  EuG, Urt. v. 19.11.2008, Schräder, Rs. T-187 / 06, Slg. 2008, II-03151; siehe dazu auch Chamon, CMLR 48 (2011), 1055 (1059); siehe auch die Schlussanträge GA Mazák v. 3.12.2009, Schräder, Rs. C-38 / 09 P, Slg. 2008, II-03151 Rn. 25 f. 221  So bezogen auf die Meroni-Rechtsprechung auch H. Hofmann / Rowe / Türk, Administrative Law, 2011, S. 244. 222  EuG, Urt. v. 19.11.2008, Schräder, Rs. T-187 / 06, Slg. 2008, II-03151 Rn. 59 m. w. N.; vgl. EuGH, Urt. v. 22.1.1976, Balkan-Import-Export, Rs. C-55 / 75, Slg. 1976, 19 Rn. 8; EuGH, Urt. v. 21.1.1999, Upjohn Ltd., Rs. C-120 / 97, Slg. 1999, I-06927 Rn. 34. 223  EuG, Urt. v. 19.11.2008, Schräder, Rs. T-187 / 06, Slg. 2008, II-03151 Rn. 63, 73; siehe zum Ermessen des CPVO auch J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S.  73 f. 224  Auch der EuGH nimmt in der Leerverkaufsentscheidung nicht zum SchräderUrteil Stellung. 225  Vgl. z. B. EuGH, Urt. v. 22.1.1976, Balkan-Import-Export, Rs. C-55 / 75, Slg. 1976, S. 19 Rn. 8; EuGH, Urt. v. 8.7.2010, Afton Chemicals, Rs. C-343 / 09, Slg. 2010, I-07027 Rn. 45 f.; siehe auch Schwarze, NVwZ 2000, 241 (249 f.). 226  EuG, Urt. v. 19.11.2008, Schräder, Rs. T-187 / 06, Slg. 2008, II-03151 Rn. 59 ff. m. w. N.; siehe auch EuGH, Urt. v. 15.4.2010, Rs. C-38 / 09 P, Slg. 2010, I-03209



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts131

Damit ist vor allem das Verbot verbunden, die behördliche Sachverhaltsbeurteilung durch den Unionsrichter zu ersetzen.227 Jedoch mildert das Gericht die Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle stark ab.228 Trotz des Bestehens eines Beurteilungsspielraums der Verwaltung in wirtschaftlichen oder technischen Fragen hat der Unionsrichter eine Kontrolle der Auslegung derartiger Daten durchzuführen. Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung sind neben der „sachlichen Richtigkeit“, der „Zuverlässigkeit“ und der „Kohärenz“ der angeführten Beweise die Frage, ob diese Beweise „alle relevanten Daten“ darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation zu berücksichtigen waren und ob diese Beweise eine taugliche Grundlage für die aus ihnen gezogenen Schlüsse bilden. Im Rahmen dieser gerichtlichen Prüfung hat der Unionsrichter jedoch das Verbot zu berücksichtigen, die wirtschaftliche oder technische Beurteilung seitens der Verwaltung durch seine eigene zu substituieren.229 In der Sache erinnert das Schräder-Judikat an die in Deutschland bekannte Beurteilungsfehlerlehre.230 Seine verfahrensrechtliche Bedeutung liegt in der Auferlegung einer verstärkten Darlegungslast für die Partei, die der Agentur gegenübertritt.231 Gelingt es ihr, die Annahmen der Behörde substantiiert zu bestreiten, erfolgt eine gerichtliche Nachprüfung anhand der vorgenannten Maßstäbe und Grenzen.232 Im Übrigen ergibt sich aus Art. 261 argumentum e contrario, dass die gerichtliche Ermessenskontrolle im Regelfall lediglich eingeschränkt erfolgt, weil die Zuständigkeit zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung gesondert übertragen werden muss.233 2. Primärrechtliche Zulässigkeit der Übertragung von Ermessensbefugnissen an europäische Agenturen Neben der Anerkennung von Befugnissen mit Ermessensspielraum durch die Rechtsprechung stützt auch das reformierte Primärrecht die Übertragung (v. a. Rn. 77); siehe zur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte im Unionsrecht v. Danwitz, Verwaltungsrecht, 2008, S. 299 f. 227  EuG, Urt. v. 19.11.2008, Schräder, Rs. T-187 / 06, Slg. 2008, II-03151 Rn. 59 ff. m. w. N. 228  Görisch, Jura 2012, 42 (49). 229  EuG, Urt. v. 19.11.2008, Schräder, Rs. T-187 / 06, Slg. 2008, II-03151 Rn. 61 m. w. N.; siehe auch Rn.  59 f. 230  Holznagel / Schumacher, Jura 2012, 501 (505). 231  Görisch, Jura 2012, 42 (50); Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 752. 232  Görisch, Jura 2012, 42 (50); Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 752. 233  Görisch, Jura 2012, 42 (49).

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

von Ermessensbefugnissen an Agenturen.234 Seit der jüngsten Vertragsreform eröffnet es zudem ausdrücklich die Nichtigkeitsklage gegen Handlungen der Agenturen mit Rechtswirkung gegenüber Dritten (Art. 263 Abs. 1 S. 2 EUV). Einer der Anfechtungsgründe, der auch für die Handlungen europäischer Agenturen gilt, ist der „Ermessensmissbrauch“ nach Art. 263 Abs. 2 Alt. 5 AEUV. Wenn Agenturhandlungen wegen Ermessensmissbrauchs angefochten werden können, folgt daraus im Umkehrschluss, dass die Übertragung von Ermessensbefugnissen an Agenturen primärrechtlich grundsätzlich zulässig ist.235 Sekundärrechtlich sehen einige Gründungsverordnungen von Agenturen ebenfalls die gerichtliche Anfechtbarkeit von Agenturhandlungen „wegen Ermessensmissbrauchs“ vor. Hieraus kann geschlossen werden, dass auch der Unionsgesetzgeber von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Delegation von Ermessensbefugnissen an europäische Agenturen ausgeht.236 3. Bedingte Tauglichkeit des Begriffs „politisch“ als Abgrenzungskriterium für die an Agenturen delegierbaren (Ermessens-)Befugnisse In der Europarechtswissenschaft wird ganz überwiegend die Übertragung von politischen (Ermessens-)Befugnissen als absolute Grenze der Delegation an Agenturen aus dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts abgeleitet. Mehrheitlich wird hierfür an die Meroni-Rechtsprechung des EuGH angeknüpft.237 In der Leerverkaufsentscheidung hat der EuGH dieses Kriterium lediglich kurz in Referierung der Meroni-Rechtsprechung wiederholt.238 Diejenigen, welche die Übertragung von politischen (Ermessens-)Befugnissen an Agenturen ausschließen wollen, bleiben jedoch regelmäßig schuldig, was genau unter dem Begriff „politisch“ zu verstehen ist und wo die Grenze zu den potentiell übertragbaren „unpolitischen“ (Ermessens-)Befugnissen 234  Zum Umkehrschluss aus den Vorschriften über den Rechtsschutz schon oben 3. Teil 2. Kap. B. III. 2. 235  Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 751. 236  Görisch, Jura 2012, 42 (49); siehe auch Art. 73 Abs. 2 CPVO-VO. 237  So mit und ohne (ausdrücklichem) Bezug zur Meroni-Rechtsprechung: Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 57; J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 123; M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 319; Priebe, Entscheidungsbefugnisse, 1979, S. 121 ff.; Remmert, EuR 2003, 134 (141); Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 277; Weller, Regulierungsagenturen, 2003, S. 37; auch KOM(2001), 428 endg., S. 31. 238  Vgl. EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rc. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts133

verläuft.239 Auch der EuGH hat bislang zu keiner näheren Präzisierung beigetragen. Da der Begriff europarechtsautonom zu bestimmen ist, kann keine Anleihe bei der US-amerikanischen „political question“-Doktrin240 gemacht werden. Trotz der Unklarheiten hinsichtlich der genauen Bedeutung des Begriffs „politisch“ soll hier mit Bartodziej unter einem (wirtschafts-)politischen Ermessen ein solches verstanden werden, „das sich mit der Durchsetzung eigener leithafter, einzelfallübergreifender gestalterischer Vorstellungen für einen ganzen Politikbereich verbindet“.241 Der Ausschluss dieser Befugnisse von der Übertragung an Agenturen findet seinen Grund darin, dass mit einer solchen Delegation eine Verantwortungsverlagerung verbunden wäre, die mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts nicht vereinbar wäre.242 Dass die zentralen (wirtschafts-)politischen Lenkungsentscheidungen der Union nicht an Agenturen übertragen werden dürfen, folgt bereits aus dem Zuständigkeitssystem der Verträge.243 Es handelt sich um solche Angelegenheiten, die der Unionsgesetzgeber als wesentliche Grundzüge einer Materie selbst zu regeln hat, oder um Entscheidungen, die vom Europäischen Rat, dem Rat oder der Kommission in Ausfüllung der Regierungsfunktion zu 239  Krit. gegenüber der Vagheit der herangezogenen Begriffe auch Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 54; krit. auch Berger, Einrichtungen, 1999, S. 90. 240  Die „political question“-Doktrin schließt politische Fragen von der Überprüfungskompetenz der Rechtsprechung aus. Sie wurde vom Supreme Court maßgeblich in der Rechtssache Baker v Carr, 369 U.S. 186 (1982), S. 217 entwickelt, in der er auch die Kriterien zur Bestimmung einer „political question“ näher konturierte: „Prominent on the surface of any case held to involve a political question is found a textually demonstrable constitutional commitment of the issue to a coordinate political department; or a lack of judicially discoverable and manageable standards for resolving it; or the impossibility of deciding without an initial policy determination of a kind clearly for nonjudicial discretion, or the impossibility of a court’s undertaking independent resolution without expressing lack of respect due coordinate branches of government; or an unusual need for unquestioning adherence to a political decision already made; or the potentiality of embarrassment from multifarious pronouncements by various departments on one question. Unless one of these formulations is inextricable from the case at bar, there should be no dismissal for nonjusticiability on the ground of a political question’s presence. The doctrine of which we treat is one of ‚political questions‘, not one of ‚political cases [im Orig.]‘.“ 241  Bartodziej, Reform, 1994, S. 306; so auch Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 109. 242  Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 37. 243  S. Augsberg, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 6 Rn. 76; Helfritz, Verwaltungseinheiten, 2000, S. 164; Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 144; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 277, 279; Treeger, Einrichtungen, 1998, S.  101 f.; Weis, EuR 1980, 273, (281); Weller, Regulierungsagenturen, 2002, S. 37.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

treffen sind.244 Unterhalb dieser „hochpolitischen Ebene“ erweist sich das Kriterium „politisch“ jedoch nur als bedingt tauglich, um die an Agenturen übertragbaren Befugnisse zu bestimmen, da ihm keine exakte Trennschärfe innewohnt.245 So kann auch Verwaltungsermessen in der Hand von Agenturen durch eine bestimmte Taktik der Rechtsanwendung, der Auslegung und damit der Feinsteuerung über einen längeren Zeitraum eine leithaft-gestalterische Dimension annehmen und dadurch einen politischen Charakter im weiteren Sinne entfalten.246 Zudem können auch rein technisch und verwaltungsmäßig anmutende Aufgaben und Befugnisse in der Hand von Agenturen über ihre konkrete Ausübung politische Folgewirkungen nach sich ziehen.247 Daher wird man sich am Kriterium der Evidenz orientieren müssen, sodass solche Befugnisse von der Übertragung ausgeschlossen sind, die offenkundig den Charakter oder das Potential haben, wirtschaftspolitische Steuerungsentscheidungen zu sein.248 Insofern müssen bei jeder Delegation an Agenturen die potentiellen Wirkungen der Befugnisse abgeschätzt werden, was jedoch zugegebenermaßen nur begrenzt möglich ist. 4. Übertragung der Befugnis zum Erlass von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung an europäische Agenturen Es fragt sich, ob Agenturen die Befugnis übertragen werden darf, Rechtsakte mit allgemeiner Geltung zu erlassen, oder ob dieses Recht prinzipiell den Unionsorganen vorbehalten ist. In der Leerverkaufsentscheidung hat der EuGH Ersteres bejaht und hat sich damit dem Generalanwalt angeschlossen.249 Der Verweis des EuGH auf Art. 263 AEUV überzeugt insofern nicht, als die Vorschrift „lediglich“ Rechtsschutz gegen Handlungen der Agenturen „mit Rechtswirkung gegenüber Dritten“ gibt, jedoch nichts über die Rechts244  Siehe zur Aufteilung der Zuständigkeiten innerhalb der Regierungsfunktion oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 1. 245  Bartodziej, Reform, 1994, S. 309; Berger, Einrichtungen, 1999, S. 90; FischerAppelt, Agenturen, 1999, S. 109; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 279; Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 56; Sydow, JZ 2011, 157 (157); siehe auch Vos, CMLR 37 (2000), 1113 (1130). 246  Bartodziej, Reform, 1994, S. 309.; Treeger, Einrichtungen, 1998, S. 123, 129. 247  Hermes, in: FS Zuleeg, 2005, S. 418; siehe auch Vos, CMLR 37 (2000), 1113 (1130 ff.); zu den technischen Entscheidungen des CPVO, die jedoch auch eine sehr beschränkte wirtschaftspolitische Dimension haben Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 110 f. (dort auch Fn. 131). 248  Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 279. 249  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1361 f.); Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn.  73 ff.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts135

qualität derartiger Handlungen sagt.250 Anders sieht es mit Art. 277 AEUV aus, der jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem die „Rechtmäßigkeit eines von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung“ angefochten wird, zur Rechtswidrigkeitseinrede ermächtigt. Ein Umkehrschluss aus dem Wortlaut spricht für die vertragliche Zulässigkeit der Übertragung der Befugnis zum Erlass von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung auf Agenturen. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm stützt dieses Ergebnis. Denn in der Nizza-Fassung der Verträge waren nur Rechtsakte vom Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und der EZB genannt. Die Vertragsstaaten haben die Agenturen bei der letzten Vertragsreform bewusst in den Kreis miteinbezogen, um umfassenden vertraglichen Rechtsschutz zu gewährleisten. Daraus kann geschlossen werden, dass sie von der Zulässigkeit der Ausstattung europäischer Agenturen mit derartigen Befugnissen ausgingen.251 Zuzugestehen ist, dass es ein deutlicheres Zeichen für die Zulässigkeit einer derartigen Übertragung gewesen wäre, wenn der Unionsgesetzgeber im Rahmen des Art. 263 Abs. 1 S. 2 AEUV ausdrücklich auch die Handlungen „mit allgemeiner Geltung“ aufgenommen hätte. Unterstützend kann mit dem Generalanwalt angeführt werden, dass Handlungen europäischer Agenturen im Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) auf ihre Gültigkeit überprüft werden können und dass dieses Verfahren „typischerweise normative Rechtsakte betrifft“.252 Daher kann von einer teilweisen Aufgabe der Romano-Rechtsprechung gesprochen werden.253 Angemerkt sei, dass auch das Gericht Anfang März 2013 implizit die Zulässigkeit der Übertragung der Befugnis zum Erlass von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung bejaht hat, als es um die Überprüfung einer Entscheidung der Chemikalienagentur im Verfahren der Nichtigkeitsklage ging.254 Zu klären 250  Ohler,

JZ 2014, 249 (250). Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2012, Art. 277 AEUV Rn. 1: „Die Öffnung der Inzidentrüge auch für allgemein geltende Rechtsakte von Einrichtungen und sonstigen Unionsstellen trägt einer Entwicklung Rechnung, nach der auf Unionsebene in jüngerer Zeit zahlreiche Verwaltungseinrichtungen geschaffen wurden, die zum Teil weitreichende Befugnisse im Verhältnis zum Einzelnen innehaben.“ A. A. Orator, EuZW 2013, 852 (855): „Auch andere ‚sonstige Stellen‘ wie die von der Kommission geschaffenen Ämter können trotz ihrer Aufzählung in Art. 277 AEUV keine Rechtsakte mit allgemeiner Geltung erlassen. Die begriffliche Trias ‚Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen‘ fand vielmehr zur Klarstellung des umfassenden Rechtsschutzes in Art. 263 AEUV und der Anwendbarkeit anderer Vertragsbestimmungen durch den Vertrag von Lissabon Eingang in das Primärrecht.“ 252  Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 79. 253  Ohler, JZ 2014, 249 (250). 254  Vgl. EuG, Urt. v. 7.3.2013, Bilbaína de Alquitranes, SA u. a. . / . ECHA, Rs. T-93 / 10, BeckRS 2013, 80500 Rn. 56. 251  Vgl.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

bleibt, welche Art von Rechtsakten mit normativer Wirkung (vgl. Art. 288 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 AEUV) Agenturen vor dem Hintergrund des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts erlassen dürfen. Dies ist eine Frage der Handlungsform.255 III. Umfang der an Agenturen übertragbaren Befugnisse Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts setzt der Delegation von Befugnissen an Agenturen auch dem Umfang nach Grenzen, denn mit der schrankenlosen Übertragung von Befugnissen an Agenturen wäre eine Gewichtsverschiebung zu Lasten der Organe verbunden. Was die auf Unionsebene bestehenden und einem Organ zugewiesenen Befugnisse betrifft, dürfen an Agenturen keine weiterreichenden Befugnisse delegiert werden als sie dem übertragenden Organ selbst zustehen.256 Da das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts zudem einem Leerlaufen der generellen Zuständigkeiten der Organe entgegensteht,257 darf sich die Delegation von Befugnissen an Agenturen nicht auf alle oder die große Mehrheit der einem Organ zugewiesenen Befugnisse erstrecken.258 Die begrenzende Wirkung, die das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts entfaltet, ist jedoch von größerer Relevanz, wenn es um die der Union neu übertragenen und noch keinem Organ zugewiesenen Befugnisse geht.259 Sie sind im Schwerpunkt Gegenstand der Delegation an Agenturen.260 Da die Kommission nach Art. 17 EUV die zentrale Verwaltungsin­ stanz der Union ist und im Organgefüge hauptsächlich für die Durchführung des Unionsrechts zuständig ist,261 muss die Delegation von Befugnissen an 255  Siehe

dazu sogleich unten 3. Teil 2. Kap. E. II. 1. und 2. oben 2. Teil 3. Kap. A. IV.; EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (40); J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 122; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 37. 257  Ladenburger, in: v. d. Groeben / Schwarze, EUV / EGV, Bd. 4, 2003, Art. 284 EGV Rn. 21; S. Augsberg, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 6 Rn. 76; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (560). 258  Priebe, Entscheidungsbefugnisse, 1979, S. 116, 124. 259  M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 318. 260  Dessen war sich auch der EuGH bewusst, sodass er in der Leerverkaufsentscheidung das Erfordernis der Meroni-Rechtsprechung, dass keine weiterreichenden Befugnisse werden dürfen, als sie dem delegierenden Organ selbst zustehen, die aus der besonderen Konstellation der Übertragung von Befugnissen der Kommission auf eine privatrechtliche Einrichtung auf der Grundlage des EGKS-Vertrages resultierte, nicht wiederholt hat. 261  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. b). 256  Siehe



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts137

Agenturen die Ausnahme bleiben und sich in jedem Einzelfall sachlich rechtfertigen lassen.262 IV. Übertragung quasi-judizieller Befugnisse an Agenturen Es stellt sich die Frage, ob auch quasi-judizielle Befugnisse an Agenturen übertragen werden dürfen. Die Ausübung der Rechtsprechungsfunktion ist dem Gerichtshof der Europäischen Union zwar im Verhältnis zu den anderen Unionsorganen vorbehalten.263 Jedoch statuiert Art. 19 Abs. 1 S. 2 EUV kein Rechtsprechungsmonopol.264 Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts steht daher der Übertragung quasi-judizieller Befugnisse an Agenturen – die von Widerspruchs- oder Beschwerdeausschüssen ausgeübt werden265 – nicht entgegen, wenn das Letztentscheidungsrecht und damit die Letztverantwortung des Gerichtshofs sichergestellt sind.266 Nach der Lissabonner Reform sieht der Vertrag explizit die Möglichkeit vor, die Erhebung von Individualklagen von der erfolglosen Durchführung eines derartigen Beschwerdeoder Widerspruchsverfahrens abhängig zu machen (vgl. Art. 263 Abs. 5 AEUV). Spiegelbildlich zur Wahrnehmung der Rechtsprechungsfunktion durch den Gerichtshof muss die organisatorische Unabhängigkeit der Rechtsbehelfskammer der Agentur sowie die persönliche Unabhängigkeit ihrer Mitglieder sichergestellt werden.267 Zudem müssen im agenturinternen Rechts262  Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (28); in diese Richtung auch schon FischerAppelt, Agenturen, 1999, S. 174; M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 318 (dort Fn. 95); siehe dazu zu Recht krit. mit Blick auf die bereits errichteten Agenturen Schwartz, in: v. d. Groeben / Schwarze, EGV / EUV, Bd. 4, 2003, Art. 308 EGV Rn. 234. 263  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 2. 264  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 128; Siegel, Gleichgewicht, 2009, S. 29; ein Rechtsprechungsmonopol des Gerichtshofes annehmend jedoch Herdegen, in: FS Everling, Bd. 1, 1995, S. 449; Klepper, Vollzugskompetenzen, 2001, S. 157. 265  Überwiegend werden die agenturinternen Rechtschutzinstanzen als „gerichtsähnlich“ bezeichnet, siehe z. B. M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 160; Jung, in: FS Everling, Bd. 1, 1995, S. 614; hingegen für die Einstufung als „Gericht“ Krämer, Rechtsschutz, 2007, S. 90 ff.; Siegel, Gleichgewicht, 2009, S. 30. 266  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 128; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (574); siehe auch EuGH, Gutachten 1 / 76 v. 26.4.1977, Entwurf zu einem Übereinkommen über die Errichtung eines europäischen Stilllegungsfonds für die Binnenschifffahrt, Slg. 1977, S. 00741 Rn. 21, in dem der Gerichtshof die Schaffung des „Gerichts des Fonds“ aus Gründen der Sicherung wirksamen Rechtsschutzes billigte, jedoch „gewisse Vorbehalte hinsichtlich der Vereinbarkeit der Struktur des ‚Gerichts des Fonds‘ mit dem Vertrag“ äußerte. 267  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 129 f.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

behelfsverfahren auch diejenigen Verfahrensgarantien eingehalten werden, die ein rechtsstaatliches Verfahren kennzeichnen, wie zum Beispiel das Recht zur Stellungnahme. V. Formelle Anforderungen an die Delegation Im Sinne der Transparenz und der Rechtssicherheit muss jeder Delegation von Befugnissen an Agenturen ein ausdrückliches Handeln des delegierenden Organs zugrunde liegen,268 was schon aus der Meroni-Rechtsprechung folgt.269 Da die Delegation von Befugnissen an Agenturen regelmäßig mit deren Gründung zusammenfällt, wird diesem Erfordernis üblicherweise durch die Veröffentlichung der Gründungsverordnung der Agentur Genüge getan (siehe auch Art. 297 AEUV).270 VI. Zwischenergebnis Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts gestattet die Übertragung von genau umgrenzten Durchführungsbefugnissen auf Agenturen. Diese dürfen einen Ermessensspielraum enthalten, jedoch nicht die Grenze zu den „politischen“ Angelegenheiten überschreiten. Agenturen können auch mit der Befugnis zum Erlass von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung ausgestattet werden. Eine Aushöhlung der generellen Zuständigkeiten der Organe durch die Delegation von Befugnissen an Agenturen ist unzulässig. Jede Übertragung von Befugnissen und Aufgaben auf Agenturen muss sich sachlich rechtfertigen lassen. Auch quasi-judizielle Befugnisse dürfen an Agenturen übertragen werden, wenn das Letztentscheidungsrecht des Gerichtshofes der Europäischen Union sichergestellt ist.

E. Zulässige Formen des Agenturhandelns Der Frage nach den Handlungsformen liegt der Gedanke zugrunde, dass auch dem Handeln in bestimmten Formen, die zum Beispiel einen weiten sachlichen, personellen und räumlichen Wirkungskreis haben, die Gefahr der Verlagerung von Verantwortung innewohnen kann. Der Begriff der Handlungsform ist hier als Oberbegriff zu verstehen, der sowohl Handlun268  Nettesheim,

in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 53. Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (42); Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 115. 270  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 115; EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. 9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (42); so auch EuGH, Urt. v. 26.5.2005, Tralli . / . EZB, Rs. C-301 / 02 P, Slg. 2005, I-4071 Rn. 43. 269  EuGH,



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts139

gen umfasst, von denen Rechtsverbindlichkeit ausgeht, als auch solche, die im unverbindlichen Bereich verbleiben.271 Bei der Bestimmung der zulässigen Formen des Agenturhandelns fragt sich vor allem, inwiefern das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts der Übertragung bestimmter Handlungsformen grundsätzlich entgegensteht. I. Erstreckung des Handlungsformenkatalogs des Art. 288 AEUV auf Agenturen Art. 288 AEUV richtet sich an „die Organe“ als potentielle Träger der aufgeführten Handlungsformen. Hieraus wird teilweise geschlossen, dass die Vorschrift nur auf die Unionsorgane anwendbar ist.272 Aus Art. 288 AEUV geht jedoch nicht hervor, dass er der Integration der Agenturen in den Kreis der Handlungsformenträger entgegensteht.273 Für eine Erweiterung des Art. 288 AEUV um Agenturen spricht zudem, dass es sich bei dieser Vorschrift um eine besonders flexible und offene handelt.274 Wenn die Norm, wie ganz einhellig angenommen wird, zwar die verbindlichen Handlungsformen, nicht jedoch die unverbindlichen Handlungsformen der Organe abschließend normiert,275 sollten auch die potentiellen Träger der Handlungsformen über den Wortlaut der Norm hinaus um Agenturen erweitert werden können.276 II. Rechtsverbindliche Handlungsformen 1. Beschlüsse Der Beschluss ist in allen seinen Teilen verbindlich (Art. 288 Abs. 4 S. 1 AEUV). Er kennt als Unterformen den adressatenbezogenen Beschluss, der an die Stelle der Entscheidung getreten ist277 und nur für den jeweiligen Adressaten Verbindlichkeit entfaltet (Art. 288 Abs. 4 S. 2 AEUV), und den adressatenlosen Beschluss. schon Brohm, Mitteilungen, 2012, S. 54 m. w. N. zu Art. 249 EGV Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 100 f. 273  Szczekalla, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 5 Rn. 74; für die Verwendung der in Art. 288 AEUV aufgeführten Handlungsformen für Agenturen auch Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. Verwaltungsrecht, 2010, § 5 Rn. 24. 274  So zu Art. 189 EWG-Vertrag Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 118. 275  Gurlit, ZHR 2013, 862 (875); Vedder, in: ders. / H. v. Heinegg, Unionsrecht, 2012, Art.  288 AEUV Rn.  13 m. w. N. 276  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 118  f.; a. A. Görisch, Unionsagenturen, 2009, S.  254 f.; ders., Jura 2012, 42 (47). 277  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 288 AEUV Rn. 90. 271  So 272  So

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

Als Unterfall des adressatenbezogenen Beschlusses ist der individualgerichtete Beschluss an einen oder mehrere Private gerichtet und erinnert an den Verwaltungsakt, der aus dem nationalen Recht bekannt ist.278 Ihm kommt wegen seiner Beschränkung auf die Regelung eines Sachverhalts gegenüber Privaten prinzipiell lediglich begrenzte rechtliche Wirkung zu.279 Daher ist eine Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts als gering einzuschätzen,280 sodass diese Befugnis an Agenturen übertragen werden darf. Schwieriger zu beurteilen ist die Frage der Übertragbarkeit der Befugnis zum Erlass staatengerichteter Beschlüsse an Agenturen. Im Vergleich zur Richtlinie kann vom staatengerichteten Beschluss eine stärkere Belastung für die Mitgliedstaaten ausgehen, da der Beschluss nicht nur eine Ziel-, sondern eine insgesamte Verbindlichkeit entfaltet.281 Er kann damit als „quasi-gesetzgeberische Maßnahme“282 qualifiziert werden, von der weitreichende (politische) Wirkungen ausgehen können.283 Der staatengerichtete Beschluss wird oftmals beispielsweise ein Unterlassen oder ein bestimmtes Umsetzungshandeln des Staates erfordern, wodurch er mittelbar bis auf die Ebene der Staatsbürger durchwirken kann.284 Dennoch steht das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts der Übertragung der Befugnis zum Erlass staatengerichteter Beschlüsse an Agenturen nicht grundsätzlich entgegen.285 Werden Agenturen in die Überwachung der Anwendung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten mit eigenen Aufgaben integriert, erfordert die effektive Aufgabenerfüllung geradezu die Be278  Blattner, Produktzulassungsverfahren, 2002, S. 163: „europäischer Verwaltungsakt“; Bleckmann, Europarecht, 1997, § 7 Rn. 463; Junker, Der Verwaltungsakt, 1990, S. 158; Mager, EuR 2001, 661 (662); Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art.  288 AEUV Rn.  91 m. w. N. 279  Schroeder, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 288 AEUV Rn. 137; siehe auch Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 286. 280  So zur Entscheidung Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 286; a.  A. Everling, EuR-Sonderheft 1976, 2 (15). 281  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 288 AEUV Rn. 92. 282  Schroeder, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 288 AEUV Rn. 137; Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2012, Art. 288 AEUV Rn. 92; Everling, in: FS Ophüls, 1965, 45; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 286 (dort Fn. 297 m. w. N.); siehe auch v. Bogdandy / Bast / Arndt, ZaöRV 62 (2002), 77 (98); Junker, Der Verwaltungsakt, 1990, S. 182. 283  Priebe, Entscheidungsbefugnisse, 1979, S. 118 (dort auch Fn. 281), 119  f.; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 286 (dort Fn. 297). 284  Everling, in: FS Ophüls, 1965, S. 45. 285  Für die Unzulässigkeit in Bezug auf eine wesentlich ältere Fassung der Verträge hingegen Everling, in: FS Ophüls, 1965, S. 45, der jedoch Ausnahmen zulässt; gänzlich verneinend jedoch ders., EuR-Sonderheft 1976, 2 (15).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts141

fugnis zum Erlass staatengerichteter Beschlüsse.286 Dies gilt vor allem für die Fälle, in denen ein Bedürfnis nach ständigem Erlass einer Vielzahl gleichgerichteter Beschlüsse gegenüber den Mitgliedstaaten besteht.287 Teilweise wird der Erlass von Beschlüssen der Unionsorgane an einzelne Behörden der Mitgliedstaaten als nicht zulässig erachtet.288 Jedoch steht der Wortlaut des Art. 288 Abs. 4 S. 2 AEUV, wonach Beschlüsse „an bestimmte Adressaten gerichtet“ sein können, der Integration von nationalen Behörden in den Adressatenkreis von Beschlüssen nicht entgegen. Wenn adressatenspezifische Beschlüsse schon an die Mitgliedstaaten gerichtet werden können und dadurch Bindungswirkung gegenüber sämtlichen nationalen Organen entfalten,289 spricht nichts dagegen, auch einzelne nationale Behörden in den potentiellen Adressatenkreis von Beschlüssen einzubeziehen. Die Befugnis zum Erlass derartiger Beschlüsse kann auch an Agenturen übertragen werden. Grundsätzlich kommt der Erlass adressatenbezogener Beschlüsse auch gegenüber bestimmten Unionsorganen in Betracht.290 Eine Delegation dieser Befugnis an Agenturen scheidet von vornherein aus, da sie eine Verkehrung der Verantwortungsbeziehung zwischen dem betreffenden Organ und der Agentur in sich tragen würde. Der adressatenlose Beschluss ist verbindlich und kennt, wie seine Bezeichnung schon nahelegt, keinen spezifischen Empfänger(kreis).291 Er zeichnet sich dadurch aus, dass er „für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt“.292 Zwar erinnert der adressatenlose Beschluss damit an die Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 Alt. 1 VwVfG, die als Verwaltungsakt qualifiziert wird. Für das Unionsrecht zeichnet sich in der Rechtsprechung jedoch ab, dass der adressatenlose Beschluss als Rechtsakt mit allgemeiner Geltung anzusehen ist.293 Beispielsweise haben der Gene286  Fischer-Appelt,

Agenturen, 1999, S. 121. zugestehend selbst Everling, in: FS Ophüls, 1965, S. 45. 288  v. Bogdandy / Bast / Arndt, ZaöRV 62 (2002), 77 (96, dort auch Fn. 68); Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 288 AEUV Rn. 92; Schroeder, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 288 AEUV Rn. 137; siehe aber auch Everling, in: FS Ophüls, 1965, S. 45. 289  EuGH, Urt. v. 21.5.1987, Albako, Rs. C-249 / 85, Slg. 1987, S. 2345 Rn. 17. 290  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 288 AEUV Rn. 93 m. w. N. 291  Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 288 AEUV Rn. 195, 197 f. 292  So das Gericht in Bezug auf eine Entscheidung der ECHA nach Art. 59 REACH-VO, siehe EuG, Urt. v. 7.3.2013, Bilbaína de Alquitranes, SA u. a. . / . ECHA, Rs. T-93 / 10, BeckRS 2013, 80500 Rn. 56. 293  Vgl. in Bezug auf eine Entscheidung der ECHA nach Art. 59 REACH-VO EuG, Urt. v. 7.3.2013, Bilbaína de Alquitranes, SA u. a. . / . ECHA, Rs. T-93 / 10, 287  Dies

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

ralanwalt und der EuGH die von der ESMA auf der Grundlage des Art. 28 Leerverkaufsverordnung durch adressatenlosen Beschluss zu erlassenden Maßnahmen als „Verwaltungsentscheidungen von allgemeiner Geltung“ qualifiziert.294 Zwar wird der adressatenlose Beschluss häufig zur Gestaltung des Innenbereiches der Union eingesetzt, wie zur Errichtung von Exekutivagenturen durch die Kommission.295 Er kann jedoch auch Außenwirkung entfalten,296 wofür schon Art. 28 Abs. 1 lit. b) LeerverkaufsVO spricht und was der ­EuGH in der Leerverkaufsentscheidung bestätigt hat.297 Die Befugnis zum Erlass adressatenloser Beschlüsse kann auch vor dem Hintergrund des institutionellen Gleichgewichts auf Agenturen übertragen werden. Aufgrund der normativen Wirkung dieser Beschlüsse ist die Übertragung jedoch in besonderem Maße gesetzgeberisch vorzusteuern und zu kontrollieren. 2. Verordnungen und Richtlinien Die Verordnung und die Richtlinie (Art. 288 Abs. 2, Abs. 3 AEUV) sind die Handlungsformen mit der größten politisch-gestalterischen Steuerungsund Breitenwirkung und ermöglichen eine besonderes effektive Weiterentwicklung des Unionssystems.298 Die Aufgaben der politischen Steuerung und der Förderung der Integration obliegen jedoch den Unionsorganen, sodass die Handlungsformen der Verordnung und der Richtlinie von vornherBeckRS 2013, 80500 Rn. 56; den normativen Charakter des adressatenlosen Beschlusses annehmend z. B. auch Schroeder, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 288 AEUV Rn.  132 f.; Streinz, Europarecht, 2012, § 5 Rn. 515. 294  Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 2013, 81781 Rn. 96; EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1361); siehe zur Frage, ob die von der BaFin nach dem WpHG verhängten Verbote von ungedeckten Leerverkäufen als Rechtsnorm oder als Allgemeinverfügung zu qualifizieren sind Walla, DÖV 2010, 853 (855 ff.). 295  Siehe zu den Exekutivagenturen oben 3. Teil 1. Kap. B. II. 1. 296  Die Außenwirkung adressatenloser Beschlüsse annehmend auch MangerNestler, ZfgK 2012, 528 (529); Vedder, in: Vedder / H. v. Heinegg, Unionsrecht 2012, Art. 288 AEUV Rn. 42; a. A. v. Bogdandy / Bast / Arndt, ZaöRV 62 (2002), 71 (102 f.); Oppermann / Classen / Nettesheim, Europarecht, 2011, § 9 Rn. 119; Streinz, Europarecht, 2012, § 5 Rn. 516; siehe auch Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 288 AEUV Rn. 195. 297  EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1361 f.). 298  Siehe auch Berger, Einrichtungen, 1999, S. 88.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts143

ein den Unionsorganen vorbehalten sind.299 Die Ermächtigung der Agenturen zum Verordnungs- oder Richtlinienerlass würde eine tatsächliche Verlagerung von Verantwortung bedeuten, die nicht mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar wäre. 3. Verwaltungsverträge Der Verwaltungsvertrag ist zwar nicht vom Handlungsformenkatalog des Art. 288 AEUV umfasst, wird jedoch primärrechtlich an verschiedenen Stellen anerkannt (z. B. Art. 272, Art. 340 Abs. 1 AEUV).300 Die Abschlussbefugnis der Agenturen leitet sich bereits aus ihrer Rechtsfähigkeit her.301 Sie kommt regelmäßig auch in der gründungsverordnungsrechtlichen Klausel zum Ausdruck, dass die Agentur „in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit“ besitzt, „die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt wird“ (so z. B. Art. 28 Abs. 2 EASA-VO).302 III. Nicht rechtsverbindliche Handlungsformen 1. Empfehlungen und Stellungnahmen Empfehlungen und Stellungnahmen sind unverbindliche Handlungsformen (Art. 288 Abs. 5 AEUV). Im Unterschied zur Empfehlung, die ihrem Empfänger anrät, sich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten, ist die Stellungnahme ein sachverständiges und politisches Urteil.303 Trotz ihrer formalen Unverbindlichkeit haben die beiden Handlungsformen rechtlichen Gehalt, da sie im Einzelfall von ihrem Träger auch als Steuerungsmittel benutzt werden können, das vor allem über politischen und psychologischen Druck 299  Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 52; so auch schon Berger, Einrichtungen, 1999, S. 88, 90; Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 148 (dort Fn. 805). 300  Ausf. zu den europäischen Verwaltungsverträgen H. Hofmann, ELR 31 (2006), 800 ff.; Stelkens, EuZW 2005, 299 ff.; Stelkens / Schröder, EU Public Contracts, 2012, S.  1 ff. 301  M. Hilf, ZaöRV 36 (1976), 551 (575 f.); so für privatrechtliche Verträge auch Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 140, die jedoch für die Befugnis zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge eine Delegation für erforderlich hält; so auch Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 181. 302  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 140 (dort Fn. 231); M. Hilf, ZaöRV 36 (1976), 551 (575 f.); Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 181. 303  Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 288 AEUV Rn. 96 m. w. N.; ­Schroeder, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 288 AEUV Rn. 147; Schmidt, in: v. d. Groeben / Schwarze, EUV / EGV, 2003, Bd. 4, Art. 249 Rn. 47 f.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

wirkt.304 Die Delegation von Empfehlungen und Stellungnahmen an Agenturen setzt eine gründungsverordnungsrechtliche Rechtsgrundlage voraus.305 2. Soft law Das sog. soft law, zu dem insbesondere auch die Empfehlungen zählen, hat seinen Ursprung im Völkerrecht und fasst begrifflich diejenigen Regeln zusammen, die keine rechtliche Verbindlichkeit entfalten, jedoch als soziale Normen eine gewisse Verhaltenserwartung begründen.306 Das soft law ist mittlerweile fester Bestandteil des Unionsrechts307 und dient insbesondere als Interpretationshilfe für das Sekundärrecht.308 Prominente Beispiele sind Leitlinien, (Auslegungs-)Mitteilungen309 und Bekanntmachungen. Trotz ihrer Unverbindlichkeit kann die exekutive Rechtsetzung in Form des soft laws „sonstige Rechtswirkungen“ erzeugen. So können die Träger dieser Handlungsformen eine bestimmte Auslegungspraxis herausbilden, an der sie sich für künftige Ermessensausübungen im Sinne einer Selbstbindung festhalten lassen müssen.310 Daneben kann das Handeln in den Formen des soft law auch „faktische Wirkungen“ nach sich ziehen, worunter man das tatsächliche Befolgen an sich nicht verbindlichen Rechts durch dessen Adressaten versteht. Mit dem soft law kann daher auch eine große Steuerungswirkung auf das Verhalten der von diesen Handlungsformen Betroffenen ausgeübt werden.311 Die Befugnis, in den Handlungsformen des soft laws tätig zu werden, kann Agenturen durch die jeweilige Gründungsverordnung 304  Ruffert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 17 Rn. 37; ders., in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 288 AEUV Rn. 95; ­Szczekalla, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 5 Rn. 43 m. w. N.; siehe auch Brohm, Mitteilungen, 2012, S. 83. 305  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  139; Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 181. 306  Bothe, in: FS Schlochauer, 1981, S. 769; Brohm, Mitteilungen, 2012, S. 76; siehe zum Begriff des soft laws auch v. Graevenitz, EuZW 2009, 169 (169 ff.). 307  Brohm, Mitteilungen, 2012, S. 81 f.; so auch schon v. Bogdandy / Bast / Arndt, ZaöRV 62 (2002), 77 (114 f.). 308  So zu den Leitlinien der EBA Michel, DÖV 2011, 728 (732). 309  Zu den Mitteilungen der Kommission siehe Brohm, Die „Mitteilungen“ der Kommission im Europäischen Verwaltungs- und Wirtschaftsraum, 2012. 310  EuGH, Urt. v. 13.12.2012, Expedia Inc., Rs. C-226 / 11 = EuZW 2013, 113 (115); EuG, Urt. v. 10.7.2010, Smurfit Kappa Group / Kommission, T-304 / 08 = EuZW 2012, 666 (670); Groß, DÖV 2004, 20 (23); Michel, DÖV 2011, 728 (732); Pampel, EuZW 2005, 11 (12 f.); Siegel, NVwZ 2008, 620 (620); Thomas, EuR 2009, 423 (424 ff., 442). 311  Knauff / Schwensfeier, EuZW 2010, 611 (612) mit Blick auf Mitteilungen der Kommission.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts145

übertragen werden. Mit Blick auf diese Einrichtungen muss vor allem sichergestellt sein, dass es über den Einsatz von soft law-Instrumenten, wie zum Beispiel der Herausgabe von Leitlinien, nicht zu einer Anmaßung der Regelung wesentlicher Angelegenheiten kommt.312 3. Schlicht hoheitliches Handeln Vielfach sind Agenturen auf schlicht hoheitliches Handeln beschränkt. Ihre Tätigkeit besteht oftmals etwa in der Sammlung, der Verarbeitung und der Weiterleitung von Informationen, in der Herausgabe von Warnungen oder der Durchführung von Gutachtertätigkeiten oder Inspektionen.313 Auch derartiges Realhandeln kann eine belastende Wirkung gegenüber Dritten entfalten.314 Zu denken ist hier beispielsweise an die Veröffentlichung von Daten durch die Chemikalienagentur.315 Auch die Ermächtigung zum Realhandeln muss Agenturen durch ihre jeweilige Gründungsverordnung vermittelt werden.

F. Unabhängigkeit der Agenturen und Aufsicht und Kontrolle durch die Unionsorgane I. Unabhängigkeit der Agenturen Die relative Unabhängigkeit von den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten wurde bereits als eines der Wesensmerkmale der europäischen Agenturen herausgestellt.316 Wie weit diese Unabhängigkeit reicht, wird vom Unionsgesetzgeber im jeweiligen Errichtungsrechtsakt der Agentur festgelegt.

312  Insofern krit. gegenüber der Leitlinienpraxis der Kommission im EU-Kartellrecht Weiß, EWS 2010, 257 ff.; krit. auch Lecheler, DVBl. 2008, 873 (878 ff.) gegenüber der Kompetenz der Kommission zum Erlass von Leitlinien im Energiebereich; siehe auch Knauff / Schwensfeier, EuZW 2010, 611 (614). 313  Gundel, EuR 2009, 383 (391); Schmidt-Aßmann, Die Verwaltung 2010, Beiheft 10, 262 (276); siehe für weitere Beispiele Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S.  147 ff. 314  Gundel, EuR 2009, 383 (391). 315  Vgl. dazu etwa v. Holleben / Scheidmann, StoffR 2006, 154 ff.; dies., StoffR 2008, 159 ff.; zum Beispiel der Veröffentlichung von Umweltinformationen durch die Umweltagentur Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (576 f.). 316  Siehe oben 3. Teil 1. Kap. B. I.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

1. Gründe für die Unabhängigkeit von Agenturen Mit der Gründung unabhängiger Agenturen und der Delegation von Aufgaben und Befugnissen an diese Einrichtungen hat der Unionsgesetzgeber bislang verschiedene Zwecke verfolgt, von denen hier die wichtigsten genannt werden. a) Steigerung der Effizienz der Verwaltungstätigkeit Einer der Hauptgründe für die Errichtung von unabhängigen Agenturen und insbesondere für deren Abschirmung von der politischen Einflussnahme der Unionsorgane ist die Steigerung der Effizienz der Verwaltungstätigkeit in der Europäischen Union.317 Da die Effizienz als Anforderung an die europäische Eigenverwaltung primärrechtlich explizit normiert ist (Art. 298 Abs. 1 AEUV)318 und auch der institutionelle Rahmen im Dienste der Sicherstellung der Effizienz der Union und ihrer Maßnahmen steht (Art. 13 Abs. 1 UAbs. 1 EUV)319, lässt sich die Schaffung von Agenturen aus dem Grund der Effizienzsteigerung in besonderer Weise aus dem Primärrecht rechtfertigen.320 So liegt beispielsweise der Gründung von Exekutivagenturen und der Übertragung von Aufgaben auf diese Einrichtungen regelmäßig neben der Entlastung der Kommission auch das Motiv zugrunde, die Zielsetzungen von Gemeinschaftsprogrammen effizienter zu erreichen (Erwägungsgrund (4 S. 2) Exekutiv-VO). b) Steigerung der Glaubwürdigkeit der Agenturhandlungen Ein weiterer Grund, Agenturen über die Gewährung von Unabhängigkeit gegenüber der politischen Einflussnahme der Unionsorgane und der Mitgliedstaaten sowie Einwirkungen aus der Privatwirtschaft abzukoppeln, ist die Steigerung der Glaubwürdigkeit der Agenturhandlungen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass durch die Konzentration von Expertenwissen in Agenturen und deren politische und wirtschaftliche Abschirmung die Agenturtätigkeit im betroffenen Sachbereich, aber auch in der Öffentlichkeit im Übrigen an Autorität gewinnt.321 Hierdurch soll die Akzeptanz der Agentur317  KOM(2002)

718 endg., S. 6; KOM(2005) 59 endg., S. 2 und S. 5. oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. d). 319  Vgl. oben 2. Teil 2. Kap. A. 320  Siehe dazu Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 117. 321  Siehe dazu Gaitanides, in: JöR 61 (2013), S. 223  f.; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (565); siehe auch Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 6 Rn. 107. 318  Vgl.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts147

entscheidungen erhöht werden. Die Steigerung der Glaubwürdigkeit der wissenschaftlichen Gutachten war beispielsweise der Grund dafür, die Arzneimittelbehörde beziehungsweise deren wissenschaftliche Ausschüsse mit einer hohen Unabhängigkeit gegenüber den Unionsorganen, den Mitgliedstaaten und der pharmazeutischen Industrie auszustatten.322 c) Effektive Wahrnehmung einer Koordinierungsfunktion Die Unabhängigkeit der Agenturen gegenüber den Unionsorganen findet ihren Grund zum Teil auch darin, dass sie in einem bestimmten Sachbereich eine Koordinierungsfunktion zwischen den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls auch der Union effektiv wahrnehmen können sollen.323 Die Abschirmung der Agenturen von der politischen Einflussnahme und die Beteiligung sämtlicher Mitgliedstaaten in den Hauptorganen dieser Agenturen haben den Zweck, die mitgliedstaatliche Zusammenarbeit in einem bestimmten Sachbereich zu verbessern und dadurch die kohärente Umsetzung und Anwendung des relevanten Unionsrechts sicherzustellen.324 Eine solche Koordinierungsfunktion nimmt beispielsweise die ENISA wahr,325 in deren Verwaltungsrat alle Mitgliedstaaten je einen Vertreter entsenden und dem zwei von der Kommission ernannte Vertreter angehören (Art. 6 Abs. 1 ENISA-VO). Die Agentur soll zur Gewährleistung „einer hohen Netz- und Informationssicherheit innerhalb der Union“ sowie zur Entwicklung und Förderung „einer Kultur der Netz- und Informationssicherheit“ beitragen (Art. 1 Abs. 1 ENISA-VO) und die Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der Anforderungen an die Netz- und Informationssicherheit des Unionsrechts unterstützen (Art. 2 Abs. 3 ENISA-VO). 2. Zunehmende Unabhängigkeit der Agenturen Das Maß an sachlicher, organisatorischer und finanzieller Unabhängigkeit der Agenturen variiert im Vergleich der Einrichtungen zueinander. Gleiches gilt für die Frage, ob und inwieweit die Amtswalter, welche die Agentur­ organe besetzen, persönlich unabhängig sind. Es lässt sich jedoch ein Trend erkennen, Agenturen eine immer größer werdende Unabhängigkeit im Verhältnis zu den Unionsorganen zu gewähren. Dies zeigt schon ein Vergleich 322  Siehe KOM(2002) 718 endg., S. 6; KOM(2005) 59 endg., S. 2 und 5; Schlögl, in: Raschauer, Agenturen, 2012, S. 177. 323  Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (562). 324  Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (562 ff.). 325  Vgl. Craig, EU Administrative Law, 2012, S. 152 f.; am Beispiel der Umwelt­ agentur Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (562 ff.).

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

der organisationsrechtlichen Vorschriften des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung als einer Agentur der „ersten Generation“326 mit denen der Grundrechteagentur als einer Einrichtung der „dritten Generation“, die über das Maß an organisatorischer Unabhängigkeit der beiden Agenturen Aufschluss geben. Das CEDEFOP ist eng an den Rat und die Kommission rückgebunden, weil sein Verwaltungsrat aus drei Vertretern der Kommission und im Übrigen aus solchen Vertretern besteht, die vom Rat ernannt werden (Art. 4 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 337 / 75). Zudem wird sein Direktor von der Kommission ernannt (Art. 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 337 / 75). Im Gegensatz dazu verfügt die Grundrechteagentur, die ihre Aufgaben „in völliger Unabhängigkeit“ wahrnimmt (Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 168 / 2007), über ein hohes Maß an organisatorischer Unabhängigkeit. Ihr Verwaltungsrat besteht genauso wie ihr wissenschaftlicher Ausschuss aus unabhängigen Personen und ihr Direktor wird vom Verwaltungsrat und nicht von der Kommission ernannt (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und 15 Abs. 1–2 VO (EG) Nr. 168 / 2007). Zudem sind die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Verwaltungsrates, die Mitglieder des wissenschaftlichen Ausschusses und auch der Direktor zum Handeln im öffentlichen Interesse verpflichtet (Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 168 / 2007). II. Aufsicht, Kontrolle und Steuerung der Agenturen 1. Bedürfnis nach einer Bindung der Agenturen an die Unionsorgane Da die absolute Verselbständigung von Agenturen eine tatsächliche Verlagerung von Verantwortung bedeuten würde, die mit dem Prinzip des in­ stitutionellen Gleichgewichts unvereinbar wäre,327 können Agenturen nicht völlig unabhängig von den Unionsorganen sein.328 Sie müssen daher gewissen Bindungen an die Unionsorgane unterliegen. Angesprochen ist damit der Bereich von Aufsicht, Kontrolle und Steuerung der Agenturen durch die Unionsorgane.329

326  Siehe

zur Differenzierung nach Agenturgenerationen 3. Teil 1. Kap. C. AöR 125 (2000), 551 (560 f., 569 f.); Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 276; zur Wahrung der Verantwortung der Unionsorgane als Kernaussage des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts schon oben 2. Teil 3. Kap. A. III. und C. I. 328  Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 179 f.; Ruffert, in: Bauer / Calliess, Verfassungsprinzipien, 2008, S. 275; ders., EuR 2009, Heft Beiheft 1, 31 (45); siehe auch Busuioc, ELJ 15 (2009), 599 ff.; unter dem Blickwinkel des principal-agent Modells Curtin, ELJ 13 (2007), 523 ff.; Fleischer, in: Jann / Döhler, Agencies, 2007, S. 212 ff. 327  Uerpmann,



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts149

2. Differenzierung zwischen Aufsicht, Kontrolle und Steuerung Sowohl Aufsicht als auch Kontrolle sind Unterkategorien der Steuerung,330 die vom Begriff her verwaltungswissenschaftlicher Provenienz ist.331 Von „Steuerung“ wird vielfach auch für die erforderliche Einwirkung der Unionsorgane auf die Agenturen gesprochen. Vor allem in der Vergangenheit wurde häufig für die Wahrung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts für ein „ausreichendes Steuerungsniveau“332 plädiert, das die Unionsorgane gegenüber den Agenturen sicherstellen müssten. Steuerung bedeutet allgemein „bewußtes Einwirken auf Organisationen – insbes. Menschen, ihre Umwelt, ihre Entscheidungssituation und ihre Entscheidungsabläufe – zur Erreichung vorgegebener oder selbst gesteckter Ziele namentlich durch Zielsetzung, Planung, Information, Koordination, Motivation und Kontrolle.“333 Da die Steuerung multiple Anknüpfungspunkte kennt und für Agenturen zudem unklar ist, an welchem Maßstab das „ausreichende“ Steuerungsniveau zu messen ist, geschweige denn welche Organe in welcher Form und welchem Maß zur Herstellung eines solchen beitragen müssen, wird hier primär bei der Aufsicht und der Kontrolle angeknüpft. 329

III. Aufsicht durch die Kommission? Da das sich herausbildende europäische Modell der Unabhängigkeit von Behörden vor allem auf deren Weisungsfreiheit gegenüber der Regierung fußt, lassen sich Fachaufsichtsrechte der Kommission nicht mit der Unabhängigkeit der Agenturen vereinbaren, wie sie in Art. 298 AEUV zum Ausdruck kommt. Weisungen würden die Funktion der Agenturen, ihre Aufgaben objektiv und unabhängig von politischer Einflussnahme zu erfüllen, konterkarieren.334 Für die Übertragbarkeit der Wertungen des EuGH aus den Urteilen zu den nationalen Datenschutzkontrollstellen335 auf europäische Agenturen 329  In der Leerverkaufsentscheidung von Januar 2014 hat der EuGH mit Ausnahme des Rechtsschutzes nicht zu den Fragen der Aufsicht und Kontrolle der Agenturen Stellung genommen. 330  Kahl, Staatsaufsicht, 2000, S. 355 ff. m. w. N.; 421. 331  Kahl, Staatsaufsicht, 2000, S. 355; v. Mutius, VVDStRL 42 (1984), 147 (153). 332  Z. B. Remmert, EuR 2003, 134 (142); Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 280; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (569): „hinreichende Steuerung“. 333  V. Mutius, VVDStRL 42 (1984), 147 (153); so auch Kahl, Staatsaufsicht, 2000, S. 355; zum Steuerungsinstrumentarium der Organe gegenüber Agenturen siehe Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (569). 334  Groß, JZ 2012, 1087 (1091); siehe zu den Umsetzungsmöglichkeiten der „völligen Unabhängigkeit“ von Behörden auf deutscher Ebene v. Lewinski, DVBl. 2013, 339 ff. 335  Dazu ausf. oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c).

