Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht 9783161580314, 3161490037

Die Bedeutung des Datenschutzes als zentraler Vertrauens- und Gestaltungsfaktor für die Entwicklung einer modernen Infor

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Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht
 9783161580314, 3161490037

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Erster Teil: Zweigeteilter Datenschutz – die Differenzierung nach staatlicher und privater Datenverarbeitung
A. Der Fokus des amerikanischen Rechts auf die staatliche Datenverarbeitung
I. Der Schutz der informationellen Selbstbestimmung durch Verfassung und allgemeine Datenschutzgesetze
1. Verfassungsrecht
2. Allgemeine Datenschutzgesetzgebung
II. Das Common Law Right of Privacy
III. Der Schutz informationeller Selbstbestimmung durch sektorspezifische Datenschutzgesetzgebung
1. Regelungsbereiche
2. Die Zurückhaltung des amerikanischen Datenschutzgesetzgebers
3. Die Rede- und Pressefreiheit des First Amendment
a) First Amendment contra informationelle Selbstbestimmung
b) Die Maxime der Informationsfreiheit
c) Public Concern
IV. Zwischenfazit
B. Die Vereinheitlichung des Datenschutzes im deutschen Recht
I. Die Datenschutzgesetzgebung
1. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977
2. Das Volkszählungsurteil und die Novellierung des BDSG 1990
a) Die Vorgaben des Volkszählungsurteils für die Regelungen privater Datenverarbeitung
b) Das BDSG 1990
3. Die Datenschutzrichtlinie und die Novellierung des BDSG 2001
a) Die Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie
b) Weitere Vereinheitlichung
4. Der „neue Datenschutz“ – die Modernisierung des BDSG und die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen
a) Das Bundesdatenschutzgesetz als datenschutzrechtliches Grundgesetz
b) Die Einheitlichkeit sektorspezifischer Datenschutzregelungen
II. Die Forderung nach einheitlichem Datenschutz
1. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
a) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
b) Die Bedeutung des Volkszählungsurteils
2. Forderung nach gleichwertigem oder gleichartigem Datenschutz?
3. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung im Privatrechtsverhältnis
a) Die Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung
b) Grundrechte als Abwehrrechte gegenüber dem Privatrechtsgesetzgeber
aa) Die Grundrechtsbindung des Privatrechtsgesetzgebers
bb) Die Freiheit der Datenverarbeitung als Ausgangspunkt
c) Grundrechte als Schutzgebote
aa) Die Schutzpflicht des Staates gegenüber privater Datenverarbeitung
bb) Umsetzung und Umfang staatlicher Schutzpflichten
d) Zwischenergebnis
III. Besonderheiten staatlicher und privater Datenverarbeitung
1. Die Grundrechte privater Datenverarbeiter
a) Presse- und Rundfunkfreiheit
b) Meinungs- und Informationsfreiheit
c) Allgemeine Handlungsfreiheit und Privatautonomie
2. Die Privatautonomie der Betroffenen
a) Die Einwilligung im Bereich staatlicher Datenverarbeitung
b) Die Einwilligung im Bereich privater Datenverarbeitung
3. Das besondere Gefährdungspotential staatlicher Datenverarbeitung
a) Keine Wertfreiheit staatlicher Datenverarbeitung
b) Die besondere Eingriffsintensität staatlicher Datenverarbeitung
c) Das Rechtmäßigkeitsdefizit staatlicher Datenverarbeitung
4. Das Problem des staatlichen Zugriffs auf private Datenbestände
a) Argument für einen einheitlichen datenschutzrechtlichen Ansatz?
b) Notwendigkeit einer strikten Begrenzung staatlicher Datenverarbeitungsbefugnisse
C. Ergebnisse des ersten Teils
Zweiter Teil: Datenschutzrecht als Privatrecht – die Maxime eines privatautonomen Datenschutzes
A. Der Konflikt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit
I. Die Entscheidung für einen bestimmten Ausgangspunkt
1. Regel und Ausnahme
2. Der Ausgangspunkt im deutschen Datenschutzrecht: das grundsätzliche Verbot einer Datenverarbeitung
3. Der entgegengesetzte Ausgangspunkt: das Prinzip der Informationsfreiheit
II. Die Unauflösbarkeit des Konflikts
1. Individuelle Rechtspositionen
a) Würde und Persönlichkeit
b) Freiheit und Privatautonomie
c) Kommunikation
2. Gesellschaftliche Allgemeinbelange
a) Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit
b) Gemeinschaftsgebundenheit und überwiegendes Allgemeininteresse
III. Fazit
1. Prinzipielle Gleichrangigkeit
2. Kein Abwägungsopportunismus
3. Drei Alternativen
a) Die Alternative detaillierter und bereichsspezifischer Regelungen
b) Die Alternative allgemeiner Generalklauseln
c) Der Ausweg der Privatautonomie
B. Privatautonomer Datenschutz
I. Privatautonomie als bloße Fiktion?
1. Das Problem des Informations- und Machtungleichgewichts
a) Fehlende Transparenz – das Beispiel Schufa-Klausel
b) Verständnisdefizite – das Beispiel Data Warehouse und Data Mining
c) Vermeintliche Freiwilligkeit – take it or leave it
2. Privatautonomie trotz Informations- und Machtungleichgewicht
a) Datenschutzrecht als Verbraucherschutzrecht
aa) Notwendigkeit eines dezentralen Interessenausgleichs
bb) Gewährleistung tatsächlicher Selbstbestimmung
cc) Keine staatliche Bevormundung
b) Der faktische Zwang zur Datenpreisgabe als soziales Problem
aa) Berechtigte Informationsinteressen
bb) Datenschutz als Instrument staatlicher Sozialpolitik
cc) Zwischenfazit
II. Grundbedingungen privatautonomen Datenschutzes
1. Der Bereich des Credit Reporting
a) Die praktischen Defizite
aa) Der Betroffene als außenstehender Dritter
bb) Das Problem intransparenter Datenverarbeitung
cc) Das Problem unrichtiger Datenverarbeitung
b) Der rechtliche Status quo
aa) Das Leitbild des Datengeheimnisses
bb) Sanktionsdefizite
c) Fazit
aa) Der Betroffene im Zentrum der Datenverarbeitung
bb) Auskunfteien als Informationsmittler
cc) Datenübermittlung an die Auskunfteien
dd) Transparenz und Fairness in der Entscheidungsfindung
2. Warn- und Hinweisdienste im Versicherungsbereich
a) Zentrale Warn- und Hinweissysteme als Kontaktstellen
b) Umfassende Einwilligungsklausel
aa) Freiwilligkeit
bb) Unbestimmtheit
c) Datengeheimnis statt Partizipation
d) Konsequenzen
aa) Warn- und Hinweissysteme als datenschutzrechtlich Verantwortliche
bb) Datenverarbeitungsrechte und -pflichten der Warn- und Hinweissysteme
cc) Transparenz und Fairness in der Entscheidungsfindung
3. Datenverarbeitung im Marketingbereich
a) Datenverarbeitung in eigener Sache
aa) Die Gewinnung neuer Kundendaten
bb) Personalisierung bestehender Kundenkontakte am Beispiel Kundenbindungssysteme
b) Adresshandel
aa) Datenschutzrechtliche Regelungsdefizite
bb) Listeneigentümer
cc) Adressverlage
dd) Adressenvermittler (Listbroker)
ee) Listennutzer
4. Mobile Computing
a) M-Commerce
aa) Gegenwärtige rechtliche Rahmenbedingungen
bb) Maxime eines privatautonomen Interessenausgleichs
b) Ubiquitous Computing
aa) Neue Qualität der Datenerhebung
bb) Die Rolle der Einwilligung
cc) Wirksamkeit und Widerrufbarkeit
dd) Die Freiheit des Ein- und Austretens
5. Fazit
a) Ein Stufenkonzept privatautonomen Datenschutzes
aa) Individuelle Selbstbestimmung als Ausgangspunkt
bb) Einschränkungen individueller Selbstbestimmung
cc) Standardisierte Datenverarbeitungsklauseln
b) Individuelle Selbstbestimmung und effiziente Informationsverteilung
aa) Der Ausgangspunkt individueller Selbstbestimmung – eine ökonomische Rechtfertigung
bb) Das Verhandlungsmodell
cc) Transaktionskosten und Erstausstattung
dd) Ergebnis
III. Der Einwand der Kommerzialisierung
1. Verdinglichung oder Selbstbestimmung?
2. Die Rolle des Rechts
3. Kommerzialisierung und Individualität
a) Marktgängigkeit statt Individualität?
b) Konformitätsdruck als willkommener Nebeneffekt?
4. Kommerzialisierung und Demokratiefähigkeit
a) Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit
b) Private Autonomie
5. Kommerzialisierung und Solidarität
a) Datenschutz und Diskriminierungsschutz
b) Das Problem der gesellschaftlichen Desintegration und Desolidarisierung
C. Ergebnisse des zweiten Teils
Dritter Teil: Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht – die Grundzüge eines privatrechtlichen Datenschutzmodells
A. Der Charakter des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
I. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Recht an den eigenen Daten
1. Das „alte Rezept“ vom subjektiven Recht?
2. Der privatistische Charakter eines Rechts an den eigenen Daten
II. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Vermögensrecht
1. Die Verschiedenheit von Person und Persönlichkeitsgut
2. Der vermögensrechtliche Charakter informationeller Selbstbestimmung
a) Vermögensrecht und Immaterialgüterrecht
b) Vermögensrecht und Persönlichkeitsrecht
c) Keine dualistische Konzeption
III. Der Einwand der Mehrrelationalität personenbezogener Daten
1. Spezifikum jedes datenschutzrechtlichen Konzepts
2. Die Mehrrelationalität von Persönlichkeitsrechtsgütern
3. Die Mehrrelationalität im Urheberrecht
IV. Fazit
B. Die Ausübung informationeller Selbstbestimmung
I. Die einseitige Einwilligung
1. Die Widerrufbarkeit der Einwilligung
a) Rechtfertigung
b) Konsequenzen
2. Rechtsnatur der Einwilligung
3. Die Freiwilligkeit der Einwilligung
4. Der Grundsatz der informierten Einwilligung
a) Reichweite
b) Informierte Einwilligung und Anfechtung
c) Beweislast
d) Nachträgliche Informationspflichten
5. Einwilligung Minderjähriger
a) Die Grenze der §§ 104ff. BGB
b) Das Kriterium der Einsichtsfähigkeit
6. Allgemeine Geschäftsbedingungen
II. Die schuldvertragliche Einwilligung
1. Einwilligung und gesetzliche Erlaubnis
a) Privatautonome Ausübung informationeller Selbstbestimmung als ultima ratio?
b) Grundsätzlicher Vorrang der Einwilligung
c) Nebeneinander von Einwilligung und gesetzlicher Erlaubnis
d) Konsequenzen für die Vertragsgestaltung
2. Das Problem der Freiwilligkeit
a) Die Durchsetzung berechtigter Informationsinteressen
b) Sonstige Datenverarbeitungsinteressen
c) Sicherung einer Grundversorgung
d) Sonderfall eines Datenüberlassungsvertrags?
3. Die Frage der Widerrufbarkeit
a) Einschränkung nach Treu und Glauben
b) Zivilrechtliche Vorgaben
c) Fortbestehende Datenverarbeitungsinteressen
4. Schuldvertragliche Einwilligung bei Daten Minderjähriger
III. Die Einräumung von Datennutzungsrechten
1. Datenverarbeiter als Datentreuhänder
2. Zulässigkeit einer Rechtseinräumung?
a) Die Übertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten
b) Translative Rechtsübertragung und konstitutive Rechtseinräumung
c) Ein Weniger an Verfügbarkeit
d) Vermeintliche Alternativen
3. Rechte und Pflichten des Datentreuhänders
a) Ausschließliches Datennutzungsrecht?
aa) Kein Exklusivrecht an personenbezogenen Daten selbst
bb) Exklusivrecht am eigenen Informationsangebot
b) Die Rechtsbeziehung zum Betroffenen
aa) Der Wahrnehmungsvertrag
bb) Freiwilligkeit und Informiertheit
cc) Widerrufsrecht
dd) Betroffenenrechte
C. Haftung für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung
I. Haftungsvoraussetzungen
1. Haftungsauslösender Datenschutzverstoß
2. Sorgfaltsmaßstab
II. Ersatz materieller Schäden
III. Ersatz immaterieller Schäden
1. Voraussetzungen
2. Prävention und erzielter Gewinn als Bemessungskriterien
3. Eingriffskondiktion und Geschäftsanmaßung keine Alternativen
IV. Prävention im Datenschutzrecht
D. Ergebnisse des dritten Teils und abschließende Thesen
Literaturverzeichnis
Sonstige Materialien
Stichwortverzeichnis

Citation preview

JUS P R I V A T U M Beiträge zum Privatrecht Band 114

ARTIBUS

Benedikt Buchner

Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht

Mohr Siebeck

Benedikt Büchner, geboren 1970; Studium der Rechtswissenschaften in München, Augsburg und Los Angeles; 1995 erstes jur. Staatsexamen; 1997 Promotion; 1998 zweites jur. Staatsexamen; 2002 LL.M. (University of California Los Angeles); 2004 Visiting Associate Professor an der Universität Osaka; 2005 Habilitation; Privatdozent an der Ludwig-Maximilians-Universität München; WS 2005/2006 bis WS 2006/2007 Vertretungsprofessur an der Universität Bremen.

978-3-16-158031-4 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISBN 3-16-149003-7 ISBN-13 978-3-16-149003-3 ISSN 0940-9610 (jus Privatum)

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2006 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Garamond Antiqua belichtet, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Die Arbeit w u r d e im Wintersemester 2005/2006 von der Juristischen Fakultät der L u d w i g - M a x i m i l i a n s - U n i v e r s i t ä t M ü n c h e n als Habilitationsschrift angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand von April 2006. Mein Dank gilt in erster Linie H e r r n Prof. Dr. H e l m u t Köhler. Er hat mir an seinem Institut bestmögliche Arbeitsbedingungen und bei der Fertigstellung der Arbeit jede nur erdenkliche U n t e r s t ü t z u n g und Freiheit gewährt. G a n z besonders danken möchte ich auch H e r r n Prof. Dr. Josef Drexl, der die A n r e g u n g zu diesem Thema gegeben und die Erstellung des Zweitberichts ü b e r n o m m e n hat. D a n k gebührt darüber hinaus allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Institut für Internationales Recht, insbesondere H e r r n Rechtsanwalt C l e m e n s H ü b e r für vielfältige Recherchearbeiten und H e r r n Dr. Christian Alexander, der in der Endphase des Schreibens die Hauptlast der Institutsarbeit auf sich genommen hatte. Die Arbeit an dieser Habilitationsschrift w u r d e großzügig durch den Bayerischen Habilitationsförderpreis unterstützt. Dem Freistaat B a y e r n sei dafür ebenso gedankt wie H e r r n Staatsminister a.D. Dr. H a n s Zehetmair, der diesen Preis ins Leben gerufen hat. Der Deutsche A k a d e m i s c h e Austauschdienst trug durch ein A u s - und Fortbildungsstipendium dazu bei, dass ich das amerikanische Recht vor Ort studieren und erforschen konnte. Die U n i v e r s i t y of California Los A n g e les hat hierzu die idealen Studien- und Forschungsbedingungen bereitgestellt. Gedankt sei in diesem Zusammenhang vor allem den Professoren J e r r y Kang, J u s tin H u g h e s und Joel Handler, die mich in vielfältigster Weise bei dieser Arbeit inspiriert und unterstützt haben. Der Deutschen Stiftung für Recht und Informatik sei dafür gedankt, dass sie den DSRI-Wissenschaftspreis initiiert hat, mit dem diese Arbeit im J a h r 2005 ausgezeichnet w o r d e n ist. Meine Eltern haben mir nicht nur w ä h r e n d dieser Arbeit mit Rat und Tat zur Seite gestanden, sondern mich über die gesamte Studien- und Assistentenzeit hinw e g rückhaltlos unterstützt. D a f ü r möchte ich Ihnen ganz herzlich danken. Nicht zuletzt danke ich Tsubasa, die ihre eigene akademische Heimat in Japan z u rückgelassen hat und nach Deutschland g e k o m m e n ist, damit w i r hier gemeinsam leben und arbeiten können.

Augsburg, im Mai 2006

Benedikt

Buchner

Inhaltsübersicht Einleitung

1

Erster Teil: Zweigeteilter Datenschutz - die Differenzierung nach staatlicher und privater Datenverarbeitung

5

A. Der Fokus des amerikanischen Rechts auf die staatliche Datenverarbeitung

7

B. Die Vereinheitlichung des Datenschutzes im deutschen Recht . .

26

C. Ergebnisse des ersten Teils

76

Zweiter Teil: Datenschutzrecht als Privatrecht - die Maxime eines privatautonomen Datenschutzes

79

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit

.

80

B. Privatautonomer Datenschutz

103

C. Ergebnisse des zweiten Teils

199

Dritter Teil: Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht die Grundzüge eines privatrechtlichen Datenschutzmodells

201

A. Der Charakter des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung

202

B. Die Ausübung informationeller Selbstbestimmung

231

C. Haftung für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung

. . .

299

D. Ergebnisse des dritten Teils und abschließende Thesen

313

Literaturverzeichnis Sonstige Materialien Stichwortverzeichnis

317 336 338

Inhaltsverzeichnis Einleitung

1

Erster Teil: Zweigeteilter Datenschutz - die Differenzierung nach staatlicher und privater Datenverarbeitung

5

A. Der Fokus des amerikanischen Rechts auf die staatliche Datenverarbeitung

7

I. Der Schutz der informationellen Selbstbestimmung durch Verfassung und allgemeine Datenschutzgesetze

8

1. Verfassungsrecht 2. Allgemeine Datenschutzgesetzgebung

8 11

II. Das C o m m o n Law Right of Privacy III. Der Schutz informationeller Selbstbestimmung durch sektorspezifische Datenschutzgesetzgebung

11 15

1. Regelungsbereiche 2. Die Zurückhaltung des amerikanischen Datenschutzgesetzgebers 3. Die Rede- und Pressefreiheit des First Amendment a) First Amendment contra informationelle Selbstbestimmung b) Die Maxime der Informationsfreiheit c) Public Concern IV. Zwischenfazit B. Die Vereinheitlichung des Datenschutzes im deutschen Recht I. Die Datenschutzgesetzgebung 1. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 2. Das Volkszählungsurteil und die Novellierung des BDSG 1990 a) Die Vorgaben des Volkszählungsurteils f ü r die Regelungen privater Datenverarbeitung b) Das BDSG 1990 3. Die Datenschutzrichtlinie und die Novellierung des BDSG 2001

15 19 20 21 22 23 24 ....

26 27 27 30 31 32 34

X

Inhaltsverzeichnis

a) Die Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie b) Weitere Vereinheitlichung 4. Der „neue Datenschutz" - die Modernisierung des BDSG und die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen a) Das Bundesdatenschutzgesetz als datenschutzrechtliches Grundgesetz b) Die Einheitlichkeit sektorspezifischer Datenschutzregelungen II. Die Forderung nach einheitlichem Datenschutz

34 35 36 37 39 41

1. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung . . . . a) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . b) Die Bedeutung des Volkszählungsurteils 2. Forderung nach gleichwertigem oder gleichartigem Datenschutz? 3. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung im Privatrechtsverhältnis a) Die Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung b) Grundrechte als Abwehrrechte gegenüber dem Privatrechtsgesetzgeber

41 41 42

aa) D i e G r u n d r e c h t s b i n d u n g des Privatrechtsgesetzgebers b b ) D i e Freiheit der D a t e n v e r a r b e i t u n g als A u s g a n g s p u n k t

48 50

... ...

c) Grundrechte als Schutzgebote

46 46 48

51

aa) D i e Schutzpflicht des Staates gegenüber privater Datenverarbeitung b b ) U m s e t z u n g u n d U m f a n g staatlicher S c h u t z p f l i c h t e n

51 52

d) Zwischenergebnis III. Besonderheiten staatlicher und privater Datenverarbeitung

44

57 ...

1. Die Grundrechte privater Datenverarbeiter a) Presse- und Rundfunkfreiheit b) Meinungs- und Informationsfreiheit c) Allgemeine Handlungsfreiheit und Privatautonomie . . . . 2. Die Privatautonomie der Betroffenen a) Die Einwilligung im Bereich staatlicher Datenverarbeitung b) Die Einwilligung im Bereich privater Datenverarbeitung . 3. Das besondere Gefährdungspotential staatlicher Datenverarbeitung a) Keine Wertfreiheit staatlicher Datenverarbeitung b) Die besondere Eingriffsintensität staatlicher Datenverarbeitung c) Das Rechtmäßigkeitsdefizit staatlicher Datenverarbeitung

58 58 58 60 61 62 63 64 66 66 68 70

Inhaltsverzeichnis

XI

4. Das Problem des staatlichen Zugriffs auf private Datenbestände a) Argument für einen einheitlichen datenschutzrechtlichen Ansatz? b) Notwendigkeit einer strikten Begrenzung staatlicher Datenverarbeitungsbefugnisse

72 73 74

C. Ergebnisse des ersten Teils

76

Zweiter Teil: Datenschutzrecht als Privatrecht - die Maxime eines privatautonomen Datenschutzes

79

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit

....

I. Die Entscheidung für einen bestimmten Ausgangspunkt 1. Regel und Ausnahme 2. Der Ausgangspunkt im deutschen Datenschutzrecht: das grundsätzliche Verbot einer Datenverarbeitung 3. Der entgegengesetzte Ausgangspunkt: das Prinzip der Informationsfreiheit II. Die Unauflösbarkeit des Konflikts 1. Individuelle Rechtspositionen a) W ü r d e und Persönlichkeit b) Freiheit und Privatautonomie c) Kommunikation 2. Gesellschaftliche Allgemeinbelange a) Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit b) Gemeinschaftsgebundenheit und überwiegendes Allgemeininteresse III. Fazit 1. Prinzipielle Gleichrangigkeit 2. Kein Abwägungsopportunismus 3. Drei Alternativen a) Die Alternative detaillierter und bereichsspezifischer Regelungen b) Die Alternative allgemeiner Generalklauseln c) Der Ausweg der Privatautonomie B. Privatautonomer Datenschutz I. Privatautonomie als bloße Fiktion? 1. Das Problem des I n f o r m a t i o n s - u n d Machtungleichgewichts a) Fehlende Transparenz - das Beispiel Schufa-Klausel . . . .

80 80 80 81 83 85 85 85 87 88 89 89 91 93 93 95 96 96 99 101 103 103 103 104

XII

Inhaltsverzeichnis

b) Verständnisdefizite - das Beispiel Data Warehouse und Data Mining c) Vermeintliche Freiwilligkeit - take it or leave it 2. Privatautonomie trotz Informations- und Machtungleichgewicht a) Datenschutzrecht als Verbraucherschutzrecht

106 107 108 109

aa) Notwendigkeit eines dezentralen Interessenausgleichs . . . . bb) Gewährleistung tatsächlicher Selbstbestimmung

110 111

cc) Keine staatliche B e v o r m u n d u n g

113

b) Der faktische Zwang zur Datenpreisgabe als soziales Problem

114

aa) Berechtigte Informationsinteressen bb) Datenschutz als Instrument staatlicher Sozialpolitik cc) Zwischenfazit

114 115 117

II. Grundbedingungen privatautonomen Datenschutzes

118

1. Der Bereich des Credit Reporting a) Die praktischen Defizite

119 119

aa) D e r Betroffene als außenstehender Dritter bb) Das Problem intransparenter Datenverarbeitung

119 121

cc) Das Problem unrichtiger Datenverarbeitung

123

b) Der rechtliche Status q u o

125

aa) Das Leitbild des Datengeheimnisses

126

bb) Sanktionsdefizite

127

c) Fazit

130

aa) bb) cc) dd)

130 131 134 135

Der Betroffene im Z e n t r u m der Datenverarbeitung Auskunfteien als Informationsmittler Datenübermittlung an die Auskunfteien Transparenz und Fairness in der Entscheidungsfindung

...

2. W a r n - u n d Hinweisdienste im Versicherungsbereich a) Zentrale W a r n - u n d Hinweissysteme als Kontaktstellen b) Umfassende Einwilligungsklausel aa) Freiwilligkeit bb) Unbestimmtheit

c) Datengeheimnis statt Partizipation d) Konsequenzen aa) Warn- und Hinweissysteme als datenschutzrechtlich Verantwortliche bb) Datenverarbeitungsrechte und -pflichten der Warn- und Hinweissysteme cc) Transparenz und Fairness in der Entscheidungsfindung . . .

3. Datenverarbeitung im Marketingbereich a) Datenverarbeitung in eigener Sache

.

137 138 138 139 140

141 143 143 143 145

147 147

Inhaltsverzeichnis

XIII

aa) Die G e w i n n u n g neuer K u n d e n d a t e n bb) Personalisierung bestehender K u n d e n k o n t a k t e am Beispiel Kundenbindungssysteme

b) Adresshandel aa) bb) cc) dd) ee)

153 154 155 158 160

4. Mobile C o m p u t i n g a) M - C o m m e r c e

161 161

aa) Gegenwärtige rechtliche Rahmenbedingungen

162 . . . .

b) Ubiquitous C o m p u t i n g aa) bb) cc) dd)

149

153

Datenschutzrechtliche Regelungsdefizite Listeneigentümer Adressverlage Adressenvermittler (Listbroker) Listennutzer

bb) Maxime eines privatautonomen Interessenausgleichs

148

N e u e Qualität der Datenerhebung Die Rolle der Einwilligung Wirksamkeit und Widerrufbarkeit Die Freiheit des E i n - u n d Austretens

5. Fazit a) Ein Stufenkonzept privatautonomen Datenschutzes . . . .

164

166 166 168 170 172

172 173

aa) Individuelle Selbstbestimmung als Ausgangspunkt bb) Einschränkungen individueller Selbstbestimmung

173 174

cc) Standardisierte Datenverarbeitungsklauseln

175

b) Individuelle Selbstbestimmung und effiziente Informationsverteilung

175

aa) D e r Ausgangspunkt individueller Selbstbestimmung — eine ökonomische Rechtfertigung bb) Das Verhandlungsmodell cc) Transaktionskosten und Erstausstattung dd) Ergebnis

III. Der Einwand der Kommerzialisierung 1. Verdinglichung oder Selbstbestimmung? 2. Die Rolle des Rechts 3. Kommerzialisierung und Individualität a) Marktgängigkeit statt Individualität? b) Konformitätsdruck als willkommener Nebeneffekt? . . . . 4. Kommerzialisierung und Demokratiefähigkeit a) Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit b) Private Autonomie 5. Kommerzialisierung und Solidarität a) Datenschutz und Diskriminierungsschutz b) Das Problem der gesellschaftlichen Desintegration und Desolidarisierung

176 177 179 182

183 184 185 188 188 190 191 191 193 194 195 197

XIV

Inhaltsverzeichnis

C. Ergebnisse des zweiten Teils

199

Dritter Teil: Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht die G r u n d z ü g e eines privatrechtlichen Datenschutzmodells

201

A. Der Charakter des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung

. .

I. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Recht an den eigenen Daten 1. Das „alte Rezept" vom subjektiven Recht? 2. Der privatistische Charakter eines Rechts an den eigenen Daten

206 208 . . .

III. Der Einwand der Mehrrelationalität personenbezogener Daten . 1. Spezifikum jedes datenschutzrechtlichen Konzepts 2. Die Mehrrelationalität von Persönlichkeitsrechtsgütern . . . . 3. Die Mehrrelationalität im Urheberrecht IV. Fazit B. Die Ausübung informationeller Selbstbestimmung I. Die einseitige Einwilligung 1. Die Widerrufbarkeit der Einwilligung a) Rechtfertigung b) Konsequenzen 2. Rechtsnatur der Einwilligung 3. Die Freiwilligkeit der Einwilligung 4. Der Grundsatz der informierten Einwilligung a) Reichweite b) Informierte Einwilligung und Anfechtung c) Beweislast d) Nachträgliche Informationspflichten 5. Einwilligung Minderjähriger a) Die Grenze der §§ 104ff. BGB b) Das Kriterium der Einsichtsfähigkeit 6. Allgemeine Geschäftsbedingungen

203 203

II. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Vermögensrecht 1. Die Verschiedenheit von Person und Persönlichkeitsgut 2. Der vermögensrechtliche Charakter informationeller Selbstbestimmung a) Vermögensrecht und Immaterialgüterrecht b) Vermögensrecht und Persönlichkeitsrecht c) Keine dualistische Konzeption

202

209 212 212 214 217 221 221 224 226 228 231 232 232 233 234 236 239 240 241 242 243 245 247 248 249 251

Inhaltsverzeichnis

II. Die schuldvertragliche Einwilligung

XV

253

1. Einwilligung und gesetzliche Erlaubnis a) Privatautonome Ausübung informationeller Selbstbestimmung als ultima ratio? b) Grundsätzlicher Vorrang der Einwilligung c) Nebeneinander von Einwilligung und gesetzlicher Erlaubnis d) Konsequenzen f ü r die Vertragsgestaltung 2. Das Problem der Freiwilligkeit a) Die Durchsetzung berechtigter Informationsinteressen . . b) Sonstige Datenverarbeitungsinteressen c) Sicherung einer Grundversorgung d) Sonderfall eines Datenüberlassungsvertrags? 3. Die Frage der Widerrufbarkeit a) Einschränkung nach Treu und Glauben b) Zivilrechtliche Vorgaben c) Fortbestehende Datenverarbeitungsinteressen

257 258 261 261 263 266 267 270 270 271 272

4. Schuldvertragliche Einwilligung bei Daten Minderjähriger . .

274

III. Die Einräumung von Datennutzungsrechten 1. Datenverarbeiter als Datentreuhänder 2. Zulässigkeit einer Rechtseinräumung? a) Die Ubertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten b) Translative Rechtsübertragung und konstitutive Rechtseinräumung c) Ein Weniger an Verfügbarkeit d) Vermeintliche Alternativen 3. Rechte und Pflichten des Datentreuhänders a) Ausschließliches Datennutzungsrecht? aa) Kein Exklusivrecht an personenbezogenen Daten selbst . . . bb) Exklusivrecht am eigenen Informationsangebot

b) Die Rechtsbeziehung zum Betroffenen aa) bb) cc) dd)

D e r Wahrnehmungsvertrag Freiwilligkeit und Informiertheit Widerrufsrecht Betroffenenrechte

C. H a f t u n g für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung I. Haftungsvoraussetzungen 1. Haftungsauslösender Datenschutzverstoß 2. Sorgfaltsmaßstab II. Ersatz materieller Schäden

253 253 255

276 277 279 280 281 283 284 285 286 287 288

290 290 291 293 296

299 299 300 301 303

XVI

Inhaltsverzeichnis

III. Ersatz immaterieller Schäden 1. Voraussetzungen 2. Prävention und erzielter Gewinn als Bemessungskriterien 3. Eingriffskondiktion und Geschäftsanmaßung keine Alternativen IV. Prävention im Datenschutzrecht

304 . .

305 306 307 310

D. Ergebnisse des dritten Teils und abschließende Thesen

313

Literaturverzeichnis Sonstige Materialien Stichwortverzeichnis

317 336 339

Abkürzungen 5 ACM Ala. App. App.2d App. 3d Cal. CFA C.F.R. Cir. Com. Comm. Cons. CPNI Ct. App. D. D.C. Dep't DGRI Dok. Econ ECPA E.D. Ent. EPIC F. F. 2d F. 3d F. Supp. FCC Fed. Ga. Geo. Harv. HIPAA

111.

Inst.

Association for Computing Machinery Alabama Appellate Reports Appellate Reports, Second Series Appellate Reports, Third Series California Consumer Federation of America C o d e of Federal Regulations Circuit Commerce Commission; Communications Consumer Customer Proprietary Network Information Court of Appeals District District of Columbia; District Court Department Deutsche Gesellschaft für Recht und Informatik Simitis u.a., Dokumentation zum B D S G Economics Electronic Communications Privacy Act Eastern District Entertainment Electronic Privacy Information Centre Federal Reporter Federal Reporter, Second Series Federal Reporter, Third Series Federal Supplement Federal Communications Commission Federal Georgia Georgetown Harvard Health Insurance Portability and Accountability Act Illinois Institute

Nur ausländische und weniger gebräuchliche Abkürzungen; siehe im Übrigen Kirchner/ Butz, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache (2003).

XVIII

Abkürzungen

IuKDG

Informations- und Kommunikationsdienstegesetz

J.

Journal

Ky.

Kentucky

L.

Law

L.J.

Law Journal

L. Rev.

Law Review

MDStV

Mediendienste-Staatsvertrag

Mich.

Michigan

Miss.

Mississippi

Mkt.

Market

N.C.

N o r t h Carolina

NCRA

National Credit Reporting Association

N.E.2d

N o r t h Eastern Reporter, 2d series

N.J.

N e w Jersey

N.Y.

N e w York

Pa.

Pennsylvania

PDSV

Postdienste-Datenschutzverordnung

Pepp.

Pepperdine

Pub.

Public

Pol'y

Policy

Rep.

Reports

RFID

Radio Frequency Identification

Schufa

Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung

S.D.

Southern District

Stan.

Stanford

Stud.

Studies

TB

Tätigkeitsbericht

TDG

Teledienstegesetz

TDDSG

Teledienstedatenschutzgesetz

TDSV

Telekommunikations-Datenschutzverordnung

Tech.

Technology

Telecomm.

Telecommunication

U.

University

ULD

Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein

U.S.

United States; United States Supreme Court Reports

U.S.C.

United States Code

Einleitung In kaum einem Rechtsgebiet liegen A n s p r u c h und Wirklichkeit so weit auseinander wie im Datenschutzrecht. U n g e a c h t e t aller gesetzlichen Regelungen und rechtspolitischen Plädoyers im Sinne eines starken und effektiven Datenschutzes ist die datenschutzrechtliche Realität weitgehend noch i m m e r von einer faktischen Freiheit der Datenverarbeitung geprägt. D i e s gilt nicht nur für den staatlichen Bereich, w o Sicherheits- und Vollzugsinteressen den D a t e n h u n g e r und D a tenzugriff staatlicher Stellen immer weiter anwachsen lassen. A u c h im Bereich privater Datenverarbeitung - Untersuchungsgegenstand dieser A r b e i t - n i m m t die Datenverarbeitung mit den M ö g l i c h k e i t e n m o d e r n e r Datenverarbeitungssysteme und dem kommerziellen Wert p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n stetig zu. D a s wirtschaftliche Potential privater Datenverarbeitung ist groß, egal o b es um den Handel mit personenbezogenen D a t e n , um individualisiertes Marketing auf der Grundlage von K o n s u m - und Interessenprofilen oder um das R i s i k o - S c o r i n g von Verbrauchern im alltäglichen Wirtschaftsverkehr geht. Z w a r unterfällt die D a t e n verarbeitung durch private Stellen dem umfassenden Regelungsanspruch des Bundesdatenschutzgesetzes und der sektorspezifischen Datenschutzgesetze. Tatsächlich verläuft die Datenverarbeitung durch private Stellen jedoch weitgehend unkontrolliert. D i e Flut an i m m e r mehr und i m m e r noch differenzierteren R e g e lungen für nahezu jeden Spezialbereich hat das D a t e n s c h u t z r e c h t zu einer überregulierten, zersplitterten und unzugänglichen Spezialmaterie werden lassen. D i e K o n s e q u e n z ist ein Vollzugsdefizit datenschutzrechtlicher Regelungen, welches den einzelnen Betroffenen gegenüber den Informationsbegehrlichkeiten der datenverarbeitenden Stellen oftmals schutzlos zurücklässt. Ausgangspunkt der vorliegenden A r b e i t ist die U b e r z e u g u n g , dass dem Vollzugsdefizit im D a t e n s c h u t z r e c h t durch ein Weniger an Regulierung und durch eine Stärkung individueller Selbstbestimmung zu begegnen ist. D i e A r b e i t n i m m t damit eine der Grundideen für ein modernes D a t e n s c h u t z r e c h t auf und versucht, dieser Idee für den Bereich privater Datenverarbeitung eine k o n k r e t e F o r m zu geben. Ziel ist die E n t w i c k l u n g eines praktikablen und effektiven privatrechtlichen Datenschutzmodells. Bislang stehen sich die Rechtsgebiete des D a t e n s c h u t z rechts und Zivilrechts weitgehend beziehungslos gegenüber. D a s datenschutzrechtliche Leitbild ist bis z u m heutigen Tag durch das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts geprägt, in welchem das G e r i c h t das R e c h t auf informationelle Selbstbestimmung zur „elementaren F u n k t i o n s b e d i n g u n g eines auf

Einleitung

2

Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen G e m e i n w e s e n s " e r h o b e n hat. 1 E n t s p r e c h e n d wird dem R e c h t auf informationelle Selbstbestimmung in der datenschutzrechtlichen Diskussion eine demokratische und k o m m u n i k a t i v e Bedeutung zugesprochen, mit der sich ein zivilrechtliches D e n k e n in den Kategorien subjektiver Herrschafts- und A n spruchsrechte scheinbar nur schwer in Einklang bringen lässt. G l e i c h w o h l ist eine zivilrechtliche D u r c h d r i n g u n g des D a t e n s c h u t z r e c h t s überfällig. P e r s o n e n b e z o gene D a t e n entwickeln sich immer mehr zu einem wirtschaftlichen G u t und das D a t e n s c h u t z r e c h t k o m m t nicht umhin, diesem Bedeutungswandel R e c h n u n g zu tragen. E s geht beim D a t e n s c h u t z zwar auch, aber eben nicht nur um bürgerliche K o m m u n i k a t i o n s - und Partizipationsfähigkeit, sondern ebenso um die Austarierung wirtschaftlicher Interessen im R a h m e n einer Privatrechtsordnung. D a s Ziel, die E n t w i c k l u n g eines privatrechtlichen Datenschutzregimes, gibt zugleich auch den grundsätzlichen A u f b a u der folgenden Ausführungen vor. D i e erste Frage, die sich notwendigerweise stellt, ist die nach der Einheitlichkeit oder Zweigeteiltheit des Datenschutzrechts. G i b t es überhaupt so etwas wie einen eigenständigen zivilrechtlichen D a t e n s c h u t z oder gilt vielmehr, dass informationelle Selbstbestimmung nur als einheitliche gewährleistet werden kann? Ist eine D i f ferenzierung nach öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem

Datenschutz

realitätsfremd oder gibt es stichhaltige G r ü n d e für eine solche Unterscheidung? D e r erste Teil der A r b e i t zeigt, dass es solche stichhaltigen G r ü n d e gibt und dass es daher entgegen einer weit verbreiteten U b e r z e u g u n g im D a t e n s c h u t z r e c h t sachgerecht ist, von einem eigenständigen privatrechtlichen Regelungsansatz auszugehen. Dieser privatrechtliche Regelungsansatz zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er die Auflösung des K o n f l i k t s zwischen D a t e n s c h u t z und I n f o r mationsfreiheit dem privatautonomen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten überantwortet. I m zweiten Teil der Arbeit wird dargelegt, warum eine solche Ü b e r a n t w o r t u n g an die Beteiligten gegenüber einem regulatorischen Ansatz vorzugswürdig ist und wie sichergestellt werden kann, dass die privatautonome A u s übung informationeller Selbstbestimmung durch den einzelnen

Betroffenen

trotz bestehender M a c h t - und Informationsungleichgewichte keine bloße F i k t i on bleibt. A m Beispiel des Credit R e p o r t i n g und anderer zentraler Bereiche privater Datenverarbeitung wird gezeigt, dass die gegenwärtigen datenschutzrechtlichen Defizite nicht darauf zurückzuführen sind, dass der E i n z e l n e sein informationelles Selbstbestimmungsrecht nicht privatautonom ausüben kann, sondern darauf, dass diesem überhaupt kein echtes Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Verarbeitung „seiner" D a t e n zugestanden wird. In einem dritten und letzten Teil geht es schließlich um die k o n k r e t e Ausgestaltung informationeller Selbstbestimmung im D a t e n s c h u t z r e c h t . Ausgangspunkt ist die E i n o r d n u n g des informationellen Selbstbestimmungsrechts als ein R e c h t an den eigenen Daten, das als

1

B V e r f G E 65, 1 (43) - Volkszählung.

Einleitung

3

Persönlichkeitsrecht sowohl ideelle als auch Vermögenswerte Interessen umfasst. Drei Formen einer Ausübung dieses Rechts an den eigenen Daten kommen grundsätzlich in Betracht: die einseitige Einwilligung im herkömmlichen datenschutzrechtlichen Sinne, die schuldvertragliche Einwilligung und die Einräumung von Datennutzungsrechten an Dritte. Für alle drei Formen der Ausübung informationeller Selbstbestimmung werden die näheren rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären sein. 2

2 Ausgeklammert bleiben in dieser Arbeit - neben dem Datenschutz gegenüber staatlichen Stellen - der Arbeitnehmerdatenschutz und der Bereich D a t e n s c h u t z und Medien. Für den Arbeitnehmerdatenschutz wird aus guten G r ü n d e n seit langem eine bereichsspezifische Regelung gefordert, die d e m besonderen Abhängigkeits- und Näheverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber R e c h n u n g trägt (BfD, 20. T B (2003-2004), S. 118f.; Gola/Wronka, Arbeitnehmerdatenschutz, S. 6ff.). Was den Datenschutz im Medienbereich angeht, ist dieser schon bisher weitgehend vom A n w e n d u n g s b e r e i c h des Datenschutzrechts ausgenommen, u m der verfassungsrechtlich verankerten Pressefreiheit angemessen Rechnung tragen zu k ö n n e n (sog. Medienprivi-

leg).

Erster Teil

Zweigeteilter Datenschutz - die Differenzierung nach staatlicher und privater Datenverarbeitung

Eine der Grundfragen jedes datenschutzrechtlichen Regelungsmodells geht dahin, ob für den öffentlichen und den nicht-öffentlichen Bereich einheitliche D a tenschutzregelungen gelten sollen oder o b nach staatlichen und nicht-staatlichen Datenverarbeitern zu differenzieren ist. In der Entscheidung für ein einheitliches oder ein zweigeteiltes D a t e n s c h u t z r e c h t bündeln sich eine Vielzahl datenschutzrechtlicher Uberzeugungen und Vorgaben. D i e T e n d e n z zur Vereinheitlichung datenschutzrechtlicher Regelungen im deutschen D a t e n s c h u t z r e c h t fußt auf der U b e r z e u g u n g , dass unter den Bedingungen m o d e r n e r Datenverarbeitung eine Differenzierung nach den Gefahren staatlicher und privater Datenverarbeitung nicht mehr sachgerecht ist. D i e informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen wird nicht mehr nur durch den „ G r o ß e n B r u d e r " Staat, sondern auch durch die Privatwirtschaft gefährdet. Ein einheitliches D a t e n s c h u t z r e c h t soll entsprechend gewährleisten, dass den Gefährdungen auch in beiden Bereichen gleich wirksam begegnet wird. D a s G r u n d r e c h t auf informationelle Selbstbestimmung dient nicht nur als ein A b w e h r r e c h t gegenüber staatlicher Datenverarbeitung, sondern begründet auch eine Pflicht des Staates, den Einzelnen vor den Gefahren privater Datenverarbeitung zu schützen. D a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e Vorgaben für die staatliche Datenverarbeitung, wie sie insbesondere im Volkszählungsurteil vom B u n desverfassungsgericht entwickelt worden sind, sollen daher ebenso auch für private Datenverarbeiter gelten. Ausgangspunkt der Entscheidung für ein zweigeteiltes D a t e n s c h u t z r e c h t ist demgegenüber die U b e r z e u g u n g , dass zwischen staatlicher und privater D a t e n verarbeitung grundsätzliche Unterschiede bestehen, die sich auch in unterschiedlichen rechtlichen R a h m e n b e d i n g u n g e n niederschlagen müssen. Besonders ausgeprägt ist diese Sichtweise im amerikanischen D a t e n s c h u t z r e c h t , dessen Z w e i teilung die logische K o n s e q u e n z einer Fokussierung auf die Gefahren staatlicher Datenverarbeitung ist. D i e Gefahren privater Datenverarbeitung werden demgegenüber als wesentlich geringer eingestuft und geben nur Anlass zu einem p u n k tuellen, sektorspezifischen Vorgehen des Datenschutzgesetzgebers in R e a k t i o n auf aktuelle und offensichtliche Datenschutzdefizite. Grundsätzlich impliziert ein zweigeteilter datenschutzrechtlicher Ansatz eine unterschiedliche Interessenund Gefährdungslage im Bereich staatlicher und privater Datenverarbeitung und

6

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

lässt damit auch Raum für eine differenzierende Betrachtung und Abwägung der jeweils betroffenen Interessen.

A. Der Fokus des amerikanischen Rechts auf die staatliche Datenverarbeitung Für die Kritiker eines zweigeteilten Datenschutzes liefert der datenschutzrechtliche Status quo in den U S A ein warnendes Beispiel dafür, zu welchen Missständen der Verzicht auf ein einheitliches und umfassendes datenschutzrechtliches Regelungsregime führen kann. Datenschutz ist in den U S A bis heute in erster Linie ein Schutz gegenüber der Datenverarbeitung durch staatliche Behörden. Ein umfassendes Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat im amerikanischen Recht bisher nur für die staatliche Datenverarbeitung allgemeine A n e r k e n n u n g gefunden. Der Schutz des Einzelnen vor einer Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch den privaten Sektor beschränkt sich hingegen auf die Statuierung eines informationellen Selbstbestimmungsrechts durch verschiedene sektorspezifische Datenschutzregelungen mit jeweils begrenztem A n w e n d u n g s b e r e i c h und unterschiedlichem Schutzniveau. Einer generellen Einschränkung bei der Datenverarbeitung unterliegt der private Sektor hingegen nicht. Es griffe zu kurz, die weitgehende Freiheit der Datenverarbeitung im nichtstaatlichen Bereich allein auf eine mangelnde datenschutzrechtliche Sensibilität des amerikanischen Gesetzgebers z u r ü c k z u f ü h r e n . Im Gegenteil nahmen die U S A in der Diskussion u m die Herausforderungen moderner Datenverarbeitung zunächst sogar eine Vorreiterrolle ein. 1 W ä h r e n d in Deutschland die Bürger bis in die 70er Jahre hinein die Pläne zu Verwaltungsautomation und Personenkennzeichen noch wie selbstverständlich hinnahmen, 2 w u r d e n in den U S A bereits Mitte der 60er Jahre die Gefahren der modernen Datenverarbeitung intensiv und leidenschaftlich diskutiert. 3 Die Konsequenz dieser Debatten w a r nicht nur die A b standnahme der Regierung von ihren Plänen zur Errichtung eines Nationalen Datenzentrums, sondern auch zwei Datenschutzgesetze, deren Erlass zeitlich noch vor den Erlass des Bundesdatenschutzgesetzes fiel: der Fair Credit R e p o r ting Act aus dem Jahr 1970 und der Federal Privacy Act aus dem Jahr 1974. Wenn es trotz dieser vergleichsweise weit zurückreichenden datenschutzrechtlichen Tradition bis z u m heutigen Tag gleichwohl nicht zur Verabschiedung eines einBull, Datenschutz, S. 73 ff. Dammann/Karbausen/Miiller/Steinmiiller, Datenbanken und Datenschutz, S. i (Vorwort). 3 Bull, a.a.O.; Büllesbach/Garstka, C R 2005, 720. Für die amerikanische Diskussion siehe Packard, The Naked Society (1964); Westin, Privacy and Freedom (1967); Miller, The Assault on Privacy (1971). 1

2

1. Teil: Zweigeteilter

8

Datenschutz

heitlichen und umfassenden Datenschutzgesetzes für den staatlichen und nichts t a a t l i c h e n B e r e i c h g e k o m m e n ist, s t e l l t s i c h d i e F r a g e n a c h d e n h i e r f ü r m a ß g e b l i chen Gründen.

I.

D e r Schutz der informationellen Selbstbestimmung durch

und allgemeine 1.

Verfassung

Datenschutzgesetze

Verfassungsrecht

D i e a m e r i k a n i s c h e B u n d e s v e r f a s s u n g enthält kein G r u n d r e c h t , das explizit ein R e c h t auf „information privacy" o d e r allgemeiner auf „privacy" umfasst.4 N a c h der R e c h t s p r e c h u n g des U . S . S u p r e m e C o u r t lässt sich j e d o c h aus d e m G r u n d r e c h t s k a t a l o g d e r Bill o f R i g h t s 5 u n d aus d e r due p r o c e s s clause des 14. A m e n d m e n t 6 z u m i n d e s t f ü r b e s t i m m t e B e r e i c h e ein R e c h t des E i n z e l n e n auf S c h u t z seiner Privatsphäre gegenüber staatlichen Eingriffen herleiten.7 Z u den Ausprägungen eines v o n der Verfassung geschützten R i g h t of P r i v a c y zählen danach v o r allem der Schutz vor staatlicher Beeinträchtigung bei höchstpersönlichen

Ent-

scheidungen im Bereich der E h e und Familie8 sowie der Schutz vor staatlicher Ü b e r w a c h u n g in B e r e i c h e n , in d e n e n d e r E i n z e l n e „ v e r n ü n f t i g e r w e i s e P r i v a t h e i t e r w a r t e n k a n n " . 9 U n k l a r ist, o b d e r S u p r e m e C o u r t d a r ü b e r h i n a u s a u c h d e n Aspekt der information privacy v o m grundrechtlich geschützten Bereich der Pri4 „Information privacy" - das amerikanische Gegenstück zum deutschen Recht auf informationelle Selbstbestimmung - ist ein Unterfall des allgemeineren Rechts auf „privacy". Das Recht auf privacy umfasst im Wesentlichen die Schutzbereiche, aus denen sich auch das deutsche Persönhchkeitsrecht zusammensetzt. Die verschiedenen Interessen, die vom „catch-all term privacy" erfasst werden sollen, sind weit gestreut: Freiheit der Gedanken, Entscheidungsfreiheit hinsichtlich des eigenen Körpers, Abgeschiedenheit im privaten Heim, informationelle Selbstbestimmung, Schutz vor Überwachung, Schutz der Ehre und Schutz vor Verhör und Durchsuchung; vergleiche Reidenberg, 80 Iowa L. Rev. 4 9 7 , 4 9 8 (1995); W o w , 90 Cal. L. Rev. 1087, 1088 (2002). 5 Der Grundrechtskatalog der Bill of Rights setzt sich aus den ersten zehn Amendments (Zusatzartikeln) zusammen, die im Jahre 1791 in Ergänzung zum ursprünglichen Verfassungstext von 1787 in Kraft getreten sind. 6 Das due process-Gebot des 14. Zusatzartikels zur amerikanischen Verfassung bestimmt: N o State shall „deprive any person of life, liberty, or property, without due process of law". 7 Siehe Roe v. Wade, 410 U.S. 113, 152 (1973) („The Constitution does not explicitly mention any right of privacy. In a line of decisions, however,... the Court has recognized that a right of personal privacy, or a guarantee of certain areas or zones of privacy, does exist under the Constitution."); ebenso Paul v. Davis, 424 U.S. 693, 712f. (1976). 8 Siehe Paul v. Davis, 424 U.S. 6 9 3 , 7 1 3 (1976): „And our other „right of privacy" cases, while defying categorical description, deal generally with substantive aspects of the Fourteenth Amendment... - matters relating to marriage, procreation, contraception, family relationships, and child rearing and education. In these areas, it has been held that there are limitations on the States' power to substantively regulate the conduct"; siehe auch Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 479 (1965); Whalen v. Roe, 429 U.S. 589 (1977). 9 Katzv. United States, 389 U.S. 347,350ff. (1967): „constitutionally protected reasonable expectation of privacy".

A. Der Fokus des amerikanischen

Rechts auf die staatliche

v a t s p h ä r e erfasst sieht. 1 0 Z w a r erklärt das G e r i c h t in Whalen

Datenverarbeitung v. Roe,

9

dass „priva-

c y " z w e i u n t e r s c h i e d l i c h e A r t e n v o n I n t e r e s s e n u m f a s s e u n d zählt dazu n e b e n d e m I n t e r e s s e , w i c h t i g e E n t s c h e i d u n g e n frei v o n B e e i n t r ä c h t i g u n g treffen zu k ö n n e n , a u c h das I n t e r e s s e , die O f f e n l e g u n g p e r s ö n l i c h e r A n g e l e g e n h e i t e n zu v e r h i n d e r n . 1 1 D a s G e r i c h t b e s c h r ä n k t sich im E r g e b n i s a b e r auf die vage gehaltene F e s t s t e l l u n g , dass ein mit d i e s e m I n t e r e s s e k o r r e s p o n d i e r e n d e s R e c h t des E i n z e l n e n auf S c h u t z seiner p e r s ö n l i c h e n D a t e n „ w o h l " seine W u r z e l n in der V e r fassung h a b e , u n d sieht mangels E n t s c h e i d u n g s e r h e b l i c h k e i t v o n einer a b s c h l i e ß e n d e n K l ä r u n g dieser F r a g e a b . 1 2 N i c h t s d e s t o t r o t z geht die M e h r z a h l der U n t e r g e r i c h t e a u f g r u n d der E n t s c h e i d u n g Wbalen Vertraulichkeit

personenbezogener

Daten

v. Roe

d a v o n aus, dass ein S c h u t z der

verfassungsrechtlich

gewährleistet

ist. 1 3 I m U n t e r s c h i e d z u r B u n d e s v e r f a s s u n g ist in einigen L a n d e s v e r f a s s u n g e n ein R i g h t o f P r i v a c y a u s d r ü c k l i c h v e r a n k e r t . 1 4 D i e p r a k t i s c h e B e d e u t u n g dieser B e s t i m m u n g e n ist b i s h e r j e d o c h gering g e b l i e b e n . 1 5 Sie w a r e n bislang n u r selten G e g e n s t a n d der R e c h t s p r e c h u n g u n d ü b e r den g e n a u e n U m f a n g ihres S c h u t z b e reichs h e r r s c h t g r ö ß t e n t e i l s U n k l a r h e i t . 1 6 Z u d e m g e w ä h r e n die m e i s t e n der L a n d e s v e r f a s s u n g e n e b e n s o w i e die B u n d e s v e r f a s s u n g n u r g e g e n ü b e r staatlichen Stellen ein A b w e h r r e c h t , n i c h t a b e r g e g e n ü b e r H a n d l u n g e n Privater. 1 7 N o c h i m m e r gilt i m a m e r i k a n i s c h e n R e c h t die v o m S u p r e m e C o u r t in d e n C i v i l R i g h t s C a ses e n t w i c k e l t e D o k t r i n der state a c t i o n , w o n a c h die V e r f a s s u n g n u r v o r den E i n griffen staatlicher I n s t i t u t i o n e n S c h u t z g e w ä h r t . 1 8 Private hingegen sollen in ihr e m T u n u n d H a n d e l n w e i t g e h e n d frei sein, ihre A u t o n o m i e soll n i c h t d u r c h v e r Skeptisch Louis, Datenschutz und Informationsrecht in den USA, S. 11. 429 U.S. 589,598ff. (1977): „The cases sometimes characterized as protecting .privacy' have in fact involved at least two different kinds of interests. One is the individual interest in avoiding disclosure of personal matters, and another is the interest in independence in making certain kinds of important decisions." 12 A.a.O., 605f. 13 Siehe etwa United States v. Westinghouse Electric Corp., 618 F. 2d 570,577ff. (3d Cir. 1980); Plante v. Gonzalez, 575 F. 2d 1119, 1132, 1134 (5th Cir. 1978); Barry v. City of New York, 712 F. 2d 1554, 1559 (2d Cir. 1983); Hawaii Psychiatric Soc'y Dist. Branch v. Ariyoshi, 481 F. Supp. 1028, 1043 (D. Hawaii 1979); McKenna v. Fargo, 451 F. Supp. 1355, 1381 (D.N.J. 1978); anderer Ansicht J. P. v. DeSanti, 653 F. 2d 1080 (6th Cir. 1981). 14 Zehn Bundesstaaten haben in ihre Landesverfassungen ein Right of Privacy ausdrücklich aufgenommen: Alaska (Art. I, §22), Arizona (Art. II, §8), Florida (Art. I, §23), Hawaii (Art. I, §§ 6f.), Illinois (Art. I, § 6), Kalifornien (Art. I, § 1), Louisiana (Art. I, § 5), Montana (Art. II, § 10), South Carolina (Art. I, § 10) und Washington (Art. I, §7). 15 Cate, Privacy, S. 66. 16 Lin, 17 Berkeley Tech.L.J. 1085, 1131 (2002). 17 Vergleiche Reidenberg, 80 Iowa L. Rev. 497, 502 (1995); Lm, 17 Berkeley Tech.L.J. 1085, 1131 ff. (2002). 18 Siehe Tribe, Constitutional Law, S. 1688: „Nearly all of the Constitution's ... guarantees of individual rights shield individuals only from government action. Accordingly, when litigants claim the protection of such guarantees, courts must first determine whether it is indeed government action - state or federal - that the litigants are challenging." 10

11

10

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

fassungsrechtliche (und gegen den Staat gerichtete) Grenzen eingeschränkt werden. Gegenüber dem privaten Sektor bleibt dem Einzelnen daher nach ständiger Rechtsprechung des Supreme C o u r t ein verfassungsrechtlicher Schutz regelmäßig versagt, „egal wie diskriminierend oder unrechtmäßig" das private Verhalten auch sein mag. 19 Die Rechtsprechung hält an der state action doctrine selbst in solchen Fällen strikt fest, in denen der Verletzte mangels anderweitiger gesetzlicher Grundlage im Ergebnis völlig ohne rechtlichen Schutz bleibt. Konsequenz ist, dass in zahlreichen Fällen einer Diskriminierung wegen Alter, Geschlecht, Rasse oder Religion die Klagen der Betroffenen abgewiesen wurden, weil diese sich nur auf eine Verletzung ihrer Grundrechte berufen konnten, eine solche Verletzung aber aufgrund der state action doctrine nicht in Frage kam. 2 0 Ausnahme ist Art. I, § 1 der kalifornischen Verfassung, dessen privacy-Klausel von der Rechtsprechung dahingehend ausgelegt wird, dass sie auch den privaten Sektor erfasst. 21 Ausschlaggebend hierfür ist die Erwägung, dass eine Gefährdung informationeller Selbstbestimmung gerade nicht nur von staatlicher, sondern ebenso auch von privater Seite her zu befürchten ist. Es ist dieselbe Erwägung, die auch im deutschen Datenschutzrecht f ü r eine grundrechtlich begründete Schutzpflicht des Staates gegenüber privaten Eingriffen ausschlaggebend ist: „ C o m m o n e x p e r i e n c e w i t h t h e ever-increasing use of c o m p u t e r s in c o n t e m p o r a r y society c o n f i r m s t h a t t h e [privacy] a m e n d m e n t w a s n e e d e d and i n t e n d e d t o s a f e g u a r d i n d i v i d u a l p r i v a c y f r o m i n t r u s i o n b y b o t h p r i v a t e a n d g o v e r n m e n t a l action. T h a t c o m m o n e x p e r i e n c e m a k e s it o n l y t o o e v i d e n t t h a t p e r s o n a l p r i v a c y is t h r e a t e n e d b y t h e i n f o r m a t i o n - g a t h e r i n g capabilities a n d activities n o t j u s t of g o v e r n m e n t , b u t of p r i v a t e b u s i n e s s as well. If t h e right of p r i v a c y is t o exist as m o r e t h a n a m e m o r y o r a d r e a m , t h e p o w e r of b o t h p u b l i c a n d p r i vate i n s t i t u t i o n s t o collect a n d p r e s e r v e d a t a a b o u t individual citizens m u s t be s u b j e c t t o c o n s t i t u t i o n a l c o n t r o l . A n y e x p e c t a t i o n s of p r i v a c y w o u l d i n d e e d b e illusory if o n l y t h e g o v e r n m e n t ' s collection a n d r e t e n t i o n of d a t a w e r e r e s t r i c t e d . " 2 2

19 Siehe Shelley v. Kraemer, 334 U.S. 1 , 1 3 (1948); Jackson v. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345, 349(1974). 20 Zu den Entscheidungen, in denen Gerichte einen Schutz vor Diskriminierung aufgrund der state action doctrine ablehnten, gehören z u m Beispiel Williams v. Howard Johnson 's Restaurant, 268 F. 2d 845 (4th Cir. 1959) (Weigerung eines Restaurant, einen schwarzen Kunden zu bedienen); Cook v. Advertiser Co., 323 F. Supp. 1212 (D. Ala. 1971), bestätigt durch 458 F. 2d 1119 (5th Cir. 1972) (Weigerung einer Zeitung, die Hochzeitsanzeige eines schwarzen Paares zu veröffentlichen); Cohen v. Illinois Inst, of Technology, 524 F. 2d 818 (7th Cir. 1975) (diskriminierende Behandlung einer Professorin d u r c h eine private Universität). 21 Siehe die Entscheidung des California Supreme C o u r t in Hillv. National Collegiate Athletic Assn., 865 P.2d 633,644 (Cal. 1994): „[T]he Privacy Initiative in Article I, Section 1 of the California Constitution creates a right of action against private as well as government entities". 22 Wilkinson v. Times Mirror Corp., 215 Cal. App. 3d 1034, 1043 (Cal. A p p . 1 Dist. 1989).

A. Der Fokus des amerikanischen

2. Allgemeine

Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

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Datenschutzgesetzgebung

Eine umfassende einfachgesetzliche Anerkennung hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Federal Privacy Act aus dem Jahre 1974 23 und seinen Pendants auf bundesstaatlicher Ebene gefunden. Der Federal Privacy Act ist Beleg dafür, dass auch der amerikanische Gesetzgeber eine ausgeprägte Sensibilität hinsichtlich der Risiken der Datenverarbeitung für die Persönlichkeit des Einzelnen besitzt. Die Erwägungsgründe, die den amerikanischen Kongress beim Erlass des Federal Privacy Act geleitet haben, könnten ebenso gut aus der Feder deutscher Datenschutzrechtler stammen: der Einfluss der Datenverarbeitung auf die Privatheit des Individuums, die Gefahren moderner Informationstechnologie und des Datenmissbrauchs für die Persönlichkeit des Einzelnen, das Recht auf Privatheit als fundamentales und durch die Verfassung geschütztes Recht und die Notwendigkeit der Regulierung der Datenverarbeitung. Das Gesetz normiert eine Reihe grundlegender datenschutzrechtlicher Prinzipien („Fair Information Practices"), zu deren wichtigsten zählen: das Verbot geheimer Datenverarbeitung; die Verpflichtung, personenbezogene Daten nur zu den durch eine Einwilligung des Betroffenen oder durch eine gesetzliche Erlaubnis legitimierten Zwecken zu verarbeiten; ein Recht des Betroffenen auf Auskunft über gespeicherte Daten und Berichtigung unrichtiger Daten; die Verpflichtung, personenbezogene Daten sorgfältig zu verarbeiten; die Verpflichtung zum Schutz gespeicherter Daten vor Verlust und Missbrauch. Allerdings beschränkt sich auch der durch den Privacy Act gewährleistete Datenschutz allein auf die Datenverarbeitung durch staatliche Behörden. Zwar enthielten die ursprünglichen Vorschläge für einen Privacy Act auch umfassende Regelungen für die Datenverarbeitung durch den privaten Sektor. Die Diskussion im Vorfeld der Verabschiedung des Datenschutzgesetzes war jedoch dominiert von der Furcht vor der Datensammlung durch staatliche Behörden. Im Ergebnis fand daher eine Regelung der privaten Datenverarbeitung keine Aufnahme in das Gesetz. 24 Der Federal Privacy Act steht insoweit im Gegensatz zur EG-Datenschutzrichtlinie und zum deutschen Bundesdatenschutzgesetz, die sowohl den öffentlichen als auch den privaten Sektor regeln.

II. Das Common Law Right of Privacy Pendant zum verfassungsrechtlichen Right of Privacy ist im Verhältnis der Privaten untereinander das deliktsrechtliche Common Law Right of Privacy. Schon lange bevor sich im deutschen Zivilrecht die Anerkennung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durchsetzen konnte, entwickelte die amerikanische Rechtspre-

23 24

5 U.S.C. §552. Reidenherg, 44 Fed. Comm. L.J. 195, 209 Fn.67 (1992).

12

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

chung mit dem Right of Privacy ein Recht, das den Einzelnen vor den Eingriffen Privater in seine Persönlichkeitssphäre schützt. 2 5 Die Entwicklung des Right of Privacy ist untrennbar mit den Namen Samuel D . Warren und Louis D. Brandeis verbunden. Ihr im Jahre 1890 im Harvard Law Review erschienener Artikel „The Right to Privacy" gilt allgemein als der entscheidende Wegbereiter für die Entwicklung des gleichnamigen Rechts. Für Warren und Brandeis verkörpert das Right of Privacy das Recht des Einzelnen, alleine gelassen zu werden („the right to be let alone"). 2 6 Für die beiden Autoren ist die gerichtliche Anerkennung dieses Rechts nichts anderes als die konsequente Weiterentwicklung des C o m m o n Law, damit der Einzelne auch unter veränderten gesellschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen effektiv in seiner Person geschützt wird. 2 7 Das Aufkommen des Sensationsjournalismus und die Gefahr, dank neuer Techniken immer tiefer in die Privatsphäre des Einzelnen eindringen zu können, erforderten aus ihrer Sicht die Anerkennung eines Right of Privacy, damit auch in Zukunft das „Recht, alleine gelassen zu werden", gewahrt bleibe und sich der Einzelne gegen das unautorisierte Verbreiten seines Bildnisses und von Informationen aus seinem Privatleben zur Wehr setzen könne. 2 8 Das amerikanische Recht unterscheidet vier mögliche Verletzungsformen des Right of Privacy, die als Unterfälle des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in vergleichbarer Form auch aus dem deutschen Recht bekannt sind: das Eindringen in den persönlichen Bereich, die Ausnutzung der Persönlichkeitsmerkmale eines anderen zum eigenen Vorteil, die unbefugte Veröffentlichung von Tatsachen aus 2 5 Die Bezeichnung C o m m o n Law wird im Folgenden als Synonym für Richterrecht (case law) verwandt, im Gegensatz zum gesetzten Recht (statute law oder statutory law). Die Gleichsetzung von C o m m o n Law und Richterrecht ist zwar insoweit ungenau, als Richterrecht an sich nicht nur das C o m m o n Law-, sondern auch das Equity-Präjudizienrecht umfasst (siehe Hay, US-Amerikanisches Recht, Rdn. 16). Gleichwohl soll die Gleichsetzung hier beibehalten werden, um terminologisch in Ubereinstimmung mit der amerikanischen Rechtsliteratur zu bleiben, die für die hier interessierenden Rechtsgebiete ebenfalls zwischen den Rechtsquellen des C o m mon Law und des Statute Law differenziert (siehe etwa McCarthy, Rights of Publicity and Privacy, Chapter 6 [„Legal Sources Defining the Rights of Publicity and Privacy"], S . 6 - 1 ff.).

Warren/Brandeis, 4 Harv. L. Rev. 193, 195 (1890). Warren/Brandeis, a.a.O.: „Recent inventions and business methods call attention to the next step which must be taken for the protection of the person, and for securing to the individual what Judge Cooley calls the right ,to be let alone'. Instantaneous photographs and newspaper enterprises have invaded the sacred precincts of private and domestic life; and numerous mechanical devices threaten to make good the prediction that ,what is whispered in the closet shall be proclaimed from the house-tops.'" 26 27

2 8 Warrens und Brandeis' Forderung war zunächst in der gerichtlichen Entscheidungspraxis nicht unumstritten. Die entscheidende Wendung hin zu einer allgemeinen Anerkennung des Right of Privacy erhielt die Diskussion im Jahre 1905, als sich der Georgia Supreme Court in der Entscheidung Pavesich der Ansicht von Warren und Brandeis anschloss und ein eigenständiges C o m m o n Law Right of Privacy anerkannte; Pavesich v. New England Life Insurance Co., 122 Ga 190,50 S E 6 8 (1905); zur Entwicklung des C o m m o n Law Right of Privacy siehe auch Brüggemeier, Haftungsrecht, § 5 B 11 c. Heute ist das Right of Privacy in allen Bundesstaaten anerkannt; vgl. Prosser/Keeton, Torts, S.851.

A. Der Fokus des amerikanischen

Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

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d e m Privatleben u n d die falsche o d e r entstellende D a r s t e l l u n g in der Ö f f e n t l i c h keit. 2 9 D i e A u f t e i l u n g geht auf Prossers A u f s a t z „ P r i v a c y " aus d e m J a h r e 1960 z u rück, 3 0 neben d e m A r t i k e l von W a r r e n u n d B r a n d e i s die z w e i t e V e r ö f f e n t l i c h u n g , die die E n t w i c k l u n g des R i g h t of P r i v a c y im a m e r i k a n i s c h e n R e c h t nachhaltig beeinflusst hat. Prosser k o m m t der Verdienst zu, erstmals die v e r s c h i e d e n e n A n w e n d u n g s b e r e i c h e des R i g h t of P r i v a c y zu B e w u s s t s e i n gebracht, kategorisiert u n d einer einheitlichen T e r m i n o l o g i e z u g e f ü h r t z u haben. Seine K a t e g o r i s i e r u n g ist in der F o l g e z e i t fast e i n m ü t i g von der R e c h t s p r e c h u n g ü b e r n o m m e n w o r d e n 3 1 u n d hat d i e A u s g e s t a l t u n g des R i g h t of P r i v a c y so m a ß g e b l i c h geprägt, dass das A m e r i c a n L a w Institute Prossers F a l l g r u p p e n als die e x a k t e W i e d e r g a b e der gerichtlichen E n t s c h e i d u n g s p r a x i s in das R e s t a t e m e n t of Torts a u f g e n o m m e n hat. 3 2 Kehrseite der A u t o r i t ä t Prossers ist, dass das C o m m o n L a w R i g h t of P r i v a c y bis heute d e n D e n k k a t e g o r i e n Prossers verhaftet geblieben ist. K o n s e q u e n z e n hat dies gerade a u c h f ü r die A n e r k e n n u n g eines R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e Selbstbes t i m m u n g . A n s t a t t d e m Einzelnen ein e i g e n s t ä n d i g e s R e c h t auf die Kontrolle seiner p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n z u z u s p r e c h e n , zieht sich die R e c h t s p r e c h u n g d a rauf z u r ü c k , bei der B e u r t e i l u n g m ö g l i c h e r Eingriffe in das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t die v o n P r o s s e r e n t w i c k e l t e n F a l l g r u p p e n z u r A n w e n d u n g zu b r i n g e n - mit der K o n s e q u e n z , dass Eingriffe r e g e l m ä ß i g u n s a n k t i o n i e r t bleiben, w e i l sie nicht in das b e s t e h e n d e R a s t e r m ö g l i c h e r V e r l e t z u n g s f o r m e n eingeordnet w e r d e n k ö n n e n . 3 3 W e d e r e r k e n n t die R e c h t s p r e c h u n g ein R e c h t auf inf o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g als neue, e i g e n s t ä n d i g e F a l l g r u p p e des R i g h t of P r i v a c y an, n o c h geht sie den Weg, ü b e r eine e r w e i t e r n d e A u s l e g u n g der existierenden F a l l g r u p p e n d e m i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t A n e r k e n n u n g z u k o m m e n z u lassen. 3 4 D a b e i ließen sich die g r u n d s ä t z l i c h e n E r w ä g u n g e n ,

Siehe Restatement of Torts 2nd §§652A-652E (1977). Prosser, 48 Cal. L. Rev. 383,389 (1960): „The law of privacy comprises four distinct kinds of invasion of four different interests of the plaintiff... Without any attempt to exact definition, these four torts may be described as follows: 1. Intrusion upon the plaintiff's seclusion of solitude, or into his private affairs. 2. Public disclosure of embarrassing private facts about the plaintiff. 3. Publicity which places the plaintiff in a false light in the public eye. 4. Appropriation, for the defendant's advantage, of the plaintiff's name of likeness." 31 Für einen Rechtsprechungsüberblick siehe McCarthy, Rights of Publicity and Privacy, §1:24 (S. 1-35 Fn.29). 32 Siehe oben Fn.29. 33 Vergleiche (für die Datenverarbeitung im Marketingbereich) Phelps/Nowak/Ferrell, 19 J. Pub. Pol'y & Mkt. 27 (2000): „[[Judicial evolution ... suggests that most marketing uses of personal data do not constitute a tort of invasion of privacy." 34 Zum Tatbestand der „appropriation" siehe etwa Shibley v. Time, Inc.-, 341 N.E.2d 337 (Ohio App. 1975): Verkauf von Adresslisten an ein Marketingunternehmen ohne Zustimmung der Betroffenen keine Ausnutzung von Persönlichkeitsmerkmalen, weil die Persönlichkeitsmerkmale der Betroffenen nicht öffentlichkeitswirksam als Werbeträger eingesetzt werden. Zum Tatbestand der „intrusion" siehe Dwyer v. American Express Co., 273 III. App.3d 742; 652 N.E.2d 1351 (1995): Weitergabe von Interessenprofilen durch ein Kreditkartenunternehmen kein unbefugtes Eindringen in den persönlichen Bereich, weil die Betroffenen mit der Nutzung 29 30

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

die W a r r e n u n d B r a n d e i s dazu b e w o g e n h a b e n , die B e g r ü n d u n g eines R i g h t o f P r i v a c y zu f o r d e r n , o h n e weiteres auch auf die F o r d e r u n g ü b e r t r a g e n , den S c h u t z b e r e i c h des R i g h t o f P r i v a c y zu e r w e i t e r n u n d auch das R e c h t der i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g zu erfassen. W a r e n f ü r W a r r e n u n d B r a n d e i s t e c h n i sche N e u e r u n g e n w i e die P h o t o g r a p h i e u n d gesellschaftliche E n t w i c k l u n g e n wie die S e n s a t i o n s p r e s s e der A u s l ö s e r f ü r ihre F o r d e r u n g nach r e c h t l i c h e r F o r t e n t w i c k l u n g , so sind diese t e c h n i s c h e n N e u e r u n g e n u n d gesellschaftlichen E n t w i c k l u n g e n h e u t e d u r c h die e l e k t r o n i s c h e D a t e n v e r a r b e i t u n g u n d den W a n d e l v o n der I n d u s t r i e - z u r I n f o r m a t i o n s g e s e l l s c h a f t in gleicher W e i s e g e g e b e n . D a s s die a m e r i k a n i s c h e R e c h t s p r e c h u n g t r o t z d e m b i s h e r ein R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g n i c h t a n e r k a n n t hat, ist v o r allem auf das t r a d i t i o nelle Z u s a m m e n s p i e l v o n R i c h t e r - u n d G e s e t z e s r e c h t i m a m e r i k a n i s c h e n R e c h t z u r ü c k z u f ü h r e n . E s e n t s p r i c h t der t r a d i t i o n e l l e n „ A r b e i t s t e i l u n g " z w i s c h e n b e i den R e c h t s q u e l l e n , dass es die v o r r a n g i g e A u f g a b e des G e s e t z g e b e r s ist, auf a k t u elle E n t w i c k l u n g e n zu reagieren u n d akute R e c h t s s c h u t z l ü c k e n zu s c h l i e ß e n , w ä h r e n d der C o m m o n L a w - R e c h t s p r e c h u n g die b e h u t s a m e F o r t s c h r e i b u n g u n d A u s l e g u n g des R e c h t s im E i n z e l n e n v o r b e h a l t e n b l e i b t . 3 5 D i e s e R o l l e n v e r t e i l u n g ist g r u n d s ä t z l i c h a u c h f ü r die E n t w i c k l u n g des a m e r i k a n i s c h e n

Datenschutz-

rechts c h a r a k t e r i s t i s c h . 3 6 S o w a r auch die E n t w i c k l u n g u n d A k z e p t a n z eines R i g h t o f P r i v a c y d u r c h die R e c h t s p r e c h u n g n u r d e s h a l b d e n k b a r , weil W a r r e n u n d B r a n d e i s ü b e r z e u g e n d d a r z u l e g e n v e r m o c h t e n , dass das R i g h t o f P r i v a c y im C o m m o n L a w bereits angelegt w a r u n d seine A u f n a h m e kein B r u c h , s o n d e r n eine l o g i s c h e K o n s e q u e n z des b i s h e r i g e n R i c h t e r r e c h t s war. F ü r das i n f o r m a t i o n e l le S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t ist ein s o l c h e r N a c h w e i s h i n g e g e n n o c h n i c h t geführt w o r d e n . E n t s p r e c h e n d b e r u f t sich die R e c h t s p r e c h u n g bei der A b l e h n u n g eines R e c h t s auf i n f o r m a t i o n p r i v a c y darauf, dass es nicht S a c h e der G e r i c h t e , s o n d e r n des G e s e t z g e b e r s sei, ein i n f o r m a t i o n e l l e s S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t zu b e g r ü n den: „ A p p e l l a n t s have r e q u e s t e d that this c o u r t m a k e n e w law b y e x p a n d i n g the p r e s e n t c o n c e p t o f invasion o f p r i v a c y t o include t h e p r a c t i c e c o m p l a i n e d o f here [the sale o f n a m e s and addresses t o direct mail advertisers]. It is n o t w i t h i n o u r p r o v i n c e to c r e a t e a specific right w h i c h is n o t r e c o g n i z e d at c o m m o n law. T h e f o r u m to w h i c h appellants s h o u l d l o o k is t h e legislature b e c a u s e t h e a p p r o p r i a t e rem e d y in this s i t u a t i o n is t h e c r e a t i o n o f a s t a t u t o r y r i g h t . " 3 7

ihrer Kreditkarte aus freien Stücken das zur Einordnung ihres Konsumverhaltens relevante Datenmaterial zur Verfügung stellen. Zum Tatbestand der „unreasonable publicity" siehe etwa Tureen v. Equifax, Inc., 571 F. 2d 411, 417f. (1978) oder Houghton v. N.J. Mfrs. Ins. Co., 615 F. Supp.299, 307 (E.D. Pa. 1985): kommerzielle Übermittlung personenbezogener Daten von Unternehmen zu Unternehmen oder an eine begrenzte Anzahl von Personen erfüllt nicht den Tatbestand einer Veröffentlichung (publicity). 35 Vergleiche Blumenwitz, Einführung, S.43. 36 Rotenberg, Privacy Law Source Book, S. ii. 37 Shihleyetal. v. Time, Inc. et al., 45 Ohio App. 2d 69, 73; 341 N.E.2d 337, 340 (1975).

A. Der Fokus des amerikanischen

Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

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III. D e r Schutz informationeller Selbstbestimmung durch sektorspezifische Datenschutzgesetzgebung Bisher ist der Gesetzgeber dieser Aufforderung der Rechtsprechung zur expliziten Begründung eines Rechts auf information privacy nicht nachgekommen. Gesetzliche Regelungen durch die Bundesstaaten, soweit diese überhaupt das Right of Privacy in Ergänzung zum Common Law normiert haben, beschränken sich auf die Normierung einer oder mehrerer der von Prosser herausgearbeiteten Deliktstatbestände.38 Was den Schutz der informationellen Selbstbestimmung gegenüber dem privaten Sektor anbelangt, reduzieren sich die gesetzlichen Vorgaben auf ein unkoordiniertes Nebeneinander von sektorspezifischen Datenschutzgesetzen mit jeweils unterschiedlichen Regelungsansätzen. Was an gesetzlichen Regelungen zu finden ist, wird als unsystematisches Konzept 39 und als „kompliziertes Flickwerk" mit erheblichen Lücken und Mängeln40 charakterisiert. 1.

Regelungsbereiche

Die sektorspezifische Datenschutzgesetzgebung in den USA ist durch die amerikanische Tradition einer fallbezogenen Gesetzgebung geprägt, die sich darauf beschränkt, eng zugeschnittene Rechte als Reaktion auf aktuelle Probleme zu begründen.41 Augenfälligstes Beispiel hierfür ist die Entstehungsgeschichte des Video Privacy Protection Act (so genannte „Bork Bill"). 42 Das Gesetz verdankt seine Existenz der Recherchetätigkeit einiger Reporter, die sich im Zuge ihrer Ermittlungen über Robert Bork, damals als Richter für den U.S. Supreme Court nominiert, unter anderem eine Auflistung aller Videokassetten verschafften, die jener bis dato ausgeliehen hatte. Die Auflistung brachte zwar nichts Kompromittierendes ans Tageslicht. Gleichwohl verabschiedeten die Kongressabgeordneten, sich plötzlich ihrer eigenen Verletzlichkeit bewusst, umgehend besagtes Gesetz, welches die Preisgabe solcher Informationen für unzulässig erklärt.43

38 Zu den Bundesstaaten, die eine oder mehrere Fallgruppen des Right of Privacy gesetzlich normiert haben, zählen Florida, Kalifornien, Kentucky, Massachusetts, Nebraska, New York, Oklahoma, Rhode Island, Tennessee, Virginia und Wisconsin; siehe McCarthy, Rights of Publicity and Privacy, §§6:9ff. (S.6-20ff.). 39 DeVries, 18 Berkeley Tech.L.J. 283, 290 (2003) („piecemeal statutory approach"); siehe auch Reidenberg, 54 Hastings L.J. 877 (2003) („amalgam of narrowly targeted rules"). 40 Solove, 53 Stan. L. Rev. 1393, 1444 (2001) („complicated patchwork of regulation with significant gaps and omissions"). 41 Vergleiche Burkert in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.3 Rdn. 85; Peifer, Individualität, S.249. 42 18 U.S.C. §2710. 43 Schwartz, 52 Stan. L. Rev. 1559, 1562f. (2000).

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Erstes und bis heute wichtigstes Datenschutzgesetz für den privaten Datenverarbeitungssektor ist der Fair Credit Reporting Act ( F C R A ) aus dem Jahre 1970. 44 Regelungsadressaten der F C R A sind die Kreditauskunfteien (credit reporting agencies), die Nutzer von Kreditauskünften sowie alle Personen, die an die Auskunfteien personenbezogene Kreditinformationen weitergeben. Zweck des F C R A ist es sicherzustellen, dass Kreditauskunfteien den Informationsbedürfnissen des Geschäftsverkehrs in einem für die Verbraucher fairen Verfahren nachkommen und alle gesetzlichen Vorgaben beachten, die sich auf die Vertraulichkeit, die Genauigkeit, die Zulässigkeit der Übermittlung von Verbraucherinformationen und den ordnungsgemäßen Umgang mit ihnen beziehen. 45 Der Anwendungsbereich des F C R A erstreckt sich auf den Umgang mit sämtlichen Informationen, die Rückschlüsse auf die Kreditwürdigkeit, den Charakter, die allgemeine Reputation, die Charaktereigenschaften und die Lebensweise einer Person zulassen. 46 Das Gesetz bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Kreditauskunfteien diese Informationen weitergeben dürfen 47 und begründet zugunsten der betroffenen Verbraucher eine Reihe von Auskunfts-, Berichtigungs- und anderen Mitwirkungsrechten, um die Genauigkeit, Fairness und Vertraulichkeit der Datenverarbeitung sicherzustellen. 48 Schließlich kann der Verbraucher gerichtlich gegen Kreditauskunfteien, gegen Nutzer von Kreditauskünften und gegen diejenigen, die Daten an die Auskunfteien weitergeben, vorgehen, wenn diese Vorschriften des F C R A nicht beachtet haben. 49 Für die Datenverarbeitung im Finanzsektor enthält Title V des Gramm-LeachBliley Act ( G L B A ) datenschutzrechtliche Vorgaben. 50 Regelungsadressaten des G L B A sind alle Finanzinstitute („financial institutions") - erfasst werden neben Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften auch Händler, die eigene Kreditkarten ausstellen oder Leasingverträge anbieten. 51 Die Datenschutzbestimmungen des Gramm-Leach-Bliley Act sind eine Reaktion auf die Deregulie44 15 U.S.C. §§ 1681 ff.; zuletzt geändert durch den Fair and Accurate Credit Transaction Act of 2003 (FACTA), Pub. L. 108-159, 111 Stat. 1952. 45 §1681 (b). 46 § 1681a (d)(l). 47 Siehe § 1681b (a)(3): Zulässigkeit einer Weitergabe von Informationen, wenn bei den Empfängern die begründete Erwartung besteht, dass sie die Informationen dazu verwenden wollen, über einen Kreditantrag, ein Beschäftigungs- oder Versicherungsverhältnis, eine Lizenz oder die Gewährung einer staatlichen Leistung zu entscheiden, oder wenn die Empfänger anderweitig ein „berechtigtes geschäftliches Interesse" an den Informationen haben. 48 Für einen Uberblick über die Verbraucherrechte siehe Federai Trade Commission, 62 Fed. Reg. 35586 (July 1, 1997). 49 15 U.S.C. §S 1681 ff. 50 15 U.S.C. §§ 501 ff.; der Gramm-Leach-Bliley Act stammt aus dem Jahre 1999 und ist auch unter der Bezeichnung Financial Modernization Services Act bekannt. Die Datenverarbeitung der Finanzinstitute wird daneben noch durch ein weiteres Datenschutzgesetz, den Right to Financial Privacy Act aus dem Jahre 1978 (12 U.S.C. §§3401 ff.), geregelt. Allerdings beschränkt dieses Gesetz nur die Weitergabe von Daten an öffentliche Stellen; siehe 12 U.S.C. $3402. 51 16 C.F.R. §313.3 (k)(l), (2).

