Reform des Gemeindefinanzsystems: Eine ökonomische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Grundsteuer und des kommunalen Finanzausgleichs [1 ed.] 9783737009119, 9783847109112

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Reform des Gemeindefinanzsystems: Eine ökonomische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Grundsteuer und des kommunalen Finanzausgleichs [1 ed.]
 9783737009119, 9783847109112

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Beiträge zum Siedlungs- und Wohnungswesen Band 228

Herausgegeben von Winfried Michels und Ulrich van Suntum im Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

V&R unipress

Daniel Schultewolter

Reform des Gemeindefinanzsystems Eine ökonomische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Grundsteuer und des kommunalen Finanzausgleichs

Mit 37 Abbildungen

V&R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2198-6282 ISBN 978-3-7370-0911-9 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de © 2018, V&R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Für Marta

Inhalt

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2 Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland . 2.1 Überblick und historischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart . . . . . . . . . . . 2.2.1 Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Gewerbesteuerumlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Gemeindeanteil an der Einkommensteuer . . . . . . . . 2.2.5 Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . 2.2.6 Schlüsselzuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.7 Zur Entwicklung der Einnahmenautonomie . . . . . . .

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27 27 31 31 39 43 48 51 54 58

3 Prinzipien der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Allgemeine Prinzipien der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und das Willkürverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Das Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Das Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Neutralität der Besteuerung und Minimierung der Zusatzlast 3.1.6 Ergiebigkeit und Kostengünstigkeit der Besteuerung . . . . .

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8

Inhalt

3.2 Kommunalspezifische Prinzipien der Besteuerung . . . . . . 3.2.1 Der vertikale Begründungsrahmen . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1 Konjunkturneutralität . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.2 Wachstumsproportionalität . . . . . . . . . . . . 3.2.1.3 Einnahmenautonomie und Beweglichkeit der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.4 Fühlbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.5 Örtliche Radizierbarkeit des Steueraufkommens 3.2.1.6 Interessenausgleich und ausgewogene Wirtschaftsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Der horizontale Begründungsrahmen . . . . . . . . . . 3.2.2.1 Bedarfsgerechte interkommunale Steuerkraftverteilung . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.2 Interkommunale Belastungsunterschiede . . . . 4 Die Diskussion über die Grundsteuerreform . . . . . . . . . . 4.1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Ökonomische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Bodensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Gebäudesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Administrierte Mieten . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Verbundene Gebäude- und Bodensteuer . . . . . . . 4.3 Ökonomische Bewertung der Grundsteuer . . . . . . . . 4.3.1 Theoretische Analyse der Belastungswirkungen . . 4.3.2 Rechtfertigung mit dem Äquivalenzprinzip . . . . . 4.3.2.1 Flächensteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.2 Wertbezogene Grundsteuer . . . . . . . . . . 4.3.3 Rechtfertigung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip . 4.3.4 Neutralitätsprinzip und Lenkungswirkungen . . . . 4.3.4.1 Reine Bodensteuer . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.2 Gebäudesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.3 Flächennutzungssteuer . . . . . . . . . . . . 4.3.5 Ergiebigkeit und Kostengünstigkeit . . . . . . . . . 4.3.6 Kommunalspezifische Besteuerungsprinzipien . . . 4.3.6.1 Konjunkturneutralität und Wachstumsproportionalität . . . . . . . . . . 4.3.6.2 Einnahmenautonomie und Beweglichkeit . . 4.3.6.3 Fühlbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.6.4 Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . 4.3.7 Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . .

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71 72 72 73

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Inhalt

5 Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen unter einem Finanzausgleichsregime 5.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Wettbewerb ohne Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Zur disziplinierenden Wirkung des Steuerwettbewerbs . . . . 5.5 Wettbewerb unter einem Finanzausgleichsregime . . . . . . . 5.6 Zusammenfassung der Modellergebnisse . . . . . . . . . . .

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111 111 116 120 129 132 137

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7 Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems . . . . . . . . . 7.1 Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Kommunaler Finanzausgleich ohne Finanzausgleichsumlage . 7.2.2 Kommunaler Finanzausgleich mit Finanzausgleichsumlage . 7.3 Die Grenzbelastungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen . . 7.3.1 Analyse der Grenzbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Simulation der Möglichkeiten zur Reduzierung der Grenzbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169 170 174 174 182 186 186

8 Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer . . . . . 8.1 Steuertechnische Ausgestaltung einer kommunalen Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Simulationsrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Simulation des Einkommensteuerzuschlags . . . . . . . . 8.2.1.1 Zuschlagssätze ohne kommunalen Finanzausgleich 8.2.1.2 Zuschlagssätze unter Berücksichtigung des kommunalen Finanzausgleichs . . . . . . . . . . . 8.2.2 Simulation der Gemeindeeinkommensteuer . . . . . . . . 8.2.2.1 Hebesätze ohne kommunalen Finanzausgleich . .

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6 Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen . . . 6.1 Ziele, Funktionen und Funktionsweise des Finanzausgleichs 6.2 Ermittlung des Finanzbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Einwohnerveredelung im Rahmen des Hauptansatzes 6.2.2 Nebenansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Ermittlung der Steuerkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Berücksichtigung der Gemeindeeinnahmen bei der Steuerkraftberechnung . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Zur Anwendung fiktiver Hebesätze . . . . . . . . . . .

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190 197

10 8.2.2.2 Hebesätze unter Berücksichtigung des kommunalen Finanzausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Belastungswirkungen und Belastungsverschiebungen . . . . . . . 8.3.1 Absolute Einkommensteuerbelastung . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Interkommunale und temporale Belastungsverschiebungen 8.3.3 Individuelle Belastungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Ökonomische Beurteilung einer kommunalen Einkommensteuer 8.5 Diskussion des Reformvorschlags . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhalt

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224 226 227 231 233 241 247

9 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2–1: Aufkommen der Gewerbesteuer und der Gewerbesteuerumlage in Nordrhein-Westfalen (Mrd. Euro) sowie ausgewählte Reformen (1977 bis 2016) Abbildung 2–2: Gesamtaufkommen der Gewerbesteuerumlage in Mrd. Euro und Entwicklung des Umlagesatzes in den alten Bundesländern (1991 bis 2016) Abbildung 2–3: Gewogener Durchschnitt der Hebesätze (rechte Skala) und der Grundbeträge der Gewerbesteuer- und Grundsteuer (linke Skala, in Tsd. Euro) in Nordrhein-Westfalen (1977 bis 2015) Abbildung 2–4: Aufkommen der Gewerbesteuerumlage und des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer in Nordrhein-Westfalen in Mrd. Euro (1977 bis 2015) Abbildung 2–5: Aufkommen der Schlüsselzuweisungen im Vergleich zum Gemeindesteueraufkommen in Nordrhein-Westfalen in Mrd. Euro (1977–2015) Abbildung 2–6: Das Grundmodell der Schlüsselzuweisungen Abbildung 2–7: Realsteueraufkommen und Summe der Grundbeträge sowie gewogener Durchschnitt der Hebesätze der nordrhein-westfälischen Gemeinden (1977 bis 2015) Abbildung 4–1: Grundsteuerreformmodelle und ihre Bemessungsgrundlagen Abbildung 4–2: Partialmarktanalyse des Bodenmarkts Abbildung 4–3: Partialmarktanalyse des Gebäudemarkts Abbildung 4–4: Partialmarktanalyse des Mietermarkts bei administrierten Mieten Abbildung 5–1: Ansiedlungsgleichgewicht Abbildung 6–1: Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen 2018, Finanzausgleichsmasse und Schlüsselzuweisungen Abbildung 6–2: Ermittlung der Schlüsselzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich Nordrhein-Westfalens Abbildung 6–3: Die Ausgleichswirkung des kommunalen Finanzausgleichs Abbildung 6–4: Einwohnergewichtung im Rahmen der Hauptansatzstaffel (Nordrhein-Westfalen 2018) Abbildung 6–5: Ermittlung der Steuerkraft im kommunalen Finanzausgleich Nordrhein-Westfalens (2018)

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 6–6: Steuereinnahmen und Steuerkraft je Einwohner nach Gemeindegröße (Nordrhein-Westfalen 2016) Abbildung 7–1: Zusammensetzung der Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens in den nordrhein-westfälischen Gemeinden Abbildung 7–2: Zusammensetzung der Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens in den nicht-abundanten Gemeinden (links) und den abundanten Gemeinden (rechts) Abbildung 7–3: Gewerbesteuerhebesätze und Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens der nordrhein-westfälischen Gemeinden Abbildung 7–4: Gewerbesteuerhebesätze und Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens der nordrhein-westfälischen Gemeinden nach der Reform Abbildung 7–5: Finanzkraft je Einwohner vor und nach der Reform Abbildung 7–6: Gewogener Durchschnitt der Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B in Nordrhein-Westfalen (2009 bis 2016) Abbildung 7–7: Hebesätze der Grundsteuer B (links) und der Gewerbesteuer (rechts) im Jahr 2015 Abbildung 8–1: Hebesätze und Zuschlagssätze für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen (2013) Abbildung 8–2: Einkommensteuer je Steuerpflichtigem und Zuschlagssätze für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen (2013) Abbildung 8–3: Grundbetrag der Grundsteuer und Einkommensteuer je Steuerpflichtigem (2013) Abbildung 8–4: Hebesätze und Zuschlagssätze mit Berücksichtigung des kommunalen Finanzausgleichs (2010) Abbildung 8–5: Hebesätze der Grund- und der Gemeindeeinkommensteuer (oben) sowie zu versteuerndes Einkommen je Steuerpflichtigem und Zuschlagssätze (unten) für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen (2013) Abbildung 8–6: Grundbetrag der Grundsteuer und relevantes zu versteuerndes Einkommen je Steuerpflichtigem (2013) Abbildung 8–7: Hebesätze der Grund- und der Gemeindeeinkommensteuer mit Berücksichtigung des kommunalen Finanzausgleichs (2010) Abbildung 8–8: Grenz- und Durchschnittssteuersätze der Einkommensteuer mit und ohne Einkommensteuerzuschlag (Grundtarif 2018) Abbildung 8–9: Grenz- und Durchschnittssteuersätze der Einkommensteuer mit und ohne Gemeindeeinkommensteuer (Grundtarif 2018) Abbildung 8–10: Grenz- und Durchschnittssteuersätze der Einkommensteuer mit und ohne Einkommensteuerzuschlag (Grundtarif 2018) unter Berücksichtigung einer Sockelgrenze Abbildung 8–11: Veränderungen der Bemessungsgrundlagen der Realsteuern und eines kommunalen Einkommensteuerzuschlags Abbildung 8–12: Berechnungsbeispiel der Belastungswirkungen (Ehepaar mit zwei Kindern)

164 188

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223 224 226 228 229

231 234 239

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2–1:

Tabelle 2–2: Tabelle 2–3: Tabelle 2–4: Tabelle 2–5: Tabelle 2–6: Tabelle 2–7: Tabelle 4–1: Tabelle 4–2: Tabelle 6–1: Tabelle 6–2: Tabelle 6–3: Tabelle 7–1: Tabelle 7–2:

Tabelle 7–3:

Tabelle 7–4:

Überblick über die Vorschläge der Reformkommission und die nachfolgenden (grundlegenden) Steuerreformen des Gemeindefinanzsystems 29 Steuereinnahmen der Gemeinden in den alten Bundesländern (in % der Gesamteinnahmen) 30 Einnahmen und Finanzsituation der Gemeinden 2016 (in Mrd. Euro) 31 Übersicht über die Änderungen der Gewerbesteuer seit der Gemeindefinanzreform (Jahr des Inkrafttretens) 33f. Abgabenquote und Steuereinnahmen in der OECD und in Deutschland im Zeitverlauf 36 Grundsteuermesszahlen für Grundvermögen in % des Einheitswerts 46 Beispiel zur Berechnung der Schlüsselzuweisungen 58 Träger der Zahllast einer Grundsteuer mit verbundener Bemessungsgrundlage 91 Stilisierte Bewertung der Reformalternativen nach den Besteuerungsprinzipien 108f. Verbundsatz und Ausgleichsfaktor im Nordrhein-Westfälischen Finanzausgleich 143 Numerisches Beispiel zur Verteilungsneutralität (Grunddaten) 160 Numerisches Beispiel zur Verteilungsneutralität (Schlüsselzuweisungen) 161 Grenzbelastungen des Gemeindefinanzsystems für die nordrheinwestfälischen Kommunen 187 Veränderungen der Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens infolge einer Finanzausgleichsumlage (Umlagesatz 10 Prozent) zur Erhöhung der Gemeinde-Schlüsselmasse 192 Veränderungen der Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens infolge einer Erhöhung des Verbundsatzes auf 28,5 Prozent 194 Veränderungen der Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens 194

14 Tabelle 8–1:

Tabelle 8–2: Tabelle 8–3: Tabelle 8–4: Tabelle 8–5: Tabelle 8–6: Tabelle 8–7: Tabelle 8–8: Tabelle 8–9: Tabelle 8–10: Tabelle 8–11: Tabelle 8–12: Tabelle 8–13: Tabelle A-9–1: Tabelle A-9–2: Tabelle A-9–3: Tabelle A-9–4:

Tabellenverzeichnis

Bemessungsgrundlagen der Grund- und Gewerbesteuer sowie einer Gemeindeeinkommensteuer für die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen pro Kopf (2013) 209 Steuersätze der Grundsteuer sowie des kommunalen Einkommensteuerzuschlags für die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (2013) 211 Quantile der Verteilung der benötigten Zuschlagssätze 212 Zuordnung der Kommunen zu vier Gruppen nach Hebe- und Zuschlagssatz 213 Zuordnung der Kommunen zu vier Gruppen nach Einkommensteuer je Steuerpflichtigem und Zuschlagssatz 214 Zuschlagssätze mit und ohne Berücksichtigung des kommunalen Finanzausgleichs (2010) 218 Hebesätze der Grundsteuer sowie der Gemeindeeinkommensteuer für die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (2013) 222 Quantile der Verteilung der benötigten ESt-Hebesätze 222 Hebesätze der Gemeindeeinkommensteuer mit und ohne Berücksichtigung des kommunalen Finanzausgleichs (2010) 225 Streuung der gemeindlichen Steuerkraft in Nordrhein-Westfalen pro Kopf (2010) 233 Zahllasten für ausgewählte Einkommensniveaus nach dem Grundtarif (2018) 235 Durchschnittliche Belastungsveränderungen nach Einkommensklassen, Gemeindegröße und Wohnsituation (Grundtarif 2018) 237f. Belastungsveränderungen nach Einkommensklassen, Wohnund Familiensituation 240 Entwicklung des Gewerbesteuerumlagesatzes 267f. Grenzbelastungen des Gemeindefinanzsystems für die nordrhein296–303 westfälischen Kommunen Datenrevision für die Städte Essen, Herten und Jüchen (2010) 305 Zuschlagssätze bzw. Hebesätze der kommunalen Einkommensteuer für die nordrhein-westfälischen Kommunen (2010) 306–313

Abkürzungsverzeichnis

AO BauGB BetrKV BewG BFH BGB BGBl. BVerfG DM EFH EHW ESt EStG FAG FDE FKPG Fn. GE GemFinRefG GESt GewSt GewStG GFG GG GKSt GrStG GSt ImmoWertV KFA KFAG MFH NH

Abgabenordnung Baugesetzbuch Betriebskostenverordnung Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesverfassungsgericht Deutsche Mark Einfamilienhaus Einheitswert Einkommensteuer Einkommensteuergesetz Finanzausgleich Fonds »Deutsche Einheit« Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms Fußnote Geldeinheiten Gemeindefinanzreformgesetz Gemeindeeinkommensteuer Gewerbesteuer Gewerbesteuergesetz Gemeindefinanzierungsgesetz Grundgesetz Gewerbekapitalsteuer Grundsteuergesetz Grundsteuer Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung) kommunaler Finanzausgleich Kommunalfinanzausgleichsgesetz Mehrfamilienhaus Nivellierungshebesatz/fiktiver Hebesatz

16 RM rel. zvE Rn. SVB SZ Tz. USt VVF ZerlG ZFH zvE

Abkürzungsverzeichnis

Reichsmark relevantes zu versteuerndes Einkommen Randnummer Sozialversicherungsbeiträge Schlüsselzuweisung Textziffer Umsatzsteuer Vervielfältiger Zerlegungsgesetz Zweifamilienhaus zu versteuerndes Einkommen

Symbolverzeichnis

Modell in Kapitel 5 Bi b cð?Þ Fi gi i j qi ti Ui uð?Þ Zi

Parameter ; exogene Ressourcenausstattung Parameter ; Ausgleichsquote/Ausgleichsfaktor Kostenfunktion Firmenanzahl Öffentlicher Konsum Gemeindeindex Gemeindeindex; alle Gemeinden außer der Gemeinde i Öffentliche Investitionen Steuersatz Nutzen des repräsentativen Individuums Nutzenfunktion Transferzahlung

g h ~ h pi 1 y w

Parameter ; Wertschätzung für öffentlichen Konsum Firmentypus/firmenspezifische Ansiedlungspräferenz Ansiedlungsindifferente Grenzfirma Gewinn einer Firma vom Typ h in Gemeinde i Parameter ; Effektivität öffentlicher Investitionen Parameter ; exogene Erträge Parameter ; Gewichtungsfaktor für h; inverses Maß der Mobilität bzw. der Intensität des Wettbewerbs

Modell in Kapitel 7 A Al all b Gl

Aufkommen der Finanzausgleichsumlage Finanzausgleichsumlage einer Gemeinde Anteil der gewogenen Bevölkerung der Gemeinde l an der Summe der gewogenen Einwohner aller Gemeinden Umlagesatz/Ausgleichssatz der Finanzausgleichsumlage Gesamte Nettoeinnahmen der Gemeinde

18 (j K El hl ðN l Þ Hl i j (j K

K lj kj l MTRGew l MTRGr l MTREl Nl 1 Sl s Tl T Gew l T Gr l tl ^t tl bt Ul ( V v ( X (j X x y ( Z Zl

Symbolverzeichnis

Defizit des Kreishaushalts Gemeindeanteil an der Einkommensteuer Gewichtungsfaktor gemäß Hauptansatzstaffel Hauptansatz Index der nicht-abundanten Gemeinden Index der Kreise Kreisumlage Kreisumlage der Gemeinde l im Kreis j Kreisumlagesatz Gemeindeindex (alle Gemeinden) Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens der Gemeinde Grenzbelastung des Grundsteueraufkommens der Gemeinde Grenzbelastung des Aufkommens des Einkommensteueranteils der Gemeinde Einwohnerzahl Einheitlicher Grundbetrag Steuerkraft der Gemeinden Umlagesatz der Gewerbesteuerumlage Gemeindeaufkommen der Realsteuern Gewerbesteueraufkommen Grundsteueraufkommen Hebesatz der Gewerbesteuer Nivellierungshebesatz der Gewerbesteuer Hebesatz der Grundsteuer Nivellierungshebesatz der Grundsteuer Gewerbesteuerumlage Schlüsselmasse Ausgleichsquote/Ausgleichsfaktor Teilschlüsselmasse der Kreise Schlüsselzuweisung eines Kreises Index der abundanten Gemeinden Steuermessbetrag der Gewerbesteuer Teilschlüsselmasse der Gemeinden Schlüsselzuweisung einer Gemeinde

1

Einleitung

Gemeinden stellen in einem föderativ organisierten Staat die unterste Ebene der Gebietskörperschaften dar. Auf dieser Ebene zeigt sich das zivilgesellschaftliche Miteinander in seiner konzentriertesten Form. Entscheidungen, die hier getroffen werden, haben häufig einen direkten und spürbaren Einfluss auf die Lebensqualität der Einwohner der Gemeinden und diese haben hier am ehesten die Möglichkeit, individuell Einfluss auf die demokratische Entscheidungsfindung zu nehmen. Diese Möglichkeiten sind umso größer, je stärker die Finanzautonomie (d. h. die Einnahmen- und die Ausgabenautonomie) der Gemeinden ausgeprägt ist. In den Gemeinden findet der Großteil der öffentlichen Investitionstätigkeit statt, sie stemmen einen großen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, stellen die örtliche Verkehrsinfrastruktur, Bildungs- und kulturelle Angebote bereit, errichten und betreiben Sporthallen, Schwimmbäder, Schulen, Bibliotheken und Theater, aber auch Parks und viele andere Erholungsangebote. Wie im privaten Bereich können Gemeinden und ihre Einwohner über zusätzliche Ausgaben im Lichte der zusätzlichen Kosten abwägen. Hierzu benötigen sie geeignete Einnahmequellen. Die Schattenseiten des föderativ und dezentral organisierten Staatsaufbaus können sich in der Tendenz eines Auseinanderdriftens der regionalen Einkommensverhältnisse zeigen. Insbesondere in Deutschland, wo die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse verfassungsrechtlichen Rang besitzt, zeigt sich ein tiefliegendes Misstrauen gegenüber dem Wettbewerbsföderalismus.1 Häufig wird er »mit dem Hinweis auf die Folgen ruinösen Steuerwettbewerbs abgelehnt, ohne sich mit der Tatsache auseinander zu setzen, dass Steuerautonomie keineswegs diese Resultate haben muss.«2 Die vergangenen 60 Jahre seit Gründung der Bundesrepublik wurden in der Literatur denn auch als »ein einziger Weg in Richtung Zentralisierung«3 beschrieben. Heute gehört Deutschland 1 Vgl. Zimmermann (2003), S. 789. 2 Keuschnigg/Loretz (2015), S. 1. 3 Vgl. Zimmermann (2003), S. 789.

20

Einleitung

im internationalen Vergleich zu den Staaten, in denen die Gemeinden eine vergleichsweise geringe Autonomie über die Steuersätze oder -tarife haben.4 Das deutsche Gemeindefinanzsystem ist historisch gewachsen. Seine heutige Ausgestaltung beruht auf dem mit der Gemeindefinanzreform im Jahr 1969 geschaffenen Fundament. Die seither erfolgten Reformen hatten in erster Linie intervenierenden Charakter, tiefgreifende, systemische Änderungen wurden nicht vorgenommen. So ruht die Gemeindefinanzierung auf den zwei Säulen Gewerbesteuer und Grundsteuer und wird durch eine dritte Komponente, vertikale Zuweisungen an die Gemeinden in Form einer Beteiligung am Aufkommen der Bundesländer aus der Einkommen- und der Umsatzsteuer sowie Zuweisungen im Rahmen der kommunalen Finanzausgleiche der Länder, komplettiert. In den nunmehr fast 50 Jahren seit der Gemeindefinanzreform haben sich die Anforderungen an das System der Gemeindefinanzierung hingegen teilweise grundlegend geändert. Im Zuge der Globalisierung sehen sich die Gemeinden mobiler werdenden Bemessungsgrundlagen und somit einer enger werdenden Verknüpfung im nationalen und internationalen Steuerwettbewerb gegenüber. Ihr Aufgabenspektrum unterliegt ebenfalls einem Wandel. So nehmen sie u. a. in zunehmendem Maße sozialpolitische Aufgaben wahr und sollen zudem vermehrt ökologischen Erfordernissen Rechnung tragen. Mithin überrascht es nicht, dass jede einzelne der Finanzierungsquellen in der Reformdebatte zum Teil harscher Kritik ausgesetzt ist. Dabei ist es, etwa seit der Unternehmensteuerreform 2008, um die Gewerbesteuer erstaunlich ruhig geworden. Die an ihr geübte Kritik – starke Aufkommensschwankungen und interkommunale Steuerkraftstreuung, fehlende Rechtsformneutralität und Nicht-Berücksichtigung der freien Berufe, um nur einige zu nennen – behält jedoch im Grundsatz Gültigkeit, weil die Reform diese Probleme nicht zufriedenstellend lösen und insoweit die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllen konnte. Im Mittelpunkt der gegenwärtigen Reformdebatte steht hingegen die Neugestaltung der Grundsteuer. Dies ist mit der schon länger bestehenden, allgemeinen Einigkeit über die Verfassungswidrigkeit der Einheitswerte zu erklären. Diese Sicht hat mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 höchstrichterliche Bestätigung erfahren. Von der Politik (und von wissenschaftlicher Seite) wurde daher schon frühzeitig eine Vielzahl von Reformvorschlägen erarbeitet, die eine neue Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer vorsehen. Die gegenwärtige Debatte kann jedoch nicht als »echte« Reformdiskussion bezeichnet werden. Sie ist vielmehr einseitig auf die Suche nach einer konsensfähigen Bemessungsgrundlage beschränkt, die die fiskalischen und die 4 Vgl. Brülhart/Schmidheiny (2015), S. 2.

Einleitung

21

raumordnerischen sowie siedlungspolitischen Interessen der einzelnen Bundesländer möglichst umfassend berücksichtigen soll. Insbesondere scheinen die Bundesländer vor einer Verschiebung der individuellen Steuerbelastungen zurückzuschrecken. Dies muss überraschen, ist doch die Diskussion erst Folge der Vermutung über die Verfassungswidrigkeit der Einheitswerte. Die Veränderungen der Wertverhältnisse seit der Hauptfeststellung 1964 kommen in den Einheitswerten nicht zum Ausdruck und implizieren ungerechte Belastungen. Eine Reform der Grundsteuer, die diese Wertverzerrungen und Ungerechtigkeiten beheben kann, macht somit Belastungsverschiebungen gerade erforderlich. Dem wollen die Länder aber offensichtlich begegnen, indem zum Beispiel eine Länderöffnungsklausel für die Steuermesszahlen eingeführt werden könnte, die ihnen eine nachträgliche Korrektur durch die Reform induzierter Belastungsverschiebungen ermöglicht und damit Wertverzerrungen verursacht, über deren Verfassungswidrigkeit unter den Akteuren gerade Einigkeit bestand. Die Reformbedürftigkeit der Grundsteuer ist indes allen Beteiligten bewusst. Dies bietet die Gelegenheit, das schon seit längerem in der Kritik stehende, inkonsistente Gemeindesteuersystem in Richtung eines rationalen Steuersystems weiterzuentwickeln. Die Diskussion weckt bisher jedoch nur wenig Hoffnung, dass die sich ergebenden Möglichkeiten zu einer grundlegenden Verbesserung des Systems genutzt werden. Der Reformprozess ist von den fiskalischen Interessen der Akteure geprägt. Dies führt zum Beispiel dazu, dass Forderungen aus der Wissenschaft nach einer Abschaffung der Grundsteuer in der politischen Diskussion bisher keinen Widerhall finden.5 Die wissenschaftliche Seite spricht sich darüber hinaus in weitgehender Einigkeit auch gegen das 2016 von der Finanzministerkonferenz vorgeschlagene »Kostenwertmodell« aus.6 Dennoch wurde dieses Modell (mit Ausnahme Bayerns und Hamburgs) von allen Bundesländern mitgetragen. Ein Gesetzgebungsverfahren hierzu blieb 2017 erst infolge unüberbrückbarer Differenzen zwischen den Bundesländern und des Widerstands der Bundesregierung ergebnislos.7 Es muss jedoch festgehalten werden, dass die Wissenschaft bisher Alternativen weitgehend schuldig geblieben ist, die über die bloße Forderung nach einer neuen Bemessungsgrundlage hinausgehen und die Politik von der Notwendigkeit einer »wissenschaftlichen Steuerreform«8 überzeugen könnten. Im Vergleich mit der zu Be5 Die Grundsteuer ablehnende Stimmen sind nicht neu. Auch im Zuge der Gemeindefinanzreform 1969 gab es bereits Forderungen nach ihrer Abschaffung (vgl. Schneider/Vieregge (1969)). In der aktuellen Reformdiskussion wurde die Abschaffung zum Beispiel von Graf (2016) und Schulemann (2011) gefordert. 6 Vgl. Homburg (2018), S. 173. 7 Vgl. Henger/Schaefer (2018), S. 175. 8 Zu den Begriffen »politische« und »wissenschaftliche Steuerreform« s. Hansmeyer (1988), S. 61.

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ginn des aktuellen Jahrtausends auch im wissenschaftlichen Bereich intensiv geführten Diskussion über die Gewerbesteuerreform sind die bisherigen Grundsteuervorschläge nur wenig innovativ und zudem mit starken Zielkonflikten behaftet. Beispielsweise bedeuten eine Abschaffung der Grundsteuer und eine aufkommensneutrale Aufwertung der Gemeindeanteile an der Einkommen- und der Umsatzsteuer einen Verlust an Einnahmenautonomie und folglich eine Beschneidung des kommunalen Rechts auf Selbstverwaltung.9 Aus finanzwissenschaftlicher Sicht stellt dies einen weiteren Schritt in Richtung mehr Zentralisierung und aus der Sicht der Gemeinden einen wenig attraktiven Reformvorschlag dar, der schon deshalb mit nur geringen Erfolgsaussichten gesegnet ist. Die vorliegende Arbeit knüpft an dieser Stelle an: Zielsetzung ist die Identifikation und die Ausarbeitung von Reformpotenzialen für das Gemeindefinanzsystem, die sowohl finanzwissenschaftlichen Kriterien als auch den Anforderungen an ein rationales Steuersystem genügen. Die Ausführungen beschränken sich auf die Einnahmenseite, also das Finanzierungssystem der Gemeinden, das im folgenden Kapitel zunächst ausführlich vorgestellt wird. Mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz hat die Föderalismustheorie zwei Kriterien herausgestellt, welche die Notwendigkeit unterstreichen, die Gemeinden mit einer gewissen Einnahmenautonomie auszustatten. In dieser Hinsicht stellen (bewegliche) Steuereinnahmen die wichtigste gemeindliche Einnahmequelle dar.10 Vor dem Hintergrund dieser Einnahmenautonomie liegt der Fokus der Arbeit daher auf den kommunalen Steuerinstrumenten und auf der Beteiligung der Gemeinden am Steuerverbund, namentlich dem Schlüsselzuweisungssystem. Mit diesem System werden den Gemeinden zwar vertikale Transfers zugewiesen, es implementiert jedoch auch einen horizontalen Effekt zwischen den Gemeinden und beeinflusst daher ihre Finanzautonomie.11 Der kommunale Finanzausgleich und – mit Blick auf die aktuelle Reformdiskussion – die Grundsteuer bilden den Schwerpunkt der Untersuchung. Die Probleme der Gewerbesteuer hingegen sind weitgehend bekannt und zu ihrer Behebung wurde bereits ein umfangreiches Portefeuille 9 Diesen Ansatz zur Reform der Grundsteuer hält z. B. Homburg (2018) für möglich. 10 Vgl. Zimmermann (2009), S. 133. »Bewegliche« Steuern sind Steuern, für die die Gemeinden über ein Hebesatzrecht verfügen. 11 Kommunale Entgelte, pauschale Zuweisungen und die kommunale Schuldaufnahme tragen ebenfalls zur Finanzautonomie der Gemeinden bei, sie liegen aus ökonomischer Sicht jedoch auf einer anderen Ebene. Entgelte sollten zur Kostendeckung, nicht zur Einnahmenerzielung erhoben werden. Pauschale Zuweisungen sichern die Ausgabenautonomie, ihre Höhe ist für die Gemeinden nicht oder allerhöchstens indirekt beeinflussbar. Die Vergegenwärtigung der langfristigen Auswirkungen der Verschuldung verdeutlicht die Problematik, dass eine höhere Einnahmenautonomie in der kurzen Frist mit einer langfristigen Einschränkung derselben in Verbindung steht.

Einleitung

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von Reformvorschlägen entwickelt. Angesichts ihrer Verflechtung mit den Wirkungen und Herausforderungen des internationalen Steuerwettbewerbs und ihrer Wechselbeziehung zu einkommen- und körperschaftsteuerlichen Fragestellungen geht sie in ihrer Bedeutung außerdem über Fragen nach der Ausgestaltung des Gemeindefinanzsystems weit hinaus. Eine umfassende, zufriedenstellende Behandlung der Gewerbesteuer würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.12 Im dritten Kapitel werden die für die Steuerrechtfertigung maßgeblichen Fundamentalprinzipien und das auf Zimmermann und Postlep (1980) zurückgehende Beurteilungsraster für Gemeindesteuern vorgestellt. Wenngleich dieses für die isolierte Beurteilung von Einzelsteuern nicht an Aktualität eingebüßt hat, ist es für die Beurteilung des gesamten gemeindlichen Steuersystems nur bedingt geeignet. In dieser Hinsicht werden die kommunalspezifischen Besteuerungsprinzipien weiterentwickelt. Die Ergebnisse werden im Anschluss zur Bewertung der Grundsteuer herangezogen. Diese Bewertung sowie eine Darstellung und ökonomische Analyse der für eine Reform der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer infrage kommenden Alternativen sind Gegenstand des vierten Kapitels. In den Kapiteln 5, 6 und 7 stehen die Analyse des Steuerwettbewerbs und des kommunalen Finanzausgleichs im Mittelpunkt. In Kapitel 5 wird ein Modell entwickelt, mit dem die Wirkungen des Wettbewerbs zwischen Kommunen untersucht werden können, die durch die Wahl von öffentlichen Investitionen und Steuersätzen um die Ansiedlung von Unternehmen konkurrieren und zudem einen Teil ihres Steueraufkommens für öffentlichen Konsum verwenden. Das Modell unterscheidet sich von den bisher bekannten durch einen alternativen Modellansatz, der die Berücksichtigung strategischer Effekte bei der Investitionsentscheidung, Heterogenität zwischen den Gemeinden, also die Existenz asymmetrischer Gleichgewichte, sowie die Implementierung eines horizontalen und eines vertikalen Finanzausgleichs erlaubt. Kapitel 6 liefert eine detaillierte Darstellung und Analyse des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen, die durch eine modelltheoretische Analyse des Systems in Kapitel 7 ergänzt werden. Diese theoretische Formulierung kann zu einer Simulation der impliziten Grenzbelastungen des Ausgleichssystems und der Reaktionen des Systems und dieser Belastungen auf Änderungen einzelner Ausgleichsparameter herangezogen werden. Aus der Analyse der Belastungen und ihrer Determinanten können, insbesondere unter

12 Für eine umfassende, nicht mehr ganz aktuelle, aber insbesondere hinsichtlich der steuertheoretischen und steuersystematischen Ausführungen nach wie vor zutreffende Analyse der Gewerbesteuer s. Pfaffernoschke (1990).

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Einleitung

Beachtung der Ergebnisse des fünften Kapitels, Rückschlüsse auf Schwachstellen und Reformpotenziale des kommunalen Finanzausgleichs gezogen werden. Einen Ausgangspunkt für mögliche Reformpotenziale des Gemeindefinanzsystems bieten darüber hinaus die Vorschläge der Kommission für die Reform der Gemeindefinanzen aus dem Jahr 1966 (»Troeger-Kommission«). Diese empfahl schon damals – mit Verweis auf die Einnahmenautonomie der Gemeinden, den Interessenausgleich und die Steuergerechtigkeit – die Einführung einer Gemeindeeinkommensteuer mit kommunalem Hebesatzrecht.13 Obwohl dessen Einführung auch von politischer Seite beabsichtigt und die erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen mit dem Gemeindefinanzreformgesetz geschaffen wurden sowie auch in folgenden Gutachten immer wieder die Vorzüge einer Gemeindeeinkommensteuer hervorgehoben wurden,14 ist eine Umsetzung bis heute nicht erfolgt. Der vorerst letzte Vorschlag zur Einführung einer Gemeindeeinkommensteuer wurde von der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen im Zuge der beabsichtigten Gewerbesteuerreform im Jahr 2003 unterbreitet.15 Die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Gesetzesvorschläge verfolgten die Ansätze der Kommission jedoch nicht weiter.16 Vor diesem Hintergrund muss es überraschen, dass in der Diskussion zur Grundsteuerreform entsprechende Vorschläge bis heute nicht berücksichtigt worden sind. Angesichts der aus finanzwissenschaftlicher Perspektive kritisch zu beurteilenden Grundsteuer und der Vorteile einer Einkommensteuer, werden im achten Kapitel zwei entsprechende Reformvorschläge ausgearbeitet. Der erste Vorschlag stellt einen kommunalen Zuschlag der Gemeinden auf die Einkommensteuer (nicht das Einkommen) der Gemeindeeinwohner dar. Der zweite Vorschlag sieht einen proportionalen Hebesatz der Gemeinden auf das zu versteuernde Einkommen der Einwohner vor. Für beide Vorschläge werden für das Bundesland Nordrhein-Westfalen die Hebesätze empirisch simuliert, welche die Gemeinden für einen aufkommensneutralen Ersatz der Grundsteuer anwenden müssten. Hierbei werden auch die Effekte des kommunalen Finanzausgleichs berücksichtigt. Daraufhin werden die Belastungswirkungen der Vorschläge sowohl zwischen den Gemeinden als auch auf individueller Basis und in Abhängigkeit verschiedener Einkommens-, Wohn- und Familiensituationen fallweise dargestellt. Das Kapitel schließt mit einer vergleichenden Analyse beider Reformvorschläge und einer Diskussion einer solchen Reform. Neben dem Ersatz der Grundsteuer wird insbesondere die Möglichkeit einer Reform diskutiert, deren Zielsetzung eine veränderte Aufgabenstellung an die Grundsteuer be13 14 15 16

Vgl. Kommission für die Finanzreform (1966), S. 106f. Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982). Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2003). Vgl. Junkernheinrich (2003).

Einleitung

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inhaltet. Die neue Grundsteuer muss den an sie gestellten Ansprüchen sowohl aus politischer als auch aus finanzwissenschaftlicher und steuersystematischer Perspektive genügen können. Für diese Analyse wird auf die Ergebnisse und Implikationen der vorangegangenen Kapitel zurückgegriffen. Die Arbeit schließt mit einem Überblick und einer kritischen Würdigung der gewonnen Erkenntnisse sowie der Formulierung offener Forschungsfragen bzgl. des Reformvorschlags, deren Beantwortung weiterer finanzwissenschaftlicher Untersuchungen bedarf.

2

Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

2.1

Überblick und historischer Hintergrund

Das Grundgerüst des deutschen Gemeindefinanzsystems wurde 1969 mit dem »Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen« (Gemeindefinanzreformgesetz) geschaffen. Diese Reform war vor allem deshalb notwendig geworden, weil sich seit der Gründung der Bundesrepublik die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Finanzierung der Gemeinden enorm verschlechtert hatten. So war es in den 20 Jahren vor der Finanzreform zu einem immer stärkeren Übergewicht des konjunkturanfälligen Gewerbesteueraufkommens an den Einnahmen der Gemeinden gekommen. Der Anstieg der Gewerbesteuer war in erster Linie »Ergebnis der Industrialisierung und der hohen Aufkommenselastizität der Gewerbeertragsteuer«17 und führte dazu, dass im Jahr 1968 82,4 Prozent des Gemeindesteueraufkommens aus der Gewerbesteuer stammten. Gleichzeitig war der Anteil der Steuereinnahmen an den gesamten Einnahmen der Gemeinden zwischen 1962 und 1966 von 37,9 auf 27,9 Prozent zurückgegangen.18 Zudem wurden etwa zwei Drittel des gesamten Gewerbesteueraufkommens von nur etwa fünf Prozent aller Gewerbesteuerpflichtigen aufgebracht. Die Entwicklung des vergleichsweise schwankungsstabilen Grundsteueraufkommens stagnierte hingegen. Die Folge hiervon war eine geringere Planbarkeit und eine immer unausgewogenere Verteilung des Gemeindesteueraufkommens zwischen den Gemeinden, denn von dem steigenden Gewerbesteueraufkommen profitierten einseitig die Betriebsgemeinden. Bis 1969 standen nämlich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer jeweils der Gemeinde zu, in der sich die Betriebstätten der gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen befanden. Wohngemeinden konnten gegenüber Betriebsgemeinden 17 Kommission für die Finanzreform (1966), S. 97. 18 Vgl. Matthöfer (1980), S. 221. Die weiteren Einnahmen bildeten mit einem Anteil von jeweils einem Drittel Zuweisungen vom Bund und vom Land sowie Gebühren, Entgelte und Kreditmarktmittel (vgl. Kommission für die Finanzreform (1966), S. 209).

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

zwar Ansprüche auf Gewerbesteuerausgleich geltend machen, wenn Einwohner der Wohngemeinde ihrer beruflichen Tätigkeit in der Betriebsgemeinde nachgingen; sein Aufkommen war im Vergleich zu den Gewerbesteuereinnahmen jedoch vernachlässigbar gering.19 Insbesondere die Wohngemeinden bekamen daher zunehmend Probleme bei der Finanzierung ihrer Aufgaben, denen sie auch durch Erhöhungen ihrer Hebesätze nicht ausreichend begegnen konnten. Diese immer offensichtlicher werdenden Finanznöte der Gemeinden machten eine umfassende Finanzreform notwendig. 1964 wurde deshalb eine Expertenkommission unter dem Vorsitz des damaligen Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank, Heinrich Troeger, gegründet. Das unter dem Namen »Troeger-Gutachten«20 bekannt gewordene Konzept der Kommission war 1966 fertiggestellt und bildete fortan die Grundlage der weiteren Reformdiskussion.21 Das Gutachten sah vor, die Gemeindefinanzierung auf drei Säulen zu stellen: 1. Das Grundsteueraufkommen, das in den Jahren zuvor massiv an Bedeutung eingebüßt hatte, sollte durch Erhöhungen der Hebesätze sowie die zu erwartenden Erhöhungen der Einheitswerte infolge der (beabsichtigten, jedoch tatsächlich nie durchgeführten) laufenden Einheitswert-Feststellungen gesteigert werden. 2. Die Gewerbeertragsteuer, die 1964 etwa 87 Prozent des gesamten Gewerbesteueraufkommens erbrachte, sollte abgeschafft werden. Stattdessen sollte die (1965 von nur 1.072 der 23.395 Gemeinden erhobene) Lohnsummensteuer für alle Gemeinden verbindlich eingeführt und mit der Gewerbekapitalsteuer (bei differenzierten Messbeträgen für die Lohnsumme und das Kapital) einem einheitlichen Hebesatz unterworfen werden. Dies sollte gleichzeitig eine Stärkung des auf die Gewerbekapitalsteuer entfallenden Aufkommens bewirken. 3. Als dritte Säule sollten die Gemeinden am Einkommensteueraufkommen des Bundes und der Länder beteiligt werden und hierfür mit einem Hebesatzrecht (beschränkt auf 80 bis 120 Prozent der auf die unterste Tarifstufe22 entfallenden Einkommensteuerzahlungen) ausgestattet werden.

19 Die Gesetzgebungskompetenz für den Gewerbesteuerausgleich lag bei den Bundesländern. Seine Höhe war abhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer und von den Gewerbesteuereinnahmen. Sein Anteil an den Einnahmen betrug 1959/1960 3,8 Prozent (vgl. Kommission für die Finanzreform (1966), S. 99, Matthöfer (1980), S. 225, Schneider (1971), S. 88). 20 Kommission für die Finanzreform (1966). 21 Vgl. Gross (1967), S. 599. 22 Die unterste Tarifstufe war bis 1995 proportional ausgestaltet.

29

Überblick und historischer Hintergrund

Tabelle 2–1: Überblick über die Vorschläge der Reformkommission und die nachfolgenden (grundlegenden) Steuerreformen des Gemeindefinanzsystems

Grundsteuer

Gewerbesteuer

Reformkommission

Reformen

Beibehaltung und Erhöhung des Aufkommens

keine

vollständige Abschaffung der Gewerbeertragsteuer Ausdehnung der (fakultativ erhobenen) Lohnsummensteuer

Stärkung der Gewerbeertragsteuer Abschaffung der fakultativen Lohnsummensteuer (1980)

Erhöhung der Gewerbekapitalsteuer

Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer (1998) Gemeindepersonalsteuer (Gemeindeanteil Unbeweglicher an der Einkommensteuer mit Gemeindeanteil an der beschränktem Hebesatzrecht) Einkommensteuer

Kommunale Einkommensteuer Gewerbesteuerumlage Überganga) Umsatzsteuererhöhung, Aufhebung von Steuervergünstigungen bei der ESt Beteiligung der Gemeinden am Aufkommen der Landessteuern (fakultativ) und am Länderanteil am Aufkommen der Gemeinschaftssteuern Weiteres Beteiligung der Gemeinden an der Beteiligung der Mineralölsteuer Gemeinden an der Umsatzsteuer Anmerkungen: a) Die Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer führte zu Einnahmeausfällen bei Bund und Ländern, die eine Übergangslösung erforderlich machten. Quelle: Kommission für die Finanzreform (1966), S. 165f., eigene Darstellung.

Erklärtes Ziel dieser Reform waren erstens eine Stärkung und Stabilisierung der Gemeindefinanzen (quantitative Komponente) und zweitens eine Reduzierung der räumlichen Disparitäten des Steueraufkommens, bei gleichzeitiger Stärkung der Einnahmenautonomie der Gemeinden (qualitative Komponente). Das Gemeindefinanzsystem sollte auf eine breitere Grundlage gestellt und die kommunale Finanzmasse insgesamt gestärkt werden. Wenngleich die Lösungsvorschläge der Reformkommission – entgegen ihrer ausdrücklich artikulierten Hoffnung23 – nicht eins zu eins ins Werk gesetzt wurden, orientierte sich die Bundesregierung bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs an deren Vorschlägen. Im Rahmen der nachfolgenden Reform fanden einige der Empfehlungen Eingang in die Gesetzgebung, wenn auch in abgeänderter Form (vgl. Tabelle 2–1). Durch das Gemeindefinanzreformgesetz wurde sowohl der quan23 Vgl. Kommission für die Finanzreform (1966), S. 169.

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

titativen als auch der qualitativen Komponente Rechnung getragen. Die finanzielle Situation der Gemeinden wurde in der Folge, absolut und gegenüber dem Bund und den Ländern, spürbar aufgewertet und das Übergewicht der Gewerbesteuer an den Gemeindeeinnahmen deutlich abgebaut (vgl. Tabelle 2–2).24 Der Anteil des betragsmäßig stabilen Grundsteueraufkommens ging im Gegenzug von 14 Prozent auf 11 Prozent leicht zurück. Tabelle 2–2: Steuereinnahmen der Gemeinden in den alten Bundesländern (in % der Gesamteinnahmen)

Grundsteuer Gewerbesteuer (netto)a) Gemeindeanteil an der ESt

1950

1969

1972

1980

1990

42,5 47,1 –

13,8 81,7 –

11,4 35,4 40,2

11,1 41,7 43,6

11,4 44,3 42,7

Sonstige Steuernb) 10,4 4,5 13,0 3,6 1,6 Anmerkungen: a) seit 1970 wird die Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder abgeführt, b) sonstige Steuern und steuerähnliche Abgaben Quelle: Bundesministerium der Finanzen (2015b).

Bis heute basiert das Gemeindefinanzsystem – den Vorschlägen der Kommission folgend – auf drei Säulen. Allerdings wurden zwei der im Gutachten formulierten Hauptanliegen – die Reform der Gewerbesteuer und die Einführung einer beweglichen Gemeindepersonalsteuer – nicht verwirklicht. Die Gewerbesteuer wurde unverändert belassen und ihre Reform auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Stattdessen wurden die Gewerbesteuerumlage eingeführt und die Gemeinden mit einem gesetzlich festgelegten, proportionalen Anteil i. H. v. 14 Prozent am Einkommensteueraufkommen des Bundes und der Länder beteiligt. Die Gewerbesteuerumlage senkte das zuvor den Gemeinden allein zufließende Gewerbesteueraufkommen um 40 Prozent und entschädigte den Bund und die Länder für einen Teil des ihnen entgangenen Einkommensteueraufkommens. Hiermit war der Grundstein für das im Kern bis heute gültige Gemeindefinanzsystem gelegt. Die folgenden Eingriffe in das System hatten – aus Sicht der Gemeinden und mit Ausnahme der Abschaffung der Lohnsummensteuer und der Gewerbekapitalsteuer sowie der Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer – in erster Linie intervenierenden Charakter, ohne das Wesen des Finanzierungssystems in entscheidender Weise zu beeinflussen.

24 Vgl. Matthöfer (1980), S. 227.

31

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

2.2

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

Seit der Gemeindefinanzreform stellen die Gewerbesteuer und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer die quantitativ bedeutendsten Einnahmequellen der Gemeinden dar. Ihr Anteil an den gesamten Steuereinnahmen der Kommunen liegt seither bei etwa 75 bis 90 Prozent. Die restlichen Einnahmen bilden die Grundsteuer und die Beteiligung an der Umsatzsteuer (1998) sowie (mit einem Anteil zwischen ein bis zwei Prozent) die sonstigen Gemeindesteuern. Tabelle 2–3: Einnahmen und Finanzsituation der Gemeinden 2016 (in Mrd. Euro) Nordrhein-Westfalen

Deutschland

Gewerbesteuer (netto) Gewerbesteuerumlage

9,28 (41,78 %) 1,82

42,31 (42,83 %) 7,79

Grundsteuer Gemeindeanteil an der ESt

3,60 (16,19 %) 7,77 (35,00 %)

13,65 (13,82 %) 36,43 (36,88 %)

Gemeindeanteil an der USt 1,15 (5,19 %) 4,83 (4,89 %) Sonst. Gemeindesteuern 0,41 (1,84 %) 1,57 (1,58 %) Quelle: Statistisches Bundesamt, Landesbetrieb für Information und Technik NordrheinWestfalen (IT.NRW).

Im Folgenden werden die wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden näher beleuchtet. Hierzu werden auch die historische Genese und der Verlauf ihrer Entwicklungen beschrieben. Es wird deutlich, dass insbesondere die Gewerbesteuer in den vergangenen 40 Jahren wiederholt Gegenstand von Reformbemühungen war, die auch vor dem Hintergrund der fortschreitenden Globalisierung zu betrachten sind.

2.2.1 Gewerbesteuer Die Gewerbesteuer in ihrer heutigen Form geht zurück auf die Realsteuerreform des Jahres 1936. Bis 1936 hatten im Reichsgebiet noch 16 verschiedene Grund- und Gewerbesteuergesetze nebeneinander existiert, die mit der Realsteuerreform vereinheitlicht wurden. Die Bemessungsgrundlage bildeten der Gewerbeertrag, das Gewerbekapital und auf fakultativer Basis die Lohnsumme der Beschäftigten. Das Steueraufkommen fließt seither (und wie es in Preußen bereits seit 1895 der Fall war) allein den Gemeinden zu.25 Bis 1979 wurde die

25 Vgl. Pagenkopf (1978), S. 35, Voigt (1975), S. 104f. Seit 1969 führen die Gemeinden die Gewerbesteuerumlage ab. Die Umlage wird technisch zwar aus dem Gewerbesteuerauf-

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

Gewerbesteuer auf dieser Basis und in weitgehend unveränderter Form erhoben. Sie stellte eine Realsteuer dar, die, neben dem Gewerbeertrag, auf die objektivierbaren, ertragsunabhängigen Bestandteile Gewerbekapital und Lohnsumme abstellte. Diese ertragsunabhängige Besteuerung ist historisch auf eine Zeit zurückzuführen, in der »die buchmäßige Erfassung von Ist-Erträgen und -Einkommen nicht vorausgesetzt, zumindest aber praktisch nicht kontrolliert werden konnte.«26 Abgestellt wurde daher auf die Sollerträge, die aus dem Gewerbebetrieb zu erwarten gewesen wären. Realsteuern werden daher auch als Sollertragsteuern bzw. Substanzsteuern bezeichnet, weil sie unabhängig von tatsächlich erwirtschafteten Erträgen anfallen und im Verlustfall eine Aufzehrung der Vermögenssubstanz bewirken. Doch auch in späteren Zeiten, als eine (reine) Besteuerung des Ist-Ertrags längst möglich geworden war, hielten sich das Gewerbekapital und die Lohnsumme lange als Bestandteile der Bemessungsgrundlage. Die im Kern bis in die Gegenwart angeführte steuertheoretische Rechtfertigung für leistungsunabhängige Realsteuern lieferte erstmals Popitz (1932) mit dem Prinzip der gruppenmäßigen Äquivalenz.27 Popitz unterstrich hierbei auch die Möglichkeit substanzschmälernder Wirkungen der Gewerbesteuer und hielt diese für gerechtfertigt: »Grundbesitz und Gewerbe sind auf das engste mit der Gemeinde verbunden, durch ihr Vorhandensein sind die Ausgaben der Gemeinde in besonderem Maße mit bedingt, und sie müssen daher unter Umständen auch dann Steuern tragen, wenn ihr Ertrag sie an sich nicht steuerlich leistungsfähig erscheinen läßt«. Wenngleich die Gewerbesteuer in § 3 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) weiterhin als Realsteuer tituliert wird, hat sie, seit der Abschaffung der Lohnsummensteuer und der Gewerbekapitalsteuer, die Eigenschaften einer ertragsunabhängigen Realsteuer weitestgehend verloren. Heute wird (mit wenigen Ausnahmen) im Wesentlichen der Unternehmensgewinn besteuert. Die Bemessungsgrundlage ist daher der einkommensteuerrechtliche Gewinn gemäß Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, der um bestimmte ertragsunabhängige Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) ergänzt wird. Die Hinzurechnungen übernehmen die Aufgabe, vom einkommensteuerrechtlichen Gewinn zu einer verallgemeinerten Bemessungsgrundlage (einem objektiven Sollertrag) zu gelangen. Im Prinzip handelt es sich hierbei um ein Überbleibsel aus Zeiten der Sollertragsbesteuerung: Das Bundesverfassungsgericht legte seiner Gesetzgebung zur Gewerbesteuer einen »Musterbetrieb« zugrunde, der annahmegemäß mit eigenen Produktionsanlagen in angemieteten Räumen produzierte. Im Sinne des Äquivalenzprinzips kommen der Gemeinden finanziert, sie setzt jedoch nicht am Aufkommen sondern an der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer an (s. Abschnitt 2.2.2). 26 Rehm/Matern-Rehm (2010), S. 111. 27 Vgl. Pfaffernoschke (1990), S. 11. Nach diesem auch das folgende Zitat, ebd.

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

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sollten sowohl die persönlichen Verhältnisse des Firmeninhabers als auch Unterschiede in der Kapitalstruktur (Eigen- vs. Fremdfinanzierung des Gewerbekapitals) unberücksichtigt bleiben und auf diese Weise der Sollertrag besteuert werden. Durch Kürzungen sollen dagegen Doppelbelastungen des Sollertrags (z. B. durch die Grundsteuer oder – im Fall von Gewinnausschüttungen der Muttergesellschaft oder Dividenden inländischer Kapitalgesellschaften – durch die Gewerbesteuer selbst) vermieden werden. Von diesem »Gewerbeertrag« wird ein Freibetrag i. H. v. 24.500 Euro für natürliche Personen und Personengesellschaften und i. H. v. 5.000 Euro für sonstige juristische Personen (z. B. rechtsfähige und nicht-rechtsfähige Vereine, die gewerblich aktiv sind) abgezogen.28 Der so ermittelte Betrag wird mit der Steuermesszahl i. H. v. 3,5 Prozent zum Steuermessbetrag multipliziert. Auf diesen Steuermessbetrag wenden die Gemeinden einen Hebesatz an, der mindestens 200 Prozent beträgt. Tabelle 2–4: Übersicht über die Änderungen der Gewerbesteuer seit der Gemeindefinanzreform (Jahr des Inkrafttretens) 1975 Erhöhung der Steuermesszahl des Gewerbeertrags von 3,5 % auf 4,25 % Anhebung des Freibetrags (Gewerbeertrag) für Personengesellschaften von 7.200 auf 15.000 DM 1978 Aufhebung des Staffeltarifs beim Gewerbeertrag Anhebung des Freibetrags (Gewerbeertrag) für Personengesellschaften von 15.000 auf 24.000 DM und für das Gewerbekapital und die Lohnsummensteuer auf 60.000 DM Aufhebung der Freigrenze bei der Lohnsummensteuer Anhebung der Steuermesszahl des Gewerbeertrags auf 5 % 1980 Abschaffung der Lohnsummensteuer und Erhöhung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer von 14 % auf 15 % Anhebung des Freibetrags (Gewerbeertrag) für Personengesellschaften von 24.000 auf 36.000 DM 1981 Einführung eines Freibetrags für die Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen (50.000 DM) Anhebung des Freibetrags für das Gewerbekapital von 60.000 auf 120.000 DM 1983 Kürzung der Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen (bis 1982 vollständige Hinzurechnung, 1983 zu 60 %, ab 1984 zu 50 %) 1993 Anhebung des Freibetrags (Gewerbeertrag) für Personengesellschaften von 36.000 auf 48.000 DM (seit 2002 24.500 Euro) Erneute Einführung eines Staffeltarifs beim Gewerbeertrag für Personengesellschaften (24.000 DM je Stufe, 1 % bis 5 %, ab 2002 12.000 Euro je Stufe) 1998 Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer

28 Hierdurch entfaltet die Gewerbesteuer eine progressive Wirkung.

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

((Fortsetzung)) 2001 Einführung des Halbeinkünfteverfahrens Einführung des Abzugs der Gewerbe- von der Einkommensteuer bei Personengesellschaftern (1,8-facher Steuermessbetrag) Senkung der degressiven Abschreibung Senkung und Vereinheitlichung des Körperschaftsteuersatzes, Steuersatz 25 % 2004 Einführung der Hebesatzuntergrenze (200 Prozent) 2008 Aufhebung des Staffeltarifs beim Gewerbeertrag und Festsetzung einer für Personen- und Kapitalgesellschaften einheitlichen Steuermesszahl i. H. v. 3,5 % (zuvor 1–5 % für Personengesellschaften und 5 % für Kapitalgesellschaften) Kürzung der Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen auf 25 % und gleichzeitig Ausweitung der Hinzurechnungen um Zinsen und Entgelte für alle Verbindlichkeiten und um Betriebsausgaben für Pachten, Mieten und Lizenzen Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe Änderung des Abzugs der Gewerbe- von der Einkommensteuer bei Personengesellschaftern (3,8-facher Steuermessbetrag) Abschaffung der degressiven Abschreibung (Wiedereinführung 2009, Wiederabschaffung 2011) Änderung der Thesaurierungsbestimmungen für Personengesellschaften Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % 2009 Einführung des Teileinkünfteverfahrens und der Abgeltungsteuer Quelle: eigene Darstellung.

Gewerbesteuerpflichtig ist jedes gewerbliche Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 15 Abs. 2 EStG), soweit im Inland Betriebsstätten unterhalten werden. Nicht gewerbesteuerpflichtig sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie Betätigungen, die als Ausübung eines freien Berufs oder als eine andere selbständige Arbeit anzusehen sind. Sowohl für die Gemeinden als auch für die Unternehmen ist die Gewerbesteuerzerlegung von Bedeutung. Unternehmen, die Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhalten, unterliegen nämlich in jeder Gemeinde der Gewerbesteuerpflicht. Sie verursachen in jeder Gemeinde Kosten, an denen sie beteiligt werden sollen. Die Rechtsgrundlage hierfür bilden die §§ 28 bis 34 GewStG. Für die Zerlegung wird der Steuermessbetrag auf die einzelnen Gemeinden entsprechend aufgeteilt (zerlegt). Den Zerlegungsmaßstab bilden im Wesentlichen die Anteile der Arbeitslöhne gemäß §19 Abs. 1 Nr. 1 EStG (für Unternehmer pauschal 25.000 Euro), die im Erhebungszeitraum an die in den einzelnen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Ausnahmen hiervon gelten für kapitalintensiv produzierende Branchen sowie für Bergbauunternehmen mit ausschließlich unterirdischen Anlagen und z. B. für Anlagen, die der ausschließlichen Durchleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie dienen. Die Entwicklung der Gewerbesteuer seit 1936 bis zu ihrer heutigen Form folgt keinem geradlinigen Reform- und Entwicklungsweg. Sie ist vielmehr von un-

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

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systematischen und teilweise widersprüchlichen Änderungen an der Bemessungsgrundlage gekennzeichnet, die zunächst eine Abkehr und später eine Hinwendung zu ertragsunabhängigen Komponenten bedeuteten.29 So wurde 1980 schon die Lohnsummensteuer nicht etwa aus steuersystematischen Gründen und mit dem Ziel der Ausgestaltung eines sachgerechten Gemeindesteuersystems, sondern zur Senkung der Arbeitskosten, also aus beschäftigungspolitischen Gründen, abgeschafft.30 1998 erfolgte auch die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer. Hierdurch sollte die steuerliche Benachteiligung des Produktionsfaktors Gewerbekapital beendet werden. Außerdem fehlten vergleichbare Einheitswerte für die neuen Bundesländer, in denen die Hauptfeststellung 1964 nicht stattgefunden hatte und schließlich äußerte der Bundesrat Bedenken bezüglich der zusätzlichen Belastungen von Unternehmen, Arbeitsplätzen und der Steuerverwaltung sowie der Gewinnung neuer Investitionen.31 Letztlich wurde die Entscheidung gegen die Einführung der Gewerbekapitalsteuer im Beitrittsgebiet und konsequenterweise für ihre Abschaffung in den alten Bundesländern getroffen. Eine umfangreiche Reform der Unternehmensbesteuerung sollte im Jahr 2008 erfolgen. Aus steuersystematischer Sicht ist dies jedoch nicht gelungen. Seit dem Wegfall des letzten großen ertragsunabhängigen Tatbestands im Jahr 1998 zeigt sich die Gewerbesteuer daher im Wesentlichen unverändert. Unternehmensteuerreform 2008 Im Zuge der Globalisierung war es in den Jahren vor der Reform zu einer immer stärkeren grenzüberschreitenden Mobilität von Gütern, Kapital und Menschen gekommen. In diesem internationalen Umfeld sahen sich die Staaten einem intensiver werdenden Steuerwettbewerb gegenüber. In den OECD-Staaten war der (ungewichtete) durchschnittliche Unternehmensteuersatz (einschließlich nationaler Zuschläge wie dem Solidaritätszuschlag und lokaler Unternehmensteuern) bis 2005 bereits auf 27,9 Prozent gesunken – im Vergleich zu 48 Prozent im Jahr 1982. Deutschland wendete, nach Japan und den USA, mit 38,9 Prozent (1982: 60 Prozent) den dritthöchsten Steuersatz an.32 Seit den Achtzigerjahren war es in den meisten anderen OECD-Staaten zu teilweise massiv sinkenden Körperschaftsteuersätzen gekommen, ohne dass jedoch die Bedeutung des Unternehmensteueraufkommens zurückgegangen wäre (vgl. Tabelle 2–5). Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass zwar die tarifliche (nominale) Steuerbelastung spürbar gesenkt wurde, viele Staaten aber durch Verbreite29 DSi (2013), S. 185. 30 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982), S. 12, Zwick (2007), S. 69. 31 Vgl. Zwick (2007), S. 73. 32 Vgl. OECD (2018a), OECD (2018b).

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

rungen der Bemessungsgrundlage einem stärkeren Absinken der effektiven Steuerbelastung und des Aufkommens zumindest teilweise entgegengesteuert haben (sog. tax-rate-cut-cum-base-broadening). Zum anderen hatte in der jüngeren Entwicklung die wesentlich stabilere Entwicklung der Einkommensteuerbelastung zu einer Attraktivitätssteigerung körperschaftsteuerpflichtiger gegenüber einkommensteuerpflichtigen Rechtsformen geführt.33 Tabelle 2–5: Abgabenquote und Steuereinnahmen in der OECD und in Deutschland im Zeitverlauf 1965

1980

1990

2000

2007

2014

24,8 (31,6) 6,7 (8,2)

30,1 (36,4) 9,8 (10,8)

32,0 (34,8) 9,7 (9,6)

34,0 (36,2) 8,7 (9,2)

33,8 (34,9) 8,2 (8,7)

34,2 (36,6) 8,4 (9,6)

in % des Steueraufkommens in % des BIP

26,2 (26,0) 4,5 (8,5)

31,3 (29,6) 6,9 (12,5)

28,6 (27,6) 7,4 (13,0)

24,6 (25,3) 8,6 (14,1)

23,7 (25,0) 8,5 (12,8)

24,0 (26,3) 9,1 (13,9)

in % des Steueraufkommens in % des BIP

17,6 (26,8) 2,1 (2,5)

22,1 (34,3) 2,3 (2,0)

22,0 (37,5) 2,5 (1,7)

24,8 (39,0) 3,3 (1,8)

24,7 (36,6) 3,6 (2,2)

26,2 (38,1) 2,8 (1,7)

in % des Steueraufkommens in % des BIP

8,8 (7,8) 3,2 (5,2)

7,6 (5,5) 4,5 (6,1)

8,2 (4,8) 5,7 (5,8)

9,7 (4,8) 6,7 (6,7)

11,2 (6,2) 6,8 (6,8)

8,8 (4,8) 7,0 (7,0)

Abgabenquote in % des BIP Einkommensteuern

SVBa)

Unternehmensteuern

allg. Konsumsteuern

in % des 11,9 14,2 18,2 19,9 20,2 20,7 Steueraufkommens (16,5) (16,6) (16,6) (18,4) (19,4) (19,0) Vermögenin % des 4,1 2,7 3,1 2,8 2,8 2,3 steuern Steueraufkommens (4,3) (2,3) (2,1) (1,1) (1,3) (1,4) Anmerkungen: a) SVB: Sozialversicherungsbeiträge – In Klammern: Deutschland – Einkommensteuern: Gruppe 1100 der OECD-Steuerklassifizierung – Sozialversicherungsbeiträge, Gruppe 2000 (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge) – Unternehmensteuern: darin Gewerbesteuer, Gruppe 1200 – Allgemeine Konsumsteuern: Gruppe 5110 – Vermögensteuern: ohne Grundsteuern, Gruppe 4000 abzgl. Gruppe 4100 Quelle: OECD (2018a), OECD (2018b), eigene Berechnungen.

Die oft befürchtete Erosion der Staatseinnahmen durch den Steuerwettbewerb ist auf der internationalen Ebene bisher dennoch nicht zu beobachten (s. Tabelle 2–5). Seit 1980 liegt die Abgabenquote im OECD-Durchschnitt bei 33 Vgl. Schratzenstaller (2016), S. 859.

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

37

steigender Tendenz durchgehend über 30 Prozent, in Deutschland seit Ende der Siebzigerjahre relativ stabil zwischen etwa 35 bis 37 Prozent. Allerdings zeigt eine etwas genauere Betrachtung der Zusammensetzung der Steuereinnahmen, dass im Zeitverlauf eine Verschiebung der Steuerbelastung zu weniger mobilen Bemessungsgrundlagen erfolgt ist.34 2014 entfielen mehr als 83 Prozent des gesamten deutschen Steueraufkommens auf die Einkommensbesteuerung natürlicher Personen (inkl. der Sozialversicherungsbeiträge) und die Konsumbesteuerung, gegenüber etwa 69 Prozent im Jahr 1965. Die Expansion des Sozialstaats hat seit den Siebzigerjahren insbesondere zu steigenden Sozialversicherungsbeiträgen bzw. Arbeitseinkommensbelastungen geführt.35 Die Bundesregierung, bestehend aus einer Koalition aus CDU, CSU und SPD, kündigte in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2005 eine Reform der Unternehmensbesteuerung für das Jahr 2008 an, mit der erstens die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland verbessert, zweitens die Rechtsform- und Finanzierungsneutralität der Unternehmensbesteuerung und drittens eine Steuervereinfachung erreicht werden sollten.36 Die Reform trat am 1. Januar 2008 in Kraft (im Fall der Abgeltungsteuer am 1. Januar 2009). Die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage für die Gewerbe- und Körperschaftsteuer – ein erklärtes Ziel der Reformbemühungen37 – ist mit der Reform nicht erreicht worden. Stattdessen wurden die Bemessungsgrundlagen der Gewerbe- und der Körperschaftsteuer einander angeglichen, insbesondere indem für Personengesellschaften die Thesaurierungsbegünstigung in Verbindung mit einer Nachversteuerung i. H. d. Abgeltungsteuer eingeführt wurde. Die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes sollte durch das angesprochene tax-ratecut-cum-base-broadening erreicht werden. Es gelang, die nominale Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften von 38,6 Prozent auf 29,83 Prozent (bei einem angenommen Gewerbesteuerhebesatz i. H. v. 400 Prozent38) zu senken. Gleichzeitig wurde die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer (durch Abschaffung der degressiven Abschreibung, Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer, Hinzurechnung von Zinsen auf sämtliches Fremdkapital sowie des Aufwands für Mieten, Pachten und Lizenzen, Abschaffung des Staffeltarifs bei 34 Vgl. Fuest (2016a), ohne Seitenangabe, Haucap (2011), S. 26f., Schratzenstaller (2016), S. 859. 35 Vgl. Fuest (2016a), ohne Seitenangabe. 36 Vgl. CDU/CSU/SPD (2005), S. 81. 37 Vgl. Jarass/Obermaier (2006), S. 70. 38 15 % Körperschaftsteuersatz plus 5,5 % Solidaritätszuschlag plus 3,5 % (Gewerbesteuermesszahl) mal 400 % (Hebesatz). Die Steuerbelastung bis 2007 ergibt sich auf analogem Wege, jedoch unter Berücksichtigung des (vereinfachten) Betriebsausgabenabzugs der Gewerbesteuer (Fünf-Sechstel-Methode) und der bis 2007 geltenden Steuersätze und Steuermesszahlen für Kapitalgesellschaften.