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

spricht insbesondere auch, dass einige Agenturverordnungen ebenfalls die „völlige Unabhängigkeit“ dieser Behörden fordern (z. B. Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 168 / 2007 für die Grundrechteagentur). Zudem sind Fachaufsichtsrechte auf Unionsebene bislang die Ausnahme. Nur die Exekutivagenturen unterliegen einer Rechts- und Fachaufsicht durch die Kommission (vgl. Art. 1, Art. 6 Abs. 3, Art. 20 und Art. 22 Abs. 2–4 Exekutiv-VO). Dies erklärt sich aus ihrer Funktion, die Kommis­sion zu entlasten und zur Effizienzsteigerung beizutragen, indem sie bestimmte Aufgaben bei der Verwaltung eines oder mehrerer Gemeinschaftsprogramme erfüllen (Art. 3 Abs. 1 Exekutiv-VO und Erwägungsgrund (4) Exekutiv-VO). Mit der Freistellung von Weisungen der Exekutive nähert sich das Europäische Agenturwesen dem US-amerikanischen Agency-Modell an.336 Fraglich bleibt die Zulässigkeit oder gar die Gebotenheit einer Rechtsaufsicht durch die Kommission. Da sie ausschließlich das geltende Recht zum Prüfungsmaßstab hat,337 könnte man von der prinzipiellen Vereinbarkeit dieser Aufsichtsform mit der Unabhängigkeit der Agenturen ausgehen.338 Hierfür spricht auch, dass die Kommission nach Art. 17 Abs. 1 S. 3 EUV als zentrale Exekutivfunktion die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union überwacht.339 Bei den bestehenden Agenturen ist die Rechtsaufsicht der Kommission die große Ausnahme. Beispielsweise unterliegen das Gemeinschaftliche Sortenamt und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt einer solchen Aufsicht (vgl. Art. 122 Abs. 1–2 HABM-VO und Art. 44 Abs. 1–2 CPVO-VO) – dies aber jeweils nur partiell. Die Kommission kontrolliert beim Sortenamt „die Rechtmäßigkeit derjenigen Handlungen des Präsidenten, über die im Gemeinschaftsrecht keine Rechtsaufsicht durch ein anderes Organ vorgesehen ist, sowie der Handlungen des Verwaltungsrates, die sich auf den Haushalt des Amtes beziehen“ (Art. 44 Abs. 1 CPVO-VO). Da der Gerichtshof die Mehrzahl der Entscheidungen des Präsidenten des Gemeinschaftlichen Sortenamtes im Sortenschutzbereich (vgl. Art. 35 Abs. 1 CPVO-VO) nach der Befassung durch die Beschwerdekammer des Amtes (vgl. Art. 67 Abs. 1 CPVO-VO) kontrolliert und Handlungen des Verwaltungsrates außerhalb des Haushaltsbereichs ausgenommen sind, bleibt für die Rechtsaufsicht der 336  Siehe dazu Ruthig, in: Ruthig / Storr, Wirtschaftsrecht, 2011, § 2 Rn. 191; ders., in: Böse, Europäisches Strafrecht, 2013, § 20 Rn. 23. 337  Erichsen, DVBl. 1985, 943 (944); Groß, DVBl. 2002, 793 (796); Röhl, in: Schoch, Bes. Verwaltungsrecht, 2013, 1. Kap. Rn. 68. 338  Siehe auch M. Hilf, ZaöRV 36 (1976), 551 (578) für die Vereinbarkeit der Rechtsaufsicht der Kommission mit der Autonomie des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung und der Europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. 339  Ruffert, in: FS Scheuing, 2011, 399 (405 f.).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts151

Kommission nur wenig Raum. Ähnlich eingeschränkt ist die Rechtsaufsicht beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (vgl. Art. 122 Abs. 1 HABMVO).340 Schon aufgrund der Tatsache, dass die Rechtsaufsicht für bestimmte Agenturen normiert wurde, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission im Übrigen eine ungeschriebene Rechtsaufsicht über die Agenturen ausübt beziehungsweise auszuüben hat.341 Selbst die Kommission fordert für sich keine Rechts- oder Fachaufsicht über die Agenturen. Dies geht deutlich aus ihrer Mitteilung über die „Rahmenbedingungen für die europäischen Regulierungsagenturen“ von 2002 hervor, in der es heißt: „Selbstverständlich geht es nicht darum, der Kommission eine Aufsichtsfunktion im juristischen Sinne zu übertragen. Anders ausgedrückt: Vorzusehen, dass die Kommission den Regulierungsagenturen gegenüber weisungsbefugt wäre oder deren Einzelfallentscheidungen aufheben oder ihnen auferlegen könnte, bestimmte Einzelfallentscheidungen zurückzuziehen, kommt nicht in Frage.“342 Auch der Vorschlag der Kommission für eine Europol-Verordnung von Ende März 2013 sieht keine Aufsicht vor.343 Abgesehen davon geht aus den Urteilen des EuGH zu den nationalen Datenschutzkontrollstellen hervor, dass er auch die Rechtsaufsicht als potentielle Gefahr für die objektive und unparteiische Aufgabenerfüllung einer Behörde ansieht.344 Zudem hat der EuGH in der Leerverkaufsentscheidung von Januar 2014 das Kriterium der vollumfänglichen Beaufsichtigung der Delegationsempfängerin durch die Hohe Behörde (die Kommission) für europäische Agenturen nicht aufgegriffen.345 An den typisch deutschen Kategorien der Fach- und Rechtsaufsicht346 kann und muss daher nicht festgehalten werden, wenn sich die vom Prinzip dazu Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 199 f. das Bestehen einer ungeschriebenen Rechtsaufsicht der Kommission über die Agenturen Berger, Einrichtungen, 1999, S. 94; Fabricius, Regulierungsstandards, 2013, S. 17; Koch, Externalisierungspolitik, 2004, S. 101, 103; Ruffert, in: FS Scheuing, 2011, S. 405 f.; ders., in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 298 AEUV Rn. 5; bezogen auf Art. 211, 1. Spiegelstrich EGV ders., in: Trute / Groß / Röhl / Möllers, Allg. Verwaltungsrecht, 2008, S. 447; so auch schon Helfritz, Verwaltungseinheiten, 2000, S. 192. 342  KOM(2002) 718 endg., S. 15. 343  Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the European Union Agency for Law Enforcement Cooperation and Training (Europol) and repealing Decision 2009 / 371 / JHA and 2005 / 681 / JHA, COM (2013) 173 final v. 27.3.2013. 344  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 34 f.; zur Kritik hieran schon oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c). 345  Vgl. EuGH, Urt. v. 13.6.1958, Meroni I, Rs. C-9 / 56, Slg. 1958, S. 11 (44). 346  Die Rechtsaufsicht im Einzelfall zulassend Groß, JZ 2012, 1087 (1092); siehe auch Ohler, JZ 2014, 249 (251). 340  Siehe 341  Für

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

des institutionellen Gleichgewichts geforderte Kontrolle der Agenturen auch auf andere Weise, wie zum Beispiel verstärkt durch das Parlament347 und den Gerichtshof der Europäischen Union, sicherstellen lässt.348 Eine derartige Kompensationsmöglichkeit lässt sich aus dem System von checks and balances selbst ableiten, das die Grundlage des institutionellen Gleichgewichts bildet.349 So ist die Kontrolle der Kommission durch das Parlament eine wesentliche Achse im System von checks and balances.350 Wenn das Parlament primärrechtlich schon zur Kontrolle der Kommission als dem zentralen Verwaltungsorgan in der Union berufen ist, erstreckt sich das parlamentarische Kontrollrecht erst Recht auf die unterhalb der Kommission angesiedelten Agenturen.351 Darüber hinaus liegt auch dem sich herausbildenden einheitlichen europäischen Modell der Unabhängigkeit europäischer Agenturen die Vorstellung einer im Schwerpunkt parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle der unabhängigen Behörden zugrunde.352 An die Kontrollen durch das Parlament und die Gerichte sind jedoch erhöhte Anforderungen zu stellen, da die Rechtsaufsicht aus rechtsstaatlicher Perspektive viele Vorteile hat. Sie ist eine zusätzliche, dem Gerichtsverfahren vorgelagerte Rechtskontrolle, die von Amts wegen ausgeübt wird und damit nicht von der Anstrengung eines gerichtlichen Verfahrens abhängig ist.353 Dieser Umstand hat besondere Bedeutung, wenn das Handeln der an die europäischen Grundrechte gebundenen Agenturen (vgl. Art. 6 Abs. 1 EUV i. V. m. Art. 51 Abs. 1 S. 1 GR-Charta, Art. 6 Abs. 3 EUV) zu Eingriffen in die Grundrechte der Unionsbürger führt. Handelt es sich um eine unabhängige Behörde mit Kontrollauftrag, kann mit den Mitteln der Rechtsaufsicht auch auf das Unterlassen einer Kontrolle reagiert werden, was über den Rechtsschutz nicht möglich ist.354 Im Gegensatz zu den vom EuGH im Datenschutzurteil vorgeschlagenen Möglichkeiten, den Verzicht auf die Rechtsund Fachaufsicht über die parlamentarische Ernennung des Leitungsperso347  Eine solche Kompensationsmöglichkeit sehen Hermes, in: FS Zuleeg, 2005, S. 424; Masing, in: FS Schmidt, 2006, S. 528; so auch schon für die nationale Datenschutzaufsicht im nicht-öffentlichen Bereich Groß, DUD 2002, 684. 348  Siehe EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 42; Classen, in: FS Scheuing, 2011, S. 307. 349  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 113. 350  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 1. 351  Ganz ähnlich schon Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 113. 352  Zum einheitlichen europäischen Modell der Unabhängigkeit von Behörden schon oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c); Ruthig, in: Böse, Europäisches Strafrecht, 2013, § 20 Rn. 23. 353  So hinsichtlich der Fachaufsicht Bull, EuZW 2010, 488 (490); Spieker gen. Döhmann, JZ 2010, 784 (790). 354  Groß, DuD 2002, 684 (686); so bzgl. der Fachaufsicht Bull, EuZW 2010, 488 (490, 493); Spieker gen. Döhmann, JZ 2010, 784 (790).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts153

nals der Kontrollstellen und Rechenschaftspflichten gegenüber dem Parlament zu kompensieren, ermöglicht die Rechtsaufsicht eine Rechtskontrolle im Einzelfall.355 Schließlich müssen auch die Kapazitätsgrenzen des Parlaments berücksichtigt werden, angesichts des expandierenden Agenturwesens. IV. Ausschluss der Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum zur Kompensation der Unabhängigkeit? Es stellt sich die Frage, ob das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erfordert, dass die Abkoppelung der Agenturen von einer Kommissionsaufsicht dadurch abgefedert werden muss, dass die Agenturen strikt an das Gesetz gebunden sind, ihr Eigenbeitrag also auf ein Minimum reduziert wird.356 Dahinter steht der Gedanke, dass Entscheidungsbefugnisse mit Ermessensspielraum nur eingeschränkt gerichtlich kontrolliert werden und damit die Gefahr der Verlagerung von Verantwortung besteht.357 Bei einer strikten Gesetzesbindung der Agenturen wird hingegen die politische Einzelfallsteuerung durch die volle gerichtliche Kontrolle substituiert, wodurch die Verantwortung für das Handeln der Agenturen beim Unionsgesetzgeber verbleibt.358 Eine umfassende legislative Vorprogrammierung wäre jedoch nicht zweckmäßig, da sie ein flexibles Handeln der Agenturen verhindern würde.359 Nach der Intention ihrer Gründung sollen diese Einrichtungen durch den Einsatz ihres Sachverstandes die effiziente Erfüllung von Aufgaben in einem bestimmten Sachbereich ermöglichen. Dies erfordert einen gewissen eigenen Gestaltungsspielraum. Zudem ist die Steuerungsfähigkeit des Gesetzes gerade in komplexen Angelegenheiten begrenzt.360 Die Verantwortung der Unionsorgane kann auch dadurch sichergestellt werden, dass Ermessensbefugnisse hinreichend gesetzgeberisch vorprogrammiert werden361 und ihre 355  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 44 f.; Spieker gen. Döhmann, JZ 2010, 784 (790). 356  So Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 380 ff.; Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 748, 750; dies., Jura 2012, 501 (505); so für ministerialfreie Räume auf deutscher Ebene BVerfGE 83, 60 (74); Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof, HStR, Bd. II, 2004, § 24 Rn. 22; Gärditz, NVwZ 2009, 1005 (1009 f.). 357  Zur Kontrolldichte bei weiten behördlichen Ermessensspielräumen oben 3. Teil 2. Kap. D. II. 1. c). 358  Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (570); so mit Bezug zur ECHA auch Reusch / Burckhart, StoffR 2009, 224 (230). 359  Zweifelnd auch Groß, JZ 2012, 1087 (1092); krit. auch Pöcker, VerwArch 99 (2008), 380 (398). 360  Classen, in: FS Scheuing, 2011, S. 306 m. w. N. 361  Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (570).

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

Übertragung an Agenturen durch eine effektive parlamentarische Kontrolle begleitet wird. Schließlich sei angemerkt, dass es in der Union eine allgemeine Tendenz für die Ausstattung unabhängiger Behörden mit Ermessensspielräumen gibt.362 Teilweise sieht das Richtlinienrecht der Union für nationale Regulierungsbehörden gar erhebliche Handlungs- und Gestaltungspielräume vor.363 Beispielsweise werden nach dem neuen Rechtsrahmen im Telekommunikationsbereich die „Verpflichtungen eines Unternehmens mit beherrschender Stellung auf einem gegebenen Markt“ nicht mehr gesetzlich festgelegt. Vielmehr fallen die Bestimmung des relevanten Marktes und die Anwendung der Regulierungsinstrumente in die Zuständigkeit der nationalen Regulierungsbehörden.364 Festzuhalten bleibt daher, dass die Unabhängigkeit der Agenturen nicht dadurch kompensiert werden muss, dass diesen Einrichtungen nur Befugnisse ohne Ermessensspielraum übertragen werden. Dies liegt auf einer Linie mit der Leerverkaufsentscheidung des EuGH, aus der hervorgeht, dass Agenturen zwar nur über genau eingegrenzte Durchführungsbefugnisse verfügen dürfen, damit jedoch keineswegs Ermessensspielräume ausgeschlossen sind.365 V. Kontrolle durch das Parlament Die Kontrollen der Agenturen durch das Parlament müssen effektiv sein, damit sichergestellt wird, dass die politischen Weichenstellungen vom Unionsgesetzgeber und nicht von den Agenturen getroffen werden.366 Die Art der Kontrollen, die vorzusehen und auszuüben sind, hat der Unionsgesetzgeber mit Blick auf die Art und den Umfang der einer Agentur übertragenen Befugnisse zu bestimmen.367 Wichtige Kriterien sind vor allem die „Außenwirksamkeit“ der Agenturtätigkeit,368 die Zuerkennung von Entscheidungsspielräumen369 und die Reichweite der übertragenen Befugnisse.370 Als 362  Ludwigs,

DV 44 (2011), 41 (52). DV 44 (2011), 41 (52, 57, 64); Weiß, Verwaltungsverbund, 2010, S. 21. 364  EuGH, Urt. v. 22.11.2007, Deutsche Telekom AG . / . Deutschland, Rs. C-262 / 06, Slg. 2007, I-10057 Rn. 28. 365  Vgl. EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1360); siehe zur Leerverkaufsentscheidung oben 3. Teil 2. Kap. D. II. 1. b). 366  So für den Rat Ruffert, in: FS Scheuing, 2011, S. 407; siehe zur parlamentarischen Kontrolle von Europol Albrecht / Janson, EuR 2012, 230 ff. 367  Craig, EU Administrative Law, 2012, S. 175; siehe auch J. Hilf, Dezentralisierungstendenzen, 1999, S. 121 f.; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 280. 368  Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (570). 369  Berger, Einrichtungen, 1999, S. 90; Herdegen, Bankenaufsicht, 2010, S. 67. 370  Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 280. 363  Ludwigs,



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts155

Mittel der „Kontrolle“ ist an Rechenschafts- und Berichtspflichten zu denken, denen die Führungsorgane der Agenturen turnusgemäß oder nach Aufforderung durch das Parlament nachkommen müssen.371 Durch diese Pflichten kann jedoch nur politischer Druck auf die Agenturen ausgeübt werden.372 Eine effektive Kontrolle kann das Parlament durch das Recht ausüben, an der Bestellung der Führungsorgane einer Agentur, wie des Exekutivdirektors, mitzuwirken. Zu denken ist hier an Ernennungs- oder Bestätigungsrechte und an die Beteiligung an dem Verfahren zur Amtsverlängerung und zur Abwahl des Amtsinhabers.373 Stehen Verstöße gegen das Unionsrecht oder Missstände bei der Anwendung desselben durch Agenturen im Raum, hat das Europäische Parlament die Möglichkeit, einen nichtständigen Untersuchungsausschuss einzuberufen (Art. 226 AEUV). Es kann jedoch auch erforderlich sein, die permanente parlamentarische Kontrolle über eine Agentur zu intensivieren, weil diese beispielsweise über besonders weitreichende oder eingriffsintensive Befugnisse verfügt. Zu denken ist in diesem Fall an die „begleitende Kontrolle“ durch einen ständigen Fachausschuss des Parlaments, dem die Kontrolle dieser Agentur übertragen wird.374 Im Gegensatz zum Parlament, das sich immer wieder neu formieren muss und wegen seiner Größe zuweilen nur schwerfällig handeln kann, sind diese ständigen Ausschüsse wesentlich kleiner und können die operative Arbeit der Agenturen effektiver begleitend kontrollieren.375 Jedoch müsste ein solcher Ausschuss auch über hinreichende Kontrollbefugnisse verfügen. Zu denken ist zumindest an ein Zitationsrecht, wonach der Ausschuss das Vertretungsorgan einer Agentur nach seinem Ermessen zur Rechenschaftslegung vor dem Ausschuss auffordern könnte. In Einzelfällen, wenn Agentu371  Ludwigs, DV 44 (2011), 41 (53); Masing, in: FS Schmidt, 2006, S. 528; Schuppert, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, 1981, S.  378 (national); KOM(2002) 718 endg., S. 15 f.; EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 45; Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 15, 49; Groß, JZ 2012, 1087 (1092). 372  H. Hofmann / Rowe / Türk, Administrative Law, 2011, S. 302; Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 115; ebenfalls nur politischen Druck kann das Parlament durch sein Beratungs- und Befassungsrecht (Art. 14 Abs. 1 S. 2 EUV) ausüben; siehe dazu Huber, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 14 EUV Rn. 20. 373  EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 44; Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (29); Groß, JZ 2012, 1087 (1092). 374  So schon für die nationale Ebene Füsslein, Verwaltung, 1972, S.  310  f.; Schuppert, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, 1981, S. 380; auch Ludwigs, DV 44 (2011), 41 (52); Pöcker, VerwArch 99 (2008), 380 (399); Hermes, in: FS Zuleeg, 2005, S. 424. 375  So schon für die nationale Ebene v. Lewinski, DVBl. 2013, 339 (341).

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

ren über besonders weitreichende und eingriffsintensive Befugnisse verfügen, kann es jedoch auch erforderlich sein, einem derartigen Ausschuss echte Untersuchungsbefugnisse einzuräumen. Durch die Arbeit der Fachausschüsse kann auch die Diskussion im Plenum auf eine solidere Grundlage gestellt werden.376 Das Parlament und der Rat haben hingegen keine Möglichkeit, sich ein „legislatives Veto“ gegen das rechtsverbindliche Handeln der Agenturen im Einzelfall vorzubehalten, da dies einen Einbruch in den Kernbereich der Exekutive bedeuten würde, der mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts unvereinbar wäre.377 Ähnlich wie bei der Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an die Kommission (Art. 290 Abs. 2 AEUV) könnten sich der Rat und das Parlament jedoch das Recht vorbehalten, die Befugnisübertragung an eine Agentur zu widerrufen oder von vornherein zu befristen.378 Von dieser Möglichkeit, die mangels vertraglicher Regelung auf sekundärrechtlicher Ebene verankert werden müsste, sollte insbesondere dann Gebrauch gemacht werden, wenn Agenturen die Befugnis erhalten, Rechtsakte mit allgemeiner Geltung zu erlassen. Zur finanziellen Kontrolle der Agenturen kann dem Parlament das Budget­ recht übertragen werden.379 Schließlich haben der Rat und das Parlament die Möglichkeit, auf die „Fehlentwicklung“ einer Agentur mit der Änderung ihrer Rechtsgrundlagen zu reagieren, was neben dem Entzug von Aufgaben und Befugnissen auch die Möglichkeit der Schließung einer Agentur umfasst.380 VI. Kontrolle durch den Gerichtshof der Europäischen Union Wie sich bereits gezeigt hat, ist der effektive Rechtsschutz durch den Gerichtshof der Europäischen Union eine der tragenden Säulen des institutionellen Gleichgewichts.381 Er muss auch zwingend gegenüber den europäi­ schen Agenturen sichergestellt sein, darf also durch die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen auf diese Einrichtungen nicht verkürzt werden.382 Dieses Erfordernis folgt schon unmittelbar aus dem System von checks and 376  Schuppert,

Verselbständigte Verwaltungseinheiten, 1981, S. 380. Interorganrespekt, 2001, S. 242 f.; Ludwigs, DV 44 (2011), 41 (54). 378  So der Vorschlag von Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (27 f.). 379  Groß, JZ 2012, 1087 (1092). 380  Busuioc, Accountability, 2010, S. 117; Groß, JZ 2012, 1087 (1092). 381  Siehe oben 2. Teil 3. Kap. A. IV. und C. I. 382  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 57; M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 348 f.; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (561 f., 571); zur Notwendigkeit der justiziellen Kontrolle auch KOM(2002) 718 endg., S. 16; Groß, JZ 2012, 1087 (1091 f.); Fischer-Lescano / Tohidipur, ZaöRV 67 (2007), 1291 (1234). 377  Lorz,



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts157

balances, das die Grundlage des institutionellen Gleichgewichts bildet. Wenn der Gerichtshof seine Rechtsprechungsgewalt schon gegenüber sämtlichen Unionsorganen und damit auch gegenüber der an der Verwaltungsspitze stehenden Kommission wahrzunehmen hat,383 muss sich diese auch auf die unterhalb der Kommission angesiedelten Agenturen erstrecken. Die grundlegende Bedeutung des Rechtsschutzes spiegelt sich auch deutlich in der Rechtsprechung des EuGH zur Unabhängigkeit der nationalen Datenschutzkontrollstellen.384 VII. Rechnungshofkontrolle und Kontrolle durch OLAF Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erfordert zudem, dass der Rechnungshof die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben sämtlicher Agenturen überprüft (Art. 287 Abs. 1 S. 2 AEUV).385 Die Rechnungsprüfung ist eine dem Rechnungshof vertraglich vorbehaltene Aufgabe.386 Da der Rechnungshof über „quasi-richterliche Unabhängigkeit“387 verfügt, kommt es durch die Wahrnehmung dieser Kontrollfunktion auch zu keinem Spannungsverhältnis mit Blick auf die Unabhängigkeit der Agenturen. Zudem müssen alle Agenturen der finanziellen Kontrolle durch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)388 unterliegen,389 welches eine unabhängige Dienststelle der Kommission ist, von der Kommission bei der Ausübung seiner Tätigkeit also nicht beeinflusst wird. VIII. Zwischenergebnis: Unverzichtbare Kontrollen der Agenturen durch die Unionsorgane Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erfordert, dass die Agenturen einer effektiven politischen Kontrolle durch das Parlament unterliegen. 383  Vgl.

oben 2. Teil 2. Kap. C. I. und II. EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 42; siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c); vgl. zum Rechtsschutz gegen das Handeln europäischer Agenturen unten 3. Teil 2. Kap. G. und ausf. unter Bezugnahme auf die EBA unten 4. Teil 3. Kap. E. 385  So auch schon KOM(2002) 718 endg., S. 16. 386  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 2. 387  Wißmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 15 Rn. 40a. 388  Siehe Beschluss 1999 / 352 / EG, EGKS, Euratom v. 28.4.1999 zur Errichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF), ABl. Nr. L 136 v. 31.5.1999, S. 20. 389  So auch schon KOM(2002) 718 endg., S. 16; siehe auch die Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 66. 384  Vgl.

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

Unverzichtbar ist zudem die Kontrolle der Agenturen durch den Gerichtshof der Europäischen Union. Das Koordinatensystem der Kontrollkonstanten wird komplettiert durch die Kontrollen des Rechnungshofes und des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung.390 Neben diese Kontrollen muss stets auch eine hinreichende normative Vorprogrammierung des Handelns der Agenturen treten, die diesen Einrichtungen jedoch auch Gestaltungsspielräume belassen darf. IX. Sonstige Kontroll- und Einwirkungsrechte der Unionsorgane gegenüber den Agenturen Neben diesen gebotenen Kontrollen gibt es eine Vielzahl weiterer Kon­ troll- und Einwirkungsrechte der Unionsorgane gegenüber den Agenturen, deren Einsatz flexibel ist.391 Durch ihr Zusammenspiel muss im Einzelfall sichergestellt sein, dass ein „ausreichendes Kontrollniveau“392 der Unionsorgane über die Agenturen besteht, was wiederum von der Art und dem Umfang der an eine Agentur delegierten Befugnisse abhängt. Zu diesen sonstigen Kontroll- und Einwirkungsrechten zählen beispielsweise Rechenschaftspflichten auch gegenüber dem Rat393 und der Kommission,394 die Beteiligung der Kommission an der Bestellung der Führungsorgane einer Agentur,395 Jahresberichtspflichten gegenüber den politischen Unionsorga­ nen,396 Konsultationsrechte und Empfehlungsrechte der Kommission hinsichtlich des Mehrjahresarbeitsprogramms397 der Agenturen und Evaluierungen der Agenturen durch die Kommission.398 Auch die Kontrollen durch 390  Für diese zwingenden Kontrollen schon Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 17, der jedoch auch eine allgemeine Rechtsaufsicht der Kommission über die Agenturen für notwendig erachtet. 391  Ähnlich aus der Perspektive der demokratischen Legitimation schon Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 393; Groß, JZ 2012, 1087 (1091 f.); ähnlich Chiti, CMLR 46 (2009), 1395 (1416 ff.); Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 753 f.; unter Rekurs auf die Meroni-Rechtsprechung Griller / Orator, ELR 35 (2010), 3 (5 f., 27). 392  Vgl. zum Erfordernis eines hinreichenden demokratischen „Legitimationsniveaus“ bei Bestehen ministerialfreier Räume auf deutscher Ebene BVerfGE 83, 60 (72); 91, 228 (244); 93, 37 (66 f.); 107, 59 (87); siehe auch KOM(2002), 718 endg., S. 15. 393  Siehe zu den möglichen Kontrollen auch EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommis­ sion . / . Deutschland, C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 42 ff. 394  KOM(2002), 718 endg., S. 15 f.; KOM(2005) 59 endg., S. 6. 395  Siehe auch EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 44. 396  So die Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 49. 397  So die Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 29. 398  Ausführlich zum Evaluierungsverfahren Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 264 ff.; siehe auch die Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 60 ff.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts159

den Europäischen Bürgerbeauftragten (Art. 228 AEUV) zählen hinzu.399 Zudem kann auch ein besonders rechtsförmliches Verwaltungsverfahren zur Kompensation der Unabhängigkeit einer Agentur beitragen.400 Die Beteiligung der Kommission an den ex post-Kontrollen ist mit der Unabhängigkeit der Agenturen vereinbar, da lediglich eine politische Einflussnahme auf die operative Tätigkeit der Agenturen durch die Kommission ausgeschlossen werden muss. X. Insbesondere: Einwirkung auf die Agenturen über deren Binnenorganisation Die binnenorganisatorische Ausgestaltung einer Agentur ist ein potentielles Einfallstor, über das die Organe und die Mitgliedstaaten steuernd und kontrollierend auf eine Agentur einwirken können.401 Die Steuerungskraft, welche die Organe und die Mitgliedstaaten über die Mitwirkung in den Kollegialorganen einer Agentur entfalten können, hängt vor allem von ihrer zahlenmäßigen Vertretung, der Inhaberschaft von Stimmrechten, der Frage der Weisungsgebundenheit ihrer Vertreter und den erforderlichen Abstimmungsmehrheiten ab.402 Seit den Anfängen des Agenturwesens werden die Verwaltungsräte zunehmend von den Mitgliedstaaten beherrscht, die überwiegend jeweils einen stimmberechtigten Vertreter in den Verwaltungsrat einer Agentur entsenden.403 Die Kommission darf oftmals nur einen oder wenige Vertreter in den Verwaltungsrat oder andere Kollegialorgane wie den Regulierungsrat einer Agentur schicken, dem beziehungsweise denen nicht in jedem Fall ein Stimmrecht zusteht (vgl. z. B. Art. 14 Abs. 1 lit. a), lit. b) und Abs. 3 Satz 2 ACER-VO). Da Art. 298 Abs. 1 AEUV mit der „Unabhängigkeit“ der europäischen Verwaltung die unparteiliche und gerechte Amtsführung und die organisatori­ sche Neutralität der Agenturen fordert, steht das Primärrecht der Besetzung der Verwaltungsräte mit Interessenvertretern der Mitgliedstaaten oder von 399  Groß,

JZ 2012, 1087 (1092). JZ 2012, 1087 (1092); Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 200 f.; Upermann, AöR 125 (2000), 551 (556, 565). 401  Craig, EU Administrative Law, 2012, S. 162 f.; Priebe, Entscheidungsbefugnisse, 1979, S. 135. 402  Siehe dazu Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 238 ff. 403  Michel, DÖV 2011, 728 (735); Schmidt-Aßmann, Die Verwaltung 2010, Beiheft 10, 262 (277 f.); Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen, Bd. I, 2012, § 6 Rn. 109; siehe auch Koch, EuZW 2005, 455 (456); siehe zum mitgliedstaatlichen Einfluss auf die Agenturen auch Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 66. 400  Groß,

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

dritter Seite entgegen.404 Die mitgliedstaatliche Provenienz der Verwaltungsratsmitglieder ist jedoch mit Art. 298 AEUV vereinbar, wenn deren Unabhängigkeit und die Ausrichtung ihres Handelns auf das Unionswohl durch entsprechende Verpflichtungen sichergestellt werden.405 Nach dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts muss die Kommission als Vertreterin des Unionsinteresses in den Verwaltungsräten der Agenturen stärker als bislang repräsentiert werden.406 Zu begrüßen ist deshalb der Vorschlag in der Vereinbarung über dezentrale Agenturen, der eine Besetzung der Verwaltungsräte der Agenturen mit jeweils einem stimmberechtigten Vertreter pro Mitgliedstaat und zwei stimmberechtigten Vertretern der Kommission vorsieht. Wenn es erforderlich erscheint, kann der Verwaltungsrat um ein vom Parlament bestimmtes Mitglied und eine recht begrenzte Anzahl von Interessenvertretern erweitert werden.407 Die in der Vereinbarung vorgesehenen Abstimmungsregeln – absolute Mehrheit für laufende Geschäfte und Zweidrittelmehrheit für wichtige Personalentscheidungen, die Annahme des Jahreshaushalts und des Arbeitsprogramms408 – stellen sicher, dass die Kommission stets überstimmt werden kann, was den politischen Einfluss dieses Organs auf die Agenturentscheidungen reduziert. Um eine effektivere Kontrolle der Agenturen durch die Unionsorgane und deren zügigere Reaktion auf Fehlentwicklungen der Agenturen zu ermöglichen, sieht die Vereinbarung über dezentralisierte Agenturen ein sog. „Warnsystem“ vor,409 das die Kommission aus ihrer Stellung im Verwaltungsrat der Agenturen aktivieren kann. In diesem „Warnsystem“ verwirk404  Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 24; Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EUV / AEUV, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 11, 20. 405  Siehe auch Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 298 AEUV Rn. 25; Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 10. 406  Siehe auch M. Hilf, Organisationsstruktur, 1982, S. 322: „Das institutionelle Gleichgewicht in der Gemeinschaftsstruktur wird am ehesten gewahrt, wenn die ausgegliederten Aufgaben den Kräften anvertraut werden, die andernfalls für deren Wahrnehmung im Rahmen der Gemeinschaftsorgane zuständig sein würden.“ Zustimmend Klepper, Vollzugskompetenzen, 2001, S. 143; siehe auch EuGH, Gut­ achten 1 / 76 v. 26.4.1977, Slg. 1977, S. 741 (insbes. Rn. 8 ff.). Der EuGH hielt die Errichtung des intergouvernementalen Europäischen Stilllegungsfonds für die Binnenschifffahrt, an dem auch Drittstaaten beteiligt werden sollten, wegen dessen Organisationsstruktur für unzulässig. Durch die Dominanz der Mitgliedstaaten und die schwache Repräsentation der Kommission in den Gremien des Fonds würden „die Befugnisse der Gemeinschaftsorgane in Frage“ gestellt. Die „Verteilung der Gewichte bei der Zusammensetzung der Organe“ dürfe jedoch „nicht zu einer institutionellen Schwächung der Gemeinschaft“ führen; siehe dazu Schwartz, in: v. d. Groeben / Schwarze, EUV / EGV, Bd. 4, 2003, Art. 308 EGV Rn. 235 ff. 407  Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 10. 408  Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 13. 409  Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 59.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts161

licht sich die Hüterfunktion der Kommission über die Agenturen (Art. 17 Abs. 1 S. 3 EUV), ohne dass die politische Unabhängigkeit dieser Einrichtungen konterkariert werden würde: Will der Verwaltungsrat einen Beschluss fassen, der dem Mandat der Agentur widersprechen, gegen EU-Recht verstoßen oder in einem klaren Widerspruch zu den politischen Zielen der EU stehen könnte, kann die Kommission den Verwaltungsrat dazu auffordern, von der Annahme des Beschlusses abzusehen. Kommt der Verwaltungsrat dieser Aufforderung nicht nach, schließt sich die offizielle Information des Parlaments und des Rates durch die Kommission an, um eine zügige Reaktion der drei Organe zu ermöglichen. Die Vereinbarung über dezentrale Agenturen sieht zudem die Einrichtung eines Exekutivrates vor, der als wesentlich kleineres Gremium unter Beteiligung eines Kommissionsvertreters neben den Verwaltungsrat tritt und an der Überwachung der Tätigkeiten der Agentur enger beteiligt wird.410 In einem solchen Gremium wird die Kommission angesichts der reduzierten Zahl mitgliedstaatlicher Vertreter größeren Einfluss ausüben können. Auch der Direktor einer Agentur muss in einem Verfahren bestellt werden, das seine Unabhängigkeit gewährleistet. Insoweit ist der Vorschlag in der Vereinbarung über dezentrale Agenturen zu begrüßen, der die Ernennung des Direktors in die Hände des jeweiligen Verwaltungsrates legt, der auf der Grundlage einer Vorschlagsliste handelt, die von der Kommission in einem offenen und transparenten Auswahlverfahren erstellt wird, das eine strenge Bewertung der Kandidaten und ein hohes Maß an Unabhängigkeit gewährleistet.411 Auch die unparteiliche und gerechte Amtsführung des Direktors und die Ausrichtung seines Handelns auf das Unionswohl müssen durch entsprechende Verpflichtungen sichergestellt werden (Art. 298 Abs. 1 AEUV).

G. Rechtsschutz Die zentrale Bedeutung des Rechtsschutzes für die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts wurde bereits mehrfach betont. An dieser Stelle soll nur ein kurzer Überblick über den Primärrechtsschutz gegen Agenturverwaltungshandeln und die sekundärrechtlichen Rechtsschutzmodelle sowie über den Sekundärrechtsschutz gegeben werden. Eine ausführliche Analyse erfolgt unter Bezugnahme auf die Europäische Bankenaufsichtsbehörde im folgenden Teil der Arbeit.412 410  Vereinbarung

über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 10. auch EuGH, Urt. v. 9.3.2010, Kommission . / . Deutschland, Rs. C-518 / 07, Slg. 2010, I-01885 Rn. 44; Vereinbarung über dezentrale Agenturen, 2012, Rn. 16. 412  Siehe unten 4. Teil 3. Kap. E. 411  Siehe

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

I. Primärrechtsschutz und sekundärrechtliche Rechtsschutzmodelle Mit der jüngsten Vertragsreform sind Agenturen ausdrücklich in das primärrechtliche Rechtsschutzsystem integriert worden (siehe Art. 263 Abs. 1 S. 2, Abs. 5, Art. 265 Abs. 1 S. 2, Art. 267 Abs. 1 lit. b) AEUV). Insbesondere kann nunmehr das Handeln der Agenturen mit Rechtswirkung gegenüber Dritten unmittelbar mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden (Art. 263 Abs. 1 S. 2 AEUV), ohne dass es – entsprechend der Sogelma-Rechtsprechung des Gerichts von 2008413 – einer Analogiebildung zu ex-Art. 230 Abs. 4 EGV bedürfte.414 Zudem stellt Art. 263 Abs. 5 AEUV klar, dass in den Gründungsrechtsakten von Agenturen besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von natürlichen oder juristischen Personen gegen Agenturhandlungen vorgesehen werden können, die eine Rechtswirkung gegenüber diesen Personen haben. Damit erkennt Art. 263 AEUV nunmehr die unterschiedlichen Rechtsschutzmodelle415, die sich vor der Reform der Nichtigkeitsklage im Sekundärrecht herausgebildet haben, explizit an. Das Aufsichtsmodell erfordert die Einlegung einer Rechtsbeschwerde gegen Agenturentscheidungen zur Kommission. Die daraufhin ergehende Kommissionsentscheidung kann mit der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV angefochten werden.416 Dieses Modell ist beispielsweise beim Europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (vgl. Art. 18 VO (EWG) Nr. 337 / 75) und den Exekutivagenturen vorgesehen (vgl. Art. 22 Exekutiv-VO). Vom Direktklagemodell wird gesprochen, wenn Handlungen europäischer Agenturen mit Rechtswirkung gegenüber Dritten unmittelbar zum Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemacht werden können.417 Dies ist mit der Änderung des Art. 263 AEUV ausdrücklich immer möglich, wenn der Gründungsrechtsakt einer Agentur keine anderweitigen Regelungen (vgl. Art. 263 Abs. 5 AEUV) trifft. Das Direktklagemodell findet sich beispielsweise bei der Grundrechteagentur, deren Gründungsverordnung auf die Rechtsbehelfe der Verträge (ex-Art. 230 und 232 EGV) verweist (vgl. Art. 27 Abs. 3 VO (EG) Nr. 168 / 2007). Das Beschwerde- bzw. Widerspruchsausschussmodell erfordert zunächst die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen eine Agenturentscheidung bei einem unabhängigen Beschwerdebzw. Widerspruchsausschuss der Agentur. Die Entscheidung dieses Aus413  EuG, Urt. v. 8.10.2008, Sogelma, Rs. T-411 / 06, Slg. 2008, II-02771; siehe dazu Gundel, EuR 2009, 383 ff.; Riedel, EuZW 2009, 565 ff. 414  Görisch, Jura 2012, 42 (50). 415  Diese Differenzierungen gehen zurück auf Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (572 ff.); Siegel, EuZW 2008, 141 (142); ders., Entscheidungsfindung, 2009, S. 308. 416  Siehe dazu Saurer, EuR 2010, 51 (57); Siegel, EuZW 2008, 141 (142). 417  Siehe dazu Saurer, EuR 2010, 51 (59); Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (573 f.).



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts163

schusses kann zum Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV gemacht werden. Das Widerspruchsausschussmodell ist bei der Chemikalienagentur vorgesehen (vgl. Art. 91 ff. REACH-VO). Den Gründungsverordnungen mancher Agenturen liegen jedoch auch Mischmodelle zugrunde, die sowohl die Rechtsbeschwerde zur Kommission als auch die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens vorsehen.418 Ein Beispiel hierfür ist das Gemeinschaftliche Sortenamt (vgl. Art. 44 Abs. 3, Art. 45 Abs. 2 und Art. 67 Abs. 1 CPVO-VO). II. Sekundärrechtsschutz: Haftung Mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts unvereinbar wäre es, wenn das Handeln der europäischen Agenturen zu Haftungslücken führen würde, da sich die Union dadurch ihrer Verantwortung begeben würde. Für die Haftung der Agenturen sind in den Gründungsrechtsakten entsprechende Regelungen zu treffen,419 die sich am Vorbild des Art. 340 Abs. 2 AEUV zu orientieren haben. Zunächst sind die Agenturen für den eingetretenen Schaden selbst haftbar.420 Um jedoch ein umfassendes Haftungsregime zu gewährleisten, besteht eine subsidiäre Haftung der Union im Sinne einer Billigkeitshaftung.421

H. Zusammenfassung Von der Ausbildung europäischer Agenturen kann eine Gefahr für das institutionelle Gleichgewicht und die Verwirklichung der mit ihm verbundenen Funktionen ausgehen. Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts steht zwar der Organisationsform der Agentur und der Übertragung von außenwirksamen Befugnissen an diese Verwaltungseinheiten nicht prinzi­ piell entgegen, setzt ihnen jedoch Grenzen. Die Gründung von Agenturen ist Sache des Unionsgesetzgebers, der die wichtigen Grundfragen um die zu errichtende Agentur im Gründungsrechtsakt zu beantworten hat. 418  Saurer,

EuR 2010, 51 (60). in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 340 AEUV Rn. 8; siehe zur Erstreckung des Begriffs des „Organs“ nach Art. 340 Abs. 2 AEUV auf alle Einrichtungen deren Handeln „im Namen und für Rechnung“ der Union erfolgt EuGH, Urt. v. 2.12.1992, SGEEM u. Etroy . / . EIB, Rs. C-370 / 87, Slg. 1992, I-06211 Rn. 15; Ruffert, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 340 AEUV Rn. 8. 420  Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (581); so auch Görisch, Jura 2012, 42 (51). 421  Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 340 AEUV Rn. 8; Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 305 f. 419  Calliess,

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3. Teil: Das institutionelle Gleichgewicht und EU-Agenturen

Für die Frage, welche Art von Befugnissen an Agenturen übertragen werden dürfen, ist sowohl die Meroni-Rechtsprechung des EuGH maßgeblich, und zwar in der Form, in der sie der EuGH in der Leerverkaufsentscheidung auf die Agenturen übertragen hat, als auch das reformierte Primärrecht. Grundsätzlich dürfen genau eingegrenzte Durchführungsbefugnisse an Agenturen delegiert werden. Diese können auch mit einem Ermessensspielraum zugunsten der Agentur einhergehen, der jedoch hinreichend eingegrenzt sein muss. Offensichtlich politische Befugnisse sind von der Übertragung an Agenturen genauso ausgeschlossen wie alle anderen Befugnisse, die den Organen vertraglich vorbehalten sind.422 Vom Umfang her darf die Delegation von Befugnissen an Agenturen nicht zum Leerlaufen der generellen Zuständigkeiten der Organe und insbesondere der Kommission führen.423 Grundsätzlich muss sich die Übertragung von Befugnissen an Agenturen statt an die Kommission sachlich rechtfertigen lassen. Unter Wahrung des Letztentscheidungsrechts des Gerichtshofs der Europäischen Union können an Agenturen auch quasi-judizielle Befugnisse übertragen werden. Als rechtsverbindliche Handlungsformen dürfen Agenturen nur mit der Befugnis zum Erlass von Beschlüssen ausgestattet werden, was auch adressatenlose Beschlüsse einbezieht. Während Agenturen Verwaltungsverträge schon aufgrund der ihnen zugewiesenen Rechtspersönlichkeit schließen dürfen, bedarf das Recht zum Erlass von soft law der Ermächtigung durch den Unionsgesetzgeber. Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts steht der absoluten Verselbständigung der Agenturen gegenüber den Unionsorganen entgegen. Eine exekutive Aufsicht ist mit der Unabhängigkeit der Agenturen unvereinbar. Jedoch müssen diese Behörden einer effektiven parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle unterliegen, was insbesondere für den Fall gilt, in dem Agenturen mit der Befugnis zum Erlass normativer Rechtsakte ausgestattet werden. Diese beiden Kontrollen bilden mit der Rechnungshofkontrolle und der Kontrolle durch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung das Koordinatensystem der Kontrollkonstanten. Um das vom Prinzip des institutio­ nellen Gleichgewichts geforderte „ausreichende Kontrollniveau“ der Agenturen im Einzelfall sicherzustellen, können eine Vielzahl von sonstigen Kontroll- und Einwirkungsrechten vorgesehen werden. Binnenorganisatorisch erfordert Art. 298 AEUV die Sicherstellung der Neutralität der Agenturen.424 422  Siehe oben 3. Teil 2. Kap. D. II. 3.; Streinz, in: ders., EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 37. 423  Siehe oben 3. Teil 2. Kap. D. III.; Uerpmann, AöR 125 (2000), 551 (560). 424  Krajewski / Rösslein, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 13 EUV Rn. 25.



2. Kap.: Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts165

Was den Rechtsschutz anbetrifft, sind Agenturen seit der letzten Vertragsreform ausdrücklich in das primärrechtliche Rechtsschutzsystem integriert worden und auch die sekundärrechtlichen Rechtsschutzmodelle haben eine primärrechtlichen Anknüpfungspunkt erhalten. Mit Blick auf das vertikale Gewaltenteilungsverhältnis zwischen der ­ nion und den Mitgliedstaaten muss die Union die Errichtung einer AgenU tur nach dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts auf die Verträge stützen können. Zudem sind die Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

4. Teil

Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) Im Zentrum des folgenden Teils steht die Beurteilung der Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde am Maßstab des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts. Zunächst werden jedoch die Begriffe der Bankenaufsicht und der Bankenregulierung geklärt und die Ziele der Bankenaufsicht erläutert. Sodann wird die EBA in den fachrechtlichen Kontext eingeordnet und als Bestandteil des Europäischen Systems der Finanzaufsicht und als europäische Agentur vorgestellt. Dem schließt sich ein Überblick über die Ziele und Aufgaben der EBA und den materiell-rechtlichen Rahmen für ihre Tätigkeit an. 1. Kapitel

Begriffe der Bankenaufsicht und der Bankenregulierung und Ziele der Bankenaufsicht Wenn hier von Bankenaufsicht gesprochen wird, ist damit das auf den Bankensektor bezogene Verwaltungshandeln gemeint, das die Einhaltung des Aufsichtsrechts durch die Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen sicherstellen soll.1 Damit erschöpft sich die Bankenaufsicht nicht in der Überwachung der Einhaltung der Aufsichtsregeln, sondern umfasst auch die Sicherstellung ihrer Durchsetzung sowie die Sanktionierung der Aufsichtsunterworfenen im Falle ihres Regelverstoßes.2 Die Bankenaufsicht hat ge1  Fischer, in: S / B / L, Bankrechts-Handbuch, Bd. II, 2011, § 125 Rn. 2; ähnlich für die Wirtschaftsaufsicht Ruffert, in: F / R, Regulierungsrecht, 2010, § 7 Rn. 39; Ruthig, in: Ruthig / Storr, Wirtschaftsrecht, 2011, § 1 Rn. 22; dies steht auch im Einklang mit dem europarechtlichen Begriff der Finanzaufsicht, die als „die Ausübung von Kontrolle über die Finanzinstitute“ zu verstehen ist, „um zu gewährleisten, dass die Vorschriften und Standards auch richtig angewendet werden“, so de LarosièreBericht, 2009, S. 15 Rn. 38. 2  Handke, dms 2010, 53 (57); so auch Fest, Zwecke, 2008, S. 22; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 8 f.



1. Kap.: Begriffe der Bankenaufsicht und der Bankenregulierung167

fahrenabwehrrechtlichen Charakter3 und geht mit einer Beschränkung der Gewerbefreiheit der betroffenen Marktteilnehmer einher.4 Die Bankenregulierung bezeichnet hingegen die normative Tätigkeit des Staates beziehungsweise der EU,5 die in der Festlegung von Regeln für Marktteilnehmer, der Bestimmung der Aufgaben der Aufsichtsbehörden sowie der Formulierung übergeordneter Grundsätze für den Bankensektor besteht.6 Damit bewirkt auch sie eine Einschränkung der Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer.7 Bankenaufsicht und Bankenregulierung wirken wechselseitig aufeinander ein. So trägt die Bankenregulierung zur Schaffung der normativen Grundlage für die Ausübung der Bankenaufsicht bei, während aus der Bankenaufsichts­ praxis wichtige Impulse für das regulatorische Handeln folgen können.8 Mit den Begriffen der mikro- und makroprudentiellen Aufsicht werden die Ebenen in Bezug genommen, auf denen sich die Aufsicht vollzieht. Im Gegensatz zur mikroprudentiellen Aufsicht, die sich auf die Überwachung von Einzelinstituten konzentriert, steht die Überwachung des Banken- bzw. Finanzsektors in seiner Gesamtheit und damit die übergeordnete Ebene im Fokus der makroprudentiellen Aufsicht.9 Die Bankenaufsicht hat zum Ziel, die Funktionsfähigkeit des Bankensystems zu sichern (vgl. z. B. § 6 Abs. 2 KWG).10 Hintergrund ist, dass das Bankensystem wichtige gesamtwirtschaftliche Funktionen wahrnimmt, wie 3  Blumer, Bankenaufsicht, 1996, S. 49 f.; Handke, dms 2010, 53 (57); mit Blick auf § 6 KWG Schäfer, in: B / F / S-M, KWG 2012, § 6 Rn. 2. 4  T. Richter, Bankenaufsichtsbehörde, 2006, S. 3; Artopoeus, ZfgK 1994, 1085 (1085). 5  Blumer, Bankenaufsicht, 1996, S. 46; Handke, dms 2010, 53 (55  ff.); siehe auch Ruthig, in: Ruthig / Storr, Wirtschaftsrecht, 2011, § 1 Rn. 25 und § 6 Rn. 510, nach dem der Begriff des Regulierungsrechts die Bereiche des Telekommunikationsrechts, des Energiewirtschaftsrechts und des Finanzmarktaufsichtsrechts bündelt; siehe zur Kapitalmarktregulierung Bumke, DV 41 (2008), 227 ff. 6  Handke, dms 2010, 53 (57); so auch Kohtamäki, Reform, 2012, S. 8 f.; Dötz, Bankenregulierung, 2002, S. 5; dem entspricht auch der europarechtliche Begriff der Finanzregulierung, die „die Gesamtheit der für die Finanzinstitute geltenden Vorschriften und Standards“ meint, so de Larosière-Bericht, 2009, S. 15 Rn. 38. 7  Artopoeus, ZfgK 1994, 1085; Fest, Zwecke, 2008, S. 24; Huang, Bankenregulierung, 1992, S. 10; Käppel, Harmonisierung, 2009, S. 5. 8  Fest, Zwecke, 2008, S. 23 (dort Fn. 15). 9  Dragomir, Regulation, 2010, S. 54; Grande, in: Grieser / Heemann, Bankaufsichtsrecht, 2010, S. 36; Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1283); Papathanassiou / Zagouras, WM 2010, 1584 (1585); A. Weber, ZfgK 2007, 402; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 11; siehe auch de Larosière-Bericht, 2009, S. 43 Rn. 146 f.; siehe zur „Systemaufsicht“ auch Kaufhold, DV 46 (2013), 21 ff. 10  Dötz, Bankenregulierung, 2002, S. 23; Zitzmann, Bankenaufsicht, 1966, S. 11; Fischer, in: S / B / L, Bankrechts-Handbuch, Bd. II, 2011, § 125 Rn. 2.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

die Durchführung des Zahlungsverkehrs, und eng mit anderen Wirtschaftssektoren verflochten ist.11 Störungen im besonders vertrauensanfälligen12 Bankensektor wirken sich daher bereichsübergreifend aus und können die Gesamtwirtschaft gefährden.13 Darüber hinaus steht die Bankenaufsicht im Dienste des Gläu­ bigerschutzes,14 der einen untergeordneten Schutzzweck gegenüber dem Ziel darstellt, die Funktionsfähigkeit des Bankensystems zu sichern,15 mit diesem aber in engem Zusammenhang steht.16 Mit den Mitteln der Bankenaufsicht sollen die Benachteiligungen ausgeglichen werden, die in den Geschäftsbeziehungen der Banken zulasten der Gläubiger als Kollektiv17 bestehen und deren Schutzbedürftigkeit begründen.18 2. Kapitel

Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht A. Die Europäisierung der Bankenaufsicht – Besonderheiten und ausgewählte Meilensteine Die Europäisierung der Bankenaufsicht wird hier anhand von einigen Besonderheiten und ausgewählten Meilensteinen umrissen. I. Der europäische Finanzmarkt als Element des europäischen Binnenmarktes Die EBA ist mit Aufgaben und Befugnissen in Bezug auf den europäischen Bankenmarkt betraut.19 Dieser ist Bestandteil des europäischen Fi11  Blumer,

Bankenaufsicht, 1966, S. 48 f.; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 21. dazu Fischer, in: S / B / L, Bankrechts-Handbuch, Bd. II, 2011, § 125 Rn. 17. 13  Blumer, Bankenaufsicht, 1966, S. 49; Dötz, Bankenregulierung, 2002, S. 23; Zitzmann, Bankenaufsicht, 1966, S. 11; auch Blömer, Sachverhalte, 2010, S. 34. 14  Dötz, Bankenregulierung, 2002, S. 7, 12 ff.; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 20. 15  So auch schon Heun, JZ 2012, 235 (237); Käppel, Harmonisierung, 2009, S. 16; für eine Gleichwertigkeit dieses Schutzgutes gegenüber dem Funktionsschutz siehe die Nachweise bei Gurlit, ZHR 2013, 860 (866, dort Fn. 16); siehe zum Individualanlegerschutz „jenseits des Funktionenschutzes“ Mülbert, ZHR 2013, 160 (174 ff.). 16  Höfling, Gutachten F, 2010, S. F 9. 17  Gurlit, ZHR 2013, 862 (866); Schäfer, in: B / F / S-M, KWG, 2012, § 6 KWG Rn. 2. 18  Blumer, Bankenaufsicht, 1996, S. 47; Dötz, Bankenregulierung, 2002, S. 13. 19  Dazu ausf. unten 4. Teil 2. Kap. D. II. und 3. Kap. D. 12  Siehe



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht169

nanzmarktes, der wiederum ein Element des europäischen Binnenmarktes bildet.20 Enthalten die Verträge eine Legaldefinition des europäischen Binnenmarktes (siehe auch Art. 3 Abs. 3 EUV) als „Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist“ (Art. 26 Abs. 2 AEUV), findet sich keine solche für den europäischen Finanzmarkt. In Anlehnung an die Binnenmarktdefinition lässt er sich jedoch begreifen als nicht binnenbegrenzter Wirtschaftsraum, der sich über sämtliche Mitgliedstaaten der Union erstreckt und der Gewähr für die freie Zirkulation von Finanzdienstleistungen und -mitteln bietet und auf diesen Zweck gerichtet ist.21 Unter den Grundfreiheiten kommen der freien Ausübung der Kapitalund Zahlungsverkehrsfreiheit (Art.  63  ff. AEUV), der Niederlassungs(Art. 49 ff. AEUV) und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) beson­ dere Bedeutung für die Verwirklichung des Finanz(binnen)marktes zu.22 II. Die Bankenmarktintegration auf sekundärrechtlicher Ebene 1. Die drei Leitprinzipien der Bankenmarktintegration Die Bankenmarktintegration erfolgte in der Europäischen Union bislang vor allem auf sekundärrechtlicher Ebene über die Finanzmarktrichtlinien. Mit den Prinzipien der gegenseitigen Anerkennung, der Herkunftslandskontrolle und der Mindestharmonisierung haben diese Richtlinien drei Leitprinzipien für das Bankenaufsichtsrecht eingeführt, die bereits im Weißbuch der Kommission zur „Vollendung des Binnenmarktes“ von 198523 angelegt waren. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung (vgl. Art. 18 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 89 / 646 / EWG)24 bewirkt, dass ein Einlagenkreditinstitut, das in einem Mitgliedstaat zugelassen ist, seine Tätigkeit durch die Errichtung einer Zweigstelle und im Wege des Dienstleistungsverkehrs auch im Hoheitsgebiet der übrigen Mitgliedstaaten ausüben darf (Europäischer Pass 20  Digel,

Grundlagen, 2006, S. 4; Käppel, Harmonisierung, 2009, S. 39. Umsetzung, 2009, S. 15; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 36; siehe auch Digel, Grundlagen, 2006, S. 4 f. 22  Digel, Grundlagen, 2006, S. 4; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 36; zur Bedeutung der Grundfreiheiten für die Verwirklichung des Binnenmarktes Kahl, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 26 AEUV Rn. 14. 23  Vgl. Weißbuch der Kommission zur „Vollendung des Binnenmarktes“, KOM(85) 310 endg., S. 27 Rn. 102 f. 24  Zweite Richtlinie 89 / 646 / EWG des Rates v. 15.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77 / 780 / EWG, ABl. Nr. L 386 v. 30.12.1989, S. 1. 21  Gampe,

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

bzw. Single-License-Prinzip). Nach dem Prinzip der Herkunftslandskontrolle (vgl. Art. 18 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 89 / 646 / EWG) unterliegt ein Einlagenkreditinstitut bei seiner grenzüberschreitenden Tätigkeit in der EU dem Aufsichtsrecht und der Überwachung der Bankenaufsichtsbehörde seines Sitzstaates.25 Deren Kontrolle erstreckt sich auch auf Zweigniederlassungen des Instituts im EU-Ausland.26 Das Prinzip der Mindestharmonisierung (vgl. Erwägungsgrund (7) der Richtlinie 2006 / 48 / EG)27 unterwirft nur die wesentlichen Aufsichtsregeln der Rechtsangleichung, um ein gemeinsames Mindestniveau an Sicherheit zu erreichen.28 2. Integrationsschub durch den Financial Service Action Plan Zu einem Integrationsschub in der europäischen Finanzintegration führte der von der Kommission im Jahre 1999 vorgelegte Financial Service Action Plan29 und die sich ihm anschließenden Maßnahmen. Dieser Aktionsplan stand im Zeichen der Errichtung eines einheitlichen europäischen Finanzbinnenmarktes. In diesem Sinne zielte er schwerpunktmäßig auf die Einheitlichkeit des Firmenkundenmarktes für Finanzdienstleistungen, die Offenheit und die Sicherheit der Privatkundenmärkte sowie die Reform der Aufsichtsstrukturen und des Aufsichtsrechts.30 Die 42 Maßnahmenvorschläge des Aktionsplans sollten bis zum Jahr 2005 umgesetzt werden. Dieser ehrgeizige Zeitplan wurde auch für 41 Maßnahmen eingehalten. Zu den Umsetzungsrechtsakten zählten unter anderem mehrere Finanzmarktrichtlinien, durch die das nationale Aufsichtsrecht weiter vereinheitlicht wurde. 3. Vertiefung der europäischen Bankenmarktintegration durch das Regelwerk CRD IV Zu einer maßgeblichen Vertiefung der europäischen Bankenmarktintegration führt das Regelwerk CRD IV, das Mitte des Jahres 2013 in Kraft ge25  Blömer, Sachverhalte, 2010, S. 40; Horn, ZBB 1989, 107 (111); Knaul, Auswirkungen, 1995, S. 79; Schneider / Troberg, WM 1990, 165 (166); Ch. Weber, Marktzugang, 1996, S. 73. 26  Herdegen, Bankenaufsicht, 2010, S. 15  f.; Horn, ZBB 1989, 107 (111); Ch. Weber, Marktzugang, 1996, S. 73; Schneider / Troberg, WM 1990, 165 (166). 27  Richtlinie 2006 / 48 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 14.6.2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. Nr. L 177 v. 30.6.2006, S. 1. 28  Blömer, Sachverhalte, 2010, S. 41; Käppel, Harmonisierung, 2009, S. 48; Schneider / Troberg, WM 1990, 165 (166); T. Richter, Bankenaufsichtsbehörde, 2006, S. 18 f. 29  KOM(1999) 232 endg. 30  KOM(1999) 232 endg., S. 16.