A. Der Fokus des amerikanischen

Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

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rung des Finanzsektors durch selbiges Gesetz. Die Aufhebung des Zusammenschlussverbots für Banken, Versicherungen und andere Finanzinstitute eröffnete den Weg zur Bildung großer Finanzkonzerne mit einem umfassenden Leistungsangebot. Mit der Vielfalt neuer Geschäftsfelder ist aber auch eine Vielfalt neuer Datenverarbeitungsmöglichkeiten gekommen. Gesundheitsdaten, die aus einer Krankenversicherung bekannt sind, können nun auch zur Entscheidung über einen Kreditantrag herangezogen werden, die Bonität eines Kontoinhabers kann zugleich auch für die Konditionen einer Haftpflichtversicherung ausschlaggebend werden. U m den freien Datenfluss im Finanzkonzern für die Betroffenen transparent zu machen, verpflichtet der Gramm-Leach-Bliley Act die Finanzinstitute, Verbraucher über die Praxis ihrer Datenverarbeitung aufzuklären. 52 Darüber hinaus statuiert das Gesetz Beschränkungen für die Übermittlung nicht-öffentlicher personenbezogener Daten („nonpublic personal information") an dritte Unternehmen, die keine Konzernunternehmen oder verbundene Unternehmen sind. Ein Finanzinstitut darf solche Daten nur übermitteln, wenn die Übermittlung durch einen Erlaubnistatbestand gedeckt ist oder wenn es zuvor die betroffenen Verbraucher darüber informiert und ihnen eine Widerspruchsmöglichkeit eingeräumt hat (opt-out Verfahren). 53 Schließlich schränkt der Gramm-Leach-Bliley Act die Möglichkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Dritte ein. Haben diese aufgrund eines gesetzlichen Erlaubnistatbestandes von einer Finanzinstitution nicht-öffentliche personenbezogene Daten erhalten, dürfen sie die Daten nur innerhalb der Zweckbestimmung dieses Erlaubnistatbestandes verarbeiten. Für den Kommunikationssektor sind in erster Linie drei Gesetze von datenschutzrechtlicher Relevanz: §551 des Cable Communications Policy Act aus dem Jahre 1984 54 verpflichtet Kabelunternehmen, Kunden über die Praxis ihrer Datenverarbeitung zu informieren. 55 Das Erheben und Übermitteln von Kundendaten ist nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen oder bei vorheriger schriftlicher oder elektronischer Zustimmung des Betroffenen zulässig. 56 Darüber hinaus spricht §551 Kabelkunden einen Anspruch auf Zugang zu ihren Daten, auf Berichtigung falscher und Löschung nicht mehr benötigter Daten zu. 57 Schutzgegenstand des Electronic Communications Privacy Act aus dem Jahre 1986 58 ist die Vertraulichkeit der Kommunikation. Mit dem E C P A ist der Schutzbereich des Federal Wiretap Act aus dem Jahre 1968 59 auf neue Formen der Sprach-, Daten15 U.S.C. §503. 15 U.S.C. §502 (b)(l); siehe aber zu den zahlreichen Ausnahmen von diesem Grundsatz Rodriguez/Carter/Ogburn, Fair Credit Reporting, S. 385f. 5 4 47 U.S.C. §§521 ff. 55 7 U.S.C. §551 (a)(l). 5 6 47 U.S.C. §551(b),(c). 5 7 47 U.S.C. §551 (d), (e). 58 18 U.S.C §§251 Off., §§2701 ff. 5 9 18 U.S.C §§2510ff. 52

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

und Videokommunikation ausgedehnt worden. Title I des ECPA schützt alle Formen der kabelgebundenen, der mündlichen und der elektronischen Kommunikation 60 vor unzulässigem Abhören bei ihrer Übertragung. 61 Title II begrenzt den Zugriff auf gespeicherte Kommunikationsdaten. 62 § 222 des Telecommunications Act aus dem Jahre 1996 63 regelt den Umgang mit so genannter Customer Proprietary Network Information (CPNI) - Daten über Zeit, Datum, Dauer und Zielnummer aller geführten Telefongespräche sowie alle in der Telefonrechnung angeführten Kundendaten. Die Nutzung und Übermittlung dieser Daten durch die Telekommunikationsunternehmen ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen oder mit Zustimmung des betroffenen Kunden zulässig. Einziges Gesetz mit Fokus auf den Datenschutz im Online-Bereich ist bislang der Children's Online Privacy Protection Act aus dem Jahre 1998. 64 Das Gesetz regelt die Datenverarbeitung im Internet für den Fall, dass Daten von Kindern (unter 13 Jahren) erhoben werden. Website-Betreiber, die ihre Angebote auf Kinder ausrichten, sind verpflichtet, auf der Website über ihre Datenverarbeitungspraxis zu informieren. 65 Es ist ihnen untersagt, ohne elterliches Einverständnis Daten von Kindern zu verarbeiten.66 Das Gesetz gilt ausschließlich für den Online-Bereich und hat zur Voraussetzung, dass der Betreiber seine Angebote gezielt an Kinder richtet oder davon Kenntnis hat, dass die Daten von einem Kind stammen.67 Schließlich besteht seit April 2003 mit dem Inkrafttreten der Standards for Privacy of Individually Identifiable Health Information (sog. Privacy Rule) 68 ein bundeseinheitlicher Mindeststandard für den Datenschutz im Gesundheitsbereich. Die Privacy Rule wurde vom Department of Health und Human Services (HHS) auf der Grundlage des Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) aus dem Jahre 1996 erlassen.69 Ihre Regelungsadressaten sind alle sog. Krankenversicherungsprogramme (health plans)70 und Clearingstellen (health care clearinghouses)71 sowie alle Anbieter von Leistungen der Gesundheits6 0 Elektronische Kommunikation im Sinne des E C P A erfasst alle Formen der „kabellosen" Kommunikation (wireless communication), E-Mail Kommunikation und digital übertragene Kommunikation; vgl. 18 U . S . C § 2 5 1 0 . 61 18 U . S . C §2511. 6 2 18 U . S . C §2701. 6 3 47 U . S . C . §222. 6 4 15 U . S . C . §§6501ff. 6 5 15 U . S . C . § 6 5 0 2 (b)(l)(A)(i). 6 6 15 U . S . C . § 6 5 0 2 (b)(l)(A)(ii). 6 7 15 U . S . C . § 6 5 0 2 (a)(l). 6 8 45 C . F . R . §§160, 164. 6 9 §§261 ff. des H I P A A (Pub. L. N o . 104-191). 7 0 Zu den health plans zählen in erster Linie alle Arten von privaten und öffentlichen Krankenversicherungen; 45 C . F . R . §§160.102, 106.103. 71 Health care clearinghouses sind Unternehmen, die nicht-standardisierte Gesundheitsdaten in eine standardisierte Form bringen oder umgekehrt - wie etwa Abrechnungsstellen oder ge-

A. Der Fokus des amerikanischen

Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

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fürsorge, die Gesundheitsdaten in elektronischer Form übermitteln. 72 Die Privacy Rule schützt alle personenbezogenen Gesundheitsdaten. Eine Datenverarbeitung ist nur zur Durchführung und Bezahlung von Leistungen der Gesundheitsvorsorge und sonstigen von der Privacy Rule vorgesehenen Zwecken zulässig. 73 Ansonsten bedarf es der schriftlichen Einwilligung des Betroffenen, etwa in Fällen der Übermittlung von Gesundheitsdaten an Lebensversicherungen und Banken oder an Dritte für deren eigene Marketingzwecke. 74 Eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten soll sich grundsätzlich auf das notwendige Minimum beschränken. 75 Dem Betroffenen ist Zugang zu den zu seiner Person gespeicherten Daten zu gewähren und er hat einen Anspruch auf Berichtigung unzutreffender Daten. 7 6 Darüber hinaus statuiert die Privacy Rule die Verpflichtung, über die Praxis der Datenverarbeitung aufzuklären, wobei je nach Regelungsadressat die Aufklärungspflicht unterschiedlich ausgestaltet ist. 77 2. Die Zurückhaltung des amerikanischen Datenschutzgesetzgebers Dass der amerikanische Gesetzgeber bis heute davon abgesehen hat, statt dieser Vielzahl von punktuellen Regelungsansätzen ein allgemeines und umfassend gültiges Datenschutzrecht für den privaten Datenverarbeitungssektor zu schaffen, ist in erster Linie auf das traditionelle amerikanische Misstrauen gegenüber jedweder Form staatlicher Einmischung in private Lebensverhältnisse zurückzuführen. An dieser bis in die Anfänge der amerikanischen Demokratie zurückreichenden breiten Abneigung gegenüber staatlicher Reglementierung hat sich bis heute nichts geändert. Leitbild ist noch immer, dass sich der Staat nur dann einmischen soll, wenn zwingende Interessen dies erforderlich machen. 78 Aus diesem Misstrauen erklärt sich die Diskrepanz des Datenschutzniveaus im öffentlichen und privaten Bereich. Soweit Datenschutzregelungen allein staatlichem Handeln Grenzen setzen, begegnen sie unter dem Gesichtspunkt staatlicher Reglementierung naturgemäß auch im amerikanischen Recht keinen Bedenken. Datenschutz gewährleistet in dieser Konstellation gerade Schutz vor staatlicher Einmischung und ist daher schon seit langem gesetzlich festgeschrieben. Ein niedriges Schutzniveau weist das amerikanische Datenschutzrecht nur im privaten Bereich auf. meinschaftliche Informationssysteme des Gesundheitsmanagements; 45 C.F.R. §§160.102, 106.103. 72 Vorausgesetzt, die Datenübermittlung steht in Zusammenhang mit einer Transaktion, die vom Anwendungsbereich der Privacy Rule erfasst ist; 45 C.F.R. §§ 160.102, 106.103. 73 Zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Datenverarbeitung siehe 45 C.F.R. §§ 164.502ff. 74 45 C.F.R. § 164.508. Aufgrund der engen Definition von Marketing sind jedoch viele Marketingmaßnahmen von dem Einwilligungserfordernis nicht erfasst (45 C.F.R. §§164.501, 164.508 (a)(3)). 75 45 C.F.R. § 164.502 (b) und § 164.514 (d). 7 6 45 C.F.R. §164.524 (Zugang) und §164.526 (Berichtigung). 7 7 Vergleiche 45 C.F.R. § 164.520. 78 Vergleiche Reidenberg, 80 Iowa L. Rev. 497, 501 (1995).

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Das Misstrauen gegenüber staatlicher Einmischung, im Bereich der öffentlichen Datenverarbeitung noch Anlass für eine umfangreiche Datenschutzgesetzgebung, findet im Bereich der privaten Datenverarbeitung in der entgegengesetzten Richtung seine Ausformung - in der überwiegenden Ablehnung staatlicher Datenschutzregulierung. 79 Hinzu kommt, dass sich im amerikanischen Recht, anders als im deutschen Recht, bislang keine Uberzeugung herausgebildet hat, die dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung eine elementare Bedeutung für die freie Persönlichkeitsentfaltung und individuelle Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit zuschreiben würde. Ein zwingendes Interesse verkörpert der Schutz der informationellen Selbstbestimmung nur für den Bereich der staatlichen Datenverarbeitung. Was die Datenverarbeitung durch Private angeht, überwiegt hingegen eine sorglosere Sichtweise. Während das deutsche Recht eine ungefragte Erstellung und Weitergabe von Persönlichkeitsprofilen zu Marketingzwecken als einen schweren Eingriff in die Persönlichkeit des Betroffenen werten würde, stellt die amerikanische Sichtweise eher auf die alltägliche Konsequenz der Marketingmaßnahmen ab: das - hinzunehmende - Ärgernis, den mit Werbung gefüllten Briefkasten regelmäßig leeren zu müssen. 80 Das Bewusstsein, dass Dritte sich mühelos Kenntnis von den eigenen persönlichen Daten verschaffen können, mag zwar ein gewisses Gefühl des Unbehagens („a general level of discomfort") auslösen. Zwingende Interessen, die eine staatliche Reglementierung privaten Handelns zu rechtfertigen vermögen, seien dadurch jedoch nicht notwendigerweise berührt. 81 Solange eine ungehinderte Datenverarbeitung nicht zu einem signifikanten und erheblichen Schaden beim Einzelnen führt, ist der freie Zugang zu persönlichen Daten als Begleiterscheinung einer offenen Gesellschaft grundsätzlich hinzunehmen: „Although we may feel uncomfortable knowing that our personal Information is circulating in the world, we live in an open society where information may usually pass freely." 8 2 3. Die Rede- und Pressefreiheit des First

Amendment

Zwar betont die Rechtsprechung zuweilen auch die Bedeutung eines Right of Privacy als wesentliche Vorraussetzung für die freie Persönlichkeitsentfaltung und

79 Reidenberg a.a.O., S. 505: „Philosophical antigovernment sentiment and doctrinal restraint on government continues to translate into specific hostility for comprehensive rules on the treatment of personal information." 8 0 „The short, though regular, journey from mail box to trash can is an acceptable burden" (Lamont v. Commissioner of Motor Vehicles, 269 F. Supp. 880, 883 (S.D.N. Y. 1967)); siehe auch Shibley v. Time, Inc., 45 Ohio App.2d 69, 73; 341 N.E.2d 337, 339 (1975). 81 U.S. West, Inc. v. FCC, 182 F. 3d 1224,1235 (10th Cir. 1999): „A general level of discomfort from knowing that people can readily access information about us does not necessarily rise to the level of substantial state interest". 82 U.S. West, Inc. v. FCC, 182 F. 3d 1224, 1235 (10th Cir. 1999).

A. Der Fokus des amerikanischen

Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

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die Kommunikationsfähigkeit des Einzelnen. 83 Jedoch relativiert die Rechtsprechung die Bedeutung dieses Rechts sogleich wieder, indem sie Einschränkungen als unausweichliche Begleiterscheinungen einer Gesellschaft hinnimmt, deren allererste Wertschätzung der Rede- und der Pressefreiheit gilt: „Exposure of the self to others in varying degrees is a concomitant of life in a civilized community. The risk of this exposure is an essential incident of life in a society which places a primary value on freedom of speech and of press." 84 a) First Amendment

contra informationelle

Selbstbestimmung

Die herausragende Bedeutung der Rede- und Pressefreiheit in den USA hat ihre verfassungsrechtliche Grundlage im ersten Zusatzartikel (First Amendment) der amerikanischen Verfassung: „Congress shall make no law [...] abridging the freedom of speech or of the press". Die Aufnahme eines Grundrechts der Rede- und Pressefreiheit in die amerikanische Verfassung war eine Antwort auf die lange Zeit der Unterdrückung der Meinungsäußerungsfreiheit in England und seinen Kolonien. Vor allem der Straftatbestand der „majestätsbeleidigenden Veröffentlichung" (seditious libel) ermöglichte es der Krone in weitem Umfang, die Tätigkeit der Presse zu kontrollieren. Drucker und Verleger konnten für gegen die Regierung und ihre Minister gerichtete Publikationen selbst dann bestraft werden, wenn diese der Wahrheit entsprachen.85 Vor diesem Hintergrund geht der Schutzzweck des First Amendment zunächst dahin, die Freiheit jeglicher Form von politischer Meinungsäußerung zu gewährleisten. Allerdings ist der Schutzzweck nicht darauf beschränkt. Im datenschutzrechtlichen Kontext ist die durch das First Amendment gewährleistete Rede- und Pressefreiheit umfassend als ein „Recht die Wahrheit sagen zu dürfen" zu verstehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Äußerung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung zu bewerten ist. Auch der bloße Austausch tatsächlicher Informationen ist vom Schutzbereich des First Amendment erfasst.86 Das informationelle Selbstbestimmungsrecht wird damit zum direkten Gegenpol des durch das First Amendment verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts, über andere die Wahrheit sagen zu dürfen.87 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist aus der Perspektive des First Amendment ein Instrument der /rewi^bestimmung, Bartnicki v. Vopper, 532 U.S. 514, 532ff. (2001). Time, Inc. v. Hill, 385 U.S. 374, 388 (1967); Bartnicki v. Vopper, 532 U.S. 514, 532ff. (2001). 85 Carter/Dee/Zuckman, Mass Communication Law, S.3. 86 Siehe Stanley v. Georgia, 394 U.S. 557, 564 (1969): „It is now well established that the Constitution protects the right to receive information and ideas"; Kleindienst v. Mandel, 408 U.S. 753, 765ff. (1972); Froomkin, 52 Stan. L. Rev. 1461, 1508ff. (2000). Siehe auch Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 479, 482 (1965): „The right of freedom of speech and press includes not only the right to utter or to print, but the right to distribute, the right to receive, the right to read". 87 Vergleiche etwa Kang, 50 Stan. L. Rev. 1193, 1277 (1999) („obvious tension ... between information privacy and unconstrained speech"); Schwartz, 52 Stan. L. Rev. 1559 (2000) („the conflict between free speech and information privacy in the context of the First Amendment"). 83

84

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

da es das Recht begründet, Dritte in ihrem Kommunikationsverhalten zu kontrollieren („my right to control your communication") und sie davon abzuhalten, über andere zu sprechen („a right to stop people from talking about you"). 8 8 b) Die Maxime der

Informationsfreiheit

Der amerikanische Supreme Court hat sich in einer langen Reihe von Entscheidungen mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben des First Amendment auseinandergesetzt.89 Im Grunde hatte das Gericht stets denselben Konflikt aufzulösen: zwischen dem Recht auf Schutz der Privatheit einerseits und dem Recht auf eine Veröffentlichung wahrer Informationen andererseits. Und stets ist dieser Konflikt zugunsten des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf „publication of truthful information" entschieden worden. 90 Nach der ständigen Rechtsprechung des Supreme Courts dürfen Informationen, wenn sie wahrheitsgemäß sind, rechtmäßig erlangt worden sind und von öffentlichem Interesse sind, grundsätzlich veröffentlicht werden, es sei denn, ein staatliches Interesse von höchster Bedeutung steht dem ausnahmsweise entgegen.91 Den Vorrang der Informationsfreiheit hat der Supreme Court selbst dann beibehalten, wenn es um so sensitive Informationen wie den Namen eines Vergewaltigungsopfers ging.92 In Florida Star v. B.J.F. wies der Supreme Court eine Schadenersatzklage gegen eine Zeitung, die den Namen eines Vergewaltigungsopfers veröffentlicht hatte, unter Berufung auf das First Amendment ab - mit der Begründung, eine Haftung für die Veröffentlichung dieser rechtmäßig erlangten und wahren Information von öffentlichem Belang sei grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Zwar kann die Verfolgung eines „staatlichen Interesses von höchster Bedeutung" („state interest of the highest order") trotzdem einen Eingriff in die Rede- und Pressefreiheit des First Amendment rechtfertigen. Offensichtlich sieht aber der Supreme Court selbst im Schutz der Privatheit eines VerVolokh, 52 Stan. L. Rev. 1049f. (2000). New York Times Co. v. United States, 403 U.S. 713 (1971); Cox Broadcasting Corp. et. al. v. Cohn, 420 U.S. 469 (1975); Oklahoma Publishing Co. v. District Court, 430 U.S. 308 (1977); Landmark Communications, Inc. v. Virginia, 435 U.S. 829 (1978); Smith v. Daily Mail Publishing Co.,443 U.S. 97 (1979); Florida Star v. B.J.F.,U.S. 524 (1989); Bartnickiv. Vopper, 532 U.S. 514 (2001). 9 0 Siehe etwa Smith v. Daily Mail Publishing Co., 443 U.S. 97,102 (1979): „Our recent decisions demonstrate that state action to punish the publication of truthful information seldom can satisfy constitutional standards." Ebenso Bartnicki v. Vopper, 532 U.S. 514, 527 (2001). 91 Siehe Smith v. Daily Mail Publishing Co., 443 U.S. 97,103 (1979); Florida Star v. B.J.F., 491 U.S. 524,533 (1989); Bartnickiv. Vopper, 532 U.S. 514,528 (2001). Dabei legt der Supreme Court die Voraussetzung „rechtmäßig erlangt" in der Regel sehr großzügig aus. Zuletzt nahm er dies selbst in einem Fall an, in dem eine Radiostation den Mitschnitt eines von einem Dritten unrechtmäßigerweise abgehörten Telefongesprächs ausstrahlte. Ausreichend war insoweit, dass die Radiostation den Mitschnitt von dem Dritten auf rechtmäßigem Wege erhalten hatte (Bartnicki v. Vopper, 532 U.S. 514, 528 (2001)). 88 89

92 Siehe Cox Broadcasting U.S. 524 (1989).

Corp. et. al. v. Cohn, 420 U.S. 469 (1975); Florida Starv. B.J.F., 491

A. Der Fokus des amerikanischen

Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

23

gewaltigungsopfers nicht ein solch höherrangiges staatliches Interesse begründet.93 Auch wenn der Supreme Court nicht so weit geht, einer Verbreitung wahrer Tatsachen unter allen Umständen verfassungsrechtliche Legitimität zuzusprechen, ist mit Blick auf die Florida Star-Entscheidung kaum eine Konstellation denkbar, in der die Rechtsprechung dem „Verbreiten der Wahrheit" 94 gegenüber dem Schutz der Privatheit des Einzelnen nicht den Vorrang einräumen würde.95 c) Public

Concern

Dass die Rechtsprechung dem Schutz der Privatheit Vorrang gegenüber der Informationsfreiheit einräumt, kommt allenfalls in solchen Fällen in Betracht, in denen es um die Verbreitung von Informationen ohne irgendwelche öffentliche Bedeutung geht. Nach ständiger Rechtsprechung ist es „speech on matters of public concern", die den stärksten verfassungsrechtlichen Schutz durch das First Amendment genießt. 96 Allerdings ist schon fraglich, ob der Rechtsprechung jemals eine Grenzziehung gelingen wird, was als rein „privat" anzusehen ist. Eine solche Grenzziehung ist bislang vor allem für Veröffentlichungen in Presse und Rundfunk diskutiert worden, ohne dass sich aber greifbare Abgrenzungskriterien gefunden hätten. Die Tendenz in der Rechtsprechung geht vielmehr dahin, all die Informationen als öffentlichkeitsrelevant zu akzeptieren, die die Presse- und Rundfunkorgane als solche qualifizieren - nach dem Grundsatz: ,,[I]f it is printed or broadcast, it must be ,newsworthy."' 97 Zudem wird bezweifelt, ob eine Differenzierung zwischen für die Öffentlichkeit relevanten und nicht relevanten Infor93 Obwohl im konkreten Fall noch die prekäre Situation hinzu kam, dass sich der Täter auf freiem Fuß befand und den Namen seines Opfers erst durch die Veröffentlichung in der Zeitung erfuhr, die Zeitung somit durch die Veröffentlichung auch die Person des Opfers noch weiter in Gefahr brachte ( C a r t e r / D e e / Z u c k m a n , Mass Communication Law, S. 169). 94 Cox Broadcasting Corp. et. al. v. Cohn, 420 U.S. 469, 491 (1975); Florida Star v. B.J.F., 491 U.S. 524, 533 (1989). 95 Vergleiche Froomkin, 52 Stan. L. Rev. 1461, 1513 (2000): „This pattern [of Florida Star, Anm. d. Verf.] suggests that a compelling interest would have to be weighty indeed to overcome First Amendment values, and that most, if not all privacy claims would fail to meet the standard." Siehe auch die Kritik im abweichenden Votum von Justice White: „At issue in this case is whether there is any information about people, which - though true - may not be published in the press... If the First Amendment prohibits wholly private persons (such as B.J.F.) from recovering for the publication of the fact that she was raped, I doubt that there remain any ,private facts' which persons may assume will not be published in the newspapers or broadcast on television." (Florida Starv. B.J.F., 491 U.S. 524, 550f. (1989)). 9 6 Siehe Dun & Bradstreet v. Greenmoss Builders, 472 U.S. 749, 758f. (1985): „We have long recognized that not all speech is of equal First Amendment importance. It is speech on,matters of public concern' that is ,at the heart of the First Amendment's protection.'" (mit Verweis auf First National Bank of Boston v. Bellotti, 435 U.S. 765, 776 (1978); Thornbillv. Alamhama, 310 U.S. 88, 101 (1940)). 97 McCarthy, Rights of Publicity and Privacy, §5:75 (S.5-144); siehe auch Zimmermann, 68 Cornell L. Rev. 291, 353 (1983): „If the case law is any gauge, most judges share the Supreme Court's reluctance to engage in line drawing over newsworthiness and simply accept the press's judgment about what is and is not newsworthy."

24

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

mationen überhaupt mit First Amendment-Grundsätzen vereinbar wäre: „Under the First Amendment, it's generally not the government's job to decide what subjects speakers and listeners should concern themselves with. A private concern exception essentially says ,you have no right to speak about topics that courts think are not of legitimate concern to you and your listeners,' a view that's inconsistent with this understanding." 98 Die Zurückhaltung, bestimmte Informationen als ausschließlich von privatem Belang zu qualifizieren und vom Grundsatz der Informationsfreiheit auszunehmen, gilt nicht nur für den Informationsaustausch durch Presse und Rundfunk, sondern allgemein für den Umgang mit personenbezogenen Daten." Vor allem im Wirtschaftsverkehr, wo Teilnehmer auf eine informierte Entscheidungsfindung angewiesen sind, rechtfertigt es das Informationsbedürfnis, personenbezogene Daten auch dann als öffentlichkeitsrelevant einzustufen, wenn sie an sich rein „privater" Natur sind.100 Das Ziel einer optimalen Ressourcenallokation durch informierte individuelle Entscheidungen macht den freien Informationsfluss zum unverzichtbaren Bestandteil einer marktwirtschaftlichen Ordnung und damit eines funktionierenden Staatswesens überhaupt. Der freie Austausch von Informationen ist damit gleichermaßen schutzwürdig, egal ob er im politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Rahmen stattfindet: „So long as we preserve a predominantly free enterprise economy, the allocation of our resources in large measure will be made through numerous private economic decisions. It is a matter of public interest that those decisions, in the aggregate, be intelligent and well informed. To this end, the free flow of commercial information is indispensable [...] And if it is indispensable to the proper allocation of resources in a free enterprise system, it is also indispensable to the formation of intelligent opinions as to how that system ought to be regulated or altered. Therefore, even if the First Amendment were thought to be primarily an instrument to enlighten public decisionmaking in a democracy, we could not say that the free flow of information does not serve that goal." 1 0 1

IV. Zwischenfazit Anders als im deutschen Recht, wo die Entwicklung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung das Recht des Einzelnen auf Informationsbeschaffung und -nutzung weitgehend in den Hintergrund gedrängt hat, steht im amerikani98 Volokh, 52 Stan. L. Rev. 1049, 1089 (2000). Vergleiche auch Stock, Meinungs- und Pressefreiheit in den USA, S.200. 99 Vergleiche Volokh, 52 Stan. L. Rev. 1049, 1089 (2000). 100 Siehe Tureen v. Equifax, Inc., 571 F. 2d 411,416 (8th Cir. 1978): „In order to make informed decisions in these matters [i.e. minimizing risks and assisting in detection of fraud; Anm. d. Verf.], it may be necessary for the decision maker to have information which normally would be considered private". 101 Virginia Pharmacy Bd.v Virginia Citizens Consumer Council, Inc., 425 U.S. 748, 765 (1976).

A. Der Fokus des amerikanischen Rechts auf die staatliche

Datenverarbeitung

25

sehen Recht der freie Austausch von Informationen noch immer klar im Vordergrund. Datenschutz wird nicht so sehr als notwendige Vorbedingung freier Persönlichkeitsentfaltung wertgeschätzt, sondern eher als Einschränkung des „Rechts die Wahrheit zu sagen" misstrauisch beäugt. Im Blickfeld stehen die möglichen nachteiligen Konsequenzen f ü r einen freien Informationsverkehr: die Verbreitung von falschen Informationen, das Zurückhalten von wichtigen wahren Informationen oder die Erschwerung einer raschen und informierten Entscheidungsfindung. 1 0 2 Ein prinzipielles Datenverarbeitungsverbot, wie es das deutsche Datenschutzrecht im Ausgangspunkt nicht nur f ü r die staatliche, sondern auch f ü r die private Datenverarbeitung vorsieht, k o m m t aus amerikanischer Perspektive nicht in Betracht. Datenschutz ist noch immer in erster Linie ein Schutz gegenüber staatlicher Kontrolle und Überwachung. Gegenüber dem privaten Datenverarbeitungssektor bedarf es dagegen keines umfassenden Schutzes, hier reicht es vielmehr aus, in Reaktion auf aktuelle datenschutzrechtliche Missstände punktuelle und problembezogene Antworten zu finden.

102

U.S. West, Inc. v. FCC, 182 F. 3d 1224, 1235 (10th Cir. 1999); Cate, Privacy, S.28ff.

B. Die Vereinheitlichung des Datenschutzes im deutschen Recht Ganz anders ist die Situation in Deutschland. Eine „Übersensibilität mit zuweilen geradezu hysterischen Zügen" gegenüber dem Staat, wie sie noch Schmitt Glaeser beklagt, 1 lässt sich heute kaum noch feststellen. Ganz überwiegend steht nicht mehr der „große Bruder" Staat, sondern seine „kleinen Schwestern", die Privatunternehmen, im Fokus datenschutzrechtlicher Befürchtungen. „In der Wirtschaft spielt (derzeit) die Musik für den Datenschutz", 2 „der Takt der Entwicklung" eines modernen Datenschutzrechts wird durch die private Datenverarbeitung vorgegeben 3 - so oder so ähnlich lauten aktuell die meisten Einschätzungen. 4 Von einer Verschiebung der Quantitäten und Qualitäten ist die Rede: Während in den 70er Jahren die staatliche Datenverarbeitung als Hauptbedrohung für die Privatsphäre empfunden wurde, seien nunmehr bei privaten Datenverarbeitern wesentlich größere und sensitivere Datenbestände zu finden. 5 „Der Staat macht sich in einigen Bereichen davon ... in anderen wird er durch andere Teufel verdrängt, die viel schlimmer sind als er: durch eine potente Informationstechnologie in jedermanns Hand, die sich keineswegs, wie noch der brave Rechtsstaat, an die Kette legen lässt, sondern beweglich, heimlich, gefräßig und über die ganze Erde hinweg persönliche Daten sammelt, sortiert, vorhält, neu zusammensetzt, verkauft und verwertet." 6

' Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, §129 Rdn. 13; vgl. auch Ehmann, R D V 1998,235 (240), der von „nahezu krankhaftem Misstrauen gegenüber allem staatlichen Handeln" spricht. 2 Sokol/Tiaden, Big Brother, S. 162. 3 Bizer, DuD 2001, 274 (275). 4 Siehe auch Hassemer, DuD 1995, 448; ders., DuD 1996, 195; Holznagel/Sonntag in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn. 2 („Ferner ist anzunehmen, dass die Gefährdungen des Rechts auf informationelle und kommunikative Selbstbestimmung in zunehmenden Maße von Privaten ausgehen werden und sich damit der Akzent der Datenschutzfragen auf die Datenbestände privater Unternehmen verlagert oder bereits verlagert hat."); Paefgen, C R 1994,14; Ranke, M-Commerce, S.48; Weichen, DuD 2001, 264 („[N]icht den Datensammlungen der staatlichen Verwaltung [gehört] die Zukunft der Informationsgesellschaft..., sondern den DataWarehouses der wirtschaftlichen Global Players."). 5 6

Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.23f. Hassemer, Datenschutz, S. 131.

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

27

I. Die Datenschutzgesetzgebung Datenschutz ist in Deutschland seit jeher insoweit einheitlich konzipiert, als das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht nur gegenüber einer Datenverarbeitung durch den öffentlichen Sektor, sondern auch gegenüber einer Datenverarbeitung durch den privaten Sektor geschützt ist. Wurde zu Anfang der Datenschutzgesetzgebung vereinzelt noch diskutiert, ob der private Sektor überhaupt erfasst sein sollte, ist nunmehr allein streitig, wie weit die Vereinheitlichung des Datenschutzes im Einzelnen gehen soll. Während im Rahmen der neueren, bereichsspezifischen Datenschutzgesetzgebung eine Differenzierung zwischen der Datenverarbeitung durch den öffentlichen und den nicht-öffentlichen Sektor nicht mehr stattfindet, ist das B D S G bis heute in zwei getrennte Normenkomplexe aufgeteilt. Eine der zentralen Fragen in der Diskussion um eine Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes ist, ob diese Aufteilung in zwei jeweils getrennte Regelungskomplexe ganz aufgegeben werden soll und entsprechend dem Konzept der europäischen Datenschutzrichtlinie grundsätzlich einheitliche Regelungen für alle datenverarbeitenden Stellen gelten sollen. 1. Das Bundesdatenschutzgesetz

1977

Zu Anfang der Datenschutzgesetzgebung gab es noch keine Bestrebungen, den Bereich der öffentlichen und der nicht-öffentlichen Datenverarbeitung inhaltlich übereinstimmenden Regelungen zu unterwerfen. Das Hauptaugenmerk datenschutzrechtlicher Bemühungen war noch auf die staatliche Datenverarbeitung gerichtet, diese wurde als Hauptbedrohung der Privatsphäre gesehen. 7 Umstritten war hingegen, ob auch der private Sektor erfasst werden sollte. In Stellungnahmen seitens der Unternehmensverbände wurde immer wieder dafür plädiert, den Datenschutz in zwei getrennten Gesetzen zu regeln, teils darüber hinausgehend auch, den privaten Sektor von der Datenschutzgesetzgebung ganz auszunehmen. 8 Das eigentliche Gefährdungspotential sei allein in der staatlichen Datenverarbeitung zu sehen, ein Datenschutzgesetz für die private Wirtschaft hingegen nicht nötig. Verletzungen der Privatsphäre durch private Unternehmen seien bislang nicht bekannt geworden. Schon aufgrund des bestehenden Wettbewerbs zwischen Privatunternehmen müsse in der Wirtschaft - anders als beim Staat nicht mit gefährlichen Daten-Verbundsystemen gerechnet werden. 9 Betont wird

7 Kloepfer, Informationsrecht, § 8 Rdn. 4 (S.282); Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 23. 8 Siehe dazu Schimmel/Steinmüller, Rechtspolitische Problemstellung, S. 112. 9 Ausdrücklich gegen diese Argumentation die amtliche Begründung zum Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung vom 20.9. 1973, BT-Drs. 7/1027, S. 14, 17.

28

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

zudem die „Fülle von Kosten", die aufgrund eines Datenschutzgesetzes auf die Unternehmen zukäme. 1 0 Der Verweis auf die staatliche Datenverarbeitung als die eigentliche und alleinige Gefahrenquelle für die Privatsphäre der Bürger entsprang zweifellos dem Bestreben der Privatwirtschaft, ein Datenschutzgesetz für den privaten Sektor zu verhindern oder zumindest dessen Verabschiedung zu verzögern." Die Fokussierung auf den staatlichen Bereich entsprach zugleich aber auch dem Schwerpunkt der damaligen rechtspolitischen Diskussion, die sich über einen langen Zeitraum hinweg in erster Linie auf den Schutz des Einzelnen vor der Datenverarbeitung durch den Staat konzentriert hatte. 12 Anlässe hierfür gab es seit Mitte der 60er Jahre genug - in Deutschland ebenso wie in den meisten anderen Industriestaaten. 1 3 Mit der Übernahme immer neuer Aufgaben durch den modernen Sozialund Wohlfahrtsstaat wuchs auch dessen Informationsbedarf. Staatliches Wissen war die Voraussetzung dafür, dass der Staat durch entsprechende Planung und Steuerung seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen konnte. Entsprechend war mit der Einführung der automatisierten Datenverarbeitung das Bestreben von Verwaltung und Parlament zunächst ausschließlich auf deren maximalen und optimalen Einsatz gerichtet. Musste bislang jede Behörde die von ihr benötigten Daten im Prinzip selbst beschaffen, sollten nunmehr Informationssysteme alle personenbezogenen Daten, die von mehreren Stellen benötigt werden, zentral erheben und speichern und den einzelnen Stellen entsprechend dem jeweiligen Bedarf routinemäßig zur Verfügung stellen. 14 Den Abschluss aller Bemühungen sollte ein möglichst geschlossenes Informationssystem mit einem ungehinderten Informationsaustausch zwischen den beteiligten Stellen bilden: eine einheitliche Bundesdatenbank ohne Rücksicht auf Ressortgrenzen und kompatibel mit den Datenverarbeitungsanlagen der Länder und Gemeinden. 1 5 Die ersten parlamentarischen Initiativen für ein Datenschutzgesetz waren die Reaktion auf diese Ziele staatlicher Datenverarbeitung. Gleichwohl geriet dabei der Schutz vor privater Datenverarbeitung nicht aus dem Blickfeld. Von Anfang an gab es in der datenschutzrechtlichen Diskussion Stimmen, die nicht nur auf die Gefahren privater Datenverarbeitung überhaupt verwiesen, sondern diese sogar für größer hielten als die Gefahren staatlicher Datenverarbeitung. 16 Demgegen-

Siehe Liedtke, Bundesdatenschutzgesetz, S. 176. Liedtke, Bundesdatenschutzgesetz, S. 178. 12 Meister, B B 1976, 1584 (1585). 13 Zu den seit Mitte der 60er Jahre in Deutschland (und in anderen Staaten) diskutierten Plänen einer automationsunterstützten Datenverarbeitung im großen Stil siehe Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 113 ff. 14 Dammann, Bürger in der Datenbank, S. 14 (zur Automation des Einwohnerwesens); siehe auch Müller, Gefährdung der Privatsphäre, S. 80. 15 Liedtke, Bundesdatenschutzgesetz, S.97f. 16 Siehe etwa Podlech, Prinzipien des Datenschutzes, S. 10: Die „Wirtschaft [hat] in der Regel 10 11

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

29

über hatte das Ansinnen der Wirtschaftsverbände, f ü r den privaten Bereich eine gesetzliche Regelung des Datenschutzes zu verhindern, zu keinem Zeitpunkt eine realistische Chance sich durchzusetzen. 1 7 Ausdrücklich wendet sich die Bundesregierung in der Begründung ihres Entwurfs f ü r ein Bundesdatenschutzgesetz gegen die von den Unternehmensverbänden vorgebrachten Argumente. 1 8 Dass Verletzungen der Privatsphäre durch Private nur selten allgemein bekannt wurden, sei nicht darauf zurückzuführen, dass sie nicht vorkommen würden, sondern darauf, dass sie auch den Betroffenen selbst mangels eines allgemeinen Einsichtsrechts nicht bekannt waren. Es sei im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens deutlich geworden, dass auch im privaten Sektor in erheblichem U m f a n g Datenaustauschsysteme existierten, die sich dank der zukünftigen Möglichkeiten der Datenverarbeitung zu automatisierten Informationssystemen fortentwickeln würden. 1 9 Tatsächlich bestanden bereits in den siebziger Jahren in der Wirtschaft umfangreiche Sammlungen personenbezogener Daten, in denen über zahlreiche Bürger weit in deren Privatsphäre hineinreichende Angaben gespeichert waren. 2 0 Im Arbeitsbereich beabsichtigten die Unternehmen den Einsatz von Personalinformationssystemen nicht nur f ü r statistische Zwecke oder zur Lohn- und Gehaltsabrechnung, sondern auch zur Leistungsbewertung und Leistungsbeurteilung. 2 1 Die Tendenz ging dahin, mittels Profilsystemen die Anforderungen von Arbeitsplätzen und die Fähigkeiten von Arbeitnehmern miteinander zu vergleichen und damit die „Ressource menschliche Intelligenz" besser nutzen zu können. 2 2 Auch in der Kreditwirtschaft war die Verarbeitung personenbezogener Daten weit fortgeschritten. Bereits im Jahr 1974 besaß die Schufa Unterlagen über 22 Millionen Personen u n d erteilte in diesem Jahr mehr als 17 Millionen Auskünfte an ihre Anschlussfirmen - was Kommentatoren dazu veranlasste, bei den Kreditinformationssystemen für Deutschland von einem ähnlich hohen Gefährdungsniveau f ü r die Privatheit auszugehen wie beim (Negativ-)Beispiel der USA. 2 3 Zu dem Bewusstsein f ü r die tatsächlichen Gefährdungen durch private Informationsmacht kam auch ein verändertes Rechtsbewusstsein hinzu. A n die Stelle der altliberalen Vorstellung, dass individuelle Freiheit in erster Linie vor staatlichen Eingriffen geschützt werden muss, trat ein modernes verfassungsrechtliches m e h r Macht als der Staat"; siehe auch Brunnstein in H o f f m a n n / T i e t z e / P o d l e c h , N u m e r i e r t e Bürger, S.168. 17 Baumann, R D V 1986, 1 (2). 18 Amtliche Begründung z u m Entwurf der Bundesregierung f ü r ein Gesetz z u m Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung vom 20.9. 1973, BT-Drs. 7/1027, S. 14 und 17. 19 A.a.O. 20 Meister, Datenschutz im Zivilrecht, S. 34ff. 21 Kilian, Personalinformationssysteme, S. 122ff. 22 Bull, Datenschutz, S. 157. 23 Meister, BB 1976, 1584 (1586).

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Verständnis, das nicht mehr nur starr auf das Verhältnis Bürger - Staat fokussiert ist, sondern den realen Gewaltverhältnissen im Staat Rechnung trägt. 24 Die Grundrechte sind in ihrer Bedeutung nicht mehr darauf reduziert, die Freiheit der Bürger gegenüber dem Staat zu gewährleisten, sondern bilden darüber hinaus die Grundlage für eine Ordnung des Lebens im Staat überhaupt. 25 Die Abwehrdimension der Grundrechte wird ergänzt durch deren Schutzdimension. Wenn daher schutzwürdige Belange des Einzelnen durch die „soziale Macht" Privater gefährdet sind, trifft den Staat auch eine entsprechende Schutzpflicht. Seine Aufgabe ist es, die Grundrechte der Bürger gegenüber „nicht-staatlichen Mächten" 2 6 ebenso zu schützen wie gegenüber dem Staat selbst. Und diese Aufgabe erstreckt sich auch auf den Schutz des vom Grundgesetz garantierten Persönlichkeitsrechts vor Missbräuchen bei der Datenverarbeitung - egal ob das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen in seiner Eigenschaft als „Staatsbürger, Bank- oder Kaufhauskunde, Versicherungs- oder Arbeitnehmer" betroffen ist. 27 Die umfassende Verrechtlichung der Datenverarbeitung durch das B D S G 1977 auch für den privaten Bereich ist vor diesem Hintergrund nichts anderes als eine „Konkretisierung der Grundrechte des Bürgers". 2 8 Durch das umfassende, gleichermaßen für private wie für öffentliche Stellen geltende Verbot der Datenverarbeitung mit Erlaubnisvorbehalt nach §3 B D S G 1977 wird der Bürger nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber privaten Datenverarbeitern in seinen Grundrechten geschützt. 2. Das Volkszählungsurteil und die Novellierung des BDSG 1990 Die datenschutzrechtliche Auseinandersetzung war mit Inkrafttreten des B D S G zum 1. Januar 1978 nicht beendet. Der Gesetzgeber selbst hatte mit der Anerkennung der Vorläufigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit des B D S G die weiteren Diskussionen um eine Novellierung angestoßen. 29 Diese verliefen über mehrere Jahre hinweg allerdings eher „gemächlich" bis „lustlos", 30 bevor mit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts eine Zäsur kam, die die rechtlichen Rahmenbedingungen der weiteren Novellierungsdiskussion wesentlich veränderte. 31 Bedingt durch die grundsätzlichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, die über den eigentlichen Beschwerdegegenstand, das Volkszäh24 Siehe - speziell zum datenschutzrechtlichen Kontext - das vorbereitende Gutachten für die Datenschutzgesetzgebung des Bundes aus dem Jahr 1971, Steinmüller u.a., Gutachten, S. 137. 2 5 St. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts seit BVerfGE 7, 198 (204f.) - Lüth. 26 Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 349. 2 7 BT-Drs. 7/1027, S.14. 28 Bull, ZRP 1975, 7. 2 9 Bereits wenige Monate nach Verabschiedung des B D S G bejahten Regierung wie Opposition seine Novellierungsbedürftigkeit; siehe im Einzelnen dazu Simitis in ders., B D S G (3. Aufl.), Einl. Rdn. lff., 61 ff. 30 Abel in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.7 Rdn. 37f. 31 BVerfGE 65, 1 - Volkszählung.

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

31

lungsgesetz 1 9 8 3 , weit hinaus gingen, u n t e r s t r i c h das U r t e i l die N o t w e n d i g k e i t einer N o v e l l i e r u n g des B D S G . U m s t r i t t e n w a r allerdings, o b und i n w i e w e i t dav o n auch d e r B e r e i c h der privaten D a t e n v e r a r b e i t u n g b e t r o f f e n sein sollte. Z w a r w u r d e m i t t l e r w e i l e der generelle R e g e l u n g s b e d a r f f ü r den privaten S e k t o r n i c h t m e h r in F r a g e gestellt. D e r Streit d r e h t e sich j e d o c h d a r u m , i n w i e w e i t der D a t e n s c h u t z f ü r den ö f f e n t l i c h e n u n d privaten B e r e i c h einheitlich o d e r g e t r e n n t f o r t z u s c h r e i b e n war. 3 2

a) Die Vorgaben des Volkszählungsurteils privater Datenverarbeitung

für die

Regelungen

G e g e n s t a n d der V e r f a s s u n g s b e s c h w e r d e n w a r das G e s e t z ü b e r eine V o l k s - , B e rufs-, W o h n u n g s - u n d A r b e i t s s t ä t t e n z ä h l u n g ( V o l k s z ä h l u n g s g e s e t z 1 9 8 3 ) . M i t der E r h e b u n g der D a t e n ü b e r den aktuellen S t a n d der B e v ö l k e r u n g , ihre r ä u m l i c h e V e r t e i l u n g und Z u s a m m e n s e t z u n g n a c h d e m o g r a p h i s c h e n u n d

sozialen

M e r k m a l e n s o w i e ü b e r ihre w i r t s c h a f t l i c h e B e t ä t i g u n g b e z w e c k t e der G e s e t z g e ber, sich die n ö t i g e G r u n d l a g e für seine gesellschafts- u n d w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h e n E n t s c h e i d u n g e n zu v e r s c h a f f e n . 3 3 U n g e a c h t e t dieser an sich legitimen u n d im G e s e t z g e b u n g s v e r f a h r e n a u c h u n u m s t r i t t e n e n Z w e c k s e t z u n g stieß das G e s e t z in der B e v ö l k e r u n g auf massive V o r b e h a l t e . D i e s c h o n z u v o r b e s t e h e n d e n U n s i c h e r h e i ten u n d B e d e n k e n g e g e n ü b e r den M i s s b r a u c h s m ö g l i c h k e i t e n m o d e r n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g fanden in d e m V o l k s z ä h l u n g s g e s e t z n u n m e h r ein k o n k r e t e s O b j e k t des W i d e r s t a n d s , das auf diese W e i s e z u m A u s l ö s e r einer breiten P r o t e s t - und P r o z e s s w e l l e w u r d e . Z w a r ließ das B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t im E r g e b n i s die V o l k s z ä h l u n g zu. E s u n t e r w a r f diese Z u l a s s u n g j e d o c h g e w i c h t i g e n E i n s c h r ä n k u n g e n . D i e m a n g e l n d e T r e n n u n g der D a t e n e r h e b u n g z u statistischen Z w e c k e n einerseits u n d zu Z w e c k e n des V e r w a l t u n g s v o l l z u g s andererseits w u r d e als verf a s s u n g s w i d r i g qualifiziert. 3 4 D a r ü b e r hinaus m a h n t e das G e r i c h t z u s ä t z l i c h e v e r f a h r e n s r e c h t l i c h e V o r k e h r u n g e n für die D u r c h f ü h r u n g u n d O r g a n i s a t i o n der D a t e n e r h e b u n g an. 3 5 D i e e i g e n t l i c h e B e d e u t u n g des V o l k s z ä h l u n g s u r t e i l s geht j e d o c h w e i t ü b e r seine K o n s e q u e n z e n für den k o n k r e t e n B e s c h w e r d e g e g e n s t a n d hinaus. D a s B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t b e s c h r ä n k t e sich bei seiner E n t s c h e i d u n g n i c h t auf das V o l k s z ä h l u n g s g e s e t z , s o n d e r n stellte d a r ü b e r hinaus g r u n d s ä t z l i c h e p r o g r a m m a t i s c h e V o r g a b e n für die A u s g e s t a l t u n g des D a t e n s c h u t z r e c h t s auf, die die d a t e n -

32 Wobei die Forderung nach einer inhaltlich differenzierten Fortschreibung des Datenschutzes teils mit der Forderung einherging, die beiden Regelungsgebiete auch „räumlich" zu trennen; siehe dazu etwa Zöllner, R D V 1985, 3 und Drews, RDV 1987, 58. Am weitesten reichte der Vorschlag, das B D S G ganz aufzuheben und die Vorschriften in das VwVfG bzw. das B G B zu implementieren; siehe hierzu Baumann, RDV 1986, 1 (2). 33 BT-Drs. 9/451, S.7ff. 34 BVerfGE 65, 1 (61 ff.). 35 BVerfGE 65, 1 (58ff.).

32

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

schutzrechtliche Diskussion bis heute prägen. Das Gericht leitete aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 G G ein umfassendes Recht auf informationelle Selbstbestimmung ab, das dem Einzelnen die Befugnis gewährleistet, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten zu bestimmen. Für die Befürworter eines konsequenten Datenschutzes war das Volkszählungsurteil Anlass, eine Fortschreibung des Datenschutzes insgesamt, im öffentlichen und im nicht-öffentlichen Sektor, zu fordern. 36 Die grundsätzlichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts seien Maxime jeder Form der Datenverarbeitung, unabhängig davon, wer personenbezogene Daten verarbeitet. Die Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen durch private Datenverarbeiter sei angesichts ihrer wirtschaftlichen und sozialen Macht nicht geringer einzuschätzen als im Falle der Datenverarbeitung durch den öffentlichen Sektor. Zudem sei das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer der „gleichsam klassischen Anknüpfungspunkte" für die Drittwirkung der Grundrechte auch im Verhältnis Privater untereinander. 37 Umgekehrt nahmen die Befürworter eines zweigeteilten Datenschutzes die weitreichenden datenschutzrechtlichen Vorgaben des Volkszählungsurteils zum Anlass, eine Abkoppelung der Regelungen des privaten Bereichs von denen des öffentlichen Bereichs zu fordern. 38 In Betracht komme nur eine mittelbare Ausstrahlungswirkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, welche aber eine unveränderte Übernahme der Grundsätze des Volkszählungsurteils gerade nicht zulasse und damit auch eine einheitliche Regelung der öffentlichen und nicht-öffentlichen Datenverarbeitung ausschließe. 39 Insbesondere die grundrechtlich relevante Stellung der privaten Datenverarbeiter - ihre allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 G G , ergänzt durch das Recht der Informationsfreiheit und die kommunikativen Komponenten der Berufsfreiheit und des Eigentumsschutzes - war Argument für die Forderung nach einer getrennten Ausgestaltung von privatem und öffentlichem Datenschutz. 40 b) Das BDSG

1990

Letztlich hielt der Gesetzgeber bei der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes an unterschiedlichen Regelungen für den Bereich staatlicher und privater 36 Siehe etwa DSB-Konferenz, Auswirkungen des Volkszählungsurteils, Dok. B D S G F 12, Ziff. 1.7: Verpflichtung des Gesetzgebers, durch geeignete bereichsspezifische Regelungen und Kontrollvorkehrungen den Einzelnen auch vor den Gefahren der Datenverarbeitung durch private Instanzen zu schützen; ablehnend Scholz/Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 136. 37 Simitis, N J W 1984, 398 (401); zur „Fernwirkung" des Volkszählungsurteils auf die Privatwirtschaft siehe auch Steinmüller, D u D 1984, 91 (94f.). 38 Drews, R D V 1987, 58; Zöllner, R D V 1985, 3. 39 Ehmann, AcP 188 (1988), 232 (301 ff.); Wente, N J W 1984, 1446 (1447). 40 Zöllner, R D V 1985, 3 (11).

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

33

Datenverarbeitung fest. 41 Mehr noch: Indem der Gesetzgeber den Datenschutz in erster Linie für den Bereich staatlicher Datenverarbeitung forcierte, nicht aber im selben Maße auch für den Bereich privater Datenverarbeitung fortschrieb, baute er die Unterschiede zwischen beiden Bereichen sogar noch weiter aus. 42 Während der Anwendungsbereich für den Bereich der staatlichen Datenverarbeitung gegenüber dem B D S G 1977 dahingehend erweitert wurde, dass neben der dateimäßigen nunmehr auch die aktenmäßige Datenverarbeitung erfasst wurde, 43 beschränkten sich die Regelungen für die private Datenverarbeitung auf die Datenverarbeitung „in oder aus Dateien". 4 4 Und während für öffentliche Stellen das Prinzip der Zweckbindung grundsätzlich für alle Phasen des Umgangs mit personenbezogenen Daten festgeschrieben war, wurde für den privaten Bereich darauf verzichtet, eine generelle Zweckbindung zwischen Erhebung der Daten einerseits und deren Verarbeitung und Nutzung andererseits zu normieren. 4 5 Diese und andere Unterschiede in den Regelungen für den Bereich staatlicher und privater Datenverarbeitung wurden in der Literatur teils sehr kritisch aufgenommen - sowohl was die Unterschiede im Einzelnen als auch was die Konzeption des Gesetzes als Ganzes angeht. 46 Das Schutzkonzept wird als „vornehmlich dem grundrechtlichen, d.h. primär staatsverpflichtenden Ansatzpunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung verpflichtet" charakterisiert; es sei eine „wesentliche Systemschwäche" des Datenschutzrechts, dass es das Problem privater Datenmacht vernachlässigt. 47 Die Rede ist von gravierenden Versäumnissen und einem deutlichen Schutzgefälle zwischen öffentlichem und nichtöffentlichem Bereich, 4 8 von einer Asymmetrie des Datenschutzes und von einer in ihrer „Einseitigkeit fehlgeleiteten" Datenschutzpolitik. 4 9 Eng einher mit dieser Kritik gingen entsprechende Forderungen nach einem gleichwertigen Schutz im 41

Für einen Überblick über die Neuregelungen des B D S G 1990 siehe Büllesbach,

N J W 1991,

2593. Dammann, N V w Z 1991, 640 (642). § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 B D S G 1990; unter den Begriff „Akten" fallen gemäß § 3 Abs. 3 B D S G 1990 alle nur denkbaren Träger personenbezogener Daten, insbesondere auch Bild- und Tonträger. 4 4 §1 Abs. 2 Nr. 3 B D S G 1990; kritisch Dammann, N V w Z 1991, 640 (641). 4 5 Siehe einerseits § 14 Abs. 1 B D S G 1990 (für staatliche Stellen): Eine Datenspeicherung,-Veränderung oder -nutzung durch öffentliche Stellen ist nur dann zulässig, wenn dies für die Zwecke erfolgt, für die Daten auch erhoben worden sind. Siehe andererseits §28 Abs. 4 S. 1 B D S G 1990 (für private Stellen), wonach lediglich für den Fall der Übermittlung personenbezogener Daten bestimmt ist, dass der Empfänger der Daten diese nur für den Zweck verarbeiten darf, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt werden. 4 6 Siehe etwa Simitis in ders., B D S G , Einl. Rdn. 88 (gezielt ausgebaute Bevorzugung des nichtöffentlichen Bereichs). Siehe auch Tinnefeld/Ehmann, Datenschutzrecht (2. Aufl.), S. 193, wonach die nach dem B D S G 1977 bestehende „Gleichwertigkeit" des Datenschutzes im öffentlichen und im nicht-öffentlichen Bereich durch die Novellierung aufgehoben worden ist. 47 Kloepfer, Gutachten, D 82 und D 94f. 48 Dammann, NVwZ 1991, 640 (641f.). 49 Hoffmann-Riem, Kommunikative Entfaltung, S. 17. 42

43

34

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Bereich der staatlichen und privaten Datenverarbeitung. 50 Zusätzliches Gewicht erhielten diese Forderungen durch die Verabschiedung der EG-Datenschutzrichtlinie mit ihrer prinzipiellen Gleichstellung der datenschutzrechtlichen Anforderungen für den staatlichen und privaten Bereich. 51

3. Die Datenschutzrichtlinie a) Die Umsetzung der

und die Novellierung des BDSG 2001 EG-Datenschutzrichtlinie

Die Verabschiedung der EG-Datenschutzrichtlinie vom 24. Oktober 1995 war neuerlicher Anlass für eine Auseinandersetzung um die Vereinheitlichung der Regeln des BDSG für die private und die staatliche Datenverarbeitung. 52 Die Richtlinie fußt auf einem einheitlichen Regelungsmodell für den öffentlichen und den nicht-öffentlichen Sektor. Zwar sah der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für eine Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1990 noch zwei jeweils getrennte Kapitel für die Datenverarbeitung im öffentlichen und im privaten Bereich vor. 53 In einer zweiten, revidierten Fassung ihrer Vorschläge vom Oktober 1992 54 kam die Kommission jedoch den Anderungswünschen des Parlaments nach und verzichtete unter anderem auf die Unterscheidung zwischen den für den öffentlichen und den privaten Sektor geltenden Regelungen. Damit sollte verdeutlicht werden, dass unabhängig von dem betreffenden Sektor „überall der gleiche Schutz gelten muss". 55 Entgegen den verbreiteten Forderungen nach einer weitgehenden Vereinheitlichung der datenschutzrechtlichen Vorschriften auch für das deutsche Recht 5 6 ist der deutsche Gesetzgeber dem europäischen Modell bei der Umsetzung der Richtlinie nicht gefolgt. Vielmehr hat er auch weiterhin an der grundsätzlichen Aufteilung des Bundesdatenschutzgesetzes in zwei getrennte, jeweils dem öffent50 Siehe auch den - letztlich erfolglos gebliebenen - Antrag des Landes Hessens in der Gemeinsamen Verfassungskommission, wonach der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet sein sollte, „einen gleichwertigen Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts im öffentlichen und im nichtöffentlichen Bereich zu gewährleisten"; Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drs. 12/6000, S.61. 51 Vergleiche Dammann, N V w Z 1991, 640 (643). 52 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Warenverkehr vom 24. Oktober 1995; ABl. EG Nr. L 281 S. 31; zur Entwicklung des europäischen Datenschutzrechts siehe Siemen, Datenschutz als europäisches Grundrecht (2006). 53 Siehe den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutze von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten-, abgedruckt in BR-Drs. 690/90, S. 9ff. 54 KOM (92) 422 endg. - SYN 287; abgedruckt in BT-Drs. 12/8329, S.4ff. 55 BT-Drs. 12/8329, S.5. 56 Siehe etwa die Forderungen der DSB-Konferenz, Modernisierung und europäische Harmonisierung, Dok. BDSG F 126; dies., Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes, Dok. BDSG F 147; 62. Deutscher Juristentag, Beschlüsse, Ziff. 5: „Es empfiehlt sich, ein grundsätzlich einheitliches materielles Datenschutzrecht für den öffentlichen und den privaten Bereich zu schaffen"; siehe auch Simitis, N J W 1997, 281 (287).

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

35

liehen und dem nicht-öffentlichen Bereich vorbehaltene Regelungskomplexe festgehalten. Allerdings kann diesem Abweichen keine bewusste gesetzgeberische Entscheidung zugunsten eines zweiteiligen Regelungsmodells entnommen werden. Die Übernahme der bisherigen Grundstrukturen ist vielmehr in erster Linie Konsequenz des zeitlichen Umsetzungsdrucks, dem der Gesetzgeber spätestens seit Januar 2000 ausgesetzt war, nachdem die EG-Kommission gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Nicht-Umsetzung der Datenschutzrichtlinie eingeleitet hatte. Nachdem die dreijährige Ubergangsfrist seit Annahme der Richtlinie bereits am 24. Oktober 1998 ergebnislos verstrichen war, sah sich die deutsche Bundesregierung mit der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens vor zwei Alternativen gestellt. Sie konnte das (zeitaufwendige) Vorhaben einer grundlegenden Modernisierung des bestehenden Datenschutzrechts verfolgen und damit eine Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof riskieren. Oder sie konnte sich im Rahmen einer „kleinen" Lösung auf die unabdingbaren Anpassungen des B D S G an die Richtlinienvorgaben konzentrieren und eine grundsätzliche Neustrukturierung erst in einem zweiten Schritt in Angriff nehmen. Mit ihrem Gesetzesentwurf vom 14. Juni 2001 entschied sich die Regierung für die letztere Alternative einer zweistufigen Modernisierung des Datenschutzes. Am 23. Mai 2001 trat, nach einem nunmehr relativ zügigen Gesetzgebungsverfahren, die erste Stufe der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes in Kraft - allerdings mit dem seltsam anmutenden Ergebnis, dass ein Gesetz mit der erklärten Intention verabschiedet wurde, es möglichst bald wieder aufzuheben. 5 7 b) Weitere

Vereinheitlichung

Trotz des Festhaltens des deutschen Gesetzgebers an der Grundkonzeption des B D S G mit für den öffentlichen und den privaten Bereich getrennten Regelungen bedeutet die Umsetzung der Datenschutzrichtlinie im B D S G 2001 einen weiteren Schritt hin zu einer Vereinheitlichung der beiden Regelungsbereiche. 58 Erweitert wurde zunächst der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes. Während bislang der nichtkommerzielle private Datenumgang nicht Regelungsgegenstand des Bundesdatenschutzgesetzes war, erfasst das Gesetz nunmehr gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 B D S G 2001 jede Datenverarbeitung, -nutzung oder -erhebung durch private Datenverarbeiter, wenn diese unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen oder in/aus nicht automatisierten Dateien erfolgt. 5 9 Ausgenommen ist nur ein

Simitis in ders., B D S G , Einl. Rdn. 100. Zur Bedeutung der Datenschutznovelle 2001 für die Privatwirtschaft siehe Franzen, DB 2001, 1867. 5 9 Siehe Kloepfer, Informationsrecht, § 8 Rdn. 51. Gola/Schomerus ( B D S G , Einl. Rdn. 15) sprechen demgegenüber von einer Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs im Hinblick darauf, dass ein Dateibezug als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des B D S G im nichtöffentlichen Bereich nur noch im Falle eines nicht automatisierten, manuellen Datenumgangs 57

58

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Datenumgang, der ausschließlich f ü r persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt. Erweitert wurde der Regelungsbereich f ü r die private Datenverarbeitung auch hinsichtlich der Phase der Datenerhebung. Ausreichend ist nicht mehr nur ein Treu und Glauben entsprechendes Handeln bei der Datenerhebung, wie dies nach alter Rechtslage in §28 Abs. 1 BDSG 1990 bestimmt war. Vielmehr gilt bei privaten Datenverarbeitern nun auch für die Phase der Erhebung das grundsätzliche Verbot mit Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 BDSG. Auch der f ü r die Datenerhebung geltende Grundsatz der Direkterhebung beim Betroffenen selbst, der zuvor nur f ü r die öffentliche Datenverarbeitung normiert war, 60 ist durch die Novellierung auf den Bereich der privaten Datenverarbeitung erstreckt worden (§ 4 Abs. 2 B D S G 2001). Konsequenterweise treffen daher gemäß §4 Abs.3 BDSG 2001 nunmehr auch die bei der Direkterhebung bestehenden Unterrichtungs-, H i n weis- und Aufklärungspflichten gleichermaßen öffentliche wie nicht-öffentliche Stellen. Eine weitere wesentliche Angleichung der Regelungen für den öffentlichen und privaten Sektor bedeutet schließlich die Ausweitung des Grundsatzes der Zweckbindung, wonach personenbezogene Daten nur für festgelegte eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zweckbestimmungen nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden dürfen. W ä h rend dieser Grundsatz f ü r öffentliche Stellen bereits in § 14 Abs. 1 des B D S G von 1990 eine A u f n a h m e gefunden hatte, konnte sich eine entsprechende N o r m i e rung für den Bereich der privaten Datenverarbeitung damals nicht durchsetzen. 6 1 Erst die Richtlinie, die nicht nach öffentlichem und nicht-öffentlichem Bereich differenziert und deren Grundsatz der Zweckbindung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst, b f ü r beide Bereiche gleichermaßen umgesetzt werden musste, führte hier zu einer entsprechenden Vereinheitlichung. 62 4. Der „ neue Datenschutz " - die Modernisierung bereichsspezifischen Datenschutzregelungen

des BDSG und die

Trotz der weiteren Vereinheitlichung des BDSG 2001 ist dessen inhaltliche A u f teilung nach öffentlichem und nicht-öffentlichem Bereich auch weiterhin Gegenstand der datenschutzrechtlichen Kritik. 63 Mit dieser Kritik einher geht die Forvon Relevanz ist. Kritisch zu diesem weiterhin bestehenden Unterschied gegenüber d e m A n wendungsbereich f ü r die öffentliche Datenverarbeitung Dammann in Simitis, BDSG, § 1 Rdn. 136. 60 §13 Abs. 2 B D S G 1990. 61 Siehe oben bei Fn. 45. 62 §28 Abs. 1 S . l Nr. 1, S.2, Abs.2, A b s . 3 N r . 3 , Abs.8, 29 Abs. 1 S.2 B D S G 2001; vergleiche Kloepfer, Informationsrecht, § 8 R d n . 24. 63 Kritisch insb. Simitis in ders., B D S G , § 1 R d n . 45: „Nach wie vor stehen den immer weiter ausgebauten A n f o r d e r u n g e n an die öffentlichen Stellen auffällig laschere Regelungen im nichtöffentlichen Bereich gegenüber."

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

37

derung, die Zweiteilung des Bundesdatenschutzgesetzes im Rahmen der geplanten grundlegenden Modernisierung des Datenschutzrechts endgültig aufzuheben. Für Simitis etwa ist der Verzicht auf die Gegenüberstellung des öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereichs einer der wichtigsten Ansätze für die Modernisierung des Datenschutzes. 64 Auch die Autoren des Modernisierungsgutachtens zur Vorbereitung der zweiten Stufe der BDSG-Novellierung zählen die grundsätzliche Gleichbehandlung des öffentlichen und des nicht-öffentlichen Bereichs zu den neuen Grundsätzen des Datenschutzrechts. 6 5 Die Autoren befinden sich damit in Ubereinstimmung mit den Forderungen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder 66 und mit einer weit verbreiteten Uberzeugung in der datenschutzrechtlichen Literatur. 67 Hauptzweck aller Forderungen nach einem einheitlichen Ansatz des Bundesdatenschutzgesetzes ist es, einen effektiven Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts gegenüber privaten Datenverarbeitern zu gewährleisten. Die Einheitlichkeit datenschutzrechtlicher Regelungen wird als Garant für ein hohes Datenschutzniveau auch im Bereich privater Datenverarbeitung gesehen. Umgekehrt wird die Forderung nach einer Trennung datenschutzrechtlicher Regelungen mit dem Ansinnen gleichgesetzt, das Schutzniveau im Bereich der privaten Datenverarbeitung absenken zu wollen. 68 a) Das Bundesdatenschutzgesetz

als datenschutzrechtliches

Grundgesetz

Eine Einheitlichkeit des Bundesdatenschutzgesetzes kommt vor allem in der Form eines datenschutzrechtlichen „Grundgesetzes" in Betracht, das die tragenden Prinzipien des Datenschutzrechts normiert und die Detailfragen anderen Regelungsbereichen überantwortet. Für den Bereich der staatlichen Datenverarbeitung nimmt das Bundesdatenschutzgesetz diese Funktion schon heute ein, da es von einer Festschreibung spezifischer Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Datenverarbeitung absieht und stattdessen lediglich die allgemeinen Grundsätze der Datenverarbeitung vorgibt: 69 die Grundsätze der Datenvermeidung und Daten-

64

Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 56. Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 44. 66 Siehe DSB-Konferenz, Modernisierung und europäische Harmonisierung, D o k . B D S G F 126; dies., Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes, D o k . B D S G F 147; dies., 2. Stufe der Novellierung (in R o ß n a g e l / P f i t z m a n n / G a r s t k a , Gutachten, A n h a n g 5, S.277). 67 Für ein einheitliches Datenschutzniveau etwa Hoffmann-Riem, Kommunikative Entfaltung, S. 17; Kloepfer, Gutachten, D 95 (Ziel einer „Gleichwertigkeit" des Datenschutzes); Trute, J Z 1998, 822 (826) (gegen die Aufrechterhaltung eines prinzipiell unterschiedlichen Schutzstandards zwischen öffentlichem und privatem Sektor a u f g r u n d der „informationellen D i f f u s i o n " zwischen beiden Sektoren). 68 Vergleiche Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 56; siehe aber Hoffmann-Riem, Kommunikative Entfaltung, S. 17 (Vereinheitlichung auch unter I n k a u f n a h m e einer Absenkung des Datenschutzniveaus im Bereich staatlicher Datenverarbeitung). 69 F ü r einen Überblick über diese G r u n d s ä t z e siehe Gola/Klug, Datenschutzrecht, S. 46ff. 65

38

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

sparsamkeit, 70 das Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt, 7 1 der Grundsatz der Zweckbindung 7 2 und der Grundsatz der Direkterhebung. 7 3 Festgeschrieben sind auch die Rechte der von der Datenverarbeitung Betroffenen: die Rechte auf U n terrichtung und Benachrichtigung, 7 4 das Recht auf Auskunft, 7 5 die Rechte auf Berichtigung, Löschung und Sperrung 7 6 und das allgemeine Widerspruchsrecht. 7 7 H i n z u kommen sonstige Organisations-, Verfahrens- und Vollzugsregelungen, etwa zur Einwilligung des Betroffenen, zur Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland oder zur Datenschutzkontrolle. Was hingegen die eigentlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen staatlicher Datenverarbeitung angeht, finden sich diese nicht im Bundesdatenschutzgesetz. Staatliche Datenverarbeitung ist vielmehr gemäß den §§ 13 ff. BDSG stets dann zulässig, wenn sie im Rahmen staatlicher Aufgabenerfüllung erfolgt. Staatliche Behörden dürfen Daten stets verarbeiten, wenn sie aufgrund einer anderen Rechtsvorschrift zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe zuständig sind und hierfür die Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich ist. Die §§13 ff. BDSG werden auf diese Weise zum Einfallstor f ü r eine Vielzahl zulässiger Datenverarbeitungszwecke. Voraussetzung ist allein, dass sich der verfolgte Zweck der Datenverarbeitung als staatliche Aufgabe in einem Gesetz, einer Verordnung oder einer anderen Rechtsvorschrift findet. 7 8 Entsprechend sind daher auch zusätzliche besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen staatlicher Datenverarbeitung, soweit solche bestimmt sein sollten, nicht im Bundesdatenschutzgesetz, sondern in anderen, bereichsspezifischen Datenschutzbestimmungen normiert. 7 9 Für den Bereich der privaten Datenverarbeitung ist das Bundesdatenschutzgesetz hingegen bislang nicht auf die Funktion eines bloßen „Grundgesetzes" für den Datenschutz reduziert. Abgesehen von den sektorspezifischen Datenschutzgesetzen f ü r den Internet- und Telekommunikationsbereich 8 0 vereint das BDSG weitgehend sowohl die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften als auch

70

§ 3a B D S G . §4 I B D S G . 72 D e r G r u n d s a t z der Z w e c k b i n d u n g ist f ü r öffentliche Stellen in verschiedenen Bestimmungen näher geregelt; siehe vor allem § 14, § 15 III u n d § 16 IV. 73 §4 II 1 B D S G . 74 §§4 III, 19a B D S G . 75 §§6a III, 19 B D S G . 76 §20 B D S G . 77 §20 V B D S G . 78 Siehe Gola/Schomerus, B D S G , § 13 Rdn. 2. 79 Siehe insbesondere die Regelungen im Melde- und Archivwesen u n d im Sozialdatenschutz sowie die Datenschutzgesetze im Schul- u n d Krankenhausbereich u n d f ü r die Tätigkeiten der Strafverfolgungs- u n d Sicherheitsbehörden; vergleiche hierzu Cola/Klug, Datenschutzrecht, S. 9. Z u r verfassungsrechtlichen N o t w e n d i g k e i t eines solchen bereichsspezifischen Regelungsansatzes im öffentlichen Sektor aus G r ü n d e n der N o r m e n k l a r h e i t und Bestimmtheit siehe Bizer, D u D 2001, 274 (276). 71

80

§§ l f f . T D D S G , §§ 16ff. M D S t V u n d §§91ff. T K G .

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

39

die konkreten Voraussetzungen für die Zulässigkeit privater Datenverarbeitung. Die §§28ff. B D S G listen die verschiedenen Zulässigkeitstatbestände auf, bei deren Erfüllung eine Datenverarbeitung durch Private grundsätzlich erlaubt ist. Teils geschieht dies unter Rückgriff auf allgemeine Interessenabwägungsklauseln, 81 teils unter Angabe ganz konkreter Bedingungen und Zwecksetzungen. 8 2 Insgesamt bieten die §§28ff. B D S G ein differenziertes und kompliziertes Geflecht an Erlaubnistatbeständen, die das Ergebnis einer langwierigen und schwierigen Abwägung zwischen Belangen der informationellen Selbstbestimmung einerseits und Interessen der Informationsfreiheit und Datenverarbeitung andererseits sind. Aufgrund dieser umfassenderen Funktion des Bundesdatenschutzgesetzes für den Bereich privater Datenverarbeitung ist aber auch dessen einheitliche Ausgestaltung für den öffentlichen und den nicht-öffentlichen Bereich bislang ausgeschlossen. Eine Vereinheitlichung kommt daher erst dann in Betracht, wenn sich auch für den privaten Datenverarbeitungsbereich die Forderung durchsetzt, datenschutzrechtliche Regelungen in sektorspezifische Datenschutzgesetze „auszulagern" und dem B D S G lediglich eine Funktion als Auffanggesetz zukommen zu lassen. Insoweit mag dann auch vom B D S G als „einheitlichem Datenschutzgesetz" gesprochen werden - wobei sich diese Einheit allerdings auf die oben erwähnten allgemeinen Grundsätze beschränkt, welche aber auch schon nach gegenwärtiger Rechtslage weitgehend gleich sind. Was jedoch bei einer solchen Vereinheitlichung des B D S G auch weiterhin unterschiedlich geregelt bliebe, sind die übrigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen - insbesondere diejenigen Bestimmungen, die die konkreten Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Datenverarbeitung regeln. Die Normierung bereichsspezifischer Gesetze führt hinsichtlich dieser datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht zu einer Vereinheitlichung, sondern umgekehrt zu einer weiteren Fragmentierung. Sie begründet keinen gleichwertigen oder gleichartigen Datenschutz für den öffentlichen und den nicht-öffentlichen Bereich, sondern eine weitere Diversifizierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen. 83 b) Die Einheitlichkeit

sektorspezifischer

Datenschutzregelungen

Auch die Tatsache, dass die neueren bereichsspezifischen Datenschutzregelungen für den Medien- und Kommunikationsbereich nicht mehr danach differenzieren, ob die datenverarbeitende Institution eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche ist, ändert an obigem Befund nichts. Zwar mag es hier insoweit zu „einheitlichen" Regelungen gekommen sein, als diese Gesetze keine Unterscheidung mehr Siehe § § 2 8 I 1 Nr. 2, 29 I 1 Nr. 1, II 1 B D S G . Siehe etwa § 2 8 III Nr. 3 B D S G . 8 3 Anderer Ansicht Trute, J Z 1998, 822 (826), der die sektorspezifischen Telekommunikations- und Mediengesetze als Beleg dafür heranzieht, dass die Tendenz hin zu einheitlichen Datenschutzstandards geht. 81

82

40

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

nach öffentlichen und privaten Datenverarbeitern treffen: So ist für die Anwendbarkeit des Teledienstedatenschutzgesetzes und Mediendienste-Staatsvertrags allein relevant, ob die betreffende natürliche oder juristische Person eigene oder fremde Tele- bzw. Mediendienste zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. 84 Ebenso sind von den Datenschutzvorschriften des Telekommunikationsgesetzes und der Postdienste-Datenschutzverordnung alle Dienstleister erfasst, die ganz oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikations- bzw. Postdienste erbringen oder daran mitwirken. 85 Diese „Einheitlichkeit" der Regelungen für private und staatliche Datenverarbeitungsstellen begründet jedoch keine wirkliche Nivellierung des Datenschutzes zwischen den beiden Bereichen. De facto sind allein private Stellen vom Anwendungsbereich dieser Gesetze erfasst. Die sektorspezifischen Regelungen des Informations-, Telekommunikations- und Mediensektors sind Konsequenz der „Privatisierungsfolgenverantwortung" 86 des Gesetzgebers. Die Bestimmungen stellen sicher, dass nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost und der Öffnung der Märkte für den privatwirtschaftlichen Wettbewerb Datenschutz auch gegenüber den nunmehr privaten Dienstleistern gewährleistet ist. 87 Selbst wenn auf diesen Märkten auch öffentliche Stellen oder Unternehmen mit staatlicher Beteiligung tätig sein sollten, sind diese jedenfalls aus datenschutzrechtlicher Sicht als nicht-öffentliche Stellen einzuordnen. 88 Soweit es darüber hinaus im Kommunikationssektor zu einer originär staatlichen Datenverarbeitung kommt - etwa im Rahmen der Überwachung des Telekommunikationsverkehrs zu Strafverfolgungszwecken - sind Zulässigkeit und Umfang dieser Datenverarbeitung gerade nicht mehr in den sektorspezifischen Datenschutzgesetzen geregelt, sondern in klassisch öffentlich-rechtlichen Gesetzen wie der Strafprozessordnung. Ebenso wie auch sonstige datenschutzrelevante Tätigkeiten des Staates im Bereich innere Sicherheit und Strafverfolgung oder etwa im Melde- und Passwesen oder Ausländerrecht in entsprechenden bereichsspezifischen Gesetzen geregelt sind, die schon von der Natur des Regelungsgegenstandes her allein den Bereich staatlicher Datenverarbeitung betreffen. Im Ergebnis kann daher auch im Bereich der sektorspezifischen Datenschutzgesetzgebung nicht von einem einheitlichen Datenschutz gesprochen werden, da der jeweils zu regelnde Sektor als ganzer entweder dem staatlichen oder dem privaten Bereich zuzuordnen ist. Ein Beleg für die zunehmende Vereinheitlichung des Datenschutzes sind diese sektorspezifischen Regelungen damit nicht. Es bleibt daher bislang, zumindest was die konkreten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Da§2 Nr. 1 T D D S G , §3 Nr. 1 MDStV. §91 T K G ; §2 Nr. 1 PDSV. 86 Groß, J Z 1999, 326 (327); siehe auch Lanfermann, R D V 1998, 1 (3). 8 7 Vgl. Hoffmann-Riem, Kommunikative Entfaltung, S. 16 (zunehmend private Gestaltung der Informationsstruktur). 88 Siehe §27 I I Nr. 2 B D S G . 84

85

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

41

tenverarbeitung angeht, bei einer Zweiteilung der datenschutzrechtlichen Regelungen im deutschen Datenschutzrecht.

II. Die Forderung nach einheitlichem Datenschutz Die Diskussion um einen einheitlichen Datenschutz ist dem Grunde nach eine verfassungsrechtliche Diskussion. Inmitten steht die Frage, welche Bedeutung dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch für den Bereich der privaten Datenverarbeitung zukommen soll. Diese Diskussion spiegelt sich auch in der Geschichte der Datenschutzgesetzgebung wider, die bis heute von der rechtspolitischen Auseinandersetzung um die Reglementierung privater Datenverarbeitung geprägt ist. Im Kern geht es bei dieser Auseinandersetzung um die Fragen des Verhältnisses von Grundrechten und Privatrecht und der Drittwirkung von Grundrechten im Privatrecht - Fragen, die zu den „immerwährenden, kaum je abschließend zu lösenden Grundlagenproblemen" 89 gezählt werden und auch hier nicht endgültig beantwortet werden können. Was aber im Folgenden untersucht und beantwortet werden soll, ist die Frage, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, zum Schutze des informationellen Selbstbestimmungsrechts den Datenschutz im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich einheitlich auszugestalten. 1. Das Grundrecht

auf informationelle

a) Die Rechtsprechung

des

Selbstbestimmung

Bundesverfassungsgerichts

Seinen Durchbruch verdankt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dem Bundesverfassungsgericht, das im Volkszählungsurteil das informationelle Selbstbestimmungsrecht zwar nicht erfunden, wohl diesem aber zu seiner allgemeinen Anerkennung verholfen hat. 90 Der Sache nach ist das Bundesverfassungsgericht schon in früheren Entscheidungen von einem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen an seinen personenbezogenen Daten ausgegangen.91 Bereits in der Mikrozensus-Entscheidung nahm das Gericht das durch Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I G G gewährleistete „Selbstbestimmungsrecht" des Einzelnen zum Maßstab, um die Verfassungsmäßigkeit der statistischen Erhebung von Persönlichkeits- und Lebensdaten zu überprüfen. 92 Dem Einzelnen müsse zur freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit ein „Innenraum" verbleiben, in dem er „sich selbst besitzt" und „in den er sich zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, in dem man in Ruhe gelassen wird und ein Canaris, AcP 184 (1984), 201 (202). Vgl. Benda, DuD 1984, 86 (89); Heußner, ArbuR 1985,309 (313); Hornung, M M R 2004,3. 91 Jarass, Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, S. 94; Scholz/Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 69f., sprechen vom „Recht des Bürgers auf Selbstdarstellung". 92 BVerfGE 27, 1 (7) - Mikrozensus. 89

90

42

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Recht auf Einsamkeit genießt". 9 3 Auch in der Folgezeit war der Gedanke der Selbstbestimmung das bestimmende Element der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Immer wieder hat das Gericht in seinen Entscheidungen verschiedene Aspekte der Selbstbestimmung als Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts herausgearbeitet. Der Einzelne solle grundsätzlich selbst entscheiden können, „wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will, ob und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann". 9 4 Das so verstandene Selbstbestimmungsrecht umfasst das Recht am eigenen Bild und gesprochenen Wort 9 5 ebenso wie das Verfügungsrecht über Darstellungen der Person 9 6 und wird mit dem Volkszählungsurteil auf die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, erstreckt. 9 7 Wobei das Gericht anders als noch in der Mikrozensus-Entscheidung, in der das Selbstbestimmungsrecht auf Informationen aus der Intimsphäre und auf solche mit „Geheimnischarakter" beschränkt war, das Selbstbestimmungsrecht nunmehr auf alle Arten von personenbezogenen Daten erstreckt, da es unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung ein „belangloses" Datum nicht mehr gebe. 98 So gesehen hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Volkszählungsurteil seine bisherige Rechtsprechung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht fortgesetzt und dieses unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung näher konkretisiert. 9 9 b) Die Bedeutung

des

Volkszählungsurteils

Die besondere Bedeutung des Volkszählungsurteils folgt aus den grundsätzlichen programmatischen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts, die über den eigentlichen Gegenstand der Verfassungsbeschwerde weit hinausgehen. 100 Das VolksA.a.O., S.6f. BVerfGE 54, 148 (155) - Eppler; dazu Stoll, Jura 1981, 135 (139). Siehe auch BVerfGE 63, 131 (142) - Gegendarstellung: „Der Einzelne soll selbst darüber befinden dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will, was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll und ob und inwieweit Dritte über seine Persönlichkeit verfügen können, indem sie diese zum Gegenstand öffentlicher Erörterung machen". 9 5 Siehe BVerfGE 54, 208 - Boll; 34, 238 - Tonband. 9 6 BVerfGE 35, 202 (220) - Lebach: „Jedermann darf grundsätzlich selbst bestimmen, ob und wieweit andere sein Lebensbild im ganzen oder bestimmte Vorgänge aus seinem Leben öffentlich darstellen dürfen". 9 7 BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung. 9 8 BVerfGE 65, 1 (45) - Volkszählung. 9 9 Kritisch jedoch Donos, Datenschutz, S. 73ff., der sich gegen alle („reduktionistischen") Versuche wendet, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung lediglich als typische Version des Persönlichkeitsrechts zu betrachten; skeptisch gegenüber einer Einordnung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als „neu entwickelte Facette" des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch Albers, Informationelle Selbstbestimmung, S. 178 ff. 100 Abel in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.7 Rdn. 39. Scholz/Pitscbas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 12f. 93

94

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

43

zählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts gilt noch heute als die „Magna Carta" der Entwicklung des deutschen Datenschutzrechts. 101 Das Urteil gibt den verfassungsrechtlichen Rahmen für den staatlichen Umgang mit personenbezogenen Daten im Ganzen vor. 102 Danach bedarf jede Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage. Aus dieser müssen sich gemäß dem Gebot der Normenklarheit die Voraussetzungen und der Umfang einer Beschränkung des informationellen Selbstbestimmungsrechts klar und für den Bürger erkennbar ergeben. Der Verwendungszweck der Daten muss vom Gesetzgeber bereichsspezifisch und präzise bestimmt werden. Die Angabe der Daten muss für diesen Zweck geeignet und erforderlich sein, ihre Erhebung muss sich auf den für die verfolgten Zwecke unerlässlichen Umfang beschränken. Schließlich trifft den Gesetzgeber die Pflicht, bei jeder Datenerhebung für einen ausreichenden verfahrensrechtlichen Schutz durch die Begründung von Aufklärungs-, Auskunfts- und Löschungspflichten zu sorgen. 103 Durch das Volkszählungsurteil hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eine erhebliche verfassungsrechtliche Aufwertung erfahren. 104 War der Datenschutz bis zum Volkszählungsurteil darauf ausgerichtet, den Betroffenen im Einzelfall vor einer missbräuchlichen Verarbeitung seiner Daten zu bewahren, 105 ist seit dem Volkszählungsurteil das informationelle Selbstbestimmungsrecht Maßstab jeder Datenverarbeitung. Es besteht nunmehr ebenso wie bei den anderen Freiheitsgrundrechten eine Ausgangsvermutung zugunsten des Schutzes informationeller Selbstbestimmung. Der Schutz personenbezogener Daten ist die Regel, der staatliche Zugriff auf personenbezogene Daten die Ausnahme. 106 Der Staat bedarf zu einer Datenverarbeitung stets der gesetzlichen Ermächtigung, die ihrerseits als Eingriffsgrundlage dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit genügen muss. 107 Trotz der grundsätzlichen Ausführungen des Gerichts zum informationellen Selbstbestimmungsrecht weit über den eigentlichen Beschwerdegegenstand hinaus ist damit jedoch nicht automatisch auch eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den privaten Daten verarbeitungssektor verbunden. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde im Volkszählungsurteil war allein die staatliche Datenerhebung. Die Herausarbeitung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch das Bundesverfassungsgericht entspringt einem klassischen rechtsstaatlichen Konflikt zwischen staatlichen Informationsinteressen und individuel-

Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 (515). Abel'm Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.7 Rdn. 39. 103 Simitis in ders., B D S G , Einl. Rdn. 29ff. 104 Gallwas, N J W 1992, 2785 (2789). 105 Vergleiche § 1 I des B D S G 1977. 106 Gallwas, N J W 1992, 2785 (2786f.). 107 Abel in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap.2.7 Rdn. 39; Gallwas, 2785 (2786f.). 101 102

N J W 1992,

44

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

ler Selbstbestimmung.108 Das Bundesverfassungsgericht stellt selbst ausdrücklich fest, dass die Verfassungsbeschwerden keinen Anlass zu einer erschöpfenden Erörterung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geben. Zu entscheiden sei lediglich über die Tragweite dieses Rechts für Eingriffe, durch welche der Staat die Angabe personenbezogener Daten vom Bürger verlangt.109 Uber die Grenzen privater Datenverarbeitung konnte und wollte das Bundesverfassungsgericht hingegen nicht entscheiden.110 Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist somit im Volkszählungsurteil allein in seiner Rolle als Abwehrrecht gegenüber dem Staat relevant und weist insoweit keine Besonderheiten gegenüber anderen Grundrechten auf. Seit jeher besteht Einigkeit darüber, dass die Grundrechte dazu bestimmt sind, die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der staatlichen Gewalt zu sichern. Sie sind zuallererst Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, sie sollen staatliche Macht beschränken und staatlichen Machtmissbrauch verhindern.111 2. Forderung nach gleichwertigem oder gleichartigem Datenschutz? Gleichwohl ist die Uberzeugung in der datenschutzrechtlichen Literatur weit verbreitet, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht auf diese ursprüngliche Bedeutung beschränkt sein soll, sondern auch im Falle einer Datenverarbeitung durch nicht-öffentliche Stellen gelten soll. Öffentliche wie nicht-öffentliche Stellen seien gleichermaßen gehalten, sich nach der verfassungsrechtlichen Garantie informationeller Selbstbestimmung zu richten.112 Die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Werteordnung verpflichte den Gesetzgeber sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich zu einem umfassenden Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts.113 Der Schutz müsse im nicht-öffentlichen Bereich gleichwertig,114 gleich effektiv,115 vergleichbar oder sogar höher 116 ausgestaltet werden. Jedoch ist mit der Forderung nach gleichem Datenschutz noch nicht die Frage beantwortet, wie die datenschutzrechtliche Gleichbehandlung von öffentlichem Siehe Trute in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.5 Rdn. 2. BVerfGE 65, 1 (44f.) - Volkszählung. 110 Halfmeier, Veröffentlichung privater Tatsachen, S. 290; Hufen, J Z 1984,1072 (1076); siehe auch Baumann, DVB1. 1984, 612 (613); Scholz/Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 38: Den Schritt, den Geltungsbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts auch auf das Verhältnis der Bürger untereinander auszudehnen, hat sich das BVerfG „versagt". Nachdrücklich gegen eine unmittelbare Geltung des Volkszählungsurteils für die private Datenverarbeitung vor allem Zöllner, R D V 1985, 3 (12) und R D V 1991, 1 (2). 111 BVerfGE 7, 198 (204) - Lüth; Klein, N J W 1989, 1633; von Münch in von Münch/Kunig, Grundgesetz, Vorb. Art. 1-19 Rdn. 16. 112 Geis, C R 1995, 171 (172); Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 45. 1.3 Gola/Schomerus, B D S G , Einl. Rdn. 6. 1.4 Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 45; Kloepfer, Gutachten, D 95. 115 Hoffmann-Riem, Kommunikative Entfaltung, S. 17. 116 Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.51. 108

109

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

45

und nicht-öffentlichem Sektor im Einzelnen ausgestaltet sein soll, vor allem ob die Gleichbehandlung sich in einer Gleich Wertigkeit im Sinne eines einheitlichen Schutzniveaus erschöpfen soll oder darüber hinaus auch eine Gleichartigkeit der datenschutzrechtlichen Regelungen und Schutzvorkehrungen erforderlich ist. Soweit Autoren zwischen Gleichwertigkeit und Gleichartigkeit ausdrücklich differenzieren, richtet sich ihre Forderung in erster Linie auf einen gleichwertigen Datenschutz. 1 1 7 Andere Autoren tendieren dagegen in Richtung einer Gleichartigkeit des Datenschutzes, insbesondere wenn sie für die Einheitlichkeit des Datenschutzes die europäische Datenschutzrichtlinie als Vorbild heranziehen, die keinerlei nach öffentlicher und nicht-öffentlicher Datenverarbeitung differenzierende Regelungen enthält. 118 Tatsächlich wird einheitlicher Datenschutz auch am ehesten durch eine Gleichartigkeit der Regelungen gewährleistet sein. Das Kriterium der Gleichartigkeit liefert eine klare und eindeutige gesetzgeberische Vorgabe und erübrigt Diskussionen um die Art und Weise der konkreten Umsetzung. Das Kriterium der Gleichwertigkeit kann diese Klarheit nicht bieten. Die Abstraktheit und begriffliche Unschärfe eines „einheitlichen Schutzniveaus" lässt Raum für die verschiedensten Formen der Umsetzung. So kann theoretisch ein einheitliches Schutzniveau im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich schon dadurch gewährleistet werden, dass für die private Datenverarbeitung die zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138 und 823 BGB entsprechend streng ausgelegt werden. Gleichwohl werden diese oder ähnliche Konzepte den Vorstellungen der Befürworter eines einheitlichen Datenschutzes kaum gerecht werden. Vieles spricht daher dafür, die Forderung nach einem einheitlichen Datenschutz in erster Linie als Forderung auch nach einer gleichartigen Ausgestaltung des Datenschutzes im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich zu verstehen.