38

Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

der Gewerbesteuermesszahl) deutlich verbreitert. Um den insbesondere infolge der Reduzierung der Steuermesszahl zu erwartenden Einnahmeausfällen der Gemeinden zu begegnen, wurde die Gewerbesteuerumlage abgesenkt (Senkung der Normalumlage von 32 Prozent auf 24 Prozent, s. Abschnitt 2.2.2). Ziel dieser Steuerpolitik waren die Verstetigung des Gewerbesteueraufkommens, das infolge des Wegfalls der Lohnsummen- und Gewerbekapitalsteuer naturgemäß sehr viel konjunkturanfälliger geworden war, die Verminderung der Verlagerung von Gewinnen ins Ausland und die Anziehung ausländischer Investoren. Ausländische Investitionen weisen signifikante Steuersatzelastizitäten bezüglich der Grenzbelastung (zusätzliche Investitionen) und insbesondere bezüglich der effektiven Durchschnittssteuersätze (Standortentscheidungen), die die Bemessungsgrundlage berücksichtigen, auf.39 Tax-rate-cut-cum-base-broadening-Reformen sollen die Standortattraktivität in Form niedrigerer Effektivsteuersätze erhöhen und gleichzeitig durch eine breitere Bemessungsgrundlage das Aufkommen (teilweise) stabilisieren. Der Sachverständigenrat schreibt in seinem Jahresgutachten 2004/2005: »Aufgrund der erhöhten Standortattraktivität kann eine solche Steuerpolitik selbst dann vorteilhaft sein, wenn sich die gegenläufigen Wirkungen von Steuersatzsenkungen und Verbreiterung der Bemessungsgrundlage auf die für die Investitionsentscheidungen standortgebundener Unternehmen relevanten Kapitalnutzungskosten teilweise oder sogar vollständig aufheben.«40 Durch die Reduktion des Steuersatzes und der Steuermesszahl gelang, trotz Abschaffung des Betriebsausgabenabzugs der Gewerbesteuer, eine Netto-Entlastung der körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen. Für Personengesellschaften wurde im Gegenzug der pauschalierte Abzug der Gewerbevon der Einkommensteuer vom 1,8- auf das 3,8-fache des Steuermessbetrags erhöht. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist die Gewerbesteuer also (unabhängig von der tatsächlichen Höhe des Hebesatzes und unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags) maximal bis zu einem Hebesatz von 401 Prozent und bis zur Höhe der tatsächlichen Gewerbesteuerzahlung von der Einkommensteuer abziehbar. Im Ergebnis ist es durch die Unternehmensteuerreform, entgegen der Entwicklung in den vorangegangenen 28 Jahren, zu einer Aufwertung der Gewerbesteuer gegenüber der Einkommen- und der Körperschaftsteuer gekommen, ohne tiefgreifende, steuersystematische Änderungen an ihr vorzunehmen (»Revitalisierung der Gewerbesteuer«). Die Hinzurechnung ertragsunabhängiger Elemente sollte die Gewerbesteuer weniger konjunkturabhängig machen, bewirkte letztlich jedoch auch eine Verschärfung der Substanzbesteuerung. Gleichzeitig ist die Gewerbesteuer auch für körperschaftsteuerpflichtige Un39 Vgl. de Mooij/Ederveen (2008), S. 685 und S. 695f., Schratzenstaller (2016), S. 859. 40 Sachverständigenrat (2004), Tz. 770.

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

39

9 7 5 3 1 -1

1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015

Auswirkungen der Finanzkrise

Gewerbesteuer (ne"o)

Gewerbesteuerumlage

Reformen

Abbildung 2–1: Aufkommen der Gewerbesteuer und der Gewerbesteuerumlage in NordrheinWestfalen (Mrd. Euro) sowie ausgewählte Reformen (1977 bis 2016) Quelle: Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), Realsteuervergleich, eigene Darstellung.

ternehmen zur wichtigsten Steuer geworden41, was insbesondere – aber nicht nur – für Gemeinden im grenznahen Raum eine verstärkte Verflechtung in den internationalen Steuerwettbewerb bedeutet. Nicht gelungen sind hingegen die Einführung einer einheitlichen, rechtsformunabhängigen Bemessungsgrundlage und die Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuer. Nimmt man die Gewerbebetriebe hinzu, deren steuerbarer Gewerbeertrag unterhalb des Freibetrags von 24.500 Euro liegt, wird nur ein Bruchteil der Gewerbebetriebe durch die Gewerbesteuer zur Finanzierung der kommunalen Leistungen herangezogen.

2.2.2 Gewerbesteuerumlage Die Gewerbesteuerumlage wurde 1969 im Rahmen des Gemeindefinanzreformgesetzes eingeführt. Zielsetzung der Gemeindefinanzreform war es, wie erwähnt, das Übergewicht der Gewerbesteuer an der Kommunalfinanzierung abzubauen (qualitative Komponente). Deren Aufkommen war bis 1966 auf über 80 Prozent der gesamten Gemeindeeinnahmen angestiegen. Die Bundesregierung beabsichtigte daher eine Senkung des Gewerbesteueraufkommens um 40 Prozent. Im Gegenzug sollten die Gemeinden am Einkommensteueraufkommen beteiligt werden, wobei der Einkommensteueranteil die Gewerbesteuersenkung übersteigen sollte, sodass die Finanzierungssituation der Gemeinden verbessert würde (quantitative Komponente). Ohne eine Erhöhung anderer Steuern hätte diese Reform den Bundes- und die Länderhaushalte mit 41 Vgl. Weiblen (2009), S. 177.

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

etwa zwei Milliarden Euro belastet. Angesichts einer ohnehin ausstehenden Reform der Gewerbesteuer vermied die Bundesregierung jedoch eine Erhöhung der Einkommen- oder der Umsatzsteuer und entschied sich für eine Zwischenlösung: Die Gemeindefinanzreform wurde durchgeführt, zunächst jedoch ohne die Gewerbesteuer abzusenken. Stattdessen sollten die Gemeinden in den Jahren 1970 und 1971 40 Prozent des Gewerbesteueraufkommens an Bund und Länder abführen und ab 1972 eine allgemeine Senkung des Gewerbesteueraufkommens erfolgen. Bis 1972 sollte also eine allgemeine Steuerreform in Kraft treten, in deren Folge das Gewerbesteueraufkommen gesenkt und die Gewerbesteuerumlage wieder abgeschafft werden könnte. Weder eine Festlegung auf die Gewerbesteuerreform noch die ursprünglich intendierte zeitliche Befristung der Umlage wurde, entgegen früherer Vorhaben, im Gemeindefinanzreformgesetz verankert.42 Die Gewerbesteuerumlage setzt direkt am Gewerbesteuermessbetrag an. Das heißt, ihre Höhe ist unabhängig von den Hebesätzen der Gemeinden. Die Beweglichkeit des Gewerbesteueraufkommens wird daher von der Umlage nicht beeinflusst.43 Der »Vervielfältiger«, d. h. der Umlagesatz, setzt sich seit 1995 aus der »Normal«-Umlage (Bundes- und Landesvervielfältiger), einem zusätzlichen Landesvervielfältiger und der sog. Erhöhungszahl zusammen. Zum Zeitpunkt der Einführung der Gewerbesteuerumlage betrug der Umlagesatz 120 Prozent. Dieser Satz führte bei einem durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz von 300 Prozent zu einem Umlageaufkommen i. H. v. durchschnittlich 40 Prozent des örtlichen Gewerbesteueraufkommens. Die Umlage sollte die Funktion eines Ausgleichs für das dem Bund und den Ländern entgangene Einkommensteueraufkommen übernehmen, und weil beide jeweils hälftig an diesem Aufkommen beteiligt waren, wurden der Bundes- und der Landesvervielfältiger auf jeweils 60 Prozent festgesetzt. Die hälftige Aufteilung dieser Normal-Umlage ist bis heute bestehen geblieben. Die Höhe des Normal-Umlagesatzes wurde, begleitend zu den Reformen der Gewerbesteuer (nach Abschaffung der Lohnsummensteuer 1980, der Kürzung der Hinzurechnungen von Dauerschuldzinsen 1983, der Erhöhung der Freibeträge und Senkung der Gewerbesteuermesszahlen 1993 und der Unternehmensteuerreform 2008), jeweils angepasst, um die Gemeinden i. H. d. zu erwartenden Mindereinnahmen zu entlasten. Die Gewerbesteuerumlage wurde hierbei auch als Stellschraube genutzt, um Änderungen der relativen Finanzposition von Bund, Ländern und Gemeinden infolge der Steuergesetzgebung auszugleichen.44 Allerdings sind zu ihrer primären Funktion als (befristetes) 42 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2015b), S. 6–14. 43 Vgl. Zimmermann (2009), 174. 44 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2015b), S. 29.

41

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

»Tauschobjekt« für die Beteiligung der Kommunen an der weniger konjunkturempfindlichen und zwischen den Gemeinden gleichmäßiger verteilten Einkommensteuer weitere Aufgaben hinzugetreten. Seit 1991 (befristet bis 2019) werden die Gemeinden in den alten Bundesländern im Rahmen einer erhöhten Umlage an den Kosten des Fonds »Deutsche Einheit« und am Solidarpakt und seit 1995 durch einen zusätzlichen Landesvervielfältiger an den Kosten der Reform des bundesstaatlichen Finanzausgleichs beteiligt. Die Gemeinden tragen durch die Gewerbesteuerumlage einen Anteil i. H. v. 20 Prozent der finanziellen Lasten der Bundesländer aus der deutschen Einheit.45 Als Ausgleich für die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer im Jahr 1998 wurden die Gemeinden an der Umsatzsteuer beteiligt. Hierdurch sank der Umsatzsteueranteil der Länder um 2,2 Prozent. Im Gegenzug wurde der Landesvervielfältiger erhöht. Diese Erhöhung betrug zunächst sieben, seit 2001 sechs Prozentpunkte.46 Seit 1993 führen auch die Gemeinden in den neuen Bundesländern die Gewerbesteuerumlage ab.47 Der Vervielfältiger für die neuen Bundesländer besteht nur aus der Normal-Umlage und dem erhöhten Anteil an dem zusätzlichen Landesvervielfältiger.48 9

120

8

100

7

80

6 5

60

4

40

3 2

20

1 0

0 1991

1993

1995

1997

1999

2001

Auswirkungen der Finanzkrise

2003

2005

2007

2009

Gewerbesteuerumlage

2011

2013

2015

Umlagesatz

Abbildung 2–2: Gesamtaufkommen der Gewerbesteuerumlage in Mrd. Euro und Entwicklung des Umlagesatzes in den alten Bundesländern (1991 bis 2016) Quelle: Bundesministerium der Finanzen (2015b), kassenmäßige Steuereinnahmen, eigene Darstellung.

45 Weitere 20 % der Kosten der Bundesländer übernehmen die Gemeinden auf dem Wege einer Reduzierung der Finanzausgleichsmasse im kommunalen Finanzausgleich. 46 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2015b), S. 19–23. 47 Für die Jahre 1991 und 1992 sowie 1997 (infolge der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer) wurden sie von der Umlage befreit. 1998 führten sie sie lediglich in Höhe des neuen Landesvervielfältigers (sieben Prozent) ab. 48 Für eine Übersicht über die Entwicklung des Umlagesatzes vgl. Anhang A1.

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

Seit 1995 besteht der Vervielfältiger für die Gemeinden in den alten Bundesländern aus drei Teilen. Die Gewerbesteuerumlage wird demzufolge seit 1991 verstärkt als vertikales Finanzausgleichsinstrument genutzt. Für die Gemeinden besteht hierin ein gewisses Risiko, nicht zuletzt, weil die Höhe des Vervielfältigers durch Rechtsverordnung der Bundesregierung nach Zustimmung des Bundesrats festgelegt wird.49 Die Gemeinden selbst sind am Gesetzgebungsverfahren nicht beteiligt. Dieses Risiko hat sich in der Vergangenheit zum Beispiel an erfolglosen Forderungen der Gemeinden zur Beteiligung an unerwartet geringen Belastungen aus der Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs gezeigt.50 Zudem wurde der Umlagesatz im Zuge der Einkommensteuerreform 2000 schrittweise von 81 Prozent auf 114 Prozent (2003) angehoben, um Mehrbelastungen des Bundes und der Länder auszugleichen. Jedoch brachen im Zuge der Reform auch die Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinden ein.51 Die Umlage wurde jedoch erst ab dem Jahr 2004 auf ihr ursprüngliches Niveau zurückgeführt (vgl. Abbildung 2–2). Im Jahr 2018 beträgt der Vervielfältiger in den alten Bundesländern 68,3 Prozent. 2016 belief sich das Umlageaufkommen deutschlandweit auf etwa 7,8 Milliarden Euro bzw. 15,6 Prozent des Gewerbesteueraufkommens. Im Zusammenspiel mit dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer hat die Gewerbesteuerumlage zu einer Verstetigung des Gemeindesteueraufkommens geführt und zu einer gleichmäßigeren interkommunalen Steuerkraftverteilung (horizontaler Ausgleichseffekt) beigetragen. Zudem bewirkte die Gemeindefinanzreform eine deutliche Stärkung der kommunalen Finanzmasse, weil die Lohn- und die veranlagte Einkommensteuer ein deutlich stärkeres Wachstum erfahren haben als die Gewerbesteuer. Dem Anstieg des Aufkommens aus der Lohn- und der veranlagten Einkommensteuer um 237,5 Prozent zwischen 1968 und 1978 stand ein Anstieg des Gewerbesteueraufkommens von »nur« 137,6 Prozent im gleichen Zeitraum gegenüber.52 Das Aufkommen des Einkommensteueranteils übersteigt seit der Durchführung der Finanzreform das Aufkommen der Gewerbesteuerumlage. Gleichzeitig schmälert die Umlage durch die Abschöpfung eines Teils des Gewerbesteueraufkommens jedoch die Einnahmenautonomie der Gemeinden. Der Tausch eines Teils der beweglichen Gewerbesteuer gegen eine Beteiligung an der Einkommensteuer, die für die Gemeinden den Charakter einer starren, jedoch vergleichsweise gut planbaren Zuweisung besitzt, bedeutet eine Abnahme der Beweglichkeit des gesamten Steueraufkommens (vgl. Abschnitt 2.2.7). 49 Einzige Ausnahme hiervon ist die Höhe des Vervielfältigers bzgl. der Kosten der Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. 50 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2015b), S. 22. 51 Vgl. Bertelsmann Stiftung (2006b), S. 23. 52 Vgl. Matthöfer (1980), S. 227.

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

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2.2.3 Grundsteuer Im Gegensatz zur Gewerbesteuer blickt die zweite Steuer, für die die Gemeinden in Deutschland mit einem Hebesatzrecht ausgestattet sind, auf eine lange Tradition zurück. Grundsteuern sind in China bis in das Jahr 2000 v. Chr. zurück verfolgbar und wurden auch im alten Ägypten und im römischen Reich erhoben.53 Auf deutschem Boden wurde eine flächendeckende Grundsteuer erstmals im 19. Jh. erhoben, nachdem Napoleon in Preußen die Erstellung eines Katasters initiiert hatte. In ihrer heutigen Form geht die Grundsteuer, ebenso wie die Gewerbesteuer, auf die Realsteuerreform des Jahres 1936 zurück, mit der sie vereinheitlicht und die Erhebungskompetenz den Gemeinden übertragen wurde. In der Nachkriegszeit wurde sie zeitweise durch Landesrecht geregelt, bis 1951 ein bundeseinheitliches Grundsteuergesetz verabschiedet wurde.54 Mit Ausnahme der Hauptfeststellung der Einheitswerte zum 01. Januar 1964 und der folgenden Reform des Grundsteuergesetzes im Jahr 1973 wurden an der Grundsteuer keine wesentlichen Änderungen mehr vorgenommen.55 Steuersystematisch stellt die Grundsteuer eine Realsteuer dar, die am Grundvermögen ansetzt und mit der die Sollerträge des Produktionsfaktors »Boden«, unabhängig davon ob derlei Erträge tatsächlich anfallen, besteuert werden sollen. Historisch stellt diese Form der Besteuerung, wie im Fall der Gewerbesteuer, ein Notbehelf zur Erfassung von praktisch nicht beobachtbaren Erträgen dar.56 Während bei der Gewerbesteuer inzwischen jedoch (weitgehend) die Abkehr von der Sollertrags- auf eine Ist-Ertragsbesteuerung vollzogen werden konnte, hat sich die Grundsteuer seit 1936 als außerordentlich reformresistent erwiesen. Sie stellt eine Objektsteuer dar, die vollständig ohne den Begriff des Steuersubjekts auskommt. Im Mittelpunkt stehen der Steuergegenstand und der Steuerschuldner.57 53 Vgl. Zimmermann (2009), S. 154. 54 Vgl. DSi (2013), S. 214. 55 Die Einheitswerte wurden erstmals zum 01. Januar 1974 angewandt, waren zu diesem Zeitpunkt also bereits zehn Jahre alt. Das Grundsteuerreformgesetz von 1973 entspricht weitgehend dem Gesetz von 1951. Wesentliche Änderung waren neue Steuermesszahlen, die niedriger waren als zuvor und nun nach Nutzungsart des Grundstücks unterschieden (vgl. Tabelle 2–6). Die seither einzige Änderung des Grundsteuergesetzes von 1973 betrifft die Änderung des § 33 (Erlaß wegen wesentlicher Ertragsminderung) für Betriebe der Landund Forstwirtschaft zum Kalenderjahr 2008. Zudem wurde für die Jahre 1961 und 1962 die Baulandsteuer (»Grundsteuer C«) in das Grundsteuergesetz aufgenommen (vgl. BGBl. I Nr. 30/1960). Ihr Aufkommen betrug 1962 50 Mio. DM, dies entsprach 3 % der Grundsteuereinnahmen bzw. 0,5 % der Gemeindeeinnahmen. 56 Eine andere Meinung vertritt Zimmermann (2009), S. 156. Dort wird die Sollertragsbesteuerung mit den positiven Eigenschaften einer »Anspornsteuer« gerechtfertigt. Zu Anspornsteuern wiederum kritisch: Schmölders (2007), S. 379f. 57 Vgl. Rose (1997), S. 89.

44

Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

Steuergegenstand der Grundsteuer ist inländischer Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes. Es wird zwischen »Betrieben der Land- und Forstwirtschaft« (§§ 33, 48a, 51a und 99 Abs. 1 Nr. 2 BewG), die mit der Grundsteuer A belastet werden, und allen übrigen »Grundstücken« (auch wenn diese zum Grundvermögen eines Betriebs gehören, §§ 68, 70 und 99 Abs. 2 Nr. 1 BewG), die mit der Grundsteuer B belastet werden, unterschieden. Allerdings gelten nach den §§ 3 bis 8 GrStG Steuerbefreiungen für bestimmte Rechtsträger, z. B. wenn die Grundstücke der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben (Polizei, Bundeswehr), dem Gottesdienst, dem öffentlichen Verkehr, der Wissenschaft und dem Unterricht oder gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen. Bemessungsgrundlage der Grundsteuer ist in den alten Bundesländern der zu Beginn des Kalenderjahres maßgebliche »Einheitswert«. In den neuen Bundesländern gilt dagegen für Wohnungen entweder der Einheitswert aus dem Jahr 1935 oder, wenn kein Einheitswert vorliegt, die Wohn- und die Nutzfläche (sog. »Ersatzbemessungsgrundlagen«); für land- und forstwirtschaftliches Vermögen gelten Ersatzbemessungsgrundlagen (§ 125 BewG). Sofern der Einheitswert von 1935 die Bemessungsgrundlage darstellt, kommen die höheren Steuermesszahlen aus der Grundsteuerdurchführungsverordnung des Jahres 1937 zur Anwendung, die bis 1973 auch für die alten Bundesländer galten (vgl. Tabelle 2– 6). Andernfalls beträgt die Bemessungsgrundlage gemäß § 42 GrStG für Wohnungen ein Drittel von einem Euro je qm Wohnfläche.58 Steuerschuldner der Grundsteuer ist laut § 10 GrStG »derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist«. In der Regel ist dies der Eigentümer des Grundstücks. Bei mehreren Personen gelten diese als Gesamtschuldner. Fällig ist die Grundsteuer jeweils zu einem Viertel des jährlichen Steuerbetrags im Abstand von drei Monaten oder – auf Antrag – jahresweise zum 01. Juli. Dies gilt für Selbstnutzer einer Immobilie bzw. für den Eigentümer einer vermieteten Immobilie. Vermieter können die Grundsteuer jedoch gemäß § 2 BetrKVauf den Mieter umlegen. In diesem Fall leistet der Mieter monatliche Vorauszahlungen für die Nebenkosten. Einmal jährlich werden diese im Rahmen der Nebenkostenabrechnung abgerechnet. Der Einheitswert Die Festsetzung des Einheitswertes ist durch das Bewertungsgesetz geregelt. Die Einheitswerte der zu besteuernden Grundstücke wurden für die neuen Bundesländer 1935 und für die Grundstücke in den alten Bundesländern 1964 im Rahmen des ersten und bisher einzigen Hauptfeststellungsverfahrens ermittelt. 58 Ungefährer Wert, es sind Rundungen zu beachten. Für bestimmte Wohnungen (z. B. Wohnungen ohne Innen-WC) beträgt die Bemessungsgrundlage ungefähr 25 Cent je qm Wohnfläche.

Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

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Bei Abrissen wird der Einheitswert aufgehoben, für Neubauten erfolgt eine Neufeststellung und infolge baulicher Veränderungen muss eine Nachfeststellung durch die Finanzbehörden vorgenommen werden. Jeglichen Nach- und Neufeststellungen des Einheitswertes werden die Wertverhältnisse (Bodenpreis-, Mietpreis- und Baupreisverhältnisse) im Hauptfeststellungszeitpunkt, also zum 01. 01. 1964, zugrunde gelegt. Die Finanzbehörden greifen hierzu auf Daten zu den historischen Mietpreis- und Baukostenverhältnissen zurück. In der ursprünglichen Konzeption war beabsichtigt, dass die Einheitswerte in Form eines »gemeinen Wertes« die tatsächlichen Wertverhältnisse (Markt- bzw. Verkehrswerte) möglichst genau widerspiegeln. Daher waren im Abstand von sechs Jahren stattfindende Hauptfeststellungen vorgesehen. Im Bewertungsgesetz wird zwischen land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, Grundvermögen und Betriebsvermögen unterschieden. Bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen kommt ein vergleichsweise kompliziertes »vergleichendes Verfahren zur Ermittlung des Ertragswerts«59 zur Anwendung, bei dem u. a. nach der Nutzungsart, der Bodenbeschaffenheit, den klimatischen Verhältnissen und den lokalen Preisen und Löhnen unterschieden wird. Nur in den alten Bundesländern zählen auch die (durch das Ertragswertverfahren ermittelten und um 15 Prozent reduzierten) Einheitswerte der Wohngebäude zu diesem Betriebsvermögen, soweit sie der Familie des Betriebsinhabers zu Wohnzwecken dienen. Für Mietwohn-, Geschäfts- und Grundstücke mit gemischter Nutzung sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser kommt in der Regel das Ertragswertverfahren zur Anwendung. Hierzu wird die »Jahresrohmiete« (§ 79 BewG), d. h. das gesamte für die Grundstücksnutzung jährlich vom Mieter zu entrichtende Entgelt (Miete einschließlich sämtlicher Gebühren, die durch die Gemeinde unmittelbar vom Mieter erhoben werden, und Betriebskosten mit Ausnahme von Untermietzuschlägen, Betriebskosten der Zentralheizung und Fahrstuhlkosten), festgestellt bzw. für Eigennutzer sowie für ungenutzte oder unentgeltlich überlassene Grundstücke die »übliche Miete«, also die für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlte Miete, geschätzt. Die Jahresrohmiete wird mit dem im Bewertungsgesetz festgesetzten »Vervielfältiger« multipliziert, der nach Grundstücksart, Bauart und -ausführung sowie Baujahr und Einwohnerzahl der Belegenheitsgemeinde variiert (Anlage 3 bis 8 BewG). Für unbebaute Grundstücke und für Grundstücke, für die sich keine Jahresrohmiete ermitteln lässt (z. B. Luxusbauten), kommt das Sachwertverfahren zur Anwendung. Hierzu werden der Bodenwert (geschätzter Verkehrswert, bzw. »gemeiner Wert«), der Gebäudewert (durchschnittliche Herstellungskosten nach Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt unter Berück59 Vgl. §§ 38 bis 41 BewG.

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

sichtigung von Wertminderungen wegen Alters und baulicher Mängel und Schäden sowie sonstiger Ermäßigungen oder Erhöhungen) und der Wert der Außenanlagen (z. B. Umzäunungen und Wege- und Platzbefestigungen) miteinander zum »Ausgangswert« addiert und dieser mit einer durch Rechtsverordnung festgesetzten »Wertzahl« (zwischen 50 und 85 Prozent) multipliziert. Die Wertzahl soll wertbeeinflussende Umstände wie die Gemeindegröße und die Zweckbestimmung des Grundstücks berücksichtigen und den Ausgangswert an den gemeinen Wert angleichen. Tabelle 2–6: Grundsteuermesszahlen für Grundvermögen in % des Einheitswerts Neue Länder Gemeindegruppea) a b c

Alte Länder

Einfamilienhaus

bis 38.346,89 des EHWb)

2,6

darüber

3,5

Zweifamilienhaus

3,1

Andere Grundstücke

3,5

Altbauc)

Neubaud)

bis 15.338,76 des EHW

10

8

6

darüber bis 15.338,76 des EHW

10 8

10 6

10 5

darüber

8 10

7 10

6 10

8

7 10

6

Altbau Neubau für gewerbliche Zwecke

sonst 5 Anmerkungen: a) Gemeindegruppe a: bis 25.000 Einwohner, b: 25.000 bis 1.000.000 Einwohner, c: über 1.000.000 Einwohner (nach Ergebnis der Volkszählung von 16. Juni 1936); b) Einheitswert; c) Gebäude, die bis zum 31. März 1924 bezugsfertig geworden sind, d) Gebäude die nach dem 31. März 1924 bezugsfertig geworden sind Quelle: Grundsteuerdurchführungsverordnung vom 1. Juli 1937, eigene Darstellung.

Der Einheitswert wird mit der Steuermesszahl zum Grundsteuermessbetrag multipliziert. Die Steuermesszahl beträgt für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einheitlich 6 v. T. Für alle übrigen Grundstücke differenziert sie nach der Grundstücks- bzw. Gebäudeart (vgl. Tabelle 2–6). In den alten Bundesländern kommen dabei die Steuermesszahlen gemäß § 15 GrStG, in den neuen Bundesländern dagegen die höheren Zahlen gemäß §§ 29 bis 33 der Grundsteuerdurchführungsverordnung aus dem Jahr 1937 zur Anwendung. Auf den Steuermessbetrag wenden die Gemeinden den Grundsteuerhebesatz an. Die

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Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

Gemeinden können einen Hebesatz i. H. v. null wählen, also auf die Erhebung der Grundsteuer verzichten.60 3.000.000

600

2.500.000

500

2.000.000

400

1.500.000

300

1.000.000

200

500.000

100

0

0 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015

Grundbetrag GSt A und B

Grundbetrag GewSt

Hebesatz GSt B

Hebesatz GewSt

Abbildung 2–3: Gewogener Durchschnitt der Hebesätze (rechte Skala) und der Grundbeträge der Gewerbesteuer- und Grundsteuer (linke Skala, in Tsd. Euro) in Nordrhein-Westfalen (1977 bis 2015) Quelle: Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), eigene Darstellung.

Die Grundsteuer verfügt über eine (insbesondere im Vergleich zur Gewerbesteuer) konjunkturunabhängige Bemessungsgrundlage, die im Zeitverlauf jedoch ein geringes Wachstum aufweist (vgl. Abbildung 2–3). Sie erbrachte im Jahr 2015 ein Aufkommen i. H. v. etwa 13,2 Mrd. Euro, wovon 3,4 Mrd. Euro auf Nordrhein-Westfalen entfielen. In den letzten 20 Jahren beträgt ihr Anteil an den Gemeindeeinnahmen in Deutschland etwa 13 bis 16 Prozent, in Nordrhein-Westfalen liegt der Anteil mit 14 bis 18 Prozent etwas höher und er lag insbesondere im Jahr 2015 – trotz der guten konjunkturellen Lage und daher vergleichsweise hohen Gewerbesteuereinnahmen – mit über 16 Prozent ca. 3,5 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Der Grund hierfür sind die in den vergangenen Jahren stetig steigenden und erstmals seit den Siebzigerjahren die Gewerbesteuerhebesätze übersteigenden Grundsteuerhebesätze. Bezüglich der Hebesatzhöhe in den nordrhein-westfälischen Gemeinden ist auffällig, dass sie im Jahr 2003 den Durchschnitt der Gewerbesteuerhebesätze erreicht hatte und sich beide Hebesätze fortan im Durchschnitt parallel be-

60 Laut Realsteuerstatistik erhoben 2015 bundesweit 10 Gemeinden keine Grundsteuer, die mit einer Ausnahme jedoch alle weniger als 600 Einwohner aufweisen.

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

wegten. Ab dem Jahr 2010 lösten sich die Grundsteuerhebesätze und stiegen stark an, während die Gewerbesteuersätze eine moderate Entwicklung zeigten.

2.2.4 Gemeindeanteil an der Einkommensteuer Bis zum Ende des Kaiserreichs bildeten Zuschläge zur Einkommensteuer, deren Steuerhoheit noch bei den einzelnen Ländern lag, die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinden.61 Erst mit der Zentralisierung der Finanzverwaltung im Rahmen der Erzbergerschen Finanzreformen von 1919 bis 1920 wurden die Einkommen- und die Körperschaftsteuer erstmalig zu einer im ganzen Reichsgebiet einheitlichen »Reichssteuer« (bzw. »Reichsüberweisungssteuer« wie die Gemeinschaftssteuern damals genannt wurden). An deren Einnahmen waren die Länder zunächst zu 75 Prozent nach dem örtlichen Aufkommen (und zwischenzeitlich zu 90 Prozent) beteiligt. Die Gemeinden wiederum konnten Ansprüche auf einen Anteil am Einkommensteueraufkommen nur dem eigenen Land gegenüber geltend machen. Im Jahr 1925 wurde den Gemeinden, die seit 1919 stets auf ein auf die einzelne Gemeinde abstellendes, selbständiges Besteuerungsrecht bei der Einkommensteuer bestanden hatten, zum 01. April 1927 die Wiedereinführung eines Zuschlagsrechts zugesagt. Aufgrund der unübersichtlichen Finanzlage des Reichs wurde die Einführung jedoch zunächst auf das Jahr 1929 verschoben und infolge der Weltwirtschaftskrise nicht mehr umgesetzt. Stattdessen wurde 1930 die zunächst als Kopfsteuer ausgestaltete und ab 1931 an Einkommensklassen anknüpfende »Bürgersteuer« eingeführt, um »das Gefühl dafür wach(zu)rufen und (zu)erhalten, daß Gleichberechtigung Pflichten der Gemeinschaft voraussetzt«.62 Vorrangige Ziele der Steuer waren freilich eine Verbesserung der Einnahmen der Gemeinden und eine Stärkung ihrer Selbstverwaltung. Sie war reichsgesetzlich geregelt, jedoch verfügten die Gemeinden über ein Hebesatzrecht. Die Bemessungsgrundlage war der Jahresbruttoarbeitslohn, gestaffelt nach sechs Einkommensklassen bis 16.000 RM, denen feste Steuermessbeträge zwischen drei und 24 RM zugeordnet waren. Zur Bürgersteuer wurden auch einkommensteuerfreie Personen, sofern sie älter waren als 18 Jahre, herangezogen. Bestimmte (Kinder-)Freibeträge wurden berücksichtigt. 1939 betrugen die Hebesätze durchschnittlich 500 Prozent. Die Steuer wurde auf dem Wege des Lohnabzugsverfahrens in 12 bzw. 24 Teilbeträgen eingezogen. 1942 wurde sie aufgehoben und der Reichseinkommensteuer einverleibt.63 61 Vgl. Sander (2001), S. 449. 62 Most (1930), S. 95, Zitation und Ergänzungen in Klammern nach Voigt (1975), S. 100. 63 Vgl. Voigt (1975), S. 84–113. Zur Erhebung der Bürgersteuer s. Müller (1954), S. 134f.

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Die gesetzlichen Bestimmungen der Finanzverfassung sahen nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst keine unmittelbare Beteiligung der Gemeinden am Einkommensteueraufkommen vor. Erst mit dem Gemeindefinanzreformgesetz wurde der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer eingeführt. Er sollte als einkommensbezogene Einnahmequelle neben die wirtschaftskraftbezogene Gewerbesteuer und die Grundsteuer treten und das Finanzierungsloch stopfen, das den Gemeinden durch die angestrebte Reduzierung des Gewerbesteueraufkommens entstand. Die Reformkommission verfolgte mit diesem Vorschlag sowohl das quantitative Ziel einer Aufwertung der gemeindlichen Finanzkraft, sodass der Einkommensteueranteil die Senkung des Gewerbesteueraufkommens übertreffen sollte, als auch das qualitative Ziel einer Stärkung der Einnahmenautonomie und somit der Selbstverwaltung der Gemeinden. Sie schlug daher ein begrenztes Hebesatzrecht vor. Zum einen sollte die Bemessungsgrundlage auf Einkommensteuerzahlungen bzgl. der untersten, proportional ausgestalteten Tarifstufe beschränkt werden und zum anderen die Hebesatzhöhe nicht weniger als 80 Prozent und nicht mehr als 120 Prozent betragen dürfen. Starke Aufkommensstreuungen zwischen den Gemeinden sollten so vermieden werden.64 Im Zuge der Gemeindefinanzreform wurde ein Gemeindeanteil an der Einkommensteuer eingeführt, doch zunächst ohne das vorgesehene Hebesatzrecht zu verwirklichen. Der Gesetzgeber beabsichtigte jedoch dessen zeitnahe Einführung und schuf daher mit Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG, gemeinsam mit den ohnehin anstehenden Verfassungsänderungen, die gesetzlichen Voraussetzungen hierzu.65 Bis heute wird von der Möglichkeit beweglicher Hebesätze jedoch kein Gebrauch gemacht. Die gesetzliche Grundlage für den Gemeindeanteil bildet Art. 106 Abs. 5 GG in Verbindung mit § 1 GemFinRefG. Erstmals wurden die Gemeinden 1970 mit einem Anteil von 14 Prozent am Aufkommen der Lohnund der veranlagten Einkommensteuer beteiligt. Zur Kompensation der Gewerbesteuerausfälle infolge der Abschaffung der Lohnsummensteuer wurde der Anteil ab 1980 auf 15 Prozent erhöht. Daneben sind die Gemeinden seit 1994 mit 12 Prozent am Aufkommen der neuen Kapitalertragsteuer (ab 1994 Zinsabschlagsteuer, seit 2009 Abgeltungsteuer) beteiligt, da infolge ihrer Einführung deutliche Mindereinnahmen beim Einkommensteueraufkommen erwartet wurden. Weil der körperschaftliche Anteil am Aufkommen der Kapitalertragsteuer auf 20 Prozent geschätzt wurde und die Gemeinden nur in dem Maße am

64 Außerdem sollten die Hebesätze nur in 10 %-Schritten festgelegt werden, also 80, 90, 100, 110 oder 120 % betragen dürfen, um ein einfaches Erhebungsverfahren sicherzustellen (vgl. Kommission für die Finanzreform (1966), S. 109). 65 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2015b), S. 9.

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

Aufkommen beteiligt werden sollen, wie er sich auf Einkommensteuerpflichtige bezieht, wurde ihr Anteil auf 12 Prozent festgelegt.66 Vor der Verteilung auf die Gemeinden wird der Gemeindeanteil zunächst den Ländern zugeteilt (sog. Zerlegung). Hierfür ist das Wohnsitzprinzip maßgebend, d. h. das Einkommensteueraufkommen steht demjenigen Land zu, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Nach § 7 ZerlG bilden diejenigen Lohnsteuerzahlungen, die von den Arbeitgebern für Arbeitnehmer mit Wohnsitz in einem anderen Bundesland an das Betriebsstätten-Finanzamt abgeführt wurden, die Zerlegungsanteile der Wohnsitzländer, gemessen in Prozent der vereinnahmten Lohnsteuer der jeweiligen Einnahmeländer. Die so ermittelten Einkommensteueraufkommen der Länder bilden die Grundlage für die Anteile der Länder am Gemeindeanteil. Die Länder leiten diese Anteile auf Grundlage eines Schlüssels an ihre Gemeinden weiter. Maßgeblich für die Verteilung des Anteils auf die Gemeinden sind die »Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner« (Art. 106, Abs. 5 GG). Der Gemeindeanteil einer Gemeinde entspricht dem Anteil der Einkommensteuerleistungen aller Bürger einer Gemeinde am gesamten Steueraufkommen des Bundeslands. Hierzu werden die Einkommen gemäß § 3 GemFinRefG jedoch nur bis zu einer Höchstgrenze von 35.000 Euro für Unverheiratete bzw. 70.000 Euro für Verheiratete angerechnet.67 Einkommensteuerleistungen auf darüber hinausgehende Beträge werden an dieser Grenze gekappt und bleiben ohne Wirkung für die Verteilung des Gemeindeanteils. Nachteile, die weniger einkommensteuerstarken Gemeinden andernfalls entstünden, und eine stärkere Streuung des Aufkommens zwischen den Gemeinden werden auf diese Weise abgemildert. Eine extrem niedrige Obergrenze oder gar eine Obergrenze i. H. v. null Euro würde den Einfluss der Unterschiede im Einkommensgefälle zwischen den Gemeinden auf den Gemeindeanteil weitgehend bzw. vollständig einebnen. Im letzteren Fall würde die berücksichtigte Steuerkraft allein auf die Anzahl der Steuerpflichtigen abstellen. Bei seiner Einführung waren von verschiedener Seite höhere und sogar der vollständige Verzicht auf Obergrenzen für den Verteilungsschlüssel gefordert worden, weil man zum einen eine Benachteiligung der bisher gewerbesteuerstarken Gemeinden befürchtete und zum anderen eine geeignete Grundlage für das den Gemeinden zu übertragende Hebesatzrecht schaffen wollte. Die Berücksichtigung einer Bemessungsgrenze bei gleichzeitiger Anwendung gemeindespezifischer Hebesätze hätte nämlich eine Besserstellung einkommensstarker und eine

66 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2015a), S. 5. 67 Diese Werte gelten seit 2012 und sind bundeseinheitlich. Die Grenzen werden regelmäßig angepasst. Bis 2006 galten in den neuen Bundesländer niedrigere Höchstwerte als in den alten Bundesländern.

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höhere Belastung einkommensschwacher Personen bedeutet – eine Position, der sich insbesondere die SPD nicht anschließen wollte.68 Die für die Verteilung notwendigen Steuerstatistiken werden im Rhythmus von drei Jahren der Lohn- und Einkommensteuerstatistik entnommen. Wegen verlängerter Fristen für die Steuerveranlagung stehen diese Statistiken jedoch frühestens fünf Jahre nach dem Veranlagungsjahr zur Verfügung. Der Gemeindeanteil für die Jahre 2015 bis 2017 stützt sich daher auf die Lohn- und Einkommensteuerstatistik für das Veranlagungsjahr 2010. Alle drei Jahre verändert sich die Datengrundlage. Dies kann für einzelne Gemeinden, insbesondere wenn zugleich eine Anpassung der Einkommensgrenzen vorgenommen wird, zu erheblichen Änderungen des Aufkommens führen. Zudem müssen Änderungen bzw. Anpassungen der Obergrenzen letztlich politisch erfolgen und bieten daher ein gewisses Konfliktpotenzial. Das Ziel einer qualitativen Verbesserung des Gemeindefinanzsystems durch eine Stärkung der Einnahmenautonomie der Gemeinden konnte angesichts des Verzichts auf bewegliche Hebesätze beim Einkommensteueranteil nicht erreicht werden. Dagegen hat der Gemeindeanteil eindeutig zu einer Verstetigung und zu einer Stärkung der Gemeindeeinnahmen beigetragen. Bereits im Jahr der Einführung übertraf sein Aufkommen die Gewerbesteuerumlage um etwa 1,2 Mrd. Euro. In den folgenden Jahren stieg er vergleichsweise stark an, während sich das Aufkommen der Gewerbesteuerumlage – vor allem infolge der Reduzierungen des Umlagesatzes – vergleichsweise statisch entwickelte bzw. zu Beginn der Achtzigerjahre sogar sank. 2015 betrug das Aufkommen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer 35,4 Mrd. Euro gegenüber 7,4 Mrd. Euro bei der Gewerbesteuerumlage. In den alten Bundesländern stellt der Einkommensteueranteil seit seiner Einführung nach der Gewerbesteuer die zweitwichtigste, in Nordrhein-Westfalen zeitweise sogar die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinden dar. Das Aufkommen ist konjunkturellen Schwankungen unterworfen, die jedoch deutlich geringer ausfallen als bei der Gewerbesteuer (vgl. Abbildung 2–4). Zudem schlagen sich insbesondere einkommensteuerrechtliche Änderungen (wie z. B. infolge der Einkommensteuerreform 2001 und der Unternehmensteuerreform 2008) in seinem Aufkommen nieder.

2.2.5 Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer Während der Weimarer Republik war die Umsatzsteuer, jedenfalls von 1920 bis 1923, die einzige Steuer, bezüglich der die Gemeinden einen direkten Anspruch auf einen Anteil (i. H. v. fünf Prozent) gegenüber dem Reich hatten. Ab 1924 68 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2015a), S. 10–13.

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8 6 4 2 0 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015

Auswirkungen der Finanzkrise Reformen

Gemeindeanteil Gewerbesteuer (ne"o)

Gewerbesteuerumlage

Abbildung 2–4: Aufkommen der Gewerbesteuerumlage und des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer in Nordrhein-Westfalen in Mrd. Euro (1977 bis 2015) Quelle: Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), eigene Darstellung.

leiteten die Länder einen Teil ihres Anteils am Umsatzsteueraufkommen, der im Zeitverlauf mehrmals geändert und 1940 schließlich abgeschafft wurde, an die Gemeinden weiter.69 In den folgenden 57 Jahren waren die Gemeinden nicht mehr am Umsatzsteueraufkommen beteiligt. Wenngleich bereits zu früheren Zeitpunkten wiederholt darüber diskutiert wurde70, wurden die Gemeinden erst 1998, als Kompensation für den Fortfall der Gewerbekapitalsteuer, am Aufkommen der Umsatzsteuer beteiligt. Hierzu wurde das Gemeindefinanzreformgesetz um die §§ 5a bis 5e ergänzt, in denen zunächst ein vorläufiger Schlüssel festgelegt wurde, demzufolge den alten Bundesländern 85 Prozent und den neuen Bundesländern 15 Prozent des Umsatzsteueranteils zugewiesen wurden und der bis zum 31. Dezember 1999 Bestand haben sollte.71 Die genaue Aufteilung auf die Länder und innerhalb der Länder auf die Gemeinden folgte einem Schlüssel, der am Gewerbesteueraufkommen, an der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und in den alten Bundesländern am Gewerbekapital des Jahres 1995 ansetzte. Dieser Schlüssel war, weil er u. a. am (in den neuen Bundesländern nicht nach dem Bewertungsgesetz bewerteten) Gewerbekapital anknüpfte, weder bundeseinheitlich noch war er fortschreibungsfähig. Die Länder und die kommunalen

69 Vgl. Voigt (1975), S. 87–112. 70 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982), S. 55. 71 Das Umsatzsteueraufkommen sollte die Gemeinden für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer entschädigen. Diese wurde in den neuen Bundesländern nicht erhoben, folglich lagen auch keine Informationen über das Gewerbekapital vor. Das Einnahmepotenzial bzgl. der Gewerbekapitalsteuer in den neuen Bundesländern musste daher geschätzt werden. Hieraus wurde der 15-prozentige Anteil abgeleitet (vgl. Deutscher Bundestag (2008), S. 8).

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Spitzenverbände konnten sich in der Folge zunächst nicht auf einen fortschreibungsfähigen Schlüssel einigen, auch weil erforderliche Daten zu möglichen Schlüsselmerkmalen wie Sachanlagen, Vorräte, Löhne und Gehälter nicht in der gebotenen Qualität verfügbar waren.72 Daher kam es mehrmals zur Verschiebung seiner Einführung, bis schließlich die Bundesregierung einen kompromissfähigen Vorschlag machte. Mit Wirkung zum 01. Januar 2009 wurde der neue Schlüssel eingeführt, der sich (jeweils unter Verwendung der aktuellsten verfügbaren Daten der Realsteuerstatistik sowie der amtlichen Finanz- und der Beschäftigten- und Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit) – zu 25 Prozent aus der Summe des Gewerbesteueraufkommens der vergangenen sechs Jahre, – zu 50 Prozent aus der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort der vergangenen drei Jahre (ohne Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen) und – zu 25 Prozent aus den sozialversicherungspflichtigen Entgelten am Arbeitsort der vergangenen drei Jahre (ohne Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen) zusammensetzt.73 Der neue Schlüssel wurde nicht sofort eingeführt, sondern löste bis ins Jahr 2017 den alten Schlüssel schrittweise (bis 2011 mit einem Gewicht von 25 Prozent, bis 2014 mit 50 Prozent und bis 2017 mit 75 Prozent) ab. Hierdurch sollten die erwarteten Umverteilungswirkungen der Umstellung zwischen alten und neuen Bundesländern abgemildert werden. Nach Ansicht der Bundesregierung war damit zu rechnen, dass bis 2018 »die Angleichung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der neuen Länder so weit fortgeschritten sein [wird], dass der abschließende Übergang auf den endgültigen Verteilungsschlüssel allenfalls geringfügige Auswirkungen hervorrufen dürfte.«74 Seit 2018 gilt nunmehr allein der neue Schlüssel. Durch die Übergangsphase und durch den neuen Verteilungsschlüssel soll sichergestellt werden, dass die Gemeinden auf eine Weise am Umsatzsteueraufkommen beteiligt werden, die den Aufkommensstreuungen bzw. der zukünftigen Entwicklung der Gewerbekapitalsteuer, wenn sie fortbestanden hätte, soweit wie möglich entspricht.75 Für die Gemeindefinanzierung ist der Umsatzsteuersteueranteil mit einem Anteil von etwa fünf Prozent an den Gesamteinnahmen von eher sekundärer Bedeutung. Gleichwohl muss festgehalten werden, dass die Umsatzsteuer im Vergleich zur Gewerbekapitalsteuer als stärker konjunkturabhängig zu be72 73 74 75

Vgl. Deutscher Bundestag (2008), S. 8. Vgl. Deutscher Bundestag (2008), S. 8. ebd., S. 9. Vgl. Weiblen (2009), S. 179.

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zeichnen ist und dementsprechend zu einer Volatilisierung des kommunalen Steueraufkommens geführt hat. Zudem bedeutet der Ersatz der beweglichen Gewerbekapitalsteuer durch eine unbewegliche, vertikale Finanzzuweisung für die Gemeinden einen Verlust an Einnahmenautonomie, dem nur durch die Einräumung eines Hebesatzrechts bzgl. der Umsatzsteuer begegnet werden könnte. Ein Hebesatzrecht ist jedoch zum einen aus europarechtlicher Perspektive kritisch zu beurteilen und erweist sich zum anderen hinsichtlich der Umsetzung der nationalen und internationalen Abrechnungsmethoden als problematisch.76

2.2.6 Schlüsselzuweisungen Aus juristischer Sicht sind alle Gemeinden durch die kommunalen Finanzausgleichssysteme der Bundesländer in den nationalen Steuerverbund eingebunden. Sie werden auf diese Weise an den Anteilen des Landes am Einkommenund Körperschaftsteueraufkommen sowie (auf freiwilliger Basis der Länder) am Aufkommen der Landessteuern beteiligt. Durch die Zuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichs sollen erstens die Finanzkraft der Kommunen aufgebessert (vertikale Komponente) und zweitens das Finanzkraftgefälle zwischen ihnen gemindert und Kommunen mit spezifischen Sonderbedarfen entlastet werden (horizontale Komponente).77 Die Grundlage für diese Finanzausgleichssysteme in ihrer heutigen Form bildet das Preußische Finanzausgleichsgesetz vom 10. November 1938. Die neuen Finanzausgleichsregelungen wurden ab 1939 zunächst in Preußen erprobt und sollten später auf das Reichsgebiet ausgedehnt werden. Das Finanzausgleichsgesetz basierte, ebenso wie die Realsteuerreform des Jahres 1936, auf den Ideen eines in vielerlei Hinsicht noch heute relevanten Gutachtens zum Finanzausgleich aus dem Jahr 1932.78 Zur Berechnung der Schlüsselzuweisungen wurden dem Finanzbedarf (ausgedrückt als Ausgangsmesszahl) die Einnahmen (Steuerkraftmesszahl) in jeder Gemeinde gegenübergestellt. Die Ausgangsmesszahl wurde aus dem Hauptansatz (Einwohnerzahl, nach neun Gemeinde76 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982), S. 56f. 77 Zu den Funktionen des kommunalen Finanzausgleich s. unten, Kapitel 6. 78 Popitz, J.: Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Gutachten, erstattet der Studiengesellschaft für den Finanzausgleich, Berlin 1932. Der Verfasser des Gutachtens und gleichzeitig der für die Reform des preußischen Finanzausgleichs verantwortlich zeichnende Finanzminister, Johannes Popitz, war ab 1922 Professor für Steuerrecht und Finanzwissenschaft in Berlin, von 1925 bis 1929 Staatssekretär im Reichsfinanzministerium und ab 1933 preußischer Finanzminister. Er wurde 1945 als Widerstandskämpfer hingerichtet (vgl. Voigt (1975), S. 108 und Fn. 38).

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Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

größenklassen mit Gewichten zwischen 65 Prozent und 150 Prozent) und einem Kinderansatz oder einem Arbeiteransatz (der höhere dieser beiden Ansätze kam zur Anwendung) gebildet. Aus diesen beiden Ansätzen ergab sich ein Prozentsatz, der mit einem jährlich festgelegten Grundbetrag zum Finanzbedarf je Einwohner multipliziert wurde. So wurde sichergestellt, dass die im Vorhinein festgelegte Schlüsselmasse der Gemeinden, die 1939 200 Mrd. RM betrug, ausgeschöpft würde. Durch Multiplikation mit der Einwohnerzahl ergab sich die Ausgangsmesszahl. Die Steuerkraftmesszahl wurde aus den Messbeträgen der Grundsteuer A und B, der Gewerbeertrag- und Gewerbekapitalsteuer sowie der Bürgersteuer erhoben, die jeweils mit dem durchschnittlich angewendeten Hebesatz berücksichtigt wurden. Eine Gemeinde erhielt Zuweisungen, wenn die Ausgangsmesszahl die Steuerkraftmesszahl überstieg.79 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1977

1979

1981

Grundsteuer

1983

1985

1987

1989

1991

Gewerbesteuer (ne"o)

1993

1995

1997

1999

Schlüsselzuweisungen

2001

2003

2005

2007

2009

2011

2013

2015

Gemeindeanteil an der Einkommensteuer

Abbildung 2–5: Aufkommen der Schlüsselzuweisungen im Vergleich zum Gemeindesteueraufkommen in Nordrhein-Westfalen in Mrd. Euro (1977–2015) Quelle: Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), eigene Darstellung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere mit der Verfassungsänderung des Jahres 1956 wurden die Grundlagen für die heutige Beteiligung der Gemeinden am Länderanteil an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer sowie an den Landessteuern gelegt.80 Im Ergebnis entstanden durch Landesgesetzgebung die kommunalen Finanzausgleichssysteme der Länder, deren Konzeption am preußischen Finanzausgleichsgesetz des Jahres 1938 ansetzt und die im Wesentlichen bis heute in dieser Form Bestand haben. Mit den Kommunalfinanzausgleichsgesetzen (KFAG) bzw. in Nordrhein-Westfalen dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) legen die dreizehn Flächenländer diese 79 Vgl. Voigt (1975), S. 109–112. 80 Mit der Änderung des Grundgesetzes (Art. 106 Abs. 6 S. 4 GG, vgl. BGBl. I S. 1077 vom 24. 12. 1956, heute ist dies Art. 106 Abs. 7 GG) erhielten der obligatorische und der fakultative Steuerverbund eine gesetzliche Grundlage. Außerdem wurde mit der Änderung die von den Gemeinden geforderte Realsteuergarantie wieder eingeführt (vgl. Voigt (1975), S. 139).

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Das Gemeindefinanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland

Regeln fest. Innerhalb der Ausgleichssysteme wird zwischen verschiedenen Zuweisungstypen wie allgemeinen Zuweisungen (Schlüsselzuweisungen), Zweckzuweisungen (z. B. Investitionspauschalen, die in vielen Ländern nach der Einwohnerzahl vergeben werden und für beliebige Investitionsprojekte verwendet werden können), Bedarfszuweisungen (z. B. zum Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen und Härten, für Kurorte etc.), Sonderpauschalen (z. B. Bildungs- und Sportpauschale) und anderen unterschieden, für die regelmäßig separate Fonds (Schlüsselmasse, Sonderlastenausgleich, Ausgleichsfond etc.) gebildet werden.81 Für die Schlüsselzuweisungen stellen alle Bundesländer den mit Abstand größten Teil der Finanzausgleichsmasse bereit. In Nordrhein-Westfalen betragen sie 2018 fast 10 Mrd. Euro (84 Prozent der Finanzausgleichsmasse), von denen 7,8 Mrd. Euro den Gemeinden zufließen. Sie stellen nach der Gewerbesteuer und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer die dritthöchste Einnahmequelle für die nordrhein-westfälischen Gemeinden dar (vgl. Abbildung 2–5), obgleich die vertikalen Zuweisungen des Bundeslands in der ursprünglichen Konzeption des kommunalen Finanzausgleichs einen nur subsidiären, ergänzenden Charakter besaßen.82 Über Schlüsselzuweisungen können die Gemeinden frei verfügen, sie sind entsprechend nicht zweckgebunden. Alle Schlüsselzuweisungssysteme folgen im Allgemeinen dem von Popitz erstmals ausgestalteten Aufbau. Sie unterscheiden sich in den Details bezüglich der Festlegung der Verbund- bzw. Finanzausgleichsmasse sowie von Teilschlüsselmassen (für Gemeinden, kreisfreie Städte, Kreise, Landschaftsverbände), der Finanzbedarfs- und Steuerkraftermittlung sowie in den konkreten Regelungen für deren Ausgleich. Allen Systemen liegt jedoch ein gemeinsames, »Popitz’sches« Grundkonzept zugrunde. Dieses Grundkonzept der GemeindeSchlüsselzuweisungen, das sich auf alle Ausgleichssysteme übertragen lässt, wird im Folgenden skizziert.83 Für jede Gemeinde wird der Finanzbedarf (Multiplikation der Summe aus »veredelter« Einwohnerzahl und bestimmten Nebenansätzen mit einem »Grundbetrag«) ermittelt und der gemeindlichen Finanzkraft (»nivellierte« Netto-Steuereinnahmen) gegenübergestellt. Zur »Nivellierung« des Steueraufkommens werden die Steuereinnahmen der Realsteuern und die Gewerbesteuerumlage durch den von der Gemeinde angewendeten Hebesatz geteilt und der resultierende Steuergrundbetrag mit einem Nivellierungshebesatz multipliziert (in einigen Ländern ist dies der landesdurchschnittliche Hebesatz, in einigen 81 Für eine synoptische Darstellung und Kategorisierung aller Ausgleichssysteme der Länder vgl. Lenk et al. (2013). 82 Vgl. Lenk/Rudolph (2003a), S. 5. 83 Für eine detaillierte Beschreibung und Analyse des nordrhein-westfälischen Schlüsselzuweisungssystems s. Kapitel 6 und Kapitel 7.

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Die Gemeindefinanzen in der Gegenwart

wird er politisch festgelegt und in einigen gelten Mischformen und Sonderregelungen). Steuertechnisch wäre eine Verwendung der Steuermessbeträge, die im Rahmen der Steuerfestsetzung ohnehin ermittelt werden, günstiger. Allerdings sind diese Messbeträge bei Durchführung des Finanzausgleichs bereits ein Jahr alt. Besonders bezüglich der konjunkturabhängigen Gewerbesteuer können sich für einzelne Gemeinden hieraus bedeutende Konsequenzen ergeben. Aus diesem Grund, und um ein möglichst realistisches Bild von der aktuellen Steuerkraft zu bekommen, beziehen sich die Grundbeträge auf das Steueraufkommen einer Referenzperiode, in den meisten Ländern vom 01. Juli des Vorvorjahres bis zum 30. Juni des Vorjahres. EEinwohner Nebenansätze Ne

Gesamtansatz

Nivelliertes Au#ommen der Realsteuern

Grundbetrag

Au#ommen der Gemeindeanteile an n der Einkommen- und der Umsatzsteuer uer er Nivelliertes Au#ommen der Gewerbesteuerumlage

(

Finanzbedarf rf

Ausgleichsfaktor

FFinanzkra"

Differenz >0 12 unterscheiden sich die Gemeinden in der Fähigkeit, durch Investitionen die Gewinne und somit die Firmenansiedlungen zu beeinflussen. Bei gleich hohem Steuersatz und Investitionsniveau würden sich mehr Firmen in Gemeinde 1 ansiedeln als in Gemeinde 2 und Gemeinde 1 kann durch eine marginale Erhöhung der Investitionen mehr Firmen zur Ansiedlung bewegen als Gemeinde 2. 1 kann daher als Effektivitätsparameter der Infrastrukturinvestitionen interpretiert werden. In einer Situation ohne Steuern und ohne Investitionen würde dieser Unterschied bewirken, dass sich ein größerer Teil der Firmen in Gemeinde 1 ansiedelt. Das Modell beinhaltet mit der investitionsspezifischen und einer allgemeinen, strukturellen Heterogenität somit zwei Quellen von Asymmetrien. Im Fall 1 ¼ 12 und B1 ¼ B2 , handelt es sich um homogene Gemeinden. Der Parameter w > 0 ist ebenfalls exogen und für alle Firmen identisch. Er stellt eine Gewichtung für die firmenspezifische Ansiedlungspräferenz h dar. Je niedriger der Wert von w ist, desto höher ist der Einfluss öffentlicher Investitionen, des Steuersatzes und der Ausstattung Bi auf die Ansiedlungsentscheidung, verglichen mit der firmenspezifischen Ansiedlungspräferenz h. Bei einem niedrigen Wert von w gelingt es den Gemeinden daher besser, Firmen durch Investitionen oder Steuersatzsenkungen zur Ansiedlung zu bewegen. w kann insofern als Maß der Immobilität bezeichnet werden und bestimmt (invers) den Grad des fiskalischen Wettbewerbs. Die Gemeindesteuer ti wird als Einheitssteuer modelliert. Von Interesse ist hier die Ansiedlungsentscheidung der Unternehmen, für welche die durchschnittliche Steuer die relevante Größe darstellt.229 Ein Unternehmen siedelt sich in Gemeinde 1 an, wenn p1 > p2 ist. Gleichsetzen der beiden Gleichungen in (5.1) und Umstellen nach h liefert die »Grenzfirma« mit 2 þDB@ðt 1 @t 2 Þ ~ ¼ 12 @ 1q1 @ð1@1Þq2w h ,

(5.2)

DB ¼ B1 @ B2 . Diese Grenzfirma erwirtschaftet in beiden Gemeinden den Ge~ , sie siedelt sich gerade noch in Gemeinde 2 an. Alle übrigen Firmen mit winn p ~ dagegen siedeln sich in Gemeinde 1 an. Die Anzahl der Firmen in den h>h Gemeinden ist daher gegeben durch 229 Vgl. Janeba/Todtenhaupt (2016), S. 5.

118

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen 1

~ ¼2þ F1 ¼ 1 @ h 1

~ ¼2@ F2 ¼ h

1q1 @ð1@1Þq2 þDB@ðt 1 @t 2 Þ 2w

1q1 @ð1@1Þq2 þDB@ðt 1 @t 2 Þ 2w

,

.

(5.3)

~ stellt somit eine »Ansiedlungsschwelle« dar. Im Wettbewerb um Der Wert von h die Ansiedlung von Unternehmen beeinflussen die Gemeinden durch ihre Steuer- und Ausgabenpolitik die Gewinnmöglichkeiten der Firmen und versuchen diese Schwelle zu verschieben. Durch öffentliche Investitionen kann Gemeinde 1 (Gemeinde 2) die Schwelle reduzieren (erhöhen); je heterogener die Gemeinden bzgl. der Effektivität ihrer Investitionen sind, d. h. je größer 1 ist, desto besser (weniger) gelingt ihr dies. Die Erhebung von Steuern dagegen bewegt die Schwelle in umgekehrter Richtung. Steuererhöhungen in einer Gemeinde bewegen Firmen zur Abwanderung in die konkurrierende Gemeinde. Außerdem siedeln sich umso mehr Firmen in Gemeinde 1 an, je heterogener die Gemeinden bezüglich ihrer Ressourcenausstattung sind (d. h. je größer DB). Der Mobilitätsparameter w charakterisiert die Wirksamkeit des Steuer-AusgabenMix. Je weniger mobil die Unternehmen sind (je höher der Wert von w) desto geringer ist der Einfluss, den die Gemeinden durch ihre Steuer- und Ausgabenpolitik auf die Ansiedlungsentscheidung der Unternehmen ausüben können und desto weniger stark reagieren die Unternehmen auf Unterschiede in den exogenen Ressourcenausstattungen der Gemeinden. Dagegen findet zwischen den Gemeinden umso schärferer fiskalischer Wettbewerb um die Attrahierung der Steuerbasis statt, je geringer w ist.

Abbildung 5–1: Ansiedlungsgleichgewicht Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 5–1 zeigt das symmetrische Ansiedlungsgleichgewicht bei homogenen Gemeinden (a)) und das asymmetrische Ansiedlungsgleichgewicht bei heterogenen Gemeinden (b)). Im symmetrischen Gleichgewicht teilen sich die Firmen zu gleichen Teilen auf beide Gemeinden auf. Das asymmetrische Gleichgewicht entsteht durch den Wettbewerbsvorteil der Gemeinde 1: die An-

Modell

119

siedlungsschwelle liegt unterhalb von 12, ihr gelingt es, mehr Unternehmen zur ~ ist zwischen Ansiedlung zu bewegen als Gemeinde 2. Die Firma vom Typ h den beiden Ansiedlungsalternativen indifferent, weil sie in jeder Gemeinde den ~ erzielen würde. Die schraffierten Dreiecke zzgl. des jeweiligen Gewinn p ~ stellen die aggregierten Gewinne ~ und p Rechtecks zwischen der Abszisse, h aller Firmen in der jeweiligen Gemeinde dar. Die Steigung der Hypotenuse der Dreiecke entspricht –w bzw. w. Jede Gemeinde maximiert durch eine Entscheidung über die öffentlichen Investitionen, die Menge des öffentlichen Konsumguts und den Steuersatz den Nutzen eines repräsentativen Individuums, U i ¼ uðF i þ gg i Þ,

(5.4)

unter der Nebenbedingung g i ¼ F i t i @ cðqi Þ þ Z i ,

(5.5)

wobei Z i eine Transferzahlung im Rahmen eines Finanzausgleichssystems bezeichnet. Der Nutzen hängt von der Anzahl der Firmen und der Bereitstellungsmenge eines öffentlichen Konsumguts g i ab. Die Modellierung des Nutzens bringt zum Ausdruck, dass die Einwohner einer Gemeinde von Firmenansiedlungen infolge der Steuer- und Investitionspolitik profitieren, weil hiermit die Schaffung neuer Arbeitsplätze und Lohneinkommen verbunden ist.230 g beschreibt die Wertschätzung für das öffentliche Gut relativ zur Präferenz für die Anzahl der Firmen in der Gemeinde, g + 0. Die funktionale Form der Nutzenfunktion stimmt mit der Literatur überein.231 Die Kosten öffentlicher Investitionen sind durch eine konvexe Kostenfunktion cðqi Þ gegeben, die aus analytischen Gründen cðqi Þ ¼ q2i =2 laute.232 In den folgenden Abschnitten wird zunächst das Ergebnis ermittelt, dass sich bei kommunalem Wettbewerb in Steuern und Investitionen ohne Finanzausgleich ergibt. Zur Interpretation der strategischen Effekte, die im Rahmen des Wettbewerbs auftreten, wird das Spiel zunächst als One-Shot-Game, also mit 230 Vgl. Kappeler et al. (2013), S. 17. 231 Vgl. Brueckner (1998), S. 442, Janeba/Todtenhaupt (2016), S. 7. 232 Die Konvexität der Kostenfunktion bringt Stauungskosten der Nutzung öffentlicher Infrastruktur zum Ausdruck. Die Annahme beruht auf der Überlegung, dass Gemeinden, die – für ein gegebenes Niveau wirtschaftlicher Aktivität in der Gemeinde – ein angemessenes Angebot an produktiver öffentlicher Infrastruktur bereithalten wollen, durch Investitionen die wirtschaftliche Aktivität selbst fördern. Dies geht mit einer (überproportional) stärkeren Nutzung der existierenden Infrastruktur und steigenden Instandhaltungskosten einher (vgl. Hauptmeier et al. (2012), S. 408f.).

120

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

simultaner Entscheidung über Steuern und Investitionen und in einem zweiten Schritt mit sequentiellen Entscheidungen gelöst. Zur weiteren Analyse und Verdeutlichung des Verhaltens der Gemeinden werden daraufhin Lösungen ermittelt, zu denen das Modell führt, wenn die Gemeinden über die Investitionen oder über beide Politikvariablen Absprachen treffen können. Schließlich wird das Modell um einen Steueraufkommensausgleich erweitert. Ein Vergleich der Modellergebnisse untereinander und mit den Ergebnissen der Literatur ermöglicht einen Einblick in das kommunale Anreizgefüge und erlaubt eine Analyse der Wirkungskanäle von Finanzausgleichssystemen.