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht171

treten ist. Die EBA trägt zu seiner kohärenten Umsetzung und Anwendung bei und entwirft zu diesem Zweck vor allem eine Vielzahl technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards.31 Das CRD IV-Regelwerk besteht aus einer Richtlinie („Capital Requirements Directive IV“)32 und einer Verordnung („Capital Requirements Regulation“)33 und setzt wesentliche Teile des Basel III-Regelwerks34 in der Europäischen Union um,35 reformiert jedoch auch darüber hinaus das materielle Aufsichtsrecht in der U ­ nion. Die Richtlinie enthält vor allem Anforderungen an die Zulassung zum Bankgeschäft und die damit verbundene Ausübung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, Regeln über die Corporate Governance, Vorgaben zu den Kapitalpuffern, Sanktionsregelungen und Bestimmungen, die auf die Vermeidung von übermäßigem Vertrauen in externe Ratings zielen. Mit der CRR hat der Unionsgesetzgeber erstmals für die Finanzmarktintegration zu einer Verordnung gegriffen und bewirkt damit eine Rechtsvereinheitlichung36 für die von der CRR abgedeckten Regelungsbereiche – mit Ausnahme der Materien, für die die Verordnung den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum einräumt. Gegenstände der CRR sind insbesondere Vorgaben zur De31  Vgl.

unten 4. Teil 2. Kap. D. II. 1. und 3. Kap. D. II. 1. 2013 / 36 / EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002 / 87 / EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006 / 48 / EG und 2006 / 49 / EG, ABl. Nr. L 176 v. 27.6.2013, S. 338; siehe auch die Berichtigung der Richtlinie, ABl. Nr. L 208 v. 2.8.2013, S. 73; im Folgenden: „CRD IV“. 33  Verordnung (EU) Nr. 575 / 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646 / 2012, ABl. Nr. L 176 v. 27.6.2013, S. 1; siehe auch die Berichtigungen der Verordnung, ABl. Nr. L 208 v. 2.8.2013, S. 63 und ABl. Nr. L 321 v. 30.11.2013, S. 6; im Folgenden: „CRR“. 34  Das Basel III-Regelwerk wurde vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Jahre 2010 verabschiedet. Der Basler Ausschuss ist ein seit 1974 bestehendes internationales Kooperations- und Beratungsgremium im Bankensektor, das in Basel bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich beheimatet ist. Ihm gehören mittlerweile Vertreter der Zentralbanken und der Bankenaufsichtsbehörden einer Vielzahl von Staaten an, darunter auch einige der EU. Herausragende Bedeutung für die internationale und europäische Bankenregulierung und -aufsicht kommt den von ihm entwickelten Regelungswerken zu, die früher unter der Bezeichnung „Basel I“ und heute unter „Basel II“ und „Basel III“ firmieren; zwar sind die Standards und Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht rechtlich unverbindlich, jedoch kommt ihnen auf Unions- und nationaler Ebene eine hohe faktische Durchsetzungskraft zu, F. Becker, ZG 2009, 123 (131); Manns / Schulte-Mattler, WM 2010, 1577 ff.; Pitschas / Gille, VerwArch 94 (2003), 68 (90). 35  Siehe dazu Manns / Schulte-Mattler, WM 2010, 1577 ff.; Spitzer, ZfgK 2011, 554 ff. 36  Nettesheim, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 288 AEUV Rn. 104. 32  Richtlinie

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

finition des Eigenkapitals, zum Management des Liquiditätsrisikos, zur Höchstverschuldensquote und zum Gegenparteiausfallrisiko. III. Die Errichtung des Lamfalussy-Verfahrens Schon im Financial Service Action Plan wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, für den europäischen Finanzsektor ein im Vergleich zum Gesetzgebungsverfahren des Vertrages (Art. 294 AEUV) schnelleres und effektiveres Verfahren zu errichten.37 Dieses sollte eine adäquate Reaktion auf sich verändernde Umstände auf dem Finanzmarkt ermöglichen. Die vom ECOFIN-Rat im Juli 2000 mandatierte Expertengruppe um Alexandre Lamfalussy schlug daher ein neues Rechtsetzungskonzept vor,38 das zunächst nur für den Wertpapierbereich umgesetzt wurde, schließlich jedoch auch auf die Sektoren Banken und Versicherungen ausgedehnt wurde. Das Lamfalussy-Verfahren ist eine spezifisch finanzmarktrechtliche Ausprägung des Komitologieverfahrens39 in Form eines Vierstufenmodells, in das die EBA seit ihrer Errichtung auf den Stufen 2 und 3 integriert ist. Ursprünglich lief es wie folgt ab: Der Rat und das Parlament erlassen auf der „ersten Stufe“ die Grundsatzregelungen einer Finanzmarktangelegenheit im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art. 294 AEUV) und ermächtigen die Kommission zur Regelung der technischen Details. Auf der „zweiten Stufe“ wirkt die Kommission eng mit dem Europäischen Wertpapierausschuss40, dem Europäischen Bankenausschuss41, dem Europäischen Ausschuss für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung42 oder dem Europäischen Finanzkonglomerateausschuss („Level 2-Ausschüsse“) zusammen. Da es sich bei diesen Ausschüssen um Gremien aus hochrangigen Vertretern der mitgliedstaatlichen Fachministerien handelt, spiegelt sich die Komitologiestruktur deutlich wider.43 Auf der „dritten Stufe“ haben 37  KOM(1999),

232 endg., S. 16. Lamfalussy-Schlussbericht v. 15.2.2001 ist abrufbar unter http: /  / ec.europa. eu / internal_ market /  securities / docs / lamfalussy / wisemen / initial-report-men_de.pdf. 39  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 56; Kolassa, in: S / B / L, Bankrechts-Handbuch, Bd. II, 2011, § 135 Rn. 35; siehe zum Lamfalussy-Verfahren auch Part / Schütz, ÖBA 2010, 33 (34 f.). 40  Beschluss 2001 / 528 / EG der Kommission v. 6.6.2001 zur Einsetzung des Europäischen Wertpapierausschusses, ABl. Nr. L 191 v. 13.7.2001, S. 45. 41  Beschluss 2004 / 10 / EG der Kommission v. 5.11.2003 zur Einsetzung des Europäischen Bankenausschusses, ABl. Nr. L 3 v. 7.1.2004, S. 36. 42  Beschluss 2004 / 9 / EG der Kommission v. 5.11.2003 zur Einsetzung des Europäischen Ausschusses für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, ABl. Nr. L 3 v. 7.1.2004, S. 34. 43  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 56. 38  Der



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht173

der Ausschuss der Europäischen Bankenaufsichtsbehörden (CEBS)44, der Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) und der Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (CEIOPS) die Aufgabe, zur kohärenten Umsetzung und Anwendung des auf den vorangegangenen Stufen erlassenen Gemeinschaftsrechts beizutragen und die Kommission zu beraten (vgl. nur Art. 2 und Art. 3 CEBS-Beschluss, Erwägungsgrund (11) CEBS-Beschluss). Bei diesen – mittlerweile durch die ESA abgelösten – „Level 3-Ausschüssen“ handelte es sich um Kommunikationsplattformen der Mitgliedstaaten45 ohne Rechtspersönlichkeit und ohne rechtsverbindliche Befugnisse46, die sich aus hochrangigen Vertretern der nationalen Aufsichtsbehörden zusammensetzten (vgl. Art. 7 CEBS-Beschluss). Schließlich wacht die Kommission auf der „vierten Stufe“ des Lamfalussy-Verfahrens über die Einhaltung des Finanzmarktaufsichtsrechts, wobei sie gegebenenfalls auch ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV einleiten kann. Aufgrund der Neuordnung der abgeleiteten Rechtsetzung durch den Vertrag von Lissabon47 wird die Kommission nunmehr durch den Unionsgesetzgeber entweder zur delegierten Rechtsetzung (Art. 290 AEUV) oder zur Durchführungsrechtsetzung (Art. 291 Abs. 2 AEUV) auf der „Stufe 2“ des Lamfalussy-Verfahrens ermächtigt. Diese Wahl entscheidet auch über die Kontrolle der Kommission, die im Verfahren nach Art. 290 AEUV beim Unionsgesetzgeber48 und im Verfahren nach Art. 291 Abs. 2 AEUV bei den Mitgliedstaaten liegt. Die allgemeinen Regeln und Grundsätze der Kontrolle der Durchführungsrechtsetzung der Kommission nach Art. 291 Abs. 2 AEUV werden durch die VO (EU) Nr. 182 / 201149 festgelegt, die auf der 44  „Committee of European Banking Supervisors“; das Gremium wurde durch einen Beschluss der Kommission im Jahre 2003 gegründet und wurde im Jahre 2009 grundlegend reformiert; vgl. Beschluss 2004 / 5 / EG der Kommission v. 5.11.2003 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Bankaufsichtsbehörden, ABl. Nr. L 3 v. 7.1.2004, S. 28; Beschluss 2009 / 78 / EG der Kommission v. 23.1.2009 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Bankaufsichtsbehörden, ABl. Nr. L 25 v. 29.1.2009, S. 23; im Folgenden: „CEBS-Beschluss“. 45  Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (9); so auch Binder, GPR 2011, 34 (36); Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (3); Massenberg, Die Bank 2010, 9 (10). 46  Zu ihren Befugnissen zählten der Erlass von Leitlinien, Empfehlungen und Standards (vgl. nur Art. 3 CEBS-Beschluss, Erwägungsgrund (11) CEBS-Beschluss). 47  Vgl. oben 2. Teil 2. Kap. B. I. und II. 2. a). 48  Dazu ausf. unter Bezugnahme zur EBA und dem Erlass technischer Standards durch die Kommission unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 1. d). 49  VO (EU) Nr. 182 / 2011 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.2.2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommis-

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Grundlage des Art. 291 Abs. 3 AEUV erlassen worden ist. Hiernach erfolgt die Kontrolle der Durchführungsbefugnisse durch mitgliedstaatliche Expertenausschüsse, denen die Kommission vorsitzt und zwar entweder im Prüfoder im Beratungsverfahren (vgl. Art. 2 ff. VO (EU) Nr. 182 / 2011).50 Die EBA, die ESMA und die EIOPA sind seit dem 1. Januar 2011 an die Stelle der „Level 3-Ausschüsse“ getreten, haben aber im Vergleich zu ihren Vorgängergremien weitergehende Aufgaben und Befugnisse. Seit dem Erlass der Gründungsverordnungen der ESA kann der Unionsgesetzgeber die Kommission auch mit einer weiteren „Variante“ der delegierten Rechtsetzung oder der Durchführungsrechtsetzung auf der „Stufe 2“ des LamfalussyVerfahrens ermächtigen und zwar zum Erlass sog. technischer Regulierungsund Durchführungsstandards. In deren Vorbereitung werden die ESA mit weitreichenden Befugnissen integriert.51 IV. Die Neuorganisation der Europäischen Bankenaufsicht durch das Europäische System der Finanzaufsicht und die Europäische Bankenunion Die Europäisierung der Finanz- und Bankenaufsicht konzentrierte sich in der Vergangenheit vor allem auf eine Angleichung des materiellen Aufsichtsrechts.52 Institutionelle Aspekte blieben lange Zeit unberücksichtigt. Erst die Finanzkrise der Jahre 2007 / 2008 und die Euro- / Staatsschuldenkrise der vergangenen Jahre rückten die Aufsichtsorganisation im Finanz- und vor allem im Bankensektor in den Vordergrund. Zu einer grundlegenden Reform der europäischen Aufsichtsstrukturen im Finanzbereich führte die Errichtung des Europäischen Systems der Finanzaufsicht (vgl. Art. 2 EBA-VO) zum 01. Januar 2011, aus der die EBA hervorgegangen ist. Diese Reform wurde maßgeblich durch die Vorschläge der Expertengruppe um den ehemaligen Präsidenten des Internationalen Währungsfonds und der Banque de France Jaques de Larosière vorbereitet,53 und wurde von einer Anpassung des materiellen europäischen Finanzmarktrechts begleitet.54 sion kontrollieren, ABl. Nr. L 55 v. 28.2.2011, S. 13; im Folgenden: „VO (EU) Nr. 182 / 2011“. 50  Siehe zu den beschränkten Kontrollbefugnissen des Parlaments und des Rates Art. 11 VO (EU) Nr. 182 / 2011. 51  Siehe mit Bezug zur EBA unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 1. 52  Siehe oben 4. Teil 2. Kap. A. II. 1. 53  Siehe den Bericht der High-Level Group on Financial Supervision in the EU, Brüssel 2009, abrufbar unter http: /  / ec.europa.eu / internal_marktet / finances / docs / de_ larosiere_report_ de.pdf; im Folgenden: „de Larosière-Bericht, 2009, S. Rn“.; dazu Klein, ZfgK 2009, 324 ff.; siehe zu den Gesetzgebungsvorschlägen der Kommission insbesondere KOM(2009) 499 endg.; KOM(2009) 500 endg.; KOM(2009) 501



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht175

Zu einem Quantensprung in der Integration der europäischen Aufsichtsorganisation im Bankensektor führte jedoch die Errichtung der Europäischen Bankenunion. Ihr Herzstück ist der Einheitliche Aufsichtsmechanismus für Banken, in dem die EZB zentrale Aufgaben der Bankenaufsicht wahrnimmt und ihre Aufsichtsaufgaben am 04. November 2014 vollumfänglich wahrnehmen wird. Auch die Errichtung der Bankenunion geht mit Änderungen des materiellen Aufsichtsrechts einher.55 Während das ESFS die Aufsichtsstrukturen in der gesamten Union reformiert hat und sich neben dem Bankenbereich auch auf das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgungen und den Wertpapiersektor erstreckt, ist die Bankenunion auf eine tiefere Integration in der Eurozone angelegt und fokussiert sich ausschließlich auf die Integration der Bankenaufsicht. 54

B. Die EBA als Bestandteil des Europäischen Systems der Finanzaufsicht und als europäische Agentur Die EBA ist ein Bestandteil des Europäischen Systems der Finanzaufsicht (ESFS) (Art. 2 Abs. 1 S. 1 EBA-VO). Mit dem ESFS wurde neben einer mikroprudentiellen Finanzaufsicht für die Bereich Banken, Versicherungswesen und betrieblich Altersversorgung und den Wertpapiersektor erstmals eine unionsweite Makrofinanzaufsicht eingeführt. Das ESFS fungiert als Dachverband, der diese beiden Aufsichtssäulen unter sich vereint.

endg.; KOM(2009) 502 endg.; KOM(2009) 503 endg; siehe auch KOM(2009) 114 endg. und KOM(2009) 252 endg.; siehe zum Gesetzgebungsverfahren Kohtamäki, Reform, 2012, S. 103 ff.; H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S.  16 ff. 54  Vgl. RL 2010 / 78 / EU des Europäischen Parlamentes und des Rates v. 24.11.2010 zur Änderung der Richtlinien 98 / 26 / EG, 2002 / 87 / EG, 2003 / 6 / EG, 2003 / 41 / EG, 2003 / 71 / EG, 2004 / 39 / EG, 2004 / 109 / EG, 2005 / 60 / EG, 2006 / 48 / EG, 2006 / 49 / EG und 2009 / 65 / EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäi­ sche Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), ABl. Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 120, im Folgenden: „Omnibusrichtlinie I“; die „Omnibusrichtlinie II“ wurde von der Kommission vorgeschlagen und wird zur Zeit noch im Parlament und im Rat verhandelt; siehe KOM(2011) 8 endg.; siehe für einen Überblick über die geänderten Finanzmarktrichtlinien und die wesentlichen Inhalte der Änderungen H. Siekmann, IMFS Work­ ing Paper Series 47 (2011), S. 32 f. 55  Siehe dazu unten 4. Teil 2. Kap. C. I. 2. b) und c).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

I. Die wesentlichen Ursachen der Finanzkrise der Jahre 2007 / 2008 Die Neugestaltung der Finanzaufsichtsarchitektur durch das ESFS war wie bereits erwähnt eine Folge der europäischen Finanzkrise56 der Jahre 2007 / 2008.57 Zu dieser Finanzkrise hat das Fehlen eines einheitlichen Aufsichtsrahmens für den Finanz- und insbesondere Bankensektor beigetragen. Die Aufsichtsstrukturen in den Mitgliedstaaten divergierten erheblich voneinander, was sich vor allem im Vergleich der nationalen Aufsichtsbehörden zueinander zeigte, die über unterschiedliche Kompetenzen, Befugnisse und Ressourcen verfügten.58 Zudem mangelte es an einer einheitlichen europäi­ schen Aufsichtskultur, weil das harmonisierte Unionsrecht in den Mitgliedstaaten inkohärent angewendet und ausgelegt wurde.59 Die inkohärente Anwendung fand ihre Ursache insbesondere im Umsetzungsspielraum, den die Finanzmarktrichtlinien den Mitgliedstaaten beließen, weil dieser eine große Anzahl divergierender nationaler Vorschriften nach sich zog.60 Auch die Kooperation zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden war defizitär, was sich im Schwerpunkt bei der Beaufsichtigung grenzüberschreitend tätiger Finanzinstitute zeigte.61 Zudem unterblieb häufig ein angemessener und rechtzeitiger Informationsaustausch, was das Vertrauen auf aufsichtsbehördlicher Ebene schwächte.62 Insgesamt fokussierte sich die Aufsicht in den Mitgliedstaaten zu sehr auf die mikroprudentielle Ebene und vernachlässigte dadurch makroprudentielle Gefahren.63 Um den eigenen Finanzplatz im Wettbewerb nicht schlechter zu stellen, wandten nationale Behörden zudem Aufsichtsmaßnahmen oftmals nur verzögert an.64 56  Siehe zu den multiplen Ursachen der weltweiten Finanzkrise beispielhaft Begg, JCMS 47 (2009), 1107 (1109 ff.); Liebscher / Ott, NZG 2010, 841 (842); Möschel, ZRP 2009, 129 ff.; Hellwig, Gutachten E, 2010, S. E 12 ff.; de Larosière-Bericht, 2009, S. 7 ff.; siehe auch die Nachweise bei Hopt, NZG 2009, 1401 (dort Fn. 2). 57  Siehe schon oben 4. Teil 2. Kap. A. IV. 58  De Larosière-Bericht, 2009, S. 12 Rn. 28, S. 47 Rn. 160; Lembke, Aufsichtsbehörde, 2010, S. 162 f.; Massenberg, Die Bank 2010, 9 ff. 59  Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1283); Kohtamäki, Reform 2012, S. 92; ausf. Lembke, Aufsichtsbehörde, 2010, S. 161 f.; Massenberg, Die Bank 2010, 9 (9 f.); Wymeersch, ECFR 7 (2010), 240 (249); ders., ZGR 2011, 443 (447). 60  De Larosière-Bericht, 2009, S. 31 Rn. 102 f.; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 92. 61  De Larosière-Bericht, 2009, S. 46 Rn. 159. 62  De Larosière-Bericht, 2009, S. 11  f. Rn. 26, 28, S. 46 Rn. 159; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 94. 63  De Larosière-Bericht, 2009, S. 12 Rn. 29; zu den unwirksamen Frühwarnmechanismen, ebd., S. 45 Rn. 154. 64  De Larosière-Bericht, 2009, S. 12 Rn. 29, S. 45 Rn. 153; Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1283).



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht177

Zu den Hauptursachen der europäischen Finanzmarktkrise zählen auch die Defizite bei den „Level 3-Ausschüssen“, die ihren Grund vor allem in den unzureichenden finanziellen Ressourcen der Ausschüsse und dem Fehlen rechtsverbindlicher Befugnisse fanden.65 Gerade diese Mängel machten die Errichtung der EBA, der ESMA und der EIOPA notwendig. II. Die Ziele des ESFS Das ESFS steht im Dienste der Erhaltung der Finanzstabilität in der Europäischen Union, der Schaffung von Vertrauen in das Finanzsystem insgesamt sowie der Gewährleistung ausreichenden Schutzes zugunsten der Kunden, die Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen (Art. 2 Abs. 1 S. 2 EBA-VO, Erwägungsgrund (8) EBA-VO). Damit inkorporiert die Zieltrias des ESFS die klassischen Ziele der Bankenaufsicht.66 III. Die Zusammensetzung des ESFS Das Europäische System der Finanzaufsicht besteht aus dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB, Frankfurt / Main)67, der EBA (London), der ESMA (Paris), der EIOPA (Frankfurt / Main) und einem Gemeinsamen Ausschuss der drei vorgenannten Behörden sowie den zuständigen Behörden (Art. 2 Abs. 2 EBA-VO, Erwägungsgrund (9) EBA-VO), womit die relevanten nationalen Aufsichtsbehörden und die Europäische Zentralbank gemeint sind (Art. 2 Abs. 2 lit. f) EBA-VO). 1. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) Dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken obliegt die sektorübergreifende makroprudentielle Finanzmarktaufsicht in der Europäischen ­Union.68 Er ist ein unabhängiges Gremium (vgl. Art. 7 ESRB-VO) ohne 65  Siehe De Larosière-Bericht, 2009, S. 47 Rn. 162; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 95; Lembke, Aufsichtsbehörde, 2010, S. 170; Partsch, ZBB 2010, 72 (73); Wymeersch, ECFR 7 (2010), 240 (249). 66  Siehe zu diesen schon oben 4. Teil 1. Kap. 67  VO (EU) Nr. 1092 / 2010 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.11.2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABl. Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 1; im Folgenden: „ESRB-VO“; der Europäische Ausschuss für Systemrisiken wird im Folgenden auch mit „ESRB“ abgekürzt, was die englische Bezeichnung des Ausschusses ist und für „European Systemic Risk Board“ steht. 68  Kämmerer, NVwZ 2013, 830 (831): „Radareinrichtung“; siehe zur Systemaufsicht durch den ESRB auch Kaufhold, DV 46 (2013), 21 ff.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Rechtspersönlichkeit (Erwägungsgrund (15) ESRB-VO),69 das primär dazu beitragen soll, Systemrisiken für die Finanzstabilität in der Europäischen Union abzuwenden beziehungsweise einzudämmen (Art. 3 Abs. 1 und Erwägungsgrund (10) ESRB-VO). Daneben hat er den Auftrag, zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes beizutragen und damit zu gewährleisten, dass der Finanzsektor einen nachhaltigen Beitrag zum Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union leisten kann (Art. 3 S. 2 und Erwägungsgrund (10) ESRB-VO). Zu seinen Befugnissen zählen vor allem die Herausgabe von Warnungen und Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen im Falle von Systemrisiken (Art. 16 Abs. 1, 2 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 lit. c) und lit. d) ESRB-VO, Erwägungsgrund (19) ESRB-VO) sowie informatorische Rechte, die er beispielsweise gegenüber den ESA, dem ESZB und der Kommission ausübt (siehe Art. 15 ESRB-VO, Erwägungsgrund (28) ESRB-VO). Von seiner Befugnis zur Herausgabe von Empfehlungen hat der ESRB bereits häufig Gebrauch gemacht, wie zum Beispiel hinsichtlich „Zwischenzielen und Instrumenten für makroprudenzielle Maßnahmen“70. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken steht in einem engen Verhältnis zur EZB, was sich schon in der institutionellen Ansiedlung des ESRB-Sekretariats bei der Europäischen Zentralbank zeigt.71 Die Übertragung von besonderen Aufgaben im Zusammenhang mit der Arbeitsweise des ESRB auf die EZB erfolgte aufgrund einer Verordnung.72 2. EBA, ESMA und EIOPA als sektorale und dezentral angesiedelte Behörden der europäischen Finanzmarktaufsicht Mit der Errichtung der ESA hat sich der Unionsgesetzgeber für die mikroprudentielle Finanzmarktaufsicht für einen sektoralen Ansatz entschieden.73 Dieser Ansatz findet seinen Grund weniger in der besonderen Be69  Baur / Boegl, BKR 2011, 177 (180); Hartig, EuZW 2012, 775 (775); Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2012, 2 (21). 70  Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken v. 4.4.2013 zu Zwischenzielen und Instrumenten für makroprudenzielle Maßnahmen (ESRB / 2013 / 1), ABl. Nr. L 170 v. 15.6.2013, S. 1. 71  Ausf. zum Verhältnis des ESRB zur EZB Hartig, EuZW 2012, 775 (777 ff.); Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (23); Papathanassiou / Zagouras, WM 2010, 1584 ff.; Wymeersch, ZGR 2011, 443 (454); KOM(2009) 499 endg., S. 4 f. 72  VO (EU) Nr. 1096 / 2010 des Rates v. 17.11.2010 zur Betrauung der Europäischen Zentralbank mit besonderen Aufgaben bezüglich der Arbeitsweise des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABl. Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 331. 73  Partsch, ZBB 2010, 72 (74); zum „branchenspezifischen Regulierungsansatz“ auch Wymeersch, ZGR 2011, 443 (449 ff.); befürwortend Granner, in: Braumüller / Ennöckl / Gruber / Raschauer, Finanzmarktaufsicht, 2011, S. 35.



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht179

währtheit dieses institutionellen Aufsichtsmodells als in der Wahrung nationaler Besitzstände.74 Weder Großbritannien noch Frankreich oder die Bundesrepublik wollten die Standorte der ehemaligen „Level 3-Ausschüsse“ zugunsten der Schaffung einer europäischen Allfinanzaufsichtsbehörde oder der Ansiedlung der drei ESA in einem Mitgliedstaat aufgeben. Die politische Auseinandersetzung um die Ansiedlung der dezentralen Agenturen ist ein Phänomen, das dem Ausgründungsprozess geradezu innewohnt und bei jeder Agenturgründung neu entfacht.75 Die Auswahl der Standorte folgt häufig keinen rein sachlichen Erwägungen, sondern eher dem Wunsch, sämtliche Mitgliedstaaten mit Agenturen zu versorgen. So war die Ansiedlung der ECHA in Helsinki mehr dem Umstand geschuldet, dass Finnland bis dato noch kein Agenturstandort war, denn dem Vorhandensein einer ausgeprägten chemischen Industrie in Finnland. Mag die Frage dahinstehen, ob eine europäische Allfinanzaufsichtsbehörde tatsächlich die beste Lösung gewesen wäre, so hätte doch zumindest die Ansiedlung der gesamten institutionellen Struktur des ESFS an einem Ort einen Effizienzgewinn für die Aufsicht mit sich gebracht.76 Dies ist für den Informationsaustausch im ESFS und die schnelleren Reaktionen in einer „Krisensituation“ (vgl. Art. 18 EBA-VO) augenscheinlich. Zu begrüßen ist jedoch, dass der Unionsgesetzgeber die Zweckmäßigkeit der getrennten Beaufsichtigung von Banken, Versicherungen, betrieblichen Altersversorgungen, Wertpapieren und Finanzmärkten und die Angemessenheit der ESA-Standorte zum Gegenstand des in den ESA-Verordnungen verankerten Evaluierungsverfahrens der Kommission gemacht hat (vgl. Art. 81 Abs. 2 lit. a) und lit. h) EBA-VO). Damit hat er sich die Möglichkeit vorbehalten, auf fundierter Grundlage über das Aufsichtsmodell und die Agenturstandorte erneut zu entscheiden und diese gegebenenfalls zu ändern. 3. Der Gemeinsame Ausschuss der ESA Der Gemeinsame Ausschuss ist ein Kooperationsforum der ESA ohne eigene Rechtspersönlichkeit, dem sektorübergreifende Aufgaben im ESFS Kohtamäki, Reform, 2012, S. 143 f. auch Kilb, EuZW 2006, 268 (273); siehe auch Hummer, in: FS Öhlinger, 2004, 92 (105), der die Verlegung des Sitzes des CEDEFOP von Berlin (West) nach Thessaloniki als „offensichtliche[n] politische[n] ‚package deal‘ “ bezeichnet. 76  So der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, Entwurf eines Berichtes v. 10.2.2010 über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gemeinschaftliche Finanzaufsicht auf Makroebene und zur Einsetzung eines europäischen Ausschusses für Systemrisiken, Dokument 2009 / 0140COD, S. 52. 74  Siehe 75  Krit.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

obliegen.77 Hierzu gehört vor allem die Herstellung von Kohärenz zwischen den ESA (Art. 54 Abs. 2 EBA-VO, Erwägungsgrund (57) EBA-VO), was insbesondere den Bereich der Finanzkonglomerate betrifft.78 So hat der Ausschuss gemeinsame Positionen der ESA zu formulieren, was sich insbesondere auf die Umsetzung der Finanzkonglomeratsrichtlinie bezieht (vgl. Art. 56 Abs. 1 EBA-VO).79 Darüber hinaus bezieht sich die vom Gemeinsamen Ausschuss sicherzustellende bereichsübergreifende Abstimmung mit den ESA auf eine Vielzahl weiterer Bereiche (vgl. Art. 54 Abs. 2 EBAVO, siehe auch Art. 2 Abs. 3 EBA-VO). Hervorzuheben ist die Schlichterrolle des Gemeinsamen Ausschusses, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten im Falle sektorübergreifend tätiger Finanzinstitute kommt (Art. 54 Abs. 4 i. V. m. Art. 56 und Art. 20 und Art. 19 EBA-VO). Organisatorisch besteht der Gemeinsame Ausschuss aus den Vorsitzenden der ESA sowie gegebenenfalls dem Vorsitzenden jedes eingerichteten Unterausschusses (Art. 55 Abs. 1, Art. 57 EBA-VO). Als Beobachter werden auch die ESA-Exekutivdirektoren sowie jeweils ein Vertreter der Kommission und einer des ESRB an den Ausschusssitzungen beteiligt (Art. 55 Abs. 2 EBA-VO). Der Vorsitzende des Ausschusses entstammt den Reihen der ESA-Vorsitzenden und wird unter jährlicher Rotation ernannt (Art. 55 Abs. 3 EBA-VO). Der Gemeinsame Ausschuss verfügt über eigenes Personal, dem die Aufgaben eines Sekretariats obliegen (Art. 54 Abs. 3 EBA-VO). 4. Die nationalen Aufsichtsbehörden Die nationalen Aufsichtsbehörden der Finanzmarktaufsicht sind ebenfalls Bestandteil des ESFS (Art. 2 Abs. 2 lit. f) EBA-VO). Ihre Zuständigkeit für die laufende Aufsicht auf Einzelinstitutsebene im eigenen Land wird durch das ESFS nicht berührt (vgl. Erwägungsgrund (9) EBA-VO) – ganz im Gegensatz zum Einheitlichen Aufsichtsmechanismus.80 Dem ESFS liegt daher ein dezentraler Ansatz für den Bereich der Mikrofinanzmarktaufsicht zugrunde, nach dem lediglich punktuelle und bedeutsame Aufsichtsaufgaben auf die supranationale Ebene hochgezont worden sind.81 77  Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (4); H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 46. 78  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 148. 79  Siehe auch Art. 56 Abs. 2 EBA-VO. 80  Siehe zum Einheitlichen Aufsichtsmechanismus unten 4. Teil 2. Kap. C. I. 2. a). 81  KOM(2009) 499 endg., S. 2; Wymeersch, ZGR 2011, 443 (449); siehe auch Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (6).



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht181

5. Die Netzstruktur des ESFS Das Europäische System der Finanzaufsicht ist als Netzverbund konzipiert (vgl. Erwägungsgründe (8) und (9) EBA-VO). Die Vernetzung erfolgt sowohl horizontal unter den europäischen Aufsichtsbehörden und in ihrem Verhältnis zum ESRB (Erwägungsgrund (14) ESRB-VO) als auch vertikal mit Blick auf die Beziehungen der ESA und des ESRB zu den nationalen Aufsichtsbehörden. Im Sinne einer möglichst effizienten Aufsicht werden damit auch sektor­ übergreifend die mikro- und makroprudentiellen Ebenen der Aufsicht miteinander verschränkt. Deutlich erkennbar sind im ESFS die für den Europäischen Verwaltungsverbund charakteristischen Strukturen der Information, Kooperation, Entscheidung und Kontrolle,82 wobei der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit das Leitprinzip für das Zusammenwirken im ESFS ist (Art. 2 Abs. 4 EBA-VO, Art. 4 Abs. 3 EUV). Als Beispiele dienen die vielfältigen Regelungen, die den Informationsfluss zwischen den ESFS-Teilnehmern sicherstellen sollen (vgl. nur Art. 15 ESRB-VO, Art. 35, Art. 36 Abs. 2 EBA-VO), die institutionelle Kooperation der ESA über den Gemeinsamen Ausschuss sowie die Einrichtung einer sektorübergreifenden Rechtsschutzinstanz der ESA in Form eines gemeinsamen Beschwerdeausschusses.83 IV. Die EBA als europäische Agentur und Nachfolgerin des CEBS 1. Die EBA als europäische Agentur Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde ist durch eine Verordnung des Unionsgesetzgebers auf der Grundlage von Art. 114 AEUV geschaffen worden (Erwägungsgrund (17) EBA-VO) und gehört daher der tertiären Organisationsebene der Union an.84 Sie hat Rechtspersönlichkeit (Art. 5 Abs. 1 EBA-VO) und ist mit Harmonisierungs- und Vollzugsaufgaben im Bereich der Bankenaufsicht (vgl. Art. 8 Abs. 1 EBA-VO) ausgestattet worden, zu deren eigenständiger und dauerhafter Wahrnehmung sie über eine Vielzahl von Befugnissen unterschiedlicher Qualität (vgl. Art. 8 Abs. 2 EBA-VO) verfügt.85 Entsprechend der Intention, eine europäische Auf82  Vgl. zu den Strukturmerkmalen des Europäischen Verwaltungsverbunds vorne 3. Teil 1. Kap. A. I.; Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1287): „Regulierungsverbund“. 83  KOM(2009) 252 endg., S. 3; Partsch, ZBB 2010, 72 (73  f.); H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 30; Wymeersch, ZGR 2011, 443 (456 f.); siehe zum gemeinsamen Beschwerdeausschuss sogleich unten 4. Teil 3. Kap. B. V. 84  Siehe zur Auffächerung der Union nach Organisationsebenen schon oben 2.  Teil. 2. Kap. A. 85  Zu den Aufgaben und Befugnissen der EBA unten 4. Teil 2. Kap. D. II. und 3. Kap. D.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

sichtsinstanz für den Bankensektor zu schaffen, die über ein „Maximum an Unabhängigkeit“86 verfügt (siehe auch Erwägungsgründe (14) und (59) EBA-VO, Art. 1 Abs. 5 UAbs. 4 EBA-VO), ist die EBA in besonderem Maße gegenüber den Unionsorganen verselbständigt. Damit verwirklicht die EBA sämtliche Merkmale, die für eine europäische Agentur als kennzeichnend angesehen werden.87 2. Die Gründe für die Unabhängigkeit der EBA Die Unabhängigkeit der EBA dient zum einen der Abschottung vor der politischen Einflussnahme durch die Unionsorgane und insbesondere durch die Kommission.88 Zum anderen ist sie darauf gerichtet, die Behörde vor Einwirkungen von Seiten der Wirtschaft und insbesondere der Bankenbranche zu schützen.89 Die Unabhängigkeit der Agentur ist als Grundlage für eine rein objektive und diskriminierungsfreie Aufgabenwahrnehmung durch die EBA gedacht.90 Dahinter steht das Interesse des Unionsgesetzgebers, die Effizienz der Verwaltungstätigkeit im Bereich der Bankenaufsicht zu steigern. Dies ist angesichts der primärrechtlichen Verpflichtung der europäischen Verwaltung auf die Effizienz (Art. 298 Abs. 1 AEUV) ein per se legitimer Grund für die Gewährung eines gewissen Unabhängigkeitsstatus zugunsten einer Agentur.91 Konkret sichert die Unabhängigkeit der EBA vor allem deren Aufsichts- (vgl. Art. 17 EBA-VO), Moderations- (vgl. Art. 19 EBA-VO) und Koordinationsfunktion (vgl. 31 EBA-VO) ab.92 Die EBA kann die ihr übertragenen Aufgaben, über die Einhaltung des Unionsrechts durch die zuständigen Behörden93 und Finanzinstitute zu wachen (vgl. Art. 17 EBA-VO), Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen Behörden zu schlichten (vgl. Art. 19 EBA-VO) und das Handeln der zuständigen Behörden zu koordinieren (vgl. 31 EBA-VO) nämlich effizienter erfüllen, wenn sie nicht von Seiten der Politik und der Wirtschaft beeinflusst wird.94 Damit spiegeln die 86  KOM(2009)

501 endg., S. 4. zu den Agenturmerkmalen oben 3. Teil 1. Kap. B. I. 88  De Larosière-Bericht, 2009, S. 53, 54 Rn. 187 (auch Fn. 54), S. 62 Rn. 211. 89  De Larosière-Bericht, 2009, S. 53 Rn. 187. 90  KOM(2009) 501 endg., S. 4; De Larosière-Bericht, 2009, S. 54 (dort Fn. 10). 91  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c); Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 117; a. A. Görisch, Unionsagenturen, 2009, S. 393. 92  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 118; Wymeersch, ECFR 7 (2010), 240 (262); dazu ausf. unten 4. Teil 2. Kap. D. II. und 3. Kap. D. III. 1. und 2. 93  Als „zuständige Behörden“ bezeichnet die EBA-Verordnung die nationalen Bankenaufsichtsbehörden (vgl. Art. 4 Nr. 2 i)-iii) EBA-VO). 94  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 118. 87  Vgl.



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht183

Gründe für die Unabhängigkeit der EBA zum größten Teil diejenigen wider, die den Unionsgesetzgeber auch bislang zur Ausbildung unabhängiger Agenturen motiviert haben.95 3. Die EBA als Nachfolgerin des CEBS Die EBA ist aus einer Umwandlung des Lamfalussy-Ausschusses CEBS hervorgegangen. Als Rechtsnachfolgerin des CEBS (Art. 76 Abs. 4 S. 1 EBA-VO) hat die EBA sämtliche bestehenden und laufenden Aufgaben und Befugnisse (Erwägungsgrund (67) EBA-VO) des Ausschusses übernommen (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. l) EBA-VO a. F.).96 Zudem sind sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sowie alle laufenden Tätigkeiten des CEBS mit der Rechtsnachfolge automatisch auf die EBA übergegangen (Art. 76 Abs. 4 S. 2 EBA-VO). Auch örtlich hat die EBA den Sitz des CEBS, London, beibehalten (Art. 7 EBA-VO).

C. Die EBA als Bestandteil der Europäischen Bankenunion I. Die Europäische Bankenunion – Überblick 1. Hintergrund und Ziele der Europäischen Bankenunion Da die Reform im Bankenaufsichtssektor und damit auch die durch das ESFS geschaffenen Strukturen als nicht ausreichend erachtet wurden, um die Finanzstabilität in der Europäischen Union wiederherzustellen, haben sich die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten im Jahr 2013 auf die Errichtung einer Europäischen Bankenunion geeinigt. Die Idee einer derartigen Union wurde erstmals vom Präsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy in seinem Bericht „Auf dem Weg zu einer echten Wirtschaftsund Währungsunion“97 Ende Juni 2012 näher vorgestellt und vom Europäi­ schen Rat begrüßt.98 Daraufhin legte die Kommission Mitte September 95  Vgl.

oben 3. Teil 2. Kap. F. I. 1. ursprünglich explizit normierte Aufgabe der EBA, gegebenenfalls sämtliche bestehenden und laufenden Aufgaben des CEBS zu übernehmen, ist im Angesicht der Tatsache dass die EBA bereits mehrere Jahre besteht, obsolet geworden und daher durch die EBA-ÄnderungsVO gestrichen worden (vgl. Art. 1 Nr. 5 a) iv) EBA-ÄnderungsVO). 97  Bericht des Präsidenten Herman Van Rompuy v. 26.6.2012 „Auf dem Weg zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion“, EUCO 120 / 12; siehe auch das MEMO / 12 / 478 der Kommission v. 22.6.2012. 98  Schlussfolgerungen des Europäischen Rates v. 28. / 29.6.2012, EUCO 76 / 12; siehe auch das MEMO / 12 / 656 der Kommission v. 10.9.2012. 96  Die

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

2012 einen „Fahrplan für eine Bankenunion“99 vor. Hiernach soll schrittweise eine Europäische Bankenunion errichtet werden, die aus einem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken, einem gemeinsamen Sanierungsund Abwicklungsregime für Kreditinstitute und harmonisierten Regeln für die Einlagensicherung besteht. Die Bankenunion zielt auf die Beseitigung der Verknüpfungen zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Banken, die Wiederherstellung des Vertrauens in die Glaubwürdigkeit des Finanzsektors und den Schutz von Steuergeldern und Einlagen bei Bankenausfällen. Zudem ist sie auf den Zweck gerichtet, die Effizienz, die Integrität und die Transparenz der Finanzmärkte zu verbessern.100 Die Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus wurde von den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten vorrangig und mit besonderem Nachdruck vorangetrieben, da seine Schaffung zur Voraussetzung gemacht wurde, um strauchelnde Banken direkt aus dem ESM101 rekapitalisieren zu können (vgl. Erwägungsgründe (9) und (12) SSM-VO).102 Deshalb legte die Kommission Mitte September 2012 mit ihrem „Fahrplan“ zwei Verordnungsvorschläge vor, nach denen zentrale Aufgaben der Bankenaufsicht auf die EZB übertragen103 und die Befugnisse der EBA entsprechend der neuen Aufsichtsstruktur angepasst werden.104 Trotz kontroverser Verhandlungen zwischen den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten und einigen Änderungen, die vor allem das Parlament an den Vorschlägen durchsetzen konnte, wurde das Gesetzgebungsverfahren besonders zügig durchlaufen und die beiden Verordnungen konnten bereits Ende Oktober 2013 im Amtsblatt der Union veröffentlicht werden.105 99  KOM(2012)

512 endg. Kommission, MEMO / 12 / 656 vom 10.9.2012; siehe zu den Zielen der Bankenunion auch Schneider, EuZW 2013, 452 (453). 101  „Europäischer Stabilisierungsmechanismus“. 102  Gipfelerklärung der Mitglieder des Euro-Währungsgebietes v. 29.6.2012 (http: /  / www.consilium.europa.eu / uedocs / cms_data / docs / pressdata / de / ec / 131365. pdf); europäische Kommission, MEMO / 12 / 656 vom 10.09.2012. 103  KOM(2012) 511 endg.; siehe auch die Presseerklärung IP / 12 / 953 der Kommission v. 12.9.2012 und die Stellungnahme der EZB v. 27.11.2012, ABl. Nr. C 30 v. 1.2.2013, S. 6. 104  KOM(2012) 512 endg. 105  Siehe zu den Verhandlungen und zum Gesetzgebungsprozess nur: Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 27.11.2012 zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank und zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093 / 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), (CON / 2012 / 96), ABl. C 30 v. 1.2.2013, S. 6; Pressemitteilung des Rates v. 13.12.2012, (OR. en) 17739 / 12; MEMO / 13 / 251 der Kommission v. 19.3.2013; Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 22.5.2013 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Über100  Europäische



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht185

Die EZB übernimmt ihre Aufgaben im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus vorbehaltlich des Erlasses entsprechender Durchführungsbestimmungen und Maßnahmen am 4. November 2014 in vollem Umfang (vgl. Art. 32 Abs. 2 UAbs. 1 SSM-VO). 2. Die drei Säulen der Europäischen Bankenunion – Überblick a) Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus für Banken Am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus sind von vornherein alle Mitglieder der Eurozone beteiligt und darüber hinaus solche EU-Mitgliedstaaten, die mit der EZB eine „enge Zusammenarbeit“ vereinbart haben (Art. 6 Abs. 1 S. 1 und Art. 7 Abs. 1 SSM-VO i. V. m. Erwägungsgrund (14) SSMVO). Alle Teilnehmer sind zur loyalen Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch innerhalb des Aufsichtsmechanismus verpflichtet (Art. 6 Abs. 2 SSM-VO) und die EZB trägt für sein wirksames und einheitliches Funktionieren die Verantwortung (Art. 6 Abs. 1 S. 2 SSM-VO).106 Unabhängig von der „Bedeutung“ eines Kreditinstituts (vgl. Art. 2 Nr. 3 SSM-VO ) hat die EZB im SSM die exklusive Zuständigkeit zur Erteilung und zum Entzug der Zulassung von Kreditinstituten und für die Bewertung der Anträge auf Erwerb oder Veräußerung von qualifizierten Beteiligungen an Kreditinstituten (Art. 4 Abs. 1 lit. a) und lit. c) i. V. m. Art. 14–15 SSMVO i. V. m. Erwägungsgründen (20)–(22) SSM-VO).107 Außerhalb dieser ausschließlichen Zuständigkeit ist die EZB für die Beaufsichtigung der „bedeutenden“ Institute108 verantwortlich (vgl. Art. 6 Abs. 4 SSM-VO) und hat ihnen gegenüber die in der SSM-Verordnung katalogartig aufgeführten, umfangreichen Aufsichtsaufgaben wahrzunehmen tragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, P7_TA(2013)0213; Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12.9.2013 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, P7_TA(2013)0372; MEMO / 13 / 780 der Kommission v. 12.9.2013; MEMO / 14 / 294 der Kommission v. 15.4.2014; siehe aus der Literatur z. B. Dinov, EuR 2013, 593 (597 ff.); die SSMVerordnung ist am 3.11.2013 in Kraft getreten (vgl. 34 SSM-VO) und die EBAÄnderungsVO ist am 30.10.2013 in Kraft getreten (vgl. Art. 3 EBA-ÄnderungsVO). 106  Siehe auch Art. 6 Abs. 3 SSM-VO. 107  Siehe zur Zuständigkeitsverteilung zwischen der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden Schneider, EuZW 2013, 452 (455). 108  Nach dem Kommissionsvorschlag sollten noch sämtliche Kreditinstitute der Eurozone unmittelbar von der EZB beaufsichtigt werden, vgl. KOM(2012) 511 endg., Art. 4 Abs. 1; krit. dazu Schneider, EuZW 2012, 721 (722).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

(vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. a)–i) SSM-VO).109 Den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden (vgl. Art. 2 Nr. 2 SSM-VO) verbleiben insoweit nur begrenzte Aufsichtsaufgaben wie etwa der Verbraucherschutz und die Geld­ wäschebekämpfung (vgl. Erwägungsgrund (28) SSM-VO).110 Sie sind jedoch weiterhin für die Beaufsichtigung der „nicht bedeutenden“ Institute im SSM verantwortlich (vgl. Art. 6 Abs. 4 und Abs. 6 SSM-VO) und unterliegen insofern den Verordnungen, Leitlinien und allgemeinen Weisungen der EZB (Art. 6 Abs. 5 lit. a) SSM-VO). Maßstäbe für die Beurteilung der „Bedeutung“ eines Instituts sind dessen Größe, Relevanz für die Wirtschaft der Europäischen Union oder eines teilnehmenden Mitgliedstaats und die Bedeutung seiner grenzüberschreitenden Tätigkeiten (Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 lit. i)-iii) SSM-VO). Die SSM-Verordnung stellt auch gewisse Vermutungen auf, unter welchen Bedingungen Institute als nicht „nicht weniger bedeutend“ gelten, wie etwa in den Fällen, in denen der Gesamtwert ihrer Aktiva 30 Mrd. Euro übersteigt oder ihre Bilanzsumme mindestens 5 Mrd. Euro erreicht und mehr als 20 % des Bruttoinlandsprodukts des Mitgliedstaates entspricht, in dem sie niedergelassen sind, oder für die eine öffentliche finanzielle Unterstützung durch die EFSF oder den ESM direkt beantragt oder entgegengenommen wurde (Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 i)–ii) und UAbs. 4 SSM-VO). Auch bei einer umfangreichen grenzüberschreitenden Tätigkeit eines Instituts oder auf die Anzeige einer nationalen zuständigen Behörde hin, kann die EZB Institute als „bedeutend“ ansehen und ihrer Aufsicht unterstellen (vgl. Art. 6 Abs. 4 UAbs. 3 und UAbs. 2 iii) SSM-VO).111 Darüber hinaus ist es der EZB auch jederzeit möglich, die Aufsicht über andere Kreditinstitute an sich zu ziehen, wenn dies erforderlich ist, um die kohärente Anwendung hoher Aufsichtsstandards sicherzustellen (Art. 6 Abs. 5 lit. b) SSM-VO). Unabhängig von alledem beaufsichtigt die EZB grundsätzlich die drei „bedeutendsten“ Kreditinstitute in jedem teilnehmenden Mitgliedstaat (vgl. Art. 6 Abs. 4 UAbs. 5 SSM-VO). Bei der Wahrnehmung der ihr durch die SSM-Verordnung übertragenen Aufgaben hat die EZB das einschlägige Unionsrecht anzuwenden, wozu vor 109  Siehe zur Differenzierung zwischen „bedeutenden“ und „weniger bedeutenden“ Instituten Lackhoff, JIBLR 28 (2013), 454 (456 ff.); siehe zu den Aufgaben der EZB Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2014, 2 (14 ff.). 110  Verfügt die EZB nicht über die Befugnisse, die zur Wahrnehmung der ihr nach der SSM-Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlich sind, kann sie die nationalen Behörden durch Anweisung auffordern, von ihren Befugnissen Gebrauch zu machen (Art. 9 Abs. 1 UAbs. 3 S. 1 SSM-VO und Erwägungsgrund (35) SSM-VO). 111  Siehe auch Art. 6 Abs. 7 SSM-VO i. V. m. VO der Europäischen Zentralbank vom 16. April 2014 zur Errichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSMRahmenverordnung), (EZB / 2014 / 17).



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht187

allem die CRR und die technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards der Kommission und der EBA zählen,112 sowie nationales Recht, das Richtlinien der Union umsetzt oder mit dem Wahlrechte aus EU-Verordnungen ausgeübt werden (Art. 4 Abs. 3 UAbs. 1 SSM-VO und Erwägungsgrund (34) SSM-VO).113 Die EZB verfügt über weitreichende Aufsichts- und Untersuchungsbefugnisse, um die ihr übertragenen Aufgaben der Bankenaufsicht wahrzunehmen (vgl. Art. 9 ff. SSM-VO),114 und hat selbst das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen Verwaltungssanktionen gegen Institute zu verhängen (vgl. Art. 18 Abs. 1 SSM-VO und Erwägungsgrund (36) SSM-VO).115 Um die Trennung der der EZB primärrechtlich übertragenen geldpolitischen Funktionen von ihren bankenaufsichtlichen Aufgaben sicherzustellen, enthält die SSM-Verordnung vielfältige Vorkehrung, die vor allem organisatorischer Art sind (vgl. Kapitel IV SSM-VO und Erwägungsgründe (66) ff. SSM-VO).116 So wird das innerhalb der EZB neu errichtete Aufsichtsgremium mit der Vorbereitung der Beschlüsse des EZB-Rates betraut und von einem Lenkungsausschuss unterstützt (vgl. Art. 26 SSM-VO). Dem Trennungsgebot dient insbesondere die Errichtung eines Schlichtungsgremiums, dem die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten obliegt, die zwischen den zuständigen Behörden der betroffenen teilnehmenden Mitgliedstaaten entstehen können, wenn der EZB-Rat Einwände gegen die vom Aufsichtsgremium entworfenen Beschlüsse erhebt (vgl. Art. 25 Abs. 5 SSM-VO). Der Kontrolle der bankenaufsichtlichen Verwaltungstätigkeit der EZB dient ein administrativer Überprüfungsausschuss, der die Beschlüsse der EZB auf ihre verfahrensmäßige und materielle Übereinstimmung mit der SSM-Verordnung überprüft, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird (vgl. Art. 24 Abs. 1 SSM-VO und Erwägungsgrund (64) SSM-VO).117 112  Siehe

zu diesen Standards unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 1. zum Recht der EZB, Leitlinien, Empfehlungen anzunehmen und Beschlüsse und Verordnungen zu erlassen Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 SSM-VO und zum Verhältnis der Rechtsetzungsbefugnisse der EZB zu denen der EBA unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 2. 114  Siehe insbesondere auch Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 und 2 SSM-VO und Erwägungsgrund (45) SSM-VO. 115  Siehe für einen Überblick über die Untersuchungs- und Sanktionsrechte der EZB im SSM Loosveld, JIBLR 28 (2013), 422 ff. 116  Siehe auch Decision of the European Central Bank of 22 January 2014 amend­ ing Decision ECB / 2004 / 2 of 19 February 2004 adopting the Rules of Procedure of the European Central Bank (ECB / 2014 / 1); krit. gegenüber den vorgesehenen Maßnahmen Brandi / Gieseler, BB 2012, 2646 (2649); Kämmerer, NVwZ 2013, 830 (832); siehe auch Steck, Börsen-Zeitung v. 18.9.2012, S. 7. 117  Krit. hinsichtlich des effektiven Rechtsschutzes Schneider / Mülbert, BörsenZeitung v. 5.1.2013, S. 4. 113  Siehe

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Im Sinne der demokratischen Kontrolle unterliegt die EZB bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben nach der SSM-Verordnung, die sie genauso wie die nationalen zuständigen Behörden unabhängig zu erfüllen hat (vgl. Art. 19 SSM-VO und Erwägungsgrund (75) SSM-VO), einem Geflecht an Rechenschafts-, Berichts- und Auskunftspflichten, denen sie insbesondere gegenüber dem Rat und dem Parlament nachzukommen hat (vgl. Art. 20 SSM-VO und Erwägungsgründe (55)–(57) SSM-VO).118 b) Das Regime der Sanierung und Abwicklung von Banken Das Regime der Sanierung und Abwicklung von Banken ist einen weiterer Pfeiler der Europäischen Bankenunion. Es besteht aus einer Richtlinie,119 durch die die Regeln für die Sanierung und Abwicklung von Banken unionsweit harmonisiert werden sollen und einem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus, dessen Zweck es ist, die BRRD in der Eurozone zu implementieren. Die BRRD und die Verordnung, die dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus zugrunde liegt, wurden Mitte April 2014 vom Parlament angenommen bzw. bestätigt und bedürfen noch der formalen Annahme durch den Rat, was im Laufe der kommenden Monate erfolgen wird.120 Für die BRRD ist eine Umsetzungsfrist bis zum Jahresende 2014 vorgesehen. Die Elemente des SRM sollen schrittweises bis zum Jahre 2016 in Kraft treten.

118  Vgl. auch die Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Zentralbank über die praktischen Modalitäten für die Ausübung der demokratischen Rechenschaftspflicht und die Kontrolle über die Wahrnehmung der der EZB im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus übertragenen Aufgaben (2013 / 694 / EU), ABl. Nr. L 320 v. 30.11.2013, S. 1. 119  Im Folgenden: „BRRD“, was für „Banking Resolution and Recovery Direc­ tive“ steht. 120  Zur BRRD: siehe den Gesetzgebungsvorschlag der Kommission KOM(2012) 280 endg. v. 6.6.2012; siehe zur politischen Einigung im ECOFIN: Council of the European Union, 27.6.2013, 11228 / 13, PRESSE 270; siehe auch MEMO / 13 / 601 der Kommission v. 27.6.2013 und MEMO / 14 / 297 der Kommission v. 15.04.2014; vgl. zur politischen Einigung das Statement / 14 / 119 der Kommission v. 15.4.2014; zum SRM: siehe den Gesetzgebungsvorschlag der Kommission KOM(2013) 520 endg. v. 10.7.2013; vgl. zur politischen Einigung das Statement / 14 / 119 der Kommission v. 15.4.2014 und die „Fragen und Antworten zum einheitlichen europäischen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM)“ des Bundesministe­ riums der Finanzen v. 17.04.2014; die Verordnung über den SRM wird von einer zwischenstaatlichen Vereinbarung begleitet, die Regelungen über den Europäischen Abwicklungsfonds trifft, der eines der Kernelemente des SRM darstellt. Über diese Vereinbarung wurde im April 2014 eine politische Einigung erzielt.



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht189

aa) Die BRRD Die BRRD enthält Vorgaben für die Sanierungs- und Abwicklungsplanung auf nationaler Ebene. Danach müssen die Banken für schwierige Zeiten Sanierungspläne erstellen. Diese werden von Abwicklungsplänen ergänzt, deren Entwicklung den nationalen Abwicklungsbehörden obliegt. Letztere verfügen nach der BRRD über weitreichende Interventionsbefugnisse, wenn ein Institut in Schieflage gerät. Kommt es zu einem Bankenausfall, stellt die BRRD eine Haftungsreihenfolge auf, nach der zuerst die Anleger und Gläubiger herangezogen werden. Insofern enthält die BRRD erstmals verbindliche Vorgaben für Bail in-Instrumente. Unter engen Voraussetzungen kann auf einer nächsten Stufe der nationale Abwicklungsfonds in Anspruch genommen werden, dessen Errichtung in jedem Mitgliedstaat verbindlich ist und der aus Beiträgen der Finanzinstitute finanziert wird. Die Inanspruchnahme von Steuergeldern kommt nach der BRRD nur als ultima ratio in Betracht. bb) Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus für Banken Im Zentrum des SRM stehen eine europäische Abwicklungsbehörde, die als maßgebliche Akteurin im Verfahren der Abwicklung einer Bank121 in der Eurozone fungiert, und ein europäischer Abwicklungsfonds, der schrittweise bis zum Jahre 2016 aus der Zusammenführung der nationalen Abwicklungsfonds in der Eurozone aufgebaut wird und dessen Verwaltung der Abwicklungsbehörde obliegt. Nachdem die EZB das Abwicklungsverfahren einer Bank initiiert hat, legt die Abwicklungsbehörde das Abwicklungskonzept fest, einschließlich der Nutzung des Fonds und der Abwicklungsinstrumente.122 Die Kommission kann die Entscheidung der Abwicklungsbehörde billigen oder sie beanstanden und dem Rat den Vorschlag unterbreiten, der Abwicklungsentscheidung zu widersprechen. Dieses Recht hat die Kommission jedoch nur, wenn sie Zweifel am öffentlichen Interesse der Abwicklung hegt oder eine signifi­ kante Modifizierung des Betrags verlangt, der vom Abwicklungsfonds in Anspruch genommen werden soll. Der Rat entscheidet sodann im Wege der 121  Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der europäischen Abwicklungsbehörde und den nationalen Abwicklungsbehörden ist stark an die zwischen der EZB und den nationalen Bankenaufsichtsbehörden im SSM angenähert. Die Zuständigkeit der Europäischen Abwicklungsbehörde erstreckt sich auf die Banken, die von der EZB beaufsichtigt werden sowie auf grenzüberschreitend tätige Kreditinstitute. EUMitgliedstaaten, die keine Eurozonen Mitglieder sind, können sich dem SRM durch ein „Opt-in“ anschließen. 122  Vor dem Erlass der Abwicklungsentscheidung prüft die Kommission jedoch noch die Vereinbarkeit mit den Regeln über die Gewährung von Beihilfen.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

„silence procedure“. Einwände der Kommission und des Rates führen dazu, dass die Abwicklungsbehörde das Abwicklungskonzept modifizieren muss, bevor es von den nationalen Abwicklungsbehörden umgesetzt wird. c) Die Harmonisierung der Regeln für die Einlagensicherung Die Harmonisierung der nationalen Einlagensicherungssysteme in der Europäischen Union ist das wohl am meisten umstrittene Element der Europäischen Bankenunion. Mitte April 2014 konnte jedoch eine politische Einigung über den Vorschlag der Kommission für eine Änderung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme von Juli 2010123 erzielt werden.124 Auch hier bedarf es noch der formalen Annahme durch die zuständigen Unionsorgane. Nach der politischen Einigung müssen in allen Mitgliedstaaten Einlagensicherungssysteme innerhalb von zehn Jahren bis zu einem bestimmten Grenzwert befüllt werden.125 Die Einlagen von Individuen und Unternehmen126 sollen bis zur Höhe von 100.000 € bei einem Bankenausfall geschützt werden und ihre Auszahlung soll zügiger erfolgen. Zudem haben die Einleger zukünftig bessere Informationsrechte über die nationalen Einlagensicherungssysteme. II. Das Verhältnis des ESFS und der EBA zum Einheitlichen Aufsichtsmechanismus und zur EZB als zentraler Bankenaufseherin Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus für Banken ist in das Europäische System der Finanzaufsicht eingepasst worden und lässt dessen Aufsichtsstrukturen im Wesentlichen unangetastet (vgl. Erwägungsgrund (31) SSMVO und Erwägungsgrund (4) EBA-ÄnderungsVO). So hat die EZB ihre Aufgaben „unbeschadet der Zuständigkeiten und Aufgaben der EBA, ESMA, EIOPA und des ESRB“ wahrzunehmen (Art. 3 Abs. 3 SSM-VO und Erwägungsgrund (31) SSM-VO) und ist zu einer engen Zusammenarbeit mit den Teilnehmern des ESFS verpflichtet (Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 SSM-VO und Erwägungsgrund (31) SSM-VO). Was die EBA anbetrifft, kann der Aussage, sie habe „ihre Rolle und all ihre derzeitigen Befugnisse und Aufgaben beibe123  KOM(2010)

368 / 2, S. 2 f. dazu MEMO / 14 / 296 der Kommission v. 15.4.2014. 125  Siehe MEMO / 14 / 296 der Kommission v. 15.4.2014, S. 3: „In principle, the target level for ex ante funds of DGS [Deposit Guarantee Schemes] is 0.8 % of their covered deposits (i. e. about € 55 billion) to be reached within 10 years.“ 126  Ausnahmen gelten für Finanzinstitute und Behörden, wobei kleine lokale Behörden von der Einlagensicherung profitieren sollen. 124  Siehe



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht191

halten“ (Erwägungsgrund (4) EBA-ÄnderungsVO) insoweit zugestimmt werden, als die Behörde durch die Anpassung der EBA-Verordnung an die neue Aufsichtsstruktur in der Eurozone keinen formalen Verlust erlitten hat. Durch die EBA-ÄnderungsVO sind ihre Aufgaben jedoch teilweise erweitert worden, beispielsweise um die Entwicklung eines europäischen Aufsichtshand­ buchs,127 und ihre Befugnisse sind teilweise verschärft worden, was etwa für ihre informatorischen Rechte gegenüber den zuständigen Behörden gilt.128 Zu einem maßgeblichen Bedeutungsgewinn der EBA hat jedoch der Umstand geführt, dass die Behörde nunmehr ihre Aufsichtsbefugnisse auch gegenüber der EZB auszuüben hat, wenn diese ihre Aufgaben der Bankenaufsicht nach der SSM-Verordnung wahrnimmt (Erwägungsgrund (12 S. 1) EBA-ÄnderungsVO). Dies folgt schon aus der Integration der EZB in den Kreis der „zuständigen Behörden“ nach der EBA-Verordnung (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. f) und Art. 4 Abs. 2 lit. i) EBA-VO).129 Zudem sind die Binnenstruktur und die Abstimmungsregeln der EBA angepasst worden, um der neuen Aufsichtsstruktur in der Eurozone und der Rolle der EBA als Aufsichtsbehörde für die gesamte Union Rechnung zu tragen.130

D. Ziele und Aufgaben der EBA I. Ziele der EBA Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde ist dem Ziel verpflichtet, das öffentliche Interesse zu schützen, indem sie für die Wirtschaft der Union, ihre Bürger und Unternehmen einen Beitrag zur Stabilität und Effektivität des Finanzsystems leistet (Art. 1 Abs. 5 UAbs. 1 EBA-VO, vgl. auch Erwägungsgrund (11) EBA-VO). In diesem Sinne soll die EBA dazu beitragen, das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern, die Integrität, Transparenz, Effizienz und das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte zu gewährleisten, die internationale Koordinierung der Aufsicht auszubauen, Aufsichtsarbitrage zu verhindern und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu fördern, die angemessene Regulierung und Beaufsichtigung der Übernahme von Kredit- und anderen Risiken zu gewährleisten und den Verbraucherschutz zu verbessern (Art. 1 Abs. 5 UAbs. 1 lit. a)–f) EBA-VO). Da die 127  Siehe

dazu unten 4. Teil 2. Kap. D. II. 1. dazu unten 4. Teil 3. Kap. D. III. 8.; so auch schon Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2013, S. 27. 129  Welche Folgen dies für das institutionelle Gleichgewicht hat, wird mit Bezug auf die einzelnen Befugnisse der EBA untersucht; siehe dazu unten 4. Teil 3. Kap. D.; das Zusammenwirken von EZB und EBA unterliegt der Überprüfung (vgl. Art. 32 Abs. 1 S. 2 lit. f) SSM-VO). 130  Siehe dazu unten 4. Teil 3. Kap. B. I. und II. 128  Siehe

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

EBA dem Europäischen Systems der Finanzaufsicht angehört, ist sie gleichsam dessen Zielen verpflichtet (vgl. Art. 2 Abs. 1 EBA-VO). Die Zusammenschau der EBA-Ziele verdeutlicht, dass die Europäische Bankenaufsichtsbehörde ein gefahrenabwehrrechtliches und ein verbraucherschutzrechtliches Mandat erhalten hat. II. Aufgaben der EBA Die EBA ist mit einer Vielzahl von Aufgaben im Bereich der Bankenaufsicht betraut, die sie „unabhängig und objektiv und in nichtdiskriminierender Weise im Interesse der Union als Ganzes“ wahrzunehmen hat (Art. 1 Abs. 5 UAbs. 4 EBA-VO). Bei ihrer Aufgabenerfüllung soll die Behörde ihre Befugnisse vollumfänglich ausschöpfen und der Diversität, den Geschäftsmodellen und der Größe der Kreditinstitute umfassend Rechnung tragen (Art. 8 Abs. 1a lit. a) und b) EBA-VO und Erwägungsgrund (6) EBA-ÄnderungsVO; siehe auch Art. 8 Abs. 2a EBA-VO). 1. Erarbeitung eines single rulebooks und Entwicklung eines europäischen Aufsichtshandbuchs Die EBA steht im Dienste der Harmonisierung des europäischen Bankenaufsichtsrechts (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. a) EBA-VO, wonach die EBA „einen Beitrag zur Festlegung qualitativ hochwertiger gemeinsamer Regulierungsund Aufsichtsstandards und -praktiken“ leistet).131 Zu ihren Kernaufgaben zählt es, eine führende Rolle bei der Erarbeitung eines single rulebooks132, also eines einheitlichen Regelwerkes für den Finanzsektor in der Europäischen Union, zu übernehmen. Dieser Aufgabe kommt die EBA vor allem durch die Ausarbeitung von Leitlinien, Empfehlungen und Entwürfen für technische Regulierungs- und Durchführungsstandards nach, sowie durch die Abgabe von Stellungnahmen für die Organe der Union.133 Für die kommenden Jahre wird sich die EBA bei dieser Tätigkeit vor allem auf den CRD IV / CRR-Rechtsrahmen und das europäische Regime für die krisenbedingte Sanierung und Abwicklung von Banken konzentrieren.134 Im Zuge der Errichtung der Bankenunion und der Änderung der EBAVerordnung ist die Bankenaufsichtsbehörde mit der Entwicklung eines eu131  Kohtamäki,

Reform, 2012, S. 173 f. Begriff des „single rulebooks“ wird nicht legaldefiniert. Er wurde vom Europäischen Rat im Jahre 2009 geprägt. 133  Vgl. unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 1. und 2. und III. 6. 134  Siehe zum gemeinsamen Regime der Sanierung und Abwicklung von Banken oben 4. Teil 2. Kap. C. I. 2. b). 132  Der



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht193

ropäischen Aufsichtshandbuches für die Beaufsichtigung von Finanzinstituten in der gesamten Union betraut worden (Art. 8 Abs. 1 lit. aa) und Art. 29 Abs. 2 EBA-VO). Dieses Handbuch soll in stets aktueller Form bewährte Verfahren in Bezug auf Aufsichtsmethoden und -prozesse aufführen und sämtliche Materien abdecken, die in den Zuständigkeitsbereich der EBA fallen.135 Angestrebt ist, dass im Aufsichtshandbuch die Kriterien und Methoden für die Risikobewertung, frühzeitige Warnungen und die Kriterien für Aufsichtsmaßnahmen erläutert werden (Erwägungsgrund (7) EBA-ÄnderungsVO). Im Gegensatz zum single rulebook, das mit den technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards auch rechtsverbindliche Rechtsakte enthält, soll das Handbuch keine rechtliche Bindung erzeugen. Jedoch legt die EBA-Verordnung den zuständigen Behörden die Verwendung des Handbuchs nahe (vgl. Erwägungsgrund (7) EBA-VO. 2. Schaffung einer gemeinsamen Aufsichtskultur Die Entwicklung eines europäischen Aufsichtshandbuchs trägt maßgeblich zur Schaffung einer gemeinsamen Aufsichtskultur bei, durch die Behörde einen Beitrag zur kohärenten Anwendung der verbindlichen Unionsrechtsakte leistet (Art. 8 Abs. 1 lit. b) EBA-VO und Erwägungsgrund (40) EBA-VO; Art. 29 Abs. 2 UAbs. 2 EBA-VO). Um diese „gemeinsame Aufsichtskultur“ zu etablieren, fördert die EBA beispielsweise den bi- und multilateralen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden, führt sektorspezifische und sektorübergreifende Schulungsprogramme durch und erleichtert den Personalaustausch zwischen den zuständigen Behörden (Art. 29 Abs. 1 lit. b) und lit. e) EBA-VO). Der Schaffung einer „gemeinsamen Aufsichtskultur“ dienen auch die von der EBA an die zuständigen Behörden abgegebenen Stellungnahmen (Art. 29 Abs. 1 lit. a) EBA-VO). Mit diesen hat die Behörde bereits mehrfach „good practices“ in Bezug auf bestimmte Themen festgelegt wie dem „ETF Risk Management“136 und dem „Responsible Mortgage Lending“137.