117 Siehe etwa Kloepfer, Gutachten, D 95, der f ü r eine Gleichwertigkeit des Datenschutzes zur Bändigung privater Datenmacht eintritt, eine Gleichartigkeit der Schutzvorkehrungen aber ablehnt, u n d Hoff mann-Riem, Kommunikative Entfaltung, S. 17, der zwischen „Datenschutzniveau" u n d „Datenschutzinstrumenten" unterscheidet. Donos, Datenschutz, S. 127, fordert einen umfassenden Schutz der informationellen Selbstbestimmung auch im privaten Bereich, betont aber, dass dies nicht mit einem „identischen D a t e n s c h u t z " in beiden Bereichen gleichzusetzen sei. Siehe andererseits aber Simitis, N J W 1998, 2473 (2474), der einer bloßen „Gleichwertigkeit" aus G r ü n d e n der Umgehungsgefahr kritisch gegenübersteht: „Von einer Verpflichtung, .gleichwertigen, aber nicht gleichartigen Schutz zu gewährleisten', kann deshalb nur die Rede sein, soweit jede Ambivalenz ausgeschlossen ist. Die E r f a h r u n g zeigt viel zu gut: Die .Gleichwertigkeit' verleitet den Gesetzgeber schnell u n d erfolgreich zu Umgehungsstrategien."

' 1 8 Siehe vor allem Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 56; ders., N J W 1998, 2473 (2474).

46

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

3. Das Grundrecht auf informationelle Privatrecbtsverhältnis

Selbstbestimmung

a) Die Lehre von der unmittelbaren

Drittwirkung

im

Wird die Forderung nach einheitlichem Datenschutz darauf gestützt, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung im Bereich der privaten Datenverarbeitung gleichermaßen zu beachten sei, bedarf diese Begründung ihrerseits einer verfassungsrechtlichen Begründung. Die Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte liefert eine solche Begründung. Danach sind Adressaten der Grundrechte nicht nur der Staat, sondern auch die Privatrechtssubjekte. Bei Beeinträchtigungen seiner informationellen Selbstbestimmung kann sich der Einzelne somit sowohl gegenüber staatlichen Maßnahmen als auch gegenüber privaten Handlungen direkt auf eine Verletzung seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung berufen. Begründet wird die unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte mit deren Bedeutungswandel. 119 Bürgerliche Freiheit sei nicht mehr nur durch den Staat, sondern auch durch Private gefährdet. Grundrechte seien daher nicht mehr nur Abwehrrechte gegenüber der Staatsgewalt. Im Sinne ihrer größtmöglichen Effektivität begründeten sie darüber hinaus vielmehr auch Ordnungsgrundsätze für das gesamte Gemeinschaftsleben und erlangten auf diese Weise unmittelbare Bedeutung für den Privatrechtsverkehr. 120 Auch der B G H hat sich bei seiner Begründung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf die Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung gestützt. 121 Der Gesetzgeber des B G B hatte sich noch gegen ein allgemeines Persönlichkeitsrecht entschieden und es beim Schutz einiger weniger besonderer Persönlichkeitsrechte wie Namensrecht, Urheberpersönlichkeitsrecht oder Recht am eigenen Bild und dem Schutz der Ehre über §823 II B G B i.V.m. §§185ff. StGB belassen. 122 Während sich das Reichsgericht trotz zunehmender Kritik an diese Vorgabe hielt und ein allgemeines Persönlichkeitsrecht bis zuletzt in ständiger Rechtsprechung ablehnte, 123 fühlte sich der B G H an den ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nicht mehr gebunden. Seine Entscheidung zur Anerkennung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts war beeinflusst von der Wertentscheidung des Grundgesetzes, das die Würde des Menschen und die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit an die Spitze der verfassungsrechtlich verbürgten Grundrechte stellt und damit

119 Siehe vor allem Nipperdey als Wegbereiter der Theorie einer unmittelbaren Drittwirkung; Nipperdey, RdA 1950,121 (124ff.); ders., Grundrechte und Privatrecht, S. 14ff.; siehe auch Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S.285ff.; Ramm, J Z 1991,1 (6). Auch jüngst noch hat sich von Münch für die Richtigkeit der Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung ausgesprochen (von Münch, Staatsrecht II, Rdn. 188). 120 Nipperdey, Grundrechte und Privatrecht, S. 16ff. 121 Vgl. Canaris, AcP 184 (1984), 201 (203). 122 Larenz/Canaris, Schuldrecht, § 80 I 1 (S.491). 123 Siehe etwa R G Z 51, 369 (373); 58, 24 (28f.); 60, 1 (4f.); 69, 401 (403f.) Nietzsche-Briefe-, dazu Hager in Staudinger, B G B , § 823 Rdn. C 1.

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

47

dem Schutz der Persönlichkeit einen zentralen Stellenwert einräumt. Der Bundesgerichtshof qualifiziert das Grundrecht auf Achtung der Würde und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit „als privates, von jedermann zu achtendes Recht" 1 2 4 und leitet daraus die Anerkennung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts für den Privatrechtsverkehr ab. 125 Auch in späteren Entscheidungen betont das Gericht, dass sich dieses Grundrecht „nicht nur gegen den Staat und seine O r gane richtet, sondern auch im Privatrechtsverkehr gegenüber jedermann gilt." 1 2 6 Indem der B G H also „jedermann" die Verpflichtung auferlegt, die durch Art. 1 und 2 G G gewährleisteten Grundrechte zu achten, erstreckt er auf diese Weise die Grundrechte in ihrer Funktion als Abwehrrechte auch auf das Verhältnis von Privatrechtssubj ekten untereinander. 127 Vor diesem Hintergrund scheint es nur konsequent, wenn Simitis Art. 2 I i. V.m. Art. 1 I G G als einen der „gleichsam klassischen Anknüpfungspunkte für die Drittwirkung der Grundrechte" einordnet und daran anschließend im Sinne einer unmittelbaren Drittwirkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung fordert, „die enge, ausschließlich auf die staatliche Aktivität ausgerichtete Interpretation der Grundrechtswirkung" aufzugeben. 128 Andererseits konnte sich jedoch eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Ergebnis weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur durchsetzen und ist daher auch für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abzulehnen. Selbst das Bundesarbeitsgericht, lange Zeit der prominenteste Vertreter einer Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung, 1 2 9 lehnt eine solche inzwischen ab und hat sich der herrschenden Meinung angeschlossen, die von einer mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte ausgeht. 130 Im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 131 geht das B A G nunmehr ebenfalls davon aus, dass auf die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Wertentscheidung der Verfassung im Rahmen von Privatrechtsbeziehungen lediglich „Bedacht zu nehmen" sei. Die in den Grundrechtsnormen enthaltene objektive Werteordnung gelte als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts und wirke deshalb auch auf das Privatrecht ein. 132

B G H Z 13, 334 (338) - Schachtbrief (Hervorhebung durch den Verf.). Kritisch zu dieser Begründung Larenz/Canaris, Schuldrecht, §80 I 1 (S.492f.); Canaris, AcP 184 (1984), 201 (231). 126 B G H Z 24, 72 (76); ebenso B G H Z 27, 284 (285) - Heimliche Tonbandaufnahme. 127 So Canaris, AcP 184 (1984), 201 (231). 128 Simitis, N J W 1984,398 (401); zustimmend Donos, Datenschutz, S. 71,127; dagegen Wente, N J W 1984, 1446. 129 B A G E 1, 185 (193); 31, 67 (71). 130 Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung aufgegeben seit B A G E 47, 363 (373). 131 Seit BVerfGE 7, 198 - Liith. 132 B A G N J W 1987, 674 (676). 124 125

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Die Argumente gegen eine unmittelbare Grundrechtsbindung von Privatrechtssubjekten sind vielfältig. 133 Schon nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 1 III G G binden die Grundrechte nur Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung. Privatpersonen sind im Umkehrschluss also gerade nicht umfassend an die Grundrechte gebunden. 134 Auch die Schrankensystematik der Grundrechte spricht gegen eine Grundrechtsbindung Privater. Das Grundgesetz kennt keine Einschränkbarkeit der Grundrechte durch privates Rechtsgeschäft, sondern nur durch oder aufgrund staatlichen Gesetzes. 135 Zwar könnte man dem Bedürfnis nach rechtsgeschäftlicher Beschränkung von Grundrechten auch dadurch Rechnung tragen, dass man über Art. 2 I G G die Vertragsfreiheit in die Grundrechtsabwägung zwischen Privaten einfließen lässt. 136 Jedoch würde auch eine solchermaßen begrenzte Grundrechtsbindung noch zu einer erheblichen Einengung selbstverantwortlicher Freiheit führen und wäre mit der grundsätzlichen Entscheidung der Verfassung für die Freiheit vor dem Staat im privaten Rechtsverkehr nicht vereinbar. 137 Die in jedem Einzelfall notwendige und schwierige Grenzziehung kollidierender Grundrechte durch die Rechtsprechung würde zudem zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Rechtssicherheit führen, die mit dem Erfordernis klarer, detaillierter und bestimmter Regelungen im Privatrecht nur schwer vereinbar ist. 138 b) Grundrechte

als Abwehrrechte

aa) Die Grundrechtsbindung

des

gegenüber

dem

Privatrechtsgesetzgeber

Privatrechtsgesetzgebers

Selbst wenn man mit der ganz überwiegenden Meinung die Lehre einer unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte ablehnt, ist damit deren direkte Geltung für das Privatrecht noch nicht ausgeschlossen. Auch Privatrecht ist staatlich gesetztes Recht. Eine unmittelbare Bindung auch des Privatrechtsgesetzgebers an die Grundrechte als Abwehrrechte ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn dieser zwingendes Recht setzt. Das Bundesverfassungsgericht geht bei zwingenden Vorschriften des Privatrechts sogar so weit, von einer „nahen Verwandtschaft mit dem öffentlichen Recht" zu sprechen, dem sich die privatrechtlichen Vorschriften „ergänzend anfügen". Die Normen seien aus Gründen des gemeinen Wohls auch für die privaten Rechtsbeziehungen verbindlich und deshalb der Herrschaft des Privatwillens entzogen. 139 Eben aus diesem Grund ist es auch nicht überzeugend,

Siehe Ruffert, Verfassung und Privatrecht, S. 13f. Guckelherger, JuS 2003, 1151 (1153); ebenso Canaris, AcP 184 (1984), 201 (203f.), der sich darüber hinaus auch auf den Wortlaut des Art. 1 1 2 G G und des Art. 3 I G G beruft; siehe auch Medicus, AcP 192 (1992), 35 (43). 135 Canaris, AcP 184 (1984), 201 (204 f.) 136 In diesem Sinne von Münch, Staatsrecht II, Rdn. 187. 137 Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 354. 138 Hesse a.a.O. 139 BVerfGE 7, 198 (206) - Lüth. 133 134

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

49

eine Grundrechtsbindung des Gesetzgebers mit dem Hinweis abzulehnen, eine Privatrechtsnorm sehe ihrem Inhalt nach nicht einen Eingriff des Staates, sondern einen Eingriff Privater vor. 140 Dies mag zwar so sein, ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Privatrechtsgesetzgeber selbst verbindlich diesen Eingriff vorgibt und er daher insoweit auch die einschlägigen Grundrechte zu beachten hat. 141 Es besteht kein Anlass, den Privatrechtsgesetzgeber entgegen Art. 1 III G G von der Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt auszunehmen. 1 4 2 Kann somit eine Grundrechtsbindung des Privatrechtsgesetzgebers nicht grundsätzlich abgelehnt werden, verschiebt sich die Fragestellung dahingehend, wie weit diese Grundrechtsbindung geht. Sollen nur zwingende N o r m e n oder auch dispositive N o r m e n unmittelbar am betroffenen Grundrecht gemessen werden? Sollen also im Datenschutzrecht die zugunsten der privaten Datenverarbeiter bestehenden Regelungen auch dann unmittelbar am Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemessen werden, w e n n es den Beteiligten freisteht, eine zugunsten des von der Datenverarbeitung Betroffenen abweichende Datenverarbeitungsregelung zu vereinbaren? 1 4 3 D a f ü r spricht, dass auch bei Fehlen einer abweichenden Parteivereinbarung nicht davon auszugehen ist, dass das dispositive Gesetzesrecht in den einvernehmlichen Willensbildungsprozess der Parteien Eingang gefunden hat. 144 Es ist kaum anzunehmen, dass sich der einzelne Betroffene der tatsächlichen Verarbeitungsvorgänge und der gesetzlichen Rahmenbedingungen bewusst ist. U n d ebenso unwahrscheinlich ist es, dass er aus eigenem Antrieb auf die Abbedingung einer bestimmten dispositiven Datenverarbeitungsbefugnis drängen wird, falls er denn ein solches Interesse gegenüber dem Datenverarbeiter überhaupt durchsetzen könnte. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass der staatliche Gesetzgeber im Falle einer N o r m i e r u n g von dispositiven Erlaubnistatbeständen zumindest faktisch auch den U m f a n g privater Datenverarbeitung vorgibt. Erst recht gilt dies f ü r die Fälle, in denen zwischen den Beteiligten kein Vertragsverhältnis besteht u n d daher die Einbindung des Be-

140

So aber Zöllner, R D V 1985, 3 (6). Siehe Canaris, AcP 184 (1984), 201 (210ff.); ders., G r u n d r e c h t e und Privatrecht, S. 16ff. 142 Siehe Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S.230 ( G r u n d r e c h t s b i n d u n g des Gesetzgebers im Bereich des Privatrechts); nach Ansicht von Hager, J Z 1994, 373 (374ff.) ist die Bindung des Privatrechtsgesetzgebers einhellig anerkannt. Siehe demgegenüber aber Zöllner, R D V 1985,3 (6), der eben diese Ansicht als nur „selten" vertreten einordnet. Für eine vermittelnde A n sicht siehe Hesse (Verfassungsrecht, R d n . 355), der sich im Sinne einer G r u n d r e c h t s b i n d u n g des Privatrechtsgesetzgebers äußert, jedoch zurückhaltend formuliert, dieser müsse dem Einfluss der G r u n d r e c h t e auf das Privatrecht Rechnung tragen. 141

143 Z u r Qualifizierung der datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestände als dispositives Recht siehe Zöllner, R D V 1985, 3 (6). 144 Siehe aber Beuthien, Z H R 142 (1978), 259 (264 Fn.10), nach dessen Ansicht dispositive N o r m e n allein kraft privatautonomer Gestaltung gelten. Gegen diese Ansicht Canaris, der vor allem darauf verweist, dass auch die Schaffung dispositiven Rechts eine h e t e r o n o m e N o r m s e t zung d u r c h den Staat und nicht eine a u t o n o m e Regelung d u r c h die Privatrechtssubjekte ist; Canaris, AcP 184 (1984), 201 (214f.).

50

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

troffenen in eine gemeinsame Willensbildung der Beteiligten von vornherein nicht in Frage kommt. bb) Die Freiheit der Datenverarbeitung

als

Ausgangspunkt

Wenn trotz obiger Erwägungen die Erlaubnistatbestände für eine private Datenverarbeitung im Ergebnis gleichwohl nicht unmittelbar am Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemessen werden sollen, beruht dies auf einer anderen Überlegung: Die gesetzlichen Regelungen zugunsten privater Datenverarbeiter dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Maßstab ist vielmehr ein Vergleich der Rechtslage mit oder ohne Datenschutzgesetzgebung im Ganzen. Gäbe es keine Datenschutzgesetze, gäbe es auch kein prinzipielles Verbot der Datenverarbeitung, wie es die Grundsatznorm des §4 B D S G bestimmt. Die Datenverarbeiter wären grundsätzlich frei, ob und welche Daten sie verarbeiten. Das Verbotsprinzip der Datenschutzgesetze kehrt dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis im Bereich der privaten Datenverarbeitung um. Der umfassende Regelungsbereich der Datenschutzgesetze und ihr prinzipielles Verbot der Datenverarbeitung machen es erforderlich, dass der Gesetzgeber zum Ausgleich gesetzliche Erlaubnistatbestände zugunsten der Interessen der Datenverarbeiter formuliert. Der eigentliche Eingriff in das privatautonome Verhältnis zwischen Datenverarbeitern und Betroffenen ist daher in dem prinzipiellen Verbot der Datenverarbeitung zu sehen. Die datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestände mildern dieses Verbot lediglich ab. Konsequenterweise können sie daher aber auch nicht als eigenständige Eingriffe des Gesetzgebers in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen gewertet werden. 145 Festzuhalten ist daher: Zwar können grundsätzlich auch gegenüber dem Privatrechtsgesetzgeber die Grundrechte als Abwehrrechte eingreifen. Denkbar ist daher, dass sich auch datenschutzrechtliche Regelungen für den privaten Sektor unmittelbar am Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Abwehrrecht messen lassen müssen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die betreffende Regelung als staatlicher Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung qualifiziert werden kann. 146 Dies wiederum wäre aber nur dann anzunehmen, wenn der Privatrechtsgesetzgeber eine Pflicht zur Offenlegung personenbezogener Daten normieren würde. In diesem Fall überlässt er es gerade nicht mehr den Privatparteien, den Datenaustausch untereinander privatautonom zu regeln, sondern gibt des-

145 Ebenso Klein, DVB1. 1994, 489 (496), im Kontext der staatlichen Genehmigung des Betriebs einer gefährlichen Anlage: Wenn der Staat privates Verhalten unter ein (präventives oder repressives) Verbot stellt und sodann nach Maßgabe des Gesetzes erlaubt, ist dieses staatliche Verhalten nicht an den Grundrechten als Abwehrrechten zu messen, sondern am verfassungsrechtlichen Maßstab seiner Schutzpflicht. 146 Allgemein Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 230: „Ein Einsatz der Grundrechte als Abwehrrechte liegt dann vor, wenn die Grundrechte dem Gesetzgeber oder dem Richter zur Verhinderung von Grundrechtsbeeinträchtigungen entgegengehalten werden."

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen Recht

51

sen Art und Umfang selbst vor. Soweit der staatliche Gesetzgeber hingegen lediglich einen Erlaubnistatbestand formuliert, kann darin keine hoheitliche Befugniserteilung zum Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht gesehen werden. Insoweit gibt der Staat den Beteiligten lediglich das an Freiheit zurück, was er ihnen zunächst durch das grundsätzliche Verbot der Datenverarbeitung genommen hat. Er greift nicht ein, sondern zieht sich vielmehr zurück. Eine andere Frage ist, inwieweit auch ein solcher Rückzug des Staates grundrechtlichen Grenzen unterliegt, wenn ohne staatliche Intervention ein Missbrauch der eingeräumten Freiheiten zu erwarten ist. Jedoch geht es in einem solchen Fall nicht mehr um einen Schutz vor dem Staat, sondern um einen Schutz durch den Staat. Entsprechend sind die Grundrechte nicht mehr in ihrer Funktion als Abwehrrechte, sondern in ihrer Funktion als Schutzgebote von Relevanz. 147 c) Grundrechte

als

aa) Die Schutzpflicht

Schutzgebote des Staates gegenüber privater

Datenverarbeitung

Die Grundrechte sind in ihrer Bedeutung nicht mehr nur auf Abwehrrechte gegenüber dem Staat beschränkt. Im Zuge eines sich wandelnden Grundrechtsverständnisses sind weitere Funktionen hinzugetreten: Grundrechte werden nunmehr auch als Leistungs- und Teilhaberechte, als objektive Wertentscheidungen, als institutionelle Gewährleistungen und als Verfahrensgarantien verstanden.148 Darüber hinaus kommt Grundrechten nach heutigem Verfassungsverständnis auch eine Funktion als an den Staat gerichtete Schutzgebote zu. Die grundrechtlich gewährleisteten Rechtspositionen des Einzelnen sollen einerseits vor dem Staat, andererseits aber gerade auch durch den Staat gegenüber anderen, nicht grundrechtsgebundenen Dritten geschützt werden. Eine solche Schutzpflicht des Staates ist heute ganz überwiegend anerkannt. 149 Hesse begründet die staatliche Verpflichtung zum Grundrechtsschutz ebenso einfach wie einleuchtend: „Menschliche Freiheit ist nicht nur durch den Staat, sondern auch durch nichtstaatliche Mächte gefährdet, die in der Gegenwart bedrohlicher werden können als die Gefährdungen durch den Staat. Freiheit lässt sich jedoch nur als einheitliche gewährleisten: sofern sie nicht nur eine Freiheit der Mächtigen sein soll, bedarf sie des Schutzes auch gegen gesellschaftliche Beeinträchtigungen." 150 Das 147 Yg) ¿¡g Differenzierung nach Abwehr- und Schutzfunktion bei Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S.230f. 148 Von Münch in von Münch/Kunig, Grundgesetz, Vorb. Art. 1-19 Rdn. 17ff. 149 Siehe elwzAlexy, Theorie der Grundrechte, S.410ff.; Canaris, AcP 184 (1984), 201 (225ff.); Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 234f. und S. 258 (zur Schutzfunktion des Grundrechts auf wirtschaftliche Selbstbestimmung); Hager, J Z 1994, 373 (378ff.); Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 350; Klein, N J W 1989, 1633. Auch entschiedene Verfechter einer Zurückhaltung des Gesetzgebers im Bereich der privaten Datenverarbeitung gehen von einer grundrechtlich begründeten Schutzpflicht des Staates aus; siehe etwa Zöllner, R D V 1985, 3 (9ff.). 150 Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 349; im selben Sinne Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 129 Rdn. 90.

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Funktion der Grundrechte als Schutzgebote erstmals in seiner Entscheidung zur Reform des §218 StGB auseinandergesetzt und dabei für den Schutz des Rechts auf Leben ausgeführt: „Die Schutzpflicht des Staates ist umfassend. Sie verbietet nicht nur - selbstverständlich - unmittelbare staatliche Eingriffe in das sich entwickelnde Leben, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen, d.h. vor allem, es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. An diesem Gebot haben sich die einzelnen Bereiche der Rechtsordnung, je nach ihrer besonderen Aufgabenstellung, auszurichten." 151 Seither hat das Gericht in ständiger Rechtsprechung das Bestehen staatlicher Schutzpflichten bejaht und sie über den Schutz des Rechts auf Leben auch auf den Schutz anderer Rechtgüter ausgedehnt. 152 Mag auch im Detail manches noch nicht abschließend geklärt sein, bestehen doch an der grundsätzlichen Verpflichtung des Staates zum Schutz grundrechtlicher Rechtspositionen keine Zweifel. 153 Selbst wenn daher die private Datenverarbeitung und deren staatliche Legitimierung nicht unmittelbar am Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung als Abwehrrecht zu messen sind, bleibt das informationelle Selbstbestimmungsrecht jedenfalls als verfassungsrechtliches Schutzgebot von Relevanz. Der Staat muss die Rechtsordnung so ausgestalten, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen auch gegenüber den Eingriffen nichtstaatlicher Dritter geschützt ist. Gehen daher, wie in der datenschutzrechtlichen Literatur schon seit langem immer wieder hervorgehoben wird, die eigentlichen Gefahren für die informationelle Selbstbestimmung nicht mehr nur von den staatlichen, sondern gerade auch von den privaten Datenverarbeitern aus, gebietet das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch ein entsprechend wirksames gesetzliches Datenschutzniveau im Bereich der privaten Datenverarbeitung. Die Forderungen nach einheitlichen Datenschutzstandards und nach einer grundsätzlichen Gleichbehandlung von öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen erscheinen aus dieser Perspektive durchaus konsequent. 1 S 4 bb) Umsetzung

und Umfang staatlicher

Schutzpflichten

Gleichwohl ist diese Schlussfolgerung keineswegs unumstritten. Würde es das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Schutzgebot tatsächlich 151

BVerfGE 39,1 (42) - Schwangerschaftsabbruch. BVerfGE 46, 160 (164f.) - Schleyer; 56, 54 (78ff.) - Fluglärm; 77, 170 (214f.) - C - W a f f e n ; 81, 242 (256) - Handelsvertreter; 84, 212 (226f.) - Abwehraussperrung; siehe dazu Pieroth/ Schlink, G r u n d r e c h t e , Rdn. 88ff. 153 Hain, DVB1 1993, 982. U m s t r i t t e n ist vor allem der U m f a n g grundrechtlicher Schutzpflichten u n d ihre dogmatische Herleitung; siehe dazu Klein, N J W 1989, 1633 (1635). 154 Siehe etwa Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 45ff.; Simitis in ders., B D S G , § 1 R d n . 45, 48ff. 152

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

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erfordern, die für die staatliche Datenverarbeitung geltenden Standards auch auf die private Datenverarbeitung zu übertragen, würde dadurch im Ergebnis eine Differenzierung zwischen Grundrechten als Abwehrrechten einerseits und als Schutzgeboten andererseits hinfällig.155 Demgegenüber wird jedoch betont, die Grundsätze für die Beurteilung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als subjektivem Abwehrgrundrecht seien gerade nicht auf den Schutz der Integrität persönlicher Daten im Privatrecht übertragbar.156 Verwiesen wird auf einen ganz wesentlichen Unterschied der Grundrechte als Schutzgebote gegenüber den Grundrechten als Abwehrrechte: Bei der Erfüllung von Schutzpflichten bleibe es dem Gesetzgeber überlassen, wie und mit welcher Intensität er dieser Pflicht nachkommen will. Als Adressat grundrechtlicher Schutzpflichten komme dem Gesetzgeber ein größerer Ermessensspielraum zu als dies gegenüber der Abwehrfunktion der Grundrechte der Fall sei. 157 Verpflichtend sei für den Gesetzgeber allein, das verfassungsrechtlich gebotene „Schutzminimum" einzuhalten und das Untermaßverbot nicht zu verletzen. 158 Die Freiheit bei der Umsetzung: Was die konkrete Umsetzung verfassungsrechtlicher Schutzpflichten, das „Wie", angeht, ist es sicherlich zutreffend, von einem großzügigen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auszugehen. Dass hier nach Schutzgebot und Abwehrrecht zu differenzieren ist, folgt schon aus dem „strukturtheoretischen Unterschied" der beiden Grundrechtsfunktionen. 159 Ein Grundrecht als staatsgerichtetes Abwehrrecht untersagt dem Staat einen unberechtigten Eingriff. Die Frage des „Wie" stellt sich hier überhaupt nicht, entweder hat der Staat unberechtigt in ein Grundrecht eingegriffen oder nicht. Ein Grundrecht in der Form eines Schutzgebots gibt hingegen nur eine Aufgabe für den Staat vor. Wie der Staat diese Aufgabe erfüllt, ist seine Sache. 160 Auch das Bundesverfassungsgericht gesteht dem Gesetzgeber bei der Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflichten einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu. 161 Die Verfassung gebe lediglich den Schutz als Ziel vor, nicht aber die Ausgestaltung im Einzelnen. 162 Der mit einer Schutzpflicht verbundene 155 Eben diese Auffassung vertritt Hager, der eine Differenzierung der Reichweite der Grundrechtswirkung je nachdem, ob es sich um eine Abwehr staatlicher Eingriffe oder um ein Gebot staatlichen Schutzes handelt, als nicht überzeugend ansieht; Hager, J Z 1994,373 (381); siehe auch ders., AcP 196 (1996), 168 (176). 156 Ruffert, Verfassung und Privatrecht, S.490. 157 Siehe Zöllner, R D V 1985, 3 (10). Canaris spricht von einem sehr weiten Gestaltungs- und Konkretisierungsspielraum des einfachen Gesetzgebers; Canaris, AcP 184 (1984), 201 (227). 158 Canaris, AcP 184 (1984), 201 (227ff.); ders., Grundrechte und Privatrecht, S.83ff.; zustimmend Zöllner, R D V 1985, 3 (10). Ruffert sieht den Gesetzgeber durch Art.2 I i.V.m. Art. 1 I G G beauftragt, einen „Minimalschutz" zu gewährleisten (Ruffert, Verfassung und Privatrecht, S.490f.). 159 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 420. 160 £ ) r e x ¡ j Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 235. 161 BVerfGE 77, 170 (214) - C-Waffen; 88, 203 (262) - 2. Abtreibungsurteil. 162 BVerfGE 88, 203 (254) - 2. Abtreibungsurteil.

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

grundrechtliche Anspruch sei mit Blick auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers allein darauf gerichtet, dass die öffentliche Gewalt Vorkehrungen zum Schutz der Grundrechte trifft, „die nicht gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind." 163 Ahnlich ist in der Literatur davon die Rede, dass die aus den Grundrechten folgenden Handlungspflichten dem Gesetzgeber zwar ein Ziel vorgeben, indessen aber nichts darüber sagen, wie, auf welchem Wege und mit welchen Vorkehrungen dieses Ziel anzusteuern ist. 164 Für die Datenschutzgesetzgebung heißt dies konkret: Selbst wenn der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet sein sollte, ein gleichwertiges Datenschutzniveau im Bereich der öffentlichen und nicht-öffentlichen Datenverarbeitung zu gewährleisten, geht damit keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zum Erlass von gleichartigen Datenschutzregelungen einher. Der Gleichlauf von Regeln für den öffentlichen und den nicht-öffentlichen Bereich mag zwar ein einheitliches Datenschutzniveau am ehesten gewährleisten. Maßgeblich für die Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflicht ist jedoch allein, dass der vom Gesetzgeber eingeschlagene Weg nicht gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich ist. 165 Das verfassungsrechtlich zulässige Handlungsspektrum des Gesetzgebers ist somit weit. Er kann die bisherige Zweiteilung des B D S G aufgeben, er muss aber nicht. Er kann für den Datenschutz im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich ein einheitliches Konzept mit übereinstimmenden Datenschutzgrundsätzen und Erlaubnistatbeständen verfolgen. Er kann aber ebenso gut für den privaten Bereich nach neuen Wegen des Datenschutzes suchen und sich zukünftig in erster Linie auf die Ermöglichung und Absicherung eines eigenverantwortlichen Datenschutzes durch die Betroffenen selbst konzentrieren. 166 Denn allein dem Gesetzgeber kommt die Prärogative zu, die Effektivität und Zweckdienlichkeit auch neuer gesetzgeberischer Maßnahmen für die Zukunft einzuschätzen. 167 Die Reichweite der Grundrechtswirkung: Bleibt die Frage, ob zumindest eine Gleich Wertigkeit des Datenschutzes im Sinne eines einheitlichen Datenschutzniveaus im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich verfassungsrechtlich vorgegeben ist, weil die Wirkungen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung in seiner Schutzgebotsfunktion ebenso weit reichen wie in seiner Funktion als Abwehrrecht. Jedoch kann diese Frage schon in ihrem Ausgangspunkt nicht überzeugen. Ein abstrakter Vergleich der Schutzintensität der Grundrechte, je nachdem ob sie als Abwehrrechte oder als Schutzgebote fungieren, würde voraussetzen, dass die Grundrechte jeweils eine feststehende, absolute Größe bil-

163 164 165 166 167

BVerfGE 77, 170 (215) - C-Waffen. Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 350; Klein, DVB1. 1994, 489 (495). BVerfGE 77, 170 (215) - C-Waffen. Siehe dazu Roßnagel in ders., Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 3.4 Rdn. 19f. Vergleiche Hain, DVB1 1993, 982 (984).

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des Datenschutzes

im deutschen

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den. D e m ist jedoch nicht so, weder in ihrer Funktion als Abwehrrecht noch in ihrer Funktion als Schutzgebot. Soweit sich Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat richten, ist zwar stets die optimale Wirksamkeit dieser Grundrechte das Ziel. 1 6 8 Gleichwohl ist für den konkreten Einzelfall nicht ausgeschlossen, dass ein Grundrecht im Ergebnis sogar ganz zurücktritt. 1 6 9 Grundrechte sind ihren Trägern immer nur verhältnismäßig zugeordnet. 1 7 0 Ihre Wirksamkeit hängt stets davon ab, wie sie mit anderen kollidierenden Rechtsgütern in Einklang gebracht werden können. 1 7 1 Entscheidend ist allein, dass der Staat bei einer Beschränkung von Grundrechten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Allein diese Grenze der Verhältnismäßigkeit bestimmt die Reichweite der Grundrechtswirkung gegenüber dem Staat. Jedoch begründet eine solche Grenze gerade keinen absoluten, sondern einen relativen Schutzstandard. Der Grundrechtsschutz kann je nach Gewicht und Dringlichkeit der den Eingriff rechtfertigenden Gründe sehr hoch oder sehr niedrig sein. N u r in dieser Relativität könnte die Grenze der Verhältnismäßigkeit daher als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, wenn die Wirkung der Grundrechte als Abwehrrechte mit der Wirkung der Grundrechte als Schutzgebote verglichen werden soll. Umgekehrt ist es aber ebenso wenig möglich, im Rahmen der Schutzgebotsfunktion der Grundrechte ein allgemein gültiges Mindestmaß an Grundrechtsschutz zu definieren. Wenn das Bundesverfassungsgericht von einem „Untermaßverbot" 1 7 2 spricht und zum verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaß an Schutz ausführt, die gesetzgeberischen Maßnahmen müssten für einen angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sein, wird damit nicht mehr als eine bloße Selbstverständlichkeit zum Ausdruck gebracht. 1 7 3 Jede Schutzpflicht steht unter der Maxime ihrer effektiven Erfüllung. Die Festlegung eines bestimmbaren

168 Vgl. BVerfGE 81, 278 (292): Notwendig ist ein Ausgleich gegenläufiger Interessen „mit dem Ziele ihrer Optimierung". 169 Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 319. 170 Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 72 und 318; ebenso Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, §129 Rdn. 103: „Grundrechtsbegrenzung ist Herstellung praktischer Konkordanz', erfordert die .verhältnismäßige' Zuordnung von Grundrechten und grundrechtsbegrenzenden Rechtsgütern". 171 Dies gilt auch für das informationelle Selbstbestimmungsrecht - siehe Scholz/Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 85: „Im übrigen bestimmt sich die zulässige Reichweite staatlicher Datennutzung nach der Maßgabe überwiegender Allgemeininteressen, und dies bedeutet in einer je nach Zweckbezug differenzierten Sphäre der Abwägung: In ihr werden kollidierende Güter oder Interessen ermittelt sowie Intensität, Geeignetheit und Notwendigkeit des Eingriffs überprüft." Siehe auch Tinnefeid, N J W 1993, 1117 (1118): „Im einzelnen Konfliktfall ist das Interesse der datenerhebenden Stelle gegenüber dem Interesse des Betroffenen abzuwägen." 172 Unter Verweis auf Isensee, Handbuch des Staatsrechts V, § 111 Rdn. 165f.; siehe aber zuvor schon Canaris, AcP 184 (1984), 201 (228). 173 Siehe Hain, DVB1 1993, 982 (983).

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Mindeststandards ist mit dieser Erkenntnis nicht verbunden. 174 Eine solche wird auch kaum möglich sein, da auch die Grundrechte in ihrer Funktion als Schutzgebote ihren Trägern stets nur relativ zugeordnet werden können. Dies folgt schon daraus, dass regelmäßig mit einer staatlichen Intervention zum Schutze eines Grundrechtsträgers zugleich auch ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Rechtsposition eines anderen Grundrechtsträgers verbunden ist: Der einen Seite kann nur dadurch etwas gegeben werden, dass der anderen etwas genommen wird. 175 Daher ist auch für die mögliche Reichweite staatlichen Grundrechtsschutzes entscheidend, inwieweit ein mit der Schutzmaßnahme verbundener Eingriff in die Grundrechte Dritter überhaupt zulässig ist. Allgemein gültig kann dies nicht entschieden werden, vielmehr ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen. So hängt etwa im Rahmen privatrechtlicher Verhältnisse die Zulässigkeit (und entsprechend auch die Notwendigkeit) staatlichen Eingreifens von den konkreten Rahmenbedingungen des privatautonomen Interessenausgleichs ab. Sind die Bedingungen freier Selbstbestimmung aufgrund von Zwang, Drohung oder Täuschung nicht gewährleistet, ist ein hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich verbürgte Freiheiten zulässig und umgekehrt ein Schutz der bedrohten Grundrechte geboten. 176 Soweit die Freiheit der Willensentschließung hingegen auf beiden Seiten gegeben ist, hat sich der Staat regelmäßig zurückzuhalten. Im Ergebnis gilt somit auch für die Grundrechte in ihrer Funktion als Schutzgebote, dass die Reichweite ihrer Wirkung nicht absolut bestimmt werden kann - auch nicht in der Form eines „Schutzminimums" oder „Minimalschutzes". 177 Letztlich geht es immer um ein verhältnismäßiges Vorgehen des Gesetzgebers. 178 Der Gesetzgeber muss den grundrechtlichen Belangen aller Betroffenen angemessen Rechnung I 79

tragen. Ein abstrakter Vergleich der Reichweite der Grundrechte, je nachdem ob sie unter ihrem Abwehr- oder ihrem Schutzaspekt zum Tragen kommen, ist damit 174 175 176

treter.

Hain, a.a.O. Wahl/Masing, J Z 1990, 553. Vergleiche Klein, DVB1. 1994, 489 (492); siehe auch BVerfGE 81, 242 (256) - Handelsver-

177 Selbst für den Schutz des Lebens geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass dieser Schutz „nicht in dem Sinne absolut geboten" ist, dass das Rechtsgut Leben jedem anderen Rechtsgut gegenüber ausnahmslos Vorrang genösse. Die Reichweite der Schutzpflicht sei vielmehr mit Blick auf die Bedeutung und Schutzbedürftigkeit des zu schützenden Rechtsguts einerseits und mit ihm konkurrierender Rechtsgüter andererseits zu bestimmen; BVerfGE 88, 203 (253f.) - 2. Abtreibungsurteil. 178 Sog. verfassungsrechtlicher Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; vgl. Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S.232f. 179 Siehe BVerfGE 81, 242 (261) - Handelsvertreter: „Die weitreichende Gestaltungsfreiheit, die dem Gesetzgeber ... zusteht, ist nach beiden Seiten begrenzt, weil es sowohl für die Unternehmer als auch für die Handelsvertreter um grundrechtlich geschützte Positionen geht. Weder Freiheitsbeschränkung noch Freiheitsschutz dürfen in einer solchen Wechselbeziehung unverhältnismäßig sein." Zur Bedeutung der Verhältnismäßigkeit bei der inhaltlichen Ausgestaltung staatlicher Schutzpflichten siehe auch BVerfGE 39, 1 (47); 63, 131 (144).

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

57

aber nicht möglich. Die Grundrechte sind weder in ihrer Funktion als Abwehrrechte noch in ihrer Funktion als Schutzgebote eine feste Größe. Daher kann auch die Reichweite ihrer Wirkung nicht verglichen werden. Grundrechte sind ihrem Träger stets nur relativ zugeordnet - als Abwehrrechte und als Schutzgebote. Ihre Wirkung hängt von verschiedenen Faktoren ab, von der Bedeutung und Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Rechtsguts, von den betroffenen Allgemeinbelangen und von den kollidierenden Rechtsgütern Dritter. 180 Entsprechend bestimmt sich auch die Reichweite des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht danach, ob es als Abwehrrecht oder als Schutzgebot betroffen ist, sondern danach, wie weit der Grundrechtsträger selbstbestimmt oder fremdbestimmt handelt, wie weit mit der Datenverarbeitung auch schützenswerte Allgemeininteressen verfolgt werden und wie weit eine Reglementierung der Datenverarbeitung zugleich auch einen Eingriff in die legitime Grundrechtsausübung seitens Dritter bedeutet. 181 d)

Zwischenergebnis

Die Forderung nach einer Vereinheitlichung des Datenschutzes wird zwar verfassungsrechtlich begründet, tatsächlich ist sie aber eine rechtspolitische Forderung. Verfassungsrechtlich ist weder eine Gleichartigkeit noch ein Gleichwertigkeit des Datenschutzes im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich vorgegeben. Eine Gleichartigkeit der Datenschutzbestimmungen ist schon deshalb nicht vorgegeben, weil grundrechtliche Schutzpflichten dem Gesetzgeber stets nur das Ziel, nicht aber auch den Weg zum Ziel vorschreiben. Was die Diskussion um die Gleichwertigkeit des Datenschutzes im Sinne eines einheitlichen Datenschutzniveaus angeht, kann diese schon in ihrem Ausgangspunkt nicht überzeugen. Verfassungsrechtlich ist nicht „ein" bestimmtes, allgemein gültiges Datenschutzniveau festgeschrieben - weder wenn es um die Abwehr staatlicher Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht geht noch wenn es um den Schutz der informationellen Selbstbestimmung gegenüber privaten Datenverarbeitern geht. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist seinen Trägern niemals absolut, sondern immer nur verhältnismäßig zugeordnet. Damit sind aber auch absolute Vergleichsmaßstäbe ausgeschlossen, die wiederum dafür Voraussetzung wären, dass überhaupt die grundsätzlichen Forderungen nach einem iso Vergleiche im Ergebnis auch Hager, J Z 1994, 373 (383), der sich ebenfalls dagegen ausspricht, die Reichweite der G r u n d r e c h t e danach zu differenzieren, ob diese unter ihrem A b w e h r oder Schutzaspekt z u m Tragen k o m m e n . Entscheidend sei vielmehr die A b w ä g u n g anhand der beteiligten grundrechtlich geschützten Belange; ebenso ders. in Staudinger, BGB, §823 C 8. 181 Siehe Alexy, Theorie der G r u n d r e c h t e , S.424, der darauf verweist, dass einerseits bei A b wägungen im R a h m e n von A b w e h r r e c h t e n neben Gemeinschaftsgütern auch Rechte anderer ins Spiel k o m m e n können, andererseits aber ebenso bei A b w ä g u n g e n im Rahmen von Schutzrechten neben Rechten anderer auch Gemeinschaftsgüter eine entscheidende Rolle spielen können: „Diese triadische Struktur (Rechte des a/Gemeinschaftsgüter/Rechte des b l , b2 ...) lauert hinter jedem grundrechtlichen Problem."

58

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

„höheren", „niedrigeren" oder „gleichwertigen" Datenschutzniveau im nichtöffentlichen Bereich erhoben werden könnten. Verfassungsrechtlich ist somit nicht vorgegeben, dass der Gesetzgeber Datenschutz im öffentlichen und nichtöffentlichen Bereich einheitlich regelt.

III. Besonderheiten staatlicher und privater Datenverarbeitung 1. Die Grundrechte

privater

Datenverarbeiter

Verfassungsrechtlich vorgegeben ist jedoch, dass der Gesetzgeber bei der Normierung datenschutzrechtlicher Regelungen für den Bereich privater Datenverarbeitung nicht nur dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung, sondern ebenso auch anderen betroffenen Grundrechten angemessen Rechnung trägt. Gesetzgeberische Maßnahmen, die auf einen Schutz der informationellen Selbstbestimmung gegenüber privater Datenverarbeitung abzielen, begründen stets zugleich auch einen Eingriff in die grundrechtlich geschützten Rechtsgüter dieser privaten Datenverarbeiter. 182 Die mögliche Betroffenheit dieser Grundrechte im Rahmen privatrechtlicher Datenschutzgesetzgebung begründet einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden Regelungsbereichen. Der Staat selbst ist nicht Grundrechtsträger, die Begrenzung der Datenverarbeitungsbefugnisse staatlicher Stellen ist daher grundrechtlich nicht relevant. a) Presse-und

Rundfunkfreiheit

Die Grundrechte privater Datenverarbeiter, allen voran die Redefreiheit des First Amendment, sind im amerikanischen Datenschutzrecht in erster Linie ausschlaggebend dafür, dass für staatliche und private Datenverarbeiter unterschiedliche datenschutzrechtliche Regelungen gelten. Nicht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, sondern das Grundrecht auf freie Rede und freien Informationsaustausch steht im Vordergrund der amerikanischen Diskussion um den Datenschutz. 183 Im deutschen Datenschutzrecht haben die Grundrechte der Datenverarbeiter bisher keine vergleichbare Beachtung gefunden. Mehr noch: Diese sind gegenüber dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und seinen einfachgesetzlichen Ausprägungen mehr und mehr in den Hintergrund getreten. 184 Ausnahme ist allein die Presse- und Rundfunkfreiheit des Art. 5 I G G , der auch im deutschen Recht durch eine Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung getragen wird. Aufgrund des „Medienprivilegs" gelten weite Teile der allgemeinen Datenschutzgesetzgebung für die Mas182 Kloepfer, Datenschutz als Grundrecht, S. 13: „Der datenschützende Staat ist also häufig grundrechtseingreifender Staat." Siehe vor allem auch Zöllner, R D V 1985,3 (1 Off.); ders., Datenund Informationsschutz, S. 18ff. 183 Siehe oben A III 3. 184 Gallwas, N J W 1992, 2785 (2787).

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

59

senmedien nicht. § 4 1 1 BDSG erklärt f ü r Presseunternehmen und deren Hilfsunternehmen die meisten Vorschriften des B D S G f ü r unanwendbar, um so die Freiheit der journalistischen Recherche und das Redaktionsgeheimnis zu gewährleisten. 185 Die Individualrechte der Betroffenen, etwa auf Benachrichtigung, Auskunft oder Berichtigung, 186 gelten ebenso wenig wie die gesetzliche Beschränkung der Datenverarbeitung auf durch Rechtsnorm oder Einwilligung erlaubte Datenverarbeitungsvorgänge. 1 8 7 Das Medienprivileg zugunsten von Presse und R u n d f u n k ist Ausdruck der Uberzeugung, dass nicht nur die informationelle Selbstbestimmung, sondern auch die Medienfreiheit unverzichtbarer Bestandteil einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft ist und es daher notwendig ist, beide Grundrechte so weit wie möglich miteinander in Einklang zu bringen. Jedoch beschränkt sich die N o t wendigkeit einer praktischen Konkordanz nicht auf den Konflikt zwischen informationellem Selbstbestimmungsrecht und Medienfreiheit. 1 8 8 Es ist nur schwer nachvollziehbar, w a r u m allein Medienunternehmen aufgrund des Art. 5 12 G G im Rahmen ihrer Datenverarbeitung privilegiert sein sollen, nicht aber auch andere wirtschaftliche Unternehmen wie Banken oder Versicherungen, die sich f ü r ihre Datenverarbeitung auf die nicht weniger gewichtigen Unternehmensgrundrechte der Art. 121 und 14 G G berufen können. 1 8 9 Dies gilt umso mehr, als gerade Medienunternehmen personenbezogene Daten in ganz erheblichem U m f a n g nützen und es sich überdies dabei oftmals um besonders sensitive Daten handelt. 190

185

Voraussetzung ist allerdings gemäß §41 I B D S G , dass die Datenverarbeitung ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen oder literarischen Zwecken erfolgt; ausführlich z u m Medienprivileg des §41 B D S G Walz in Simitis, B D S G , §41 R d n . l f f . Z u r (bisher weitgehend unterbliebenen) Ausgestaltung der Vorschriften durch die Landesgesetzgeber siehe Kloepfer, Informationsrecht, §8 Rdn. 269 (S.361). 186 §§33 bis 35 B D S G . 187 §41 I B D S G regelt die datenschutzrechtliche Privilegierung der Printmedien nicht abschließend, sondern gibt aufgrund der R a h m e n k o m p e t e n z des Bundes nur einen Mindeststandard an Regelungen f ü r die Landesgesetzgeber vor; Walz in Simitis, B D S G , § 41 Rdn. 2 u n d 20ff. Was das Medienprivileg des R u n d f u n k s angeht, erfasst §41 II bis IV B D S G aufgrund der K o m p e t e n z o r d n u n g des Grundgesetzes allein die Deutsche Welle als einzige R u n d f u n k a n s t a l t des Bundes und n i m m t auch diese weitgehend vom Anwendungsbereich des B D S G aus. Im Übrigen ist das Medienprivileg der öffentlich-rechtlichen u n d privaten Rundfunkanstalten in den entsprechenden Landesgesetzen geregelt, teils in eigenen Mediengesetzen; siehe etwa Art. 20 des Bayerischen Mediengesetzes und speziell z u m Medienprivileg dessen Abs. 2; BayGVBl. 2003, 719 (806). 188

Z u m Prinzip der „praktischen K o n k o r d a n z " siehe Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 72: „Verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter müssen in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, dass jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt." 189 Siehe die Kritik bei Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, H a n d b u c h des Staatsrechts, § 129 Rdn. 94; siehe auch Zöllner, R D V 1985, 3 (11) („kommunikative K o m p o n e n t e " der U n t e r n e h mensgrundrechte). 190 Vergleiche Gola/Schomerus, B D S G , §41 R d n . 4; Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, H a n d b u c h des Staatsrechts, § 129 Rdn. 94.

60

1. Teil: Zweigeteilter

b) Meinungs-

und

Datenschutz

Informationsfreiheit

Private Datenverarbeiter können sich abgesehen von den wirtschaftlichen Grundfreiheiten der Art. 12 und 14 G G auch auf die Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 5 I G G berufen. Meinungs- und Informationsfreiheit erfassen als Kommunikationsgrundrechte sowohl das Sammeln als auch das Aufbereiten und Ubermitteln von Informationen. Informationsfreiheit begründet nach Art. 5 11 Alt. 2 G G das Recht, „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten". Der Einzelne soll sich durch eigene Unterrichtung und Wahrnehmung ein Bild von seinem Umfeld und seinen Mitmenschen machen und mit den so gewonnenen Informationen und Erkenntnissen nach seinem Belieben umgehen können, auch wenn diese Informationen andere Personen betreffen. 191 Informationsfreiheit im Sinne des Art. 5 I G G umfasst nicht nur die Unterrichtung aus Informationsquellen, sondern auch die Unterrichtung an der Quelle, am eigentlichen Informationsgegenstand selbst. 192 Sie schützt die schlichte Entgegennahme von Informationen ebenso wie das aktive Beschaffen. 193 Und sie garantiert in ihrer Funktion als Grundlage für die freie Meinungsbildung nicht nur ein Recht auf Informationsaufnahme, sondern auch auf Informationsaufbereitung und Informationsspeicherung. 194 Ergänzt wird die Informationsfreiheit des Empfängers auf der Seite des Informationsübermittlers durch die Meinungsfreiheit des Art. 5 I 1 Alt. 1 G G . Das Recht der freien Meinungsäußerung und -Verbreitung ist keineswegs nur auf die Äußerung von Werturteilen beschränkt, sondern wird im weitesten Sinne des Wortes als ein „Recht der freien Mitteilung an andere" verstanden. 195 Es erstreckt sich auch auf die Weitergabe von Tatsachen, jedenfalls soweit diese der Willensbildung als empirisch-deskriptive Voraussetzung dienen. 196 Seine Meinung über einen anderen kann man in der Regel nur in der Form äußern, dass man auch entGallwas, N J W 1992, 2785 (2787). Herzog in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, G G , Art.5 Rdn. 87. Wobei sich die Informationsfreiheit allerdings nur auf solche Daten bezieht, die allgemein zugänglich sind oder sich ohne Zutun des Betroffenen oder Dritter erschließen lassen; dagegen bietet sie keine Grundlage etwa für eine Datenerhebung gegen den Willen des Betroffenen (Geis, C R 1995, 171 (173); Roßnagel/ Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 48). 193 BVerfGE 27, 71 (82). 194 Wendt in von Münch/Kunig, G G , Art. 5 Rdn. 26. Für ein umfassendes Verständnis des Begriffs der Informationsfreiheit siehe auch Ehmann, R D V 1988, 169 (171 Fn.8): Freiheit, „Informationen ungehindert sich beschaffen, verwerten und weitergeben, seitens des Empfängers sie empfangen, auch sich auf dieser Grundlage seine Meinung frei bilden und verbreiten zu dürfen". 195 Herzog in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 5 Rdn. 55. 196 Kloepfer, Informationsrecht, §3 Rdn. 64. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Tatsachenbehauptung jedenfalls dann durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt, „soweit sie Voraussetzung der Bildung von Meinungen ist"; BVerfGE 61,1 (8); 65,1 (41)-Volkszählung. Die Literatur geht teils noch weiter und nimmt eine umfassende, wertneutrale Außerungsfreiheit an, die die freie Mitteilung von Gedanken, Vorstellungen und Nachrichten aller Art garantieren soll; in diesem Sinne etwa Wendt in von Münch/Kunig, G G , Art. 5 Rdn. 9 (m.w.N.). 191

192

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

61

s p r e c h e n d e T a t s a c h e n ü b e r seine p e r s ö n l i c h e n u n d s a c h l i c h e n Verhältnisse w e i tergibt, im d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n S i n n e also p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n ü b e r m i t telt. 1 9 7 M e i n u n g s f r e i h e i t u m f a s s t d a h e r r e g e l m ä ß i g a u c h die F r e i h e i t , w a h r e B e h a u p t u n g e n ü b e r a n d e r e aufzustellen u n d zu v e r b r e i t e n . 1 9 8 B e i d e n K o m m u n i k a t i o n s g r u n d r e c h t e n , der I n f o r m a t i o n s - u n d der M e i n u n g s f r e i h e i t , w i r d s o w o h l f ü r die P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l t u n g des E i n z e l n e n als a u c h f ü r die A u f r e c h t e r h a l t u n g der d e m o k r a t i s c h e n O r d n u n g allgemein eine e l e m e n t a r e B e d e u t u n g z u g e s p r o c h e n . Sie m ü s s e n d a h e r a u c h bei der A u s g e s t a l t u n g eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s r e g i m e s eine e n t s p r e c h e n d e B e r ü c k s i c h t i g u n g f i n d e n .

c) Allgemeine Handlungsfreiheit

und

Privatautonomie

D a t e n v e r a r b e i t u n g ist schließlich stets a u c h A u s f l u s s der allgemeinen, z u r P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l t u n g g e h ö r e n d e n H a n d l u n g s f r e i h e i t , w e l c h e die I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g e b e n s o u m f a s s t w i e die I n f o r m a t i o n s s p e i c h e r u n g und I n f o r m a t i o n s w e i t e r g a b e . 1 9 9 D i e freie E n t f a l t u n g m e i n e r P e r s ö n l i c h k e i t b e d i n g t w e s e n s n o t w e n dig a u c h die freie W a h r n e h m u n g

m e i n e s U m f e l d s , dessen E r m i t t l u n g

und

E r s c h l i e ß u n g , und die freie E n t s c h e i d u n g darüber, w a s ich davon a u f n e h m e n m ö c h t e . 2 0 0 D e r „ N o r m a l z u s t a n d " ist der der freien z w i s c h e n m e n s c h l i c h e n K o m m u n i k a t i o n u n d I n t e r a k t i o n , die e b e n a u c h das S a m m e l n , U b e r m i t t e l n u n d s o n s tige N u t z e n p e r s o n e n b e z o g e n e r I n f o r m a t i o n e n u m f a s s t , n i c h t a b e r die gesetzliche B e s c h r ä n k u n g

dieser F r e i h e i t . 2 0 1

Ausgangspunkt

datenschutzrechtlicher

R e g e l u n g e n f ü r den p r i v a t r e c h t l i c h e n B e r e i c h sollte d a h e r die F r e i h e i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g sein, n i c h t deren g r u n d s ä t z l i c h e s V e r b o t . D i e g r u n d g e s e t z l i c h e G a rantie individueller F r e i h e i t u n d die daraus f o l g e n d e v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e V e r m u t u n g gegen gesetzliche R e g u l i e r u n g gelten a u c h für den B e r e i c h privater D a t e n v e r a r b e i t u n g . D e m o k r a t i e und P r i v a t r e c h t s g e s e l l s c h a f t sind essentiell auf freie I n f o r m a t i o n und K o m m u n i k a t i o n a n g e w i e s e n . „ N i c h t w e r die W a h r h e i t sagt, b e darf d a h e r eines b e s o n d e r e n G r u n d e s , s o n d e r n w e r sie v e r b i e t e n (lassen) w i l l . " 2 0 2 D a s p r i n z i p i e l l e V e r b o t der D a t e n v e r a r b e i t u n g , w i e es im B u n d e s d a t e n s c h u t z g e setz u n d den s e k t o r s p e z i f i s c h e n D a t e n s c h u t z g e s e t z e n n o r m i e r t ist, steht d a m i t im W i d e r s p r u c h zu der „ u n s e r e r V e r f a s s u n g i n s g e s a m t u n d in S o n d e r h e i t

den

Vergleiche Gallwas, NJW 1992, 2785 (2788). Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.48; siehe auch Gallwas, NJW 1992, 2785 (2788). 199 Zöllner, Daten- und Informationsschutz, S.23f. 200 Gallwas, NJW 1992, 2785 (2788) - Recht, sich von jedem anderen ein eigenes Bild zu machen. 201 Schmitt Glaeser, a.a.O., Rdn. 90f. 202 Larenz/Canaris, Schuldrecht, §80 II 5 b (S. 509); siehe auch Zöllner, RDV 1985,3 (15): Für den traditionellen Informationsverkehr muss der Grundsatz bestehen bleiben, „dass, was wahr ist, gesagt werden darf und dass deshalb ein Verbot der Weitergabe richtiger Informationen die Ausnahme zu bleiben hat und nicht umgekehrt" (mit Verweis auf Ehmann, NZA 1985, Beilage 1, S.l (6)). 197

198

62

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Grundrechten essentiell zugrunde liegenden selbstverantwortlichen Freiheit des Individuums" . 203 Wenn demgegenüber eingewandt wird, dass der Einzelne Freiheit überhaupt erst dann effektiv ausüben kann, wenn ihm ein Mindestmaß an informationeller Selbstbestimmung garantiert ist, trifft dies zwar aus der Perspektive des einzelnen Betroffenen zu. 204 So wird derjenige, der das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht mehr abschätzen kann, regelmäßig auch in der Ausübung seiner grundrechtlichen Freiheiten gehemmt sein. 205 Jedoch geht es nicht nur um die Freiheit des einzelnen Betroffenen, sondern auch um die Freiheit Dritter. Der Verweis auf deren Grundrechte macht deutlich, dass es bei der Ausgestaltung eines privatrechtlichen Datenschutzregimes nicht nur um die Selbstbestimmung des einzelnen von der Datenverarbeitung Betroffenen geht, sondern auch um die Freiheit Dritter, um deren Grundrechte und um deren Schutz vor staatlichen Eingriffen in die Ausübung ihrer grundrechtlichen Freiheiten. Es sind diese Grundrechte Dritter, die mit dem Grundrecht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung in einen gerechten Ausgleich gebracht werden müssen. Wie dieser Ausgleich im Einzelnen ausgestaltet ist und in welchen Fällen sich der eine oder andere Grundrechtsträger durchsetzt, ist hier nicht weiter entscheidend. Entscheidend ist allein, dass ein solcher Ausgleich im Rahmen privatrechtlicher Rechtsverhältnisse grundsätzlich zu treffen ist und sich daher die Ausgestaltung eines privatrechtlichen Datenschutzmodells ganz wesentlich von der eines öffentlich-rechtlichen Datenschutzmodells unterscheidet. Dieser Unterschied gerät aber umso mehr aus dem Blickfeld, als sich die datenschutzrechtlichen Forderungen auf einen Gleichlauf des Datenschutzes im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich fokussieren. 206 2. Die Privatautonomie

der

Betroffenen

Je detaillierter datenschutzrechtliche Regelungen Voraussetzungen und Umfang zulässiger Datenverarbeitung vorgeben, desto mehr greifen sie darüber hinaus auch in die grundrechtlich verbürgte Privatautonomie des einzelnen Betroffenen ein. Im Rahmen staatlicher Datenverarbeitung mag ein detaillierter Rechte- und Pflichtenkatalog im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung regelmäßig geboten sein. Im Bereich privater Datenverarbeitung ist ein solcher Katalog hingegen im selben Umfang weder geboten noch berechtigt, weil hier der individuellen Selbstbestimmung des Einzelnen ein wesentlich höherer Stellenwert zukommt. Die Einwilligung des Einzelnen in eine Verarbeitung seiSchmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 129 Rdn. 90. So insbesondere Simitis in ders., B D S G , §1 Rdn. 53f. 205 Vergleiche BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung. 206 Siehe auch Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 111: ,,[D]ie Rechtsbeziehungen des Einzelnen zum Staat sind in ihrem Wesen weitgehend verschieden von denen des Einzelnen zum Mitmenschen, vor allem deshalb, weil dieser ebenfalls Träger der Grundrechte ist." 203

204

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

63

ner personenbezogenen Daten ist eine der zentralen Zulässigkeitstatbestände privater Datenverarbeitung und begründet damit einen wesentlichen Unterschied zwischen privater und staatlicher Datenverarbeitung. a) Die Einwilligung

im Bereich staatlicher

Datenverarbeitung

Auch diejenigen, die grundsätzlich für einen einheitlichen Datenschutz plädieren, weisen für die Einwilligung differenzierend darauf hin, dass diese in erster Linie für den nicht-öffentlichen Bereich eine wichtige Verarbeitungsvoraussetzung darstellt. 207 Für private Datenverarbeiter eröffnet das Institut der Einwilligung die Möglichkeit, den Spielraum ihrer Datenverarbeitungspraxis entsprechend zu erweitern. Für staatliche Stellen gilt hingegen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Die Grenzen zulässiger Datenverarbeitung sind grundsätzlich durch ihre gesetzlich definierten Aufgaben vorgegeben. Staatliche Stellen dürfen Daten erheben, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Insoweit hängt ihre Befugnis ohnehin nicht von einem Einverständnis des Betroffenen ab. 208 Umgekehrt dürfen staatliche Stellen ihre Hoheitsbefugnisse aber auch nicht über diese Grenzen hinaus ausdehnen, indem sie sich vom Betroffenen eine entsprechende Einwilligung erteilen lassen.209 Die gesetzlichen Grenzen, die zum Schutze der Bürger für die Eingriffsbefugnisse staatlicher Stellen gelten, dürfen nicht dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass der Einzelne auf diesen Schutz verzichtet. Eine Verarbeitung von Daten, deren Kenntnis für die konkrete Aufgabenerfüllung nicht erforderlich ist, kann daher grundsätzlich nicht durch eine Einwilligung seitens des Betroffenen gerechtfertigt werden. Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn eine Datenverarbeitung zur Aufgabenerfüllung zumindest „nützlich" ist, etwa weil die Erhebung bestimmter Zusatzdaten der Vereinfachung und Beschleunigung von Arbeitsabläufen dient. 210 Die Einwilligung als Rechtfertigung für die Datenverarbeitung öffentlicher Stellen ist darüber hinaus auch deshalb fragwürdig, weil es im Regelfall an ihrer Freiwilligkeit fehlen wird. Die natürliche Autorität des Staates im Zusammenspiel mit der Unsicherheit des Einzelnen über den tatsächlichen Umfang staatlicher Befugnisse und der Angst vor negativen Konsequenzen einer Auskunftsverweigerung machen es unwahrscheinlich, dass der Betroffene staatlichem Informationsstreben selbstbestimmt und rational gegenübertritt.211 Das gilt jedenfalls für die Eingriffsverwaltung. Aber auch im Rahmen der Leistungsverwaltung

207

Siehe Roßnagel/Pfitzmann/Garstka,

Gutachten, S.73; Simitis in ders., B D S G , §4a Rdn.

16. Vergleiche §§13 Abs. 1,14 Abs. 1 und 15 Abs. 1 BDSG. Siehe Sokol in Simitis, B D S G , § 13 Rdn. 36; Dammann/Simitis, EG-Datenschutzrichtlinie, Art. 8 Erl. 9. 210 Globig in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap.4.7 Rdn. 38f.; Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 73 f. 2 , 1 Vergleiche Simitis in ders., B D S G , §4a Rdn. 18. 208

209

64

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Einwilligung des Betroffenen am Ende eines ebenbürtigen Aushandlungsprozesses mit dem Staat steht. Die genuine Monopolstellung des Staates in weiten Bereichen der Daseinsvorsorge bedingt, dass der Einzelne keine echte Wahl hat. Er kann sich nicht einfach an einen „anderen" Staat wenden, wenn „sein" Staat die Gewährung einer staatlichen Leistung an die Beantwortung bestimmter Auskunftsersuchen knüpft. Nicht ohne Grund hat das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil als Beispiel für die zwangsweise erfolgende Datenerhebung auch die Datenverarbeitung zum Zwecke der Gewährung von Sozialleistungen genannt. Es hat eine Zwangssituation für den Betroffenen auch dann angenommen, wenn keine hoheitlichen Sanktionen drohen, sondern „nur" die Verweigerung oder der Entzug von Leistungen. 2 1 2 b) Die Einwilligung

im Bereich privater

Datenverarbeitung

Die individuelle Mitwirkung des betroffenen Datenträgers im privatrechtlichen Verhältnis, seine Einwilligung in die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten, begründet einen wesentlichen Unterschied zwischen staatlicher und privater Datenverarbeitung. Die Einwilligung im Bereich privater Datenverarbeitung ist Ausdruck individueller Selbstbestimmung. Sicherlich sind auch hier zahlreiche Konstellationen denkbar, in denen die Möglichkeit eines eigenverantwortlichen, privatautonomen Interessenausgleichs ausgeschlossen ist. Auch das Potential privater Datenmacht ist groß. 2 1 3 Gleichwohl würde es zu weit gehen, das Druckpotential privater Datenverarbeiter mit dem der staatlichen Datenverarbeiter gleichzusetzen. 2 1 4 Der Staat ist aufgrund seines Gewalt- und Rechtsetzungsmonopols stets mächtiger als die „privatisierten Leviathane" 2 1 5 und „nichtstaatlichen Mächte". 2 1 6 Nur der Staat kann Zwangsmittel wie Verwaltungsakt oder Strafverhängung einsetzen. 217 Nur er besitzt die originäre Macht, seine Informationsbedürfnisse auch zwangsweise durchzusetzen. Private Institutionen haben diese Macht nicht. Ihre Datenverarbeitung bedarf daher weit mehr einer Mitwirkung der betroffenen Personen, sei es dass diese ihre Einwilligung zur Datenverarbeitung geben, sei es dass die Datenverarbeitung 2 1 2 BVerfGE 65,1 (45) - Volkszählung; siehe dazu Däubler, Gläserne Belegschaften, Rdn. 86. In diesem Sinne auch Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, §129 Rdn. 98. 2 1 3 Siehe Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.48ff.; S.51. 2 , 4 Siehe auch Müllner, B B 1984,475 (477): Zuordnung des Bürgers zum Staat wesentlich umfassender und intensiver, da der Staat in der demokratischen Gesellschaft über das Gewaltmonopol verfügt. 215 Hoffmann-Riem, Risikogesellschaft, S.784; ders., AöR 123 (1998), 513 (525). 216 Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 349. 217 Canaris, AcP 184 (1984), 201 (206). Siehe auch Cate, Privacy, S. 201: „After all, the government has the power to arrest people, freeze bank accounts, and collect detailed financial information from taxpayers".

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

65

durch „Einwilligungssurrogate" 2 1 8 wie Vertrag oder vertragsähnliches Vertrauensverhältnis gedeckt ist. 2 1 9 Eine Einwilligung mag zwar in bestimmten Fällen nur formal gegeben sein, nicht aber einer tatsächlichen freien Willensbetätigung des Betroffenen entspringen. Gleichwohl begründet das Institut der Einwilligung als ein Instrument des privatautonomen Interessenausgleichs zwischen Privatrechtssubjekten einen grundlegenden Wesensunterschied zwischen staatlicher und privater Datenverarbeitung. Die grundsätzliche Bedeutung der Einwilligung im Rahmen privater Datenverarbeitung kann nicht in Frage gestellt werden ebenso wie auch außerhalb des Datenschutzrechts der privatautonome Vertragsschluss nicht aufgrund möglicher Missbräuche in Frage gestellt wird, sondern sach- und bereichsspezifische Einschränkungen der Vertragsfreiheit im Interesse Schutzbedürftiger vorgenommen werden. Abgesehen davon ist auch im Falle eines Machtungleichgewichts zwischen Datenverarbeiter und Betroffenem die Freiheit des Einzelnen zur Selbstbestimmung nicht notwendigerweise ausgeschlossen. 2 2 0 Solange die Rahmenbedingungen privatrechtlicher Beziehungen von einem funktionierenden Wettbewerb geprägt sind, sind auch „mächtige" U n ternehmen in der Ausübung ihrer Macht nicht frei. 221 Sie können nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen, sondern müssen ebenso auch auf die Interessen und Bedürfnisse ihrer aktuellen und potentiellen Vertragspartner eingehen, um diese nicht an andere Wettbewerber zu verlieren. Soweit daher ein privatautonomer Interessenausgleich im Rahmen privater Datenverarbeitung gegeben ist beziehungsweise durch Sicherung des Wettbewerbs oder sonstige datenschutzrechtliche Instrumentarien erreicht werden kann, ist von zwingenden gesetzlichen Regelungen in der Form datenschutzrechtlicher Verbote und Gebote abzusehen. Inhaltliche Vorgaben des Datenschutzgesetzgebers, welche Datenverarbeitungsvorgänge zulässig bzw. unzulässig sind, stehen als einschneidendste Beschränkung formaler Privatautonomie an letzter Stelle der datenschutzrechtlichen Instrumentarien. 2 2 2 Wenn der Einzelne autonom und selbstbestimmt seine Rechte auf informationelle Selbstbestimmung wahrnehmen kann, ist ein zusätzliches Eingreifen des Gesetzgebers nicht geboten. 2 2 3 Es ist darüber hinaus auch nicht zulässig, da gesetzliche Regelungen stets nur soweit in grundrechtliche Freiheiten eingreifen dürfen, als dies zur Erreichung des verfolg-

Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 15 Vergleiche §28 I 1 Nr. 1 B D S G . 2 2 0 Vergleiche Canaris, AcP 184 (1984), 201 (207). 221 Siehe Fastrieb, Richterliche Inhaltskontrolle, S.219 („machtkompensatorische Wirkung von Markt und Wettbewerb"). 2 2 2 Siehe Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 544 (verbraucherschutzrechtliches Verhältnismäßigkeitsprinzip). 218

219

223 Vgl. Säcker in Münchener Kommentar, B G B , Einl. Rdn. 57ff.; Hesse, Verfassungsrecht, Rdn. 356.

66

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

ten Zweckes unerlässlich ist. 224 Die Möglichkeit einer privatautonomen Interessenabgrenzung im Rahmen privater Datenverarbeitung erfordert daher ebenso wie die Notwendigkeit einer Berücksichtigung der Grundrechte privater Datenverarbeiter eine unterschiedliche Ausgestaltung des Datenschutzes gegenüber privaten und staatlichen Stellen. 3. Das besondere

Gefährdungspotential

staatlicher

Datenverarbeitung

Sachgerecht ist ein zweigeteiltes Datenschutzrecht schließlich auch deshalb, weil die staatliche Verarbeitung personenbezogener Daten für die informationelle Selbstbestimmung des einzelnen Betroffenen ein besonderes Gefährdungspotential begründet. Staatliche Stellen sind bei der Ausübung ihrer Datenverarbeitungsbefugnisse nicht wertfrei. Sie haben bestimmte Ziel- und Wertvorstellungen, zu deren Durchsetzung sie - auch unter Missachtung der ihnen gesetzten Grenzen - tief in die Privatsphäre der Betroffenen eingreifen. a) Keine Wertfreiheit

staatlicher

Datenverarbeitung

Staatliche Datenverarbeitung ist anders als private Datenverarbeitung kein wertfreier Vorgang. Die Motivation für staatliche und private Datenverarbeiter ist jeweils eine andere. 225 Private Unternehmen sind an personenbezogenen Daten in erster Linie deshalb interessiert, weil sie Geld verdienen wollen. Sie wollen ihre geschäftlichen Profite maximieren und die damit einhergehenden Risiken minimieren. Je mehr sie über ihre aktuellen und potentiellen Kunden und Vertragspartner wissen, desto zielgerichteter können sie ihre geschäftlichen Aktivitäten ausweiten. Da die verschiedenen Unternehmen aber verschiedene geschäftliche Aktivitäten verfolgen, liegen auch ihrer Datenverarbeitung ganz unterschiedliche Interessen zugrunde. Es gibt nicht „den einen" für alle Unternehmen gleichermaßen interessanten Kunden, sondern nur den für das jeweils einzelne Unternehmen interessanten Kunden. Es gibt, im absoluten Sinne, nicht den einen guten oder schlechten Kunden. Und es gibt entsprechend nicht den einen „wünschenswerten" Vertragspartner oder Idealkunden. Die private Wirtschaft ist daher, als ganze betrachtet, bei der Verarbeitung personenbezogener Daten weitgehend unvoreingenommen und wertungsfrei. Ein Unternehmen kann mit Charaktereigenschaften seiner Kunden, die gemeinhin als schlecht oder nachteilig eingeordnet werden, ebenso viel oder sogar mehr Geld verdienen als ein anderes Unterneh-

2 2 4 Zum (verfassungsrechtlichen) Gebot der Verhältnismäßigkeit siehe auch schon oben bei Fn. 178f. 2 2 5 Vergleiche Kloepfer (Informationsrecht, § 8 Rdn. 4), der neben der unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Kollisionslage auch die Unterschiedlichkeit der Interessenkonflikte betont; vergleiche auch Singleton, Privacy as Censorship, S. 1: „Governments seek not merely to sell merchandise but to exercise police and defense functions." Anderer Ansicht Simitis, 135 U. Pa. L. Rev. 707, 726 (1987): „[PJrivate enterprises and state agencies resort to automated processing for quite similar purposes."

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

67

men mit den „guten" oder vorteilhaften Eigenschaften seiner Kunden. Der spielsüchtige Trinker ist für manchen Dienstleister interessanter als der beamtete Familienvater. Zwar besteht hinsichtlich bestimmter Eigenschaften auch im Bereich der Privatwirtschaft ein gewisser Anpassungsdruck, weil positive Eigenschaften mit besseren Konditionen belohnt werden, so etwa die Kreditwürdigkeit im Finanzbereich oder die gesundheitliche Konstitution im Versicherungsbereich. Dieser Druck ist jedoch nicht primär beabsichtigt, sondern lediglich mittelbare Folge des unternehmerischen Bedürfnisses nach risikogerechter Vertragsgestaltung. Den Unternehmen geht es weniger darum, das Verhalten oder die Eigenschaften des einzelnen Verbrauchers zu beeinflussen oder zu ändern, sondern vielmehr darum, ihr eigenes (rechts-)geschäftliches Verhalten an den jeweiligen individuellen U m ständen auszurichten. Auch die Ziele eines individualisierten Beziehungsmarketings sind nicht allein darauf gerichtet, einseitig die Adressaten eines solchen Marketings zu beeinflussen. Zwar mag hier die Kenntnis personenbezogener Daten dazu beitragen, die Wirkung von Marketingmaßnahmen effektiver zu gestalten. Andererseits ist aber auch Beziehungsmarketing zumindest in dem Sinne ein „kommunikativer", zweiseitiger Prozess, als Unternehmen nicht nur versuchen, durch Werbung Verbraucher in ihrem Sinne zu beeinflussen, sondern sie gleichzeitig auch sich selbst an den Präferenzen der Verbraucher orientieren, um deren Vorlieben so weit wie möglich entgegenzukommen. 2 2 6 Das Interessengefüge im Bereich der staatlichen Datenverarbeitung ist ein anderes. Im Unterschied zu „der Wirtschaft", die als solche ohnehin nicht existiert, sondern sich aus zahllosen Einzelakteuren mit jeweils ganz unterschiedlich gelagerten Interessen zusammensetzt, ist der Staat ein einheitliches Gebilde mit homogener Interessenstruktur. Und anders als die Wirtschaft, der aufgrund ihrer heterogenen Interessenstruktur kein einheitlicher Idealkunde zugeordnet werden kann, hat der Staat eine bestimmte Vorstellung, wie der Idealbürger beschaffen ist - gesetzestreu, politisch und religiös moderat, familiengebunden und traditionsbewusst. Gerade in besonders sensiblen Lebensbereichen wie Familienplanung, Sexualität, Religion oder Weltanschauung hatte und hat der Staat oftmals eine ganz bestimmte Vorstellung und Grundüberzeugung. 2 2 7 Zum Ausdruck gebracht werden diese staatlichen Wertvorstellungen durch die Verfassung, durch Gesetze, Verordnungen und andere Rechtsvorschriften. Die effektive U m - und Durchsetzung dieser Normen beziehungsweise Wertvorstellungen beruht wiederum ganz wesentlich auf staatlicher Datenverarbeitung. N u r wenn der Staat weiß, wer ge2 2 6 Zu den Unterschieden zwischen Beziehungsmarketing und herkömmlichem „Beeinflussungsmarketing" siehe Diller in ders., Marketinglexikon, S. 163 ff. 2 2 7 Beispiele aus der - nicht allzu fernen - Vergangenheit für solche staatlichen Wertvorstellungen sind das staatliche Verbot von Verhütungsmitteln in den USA (siehe dazu Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 479 (1965)) oder die Strafvorschrift des § 175 StGB (aufgehoben durch das 29. Strafrechtsänderungsgesetz; siehe dazu Schroeder, N J W 1995, 1501).

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1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

gen welche Verbote verstößt und wer welche Privilegierungstatbestände erfüllt, kann er auch die praktische Wirksamkeit seiner N o r m e n gewährleisten. Staatliche Datenverarbeitung ist damit kein wertfreier Vorgang. Während die Privatwirtschaft Daten in erster Linie dazu verarbeitet, um sodann ihr eigenes Verhalten den Gegebenheiten anzupassen, verarbeitet der Staat Daten zu dem Zweck, das Verhalten anderer auf die Konformität mit seinen N o r m e n und Wertvorgaben zu überprüfen und entsprechend zu steuern. Damit kommt der staatlichen Datenverarbeitung im Vergleich zur privaten Datenverarbeitung aber auch ein wesentlich größeres Druck- und Bedrohungspotential zu. Wenn das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil von der Angst der Bürger spricht, durch abweichende Verhaltensweisen aufzufallen oder durch die Ausübung von Grundrechten Risiken einzugehen, 228 so hat es gerade die Konstellation vor Augen, dass der von der Datenverarbeitung betroffene Bürger einem bestimmten staatlichen Idealbild nicht entspricht und deshalb staatliche Sanktionen befürchten muss. Es geht nicht allein um die Angst vor staatlichem Wissen an sich, sondern um die Angst, dass der Staat dieses Wissen zur Durchsetzung seiner Wertvorstellungen instrumentalisiert. b) Die besondere Eingriffsintensität

staatlicher

Datenverarbeitung

Staatliche Informations- und Überwachungsinteressen haben insbesondere seit den Anschlägen des 11. September rapide zugenommen. Dies gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Deutschland. 229 Der Konflikt zwischen der Durchsetzung staatlicher Sicherheits- und Strafverfolgungsinteressen einerseits und der Wahrung individueller informationeller Selbstbestimmung andererseits spitzt sich ständig zu. Anders als die Privatwirtschaft hat der Staat die Möglichkeit, seine Informationsinteressen durch eine entsprechende Gesetzgebung zu legitimieren und hoheitlich durchzusetzen. Auf beiden Seiten des Atlantiks haben Staaten von dieser Möglichkeit regen Gebrauch gemacht und die aktuellen Entwicklungen geben Anlass zu der Befürchtung, dass sich die staatlichen Versuche einer Einschränkung informationeller Selbstbestimmung im Dienste der inneren Sicherheit auch in Zukunft fortsetzen werden. In den USA ist der so genannte Patriot Act bereits kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 - nach nur fünf Verhandlungswochen und ohne nennenswerte politische Auseinandersetzung - in Kraft getreten. 230 Durch das Gesetz sind die Überwachungs- und Festnahmerechte der US-Sicherheitsbehörden zu Lasten der Bürgerrechte erheblich ausgedehnt worden. 231 Der Katalog ist lang: 228

229

BVerfGE 65, 1 (43).

Vgl. Tauss, Zwischenbilanz, S. 120f.

230 Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001 (USA PATRIOT Act oder USAPA), in Kraft getreten am 26.10. 2001. 231 Siehe näher dazu Pallasky, D u D 2002, 221.

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

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Strafverfolgungsbehörden dürfen nunmehr Online-Kommunikationsdaten wie Internetadressen oder E-Mail Adressen aufzeichnen, 232 staatliche Durchsuchungsmaßnahmen dürfen heimlich durchgeführt werden, 233 das F B I hat ein weitreichendes Zugriffsrecht auf sämtliche Unterlagen über eine Person - seien es Geschäftsdokumente, Kranken- oder Schulakten oder auch die Ausleihbelege einer Bücherei. 234 Auch in Deutschland reagierte der Gesetzgeber rasch. 235 Bereits am 1. Januar 2002 trat das sog. Terrorismusbekämpfungsgesetz 236 in Kraft, das vor allem die Auskunftsrechte von Nachrichtendiensten gegenüber Unternehmen erheblich erweitert hat. 237 Telekommunikations- und Telediensteanbieter müssen den Nachrichtendiensten nunmehr Auskunft über zurückliegende und zukünftige Verbindungs- und Nutzungsdaten erteilen. 238 Banken und Finanzunternehmen sind gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst verpflichtet, zur Aufdeckung von Geldströmen und Kontobewegungen verdächtiger Organisationen und Personen die entsprechenden Informationen zu erteilen. 239 Auskunftsverpflichtet sind gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz schließlich auch Postdienstleister und Luftverkehrsunternehmen. 240 Das staatliche Verlangen nach mehr Kontrolle und Überwachung hat sich mit der Verabschiedung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes nicht gelegt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung vom März 2004, 2 4 1 die Einführung biometrischer Merkmale in Ausweisdokumente 242 oder die Verpflichtung zur Vorratsspeicherung bei Telekommunikationsdaten 243 sind nur drei von zahlreichen Beispielen aus der jüngsten Vergangenheit für den andauernden Konflikt zwischen staatlichen Informations- und individuellen Datenschutzinteressen. Viele der geplanten oder bereits realisierten staatlichen Datenzugriffe zum Zwecke der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung Section 216 des Patriot Act. Section 213. 234 Siehe section 215; weitere Konsequenzen des Patriot Act umfassen eine erweiterte Auskunftspflicht von Internet Service Providern über Nutzer- und Vertragsdaten (section 210), einen um Terrorismus- und Computerdelikte erweiterten Katalog von Straftaten, bei denen im Verdachtsfalle Abhörmaßnahmen angeordnet werden können (section 201, 202) und einen erweiterten Anwendungsbereich des Foreign Intelligence Surveillance Act, der an Uberwachungsmaßnahmen wesentliche geringere Anforderungen stellt (section 218). 235 Vgl. Tinnefeid, M M R 2002, 493. 236 Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz), BGBl. I 2002, S. 361; siehe dazu v. Bubnoff, N J W 2002, 2672; Düx, ZRP 2003, 189. 237 Vgl. Gola/Klug, N J W 2002, 2431 (2438). 238 Siehe §§8 VIII BVerfSchG, 10 III M A D G , §8 lila B N D G . 239 §§8 V BVerfSchG, 2 Ia B N D G . 240 §8 VI, VII BVerfSchG. 241 BVerfG N J W 2004, 999 - Großer Lauschangriff. 242 Siehe dazu BfD, 20. T B (2003-2004), S.79ff. 243 Siehe dazu auf europäischer Ebene die Richtlinie 2006/24/EG der Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3. 2006 über die Vorratsdatenspeicherung von Daten. 232

233

70

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

stellen einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Betroffenen dar. Eine Vorratsspeicherung aller bei der Telekommunikation anfallenden Verkehrsdaten ermöglicht im Ergebnis eine Erstellung detaillierter Kommunikationsprofile und (bei der Mobilkommunikation) sogar Bewegungsprofile. Die Eingriffsbefugnisse von Polizei und Nachrichtendiensten zur verdeckten Datenerhebung bedeuten oftmals einen erheblichen Eingriff in die Freiheit und Unbefangenheit jeglicher Kommunikation und Interaktion und missachten in ihrer gesetzlichen Ausgestaltung - wie das Beispiel der akustischen Wohnraumüberwachung zeigt - mitunter sogar grundlegende verfassungsrechtliche Anforderungen. 244 Prognosen, dass der Datenschutz gegenüber dem Staat im Vergleich zum Datenschutz gegenüber privaten Stellen in Zukunft an Bedeutung verlieren wird, 2 4 5 begegnen vor diesem Hintergrund erheblichen Zweifeln. Viel eher ist zu erwarten, dass Umfang und Gewicht staatlicher Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Zukunft noch mehr zu- statt abnehmen werden. Selbst in den Vereinigten Staaten, wo das Misstrauen gegenüber dem Staat an sich besonders ausgeprägt ist und Datenschutz ganz überwiegend als Schutz gegenüber staatlicher Datenverarbeitung verstanden wird, bahnen sich staatliche Uberwachungs- und Kontrollwünsche mehr oder weniger ungehindert ihren Weg und drängen die entgegenstehenden Grundrechte der Bürger in den Hintergrund. 2 4 6 Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum sich Datenschutz in Zukunft von der staatlichen Datenverarbeitung ab- und verstärkt der Datenverarbeitung im privaten Bereich zuwenden sollte. Datenschutz muss sich vielmehr gerade auch in den nächsten Jahren im Bereich der staatlichen Datenverarbeitung bewähren. c) Das Rechtmäßigkeitsdefizit

staatlicher

Datenverarbeitung

Gegenwärtig scheint ein Grundvertrauen in den Staat - einhergehend mit ausgeprägtem Misstrauen gegenüber der Privatwirtschaft - weit verbreitet zu sein. Die Furcht vor Volkszählung und Rasterfahndung, die in den 80er Jahren noch den Proteststurm gegen die staatliche Volkszählung auslösen konnte, wird mehr und mehr abgelöst von einer Furcht vor privater Datenmacht. 2 4 7 Es ist nicht mehr so sehr der Orwell'sche „Big Brother"-Staat, der die Bürger ängstigt, sondern der

Siehe BVerfG N J W 2004, 999 - Großer Lauschangriff. Siehe etwa Sokol/Tiaden, Big Brother, S. 162. 2 4 6 Vgl. Schneier, Universal Surveillance, E P I C Alert 11.02 (2004) Ziff. 5: „More and more, at every level of society, the ,Big Brother is Watching You' style of total surveillance is slowly becoming a reality"; siehe auch E P I C Alert 12.09 (2005) Ziff. 2: „Annual Reports Show Government Surveillance at an All-Time High". 247 peiersen) Grenzen des Verrechtlichungsgebotes, S. 124; Sokol/Tiaden, Big Brother, S. 161; siehe bereits Steinbuch, R D V 1988, 1 (5, 7): „Ich traue unserem Staat und seinen Beamten mehr als .Spiegel',,Stern' und .Zeit'... Das allgegenwärtige Misstrauen [gegenüber dem Staat] ist m.E. ein Produkt der veröffentlichten Meinung, die aus der Misstrauensproduktion Profit erzielt." 244

245

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

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unüberschaubare Datenaustausch durch den Adresshandel. 248 Polizei und Verfassungsschutz wird eher ein rechtmäßiger Umgang mit personenbezogenen Daten zugetraut als Versand- oder Adresshandel. 249 Dabei lässt sich dieses Vertrauen in den Staat nur schwer mit dessen tatsächlicher Datenverarbeitungspraxis in Einklang bringen. Untersuchungen zur staatlichen Praxis bei der Telefonüberwachung zeigen, dass selbst bei schwerwiegenden Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht staatliche Behörden weder zurückhaltend noch rechtmäßig vorgehen. Nach einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht vom Mai 20 03 2 5 0 ist die Gesamtzahl der Anordnungen einer Telefonüberwachung im Zeitraum von 1990 bis 2002 um mehr als das Siebenfache gestiegen. 251 Gleichzeitig hat die Untersuchung für eine große Anzahl von Maßnahmen der Telefonüberwachung ein „Auseinanderklaffen von Gesetz und Wirklichkeit" feststellen müssen. 252 Dies betraf in erster Linie die Einhaltung der Benachrichtigungspflicht, ebenso aber auch die Begründung der richterlichen Anordnungen von Telefonüberwachungen. Lediglich 23,5 Prozent der richterlichen Uberwachungsbeschlüsse wurden als substantiell begründet bewertet. 2 5 3 Was die Benachrichtigungspflicht des § 101 S t P O angeht, ließen sich in zwei Drittel aller Fälle den Akten keinerlei Hinweise entnehmen, dass dieser Pflicht nachgekommen worden war. 254 Eine Untersuchung der Universität Bielefeld vom Dezember 2002 kommt zu ähnlich ernüchternden Ergebnissen. Danach wurde von 554 untersuchten Telefonüberwachungen nur jede vierte Überwachung rechtmä-

Opaschowski in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.1 Rdn. 52. Siehe die bei Sokol/Tiaden (Big Brother, S. 161) wiedergegebene Befragung aus dem Jahre 2001, wonach immerhin 60 Prozent der Befragten darauf vertrauen, dass ihre personenbezogenen Daten bei der Polizei datenschutzgerecht verwandt werden, und 57 Prozent, dass dem beim Verfassungsschutz so ist. Wesentlich geringer ist das Vertrauen demgegenüber bei Versicherungen (37 Prozent), Internetanbietern (10 Prozent) und beim Versand- (10 Prozent) und Adresshandel (8 Prozent). Auch nach einer bei Opaschowski (oben Fn. 248) wiedergegebenen Untersuchung ist das Vertrauen der Bürger in Polizei und Verfassungsschutz (49 bzw. 41 Prozent vertrauen auf einen sorgsamen Datenumgang) größer als das Vertrauen in Versicherungen (30 Prozent) oder Adresshandel (8 Prozent). 248

249

250 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Rechtswirklichkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach den §§ 100a, 100b StPO und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen (2003). 251 MPI, Überwachung der Telekommunikation, S.28ff.: von 2494 Anordnungen im Jahr 1990 auf 21874 Anordnungen im Jahr 2000. 252 MPI, Überwachung der Telekommunikation, S. 446. 2 5 3 Dagegen wurden 22,5 Prozent der Beschlüsse als formelhaft und ohne hinreichenden Einzelfallbezug bewertet, in 15 Prozent der Beschlüsse beschränkte sich die Begründung allein auf die Wiedergabe der Gesetzesformel und in etwa neun Prozent der Beschlüsse wurde auf die Ausführungen der Polizei/Staatsanwaltschaft oder auf vorherige Beschlüsse verwiesen; MPI, Überwachung der Telekommunikation, S.231. 2 5 4 Lediglich in 15 Prozent der Fälle erfolgte aktiv eine Benachrichtigung. In knapp zwölf Prozent der Fälle lag eine anderweitige Kenntniserlangung vor, in 6,4 Prozent der Fälle wurde in den Akten ausdrücklich niedergelegt, dass eine Benachrichtigung nicht erfolgen solle; MPI, Überwachung der Telekommunikation, S.276.