5.3

Wettbewerb ohne Finanzausgleich

Simultane Entscheidung über Steuern und Investitionen Zunächst wird das Modell mit simultanen Entscheidungen gelöst. Die Gemeinden konkurrieren um die Ansiedlung von Unternehmen und entscheiden simultan über öffentliche Investitionen und Steuersätze. Daraufhin treffen die Unternehmen eine Entscheidung über die Ansiedlung in einer der beiden Gemeinden und die Gemeinden verwenden das hieraus resultierende Steueraufkommen für die Bereitstellung des öffentlichen Konsumguts. Die Lösung des Optimierungsproblems führt zu der folgenden Firmenallokation, Investitionstätigkeit und Steuerpolitik in beiden Gemeinden:233 Ergebnis 5.1: Es seien g > wð1 @1 A Þ und w > 13 = ð12 þ DBÞ und y + B1 þ w~h þ 1qS1 @ tS1 , dann existiert ein eindeutiges, simultanes Gleichgewicht mit positiven Investitionen, Steuersätzen und Konsumgütermengen, in dem gilt: S

1

qS1 ¼ 2 =ð1 þ AS Þ, 1

t S1 ¼ wð1 þ AS Þ @ g, 1

F S1 ¼ 2 =ð1 þ AS Þ,

qS2 ¼

ð1@1Þ 2

=ð1 @ AS Þ, 1

t S2 ¼ wð1 @ AS Þ @ g,

(5.6)

1

F S2 ¼ 2 =ð1 @ AS Þ,

@ 1Þ þ 2DB mit AS ¼ 6wð21 , AS 2 ½0; 1Þ für alle zulässigen Kombinationen von 1 und w. þ 21ð1 @ 1Þ @ 1

Die Bedingung für g stellt sicher, dass der Steuersatz in Gemeinde 2 positiv ist. Die Bedingung für y hat zwei Implikationen: der Gewinn der Grenzfirma ist im Gleichgewicht in beiden Gemeinden identisch. Die Bedingung stellt erstens si233 Siehe Anhang A2.1.

Wettbewerb ohne Finanzausgleich

121

cher, dass dieser Gewinn positiv ist und sich somit jede Firma in einer der beiden Gemeinden ansiedelt. Zweitens zeigt dies, dass es den Gemeinden aufgrund des Ansiedlungswettbewerbs bzw. infolge der Mobilität der Firmen nicht gelingt, die exogenen Erträge vollständig zu besteuern.234 Die gleichgewichtigen Steuersätze sind unabhängig von den exogenen Erträgen. Weil die Gewinne der Firmen nicht Bestandteil des Maximierungskalküls sind, verlangt ein effizienter Steuersatz jedoch Nullgewinne der Grenzfirma. Dieser Steuersatz garantiert das maximale Steueraufkommen, das (bei einem gegebenen Investitionsniveau) zur Bereitstellung des Konsumguts verwendet werden könnte. Das Ergebnis bestätigt das bekannte Resultat der Theorie des Steuerwettbewerbs: Die Steuersätze unterschreiten das effiziente Niveau. Der Grund ist die positive Externalität der Besteuerung: Die Gemeinden berücksichtigen lediglich den negativen Effekt einer Steuererhöhung auf die eigene Steuerbasis, ohne den positiven Effekt auf die Steuerbasis anderer Gemeinden zu beachten. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sind die Steuersätze zu niedrig. Gesamtwirtschaftliche Effizienz der Investitionen verlangt, dass die Grenzkosten der Investitionen den Grenzerträgen der Investitionen entsprechen. Die BEO zeigen, dass die Gemeinden dieses Effizienzkriterium beachten und die Grenzkosten der Investitionen mit den Grenzerträgen übereinstimmen. Im symmetrischen Gleichgewicht (AS ¼ 0) investieren beide Gemeinden gleich viel, erheben identische Steuern, ziehen jeweils die Hälfte der Firmen an und stellen die gleichen Mengen des öffentlichen Konsumguts bereit. Im Fall heterogener Gemeinden (AS > 0) investiert Gemeinde 1 mehr als Gemeinde 2, wählt einen höheren Steuersatz und zieht einen größeren Teil der Firmen an. Sequentielle Entscheidung über Steuern und Investitionen In der folgenden Modellvariante trifft jede Gemeinde ihre Wahl über den Steuersatz, die Investitionen und das Konsumgut nicht in einem einzigen Zeitpunkt, sondern – analog zum Vorgehen bei Hindriks et al. (2008) – im Rahmen eines zweistufigen Spiels.235 Die Gemeinden entscheiden zunächst über die Höhe der öffentlichen Investitionen und in einer zweiten Stufe über die Steuersätze.236 Daraufhin siedeln sich die Firmen in den Gemeinden an und letztere verwenden das verbliebene Steueraufkommen zur Finanzierung des öffentlichen Konsums. Aus diesem sequentiellen Vorgehen resultiert in der zweiten Stufe eine strategische Abhängigkeit der Steuersatzentscheidung von der – bereits getroffenen – 234 Ein weiterer Grund dafür, dass die Gemeinden die Firmengewinne nicht vollständig abschöpfen können, können fehlende Informationen über den Firmentyp und die Gewinne sein (vgl. Janeba/Todtenhaupt (2016), S. 5). 235 Vgl. Hindriks et al. (2008), S. 2393. 236 Einer finanzwissenschaftlichen Regel zufolge muss diejenige Entscheidung, die schwieriger zu revidieren ist, zuerst getroffen werden (vgl. Han et al. (2014), Fn. 4).

122

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

Investitionsentscheidung der ersten Stufe. Eigene Investitionen erlauben die Wahl eines höheren Steuersatzes, haben jedoch auch einen negativen Effekt auf die Wahl @^t des Steuersatzes in der anderen Gemeinde, @qj < 0; i 6¼ j. Höhere Investitionen i zwingen andere Gemeinden im Wettbewerb zu niedrigeren Steuersätzen. Sie verschärfen den Steuerwettbewerb. Hier wird der strategische Effekt öffentlicher Investitionen deutlich. Wegen der positiven Externalität der Steuer ist das Vor237 @~t zeichen dieses Effekts negativ : @U < 0. Der Vergleich der Ergebnisse dieses @~t @q sequentiellen Wettbewerbs-Gleichgewichts mit den Ergebnissen, die sich im simultanen Spiel und im Rahmen verschiedener Kooperationslösungen ergeben, erlaubt eine genauere Untersuchung der Bedeutung des strategischen Effekts der Investitionen. Die Investitionsentscheidung auf der ersten Stufe resultiert aus einem positiven und einem negativen Effekt: einerseits haben Investitionen einen indirekten Effekt auf die Wohlfahrt, indem sie die Ansiedlung von Firmen bewirken und die Steuerbasis erhöhen. Sie fördern so Einkommen und Beschäftigung sowie das Steueraufkommen (und damit das Bereitstellungsniveau des öffentlichen Konsumguts). Andererseits bewirkt der strategische Einfluss der Investitionen auf den Steuersatz der jeweils anderen Gemeinde die Abwanderung von Firmen.238 Die Reaktionsfunktionen der Investitionen zeigen, dass es sich bei den Investitionen um strategische Substitute handelt. Das Ergebnis für das sequentielle Gleichgewicht lautet:239 i

j

j

i

Ergebnis 5.2: Es seien w > 19 ð212 þ 3DBÞ, g > wð1 1@ AÞ und y + B1 þ w~h þ 1q=1 @ t=1 , dann existiert ein eindeutiges, sequentielles Gleichgewicht mit positiven Investitionen, Steuersätzen und Konsumgütermengen, in dem gilt: 1

q=1 ¼ 3 =ð1 þ AÞ, 1

t =1 ¼ wð1 þ AÞ @ g, 1

F =1 ¼ 2 =ð1 þ AÞ,

q=2 ¼

ð1@1Þ 3

=ð1 @ AÞ, 1

t =2 ¼ wð1 @ AÞ @ g,

(5.7)

1

F =2 ¼ 2 =ð1 @ AÞ,

@ 1Þ þ 3DB mit A ¼ 9wð21þ 21 und A 2 ½0; 1Þ für alle zulässigen Kombinationen von 1 und w: ð1 @ 1Þ @ 1 Im Vergleich zum Modell mit simultanen Entscheidungen reagiert Gemeinde 1 infolge des strategischen Effekts mit niedrigeren Investitionen und mit einem niedrigeren Steuersatz. Gemeinde 2 wählt einen höheren Steuersatz. Gemeinde 1 (Gemeinde 2) zieht weniger (mehr) Firmen an.

237 Dies entspricht dem Ergebnis in Hindriks et al. (2008), S. 2396. 238 Vgl. Hindriks et al. (2008), S. 2396. 239 Siehe Anhang A2.2.

Wettbewerb ohne Finanzausgleich

123

Wie zuvor stellen die Bedingungen für y und g sicher, dass der Gewinn der Grenzfirma und der Steuersatz in Gemeinde 2 positiv sind. Ausgehend von diesem Zwischenergebnis kann der strategische Effekt der Investitionen evaluiert werden. Im simultanen Gleichgewicht befolgen die Gemeinden das Kriterium für effiziente Investitionen (Grenzkosten der Investitionen gleich Grenzerträge der Investitionen). Infolge des strategischen Effekts weichen die Gemeinden nun von diesem Effizienzkriterium ab. Es zeigt sich jedoch, dass sich diese Reaktion für die Gemeinden nicht nachteilig auswirken muss. Besonders deutlich wird dies bei der Betrachtung des symmetrischen Gleichgewichts. Für homogene Gemeinden gilt A ¼ 0. Im symmetrischen Gleichgewicht sind die Steuersätze und die Firmenallokation, im Vergleich zum Modell mit simultanen Entscheidungen, unverändert. Die Investitionen dagegen fallen wegen des strategischen Effekts auf die Steuersätze in beiden Gemeinden niedriger aus und entsprechen nicht dem gesamtwirtschaftlich effizienten Niveau. Das geht jedoch nicht mit Nutzenverlusten für die Haushalte einher. Vielmehr wird deutlich, dass die Gemeinden durch die Einschränkung der Investitionen (infolge des strategischen Effekts) Investitionskosten einsparen. Das erlaubt die Bereitstellung größerer Mengen des Konsumguts. Beide Gemeinden erreichen daher ein höheres Nutzenniveau. Ausgehend vom symmetrischen Gleichgewicht weitet Gemeinde 1 infolge steigender Heterogenität die Investitionen aus und hebt den Steuersatz an. Im Vergleich zum Modell mit simultanen Entscheidungen investiert die Gemeinde jedoch weniger und erhebt niedrigere Steuern. Der Grund ist der strategische Effekt. Die Gemeinde antizipiert, dass Gemeinde 2 sie im Steuerwettbewerb unterbieten wird, um einen größeren Teil der Steuerbasis anzuziehen. Um den Steuerwettbewerb abzumildern, schränkt sie in der ersten Stufe die Investitionen ein. Die niedrigeren Investitionen in Gemeinde 1 bedeuten für Gemeinde 2 höhere Grenzerträge der Investitionen (Investitionen stellen strategische Substitute dar), die Gemeinde reagiert daher ceteris paribus mit höheren Investitionen.240 Ebenso bewirkt der strategische Effekt jedoch für Gemeinde 2 einen Anreiz zur Einschränkung der Investitionen, um den Steuerwettbewerb abzumildern. Der erste Effekt kann den zweiten jedoch überwiegen, sodass das Investitionsniveau in Gemeinde 2 höher ausfallen kann.241 Dies ist der Fall, wenn die Heterogenität zwischen den Gemeinden stark ausgeprägt und der fiskalische Wettbewerb intensiv ist. Der strategische Effekt führt dann zu einer vergleichsweise starken Einschränkung der Investitionen in Gemeinde 1 und der Gesamteffekt bewirkt eine höhere Investitionstätigkeit in Gemeinde 2. Infolge der niedrigeren Investitionen in Gemeinde 1 ist Gemeinde 2 in der Lage, einen 240 Hindriks et al. (2008), S. 2396f. 241 Siehe Anhang A2.2.

124

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

höheren Steuersatz als im simultanen Gleichgewicht zu wählen. Sie zieht einen größeren Teil der Firmen an und erreicht ein höheres Nutzenniveau. Der Steuersatz und die Firmenanzahl in Gemeinde 1 dagegen sind niedriger. Gemeinde 1 stellt eine größere Konsumgütermenge bereit als Gemeinde 2. Mit zunehmender Heterogenität und mit zunehmender Intensität des Wettbewerbs nehmen die Unterschiede in den Investitionsniveaus beider Gemeinden eindeutig zu. Das Ergebnis zeigt, dass für die Gemeinden das Abweichen vom Kriterium für effiziente Investitionen vorteilhaft sein kann. Der Grund ist, dass die Gemeinden wegen der Mobilität der Firmen nicht in der Lage sind, die aus den Investitionen resultierenden Gewinne abzuschöpfen, während sie die Kosten der Investitionen vollständig tragen müssen.242 Hieraus folgt die Intuition, dass die Investitionen aus Sicht der Gemeinden zu hoch sind und die Zusammensetzung der öffentlichen Ausgaben ineffizient ist. Jede Gemeinde investiert, weil sie im Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen hierzu gezwungen ist. Keine Gemeinde kann von sich aus das Investitionsniveau absenken, da dies eine geringere Anzahl der Unternehmen in der Gemeinde und geringere Steuereinnahmen bedeuten würde. Die Gemeinden befinden sich in einem Gefangenendilemma »in der die eine Gemeinde investiert, weil die andere investiert.«243 Die Gemeinden würden, wenn sie über die Investitionen in der ersten Stufe Absprachen treffen könnten und in der zweiten Stufe Steuerwettbewerb herrscht, das Steueraufkommen allein zur Bereitstellung öffentlicher Konsumgüter verwenden.244 Aus diesen Überlegungen könnte man folgern, dass die Gemeinden sich besserstellen können, wenn sie einen größeren Teil des Steueraufkommens für die Bereitstellung öffentlicher Konsumgüter anstelle öffentlicher Produktionsfaktoren verwendeten. Dies entspräche dem zentralen Ergebnis von Keen und Marchand245 und würde bedeuten, dass die Investitionen im Gleichgewicht zu hoch und die Konsumausgaben zu niedrig sind. Es lässt sich jedoch zeigen, dass dieses Ergebnis nur eingeschränkt Gültigkeit besitzt, wenn heterogene Gemeinden betrachtet werden. Eine Umstrukturierung der Ausgabenpolitik bewirkt eine Steigerung des aggregierten Nutzenniveaus, sie ist jedoch nicht unbedingt für jede Gemeinde wohlfahrtssteigernd. Proposition 5.1 fasst das Ergebnis zusammen:246 Proposition 5.1: Ausgehend vom sequentiellen Gleichgewicht bewirkt eine koordinierte Reduktion der Investitionen und eine gleichzeitige Erhöhung des öffentlichen Konsums bei konstanten Steuersätzen eine Wohlfahrtssteigerung in 242 243 244 245 246

Vgl. Hindriks et al. (2008), S. 2398. Hindriks et al. (2008), S. 2394. Siehe Anhang A2.3. Vgl. Keen/Marchand (1997), S. 45. Siehe Anhang A2.3.

Wettbewerb ohne Finanzausgleich

125

der Föderation. Diese koordinierte Reduktion der Investitionen bewirkt eine Pareto-Verbesserung, wenn a) das Ausgangsgleichgewicht ein symmetrisches Gleichgewicht ist oder b) die Heterogenität (in 1) im asymmetrischen Gleichgewicht nicht zu stark ausgeprägt ist. Teil a) entspricht der Proposition 4 bei Keen und Marchand. Sind die Gemeinden homogen, bleibt die Firmenallokation infolge der Investitionsänderungen unverändert. Die geringeren Investitionskosten erlauben in beiden Gemeinden die Bereitstellung einer größeren Menge des Konsumguts, von dem die Bewohner profitieren. Dieses Ergebnis impliziert zu hohe Investitionsniveaus in beiden Gemeinden. Im Fall heterogener Gemeinden (Teil b)) siedelt jedoch ein Teil der Firmen von Gemeinde 1 in Gemeinde 2 um. Infolge einer marginalen Einschränkung der Investitionen sinken die Gewinne wegen des spezifischen Investitionsvorteils in Gemeinde 1 stärker. Daher sinken die Steuereinnahmen in Gemeinde 1 und sie steigen in Gemeinde 2. Gemeinde 2 profitiert daher in jedem Fall von der Maßnahme. Für Gemeinde 1 ist sie nur vorteilhaft, wenn der Nutzenzuwachs aus dem höheren Konsumniveau (Differenz aus Grenzkosten und Steuermindereinnahmen) den Nutzenverlust infolge der Firmenabwanderungen übersteigt. Die aggregierte Änderung der Wohlfahrt ist positiv, weil entweder der Nutzen in beiden Gemeinden zunimmt, oder – bei ausgeprägter Heterogenität – der Nutzen aufgrund des höheren Grenznutzens in Gemeinde 2 stärker zunimmt als er in Gemeinde 1 abnimmt. Kooperation in Steuern und Investitionen Im Modell mit simultanen Entscheidungen richten die Gemeinden ihre Investitionen am korrekten Effizienzkriterium aus. Die bisherigen Ergebnisse zeigen jedoch, dass niedrigere Investitionen sowohl aus gesamtwirtschaftlicher Sicht als auch aus Sicht der Gemeinden (solange die Heterogenität nicht zu stark ausfällt) trotzdem Pareto-effizient sein können. Der Grund hierfür liegt zum einen in der negativen Externalität der Investitionen. Die Gemeinden berücksichtigen den negativen Effekt auf die Steuerbasis anderer Gemeinden nicht. Sie beachten lediglich den Effekt der Investitionen auf die eigene Steuerbasis. Es muss zum anderen jedoch beachtet werden, dass dieses Ergebnis auf der Annahme konstanter, ineffizienter Steuersätze beruht. Aufgrund dieser ineffizient niedrigen Steuersätze sind die Gemeinden nicht in der Lage, die aus Investitionen resultierenden Firmengewinne abzuschöpfen. Im Sinne einer zweitbesten Lösung verlangen ineffiziente Steuersätze dann nicht eine Reduzierung der Verzerrung der Steuersätze, sondern eine optimale Verzerrung aller Instru-

126

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

mente, also auch der Investitionen.247 Das gleichgewichtige Investitionsverhalten der Gemeinden ist in einer solchen Situation ineffizient, selbst wenn die Gemeinden die Investitionsentscheidung am korrekten Marginalkalkül ausrichten. Dies soll im Folgenden verdeutlicht werden. Ausgehend von jedem Wettbewerbsgleichgewicht können die Gemeinden durch eine koordinierte Entscheidung über die Investitionen und die Steuersätze ihr Steueraufkommen, die Menge des öffentlichen Konsumgutes und damit das Nutzenniveau steigern. Proposition 5.2 fasst das Ergebnis für diese Verhandlungslösung zusammen:248 Proposition 5.2: Es sei w > 19 ð212 þ 3DBÞ. Für eine gegebene Firmenallokation existiert, ausgehend von jedem sequentiellen Wettbewerbsgleichgewicht, eine Verhandlungslösung mit: 1

qV1 ¼ 2 =ð1 þ AÞ, " V 1

t ¼ y þ B1 þ

1 2

wð1 @ AÞþ 12 ð1 þ AÞ

qV2 ¼

ð1@1Þ 2

# ,

=ð1 @ AÞ,

" V 2

t ¼ y þ B2 þ

1 2

wð1 þ AÞþ ð1 @ 1Þ2 ð1 @ AÞ

# ,

(5.8)

@ 1Þ þ 3DB mit A ¼ 9wð21 und A 2 ½0; 1Þ für alle zulässigen Kombinationen von 1 und þ 21ð1 @ 1Þ @ 1 w. a) Bei gegebener Firmenallokation wählen die Gemeinden effiziente Investitionen und effiziente Steuersätze. Die Menge öffentlicher Konsumgüter entspricht in beiden Gemeinden dem optimalen Niveau und das Nutzenniveau ist maximal. b) Beide Gemeinden erheben höhere Steuern, investieren mehr und stellen eine größere Menge des Konsumguts bereit als im sequentiellen Gleichgewicht.

Das Gleichgewicht, dass die Gemeinden durch eine koordinierte Entscheidung über Steuern und Investitionen erreichen können, ist dem vorherigen Ergebnis überlegen. Durch ein koordiniertes Vorgehen können die Gemeinden neben der Externalität der Investitionen auch die Externalität aus dem Steuerwettbewerb ausschalten. Im Ergebnis führt ein solches Vorgehen, gegeben die gleichgewichtige Firmenallokation, zu effizienten Steuersätzen und Investitionen. Unter der Annahme, dass die Gemeinden über den Gewinn der Grenzfirma informiert sind, ist diese Lösung aus Sicht der Gemeinden optimal. Sie charakterisiert die optimalen Steuern und Investitionen bei einer gegebenen Firmenallokation. 247 Vgl. Homburg (2010), S. 156, Hindriks et al. (2008), S. 2398. 248 Siehe Anhang A2.3.

Wettbewerb ohne Finanzausgleich

127

Im sequentiellen Gleichgewicht ist der Gewinn der Grenzfirma positiv und erlaubt eine koordinierte Anhebung des Steuersatzes in beiden Gemeinden. Das zusätzliche Steueraufkommen kann für eine koordinierte Erhöhung der Investitionen und für die Ausweitung des Angebots öffentlicher Konsumgüter verwendet werden. Die Investitionsausweitung erhöht die Firmengewinne um 1 bzw. 1 @ 1. Die Erhöhung der Steuersätze ermöglicht es den Gemeinden, diese, aus den Investitionen resultierenden Firmengewinne, vollständig zu besteuern. Das Gleichgewicht ist erreicht, wenn in jeder Gemeinde die durch die Anhebung des Steuersatzes erzielten Mehreinnahmen die Kosten einer koordinierten Erhöhung der Investitionen ausgleichen. Da die Firmenallokation konstant ist, entsprechen die Grenzerträge der Investitionen den durch die Steuererhöhung abschöpfbaren zusätzlichen Firmengewinnen. Das Investitionsergebnis entspricht somit der Regel für effiziente Investitionen. Im Gleichgewicht ist das Steueraufkommen, abzüglich der Investitionskosten der Gemeinden, maximal. Eine weitere marginale Ausweitung der Investitionen und des Steuersatzes würde das Konsumgüterniveau reduzieren, da die zusätzlichen Investitionskosten die Steuereinnahmen übersteigen würden. Im Vergleich zu dieser Lösung herrschen im sequentiellen Wettbewerbsgleichgewicht in beiden Gemeinden Unterbesteuerung und Unterinvestition sowie Unterkonsum. Die bisherigen Ergebnisse der Analyse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Steuerwettbewerb zwischen konkurrierenden Gemeinden führt zu ineffizient niedrigen Steuersätzen, die den Gemeinden die Besteuerung der aus ihren Investitionen resultierenden Firmengewinne nicht erlauben. Aus Sicht der einzelnen Gemeinde sind die Investitionen, zu denen sie aufgrund des Ansiedlungswettbewerbs gezwungen ist, daher ineffizient hoch. Es kommt zu einer ineffizienten Zusammensetzung der öffentlichen Ausgaben. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive dagegen sind die Investitionen ineffizient niedrig. Eine koordinierte Anhebung der Steuersätze und Investitionen bewirkt in jeder Gemeinde ein steigendes Konsum- und Nutzenniveau. Die Ergebnisse weisen mehrere Parallelen zu den Ergebnissen in der Literatur auf. So lässt sich zum Beispiel das Ergebnis von Zodrow und Mieszkowski bzw. Keen und Marchand bestätigen, dass die Gemeinden im WettbewerbsGleichgewicht durch eine gemeinsame Steuererhöhung zur Finanzierung des öffentlichen Konsumguts die Wohlfahrt steigern können.249 Dies entspricht der Unterbereitstellung des Konsumguts im Gleichgewicht und ist angesichts der zu niedrigen Steuersätze im Gleichgewicht wenig überraschend.250 Das Resultat 249 Vgl. Zodrow/Mieszkowski (1986), S. 364, Keen/Marchand (1997), S. 44. 250 Oates vermutete schon 1972, dass es infolge des Wettbewerbs zu ineffizient niedrigen Steuersätzen und Bereitstellungsniveaus insbesondere solcher öffentlicher Güter kommen könnte, die den lokalen Betrieben keinen direkten Nutzen stiften (vgl. Oates (1972), S. 143).

128

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

wurde von mehreren Autoren anhand verschiedener Modellrahmen bestätigt.251 Keen und Marchand kommen außerdem zu dem Ergebnis, dass eine Wohlfahrtssteigerung durch eine koordinierte Steuererhöhung möglich ist, wenn die zusätzlichen Steuereinnahmen allein zur Finanzierung zusätzlicher öffentlicher Investitionen verwendet würden.252 Das würde bedeuten, dass es im Gleichgewicht zu einer Unterbereitstellung des öffentlichen Investitionsguts kommt. Der Grund ist, dass in ihrem Modell Investitionen einen indirekten Nutzen für die Bewohner stiften, weil die Produktionsfunktion vom Kapitaleinsatz abhängt und Kapital und Investitionen in einer komplementären Beziehung zueinander stehen.253 Im vorliegenden Modellrahmen hätte eine solche Investitionsausweitung keinerlei Wirkung auf die Wohlfahrt, weil die Investitionen keinen solchen Nutzen für die Bewohner stiften.254 Aufschlussreich ist ein Vergleich der aggregierten Investitionsniveaus und Steueraufkommen im symmetrischen und im asymmetrischen Wettbewerbsgleichgewicht. Das aggregierte Investitionsvolumen beträgt q þ q ¼ 13 ð1 þ A = ð21 @ 1ÞÞ. @A Wegen @A > 0, > 0 nehmen die gesamten Investitionen mit zunehmender Hete@1 @ ðDBÞ rogenität zwischen den Gemeinden eindeutig zu. Dies liegt daran, dass es sich bei < 0 und die Staöffentlichen Investitionen um strategische Substitute handelt, @q @q @q bilität des Gleichgewichtes @q > @1; i 6¼ j erfordert. Aus Sicht jeder Gemeinde sind geringere Investitionen die beste Antwort auf höhere Investitionen in der anderen Gemeinde. Die Heterogenität zwischen den Gemeinden bewirkt, dass Gemeinde 1 ihren Vorteil im Werben um Unternehmen ausspielt und einen größeren Teil der Firmen anzieht. Die Gemeinde 2 versucht, durch niedrigere Investitionen den Steuerwettbewerb abzumildern. Die Reduktion der Investitionen der zweiten Gemeinde fällt im Betrag jedoch niedriger aus, sodass die Gesamtinvestitionen = 1

= 2

i j

i j

251 Vgl. z. B. Bucovetsky et al. (1998), Kim/Wilson (1997), Schulze/Ursprung (1999). 252 Vgl. Keen/Marchand (1997), S. 44. Vgl. hierzu auch Zodrow/Mieszkowski (1986), S. 361. 253 Zudem schöpfen die Regionen mit einen Rentensteuer die durch die Investitionen gestiegenen Renten ab und es steigt der Lohnsatz in der betrachteten Region. 254 Unter bestimmten Annahmen lassen sich die Firmengewinne in das Maximierungskalkül der Gemeinden integrieren (s. Anhang A2.4). Unter diesen Annahmen trifft das Ergebnis für das symmetrische Gleichgewicht auch in diesem Modell zu, für das asymmetrische Gleichgewicht dagegen muss dies nicht gelten. Für das symmetrische Gleichgewicht (und wenn die Heterogenität nicht zu stark ist) bestätigt sich zudem die Erwartung, dass die Gemeinden höhere Investitionen und niedrigere Steuersätzen wählen. Diese Analyse stützt eine weitere Intuition: wenn die Berücksichtigung von Firmengewinnen in der Auszahlungsfunktion der Kommunalpolitiker (z. B. infolge von Korruption oder Lobbyismus) gegenüber öffentlichem Konsum überbewertet ist, stärkt dies das Ergebnis zu niedriger Steuersätze, zu niedrigen Konsums und zu hoher Investitionen. Empirische Studien belegen einen negativen Zusammenhang zwischen dem Steuersatz auf der einen Seite und ökonomischer Aktivität (vgl. Jofre-Monseny/Sol8-Oll8 (2012), Luthi/Schmidheiny (2014), Overesch/Rincke (2011)) und der Firmenkonzentration (vgl. Böhm et al. (2016)) auf der anderen Seite.

129

Zur disziplinierenden Wirkung des Steuerwettbewerbs

@A mit zunehmender Heterogenität zunehmen. Wegen @w < 0 sind die aggregierten Investitionen umso höher, je höher das Ausmaß des fiskalischen Wettbewerbs ist. Weil Gemeinde 1 im asymmetrischen Gleichgewicht einen höheren Steuersatz wählt und mehr Firmen anzieht als im symmetrischen Gleichgewicht, nimmt auch das aggregierte Steueraufkommen, t F þ t F ¼ wð1 þ A Þ @ g1 , mit zunehmender Heterogenität zu. Da das gesamte Steueraufkommen mit zunehmender Mobilität der Unternehmen abnimmt, die Gemeinden jedoch ihre Investitionen ausweiten, nehmen die gesamten Ausgaben für Konsumgüter ab, je intensiver der Wettbewerb ist. = 1

5.4

= 1

= 2

= 2

2

Zur disziplinierenden Wirkung des Steuerwettbewerbs

Cai und Treisman (2005) kommen in einem viel beachteten Beitrag zu dem Ergebnis, dass der Wettbewerb um eine mobile Steuerbasis zwischen zwei heterogenen Regionen nicht in beiden Regionen zu einem Anstieg der Investitionen führen muss. Der Wettbewerb könne einen einseitigen disziplinierenden Effekt entfalten, der höhere Investitionen in »reichen« Regionen und abnehmende Investitionen in »armen« Regionen bewirkt. Die Autoren identifizieren zwei Effekte der Kapitalmobilität auf das Investitions- und Konsumverhalten miteinander um Kapital konkurrierender Regionen.255 Wenn Kapital mobil ist, bewirkt der Wettbewerbseffekt in allen Regionen steigende Investitionen, weil sie die Kapitalallokation und somit den Output einer Region erhöhen. Sie stiften einen indirekten Nutzen für die Bewohner der Region. Ein Polarisierungseffekt beschreibt die mit einer asymmetrischen Kapitalallokation divergierenden Grenzerträge der Investitionen. Er ist nur im heterogenen Fall relevant: Im symmetrischen Gleichgewicht teilt sich die Steuerbasis gleichmäßig auf die Regionen auf, die Grenzerträge der Investitionen sind in allen Regionen identisch. Die Investitionen steigen infolge des Wettbewerbseffekts mit zunehmender Kapitalmobilität eindeutig an. Handelt es sich dagegen um heterogene Regionen, kommt es zu einer Polarisierung der Steuerbasis, die umso stärker ausfällt, je mobiler die Steuerbasis und je stärker die Asymmetrie zwischen den Regionen ist. Da die Grenzerträge der Investitionen mit einer sinkenden Steuerbasis fallen, nehmen in »armen« Regionen infolge des Polarisierungseffekts die Investitionen ab. Wenn die Heterogenität ausreichend stark ausgeprägt ist, kann der negative Polarisierungseffekt den positiven Wettbewerbseffekt überkompensieren. Im Wettbewerb benachteiligte Regionen investieren dann unter Kapitalmobilität weniger. 255 Vgl. Cai/Treisman (2005), S. 822.

130

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

Im vorliegenden Modell entfaltet lediglich der Polarisierungseffekt Wirkung. Das verdeutlicht die Betrachtung des symmetrischen Gleichgewichts. In diesem Fall sind die Investitionen in beiden Gemeinden identisch und unabhängig vom Ausmaß des fiskalischen Wettbewerbs. Der Grund ist, dass die Investitionen keinen Nutzen in Form eines höheren Outputs stiften, sondern von den Gemeinden ausschließlich als Instrument im Ansiedlungswettbewerb um Unternehmen genutzt werden (s. oben).256 Ausgehend vom symmetrischen Gleichgewicht kommt es bei zunehmender Heterogenität zu einer immer stärkeren Konzentration der Unternehmen in Gemeinde 1 und zu einer sich weitenden Investitionslücke zwischen den Gemeinden. Während das gesamte Investitionsvolumen mit zunehmender Heterogenität zunimmt, divergieren die Investitionsniveaus immer stärker.257 Diese Divergenz ist umso stärker, je mobiler die Firmen sind – der fiskalische Wettbewerb verschärft die Unterschiede in den Fähigkeiten, Firmen anzuziehen. Cai und Treisman kommen zu dem Ergebnis, dass Regionen, die im Wettbewerb den Anschluss verlieren, aufgeben und den Fokus auf öffentlichen Konsum legen, statt einer Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Priorität einzuräumen.258 Der Wettbewerb führe daher zu einer einseitigen Disziplinierung der reichen Regionen. Anhand des vorliegenden Modells ist dieses Ergebnis kritisch zu bewerten. Die Betrachtung der Zusammensetzung der Ausgaben in den Gemeinden führt zu dem folgenden Ergebnis:259 Proposition 5.3: Bei zunehmendem fiskalischem Wettbewerb verwendet Gemeinde 2 einen zunehmenden Teil ihrer Steuereinnahmen für die Bereitstellung öffentlicher Investitionen. Ist der Wettbewerb intensiv, verwendet Gemeinde 2 einen größeren Anteil ihrer Ausgaben für Investitionsgüter als Gemeinde 1.

256 Die Analyse bezieht sich auf den Wettbewerb zwischen Gemeinden und die Modellierung impliziert, dass von Outputsteigerungen nicht eine einzelne Gemeinde profitiert, sondern alle Gemeinden gleichermaßen. Die Gemeinden antizipieren dies und verfolgen mit ihrer Politik nicht Outputsteigerungen, sondern die Anziehung neuer Unternehmen, sodass der Effekt vernachlässigt werden kann. 0 / @q= =@1

257 Das zeigt @q1= =@1 ¼ @ 2

ð1 þ AÞ þ 1

@A @1

ð1 @ AÞ þ ð1 @ 1Þ

0 / < @1. @A @1

258 Vgl. Cai/Treisman (2005), S. 822f. Die Autoren stellen dies zunächst unter der Annahme exogener Steuersätze fest. Sie erweitern das Modell in einem weiteren Schritt um Steuerwettbewerb und konstatieren, dass dieser die Ergebnisse tendenziell verstärkt. 259 Siehe Anhang A2.5.

Zur disziplinierenden Wirkung des Steuerwettbewerbs

131

Oben wurde festgehalten, dass Gemeinde 2 unter Heterogenität und schärfer werdendem Wettbewerb weniger investiert. Allerdings sollte dies nicht als Entscheidung zugunsten höherer Ausgaben für Konsumgüter missverstanden werden. Das Verhältnis der Ausgaben für öffentlichen Konsum zu den Ausgaben für Investitionen bzw. zu den gesamten Ausgaben nimmt mit zunehmendem fiskalischem Wettbewerb in der Gemeinde eindeutig ab. Selbst ohne die Berücksichtigung des Wettbewerbseffekts (der zu einer verstärkten Investitionstätigkeit infolge von Kapitalmobilität führt) ist zu beobachten, dass die Gemeinden im Wettbewerb einen größeren Teil ihres Budgets für Investitionen verwenden, je ausgeprägter die Mobilität der Steuerbasis ist. Der Polarisierungseffekt resultiert aus der Flucht der Unternehmen in Gemeinde 1. Gemeinde 2 versucht durch (relativ zu den Konsumausgaben) höhere Investitionen die Unternehmensflucht zu begrenzen und dieser Effekt ist in der benachteiligten Gemeinde größer als in Gemeinde 1, weil sie im Wettbewerb zunehmend unter Druck gerät. Solange der Wettbewerb moderat ist, verwendet Gemeinde 2 einen größeren Teil ihres Steueraufkommens für Konsumgüter als Gemeinde 1. Die wegbrechende Steuerbasis zwingt sie jedoch zu immer niedrigeren (relativen) Konsumausgaben, sodass sich dieser Zusammenhang umkehren kann, wenn der Wettbewerb intensiver wird.260 Dieses Ergebnis spricht für eine disziplinierende Wirkung des Wettbewerbs um eine mobile Steuerbasis. Zugleich führt der Wettbewerb zu divergierenden Investitionen und verschärft daher die Unterschiede zwischen den Gemeinden. Die Modellergebnisse erlauben weitere Einsichten in das Handeln von Regierungen, wenn man die Annahme benevolenter Politiker aufgibt und die Nutzenfunktion des repräsentativen Einwohners stattdessen als Auszahlungsfunktion (teilweise) eigennütziger oder korrupter Politiker interpretiert.261 In Anlehnung an die Interpretation der Nutzenfunktion in Cai und Treisman strebt g im Extremfall (ausbeuterischer Regierungen) gegen unendlich. In diesem Fall sind die Steuersätze praktisch unabhängig von diesem Parameter und die Regierungen wählen den höchstmöglichen Steuersatz, der ihnen maximalen Regierungskonsum ermöglicht. Die Literatur schreibt dem fiskalischen Wettbewerb in diesem Szenario eine heilsame Wirkung zu, weil er den staatlichen 260 Wenn die Gemeinden (wie im Modell von Cai und Treisman) neben den Steuereinnahmen über exogene Einnahmen Si , z. B. in Form eines Pauschaltransfers von der Zentralregierung, verfügen, kann es in Gemeinde 2 zur Ausweitung der relativen Konsumausgaben kommen, weil die Gemeinden solche fiskalischen Mittel allein für die Finanzierung öffentlichen Konsums verwenden. Die Steuersatz- und Investitionsentscheidungen werden hiervon nicht beeinträchtigt. Wenn der Anteil Si an den gesamten Ausgaben ausreichend groß ist, bewirkt ein Basiseffekt, dass der relative Konsumrückgang in Gemeinde 2 schwächer ausfällt als der relative Rückgang der Investitionen (dies gilt nur im Verhältnis zu den gesamten Ausgaben, nicht zum Steueraufkommen der Gemeinde). Siehe Anhang A2.5. 261 Vgl. Cai/Treisman (2005), S. 820.

132

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

Leviathan in seinen Bemühungen um höhere fiskalische Erträge bzw. höheren Regierungskonsum einhegt.262 Dieses Ergebnis lässt sich auch in diesem Modell bestätigen. Der Steuersatz sinkt in beiden Gemeinden mit ansteigender Intensität des Wettbewerbs. Die Investitionen und die Firmenallokation sind unabhängig vom Parameter g. Dies reflektiert, dass die Regierungen im Wettbewerb mit anderen Gemeinden die Ansiedlungspolitik nicht vernachlässigen können, weil das die Abwanderung der Steuerbasis bewirken und die fiskalischen Erträge mindern würde.

5.5

Wettbewerb unter einem Finanzausgleichsregime

Im Folgenden wird das Modell um einen Steueraufkommensausgleich erweitert. Dieser bewirkt eine Angleichung der Steuereinnahmen unter den Gemeinden, indem jede Gemeinde den Teil b ihres Steueraufkommens mit der anderen Gemeinde teilt. Der Nettotransfer bzw. die Nettobeitragszahlung der Gemeinde i beträgt Z i ¼ bðF j t j @ F i ti Þ. Der Finanzausgleich beeinflusst die Anreize für Investitionen und die Steuererhebung für die Gemeinden. Diese investieren, um die Steuerbasis anzuziehen und sie erheben Steuern, um diese Investitionen zu finanzieren und öffentliche Konsumgüter für die Einwohner bereitzustellen. Im vorherigen Abschnitt wurde festgestellt, dass die Gemeinden im Wettbewerb bedeutenden Fehlanreizen unterliegen. Es ist zu untersuchen, ob diese Externalitäten durch ein solches Finanzausgleichssystem internalisiert werden können. Bevor die Ergebnisse beschrieben werden, ist es von Vorteil, zunächst die Effekte des Finanzausgleichs auf die Investitions- und Steuerpolitik zusammenzufassen. Die Steuerteilung wirkt durch drei Effekte auf die Investitionsentscheidungen und die Steuersätze im Gleichgewicht:263 1. Internalisierungseffekt: Versucht eine Gemeinde durch Steuererhöhungen ihr Steueraufkommen zu steigern, flieht ein Teil der mobilen Steuerbasis in die andere Gemeinde. Die Gemeinde nimmt nur diese Kosten der Besteuerung wahr. Sie empfindet die Kosten daher als stärker, als sie aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind, weil sie den Nutzen der Steuererhöhung für die andere Gemeinde nicht bedenkt. Das Absinken der eigenen Steuerbasis zugunsten der Steuerbasis in der Konkurrenzgemeinde führt im Rahmen eines Finanzausgleichs zu höheren Zuweisungen. Der Finanzausgleich senkt die von den Gemeinden empfundenen Besteuerungskosten und schafft somit Anreize, höhere Steuersätze zu wählen. Dies kann – in Anlehnung an die 262 Vgl. Brennan/Buchanan (1980), S. 184. 263 Vgl. Hindriks et al. (2008), S. 2394.

Wettbewerb unter einem Finanzausgleichsregime

133

implizite Besteuerung des Steueraufkommens durch den Abschöpfungseffekt – als eine Subventionierung des Steuersatzes interpretiert werden. 2. Abschöpfungseffekt: Durch eine Erhöhung der Investitionen werden Firmen aus anderen Gemeinden zur Zuwanderung bewegt. Analog zu den Ausführungen zum Internalisierungseffekt empfindet die investierende Gemeinde den Nutzen dieser Investitionen als höher als er aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ist, weil sie die schädliche Wirkung der Investitionen für die andere Gemeinde nicht berücksichtigt. Der Teil b des durch die Vergrößerung der Steuerbasis zusätzlich generierten Steueraufkommens wird im Rahmen des Finanzausgleichs abgeschöpft. Er muss mit der Konkurrenzgemeinde geteilt werden. Der Finanzausgleich senkt den Nutzen der Investitionen. Dies kann als eine Besteuerung des Steueraufkommens bezeichnet werden.264 Das bedeutet, dass ein Teil des Steueraufkommens vergemeinschaftet wird. Infolgedessen kommt es zu einem Common-Pool-Effekt, der die Anreize sowohl für Investitionen als auch für die Steuererhebung senkt. 3. Umverteilungseffekt: Im asymmetrischen Gleichgewicht bewirkt das Finanzausgleichssystem eine Umverteilung der Steuerbasis. In Abhängigkeit der Parameterwerte kann es zu einer Umverteilung der Firmenallokation von der reichen in die arme Gemeinde oder umgekehrt kommen. Weil die Investitionen und die Steuersätze von der Anzahl der Firmen in der Gemeinde abhängen, werden diese durch den Effekt beeinflusst. Infolge dieser Effekte passen beide Gemeinden ihre Investitionen und Steuersätze an. Es zeigt sich, dass die Berücksichtigung des öffentlichen Konsumguts einen erheblichen Einfluss auf die Wirkungen des Finanzausgleichs ausüben kann. Das Ausgleichssystem lässt in Abhängigkeit der Parameterwerte mehrere mögliche Resultate zu. Allgemein lässt sich für das Gleichgewicht folgendes Ergebnis formulieren:265 Proposition 5.4: a) Unter einem Finanzausgleichsregime wählen beide Gemeinden niedrigere Investitionen. Sie wählen höhere Steuersätze sowie eine größere Menge öffentlicher Konsumgüter, wenn die Mobilität der Steuerbasis nicht zu stark sowie die relative Wertschätzung für öffentliche Konsumgüter nicht zu gering ausgeprägt ist. Dann können beide Gemeinden ein höheres Nutzenniveau erreichen. b) Der Finanzausgleich bewirkt im asymmetrischen Gleichgewicht eine Umverteilung der Steuerbasis von der »armen« in die »reiche« Gemeinde, wenn die 264 Vgl. Baretti et al. (2002), S. 632. 265 Vgl. Anhang A2.6.

134

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

Heterogenität in den Anfangsausstattungen der Gemeinden besteht. Er bewirkt eine Umverteilung von der »reichen« in die »arme« Gemeinde, wenn die Heterogenität vorwiegend (oder ausschließlich) investitionsspezifisch, der Wettbewerb nicht zu intensiv und der Ausgleichsgrad hoch ist. c) Unter moderatem (intensivem) fiskalischem Wettbewerb stellen beide Gemeinden eine größere (geringere) Menge des Konsumguts bereit und erreichen ein höheres (niedrigeres) Nutzenniveau. Der Gesamtnutzen steigt (sinkt). d) Die Investitionslücke zwischen den Gemeinden verkleinert sich infolge des Finanzausgleichs, und sie ist umso kleiner, je höher der Ausgleichsgrad ist. Für die Reaktionen der Investitionsniveaus auf eine marginale Änderung des Ausgleichsparameters b ergeben sich folgende Ausdrücke: @qA1 @b @qA2 @b

ð1@bÞ

¼ 21 ð3@2bÞ

¼ @2ð1 @ 1Þ

h 0 / i 1 @AA 2ð2@bÞþAA A ð 1 @ b Þ @ A @ 2 @b 2=ð3@2bÞ ,

ð1@bÞ ð3@2bÞ

h 0 1 2

ð1 @ bÞ

@AA @b

@A

A

/

þ

2ð2@bÞ@AA 2=ð3@2bÞ

i

(5.9) .

Der erste Ausdruck in der eckigen Klammer repräsentiert jeweils den Umverteilungseffekt. Er entspricht der Reaktion der Firmenallokation auf den FiA i nanzausgleich, @F . Der zweite Ausdruck beschreibt den Abschöpfungseffekt, der @b stets negativ auf die Investitionstätigkeit wirkt, dessen Bedeutung mit zunehmender Steuerbasis zunimmt und der in Gemeinde 1 betragsmäßig stets größer ist. Der Umverteilungseffekt tritt im symmetrischen Gleichgewicht nicht auf, weil der Finanzausgleich in diesem Fall die Firmenallokation nicht beeinflusst A (@A ¼ AA ¼ 0). Aufgrund des Abschöpfungseffekts ist dann die Reaktion der In@b vestitionen in jeder Gemeinde eindeutig negativ. Im Gegensatz zum Modell von Hindriks et al. ist die Wirkung des Umverteilungseffekts nicht eindeutig.266 Im Folgenden bezeichne ein positiver Umverteilungseffekt eine Umverteilung der Steuerbasis von Gemeinde 2 in GeA 1 meinde 1, also wenn @F > 0. Dies ist nur dann eindeutig gegeben, wenn die @b Gemeinden sich ausschließlich in den Anfangsausstattungen Bi unterscheiden. Ist die Heterogenität dagegen investitionsspezifisch, kann es zu einer Umverteilung in die ärmere Gemeinde kommen, wenn die Heterogenität vergleichsweise schwach ausgeprägt ist sowie der Wettbewerb nicht zu intensiv und der Ausgleichsgrad hoch ist. Ein Vergleich der Verläufe der Reaktionsfunktionen der Investitionen mit

266 Vgl. Hindriks et al. (2008), S. 2398. In ihrem Modell bewirkt der Effekt eindeutig eine Umverteilung der Steuerbasis von der armen in die reiche Gemeinde.

135

Wettbewerb unter einem Finanzausgleichsregime

und ohne Finanzausgleich verdeutlicht dessen Wirkung auf das Investitionsverhalten der Gemeinden. Es gilt: @^ q1 @^ q2 @^ q2 @^ q1

1ð1@1Þ

¼ @ 9w@12 ,

@^qA1 @^qA2

1ð1@1Þ

¼ @ 9w@ð1@1Þ2 ,

@^ qA2 @^ qA1

1ð1@1Þð1@bÞ

¼ @ wð3@2bÞ2 @12 ð1@bÞ,

¼@

1ð1@1Þð1@bÞ wð3@2bÞ2 @ð1@1Þ2 ð1@bÞ

(5.10) .

Die Steigung der Reaktionsfunktion ist ohne Finanzausgleich (im Betrag) eindeutig geringer als mit Finanzausgleich. Das Ausgleichssystem verstärkt also die Reaktionen jeder Gemeinde auf Investitionen in der anderen Gemeinde. Allerdings fällt dieser Effekt in Gemeinde 2 im Verhältnis stärker aus als in q =@^ q @^ q =@^ q > . Der Unterschied in den Steigungen der ReaktionsGemeinde 1: @^ @^q =@^ q q @^ q =@^ funktionen fällt also umso geringer aus, je höher der Anteil des Steueraufkommens ist, der zwischen den Gemeinden geteilt wird. Dies lässt sich so interpretieren, dass Gemeinde 1 ihren Vorteil im Ansiedlungswettbewerb weniger stark ausnutzen kann und Gemeinde 2 daher weniger stark unter Druck gerät. Die Investitionen in Gemeinde 1 nehmen stärker ab als in Gemeinde 2. Die Investitionslücke im asymmetrischen Gleichgewicht schließt sich mit zunehmendem Ausgleichsgrad.267 Der Abschöpfungseffekt bewirkt in beiden Gemeinden ein niedrigeres Investitionsniveau, weil er (einer Steuer ähnlich) einen Keil zwischen die Grenzkosten und die Grenzerträge der Investitionen treibt. Wie oben bereits gezeigt wurde, ist dies im Sinne einer zweitbesten Lösung effizient, wenn die Gemeinden nicht über die Steuersätze und Investitionen verhandeln können. Dies kann man sich am Beispiel des symmetrischen Gleichgewichts verdeutlichen, in dem die Firmenallokation optimal ist und einzig die Investitionen und Steuersätze verzerrt sind. Die verzerrten Steuersätze erfordern eine Verzerrung der Investitionsausgaben. Der Finanzausgleich lindert das Gefangenendilemma und bewirkt ceteris paribus eine Pareto-Verbesserung. Das aus der Literatur bekannte Resultat höherer Steuersätze tritt in diesem Modell nicht mit Eindeutigkeit auf, das Vorzeichen von @t@b ist unbestimmt. Die Reaktionen der Steuersätze auf eine marginale Änderung des Ausgleichsparameters b verdeutlichen dies: 1

2

2

1

A 1 A 2

A 2 A 1

A i

267 Dies entspricht dem Ergebnis von Liu (2014), steht jedoch in Widerspruch zu dem Ergebnis von Hindriks et al. (2008), demzufolge die Investitionslücke sich in Abhängigkeit der Modellparameter vergrößern oder verkleinern könne.

136 @t A1 @b @t A2 @b

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

0 / h 0 i / 1 2 1 @AA AA ¼ ð1@2bÞ2 = w @ g þ 2wð1 @ bÞ 2 ð1 @ bÞ @b @ AA @ 2 , ¼

1 ð1@2bÞ2

0 / h 0 / i 2 1 @AA AA = w @ g @ 2wð1 @ bÞ 2 ð1 @ bÞ @b @ AA @ 2 .

(5.11)

Der erste Ausdruck nach dem Gleichzeichen bezeichnet jeweils den Internalisierungs- und den Abschöpfungseffekt im symmetrischen Gleichgewicht. Der Ausdruck in der eckigen Klammer ist im symmetrischen Gleichgewicht gleich null. Wie in (5.10) repräsentiert der erste Ausdruck in der eckigen Klammer den Umverteilungseffekt und der zweite Ausdruck den Abschöpfungseffekt im asymmetrischen Gleichgewicht. Für das unbestimmte Vorzeichen der Ausdrücke gibt es demnach zwei Gründe: Zum einen müssen aufgrund des Zusammenspiels zwischen dem Internalisierungs- und dem Abschöpfungseffekt die Steuersätze auch im symmetrischen Gleichgewicht nicht steigen. Der Internalisierungseffekt wirkt motivierend auf die Steuererhebung, während der Abschöpfungseffekt die Anreize zur Steuererhebung schwächt. Wenn der Internalisierungs- den Abschöpfungseffekt überwiegt, steigen die Steuersätze. Das höhere Steueraufkommen (bei gleichzeitig niedrigeren Investitionskosten) verwenden die Gemeinden zur Bereitstellung des Konsumguts und beide Gemeinden erreichen höhere Nutzenniveaus. Dies ist umso eher der Fall, je geringer die Mobilität der Firmen @ t @ t > 0, und je höher die Wertschätzung für öffentlichen Konsum ist, > 0. ist, @b@w @b@g Im Falle eines sinkenden Steuersatzes (der Abschöpfungs- überwiegt den Internalisierungseffekt) erreichen die Gemeinden nur ein höheres Nutzenniveau, wenn die geringeren Investitionskosten das entgangene Steueraufkommen kompensieren. Für hohe Werte des Ausgleichsparameters b kann es dazu kommen, dass die Steuereinnahmen stärker sinken als die Investitionskosten. Dann sinkt in beiden Gemeinden das Konsumniveau und der Finanzausgleich bewirkt in beiden Gemeinden niedrigere Nutzenniveaus. Hierzu kann es auch im symmetrischen Gleichgewicht kommen. Die intuitive Erklärung hierfür ist, dass eine geringe Wertschätzung für öffentlichen Konsum impliziert, dass die Gemeinden nur wenig geneigt sind, einen höheren Steuersatz auf Kosten der Abwanderung von Firmen anzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn sie durch den Finanzausgleich hierfür entschädigt werden. Die Kosten, die die Gemeinden mit Steuererhöhungen in Verbindung bringen, sind im Verhältnis zum zusätzlichen Nutzen umso höher, je niedriger g ist. Der Internalisierungseffekt fällt daher umso schwächer aus, je geringer die Wertschätzung für öffentlich bereitgestellte Konsumgüter ist. Der Abschöpfungseffekt dagegen fällt umso stärker aus, je stärker die Steuerbasis auf steigende Steuersätze reagiert, d. h. je geringer w ist. Sind die Ausprägungen von g und w 2 A i

2 A i

Zusammenfassung der Modellergebnisse

137

ausreichend gering, dominiert der Abschöpfungseffekt den Internalisierungseffekt und der Finanzausgleich übt eine negative Wirkung auf den Steuersatz aus. Im Spezialfall mit g ¼ w2 gleichen sich im symmetrischen Gleichgewicht beide Effekte aus. Steuersatz und Steueraufkommen sind dann unabhängig vom Finanzausgleich. Infolge der niedrigeren Investitionskosten erreichen beide Gemeinden höhere Konsum- und Nutzenniveaus.268 Zum anderen wirkt im asymmetrischen Gleichgewicht, der (unbestimmte) Umverteilungseffekt auf die Steuersätze. Am Spezialfall mit g ¼ w2 wird deutlich, dass dieser das Ergebnis aus dem symmetrischen Gleichgewicht sowohl umkehren als auch verstärken kann. So hat ein positiver Umverteilungseffekt einen positiven Einfluss auf den Steuersatz in Gemeinde 1. Der Effekt bewirkt jedoch auch eine steigende Steuerbasis und damit einen Abschöpfungseffekt, der den Steuersatz negativ beeinflusst. Wenn der Abschöpfungseffekt diesen positiven Umverteilungseffekt überwiegt, senkt Gemeinde 1 ihren Steuersatz, während Gemeinde 2 ihren Steuersatz anhebt. Aufgrund der Unbestimmtheit der Reaktionen der Steuersätze und der Steuerbasis kann keine eindeutige Aussage über das Niveau öffentlicher Konsumgüter und die Nutzenniveaus getroffen werden. Die sinkenden Investitionskosten können nur dann für die Bereitstellung von Konsumgütern verwendet werden, wenn das Steueraufkommen durch den Finanzausgleich steigt, bzw. nicht in gleicher Höhe sinkt. Gleichwohl kann eine sinkende Steuerbasis mit einem steigenden Bereitstellungsniveau öffentlicher Güter einhergehen (und umgekehrt). Dies wäre z. B. in Gemeinde 2 der Fall, wenn der Umverteilungseffekt aufgrund einer heterogenen Anfangsausstattung positiv ist und der Steuersatz infolge des Finanzausgleichs ansteigt oder nicht zu stark sinkt.

5.6

Zusammenfassung der Modellergebnisse

Das Modell zeigt, dass der Wettbewerb zwischen Gemeinden um eine mobile Steuerbasis zu ineffizient niedrigen Steuersätzen führt, die den Gemeinden die Besteuerung der aus ihren Investitionen resultierenden Unternehmensgewinne nur unzureichend ermöglichen. Gleichzeitig können die Gemeinden ihre Investitionen jedoch nicht einschränken, da dies mit der Abwanderung von Firmen in andere, um die Steuerbasis konkurrierende, Gemeinden verbunden wäre. Die Gemeinden befinden sich in einem Gefangenendilemma, in der jede Gemeinde investieren muss, weil alle anderen Gemeinden investieren. Obwohl jede Gemeinde geringere Investitionen bevorzugen würde, finden sie selbst268 Das entspricht dem Ergebnis des in Hindriks et al. (2008) verwendeten Modellrahmens, vgl. ebd., S. 2398.

138

Ein Modell strategischen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen

ständig keinen Ausweg aus dieser Situation, da – gegeben geringere Investitionen der Konkurrenzgemeinde – jede Gemeinde einen Anreiz zu einer Ausweitung ihrer Investitionen hätte. Die Gemeinden müssen daher ihre Ausgaben für öffentliche Konsumgüter einschränken. Dies gilt sowohl im symmetrischen als auch im asymmetrischen Gleichgewicht. Im asymmetrischen Gleichgewicht nutzen Gemeinden, die im Wettbewerb um die Ansiedlung mobiler Unternehmen einen Vorteil genießen, ihre Position aus und attrahieren durch zusätzliche Investitionen – trotz steigenden Steuersatzes – einen größeren Teil der Unternehmen. Im Ergebnis gelingt den Gemeinden nicht nur die Anziehung eines größeren Teils der Steuerbasis, sondern auch die Bereitstellung einer größeren Menge öffentlicher Konsumgüter. Gemeinden, die im Wettbewerb das Nachsehen haben, drohen dagegen abgehängt zu werden – sie sind zur Senkung ihrer Investitionsausgaben und zur Einschränkung ihrer Konsumausgaben gezwungen, um die Unternehmensflucht zu begrenzen. Der Wettbewerbsdruck zwingt diese Gemeinden zudem zu einer überproportionalen Einschränkung ihrer Konsumausgaben. Trotz dieser Anstrengungen »ärmerer« Gemeinden divergieren die Investitionsniveaus zwischen den Gemeinden mit zunehmender Heterogenität immer stärker. Der Wettbewerb droht auf diese Weise die Unterschiede zwischen den Gemeinden zu verschärfen. Wie Hindriks et al. (2008) herausstellen, können Finanzausgleichsmechanismen in einer solchen Situation als Substitut für partielle Kooperation aufgefasst werden und somit ein Instrument darstellen, das den Gemeinden einen Ausweg aus dem Gefangenendilemma weist.269 Die in der Literatur im Allgemeinen positive Bewertung dieser Systeme kann jedoch auf eine Situation, in der die Gemeinden (neben dem Wettbewerb durch Steuern und Investitionen) die Bereitstellung öffentlicher Konsumgüter finanzieren müssen, nicht ohne Weiteres übertragen werden. Der Grund hierfür ist, dass infolge des Investitionswettbewerbs neben dem (positiven) Internalisierungseffekt der (negative) Abschöpfungseffekt und ein Umverteilungseffekt die Wirkung auf den Steuersatz beeinflussen. Der Gesamteffekt auf den Steuersatz ist daher nicht eindeutig und es kann theoretisch sowohl zu einer (teilweisen) Internalisierung als auch zu einer Verstärkung der negativen Externalität der Besteuerung kommen. Letzteres ist umso wahrscheinlicher, je stärker die Steuerbasis auf die Steuer- und Investitionspolitik reagiert und je geringer die relative Wertschätzung für öffentlichen Konsum ist. Auf die Investitionstätigkeit wirkt der Finanzausgleich dagegen eindeutig negativ, sodass die negative Externalität der Investitionen (teilweise) internalisiert werden kann. Letztlich hängt es daher von der Heterogenität der Ge269 Vgl. Hindriks et al. (2008), S. 2397.

Zusammenfassung der Modellergebnisse

139

meinden, der Intensität des Wettbewerbs, der Wertschätzung für öffentlichen Konsum und der Intensität des Ausgleichsystems ab, ob dieses zu einer (Pareto-)Verbesserung führen kann. Jedenfalls stellt sich das häufig gefällte Urteil, dass bei der Ausgestaltung von Finanzausgleichsystemen aufgrund eines trade offs zwischen Effizienz und Gerechtigkeit stets zwischen den politisch angestrebten Zielen abzuwägen sei270, als verfrüht heraus. Ist die Wirkung eines Finanzausgleichssystems auf die Steuersätze positiv, kann es zur Internalisierung beider Externalitäten beitragen und das Gefangenendilemma lindern, in dem sich die Gemeinden befinden. In einer solchen Situation würden beide Gemeinden von einem Finanzausgleichssystem profitieren: die Abschaffung des Finanzausgleichs würde beide Gemeinden zur Erhebung niedrigerer Steuern und zu einer Ausweitung der Investitionstätigkeit und Einschränkung der Konsumausgaben zwingen.271 Allerdings kann keine eindeutige Aussage über die umverteilende Wirkung des Finanzausgleichs getroffen werden.272 Darüber hinaus zeigt die Analyse, dass der Finanzausgleich zu einer Angleichung der Nutzen- und der Investitionsniveaus zwischen den Gemeinden führt und die Tendenz zur Selbstverstärkung der Unterschiede zwischen den Gemeinden zumindest abschwächen kann. Viele Staaten versuchen durch Transfersysteme eine Angleichung der Verhältnisse zwischen den Gemeinden zu erreichen. Finanzausgleichssysteme können ein probates Mittel zu Erreichung dieses Ziels darstellen.

270 Vgl. Huber/Lichtblau (2000), S. 11, Wagschal (2002), S. 20. 271 Weil durch einen Finanzausgleich die aus Sicht der Gemeinden schädliche Wirkung des Wettbewerbs abgemildert werden kann, könnten die Gemeinden einem solchen System auch auf freiwilliger Basis zustimmen. Den formalen Beweis hierfür liefern Hindriks/Myles (2003). Der Wettbewerb in Investitionen scheint dieses Ergebnis noch zu stärken. 272 Dies widerspricht dem Ergebnis von Hindriks et al. (2008), wonach der Umverteilungseffekt eine höhere Steuerbasis in der »reichen« Gemeinde bewirkt. Für geringe Ausprägungen von DB (und 1 > 1=2Þ sowie einen hohen Ausgleichsparameter b kommt es im vorliegenden Modell zu einer Umverteilung von Gemeinde 1 in Gemeinde 2.

6

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

6.1

Ziele, Funktionen und Funktionsweise des Finanzausgleichs

Wenngleich die Gemeinden aus rechtlicher Perspektive nicht als eigenständige staatliche Ebene, sondern als Teil der Länder gesehen werden, garantiert ihnen Art. 28 Abs. 2 GG das Recht auf kommunale Selbstverwaltung und »die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung«. Zur Sicherstellung dieser Eigenverantwortung muss den Gemeinden eine angemessene Finanzautonomie eingeräumt werden, die ihrerseits aus den zwei Elementen Einnahmen- und Ausgabenautonomie besteht. Unter Einnahmenautonomie ist die kommunale, eigenverantwortliche Gestaltung der Einnahmen dem Grunde und der Höhe nach zu verstehen.273 Den Gemeinden wurden daher ein kommunales Hebesatzrecht und die Ertragskompetenz bezüglich der beiden Realsteuerarten sowie die Ertrags- und Gestaltungskompetenz bezüglich der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern garantiert (originäre Steuereinnahmen).274 Das Hebesatzrecht stellt sicher, dass die Gemeinden über ausreichenden Spielraum zur Variation ihrer Einnahmensituation verfügen. Mit dieser Einnahmenautonomie ist jedoch die Ausgabenautonomie der Gemeinden noch nicht sichergestellt. Denn für eine eigenverantwortliche Ausgabenpolitik ist zudem eine »der Höhe nach aufgabengerechte Finanzausstattung«275 notwendig. Die originären Steuereinnahmen reichen zur Deckung des kommunalen Finanzbedarfs jedoch nicht aus.276 Daher stocken die Länder gemäß Art. 106 Abs. 7 GG die Einnahmen der Gemeinden durch eine Beteiligung am Länderanteil am Aufkommen der Gemeinschaftsteuern (obligatorischer Steuerverbund) und durch eine Beteiligung am Aufkommen der Landessteuern 273 Vgl. Milbradt/Diedrichs (2001), S. 331. 274 Darüber hinaus erhalten die Gemeinden Anteile am Aufkommen der Einkommensteuer, der Abgeltungsteuer und der Umsatzsteuer, deren Höhe sie durch gezielte Einwohner- und Unternehmensanwerbungen beeinflussen können. 275 Milbradt/Diedrichs (2001), S. 332. 276 Vgl. Parsche/Steinheer (1995), S. 3.

142

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

(fakultativer Steuerverbund) auf. Alle Gemeinden sollen auf diese Weise, unabhängig von ihrem individuellen Finanzbedarf und ihrer Finanzkraft, in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben angemessen wahrzunehmen.277 Der Steuerverbund zwischen dem Bundesland und den Kommunen erhöht nicht die Einnahmenautonomie, weil die Gemeinden die Zuweisungen nicht selbständig beeinflussen können. Eine angemessene Finanzautonomie ist jedoch erst sichergestellt, wenn die Finanzausstattung einer Gemeinde in Relation zu den von höheren Ebenen delegierten Aufgaben groß genug ist, sodass die Gemeinde im Zuge der selbstverwalteten Aufgabenerfüllung eigenständige Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen kann. Diese Aufstockung der Gemeindeeinnahmen stellt die vertikale Komponente des kommunalen Finanzausgleichs dar. Neben dieser fiskalischen Funktion übernimmt der kommunale Finanzausgleich eine distributive Funktion. Die Unterschiede in der Finanzkraft zwischen den Gemeinden sollen durch eine differenzierte Ausgestaltung der vertikalen Verteilung der Mittel abgemildert werden. Es findet also ein horizontaler Ausgleich statt, ohne dass zwischen den Gemeinden Ausgleichszahlungen fließen.278 Jede Gemeinde soll durch die Zuweisungen eine auf ihren Finanzbedarf bezogene Finanzkraft erreichen, die sie »bei durchschnittlicher Steueranspannung und wirtschaftlicher Haushaltsführung für ein bestimmtes (Norm-)Niveau der Versorgung mit öffentlichen Leistungen«279 benötigt. Finanzschwache Gemeinden und Gemeinden mit hohen Finanzbedarfen sollen also in die Lage versetzt werden, ihre öffentlichen Aufgaben auf einem ähnlich hohen Qualitätsniveau zu erbringen, wie finanzstärkere Gemeinden.280 Diese Funktion des Finanzausgleichs übernimmt die wichtige Aufgabe, räumliche Verzerrungen der Güter- und Faktorallokationen zu verhindern bzw. zu vermindern. Starke Unterschiede in der bedarfsbezogenen Steuerkraft zwischen den Gemeinden würden ohne Finanzausgleich in einer Spirale münden, der die finanzschwachen Gemeinden nicht selbständig entkommen können. Der Hebesatzmechanismus ist in einer solchen Situation außer Kraft gesetzt. Über diese beiden Ziele hinaus erfüllt der Finanzausgleich für die Gemeinden eine Versicherungsfunktion, da er zu einer Verstetigung der Gemeindeeinnahmen beiträgt und Härten infolge unvorhergesehener exogener Schocks abfedern kann. Die Länder verfolgen mit dem Ausgleichssystem zudem allokationspoli277 Vgl. Scherf (2000), S. 500. 278 Dies wird als vertikaler Ausgleich mit horizontalem Effekt bezeichnet. Hiervon sind kommunale Finanzausgleichssysteme mit einer horizontalen Komponente zu unterscheiden, in denen abundante Gemeinden zur Zahlung einer Finanzausgleichsumlage, wie zwischen 2014 und 2017 in Nordrhein-Westfalen, herangezogen werden (redistributive Funktion). 279 Scherf (2000), S. 501. 280 Vgl. Lenk et al. (2013), S. 19.