135  Berücksichtigungskriterien sind insbesondere die sich verändernde Geschäftspraxis und sich verändernde Geschäftsmodelle der Finanzinstitute (Art. 8 Abs. 1 lit. aa) EBA-VO). 136  „Opinion of the EBA on Good Practices for ETF Risk Management“ v. 7.3.3013; die „good practices“ sollen eine Anleitung für die Beurteilung und den Umgang mit Exchange Traded Funds auf Bankenebene sein. 137  „Opinion of the EBA on Good Practices for Responsible Mortgage Lending“ v. 13.6.2013; die „good practices“ sollen sicherstellen, dass potenzielle Risiken, die mit dem Hypothekarkreditgeschäft verbunden sind, adäquat gehandthabt werden.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

3. Förderung der Delegation von Aufgaben und Pflichten und Durchführung vergleichender Analysen Um das effiziente Funktionieren des ESFS zu unterstützen und vor allem um Parallelstrukturen zu beseitigen (Erwägungsgrund (39) EBA-VO), fördert und erleichtert die EBA die Delegation von Aufgaben und Pflichten zwischen den zuständigen Behörden (Art. 8 Abs. 1 lit. c) und Art. 28 Abs. 2 EBA-VO). Hierzu obliegt ihr die Ermittlung jener Aufgaben und Pflichten, die delegiert oder gemeinsam erfüllt werden können und die Förderung empfehlenswerter Praktiken (Art. 28 Abs. 2 EBA-VO). Die „bewährten Praktiken“ der zuständigen Behörden ermittelt und veröffentlicht die Europäische Bankenaufsichtsbehörde auch im Zuge der von ihr zu organisierenden und durchzuführenden vergleichenden Analysen der zuständigen Behörden (Art. 8 Abs. 1 lit. e), Art. 30 Abs. 4 EBA-VO). Diese Analysen zielen auf eine größere Angleichung der Aufsichtsergebnisse und erfolgen anhand verschiedener Bewertungsmaßstäbe. Zu diesen zählen beispielsweise die Verwendung des europäischen Aufsichtshandbuchs (Erwägungsgrund (7) EBA-VO), das bereits erreichte Angleichungsniveau des europäischen Bankenaufsichtsrechts, die Angemessenheit der Regelungen hinsichtlich der Ausstattung und Leitung der zuständigen Behörden und ihrer Fähigkeit, auf Marktentwicklungen zu reagieren sowie die vorbildlichen Verhaltensweisen (Art. 30 Abs. 2 lit. a)–d) EBA-VO).138 Im November 2013 hat die EBA ihren ersten „Peer Review Bericht“ über die Umsetzung ihrer Leitlinien zur Durchführung von Stresstests veröffentlicht.139 Ist die EBA aufgrund der Ergebnisse der vergleichenden Analyse der Auffassung, dass eine Gesetzesinitiative erforderlich ist, um eine weitere Angleichung des Aufsichtsrechts zu gewährleisten, legt die Behörde der Kommission eine Stellungnahme vor (Art. 30 Abs. 3a EBA-VO). 4. Verbraucherschutzrechtliche Aufgaben Das starke verbraucherschutzrechtliche Mandat der EBA wird durch eine Vielzahl von Aufgaben in der EBA-Verordnung konkretisiert (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. h) EBA-VO und Art. 9 EBA-VO). So soll die Behörde eine „Führungsrolle bei der Förderung von Transparenz, Einfachheit und Fairness auf dem Markt für Finanzprodukte beziehungsweise -dienstleistungen für Verbraucher im Binnenmarkt“ übernehmen (Art. 9 Abs. 1 EBA-VO). Der Ver138  Vgl. Kohtamäki, Reform, 2012, S. 174; der Veröffentlichung unterliegen jedoch nur die „bewährten Praktiken“ (Art. 30 Abs. 4 EBA-VO). 139  Vgl. den „Report on the peer review of the EBA Stress Testing Guidelines (GL 32)“ v. 12.11.2013.



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht195

braucherschutz wird auch im Arbeitsprogramm der EBA für das Jahr 2014 als einer der Bereiche identifiziert, in dem die Behörde verstärkt tätig werden soll.140 Da der Verbraucherschutz auch im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus in der Zuständigkeit der nationalen Behörden verblieben ist (vgl. Erwägungsgründe (28) und (29) SSM-VO) wird sich die EBA vor allem in diesem Bereich unionsweit und gegenüber der EZB profilieren können. Der ihr übertragenen Aufgabe, Verbrauchertrends zu untersuchen und über sie zu berichten (Art. 9 Abs. 1 lit. a) EBA-VO), kommt die Behörde vor allem über die Veröffentlichung von Verbraucherschutzberichten nach.141 Darüber hinaus hat die EBA Initiativen der zuständigen Behörden zur Vermittlung von Wissen und Bildung über Finanzfragen zu überprüfen und zu koordinieren, Ausbildungsstandards für die Wirtschaft zu konzipieren und zur Entwicklung allgemeiner Offenlegungsvorschriften beizutragen (Art. 9 Abs. 1 lit. a)–d) EBA-VO). Über einen „Consumer Corner“ auf ihrer Website veröffentlicht die EBA verbraucherschutzrechtlich relevante Informationen, Hinweise und Warnungen und erläutert das mögliche Vorgehen auf dem Beschwerdeweg, falls Verbraucher mit Dienstleistungen oder Produkten eines Finanz- oder Kreditinstituts nicht zufrieden sind. Nachdem die EBA bereits 2012 einen „Day on Consumer Protection“ abgehalten hat, folgten zwei weitere in den Jahren 2013 und 2014, die von allen drei ESA über den Gemeinsamen Ausschuss veranstaltet wurden. Die Verbraucherschutztage dienen dem Austausch und der Beratung über Verbraucherschutzangelegenheiten und -entwicklungen im Finanzsektor. Als „Wächterin des Marktes“142 hat die EBA zudem neue und bereits bekannte Finanztätigkeiten zu überwachen (Art. 9 Abs. 2 EBA-VO). Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an der Schnittstelle zwischen Verbraucherschutz und neuen oder innovativen Finanztätigkeiten wird die EBA von einem Ausschuss für Finanzinnovationen unterstützt, der einen integralen Bestandteil der EBA bildet (Art. 9 Abs. 4 EBA-VO).143 5. Koordinator- und Informationsfunktion der EBA Ihrer Koordinatorfunktion zwischen den zuständigen Behörden und der Förderung eines abgestimmten Vorgehens auf Unionsebene (vgl. Art. 31 140  Vgl.

das Arbeitsprogramm 2014 der EBA v. 30.9.2013, S. 8 f. (Rn. 26 ff.). z. B. den „EBA Consumer Trends Report 2014“ v. 28.02.2014. 142  Zur Ausgabe von Warnungen (vgl. Art. 9 Abs. 3 EBA-VO) und dem vorübergehenden Verbot bzw. der vorübergehenden Beschränkung von Finanztätigkeiten (Art. 9 Abs. 5 EBA-VO) sogleich unten 4. Teil 3. Kap. D. III. 2. und 3. 143  Vgl. „Financial Innovation and Consumer Protection. An overview of the objectives and work of the EBA’s Standing Committee on Financial Innovation (SCFI) in 2011 / 2012“ v. 1.2.2012. 141  Vgl.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

EBA-VO) kommt die EBA vor allem über die Zentralisierung und den Austausch von Informationen, die Wahrnehmung einer nicht bindenden Vermittlertätigkeit und die unverzügliche Unterrichtung des ESRB, des Rates und der Kommission über einen potentiellen Krisenfall nach (Art. 31 Abs. 2 lit. a)–f) EBA-VO). Gegenüber der Öffentlichkeit obliegt der EBA eine Informationsfunktion im Hinblick auf ihren Tätigkeitsbereich und insbesondere bezüglich registrierter Finanzinstitute. Wahrzunehmen hat sie diese Funktion vor allem mit Hilfe ihre Website (Art. 8 Abs. 1 lit. k) EBA-VO). Auf dieser unterhält die EBA beispielsweise ein Register über zugelassene Kreditinstitute (vgl. Art. 20 Abs. 2 CRD IV)144 und stellt Internetlinks zu den entsprechenden Registern der nationalen Aufsichtsbehörden zur Verfügung. 6. Überwachung und Bewertung von Marktentwicklungen Als Kernaufgabe obliegt es der EBA auch, Marktentwicklungen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, zu überwachen und zu bewerten und die beiden anderen ESA, den ESRB sowie die politischen EU-Organe über einschlägige Trends im Rahmen der Mikroaufsicht, über potenzielle Risiken und Schwächen zu unterrichten (Art. 8 Abs. 1 lit. f) und g) und Art. 32 Abs. 1 EBA-VO).145 Dieser Aufgabe kommt die EBA vor allem über sog. „Risk Assessment Reports“ nach, wie dem im Januar 2013 veröffentlichten Bericht über das „Risk Assessment of the European Banking System“.146 Der unionsweiten Bewertung der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten bei ungünstigen Marktentwicklungen dienen auch die unionsweiten Stresstests für Banken, welche die EBA zu veranlassen und zu koordinieren hat und in denen die Beurteilung des Systemrisikos147 eine bedeutende Rolle spielt (Erwägungsgrund (43) EBA-VO, Art. 8 Abs. 1 lit. i), Art. 21 Abs. 2 UAbs. 3 lit. b), Art. 22 Abs. 1–3, Art. 23 Abs. 1–2, Art. 32 Abs. 2 EBA-VO). Nachdem die EBA ihre ersten beiden Stresstests im Jahre 2011 durchgeführt hat,148 erfolg144  Vgl. „Decision of the Board of Supervisors establishing the EBA Credit Institution Register“, EBA BoS 2013 432, 03 December 2013. 145  Zudem obliegt es der EBA, im Rahmen ihrer Befugnisse die Konvergenz der aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsverfahren in Übereinstimmung mit der CRD IV zu fördern (Art. 20a EBA-VO). 146  Siehe auch den „Report on Risks and Vulnerabilities of the European Banking System“ von Juli 2012 und den im März 2013 vom Gemeinsamen Ausschuss veröffentlichten „Report on Risks and Vulnerabilities in the EU Financial System“. 147  Zum Verständnis des „Systemrisikos“ der EBA-VO vgl. Erwägungsgrund (15) EBA-VO. 148  Dazu ausf. unten 4. Teil 3. Kap. D. III. 4.



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht197

te ein weiterer im Frühjahr / Sommer 2014.149 Dieser Test war für das Jahr 2013 geplant, ist jedoch um ein Jahr verschoben worden. Grund hierfür war eine Bilanzbewertung der größten Finanzinstitute in der Eurozone, welche die EZB zur Vorbereitung der Übernahme ihrer Aufsichtstätigkeit im SSM zum 4. November 2014 durchgeführt hat (vgl. Art. 33 Abs. 4 SSM-VO). Der Überwachung und Bewertung von Marktentwicklungen dient auch das „Basel III-Monitoring“ der EBA. Seit Juni 2011 beobachtet und bewertet die Behörde die Folgen der Umsetzung des Basel III-Regelwerks auf sich freiwillig an dem Monitoring beteiligende Banken in der EU und veröffentlicht die Ergebnisse in aggregierter Form.150 7. Einbindung der EBA in die Sanierungsund Abwicklungsplanung für Finanzinstitute Die EBA ist zudem aktiv in die Entwicklung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen für Finanzinstitute einbezogen (Art. 8 Abs. 1 lit. i) und Art. 25 EBA-VO). Insofern hat sie bereits eine Empfehlung zu Sanierungsplänen abgegeben,151 sich mit Stellungnahmen in den Prozess zur Schaffung des Regelwerks für die Sanierung und Abwicklung von Banken152 und anderen Finanzinstituten eingebracht und zu diesem Zweck Entwürfe technischer Standards zu Abwicklungsplänen153 entwickelt. Mit Inkrafttreten der BRRD wird die EBA vor allem eine wichtige Koordinationsrolle im Bereich der Abwicklungsplanung durch die nationalen Abwicklungsbehörden wahrnehmen. Neben dem Bereich der Sanierung und Abwicklung von Banken soll die EBA auch an der Stärkung des Europäischen Systems der nationalen Einlagensicherungssysteme mitwirken (Art. 8 Abs. 2 lit. i) EBAVO und Art. 26 EBA-VO).154

149  Vgl. die Presseerklärung der EBA „EBA publishes common methodology and scenario for 2014 EU-banks stress test“ v. 29.4.2014. 150  Vgl. die Basel III-Monitoring Reports v. 4.4.2012, 27.9.2012 und 19.3.2013 und den Bericht „Basel III Monitoring Exercise – Results based on data as of 30 June 2013“ v. 6.3.2014 der Impact Study Group. 151  „Recommendation on the development of recovery plans“ v. 23.01.2013 (EBA / REC / 2013 / 02). 152  „Opinion of the European Banking Authority of 3 March 2011 on the European Commission’s Services consultation ‚Technical Details of a Possible EU Framework for Bank Recovery and Resolution‘ “. 153  Z. B. befinden sich die „Regulatory Technical Standards on the content of recovery plans“ gerade in der Entwicklung der EBA. 154  Siehe zur BRRD und zu den harmonisierten Regeln für die Einlagensicherung oben 4. Teil 2. Kap. C. I. 2. b) und c).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

8. Beteiligung an den Aufsichtskollegien Die EBA ist in die Strukturen der Aufsichtskollegien integriert und fördert deren effizientes Funktionieren und die kohärente Anwendung des Unionsrechts innerhalb der Kollegien (Art. 8 Abs. 1 lit. b) und lit. i), Art. 21 EBA-VO, Erwägungsgrund (36) EBA-VO).155 Wenn es um die Angleichung der bewährten Aufsichtspraktiken geht, fördert die EBA gemeinsame Aufsichtspläne und gemeinsame Prüfungen. Ihren Mitarbeitern steht das Recht zu, sich an den Aktivitäten der Kollegien zu beteiligen und selbst an Vorort-Prüfungen der zuständigen Behörden teilzunehmen (Art. 21 Abs. 1 S. 2 EBA-VO). Die vom CEBS entwickelten Leitlinien156, die das Funktionieren der Aufsichtskollegien verbessern sollen und die derzeit noch gültig sind, werden durch technische Standards ersetzt, welche die EBA unter der CRD IV und der CRR entwickelt.157 Eine Führungsrolle kommt der EBA zu, wenn es um die Sicherstellung des kohärenten Funktionierens der Aufsichtskollegien für in der Union grenzüberschreitend tätige Institute geht. Hier hat die Behörde das Systemrisiko zu berücksichtigen und kann gegebenenfalls Kollegiumssitzungen einberufen (Art. 21 Abs. 2 UAbs. 1 EBAVO). 9. Enge Zusammenarbeit mit dem ESRB Zu den Aufgaben der EBA zählt auch die enge Zusammenarbeit mit dem ESRB. Diese hat sich vor allem in der Übermittlung von Informationen und der Sicherstellung angemessener Folgemaßnahmen für die Warnungen und Empfehlungen des ESRB durch die EBA zu verwirklichen (Art. 8 Abs. 1 lit. d), Art. 36 EBA-VO, Erwägungsgrund (47) EBA-VO). Um die Vertraulichkeit von Informationen zu schützen, die der ESRB auf ad hoc-Basis von den ESA fordert (vgl. Art. 15 ESRB-VO), haben der ESRB und die ESA Ende November 2011 eine Vereinbarung158 getroffen, durch die Prinzipien und Maßnahmen für den Austausch, die Aufbewahrung und den Zugang zu Informationen festgelegt werden, die einzelne Finanzinstitute identifizierbar machen. 155  Siehe

zur Rolle der EBA in den Aufsichtskollegien Art. 21 EBA-VO. for the operational functioning of colleges (GL34) v. 15.6.2010“ und „Guidelines for the joint assessment and joint decision regarding the capital adequacy of cross-border groups (GL39)“ v. 22.12.2010. 157  Vgl. die „Draft Implementing Technical Standards on joint decisions on institution-specific prudential requirements“ der EBA v. 13.12.2013. 158  „Agreement between the European Banking Authority and the European Insurance and Occupational Pension Authority and the European Securities and Markets Authority and the Systemic Risk Board“ v. 25.11.2011. 156  „Guidelines



2. Kap.: Die EBA als Akteurin der europäischen Bankenaufsicht199

10. Einbindung in das internationale Aufsichtssystem Die EBA ist zudem in das internationale Aufsichtssystem eingebunden und kann mit Aufsichtsstellen, internationalen Organisationen und den Verwaltungen aus Drittländern Kontakte knüpfen und Verwaltungsvereinbarungen schließen (Art. 33 Abs. 1 EBA-VO, Erwägungsgrund (44) EBA-VO). Hintergrund hierfür ist vor allem die zunehmend globalere Dimension von Finanzdienstleistungen und das mit ihr einhergehende Bedürfnis nach internationalen Aufsichtsstandards. Mit einer verbraucherschutzrechtlichen Zielsetzung hat sich die EBA beispielsweise Anfang des Jahres 2013 an die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) gewandt und auf mögliche Missbrauchsgefahren hingewiesen, die aus der Einführung der Top Level Domains ‚.bank‘ und ‚.fin‘ resultieren können. Auch die EZB ist zur Aufnahme und Unterhaltung internationaler Beziehungen im Hinblick auf die ihr durch die SSM-VO übertragenen Aufgaben berechtigt. Jedoch darf sie hierbei nicht die internationale Rolle der EBA duplizieren und hat sich daher mit dieser „angemessen“ abzustimmen (Art. 8 SSM-VO und Erwägungsgrund (80) SSM-VO). 11. Erweiterung der Aufgaben der EBA Die Gründungsverordnung normiert die Aufgaben der EBA nicht abschließend. Vielmehr enthält sie eine Öffnungsklausel, die eine Aufgabenerweiterung durch andere Gesetzgebungsakte der Union ermöglicht (Art. 8 Abs. 1 lit. j) EBA-VO). Daher ergibt sich das Gesamtbild der Aufgaben der EBA erst aus einer Gesamtschau der EBA-(„Rahmen-“)Verordnung mit weiteren EUGesetzgebungsakten, die der EBA Aufgaben übertragen. Zu einer erheblichen Ausweitung der Aufgaben der EBA hat das Regelwerk CRD IV geführt (vgl. nur Erwägungsgrund (28) CRR und Erwägungsgrund (8) CRD IV).

E. Der materiell-rechtliche Rahmen für die Tätigkeit der EBA Der materiell-rechtliche Rahmen für die Tätigkeit der EBA wird im Wesentlichen von Art. 1 Abs. 2 S. 1 EBA-VO i. V. m. mit den dort genannten Unionsrechtsakten abgesteckt. Danach wird die EBA im Anwendungsbereich der CRD IV und der CRR, der Finanzkonglomeratsrichtlinie159, der Verordnung über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei 159  RL 2002 / 87 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.12.2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats (…), ABl. Nr. L v. 11.2.2003, S. 1.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Geldtransfers160 und der Richtlinie über Eigenkapitalsicherungssysteme161 tätig. Unter der Maßgabe, dass sich die Rechtsnormen auf Kredit- und Finanzinstitute und die sie beaufsichtigenden nationalen Behörden beziehen, erstreckt sich der Tätigkeitsbereich der EBA auch auf die einschlägigen Teile der Geldwäscherichtlinie162, der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher163, der Zahlungsdiensterichtlinie164 und der Richtlinie über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten165. Die EBA-Verordnung erweitert das Tätigkeitsfeld der Bankenaufsichtsbehörde auch um alle Richtlinien, Verordnungen und Beschlüsse, die sich von den vorgenannten Rechtsakten ableiten und um alle weiteren verbindlichen Unionsrechtsakte, die eine Aufgabenübertragung an die EBA vorsehen (Art. 1 Abs. 2 S. 1 EBA-VO). Die Behörde ist dazu verpflichtet, in Übereinstimmung mit der SSM-VO zu handeln (Art. 1 Abs. 2 S. 2 EBA-VO). Zudem vermittelt die EBA-Verordnung der Agentur das Recht, in den Tätigkeitsbereichen von Kreditinstituten, Finanzkonglomeraten, Wertpapierfirmen, Zahlungsinstituten und E-Geld-Instituten im Zusammenhang mit Fragen tätig zu werden, die nicht unmittelbar von den in Art. 1 Abs. 2 EBAVO aufgeführten Rechtsakten abgedeckt sind, wenn eine Handeln der EBA erforderlich ist, um die wirksame und kohärente Anwendung dieser Rechtsakte sicherzustellen (Art. 1 Abs. 3 EBA-VO). Art. 1 Abs. 2 und 3 der EBAVerordnung beinhalten also die Möglichkeit, den materiell-rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit der EBA stetig zu erweitern. Im Schwerpunkt wird die EBA auf der Grundlage der CRR und der CRD IV tätig, was vor allem hinsichtlich der Entwürfe technischer Standards gilt.166

160  VO (EG) Nr. 1781 / 2006 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.11.2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers, ABl. Nr. L 345 v. 8.12.2006, S. 1. 161  RL 94 / 19 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.5.1994 über Einlagensicherungssysteme, ABl. Nr. L 135 v. 31.5.1994, S. 5. 162  RL 2005 / 60 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl. Nr. L 309 v. 25.11.2005, S. 15. 163  RL 2002 / 65 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (…), ABl. Nr. L 271 v. 9.10.2002, S. 16. 164  RL 2007 / 64 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, ABl. Nr. L 319 v. 5.12.2007, S. 1. 165  RL 2009 / 110 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.9.2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (…), ABl. Nr. L 267 v. 10.10.2009, S. 7. 166  Vgl. unten 4. Teil 3. Kap. D. II. 1.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts201

3. Kapitel

Die Vereinbarkeit der Errichtung der EBA mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts Im folgenden Kapitel wird zunächst die Verbandskompetenz der Union zur Gründung der EBA untersucht. Sodann wird die zentrale Frage der Vereinbarkeit der Errichtung der EBA mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts beleuchtet. Hierfür wird zunächst analysiert, inwiefern die EBA von den Unionsorganen unabhängig ist. Denn diese Unabhängigkeit ist mit der Art und dem Umfang der an die EBA delegierten Befugnisse in Beziehung zu setzen, wenn es um die Beurteilung des Bestehens eines „ausreichenden Kontrollniveaus“ der EBA durch die Unionsorgane geht. In das Zentrum der Analyse rücken daher die Steuerungsmöglichkeiten der Unionsorgane über die Binnenorganisation der EBA und ihre externen Kontrollmöglichkeiten.

A. Kompetenz der Union zur Errichtung der EBA I. Verbandskompetenz der Union zur Errichtung der EBA 1. Art. 114 AEUV Der Unionsgesetzgeber hat die Errichtung der EBA auf die Binnenmarktkompetenz des Art. 114 AEUV gestützt. a) Rechtsetzung der Union im Bereich der Bankenaufsicht Die Harmonisierung im Bereich der Bankenaufsicht war in der Europäischen Union zwar maßgeblich durch die einheitlichen Regelwerke Basel I und Basel II vorgeprägt.167 Sie erfolgte jedoch über Richtlinien und damit über ein Instrument, das einen mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraum eröffnet. Als Resultat bildeten sich in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Aufsichtsregeln und eine inkohärente Auslegungs- und Anwendungspraxis im Bereich der Bankenaufsicht heraus.168 Die Rechtsetzungstätigkeit der Union auf der Grundlage des Art. 114 AEUV erfordert jedoch auch, dass 167  Vgl.

oben 4. Teil 2. Kap. A. II. Larosière-Bericht, 2009, S. 30 f. Rn. 99 ff.; KOM(2009) 501 endg., S. 14, Erwägungsgrund (6); Kohtamäki, Reform, 2012, S. 157 f.; Sohn, CEP-Gutachten v. 6.7.2009, S. 2; H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 56. 168  De

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

aus dem Harmonisierungsrechtsakt objektiv und tatsächlich deutlich wird, dass er auf die Verbesserung der Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zielt (objektiver Zweck).169 Eine derartige Zwecksetzung lässt sich schon Erwägungsgrund (11) der EBAVerordnung entnehmen, wonach die Behörde an der Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarktes mitwirken soll, indem sie ein hohes, wirksames und kohärentes Regulierungs- und Beaufsichtigungsniveau gewährleistet. Hierdurch sollen insbesondere der Zugang zum Markt erleichtert und Wettbewerbsverzerrungen abgebaut werden.170 Art. 114 AEUV trägt schließlich auch vorbeugende Maßnahmen, das heißt solche, die zu erwartende Anwendungsdivergenzen rechtsharmonisierend von vornherein vermeiden sollen.171 b) Errichtung der EBA Zieht man wie der Unionsgesetzgeber (vgl. Erwägungsgrund (17) EBAVO) die ENISA-Kriterien172 heran, um die Zulässigkeit einer Agenturgründung am Maßstab des Art. 114 AEUV zu messen, wird die Errichtung der EBA von Art. 114 AEUV gestützt.173 Denn der Rat und das Parlament hielten die Errichtung der EBA nach ihrer eigenen Sachwürdigung für erforderlich, um zur Verwirklichung des Harmonisierungsprozesses beizutragen (vgl. Erwägungsgrund (17) EBA-VO). Diesen Beitrag soll die EBA vor allem dadurch leisten, dass sie den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden bei der kohärenten Auslegung und Anwendung des Bankenaufsichtsrechts der Union Hilfe leistet und an der Finanzstabilität mitwirkt (Erwägungsgrund (17) EBA-VO). Zudem besteht ein „enger Zusammenhang“ zwischen den Aufgaben der EBA und den Bereichen, an welche die Rechtsakte zur Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Rechts- und Verwaltungs169  EuGH, Urt. v. 6.12.2005, Vereinigtes Königreich . / . Europäisches Parlament und Rat, Rs. C-66 / 04, Slg. I-2005 Rn. 44; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 158; H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 57. 170  Frenz / Ehlenz, EuZW 2011, 623 (626); Lehmann / Manger-Nestler, EuZW 2010, 87 (88); H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 58; Sohn, CEP-Gutachten v. 6.7.2009, S. 3; siehe auch Partsch, ZBB 2010, 72 (75). 171  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 158; H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 58; Sohn, CEP-Gutachten v. 6.7.2009, S. 3. 172  Dazu oben 3. Teil 2. Kap. C. I. 2. b). 173  Michel, DÖV 2011, 728 (729  f.); Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (12); Kohtamäki, Reform, 2012, S. 159; Pötzsch, in: FS Hopt, 2010, S. 2371; siehe mit Bezug zu den Befugnissen der ESMA nach Art. 28 LeerverkaufsVO auch Schlussanträge GA Jääskinen v. 12.9.2013, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, BeckRS 81781 Rn. 27 ff. und 35 ff.; EuGH, Urt. v. 22.1.2014, Vereinigtes Königreich . / . Rat und Parlament, Rs. C-270 / 12, NJW 2014, 1359 (1362 f.).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts203

vorschriften anknüpfen.174 Die Aufgaben der EBA, wie die Mitwirkung an der Festlegung qualitativ hochwertiger gemeinsamer Regulierungs- und Aufsichtsstandards und -praktiken (Art. 8 Abs. 1 lit. a) EBA-VO), sind nämlich in den materiell-rechtlichen Rahmen der Finanzmarktrichtlinien der Union (vgl. Art. 1 Abs. 2 EBA-VO) eingebettet. Die EBA hat jedoch – genauso wie die ESMA und die EIOPA – weitreichende Befugnisse zum Erlass von verbindlichen Beschlüssen im Einzelfall, die mit weiten eigenen Gestaltungsspielräumen einhergehen.175 Die Kontroverse um die Tauglichkeit des Art. 114 AEUV für die Gründung von Agenturen, die über Verwaltungsbefugnisse verfügen, und die Maßgeblichkeit der ENISA-Rechtsprechung für die Gründung derartiger Agenturen hat mit der Schaffung der ESA neue Dynamik erhalten. Unter Hinweis darauf, dass die Errichtung der ESA mit Verwaltungsbefugnissen keine Angleichung des mitgliedstaatlichen Rechts bewirke, wird die Errichtung der drei europäischen Behörden der Finanzmarktaufsicht auf der Grundlage des Art. 114 AEUV teilweise abgelehnt.176 Art. 114 AEUV kann jedoch die Errichtung von Agenturen tragen, wenn man die Anforderungen der ENISA-Rechtsprechung verschärft.177 Die Gründung der EBA hält auch diesen restriktiveren Maßstäben stand. Die normalerweise unvermeidlichen Ungleichmäßigkeiten im Verwaltungsvollzug der Mitgliedstaaten sind im Bereich der Bankenaufsicht nicht hinnehmbar, da ihnen das Potential innewohnt, die Finanzmarktstabilität in der gesamten Union zu gefährden. Dies hat schon die Finanzmarktkrise der Jahre 2007 / 2008 gezeigt, die unter anderem auf das Fehlen einer konsistenten EU-weiten Bankenaufsichtspraxis zurückzuführen ist.178 Es besteht daher ein „dringendes Bedürfnis eines gemeinschaftsweiten einheitlichen Vollzugs“ im Bereich der Bankenaufsicht.179 174  Häde, EuZW 2011, 662 (663); Kohtamäki, Reform, 2012, S. 159; Michel, DÖV 2011, 728 (729 f.); Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (12); H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 58 f.; so i. E. auch Pötzsch, in: FS Hopt, 2010, S. 2371 ff.; zur ESMA Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 104; Moloney, CMLR 47 (2010), 1317 (1341); insoweit zustimmend, aber i. E. ablehnend Häde, EuZW 2011, 662 (663). 175  Dazu ausf. unten 4. Teil 3. Kap. D. III 1. 176  Z. B. Fahey, MLR 74 (2011), 581 (594 f.); Häde, EuZW 2011, 662 (663), der selbst die Errichtung der ESA auf der Grundlage des Art. 352 AEUV anzweifelt; krit. auch Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1283), der zumindest für die Errichtung der mit der Regulierung von Ratingagenturen betrauten ESMA die Heranziehung von Art. 352 AEUV für „aufrichtiger“ erachtet; krit. auch Moloney, CMLR 47 (2010), 1317 (1341); dies., EBOR 12 (2011), 41 (71 f.). 177  Siehe dazu oben 3. Teil 2. Kap. C. I. 2. b). 178  Siehe de Larosière-Bericht, 2009, S. 46 f. Rn. 160; zum fehlenden kohärenten Regulierungsrahmen, ebd., S. 30 ff. Rn. 99 ff. 179  Michel, DÖV 2011, 728 (730).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Auch die EBA-ÄnderungsVO, welche die Abstimmungsregeln und die Binnenstruktur der EBA vor dem Hintergrund der neuen Aufsichtsstruktur im Euroraum modifiziert, daneben jedoch die Aufgaben der EBA teilweise auch erweitert und ihre Befugnisse zum Teil verschärft, wird von Art. 114 AEUV gestützt, der zu ihrem Erlass herangezogen wurde.180 2. Subsidiarität der Art. 115 und Art. 352 AEUV Da Art. 114 AEUV die Gründung der EBA trägt, scheidet Art. 115 AEUV als Errichtungsgrundlage aus, da diese Vorschrift eine „subsidiäre Auffangnorm“ im Verhältnis zu Art. 114 AEUV ist.181 Auch die Vertragsergänzungsklausel des Art. 352 AEUV ist gegenüber Art. 114 AEUV subsidiär, sodass sie im Falle der EBA nicht als Errichtungsgrundlage in Betracht kommt.182 3. Subsidiaritätsprinzip Die Gründung der EBA ist auch am Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 EUV) zu messen, da der Unionsgesetzgeber mit der Aktivierung der Binnenmarktkompetenz in einem Bereich geteilter Zuständigkeit tätig geworden ist (Art. 4 Abs. 2 lit. a) AEUV). Für die Verwirklichung der mit der EBA-Verordnung verbundenen Ziele, nämlich der Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarktes (Erwägungsgrund (66) EBA-VO), haben die Mitgliedstaaten keine ausreichende Leistungsfähigkeit. Dies hat die Finanzmarktkrise der Jahre 2007 / 2008 offenbart.183 Die Überforderung der Mitgliedstaaten resultiert vor allem aus der grenzüberschreitenden Verknüpfung von Finanzinstituten und Finanzmärkten.184 Das Tätigwerden der EBA verspricht einen qualitativen Mehrwert,185 da die Aufgaben der Behörde auch die grenzüberschreitende Koordinierung der Aufsichtstätigkeit (vgl. Art. 31 EBA-VO) und die Überwachung der korrekten Auslegung und Anwendung des betreffenden Unionsrechts (vgl. Art. 17 EBA-VO) umfas180  So auch schon K. Peters, WM 2014, 396 (399 m. w. N.), nach der die EBAÄnderungsVO jedoch „nur die Verfahrensmodalitäten innerhalb der EBA an die neue Aufsicht an[passt]“. 181  Fischer, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 115 AEUV Rn. 1; Kahl, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 115 Rn. 3. 182  Sohn, CEP-Gutachten v. 6.7.2009, S. 4; siehe jedoch auch Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1283). 183  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 161; a. A. Fahey, MLR 74 (2011), 581 (592). 184  H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 59 f. 185  A. A. Fahey, MLR 74 (2011), 581 (592).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts205

sen.186 Daher sind die Ziele, die mit der EBA-Verordnung verfolgt werden, wegen des Umfangs der Maßnahmen besser auf Unionsebene zu verwirklichen (vgl. Erwägungsgrund (66) EBA-VO). Für die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips spricht zudem, dass der Unionsgesetzgeber mit dem ESFS einen dezentralen Ansatz gewählt hat, bei dem die Aufgaben der laufenden Aufsicht über Finanzinstitute auf mitgliedstaatlicher Ebene verbleiben.187 Nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist der Unionsgesetzgeber jedoch seiner Pflicht, die Errichtung der EBA in der Gründungsverordnung mit Blick auf das Subsidiaritätsprinzip zu rechtfertigen.188 Er hat es insoweit bei der bloßen Feststellung der Vereinbarkeit bewenden lassen (vgl. Erwägungsgrund (66) EBA-VO). Dies setzt leider eine Tradition bei der Errichtung von Agenturen fort (vgl. nur die Erwägungsgründe (130) REACH-VO, (23) VO (EG) Nr. 1922 / 2006, (21) Frontex-VO und (29) ACER-VO). 4. Verhältnismäßigkeitsprinzip Schließlich muss die Errichtung der EBA auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar sein (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV). Insofern hat der Unionsgesetzgeber schlichtweg festgestellt, dass die EBA-Verordnung nicht über das zur Erreichung der mit ihr verbundenen Ziele hinausgeht (vgl. Erwägungsgrund (66) EBA-VO). Dass die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse, die der EBA übertragen werden, zur Erreichung der mit der EBA-Verordnung verfolgten Ziele geeignet ist, lässt sich nicht bezweifeln.189 II. Kein Ausschluss nach Art. 127 Abs. 5 und Abs. 6 AEUV Die Errichtung der EBA und die Übertragung bankenaufsichtsrechtlicher Aufgaben sind auch nicht nach Art. 127 Abs. 5 und Abs. 6 AEUV ausgeschlossen.190 Art. 127 Abs. 5 AEUV verpflichtet das Europäische System der Zentralbanken dazu, daran mitzuwirken, dass die von den zuständigen Behörden bei der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Sicherung der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen reibungslos durchge186  Partsch,

ZBB 2010,72 (75); Sohn, CEP-Gutachten v. 6.7.2009, S. 5. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 60; vgl. oben 4. Teil 2. Kap. B. III. 4. 188  Siehe zu dieser Pflicht oben 3. Teil 2. Kap. C. I. 3. 189  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 162. 190  A. A. mit Blick auf Art. 127 Abs. 6 AEUV H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 65 f.; diese Frage mit Blick auf Art. 105 Abs. 5 und Abs. 6 EGV aufwerfend ders., DV 43 (2010), 95 (111). 187  H.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

führt werden. Die Vorschrift weist dem ESZB keine eigenen Kompetenzen zu.191 Die Norm entfaltet jedoch keine generelle Sperrwirkung hinsichtlich der Etablierung einer neuen Bankenaufsichtsorganisation auf sekundärrechtlicher Ebene.192 Auch Art. 127 Abs. 6 AEUV regelt die Aufsicht über Finanz­ institute nicht abschließend.193 Die Norm betrifft ausschließlich die Frage, inwiefern das Unionsorgan EZB mit Aufgaben der Bankenaufsicht auf Unionsebene betraut werden darf. Dies ist hoch umstritten, wie die Hochzonung zentraler Befugnisse und Aufgaben der Bankenaufsicht auf die EZB im Rahmen der Errichtung des SSM zeigt.194 Art. 127 Abs. 6 AEUV regelt hingegen nicht die Übertragung von Bankenaufsichtsaufgaben auf eine sekundärrechtlich gegründete europäische (Bankenaufsichts-)Behörde. III. Organisationskompetenz Die EBA wurde durch eine Verordnung des Unionsgesetzgebers gegründet, welche die wesentlichen Fragen um die Errichtung der Behörde regelt, wie ihre Rechtspersönlichkeit, ihre Binnenorganisation, ihre Entscheidungsstruktur und ihre Aufgaben und Befugnisse. Mit dem in Art. 114 AEUV vorgesehenen ordentlichen Gesetzgebungsverfahren wurde die EBA in dem Verfahren gegründet, das nach dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts den Interessenausgleich auf Unionsebene am besten verwirklicht.195 Dem institutionellen Gesetzesvorbehalt wurde somit bei der Errichtung der EBA Genüge getan.

191  Häde,

in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 127 AEUV Rn. 53. i. E. auch H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 64. 193  A. A. H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 66: „Art. 127 Abs. 6 AEUV als Sonderregelung des gesamten Problembereichs Aufsicht über Finanzinstitute auf EU-Ebene“. 194  Überwiegend wird die Tauglichkeit des Art. 127 Abs. 6 AEUV zur Übertragung von Aufgaben der Bankenaufsicht kritisch betrachtet oder abgelehnt; siehe dazu nur Binder, ZBB 2013, 297 (305); Brandi / Gieseler, BB 2012, 2646 (2650); Dinov, EuR 2013, 593 (603 ff.); Herdegen, WM 2012, 1889 (1891 f.); Kämmerer, NVwZ 2013, 830 (832 f.); Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2014, 2 (5 ff.); Waldhoff / Dieterich, EWS 2013, 72 (75); Weismann, JIBLR 28 (2013), 325 (329 f.); zustimmend hingegen Ceyssens, NJW 2013, 3704 (3706); Schuster, EuZW-Beilage 2014, 3 (3); siehe ausf. zur Kompetenzfrage Eriksson, Infobrief des Dt. Bundestages v. 19.3.2013, S. 27 ff.; siehe zur Frage der Erforderlichkeit eines die SSM-Verordnung begleitenden Zustimmungsgesetzes nach dem deutschen Grundgesetz Mayer / Knollmeyer, DVBl. 2013, 1158 ff. 195  Siehe dazu oben 2. Teil 4. Kap. C. I.; siehe auch Koenig / Loetz / Fechtner, ­intereconomics 2008, 226 (232). 192  So



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts207

B. Binnenorganisation und Entscheidungsstruktur der EBA – Steuerungsmöglichkeiten der Unionsorgane Die EBA setzt sich mit dem Rat der Aufseher, dem Verwaltungsrat, dem Vorsitzenden, dem Exekutivdirektor und dem Beschwerdeausschuss (Art. 6 EBA-VO) aus fünf zentralen Organen zusammen. Eine derartige institutionelle Ausdifferenzierung kannte das CEBS als Vorgängergremium der EBA nicht. Der Ausschuss verfügte lediglich über ein Büro und einen von ihm gewählten Vorsitzenden, die jedoch beide nicht als „Organe“ des CEBS vorgesehen waren (Art. 7 Abs. 4 CEBS-Beschluss). Da die Führung der EBA auf mehrere Agenturorgane verteilt ist, weicht die Bankenaufsichtsbehörde von der dualistischen Leitungsstruktur deutlich ab, die für eine Vielzahl älterer europäischer Agenturen typisch ist.196 I. Der Rat der Aufseher Der Rat der Aufseher ist das zentrale Lenkungs- und Steuerungsgremium der Agentur (vgl. insbesondere Art. 43 Abs. 1–2 EBA-VO).197 1. Zusammensetzung Das Organ besteht aus den allein stimmberechtigten Leitern der für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten zuständigen nationalen Behörden jedes Mitgliedstaates,198 dem Vorsitzenden, der die Sitzungen des Gremiums einberuft und leitet (Art. 44 Abs. 2, Art. 48 Abs. 1 UAbs. 2 EBA-VO) sowie jeweils einem Vertreter der Kommission, des ESRB, der ESMA und der EIOPA sowie einem Vertreter, der vom Aufsichtsgremium der EZB ernannt wird (Art. 40 Abs. 1 EBA-VO i. V. m. Art. 3 Abs. 2 SSM-VO). Der Exekutivdirektor kann ohne Stimmrecht an den Sitzungen des Leitungsorgans teilnehmen (Art. 40 Abs. 7 UAbs. 2 EBA-VO).199 196  Dazu oben 3. Teil 1. Kap. B. IV.; siehe anschaulich zur Organisation der EIOPA Goldmann / Purnhagen, VersR 2012, 29 (29 ff.). 197  Michel, DÖV 2011, 728 (730); so zur ESMA auch Moloney, EBOR 12 (2011), 41 (62). 198  Siehe auch die Sonderregeln in Art. 40 Abs. 4–6 EBA-VO und zu den Pflichten zur Anwesenheit und zur Stellvertreterbestellung Art. 40 Abs. 1 lit. b), Abs. 3 EBA-VO; die Bundesrepublik wird im Rat der Aufseher vom Exekutivdirektor Bankenaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Herrn Raimund Röseler, vertreten. 199  Der Rat der Aufseher kann zudem Beobachter zulassen (Art.  40 Abs. 7 UAbs. 1 EBA-VO); in der Zusammensetzung des Rates der Aufseher spiegeln sich die bankenaufsichtsrechtlichen Wurzeln der EBA recht deutlich, denn das CEBS war

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Aus aufsichtsrechtlicher Perspektive birgt die Zusammensetzung des Rates der Aufseher den Vorteil, dass mit der Beteiligung der beiden anderen ESA und des ESRB finanzmarktaufsichtsrechtlicher Sachverstand sektorund ebenenübergreifend in der EBA konzentriert wird. Dies kommt dem Informationsaustausch und der Kohärenz der Aufsichtsentscheidungen im ESFS zugute. Durch die Beteiligung eines vom Aufsichtsgremium der EZB ernannten Vertreters kann die Abstimmung der Bankenaufsichtspraxis innerhalb und außerhalb des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus verbessert werden. Trotz der Streichung des Rechts der EZB, den Standpunkt der Euro-Mitgliedstaaten in der EBA zu koordinieren, das noch im Vorschlag für die EBA-Änderungsverordnung enthalten war,200 wird die EZB erheblichen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Leiter der nationalen zuständigen Behörden ausüben, die mit ihr im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus zusammenarbeiten.201 2. Bildung interner Ausschüsse und Gremien Es liegt im Ermessen des Rates der Aufseher, für bestimmte, ihm zugewiesene Aufgaben interne Ausschüsse und Gremien zu bilden und ihnen oder dem Verwaltungsrat oder dem Vorsitzenden bestimmte genau festgelegte Aufgaben zu übertragen (Art. 41 Abs. 1 EBA-VO).202 Von dieser Befugnis hat die EBA beispielsweise mit der Gründung des „Review Panels“ Gebrauch gemacht, das regelmäßig die Aktivitäten der zuständigen Behörden vergleichend analysieren soll, um die Übereinstimmung der Aufsichtsergebnisse zu verbessern (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. e) i. V. m. Art. 30 EBAVO).203 ähnlich strukturiert: Es setzte sich aus jeweils einem stimmberechtigten Vertreter der mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden für Kreditinstitute zusammen. Als nichtstimmberechtigte Mitglieder gehörten ihm zudem jeweils ein Vertreter der nationalen Zentralbanken und ein Vertreter der EZB an. Die Kommission konnte mit einem Vertreter als Beobachterin an den Sitzungen des Ausschusses teilnehmen (Art. 7 Abs. 1–3 CEBS-Beschluss). 200  Vgl. KOM(2012) 512 endg., S. 4 und Erwägungsgrund (3) sowie Art. 4 Abs. 1 lit. l). 201  Siehe zu den neuen Abstimmungsregeln, die eine Dominanz der am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus beteiligten Mitgliedstaaten in der EBA verhindern sollen unten 4. Teil 3. Kap. B. I. 4. 202  Vgl. Art. 13 der „Decision adopting the Rules of Procedure of European Banking Authority Board of Supervisors“ v. 5.7.2012. 203  Vgl. „Decision of the European Banking Authority establishing the Review Panel of the European Banking Authority“ v. 4.5.2011; siehe auch die „Proposed EBA Review Panel Methodology for the conduct of peer reviews“ v. 24.5.2012 (angenommen im Juni 2012).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts209

Neben diesen fakultativ zu errichtenden Ausschüssen und Gremien ist der Rat der Aufseher durch die geänderte EBA-Verordnung dazu verpflichtet, zur Vorbereitung seiner Maßnahmen im „Drei-Stufen-Mechanismus“ (vgl. Art. 17 EBA-VO)204 und im Falle der Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen Behörden (vgl. Art. 19 EBA-VO)205 jeweils ein unabhängiges Gremium einzurichten.206 Diese Gremien bestehen neben dem Vorsitzenden des Rates der Aufseher aus sechs weiteren Mitgliedern. Ihre Beschlüsse müssen von mindestens vier ihrer sechs jeweils über eine Stimme verfügenden Mitgliedern getragen werden (vgl. Art. 41 Abs. 1a, 2 und 3 EBA-VO und Erwägungsgrund (15) EBA-ÄnderungsVO).207 Die institutionelle Neuerung soll sicherstellen, dass die Maßnahmen der EBA auch nach der Errichtung der neuen Aufsichtsstruktur im Euroraum unabhängig und objektiv und damit vor allem frei von Interessenkonflikten getroffen werden (vgl. auch Erwägungsgrund (18) EBA-ÄnderungsVO). 3. Aufgaben und Befugnisse Als Hauptentscheidungsgremium der EBA bestimmt der Rat der Aufseher die Leitlinien für die Arbeiten der Behörde und nimmt deren wesentlichen Aufgaben und Befugnisse (vgl. Kapitel II EBA-VO) wahr (Art. 43 Abs. 1–2 EBA-VO). Dies umfasst vor allem den Erlass von Beschlüssen gegenüber zuständigen Behörden und Finanzinstituten (Art. 17–19 EBA-VO), die Erarbeitung von Entwürfen technischer Standards (Art. 10–15 EBA-VO) und die Ausgabe von Leitlinien und Empfehlungen (Art. 16 EBA-VO). Die Leitungskompetenz des Rates der Aufseher spiegelt sich auch in seiner Letztentscheidung über die inhaltliche Ausrichtung der Behörde wider, die er über die Festlegung des Arbeitsprogramms der EBA für das kommende Jahr und den Beschluss über das mehrjährige Arbeitsprogramm wahrnimmt (Art. 43 Abs. 4, Abs. 6 und Art. 53 Abs. 2 EBA-VO). Ergänzt wird diese Steuerungsfunktion um eine inhaltliche Kontrollbefugnis, die dem Rat der Aufseher 204  Zum

„Drei-Stufen-Mechanismus“ sogleich unten 4. Teil 3. Kap. D. III. 1. a). Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen Behörden durch die EBA sogleich unten unter 4. Teil 3. Kap. D. III. 1. b). 206  Siehe „Decision of the European Banking Authority adopting the Rules of Procedure for the settlement of disagreements between competent authorities“ v. 20.02.2014, EBA / DC / 2014 / 091; siehe auch Art. 2 Abs. 1 lit. b) EBA-ÄnderungsVO zur Überprüfung der Zusammensetzung der unabhängigen Gremien. 207  Da der Rat der Aufseher bei der Zusammensetzung der Gremiums um Konsens bemüht sein muss (Art. 44 Abs. 1 UAbs. 5 S. 1 EBA-VO), werden auch die nicht am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus beteiligten Mitgliedstaaten bei der Einrichtung der Gremien Berücksichtigung finden, so schon Gurlit, EuZW-Beilage 2014, 14 (17 f.). 205  Zur

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

durch den Beschluss des Jahresberichtes über die Tätigkeiten der Behörde zukommt (Art. 43 Abs. 5 EBA-VO).208 Mit dem Erlass des Haushaltsplans verfügt das Organ zudem über die zentrale haushaltspolitische Befugnis (Art. 43 Abs. 7 i. V. m. Art. 63 EBA-VO). Komplettiert werden die Lenkungsfunktion des Rates der Aufseher und seine Vorrangstellung im Gefüge der EBA-Organe über gewichtige personalpolitische Befugnisse. Das Organ ernennt sowohl den Vorsitzenden als auch den Exekutivdirektor, übt die Disziplinargewalt über beide aus und kann diese unter bestimmten Voraussetzungen sanktionieren, indem er den Exekutivdirektor eigenständig des Amtes entheben und durch einen Beschluss auf die Amtsenthebung des Vorsitzenden durch das Parlament hinwirken kann (Art. 43 Abs. 3, Abs. 8, Art. 48 Abs. 2, Abs. 5 und Art. 51 Abs. 2, Abs. 5 EBA-VO). Zudem unterliegen beide Agenturorgane der Beurteilung des Rates der Aufseher für die Frage der Verlängerung ihrer Amtszeit (Art. 48 Abs. 4, Art. 51 Abs. 4 EBA-VO). 4. Beschlussfassung Im Rat der Aufseher verfügt jedes Mitglied über eine Stimme (Art. 44 Abs. 1 S. 2 EBA-VO).209 Für die Beschlussfassung des Organs ist zwar grundsätzlich die einfache Mehrheit vorgesehen (Art. 44 Abs. 1 S. 1 EBAVO), jedoch werden viele besonders wichtige Maßnahmen des Organs mit qualifizierter Mehrheit i. S. d. Art. 16 Abs. 4 EUV i. V. m. Art. 3 des Protokolls (Nr. 36) über die Übergangsbestimmungen beschlossen (Art. 44 Abs. 1 UAbs. 2 HS. 1 EBA-VO). Die Abstimmungsregeln im Rat der Aufseher sind im Zuge der Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus und der Übertragung zentraler Aufgaben der Bankenaufsicht auf die EZB erheblich modifiziert worden. Hierdurch wollte man innerhalb der EBA eine Dominanz der am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmenden Mitgliedstaaten unter Steuerung der EZB gegenüber den nicht beteiligten Mitgliedstaaten ausschließen. So wird für den Beschluss von technischen Standards, Leitlinien und Empfehlungen und weiteren Maßnahmen das qualifizierte Mehrheitserfordernis dahingehend modifiziert, dass diese Mehrheit mindestens die doppelte einfache Mehrheit der am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmenden und nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten enthalten muss (Art. 44 Abs. 1 UAbs. 2 letzter HS. EBA-VO). Zudem ist für die Annahme der von den unabhängigen Gremien im „DreiStufen-Mechanismus“ (vgl. Art. 17 EBA-VO) und bei Meinungsverschie208  So hinsichtlich des Verwaltungsrates der EASA schon Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 68. 209  Siehe für die Teilnahme an Beratungen über einzelne Finanzinstitute Art. 44 Abs. 4 EBA-VO.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts211

denheiten zwischen zuständigen Behörden (vgl. Art. 19 EBA-VO) vorgeschlagenen Beschlüsse eine einfache Mehrheit der Mitglieder des Rates der Aufseher aus teilnehmenden Mitgliedstaaten und eine einfache Mehrheit der Mitglieder des Rates der Aufseher aus nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten erforderlich (Art. 44 Abs. 1 UAbs. 3 EBA-VO). Darüber hinaus trifft die EBA ihre Beschlüsse „im Krisenfall“ (vgl. Art. 18 EBA-VO) zukünftig mit der doppelt einfachen Mehrheit der am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmenden und nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten (Art. 44 Abs. 1 UAbs. 7 EBA-VO).210 Abzuwarten bleibt, inwiefern sich diese geänderten Abstimmungsregeln, die allesamt unter der Prämisse stehen, dass sich der Rat der Aufseher darum bemüht, seine Beschlüsse einvernehmlich zu fassen (Art. 44 Abs. 4a EBA-VO), auf die Funktionalität der EBA auswirken.211 II. Der Verwaltungsrat 1. Zusammensetzung und Beschlussfassung Der Verwaltungsrat besteht aus dem Vorsitzenden, der die Sitzungen einberuft und leitet (Art. 45 Abs. 3 UAbs. 1), sowie sechs weiteren Mitgliedern des Rates der Aufseher212, die von den stimmberechtigten Mitgliedern und aus ihrem Kreis gewählt werden (Art. 45 Abs. 1 EBA-VO).213 Die Zusammensetzung des Organs muss ausgewogen und verhältnismäßig sein und die Union als Ganzes widerspiegeln, wobei mindestens zwei Vertreter aus nicht am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmenden Mitgliedstaaten im Verwaltungsrat sitzen müssen (Art. 45 Abs. 1 UAbs. 3 S. 3–4 EBA-VO).214 Die EBA-Verordnung sieht insoweit eine Mandatsüberschneidung und eine „angemessene Rotationsregelung“ vor (Art. 45 Abs. 1 UAbs. 3 S. 5 EBA210  Siehe auch die Sonderregelung in Art. 44 Abs. 1 UAbs. 4 EBA-VO für den Fall, dass vier oder weniger stimmberechtigte Mitglieder aus den zuständigen Behörden nicht teilnehmender Mitgliedstaaten stammen. 211  Krit. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2013, S. 32, die eine Gefahr von Blockbildungen sieht und die prozedurale Privilegierung der nicht am SSMbeteiligten Mitgliedstaaten nach den neuen Abstimmungsregeln im Rat der Aufseher der EBA bemängelt; ähnlich auch Gurlit, EuZW-Beilage 2014, 14 (16). 212  Siehe zur Pflicht zur Bestellung eines Stellvertreters Art. 45 Abs. 1 UAbs. 2 EBA-VO; auch das deutsche Mitglied des Rates der Aufseher, Herr Raimund Röseler, wurde in den Verwaltungsrat der EBA gewählt. 213  Es steht im Ermessen des Vorsitzenden, Berater und Experten zu den Sitzungen des Verwaltungsrates einzuladen, vgl. Art. 45 Abs. 4 S. 1 EBA-VO i. V. m. Art. 2 2.2 der „Decision of the European Banking Authority adopting the Rules of Procedure of the Management Board of the European Banking Authority“ v. 12.1.2011. 214  Siehe auch Art. 2 Abs. 1 lit. a) EBA-ÄnderungsVO zur Überprüfung der Zusammensetzung des Verwaltungsrats.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

VO). Aufgrund der teilweisen Personenidentität der Mitglieder des Rates der Aufseher und des Verwaltungsrates sind die beiden EBA-Organe personell eng miteinander verschränkt. Ohne Stimmrecht nehmen auch der Exekutivdirektor und ein Kommissionsvertreter an den Sitzungen des Organs teil. Jedoch ist der Vertreter der Kommission in Fragen des Haushaltsplans nach Art. 63 EBA-VO stimmberechtigt (Art. 45 Abs. 2 UAbs. 2, UAbs. 3 EBA-VO). Die vom Rat der Aufseher gewählten Mitglieder haben eine zweieinhalbjährige Amtszeit, die einmal verlängert werden kann (Art. 45 Abs. 1 UAbs. 3 S. 1–2 EBA-VO). Für einen Beschluss des Verwaltungsrates ist die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder erforderlich, wobei jedem Mitglied eine Stimme zukommt (Art. 45 Abs. 2 UAbs. 1 EBA-VO).215 2. Aufgaben und Befugnisse Dem Verwaltungsrat ist eine „agenturinterne Kontrollfunktion“ zugewiesen, da er sicherzustellen hat, dass die EBA ihrem Mandat entspricht und die ihr übertragenen Aufgaben erfüllt (Art. 47 Abs. 1 EBA-VO).216 Ob er diese Kontrolle tatsächlich effektiv gegenüber dem Rat der Aufseher ausüben kann, lässt sich jedoch bezweifeln, da der Verwaltungsrat zwar kleiner als das Lenkungsorgan der EBA ist, im Übrigen jedoch Personenidentität zwischen den beiden Organen besteht. Seiner Kontrollfunktion kommt der Verwaltungsrat vor allem gegenüber dem Exekutivdirektor bei der Durchführung des Jahresarbeitsprogramms nach (Art. 53 Abs. 2 EBA-VO). Im Verfahren zum Erlass der Arbeitsprogramme und des Jahresberichtes der Agentur nimmt der Verwaltungsrat eine Scharnierstellung zwischen dem Exekutivdirektor und dem Rat der Aufseher ein und schlägt Letzterem die vom Exekutivdirektor erstellten Programme bzw. den Jahresbericht vor (Art. 47 Abs. 2 und Abs. 6 EBA-VO). Auch bei der Ausübung seiner haushaltsrechtlichen Befugnisse (Art. 47 Abs. 3 EBA-VO i.  V.  m. Art. 63–64 EBA-VO) kontrolliert der Verwaltungsrat den Exekutivdirektor. So hängt die Annahme des Entwurfs des Voranschlags der Einnahmen und Ausgaben der Behörde, den der Exekutivdirektor zu erstellen hat, von der Genehmigung des Verwaltungsrates ab, bevor er vom Rat der Aufseher angenommen werden kann (Art. 63 Abs. 1 EBA-VO). Mit dem Recht zur Ernennung und Entlassung zweier Mitglieder des Beschwerdeausschusses übt der Verwaltungsrat maßgeblichen Einfluss auf 215  Siehe für die Teilnahme an Beratungen über einzelne Finanzinstitute Art. 45 Abs. 4 EBA-VO. 216  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 168 (dort Fn. 85).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts213

die Besetzung des Rechtsbehelfsausschusses aus (Art. 47 Abs. 8, Art. 58 Abs. 3 UAbs. 1, Abs. 5 EBA-VO). Dieser Einfluss ist jedoch keine Gefahr für die Unabhängigkeit des Ausschusses und seiner Mitglieder, da die Auswahlentscheidung des Verwaltungsrates durch die von der Kommission erstellte Kandidatenliste stark vorgeprägt ist, deren Erstellung ein transparentes Verfahren vorauszugehen hat (Art. 58 Abs. 3 UAbs. 1 EBA-VO). Zu den personalpolitischen Befugnissen des Verwaltungsrates zählen auch die Annahme der Personalplanung und der Erlass der nach dem Statut erforderlichen Durchführungsbestimmungen (Art. 47 Abs. 4 EBA-VO). Schließlich erlässt der Verwaltungsrat konkretisierende Vorschriften über das Recht auf Dokumentenzugang und beschließt über die interne Sprachenregelung der Agentur (Art. 47 Abs. 5 i. V. m. Art. 72 und Art. 73 Abs. 2 EBA-VO). III. Der Vorsitzende Wie die ESMA und die EIOPA hat die EBA im Vergleich zu den übrigen Unionsagenturen die organisatorische Besonderheit, dass sie mit dem Vorsitzenden und dem Exekutivdirektor über zwei Einzelorgane verfügt. Grund hierfür ist wohl der Wille, die Ausübung besonderer Befugnisse im Sinne der Effizienz von der allgemeinen Behördenleitung zu trennen. 1. Ernennung und Abberufung Der Vorsitzende der EBA – zur Zeit der Italiener Andrea Enria217 – wird vom Rat der Aufseher nach Durchführung eines offenen Auswahlverfahrens ernannt (Art. 43 Abs. 3, Art. 48 Abs. 2 UAbs. 1 EBA-VO).218 An seine fachliche Qualifikation und Erfahrung werden hohe Anforderungen gestellt, da seine Verdienste, Kompetenzen, Kenntnis über Finanzinstitute und -märkte und seine Erfahrung im Bereich der Finanzaufsicht und -regulierung die Beurteilungsgrundlage für seine Tauglichkeit bilden (vgl. Art. 48 Abs. 2 UAbs. 1 EBA-VO). Für die Ernennung des ersten Vorsitzenden hat die Kommission eine Liste von Bewerbern anhand der vorgenannten Kriterien erstellt (vgl. Erwägungsgrund (55) EBA-VO).219 Das Parlament hat die 217  Zuvor war Herr Enria Leiter der Abteilung für Aufsicht und Regulierung der italienischen Zentralbank. 218  Vgl. zur Wahl des Stellvertreters des Vorsitzenden Art. 48 Abs. 2 UAbs. 3 EBA-VO. 219  Für zukünftige Benennungen hängt die Erstellung einer Kommissionsliste mit potentiellen Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden vom Ergebnis der Überprüfung dieser Möglichkeit im Bericht über die Erfahrungen aus den Tätigkeiten der Behörde und über die in der EBA-VO festgelegten Verfahren nach Art. 81 EBA-VO ab (Erwägungsgrund (55) EBA-VO).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Möglichkeit, der Ernennung des vom Rat der Aufseher ausgewählten Kandidaten vor dessen Amtsantritt und innerhalb eines Monats zu widersprechen, nachdem es ihn angehört hat (Art. 48 Abs. 2 UAbs. 2 EBA-VO). Die fünfjährige Amtszeit des Vorsitzenden kann einmal verlängert werden (Art. 48 Abs. 3 EBA-VO), was von einer Bewertung seiner Tätigkeit durch den Rat der Aufseher und von der Bestätigung durch das Parlament abhängt (Art. 48 Abs. 4 EBA-VO). Dieses Zusammenspiel zwischen dem EBA- und dem Unionsorgan setzt sich bei der Amtsenthebung des Vorsitzenden fort, die nur durch das Parlament im Anschluss an einen Beschluss des Rates der Aufseher erfolgen kann (Art. 48 Abs. 5 UAbs. 1 EBA-VO).220 2. Aufgaben und Befugnisse Der Vorsitzende ist ein Vollzeitbeschäftigter, der sein Amt unabhängig auszuüben hat (Art. 48 Abs. 1 UAbs. 1 EBA-VO). Neben der Vertretung der Behörde nimmt er Führungsfunktionen in den Kollegialorganen der EBA wahr, da ihm die Vorbereitung der Arbeiten und die Leitung der Sitzungen des Rates der Aufseher und die Sitzungsleitung des Verwaltungsrates übertragen sind (Art. 44 Abs. 2, Art. 45 Abs. 3 UAbs. 1 HS. 2, Art. 48 Abs. 1 EBA-VO).221 Damit er seine Vertretungs- und Führungsaufgaben effizient wahrnehmen kann, ist der Vorsitzende im Übrigen nicht mit weiteren Aufgaben in den Verwaltungsbetrieb der EBA integriert. IV. Der Exekutivdirektor 1. Ernennung und Abberufung Die Ernennung des Exekutivdirektors – derzeit Adam Farkas222 – erfolgt durch den Rat der Aufseher im Anschluss an ein offenes Auswahlverfahren und hängt von der Bestätigung durch das Parlament ab (Art. 51 Abs. 2 S. 1 EBA-VO). An die fachliche Qualifikation und Erfahrung der Person des Exekutivdirektors werden ähnlich hohe Anforderungen gestellt wie an die des Vorsitzenden (vgl. Art. 51 Abs. 2 EBA-VO). Die fünfjährige Amtszeit des Exekutivdirektors kann einmal durch den Rat der Aufseher verlängert werden (Art. 51 Abs. 3 EBA-VO), wobei der Verlängerung eine Beurteilung der Tätigkeit des Exekutivdirektors durch das Hauptentscheidungsorgan der 220  Siehe

auch Art. 48 Abs. 5 UAbs. 2 EBA-VO. Vorsitzende kann jederzeit eine Abstimmung des Rats der Aufseher veranlassen (Art. 44 Abs. 4a EBA-VO). 222  Herr Farkas war zuvor Vorsitzender der ungarischen Finanzaufsichtsbehörde. 221  Der



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts215

EBA vorauszugehen hat (vgl. Art. 51 Abs. 4 EBA-VO). Die Amtsenthebung des Exekutivdirektors setzt einen Beschluss des Rates der Aufseher voraus (Art. 51 Abs. 5 EBA-VO). 2. Aufgaben und Befugnisse Auch der Exektutivdirektor hat sein Amt in Vollzeit und unabhängig wahrzunehmen (Art. 51 Abs. 1 EBA-VO). Als Behördenleiter ist er für das Management der EBA zuständig (Art. 51 Abs. 1, Art. 53 Abs. 1 EBA-VO)223 und übt „klassische verwaltungsrechtliche Funktionen“224 aus, wie den Erlass interner Verwaltungsanweisungen (Art. 53 Abs. 1, Abs. 3 EBA-VO). Zudem bereitet er die Arbeiten des Verwaltungsrates vor (Art. 53 Abs. 1 EBA-VO). Im Verfahren zum Erlass der Arbeitsprogramme, des Haushaltsplans und des Jahresberichts der Behörde steht der Exekutivdirektor schöpferisch an erster Stelle (Art. 53 Abs. 4 und Abs. 5 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 EBA-VO, Art. 53 Abs. 6 i. V. m. Art. 63 EBA-VO, Art. 53 Abs. 7 EBA-VO) und schließt diese Verfahren mit der Durchführung des Jahresarbeitsprogramms und des Haushaltsplans auch ab (Art. 53 Abs. 2 EBA-VO, Art. 53 Abs. 6 i. V. m. Art. 64 EBA-VO). Der Exekutivdirektor fungiert daneben als Anstellungsbehörde und regelt Personalangelegenheiten (Art. 53 Abs. 8, Art. 68 EBA-VO). V. Der Beschwerdeausschuss Als Rechtsbehelfsinstanz verfügen die ESA über einen gemeinsamen Beschwerdeausschuss (Art. 6 Nr. 5 und Art. 58 Abs. 1 EBA-VO). 1. Zusammensetzung des Ausschusses Der Beschwerdeausschuss umfasst sechs Mitglieder und sechs Stellvertreter, an deren Ansehen, fachliche Qualifikation und Erfahrung hohe Anforderungen gestellt werden (vgl. Art. 58 Abs. 2 UAbs. 1 EBA-VO). Jeweils zwei Mitglieder und Stellvertreter werden von den ESA-Verwaltungsräten ernannt. Grundlage hierfür ist eine Auswahlliste, die von der Kommission nach einer öffentlichen Aufforderung zur Interessenbekundung und nach Anhörung des jeweiligen Rates der Aufseher vorgeschlagen wird (Art. 58 Abs. 3 EBA-VO). Dieses Zusammenwirken zwischen dem Verwaltungsrat und der Kommission ist für alle jüngeren Entscheidungs223  So

hinsichtlich der ESMA Moloney, EBOR 12 (2011), 41 (62). Agenturen, 1999, S. 240.