72

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

ßig angeordnet. Auch die Benachrichtigungspflichten an die Beteiligten gemäß §101 S t P O wurden laut dieser Studie nur unzureichend erfüllt. 255 Staatliche Stellen wahren somit grundlegende Verfahrens- und organisationsrechtliche Schutzvorkehrungen zugunsten des Betroffenen selbst dann nur unzureichend, wenn es sich - wie bei der Überwachung der Telekommunikation - um besonders gravierende Persönlichkeitseingriffe handelt. Der Vorbehalt richterlicher Anordnung, der gerade eine vorbeugende Kontrolle von Maßnahmen der Exekutivorgane durch eine unabhängige und neutrale Instanz gewährleisten soll, 2 5 6 gerät im tatsächlichen Verfahrensablauf zu einem bloßen Formalismus. 2 5 7 Der Richter empfindet sich nicht als selbständiger Teil einer rechtsstaatlichen Kontrolle, sondern übernimmt nur noch die formelhaften Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft. 258 Das Erfordernis der Benachrichtigung, notwendige Voraussetzung für die Ausübung des Grundrechts auf rechtliches Gehör, wird durch den großzügigen Gebrauch gesetzlicher Ausnahmen oder durch schlichte Nichtbeachtung faktisch außer Kraft gesetzt und somit den Betroffenen jegliche Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der staatlichen Maßnahmen genommen. Ein besonderes Vertrauen in die Gesetzmäßigkeit staatlicher Datenverarbeitung scheint vor diesem Hintergrund kaum angebracht. Damit ist aber auch jede Argumentation hinfällig, die die vermeintliche Verschiebung datenschutzrechtlicher Risiken weg von der staatlichen hin zur privaten Datenverarbeitung zum Anlass für die Forderung nach einem einheitlichen Datenschutzmodell nehmen will. 4. Das Problem des staatlichen Zugriffs auf private

Datenbestände

Die bislang angesprochenen Besonderheiten staatlicher und privater Datenverarbeitung sprechen allesamt gegen ein einheitliches datenschutzrechtliches Regelungsmodell. Während es für den Bereich staatlicher Datenverarbeitung klarer und eng definierter Zulässigkeitstatbestände bedarf, sind die Grenzen privater Datenverarbeitung grundsätzlich offen und flexibel auszugestalten, um dem privatautonomen Interessenausgleich der Beteiligten genügend Raum zu lassen. Problematisch wird ein solcher offener und flexibler Rahmen privater Datenverarbeitung allerdings dann, wenn dieser de facto auch staatlichen Datenverarbeitern zugute kommt, weil diese aufgrund entsprechender Auskunftsrechte ebenfalls auf private Datenbestände Zugriff nehmen können. Die Beispiele für solche staatlichen Zugriffsrechte sind vielfältig. Aktuellstes Beispiel sind die Auskunfts- und Abrufsrechte nach § 9 3 V I I und V I I I und §93 b A O , die durch das „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" 2 5 9 in die Abgabenordnung eingefügt worden sind. Die Vorschriften ermächtigen staatliche Fi255 256 257 258 259

Schmitz, MMR 2003, 69 (70); BT-Drs. 15/1583, S.2. BVerfG, N J W 2001, 1121 (1122). Vgl. Braum, JZ 2004, 128 (131 f.) Hirsch, Fernmeldegeheimnis, S. 15. BGBl. 1 2003, S. 2928.

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

73

n a n z - , A r b e i t s - und S o z i a l b e h ö r d e n , a u t o m a t i s i e r t b e s t i m m t e K o n t o d a t e n zu Z w e c k e n der E r h e b u n g v o n S t e u e r n und S o z i a l v e r s i c h e r u n g s b e i t r ä g e n s o w i e z u r Ü b e r p r ü f u n g der B e r e c h t i g u n g für S o z i a l l e i s t u n g e n a b z u r u f e n . 2 6 0 I n s b e s o n d e r e seit dem 11. S e p t e m b e r b a h n t sich eine „neue staatliche S a m m e l w u t " 2 6 1 ihren W e g u n d führt zu i m m e r neuen Z u g r i f f s w ü n s c h e n des Staates auf private D a t e n b e s t ä n de. Teils trägt der G e s e t z g e b e r diesen W ü n s c h e n d u r c h die N o r m i e r u n g n e u e r D a t e n z u g r i f f s b e f u g n i s s e R e c h n u n g - w i e e t w a im T e r r o r i s m u s b e k ä m p f u n g s g e setz mit den A u s k u n f t s r e c h t e n der N a c h r i c h t e n d i e n s t e g e g e n ü b e r T e l e k o m m u n i k a t i o n s a n b i e t e r n , B a n k e n u n d a n d e r e n privaten I n s t i t u t i o n e n . 2 6 2 Teils b i e t e n a u c h die b e s t e h e n d e n D a t e n e r h e b u n g s b e f u g n i s s e g e n ü g e n d S p i e l r a u m , u m staatliche I n f o r m a t i o n s b e g e h r l i c h k e i t e n u n d Z u g r i f f e auf private D a t e n b e s t ä n d e zu r e c h t fertigen: U n t e r H i n w e i s auf j e d e r z e i t zu e r w a r t e n d e t e r r o r i s t i s c h e A k t i v i t ä t e n , deren U m f a n g u n d A u s w i r k u n g e n „ w e g e n der so gut w i e n i c h t zu b e h e r r s c h e n den, v o n religiösem F a n a t i s m u s a n g e t r i e b e n e n k r i m i n e l l e n E n e r g i e der T ä t e r n i c h t a b z u s c h ä t z e n s i n d " , w i r d eine p e r m a n e n t e G e f a h r e n l a g e a n g e n o m m e n , die im E r g e b n i s ein A u s k u n f t s r e c h t v o n P o l i z e i u n d O r d n u n g s b e h ö r d e n g e g e n ü b e r j e d e r d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle b e g r ü n d e n k a n n . 2 6 3 a) Argument

für einen einheitlichen

datenschutzrechtlichen

Ansatz?

J e w e i t e r staatliche Z u g r i f f s r e c h t e auf private D a t e n b e s t ä n d e gehen u n d je u m f a n g r e i c h e r staatliche Stellen v o n diesen R e c h t e n G e b r a u c h m a c h e n , d e s t o p r o b l e m a t i s c h e r s c h e i n t es, bei der A u s g e s t a l t u n g d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r V o r s c h r i f ten nach staatlichen und privaten D a t e n v e r a r b e i t e r n zu d i f f e r e n z i e r e n u n d b e i d e B e r e i c h e jeweils g e t r e n n t zu b e h a n d e l n . K ö n n e n staatliche Stellen auf private D a t e n b e s t ä n d e z u g r e i f e n , ändert dies auch den B e w e r t u n g s m a ß s t a b für die r e c h t l i c h e A u s g e s t a l t u n g privater D a t e n v e r a r b e i t u n g . M a ß g e b e n d für die B e g r ü n d u n g und B e g r e n z u n g privater D a t e n v e r a r b e i t u n g s b e f u g n i s s e ist n i c h t m e h r nur, w i e die Interessen z w i s c h e n privaten D a t e n v e r a r b e i t e r n und B e t r o f f e n e n g e g e n e i n a n der a b z u w ä g e n sind. V i e l m e h r ist e b e n s o in R e c h n u n g zu stellen, dass eine e n t s p r e c h e n d w e i t e b e z i e h u n g s w e i s e enge G r e n z z i e h u n g m i t t e l b a r a u c h die M ö g l i c h k e i t e n staatlicher D a t e n v e r a r b e i t u n g e r w e i t e r t b e z i e h u n g s w e i s e

begrenzt.

D i e G r e n z e n staatlicher u n d privater D a t e n v e r a r b e i t u n g gehen i n e i n a n d e r auf. 2 6 4

260 Siehe § 93 VII und VIII und § 93 b AO; ein Antrag auf vorläufige Aussetzung dieser Regelungen wurde vom Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 22.3.2005 (NJW 2005,1179) abgelehnt; zur Rechtmäßigkeit der neuen Vorschriften siehe auch Göres, NJW 2005, 253. 261 ULD/vzbv, Pressemitteilung vom 20.1. 2004 („Kundendaten immer weniger unter Kontrolle"). 262 Siehe soeben B III 3 b (Fn. 236). 263 Siehe OVG Koblenz NVwZ 2002, 1529 (zur Auskunftspflicht der Schufa gegenüber Polizeibehörden). 264 Siehe schon Simitis, 135 U. Pa. L. Rev. 707,726 (1987): „The boundaries between the public and private sectors ... are blurred. Personal data, once stored, tend to become a flexible, common base of information."

74

1. Teil: Zweigeteilter

Datenschutz

Sachgerecht wäre ein Gleichlauf staatlicher und privater Datenverarbeitungstatbestände gleichwohl nicht. Oftmals ist ein präventiver Datenverzicht im Bereich privater Datenverarbeitung ohnehin nicht möglich. Die Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunden lässt sich ebenso wenig anonym abwickeln wie die Vertragsbeziehung zwischen den Telekommunikationsunternehmen und ihren Kunden. Die Kenntnis bestimmter bonitätsbezogener Daten ist bei vielen Transaktionen unverzichtbare Voraussetzung, die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im E-Commerce unvermeidbar - die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Stets darf und kann in diesen und ähnlichen Fällen ein Austausch personenbezogener Daten im Verhältnis Privater untereinander nicht allein deshalb Beschränkungen unterworfen werden, um das Risiko einer Nutzung dieser Daten zu staatlichen Zwecken auszuschließen. Das Problem ist nicht, dass im privaten Verkehr diese Daten zur Verfügung stehen und genutzt werden. Das Problem ist vielmehr, dass staatliche Stellen diese Daten zweckentfremdet nutzen, um staatliche Sicherheits- und Strafverfolgungsinteressen zu verfolgen. b) Notwendigkeit einer strikten Begrenzung Datenverarbeitungsbefugnisse

staatlicher

Eben dort, beim staatlichen Zugriff selbst, muss deshalb auch angesetzt werden, um der Gefahr einer zweckentfremdeten Nutzung privater Datenbestände zu begegnen. Nicht die private Datenverarbeitung, sondern der staatliche Datenzugriff ist zu begrenzen. Die zweckentfremdete staatliche Nutzung privater Datenbestände hebt die Unterschiede zwischen staatlicher und privater Datenverarbeitung nicht auf. Sie ist im Gegenteil ein weiterer Beleg für das besondere Gefährdungspotential gerade der staatlichen Datenverarbeitung. Sie ist somit Argument nicht für, sondern gegen die Schaffung eines einheitlichen Datenschutzregimes. Notwendig sind datenschutzrechtliche Regelungen, die die Grenzen staatlicher Datenverarbeitung und damit auch deren Zugriffsrechte auf private Datenbestände klar und eindeutig festlegen. Gerade wegen der grundsätzlichen Unterschiede staatlicher und privater Datenverarbeitung ist die Möglichkeit eines staatlichen Zugriffs auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken. Zu einer Vermengung der Grenzen staatlicher und privater Datenverarbeitungsbefugnisse darf es hingegen nicht kommen - sowohl was die Normierung staatlicher und privater Datenverarbeitungsbefugnisse allgemein angeht als auch was die Nutzung privater Datenbestände durch staatliche Stellen angeht. Nur die eindeutige und strikte rechtliche Trennung beider Bereiche wird den unterschiedlichen Wertungsgesichtspunkten und Rahmenbedingungen gerecht, die für beide Bereiche jeweils gelten. Problematisch ist es daher, wenn die Zulässigkeit staatlicher Datenzugriffe mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen privater Datenverarbeitung verknüpft werden. Nach Auffassung des BVerwG ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Norm, die den staatlichen Datenzugriff im Strafverfolgungs- und Sicherheitsinteresse re-

B. Die Vereinheitlichung

des Datenschutzes

im deutschen

Recht

75

gelt, hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen auf eine Vorschrift aufbaut, die die Verarbeitung kundenbezogener Daten durch ein Privatunternehmen regelt. 265 Im konkreten Fall hat das Gericht entschieden, dass sich die Pflicht der Telekommunikationsdienstleiter zur Führung von Kundendateien im öffentlichen Strafverfolgungs- und Sicherheitsinteresse nach § 9 0 T K G a.F. nur auf die Speicherung und Bereithaltung solcher Daten erstreckt, die die Unternehmen bereits zuvor nach Maßgabe des für die Vertragsabwicklung Erforderlichen in zulässiger Weise erhoben haben. Diese Verknüpfung von Voraussetzungen der privaten und öffentlichen Datenverarbeitung kann in beiden Richtungen nicht überzeugen. Der zulässige Umfang staatlicher Zugriffsrechte im Interesse der Strafverfolgung und inneren Sicherheit darf weder als Unter- noch als Obergrenze vom zulässigen Umfang privater Datenverarbeitung abhängen. Die Frage, welche Daten Telekommunikationsunternehmen im eigenen Geschäftsinteresse zulässigerweise erheben dürfen, hängt von gänzlich anderen Wertungskriterien ab als die Frage, welches Wissen für die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden von berechtigtem Interesse ist. 266

265 Siehe BVerwG, N J W 2004, 1191 (zur Zulässigkeit einer Datenspeicherung bei PrepaidHandykarten). 2 6 6 Der Gesetzgeber hat inzwischen reagiert und bei der Novellierung des T K G eine Datenspeicherungspflicht der Telekommunikationsunternehmen ausdrücklich auch für den Fall normiert, dass eine Speicherung dieser Daten für betriebliche Zwecke nicht erforderlich ist; siehe §11111 TKG.

C. Ergebnisse des ersten Teils Die grundsätzlichen Unterschiede zwischen staatlicher und privater Datenverarbeitung und das besondere Gefährdungspotential staatlicher Datenverarbeitung sprechen dafür, auch in Zukunft einen zweigeteilten Datenschutzansatz zu wählen. Die zunehmende Bedeutung privater Datenverarbeitung darf nicht dazu führen, dass die Bedrohung informationeller Selbstbestimmung durch staatliche Überwachung und Kontrolle in den Hintergrund tritt. Die fehlende Wertfreiheit staatlicher Datenverarbeitung, ihre Eingriffsintensität und Rechtmäßigkeitsdefizite begründen ein besonderes Droh- und Hemmpotential, das über das der privaten Datenverarbeitung erheblich hinausgehen kann. Eine gesetzliche Trennung nach staatlicher und privater Datenverarbeitung trägt zu Rechtsklarheit und Transparenz in der Datenschutzgesetzgebung bei und damit auch dazu, dass sowohl die Begründung staatlicher Datenverarbeitungsbefugnisse durch den G e setzgeber als auch deren konkrete Durchführung durch die Behörden einer effektiveren (Eigen- und Fremd-)Kontrolle unterliegen. Transparenz und Kontrolle sind umso wichtiger, da staatliche Stellen mehr und mehr auch auf private Datenbestände zugreifen, um ihren Informationsbedürfnissen nachzukommen. Für ein eigenständiges privatrechtliches Datenschutzrecht sprechen darüber hinaus auch die Grundrechte der privaten Datenverarbeiter und der Grundsatz der Privatautonomie. Dabei geht es nicht nur um die Privatautonomie auf Seiten der Datenverarbeiter, sondern auch um die Freiheit des einzelnen von der Datenverarbeitung Betroffenen, der eigenverantwortlich und ohne staatliche Bevormundung über das O b und Wie einer Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten entscheiden möchte. Die Idee der Selbstverantwortung ist in Form der datenschutzrechtlichen Einwilligung seit jeher Bestandteil jedes datenschutzrechtlichen Regelungsmodells. Sie ist der Definition von informationeller Selbstbestimmung immanent und schon deshalb unverzichtbar, weil kein datenschutzrechtlicher Ansatz realistischerweise für sich in Anspruch nehmen kann, auf alle denkbaren Datenschutzkonflikte ex ante eine eindeutige gesetzliche Lösung zur Verfügung zu stellen. Was die Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit angeht, mag diesen im deutschen Recht nicht der gleiche Stellenwert zukommen wie der Redefreiheit des First Amendment im amerikanischen Recht. Gleichwohl handelt es sich hier wie dort um von der Verfassung verbürgte Rechte der Datenverarbeiter, die bei der Regulierung der Datenverarbeitung adäquat berücksichtigt werden müssen. Wie gewichtig diese Rechte im Verhältnis zum in-

C. Ergebnisse des ersten Teils

71

f o r m a t i o n e i l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t des v o n der D a t e n v e r a r b e i t u n g B e t r o f f e nen sind, o b sie gleichrangig sind o d e r g e g e n ü b e r l e t z t e r e m z u r ü c k t r e t e n m ü s s e n , ist dabei u n e r h e b l i c h . E n t s c h e i d e n d ist allein die s t r u k t u r e l l u n t e r s c h i e d l i c h e K o n s t e l l a t i o n : W ä h r e n d im Falle staatlicher D a t e n v e r a r b e i t u n g n u r der e i n z e l n e B ü r g e r als G r u n d r e c h t s t r ä g e r b e t r o f f e n ist, geht es im F a l l e privater D a t e n v e r a r beitung u m z w e i G r u n d r e c h t s t r ä g e r , deren R e c h t e m i t e i n a n d e r in E i n k l a n g gebracht werden müssen. M i t der E n t s c h e i d u n g f ü r einen zweigeteilten D a t e n s c h u t z ist k e i n e E n t s c h e i dung im S i n n e eines h ö h e r e n o d e r niedrigeren D a t e n s c h u t z n i v e a u s im B e r e i c h privater D a t e n v e r a r b e i t u n g v e r b u n d e n . O h n e h i n gibt es k e i n e n a b s o l u t gültigen M a ß s t a b , a n h a n d dessen das D a t e n s c h u t z n i v e a u im B e r e i c h staatlicher und privater D a t e n v e r a r b e i t u n g zu b e m e s s e n w ä r e . D a s G r u n d r e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g bildet w e d e r in seiner F u n k t i o n als A b w e h r r e c h t n o c h in seiner F u n k t i o n als S c h u t z g e b o t eine feste G r ö ß e , seine R e i c h w e i t e hängt v i e l m e h r stets v o n den k o n k r e t e n U m s t ä n d e n des E i n z e l f a l l s ab. E n t s p r e c h e n d liefert das G r u n d r e c h t a u c h k e i n e V o r g a b e für ein allgemein gültiges M i n d e s t n i v e a u an D a t e n s c h u t z im B e r e i c h staatlicher o d e r privater D a t e n v e r a r b e i t u n g . S o w e i t eine G l e i c h w e r t i g k e i t des D a t e n s c h u t z e s im B e r e i c h staatlicher u n d privater D a t e n verarbeitung g e f o r d e r t wird, k a n n eine s o l c h e G l e i c h w e r t i g k e i t stets n u r in der F o r m a n g e s t r e b t w e r d e n , dass ein der j e w e i l i g e n S i t u a t i o n a n g e m e s s e n e s D a t e n s c h u t z n i v e a u gewährleistet ist, w e l c h e s sich an den b e t r o f f e n e n I n t e r e s s e n aller B e t e i l i g t e n o r i e n t i e r t u n d diese in einen g e r e c h t e n A u s g l e i c h b r i n g t .

Zweiter

Teil

Datenschutzrecht als Privatrecht - die Maxime eines privatautonomen Datenschutzes G i n g es im ersten Teil der Arbeit um die grundsätzliche Rechtfertigung eines eigenständigen datenschutzrechtlichen Regelungsregimes für den Bereich privater Datenverarbeitung, ist im zweiten Teil auf die Grundlage eines solchen privatrechtlichen Datenschutzregimes einzugehen: die M a x i m e einer privatautonomen Entscheidung über das O b und W i e der Datenverarbeitung. D i e M a x i m e einer privatautonomen G r e n z z i e h u n g zwischen zulässiger und unzulässiger Datenverarbeitung rechtfertigt sich daraus, dass ein abstrakter Vorrang von D a t e n s c h u t z einerseits oder Informationsfreiheit andererseits nicht in Betracht k o m m t . G e r a de weil der K o n f l i k t zwischen D a t e n s c h u t z und Informationsfreiheit so umstritten und nicht abstrakt auflösbar ist, muss ein Regelungsrahmen geschaffen werden, der den Beteiligten selbst einen interessengerechten Ausgleich unabhängig von rechtlichen Vorgaben erlaubt. Datenschutzrechtliche Defizite, die mit einem solchen privatautonomen Interessenausgleich einhergehen und ihre Grundlage in erster Linie in einem bestehenden M a c h t - und Informationsungleichgewicht zwischen den Beteiligten haben, sind nicht durch A u f h e b u n g privatautonomer E n t scheidungsfindung, sondern durch deren verfahrensrechtliche Absicherung zu beheben. Anstatt den Einzelnen durch eine K o m b i n a t i o n von überregulierenden Detailvorschriften und dehnbaren Generalklauseln de facto rechtlos zu stellen, sollte der datenschutzrechtliche F o k u s darauf ausgerichtet sein, ein effektives Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu schaffen und durch eine entsprechende datenschutzrechtliche

Infrastruktur

abzusichern. Aktuell

bestehende

daten-

schutzrechtliche Defizite wie etwa im Bereich des C r e d i t R e p o r t i n g , im Versicherungs- oder Marketingbereich kann damit ebenso begegnet werden wie neuen datenschutzrechtlichen Herausforderungen, die in Z u k u n f t v o r allem mit der zunehmenden Miniaturisierung und U b i q u i t ä t der Datenverarbeitung einhergehen werden.

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit R e g e l u n g e n ü b e r die Z u l ä s s i g k e i t o d e r U n z u l ä s s i g k e i t einer V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n sind d e m G r u n d e n a c h eine E n t s c h e i d u n g z w i s c h e n D a t e n s c h u t z u n d I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t . S o l l im I n t e r e s s e eines m ö g l i c h s t u m f a s s e n d e n D a t e n s c h u t z e s die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n g r u n d s ä t z l i c h v e r b o ten u n d n u r bei V o r l i e g e n b e s t i m m t e r V o r a u s s e t z u n g e n zulässig sein ? O d e r sollen im I n t e r e s s e eines freien I n f o r m a t i o n s f l u s s e s p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n g r u n d sätzlich d e m Z u g r i f f D r i t t e r u n d der A l l g e m e i n h e i t o f f e n s t e h e n ? W a s soll die „urs p r ü n g l i c h e F r e i h e i t " 1 sein: der S c h u t z des E i n z e l n e n v o r e i n e m Z u g r i f f a n d e r e r auf „ s e i n e " p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n o d e r u m g e k e h r t die F r e i h e i t a n d e r e r z u r I n f o r m a t i o n ü b e r ihre M i t m e n s c h e n ? U n d w a s soll e n t s p r e c h e n d der A u s g a n g s p u n k t einer I n f o r m a t i o n s - u n d D a t e n s c h u t z o r d n u n g sein: das V e r b o t der D a t e n v e r a r b e i t u n g o d e r deren F r e i h e i t ?

I. Die Entscheidung für einen bestimmten Ausgangspunkt 1. Regel

und

Ausnahme

F ü r m a n c h e B e r e i c h e der D a t e n v e r a r b e i t u n g lässt sich eine I n t e r e s s e n a b w ä g u n g z w i s c h e n D a t e n s c h u t z und I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t relativ einfach und o h n e w e i t e r e D i f f e r e n z i e r u n g t r e f f e n . S o sind e t w a nach dem B u n d e s d a t e n s c h u t z g e s e t z v o n v o r n h e r e i n all s o l c h e D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e v o m A n w e n d u n g s b e r e i c h ausg e s c h l o s s e n , die ausschließlich f ü r p e r s ö n l i c h e o d e r familiäre T ä t i g k e i t e n e r f o l gen. 2 D e r G r u n d s a t z des D a t e n v e r a r b e i t u n g s v e r b o t s gilt i n s o w e i t nicht - und z w a r u n a b h ä n g i g d a v o n , w i e s e h r die B e l a n g e des v o n der D a t e n v e r a r b e i t u n g B e t r o f f e nen d a d u r c h u n t e r U m s t ä n d e n b e r ü h r t w e r d e n . 3 G a n z ü b e r w i e g e n d kann j e d o c h eine E n t s c h e i d u n g z u g u n s t e n der einen o d e r a n d e r e n Seite w e d e r eindeutig n o c h Krause, JuS 1984, 268 (270). Siehe § 1 II Nr. 3 BDSG (in Anschluss an Art. 3 II 2. Spiegelstrich der EU-Datenschutzrichtlinie). 3 Vergleiche Dammann in Simitis, BDSG, § 1 Rdn. 148. Allerdings spricht Dammann davon, dass in dieser Situation der Datenverarbeiter „ebenso schutzbedürftig" ist wie der Betroffene selbst, stuft also offensichtlich die Interessen beider Seiten als gleichgewichtig ein. Mit dieser Einstufung lässt sich jedoch nur schwer die völlige Freigabe der Datenverarbeitung durch den Gesetzgeber in Einklang bringen, die sich allein zugunsten des Datenverarbeiters auswirkt. 1

2

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz

und Informationsfreiheit

81

absolut getroffen werden. E s ist vielmehr stets notwendig, durch die N o r m i e r u n g von A u s n a h m e n zum datenschutzrechtlichen Ausgangspunkt auch R a u m für die jeweils entgegenstehenden Interessen zu lassen. Entsprechend gilt das grundsätzliche V e r b o t der Datenverarbeitung nach deutschem R e c h t zwar - abgesehen von der gerade erwähnten A u s n a h m e - für sämtliche Bereiche der Datenverarbeitung. Gleichzeitig sind jedoch A u s n a h m e n normiert, die aufgrund ihrer allgemein gehaltenen Formulierungen die Weite des informationellen Selbstbestimmungsrechts auch wieder einschränken. Gleiches gilt - spiegelbildlich - für das amerikanische R e c h t , welches die Freiheit der Datenverarbeitung zum Ausgangspunkt hat. A u c h hier setzt sich die Freiheit der Datenverarbeitung nicht ausnahmslos durch, s o n dern wird durch bereichsspezifische Datenschutzgesetze im Interesse der informationellen Selbstbestimmung des Einzelnen wieder zurückgedrängt. J e weiter die A u s n a h m e n v o m jeweiligen Ausgangspunkt eines datenschutzrechtlichen Regelwerks gefasst sind, desto weniger praktische Bedeutung k o m m t diesem Ausgangspunkt im Ergebnis zu. A u c h ein umfassendes Datenverarbeitungsverbot, wie es das deutsche R e c h t normiert, führt in der Praxis nicht zwangsläufig zu einer restriktiven Datenverarbeitung, w e n n Erlaubnistatbestände wie die Aufgabenerfüllung (im K o n t e x t staatlicher Datenverarbeitung) oder allgemeine Interessenabwägungsklauseln (im K o n t e x t privater Datenverarbeitung) großzügig ausgelegt werden und damit im E r g e b n i s dazu führen, dass der S c h u t z p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n weitgehend leer läuft. D e r Erlaubnistatbestand der Einwilligung ist ein zusätzliches potentielles Einfallstor für die Interessen der Datenverarbeiter, wenn diese mittels individueller Vereinbarung ihre Datenverarbeitungsinteressen gegen das G r u n d p r i n z i p eines

Datenverarbeitungsverbots

durchzusetzen versuchen. G l e i c h w o h l verliert die Entscheidung zugunsten des einen oder anderen datenschutzrechtlichen Ausgangspunkts niemals ganz ihre praktische Bedeutung: zum einen deshalb, weil ein bestimmter Ausgangspunkt auch die F u n k t i o n eines leitenden Ordnungsprinzips einnehmen kann, welches die datenschutzrechtliche Diskussion und Interessenabwägung insgesamt beeinflusst; z u m anderen deshalb, weil von der Entscheidung für einen bestimmten Ausgangspunkt abhängt, welche Seite - der B e t r o f f e n e oder der Datenverarbeiter - im R a h m e n eines privatautonomen Interessenausgleichs die zunächst privilegierte Seite ist, weil ihr das R e c h t an den D a t e n zumindest anfangs zusteht.

2. Der Ausgangspunkt im deutschen Datenschutzrecht: Verbot einer Datenverarbeitung

das

grundsätzliche

Einfachgesetzlich ist der Ausgangspunkt eines grundsätzlichen Datenverarbeitungsverbots im deutschen D a t e n s c h u t z r e c h t schon seit dem B D S G 1977 festgeschrieben, dessen § 3 eine Datenverarbeitung nur dann gestattete, wenn sie durch R e c h t s v o r s c h r i f t erlaubt war oder der B e t r o f f e n e in sie eingewilligt hatte. 4 Seine 4

Nunmehr §4 I BDSG; ebenso §3 I TDDSG, § 17 I MDStV; siehe dazu Simitis, NJW 1977,

82

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

das gesamte Informations- und Datenschutzrecht prägende Kraft hat dieser Ausgangspunkt jedoch vor allem durch das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts erhalten. 5 Mit der verfassungsgerichtlichen Anerkennung eines informationellen Selbstbestimmungsrechts ist das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Datenverarbeitungsverbot und Datenverarbeitungsfreiheit auch verfassungsrechtlich untermauert worden. 6 Der Schutz des Betroffenen vor Datenverarbeitung ist durch das Volkszählungsurteil und dessen rechtswissenschaftliche Interpretation auf eine breite Basis gestellt worden, während die Rechte der Datenverarbeiter und die Belange der Informationsfreiheit weiter in den Hintergrund getreten sind. 7 Wobei jedoch die Schlussfolgerung, dass die informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen die Regel und der Eingriff in diese Selbstbestimmung die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme ist, aus dem Volkszählungsurteil selbst nur für den Bereich staatlicher Datenverarbeitung gezogen werden kann. Was hingegen den Bereich der privaten Datenverarbeitung angeht, ist die dem Urteil zugeschriebene Bedeutung weniger auf die Äußerungen des Gerichts als eher auf die selektive Wahrnehmung dieser Äußerungen in der datenschutzrechtlichen Diskussion zurückzuführen. Es sind wohl vor allem die grundsätzlichen, programmatischen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts und der Umstand, dass das Gericht mit seinem Urteil die „Zeichen der Zeit" erkannt hatte, 8 die dazu geführt haben, dass das Volkszählungsurteil über seinen eigentlichen Beschwerdegegenstand hinaus auch die datenschutzrechtliche Diskussion um die Grenzen privater Datenverarbeitung so maßgeblich beeinflusst hat. Gleichwohl ist dies nur schwer mit denjenigen Passagen des Urteils zu vereinbaren, aus denen deutlich hervorgeht, dass sich die grundsätzlichen Ausführungen zum Datenschutzrecht nur auf den Bereich staatlicher Datenverarbeitung beziehen. 9 Ebenso wenig gibt auch die nachfolgende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Anlass dazu, das im Volkszählungsurteil bekräftigte Regel-Ausnahme-Verhältnis von Datenverarbeitungsverbot und Datenverarbeitungsfrei729 (731) („Spätestens seit dem Bundesdatenschutzgesetz [ist] die Rangordnung ... eindeutig definiert, an der Spitze steht der Respekt vor der Person des Einzelnen."). 5 Sokol in Simitis, B D S G , §4 Rdn. 2. 6 In diesem Sinne Donos, Datenschutz, S. 70: „Damit ist die ,Beweislast' umgekehrt: Nicht die Weigerung des Einzelnen, eine Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten hinzunehmen, bedarf einer Begründung, sondern jede Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, also jede Verarbeitung solcher Daten ist besonders zu rechtfertigen. Nicht die Verarbeitungsfreiheit ist die Regel und der Schutz die Ausnahme, sondern umgekehrt." 7 Geis, C R 1995,171 (172); siehe insbesondere auch Gallwas, N J W 1992,2785 (2787): „Wechselt man ... zum Schutz des Wissbegierigen ... so ist zunächst festzustellen, dass es bei der eher schmalen Ausgangssituation geblieben ist. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht hat sich auf der informationsrechtlichen Schiene nicht weiterentwickelt. Vielmehr hat es, eben durch die Entfaltung des verfassungsrechtlichen und des nachrangigen Datenschutzes, an Boden verloren." 8 Abel in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.7 Rdn. 39. 9 Siehe dazu schon oben Teil 1 (B II 1 b).

A. Der Konflikt

zwischen Datenschutz

und

Informationsfreiheit

83

heit auf den Bereich privater Datenverarbeitung auszudehnen. Zwar hat das Gericht in einer seiner nachfolgenden Entscheidungen zum informationellen Selbstbestimmungsrecht ausgeführt, dass dieses Recht als objektive Norm seinen Rechtsgehalt auch im Privatrecht entfalte. 10 Auch durch eine privatrechtlich begründete Offenbarungspflicht könne der Betroffene in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt werden. Dieses Recht müsse daher im Rahmen der zivilrechtlichen Beurteilung - bei einer Abwägung mit kollidierenden Rechten Dritter entsprechend Berücksichtigung finden. Jedoch kann diese Forderung des Gerichts nach einer Berücksichtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts nicht so weitgehend verstanden werden, dass damit eine vorbehaltlose Übernahme sämtlicher datenschutzrechtlicher Grundsätze des Volkszählungsurteils verbunden sein soll. Dass Gesetzgebung und Rechtsprechung auch bei der Ausgestaltung privatrechtlicher Verhältnisse den Schutz der informationellen Selbstbestimmung des Einzelnen im Auge haben müssen, ist keine Besonderheit dieses Grundrechts, sondern folgt ganz allgemein aus der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht. Eine undifferenzierte Ausdehnung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von Datenverarbeitungsverbot und Datenverarbeitungsfreiheit auch auf den Bereich privater Datenverarbeitung ist damit nicht verbunden. 3. Der entgegengesetzte Ausgangspunkt: das Prinzip der Informationsfreiheit Letztlich hängt die Berechtigung eines prinzipiellen Datenverarbeitungsverbots im Bereich privater Datenverarbeitung jedoch nicht allein davon ab, ob dieses durch das Volkszählungsurteil vorgegeben ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob diesem Ausgangspunkt zu Recht der Vorrang gegenüber dem Ausgangspunkt einer prinzipiellen Informationsfreiheit eingeräumt worden ist. Nach amerikanischen Maßstäben ist dies zu verneinen. In den U S A gilt nicht die informationelle Selbstbestimmung, sondern die Redefreiheit (einschließlich Informationsfreiheit) als unabdingbare Voraussetzung einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft. Informationsrechtlicher Ausgangspunkt ist demgemäß nicht ein prinzipielles Verbot der Datenverarbeitung, sondern deren Freiheit. Nicht die Informationsfreiheit ist rechtfertigungsbedürftig, sondern die gesetzlichen Beschränkungen der Datenverarbeitung, die sich an der verfassungsrechtlichen Vorgabe des First Amendment messen lassen müssen. Die viel zitierte Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit des Einzelnen wird aus amerikanischer Sicht nicht dadurch gefährdet, dass andere etwas über mich wissen, sondern dadurch, dass ich nicht über andere wissen darf, was ich wissen will, oder nicht mehr sagen darf, was ich über andere weiß. Es ist das (abschreckende) Bild von einem informationellen Selbstbestimmungsrecht, mittels dessen die Kommunikation

10

Siehe BVerfGE 84, 192 (194f.) - E n t m ü n d i g u n g .

2. Teil: Datenschutzrecht

84

als

Privatrecht

Dritter kontrolliert und diese davon abgehalten werden, über andere zu sprechen, 11 das die amerikanische Datenschutzdiskussion prägt. Teils findet sich ein ähnlich offensives und streitbares Demokratie- und Gesellschaftsverständnis auch in der deutschen datenschutzrechtlichen Diskussion. Auch hier gibt es Stimmen, die sich im Interesse der Kommunikations- und Informationsfreiheit für ein Datenschutzmodell einsetzen, das die Freiheit der Datenverarbeitung zum Ausgangspunkt hat, und die umgekehrt dem prinzipiellen Verbot der Datenverarbeitung im privatrechtlichen Bereich kritisch gegenüberstehen. 12 Auffällig an der deutschen Diskussion ist, dass sich die Terminologie der Vertreter beider Seiten oftmals gleicht und die Gefahren eines grundsätzlichen Datenverarbeitungsverbots mit ähnlich eindrücklichen Worten beschworen werden wie die Gefahren einer prinzipiellen Datenverarbeitungsfreiheit. Wenn etwa Zöllner die Freiheit der Datenverarbeitung zum unverzichtbaren Bestandteil einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft erhebt, 13 kommt dadurch dem freien Informationsfluss eben derselbe Stellenwert zu wie der informationellen Selbstbestimmung des Einzelnen bei Simitis, wenn dieser das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Grundbedingung einer demokratischen Gesellschaft bewertet. 14 Beängstigend klingen die Drohkulissen beider Seiten: Niemand will die Rechts- und Gesellschaftsordnung, vor der Zöllner warnt, in der „die Heuchelei und das Sich-bedeckt-Halten" die Regel ist.15 Und niemand will ein informationelles Selbstbestimmungsrecht in der von Krause geschilderten Form, welches „die soziale Interaktion zur einseitigen Beziehung verkümmern" lässt und „die anderen beteiligten Menschen zum Objekt, zur Folie der Selbstdarstellung" erniedrigt.16 Niemand will andererseits aber auch die „Gefährdung demokratischer Strukturen", vor der Simitis warnt, weil der einzelne Bürger mangels informationeller Selbstbestimmung Gefahr läuft, sich in ein „mehr und mehr manipulierbares Informationsobjekt zu verwandeln" und zum bloßen „Adressaten .optimierter' Verhaltenserwartungen" 7,u werden. 17 Wenn aber tatsächlich, obwohl die Positionen diametral entgegengesetzt sind, die befürchteten und unerwünschten Konsequenzen von zu viel Datenschutz bzw. zu viel Informationsfreiheit die gleichen sind, wenn jeweils das freiheitlich11 Volokh, 52 Stan. L. Rev. 1049f. (2000) („my right to control your communication"; „a right to stop people from talking about you"); siehe zum Ganzen oben Teil 1 (A III 3). 12 Siehe etwa Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 129 Rdn. 91: „Ausgangspunkt aller Erwägungen im privaten Recht hat... die Freiheit der Datenverarbeitung und nicht ihre Beschränkung zu sein". Siehe auch Zöllner, R D V 1985, 3 (15): Zumindest für den „traditionellen Informationsverkehr" müsse es dabei bleiben, „dass, was wahr ist, gesagt werden darf und dass deshalb ein Verbot der Weitergabe richtiger Informationen die Ausnahme zu bleiben hat und nicht umgekehrt." 13 14 15 16 17

Zöllner, R D V 1985, 3 (11). Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 38. Zöllner, R D V 1985, 3 (15). Krause, D B 1983 Beil. Nr. 23, 4. Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 36ff.

A. Der Konflikt ziviseben Datenschutz

und Informationsfreiheit

85

d e m o k r a t i s c h e G e m e i n w e s e n auf d e m Spiel steht und jeweils die G e f a h r b e s t e h t , dass eine Seite z u m b l o ß e n ( I n f o r m a t i o n s - b e z i e h u n g s w e i s e S e l b s t d a r s t e l l u n g s - ) O b j e k t degradiert w i r d , drängt sich die F r a g e auf, o b u n d wie ü b e r h a u p t der einen o d e r a n d e r e n Seite der V o r z u g gegeben w e r d e n soll o d e r k a n n .

II. D i e Unauflösbarkeit des Konflikts D i e E n t s c h e i d u n g z w i s c h e n D a t e n s c h u t z u n d I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t verliert dad u r c h viel v o n ihrer B r i s a n z , dass sie, w a s die G e s t a l t u n g eines d a t e n s c h u t z r e c h t lichen R e g e l u n g s m o d e l l s im G a n z e n angeht, n i c h t im S i n n e eines E n t w e d e r - O d e r g e t r o f f e n w e r d e n m u s s . Egal w e l c h e s G r u n d p r i n z i p - D a t e n s c h u t z o d e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t - gewählt w i r d , k a n n diese W a h l d u r c h die N o r m i e r u n g v o n A u s n a h m e b e s t i m m u n g e n und die M ö g l i c h k e i t einer a b w e i c h e n d e n p r i v a t a u t o n o m e n V e r e i n b a r u n g w i e d e r relativiert w e r d e n . 1 8 G l e i c h w o h l b l e i b t die F r a g e , w e l c h e r Seite - z u m i n d e s t im A u s g a n g s p u n k t - der V o r z u g g e g e b e n w e r d e n soll: W e l c h e Seite ist grundsätzlich im R e c h t u n d w e l c h e Seite muss u m g e k e h r t eine A b w e i c h u n g v o m G r u n d p r i n z i p r e c h t f e r t i g e n ? W e r w i r d z u n ä c h s t privilegiert und w e r muss u m g e k e h r t die L a s t tragen, die a n d e r e Seite a u f z u s u c h e n und d u r c h das A n g e b o t einer G e g e n l e i s t u n g zu einer a b w e i c h e n d e n I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g zu b e w e g e n ? A u f der G r u n d l a g e der b e k a n n t e n einschlägigen A r g u m e n t e lassen sich diese F r a g e n n u r s c h w e r e n t s c h e i d e n - e b e n weil sich, w i e gerade e b e n s c h o n b e i spielhaft a n g e s p r o c h e n , s ä m t l i c h e A r g u m e n t e m i t d e m s e l b e n N a c h d r u c k s o w o h l für die eine als auch für die a n d e r e Seite v e r w e n d e n lassen. D e r k u r s o r i s c h e U b e r b l i c k ü b e r die A r g u m e n t e , die in der D i s k u s s i o n u m das F ü r und W i d e r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r R e g e l u n g e n eine R o l l e spielen, zeigt deren A m b i v a l e n z : Stets k ö n n e n und w e r d e n die gleichen A r g u m e n t e s o w o h l für als auch gegen D a t e n s c h u t z b e z i e h u n g s w e i s e I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t a n g e f ü h r t . Individuelle R e c h t s p o s i t i o n e n w i e W ü r d e u n d P e r s ö n l i c h k e i t o d e r F r e i h e i t und K o m m u n i k a t i o n k ö n n e n d u r c h zu viel I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t e b e n s o b e e i n t r ä c h t i g t w e r d e n w i e d u r c h zu viel D a t e n s c h u t z . G e s e l l s c h a f t l i c h e A l l g e m e i n b e l a n g e wie die K o m m u n i k a t i o n s f ä h i g k e i t und G e m e i n s c h a f t s g e b u n d e n h e i t des E i n z e l n e n k ö n n e n als A r g u m e n t f ü r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e P r ä f e r e n z e n e b e n s o h e r a n g e z o g e n w e r d e n w i e als A r g u m e n t für eine prinzipielle I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t .

1. Individuelle a)

Würde

und

Rechtspositionen Persönlichkeit

I n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g hat ihre W u r z e l n zuallererst in der W ü r d e u n d P e r s ö n l i c h k e i t des E i n z e l n e n . Sie ist K o n k r e t i s i e r u n g des in A r t . 2 I i . V . m . A r t . 1 I G G gewährleisteten allgemeinen P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s u n d V o r a u s s e t 18

Siehe soeben

All.

86

2. Teil: Datenschutzrecht

ais

Privatrecht

zung dafür, dass der Einzelne auch unter den heutigen und künftigen Bedingungen automatischer Datenverarbeitung seine Persönlichkeit frei entfalten kann. 1 9 J e weiter die Verarbeitung personenbezogener Daten geht, desto mehr ist auch der Kern der Persönlichkeit des Einzelnen und dessen Würde betroffen. Eine zwangsweise Registrierung und Katalogisierung der ganzen Persönlichkeit eines Menschen wäre mit dessen Würde unvereinbar, er darf nicht zum bloßen Informationsobjekt werden. 2 0 D e m Einzelnen muss um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit willen ein „Innenraum" 2 1 verbleiben, der der Einsichtnahme Dritter und deren Informationszugriff entzogen ist. Andererseits hat niemand einen Anspruch darauf, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie er sich selbst gerne sieht oder gesehen werden möchte. 2 2 Es geht nicht allein um die Würde und Persönlichkeit desjenigen, über den Informationen eingeholt oder verbreitet werden sollen, sondern auch um dessen Kommunikations- und Interaktionspartner. Wenn informationelle Selbstbestimmung dazu führt, dass an die Stelle sozialer Interaktion die einseitige Selbstdarstellung tritt und andere Kommunikationspartner zum bloßen O b j e k t dieser Selbstdarstellung werden, so kann auch darin ein Verstoß gegen die Menschenwürde gesehen werden - eben zulasten dieser Kommunikationspartner. 2 3 Das Bundesverfassungsgericht zählt es zu den „elementaren Bedürfnissen des Menschen", dass dieser sich aus möglichst vielen Quellen unterrichtet, das eigene Wissen erweitert und sich so als Persönlichkeit entfaltet. 24 Das Recht, seine Meinung frei zu äußern, gilt als „unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit", als „eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt". 2 5 Der Schutz der Persönlichkeit des Einzelnen ist damit nicht nur Grundlage für die Forderung nach Datenschutz, sondern auch für die Forderung nach Informationsfreiheit. Auch das Interesse des Einzelnen am Zugang zu Informationen (einschließlich Informationen über Mitmenschen) hat seinen eigenen Bezug zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht. 26

BVerfGE 65, 1 (41 ff.) - Volkszählung. BVerfGE 27, 1 (6) - Mikrozensus; BVerfGE 65, 1 (52f.) - Volkszählung. 21 BVerfGE 27, 1 (6) - Mikrozensus. 22 So ausdrücklich BVerfGE 101, 361 (380) - Caroline von Monaco: „Wie das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach betont hat, gibt das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Einzelnen nicht den Anspruch, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder gesehen werden möchte ... Ein derart weiter Schutz würde nicht nur das Schutzziel, Gefährdungen der Persönlichkeitsentfaltung zu vermeiden, übersteigen, sondern auch weit in die Freiheitssphäre Dritter hineinreichen." 23 In diesem Sinne Krause, D B 1983 Beil. Nr. 23, 4. Krause verweist auch auf die Würde des Betroffenen selbst: „Ein Grundrecht des steten Neubeginns kann der Mensch als gesellschaftlich-geschichtliches Wesen nicht in Anspruch nehmen, seine Würde besteht auch darin, nach seiner Vergangenheit beurteilt zu werden" (a.a.O.) 2 4 BVerfGE 27, 71 (81). 25 BVerfGE 7, 198 (208) - Lüth. 26 Gallwas, N J W 1992, 2785 (2786). Siehe auch Bull, Vom Datenschutz zum Informations19

20

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz

b) Freiheit und

und Informationsfreiheit

87

Privatautonomie

F r e i h e i t s r e c h t e k ö n n e n a u c h allein d u r c h d r o h e n d e B e o b a c h t u n g u n d R e g i s t r i e rung g e l ä h m t w e r d e n : „ W e r d e n A n s c h e i n e r w e c k t , er w e r d e es sich m e r k e n , w i e der andere seine F r e i h e i t a u s ü b t , w e r es u n t e r n i m m t , den a n d e r e n in s e i n e m T u n zu registrieren, s c h ü c h t e r t ihn ein u n d v e r k ü r z t d a m i t seine F r e i h e i t , w e n n er die M a c h t b e s i t z t , K o n s e q u e n z e n zu z i e h e n . " 2 7 D i e p o t e n t i e l l f r e i h e i t s h e m m e n d e W i r k u n g der V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n ist eines der zentralen A r g u m e n t e des B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t s

im V o l k s z ä h l u n g s u r t e i l . D i e

Gefahr,

dass der E i n z e l n e aus A n g s t v o r R e g i s t r i e r u n g u n d nachteiligen K o n s e q u e n z e n auf die A u s ü b u n g seiner G r u n d r e c h t e v e r z i c h t e t , m a c h t es n o t w e n d i g , dass der E i n z e l n e g r u n d s ä t z l i c h selbst ü b e r die P r e i s g a b e u n d V e r w e n d u n g seiner p e r s ö n lichen D a t e n b e s t i m m e n k a n n . 2 8 I n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g w i r d z u r n o t w e n d i g e n V o r b e d i n g u n g t a t s ä c h l i c h e r F r e i h e i t , i m Verhältnis z u m Staat w i e i m Verhältnis zu Privaten. W i r k l i c h p r i v a t a u t o n o m k a n n der E i n z e l n e n u r d a n n h a n deln, w e n n die „ M i n d e s t b e d i n g u n g e n einer K o m m u n i k a t i o n s f ä h i g k e i t "

erfüllt

sind, 2 9 w e n n es n i c h t zu e i n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g k o m m t , die individuelle B e t ä t i g u n g s m ö g l i c h k e i t e n b e s c h r ä n k t u n d soziale A b s t e m p e l u n g o d e r A u s g r e n z u n g begünstigt.30 A n d e r e r s e i t s wird a b e r F r e i h e i t n i c h t n u r d u r c h p o t e n t i e l l e B e o b a c h t u n g o d e r R e g i s t r i e r u n g g e h e m m t , s o n d e r n g l e i c h e r m a ß e n a u c h d a d u r c h , dass d e m E i n z e l nen I n f o r m a t i o n e n v o r e n t h a l t e n w e r d e n , auf die er z u r A u s ü b u n g seiner F r e i h e i ten a n g e w i e s e n ist. A u c h eine v e r o r d n e t e U n w i s s e n h e i t k a n n l ä h m e n d w i r k e n . 3 1 D i e p r i v a t a u t o n o m e G e s t a l t u n g v o n R e c h t s b e z i e h u n g e n s e t z t die K e n n t n i s der R a h m e n b e d i n g u n g e n u n d das W i s s e n ü b e r p o t e n t i e l l e V e r t r a g s p a r t n e r voraus. P r i v a t a u t o n o m i e u n d U n w i s s e n h e i t lassen sich n u r s c h w e r m i t e i n a n d e r in E i n klang b r i n g e n . 3 2 P r i v a t a u t o n o m i e baut v i e l m e h r m a ß g e b l i c h gerade auf der K e n n t n i s m ö g l i c h e r C h a n c e n u n d R i s i k e n auf. E i n e selektive A u s w a h l der V e r t r a g s p a r t n e r u n d eine d i f f e r e n z i e r t e A u s g e s t a l t u n g v o n V e r t r a g s b e d i n g u n g e n j e nach P e r s o n b e g r ü n d e t f ü r sich g e n o m m e n w e d e r D i s k r i m i n i e r u n g n o c h M a c h t m i s s b r a u c h , s o n d e r n ist g e n u i n e r A u s d r u c k s e l b s t v e r a n t w o r t l i c h e r F r e i h e i t . E r s t w e n n a u f g r u n d w i r t s c h a f t l i c h e r o d e r s o z i a l e r M a c h t eine m i s s b r ä u c h l i c h e D u r c h -

recht, S. 199: „Verfassung und Gesetze gewährleisten ... auch Ansprüche auf Information. Die Würde des Menschen und das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit ebenso wie das Recht auf Meinungsäußerung setzen ein erhebliches Maß an Kommunikation mit anderen einschließlich des Informationsaustausches über andere voraus." 27 Krause, DB 1983 Beil. Nr. 23, 7. 28 BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung. 29 Simitis in ders., BDSG, § 1 Rdn. 53. 30 Simitis a.a.O. Rdn. 51. 31 Gallwas, NJW 1992, 2785 (2790 und Fn.42). 32 Petersen, Grenzen des Verrechtlichungsgebotes, S. 121

2. Teil: Datenschutzrecht

88

als

Privatrecht

Setzung von zu weitgehenden Informationsansprüchen droht, sind der Privatautonomie, die dann nur noch eine einseitige ist, Grenzen zu setzen. 33 c)

Kommunikation

Informationelle Selbstbestimmung wird auch oder teils sogar in erster Linie als ein Kommunikationsgrundrecht verstanden,34 das als Querschnittsgrundrecht den kommunikativen Gehalt aller Grundrechte zum Ausdruck bringen soll.35 Obige Feststellung, dass Freiheit notwendig informationelle Selbstbestimmung voraussetzt, gilt auch für die Freiheit der Kommunikation. Freie Kommunikation, aktiv und passiv, setzt ein Mindestmaß an Unbefangenheit voraus. Wer nicht sicher sein kann, dass sein nicht-öffentlich gesprochenes Wort auch tatsächlich nicht-öffentlich bleibt, spricht nicht wirklich frei oder überhaupt nicht. Wer nicht absehen kann, wen seine Meinungsäußerung erreicht, äußert seine Meinung nur zögerlich oder sieht von Meinungskundgaben ganz ab. Und wer nicht ausschließen kann, dass auch andere von der Art und Qualität eingeholter Informationen Kenntnis nehmen, reduziert seine Informationstätigkeit oder verzichtet auf diese. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist daher nicht nur bei den Persönlichkeitsrechten verankert, sondern auch - als notwendige Vorbedingung bei all denjenigen Grundrechten, die einen entsprechenden kommunikativen Gehalt aufweisen.36 Andererseits sind es gerade die Kommunikationsgrundrechte, die zugleich auch gegen ein starkes individuelles Recht auf informationelle Selbstbestimmung sprechen. Für eine freie Kommunikation bedarf es nicht nur freier und unbefangener Kommunikationssubjekte. Auch das Objekt der Kommunikation, der Gesprächsstoff, muss frei sein. Kommunikation beruht auf dem Austausch von Informationen, und eben dieser Austausch wird durch das Datenschutzrecht reglementiert und kontrolliert. 37 Das Recht, über andere die Wahrheit zu sagen oder Schmitt Claeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 129 Rdn. 92. Siehe etwa Simitis in ders., B D S G , § 1 Rdn. 40: „Die informationelle Selbstbestimmung steht daher ihrer ganzen Bedeutung und Aufgabe nach in der Tat den in Art. 5,8 oder 9 G G statuierten Grundrechten weitaus näher". Anderer Ansicht Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, §129 Rdn. 85, der sich gegen eine Einordnung des Datenschutzrechts als Kommunikationsgrundrecht wendet („Der verfassungsrechtliche Datenschutz kann daher ... jedenfalls seine hauptsächliche Grundlage nur in Art.2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 G G haben."). 35 Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.58; Geis, C R 1995, 171 (171 f.). 36 Vergleiche Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 (520f.); Scholz/Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 93: „Wo die staatliche Informationserhebung und -Verarbeitung auf den gesellschaftlichen Kommunikationsprozess in spezialgrundrechtlich geschützten Lebensbereichen einwirkt und diese betroffen werden, ist sie an deren genuinen Schutzmaßstäben zu messen." Anderer Ansicht Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, §129 Rdn. 85. 33

34

3 7 Vergleiche Zöllner, R D V 1985,3 (11): „Elementarer Bestandteil der Kommunikation ist das Erheben, Speichern und Ubermitteln von personenbezogenen Informationen. Der Gesetzgeber

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz

und

Informationsfreiheit

89

zu erfahren, w i r d d u r c h das R e c h t , dies zu v e r b i e t e n , verdrängt. I n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g ist s o m i t einerseits z w a r n o t w e n d i g e V o r b e d i n g u n g k o m m u nikativer F r e i h e i t , andererseits steht i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g aber auch im direkten K o n f l i k t mit den K o m m u n i k a t i o n s g r u n d r e c h t e n , allen v o r a n mit der M e i n u n g s - u n d I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t . 3 8 D a t e n s c h u t z b e z w e c k t so gesehen - z u m i n d e s t p r i m ä r - gerade n i c h t die F r e i h e i t der K o m m u n i k a t i o n , s o n d e r n d e n S c h u t z des E i n z e l n e n davor, dass a n d e r e u n b e g r e n z t ü b e r ihn k o m m u n i z i e r e n und Informationen austauschen. I m E r g e b n i s gilt d a m i t f ü r die K o m m u n i k a t i o n s g r u n d r e c h t e e b e n s o wie a u c h f ü r alle a n d e r e n s o e b e n a n g e s p r o c h e n e n G r u n d r e c h t e : I n d e m s e l b e n M a ß e , wie sich die B e f ü r w o r t e r eines s t a r k e n i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s auf b e s t i m m t e G r u n d r e c h t e b e r u f e n , k ö n n e n dies a u c h d i e j e n i g e n , die ein starkes inf o r m a t i o n e l l e s S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t a b l e h n e n . 3 9 D i e „ e i n e " richtige E n t s c h e i dung z u g u n s t e n eines prinzipiellen V o r r a n g s v o n D a t e n s c h u t z o d e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t k a n n n i c h t allein auf der G r u n d l a g e der b e t r o f f e n e n individuellen R e c h t s p o s i t i o n e n g e t r o f f e n w e r d e n , weil s ä m t l i c h e R e c h t s p o s i t i o n e n auf b e i d e n Seiten eine R o l l e spielen. E s ist v o n einer p r i n z i p i e l l e n G l e i c h w e r t i g k e i t b e i d e r A u s g a n g s p o s i t i o n e n a u s z u g e h e n , die sich erst m i t R ü c k s i c h t auf die k o n k r e t e Fallgestaltung z u g u n s t e n der einen o d e r a n d e r e n Seite v e r s c h i e b e n k a n n .

2. Gesellschaftliche

Allgemeinbelange

A n dieser prinzipiellen G l e i c h w e r t i g k e i t v o n D a t e n s c h u t z u n d I n f o r m a t i o n s f r e i heit ändert sich auch dann n i c h t s , w e n n n e b e n individuellen R e c h t s p o s i t i o n e n gesellschaftliche A l l g e m e i n b e l a n g e in die G ü t e r - u n d I n t e r e s s e n a b w ä g u n g mit e i n gestellt w e r d e n . A u c h diese s p r e c h e n e b e n s o für wie auch gegen D a t e n s c h u t z b e ziehungsweise Informationsfreiheit.

a) Kommunikations-

und

Partizipationsfähigkeit

I n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g wird n i c h t n u r f ü r die individuelle P e r s ö n lichkeitsentfaltung des E i n z e l n e n , s o n d e r n auch f ü r dessen d e m o k r a t i s c h e K o m wird sehr sorgfältig abzuwägen haben, inwieweit es für ihn opportun ist, private Kommunikation durch Datenschutz zu behindern." 3 8 Siehe Kloepfer, Datenschutz als Grundrecht, S. 14 („tiefer Widerspruch" zwischen Informations- bzw. Kommunikationsfreiheit und Datenschutz). Die Feststellung gilt gleichermaßen auch für „nicht-typische" Kommunikationsgrundrechte wie Art. 12 oder 14 G G . Auch diese können einerseits zwar datenschutzrechtliche Teilinhalte entfalten (siehe Scholz/Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S.94f., 98f.), andererseits aber in ihrer kommunikativen Ausprägung auch in Konflikt mit datenschutzrechtlichen Interessen treten. 3 9 Als Beispiel für die ambivalente Handhabe des Arguments der Kommunikationsfähigkeit in der datenschutzrechtlichen Auseinandersetzung siehe etwa Geis, C R 1995,171 (171 f.), der einerseits die Bedeutung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als „Kommunikationskompetenz" betont, andererseits aber nur wenig später darauf hinweist, dass der Einzelne Restriktionen seiner informationellen Selbstbestimmung „mit Rücksicht auf die Kommunikationsfähigkeit" hinnehmen muss.

90

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

munikations- und Partizipationsfähigkeit eine zentrale Rolle zugesprochen. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht wird in seiner Bedeutung nicht auf die eines subjektiven Rechts auf Datenschutz beschränkt. Hinzu tritt eine objektive, staatstragende Bedeutung für den politisch-gesellschaftlichen Bereich. 4 0 Die Rede ist vom informationellen Selbstbestimmungsrecht als „Grundlage der Demokratie", 4 1 vom Verlust „demokratischer Substanz" ohne informationelle Selbstbestimmung 4 2 und von der „genetischen" Verbindung zwischen Datenschutz und Demokratie. 4 3 Ausführungen, die in diese Richtung gehen, stützen sich in erster Linie auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Volkszählungsurteil, wonach informationeller Selbstbestimmung die Bedeutung einer elementaren Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens zukommt. 4 4 Entsprechend wird in der datenschutzrechtlichen Diskussion der Aspekt der Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit vor allem zu dem Zweck aufgegriffen, den besonderen Stellenwert informationeller Selbstbestimmung zu betonen. 4 5 Indem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit der Funktionsfähigkeit eines demokratischen Gemeinwesens verknüpft wird, fällt ihm ein Gewicht zu, demgegenüber sich andere, entgegenstehende Rechte und Interessen umso schwerer durchsetzen können. 4 6 Jedoch ist die Argumentation mit der Doppelbedeutung eines Grundrechts 4 7 kein exklusives Privileg der Befürworter eines umfassenden Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Auch diejenigen, die sich für eine Freiheit der Datenverarbeitung aussprechen, verknüpfen diese Freiheit mit dem Erhalt einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Letztere sei nur auf dem Boden einer Gesellschaftsordnung möglich, die sich ökonomischer Privatinitiative öffnet, wozu notwendigerweise auch die Befugnis zur Sammlung und Nutzung von Informationen gehöre, „und zwar auch und gerade von Informationen über Personen." 4 8 Für die Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit wird deren Verknüpfung mit dem Funktionieren eines Staatswesens, ihr „Bezug zum demokrati-

Vergleiche Geis, C R 1995, 171. Siehe Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.250 (Statements von Mitgliedern der Begleitkommission zur Diskussionsfassung des Gutachtens). 42 Simitis, N J W 1984, 398 (400). 43 Donos, Datenschutz, S. 124. 4 4 BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung. 4 5 Siehe etwa Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 95f.; Simitis, DuD 2000, 714 (719f.). 46 Simitis a.a.O. 4 7 Verstanden als Bedeutung sowohl für den Rechtsträger selbst als auch für die Gesellschaft als ganze. 48 Zöllner, R D V 1985, 3 (11); siehe auch ders., Daten- und Informationsschutz, S.25; Duttge, N J W 1998,1615(1619) („Auch unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft beruht erkennbar auf diesem Prinzip [des freien Informationsflusses]"); Ehmann, R D V 1988, 169 (170). 40 41

A. Der Konflikt

zwischen Datenschutz

und Informationsfreiheit

91

sehen Prinzip", 4 9 auch vom Bundesverfassungsgericht immer wieder betont. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Meinungsfreiheit nicht nur unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit, sondern auch schlechthin konstituierend für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung und den demokratischen Willensbildungsprozess. 50 Im Grundrecht der Informationsfreiheit erblickt das Gericht wie im Grundrecht der freien Meinungsäußerung eine der wichtigsten Voraussetzungen freiheitlicher Demokratie. 51 Die amerikanische Idee des unbegrenzten Meinungsmarktes, der wahrheitsfördernd und gemeinwohlstiftend wirkt, 5 2 ist damit auch dem deutschen Recht nicht fremd. Und auch wenn man nicht die Meinung teilt, dass die deutsche Rechtsprechung generell einen Vorrang der Meinungsfreiheit vor dem Persönlichkeitsschutz annimmt, 5 3 so gilt doch jedenfalls dann eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede, wenn es sich um einen Beitrag „zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage" handelt. 54 Die objektive Komponente der Kommunikationsfreiheit, ihre Bedeutung als Instrument der Wahrheitsfindung und als Element demokratischer Willensbildung, gibt dann den Ausschlag dafür, dass der Schutz der Persönlichkeit des Einzelnen vor unbequemen Äußerungen zurücktreten muss. Für die Abwägung zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit bedeutet dies: Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung kommt gegenüber widerstreitenden Rechten und Interessen nicht schon deshalb ein größeres Gewicht zu, weil informationelle Selbstbestimmung zugleich auch Funktionsbedingung eines freiheitlich-demokratischen Gemeinwesens ist; denn eben dieses Argumentationsmuster lässt sich auch zugunsten einer Forderung nach Informationsfreiheit instrumentalisieren. Auch dieser kann zusätzliches Gewicht dadurch beigemessen werden und wird ihr auch beigemessen, indem man diese Freiheit mit dem Bestand einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft verknüpft. b) Gemeinschaftsgebundenheit

und überwiegendes

Allgemeininteresse

Selbst wenn man dem Volkszählungsurteil auch für die private Datenverarbeitung Geltungskraft zuerkennt, ist damit keineswegs zwingend auch ein Vorrang datenschutzrechtlicher Interessen gegenüber der Informationsfreiheit verbunden. Zwar wird betont, dass das Bundesverfassungsgericht mit dem Volkszählungsurteil das informationelle Selbstbestimmungsrecht ganz in den Vordergrund gestellt und damit klar zu erkennen gegeben habe, dass Beschränkungen BVerfGE 27, 71 (81) - Leipziger Volkszeitung. BVerfGE 7, 198, (208) - Lüth; 93, 266 (292f.) - Soldaten sind Mörder. 51 BVerfGE 7, 198 (208) - Lüth; zum verfassungspolitischen Wert der Informationsfreiheit siehe auch Sieher, N J W 1989, 2569 (2570). 52 Grimm, N J W 1995, 1697 (1702). 53 In diesem Sinne Grimm a.a.O.; dagegen Ehmann in Erman, B G B , Anh. § 12 Rdn. 79 54 BVerfGE 7, 198 (212) - Lüth; 85, 1 (16) - Bayer-Aktionäre. 49 50

92

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

dieses Rechts so gering wie möglich zu halten sind. 55 In eben dem Volkszählungsurteil spricht das Bundesverfassungsgericht jedoch ausdrücklich auch das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gemeinschaft an und betont, dass das Grundgesetz dieses Spannungsverhältnis im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit des Einzelnen entschieden hat. 56 Offensichtlich sollen also aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gerade nicht allein auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt sein. Der Einzelne muss nicht nur ausnahmsweise, sondern, wie das Gericht selbst formuliert, „[gjrundsätzlich ... Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen." 5 7 Und insbesondere gilt dies, wie das Gericht an anderer Stelle festhält, 58 auf der Ebene des Privatrechts, wenn der Einzelne „in Kommunikation mit anderen tritt, durch sein Verhalten auf andere einwirkt und dadurch die persönliche Sphäre seiner Mitmenschen ... berührt", weil er privatrechtliche Verträge mit anderen abschließt und damit „seine wirtschaftlichen Verhältnisse die Vermögenssphäre des Vertragspartners berühren". 5 9 Man muss nicht so weit gehen, aus den Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gemeinschaftsbezogenheit des Individuums eine prinzipielle Einschränkbarkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung herzuleiten. Umgekehrt machen die Äußerungen aber zumindest deutlich, dass sich auch ein pauschaler Vorrang datenschutzrechtlicher Interessen gegenüber entgegenstehenden Informationsinteressen aus dem Volkszählungsurteil nicht ableiten lässt. Der Sache nach ist mit der Erkenntnis, dass der Einzelne aufgrund seiner Gemeinschaftsgebundenheit in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt werden kann, eine Selbstverständlichkeit formuliert. Problematisch und unklar ist allein, wie weit diese Einschränkbarkeit gehen soll und ob sie die Regel oder die Ausnahme ist. Wobei diese Frage gerade nicht abstrakt und generell entschieden werden kann. Informationelle Exklusivität und Gcmcinschaftsgebundenheit sind keine statischen, sich einander ausschließenden Gegensätze, sondern zwei sich gegenseitig ergänzende Elemente derselben Persönlichkeit. Wie weit das eine und wie weit das andere Element reicht, „lässt sich nicht abstrakt beschreiben; es kann befriedigend nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des einzelnen Falls beantwortet werden". 6 0 Die Abgrenzung hängt davon ab, wel55 Insbesondere sei es auch nicht mit den Vorgaben des Volkszählungsurteils vereinbar, unter Berufung auf die „Gemeinschaftsgebundenheit" des Einzelnen je nach Bedarf Ausnahmen vom Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung zugunsten des überwiegenden Allgemeininteresses abzuleiten; siehe Simitis in ders., B D S G , Einl. Rdn. 44; ders., DuD 2000, 714 (719f.). 5 6 BVerfGE 65,1 (44) - Volkszählung; siehe auch BVerfGE 56, 37 (49) - Selbstbezichtigung. 5 7 BVerfGE 65, 1 (44) - Volkszählung (Hervorhebung durch den Verf.). 58 B V e r f G N J W 2002, 2164 (2165). 5 9 BVerfG a.a.O. 6 0 So das Bundesverfassungsgericht in der Tagebuch-Entscheidung für die Abgrenzung von einem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung und dem Bereich privater Lebens-

A. Der Konflikt

zwischen Datenschutz

und Informationsfreiheit

93

eher Art und wie intensiv die soziale Relevanz personenbezogener Informationen ist, wie weit sich im konkreten Fall die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen mit der von Dritten überschneidet und wie weit schließlich auch die Belange der Allgemeinheit berührt sind. Ein bestimmtes Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen informationeller Exklusivität und Gemeinschaftsgebundenheit von abstrakt-generellem Geltungsanspruch ist damit aber - zumindest verfassungsrechtlich - nicht vorgegeben.

III. Fazit 1. Prinzipielle

Gleichrangigkeit

Auf der Grundlage der betroffenen Rechtsgüter und Allgemeinbelange lässt sich der Konflikt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit nicht abstrakt und allgemein gültig entscheiden. Auch die Wahl drastischer Worte kann an diesem Befund nichts ändern. Obige Liste eindringlicher Formulierungen, die vor dem einen oder anderen Extrem warnen und daraus einen prinzipiellen Vorrang von Datenschutz beziehungsweise Informationsfreiheit ableiten, ließe sich an dieser Stelle beliebig fortsetzen. Auf der einen Seite ist die Rede von „Datenegoismus", 61 von selbstverordneter Isolation und übertriebener Abschottung 62 und von einer Verneinung grundlegender Werte der abendländischen Kulturordnung wie Wahrheit und Wahrhaftigkeit. 63 Auf der anderen Seite wird vor „ferngesteuerten Datenprofilen", vor dem Verlust der Fähigkeit zur Selbstreflektion und vor der „Manipulation des selbstbestimmten Handelns" 6 4 gewarnt. Den grundsätzlichen Ausschlag zugunsten der einen oder anderen Seite - Datenschutz oder Informationsfreiheit - können solche und ähnliche Drohgebilde jedoch nicht geben, das Bemühen um die eindrücklichere Formulierung kann das Bemühen um einen Ausgleich zwischen prinzipiell gleichwertigen Rechten nicht ersetzen. Ebenso wenig kann die prinzipielle Gleichrangigkeit der Rechte beider Seiten dadurch in Frage gestellt werden, dass Datenschutzrechte und Datenverarbeitungsrechte als defensive Abwehrrechte einerseits und aggressive Eingriffsrechte andererseits kategorisiert werden. 65 Zwar mag es durchaus Situationen geben, in gestaltung, der aufgrund seiner sozialen Bezüge auch Zugriffen von außen offen steht; BVerfGE 80, 367 (374) - Tagebuch. Siehe auch BVerfG N J W 1988,3009: Das Gericht betont in dieser Entscheidung, dass auch ein regelmäßig gesteigerter Sozialbezug von personenbezogenen Daten nicht dazu führt, dass diese Daten dem Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung „von vornherein entzogen" sind, sondern vielmehr dieser Sozialbezug „bei der Prüfung der Einschränkbarkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im Einzelfall'" berücksichtigt werden muss (Hervorhebung durch den Verf.). 61 62 63 64 65

Vogelsang, Grundrecht, S. 144. Petersen, Grenzen des Verrechtlichungsgebotes, S. 85. Brossette, Wert der Wahrheit, S. 225. Donos, Datenschutz, S. 110. In diesem Sinne Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 51.

94

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

d e n e n j e d e r intuitiv dazu neigt, den d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n „ A b w e h r i n t e r e s s e n " des E i n z e l n e n d e n V o r r a n g e i n z u r ä u m e n . D e r j e n i g e , der in s e i n e m häuslichen R ü c k z u g s b e r e i c h u n g e s t ö r t b l e i b e n m ö c h t e , soll n i c h t g e g e n ü b e r d e m j e n i g e n das N a c h s e h e n h a b e n , der aus w i r t s c h a f t l i c h e m G e w i n n s t r e b e n heraus diese P r i v a t sphäre zu s t ö r e n v e r s u c h t . 6 6 J e d o c h ist diese K o n s t e l l a t i o n n u r eine u n t e r vielen. D a s R o l l e n v e r h ä l t n i s z w i s c h e n S c h u t z w ü r d i g e m u n d S c h u t z u n w ü r d i g e m lässt sich e b e n s o gut a u c h u m k e h r e n . I m F a l l e des z a h l u n g s u n w i l l i g e n M i e t t o u r i s t e n , der r e g e l m ä ß i g neue W o h n u n g e n o h n e o d e r n u r m i t g e r i n g e r Z a h l u n g a n m i e t e t , o d e r im F a l l e des p o t e n t i e l l e n V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s , der seine K r a n k h e i t s a n l a gen v e r s c h w e i g t u n d sich t r o t z h o h e n R i s i k o s einen u n g e r e c h t f e r t i g t günstigen V e r s i c h e r u n g s s c h u t z zulasten des V e r s i c h e r u n g s k o l l e k t i v s verschafft, ist n i c h t d e r j e n i g e s c h u t z w ü r d i g , der auf der V e r t r a u l i c h k e i t seiner D a t e n b e h a r r t , s o n d e r n d e r j e n i g e , der seine I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e n d u r c h s e t z e n m ö c h t e . In diesen u n d v e r g l e i c h b a r e n S i t u a t i o n e n ist es der D a t e n v e r a r b e i t e r , der der S c h u t z w ü r d i g e ist, weil a n s o n s t e n der v o r der D a t e n v e r a r b e i t u n g „ G e s c h ü t z t e " ein I n f o r m a t i o n s u n g l e i c h g e w i c h t zu seinen G u n s t e n m i s s b r a u c h e n k ö n n t e . W o b e i ein V o r r a n g der I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t , w i e die B e i s p i e l e zeigen, selbst d a n n in B e t r a c h t k o m m t , w e n n es sich u m sensitive p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n handelt o d e r z w i s c h e n den B e t e i l i g t e n ein M a c h t u n g l e i c h g e w i c h t b e s t e h t . A u c h eine R o l l e n v e r t e i l u n g z w i s c h e n D a t e n v e r a r b e i t e r u n d v o n der D a t e n v e r a r b e i t u n g B e t r o f f e n e m nach aggressiv u n d defensiv, nach eingreifend u n d a b w e h rend o d e r nach w e n i g e r o d e r m e h r s c h u t z w ü r d i g k a n n also s o o d e r so g e t r o f f e n w e r d e n . P e r se s c h u t z w ü r d i g ist w e d e r die eine n o c h die a n d e r e Seite. Z u t r e f f e n der ist Z ö l l n e r s B i l d einer „ G e m e n g e l a g e " v o n S c h u t z p o s i t i o n e n des D a t e n v e r a r beiters u n d des v o n der D a t e n v e r a r b e i t u n g B e t r o f f e n e n . 6 7 D e m entspricht, dass der b l o ß e t a t b e s t a n d l i c h e E i n g r i f f in das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t des § 8 2 3 I B G B gerade n o c h n i c h t dessen R e c h t s w i d r i g k e i t indiziert. V i e l m e h r bedarf

die

Qualifizierung

eines

konkreten

r e c h t s w i d r i g stets einer A b w ä g u n g aller

Datenverarbeitungsvorgangs

als

b e t r o f f e n e n G ü t e r u n d Interessen im

E i n z e l f a l l - der des v o n der D a t e n v e r a r b e i t u n g B e t r o f f e n e n e b e n s o wie der des D a t e n v e r a r b e i t e r s . 6 8 E s gilt das, was das B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t für einen ä h n lichen K o n f l i k t , den z w i s c h e n P e r s ö n l i c h k e i t s s c h u t z u n d M e i n u n g s f r e i h e i t , ausg e s p r o c h e n hat, n ä m l i c h dass auf der A b s t r a k t i o n s e b e n e des G r u n d r e c h t s s c h u t zes die k o l l i d i e r e n d e n R e c h t s g ü t e r als prinzipiell g l e i c h w e r t i g einzustufen sind. D i e m i t e i n a n d e r k o n f l i g i e r e n d e n G r u n d r e c h t e k ö n n e n n i c h t generell u n d a b s -

66 Eine solche Situation haben Roßnagel/Pfitzmann/Garstka a.a.O. vor Augen, wenn sie auf B G H BB 1999,1130 (= NJW 1999,1864) verweisen. Nach dieser Entscheidung des B G H rechtfertigen es die berechtigten Interessen der gewerblichen Wirtschaft, ihre Produkte werbemäßig anzupreisen, nicht, mit Werbemaßnahmen auch in den privaten Bereich des umworbenen Verbrauchers einzudringen. 67 Zöllner, RDV 1985, 3 (12). 68 Larenz/Canaris, Schuldrecht, §80 II 5b (S.509); Zöllner, RDV 1985, 3 (12).

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz

und

95

Informationsfreiheit

trakt g e g e n e i n a n d e r a b g e w o g e n w e r d e n , es k o m m t n i c h t auf ihren „ R a n g " an, s o n d e r n auf die S c h w e r e ihrer B e e i n t r ä c h t i g u n g im k o n k r e t e n F a l l . 6 9 2. Kein

Abwägungsopportunismus

D i e M e t h o d e der A b w ä g u n g z w i s c h e n k o n f l i g i e r e n d e n I n t e r e s s e n ist kein S p e z i f i k u m des D a t e n s c h u t z r e c h t s , s o n d e r n in fast allen R e c h t s g e b i e t e n ü b l i c h . D a s B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t greift in einer V i e l z a h l v o n F ä l l e n aus d e n v e r s c h i e d e n s t e n R e c h t s g e b i e t e n f ü r seine E n t s c h e i d u n g auf eine A b w ä g u n g z w i s c h e n konfligierenden

Interessen

am

Maßstab

der

Verhältnismäßigkeit

zurück.70

G l e i c h w o h l sieht sich diese M e t h o d e der I n t e r e s s e n a b w ä g u n g im D a t e n s c h u t z r e c h t d e m V o r w u r f eines „ A b w ä g u n g s o p p o r t u n i s m u s " gegenüber. 7 1 E i n A b w ä g u n g s v e r f a h r e n z w i s c h e n z w e i f o r m e l l g l e i c h g e w i c h t i g e n I n t e r e s s e n des D a t e n s c h u t z e s u n d der I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t i g n o r i e r e die gesellschaftliche R e a l i t ä t u n d die e x i s t i e r e n d e n M a c h t u n g l e i c h g e w i c h t e . D i e i n f o r m a t i o n e l l e Ü b e r l e g e n h e i t der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stellen w ü r d e ü b e r s e h e n , der Status q u o stabilisiert u n d den u n g e r e c h t e n sozialen M a c h t v e r h ä l t n i s s e n im B e r e i c h der D a t e n v e r a r b e i t u n g ein H a u c h der Legalität v e r l i e h e n . 7 2 A b s t r a k t definierte A l l g e m e i n i n t e r e s s e n , „frei e r f u n d e n e G e g e n i n t e r e s s e n " o d e r „aus d e m H u t g e z a u b e r t e G e g e n r e c h t e " k ö n n ten als ü b e r w i e g e n d e G e g e n p o l e stets o p p o r t u n i s t i s c h in eine I n t e r e s s e n a b w ä gung E i n g a n g finden u n d auf diese W e i s e das R e g e l - A u s n a h m e - V e r h ä l t n i s z w i schen

Datenschutz

und

Informationsfreiheit

zulasten

der

informationellen

Selbstbestimmung umkehren.73 J e d o c h ist es k e i n e s w e g s z w i n g e n d , dass ein A b w ä g u n g s v o r g a n g z w i s c h e n D a t e n s c h u t z u n d I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t die b e s o n d e r e n R a h m e n b e d i n g u n g e n

der

V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n u n b e r ü c k s i c h t i g t lässt. E s ist kein G r u n d e r s i c h t l i c h , w a r u m eine A b w ä g u n g z w i s c h e n z w e i k o l l i d i e r e n d e n I n t e r e s s e n b e deuten sollte, dass n u r diese in die A b w ä g u n g eingestellt w e r d e n k ö n n e n . I h r e G e w i c h t u n g k a n n v i e l m e h r gerade auch d a v o n a b h ä n g e n , w e l c h e k o n k r e t e n R a h m e n u m s t ä n d e für eine ü b e r w i e g e n d e S c h u t z w ü r d i g k e i t u n d S c h u t z b e d ü r f t i g k e i t der einen o d e r anderen Seite s p r e c h e n . D i e soziale M a c h t u n d der I n f o r m a t i o n s v o r s p r u n g der D a t e n v e r a r b e i t e r k ö n n e n d a h e r e b e n s o w i e e t w a die k o m m u n i k a tive B e d e u t u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g d u r c h a u s den A u s s c h l a g f ü r einen V o r r a n g des R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g geben. N u r ist

69 BVerfGE 8 5 , 1 ( 1 6 ) - Bayer-Aktionäre; 93,266 (294) - Soldaten sind Mörder; vergleiche dazu Ehmann in Erman, BGB, Anh. §12 Rdn. 79. Siehe auch BGH, G R U R 1994, 913 (914) - Namensliste: Meinungsfreiheit gegenüber allgemeinem Persönlichkeitsrecht „prinzipiell mit gleichem Rang gewährleistet". 70 Bull, R D V 1999, 148 (152). 71 Siehe dazu vor allem Donos, Datenschutz, S.81f., 86, 120ff. 72 Donos, Datenschutz, S. 120. 73 A.a.O., S.121f.

2. Teil: Datenschutzrecht

96

als

Privatrecht

dieser V o r r a n g e b e n kein prinzipieller, 7 4 e b e n s o w e n i g w i e ein Vorrang d e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t ein p r i n z i p i e l l e r sein k a n n . M i t O p p o r t u n i s m u s hat eine A b w ä g u n g z w i s c h e n I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t u n d D a t e n s c h u t z n u r d a n n etwas zu t u n , w e n n w i l l k ü r l i c h die I n t e r e s s e n der einen o d e r a n d e r e n Seite ü b e r g e w i c h t e t b e z i e h u n g s w e i s e zu U n r e c h t i g n o r i e r t w e r d e n - ein V o r w u r f , der sich aber gegen e i n e zu w e i t g e h e n d e I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t e b e n s o richten k a n n w i e gegen einen ü b e r triebenen Datenschutz.

3. Drei

Alternativen

D r e i A l t e r n a t i v e n s t e h e n g r u n d s ä t z l i c h o f f e n , w e n n es n i c h t möglich ist, einen prinzipiellen Vorrang von Datenschutz oder Informationsfreiheit z u m

Aus-

g a n g s p u n k t eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s m o d e l l s zu n e h m e n : (1) D e r G e s e t z g e b e r k a n n auf pauschale E n t s c h e i d u n g e n v e r z i c h t e n u n d n o r m i e r t s t a t t dessen einen m ö g l i c h s t detaillierten und s e k t o r s p e z i f i s c h e n K a t a l o g z u l ä s s i g e r u n d u n z u l ä s s i g e r D a t e n v e r a r b e i t u n g s t a t b e s t ä n d e , die der spezifischen

Rechte-

u n d I n t e r e s s e n k o n s t e l l a t i o n des j e w e i l i g e n Falls a u s r e i c h e n d R e c h n u n g tragen. (2) D e r G e s e t z g e b e r k a n n v o n e i n e m prinzipiellen V e r b o t o d e r einer prinzipiellen F r e i h e i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g ausgehen, w o b e i er j e d o c h diesen A u s g a n g s p u n k t d u r c h die N o r m i e r u n g g r o ß z ü g i g e r A u s n a h m e b e s t i m m u n g e n in F o r m v o n G e neralklauseln s o g l e i c h w i e d e r „ n e u t r a l i s i e r t " . ( 3 ) D e r G e s e t z g e b e r kann sich e n t w e d e r z u g u n s t e n des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n im S i n n e einer

informationellen

S e l b s t b e s t i m m u n g o d e r a b e r z u g u n s t e n der D a t e n v e r a r b e i t e r im Sinne einer D a t e n v e r a r b e i t u n g s f r e i h e i t e n t s c h e i d e n , w o b e i er es den P a r t e i e n a b e r durch die B e reitstellung einer e n t s p r e c h e n d e n r e c h t l i c h e n I n f r a s t r u k t u r so w e i t wie m ö g l i c h erleichtert, p r i v a t a u t o n o m eine a b w e i c h e n d e I n t e r e s s e n a b w ä g u n g zu treffen.

a) Die Alternative

detaillierter

und bereichsspezifischer

Regelungen

E r l a u b t die prinzipielle G l e i c h r a n g i g k c i t v o n D a t e n s c h u t z u n d I n f o r m a t i o n s f r e i heit keine a b s t r a k t e E n t s c h e i d u n g z u g u n s t e n der einen o d e r anderen Seite, liegt es nahe, anstatt allgemein gültiger A n t w o r t e n auf s p e z i f i s c h e L ö s u n g s a n s ä t z e für die jeweilige S i t u a t i o n a u s z u w e i c h e n . J e detaillierter d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e R e g e l u n gen ausgestaltet sind, j e b e r e i c h s s p e z i f i s c h e r sie f o r m u l i e r t sind, desto a d ä q u a t e r k ö n n e n sie den b e s o n d e r e n R a h m e n b e d i n g u n g e n der j e w e i l i g e n R e c h t e - und I n t e r e s s e n k o n s t e l l a t i o n R e c h n u n g tragen. A u f einer a b s t r a k t e n E b e n e m ö g e n sich individuelle R e c h t s p o s i t i o n e n w i e P e r s ö n l i c h k e i t und F r e i h e i t o d e r A l l g e m e i n b e 74 Gerade dies ist aber die Forderung von Donos, Datenschutz, S. 122: „Der .Abwägungsopportunismus' kann nur auf einem Weg vermieden werden, der wegführt von der Ansicht, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Persönlichkeitsrecht subjektiven Charakters ist, und hauptsächlich wegführt von den damit verbundenen kasuistischen Schutzkonzeptionen. Die Lösung heißt: Bereichsspezifische Regelungen, die von einem prinzipiellen Vorrang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ausgehen und dessen prozeduralen Schutz von dem Verwendungszusammenhang der personenbezogenen Daten abhängig machen."