143

Ziele, Funktionen und Funktionsweise des Finanzausgleichs Landesanteil an der Einkommen-, Körperscha"- und Umsatzsteuer (Obligatorischer Steuerverbund: 49,7 Mrd. Euro)

Verbundsatz: 23 %

+ 4/7 des Grunderwerbsteuerau#ommens (Fakulta$ver Steuerverbund: 1,8 Mrd. Euro)

+/- Erhöhungen/Verminderungen gemäß § 2 Abs. 2 GFG

Darin enthalten 1,17 Prozent zur Beteiligung der Gemeinden an den Lasten der dt. Einheit

(-872 Mio. Euro)

Originäre Finanzausgleichsmasse (11,6 Mrd. Euro)

Verteilbare Finanzausgleichsmasse (11,7 Mrd. Euro)

+/- Erhöhungen/Verminderungen gemäß § 3 GFG (+58 Mio. Euro)

Schlüsselzuweisungen (9,9 Mrd. Euro; 84,8 %)

Inves$$onspauschalen (1,1 Mrd. Euro; 9,2 %)

Fachbezogene Sonderpauschalen

Gemeinden

(7,8 Mrd. Euro; 78,5 %)

Kreise

(663 Mio. Euro; 5,7 %)

(1,2 Mrd. Euro; 11,7 %)

Bedarfszuweisungen

Landscha"sverbände

(36 Mio. Euro; 0,3 %)

(973 Mio. Euro; 9,8 %)

Abbildung 6–1: Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen 2018, Finanzausgleichsmasse und Schlüsselzuweisungen Quelle: Gemeindefinanzierungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen 2018, eigene Berechnungen, eigene Darstellung.

tische (durch eine Internalisierung externer Effekte, z. B. bei der Bereitstellung öffentlicher Güter mit Wirkungen über die Gemeindegrenzen hinaus), raumordnerische und stabilitätspolitische bzw. gesamtwirtschaftliche Zielsetzungen (durch eine Stabilisierung der im Konjunkturverlauf schwankenden Gemeindeeinnahmen, wenn eine entsprechende Stabilisierung der Finanzausgleichsmasse stattfindet).281 Tabelle 6–1: Verbundsatz und Ausgleichsfaktor im nordrhein-westfälischen Finanzausgleich bis 1981 1982 1983–1985 1986–1987 1988–1996 seit 1997 Verbundsatz 28,5 % 26,5 % 25,5 % 23 % 23 % 23 % a) a) b) Ausgleichfaktor 50 % 50 % 50 % 100 % 95 % 90 % a) : vollständiger Ausgleich bis die Finanzkraft (Steuerkraft plus Schlüsselzuweisung) 90 Prozent der Ausgangsmesszahl erreichte, darüber 50 Prozent; b): vollständiger Ausgleich bis die Finanzkraft 90 Prozent der Ausgangsmesszahl erreichte und bis zu 95 Prozent nach einer Gemeindegrößenklassenstaffel und unter Voraussetzung eines Mindesthebesatzes bei der Gewerbesteuer (ab 1984), darüber 50 Prozent. Quelle: Gemeindefinanzierungsgesetze des Landes Nordrhein-Westfalen.

281 Vgl. Lenk et al. (2013), S. 19.

144

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

Der Schwerpunkt wird im Folgenden auf den Schlüsselzuweisungen für die Gemeinden liegen, die quantitativ mit einem Anteil von zwei Dritteln (78,5 von 84,8 Prozent der Schlüsselmasse) die wichtigste Position im kommunalen Finanzausgleich Nordrhein-Westfalens bilden (vgl. Abbildung 6–1). Bevor in den folgenden Abschnitten die Bestimmung des Finanzbedarfs und der Steuerkraft genauer beschrieben werden, soll zunächst die Funktionsweise des Schlüsselzuweisungssystems kurz dargestellt werden.282 Bei der Durchführung des kommunalen Finanzausgleichs legt das Land Nordrhein-Westfalen zunächst fest, in welcher Höhe die Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände vertikale Zuweisungen erhalten. In Nordrhein-Westfalen werden die Gemeinden seit dem Jahr 1986 mit 23 Prozent am Aufkommen der Gemeinschaftsteuern beteiligt (Verbundquotenmodell), nachdem dieser Verbundsatz seit 1982 von zuvor 28,5 Prozent schrittweise gesenkt wurde. Zusätzlich wurde der Steuerverbund von 1981 bis 1997 um das Grunderwerbsteueraufkommen erhöht, seit 1997 beträgt der Anteil vier Siebtel des Aufkommens der Grunderwerbsteuer (mit Ausnahme der Jahre 2007 bis 2010, in denen der Steuerverbund nicht fakultativ erhöht wurde). Multipliziert mit dem Verbundsatz beteiligt das Land die Kommunen also mit etwa 13 Prozent am Grunderwerbsteueraufkommen. Um zu gewährleisten, dass die Gemeinden vergleichbare Niveaus bei der Bereitstellung öffentlicher Leistungen erreichen, wird bei der Verteilung der Zuweisungen auf die Differenz zwischen Finanzbedarf (Ausgangsmesszahl) und Finanzkraft (Steuerkraftmesszahl) zurückgegriffen und diese Differenz bis zu einem bestimmten, ebenfalls politisch festzulegenden Ausgleichsgrad nivelliert. Der Ausgleichsgrad und die Höhe des für Ausgleichszahlungen zur Verfügung gestellten Steueraufkommens stehen daher in einem engen Zusammenhang. Je höher der Ausgleichsgrad gewählt wird, desto weniger Gemeinden erhalten Zuweisungen und desto höher sind die Zuweisungen der besonders finanzschwachen Gemeinden. Die Bedeutung der vertikalen Komponente des Ausgleichssystems ist also exogen und wird durch den Ausgleichsgrad beeinflusst. Ebenso wenig wie eine objektive Bestimmung des Finanzbedarfs und der Steuerkraft möglich ist (s. unten), kann eine objektive Festlegung des Ausgleichsfaktors erfolgen. Aus ökonomischer Sicht sollte aus allokativen und aus anreizökonomischen Gründen jedoch auf einen Ausgleichsfaktor verzichtet werden, der die Unterschiede zwischen dem Finanzbedarf und der Steuerkraft zu einem allzu hohen Grad ausgleicht283 und der die Gemeinden auf der Einnahmenseite von der Aufgabe der Steuerbasispflege faktisch entbindet und auf 282 Für eine formale Darstellung der Funktionsweise des Schlüsselzuweisungssystems s. Kapitel 7. 283 Siehe hierzu Kapitel 7, vgl. Scherf (2000), S. 502, Zimmermann (2009), S. 234.

145

Ziele, Funktionen und Funktionsweise des Finanzausgleichs

der Auf- bzw. Ausgabenseite die Abwälzung volkswirtschaftlicher Kosten auf die Gemeinschaft begünstigt.284 Steuerkra"zahl der Gewerbesteuer er

Hauptansatz

Steuerkra"zahl der Grundsteuerr

Schüleransatz SSoziallastenansatz

Einheitlicher Grundbetrag

Steuerkra"zahl des Gemeindeanteils ls an der Umsatzsteuer

Zzgl. Kompensa$onsleistungen gemäß § 9 GFG G

Zentralitätsansatz Flächenansatz

Ausgleichsfaktor

Gesamtansatz

Steuerkra"zahl des Gemeindeanteilss an der Einkommensteuer

(

Steuerkra"zahl der Gewerbesteuerumlage age

Ausgangsmesszahl hl

Steuerkra"messzahl St

)

Abbildung 6–2: Ermittlung der Schlüsselzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich Nordrhein-Westfalens. Quelle: eigene Darstellung.

Sind für alle Gemeinden der jeweilige Bedarf, der sich in Nordrhein-Westfalen aus der Summe des Haupt- und der vier Nebenansätze ergibt (s. Abbildung 6–2), und die Steuerkraft ermittelt sowie die Entscheidungen über die Schlüsselmasse und den Ausgleichsfaktor getroffen worden, wird der Gesamtbedarf jeder Gemeinde mit einem einheitlichen, fiktiven Betrag (dem einheitlichen Grundbetrag) zur Ausgangsmesszahl multipliziert. Hierbei handelt es sich um eine reine Rechengröße, mit der sichergestellt wird, dass die Schlüsselmasse vollständig ausgeschöpft wird. Der einheitliche Grundbetrag (und somit die Schlüsselzuweisungen) werden in einem iterativen Verfahren ermittelt: der Grundbetrag wird solange erhöht, bis die Schlüsselmasse ausgeschöpft ist. Erst dann zeigt sich, welche Gemeinden Zuweisungen erhalten und welche nicht. Der Grundbetrag stellt demzufolge keine echte Bedarfsgröße dar, seine Höhe ergibt sich allein aus der Höhe der Schlüsselmasse. Somit hängt die Höhe der Schlüsselzuweisung für die einzelne Gemeinde (und ob sie Schlüsselzuweisungen bekommt oder nicht) nicht nur von ihrer Differenz zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft ab, sondern wird von der Höhe der Schlüsselmasse und vom Ausgleichsfaktor mitbestimmt.285 Die Wahl des Ausgleichsgrads stellt bei gegebener Finanzausgleichsmasse (gegebener Verbundquote) somit auch eine Entscheidung über die Gewichtung des Finanzbedarfs dar und darüber, wie hoch die Finanzkraft einer Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben sein muss. Ein hoher Ausgleichsgrad bedeutet, dass implizit einer größeren Anzahl der 284 Vgl. Sachverständigenrat (1987), Tz. 298. 285 Vgl. Lenk/Rudolph (2004b), S. 8.

146

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

Gemeinden eine ausreichende Steuerkraft zur Erbringung ihrer Aufgaben attestiert wird.286 Eine explizite Berücksichtigung der vertikalen Komponente fehlt dagegen vollständig. Die Höhe der Schlüsselmasse ist starr, zumindest solange der Verbundsatz nicht angepasst wird. Der im Ausgleichssystem berücksichtigte fiktive Finanzbedarf ist daher keineswegs objektiv, sondern schwankt mit dem Anteil des Landes am Aufkommen der Gemeinschaftsteuern, mit dem Verbundsatz und der Ausgleichsintensität des Systems. Der tatsächliche Finanzbedarf kann daher vom berücksichtigten Bedarf abweichen und wird nur zufällig mit ihm übereinstimmen.287

Steuerkra"/Finanzbedarf nach FAG

130%

120%

Steuerkra#/Finanzbedarf vor FAG (nicht-abundante Gemeinden)

110%

Steuerkra#/Finanzbedarf nach FAG

100%

90%

Steuerkra#/Finanzbedarf nach FAG (mit Ausgleichsumlage)

80%

70% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 110% 120% 130% 140%

Steuerkra"/Finanzbedarf vor FAG

Abbildung 6–3: Die Ausgleichswirkung des kommunalen Finanzausgleichs Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Lenk/Rudolph (2004b), S. 16.

Eine zuweisungsberechtigte Gemeinde erhält in Nordrhein-Westfalen 90 Prozent der Differenz zwischen ihrer Ausgangs- und ihrer Steuerkraftmesszahl. Eine fiktive Gemeinde, die keine eigenen Steuereinnahmen aufweise, erhält somit Schlüsselzuweisungen in Höhe von 90 Prozent ihres im Ausgleichssystem bestimmten Finanzbedarfs. Für steigende Steuerkraft-Finanzbedarf-Relationen bilden die Schlüsselzuweisungen einen linearen Ausgleichstarif. Die gestrichelte Linie in Abbildung 6–3 kennzeichnet den Tarifverlauf für abundante Gemeinden nach Abführung einer Finanzausgleichsumlage in Höhe von 9,85 Prozent 286 In Baden-Württemberg wird der Grundbetrag politisch festgelegt und der Ausgleichsfaktor ist endogen. So soll zum einen die angesprochene Endogenisierung des Finanzbedarfs vermieden und sichergestellt werden, dass der Finanzbedarf der Gemeinden in angemessenem Umfang Berücksichtigung findet. Zum anderen soll gewährleistet werden, dass alle Finanzierungsdefizite, zu Lasten der Ausgleichsintensität, zumindest teilweise ausgeglichen werden (vgl. Kuhn (1996), S. 671, Lenk/Rudolph (2003b), S.8ff., Rummel (1999), S. 195). 287 Vgl. Wohltmann (2011), S. 489.

Ermittlung des Finanzbedarfs

147

(dies entspricht der Umlage, die 2015 in Nordrhein-Westfalen erhoben wurde). In allen anderen Bundesländern, mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, ist der Ausgleichsgrad niedriger. Das Land Baden-Württemberg erachtet einen (im dortigen System endogenisierten) Ausgleichsgrad in Höhe von etwa 70 Prozent als angemessen.288

6.2

Ermittlung des Finanzbedarfs

Die Ermittlung des Finanzbedarfs stellt den schwierigsten Bestandteil der Finanzausgleichssysteme der Bundesländer dar. Weder im politischen noch im wissenschaftlichen Diskurs herrscht bezüglich der »richtigen« Finanzkraftermittlung Einigkeit.289 Zunächst sollte angemerkt werden, dass das Ziel der Bedarfsermittlung nicht eine möglichst genaue Abbildung des erforderlichen, tatsächlichen gemeindlichen Auf- bzw. Ausgabenkatalogs sein sollte. Gegen eine derartige Erfassung sprechen (neben Problemen bei der praktischen Durchführung)290 in erster Linie allokative Erwägungen. Die trennscharfe Berücksichtigung einzelner Finanzbedarfspositionen in einem »Bedarfsindex« würde für die Gemeinden Anreize setzen, dessen Bemessungsgrundlage durch gezielte politische Maßnahmen und Ausgaben und so wiederum die Höhe der Zuweisungen zu beeinflussen. Die Bedarfsmessung und somit der kommunale Finanzausgleich wären in diesem Falle nicht gestaltungsunabhängig. Im Gegensatz dazu weist eine möglichst allgemeine, für die einzelne Gemeinde nicht oder nur geringfügig beeinflussbare Bemessungsgrundlage die geringsten Verzerrungswirkungen (durch Substitutionseffekte) auf. Die Ansätze, anhand derer die Ermittlung des gemeindlichen Finanzbedarfs erfolgt, sollten daher Globalindikatoren darstellen, die nicht den unmittelbar mit einem spezifischen Indikator verbundenen Bedarf abbilden, sondern auch solche Bedarfe, die in einem indirekten Zusammenhang zu der jeweiligen Bemessungsgrundlage stehen.291 Die allge288 Vgl. Lenk/Rudolph (2003b), S. 9. 289 Vgl. Döring/Brenner (2017), S. 43, Lenk/Rudolph (2003b), S. 11, Parsche/Steinheer (1995), S. 23, Zimmermann (2009), S. 228. 290 Zur Problematik der Erstellung eines entsprechenden Aufgabenkatalogs und der diesem Katalog zuzurechnenden Kosten der Leistungserstellung sowie einer originären Bedarfsbestimmung s. Büttner et al. (2008), S. 44f., Döring/Brenner (2017), S. 54. Lenk und Rudolph merken an, dass die »Festlegung eines allgemein anerkannten, quasi-normierten Gemeindeaufgabenkatalogs sowie dessen Umfangs, Qualität, Intensität und Kostenniveaus […] ein bislang nicht zu bewältigenden Hindernis darstellt« und darüber hinaus diesem auch das verfassungsmäßig verbürgte Recht auf kommunale Selbstverwaltung entgegensteht. (Lenk/Rudolph (2003b), S. 11) 291 Vgl. Döring/Brenner (2017), S. 133f.

148

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

meinste Bemessungsgrundlage für eine Vielzahl der kommunalen Bedarfe ist die Einwohnerzahl.292 Ebenso ist aus finanzwissenschaftlicher Perspektive die Berücksichtigung weiterer Bedarfe anzuraten, die nicht adäquat in der Einwohnerzahl zum Ausdruck kommen, deren Nicht-Berücksichtigung jedoch allokative Verzerrungen bewirken und einer realitätsnahen Ermittlung des Finanzbedarfs entgegenstehen würde. Hierzu zählen insbesondere Leistungsangebote, die auch Einwohnern anderer als der anbietenden Gemeinde zugutekommen – die also positive, räumliche externe Effekte (Spillover-Effekte) ausüben. Dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz folgend sollten diese Einwohner an den Bereitstellungskosten beteiligt werden. Geschieht dies nicht, würde die anbietende Gemeinde nur den Nutzen der eigenen (wahlberechtigten) Einwohner in das Kalkül der Bereitstellung einbeziehen und ein zu geringes Angebot realisieren. Die Einbeziehung dieser Leistungen in den Ausgabenbedarf resultiert in höheren Schlüsselzuweisungen, die weder die durch den externen Effekt verzerrten Preise korrigieren, noch automatisch ein höheres Leistungsangebot bedeuten. Aus effizienztheoretischer Sicht wären daher horizontale Ausgleichszahlungen zwischen den Gemeinden optimal. Die Anwendung solcher Beitragszahlungen scheitert jedoch an der mangelnden Offenlegung der Präferenzen und an den hohen Verhandlungskosten.293 Höhere Schlüsselzuweisungen dagegen mindern den fiskalischen Druck auf die Gemeinde insgesamt und erleichtern auf diese Weise die Leistungserbringung und können das Bereitstellungsniveau anheben.294 Die Berücksichtigung dieser Gemeindeausgaben kann durch einen Nebenansatz erfolgen, der die zentralörtliche Funktion der Gemeinde abbildet. Im Gegensatz zu der oben erwähnten, wünschenswerten Eigenschaft, dass die Bemessungsgrundlage der Indikatoren möglichst wenig beeinflussbar ist, ist bei diesem Indikator die Beeinflussbarkeit durch die Gemeinde aufgrund der Spillover-Effekte gewollt. In Nordrhein-Westfalen wird der Finanzbedarf durch den Gesamtansatz dargestellt (der bei der Bemessung der Schlüsselzuweisungen noch mit dem einheitlichen Grundbetrag multipliziert wird). Der Gesamtansatz wiederum besteht aus dem Hauptansatz, in dem die mit der Hauptansatzstaffel gewichteten Einwohnerzahlen der Gemeinden (sog. »Einwohnerveredlung«) erfasst werden, und vier Nebenansätzen, die gemeindespezifische Aus- bzw. Aufgabenbedarfe abbilden sollen. Im Folgenden wird diese Finanzbedarfsermittlung anhand des Hauptansatzes und der Nebenansätze dargestellt und einer kritischen Prüfung unterzogen. 292 Vgl. Zimmermann (2009), S. 228f. 293 Vgl. Lenk/Rudolph (2003b), S. 17. 294 Vgl. Zimmermann (2009), S. 229.

Ermittlung des Finanzbedarfs

149

6.2.1 Einwohnerveredelung im Rahmen des Hauptansatzes Den zentralen Bestandteil der Bedarfsermittlung bildet die Einwohnerveredelung im Rahmen des Hauptansatzes. Durch sie soll ein annahmegemäß mit steigender Einwohnerzahl zunehmender Pro-Kopf-Ausgabenbedarf in die Berechnung des kommunalen Finanzbedarfs eingehen. Hierzu wird die Einwohnerzahl jeder Gemeinde mit einem in der Hauptansatzstaffel festgelegten Vervielfältiger multipliziert. Seit 2012 kommt zudem ein sog. »Demografiefaktor« zur Anwendung, der starke Einwohnerrückgänge in einer Gemeinde berücksichtigen soll; der relevante Einwohnerwert entspricht daher nur der tatsächlichen Einwohnerzahl (Stichtag ist der 31. 12. des Vor-Vorjahres), wenn diese höher ist als die durchschnittliche Bevölkerung an den entsprechenden Stichtagen der vergangenen drei Jahre.295 Liegt die relevante Einwohnerzahl einer Gemeinde zwischen zwei Progressionsstufen der Gewichtungsskala, wird durch lineare Interpolation der dazwischen liegende Wert ermittelt, um die Stetigkeit der Gewichtungsskala sicherzustellen und Sprünge in der Bedarfsgewichtung zu vermeiden. Die Hauptansatzstaffel ist für Städte bis 615.500 Einwohner progressiv gestaltet, bei 615.501 Einwohnern liegt ein Sprung vor und die Staffel verläuft linear mit einer Gewichtung i. H. v. 142 Prozent (s. Abbildung 6–4). Die Idee eines progressiven Zusammenhangs zwischen der Einwohnerzahl und dem Finanzbedarf einer Gemeinde geht auf Überlegungen von Popitz und Brecht aus dem Jahr 1932 zurück.296 Popitz begründete die These der steigenden Pro-Kopf-Kosten mit der Notwendigkeit, infrastrukturelle Leistungen für die städtische Bevölkerung bereitzuhalten, auf die die ländliche Bevölkerung nicht in gleichem Maße Anspruch habe.297 Diese Annahme eines im städtischen und im ländlichen Raum divergierenden Anspruchs auf das öffentliche Leistungsangebot ist heute politisch nicht mehr haltbar und widerspricht aus juristischer Sicht dem grundgesetzlich verankerten Handlungsziel der Herstellung und Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet.298 Brechts Argumentation zufolge steigen die Pro-Kopf-Ausgaben mit der Einwohnerzahl, weil die Kosten der Leistungserstellung nicht proportional, sondern progressiv zunähmen und zudem, bedingt durch zentralörtliche Funktionen, bei steigender

295 Der relevante Einwohnerwert entspricht im Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 also dem höheren Wert der (aus den Zensusdaten fortgeschriebenen) Bevölkerung zum 31. 12. 2016 und der durchschnittlichen Bevölkerung am 31.12. der Jahre 2014, 2015 und 2016. 296 Vgl. Popitz (1932), S. 280ff., Brecht (1932), S. 6. (Quellenangabe nach Lenk/Rudolph (2003b), S. 13) 297 Vgl. Wixforth (2009), S. 64. 298 Vgl. Art. 72 Abs. 2 GG und Art. 106 Abs. 3 Nr. 2 GG.

1000000

145

900000

140

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600000

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300000

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0

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Hauptansatzfaktor (Prozent, schwarze Linie)

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

0

Hauptansatz (graue Linie)

150

Einwohnerzahl

Abbildung 6–4: Einwohnergewichtung im Rahmen der Hauptansatzstaffel (Nordrhein-Westfalen 2018) Quelle: Gemeindefinanzierungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen 2018, eigene Darstellung.

Einwohnerzahl die Notwendigkeit aufwendigerer kommunaler Leistungen entstünde.299 Erstens lässt sich hieraus ein steigender Pro-Kopf-Finanzbedarf der Gemeinden finanzwissenschaftlich nur in dem Maße ableiten, wie eine individuelle Kostenanlastung für die Nutzung dieser Leistungen nicht möglich ist. Der Theorie folgend sollte die Finanzierung dieser Güter per Grenzkostenpreissetzung erfolgen. Nur wenn die Finanzierung durch Gebühren und Beiträge in Höhe des Grenzkostenpreises nicht möglich ist und daher ein Zuschussbedarf besteht, kommt eine steuerfinanzierte Bereitstellung überhaupt infrage. Dann aber sollten die Kosten solcher spezieller Leistungen nicht in Form einer pauschalierten Einwohnergewichtung, sondern anhand anderer, besser geeigneter Nebenansätze berücksichtigt werden. Dies gilt aus den bereits genannten Gründen insbesondere, wenn die Leistungserstellung aufgrund der zentralörtlichen Funktionen einer Gemeinde notwendig wird, bzw. wenn die Leistungserstellung aufgrund einer relativ hohen Nachfrage durch Einwohner anderer Gemeinden eine zentralörtliche Funktion bewirkt. Es muss daher die Frage gestellt werden, welche Leistungen es sind, die größere Städte auch ortsfremden Personen bereitstellen, deren Kosten nicht individuell anlastbar sind und die nicht in Form anderer Nebenansätze berücksichtigt werden sollten bzw. bereits berücksichtigt werden. 299 Vgl. Rehm/Matern-Rehm (2010), S. 295, Scherf (1998), S. 26.

Ermittlung des Finanzbedarfs

151

Zwei weitere Argumente für die Anwendung der Einwohnerveredelung beim Finanzausgleich sind eine steigende Einkommenselastizität und ein daher superiorer Charakter öffentlicher Güter, der wegen eines in Ballungsräumen höheren Pro-Kopf-Einkommens eine höhere Nachfrage bewirke sowie strukturbedingt höhere Erstellungskosten, die aus den in Ballungsgebieten höheren Faktorpreisen (Mieten, Lohnniveau, Grundstückspreise etc.) resultieren.300 Solche mit der Bevölkerung steigenden Kosten sind messbar.301 Allerdings gelten sie erstens nicht über das gesamte Spektrum der Gemeindegrößenklassen und sollten daher der in einem Nebenansatz zu berücksichtigenden zentralörtlichen Funktion größerer Gemeinden beigemessen werden (s. oben). So nehmen zum Beispiel die Pro-Kopf-Kosten für Naturschutz, Straßenaufsicht, Schülerbeförderung und ÖPNV mit abnehmender Siedlungsdichte zu.302 Zudem erzeugt der ländliche Raum, einerseits durch seine ökologische Ausgleichsfunktion und andererseits in Form der Bereitstellung ländlich geprägter (Nah-)Erholungsgebiete, einen den zentralörtlichen Funktionen entgegenstehenden Nutzenstrom, der bei der Bedarfsmessung berücksichtigt werden sollte.303 Zweitens sind sie auf Kostensprünge bei Erreichen einer bestimmten Einwohnerzahl zurückzuführen, die mit degressiven Durchschnittskostenverläufen einhergehen.304 Der Auffassung von mit der Einwohnerzahl steigenden Pro-Kopf-Ausgaben steht die Annahme positiver Skalenerträge (Größenvorteile) gegenüber. Demzufolge ergäben sich aufgrund der Fixkostendegression (insbesondere bei der Vorhaltung fixkostenintensiver Leistungen wie öffentlicher Infrastruktur etc.) nicht etwa steigende, sondern sinkende Pro-Kopf-Kosten. Die gegenwärtig praktizierte, mit zunehmender Einwohnerzahl steigende Gewichtung der Pro-Kopf-Ausgabenbedarfe ist aus weiteren Gründen kritisch zu beurteilen. So ist schon eine überzeugende empirische Ermittlung des unterstellten Zusammenhangs nicht möglich, weil eine solche Ermittlung nur an den Ausgaben einer Gemeinde ansetzen kann, die vor allem von der Einnahmensituation einer Gemeinde abhängen. Der tatsächliche Finanzbedarf kann hiervon nicht abgeleitet werden, da man von den Ist-Einnahmen, die die IstAusgaben bestimmen, nicht auf eine Soll-Finanzkraft schließen kann.305 Es könnte also der Fall sein, dass die in der Einwohnerveredelung zum Ausdruck 300 Vgl. Döring/Brenner (2017), S. 129. Dem erstgenannten Argument messen auch die Autoren wenig Erklärungsgehalt bei, weil »es sich diesbezüglich um eine präferenz- bzw. einkommensbezogene Ursache […] handelt, die […] im Rahmen des nordrhein-westfälischen Finanzausgleichssystems nicht berücksichtigt wird.« (Döring/Brenner (2017), S. 129) 301 Vgl. Seitz (2002), S. 19. 302 Vgl. Lenk/Rudolph (2003b), S. 14. 303 Vgl. ebd., S. 32. 304 Vgl. ebd., S. 12. 305 Vgl. Scherf (1998), S. 26.

152

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

kommenden, höheren Pro-Kopf-Ausgaben Ergebnis eines größeren Finanzpotenzials sind, das folglich durch höhere Zuweisungen noch zusätzlich angehoben wird. Spiegelbildlich würde gerade in denjenigen Gemeinden, die vergleichsweise geringe Pro-Kopf-Ausgaben tätigen, das Erstreben der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse höhere Anstrengungen und somit höhere Zuweisungen erfordern, weil diese Gemeinden durch ein geringeres Finanzpotenzial gekennzeichnet sind und schlicht nicht über die Mittel zur Ausgabensteigerung verfügen.306 Außerdem stünde in diesem Fall die Einwohnerveredelung einer verursachungsgerechten Anlastung der Ballungskosten, zum Beispiel in Form verkehrsbedingter Umweltbelastungen und höherer Kriminalitätsraten in Ballungsgebieten, entgegen. Der Finanzausgleich übernimmt dann die (ineffiziente) raumordnerische Funktion, Teile der in Ballungsgebieten entstehenden Kosten der Agglomeration in Form eines höheren Finanzbedarfs auf die Gemeinden des ländlichen Raums abzuwälzen und verstärkt Urbanisierungstendenzen.307 Der Hauptansatz in der derzeit praktizierten Form der Einwohnerveredlung widerspricht in diesem Fall dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz. Zwei Beispiele zeigen, dass die Einwohnerveredelung wenig trennscharf und daher nicht geeignet ist, den Finanzbedarf einer Gemeinde sachgerecht abzubilden. Im Fall der Fusion zweier Gemeinden würde deren Bevölkerung im Finanzausgleich stärker gewichtet werden (woraufhin die übrigen Gemeinden geringere Zuweisungen erhalten), auch wenn die Gesamtbevölkerung und das tatsächliche Ausgabeverhalten der Gemeinde unverändert sind. Umgekehrt wirkt sich die Schrumpfung einer Gemeinde überproportional auf ihren im Hauptansatz abgebildeten Finanzbedarf aus. Infolge der Kostenremanenz jedoch sinken die Kosten einer Gemeinde infolge der Bevölkerungsschrumpfung in vielen Bereichen nicht oder nur unterproportional. Dies gilt insbesondere für die kommunale Versorgungs- und Bildungsinfrastruktur sowie kommunale (Service-)Einrichtungen, deren (Betriebs-)Kosten infolge von Unteilbarkeiten und fixen Kosten nur bedingt gesenkt werden können oder deren Rückbau selbst Kosten verursacht.308

306 Vgl. Rehm/Matern-Rehm (2010), S. 305. 307 Vgl. Sachverständigenrat (1987), Tz. 298, Rehm/Matern-Rehm (2010), S. 306. Diese Art von Ballungskosten wird auch als Argument für die Einwohnerveredelung angeführt (vgl. Döhring/Brenner (2017), S. 130). 308 Vgl. Lenk/Rudolph (2003b), S. 12, S. 15.

Ermittlung des Finanzbedarfs

153

6.2.2 Nebenansätze Neben dem Hauptansatz kommen im kommunalen Finanzausgleich NordrheinWestfalens vier Nebenansätze zur Anwendung, mit denen besondere, gemeindespezifische und ausgleichsrelevante Bedarfe erfasst werden sollen, die im Rahmen der pauschalisierten Einwohnergewichtung nicht adäquat berücksichtigt werden und die nicht intern, also durch (politische oder administrative) Entscheidungen der Gemeinde, verursacht sind.309 Aus der Perspektive des Finanzausgleichs handelt es sich um bedarfsspezifische Indikatoren, die eine zusätzliche Einwohnerveredelung bewirken. Diese Indikatoren stellen Strukturvariablen dar, die durch die einzelne Gemeinde (wenigstens kurz- und mittelfristig) nicht oder nur eingeschränkt beeinträchtigt werden können und die in einem engen örtlichen Zusammenhang mit der Gemeinde stehen. Ihre Bemessungsgrundlage sollte auf einer der amtlichen Statistik zu entnehmenden Datenbasis beruhen sowie transparent und planbar sein.310 Die Gewichtung der Nebenansätze (sowie die Struktur der Hauptansatzstaffel) werden in einem regressionsanalystischen Verfahren (Pooled-OLS-Schätzverfahren) ermittelt. In Nordrhein-Westfalen kommen der bereits erwähnte Zentralitäts-, ein Flächen-, ein Schüler- und ein Soziallastenansatz zur Anwendung. Für den Zentralitätsansatz werden die in jeder Gemeinde erfassten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gesondert berücksichtigt und mit dem Faktor 0,52 (2018) multipliziert. Es handelt sich insofern nicht um einen reinen »Zentrale-Orte-Ansatz« wie er in den Ausgleichssystem einiger Bundesländer unter Verwendung der Kategorisierung bzw. Hierarchisierung zentraler Orte in den Landesentwicklungsplänen verwendet wird und mit dem insbesondere die oben erwähnten Spill-Over-Effekte internalisiert werden sollen. Er stellt vielmehr einen »Strukturansatz« dar, der für die Gemeinden u. a. Anreize zur Wahrnehmung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten und Schaffung günstiger Standortbedingungen setzen und die »Arbeitsplatzzentralität« der Gemeinde reflektieren soll.311 Er ergänzt die Einwohnergewichtung des Hauptansatzes als sog. »aufgabenspezifischer Zentralitätsansatz«312, indem er die Belastungen von Einpendlergemeinden mit höherer wirtschaftlicher Aktivität, unabhängig von ihrer Einwohnerzahl, erfasst, die nicht bereits durch die Gewerbesteuereinnahmen gedeckt werden.313 Ebenfalls zur Internalisierung von Spill-Over-Effekten wird im Schüleransatz die Anzahl der in der Gemeinde erfassten Schüler nach Ganz- (2018: 2,15) und 309 310 311 312 313

Vgl. Döring/Brenner (2017), S. 136. Vgl. ebd., S. 138. Vgl. Parsche/Steinheer (1995), S. 49. Schelpmeier (1998), S. 301. Vgl. Döring/Brenner (2017), S. 131.

154

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

Halbtagsschulbetrieb (2018: 0,85) differenziert gewichtet. So wird der Finanzbedarf der Gemeinden, der aus ihrer Funktion als Schulträger resultiert, berücksichtigt. Mit dem Soziallastenansatz wird dagegen eine verteilungspolitische Zielsetzung verfolgt. Es soll der höhere Finanzbedarf von Gemeinden berücksichtigt werden, die einen überdurchschnittlichen Anteil von Bedarfsgemeinschaften (Grundsicherung für Arbeitssuchende) an der Bevölkerung und eine dementsprechend hohe Belastung des Haushalts durch Sozialausgaben aufweisen. Zu diesem Zweck wird die Anzahl der in der Gemeinde erfassten Bedarfsgemeinschaften mit dem Faktor 17,63 (2018) multipliziert. Seit 2012 erfasst zudem ein Flächenansatz einen annahmegemäß besonderen Finanzbedarf für Flächengemeinden, deren Verhältnis von Gemeindefläche zu Einwohnerzahl über dem Durchschnitt aller Gemeinden des Landes liegt. Dieses Verhältnis wird mit dem Faktor 0,18 (2018) multipliziert. Der Grund für die Berücksichtigung dieses Ansatzes ist in der parallelen Verwendung der Einwohnerveredelung und des Zentralitätsansatzes zu sehen. Es soll eine einseitige Benachteiligung des ländlichen Raums gegenüber dem städtischen Raum vermieden werden. Die Begründung für den Ansatz ist daher verteilungspolitisch motiviert, während er aus theoretischer Sicht, ebenso wie die Einwohnerveredelung, kritisch zu beurteilen ist (s. oben). Denn die Bemessungsgrundlage des Ansatzes stellt keinen eindeutigen Zusammenhang zum Finanzbedarf der Gemeinde dar. Letzterer ist vielmehr von der Siedlungsstruktur der Gemeinde abhängig als vom Verhältnis der Gemeindefläche zur Einwohnerzahl. Zudem ist der Flächenansatz allokationspolitisch nicht neutral, da er einer (effizienten) Kostenanlastung öffentlicher Leistungen entgegensteht und negative Anreize zu Kosteneinsparungen setzt.314

6.3

Ermittlung der Steuerkraft

Die Ermittlung bzw. Messung der Steuerkraft als zweite Komponente im Schlüsselzuweisungssystem ist weniger problematisch als die Finanzbedarfsermittlung.315 Zumindest bezüglich der zu berücksichtigenden Gemeindeeinnahmen herrscht in der finanzwissenschaftlichen Literatur weitgehend Einigkeit. Nicht abschließend geklärt ist dagegen die Frage der Art und Weise, wie die Berücksichtigung zu erfolgen hat.316 Wie bei der Ermittlung des Finanzbedarfs werden auch bei der Steuerkraftermittlung nicht die tatsächlichen Steuereinnahmen berücksichtigt, sondern eine normierte Steuerkraft. Anstelle des 314 Vgl. ebd., S. 132. 315 Vgl. Zimmermann (2009), S. 232. 316 Vgl. Scherf (2000), S. 499.

Ermittlung der Steuerkraft

155

Steueraufkommens sollen die Einnahmepotenziale der Gemeinden in monetären Einheiten abgebildet werden.317 Grundsätzlich gilt, ebenso wie für die Finanzbedarfsermittlung, dass sie gestaltungs- bzw. strategieunabhängig sowie verteilungsneutral sein sollte. D. h., die bei der Festsetzung der Schlüsselzuweisungen berücksichtigte Steuerkraft sollte erstens von den Gemeinden nicht unmittelbar beeinflussbar sein, weil sonst Tatbestände als ausgleichsrelevant berücksichtigt würden, die in der Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden liegen. Zweitens sollte sie sachgerecht sein in dem Sinne, dass sie eine sachlich begründete Antwort auf die Frage nach dem Einnahmenpotenzial der Gemeinden liefert und eine – beabsichtigte oder unbeabsichtigte – Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter (steuerstarker oder steuerschwacher) Gemeinden verhindert.318

6.3.1 Berücksichtigung der Gemeindeeinnahmen bei der Steuerkraftberechnung Die im kommunalen Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen angerechnete Steuerkraft (Steuerkraftmesszahl) setzt sich aus den Steuerkraftzahlen der Gewerbesteuer, der Grundsteuer und der Gemeindeanteile an der Einkommenund der Umsatzsteuer abzüglich der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuerumlage zusammen. Diese Steuerkraftzahlen nehmen Bezug auf das Aufkommen der jeweiligen Steuerart innerhalb einer im Gemeindefinanzierungsgesetz festgelegten Referenzperiode. Hierdurch wird sichergestellt, dass die bei der Steuerkraftermittlung berücksichtigten Einnahmen ein möglichst aktuelles Bild von der Einnahmensituation der Gemeinden liefern und die ermittelten Bedarfe einer zeitlich korrespondierenden Einnahmekraft gegenübergestellt werden können. Um für die Gemeinden Planungssicherheit zu gewährleisten, werden die Grundsätze für den Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen (in den meisten Fällen) gegen Ende des dem betreffenden Haushaltsjahr vorangehenden Jahres verabschiedet. Weil die entsprechenden Daten erst mit zeitlicher Verzögerung verfügbar sind, umfasst die Referenzperiode die zweite Hälfte des Vor-Vorjahres und die erste Jahreshälfte des Vorjahres. Zur Ermittlung der Steuerkraftzahlen der Realsteuern und der Gewerbesteuerumlage werden zunächst die Grundbeträge ermittelt, indem das Steueraufkommen durch den in der jeweiligen Jahreshälfte angewendeten Hebesatz geteilt wird. Der Grundbetrag muss aus dem Ist-Aufkommen der Steuern zurückgerechnet werden, weil entsprechende Daten zu den Grundsteuer- und 317 Vgl. Büttner et al. (2008), S. 125. 318 Vgl. Parsche/Steinheer (1995), S. 58f., Hardt (1988), S. 19.

156

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

Gewerbesteuermessbeträgen statistisch nicht erfasst werden.319 Dieser Grundbetrag wird mit einem einheitlichen fiktiven Hebesatz (s. Abschnitt 6.3.2) multipliziert. Zur Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuerumlage wird der Grundbetrag der Gewerbesteuer aus dem jeweiligen Halbjahreszeitraum mit den in diesem Zeitraum angewendeten Vervielfältigern (VVF, s. Abbildung 6–5) multipliziert. Bei den Gemeindeanteilen an der Einkommen- und der Umsatzsteuer geht jeweils das Ist-Aufkommen in der Referenzperiode in die Steuerkraftberechnung ein.320 Referenzperiode

Ist-Au#ommen Hebesatz

Ist-Au#ommen Hebesatz

A

Fik$ver Hebesatz

Ist-Au#ommen Hebesatz

Ist-Au#ommen Hebesatz

Fik$ver Hebesatz

Ist-Au#ommen

+ Kompensa$onsleistungen

Ist-Au#ommen

Steuerkra"zahl der Gewerbesteuer Steuerkra"zahl der Gewerbesteuerumlage

VVF

B

Gewerbesteuer

Fik$ver Hebesatz

Ist-Au#ommen Hebesatz

ESt

Grundsteuer

VVF

01.01.2017-30.06.2017

Ist-Au#ommen Hebesatz

USt

Gemeindeanteile

Umlage

01.07.2016-31.12.2016

Steuerkra"zahl der Grundsteuer

Steuerkra"zahlen der Anteile an den Gemeinscha"steuern

Abbildung 6–5: Ermittlung der Steuerkraft im kommunalen Finanzausgleich Nordrhein-Westfalens (2018) Quelle: eigene Darstellung.

Der Abzug der Gewerbesteuerumlage ist notwendig, weil die Gemeinden mit ihr einen Teil ihrer Steuerkraft an den Bund und die Länder abtreten und somit über diesen Teil ihrer Gewerbesteuerkraft nicht verfügen können.321 Bezüglich der Berücksichtigung dieser originären Steuereinnahmen und der Nicht-Berücksichtigung von Gebühren und Beiträgen besteht in der finanzwis319 Vgl. Parsche/Steinheer (1995), S. 55. 320 Das Aufkommen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer wird um die Kompensationsleistungen für Verluste aus dem Familienleistungsausgleich in Zusammenhang mit dem Steuervereinfachungsgesetz ergänzt. 321 Vgl. Scherf (2000), S. 505. Dieser weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Gemeinden zugunsten einer Beteiligung an der Einkommensteuer auf diesen Teil ihrer Gewerbesteuereinnahmen verzichtet haben, was einer partiellen Durchbrechung der in Art. 106 Abs. 6 GG eingeräumten Realsteuergarantie entspreche.

Ermittlung der Steuerkraft

157

senschaftlichen Literatur weitgehend Einigkeit.322 Gebühren stellen nicht etwa Einnahmepotenziale der Gemeinden dar. Bei ihnen handelt es sich um Entgelte, denen eine direkte Gegenleistung gegenübersteht und die idealtypisch zur (möglichst vollständigen) Kostendeckung und Kostenanlastung der Leistungserbringung dienen. Eine Verzerrung dieser Gebühren durch eine Berücksichtigung im kommunalen Finanzausgleich sollte daher vermieden werden. Des Weiteren kann bei dieser Einnahmenart auch gerade deshalb nicht von Einnahmepotenzialen die Rede sein, weil das Kostendeckungsgebot mit einem Kostenüberschreitungsverbot einhergeht.323 Daneben wird zuweilen die Einbeziehung einzelner Gemeindesteuern und von Konzessionsabgaben in die Steuerkraftermittlung gefordert.324 Diese Steuerarten besitzen jedoch im Allgemeinen einen ausgeprägten Gebührencharakter. Sie bilden deshalb das Einnahmepotenzial der Gemeinden ebenso nicht korrekt ab und sollten nicht verzerrt werden. Zudem ist erstens das Einnahmepotenzial der Mehrzahl dieser Steuern quantitativ vernachlässigbar und der Verwaltungsaufwand der Messung der Steuerkraft relativ groß. Zweitens wird gegen die Berücksichtigung dieser Steuern angeführt, dass ihre Erhebung nicht in allen Gemeinden anzutreffen ist, was den Vergleich der Einnahmenpotenziale erschwere.325 Die beiden letztgenannten Gründe können insbesondere gegen eine Berücksichtigung der 2016 in 87 der 396 Gemeinden erhobenen Zweitwohnungsteuer angeführt werden. Außerdem werden bei der Ermittlung des Finanzbedarfs nur diejenigen Einwohner berücksichtigt, deren Erstwohnsitz in der Gemeinde liegt. Aus theoretischer und aus systematischer Sicht wäre eine Einbeziehung der Zweitwohnungsteuer in die Steuerkraftmessung jedoch nur gerechtfertigt, wenn auch der Finanzbedarf von Einwohnern mit Zweitwohnsitz berücksichtigt würde. Hier stellt sich das Problem der relativen Gewichtung von Einwohnern mit Erst- und mit Zweitwohnsitz. Insofern stellt es sich als praktikabel heraus, dass durch die Zweitwohnungsteuer die mit einem Zweitwohnsitz gemeldeten Einwohner, die nicht in die Bedarfsermittlung eingehen, dem Prinzip der gruppenmäßigen Äquivalenz folgend an den Kosten der Bereitstellung öffentlicher Leistungen beteiligt werden und dass diese Steuereinnahmen nicht bei der Steuerkraft berücksichtigt werden.326

322 Vgl. Büttner et al. (2008), S. 125f., Hardt/Schmidt (1998), S. 148f., Lenk/Rudolph (2004a), S. 13, Lenk et al. (2013), S. 69, Parsche/Steinheer (1995), S. 55. 323 Vgl. Franz, T. (2005), S. 352f. 324 Vgl. Lenk/Rudolph (2004a), S. 13f. In Niedersachsen wird z. B. die Spielbankabgabe berücksichtigt. 325 Vgl. Hardt/Schmidt (1998), S. 149. 326 Vgl. Büttner et al. (2008), S. 126f.

158

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

6.3.2 Zur Anwendung fiktiver Hebesätze In den Finanzausgleichssystemen aller Bundesländer wird zur Messung der Steuerkraft ein normiertes Steueraufkommen anstelle des tatsächlichen Aufkommens verwendet. Für die Normierung greifen die Länder auf fiktive Hebesätze zurück. In Nordrhein-Westfalen werden die fiktiven Hebesätze aus dem gleitenden Durchschnitt der gewogenen landesdurchschnittlichen Hebesätze der Jahre 2009–2012 (für das Jahr 2018) zugrunde gelegt und um einen fünfprozentigen Abschlag reduziert. In diesem Abschnitt sollen folgende Fragen beantwortet werden: 1. Warum werden fiktive Hebesätze angewendet? 2. In welcher Höhe sollten die fiktiven Hebesätze festgesetzt werden und sollten möglicherweise differenzierte Hebesätze zur Anwendung kommen? Während die Anwendung fiktiver Hebesätze in der Praxis üblich und in der Wissenschaft unumstritten ist, besteht bezüglich ihrer richtigen Höhe und einer möglichen Differenzierung kein Konsens.327 Differenzierte Nivellierungshebesätze haben verteilungs- und strukturpolitische Wirkungen, über deren Richtungen zwar positive Aussagen getroffen werden können, jedoch fehlen bezüglich der konkreten Ausgestaltung und ihrer empirischen Absicherung gesicherte Erkenntnisse und anerkannte Kriterien.328 Die Ausgestaltung erfordert daher letztlich ein politisches Urteil. Zudem wird die Sinnhaftigkeit differenzierter Hebesätze auch aus normativer Sicht in Frage gestellt.329 Warum fiktive Hebesätze verwendet werden Bei der Messung der Steuerkraft ist eine Normierung der Hebesätze notwendig, um die Gestaltungsunabhängigkeit des Schlüsselzuweisungssystems von der Hebesatzpolitik der Gemeinden sicherzustellen. Andererseits wäre der Finanzausgleich von den Entscheidungen der Gemeinden abhängig. Würde das tatsächliche Steueraufkommen als Steuerkraft zugrunde gelegt, hätte jede Gemeinde einen Anreiz, einen niedrigeren Hebesatz zu wählen, weil sie für einen Teil der Steuermindereinnahmen durch höhere Schlüsselzuweisungen entschädigt würde.330 Das Hebesatzrecht und die Einnahmenautonomie wären praktisch ausgehöhlt. Die Gemeinden könnten ihre Einnahmen durch Hebesatzanpassungen nur geringfügig variieren. Sie würden ihre eigenen Steuer327 Differenzierte Hebesätze kommen in mehreren Bundesländern zur Anwendung und waren auch in Nordrhein-Westfalen bis 1997 Teil der Steuerkraftermittlung (für Gemeinden mit bis zu und mit mehr als 150.000 Einwohnern). 328 Vgl. Hardt/Schmidt (1998), S. 153. 329 Vgl. Büttner et al. (2008), S. 131ff. 330 Vgl. Scherf (2000), S. 504.

Ermittlung der Steuerkraft

159

quellen auf Kosten anderer Gemeinden schonen, indem sie diese über das Zuweisungssystem belasten.331 Aus effizienztheoretischer Sicht würde das Ausgleichssystem seine effizienzsteigernde Wirkung durch die Internalisierung der positiven Externalität des Steuersatzes verlieren (s. Kapitel 5) und eine fiskalische Externalität durch das Zuweisungssystem erzeugen. Bezüglich der Gemeindeanteile an der Einkommen- und der Umsatzsteuer kann folglich das Ist-Aufkommen ohne vorherige Normierung als Bemessungsgrundlage zur Steuerkraftermittlung herangezogen werden. Die Gemeinden besitzen kein Hebesatzrecht bezüglich dieser Steuern, sodass das jeweilige Ist-Aufkommen gestaltungsunabhängig ist. Die Unabhängigkeit der Steuerkraft bzgl. der Realsteuern von den Entscheidungen der Gemeinden kann dagegen nur durch die Grundbeträge sichergestellt werden. Zwar sind auch diese Grundbeträge von den (Hebesatz-)Entscheidungen der Gemeinden abhängig, allerdings ist diese Interdependenz gewünscht und gerade Ausdruck der Finanzautonomie und der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden. Die Entscheidungsgewalt für Hebesatzanpassungen liegt ebenso bei den Gemeinden wie die Entscheidungsgewalt über höhere oder niedrigere öffentliche Ausgaben und beide sind eng miteinander verknüpft. Das Zusammenspiel zwischen Hebesatzdifferenzen und Unterschieden im öffentlichen Leistungsangebot ist im Sinne der fiskalischen Äquivalenz und des Interessenausgleichs zwischen den Zensiten und den Gemeinden.332 Die Entscheidungen über Ansiedlungen oder Abwanderungen (und damit die Beeinflussung der Grundbeträge) treffen jedoch die Unternehmen.333 Die Antwort auf die Frage, warum nicht einfach die Grundbeträge zur Steuerkraftermittlung herangezogen werden, ohne sie mit fiktiven Hebesätzen zu multiplizieren, liegt in der gleichzeitigen Berücksichtigung dreier verschiedener Bemessungsgrundlagen. Diese Bemessungsgrundlagen der Grund- und der Gewerbesteuer sowie des Einkommensteueranteils können nicht miteinander summiert werden, da die relativen Werte der Grundbeträge weder untereinander noch mit dem Aufkommen der Einkommen- und Umsatzsteueranteile vergleichbar sind.334 Um dem Ziel der Verteilungsneutralität gerecht werden zu können, müssen jedoch alle Einnahmearten in gleichem Umfang berücksichtigt werden. Daher werden die Grundbeträge mit den fiktiven Hebesätzen auf ein 331 332 333 334

Vgl. Hardt/Schmidt (1998), S. 150, Parsche/Steinheer (1995), S. 56f. Vgl. Scherf (2000), S. 520. Vgl. Parsche/Steinheer (1995), S. 58. Vgl. Parsche/Steinheer (1995), S. 60. Das Argument von Hardt und Schmidt, dass diese Vergleichbarkeit auch mit den tatsächlichen Realsteuereinnahmen gegeben sei und Nivellierungshebesätze hierzu nicht erforderlich seien (vgl. Hardt/Schmidt (1998), Fn. 157), ist für sich genommen richtig, jedoch besteht dann das Problem der Strategieanfälligkeit des Ausgleichssystems. Das Ziel der Verteilungsneutralität erfordert fiktive Hebesätze.

160

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

untereinander und mit dem Aufkommen der Gemeindeanteile vergleichbares Niveau gebracht (vgl. hierzu das folgende numerische Beispiel in Tabelle 6–2 und Tabelle 6–3). Während also für die Sicherstellung der Strategieunabhängigkeit des Finanzausgleichssystems eine Normierung der Steuerkraft notwendig ist, verlangt die Verteilungsneutralität die Anwendung fiktiver Hebesätze. Zur Höhe und Differenzierung fiktiver Hebesätze Für eine sachgerechte und gleichwertige Berücksichtigung aller Einnahmearten ist derjenige fiktive Hebesatz am geeignetsten, der dem gewogenen Durchschnitt der Hebesätze aller Gemeinden des Bundeslands entspricht. Denn dieser Hebesatz misst dem Aufkommen der Realsteuern sein tatsächliches Gewicht relativ zum Aufkommen der Gemeindeanteile an den Gemeinschaftssteuern bei. Er entspricht daher dem Kriterium der Verteilungsneutralität am besten, weil er eine Ungleichbehandlung der Einnahmearten verhindert. Ein geringerer Nivellierungshebesatz hätte eine Unterbewertung des Realsteueraufkommens relativ zum Aufkommen der Gemeindeanteile zur Folge. Differenzen in der Steuerkraft bzgl. der Gemeindeanteile würden sich entsprechend stärker in den Schlüsselzuweisungen niederschlagen als Unterschiede in der Gewerbesteuerkraft und es könnte sogar zu Änderungen in der Rangfolge der Gemeinden kommen. Dies kann an einem numerischen Beispiel mit einer Gemeindesteuer, für die die Gemeinden mit einem Hebesatzrecht ausgestattet sind, und einem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer veranschaulicht werden (s. Tabelle 6–2). Tabelle 6–2: Numerisches Beispiel zur Verteilungsneutralität (Grunddaten) Gemeinde

Gemeindesteuer Hebesatz Grundbetrag Umlagea)

ESt-Anteil

Steuerkraft ohne NHb) mit NH

A 380 % 6,00 E 4,14 E 1,75 E 3,61 E 20,55 E B 350 % 3,00 E 2,07 E 2,91 E 3,84 E 12,31 E C 410 % 4,00 E 2,76 E 2,83 E 4,07 E 15,36 E 9 13,00 E 8,97 E 7,49 E 11,52 E 48,22 E Ø 382,31 %c) 3,84 E 16,07 E Anmerkungen: a): der Umlagesatz beträgt 69 %, b): Nivellierungshebesatz, c): gewogener Mittelwert; das Brutto-Gewerbesteueraufkommen beträgt 49,70 E.

Wenn man die Gemeindesteuer als Gewerbesteuer interpretiert, könnte die Gemeinde A als typische Betriebsstättengemeinde charakterisiert werden. Sie ist gewerbesteuerstark, erhält jedoch einen vergleichsweise geringen Anteil an der Einkommensteuer. Gemeinde B dagegen ist relativ gewerbesteuerschwach, erhält jedoch einen höheren Anteil an der Einkommensteuer (Wohngemeinde). Annahmegemäß sei der Finanzbedarf in allen drei Gemeinden identisch.

Ermittlung der Steuerkraft

161

Bei der Ermittlung der Steuerkraft ohne Anwendung eines Nivellierungshebesatzes (NH) geht der Grundbetrag der Gemeindesteuer mit dem gleichen Gewicht wie der Einkommensteueranteil in die Berechnung ein. Dies wird dem Anteil der Steuereinnahmen an den gesamten berücksichtigten Einnahmen nicht gerecht und benachteiligt insbesondere die steuerschwachen Gemeinden. Mit der Umlage werden 69 Prozent der Steuerbasis bei der Steuerkraftberechnung abgezogen. Im Beispiel verbleiben mit 4,03 Euro etwa 35 Prozent der gesamten Steuerbasis, die für die Steuerkraftberechnung berücksichtigt werden, obwohl die Gemeindesteuereinnahmen etwa 87 Prozent der gesamten Einnahmen ausmachen. Ohne Verwendung eines fiktiven Hebesatzes spiegelt die Steuerkraft das Einnahmepotenzial der Gemeindesteuer nicht korrekt wider. Die gesamte Steuerkraft der Gemeinde B entspricht im Beispiel dem Landesdurchschnitt. Die Gemeinde B erhielte in diesem Fall die durchschnittliche Schlüsselzuweisung (SZ), ihre Gesamteinnahmen sind aufgrund ihrer Steuerschwäche jedoch deutlich niedriger als die der beiden anderen Gemeinden. Die höchste Zuweisung erhielte folglich die gewerbesteuerstarke Gemeinde A, obwohl sie fast 40 Prozent der gesamten Einnahmen verbucht. Tabelle 6–3: Numerisches Beispiel zur Verteilungsneutralität (Schlüsselzuweisungen) Gemeinde

Ohne Nivellierungshebesatz Finanzbedarf Steuerkraft SZ a)

Mit Nivellierungshebesatz Finanzbedarf Steuerkraft SZ

A 40,88 E 3,61 E 33,54 E 53,11 E 20,55 E 29,31 E B 40,88 E 3,84 E 33,33 E 53,11 E 12,31 E 36,72 E C 40,88 E 4,07 E 33,13 E 53,11 E 15,36 E 33,97 E 9 11,52 E 100,00 E 48,22 E 100,00 E Ø 3,84 E 33,33 E 16,07 E 33,33 E Anmerkungen: a): Schlüsselzuweisung; im Beispiel beträgt der Gesamtansatz in jeder Gemeinde 10 E, die Schlüsselmasse 100 E, der Ausgleichsfaktor 90 % und der einheitliche Grundbetrag 5,311037037 (mit Nivellierungshebesatz) bzw. 4,0877037037 (ohne Nivellierungshebesatz).

Die Anwendung eines fiktiven Hebesatzes in Höhe des gewogenen Durchschnitts der tatsächlichen Hebesätze bewirkt, dass der Anteil der Gemeindesteuerkraft an der gesamten Steuerkraft an das Verhältnis des Gemeindesteueraufkommens zum gesamten Steueraufkommen angepasst wird. Hierdurch wird eine realistischere Ermittlung der Steuerkraft ermöglicht und eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steuerstarker bzw. steuerschwacher Gemeinden vermieden. Des Weiteren reflektiert dieser Nivellierungssatz das Ausmaß, in dem eine repräsentative (durchschnittliche) Gemeinde ihre Einwohner und Unternehmen zur Finanzierung kommunaler Leistungen heranzieht. Außerdem erfüllt er die Anforderung an eine nach klaren Maßstäben und von vornherein festgelegte,

162

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

von den Gemeinden unbeeinflussbare Größe, über deren Festlegung nicht immer wieder eine neue, politische Entscheidung getroffen werden muss.335 Die Höhe des fiktiven Hebesatzes bringt dennoch in jedem Fall verteilungspolitische Konsequenzen mit sich und ist daher, sobald die Entscheidung für seine Verwendung gefallen ist, einer gewissen Streitanfälligkeit ausgesetzt. Jede Abweichung vom landesdurchschnittlichen Hebesatz erfordert eine Anpassung des einheitlichen Grundbetrags, weil sich die Höhe der Steuerkraft ändert, während der Finanzbedarf (in Form des Gesamtansatzes) und die verteilbare Schlüsselmasse sowie der Ausgleichsfaktor konstant sind. Dies bewirkt eine Änderung der Schlüsselzuweisungen der Gemeinden und (unter Umständen) Statuswechsel einzelner abundanter bzw. zuweisungsberechtigter Gemeinden. Weil ein höherer fiktiver Hebesatz als der landesdurchschnittliche Hebesatz verfassungsrechtlich unzulässig sein dürfte336, kommt nur eine Absenkung unter das Durchschnittsniveau und somit eine Unterbewertung des jeweiligen Steueraufkommens infrage. Eine solche Unterbewertung des Realsteueraufkommens nutzt, wie im Beispiel veranschaulicht wurde, insbesondere den steuerstarken Gemeinden. Sie bringt im Wesentlichen drei voneinander zu unterscheidende Wirkungen mit sich:337 1. Die geringere Gewichtung des Gewerbesteueraufkommens gegenüber dem Aufkommen der Grundsteuer A und B bewirkt für gewerbesteuerstarke (-schwache) Gemeinden eine überdurchschnittliche (unterdurchschnittliche) Senkung der Steuerkraft und höhere (geringere) Schlüsselzuweisungen (Struktureffekt). 2. Die geringere Gewichtung des Gewerbesteueraufkommens schlägt sich in der Steuerkraftbemessung gewerbesteuerstarker (-schwacher) Gemeinden überproportional (unterproportional) nieder und bewirkt höhere (geringere) Schlüsselzuweisungen (Niveaueffekt). 3. Eine systematische, relative Unterbewertung einer der Realsteuerarten bei der Steuerkraftbemessung bedeutet eine implizite Subventionierung dieser Steuerbasis durch den kommunalen Finanzausgleich. Sie soll Anreize zur Pflege einer Realsteuerbasis (relativ zu der jeweils anderen) schaffen und stellt insofern auch ein strukturpolitisches Instrument dar.338 Des Weiteren wird eine systematische Unterbewertung des Realsteueraufkommens bisweilen als Möglichkeit für eine differenzierte Bedarfsberücksichtigung von Wohn- und Betriebsgemeinden bei der Bemessung der Steuerkraft ange335 336 337 338

Vgl. Scherf (2000), S. 505. Vgl. Scherf (2000), Fn. 20. Zu Punkt 1 und Punkt 2 vgl. ebd., S. 510. Vgl. Broer (2001), S. 70. Siehe hierzu auch Kapitel 7.

Ermittlung der Steuerkraft

163

führt. Eine Absenkung des Nivellierungshebesatzes der Gewerbesteuer sei demzufolge eine »in die richtige Richtung zielende Möglichkeit zur verstärkten Berücksichtigung der Bedarfe von Betriebsgemeinden«.339 Solche Finanzbedarfe sind aus finanzausgleichstheoretischer Sicht jedoch auf der Bedarfsseite zu erfassen. Daher geht auch das Argument fehl, durch die Gewerbesteuerunterbewertung könne eine möglicherweise zu einwohnerlastige Gestaltung des Finanzausgleichs korrigiert werden.340 Wenn ein derartiges Übergewicht der Einwohner bei der Bedarfsermittlung identifiziert wird, dann liegt der Korrekturbedarf auf der Bedarfsseite des Finanzausgleichs. Der Fehler ist entsprechend dort zu beheben. Spiegelbildlich zu diesem Argument eines zu einwohnerlastigen Finanzausgleichs wird gelegentlich die Behauptung, dass größere Städte in der Regel auch höhere Pro-Kopf- Steuereinnahmen aufweisen, als Argument für eine degressiv zu gestaltende Hauptansatzstaffel angeführt. Demnach stünden steigende ProKopf-Steuereinnahmen zu einer progressiven Einwohnergewichtung in Widerspruch.341 Die Einwohnerveredelung übernimmt tatsächlich die Funktion eines Schutzschildes für die höhere Steuerkraft größerer Gemeinden. Größere Gemeinden werden hierdurch »künstlich arm gerechnet« und die Steuerkraft der Gemeinden vor dem Zugriff des Finanzausgleichs geschützt.342 So soll das Interesse der Gemeinden an der Pflege insbesondere der Gewerbesteuerbasis gestärkt werden. Zum einen wären solche strukturellen Unterschiede in den gemeindlichen Einnahmepotenzialen jedoch konsequenterweise auf der Seite der Steuerkraftermittlung, anstelle einer Anpassung der Bedarfsermittlung, zu berücksichtigen. Zum anderen liefert eine Gegenüberstellung des Steueraufkommens bzw. der im Finanzausgleich ermittelten Steuerkraft mit der Einwohnerzahl für die Städte in Nordrhein-Westfalen kein überzeugendes Bild von der hypothetischen Korrelation. Abbildung 6–6 zeigt, dass der Zusammenhang recht vage ist und von der Einwohnerzahl einer Gemeinde nicht allgemein auf die Pro-Kopf-Steuerkraft geschlossen werden kann. Eine etwas genauere Betrachtung zeigt, dass von den 17 Städten mit einer Steuerkraft von über 700 Euro pro Kopf lediglich Düsseldorf und Bonn mehr als 90.000 Einwohner aufweisen (lässt man Ratingen außen vor, weisen die übrigen Städte sogar allesamt weniger als 60.000 Einwohner auf). Der Korrelationskoeffizient für die Pro-Kopf-Steuerkraft und die Einwohnerzahl in Höhe von 0,17 zeigt jedenfalls keinen sehr starken systematischen Zusammenhang. 339 340 341 342

Scherf (2000), S. 508f. Vgl. Littmann (1994), S. 33ff. (Quellenangabe nach Scherf (2000), S. 509). Vgl. Rehm/Matern-Rehm (2010), S. 306f. Vgl. Büttner (2007), S. 22.

Steuereinnahmen pro Kopf

164

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

2.500 2.300 2.100 1.900 1.700 1.500 1.300 1.100 900 700 500 0

50.000

100.000

150.000

200.000

150.000

200.000

Einwohner

Steuerkra" pro Kopf

800 700 600 500 400 300 0

50.000

100.000

Einwohner Abbildung 6–6: Steuereinnahmen und Steuerkraft je Einwohner nach Gemeindegröße (Nordrhein-Westfalen 2016) Anmerkungen: – Die Korrelationskoeffizienten betragen 0,17 (Pro-Kopf-Steuereinnahmen) bzw. 0,13 (Pro-Kopf-Steuerkraft). – Steuereinnahmen sind die Einnahmen aus der Grund- und Gewerbesteuer sowie die Gemeindeanteile an der Einkommen- und der Umsatzsteuer abzgl. der Gewerbesteuerumlage; die Steuerkraft setzt sich aus den Grundbeträgen der Realsteuern und den Gemeindeanteilen an der Einkommen- und der Umsatzsteuer abzgl. der Gewerbesteuerumlage zusammen. – Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind nur Kommunen mit bis zu 200.000 Einwohnern dargestellt. Die zuvor genannten Korrelationskoeffizienten beziehen sich auf alle Gemeinden. Die Kommunen Kerken, Schöppingen, Bad Driburg, Borgentreich, Hemer und Unna wurden aufgrund fehlender Bevölkerungsdaten nicht berücksichtigt. Quelle: Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), eigene Berechnungen, eigene Darstellung.

Eine Abweichung der Nivellierungshebesätze von den landesdurchschnittlichen Hebesätzen ist letztlich also immer mit verteilungs- und strukturpolitischen Zielsetzungen verbunden. Etwaige Unterschiede in den Bedarfen sollten kon-

Ermittlung der Steuerkraft

165

sequent auf der Bedarfsseite des Finanzausgleichs berücksichtigt werden und nicht auf dem Umweg einer differenzierteren Berücksichtigung der Steuerkraft erfolgen. Dennoch werden im politischen Diskurs immer wieder Forderungen nach der Anwendung differenzierter Nivellierungshebesätze, gestaffelt nach der Einwohnerzahl, laut.343 Diesen Forderungen liegt die Auffassung von einer zwischen den Gemeinden variierenden Standortattraktivität zugrunde, aus der unterschiedliche »Hebesatzpotenziale« resultieren. Läge nun das Hebesatzpotenzial einer Gemeinde unterhalb des fiktiven Hebesatzes, so würde dieser Gemeinde eine Steuerkraft unterstellt, über die sie nicht einmal potenziell verfügen kann. Entsprechend seien die Gemeinden in Gruppen mit unterschiedlichen Hebesatzpotenzialen einzuordnen. Da die Standortattraktivität und somit die unterschiedlichen Hebesatzpotenziale stark mit der Einwohnerzahl korreliert seien, sollen unterschiedliche Nivellierungshebesätze nach Gemeindegrößenklassen zur Anwendung kommen. So würde zum Beispiel ländlichen Gemeinden, deren Hebesatzpotenzial gering sei und die im Standortwettbewerb zur Unterbietung der Hebesätze anderer, größerer Städte gezwungen seien, im Finanzausgleich ein geringeres Einnahmepotenzial attestiert. Hierzu ist anzumerken, dass ein empirischer Zusammenhang zwischen dem Hebesatz und der Einwohnerzahl (in Teilbereichen) gegeben ist, jedoch kann hieraus kein funktionaler Zusammenhang und kein sachgerechter und objektiver Indikator für eine Staffelung der fiktiven Hebesätze abgeleitet werden.344 Vielmehr bräuchte es hierfür eine objektive empirische Methode zur trennscharfen Einordnung der Gemeinden in die verschiedenen Gemeindeklassen. Es müsste also ein Indikator verwendet werden, der die Gemeinden auf möglichst verlässliche Weise Gruppen mit unterschiedlichen Steueranspannungspotenzialen zuordnet. Dies gilt umso mehr, als bei der Ausgestaltung dieser Gemeindeklassen Sprungstellen vermieden werden müssen. Sonst würde eine Gemeinde bei einem Wechsel in eine andere Gemeindeklasse mit Einbrüchen/ Sprüngen der Schlüsselzuweisungen konfrontiert. Diese Sprünge würden zum einen jedoch nicht die Unterschiede in den Einnahmepotenzialen repräsentieren, wofür die Staffelung eigentlich vorgenommen werden soll.345 Zum anderen würden solche Sprünge bei der Steuerkraftermittlung für die Gemeinden die Planbarkeit ihrer Einnahmen vermindern. Die Staffelung der Nivellierungssätze müsste daher kontinuierlich erfolgen. Den Unterschieden in den Einnahmepotenzialen kann jedoch nicht durch eine kontinuierliche (Einwohner-)Grö343 Vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen (2016), S. 6. 344 Vgl. Büttner et al. (2008), S. 131f., Lenk/Rudolph (2004a), S. 19f., Parsche/Steinheer (1995), S. 67f., Scherf (2000), S. 521f. 345 Vgl. Büttner et al. (2008), S. 131.