224  Fischer-Appelt,

216

4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

agenturen vorgesehen (vgl. Art. 41 Abs. 3 EASA-VO, Art. 89 Abs. 3 REACH-VO, Art. 18 Abs. 1–2 ACER-VO).225 Es birgt den Vorteil, dass der Einfluss des Verwaltungsrates auf die personelle Zusammensetzung des Ausschusses erheblich reduziert ist und damit auch die Möglichkeit, diesen parteiisch auszugestalten. Zudem wird die für die Wahrnehmung quasi-judizieller Aufgaben erforderliche Distanz zu den ESA schon dadurch sichergestellt, dass die Mitglieder des Beschwerdeausschusses und deren Stellvertreter nicht zum aktuellen Personal der zuständigen Behörden oder anderer nationaler Einrichtungen oder Unionseinrichtungen gehören dürfen, die an den Tätigkeiten der Behörde beteiligt sind (Art. 58 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 EBA-VO). Die Ausschussmitglieder haben eine fünfjährige Amtszeit, die einmal verlängert werden kann (Art. 58 Abs. 4 EBA-VO).226 Der vom Ausschuss ernannte Vorsitzende – derzeit Herr William Blair – ruft das Gremium bei Bedarf ein (Art. 58 Abs. 2 UAbs. 2 und Abs. 7 EBA-VO). Ein Beschluss des Beschwerdeausschusses setzt mindestens die Mehrheit von vier der sechs Ausschussmitglieder voraus. Die Mehrheit muss auch immer von mindestens einem Ausschussmitglied der Behörde mitgetragen werden, in deren Geltungsbereich der Beschluss fällt (Art. 58 Abs. 6 EBA-VO). Die Amtsenthebung eines Mitglieds des Beschwerdeausschusses ist einzig bei „schwerem Fehlverhalten“ möglich, dessen Nachweis wohl nur sehr selten gelingen wird, und erfolgt durch Beschluss des Verwaltungsrates nach Anhörung des Rates der Aufseher. Zuständig ist jeweils der Verwaltungsrat, von dem das Ausschussmitglied ernannt wurde (Art. 58 Abs. 5 EBA-VO). 2. Unabhängigkeit und Unparteilichkeit Die ESA-Verordnungen stellen die Unabhängigkeit des Beschwerdeausschusses gegenüber den anderen Agenturorganen und die Unabhängigkeit seiner Mitglieder sicher. Schon die Regeln über die Ernennung und die Abberufung der Mitglieder reduzieren die Möglichkeiten der Agenturorgane auf ein Mindestmaß, den Beschwerdeausschuss personell zu gestalten oder umzugestalten. Die laufende Einflussnahme der Agenturorgane wird über Inkompatibilitätsregelungen für die Tätigkeit als Beschwerdeausschussmitglied und die Wahrnehmung von Aufgaben für andere Agenturorgane ausgeschlossen (Art. 59 225  Siehe jedoch auch die hiervon abweichenden Regelungen für das Gemeinschaftliche Sortenamt Art. 46 Abs. 2 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 CPVO-VO. 226  Siehe zur Unterstützung durch den Gemeinsamen Ausschuss Art. 58 Abs. 8 EBA-VO.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts217

Abs. 1 S. 3 ESA-VO). Durch die Freistellung von Weisungen und die Betonung ihrer Unabhängigkeit in ihren Beschlüssen wird auch die sachliche Unabhängigkeit der Mitglieder des Beschwerdeausschusses sichergestellt (Art. 59 Abs. 1 S. 1–2 EBA-VO). Mitglieder des Beschwerdeausschusses unterliegen auch Befangenheitsregeln (Art. 59 Abs. 2–5 EBA-VO). Schließlich müssen die Ausschussmitglieder sich dazu verpflichten, unabhängig und im öffentlichen Interesse zu handeln und haben zu diesem Zweck schriftlich eine Verpflichtungserklärung und eine Interessenerklärung abzugeben, die beide veröffentlicht werden (Art. 59 Abs. 6 EBA-VO). 3. Das Beschwerdeverfahren – Überblick Vor dem Beschwerdeausschuss können Beschlüsse der EBA nach den Art. 17–19 EBA-VO und jeder andere Beschluss, den die Behörde nach den in Art. 1 Abs. 2 EBA-VO genannten Rechtsakten getroffen hat, angefochten werden (siehe auch Art. 263 Abs. 5 AEUV). Beschwerdebefugt sind natürliche und juristische Personen einschließlich der zuständigen Behörden, wenn der Beschluss an sie gerichtet ist, oder wenn sie eine unmittelbare und individuelle Betroffenheit durch den an eine andere Person gerichteten Beschluss nachweisen können (Art. 60 Abs. 1 EBA-VO). Auch wenn der Wortlaut des Art. 60 Abs. 1 EBA-VO in der deutschen und englischen Sprachfassung nahelegen könnte, dass Art. 60 Abs. 1 EBA-VO eine Beschwerde ohne die Geltendmachung einer besonderen Befugnis erlaubt, spiegelt die Vorschrift teilweise Art. 263 Abs. 4 AEUV und die dort normierten Anforderungen.227 In formeller Hinsicht muss die Beschwerde mit einer Begründung versehen sein und in Schriftform innerhalb von zwei Wochen nach dem Tag der individuellen Bekanntgabe oder bei Fehlen einer solchen innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Veröffentlichung des Beschlusses eingereicht werden (Art. 60 Abs. 2 UAbs. 1 EBA-VO). Über die Beschwerde muss innerhalb von zwei Monaten ab dem Einreichungszeitpunkt beschlossen werden (Art. 60 Abs. 2 UAbs. 2 EBA-VO). Die Beschwerde hat keinen Suspensiveffekt, jedoch steht die Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses im Ermessen des Beschwerdeausschusses (Art. 60 Abs. 3 UAbs. 1, UAbs. 2 EBA-VO). Im Falle der Zulässigkeit prüft der Beschwerdeausschuss die Begründetheit (Art. 60 Abs. 4 EBA-VO). Der Ausschuss fordert die Beteiligten zur Abgabe von Stellungnahmen auf. Zudem haben die Beteiligten das Recht, sich mündlich zu erklären (Art. 60 227  Vgl. „Decision of the Board of Appeal of the European Supervisory Authorities given under Article 60 Regulation (EU) No 1093 / 2010 and the Board of Appeal’s Rules of Procedure (BoA 2012 002)“, BoA 2013-008 v. 24.6.2013, Rn. 24.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Abs. 4 EBA-VO). Der Beschwerdeausschuss kann den Agenturbeschluss entweder bestätigen oder die Sache nach Aufhebung des Beschlusses an die zuständige Stelle der Behörde zurückverweisen, die einen geänderten Beschluss unter Bindung an die Entscheidung des Beschwerdeausschusses zu treffen hat (Art. 60 Abs. 5 EBA-VO).228 Hinsichtlich seiner Beschlüsse unterliegt der Beschwerdeausschuss einer Begründungs- und Veröffentlichungspflicht (Art. 60 Abs. 7 EBA-VO). VI. Die Interessengruppe Bankensektor Als institutionelles Forum für den engen Kontakt zur Finanzbranche verfügt die EBA über eine Interessengruppe Bankensektor (Art. 37 EBA-VO, siehe auch Erwägungsgründe (48) und (49) EBA-VO).229 Diese besteht aus 30 Mitgliedern, die in ausgewogenem Verhältnis in der Union tätige Kreditinstitute und Wertpapierhäuser und deren Beschäftigte vertreten, sowie Verbraucher, Nutzer von Bankdienstleistungen und kleine und mittlere Unternehmen repräsentieren.230 Da die Amtszeit der Mitglieder der Interessengruppe Bankensektor auf zweieinhalb Jahre begrenzt ist, hat die EBA Mitte Mai 2013 einen Aufruf zu Bewerbungen für die zweite Amtszeit gestartet. Aufgabe der Gruppe ist es, die EBA bei der Erfüllung ihrer Aufgaben beratend zu unterstützen, wobei sich die Beratungstätigkeit im Schwerpunkt auf die Entwürfe technischer Standards und den Erlass von Leitlinien bezieht (Art. 37 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 EBA-VO). Dies belegt auch die Vielzahl der bereits von der Gruppe abgegebenen Stellungnahmen. Die Interessengruppe Bankensektor hat bereits vier technische Arbeitsgruppen ausgebildet (vgl. Art. 37 Abs. 4 UAbs. 1 S. 3 EBA-VO) und zwar zu Verbraucherschutzthemen, dem Kapital sowie der Liquidität von Banken und systemischen Angelegenheiten.

228  Mit seiner ersten Entscheidung v. 24.6.2013 hat der Gemeinsame Beschwerdeausschuss einen EBA-Beschluss aufgehoben und an die zuständige Stelle der EBA zurückverwiesen. Im Kern ging es bei dem Verfahren darum, ob es sich bei der Frage, ob eine Zweigniederlassung eines Kreditinstituts von zuverlässigen und über angemessene Erfahrung verfügenden („fit and proper“) Personen geführt wird, um eine Angelegenheit des Unionsrechts oder ausschließlich des nationalen Rechts handelt. 229  Vgl. auch die „Rules of Procedure of the Banking Stakeholder Group“ v. 30.10.2013. 230  Siehe auch Art. 37 Abs. 2 S. 1–2 EBA-VO und Art. 37 Abs. 3 EBA-VO.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts219

VII. Die Unabhängigkeit der EBA-Organe Der Vorsitzende und die stimmberechtigten Mitglieder des Rats der Aufseher, der Verwaltungsrat und der Exekutivdirektor sind sachlich unabhängig,231 weil die EBA-Verordnung sie gegenüber den Unionsorganen und -einrichtungen, den mitgliedstaatlichen Regierungen und sonstigen öffentlichen und privaten Stellen ausdrücklich weisungsfrei stellt (Art. 42 Abs. 1, Art. 46 Abs. 1, Art. 49 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 EBAVO). Verstärkt wird diese sachliche Unabhängigkeit durch explizite Beeinflussungsverbote, welche der Gründungsrechtsakt an die vorgenannten Stellen adressiert (Art. 42 Abs. 2, Art. 46 Abs. 2, Art. 49 Abs. 2 und Art. 52 Abs. 2 EBA-VO). Mit Blick auf die EZB stellt die EBA-Verordnung explizit klar, dass die Aufgaben der EZB nach der SSM-Verordnung von diesen Unabhängigkeitsgewährleistungen unberührt bleiben (Art. 42 Abs. 3 EBA-VO). Da der Vorsitzende und der Exekutivdirektor in ein Geflecht von Abhängigkeiten und Kontrollen durch den Rat der Aufseher und im Falle des Exekutivdirektors auch durch den Verwaltungsrat integriert sind, gilt die Weisungsfreiheit für sie jedoch nur unbeschadet der Rolle, die diese Organe im Zusammenhang mit ihren Aufgaben spielen (Art. 49 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 EBA-VO).232 Indem sie weisungsfrei gestellt und dazu verpflichtet werden, „unabhängig und im alleinigen Interesse der Union als Ganzes zu handeln“ (Art. 42 Abs. 1 und Art. 46 Abs. 1 EBA-VO), verdeutlicht der Unionsgesetzgeber, dass er die Leiter der zuständigen Behörden im Rat der Aufseher und im Verwaltungsrat nicht als Vertreter der Mitgliedstaaten ansieht, sondern eher als Sachverständige.233 Auf den ersten Blick verwirklicht der Unionsgesetzgeber die Vorgabe des Art. 298 Abs. 1 AEUV, die Neutralität der Agentur verwaltungsorganisatorisch sicherzustellen.234 Ob die Leiter der zuständigen Behörden in ihrer Funktion als Mitglieder des Rates der Aufseher jedoch tatsächlich „neutral“ sind, lässt sich bezweifeln. Die mitgliedstaatlichen Spitzen der Bankenaufsicht tragen auf nationaler Ebene Verantwortung für eine effektive und den Besonderheiten ihres nationalen Finanzplatzes Rechnung tragende Aufsicht. Dieser Umstand wird bei ihren 231  Zur Unabhängigkeit des Beschwerdeausschusses bereits ausf. oben 4. Teil 3. Kap. B. V. 2. 232  Beim Vorsitzenden also nur unbeschadet der Rolle, die der Rat der Aufseher für seine Aufgabenwahrnehmung spielt (Art. 49 Abs. 1 EBA-VO). 233  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 213; Ruffert, in: FS Scheuing, 2011, S. 407. 234  Dazu schon oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c). und 3. Teil 2. Kap. F. X.; Hetmeier, in: Lenz / Borchardt, EU-Verträge, 2012, Art. 298 AEUV Rn. 20.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Entscheidungen im Lenkungs- und Steuerungsorgan der EBA mitschwingen.235 Zudem ist es nicht auszuschließen, dass sich im Rat der Aufseher Allianzen zwischen den Leitern zuständiger Behörden bilden, die ausgehend von den nationalen Bedürfnissen und Besonderheiten des Bankensektors gleichgerichtete Interessen verfolgen.236 Möglich erscheinen insbesondere Blockbildungen zwischen den am SSM beteiligten Staaten und den nicht am SSM beteiligten Staaten. Faktisch nehmen also mitgliedstaatliche Interessen erheblichen Einfluss auf die Arbeit der EBA.237 Ein etwas anderes Bild ergibt sich für den Verwaltungsrat. Dieses Organ ist zwar teilweise personenidentisch mit dem Rat der Aufseher. Aufgrund seiner Größe und der Verpflichtung zu einer ausgewogenen, verhältnismäßigen und die Union als Ganzes widerspiegelnden Zusammensetzung (Art. 45 Abs. 1 UAbs. 3 EBA-VO) ist hier zumindest die Herausbildung von Koalitionen weniger wahrscheinlich als im Rat der Aufseher. Da jedoch auch in diesem Organ die Stimmberechtigung mit einer Ausnahme (vgl. Art. 45 Abs. 2 UAbs. 3 i. V. m. Art. 63 EBA-VO) ausschließlich bei den Leitern der zuständigen Behörden liegt, werden auch hier mitgliedstaatliche Interessen die Arbeit der Behörde beeinflussen.238 Effektiver abgesichert ist hingegen die Unabhängigkeit des Vorsitzenden und des Exekutivdirektors, zu der schon die Auswahl und die Ernennung der betreffenden Personen beitragen.239 Indem der Vorsitzende und der Exekutivdirektor stattlich entlohnte Vollzeitämter bekleiden und nach dem Ausscheiden aus dem Dienst bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile den Geboten der Ehrenhaftigkeit und der Zurückhaltung unterliegen (Art. 49 Abs. 3 und Art. 52 Abs. 3 EBA-VO), wird der externe Einfluss auf die Amtsführung durch Neben- oder in Aussicht gestellte Tätigkeiten ausgeschlossen.240 Da nur eine einmalige Verlängerungsmöglichkeit für die Amtszeiten der beiden Organe besteht, können politische Verflech235  Herdegen,

WM 2012, 1889 (1894). Reform, 2012, S. 213. 237  Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 79  f.; Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 744, 748; Michel, DÖV 2011, 728 (730 ff.); Binder, GPR 2011, 34 (40); Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 66 f.; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 213; Wymeersch, ECFR 7 (2010), 240 (253); etwas schwächer in der Bewertung des Einflusses Hoffmann / Detzen, Der Betrieb, 2011, 1261 (1263); Masciandaro / Nieto /  Quintyn, JFS 7 (2011), 204 (210); Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (13): „gewisse Einflussmöglichkeit“; siehe auch Masciandaro, intereconomics 2010, 293 (295); a. A. Baur / Boegl, BKR 2011, 177 (186). 238  Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 744 und S. 748. 239  Dazu vorne 4. Teil 3. Kap. B. III. 1. und IV. 1. 240  Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 743; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 208. 236  Kohtamäki,



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts221

tungen vermieden werden, die aus einer permanenten Bekleidung der Ämter entstehen können.241 VIII. Die laufende Einwirkung der politischen Unionsorgane über die Binnenorganisation der EBA 1. Die Einflussnahme der Kommission in den Kollegialorganen der EBA Da die Kommission lediglich einen Vertreter in den Rat der Aufseher entsenden darf, dem kein Stimmrecht zusteht, verfügt sie in Anbetracht der zahlenmäßigen Dominanz der allein stimmberechtigten Leiter der nationalen Aufsichtsbehörden über eine sehr schwache Stellung (vgl. Art. 40 Abs. 1 lit. b), lit. c) EBA-VO).242 Die Vorenthaltung eines Stimmrechts wird auch nicht dadurch kompensiert, dass die Kommission die agenda setting power innehat. Diese konstruktiv-gestaltende und leitende Kraft schreibt die EBAVerordnung vielmehr dem Vorsitzenden zu, dem sie die Vorbereitung und die Leitung der Sitzungen des Hauptenscheidungsorgans überträgt und der als Vollzeitbeschäftigter tätig wird (Art. 48 Abs. 1 EBA-VO).243 Angesichts der faktischen Beherrschung des Rates der Aufseher durch die Mitgliedstaaten und der schwachen Position der Kommission kommt das Unionsinteresse im Hauptentscheidungsgremium der EBA nicht ausreichend zur Geltung. Rechtspolitisch ist zu fordern, dass dem Kommissionvertreter ein Stimmrecht im Rat der Aufseher zugebilligt wird. Die Zubilligung eines Stimmrechts würde auch nicht mit der Unabhängigkeit der EBA konfligieren, da die Mitgliedstaaten die Kommission stets überstimmen könnten und dies sogar im Verhältnis eins zu achtundzwanzig. Im Verwaltungsrat verfügt die Kommission über eine stärkere Stellung als im Rat der Aufseher. Zwar darf ihr Vertreter auch hier nur ohne Stimmrecht an den Sitzungen teilnehmen (Art. 45 Abs. 2 UAbs. 2 EBA-VO). Da das Organ jedoch insgesamt nur sieben Mitglieder zählt, wird die Stimme der Kommission eher gehört werden als im Rat der Aufseher. Die agenda setting power liegt auch in diesem Kollegialorgan nicht bei der Kommission, sondern beim Vorsitzenden, dem die Leitung der Sitzungen obliegt, im Zusammenspiel mit dem Exekutivdirektor, der die Arbeiten des Verwaltungsrates vorbereitet (Art. 45 Abs. 3 UAbs. 1, Art. 48 Abs. 1 UAbs. 2, Art. 53 Abs. 1 EBA-VO). Stärker ist die Einflussmöglichkeit der Kommis241  Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 743  f.; siehe auch Art. 49a und Art. 52a EBA-VO, deren Einführung der Ausgabentransparenz dienen. 242  Michel, DÖV 2011, 728 (730 f.). 243  Siehe Fischer-Appelt, Agenturen, 1999, S. 237.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

sion bei Fragen um die Aufstellung des Haushaltsplans, bei denen ihr Vertreter stimmberechtigt ist (Art. 45 Abs. 2 UAbs. 3 i. V. m. Art. 63 EBA-VO). Insgesamt ist das Unionsinteresse im Verwaltungsrat hinreichend repräsentiert. 2. Die Beteiligung der Kommission an der personellen Besetzung des Beschwerdeausschusses und der Bestellung des Vorsitzenden und des Exekutivdirektors Mit dem Recht, die Kandidaten für den gemeinsamen Beschwerdeausschuss der ESA mittels einer Auswahlliste vorzuschlagen, hat die Kommission eine starke Einwirkungsmöglichkeit auf die personelle Besetzung des Beschwerdeausschusses. Gleichzeitig wird durch das transparente Verfahren und die Vorgabe der Kriterien, anhand derer sie sich bei der Erstellung der Auswahlliste zu orientieren hat (vgl. Art. 58 Abs. 2 UAbs. 1 und Abs. 3 UAbs. 1 EBA-VO), gewährleistet, dass die Kommission bei der Besetzung des Beschwerdeausschusses ihrerseits keine politische Interessen durchsetzt. Ein ebenso großer Einfluss wie auf den Beschwerdeausschuss kommt der Kommission auf die personelle Besetzung der Ämter des Vorsitzenden und des Exekutivdirektors zu. Hier steuert die Kommission die Ernennungsentscheidungen durch den Rat der Aufseher durch die Erstellung von Auswahllisten vor.244 Die beiden Agenturorgane werden daher vom Vertrauen der Kommission getragen.245 3. Die Beteiligung des Europäischen Parlaments an der personellen Besetzung der Ämter des Vorsitzenden und des Exekutivdirektors Da das Parlament der Ernennung des Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden widersprechen kann (Art. 48 Abs. 2 UAbs. 2 EBA-VO), hält es ein tatsächliches Verhinderungsrecht für den vorgesehenen Kandidaten in der Hand. Hinzu treten gewichtige parlamentarische Kontrollbefugnisse hinsichtlich der Amtsführung des Vorsitzenden, die darin bestehen, dass die Amtszeitverlängerung des Vorsitzenden von der parlamentarischen Bestätigung abhängt (Art. 48 Abs. 4 UAbs. 2 EBA-VO) und dem Parlament das Letztentscheidungsrecht über die Amtsenthebung des Vorsitzenden übertragen ist (Art. 48 Abs. 5 UAbs. 1 EBA-VO). Indem die EBA-Verordnung die Ernennung des Exekutivdirektors an das Erfordernis der vorherigen parlamentarischen Bestätigung knüpft (Art. 51 244  Kohtamäki, 245  Siehe

Reform, 2012, S. 207. zur EASA Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 84.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts223

Abs. 2 EBA-VO), wird in jedem Einzelfall sichergestellt, dass der Exekutivdirektor vom Vertrauen des Parlaments getragen wird. Über das Bestätigungs- bzw. Nichtbestätigungsrecht wirkt das Parlament wesentlich auf die personelle Besetzung des Amtes des Exekutivdirektors ein. IX. Zwischenergebnis Die Kollegialorgane der EBA verfügen über eine hohe organisatorische Unabhängigkeit von den Unionsorganen. Aufgrund der faktischen Beeinflussung des Rates der Aufseher durch mitgliedstaatliche Interessen kann dies jedoch nicht mit Blick auf die Mitgliedstaaten gesagt werden. Rechtspolitisch ist der Kommission im Rat der Aufseher ein Stimmrecht zu verleihen, um der Unionsdimension eine bessere Geltung zu verschaffen. Durch gewichtige parlamentarische Mitwirkungsrechte an der Bestellung und im Falle des Vorsitzenden auch der Abberufung unterliegen die Einzelorgane der EBA einer engen Bindung an das Parlament. Auf die Bestellung des Vorsitzenden und des Exekutivdirektors wirkt auch die Kommission über eine Vorauswahl der Kandidaten maßgeblich ein. Letzteres gilt auch mit Blick auf den Beschwerdeausschuss der ESA.

C. Kontrolle der EBA durch die Unionsorgane Da die EBA weder einer Fachaufsicht noch einer Rechtsaufsicht durch die Kommission unterliegt,246 zeigt sich, dass der Unionsgesetzgeber mit der Errichtung der EBA das sich herausbildende eigene europäische Modell der Unabhängigkeit von Behörden247 im Hinblick auf diese Agentur verwirklicht hat. Mit der Freistellung von jeglicher exekutiven Aufsicht steht die EBA in krassem Gegensatz zur deutschen Finanzmarktaufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht248, die der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesfinanzministeriums unterliegt (§ 2 FinDAG).249 Es stellt sich die Frage, wie die Kontrolle durch die Unionsorgane und insbesondere des Parlaments gegenüber der EBA ausgestaltet ist. 246  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 116; für das Bestehen einer ungeschriebenen Rechtsaufsicht der Kommission über die EBA hingegen Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 19; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 214; siehe auch Ruffert, in: FS Scheuing, 2011, S. 405 f.; in diese Richtung für die ESMA wohl auch Sonder, in: Debus u. a., Verwaltungsrechtsraum, 2011, S. 247. 247  Dazu ausf. oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. c). 248  Im Folgenden: „BaFin“. 249  Die politische Abhängigkeit der BaFin wird teilweise als „strukturelles Defizit“ angesehen, so Forkel, ZRP 2011, 100 (102).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

I. Rechenschafts- und Berichtspflichten gegenüber den Unionsorganen Als Mittel der ex post-Kontrolle und „Gegengewicht zur Unabhängigkeit“250 ist die EBA gegenüber dem Parlament und dem Rat rechenschaftspflichtig (Art. 3 EBA-VO).251 Der Rechenschaftspflicht hat der Vorsitzende oder sein Stellvertreter nach der Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung durch die beiden Unionsorgane nachzukommen (Art. 50 Abs. 1 EBA-VO).252 Zudem unterliegt der Vorsitzende gegenüber dem Parlament einer schriftlichen Berichtspflicht über die wichtigsten Tätigkeiten der Behörde, wenn eine entsprechende Aufforderung ergeht und spätestens 15 Tage vor Abgabe der vorgenannten Erklärung (Art. 50 Abs. 2 EBA-VO).253 Die Rechenschafts- und Berichtspflichten der EBA sind bloße Pflichten zur Erklärung und Erläuterung.254 Die in Reaktion auf die Erklärungen des Vorsitzenden abgegebenen parlamentarischen Stellungnahmen sind schon wegen der Weisungsfreiheit der Mitglieder der EBA-Organe255 für die Behörde unverbindlich.256 Auf eine Steuerung oder Korrektur des Handelns der EBA können sie also nur über politischen bzw. öffentlichen Druck hinwirken.257 Zu diesen Berichts- und Rechenschaftspflichten tritt die Jahresberichtspflicht über die Tätigkeiten der Agentur als weitere ex post-Kontrolle hinzu, welcher der Rat der Aufseher gegenüber dem Parlament, dem Rat, der Kommission, dem Rechnungshof und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss nachkommen muss (Art. 43 Abs. 5 EBA-VO). Die EBA ist damit in ein Geflecht von Rechenschafts- und Berichtspflichten gegenüber den Unionsorganen eingebunden. In dieser Hinsicht unterliegt die EBA vor allem der nach dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts als obligatorisch anzusehenden Kontrolle durch das Parlament. Ob diese jedoch effektiv genug ist, kann nur mit Blick auf die der EBA übertragenen Befugnisse beurteilt werden.258 250  De Larosière-Bericht, 2009, S.  53  f. Rn. 187, S. 54 (dort Fn. 10), S. 62 Rn. 211; die Rechenschaftspflicht steht insbesondere auch im Dienste der demokratischen Legitimation der EBA. 251  Siehe auch Art. 3 S. 2 EBA-VO. 252  Hierbei haben das Parlament und der Rat die Unabhängigkeit des Vorsitzenden uneingeschränkt zu wahren (Art. 50 Abs. 1 EBA-VO). 253  Siehe zum Pflichtinhalt des Berichts Art. 50 Abs. 3 EBA-VO. 254  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 114 m. w. N. 255  Dazu oben 4. Teil 3. Kap. B. VII. 256  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 114. 257  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 114. 258  Siehe dazu unten 4. Teil 3. Kap. D.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts225

II. Finanzierung der EBA und Haushaltskontrolle durch das Parlament und den Rat Die Finanzierung der EBA trägt wesentlich zu ihrer Unabhängigkeit bei (vgl. Erwägungsgrund (59) EBA-VO).259 Im Sinne der angestrebten „finanziellen Autonomie“ der Agentur (vgl. Erwägungsgrund (14) EBA-VO) speist sich der Haushalt der EBA zu einem beträchtlichen Teil aus Pflichtbeiträgen der nationalen Aufsichtsbehörden, die entsprechend einer Formel erbracht werden, die auf dem Prinzip der Stimmgewichtung basiert (Art. 62 Abs. 1 lit. a) EBA-VO).260 Darüber hinaus erhält die EBA einen Zuschuss der Union aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union und ist zudem teilweise gebührenfinanziert (Art. 62 Abs. 1 lit. b) und lit. c) EBA-VO). Neben einer ex ante haushaltsbehördlichen Kontrolle (Art. 63 Abs. 2 EBA-VO) üben der Rat und das Parlament zudem die ex post-Finanzkontrolle über die EBA aus, indem das Parlament auf Empfehlung des Rates die Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplans, einschließlich der Einnahmen aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union und der zuständigen Behörde, erteilt (Art. 64 Abs. 2 und 9 EBA-VO, Erwägungsgrund (59) EBA-VO). III. Rechnungshofkontrolle, Kontrolle durch OLAF und gerichtliche Kontrolle Da die EBA durch den Rechnungshof (siehe Art. 64 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5, Abs. 7 und Art. 66 Abs. 3 EBA-VO, Erwägungsgrund (59) EBAVO), das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF – Art. 66 Abs. 1–3 EBA-VO) und den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 61 EBA-VO) überprüft wird, unterliegt sie den weiteren Kontrollen, die vom Prinzip des institutionellen Gleichgewichts als zwingend erforderlich angesehen werden. Ob die gerichtliche Überprüfung im Falle der EBA tatsächlich ausreichend ist, wird im Folgenden näher untersucht.261 IV. Weitere Kontrollrechte Zum Zwecke der Kontrolle der EBA und um eine solide Informations­ basis zu erhalten, um erforderliche Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Behörde beurteilen und gegenüber dem Unionsgesetzgeber vorschlagen 259  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 208; Moloney, EBOR 12 (2011), 41 (63); siehe auch KOM(2009) 501 endg., S. 74 ff. 260  Siehe Art. 3 Abs. 3 des Protokolls (Nr. 36) über die Übergangsbestimmungen. 261  Siehe 4.  Teil 3. Kap. E.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

zu können, führt die Kommission ein Evaluierungsverfahren über die Tätigkeiten der Behörde durch (Art. 81 EBA-VO). Die Bewertung hat anhand eines ausdifferenzierten Katalogs von Maßstäben zu erfolgen und die Ergebnisse waren bis zum 2. Januar 2014 zu veröffentlichen und sind seitdem in einem dreijährigen Turnus in einem Bericht bekannt zu geben. Dieser Bericht ist dem Parlament und dem Rat zu übermitteln. Indem der Rat der Aufseher die Arbeitsprogramme der Agentur der Kommission, dem Rat und dem Parlament lediglich „zur Kenntnisnahme“ übermitteln muss (Art. 43 Abs. 4 UAbs. 1, Abs. 6 UAbs. 1 EBA-VO), unterliegt die Behörde diesen Unionsorganen gegenüber einer bloßen Informationspflicht. Etwaige Stellungnahmen dieser Unionsorgane zu den Programmen entfalten gegenüber der EBA keine Verbindlichkeit, können also eine Steuerung der Agentur nur über politischen bzw. öffentlichen Druck erreichen. In die Kontrolle der EBA kann der Europäische Bürgerbeauftragte einbezogen werden, wenn er durch eine Beschwerde zur Überprüfung von Missständen bei der Tätigkeit der EBA angestoßen wird (Art. 228 Abs. 1 S. 1 AEUV, siehe auch Art. 72 Abs. 3 EBA-VO). Sein Bericht kann das Parlament und den Rat dazu veranlassen, die EBA-Verordnung und die übrigen Rechtsakte zu ändern, auf denen die Tätigkeit der EBA basiert. V. Fazit Die vom Prinzip des institutionellen Gleichgewichts zwingend geforderten Kontrollinstrumente durch das Parlament, den Rechnungshof, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung und den Gerichtshof sind im Falle der EBA vorgesehen. Ob die parlamentarische und die gerichtliche Kontrolle tatsächlich ausreichend sind, kann erst in der Folge mit Blick auf die der EBA übertragenen Befugnisse beurteilt werden. Gleiches gilt für die Frage, ob in der Zusammenschau von zwingend und zusätzlich vorgesehenen Kontrollen der EBA ein „ausreichendes Kontrollniveau“ durch die Unionsorgane sichergestellt wird.262

262  Was allgemeine Regelungsfragen betrifft, bricht die EBA nicht aus dem Regelungsregime der Union aus; vgl. Art. 67 EBA-VO (Regeln über Vorrechte und Befreiungen), Art.  71 EBA-VO (Datenschutzregime), Art.  70 EBA-VO i.  V.  m. Art. 339 AEUV (Berufsgeheimnis), Art. 72 EBA-VO i. V. m. Art. 15 Abs. 3 AEUV (Recht auf Dokumentenzugang).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts227

D. Die Übertragung von Befugnissen auf die EBA im Lichte des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts I. Kein Entzug bestehender Aufgaben der Kommission Die der EBA im Bereich der Bankenaufsicht übertragenen Aufgaben sind erstmals auf Unionsebene hochgezont worden, sodass der Kommission keine bestehenden Aufgaben entzogen worden sind.263 Wäre die EBA jedoch nicht errichtet worden, hätten diese Aufgaben der Kommission zugestanden. Die Übertragung an die Europäische Bankenaufsichtsbehörde bedarf daher der Rechtfertigung. Diese besteht zum einen darin, dass die Aufgaben im Bereich der Bankenaufsicht neutral und damit frei auch nur vom Anschein einer politischen Einflussnahme wahrgenommen werden müssen.264 Zudem erfordert die Art der EBA-Aufgaben, insbesondere die Lösung hochtechnischer und komplexer Fragen, eine hohe Sachkenntnis und für ihre Bewältigung bedarf es ausreichender Ressourcen. Die erforderliche Sachkenntnis hätte sich die Kommission beschaffen können.265 Die Aufgabenwahrnehmung durch die EBA ist jedoch effizienter,266 da in ihr der erforderliche Sachverstand gebündelt wird. Die Übertragung sämtlicher EBA-Aufgaben hätte zudem erhebliche Ressourcen der Kommission gebunden. Dennoch muss sich jede einzelne Befugnis, die auf die EBA und damit nicht auf die Kommission übertragen wurde, rechtfertigen lassen, was auch für die neuen Übertragungsakte nach Erlass der EBA-Verordnung gilt. II. Beteiligung der EBA an der Rechtsetzung auf Unionsebene 1. Entwürfe technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards a) Technische Regulierungs- und Durchführungsstandards Durch die Erarbeitung267 technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards (Art. 10–15 EBA-VO) wird die EBA maßgeblich in die Banken263  Kohtamäki,

Reform, 2012, S. 205; Häde, EuZW 2011, 662 (663). de Larosière-Bericht, 2009, S. 53 f. Rn. 187, S. 54 (dort Fn. 10). 265  Siehe auch Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 117, nach dem der „bloße Hinweis auf den Sachverstand, die Erfahrung und Unparteilichkeit der in den Behörden versammelten Bediensteten“ nicht ausreichend ist, um die „schwach ausgeprägte sachlich-demokratische Kontrolle der ESAs“ verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. 266  Siehe auch Ohler, in: Ruffert: Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 117. 267  Die EBA hat für die Entwicklung und Annahme der Entwürfe technischer Standards, Leitlinien und Empfehlungen einheitliche Verfahrensregeln festgelegt; 264  Siehe

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

regulierung268 und damit in den Rechtsetzungsprozess auf Unionsebene integriert. Diese Standards stehen im Dienste der kohärenten Anwendung des Bankenaufsichtsrechts und sollen zur Schaffung des single rulebooks beitragen.269 Die von der EBA auf der „Stufe 2“ des Lamfalussy-Verfahrens entworfenen Standards werden von der Kommission angenommen (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 und Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 S. 3 EBA-VO) und in Form von Verordnungen oder Beschlüssen erlassen (Art. 10 Abs. 4, Art. 15 Abs. 4 EBA-VO), wodurch sie Rechtsverbindlichkeit nach außen erlangen.270 Hierdurch unterscheiden sie sich wesentlich von den durch CEBS erlassenen Standards, die im Bereich des Unverbindlichen verblieben.271 Technische Regulierungsstandards sind dem Bereich der delegierten Rechtsetzung der Kommission (Art. 290 AEUV) und technische Durchführungsstandards dem Bereich der Durchführungsrechtsetzung der Kommission (Art. 291 Abs. 2 AEUV) zuzuordnen. Die Befugnisse zur Erarbeitung und zum Erlass technischer Standards werden der EBA und der Kommission durch das sektorale Finanzmarktaufsichtsrecht übertragen. Beispielsweise ermächtigt Art. 16 Abs. 3 UAbs. 1 EMIR272 die EBA zur Erarbeitung von Entwürfen für techvgl. „Decision of the European Banking Authority adopting a Procedure for developing and adopting Draft Technical Standards and Guidelines and Recommendations“ (EBA DC 030) v. 25.9.2012. 268  Vgl. zum Begriff oben 4. Teil 1. Kap.  269  Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (10); Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (10); dies ist die bereits angesprochene „weitere Variante“ der delegierten Rechtsetzung und Durchführungsrechtsetzung im Lamfalussy-Verfahren; vgl. oben 4. Teil 2. Kap. A. III. 270  Das Verfahren zum Erlass technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards verläuft im Wesentlichen ähnlich und kennt zwei Varianten, die daran anknüpfen, ob die Initiative zum Erlass eines technischen Standards von der Agentur oder – ganz ausnahmsweise – von der Kommission ausgeht (vgl. Art. 10 Abs. 1 UAbs. 3 ff. und Abs. 2–3 EBA-VO sowie Art. 15 Abs. 1 UAbs. 2 ff. und Abs. 2–3 EBA-VO); siehe zu den öffentlichen Anhörungen und Kosten-Nutzen-Analysen Art. 10 Abs. 1 UAbs. 3 und Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO und Art. 15 Abs. 1 UAbs. 2 und Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO; siehe auch Art. 30 Abs. 3 EBA-VO; wie genau die EZB am Verfahren der Entwürfe technischer Standards durch die EBA zu beteiligen ist, ist bislang unklar, da sie „erforderlichenfalls“ und „in jeglicher teilnehmenden Rolle“ zur Erstellung eines Entwurfs technischer Standards durch die EBA beizutragen hat (Art. 4 Abs. 3 UAbs. 4 SSM-VO); zudem hat sie die EBA auf die etwaige Notwendigkeit aufmerksam zu machen, der Kommission einen Entwurf für Standards zur Änderung bestehender technischer Regulierungs- oder Durchführungsstandards vorzulegen (Art. 4 Abs. 3 UAbs. 4 SSM-VO); insbesondere bei der Entwicklung technischer Standards, aber auch bei der Herausgabe von Leitlinien nach Art. 16 EBA-VO, wird die Verpflichtung der EBA relevant, den Grundsätzen der Besseren Rechtsetzung, einschließlich den Ergebnissen der Kosten-NutzenAnalysen bei ihrer Befugnis- und Aufgabenwahrnehmung Rechnung zu tragen (Art. 8 Abs. 2a EBA-VO). 271  Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (10).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts229

nische Regulierungsstandards, in denen die Anforderungen hinsichtlich Eigenkapital, Gewinnrücklagen und sonstigen Rücklagen einer zentralen Gegenpartei im Sinne der Vorgaben der EMIR (vgl. Art. 16 Abs. 2 EMIR) näher erläutert werden. Mittlerweile sind die von der EBA auf dieser Rechtsgrundlage erarbeiteten Standards273 von der Kommission gemäß ihrer Ermächtigung aus Art. 16 Abs. 3 UAbs. 3 EMIR durch eine delegierte Verordnung zur Ergänzung der EMIR274 angenommen worden. 272

b) Entwicklungsmonopol der Kommission für technische ­ Regulierungs- und Durchführungsstandards? Die EBA-Verordnung bezieht die EBA stark in das Verfahren zur Erarbeitung technischer Regulierungsstandards ein. Zudem unterwirft sie die Kommission bestimmten Pflichten, wie der zur engen Zusammenarbeit mit der EBA bei der Entwicklung der Standards. Die delegierte Rechtsetzung nach Art. 290 AEUV wurde bereits als eine Vorbehaltsbefugnis der Kommission im Organverhältnis identifiziert.275 Daher stellt sich die Frage, wie weit die Kernbefugnis der Kommission nach Art. 290 AEUV reicht. Zweifelslos gewährt Art. 290 AEUV der Kommission ein unantastbares Erlassmonopol für delegierte Rechtsakte. Die Norm und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erfordern, dass die Kommission die Verantwortung für die technischen Regulierungsstandards trägt, also das Letztentscheidungsrecht über diese ausübt.276 Teilweise wird jedoch vertreten, dass Art. 290 AEUV der Kommission darüber hinaus auch ein Entwicklungsmonopol verschaffe, das vom Unionsgesetzgeber durch sekundärrechtliche Regelungen wie die EBA-Verordnung nicht angetastet werden dürfe.277 Auch die Kommission betont ihre weitge272  VO (EU) Nr. 648 / 2012 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 4.7.2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, ABl. Nr. L 201 v. 27.7.2012, S. 1; wegen der englischsprachigen Bezeichnung der VO als „European Market Infrastructure Regulation“ im Folgenden: „EMIR“. 273  Die Entwürfe und die sie begleitende Stellungnahme der EBA zur EMIR und zu zentralen Gegenparteien sind über die Homepage der EBA abrufbar. 274  Delegierte VO (EU) Nr. 152 / 2013 der Kommission v. 19.12.2012 zur Ergänzung der VO (EU) Nr. 648 / 2012 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenkapitalanforderungen an zentrale Gegenparteien, ABl. Nr. L 52 v. 23.2.2013, S. 37. 275  Vgl. oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 2. 276  Michel, DÖV 2011, 728 (732); Schammo, CMLR 48 (2011), 1879 (1885); H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 80; Wymeersch, ZGR 2011, 443 (465). 277  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 180; Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 57, 63.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

hende Autonomie hinsichtlich des Verfahrens zum Erlass eines delegierten Rechtsaktes.278 Unter einem Entwicklungsmonopol wird hier die Freiheit der Kommission verstanden, autonom darüber zu bestimmen, wie das Verfahren der Vorbereitung eines delegierten Rechtsaktes verläuft. Nach dem Wortlaut der Norm hat die Kommission delegierte Rechtsakte „zu erlassen“. Dies spricht eindeutig, aber auch nur dafür, dass die Kommission über ein Erlassmonopol verfügt. Diese Auslegung wird auch von dem Vergleich mit der englischen Sprachfassung („to adopt“) und der französischen Sprachfassung („d’adopter“) und mit der Vorgängerregelung des Art. I-36 Abs. 1 UAbs. 1 VVE („zu erlassen“) gestützt. Der Wortlaut des Art. 290 Abs. 1 AEUV steht der Einbeziehung von Agenturen in die Entwicklung delegierter Rechtsakte durch die Kommission mithin nicht entgegen.279 Zudem kann aus dem Fehlen einer expliziten Ermächtigung des Unionsgesetzgebers zur Festlegung von Regeln für das Verfahren zum Erlass delegierter Rechtsakte in Art. 290 AEUV auch im Angesicht der Tatsache, dass Art. 291 Abs. 3 AEUV eine derartige Ermächtigung für die Kontrolle der Durchführungsrechtsetzung der Kommission nach Art. 291 Abs. 2 AEUV enthält, nicht auf ein Entwicklungsmonopol der Kommission im Bereich des Art. 290 AEUV geschlossen werden.280 Auch die Entstehungsgeschichte des Art. 290 AEUV bzw. des Art. I-36 VVE gibt keine klaren Hinweise dafür, dass die Vertragsstaaten der Kommission neben dem Erlassmonopol auch ein Entwicklungsmonopol für delegierte Rechtsakte gewähren wollten. Aus dem Schlussbericht der Gruppe IX „Vereinfachung“ vom 29.11.2002 kann man hinsichtlich der Einführung delegierter Rechtsakte in die Verträge schlussfolgern, dass es dem Konvent darauf ankam, dem Unionsgesetzgeber die Möglichkeit zu geben, sich durch die Delegation von Befugnissen zur Regelung technischer Aspekte auf die Regelung der wesentlichen Angelegenheiten zurückzuziehen und dabei die Kontrolle über die delegierten Rechtsakte zu behalten.281 Vor der Neuordnung der abgeleiteten Rechtsetzung hatte der Rat nämlich nur die Möglichkeit, Vorschriften entweder detailliert selbst zu regeln oder sie als Durch278  vgl.

KOM(2009) 673 endg., S. 6 f. schon Raschauer, ZFR 2011, 159 (161); a. A. Schusterschitz, in: Hummer / Obwexer, Der Vertrag, 2007, S. 231 (dort auch Fn. 98). 280  A. A. Kotzur, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 290 AEUV Rn. 7, der die Einwirkungsmöglichkeiten des Unionsgesetzgebers in Art. 290 Abs. 2 AEUV abschließend normiert sieht. 281  Vgl. Europäischer Konvent, Bericht des Vorsitzenden der Gruppe IX „Vereinfachung“ an die Mitglieder des Konvents betreffend Schlussbericht der Gruppe IX „Vereinfachung“ v. 29.11.2002 (CONV 424 / 02), S. 8 f. 279  So



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts231

führungsmaßnahmen „einzukleiden“ und der Kommission zur Regelung zu übertragen und die Kontrolle den Mitgliedstaaten im Komitologieverfahren zu überlassen (vgl. Art. 202 3. Spiegelstrich EGV).282 Abgesehen davon wurde die Debatte um die Neuregelung der abgeleiteten Rechtsetzung mit Blick auf das Komitologiewesen geführt,283 das man im neuen Vertrag einzig in Art. 291 AEUV Anwendung finden lassen wollte. An die Einbindung europäischer Agenturen in die Vorbereitung delegierter Rechtsakte im Rahmen des Art. 290 AEUV hatte man nicht gedacht. Die europäischen Agenturen als unabhängige Einrichtungen der EU-Eigenverwaltungen unterscheiden sich jedoch ganz erheblich von den mitgliedstaatlich besetzten Expertenausschüssen des Komitologiewesens.284 Maßgeblich für die Auslegung der Vertragsvorschriften ist zudem in erster Linie der Wille der Vertragsstaaten und nicht die Rechtsauffassung der Organe, wie die der Kommission.285 Abgesehen davon hat das Parlament seine Anfang Mai 2009 geäußerte Auffassung, „dass der AEUV keine Rechtsgrundlage für eine Rahmenmaßnahme zu delegierten Rechtsakten bietet“286, die es Anfang Mai 2010 wiederholt hat,287 geändert. Dies zeigt die Praxis der Gesetzgebung auf Unionsebene deutlich und nicht zuletzt die Verabschiedung der ESA-Verordnungen Ende November 2010, in denen die EBA, die ESMA und die EIOPA in die Entwicklung technischer Regulierungsstandards durch die Kommission einbezogen werden. Angemerkt sei auch, dass es die Kommission selbst war, die die Befugnisse der EBA im Bereich der Entwicklung technischer Standards vorgeschlagen hat.288 282  Vgl. Europäischer Konvent, Bericht des Vorsitzenden der Gruppe IX „Vereinfachung“ an die Mitglieder des Konvents betreffend Schlussbericht der Gruppe IX „Vereinfachung“ v. 29.11.2002 (CONV 424 / 02), S. 8.; siehe zu einer anderen Deutung der Entstehungsgeschichte des Art. 290 AEUV Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 35 ff. 283  Siehe dazu H. Hofmann, ELJ 15 (2009), 482 (499 ff.). 284  Dieser Unterschied rechtfertigt nach Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 47, keine andere Bewertung. 285  Vgl. Ratsdokument 5455 / 11, S. 14 zur 3045. Tagung des Rates der Europäischen Union v. 17.11.2010, wonach die Kommission „ernsthafte Zweifel“ äußert, „ob die Beschränkungen ihrer Rolle bei der Annahme von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten im Einklang mit den Artikeln 290 und 291 AEUV stehen“; siehe auch COM(2011) 452 final, S. 9. 286  Entschließung des Europäischen Parlaments v. 7.5.2009 zu den neuen Aufgaben und Zuständigkeiten des Parlaments bei der Umsetzung des Vertrags von Lissabon (2008 / 2063(INI)), Punkt 68. 287  Entschließung des Europäischen Parlaments v. 5.5.2010 zur legislativen Befugnisübertragung (2010 / 2021(INI), ABl. Nr. C 81 E / 6 v. 15.3.2011, Buchstabe I. 288  Vgl. KOM(2009) 501 endg., S. 5 v. 23.9.2009, Punkt 6.2.1 und Art. 6 Abs. 2 lit. a) und Art. 7; abschwächend fügte die Kommission ihrem Vorschlag hinzu, dass dieser „nicht die Diskussion über künftige Verfahren im Zusammenhang mit dem

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Der Wortlaut, die Systematik und die Entstehungsgeschichte des Art. 290 AEUV sowie die Praxis der Gesetzgebung auf Unionsebene zeigen, dass Art. 290 AEUV der Kommission kein Entwicklungsmonopol für technische Regulierungsstandards vermittelt.289 Daher kann der Unionsgesetzgeber die Kommission in der Phase der Vorbereitung technischer Regulierungsstandards durch sekundärrechtliche Verfahrensregelungen bestimmten Pflichten unterwerfen.290 Für die Erarbeitung der Standards durch die EBA lässt sich zudem anführen, dass die Normkonkretisierung aufgrund der hohen Technizität und Komplexität der Materie effizienter durch eine spezialisierte und unabhängige Unionsbehörde erfolgen kann.291 Als absolute Grenze für die Einbindung der EBA in die Entwicklung der technischen Regulierungsstandards und die Auferlegung bestimmter Pflichten zu Lasten der Kommission in der Entwicklungsphase der Standards gilt jedoch das unantastbare Erlassmonopol der Kommission nach Art. 290 AEUV. Die Kommission darf keiner materiell-rechtlichen Bindung unterworfen werden.292 Auch Art. 291 Abs. 2 AEUV steht der Einbeziehung europäischer Agenturen in das Verfahren zur Entwicklung von technischen Durchführungs­ standards nicht entgegen. Bei der Schaffung dieser Vorschrift wurde – wie bei Art. 290 AEUV – nicht an die Möglichkeit der Integration von Agenturen gedacht. Auch aus Art. 291 Abs. 2 AEUV, der das Komitologieverfahren primärrechtlich verankert, kann als arg. e. contrario nicht geschlossen werden, dass das Parlament und der Rat Agenturen nicht in das Verfahren zur Entwicklung von Durchführungsrechtsakten einbeziehen dürfen. Angemerkt sei, dass die CRD IV und die CRR auch eine Vielzahl „einfacher“ Delegationen nach Art. 290 AEUV und auch einige „einfache“ Übertragungen von Durchführungsbefugnissen nach Art. 291 Abs. 2 AEUV Übergang auf den neuen Vertrag“ berühre, ebd., Punkt 6.2.1.; siehe auch die „Erklärung Nr. 39 zu Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“, in der die Kommission ihre Absicht kundgetan hat, „bei der Ausarbeitung ihrer Entwürfe für delegierte Rechtsakte im Bereich der Finanzdienstleistungen nach ihrer üblichen Vorgehensweise weiterhin von den Mitgliedstaaten benannte Experten zu konsultieren“. 289  A. A. Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 23; Kohtamäki, Reform, 2012, S. 180. 290  So auch schon Gurlit, ZHR 2013, 862 (874); a.  A. Kahl, in: Braumüller / Ennöckl / Gruber / Raschauer, Finanzmarktaufsicht, 2011, S. 60 f.; Kotzur, in: G / K / K, EUV / AEUV, 2010, Art. 290 AEUV Rn. 7; Sydow, JZ 2012, 157 (162), nach dem Art. 290 AEUV eine solche Möglichkeit nicht eröffnet. 291  Herdegen, Bankenaufsicht, 2010, S. 68. 292  Liberaler hingegen Gurlit, ZHR 2013, 862 (874), nach der Art. 290 AEUV nur die Wahrung des Erlassmonopols der Kommission erfordert.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts233

enthalten. In diesen Fällen ist das Verfahren des Art. 10 EBA-VO bzw. das Verfahren des Art. 15 EBA-VO nicht anzuwenden (vgl. u. a. Art. 456–464 CRR und Art. 145-Art. 149 CRD IV), die EBA bleibt also unbeteiligt.293 Bei den „einfachen“ Delegationen an die Kommission handelt es sich vor allem um die Befugnis zur Präzisierung wichtiger Begriffsbestimmungen der CRR und der CRD IV, um eine einheitliche Anwendung der Rechtsetzungsakte – auch unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf den Finanzmärkten – sicherzustellen (vgl. Art. 456 Abs. 1 lit. a) und lit. b) CRR und Art. 145 lit. a) und lit. b) CRD IV). Die Kommission scheint sich daher zumindest teilweise mit ihrem Willen durchgesetzt zu haben, im Bereich des Art. 290 AEUV autonom handeln zu können.294 c) Würdigung der Befugnisse der Kommission und der EBA hinsichtlich der Entwicklung und des Erlasses von technischen Standards nach der EBA-VO In Anbetracht der im vorausgegangenen Abschnitt aufgestellten Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass die EBA-Verordnung die Kommission der Pflicht unterwirft, einen Entwurf eines technischen Regulierungsstandards der EBA oder einen von ihr selbst erstellten Entwurf umgehend an das Parlament und den Rat weiterzuleiten (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 4 und Art. 10 Abs. 3 UAbs. 3 EBA-VO). Auch die Bestimmung einer dreimonatigen Frist, innerhalb derer die Kommission über einen von der EBA erstellten Entwurf zu befinden hat, verletzt nicht die Vorbehaltsbefugnis der Kommission aus Art. 290 AEUV (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 5 S. 1 EBA-VO).295 Problematisch ist jedoch, dass die Kommission den Entwurf eines technischen Regulierungsstandards, den sie von der EBA erhalten hat, „lediglich teilweise oder mit Änderungen billigen“ können soll, „sofern dies aus Gründen des Unionsinteresses erforderlich ist“ (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 5 S. 2 EBA-VO).296 Grundsätzlich erfordert das Erlassmonopol der Kommission aus Art. 290 AEUV, dass die Kommission autonom über einen Entwurf 293  Hinsichtlich der Durchführungsrechtsakte nach Art. 146 CRD IV findet das Komitologieverfahren Anwendung (vgl. Art. 146 und Art. 147 CRD IV). 294  Gurlit, ZHR 2013, 862 (875) konstatiert insofern eine erhebliche Minderung der Bedeutung der EBA als Standardsetzer. 295  So selbst Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 63 f. 296  Einen Verstoß des Art. 10 Abs. 1 UAbs. 5 S. 2 EBA-VO gegen das Unionsrecht sieht auch Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 67 ff.; für die Vereinbarkeit sämtlicher Vorgaben der Art. 10–14 EBA-VO mit dem Vertrag hingegen ­Raschauer, ZFR 2011, 159 (161); Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 80 f.; das „Letztentscheidungsrecht“ der Kommission nach der EBA-Verordnung noch für ausreichend erachtend Michel, DÖV 2011, 728 (732).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

entscheiden können muss. Die EBA-Verordnung ist daher an dieser Stelle zu ändern und es ist ein selbständiges, unbeschränktes Entscheidungsrecht der Kommission über den Entwurf eines technischen Regulierungsstandards der EBA sicherzustellen.297 Die Vorgaben in Erwägungsgrund 23 S. 2 und 3 EBA-VO, nach denen die Kommission die Entwürfe der EBA „in nur äußerst begrenzten Fällen und unter außergewöhnlichen Umständen“ ändern können soll und zwar im Falle ihrer Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht, ihres Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder ihres Zuwiderlaufens gegen grundlegende Prinzipien des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen, sind nur eine Orientierungshilfe für die Auslegung der Verordnung.298 Sie können aus Gründen der Wahrung der Befugnisse der Kommission aus Art. 290 AEUV und der Aufrechterhaltung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts die Überprüfungs- und Abänderungsbefugnis der Kommission ohnehin nicht einschränken. Da die Kommission ab dem Zeitpunkt, zu dem sie den EBA-Entwurf eines technischen Regulierungsstandards erhalten hat, völlig frei in ihrer Entscheidung über den Entwurf sein muss, sind alle weiteren Bindungen, denen die EBA-Verordnung die Kommission unterwirft (vgl. Art. 10 Abs. 1 UAbs. 6–8 EBA-VO) nicht mit der Vorbehaltsbefugnis der Kommission aus Art. 290 AEUV vereinbar.299 Dies betrifft beispielsweise die Pflichten der Kommission zur Rücksendung des Entwurfs zur EBA, zur Erläuterung der Nichtbilligung oder der Änderungen des Entwurfs und zur Abstimmung mit der EBA (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 6 S. 1 und Art. 10 Abs. 1 UAbs. 8 EBAVO).300 Da die Kommission unter bestimmten Voraussetzungen einen technischen Regulierungsstandard auch ohne einen Entwurf der EBA annehmen kann (Art. 10 Abs. 3 EBA-VO), ist sichergestellt, dass die EBA durch die unterlassene Unterbreitung von Entwürfen technischer Regulierungsstandards die Befugnisse der Kommission zur Rechtsetzung nach Art. 290 AEUV nicht leerlaufen lassen kann.301 Keinen Bedenken begegnet auch die Verpflich297  Für eine primärrechtskonforme Auslegung und Handhabung der Vorgaben der EBA-Verordnung Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 125. 298  So i. E. und mit Hinweis auf die fehlende Rechtskraft der Vorgaben in den parallelen Erwägungsgründen der EIOPA-VO Sasserath-Albertig / Hartig, VersR 2012, 524 (529) und der ESMA-VO Schammo, CMLR 48 (2011), 1879 (1883); eine Bindung der Kommission hingegen nehmen Weber-Rey / Horak, WM 2013, 721 (723; dort Fn. 27) an; so auch Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 69 f. 299  So auch Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 65 ff. 300  Im Ergebnis auch Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 65 f. 301  Siehe auch Erwägungsgrund (24) EBA-VO; auch die Verpflichtung der Kommission, bei Nichtvorlage eines Entwurfes eines technischen Standards durch die EBA diese zur Vorlage eines solchen aufzufordern (Art. 10 Abs. 2 EBA-VO), unter-