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz

und Informationsfreiheit

97

lange wie K o m m u n i k a t i o n s - u n d D e m o k r a t i e f ä h i g k e i t gegenseitig a u f h e b e n , weil sie sowohl für die eine wie auch für die a n d e r e Seite den A u s s c h l a g geben k ö n n e n . I m konkreten Fall hingegen w i r d es o f t m a l s o f f e n s i c h t l i c h u n d unstreitig sein, welchen der beteiligten I n t e r e s s e n das g r ö ß e r e G e w i c h t u n d damit der V o r r a n g bei der I n t e r e s s e n a b w ä g u n g e i n z u r ä u m e n ist. D e t a i l l i e r t e u n d b e r e i c h s s p e z i f i s c h e Regelungen bieten sich d a h e r n i c h t n u r z u r A b s i c h e r u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g an -

o b w o h l d a h i n g e h e n d e F o r d e r u n g e n in erster L i n i e diesen

Z w e c k verfolgen - s o n d e r n e b e n s o a u c h z u r r e c h t l i c h e n U n t e r m a u e r u n g b e r e c h tigter I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e n der D a t e n v e r a r b e i t e r . Allerdings: S o s a c h - u n d i n t e r e s s e n g e r e c h t detaillierte u n d b e r e i c h s s p e z i f i s c h e D a t e n s c h u t z r e g e l u n g e n auf den ersten B l i c k auch e r s c h e i n e n m ö g e n , so „illusion ä r " sir.d d o c h V o r s t e l l u n g e n , der G e s e t z g e b e r k ö n n e ex ante alle d e n k b a r e n P r o b l e m e c e r D a t e n v e r a r b e i t u n g einer a b s c h l i e ß e n d e n u n d p r a k t i k a b l e n L ö s u n g z u führen. 7 5 Ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e s R e g e l w e r k , das j e d e d e n k b a r e F o r m der D a t e n v e r a r b e i t u n g n i c h t n u r in G e s e t z e s f o r m gießt, s o n d e r n d a r ü b e r hinaus a u c h inhaltlich detailliert regelt, ist n i c h t n u r u n f l e x i b e l , s o n d e r n r e g e l m ä ß i g auch b e v o r m u n d e n d u n d richtet sich d a h e r in l e t z t e r K o n s e q u e n z a u c h gegen diejenigen, die es eigentlich zu s c h ü t z e n b e a b s i c h t i g t . 7 6 J e detaillierter u n d v e r r e c h t l i c h t e r D a t e n s c h u t z ist, d e s t o eher f ü h r t er zu staatlicher U b e r r e g u l i e r u n g u n d B e v o r m u n d u n g - E i g e n s c h a f t e n , an d e n e n sich gerade auch die K r i t i k am bisherigen D a t e n s c h u t z r e c h t e n t z ü n d e t hat u n d die d e m D a t e n s c h u t z seinen R u f als u n p r a k tikabel und u n e f f e k t i v e i n g e b r a c h t h a b e n . D i e W i r k s a m k e i t eines d a t e n s c h u t z rechtlichen G e s e t z e s b e s t i m m t sich n i c h t n a c h d e m g e s e t z g e b e r i s c h e n P e r f e k t i o nismus au: d e m Papier, s o n d e r n nach der t a t s ä c h l i c h e n U m s e t z u n g in der Praxis. E i n e perfektionistische D u r c h n o r m i e r u n g des D a t e n s c h u t z r e c h t s läuft G e f a h r , dass es letztlich b l o ß zu einer S c h e i n t a t b e s t a n d l i c h k e i t u n d d a m i t zu e i n e m gesetzesförmlichen L e e r l a u f des D a t e n s c h u t z e s k o m m t . 7 7 W e n n selbst ein B u n d e s d a t e n s c h u t z b e a u f t r a g t e r k o n s t a t i e r e n m u s s , dass die F l u t d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r Regelungen ein u n d u r c h s c h a u b a r e s R e g e l w e r k darstellt, 7 8 liegt die F r a g e nahe, w i e weit cie g e s e t z l i c h e D u r c h d r i n g u n g u n d R e g l e m e n t i e r u n g gehen soll. 7 9 E i n D a t e n s c h u t z m o d e l l , das sich d u r c h eine „überdetaillierte, u n ü b e r s i c h t l i c h e u n d s c h w e r zu v o l l z i e h e n d e N o r m e n m a s s e " , 8 0 d u r c h „ D e t a i l v e r s e s s e n h e i t " 8 1 , d u r c h

Bull, RDV 1999, 148 (149). Hoffmmn-Riem, AöR 123 (1998), 513 (528). 77 Petri, Datenschutz und Privatwirtschaft, S. 229. 78 Jacob, 10 Jahre Volkszählungsurteil, S. 2. 79 Zum „Datenschutz in der Verrechtlichungsfalle" siehe auch Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 514ff.). Für Bull ist „das größte Übel ... gegenwärtig die übertriebene Verrechtlichung, der Gesetzesperfektionismus"; Bull, ZRP 1998, 310 (313). 80 Kloepfr, Gutachten, D 143; zustimmend Bull, ZRP 1998, 310 (311): „Das Datenschutzrecht ist viel zu kompliziert geworden, für die meisten Menschen kaum verständlich und selbst für Expertei teilweise schwer handhabbar." 81 Bäumhr, Informationsgesellschaft, Ziff. 1. 75 76

98

2. Teil: Datenschutzrecht

als

„Unübersichtlichkeit,

Unverständlichkeit

und

Privatrecht Zersplitterung"82

und

durch

„ N o r m ü b e r f l u t u n g u n d B ü r o k r a t i s i e r u n g " 8 3 a u s z e i c h n e t , wird w e d e r v o n den B e r e c h t i g t e n n o c h v o n den V e r p f l i c h t e t e n d u r c h s c h a u t geschweige denn b e a c h t e t w e r d e n . 8 4 K a n n a b e r der Staat die t a t s ä c h l i c h e D u r c h s e t z u n g seiner G e s e t z e n i c h t m e h r g e w ä h r l e i s t e n , f ü h r t dies auf lange Sicht zu staatlichem A u t o r i t ä t s v e r l u s t und a l l g e m e i n e r R e s i g n a t i o n . 8 5 D a m i t ist n i c h t gesagt, dass detaillierte und b e r e i c h s s p e z i f i s c h e R e g e l u n g e n für die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n ü b e r h a u p t a b z u l e h n e n sind. E i n e B e r e c h t i g u n g u n d Z w e c k m ä ß i g k e i t k o m m t ihnen v i e l m e h r v o r allem in den Fällen zu, in denen p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n r o u t i n e m ä ß i g verarbeitet w e r d e n und für eine e i n z e l f a l l b e z o g e n e A b w ä g u n g der b e t r o f f e n e n Interessen kein o d e r n u r w e nig B e d ü r f n i s b e s t e h t . 8 6 W e n n e t w a der G e s e t z g e b e r für den B e r e i c h der Telek o m m u n i k a t i o n regelt, w e l c h e B e s t a n d s - u n d V e r k e h r s d a t e n die A n b i e t e r von T e l e k o m m u n i k a t i o n s d i e n s t e n zu w e l c h e n Z w e c k e n v e r a r b e i t e n dürfen, b e s t e h e n gegen eine s o l c h e b e r e i c h s s p e z i f i s c h e R e g e l u n g auch dann k e i n e E i n w ä n d e , w e n n diese detailliert u n d u m f a n g r e i c h ausfällt. 8 7 D i e V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n z u m Z w e c k e der B e g r ü n d u n g u n d D u r c h f ü h r u n g eines Vertragsverhältnisses ü b e r T e l e k o m m u n i k a t i o n s d i e n s t e u n d zu Z w e c k e n der A b r e c h n u n g s o l c h e r D i e n s t e birgt d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h n u r w e n i g B r i s a n z . 8 8 D i e N o t w e n d i g k e i t einer s o l c h e n D a t e n v e r a r b e i t u n g ist e b e n s o w e n i g zu b e z w e i f e l n w i e eine G e f ä h r d u n g der i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g des einzelnen T e l e f o n k u n d e n zu b e f ü r c h t e n ist. J e detaillierter der G e s e t z g e b e r b e s t i m m t , w e l c h e D a t e n die D i e n s t e a n b i e t e r im E i n z e l n e n v e r a r b e i t e n d ü r f e n , d e s t o g r ö ß e r ist die R e c h t s s i c h e r h e i t . D e r e i n z e l n e B e t r o f f e n e k a n n d a r a u f vertrauen, dass gesetzlich eine sach- und int e r e s s e n g e r e c h t e G r e n z z i e h u n g v o r g e n o m m e n w o r d e n ist u n d kann sich daher den zeitlichen und i n t e l l e k t u e l l e n A u f w a n d ersparen, die jeweiligen D a t e n s c h u t z b e d i n g u n g e n eines Vertrags zu ü b e r p r ü f e n . F ü r die A n b i e t e r v o n T e l e k o m m u n i k a t i o n s d i e n s t e n w i e d e r u m steht v o n v o r n h e r e i n und eindeutig fest, wie w e i t ihre B e f u g n i s s e z u r D a t e n v e r a r b e i t u n g g e h e n . F ü r sie geht damit z w a r auch der A u f w a n d einher, sich z u n ä c h s t e i n m a l mit einer detaillierten und u m f a n g r e i c h e n geRoßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 71. Gola, NJW 2000, 3749. 84 Zum Problem fehlender Transparenz siehe auch Vogelsang, Grundrecht, S. 151 ff.: „Je mehr bereichsspezifische Regelungen getroffen werden, umso geringer wird die tatsächliche Transparenz für den .Mann auf der Straße' werden" (a.a.O., S. 152). 85 Roßnagel in ders., Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 3.4 Rdn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 33, 303 (333); 46, 160 (164). 86 Vergleiche Bull, RDV 1999, 148 (151). 87 Zum Datenschutz im Telekommunikationsbereich siehe die §§ 91 ff. TKG, die seit Juni 2004 an die Stelle der Datenschutzvorschriften der Telekommunikations-Datenschutzverordnung getreten sind; §152 II T K G . 88 Für die datenschutzrechtlich brisantere Frage der Verarbeitung von Verkehrs- und Standortdaten zu Zwecken des Marketings und der Bereitstellung von Zusatzdiensten siehe unten B II 4 a. 82 83

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz

und Informationsfreiheit

99

s e t z l i c h e n R e g e l u n g a u s e i n a n d e r s e t z e n zu m ü s s e n ; dieser (einmalige) A u f w a n d ist j e d o c h i m H i n b l i c k auf die M a s s e der a b g e w i c k e l t e n Vertragsverhältnisse u n d die w i r t s c h a f t l i c h e n u n d geistigen R e s s o u r c e n der T e l e k o m m u n i k a t i o n s d i e n s t e als v e r n a c h l ä s s i g e n s w e r t e i n z u s t u f e n .

b) Die Alternative allgemeiner

Generalklauseln

A u ß e r h a l b s o l c h e r r o u t i n e m ä ß i g e r D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e , bei d e n e n f ü r eine E i n z e l f a l l a b w ä g u n g w e d e r R a u m n o c h N o t w e n d i g k e i t b e s t e h t , b e g e g n e t ein e detaillierte u n d eindeutige G r e n z z i e h u n g z w i s c h e n zulässigen u n d unzulässigen D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e n g r ö ß e r e n S c h w i e r i g k e i t e n . D i e s gilt z u n ä c h s t für s o l c h e d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n K o n f l i k t e , die v o m G e s e t z g e b e r ex ante s c h o n d e s h a l b n o c h n i c h t e n t s c h i e d e n w e r d e n k ö n n e n , weil sie in i h r e r k o n k r e t e n F o r m n o c h n i c h t a b s e h b a r s i n d . 8 9 W e n n D a t e n s c h u t z n o r m e n n i c h t stets der t e c h n i s c h e n u n d gesellschaftlichen E n t w i c k l u n g h i n t e r h e r h i n k e n w o l l e n , m ü s s e n sie so flexibel ausgestaltet sein, dass sie auch z u k ü n f t i g e F ä l l e der D a t e n v e r a r b e i t u n g zu erfassen v e r m ö g e n , die bei S c h a f f u n g der N o r m e n n o c h n i c h t im E i n z e l n e n b e d a c h t w e r d e n k o n n t e n . 9 0 D i e s e F l e x i b i l i t ä t setzt a b e r n o t w e n d i g e r w e i s e eine generalklauselartige W e i t e der B e s t i m m u n g e n voraus. D a t e n s c h u t z n o r m e n in F o r m v o n G e n e r a l k l a u s e l n sind d a r ü b e r hinaus a u c h bei all d e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n K o n s t e l l a t i o n e n v o n p r a k t i s c h e r B e d e u t u n g , w o eine V i e l z a h l v e r s c h i e d e n e r I n t e ressen u n t e r j e w e i l s v e r s c h i e d e n e n R a h m e n b e d i n g u n g e n a u f e i n a n d e r treffen u n d es d a h e r u n m ö g l i c h ist, eine allgemein gültige G e w i c h t u n g der im j e w e i l i g e n E i n zelfall tatsächlich i n v o l v i e r t e n I n t e r e s s e n zu treffen. Soll es hier n i c h t zu e i n e m o h n e h i n i l l u s o r i s c h e n - G e s e t z e s p e r f e k t i o n i s m u s k o m m e n , b l e i b t n u r der R ü c k griff auf a l l g e m e i n e G e n e r a l k l a u s e l n , w i e sie seit der ersten F a s s u n g des B D S G aus d e m d e u t s c h e n D a t e n s c h u t z r e c h t b e k a n n t u n d seitdem auch G e g e n s t a n d der K r i tik sind. 9 1 D i e K o n s e q u e n z s o l c h e r A l l g e m e i n k l a u s e l n w i e etwa der allgemeinen I n t e r e s s e n a b w ä g u n g s k l a u s e l n der § § 2 8 , 2 9 B D S G ist, dass die gleichen V o r s c h r i f t e n für eine V i e l z a h l v e r s c h i e d e n e r I n s t i t u t i o n e n v o n jeweils s e h r

unterschiedlicher

Struktur und Zielsetzung gelten.92 Verbraucher- und Handelsauskunfteien werd e n v o n i h n e n e b e n s o erfasst wie D e t e k t e i e n , A d r e s s h ä n d l e r , M a r k t - u n d M e i nungsforschungsinstitute oder Marketingagenturen. Die Unbestimmtheit

der

R e g e l u n g e n m i t ihren i n h a l t s l o s e n u n d d e h n b a r e n K r i t e r i e n w i e „ b e r e c h t i g t e I n t e r e s s e n " o d e r „ s c h u t z w ü r d i g e I n t e r e s s e n " b r i n g t eine e n t s p r e c h e n d e V a r i a t i o n s b r e i t e m ö g l i c h e r N o r m i n t e r p r e t a t i o n e n m i t sich u n d f ü h r t d a m i t zu e i n e m für alle

Bull, R D V 1999, 148 (151). Bull, ZRP 1998, 310 (314). 91 Siehe etwa die Kritik Mallmanns am Beispiel der Kreditinformationssysteme; O. Mallmann, Zielfunktionen des Datenschutzes, S. 11 Off. 92 Vergleiche Mallmann a.a.O., S. 111. 89 90

100

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

R e g e l u n g s a d r e s s a t e n u n e r f r e u l i c h e n Z u s t a n d der R e c h t s u n s i c h e r h e i t . 9 3 D i e diffizile u n d k o m p l e x e A u f g a b e der I n t e r e s s e n a b w ä g u n g , die sich der G e s e t z g e b e r selbst n i c h t z u g e t r a u t hat, w i r d den G e r i c h t e n ü b e r l a s s e n . 9 4 D i e s e w i e d e r u m w i s sen sich o f t m a l s n u r d a d u r c h zu h e l f e n , dass sie die gesetzlichen A l l g e m e i n k l a u seln d u r c h andere, a b e r e b e n s o allgemeine K l a u s e l n e r s e t z e n . 9 5 I m E n d e f f e k t f ü h ren u n b e s t i m m t e B e g r i f f e w i e die des b e r e c h t i g t e n Interesses dazu, dass p r a k t i s c h n a h e z u j e d e v o n der v e r a n t w o r t l i c h e n Stelle g e w ü n s c h t e D a t e n v e r a r b e i t u n g ger e c h t f e r t i g t w e r d e n k a n n . 9 6 „ U n t e r B e r u f u n g auf ihr b e r e c h t i g t e s V e r a r b e i t u n g s interesse legitimiert sich die W i r t s c h a f t fast alles selbst: die E r s t e l l u n g v o n I n t e r e s sen- u n d P e r s ö n l i c h k e i t s p r o f i l e n f ü r V e r m a r k t u n g s z w e c k e , die E r s t e l l u n g v o n B o n i t ä t s p r o f i l e n z u m Z w e c k e der R i s i k o b e w e r t u n g bei vertraglicher V o r l e i s t u n g , o d e r gar die N u t z u n g v o n V i d e o b i l d e r n für k o m m e r z i e l l e Z w e c k e . " 9 7 D i e G e n e ralklauseln erweisen sich auf diese W e i s e als das „ideale M i t t e l " , b e v o r z u g t e D a t e n v e r a r b e i t u n g s p r a k t i k e n a u c h u n t e r der G e l t u n g des B D S G o h n e A b s t r i c h e beizubehalten.98 V e r z i c h t e t w e r d e n k a n n auf diese A l l g e m e i n k l a u s e l n g l e i c h w o h l nicht. S o l a n g e w i e e t w a im d e u t s c h e n R e c h t der A u s g a n g s p u n k t eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s m o d e l l s ein allgemeines, g r u n d s ä t z l i c h alle F o r m e n der D a t e n v e r a r b e i tung u m f a s s e n d e s D a t e n v e r a r b e i t u n g s v e r b o t ist, muss zugleich

sichergestellt

sein, dass z u m i n d e s t alle F o r m e n einer n o t w e n d i g e n u n d gerechtfertigten D a t e n v e r a r b e i t u n g v o n diesem V e r b o t a u s g e n o m m e n sind. W e n n aber der G e s e t z g e b e r diese F a l l g r u p p e n n i c h t a b s c h l i e ß e n d v o r h e r s e h e n k a n n , muss er durch e n t s p r e c h e n d allgemein gehaltene I n t e r e s s e n a b w ä g u n g s k l a u s e l n dafür S o r g e tragen, dass das prinzipielle D a t e n v e r a r b e i t u n g s v e r b o t n i c h t z u m u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n H i n -

Mallmann a.a.O., S. 111 f. In diesem Sinne Wiedemann, J Z 1990,695 (696), der sich an Stelle präventiver Gesetzesregelungen für eine repressive Gerichtskontrolle ausspricht: „Was wir heute nach jedweder Verfassungstheorie brauchen, ist nicht ,Mehr zwingendes Recht', sondern eine klar abgegrenzte Ermächtigung an die Gerichte, die Beachtung der Grundwerte und Grundrechte der Verfassung bei allen Verträgen zu überprüfen"; kritisch dagegen Mallmann, Zielfunktionen des Datenschutzes, S. 112: ,,[D]as sich auf die Möglichkeit nachträglicher Korrektur beschränkende Instrumentarium der Gerichte [ist] zur Steuerung eines sich begünstigt durch technologische Innovationen permanent verändernden und sich rasch expandierenden Informationsmarktes kaum geeignet. Gerade die Erkenntnis, dass eine gerichtliche Weiterentwicklung des Persönlichkeitsrechts den Einzelnen nicht wirksam gegenüber den informationsverarbeitenden Institutionen zu schützen vermag, dass vielmehr präventive Maßnahmen erforderlich sind, rief den Gesetzgeber auf den Plan." 93

94

95 Exemplarisch B G H NJW 1986, 2505 (zum Begriff der schutzwürdigen Belange im Sinne des §32 I 1 BDSG 1977). 96 Siehe Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 78. Siehe auch Kilian, Rekonzeptualisierung, S 151 (kaum Einschränkungen der Datennutzung); Roßnagel/Müller, CR 2004, 625 (630) (Generalklauseln als „Freikarten" für Datenverarbeiter); Nitsch, ZRP 1995, 361 (363) („weitgehend beliebig auslegbare" Paragraphen). 97 Weichen, DuD 2001, 264 (265). 98 Simitis, J Z 1986, 188 (189).

A. Der Konflikt zwischen Datenschutz

und Informationsfreiheit

101

dernis eines freien I n f o r m a t i o n s a u s t a u s c h s w i r d . D i e K r i t i k , die sich gegen die W e i t e d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r G e n e r a l k l a u s e l n richtet, ist d a m i t zugleich auch eine K r i t i k an der W e i t e des g r u n d s ä t z l i c h e n V e r b o t s der D a t e n v e r a r b e i t u n g : D i e s c h e i n b a r so strenge G r u n d r e g e l , dass eine D a t e n v e r a r b e i t u n g n u r zulässig ist, s o w e i t dies gesetzlich erlaubt ist o d e r der B e t r o f f e n e eingewilligt hat,

müsse

n o t w e n d i g e r w e i s e s o g l e i c h w i e d e r d u r c h inhaltslose G e n e r a l k l a u s e l n und e n t sprechende Erlaubnistatbestände zurückgenommen w e r d e n . " Zu hohe Anforder u n g e n an den D a t e n s c h u t z b r ä c h t e n a n g e s i c h t s a n d e r e r ebenfalls w i c h t i g e r Z i e l w e r t e n o t w e n d i g e r w e i s e die G e f a h r der A b s t u m p f u n g und des Vollzugsdefizits m i t s i c h . 1 0 0 D e r T o t a l v o r b e h a l t für die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n f ü h r e z u einer „ K o n t u r e n s c h w ä c h e " des R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g u n d riskiere d a m i t dessen „ B a n a l i s i e r u n g " . 1 0 1 Allerdings: D i e Notwendigkeit banalisierender und inhaltsloser Generalklauseln entfällt auch d a d u r c h nicht, dass m a n auf den A u s g a n g s p u n k t eines p r i n z i piellen D a t e n v e r a r b e i t u n g s v e r b o t s v e r z i c h t e t . 1 0 2 G i b t m a n das prinzipielle V e r b o t d e r D a t e n v e r a r b e i t u n g als A u s g a n g s p u n k t auf, tritt an dessen Stelle a u t o m a tisch die prinzipielle F r e i h e i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g . D a t e n dürfen e n t w e d e r g r u n d s ä t z l i c h frei v e r a r b e i t e t w e r d e n o d e r sie dürfen g r u n d s ä t z l i c h n i c h t verarb e i t e t w e r d e n - ein anderer, dritter A u s g a n g s p u n k t ist n i c h t d e n k b a r . In b e i d e n F ä l l e n k o m m t es a b e r zu einer z u n ä c h s t d i f f e r e n z i e r u n g s l o s e n W e i t e : e n t w e d e r im S i n n e eines „Alles ist v e r b o t e n " o d e r im S i n n e eines „Alles ist e r l a u b t " . U n d in b e i d e n Fällen muss diese d i f f e r e n z i e r u n g s l o s e W e i t e d u r c h D e t a i l r e g e l n o d e r G e n e r a l k l a u s e l n e b e n s o d i f f e r e n z i e r u n g s l o s a u c h w i e d e r relativiert w e r d e n : e n t w e d e r im S i n n e eines „Alles ist v e r b o t e n , s o w e i t es nicht erlaubt i s t " 1 0 3 o d e r im S i n n e eines „Alles ist erlaubt, s o w e i t es n i c h t v e r b o t e n i s t " . Ziel k a n n daher niemals die völlige A b s c h a f f u n g e r g e b n i s o f f e n e r G e n e r a l k l a u s e l n sein, s o n d e r n n u r deren engere F a s s u n g , u m s i c h e r z u s t e l l e n , dass D a t e n v e r a r b e i t e r n i c h t m e h r wie b i s h e r im E r g e b n i s p r a k t i s c h j e d e F o r m der g e w ü n s c h t e n D a t e n v e r a r b e i t u n g u n t e r B e r u f u n g auf „ b e r e c h t i g t e I n t e r e s s e n " r e c h t f e r t i g e n k ö n n e n .

c) Der Ausweg der

Privatautonomie

W e n n die Vielzahl der b e t r o f f e n e n I n t e r e s s e n u n d R e c h t e auf beiden Seiten k e i n e a l l g e m e i n gültige Privilegierung der einen o d e r a n d e r e n Partei erlaubt, w e n n eine 99 Bull, RDV 1999,148; im selben Sinne auch Krause, DB 1983, Beil. Nr.23,4: „Es ist evident, dass die differenzierungslose Weite des Ausschließlichkeitsrechts seine ebenso differenzierungslose Abschwächung der Anforderungen an die Eingriffsermächtigungen nach sich ziehen müsste." 100 Hoffmann-Riem, Kommunikative Entfaltung, S. 19. 101 Trute in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.5, Rdn. 11. 102 Siehe aber Bull, RDV 1999,148 (149), mit dem Vorschlag, auf eine generelle Regelung der Zulässigkeit von Datenverarbeitung zu verzichten und auf diese Weise auch die Schaffung inhaltsloser Generalklauseln und entsprechender Ausnahmetatbestände zu vermeiden. 103 So der Grundsatz des § 4 BDSG; vergleiche Schaffland/Wiltfang, BDSG, § 4 BDSG Rdn. 1.

102

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

differenzierende abschließende gesetzliche Festlegung in Form eines detaillierten Katalogs datenschutzrechtlicher Verbots- und Erlaubnistatbestände nicht praktikabel ist und wenn schließlich auch der Weg über allgemeine Generalklauseln Vorbehalten begegnet, bietet sich als Ausweg ein Interessenausgleich im Wege der Privatautonomie an. Der Gesetzgeber nimmt für sich von vornherein nicht in Anspruch, den Konflikt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit abschließend für alle Konstellationen sachgerecht regeln zu können. Stattdessen beschränkt er sich auf ein abgestuftes Regelwerk, das auf der Idee der Privatautonomie fußt und Generalklauseln und Detailregelungen nur vorsieht, soweit zwingende (Datenschutz- oder Datenverarbeitungs-)Interessen dies gebieten oder (unstreitige) gesetzliche Vorgaben in erster Linie einer effizienteren Abwicklung routinemäßiger Datenverarbeitungsvorgänge dienen. Im Übrigen aber konzentriert sich der Gesetzgeber auf die Gewährleistung von Rahmenbedingungen, die es den beteiligten Parteien ermöglichen, selbst für einen interessengerechten Ausgleich zu sorgen. 1 0 4 Mit der Maxime der Privatautonomie reiht sich das Datenschutzrecht in das Privatrecht ein, es teilt dessen Idee einer Freiheit des Einzelnen, seine Rechtsbeziehungen zu anderen in Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zu regeln. 105 Zugleich trägt die Maxime der Privatautonomie dem Umstand Rechnung, dass eine ex ante getroffene Wertung und Gewichtung der betroffenen Interessen im Bereich privater Datenverarbeitung kaum jemals möglich ist. J e unwahrscheinlicher aber ein allgemein gültiger, universeller Maßstab für die individuelle Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Betroffenen ist, desto mehr Bedeutung kommt einem individuellen Interessenausgleich kraft privatautonomer Parteivereinbarung zu. 1 0 6

104 Für eine „Entlastung" des Gesetzgebers durch privatautonome Lösungsansätze auch Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.44f., 71 ff. 105 Köhler, B G B AT, §5 I 1. 106 Bibas, 17 Harv. J . L . & Pub. Pol'y 591, 593 (1994) („the golden mean: a solution tailored to individual preferences and values").

B. Privatautonomer Datenschutz D i e M a x i m e eines p r i v a t a u t o n o m e n I n t e r e s s e n a u s g l e i c h s i m B e r e i c h privater D a t e n v e r a r b e i t u n g ist n i c h t u n u m s t r i t t e n . M i t H i n w e i s auf die o f t m a l s b e s t e h e n d e n Informations- und Machtungleichgewichte zwischen Datenverarbeitern und B e t r o f f e n e n wird die A u f f a s s u n g v e r t r e t e n , ein fairer u n d a u s g e w o g e n e r p r i v a t a u t o n o m e r I n t e r e s s e n a u s g l e i c h sei unrealistisch, weil im E n d e f f e k t stets der M ä c h t i g e re seine Interessen d u r c h s e t z e n k ö n n e . S o b e r e c h t i g t diese B e d e n k e n auch sein m ö g e n , b e d i n g e n sie a b e r g l e i c h w o h l k e i n e völlige A b k e h r v o n der Idee der P r i v a t a u t o n o m i e im D a t e n s c h u t z r e c h t . W a s sie stattdessen b e d i n g e n , ist eine A u s g e staltung der R a h m e n b e d i n g u n g e n , die gerade diese M a c h t - u n d I n f o r m a t i o n s d e fizite b e s o n d e r s b e r ü c k s i c h t i g e n u n d e n t s p r e c h e n d e S c h u t z - u n d V e r f a h r e n s m e c h a n i s m e n für einen fairen u n d g e r e c h t e n I n t e r e s s e n a u s g l e i c h z u r V e r f ü g u n g stellen.

I. Privatautonomie als bloße Fiktion? D i e V o r b e h a l t e g e g e n ü b e r p r i v a t a u t o n o m e m D a t e n s c h u t z r i c h t e n sich bislang in erster L i n i e gegen d e n E r l a u b n i s t a t b e s t a n d der E i n w i l l i g u n g , w e l c h e r im g e g e n w ä r t i g e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s m o d e l l das E l e m e n t der P r i v a t a u t o n o m i e in das D a t e n s c h u t z r e c h t trägt. D e r G e s e t z g e b e r halte mit der E i n w i l l i g u n g aller K r i t i k z u m T r o t z an einer F i k t i o n fest. 1 Tauglich sei die E i n w i l l i g u n g als Z u lässigkeitsvoraussetzung n u r d a n n , w e n n der B e t r o f f e n e auch tatsächlich die M ö g l i c h k e i t h a b e , selbst d a r ü b e r zu b e f i n d e n , o b u n d u n t e r w e l c h e n B e d i n g u n gen auf die ihn b e t r e f f e n d e n D a t e n z u g e g r i f f e n w e r d e n darf. G e r a d e daran fehle es a b e r in vielen F ä l l e n a u f g r u n d des z w i s c h e n D a t e n v e r a r b e i t e r n u n d B e t r o f f e n e n bestehenden Informations- und Machtungleichgewichts.

1. Das Problem des Informations-

und

Machtungleicbgewichts

D a s P r o b l e m des I n f o r m a t i o n s - u n d M a c h t u n g l e i c h g e w i c h t s ist n i c h t n e u . 2 S c h o n de lege lata zielen die g e s e t z g e b e r i s c h e n B e m ü h u n g e n darauf ab, d u r c h eine n ä h e re A u s g e s t a l t u n g der V o r a u s s e t z u n g e n f ü r eine w i r k s a m e E i n w i l l i g u n g d e m P r o Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn. 2. Allgemein zum Problem der gestörten Vertragsparität Coester-Waltjen, (18ff.); Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S.251 ff. 1

2

AcP 190 (1990), 1

104

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

blem des Macht- und Informationsgleichgewichts gegenzusteuern. Nach §4a I 1 B D S G ist eine Einwilligung nur dann wirksam, wenn sie auf der „freien Entscheidung" des Betroffenen beruht. Nach §4a 12 B D S G sind die Datenverarbeiter verpflichtet, den Betroffenen über Zweck und Freiwilligkeit der Datenverarbeitung aufzuklären. 3 Und nach §4a I 4 B D S G bedarf die Einwilligung einer besonderen Hervorhebung, wenn sie zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden soll, um sicherzustellen, dass dem Einzelnen überhaupt bewusst ist, dass er in eine Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten einwilligt. O b diese und ähnliche gesetzliche Vorgaben allerdings tatsächlich ein effektives Selbstbestimmungsrecht gewährleisten können, wird zu Recht bezweifelt: All diese gesetzlichen Anforderungen seien zwar gut gemeint, de facto aber kaum durchsetzbar. Der Weg für die Datenverarbeiter, über die Mitwirkung des Betroffenen an dessen Daten zu gelangen, ist durch die zusätzlichen gesetzlichen Erfordernisse „zwar steiniger, aber kaum unbegehbar" geworden. 4 a) Fehlende Transparenz - das Beispiel

Schufa-Klausel

Die seit über 20 Jahren regelmäßig wiederkehrenden Diskussionen um eine sachund interessengerechte Formulierung der so genannten Schufa-Klauseln verdeutlichen die Problematik, dass pauschal und missverständlich formulierte Einwilligungserklärungen den Betroffenen in vielen Fällen nicht erkennen lassen, welche Arten von Daten zu welchen Zwecken und auf welche Art und Weise verarbeitet werden. Bleibt der Einzelne darüber im Ungewissen, kann aber auch nicht gewährleistet werden, dass er tatsächlich bewusst und eigenverantwortlich seine Interessen gegenüber verarbeitenden Stellen wahrnimmt. Bereits 1979 sprach das O L G Celle 5 der von einer Bank in einem Bürgschaftsformular verwendeten Blanko-Ermächtigung zur Datenübermittlung an die Schufa eine rechtliche Wirksamkeit als Einwilligung im Sinne des §3 B D S G (1977) ab. 6 Die Formulierung der Einwilligung sei derart pauschal gehalten, dass der Einwilligende nicht übersehen könne, auf welche Daten sich seine Einwilligung insgesamt erstreckt. Gerade auch eine rechts- und geschäftsungewandte Person müsse aber in der Lage sein, die Tragweite ihrer Einwilligung zu übersehen. 7 Ebenso wenig erfolgreich waren die in der Folgezeit bundeseinheitlich eingeführten Schufa-Klauseln, die bei allen Kredit- und Kontoeröffnungsanträgen und Bürgschaftserklärungen Anwendung 3 §4a I 2 B D S G : „[Der Betroffene] ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen". 4 Bull, Weniger Verrechtlichung, S. 32f. 5 N J W 1980, 347. 6 Konkreter Wortlaut dieser „Datenschutz"-Einwilligungsklausel war: „Die Bürgen erklären sich damit einverstanden, dass die Bank die ihr bekannt gewordenen Daten speichert und die üblicherweise in Anspruch genommenen Auskunftsstellen durch Übermittlung der personenbezogenen Daten und der Aufnahme und Abwicklung der Bürgschaft unterrichtet." 7 O L G Celle N J W 1980, 347; zustimmend Schuster/Simon, N J W 1980, 1287.

B. Privatautonomer

Datenschutz

105

finden sollten. 8 Nach Ansicht des B G H , der in einem Verfahren nach dem damaligen § 1 3 A G B G über die Zulässigkeit der Schufa-Klausel für Kreditanträge zu entscheiden hatte, war auch diese Klausel unwirksam, da sie dem Kreditnehmer eine pauschale Einwilligung in die Weitergabe aller Kreditdaten an die Schufa abverlangte, ohne dass als Korrektiv eine Interessenabwägung hinzukäme, wie sie in § 2 4 B D S G a.F. für die Zulässigkeit einer Datenübermittlung grundsätzlich vorgesehen war. 9 Der B G H nahm aus diesem Grund an, dass die Schufa-Klausel für den Betroffenen zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 9 A G B G führen würde. 1 0 Die in Reaktion auf das B G H - U r t e i l von der Schufa in Abstimmung mit den Datenschutzaufsichtsbehörden neu entwickelte Schufa-Klausel" ist inzwischen ein weiteres Mal überarbeitet worden. 1 2 Obwohl die rechtliche Wirksamkeit der Klausel mittlerweile ganz überwiegend anerkannt ist, begegnet sie zumindest im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Maxime größtmöglicher Transparenz auch heute noch Bedenken. Der Informationsgehalt der Klausel hält mit der rasanten Ausweitung der Geschäftsfelder der Schufa nur begrenzt Schritt. So sind in der aktuellen Neufassung der Klausel zwar nunmehr die Telekommunikationsunternehmen explizit erwähnt, die sich infolge der Privatisierung des Telekommunikationssektors zu einer neuen Gruppe von Vertragspartnern entwickelt haben. 1 3 Für die Tatsache hingegen, dass die Schufa ihr Geschäftsfeld auch auf die Bereiche der Wohnungs- und Versicherungswirtschaft und der Inkassounternehmen ausgedehnt hat beziehungsweise auszudehnen plant, finden sich in der Klausel keinerlei Anhaltspunkte. 1 4 Auch im Hinblick auf den von der Schufa berechneten Scorewert dürfte die Transparenzwirkung der Schufa-Klausel allenfalls be-

Ziff. 1.5 der „Technischen Abwicklung des Auskunfts- und Meldeverfahrens (TA)". Für Kreditanträge lautete die Klausel: „Das Kreditinstitut ist berechtigt, der Schufa Daten des Kreditnehmers und etwaiger Mitschuldner über die Aufnahme (Kreditbetrag, Laufzeit, Ratenbeginn) und Abwicklung dieses Kredits zur Speicherung zu übermitteln." Zu dem entsprechenden Text für Kontoeröffnungsanträge und Bürgschaftserklärungen siehe Geiger, CuR 1985, 72 (73). 10 B G H Z 95, 362 (367f.) - „Schufa-Klausel"; zustimmend Dammann/Stange, ZIP 1986, 488 (489f.). 11 Zu dieser (inzwischen wieder überarbeiteten) Klausel siehe Dammann/Stange, ZIP 1986, 488 (491 f.), die davon ausgehen, dass mit der überarbeiteten Klausel den Bedingungen für eine wirksame datenschutzrechtliche Einwilligung entsprochen worden ist. Siehe auch Ungnade, Datenschutz im Kreditgewerbe, S. 96, aus dessen Sicht die Datenverarbeitung durch die SchufaKlausel für den Kunden transparent wird. 12 Anlass hierfür war in erster Linie das ständig erweiterte Geschäftsfeld der Schufa, dem diese entsprechend Rechnung tragen wollte. Bei der Neuformulierung fanden daneben auch Anregungen der Datenschutzaufsichtsbehörden Berücksichtigung; BfD, 18. T B (1999-2000), S. 181. 13 Vergleiche BfD a.a.O. 14 Zur Errichtung einer Warndatei im Wohnungswesen durch die Schufa (Werbeslogan „Mit uns finden Sie solvente Mieter") siehe BfD, 19. T B (2001-2002), S.68f.; Beckhusen, N Z M 2005, 481. Zur Ausdehnung auf die Geschäftsbereiche Wohnungswirtschaft, Versicherungswirtschaft und Inkassounternehmen siehe außerdem ULD SH, 26. T B (2004), Ziff. 5.7. 8 9

106

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

g r e n z t sein. B i s l a n g b e s c h r ä n k t sich die K l a u s e l auf den k u r z e n u n d allgemein gehaltenen H i n w e i s , die S c h u f a k ö n n e bei der E r t e i l u n g v o n A u s k ü n f t e n ihren V e r t r a g s p a r t n e r n „ e r g ä n z e n d einen aus i h r e m D a t e n b e s t a n d e r r e c h n e t e n W a h r s c h e i n l i c h k e i t s w e r t z u r B e u r t e i l u n g des K r e d i t r i s i k o s mitteilen ( S c o r e - V e r f a h r e n ) " . 1 5 E s k a n n k a u m a n g e n o m m e n w e r d e n , dass allein a u f g r u n d dieses H i n w e i ses d e m B e t r o f f e n e n bei der U n t e r z e i c h n u n g der S c h u f a - K l a u s e l ins B e w u s s t s e i n g e r u f e n w i r d , dass dieser S c o r e w e r t m ö g l i c h e r w e i s e a u s s c h l a g g e b e n d d a f ü r sein w i r d , o b ein T e l e k o m m u n i k a t i o n s u n t e r n e h m e n z u m A b s c h l u s s eines M o b i l f u n k vertrags m i t i h m b e r e i t ist, o d e r dass dieser S c o r e w e r t e n t s c h e i d e n d d a f ü r sein k a n n , w i e günstig ( o d e r u n g ü n s t i g ) die v o n der B a n k a n g e b o t e n e n Z i n s k o n d i t i o nen b e i m n ä c h s t e n K r e d i t v e r t r a g sein w e r d e n . 1 6 b)

Verständnisdefizite

- das Beispiel

Data

Warehouse

und Data

Mining

S e l b s t w e n n es v o n Seiten des D a t e n v e r a r b e i t e r s zu einer fairen u n d u m f a s s e n d e n I n f o r m a t i o n ü b e r die D a t e n v e r a r b e i t u n g k o m m e n sollte, ist d a m i t n o c h n i c h t sichergestellt, dass der B e t r o f f e n e die B e d e u t u n g seiner E i n w i l l i g u n g in die D a t e n v e r a r b e i t u n g tatsächlich a u c h z u t r e f f e n d b e u r t e i l e n k a n n . B e z o g e n auf den k o n k r e t e n D a t e n v e r a r b e i t u n g s a k t m a g f ü r ihn die A u s s a g e k r a f t der p r e i s g e g e b e n e n D a t e n z w a r n o c h ü b e r s c h a u b a r u n d n a c h v o l l z i e h b a r sein. D i e G e f a h r m o d e r n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g liegt j e d o c h darin, dass die A u s s a g e k r a f t v e r a r b e i t e t e r D a t e n mit jedem zusätzlichen D a t u m überproportional zunimmt. D a s einzelne person e n b e z o g e n e D a t u m , das p r e i s g e g e b e n w i r d , m a g f ü r sich g e n o m m e n vielleicht „ b a n a l " sein. I m K o n t e x t m i t b e r e i t s s c h o n z u v o r aus a n d e r e m Anlass g e w o n n e nen D a t e n u n d mit später u n t e r U m s t ä n d e n n o c h h i n z u k o m m e n d e n D a t e n geht diese B a n a l i t ä t a b e r schnell v e r l o r e n . I n f o l g e m o d e r n e r I n f o r m a t i o n s - u n d K o m m u n i k a t i o n s t e c h n o l o g i e n gibt es f ü r die S a m m l u n g u n d A u f b e w a h r u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n f a k t i s c h k e i n e u n ü b e r w i n d b a r e quantitative G r e n z e mehr. 1 7 P e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n k ö n n e n zeitlich und m e n g e n m ä ß i g u n b e g r e n z t gespeichert werden. Mittels D a t a Warehouse K o n z e p t e n k ö n n e n U n t e r n e h m e n person e n b e z o g e n e D a t e n aus all i h r e n v e r s c h i e d e n e n o p e r a t i v e n D a t e n b a s e n in eine e i n h e i t l i c h e D a t e n b a n k i n t e g r i e r e n . 1 8 M i t diesem Z u w a c h s an i n f o r m a t i o n e l l e r Q u a n t i t ä t geht ein Z u w a c h s an i n f o r m a t i o n e l l e r Q u a l i t ä t einher, w e n n die g e s a m m e l t e n u n d z u s a m m e n g e f ü h r t e n p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n zu Profilen aufbereitet und verdichtet werden. Automatisierte

individuellen

Analyseverfahren

Schufa-Klausel, abgedruckt in BfD, 18. T B (1999-2000), S.238 (Anlage 30). Zur individuellen Anpassung der Kreditzinsen durch die Banken je nach Bonität des Kreditnehmers siehe Finanztest 4/2003, 29 (33) („Individuelle Zinsen für Kredite"). 17 Scholz in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 9.2 Rdn. 1. 18 Zum Begriff des Data Warehouse („Daten-Lagerhaus") siehe Büllesbach, CR 2000,11 (12); Scholz a.a.O. Rdn. 3,17ff. Allgemein wird unter Data Warehouse die Strategie (einschließlich der damit verbundenen Technik) verstanden, alle bei einer Organisation vorhandenen Daten zeitund funktionsgerecht in einer einheitlichen Datenbank zur Verfügung zu halten, um sie je nach Belieben für unterschiedlichste Zwecke abrufen zu können. 15 16

B. Privatautonomer

Datenschutz

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helfen den Unternehmen dabei, solche Profile immer weiter zu vervollständigen und zu verfeinern und darüber hinaus auch Prognosen über zukünftiges Kundenverhalten zu erstellen. Mittels Data Mining sollen Daten aus komplex strukturierten Datenbeständen aufgespürt und kombiniert werden, um auf diese Weise verborgene Muster und Trends aufzudecken und neue, bisher unbekannte Informationen zu gewinnen: „Aus dem Rohstoff Daten sollen Informationen gewonnen werden, die in dieser Form vorher nicht vorlagen." 1 9 Es liegt auf der Hand, dass der einzelne Betroffene bei solcherlei komplexen Datenverarbeitungsvorgängen kaum einen adäquaten Wissensstand erreichen kann, um als informierter und eigenverantwortlicher Vertragspartner auftreten zu können. Wenn - wie beim Data Mining - teils nicht einmal die Datenbankbetreiber selbst wissen, nach welchen konkreten Erkenntnissen sie im Ergebnis suchen, 2 0 ist ausgeschlossen, dass der einzelne Verbraucher auch nur ansatzweise erahnen könnte, welche Schlussfolgerungen sich aus den von ihm offen gelegten Daten in naher oder ferner Zukunft noch ziehen lassen werden. Im Ergebnis verstärken Instrumente wie Data Warehouse und Data Mining das Informationsungleichgewicht zwischen Datenverarbeiter und Betroffenem noch weiter zuungunsten des letzteren. 21 Eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Preisgabe persönlicher Daten unter Abwägung der zu erwartenden Chancen und Risiken erscheint zunehmend schwieriger, wenn sich die Möglichkeiten der Verwertung personenbezogener Daten mehr und mehr dem Beurteilungsvermögen des Einzelnen entziehen. Dies gilt nicht nur für die Entscheidung über das O b einer Datenpreisgabe, sondern ebenso auch für die Frage, wie der Betroffene überhaupt den „Wert" seiner persönlichen Daten einschätzen soll - sowohl den (materiellen oder immateriellen) Wert, den die Daten für ihn selbst haben, als auch den materiellen Wert, den die Daten für den Datenverarbeiter langfristig haben können; denn nur wenn der Einzelne diese Parameter einigermaßen realistisch abschätzen kann, besteht überhaupt die Chance, dass er als ernst zu nehmender Verhandlungspartner seine informationelle Selbstbestimmung nicht „unter Wert" preisgibt. c) Vermeintliche

Freiwilligkeit - take it or leave it

In anderen Fällen mag der Einzelne zwar die erforderliche Einsicht haben, er kann aber gleichwohl nicht autonom über das O b und Wie einer Einwilligung entscheiden, weil diese zwingender Bestandteil des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts ist und der Betroffene auf die Durchführung eben dieses Rechtsgeschäfts 19 Baeriswyl, R D V 2000,6. Zum Begriff des Data Mining („Datenbergbau") siehe auch Büllesbach, C R 2000, 11 (12); Niedermeyer in Gounalakis, Rechtshandbuch Electronic Business, § 19 Rdn. 60ff.; Widmer, Data Mining, S. 16. 2 0 Siehe Scholz in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 9.2 Rdn. 29: Data Mining soll „Antworten auf Fragen geben, die man nie gestellt hat." 21 Vergleiche Baeriswyl, R D V 2000, 6 (10).

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

nicht verzichten kann. Oftmals kann der Einzelne seine datenschutzrechtlichen Interessen nur formal privatautonom wahrnehmen, tatsächlich aber findet ein echtes freies Aushandeln der Bedingungen der Datenverarbeitung nicht statt. 22 Eine „vermeintliche Freiwilligkeit" 23 privatautonomen Handelns wird vor allem für die Bereiche angenommen, in denen der einzelne Betroffene mit einer Situation des „take it or leave it" konfrontiert ist: 24 Er kann sich als potentieller Versicherungsnehmer zwar weigern, die Gesundheitsfragen einer privaten Krankenversicherung zu beantworten, wird dann aber auch keine Aufnahme in diese Krankenversicherung finden; er kann sich als potentieller Bankkunde weigern, die Schufa-Klausel der Banken zu unterschreiben, kann dann aber im Zweifel auch kein Konto eröffnen und keinen Kredit aufnehmen; und er kann sich als Mietinteressent weigern, dem Selbstauskunftsverlangen des Vermieters nachzukommen, muss dann aber damit rechnen, dass das Mietobjekt an einen auskunftsfreudigeren Dritten vermietet wird. Es sei, so lautet der Einwand, vor diesem Hintergrund illusorisch anzunehmen, der einzelne Kunde habe tatsächlich eine Chance, sich den Verarbeitungswünschen seines Gegenübers zu entziehen oder zumindest Einfluss auf die Art und Weise der Datenverarbeitung zu nehmen. 25 Privatautonomie im Datenschutzrecht verkümmere damit aber mehr und mehr zu einer reinen Fiktion. 26 2. Privatautonomie trotz Informationsund Machtungleichgewicht Die Bedenken gegen den Erlaubnistatbestand der Einwilligung sind nicht neu. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zum B D S G von 1977 wurde von Seiten der Verbraucherorganisationen eingewandt, der Kunde werde sich im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen einer Klausel etwa des Inhalts „mit der Datenverarbeitung bin ich einverstanden" unterwerfen müssen, ohne die möglichen Konsequenzen der Datenweitergabe erahnen zu können. 27 Diese und ähnliche Einwände sind bis heute beständig erneuert und wiederholt worden, 28 ohne dass deshalb jedoch die Einwilligung im Gefüge der zulässigen Datenverarbeitungstatbestände an normativem oder tatsächlichem Gewicht verloren hätte. Im Ge22 Siehe schon B G H Z 95, 362 (367f.) - „Schufa-Klausel": „Wenn die Verwender den Abschluss bestimmter Verträge generell von der formularmäßigen Einwilligung abhängig machen, besteht in Fällen, in denen der Kunde auf den Vertragsschluss angewiesen ist, die Gefahr, dass ihm jede echte eigene Entscheidung verwehrt ist und seine Einwilligung zu einer reinen Formalität absinkt". 23 Bull, R D V 1999, 148 (150). 24 Siehe hierzu auch Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, §4a B D S G 01 Rdn. 16f. 25 Simitis in Simitis/Dammann/Mallmann/Reh, B D S G (3. Aufl.), §3 Rdn. 12. 26 Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 91; Schapper/Dauer, R D V 1987,169 (170); Simitis in ders., B D S G , §4a Rn.2ff. 27 Liedtke, Bundesdatenschutzgesetz, S. 163. 28 Siehe etwa Simitis in Simitis/Dammann/Mallmann/Reh, B D S G (3. Aufl.), § 3 Rdn. 13 („Der Gesetzgeber hat sich daher in §3 S. 1 Nr. 2 für eine überaus fragwürdige Zulässigkeitsregelung entschieden.").

B. Privatautonomer

Datenschutz

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genteil, i h r e B e d e u t u n g n i m m t e h e r n o c h z u . I m R a h m e n der n e u e r e n b e r e i c h s s p e z i f i s c h e n D a t e n s c h u t z r e g e l u n g e n für d e n T e l e k o m m u n i k a t i o n s - u n d M e d i e n b e r e i c h k o m m t der E i n w i l l i g u n g eine B e d e u t u n g als „der z e n t r a l e M e c h a n i s m u s z u r D a t e n s c h u t z k o n t r o l l e " z u . 2 9 U n d selbst f ü r den Fall der V e r a r b e i t u n g b e s o n ders sensitiver D a t e n hat sich der G e s e t z g e b e r bei der U m s e t z u n g der E U - D a t e n s c h u t z r i c h t l i n i e nicht d a z u d u r c h r i n g e n k ö n n e n , auf den E r l a u b n i s t a t b e s t a n d der E i n w i l l i g u n g zu v e r z i c h t e n - o b w o h l die R i c h t l i n i e selbst a u s d r ü c k l i c h die M ö g l i c h k e i t v o r s i e h t , dass mitgliedstaatliche R e g e l u n g e n eine E i n w i l l i g u n g in die V e r a r b e i t u n g b e s o n d e r s sensitiver D a t e n n i c h t z u l a s s e n . 3 0 V i e l m e h r b l e i b t auch i n s o w e i t eine E i n w i l l i g u n g in die V e r a r b e i t u n g m ö g l i c h , 3 1 ergänzt allein d u r c h eine w e i t e r e p r o z e d u r a l e S c h u t z v o r r i c h t u n g d a h i n g e h e n d , dass sich die E i n w i l l i g u n g in die V e r a r b e i t u n g dieser b e s o n d e r e n D a t e n „ a u s d r ü c k l i c h auf diese D a t e n b e z i e h e n " m u s s . 3 2 U n d auch f ü r die k ü n f t i g e D a t e n s c h u t z g e s e t z g e b u n g ist der E i n w i l ligung - z u m i n d e s t nach d e m W i l l e n der die D a t e n s c h u t z n o v e l l e v o r b e r e i t e n d e n G u t a c h t e r - eine tragende R o l l e als L e g i t i m a t i o n s g r u n d der D a t e n v e r a r b e i t u n g z u g e d a c h t . A l s der genuine A u s d r u c k i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g soll ihr g e g e n ü b e r d e n gesetzlichen E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e n ein eindeutiger V o r r a n g z u k o m m e n , sie soll im n i c h t - ö f f e n t l i c h e n B e r e i c h die H a u p t l e g i t i m a t i o n s g r u n d l a g e der D a t e n v e r a r b e i t u n g bilden u n d auf diese W e i s e auch dazu b e i t r a g e n , die N o r m e n f l u t u n d Ü b e r d i f f e r e n z i e r u n g im D a t e n s c h u t z r e c h t e i n z u s c h r ä n k e n . 3 3 a) Datenschutzrecht

als

Verbraucherschutzrecht

T r o t z d e r o b e n dargestellten I n f o r m a t i o n s - u n d M a c h t d e f i z i t e auf Seiten der V e r b r a u c h e r besteht auch kein A n l a s s , v o n der M a x i m e der P r i v a t a u t o n o m i e im D a t e n s c h u t z r e c h t A b s t a n d zu n e h m e n . D e r u n w i s s e n d e u n d s c h u t z b e d ü r f t i g e V e r b r a u c h e r ist kein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e s S p e z i f i k u m . I n f o r m a t i o n s - u n d M a c h t u n g l e i c h g e w i c h t e z w i s c h e n den B e t e i l i g t e n sind P r o b l e m e , die sich a u c h s o n s t i m P r i v a t r e c h t s v e r k e h r stellen. E b e n s o w e n i g w i e diese P r o b l e m e a b e r in anderen B e r e i c h e n des P r i v a t r e c h t s z u r g r u n d s ä t z l i c h e n A b l e h n u n g eines p r i v a t a u t o n o m e n A n s a t z e s f ü h r e n , 3 4 d ü r f e n sie a u c h i m d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n K o n t e x t dazu f ü h r e n , dass die Idee der P r i v a t a u t o n o m i e als s o l c h e a u f g e g e b e n w i r d . N u r ein 29 Wächter, Datenschutz, Rdn. 224; siehe auch a.a.O., Rdn. 83: „Die Einwilligung der Betroffenen wird damit immer mehr zum „Dreh- und Angelpunkt" der vertraglichen Gestaltung zum Datenschutzrecht." 30 Siehe Art. 8 II lit. a EU-Datenschutzrichtlinie; zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten zählt Art. 8 I der Richtlinie die personenbezogenen Daten, „aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Uberzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie ... Daten über Gesundheit oder Sexualleben." Zur entsprechenden Begriffsbestimmung im deutschen Recht siehe §3 I X BDSG. 31 Kritisch Geis, CR 1995, 171 (174). 32 §4a III BDSG. 33 Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.72f. 34 Zur (vermeintlichen) „Krise" der Privatautonomie siehe Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S.22ff.

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

p r i v a t a u t o n o m e r A n s a t z k a n n d e m m a n n i g f a l t i g e n u n d vielgestaltigen I n t e r e s s e n g e f l e c h t i m B e r e i c h privater D a t e n v e r a r b e i t u n g g e r e c h t werden. N u r bei ein e m p r i v a t a u t o n o m e n A n s a t z ist gewährleistet, dass individuelle F r e i h e i t gew a h r t u n d staatliche B e v o r m u n d u n g v e r m i e d e n w i r d . W o b e i der M a x i m e der P r i v a t a u t o n o m i e i m D a t e n s c h u t z r e c h t - e b e n s o w i e auch im sonstigen P r i v a t r e c h t - s e l b s t v e r s t ä n d l i c h kein a b s o l u t e r G e l t u n g s a n s p r u c h z u k o m m t . W a s ihr j e d o c h z u k o m m t , ist ein g r u n d s ä t z l i c h e r L e g i t i m i t ä t s a n s p r u c h : N i c h t die D a t e n v e r a r b e i t u n g kraft p r i v a t a u t o n o m e r I n d i v i d u a l v e r e i n b a r u n g , s o n d e r n die gesetzl i c h e n V e r b o t s - u n d E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e sind als A u s n a h m e n r e c h t f e r t i g u n g s b e dürftig. aa)

Notwendigkeit

eines dezentralen

Interessenausgleichs

D r e x l hat in seiner H a b i l i t a t i o n s s c h r i f t z u r w i r t s c h a f t l i c h e n S e l b s t b e s t i m m u n g des V e r b r a u c h e r s f ü r den B e r e i c h des V e r b r a u c h e r s c h u t z r e c h t s aufgezeigt, dass es bei der Vielgestaltigkeit individueller V e r b r a u c h e r i n t e r e s s e n k a u m m ö g l i c h ist, diese I n t e r e s s e n ex ante allgemein gültig zu b e s t i m m e n . 3 5 A u f g a b e des R e c h t s sei es daher, S i t u a t i o n e n zu f ö r d e r n , in d e n e n V e r b r a u c h e r w e i t e s t g e h e n d selbst in die L a g e versetzt w e r d e n , ihre eigenen I n t e r e s s e n z u r G e l t u n g zu b r i n g e n . 3 6 F ü r das D a t e n s c h u t z r e c h t gilt n i c h t s anderes. A u c h hier s c h e i n t es, gerade im B e r e i c h privater D a t e n v e r a r b e i t u n g , k a u m m ö g l i c h , dass der G e s e t z g e b e r abstrakt u n d allgem e i n gültig b e s t i m m t , w e l c h e D a t e n v e r a r b e i t u n g in w e l c h e r F o r m und w e l c h e m U m f a n g a m ehesten den I n t e r e s s e n der B e t e i l i g t e n e n t s p r i c h t . Z u u n ü b e r s c h a u b a r ist die V i e l z a h l u n d Vielfalt der b e t r o f f e n e n I n t e r e s s e n u n d Interessenträger. 3 7 N i c h t n u r ist es u n m ö g l i c h , auf einer a b s t r a k t - a l l g e m e i n e n E b e n e einen p r i n z i piellen V o r r a n g v o n D a t e n s c h u t z o d e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t zu

rechtfertigen.

E b e n s o w e n i g ist es auch realistisch, b e s t i m m t e I n t e r e s s e n t y p e n h e r a u s z u a r b e i ten, diese allgemein gültig zu g e w i c h t e n u n d g e g e n e i n a n d e r a b z u w ä g e n , u m auf diese Weise „ t y p i s c h e " I n t e r e s s e n k o l l i s i o n e n antizipierend zu regulieren. B e i der u n ü b e r s c h a u b a r e n V i e l z a h l u n d Vielfalt der b e t r o f f e n e n Interessen u n d der beteiligten I n t e r e s s e n t r ä g e r muss es in erster L i n i e den B e t e i l i g t e n selbst ü b e r l a s s e n b l e i b e n , ihre individuellen u n d e i n z e l f a l l b e z o g e n e n I n t e r e s s e n d u r c h ein e b e n s o individuelles u n d e i n z e l f a l l b e z o g e n e s A u s h a n d e l n in einen s a c h - u n d interesseng e r e c h t e n A u s g l e i c h zu b r i n g e n . D e r G e s e t z g e b e r hingegen kann als a u ß e n s t e h e n d e r D r i t t e r stets n u r m e h r o d e r w e n i g e r pauschal auf allgemein gültige B e w e r tungskriterien zurückgreifen.

35 Siehe Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 69 („Insbesondere erweist sich die Vorstellung von vorgegebenen Verbraucherschutzinteressen als trügerisch. Solche Interessen sind in aller Regel nicht allen Verbrauchern gemeinsam."). 36 A.a.O. 37 Vergleiche (zum Konflikt unterschiedlicher Verbraucherinteressen) Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 66 („Die Summe der individuellen Interessen einzelner Verbraucher ergibt nicht notwendig ein gleichgerichtetes Interesse der Verbraucherschaft insgesamt").

B. Privatautonomer

Datenschutz

111

Solche allgemein gültigen Kriterien lassen sich im Datenschutzrecht allerdings nur schwer oder überhaupt nicht finden. So ist es etwa unmöglich, anhand der Art der betroffenen personenbezogenen Informationen deren Schutzwürdigkeit beziehungsweise die Schutzbedürftigkeit des jeweils betroffenen Interessenträgers für den konkreten Einzelfall zu bewerten. Die datenschutzrechtliche Maxime, dass es unter den Bedingungen automatisierter Datenverarbeitung kein belangloses Datum mehr gibt, 38 fußt auf der Einsicht, dass sich bei der Mannigfaltigkeit möglicher Datenverarbeitungskonstellationen keine absolut gültigen Maßstäbe über die Sensitivität und Schutzwürdigkeit von personenbezogenen Informationen aufstellen lassen. Selbst ein und dieselbe Person beurteilt die Schutzwürdigkeit bestimmter personenbezogener Informationen oftmals unterschiedlich, je nachdem, in welcher konkreten Rolle sie von der Datenverarbeitung betroffen ist. Der Einzelne hat eine durchaus ambivalente Einstellung zum Datenschutz, die sich in erster Linie darin äußert, dass die Schutzwürdigkeit der eigenen Daten grundsätzlich höher eingeschätzt wird als die der Daten Dritter. Den Großmut, niemanden aufgrund persönlicher Defizite zu diskriminieren oder ausschließlich nach seiner Vergangenheit zu beurteilen, nimmt man zwar gerne für sich selbst in Anspruch, wesentlich skeptischer wird dieses Privileg jedoch betrachtet, wenn es um die Beurteilung und Auswahl eines Gegenüber als Vertragspartner oder Vertrauensperson geht. Eine allgemein gültige Kategorisierung und Gewichtung bestehender Datenverarbeitungs- und Datenschutzinteressen lässt sich vor diesem Hintergrund offensichtlich nur schwer finden. Entsprechend verschiebt sich die Aufgabe des Gesetzgebers dahingehend, anstelle inhaltlicher Entscheidungen und pauschalisierender Vorgaben eine datenschutzrechtliche „Infrastruktur" zur Verfügung zu stellen, auf deren Grundlage es den Beteiligten - und insbesondere den Betroffenen - möglich ist, frei und eigenverantwortlich einen Interessenausgleich herbeizuführen. 3 9 bb) Gewährleistung

tatsächlicher

Selbstbestimmung

Die Maxime der Privatautonomie kann selbstverständlich keine ausnahmslose Geltung beanspruchen. Ergänzende oder einschränkende Regelungen sind vielmehr überall dort notwendig, wo aus der Ausübung formaler Privatautonomie ernste Gefahren für die soziale Gerechtigkeit erwachsen. Es geht darum, im Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Freiheit und sozialer Gerechtigkeit die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen, damit beide Ziele so weit wie möglich zur Geltung gelangen können. Es geht darum, Datenschutzrecht als Verbraucherschutzrecht so auszugestalten und in das Privatrecht zu integrieren, dass der einzelne Betroffene in der Lage ist, trotz bestehender Macht- oder Informations-

B V e r f G E 65, 1 (45) - Volkszählung. Zur Infrastrukturverantwortung des staatlichen Gesetzgebers siehe näher unten B II (Fn. 64). 38

39

112

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

Ungleichgewichte frei u n d eigenverantwortlich zu agieren. Dass formale Privatautonomie nicht stets zu einem gerechten Ausgleich zwischen den Parteien führt, ist keine neue Erkenntnis. Bereits 1894 hat dieser Umstand mit Erlass des A b z a h lungsgesetzes eine erste gesetzliche Anerkennung gefunden. 4 0 Ebenso wie der Gesetzgeber schon vor über hundert Jahren bei Abzahlungsgeschäften auf Schutzdefizite reagiert hat - und er dies im Laufe der Zeit noch bei zahlreichen anderen privatrechtlichen Beziehungen getan hat 41 - muss er heute auch auf Schutzdefizite unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung reagieren. Wobei es heute wie damals nicht darum geht, die Idee der Privatautonomie als solche zu negieren, sondern vielmehr darum, mittels Schaffung entsprechender rechtlicher Rahmenbedingungen einen gerechten Aushandelungsprozess zwischen Wirtschaft und Konsumenten zu gewährleisten. 42 Was für den Verbraucherschutz im Allgemeinen gilt, gilt ebenso auch für das Datenschutzrecht im Besonderen: Stets sind Ausnahmen vom Grundsatz eines privatautonomen Interessenausgleichs auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Erst wenn es trotz Schaffung entsprechender rechtlicher Rahmenbedingungen nicht mehr gewährleistet ist, dass der Einzelne selbst seine Rechte und Interessen frei und eigenverantwortlich wahrnimmt, soll der Staat auch inhaltlich gestaltend in private Rechtsverhältnisse eingreifen. Anstatt individuelle Selbstbestimmung durch immer noch spezifischere Tatbestände zulässiger und unzulässiger Datenverarbeitung zu ersetzen, müssen alle gesetzgeberischen Bemühungen zunächst einmal darauf ausgerichtet sein, individuelle Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu stärken und gesetzgeberische Interventionen auf ein praktikables Maß zu reduzieren. 4 3 Dies gilt umso mehr, als im bisherigen Datenschutzrecht die Einschränkungen individueller Selbstbestimmung oftmals gerade eine Schwächung informationeller Selbstbestimmung zulasten des einzelnen Betroffenen nach sich ziehen: Die Weite datenschutzrechtlicher Generalklauseln, insbesondere der allgemeinen Interessenabwägungsklauseln, führt in vielen Bereichen dazu, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten de facto am Betroffenen vorbei stattfindet. 4 4 Dieser kann weder auf die Frage des O b noch auf die Frage des Wie einer Verarbeitung seiner Daten irgendeinen effektiven Einfluss nehmen. Statt informationelle Selbstbestimmung durch zusätzliche inhaltliche 40

Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 19. Siehe insbesondere die Verbraucherschutzgesetzgebung der 70er Jahre mit der E i n f ü h r u n g des Widerrufsrechts im A b z G , der I n k o r p o r i e r u n g des ReiseveranstaherG in das B G B u n d dem Erlass des A G B - G e s e t z e s ; Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S.23f. 42 Siehe Weichen, D u D 2001,264 (265) (Gestaltung einer „verbraucherorientierten Informationsordnung"). 43 Siehe grundsätzlich Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S.209: „Entsprechend dem G e d a n k e n der Subsidiarität, der aus dem G e d a n k e n g u t der Sozialen Marktwirtschaft zu übernehmen ist, darf es keine rechtlichen Sonderregeln zugunsten des Verbrauchers geben, soweit der Verbraucher selbst in der Lage ist, seine Interessen zu verfolgen." 44 Siehe im Einzelnen unten B II. 41

B. Privatautonomer

Datenschutz

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Vorgaben noch weiter auszuhöhlen, muss daher der umgekehrte Weg zurück zu einem selbstbestimmten, privatautonomen Datenschutz eingeschlagen werden. Der Staat hat sich, ganz im Sinne eines ordoliberalen Gesellschaftsverständnisses, so weit wie möglich auf die Gestaltung datenschutzrechtlicher Spielregeln und „marktgängiger" Datenschutzinstrumentarien zu beschränken, nicht aber die inhaltlichen Ergebnisse privatrechtlicher Datenverarbeitungsprozesse vorzugeben. 4 5 cc) Keine staatliche

Bevormundung

Staatliche Selbstbeschränkung ist auch deshalb notwendig, um der Gefahr einer Bevormundung des einzelnen Betroffenen zu begegnen. Die Sensibilität gegenüber einer Einsichtnahme Dritter in den Privatbereich, die Bereitschaft, die eigenen personenbezogenen Daten für einen wirtschaftlichen Vorteil zu kommerzialisieren, oder das Bedürfnis, sich selbst seiner Privatheit im Lichte der Öffentlichkeit zu entäußern, ist von Person zu Person völlig unterschiedlich ausgeprägt. Als Datenschützer mag man es bedauern, dass Kunden für ein paar Bonuspunkte und Rabattprozente ohne Bedenken bereit sind, dem Handel ihr vollständiges Kaufund Interessenprofil zu überlassen. Die Nachfrage nach einem E-Mail-Provider, der als Gegenleistung für sein kostenloses Dienstleistungsangebot das Recht beansprucht, den E-Mail-Verkehr seiner Nutzer zu scannen und mit entsprechenden Werbeeinblendungen zu versehen, mag für diejenigen, denen das Briefgeheimnis heilig ist, schlicht nicht nachvollziehbar sein. Gleichwohl wäre es nicht gerechtfertigt, dass der staatliche Gesetzgeber ein bestimmtes Wunschbild vom datenschutzbewussten Bürger durch eine paternalistische Datenschutzgesetzgebung forciert. Solange besagter E-Mail-Provider keine Monopolstellung innehat und solange Kunden auch ohne Kundenkarten einkaufen können, solange also der Einzelne die Freiheit hat, seine datenschutzrechtlichen Präferenzen auch tatsächlich auszuüben, ist die Art und Weise, wie der Einzelne diese Freiheit ausübt, vom Gesetzgeber grundsätzlich auch so zu respektieren. Gesetzgeberischer Ausgangspunkt in einer freiheitlich pluralistischen Gesellschaft muss sein, dass es nicht nur den „einen" richtigen und verantwortungsvollen Umgang des Einzelnen mit seiner Freiheit gibt. Aufgabe des Datenschutzes ist es nicht, den Bürger im Sinne eines bestimmten idealistischen Leitbildes zu formen. Informationelle Selbstbestimmung soll dem Einzelnen die Befugnis verleihen, „grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen." 4 6 Aufgabe des Rechts ist es, solche Rahmenbedingungen zu schaffen, bei denen der Betroffene selbst weitestgehend in der Lage ist, 4 5 Siehe Weichen, DuD 2001,264ff. mit seiner Kritik am antiquierten B D S G und dem Plädoyer für ein „marktgängiges B D S G " , das den rechtlichen Rahmen für einen „gerechten Aushandelungsprozess zwischen Wirtschaft und Konsumenten" schaffen soll (a.a.O., S. 265); grundlegend Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S.209f. 4 6 BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung.

114

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

seine eigenen Interessen zur Geltung zu bringen. 47 Nicht aber geht es darum, dass der Staat bestimmt, was der Einzelne an Privatem preisgeben darf. 48 Die privatautonome Ausgestaltung datenschutzrechtlicher Rechte und Pflichten zwischen Betroffenen und Datenverarbeitern wird in einem so verstandenen Datenschutzmodell zu einem seiner zentralen Bausteine. Sie ist in Form einer kongruenten Interessenübereinstimmung mittels Vertrag, Einwilligung o.ä. das adäquateste und geeignetste Mittel für einen privatrechtlichen Datenschutz. 49 Je mehr umgekehrt der Staat dem Einzelnen an Entscheidungsfreiheit nimmt, desto mehr verliert Datenschutzrecht an privatrechtlicher Substanz. b) Der faktische

Zwang zur Datenpreisgabe

als soziales

Problem

Oftmals sind die Vorbehalte gegenüber dem Grundprinzip eines privatautonomen Datenschutzes nicht darauf zurückzuführen, dass dieses Prinzip zu datenschutzrechtlich unerwünschten Konsequenzen führt, sondern darauf, dass es sozialstaatlichen Anliegen nicht gerecht werden kann. Die datenschutzrechtliche Diskussion wird durch soziale Aspekte und Zielsetzungen überlagert. Probleme, die ihren Ursprung an sich in sozialen Missständen haben, werden zu datenschutzrechtlichen Problemen gemacht und sodann mit den Instrumenten des Datenschutzes zu lösen versucht. Dies gilt in erster Linie für die bereits angesprochenen Konstellationen des „take it or leave it", wenn dem Einzelnen de facto nur die Alternative bleibt, entweder seine Daten zu offenbaren oder seine Chance auf eine rechtsgeschäftliche Teilhabe zu verlieren. 50 aa) Berechtigte

Informationsinteressen

Datenschutzrechtlich ist eine faktisch zwangsweise Datenpreisgabe solange unproblematisch, als es sich hierbei um die Durchsetzung berechtigter Informationsinteressen handelt. Allein die Tatsache, dass Kreditgeber, Versicherer, Vermieter etc. im Regelfall stets ihre Informationsinteressen durchsetzen, begründet für sich genommen noch keine missbräuchliche Durchsetzung dieser Informationsinteressen. Dass sich Teilnehmer am Geschäftsverkehr ihre Vertragspartner nach deren finanzieller oder sonstiger „Qualität" aussuchen, ist legitimer Ausdruck privatautonomen Handelns. Ebenso wie es dem Verbraucher freisteht, sich den günstigsten, besten und zuverlässigsten Unternehmer auszusuchen, muss es auch jenem freistehen, sich seine ihm genehmen Vertragspartner auszuwählen. Vermieter haben ein nachvollziehbares Interesse daran, ihre Wohnungen einem solven47

Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 69. Siehe auch Holznagel/Sonntag in Roßnagel, H a n d b u c h Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn. 2: „Schließlich könnte es geradezu als Missachtung der Betätigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gesehen werden, dem Betroffenen die Möglichkeit der Einwilligung in die Datenverarbeitung per gesetzlicher Regelung zu entziehen" (Hervorhebung im Original). 49 Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 51. 50 Siehe oben B I 1 c. 48

B. Privatautonomer

Datenschutz

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ten und zuverlässigen Mieter zu überlassen. Banken, Versandhandels- oder Telekommunikationsunternehmen haben ein berechtigtes Interesse daran, nur kreditwürdigen Vertragspartnern gegenüber in Vorleistung zu gehen bzw. nur solchen Kunden einen Kredit zu gewähren. Unter dem Stichwort des „responsible lending" soll die kreditgebende Wirtschaft sogar verpflichtet sein, sich gerade auch im Interesse des Kreditnehmers selbst über dessen finanzielle Situation in Kenntnis zu setzen, um so dessen Uberschuldung vorzubeugen. 51 Ahnlich haben auch Versicherungen - sowohl im eigenen Interesse als auch im Interesse der von ihnen gebildeten Versichertengemeinschaft - ein berechtigtes Interesse daran, das Risikoprofil potentieller Versicherungsnehmer in Erfahrung zu bringen. Die Risikoabschätzung ist seit jeher zentrales Element jeder Privatversicherung und unverzichtbare Entscheidungsgrundlage für das O b und Wie eines Versicherungsvertrages. 52 Nur wenn ein Informationsgleichgewicht zwischen Versicherer und Versicherungsinteressent besteht, kann ausgeschlossen werden, dass sich Versicherungsinteressenten mit einem hohen Risiko zu günstigen Prämien einen ungerechtfertigt hohen Versicherungsschutz zulasten des Versicherungskollektivs verschaffen. 53

bb) Datenschutz als Instrument staatlicher

Sozialpolitik

Problematisch ist in diesen und anderen vergleichbaren Fällen daher nicht das Informationsbedürfnis der Unternehmen. Problematisch sind vielmehr die möglichen Konsequenzen, wenn eine Datenpreisgabe verweigert wird bzw. wenn die preisgegebenen Daten nicht den unternehmerischen Erwartungen entsprechen: die Ablehnung eines Kreditantrags, eines Mietvertrags oder eines Versicherungsantrags. Wobei dieses Problem aber gerade kein originär datenschutzrechtliches, sondern vielmehr ein soziales ist. Der Ausschluss derjenigen vom Markt, die ohnehin schon weniger privilegiert sind und durch weitere Ausgrenzung noch mehr ins Abseits geraten, ist nicht auf Datenschutzdefizite, sondern auf individuelle Ungleichheiten und Nachteile zurückzuführen. Entsprechend ist die Lösung dieser Probleme - zumindest primär - nicht eine Herausforderung an den Staat als Datenschutzgesetzgeber, sondern an den Staat als Sozialstaat. Es ist das verfassungsrechtliche Sozialstaatsprinzip, das den Staat dazu verpflichtet, eine soziale Grundsicherung für alle seine Bürger zu gewährleisten und für diejenigen zu sorgen, die „aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benach-

51 Nach dem Grundsatz der verantwortungsvollen Kreditvergabe soll sich der Kreditgeber vor Abschluss eines Kreditvertrags unter Ausnutzung aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel davon überzeugen, dass der Verbraucher vernünftigerweise dazu in der Lage sein wird, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen; siehe im Einzelnen Rott, Responsible Lending, S. 179ff.

Hoeren, VersR 2005, 1014. Näher zum Problem der sog. Risikoselektion Buchner, Genomanalyse, S. 315,329; Buyten/ Simon, VersR 2003, 813 (816); Fenger/Schöffski, NVersZ 2000, 449 (452). 52

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teiligungen in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind." 5 4 Aufgabe des Sozialstaates ist es, die „Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein" 5 5 sicherzustellen und soziale Sicherungssysteme gegen die Wechselfälle des Lebens zu schaffen. 56 Sicherlich kann der Staat einen Teil dieser sozialen Verantwortung wiederum auf Privatrechtssubjekte übertragen. Er hat dies in vielen Bereichen auch getan, etwa im Bereich des Arbeitsrechts. 5 7 Teils erfolgt eine solche Übertragung explizit, etwa wenn Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet werden, auch schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen 58 oder ihren Arbeitnehmern trotz krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit für einen bestimmten Zeitraum den Lohn zur Sicherung des Lebensunterhalts weiter zu bezahlen. 59 Eine Überantwortung kann aber auch weniger offensichtlich erfolgen und insbesondere auch über den Umweg des Datenschutzrechts: Wenn der Arbeitgeber beim Einstellungsgespräch in seinem Fragerecht (also in seiner Befugnis zur Datenerhebung) eingeschränkt wird, wenn er den Bewerber grundsätzlich nur nach akuten Erkrankungen zum Zeitpunkt des geplanten Dienstantritts fragen darf, nicht aber auch nach bloßen Krankheitsanlagen, so liegt auch dieser Einschränkung eine Zuordnung gewisser sozialer Risiken zugrunde. Es soll der Arbeitgeber sein, der bei laufendem Arbeitsverhältnis grundsätzlich das Risiko eines krankheitsbedingten Arbeitsausfalls zu tragen hat. 60 Und der Arbeitgeber soll sich dieser sozial motivierten Risikozuweisung auch nicht dadurch entziehen können, dass er mittels extensiver Datenerhebung versucht, von Anfang an nach „risikoreichen" und „risikoarmen" Arbeitnehmern zu selektieren und nur letztere einzustellen. Datenschutz wird auf diese Weise zu einem Instrument sozialer Interessenpolitik. Der Staat entzieht sich einer unmittelbaren sozialstaatlichen Verantwortung dadurch, dass er diese Privaten überantwortet. Individuelle Nachteile und U n gleichheiten werden dadurch behoben, dass Privatrechtssubjekte im rechtsgeschäftlichen Verkehr zur Unwissenheit über ihre potentiellen Vertragspartner verurteilt und so im Ergebnis zu einer differenzierungslosen Ausgestaltung sämtlicher privatrechtlicher Beziehungen gezwungen werden. Unternehmen treten dann - in verordneter Unwissenheit - auch mit solchen Verbrauchern in rechtsgeschäftlichen Kontakt, die bei völliger Transparenz vom Rechts- und GeschäftsBVerfGE 45, 376 (387); 100, 271 (284). BVerfGE 40, 121 (133); 82, 60 (80). 56 Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art.20, Rdn. 104f. 5 7 Zu den verschiedensten Erscheinungsformen des Sozialstaatsprinzips im Privatrechtsverhältnis siehe Neuner, Privatrecht und Sozialstaat, S. 237ff. 58 Siehe §71 I S G B IX. 54

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59

Siehe §3 I EFZG.

Was sich gerade auch aus besagtem § 3 I E F Z G ergibt. Allerdings soll der Arbeitgeber dieses Ausfallrisiko nicht unbegrenzt tragen, weshalb seine Entgeltfortzahlungspflicht zeitlich limitiert ist und ihm im Falle einer lang andauernden oder häufig wiederkehrenden Krankheit ein Kündigungsrecht zusteht; vgl. Buchner, Genomanalyse, S.324f. 60

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verkehr normalerweise ausgeschlossen wären. Möglich ist dies deshalb, weil dem Gesetzgeber als dem primären Adressaten des Sozialstaatsprinzips ein weiter Gestaltungsspielraum zugestanden wird, wie er dieses Prinzip konkretisieren will. Auch eine Beschränkung kollidierender Grundrechte, insbesondere der Freiheitsgrundrechte, soll hierbei in größerem Umfang zulässig sein.61 cc)

Zwischenfazit

Das Problem, dass der Einzelne in Situationen des „take it or leave it" einem faktischen Zwang zur Datenpreisgabe unterliegt, ist nur dann ein spezifisch datenschutzrechtliches Problem, wenn dessen Gegenüber kein berechtigtes Interesse an der Preisgabe bestimmter Daten geltend machen kann. Besteht hingegen ein berechtigtes Informationsinteresse, ist das eigentliche Problem nicht die Datenpreisgabe, sondern die potentielle Ausschlusswirkung „schlechter" Daten. Der Staat mag zwar auch dieses (soziale) Problem mit den Instrumenten des Datenschutzrechts lösen, indem er ein Verbot der Datenerhebung normiert. Tatsache ist jedoch, dass eine solche Überantwortung staatlicher Daseinsvorsorge auf Private stets auch erhebliche Einschränkungen für einen freien Rechts- und Wirtschaftsverkehr mit sich bringt. Teilnehmer am Rechts- und Wirtschaftsverkehr sind ganz wesentlich darauf angewiesen, Entscheidungen über das Ob und Wie ihrer Transaktionen informiert treffen zu können. Sie müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben, sie müssen die Möglichkeit haben, sich den für ihre Belange besten Partner auswählen zu können und sie müssen das Risiko einer rechtsgeschäftlichen Verbindung abschätzen können. Je weiter staatlich verordnete Unkenntnis geht, desto weniger bleibt von diesen existentiellen Voraussetzungen für einen funktionierenden Rechts- und Wirtschaftsverkehr übrig. Darüber hinaus führt staatlich verordnete Unwissenheit nicht allein zum (erwünschten) Effekt sozialer Fürsorge, sondern auch zu zahlreichen unerwünschten Nebeneffekten wie ineffizienten Transaktionen oder betrügerischen Leistungserschieichungen. 62 Rechtfertigungsbedürftig ist daher nicht die privatautonome Durchsetzung berechtigter Informationsinteressen, sondern umgekehrt deren Einschränkung aus sozialen Beweggründen unter dem Deckmantel des Datenschutzes. Konkret bedeutet dies für das Datenschutzrecht: Die Maxime eines privatautonomen Datenschutzes verliert nicht deshalb ihre Berechtigung, weil es hierdurch zu sozial unerwünschten Ergebnissen kommen kann. Die pauschale Vorgabe, dass eine Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten stets freiwillig erfolgen muss, ist weder notwendig noch realistisch. Faktisch zwingende Offenbarungen personenbezogener Daten sind an der Tagesordnung und unvermeidbar: Wer sich für eine Arbeitsstelle bewirbt, muss seine Qualifikationen ofJarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 20, Rdn. 111. Die denkbaren Beispiele sind vielfältig: etwa die Einstellung eines epileptisch veranlagten Piloten, die Lebensversicherung für einen unheilbar Erkrankten, der Mietvertrag mit einem zahlungsunfähigen Mieter oder die Lieferung auf Rechnung an einen zahlungsunwilligen Käufer. 61

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fen legen, wer eine Krankenversicherung beantragt, muss seinen Gesundheitsstatus offen legen und wer einen Kredit beantragt, seine Kreditwürdigkeit. Sorge tragen muss ein datenschutzrechtliches Regelungsmodell allein dafür, dass keine unberechtigten Informationsinteressen zwangsweise durchgesetzt werden. Möchte der Staat darüber hinaus auch für bestimmte Fälle unterbinden, dass Unternehmen ihre an sich berechtigten Informationsinteressen durchsetzen, ist dies in erster Linie sozialstaatlich, nicht datenschutzrechtlich motiviert und daher auch als ein solches Anliegen zu benennen.63 II. Grundbedingungen privatautonomen Datenschutzes Ist die Maxime eines privatautonomen Interessenausgleichs im Bereich privater Datenverarbeitung dem Grunde nach anerkannt, verschiebt sich die datenschutzrechtliche Fragestellung in einem nächsten Schritt dahingehend, welche konkreten Rahmenbedingungen gelten müssen, damit privatautonomer Datenschutz so effektiv wie möglich gewährleistet werden kann. An die Stelle staatlicher Erfüllungsverantwortung tritt eine staatliche Infrastruktur- und Gewährleistungsverantwortung.64 Ziel ist nicht die Herstellung einer inhaltlich fixierten Ergebnisgerechtigkeit, sondern die Wahrung einer Verfahrensgerechtigkeit. Der Staat muss den Rahmen für einen selbstverantworteten Umgang Privater mit Daten setzen, er muss deren Konventionsbildung und Interessenausgleich anregen und unterstützen, statt ihn selbst vorzunehmen.65 Dazu muss er dem Einzelnen die infrastrukturellen Voraussetzungen bieten, damit dieser auch tatsächlich handlungsfähig ist und seine datenschutzrechtlichen Interessen eigenverantwortlich wahrnehmen kann.66 Ein Blick auf die gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen privater Datenverarbeitung legt den Schluss nahe, dass dieser datenschutzrechtlichen Infrastrukturverantwortung bislang nur ansatzweise Rechnung getragen worden ist. In vielen Fällen findet eine Datenverarbeitung am Betroffenen vorbei statt. Dieser kann weder überblicken noch beeinflussen, wer welche Daten mit welcher Aussagekraft über ihn sammelt, verwertet und weitergibt. Er kann weder die Berechtigung und Richtigkeit einer Verarbeitung seiner 63 Der Schutz informationeller Selbstbestimmung spielt allerdings dann eine Rolle, wenn ein Datenverarbeitungsverbot auch das „Recht auf Nichtwissen" schützen soll. Die zwangsweise Durchsetzung von Informationsinteressen soll nicht dazu führen, dass der Betroffene unfreiwillig mit Wissen konfrontiert wird, etwa um seine genetische Konstitution, welches im Einzelfall zu einer erheblichen Belastung führen kann; siehe dazu Damm, Persönlichkeitsrecht, S. 130ff. 64 Zum Begriff der Infrastruktur-/Gewährleistungsverantwortung siehe Hoffmann-Riem, Risikogesellschaft, S. 787; ders., A ö R 123 (1998), 512 (534); Roßnagel in ders., Handbuch Datenschutzrecht, Kap.3.4 Rdn. 19ff.; ders., Z R P 1997, 26; Trute in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.5 Rdn. 5. 65 Trute a.a.O. 66 Roßnagel a.a.O., Rdn. 21; Büllesbach, Innovativer Datenschutz, S.20.