166

Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen

ßenklassenstaffel Rechnung getragen werden, weil ein durchgängiger Zusammenhang empirisch nicht besteht.346 Wenn ein besserer Indikator, der diese Anforderungen erfüllen kann, nicht verfügbar ist, kann eine Differenzierung der fiktiven Hebesätze nach Gemeindegrößenklassen das Problem nicht lösen. Sie wäre nicht in der Lage, eine Ungleichbehandlung der Gemeinden zu verhindern und würde mit der Festlegung der Gemeindegrößenklassen stattdessen ein weiteres streitanfälliges Willkürelement in den Finanzausgleich tragen. Für die empirische Ermittlung eines geeigneten Indikators fehlen jedoch die Kriterien.347 Letztlich würde eine Differenzierung der fiktiven Hebesätze nach Gemeindegrößenklassen die Gefahr der Ungleichbehandlung verschärfen, der sie eigentlich entgegenwirken soll.348 In der finanzwissenschaftlichen Literatur wird aus den genannten Gründen der Verzicht auf eine Differenzierung und die Anwendung einheitlicher Nivellierungshebesätze favorisiert. Dem verteilungspolitisch motivierten Argument (differenzierter) fiktiver Hebesätze (durch einen Verzicht auf die Unterbewertung der Grundbeträge) kann am besten Rechnung getragen werden, wenn auf einen Abschlag auf den Nivellierungssatz verzichtet wird. Eine weitere Entlastung steuerschwacher Gemeinden muss, wenn sie politisch gewünscht ist, durch andere Instrumente herbeigeführt werden. Die Nivellierungshebesätze sind hierfür nicht geeignet. Die Sätze sollten stattdessen dem gewogenen Landesdurchschnitt der tatsächlichen Hebesätze der jeweiligen Steuerart entsprechen, um allokative Verzerrungen zu vermeiden und die Gleichbehandlung der Gemeinden sicherzustellen.349 Für das Kriterium des gewogenen Landesdurchschnitts sollte aus zwei Gründen auf einen gleitenden Durchschnitt mehrerer Vorjahre Bezug genommen werden. Erstens werden hierdurch kurzfristige Schwankungen der Hebesätze eliminiert, die das Steuerkraftpotenzial nicht angemessen widerspiegeln und zu schwankenden Schlüsselzuweisungen führen. Solche Schwankungen schränken zudem die Planbarkeit der Einnahmensituation für die Gemeinden ein. Zweitens würde so das Problem einer »Aufwärtsspirale« für die fiktiven Hebesätze zwar nicht gelöst, wäre aber weniger stark ausgeprägt. Die Gemeinden orientieren sich bei der Festsetzung ihrer Hebesätze (zum Teil) an der Höhe der Nivellierungshebesätze. Wenn deren Festlegung wiederum am Hebesatzdurchschnitt eines vorangegangenen Jahres ansetzt, entsteht ein Zirkelschluss, der einen sich selbst verstärkenden Aufwärtsdruck auf die Hebesätze bewirkt.350 Aus dem Kreis derjenigen Gemeinden, die einen niedrigeren als den fikti346 347 348 349 350

Vgl. Scherf (2000), S. 521. Vgl. Hardt/Schmidt (1998), S. 153, Lenk/Rudolph (2004a), S. 23. Vgl. Scherf (2000), S. 521. Vgl. Lenk/Rudolph (2004a), S. 27, Parsche/Steinheer (1995), S. 69, Scherf (2015), S. 7. Vgl. Büttner et al. (2008), S. 137f.

Ermittlung der Steuerkraft

167

ven Hebesatz wählen, ist immer wieder zu vernehmen, dass der kommunale Finanzausgleich sie systematisch benachteilige. Ihnen werde eine Steuerkraft bescheinigt, die sie faktisch nicht besäßen, sie würden »künstlich reich gerechnet«. Wie Scherf (2000) hervorhebt, ist dies jedoch gerade das Ergebnis der korrekten Ermittlung der Steuerkraft und darf nicht mit einer systematischen Unter- oder Überschätzung der Steuereinnahmen verwechselt werden.351 Schließlich stellen nicht die Steuereinnahmen sondern das Einnahmenpotenzial der Gemeinden bei der Steuerkraftermittlung die Referenzgröße dar. Der Verweis auf eine angebliche Anrechnung höherer als der tatsächlichen Steuereinnahmen ist schon aus diesem Grunde ungerechtfertigt.352 Nur durch die Nivellierung ist gewährleistet, dass die Entscheidung über den Hebesatz überhaupt eine eigenverantwortliche Entscheidung der Gemeinden darstellen kann. Die bewusste Entscheidung für einen niedrigen Hebesatz (und ein tendenziell niedrigeres Ausgabenniveau) ist vielmehr ein Zeichen für eine unterdurchschnittliche Steueranspannung und damit eine (freiwillige) Unterschreitung der Möglichkeiten zur Ausschöpfung der eigenen Steuerquellen. Gerade hierzu sollen die Gemeinden jedoch einen Anreiz verspüren.

351 Vgl. Scherf (2000), S. 514. 352 Vgl. Parsche/Steinherr (1995), S. 59.

7

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

In diesem Abschnitt wird ein Modell entwickelt, mit dem die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems auf die Wirtschafts- und die Hebesatzpolitik der Kommunen dargestellt werden sollen. Die Modellierung berücksichtigt daher mit der Gewerbesteuer, der Gewerbesteuerumlage, der Grundsteuer, dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer, der Kreisumlage und den Schlüsselzuweisungen alle Finanzierungsinstrumente, die sowohl aus fiskalischer als auch aus einer effizienz- und verteilungstheoretischen Perspektive die Fiskalpolitik direkt und indirekt beeinflussen.353 Es werden zwei Varianten des kommunalen Finanzausgleichs modelliert, die in der kommunalpolitischen Praxis der Bundesländer Anwendung finden: in der ersten Variante werden abundante Gemeinden, also diejenigen Gemeinden, die keine Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich erhalten, nicht zur Zahlung einer Finanzausgleichsumlage herangezogen (wie z. B. in Nordrhein-Westfalen). In der zweiten Variante wird derjenige Teil der kommunalen Steuerkraft, der den Finanzbedarf dieser Gemeinden übersteigt, (teilweise) abgeschöpft (wie z. B. in BadenWürttemberg). Bei der zweiten Variante ist ferner danach zu unterscheiden, ob die Finanzausgleichsumlage in die Schlüsselmasse einfließt und die Zuweisungen der nicht-abundanten Gemeinden erhöht (Baden-Württemberg), oder ob sie für andere Zwecke verwendet wird und die Mechanismen des Ausgleichssystems nicht direkt beeinflusst (wie es bei der »Solidaritätsumlage« im Rahmen

353 Sonstige Steuern und Gebühren und der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer werden nicht berücksichtigt. Zum einen spielen diese mit einem Anteil von durchschnittlich rund 1,1 % bzw. 4,5 % am gesamten Steueraufkommen der Gemeinden in den Jahren 1999 bis 2015 eine vergleichsweise kleine Rolle, zum anderen ist insbesondere die dem Umsatzsteueranteil zugrunde liegende Berechnung kompliziert und setzt an einer Bemessungsgrundlage an, die von den Gemeinden nur geringfügig oder nicht beeinflusst werden kann (Anteile am Gewerbesteueraufkommen des Landes und des Bundes sowie an der Summe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des Landes und der Summe ihrer Entgelte, Messbeträge nach dem Gewerbekapital aus dem Jahr 1995).

170

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

des sog. »Stärkungspakts Stadtfinanzen« in Nordrhein-Westfalen von 2014 bis 2017 der Fall war).354 Im folgenden Abschnitt wird zunächst die Modellierung vorgestellt, die den zwei Varianten zugrunde liegt. Diese verdeutlicht die Finanzbeziehungen zwischen den beteiligten Ebenen (Gemeinden und kreisfreie Städte, Landkreise und Bundesland). In den darauf folgenden Abschnitten werden die Grenzbelastungen dargestellt, die die Ausgleichssysteme für das Steueraufkommen der Gemeinden implementieren und die Wirkungskanäle evaluiert, die die Grenzbelastungen bestimmen. Hieraus können Reformmöglichkeiten abgeleitet und gezeigt werden, wie die Grenzbelastungen gemindert und die Umverteilungswirkungen und Anreize des kommunalen Finanzausgleichs budgetneutral optimiert werden können. Abschließend werden die Ergebnisse für Modellrechnungen zur empirischen Ermittlung der Grenzbelastungen für die nordrheinwestfälischen Kommunen verwendet.

7.1

Modell

Betrachtet wird ein Bundesland mit J ¼ 1; . . . ; j Kreisen und L ¼ 1; . . . ; l Kommunen, in denen jeweils N l Einwohner leben. Die Einwohnerzahl des X ( Jede Kommune erhebt eine Gewerbesteuer mit Bundeslandes beträgt N ¼ N. dem Hebesatz tl auf den Steuermessbetrag yl in der Gemeinde und eine Grundsteuer mit dem Hebesatz tl auf den Steuermessbetrag der Grundsteuer, bl . Die Bruttosteuereinnahmen der Gemeinde l betragen dann Gew T l ¼ T Gew 8204 þ T Gr das Gewerbesteuer- und T Gr l l ¼ 8204t l yl þ tl bl , wobei T l l das Grundsteueraufkommen bezeichnen. Vom Steuermessbetrag der Gewerbesteuer führt die Gemeinde die Gewerbesteuerumlage U l ¼ syl an den Bund und das Land ab, wobei s den Umlagesatz, bestehend aus Bundes- und Landesvervielfältiger sowie der Erhöhungszahl, bezeichnet. Zudem erhält jede Gemeinde einen (gegebenen) Anteil El der im Bundesland vereinnahmten Einkommensteuer T E. Für die Gemeinde l folgt hieraus das Nettosteueraufkommen T Gew þ T Gr l l @ U l þ El . Das Bundesland stellt für Schlüsselzuweisungen an die Kreise und die Ge( zur Verfügung. Diese Schlüsselmasse wird auf meinden die Schlüsselmasse V ( für die Gemeinden und X ( für die Kreise, aufgezwei Teilschlüsselmassen, Z l

l

354 Das Aufkommen aus dieser Abundanzabgabe kam hoch verschuldeten Gemeinden zugute, die hierzu jedoch eine Konsolidierungsvereinbarung mit der kommunalen Aufsichtsbehörde treffen mussten. In Zuge dieser Vereinbarung mussten die Gemeinden große Teile ihrer Finanzautonomie aufgeben. Diese Gemeinden unterlagen den Anreizen des Ausgleichssystems daher nur in geringem Maße. Für die übrigen zuweisungsberechtigten Gemeinden beeinflusste die Umlage die Anreizwirkungen nicht.

Modell

171

teilt. Des Weiteren kann das Bundesland eine Finanzausgleichsumlage erheben und diese zur Erhöhung der Schlüsselmasse der Gemeinden verwenden. In diesem Fall erhöhen sich die Gemeinde-Schlüsselzuweisungen um die Finanzausgleichsumlage A. Zur Verteilung der Schlüsselzuweisungen auf die Gemeinden und zur Festsetzung der Ausgleichsumlage wird für jede Gemeinde der Finanzbedarf der Steuerkraft gegenübergestellt. Die Steuerkraft Sl (Steuerkraftmesszahl) wird ermittelt, indem der Steuermessbetrag der Gewerbesteuer und der Grundsteuer mit dem jeweiligen Nivellierungshebesatz ^t (für die Gewerbesteuer) bzw. b t (für die Grundsteuer) zu Steuerkraftzahlen multipliziert, beide Steuerkraftzahlen addiert, die Gewerbesteuerumlage hiervon subtrahiert und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer addiert werden: Sl ¼ ^t yl þ b tbl @ U l þ El :

(7.1)

Die im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigte Steuerkraft jeder Gemeinde nimmt mit steigenden Nivellierungshebesätzen zu. Der Finanzbedarf wird in jeder Gemeinde vereinfacht unter Bezugnahme auf den Hauptansatz und unter Vernachlässigung der Nebenansätze modelliert und mit 1H l bezeichnet. Hierzu wird die Einwohnerzahl jeder Gemeinde mit dem Faktor hl ðN l Þ gewichtet, H l ¼ hl N l . Diese Gewichtung entspricht der Einwohnerveredelung gemäß der Hauptansatzstaffel und folgt einem ansteigenden Verlauf (s. Kapitel 6), hl 0 ðN l Þ > 0. Der Hauptansatz wird mit dem einheitlichen Grundbetrag 1 zum Finanzbedarf der Gemeinde (Ausgangsmesszahl) multipliziert. Der einheitliche Grundbetrag stellt sicher, dass die vom Bundesland (und durch die Finanzausgleichsumlage) für Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden bereitgestellten Mittel vollständig ausgeschöpft werden. Es erhalten jedoch nur diejenigen Gemeinden Zuweisungen, in denen der Finanzbedarf die Steuerkraft übersteigt. Weil die Finanzbedarfe und somit das Ergebnis, welche Gemeinden Zuweisungen erhalten, ihrerseits vom einheitlichen Grundbetrag abhängen, ist dieser formal nicht bestimmbar (Zirkelschluss). Er muss in einem iterativen Verfahren ermittelt werden (vgl. Kapitel 6). Die Schlüsselzuweisungen verbleiben nicht vollständig bei der Gemeinde, sondern werden ihrerseits, neben der Steuerkraft, zur Bemessung der allgemeinen Kreisumlage herangezogen und fließen auf diesem Wege zum Teil wieder ab. Diese Umlagen sind zwar nicht Bestandteile des Steuerverbunds des Bundeslands, knüpfen jedoch an diesem an und beeinflussen daher die Wirkungen und die Ergebnisse des Finanzausgleichs. Die Kreisumlagen werden von den Kreisen zum Ausgleich ihrer Haushalte erhoben. Der Gesamtbetrag der ( j , ergibt sich aus dessen Haushalts-Fehlbetrag, D ( j, Kreisumlage des Kreises j, K ( abzüglich der Schlüsselzuweisung X j , die der Kreis erhält:

172

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

(j ¼ D (j @ X ( j: K

(7.2)

Auf eine explizite Modellierung der Ausgangs- und der Umlagekraftmesszahlen der Kreise wird an dieser Stelle verzichtet, um das Modell übersichtlich zu halten. Die Wirkungen dieser Zusammenhänge auf die Höhe der Kreisumlagen sind für einzelne Gemeinden nur wenig spürbar und nicht wesentlich beeinflussbar. Es wird daher angenommen, dass die Fehlbeträge und die Schlüsselzuweisungen der Kreise gegeben sind. Entsprechend betrachten die Gemeinden ( j und den Umlagesatz als exogen. Die Umlades Kreises den Umlagebetrag K gesätze werden durch die Kreise festgelegt, wenn die Steuerkraftzahlen, die Schlüsselzuweisungen und die Finanzausgleichsumlagen der Gemeinden und der Kreise festgelegt sind. Sie ergeben sich als Quotient des Umlagebetrags und der Summe der Steuerkraftmesszahlen und Schlüsselzuweisungen abzgl. der Finanzausgleichsumlagen aller dem Kreis j angehörigen Gemeinden: ( K

j kj ¼ P ðS þZ : @A Þ lj

l

l

(7.3)

l

Die Kreisumlage sollte an der Finanzkraft der Gemeinden ansetzen, die sich nach dem kommunalen Finanzausgleich ergibt. Wenn die Schlüsselzuweisungen und Ausgleichsumlagen nicht berücksichtigt würden, würde die Kreisumlage die originäre Finanzkraft abundanter Gemeinden vollständig belasten, während die durch das Bundesland bereitgestellte zusätzliche Finanzkraft, die nur den nicht-abundanten Gemeinden zufließt, verschont würde. Folglich könnte es zu Umkehrungen in der Finanzkraftreihenfolge der Gemeinden kommen, wenn eine nicht-abundante Gemeinde mit einer niedrigen Steuerkraft zur Kreisumlage herangezogen wird und zudem eine Schlüsselzuweisung erhält, eine abundante Gemeinde dagegen, neben der Kreisumlage, eine Finanzausgleichsumlage abführen muss. Für die Kreisumlage der einzelnen Gemeinde l folgt E C ( @lj @A ( @lj ; ( j @ kj = (S@lj þ Z K lj ¼ kj =ðSl þ Z l @ Al Þ ¼ K

(7.4)

E C ( @lj @A ( @lj die Summe der Steuerkraftmesszahlen, Schlüsselzuwobei (S@lj þ Z weisungen und Ausgleichsumlagen aller Gemeinden im Kreis j außer der Gemeinde l bezeichnet. Da der Umlagebetrag mit der Summe der Schlüsselzuweisungen für die Kreise sinkt, sinkt der Kreisumlagesatz für die Gemeinden, ( steigt. wenn X Zur weiteren Vereinfachung der Analyse wird im Folgenden angenommen, dass es nicht zu Statuswechseln einzelner Gemeinden (von der Abundanz zur Nicht-Abundanz und umgekehrt) kommt. Diese Annahme ermöglicht eine

173

Modell

formale Bestimmung des einheitlichen Grundbetrags. Mit seiner Bestimmung folgt aus der Gegenüberstellung von Finanzbedarf und Steuerkraft, welche Gemeinden transferberechtigt und welche umlagepflichtig sind und in welcher Höhe sie Schlüsselzuweisungen erhalten, bzw. Beiträge leisten müssen.355 Übersteigt in einer Gemeinde der Finanzbedarf die Steuerkraft, erhält diese Gemeinde Schlüsselzuweisungen. Die Anzahl der zuweisungsberechtigten Gemeinden des Bundeslands betrage M ¼ 1; . . . ; i. Der Anteil, zu dem die Unterschiede zwischen der Steuerkraft und dem Finanzbedarf dieser Gemeinden ausgeglichen werden, wird mit v (Ausgleichsfaktor) bezeichnet. Dieser Ausgleichsparameter wird exogen festgelegt. Hieraus folgt ( þ A ¼ v= Z mit

X

P i

( i @ (Si Þ; ½1hi N i @ Si A ¼ v=ð1H

( i, hi N i ¼ H

X

i

(7.5)

Si ¼ (Si . A bezeichnet das Aufkommen aus der Finanz-

i

ausgleichsumlage (s. unten), die zur Aufstockung der Schlüsselmasse verwendet wird und den nicht-abundanten Gemeinden zufließt. Für die einzelne Gemeinde i beträgt die Schlüsselzuweisung Z i ¼ v=ð1H i @ Si Þ:

(7.6)

Übersteigt die Steuerkraft in einer Gemeinde den Finanzbedarf, erhält diese Gemeinde keine Zuweisungen und kann zur Zahlung einer Finanzausgleichsumlage herangezogen werden. Die Anzahl der abundanten Gemeinden werde mit X ¼ 1; . . . ; x bezeichnet. Die Ausgleichsumlage wird, analog zur Bestimmung der Schlüsselzuweisung, als prozentualer Anteil der Differenz zwischen der Steuerkraft und dem Finanzbedarf ermittelt. Der Umlagesatz werde mit b bezeichnet. Er wird ebenfalls exogen festgelegt und kann größer oder kleiner sein als der Ausgleichsfaktor. Für die gesamte Ausgleichsumlage folgt A ¼ b=

P x

( x Þ: ½Sx @ 1hx N x A ¼ b=ð(Sx @ 1H

(7.7)

Für die einzelne Gemeinde x beträgt die Umlage Ax ¼ b=ðSx @ 1H x Þ:

(7.8) X

Aus den Gleichungen (7.5) und (7.7) kann, unter Beachtung von (S ¼ S X und H( ¼ H ¼ H( þ H( nun der einheitliche Grundbetrag abgeleitet werden:

l

¼ (Si þ (Sx

l

l

i

x

l

355 Die folgende Analyse untersucht die Anreizwirkungen des Finanzausgleichs anhand der Betrachtung kleiner Änderungen einzelner Parameter des Systems. Dies führt nicht zu Statuswechseln einzelner Kommunen.

174



Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

( (Si ðv@bÞþb(S Zþ ( i ðv@bÞþbH ( H

(7.9)

:

Einsetzen des Grundbetrags in Gleichung (7.6) bzw. (7.8) ergibt die Schlüsselzuweisung und die Ausgleichsumlage für die einzelne Gemeinde: Zi ¼ v

0(

Zþ(Si ðv@bÞþb(S ( i ðv@bÞþbH ( H

/ =H i @ Si ;

0 / ( (Si ðv@bÞþb(S Zþ Ax ¼ b= Sx @ H( i ðv@b ( =H x : ÞþbH

(7.10)

Obgleich weitere Parameterkombinationen möglich sind (und in der Realität Anwendung finden), sollen in den folgenden beiden Abschnitten zwei Fälle dargestellt und diskutiert werden. Im ersten Fall ist der Umlagesatz gleich null, es wird also keine Ausgleichsumlage erhoben. Im zweiten Fall entspricht die Höhe des Umlagesatzes der Höhe des Ausgleichsfaktors, b ¼ v.

7.2

Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems

7.2.1 Kommunaler Finanzausgleich ohne Finanzausgleichsumlage In diesem Abschnitt werden die Wirkungen eines kommunalen Finanzsystems untersucht, wenn die abundanten Gemeinden nicht zur Abgabe einer Finanzausgleichsumlage herangezogen werden (b ¼ 0). In diesem Fall stellt der Finanzausgleich ein rein vertikales Ausgleichssystem dar, das durch differenzierte Zuweisungen auf Basis der Steuerkraft und des Finanzbedarfs der einzelnen Gemeinde eine horizontale Wirkung entfaltet. Es fließen keine direkten Zahlungen zwischen den Kommunen. Zur Untersuchung der fiskalischen Wirkungen des Finanzausgleichs werden die nicht-abundanten Gemeinden und die abundanten Gemeinden getrennt betrachtet. Zuweisungsberechtigte Gemeinden Für die einzelne Gemeinde i beträgt in diesem Fall die Schlüsselzuweisung laut Gleichung (7.10): E C ( þ v ai (Si @ Si : Z i ¼ aii Z i

(7.11)

( i bezeichnet den Anteil der (im Rahmen der Einwohnerveredelung aii ¼ H i =H gewogenen) Bevölkerung der Gemeinde i an der Summe der gewogenen Einwohner aller zuweisungsberechtigten Gemeinden des Bundeslands (relativer

Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems

175

Finanzbedarf). Die Bevölkerung und die Steuerkraft der abundanten Gemeinden spielen für die Verteilung der Schlüsselzuweisungen offenbar keine Rolle. Änderungen der Steuerkraft einer abundanten Gemeinde beeinflussen nicht den einheitlichen Grundbetrag und daher auch nicht die Schlüsselzuweisungen. Diese Gemeinden befinden sich praktisch außerhalb des Finanzausgleichsmechanismus (solange es nicht zu Statuswechseln der Gemeinden kommt, von denen hier abstrahiert wird). Gemäß Gleichung (7.11) besteht die Schlüsselzuweisung aus zwei Komponenten: Jede zuweisungsberechtigte Gemeinde i erhält (unter Berücksichtigung der Einwohnerveredelung) einen ihrem Bevölkerungsanteil an der Gesamtbevölkerung (der nicht-abundanten Gemeinden) entsprechenden Teil der ( Zusätzlich wird der Teil v des Unterschieds zwischen der Schlüsselmasse, aii = Z. eigenen Steuerkraft und derjenigen, die die Gemeinde erreichen würde, wenn ihre Steuerkraft dem Durchschnitt je Einwohner aller zuweisungsberechtigten Gemeinden entspräche, ausgeglichen. Ist dieser Unterschied negativ (positiv) – d. h., ist die Steuerkraft im Vergleich zu den übrigen zuweisungsberechtigten Gemeinden überdurchschnittlich (unterdurchschnittlich) – erhält die Gemeinde eine niedrigere (höhere) Schlüsselzuweisung.356 Der Ausgleichsfaktor gewichtet diese Unterschiede und bestimmt so den Grad der Umverteilung.357 Eine Gemeinde erhält demnach Schlüsselzuweisungen (Z i > 0), solange ihre mit dem Ausgleichsfaktor multiplizierte Steuerkraft ihren pro Kopf-Anteil an der Summe aus Schlüsselmasse und der mit dem Ausgleichsfaktor multiplizierten gesamten Steuerkraft nicht übersteigt: ( þ v(Si Þ > vSi : aii ðZ

(7.12)

Der einheitliche Grundbetrag in (7.9) hängt neben der Schlüsselmasse und dem Ausgleichsfaktor von der durchschnittlichen Steuerkraft je Einwohner ab. Diese durchschnittliche Steuerkraft und die Steuerkraft der Gemeinde i nehmen 356 Gleichung (7.11) kann auch in pro Kopf-Größen formuliert werden. Die Schlüsselzuweisung je gewogenem Einwohner entspricht dem Anteil an der Schlüsselmasse dieses Einwohners, zuzüglich des auszugleichenden Unterschieds zwischen der landesdurchschnittlichen Finanzkraft pro Kopf und der eigenen Finanzkraft pro Kopf: ( Zi Z ( i @ Si =H i Þ: ¼ ( þ vð(Si =H Hi H i 357 Darüber hinaus beeinflusst er die Abundanzgrenze. Je höher der Ausgleichsfaktor, desto stärker werden Steuerkraftunterschiede berücksichtigt und desto weniger Gemeinden erhalten Zuweisungen. Die steuerschwächsten Gemeinden erhalten im Gegenzug höhere Zuweisungen. Bei einem Ausgleichsfaktor von null erhält jede Gemeinde eine Zuweisung in Höhe ihres (gewogenen) Bevölkerungsanteils, ohne dass Steuerkraftunterschiede berücksichtigt werden. Ein solches System von Pauschaltransfers würde, für sich genommen, keine verzerrende Wirkung auf die Fiskalpolitik ausüben (s. unten).

176

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

mit steigenden fiktiven Hebesätzen zu. Steigende fiktive Hebesätze erhöhen, neben der (fiktiven) Steuerkraft der Gemeinden, also den (fiktiven) Finanzbedarf der Gemeinden, weil sonst die Schlüsselmasse nicht vollständig ausgeschöpft würde. Für die Änderung der Schlüsselzuweisung der Gemeinde i infolge einer Änderung der Nivellierungshebesätze gilt dZ i d^t

0 ( / dS dS ¼ v= aii d^ti @ d^ti :

(7.13)

Gemeinden mit einer unterdurchschnittlichen Steuerkraft weisen eine unterdurchschnittliche Steuerbasis auf. Da die fiktive Steuerkraft der Gemeinden mit unterdurchschnittlicher (überdurchschnittlicher) Steuerkraft infolge einer Anhebung der Nivellierungssätze weniger stark (stärker) steigt als die durchschnittliche Steuerkraft aller nicht-abundanten Gemeinden, profitieren Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Steuerkraft durch höhere Schlüsselzuweisungen von einer Erhöhung der Nivellierungshebesätze.358 Nach der Verteilung der Schlüsselzuweisungen und der Erhebung der Kreisumlage verbleibt bei der Gemeinde i der Betrag E C @ > E C ( @ vSi 1 @ ai þ vai (S@i = 1 @ kj @ kj Si : Z i @ K ij ¼ aii Z i i

(7.14)

(S@i bezeichnet die Summe der Steuerkraftmesszahlen aller Gemeinden des Bundeslandes, die Schlüsselzuweisungen erhalten, ohne die Gemeinde i. Ceteris paribus steigt dieser Nettotransfer mit der für Zuweisungen zur Verfügung ( Einen Anstieg der Schlüsselmasse kann das Bunstehenden Schlüsselmasse V. desland zur Erhöhung der Schlüsselmasse der Gemeinden oder der Kreise verwenden, letzteres bewirkt sinkende Kreisumlagesätze. Des Weiteren steigt der Transfer mit dem relativen Finanzbedarf und mit der Steuerkraft der übrigen Gemeinden und er sinkt mit der eigenen Steuerkraft. Einsetzen der Gleichung (7.1) in (7.14) ergibt359 + . * E C Gew ð^t@sÞ E C t i( i Gr b i (@i Z i @ K ij ¼ ai Z @ v 1 @ ai T i þ vai S = 1 @ kj t i þ T i ti þ E i . @kj T

Gew ð^t @sÞ ti i

þT

b

Gr t i ti

(7.15)

þ Ei :

Insgesamt verfügt die Gemeinde i über das Budget 358 Vgl. Scherf (2015), S. 8. s 359 Für die Gewerbesteuerumlage gilt U i ¼ syi ¼ T Gew . i t i

Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems

Gi ¼ T i @ U i þ Ei þ Z i @ K ij :

177 (7.16)

Einsetzen der Gleichung (7.15) in (7.16) und Umstellen ergibt h i CE C s ð^t @s Þ E ð^t @sÞ Gi ¼ T Gew = 1 @ ti @ ti v 1 @ aii 1 @ kj @ kj ti i + * CE C bt E bt Gr i þT i = 1 @ ti v 1 @ ai 1 @ kj @ kj ti @ E CE C > þEi = 1 @ v 1 @ aii 1 @ kj @ kj

(7.17)

E CE C ( þ v(S@i 1 @ kj : þaii Z Gleichung (7.17) fasst die Effekte des kommunalen Finanzausgleichs und der Umlagen auf Änderungen des Steueraufkommens in der Gemeinde i zusammen. Steigt zum Beispiel das Gewerbesteueraufkommen in der Gemeinde um einen Euro, dann steigen die Nettoeinnahmen der Gemeinde ceteris paribus lediglich in Höhe des Ausdrucks in der ersten eckigen Klammer. Daher kann s

MTRGew ¼ ti þ i

ð^t @s Þ ti

E CE C ð^t @sÞ v 1 @ aii 1 @ kj þ kj ti

(7.18)

als der Grenzsteuersatz interpretiert werden, den das kommunale Finanzsystem implizit für zusätzliches Gewerbesteueraufkommen in der Gemeinde i bildet.360 Er spiegelt die Zahlungsströme wider, die in Form von Umlagen und Anpassungen der Ausgleichszahlungen zwischen den Gemeinden und den übergeordneten Ebenen (Kreise und Landschaftsverbände, Bundesland, Bund) entstehen, wenn das Gewerbesteueraufkommen um einen Euro steigt. Er setzt sich aus vier Komponenten zusammen: Erstens steigt die Gewerbesteuerumlage; zweitens impliziert eine höheres Gewerbesteueraufkommen bei unverändertem Hebesatz eine höhere Steuerkraft (unter Beachtung der gestiegenen Gewerbesteuerumlage), die in niedrigeren Schlüsselzuweisungen resultiert; drittens mindern niedrigere Zuweisungen die Kreisumlage (indirekter Effekt) und viertens steigt die Kreisumlage mit der Steuerkraft (direkter Effekt). Der Net^ E C toeffekt auf die Kreisumlage (kj ðt @t sÞ = 1 @ vð1 @ aii ) ist positiv, jedoch umso gei ringer, je höher der Ausgleichsfaktor ist. Eine entsprechende Interpretation gilt für das Aufkommen der Grundsteuer und den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer : 360 Für eine entsprechende Interpretation im Rahmen des Länderfinanzausgleichs vgl. Baretti et al. (2002).

178

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

CE C bt E bt i MTRGr 1 @ kj þ kj ti ; i ¼ ti v 1 @ a i E CE C MTREi ¼ v 1 @ aii 1 @ kj þ kj :

(7.19)

Der Ausdruck in der letzten Zeile der Gleichung (7.17) fasst die Wirkungen zusammen, die von Veränderungen der (für die einzelne Gemeinde exogenen) Schlüsselmasse und der summierten Steuerkraft aller übrigen Gemeinden auf die Einnahmen der Gemeinde i ausgehen. Die Gemeinden und das Bundesland können die Grenzbelastungen des Systems auf die Gemeindesteuern beeinflussen. Sie hängen von den Hebesätzen der Grund- und der Gewerbesteuer sowie von der (relativen) Bevölkerungsgröße ab und sind deshalb in den Gemeinden unterschiedlich hoch. Zudem beeinflussen die fiktiven Hebesätze der Grund- und der Gewerbesteuer, der Gewerbesteuerumlagesatz, die Ausgleichsquote v, und der Kreisumlagesatz die Grenzbelastungen.361 Die partiellen Ableitungen der Gleichungen (7.18) und (7.19) nach dem Hebesatz für die Gewerbesteuer bzw. die Grundsteuer zeigen, wie die Grenzbelastungen von der Hebesatzpolitik der Gemeinden abhängen: @MTRGew i @t i

s

¼ @ t2 @

@MTRGr i @ti

i

ð^t @s Þ t 2i

E CE C ð^t @s Þ v 1 @ aii 1 @ kj @ kj t2 < 0; i

CE C bt E bt ¼ @ t2 v 1 @ aii 1 @ kj @ kj t2 < 0: i

(7.20)

i

Die Ableitungen zeigen, dass die Hebesätze einen negativen Effekt auf die Grenzbelastung der Gemeinde haben, wenn alle anderen Variablen konstant gehalten werden. Mit anderen Worten ist von zwei Gemeinden, die ein identisches Steueraufkommen verzeichnen, diejenige mit einer höheren Grenzbelastung des Finanzsystems konfrontiert, die den niedrigeren Hebesatz anwendet. Der Grund ist, dass ein höherer Hebesatz (bei gegebenem Steueraufkommen) eine geringere Steuerkraft bedeutet. Die geringere Steuerkraft schlägt sich in einer niedrigeren Gewerbesteuerumlage und einer höheren Schlüsselzuweisung nieder. Letztere wird durch die Kreisumlage E C zum Teil wieder abgeschöpft. Der i Nettoeffekt auf die Kreisumlage, v 1 @ ai @ 1, ist jedoch negativ, weil die niedrigere Steuerkraft eins zu eins die Bemessungsgrundlage der Kreisumlage mindert, während sie die Schlüsselzuweisung (den zweiten Bestandteil der Bemessungsgrundlage) nur unterproportional beeinflusst. Für die Grundsteuer ergibt sich ein ebensolcher Zusammenhang (ohne die Effekte der Steuerumla361 Für die partiellen Ableitungen bezüglich dieser Variablen siehe Anhang A3.1. Höhere Nivellierungshebesätze bewirken höhere Grenzbelastungen des Ausgleichssystems.

Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems

179

ge). Höhere Hebesätze bedeuten für die Gemeinden ceteris paribus eine niedrigere Grenzbelastung ihres Gemeindesteueraufkommens durch den kommunalen Finanzausgleich. Dies ist gleichbedeutend mit einem höheren Anspruch auf die vom Land bereitgestellte Schlüsselmasse. Der Anstieg des Gewerbesteuer- oder des Grundsteueraufkommens kann aus einem Anstieg der Bemessungsgrundlage und des Hebesatzes folgen. Wenn eine Gemeinde das Ziel verfolgt, ein höheres Steueraufkommen zu generieren, kann sie Maßnahmen zur Ausweitung der Steuerbasis ergreifen und/oder den Hebesatz anheben. Weil der Hebesatz jedoch gleichzeitig die Grenzbelastung der Gemeinden beeinflusst, entstehen für die Gemeinden fiskalische Anreize, das Steueraufkommen durch höhere Kommunalsteuern anstelle einer Ausweitung der Steuerbasis zu erhöhen. Die Ableitungen der Gleichung (7.17) nach den Hebesätzen und nach den Steuermessbeträgen der Grund- und der Gewerbesteuer zeigen dies: dGi dt i

E C @MTRGew ¼ yi = 1 @ MTRGew @ T Gew = @ti i ¼ yi ; i i

dGi dti

E C @MTRGr i ¼ bi = 1 @ MTRGr ¼ bi ; @ T Gr i i = @ti E C dGi Gew ; dyi ¼ t i = 1 @ MTRi E C dGi Gr : dbi ¼ ti = 1 @ MTRi

(7.21)

Infolge einer Erhöhung des Hebesatzes steigt zunächst das (Brutto-)Steueraufkommen in der Gemeinde in Höhe der Steuerbasis an. Zugleich fließen Mittel in Höhe der Grenzbelastung an übergeordnete Ebenen ab. Die Steuererhöhung senkt jedoch zugleich die Grenzbelastung des bisherigen Steueraufkommens, weil die Gemeinde mit der Steuererhöhung einen Anspruch auf zusätzliche Schlüsselzuweisungen erwirbt. Dieser zusätzliche Anspruch entspricht der Höhe des Finanzabflusses, sodass für die Gemeinde nur der direkte Effekt auf das Steueraufkommen ausschlaggebend ist.362 Wenn der Gemeinde dagegen, z. B. durch eine wirtschaftsfreundliche Standortpolitik, eine Ausweitung der Steuerbasis gelingt, fließt ein Anteil in Höhe der Grenzbelastung des zusätzlichen Steueraufkommens an die übergeordneten Ebenen ab. Die für die Gemeinden 362 Berücksichtigt man einen negativen Einfluss der Hebesätze auf die Steuerbasis lauten die Ausdrücke für die Hebesätze E C E C dGi @yi dG @b ¼ t = 1 @ MTRGew þ yi und i ¼ i ti = 1 @ MTRGr þ bi . i i dt i @ti i dti @ti Z. B. fällt das zusätzliche Steueraufkommen infolge einer Abwanderung der Steuerbasis geringer aus. Allerdings spürt die Gemeinde auch diese Abwanderung nur zum Teil, weil sie hierfür in Form niedrigerer Steuerumlagen und höherer Zuweisungen entschädigt wird.

180

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

bedeutende Elastizität des Steueraufkommens in Bezug auf den Steuersatz ist also höher, als die Aufkommenselastizität. Für die Gewerbesteuer gilt dGi yi dyi Gi

E C T Gew = Gi i ; ¼ 1 @ MTRGew i dGi t i dt i Gi

¼

T Gew i Gi

(7.22)

:

Neben wirtschafts- und steuerpolitischen Maßnahmen können Gemeinden bevölkerungspolitische Instrumente zur Erhöhung ihres Steueraufkommens und zur Reduzierung der Grenzbelastungen nutzen.363 Die Ableitungen der Grenzbelastungen nach der Bevölkerung in der Gemeinde i sind negativ. Gemeinden mit einem größeren Bevölkerungsanteil an der Gesamtbevölkerung erhalten ceteris paribus einen höheren Nettotransfer : dMTRGew i dN i

¼ @v

dMTRGr i dN i dMTREi dN i

ð^t @s Þ ti

C dai E = dNii 1 @ kj < 0;

C bt dai E ¼ @v ti = dNii 1 @ kj < 0;

(7.23)

C dai E ¼ @v= dNii 1 @ kj < 0;

E 0 C ( i @ hi N i @@NH( i hi N i þ hi H daii i mit > 0.364 ¼ ( 2i dN i H Aus Sicht der einzelnen Gemeinde ist die Bevölkerungspolitik ein sehr wirksames Instrument, weil so die Grenzbelastung der Gemeinde bezüglich aller im Finanzausgleich berücksichtigten Steuern gesenkt werden kann. Zudem sinkt ceteris paribus die Steuerkraft pro Kopf und der Finanzbedarf pro Kopf 363 Die Gemeinden werden im Rahmen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer, gemäß dem in der Gemeinde vereinnahmten Einkommensteueraufkommen, am auf das Bundesland entfallenden Einkommensteueraufkommen beteiligt. Von einem positiven Einfluss der Zuwanderung auf das Einkommensteueraufkommen und damit auf den Gemeindeanteil der Gemeinde wird hier abstrahiert. Wird dieser Einfluss berücksichtigt, ist die Grenzbelastung des Einkommensteueranteils in (7.24) um den Ausdruck C dEi E = 1 @ MTREi dN i

zu erweitern.

364 Hier sind die Wirkungen einer wachsenden Bevölkerung in einer Gemeinde auf den Anteil an der gewogenen Gesamtbevölkerung (der zuweisungsberechtigten Gemeinden) zu berücksichtigen. Einwanderer- und Auswanderergemeinde können sich in unterschiedlichen ( i =@N i 0), oder es kann sich um Immigration Stufen der Gewichtungsstaffel befinden (@ H aus einer abundanten Gemeinde, dem Aus- oder einem anderen Bundesland handeln ( i =@N i > 0). In jedem Fall ist der Ausdruck positiv. (@ H

Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems

181

steigt. Die Schlüsselzuweisungen nehmen zu. Der Gesamteffekt eines Bevölkerungsanstiegs auf die Einnahmen der Gemeinde i lautet: dGi dN i

+ . -* C E C dai E ( þ v(S@i þ v T Gew = ð^t@sÞ þ T Gr = bt þEi : ¼ dNii 1 @ kj = Z ti i i ti

(7.24)

Abundante Gemeinden Übersteigt die Steuerkraft in einer Gemeinde den Finanzbedarf, erhält diese Gemeinde keine Zuweisungen, muss jedoch auch keine Umlage an das Bundesland abführen. Die Anzahl der abundanten Gemeinden werde mit X ¼ 1; . . . ; x bezeichnet. Die Gemeinde x verfügt über das Budget Gx ¼ T x @ U x þ Ex @ K xj 0 / s ð^t @s Þ @ kj tx () Gx ¼ T Gew x .= 1 @ t x bt þT Gr x = 1 @ kj tx

(7.25)

E C þEx = 1 @ kj : Die Gleichung fasst die Effekte des kommunalen Finanzsystems auf Änderungen des Steueraufkommens in den abundanten Gemeinden zusammen. Diese sind, neben den Hebesätzen, nur von der Gewerbesteuer- und der Kreisumlage abhängig. Für die Grenzbelastungen folgt s

MTRGew ¼ tx þ kj x

ð^t @sÞ tx

bt MTRGr x ¼ kj tx ;

; (7.26)

MTREx ¼ kj : Die Grenzbelastungen unterscheiden sich von den Grenzbelastungen der zuweisungsberechtigten Gemeinden in zwei Eigenschaften: weil die abundanten Gemeinden außerhalb des Finanzausgleichs angesiedelt sind, führt eine höhere Steuerkraft nicht zu niedrigeren Schlüsselzuweisungen und die Kreisumlage hängt ausschließlich von der Steuerkraft ab. Die Grenzbelastungen sind daher niedriger, als diejenigen der Gemeinden, die Schlüsselzuweisungen erhalten. Daraus folgt, dass die Aufkommenselastizität in den abundanten Gemeinden höher ist und diese daher einen höheren Anreiz haben, ihr Steueraufkommen

182

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

durch eine wirtschaftsfreundliche Politik zu erhöhen. Beachte, dass die Ausdrücke denen der nicht-abundanten Gemeinden gleichen, wenn v ¼ 0 gilt. Die Gemeinden erhalten dann pauschale Transfers und der Finanzausgleich beeinflusst die Fiskalpolitik der Gemeinden nicht. Darüber hinaus entfallen für abundante Gemeinden die positiven Wirkungen der Immigration auf das Steueraufkommen. Der Effekt eines Bevölkerungsanstiegs auf die Einnahmen der Gemeinde x beschränkt sich auf den Anstieg des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer.365

7.2.2 Kommunaler Finanzausgleich mit Finanzausgleichsumlage In den meisten Bundesländern sind die abundanten Gemeinden zur Zahlung einer Finanzausgleichsumlage verpflichtet. Die Regelungen der Umlagen in den einzelnen Bundesländern unterscheiden sich jedoch stark. So sind z. B. in Baden-Württemberg die abundanten Gemeinden zu einer Umlage verpflichtet, die zum Großteil (2015: 88,43 Prozent von 3,47 Mrd. Euro) der Finanzausgleichsmasse zugeführt wird und somit die Zuweisungen für die Gemeinden erhöht. Etwa die Hälfte (1,78 Mrd. Euro) der Finanzausgleichsumlage fließt im Rahmen der Schlüsselzuweisungen an die Kreise und Gemeinden zurück.366 In Nordrhein-Westfalen wurden von 2014 bis 2017 die abundanten Gemeinden (wenn sie in mindestens zwei der vorangegangenen vier Jahre abundant waren) zur Zahlung einer Finanzausgleichsumlage herangezogen, die jedoch nur die Finanzkraft »überschuldeter« Gemeinden im Rahmen eines gesonderten Hilfspakets aufstockte.367 Die Höhe der Umlage wurde per Gesetz festgelegt und betrug etwa 91 Millionen Euro. Zur Aufbringung dieses Betrags wurden die Steuerkraftüberschüsse der umlagepflichtigen Gemeinden 2017 mit einem Umlagesatz in Höhe von 9,95 Prozent abgeschöpft. In diesem Abschnitt wird ein symmetrisches Finanzsystem modelliert (der Umlagesatz für abundante Gemeinden entspricht dem Ausgleichsfaktor, v ¼ b), in dem die Finanzausgleichsumlage in voller Höhe der Schlüsselmasse zufließt. Der Finanzausgleich stellt also ein Mischsystem aus vertikalem und horizontalem Ausgleich dar. Die horizontale Komponente setzt sich dabei aus zwei Effekten zusammen, weil einerseits steuerstarke Kommunen Ausgleichszahlungen an steuerschwache Kommunen leisten und andererseits, wie im vorherigen Abschnitt, der vertikale Ausgleich durch differenzierte Zuweisungen an 365 Vgl. Fn. 363. 366 Vgl. Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg (2015), S. 18. 367 Zudem floss ein Teil der Verbundmasse in diesen »Solidaritätspakt« und schmälerte die Zuweisungen für die übrigen Kommunen. Für eine exemplarische Modellierung der Solidaritätsumlage siehe Anhang A3.2.

Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems

183

die einzelnen Gemeinden eine horizontale Wirkung entfaltet. Die nicht-abundanten Gemeinden und die abundanten Gemeinden werden getrennt betrachtet. Um die Vergleichbarkeit der Anreizwirkungen beider Modellvarianten zu gewährleisten, wird die Finanzausgleichsumlage auf die vom Bundesland bereitgestellte Schlüsselmasse angerechnet. Das heißt, dass der Betrag der vom ( um den Betrag der FinanzausBundesland bereitgestellten Schlüsselmasse, Z, gleichsumlage, A, gekürzt wird. Dann sind die Schlüsselzuweisungen und der einheitliche Grundbetrag (und somit die Gewichtung des Finanzbedarfs der einzelnen Gemeinde) in beiden Varianten identisch. Infolge dieses Vorgehens erhöht sich jedoch der Kreisumlagesatz, weil die Finanzausgleichsumlage von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird. Zuweisungsberechtigte Gemeinden Für die einzelne Gemeinde i beträgt in diesem Fall die Schlüsselzuweisung laut Gleichung (7.10): E C ( þ v al (S @ Si : Z i ¼ ali Z i

(7.27)

( bezeichnet den Anteil der (im Rahmen der Einwohnerveredelung ali ¼ H i =H gewogenen) Bevölkerung der Gemeinde i an der Summe der gesamten, gewogenen Bevölkerung des Bundeslands (relativer Finanzbedarf). Anders als im vorherigen Abschnitt beeinflussen nun die Ausgleichsumlagen der abundanten Gemeinden die Summe der Schlüsselzuweisungen und hängen, wie die Zuweisungen der nicht-abundanten Gemeinden, von der relativen Finanzkraft der Gemeinden ab. Die Zuweisungen sind daher vom Anteil der Einwohnerzahl der Gemeinde an der Gesamtbevölkerung abhängig. Die Gemeinde i erhält nun einen Teil der Schlüsselmasse in Höhe ihres Anteils an der gesamten Bevölkerung des Bundeslands und den Anteil v des Unterschieds zwischen der eigenen Steuerkraft und derjenigen, die die Gemeinde erreichen würde, wenn ihre Steuerkraft dem Durchschnitt je Einwohner aller Gemeinden des Bundeslands entspräche. Die Schlüsselzuweisung steigt mit überdurchschnittlicher und sinkt mit unterdurchschnittlicher Steuerkraft. Die Gemeinde erhält Zuweisungen, wenn ihre mit dem Ausgleichsfaktor multiplizierte Steuerkraft ihren pro Kopf-Anteil an der Summe aus Schlüsselmasse und der mit dem Ausgleichsfaktor multiplizierten gesamten Steuerkraft nicht übersteigt: ( þ v(SÞ > vSi : ali ðZ

(7.28)

184

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

( entInfolge der Anrechnung der Ausgleichsumlage auf die Schlüsselmasse Z spricht dies dem Kriterium in Gleichung (7.12). Es erhalten alle Gemeinden Zuweisungen, die zuvor Zuweisungen erhielten (und alle abundanten Gemeinden sind weiterhin abundant). Eine Erhöhung der fiktiven Hebesätze bewirkt einen Anstieg der durchschnittlichen Steuerkraft und der Steuerkraft der Gemeinde i. Zur Ausschöpfung der Schlüsselmasse muss der einheitliche Grundbetrag steigen, sodass der Finanzbedarf aller Gemeinden um einen einheitlichen Betrag steigt. Für die Änderung der Schlüsselzuweisung der Gemeinde i infolge einer Änderung der Nivellierungshebesätze gilt dZ i d^t

0 ( / dS dS ¼ v= ali d^t @ d^ti :

(7.29)

In Gemeinden mit überdurchschnittlicher Steuerkraft steigt die Steuerkraft überdurchschnittlich an und daher schneller als der Finanzbedarf. Die Zuweisung nimmt ab. Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Steuerkraft dagegen erhalten höhere Schlüsselzuweisungen. Dem Vorgehen oben entsprechend kann das Budget ermittelt werden, das nach der Festsetzung der Schlüsselzuweisungen und der Kreisumlage in der Gemeinde i verbleibt. Es folgt für das Budget h i CE C s ð^t @s Þ E ð^t @sÞ l Gi ¼ T Gew = 1 @ @ v 1 @ a 1 @ k @ k j j i i ti ti ti + * E C E C bt bt l þT Gr 1 @ kj @ kj ti i = 1 @ ti v 1 @ a i @ E CE C > þEi = 1 @ v 1 @ ali 1 @ kj @ kj

(7.30)

E CE C ( þ v(S@l 1 @ kj : þali Z Die Gesamteinnahmen unterscheiden sich von denen in Gleichung (7.17) durch die veränderten Bevölkerungsgewichte, einen höheren Kreisumlagesatz, die ( und durch die Berücksichtigung der Steuerkraft der geringere Schlüsselmasse Z abundanten Gemeinden. Aufgrund der höheren Kreisumlagesätze sind die Gemeindebudgets niedriger. Für die Grenzbelastungen der Gemeinde i folgt

Fiskalische Wirkungen des Finanzsystems

s

MTRGew ¼ ti þ i

ð^t @s Þ ti

185

E CE C ð^t @sÞ v 1 @ ali 1 @ kj þ kj ti ;

CE C bt E bt l MTRGr 1 @ kj þ kj ti ; i ¼ ti v 1 @ a i E CE C MTREi ¼ v 1 @ ali 1 @ kj þ kj :

(7.31)

Im Vergleich zum vorherigen Abschnitt ohne Ausgleichsumlage sinkt der Anspruch der einzelnen Gemeinden auf die Schlüsselmasse, weil nun auch die abundanten Gemeinden hierbei berücksichtigt werden. Der Anteil des pauschalen Transfers an der gesamten Zuweisung nimmt demzufolge ab, (ali < aii ). Ein höheres Steueraufkommen bewirkt nicht nur geringere Schlüsselzuweisungen aus der vom Bundesland bereitgestellten Schlüsselmasse, sondern mindert zugleich den Anspruch auf den durch die Ausgleichsumlage finanzierten Teil der Schlüsselmasse. Zudem fließt ein größerer Anteil des zusätzlichen Steueraufkommens im Rahmen der Kreisumlage ab. Die Grenzbelastungen der nicht-abundanten Gemeinden sind deshalb höher als ohne die Finanzausgleichsumlage. Abundante Gemeinden Die Gemeinde x muss eine Finanzausgleichsumlage an das Bundesland abführen. Laut Gleichung (7.10) gilt E C ( Ax ¼ v= Sx @ alx (S @ alx Z:

(7.32)

Die Ausgleichsumlage funktioniert in diesem symmetrischen Fall spiegelbildlich zu den Schlüsselzuweisungen. Abgeschöpft wird der Anteil v des Überschusses der Steuerkraftmesszahl über diejenige Steuerkraft, die die Gemeinde erreichen würde, wenn ihre Steuerkraft dem Durchschnitt je Einwohner aller Gemeinden entspräche, abzüglich des jeder Gemeinde je Einwohner zustehenden Anteils an den vom Bundesland bereitgestellten Zuweisungen. Übersteigt die Differenz der eigenen Steuerkraft und der mit dem Bevölkerungsanteil der Gemeinde gewichteten gesamten Steuerkraft den Anteil Gemeinde an den Schlüsselmasse des Landes, muss sie eine Ausgleichsumlage abführen. Die Wirkungen sind zu denen der zuweisungsberechtigten Gemeinden äquivalent. Eine Anhebung der fiktiven Hebesätze bewirkt einen Anstieg der Umlage, wenn die Steuerkraft der Gemeinde überdurchschnittlich ist. Unterdurchschnittlich steuerstarke Gemeinden werden entlastet. dAx d^t

¼ v=

0

dSx d^t

/ d(S @ alx d^t :

(7.33)

186

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

Für das Budget und für die Grenzbelastungen abundanter Gemeinden gelten die Ausdrücke in (7.30) und (7.31). Ein höheres Steueraufkommen der betrachteten Gemeinde wird in diesem Fall durch eine höhere Umlage abgeschöpft. Die Einnahmen einer abundanten Gemeinde steigen (ceteris paribus) in der Steuerkraft der übrigen abundanten Gemeinden, weil hiermit der Anspruch der Gemeinde auf die exogene Schlüsselmasse des Bundeslands zunimmt (die Ausgleichsumlage nimmt daher ab). Die Grenzbelastungen der abundanten Gemeinden sind daher zu denen der nicht-abundanten Gemeinden symmetrisch und höher als im Modell ohne die Finanzausgleichsumlage.

7.3

Die Grenzbelastungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen

7.3.1 Analyse der Grenzbelastungen Eine Betrachtung der Ausdrücke für die Grenzsteuersätze verdeutlicht, dass diese nicht auf Werte kleiner als eins beschränkt sein müssen. Theoretisch ist es also möglich, dass eine Erhöhung des (Brutto-)Steueraufkommens in einer Gemeinde zu Finanzabflüssen führt, die den Aufkommensanstieg übersteigen. In einer solchen Situation profitiert eine Gemeinde nicht nur nicht von Aufkommenssteigerungen, sondern erleidet in der Folge sogar Einnahmeverluste. Es ist offensichtlich, dass dieser Fall jegliche fiskalische Anreize einer Gemeinde für eine effiziente und wirtschaftsstärkende Standortpolitik erstickt. Die Analyse in diesem Abschnitt zeigt, dass der kommunale Finanzausgleich für einzelne Gemeinden tatsächlich zu einer solchen Situation führen kann. Die in Abschnitt 7.2.1 ermittelten Ergebnisse können zur empirischen Bestimmung der Grenzbelastungen und zur Darstellung der fiskalischen Zahlungsströme bezüglich der einzelnen Steuerarten herangezogen werden.368 Die Analyse wurde für das Jahr 2016 und alle 396 Kommunen (99 abundante und 297 nicht-abundante) durchgeführt. Die Solidaritätsumlage wurde vor dem Hintergrund ihrer zwischenzeitlichen Abschaffung nicht berücksichtigt. Zentrale Ergebnisse sind in Tabelle 7–1 aufgeführt. 368 Da sich die Landschaftsumlage, die die kreisfreien Städte an den Landschaftsverband abführen, funktional nicht von der Kreisumlage für kreisangehörige Gemeinden unterscheidet, wird im Folgenden einheitlich von der »Kreisumlage« gesprochen. Bezüglich der Grundsteuer wurde nur die Grundsteuer B berücksichtigt. Die Daten auf Gemeindeebene (zur Berechnung des Hauptansatzes berücksichtigte Bevölkerungszahlen, Hebesätze und Kreisumlagesätze) wurden vom Landesbetrieb für Information und Technik NordrheinWestfalen (IT.NRW) bezogen. Der Gewerbesteuerumlagesatz betrug 2016 69 %.

187

Die Grenzbelastungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen

Tabelle 7–1: Grenzbelastungen des Gemeindefinanzsystems für die nordrhein-westfälischen Kommunen369 MTRGew i Durchschnitt

77,87 %

Minimum 28,97 % Maximum 99,64 % Quelle: eigene Berechnungen.

MTRGr i

MTREi

67,44 %

79,90 %

22,13 %

32,56 %

16,38 % 106,70 %

16,80 % 94,69 %

0,36 % 71,03 %

-6,70 % 83,62 %

Netto-Einnahmen GewSt GSt

Die Ergebnisse zeigen, dass das kommunale Finanzsystem bedenkliche Anreizwirkungen auf die Wirtschafts- und Fiskalpolitik der Gemeinden ausübt. In einzelnen Gemeinden liegen die Grenzbelastungen nahe bei oder sogar über 100 Prozent, d. h. infolge einer Erhöhung der Steuereinnahmen um einen Euro verfügt die Gemeinde über geringere Netto-Einnahmen. In 145 (109) Gemeinden liegt die Grenzbelastung zusätzlichen Gewerbesteueraufkommens (Grundsteueraufkommens) über 90 Prozent und in 270 (190) Gemeinden über 80 Prozent. Durchschnittlich fließen von einem zusätzlichen Euro Gewerbesteueraufkommen 77,87 Cent an übergeordnete Ebenen ab. Die Schlüsselzuweisungen stellen den bedeutendsten Faktor der Grenzbelastungen dar (s. Abbildung 7–1). Die Grenzbelastungen nicht-abundanter Gemeinden sind durch den Effekt sinkender Zuweisungen deutlich höher. Für die nordrhein-westfälischen Gemeinden ergibt eine getrennte Betrachtung, dass sich die durchschnittlichen Abschöpfungsquoten auf 87,91 Prozent für die zuweisungsberechtigten bzw. 47,76 Prozent für die abundanten Gemeinden belaufen. Diese Abschöpfungsquoten setzen sich in den Gemeinden unterschiedlich zusammen, weil der Rückgang der Schlüsselzuweisungen vollständig auf die Kreisumlage angerechnet wird. Von einem Euro zusätzlichem Gewerbesteueraufkommen fließen in einer Gemeinde, die Schlüsselzuweisungen erhält, 2,99 Cent in Form der Kreisumlage ab, während eine abundante Gemeinde durchschnittlich 31,60 Cent an den Kreis abführen muss (s. Abbildung 7–2). Im Vergleich zu den nicht-abundanten Gemeinden beeinflusst der Hebesatz der Grund- bzw. der Gewerbesteuer die Grenzbelastung abundanter Gemeinden folglich deutlich weniger. Abbildung 7–3 zeigt die Grenzbelastungen aller nordrhein-westfälischen Gemeinden sowie der durchschnittlichen abundanten Gemeinde (schwarze Linie) und der durchschnittlichen nicht-abundanten Gemeinde (graue Linie) in Abhängigkeit vom Hebesatz der Gewerbesteuer.370 369 Die Grenzbelastungen der einzelnen Gemeinden sind in Anhang A3.3 aufgeführt. 370 Die Durchschnittsgemeinde ist durch den durchschnittlichen Bevölkerungsanteil und den durchschnittlichen Kreisumlagesatz gekennzeichnet.

188

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems Gewerbesteuerumlage 15,57%

Ne"oSteuereinnahme 22,13%

Kreisumlage 10,14% Schlüsselzuweisung 52,16% Abbildung 7–1: Zusammensetzung der Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens in den nordrhein-westfälischen Gemeinden Quelle: eigene Darstellung.

Unter den nicht-abundanten Gemeinden sind die Grenzbelastungen der kreisfreien Städte etwas geringer, weil diese die Landschaftsverbandsumlage anstelle der Kreisumlage abführen. Deren Umlagesätze waren 2016 mit 16,8 Prozent deutlich niedriger als der niedrigste Kreisumlagesatz (28,8 Prozent im Kreis Borken). Zudem haben die kreisfreien Städte einen höheren Anteil an der Bevölkerung. Die Kreisumlage spielt, wie oben gezeigt wurde, für die Grenzbelastung zuweisungsberechtigter Gemeinden eine vernachlässigbare Rolle. Einen deutlich stärkeren Einfluss hat sie auf die Belastungen der abundanten Gemeinden. Hierauf ist die Sonderstellung der Stadt Düsseldorf zurückzuführen, die als einzige kreisfreie Stadt keine Schlüsselzuweisungen erhält. Bei einem Gewerbesteuerhebesatz und dem Landschaftsumlagesatz in Höhe von 440 bzw. 16,8 Prozent beträgt die Grenzbelastung zusätzlichen Gewerbesteueraufkommens 28,97 Prozent. Die Anwendung des durchschnittlichen Kreisumlagesatzes (38,06 Prozent) würde die Grenzbelastung auf 45,78 Prozent anheben. Düsseldorf läge dann im Bereich der übrigen abundanten Gemeinden. Die Bundesländer verfolgen mit dem Finanzausgleich im Wesentlichen zwei Ziele: Zum einen sollen die Gemeinden und die Kreise mit den zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet werden (vertikaler Ausgleich). Zum anderen sollen die Finanzkraftunterschiede zwischen den Gemeinden abgemildert werden (horizontaler Ausgleich). Aus diesem Grund werden die Zuweisungen an die Gemeinden nicht in Form pauschaler Transfers, sondern nach der differenzierten, fiktiven Steuerkraft ausgezahlt. Aus dieser Differenzierung der Transfers folgt der bekannte Konflikt zwischen der Effizienz

Die Grenzbelastungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen

Einnahmen 12,09 %

189

GewStUmlage 15,37 %

Zuweisung 69,55 % Kreisumlage 2,99 %

Einnahmen 52,24 %

GewStUmlage 16,16 %

Kreisumlage 31,60 %

Abbildung 7–2: Zusammensetzung der Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens in den nicht-abundanten Gemeinden (oben) und den abundanten Gemeinden (unten) Quelle: eigene Darstellung.

und dem Ausmaß der Umverteilung von Finanzausgleichssystemen. Die Analyse in den vorangegangen Abschnitten veranschaulicht diesen Konflikt und zeigt das zentrale Problem auf: Je stärker das Ausgleichssystem die Differenzierung, ausgedrückt in Form des Ausgleichsfaktors, verfolgt, desto geringer ist gleichzeitig der pauschale, nicht verzerrende Anteil an den Schlüsselzuweisungen, auf die jede Gemeinde des Bundeslands Anspruch hat. In Nordrhein-Westfalen hat die Entwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in den vergangenen drei Jahrzehnten divergierende und steigende Grenzbelastungen befördert, weil am horizontalen Ziel festgehalten wurde, während das vertikale Ziel im Laufe der Zeit abgeschwächt wurde. Zu Beginn des Finanzausgleichs betrug der Verbundsatz, mit dem das Land die Kommunen an

190

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

110,00%

Abundante Durchschni"sgemeinde

100,00%

nicht-abundante Durchschni"sgemeinde

Grenzbelastung

90,00% 80,00%

Kreisangeh. Gemeinden (abundant)

70,00% 60,00%

Kreisangeh. Gemeinden (nicht-abundant)

50,00% 40,00%

Kreisfreie Städte (abundant)

30,00% 20,00% 250

300

350

400

450

500

550

Kreisfreie Städte (nichtabundant)

Hebesatz

Abbildung 7–3: Gewerbesteuerhebesätze und Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens der nordrhein-westfälischen Gemeinden Quelle: eigene Darstellung.

den Gemeinschaftssteuern beteiligt, 28,5 Prozent. Es wurde die Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen Steuerkraft und Finanzbedarf ausgeglichen, wobei die Steuerkraft auf mindestens 90 Prozent (zeitweise 95 Prozent) des fiktiven Finanzbedarfs aufgestockt wurde.371 2016 betrug die Verbundquote 23 Prozent und der Ausgleichsfaktor 90 Prozent (s. oben, Tabelle 6–1).

7.3.2 Simulation der Möglichkeiten zur Reduzierung der Grenzbelastungen Theoretische Erkenntnisse legen nahe, dass divergierende Grenzbelastungen zur Verminderung der strukturellen Unterschiede zwischen den Gemeinden beitragen können, wenn diese für finanzkräftigere Gemeinden höher sind.372 Das Gemeindefinanzsystem steht diesem Anspruch diametral entgegen. Das Ausgleichssystem schwächt die Anreize finanzschwacher Gemeinden für eine standortstärkende Wirtschaftspolitik überproportional. Es trägt so selbst zur Verschärfung der Finanzkraftunterschiede bei, anstatt sie zu beheben. Eine Angleichung der Grenzbelastungen des aktuellen Systems kann auf zwei Wegen erreicht werden: Entweder wird der Ausgleichsfaktor gesenkt, sodass erstens die Grenzbelastung der nicht-abundanten Gemeinden sinkt und zweitens mehr 371 1986 wurde diese Mindestfinanzausstattung, die für die betroffenen Gemeinden Grenzbelastungen in Höhe von 100 % bedeutete, abgeschafft. Stattdessen wurden 100 % (Ausgleichsfaktor), von 1988 bis 1996 95 % und seit 1997 90 % des Unterschiedsbetrags zwischen Finanzbedarf und Steuerkraft ausgeglichen. 372 Vgl. Kapitel 5, Liu (2014).

Die Grenzbelastungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen

191

Gemeinden Schlüsselzuweisungen erhalten – eine gleichbleibende Finanzausstattung der Gemeinden kann in diesem Fall nur durch eine steigende Beteiligung der Gemeinden an den Gemeinschaftssteuern erreicht werden – oder es wird eine Ausgleichsumlage eingeführt, die die Finanzausgleichsmasse und die Grenzbelastung der abundanten Gemeinden anhebt. Im Folgenden wird am Beispiel des Finanzausgleichs für das Jahr 2010 untersucht, welche Wirkungen die Anpassung dieser Modellparameter auf die Grenzbelastungen und die Finanzausstattung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen hätte. Finanzausgleichsumlage zur Reduzierung und Angleichung der Grenzbelastungen Insbesondere für die zweite Variante, die Einführung einer Finanzausgleichsumlage, scheint es den politischen Willen gegenwärtig nicht zu geben, wie die erst vor kurzem erfolgte Abschaffung der Solidaritätsumlage zeigt. In der politischen Debatte wird dies häufig mit dem Argument der im kommunalen Finanzausgleich bereits ausreichend stark verankerten Umverteilung und fiskalischen Solidarität zwischen den Gemeinden begründet. Darüber hinaus soll an dieser Stelle jedoch die Frage beantwortet werden, ob eine Finanzausgleichsumlage dazu beitragen kann, die Grenzbelastungen der nicht-abundanten Gemeinden zu senken und das starke Gefälle zwischen den Grenzbelastungen abundanter und nicht-abundanter Gemeinden zu verringern. 2010 stellte das Land Nordrhein-Westfalen ca. 6,04 Milliarden Euro für Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden (5,25 Milliarden Euro) und die Kreise (785 Millionen Euro) zur Verfügung. 60 Gemeinden erhielten keine Schlüsselzuweisung. Eine Finanzausgleichsumlage in Höhe von 10 Prozent erzielt für 2010 ein Umlageaufkommen in Höhe von 57,9 Millionen Euro. Dieses Umlageaufkommen könnte in voller Höhe den zuweisungsberechtigten Gemeinden zufließen. Dies würde eine zusätzliche Umverteilung unter den Gemeinden bedeuten und die Finanzkraft der finanzschwächeren Gemeinden erhöhen. Im Gegenzug kann der Ausgleichsfaktor abgesenkt und auf diese Weise die Grenzbelastung und Umverteilung reduziert werden. Alternativ könnte die Finanzausgleichsumlage in voller Höhe den Kreisen zufließen, die in der Folge ihre Kreisumlagesätze reduzieren können (sodass die Summe aus der Kreis- und der Finanzausgleichsumlage dem ursprünglichen Aufkommen der Kreisumlage entspricht). In beiden Szenarien profitieren auch abundante Gemeinden, weil sie entweder nach der Umstellung Schlüsselzuweisungen erhalten oder weil sie eine geringere Kreisumlage abführen müssen. Fließt die Umlage den Gemeinden zu, könnte der Ausgleichsfaktor um etwa sechs Prozentpunkte abgesenkt werden, wenn die finanzschwächsten Gemeinden nach der Umstellung nicht über weniger fiskalische Mittel je Einwohner verfügen

192

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

Tabelle 7–2: Veränderungen der Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens infolge einer Finanzausgleichsumlage (Umlagesatz 10 Prozent) zur Erhöhung der Gemeinde-Schlüsselmasse Abundante Gemeinden vorher

nachher

Nicht-abundante Gemeinden vorher nachher

50,17 %

55,14 %

91,25 %

88,36 %

Minimum 28,21 % Maximum 58,86 % Quelle: eigene Berechnungen.