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts235

tung der Kommission zur Durchführung von offenen öffentlichen Anhörungen und von Kosten-Nutzen-Analysen und zur Einholung der Stellungnahme oder Empfehlung der Interessengruppe Bankensektor,302 wenn die Kommission selbst tätig wird, weil die EBA ihr keinen Entwurf eines technischen Regulierungsstandards unterbreitet hat (Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO).303 Die Kommission wird nämlich nicht an die Konsultations- und Analyseergebnisse gebunden. Zudem können die Anhörungen und die Kosten-NutzenAnalysen im Falle der Unangemessenheit unterbleiben (Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO). Auch die Pflicht der Kommission, einen von ihr erstellten Entwurf der EBA zu übermitteln und das Recht der EBA, diesen zu ändern und der Kommission in Form einer förmlichen Stellungnahme vorzulegen (Art. 10 Abs. 3 UAbs. 4 EBA-VO), ist mit Art. 290 AEUV vereinbar, da insoweit nur die Entwicklung des technischen Regulierungsstandards betroffen ist.304 Erhält die Kommission den von der EBA geänderten Entwurf des technischen Standards zurück, erfordert Art. 290 AEUV jedoch, dass die Kommission in ihrer Entscheidung über den Entwurf völlig frei ist. Dies muss durch eine Änderung des Art. 10 Abs. 3 UAbs. 6 EBA-VO sichergestellt werden, da dieser Artikel nur eine Annahmemöglichkeit der Kommission unter Übernahme der von der EBA vorgeschlagenen oder der von ihr selbst als wichtig erachteten Änderungen vorsieht und eine Abstimmungspflicht der Kommission mit der EBA statuiert. Auch Art. 10 Abs. 3 UAbs. 5 EBA-VO, nach dem die Kommission bei der Nichtunterbreitung eines geänderten Entwurfs durch die EBA den technischen Regulierungsstandard annehmen kann, muss dahingehend geändert werden, dass die Kommission über die volle Handlungsautonomie hinsichtlich des technischen Regulierungsstandards verfügt. Das Verfahren zur Vorbereitung und zum Erlass technischer Durchführungsstandards (Art. 15 EBA-VO) nach der EBA-Verordnung verläuft im Wesentlichen ähnlich wie das für technische Regulierungsstandards (Art. 10 liegt keinen Bedenken im Hinblick auf Art. 290 AEUV; a. A. Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 65 f.; Weber-Rey / Horak, WM 2013, 721 (723) sehen einen Entzug von Initiativrechten der Kommission; in diese Richtung auch Busuioc, ELJ 19 (2013), 111 (115). 302  Siehe dazu auch Council of the European Union, Common Understanding – Delegated Acts, 10.4.2011, 8753 / 11, PE 164, INST 195, S. 2 Rn. 4 erster Satz, wo es heißt: „The Commission when preparing and drawing up delegated acts, will ensure a simultaneous, timely and appropriate transmission of relevant documents to the European Parliament and the Council and carry out appropriate and transparent consultations well in advance, including at expert level.“ 303  A. A. Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 66  f., der von einem Entwicklungsmonopol der Kommission ausgeht. 304  A. A. Fabricius, Regulierungsstandard, 2013, S. 66, der von einem Entwicklungsmonopol der Kommission ausgeht.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

EBA-VO). Hier fällt die Bewertung jedoch anders aus. Wenn der Unionsgesetzgeber Durchführungsbefugnisse, einschließlich der Befugnis zum Erlass von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung, auf Agenturen zur selbständigen Wahrnehmung übertragen kann, ist es ihm erst recht möglich, ein Verfahren vorzusehen, in dem die Kommission und eine Agentur bei der Entwicklung von Durchführungsrechtsakten zusammenwirken und die Kommission gewissen Pflichten, wie zum Beispiel Abstimmungspflichten mit der Agentur, unterworfen wird. Da die Kommission frei über den Erlass der von der EBA unter ihrer Mitwirkung erarbeiteten technischen Durchführungsstandards entscheiden kann – der Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 S. 3 EBA-VO („Die Behörde legt ihre Entwürfe technischer Durchführungsstandards der Kommission zur Zustimmung vor.“) bewirkt keine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Kommission – begegnet das in Art. 15 EBA-VO vorgesehene Verfahren keinen Bedenken mit Blick auf das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts. d) Kontrolle durch das Parlament und den Rat Um zu verhindern, dass die EBA im Zusammenwirken mit der Kommission die Grenze zur Regelung wesentlicher Angelegenheiten durch technische Standards überschreitet, dürfen diese Standards ausweislich der EBAVerordnung nur „technischer Art“ sein und „keine strategischen oder politischen Entscheidungen“ enthalten (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2, Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EBA-VO). Diese Vorgaben werden verschiedentlich auch von den Erwägungsgründen der Rechtsakte des sektoralen Finanzmarktaufsichtsrecht wiederholt, die die entsprechenden Ermächtigungen für die EBA und die Kommission enthalten (vgl. beispielsweise Erwägungsgrund (127) CRR und Erwägungsgrund (91) CRD IV). Jedoch wurde bereits erwähnt, dass auch die Wahrnehmung rein technisch anmutender Aufgaben und Befugnisse durch Agenturen politische Implikationen entfalten kann.305 Dies gilt gerade auch für den Bereich des Finanzmarktaufsichtsrechts.306 Unter den vielen Ermächtigungen der EBA zur Erarbeitung von technischen Standards unter der CRD IV und CRR werden wohl die Durchführungsstandards am ehesten nur operationeller bzw. „technischer Art“ sein und „keine strategischen oder politischen Entscheidungen“ enthalten. Oftmals sollen im Wege dieser Standards nämlich „nur“ Standardformulare, Dokumentenvorlagen und Verfahren für bestimmte Aspekte des Bankenaufsichtsrechts festgelegt 305  Siehe

oben 3. Teil 2. Kap. D. II. 3. CMLR 48 (2011), 1055 (1070); Moloney, CMLR 47 (2010), 1317 (1349); dies., EBOR 12 (2011), 41 (67 ff.) mit Beispielen; siehe hingegen auch Herdegen, Bankenaufsicht, 2010, S. 69. 306  Chamon,



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts237

werden, wie zum Beispiel für die Informationsaustauschanforderungen, die geeignet sind, die Überwachung der Institute zu erleichtern (Art. 50 Abs. 7 CRD IV).307 Um einen Übergriff der Kommission und der EBA in die gesetzgeberischen Vorbehaltsbefugnisse zu verhindern, bedarf die delegierte Rechtsetzung der Kommission im Wege technischer Regulierungsstandards der Kontrolle durch das Parlament und den Rat. Das in der EBA-Verordnung vorgesehene Kontrollinstrumentarium des Unionsgesetzgebers, das auf Art. 290 Abs. 2 AEUV aufbaut, erscheint in seiner theoretischen Ausgestaltung als durchaus effektiv. Das Parlament und der Rat haben die Möglichkeit, die Befugnisübertragung an die Kommission jederzeit zu widerrufen (Art. 12 Abs. 1 EBA-VO i. V. m. Art. 290 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a) EBAVO)308 und über die Erhebung von Einwänden gegen technische Regulierungsstandards das Inkrafttreten jedes einzelnen Standards zu verhindern (Art. 13 Abs. 3 EBA-VO i. V. m. Art. 290 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b) EBA-VO). Im Grundsatz hat der Unionsgesetzgeber mit der dreimonatigen Frist nach dem Datum der Übermittlung des Entwurfs und der dreimonatigen Verlängerungsmöglichkeit (Art. 13 Abs. 1 UAbs. 1 EBA-VO) auch ausreichend Zeit, um Einwände gegen die Standards zu erheben. Die tatsächliche Ausübung seines Einspruchsrechts ist jedoch dann erschwert, wenn die Kommission einen Standard auf der Grundlage eines von ihr nicht geänderten EBA-Entwurfs annimmt, denn in diesem Fall verkürzt sich die Einspruchsfrist auf lediglich einen Monat mit einmonatiger Verlängerungsmöglichkeit (Art. 13 Abs. 1 UAbs. 2 EBA-VO). Es stellt sich die Frage, ob es dem Parlament und dem Rat angesichts der Flut an Ermächtigungen der CRD IV und der CRR zur Erarbeitung technischer Regulierungsstandards zugunsten der Kommission und der EBA möglich sein wird, dieser Kontrollaufgabe in der Praxis effektiv nachzukommen.309 Diesen Umstand hat der Unionsgesetzgeber zum größten Teil selbst zu verantworten, da es in seiner Hand liegt, die Ermächtigung der EBA zur Erarbeitung technischer Standards zu normieren und damit die EBA-Befugnisse von vornherein hinrei307  Vgl. z.  B. auch Art. 99 Abs. 5 UAbs. 1 CRR, wonach die EBA Entwürfe technischer Durchführungsstandards erarbeitet, um einheitliche Meldeformulare, -intervalle und -termine, Begriffsbestimmungen sowie die in der Union anzuwendenden IT-Lösungen für die Meldungen nach Art. 99 Abs. 1–4 CRR zu spezifizieren. 308  Die Befugnis zum Erlass von technischen Regulierungsstandards wird der Kommission für vier Jahre seit dem 16.12.2010 übertragen und verlängert sich automatisch, falls das Parlament oder der Rat sie nicht widerrufen (Art. 11 Abs. 1 i. V. m. Art.  12 EBA-VO). 309  Zumindest sieht die CRD IV eine zeitliche Staffelung vor, nach der die EBA der Kommission Entwürfe technischer Standards vorzulegen hat, was sich auch auf die Vorlage der Standards an das Parlament und den Rat auswirken wird.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

chend zu begrenzen.310 Indem der Unionsgesetzgeber in der CRD IV und der CRR jedoch weit mehr Ermächtigungen zur Erarbeitung technischer Regulierungsstandards normiert hat, sichert er sich jedoch seine Beteiligung am Zustandekommen dieser Standards, denn an der Kontrolle des Erlasses technischer Durchführungsstandards wird er nicht beteiligt.311 Deren Kontrolle obliegt den Mitgliedstaaten (Art. 291 Abs. 3 AEUV), da sie im Grundsatz für die Durchführung des Unionsrechts verantwortlich sind (Art. 291 Abs. 1 AEUV). Gegenstand der Überprüfung muss vor allem sein, ob die Durchführungsstandards tatsächlich nur „einheitliche Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union“ enthalten und nicht zu einer Änderung des Rechtsaktes führen, auf dem sie beruhen (Art. 291 Abs. 2 AEUV, Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EBA-VO).312 2. Leitlinien und Empfehlungen Auf der „dritten Stufe“ des Lamfalussy-Verfahrens313 hat die EBA die Befugnis zur Herausgabe von Leitlinien und Empfehlungen gegenüber den zuständigen Behörden und Finanzinstituten (vgl. Art. 16 Abs. 1 EBAVO).314 Diese stehen im Dienste der Schaffung kohärenter Aufsichtspraktiken und der Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts (Art. 16 Abs. 1 EBA-VO) und sollen von der EBA in den Bereichen abgegeben werden, die nicht von den technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards abgedeckt werden (Erwägungsgrund (26) EBAVO). Dementsprechend hat die EBA vielfach nach ihrem Ermessen Leitlinien zu verschiedenen Aspekten des Bankenaufsichtsrechts erlassen. So hat sie beispielsweise ihr Recht zum Erlass der „Leitlinien zur Beurteilung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselqualifikationen“ aus einer Kombination der Art. 11 Abs. 1 Eigenkapitalrichtlinie I i. V. m. Art. 22 Eigenkapitalrichtlinie I abgeleitet.315 Da die CRD IV und die CRR jedoch explizite Ermächtigungen für den Erlass von Leitlinien für ihren Bereich enthalten (vgl. z. B. Art. 94 Abs. 1 lit. g) ii) 5. Spiegelstrich und iii) UAbs. 2 CRD IV), zeigt sich, dass der Unionsgesetzgeber die Be310  Siehe

IV.

aber auch Erwägungsgrund (131) CRR und Erwägungsgrund (93) CRD

311  Gurlit,

ZHR 2013, 862 (872). ZBB 2011, 2 (11). 313  Zum Lamfalussy-Verfahren oben 4. Teil 2. Kap. A. III. 314  Siehe zur Durchführung offener öffentlicher Anhörungen und einer KostenNutzen-Analyse zu den Leitlinien und Empfehlungen sowie der Einholung der Stellungnahme der Interessengruppe Bankensektor Art. 16 Abs. 2 EBA-VO. 315  „Guidelines on the assessment of the suitability of members of the management body and key function holders“ v. 22.11.2012 Rn. 2.1 und 2.4. 312  Lehmann / Manger-Nestler,



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts239

fugnis der EBA zum Erlass von Leitlinien an einen Gesetzesvorbehalt knüpfen will. Die von der EBA ausgesprochenen Empfehlungen sind unverbindlich, was schon aus Art. 288 Abs. 5 AEUV folgt. Die Wirkung als Rechtsnorm wird für die abstrakt-generellen Leitlinien der EBA bereits dadurch ausgeschlossen, dass sie nicht im Kanon des Art. 288 AEUV aufgenommen sind, der die rechtsverbindlichen Handlungsformen abschließend normiert.316 Auch der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten (Art. 4 Abs. 3 EUV), der für die ESFSTeilnehmer in Art. 2 Abs. 4 EBA-VO konkretisiert wird und die zuständigen Behörden dazu verpflichtet, die EBA bei der Schaffung einer „gemeinsamen Aufsichtskultur“ (Art. 8 Abs. 1 lit. b) EBA-VO) zu unterstützen, kann keine Rechtsbindung der zuständigen Behörden begründen.317 Selbst die EBA geht davon aus, dass ihre Leitlinien „unverbindlich sind und das Unionsrecht nicht erweitern können“, was sie explizit im ersten Beschwerdeverfahren gegen einen ihrer Beschlüsse mit Blick auf die „Leitlinien zur Beurteilung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselqualifikationen“318 deutlich gemacht hat.319 Außerhalb der Frage nach der Rechtsverbindlichkeit muss der differenzierte Adressatenbezug der Leitlinien und Empfehlungen der EBA für ihre Wirkungen beachtet werden. Gegenüber Finanzinstituten haben die Leitlinien und Empfehlungen der EBA keine Rechtserheblichkeit.320 Jedoch werden die zuständigen Behörden einer rechtlichen Befassungspflicht unterwor­ 316  Gurlit, ZHR 2013, 862 (875); aufgrund der rechtlichen Unverbindlichkeit der Leitlinien kann nicht davon gesprochen werden, dass ihnen ein „normativer Charakter“ zukäme, so aber Sonder, BKR 2010, 8 (9); siehe auch die Einordnung als „sekundäre Rechtsquelle“ bei Th. Möllers, NZG 2010, 285 (289); siehe zur Lehre von den sekundären Rechtsquellen Th. Möllers / Hailer, JZ 2012, 841 (848 f.). 317  So schon allgemein zu den Empfehlungen und Leitlinien der Kommission vor dem Hintergrund des ex-Art. 10 EGV v. Danwitz, Verwaltungsrecht, 2008, S.  251 m. w. N.; Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 127 m. w. N. hinsichtlich der unverbindlichen Zulassungsspezifikationen der EASA. 318  EBA / GL / 2012 / 06 v. 22.11.2012. 319  „Decision of the Board of Appeal of the European Supervisory Authorities given under Article 60 Regulation (EU) No 1093 / 2010 and the Board of Appeal’s Rules of Procedure (BoA 2012 002)“, BoA 2013-008 v. 24.6.2013, Rn. 54. Die rechtliche Unverbindlichkeit der EBA-Guidelines wurde vom Gemeinsamen Beschwerdeausschuss bestätigt, vgl. ebd. Rn. 65. 320  Gurlit, ZHR 2013, 862 (875); die Finanzinstitute müssen nur dann „auf klare und ausführliche Weise Bericht erstatten“, wenn sich dieses Erfordernis aus einer Leitlinie oder Empfehlung der EBA ergibt (Art. 16 Abs. 3 UAbs. 4 EBA-VO); auch hierdurch kann ein „Befolgungsdruck“ aufgebaut werden, so Lehmann / MangerNestler, ZBB 2011, 2 (13).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

fen,321 da sie nach der EBA-Verordnung alle erforderlichen Anstrengungen322 zu unternehmen haben, um diesen Leitlinien und Empfehlungen nachzukommen und binnen zwei Monaten nach der Herausgabe einer Leitlinie oder Empfehlung zu bestätigen haben, ob sie dieser nachkommen oder nachzukommen beabsichtigen. Für den Fall der beabsichtigten Nichtbefolgung einer Leitlinie oder Empfehlung der EBA werden die zuständigen Behörden einer Mitteilungs- und Rechtfertigungspflicht gegenüber der EBA unterworfen (Art. 16 Abs. 3 UAbs. 1–2 EBA-VO). Dieser act or explain-Mechanismus,323 den schon das Vorgängergremium CEBS hinsichtlich der von ihm herausgegebenen Leitlinien, Empfehlungen und Standards (vgl. Art. 14 Abs. 2 CEBS-Beschluss)324 kannte, wenn auch in abgeschwächter Form, führt dazu, dass die zuständigen Behörden die Leitlinien und Empfehlungen der EBA trotz ihrer Unverbindlichkeit tatsächlich befolgen, also eine „faktische Bindungswirkung“325 eintritt.326 Indem die Tatsache des Nichtbefolgens oder des beabsichtigten Nichtbefolgens einer Leitlinie oder Empfehlung durch die zuständige Behörde und gegebenenfalls auch die dafür angegebenen Gründe veröffentlicht werden (Art. 16 Abs. 3 UAbs. 3 S. 1–2 EBA-VO), wird der Befolgungsdruck noch verstärkt.327 Eine 321  Gurlit, ZHR 2013, 862 (875); von einer „Befassungspflicht“ sprechen auch Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 120 f.; Hartig, BB 2012, 2959 (2960 f.); Th. Möllers / Harrer / Krüger, WM 2011, 1537 (1543); neben dieser „Befassungspflicht“ werden die zuständigen Behörden durch die Leitlinien und Empfehlungen jedoch keinen weiteren Pflichten unterworfen; so Gurlit, ZHR 2013, 862 (875; dort auch Fn. 73 und 74), die darüber hinaus zutreffend darauf hinweist, dass auch mit Hilfe des nationalen Rechts (siehe z. B. § 10g Abs. 3 S. 2 KWG) keine Beachtenspflicht statuiert werden kann. 322  Die GEREK-Verordnung enthält eine ähnliche Regelung für die vom zwischenstaatlichen Regulierungsrat herausgegebenen Stellungnahmen, Empfehlungen, Leitlinien und Ratschläge oder bewährten Regulierungspraktiken, denen „weitestgehend Rechnung zu tragen“ ist (Art. 3 Abs. 3 S. 1 GEREK-VO). 323  Für die BaFin übernimmt § 7b Abs. 1 S. 4–5 KWG im Wesentlichen den act or explain-Mechanism des Art. 16 Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO; einer derartigen Normierung hätte es jedoch nicht bedurft, da die EBA-Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gilt (Art. 288 Abs. 2 S. 2 AEUV). 324  Nach Art. 14 Abs. 2 CEBS-Beschluss unterlag jedes Mitglied des CEBS einer Begründungspflicht, wenn es die vom CEBS ausgegebenen Leitlinien, Empfehlungen und Standards oder andere seiner Maßnahmen nicht einhielt. 325  Sonder, BKR 2011, 8 (9); Michel, DÖV 2011, 728 (732); Th. Möllers / Harrer /  Krüger, WM 2011, 1537 (1543); Walla, BKR 2012, 265 (267). 326  Auch die „natürliche Autorität“ der EBA trägt dazu bei, dass die Adressaten den EBA-Leitlinien und -Empfehlungen tatsächlich nachkommen; Michel, DÖV 2011, 728 (732); siehe auch schon Siegel, NVwZ 2008, 620 (620). 327  Busuioc, ELJ 19 (2013), 111 (118); Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (12 f.); dies., ZfgK 2012, 528 (530); so auch Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (10); Michel, DÖV 2011, 728 (732); zur ESMA Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 120, 153;



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts241

abermalige Steigerung erfährt dieser Druck noch dadurch, dass die EBA das Parlament, den Rat und die Kommission mithilfe des Jahresberichts der Agentur informiert, welche zuständigen Behörden den Leitlinien nicht nachgekommen sind und wie die EBA die tatsächliche Befolgung der Leitlinien durch die betreffenden nationalen Aufsichtsbehörden zukünftig sicherstellen wird (Art. 16 Abs. 4 i. V. m. Art. 43 Abs. 5 EBA-VO).328 Festhalten lässt sich, dass die EBA-Verordnung die tatsächliche Befolgung der Leitlinien und Empfehlungen durch die zuständigen Behörden nahezu sicherstellt. Für die Leitlinien bestätigt sich dies auch mit Blick auf die von der EBA über ihre Homepage veröffentlichten „Compliance Tables“ zu den von ihr bislang herausgegebenen Leitlinien, die offenbaren, dass die zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten diese bis auf wenige Ausnahme befolgen. Wie die Entwicklung technischer Standards findet auch die Leitlinienbefugnis der EBA ihre Rechtfertigung darin, dass sich die Normkonkretisierung im Bereich der Bankenaufsicht als sehr komplex und technisch erweist.329 Die Übertragung der Befugnis zum Erlass von Leitlinien kann sich als Entlastung der Kommission erweisen. Zudem kann mit dem Erlass von Leitlinien auf der dritten Stufe des Lamfalussy-Verfahrens wesentlich effizienter als im förmlichen Rechtsetzungsverfahren auf sich verändernde Situationen auf dem Finanzmarkt reagiert werden.330 Ähnlich lässt sich auch die Herausgabe von Empfehlungen nach Art. 16 Abs. 1 EBA-VO rechtfertigen. Die Reibungspunkte der EBA-Befugnis zum Erlass von Leitlinien ergeben sich aus der abstrakt-generellen Wirkung der Leitlinien und ihrer über den act or explain-Mechanismus nahezu sichergestellten Befolgung durch die zuständigen Behörden. Hinzu kommt, dass es der Erlass von Leitlinien der EBA ermöglicht, tief in den nationalen Verwaltungsvollzug durchzuwirken. Mit der Befugnis zum Erlass von Leitlinien hält die EBA also ein gewichtiges Steuerungsmittel im Bereich der Bankenaufsicht in der Hand.331 Betrachtet man die bereits von der EBA herausgegebenen Leitlinien, zeigt Weber-Rey / Baltzer, in: Hopt / Wohlmannstetter, Corporate Governance, 2011, S. 448; die zuständige Behörde wird im Vorhinein über eine solche Veröffentlichung informiert (Art. 16 Abs. 3 UAbs. 3 S. 3 EBA-VO). 328  Busuioc, ELJ 19 (2013), 111 (118); Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (12 f.); so auch Manger-Nestler, ZfgK 2012, 528 (530). 329  Herdegen, Bankenaufsicht, 2010, S. 68; Michel, DÖV 2011, 728 (732). 330  So hinsichtlich der Befugnis der EASA zur Erarbeitung von Zulassungsspezifikationen Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 294 f. 331  So schon zu den Zulassungsspezifikationen der EASA Riedel, Gemeinschaftszulassung, 2006, S. 293 ff.; siehe zu den Steuerungswirkungen von Mitteilungen der Kommission Knauff / Schwensfeier, EuZW 2010, 611 (612, 614).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

sich, dass die EBA zu einer extensiven Auslegung ihrer Befugnis neigt und die Leitlinien teilweise mit einem erheblichen Detailreichtum aufwarten. Dies wird am Beispiel der „Leitlinien zur Beurteilung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselqualifikationen“ deutlich, die umfangreiche Zuverlässigkeits-, Erfahrungs- und Governancekriterien für die Beurteilung von Mitgliedern des Leitungsorgans eines Kreditinstituts aufstellen und die nach den eigenen Angaben der EBA weiter gehen als Art. 11 Eigenkapitalrichtlinie I.332 Der Erlass von Leitlinien durch die EBA bedarf einer effektiven Kontrolle, damit ausgeschlossen wird, dass die EBA über dieses Instrument politische Weichenstellungen trifft.333 Dass die EBA durch die Herausgabe von Leitlinien einen Vertrauenstatbestand schaffen kann, an dem sie sich im Sinne einer Selbstbindung für Folgemaßnahmen gegenüber den zuständigen Behörden und Finanzinstituten festhalten lassen muss,334 hat der Gemeinsame Beschwerdeausschuss der ESA in seiner Entscheidung vom 24.6.2013 hinsichtlich der „Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen“ implizit bejaht. Auf den Einwand der EBA, die Leitlinien seien unverbindlich und könnten den Anwendungsbereich des Unionsrechts nicht erweitern, erwiderte der Beschwerdeausschuss, dass die Leitlinien zwar unverbindlich seien, jedoch die Angelegenheit „von einer praktischen Perspektive“ aus adressierten und bei der Auslegung des Anwendungsbereichs der Vorschriften der Eigenkapitalrichtlinie I behilflich und daher zu berücksichtigen seien.335 Abschließend stellt sich die Frage, ob sich die EZB im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus als konkurrierende Standardsetzerin etablieren und dadurch die Rolle der EBA als Entwicklerin des single rulebooks für die Union untergraben kann. Denn auch die EZB ist zur Herausgabe von Leitlinien und Empfehlungen und darüber hinaus zum Erlass von Verordnungen 332  „Guidelines on the assessment of the suitability of members of the management body and key function holders“ v. 22.11.2012 Rn. 2.5. 333  Aktiv in den politischen Prozess um die Regulierung des automatisierten Handels eingebracht hat sich die ESMA mit ihren Leitlinien „Systeme und Kontrollen für Handelsplattformen, Wertpapierfirmen und zuständige Behörden in einem automatisierten Handelsumfeld“ v. 24.2.2012, ESMA / 2012 / 122, die sie zu einem Zeitpunkt erlassen hat, zu dem die Kontroverse um die Überarbeitung der RL 2004 / 39 / EG (des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, ABl. Nr. L 145 v. 30.4.2004, S. 1) zwischen den Unionsorganen noch geführt wurde. 334  Siehe dazu Frank, Rechtswirkungen, 2012, S. 153 ff.; Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S.  130 ff. 335  „Decision of the Board of Appeal of the European Supervisory Authorities given under Article 60 Regulation (EU) No 1093 / 2010 and the Board of Appeal’s Rules of Procedure (BoA 2012 002)“, BoA 2013-008 v. 24.6.2013, Rn. 56.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts243

ermächtigt (Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 SSM-VO i. V. m. Erwägungsgrund (32) SSM-VO). Zwar ist es denkbar, dass sich die EZB, die dem Artikel 16 EBA-VO und damit dem act or explain-Mechanismus unterliegt (Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 S. 2 SSM-VO), dazu entschließt, bestimmte Leitlinien und Empfehlungen der EBA nicht zu befolgen und diese Nichtbefolgung zu erklären. Jedoch ist ihre Verordnungsbefugnis von vornherein auf die Gestaltung und Festlegung der Modalitäten zur Wahrnehmung der ihr durch die SSM-Verordnung übertragenen Aufgaben begrenzt (Art.  4 Abs.  3 UAbs. 2 S. 3 SSM-VO).336 Zudem unterliegt sie bei der Annahme von Leitlinien und Empfehlungen den technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards der EBA und der Kommission und darf diese Rechtsakte nur zur Wahrnehmung der ihr durch die SSM-VO übertragenen Aufgaben erlassen (Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 S. 1 i. V. m. Art. 4 Abs. 3 UAbs. 1 SSM-VO).337 III. Aufsichts- und Vollzugsbefugnisse der EBA 1. Weisungs- und Durchgriffsbefugnisse der EBA Die EBA hat unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis, rechtsverbindliche Beschlüsse gegenüber zuständigen Behörden oder Finanzinstituten im Einzelfall zu erlassen. a) „Drei-Stufen-Mechanismus“ In einem sog. „Drei-Stufen-Mechanismus“ verfügt die EBA über Befugnisse rechtsaufsichtsrechtlicher Natur338 gegenüber den zuständigen Behörden und subsidiär auch gegenüber einzelnen Finanzinstituten (Art. 17 Abs. 1 EBA-VO, Erwägungsgrund (28) EBA-VO). Voraussetzung für die Ausübung dieser Aufsichtsfunktion ist, dass eine zuständige Behörde die in Art. 1 Abs. 2 EBA-VO genannten Rechtsakte nicht anwendet, oder in einer Weise, die auf eine Verletzung des Unionsrechts hindeutet.339 Zunächst kann die EBA von Amts wegen oder auf Ersuchen der politischen Unionsorgane oder der Interessengruppe Bankensektor die angebliche Verletzung oder Nichtanwendung des Unionsrechts untersuchen 336  Gurlit,

ZHR 2013, 862 (877). ZHR 2013, 862 (877 f.). 338  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 130; Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 67: „Aufsicht über die Aufsicht“; so schon Walla, BKR 2012, 265 (266). 339  Umfasst sind auch die nach der EBA-VO erlassenen Standards (Art. 17 Abs. 1 EBA-VO). 337  Gurlit,

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

(Art. 17 Abs. 2 UAbs. 1 EBA-VO).340 Die erwähnten „Informanten“ der EBA müssen weder ein formales Interesse nachweisen noch, dass sie hauptsächlich („principally“) und unmittelbar von der beklagten Verletzung oder Nichtanwendung des Unionsrechts betroffen sind.341 Die betroffene zuständige Behörde hat der EBA unverzüglich alle Informationen zu übermitteln, die nach dem Ermessen der Agentur für die Untersuchung erforderlich sind (Art. 17 Abs. 2 UAbs. 2 EBA-VO). Aus der engen Verknüpfung zwischen dem Untersuchungsrecht der EBA und der Informationspflicht der zuständigen Behörde ergibt sich, dass sich die Untersuchungsbefugnisse der EBA auf die Anforderung und Auswertung von Informationen beschränken, ihr jedoch keine weitergehenden Befugnisse zustehen, wie zum Beispiel Inspektionen in den Räumen der zuständigen Behörde. Als Untersuchungsfaktoren berücksichtigt die EBA beispielsweise, ob der mutmaßliche Unionsrechtsverstoß das Potential hat, die Grundlagen der „rule of law“ zu untergraben, er eine wiederholte Verletzung darstellt oder direkten Einfluss auf die Ziele der EBA haben kann.342 Nimmt die EBA einen Unionsrechtsverstoß an, richtet sie eine unverbindliche Empfehlung343 an die zuständige Behörde – womit auch die EZB Adressatin einer derartigen Maßnahme sein kann (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. f) EBA-VO) – in der die zur Einhaltung des Unionsrechts zu ergreifenden Maßnahmen erläutert werden (Art. 17 Abs. 3 UAbs. 1 EBA-VO). Diese Empfehlung begründet die Pflicht der zuständigen Behörde, die EBA über die getroffenen oder geplanten Maßnahmen zur Einhaltung des Unionsrechts zu unterrichten (Art. 17 Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO).344 Dass die EBA auch die Befugnis hat, eine Empfehlung an die EZB zu richten, die eine Unterrichtungspflicht des Unionsorgans gegenüber der EBA auslöst, ist mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und dem Gedanken der Verantwortungswahrung vereinbar, da die EZB über die unverbindliche Empfehlung der EBA nicht zur Vornahme bestimmter Maßnahmen ver340  Zuvor hat die EBA die betroffene zuständige Behörde zu unterrichten (Art. 17 Abs. 2 UAbs. 1 EBA-VO). 341  Vgl. Art. 2.3 der „Decision of the Board of Supervisors concerning Internal Processing Rules on Investigation regarding Breach of Union Law“, EBA DC 054 v. 5.7.2012. 342  „Decision of the Board of Supervisors concerning the Internal Processing Rules on Investigation regarding Breach of Union Law“, EBA DC 054 v. 5.7.2012, Rn. 3.2 i. V. m. Annex 2. 343  Diese Empfehlung bewirkt jedoch eine tatbestandliche Umgrenzung hinsichtlich eines gegebenenfalls noch zu treffenden Beschlusses der EBA; so Lehmann / Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (13); so auch Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (10). 344  Hierbei ist die zuständige Behörde an eine kurze Frist von zehn Arbeitstagen gebunden (Art. 17 Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts245

pflichtet werden kann. Bleibt der Unionsrechtsverstoß der zuständigen Behörde auch innerhalb eines Monats nach Eingang der EBA-Empfehlung bestehen, wechselt die Verfahrensherrschaft zur Kommission.345 Dieser Wechsel ist systemgerecht, weil der Kommission primärrechtlich die Hüterfunktion346 über die Anwendung der Unionsrechts zusteht (Art.  17 Abs. 1 S. 3 AEUV). Die Kommission richtet eine förmliche Stellungnahme an die zuständige Behörde, in der diese aufgefordert wird, die zur Herstellung der Unionsrechtskonformität erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.347 Zwar muss die förmliche Stellungnahme der Kommission die Empfehlung der EBA berücksichtigen („trägt (…) der Empfehlung der Behörde Rechnung.“, Art. 17 Abs. 4 UAbs. 1 EBA-VO, 2. Stufe des „Drei-StufenMechanismus“, Erwägungsgrund (28) EBA-VO). Hieraus folgt jedoch keine inhaltliche Bindung der Kommission. Letztere kann also die nach ihrem Ermessen erforderlichen Maßnahmen empfehlen. Die EBA-Verordnung forciert das tatsächliche Befolgen der unverbindlichen förmlichen Stellungnahme der Kommission auf verschiedenen Wegen. Sie unterwirft die zuständige Behörde einer Unterrichtungspflicht sowohl gegenüber der Kommission als auch gegenüber der EBA hinsichtlich der Maßnahmen, die sie unternommen hat oder beabsichtigt, um der förmlichen Stellungnahme nachzukommen (Art. 17 Abs. 5 EBA-VO).348 Zudem knüpft sie die zweifache Unterrichtungspflicht an eine lediglich zehntätige Frist, die den Handlungsdruck auf die zuständige Behörde erhöht (Art. 17 Abs. 5 EBAVO).349 Schließlich wird die betroffene zuständige Behörde auch ein Interesse daran haben, der „öffentlichen Prangerwirkung“ zu entgehen, die eintritt, wenn die EBA entsprechend ihrer Pflicht nach Art. 17 Abs. 8 EBA-VO im zu veröffentlichenden und den Unionsorganen zuzuleitenden Jahresbericht (Art. 43 Abs. 5 EBA-VO) darlegt, welche nationale Behörde den Stellungnahmen der Kommission nicht nachgekommen ist. Als ultima ratio, dass heißt wenn die zuständige Behörde der förmlichen Stellungnahme der Kommission nicht fristgerecht nachkommt, kann die 345  Die Kommission erhält alle erforderlichen Informationen (Art.  17 Abs. 4 UAbs. 3 EBA-VO). 346  Siehe oben 2. Teil 2. Kap. B. II. 2. b). 347  Die Kommission kann die Stellungnahme von Amts wegen oder nach Unterrichtung der EBA abgeben (Art. 17 Abs. 4 UAbs. 1 EBA-VO). Dabei ist sie an eine dreimonatige Frist nach Abgabe der EBA-Empfehlung gebunden, die sie um einen Monat verlängern kann (Art. 17 Abs. 4 UAbs. 2 EBA-VO); die EBA und die zuständige Behörde haben der Kommission alle relevanten Informationen zuzuleiten (Art. 17 Abs. 4 UAbs. 3 EBA-VO). 348  Trifft diese Unterrichtungspflicht die EZB begegnet dies auch keinen grundlegenden Bedenken im Hinblick auf die Wahrung des institutionellen Gleichgewichts. 349  Kohtamäki, Reform, 2012, S. 188.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

EBA im Sinne eines „Selbsteintrittrechts“350 durch Erlass eines Beschlusses351 im Einzelfall unmittelbar auf die Institutsebene durchgreifen (Art. 17 Abs. 6 EBA-VO, Erwägungsgrund (29) EBA-VO, 3. Stufe des „3-StufenMechanismus“). Da das Recht der Kommission zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen einen Mitgliedstaat, dessen Behörde das Unionsrechts verletzt, bereits aus dem Primärrecht folgt (Art. 258 AEUV), hätte es der Klarstellung in der EBA-Verordnung nicht bedurft, dass die EBA-Befugnisse zum Erlass von Beschlüssen gegenüber Finanzinstituten im Einzelfall „unbeschadet der Befugnisse der Kommission nach Art. 258 AEUV“ bestehen (vgl. Art. 17 Abs. 6 EBA-VO und allgemeiner Art. 1 Abs. 4 EBA-VO).352 Indem das Recht der EBA, nach Art. 17 Abs. 6 EBAVO gegen ein Finanzinstitut vorzugehen, an die Nichtbefolgung der förmlichen Stellungnahme der Kommission anknüpft, zeigt sich die große rechtliche Bedeutung dieser unverbindlichen Handlungsform.353 Neben der Nichtbefolgung der Kommissionsmaßnahme steht der Durchgriff der EBA auf ein einzelnes Finanzinstitut unter einer doppelten Bedingung. Zunächst muss es „erforderlich“ sein, die Nichteinhaltung des Unionsrechts zu beenden, „um neutrale Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen beziehungsweise um das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität des Finanzsystems zu gewährleisten“ (Art. 17 Abs. 6 EBA-VO). Es ist nicht ganz eindeutig, wann die EBA vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgehen darf beziehungsweise anhand welcher Maßstäbe sie deren Vorliegen messen muss.354 Allein Erwägungsgrund (29) EBA-VO deutet darauf hin, dass die Befugnis der 350  So schon Groß, JZ 2012, 1087 (1089); Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1284 f.); Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 128. 351  Vor dem Erlass von Beschlüssen auf der Grundlage der EBA-VO hat die EBA dem Adressaten ihre diesbezügliche Absicht mitzuteilen und ihm die Möglichkeit zu gewähren, zu der Angelegenheit Stellung zu nehmen. Dies gilt auch für Empfehlungen nach Art. 17 Abs. 3 EBA-VO. Darüber hinaus hat die EBA ihre Beschlüsse zu begründen, in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und die Adressaten ihrer Beschlüsse über die nach der EBA-VO zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zu belehren. Die nach den Art. 17–19 EBA-VO erlassenen Beschlüsse unterliegen der Veröffentlichung. Letztere unterbleibt, wenn sie berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Finanzinstitute widerspricht oder eine ernsthafte Gefährdung für das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität von Finanzmärkten oder die Stabilität des Finanzsystems in der Union als Ganzes oder in Teilen bedeuten würde (Art. 39 Abs. 1–5 EBA-VO). 352  Entsprechende deklaratorische Klarstellungen enthalten auch Art. 18 Abs. 4 und Art. 19 Abs. 4 EBA-VO, siehe auch Erwägungsgrund (31) EBA-VO. 353  Siehe dazu Storr, in: Gramlich / Manger-Nestler, Regulierungsstrukturen, 2011, S. 113 ff. (insbes. S. 115). 354  So schon mit Blick auf die Befugnisse der ESMA und mit Beispielen Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 158 f.; Moloney, EBOR 2 (2011), 177 (223).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts247

EBA zum Erlass von Beschlüssen nach Art. 17 Abs. 6 EBA-VO auf Ausnahmesituationen beschränkt sein muss. Zumindest ist zu fordern, dass der fortbestehende Unionsrechtsverstoß der zuständigen Behörde schwerwiegend ist und eine nachhaltige Bedrohung für die in Art. 17 Abs. 6 EBA-VO genannten Schutzgüter darstellt, also negative Wirkungen auf den Markt oder das Finanzsystem zeitigen kann. Der Durchgriff auf ein einzelnes Institut setzt zudem voraus, dass „die einschlägigen Anforderungen der in Art. 1 Abs. 2 genannten Rechtsakte auf Finanzinstitute unmittelbar anwendbar“ sind (Art. 17 Abs. 6 UAbs. 1 EBAVO). Bezugspunkt der Vorschrift ist nur das unmittelbar anwendbare Unionsrecht, nicht hingegen das mitgliedstaatliche Recht, weil dieses keine Befugnisse zugunsten der EBA begründet.355 Da Richtlinien nicht unmittelbar zulasten Privater wirken können,356 scheiden die in Art. 1 Abs. 2 EBA-VO genannten und die auf der Grundlage der in Art. 1 Abs. 2 EBAVO aufgeführten Rechtsakte zukünftig zu erlassenden Richtlinien von vornherein aus.357 Es kommen daher Verordnungen der Union in Betracht wie die CRR (vgl. Erwägungsgrund (29) EBA-VO). Als Rechtsfolge ermächtigt Art. 17 Abs. 6 EBA-VO die EBA, durch Beschluss im Einzelfall ein Finanzinstitut „zum Ergreifen der Maßnahmen“ zu verpflichten, „die zur Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen des Unionsrechts erforderlich sind“ und nennt die Einstellung jeder Tätigkeit nur als Beispiel. Die EBA verfügt damit über ein weites Ermessen hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen.358 Dieses Ermessen wird jedoch dadurch eingegrenzt, dass der Beschluss der EBA mit der förmlichen Stellungnahme der Kommission nach Art. 17 Abs. 4 EBA-VO „im Einklang stehen“ muss. Damit steuert die Kommission den Beschluss der Bankenaufsichtsbehörde vor, sodass es zu keiner Verlagerung von Verantwortung im Institutionengefüge kommt.359 Bei der Auswahl der Maßnahmen ist die EBA streng an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV) gebunden.360 Die Verfügung 355  Ohler,

in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2012, § 10 Rn. 130. Urt. v. 26.2.1986, Marshall, Rs. C-152 / 84, Slg. 1986, 00723 (Rn. 48); EuGH, Urt. v. 7.1.2004, Delena Wells, Rc. C-201 / 02, Slg. 2004, I-723 (Rn. 56). 357  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2012, § 10 Rn. 130. 358  Häde, EuZW 2011, 662 (663); Kohtamäki, Reform, 2012, S. 204; Ohler, DVBl. 2011, 1061 (1068); ders., in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2012, § 10 Rn. 130; Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (12); a. A. Pötzsch, in: FS Hopt, 2010, S. 2374: „umgrenzte Ausführungsaufgaben“; so auch zur ESMA Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 105; siehe auch Holznagel / Schumacher, in: FS Säcker, 2011, S. 752: „hochtechnische (…) Aufgaben“. 359  Michel, DÖV 2011, 728 (733); in diese Richtung auch Moloney, EBOR 12 (2011), 177 (200; dort Fn. 116). 360  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 131. 356  EuGH,

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

der Schließung eines Instituts kann wegen der besonderen Schwere des Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Instituts (Art. 16 GR-Charta) und der weitreichenden Folgen nur eine ultima ratio-Maßnahme sein. Da die EBA keine Vollstreckungsbefugnisse hat, kann sie den Beschluss gegenüber dem Finanzinstitut nicht selbständig durchsetzen.361 Jedoch baut die EBA-Verordnung auch insoweit einen tatsächlichen Befolgungsdruck auf, als sie im Jahresbericht veröffentlicht, welche Finanzinstitute ihren Beschlüssen nach Art.  17 Abs.  6 EBA-VO nicht nachgekommen sind (Art. 17 Abs. 8, Art. 43 Abs. 5 EBA-VO).362 b) Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten Die EBA verfügt über rechtsverbindliche Schlichtungsbefugnisse, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen Behörden kommt. Die Rechtsverbindlichkeit dieser Befugnisse unterscheidet sie deutlich von denen des Vorgängergremiums CEBS. Sachlich knüpft die Schlichtungsfunktion der EBA an Differenzen an, die „das ordnungsgemäße Verfahren oder den Inhalt einer Maßnahme oder das Nichttätigwerden einer zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates“ in den Fällen zum Gegenstand haben, die in den Sekundärrechtsakten genannt sind, die die EBA-Verordnung aufführt (Art. 19 Abs. 1 und Erwägungsgrund (32) EBA-VO, Art. 1 Abs. 2 EBA-VO).363 Die Befugnis der EBA knüpft also an spezielle sekundärrechtliche Ermächtigungen an (vgl. z. B. Art. 50 Abs. 4 CRD IV und Art. 51 Abs. 2 CRD IV). Im Rahmen der Schlichtung hat die EBA zunächst eine Vermittlerrolle. Kommt es innerhalb der von ihr gesetzten Frist bzw. Schlichtungsphase (Art. 19 Abs. 2 EBA-VO) zu keiner Einigung, kann die EBA die Meinungsverschiedenheit durch Erlass eines Beschlusses an die betreffenden zuständigen Behörden schlichten (Art. 19 Abs. 3 EBA-VO).364 Zweck dieser EBA-Befugnis ist die Gewährleistung 361  Ohler,

in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 131. Reform, 2012, S. 188; Moloney, EBOR 12 (2011), 177 (201): „peer pressure mechanism“. 363  Die EBA wird von Amts wegen oder auf Ersuchen einer oder mehrerer der von der Auseinandersetzung betroffenen zuständigen Behörden tätig (Art.  19 Abs. 1–2, Art. 21 Abs. 4 EBA-VO). Die Befugnis der EBA, wegen Verletzung des Unionsrechts nach Art. 17 EBA-VO vorzugehen, bleibt von den Schlichtungsbefugnissen unberührt (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 EBA-VO). 364  Siehe insoweit auch die Befugnisse des Schlichtungsgremiums nach Art. 41 Abs. 3, 44 Abs. 1 UAbs. 3 EBA-VO; siehe zu den Befugnissen des Gemeinsamen Ausschusses hinsichtlich der Beilegung sektorspezifischer Meinungsverschiedenheiten Art. 20 EBA-VO. 362  Kohtamäki,



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts249

der Einhaltung des Unionsrechts (Art. 19 Abs. 3 EBA-VO a. E.). Der explizite Hinweis in der EBA-Verordnung auf die Verbindlichkeit des Beschlusses (Art. 19 Abs. 3 EBA-VO) war nicht erforderlich, da sich die verbindliche Wirkung dieser Handlungsform bereits aus Art. 288 Abs. 4 AEUV ergibt.365 Die Befugnis der EBA, die EZB als zuständige Behörde (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. f) EBA-VO) durch Beschluss zu verpflichten (vgl. Erwägungsgrund (12) EBA-ÄnderungsVO), führt dazu, dass die EZB als Unionsorgan gegenüber der EBA als vertraglich nicht explizit vorgesehener Einrichtung in ein Unterordnungsverhältnis gerät.366 Führt man sich die Grundaussage des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts nochmals vor Augen, nach der die Verantwortung bei den in Art. 13 Abs. 1 EUV aufgeführten Unionsorganen verbleiben muss,367 mutet das hierarchische Verhältnis der EBA zur EZB als Systembruch an,368 denn die Verantwortung wird in bestimmten Fragen der Bankenaufsicht auf eine Agentur verlagert. Insoweit wäre es mit Blick auf die Beschlussbefugnisse der EBA bei Meinungsverschiedenheiten unter zuständigen Behörden (und auch „im Krisenfall“ nach Art. 18 EBA-VO)369 besser gewesen, die im Kommissionsvorschlag enthaltenen Regelungen beizubehalten, nach denen die EZB die Befolgung eines EBA-Beschlusses verweigern konnte und für diesen Fall lediglich einer Begründungspflicht gegenüber der EBA unterliegen sollte.370 Die EBA-Befugnisse zum Erlass von Beschlüssen gegenüber den zuständigen Behörden im Rahmen der Schlichtung und im Übrigen werden teilweise als „Weisungen“ bezeichnet.371 Aus deutscher Perspektive suggeriert dies einen fachaufsichtsrechtlichen Kontext, der aber für die Beschlussbefugnisse der EBA nicht zutrifft, da sie ausschließlich im Dienste der Rechtskontrolle stehen.372 Berücksichtigt man dies, kann jedoch für die verbindlichen Anordnungen im Über- / Unterordnungsverhältnis der EBA gegenüber den zuständigen Behörden weiterhin am Begriff der „Weisung“ festgehalten werden. 365  Ohler,

in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 133. schon Herdegen, WM 2012, 1889 (1890, 1893 und 1896); Dinov, EuR 2013, 593 (605); siehe zur Bedeutung der EBA-Streitschlichtungsbefugnisse nach der Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus Gurlit, EuZW-Beilage 2014, 14 (17, dort auch Fn. 53). 367  Siehe dazu oben 2. Teil 3. Kap. A. III. und C. I. 368  So schon Herdegen, WM 2012, 1889 (1896); Sacarcelik, BKR 2013, 353 (357 und 360); einen Verstoß gegen die Unabhängigkeit der EZB sehen auch v. Roosebeke / Eckhardt / Baran, CEP-Gutachten v. 19.11.2012, S. 4. 369  Dazu sogleich unten 4. Teil 3. Kap. D. III. 1. c). 370  KOM(2012) 512 endg., Erwägungsgrund 5 zum Vorschlag v. 12.9.2012. 371  Dies betrifft auch die EBA-Befugnisse nach Art. 17 Abs. 3 und Art. 18 Abs. 3 EBA-VO; z. B. Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1284); Kohtamäki, Reform, 2012, S. 186 (dort Fn. 183); Partsch, ZBB 2010, 72 (75). 372  Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1284). 366  So

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Mit dem Schlichtungsbeschluss kann die EBA den betreffenden zuständigen Behörden die Vornahme oder Unterlassung bestimmter Maßnahmen aufgeben (Art. 19 Abs. 3 EBA-VO). Auch hier verfügt die EBA also wieder über ein weites Auswahlermessen. Zudem wird der EBA-Beschluss gegenüber den betreffenden Behörden in seinen Wirkungen nicht auf den jeweiligen Einzelfall beschränkt bleiben. Die Verpflichtung zur Durchführung (Art. 291 Abs. 1 AEUV) wird vielmehr regelmäßig ein Umsetzungshandeln gegenüber den Finanzinstituten erfordern.373 Dennoch ist die Übertragung dieser Befugnis auf die EBA gerechtfertigt, weil sie zu einer maßgeblichen Entlastung der Kommission von der Schlichtung sektorspezifischer Streitigkeiten führt,374 die von der EBA effizienter als durch die Kommission gehandhabt werden können.375 Kommt eine zuständige Behörde dem Schlichtungsbeschluss nicht nach, hat die EBA die Befugnis, einen Beschluss im Einzelfall an das betreffende Institut zu richten und diesem die zur Einhaltung seiner unionsrechtlichen Pflichten erforderlichen Maßnahmen aufzugeben (Art. 19 Abs. 4 EBA-VO). Der Unionsgesetzgeber hat hier die tatbestandlichen Voraussetzungen hinreichend vorgezeichnet. Der Durchgriff setzt voraus, dass durch die Nichtbefolgung des EBA-Beschlusses durch die zuständige Behörde (Art. 19 Abs. 3 EBA-VO) nicht gewährleistet werden kann, dass ein Finanzinstitut die Anforderungen erfüllt, die nach den in Art. 1 Abs. 2 EBA-VO genannten Rechtsakten unmittelbar auf dieses anwendbar sind (Art. 19 Abs. 4 EBAVO). Die Beschlussbefugnis der EBA ist also streng auf den Zweck der „Sicherstellung einer korrekten und kohärenten Anwendung des Unionsrechts“ ausgerichtet (Erwägungsgrund (32) EBA-VO). Hinsichtlich der zu verfügenden Maßnahmen hat die EBA wiederum ein weites Ermessen. Bei dessen Ausübung muss sie eine intensive Verhältnismäßigkeitsprüfung vornehmen (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV) was vor allem hinsichtlich der Verfügung der Einstellung der Geschäftstätigkeit gilt (Art. 19 Abs. 4 EBAVO).376 Die Befugnisse der EBA nach Art. 19 EBA-VO sind zudem nach der gesetzgeberischen Intention insoweit eingeschränkt, als die Beschlüsse der EBA die Ausübung von Ermessen durch die zuständigen Behörden, das diesen nach den einschlägigen Unionsrechtsakten zusteht und im Einklang 373  Siehe auch zur ESMA Moloney, EBOR 12 (2011), 177 (223); siehe aber auch zur ESMA Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 106: „keine Befugnisse mit wirtschaftspolitischer Tragweite“ und ESMAs „Weisungsrechte (…) sind keine Entscheidungen mit politischer Tragweite“. 374  Michel, DÖV 2011, 728 (733). 375  So bzgl. der ESMA Moloney, EBOR (12) 2011, 177 (200). 376  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 131.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts251

mit dem Unionsrecht ausgeübt wird, nicht ersetzen können (Erwägungsgrund (32) EBA-VO). Zur umfänglichen Unterrichtung und damit intensiveren Kontrolle der Ausübung der Schlichtungsbefugnisse der EBA durch das Parlament trägt die Verpflichtung des Vorsitzenden bei, im schriftlichen Rechenschaftsbericht darüber Auskunft zu geben, welche Art von Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen Behörden bestehen bzw. bestanden, welche Einigungen erzielt wurden und welche Beschlüsse zur Schlichtung derartiger Meinungsverschiedenheiten getroffen wurden (Art. 19 Abs. 6 EBA-VO i. V. m. Art. 50 Abs. 2 EBA-VO). c) Krisenfall Von den Befugnissen der EBA zum Erlass von Beschlüssen sind die im „Krisenfall“ nach Art. 18 EBA-VO aus der Sicht des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts am problematischsten. Auch hier kann die EBA Beschlüsse an zuständige Behörden (Art. 18 Abs. 3 EBA-VO) und Finanzinstitute (Art. 18 Abs. 4 EBA-VO) richten. Unter einer „Krise“ versteht die EBA-Verordnung „ungünstige (…) Entwicklungen, die das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität von Finanzmärkten oder die Stabilität des Finanzsystems in der Union als Ganzes oder in Teilen ernsthaft gefährden könnten“ (Art. 18 Abs. 1 UAbs. 1 EBA-VO, siehe auch Erwägungsgründe (30–31 EBA-VO). Da die „Krise“ vom Rat festgestellt wird,377 der über einen weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum verfügt,378 hat die EBA keine Möglichkeit, ihre Befugnisse zum Erlass von Beschlüssen selbständig zu aktivieren.379 Die EBA hat im Vorfeld eine vertrauliche Empfehlung und eine Lagebeurteilung an den Rat abzugeben, wenn sich aus ihrer Sicht eine Krisensituation abzeichnet, und kann den Rat lediglich um die Feststellung einer Krisensituation ersuchen (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1, UAbs. 2 S. 1 EBA-VO).380 Da der Rat die Krisensituation feststellt und sie jederzeit für beendet erklären kann (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 S. 4 EBA-VO) beziehungsweise den Beschluss zur Feststellung der Krisensituation bei Ablauf der Frist von einem Monat nicht verlängert, sodass er automatisch außer Kraft tritt (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 377  Die Feststellung erfolgt durch einen an die EBA gerichteten Beschluss (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 EBA-VO). 378  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 137. 379  Siehe auch Moloney, EBOR 12 (12) 2011, 177 (200, Fn. 116). 380  Auch den ESRB trifft die Pflicht zur Abgabe einer vertraulichen Empfehlung und einer Lagebeurteilung (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 2 S. 1 EBA-VO). ESRB und Kommission können den Rat ebenfalls um die Feststellung einer Krisensituation ersuchen (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 EBA-VO).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

S. 3 EBA-VO), steckt er den Rahmen für die Ausübung der Beschlussbefugnisse der EBA ab. Dies gibt ihm auch die Möglichkeit, auf Fehlentwicklungen, die sich aus den Beschlüssen der EBA ergeben, durch die Beendigungserklärung der Krisensituation zu reagieren, auch wenn diese objektiv noch besteht. Da der Rat in angemessenen Abständen, mindestens jedoch einmal pro Monat, zur Überprüfung seines Beschlusses verpflichtet ist (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 EBA-VO), wird er fortwährend in das Verfahren nach Art. 18 EBA-VO einbezogen und erhält die notwendigen Informationen für die Entscheidung über die Erklärung der Beendigung der Krise. Der Rat wird aus Sicht des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts daher ausreichend in die Befugnisse der EBA nach Art. 18 EBA-VO integriert. Nach der Feststellung der Krise durch den Rat wechselt die Verfahrensherrschaft zur EBA. Diese handelt zunächst als Unterstützerin und Koordinatorin der von den zuständigen Behörden getroffenen Maßnahmen (vgl. Art. 18 Abs. 1 UAbs. 1–2 EBA-VO). Um sicherzustellen, dass die Finanzinstitute und die zuständigen Behörden ihren Verpflichtungen aus den einschlägigen EU-Rechtsakten (Art. 1 Abs. 2 EBA-VO) nachkommen, hat die EBA jedoch auch die Möglichkeit, die zuständigen Behörden durch den Erlass von Beschlüssen im Einzelfall unter einer Fristsetzung zu bestimmten Maßnahmen zu verpflichten (Art. 18 Abs. 3 EBA-VO). Auch hier stellt sich die Befugnis der EBA, die EZB als zuständige Behörde (Art. 2 Abs. 2 lit. f) EBA-VO) durch Beschluss zu verpflichten (vgl. auch Erwägungsgrund (12) EBA-ÄnderungsVO), als Systembruch und Verletzung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts dar.381 Die Befugnis der EBA setzt das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ voraus, die ein koordiniertes Vorgehen der nationalen Behörden erfordern, um auf ungünstige Entwicklungen zu reagieren, die das geordnete Funktionieren und die Integrität von Finanzmärkten oder die Stabilität des Finanzsystems in der Union als Ganzes oder in Teilen ernsthaft gefährden könnten“ (Art. 18 Abs. 3 EBA-VO). Man mag diese Anforderungen durchaus als „hoch“ bezeichnen, sodass es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass diese Beschlussbefugnis der EBA überhaupt einmal zum Tragen kommt.382 Zudem werden die Instrumente des neuen europäischen Regimes der Sanierung und Abwicklung von Banken zukünftig vorrangig Anwendung finden bzw. die in der EBA-Verordnung beschriebene „Krisensituation“ bestenfalls verhin381  Siehe dazu ausf. oben mit Bezug zur Schlichtungsbefugnis der EBA 4. Teil 3. Kap. D. III. 1. b); so für das Verhältnis der EBA zur EZB auch schon Herdegen, WM 2012, 1889 (1890, 1893 und 1896). 382  So Kohtamäki, Reform, 2012, S. 192 hinsichtlich der Durchgriffsbefugnis der EBA nach Art. 18 Abs. 4 EBA-VO.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts253

dern.383 Ungeachtet dessen, dass heißt bei isolierter Betrachtung der EBAVerordnung, ist problematisch, dass in Art. 18 Abs. 3 EBA-VO eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe enthalten sind,384 die nicht näher konkretisiert werden.385 Im Gegensatz zur Befugnis der ESMA nach Art. 28 LeerverkaufsVO, die auch an eine Art „Krisensituation“ anknüpft,386 werden die Kriterien und Faktoren, die die EBA zu berücksichtigen hat, wenn sie darüber entscheidet, ob „außergewöhnliche Umstände“ etc. vorliegen, auch nicht durch eine delegierte Verordnung der Kommission vorgesteuert. Unklar ist deshalb, wann die EBA vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgehen darf und welche Parameter sie zur Beurteilung dieser Voraussetzungen heranzuziehen hat.387 Dies geht zu Lasten der Vorhersehbarkeit des EBA-Handelns in der Krise und damit auch zu Lasten der Rechtssicherheit und lässt es als fraglich erscheinen, ob der EuGH diese Befugnis noch als „genau eingegrenzt“ im Sinne der Meroni- und der Leerverkaufsentscheidung erachten würde. Ausgehend von dem unbestimmten Rechtsbegriff der „außer­ gewöhnliche[n] Umstände“ kann sich die Befugnis der EBA zum Erlass von Beschlüssen an zuständige Behörden (Art. 18 Abs. 3 EBA-VO) nur auf absolute Ausnahmesituationen beziehen, in denen das Abweichen der zuständigen Behörden vom geltenden Aufsichtsrecht oder etwaige Nachlässigkeiten in der Beaufsichtigung von Finanzinstituten durch die zuständigen Behörden für die Stabilität des Finanzsystems schlechterdings nicht ertragbar sind. Es ist jedoch zu begrüßen, dass der Unionsgesetzgeber die Befugnisse der EBA auf die in Art. 1 Abs. 2 EBA-VO genannten Rechtsakte begrenzt und damit zumindest im größeren Rahmen vorsteuert.388 Dennoch verfügt die EBA bei der Auswahl ihrer Maßnahmen über ein weites Ermessen (Art. 18 Abs. 3 EBA-VO). Befolgt eine zuständige Behörde den EBA-Beschluss nicht fristgerecht, kann die EBA durch Einzelfallbeschluss unmittelbar auf ein Finanzinstitut durchgreifen (Art. 18 Abs. 4 EBA-VO), um zu gewährleisten, dass dieses Institut seine Pflichten aus dem Unionsrecht erfüllt (Art. 18 Abs. 4 EBA-VO). Voraussetzung für den Durchgriff ist zunächst, dass das einschlägige Bankenaufsichtsrecht, nämlich die in Art. 1 Abs. 2 EBA-VO genannten Gesetzge383  Vgl. oben zum gemeinsamen Regime der Sanierung und Abwicklung von Banken 4. Teil 2. Kap. C. I. 2. b). 384  So allgemein zu den Aufgaben und Befugnissen der EBA Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 104. 385  Siehe insoweit auch zu Art. 17 Abs. 6 EBA-VO oben 4. Teil 3. Kap. D III. 1. a). 386  Siehe dazu Ohler, JZ 2014, 249 (250). 387  So schon mit Blick auf die Befugnisse der ESMA und mit Beispielen Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 158 f.; Moloney, EBOR 12 (2011), 177 (223). 388  Ohler, in: Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 138.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

bungsakte, einschließlich der gemäß diesen Gesetzgebungsakten erlassenen technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards, unmittelbar auf Finanzinstitute anwendbar ist (Art. 18 Abs. 3 S. 1 EBA-VO). Darüber hinaus steht diese EBA-Befugnis unter zwei weiteren kumulativ zu erfüllenden Bedingungen. Neben der Nichtanwendung oder eindeutigen Verletzung des betreffenden Unionsrechts durch die zuständige Behörde fordert Art. 18 Abs. 4 S. 2 EBA-VO, dass „dringend eingeschritten werden muss, um das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität der Finanzmärkte oder die Stabilität des Finanzsystems in der Union als Ganzes oder in Teilen wiederherzustellen“. Auch an dieser Stelle enthält die EBA-Verordnung mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe und lässt insbesondere offen, wann „dringend“ eingeschritten werden muss beziehungsweise anhand welcher Maßstäbe die EBA dies zu beurteilen hat. Das „dringende Einschreiten“ wird nur in absoluten Ausnahmefällen geboten sein, in denen das Fortbestehen des Rechtsverstoßes sich schädigend auf das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität der Finanzmärkte oder die Stabilität des Finanzsystems auswirkt. Als Rechtsfolge verfügt die EBA über ein weites Ermessen hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen (Art. 18 Abs. 4 EBA-VO). Bei deren Auswahl ist sie angesichts der potentiell hohen Eingriffsintensität in die Rechte der betroffenen Finanzinstitute streng an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV) gebunden.389 Auffallend ist, dass die Kommission nur äußerst schwach in die Maßnahmen um den „Krisenfall“ integriert wird. Ihre Feststellungsbefugnis für die „Krise“ aus dem Verordnungsvorschlag390 wurde durch die Befugnis des Rates substituiert. Die Kommission kann den Rat lediglich um die Feststellung der „Krise“ ersuchen, welcher sich bezüglich deren Feststellung mit ihr abstimmen und sie ordnungsgemäß und unverzüglich über das Vorliegen einer „Krisensituation“ unterrichten muss (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1, Abs. 2 UAbs. 3 EBA-VO).391 Im Übrigen steht der Kommission kein Beteiligungsrecht am Verfahren und den Befugnissen der EBA zum Erlass von Beschlüssen zu. Dies ist aus Sicht des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts aus zweierlei Gründen problematisch. Gerade in der Krise erscheint es naheliegend, dass sich der Rat der Aufseher, der von den Mitgliedstaaten faktisch beherrscht wird,392 in seinen Beschlüssen von mitgliedstaatlichen Motiven leiten lässt und nicht vom alleinigen Wohl der Union als Ganzes. Das Verfahren nach der Feststellung der Krise liegt mit dem Rat als Inter389  Ohler,

in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 138. Abs. 1 KOM(2009) 501 endg. 391  Eine Unterrichtungspflicht des Rates besteht auch gegenüber dem Parlament (Art. 18 Abs. 2 UAbs. 3 EBA-VO). 392  Vgl. oben 4. Teil 3. Kap. B. VII. 390  Art. 10