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Daten kontrollieren noch kann er nachvollziehen, welche Entscheidungen auf welchen personenbezogenen Informationen beruhen. In besonderem Maße gilt dieser Befund für den Bereich des Credit Reporting. Datenschutzrechtliche Defizite lassen sich daneben aber auch bei der Datenverarbeitung im Versicherungsoder Marketingbereich feststellen und sind für die Zukunft vor allem im Bereich des Mobile Computing zu befürchten. Ein Blick auf die genannten Bereiche legt allerdings nicht nur die bestehenden Defizite offen, sondern weist zugleich auch die Richtung, wie eine funktionierende datenschutzrechtliche Infrastruktur auszugestalten ist, damit der Einzelne sein informationelles Selbstbestimmungsrecht effektiv ausüben und den Prozess der Datenverarbeitung eigenverantwortlich gestalten kann. 1. Der Bereich des Credit

Reporting

Der Bereich des Credit Reporting wird in der bisherigen datenschutzrechtlichen Diskussion vor allem unter dem Aspekt kritisiert, dass der Einzelne oft keine Wahl hat, ob er Informationen zu seiner Kreditwürdigkeit offenbaren möchte oder nicht. Will er einen Mobilfunkvertrag abschließen, einen Kredit eingeräumt bekommen oder ein Girokonto eröffnen, ist dies regelmäßig nur unter der Bedingung einer Bonitätsauskunft möglich. Gleichwohl ist die Durchsetzung eines solchen Informationsverlangens nicht das eigentliche datenschutzrechtliche Problem. Will der Einzelne am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilnehmen, bedeutet es keinen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, wenn es zur Offenlegung solcher personenbezogenen Daten kommt, die für die Ausgestaltung und ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages von Relevanz sein können. Datenschutzrechtliches Grundproblem ist vielmehr, dass es dem einzelnen Betroffenen nicht möglich ist, den Prozess des Credit Reporting als solchen mitzubestimmen. Die bisherige Datenschutzgesetzgebung mit ihren pauschalen Interessenabwägungsklauseln führt in der Praxis dazu, dass der gesamte Prozess des Credit Reporting am Betroffenen vorbei stattfindet. Der Einzelne, um dessen Daten es eigentlich geht, hat auf den Prozess der Datenverarbeitung praktisch keinen Einfluss. Es sind die Kreditauskunfteien auf der einen Seite und die kreditgebende Wirtschaft auf der anderen Seite, die über die Art und Weise der Datenverarbeitung entscheiden, die personenbezogene Informationen untereinander austauschen und die den Einzelnen am Prozess der Datenverarbeitung weitgehend nicht als Subjekt teilhaben lassen, sondern faktisch zum Informationsobjekt degradieren. a) Die praktischen aa) Der Betroffene

Defizite als außenstehender

Dritter

Die mangelnde Einbindung des einzelnen Betroffenen in den Prozess der Datenverarbeitung ist Folge der bisherigen Grundstruktur des Credit Reporting. Kre-

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ditauskunfteien werden nicht im Auftrag und Interesse desjenigen tätig, über dessen Bonität sie Auskunft geben. Vertragspartner sind vielmehr die Unternehmen der kreditgebenden Wirtschaft - Kreditinstitute, Leasinggesellschaften, Einzelhandelsunternehmen, Telekommunikations- und Energieversorgungsunternehmen und sonstige Unternehmen, die gewerbsmäßig Geld- oder Warenkredite an Kunden vergeben.67 Diese Vertragspartner übermitteln den Auskunfteien Daten über die Beantragung, Aufnahme und Abwicklung von Krediten und melden Daten über nicht-vertragsgemäßes Verhalten. Im Gegenzug erhalten sie von den Kreditauskunfteien Informationen über die Bonität potentieller Kreditnehmer, Besteller, Mobilfunkkunden etc. 68 Es sind also die Auskunfteien und deren Vertragspartner, die den Prozess des Credit Reporting durch den wechselseitigen Austausch personenbezogener Informationen aktiv gestalten. Entsprechend ist das ganze System des Credit Reporting auch vor allem auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Ziel ist ein möglichst effizientes und kostengünstiges Informationsaustausch- und -Verarbeitungssystem, dessen Zweck im Sinne maximaler Risikoaversion in erster Linie darin besteht, die „schlechten" Schuldner auszusondern. Einem aktiven Verbraucher, der seine Mitwirkungsrechte einfordert, der die Verarbeitung seiner Daten kontrollieren möchte und der Fehler korrigiert wissen will, kommt in einem solchen System zuallererst eine Rolle als teurer und effizienzhemmender Störfaktor zu. Dies gilt vor allem aus der Perspektive der Kreditauskunfteien; deren Kunden sind die kreditgebenden Unternehmen, nicht die Verbraucher. Für ihren unternehmerischen Erfolg ist es daher zunächst einmal ohne Relevanz, wenn ihr Angebot nur wenig verbraucherfreundlich ist oder wenn sie gar im Einzelfall einen Verbraucher zu Unrecht als kreditunwürdig einstufen. Entsprechend gering ist das Interesse der Auskunfteien, dem Verbraucher die Rolle einzuräumen, die ihm aus der Sicht des Datenschutzrechts an sich zukommen müsste: die Rolle eines mündigen, informierten und eigenverantwortli-

6 7 So sind etwa im Schufa-Verbund mit knapp 2.300 Banken und Sparkassen fast alle deutschen Kreditinstitute vertreten, hinzu kommen an die 2.000 Händler und andere Dienstleister, über 60 Telekommunikationsfirmen, fast 50 Versicherungen, 75 Versorgungs- und 90 Inkassounternehmen und über 350 gewerbliche Wohnungsgesellschaften (Stand April 2003); siehe FINANZtest 2003, 29. 68 Die Schufa etwa differenziert bei den ihr angeschlossenen Unternehmen je nach Informationsbedarf im Wesentlichen nach A-Vertragspartnern (in erster Linie Kreditinstitute) und B-Vertragspartnern (z.B. Versandhäuser); siehe Prußeit/Umlandt, S C H U F A , S. 1. A-Vertragspartner übermitteln der Schufa Daten über die Beantragung, Aufnahme und Abwicklung von Krediten und melden Daten über nicht-vertragsgemäßes Verhalten. Im Gegenzug erhalten sie von der Schufa auch Auskünfte über alle gespeicherten Daten. Die Datenübermittlung der B-Vertragspartner an die Schufa beschränkt sich auf nicht-vertragsgemäßes Verhalten, umgekehrt erhalten sie auch nur Informationen über nicht-vertragsgemäßes Verhalten. Darüber hinaus bietet die Schufa allen Vertragspartnern als weitere Dienstleistung die Übermittlung eines so genannten Scorewerts an, der Schufa-Partnern die Prognose erleichtern soll, ob ein Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird oder nicht. Ausführlich zu den verschiedenen Vertragsausgestaltungen zwischen der Schufa und ihren Vertragspartnern Beckhusen, Schufa, S.46ff.

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chen Betroffenen, der die Verarbeitung seiner Daten überschauen, kontrollieren und korrigieren kann. Im Gegenteil: Je unwissender der Verbraucher ist, je weniger Einfluss er ausüben kann, desto ungestörter, effizienter und lukrativer kann der Handel mit Bonitätsdaten abgewickelt werden. bb) Das Problem intransparenter

Datenverarbeitung

Am deutlichsten zeigt sich das begrenzte Interesse der Auskunfteien an einer wirklichen Einbindung der Betroffenen in den Prozess des Credit Reporting am Beispiel des Credit Scoring,69 Das mit Abstand bedeutsamste Credit Scoring ist in Deutschland das Score-Verfahren der Schufa, welches von jener im Jahre 1996 eingeführt worden ist. Nach Auskunft der Schufa schätzen vor allem Banken, Handel und Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche diesen „zusätzlichen Service, wenn sie mit einer bisher unbekannten Person ,ins Geschäft kommen' möchten." Der Schufa-Score biete den Unternehmen eine „sichere Kulisse" für die oft notwendige Kreditentscheidung, indem der Score „übersichtlich und kurz gefasst" die Wahrscheinlichkeit von Geschäftsverläufen auf Kreditbasis beziffert. 70 Einfacher ausgedrückt: Mit dem Score gibt die Schufa ihren Vertragspartnern gegenüber eine Prognose darüber ab, ob ein potentieller Kunde ordnungsgemäß zahlen wird oder nicht. Berechnet wird dieser Scorewert auf der Basis standardisierter, mathematisch-statistischer Methoden. Durch eine Auswertung verschiedenster, bereits vorhandener Datensätze werden verschiedene Merkmalsgruppen mit jeweils unterschiedlichen Risikowahrscheinlichkeiten gebildet. Sodann werden die Daten der angefragten Person der Risikowahrscheinlichkeit einer Gruppe mit gleichartigen Merkmalen und damit einer bestimmten Risikoklasse zugeordnet.71 Schließlich wird mittels des Scorewerts die so erfolgte Risikoklassifizierung in Form eines Punktewerts zwischen 0 und 1.000 ausgedrückt. Je höher der Punktewert ist, desto besser waren in der Vergangenheit die Erfahrungen mit der entsprechenden Vergleichsgruppe und desto positiver fällt damit auch die Risikoprognose für die konkret angefragte Person aus, die dieser Vergleichsgruppe zugeordnet wird. Es ist vor allem das undurchsichtige Score-Verfahren, das der Schufa den wenig verbraucherfreundlichen Ruf einer „Blackbox" eingebracht hat.72 Anfangs ging 6 9 Ausführlich zum Credit Scoring auch die jüngst erschiene Studie des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein ( U L D ) , Scoringsysteme zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit (2006). 70 Schufa, Verbraucherinformation - Das Schufa-Score-Verfahren (Jan. 2004), S.2ff. 71 Kamiah, MMR 2/2003, S.V. 72 Siehe FINANZtest 4/2003, S.29 („Blackbox Schufa"); ULD, Scoringsysteme, S.45. Zur vergleichbaren Problematik (und Terminologie) in den USA siehe CFA/NCRA, Credit Score, S. 6, und Rodriguez/Carter/ Ogburn, Fair Credit Reporting, S. 350 („Another reason for the controversy over credit scores is that, even with their availability to consumers, the method by which they are calculated is not known to consumers, advocates, or regulators. The process by which a credit score is calculated has been likened to a ,black box.'").

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das Bemühen der Schufa um Intransparenz so weit, dass sie sich nicht einmal dazu bereit erklärte, auch den Betroffenen selbst den ihnen zugeordneten Scorewert mitzuteilen. 73 Erst auf Drängen der Aufsichtsbehörden hat die Schufa von dieser Praxis Abstand genommen und räumt nunmehr auch den Betroffenen selbst kostenpflichtig - die Möglichkeit ein, davon Kenntnis zu nehmen, wie die Schufa ihre Risikowahrscheinlichkeit einordnet. Was allerdings die maßgeblichen Parameter und deren Gewichtung angeht, die die Schufa zur Berechnung der Scorewerte heranzieht, darüber hüllt sich die Organisation noch immer beharrlich in Schweigen. 74 Die Schufa rühmt sich zwar selbst eines „Höchstmaßes an Transparenz" 7 5 und der „Bereitschaft, über die gesetzlichen Anforderungen hinaus alles zu tun, um den Gedanken der Transparenz weiter zu fördern." 7 6 Die Belege, die für diese Bemühungen angeführt werden, lassen das Eigenlob jedoch nur in Grenzen nachvollziehen. Die Informationsbroschüren, die die Schufa „in regelmäßigen Abständen" und „kostenlos" auflegt, und die „aktuellen Informationen" unter www.schufa.de 77 enthalten zwar viele bunte Bilder und aufmunternde Slogans. 78 Irgendwelche greifbaren Informationen darüber, welche Daten den Scorewert bestimmen und was diesen verschlechtert oder verbessert, finden sich dagegen nicht. 7 9 Stattdessen beschränkt sich die Schufa darauf, ihr Bemühen um Transparenz mit der abstrakt-wissenschaftlichen Beschreibung ihrer Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu belegen. Jedoch sind diese Informationen für den Durchschnittsverbraucher, falls er sie in ihrer Abstraktheit überhaupt nachvollziehen kann, weder interessant noch relevant. Bedeutsam ist für ihn allein, aufgrund welcher persönlichen Eigenschaften und aufgrund welcher konkreten Geschäftsvorgänge aus seiner Vergangenheit er gerade in diese oder jene Vergleichsgruppe eingeordnet und ihm deshalb gerade dieser oder jener entsprechende Score zugeordnet worden ist. Eine Legitimität kann dem Scoring aus Sicht der Betroffenen nur dann zukommen, wenn jene den ihnen zugeordneten Score zu ihrem eigenen Sein und Tun in Beziehung setzen können. Ansonsten bleibt der Score ein undurchschaubares und willkürlich von Dritten verhängtes Wert- oder Unwerturteil, das den Einzelnen zu einem bloßen O b j e k t unternehmerischen Informations- und Gewinnstrebens degradiert. Mit Blick auf die Vergangenheit scheint es auch kaum veranlasst, der Schufa einen besonderen Vertrauensbonus einzuräumen, was die Legitimität der ScoreBfD, 18. T B (1999-2000), S. 181. BfD, 19. T B (2001-2002), S. 167; den., 20. T B (2003-2004), S. 130. 75 So der Justitiar der Schufa Kamiah, M M R 1997, 395 (396). 7 6 A.a.O., S. 402. 7 7 A.a.O., S. 396 und Fn. 5. 78 Schufa, Verbraucherinformation - Das Schufa-Score-Verfahren (Jan. 2004), etwa S. 8 („Glück ist nicht zufällig - Sie schaffen die Grundlage") oder S. 13 („Das Ziel vor Augen - die Reise wird gelingen"). 7 9 Die Verfasser der Informationen ziehen es vor, statt ihrer eigenen Score-Rechnung die der Kfz-Haftpflichtversicherung als „gutes Beispiel" näher darzulegen; siehe Schufa a.a.O., S.5f. 73 74

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Berechnung angeht. Vor allem die Praxis, die Einholung einer Selbstauskunft als Negativkriterium im Rahmen der Bonitätsrisikoprognose zu bewerten, hat der Organisation sowohl von Seiten der Öffentlichkeit als auch von Seiten der Datenschutzaufsichtsbehörden erhebliche Kritik eingebracht. 8 0 Im Ergebnis bestrafte die Schufa den Einzelnen mit einer Verschlechterung seines Scorewerts dafür, dass dieser seinen gesetzlich garantierten Anspruch auf Auskunft über die zu seiner Person bei der Schufa gespeicherten Daten geltend machte. 81 Mittlerweile wird die Einholung einer Selbstauskunft zwar nicht mehr als Negativkriterium bei der Scoreberechnung berücksichtigt. Was jedoch bleibt, ist die Unsicherheit, welche anderen, möglicherweise ähnlich zweifelhaften Kriterien auch heute noch bei der Scoreberechnung berücksichtigt werden, ohne dass die Betroffenen darüber informiert sind. cc) Das Problem unrichtiger

Datenverarbeitung

Die datenschutzrechtlichen Bedenken wiegen umso schwerer, als die Datenverarbeitung der Auskunfteien nicht nur intransparent, sondern oftmals auch fehlerhaft und unvollständig ist. Richtigkeit und Vollständigkeit der Datenverarbeitung sind unverzichtbares Korrelat jeder Form der zulässigen Datenverarbeitung. 82 Gerade dann, wenn Entscheidungsprozesse nicht mehr von persönlichem Kontakt und individuellem Eindruck geprägt sind, sondern weitgehend anonymisiert, formalisiert und automatisiert ablaufen, sind korrekte Informationen von essentieller Bedeutung. 83 In der Anonymität des alltäglichen Geschäftsverkehrs bleibt kein Raum mehr für individuelle Uberzeugungsarbeit. Ein schlechter Credit Score kann nicht dadurch entkräftet werden, dass der Betroffene den Score durch weitere Informationen zu relativieren versucht oder die der Score-Berechnung zugrunde liegenden Informationen (die ihm im Regelfall ohnehin nicht bekannt sind) in Frage stellt. Entscheidungsprozesse sind im Interesse maximaler Effizienz, Kostengünstigkeit und Risikoaversion heute weitgehend so strukturiert, dass eigenverantwortliche und einzelfallbezogene Entscheidungen weder erforderlich noch erwünscht sind. Die komplexe Frage nach der Kreditwürdigkeit einer Person wird mit einer einfachen Zahl beantwortet, dem Score, welchen der zuständige Bearbeiter eines Kredit-, Kontoeröffnungs- oder sonstigen Antrags weder hinterfragen kann noch hinterfragen darf. Solange ein solcher Score auf einer zutreffenden Informationsgrundlage beruht, mag dessen Autorität im Sinne einer objektiven und unbestechlichen Entscheidungsgrundlage noch begrüßenswert sein. Kommt es jedoch zu Fehlern, sei es aufgrund von Identitätsverwechslungen, sei es aufgrund falscher, umstrittener oder unvollständiger Informationen, wird aus dem objektiven und unbestechli80 81 82 83

Siehe BfD, 18. T B (1999-2000), S. 182. Siehe §34 B D S G (Auskunft an den Betroffenen). Simitis in ders., B D S G , §28 Rdn. 33. Grundlegend O. Mallmann, Zielfunktionen des Datenschutzes, S. 70ff.

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chen ein starres und unbekehrbares System, das den von der fehlerhaften Datenverarbeitung Betroffenen hilf- und ratlos zurücklässt. Dabei sind die Fälle unrichtiger Datenverarbeitung im Bereich des Credit Reporting keinesfalls vernachlässigenswert. Auch wenn es für den deutschen Raum bislang noch keine umfassenderen Dokumentationen gibt, lässt bereits das heute zur Verfügung stehende D o kumentationsmaterial eine erhebliche Fehlerträchtigkeit des Credit Reporting befürchten. Die Berichterstattung in den Medien und die Tätigkeitsberichte der Datenschutzbehörden werfen ein äußerst zweifelhaftes Licht auf die Praxis des Credit Reporting. In regelmäßigen Abständen wird von falschen Auskünften, unsicheren Daten und gesetzeswidrigem Verhalten berichtet. 8 4 Die Einschätzung entspricht den Ergebnissen stichpunktartiger Erhebungen, die gezeigt haben, dass viele Kreditauskünfte veraltet oder unvollständig sind und mitunter sogar völlig falsche Informationen enthalten. 85 Schließlich kommt noch das Problem der Identitätsverwechslungen hinzu. Unbescholtene Verbraucher werden als schlechte Schuldner eingestuft, weil es aufgrund gleicher Namen und Geburtsdaten zu Personenverwechslungen bei der Datenverarbeitung gekommen ist. 86 Welche Dimension und Brisanz die Fehleranfälligkeit des Credit Reporting birgt, zeigt der Blick in die U S A , wo nicht nur die gesetzgeberische Aufarbeitung der gesamten Problematik wesentlich früher begonnen hat, sondern generell das gesellschaftliche Problembewusstsein und die rechtspolitische Auseinandersetzung über die Stärken und Schwächen des Credit Reporting schon weiter fortgeschritten sind. Trotz der detaillierten und umfangreichen Regelungen des F C R A ist eines seiner Hauptziele, die Genauigkeit des Kreditauskunftssystems, bislang kaum erreicht worden. Zahlreiche Studien belegen die hohe Fehlerquote von credit reports in den USA. 8 7 Die potentiellen Fehlerquellen für unrichtige Kreditaus84 Siehe etwa Wirtschaftswoche v. 9.10. 2000 („Schufa: Falsche Auskünfte und unsichere Daten"); Die Welt v. 10.10.2000 („TV-Magazin: Schufa schlampt mit Daten"); Handelsblatt v. 16.5. 2000 („Datenschützer werfen Schufa gesetzwidriges Verhalten vor"); zu diesen und anderen Medienberichten sowie zu den entsprechenden Tätigkeitsberichten der Datenschutzbehörden siehe Beckhusen, Schufa, S. 196f. 85 So die Untersuchung der Stiftung Warentest vom Herbst 2002: Von 100 Personen, die eine Selbstauskunft beantragten, erhielten lediglich 31 eine vollständige und korrekte Auskunft. Ansonsten enthielten die Auskünfte teils veraltete Daten (22) oder auch völlig falsche Informationen (4), oftmals fehlten Daten in den Auskünften (53). Sieben Personen bekamen von der Schufa überhaupt keine Antwort; FINANZtest 4/2003, S. 29 (30). Zu weiteren Erfahrungswerten siehe Beckhusen, Schufa, S. 195 ff. 8 6 Das Regierungspräsidium Darmstadt, die für die Schufa zuständige Aufsichtsbehörde, schildert in seinem Bericht vom Dezember 2003 mehrere Fälle solcher Personenverwechslungen, wobei es ausdrücklich offen lässt, ob es sich bei diesen Fällen nur um „die Spitze des Eisbergs" handelt oder um eine (relativ) geringe Verwechslungsquote. Jedenfalls sei es aber nicht gerechtfertigt, diese Verwechslungen einfach als unvermeidbar oder als „Mitarbeiterfehler" hinzunehmen; Hess. LT-Drs. 16/1680, S.24. 8 7 Nach einer Untersuchung der Public Interest Research Group (PIRG) aus dem Jahre 1998 enthielten 70 Prozent aller Kreditauskünfte fehlerhafte Informationen. Fast ein Drittel aller reports wiesen so gravierende Fehler auf, dass diese für die Ablehnung eines Kreditantrags aus-

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künfte sind vielfältig: falsche Auskünfte durch Dritte, Fehler bei der Übertragung und Übernahme von Daten, Identifikationsfehler und widersprüchliche oder unvollständige Akten. 88 Besonders fehleranfällig sind Angaben der Kreditauskunfteien über den Credit Score eines Verbrauchers. Nach einer Analyse von 500.000 Credit Scores und 1.700 credit reports kamen die Consumer Federation of America (CFA) und die National Credit Reporting Association ( N C R A ) in einer gemeinsamen Untersuchung aus dem Jahre 2002 zu dem Ergebnis, dass ein Fünftel aller amerikanischen Verbraucher dem Risiko ausgesetzt sind, aufgrund fehlerhafter Credit Scores in eine höhere Risikoklasse eingestuft zu werden. 89 Praktische Konsequenz einer solchen Fehleinstufung sind erhebliche finanzielle Einbußen des Betroffenen. Für den Hypothekenmarkt haben C F A und N C R A die finanziellen Mehrbelastungen auf bis zu 124.000 Dollar beziffert, 90 wenn der Hypothekenschuldner statt der günstigeren Zinssätze des so genannten „prime market" die des „subprime market" zahlen muss. 91 Für den deutschen Kreditmarkt sind in absehbarer Zukunft bei einer Fehleinstufung ähnliche finanzielle Konsequenzen zu befürchten. Schon heute kommt es auch hierzulande zu einer Staffelung der Kreditbedingungen je nach Bonität des Kreditnehmers. Unter „Basel II" wird diese Praxis weiter an Bedeutung gewinnen, wenn es Kreditinstituten möglich ist, durch eine genauere Analyse der Kreditfähigkeit im Verbrauchergeschäft die Eigenkapitalunterlegung zu verringern. 92 b) Der rechtliche

Status quo

Die bisherigen datenschutzrechtlichen Bemühungen haben auf die geschilderten Defizite noch keine adäquaten Antworten liefern können. Im Fokus der datenschutzrechtlichen Erörterungen steht noch immer die Frage, welche Arten von Daten unter welchen Voraussetzungen von Banken und anderen Unternehmen an die Auskunfteien übermittelt werden dürfen. Seit der B G H in seiner SchufaEntscheidung aus dem Jahr 1985 die Unzulässigkeit einer Einwilligungsklausel festgestellt hat, die pauschal zu einer Datenübermittlung an Dritte ermächtigt, wird für die Zulässigkeit der Datenübermittlung zwischen so genannten Positivund Negativmerkmalen unterschieden. Soweit es um die Weitergabe von Positivschlaggebend sein konnten; PIRG, Mistakes D O Happen (März 1998). Studien der amerikanischen Consumers Union wiesen für immerhin rund die Hälfte aller credit reports einen oder mehrere Fehler aus, wobei 20 Prozent der Fehler so schwerwiegend waren, dass sie die Versagung eines Kredit-, Miet- oder Arbeitsvertrages begründen konnten; Consumers Union, Consumer Reports 1991, 453; dies., Consumer Reports 2000, 52. 88 Vergleiche näher Rodriguez/Carter!Ogburn, Fair Credit Reporting, S. 163ff. CFA/NCRA, Credit Score, S. 39. Für eine Hypothek in Höhe von $ 150.000 mit einer Laufzeit über dreißig Jahren. 91 Ausschlaggebend für die Einstufung in den prime oder in den subprime market ist ein Credit Score oberhalb bzw. unterhalb der „magischen Grenze" von 620 Punkten (bei einer Punkteskala von 300 bis 850 Punkten); siehe Rodriguez/Carter/Ogburn, Fair Credit Reporting, S. 348. 92 Rott, Responsible Lending, S. 194. 89

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Privatrecht

merkmalen (Positivdaten) geht, also insbesondere von Daten über die Aufnahme und ordnungsgemäße Abwicklung von Geschäftsverbindungen (etwa Konto, Kredit u.a.), bedürfen Unternehmen zur Übermittlung solcher Daten an die Schufa oder andere Auskunfteien grundsätzlich der Einwilligung des Betroffenen. 93 Ein gesetzlicher Erlaubnistatbestand existiert insoweit nicht, insbesondere fehlt seitens der Banken das erforderliche überwiegende Interesse an einer Übermittlung, wie es §28 B D S G voraussetzt. 94 Was hingegen die Übermittlung „negativer" Daten an die Auskunfteien angeht, soll eine solche Übermittlung zumindest immer dann nach §28 I 1 Nr. 2 oder §28 III Nr. 1 B D S G zulässig sein, wenn es sich um sog. „harte" Negativmerkmale handelt, also um solche Daten, die eindeutig Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit und -Willigkeit des Betroffenen zulassen. 95 Das berechtigte Interesse der Allgemeinheit an einem Schutz vor der Vergabe von Krediten an Zahlungsunfähige und -unwillige zählt hier stets mehr als das Interesse des einzelnen Betroffenen an einer Vertraulichkeit der auf seine Person bezogenen Daten. 9 6 aa) Das Leitbild

des

Datengeheimnisses

In einem Datenschutzkonzept, das vom Leitbild des Datengeheimnisses geprägt ist, mag eine solche Fokussierung auf die Frage, welche Daten an Auskunfteien übermittelt werden dürfen und welche nicht, berechtigt sein. Den eigentlichen Problemen im Bereich des Credit Reporting wird dieser Fokus jedoch nur zum Teil gerecht. Datenschutzrechtlich problematisch ist es weniger, dass überhaupt Daten an Auskunfteien übermittelt und von diesen gespeichert werden, sondern viel eher, auf welche Art und Weise die Auskunfteien mit diesen Daten verfahren. Dass eine zu einseitige Fokussierung auf das Datengeheimnis durchaus fragwürdig sein kann, zeigt sich am Beispiel der so genannten Positivmerkmale. Den Interessen des einzelnen Betroffenen ist mit der prinzipiellen Unzulässigkeit einer Übermittlung positiver Daten nicht unbedingt geholfen. Geht man davon aus, 93 Kritisch zum Begriff der „positiven" Daten Beckhusen, Schufa, S.62f.: Irreführend sei dieser Begriff, weil er zu Unrecht impliziere, es handele sich hier stets um Merkmale, die positiv zugunsten des jeweiligen Betroffenen Berücksichtigung finden. So sei etwa der Umstand der Aufnahme eines Ratenkredits für sich genommen noch nicht positiv, sondern neutral. Zu einem positiven Umstand werde dieser erst dann, wenn seine vertragsgemäße Abwicklung in die Betrachtung mit einbezogen wird. 94 Mallmann in Simitis, B D S G , §29 Rdn. 54. 9 5 A G Elmshorn R D V 2005,174 (Zulässigkeit einer Übermittlung nach § 28 III Nr. 1 BDSG). 96 Duhr in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.5 Rdn. 32. Zu den „harten" Negativmerkmalen zählen unter anderem die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, Scheckkartenmissbrauch, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Den sog. „weichen" Merkmalen wie etwa der Einleitung eines Inkassoverfahrens, Mahnbescheiden, behaupteten Mietrückständen o.ä. fehlt hingegen eine solche „Autorität", da sie allein auf einseitiger Veranlassung des Gläubigers und nicht auf staatlicher Mitwirkung beruhen (Duhr a.a.O.). Zur Notwendigkeit einer Interessenabwägung im Einzelfall bei solchen „weichen" Negativmerkmalen siehe O L G Frankfurt ZIP 2005, 654.

B. Privatautonomer

Datenschutz

127

dass sich die Einstufung der Kreditwürdigkeit einer bestimmten Person gerade auch daran orientieren sollte, mit welchem Gewicht und in welchem Umfang sich positive und negative Bewertungsfaktoren gegenüberstehen, ist es durchaus im Interesse des Einzelnen, dass eben diese Positivmerkmale auch in vollem Umfang übermittelt und berücksichtigt werden. 97 Es macht für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit einen Unterschied, ob eine Person nur deshalb nicht negativ aufgefallen ist, weil sie ohnehin bislang noch nicht aktiv als Kreditnehmer, Kunde etc. in Erscheinung getreten ist, oder ob eine Person noch nie negativ aufgefallen ist, obwohl sie seit langem und in erheblichem Umfang am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. So betrachtet spräche sogar einiges dafür, eine Pflicht zur Datenübermittlung an die Schufa und andere Auskunfteien anzunehmen, soweit es um Positivdaten geht - zwar nicht deshalb, weil das Interesse der Kreditwirtschaft am Schutz vor zahlungsunwilligen oder -unfähigen Schuldnern einschlägig wäre, aber deshalb, weil eine solche Übermittlung im Interesse des Betroffenen selbst liegt. Unter den Gegebenheiten des heutigen Wirtschaftsverkehrs ist es nur wenig hilfreich, den Einzelnen durch eine möglichst weitgehende Wahrung seines Datengeheimnisses schützen zu wollen. Es ist davon auszugehen, dass es heutzutage in vielen Fällen schlicht nicht mehr möglich ist, anonym und unbeschrieben an wirtschaftlichen Transaktionen teilzunehmen - zumindest dann, wenn diese Transaktionen in mehr oder weniger großem Umfang auf einem Vertrauensvorschuss der Vertragspartner beruhen. Umso mehr verschiebt sich dann aber die Aufgabenstellung des Datenschutzrechts weg von einer bloßen Wahrung des Datengeheimnisses hin zu einer Verantwortung für den fairen und korrekten Umgang mit personenbezogenen Daten. Ziel ist es nicht, die Kreditwürdigkeit des Einzelnen geheim zu halten, sondern diese möglichst zutreffend und vollständig zu erfassen. bb)

Sanktionsdefizite

Für die Übermittlung kreditrelevanter Daten heißt dies konkret, dass das Bestreben der Auskunfteien und ihrer Vertragspartner dahin gehen sollte, negative und positive Daten gleichermaßen adäquat zu berücksichtigen, um auf diese Weise ein möglichst umfassendes und korrektes Bild vom einzelnen Betroffenen gewinnen zu können. Gewährleistet ist ein solches Bestreben nicht schon deshalb, weil man davon ausgehen sollte, dass die an der Datenverarbeitung Beteiligten selbst ein Interesse an einer möglichst zutreffenden Beurteilung der jeweiligen Verbraucher haben. Ziel des Credit Reporting ist es in erster Linie, schlechte Schuldner auszusondern, um auf diese Weise Zahlungsausfälle zu vermeiden. Ein allzu großes Be97 In dieselbe Richtung geht auch die Argumentation des B G H ( N J W 1984, 1889 (1890)), wonach der Datenbestand eines Kreditinformationssystems sowohl in positiver wie in negativer Hinsicht Wirkungen entfalte. Eine Beteiligung von Auskunfteien sei daher umso effektiver, je umfassender sie einen potentiellen Kreditgeber über die tatsächliche wirtschaftliche Situation eines Darlehensinteressenten unterrichten könne.

128

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

m ü h e n u m V o l l s t ä n d i g k e i t u n d G e n a u i g k e i t w ä r e ab e i n e m gewissen G r a d h i e r b e i n i c h t m e h r effizient. E f f i z i e n t e r ist es, eine gewisse F e h l e r q u o t e in K a u f zu n e h m e n , s o w e i t sichergestellt ist, dass die F e h l e r h a f t i g k e i t stets n u r zulasten des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n geht, i n d e m dessen K r e d i t w ü r d i g k e i t im Z w e i f e l e h e r zu n e gativ als zu p o s i t i v b e w e r t e t w i r d . Z w a r m a g es unter diesen U m s t ä n d e n v e r e i n zelt d a z u k o m m e n , dass auch ein an sich „ g u t e r " K u n d e u n e r k a n n t b l e i b t . A u s U n t e r n e h m e n s s i c h t fällt dieser Verlust e i n z e l n e r K u n d e n j e d o c h k a u m ins G e w i c h t u n d w i r d d u r c h das v e r e i n f a c h t e V e r f a h r e n und die d a m i t e i n h e r g e h e n d e E r s p a r n i s v o n z e i t l i c h e n u n d finanziellen R e s s o u r c e n m e h r als ausgeglichen. D i e u n t e r U m s t ä n d e n e r h e b l i c h e n u n d n i c h t zu r e c h t f e r t i g e n d e n N a c h t e i l e f ü r d e n j e weiligen B e t r o f f e n e n , der auf diese W e i s e zu U n r e c h t b e n a c h t e i l i g t o d e r gar ausg e s c h l o s s e n w i r d , f l i e ß e n in diese K a l k u l a t i o n hingegen n i c h t mit ein. 9 8 G a n z i m G e g e n t e i l , die V o r w ü r f e a m e r i k a n i s c h e r V e r b r a u c h e r s c h u t z o r g a n i s a t i o n e n g e h e n sogar dahin, dass K r e d i t g e b e r in der V e r g a n g e n h e i t teils b e w u s s t d a v o n a b g e s e hen h a b e n , p o s i t i v e K r e d i t d a t e n an A u s k u n f t e i e n w e i t e r z u l e i t e n , u m auf diese W e i s e zu v e r m e i d e n , dass sich V e r b r a u c h e r aufgrund einer besseren B o n i t ä t s e i n s t u f u n g für günstigere K r e d i t k o n d i t i o n e n q u a l i f i z i e r e n . " D a s s diese u n d a n d e r e M i s s s t ä n d e wie I n t r a n s p a r e n z o d e r U n r i c h t i g k e i t d e r D a t e n v e r a r b e i t u n g B e s t a n d h a b e n k ö n n e n , liegt in erster L i n i e daran, dass A u s k u n f t e i e n t r o t z aller U n z u l ä n g l i c h k e i t e n der D a t e n v e r a r b e i t u n g keine S a n k t i o nen b e f ü r c h t e n m ü s s e n - w e d e r r e c h t l i c h n o c h w i r t s c h a f t l i c h . D a n k g r o ß z ü g i g e r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e sind sie n i c h t auf eine A u t o r i s i e r u n g ihrer D a t e n v e r a r b e i t u n g d u r c h die e i g e n t l i c h e n B e t r o f f e n e n angewiesen. N i c h t der e i n z e l n e V e r b r a u c h e r , der v o n d e n K o n s e q u e n z e n einer u n d u r c h s c h a u b a r e n u n d f a l s c h e n B o n i t ä t s e i n s t u f u n g u n m i t t e l b a r b e t r o f f e n ist, ist der K u n d e u n d V e r tragspartner der A u s k u n f t e i e n , s o n d e r n die B a n k e n , K r e d i t i n s t i t u t e u n d a n d e r e k r e d i t g e b e n d e U n t e r n e h m e n . D e r e i n z e l n e V e r b r a u c h e r hat k e i n e M ö g l i c h k e i t , die f e h l e r h a f t e u n d für ihn nachteilige A u s k u n f t s p r a x i s einer A u s k u n f t e i d a d u r c h zu s a n k t i o n i e r e n , dass er dieser sein V e r t r a u e n e n t z i e h t u n d eine andere A g e n t u r als „ D a t e n a g e n t e n " b e a u f t r a g t . D a er w e d e r z a h l e n d e r K u n d e n o c h u n v e r z i c h t b a rer I n f o r m a t i o n s l i e f e r a n t ist, f i n d e t er sich im gesamten P r o z e s s des C r e d i t R e p o r t i n g in einer rein passiven R o l l e wieder, die es ihm v e r w e h r t , d u r c h eigenes A g i e r e n aktiv gestaltend das V e r h a l t e n der a n d e r e n T e i l n e h m e r a m I n f o r m a t i o n s p r o z e s s in s e i n e m I n t e r e s s e z u b e e i n f l u s s e n . E b e n s o w e n i g w i e die A u s k u n f t e i e n S a n k t i o n e n d u r c h den M a r k t zu b e f ü r c h ten h a b e n , m ü s s e n sie S a n k t i o n e n d u r c h das R e c h t b e f ü r c h t e n . D a s stets b e k l a g t e P r o b l e m des V o l l z u g s d e f i z i t s i m D a t e n s c h u t z r e c h t stellt sich b e i m C r e d i t R e p o r ting i m b e s o n d e r e n M a ß e . D a s B e m ü h e n der A u s k u n f t e i e n ist darauf g e r i c h t e t , 98 Zur Problematik rationalisierter und automatisierter Entscheidungsfindungsprozesse siehe auch Petri, Datenschutz und Privatwirtschaft, S.222: „Die betroffenen Menschen ... drohen in solchen Zusammenhängen zu einer bloßen wirtschaftlichen Rechengröße zu degenerieren." 99 Consumers Union, Financial Privacy, Consumer Reports 2000, 48.

B. Privatautonomer

Datenschutz

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das Gewicht datenschutzrechtlicher Vorgaben so weit wie möglich zu reduzieren oder zumindest die Auslegung datenschutzrechtlicher Vorschriften in ihrem Sinne zu beeinflussen. So wird dem Credit Score, de facto der entscheidende Parameter für die Einordnung eines Verbrauchers als kreditwürdig oder -unwürdig, bereits der Charakter als personenbezogenes Datum abgesprochen, um ihn auf diese Weise von vornherein den Vorgaben des Datenschutzrechts zu entziehen. 100 Die Ausübung von Auskunftsrechten wird erschwert oder faktisch unmöglich gemacht, indem der Ausnahmefall einer Entgeltlichkeit der Auskunft 101 zum Regelfall gemacht wird und unter Berufung auf technische Gründe Daten wie der an Dritte übermittelte Scorewert nicht gespeichert werden und damit auch nicht mitgeteilt werden können. 102 Zugleich werden durch die unzureichende Beauskunftung im Ergebnis auch die Korrekturrechte des Betroffenen unterlaufen. Wenn der Betroffene weder weiß, welcher Score an wen mitgeteilt wird, noch weiß, auf welcher Informations- und Berechnungsgrundlage dieser basiert, wird ihm faktisch jede Möglichkeit der Kontrolle und Berichtigung abgeschnitten. Hinzu kommt, dass auch auf Seiten der Unternehmen das Bestreben dahin geht, den Einzelnen darüber im Unklaren zu lassen, welche konkreten Daten der Entscheidung über das O b und Wie eines Vertragsschlusses zugrunde gelegt werden. J e weniger transparent und nachvollziehbar ihre Entscheidung für den Verbraucher ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich Unternehmen auf eine Diskussion über die Berechtigung und Richtigkeit der Entscheidungsfindung einlassen müssen, wenn sie auf der Grundlage der ihnen übermittelten Daten einen Antrag auf Kredit, Kontoeröffnung etc. ablehnen. 103 Wobei selbst die Offenlegung eines guten Credit Scores nicht unbedingt im Interesse der Kreditinstitute ist, da diese mit jeder Weitergabe solcherlei Informationen auch die Verhandlungsposition ihres Gegenübers stärken und somit befürchten müssen, dass dieser im Wissen um seine bessere Kreditwürdigkeit auch auf bessere Konditionen drängt und als informierter und sclbstbcwusstcr Kunde sein Rating als Verhandlungskapital mit einbringt. 104

100 In diesem Sinne etwa der Justitiar der Schilfa ( K a m i a h , M M R 2/2003, S.VI); anderer Ansicht Möller/Florax, N J W 2003, 2724 (2725); Petri, D u D 2003, 631 (633f.). 101 Zur grundsätzlichen Unentgeltlichkeit der Auskunft siehe §34 V 1 BDSG. 102 Kritisch zu dieser Praxis der Schufa auch der jüngste Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten; BfD, 20. T B (2003-2004), S. 130. 103 Kritisch zu dieser Praxis die Aufsichtsbehörde der Schufa; RegPräs Darmstadt, Hess. LTDrs. 16/1680, S.22. 104 Zur Praxis amerikanischer Kreditinstitute, Kunden im Interesse höherer Kreditzinsen über die Einstufung ihrer Kreditwürdigkeit im Unklaren zu lassen, siehe Consumers Union, New Assault on Your Credit Rating, Consumer Reports 2001, 20.

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

c) Fazit aa) Der Betroffene

im Zentrum der

Datenverarbeitung

All die geschilderten Missstände, egal ob es um die Transparenz, die Kontrolle oder die Richtigkeit der Datenverarbeitung geht, betreffen die Art und Weise, das Wie der Datenverarbeitung, nicht aber das Ob der Datenverarbeitung. Der Einzelne verliert nicht dadurch seine Würde, Freiheit oder Autonomie, dass er für die Inanspruchnahme eines Kredits seine Kreditwürdigkeit offenbaren muss. Was den Einzelnen frustriert und ihn hilf- und ratlos zurück lässt, ist eine Situation, in der er sich der willkürlichen Kategorisierung durch Dritte ausgesetzt fühlt, in der er weder weiß noch Einfluss darauf hat, wer welche persönlichen Informationen in welcher Form berücksichtigt und verwertet, in der er darüber im Unklaren gelassen wird, aus welchen Gründen ihm ein Kredit versagt wird und in der er weder die Richtigkeit einer Datenverarbeitung überprüfen noch deren Unrichtigkeit korrigieren kann. Es ist dieses Gefühl des Ausgeliefertseins, das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden und sich nicht wehren zu können, das den Einzelnen zum Objekt der Datenverarbeitung degradiert. Eben hier setzt deshalb auch die staatliche Infrastrukturverantwortung im Datenschutzrecht an. Aufgabe des Datenschutzgesetzgebers ist es, rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen für eine faire und transparente Datenverkehrsordnung zu schaffen. Leitbild einer solchen Datenverkehrsordnung ist nicht das Datengeheimnis, sondern die individuelle Selbstbestimmung. 105 Die Gefahren moderner privater Datenverbundsysteme haben mit den klassischen Gefahren eines Orwell'schen Uberwachungsstaates wenig gemeinsam.106 Es geht nicht um den Schutz vor Überwachung, Manipulation oder Anpassungszwang. Es geht vielmehr um die Gefahren eines effizienzoptimierten, anonymen und automatisierten Datenverarbeitungssystems, in dem für das individuelle Bedürfnis nach Partizipation und Einzelfallgerechtigkeit kein Raum bleibt. Es geht darum, den Einzelnen vor dem Kafka'schen Ohnmachtgefühl zu bewahren, dass er einem entpersönlichten, unbeeinflussbaren und undurchschaubaren Apparat gegenübersteht, der seine Persönlichkeit auf einen simplen Score reduziert und allein damit über seine gesellschaftliche und wirtschaftliche Partizipationsfähigkeit entscheidet. Allein die Normierung einiger flankierender Betroffenenrechte, etwa der Rechte auf Benachrichtigung, Auskunft, Berichtigung oder Löschung, reicht hierbei offensichtlich nicht aus, um den Einzelnen von seiner Rolle als bloßes O b jekt der Datenverarbeitung auf die Stufe eines autonomen, eigenverantwortlichen Subjekts zu heben. Sowohl das deutsche als auch das amerikanische Recht kennen eine Vielzahl solcher Betroffenenrechte, die eben mit dem Ziel der Transparenz und Richtigkeit der Datenverarbeitung und im Interesse autonomer Selbstbe105 106

Trute in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.5, Rdn. 5 f. Siehe Solove, 53 Stan. L. Rev. 1393, 1413ff. (2001).

B. Privatautonomer

Datenschutz

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Stimmung normiert worden sind. 107 Trotzdem prägen in Deutschland ebenso wie in den U S A die oben geschilderten Missstände die Praxis der Datenverarbeitung. Eine datenschutzrechtliche Infrastruktur muss daher mehr bieten als diese „begleitenden" Rechte, will sie eine echte Selbst- und Mitbestimmung des von der Datenverarbeitung Betroffenen sicherstellen. Insbesondere muss sie dafür Sorge tragen, dass eine Datenverarbeitung prinzipiell nicht am Betroffenen vorbei stattfinden kann. Der Betroffene muss mit einer Rechtsposition ausgestattet sein, in der es ihm von Anfang an möglich ist zu agieren, in der er nicht allein auf den mehr oder weniger erfolglosen Versuch beschränkt ist, etablierte Datenverarbeitungspraktiken mithilfe seiner Betroffenenrechte im Nachhinein zu verstehen, zu kontrollieren oder rückgängig zu machen. Eine solche aktive, offensive Rolle des Betroffenen ist solange unwahrscheinlich, als es Datenverarbeitern unter Berufung auf allgemeine Rechtfertigungsgründe w i e „legitimate business needs" 1 0 8 oder „berechtigte Interessen" 1 0 9 im Ergebnis möglich ist, all ihre Datenverarbeitungsbegehrlichkeiten auch ohne Einbindung und Zustimmung des Betroffenen durchzusetzen. 1 1 0 Solange Datenverarbeiter nicht der M i t w i r k u n g des Betroffenen bedürfen, werden sie mangels Notwendigkeit auch kaum ein Bedürfnis verspüren, den Betroffenen durch Transparenz, Fairness und Fehlerfreiheit von ihrem Tun zu überzeugen. Stattdessen wird ihr Bemühen stets daraufhin ausgerichtet sein, bestehende Betroffenenrechte soweit wie möglich auszuschalten beziehungsweise auf das unvermeidbare M i n i m u m zu reduzieren. Ändern wird sich dies erst, wenn der Betroffene nicht mehr nur als bloßes Informationsobjekt, sondern als unverzichtbarer Kommunikations- und Vertragspartner wahrgenommen wird. Hier ist es, w o jede datenschutzrechtliche Maßnahme zuvorderst ansetzen muss. Es muss eine rechtliche Infrastruktur geschaffen werden, die den einzelnen Betroffenen nicht mehr am Rande positioniert, sondern im Zentrum des Prozesses der Datenverarbeitung. bb) Auskunfteien

als

Informationsmittler

Im Zentrum der Datenverarbeitung steht der Betroffene dann, wenn es grundsätzlich seines Einverständnisses bedarf, um „seine" Daten verarbeiten zu können. Zumindest dann, wenn eine Verarbeitung personenbezogener Daten unmit107 Siehe insbesondere die vielfältigen Rechte der Betroffenen auf Widerspruch, Benachrichtigung, A u s k u n f t , Berichtigung, Löschung und Sperrung nach deutschem Datenschutzrecht; u m fassend Wedde in Roßnagel, H a n d b u c h Datenschutzrecht, Kap. 4.4. 108 So der amerikanische Federal Credit Reporting Act für die Zulässigkeit des Credit Reporting: ,,[A]ny consumer reporting agency m a y furnish a consumer report under the following circumstances and no other:... (3) To a person which it has reason to believe... has a legitimate business need for the information (i) in connection with a business transaction that is initiated b y the consumer"; 15 U . S . C . § 1681b. 109 Siehe die allgemeinen Interessenabwägungsklauseln der § § 2 8 , 29 BDSG. 110 Beispielhaft für die bedenkenlose Interessenabwägung zugunsten der Datenverarbeiter im Bereich der Kreditwirtschaft Koch, M M R 1998, 458 (459).

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

telbar darauf gerichtet ist, den Betroffenen in seiner Gesamtheit oder in bestimmten Teilaspekten seiner Persönlichkeit zu erfassen, 111 muss diesem ein Entscheidungsvorrecht zustehen. Dort, wo die eigentliche Datenverarbeitung stattfindet, wo die verschiedenen Einzelinformationen über seine Person zu dem Zweck zusammengeführt und ausgewertet werden, um ein Profil seiner Person als solcher oder zumindest gewisser Teilaspekte von ihr zu gewinnen und Dritten zugänglich zu machen, muss das informationelle Selbstbestimmungsrecht ansetzen. Im Falle des Credit Reporting findet die eigentliche Datenverarbeitung bei den Kreditauskunfteien statt. Sind diese für ihre Tätigkeit auf das Einverständnis des Betroffenen angewiesen, erledigen sich viele der derzeitigen datenschutzrechtlichen Missstände von selbst. Der Einzelne wird nur solchen Auskunfteien sein Einverständnis erteilen, die eine transparente, faire und korrekte Verarbeitung seiner Daten gewährleisten können. Es ist an diesen, die Betroffenen dadurch zu überzeugen, dass sie die Strukturen ihrer Datenverarbeitung offen legen und nachvollziehbar erklären, dass sie sich um vollständige Informationen und faire Bewertungsmaßstäbe bemühen und dass sie effektive Verfahren der Fehlerkontrolle und Fehlerbehebung institutionalisieren. Der Einzelne ist nicht mehr nur bloßes O b j e k t der Datenverarbeitung und lästiger Bittsteller und Störfaktor in einem System, das auf größtmögliche Effizienz angelegt ist. Auskunfteien sind nicht mehr nur Dienstleister für die kreditgebende Wirtschaft, sondern auch für die Verbraucher. Sie werden zu Mittlern zwischen beiden Seiten, zu Datentreuhändern, deren Bestreben nicht allein dahin geht, auf Kosten der Verbraucher mit möglichst wenig Aufwand möglichst viele potentielle Risikoschuldner auszuschließen. Vor allem die Praktiken des Credit Scoring werden sich - zumindest in ihrer jetzigen Form - unter diesen Rahmenbedingungen kaum mehr aufrechterhalten lassen. Wohl niemand wird sich mit einer Kategorisierung seiner Person einverstanden erklären, wenn er noch nicht einmal die zugrunde liegenden Beurteilungsfaktoren und -maßstäbe kennt, wenn er nicht weiß, wer welche Informationen bekommt und er kaum eine Möglichkeit der Kontrolle und Berichtigung hat. 112 Letztlich sind es die Mechanismen des Marktes, die im Falle eines echten Entscheidungsvorrechts des Betroffenen eine transparente, faire und korrekte Datenverarbeitung sicherstellen; denn nur dann, wenn eine solche sichergestellt ist, kann eine Auskunftei überhaupt genügend Verbraucher für sich gewinnen und nur dann ist sie als Informationsmittler auch für die kreditgebende Wirtschaft von Interesse. Umgekehrt sorgen die Mechanismen des Marktes aber auch dafür, dass Auskunfteien trotz notwendiger Einbindung des Betroffenen ihre Datenverar111 Diff. die Tätigkeit reiner Warn- und Hinweisdienste, die sich ausschließlich auf die Registrierung und Übermittlung von Negativmerkmalen konzentrieren; siehe sogleich unten B II 2. 112 Gleichzeitig würde damit auch die Diskussion hinfällig, ob es sich bei Scorewerten überhaupt um datenschutzrechtlich relevante personenbezogene Daten handelt; ablehnend Kamiah, M M R 2/2003, S. Vf. und Wuermeling, N J W 2002,3508 (3509); dagegen allerdings zu Recht Petri, D u D 2001, 290 (291); Möller/Florax, N J W 2003, 2724 (2725).

B. Privatautonomer

Datenschutz

133

beitung nicht einseitig nur an dessen Interessen ausrichten, um auf diese Weise sein Einverständnis zu erreichen. Auskunfteien - als Informationsmittler - sind auch im Falle eines Entscheidungsvorrechts des Betroffenen nicht allein in dessen Interesse tätig, sondern stets auch im Interesse der kreditgebenden Unternehmen. Entsprechend haben sie die Aufgabe, Informationen so zu verarbeiten, dass den Belangen beider Seiten ausreichend Rechnung getragen wird. Ein System des Credit Reporting muss zum einen die Interessen des Betroffenen an einer transparenten, fairen und korrekten Datenverarbeitung berücksichtigen und zum anderen die Interessen der Wirtschaft an einer objektiven und vollständigen Verwertung aller relevanten Daten. Ein Ausgleich dieser Interessen findet durch die Auskunfteien selbst statt. An die Stelle staatlicher Regulierung treten die Selbstregulierungskräfte des Marktes. Allgemeiner Interessenabwägungsklauseln, die de facto ohnehin eine weitgehende Datenverarbeitungsfreiheit begründen, bedarf es daneben ebenso wenig wie detaillierter Zulässigkeitstatbestände, die ebenso unüberschaubar wie undurchsetzbar wären. Ausreichend ist vielmehr, dass im Ausgangspunkt ein Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen festgeschrieben ist, welches gewährleistet, dass ohne die Einbindung und Mitbestimmung des Betroffenen eine auf seine Person fokussierte Datenverarbeitung nicht stattfindet. 113 Schließlich sorgen die Mechanismen des Marktes auch dafür, dass ein Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen gegenüber Auskunfteien nicht zu einem faktischen Leerlauf des Credit Reporting führt. Credit Reporting schafft die notwendige Vertrauensgrundlage im zunehmend anonymer werdenden Geschäftsverkehr. N u r derjenige, der bereit ist, seine Kreditwürdigkeit offen zu legen, kann einen Vertrauensvorschuss für sich in Anspruch nehmen und seine Teilnahme am Geschäftsverkehr entsprechend einfacher und reibungsloser gestalten. Umgekehrt ist derjenige, der seine Kreditwürdigkeit nicht offenbaren (lassen) will, regelmäßig dem Nachteil ausgesetzt, dass von einem fehlenden Credit Report auf eine fehlende Kreditwürdigkeit geschlossen wird. Der Einzelne wird diesen Nachteil - abgesehen von dem Fall, dass er auch tatsächlich nicht kreditwürdig ist - nur dann in Kauf nehmen, wenn Kreditauskunfteien seine berechtigten Interessen an einer fairen und transparenten Datenverarbeitung missachten. Auf lange Sicht werden sich daher nur die Auskunfteien am Markt für Credit Reporting durchsetzen, denen Verbraucher aufgrund fairer und transparenter Datenverarbeitungsgrundsätze ihr Vertrauen schenken - nicht weil diese Auskunfteien überhaupt keine negativen Daten berücksichtigen würden, sondern weil sie sämtliche Daten innerhalb eines ausgewogenen Beurteilungsmodells fair gewichten und jedem einzelnen Datum nur die Aussagekraft zukommen lassen, die es auch tat113 Wobei sich diese Mitbestimmung des Betroffenen stets nur auf die Tätigkeit der Auskunfteien als Ganze beziehen kann, nicht dagegen auf das O b und Wie der Verarbeitung einzelner Positiv- oder vor allem Negativmerkmale. Der Betroffene kann einer Auskunftei sein grundsätzliches Vertrauen schenken oder es ihr entziehen, nicht aber kann er auf einzelne Datenverarbeitungsprozesse in seinem Sinne Einfluss nehmen.

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

sächlich verdient. Abgesehen davon schließt auch ein generelles Einwilligungserfordernis im Fall des Credit Reporting nicht aus, dass Warn- und Hinweisdateien, die sich anders als Auskunfteien ausschließlich auf die Übermittlung negativer Merkmale konzentrieren, ihre Tätigkeit auch ohne ein solches Einverständnis des Betroffenen ausüben können. 114 cc) Datenübermittlung

an die

Auskunfteien

Bislang wird Credit Reporting vor allem unter dem Aspekt der Schufa-Klausel problematisiert, mittels derer der Betroffene in die Übermittlung von Daten über die Aufnahme und ordnungsgemäße Abwicklung einer Geschäftsverbindung an die zuständige Schufa einwilligt. Pro forma ist diese Einwilligung zwar informiert und freiwillig. De facto wird der Betroffene aber im Regelfall weder die tatsächliche Bedeutung dieser Klausel nachvollziehen können noch wird er eine echte Wahl haben, ob er in die Datenübermittlung einwilligt oder nicht, da die SchufaKlausel fester Bestandteil des vertraglichen Regelwerks zwischen Unternehmen und Kunde ist. 115 Gleichwohl ist die Schufa-Klausel nicht das eigentliche Problem, zumindest dann nicht, wenn man sich von dem Leitbild eines möglichst umfassenden Datengeheimnisses löst. Problematisch ist nicht, dass Unternehmen überhaupt Daten an die Schufa oder andere Auskunfteien übermitteln 116 - vorausgesetzt, diese Daten werden nicht fehlerhaft oder unvollständig übermittelt. Informationelle Selbstbestimmung im hier verstandenen Sinne soll keine schrankenlose Kontrolle über die Verarbeitung personenbezogener Daten verleihen, sondern eine Einbindung des Betroffenen für die Fälle gewährleisten, in denen seine Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit oder zumindest in gewissen Teilaspekten zum Gegenstand der Datenverarbeitung wird. Gegenüber den Auskunfteien, die personenbezogene Daten zusammenführen, auswerten und zu einem aussagekräftigen Ganzen verbinden und als solches auch wieder an Dritte weitergeben, muss der Betroffene daher ein Recht an seinen Daten geltend machen können. Hier muss das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen ansetzen, um sicherzustellen, dass dieser nicht bloß Objekt der Datenverarbeitung ist, sondern als selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Subjekt am Prozess der Datenverarbeitung teilnimmt. Für die punktuelle Übermittlung einzelner Informationen von Unternehmen an Auskunfteien bedarf es demgegenüber nicht notwendigerweise einer Mitwirkung des Betroffenen. Entscheidend ist diesbezüglich allein, dass es nicht zu einer falschen, unvollständigen oder missbräuchlichen Datenübermittlung kommt. Ob dies der Fall ist, kann wiederum - zumindest ex post - am effektivsten dadurch kontrolZur Tätigkeit der Warn- und Hinweisdienste siehe sogleich B II 2. Siehe zu all diesen Problemen schon oben B I 1 a. 116 Vor allem dann, wenn es sich wie im Falle der von der Schufa-Klausel abgedeckten Datenübermittlung ohnehin nur um (positive) Daten über die vertragsgemäße Abwicklung einer Geschäftsverbindung handelt. 114 115

B. Privatautonomer

Datenschutz

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liert werden, dass der Einzelne gegenüber den Auskunfteien ein Recht darauf hat zu erfahren, wer welche Informationen übermittelt hat. dd) Transparenz und Fairness in der

Entscheidungsfindung

Das Mitbestimmungsrecht des Einzelnen bezieht sich nicht nur darauf, welche Auskunfteien als Mittler seiner Daten tätig sein dürfen, sondern auch darauf, an welchen Empfängerkreis diese Daten weitergegeben werden dürfen. Der Einzelne soll bestimmen können, in welchen Fällen die Entscheidung über das Ob und Wie eines Vertragsschlusses auch von der Einstufung seiner Kreditwürdigkeit abhängen soll. Nur wenn auch er selbst ein entsprechendes Informationsverlangen potentieller Vertragspartner als berechtigt ansieht, soll sein Credit Report zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden dürfen. Der Einzelne kann entweder gegenüber der Auskunftei pauschal sein Einverständnis in die Übermittlung seiner Daten an bestimmte Gruppen von Empfängern erteilen. Und er kann im Einzelfall sein Einverständnis in die Übermittlung seiner Bonitätsdaten gegenüber dem jeweiligen (potentiellen) Vertragspartner erteilen. Entscheidend ist auch hier: Zweck einer solchen Einbindung des Betroffenen ist nicht ein möglichst lückenloses Datengeheimnis, sondern mehr Transparenz und Fairness - wobei es hier in erster Linie um Transparenz und Fairness im Rahmen einer bestimmten Entscheidungsfindung geht. Der Betroffene soll auch insoweit in den Prozess der Datenverarbeitung eingebunden sein, als es um die Frage geht, ob und in welcher Form seine Bonitätsdaten zur Grundlage eines konkreten Entscheidungsprozesses gemacht werden. Eine faire Entscheidungsfindung ist auch Ziel des §6a BDSG, der unter anderem den Fall betrifft, dass Kreditinstitute für ihre Entscheidung die von Auskunfteien übermittelten Credit Scores heranziehen." 7 §6a B D S G stellt klar, dass Unternehmen solche Entscheidungen, die für den Betroffenen eine rechtliche Folge nach sich ziehen oder ihn erheblich beeinträchtigen, nicht ausschließlich auf eine automatische Verarbeitung personenbezogener Daten stützen dürfen. Die Vorschrift ist Ausdruck der Erkenntnis, dass das Problem moderner Datenverarbeitung oftmals weniger in der Offenlegung privater Daten liegt, sondern vielmehr in dem Automatismus und der Undurchschaubarkeit eines anonymen Datenverarbeitungssystems, das den Einzelnen mit einem Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit zurücklässt. 118 Eben dies ist die Gefahr beim Credit Reporting und ins-

117 BfD, 19. T B (2001-2002), S.69; zur Bedeutung des §6a B D S G für kreditwirtschaftliche Scoring-Verfahren siehe Möller/Florax, M M R 2002, 806; Weichen, D u D 2005, 582 (585). 118 Siehe auch BT, Plenarprotokoll 14/165, Tagesordnungspunkt 19 (Beratungen zur Novellierung des B D S G - Klarstellung zu § 6a BDSG): „Der Schutzgedanke des § 6a geht vielmehr davon aus, dass ... eine Bewertung von Persönlichkeitsmerkmalen, wie z.B. der Kreditwürdigkeit, in jedem Fall eine Beurteilung durch einen Menschen erfordert, die das Ergebnis einer standardisierten Computeranalyse nicht zur einzigen Entscheidungsgrundlage macht, sondern Raum lässt für eine Uberprüfung und Relativierung dieses Ergebnisses, insbesondere auf Grund eigener zu-

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2. Teil: Datenschutzrecht

ah

Privatrecht

besondere beim Einsatz von Credit Scores: Der von einer Auskunftei an das Kreditinstitut übermittelte Score-Wert wird direkt automatisiert in andere Parameter des Kreditinstituts eingearbeitet. Der Kreditsachbearbeiter wird nur noch mit dem Ergebnis der Computeranalyse „Kreditgewährung ja/nein" konfrontiert, ohne die einzelnen, zu dem Ergebnis führenden Berechnungen nachvollziehen zu können. 1 1 9 Gleichzeitig wird damit auch dem einzelnen Betroffenen jegliche Möglichkeit abgeschnitten, die Berechtigung und Richtigkeit eines Score-Wertes zu überprüfen oder gar in Frage zu stellen. Zwar betont die Schufa mit Blick auf §6a B D S G , dass Credit Scores nicht allein übermittelt werden, sondern stets nur in Verbindung mit einer vollständigen Kreditauskunft, um so sicherzustellen, dass diese niemals die alleinige Grundlage für eine Kreditentscheidung sind. Gleichwohl häufen sich bei den Datenschutzbehörden die Beschwerden von Verbrauchern, deren Kreditanträge allein mit der pauschalen Berufung auf eine „schlechte Schufa" oder einen „schlechten Score" abgelehnt wurden. 1 2 0 Auch hier gilt daher entsprechend, was oben bereits für die Datenverarbeitung durch Auskunfteien festgehalten worden ist: Eine effektive Durchsetzung flankierender Betroffenenrechte wie etwa des Rechts aus §6a B D S G kann am besten dadurch gewährleistet werden, dass die rechtliche Grundposition des Betroffenen entsprechend gestärkt wird. Hängt es vom Einverständnis des Betroffenen ab, ob Unternehmen Credit Scores oder andere Bonitätsdaten ihrer Entscheidung über das O b und Wie eines Vertragsschlusses zugrunde legen dürfen, ist gewährleistet, dass deren Entscheidungsfindung nicht am Betroffenen vorbei stattfindet. Zwar kann auch ein solches Mitbestimmungsrecht nicht darüber hinweg helfen, dass Unternehmen auf der Berücksichtigung von Bonitätsdaten beharren und ohne entsprechendes Einverständnis des Betroffenen einen Vertragsschluss mit diesem verweigern. Was ein nötiges Einverständnis aber sicherstellt, ist, dass der Betroffene zumindest darüber in Kenntnis gesetzt wird, ob und welche Bonitätsdaten Unternehmen ihrer Entscheidung zugrunde legen. Erst dieses Wissen ermöglicht es überhaupt, die Entscheidungsfindung eines Unternehmens nachzuvollziehen und zu hinterfragen. Ebenso wie diese Transparenz umgekehrt das Unternehmen unter einen gewissen Rechtfertigungsdruck setzt - zumindest wenn die Berücksichtigung von Bonitätsdaten im konkreten Fall fragwürdig ist - und damit mittelbar unter Umständen auch zu mehr Fairness in der Entscheidungsfindung beitragen kann. Die hier skizzierten datenschutzrechtlichen Grundzüge gelten für alle Arten von Auskunfteien, deren Datenverarbeitung darauf ausgerichtet ist, ein mehr oder weniger umfassendes „Bild" von den wirtschaftlichen Verhältnissen einer Person zu zeichnen. Der einzelne Betroffene steht hierbei im Zentrum der Datenverarbeisätzlicher Erkenntnisse oder besonderer Umstände des Einzelfalles" (zitiert nach BfD, 19. T B (2001-2002), S. 69f.). 119 Vergleiche die Kritik des BfD, 19. T B (2001-2002), S.69. 120 FINANZtest 4/2003, 29 (31 f.).

B. Privatautonomer

Datenschutz

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tung: zum einen in tatsächlicher Hinsicht, weil der Prozess der Datenverarbeitung auf seine Person fokussiert ist; zum anderen in rechtlicher Hinsicht, weil zumindest de lege ferenda eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur mit seinem Einverständnis zulässig sein soll. Statt einer fragmentarischen und lückenhaften Kontrolle einzelner Datenverarbeitungsvorgänge durch das Gesetz soll es dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen überlassen bleiben, ob und wem er eine auf seine Person ausgerichtete Datensammlung und -auswertung anvertraut. Von Warn- und Hinweisdiensten, auf die im Folgenden einzugehen sein wird, unterscheiden sich Auskunfteien in erster Linie durch besagte Zielsetzung einer vollständigen, sowohl positive als auch negative Aspekte umfassenden Wiedergabe des wirtschaftlichen Bildes einer Person. Während im Falle der Auskunfteien die fehlende Aktenkundigkeit einer Person im Zweifel negativ ausgelegt wird, verhält es sich im Falle der Warn- und Hinweisdienste gerade umgekehrt: Allein die Tatsache, dass jemand in ihren Dateien enthalten ist, ist schon ein Negativmerkmal und führt in der Regel zum Ausschluss von bestimmten Transaktionen. 2. Warn- und Hinweisdienste

im

Versicherungsbereich

Eine Datenverarbeitung durch Warn- und Hinweisdienste findet sich vor allem im Bereich der Privatversicherung. Versicherungsunternehmen erheben nicht nur selbst personenbezogene Daten, um das Risiko potentieller Versicherungsnehmer abschätzen zu können, sondern bedienen sich zusätzlich auch der Informationen durch brancheninterne Warn- und Hinweissysteme. Dabei geht es zum einen darum, solche Personen ausfindig zu machen, die aus Sicht der Versicherungswirtschaft ein besonderes Risiko darstellen. Personen, die etwa aufgrund Krankheit oder bisheriger Schadensfälle ein erhöhtes Versicherungsrisiko aufweisen, sollen überhaupt nicht versichert werden bzw. wenn ja dann nur zu Konditionen, die dieses erhöhte Risiko adäquat widerspiegeln. Zum anderen geht es darum, die Vertrauenswürdigkeit potentieller und aktueller Versicherungsnehmer abzuschätzen, um auf diese Weise Versicherungsmissbräuchen vorzubeugen und versuchte Missbräuche aufzudecken. Verfolgt wird dieses Ziel in erster Linie auf die Weise, dass solche Personen registriert und aktenkundig gemacht werden, die im Zusammenhang mit (möglicherweise manipulierten) Schadensfällen auffällig geworden sind.121 Anders als bei Kreditauskunfteien, die „gute" wie „schlechte" Schuldner gleichermaßen kategorisieren, zielen die zentralen Warn- und Hinweissysteme der Versicherungswirtschaft allein darauf ab, die „schwarzen Schafe" ausfindig zu machen. 122 Allein der Umstand, dass eine Person in besagten Systemen gespeichert ist, macht diese bereits zu einer unerwünschten Person.

121 Im letzteren Fall erstreckt sich der Kreis der Betroffenen nicht nur auf Versicherungsnehmer und Antragsteller, sondern auch auf sonstige Personen wie Zeugen oder Sachverständige; siehe zum Ganzen Waniorek, R D V 1990, 228. 122 Waniorek a.a.O.

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2. Teil: Datenschutzrecht

a) Zentrale Warn- und Hinweissysteme

als

als

Privatrecht

Kontaktstellen

Abgesehen von dieser Begrenzung des Datenbestands auf „schlechte" Kunden/ Versicherungsnehmer unterscheiden sich die zentralen Warn- und Hinweissysteme der Versicherungswirtschaft vor allem dadurch von Kreditauskunfteien, dass sie selbst nicht als Informationsmittler, sondern lediglich als eine Art Kontaktstelle fungieren. Die Warn- und Hinweissysteme sind, anders als Auskunfteien, keine zentralen Dateien, aus denen die einzelnen Versicherungen Daten über bestimmte Personen abrufen können. Die Systeme ermöglichen lediglich, dass Informationen über Versicherungsnehmer zwischen den jeweiligen Versicherern selbst ausgetauscht werden können. 123 Zu diesem Zweck melden Versicherer, wenn hinsichtlich einer Person bestimmte Voraussetzungen oder Auffälligkeiten vorliegen, deren Name und Adresse sowie Aktenzeichen an das jeweilige Warn- und Hinweissystem. 124 Die Namen und Adressen werden von den Warn- und Hinweissystemen in nicht rückübersetzbarer Weise codiert und als Listen in regelmäßigen Abständen an die einzelnen Versicherungsunternehmen übersandt. Letztere können im Rahmen ihrer Antrags- und Schadensbearbeitung ebenso Namen und Adressangaben der zu überprüfenden Personen codieren und sodann mittels eines Datenabgleichs feststellen, ob zwei gleiche Codes aufeinander treffen, ob also bereits eine Meldung zu dieser Person im System erfolgt ist. Ist dies der Fall, kommt es zu besagtem Informationsaustausch zwischen den Versicherungsunternehmen: Das abgleichende Versicherungsunternehmen setzt sich mit dem anderen (einmeldenden) Versicherungsunternehmen in Kontakt und erfährt den Grund, weshalb die betreffende Person schon einmal aufgefallen ist. 125 b) Umfassende

Einwilligungsklausel

Einer der Schwerpunkte datenschutzrechtlicher Erörterungen im Versicherungsbereich liegt wiederum, wie schon beim Credit Reporting, auf dem Vorgang der Datenübermittlung. Die Frage ist, inwieweit die Übermittlung von Vertragsdaten durch die jeweiligen Versicherungsunternehmen an Dritte von gesetzlichen Erlaubnistatbeständen abgedeckt ist und wie weit die formularmäßige Einwilligung des Betroffenen selbst in eine solche Datenübermittlung reicht. Anders als bei der Schufa-Klausel (in ihrer aktuellen Ausgestaltung) dient die Einwilligungsklausel im Versicherungsbereich als umfassende Grundlage für die verschiedensten Formen einer Datenübermittlung. 126 Die Klausel deckt die Übermittlung von Daten, Siehe HmbDSB, 19. T B (2002/2003), Ziff. 19.2. Die Voraussetzungen für eine Meldung sind je nach Versicherungssparte unterschiedlich festgelegt, überwiegend geht es um „auffällige Schadensfälle" oder um „Sonderrisiken". 125 Siehe zum Ganzen auch Hoeren, VersR 2005, 1014. 126 Zum Wortlaut der Einwilligungsklausel in ihren verschiedenen Ausgestaltungen (je nach Datenempfänger) siehe Naujok in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.3 Rdn. 38ff. Die Einwilligungsklausel, die von Versicherungswirtschaft, Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen und Datenschutzaufsichtsbehörden gemeinsam erarbeitet worden ist, hat nach 123

124

B. Privatautonomer

Datenschutz

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die sich aus A n t r a g s u n t e r l a g e n u n d V e r t r a g s d u r c h f ü h r u n g e r g e b e n , an die v e r s c h i e d e n s t e n E m p f ä n g e r ab, i n s b e s o n d e r e a u c h an andere V e r s i c h e r e r u n d an die z e n t r a l e n W a r n - u n d H i n w e i s s y s t e m e . 1 2 7 D e r B e t r o f f e n e willigt bei A n t r a g s t e l lung darin ein, dass „der V e r s i c h e r e r im e r f o r d e r l i c h e n U m f a n g D a t e n , die sich aus d e n A n t r a g s u n t e r l a g e n o d e r der V e r t r a g s d u r c h f ü h r u n g ( B e i t r ä g e , V e r s i c h e rungsfälle, R i s i k o - / V e r t r a g s ä n d e r u n g e n ) e r g e b e n , . . . z u r B e u r t e i l u n g des R i s i k o s u n d der A n s p r ü c h e an a n d e r e V e r s i c h e r e r u n d / o d e r an d e n V e r b a n d [der L e b e n s v e r s i c h e r u n g s u n t e r n e h m e n / d e r privaten K r a n k e n v e r s i c h e r u n g etc.] u n d / o d e r an den G e s a m t v e r b a n d der D e u t s c h e n V e r s i c h e r u n g s w i r t s c h a f t z u r W e i t e r g a b e dieser D a t e n an andere V e r s i c h e r e r ü b e r m i t t e l t . "

aa) Freiwilligkeit W i r k s a m k e i t u n d B e r e c h t i g u n g dieser E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l w e r d e n v o r allem m i t der B e g r ü n d u n g in F r a g e gestellt, dass der e i n z e l n e B e t r o f f e n e de f a c t o ü b e r h a u p t k e i n e F r e i h e i t h a b e , sich für o d e r gegen die U n t e r z e i c h n u n g einer s o l c h e n E i n w i l ligungsklausel zu e n t s c h e i d e n . 1 2 8 D e r E i n z e l n e m ü s s e d a m i t r e c h n e n , i m F a l l e einer V e r w e i g e r u n g der D a t e n ü b e r m i t t l u n g ü b e r h a u p t k e i n e n V e r t r a g m i t d e m V e r s i c h e r e r a b s c h l i e ß e n zu k ö n n e n . 1 2 9 E i n e A b s i c h e r u n g gegen K r a n k h e i t u n d a n d e re existentielle R i s i k e n sei f ü r den E i n z e l n e n a b e r in der R e g e l u n e n t b e h r l i c h , l e t z t l i c h b l i e b e i h m daher gar n i c h t s anderes ü b r i g , als sich m i t einer Ü b e r m i t t lung seiner D a t e n „ e i n v e r s t a n d e n " zu e r k l ä r e n . 1 3 0 A n d e r e r s e i t s w i r d a b e r a u c h d a r a u f v e r w i e s e n , dass es d u r c h a u s V e r s i c h e r u n g e n gebe, die sich selbst dann auf V e r t r a g s s c h l ü s s e einlassen, w e n n die B e t r o f f e n e n die E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l n i c h t u n t e r z e i c h n e n w o l l t e n . Ü b e r d i e s sei die F r a g e der W i r k s a m k e i t einer E i n w i l l i g u n g angesichts „ m i l l i o n e n f a c h " u n t e r z e i c h n e t e r E i n w i l l i g u n g s e r k l ä r u n g e n o h n e h i n n u r v o n t h e o r e t i s c h e r B e d e u t u n g , es sei gar n i c h t vorstellbar, dass eine e v e n tuelle U n w i r k s a m k e i t der K l a u s e l die U n z u l ä s s i g k e i t s ä m t l i c h e r D a t e n v e r a r b e i tungsvorgänge zur Folge haben könnte.131 U n a b h ä n g i g v o n diesen u n d ä h n l i c h e n E r w ä g u n g e n stellt sich j e d o c h viel e h e r die F r a g e , o b der A s p e k t der F r e i w i l l i g k e i t ü b e r h a u p t der s a c h g e r e c h t e A u s g a n g s p u n k t ist. S e l b s t b e s t i m m u n g h e i ß t n i c h t g r e n z e n l o s e E n t s c h e i d u n g s f r e i h e i t - dies gilt a u c h f ü r die i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g . D i e i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e mehrmaligen Überarbeitungen im Jahr 1994 ihre vorläufig letzte Fassung erhalten (Naujok a.a.O., Rdn. 29). 127 Abgedeckt wird darüber hinaus auch die Datenübermittlung an Rückversicherer, an Versicherungsvermittler und an andere (Versicherungs- und Finanz-)Unternehmen derselben Unternehmensgruppe. 128 Waniorek, RDV 1990, 228 (229f.). 129 Siehe auch das von der Versicherungswirtschaft erstellte Merkblatt zur Datenverarbeitung („Wird die Einwilligungserklärung ganz oder teilweise gestrichen, kommt es u.U. nicht zu einem Vertragsschluss."). 130 Vergleiche Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn. 4. 131 Naujok in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.3 Rdn. 32ff.

2. Teil: Datenschutzrecht

140

als

Privatrecht

S t i m m u n g des E i n z e l n e n hat g r u n d s ä t z l i c h i m m e r dann g e g e n ü b e r den I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e n der V e r s i c h e r e r z u r ü c k z u t r e t e n , w e n n es sich u m r i s i k o e r h e b l i c h e I n f o r m a t i o n e n handelt. D i e R i s i k o a b s c h ä t z u n g ist seit j e h e r elementare G r u n d l a ge j e d e r P r i v a t v e r s i c h e r u n g u n d als s o l c h e auch d u r c h § 16 W G v o m G e s e t z g e b e r a u s d r ü c k l i c h a n e r k a n n t . Selbst w e n n es sich u m b e s o n d e r s sensitive D a t e n w i e etwa G e s u n d h e i t s d a t e n handelt, b e s t e h t ein u n e i n g e s c h r ä n k t e r I n f o r m a t i o n s a n s p r u c h des V e r s i c h e r e r s , s o w e i t diese I n f o r m a t i o n e n (wie etwa bei A b s c h l u s s einer K r a n k e n v e r s i c h e r u n g ) v o n r i s i k o e r h e b l i c h e r B e d e u t u n g sind. U n e r h e b l i c h ist hingegen, o b eine s o l c h e I n f o r m a t i o n s e r h e b u n g a u c h dem freien W i l l e n des V e r s i c h e r u n g s i n t e r e s s e n t e n e n t s p r i c h t o d e r n i c h t . D i e s e G r u n d s ä t z e gelten n i c h t n u r d a n n , w e n n w i e im F a l l e des § 16 W G

die relevanten D a t e n b e i m V e r s i c h e -

r u n g s n e h m e r selbst e r h o b e n w e r d e n , s o n d e r n auch d a n n , w e n n der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r in eine e n t s p r e c h e n d e D a t e n ü b e r m i t t l u n g z w i s c h e n den e i n z e l n e n V e r s i c h e r e r n einwilligen soll. A u c h hier k a n n es i n s o w e i t auf eine F r e i w i l l i g k e i t n i c h t a n k o m m e n . G l e i c h e s m u s s schließlich gelten, w e n n es u m die Ü b e r m i t t l u n g v o n I n f o r m a t i o n e n zu Z w e c k e n der A b w e h r v o n V e r s i c h e r u n g s m i s s b r ä u c h e n geht.

bb)

Unbestimmtheit

P r o b l e m a t i s c h ist in all diesen Fällen nicht, dass ü b e r h a u p t p e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n v o n V e r s i c h e r e r n an W a r n - und H i n w e i s d a t e i e n o d e r andere Versic h e r e r ü b e r m i t t e l t w e r d e n . E n t s c h e i d e n d ist vielmehr, w e l c h e A r t e n v o n p e r s o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n V e r s i c h e r e r als e n t s c h e i d u n g s - und damit a u c h als ü b e r m i t t l u n g s r e l e v a n t a n s e h e n . Sollte es tatsächlich z u t r e f f e n , dass als V e r d a c h t s kriterien f ü r einen m ö g l i c h e n V e r s i c h e r u n g s m i s s b r a u c h s c h o n der U n f a l l auf einsamer L a n d s t r a ß e , die N a t i o n a l i t ä t o d e r das A l t e r ausreichen, ist diese W e r t u n g das eigentliche P r o b l e m . 1 3 2 E s handelt sich u m die gleiche P r o b l e m a t i k , die o b e n bereits für das derzeitige S y s t e m des C r e d i t R e p o r t i n g dargestellt w o r d e n ist: U n t e r n e h m e n t e n d i e r e n im S i n n e m a x i m a l e r R i s i k o a v e r s i o n dazu, auch s o l c h e pers o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n i h r e r E n t s c h e i d u n g s f i n d u n g z u g r u n d e zu legen, die z w a r möglicherweise

etwas ü b e r die K r e d i t w ü r d i g k e i t , G l a u b w ü r d i g k e i t o d e r

R i s i k o t r ä c h t i g k e i t einer E i n z e l p e r s o n aussagen, d e r e n allgemeine

Aussagekraft

j e d o c h z u m i n d e s t s e h r f r a g w ü r d i g ist. V o m W o r t l a u t der E i n w i l l i g u n g h e r ist eine Ü b e r m i t t l u n g dieser und ähnlich f r a g w ü r d i g e r D a t e n z w a r d u r c h a u s g e d e c k t ; d e n n die v o n der V e r s i c h e r u n g s b r a n c h e eingesetzten E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l n b e z i e h e n sich ganz allgemein auf eine D a t e n ü b e r m i t t l u n g „im e r f o r d e r l i c h e n U m f a n g " , s o w e i t die D a t e n der „ B e u r t e i l u n g des R i s i k o s u n d der A n s p r ü c h e " d i e n e n . D i e E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l n b e g e g n e n in dieser A l l g e m e i n h e i t j e d o c h d e n s e l b e n B e d e n k e n , die im Falle der u r s p r ü n g l i c h e n S c h u f a - K l a u s e l zu deren U n w i r k s a m k e i t geführt h a b e n . I m S c h u f a - U r t e i l hat der 132

Siehe zu dieser Praxis Die Zeit 36/2003 („Phantomschmerz").