32,28 % 65,27 %

74,58 % 113,07 %

71,31 % 109,87 %

Durchschnitt

sollen als zuvor.373 In der Folge erhalten sechs zuvor abundante Gemeinden Schlüsselzuweisungen. Die Finanzausgleichsumlage sinkt auf 52,5 Millionen Euro. Während die Grenzbelastungen der abundanten Gemeinden nach einer solchen Reform im Durchschnitt um etwa fünf Prozent steigen, sinken die der nicht-abundanten Gemeinden durch die Reduzierung des Ausgleichsfaktors um drei Prozent (vgl. Tabelle 7–2). Wenn die Umlage dagegen den Kreisen zufließt, könnten diese ihre Umlagesätze im Durchschnitt nur leicht (0,4 Prozentpunkte) senken. Es zeigt sich, dass das Aufkommen aus der Finanzausgleichsumlage zu gering ist, um eine signifikante Senkung der Umlagesätze herbeizuführen.374 Dies liegt daran, dass die Finanzausgleichsumlage bei den Umlagegrundlagen der Kreise berücksichtigt werden muss (s. oben). Im Kreis Mettmann, der sowohl vor als auch nach der Reform keine Schlüsselzuweisungen erhält, müsste die Kreisumlage um 0,94 Prozentpunkte steigen. Da die Grenzbelastungen der nicht-abundanten Gemeinden von den Kreisumlagen weitgehend unabhängig sind, ist eine solche Reform nicht zu ihrer Senkung geeignet. Dagegen steigen die Belastungen der abundanten Gemeinden aufgrund der Ausgleichsumlage etwa wie im obigen Beispiel an (s. Tabelle 7–2).

373 Steuerkraftmesszahl plus Schlüsselzuweisung minus Kreisumlage; in Haltern am See war die Finanzkraft mit 466 Euro pro Kopf 2010 am geringsten. 374 Legt man die der Kreisumlage ursprünglich zugedachte Aufgabe als »subsidiäres Restfinanzierungsmittel« (Meffert/Müller (2008), S. 183) zugrunde, fehlten den Kreisen im Jahr 2010 finanzielle Mittel (bzw. Schlüsselzuweisungen) in Höhe von ungefähr 3,4 Milliarden Euro. Bei einer Kreisschlüsselmasse in Höhe von 4,16 Milliarden Euro wäre der Kreis Kleve ohne Kreisumlage ausgekommen, der durchschnittliche Umlagesatz hätte etwa 10 % betragen.

Die Grenzbelastungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen

193

Erhöhung des Verbundsatzes zur Reduzierung und Angleichung der Grenzbelastungen Diese Ergebnisse lassen sich mit den Wirkungen einer Erhöhung des Verbundsatzes vergleichen, den die Gemeinden und Kreise immer wieder fordern.375 2010 stellte Nordrhein-Westfalen den Gemeinden 7,6 Milliarden Euro (23 Prozent) des gesamten Gemeinschaftssteueraufkommens in Höhe von ca. 33 Milliarden Euro (nach Vorwegabzügen) zur Verfügung. Eine Erhöhung dieser Quote auf den ursprünglichen Satz in Höhe von 28,5 Prozent hätte eine um 1,86 Milliarden Euro höhere Finanzausgleichsmasse zur Folge. Wenn von der neuen Finanzausgleichsmasse 69,16 Prozent für die Gemeinde- und 10,33 Prozent für die Kreisschlüsselmasse zur Verfügung gestellt wird376, erhalten die Gemeinden Schlüsselzuweisungen in Höhe von 6,54 Milliarden Euro und die Kreise in Höhe von 976 Millionen Euro. Eine Erhöhung der Schlüsselmasse und eine Senkung des Ausgleichsfaktors sind jeweils gleichbedeutend mit einem höheren pauschalen Anspruch jeder Gemeinde auf einen Anteil an der Schlüsselmasse. Die Senkung des Ausgleichsfaktors bewirkt zudem eine schwächere Differenzierung der Zuweisungen nach der Steuerkraft. In steuerschwachen Gemeinden führt dies also zu niedrigeren Zuweisungen. Bei einer Senkung des Ausgleichsfaktors von 90 auf 70 Prozent würden jedoch alle Gemeinden, einschließlich der Stadt Duisburg, die 2010 die höchsten Zuweisungen pro Kopf erhielt, höhere Transfers erhalten. Beide Effekte bewirken eine höhere Anzahl nicht-abundanter Gemeinden; 27 zuvor abundante Gemeinden erhalten nun Schlüsselzuweisungen. Die Veränderungen der Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens sind in Tabelle 7–3 aufgeführt. Die Kreisumlagesätze sinken in allen Kreisen und durchschnittlich um 4,2 Prozentpunkte, wovon auch die abundanten Gemeinden profitieren. Die geringste Grenzbelastung der abundanten Gemeinden weist nach der Reform Meckenheim auf. Düsseldorf erhält nach der Reform Schlüsselzuweisungen und weist einen Anstieg der Grenzbelastung von 28,21 auf 70,66 Prozent auf. Die Grenzbelastung der nicht-abundanten Gemeinden würde um über zehn Prozentpunkte sinken.

375 Stellvertretend für weitere Forderungen vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen (2016), S. 4. 376 Dies entspricht dem Anteil der Gemeinde- bzw. Kreisschlüsselzuweisungen 2010 an der Finanzausgleichsmasse im Gemeindefinanzierungsgesetz 2010.

194

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

Tabelle 7–3: Veränderungen der Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens infolge einer Erhöhung des Verbundsatzes auf 28,5 Prozent Abundante Gemeinden vorher

nachher

Durchschnitt 50,17 % Minimum 28,21 % Maximum 58,86 % Quelle: eigene Berechnungen.

48,54 % 40,85 % 57,21 %

Nicht-abundante Gemeinden vorher nachher 91,25 % 74,58 % 113,07 %

80,63 % 63,77 % 100,99 %

Erhöhung des Verbundsatzes und Einführung einer Finanzausgleichsumlage Während eine Finanzausgleichsumlage die Umverteilung und die Belastungen abundanter Gemeinden erhöht, kann nur eine Absenkung des Ausgleichsfaktors die Grenzbelastungen der nicht-abundanten Gemeinden signifikant senken. Um dennoch eine ausreichende Finanzausstattung der steuerschwachen Gemeinden zu gewährleisten, muss die Verbundquote steigen. Zur (allokativ effizienten) Angleichung der Grenzbelastungen auf einem einheitlichen Niveau wäre – bei einer Anhebung des Verbundsatzes auf 28,5 Prozent – eine Senkung des Ausgleichsfaktors auf 55 Prozent und eine Finanzausgleichsumlage in Höhe von 45 Prozent erforderlich. Die durchschnittliche Grenzbelastung aller Gemeinden würde von zuvor 85 Prozent auf etwa 73 Prozent sinken. Von den 60 zuvor abundanten Gemeinden erhalten 44 nach der Reform Schlüsselzuweisungen. Tabelle 7–4: Veränderungen der Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens Abundante Gemeinden vorher

nachher

Nicht-abundante Gemeinden vorher nachher

50,17 %

73,37 %

91,25 %

73,02 %

Minimum 28,21 % Maximum 58,86 % Quelle: eigene Berechnungen.

68,87 % 86,04 %

74,58 % 113,07 %

55,55 % 92,25 %

Durchschnitt

Eine getrennte Betrachtung der vor der Reform nicht-abundanten kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden zeigt, dass die Grenzbelastungen in den kreisfreien Städten nach der Reform etwas stärker sinken (-20,5 Prozentpunkte) als in den letzteren (-18,2 Prozentpunkte).377 Der Grund sind die wei377 Es muss beachtet werden, dass (wie in den Abschnitten zuvor) die Landschaftsverbandsumlage und die Landschaftsverbandsschlüsselmasse vernachlässigt wurden. Die Landschaftsverbandsumlage wird von den Kreisen und den kreisfreien Städten aufgebracht. Ihre

195

Die Grenzbelastungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen

terhin im Vergleich zur Landschaftsumlage höheren Kreisumlagesätze, mit denen zusätzliche Schlüsselzuweisungen abgeschöpft werden. Der niedrigere Ausgleichsfaktor bewirkt zudem, dass die Grenzbelastungen nach der Reform stärker von den Hebesätzen der Kreis- und Landschaftsverbandsumlagen abhängen. Im Durchschnitt sind die Belastungen der kreisfreien Städte mit 59,6 Prozent um 14 Prozentpunkte niedriger als diejenigen der kreisangehörigen Gemeinden (73,8 Prozent). 100,00%

Abundante Durchschni"sgemeinde

Grenzbelastung

90,00%

Nicht-abundante Durchschni"sgemeinde

80,00%

Kreisangeh. Gemeinden

70,00%

Kreisfreie Städte

60,00% 50,00% 300

350

400

450

500

Hebesatz

Abbildung 7–4: Gewerbesteuerhebesätze und Grenzbelastungen des Gewerbesteueraufkommens der nordrhein-westfälischen Gemeinden nach der Reform Quelle: eigene Darstellung.

Die starke Absenkung des Ausgleichsfaktors und die Erhöhung der Verbundquote auf ihr ursprüngliches Niveau bewirken, dass 2010 nur 16 der zuvor 60 abundanten Gemeinden zur Finanzausgleichsumlage herangezogen worden wären. Das Umlageaufkommen beliefe sich auf 68,7 Millionen Euro. Einerseits weisen die 16 abundanten Gemeinden vor der Reform mit durchschnittlich 1.032 Euro pro Einwohner eine stark-überdurchschnittliche Finanzkraft auf (der Durchschnitt aller Gemeinden beträgt 658 Euro je Einwohner), anderseits steigt in fünf dieser 16 Gemeinden die Finanzkraft trotz der Ausgleichsumlage, weil auch die Kreisumlagesätze im Durchschnitt um 4,2 Prozentpunkte sinken. Insgesamt steigt die durchschnittliche Finanzkraft um 86 Euro von 658 auf

Bemessungsgrundlage besteht aus der Steuerkraft aller Kommunen und den Schlüsselzuweisungen der Kommunen und Kreise des Verbands. Während sich die Steuerkraftzahlen nicht ändern, steigen infolge der höheren Gemeinde- und Kreisschlüsselmasse die Umlagegrundlagen an, sodass die Umlagesätze sinken können. Dies bewirkt geringe LV-Umlagen für die kreisfreien Städte aber auch niedrigere Kreisumlagesätze.

196

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

Finanzkra" je Einwohner nach der Reform

744 Euro je Einwohner. 381 der 396 Gemeinden verfügen nach der Reform über höhere fiskalische Mittel pro Kopf.378 1600,00 1400,00 1200,00 1000,00 800,00 600,00 400,00 400,00

600,00

800,00

1000,00

1200,00

1400,00

1600,00

Finanzkra" je Einwohner vor der Reform

Kreisfreie Städte

Kreisangeh. Gemeinden

Abbildung 7–5: Finanzkraft je Einwohner vor und nach der Reform379 Quelle: eigene Darstellung.

Von dieser Ausgestaltung des Finanzausgleichs würden alle finanzschwachen kreisangehörigen Gemeinden und 19 der 23 kreisfreien Städte profitieren. Vier kreisfreie Städte, die vor der Reform die höchsten Schlüsselzuweisungen pro Kopf erhalten, werden belastet, und mit Düsseldorf und Köln profitieren zwei finanzkräftige Städte von höheren Zuweisungen, weil die Unterschiede zwischen Steuerkraft und Finanzbedarf weniger stark ausgeglichen werden.380 Finanzkräftige, kreisangehörige Gemeinden werden umso stärker belastet, je weiter ihre Finanzkraft den Durchschnitt übersteigt (vgl. Abbildung 7–5).

378 Im Kreis Mettmann, der auch nach der Reform nur geringe Schlüsselzuweisungen erhält, sinkt der Kreisumlagesatz nur geringfügig, sodass die abundanten Gemeinden Haan, Hilden, Langenfeld und Ratingen nicht entlastet werden. Daneben sinken die Einnahmen pro Kopf in sieben weiteren, abundanten kreisangehörigen Gemeinden sowie in vier kreisfreien Städten. 379 Die Finanzkraft je Einwohner bezeichnet die im kommunalen Finanzausgleich des Jahres 2010 berücksichtigte Steuerkraft, die Schlüsselzuweisung, die Finanzausgleichsumlage und die Kreis- bzw. Landschaftsverbandsumlage jeder Gemeinde je Einwohner zum Stichtag 31. 12. 2008. 380 Hier ist insbesondere Duisburg hervorzuheben, das nach der Reform über 53 Euro je Einwohner weniger verfügen würde. Die Stadt erhielt 2010 die höchsten Zuweisungen je Einwohner (822 Euro). Dies würde auch nach der Reform so bleiben.

Diskussion der Ergebnisse

7.4

197

Diskussion der Ergebnisse

Die Analyse der vorherigen Abschnitte zeigt, dass das Gemeindefinanzsystem in Nordrhein-Westfalen zusätzliches Steueraufkommen der Gemeinden sehr unterschiedlich und zum Teil mit einem Satz über 100 Prozent belastet. Im Jahr 2016 wurden in 145 der 396 Gemeinden mehr als 90 Cent von einem zusätzlichen Euro Gewerbesteueraufkommen durch die Gewerbesteuerumlage, den kommunalen Finanzausgleich und die Kreisumlage abgeschöpft. Das Gemeindefinanzsystem lässt einem Großteil der Gemeinden somit wenig Spielraum für eine autonome Finanzierung ihrer Ausgaben und setzt für viele Gemeinden nur geringe Anreize für eine verantwortungsvolle und standortstärkende Fiskal- und Wirtschaftspolitik. Der kommunale Finanzausgleich entfaltet auf diese Weise wachstumshemmende Wirkungen. Weil er in eklatanter Weise die Anreize zur Pflege der steuerlichen Bemessungsgrundlagen durch die Kommunen mindert, dürfte er in erheblichem Ausmaß investitionsmindernd wirken.381 Die Gemeinden verfügen bezüglich der Realsteuern über ein Hebesatzrecht, dass ihre Finanzautonomie sicherstellen soll. Die Steuersatzelastizität, also die Reaktion des Steueraufkommens auf eine Erhöhung des Steuersatzes um ein Prozent, ist sehr viel höher ist als die Aufkommenselastizität. Das Gemeindefinanzsystem bewirkt daher für viele Gemeinden, dass Steuersatzerhöhungen nicht eine, sondern die einzige effektive Möglichkeit zur Erhöhung des Steueraufkommens sind. Die Simulationsrechnungen zweier Reformoptionen – eine Finanzausgleichsumlage und eine Anhebung des Verbundsatzes – zeigen, dass die Anreizverträglichkeit des Systems nur signifikant verbessert werden kann, wenn der Ausgleichsfaktor, mit dem die Unterschiede zwischen dem Finanzbedarf und der Steuerkraft ausgeglichen werden, abgesenkt wird. Dies würde eine geringeres Ausmaß der Umverteilung und bei einer unveränderten Schlüsselmasse geringere Zuweisungen finanzschwacher Gemeinden bedeuten. Um eine Reduzierung der Finanzkraft der unterdurchschnittlich steuerstarken Gemeinden zu verhindern oder zumindest abzumildern, müsste die Schlüsselmasse erhöht werden. Eine Finanzausgleichsumlage, die die Hälfte des Steuerkraftüberschusses über den Finanzbedarf der abundanten Gemeinden abschöpft, hätte 2010 zu einem Umlageaufkommen in Höhe von 294 Millionen Euro geführt.382 Das Aufkommen aus dieser Umlage ist (auch ohne eine Anpassung des Ausgleichsfaktors, die dazu führt, dass mehr Gemeinden Schlüsselzuweisungen erhalten und das Umlageaufkommen sinkt) zu gering, um eine Senkung der Grenzbelastung der nicht-abundanten Gemeinden zu bewirken. Eine Erhöhung 381 Vgl. Kapitel 5, Weingast (2007), S. 284. 382 Ohne Senkung des Ausgleichsfaktors.

198

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

der Teilschlüsselmasse der Kreise um diesen Betrag hätte eine durchschnittliche Senkung der Kreisumlagesätze um weniger als 2 Prozentpunkte erlaubt. Finanzausgleichsumlagen führen somit zu einer Angleichung der Grenzbelastungen auf dem Niveau der nicht-abundanten Gemeinden. Die Umlage reduziert in diesem Fall die Anreize für standort- und wirtschaftsstärkende Maßnahmen abundanter Gemeinden, ohne in nennenswertem Ausmaß zur Lösung der Anreizproblematik der nicht-abundanten Gemeinden beizutragen. Sie löst das Problem auch dann nicht, wenn ihr Aufkommen der vom Bundesland bereitgestellten Gemeindeschlüsselmasse zugeschlagen würde. Insgesamt schwächt eine Finanzausgleichsumlage, wenn sie nicht von der Anpassung weiterer Systemparameter begleitet wird, in erster Linie die Anreize für eine wirtschaftsfreundliche Steuerpolitik in den abundanten Gemeinden. Sie kann jedoch Bestandteil einer Neugestaltung des Finanzausgleichs sein, wenn sinkende Grenzbelastungen durch eine Reduzierung des Ausgleichsfaktors erreicht werden. Diese Reduzierung würde eine Schwächung der Umverteilung des Systems bedeuten. Eine Finanzausgleichsumlage kann zum einen die umverteilende Wirkung stärken. Ihr Aufkommen wertet die Finanzkraft derjenigen Gemeinden auf, die infolge des geringeren Ausgleichsfaktors niedrigere Zuweisungen erhalten. Zum anderen kann sie zur Angleichung der Grenzbelastungen zwischen abundanten und nicht-abundanten Gemeinden beitragen. Auf diese Weise kann das allokative Ziel geringerer und zugleich weniger stark streuender Belastungen erreicht werden. Mit Blick auf diese allokative Effizienz werden Ausgleichsumlagen von wissenschaftlicher Seite gefordert.383 Eine gleichzeitige Erhöhung des Verbundsatzes – zum Beispiel auf das ursprüngliche Niveau in Höhe von 28,5 Prozent – würde eine ausreichende Finanzausstattung der Gemeinden sicherstellen. Auf diese Weise kann ein Großteil der Gemeinden von niedrigeren Grenzbelastungen profitieren. Gemeinden, die über eine sehr hohe Finanzausstattung je Einwohner verfügen oder die sehr hohe Zuweisungen je Einwohner erhalten, würden finanziell belastet. Ein niedrigerer Ausgleichsfaktor hätte bezüglich der Finanzierung der Kreise aus allokativer Sicht einen weiteren Vorteil. Denn für nicht-abundante Gemeinden bedeutet ein hoher Ausgleichsfaktor eine weitgehende Entkoppelung der Steuerkraft von der abzuführenden Kreisumlage. In der Realität könnte dies durchaus bedeutsam sein, wenn man bedenkt, dass im Jahr 2016 in 15 der 31 Kreise höchstens zwei Gemeinden abundant waren und in vier Kreisen alle Gemeinden Schlüsselzuweisungen erhielten. In diesen 15 Kreisen fließen durchschnittlich sechs Cent von einem zusätzlichen Euro Gewerbesteueraufkommens im Rahmen der Kreisumlage ab, während die Belastung in den übrigen Kreisen durchschnittlich 15 Prozent beträgt. Zwischen den kreisangehö383 Vgl. Scherf (2015), S. 9f.

Diskussion der Ergebnisse

199

rigen Gemeinden schwankt sie zwischen 2,5 Prozent und 49 Prozent. Sowohl innerhalb der Kreise als auch zwischen ihnen unterscheiden sich die wirtschaftspolitischen Anreize somit erheblich. Ein niedrigerer Ausgleichsfaktor würde diesbezüglich eine Angleichung bewirken. Eine Betrachtung dieser Ergebnisse vor dem Hintergrund der in Kapitel 5 abgeleiteten, theoretischen Implikationen verdeutlicht die Effekte und das Verbesserungspotenzial des kommunalen Finanzausgleichs. Es ist zu betonen, dass es sich bei dem im Modell in Kapitel 5 betrachteten Finanzausgleich um ein System horizontaler Zahlungen zwischen den Gemeinden handelt, während der kommunale Finanzausgleich (ohne die Ausgleichsumlage) einen vertikalen Finanzausgleich mit horizontalem Effekt darstellt. Anhand des Modells konnte jedoch verdeutlicht werden, dass vertikale Pauschaltransfers (ohne Zweckbindung) von den Gemeinden für konsumtive Zwecke verwendet werden. Unterschiede in den Investitionsniveaus, die für die Entstehung oder die Verschärfung räumlicher Fehlentwicklungen mitverantwortlich sind, können nur durch höhere Abschöpfungsquoten in den reichen Gemeinden vermindert werden.384 Der Finanzausgleich entspricht diesem bereits von Liu (2014) ermittelten Ergebnis nicht, denn er bewirkt faktisch eine Teilung der Gemeinden in zwei Gruppierungen, die folglich unterschiedlichen Anreizsystemen unterliegen. Entsprechend können diese beiden Gruppen voneinander getrennt betrachtet werden, ohne dass zwischen den Gruppen ein Finanzausgleich stattfindet. In diesem Fall bewirkt in den zuweisungsberechtigten Gemeinden die vertikale Komponente eine Aufwertung des öffentlichen Konsumniveaus und der horizontale Effekt bewirkt niedrigere Investitionen. Die Spreizung der öffentlichen Investitionen wird durch den Finanzausgleich zwischen den Gruppen tendenziell noch verstärkt. Darüber hinaus verspüren die abundanten Gemeinden keinen Internalisierungseffekt bezüglich der Steuersätze, während der Finanzausgleich in den »armen« Gemeinden einen unmittelbaren Aufwärtsdruck auf die Steuersätze ausübt. Diese Fehlkonstruktion kann nur durch die Einbeziehung aller Gemeinden in das Ausgleichssystem behoben werden. Dies wäre durch eine Ausgleichsumlage oder durch eine Reduzierung der Ausgleichsquote oder durch eine Kombination aus beidem möglich. Zu den strukturpolitischen Implikationen der divergierenden Grenzbelastungen In Abschnitt 6.3 wurde erläutert, dass mit der Höhe der Nivellierungshebesätze strukturpolitische Zielsetzungen verfolgt werden können, weil die relative Unterbewertung einer der Realsteuerarten bei der Steuerkraftbemessung eine implizite Subventionierung dieser Steuerbasis gegenüber der Steuerbasis der jeweils anderen Steuerarten bedeuten würde. So können landespolitisch Anreize 384 Vgl. Fn. 260 und Proposition 5.4.

200

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

zur Pflege einer Realsteuerbasis (relativ zu einer anderen) geschaffen werden. Der Grund für diese Anreize ist letztlich in der Wirkung der Nivellierungshebesätze auf die Grenzbelastungen des Steueraufkommens zu sehen. Eine gleichwertige Berücksichtigung der Steuerarten wäre demnach durch eine Nivellierung mit dem Landesdurchschnitt der tatsächlichen Hebesätze gegeben. Die Abschöpfungsquoten der Steuerarten – und somit die Grenzbelastungen – würden auf diese Weise auf ein vergleichbares Niveau gehoben und die Verteilungsneutralität sichergestellt. Die Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens ist jedoch, anders als die Belastung des Grundsteueraufkommens oder der Gemeindeanteile am Aufkommen der Gemeinschaftsteuern, auch von der Gewerbesteuerumlage abhängig. Neben den Nivellierungshebesätzen entfaltet daher auch die Gewerbesteuerumlage strukturpolitische Wirkungen. Diese Ungleichbehandlung der Gewerbesteuer gegenüber der Grundsteuer wird bei Wirkungsanalysen der kommunalen Finanzausgleichssysteme meist vernachlässigt, weil die Gewerbesteuerumlage selbst kein Bestandteil der Ausgleichssysteme ist. Außerdem wird die Gewerbesteuerumlage von der Steuerkraft abgezogen, um die Gleichbehandlung der Steuerarten bei der Steuerkraftberechnung sicherzustellen.385 Die unterschiedlichen Grenzbelastungen verzerren jedoch die Anreizwirkungen des Gemeindefinanzsystems bezüglich der Steuerarten. In Nordrhein-Westfalen war die Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens 2016 deshalb um etwa zehn Prozentpunkte höher als die Grenzbelastung des Steueraufkommens der Grundsteuer B. Insofern bewirkt das Gemeindefinanzsystem in der Gesamtbetrachtung eine Benachteiligung des Gewerbesteueraufkommens gegenüber dem Grundsteueraufkommen und somit auch eine Ungleichbehandlung von Betriebs- gegenüber Wohngemeinden. Diese Benachteiligung des Gewerbesteueraufkommens kann nur behoben werden, wenn die Gewerbesteuerumlage (der ursprünglichen Absicht entsprechend) abgeschafft würde. Aus rein fiskalischer Sicht haben die Gemeinden von der Gewerbesteuerumlage zwar profitiert386, die eher verdeckt liegenden Anreizwirkungen des Gemeindefinanzsystems haben hierunter jedoch erheblich gelitten. Bezogen auf das Jahr 2016 wäre die durchschnittliche Grenzbelastung des Gewerbesteueraufkommens infolge einer Abschaffung der Gewerbesteuerumlage um 3,2 Prozentpunkte niedriger ausgefallen. Sie wäre mit 74,6 Prozent zwar immer noch sieben Prozentpunkte höher als die Belastung des Grundsteueraufkommens, dies ist jedoch zum größten Teil auf den niedrigen Nivel385 Dieser Abzug ist aus finanzwissenschaftlicher Sicht gerechtfertigt. Theoretisch wirkt er wie ein Abzug des Umlagesatzes vom fiktiven Hebesatz der Gewerbesteuer (s. Gleichung (7.18); vgl. hierzu auch Scherf (2000), S. 506). 386 Vgl. Scherf (2000), S. 506.

201

Diskussion der Ergebnisse

600

Hebesatz

550 500 450 400

Grundsteuer B

Gewerbesteuer

Abbildung 7–6: Gewogener Durchschnitt der Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B in Nordrhein-Westfalen (2009 bis 2016) Quelle: Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), eigene Darstellung.

lierungshebesatz der Grundsteuer zurückzuführen, der aus den Hebesätzen der Jahre 2009 bis 2012 gebildet wird und daher die relativ starken Hebesatzsteigerungen der Grundsteuer B in den vergangenen Jahren nicht abbildet (s. Abbildung 7–6). Der Grund für die Verwendung älterer Hebesätze dürfte nicht zuletzt in den im Ländervergleich hohen Hebesätzen in Nordrhein-Westfalen liegen (s. Abbildung 7–7). Durch einen niedrigen Nivellierungshebesatz kann dem Aufwärtsdruck auf die Grundsteuerhebesätze entgegengewirkt werden. Hohe Hebesätze können für die Gemeinden nämlich nicht nur innerhalb des Bundeslands, sondern allgemein auch im bundesdeutschen Vergleich erhebliche Wettbewerbsnachteile bewirken.387 Sofern die hohen Hebesätze Ausdruck finanzieller Engpässe der Gemeinden darstellen, kann auch hieraus die Notwendigkeit einer Anhebung der Verbundquote abgeleitet werden. Durch eine Dynamisierung der Anpassung der fiktiven Hebesätze und die Abschaffung der Gewerbesteuerumlage könnte hingegen die Gleichbehandlung des Gewerbesteuer- und des Grundsteueraufkommens sichergestellt und somit die aus der Ungleichbehandlung resultierenden Verzerrungswirkungen eliminiert werden. Dies würde eine Optimierung des Gemeindefinanzsystems darstellen. Gleichzeitig würde eine derartige Reform natürlich weitere Aufkommensund Belastungsveränderungen nach sich ziehen. Die Gemeinden würden von der Abschaffung der Gewerbesteuerumlage fiskalisch profitieren. Aus ihrer Sicht bedeutet die Gewerbesteuerumlage, dass die Gewerbesteuerbelastung höher ist, 387 Vgl. Büttner et al. (2008), S. 138.

202

Die Anreizwirkungen des kommunalen Finanzsystems

Abbildung 7–7: Hebesätze der Grundsteuer B (links) und der Gewerbesteuer (rechts) im Jahr 2015 Anmerkungen: Klasseneinteilung nach Natural Breaks (Jenks-Caspall-Algorithmus); schraffiert: keine Informationen zum Hebesatz Quelle: Regionalstatistik, Realsteuervergleich, eigene Darstellung.

als es notwendig wäre.388 Sie könnten durch Hebesatzanpassungen (einen Teil) des zusätzlichen Steueraufkommens an das örtliche Gewerbe weitergeben. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wäre dies zu begrüßen. Dem Bund und den Ländern würden hierdurch Mittel entzogen, die – wenn Bund und Länder auf diese Mittel nicht verzichten wollen oder können – auf anderem Wege »ersetzt« werden müssten. Allerdings sinkt infolge der niedrigeren Gewerbesteuerbelastung die von der Einkommensteuer abziehbare Gewerbesteuer, woraufhin das Aufkommen der Einkommensteuer steigt. Bei einer solchen Reform ist unbedingt darauf zu achten, dass die neuen Regelungen den durch die Abschaffung der Umlage erzielten verbesserten Effizienzeigenschaften nicht zuwiderlaufen. Diesbezüglich wurde der Politik von Seiten der Wissenschaft bereits eine Vielzahl von Vorschlägen unterbreitet, häufig in Zusammenhang mit einer grundsätzlichen Reform der Gewerbesteuer, die an dieser Stelle nicht vertieft werden sollen.389

388 Vgl. Junkernheinrich (2006), S. 309. 389 Vgl. Bertelsmann Stiftung (2006a), Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982).

8

Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

Eine kommunale Einkommensteuer kann ein geeignetes Instrument zur Stärkung der Finanzautonomie der Gemeinden darstellen. Insbesondere vor dem Hintergrund der gegenwärtig geführten Diskussion um die Erhebung der Grundsteuer kann sie eine Alternative darstellen, die – ausgestaltet als Gemeindesteuer mit eigenem Hebesatzrecht – sowohl aus einer steuertheoretischen Perspektive als auch mit Blick auf die Gerechtigkeit und die Praktikabilität der Besteuerung viele Vorteile mit sich bringt. Insofern muss es überraschen, dass dieser Option in der jüngeren Diskussion um die Grundsteuerreform nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Die Gründe hierfür dürften in erster Linie in der politischen Pfadabhängigkeit sowie der fiskalischen Bedeutung (insbesondere mit Blick auf die unelastische und konjunkturneutrale Bemessungsgrundlage) und der vergleichsweise geringen Steuersalienz der Grundsteuer liegen. In vielen Ländern ist die kommunale Einkommensteuer mit Hebesatzrecht Teil des Gemeindefinanzsystems. Während sie in einigen Ländern (z.B. Italien, USA) ein vergleichsweise geringes fiskalisches Gewicht besitzt, stellt sie in anderen (Dänemark, Norwegen, Schweiz) die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinden dar. Dies galt bis zum Ende des ersten Weltkriegs auch in Deutschland.390 In diesem Kapitel wird untersucht, wie ein Ersatz der Grundsteuer durch eine kommunale Einkommensteuer ausgestaltet werden sollte. Hierzu kommen zwei Alternativen, der kommunale Einkommensteuerzuschlag (als Annexsteuer auf die festgesetzte Einkommensteuer) und eine proportionale Gemeindeeinkommensteuer (mit dem zu versteuernden Einkommen als Bemessungsgrundlage), infrage.391 Im Folgenden werden diese Möglichkeiten 390 Vgl. Sander (2001), S. 449. 391 Prinzipiell wäre auch ein direktes Hebesatzrecht bezüglich des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer möglich (vgl. Hansmeyer/Zimmermann (1993), Hellmann (2003), S. 180f.), wie er auch von der Troeger-Kommission vorgeschlagen wurde. Allerdings müsste hierzu für jeden Steuerzahler der auf ihn entfallende Anteil am jeweiligen Gemeindeanteil ermittelt und zugeordnet werden. Aufgrund der Fristen für die Einkommensteuererklä-

204

Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

hinsichtlich ihrer steuertechnischen Ausgestaltung vorgestellt und der Ersatz der Grundsteuer durch eine kommunale Einkommensteuer für die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen simuliert. Das Kapitel schließt mit einer ökonomischen Analyse der Steuer und ihrer Belastungswirkungen sowie einer Bewertung ihrer Eignung als Gemeindesteuer, insbesondere im Vergleich zur Grundsteuer. Hierbei wird auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, die Grundsteuer nicht ersatzlos abzuschaffen, sondern, der Analyse in Kapitel 4 folgend, zu einer Bodenwertsteuer zu reformieren. Diese Reformalternative muss (und sollte) jedoch nicht aufkommensneutral erfolgen, denn die Grundsteuer würde in diesem Fall eine andere Aufgabe, nämlich die Beteiligung der Grundeigentümer an der Finanzierung des Gemeindebedarfs, übernehmen.

8.1

Steuertechnische Ausgestaltung einer kommunalen Einkommensteuer

Voraussetzung für einen Ersatz der Grundsteuer durch eine kommunale Einkommensteuer ist, dass die Gemeinden nach der Reform über politischen Gestaltungsspielraum und eine angemessene Finanzautonomie verfügen. Um dies sicherzustellen, müssen die Gemeinden auch bezüglich der neuen Gemeindesteuer mit einem kommunalen Hebesatzrecht ausgestattet werden. Denkbar wäre überdies ein (begrenztes) Recht zur Abgrenzung der Bemessungsgrundlage (z. B. durch die Festlegung gemeindespezifischer Freibeträge) oder zur gemeindespezifischen Gestaltung von Steuertarifverläufen (wie es in der Schweiz den Kantonen, nicht aber den Gemeinden möglich ist). Ein so weitgehendes Recht der Gemeinden ist jedoch kritisch zu beurteilen. Die redistributiven Zielsetzungen der Steuerpolitik sollten weiterhin durch die Zentralregierung festgelegt und durch sie verfolgt werden. Gemeinden sollten diese Zielsetzungen nicht grundsätzlich beeinflussen oder gar durch gegenläufige Steuersatztarife konterkarieren können. In der Schweiz beispielsweise ist in den Kantonen eine Tendenz zur überdurchschnittlichen Belastung ärmerer und daher wenig mobiler Haushalte zu beobachten.392 Stiglers Auffassung nach stellt rungen stehen die hierfür notwendigen (und verwendeten) Einkommensteuerstatistiken jedoch nur im Abstand von 3 Jahren und mit vier bis fünf Jahren Nachlauf zur Verfügung. Für diese Erhebungsform fehlen daher unverzichtbare und zeitnahe Informationen zur Bemessungsgrundlage und zur individuellen Belastung. Dieser Vorschlag wird an dieser Stelle daher nicht weiterverfolgt. 392 Die Regierung im Kanton Obwalden beabsichtigte 2005 die Einführung eines degressiven Kantonalsteuertarifs, der vom schweizerischen obersten Gericht jedoch für verfassungswidrig erklärt wurde (vgl. Brülhart/Schmidheiny (2015), S. 6).

Steuertechnische Ausgestaltung einer kommunalen Einkommensteuer

205

dementsprechend die Umverteilung »intrinsisch ein nationales Politikfeld«393 dar. Dies entspricht der in der ökonomischen Literatur weitverbreiteten Auffassung, wonach in föderal organisierten Systemen effiziente Allokationen am ehesten durch Dezentralisierung erreicht werden können, wohingegen (re)distributive Aufgaben durch die Zentralregierung wahrgenommen werden sollten.394 Außerdem sollte die kommunale Einkommensteuer nur am Einkommen der Privatpersonen ansetzen. Auf einen Zuschlag zur Körperschaftsteuer sollte verzichtet werden, denn neben allgemeinen Grundsätzen, denen jede Steuer entsprechen sollte, verfügt eine »gute« Gemeindesteuer über äquivalenztheoretische Eigenschaften – insbesondere sollte sie die Forderungen nach einem Interessenausgleich und nach der örtlichen Radizierbarkeit erfüllen. Für das ortsansässige Gewerbe finden diese Forderungen jedoch bereits im Rahmen der Gewerbesteuer Berücksichtigung. Eine Gemeindeeinkommensteuer sollte dann nach dem Wohnsitzprinzip erhoben werden. Sie ist also an diejenige Gemeinde abzuführen, in der der (Erst-)Wohnsitz des Steuerschuldners liegt und in der er demnach auch sein Wahlrecht ausübt. Eine Aufteilung der kommunalen Einkommensteuer von Berufspendlern auf Wohnsitz- und Betriebsgemeinden ist dagegen weder praktikabel noch zielführend. Zum einen ergäben sich hieraus Zurechnungsprobleme hinsichtlich einer objektiv messbaren, sachgerechten Beteiligung der Gemeinden an der Bemessungsgrundlage. Zum anderen kann eine derartige Zurechnung von Kosten auf einzelne Zensiten nicht durch eine Steuer gewährleistet werden. Wäre dies möglich, so wäre eine Gebührenerhebung anstelle der Besteuerung angezeigt. Vielmehr sollte die etwaige Mehrbelastung einer Gemeinde durch Berufspendler, wie in Kapitel 6 ausgeführt wurde, im Rahmen des Finanzausgleichs als Nebenbedarf erfasst und der gemeindlichen Steuerkraft gegenübergestellt werden. In Nordrhein-Westfalen geschieht dies schon heute im Rahmen des Zentralitätsansatzes. Im Übrigen fließt auch das Aufkommen der Grundsteuer, die durch den Einkommensteuerzuschlag ersetzt werden soll, allein der Belegenheitsgemeinde zu. Im Gemeindefinanzierungssystem würde die kommunale Einkommensteuer an die Stelle der Grundsteuer treten und muss daher auch im kommunalen Finanzausgleich entsprechend berücksichtigt werden. Aufgrund des Hebesatzrechts muss das Steueraufkommen, wie dasjenige der Grundsteuer, normiert werden. Die Gemeindeeinkommensteuer wäre in jedem Fall monatlich, gemeinsam mit der allgemeinen Einkommensteuer vom Arbeitgeber an das zuständige Fi393 Stigler (1957), S. 217. 394 Vgl. Oates (1999), S. 1121f., Sachverständigenrat (2001), Tz. 377. Es gibt jedoch auch dem entgegenstehende Implikationen, wonach dezentrale Umverteilung effizienter sein könnte (vgl. Janeba/Raff (1997), S. 454f.).

206

Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

nanzamt abzuführen. Sie wäre also monatlich zu zahlen und sie wäre gemeinsam mit den übrigen Abzügen auf der Lohn- bzw. Gehaltsbescheinigung auszuweisen. Jeder Steuerzahler wird auf diese Weise über seinen individuellen Finanzierungsbeitrag zu den Leistungen der Gemeinde informiert. Im Vergleich zur Grundsteuer würde dies einen bedeutenden Zugewinn an Transparenz und Fühlbarkeit der Steuer bedeuten. Dies gilt im Übrigen auch gegenüber dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, der theoretisch einen Bezug zwischen den Einkommensteuerzahlungen der Einwohner und den öffentlichen Leistungen der Gemeinde herstellen soll. Allerdings dürfte den meisten Einwohnern überhaupt nicht bewusst sein, dass sie auf diese Weise an den Einnahmen ihrer Gemeinde beteiligt sind, geschweige denn wie hoch ihr individueller Beitrag ist. Zudem können die Gemeinden wegen des fehlenden Hebesatzrechts diese Steuerbelastung nicht beeinflussen. Der Gemeindesteueranteil trägt daher weder zur Einnahmenautonomie noch zur Fühlbarkeit oder zum Interessenausgleich in der Gemeinde bei. Die Ausgestaltung des Hebesatzrechts könnte entweder als ein einfacher, proportionaler Steuersatz der Gemeinden auf das zu versteuernde Einkommen (»flat tax«, im Folgenden »Gemeindeeinkommensteuer«) oder, der Erhebung der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags entsprechend, als prozentualer Aufschlag auf die festzusetzende Einkommensteuer (Annexsteuer, im Folgenden »kommunaler Einkommensteuerzuschlag«) der Gemeindeeinwohner erfolgen. Eine Gemeindeeinkommensteuer sollte nicht direkt am zu versteuernden Einkommen ansetzen, sondern muss den Grundfreibetrag des Einkommensteuertarifs, der das Existenzminimum steuerfrei stellt, berücksichtigen. Die erste Möglichkeit wäre die für den Steuerzahler wohl transparenteste Form der Besteuerung. Jeder Einwohner könnte seinen Beitrag zur Finanzierung der Gemeinde, in der er wohnt, einfach durch Multiplikation seines Bruttoeinkommens mit dem Hebesatz der Gemeinde »auf dem Bierdeckel« ermitteln. Die zweite Möglichkeit, der kommunale Zuschlag zur Einkommensteuer, ist – besonders im Vergleich zur intransparenten Grundsteuer – ebenfalls leicht nachvollziehbar. Aus erhebungstechnischer Sicht wäre dies eine einfache Variante, weil das Vorgehen erprobt und die technische Infrastruktur bereits vorhanden ist sowie die hierzu notwendigen Daten vorliegen. Er bringt darüber hinaus den Vorteil mit sich, dass er aufgrund des in Art. 106 Abs. 5 GG vorgesehenen Hebesatzrechts vermutlich leichter durchsetzbar wäre.395 395 Vgl. Sander (2001), S. 452. Unklar ist, ob dies tatsächlich auch für eine als Zuschlag konzipierte Gemeindeeinkommensteuer gilt. Art. 106 Abs. 5 GG bezieht sich auf »Hebesätze für den Gemeindeanteil«. Siehe hierzu auch Hansmeyer/Zimmermann (1993), S. 230: »Daher erscheint es zweckmäßig, eine realistische Diskussion […] auf die Einführung eines Hebesatzrechts im Rahmen des bestehenden Einkommensteueranteils der Gemeinden« zu konzentrieren.

Simulationsrechnungen

8.2

207

Simulationsrechnungen

Datensatz Die Analyse in diesem Unterabschnitt umfasst alle 396 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (374 kreisangehörige Gemeinden und 22 kreisfreie Städte). Die Daten zu den Grundsteuern und zur Lohn- und Einkommensteuer stammen aus der Regionalstatistik und vom Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).396 Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik wird in einem Rhythmus von drei Jahren erstellt, wobei die Daten aufgrund der vierjährigen Erklärungsfrist für nicht zur Abgabe einer Steuerklärung verpflichtete Steuerzahler frühestens fünf Jahre nach dem Erhebungszeitraum vorliegen.397 Die Daten zum kommunalen Finanzausgleich (Hauptund Neben- sowie Gesamtansätze, Ausgangsmesszahlen, Steuerkraftzahlen und Steuerkraftmesszahlen sowie Schlüsselzuweisungen) wurden vom Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) auf Anfrage bereitgestellt, liegen jedoch nur für das Referenzjahr 2010 vor. Die Simulation kann daher nur für das Jahr 2010 durchgeführt werden. Für das Referenzjahr 2013 erlauben die Daten aus der Lohn- und Einkommensteuerstatistik eine Analyse der Bemessungsgrundlage. Ein Vergleich der Bemessungsgrundlage der kommunalen Einkommensteuer mit den Grundbeträgen der Grundsteuer lässt darüber hinaus eine, wenn auch eingeschränkte, vergleichende Betrachtung der Entwicklung beider Bemessungsgrundlagen im Zeitverlauf zu. Nach der Datenbereinigung (s. Anhang A4) verbleiben für das Jahr 2010 373 Gemeinden und 22 kreisfreie Städte und für das Jahr 2013 alle Gemeinden und kreisfreien Städte im Datensatz. Im folgenden Abschnitt werden die Hebesätze simuliert, die die Gemeinden benötigen, wenn das Grundsteueraufkommen aufkommensneutral durch den Einkommensteuerzuschlag (Abschnitt 8.2.1) bzw. eine proportionale Gemeindeeinkommensteuer (Abschnitt 8.2.2) substituiert wird. Methodik Die Erhebung einer kommunalen Einkommensteuer als Ersatz für beide Grundsteuerarten soll aufkommensneutral erfolgen. Für die Simulationsrechnungen werden daher im Folgenden die Aufkommen aus der Grundsteuer A und B summiert und die Steuersätze für die Einkommensteuer simuliert, die in jeder Gemeinde zu einem identischen Aufkommen führen. Die kommunale Einkommensteuer soll nach dem Wohnsitzprinzip erhoben werden, also nur die Einwohner mit Erstwohnsitz in der jeweiligen Gemeinde belasten. Nach einer 396 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2017a) und (2017b) und IT.NRW (2016) und (2017). 397 Bundesministerium der Finanzen (2015a), S. 10.

208

Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

Abschaffung der Grundsteuer muss an ihrer Stelle die Einkommensteuer zudem im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt werden. Hierzu muss das Steueraufkommen normiert werden. Die Normierung verfolgt unter anderem das Ziel, den Steuerarten ihr tatsächliches Gewicht an der gesamten Steuerkraft der Gemeinden zuzuordnen (s. hierzu Kapitel 6). Für eine aufkommensneutrale Reform muss daher derjenige fiktive Hebesatz zur Anwendung kommen, der der Steuerbasis (dem Grundbetrag) der kommunalen Einkommensteuer das bisherige Gewicht der Grundsteuer (Steuerkraftzahl der Grundsteuer) im kommunalen Finanzausgleich zurechnet. Weil sich die Grundbeträge der Grundsteuer und der Einkommensteuer zwischen den Gemeinden unterscheiden, muss der einheitliche Grundbetrag entsprechend angepasst werden. In der Summe soll das Aufkommen der kommunalen Einkommensteuer und der Schlüsselzuweisungen nach der Reform in jeder Gemeinde dem Aufkommen der Grundsteuern A und B zuzüglich der Schlüsselzuweisungen vor der Reform entsprechen. Bezüglich der Gemeindeeinkommensteuer liegen gemeindescharfe Statistiken über das zu versteuernde Einkommen nur für bestimmte Größenklassen des Gesamtbetrags der Einkünfte vor.398 Für eine realistische Simulation der Gemeindeeinkommensteuer kann jedoch nicht auf das gesamte zu versteuernde Einkommen zurückgegriffen werden, ohne das Existenzminimum zu berücksichtigen. In Ermangelung geeigneter Datenquellen muss die Bemessungsgrundlage daher näherungsweise ermittelt werden. Die Grundfreibeträge betrugen 2010 8.004 Euro und 2013 8.130 Euro. Die Größenklassen des Gesamtbetrags der Einkünfte in der Lohn- und Einkommensteuerstatistik umfassen jeweils ein Intervall von 5.000 Euro. Zur Simulation der Hebesätze werden deshalb nur die zu versteuernden Einkommen berücksichtigt, denen ein Gesamtbetrag der Einkünfte von mindestens 10.000 Euro zugrunde liegt. Dies ermöglicht eine vorsichtige Annäherung an die relevante Bemessungsgrundlage, denn in Nordrhein-Westfalen beträgt das zu versteuernde Einkommen durchschnittlich rund 80 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.399 Die Summe der übrigen zu versteuernden Einkommen wird um den Grundfreibetrag, multipliziert mit der Anzahl der verbliebenen Steuerzahler, reduziert. Die so ermittelte Bemessungsgrundlage wird im Folgenden als »relevantes zu versteuerndes Einkommen« bezeichnet. Der Einkommensteuerzuschlag dagegen setzt an der Summe der Einkommensteuerzahlungen der Einwohner an, die für alle Gemeinden vorliegen. 398 Zur Begriffsbestimmung und genauen Abgrenzung siehe IT.NRW (2016), S. 5f. und IT.NRW (2017), S. 5f. 399 Durchschnittlich entspricht ein Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. v. 10.000 Euro demnach einem zu versteuernden Einkommen i. H. v. 8.000 Euro.

209

Simulationsrechnungen

Bezüglich der Bemessungsgrundlagen der Grundsteuer und der kommunalen Einkommensteuer können einige Kennzahlen Informationen über deren Verteilungen liefern (s. Tabelle 8–1). Es zeigt sich, dass für beide Reformoptionen und insbesondere für die Gemeindeeinkommensteuer die Bemessungsgrundlagen (Einkommensteueraufkommen bzw. relevantes zu versteuerndes Einkommen) deutlich höher sind, als die der Grundsteuer und der Gewerbesteuer. Aus theoretischer Sicht wäre ein aufkommensneutraler Ersatz der Grundsteuer durch eine Gemeindeeinkommensteuer mit deutlich niedrigeren Steuersätzen verbunden und könnte folglich mit bedeutenden Effizienzgewinnen einhergehen. Schließlich steigt laut der Optimalsteuertheorie die Zusatzlast der Besteuerung mit steigenden Steuersätzen überproportional an.400 Der Variationskoeffizient zeigt, dass die Streuung der Gewerbesteuer deutlich größer ist als die der Grundsteuer und als die Streuungen des Einkommensteueraufkommens. Zudem zeigt sich, dass das zu versteuernde Einkommen relativ gleichmäßig verteilt ist. Die Streuung ist nur wenig stärker als diejenige der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer. Beide Bemessungsgrundlagen für eine kommunale Einkommensteuer weisen, im Vergleich zur Gewerbesteuer, deutlich gleichmäßigere Verteilungen auf. Tabelle 8–1: Bemessungsgrundlagen der Grund- und Gewerbesteuer sowie einer Gemeindeeinkommensteuer für die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen pro Kopf (2013) Mittelwert

Var.koeff.

Min

Max

GSt-Aufkommen Grundbetrag der GSt

156,49 35,53

0,17 0,11

96,78 24,05

285,79 51,16

GewSt-Aufkommen (netto) Grundbetrag der GewSt

396,38 112,07

0,84 1,13

91,08 24,83

5013,02 2169,68

2.911,29 0,24 ESt-Aufkommen a) relevantes zvE 11.344.67 0,18 Anmerkungen: a)zvE = zu versteuerndes Einkommen Quelle: eigene Berechnungen.

1538,01 6.587,21

7795,20 23.149,11

Es erweist sich als sinnvoll, die Analyse in zwei Schritten vorzunehmen: zunächst werden die Hebesätze ermittelt, die sich ohne eine Berücksichtigung budgetärer Auswirkungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs ergäben. Dieses Vorgehen ermöglicht es, zunächst ein genaueres Verständnis des Zusammenhangs zwischen Grundsteuerhebesätzen und -bemessungsgrundlagen und den benötigten aufkommensneutralen Einkommensteuersätzen zu gewinnen. Nach dieser Analyse wird eine Anpassung der Schlüsselzuweisungen 400 Vgl. Büttner (2007), S. 18.

210

Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

aus dem kommunalen Finanzausgleich in die Simulation einbezogen. Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass der kommunale Finanzausgleich einen erheblichen Einfluss auf die Höhe der aufkommensneutralen Hebesätze ausübt.401

8.2.1 Simulation des Einkommensteuerzuschlags Die Bemessungsgrundlage für den kommunalen Zuschlag auf die Einkommensteuer ist die festzusetzende Einkommensteuer nach § 2 Abs. 6 EStG. Die Gemeinden erheben einen Zuschlag auf die Einkommensteuerleistungen der in der Gemeinde gemeldeten Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen.402 Zunächst werden die Zuschlagssätze ohne Berücksichtigung des Finanzausgleichs ermittelt. Diese Analyse kann also für beide Referenzjahre, 2010 und 2013, durchgeführt werden. 8.2.1.1 Zuschlagssätze ohne kommunalen Finanzausgleich Der durchschnittliche aufkommensneutrale Zuschlag betrug für das Jahr 2013 (Werte in Klammern beziehen sich auf das Jahr 2010) 5,60 Prozent (5,59) bzw. 329,37 Euro (284,32) pro Einkommensteuerpflichtigem (vgl. Tabelle 8–2). Er entspricht damit im Durchschnitt in etwa der Höhe des Solidaritätszuschlags, dessen Aufkommen ebenfalls ungefähr dem der Grundsteuer entspricht. Die Hälfte aller Gemeinden könnte mit einem Zuschlagssatz unter 5,43 Prozent (5,54) die Grundsteuer aufkommensneutral ersetzen. In neun von zehn Gemeinden läge er unter 7,41 Prozent (7,07) (vgl. Tabelle 8–3). Den niedrigsten Zuschlagssatz weist die Gemeinde Meerbusch mit 2,13 Prozent auf (Attendorn 2,04 Prozent), den höchsten die Gemeinde Werl mit 11,99 Prozent (Augustdorf 9,23 Prozent). Die durchschnittliche, jährliche Zuschlagshöhe variiert zwischen 203,06 Euro (169,68) in Schloß Holte-Stukenbrock und 630,25 Euro in Werl (451,77 in Bonn). Die Analyse verdeutlicht, dass die Zuschlagssätze und die durchschnittliche Belastung mit den Hebesätzen der Grundsteuer B403 vergleichsweise stark korreliert sind. Jedoch ist im Zeitraum zwischen 2010 und 2013 die Bemessungs401 Für eine Aufstellung der simulierten Zuschlagssätze (des Einkommensteuerzuschlags) und Hebesätze (der Gemeindeeinkommensteuer) vgl. Anhang A4.2. 402 Zur Begriffsbestimmung und Abgrenzung siehe IT.NRW (2016), S. 6f. und IT.NRW (2017), S. 6f. 403 Der Hebesatz der Grundsteuer A spielt wegen des niedrigen Aufkommens dieser Steuer eine untergeordnete Rolle und wird vernachlässigt. 2013 entsprach das Aufkommen aus der Grundsteuer A in Nordrhein-Westfalen 42,5 Millionen Euro und damit weniger als 1,4 % des gesamten Grundsteueraufkommens.

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Simulationsrechnungen

grundlage des Einkommensteuerzuschlags um über 16 Prozent, der Grundbetrag der Grundsteuer dagegen um weniger als 3 Prozent gestiegen. Eine solche Entwicklung hat auch in der Stadt Werl stattgefunden. Allerdings hat die Stadt (und mehrere andere) ihren Grundsteuerhebesatz verdoppelt (von 401 auf 800 Hebesatzpunkte). Aufgrund der Entwicklung der Bemessungsgrundlagen hätte eine Anhebung des Zuschlagssatzes um »nur« 71,5 Prozent (von 6,99 Prozent 2010 auf 11,99 Prozent 2013) zu denselben Mehreinnahmen geführt. Auch andere nordrhein-westfälische Kommunen haben zwischen 2010 und 2013 ihre Grundsteuerhebesätze zum Teil drastisch erhöht. Der Durchschnitt der Hebesätze ist in den drei Jahren um ca. 14 Prozent bzw. 54 Prozentpunkte von 400,32 auf 454,70 Punkte gestiegen. Dennoch hätte der Einkommensteuerzuschlag im Durchschnitt konstant bleiben können. Dies zeigt an, dass Wachstumsproportionalität und Ergiebigkeit, zentrale Kriterien für eine Gemeindesteuer, bei der Einkommensteuer in höherem Maße gegeben sind. Tabelle 8–2: Steuersätze der Grundsteuer sowie des kommunalen Einkommensteuerzuschlags für die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (2013) Mittelwert Var.koeff. Hebesatz GSt B Zuschlagssatz

454,70 % (400,32 %) 5,60 % (5,59 %)

0,17 (0,10) 0,25 (0,22)

Zuschlag je 329,37 E 0,17 Einkommensteuerpflichtigem (284,32 E) (0,14) Anmerkungen: in Klammern Zahlen für das Jahr 2010 Quelle: eigene Berechnungen.

Min 260 % (240 %) 2,31 % (2,04 %)

Max 825 % (590 %) 11,99 % (9,23 %)

203,06 E 630,25 E (169,68 E) (451,77 E)

Führt man die Erhöhungen der Hebesätze in einzelnen Gemeinden auf eine zunehmend angespannte Finanzierungssituation der Gemeinden zurück, dann stünde den Gemeinden mit dem Einkommensteuerzuschlag ein sehr viel wirksameres Instrument zur Finanzierung zur Verfügung. Dies zeigt auch der Variationskoeffizient. Aufgrund der in manchen Gemeinden sprunghaft angestiegenen Hebesätze ist er bezüglich des Grundsteuerhebesatzes von 0,1 auf 0,17 gestiegen, während die Spreizung der Zuschläge trotz der offensichtlichen Finanzierungsschwierigkeiten einzelner Kommunen nur geringfügig zugenommen hätte. Bezüglich der Grundsteuer liegt die Vermutung nahe, dass die Finanzierungsschwierigkeiten nicht zuletzt auf die bei der Grundsteuer nur schwach ausgeprägte Wachstumsproportionalität zurückzuführen ist. Der positive Zusammenhang zwischen Hebesatz und Zuschlagssatz für die nordrhein-westfälischen Kommunen ist in Abbildung 8–1 dargestellt. Der

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Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

Tabelle 8–3: Quantile der Verteilung der benötigten Zuschlagssätze Quantil

Zuschlagssatz

25 % 50 %

4,62 % (4,79 %) 5,43 % (5,54 %)

75 % 90 % Quelle: eigene Berechnungen.

6,31 % (6,32 %) 7,41 % (7,07 %)

Korrelationskoeffizient nimmt einen positiven Wert von 0,64 an. Dieser Zusammenhang ist wenig überraschend, mit steigendem Hebesatz steigt das Grundsteueraufkommen und erfordert – ceteris paribus – einen höheren Zuschlagssatz, um die Grundsteuer aufkommensneutral zu ersetzen. 12,00% 11,00% 10,00% 9,00% 8,00% 7,00% 6,00% 5,00% 4,00% 3,00% 2,00% 250

350

450

550

650

750

850

Nivellierungshebesatz

Abbildung 8–1: Hebesätze und Zuschlagssätze für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen (2013) Quelle: eigene Darstellung.

Dennoch kann von einem hohen Hebesatz nicht unmittelbar auf einen höheren Einkommensteuerzuschlag geschlossen werden. Es benötigen weder die Kommunen mit dem höchsten Hebesatz (Selm, Haltern am See) die höchsten Zuschlagssätze, noch benötigen diejenigen mit den niedrigsten Hebesätzen (Harsewinkel, Verl, Schloß Holte-Stukenbrock) die niedrigsten Zuschlagssätze. Tatsächlich gibt es nicht wenige Gemeinden, die trotz relativ hoher Hebesätze unterdurchschnittliche Zuschlagssätze benötigen und umgekehrt. Einige der Gemeinden mit den höchsten Zuschlagssätzen wiederum wenden ebenso durchschnittliche Hebesätze an wie die Gemeinden Meerbusch und Odenthal mit sehr geringen Zuschlagssätzen. Zudem verdeutlicht Abbildung 8–1, dass 2013 ein beträchtlicher Teil der Städte und Gemeinden einen Hebesatz in Höhe (oder nahe dem Nivellierungssatz) von 413 Punkten gewählt hat (sog. »Steuer-

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Simulationsrechnungen

satz-Bunching«).404 Die etwa 100 Kommunen in dieser Gruppe können als weiteres Beispiel dafür dienen, dass der Hebesatz allein nur bedingt Maßstab ist und allenfalls als grobe Richtschnur für die benötigten Zuschlagssätze gelten kann. Allein für diese Gemeinden schwanken die Zuschlagssätze zwischen 3,22 Prozent und 8,82 Prozent. Teilt man die 396 Kommunen nach Hebesätzen ober- und unterhalb des Medians und nach über- bzw. unterdurchschnittlichen Zuschlagssätzen in vier Gruppen ein, so ergibt sich das in Tabelle 8–4 dargestellte Bild. Tabelle 8–4: Zuordnung der Kommunen zu vier Gruppen nach Hebe- und Zuschlagssatz Hebesatz +Ø

Zuschlagssatz >Ø

Ø A (22) ðp @ 24:500Þ = 3; 5 % = t GewSt ()

(8.8)

t GSt > t GewSt = 16; 8 %.

EHW bezeichnet den Einheitswert des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes und p den Gewinn aus Gewerbebetrieb. Gemäß dieser Formel liegt, mit Ausnahme von 58 kleinen Kommunen, in allen deutschen Gemeinden eine kombinierte Belastung der Unternehmen mit der Grundsteuer und der Gewerbesteuer vor. Dies betrifft darüber hinaus auch angemietete gewerbliche Immobilien, weil der auf das Gebäude entfallende Teil der Steuerlast überwälzbar ist. Insbesondere in Innenstädten und in angemieteten Immobilien tätige Gewerbebetriebe werden demzufolge belastet. Darüber hinaus werden Miete und Pacht teilweise dem Gewerbeertrag hinzugerechnet. Die Unternehmen werden mit der Gewerbesteuer und der Grundsteuer also durch zwei Gemeindesteuern belastet, während die Einwohner der Gemeinde nur durch die Grundsteuer an der Gemeindefinanzierung beteiligt sind. Dies widerspricht dem Prinzip des Interessenausgleichs. Deshalb forderte auch der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium eine gesonderte Besteuerung der Wohnbevölkerung.440 Die kommunale Einkommensteuer würde 439 Unter Vernachlässigung weiterer Hinzurechnungen (z. B. Miet- und Pachtzinsen) und mit der Grundsteuer als einziger Kürzungsvorschrift. Gemäß § 121a BewG sind Grundstücke für die Gewerbesteuer mit 140 Prozent des Einheitswerts anzusetzen. Dies soll Besteuerungsungleichheiten zwischen Betriebsgrundstücken und anderen Wirtschaftsgütern aufgrund der veralteten Einheitswerte reduzieren. 440 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982), S. 35f., S. 140.

Diskussion des Reformvorschlags

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dies gewährleisten. Wird außerdem die Grundsteuer als Bodenwertsteuer ausgestaltet kann hiermit eine dritte Gemeindegruppierung, die Grundeigentümer, treffsicher in den Interessenausgleich einbezogen werden, weil die Steuer nicht überwälzbar ist. Diese Gruppe würde in diesem Fall, wie in Kapitel 4 erläutert wurde, idealtypisch eine Kompensation für die Kosten bzw. Ballungskosten der den Bodenwert beeinflussenden kommunalen und privaten Aktivitäten leisten. Eine solche Reform würde auch der Forderung Rechnung tragen, dass die Gemeinden Anreize zur Ausschreibung von Baugrundstücken und Gewerbegrundstücken verspüren. Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personenunternehmen können das 3,8-fache des Gewerbeertrags von der tariflichen Einkommensteuer abziehen. Diese Abzugsmöglichkeit sollte nach der Reform für die tarifliche Einkommensteuer bestehen bleiben. Zur kommunalen Einkommensteuer dagegen sollten die Unternehmer (nicht die Unternehmen) im Sinne des Äquivalenzprinzips, der fiskalischen Äquivalenz und des Interessenausgleichs wie die übrigen Einwohner der Gemeinde und wie gegenwärtig zur »privaten« Grundsteuer herangezogen werden. Dieses Vorgehen hätte zudem den Vorteil, dass eine kompliziertere Zerlegung des Einkommens und der Gewerbesteuerlast hinfällig würde, wenn der Ort der Betriebsstätte und der Ort des Wohnsitzes auseinanderfallen. Infolge der Reform käme es zu einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer und zu einem Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen. Insbesondere in gewerbesteuerstarken Gemeinden bzw. in Gemeinden mit einem in Relation zu den Gesamteinnahmen geringen Grundsteueraufkommen würde die Steuerbelastung zu Lasten des ortsansässigen Gewerbes verschoben. Durch Anpassungen der Hebesätze können die Gemeinden diese Belastungsverschiebungen aufkommensneutral korrigieren. Die Erhebung der Grundsteuer wird regelmäßig mit der immobilen Bemessungsgrundlage begründet. Weil Mieter der Steuer kaum (d. h. nur durch den Wegzug in eine andere Gemeinde) und Eigentümer ihr auch kurzfristig nicht (auch nicht durch einen Verkauf der Immobilie) ausweichen können, ruft sie nur geringe volkswirtschaftliche Kosten hervor. Unter effizienztheoretischen Gesichtspunkten ist die Grundsteuer daher als durchaus positiv zu bewerten. Eine Einkommensteuer dagegen bewirkt eine Verringerung des Arbeitsangebots und mindert den Anreiz für Arbeitnehmer sich weiter zu qualifizieren. Dieser Vorteil der Grundsteuer taugt jedoch aus drei Gründen nur bedingt als Argument für ihre Beibehaltung bzw. gegen eine Durchführung des hier diskutierten Reformvorschlags. Erstens verkennt eine solche Argumentation, dass Mieter der Steuer durch Umzug ausweichen können und dass auch eine Gebäudewertsteuer Ausweichreaktionen in Form unterlassener, den (Einheits-)Wert erhöhender Instandhaltungsmaßnahmen und einer geringeren Bebauungsintensität be-

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Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

wirkt. Sie wirkt negativ auf das Mietwohnungsangebot und ruft auf diese Weise ebenso Zusatzlasten hervor. Zweitens läuft eine Besteuerung nach der Optimalsteuertheorie in vielen Fällen auf die Belastung derjenigen hinaus, die sich am wenigsten dagegen wehren können. Im Fall der Grundsteuer sind hier insbesondere einkommensschwache Mieterhaushalte zu nennen. Die Optimalsteuertheorie ist dementsprechend schwer mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip in Einklang zu bringen. Drittens sprechen, aus Sicht der Optimalsteuertheorie, die hohen Hebesätze der Grundsteuer gegen niedrige Zusatzlasten, da diese mit der Höhe der Steuersätze weit überproportional ansteigen. Die kommunale Einkommensteuer weist eine sehr viel höhere Bemessungsgrundlage und somit sehr viel niedrigere Steuersätze auf. Sie ist diesbezüglich als effizienter einzustufen. In Bezug auf ihre optimalsteuertheoretischen Eigenschaften ist zudem die Bodenwertsteuer gegenüber der gegenwärtigen Grundsteuer überlegen, denn sie belastet zum einen nicht die Mieter und sie ist zum anderen investitionsneutral. Darüber hinaus weist sie auch hinsichtlich ihrer »Mobilisierungseffekte«441 Vorteile auf – infolge des Ersatzes der gegenwärtigen Grundsteuer durch eine Bodenwertsteuer kann mit Nachverdichtungen und einer verstärkten Nutzung bisheriger Baulücken gerechnet werden. Die Überlegenheit des Reformvorschlags zeigt sich auch mit Blick auf die übrigen kommunalspezifischen Besteuerungsprinzipien. Bezüglich der Konjunkturneutralität können sinnvolle Aussagen, wie in Kapitel 3 erläutert wurde, nur über die konjunkturelle Abhängigkeit des Gemeindesteuersystems in seiner Gesamtheit gemacht werden. Die im Konjunkturverlauf nachlaufende Einkommensteuer schwankt zum gleichlaufenden Gewerbesteueraufkommen »versetzt«. Durch den Reformvorschlag kann somit das Gemeindesteueraufkommen stabilisiert werden. Dies ist auch bezüglich möglicher, den Konjunkturverlauf verstärkender Parallelpolitiken als positiv zu bewerten. Außerdem wirkt die mit dem Verlauf der Wirtschaftsentwicklung korrelierte Einkommensteuer als automatischer Stabilisator – das in Konjunkturaufschwüngen steigende Einkommensteueraufkommen entzieht den Einkommensteuerpflichtigen einen Teil ihrer zusätzlichen Kaufkraft, sodass die private Nachfrage gedämpft wird. Im umgekehrten Fall eines Konjunkturabschwungs hingegen sinkt die Einkommensteuerbelastung entsprechend. Im Gegensatz zur Grundsteuer kommt es bei der Einkommensteuer daher auch nicht zur unerwünschten Substanzbesteuerung. Die Erhebung der kommunalen Einkommensteuer würde zudem sehr viel geringere Erhebungskosten verursachen als die bisherige Grundsteuer, und eine 441 Diese Mobilisierungseffekte beziehen sich nicht auf die Bodenwertsteuer selbst, sondern auf eine Abschaffung der gegenwärtigen Grundsteuer (vgl. Kapitel 4).