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts255

essenvertreter der Mitgliedstaaten und dem faktisch mitgliedstaatlich dominierten Rat der Aufseher einseitig in der Hand eines bestimmten Interesses auf Unionsebene.393 Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erfordert hier einen Ausgleich im Sinne einer stärkeren Berücksichtigung des Unionsinteresses. Dieser Ausgleich kann durch eine externe Beteiligung der Kommission an den EBA-Befugnissen im Krisenfall, zum Beispiel in Form einer Abstimmungspflicht, die in der EBA-Verordnung zu verankern wäre, erreicht werden.394 Zudem erscheint im Krisenfall die Wahrung der Verantwortung der ­ nionsorgane als Kernforderung des Prinzips des institutionellen GleichgeU wichts nicht sichergestellt. In einem solchen Fall sind die ohnehin vertrauensempfindlichen Finanzmärkte stark verunsichert und können hochsensibel auf hoheitliche Maßnahmen reagieren. Dies erscheint vor allem im Falle der Schließung eines Instituts möglich, die den Initialfunken für Kettenreaktionen bilden kann. Das Handeln und vor allem etwaige Fehlentscheidungen der EBA können zu einer Verschärfung der Krise und zu deren Übergreifen auf andere Wirtschaftsbereiche oder gar die Gesamtwirtschaft führen.395 Den Beschlussbefugnissen der EBA haftet also eine politische Dimension an. Zur Wahrung der Verantwortung ist es daher erforderlich, dass die Kommission als das politisch zuständige Organ an den Befugnissen der EBA im Krisenfall beteiligt wird, wofür die bereits angesprochene Abstimmungspflicht in Betracht kommt. Die sekundärrechtlich gewährleistete Unabhängigkeit der EBA und das sich herausbildende europäische Verständnis der „Unabhängigkeit“ der Verwaltung (Art. 298 AEUV) stehen dieser Beteiligung auch nicht entgegen, da im Krisenfall politische Erwägungen angesichts der potentiellen Folgen der Beschlüsse in die Entscheidungen einfließen müssen.396

393  Michel,

DÖV 2011, 728 (733). DÖV 2011, 728 (733); siehe auch Herdegen, Bankenaufsicht, 2010, S. 69, der für „Rechtsetzungsbefugnisse bei Dringlichkeit im Krisenfall (…) eine maßgebliche Mitwirkung der Europäischen Kommission“ für erforderlich hält; siehe auch CEP, Gutachten zur EBA v. 11.1.2010, S. 4, das einen Verstoß der Letztentscheidungskompetenz der EBA im Krisen- und Schlichtungsfall gegen die MeroniRechtsprechung annimmt; hingegen für eine Stärkung der ESMA-Befugnisse in der Krise plädierend Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 163 f. 395  So schon Groß, JZ 2012, 1087 (1089); Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 118. 396  So schon mit Blick auf das Demokratieprinzip Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 118; siehe auch CEP, Gutachten zur EBA v. 11.1.2010, S. 4. 394  Michel,

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

d) Gemeinsame Folgen der EBA-Beschlüsse für die Aufsichtstätigkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene Die EBA-Verordnung räumt den Beschlüssen der Behörde, die diese im Falle der Verletzung des Unionsrechts (Art. 17 Abs. 6 EBA-VO), im Krisenfall (Art. 18 Abs. 4 EBA-VO) und im Rahmen der Schlichtung (Art. 19 Abs. 4 EBA-VO) an Finanzinstitute im Einzelfall erlässt, Vorrang vor allen von den zuständigen Behörden in gleicher Sache erlassenen früheren Beschlüssen ein (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1, Art. 18 Abs. 5 UAbs. 1, Art. 19 Abs. 5 S. 1 EBA-VO). Wollen sich zuständige Behörden mit Maßnahmen auf einen Sachverhalt beziehen, der bereits von einem EBA-Beschluss erfasst ist, sind sie dazu verpflichtet, nur solche Maßnahmen zu treffen, die mit dem EBA-Beschluss vereinbar sind (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 2, Art. 18 Abs. 5 UAbs. 2, Art. 19 Abs. 5 S. 2 EBA-VO). Hierdurch werden die mitgliedstaatliche Aufsichtstätigkeit in den betroffenen Bereichen vorgesteuert und die Ermessensspielräume der zuständigen Behörden eingeschränkt.397 e) Schutz der haushaltspolitischen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten Um sicherzustellen, dass die Beschlüsse der EBA im Krisenfall und bei der Schlichtung die haushaltspolitischen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten unangetastet lassen, enthält die EBA-Verordnung eine fiscal-safeguardclause (Art. 38 Abs. 1 EBA-VO, Erwägungsgrund (50) EBA-VO).398 Sieht ein Mitgliedstaat seine haushaltspolitische Zuständigkeit dennoch durch einen EBA-Beschluss betroffen (Art. 18 Abs. 3, Art. 19 Abs. 3 EBA-VO), kann er durch die Mitteilung, dass seine zuständige Behörde den Beschluss nicht umsetzen wird, dessen Aussetzung bewirken (Art. 38 Abs. 2 UAbs. 1–3, Abs. 3 UAbs. 1–3 EBA-VO). Hieran schließt sich ein abgestuftes Verfahren (vgl. Art. 38 Abs. 2 UAbs. 4 ff. und Art. 38 Abs. 3 UAbs. 4 f. und Abs. 4 EBA-VO) an, in dem letztlich der Rat über den Einwand entscheidet (Art. 38 Abs. 2 UAbs. 5 und 6 und Art. 38 Abs. 4 EBA-VO), was den politischen Charakter des Mechanismus verdeutlicht.399

397  Kohtamäki,

Reform, 2012, S. 194. EBA-Verordnung enthält ein explizites Missbrauchsverbot der fiscalsafeguard-clause (Art. 38 Abs. 5 EBA-VO). 399  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 119. 398  Die



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts257

2. Beschränkungen und Verbote bestimmter Finanztätigkeiten Wird „das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität der Finanzmärkte oder die Stabilität des Finanzsystems in der Union als Ganzes oder in Teilen“ durch bestimmte Finanztätigkeiten gefährdet, können diese durch die EBA vorübergehend durch einen Beschluss verboten oder beschränkt werden (Art. 9 Abs. 5 UAbs. 1 EBA-VO). Dieser Beschluss kann sowohl ein adressatenspezifischer als auch ein adressatenloser Beschluss und damit eine Maßnahme mit normativer Wirkung sein.400 Diese Befugnis ist zum einen an die Fälle und die Bedingungen geknüpft, die in den Gesetzgebungsakten festgelegt sind, welche Art. 1 Abs. 2 EBAVO aufzählt.401 Damit die EBA von diesem Recht Gebrauch machen kann, bedarf es also einer Ermächtigung in einem Sekundärrechtsakt. Zeichnet der Unionsgesetzgeber diese Befugnis der EBA hinreichend vor, bleibt die Verantwortung bei ihm. Es stellt sich die Frage, ob die Veröffentlichung der Identität der Erbringer der vorübergehend beschränkten oder verbotenen Finanztätigkeiten zulässig ist. Eine derartige Veröffentlichung ist ein besonders schwerer Eingriff in die unternehmerische Freiheit (Art. 16 GR-Charta), da sie zu einem Reputationsverlust führen kann, der durch die Aufhebung der Beschränkung beziehungsweise des Verbots in der Regel nicht kompensiert werden kann. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV) lässt die Veröffentlichung der Identität daher nur als ultima ratio zu. Neben den in den Gesetzgebungsakten (vgl. Art. 1 Abs. 2 EBA-VO) genannten Fällen hat die EBA das Recht, „erforderlichenfalls im Krisenfall nach Maßgabe des Artikels 18 [der EBA-Verordnung] und unter den darin festgelegten Bedingungen“ das vorübergehende Verbot oder die temporäre Beschränkung bestimmter Finanztätigkeiten auszusprechen (Art. 9 Abs. 5 UAbs. 1 EBA-VO, Erwägungsgrund (12) EBA-VO).402 Im Krisenfall ist diese Befugnis jedoch an eine Abstimmungspflicht mit der Kommission zu knüpfen.403 Die EBA hat den Verbots- bzw. Beschränkungsbeschluss in angemessenen Abständen, aber mindestens alle drei Monate, zu überprüfen. Jedoch 400  Gurlit, ZHR 2013, 862 (885); Manger-Nestler, ZfgK 2012, 528 (529); a. A. Wymeersch, ZGR 2011, 443 (469). 401  Siehe zur parallelen Befugnis der ESMA nach Art. 9 Abs. 5 ESMA-VO z. B. Art. 28 LeerverkaufsVO. 402  Siehe Erwägungsgrund (12) zur Konsultation und Abstimmung i.  R. d. Gemeinsamen Ausschusses. 403  Siehe zu Art. 18 EBA-VO oben 4. Teil 3. Kap. D. III. 1. c).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

kann auch ein Mitgliedstaat die Behörde um die Überprüfung ihres Beschlusses ersuchen (Art. 9 Abs. 5 UAbs. 2 S. 1, UAbs. 3 S. 1 EBA-VO).404 Erfolgt keine Verlängerung nach Ablauf von drei Monaten, tritt der Beschluss automatisch außer Kraft (Art. 9 Abs. 5 UAbs. 2 S. 2 EBA-VO). Im Sinne des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts liegt die Befugnis und damit auch die Verantwortung, Finanztätigkeiten endgültig zu verbieten oder zu beschränken, nicht bei der EBA, sondern bei den Unionsorganen. Die Behörde kann die Kommission (und die zuständigen Behörden) zwar über die Notwendigkeit eines solchen Verbots oder einer derartigen Beschränkung informieren (Art. 9 Abs. 5 UAbs. 4 EBA-VO). Hieraus entsteht jedoch keine Bindung der Kommission hinsichtlich der Unterbreitung eines entsprechenden Gesetzgebungsvorschlags, weil dies mit dem Initiativmonopol der Kommission (Art. 17 Abs. 2 S. 1 EUV) unvereinbar wäre. 3. Warnungen Die EBA hat die Befugnis, Warnungen herauszugeben, wenn eine Finanztätigkeit eine „ernsthafte Bedrohung“ für die in Art. 1 Abs. 5 EBA-VO genannten Ziele darstellt (Art. 9 Abs. 3 EBA-VO), zu denen auch der Verbraucherschutz zählt (Art. 1 Abs. 5 S. 2 lit. f) EBA-VO). Die Regelung erscheint rudimentär, vergleicht man sie mit den Vorschriften über die parallele Befugnis des ESRB, Warnungen für die makroprudentielle Ebene herauszugeben (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. c) und lit. e), Art. 16–18 ESRB-VO). Im Gegensatz zur ESRB-Verordnung, die die möglichen Arten von Warnungen – allgemeine oder spezifische – konkretisiert (Art. 16 Abs. 2 S. 1 ESRB-VO), potentielle Adressaten von Warnungen benennt (Art. 16 Abs. 2 S. 1 ESRBVO), Verfahrensanforderungen wie Unterrichtungspflichten statuiert (Art. 16 Abs. 2 S. 2 und Art 18 Abs. 2 ESRB-VO), Vertraulichkeitsregelungen zum Schutz berechtigter Interessen aufstellt (Art. 16 Abs. 3 und Art. 18 Abs. 4 ESRB-VO) und Regelungen über die Veröffentlichung von Warnungen und die Rechte der Adressaten trifft (Art. 18 ESRB-VO), normiert die EBA-VO lediglich zwei Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um von der Befugnis Gebrauch machen zu können. Im Übrigen werden wichtige Fragen um die Adressaten, das Verfahren etc. nicht beantwortet. Zudem ist unklar, nach welchen Kriterien die EBA das Vorliegen einer „ernsthaften Bedrohung“ der in Art. 1 Abs. 5 EBA-VO genannten Ziele zu beurteilen hat, was die „ernsthafte“ von der „bloßen“ Bedrohung unterscheidet, was genau eine „Finanz404  In diesem Fall ist das Abstimmungsverfahren nach Art. 44 Abs. 1 UAbs. 2 EBA-VO für die Frage der Aufrechterhaltung des Beschlusses vorgesehen (Art. 9 Abs. 5 UAbs. 3 S. 2 EBA-VO).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts259

tätigkeit“ ist, also ob darunter sowohl Finanzdienstleistungen beziehungsweise -praktiken405 als auch -produkte406 fallen und ob auch vor konkreten Anbietern gewarnt werden darf. Schließlich bleibt auch die Frage um die Aufhebung einer Warnung offen. Ihre Aufrechterhaltung und der damit verbundene Eingriff in die unternehmerische Freiheit nach Art. 16 Abs. 1 GRCharta sind jedoch nur gerechtfertigt, solange eine „ernsthafte Bedrohung“ für eines oder mehrere der in Art. 1 Abs. 5 EBA-VO genannten Ziele fortbesteht.407 Da Art. 9 Abs. 3 EBA-VO dem unionsrechtlichen Gesetzesvorbehalt nicht genügt, muss der Unionsgesetzgeber die erforderlichen Regelungen durch eine Änderung der EBA-Verordnung treffen.408 Solange dies nicht geschehen ist, muss Art. 9 Abs. 3 EBA-VO primärrechtskonform restriktiv ausgelegt werden. Zulässig sind daher nur „neutrale“ Warnungen,409 die insbesondere die Identifizierung konkreter Anbieter ausschließen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV) erfordert, dass die EBA vor der Herausgabe der Warnung mildere, gleich wirksame Mittel zur Beseitigung der „ernsthaften Bedrohung“ der Ziele einsetzt.410 Daher ist sie zu einer engen Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden verpflichtet und muss zunächst dem betroffenen Anbieter der Finanztätigkeit eine Abhilfemöglichkeit einräumen, um die „ernsthafte Bedrohung“ zu beseitigen und eine Warnung zu vermeiden.411 Schließlich muss die EBA die Warnung aufheben, wenn die „ernsthafte Bedrohung“ nicht mehr besteht, da sie ansonsten ungerechtfertigt in die Rechte der Betroffenen eingreifen würde.412 Mangels spezieller Rechtsgrundlage wird dieser actus contrarius auf dieselbe Rechtsgrundlage zu stützen sein wie die Herausgabe der Warnung. Dass die Ermächtigung für Warnungen rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt, hat wohl auch die EIOPA hinsichtlich ihrer parallelen Befugnis nach der EIOPA-Verordnung erkannt. Um einen „höheren Grad an Rechtssicherheit“ zu gewährleisten, hat sie Anfang November 2012 „Procedures for issuing warnings, temporary prohibitions and restrictions“ herausgegeben.413 Diese Regeln benennen beispielsweise potentielle Warnungsadbzgl. der ESMA Walla, BKR 2012, 265 (267). Rötting / Lang, EuZW 2012, 8 (11). 407  Sasserath-Alberti / Hartig, VersR 2012, 524 (535). 408  Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 77 f. 409  Ohler, in: Ruffert: Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 129. 410  Ohler, in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 129; zu den Warnungen der EIOPA Sasserath-Alberti / Hartig, VersR 2012, 524 (534 f.). 411  Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 77; zu den Warnungen der EIOPA Sasserath-Alberti / Hartig, VersR 2012, 524 (534 f.). 412  So schon Sasserath-Alberti / Hartig, VersR 2012, 524 (535). 413  Abrufbar unter http: /  / eiopa.europa.eu / fileadmin / tx_dam / files / publications / re ports / 2012-11_EIOPA_procedures_for_issuing_warnings_for_publication.pdf. 405  So 406  So

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

ressaten, klären Begriffe wie den der „Finanztätigkeit“, konturieren das Verfahren zur Feststellung von Bedrohungen, gewähren Verfahrensrechte, sehen Informationspflichten für Rechtsbehelfe und Übermittlungs- bzw. Veröffentlichungswege für Warnungen vor. Derartige Regelungen müssen jedoch vom Unionsgesetzgeber im Wege der Änderung der ESA-Verordnungen getroffen werden. Zusammen mit der ESMA hat die EBA Ende Februar 2013 mit deutlich anlegerschutzorientierter Zielrichtung vor den Risiken der „Contracts for difference“ gewarnt. Im Dezember 2013 folgte eine Warnung der EBA vor den Gefahren von virtuellen Währungen, die sie an Verbraucher adressierte. Beide Warnungen wurden über die Homepage der beiden ESA veröffentlicht und sind inhaltlich neutral. 4. Durchführung unionsweiter Stresstests für Banken Wie bereits erwähnt hat die EBA schon mehrfach unionsweite Stresstests für Banken durchgeführt. Begrifflich steht der Stresstest für mehrere Analysemethoden und Verfahren, die auf eine Beurteilung der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten abzielen. Dabei wird im Rahmen einer Simulation eine wesentliche Änderung der makroökonomischen Rahmenbedingungen oder das Eintreten anderer außergewöhnlicher, aber plausibler Phänomene unterstellt.414 Die Durchführung des ersten Stresstests im Jahr 2011 durch die EBA wurde in der Wissenschaft und in der Praxis stark kritisiert. Anknüpfungspunkt war vor allem, dass die EBA entgegen des geltenden Aufsichtsrechts von den teilnehmenden Instituten zum Zwecke des Tests eine Mindesteigenkapitalhöhe von 5 % der risikogewichteten Aktiva („Core Tier 1-Ratio“) forderte.415 Auch an der von der EBA Ende des Jahres 2011 durchgeführten Rekapitalisierungsumfrage für Banken (sog. „Banken-Blitz-Stresstest“) wurde we414  Hummel / Uhlig, ÖBA 2012, 269 (270); Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2007, S. 100; Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Principles for sound stress testing practices and supervision, 2009, S. 2.; siehe zu den EBA-Stresstests aus der Vergangenheit Cech / Helmreich / Jagrić, ÖBA 2013, 377 (380 f.). 415  „Supporting Document 2: Capital definition criteria“ v. 8.4.2011; „Questions and answers“ v. 8.4.2011, S. 2 f.; siehe zur Kritik z. B. Ohler, DVBl. 2011, 1061 (1068); ders., in: Ruffert, Wirtschaftsrecht, 2013, § 10 Rn. 135; Wittkowski, BörsenZeitung, Leitartikel v. 15.7.2011, S. 68; die Durchführung des Bankenstresstests stand wegen einer Vielzahl weiterer Aspekte in der Kritik; vgl. hierzu nur Wittkowski, Börsen-Zeitung, Leitartikel v. 15.7.2011, S. 67 f.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts261

gen der Zugrundelegung einer harten Kernkapitalquote von 9 % Anstoß genommen.416 Hintergrund dieser Umfrage war der Beschluss des Europäischen Rates vom 26. Oktober 2011, eine Rekapitalisierung von Banken zur Steigerung des Vertrauens in den Bankensektor durchzuführen, wozu das Kernkapital der Institute bis zum 30. Juni 2012 auf 9 % ihrer risikogewichteten Aktiva aufzustocken war.417 Ob die EBA vor der Änderung ihrer Gründungsverordnung im Zuge der Errichtung der Bankenunion tatsächlich über die Befugnis zur Durchführung unionsweiter Stresstests verfügte, ist fraglich. Art. 21 Abs. 2 UAbs. 2 lit. b) EBA-VO418 ermächtigt die EBA lediglich zur Veranlassung und Koordinierung der Stresstests, was auf eine begleitende Rolle der Agentur hinweist. Diese Annahme wird auch von Art. 32 Abs. 2 EBA-VO gestützt, wonach die EBA unionsweite Bewertungen der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten bei ungünstigen Marktentwicklungen „initiiert“ und „koordiniert“. Zudem „entwickelt“ die EBA ein geeignetes Verfahren zur Durchführung der Stresstests nach Art. 23 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 EBA-VO, was eine Aufgabe im Vorfeld der konkreten Durchführung ist. Die vorgenannten Normen deuten darauf hin, dass die Verfahrensherrschaft in dritter Hand liegen soll, wofür nach der Konzeption des ESFS und der EBA-Verordnung nur die Mitgliedstaaten in Betracht kommen.419 Allenfalls wenn man bei Art. 32 Abs. 2 EBA-VO die Betonung auf die Verpflichtung der Behörde legt, unionsweite „Bewertungen“ der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten vorzunehmen, lässt sich die Durchführung der Stresstests auf die Norm stützen.420 Für die Veröffentlichung der Stresstestergebnisse durch die EBA, die im Jahr 2011 einzelinstitutsbezogen erfolgte, enthielt die EBA-VO je416  Siehe „Capital buffers for adressing market concerns over sovereign expo­ sures Methodological Note“ v. 26.10.2011; „Questions & Answers“ v. 26.10.2011, S. 2. 417  Siehe Erklärung des EURO-Gipfels v. 8.11.2011, Anlage 2, S. 15. Die Ergebnisse der Rekapitalisierungsumfrage wurden von den zuständigen Behörden veröffentlicht. Eine einzelinstitutsbezogene Veröffent­lichung durch die EBA hätte die für die Rekapitalisierungsempfehlung herangezogene kombinierte Rechtsgrundlage der Art. 16 Abs. 1, Art. 21 Abs. 2 UAbs. 2 lit. b) und Art. 31 EBA-VO auch nicht stützen können. Diese Vorschriften ermächtigen die EBA nur zum Erlass von Empfehlungen an die zuständigen Behörden (Art. 16 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 2 UAbs. 2 lit. b) EBAVO) und übertragen der EBA eine Koordinatorfunktion zwischen den zuständigen Behörden (Art. 31 EBA-VO). 418  Die Bewertung des Systemrisikos ist ein wesentlicher Bestandteil der Stresstests; Art. 21 Abs. 2 UAbs. 2 lit. b) i. V. m. Art. 23 EBA-VO. 419  So zum Ganzen schon Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 78 f. 420  A. A. Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 78, nach dem Art. 32 EBA-VO auf den Zweck gerichtet ist, eine Unterrichtung innerhalb des ESFS und gegenüber den politischen Unionsorganen sicherzustellen.

262

4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

doch keine ausreichende Rechtsgrundlage.421 Hierfür spricht auch, dass erst mit der EBA-ÄnderungsVO im Zuge der Errichtung der Bankenunion eine Vorschrift in die EBA-Verordnung eingeführt wurde, nach der die EBA „für eine Offenlegung der Ergebnisse jedes teilnehmenden Finanzinstituts“ sorgt, wenn sie es für angemessen hält (Art. 22 Abs. 1a S. 2 EBA-VO). Was die Befugnis der EBA zur Durchführung unionsweiter Stresstests für Banken auf der Grundlage der geänderten EBA-Verordnung betrifft, bleibt fraglich, weshalb der Unionsgesetzgeber für die Durchführung von Stresstests im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus zugunsten der EZB eine explizite Ermächtigungsgrundlage geschaffen hat (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. f) SSMVO), eine vergleichbare Rechtsgrundlage für die EBA jedoch weiterhin fehlt. Auch Art. 22 Abs. 1a S. 1 EBA-VO, wonach die EBA einmal im Jahr „prüft“, „ob es angezeigt ist, (…) unionsweite Bewertungen der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten vorzunehmen“ und Art. 32 Abs. 2 S. 2 lit. d) EBA-VO, nach dem die Behörde gemeinsame Methoden für die Beurteilung des Wertes von Vermögenswerten entwickelt, sofern dies für Stresstests notwendig ist, betreffen Aufgaben im Vorfeld der Durchführung eines Stresstests. Dafür, dass die Verfahrensherrschaft für derartige unionsweite Bewertungen bei der EBA anstelle der Mitgliedstaaten liegen soll, spricht nunmehr jedoch die Befugnis der EBA, zur Durchführung dieser Tests Informationen direkt von den Finanzinstituten zu verlangen (Art. 32 Abs. 3a S. 1 EBA-VO),422 und das Recht der EBA, die Ergebnisse der Stresstests für jedes teilnehmende Finanz­ institut offen zu legen (Art. 22 Abs. 1a S. 2 EBA-VO). Unklar ist jedoch, welche Bedeutung der Durchführung unionsweiter Stresstests durch die EBA verbleibt, angesichts des neuen Rechts der EZB, Stresstests im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus durchzuführen (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. f) SSM-VO). Die SSM-Verordnung regelt die Kooperation zwischen der EZB und der EBA zudem nur unbefriedigend, wenn sie die EZB dazu verpflichtet, aufsichtliche Überprüfungen „in Abstimmung“ mit der EBA durchzuführen, „wenn dies angebracht ist“ (Art. 4 Abs. 1 lit. f) SSM-VO). Die Durchführung unionsweiter Stresstests durch die EBA wird zukünftig wohl vornehmlich im Zeichen der Herstellung von Aufsichtskongruenz zwischen den am SSM beteiligten und den nicht beteiligten EUMitgliedstaaten stehen.423 Ausgehend von den Ergebnissen der von ihr durchgeführten Stresstests kann die EBA eine Empfehlung zur Behebung 421  So

S. 78.

schon Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013,

schon Gurlit, ZHR 2013, 862 (891). schon allgemein für die gestärkten operativen Befugnisse der EBA die Prognose der Deutschen Bundesbank, Monatsbericht Juli 2013, S. 32. 422  So 423  So



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts263

etwaiger Problempunkte an die zuständigen Behörden richten (Art. 21 Abs. 2 UAbs. 2 lit b) EBA-VO). Bei der Veröffentlichung von Stresstestergebnissen und insbesondere bei der auf Einzelinstitutsebene muss sich die EBA streng am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientieren, denn derartige Veröffentlichungen sind gewichtige Eingriffe in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 16 Abs. 1 GR-Charta) der betroffenen Institute. Das legitime Ziel der Bankenstresstests, nämlich die Steigerung des Vertrauens in das Bankensystem, das eng mit dem verbraucherschutzrechtlichen Mandat der EBA (vgl. nur Art. 1 Abs. 5 UAbs. 1 S. 2 lit. f), Art. 2 Abs. 1 S. 2 EBA-VO)424 und ihrem Auftrag verbunden ist, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen (vgl. nur Art. 1 Abs. 5 UAbs. 1 S. 1, Art. 2 Abs. 1 S. 2 EBA-VO), wird durch eine Veröffentlichung der Ergebnisse auf aggregierter Basis als viel milderer Maßnahme genauso gut erreicht wie durch eine Publikation auf institutsbezogener Ebene, wenn nicht sogar noch besser. 5. Vollzugsorientierte Empfehlungen Neben der Befugnis zum Erlass von Empfehlungen nach Art. 16 Abs. 1 EBA-VO hat die EBA auch das Recht, in besonderen Fällen (einzel-)vollzugsorientierte Empfehlungen auszusprechen (z. B. Art. 22 Abs. 4 EBA-VO). Zu nennen sind hier beispielsweise die Empfehlungen, welche die EBA im Anschluss an unionsweite Stresstests für Banken oder unionsweite Rekapitalisierungsumfragen gegenüber den zuständigen Behörden ausspricht (Art. 21 Abs. 2 UAbs. 2 lit. b) EBA-VO) oder die Abgabe einer Empfehlung an die betreffende zuständige Behörde im Falle der Verletzung des Aufsichtsrechts im Rahmen des „Drei-Stufen-Mechanismus“ (Art. 17 Abs. 3 UAbs. 1 EBA-VO). Potentielle Adressaten von Empfehlungen der EBA sind jedoch auch das Parlament, der Rat, die Kommission und der ESRB. An sie kann die EBA im Anschluss an die von ihr mindestens einmal jährlich durchzuführenden Bewertung von Trends, potentiellen Risiken und Schwachstellen für ihren Zuständigkeitsbereich eine Empfehlung für Präventiv- oder Abhilfemaßnahmen richten, wenn sie einen Bedarf nach diesen Maßnahmen festgestellt hat (Art. 32 Abs. 3 UAbs. 1–2 EBA-VO, Erwägungsgründe (43) und (45) EBAVO). Gerade diese Empfehlungen der EBA, denen fachliche Bewertungen und Prognosen zugrunde liegen, werden sich häufig inhaltlich in Rechtsetzungsakten der Union wiederfinden.425 Die Befugnis zur Herausgabe von 424  Siehe 425  Siehe

dazu oben 4. Teil 2. Kap. D. II. 4. Moloney, EBOR 12 (2011), 41 (64).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Empfehlungen findet ihre Rechtfertigung im hohen Sachverstand, den die EBA in sich konzentriert. 6. Stellungnahmen Mit dem Recht, unverbindliche Stellungnahmen (vgl. Art. 288 Abs. 5 Alt. 2 AEUV) zu allen in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen an das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission zu richten (Art. 34 Abs. 1 EBA-VO), kann sich die EBA mit ihrem Sachverstand fortlaufend in den Gesetzgebungsprozess der Union einbringen. Auf das Ersuchen der vorgenannten Unionsorgane ist die EBA dabei nicht angewiesen, weil ihr diese Befugnis auch von Amts wegen zusteht (Art. 34 Abs. 1 EBA-VO). Ist die EBA aufgrund von Informationen, die sie aus der vergleichenden Analyse der zuständigen Behörden oder aus ihrer sonstigen Aufgabenwahrnehmung erlangt, der Ansicht, dass für die weitere Angleichung des Aufsichtsrechtsrechts eine Gesetzesinitiative erforderlich ist, so ist sie neuerdings zur Vorlage einer Stellungnahme an die Kommission verpflichtet (Art. 30 Abs. 3a EBA-VO). Eine Bindung der Kommission hinsichtlich der Unterbreitung eines Legislativvorschlags kann aufgrund des Initiativmonopols der Kommission (Art. 17 Abs. 2 S. 1 EUV)426 und der Unverbindlichkeit der Stellungnahme jedoch nicht eintreten. Zudem hat die EBA die Befugnis, Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren zu an die zuständigen Behörden abzugeben (Art. 29 Abs. 1 lit. a) EBAVO), um eine gemeinsame Aufsichtskultur zu schaffen.427 Von ihrem Recht zur Abgabe von Stellungnahmen hat die EBA bereits rege Gebrauch gemacht. Teilweise ist sie von der Kommission ersucht worden, wie zum Beispiel hinsichtlich des „Green paper on Shadow Banking“ oder der grundlegenden Überarbeitung der Finanzkonglomeratsrichtlinie. Mit der Abgabe von Stellungnahmen an die zuständigen Behörden (Art. 29 Abs. 1 lit. a) EBA-VO) verfügt die EBA neben Leitlinien und Empfehlungen über ein weiteres „weiches“ Steuerungsinstrument für den nationalen Verwaltungsvollzug. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen sie „good prac­ tices“ zu bestimmten Themen festlegt. Zwar sind diese bewährten Praktiken nicht rechtsverbindlich. Dennoch werden die zuständigen Behörden sie in der Praxis befolgen, um durch die Anwendung von „poor practices“ nicht in den Fokus der Aufsicht zu geraten.

426  Siehe

oben 2. Teil 2. Kap. C. I. 2. auch das Stellungnahmerecht der EBA zu Delegationsvereinbarungen der zuständigen Behörden nach Art. 28 Abs. 4 UAbs. 2 EBA-VO und das Stellungnahmerecht nach Art. 34 Abs. 2 EBA-VO. 427  Siehe



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts265

7. „Single Rulebook Questions & Answers Tool“ der EBA Über ein Webportal auf ihrer Homepage beantwortet die EBA Fragen zur praktischen Auslegung und Anwendung der Regeln der CRR, der CRD IV sowie der technischen Standards und Leitlinien der EBA. Sie stützt ihre Befugnis zur Entgegennahme und Beantwortung der Fragen auf den Sinn und Zweck des Art. 1 Abs. 5 lit. a) EBA-VO, der sie dazu verpflichtet, eine konsistente und effektive Anwendung der europäischen Gesetzgebung in ihrem Wirkungsbereich sicherzustellen.428 Zudem stehe das Verfahren im Einklang mit Art. 29 Abs. 2 EBA-VO. Diese Vorschrift ermächtigt die EBA zur „Förderung gemeinsamer Aufsichtskonzepte und -praktiken, gegebenenfalls neue praktische Hilfsmittel und Instrumente [zu] entwickeln, die die Angleichung erhöhen“.429 Die generalklauselartig formulierte Vorschrift setzt dem Erfindungsreichtum der EBA zur Erhöhung der Angleichung keine hinreichenden Grenzen, sodass von vornherein nur unverbindliche Maßnahmen auf Art. 29 Abs. 2 EBA-VO gestützt werden können. Trotz dieser Unverbindlichkeit kann die EBA über die Beantwortung von Fragen das Verständnis der Rechtsunterworfenen in eine bestimmte Richtung lenken und eine Verwaltungspraxis herausbilden. Auch der Betrieb ihres „Questions & Answers Tools“ muss daher kontrolliert werden. Unternimmt man eine Gesamtbetrachtung der EBA-Befugnisse mit Blick auf das Regelwerk CRD IV, ist das Einwirkungspotential der EBA auf die Rechtsentwicklung und -anwendung in dem von der CRD IV und der CRR abgedeckten Bereich durch die Entwicklung technischer Standards, die Herausgabe von Leitlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen und die Beantwortung von Fragen enorm. 8. Die informatorischen Befugnisse der EBA Die informatorischen Befugnisse der EBA sind durch die EBA-ÄnderungsVO wesentlich gestärkt worden. Zuvor waren sie eher schwach ausgeprägt, was sich etwa am Recht der EBA zeigt, Informationen von den zuständigen Behörden zu verlangen. Zwar sprach die Gründungsverordnung auch damals schon davon, dass die zuständigen Behörden der EBA „auf Verlangen alle Informationen zur Verfügung [stellen]“, die sie zu ihrer Aufgabenwahrnehmung nach der EBA-Verordnung benötigt (Art. 35 Abs. 1 428  Siehe „Additional background and guidance for asking questions“ und dort Frage „1. What is the rationale for the Q&A process in the EU?“. 429  Siehe auch Art. 8 Abs. 1 lit. a) EBA-VO, wonach die EBA „sonstige Maßnahme“ ausarbeitet, um einen Beitrag zur Festlegung qualitativ hochwertiger gemeinsamer Regulierungs- und Aufsichtsstandards und -praktiken zu leisten.

266

4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

EBA-VO a. F.). Jedoch konnte die EBA nur ein relativ schwaches „Informationsgesuch“ im Sinne einer „Anfrage“ nach Erhalt der Informationen an die zuständigen Behörden richten und dieses Informationsgesuch musste „angesichts der Art der betreffenden Aufgabe [der EBA] erforderlich“ sein (Art. 35 Abs. 1 EBA-VO a. F.).430 Nunmehr ist das „Erforderlichkeitskriterium“ entfallen und die zuständigen Behörden unterliegen der Pflicht, der EBA auf Verlangen korrekte, zusammenhängende und vollständige Informationen in vorgegebenen Formaten rechtzeitig zu übermitteln (Art. 35 Abs. 1 S. 2 EBA-VO).431 Um die Belastung der zuständigen Behörden zu mindern, muss die EBA vor jedem Informationsgesuch einschlägige Statistiken auswerten (Art. 35 Abs. 4 EBA-VO). Erhält die EBA die begehrten Informa­ tionen von den zuständigen Behörden nicht, kann sie ihr Informationsersuchen in einem abgestuften Verfahren erst gegenüber anderen Stellen des betreffenden Mitgliedstaates (vgl. Art. 35 Abs. 5 EBA-VO) und als ultima ratio auch gegenüber den betreffenden Finanzinstituten (vgl. Art. 36 Abs. 6 EBA-VO) geltend machen.432 Auch die informatorischen Befugnisse der EBA gegenüber den Finanzinstituten sind gegenüber der Vorgängerregelung verschärft worden. Zwar spricht Art. 35 Abs. 6 UAbs. 1 EBA-VO weiterhin davon, dass ein „gebührend gerechtfertigtes und mit Gründen versehenes Ersuchen“ der EBA erforderlich ist. Dieses „Ersuchen“ entpuppt sich jedoch als rechtliche Verpflichtung der Finanzinstitute, der EBA „unverzüglich und ohne unnötige Verzögerung klare, korrekte, und vollständige Informationen“ zu übermitteln (Art. 35 Abs. 6 UAbs. 1 EBA-VO).433 Der Einwand, ein Informationsgesuch sei nicht mit der EBA-Verordnung vereinbar, soll die Finanzinstitute nach dem gesetzgeberischen Willen nicht dazu berechtigen, die Weitergabe der Information an die EBA zu verweigern (vgl. Erwägungsgrund (9) EBA-ÄnderungsVO). Für den Fall, dass die Finanzinstitute dieser Verpflichtung nicht nachkommen, hat die EBA neuerdings das Recht, durch die Zusammenarbeit mit der EZB und den zuständigen Behörden in den betroffenen Mitgliedstaaten den Zugang zu den Informationen und deren Prüfung durchzusetzen (Art. 35 Abs. 7a EBA-VO). Die informatorischen Befugnisse sind für die Aufgabenwahrnehmung der EBA im ESFS von entscheidender Bedeutung. Zudem können sich auch die zuständigen Behörden mit einem hinreichend begründeten Antrag auf Vor430  Diese Befugnis stand zudem unter dem Vorbehalt, dass die zuständigen Behörden rechtmäßigen Zugang zu den einschlägigen Informationen haben (Art. 35 Abs. 1 EBA-VO a. F.). Dieses Erfordernis gilt auch nach Art. 35 Abs. 1 EBA-VO. 431  Siehe auch Art. 35 Abs. 2 EBA-VO. 432  Diese Befugnis der EBA ist auf weitere Adressaten erstreckt worden (vgl. Art. 35 Abs. 6 UAbs. 1 lit. b) und c) EBA-VO). 433  Siehe auch Erwägungsgründe (8) und (9) EBA-ÄnderungsVO und Art. 35 Abs. 6 UAbs. 2 und 3 EBA-VO.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts267

lage von Informationen, die für ihre Aufgabenwahrnehmung erforderlich sind, an die EBA wenden (vgl. Art. 35 Abs. 3 EBA-VO). 9. Die sonstigen Befugnisse der EBA Die bereits erwähnten Befugnisse der EBA zeigen, dass die Behörde im Schwerpunkt zu einem Handeln befugt ist, dass keine Rechtswirkungen gegenüber Dritten erzeugt. Dies trifft zum Beispiel auch für die Aufnahme zugelassener Kreditinstitute in das Register zu, welches die EBA über ihre Website betreibt (Art. 8 Abs. 2 lit. j) EBA-VO) und die Entwicklung und Anwendung neuer und praktischer Hilfsmittel und Instrumente, welche die Angleichung im Bankenaufsichtsbereich erhöhen (vgl. Art. 8 Abs. 1a) EBA-VO und Art. 29 Abs. 2 EBA-VO). Auch die Ausübung dieser Befugnisse kann im Einzelfall belastende Wirkungen für die Rechtsunterworfenen hervorrufen. IV. Quasi-judizielle Befugnisse der EBA Hinsichtlich der Delegation quasi-judizieller Befugnisse an die EBA ist festzustellen, dass die organisatorische Unabhängigkeit des Beschwerdeausschusses sowie die persönliche Unabhängigkeit seiner Mitglieder sichergestellt sind und im Beschwerdeverfahren die wesentlichen Verfahrensgarantien eingehalten werden, wie das Recht auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 60 Abs. 4 EBA-VO).434 Zudem kann gegen die Beschlüsse des Beschwerdeausschusses Nichtigkeitsklage zum Gericht erhoben werden (Art. 61 Abs. 1, Abs. 2 EBA-VO i. V. m. Art. 256, 263 Abs. 4, Abs. 5 AEUV), so dass das Letztentscheidungsrecht des Gerichtshofs der Europäischen Union sichergestellt wird.435 Für die Aufrechterhaltung dieses Gleichgewichts kommt es jedoch auch darauf an, ob gegen die übrigen Handlungsformen der EBA effektiver Rechtsschutz besteht.436 V. Gesamtwürdigung Da die EBA über die Herausgabe von unverbindlichen Leitlinien und Empfehlungen und die Erarbeitung technischer Standards maßgeblich in den Rechtsetzungsprozess auf Unionsebene integriert wird, ist sie eine Agentur mit Regulierungsbefugnissen.437 Darüber hinaus gehört sie auch der Gruppe von Agenturen an, die das Recht zur verbindlichen Einzelfallentschei434  Siehe

oben 4. Teil 3. Kap. B. V. 1.–3. ESMA Hänle, Finanzaufsicht, 2012, S. 106. 436  Dazu ausf. unten 4. Teil 3. Kap. E. 437  Zur Systematisierung des Einrichtungsbestandes schon oben 3. Teil 1. Kap. D. 435  Zur

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

dung haben. Am Beispiel der EBA zeigt sich daher einmal mehr, dass eine schematische Klassifizierung der Agenturen nach bestimmten Arten von Befugnissen nicht möglich ist. Die Regelungen der EBA-VO für den Erlass von technischen Regulierungsstandards sind teilweise nicht mit den Vorbehaltsbefugnissen der Kommission zur delegierter Rechtsetzung vereinbar. In die EBA-Verordnung ist daher ein selbständiges, unbeschränktes Entscheidungsrecht der Kommission über die Entwürfe dieser Standards zu integrieren. Aus der umfassenden Würdigung der Befugnisse, die der EBA übertragen worden sind, und der Kontrollen, die die Unionsorgane gegenüber der Agentur ausüben, ergibt sich, dass noch kein „ausreichendes Kontrollniveau“ der Unionsorgane hinsichtlich der EBA hergestellt worden ist. Die zur Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts zwingend erforderlichen Kontrollen des Gerichtshofes, der effektiven Rechtsschutz gegen das rechtsverbindliche Handeln der EBA gewährleistet, des Parlaments, des Rechnungshofes und des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung sind zwar vorgesehen. Diese werden auch durch vielfältige sonstige Kontrollund Einwirkungsrechte der Organe ergänzt. Jedoch sind die Kontrollinstrumente des Parlaments angesichts der weiten und eingriffsintensiven Befugnisse der EBA nicht ausreichend.438 Vor allem der Erlass von Leitlinien muss durch das Parlament stärker kontrolliert werden, damit die EBA angesichts der Reichweite und der über den act or explain-Mechanismus nahezu sichergestellten Befolgung dieser Leitlinien keine politischen Weichenstellungen für den Bankenaufsichtssektor treffen und durchsetzen kann.439 Die Stärkung der parlamentarischen Kontrollrechte erscheint umso dringender, als die EBA über den Erlass von Leitlinien hinaus durch unverbindliche Empfehlungen, Stellungnahmen oder Erfindungen wie das „Single Rulebook Questions & Answers Tool“ eine große Steuerungskraft auf den Verwaltungsvollzug in den Mitgliedstaaten ausübt, was vor allem mit Blick auf das Regelwerk CRD IV zutrifft. Für die Kontrolle der EBA sollte ein ständiger parlamentarischer Ausschuss mit Untersuchungsbefugnissen und einem Zitationsrecht hinsichtlich des Vorsitzenden der EBA ausgestattet werden. Da solche Untersuchungsbefugnisse auf Unionsebene noch nicht existieren, sollten sie in die Verträge eingeführt werden. Dies gilt umso mehr, wenn das Agenturwesen zukünftig verstärkt in Richtung unabhängiger Behörden mit weiten und eingriffsintensiven Befugnissen ausgestattet werden sollte. 438  Siehe zu einem ähnlichen Befund hinsichtlich der Kontrollrechte des Parlaments gegenüber Europol nach der geplanten Europol-Verordnung Ruthig, in: Böse, Europäisches Strafrecht, 2013, § 20 Rn. 34. 439  Noch für ein Beanstandungsrecht zugunsten der Kommission plädierend ­Michel, DÖV 2011, 728 (732).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts269

Die Vollzugsbefugnisse der EBA gegenüber der EZB nach Art. 18 und 19 EBA-VO sind nicht mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar. Was die Befugnisse der EBA im Krisenfall nach Art. 18 EBA-VO betrifft, muss zudem die Kommission im Wege einer Abstimmungspflicht in die Ausübung der Befugnisse der EBA integriert werden. Die Beschlussbefugnisse der EBA im Krisenfall sind darüber hinaus näher zu konkretisieren, um als genau eingegrenzte Durchführungsbefugnisse im Sinne der MeroniRechtsprechung zu gelten. Was die Voraussetzungen zur Herausgabe von Warnungen durch die EBA betrifft, besteht noch Konkretisierungsbedarf, dem der Unionsgesetzgeber nachzukommen hat. Eine abschließende Würdigung der EBA-Befugnisse am Maßstab des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts kann jedoch erst nach der Analyse des Rechtsschutzes erfolgen. Rechtspolitisch ist zu fordern, dass der Kommissionsvertreter im Rat der Aufseher der EBA mit einem Stimmrecht ausgestattet wird.

E. Der Rechtsschutz gegen das Handeln der EBA Aus dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts folgt das Erfordernis einer effektiven Kontrolle der Agenturen durch den Gerichtshof der Europäischen Union.440 Auch durch die Integration der EBA in die Aufgabenwahrnehmung auf Unionsebene darf der Rechtsschutz nicht verkürzt werden. Die EBA-Verordnung sieht für den Rechtsschutz gegen Beschlüsse der EBA ein zweistufiges Rechtsschutzmodell vor, nach dem diese Rechtsakte zunächst vor dem gemeinsamen Beschwerdeausschuss der ESA angefochten werden müssen (vgl. Art. 60 ff. EBA-VO), bevor gerichtlicher Rechtsschutz im Wege der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV in Anspruch genommen werden kann.441 Daher wird zunächst die Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für die Wahrung des institutionellen Gleichgewichts beleuchtet. Sodann wird untersucht, ob gegen das Handeln der EBA effektiver Rechtsschutz besteht. I. Die Bedeutung des Beschwerdeverfahrens nach der EBA-Verordnung für das institutionelle Gleichgewicht Das Beschwerdeverfahren trägt in weiten Teilen dazu bei, den Verzicht auf die Unterwerfung der EBA unter die Rechtsaufsicht der Kommission zu kompensieren. Hierdurch leistet es einen Beitrag zur Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts. Wird ein Beschwerdeverfahren durchge440  Siehe 441  Siehe

oben 3. Teil 2. Kap. F. VI. zum Beschwerdeverfahren oben 4. Teil 3. Kap. B. V. 3.

270

4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

führt, erfolgt nämlich eine zusätzliche, dem Gerichtsverfahren vorgelagerte Rechtskontrolle, was auch bei der Rechtsaufsicht durch die Kommission der Fall ist. Genauso wie diese, ermöglicht auch das Beschwerdeverfahren eine Kontrolle des Agenturhandelns im Einzelfall und damit insbesondere auch am Maßstab der europäischen Grundrechte. Zu einer besonders zügigen Durchführung des Beschwerdeverfahrens nach der EBA-Verordnung trägt Art. 60 Abs. 2 UAbs. 2 EBA-VO bei, wonach der Beschwerdeausschuss innerhalb von zwei Monaten nach der Einreichung einer Beschwerde über diese zu entscheiden hat. Jedoch bleibt das Beschwerdeverfahren nach der EBA-Verordnung auch teilweise hinter der Rechtsaufsicht durch die Kommission zurück. Es muss nämlich vom Beschwerdeführer angestrengt werden und ist auf die Kontrolle von Beschlüssen der EBA beziehungsweise der ESA beschränkt (vgl. Art. 60 Abs. 1 EBA-VO). Im Gegensatz dazu erfolgt die Rechtsaufsicht durch die Kommission von Amts wegen, erstreckt sich auf sämtliche Agenturhandlungen und kann auch das pflichtwidrige Unterlassen einer Agentur sanktionieren.442 Das Beschwerdeverfahren nach der EBA-Verordnung steht auch insofern im Dienste des institutionellen Gleichgewichts, als es dazu beiträgt, die Funktionsfähigkeit des Gerichtshofes der Europäischen Union aufrechtzuerhalten.443 Das Beschwerdeverfahren führt nämlich dazu, dass das Gericht und der EuGH zumindest teilweise von komplexen und technischen Fragen aus dem Bereich der Finanzmarktaufsicht entlastet werden.444 Wird nach der Durchführung des Beschwerdeverfahrens dennoch ein gerichtliches Verfahren angestrengt, gelangt der Sachverhalt in aufbereiteter Form zum Gerichtshof, was zu effizienteren Entscheidungen beitragen kann.445 Für eine sachgerechte Aufbereitung der Angelegenheit bereitet schon der im Beschwerdeausschuss konzentrierte Sachverstand den Boden. II. Rechtsschutz gegen die verschiedenen Handlungen der EBA Als Rechtsschutzsuchende gegen Handlungen der EBA kommen vor allem einzelne Finanzinstitute und zuständige Behörden in Betracht, denn sie sind die potentiellen Adressaten der EBA-Beschlüsse nach den Art. 17–19 EBA-VO und der EBA-Leitlinien nach Art. 16 EBA-VO. Insbesondere der 442  Siehe zu den Vorteilen des Widerspruchsverfahrens nach der REACH-VO gegenüber dem Gerichtsverfahren Bartosch / Michel, StoffR 2010, 72 (74 f.); Bartosch, EuZW 2010, 441 (441); Bronckers / v. Gerven, CMLR 46 (2009), 1823 (1844 f.). 443  Dammann, Beschwerdekammern, 2004, S. 24 ff. 444  Ruthig, in: Böse, Europäisches Strafrecht, 2013, § 20 Rn. 78. 445  Michel, DÖV 2011, 728 (734); Siegel, EuZW 2008, 141 (143).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts271

Rechtsschutz der Finanzinstitute muss wegen der grundrechtlichen Gewährleistung aus Art. 47 GR-Charta effektiv ausgestaltet sein. 1. Beschlüsse a) Anfechtungskonstellationen Finanzinstitute und zuständige Behörden müssen sich mit ihrem Ersuchen auf Rechtsschutz gegen Beschlüsse der EBA, die diese nach Art. 17–19 EBA-VO oder den in Art. 1 Abs. 2 EBA-VO genannten Rechtsakten erlassen hat, zunächst an den Gemeinsamen Beschwerdeausschuss der ESA wenden (Art. 60 Abs. 1 EBA-VO).446 Hinsichtlich der Beschwerdebefugnis bildet Art. 60 Abs. 1 EBA-VO teilweise die Anforderungen des Art. 263 Abs. 4 AEUV für die Klagebefugnis von Individualklägern nach. Daher können insoweit auch die Grundsätze entsprechend übertragen werden, die in der Rechtsprechung für Individualnichtigkeitsklagen entwickelt worden sind.447 Ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Vorschriften liegt jedoch darin, dass Art. 60 Abs. 1 EBA-VO ausdrücklich auch die zuständigen Behörden in den Kreis der potentiellen Beschwerdeführer einbezieht, Art. 263 Abs. 4 AEUV hingegen nur von natürlichen und juristischen Personen spricht. Es stellt sich daher die Frage, ob sämtliche zuständigen Behörden – also sowohl die mit und als auch die ohne Rechtspersönlichkeit nach dem auf sie anwendbaren nationalen Recht – als „juristische Personen“ i. S. d. Art. 263 Abs. 4 AEUV gelten und damit potentiell klageberechtigt sind. Der Begriff „juristischen Person“ i. S. d. Art. 263 Abs. 4 AEUV ist unionsrechtlich autonom auszulegen und wird damit insbesondere nicht vom Verständnis der „juristischen Person“ in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten abschließend bestimmt.448 Nach dem Gerichtshof ist es maßgeblich, dass die betreffende Einrichtung über Rechtspersönlichkeit im unionsrechtlichen Sinne verfügt, also „Autonomie und eine eigene Verantwortlichkeit“ hat.449 Diese Kriterien werden sämtliche zuständigen Behörden erfüllen, mag auch Einzelnen unter ihnen nur eine beschränkte Autonomie zukom446  Anders ist dies nach der SSM-Verordnung, nach der die Anrufung des Administrativen Überprüfungsausschusses gegen die Beschlüsse der EZB keine Sachurteilsvoraussetzung für eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV ist (vgl. Art. 24 Abs. 5 und 11 SSM-VO und Erwägungsgrund (64) SSM-VO). 447  So schon Manger-Nestler, BKR 2012, 528 (530). 448  EuGH, Urt. v. 28.10.1982, Groupement des Agences de Voyages . / . Kommission, Slg. 1982, 3799 (3808, dort Rn. 10); Ehricke, in: Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 263 AEUV Rn. 42. 449  EuGH, Urt. v. 8.10.1974, Gewerkschaftsbund . / . Rat, Rs. C-175 / 73, Slg. 1974, 917 (921).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

men. Daher sind alle zuständigen Behörden im Sinne der EBA-Verordnung potentiell klageberechtigt nach Art. 263 Abs. 4 AEUV.450 Finanzinstitute und zuständige Behörden sind ohne Weiteres beschwerdebefugt, wenn der Beschluss der EBA an sie gerichtet ist (Art. 60 Abs. 1 Alt. 1 EBA-VO). Ist dies nicht der Fall, müssen sie eine unmittelbare und individuelle Betroffenheit durch den angegriffenen Beschluss nachweisen, der an eine dritte Person gerichtet ist (Art. 60 Abs. 1 Alt. 2 EBA-VO).451 Die unmittelbare Betroffenheit verlangt, dass die Maßnahme der EBA den Beschwerdeführer ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, wie zum Beispiel einer mitgliedstaatlichen Umsetzungsmaßnahme, betrifft.452 Nach der sog. PlaumannFormel, deren Anwendbarkeit der EuGH im Rahmen des Art. 263 Abs. 4 Var. 2 AEUV im Jahr 2014 bestätigt hat,453 ist der Beschwerdeführer nur dann individuell betroffen, wenn der Rechtsakt der EBA ihn „wegen bestimmter Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis der übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.“454 Richtet die EBA einen Beschluss an eine zuständige Behörde, in dem sie diese anweist, gegen bestimmte Finanzinstitute einzuschreiten (z. B. Art. 18 Abs. 3 oder Art. 19 Abs. 3 EBA-VO), ist die Aufsichtsbehörde ohne Weiteres beschwerdebefugt. Da die zuständige Behörde regelmäßig keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der Umsetzung der EBA-Weisung hat, gelten die einzelnen Finanzinstitute als unmittelbar betroffen.455 Zudem stehen die Finanzinstitute bereits im Zeitpunkt der Weisung der EBA an die zuständige Behörde nach Anzahl und Identität fest, sodass auch von ihrer individuellen Betroffenheit durch den an die zuständige Behörde gerichteten EBA-Beschluss auszugehen ist.456 Nach der im Beihilfenrecht begründeten Deggen450  Die

Klageberechtigung der EZB folgt jedoch aus Art. 263 Abs. 3 AEUV. Ruthig, in: Ruthig / Storr, Wirtschaftsrecht, 2011, § 2 Rn. 205, wonach die BaFin eine Untersagungsverfügung der EBA, die an ein von der BaFin beaufsichtigtes Finanzinstitut ergangen ist, ohne Nachweis der unmittelbaren Betroffenheit anfechten können soll. 452  Cremer, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 263 AEUV Rn. 36. 453  EuGH, Urt. v. 3.10.2013, Inuit u. a. . / . Parlament u. Rat, Rs. C-583 / 11 P = EuZW 2014 22 (24). 454  EuGH, Urt. v. 15.7.1963, Plaumann & Co. . / . Kommission, Rs. C-25 / 62, Slg. 1963, 213 (238); EuGH, Urt. v. 1.7.1965, Töpfer u. a. . / . Kommission, verb. Rs. C-106 und 107 / 63, Slg. 1965, 548 (556); EuG, Urt. v. 8.3.2012, Iberdrola SA . / . Kommission, Rs. T-221 / 10 = EuZW 2012, 555 (556); Cremer, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 263 AEUV Rn. 40. 455  Michel, DÖV 2011, 728 (734); vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.1979, NTN Toyo Bearing Company . / . Rat, Rs. C-113 / 77, Slg. 1979, S. 1185 Rn. 11. 456  Michel, DÖV 2011, 728 (734); so auch Manger-Nestler, ZfgK 2012, 528 (530). 451  A. A.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts273

dorf-Rechtsprechung457, deren Grundsätze sich auf die vorliegende Konstellation sinngemäß übertragen lassen, sind die rechtsschutzsuchenden Finanzinstitute verpflichtet, den EBA-Beschluss gegenüber der zuständigen Behörde im Wege der Beschwerde nach Art. 60 Abs. 1 EBA-VO anzufechten. Legen sie hingegen nicht oder nicht innerhalb der in Art. 60 Abs. 2 EBA-VO genannten Frist Beschwerde ein, sondern greifen erst die nationale Umsetzungsmaßnahme vor einem nationalen Gericht wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des EBA-Beschlusses an, ist das nationale Gericht aus Gründen der Rechtssicherheit durch die Bestandskraft des EBA-Beschlusses gebunden. Es kann somit kein Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) zur Überprüfung des Beschlusses der EBA anstrengen.458 In der umgekehrten Konstellation, in der die EBA nach den Art. 17 Abs. 6, Art. 18 Abs. 4 oder Art. 19 Abs. 4 AEUV einen Beschluss an ein Finanzinstitut richtet, ist die jeweilige nationale zuständige Behörde individuell und unmittelbar betroffen und damit beschwerdebefugt (Art. 60 Abs. 1 Alt. 2 EBA-VO). Ihre Beschwerdebefugnis folgt daraus, dass die EBA mit dem Durchgriff auf ein einzelnes Institut an die Nichtbeachtung einer Weisung beziehungsweise das nicht (ordnungsgemäße) Einschreiten der zuständigen Behörde gegenüber einem bestimmten Finanzinstitut anknüpft und im Verhältnis zu diesem Institut im Wege des Selbsteintritts an die Stelle der zuständigen Behörde tritt. In einem Dilemma befindet sich eine zuständige Behörde dann, wenn sie von der Rechtswidrigkeit einer Weisung der EBA, gegenüber einem bestimmten Finanzinstitut einzuschreiten, überzeugt ist, ihr Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Art. 60 Abs. 3 UAbs. 2 EBA-VO) vom Beschwerdeausschuss jedoch abgelehnt wird. In diesem Fall ist die zuständige Behörde zur Vollziehung der Weisung verpflichtet. Kommt der Beschwerdeausschuss letztlich zum Ergebnis, dass die EBA-Weisung rechtswidrig war und ist ein Schaden bei dem betreffenden Finanzinstitut eingetreten, stellt sich die Haftungsfrage im Dreiecksverhältnis zwischen dem Finanzinstitut, der zuständigen Behörde und der EBA. In diesem Fall wird sich das Finanzinstitut an die zuständige Behörde richten müssen und diese sich gegenüber der EBA schadlos halten können (Art. 69 Abs. 1 EBA-VO). Gegen die Beschlüsse des Beschwerdeausschusses können die Finanzinstitute und die zuständigen Behörden Nichtigkeitsklage zum Gericht erheben (Art. 61 Abs. 1, Abs. 2 EBA-VO i. V. m. Art. 256, Art. 263 Abs. 4, Abs. 5 AEUV). 457  EuGH, Urt. v. 9.3.1994, Textilwerke Deggendorf . / . Deutschland, Rs. C-188 / 92, Slg. 2006, II-1875. 458  EuGH, Urt. v. 9.3.1994, Textilwerke Deggendorf . / . Deutschland, Rs. C-188 / 92, Slg. 2006, II-1875 Rn. 13 ff. (insbes. Rn. 25 f.).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

b) Beschränkte gerichtliche Überprüfung der EBA-Beschlüsse? Der Erlass von Beschlüssen durch die EBA erfordert im Vorfeld komplexe finanzwirtschaftliche Beurteilungen (vgl. Art. 17–19 EBA-VO).459 Daher ist es denkbar, dass das Gericht im Falle der gerichtlichen Anfechtung eines Beschlusses des ESA-Beschwerdeausschusses seine Rechtsprechungstradition zur beschränkten Kontrolle komplexer Beurteilungen wirtschaftlicher oder technischer Art auch auf die Überprüfung der EBA-Beschlüsse erstreckt. Dabei könnte es ähnliche Maßstäbe anlegen wie im Schräder-Urteil460. Dies hätte vor allem zur Folge, dass die Sachverhaltsbeurteilung der EBA nicht durch eine eigene richterliche Beurteilung ersetzt werden würde. Es stellt sich die Frage, ob mit einer Zurücknahme der richterlichen Kontrolldichte für die Beschlüsse der EBA auch eine Verkürzung des Grundrechtsschutzes und insbesondere des Rechts auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 GR-Charta) der Finanzinstitute einhergehen würde. Neuere Rechtsprechungsentwicklungen zeigen jedoch, dass der EuGH bei Grundrechtsfragen eine zunehmend engmaschigere Prüfung vornimmt und zwar vor allem im Hinblick auf den – bislang nur defizitär kontrollierten461 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 und Abs. 4 EUV und Art. 52 Abs. 1 S. 2 GR-Charta). So hat der EuGH beispielsweise in der Rechtssache Schecke und Eifert462, in der es um die Frage der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung personenbezogener Daten der Empfänger von Agrarsubventionen am Maßstab der Art. 7 und Art. 8 GR-Charta ging, eine intensive Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt und insbesondere die ausgewogene Gewichtung der beteiligten Interessen überprüft.463 Gerade dieses Urteil lässt vermuten, dass das Gericht und der EuGH bei der Überprüfung eines EBA-Beschlusses gegen ein einzelnes Finanzinstitut eine intensivere Grundrechts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung vornehmen wird. 2. Technische Standards Technische Standards werden von der Kommission erlassen und können daher nicht vor dem Gemeinsamen Beschwerdeausschuss der ESA angegriffen werden (vgl. Art. 60 Abs. 1 EBA-VO). 459  Siehe

dazu oben 4. Teil 3. Kap. D. III. 1. a)–c). ausf. oben 3. Teil 2. Kap. D. II. 1. c). 461  Siehe dazu Weiß, EuZW 2013, 287 (290 f.). 462  EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Schecke und Eifert . / . Land Hessen, verb. Rs. C-92 / 09 und C-93 / 09, Slg. 2010, I-11063. 463  EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Schecke und Eifert . / . Land Hessen, verb. Rs. C-92 / 09 und C-93 / 09, Slg. 2010, I-11063 Rn. 67 ff. und insbes. Rn. 72 ff. 460  Dazu



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts275

Da die „Rechtswirkung gegenüber Dritten“, die Art. 263 Abs. 1 S. 2 AEUV für die Anfechtbarkeit von Agenturhandlungen fordert, erst von den in Verordnungs- oder Beschlussform erlassenen technischen Standards ausgehen, stellt sich die Frage, ob die Entwürfe technischer Standards isoliert angefochten werden können.464 Dass Vorbereitungshandlungen in einem mehraktigen Verfahren, die auf eine verbindliche Kommissionsentscheidung hinauslaufen, ohne die Kommission zu binden, nicht im Wege der Nichtigkeitsklage angefochten werden können, hat das Gericht bereits in der Rechtssache Olivieri465 im Jahr 2003 festgestellt. Hier ging es um die selbständige Anfechtbarkeit der rechtlich unverbindlichen Fachgutachten der EMA, welche das Gericht verneinte.466 Diese Rechtsprechung ist auch für die Entwürfe technischer Standards der EBA von Relevanz, weil diese Entwürfe nach der hier vertretenen Auffassung genauso wie die Fachgutachten der EMA die Kommission hinsichtlich ihrer verfahrensabschließenden Entscheidung nicht rechtlich binden. Eine isolierte Anfechtung der Entwürfe technischer Standards der EBA scheidet also aus.467 Für die Klagebefugnis von Finanzinstituten und zuständigen Behörden, die beide als nichtprivilegierte Kläger i. S. d. Art. 263 Abs. 4 AEUV gelten, kommt es darauf an, ob technische Standards als „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ zu qualifizieren sind, bei denen der Kläger vom Nachweis der individuellen Betroffenheit befreit ist (Art. 263 Abs. 4 Alt. 3 AEUV) oder als „Handlungen“, die vom Kläger verlangen, seine individuelle und unmittelbare Betroffenheit darzulegen (Art. 263 Abs. 4 Alt. 1 AEUV). Der Begriff der Handlung ist an die Stelle der Entscheidung nach Art. 230 Abs. 4 EGV a. F. getreten und bezieht sich auf alle typischen Maßnahmen der Unionsorgane, die rechtsverbindliche Außenwirkung entfalten.468 Die Anfechtungsmöglichkeit von „Rechtsakten mit Verordnungscharakter“, die den Kläger „unmittelbar betreffen“ müssen und „keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen“ dürfen (Art. 263 Abs. 4 Alt. 3 AEUV), ist mit der 464  Siehe 465  EuG,

zu den Entwürfen technischer Standards oben 4. Teil 3. Kap. D. II. 1. Urt. v. 18.12.2003, Olivieri . / . Kommission, Rs. T-326 / 99, Slg. 2003,

II-06053. 466  EuG, Urt. v. 18.12.2003, Olivieri . / . Kommission, Rs. T-326 / 99, Slg. 2003, II06053 Rn. 53; EuG, Beschluss v. 2.6.2004, Pfizer Ltd. . / . Kommission, Rs. T-123 / 03, Slg. 2004, II-01631 Rn. 22 und 27; siehe zur Frage der Nichtigkeitsklage gegen Fachgutachten Saurer, DVBl. 2009, 1021 (1023, 1025 f.); ders., EuR 2010, 51 (61 f.). 467  Michel, DÖV 2011, 728 (734); so auch Manger-Nestler, BKR 2012, 528 (531); siehe zur inzidenten Überprüfung der Fachgutachten der EMA im Rahmen der Kontrolle der abschließenden Kommissionsentscheidungen durch das Gericht EuG, Urt. v. 26.11.2001, Artegodan u. a. . / . Kommission, Slg. 2002, II-04945 Rn.  197 ff.; dazu Saurer, EuR 2010, 51 (62 f.). 468  EuGH, Urt. v. 3.10.2013, Inuit u. a. . / . Parlament und Rat, Rs. C-583 / 11 P = EuZW 2014, 22 (23); Thiele, EuR 2010, 30 (39 f.).