B. Privatautonomer

Datenschutz

141

B G H eine u n a n g e m e s s e n e B e n a c h t e i l i g u n g des B e t r o f f e n e n für den Fall angen o m m e n , dass sich eine f o r m u l a r m ä ß i g e E i n w i l l i g u n g n i c h t auf b e s t i m m t e D a t e n b e s c h r ä n k t , s o n d e r n pauschal auf V e r t r a g s d a t e n B e z u g n i m m t u n d damit ein U n t e r n e h m e n u n e i n g e s c h r ä n k t e r m ä c h t i g t , a u c h s o l c h e D a t e n zu ü b e r m i t t e l n , die k e i n e eindeutigen R ü c k s c h l ü s s e auf die K r e d i t w ü r d i g k e i t einer P e r s o n zulassen. 1 3 3 U b e r t r ä g t m a n diese G r u n d s ä t z e auf die D a t e n ü b e r m i t t l u n g im V e r s i c h e r u n g s b e r e i c h , s p r i c h t viel dafür, dass es auch h i e r an der e r f o r d e r l i c h e n B e s t i m m t heit der E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l fehlt. K r i t i s i e r t der B G H in seiner S c h u f a - E n t s c h e i d u n g , dass die E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l auch A n g a b e n ü b e r „einseitige M a ß n a h m e n des K r e d i t g e b e r s z u r D u r c h s e t z u n g v e r m e i n t l i c h e r A n s p r ü c h e " u m f a s s t , 1 3 4 so r i c h t e t sich im Falle der V e r s i c h e r u n g s k l a u s e l die K r i t i k dagegen, dass diese K l a u sel a u c h s o l c h e „ N e g a t i v - M e r k m a l e " u m f a s s t , die allein einseitig aus S i c h t der V e r s i c h e r e r als auffälliges o d e r m i s s b r ä u c h l i c h e s V e r h a l t e n des V e r s i c h e r u n g s n e h mers interpretiert werden.

c) Datengeheimnis

statt

Partizipation

D i e U n b e s t i m m t h e i t der E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l n in den V e r s i c h e r u n g s v e r t r ä g e n w ä r e w e n i g e r p r o b l e m a t i s c h , w e n n der B e t r o f f e n e wie b e i m C r e d i t R e p o r t i n g eine z e n t r a l e „ A n s p r e c h p e r s o n " hätte, bei der alle D a t e n ü b e r m i t t l u n g e n z u s a m m e n l a u f e n . I m Falle des C r e d i t R e p o r t i n g hat sich gezeigt, dass es n i c h t so sehr auf die p u n k t u e l l e Ü b e r m i t t l u n g e i n z e l n e r I n f o r m a t i o n e n d u r c h die v e r s c h i e d e n e n U n t e r n e h m e n a n k o m m t , s o n d e r n darauf, o b u n d w i e A u s k u n f t e i e n diese E i n z e l i n f o r m a t i o n e n a u s w e r t e n , zu einem aussagekräftigen G a n z e n v e r b i n d e n und als s o l c h e s an D r i t t e w e i t e r g e b e n . D i e s e A u s k u n f t e i e n sind es d a h e r auch, w o ein inf o r m a t i o n e l l e s S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t p r i m ä r a n s e t z e n u n d der e i n z e l n e B e t r o f fene in die D a t e n v e r a r b e i t u n g e i n g e b u n d e n w e r d e n muss. G l e i c h e r m a ß e n ausreic h e n d w i e n o t w e n d i g ist es, dass der B e t r o f f e n e an dieser Stelle die D a t e n v e r a r b e i tung zu seiner P e r s o n n a c h v o l l z i e h e n u n d seine P a r t i z i p a t i o n s r e c h t e

effektiv

a u s ü b e n k a n n . A n d e r s als im B e r e i c h des C r e d i t R e p o r t i n g existiert allerdings im V e r s i c h e r u n g s b e r e i c h eine den A u s k u n f t e i e n v e r g l e i c h b a r e z e n t r a l e D a t e n v e r a r b e i t u n g s s t e l l e nicht. D i e zentralen W a r n - u n d H i n w e i s s y s t e m e der V e r s i c h e r u n g s w i r t s c h a f t w u r d e n z w a r f r ü h e r n o c h als A u s k u n f t e i e n im S i n n e des § 2 9 B D S G e i n g e o r d n e t . Spätestens s e i t d e m die W a r n - u n d H i n w e i s s y s t e m e j e d o c h die D a t e n e i n g e m e l d e t e r P e r s o n e n c o d i e r e n u n d sie diese C o d i e r u n g a u c h n i c h t m e h r r ü c k ü b e r s e t z e n , die e i n g e m e l d e t e n P e r s o n e n also n i c h t m e h r r e i d e n t i f i z i e ren k ö n n e n , scheidet mangels p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n a u c h ihre d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e V e r a n t w o r t u n g aus. 1 3 5 D i e S y s t e m e e n t h a l t e n k e i n e eigenen z e n t r a l e n

B G H Z 95, 362 (368) - Schufa-Klausel. A.a.O. 135 Siehe Naujok in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.3 Rdn. 49 (Warn- und Hinweissysteme keine verantwortlichen Stellen im Sinne des §3 VII BDSG). 133 134

142

2. Teil: Datenschutzrecht

ah

Privatrecht

Dateien mehr, sondern stellen lediglich den Kontakt zwischen den Versicherern selbst her, die dann den eigentlichen Informationsaustausch vornehmen. 136 Datenschutzrechtlich wird dieses Verfahren der Codierung als ein großer Fortschritt gewertet, weil innerhalb der Warn- und Hinweissysteme eine Identifizierung des Betroffenen jetzt nicht mehr möglich ist. 137 Diese Einschätzung mag auch zutreffend sein - jedenfalls insoweit, als zunächst einmal ein Weniger an personenbezogenen Daten anfällt, weil in den Warn- und Hinweissystemen selbst keine personenbezogenen Daten gespeichert werden. Andererseits ist wiederum zu fragen, ob mit einem solchen Fokus auf das Datengeheimnis dem Einzelnen tatsächlich geholfen ist. Wiederum gilt: Das eigentliche Problem für den Betroffenen ist nicht, dass Daten zu seiner Person übermittelt und gespeichert werden. Problematisch ist vielmehr, wenn der Betroffene aufgrund bestimmter Informationen als nicht vertrauenswürdig eingestuft und damit von Versicherungsleistungen ausgeschlossen wird, ohne dass es ihm möglich ist, die Gründe für diesen Ausschluss nachzuvollziehen, zu hinterfragen und gegebenenfalls zu korrigieren. Durch die Dezentralisierung der Datenübermittlung wird dem Betroffenen die Möglichkeit genommen, sich an eine Stelle zu wenden und dieser gegenüber seine Partizipationsrechte auszuüben. Er wird auf den wenig praktikablen Weg verwiesen, seine Auskunfts-, Berichtigungs- und sonstigen Betroffenenrechte bei den jeweils einmeldenden Versicherungsunternehmen geltend zu machen. 138 Er soll sich, wie bei einem Mosaik, die einzelnen (Informations-)Teilchen, aus denen das Bild von seiner Person (als einer Person mit zu hohem Risiko oder zu geringer Vertrauenswürdigkeit) zusammengesetzt wird, selbst zusammensuchen. Wobei er aber noch nicht einmal weiß, welche Informationen letztlich die ausschlaggebenden sind und ob er überhaupt jemals all diese ausschlaggebenden Informationen finden geschweige denn überprüfen und korrigieren kann. Im Ergebnis ist dadurch, dass die Warn- und Hinweissysteme keine personenbezogenen Daten mehr speichern, der einzige zentrale Bezugspunkt für den von der Datenverarbeitung Betroffenen weggefallen. Das vermeintlich datenschutzfreundliche Ansinnen, die Speicherung personenbezogener Daten zu reduzieren, führt im Ergebnis zu einer Verschlechterung der Stellung des Betroffenen. Der Datenfluss zwischen den Versicherungsunternehmen wird für ihn noch undurchschaubarer und unkontrollierbarer. Zugleich bleiben die tatsächlichen Konsequenzen die gleichen - mit oder ohne „datenschutzfreundliche" Codierung. In beiden Fällen muss der Einzelne im Ergebnis damit rechnen, vom Versicherungsmarkt ausgeschlossen zu werden, wenn er - codiert oder nicht codiert - erst einHmbDSB, 19. T B (2002/2003), Ziff. 19.2. In diesem Sinne Naujok in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.3 Rdn. 49. 138 So etwa Naujok, a.a.O., der dieses Ergebnis auch für angemessen hält, da es die einzelnen Versicherungen seien, mit denen der Kunde Kontakt habe, die im Einzelfall die Entscheidung über eine Meldung bei den Warn- und Hinweissystemen treffen, und die daher auch das Ergebnis nach außen hin zu vertreten hätten. 136

137

B. Privatautonomer

143

Datenschutz

mal in den Warn- und Hinweissystemen aktenkundig geworden ist. Ebenso ist umgekehrt für die Versicherungen die vermeintliche Reduzierung der Datenverarbeitung ohne Auswirkungen. Die codierten Daten mögen zwar keine personenbezogenen Daten im eigentlichen datenschutzrechtlichen Sinne sein, der effektive Informationswert dieser Daten für Versicherer bleibt jedoch mit oder ohne Codierung der gleiche. Mit der Codierung einher geht jedoch der für Versicherer angenehme Nebeneffekt, dass die Datenschutzbehörden zufrieden gestellt und die Warn- und Hinweissysteme erfolgreich dem datenschutzrechtlichen Verantwortungsbereich entzogen werden konnten. Möglich ist dies nur, weil das bisherige datenschutzrechtliche Streben in erster Linie auf einen Schutz des Datengeheimnisses gerichtet ist, während der viel wichtigere Aspekt einer effektiven Teilhabe des Betroffenen am Prozess der Datenverarbeitung weitgehend unberücksichtigt bleibt. d)

Konsequenzen

aa) Warn- und Hinweissysteme

als datenschutzrechtlich

Verantwortliche

Eine realistische Möglichkeit zur effektiven Teilhabe am Datenverarbeitungsprozess hat der Einzelne nur dann, wenn er nicht jeden einzelnen Datenverarbeitungsvorgang für sich überprüfen muss, sondern sich an eine einzige verantwortliche Stelle wenden kann, die im Zentrum der Datenverarbeitung steht. Hierfür bieten sich zuallererst die zentralen Warn- und Hinweissysteme der jeweiligen Versicherungssparten an. Anstatt diese Systeme unter Berufung auf die Datencodierung aus ihrer Verantwortung zu entlassen, sollte das Verfahren der Codierung aufgehoben und die Verantwortung dieser Stellen ausdrücklich festgeschrieben werden: sowohl die Verpflichtung, dem einzelnen Betroffenen umfassend Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu geben als auch die Verpflichtung, dem Betroffenen effektive Instrumente zur Kontrolle und Korrektur falscher oder zweifelhafter Daten an die Hand zu geben. Mit einer solchen Inpflichtnahme der Warn- und Hinweissysteme ist dem Betroffenen mehr geholfen als mit einem formalen Weniger an Datenspeicherung - vor allem dann, wenn dieses Weniger an Datenspeicherung auf die spürbaren Folgen der Datenverarbeitung keinerlei Einfluss hat. Führt die Aufnahme in die zentralen Warn- und Hinweissysteme zu einem Ausschluss des Betroffenen vom Versicherungsmarkt, ist es für diesen vollkommen unerheblich, ob die zugrunde liegenden Informationen vorübergehend codiert waren oder nicht. Allein entscheidend ist für ihn vielmehr, ob er den zugrunde liegenden Informationsaustausch effektiv kontrollieren und korrigieren kann oder nicht. bb) Datenverarbeitungsrechte

und -pflichten der Warn- und

Hinweissysteme

Anders als bei Auskunfteien umfasst ein Mitbestimmungsrecht des Einzelnen bei Warn- und Hinweisdiensten nicht auch die Entscheidung, ob diese überhaupt

144

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

„seine" Daten verarbeiten dürfen. Selbst wenn Warn- und Hinweisdienste als zentrale Datenverarbeitungssysteme konzipiert sind, sind sie von Funktion und Zielsetzung her mit Auskunfteien nicht vergleichbar. 139 Zwei grundsätzliche U n terschiede bestehen: Die Datenverarbeitung von Auskunfteien zielt gleichermaßen auf die Erfassung „guter" wie „schlechter" Kunden, Vertragspartner etc. ab. Wenn Auskunfteien über eine bestimmte Person überhaupt keine Informationen haben, wirkt sich dies grundsätzlich zulasten dieser Person aus. Eine Person, die niemand kennt, ist im Zweifel auch nicht vertrauenswürdig. Im Falle von Warnund Hinweisdiensten ist die Situation genau umgekehrt. Die bloße Tatsache einer Aktenkundigkeit in diesen Dateien ist bereits ein Negativmerkmal; wer umgekehrt nicht erfasst ist, wird grundsätzlich als vertrauenswürdig eingestuft. Allein deshalb schon kommt ein Mitbestimmungsrecht des Einzelnen darüber, ob er in Warn- und Hinweisdateien aufgenommen werden darf, nicht in Frage. Warnund Hinweisdienste würden jegliche praktische Bedeutung verlieren, könnten die Betroffenen selbst darüber entscheiden, ob vor ihnen gewarnt werden darf oder nicht. 140 Eng damit zusammen hängt auch der zweite wesentliche Unterschied zwischen Auskunfteien einerseits und Warn- und Hinweisdiensten andererseits. Letztere sind schon von ihrer Zielsetzung her niemals im Interesse des Betroffenen selbst tätig. Selbst wenn ihre Datenverarbeitung noch so fair und transparent ausgestaltet ist, werden sie den einzelnen Betroffenen nicht davon überzeugen können, dass die Aufnahme seiner Person in ihren Datenbestand von Vorteil ist. Auskunfteien hingegen können diese Überzeugungsarbeit leisten. Ein Entscheidungsvorrecht des Betroffenen gewährleistet hier, dass Auskunfteien sich nicht nur um Effizienz und Risikominimierung, sondern auch um Fairness und Transparenz bemühen, ohne dass dadurch die Funktion der Auskunfteien als solche beeinträchtigt wird. Auch wenn Warn- und Hinweisdienste für ihre Tätigkeit grundsätzlich nicht der Autorisierung durch den Betroffenen bedürfen, gilt ihre Befugnis zur Datenverarbeitung nicht unbeschränkt. Warn- und Hinweisdienste dürfen stets nur solche Daten speichern und weitergeben, die eindeutige Rückschlüsse auf die Risiken zulassen, vor denen gewarnt werden soll. Entsprechend eng ist de lege lata die bisherige Befugnisnorm des §29 11 Nr. 1 und II 1 BDSG auszulegen bzw. de lege ferenda eine künftige bereichsspezifische Befugnisnorm für die Tätigkeit von Warn- und Hinweisdiensten zu formulieren. Für den Versicherungsbereich heißt dies: Die zentralen Warn- und Hinweissysteme dürfen lediglich solche Informa139 Dies gilt f ü r die z e n t r a l e n W a r n - u n d H i n w e i s s y s t e m e d e r Versicherungswirtschaft e b e n s o w i e f ü r andere W a r n d a t e i e n wie e t w a Schuldnerverzeichnisse. 140 D e n k b a r w ä r e z w a r auch, d e m E i n z e l n e n ein W i d e r s p r u c h s r e c h t e i n z u r ä u m e n , die A u s ü b u n g dieses R e c h t s aber in d e n D a t e i e n z u v e r m e r k e n . Allerdings ist in diesem Fall d a v o n ausz u g e h e n , dass die p r a k t i s c h e n K o n s e q u e n z e n eines solchen V e r m e r k s f ü r den B e t r o f f e n e n die gleichen sind: Seine V e r t r a u e n s w ü r d i g k e i t w i r d g r u n d s ä t z l i c h z u n ä c h s t einmal in Zweifel gestellt.

B. Privatautonomer

Datenschutz

145

tionen aufnehmen und weiterleiten, die unstreitig auf ein erhöhtes Versicherungsrisiko oder auf die ernst zu nehmende Gefahr eines Versicherungsmissbrauchs schließen lassen. Hierzu zählen etwa festgestellte Fälle eines Versicherungsmissbrauchs, die bestandskräftige außerordentliche Kündigung eines Versicherers aus wichtigem Grund oder die Vereinbarung eines Beitragszuschlags aufgrund von Sonderrisiken. Problematisch ist in ihrer begrifflichen Weite dagegen die Registrierung von „auffälligen Schadensfällen und von Personen, bei denen der Verdacht des Versicherungsmissbrauchs besteht", wie es derzeit im Versicherungsbereich üblich ist. 141 Die Gefahr besteht, dass Versicherer diese und ähnlich allgemeine Kriterien einseitig zu ihren eigenen Gunsten, aber zulasten des jeweiligen Betroffenen sehr weit auslegen und auch solche Ereignisse darunter fassen, deren Aussagekraft nur von zweifelhaftem Wert ist. 1 4 2 Umso wichtiger ist es daher, dass Warn- und Hinweissysteme nicht aus dem datenschutzrechtlichen Verantwortungsbereich entlassen werden, sondern Adressaten der Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsansprüche seitens der Betroffenen sind. Uber die Transparenz der Datenverarbeitung durch die Warn- und Hinweissysteme kann zumindest eine gewisse Kontrolle der Datenverarbeitung erreicht werden. Darüber hinaus ist dem einzelnen Betroffenen ein Recht auf Datenlöschung einzuräumen, wenn Versicherer ihrerseits die Berechtigung eines vermeintlichen Negativmerkmals nicht beweisen können. Eine solche Beweispflicht zulasten der Datenverarbeiter ist bereits dem geltenden Recht bekannt, soweit es um den Anspruch auf Löschung besonders persönlichkeitssensibler Daten geht, deren Richtigkeit umstritten ist. 143 De lege ferenda sollte diese Beweispflicht auch Warn- und Hinweissysteme erfassen, wenn sich der Streit um den Aussagewert eines bestimmten Negativkriteriums dreht, um dem Betroffenen zumindest insoweit ein effektives Partizipationsrecht an die Hand zu geben. cc) Transparenz und Fairness in der

Entscheidungsfindung

Abgesichert werden kann eine effektive Teilhabe des einzelnen Betroffenen am Prozess der Datenverarbeitung schließlich dadurch, dass das Verfahren der eigentlichen Entscheidungsfindung den Grundsätzen der Transparenz und Fairness entspricht. Ebenso wie §6a B D S G normiert, dass nachteilige Entscheidungen zulasten eines Einzelnen nicht ausschließlich auf eine automatisierte Daten141 Siehe das von der Versicherungsbranche herausgegebene „Merkblatt zur Datenverarbeitung", Ziff. 4 (Zentrale Hinweissysteme). 142 Hierunter fallen etwa auch Kriterien wie der Unfall auf einer einsamen Landstraße, die Nationalität oder das Alter, sollten diese nach derzeitiger Praxis tatsächlich eine Einmeldung in die Warn- und Hinweissysteme der Versicherer begründen; siehe dazu schon soeben bei Fn. 132. 143 Siehe § 35 II 2 Nr. 2 BDSG: „Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn ... es sich um Daten über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Uberzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit, über Gesundheit oder das Sexualleben, strafbare Handlungen oder Ordnungswidrigkeiten handelt und ihre Richtigkeit von der verantwortlichen Stelle nicht bewiesen werden kann".

146

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

Verarbeitung g e s t ü t z t w e r d e n d ü r f e n , ist de lege f e r e n d a sicherzustellen, dass ein A u s s c h l u s s v o m V e r s i c h e r u n g s m a r k t n i c h t allein deshalb erfolgt, weil ein V e r s i c h e r u n g s n e h m e r in d e n W a r n - u n d H i n w e i s s y s t e m e n der V e r s i c h e r u n g s w i r t schaft a k t e n k u n d i g ist. Zulässig darf ein s o l c h e r A u s s c h l u s s n u r dann sein, w e n n in A n l e h n u n g an § 6 a I I N r . 2 B D S G - z u g u n s t e n des B e t r o f f e n e n gewisse v e r f a h r e n s r e c h t l i c h e V o r k e h r u n g e n g e w a h r t sind: Z u m einen muss ihm mitgeteilt w e r den, w e l c h e I n f o r m a t i o n e n aus der j e w e i l i g e n W a r n - u n d H i n w e i s d a t e i f ü r eine nachteilige E n t s c h e i d u n g a u s s c h l a g g e b e n d sind. Z u m anderen muss i h m d u r c h geeignete M a ß n a h m e n die G e l e g e n h e i t g e g e b e n w e r d e n , seine b e r e c h t i g t e n I n t e ressen zu w a h r e n , i n s b e s o n d e r e d u r c h die M ö g l i c h k e i t , seinen S t a n d p u n k t geltend zu m a c h e n . S c h l i e ß l i c h muss sichergestellt sein, dass die e n t s c h e i d e n d e Stelle ihre E n t s c h e i d u n g e r n e u t ü b e r p r ü f t . D i e G r u n d z ü g e , die h i e r a m B e i s p i e l der W a r n - u n d H i n w e i s d i e n s t e der V e r s i c h e r u n g s w i r t s c h a f t e n t w i c k e l t w o r d e n sind, gelten e b e n s o auch für alle a n d e r e n Warn- und Hinweisdateien, etwa für Warndateien im Wohnungswesen und Versandhandel o d e r f ü r S c h u l d n e r v e r z e i c h n i s s e i m I n t e r n e t . E i n e E i n o r d n u n g als W a r n - u n d H i n w e i s d a t e i i m hier v e r s t a n d e n e n S i n n e ist stets dann a n z u n e h m e n , w e n n s c h o n der U m s t a n d einer A u f n a h m e in diese D a t e i e n für sich g e n o m m e n ein N e g a t i v - u n d A u s s c h l u s s k r i t e r i u m b e g r ü n d e t . W a r n - u n d H i n w e i s d i e n s t e sind g e g e n ü b e r A u s k u n f t e i e n i n s o w e i t privilegiert, als sie für ihre D a t e n v e r a r b e i t u n g gerade n i c h t auf ein E i n v e r s t ä n d n i s des B e t r o f f e n e n angewiesen sind. E n t s c h e i d e n d e V o r a u s s e t z u n g h i e r f ü r ist j e d o c h , dass sie ihre K l a s s i f i z i e r u n g stets n u r auf s o l c h e U m s t ä n d e s t ü t z e n , die eindeutig

R ü c k s c h l ü s s e auf eine m a n g e l n d e

Z u v e r l ä s s i g k e i t , Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t etc. erlauben. E b e n s o w i e es im V e r s i c h e r u n g s b e r e i c h u n z u l ä s s i g ist, eine A k t e n k u n d i g k e i t auf vage V e r d a c h t s m o m e n t e wie d e n U n f a l l auf e i n s a m e r L a n d s t r a ß e zu s t ü t z e n , ist es daher etwa a u c h im B e reich des W o h n u n g s w e s e n s unzulässig, dass P e r s o n e n allein s c h o n d e s h a l b A u f n a h m e in eine D a t e i f i n d e n , weil sie längere Zeit auf W o h n u n g s s u c h e s i n d . 1 4 4 D i e f a k t i s c h e A u s s c h l u s s w i r k u n g einer A u f n a h m e in W a r n - u n d H i n w e i s d a t e i e n lässt sich n u r dann r e c h t f e r t i g e n , w e n n sich die A u f n a h m e auf eindeutige u n d u n s t r e i t i ge N e g a t i v m e r k m a l e s t ü t z t . 1 4 5 W o l l e n W a r n - u n d H i n w e i s d i e n s t e ihre A u s k u n f t s t ä t i g k e i t dagegen w e i t e r d i f f e r e n z i e r e n u n d m i t der B e r ü c k s i c h t i g u n g z u sätzlicher M e r k m a l e wie Vermögensverhältnisse oder Staatsangehörigkeit auch eine F e i n a b s t u f u n g z w i s c h e n „ m e h r u n d w e n i g e r s c h l e c h t e n " S c h u l d n e r n , M i e tern etc. v o r n e h m e n , sind sie e b e n n i c h t m e h r W a r n - u n d H i n w e i s d i e n s t e im h i e r

Siehe zu dieser Praxis BfD, 19. T B (2001-2002), S.72. Solche eindeutigen Negativmerkmale sind im Falle von Vermieterwarndateien etwa rechtskräftige Urteile zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs oder vertragswidrigen Verhaltens oder ein Vollstreckungsbescheid wegen Mietschulden, nicht aber die bloß einseitige Behauptung eines Vermieters, Mietzahlungen seien verspätet oder unregelmäßig eingegangen; zur (entgegengesetzten) tatsächlichen Praxis siehe aber BfD, 19. T B (2001-2002), S.72. 144

145

B. Privatautonomer

Datenschutz

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verstandenen Sinne, sondern Auskunfteien und bedürfen damit zu ihrer Tätigkeit grundsätzlich eines Einverständnisses der Betroffenen. 3. Datenverarbeitung

im

Marketingbereich

Marketing ist mehr als nur Werbung oder Reklame. 1 4 6 Der Begriff Marketing steht nach klassischer ökonomischer Definition für die Gesamtheit unternehmerischer Bemühungen, im wirtschaftlichen Güterversorgungsprozess die eigenen Unternehmensziele durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse zu verwirklichen. 147 Datenschutzrechtliche Bedeutung hat Unternehmensmarketing vor allem in seiner Ausprägung als Direktmarketing gewonnen. Das verstärkte unternehmerische Bemühen um unmittelbare informationelle Beziehungen zum Kunden hat vielerlei Ursachen: Verschärfung des Wettbewerbs, differenziertere Kundenwünsche und Übersättigung bei der Massenwerbung. 148 Hinzu kommen die neuen informationstechnologischen Möglichkeiten eines stärkeren Eingehens auf den Einzelkunden. 149 Zwei Zielsetzungen lassen sich dem Grunde nach bei der Datenverarbeitung im Marketingbereich unterscheiden. Unternehmen verarbeiten personenbezogene Daten zum einen in eigener Sache, weil sie neue Kunden gewinnen und bestehende Kundenkontakte vertiefen und verfestigen wollen. Zum anderen kommt es zu einer Verarbeitung marketingrelevanter Daten zu Zwecken des Adresshandels: Daten werden nicht deshalb gesammelt und ausgewertet, um den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen zu steigern, sondern um mit den Daten selbst Handel zu treiben und Gewinn zu erzielen. a) Datenverarbeitung

in eigener

Sache

Unternehmen können bei ihrem Bemühen um Kundenbindung und Neukundengewinnung die verschiedensten Wege beschreiten, um an zusätzliche Daten potentieller und aktueller Kunden zu gelangen: über Außendienstkontakte, Bestellannahmen und Servicedienste, durch die Durchführung von Kunden- und Verbraucherbefragungen 150 , durch die Nutzung externer Datenbanken im Wege des Adresshandels' 51 oder durch den Einsatz von Kundenbindungssystemen. 152

Breinlinger in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 1. Meffert in Diller, Marketinglexikon, S.957. 148 Büllesbach, Kundendaten, S. 175. 149 Link in Diller, Marketinglexikon, S. 308f. 150 Siehe dazu Breinlinger, R D V 1997, 247. 151 In Frage kommen hierfür sowohl die Datenbestände anderer Unternehmen, die (als sog. Listeneigentümer) ihre Kunden- und Interessenlisten zur Verfügung stellen, als auch die Datenbestände sog. Adressverlage, deren Hauptgeschäftszweck die Erstellung und Vermietung von zielgruppenspezifischen Adresslisten ist (Breinlinger in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 24f.); näher dazu unten B II 3 b. 152 Link in Diller, Marketinglexikon, S. 857. 146

147

148

2. Teil: Datenschutzrecht

aa) Die Gewinnung neuer

als

Privatrecht

Kundendaten

S o w e i t sich U n t e r n e h m e n u m eine G e w i n n u n g n e u e r K u n d e n d a t e n bei den B e t r o f f e n e n selbst b e m ü h e n , b e s t e h e n gegen eine D a t e n e r h e b u n g zu M a r k e t i n g z w e c k e n g r u n d s ä t z l i c h k e i n e B e d e n k e n - auch dann nicht, w e n n die U n t e r n e h m e n h i e r z u w i r t s c h a f t l i c h e A n r e i z e z u r D a t e n p r e i s g a b e setzen. D i e Idee i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g bleibt g e w a h r t , w e n n der E i n z e l n e selbst e n t s c h e i d e n k a n n , o b er seine D a t e n o f f e n b a r e n m ö c h t e u n d w e n n ja zu w e l c h e m „ P r e i s " . E s steht i h m o f f e n , seine D a t e n zu k o m m e r z i a l i s i e r e n , i n d e m er e t w a eine D i e n s t l e i s t u n g im I n t e r n e t o d e r die T e i l n a h m e an e i n e m G e w i n n s p i e l mit der P r e i s g a b e seiner D a t e n e r k a u f t . V o r a u s s e t z u n g ist j e d o c h stets, dass s o l c h e W e g e der D a t e n e r h e b u n g den G e b o t e n der T r a n s p a r e n z g e n ü g e n . S o w e i t die Z i e l s e t z u n g eines A n g e b o t s ( a u c h ) die E r h e b u n g v o n p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n umfasst, ist darauf d e u t l i c h h i n z u w e i s e n . A u s der G e s t a l t u n g des A n g e b o t s muss e r s i c h t l i c h sein, dass p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n die F u n k t i o n einer G e g e n l e i s t u n g f ü r die I n a n s p r u c h n a h m e einer D i e n s t l e i s t u n g o d e r f ü r die T e i l n a h m e m ö g l i c h k e i t an einem G e w i n n s p i e l e i n n e h m e n . D a t e n s c h u t z r e c h t l i c h p r o b l e m a t i s c h ist es daher, w e n n solcherlei A n g e b o t e als „ k o s t e n l o s " b e z e i c h n e t w e r d e n . U n d o h n e Z w e i f e l u n z u lässig ist der V e r s u c h , u n t e r V o r s p i e g e l u n g f a l s c h e r Z i e l s e t z u n g e n an p e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n zu gelangen. 1 5 3 D i e D u r c h f ü h r u n g v o n V e r b r a u c h e r b e f r a gungen unter dem D e c k m a n t e l wissenschaftlicher Forschung154 begründet bereits einen V e r s t o ß gegen das d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e A u f k l ä r u n g s g e b o t , w i e es in § 4 a I 2 B D S G n o r m i e r t ist, u n d ist deshalb u n a b h ä n g i g v o n sonstigen zivil- u n d wettbewerbsrechtlichen

B e d e n k e n s c h o n aus diesem

G r u n d unzulässig.

Zu

s c h ü t z e n ist der V e r b r a u c h e r schließlich a u c h d u r c h die E i n r ä u m u n g eines effektiven W i d e r r u f s r e c h t s , das es ihm erlaubt, seine einmal g e t r o f f e n e E n t s c h e i d u n g z u r D a t e n p r e i s g a b e a u c h nachträglich w i e d e r r ü c k g ä n g i g zu m a c h e n . D i e W i d e r r u f b a r k e i t der E i n w i l l i g u n g ist im D a t e n s c h u t z r e c h t allgemein a n e r k a n n t . G e rechtfertigt ist ein s o l c h e s W i d e r r u f s r e c h t s c h o n deshalb, weil es selbst bei b e s t m ö g l i c h e r W a h r u n g v o n A u f k l ä r u n g und T r a n s p a r e n z f ü r die B e t r o f f e n e n o f t mals n i c h t m ö g l i c h ist, die tatsächliche B e d e u t u n g ihrer E i n w i l l i g u n g für die Z u k u n f t zu e r m e s s e n . E s m u s s ihnen d a h e r prinzipiell m ö g l i c h sein, ihre M e i n u n g a u c h n a c h t r ä g l i c h w i e d e r zu ändern. F i n d e t eine D a t e n e r h e b u n g zu M a r k e t i n g z w e c k e n n i c h t b e i m

Betroffenen

selbst, s o n d e r n bei D r i t t e n statt, w e r d e n B e d e n k e n hiergegen i n s b e s o n d e r e unter B e r u f u n g auf § 4 I I B D S G geäußert. § 4 I I B D S G s c h r e i b t in U m s e t z u n g der E U D a t e n s c h u t z r i c h t l i n i e den G r u n d s a t z der D i r e k t e r h e b u n g n i c h t m e h r n u r für ö f f e n t l i c h e , s o n d e r n a u c h f ü r n i c h t - ö f f e n t l i c h e Stellen vor. 1 5 5 F ü r die E r h e b u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n zu M a r k e t i n g z w e c k e n soll hieraus f o l g e n , dass eine solche

153 154 155

Siehe schon §4a I 2 BDSG. Siehe dazu Weichen WRP 1996, 522 (523). Sokol in Simitis, BDSG, §4 Rdn. 19.

B. Privatautonomer

Datenschutz

149

regelmäßig nur noch beim Betroffenen selbst zulässig ist. 156 Jedoch ist diese Ansicht zumindest immer dann fragwürdig, wenn es um die Gewinnung neuer, d.h. bisher unbekannter, Kunden geht. Hier liegt es schon in der Natur der Sache begründet, dass die verantwortlichen Stellen sich nicht direkt an den Betroffenen wenden können, dessen N a m e und Adresse sie gerade erst in Erfahrung bringen wollen. 1 5 7 Zumindest w ü r d e es einen unverhältnismäßigen A u f w a n d im Sinne des § 4 II 2 Nr. 2 b BDSG erfordern, wäre es in diesen Fällen untersagt, zum Zwecke der ersten Kontaktaufnahme einen Dritten als Adressmittler einzuschalten. Auch die datenschutzrechtlichen Regelungen für den Telekommunikations- und M u l timediabereich - traditionell die wichtigsten Erhebungsgebiete für das Direktmarketing - sprechen nicht gegen die Zulässigkeit einer Datenerhebung bei Dritten. 158 Zwar ergibt sich aus den Bestimmungen des TDDSG, des MDStV und des TKG, dass es für eine Verarbeitung personenbezogener Daten zu Marketingzwecken stets der Einwilligung des Betroffenen bedarf. 1 5 9 Diese Grundsätze beziehen sich jedoch nur auf die Verarbeitung solcher Daten, die im Rahmen bestehender Telekommunikations-, Teledienste- oder sonstiger Vertragsverhältnisse anfallen. Auf die Zulässigkeit einer Datenerhebung zur erstmaligen Begründung eines solchen Vertragsverhältnisses können hieraus keine Rückschlüsse gezogen werden. Richtigerweise ist w i e d e r u m auch hier für das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen dort anzusetzen, w o sich die eigentliche Datenverarbeitung konzentriert, also beim Adresshändler oder Adressmittler. Der Betroffene ist dahingehend in den Prozess der Datenverarbeitung einzubinden, dass er gegenüber diesen Informationsmaklern von Anfang an über das O b und Wie einer Verarbeitung seiner Daten bestimmen kann. bb) Personalisierung bestehender Kundenkontakte Kundenbindungssysteme

am Beispiel

Moderne Kundenbindungssysteme in Form von Kundenkarten bezwecken anders als die herkömmlichen Rabattheftchen nicht mehr allein die Bindung des Kunden an ein Unternehmen, sondern auch die Erhebung von Kundendaten. 1 6 0 Indem der Einzelne beim Einkauf seine Bonus-, Treue- oder ähnliche Karte vorlegt, hebt er die bis dahin bestehende Anonymität der Kundenbeziehung auf und ermöglicht dem Unternehmen die Speicherung personenbezogener Daten wie N a m e und Adresse sowie Kaufgewohnheiten. 1 6 1 Diese Daten wiederum werden 156 ß r e i n l i n g e r i n Roßnagel, H a n d b u c h Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 21. 157 Vergleiche Schaffland/WUtfang, BDSG, § 4 Rdn. 10. 158 So aber Breinlinger in Roßnagel, H a n d b u c h Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 21. 159 Ausdrücklich in diesem Sinne die §§ 95 II 1 , 9 6 III 1 TKG; für T D D S G und M D S t V ergibt sich das Erfordernis einer Einwilligung aus den allgemeinen Grundsätzen der § § 3 T D D S G , 17 M D S t V und dem Fehlen eines entsprechenden gesetzlichen Erlaubnistatbestands. 160 Vorreiter für die Kundenbindungssysteme heutiger Art w a r die Lufthansa mit ihrem 1993 eingeführten Vielfliegerprogramm Miles & More. 161 Weichen, W R P 1996, 522 (523).

150

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

als G r u n d l a g e gezielter K u n d e n a n a l y s e n h e r a n g e z o g e n , u m K a u f g e w o h n h e i t e n zu e r f o r s c h e n u n d individuelle A n g e b o t e u n t e r b r e i t e n zu k ö n n e n . 1 6 2 K u n d e n b i n d u n g s s y s t e m e m i t K u n d e n k a r t e n gibt es in z w e i F o r m e n : z u m einen in F o r m einf a c h e r K u n d e n k a r t e n , die v o n e i n z e l n e n U n t e r n e h m e n an ihre K u n d e n ausgegeb e n w e r d e n , z u m a n d e r e n in F o r m U n t e r n e h m e n s - o d e r a u c h b r a n c h e n ü b e r g r e i fender Kundenkarten,

die v o n e i n e m V e r b u n d v e r s c h i e d e n e r

Unternehmen

gemeinsam herausgegeben werden.163 A u f der G r u n d l a g e g e s e t z l i c h e r E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e ist eine D a t e n v e r a r b e i tung

im

Rahmen

von

Kundenbindungssystemen

nur

in

eingeschränktem

U m f a n g m ö g l i c h . G r u n d s ä t z l i c h w i r d h i e r f ü r z u n ä c h s t z w i s c h e n zwei D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e n u n t e r s c h i e d e n : Z u m einen geht es u m die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n im R a h m e n des e i g e n t l i c h e n R a b a t t p r o g r a m m s -

das

e i n z e l n e U n t e r n e h m e n b z w . der S y s t e m b e t r e i b e r (im F a l l e u n t e r n e h m e n s ü b e r g r e i f e n d e r K u n d e n b i n d u n g s p r o g r a m m e ) m u s s w i s s e n , w e m ü b e r h a u p t ein R a batt g u t z u s c h r e i b e n ist u n d in w e l c h e r H ö h e . S o w e i t eine D a t e n v e r a r b e i t u n g h i e r z u e r f o r d e r l i c h ist, lässt sich diese auf den gesetzlichen E r l a u b n i s t a t b e s t a n d des § 2 8 I N r . 1 B D S G s t ü t z e n . 1 6 4 Z u m a n d e r e n geht es u m die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n zu M a r k e t i n g z w e c k e n - das e i n z e l n e U n t e r n e h m e n b z w . der S y s t e m b e t r e i b e r m ö c h t e w i s s e n , w e r w e l c h e P r o d u k t e u n d D i e n s t l e i s t u n g e n in w e l c h e m U m f a n g in A n s p r u c h n i m m t , u m darauf die eigenen M a r k e t i n g b e m ü h u n g e n a u s z u r i c h t e n . A l s R e c h t s g r u n d l a g e k o m m e n hier die E r l a u b n i s t a t b e s t ä n de des § 2 8 I N r . 2 u n d § 2 8 I I I N r . 3 B D S G in B e t r a c h t , w o b e i diese B e s t i m m u n gen allerdings nach ü b e r w i e g e n d e r M e i n u n g n u r einen B r u c h t e i l der in der Praxis v e r a r b e i t e t e n D a t e n erfassen. I m W e s e n t l i c h e n w e r d e n h i e r z u allein die S t a m m d a ten des j e w e i l i g e n K u n d e n ( N a m e , A n s c h r i f t und G e b u r t s j a h r ) gezählt. 1 6 5 W a s hingegen die f ü r M a r k e t i n g z w e c k e eigentlich interessante D a t e n v e r a r b e i t u n g angeht, also die S p e i c h e r u n g der P r o g r a m m d a t e n zu den e i n z e l n e n G e s c h ä f t s v o r gängen und v o r allem deren Z u s a m m e n f ü h r u n g und A u s w e r t u n g zu Z w e c k e n der P r o f i l b i l d u n g , k o m m t eine s o l c h e D a t e n v e r a r b e i t u n g n u r auf G r u n d l a g e einer individuellen E i n w i l l i g u n g des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n in B e t r a c h t . 1 6 6 ULD, Kundenbindungssysteme, S. 18. Großen Bekanntheits- und Verbreitungsgrad haben vor allem die Kundenkarten Payback und Happy Digits, die jeweils von einem Verbund mehrerer marktführender Unternehmen herausgegeben werden und in allen angeschlossenen Unternehmen gültig sind. Hinzu kommt in letzter Zeit vermehrt die Ausgabe sog. City Cards, die als Bonuskarten im Rahmen modernen Stadtmarketings vor allem den lokalen Einzelhandel einbeziehen. Siehe zu den verschiedenen Programmen ULD, Kundenbindungssysteme, S. 17. 164 Hierzu zählen zum einen um die sog. Stammdaten des Kunden (persönliche Daten wie Name, Adresse und Geburtsjahr), zum anderen die entsprechenden Programmdaten (d.h. die erhobenen Daten anlässlich des einzelnen Geschäftsvorgangs, insb. Höhe des Rabattbetrags, Ort und Zeitpunkt des Vorgangs, Kennung des Partnerunternehmens und Preis der Ware oder Dienstleistung); siehe näher dazu ULD, Kundenbindungssysteme, S.27ff. 165 Siehe ULD, Kundenbindungssysteme, S.37ff.; ebenso Weherling, AfP 2004, 397 (401). 166 A.a.O. 162

163

B. Privatautonomer

Datenschutz

151

D i e individuelle E i n w i l l i g u n g ist also s c h o n de lege lata z e n t r a l e r E r l a u b n i s t a t b e s t a n d f ü r die V e r w e r t u n g der K u n d e n d a t e n zu M a r k e t i n g z w e c k e n - ein A n satz, der w i e d e r u m der hier v e r t r e t e n e n M a x i m e eines s e l b s t b e s t i m m t e n D a t e n s c h u t z e s e n t s p r i c h t u n d zugleich den B e l a n g e n der B e t e i l i g t e n a m besten gerecht w i r d . D i e s e d ü r f t e n n u r w e n i g I n t e r e s s e daran h a b e n , sich m i t d e m u n ü b e r s c h a u baren N e b e n e i n a n d e r p o t e n t i e l l einschlägiger g e s e t z l i c h e r E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e auseinander zu s e t z e n , w e n n sie s o d a n n mangels R e c h t s s i c h e r h e i t u n d P r a k t i k a bilität t r o t z d e m auf das I n s t i t u t der E i n w i l l i g u n g z u r ü c k g r e i f e n m ü s s e n . V o r z u z i e h e n ist es d e s h a l b , den d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n F o k u s v o n A n f a n g an auf einen p r i v a t a u t o n o m e n I n t e r e s s e n a u s g l e i c h z w i s c h e n d e n B e t e i l i g t e n zu r i c h t e n . Z w a r gehen B e f ü r c h t u n g e n teils dahin, dass die p r i v a t a u t o n o m e F r e i h e i t der B e t e i l i g t e n einer u n e r w ü n s c h t e n K o m m e r z i a l i s i e r u n g i n f o r m a t i o n e l l e r

Selbstbestimmung

w e i t e r e n V o r s c h u b leistet, weil V e r b r a u c h e r ihre p e r s ö n l i c h e n D a t e n allein u m finanzieller V e r g ü n s t i g u n g e n o d e r s o n s t i g e r materieller V o r t e i l e willen preisgeb e n . 1 6 7 Selbst w e n n aber diese B e f ü r c h t u n g e n z u t r e f f e n d sein sollten, k ö n n e n sie g l e i c h w o h l eine B e s c h r ä n k u n g individueller S e l b s t b e s t i m m u n g n i c h t r e c h t f e r t i gen. D i e E n t s c h e i d u n g des E i n z e l n e n , „ s e i n e " D a t e n als W ä h r u n g e i n z u s e t z e n , ist A u s d r u c k seiner i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g . E s ist an i h m als H e r r seiner D a t e n zu e n t s c h e i d e n , was i h m V e r t r a u l i c h k e i t u n d A n o n y m i t ä t der K u n d e n beziehung wert sind.168 D i e A u f g a b e eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s r e g i m e s geht w i e d e r u m dahin, eine I n f r a s t r u k t u r zu s c h a f f e n , die einen fairen u n d i n f o r m i e r t e n I n t e r e s senausgleich sicherstellt. D u r c h das E r f o r d e r n i s individueller E i n w i l l i g u n g ist z u nächst einmal sichergestellt, dass eine D a t e n v e r a r b e i t u n g n i c h t gänzlich a m B e t r o f f e n e n v o r b e i o d e r gegen dessen W i l l e n stattfinden k a n n . A u s r e i c h e n d ist dabei, dass der B e t r o f f e n e d e r j e n i g e n Stelle g e g e n ü b e r seine E i n w i l l i g u n g erteilt, bei der die V e r a r b e i t u n g seiner D a t e n s c h w e r p u n k t m ä ß i g stattfindet. Individuelle S e l b s t b e s t i m m u n g hat g r u n d s ä t z l i c h d o r t a n z u s e t z e n , w o sich das Z e n t r u m der D a t e n v e r a r b e i t u n g b e f i n d e t : W e n n es sich lediglich u m die K u n d e n k a r t e eines e i n z e l n e n U n t e r n e h m e n s handelt, ist dieses U n t e r n e h m e n der A n s p r e c h p a r t n e r ; w e n n es sich u m die K u n d e n k a r t e eines U n t e r n e h m e n s v e r b u n d s handelt, ist die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h v e r a n t w o r t l i c h e Stelle der B e t r e i b e r des e n t s p r e c h e n d e n K u n d e n b i n d u n g s s y s t e m s . D i e E i n w i l l i g u n g g e g e n ü b e r l e t z t e r e r Stelle b e s t i m m t dann a u c h , in w e l c h e m U m f a n g u n d w e l c h e r F o r m die a n g e s c h l o s s e n e n P a r t n e r u n t e r n e h m e n K u n d e n d a t e n e r h e b e n , ü b e r m i t t e l n u n d selbst n u t z e n d ü r f e n . E i n s o l c h e s „ o n e - s t o p - s h o p p i n g " liegt gerade auch im I n t e r e s s e des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n . D i e s e r m u s s sich n i c h t m i t einer u n ü b e r s i c h t l i c h e n V i e l z a h l v e r s c h i e d e n e r E i n w i l l i g u n g s f r a g m e n t e auseinander s e t z e n , s o n d e r n hat alle relevanten V o r g ä n -

Simitis, DuD 2000, 714 (721). Siehe BfD, 19. T B (2001-2002), S.71 („Jeder Verbraucher ist Herr seiner Daten, er muss sich keine Kundenkarte nehmen, wenn er davon nicht überzeugt ist."). 167

168

152

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

ge in einer Erklärung zusammengefasst. Und er weiß, welche Stelle ihm gegenüber die datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle ist, an welche Stelle er sich wenden kann, um seine Betroffenenrechte geltend zu machen. Auch ansonsten ist der Fokus der datenschutzrechtlichen Ausgestaltung von Kundenbindungssystemen auf eine möglichst umfassende Transparenz dieser Systeme zu richten. Unternehmen dürfen Kundenbindungssysteme nicht unter dem Deckmantel der Kundenfreundlichkeit dazu einsetzen, um auf einfachem und verstecktem Weg zu einer Vielzahl personenbezogener Informationen über ihre Kunden zu gelangen. Es muss dem Kunden bewusst sein, dass die Konsequenz seiner Einwilligung eine Preisgabe persönlicher Daten ist, dass es sich der Sache nach nicht nur um einen Rabattvertrag, sondern auch um einen Datenüberlassungsvertrag handelt. Der Kunde muss außerdem wissen, welche Unternehmen überhaupt hinter dem Kartensystem stecken, welche Daten zu welchem Zweck gespeichert werden, ob diese auch an Dritte weitergegeben werden und ob und wie Einzeldaten zu einem Profil zusammengefügt werden. 169 Er muss aufgrund ausreichender und klarer Informationen in die Lage versetzt werden, eigenverantwortlich die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen und dann zu entscheiden. 170 Darüber hinaus muss auch dann, wenn all diese Gebote der Transparenz beachtet werden, dem Betroffenen die Möglichkeit offen stehen, seine Einwilligung zu einem späteren Zeitpunkt zu widerrufen; denn trotz aller Transparenz und Information ist davon auszugehen, dass der Einzelne die langfristigen Konsequenzen seiner Einwilligung nicht immer vollständig abschätzen kann. Nahe liegend ist dies vor allem bei einem Datenverarbeitungsprozess wie dem des Data Mining, wenn die Zielrichtung der Datenverarbeitung anfangs sogar für die Datenverarbeiter selbst noch nicht feststeht, weil gerade bislang unbekannte Zusammenhänge und deren Ergebnisse aufgedeckt werden sollen.171 Ein Widerrufsrecht sollte darüber hinaus aber auch allgemein für alle Datenverarbeitungsvorgänge gelten, die auf die Bildung von Kunden-, Interessen- oder sonstigen Persönlichkeitsprofilen abzielen; denn auch in diesen Fällen ist es - zumindest für den Betroffenen - kaum vorhersehbar, welche Erkenntnisse sich langfristig aus einer Zusammenschau und Auswertung seiner Daten gewinnen lassen. Schließlich bietet es sich an, dieses Recht auf Widerruf durch eine (aktive) Informationspflicht des Datenverarbeiters zu ergänzen, etwa in Form eines regelmäßigen „Datenkontoauszugs", 172 der sämtliche „Datentransaktionen" zusammen-

169 Z u m G e b o t einer klaren, transparenten und hinreichend konkreten Fassung der Einwilligungsklausel bei Kundenbindungssystemen siehe L G M ü n c h e n I M M R 2001, 466 (468) - Payback. 170 BfD, 19. T B (2001-2002), S.71. 171 ULD, Kundenbindungssysteme, S. 63; näher z u m Data Mining oben B I 1 b. 172 Siehe auch Köhntopp/Pfitzmann, Datenschutz N e x t Generation, S. 319f., die von einem „Einzelnutzungsnachweis" sprechen; näher dazu unten Teil 3 (B I 4 d).

B. Privatautonomer

Datenschutz

153

fasst und auf diese Weise sicherstellt, dass sich der Betroffene auch tatsächlich seines Selbstbestimmungsrechts bewusst wird und dieses gegebenenfalls ausübt. b)

Adresshandel

Der Adresshandel ist eines der klassischen Problemfelder des Datenschutzes im privaten Bereich. Der Begriff Adresshandel umschreibt den Umgang mit der Handelsware „Adress- und andere personenbezogene Daten". Personenbezogene Daten werden - zumeist in zielgruppenweise zusammengestellten Listen - auf der Basis zivilrechtlicher Verträge verkauft oder (wie im Regelfall) vermietet. 173 Im Wesentlichen agieren dabei vier Marktteilnehmer: die Unternehmen als sog. Listeneigentümer, die Adressverlage, die Adressenvermittler (Listbroker) und die Listennutzer. Diese Mehrzahl der Beteiligten verkompliziert nicht nur die Frage nach der Rechtslage, sondern auch die Frage nach der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass sich in der Praxis oftmals keiner der Beteiligten als verantwortlich ansieht. 174 aa) Datenschutzrechtliche

Regelungsdefizite

Der Adresshandel erfährt in Form des sog. Listenprivilegs nach §28 III 1 Nr. 3 BDSG eine gewisse datenschutzrechtliche Privilegierung. Allerdings besteht diese Privilegierung nur in engen Grenzen: Eine Datenverarbeitung zu Zwecken des Adresshandels ist nur dann zulässig, wenn außer dem Umstand der Zugehörigkeit zu einer Personengruppe ausschließlich folgende Angaben genutzt werden: Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung, Namen, Titel, akademische Grade, Anschrift und Geburtsjahr. 175 Das Privileg greift daher gerade nicht mehr, wenn - wie heute üblich - im Interesse einer gezielten Ansprache die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe durch mehrere Kriterien definiert wird. 176 Letztlich kommt es dann für die Zulässigkeit einer Datenverarbeitung wieder einmal auf die allgemeinen Intercssenabwägungsklauseln der §§28 I 1 Nr. 2, III 1 Nr. 1, 29 II 1 Nr. la und 2 BDSG an. Und wieder einmal stellt sich damit auch das Problem der Unwägbarkeit und Willkürlichkeit. Welche Interessen schutzwürdig sind, kann so oder so entschieden werden und wird auch entsprechend unterschiedlich beurteilt. Bei einer entsprechenden datenschutzrechtlichen Sensibilität kommt den Interessenabwägungsklauseln nur eine eingeschränkte Bedeutung als Erlaubnistatbestand zu. Die Anliegen der Geschäftsanbahnung und Werbung begründen dann nicht im Regel-, sondern nur im Ausnahmefall ein berechtigtes Interesse. 177 Ebenso können die §§28 I 1 Nr.2, III 1 Nr. 1, 173 Breinlinger in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 23; Siegert in Bäumler/Breinlinger/Schrader, Datenschutz, A 500 (S. 1). 174 Weichen, WRP 1996, 522 (527). 175 Siehe §28 III 1 Nr.3 BDSG. 176 Weichen, WRP 1996, 522 (527). 177 Weichen, WRP 1996, 522 (528).

154

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

2 9 I I 1 N r . l a u n d 2 B D S G a b e r auch e n t s p r e c h e n d g r o ß z ü g i g z u g u n s t e n der D a t e n v e r a r b e i t e r ausgelegt w e r d e n : W e r b u n g wird im W i r t s c h a f t s l e b e n g r u n d sätzlich als legitim a n g e s e h e n , d a h e r m ü s s e n a u c h die D a t e n s c h u t z i n t e r e s s e n derj e n i g e n , die am ö f f e n t l i c h e n

Leben und insbesondere

am

Wirtschaftsleben

t e i l n e h m e n , g r u n d s ä t z l i c h h i n t e r den b e r e c h t i g t e n I n t e r e s s e n der D a t e n v e r a r b e i tungsstellen z u r ü c k t r e t e n . 1 7 8 D e f a c t o f ü h r t diese D e h n b a r k e i t der I n t e r e s s e n a b w ä g u n g s k l a u s e l n dazu, dass die D a t e n v e r a r b e i t e r selbst entscheiden, w e l c h e I n t e ressen s c h u t z w ü r d i g sind u n d w e l c h e n i c h t . F ü r den e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n ist es bei der u n k l a r e n R e c h t s l a g e u n d der V i e l z a h l der A k t e u r e p r a k t i s c h u n m ö g l i c h , den t a t s ä c h l i c h e n U m f a n g u n d die r e c h t l i c h e Zulässigkeit der D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e zu ü b e r b l i c k e n o d e r zu k o n t r o l l i e r e n . E r hat s o m i t effektiv k a u m eine M ö g l i c h k e i t , an der E n t s c h e i d u n g ü b e r das O b u n d das W i e der D a t e n v e r a r b e i t u n g t e i l z u h a b e n . Ziel muss d a h e r w i e d e r u m ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r R e g e lungsrahmen

sein, der d e m B e t r o f f e n e n

ein echtes

Selbstbestimmungsrecht

garantiert u n d die G r e n z z i e h u n g zulässiger D a t e n v e r a r b e i t u n g seiner p r i v a t a u t o nomen

Gestaltungsmacht

überantwortet.

Das

informationelle

Selbstbestim-

m u n g s r e c h t m u s s d o r t a n s e t z e n , w o sich die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n k o n z e n t r i e r t . L e i t b i l d ist n i c h t die m ö g l i c h s t w e i t g e h e n d e W a h r u n g eines D a t e n g e h e i m n i s s e s , s o n d e r n die S i c h e r u n g e f f e k t i v e r individueller S e l b s t b e s t i m m u n g . E n t s p r e c h e n d ist die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e V e r a n t w o r t l i c h k e i t der b e t e i ligten D a t e n v e r a r b e i t e r auszugestalten.

bb)

Listeneigentümer

Z u r K a t e g o r i e der L i s t e n e i g e n t ü m e r g e h ö r e n U n t e r n e h m e n , die ihre K u n d e n u n d I n t e r e s s e n t e n l i s t e n z u m Z w e c k e des A d r e s s h a n d e l s z u r Verfügung stellen. U n t e r n e h m e n als L i s t e n e i g e n t ü m e r v e r a r b e i t e n A d r e s s - u n d sonstige p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n in erster L i n i e f ü r eigene U n t e r n e h m e n s z w e c k e , die entgeltliche Ü b e r l a s s u n g an D r i t t e ist n i c h t p r i m ä r e r V c r a r b c i t u n g s z w c c k , s o n d e r n lediglich w i l l k o m m e n e r Z u s a t z n u t z e n 1 7 9 . S o w e i t U n t e r n e h m e n die D a t e n ihrer K u n d e n und I n t e r e s s e n t e n für eigene Z w e c k e v e r a r b e i t e n , f o l g t die Zulässigkeit teils s c h o n aus der Z w e c k b e s t i m m u n g des V e r t r a g s v e r h ä l t n i s s e s , 1 8 0 teils ist, i n s b e s o n dere f ü r die D a t e n v e r a r b e i t u n g zu M a r k e t i n g z w e c k e n , eine e n t s p r e c h e n d e E i n willigung des B e t r o f f e n e n n o t w e n d i g . 1 8 1 E r s t r e c h t ist eine E i n w i l l i g u n g für die 178 Siehe Schaffland/Wiltfang, BDSG, §28 Rdn. 91 und Rdn. 1 IIa („Datenschutzrechtlich ist die Rechtmäßigkeit des Haltens der Datenbestände bei Adressverlagen immer aus dem §28 I 1 Nr. 2 BDSG abzuleiten. Nach herrschender Meinung überwiegen in diesen Fällen schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht, da in einer Marktwirtschaft Webung legitim ist."). 179 Breinlinger in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 28. 180 Siehe §28 I I Nr. 1 BDSG. 181 De lege ferenda ist ein umfassendes Einwilligungserfordernis zu fordern, de lege lata besteht ein solches schon jetzt im Rahmen der sektorspezifischen Datenschutzgesetze (siehe soeben Fn. 159) sowie bei einer entsprechend engen Auslegung der allgemeinen Interessenabwägungsklauseln.

B. Privatautonomer

Datenschutz

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Übermittlung von Kunden- und Interessentendaten im Rahmen des Adresshandels notwendig. Auch im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägungsklausel des §28 I 1 Nr. 2 B D S G ist kein Grund ersichtlich, warum das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen gegenüber dem Interesse der Unternehmen an einer zusätzlichen Verdienstquelle zurücktreten sollte. Wollen Unternehmen am Handel mit Adressdaten teilnehmen, bleibt es ihnen unbenommen, sich um eine Einwilligung des Betroffenen zu bemühen und diesen gegebenenfalls auch durch materielle Anreize zu überzeugen. Letztlich können nur die Beteiligten selbst entscheiden, ob im Einzelfall die Vertraulichkeit personenbezogener Daten oder deren wirtschaftliche Verwertung „mehr wert" ist. Die Einwilligung des Betroffenen ist nur eine Voraussetzung, wenn auch die grundlegende, für einen effektiven und interessengerechten Datenschutz. Es bleibt das Problem, dass der Einzelne bei einer ex-ante Einwilligung nur selten überblicken kann, in welche konkreten Datenverarbeitungsvorgänge der Zukunft er einwilligt. Es besteht die Gefahr, dass er den Umfang der Datenverarbeitung und die kumulierte Aussagekraft einer langfristigen Datenverarbeitung nur schwer abschätzen kann. Umso wichtiger ist daher die Pflicht der Unternehmen, über Art und Umfang der beabsichtigten Datenverarbeitung in ebenso einfachen wie klaren Worten aufzuklären, sich dabei auf das Wesentliche zu konzentrieren und Unwesentliches auszuklammern und entsprechend die Einwilligungserklärungen zu gestalten. Darüber hinaus muss das Erfordernis eines anfänglichen Opt-In durch die Möglichkeit eines nachträglichen O p t - O u t ergänzt werden. Dem Betroffenen muss es möglich sein, seine Zustimmung zur Datenverarbeitung wieder rückgängig zu machen, insbesondere dann, wenn er realisiert, dass seine der Einwilligung zugrunde liegenden Vorstellungen von Art und Umfang der Datenverarbeitung nicht (mehr) den tatsächlichen Umständen entsprechen. 1 8 2 U m die effektive Wahrnehmung eines solchen opt-out Rechts zu gewährleisten, muss der Einzelne in regelmäßigen Abständen über dieses Recht sowie über die zu seiner Person gespeicherten Daten - etwa in Form eines jährlichen „Datenkontoauszugs" - unterrichtet werden, zumindest so lange, als das betreffende Unternehmen als Listeneigentümer am Adresshandel teilnimmt. 183 cc)

Adressverlage

Anders als für Listeneigentümer ist für Adressverlage der Handel mit Adressund sonstigen personenbezogenen Daten nicht nur Nebenerscheinung, sondern Hauptzweck der unternehmerischen Tätigkeit. 184 Tätigkeitsschwerpunkt der Adressverlage ist die Erfassung, Aktualisierung und Pflege von Adress- und sons182 Zur grundsätzlichen Widerrufbarkeit der Einwilligung auch nach geltendem Recht siehe Simitis in ders., B D S G , §4a Rdn. 90: „Die Betroffenen müssen ... nicht nur die rechtzeitig, sondern auch die zu spät erkannten Verarbeitungsfolgen auffangen können." 183 Siehe unten Teil3 (B I 4 d). 184 Siegert in Bäumler/Breinlinger/Schrader, Datenschutz, A 500 (S. 1).

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

tigen personenbezogenen Daten. Auf der Grundlage dieser Daten stellen die Adressverlage Listen nach bestimmten Zielgruppen zusammen, zumeist orientiert an Berufsgruppen oder anderen Lifestyle-Daten, und vermieten diese Listen an die sog. Listennutzer. 185 U m an das nötige „Datenkapital" zu gelangen, entnehmen die Adressverlage Daten aus allgemein zugänglichen Quellen wie etwa Telefonbüchern, Zeitungen oder öffentlichen Registern, sie greifen auf die Adresslisten anderer Unternehmen zu und erheben mittels Lifestyle-Umfragen Daten direkt beim einzelnen Verbraucher. Eine ganz neue Wissensdimension eröffnet sich darüber hinaus, wenn traditionelle Adressverlage und Online-Datensammler zusammenwachsen und auf diese Weise herkömmliche Kundeninformationen aus der Offline-Welt mit individualisierten Nutzerdaten aus der Online-Welt zu noch aussagekräftigeren und detaillierteren Kundenprofilen zusammengeführt werden. 1 8 6 Abgesehen von Umfragen und ähnlichen Datenerhebungen beim Verbraucher besteht in der Regel zwischen Adressverlag und Betroffenem selbst kein direkter Kontakt. Adressverlage stützen ihre Datenverarbeitung nicht auf eine Einwilligung des Betroffenen, sondern auf die Erlaubnistatbestände des §29 I BDSG (für die Datenerhebung und -speicherung) und des §29 II BDSG (für die Datenübermittlung an Dritte). Zwar hat der Einzelne das Recht, der Nutzung seiner Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung zu widersprechen, und die Werbewirtschaft ist dazu verpflichtet, die Betroffenen über dieses Widerspruchsrecht zu unterrichten. 187 Offensichtlich ist die Normierung eines bloßen Widerspruchsrechts aber nicht ausreichend, um den datenschutzrechtlichen Interessen der Betroffenen gerecht zu werden, sei es weil Adresshändler die rechtlichen Vorgaben nicht beachten, 188 sei es weil die Betroffenen mit diesem Recht nicht umzugehen wissen. 189 Die Datensammlung im Internet und die Zusammenführung dieser Daten mit den herkömmlichen Adressdaten verschärft diese Problematik nochmals zusätzlich, insbesondere wenn wie so oft üblich Nutzer mit Hilfe von Cookies und Web-Bugs heimlich ausgeforscht werden. 190 Von einem echten Selbstbestimmungsrecht kann daher nur dann die Rede sein, 185

Siegert a.a.O. Welche Dimensionen eine solche D a t e n z u s a m m e n f ü h r u n g annehmen kann, rückte erstmals Anfang 2000 in das öffentliche Bewusstsein, als die Online-Marketingagentur D o u b l e C l i c k die Fusion mit dem Marktforschungsunternehmen Abacus Alliance ankündigte. Ziel dieser Fusion war es, die über zwei Millionen Kundenprofile der Abacus Datenbank (mit Angaben zu N a men, Adressen, Einkaufspräferenzen und demographischen Angaben) mit den Informationen aus über 100 Millionen C o o k i e s zusammenzuführen, die D o u b l e C l i c k bis dahin auf C l i e n t - P C s abgesetzt hatte; siehe dazu Roßnagel/Scholz, M M R 2000, 721 (728). Zur Datengewinnung im Internet siehe Hillenhrand-Beck/Greß, D u D 2001, 389; Rasmussen, C R 2002, 36; Schaar, D u D 2001, 383. 186

187 188 189 190

§ 2 8 IV BDSG. ULD SH, 26. T B (2004), Ziff. 5.3.2. ULD SH, 25. T B (2003), Ziff. 6.1. BfD, 18. T B (1999-2000), S.66f.

B. Privatautonomer

Datenschutz

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wenn nicht die Betroffenen sich darum bemühen müssen, eine Datenverarbeitung rückgängig zu machen, die „hinter ihrem Rücken" 1 9 1 stattgefunden hat, sondern wenn es an den Datenverarbeitern ist, sich um eine vorherige Einwilligung der Betroffenen zu bemühen. Je mehr Daten verarbeitet werden und je aussagekräftiger diese sind, desto weniger ist den Betroffenen eine bloße Widerspruchslösung zumutbar, wenn diese faktisch ins Leere läuft. 192 Vielmehr sollte die Werbenutzung dann stets von einer ausdrücklichen Einwilligung des Kunden abhängig gemacht werden. 193 Das Erfordernis einer Einwilligung in die Werbenutzung ist nur ein erster Schritt hin zu einem grundsätzlich neuen datenschutzrechtlichen Ansatz im Marketingbereich. Direktmarketing findet heutzutage mehr und mehr in der Form des sog. Permission Marketing statt: ein Unterfall des interaktiven Marketings, der alle operativen Maßnahmen des gezielten und auf dem Einverständnis des Betroffenen beruhenden Direktmarketings umfasst. Der Einzelne äußert die Bereitschaft, Informationen von einem Unternehmen zu empfangen, das Unternehmen ist im Gegenzug berechtigt, die persönlichen Daten des Interessenten zu speichern und das Informationsangebot mit den Methoden der Personalisierung zu individualisieren. 194 Permission Marketing setzt eben das um, was ein effektiver Schutz informationeller Selbstbestimmung erfordert: Es ist der Betroffene, dem die Entscheidung über das Ob und Wie der Verwendung seiner Daten für Werbezwecke überlassen bleibt. 195 Eine besondere Ausformung des Permission Marketing ist wiederum das Geschäftsmodell des sog. Infomediärs. Der Informationsaustausch zwischen Unternehmen und Konsumenten findet hier nicht unmittelbar statt, vielmehr ist ein Infomediär als Vermittler zwischengeschaltet, der die persönlichen Daten der Konsumenten in deren Sinne verwaltet. 196 Die Nutzer können das Ausmaß der Preisgabe von Daten und den Schutz ihrer Privatsphäre selbst festlegen, sie können dank der Zwischenschaltung des Infomediärs anonym bleiben, sie können diesen aber auch zur Mitteilung ihrer Vorlieben und Adressinformationen autorisieren, um im Gegenzug von interessierten Unternehmen Vorteile wie Rabatt, Geld oder personalisierte Produkte zu erhalten. 197 Für den einzelnen Betroffenen hat dieses Prozedere den Vorteil, dass er die Wahrung seiner datenschutzrechtlichen Interessen und Präferenzen in kompetente Hände legen kann. Für den Informationsverkehr wiederum ist die Einbindung des Betroffenen vor allem deshalb von Vorteil, weil dadurch der Einzelne als koULDSH, a.a.O. Weichen, W R P 1996, 522 (534). 193 Weichen, a.a.O.; ders., DuD 2001, 264 (266); ebenso auch die Forderung des vorbereitenden Gutachtens zur Datenschutznovellierung; Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 80. 194 Diller/Strauß in Diller, Marketinglexikon, S. 1259. 195 BfD, 18. TB (1999-2000), S.67. 196 Der Begriff des Infomediärs geht auf Hagel/Singer zurück (Hagel!Singer, Net Worth. Shaping Markets When Customers Make the Rules, Boston 1999); näher dazu unten Teil 3 (B III 1). 197 Skiera/Spann in Diller, Marketinglexikon, S.637. 191 192

2. Teil: Datenschutzrecht

158

als

Privatrecht

operationsbereiter und auskunftswilliger Informationslieferant gewonnen werd e n k a n n , w o d u r c h die z u r V e r f ü g u n g s t e h e n d e n D a t e n n i c h t n u r u m f a n g r e i c h e r u n d aussagekräftiger w e r d e n , s o n d e r n v o r allem auch an G e n a u i g k e i t u n d R i c h tigkeit e r h e b l i c h g e w i n n e n w e r d e n . A u c h in die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e D i s k u s s i o n hat die M a r k e t i n g i d e e des I n f o mediärs - z u m i n d e s t v e r e i n z e l t - E i n g a n g g e f u n d e n : teils v o n einer k r i t i s c h e n W a r t e aus, weil das M o d e l l als w e i t e r e r B e l e g f ü r die g e d a n k e n l o s e K o m m e r z i a l i sierung i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g h e r a n g e z o g e n w i r d ; 1 9 8 teils a b e r auch v o n einer w o h l w o l l e n d e r e n W a r t e aus, weil mit d i e s e m M o d e l l eine neue u n d innovative Möglichkeit effektiven Selbstdatenschutzes verbunden wird.199 D a b e i k a n n die P o s i t i o n des I n f o m e d i ä r s e b e n s o gut v o n g e w i n n o r i e n t i e r t e n A d r e s s v e r lagen w i e v o n g e m e i n n ü t z i g e n D a t e n s c h u t z - o d e r V e r b r a u c h e r s c h u t z v e r b ä n d e n ü b e r n o m m e n w e r d e n . 2 0 0 E n t s c h e i d e n d ist in b e i d e n F ä l l e n allein, dass die E n t s c h e i d u n g ü b e r das O b u n d W i e einer D a t e n v e r a r b e i t u n g d e m B e t r o f f e n e n selbst überlassen bleibt. Es müssen rechtliche Rahmenbedingungen

festgeschrieben

w e r d e n , die sicherstellen, dass eine D a t e n v e r a r b e i t u n g n i c h t a m B e t r o f f e n e n v o r bei stattfindet, s o n d e r n stets n u r in dessen A u f t r a g u n d Interesse. I n f o m e d i ä r e b e d ü r f e n f ü r ihre T ä t i g k e i t stets einer a u s d r ü c k l i c h e n , v o r h e r i g e n E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n , sie sind d i e s e m g e g e n ü b e r u n m i t t e l b a r dafür v e r a n t w o r t l i c h , dass sie p e r s ö n l i c h e D a t e n ausschließlich i m R a h m e n seiner V o r g a b e n u n d der allgemeinen g e s e t z l i c h e n V o r s c h r i f t e n v e r a r b e i t e n , sie sind als A u f t r a g n e h m e r w e i s u n g s g e b u n d e n , a u s k u n f t s - u n d r e c h e n s c h a f t s p f l i c h t i g u n d je nach Vertragsgestaltung in b e s t i m m t e m U m f a n g h e r a u s g a b e p f l i c h t i g , s o w e i t sie die p e r s ö n l i c h e n D a t e n i h r e r A u f t r a g g e b e r zu G e l d g e m a c h t h a b e n . 2 0 1 dd)

Adressenvermittler

(Listbroker)

A u f g a b e des sog. A d r e s s e n v e r m i t t l e r s ( L i s t b r o k e r s ) ist das Z u s a m m e n b r i n g e n v o n L i s t e n e i g e n t ü m e r n / A d r e s s v e r l a g e n u n d I . i s t e n n u t z e r n . Als B r o k e r z w i s c h e n b e i d e n Seiten m i e t e t u n d v e r m i e t e t er in f r e m d e m N a m e n u n d A u f t r a g f r e m d e A d r e s s e n . G e g e n ü b e r d e m L i s t e n n u t z e r als W e r b e - I n t e r e s s e n t e n verpflichtet er sich z u r V e r m i t t l u n g geeigneter A d r e s s e n ; g e g e n ü b e r d e m

Listeneigentümer/

A d r e s s v e r l a g v e r p f l i c h t e t er sich z u r V e r t r a u l i c h k e i t der v e r m i t t e l t e n A d r e s s e n . D i e s e V e r t r a u l i c h k e i t sichert der L i s t b r o k e r d a d u r c h , dass er selbst die V e r s e n d u n g der W e r b u n g an die j e w e i l i g e n K u n d e n a d r e s s e n ü b e r n i m m t . D e r W e r b e - I n teressent erhält auf diese W e i s e v o n den u r s p r ü n g l i c h v e r w a n d t e n D a t e n ü b e r -

Simitis, DuD 2000, 714 (721). Internationale Arbeitsgruppe, Gemeinsamer Standpunkt zu Infomediaries, in Simitis/ Dammann/Mallmann/Reh, Dokumentation BDSG, F 189; siehe auch Ladeur, DuD 2000, 12 (19) und Weichen, NJW 2001, 1463 (1469), die jeweils kollektive Formen des Selbstdatenschutzes und der Verfügung über Daten gegen Bezahlung vorschlagen. 2 0 0 In letzterem Sinne etwa Weichen, a.a.O. 201 Näher zum Ganzen unten Teil 3 (B III). 198

199

B. Privatautonomer

Datenschutz

159

haupt keine Kenntnis, sondern erfährt im Endeffekt lediglich von denjenigen Adressen, die auf die Direktwerbung reagieren. 202 Mit der datenschutzrechtlichen Einordnung der Listbroker tut man sich bislang schwer. 203 Zumeist ist der Listbroker als Auftragnehmer des Listeneigentümers tätig; er speichert und nutzt dessen Adresslisten, um für den Werbe-Interessenten, der mit diesen Daten unmittelbar nichts zu tun hat, Werbung zu versenden. Entsprechend kommt zunächst eine Auftragsverarbeitung im Sinne des §11 B D S G in Betracht - mit der Konsequenz, dass es bei der alleinigen datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit des Listeneigentümers bleibt. 204 Eine eigene datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit des Listbrokers wird jedoch ungeachtet eines bestehenden Auftragsverhältnisses überwiegend dann angenommen, wenn der Listbroker die Bestände mehrerer „Auftraggeber" vermittelt und abgleicht oder wenn ihm eine eigenverantwortliche Nutzung der Adressen übertragen wird. 205 Nimmt man in letzteren Fällen zum einen eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit des Listbrokers an und vertritt man zum anderen zugleich auch die Uberzeugung, dass es für die Zulässigkeit einer Datenverarbeitung im Adresshandel stets auf die Einwilligung des Betroffenen ankommen soll, stellt sich die Frage, ob damit auch der Listbroker für seine Tätigkeit einer Einwilligung der in den Listen enthaltenen Personen bedarf. Grundsätzlich ist dies jedoch abzulehnen. Einer effektiven Partizipation des einzelnen Betroffenen am Prozess der Datenverarbeitung ist Genüge getan, wenn er gegenüber den jeweiligen Listeneigentümern/Adressverlagen bestimmt, auf welche Art und Weise seine Daten verarbeitet werden dürfen. Einer zusätzlichen Einbindung bei jedem weiteren Zwischenschritt der Datenverarbeitung bedarf es hingegen nicht; im Hinblick darauf, dass sich der Einzelne im Interesse der Transparenz und Übersichtlichkeit auf die wesentlichen Datenverarbeitungsvorgänge konzentrieren soll, ist eine solche zusätzliche Einbindung sogar abzulehnen. Notwendig, aber auch ausreichend, ist allein, dass sich der Listeneigentümer bei der Beauftragung des Listbrokers an die mit dem Betroffenen vereinbarten Grenzen hält - ebenso wie auch der Listbroker als Auftragnehmer diese Grenzen nicht überschreiten darf. 206 Das Einwilligungserfordernis auf Seiten des Betroffenen lebt erst dann wieder auf, Gerth in Diller, Marketinglexikon, S.20. Siehe Breinlinger in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 39 und Siegert in Bäumler/Breinlinger/Schrader, Datenschutz, A 500 (S. 3). 204 Weichen, W R P 1996, 522 (530). 205 Breinlinger, a.a.O.; Weichen, a.a.O.; noch weitergehend Siegert, a.a.O., der eine eigene datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit des Listbrokers stets schon dann annimmt, wenn sich dieser nicht nur auf die Vermittlung eines Adressenmietvertrags beschränkt, sondern im Auftrag des Listeneigentümers dessen Daten zur Übermittlung und Nutzung bei sich speichert. 206 Siehe zu den Pflichten des Listbrokers als Auftragnehmer § 11 III 1 B D S G : „Der Auftragnehmer darf die Daten nur im Rahmen der Weisungen des Auftraggebers erheben, verarbeiten oder nutzen." 202

203

160

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

w e n n sich der „ L i s t b r o k e r " n i c h t m e h r auf die V e r m i t t l u n g v o n I n f o r m a t i o n e n b e s c h r ä n k t , s o n d e r n einen I n f o r m a t i o n s m e h r w e r t schafft, i n d e m er e t w a p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n aus v e r s c h i e d e n e n L i s t e n k o m b i n i e r t u n d so die A u s s a g e kraft der I n f o r m a t i o n e n ü b e r die b e t r o f f e n e n P e r s o n e n e n t s p r e c h e n d steigert, w e n n er de f a c t o also die F u n k t i o n e n eines Adressverlags ü b e r n i m m t u n d damit k o n s e q u e n t e r w e i s e a u c h als ein s o l c h e r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h zu b e h a n d e l n ist. ee)

Listennutzer

E i n e d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e V e r a n t w o r t l i c h k e i t des sog. L i s t e n n u t z e r s , also des U n t e r n e h m e n s , für dessen W e r b u n g die A d r e s s l i s t e n im E r g e b n i s b e n u t z t w e r d e n sollen, k o m m t r e g e l m ä ß i g n i c h t in B e t r a c h t . O f t m a l s erhalten L i s t e n n u t z e r d u r c h den A d r e s s h a n d e l selbst o h n e h i n k e i n e p e r s o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n . E s ist v i e l m e h r der z w i s c h e n g e s c h a l t e t e L i s t b r o k e r , der die W e r b u n g an die j e w e i l i g e n K u n d e n a d r e s s e n v e r s e n d e t , u m auf diese Weise s i c h e r z u s t e l l e n , dass der L i s t e n n u t z e r v o n den A d r e s s e n k e i n e K e n n t n i s n e h m e n u n d diese d a h e r auch n i c h t in m i s s b r ä u c h l i c h e r W e i s e b e n u t z e n k a n n . 2 0 7 A b e r auch s o w e i t ein s o l c h e r L i s t b r o k e r n i c h t z w i s c h e n g e s c h a l t e t ist u n d der L i s t e n n u t z e r p e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n u n m i t t e l b a r erhält, b e d a r f er dazu keines b e s o n d e r e n E r l a u b n i s t a t b e standes. D e r E m p f a n g dieser D a t e n ist v i e l m e h r als logisches P e n d a n t zu ihrer Ü b e r m i t t l u n g stets a u c h v o n der e n t s p r e c h e n d e n E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n mit abgedeckt. E s b l e i b t d a h e r dabei, dass sich die N o t w e n d i g k e i t einer E i n w i l l i g u n g des B e troffenen

auf z w e i

„Hauptansprechpartner",

die L i s t e n e i g e n t ü m e r

und

die

A d r e s s v e r l a g e , b e s c h r ä n k t . L i s t e n e i g e n t ü m e r stehen in der R e g e l mit d e m B e t r o f f e n e n als i h r e m K u n d e n / I n t e r e s s e n t e n o h n e h i n in K o n t a k t u n d b e d ü r f e n seiner E i n w i l l i g u n g a u c h f ü r andere Z w e c k e als die des A d r e s s h a n d e l s , i n s b e s o n d e r e für die eigenen M a r k e t i n g b e m ü h u n g e n . I m Falle der A d r e s s v e r l a g e besteht ein solc h e r K o n t a k t z w a r n i c h t u n b e d i n g t , g l e i c h w o h l ist auch deren B e m ü h e n u m eine E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n s o w o h l g e b o t e n als auch z u m u t b a r . T ä t i g k e i t s s c h w e r p u n k t der A d r e s s v e r l a g e ist das Z u s a m m e n t r a g e n u n d K o m b i n i e r e n p e r s o n e n b e z o g e n e r I n f o r m a t i o n e n , die e i n z e l n e P e r s o n steht im Z e n t r u m der D a t e n v e r a r b e i t u n g , mit i h r e n D a t e n w i r d H a n d e l g e t r i e b e n , das W i s s e n u m ihre P e r s o n w i r d beständig zu e r w e i t e r n u n d v e r t i e f e n gesucht. E b e n s o wie b e i m C r e d i t R e p o r t i n g gilt d e s h a l b a u c h hier: D e r B e t r o f f e n e muss in die D a t e n v e r a r b e i t u n g effektiv e i n g e b u n d e n w e r d e n . E r darf n i c h t n u r als ein lästiger S t ö r f a k t o r im P r o zess der D a t e n v e r a r b e i t u n g u n d als O b j e k t der D a t e n v e r a r b e i t u n g b e h a n d e l t w e r d e n . E r muss v i e l m e h r in die P o s i t i o n eines zentralen E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r s und eigenverantwortlichen Teilnehmers erhoben werden. E i n e solche Position

2 0 7 Kenntnis von den Daten erhält der Listennutzer erst dann, wenn der angesprochene Verbraucher sie ihm überlässt, indem er auf die Direktwerbung reagiert; Breinlinger in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.6 Rdn. 40.

B. Privatautonomer

Datenschutz

161

gewährleistet zum einen, dass tatsächlich ein sachgerechter Interessenausgleich zwischen Datenverarbeitern und den von der Datenverarbeitung Betroffenen stattfindet. Zum anderen trägt sie dazu bei, dass wesentlich genauere und aussagekräftigere Informationen gewonnen werden können, weil der Betroffene selbst als Datenlieferant eingebunden wird, statt dass die Datenverarbeitung an ihm vorbei oder hinter seinem Rücken stattfindet. 4. Mobile

Computing

War die Diskussion um neue Herausforderungen für den Datenschutz bis vor kurzem noch weitgehend von Internet und E-Commerce geprägt, 208 rückt bereits eine neue Dimension der Datenverarbeitung in den Vordergrund: das Mobile Computing. Mobile Computing ist heutzutage vor allem in seiner praktischen Ausprägung als M-Commerce (mobiler elektronischer Geschäftsverkehr) bekannt: Geschäfte werden mittels mobiler Endgeräte wie Mobiltelefone, Palmtops oder PDAs 2 0 9 über ortsunabhängig nutzbare Telekommunikationsnetzwerke getätigt. 210 Die Möglichkeiten des Mobile Computing gehen aber noch weiter. Mit der zunehmenden Miniaturisierung der Informationstechnik verschwinden Computer als wahrnehmbare Geräte vollends und werden unsichtbar selbst in kleinste Alltagsgegenstände eingebettet, die den Menschen überall, jederzeit und oftmals unbemerkt begleiten. Es kommt zu einer allgegenwärtigen und allumfassenden Informationsverarbeitung, die unter dem Stichwort des Ubiquitous Computing auch in der datenschutzrechtlichen Diskussion allmählich ins Blickfeld rückt. Der Begriff des Ubiquitous Computing geht zurück auf Weiser, der diesen Begriff bereits 1991 geprägt und für das 21. Jahrhundert einen Technologiewandel hin zum Alltäglichen, Kleinen und Unsichtbaren prognostiziert hat. 211 Ubiquitous Computing definiert er als „invisible, everywhere Computing, that does not live on a personal device of any sort, but is in the woodwork everywhere". 212 Wiederum stellt sich die Frage, wie ein datenschutzrechtlicher Regelungsrahmen zu konzipieren ist, damit auch im Falle einer solchen informationstechnologischen Durchdringung des Alltags ein effektives Selbstbestimmungsrecht noch gewahrt bleibt. a)

M-Commerce

Aus dem Bereich des Electronic Commerce (E-Commerce) ist die Diskussion um die Chancen neuer Techniken und die damit verbundenen datenschutzrechtli208 Aus der Fülle an Literatur siehe etwa Agre/Rotenberg (Hrsg.), Technology and Privacy: The New Landscape (1997); Schmitz, T D D S G und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (2000); Schaar, Datenschutz im Internet (2002); Roßnagel (Hrsg.), Datenschutz beim Online-Einkauf (2002); Fröhle, Web Advertising, Nutzerprofile und Teledienstedatenschutz (2003). 209 „Personal Digital Assistents" - handgroße, elektronische Organizer zur Eingabe und Verwaltung von Terminen, Notizen und sonstigen Daten. 210 Siehe zu dieser Definition des M-Commerce Ranke, M-Commerce, S.38ff. 211 Weiser, 265 Scientific American 94 (1991). 212 Xerox PARC, Ubiquitous Computing (keine Paginierung).

162

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

c h e n R i s i k e n bereits hinlänglich b e k a n n t . F ü r den B e r e i c h des M o b i l e C o m m e r c e ( M - C o m m e r c e ) w i e d e r h o l t sich diese D i s k u s s i o n - a n g e r e i c h e r t durch die z u s ä t z l i c h e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R i s i k e n , die sich aus der leichteren P e r s o n a l i s i e r b a r k e i t u n d v o r allem aus der L o k a l i s i e r b a r k e i t der N u t z e r e r g e b e n . 2 1 3 D a n k der M u l t i f u n k t i o n a l i t ä t m o b i l e r E n d g e r ä t e u n d der L e i s t u n g s f ä h i g k e i t der Telek o m m u n i k a t i o n s n e t z e hat sich im B e r e i c h des M - C o m m e r c e eine Vielfalt n e u e r D i e n s t l e i s t u n g s m ö g l i c h k e i t e n in F o r m sog. L o c a t i o n B a s e d Services aufgetan. 2 1 4 D a b e i k o m m t die E r w e i t e r u n g b e s t e h e n d e r G e s c h ä f t s f e l d e r nicht n u r den urs p r ü n g l i c h e n M o b i l f u n k a n b i e t e r n z u g u t e , s o n d e r n e b e n s o a u c h einer V i e l z a h l and e r e r U n t e r n e h m e n : a n g e f a n g e n b e i m C o n t e n t - P r o v i d e r , der die g e w ü n s c h t e n I n f o r m a t i o n e n u n d Services auf M o b i l t e l e f o n , P D A o d e r L a b t o p ü b e r m i t t e l t bis hin z u m k l e i n e n D i e n s t l e i s t u n g s u n t e r n e h m e n v o r O r t , das nun s t a n d o r t b e z o g e n seine A n g e b o t e b e w e r b e n k a n n . D a s Z u s a m m e n w a c h s e n v e r s c h i e d e n e r D i e n s t l e i s t u n g s s e k t o r e n birgt allerdings n i c h t n u r neue C h a n c e n u n d M ö g l i c h k e i t e n , s o n d e r n a u c h d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e H e r a u s f o r d e r u n g e n u n d R i s i k e n . All die dat e n s c h u t z r e c h t l i c h e n B e f ü r c h t u n g e n , die bereits im Z u s a m m e n h a n g m i t dem k o n v e n t i o n e l l e n E - C o m m e r c e geäußert w o r d e n sind, w i e d e r h o l e n sich in ähnlic h e r Weise a u c h b e i m M - C o m m e r c e . D i e M e n g e und A u s s a g e k r a f t der anfallenden D a t e n steigt n o c h m a l s drastisch an. E s b e s t e h t die G e f a h r des „gläsernen Mobilfunknutzers"

angesichts der M ö g l i c h k e i t , detaillierte B e w e g u n g s -

und

N u t z e r p r o f i l e zu erstellen. 2 1 5 D i e V e r s c h m e l z u n g u n t e r s c h i e d l i c h e r I n f r a s t r u k t u ren - M o b i l f u n k , klassisches I n t e r n e t und O f f l i n e - W e l t - e r m ö g l i c h t es, dass D a ten aus ganz u n t e r s c h i e d l i c h e n V e r w e n d u n g s z u s a m m e n h ä n g e n e r h o b e n u n d u n t e r e i n a n d e r ausgetauscht w e r d e n . 2 1 6 G l e i c h z e i t i g sinkt die T r a n s p a r e n z

und

U b e r s c h a u b a r k e i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g . D i e Vielgestaltigkeit der D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e , die U n ü b e r s e h b a r k e i t k ü n f t i g e r

Datenverarbeitungszwecke

u n d die Vielzahl der D a t e n v e r a r b e i t e r m a c h e n n i c h t n u r eine abstrakte I n t e r e s s e n g e w i c h t u n g u n m ö g l i c h , s o n d e r n c r s c h w c r c n auch eine p r a k t i k a b l e und aussagekräftige individuelle V e r e i n b a r u n g ü b e r das O b und W i e der D a t e n v e r a r b e i tung.

aa) Gegenwärtige rechtliche

Rahmenbedingungen

Mit dem technischen und wirtschaftlichen Zusammenwachsen von Mobil-, Onlin e - und O f f l i n e - W e l t ist bislang n o c h kein r e c h t l i c h e s Z u s a m m e n w a c h s e n e i n h e r gegangen. D i e R e g e l u n g s a d r e s s a t e n m ü s s e n sich n o c h i m m e r m i t dem u n ü b e r s i c h t l i c h e n u n d teils u n k l a r e n N e b e n e i n a n d e r v e r s c h i e d e n e r D a t e n s c h u t z g e s e t z e Hellmich, MMR 2002, 152. Schrey/Meister, K & R 2002, 177 (178ff.); Stemmassl/Borck/Trautmann/Pohle, M-Business, S.23. 215 BfD, 19. TB (2001-2002), S.80f.; zu Mobilitätsprofilen als datenschutzrechtliche Herausforderung siehe auch Rieß, Mobilitätsprofile, S. 127ff. 216 Ranke, M-Commerce, S.49. 213 214

B. Privatautonomer

Datenschutz

163

(BDSG, T K G , T D D S G und MDStV) auseinandersetzen. 2 1 7 Auch bei der jüngsten Novellierung des Telekommunikationsgesetzes ist entgegen der ursprünglichen parlamentarischen Forderung 2 1 8 von einer Zusammenführung der Datenschutzbestimmungen f ü r Telekommunikations- und Teledienste abgesehen w o r den. 2 1 9 In gewissen Grenzen wird dieses Nebeneinander gesetzlicher Regelungen zumindest dadurch relativiert, dass der Erlaubnistatbestand der Einwilligung in sämtlichen neueren sektorspezifischen Datenschutzgesetzen eine zentrale Rolle einnimmt, weil die gesetzlichen Erlaubnistatbestände jeweils relativ eng gefasst sind. 220 Anders als nach allgemeinem Datenschutzrecht 2 2 1 k o m m t es insbesondere für alle marketingrelevanten Datenverarbeitungsvorgänge regelmäßig auf die vorherige Einwilligung des Betroffenen an. 222 Unklar ist jedoch, wie weit die Einwilligung als Erlaubnistatbestand innerhalb der verschiedenen sektorspezifischen Regelungen reichen soll. Für den Bereich der Tele- und Mediendienste wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass eine Einwilligung sämtliche Formen der Datenverarbeitung bis hin zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen rechtfertigen kann. 2 2 3 Neben allgemeinen Vorbehal-

217 Z u r A b g r e n z u n g zwischen T K G und T D D S G / M D S t V siehe Roßnagel in ders., H a n d buch Datenschutzrecht, Kap. 7.9 Rdn. 42f.; speziell z u m M - C o m m e r c e siehe Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, T D G , §2 T D G Rdn. 30 ( M - C o m m e r c e Angebote unterfallen, soweit es u m die Inhalte geht, die angeboten werden, grundsätzlich den gesetzlichen Regelungen f ü r Teledienste) sowie Ranke, M - C o m m e r c e , S. 90ff., der zwischen der Schicht des physikalischen N e t zes ( T K G anwendbar), der Schicht der Inhaltsdienste ( T D D S G / M D S t V anwendbar) und der „obersten Schicht" (das dahinter stehende Vertragsverhältnis, zu dessen Vermittlung der Teleoder Mediendienst genutzt wird; B D S G anwendbar) unterscheidet. 218 BT-Drs. 14/9709, S.4 i.V.m. BT-PIProt. 14/248, S.25195; zur Diskussion über die Integration des Telekommunikations-Datenschutzes in das Bundesdatenschutzgesetz siehe Koenig/ Neumann, Z R P 2003, 5. 219 Siehe dazu Ohlenburg, M M R 2004, 431 f. 220 Holznagel/Sonntag in Roßnagel, H a n d b u c h Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn. 69; Roßnagel in ders., H a n d b u c h Datenschutzrecht, Kap. 7.9 Rdn. 60; zur Selbstbestimmung des Betroffenen als Leitbild des T D D S G Schmitz in Spindler/Schmitz/Geis, T D G , § 3 T D D S G Rdn. 17f.; siehe auch Schaar, R D V 2003, 59 (62). Kritisch z u m Rechtfertigungsgrund der Einwilligung im T D D S G Bruns, Diskursive Zugänge, S. 176. 221 Siehe §§28 III N r . 3 , 29 II N r . l b B D S G (Datenverarbeitung z u m Zwecke der Werbung oder M a r k t - und Meinungsforschung). Eine Datenverarbeitung zu Zwecken der Beratung und bedarfsgerechten Gestaltung von Dienstleistungen liegt in der Regel schon im R a h m e n der vertraglichen Z w e c k b e s t i m m u n g (§28 I N r . 1 BDSG); siehe Engel-Flechsig in Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, I u K D G , §14 M D S t V Rdn. 11. 222 Siehe f ü r Tele- und Mediendienste die allgemeinen G r u n d s ä t z e in § 3 I T D D S G bzw. § 171 MDStV; die bislang in §5 II T D D S G a.F. ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit einer Einwilligung zur Datenverarbeitung f ü r Marketingzwecke ist in der N e u f a s s u n g des T D D S G ersatzlos gestrichen w o r d e n , wobei dies aber für die Zulässigkeit einer solchen Einwilligung o h n e Relevanz ist (Schmitz in Spindler/Schmitz/Geis, T D G , § 5 Rdn. 11). Für Telekommunikationsdienste siehe §95 II 1 T K G (Bestandsdaten) und 96 III 1 T K G (Verkehrsdaten); privilegiert ist nach §95 II 2 T K G allerdings die Werbung per Post, E-Mail u n d SMS im Rahmen einer bestehenden K u n denbeziehung (Prinzip des opt-out). 223

Siehe Fröhle, Web Advertising, S.240 m . w . N . ; Lange, BB 2002, 561 (564).