Diskussion des Reformvorschlags

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Bodenwertsteuer würde an den bereits vorliegenden Bodenrichtwerten ansetzen und somit ebenfalls einen vergleichsweise geringen Verwaltungsaufwand bedeuten. Die Einkommensteuer weist außerdem eine ausgeprägte Wachstumsproportionalität auf und kann daher auch langfristig die Einnahmenautonomie der Gemeinden sicherstellen, ohne dass ständige Anpassungen der Steuersätze notwendig sind. Ähnliches gilt für die Bodenwertsteuer, deren Bemessungsgrundlage laufend aktualisiert wird. Langfristig wird die kommunale Finanzausstattung deutlich verbessert. Dies zeigt auch die obige Analyse der aufkommensneutralen Zuschlags- und Hebesätze, die trotz der vergleichsweise starken Hebesatzanstiege zwischen den Jahren 2010 und 2013 weitgehend hätten konstant gehalten werden können. Die Beweglichkeit der Einkommensteuer stellt sicher, dass die Gemeinden auf Veränderungen der Bemessungsgrundlage reagieren und die Einwohner je nach Bedarf zusätzlich belasten oder entlasten können. Die aus allokativer Perspektive bedeutende Forderung nach einer möglichst geringen Streuung der Steuerkraft muss sich auf die Verteilung der gesamten gemeindlichen Steuerkraft, nicht nur auf die Streuung der Steuerkraft einer einzelnen Steuer beziehen. Ist die Forderung erfüllt, reduziert dies die Gefahr räumlicher Fehlentwicklungen. Der Einkommensteuerzuschlag erfüllt diese Forderung in ähnlichem Maße wie die Grundsteuer. Dies mag auf den ersten Blick überraschen, weil die Bemessungsgrundlage der kommunalen Einkommensteuer etwas stärker streut, als die der Grundsteuer. Die unveränderte Streuung der Gesamtsteuerkraft lässt sich jedoch mit den Unterschieden in der Grundsteuer- und der Einkommensteuerkraft zwischen Wohn- und Betriebsgemeinden erklären. Zur Grundsteuer werden, wie erläutert, auch die Unternehmen herangezogen. Dies schadet, neben dem intrakommunalen, auch dem interkommunalen Ausgleich, denn die gleichzeitige Belastung der Unternehmen und der Wohnbevölkerung mit der Grundsteuer schlägt sich auch in einem fehlenden Ausgleich der Steuerkraft zwischen den verschiedenen Gemeindetypen nieder. Betriebsgemeinden weisen nicht nur ein höheres Gewerbesteueraufkommen auf, sondern profitieren außerdem von den Grundsteuerzahlungen des örtlichen Gewerbes. Die kommunale Einkommensteuer dagegen stellt neben dem Interessenausgleich auch einen Ausgleich der Streuung zwischen den unterschiedlichen Gemeindesteuern her. Die interkommunale Streuung der gesamten Steuerkraft nimmt daher mit der Reform nicht zu. Für die Simulation standen jedoch nur die Daten des Finanzausgleichs aus dem Jahr 2010 zur Verfügung. Das Ergebnis ist daher in Zusammenhang mit den Auswirkungen der Finanzkrise zu betrachten, da das Aufkommen der konjunkturell nachlaufenden Einkommensteuer erst etwas später angestiegen ist. Dessen Streuung hat zwischen 2010 und 2013 signifikant abgenommen. Diese Entwicklung der Bemessungsgrundlage nährt die Vermu-

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Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

tung, dass infolge der Reform eine Abnahme der Steuerkraftstreuung erwartet werden kann. Diese Schlussfolgerung ist vorerst nur theoretischer Natur und bedarf einer empirischen Bestätigung. Wenn sie jedoch bestätigt werden kann, ergeben sich hieraus weitere, gewichtige Implikation für den kommunalen Finanzausgleich. Mit diesem wird nämlich (unter anderem) die Angleichung der Gemeinden mit niedriger Steuerkraft an den Landesdurchschnitt verfolgt. Im nordrhein-westfälischen Finanzausgleich ist der einheitliche Grundbetrag endogenisiert. Je stärker die Streuung der Steuerkraft zwischen den Gemeinden ausfällt, desto niedriger muss – bei gegebener, exogener Ausgleichsquote – der Grundbetrag ausfallen, damit eine Ausschöpfung der Schlüsselzuweisungen erfolgt. Es erfolgt also eine geringere Gewichtung des fiktiven Finanzbedarfs. Die Gemeinden werden (durch die Manipulation der Bedarfsseite) praktisch »reicher gerechnet«, damit das (durch die Ausgleichsquote) politisch vorgegebene Ausgleichsziel als erreicht bezeichnet werden kann. Eine geringere Streuung der Steuerkraft, zu der es im Zuge der Reform kommen könnte, hätte hierzu spiegelbildlich eine höhere Finanzbedarfsanrechnung zur Folge. Dies eröffnet politischen Spielraum zur Senkung der Ausgleichsquote. Denn das bisher (vor der Reform) erreichte Ausgleichsziel kann nun mit einer geringeren Ausgleichsquote erreicht werden. Aus finanzwissenschaftlicher Perspektive ist eine solche Senkung der Ausgleichsquote im Finanzausgleich unbedingt anzustreben. In den Kapiteln 5 und 7 wurde ausführlich erläutert, dass die außergewöhnlich hohen Grenzbelastungen des nordrhein-westfälischen Finanzausgleichssystems eine bedenkliche Schwächung der Anreize für eine verantwortungsbewusste kommunale Wirtschaftspolitik entfalten. Diese können nur durch eine Senkung der Ausgleichsquote gestärkt werden. Eine geringere Steuerkraftstreuung erlaubt diese Senkung der Ausgleichsquote, ohne dass die Finanzausgleichsmasse (stark) erhöht werden muss. Eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer würde in jedem Fall, sowohl zwischen den Steuerzahlern als auch zwischen den Gemeinden, zu Belastungsverschiebungen führen. Aus politischer Perspektive sind diese Verschiebungen unerwünscht, denn es ist damit zu rechnen, dass durch die Reform zusätzlich belastete Steuerzahler ihren Widerstand öffentlich kundtun werden, während sich Steuerzahler, die von der Reform profitieren, öffentlich eher zurückhalten werden. In der politischen Debatte ist daher eine Präferenz für jene Reformvorschläge zu erkennen, die die geringsten Belastungsverschiebungen bewirken. Aus finanzwissenschaftlicher Perspektive ist dies als außerordentlich kritisch zu bewerten. Wenn die Einschätzung zutrifft, ist damit zu rechnen, dass eines der zentralen Reformziele verfehlt wird. Denn Belastungsverschiebungen müssten gerade das Ziel der Reform sein. Nur so kann eine gerechte Verteilung der Steuerlast erreicht werden, die aufgrund der veralteten Einheitswerte im Status quo gerade nicht erzielt werden kann. Dass anderen Zielen in der Re-

Diskussion des Reformvorschlags

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formdebatte jedoch ein mindestens ebenbürtiger Stellenwert beigemessen wird, zeigen auch Simulationsrechnungen für die Belastungswirkungen der Länder im Rahmen des Länderfinanzausgleichs. Die einzelnen Reformvorschläge hätten für die Länder zum Teil einschneidende Wirkungen auf ihre Zahlungen. Die Unterstützerländer der einzelnen Reformvorschläge würden denn auch mehrheitlich von einer Umsetzung ihrer eigenen Vorschläge profitieren. Dies kann auch die Langwierigkeit des Reformprozesses erklären.442 Die infolge der hier vorgeschlagenen Reform zu erwartenden Belastungsverschiebungen zwischen den Steuerzahlern innerhalb der Gemeinden wären durch das Leistungsfähigkeitsprinzip zu rechtfertigen. Für Bezieher niedriger Einkommen bewirkt der Ersatz der Grundsteuer eine Entlastung, jedenfalls wenn es sich um Wohnungseigentümer handelt oder wenn von einer Überwälzung der Grundsteuer auf die Mieter ausgegangen werden kann. Dagegen würden Mieter, die zuvor die Steuerlast der Grundsteuer nicht tragen mussten, nun durch den kommunalen Einkommensteuerzuschlag belastet. Allerdings gilt auch für Mieter, dass sie entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt werden sollten. Zur Quantifizierung der Verschiebungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs sind weitere empirische Untersuchungen vorzunehmen. Diesen Befürchtungen einer stärkeren Steuerkraftstreuung und Belastungsverschiebungen könnte durch die Einführung einer Sockelgrenze und durch Ober- und Untergrenzen bezüglich der Zuschlags- bzw. Hebesätze begegnet werden, wie sie auch die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen vorgeschlagen hat. Eine Sockelgrenze weist allokative Vorteile auf, ist aus finanzwissenschaftlicher Perspektive jedoch auch kritisch zu betrachten. Sie bewirkt bedenkliche verteilungs- und anreizökonomische Effekte und ist nicht mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar. Einer der grundlegenden Vorteile des Einkommensteuerzuschlags würde so nachträglich eingeschränkt. Mit Blick auf das Äquivalenzprinzip und den Interessenausgleich erscheint es jedoch vertretbar, dass die Beteiligung einzelner Einwohner an der Finanzierung des Finanzbedarfs eine bestimmte Obergrenze nicht überschreiten sollte. Hebesatzgrenzen hingegen sind abzulehnen, weil sie dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz widersprechen. Sie schwächen die Einnahmenautonomie der Gemeinden, die durch den Reformvorschlag gestärkt werden soll. Forderungen nach diesen Grenzen beruhen auf einem Misstrauen gegenüber dem Steuerwettbewerb. Jedoch gibt es auch bei der Grundsteuer keine Hebesatzgrenzen und diese haben sich auch nicht als unverzichtbar erwiesen. Bei der Grundsteuer sind im Gegenteil kontinuierlich und teilweise stark ansteigende Hebesätze zu beobachten. Zudem ist es in anderen Ländern, die eine kommunale Einkom442 Vgl. Färber et al. (2014), S. 747.

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Ein Reformvorschlag – Die kommunale Einkommensteuer

mensteuer anwenden, nicht zu einem ruinösen Steuerwettbewerb gekommen. Vorstellbar wäre jedoch eine einmalige, gesetzliche Vorgabe der aufkommensneutralen gemeindlichen Einkommensteuersätze zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Reform. So können konstante Gemeindeeinnahmen sichergestellt werden, ohne die Autonomie der Gemeinden einzuschränken. Diese behalten das Recht, nach der Reform die Hebe- bzw. Zuschlagssätze dem gemeindlichen Finanzbedarf und den gemeindlichen Präferenzen entsprechend anzupassen.443 Unerwünschte Verschiebungen der Belastungsstruktur können durch eine Anpassung des zugrundeliegenden Einkommensteuertarifs weitgehend kompensiert werden. Die wesentlichen Argumente, die in der Literatur gegen die Einführung einer kommunalen Einkommensteuer angeführt werden, treffen entweder aus empirischer Sicht nicht zu (insbesondere sind hier die Befürchtungen einer Zunahme der Hebesatzstreuung und der interkommunalen Streuung der Steuerkraft zu nennen) oder sie sind auf den hier vorgestellten Reformvorschlag nicht übertragbar. So hat sich beispielsweise der Wissenschaftliche Beirat in seinem Gutachten aus dem Jahr 1982 gegen die Einführung einer eigenständigen Gemeindeeinkommensteuer ausgesprochen. Die damalige Diskussion bezog sich jedoch auf eine Reform bzw. einen Ersatz der Gewerbesteuer. Die vom Beirat geltend gemachten Bedenken bezogen sich daher (neben nicht näher bezeichneten »Sekundäreffekten«) auf systematische Schwierigkeiten im Verhältnis zur Körperschaftsteuer.444 Die körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen sollen von der kommunalen Einkommensteuer jedoch nicht erfasst werden. Im Sinne des Interessenausgleichs werden sie auch bereits durch die Gewerbesteuer an der Finanzierung der gemeindlichen Aufgaben beteiligt. Probleme in Bezug auf die Rechtsformneutralität hingegen sind weiterhin zu diskutieren und zu beheben, jedoch nicht im Rahmen einer Gemeindeeinkommensteuer, sondern vielmehr mit Blick auf eine bis heute ausstehende Gewerbesteuerreform. Die kommunale Einkommensteuer weist, das machen die Ausführungen des vorliegenden Kapitels deutlich, gegenüber der Grundsteuer viele Vorteile auf. Doch bevor eine derart weitgehende Reform in die Praxis umgesetzt werden kann, sind ohne Zweifel weitere Fragen zu klären, insbesondere hinsichtlich der Wirkungen in anderen Bundesländern und in Bezug auf den Länderfinanzausgleich. Die Analyse für Nordrhein-Westfalen, das größte und in mehrerer Hinsicht Deutschland sehr ähnliche Bundesland, zeigt jedoch, dass sich viele Befürchtungen bezüglich einer kommunalen Einkommensteuer und insbesondere bezüglich eines Ersatzes der Grundsteuer als verfrüht erweisen. Das äußerst positive Zeugnis, dass der Einkommensteuer als Gemeindesteuer ausgestellt 443 Vgl. Homburg (2018), S. 174. 444 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982), S. 141.

Diskussion des Reformvorschlags

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werden kann, liefert darüber hinaus überzeugende Argumente für eine von der Grundsteuerdiskussion losgelöste Debatte über eine kommunale Einkommensteuer. Denn diese stellt insbesondere mit Blick auf Gerechtigkeitserwägungen und ihre äquivalenztheoretische Rechtfertigung sowie den intrakommunalen Interessenausgleich und die aus ökonomischer Sicht anzustrebende fiskalische Äquivalenz eine Gemeindesteuer dar, die eine deutliche Verbesserung des Gemeindefinanzsystems bewirken kann. Ihre Einführung wäre natürlich nicht an die Abschaffung der Grundsteuer gebunden. Im Gegenteil können mehrere Argumente für die gleichzeitige Erhebung einer Einkommensteuer und einer Grundsteuer angeführt werden.445 Für die Grundsteuer würde dies allerdings bedeuten, dass sie als Bodenwertsteuer ausgestaltet werden sollte und in ihrer fiskalischen Bedeutung (als steuerliches Äquivalent der Immobilieneigentümer für kommunale Leistungen) hinter die Einkommensbesteuerung zurücktritt. Eine solche Reform könnte die Schwächen der Grundsteuer beheben und die Stärken beider Steuerarten miteinander verbinden.

445 Dieser Auffassung war bereits der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1982) und in jüngerer Zeit z. B. Färber (2018).

9

Schlussbetrachtung

Mit der Unternehmensteuerreform im Jahr 2008 wurde – nach jahrelanger Diskussion – die Chance zur Schaffung einer zukunftsfesten Ausgestaltung der Gewerbesteuer vertan. Die Reform beschränkte sich auf das Minimalziel einer Verstetigung der kommunalen Einnahmen bei gleichzeitiger Reduzierung der Unternehmensteuerbelastung. Dies geschah durch die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und mit dem Ziel, im internationalen Steuerwettbewerb den Anschluss nicht zu verlieren. Die gegenwärtige Diskussion über die Grundsteuerreform lässt die Befürchtung aufkommen, dass dieser Reform ein vergleichbares Schicksal beschieden ist. Dreh- und Angelpunkt der Diskussion ist die Suche nach einer konsensfähigen Bemessungsgrundlage, ohne die Grundsteuer selbst auf den Prüfstand zu stellen und Potenziale für systemverbessernde Reformalternativen auszuloten. Die neue Bemessungsgrundlage soll dabei fiskalisch möglichst neutral ausgestaltet und der Erreichung raumordnerischer Ziele zugängig gemacht werden und sie soll möglichst geringe Belastungsunterschiede in der Bevölkerung hervorrufen. Es ist offensichtlich, dass ein solcher Aufgabenkatalog die Grundsteuer überfrachtet und die Reform Gefahr läuft, letztlich keinem der Ziele, womöglich mit Ausnahme der fiskalischen Neutralität, Rechnung zu tragen. Schließlich hat sich die Mehrheit der Länder bereits auf die Verwendung länderspezifischer Steuermesszahlen verständigen können. Diese stehen freilich zum ursprünglichen Anstoß der Reform – der Schaffung einer rechtssicheren und gerechteren Bemessungsgrundlage – diametral in Widerspruch. Es wäre »eine Ironie der Geschichte, wenn der Bund die Einheitswerte reformierte, um größtmögliche »Gerechtigkeit« zu schaffen, und die Länder hernach solange mit sachlich und regional differenzierten Steuermesszahlen jonglierten, bis das Ergebnis für ihre Zwecke des Länderfinanzausgleichs passt.«446 Abermals droht eine Reform, die sich auf die Umsetzung ihrer Minimalziele verlegt und die Gelegenheit zu einer gerechteren, zukunftsfesten und fiskalisch ergiebigen sowie 446 Homburg (2018), S. 172.

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Schlussbetrachtung

angemessenen Ausgestaltung des Gemeindefinanzsystems ungenutzt verstreichen lässt. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war deshalb, Reformpotenziale für das Gemeindefinanzsystem offenzulegen, die im Rahmen einer umfassenden Grundsteuerreform berücksichtigt werden sollten. Das gegenwärtige Einvernehmen über die Reformbedürftigkeit der Grundsteuer sollte dazu genutzt werden, die Reform nicht losgelöst von tieferliegenden Problemen zu betrachten, sondern sie in den Dienst eines systemverbessernden Reformvorhabens zu stellen. Hierzu wurde die Grundsteuer einer ökonomischen Analyse unterzogen, die aufgezeigt hat, dass sie die an sie gestellten Erwartungen als wichtigste einwohnerbezogene Gemeindesteuer nicht erfüllen kann. Die Grundsteuer kann in dieser Funktion, unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung, nicht mit dem Äquivalenzprinzip gerechtfertigt werden und sie kann auch nicht den wichtigen Interessenausgleich zwischen dem örtlichen Gewerbe und den Gemeindeeinwohnern herstellen. Aus finanzwissenschaftlicher und aus steuersystematischer Perspektive ist sie überaus kritisch zu bewerten. Daher muss ihre Aufgabenstellung überdacht werden, sofern weiterhin an ihrer Erhebung festgehalten werden soll. Hierzu kommt ihre Ausgestaltung als Bodenwertsteuer infrage. Dies würde einen Beitrag zu einer Stärkung der Einnahmenautonomie der Gemeinden leisten. Im Vergleich zu einer Grundsteuer mit gebäudebezogenen Komponenten verfügt sie über bessere Neutralitätseigenschaften, ihre Erhebung wäre kostengünstiger und sie würde unter dem Gesichtspunkt ihrer Mobilisierungswirkungen eine Verbesserung darstellen. Sie wäre zudem mit dem Äquivalenzprinzip zu rechtfertigen und könnte zum Interessenausgleich beitragen, allerdings nicht bezüglich der Gesamtheit der Gemeindeeinwohner, sondern ausschließlich in Bezug auf die Grundeigentümer in der Gemeinde. Angesichts dieser neuen Aufgabenstellung würde die Reform zugleich eine Reduktion des Grundsteueraufkommens um schätzungsweise 75 Prozent erfordern. Demzufolge muss eine aufkommensneutrale Steuerreform den Gemeinden eine andere Einnahmequelle erschließen. Damit die Reform eine Systemverbesserung bewirken kann, muss diese neue Steuerquelle konsequent die Schwächen der Grundsteuer beheben, sie muss also insbesondere mit dem Äquivalenzprinzip zu rechtfertigen sein, sollte dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechen und die Herstellung des Interessenausgleichs für die Wohnbevölkerung der Gemeinden sicherstellen können. Sie muss fiskalisch ergiebig sein, sollte die interkommunale Streuung der Steuerkraft möglichst nicht verschärfen und ihre Erhebung sollte möglichst geringen Verwaltungsaufwand verursachen. Diese Forderungen kann eine kommunale Einkommensteuer mit Hebesatzrecht erfüllen. Die Analyse dieses Reformvorschlags hat seine Überlegenheit über die derzeit diskutierten Reformvorschläge zur Grundsteuer deutlich zutage gefördert.

Schlussbetrachtung

263

Insbesondere besitzt er das Potenzial, die Gerechtigkeit der Besteuerung wesentlich zu verbessern: Er entspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip und senkt die überdurchschnittliche Belastung von Niedrigeinkommensbeziehern, er behebt die regressive Wirkung der Grundsteuer. Zweitens besitzt er nicht den faktisch nur sehr schwach ausgeprägten Gebührencharakter der Grundsteuer. Und drittens ist er in ausgeprägtem Maße fühlbar und transparent und mindert so die Steuerillusion und fördert Anreize zur politischen Teilhabe. Dies dient der Wirksamkeit des ökonomischen Prinzips der fiskalischen Äquivalenz. Ist die Grundsteuer nicht auf Mieter überwälzbar, verhindert ihr Ersatz durch die kommunale Einkommensteuer zudem schädlichen Steuerexport. Die Ergebnisse der Simulation im achten Kapitel belegen die Durchführbarkeit der Reform. Die Simulation kann zudem als »vorsichtige« Schätzung der notwendigen, aufkommensneutralen Hebesätze bzw. Zuschlagssätze für die Einkommensteuer bezeichnet werden. Die tatsächlichen Hebesätze fallen aller Voraussicht nach geringer aus, weil zum einen die Möglichkeit einer Beibehaltung der Grundsteuer als Bodenwertsteuer, deren Aufkommen ein Viertel des gegenwärtigen Grundsteueraufkommens betragen könnte, und zum anderen die Effekte des Fortfalls der Grundsteuer auf die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer nicht berücksichtigt wurden. Die umverteilende Wirkung der Einkommensteuer wird angesichts der Höhe der simulierten Hebesätze bzw. des niedrigen Grundsteueraufkommens nur geringfügig beeinflusst. Die Effekte auf die Progressions- und die Umverteilungswirkung der Einkommensteuer hängen jedoch von der konkreten Ausgestaltung der kommunalen Einkommensteuer ab. Da die Gestaltungshoheit beim Bund verbleibt, können die Umverteilungswirkungen durch Anpassungen des Steuertarifs weiterhin zentralstaatlich gesteuert werden. Bezüglich der fiskalischen Wirkungen der kommunalen Einkommensteuer sind in zukünftigen Untersuchungen seine Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich zu untersuchen. Dass dieser in seiner bestehenden Form mit dem Jahr 2019 auslaufen wird, könnte aus politischer Sicht den Reformprozess erleichtern: Etwaigen fiskalischen Umverteilungswirkungen zwischen den Ländern könnte der Gesetzgeber durch kompensierende Maßnahmen im Rahmen der ohnehin erforderlichen Neuregelung des Länderfinanzausgleichs begegnen. Es konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass eine stärkere interkommunale Steuerkraftstreuung von der Einkommensteuer nicht zu erwarten ist. Zukünftige Untersuchungen müssen diesbezüglich jedoch die Effekte der Bodenwertsteuer auf die Steuerkraftstreuung und den kommunalen Finanzausgleich berücksichtigen, sofern diese neben der Gewerbe- und der Einkommensteuer einen dritten Bestandteil des Gemeindefinanzsystems bilden soll. Ein im Rahmen dieser Arbeit nicht diskutiertes Problem ist die Beeinflussung der (im gegenwärtigen Steuersystem verletzten) Rechtsformneutralität.

264

Schlussbetrachtung

Allerdings liegt dieses seit langem bekannte Problem auf der Ebene der Gewerbesteuer und ist nicht auf Schwächen der Grund- oder der Einkommensteuer zurückzuführen. Wenn eine Reform im Sinne des diskutierten Reformvorschlags ins Auge gefasst wird, kann sie nicht die Lösung oder Linderung dieses Problems zum Ziel haben. Es ist dann vielmehr eine umfassende Gewerbe- und Unternehmensteuerreform notwendig. Dies wäre auch aus einem anderen Grund wünschenswert: Es wurde bereits erläutert, dass eine kommunale Einkommensteuer einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung des intrakommunalen Interessenausgleichs leisten kann. Jedoch gilt dies natürlich nur für die Gruppe der Wohnbevölkerung. Die Gewerbesteuer ist in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht zur Herstellung eines solchen Interessenausgleichs geeignet. Sie erfasst nur einen Bruchteil des örtlichen Gewerbes. Insbesondere die freien Berufe sind von der Steuer befreit. Eine Gewerbesteuerreform müsste daher gewährleisten, dass das örtliche Gewerbe möglichst umfassend an der Finanzierung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung beteiligt wird. Wenngleich der Reformvorschlag auch losgelöst von einer Gewerbesteuerreform durchführbar wäre und eine Verbesserung des Gemeindefinanzsystems bewirken würde, kämen seine Vorzüge im Rahmen einer umfassenderen Neugestaltung des gemeindlichen Einnahmesystems noch besser zur Geltung. Insofern kann der Reformvorschlag auch als erster Teil einer umfassenden Gemeindefinanzreform gesehen werden. Ein zweiter Schritt wären in diesem Zusammenhang die Gewerbesteuerreform und – insbesondere in Nordrhein-Westfalen – eine Verbesserung des kommunalen Finanzausgleichs. Dessen Ausgestaltung in seiner aktuellen Form ist aus ökonomischer Sicht abzulehnen. Der Ausgleichssatz, mit dem Unterschiede zwischen dem Finanzbedarf und der Steuerkraft nivelliert werden, sollte dringend reduziert werden, weil hierdurch einerseits die Anreize zur Pflege der Bemessungsgrundlagen und auch die Finanzautonomie der Gemeinden stark eingeschränkt werden. In Nordrhein-Westfalen werden diese Unterschiede zu 90 Prozent ausgeglichen und damit in einem sehr viel stärkeren Ausmaß als in den anderen Bundesländern (mit Ausnahme Schleswig-Holsteins). Das Land Baden-Württemberg etwa hält einen Ausgleichssatz von rund 70 Prozent für angemessen.447 Ein hoher Ausgleichssatz bedeutet indes einen hohen Grad der Umverteilung, mit dem die Angleichung der Finanzkraft zwischen den Gemeinden erreicht werden soll. Bezüglich des Landes Nordrhein-Westfalen scheinen die spezifische Siedlungsstruktur und die Bevölkerungsdichte den Ausschlag für diese Entscheidung gegeben zu haben. Andererseits bedeutet ein hoher Ausgleichssatz eine höhere Anzahl abundanter Gemeinden – weniger

447 Vgl. Lenk/Rudolph (2003b), S. 9.

Schlussbetrachtung

265

Gemeinden erhalten höhere Schlüsselzuweisungen, je höher der Ausgleichssatz ist. Aus effizienztheoretischer Sicht ist ein derart hoher Ausgleichsfaktor abzulehnen. Kurzfristig kann er eine Angleichung der Gemeinden bewerkstelligen. Aufgrund der Anreizwirkungen des Finanzausgleichs geht dies jedoch zulasten der langfristigen Angleichung, worunter die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse verstanden werden kann. Technisch gesehen trennt der Finanzausgleich die Gemeinden in die zwei Gruppen »abundante« und »nichtabundante« Gemeinden. Die abundanten (die »reichen«) Gemeinden unterliegen jedoch nicht dem Anreizsystem des Ausgleichs, sie weisen daher wesentlich geringere Abschöpfungsquoten auf. In Kapitel 5 wurde gezeigt, dass dies dem Ziel einer Angleichung der Gemeinden schadet und im Gegenteil zu einer Verschärfung interkommunaler Unterschiede beiträgt. Um eine Angleichung zu erreichen, müsste das Steueraufkommen der abundanten Gemeinden höheren Belastungen unterliegen als das der übrigen Gemeinden. Die in Kapitel 7 quantifizierten Belastungen haben gezeigt, dass der Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen das Gegenteil bewirkt, und dass die Belastungen der ohnehin finanzschwachen Gemeinden ein kritisches Niveau, das teilweise über 100 Prozent liegt, erreichen. Letzteres bedeutet, dass eine Gemeinde fiskalisch gewinnt, wenn ihr Steueraufkommen sinkt. Diese hohen Belastungen können nur gesenkt und die Trennung der Gemeindegruppen kann nur aufgelöst werden, wenn entweder eine Finanzausgleichsumlage eingeführt oder wenn der Ausgleichssatz reduziert wird. Zielführend (und den Ausgleichssystemen in mehreren anderen Bundesländern entsprechend) wäre eine Kombination aus beidem, denn eine einseitige Senkung des Ausgleichsfaktors müsste sehr stark ausfallen, damit alle Gemeinden in das System integriert werden können. Dies wiederum würde eine extreme Aufwertung der Schlüsselmasse aus Landesmitteln erfordern, um die in manchen Gemeinden starken Einnahmeausfälle aufzufangen. Eine Finanzausgleichsumlage allein ist zu einer signifikanten Absenkung der Belastungen der nicht-abundanten Gemeinden ungeeignet. Ihr Aufkommen reicht hierzu nicht aus. Mit dem Finanzausgleich wird unter anderem das Ziel einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden verfolgt. Denn zur Sicherstellung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gehört eine ausreichende Ausgabenautonomie. Daneben verfügen die Gemeinden bezüglich der Realsteuern über ein Hebesatzrecht, das der Einnahmenautonomie Rechnung trägt. Zusammengenommen bezweckt die so gewährleistete Finanzautonomie, dass in den Gemeinden zwischen den Unternehmen und den Bürgern ein Interessenausgleich stattfindet, und dass die Gemeinden im Rahmen ihrer Selbstverwaltung ein strukturell und quantitativ differenziertes Angebot öffentlicher Leistungen bereitstellen können. Theoretisch sehen sich die Bürger und die Unternehmen

266

Schlussbetrachtung

einem Angebotsspektrum von Gemeinden mit niedrigen und mit hohen Steuern und öffentlichen Leistungen gegenüber, zwischen denen sie wählen können. Die hohe Ausgleichsquote in Nordrhein-Westfalen konterkariert den Interessenausgleich und führt zu einem räumlich nivellierten, (beinahe) gleichwertigen Angebot öffentlicher Leistungen. Dies steht dem fiskalischen Wettbewerb, dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz und der Finanzautonomie der Gemeinden entgegen.448 Auch aus einer etwas anderen Perspektive erscheint ein weitgehender Ausgleich von Finanzbedarf und Steuerkraft als nicht erstrebenswert: Bezüglich der Versorgung mit privaten Gütern wird eine eigenverantwortliche Versorgung des Einzelnen als wünschenswert erachtet und nicht das Ziel verfolgt, dass jeder Bürger mindestens 90 Prozent des durchschnittlichen Konsumniveaus erreichen müsse. Es bestehen wenige Zweifel daran, dass die hierzu notwendigen Transferzahlungen ein gesellschaftlich nicht akzeptiertes Ausmaß an Umverteilung erfordern und die Anreize des Einzelnen zur Einkommenserzielung im Keim ersticken würden. Mit Hinweis auf die Eigentumsgarantie negiert auch die herrschende Rechtsmeinung eine so weitgehende Nivellierung des privaten Konsums.449 Spiegelbildlich hierzu sollte auch von der Zielsetzung, die durchschnittliche Versorgung aller Bürger mit öffentlichen Gütern (annähernd) anzugleichen, Abstand genommen werden.450 Dies gilt umso mehr, als die Präferenz der Einwohner für öffentliche Güter diejenige für privaten Konsum unterschreiten dürfte.451 Zielsetzung einer Gemeindefinanzreform sollte daher sein, den Gemeinden ausreichende Steuerquellen zur eigenverantwortlichen Ausschöpfung zu überlassen. Der vorgestellte Reformvorschlag kann eine solche Stärkung der Einnahmenautonomie gewährleisten. Insbesondere ließe sich in Verbindung mit einer Bodenwertsteuer eine allgemeine Aufwertung der gemeindlichen Finanzkraft erzielen – die Ausnutzung dieses zusätzlichen Einnahmenpotenzials bliebe gleichwohl den Gemeinden überlassen. Dies würde auch den politischen Spielraum für eine Absenkung der Ausgleichsquote im kommunalen Finanzausgleich erweitern.

448 449 450 451

Vgl. Homburg (1994), S. 314. Vgl. ebd. Vgl. Zimmermann (2009), S. 234. Vgl. Homburg (1994), S. 314.

Anhang

A1

Anhang zu Kapitel 2

Tabelle A-9–1: Entwicklung des Gewerbesteuerumlagesatzes Alte Bundesländer »Normal«

FDE

FKPG

GKSt

P

Länder

Bund

Neue Bundesländer »Normal«

GKSt Länder

Bund

1970–1979

60

60







1980–1982

40

40





1983

29

29





1984–1990

26

26





1991

26

26

2

1992

26

26

5

1993

14

14

1994

19

19

P

120











80











58











52













54













57









11





39

14

14



28

18





56

19

19



38

1995

19

19

12

29



79

19

19



38

1996

19

19

11

29



78

19

19



38

1997

19

19

11

29



78









1998

19

19

10

29

7

84





7

7

1999

19

19

9

29

7

83

19

19

7

45

2000

19

19

9

29

7

83

19

19

7

45

2001

24

24

8

29

6

91

24

24

6

54

2002

30

30

7

29

6

102

30

30

6

66

2003

36

36

7

29

6

114

36

36

6

78

2004

20

20

7

29

6

82

20

20

6

46

2005

19

19

8

29

6

81

19

19

6

44

2006

16

16

7

29

6

74

16

16

6

38

2007

16

16

6

29

6

73

16

16

6

38

2008

12

12

6

29

6

65

12

12

6

30

268

Anhang

((Fortsetzung)) Alte Bundesländer »Normal«

FDE

13

GKSt

P

Länder

Bund 2009

FKPG

13

5

29

Neue Bundesländer »Normal«

66

13

P

Länder

Bund 6

GKSt

13

6

32

2010

14,5

14,5

7

29

6

71

14,5

14,5

6

35

2011

14,5

14,5

6

29

6

70

14,5

14,5

6

35

2012–2016

14,5

14,5

5

29

6

69

14,5

14,5

6

35

2017

14,5

14,5

4,5

29

6

68,5

14,5

14,5

6

35

2018

14,5

14,5

4,3

29

6

68,3

14,5

14,5

6

35

Quelle: Bundesministerium der Finanzen (2015b), eigene Darstellung.

269

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

A2

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

A2.1

Beweis von Ergebnis 5.1

Das Ergebnis wird unter Einbeziehung des Steueraufkommensausgleichs gelöst. Für die Lösung unter Ergebnis 5.1 wurde b ¼ 0 gesetzt. Im Rahmen eines Finanzausgleichs würden die Gemeinden diesen Anteil b ihres Steueraufkommens teilen, Z i ¼ bF j tj @ bF i t i . Dann lauten die Budgetrestriktionen: g i ¼ F i t i ð1 @ bÞ þ bF j t j @ cðqi Þ.

(A.1)

Einsetzen der Budgetrestriktionen in die Nutzenfunktionen (5.4) ergibt: E E E CC E CC U i ¼ u F 1 1 þ g t i ð1 @ bÞ @ btj @ g cðqi Þ @ btj ,

(A.2)

Die BEO lauten: (I):

@U 1 @q1

(II): (III):

@U 2 @q2 @U i @t i

0

¼ u1 = 0

¼ u2 =

@1

2w

@1@1 2w

> 0 1 ð1 þ gt1 ð1 @ bÞÞ @ gðc ðq1 Þ þ b 2w t2 Þ ¼ 0, 0

ð1 þ gt2 ð1 @ bÞÞ @ gðc ðq2 Þ þ b

> t Þ ¼ 0,

1@1 2w 1

(A.3)

@ 1 E C> 0 1 ¼ ui = @ 2w ð1 þ gti ð1 @ bÞÞ þ g F i ð1 @ bÞ þ b 2w tj ¼ 0, 0

Aus (I) bzw. (II) und (III) folgen F 1 ð1 @ bÞ ¼

0

c ðq 1 Þ c ðq 2 Þ und F 2 ð1 @ bÞ ¼ . 1 1@1

Die Grenzerträge der Investitionen, proportional zur Steuerbasis, entsprechen den Grenzkosten. Aus (III) folgen die Steuerreaktionsfunktionen ^t 2 w 1q @ð1@1Þq þDB 1 ^t 1 ¼ 2ð1@bÞ þ2þ 1 2 2 @ 2gð1@bÞ,

^t 2 ¼

^t 1 2ð1@bÞ

w 2

þ @

1q1 @ð1@1Þq2 þDB 2

@

1 2gð1@bÞ

.

(A.4)

270

Anhang

Die Steuersätze sind strategische Komplemente,

b < 1. Stabilität erfordert,

@t 1 1 ¼ > 0, wegen @t j 2ð1 @ bÞ

@t 1 1 < 1, also b < . Die Lösung der Reaktionsfunk@t j 2

tionen ergibt die Steuersätze in Abhängigkeit der Investitionen: 1@b

1@b

1

1@b

1@b

1

t 1 ðqÞ ¼ w 1@2b þ ð1q1 @ ð1 @ 1Þq2 þ DBÞ 3@2b @ gð1@2bÞ, t 2 ðqÞ ¼ w 1@2b @ ð1q1 @ ð1 @ 1Þq2 þ DBÞ 3@2b @ gð1@2bÞ.

(A.5)

Einsetzen von (A.5) und der Grenzkosten in die BEO für die Investitionen (I) und (II) und umstellen ergibt die Reaktionsfunktionen der Investitionen: 1ð1@bÞ ^ 1 ðq ^2 Þ ¼ 2wð3@2b q q2 þ DBÞ, Þ@12 ð1@bÞ =ðwð3 @ 2bÞ @ ð1 @ 1Þ^ ð1@1Þð1@bÞ ^ 2 ðq ^1 Þ ¼ 2wð3@2b q q1 @ DBÞ. Þ@ð1@1Þ2 ð1@bÞ =ðwð3 @ 2bÞ @ 1^

Für den Verlauf der Reaktionsfunktionen gilt

und

(A.6)

@^ q1 1ð1 @ 1Þð1 @ bÞ ¼@ @^ q2 2wð3 @ 2bÞ @ 12 ð1 @ bÞ

@^ q2 1ð1 @ 1Þð1 @ bÞ . Für den Fall, dass Investitionen ¼@ @^ q1 2wð3 @ 2bÞ @ ð1 @ 1Þ2 ð1 @ bÞ

strategische Komplemente darstellen, w


w>

1 1@b = . 2 3 @ 2b

12 1 @ b = . Stabilität verlangt in diesem Fall 2 3 @ 2b

271

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

Lösen des Gleichungssystems (A.6) ergibt die gleichgewichtigen Investitionsmengen qS1 ¼

1ð1 @ bÞ ð1 @ 1Þð1 @ bÞ = ð1 þ AS Þ und qS2 ¼ = ð1 @ AS Þ, mit 2 2

ð21 @ 1Þð1 @ bÞ þ 2DB A ¼ . 2wð3 @ 2bÞ þ 21ð1 @ 1Þð1 @ bÞ @ ð1 @ bÞ S

w>

+

Für

1 12 ; 1 2

* und

1 1@b = gilt A + 0. Dann gilt auch qS1 + qS2 . Des Weiteren gilt 2 3 @ 2b

A 2 ½0; 1Þ; wenn w > ð12 ð1 @ bÞ þ DBÞ

1 . Dies stellt eine innere Lösung 3 @ 2b

für das Investitionsniveaus in Gemeinde 2 sicher. Einsetzen der Investitionsmengen in die Steuersatzfunktionen (A.5) ergibt die gleichgewichtigen Steuersätze tS1 ¼ w

t S2 ¼ w

1@b 1 ð1 þ ð1 @ 2bÞAS Þ @ und 1 @ 2b gð1 @ 2bÞ

1@b 1 ð1 @ ð1 @ 2bÞAS Þ @ , t S + tS2 . Einsetzen der Investiti1 @ 2b gð1 @ 2bÞ 1

onsmengen und der Steuersätze in (5.3) ergibt das Ansiedlungsgleichgewicht, 1 1 F S1 ¼ = ð1 þ AS Þ, F S2 ¼ = ð1 @ AS Þ. Aus der Budgetrestriktion (A.1) folgen die 2 2 Gleichgewichtsmengen des Konsumgutes. Die Gemeinden können die exogenen Erträge y nicht besteuern. In Abhängigkeit der Werte der übrigen exogenen Parameter kann das Modell zu Lösungen führen, in denen der Steuersatz negative Gewinne der Grenzfirma impliziert.

272

Anhang

Einsetzen von tSi in Gleichung (5.1), nullsetzen und umstellen ergibt den minimalen Wert von y, der dies ausschließt.

A2.2

Beweis von Ergebnis 5.2

Das Ergebnis wird erneut unter Einbeziehung des Steueraufkommensausgleichs gelöst. Für die Lösung unter Ergebnis 5.2 wurde b ¼ 0 gesetzt. Das Gleichgewicht wird rückwärts, also zunächst für die Steuerentscheidung in der zweiten Stufe, ermittelt. Einsetzen der Budgetbedingungen (5.5) in die Nutzenfunktionen (5.4) ergibt: @ E C> U i ¼ u F i =ð1 þ gðt i ð1 @ bÞÞÞ þ g bF j t j @ cðqi Þ ,

(A.7)

Beide Gemeinden antizipieren das Ansiedlungsgleichgewicht der Firmen, gegeben durch Gleichung (5.3), betrachten die öffentlichen Investitionen q ¼ ðq1 ; q2 Þ als gegeben und maximieren den Nutzen U i durch Wahl des Steuersatzes t i . Hieraus folgen die Steuerreaktionsfunktionen ^t 2 wþ1q1 @ð1@1Þq2 þDB 1 ^t 1 ð^t2 Þ ¼ 2ð1@bÞ þ @ 2gð1@bÞ, 2

^t 2 ð^t1 Þ ¼

^t 1 2ð1@bÞ

þ

w@1q1 þð1@1Þq2 @DB 2

@

1 2gð1@bÞ

(A.8)

.

Die Steuerreaktionsfunktionen verlaufen steigend, d. h. Steuern sind strategische Komplemente – die beste Antwort auf einen höheren Steuersatz ist ein höherer Steuersatz. Für b
12

1@b . ð3 @ 2bÞ2

Für

den

Verlauf

der

Reaktionsfunktionen

gilt

@^ q1 1ð1 @ 1Þð1 @ bÞ @^ q2 1ð1 @ 1Þð1 @ bÞ ¼@ und ¼@ . @^ q2 @^ q1 wð3 @ 2bÞ2 @ 12 ð1 @ bÞ wð3 @ 2bÞ2 @ ð1 @ 1Þ2 ð1 @ bÞ Für w > 0 verlaufen diese (wie oben) fallend, es handelt sich bei öffentlichen Investitionen also um strategische Substitute. Stabilität erfordert, dass die Steigung der Reaktionsfunktionen größer ist als minus eins. Hieraus folgt, unter +

* 1 1@b Beachtung von 1 2 ; 1 , dass w > 1 . Lösen des Gleichungssystems 2 ð3 @ 2bÞ2 (A.10)

ergibt

q=1 ¼ 1

ð1 @ b Þ 2 = ð1 þ AÞ 3 @ 2b



die

gleichgewichtigen und

q=2 ¼ ð1 @ 1Þ

Investitionsmengen

ð1 @ bÞ2 = ð1 @ AÞ 3 @ 2b

mit

+ * 3@2b ð21 @ 1Þð1 @ bÞ þ 1@b DB 1 1@b . F ü r 1 2 ; 1 und w > 1 2 2 wð3 @ 2bÞ þ ð1 @ bÞð21ð1 @ 1Þ @ 1Þ ð3 @ 2bÞ2

gilt A + 0. Dann gilt q=1 + q=2 . Für w >

. 1 3 @ 2b 2 21 ð 1 @ b Þ þ DB gilt 1@b ð3 @ 2bÞ2

A 2 ½0; 1Þ, was ein positives Investitionsniveau in Gemeinde 2 sicherstellt. Einsetzen der Investitionsmengen in die Steuersatzfunktionen (A.9) ergibt die t =1 ¼ w

gleichgewichtigen 1@b 1 = ð1 þ ð1 @ bÞð1 @ 2bÞAÞ @ 1 @ 2b gð1 @ 2bÞ

Steuersätze und

275

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

t =2 ¼ w

1@b 1 = ð1 @ ð1 @ bÞð1 @ 2bÞAÞ @ . Mit A 2 ½0; 1Þ gilt t =1 + t =2 . 1 @ 2b gð1 @ 2bÞ

Für g >

1 gilt t =2 > 0. Einsetzen der Investitiwð1 @ bÞð1 @ ð1 @ bÞð1 @ 2bÞAÞ

onsmengen und der Steuersätze in (5.3) ergibt das Ansiedlungsgleichgewicht 1 1 mit F =1 ¼ = ð1 þ ð1 @ bÞAÞ und F =2 ¼ = ð1 @ ð1 @ bÞAÞ. 2 2 Für b ¼ 0 gilt eindeutig A , AS , da DB =

21ð1 @ 1Þ @ 1 , wð21 @ 1Þ. Der 3

Ausdruck links des Ungleichheitszeichens ist eindeutig , 0 und der Ausdruck rechts eindeutig + 0. Es folgt q=1 < qS1 , t=1 < tS1 und F =1 < F S1 , für Gemeinde 2 folgt t =2 > tS2 und F =2 > F S2 . Für die Investitionen in Gemeinde 2 kann gezeigt werden, . 12 1 dass q < q nur gilt, wenn DB < 3w @ = 5 þ ð21ð1 @ 1Þ @ 1Þ . Der 3 3w = 2

S 2

Ausdruck rechts des Ungleichheitszeichens steigt in w und er sinkt in 1. Im symmetrischen Gleichgewicht investiert Gemeinde 2 eindeutig weniger. Dies kann sich jedoch für ausreichend große DB und 1 sowie niedrige w umkehren. Im Fall ausgeprägter Heterogenität und intensiven fiskalischen Wettbewerbs weitet Gemeinde 2 ihre Investitionen, verglichen mit dem Fall simultaner Entscheidungen, aus. Einsetzen der gleichgewichtigen Steuersätze, Firmenallokationen und Investitionen in die Nutzenfunktion und gleichsetzen zeigt, unter 1 Beachtung von A , AS und w > = ð12 þ DBÞ, dass Gemeinde 2 auch im 3

276

Anhang

asymmetrischen Gleichgewicht immer ein höheres Nutzenniveau erreicht, als im simultanen Gleichgewicht. &

277

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

A2.3

Kooperationslösungen

Kooperation bzgl. der Investitionen auf der ersten Stufe Im Rahmen der Rückwärtslösung ergibt sich das teilspielperfekte NashGleichgewicht für die Steuersätze (A.9) wie im Modell mit sequentiellen Entscheidungen. Einsetzen der Steuersätze in die Nutzenfunktion und DifferenX tiation von V ¼ U i nach den Investitionen ergibt die Bedingungen erster i

Ordnung: @V @q1 @V @q2

¼ ¼

wð3@2bÞ2 1ð1@bÞ

q1 ¼ 0 () q1 ¼ 0,

wð3@2bÞ2 ð1@1Þð1@bÞ

(A.11)

q2 ¼ 0 () q2 ¼ 0. &

Beweis von Proposition 5.1 X Es sei V ¼ U i . Die Wirkung einer koordinierten Senkung der Investitionsi

niveaus ergibt sich aus: 0 / E3@41C E41@1C 0 0 @V @V @ @q1 þ @q2 ¼ gu1 =ð1 þ AÞ 6 þ gu2 =ð1 @ AÞ 6 . . Für homogene Gemeinden gilt @

@V @V þ @q1 @q2

¼

(A.12)

1E 0 0 C gu1 þ gu2 > 0. In diesem 6

Fall bleibt die Firmenallokation unverändert. Jede Gemeinde profitiert von einer Einschränkung der Investitionen.

278

Anhang

Im Fall heterogener Gemeinden gilt 0 1 / E3@41C 0 @U @U 1 @ @q1 þ @q2 ¼ gu1 =ð1 þ AÞ 6 , 0 2 / E41@1C 0 @U @U 2 @ @q1 þ @q2 ¼ gu2 =ð1 @ AÞ 6 .

(A.13)

In diesem Fall siedelt ein Teil der Firmen von Gemeinde 2 in Gemeinde 1 um. Der Ausdruck für Gemeinde 1 ist nur dann positiv, wenn der Nutzengewinn infolge der Ausweitung des Konsums den Nutzenverlust infolge der Firmenabwande3 rung übersteigt. Dies ist der Fall für 1 < . 4 Die aggregierte Änderung der Wohlfahrt ist positiv, wenn das Grenznutzenverhältnis größer ist als das negative Verhältnis der Änderungen der Kon0

sumgüterniveaus:

u2 ð1 þ AÞð3 @ 41Þ . Dies ist immer der Fall: das Grenz0 > @ u1 ð1 @ AÞð41 @ 1Þ

@g = @g = @g =1 @g =2 @F 1 > 0, < 0, > 0, nutzenverhältnis ist + 1 ( 1 > 0, 2 < 0, @1 @1 @1 @ ðDBÞ @ ðDBÞ @F 1 @F @F 2 > 0, 2 < 0, < 0), der Ausdruck rechts ist + @1 (mit Gleichheit @1 @ ðDBÞ @ ðDBÞ im symmetrischen Gleichgewicht). Beide Ausdrücke nehmen mit steigender 3 Heterogenität zu. Der Ausdruck rechts ist negativ für 1 < . Strebt 1 gegen den 4 maximalen Heterogenitätsgrad 1, strebt das Grenznutzenverhältnis gegen un-

279

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

endlich (F 2 ¼ g 2 ¼ 0).452 Der Ausdruck rechts strebt für den Minimalwert von w gegen (minus) unendlich und für große Werte von w gegen j1j. &

Beweis von Proposition 5.2 Ausgehend vom sequentiellen Gleichgewicht erhöhen die Gemeinden gemeinsam ihre Steuersätze und Investitionsniveaus. Ein marginaler Anstieg der Investitionen erhöht den Gewinn jeder Firma um 1 bzw. 1 @ 1, eine Steuererhöhung senkt ihn in beiden Gemeinden um 1.453 Zur Maximierung des Nutzens maximieren die Gemeinden das Steueraufkommen, das zur Bereitstellung des

öffentlichen Gutes verwendet werden kann. Durch eine koordinierte, marginale Investitionsausweitung und Steuererhöhung soll die Ansiedlungsschwelle, also die Firmenallokation, unberührt bleiben. Dann muss gelten: @~ h @q1

@~ h

dq1 þ @t1 dt 1 ¼ 0,

@~ h @q2

@~ h

dq2 þ @t2 dt 2 ¼ 0.

(A.14)

Hieraus folgt: dq1 ¼

dt 1 1

dt

,

dq2 ¼ 1@12 .

(A.15)

In dem Punkt, in dem das Steueraufkommen maximal ist, muss der Gewinn der Grenzfirma gleich null sein. Im Optimum muss gelten: ~1 @p @q1

dq1 þ

~1 @p @t 1

dt 1 ¼ 0,

~2 @p @q2

dq2 þ

~2 @p @t 2

dt 2 ¼ 0.

(A.16)

pffiffiffi 452 Zum Beispiel ergeben sich für Nutzenfunktionen der Form uðxÞ ¼ lnðxÞ oder uðxÞ ¼ x 0 die Grenznutzen u ðxÞ ¼ 0. 453 Dies folgt aus der Ableitung der Gewinnfunktionen (5.1) nach den Investitionen und dem Steuersatz.

280

Anhang

Die Steuermehreinnahmen belaufen sich in jeder Gemeinde auf dt i = F =i . Diese müssen im Optimum den Kosten der Investitionsausweitung entsprechen. Unter Verwendung von (A.15) folgt das Ergebnis für die Investitionen: 0

0

dq1 =c ðq1 Þ ¼ dt 1 =F =1 1

() qV1 ¼ 2 =ð1 þ AÞ mit A ¼

dq2 =c ðq2 Þ ¼ dt 2 =F =2 () qV2 ¼

ð1@1Þ 2

=ð 1 @ A Þ

(A.17)

ð21 @ 1Þ þ 3DB und A 2 ½0; 1Þ. Die Steuersätze folgen aus dem 9w þ 21ð1 @ 1Þ @ 1

Gewinn der Grenzfirma: ~ 1 ¼ y þ w~ p h þ 1qV1 @ t 1 ¼ 0, ~ 2 ¼ y þ wð1 @ h ~Þ þ ð1 @ 1ÞqV2 @ t 2 ¼ 0. p

(A.18)

1 Die Bedingung w > ð212 þ 3DBÞ stellt positive Investitionen in Gemeinde 2 9 sicher. &

281

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

A2.4

Berücksichtigung von Firmengewinnen

Zur Berücksichtigung der Firmengewinne wird die Nutzenfunktion erweitert. Unter der Annahme, dass der Gewinn der Grenzfirma null ist, betragen die 1 aggregierten Gewinne in jeder Gemeinde w = F 2i . Aus analytischen Gründen 2 werden diese mit demselben Gewicht wie das öffentliche Konsumgut additiv in das Nutzenkalkül ein. Die Nutzenfunktion (ohne Finanzausgleichssystem) lautet dann: @ E Ew CC > U i ¼ u F i = 1 þ g 2 F i þ t i @ gcðqi Þ ,

(A.19)

Hieraus folgt:454

Ergebnis

A1:

Es

3 DB , w > 12 þ 8 2

seien

1 ð 1 @ AF Þ 2

g>w

und y + B1 þ w~ h þ 1qF1 @ tF1 , dann existiert ein eindeutiges Gleichgewicht mit positiven Investitionen, Steuersätzen und Konsumgütermengen in dem gilt: 3

3

qF1 ¼ 8 1=ð1 þ AF Þ, w

qF2 ¼ 8 ð1 @ 1Þ=ð1 @ AF Þ,

1

w

t F1 ¼ 2 =ð1 þ AF Þ @ g, 1

3

(A.20)

1

F F1 ¼ 2 =ð1 þ AF Þ, mit AF ¼ 16

1

t F2 ¼ 2 =ð1 @ AF Þ @ g, F F2 ¼ 2 =ð1 @ AF Þ, 8

21 @ 1 þ 3 DB und A 2 ½0; 1Þ für alle zulässigen Kombinationen w þ 21ð1 @ 1Þ @ 1

von 1 und w.

454 Der Lösungsweg entspricht demjenigen unter A2.2.

282

Anhang

Es lässt sich zeigen, dass AF > A, sodass qF1 > q=1 und t F2 < t=2 sowie F F1 > F =1 und F F2 < F =2 . Die Wirkungen auf den Steuersatz der Gemeinde 1 und auf die Investitionen in Gemeinde 2 sind abhängig von den Ausprägungen der Parameter w, 1 und DB. Im symmetrischen Gleichgewicht gilt eindeutig qF2 > q=2 und tF1 < t =1 . Koordinierte Steuer und Investitionserhöhung Eine koordinierte Erhöhung der Steuersätze und der Investitionen beeinflusst 1 (im asymmetrischen Gleichgewicht mit 1 > ) die Firmenallokation. Ein Teil 2 der Firmen siedelt infolge der Investitionsausweitung in Gemeinde 1 um. Das zusätzliche Steueraufkommen soll in beiden Gemeinden allein zur Finanzierung zusätzlicher Investitionen verwendet werden. Es muss also den Kosten der zusätzlichen Investitionen entsprechen: E 0 21@1C dt 1 F 1 þ 2w ¼ dq1 =c ðq1 Þ ()

dt 1 dq1

¼

ð

E 0 21@1C dt 2 F 1 @ 2w ¼ dq2 =c ðq2 Þ

Þ

3 F 4=w1 1þA wð1þAF Þþð21@1Þ

()

dt 2 dq2

¼

ð

Þ

3 F 4=wð1@1Þ 1@A wð1@AF Þ@ð21@1Þ

(A.21)

Der Gewinn einer Firma in Gemeinde i steigt infolge der koordinierten Steuererhöhung und Investitionsausweitung, wenn: @pi @qi

()

dt 1 dq1

0 ()

dt 2 dq2

@ð21 @ 1Þ. Die koordinierte Steuer- und Investitionserhöhung 4 bewirkt eine steigende Firmenallokation sowie eindeutig steigende Firmengewinne bei konstantem Angebot öffentlicher Konsumgüter. In Gemeinde 2 sinkt die Firmenanzahl, die Gewinne der verbliebenen Unternehmen steigen nur, 1 wð1 @ AF Þ > ð21 @ 1Þ. Dies ist nur gegeben, wenn der fiskalische 4

wenn

Wettbewerb nicht zu intensiv und die Asymmetrie nicht zu stark ausgeprägt ist. &

A2.5

Beweis von Proposition 5.3

Zusätzlich zu den Steuereinnahmen verfügen die Gemeinden über einen Pauschaltransfer Si. Es kann leicht gezeigt werden, dass Si ausschließlich zur Bereitstellung des Konsumguts verwendet wird, die Steuersätze und Investitionen bleiben hiervon unberührt. Das Verhältnis der Ausgaben für Konsum- und für Investitionsgüter ist gegeben durch g =1 q=1 g =2 q=2

¼

¼

ð

1

Þ

12

6S

1 3 wð1þAÞ@g @ 3 ð1þAÞþ1þA

ð

2ð1@1Þ

1

Þ

3 wð1@AÞ@g @

,

ð1@1Þ2 6S2 3 ð1@AÞþ1@A

2ð1@1Þ

(A.23) .

284

Anhang

Differentiation des Ausdrucks für Gemeinde 2 nach w zeigt: 0 / @

g =2 q=2

@w

¼

Wegen

ð

3ð1@AÞ@ 3w@

ð1@1Þ2 3

2ð1@1Þ

6S2 =

@A

@A þð1@A@w Þ=@w Þ 2

> 0.

(A.24)

@A < 0 und der Bedingung für w ist der Zähler positiv, solange Si aus@w

reichend klein ist. Mit zunehmendem Ausmaß des fiskalischen Wettbewerbs sinken der Steuersatz und die Firmenallokation in der Gemeinde. Das sinkende Steueraufkommen wird von den sinkenden Investitionskosten nicht kompensiert, sodass das Konsumniveau abnimmt. Der relative Rückgang der Investitionen ist geringer als der der Konsumausgaben, sodass das Verhältnis mit zunehmendem w steigt. Für große Werte von Si hingegen kann der relative Rückgang der Konsumausgaben geringer ausfallen und das Ausgabenverhältnis mit zunehmendem w abnehmen – mit zunehmendem Ausmaß des fiskalischen Wettbewerbs steigt dann der Anteil der Ausgaben für öffentlichen Konsum an den Gesamtausgaben. Gemeinde 2 verwendet einen größeren Teil ihres Steueraufkommens für öffentliche Investitionen als Gemeinde 1 wenn gilt: g =2 q=2

0 / 0 / g= 1ð1@1Þ 1ð1@1Þ 1 < q1= () ð21 @ 1Þ w þ 9 @ AA w @ 9 @ ð21 @ 1Þ= g < 0. 1

(A.25)

Die Ungleichung ist für den Minimalwert von w erfüllt. &

285

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

A2.6

Beweis von Proposition 5.4

Das Gleichgewicht mit Finanzausgleichssystem ist durch folgende Investitionen, Steuersätze und Firmenallokation charakterisiert (vgl. A2.2): qA1 ¼ 1

ð1@bÞ2 3@2b

=ð1 þ AA Þ,

1@b

1

t A1 ¼ w 1@2b =ð1 þ ð1 @ bÞð1 @ 2bÞAA Þ @ gð1@2bÞ, 1

F A1 ¼ 2 =ð1 þ ð1 @ bÞAA Þ, (A.26) qA2 ¼ ð1 @ 1Þ

ð1@bÞ2 3@2b

=ð1 @ AA Þ,

1@b

1

t A2 ¼ w 1@2b =ð1 @ ð1 @ bÞð1 @ 2bÞAA Þ @ gð1@2bÞ, 1

F A2 ¼ 2 =ð1 @ ð1 @ bÞAA Þ, AA ¼

mit

3@2b

ð21 @ 1Þð1 @ bÞ þ 1@b DB wð3 @ 2bÞ2 þ ð1 @ bÞð21ð1 @ 1Þ @ 1Þ

. 1 3 @ 2b 2 w> DB 21 ð1 @ bÞ þ 1@b ð3 @ 2bÞ2

g>

und

und

AA 2 ½0; 1Þ

für

tA2 > 0

für

1 . wð1 @ bÞð1 @ ð1 @ bÞð1 @ 2bÞAA Þ .

Mit Anwendung eines Finanzausgleichssystems, b 2

AA ¼

0;

1 , steigt der Wert von 2

3@2b

ð21 @ 1Þð1 @ bÞ þ 1@b DB eindeutig an.455 wð3 @ 2bÞ2 þ ð1 @ bÞð21ð1 @ 1Þ @ 1Þ

Im symmetrischen Gleichgewicht, in dem AA ¼ 0 gilt, sind wegen 455 Dies folgt aus AA @ A und Einsetzen des Minimalwertes für w.

286

Anhang

ð1 @ bÞ2 1 < die Investitionsniveaus eindeutig niedriger als ohne Finanzaus3 @ 2b 3 gleich. Die Steuersätze können höher oder niedriger sein. Es gilt:

@qA1 @b

¼ @21=

ð2@bÞð1@bÞ ð3@2bÞ2

@qA2 @b

< 0, @t Ai @b

¼

1 ð1@2bÞ2

¼ @2=ð1 @ 1Þ=

ð2@bÞð1@bÞ ð3@2bÞ2

0 / 2 = w@g .

Der Steuersatz steigt in beiden Gemeinden, wenn

Einsetzen des Minimalwertes für g, g ¼

< 0,

(A.27)

@tAi 2 > 0, also wenn w > . g @b

1 , zeigt, dass dies nicht gelten wð1 @ bÞ

muss: wð2b @ 1Þ > 0 ist für zulässige b und w nie erfüllt, der Steuersatz kann für niedrige Werte von g und w sinken. Einsetzen von g ¼

2 in den Steuersatz w

erzeugt den Spezialfall aus Hindriks et al. (2008), in dem sich der Internalisierungseffekt und der Abschöpfungseffekt ausgleichen. Die Steuersätze sind dann w unabhängig vom Finanzausgleich: tAi ¼ t =i ¼ . 2 Im asymmetrischen Gleichgewicht beschreibt der Umverteilungseffekt den Einfluss des Finanzausgleichs auf die Firmenallokation: @F A1 @b

0 / 1 @AA ¼ 2 ð1 @ bÞ @b @ AA ,

@F A2 @b

0 / @AA ¼ AA @ ð1 @ bÞ @b . 1 2

(A.28)

287

Mathematischer Anhang zum Modell in Kapitel 5

Die Reaktionen sind symmetrisch, Abwanderungen aus der einen Gemeinde bedeuten Zuwanderungen der anderen Gemeinde. Wir sprechen von einem positiven Umverteilungseffekt, wenn der Ausdruck für Gemeinde 1 positiv ist. Das ist der Fall wenn: @F A1 @b

1

¼2

.

ð

Þ

1

ð21@1Þð1@bÞ ðð1@bÞð1@21ð1@1ÞÞ@2wð3@2bÞÞþDB 2wð3@2bÞ2 @2 ðwð3@2bÞ2 þð1@bÞð21ð1@1Þ@1Þ2

Fall 1: DB ¼ 0, 1 > ð1 @ 21ð1 @ 1ÞÞ >

> 0:

(A.29)

1 2

2wð3@2bÞ ð1@bÞ

(A.30)

Die Ungleichung ist umso eher erfüllt, je geringer die Ausprägungen von w und b sind und je größer 1 ist. Für den Minimalwert von w ist sie nur erfüllt, wenn 212 =

1 @ 2b > 21 @ 1. 3 @ 2b

1 Fall 2: 1 ¼ , DB > 0 2 1

wð3 @ 2bÞ2 > 4

(A.31)

Die Ungleichung ist für den Minimalwert von w und für b ¼

1 erfüllt, sie gilt 2

daher immer. Zusammenfassend ist der Umverteilungseffekt umso eher positiv, je höher die Heterogenität ist, je geringer b ist und je geringer w ist. Im Sonderfall mit g ¼

2 reagiert Gemeinde 1 (Gemeinde 2) mit einem w

288

Anhang

höheren (niedrigeren) Steuersatz auf das Finanzausgleichssystem, wenn ð1 @ bÞ

@AA > 2 = AA . @b

Fall 1: DB ¼ 0, 1 > ð1 @ 21ð1 @ 1ÞÞ >

1 2

wð3@2bÞð5@2bÞ 2ð1@bÞ

(A.32)

Die Ungleichung ist umso eher erfüllt, je geringer die Ausprägungen von w und b sind und je größer 1 ist. Für den Minimalwert von w ist sie nur erfüllt, wenn 12 =

1 @ 2b > 21 @ 1. 3 @ 2b

1 Fall 2: 1 ¼ , DB > 0 2 wð3@2bÞ2 ð1@bÞ2

(A.33)

0.

Die Gesamtänderung ist nur positiv, wenn b ausreichend niedrig ist (& 0; 1853). Im asymmetrischen Gleichgewicht ist die Änderung des Konsumgüterniveaus vom Umverteilungseffekt sowie von den Änderungen der Steuersätze und der Investitionsvolumina abhängig. Das Vorzeichen der Änderung ist daher von den Parameterwerten abhängig: @g Ai @b

¼

@F Ai @b

@t A

=tA1 þ F Ai = @bi @ qAi =

@qAi @b

.