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Lissabonner Vertragsreform eingeführt worden. Während unter den „Rechtsakten“ gemeinhin alle Handlungen einer Unionseinrichtung zu verstehen sind, die Rechtsverbindlichkeit nach außen haben,469 war lange Zeit unklar, was den „Verordnungscharakter“ eines Rechtsaktes ausmacht.470 Eine Legaldefinition enthalten die Verträge nicht. Da jedoch Verordnungen allgemeine Geltung haben (Art. 288 Abs. 2 AEUV), können „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ auch nur abstrakt-generelle Rechtsakte der Union sein.471 Der Begriff des „Verordnungscharakters“ spricht für die Einbeziehung sämtlicher Rechtsakte, die abstrakt-generell gelten, und zwar unabhängig davon, nach welchem Rechtsetzungsverfahren sie zustande gekommen sind.472 Angesichts des Wortlauts würde es zudem merkwürdig anmuten, wenn es Verordnungen ohne „Verordnungscharakter“ geben könnte.473 Die Norm des Art. 263 Abs. 4 Alt. 3 AEUV kann jedoch nicht dahingehend gemeint sein, dass sie die Individualnichtigkeitsklage unter erleichterten Voraussetzungen für alle gesetzlichen und untergesetzlichen Normen der Union öffnet. Ansonsten würde das Erfordernis der „individuellen Betroffenheit“ nach Art. 263 Abs. 4 Alt. 2 AEUV nahezu leerlaufen.474 Zudem lässt sich der Entstehungsgeschichte der Norm nicht entnehmen, dass sich der Unionsgesetzgeber mit der Einführung des Art. 263 Abs. 4 Alt. 3 AEUV derart weitgehend vom traditionell restriktiven Ansatz der Klagebefugnis von Individualklägern nach Art. 230 Abs. 4 EGV abwenden wollte, dass er auch für die Anfechtung von Gesetzgebungsakten auf das Erfordernis der „individuellen Betroffenheit“ verzichtet. Aus der Genese der Norm folgt vielmehr, dass Art. 263 Abs. 4 Alt. 3 AEUV mit den „Rechtsakten mit Verordnungscharakter“ an die Differenzierung des EVV zwischen „Gesetzgebungsakten“ und „Rechtsakten ohne Gesetzescharakter“ (vgl. Art. I-33 bis I-35 EVV) anknüpft, zu denen auch die „Europäischen Verordnungen“ zählen.475 Mit den „Rechtsakten mit Verordnungscharakter“ nach dem Lissabonner Reformvertrag sind wie mit den „Rechtsakten ohne Gesetzescharakter“ nach dem EVV alle abstrakt-generellen Rechtsakte der Union ge469  Dörr,

in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 263 AEUV Rn. 82. zum Meinungsstand Herrmann, NVwZ 2011, 1352 ff. 471  Dörr, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 263 AEUV Rn. 80, 83. 472  Everling, EuZW 2010, 572 (575); Frenz / Distelrath, NVwZ 2010, 162 (165); Görlitz / Kubicki, EuZW 2011, 248 (250); Kottmann, ZaöRV 70 (2010), 547 (559). 473  Everling, EuZW 2010, 572 (575); Frenz / Distelrath, NVwZ 2010, 162 (165). 474  Thiele, EuR 2010, 30 (43 f.). 475  EuG, Beschluss v. 6.9.2011, Inuit u. a. . / . Parlament und Rat, Rs. T-18 / 10 = EuR 2012, 432 (435); EuGH, Urt. v. 3.10.2013, Inuit u. a. . / . Parlament und Rat, Rs. C-583 / 11 P = EuZW 2014, 22 (23). Dörr, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 263 AEUV Rn. 81; gegen eine maßgebliche Bezugnahme auf den EVV zur Auslegung des Art. 263 AEUV hingegen Görlitz / Kubicki, EuZW 2011, 248 (250). 470  Siehe



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts277

meint, die nicht das Produkt eines förmlichen Gesetzgebungsverfahrens sind.476 Zum selben Ergebnis kam auch das Gericht in der Rechtssache Inuit im Jahre 2011, in der es ausführt, dass der „Rechtsakt mit Verordnungscharakter“ i. S. d. Art. 263 Abs. 4 AEUV „mit Ausnahme der Gesetzgebungsakte jede Handlung mit allgemeiner Geltung erfasst“.477 Diese Auslegung hat auch der EuGH in der Rechtsmittelsache Inuit im Herbst 2013 bestätigt.478 Für die Anfechtung von Gesetzgebungsakten der Union bleibt es also beim Erfordernis der individuellen und unmittelbaren Betroffenheit nach Art. 263 Abs. 4 Alt. 2 AEUV.479 Da „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ auch und vor allem die von der Kommission nach den Art. 290 und Art. 291 Abs. 2 AEUV erlassenen delegierten Rechtsetzungsakte und Durchführungsrechtsakte erfassen,480 richtet sich die Anfechtung von technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards der Kommission nach Art. 263 Abs. 4 Alt. 3 AEUV.481 Finanzinstitute sind nur dann klagebefugt, wenn sie vom technischen Standard „unmittelbar betroffen“ sind und dieser Standard tatsächlich „keine Durchführungsmaßnahme“ seitens der zuständigen Behörde „nach sich zieht“. Vom letztgenannten Merkmal kann bei einer bloß materiellen unmittelbaren Betroffenheit nicht ausgegangen werden.482 Die materielle unmittelbare Betroffenheit meint die Fälle, in denen der Rechtsakt zwar durchführungsbedürftig, die Durchführung jedoch zwingend von der Unionsmaßnahme geboten wird.483 Da die technischen Standards in Form von Beschlüssen und Verordnungen den Finanzinstituten unmittelbare Verhaltensgebote auferlegen, können die Finanzinstitute diese Rechtsakte nach Art. 264 Abs. 4 Alt. 3 AEUV im Wege der Nichtigkeitsklage anfechten. 476  EuG, Beschluss v. 6.9.2011, Inuit u. a. . / . Parlament und Rat, Rs. T-18 / 10 = EuR 2012, 432 (435); Dörr, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 263 AEUV Rn. 81 f.; Thiele, EuR 2010, 30 (44). 477  EuG, Beschluss v. 6.9.2011, Inuit u. a. . / . Parlament und Rat, Rs. T-18 / 10 = EuR 2012, 432 (436 ff.); krit. Everling, EuZW 2012, 376; siehe auch EuG, Urt. v. 25.10.2011, Microban . / . Kommission, Rs. T-262 / 10, Slg. 2011, II-07697 Rn. 21; EuG, Beschluss v. 4.6.2012, Eurofer . / . Kommission, Rs. T-381 / 11 = ZUR 2012, 548 (550). 478  EuGH, Urt. v. 3.10.2013, Inuit u. a. . / . Parlament und Rat, Rs. C-583 / 11 P = EuZW 2014, 22 (24). 479  EuG, Beschluss v. 6.9.2011, Inuit u. a. . / . Parlament und Rat, Rs. T-18 / 10 = EuR 2012, 432 (435); Cremer, DÖV 2010, 58 (63). 480  Dörr, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 263 AEUV Rn. 82; Thiele, EuR 2010, 30 (44). 481  Ruthig, in: Ruthig / Storr, Wirtschaftsrecht, 2011, § 2 Rn. 205. 482  Frenz / Distelrath, NVwZ 2010, 162 (165); Thiele, EuR 2010, 30 (44); siehe auch EuG, Urt. v. 8.3.2012, Iberdrola SA . / . Kommission, Rs. T-221 / 10 = EuZW 2012, 555 (558); siehe auch Kottmann, ZaöRV 70 (2010), 547 (562 f.). 483  Dörr, in: G / H / N, EUV / AEUV, 2013, Art. 263 AEUV Rn. 84.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

3. Leitlinien Überwiegend wird abgelehnt, dass Leitlinien der EBA zum Gegenstand einer Prinzipalkontrolle im Wege der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV gemacht werden können. Dies wird überwiegend abgelehnt.484 Art. 263 Abs. 1 S. 1 HS. 2 AEUV schließt zwar Empfehlungen und Stellungnahmen der Organe, die wie die Leitlinien der EBA rechtlich unverbindlich sind (Art. 288 Abs. 5 AEUV), als Klagegegenstände einer Nichtigkeitsklage aus. Der expliziten Aufzählung dieser beiden unverbindlichen Handlungsformen könnte jedoch als argumentum e contrario entnommen werden, dass im Übrigen der Rechtsschutz im Wege der Nichtigkeitsklage gegen soft law wie Mitteilungen der Kommission oder Leitlinien von Agenturen nicht prinzipiell ausgeschlossen sein soll.485 Abgesehen davon stellt Art. 263 Abs. 1 S. 2 AEUV für die Anfechtbarkeit von Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union maßgeblich darauf ab, ob von diesen „Rechtswirkungen gegenüber Dritten“ ausgehen. Die Norm hält also nicht die Verbindlichkeit der Handlungsform für maßgebend.486 Die von Art. 263 Abs. 1 S. 2 AEUV geforderte „Rechtswirkung gegenüber Dritten“ liegt bei den Leitlinien der EBA, denen eine „faktische Bindungswirkung“ zu­ kommt,487 in der Normkonkretisierung.488 Zudem spricht einiges dafür, die EBA-Leitlinien als „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ im Sinne des Art. 263 Abs. 4 AEUV zu qualifizieren. Zwar sind die Leitlinien mangels Außenrechtsverbindlichkeit keine untergesetzlichen Rechtsnormen wie zum Beispiel Durchführungsverordnungen der Kommission nach Art. 291 Abs. 2 AEUV. Ihre faktische Bindungswirkung sowie ihr Hinauswirken über den Einzelfall und ihre (intendierten) Rechtswirkungen gegenüber Dritten nähert sie aber erheblich an die untergesetzlichen, als „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ geltenden Normen an. Sind die Leitlinien der EBA nach Art. 16 Abs. 1 EBA-VO un484  Manger-Nestler, ZfgK 2012, 528 (531); so auch noch Michel, DÖV 2011, 728 (734). 485  So Knauff, Regelungsverbund, 2010, S. 511 f.; a. A. Frank, Rechtswirkungen, 2012, S. 201; siehe zum Rechtsschutz gegen exekutive Vollzugsregelungen Groß, DÖV 2004, 20 (24 f.). 486  Ruthig, in: Ziekow / Seok, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 75; siehe auch ders., in: Böse, Europäisches Strafrecht, 2013, § 20 Rn. 80; auch der EuGH stellt für die Frage des Gegenstandes einer Nichtigkeitsklage darauf ab, ob die Handlung „Rechtswirkungen“ erzeugen kann, vgl. z. B. EuGH, Urt. v. 31.3.1971, Kommission . / . Rat, Rs. C-22 / 70, Slg. 1971, 263 Rn. 38 / 42. 487  Siehe dazu oben 4. Teil 3. Kap. D. II. 2. 488  Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 76; für eine Öffnung des unionalen Rechtsschutzsystems für die Überprüfung von Leitlinien der ESMA Sonder, in: Debus, Verwaltungsrechtsraum, 2011, S. 250.



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts279

mittelbar an Finanzinstitute gerichtet, sind diese klagebefugt nach Art. 263 Abs. 4 Alt. 3 AEUV. Bei lediglich an die zuständigen Behörden gerichteten Leitlinien wird die Klagebefugnis der Finanzinstitute jedoch daran scheitern, dass diese EBA-Maßnahmen nationale Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen.489 In diesem Fall bleibt den Finanzinstituten lediglich die Möglichkeit, den nationalen Umsetzungsakt anzufechten, wobei das nationale Gericht gegebenenfalls das Verfahren aussetzen und die Gültigkeit der unverbindlichen EBA-Leitlinien vom Gerichtshof der Europäischen Union überprüfen lassen muss (Art. 267 Abs. 1 lit b) AEUV).490 4. Handeln ohne Rechtswirkungen gegenüber Dritten – insbesondere Rechtsschutz gegen Warnungen Auch ein weiter Bereich der EBA-Tätigkeit, der keine Rechtswirkungen gegenüber Dritten zeitigt, kann den Bedarf nach effektivem Rechtsschutz auslösen. Zu denken ist hier insbesondere an die Warnungen, welche die EBA herausgeben kann, wenn eine Finanztätigkeit eine ernsthafte Bedrohung für die in Art. 1 Abs. 5 EBA-VO festgelegten Ziele darstellt (Art. 9 Abs. 3 EBA-VO). Da das Realhandeln der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union vom Primärrechtsschutzsystem der Verträge nicht hinreichend aufgegriffen wird,491 bleibt den Betroffenen nur der Sekundärrechts­schutz,492 welcher jedoch das Vorliegen eines Schadens voraussetzt. 5. Sekundärrechtsschutz gegen das Handeln der EBA Im Bereich der außervertraglichen Haftung hat die EBA für Schäden einzustehen, die durch sie selbst oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer Berufstätigkeit verursacht worden sind (Art. 69 Abs. 1 S. 1 EBA-VO). Diese explizite Haftungsregelung verdeutlicht, dass Art. 1 Abs. 5 UAbs. 5 EBAVO, wonach die EBA „unabhängig und objektiv und im alleinigen Interesse der Union“ handelt, keinen Haftungsausschluss nach dem Vorbild des § 4 489  Siehe zur Klagebefugnis der zuständigen Behörden schon oben 4. Teil 3. Kap. E. II. 1. a). 490  Siehe dazu, dass auch unverbindliche Handlungen einer Entscheidung über ihre Auslegung im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens zugänglich sind, nur EuGH, Urt. v. 21.1.1993, Dt. Shell AG . / . Hauptzollamt Hamburg-Harburg, Rs. C-188 / 91, Slg. 1993, I-00363 Rn. 18. 491  Ruthig, in: Seok / Ziekow, Der Staat als Wirtschaftssubjekt, 2013, S. 78. 492  Gundel, EuR 2009, 383 (391); siehe zum Ausgleich von Defiziten im Primärrechtsschutz durch das Haftungsrecht Schöndorf-Haubold, Europäisches Sicherheitsverwaltungsrecht, 2010, S. 162 ff.

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4. Teil: Prinzip des institutionellen Gleichgewichts und die EBA

Abs. 4 FinDAG bewirken soll.493 Die Ersetzung der außervertraglichen Schäden erfolgt nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind (Art. 69 Abs. 1 S. 1 EBAVO). Für die Entscheidung von Schadensersatzstreitigkeiten ist der Gerichtshof der Europäischen Union zuständig (Art. 69 Abs. 1 S. 2 EBA-VO). Die persönliche finanzielle Haftung und disziplinarische Verantwortung der EBA-Bediensteten gegenüber der Agentur richtet sich nach den einschlägigen Regeln für das Personal der Bankenaufsichtsbehörde (Art. 69 Abs. 2 EBA-VO). Der Sekundärrechtsschutz gegen das Handeln der EBA ist damit umfassend ausgestaltet. 6. Zusammenfassung Das Beschwerdeausschussmodell nach den ESA-Verordnungen leistet einen maßgeblichen Beitrag zur Wahrung des institutionellen Gleichgewichts. Der effektive Rechtsschutz gegen das Handeln der EBA als zentraler Forderung des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts ist im Hinblick auf das rechtsverbindliche Handeln und die Leitlinien der EBA sichergestellt. Letztere können trotz ihrer Unverbindlichkeit im Wege der Nichtigkeitsklage überprüft werden. Gegen das schlichte Verwaltungshandeln und insbesondere gegen Warnungen der EBA besteht kein ausreichender Rechtsschutz, da das unionale Rechtsschutzsystem Realhandeln nicht hinreichend aufgreift. Dieses Defizit ist damit ein struktureller Mangel und keiner, der sich nur mit Blick auf die Europäische Bankenaufsichtsbehörde ergibt.

F. Gesamtwürdigung Die Errichtung der EBA wird von der Harmonisierungskompetenz für den Binnenmarkt (Art. 114 AEUV) getragen. Indem die EBA durch den Unionsgesetzgeber im Wege einer Verordnung gegründet worden ist, die alle wesentlichen Grundfragen um die EBA regelt, wurde dem institutionellen Gesetzesvorbehalt Genüge getan.494 Das „ausreichende Kontrollniveau“, das die Unionsorgane gegenüber der EBA sicherstellen müssen, ist noch nicht erreicht.495 Zwar sind alle zur 493  Siehe aber auch H. Siekmann, IMFS Working Paper Series 47 (2011), S. 41: „ ‚Angstklausel‘ zur Abwehr von Amtshaftungsansprüchen“. 494  Dazu oben 4. Teil 3. Kap. A. I. und III. 495  Noch anders bzgl. ausgewählter EBA-Befugnisse der Befund von Michel, DÖV 2011, 728 (733).



3. Kap.: Die EBA und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts281

Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts zwingend erforderlichen Kontrollen des Parlaments, des Rechnungshofes, des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung und des Gerichtshofes vorgesehen. Diese werden auch durch vielfältige sonstige Kontroll- und Einwirkungsrechte der Organe ergänzt. Jedoch ist die Kontrolle der EBA durch das Parlament noch nicht effektiv genug. Sie ist durch die Einsetzung eines permanenten parlamentarischen Ausschusses mit Untersuchungsbefugnissen und einem Zitationsrecht gegenüber dem EBA-Vorsitzenden zu verstärken.496 Was den Erlass technischer Regulierungsstandards nach der EBA-Verordnung betrifft, verstoßen die der EBA gewährten Befugnisse und die der Kommission auferlegten Pflichten teilweise gegen die primärrechtlichen Vorbehaltsbefugnisse der Kommission. Zugunsten Letzterer ist deshalb ein selbständiges und unbeschränktes Entscheidungsrecht über die Entwürfe technischer Regulierungsstandards in der EBA-Verordnung zu verankern. Die EBA-Befugnisse zum Erlass von Beschlüssen gegenüber der EZB im Krisenfall und im Rahmen der Schlichtung sind nicht mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar. Die Vollzugsbefugnisse der EBA im Krisenfall sind zudem näher zu konkretisieren und die EBA ist an eine Abstimmungspflicht mit der Kommission zu binden. Die Befugnis der EBA zur Herausgabe von Warnungen muss vom Unionsgesetzgeber hinsichtlich ihrer Voraussetzungen noch näher konkretisiert werden. Rechtspolitisch ist zu fordern, dass dem Kommissionsvertreter im Rat der Aufseher der EBA ein Stimmrecht zugebilligt wird, damit das Unionsinteresse in der EBA stärker vertreten wird.

496  Siehe

zum Ganzen 4. Teil 3. Kap. B.–E.

5. Teil

Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen 1. Die Europäische Union unterliegt einer unionsspezifischen Funktionenteilung. Die Integration des Unabhängigkeitsgrundsatzes in das Primärrecht (Art. 298 AEUV) hat die Funktionen deutlicher voneinander abgegrenzt. Art. 298 AEUV ist der vertragliche Anknüpfungspunkt für ein eigenes europäisches Modell der Unabhängigkeit von Behörden. Dieses wird vom Unionsgesetzgeber und vom EuGH herausgebildet. Sein Kernelement ist die Weisungsfreiheit der europäischen Verwaltung gegenüber der Regierung. Das eigene europäische Verständnis der Unabhängigkeit von Behörden sollte im Hinblick auf die Agenturen der Europäischen Union durch den Erlass einer auf Art. 298 Abs. 2 AEUV gestützten Verordnung näher konkretisiert werden. Der Unabhängigkeitsgrundsatz (Art. 298 AEUV) fordert zudem die unparteiliche Amtsführung der Verwaltung, wobei die Neutralität der Verwaltungseinrichtungen auch organisatorisch sichergestellt werden muss.1 2. Auf der Grundlage der unionsspezifischen Funktionenteilung wird über ein System von checks and balances und die den Organen primärrechtlich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse ein Gleichgewicht im Organgefüge hergestellt. Vertraglich ist jedem Organ jedoch ein Bereich an Aufgaben und Befugnissen zur eigenen Wahrnehmung vorbehalten, der nicht angetastet werden darf.2 3. Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts findet seinen primärrechtlichen Anknüpfungspunkt in Art. 13 EUV. Der mit ihm verbundene Grundgedanke ist die Aufrechterhaltung der Verantwortung der Organe. Das Prinzip bezweckt den Schutz der den Organen vertraglich zugewiesenen und vor allem vorbehaltenen Aufgaben und Befugnisse. Es dient insbesondere als Maßstab und Grenze für Gewichtsverschiebungen auf horizontaler Ebene. Für die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleich1  Vgl.

zum Ganzen oben 2. Teil 2. Kap. B. und die dortigen Nachweise. zum Ganzen oben 2. Teil 2. Kap. C. und die dortigen Nachweise; so auch schon Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 243, 245, 252 f. 2  Vgl.



5. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen283

gewichts kommt dem Rechtsschutz große Bedeutung zu. Die mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts verbundenen Funktionen sind der Interessenausgleich auf Unionsebene, die Verhinderung von Machtmissbrauch, die funktionsgerechte Wahrnehmung der Unionsaufgaben und die Mitwirkung an der demokratischen Legitimation der von der Union ausgeübten Hoheitsgewalt. Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts entfaltet auch eine individual-freiheitsschützende Dimension.3 4. Die Verträge und das ihnen zugrundeliegende Prinzip des institutionellen Gleichgewichts stehen der Errichtung von Agenturen und der Delegation außenwirksamer Befugnisse an diese Einrichtungen nicht grundsätzlich entgegen, setzen ihnen jedoch Grenzen. 5. Für die Errichtung von Agenturen gilt der institutionelle Gesetzesvorbehalt, wonach der Unionsgesetzgeber die wesentlichen Grundfragen um die Errichtung einer Agentur im Gründungsrechtsakt zu regeln hat. Dies betrifft vor allem die Organisation der Agentur, ihre Ausstattung mit Aufgaben und Befugnissen und ihre Entscheidungsprozesse.4 6. Die Meroni-Rechtsprechung ist für die Bestimmung der Art der Befugnisse, die an Agenturen übertragen werden dürfen, entsprechend den Klarstellungen des EuGH in der Leerverkaufsentscheidung von Januar 2014 anwendbar. Hiernach dürfen an Agenturen nur genau umgrenzte Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Ermessensspielräume für Agenturen sind hinreichend einzugrenzen. Evident politische Befugnisse sind von der Delegation an Agenturen genauso ausgeschlossen wie alle anderen, den Organen primärrechtlich vorbehaltenen Befugnisse. Vom Umfang her darf die Übertragung von Befugnissen an Agenturen nicht dazu führen, dass die generellen Zuständigkeiten der Organe und vor allem die der Kommission ausgehöhlt werden. Grundsätzlich bedarf jede Übertragung einer Befugnis auf eine Agentur statt auf die Kommission der sachlichen Rechtfertigung. Auch quasi-judizielle Befugnisse dürfen an Agenturen delegiert werden, wenn das Letztentscheidungsrecht des Gerichtshofs sichergestellt ist.5 7. Aufgrund der Gefahr der Verlagerung von Verantwortung darf die Befugnis zum Erlass von Verordnungen und Richtlinien nicht an Agenturen übertragen werden. Möglich ist jedoch die Delegation der Befugnis zum Erlass von Beschlüssen, die selbst an Staaten gerichtet oder adressatenlos 3  Siehe zum Ganzen oben 2. Teil 3. Kap. und 4. Kap.; siehe auch Calliess, in: C / R, EUV / AEUV, 2011, Art. 13 EUV Rn. 16; Goeters, Gleichgewicht, 2008, S. 234, 245, 252 f.; Jacqué, CMLR 41 (2004), 383 (383); Streinz, EUV / AEUV, 2012, Art. 13 EUV Rn. 7, 16 und 37. 4  Siehe zum Ganzen oben 3. Teil 2. Kap. C. II. 5  Siehe zum Ganzen oben 3. Teil 2. Kap. D.

284



5. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen

sein dürfen, von soft law und zum schlichten Verwaltungshandeln. Schon aufgrund ihrer Ausstattung mit Rechtspersönlichkeit ist es den Agenturen möglich, Verträge zu schließen.6

 8. Das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts steht der völligen Unabhängigkeit der Agenturen gegenüber den Unionsorganen entgegen.7 Das sich herausbildende eigene europäische Verständnis der Unabhängigkeit von Behörden schließt jedoch eine Aufsicht der Kommission über die Agenturen aus. Zwingend erforderlich ist eine Kontrolle der Agenturen durch das Parlament, den Gerichtshof, den Rechnungshof und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung. Durch das Zusammenspiel dieser zwingenden Kontrollen und sonstiger Kontroll- und Einwirkungsrechte der Unionsorgane muss ein „ausreichendes Kontrollniveau“ über die Agenturen sichergestellt werden. Ob dieses Kontrollniveau besteht, muss im Einzelfall anhand einer Gesamtwürdigung festgestellt werden, in die vor allem die Art und der Umfang der an eine Agentur delegierten Befugnisse einfließen müssen.8  9. Effektiver Primär- und Sekundärrechtschutz besteht gegenüber den Handlungen europäischer Agenturen mit Rechtswirkungen gegenüber Dritten. Defizitär ist das unionale Rechtsschutzsystem jedoch hinsichtlich des schlichten Verwaltungshandelns. Um dieses Handeln adäquat erfassen zu können, bedarf es einer Erweiterung des unionalen Rechtsschutzsystems. Das teilweise sekundärrechtlich vorgesehene Beschwerdeverfahren gegen bestimmte Handlungen der Agenturen leistet einen Beitrag zur Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts. Es kann den Verzicht auf die Rechtsaufsicht der Kommission über die Agenturen teilweise kompensieren.9 10. Die Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde wird von Art. 114 AEUV getragen. Da die EBA durch eine Verordnung des Parlament und des Rates gegründet worden ist, die alle wesentlichen Fragen um die Agentur regelt, ist dem institutionellen Gesetzesvorbehalt Genüge getan.10 11. Die Übertragung von Aufgaben der Bankenaufsicht auf die EBA lässt sich vor allem mit der Steigerung der Effizienz bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Bankenaufsicht rechtfertigen. 6  Siehe

zum Ganzen oben 3. Teil 2. Kap. E. in: Bauer / Calliess, Verfassungsprinzipien, 2008, S. 275. 8  Siehe zum Ganzen oben 3. Teil 2. Kap. F. 9  Siehe zum Ganzen oben 3. Teil 2. Kap. F. VI. und G, sowie 4. Teil 3. Kap. E. 10  Siehe zum Ganzen oben 4. Teil 3. Kap. A. I. und III. 7  Ruffert,



5. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen285



Was den Erlass von technischen Regulierungsstandards nach der EBAVerordnung betrifft, sind die der Kommission auferlegten Pflichten und die Befugnisse der EBA teilweise nicht mit den primärrechtlichen Vorbehaltsbefugnissen der Kommission zur abgeleiteten Rechtsetzung vereinbar. Zugunsten der Kommission ist ein selbständiges und unbeschränktes Entscheidungsrecht über die Entwürfe technischer Regulierungsstandards in die EBA-Verordnung zu integrieren.11

12. Die unverbindlichen Leitlinien der EBA wirken abstrakt-generell und werden von den zuständigen Behörden faktisch wie verbindliches Recht befolgt. Hinsichtlich dieser EBA-Befugnis besteht daher ein gesteigerter Bedarf nach einer effektiven parlamentarischen Kontrolle.12 13. Die EBA kann durch die Ausübung nicht rechtsverbindlicher Befugnisse, wie der Herausgabe von Stellungnahmen, Empfehlungen und des „Single Rulebook Questions & Answer Tools“ erhebliche Steuerungskraft auf den nationalen Verwaltungsvollzug im Bereich der Bankenaufsicht ausüben. Dies trifft maßgeblich auf den von der CRD IV und der CRR abgedeckten Bereich zu.13 14. Die Beschlussbefugnisse der EBA gegenüber der EZB im Krisenfall (Art. 18 EBA-VO) und im Rahmen der Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten (Art. 19 EBA-VO) sind wegen der Unterordnung der EZB unter die EBA nicht mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar. Da im Krisenfall (Art. 18 EBA-VO) eine unzulässige Verlagerung der Verantwortung auf die EBA und die Mitgliedstaaten droht, muss eine Abstimmungspflicht der EBA mit der Kommission in die EBA-Verordnung aufgenommen werden. Zudem sind Voraussetzungen, unter denen die EBA im Krisenfall tätig werden darf, näher zu konkretisieren. Letzteres gilt auch für die Befugnis der EBA zur Herausgabe von Warnungen vor Finanztätigkeiten, die bis zu einer Konkretisierung primärrechtskonform restriktiv auszulegen ist. Die EBA ist seit der Änderung ihrer Gründungsverordnung zur Veröffentlichung der Ergebnisse unionsweiter Stresstests für Banken befugt.14 15. Die Übertragung quasi-judizieller Befugnisse auf die EBA ist zulässig, weil dem EuGH das Letztentscheidungsrecht zusteht. Das Beschwerdeausschussmodell nach den ESA-Verordnungen leistet einen Beitrag zur Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts. Der Rechtsschutz 11  Siehe

zum zum 13  Siehe zum 14  Siehe zum 12  Siehe

Ganzen Ganzen Ganzen Ganzen

oben oben oben oben

4. Teil 4. Teil 4. Teil 4. Teil

3. Kap. D. 3. Kap. D. 3. Kap. D. 3. Kap. D.

I. und II. 1. II. 2. III. 5–7. III. 1. b) und c), 3 und 4.

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5. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen

gegen die verschiedenen Handlungen der EBA mit Rechtswirkung gegenüber Dritten ist ausreichend. Einzig das schlichte Verwaltungshandeln wird vom unionalen Rechtsschutzsystem nicht hinreichend aufgegriffen.15 16. Das „ausreichende Kontrollniveau“, das seitens der Unionsorgane gegenüber der EBA sichergestellt werden muss, ist noch nicht erreicht. Zwar sind alle Kontrollen vorgesehen, die das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts erfordert, und diese werden auch durch sonstige Kontroll- und Einwirkungsrechte der Organe ergänzt. Jedoch ist die parlamentarische Kontrolle der EBA zu schwach. Hier bedarf es der Einsetzung eines ständigen parlamentarischen Ausschusses, der mit echten Untersuchungsbefugnissen ausgestattet wird.16 17. Um der Unionsdimension im Hauptentscheidungsgremium der EBA, dem Rat der Aufseher, eine stärkere Geltung zu verschaffen, sollte dem Kommissionsvertreter ein Stimmrecht eingeräumt werden.17 18. Die Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken als erster Säule der Bankenunion hat die Aufgaben und Befugnisse der EBA weitgehend unberührt lassen, sie jedoch auch teilweise erweitert und verstärkt. Als zentrale neue Aufgabe erarbeitet die EBA ein Europäisches Aufsichtshandbuch für die Beaufsichtigung von Finanzinstituten.18 Das durch die Anpassung der EBA-Verordnung an die neue Aufsichtsstruktur in der Eurozone entstandene Unterordnungsverhältnis der EZB unter die EBA stellt eine tatsächliche Verlagerung von Verantwortung und damit einen Systembruch dar, der nicht mit dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts vereinbar ist.

15  Siehe EuR 2009, 16  Siehe 17  Siehe 18  Siehe

zum Ganzen oben 4. Teil 3. Kap. D. IV. und E.; siehe auch Gundel, 383 (391). zum Ganzen oben 4. Teil 3. Kap. D. und F. dazu oben 4. Teil 3. Kap. B. IX. zum Ganzen oben 4. Teil 2. Kap. C. II. und D. II. und 3. Kap. D.

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Sachverzeichnis Agenda setting power  221 Agentur der Europäischen Union für Grundrechte  95, 96, 102, 104, 120, 148, 150, 162 Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit  102, 104, 107, 112 f., 118 f., 147, 202 f. Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden  99, 102, 104, 106, 159, 205, 216 Agenturen – Aufsicht durch die Kommission  44, 54 f., 97, 111, 148, 149 ff., 223, 282, 284 – Begriff  43, 94, 97 f., 112 – Binnenorganisation  98 f., 109, 148, 159 ff. (siehe auch Europäische Bankenaufsichtsbehörde) – Ermessensbefugnisse mit politischer Tragweite, Verbot der Übertragung  132 ff., 138, 164, 283 – Exekutivagenturen  96 f., 105, 124, 127, 142, 146, 150, 162 – Haftung  161, 163, 279 f., 284 – Handlungsformen  138 ff., 164, 283 f. – Kompetenz zur Errichtung  116 ff., 123 f., 163, 165, 201 ff., 283, 284 – Kontrolle durch das Parlament  154 ff., 157, 164, 236 ff., 268, 280 f., 284, 285, 286 – Merkmale  95 f. – Meroni-Rechtsprechung  70 ff., 74, 75 f., 85, 88, 126 ff., 128, 129, 130, 132, 138, 164, 253, 269, 283 – Phasen des Agenturgründungsprozesses  100 ff.

– Rechtsetzungsbefugnisse, Übertragung  24, 114 f., 138, 141 f., 142 f., 164, 227 ff., 267, 268, 281, 283 f., 285 – Rechtspersönlichkeit  23, 95, 96, 98, 103, 117, 124, 143, 164, 181, 206, 284 – Rechtsschutz gegen Agenturverwaltungshandeln  152 f., 156 f., 158, 161 ff., 165, 269 ff., 280, 281, 284, 285 f. – Rechtsschutzmodelle, sekundärrechtliche  161 ff., 165, 269 f., 280, 284, 285 – Regulierungsagenturen  97 f., 99, 151, 106 f., 267 – Systematisierung des Einrichtungsbestandes  105 ff. – Übertragung von Befugnissen  26, 124 ff., 138, 164, 227 ff., 267 ff., 281, 283 f., 285 f. – Unabhängigkeit  24, 25, 44, 54, 55, 90, 96, 108, 111, 116, 145 ff., 148, 149 ff., 153 f., 154 ff., 156 f., 157 f., 158 f., 159 ff., 164, 182 f., 201, 216 f. 219 ff., 221 ff., 223 ff., 268, 280 f., 282, 284, 286 – und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts  92 ff., 107 ff., 283 ff. (siehe auch Europäische Bankenaufsichtsbehörde) – Verwaltungsrat  99, 147, 148, 150, 159 ff., 207, 208, 211 ff., 214, 215 f., 219, 220, 221 f. – Weisungsfreiheit  44, 52, 54, 55, 56, 90, 149 f., 151, 164, 223, 282, 284 Alliance for Natural Health, Rechtssache  73 Amt für amtliche Veröffentlichungen  98 Anhörung als wesentliche Formvorschrift  79

318 Sachverzeichnis Aufsicht durch die Kommission siehe Agenturen Aufsichtskollegien  198 Aufsichtskultur  176, 193, 239, 264 Aufsichtsmodell – Rechtsschutz  162 – Standorte der ESA  178 f. Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung  173 Ausschuss der Europäischen Bankenaufsichtsbehörden  173, 181, 183, 198, 207, 228, 240, 248 Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden  173 Bankenaufsicht – Begriff  166 f. – Europäisierung  168 ff. – Ziele  166 ff. Bankenmarktintegration  169 ff. Bankenregulierung  166 f. – Begriff  167. Basel III-Regelwerk  171 (dort Fn. 34) Beschlüsse (siehe auch Europäische Bankenaufsichtsbehörde) – adressatenloser  139, 141 f., 164, 257, 283 f. – adressatenspezifischer  139 ff., 257, 283 f. Beschwerdeausschuss siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Beschwerdeverfahren siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Brüsseler Organe  70 f. Checks and balances  29 f., 58 ff., 68, 69, 83 f., 87, 90, 108, 114, 152, 156 f., 282 Datenschutzkontrollstellen, Urteile des EuGH  48 ff., 53, 55, 90, 149 f., 151, 152 f., 157 Deggendorf, Rechtssache  272 f.

Delegierte Rechtsetzung – durch die Kommission  34, 40, 60, 63, 173, 228, 229 ff., 233 ff., 268, 281, 285 – und Europäische Bankenaufsichtsbehörde  228, 229 ff., 268, 281, 285 Demokratieprinzip  51, 53 f., 69 Demokratische Legitimation  51, 53 f., 89 f., 91, 109, 224 (dort Fn. 250), 283 Dienstaufsicht  50, 51 Direktklagemodell  162 Direktvollzug  92, 93 f. DIR International Film Srl, Rechtssache  72 f. Drei-Stufen-Mechanismus siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Durchführungsrechtsetzung durch die Kommission  34, 40, 106, 173 f., 228, 232, 235 f., 277, 278 Effizienz  32, 41, 43, 45, 55, 112, 123, 146, 150, 153, 179, 181, 182, 184, 191, 194, 198, 227, 232, 241, 250, 270, 284 Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Banken  25 f., 188, 189 f. Einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken  23, 78 (dort Fn. 321), 175, 180, 184 f., 185 ff., 190 f., 195, 206, 208, 210 f., 219, 220, 242 f., 262, 286 – Administrativer Überprüfungsausschuss  187, 271 (dort Fn. 446) – Aufsichtsgremium  187, 207 f. – bedeutende Institute  185 f. – enge Zusammenarbeit  185 – Lenkungsausschuss  187 – Schlichtungsgremium  187 – Trennung von geldpolitischen und bankenaufsichtlichen Aufgaben  187 – Zuständigkeitsverteilung  185 f. Einlagensicherung  184, 190, 197 ENISA, Rechtssache  112 f., 118 f., 202 f. Eurojust  95, 104

Sachverzeichnis319 Europäische Abwicklungsbehörde  25 f., 189 f. Europäische Agentur für chemische Stoffe  102, 104, 106, 120, 135, 145, 163, 179, 205, 216 Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit der Sicherheit und des Rechts  104 f. Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln  100, 101, 147, 275 Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs  95, 101 f., 104 Europäische Agentur für Flugsicherheit  102, 104, 106 f., 143, 216 Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz  101, 107 Europäische Agentur für Wiederaufbau  101 Europäische Aufsichtsbehörde für das Globale Satelliten-Navigationssystem  102, 104 Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung  25, 103, 174, 177, 178 f., 190, 203, 207, 213, 231, 259 f. (siehe auch European Supervisory Authorities) Europäische Bankenaufsichtsbehörde (siehe auch European Supervisory Authorities) – als Bestandteil des Europäischen Systems der Finanzaufsicht  175, 177 – als europäische Agentur  181 f., 267 f. – als Nachfolgerin des Ausschusses der Europäischen Bankenaufsichtsbehörden  183 – als sektorale Behörde  178 f. – Aufgaben  192 ff. – Aufsichts- und Vollzugsbefugnisse  243 ff. – Beschlüsse  24, 243 ff., 256, 257 f., 269, 271 ff., 281, 285

– Beschwerdeausschuss  181, 212, 215 ff., 222, 223, 242, 267, 269 ff., 280, 285 f. – Beschwerdeverfahren  217 f., 239, 267, 269 ff., 285 f. – Beteiligung an der Rechtsetzung  24, 227 ff., 267, 268, 281, 285 – Binnenorganisation und Entscheidungsstruktur  24, 191, 206, 207 ff., 221 ff., 254 f., 269, 281, 286 – Drei-Stufen-Mechanismus  209, 210 f., 243 ff., 263 – Empfehlungen  192, 197, 209, 210, 238 ff., 244 f., 251, 262 f., 263 f., 265, 267, 268, 285 – Entwurf technischer Regulierungsund Durchführungsstandards  24, 171, 174, 192, 200, 209, 218, 227 ff., 267, 268, 274 f., 281, 285 – Exekutivdirektor  180, 207, 210, 212, 213, 214 ff., 219, 220 f., 221, 222 f. – Finanzierung  24, 225 – Gemeinsamer Ausschuss  177, 179 f., 181, 195 – Informatorische Aufgaben und Befugnisse  191, 196, 265 ff. – Interessengruppe Bankensektor  218, 235, 243 – Kompetenz zur Errichtung  201 ff., 284 – Koordinationsfunktion  182, 195 f., 197, 204, 252 – Leitlinien  192, 209, 210, 218, 238 ff., 264, 265, 267, 268, 270, 278 f., 280, 285 – materiell-rechtlicher Rahmen für die Tätigkeit  199 f. – quasi-judizielle Befugnisse  267, 285 f. (siehe auch Beschwerdeausschuss und Beschwerdeverfahren) – Rat der Aufseher  24, 207 ff., 211, 212, 213, 214, 215, 216, 219 f., 221, 222, 223, 224, 226, 254 f., 269, 281, 286 – Rechtspersönlichkeit  181, 206 – Rechtsschutz gegen das Handeln der EBA  269 ff., 280, 281, 285 f.

320 Sachverzeichnis – Schlichterrolle  182, 209, 210 f., 248 ff., 269, 281, 285 – Stellungnahmen  192, 193, 194, 197, 264, 265, 268, 285 – Stresstests für Banken  194, 196 f., 260 ff., 263, 285 – Unabhängigkeit der Agentur  24, 25, 182 f. – Unabhängigkeit der Agenturorgane  216 f., 219 ff., 224, 267 – und das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts  166 ff., 201 ff., 226, 227 ff., 267 ff., 280 f., 284 ff. – Verbote bestimmter Finanztätigkeiten  24, 257 f. – verbraucherschutzrechtliches Mandat  191 f., 194 f., 258, 263 – vergleichende Analysen  194 – Verhältnis zur EZB  23, 190 f., 199, 242 f., 244 f., 249, 252, 281, 285, 286 – Verwaltungsrat  207, 208, 211 ff., 214, 215 f., 219, 220, 221 f. – Vorsitzender  180, 207, 208, 209, 210, 211, 213 ff., 219, 220 f., 222, 223, 224, 251, 281 – Warnungen  24, 193, 195, 258 ff., 269, 279, 280, 281, 285 – Weisungen  24, 243 ff., 249, 272, 273 – Ziele  191 f. Europäische Bankenunion  23, 174, 175, 183 ff., 192 f., 262, 286 – Bestandteile  184, 185 ff. – Hintergrund und Ziele  183 f. Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit  99, 101, 104 Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht  98 f., 100 Europäische Eisenbahnagentur  102, 103 f. Europäische Fischereiaufsichtsagentur  102, 104 Europäische Kommission siehe Kommission Europäische Polizeiakademie  104

Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit  101 Europäische Stiftung für Berufsbildung  100 Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen  97 (dort Fn. 34), 100 Europäische Umweltagentur  100, 107 Europäische Verteidigungsagentur  95, 104 Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde  25 (dort auch Fn. 12), 26, 73, 103, 112 f., 128 f., 141 f., 174, 177, 178 f., 190, 203, 207, 213, 231, 242 (dort Fn. 333), 253, 260 (siehe auch European Supervisory Authorities) Europäische Zentralbank – als zentrale Bankenaufseherin  23, 175, 185 ff. – Autonomie  44 – im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus  185 ff. – Verhältnis zur EBA  23, 190 f., 199, 242 f., 244 f., 249, 252, 281, 285, 286 – Vertretung in den Organen der EBA  191, 207 f. Europäischer Ausschuss für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung  172 Europäischer Ausschuss für Systemrisiken  177 f., 180, 181, 190, 196, 198, 207 f., 258, 263 Europäischer Bankenausschuss  172 Europäischer Finanzkonglomerateausschuss  172 Europäischer Finanzmarkt  168 f. Europäischer Kodex für gute Verwaltungspraxis  46 f. Europäischer Rat – Präsident  36, 37, 60, 61, 183 Europäischer Stilllegungsfonds für die Binnenschifffahrt  118 (dort Fn. 143), 137 (dort Fn. 266), 160 (dort Fn. 406)

Sachverzeichnis321 Europäischer Verwaltungsverbund  92 f., 181 Europäischer Wertpapierausschuss  172 Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung siehe OLAF Europäisches Aufsichtshandbuch  191, 192 f., 194, 286 Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen  102 f., 104, 205 Europäisches Parlament siehe Parlament Europäisches System der Finanzaufsicht  174 f., 177 ff., 190 f., 192, 194, 205, 208, 239, 261, 266 – Netzstruktur  181 – Ziele  177 – Zusammensetzung  177 ff. Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen  103, 104 Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung  97 (dort Fn. 34), 100, 148, 162 Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten  102, 104 European Supervisory Authorities  25 (dort auch Fn. 11), 104, 106, 173, 174, 178 f., 179 f., 181, 195, 196, 198, 203, 208, 215 f., 216 f., 222, 223, 231, 242, 260, 269, 270, 271, 274, 280, 285 Europol  95, 104, 151 Exekutivagenturen siehe Agenturen Exekutivfunktion  36 ff., 56, 57, 59 ff., 65 f., 90, 97, 150 Fachaufsicht  49, 52, 54 (dort Fn. 194), 149 f., 151 f., 223, 282, 284 Fahrplan für eine Bankenunion  183 f. Financial Service Action Plan  170, 172 Finanzkrise  87, 174, 176 f., 204 Freiheitssicherung  27, 29, 87 f., 91, 109, 283 Frontex  102, 104, 107, 205 Funktionenteilung, unionsspezifische  33 ff., 56 ff., 69, 83 f., 89, 90, 108, 282 Funktionsgerechtigkeit  88 f., 91, 283

Gemeinsamer Ausschuss siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Gemeinschaftliches Sortenamt  101, 106, 130, 150 f., 163 Gericht  56, 62, 83, 113, 130 f., 135, 162, 267, 270, 273, 274, 275, 277, 279 Gesetz über gute Verwaltung  47 Gesetzesvorbehalt  123 f., 206, 239, 259, 280, 283, 284 Gesetzgebungsfunktion  33 ff., 56, 57, 90 Gesetzgebungsverfahren  34 f., 37, 41, 58, 59, 63, 78, 79, 86, 90, 121, 172, 184, 206, 276 f. Gewaltenteilung – Ideengeschichte  27 ff. – nach Locke  27 ff., 31, 64 – nach Montesquieu  27, 29 ff., 58, 62, 64, 67, 68 Gleichgewicht der Gewalten  71 f., 74, 85, 88 Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation  103, 240 (dort Fn. 322) Grundrechtecharta der Europäischen Union  41, 45 f., 55, 152, 248, 257, 259, 263, 271, 274 Handlungsformen siehe Agenturen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt  101, 106, 113, 150, 151 Hohe Behörde  70 f., 127, 151 Hoher Vertreter der Union für Außenund Sicherheitspolitik  36, 37, 38, 39 (dort Fn. 96), 42, 59, 61, 62 Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien  104 Institutioneller Rahmen der Europäischen Union  31, 32, 55, 86, 146 Institutionelles Dreieck / Viereck  65 Institutionelles Gleichgewicht – Entwicklung durch die Rechtsprechung  70 ff. – Funktionen  85 ff., 91, 109, 283

322 Sachverzeichnis – Gerichtshof als Bindungsadressat  82 f. – Grundgedanke  71 f., 84, 91, 282 – Herleitung  85, 282 – Kritik  67 ff., 82 – Prinzipiencharakter  83 f. – System von checks and balances siehe checks and balances – und europäische Agenturen siehe Agenturen – und Europäische Bankenaufsichtsbehörde siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Interessenausgleich  86, 91, 109, 206, 283 Interessengruppe Bankensektor siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Köster, Rechtssache  76 Komitologie  73, 94, 172 ff., 231, 232 Kommission – Aufsicht über die europäischen Agenturen siehe Agenturen – Aufsichtsfunktion  42, 61, 83, 161, 245 – Hüterin der Verträge  42, 61, 83, 245 – Initiativmonopol  35, 63, 65, 258, 264 – Motor der Integration  38 – supranationale Leitungsinstanz  38 – zentrales Verwaltungsorgan  41, 44, 136, 152 Kompetenz – zur Errichtung von Agenturen siehe Agenturen – zur Errichtung der EBA siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Kompetenzausübungsschranken  122 f., 165, 204 f. Lamfalussy-Verfahren  172 ff., 183, 228, 238, 241 Leerformel  67 Leerverkaufsentscheidung  26, 73, 112 f., 114 f., 126, 128 ff., 130, 132,

134, 136 (dort Fn. 260), 142, 149 (dort Fn. 329), 151, 154, 164, 253, 283 Leitlinien der EBA siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Loyalitätsprinzip  58, 81, 181, 239 Machtmissbrauch  27, 28, 29, 87 f., 91, 109, 283 Maizena, Rechtssache  79 Meroni-Rechtsprechung siehe Agenturen Numerus clausus der Zuständigkeits­ träger  31, 111 f. OLAF  157, 158 164, 225, 226, 268, 281, 284 Olivieri, Rechtssache  275 Organisationsstruktur der Europäischen Union  31 ff., 181 Parlament – Aufwertung durch die Rechtsprechung  80 f. – Aufwertung durch Vertragsänderungen  64 f. – Kontrolle der europäische Agenturen siehe Agenturen Peer review  194 Plaumann-Formel  272 Political question-Doktrin  133 (dort auch Fn. 240) Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung  58, 85, 117 Prinzip des institutionellen Gleich­ gewichts siehe Institutionelles Gleichgewicht Prinzip im Sinne eines Optimierungs­ gebotes  83 f. Rat der Aufseher siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Rechnungshof  31, 42, 58, 64, 157, 158, 164, 224, 225, 226, 268, 281, 284

Sachverzeichnis323 Rechtsakte mit Verordnungscharakter  275 ff., 278 Rechtsaufsicht  49, 54 (dort Fn. 194), 150 ff., 223, 243, 269 f., 284 Rechtsetzungsbefugnisse, Übertragung an Agenturen siehe Agenturen Rechtsfortbildung  80, 81, 82 Rechtsgemeinschaft  33, 45 Rechtsgrundlagen – keine Schaffung abgeleiteter Rechtsgrundlagen  78 f. – Wahl der richtigen Rechtsgrundlage  77 f. Rechtsgrundsätze, allgemeine  33, 83, 280 Rechtspersönlichkeit siehe Agenturen und Europäische Bankenaufsichts­ behörde Rechtsschutz gegen Agenturverwaltungshandeln siehe Agenturen und Europäische Bankenaufsichtsbehörde Rechtsschutzmodelle, sekundärrrechtliche siehe Agenturen Rechtsstaatsprinzip  33 Regierungsfunktion  36 ff., 65 f., 87, 133 f. Regulierung, 97 f. (siehe auch Bankenregulierung) Regulierungsagenturen siehe Agenturen Regulierungsbehörden, nationale  52 ff., 90, 154 Romano, Rechtssache  76 f., 114 f., 135 Roquette Frères, Rechtssache  79 Sanierung und Abwicklung von Banken  184, 188 ff., 192, 197, 252 f. Satellitenzentrum der Europäischen Union  104 Schecke und Eifert, Rechtssache  274 Schräder, Rechtssache  130 f., 274 Schrottausgleichskasse  70 f. Single Rulebook  192, 193, 228, 242, 265, 268, 285

Single Rulebook Questions & Answers Tool  265, 268, 285 Soft law  144 f., 164, 278, 284 Sogelma, Rechtssache  162 Stellungnahmen – als Handlungsform  143 f. – der EBA siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde – der Kommission  35, 245, 246, 247 Steuerung  111, 129, 134, 142, 143, 144, 148 f., 153, 159, 201, 207, 209, 210, 220, 222, 224, 226, 241, 247, 253, 256, 264, 268, 285 Stresstests für Banken siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Subsidiaritätsprinzip  121, 122 f., 165, 204 f. Technische Durchführungsstandards  24, 171, 174, 187, 193, 198, 200, 209, 210, 218, 227 f., 232, 235 f., 238, 241, 243, 254, 265, 267, 274 ff. – Entwurf siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Technische Regulierungsstandards  24, 171, 174, 186 f., 193, 198, 200, 209, 210, 218, 227 ff., 229 ff., 233 ff., 236 ff., 238, 241, 243, 254, 265, 267, 268, 274 ff., 281, 285 – Entwurf siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Tralli, Rechtssache  73 Transparenz  55, 94, 138, 184, 191, 194 Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union  101, 107 Unabhängigkeit der europäischen Agenturen siehe Agenturen Unabhängigkeitsgrundsatz siehe Verwaltungsfunktion Unionsinteresse  38, 86, 160, 221, 222, 223, 233, 255, 281, 286 Unionsorgane – Begriff des Organs  32

324 Sachverzeichnis – Verhältnis der Organe zueinander  24, 31 ff., 33 ff., 58 ff., 64 ff., 69, 90, 282 – Vorbehaltsbereiche an Aufgaben und Befugnissen  63 f., 69, 84, 91, 109, 114, 123 f., 133 f., 137, 142 f., 156, 157, 163, 164, 206, 229 ff., 233 ff. 237, 268, 280, 281, 282 283, 284, 285 Verantwortungsverlagerung, Verbot von  71 f., 108, 129 f., 133, 138, 143, 148, 153 f., 247, 282, 285, 286 Vergleichende Analysen siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Verhältnismäßigkeitsgrundsatz  123, 165, 205, 234, 247 f., 250, 254, 257, 259, 263, 274 Verordnung über ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht  35, 47 Verwaltungsausschussverfahren  75 f. Verwaltungsautonomie der Mitglied­ staaten  41, 92 Verwaltungsfunktion  36, 39 ff. – Begriff der Verwaltung  36 – Effizienz der europäischen Verwaltung  40 f., 43, 45, 55, 112, 146, 150, 153, 182

– Offenheit der europäischen Verwaltung  40 f., 43, 45, 55, 112 – Stärkung der Verwaltungsfunktion durch den Vertrag von Lissabon  39 ff. – Träger der Verwaltungsfunktion  41 f. – Unabhängigkeitsgrundsatz  41, 43 ff., 56, 90, 112, 149 f., 152, 159 f., 161, 164, 255, 282, 284 Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer  76 f. Verwaltungsrat – europäische Agenturen siehe Agenturen – EBA siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Vollzugsföderalismus  41, 109, 116, 120. Warnungen siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Weisungen siehe Europäische Bankenaufsichtsbehörde Widerspruchsausschuss  162 f. Zuständigkeitsverteilung  74 f., 82, 85