(A.36) &

290

Anhang

A3

Anhang zum Modell in Kapitel 7

A3.1

Partielle Ableitungen der Grenzbelastungen des kommunalen Finanzausgleichs

Nicht-abundante Gemeinden

@MTRGew i @^t

E C C 1E ¼ ti vð1 @ ai Þ 1 @ kj þ kj > 0 E C C 1 E ¼ ti vð1 @ ai Þ 1 @ kj þ kj > 0

@MTRGr i

b

@t

@MTRGew i @s

¼

@MTRGew i @v

¼

ð^t @sÞ ti

ð1 @ vð1 @ ai ÞÞ > 0

E C ð1 @ ai Þ 1 @ kj > 0 E

¼ ti ð1 @ ai Þ 1 @ kj

C

E C ¼ ð1 @ ai Þ 1 @ kj > 0

@MTRGew i @kj @MTRGr i @kj

ti

bt

@MTRGr i @v @MTREi @v

ð1@kj Þ

¼

ð^t @sÞ ti

ð1 @ vð1 @ ai ÞÞ > 0

bt ¼ ti ð1 @ vð1 @ ai ÞÞ > 0

(A.37)

Anhang zum Modell in Kapitel 7

291

Abundante Gemeinden @MTRGew x @^t

E C C 1 E ¼ tx vð1 @ ax Þ 1 @ kj þ kj > 0 E C C 1 E ¼ tx vð1 @ ax Þ 1 @ kj þ kj > 0

@MTRGr x

b

@t

@MTRGew x @s

¼

@MTRGew x @v

¼

@MTREx @kj

A3.2

ð^t @sÞ tx

ð1 @ vð1 @ ax ÞÞ > 0

E C ð1 @ ax Þ 1 @ kj > 0 (A.38)

E C ¼ ð1 @ ax Þ 1 @ kj > 0

@MTRGew x @kj @MTRGr x @kj

tx

E C bt ¼ tx ð1 @ ax Þ 1 @ kj

@MTRGr x @v @MTREx @v

ð1@kj Þ

¼

ð^t @sÞ tx

ð1 @ vð1 @ ax ÞÞ > 0

bt ¼ tx ð1 @ vð1 @ ax ÞÞ > 0 ¼ ð1 @ vð1 @ ax ÞÞ > 0

Berücksichtigung einer Finanzausgleichsumlage für abundante Gemeinden

Die folgende Modellierung orientiert sich an den gesetzlichen Bestimmungen der bis 2017 in Nordrhein-Westfalen erhobenen Solidaritätsumlage. In Nordrhein-Westfalen war ab 2014 die »Solidaritätsumlage« Teil eines (bis 2020 befristeten) Hilfspakets (sog. Stärkungspakt Stadtfinanzen) für in Finanzie( rungsnöte geratene Gemeinden. Der Gesamtbetrag der Solidaritätsumlage, A,

der den am Stärkungspakt teilnehmenden Gemeinden zufloss, wurde per Gesetz festgelegt. Zur Erbringung dieses Betrags wurden Gemeinden herangezogen, die im betreffenden Jahr und in mindestens zwei der vier vorangegangenen Jahre keine Schlüsselzuweisungen erhielten (»nachhaltige Abundanz«). Die im Sommer 2017 gewählte Landesregierung hat die Solidaritätsumlage mit Verabschiedung des Gemeindefinanzierungsgesetzes im Dezember 2017 abgeschafft. Die Umlage beeinflusste die Wirkungen des Finanzausgleichs nur für die umlagepflichtigen Gemeinden. Denn zum einen kam sie nur den am Stär-

292

Anhang

kungspakt teilnehmenden Gemeinden zugute und veränderte die Schlüsselmasse für die übrigen, zuweisungsberechtigten Gemeinden nicht. Zum anderen wurde die Umlage nicht bei der Bemessung der Kreisumlage berücksichtigt und beeinträchtigte daher die Kreisumlagesätze nicht. Die Wirkung des Finanzausgleichs auf die nicht-abundanten Gemeinden entspricht daher den in Abschnitt 7.2.1 dargestellten Mechanismen. Die Anzahl der abundanten Gemeinden werde mit X ¼ 1; . . . ; x bezeichnet. An der Erhebung der Solidaritätsumlage werden die Gemeinden entsprechend des Überschusses ihrer Steuerkraftmesszahl über ihren Finanzbedarf (Ausgangsmesszahl) beteiligt. Der Teil b (Umlagesatz) dieses Überschusses wird abgeschöpft. Der Umlagesatz ergibt sich aus dem Quotienten Betrags der Soli( und der Steuerkraftüberschüsse der abundanten Gemeinden: daritätsumlage A (A.39)

( A

b ¼ P ðS @1H Þ : x

x

x

Der einheitliche Grundbetrag, der zur Ermittlung des Finanzbedarfs bereits ermittelt wurde, kann dem Vorgehen oben entsprechend formuliert werden: 1¼

(A.40)

(S@A=b ( ( H

wobei

: X x

( hx N x ¼ H,

X

Sx ¼ (S.

x

Die Abgabe Ax beträgt ( @ bðax (S @ Sx Þ: Ax ¼ b=ðSx @ 1H x Þ ¼ ax A

(A.41)

Jede abundante Gemeinde ist zur Zahlung einer Umlage in Höhe der durchschnittlichen Umlage pro Kopf (unter Berücksichtigung der Einwohnerverede( Dieser Betrag erhöht (vermindert) sich in dem Maße, wie lung) verpflichtet, ax A. die eigene Steuerkraft diejenige übersteigt (unterschreitet), die die Gemeinde erreichen würde, wenn ihre Steuerkraft dem Durchschnitt je Einwohner aller abundanten Gemeinden entspräche. Die Gemeinde x verfügt über das Budget Gx ¼ T x @ U x þ Ex @ Ax @ K xj zur Bereitstellung öffentlicher Güter. Es folgt

(A.42)

Anhang zum Modell in Kapitel 7

h i s ð^t @sÞ ð^t @sÞ Gx ¼ T Gew x = 1 @ t x @ t x bð1 @ ax Þ @ kj t x + * bt bt Gr þT x = 1 @ tx bð1 @ ax Þ @ kj tx @ > þEx = 1 @ bð1 @ ax Þ @ kj

293

(A.43)

( Þ: þax ðbS@x @ A Gleichung (A.43) fasst die Effekte des kommunalen Finanzausgleichs auf Änderungen des Steueraufkommens in den abundanten Gemeinden zusammen. Für die Grenzbelastungen folgt: s

MTRGew ¼ tx þ x

ð^t @s Þ tx

E

C bð1 @ ax Þ þ kj ;

(A.44)

C bt E MTRGr x ¼ tx bð1 @ ax Þ þ kj ;

(A.45)

MTREx ¼ bð1 @ ax Þ þ kj :

(A.46)

Sie unterscheiden sich von den Grenzbelastungen der zuweisungsberechtigten Gemeinden in zwei Eigenschaften: erstens führt eine höhere Steuerkraft zu einer höheren Solidaritätsumlage anstelle einer niedrigeren Schlüsselzuweisung, zweitens steigt die Kreisumlage direkt mit der Steuerkraft; der gegenläufige indirekte Effekt der Zuweisungen auf die Kreisumlage tritt hier nicht auf, weil die Solidaritätsumlage nicht Teil der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage ist. Der Ausdruck in der letzten Zeile der Gleichung (A.43) fasst die Wirkungen zusammen, die von Veränderungen des Gesamtbetrags der Solidaritätsumlage und der summierten Steuerkraft aller übrigen abundanten Gemeinden auf die Einnahmen der Gemeinde x ausgehen. Ein Vergleich der Grenzbelastungen zweier Gemeinden, von denen die eine Schlüsselzuweisungen erhält und die andere abundant ist, und die in der Bevölkerungsgröße und ihren Hebesätzen identisch sind (ai ¼ ax ; t i ¼ tx ; ti ¼ tx ), zeigt, dass die Grenzsteuersätze der zuweisungsberechtigten Gemeinde i denen in der abundanten Gemeinde x entsprechen, wenn gilt: E C b ¼ v 1 @ kj :

(A.47)

Wenn diese Gleichung erfüllt ist, entspricht der Effekt einer Änderung der Steuerkraft auf die Solidaritätsumlage in der Gemeinde x dem direkten Effekt auf die Schlüsselzuweisung und dem indirekten Effekt der Schlüsselzuweisung

294

Anhang

auf die Kreisumlage in Gemeinde i. Der Umlagesatz in Nordrhein-Westfalen betrug 2017 9,86 Prozent und der Faktor, mit dem Unterschiede zwischen Finanzbedarf und Steuerkraft ausgeglichen wurden, betrug 90 Prozent. Zur Erfüllung der Gleichung (A.47) müsste die Kreisumlage daher 89,05 Prozent betragen. Der höchste Kreisumlagesatz betrug 2017 in Nordrhein-Westfalen 48,7 Prozent im Ennepe-Ruhr-Kreis. Die Grenzbelastungen sind demzufolge in den nicht-abundanten Gemeinden deutlich höher. Die partiellen Ableitungen Grenzbelastungen nach dem Hebesatz für die Gewerbesteuer bzw. die Grundsteuer zeigen den Einfluss der Politikparameter auf die Grenzbelastungen: @MTRGew x @t x

s

¼ @ t2x @

@MTRGr x @tx

ð^t @s Þ t 2x

b ð1 @ a x Þ @ k j

ð^t @sÞ t 2x

bt bt ¼ @ t2x bð1 @ ax Þ @ kj t2x < 0:

< 0;

(A.48) (A.49)

Die Ableitungen verdeutlichen die Effekte, die ein marginal höherer Hebesatz auf die Grenzbelastung der Gemeinde bei einer Erhöhung des jeweiligen Bruttosteueraufkommens hätte, wenn alle anderen Größen konstant gehalten werden. Die Interpretation entspricht der obigen für zuweisungsberechtigte Gemeinden, jedoch fehlt der indirekte Effekt der Schlüsselzuweisungen auf die Kreisumlage: ein höherer Hebesatz bedeutet eine niedrigere Gewerbesteuerumlage und eine sinkende fiktive Steuerkraft. Diese bewirkt sinkende Kreis- und Solidaritätsumlagen. Für die Grundsteuer ergibt sich ein ebensolcher Zusammenhang (ohne den Effekte der Steuerumlage). Die partiellen Ableitungen der Grenzbelastungen nach der Bevölkerungsgröße sind negativ. Gemeinden mit einem größeren Bevölkerungsanteil an der Gesamtbevölkerung erhalten ceteris paribus einen höheren Nettotransfer : @MTRGew x @N x @MTRGr i @N x

¼ @b

ð^t @s Þ tx

( x N x @H ðhx N x þhx ÞH@h @N (

0

=

x

(2 H

< 0;

( x N x @H bt ðh N x þhx ÞH@h @N ¼ @b t2x = x < 0; (2 H

@MTREi @N x

(

0

x

( x N x @H ðhx N x þhx ÞH@h @N (

0

¼ @b=

(2 H

x

< 0:

(A.50) (A.51) (A.52)

Darüber hinaus zeigt ein Vergleich der partiellen Ableitungen zweier Gemeinden mit der gleichen Bevölkerungsgröße und identischen Hebesätzen von denen die eine Zuweisungen erhält und die andere abundant ist, dass nicht-abundante Gemeinden durch ihre Hebesatzpolitik einen deutlich stärkeren Einfluss auf die

Anhang zum Modell in Kapitel 7

295

Grenzbelastung ausüben können. Die Einflussmöglichkeiten sind in beiden Gemeinden gleich groß, wenn Gleichung (A.47) Gültigkeit besitzt.

A3.3

Grenzbelastungen der Gemeinden

Siehe nachfolgende Tabelle A 9–2.

Tabelle A-9–2: Grenzbelastungen des Gemeindefinanzsystems für die nordrhein-westfälischen Kommunen Gemeinde MTRGew MTRGr MTREi Gemeinde i i Aachen, krfr. Stadt 83,09 % 76,47 % 93,59 % Alfter Bielefeld, krfr. Stadt 79,49 % 62,15 % 89,82 % Alpen Bochum, krfr. Stadt 76,92 % 59,58 % 89,58 % Alsdorf, Stadt Bonn, krfr. Stadt 77,94 % 56,73 % 89,91 % Altena, Stadt Bottrop, krfr. Stadt 78,78 % 66,24 % 91,10 % Altenbeken Dortmund, krfr. Stadt 77,45 % 61,96 % 88,11 % Altenberge Duisburg, krfr. Stadt 72,65 % 44,52 % 88,73 % Anröchte Düsseldorf, krfr. Stadt 28,97 % 16,38 % 16,80 % Arnsberg, Stadt Essen, krfr. Stadt 78,28 % 56,44 % 88,15 % Ascheberg Gelsenkirchen, krfr. Stadt 79,81 % 71,04 % 90,25 % Attendorn, Stadt Hagen, krfr. Stadt 73,97 % 51,88 % 90,70 % Augustdorf Hamm, krfr. Stadt 82,76 % 64,89 % 90,75 % Bad Berleburg, Stadt Herne, krfr. Stadt 80,27 % 64,98 % 90,89 % Bad Driburg, Stadt Köln, krfr. Stadt 76,89 % 70,91 % 85,12 % Bad Honnef, Stadt Krefeld, krfr. Stadt 79,97 % 72,83 % 90,48 % Bad Laasphe, Stadt Leverkusen, krfr. Stadt 81,07 % 59,95 % 90,83 % Bad Lippspringe, Stadt Mönchengladbach, krfr. Stadt 78,19 % 62,46 % 90,27 % Bad Münstereifel, Stadt Mülheim an der Ruhr, krfr. Stadt 74,04 % 60,87 % 90,80 % Bad Oeynhausen, Stadt Münster, krfr. Stadt 83,07 % 75,69 % 89,98 % Bad Salzuflen, Stadt Oberhausen, krfr. Stadt 69,84 % 60,70 % 90,55 % Bad Sassendorf Remscheid, krfr. Stadt 78,81 % 49,87 % 91,13 % Bad Wünnenberg, Stadt Solingen, krfr. Stadt 81,11 % 66,08 % 90,88 % Baesweiler, Stadt Wuppertal, krfr. Stadt 77,81 % 62,09 % 89,73 % Balve, Stadt Ahaus, Stadt 40,58 % 28,80 % 28,80 % Barntrup, Stadt Ahlen, Stadt 88,79 % 71,66 % 93,71 % Beckum, Stadt Aldenhoven 83,66 % 47,75 % 94,61 % Bedburg, Stadt MTRGew i 84,87 % 51,81 % 80,24 % 83,00 % 96,37 % 44,69 % 88,44 % 86,09 % 91,68 % 51,50 % 95,20 % 79,98 % 89,64 % 45,87 % 79,99 % 98,27 % 82,23 % 91,45 % 89,10 % 95,01 % 50,11 % 94,62 % 83,02 % 90,22 % 93,02 % 80,25 %

MTRGr i 73,66 % 42,25 % 58,21 % 44,63 % 93,77 % 34,23 % 77,57 % 76,87 % 79,96 % 52,61 % 94,24 % 81,41 % 90,14 % 30,19 % 81,43 % 105,81 % 71,70 % 83,75 % 65,11 % 81,49 % 40,22 % 94,15 % 67,70 % 87,90 % 92,48 % 68,58 %

MTREi 93,58 % 42,25 % 94,31 % 94,66 % 93,99 % 32,95 % 94,03 % 93,72 % 93,19 % 38,63 % 94,24 % 93,94 % 93,51 % 36,59 % 93,96 % 93,97 % 93,59 % 93,70 % 94,10 % 94,03 % 40,22 % 94,37 % 94,68 % 94,25 % 93,77 % 94,32 %

296 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde Bedburg-Hau Beelen Bergheim, Stadt Bergisch Gladbach, Stadt Bergkamen, Stadt Bergneustadt, Stadt Bestwig Beverungen, Stadt Billerbeck, Stadt Blankenheim Blomberg, Stadt Bocholt, Stadt Bönen Borchen Borgentreich, Stadt Borgholzhausen, Stadt Borken, Stadt Bornheim, Stadt Brakel, Stadt Breckerfeld, Stadt Brilon, Stadt Brüggen Brühl, Stadt Bünde, Stadt Burbach Büren, Stadt MTRGew i 94,26 % 49,60 % 79,36 % 85,84 % 82,90 % 86,14 % 86,26 % 95,05 % 41,33 % 92,67 % 50,05 % 85,41 % 83,84 % 97,79 % 95,06 % 47,21 % 93,92 % 81,31 % 94,59 % 86,61 % 47,80 % 95,03 % 92,32 % 95,41 % 48,42 % 95,41 %

MTRGr i 93,12 % 40,41 % 67,35 % 73,71 % 60,52 % 42,06 % 85,38 % 93,52 % 33,12 % 89,25 % 37,04 % 63,05 % 51,38 % 99,55 % 94,87 % 36,74 % 87,23 % 80,22 % 93,51 % 72,51 % 35,55 % 94,04 % 67,39 % 91,60 % 39,91 % 95,29 %

MTREi 93,12 % 38,90 % 94,20 % 93,65 % 94,52 % 94,03 % 93,94 % 93,52 % 32,43 % 93,62 % 42,74 % 92,58 % 94,62 % 93,98 % 93,54 % 36,74 % 92,72 % 93,49 % 93,51 % 94,65 % 39,78 % 94,04 % 94,25 % 93,95 % 40,00 % 93,95 % Gemeinde Burscheid, Stadt Castrop-Rauxel, Stadt Coesfeld, Stadt Dahlem Datteln, Stadt Delbrück, Stadt Detmold, Stadt Dinslaken, Stadt Dörentrup Dormagen, Stadt Dorsten, Stadt Drensteinfurt, Stadt Drolshagen, Stadt Dülmen, Stadt Düren, Stadt Eitorf Elsdorf, Stadt Emmerich am Rhein, Stadt Emsdetten, Stadt Engelskirchen Enger, Stadt Ennepetal, Stadt Ennigerloh, Stadt Ense Erftstadt, Stadt Erkelenz, Stadt

MTRGew i 89,00 % 79,26 % 87,34 % 94,69 % 82,66 % 50,35 % 88,84 % 86,11 % 89,82 % 87,92 % 80,05 % 94,86 % 43,66 % 90,32 % 88,31 % 83,63 % 76,40 % 92,43 % 87,38 % 42,01 % 89,04 % 52,10 % 92,63 % 50,45 % 76,33 % 94,28 %

MTRGr i 83,99 % 48,90 % 72,63 % 93,63 % 48,98 % 40,79 % 73,34 % 80,97 % 89,06 % 92,57 % 51,72 % 93,84 % 30,30 % 80,66 % 68,62 % 75,62 % 63,23 % 90,73 % 80,74 % 30,15 % 95,37 % 41,40 % 76,09 % 38,48 % 68,52 % 95,97 %

MTREi 93,98 % 94,05 % 93,11 % 93,63 % 94,18 % 40,22 % 94,03 % 94,00 % 94,25 % 93,86 % 94,04 % 93,84 % 38,63 % 93,07 % 94,37 % 93,60 % 94,33 % 93,06 % 93,16 % 40,90 % 94,03 % 46,80 % 93,83 % 40,63 % 94,23 % 93,96 %

Anhang zum Modell in Kapitel 7

297

((Fortsetzung)) Gemeinde Erkrath, Stadt Erndtebrück Erwitte, Stadt Eschweiler, Stadt Eslohe (Sauerland) Espelkamp, Stadt Euskirchen, Stadt Everswinkel Extertal Finnentrop Frechen, Stadt Freudenberg, Stadt Fröndenberg / Ruhr, Stadt Gangelt Geilenkirchen, Stadt Geldern, Stadt Gescher, Stadt Geseke, Stadt Gevelsberg, Stadt Gladbeck, Stadt Goch, Stadt Grefrath Greven, Stadt Grevenbroich, Stadt Gronau (Westf.), Stadt Gummersbach, Stadt MTRGew i 93,94 % 48,99 % 46,75 % 81,04 % 88,98 % 50,55 % 82,99 % 49,25 % 81,85 % 94,83 % 49,29 % 47,32 % 86,57 % 95,27 % 94,78 % 94,20 % 88,29 % 92,77 % 81,26 % 80,06 % 93,52 % 87,09 % 86,42 % 46,85 % 40,58 % 86,05 %

MTRGr i 95,56 % 38,13 % 33,58 % 77,78 % 89,76 % 39,26 % 80,82 % 39,45 % 81,67 % 91,05 % 44,85 % 26,40 % 66,54 % 91,71 % 82,99 % 93,05 % 87,70 % 77,55 % 58,39 % 58,47 % 80,15 % 90,66 % 74,01 % 36,80 % 28,80 % 77,49 %

MTREi 93,55 % 40,00 % 40,63 % 94,28 % 93,95 % 38,71 % 93,45 % 38,90 % 94,24 % 93,81 % 43,91 % 40,00 % 94,61 % 94,06 % 94,01 % 93,05 % 92,82 % 94,00 % 94,59 % 94,05 % 93,05 % 94,04 % 93,16 % 40,75 % 28,80 % 93,92 % Gemeinde Gütersloh, Stadt Haan, Stadt Halle (Westf.), Stadt Hallenberg, Stadt Haltern am See, Stadt Halver, Stadt Hamminkeln, Stadt Harsewinkel, Stadt Hattingen, Stadt Havixbeck Heek Heiden Heiligenhaus, Stadt Heimbach, Stadt Heinsberg, Stadt Hellenthal Hemer, Stadt Hennef (Sieg), Stadt Herdecke, Stadt Herford, Stadt Herscheid Herten, Stadt Herzebrock-Clarholz Herzogenrath, Stadt Hiddenhausen Hilchenbach, Stadt

MTRGew i 47,90 % 47,03 % 48,85 % 47,14 % 79,35 % 94,19 % 87,75 % 53,20 % 78,02 % 90,42 % 40,58 % 94,03 % 83,11 % 72,42 % 91,88 % 86,77 % 82,97 % 82,16 % 81,28 % 92,02 % 52,94 % 82,59 % 51,80 % 81,90 % 91,09 % 47,32 %

MTRGr i 41,37 % 36,73 % 41,37 % 38,79 % 48,97 % 94,44 % 62,13 % 60,62 % 46,34 % 68,82 % 28,80 % 92,85 % 59,06 % 64,44 % 80,62 % 78,75 % 59,69 % 66,85 % 59,26 % 91,53 % 36,75 % 50,78 % 47,76 % 79,33 % 82,33 % 36,13 %

MTREi 36,74 % 37,07 % 36,74 % 39,78 % 94,18 % 94,67 % 94,14 % 36,74 % 94,52 % 93,20 % 28,80 % 92,85 % 93,62 % 94,64 % 93,97 % 93,62 % 94,61 % 93,49 % 94,62 % 93,87 % 47,11 % 94,10 % 36,74 % 94,31 % 94,04 % 40,00 %

298 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde Hilden, Stadt Hille Holzwickede Hopsten Horn-Bad Meinberg, Stadt Hörstel, Stadt Horstmar, Stadt Hövelhof Höxter, Stadt Hückelhoven, Stadt Hückeswagen, Stadt Hüllhorst Hünxe Hürtgenwald Hürth, Stadt Ibbenbüren, Stadt Inden Iserlohn, Stadt Isselburg, Stadt Issum Jüchen Jülich, Stadt Kaarst, Stadt Kalkar, Stadt Kall Kalletal MTRGew i 49,50 % 94,84 % 86,58 % 94,38 % 94,95 % 94,80 % 88,45 % 50,84 % 90,63 % 94,97 % 84,31 % 48,85 % 42,36 % 85,65 % 46,21 % 91,39 % 81,29 % 82,83 % 94,02 % 92,93 % 88,03 % 77,59 % 47,48 % 94,26 % 76,65 % 89,60 %

MTRGr i 33,13 % 91,27 % 72,49 % 91,98 % 69,69 % 94,55 % 67,82 % 41,78 % 87,93 % 93,97 % 64,04 % 38,71 % 30,21 % 51,65 % 39,24 % 89,15 % 88,25 % 81,66 % 94,16 % 96,04 % 91,65 % 75,82 % 39,73 % 93,12 % 72,36 % 90,64 %

MTREi 37,07 % 93,82 % 94,62 % 93,27 % 94,22 % 93,22 % 93,27 % 40,22 % 93,46 % 93,97 % 94,04 % 38,71 % 42,25 % 94,62 % 43,91 % 93,10 % 94,63 % 94,41 % 92,84 % 93,13 % 94,00 % 94,55 % 40,75 % 93,12 % 93,61 % 94,23 % Gemeinde Kamen, Stadt Kamp-Lintfort, Stadt Kempen, Stadt Kerken Kerpen, Stadt Kevelaer, Stadt Kierspe, Stadt Kirchhundem Kirchlengern Kleve, Stadt Königswinter, Stadt Korschenbroich, Stadt Kranenburg Kreuzau Kreuztal, Stadt Kürten Ladbergen Laer Lage, Stadt Langenberg Langenfeld (Rhld.), Stadt Langerwehe Legden Leichlingen (Rhld.), Stadt Lemgo, Stadt Lengerich, Stadt

MTRGew i 84,68 % 88,11 % 48,03 % 95,64 % 79,35 % 94,67 % 92,66 % 89,89 % 47,88 % 94,14 % 83,92 % 46,85 % 94,27 % 85,82 % 49,57 % 82,51 % 92,61 % 86,88 % 94,90 % 97,99 % 55,00 % 80,78 % 87,53 % 88,97 % 92,24 % 43,22 %

MTRGr i 69,92 % 85,90 % 39,88 % 94,45 % 67,34 % 86,79 % 84,61 % 71,88 % 40,99 % 84,69 % 82,72 % 36,42 % 93,13 % 86,53 % 37,30 % 67,19 % 93,05 % 61,56 % 94,16 % 93,65 % 41,85 % 72,48 % 86,97 % 73,28 % 84,14 % 32,13 %

MTREi 94,54 % 94,11 % 40,90 % 93,13 % 94,19 % 93,07 % 94,67 % 93,82 % 40,99 % 92,98 % 93,52 % 40,75 % 93,13 % 94,60 % 40,00 % 93,97 % 93,27 % 93,27 % 94,16 % 93,65 % 37,07 % 94,61 % 92,85 % 93,95 % 94,15 % 32,95 %

Anhang zum Modell in Kapitel 7

299

((Fortsetzung)) Gemeinde Lennestadt, Stadt Leopoldshöhe Lichtenau, Stadt Lienen Lindlar Linnich, Stadt Lippetal Lippstadt, Stadt Lohmar, Stadt Löhne, Stadt Lotte Lübbecke, Stadt Lüdenscheid, Stadt Lüdinghausen, Stadt Lügde, Stadt Lünen, Stadt Marienheide Marienmünster, Stadt Marl, Stadt Marsberg, Stadt Mechernich, Stadt Meckenheim, Stadt Medebach, Stadt Meerbusch, Stadt Meinerzhagen, Stadt Menden (Sauerland), Stadt MTRGew i 89,85 % 88,20 % 91,90 % 94,38 % 83,41 % 88,50 % 95,01 % 89,90 % 40,48 % 91,88 % 93,69 % 94,81 % 84,64 % 85,48 % 92,75 % 81,13 % 80,87 % 96,00 % 74,75 % 85,31 % 79,23 % 41,33 % 47,14 % 46,85 % 51,77 % 86,53 %

MTRGr i 87,84 % 82,49 % 87,09 % 93,26 % 70,76 % 82,83 % 94,03 % 87,51 % 26,61 % 82,27 % 96,86 % 93,78 % 64,34 % 86,88 % 83,36 % 53,29 % 54,89 % 97,18 % 51,05 % 83,24 % 67,45 % 31,33 % 37,92 % 39,73 % 35,15 % 68,17 %

MTREi 93,78 % 94,22 % 93,99 % 93,26 % 94,02 % 94,61 % 94,03 % 93,83 % 36,59 % 93,97 % 93,24 % 93,78 % 94,49 % 93,16 % 94,24 % 94,40 % 94,05 % 93,55 % 94,01 % 93,91 % 93,55 % 36,59 % 39,78 % 40,75 % 47,11 % 94,55 % Gemeinde Merzenich Meschede, Stadt Metelen Mettingen Mettmann, Stadt Minden, Stadt Moers, Stadt Möhnesee Monheim am Rhein, Stadt Monschau, Stadt Morsbach Much Nachrodt-Wiblingwerde Netphen, Stadt Nettersheim Nettetal, Stadt Neuenkirchen Neuenrade, Stadt Neukirchen-Vluyn, Stadt Neunkirchen Neunkirchen-Seelscheid Neuss, Stadt Nideggen, Stadt Niederkassel, Stadt Niederkrüchten Niederzier

MTRGew i 95,51 % 47,69 % 89,05 % 92,59 % 90,72 % 88,29 % 82,43 % 94,11 % 74,72 % 49,79 % 46,96 % 87,73 % 83,03 % 88,96 % 91,18 % 96,58 % 98,37 % 51,77 % 86,22 % 48,99 % 80,72 % 46,33 % 88,51 % 87,66 % 94,35 % 53,67 %

MTRGr i 94,62 % 39,69 % 80,84 % 82,49 % 89,21 % 87,28 % 54,42 % 95,36 % 41,31 % 29,63 % 35,45 % 80,32 % 56,42 % 87,60 % 89,25 % 97,12 % 105,27 % 33,68 % 85,93 % 36,13 % 67,37 % 35,32 % 47,76 % 66,87 % 89,65 % 46,38 %

MTREi 94,62 % 39,78 % 93,27 % 93,25 % 93,58 % 93,58 % 93,87 % 94,03 % 37,07 % 44,56 % 40,90 % 93,61 % 94,69 % 93,93 % 93,62 % 93,95 % 93,25 % 47,11 % 94,14 % 40,00 % 93,59 % 40,75 % 94,62 % 93,53 % 94,04 % 46,49 %

300 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde Nieheim, Stadt Nordkirchen Nordwalde Nörvenich Nottuln Nümbrecht Ochtrup, Stadt Odenthal Oelde, Stadt Oer-Erkenschwick, Stadt Oerlinghausen, Stadt Olfen, Stadt Olpe, Stadt Olsberg, Stadt Ostbevern Overath, Stadt Paderborn, Stadt Petershagen, Stadt Plettenberg, Stadt Porta Westfalica, Stadt Preußisch Oldendorf, Stadt Pulheim, Stadt Radevormwald, Stadt Raesfeld Rahden, Stadt Ratingen, Stadt MTRGew i 94,62 % 87,41 % 92,60 % 81,28 % 91,45 % 83,60 % 95,96 % 49,41 % 49,60 % 80,98 % 89,19 % 95,93 % 48,78 % 45,09 % 94,87 % 85,15 % 94,57 % 93,47 % 51,77 % 44,28 % 94,85 % 51,58 % 44,96 % 94,02 % 95,30 % 49,50 %

MTRGr i 77,78 % 74,05 % 84,23 % 58,83 % 67,75 % 90,86 % 97,07 % 32,07 % 33,11 % 48,98 % 78,49 % 97,52 % 37,75 % 35,11 % 93,86 % 47,42 % 93,49 % 67,06 % 34,25 % 28,15 % 63,89 % 44,85 % 37,33 % 92,84 % 95,15 % 37,60 %

MTREi 93,55 % 93,21 % 93,26 % 94,62 % 93,17 % 94,04 % 93,23 % 40,37 % 38,90 % 94,20 % 94,22 % 93,20 % 38,63 % 39,78 % 93,86 % 93,95 % 93,49 % 93,78 % 47,11 % 38,71 % 93,83 % 43,91 % 40,90 % 92,84 % 93,82 % 37,07 % Gemeinde Recke Recklinghausen, Stadt Rees, Stadt Reichshof Reken Rheda-Wiedenbrück, Stadt Rhede, Stadt Rheinbach, Stadt Rheinberg, Stadt Rheine, Stadt Rheurdt Rietberg, Stadt Rödinghausen Roetgen Rommerskirchen Rosendahl Rösrath, Stadt Ruppichteroth Rüthen, Stadt Saerbeck Salzkotten, Stadt Sankt Augustin, Stadt Sassenberg, Stadt Schalksmühle Schermbeck Schieder-Schwalenberg, Stadt

MTRGew i 93,25 % 77,60 % 94,24 % 44,96 % 42,31 % 48,85 % 94,00 % 41,25 % 46,96 % 91,32 % 94,28 % 47,55 % 47,78 % 45,73 % 46,85 % 84,59 % 82,49 % 87,74 % 89,04 % 87,46 % 96,33 % 82,14 % 94,86 % 51,54 % 91,63 % 94,97 %

MTRGr i 81,98 % 61,97 % 93,09 % 31,90 % 34,32 % 37,26 % 63,70 % 31,33 % 40,28 % 66,50 % 93,15 % 37,09 % 37,82 % 33,53 % 37,60 % 78,40 % 68,31 % 83,68 % 89,64 % 81,66 % 95,28 % 87,16 % 87,52 % 35,15 % 92,88 % 73,51 %

MTREi 93,25 % 93,90 % 93,09 % 40,90 % 28,80 % 36,74 % 92,81 % 36,59 % 42,25 % 93,01 % 93,15 % 36,74 % 40,99 % 44,56 % 40,75 % 93,20 % 93,95 % 93,62 % 94,03 % 93,27 % 93,94 % 93,46 % 93,84 % 47,11 % 94,18 % 94,25 %

Anhang zum Modell in Kapitel 7

301

((Fortsetzung)) Gemeinde Schlangen Schleiden, Stadt Schloß Holte-Stukenbrock, Stadt Schmallenberg, Stadt Schöppingen Schwalmtal Schwelm, Stadt Schwerte, Stadt Selfkant Selm, Stadt Senden Sendenhorst, Stadt Siegburg, Stadt Siegen, Stadt Simmerath Soest, Stadt Sonsbeck Spenge, Stadt Sprockhövel, Stadt Stadtlohn, Stadt Steinfurt, Stadt Steinhagen Steinheim, Stadt Stemwede Stolberg (Rhld.), Stadt Straelen, Stadt MTRGew i 91,26 % 80,56 % 53,20 % 95,59 % 41,17 % 94,34 % 80,44 % 81,21 % 94,37 % 90,50 % 91,45 % 49,01 % 76,59 % 81,42 % 89,34 % 92,04 % 96,55 % 94,36 % 49,33 % 40,58 % 91,88 % 47,21 % 95,05 % 94,85 % 80,22 % 53,54 %

MTRGr i 84,94 % 57,78 % 56,29 % 95,68 % 29,92 % 84,04 % 54,69 % 51,99 % 76,14 % 49,19 % 86,89 % 37,08 % 50,79 % 76,52 % 82,66 % 88,54 % 97,85 % 62,07 % 27,50 % 28,80 % 70,25 % 41,48 % 94,85 % 85,10 % 67,98 % 39,43 %

MTREi 94,25 % 93,60 % 36,74 % 93,89 % 28,80 % 94,03 % 94,60 % 94,53 % 94,07 % 94,59 % 93,17 % 38,90 % 93,52 % 93,64 % 94,41 % 93,91 % 94,20 % 94,05 % 46,80 % 28,80 % 93,17 % 36,74 % 93,53 % 93,83 % 94,28 % 31,71 % Gemeinde Südlohn Sundern (Sauerland), Stadt Swisttal Tecklenburg, Stadt Telgte, Stadt Titz Tönisvorst, Stadt Troisdorf, Stadt Übach-Palenberg, Stadt Uedem Unna, Stadt Velbert, Stadt Velen, Stadt Verl, Stadt Versmold, Stadt Vettweiß Viersen, Stadt Vlotho, Stadt Voerde (Niederrhein), Stadt Vreden, Stadt Wachtberg Wachtendonk Wadersloh Waldbröl, Stadt Waldfeucht Waltrop, Stadt

MTRGew i 94,03 % 87,94 % 85,81 % 84,64 % 92,41 % 86,59 % 83,39 % 78,80 % 83,41 % 96,12 % 84,64 % 89,56 % 95,39 % 57,90 % 47,21 % 88,71 % 87,90 % 95,03 % 86,20 % 40,58 % 44,62 % 94,28 % 92,43 % 72,04 % 94,15 % 80,17 %

MTRGr i 92,85 % 81,04 % 77,22 % 78,45 % 93,61 % 78,07 % 80,65 % 80,13 % 58,04 % 96,75 % 53,20 % 72,86 % 86,01 % 59,48 % 36,74 % 81,35 % 89,45 % 91,69 % 58,51 % 28,80 % 36,50 % 93,14 % 86,58 % 68,37 % 77,61 % 57,73 %

MTREi 92,85 % 93,88 % 93,60 % 93,26 % 93,83 % 94,63 % 93,99 % 93,39 % 94,02 % 93,14 % 94,49 % 93,41 % 92,83 % 36,74 % 36,74 % 94,62 % 93,83 % 94,04 % 94,11 % 28,80 % 36,59 % 93,14 % 93,85 % 94,03 % 94,07 % 94,20 %

302 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde Warburg, Stadt Warendorf, Stadt Warstein, Stadt Wassenberg, Stadt Weeze Wegberg, Stadt Weilerswist Welver Wenden Werdohl, Stadt Werl, Stadt Wermelskirchen, Stadt Werne, Stadt Werther (Westf.), Stadt Wesel, Stadt Wesseling, Stadt Quelle: eigene Berechnungen. MTRGew i 93,89 % 92,58 % 90,01 % 96,42 % 94,72 % 91,49 % 83,98 % 88,05 % 48,78 % 82,15 % 90,62 % 47,18 % 52,00 % 47,21 % 88,44 % 86,33 %

MTRGr i 93,49 % 92,90 % 77,53 % 97,69 % 94,45 % 82,14 % 81,94 % 50,48 % 38,63 % 60,79 % 50,39 % 34,29 % 35,44 % 36,74 % 90,04 % 81,71 %

MTREi 93,49 % 93,77 % 93,98 % 94,04 % 93,13 % 94,01 % 93,59 % 94,02 % 38,63 % 94,66 % 93,96 % 40,37 % 46,67 % 36,74 % 94,03 % 94,28 % Gemeinde Westerkappeln Wetter (Ruhr), Stadt Wettringen Wickede (Ruhr) Wiehl, Stadt Willebadessen, Stadt Willich, Stadt Wilnsdorf Windeck Winterberg, Stadt Wipperfürth, Stadt Witten, Stadt Wülfrath, Stadt Würselen, Stadt Xanten, Stadt Zülpich, Stadt

MTRGew i 92,60 % 47,32 % 99,64 % 88,05 % 49,15 % 95,07 % 48,14 % 43,83 % 89,71 % 87,98 % 88,04 % 76,43 % 45,00 % 80,26 % 93,34 % 83,97 %

MTRGr i 89,90 % 40,15 % 106,70 % 84,04 % 40,80 % 94,87 % 35,45 % 36,13 % 70,94 % 82,24 % 73,34 % 44,49 % 34,20 % 70,39 % 89,77 % 64,75 %

MTREi 93,26 % 46,80 % 93,27 % 94,03 % 40,90 % 93,54 % 40,90 % 40,00 % 93,60 % 93,94 % 94,02 % 94,37 % 37,07 % 94,34 % 94,16 % 93,58 %

Anhang zum Modell in Kapitel 7

303

304

A4

Anhang

Anhang zu den Simulationsrechnungen der kommunalen Einkommensteuer

A4.1

Datenbereinigung – Städte und Gemeinden in NRW

Die Daten über das Steueraufkommen aus den Realsteuern und zur Einkommensteuerstatistik stammen aus der Regionalstatistik.456 In der Stadt Bad Driburg ist es im Jahr 2010 zu einem außerordentlichen Anstieg des Einkommensteueraufkommens gekommen. Dabei handelt es sich nicht um einen Datenfehler, sondern – der Klassifikation von Barnett und Lewis (1994) folgend – um einen statistischen Ausreißer. Dieser beruht vermutlich auf den Steuerzahlungen einer einzelnen Person. In früheren Jahren waren derartige Steuerzahlungen in der Gemeinde nicht zu beobachten, wiederkehrende Zahlungen sind ebenfalls nicht zu erwarten.457 Der Anstieg des Steueraufkommens bewirkte, dass die Einkommensteuer pro Kopf in Bad Driburg mehr als dreimal (39.685 Euro) so hoch war, wie jene in Meerbusch (13.089 Euro), der bisher steuerstärksten Gemeinde Nordrhein-Westfalens. Das Pro-Kopf-Aufkommen belief sich auf 752 Prozent des Landesdurchschnitts. Aus diesen Gründen wurden die Werte für Bad Driburg aus dem Datensatz für das Jahr 2010 entfernt. Die Werte zu Grund-, Gewerbe-, Lohn- und Einkommensteuer sowie zur Anzahl der Wohnungen wurden für den Kreis Höxter und die übergeordneten Ebenen (Regierungsbezirk, Land und Bund) entsprechend angepasst. Die Rohdaten für die Städteregion Aachen beinhalten zugleich alle Werte für die kreisfreie Stadt Aachen. Letztere werden jedoch auch gesondert ausgewiesen. Damit die Stadt Aachen nicht doppelt in die Berechnungen einfließt und zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit der Städteregion Aachen (ohne die Kreisfreie Stadt) mit den übrigen Kreisen und Landkreisen, wurden die Werte der Stadt von der Region subtrahiert. Die Städteregion wird also durchgehend getrennt von der Stadt Aachen betrachtet. Dies gilt für beide Erhebungszeiträume, 2010 und 2013. Die Städte Essen, Herten im Kreis Recklinghausen und Jüchen im RheinKreis Neuss wiesen im Jahr 2010 sehr hohe bzw. außergewöhnlich niedrige Grundsteuer-Grundbeträge auf, die, bezogen auf die Anzahl der Wohnungen in der Stadt, mehr/weniger als doppelt/halb so hoch waren, wie die Grundbeträge 456 Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2017 a) und (2017b). 457 Diese Annahmen beruhen auf der Aussage der Stadtverwaltung Bad Driburgs. Die Stadtverwaltung hat, lt. eigener Aussage (Telefonat vom 25. 06. 2015) gemeinsam mit dem Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), den Datensatz überprüft und verifizieren können. Aufgrund des § 30 AO (Steuergeheimnis) können keine genaueren Angaben gemacht werden.

305

Anhang zu den Simulationsrechnungen der kommunalen Einkommensteuer

im jeweiligen Kreisdurchschnitt (in Essen wurde ein negativer Grundbetrag der Grundsteuer A angegeben, wozu es naturgemäß nicht kommen kann). Die Zahlen wichen zudem stark von den in den Vorjahren weitgehend konstanten Beträgen ab. Nach telefonischer Rückfrage bei den jeweiligen Stadtverwaltungen konnten hier Fehler im Datensatz festgestellt werden. Die Zahlen wurden daher korrigiert (vgl. hierzu Tabelle A-9–3) und durch die korrekten Beträge ersetzt.458 Die Daten zum Grundsteueraufkommen wurden auf die übergeordneten Gebietskörperschaften übertragen. Die Stadt Remscheid wies für das Jahr 2013 einen um ca. ein Drittel höheren Grundbetrag bei der Grundsteuer B auf, als im Vor- und Folgejahr. Die Stadtverwaltung Remscheid bestätigte den Datenfehler und übermittelte den korrekten Grundbetrag (4.071.536 Euro) am 04. 12. 2017 per E-Mail. Das Aufkommen der Grundsteuer B wurde durch Anwendung des Hebesatzes entsprechend korrigiert. Die Daten wurden auf die übergeordneten Gebietskörperschaften übertragen. Tabelle A-9–3: Datenrevision für die Städte Essen, Herten und Jüchen (2010)

Essen

Grundbetrag Grundsteuer A (Tsd. EUR)

Grundbetrag Grundsteuer B (Tsd. EUR)

Aufkommen Grundsteuer A (Tsd. EUR)

Aufkommen Grundsteuer B (Tsd. EUR)

+81

0

+207

0

Herten -10 -2.359 -25 -11.796 Jüchen -32 +392 -71 +1.650 Quellen: Regionalstatistik, Stadt Essen, Stadt Herten, Gemeinde Jüchen, eigene Berechnungen.

A4.2

Simulationsergebnisse

Siehe nachfolgende Tabelle A 9–4.

458 Die Stadtverwaltung Herten übermittelte am 20. 10. 2015 die korrekten Zahlen zum Istaufkommen beider Grundsteuerarten per E-Mail. Die jeweiligen Grundbeträge wurden durch Anwendung der Hebesätze ermittelt.

Tabelle A-9–4: Zuschlagssätze bzw. Hebesätze der kommunalen Einkommensteuer für die nordrhein-westfälischen Kommunen (2010) Gemeinde GSt B ZS GESt Gemeinde GSt B ZS Aachen, krfr. Stadt 490 % 7,03 % 1,82 % Alfter 391 % 5,18 % Bielefeld, krfr. Stadt 525 % 7,24 % 1,86 % Alpen 416 % 5,03 % Bochum, krfr. Stadt 530 % 6,73 % 1,79 % Alsdorf, Stadt 395 % 5,24 % Bonn, krfr. Stadt 530 % 6,92 % 1,74 % Altena, Stadt 400 % 5,61 % Bottrop, krfr. Stadt 480 % 6,81 % 1,74 % Altenbeken 380 % 6,20 % Dortmund, krfr. Stadt 500 % 7,17 % 1,77 % Altenberge 380 % 4,67 % Duisburg, krfr. Stadt 440 % 5,12 % 1,56 % Anröchte 391 % 5,30 % Düsseldorf, krfr. Stadt 590 % 7,88 % 2,06 % Arnsberg, Stadt 421 % 5,69 % Essen, krfr. Stadt 530 % 7,75 % 1,92 % Ascheberg 381 % 4,88 % Gelsenkirchen, krfr. Stadt 495 % 7,05 % 1,78 % Attendorn, Stadt 315 % 2,04 % Hagen, krfr. Stadt 500 % 7,32 % 1,80 % Augustdorf 394 % 6,03 % Hamm, krfr. Stadt 500 % 6,70 % 1,66 % Bad Berleburg, Stadt 381 % 5,33 % Herne, krfr. Stadt 490 % 7,03 % 1,82 % Bad Driburg, Stadt 401 % 4,72 % Köln, krfr. Stadt 500 % 6,56 % 1,73 % Bad Honnef, Stadt 381 % 5,24 % Krefeld, krfr. Stadt 475 % 6,53 % 1,69 % Bad Laasphe, Stadt 391 % 5,18 % Leverkusen, krfr. Stadt 500 % 7,12 % 1,83 % Bad Lippspringe, Stadt 360 % 5,01 % Mönchengladbach, krfr. Stadt 475 % 6,55 % 1,67 % Bad Münstereifel, Stadt 391 % 5,48 % Mülheim an der Ruhr, krfr. Stadt 500 % 6,60 % 1,73 % Bad Oeynhausen, Stadt 381 % 5,35 % Münster, krfr. Stadt 420 % 5,19 % 1,34 % Bad Salzuflen, Stadt 405 % 5,65 % Oberhausen, krfr. Stadt 530 % 7,73 % 1,91 % Bad Sassendorf 381 % 7,50 % Remscheid, krfr. Stadt 490 % 6,96 % 1,75 % Bad Wünnenberg, Stadt 381 % 5,43 % Solingen, krfr. Stadt 490 % 6,61 % 1,69 % Baesweiler, Stadt 375 % 5,14 % Wuppertal, krfr. Stadt 490 % 6,67 % 1,70 % Balve, Stadt 406 % 5,51 % Ahaus, Stadt 381 % 5,42 % 1,37 % Barntrup, Stadt 381 % 5,10 % Ahlen, Stadt 390 % 5,15 % 1,31 % Beckum, Stadt 381 % 5,30 % Aldenhoven 391 % 5,66 % 1,42 % Bedburg, Stadt 435 % 5,82 %

GESt 1,33 % 1,27 % 1,31 % 1,41 % 1,54 % 1,19 % 1,34 % 1,45 % 1,25 % 0,51 % 1,46 % 1,34 % 1,23 % 1,32 % 1,33 % 1,28 % 1,39 % 1,37 % 1,45 % 1,88 % 1,37 % 1,30 % 1,39 % 1,30 % 1,35 % 1,48 %

306 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde Bedburg-Hau Beelen Bergheim, Stadt Bergisch Gladbach, Stadt Bergkamen, Stadt Bergneustadt, Stadt Bestwig Beverungen, Stadt Billerbeck, Stadt Blankenheim Blomberg, Stadt Bocholt, Stadt Bönen Borchen Borgentreich, Stadt Borgholzhausen, Stadt Borken, Stadt Bornheim, Stadt Brakel, Stadt Breckerfeld, Stadt Brilon, Stadt Brüggen Brühl, Stadt Bünde, Stadt Burbach Büren, Stadt GSt B 381 % 381 % 440 % 455 % 435 % 410 % 381 % 381 % 381 % 391 % 381 % 381 % 430 % 310 % 381 % 381 % 404 % 430 % 381 % 385 % 390 % 380 % 450 % 295 % 381 % 381 %

ZS 5,31 % 7,19 % 5,73 % 5,67 % 6,11 % 5,89 % 5,05 % 5,62 % 5,26 % 5,56 % 4,95 % 5,29 % 8,52 % 4,39 % 5,69 % 5,82 % 5,39 % 5,36 % 5,55 % 5,15 % 5,54 % 5,13 % 5,58 % 3,86 % 5,89 % 5,32 %

GESt 1,34 % 1,59 % 1,45 % 1,49 % 1,50 % 1,47 % 1,27 % 1,40 % 1,34 % 1,38 % 0,91 % 1,35 % 1,93 % 1,13 % 1,41 % 1,38 % 1,37 % 1,38 % 1,38 % 1,31 % 1,40 % 1,31 % 1,44 % 1,00 % 1,46 % 1,34 %

Gemeinde Burscheid, Stadt Castrop-Rauxel, Stadt Coesfeld, Stadt Dahlem Datteln, Stadt Delbrück, Stadt Detmold, Stadt Dinslaken, Stadt Dörentrup Dormagen, Stadt Dorsten, Stadt Drensteinfurt, Stadt Drolshagen, Stadt Dülmen, Stadt Düren, Stadt Eitorf Elsdorf, Stadt Emmerich am Rhein, Stadt Emsdetten, Stadt Engelskirchen Enger, Stadt Ennepetal, Stadt Ennigerloh, Stadt Ense Erftstadt, Stadt Erkelenz, Stadt

GSt B 420 % 410 % 393 % 381 % 425 % 295 % 440 % 417 % 396 % 398 % 450 % 381 % 381 % 400 % 590 % 400 % 395 % 400 % 381 % 411 % 381 % 381 % 381 % 381 % 400 % 380 %

ZS 4,58 % 5,47 % 5,28 % 5,39 % 5,87 % 4,22 % 5,73 % 5,02 % 5,61 % 5,30 % 6,05 % 4,96 % 4,20 % 5,20 % 7,61 % 5,59 % 5,36 % 6,05 % 5,24 % 3,93 % 5,25 % 3,90 % 5,25 % 5,33 % 5,10 % 5,42 %

GESt 1,21 % 1,39 % 1,35 % 1,36 % 1,48 % 1,09 % 1,46 % 1,28 % 1,41 % 1,36 % 1,54 % 1,27 % 1,02 % 1,32 % 1,91 % 1,41 % 1,36 % 1,51 % 1,34 % 1,02 % 1,33 % 1,07 % 1,33 % 1,35 % 1,31 % 1,38 %

Anhang zu den Simulationsrechnungen der kommunalen Einkommensteuer

307

((Fortsetzung)) Gemeinde Erkrath, Stadt Erndtebrück Erwitte, Stadt Eschweiler, Stadt Eslohe (Sauerland) Espelkamp, Stadt Euskirchen, Stadt Everswinkel Extertal Finnentrop Frechen, Stadt Freudenberg, Stadt Fröndenberg / Ruhr, Stadt Gangelt Geilenkirchen, Stadt Geldern, Stadt Gescher, Stadt Geseke, Stadt Gevelsberg, Stadt Gladbeck, Stadt Goch, Stadt Grefrath Greven, Stadt Grevenbroich, Stadt Gronau (Westf.), Stadt Gummersbach, Stadt GSt B 380 % 381 % 389 % 391 % 381 % 381 % 380 % 381 % 393 % 381 % 391 % 395 % 420 % 381 % 380 % 381 % 381 % 381 % 435 % 440 % 400 % 400 % 400 % 425 % 381 % 401 %

ZS 4,36 % 4,43 % 5,17 % 5,14 % 5,21 % 6,01 % 5,24 % 4,82 % 5,48 % 4,94 % 5,13 % 5,31 % 5,52 % 5,34 % 5,39 % 5,36 % 5,69 % 4,98 % 5,81 % 5,84 % 5,87 % 5,28 % 5,47 % 5,88 % 6,81 % 5,30 %

GESt 1,23 % 1,08 % 1,29 % 1,30 % 1,31 % 1,27 % 1,33 % 1,15 % 1,38 % 1,25 % 1,37 % 1,35 % 1,41 % 1,34 % 1,36 % 1,37 % 1,42 % 1,27 % 1,49 % 1,47 % 1,47 % 1,34 % 1,40 % 1,47 % 1,62 % 1,35 %

Gemeinde Gütersloh, Stadt Haan, Stadt Halle (Westf.), Stadt Hallenberg, Stadt Haltern am See, Stadt Halver, Stadt Hamminkeln, Stadt Harsewinkel, Stadt Hattingen, Stadt Havixbeck Heek Heiden Heiligenhaus, Stadt Heimbach, Stadt Heinsberg, Stadt Hellenthal Hemer, Stadt Hennef (Sieg), Stadt Herdecke, Stadt Herford, Stadt Herscheid Herten, Stadt Herzebrock-Clarholz Herzogenrath, Stadt Hiddenhausen Hilchenbach, Stadt

GSt B 381 % 380 % 381 % 403 % 430 % 391 % 381 % 260 % 500 % 381 % 330 % 381 % 410 % 400 % 350 % 391 % 443 % 440 % 490 % 381 % 432 % 500 % 330 % 380 % 381 % 390 %

ZS 4,86 % 3,71 % 5,26 % 6,02 % 5,63 % 5,17 % 4,60 % 4,50 % 6,46 % 5,13 % 4,98 % 5,22 % 5,39 % 5,62 % 4,79 % 7,00 % 6,22 % 5,75 % 5,70 % 5,27 % 5,27 % 6,84 % 4,98 % 5,16 % 5,35 % 4,40 %

GESt 1,25 % 1,05 % 1,34 % 1,49 % 1,45 % 1,32 % 1,18 % 1,07 % 1,66 % 1,31 % 1,26 % 1,32 % 1,40 % 1,41 % 1,22 % 1,57 % 1,57 % 1,48 % 1,51 % 1,34 % 1,35 % 1,71 % 1,23 % 1,31 % 1,36 % 1,19 %

308 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde Hilden, Stadt Hille Holzwickede Hopsten Horn-Bad Meinberg, Stadt Hörstel, Stadt Horstmar, Stadt Hövelhof Höxter, Stadt Hückelhoven, Stadt Hückeswagen, Stadt Hüllhorst Hünxe Hürtgenwald Hürth, Stadt Ibbenbüren, Stadt Inden Iserlohn, Stadt Isselburg, Stadt Issum Jüchen Jülich, Stadt Kaarst, Stadt Kalkar, Stadt Kall Kalletal GSt B 380 % 381 % 415 % 385 % 416 % 381 % 350 % 360 % 381 % 400 % 395 % 381 % 400 % 381 % 420 % 395 % 391 % 400 % 394 % 381 % 420 % 420 % 411 % 381 % 376 % 381 %

ZS 5,48 % 5,16 % 5,78 % 5,48 % 6,20 % 5,47 % 4,92 % 4,91 % 5,44 % 5,71 % 5,25 % 5,10 % 5,01 % 5,39 % 4,76 % 5,74 % 5,30 % 5,35 % 5,78 % 3,65 % 5,20 % 5,50 % 4,32 % 6,77 % 5,11 % 5,32 %

GESt 1,44 % 1,31 % 1,48 % 1,37 % 1,54 % 1,37 % 1,24 % 1,25 % 1,37 % 1,42 % 1,26 % 1,30 % 1,29 % 1,37 % 1,22 % 1,43 % 1,34 % 1,36 % 1,44 % 0,95 % 1,33 % 1,40 % 1,20 % 1,67 % 1,30 % 1,34 %

Gemeinde Kamen, Stadt Kamp-Lintfort, Stadt Kempen, Stadt Kerken Kerpen, Stadt Kevelaer, Stadt Kierspe, Stadt Kirchhundem Kirchlengern Kleve, Stadt Königswinter, Stadt Korschenbroich, Stadt Kranenburg Kreuzau Kreuztal, Stadt Kürten Ladbergen Laer Lage, Stadt Langenberg Langenfeld (Rhld.), Stadt Langerwehe Legden Leichlingen (Rhld.), Stadt Lemgo, Stadt Lengerich, Stadt

GSt B 410 % 410 % 400 % 381 % 450 % 400 % 391 % 382 % 350 % 400 % 420 % 400 % 381 % 420 % 381 % 410 % 380 % 381 % 405 % 330 % 336 % 400 % 381 % 430 % 389 % 381 %

ZS 5,72 % 5,65 % 4,64 % 4,89 % 6,40 % 5,50 % 5,40 % 4,98 % 5,46 % 5,39 % 5,21 % 3,41 % 5,75 % 5,60 % 4,47 % 5,51 % 5,24 % 5,20 % 5,66 % 4,49 % 4,30 % 5,26 % 5,30 % 5,24 % 5,43 % 5,21 %

GESt 1,44 % 1,42 % 1,29 % 1,25 % 1,62 % 1,39 % 1,36 % 1,27 % 1,25 % 1,37 % 1,36 % 0,94 % 1,43 % 1,43 % 1,09 % 1,41 % 1,33 % 1,33 % 1,41 % 1,15 % 1,15 % 1,34 % 1,33 % 1,36 % 1,37 % 1,32 %

Anhang zu den Simulationsrechnungen der kommunalen Einkommensteuer

309

((Fortsetzung)) Gemeinde Lüdinghausen, Stadt Lügde, Stadt Lennestadt, Stadt Leopoldshöhe Lichtenau, Stadt Lienen Lindlar Linnich, Stadt Lippetal Lippstadt, Stadt Lohmar, Stadt Löhne, Stadt Lotte Lübbecke, Stadt Lüdenscheid, Stadt Lünen, Stadt Marienheide Marienmünster, Stadt Marl, Stadt Marsberg, Stadt Mechernich, Stadt Meckenheim, Stadt Medebach, Stadt Meerbusch, Stadt Meinerzhagen, Stadt Menden (Sauerland), Stadt GSt B 400 % 381 % 381 % 381 % 381 % 380 % 410 % 391 % 381 % 420 % 420 % 381 % 381 % 381 % 398 % 499 % 400 % 368 % 530 % 443 % 396 % 381 % 381 % 400 % 380 % 440 %

ZS 5,16 % 5,59 % 5,09 % 5,16 % 5,48 % 5,10 % 5,50 % 5,34 % 5,22 % 5,57 % 5,34 % 5,24 % 5,68 % 5,14 % 5,08 % 6,92 % 5,35 % 5,34 % 7,19 % 5,86 % 5,88 % 4,60 % 5,23 % 2,12 % 3,77 % 5,63 %

GESt 1,32 % 1,39 % 1,29 % 1,32 % 1,37 % 1,29 % 1,40 % 1,35 % 1,32 % 1,43 % 1,38 % 1,33 % 1,42 % 1,28 % 1,29 % 1,72 % 1,36 % 1,33 % 1,81 % 1,46 % 1,48 % 1,20 % 1,31 % 0,69 % 0,94 % 1,44 %

Gemeinde Merzenich Meschede, Stadt Metelen Mettingen Mettmann, Stadt Minden, Stadt Moers, Stadt Möhnesee Monheim am Rhein, Stadt Monschau, Stadt Morsbach Much Nachrodt-Wiblingwerde Netphen, Stadt Nettersheim Nettetal, Stadt Neuenkirchen Neuenrade, Stadt Neukirchen-Vluyn, Stadt Neunkirchen Neunkirchen-Seelscheid Neuss, Stadt Nideggen, Stadt Niederkassel, Stadt Niederkrüchten Niederzier

GSt B 380 % 396 % 401 % 381 % 415 % 418 % 410 % 389 % 435 % 391 % 400 % 391 % 381 % 380 % 385 % 390 % 330 % 381 % 401 % 386 % 404 % 425 % 406 % 391 % 380 % 380 %

ZS 5,13 % 5,41 % 5,94 % 5,25 % 5,48 % 6,41 % 7,18 % 5,07 % 6,16 % 5,39 % 5,44 % 5,10 % 4,80 % 4,87 % 5,18 % 5,36 % 4,47 % 4,17 % 5,33 % 5,12 % 5,48 % 5,81 % 5,38 % 5,08 % 5,92 % 5,25 %

GESt 1,31 % 1,36 % 1,46 % 1,33 % 1,43 % 1,63 % 1,84 % 1,31 % 1,58 % 1,37 % 1,38 % 1,31 % 1,23 % 1,24 % 1,31 % 1,36 % 1,14 % 1,02 % 1,36 % 1,24 % 1,40 % 1,53 % 1,37 % 1,30 % 1,51 % 1,32 %

310 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde Nieheim, Stadt Nordkirchen Nordwalde Nörvenich Nottuln Nümbrecht Ochtrup, Stadt Odenthal Oelde, Stadt Oer-Erkenschwick, Stadt Oerlinghausen, Stadt Olfen, Stadt Olpe, Stadt Olsberg, Stadt Ostbevern Overath, Stadt Paderborn, Stadt Petershagen, Stadt Plettenberg, Stadt Porta Westfalica, Stadt Preußisch Oldendorf, Stadt Pulheim, Stadt Radevormwald, Stadt Raesfeld Rahden, Stadt Ratingen, Stadt GSt B 381 % 401 % 395 % 400 % 495 % 395 % 375 % 401 % 340 % 440 % 390 % 360 % 381 % 412 % 381 % 410 % 381 % 381 % 381 % 393 % 381 % 401 % 395 % 340 % 381 % 380 %

ZS 4,83 % 5,05 % 5,67 % 5,43 % 6,31 % 5,17 % 5,32 % 5,03 % 4,45 % 5,82 % 6,04 % 4,86 % 4,80 % 5,36 % 5,25 % 5,42 % 5,18 % 5,58 % 4,82 % 5,41 % 5,10 % 5,15 % 5,38 % 4,81 % 5,38 % 4,20 %

GESt 1,22 % 1,30 % 1,42 % 1,38 % 1,63 % 1,34 % 1,33 % 1,31 % 1,12 % 1,45 % 1,54 % 1,24 % 1,23 % 1,28 % 1,33 % 1,40 % 1,32 % 1,40 % 1,19 % 1,37 % 1,29 % 1,34 % 1,37 % 1,23 % 1,35 % 1,23 %

Gemeinde Recke Recklinghausen, Stadt Rees, Stadt Reichshof Reken Rheda-Wiedenbrück, Stadt Rhede, Stadt Rheinbach, Stadt Rheinberg, Stadt Rheine, Stadt Rheurdt Rietberg, Stadt Rödinghausen Roetgen Rommerskirchen Rosendahl Rösrath, Stadt Ruppichteroth Rüthen, Stadt Saerbeck Salzkotten, Stadt Sankt Augustin, Stadt Sassenberg, Stadt Schalksmühle Schermbeck Schieder-Schwalenberg, Stadt

GSt B 433 % 475 % 381 % 391 % 360 % 381 % 400 % 405 % 381 % 401 % 381 % 355 % 340 % 410 % 395 % 400 % 420 % 391 % 391 % 381 % 381 % 430 % 381 % 410 % 435 % 406 %

ZS 6,30 % 6,17 % 5,43 % 5,32 % 4,81 % 5,39 % 5,49 % 5,87 % 5,13 % 5,73 % 5,04 % 4,81 % 2,99 % 3,51 % 5,38 % 5,62 % 5,29 % 5,47 % 5,67 % 5,46 % 5,18 % 5,94 % 5,34 % 3,19 % 5,38 % 5,81 %

GESt 1,54 % 1,57 % 1,37 % 1,35 % 1,23 % 1,34 % 1,39 % 1,50 % 1,30 % 1,45 % 1,30 % 1,23 % 0,81 % 0,98 % 1,38 % 1,40 % 1,38 % 1,38 % 1,43 % 1,38 % 1,32 % 1,53 % 1,34 % 0,88 % 1,38 % 1,43 %

Anhang zu den Simulationsrechnungen der kommunalen Einkommensteuer

311

((Fortsetzung)) Gemeinde Schlangen Schleiden, Stadt Schloß Holte-Stukenbrock, Stadt Schmallenberg, Stadt Schöppingen Schwalmtal Schwelm, Stadt Schwerte, Stadt Selfkant Selm, Stadt Senden Sendenhorst, Stadt Siegburg, Stadt Siegen, Stadt Simmerath Soest, Stadt Sonsbeck Spenge, Stadt Sprockhövel, Stadt Stadtlohn, Stadt Steinfurt, Stadt Steinhagen Steinheim, Stadt Stemwede Stolberg (Rhld.), Stadt Straelen, Stadt GSt B 386 % 391 % 240 % 380 % 381 % 390 % 435 % 480 % 380 % 430 % 381 % 381 % 420 % 428 % 391 % 425 % 381 % 381 % 420 % 381 % 401 % 290 % 381 % 381 % 391 % 250 %

ZS 5,21 % 5,80 % 2,91 % 5,18 % 5,08 % 5,69 % 5,69 % 6,34 % 6,34 % 5,79 % 5,06 % 5,13 % 5,59 % 5,80 % 5,61 % 5,54 % 5,50 % 5,13 % 3,55 % 5,38 % 5,60 % 3,90 % 5,60 % 5,53 % 5,42 % 4,22 %

GESt 1,32 % 1,45 % 0,72 % 1,31 % 1,28 % 1,46 % 1,45 % 1,62 % 1,59 % 1,46 % 1,30 % 1,31 % 1,44 % 1,47 % 1,42 % 1,42 % 1,40 % 1,30 % 0,93 % 1,36 % 1,41 % 1,02 % 1,40 % 1,40 % 1,38 % 1,06 %

Gemeinde Südlohn Sundern (Sauerland), Stadt Swisttal Tecklenburg, Stadt Telgte, Stadt Titz Tönisvorst, Stadt Troisdorf, Stadt Übach-Palenberg, Stadt Uedem Unna, Stadt Velbert, Stadt Velen, Stadt Verl, Stadt Versmold, Stadt Vettweiß Viersen, Stadt Vlotho, Stadt Voerde (Niederrhein), Stadt Vreden, Stadt Wachtberg Wachtendonk Wadersloh Waldbröl, Stadt Waldfeucht Waltrop, Stadt

GSt B 381 % 442 % 433 % 390 % 401 % 420 % 381 % 390 % 379 % 381 % 450 % 420 % 381 % 265 % 381 % 381 % 450 % 381 % 410 % 381 % 430 % 381 % 380 % 390 % 370 % 450 %

ZS 5,44 % 5,64 % 5,74 % 4,87 % 5,28 % 6,30 % 5,24 % 4,59 % 5,59 % 4,73 % 6,49 % 5,90 % 5,42 % 3,09 % 5,16 % 5,44 % 6,43 % 5,40 % 5,67 % 5,41 % 5,36 % 5,49 % 5,20 % 5,82 % 5,19 % 6,05 %

GESt 1,37 % 1,44 % 1,46 % 1,25 % 1,36 % 1,60 % 1,35 % 1,17 % 1,39 % 1,21 % 1,67 % 1,51 % 1,36 % 0,84 % 1,31 % 1,38 % 1,63 % 1,37 % 1,43 % 1,36 % 1,40 % 1,40 % 1,31 % 1,44 % 1,31 % 1,53 %

312 Anhang

((Fortsetzung)) Gemeinde GSt B ZS GESt Gemeinde GSt B ZS Welver 394 % 5,29 % 1,34 % Westerkappeln 381 % 5,21 % Wenden 381 % 5,80 % 1,36 % Wetter (Ruhr), Stadt 435 % 4,63 % Werdohl, Stadt 417 % 5,92 % 1,47 % Wettringen 320 % 4,46 % Werl, Stadt 401 % 5,68 % 1,43 % Wickede (Ruhr) 430 % 5,95 % Wermelskirchen, Stadt 381 % 4,17 % 1,10 % Wiehl, Stadt 386 % 4,68 % Werne, Stadt 415 % 5,71 % 1,45 % Willebadessen, Stadt 381 % 5,81 % Werther (Westf.), Stadt 375 % 5,07 % 1,30 % Willich, Stadt 380 % 4,06 % Wesel, Stadt 410 % 5,50 % 1,40 % Wilnsdorf 404 % 5,15 % Warburg, Stadt 390 % 5,64 % 1,42 % Windeck 410 % 5,85 % Warendorf, Stadt 401 % 5,47 % 1,39 % Winterberg, Stadt 381 % 5,68 % Warstein, Stadt 396 % 4,81 % 1,17 % Wipperfürth, Stadt 410 % 5,58 % Wassenberg, Stadt 375 % 5,14 % 1,30 % Witten, Stadt 470 % 5,98 % Weeze 400 % 6,48 % 1,65 % Wülfrath, Stadt 465 % 6,58 % Wegberg, Stadt 381 % 5,10 % 1,31 % Würselen, Stadt 408 % 5,35 % Weilerswist 400 % 4,91 % 1,25 % Xanten, Stadt 380 % 5,35 % Wesseling, Stadt 420 % 8,07 % 1,95 % Zülpich, Stadt 391 % 5,44 % Anmerkungen: GSt B = Hebesatz der Grundsteuer B, ZS = Zuschlagssatz, GESt = Hebesatz der Gemeindeeinkommensteuer Quelle: eigene Berechnungen. GESt 1,31 % 1,21 % 1,14 % 1,50 % 1,20 % 1,42 % 1,11 % 1,33 % 1,45 % 1,42 % 1,42 % 1,53 % 1,70 % 1,36 % 1,36 % 1,39 %

Anhang zu den Simulationsrechnungen der kommunalen Einkommensteuer

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