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2. Teil: Datenschutzrecht

ah

Privatrecht

ten gegenüber staatlichem Paternalismus können sich die Befürworter einer unbegrenzten Einwilligung auch auf die Regelungen von T D D S G und M D S t V berufen. § 3 1 T D D S G und § 17 I M D S t V erwähnen die Einwilligung ausdrücklich als allgemeinen Zulässigkeitstatbestand, ohne hierfür irgendwelche inhaltlichen Grenzen festzulegen. Anders ist dies im Telekommunikationsbereich: Was die für den M - C o m m e r c e in erster Linie wesentlichen Standortdaten angeht, scheint § 98 I T K G selbst bei Einwilligung des Betroffenen eine Datenverarbeitung „nur im zur Bereitstellung von Diensten mit Zusatznutzen erforderlichen Maß und innerhalb des dafür erforderlichen Zeitraums" zuzulassen. Und selbst wenn man §98 I T K G keinen abschließenden Charakter zubilligt, sondern auf die allgemeinere Regelung des § 9 6 III T K G abstellt, ergibt sich kein anderes Ergebnis. 2 2 4 Auch nach dem Wortlaut letzterer Vorschrift soll eine Verarbeitung standortbezogener Verkehrsdaten außerhalb einer bedarfsgerechten Gestaltung oder Vermarktung von Telekommunikationsdiensten grundsätzlich unzulässig sein, selbst wenn der Nutzer ausdrücklich darin eingewilligt hat. 2 2 5 bb) Maxime eines privatautonomen

Interessenausgleichs

O b eine solche Einschränkung individueller Selbstbestimmung tatsächlich die Absicht des Gesetzgebers war, ist zumindest zweifelhaft. Selbst wenn manchen Formen der Datenverarbeitung, insbesondere der Erstellung von Kommunikations- und Bewegungsprofilen, eine besondere datenschutzrechtliche Sensitivität zukommt, ist nur schwer nachvollziehbar, weshalb diese Datenverarbeitung strengeren rechtlichen Rahmenbedingungen unterworfen sein sollte als die gleichermaßen sensitiven Nutzungsprofile im Rahmen des Tele- und Mediendienstebereichs. Für die Datenverarbeitung im M-Commerce kann nichts anderes gelten als für die Datenverarbeitung im E-Commerce. Zwar bringt die Möglichkeit individueller, auf Person und Ort zugeschnittener Angebote nochmals einen erheblichen Zuwachs an Datenverarbeitung mit sich. Im Endeffekt kann es jedoch wiederum nur der Entscheidung des einzelnen Betroffenen überlassen bleiben, ob er die datenschutzrechtlichen Risiken des M - C o m m e r c e um seiner Vorteile willen in Kauf nehmen möchte oder nicht. Auf der anderen Seite muss es auch dem Diensteanbieter freistehen, die Einwilligung in bestimmte Formen der Datenverarbeitung zur conditio sine qua non eines Vertragsschlusses zu machen. Die Koppelungsverbote, wie sie die sektorspezifischen Datenschutzregelungen für den Telekommunikations- und Multimediabereich normieren, sind in ihrer Allgemeinheit weder gerechtfertigt noch notwendig. 2 2 6 Schutzbedürftig sind Verbraucher nur dann, wenn es um die SicheIn diesem Sinne Ranke, M-Commerce, S. 183ff. A.a.O., S. 184; zur alten Rechtslage (TDSV) siehe auch Königshofen, TDSV, §6 Rdn. 17 (Datenverarbeitung zu Zwecken der Anfertigung von Kommunikationsprofilen stets unzulässig)2 2 6 Siehe die Koppelungsverbote der §§95 V T K G , 3 IV T D D S G und 17 IV MDStV, wonach 224

225

B. Privatautonomer

Datenschutz

165

rung einer kommunikativen und informatorischen Grundversorgung der Allgemeinheit geht, in erster Linie also um Telefonanschluss und Internetzugang. Soweit es sich hingegen - wie regelmäßig auch bei Diensten des M-Commerce - um Dienste handelt, die über diese Grundversorgung hinausgehen, muss die Ausgestaltung dieser Dienste dem einzelnen Anbieter überlassen bleiben. 227 Eine freie und eigenständige Willensbetätigung ist bei solchen Diensten auch dann noch gewahrt, wenn der Einzelne die Wahl hat, den Dienst entweder zu den vom Anbieter gestellten Konditionen oder gar nicht in Anspruch zu nehmen. 228 Der Fokus datenschutzrechtlicher Bemühungen sollte wie auch sonst in erster Linie darauf gerichtet sein, die geeignete Infrastruktur für einen eigenverantwortlichen und transparenten Interessenausgleich zwischen den Beteiligten herzustellen. Der Betroffene muss nachvollziehen und überblicken können, in welche Art von Datenverarbeitung er einwilligt, welche Aussagekraft die über ihn gewonnenen Informationen haben, zu welchen Zwecken diese genutzt werden und wer von ihnen Kenntnis erlangt. Dabei sind die rechtlichen Vorgaben auch auf die technischen Möglichkeiten abzustimmen. Ist das Telefon nicht nur Medium der Dienstleistung, sondern auch Medium des Vertragsschlusses selbst, ist der Raum für Informationen und rechtsgeschäftliche Erklärungen de facto begrenzt. 229 Vereinbarungen über die Zulässigkeit und Grenzen der Verarbeitung von Kundendaten müssen schon aus diesem Grund so weit wie möglich bei Abschluss des Telekommunikationsvertrages im Voraus und allgemein für bestimmte Arten von Dienstleistungen oder Dienstleister getroffen werden. Den Interessen der Nutzer ist am ehesten damit gedient, wenn sie sich nicht bei jeder Leistungsinanspruchnahme aufs neue mit jeweils unterschiedlichen Bedingungen und jeweils anderen Verantwortlichen auseinander setzen müssen, sondern einmal mit einem Verantwortlichen die grundsätzlichen Rahmenbedingungen einer zulässigen Datenverarbeitung vereinbaren.230 Darüber hinaus ist im Interesse der Einfachheit und Überschaubarkeit sicherzustellen, dass sich die Einwilligungserklärung allein auf diejenigen Datenverarbeitungsvorgänge konzentriert, die tatsächlich interessenjeweils der Diensteanbieter die Erbringung von Telekommunikations-/Tele-/Mediendiensten nicht von einer Einwilligung des Teilnehmers/Nutzers in eine Verarbeitung seiner Daten für andere Zwecke abhängig machen darf, wenn dem Teilnehmer/Nutzer ein anderer Zugang zu diesen Diensten nicht oder nicht in zumutbarer Weise möglich ist. 2 2 7 Vergleiche Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 93, die von Leistungen der „zivilisatorischen Grundversorgung" sprechen und hierzu auch Telekommunikation und Internetzugang zählen. 2 2 8 Näher dazu unten Teil 3 (B II 2). 2 2 9 Zur Problematik der Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Informationspflichten beim Vertragsschluss im M-Commerce siehe Ranke, M M R 2002, 509; Kessel/ Kuhlmann/Passauer/Schriek, K & R 2004, 519. 2 3 0 Die Begründung zum T K G - E bejaht für die Verarbeitung von Standortdaten zur Bereitstellung von Zusatzdiensten ausdrücklich eine solche generelle Einwilligung; BT-Drs. 15/2316, S. 89: „Ausreichend ist eine Einwilligung, z.B. in einem Rahmenvertrag o.ä."; siehe auch Ohlenburg, M M R 2003, 265 (268).

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

relevant sind, die das informationelle Selbstbestimmungsrecht in seinem Kern berühren und daher nicht der Entscheidung des Gesetzgebers, sondern dem individuellen Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Betroffenen unterliegen müssen. Welche Bestands-, Nutzungs- oder Verkehrsdaten die Diensteanbieter im Einzelnen zu Zwecken der Leistungserbringung und Abrechnung erheben dürfen, mag man hingegen getrost der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen. Selbst wenn solcherlei Erlaubnistatbestände aufgrund ihrer Länge und Komplexität für den Einzelnen kaum noch verständlich sein werden, 231 ist dies aus datenschutzrechtlicher Perspektive nicht weiter problematisch - ausreichend ist ein gewisses Grundvertrauen in den staatlichen Gesetzgeber, dass dieser die Grenzen einer zulässigen, weil erforderlichen und datenschutzrechtlich unproblematischen Datenverarbeitung angemessen ziehen wird. Sicherzustellen ist eine effektive Selbstbestimmung schließlich wiederum auch dadurch, dass Diensteanbieter in regelmäßigen Abständen {aktiv) in Form eines jährlichen „Datenkontoauszugs" über Art und Umfang der Datenverarbeitung informieren und der (solchermaßen informierte) Einzelne seine Einwilligung jederzeit widerrufen kann. Anders als nach allgemeinem Datenschutzrecht ist eine Widerrufbarkeit der Einwilligung in zahlreichen Vorschriften des Telekommunikations- und Multimediarechts bereits de lege lata vorgesehen. 232 Sie ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der einzelne Betroffene gerade bei bisher unbekannten Formen der Datenverarbeitung im E - und M-Commerce die tatsächlichen Möglichkeiten und Risiken nur schwer abschätzen kann und es ihm daher möglich sein muss, eine einmal getroffene Entscheidung auch wieder rückgängig zu machen. 233 b) Ubiquitous

Computing

Ubiquitous Computing („allgegenwärtige Datenverarbeitung") stellt gegenüber E-Commerce und M-Commerce nochmals eine neue Stufe der Datenverarbeitung dar. Die Welt des Ubiquitous Computing zeichnet sich dadurch aus, dass Informationstechnologien vollständig in den Alltag integriert und omnipräsent sind. Infolge technologischer Miniaturisierung und Vernetzung gelangt die Datenverarbeitung in die Alltagsgegenstände der körperlichen Welt, sie erfasst potentiell alle Lebensbereich und diese potentiell vollständig. 234 aa) Neue Qualität

der

Datenerhebung

Die Welt des Ubiquitous Computing bedeutet damit für den Datenschutz eine zusätzliche, in Art und Umfang völlig neue Herausforderung und Gefährdung. Ubiquitous Computing bringt einen enormen „Qualitätssprung" in der Daten231 232 233 234

So etwa auch die datenschutzrechtlichen Vorgaben der §§95ff. T K G . Siehe §§94 Nr.4, 96 IV 2, 98 I 3, II T K G ; §4 III I T D D S G ; § 17 III 1 MDStV. Siehe schon oben B II 3 a bb. Roßnagel/Müller, C R 2004, 625 (627).

B. Privatautonomer

Datenschutz

167

Verarbeitung mit sich: 2 3 5 J e kleiner, billiger und leistungsfähiger C o m p u t e r w e r den u n d j e v e r b r e i t e t e r damit ihr E i n s a t z im A l l t a g w i r d , d e s t o g r ö ß e r w i r d auch das B e o b a c h t u n g s p o t e n t i a l . D e r vielzitierte K ü h l s c h r a n k , der die M i l c h a u t o m a tisch n a c h b e s t e l l t , s m a r t e K l e i d u n g , die eine k r i t i s c h e P u l s - o d e r A t e m f r e q u e n z d e m A r z t w e i t e r m e l d e t , u n t e r die H a u t i m p l a n t i e r t e F u n k - C h i p s , die G e s u n d heitsdaten speichern und Zugangskontrollen ermöglichen, oder Armbanduhren, die den A u f e n t h a l t s o r t v o n K i n d e r n mitteilen, tragen die D a t e n v e r a r b e i t u n g in s ä m t l i c h e B e r e i c h e des ö f f e n t l i c h e n u n d privaten L e b e n s . 2 3 6 I m m e r n o c h m e h r u n d i m m e r n o c h detailliertere p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n lassen sich d a n k eines feinmaschigen Computernetzes gewinnen. N i c h t mehr nur N a m e , Adresse und K a u f v e r h a l t e n w e r d e n gespeichert, s o n d e r n völlig n e u e K a t e g o r i e n v o n E c h t z e i t D a t e n w i e der j e w e i l i g e A u f e n t h a l t s o r t , der m o m e n t a n e

Gesundheitszustand

o d e r das aktuelle V e r h a l t e n an e i n e m b e s t i m m t e n O r t . 2 3 7 Z u g l e i c h geht mit der M i n i a t u r i s i e r u n g der C o m p u t e r ein weiteres S t ü c k an K o n t r o l l i e r b a r k e i t und U b e r s c h a u b a r k e i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g f ü r den E i n z e l n e n v e r l o r e n . In d e m M a ß e , in d e m sich C o m p u t e r in die alltägliche U m g e b u n g integrieren u n d in dieser a u f g e h e n , s c h w i n d e t a u c h das B e w u s s t s e i n dafür, dass p e r s o n e n b e z o g e n e D a ten v e r a r b e i t e t w e r d e n . D e r E i n z e l n e k a n n den P r o z e s s der D a t e n v e r a r b e i t u n g n i c h t e i n m a l m e h r w a h r n e h m e n und sich diesem auch n i c h t m e h r e n t z i e h e n , w e n n m i n i a t u r i s i e r t e und d r a h t l o s m i t e i n a n d e r k o m m u n i z i e r e n d e P r o z e s s o r e n und S e n s o r e n die I n f o r m a t i o n s v e r a r b e i t u n g ü b e r n e h m e n , die u n s i c h t b a r in einer V i e l z a h l alltäglicher B e d a r f s g e g e n s t ä n d e e i n g e b e t t e t sind. 2 3 8 M i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g des U b i q u i t o u s C o m p u t i n g w i r d

datenschutz-

r e c h t l i c h w e i t g e h e n d N e u l a n d b e t r e t e n . D i e bisherigen s e k t o r s p e z i f i s c h e n D a t e n s c h u t z r e g e l u n g e n der § § 91 ff. T K G o d e r des T D D S G sind n u r s o w e i t v o n R e levanz, als a u c h M o b i l t e l e f o n e o d e r andere t e l e k o m m u n i k a t i o n s g e s t ü t z t e E n d g e räte z u m U b i q u i t o u s C o m p u t i n g gezählt w e r d e n , weil sie ebenfalls als s m a r t e A l l t a g s g e g e n s t ä n d e selbstständig m i t ihrer U m w e l t k o m m u n i z i e r e n u n d D a t e n a u s t a u s c h e n . 2 3 9 U b i q u i t o u s C o m p u t i n g z e i c h n e t sich a b e r gerade a u c h d u r c h n e u e F o r m e n v o n K o m m u n i k a t i o n s n e t z w e r k e n aus, die m i t den bislang ü b l i c h e n und b e k a n n t e n K o m m u n i k a t i o n s s t r u k t u r e n nichts m e h r g e m e i n s a m h a b e n . B e k a n n t e s t e s u n d d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h a m häufigsten diskutiertes B e i s p i e l ist die sog. R F I D - T e c h n o l o g i e ( „ R a d i o F r e q u e n c y I d e n t i f i c a t i o n " ) : 2 4 0 K l e i n s t e , an G e g e n s t ä n d e a n g e h e f t e t e T r a n s p o n d e r (sog. R F I D - T a g s ) k ö n n e n o h n e eigene E n e r Siehe Langheinrich, Ubiquitous Computing, S. 8f. Für diese und andere Beispiele siehe Mattern, Bulletin SEV/VSE 2004,9(11); Simitis, Utopie, S. 514f.; Taeger, Standortdaten, S. 95 f. 237 Langheinrich, Ubiquitous Computing, S.9. 238 Siehe Mattern, Bulletin SEV/VSE 2004, 9ff. 239 Entsprechend gelten obige Grundsätze für den M-Commerce. 240 Siehe BfD, 20. TB (2003-2004), S. 45f.; siehe auch ULD, 26. T B (2004), Ziff. 11.4 („RFID und allgegenwärtiges Computing"); Kleine Anfrage der FDP an die Bundesregierung zur Technologie der Radio Frequency Identification vom 28.4. 2004 (BT-Drs. 15/3025). 235

236

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als

Privatrecht

giequelle per Funksignal über mehrere Meter hinweg ihre Kennung und andere gespeicherte Daten an ein Lesegerät („Reader") übermitteln. Technisch geschieht dies dadurch, dass die RFID-Tags vom Reader in einer bestimmten Frequenz bestrahlt werden, dieses Signal decodieren, aus ihm die Energie für sich selbst beziehen und dann ihre gespeicherten Daten als Antwortnachricht zurücksenden. 241 RFID-Tags werden schon heute für Zugangskontrollen, Wegfahrsperren, Lagerverwaltung, Tierkennzeichnung und Mautsysteme eingesetzt. 242 Vor allem der Einzelhandel und die Logistikbranche setzen große Hoffnungen auf den Einsatz der RFID-Technologie. RFID-Tags ermöglichen schnell und berührungslos die eindeutige Identifizierung und Lokalisierung jedes einzelnen Produkts und ersparen auf diese Weise einen enormen Zeit- und Arbeitsaufwand. Auch in den Endkundenbereich soll die Technologie früher oder später Einzug halten. Sind nicht nur die einzelnen Produkte, sondern auch die Kundenkarten mit R F I D Tags ausgestattet, ist es technisch möglich, jeden Artikel seinem jeweiligen Käufer zuzuordnen. Der Bezahlvorgang an der Kasse entfällt dann vollständig, der Preis wird automatisch vom Kundenkonto abgebucht. Die datenschutzrechtliche Kehrseite dieser Vereinfachung ist, dass Unternehmen mittels R F I D vollständige Kauf- oder sogar Bewegungsprofile des einzelnen Kunden erstellen können und dass selbst außerhalb des Geschäfts theoretisch ein weiteres Auslesen der R F I D Tags durch Dritte möglich ist. 243 bb) Die Rolle der

Einwilligung

Mit den neuen datenschutzrechtlichen Herausforderungen durch Ubiquitous Computing stellt sich auch die Frage nach der Notwendigkeit neuer datenschutzrechtlicher Lösungsansätze. Fraglich ist insbesondere, ob der traditionelle Erlaubnistatbestand der Einwilligung, der hier bislang als genuiner Ausdruck individueller Selbstbestimmung ins Zentrum eines datenschutzrechtlichen Regelungsregimes gestellt worden ist, auch unter den Rahmenbedingungen allgegenwärtiger Datenverarbeitung diese zentrale Rolle beibehalten kann und soll. 244 Je umfangreicher und mannigfaltiger neue Formen der Datenverarbeitung in den Alltag Einzug halten, desto weniger praktikabel wäre es angesichts der Fülle und Vielfalt der Vorgänge und Verantwortlichen, eine Einwilligung für jeden einzel-

241 Von Westerholt/Döring, C R 2004, 710; Mattern, Bulletin SEV/VSE 2004, 9 (10). Eine vereinfachte Form dieser Technologie ist bereits seit langem als „Türschleusen" allgemein bekannt, wie sie in Kaufhäusern und Boutiquen zum Diebstahlsschutz eingesetzt werden. Antennen in diesen Türschleusen senden ein Hochfrequenzsignal aus, welches der in der Verpackung integrierte RFID-Chip über eine kleine Antenne wahrnimmt und eine Antwort (in Form des binären Werts „bezahlt" oder „nicht bezahlt") zurückschickt; Mattern, Ubiquitous Computing, S. 7. 242 ULD, 26. T B (2004), Ziff. 11.4; Eisenberg/Puschke/Singelnstein, ZRP 2005, 9. 243 Von Westerholt/Döring, C R 2004, 71 Of. 2 4 4 Zur Rolle der Einwilligung beim Einsatz der RFID-Technologie in Verbindung mit Kundenkarten Holznagel/Bonnekoh, M M R 2006, 17 (19ff.).

B. Privatautonomer

Datenschutz

169

nen Akt der Datenverarbeitung zu verlangen. 245 Ebenso wenig wäre aber auch der Versuch praktikabel, vorab und abstrakt-generell mittels präziser gesetzlicher Erlaubnistatbestände die Grenzen zulässiger Datenverarbeitungstatbestände festzulegen. Mitunter wird daher vorgeschlagen, vom gegenwärtigen Konzept einer einmaligen Kontrolle und Zulassung der Datenverarbeitung durch Einwilligung oder gesetzlichen Erlaubnistatbestand überhaupt Abstand zu nehmen und hin zu einem Konzept ständiger Verarbeitungskontrolle zu gelangen. Nicht die Zulassung der Datenverarbeitung, sondern deren Durchführung solle in erster Linie geregelt werden. 2 4 6 Andererseits schließt es ein solches Konzept der ständigen Verarbeitungskontrolle nicht aus, dem Einzelnen darüber hinaus - so weit möglich und praktikabel - auch ein Entscheidungsvorrecht hinsichtlich „seiner" Daten zu gewähren. Im Gegenteil: Am Beispiel des Credit Reporting ist bereits oben gezeigt worden, wie ein Entscheidungsvorrecht des Betroffenen maßgeblich dazu beitragen kann, dass auch der Verarbeitungsprozess selbst den Grundsätzen der Fairness und Transparenz genügt. Es mag sein, dass die Einwilligung im Bereich des Ubiquitous Computing nicht die gleiche Steuerungskraft wie bei herkömmlichen Datenverarbeitungsvorgängen entfalten kann, weil sie aufgrund der Vielzahl der Akteure und der Zersplitterung der Datenverarbeitungsvorgänge notwendigerweise allgemein gehalten werden muss. 247 Gleichwohl entfällt damit die Steuerungskraft der Einwilligung keineswegs, sie ist im Gegenteil der unverzichtbare Gegenpol zur Eigendynamik des technologischen Fortschritts. Das Erfordernis der Einwilligung setzt dem Grenzen, was für Ubiquitous Computing charakteristisch ist: die schleichende, unbewusste und umfassende Informatisierung des Alltags. Wer zur Datenerhebung einer Einwilligung des Betroffenen bedarf, kann diesen zwangsläufig nicht in Unkenntnis über den Vorgang der Datenverarbeitung lassen. Zudem wird er den Betroffenen nur dann zur Erteilung einer Einwilligung überzeugen können, wenn er diesen in klarer und nachvollziehbarer Weise über Art und Umfang der Datenverarbeitung aufklärt. 248 Die Einwilligung ist das notwendige Steuerungsinstrument, damit der Einzelne auch in Zukunft eine Grenze zwischen öffentlichen Sozialräumen und privaten Rückzugsräumen ziehen kann und damit die theoretischen Möglichkeiten des Ubiquitous Computing nicht ungehindert auch in eine praktische Allgegenwärtigkeit der Datenverarbeitung münden.

Roßnagel/Müller, C R 2004, 625 (629); Roßnagel, M M R 2005, 71 (72). Roßnagel/Müller, C R 2004, 625 (629f.); allgemein dazu Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 70ff. 2 4 7 In diesem Sinne Roßnagel/Müller, a.a.O. 2 4 8 Ist die Aufklärung des Datenverarbeiters falsch, unvollständig oder missverständlich, fehlt es schon an einer Wirksamkeit der Einwilligung; Grundsatz der informierten Einwilligung (dazu Holznagel/Sonntag in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn. 44ff.). 245 246

170

cc) Wirksamkeit

2. Teil: Datenschutzrecht

und

als

Privatrecht

Widerruföarkeit

Damit der Erlaubnistatbestand der Einwilligung auch tatsächlich diese Kontrollund Steuerungsfunktion erfüllt, muss durch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen dafür Sorge getragen werden, dass die Einwilligung trotz der Vielzahl und Unüberschaubarkeit der Datenverarbeitungsvorgänge nicht auf einen bloßen Formalismus reduziert wird. Dies bedingt zunächst, dass eine stillschweigende oder mutmaßliche Einwilligung grundsätzlich nicht in Betracht kommt. 2 4 9 Allein die Tatsache etwa, dass ein Kunde einen „Future Store" mit RFID-Technologie betritt, bedeutet noch nicht, dass sich der Kunde auch mit jeder technisch möglichen Datenverarbeitung auf Basis dieser Technologie einverstanden erklärt 250 - auch dann nicht, wenn Hinweisschilder im Eingangsbereich oder vergleichbare Informationen deutlich auf eine solche Datenverarbeitung hinweisen würden. Effektive informationelle Selbstbestimmung setzt nicht nur voraus, dass erkennbar ist, wo RFID-Tags sind und wann und welche Daten sie an wen übertragen, sondern auch, dass der Betroffene ausdrücklich und bestimmt seine Einwilligung in diese Form der Datenverarbeitung erteilt hat. 251 Umgekehrt schließt es das Erfordernis der Ausdrücklichkeit und Bestimmtheit jedoch nicht aus, dass die Einwilligung einen gewissen Abstraktionsgrad aufweist, sollte es infolge der Möglichkeiten des Ubiquitous Computing in Zukunft tatsächlich zu „Hunderten einzelner Datenverarbeitungsvorgänge täglich" kommen. 252 Ebenso wie der Einzelne bei der Beantragung einer herkömmlichen Kundenkarte in allgemeiner Form darin einwilligen kann, dass der Kartenbetreiber die verschiedensten personenbezogenen Informationen aus Kaufvorgängen, Eigenangaben und anderen Informationsquellen zu Marketingzwecken zusammenführt und verarbeitet, kann der Einzelne in allgemeiner Form auch darin einwilligen, dass mittels RFID-Technologie sein Kaufverhalten in einem Supermarkt entsprechend erfasst und genutzt wird. Die Daten mögen dank R F I D nochmals umfangreicher und aussagekräftiger werden, weil nicht nur der Kauf selbst, sondern auch der Entscheidungsprozess (die verbrachte Zeit im Supermarkt, das Nehmen und Zurückstellen von Waren, die Reihenfolge des Einkaufs etc.) erfasst wird. Gleichwohl bedingt auch diese inflationäre Zunahme einzelner Datenverarbeitungsvorgänge nicht zwangsläufig eine ebenso inflationäre Zunahme von Einwilligungserklärungen. Vielmehr handelt es sich im Ganzen noch immer um einen relativ homogenen Tatbestand, der bei entsprechender Aufklärung durch eiVon Westerholt/Döring, C R 2004, 710 (713). Siehe aber etwa den Fall des Handelskonzerns Metro, der in seinem sog. „Extra Future Store" die Kundenkarten heimlich mit RFID-Tags bestückt hatte, um auf diese Weise Daten über Kunden und Verbrauchergewohnheiten zu gewinnen; D E R S P I E G E L 46/2004 v. 8.11. 2004 („Das Internet der Dinge"). 251 Zum Erfordernis der Transparenz und Offenheit im Bereich des Ubiquitous Computing ULD, 26. T B (2004), Ziff. 11.4. 252 Roßnagel/Müller, C R 2004, 625 (629). 249

250

B. Privatautonomer

Datenschutz

171

ne umfassende Einwilligungserklärung abgedeckt werden kann. Diese muss nicht sämtliche Verarbeitungsprozesse in einem komplexen Gefüge wiedergeben, ausreichend ist beim Einwilligenden vielmehr eine verständige Vorstellung darüber, welche Datenverarbeitungsvorgänge in Betracht kommen und welche Folgen diese haben können. 2 5 3 Selbst wenn es aber in der Zukunft zu den befürchteten Entscheidungszwängen im Sekundentakt kommen sollte, 254 verliert der Erlaubnistatbestand der Einwilligung damit nicht seine Bedeutung als Schutzinstrument informationeller Selbstbestimmung - und sei es auch nur deshalb, weil dadurch dem Betroffenen eben diese Vielzahl von Datenverarbeitungsvorgängen bewusst gemacht wird. Der Einzelne, der sich einer Flut von Verarbeitungsanfragen gegenüber sieht, wird sich, zumindest soweit ihm an Datenschutz überhaupt gelegen ist, diesen Anfragen nicht willenlos hingeben, sondern sich dem Datenverarbeitungsprozess viel eher völlig entziehen. Es liegt daher auch im Interesse der Datenverarbeiter selbst, den Datenverarbeitungsprozess so zu gestalten, dass der Einzelne nicht überfordert wird und er seine Mitwirkung nicht verweigert. Es ist also gerade das Erfordernis der Einwilligung, das die Datenverarbeiter dazu veranlasst, sich um Verbraucher- und kundenfreundliche Wege der Datenverarbeitung zu bemühen: durch eine Konzentration auf wesentliche Datenverarbeitungsvorgänge, durch deren einfache und transparente Gestaltung und durch Datenverarbeitungssysteme, die sich automatisch den im Voraus spezifizierten Datenschutz-Präferenzen der Betroffenen anpassen. 255 Darüber hinaus muss es dem Einzelnen wie stets möglich sein, eine einmal getroffene Willensbildung auch wieder zu ändern. J e allgemeiner Einwilligungserklärungen gehalten sind, desto wichtiger ist zur Wahrung effektiver informationeller Selbstbestimmung ihre Widerrufbarkeit. Der Einzelne muss grundsätzlich seine einmal erteilte Einwilligung auch wieder aus der Welt schaffen können, wenn er im Nachhinein feststellt, dass die auf dieser Einwilligung beruhenden Datenverarbeitungsvorgänge seinem tatsächlichen Willen nicht oder nicht mehr entsprechen. Dabei kann die Art und Weise des Widerrufs unterschiedlich ausfallen und beschränkt sich nicht auf die Form der Erklärung eines Widerrufs. In Betracht kommen vielmehr auch Willensäußerungen in Form von technischen Selbstschutzmaßnahmen, zumindest dann, wenn Datenverarbeitung nur für die weitere Zukunft unterbunden werden soll. Insbesondere für den Einsatz der RFID-Technologie findet sich bereits eine Vielzahl von Vorschlägen für solche Selbstschutzmaßnahmen, angefangen bei einer dauerhaften Deaktivierung oder physischen Entfernung von RFID-Tags 2 5 6 über die passwortgestützte Aktivie-

253 254 255 256

Vergleiche Weichen, DuD Langheinrich, Ubiquitous Langheinrich, Ubiquitous Langheinrich, Ubiquitous

2001, 264 (267). Computing, S. 10. Computing, S. 10. Computing, S. 14.

172

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

rung und Deaktivierung der Lesbarkeit von RFID-Tags 2 5 7 bis hin zum Einsatz von R F I D - B l o c k e r n , die den Datenaustausch zwischen Etikett und Lesegerät behindern. 2 5 8 dd) Die Freiheit des Ein- und

Austretens

„Ubiquitous Computing", die theoretisch allgegenwärtige und alles durchdringende Datenverarbeitung, mündet nur dann auch in eine tatsächlich allumfassende Datenverarbeitung, wenn datenschutzrechtlich keine klaren Grenzen gesetzt werden. Das Erfordernis individueller Einwilligung setzt jedoch eine solche klare Grenze. Auch unter den Bedingungen des Ubiquitous Computing ist es dem Einzelnen möglich, über die Verarbeitung seiner Daten privatautonom zu bestimmen. Deutlich wird dies, wenn Ubiquitous Computing trotz seines Namens nicht als „ein" umfassender, allgegenwärtiger Prozess mystifiziert wird, sondern in seine praktischen Einzelteile bzw. Sozialräume „zerlegt" und damit entsprechend überschaubarer und kontrollierbarer wird. Bereits oben ist der smarte Supermarkt mit RFID-Technologie als ein solcher abgegrenzter Sozialraum oder Sozialvorgang herausgearbeitet worden. Der Einzelne hat grundsätzlich die freie Wahl, ob er diesen Raum betreten will oder nicht, ob er die zusätzliche Datenerhebung erlauben möchte oder nicht. Entsprechendes gilt auch für andere Ausprägungen des Ubiquitous Computing. Regelmäßig hat der Einzelne die Freiheit des Ein- und Austretens bzw. des Ein- und Ausschaltens - dies gilt für den smarten Kühlschrank ebenso wie für das lokalisierbare Mobiltelefon. Oder zumindest ist eine solche Freiheit technisch realisierbar und damit auch datenschutzrechtlich regulierbar. Dass und wie die Freiheit des Eintretens in und des Austretens aus der Welt des Ubiquitous Computing gesetzlich sanktioniert werden kann, zeigt schon heute § 9 8 II T K G . Danach muss auch der Teilnehmer, der grundsätzlich seine Einwilligung zur Verarbeitung von Standortdaten gegeben hat, um entsprechende M-Commerce-Dienstc in Anspruch nehmen zu können, weiterhin die Möglichkeit haben, die Verarbeitung von Standortdaten „für jede Verbindung zum Netz oder für jede Übertragung einer Nachricht auf einfache Weise und unentgeltlich zeitweise zu untersagen." Ihm steht also, anders ausgedrückt, das Recht zu, sich jederzeit nach seinem Belieben dem Sozialraum Mobilfunk zu entziehen und die weitere Registrierung seines Verhaltens- und Bewegungsmusters zu untersagen. 5. Fazit So unterschiedlich die betroffenen Interessen und beteiligten Interessenträger in den hier dargestellten Bereichen privater Datenverarbeitung auch sein mögen, so 2 5 7 InterVal - Internet and Value Chains (Berliner Forschungszentrum Internetökonomie), Presseinformation vom 6.8. 2004 („Privatsphäre beim Einsatz von Funk-Etiketten"). 258 ULD, 26. T B (2004), Ziff. 11.4.

B. Privatautonomer

173

Datenschutz

ü b e r e i n s t i m m e n d fällt d o c h die A n t w o r t aus, wie den a n g e s p r o c h e n e n D e f i z i t e n jeweils zu b e g e g n e n ist. Ziel ist stets die s t r u k t u r e l l e A b s i c h e r u n g eines effektiven S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s , w e l c h e s den B e t r o f f e n e n im Z e n t r u m des D a t e n v e r a r b e i t u n g s p r o z e s s e s p o s i t i o n i e r t u n d ihm eine e b e n b ü r t i g e V e r h a n d l u n g s p o s i t i o n im p r i v a t a u t o n o m e n I n t e r e s s e n a u s g l e i c h m i t den D a t e n v e r a r b e i t e r n verschafft.

a) Ein Stufenkonzept aa) Individuelle

privatautonomen

Selbstbestimmung

als

Datenschutzes Ausgangspunkt

I n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g setzt im A u s g a n g s p u n k t ein tatsächliches E n t s c h e i d u n g s v o r r e c h t des B e t r o f f e n e n v o r a u s . N i c h t v o n d e h n b a r e n G e n e r a l k l a u seln o d e r ü b e r r e g u l i e r e n d e n D e t a i l v o r s c h r i f t e n , s o n d e r n v o n der E n t s c h e i d u n g des B e t r o f f e n e n selbst soll es g r u n d s ä t z l i c h a b h ä n g e n , o b u n d wie dessen D a t e n verarbeitet w e r d e n d ü r f e n . A m Beispiel des C r e d i t R e p o r t i n g hat sich gezeigt, dass viele der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n M i s s s t ä n d e bereits dann wegfallen w ü r d e n , w e n n sich D a t e n v e r a r b e i t e r tatsächlich u m ein E i n v e r s t ä n d n i s des B e t r o f f e n e n b e m ü h e n m ü s s t e n . G l e i c h e s gilt auch f ü r a n d e r e B e r e i c h e privater D a t e n v e r a r b e i tung. D a t e n v e r a r b e i t e r , die f ü r ihre T ä t i g k e i t einer expliziten Z u s t i m m u n g des B e t r o f f e n e n b e d ü r f e n , k o m m e n n i c h t u m h i n , ihre D a t e n v e r a r b e i t u n g t r a n s p a r e n t u n d fair auszugestalten. D a b e i muss sich das E n t s c h e i d u n g s v o r r e c h t des B e t r o f f e nen

keineswegs

auf

sämtliche

Datenverarbeitungsvorgänge

erstrecken.

Im

G e g e n t e i l : D i e s e m w ä r e n u r w e n i g d a m i t gedient, m ü s s t e er sich m i t einer u n ü b e r schaubaren Vielzahl

einzelner Datenverarbeitungsvorgänge

auseinander

set-

z e n . 2 5 9 A u s r e i c h e n d u n d n o t w e n d i g ist vielmehr, dass sein S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t d o r t ansetzt, w o eine auf seine P e r s o n f o k u s s i e r t e

Datenverarbeitung

stattfindet: bei V e r t r a g s p a r t n e r n , die langfristig seine D a t e n s a m m e l n , bei A u s k u n f t e i e n , die ein B i l d v o n seinen w i r t s c h a f t l i c h e n Verhältnissen z e i c h n e n u n d bei Adressverlagen, die L i f e s t y l e - u n d ä h n l i c h e I n f o r m a t i o n e n ü b e r ihn z u s a m m e n tragen. L e i t b i l d eines k ü n f t i g e n D a t e n s c h u t z m o d e l l s ist n i c h t die W a h r u n g eines ausnahmslosen, sämtliche Einzelvorgänge umfassenden Datengeheimnisses, sond e r n die effektive P a r t i z i p a t i o n des B e t r o f f e n e n an den z e n t r a l e n S c h n i t t - u n d Schaltstellen privater D a t e n v e r a r b e i t u n g . G r u n d l a g e dieser P a r t i z i p a t i o n ist das E n t s c h e i d u n g s v o r r e c h t des B e t r o f f e n e n , das sich auch n a c h seiner A u s ü b u n g in F o r m eines R e c h t s auf W i d e r r u f der erteilten Z u s t i m m u n g f o r t s e t z t . A b g e s i c h e r t w i r d dieses S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t d u r c h die o b e n bereits a n g e d e u t e t e n p r o z e duralen S i c h e r u n g s m e c h a n i s m e n . H i e r z u z ä h l e n n i c h t n u r die aus d e m g e g e n w ä r tigen D a t e n s c h u t z r e c h t b e k a n n t e n T r a n s p a r e n z g e b o t e u n d K o r r e k t u r - u n d L ö schungspflichten, sondern auch neue institutionelle F o r m e n und Instrumentarien wie e t w a der D a t e n t r e u h ä n d e r o d e r der j ä h r l i c h e „ D a t e n k o n t o a u s z u g " . 2 6 0

259 260

Vergleiche Roßnagel/Müller, C R 2004, 625 (628). Siehe dazu im Einzelnen Teil 3.

174 bb)

2. Teil: Datenschutzrecht

Einschränkungen

individueller

als

Privatrecht

Selbstbestimmung

Der Ausgangspunkt individueller Selbstbestimmung kann selbstverständlich nicht allen datenschutzrechtlichen Konstellationen gerecht werden. Auf einer zweiten Stufe muss dieser Ausgangspunkt daher durch zusätzliche Regelungen ergänzt bzw. eingeschränkt werden: zum einen zum Schutz des Betroffenen selbst, zum anderen zur Wahrung berechtigter Informationsinteressen Dritter. Eine Einschränkung individueller Selbstbestimmung zum Schutz des Betroffenen selbst kommt vor allem insoweit in Betracht, als Missbräuche privatautonomer Gestaltungsfreiheit durch Ausnutzung eines Macht- oder Informationsungleichgewichts zu befürchten sind. Jedoch ist nicht jede zwangsweise Durchsetzung von Informationsinteressen von vornherein als missbräuchlich und damit unzulässig einzuordnen. Zu unterbinden sind allein solche Informationsbegehrlichkeiten, denen kein berechtigtes Informationsinteresse zugrunde liegt. Grenzen sind der Durchsetzungsmacht privater Datenverarbeiter darüber hinaus überall dort zu setzen, wo eine Durchsetzung informationeller Interessen zu einem Ausschluss des Betroffenen von existentiellen Gütern oder Dienstleistungen führen würde, ohne dass der Staat in einem solchen Fall in seiner Funktion als Sozialstaat einspringen würde. Schließlich muss eine Datenverarbeitung ohne Einwilligung des Betroffenen immer dann zulässig sein, wenn diese zur Abwehr von Gefahren für dessen Leben, Gesundheit oder sonstige bedeutende Rechtsgüter erforderlich ist und der Betroffene selbst seine Einwilligung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erteilen kann. 261 Einschränkungen individueller Selbstbestimmung können umgekehrt aber auch zulasten des Betroffenen und zugunsten der berechtigten Informationsinteressen Dritter notwendig sein. Die Datenverarbeitung durch Warn- und Hinweisdienste im Versicherungsbereich steht stellvertretend für solche Formen der Datenverarbeitung, bei denen ein ausnahmsloses Entscheidungsvorrecht des Betroffenen den eigentlichen Sinn und Zweck der Datenverarbeitung - ihre Warnund Schutzfunktion - de facto unterlaufen würde. Weitere Ausnahmen vom Grundsatz individueller Se/^sibestimmung kommen darüber hinaus auch dann in Betracht, wenn es um den Schutz eigener Rechte (nicht Interessen) des Datenverarbeiters oder der Rechte Dritter geht, um die Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen, die dem Datenverarbeiter obliegen, oder um Anliegen der Wissenschaft und Forschung. 262 Stets ist jedoch darauf zu achten, dass sich solcherlei Auffangklauseln nicht auf inhaltslose und dehnbare Kriterien wie „berechtigte Interessen" oder „schutzwürdige Interessen" beschränken wie dies bislang bei den allgemeinen Interessenabwägungsklauseln des B D S G der Fall ist. 263

261 262 263

Siehe Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 78. Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 78f. Vgl. auch Weichen, Private Daten, S. 287: Nicht ein „irgendwie geartetes berechtigtes Inte-

B. Privatautonomer

cc) Standardisierte

175

Datenschutz

Datenverarbeitungsklauseln

A u f einer dritten Stufe s c h l i e ß l i c h k ö n n e n f ü r r o u t i n e m ä ß i g e

Datenverarbei-

t u n g s v o r g ä n g e o h n e w i r k l i c h e I n t e r e s s e n k o l l i s i o n e n detaillierte b e r e i c h s s p e z i f i sche D a t e n v e r a r b e i t u n g s k l a u s e l n gesetzlich f e s t g e s c h r i e b e n w e r d e n . G e r e c h t f e r tigt ist diese E i n s c h r ä n k u n g individueller S e l b s t b e s t i m m u n g deshalb, weil es sich der S a c h e nach gerade nicht u m eine E i n s c h r ä n k u n g , s o n d e r n lediglich u m eine k o n k r e t i s i e r t e V o r w e g n a h m e der W i l l e n s b i l d u n g der B e t e i l i g t e n selbst handelt. F e s t g e s c h r i e b e n w e r d e n allein s o l c h e D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e , die der S a c h e n a c h o h n e h i n g e b o t e n sind u n d w e d e r die I n t e r e s s e n der einen n o c h der a n d e r e n Seite n e n n e n s w e r t b e r ü h r e n . B e i s p i e l e für s o l c h e standardisierten D a t e n v e r a r b e i t u n g s k l a u s e l n finden sich s c h o n heute v o r allem im T e l e k o m m u n i k a t i o n s - u n d M u l t i m e d i a b e r e i c h , e t w a w e n n es u m die V e r a r b e i t u n g v o n N u t z u n g s d a t e n f ü r A b r e c h n u n g s z w e c k e o d e r die D a t e n s p e i c h e r u n g z u m Z w e c k e der t e c h n i s c h e n N a c h r i c h t e n ü b e r m i t t l u n g geht. 2 6 4 Sinn u n d Z w e c k dieser K l a u s e l n ist n i c h t eine r e c h t s p o l i t i s c h m o t i v i e r t e P r i v i l e g i e r u n g dieser o d e r j e n e r I n t e r e s s e n , s o n d e r n E f f i z i e n z u n d V e r e i n h e i t l i c h u n g . D e r D a t e n v e r a r b e i t e r erhält eine

verlässliche

R e c h t s g r u n d l a g e f ü r seine alltäglichen D a t e n v e r a r b e i t u n g s p r o z e s s e , o h n e sich h i e r f ü r z u n ä c h s t u m ein E i n v e r s t ä n d n i s des B e t r o f f e n e n b e m ü h e n zu m ü s s e n . D e m e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n w i e d e r u m b l e i b t es erspart, sich mit s c h w e r d u r c h s c h a u b a r e n und r e g e l m ä ß i g k a u m i n t e r e s s e n r e l e v a n t e n D e t a i l s der D a t e n v e r a r b e i t u n g a u s e i n a n d e r s e t z e n zu m ü s s e n . B e i d e Seiten k ö n n e n ihre Z e i t und E n e r g i e v i e l m e h r auf die A u s h a n d l u n g d e r j e n i g e n R a h m e n b e d i n g u n g e n

konzentrieren,

die ihre e i g e n t l i c h e n D a t e n s c h u t z - b z w . I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e n b e t r e f f e n .

b) Individuelle

Selbstbestimmung

und effiziente

Informationsverteilung

E i n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e s R e g e l u n g s m o d e l l mit d e m A u s g a n g s p u n k t individueller S e l b s t b e s t i m m u n g steht auf den ersten B l i c k im W i d e r s p r u c h z u r o b i g e n P r ä m i s s e einer prinzipiellen G l c i c h r a n g i g k c i t v o n D a t e n s c h u t z und I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t . D i e B e g r ü n d u n g eines p r i n z i p i e l l e n E n t s c h e i d u n g s v o r r e c h t s des einz e l n e n B e t r o f f e n e n ist ganz o f f e n s i c h t l i c h eine E n t s c h e i d u n g z u g u n s t e n des D a t e n s c h u t z e s u n d eine E n t s c h e i d u n g zulasten des freien

Informationsflusses.

G l e i c h w o h l ist dieser W i d e r s p r u c h n u r ein scheinbarer. B e s a g t e G l e i c h r a n g i g k e i t v o n D a t e n s c h u t z und I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t gilt nur für eine w e r t e n d e B e t r a c h t u n g s w e i s e , für eine I n t e r e s s e n w ü r d i g u n g u n d - g e w i c h t u n g nach M a ß s t ä b e n w i e W ü r d e u n d F r e i h e i t o d e r s o n s t i g e n G e r e c h t i g k e i t s m a ß s t ä b e n - M a ß s t ä b e , die, w i e o b e n gezeigt, s o w o h l im einen w i e a u c h im anderen S i n n e j e nach s u b j e k t i v e r P r ä f e r e n z und Z i e l s e t z u n g i n s t r u m e n t a l i s i e r t w e r d e n k ö n n e n und die d a h e r als allgemein gültige R i c h t s c h n u r f ü r die A u s g e s t a l t u n g eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n

resse" legitimiert zur Datenverarbeitung, sondern nur ein rechtliches Interesse oder die informierte Einwilligung. 2 6 4 Siehe etwa § § 9 7 , 107 T K G , § 6 T D D S G , § 19 M D S t V .

176

2. Teil: Datenschutzrecht

ah

Privatrecht

R e g e l u n g s m o d e l l s n i c h t tauglich sind. N i c h t a u s g e s c h l o s s e n ist d e m g e g e n ü b e r j e d o c h , dass die W a h l des einen o d e r anderen d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n

Ausgangs-

p u n k t s aus a n d e r e n E r w ä g u n g e n heraus g e t r o f f e n wird.

aa) Der Ausgangspunkt individueller eine ökonomische Rechtfertigung

Selbstbestimmung

-

E i n e s o l c h e andere E r w ä g u n g ist in erster L i n i e die o b e n g e w o n n e n e E r k e n n t n i s , dass die b e s t e h e n d e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n D e f i z i t e am effektivsten d u r c h ein prinzipielles S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t des E i n z e l n e n b e h o b e n w e r d e n k ö n n e n . A l l e r d i n g s m a g a u c h diese A r g u m e n t a t i o n n o c h als wertlastig u n d s u b j e k t i v e i n g e o r d n e t w e r d e n , weil sie aus der P e r s p e k t i v e des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n D e f i z i t e b e t o n t u n d die V e r a n t w o r t l i c h k e i t für diese D e f i z i te in erster L i n i e d e n D a t e n v e r a r b e i t e r n u n d deren P r a k t i k e n z u s c h r e i b t . I n e i n e m l e t z t e n S c h r i t t soll d a h e r die F r a g e nach d e m richtigen d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n A u s g a n g s p u n k t n o c h m a l s aus einer anderen P e r s p e k t i v e gestellt w e r d e n : aus d e r P e r s p e k t i v e der ö k o n o m i s c h e n A n a l y s e des R e c h t s . Z w a r ist a u c h die ö k o n o m i s c h e A n a l y s e des R e c h t s n i c h t als w e r t f r e i zu b e z e i c h n e n , sie sieht sich j e d o c h j e denfalls n i c h t d e m V e r d a c h t ausgesetzt, m i t ihrer e f f i z i e n z o r i e n t i e r t e n H e r a n g e h e n s w e i s e an das R e c h t eine ü b e r t r i e b e n v e r b r a u c h e r f r e u n d l i c h e P o s i t i o n e i n z u n e h m e n . 2 6 5 A u s S i c h t der ö k o n o m i s c h e n A n a l y s e des R e c h t s k o m m t es f ü r die A u s g e s t a l t u n g eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s m o d e l l s allein d a r a u f an, dass eine effiziente I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g sichergestellt ist, dass I n f o r m a t i o n e n b z w . die R e c h t e an diesen stets d o r t h i n gelangen, w o sie a m h ö c h s t e n b e w e r t e t w e r d e n . 2 6 6 D a s s es zu s o l c h einer o p t i m a l e n A l l o k a t i o n v o n I n f o r m a t i o n e n u n d I n f o r m a t i o n s r e c h t e n k o m m t , ist dabei zuallererst eine S a c h e des M a r k t e s . D e m R e c h t k o m m t d e m g e g e n ü b e r n u r eine i n s t r u m e n t e l l e R o l l e zu, es soll in erster L i nie d a f ü r s o r g e n , dass ein A u s t a u s c h v o n R e s s o u r c e n u n d R e c h t e n ü b e r h a u p t z u lässig ist u n d dass ein s o l c h e r A u s t a u s c h z w i s c h e n den M a r k t t e i l n e h m e r n m ö g lichst r e i b u n g s l o s a b l ä u f t . 2 6 7 W e n n a b e r - wie im E r g e b n i s f e s t z u s t e l l e n sein w i r d - selbst auf der G r u n d l a g e einer ö k o n o m i s c h e n B e t r a c h t u n g s w e i s e im A u s g a n g s p u n k t ein R e c h t des E i n z e l n e n an seinen D a t e n die v o r z u g s w ü r d i g e , weil e f f i z i e n teste L ö s u n g ist, fällt d i e s e m E r g e b n i s u m s o m e h r a r g u m e n t a t i v e s G e w i c h t zu.

265 Siehe Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S. 137: Entscheidung für das Effizienzkriterium als „tendenzielle Bevorzugung der Anbieter- und Herstellerseite gegenüber den Verbrauchern". 2 6 6 Wobei ein „Recht an Informationen" in diesem Kontext sowohl als Recht des Datenverarbeiters auf Nutzung bestimmter personenbezogener Informationen zu verstehen ist als auch als Recht des einzelnen Betroffenen im Sinne informationeller Selbstbestimmung. 267 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 63; zu den Einschränkungen siehe sogleich.

B. Privatautonomer

bb) Das

Datenschutz

177

Verhandlungsmodell

N a c h d e m C o a s e - T h e o r e m spielt die u r s p r ü n g l i c h e Z u t e i l u n g v o n R e c h t e n an I n f o r m a t i o n e n f ü r eine effiziente I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g g r u n d s ä t z l i c h k e i n e R o l l e . Private V e r h a n d l u n g e n s o r g e n bei einer A b w e s e n h e i t v o n T r a n s a k t i o n s k o s t e n stets dafür, dass diese R e c h t e u n a b h ä n g i g v o n i h r e r u r s p r ü n g l i c h e n Z u t e i l u n g an den O r t ihrer e f f i z i e n t e s t e n V e r w e n d u n g g e l a n g e n . 2 6 8 F ü r die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e D i s k u s s i o n ü b e r den „ r i c h t i g e n " A u s g a n g s p u n k t eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s m o d e l l s - D a t e n s c h u t z o d e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t - h i e ß e dies, dass eine s o l c h e D i s k u s s i o n v o n v o r n h e r e i n ü b e r f l ü s s i g ist, da in b e i d e n V a r i a n t e n die R e c h t e an I n f o r m a t i o n e n a u f g r u n d privater M a r k t t r a n s a k t i o n e n stets d o r t h i n gelangen w e r d e n , w o sie a m h ö c h s t e n b e w e r t e t w e r d e n . E i n B e i s p i e l mag dies verd e u t l i c h e n : 2 6 9 Sind für ein U n t e r n e h m e n U die D a t e n eines K u n d e n z w e i E u r o w e r t , ist für den K u n d e n K hingegen die V e r t r a u l i c h k e i t dieser D a t e n n u r ein E u r o w e r t , ist eine I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g dann effizient, w e n n U z u r N u t z u n g dieser D a t e n b e r e c h t i g t ist. S e l b s t w e n n ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e s R e g e l u n g s m o d e l l d a v o n a b w e i c h e n d b e s t i m m t , dass im A u s g a n g s p u n k t der e i n z e l n e B e t r o f f e n e ein a u s s c h l i e ß l i c h e s R e c h t an seinen D a t e n h a b e n soll, s o r g e n bei A b w e s e n h e i t v o n T r a n s a k t i o n s k o s t e n private M a r k t t r a n s a k t i o n e n stets dafür, dass das R e c h t an den D a t e n im E r g e b n i s zu U gelangt. E i n rationales V e r h a l t e n der M a r k t t e i l n e h m e r v o r a u s g e s e t z t , 2 7 0 wird U v o n K dieses R e c h t zu e i n e m Preis z w i s c h e n 1.01 E u r o u n d 1.99 E u r o e r w e r b e n . 2 7 1 D a s h e i ß t : E g a l w e l c h e n A u s g a n g s p u n k t ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e s R e g e l w e r k v o r s i e h t , U w i r d i m E r g e b n i s stets z u r V e r a r b e i t u n g dieser D a t e n b e r e c h t i g t sein. J e d o c h existiert eine W e l t o h n e T r a n s a k t i o n s k o s t e n , w i e sie das C o a s e - T h e o r e m v o r a u s s e t z t , n u r als Idee, sie w ü r d e p e r f e k t e s W i s s e n u n d die A b w e s e n h e i t 268 Coase, 3 J.L. & Econ. 1,15 (1960): „It IS always possible to modify by transactions on the market the initial legal delimitation of rights. And, of course, if such market transactions are costless, such a rearrangement of rights will always take place if it would lead to an increase m the value of produetion." 2 6 9 Ahnliches Beispiel (allerdings mit umgekehrter Werterelation) bei Kang, 50 Stan. L. Rev. 1193, 1250 (Fn. 242) (1998). 2 7 0 Zwar steht die Rationalitätsannahme der ökonomischen Analyse oftmals nicht in Einklang mit der Realität - so u.U. auch hier, wenn K aufgrund der Komplexität möglicher Datenverarbeitungsvorgänge kaum noch eine rationale Entscheidung treffen kann (zur Kritik am rational choice-Ansatz siehe Eidenmüller, JZ 2005,216 (218f.)). Gleichwohl stellt dieses Realitätsdefizit noch nicht den Wert der ökonomischen Betrachtungsweise als Denkmodell in Frage, das Wirkungszusammenhänge offen legen und Grundstrukturen des Marktgeschehens verdeutlichen soll; pointiert Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung, S.97: „Ein absolut realitätsnahes ökonomisches Modell ist ebenso brauchbar wie eine Landkarte im Maßstab 1:1." 271 Zwar wird K im Alltag keine in Euro und Cent zu beziffernde Vorstellung vom „Wert" seiner Daten haben. Gleichwohl bemisst er deren wirtschaftlichen Wert, wenn er entscheidet, ob er im Gegenzug für eine geldwerte Leistung („kostenloser" E-Mail-Dienst, Kunden-Rabattkarte, Teilnahme an Gewinnspiel etc.) persönliche Daten preisgeben soll. Umgekehrt wird auch U kalkulieren, was ihm die Daten seiner Kunden wert sind und seine Angebote entsprechend mehr oder weniger „wertvoll" gestalten.

178

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

jeglicher Markthindernisse oder Verhandlungskosten voraussetzen.272

In der

R e a l i t ä t w i r d eine s o l c h e W e l t v o n k e i n e m ernsthaft a n g e n o m m e n , auch v o n C o a se selbst n i c h t . 2 7 3 B e v o r Private m i t e i n a n d e r in V e r h a n d l u n g e n treten k ö n n e n , fallen eine V i e l z a h l v e r s c h i e d e n e r K o s t e n an: für die S u c h e nach geeigneten Vertragsp a r t n e r n , für die K o n t a k t a u f n a h m e , f ü r d e n V e r h a n d l u n g s p r o z e s s an sich u n d für die D u r c h s e t z u n g der a u s g e h a n d e l t e n V e r e i n b a r u n g . 2 7 4 J e h ö h e r diese K o s t e n ausfallen, d e s t o e h e r s c h r e i b t die u r s p r ü n g l i c h e Z u o r d n u n g v o n R e c h t e n nicht n u r den A u s g a n g s p u n k t , s o n d e r n a u c h d e n E n d p u n k t einer R e c h t e - und R e s s o u r c e n v e r t e i l u n g fest. E n t s p r e c h e n d v e r s c h i e b t sich aus S i c h t der ö k o n o m i s c h e n A n a l y s e auch die A u f g a b e des R e c h t s . A u f g a b e des R e c h t s ist es n i c h t mehr, eine m a r k t m ä ß i g e L ö s u n g zu e r m ö g l i c h e n , s o n d e r n eine s o l c h e zu simulieren, i n d e m das h y p o t h e t i s c h e V e r h a n d l u n g s e r g e b n i s

r e k o n s t r u i e r t u n d rechtlich

festge-

s c h r i e b e n w i r d . 2 7 5 D i e R e c h t s o r d n u n g soll die a n f ä n g l i c h e n R e c h t s p o s i t i o n e n so z u o r d n e n , w i e dies die M e h r h e i t der Privatparteien bei e i n e m r e i b u n g s l o s e n M a r k t m e c h a n i s m u s m i t null T r a n s a k t i o n s k o s t e n tun w ü r d e . D i e A t t r a k t i v i t ä t eines s o l c h e n „ m a j o r i t a r i a n , w o u l d have w a n t e d ' a p p r o a c h " 2 7 6 rührt v o n der V o r stellung, dass die R e c h t s o r d n u n g d u r c h F e s t s c h r e i b u n g eines mehrheitsfähigen E r g e b n i s s e s f ü r den R e g e l f a l l eine m a r k t g e r e c h t e , effiziente Z u t e i l u n g v o n R e c h ten sicherstellt, o h n e dass es h i e r f ü r k o s t s p i e l i g e r T r a n s a k t i o n e n seitens der Marktteilnehmer bedarf.277 B e d e n k e n b e g e g n e t ein s o l c h e r A n s a t z j e d o c h s c h o n deshalb, weil er u n t e r stellt, dass das R e c h t stets a n t i z i p i e r e n k a n n , w e l c h e s E r g e b n i s v o n der M e h r h e i t der M a r k t t e i l n e h m e r g e w ü n s c h t w i r d . F ü r den R i c h t e r , der im k o n k r e t e n E i n z e l fall einen I n t e r e s s e n k o n f l i k t zu e n t s c h e i d e n hat, m a g das h y p o t h e t i s c h e V e r h a n d l u n g s e r g e b n i s der beteiligten P a r t e i e n als R i c h t s c h n u r tauglich sein. F ü r den G e s e t z g e b e r hingegen ist es bei der V i e l z a h l u n d Vielfalt b e t r o f f e n e r Interessen und I n t e r e s s e n t r ä g e r k a u m m ö g l i c h , a b s t r a k t u n d allgemein gültig zu b e s t i m m e n , auf w e l c h e s E r g e b n i s - D a t e n s c h u t z o d e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t - sich die M e h r h e i t aller p o t e n t i e l l B e t e i l i g t e n im Falle d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h relevanter I n t e r a k t i o n e n

2 7 2 Siehe Calahresi/Melamed, 85 Harv. L. Rev. 1089, 1094ff. (1972): „For this to hold [das Coase-Theorem; Anm. d. Verf.], ,no transaction costs' must be understood extremely broadly as involving both perfect knowledge and the absence of any impediments or costs of negotiating... But no one makes an assumption of no transaction costs in practice." 273 Coase, 3 J.L. & Econ. 1,15 (1960) („a very unrealistic assumption"). 274 Siehe etwa Polinsky, Law and Economics, S. 12: „In general, transaction costs include the costs of identifying the parties with whom one has to bargain, the costs of getting together with them, the costs of the bargaining process itself, and the costs of enforcing any bargain reached." 275 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S.65f.; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 101 f. Das ursprünglich anti-interventionistisch angelegte Programm der ökonomischen Analyse bekommt damit eine „explizit interventionistische" Zielsetzung (Eidenmüller a.a.O., S. 67). 276 Ayres/Gertner, 99 Yale L.J. 87, 93 (1989). 2 7 7 Vergleiche Ayres/Gertner a.a.O., 92 f.

B. Privatautonomer

Datenschutz

179

e i n i g e n w ü r d e . 2 7 8 A l l g e m e i n gültige B e w e r t u n g s k r i t e r i e n lassen sich, wie o b e n d a r g e l e g t , im D a t e n s c h u t z r e c h t k a u m aufstellen - w e d e r a n h a n d der A r t der k o n k r e t v e r a r b e i t e t e n D a t e n n o c h a n h a n d der jeweils b e t r o f f e n e n P e r s o n e n . 2 7 9 E s s c h e i n t d a h e r k a u m m ö g l i c h , a l l g e m e i n - a b s t r a k t zu b e s t i m m e n , was die M e h r h e i t der T e i l n e h m e r a m I n f o r m a t i o n s m a r k t v o r z i e h e n w ü r d e - den S c h u t z i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g o d e r einen u n g e h i n d e r t e n A u s t a u s c h p e r s o n e n b e z o gener Informationen.280

cc) Transaktionskosten

und

Erstausstattung

K o m m t der A u s w e g einer a b s t r a k t n o r m a t i v e n F e s t s c h r e i b u n g h y p o t h e t i s c h e r M a r k t e r g e b n i s s e f ü r das D a t e n s c h u t z r e c h t s o m i t n i c h t in B e t r a c h t , muss das R e c h t auf andere W e i s e f ü r eine effiziente I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g s o r g e n . V e r g e g e n w ä r t i g t man sich n o c h m a l s den A u f g a b e n k a t a l o g , den die ö k o n o m i s c h e A n a lyse d e m R e c h t z u w e i s t , so sind drei g r u n d s ä t z l i c h e A u f g a b e n s c h r i t t e f e s t z u h a l t e n : 2 8 1 D a s R e c h t muss einen M a r k t f ü r R e c h t s p o s i t i o n e n zulassen. E s muss d u r c h e n t s p r e c h e n d e R e g e l u n g e n T r a n s a k t i o n e n auf d e m M a r k t erleichtern. U n d es m u s s d o r t , w o M a r k t t r a n s a k t i o n e n an p r o h i b i t i v h o h e n K o s t e n s c h e i t e r n , eine m a r k t m ä ß i g e L ö s u n g simulieren. D i e r e c h t l i c h e F e s t s c h r e i b u n g eines b e s t i m m ten h y p o t h e t i s c h e n V e r h a n d l u n g s e r g e b n i s s e s ist s o m i t also n u r der dritte, letzte S c h r i t t i m r e c h t s p o l i t i s c h e n P r o g r a m m der ö k o n o m i s c h e n A n a l y s e . 2 8 2 I n s b e s o n dere d a n n , w e n n dieser letzte S c h r i t t n i c h t p r a k t i k a b e l ist, k o m m t d e m v o r g e s c h a l t e t e n A u f g a b e n s c h r i t t , der A b s e n k u n g des T r a n s a k t i o n s k o s t e n n i v e a u s , z e n trale B e d e u t u n g z u . 2 8 3 F ü r das D a t e n s c h u t z r e c h t h e i ß t dies, dass sich die G e s t a l t u n g der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R a h m e n b e d i n g u n g e n in erster L i n i e darauf k o n z e n t r i e r e n m u s s , die H i n d e r n i s s e f ü r einen r e i b u n g s l o s e n A u s t a u s c h v o n I n f o r m a t i o n s r e c h t e n so w e i t w i e m ö g l i c h a b z u b a u e n . D a b e i ist u n e r h e b l i c h , dass in der P r a x i s die P r ä m i s s e des C o a s e - T h e o r e m s , die A b w e s e n h e i t j e g l i c h e r T r a n s a k t i o n s k o s t e n , niemals e r r e i c h t w e r d e n k a n n . Sinn u n d Z w e c k des C o a s e - T h e o r e m s ist es n i c h t , die R e a l i t ä t a b z u b i l d e n . 2 8 4 Sein W e r t liegt v i e l m e h r darin, dass es als D e n k m o d e l l auf einer a b s t r a k t e n E b e n e aufzeigt, u n t e r w e l c h e n (fiktiven) B e d i n -

2 7 8 Zur ökonomischen Analyse des Rechts als Gesetzgebungstheorie siehe Eidenmüller, AcP 197 (1997), 80 (93ff.). 2 7 9 Siehe oben B I 2 a aa. 2 8 0 Siehe auch Kang, 50 Stan. L. Rev. 1193, 1251 (1998). 281 Siehe Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 63 ff. 2 8 2 Siehe Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S.112 („Ultima ratio"). 2 8 3 Siehe Polinsky, Law and Economics, S. 13 („If there are positive transaction costs, the efficient outcome may not occur under every legal rule. In these circumstances, the preferred legal rule is the rule that minimizes the effects of transaction costs."). 284 Zur Funktion der ökonomischen Theorie grundsätzlich Posner, Economic Analysis, S. 17ff. („A theory that sought faithfully to reproduce the complexity of the empirical world in its assumptions would not be a theory - an explanation - but a description"; a.a.O., S. 18).

180

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

gungen es auf die B e s t i m m u n g der einen o d e r anderen E r s t a u s s t a t t u n g n i c h t ank o m m t , weil das E n d e r g e b n i s so o d e r so das gleiche sein w i r d . E i n e r E i n s c h r ä n k u n g bzw. K l a r s t e l l u n g b e d a r f das C o a s e - T h e o r e m j e d o c h in a n d e r e r H i n s i c h t . U n e r h e b l i c h k a n n der r e c h t l i c h e A u s g a n g s p u n k t a u c h u n t e r der G e l t u n g des C o a s e - T h e o r e m s n u r d a n n sein, w e n n nicht gerade die W a h l der E r s t a u s s t a t t u n g a u c h die H ö h e der T r a n s a k t i o n s k o s t e n beeinflusst. E r s t a u s s t a t t u n g u n d T r a n s a k t i o n s k o s t e n stehen j e d o c h n i c h t u n a b h ä n g i g

nebeneinander.

D e r B e r e i c h der privaten D a t e n v e r a r b e i t u n g ist ein Beispiel dafür, dass die W a h l der E r s t a u s s t a t t u n g i m G e g e n t e i l m a ß g e b l i c h auch die H ö h e der T r a n s a k t i o n s k o s t e n beeinflusst. N u r w e n n i m A u s g a n g s p u n k t d e m E i n z e l n e n ein R e c h t an „ s e i n e n " D a t e n z u g e s p r o c h e n w i r d , ist es ü b e r h a u p t realistisch, dass dieses R e c h t i m F o l g e n d e n d u r c h M a r k t t r a n s a k t i o n e n d o r t h i n gelangt, w o es gegebenenfalls h ö h e r b e w e r t e t wird. H e r r s c h t d e m g e g e n ü b e r im A u s g a n g s p u n k t das P r i n z i p der I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t , steht also der A l l g e m e i n h e i t ein R e c h t an s ä m t l i c h e n p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n zu, so ist die A u f h e b u n g u n d V e r s c h i e b u n g dieses R e c h t s hin z u m j e w e i l i g e n B e t r o f f e n e n a u f g r u n d p r o h i b i t i v h o h e r T r a n s a k t i o n s k o s t e n de f a c t o k a u m m e h r m ö g l i c h - u n d z w a r a u c h d a n n , w e n n der B e t r o f f e n e eine V e r t r a u l i c h k e i t seiner D a t e n u n g l e i c h h ö h e r e i n s c h ä t z t . B e r e i t s die S u c h e nach den richtigen T r a n s a k t i o n s p a r t n e r n b e d e u t e t für d e n B e t r o f f e n e n u n t e r den B e d i n g u n g e n m o d e r n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g eine erste u n ü b e r w i n d b a r e

Hürde.285

Egal o b C r e d i t R e p o r t i n g , A d r e s s h a n d e l o d e r U b i q u i t o u s C o m p u t i n g , meistens w e i ß der E i n z e l n e w e d e r „ w e r was w a n n u n d bei w e l c h e r G e l e g e n h e i t " ü b e r ihn w e i ß 2 8 6 n o c h wie dieses W i s s e n a u s g e w e r t e t u n d an D r i t t e ü b e r m i t t e l t wird. Selbst w e n n der E i n z e l n e im k o n k r e t e n Fall j e d o c h wissen sollte, an w e n er sich z u m „ R ü c k e r w e r b " w e l c h e r D a t e n w e n d e n m u s s , s c h e i n t ein e n t s p r e c h e n d e s A u s h a n d e l n mit den D a t e n v e r a r b e i t e r n n u r w e n i g realistisch. U n t e r n e h m e n haben im Zeitalter a l l g e m e i n e r G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n u n d standardisierter

Ge-

s c h ä f t s p r o z e s s e s c h o n aus K o s t e n - u n d Z e i t g r ü n d e n regelmäßig kein Interesse daran, d u r c h individualisierte V e r e i n b a r u n g e n auf individuelle D a t e n s c h u t z p r ä f e r e n z e n des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n e i n z u g e h e n . 2 8 7 A b e r auch aus S i c h t des B e t r o f f e n e n m a c h t es im F a l l e p r i n z i p i e l l e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t k a u m S i n n , sich u m einen R ü c k e r w e r b seiner D a t e n v o n e i n e m b e s t i m m t e n D a t e n v e r a r b e i t e r zu b e m ü h e n . Selbst w e n n sich ein D a t e n v e r a r b e i t e r im E i n z e l f a l l auf eine s o l c h e T r a n s -

285 Vergleiche Kang, 50 Stan. L. Rev. 1193, 1253 (1998). 2 8 6 BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung. 287 Siehe stellvertretend aus Unternehmenssicht MacDonald, Report from Citicorp Credit Services (keine Paginierung in der elektronischen Fassung): „It is true that privacy policies ... are not separately negotiated with each individual consumer. Most companies, even in a highly competitive market such as consumer financial services, must obtain and use certain data in relatively standard ways in order to provide the requested services efficiently, and it would be wholly impractical for such companies to collect and process data according to a large number of variable protocols, depending on variations in particular contractual arrangements reached with individual customers."

B. Privatautonomer

Datenschutz

181

aktion einlassen würde, wäre dem Einzelnen im Sinne von Datenschutz und Vertraulichkeit nur wenig geholfen, da im Zweifel eine unbestimmte Vielzahl anderer Datenverarbeiter seine Daten auch in Zukunft weiter verarbeiten, auswerten und an Dritte übermitteln werden. 288 Ist demgegenüber im Ausgangspunkt ein Recht des Einzelnen an seinen Daten festgeschrieben, werden die Transaktionskosten für eine marktmäßige Aufhebung und Verschiebung dieser Rechtsposition regelmäßig nicht ins Gewicht fallen. Datenverarbeiter haben, anders als der einzelne Betroffene in der umgekehrten Konstellation, nicht das Problem, den richtigen Vertragspartner ausfindig zu Daten verarbeiten möchten, müssen sie sich machen: Wenn sie personenbezogene eben an diejenige Person wenden, auf die sich die betreffenden Daten beziehen. Datenverarbeiter sehen sich regelmäßig auch keinen signifikanten (Kosten-) Problemen gegenüber, wenn sie mit den Betroffenen in Verhandlungen treten und diese zu einer datenschutzrechtlich relevanten Transaktion überreden wollen. 289 Als Unternehmer sind ohnehin sie es, die die vertraglichen Bedingungen ausgestalten und vorgeben. Die zusätzlichen Kosten für die Aufnahme einer Datenverarbeitungsklausel, die den Anforderungen des Datenschutzrechts genügt, sind vernachlässigbar. 290 Ist der Einzelne zögerlich, ob er eine Einwilligung zur Datenverarbeitung erteilen soll, steht Datenverarbeitern die breite Palette wirtschaftlicher Anreize offen, um den Betroffenen mittels Gewinnspiel, Vergünstigung oder kostenlosem Zusatzdienst doch noch zu einer Einwilligung zu bewegen. 291 Bewertet der Betroffene die Vertraulichkeit seiner persönlichen Daten geringer als der Datenverarbeiter deren Informationsgehalt, werden somit einer entsprechenden Datentransaktion regelmäßig keine prohibitiv hohen Transaktionskosten entgegenstehen. Die Informationen bzw. die Rechte an diesen gelangen dorthin, wo sie am höchsten bewertet werden.

288 Vergleiche Kang, 50 Stan. L. Rev. 1193, 1256 (1998); Murphy, 84 Geo. L.J. 2381, 2414 (1996): „In other words, if certain personal information is out in the information market, the value of privacy from any one merchant is reduced." 2 8 9 Die Rede ist hier nur von Transaktionskosten, also den Kosten für das Aushandeln und Ausführen von Verträgen, nicht aber von den „Kosten", die Datenverarbeiter evtl. für Kompensationszahlungen aufwenden müssen, weil sie nur so von den Betroffenen die Erlaubnis zur Datenverarbeitung erlangen können. Kompensationszahlungen sind aus ökonomischer Sicht irrelevant, da es sich insoweit lediglich um eine Einkommensumverteilung handelt: Was dem Datenverarbeiter genommen wird, erhält der Betroffene; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S.62.

Vergleiche Murphy, 84 Geo. L.J. 2381, 2413 (1996). In diesem Sinne auch Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 80: „Es bleibt den Stellen - ganz im Sinn der Marktwirtschaft - überlassen, für ihr Anliegen — unter Darlegung ihrer Datenschutzmaßnahmen - zu werben und die betroffene Person zu gewinnen, ihnen die Verarbeitung ihrer Daten zu erlauben oder gar mit ihnen vertraglich zu vereinbaren." 290 291

182

dd)

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

Ergebnis

W a s o b e n m i t B l i c k auf eine m ö g l i c h s t faire u n d t r a n s p a r e n t e D a t e n v e r a r b e i t u n g g e f o r d e r t w o r d e n ist, wird z u s ä t z l i c h d u r c h eine e f f i z i e n z o r i e n t i e r t e , ö k o n o m i sche H e r a n g e h e n s w e i s e an das D a t e n s c h u t z r e c h t bestätigt: E i n D a t e n s c h u t z r e gime, das auf der M a x i m e eines p r i v a t a u t o n o m e n I n t e r e s s e n a u s g l e i c h s b e r u h t , f u n k t i o n i e r t n u r dann, w e n n i m A u s g a n g s p u n k t der E i n z e l n e ein R e c h t an seinen D a t e n hat. W o b e i a u c h aus S i c h t der ö k o n o m i s c h e n A n a l y s e d e m d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n A u s g a n g s p u n k t eines individuellen S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s

kein

A u s s c h l i e ß l i c h k e i t s a n s p r u c h z u k o m m t . S o ist eine a b w e i c h e n d e E r s t a u s s t a t t u n g e t w a im F a l l e eindeutiger N e g a t i v m e r k m a l e g e b o t e n , da hier die G e h e i m h a l t u n g s i n t e r e s s e n der B e t r o f f e n e n eine e f f i z i e n t e U m v e r t e i l u n g dieser D a t e n de f a c t o a u s s c h l i e ß e n w e r d e n . 2 9 2 A u c h in F ä l l e n alltäglicher, standardisierter D a t e n v e r a r b e i t u n g s p r o z e s s e , m i t d e n e n keinerlei I n t e r e s s e n k o n f l i k t e e i n h e r g e h e n , liegt es nahe, v o n der I d e e des C o a s e - T h e o r e m s A b s t a n d zu n e h m e n . Statt die M a r k t t e i l n e h m e r bei j e d e r E i n z e l t r a n s a k t i o n m i t d e n K o s t e n u n d M ü h e n e n t s p r e c h e n der V e r e i n b a r u n g e n zu belasten, sollte die S e t z u n g e f f i z i e n t e r R e c h t s r e g e l n von A n f a n g an d e m G e s e t z g e b e r ü b e r a n t w o r t e t w e r d e n . 2 9 3 F e s t z u h a l t e n b l e i b t jed o c h , dass sich u n g e a c h t e t dieser u n d ä h n l i c h e r E i n s c h r ä n k u n g e n an der G r u n d e r k e n n t n i s n i c h t s ändert: dass T r a n s a k t i o n s k o s t e n im Falle a n f ä n g l i c h e r I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t p r o h i b i t i v h o c h w ä r e n u n d d a h e r eine V e r s c h i e b u n g v o n R e c h t e n / R e s s o u r c e n an den O r t i h r e r e f f i z i e n t e s t e n V e r w e n d u n g v o n v o r n h e r e i n u n m ö g lich m a c h e n w ü r d e n ; dass h i n g e g e n bei e i n e m a n f ä n g l i c h e n R e c h t an den eigenen D a t e n die H ö h e der T r a n s a k t i o n s k o s t e n u n g l e i c h niedriger ausfällt o d e r sogar v e r n a c h l ä s s i g e n s w e r t ist u n d d a m i t eine e f f i z i e n t e I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g e r h e b lich w a h r s c h e i n l i c h e r u n d l e i c h t e r zu e r r e i c h e n ist. M a n muss I d e e u n d A n l i e g e n der ö k o n o m i s c h e n A n a l y s e des R e c h t s n i c h t teilen. A u c h hier soll ihr k e i n e tragende R o l l e z u k o m m e n . S e l b s t w e n n die ö k o n o m i s c h e A n a l y s e n i c h t e r w ä h n t w o r d e n wäre, w ü r d e sich mit B l i c k auf die v o r a n gegangenen A u s f ü h r u n g e n a m A u s g a n g s p u n k t eines individuellen S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s n i c h t s ä n d e r n . I n t e r e s s a n t ist es g l e i c h w o h l , dass der ö k o n o m i s c h e A n s a t z u n d obiger, d a t e n s c h u t z f r e u n d l i c h geprägter A n s a t z j e w e i l s z u m gleichen E r g e b n i s f ü h r e n : zu e i n e m R e c h t des E i n z e l n e n an seinen D a t e n . I n t e r e s s a n t ist dies v o r allem d e s h a l b , weil ein A n s a t z , der M a r k t f u n k t i o n a l i t ä t u n d E f f i z i e n z m a x i m i e r u n g in d e n M i t t e l p u n k t stellt, k a u m in den V e r d a c h t gerät, ideelle B e f i n d lichkeiten ü b e r z u b e w e r t e n u n d einseitig v e r b r a u c h e r s c h ü t z e n d zu sein. V i e l l e i c h t v e r m a g daher a u s g e r e c h n e t die ö k o n o m i s c h e A n a l y s e zu einer gewissen A n n ä h e Siehe etwa die Datenverarbeitung durch Warn- und Hinweisdienste (oben B II 2). Zur „Entlastungsfunktion" des dispositiven Rechts aus Sicht der ökonomischen Analyse Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 64: „Das Recht kann aber auch dadurch zur Transaktionskostenminimierung beitragen, dass es dispositive Normen bereitstellt, die es den Parteien ersparen, jedes Detailproblem zum Gegenstand einer vertraglichen Regelung machen zu müssen." 292

293

B. Privatautonomer

Datenschutz

183

rung z w i s c h e n zwei e n t g e g e n g e s e t z t e n S t a n d p u n k t e n b e i t r a g e n : F ü r die V e r f e c h ter eines freien I n f o r m a t i o n s f l u s s e s b e d e u t e t sie eine i d e o l o g i s c h u n v e r d ä c h t i g e R e c h t f e r t i g u n g eines u m f a s s e n d e n i n f o r m a t i o n e l l e n

Selbstbestimmungsrechts.

U n d für ü b e r z e u g t e D a t e n s c h ü t z e r mag die ö k o n o m i s c h e R e c h t f e r t i g u n g eines i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s A n l a s s sein, die prinzipiell a b l e h n e n de Haltung gegenüber einem marktorientierten Datenschutzansatz

abzulegen

u n d a n z u e r k e n n e n , dass selbst die v i e l g e s c h o l t e n e K o m m e r z i a l i s i e r u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n eine w i c h t i g e F u n k t i o n als M e s s - u n d G e s t a l t u n g s i n s t r u m e n t ü b e r n e h m e n k a n n . I n d e m D a t e n „zu G e l d g e m a c h t " w e r d e n , b e k o m m t ihr j e w e i l i g e r W e r t für B e t r o f f e n e u n d D a t e n v e r a r b e i t e r eine k o n k r e t b e z i f f e r b a r e G r ö ß e . D i e s e G r ö ß e n w i e d e r u m k ö n n e n u n t e r den M a r k t t e i l n e h m e r n v e r g l i c h e n u n d die D a t e n e n t s p r e c h e n d d e m j e n i g e n z u g e o r d n e t w e r d e n , der sie a m h ö c h s t e n b e m i s s t . D i e K o m m e r z i a l i s i e r u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n s o r g t d a m i t f ü r eine e b e n s o effiziente w i e d i f f e r e n z i e r t e I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g . Sie schafft f ü r D a t e n v e r a r b e i t e r n i c h t n u r die M ö g l i c h k e i t , s o n d e r n a u c h den A n r e i z , ihre A n g e b o t e nach mehr und weniger datenschutzfreundlichen Alternativen aufzufächern, und e r ö f f n e t s o u m g e k e h r t auch d e m B e t r o f f e n e n die M ö g l i c h k e i t , sich dasjenige A n g e b o t a u s z u w ä h l e n , w e l c h e s seinen p e r s ö n l i c h e n D a t e n s c h u t z p r ä f e r e n z e n

am

ehesten e n t s p r i c h t .

III. Der Einwand der Kommerzialisierung U n g e a c h t e t der gerade a n g e d e u t e t e n C h a n c e n einer w i r t s c h a f t l i c h e n H e r a n g e h e n s w e i s e an das D a t e n s c h u t z r e c h t w i r d einer K o m m e r z i a l i s i e r u n g i n f o r m a t i o neller S e l b s t b e s t i m m u n g in der g e g e n w ä r t i g e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n D i s k u s s i o n ü b e r w i e g e n d kritisch b e g e g n e t . D a b e i gehen die B e f ü r c h t u n g e n n i c h t n u r dahin, dass sich der E i n z e l n e selbst zu e i n e m W i r t s c h a f t s o b j e k t degradiert u n d damit seine W ü r d e und P e r s ö n l i c h k e i t aufgibt. Sie gehen d a r ü b e r hinaus auch dahin, dass m i t dieser individuellen S e l b s t a u f g a b e die A u f l ö s u n g einer k o m m u n i k a tiven und s t r e i t b a r e n d e m o k r a t i s c h e n G e s e l l s c h a f t im G a n z e n v e r b u n d e n ist, weil j e d e r n u r n o c h damit b e s c h ä f t i g t ist, sich m ö g l i c h s t m a r k t - u n d m a r k e t i n g k o n f o r m zu verhalten. E n t s p r e c h e n d s k e p t i s c h wird a u c h der A n s a t z eines privataut o n o m e n D a t e n s c h u t z e s ü b e r h a u p t b e t r a c h t e t . Stets sei zu b e f ü r c h t e n , dass der E i n z e l n e bei der A u s ü b u n g seiner F r e i h e i t n i c h t die g e b o t e n e S e l b s t b e s c h r ä n k u n g w a h r t , s o n d e r n sich d u r c h w i r t s c h a f t l i c h e A n r e i z e zu einer i m m e r n o c h w e i t e r g e h e n d e n E i n w i l l i g u n g in die V e r a r b e i t u n g seiner p e r s o n e n b e z o g e n e n D a ten a n i m i e r e n lässt. 2 9 4

294 Siehe vor allem Simitis in ders., BDSG, § 4 a Rdn. 11: „Mit der gezielt eingeleiteten und konsequent verfolgten Kommerzialisierung der Einwilligung büßt das Einverständnis der Betroffenen seine ursprüngliche Funktion ein. Statt die informationelle Selbstbestimmung zu garantieren, dient es mehr und mehr dazu, sie zu unterminieren"; siehe auch ders., DuD 2000, 714 (721):

184 1. Verdinglichung

2. Teil: Datenschutzrecht

oder

als

Privatrecht

Selbstbestimmung?

Der Begriff der Kommerzialisierung ist in der datenschutzrechtlichen Diskussion überwiegend negativ besetzt: „Kommerzialisierung" soll implizieren, dass informationelle Selbstbestimmung ein an sich ideeller Wert ist, der aber wirtschaftlichen Interessen untergeordnet oder, noch kritischer formuliert, dem Gewinnstreben dienstbar gemacht wird. Ist daher im Datenschutzrecht von „Kommerzialisierung" die Rede, ist dies zugleich mit einer ablehnenden Haltung gegenüber dieser Kommerzialisierung verbunden - was wiederum die Richtung in Argumentation und Ergebnis der entsprechenden Ausführungen vorgibt. Eine Datenverarbeitung ist „umso mehr" unzulässig, wenn die Datenverarbeitung lediglich „zur Befriedigung kommerzieller Interessen" betrieben wird. 295 Kommerzialisierung führt zur „Kommodifizierung des Einzelnen" und lässt die informationelle Selbstbestimmung zu einem bloßen Verwertungsrecht mutieren. 296 Dabei ist das Misstrauen gegenüber einer wirtschaftlichen Durchdringung des Alltags keineswegs nur Ausdruck einer übersteigerten Sensibilität im Datenschutzrecht. Vorbehalte finden sich in fast allen Bereichen der gesellschaftlichen Diskussion und haben erst vor kurzem mit der Wahl des Begriffs Humankapital zum U n w o r t des Jahres 2004 einen prominenten Ausdruck gefunden. Für seine Kritiker symbolisiert der Begriff all die Erscheinungen, die eine unerwünschte Kommerzialisierung ausmachen: die Interpretation menschlichen Lebens nach wirtschaftlichen Kategorien, die Degradierung des Menschen zu einer nur noch ökonomisch interessanten Größe und die umfassende Verdinglichung und Verwirtschaftlichung des Menschen - alles Kritikpunkte, die sich so oder so ähnlich auch in der datenschutzrechtlichen Diskussion finden lassen. Zwingend ist eine ausschließlich negative Bewertung der wirtschaftlichen Verwertung personenbezogener Daten gleichwohl nicht. Datenschutz fußt auf der Idee informationeller Selbstbestimmung und grundsätzlich ist auch die freiwillige Einbringung personenbezogener Daten in Marktprozesse und die damit verbundene Möglichkeit zur Wahrnehmung wirtschaftlicher Chancen ein solcher Ausdruck autonomer Selbstbestimmung. 297 Mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Schutz freier Persönlichkeitsentfaltung wäre es nicht vereinbar, würde der Staat verbindlich definieren, welche Formen der Persönlichkeitsentfaltung erlaubt sind und welche nicht. 298 Sicherlich kann auch die Idee individueller Selbstbestim„Die fortschreitende Vermarktung personenbezogener Daten akzentuiert die Ambivalenz der Einwilligung noch deutlicher. Die verarbeitenden Stellen haben sehr schnell erkannt, dass sich ihr Ziel, die Daten zu verwerten, auf eine d e n k b a r einfache Weise erreichen lässt. Mehr als die Betroffenen u m ihr Einverständnis zu bitten, braucht man nicht zu tun. U n d w o sie sich sträuben sollten, helfen Werbegeschenke und erst recht ein Entgelt weiter." 295 Gola/Schomerus, B D S G , §29 Rn.15; ähnlich Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 51; Wittig, R D V 2000, 59 (61). 296 Simitis, N J W 1998, 2473 (2477). 297 Kilian, C R 2002, 921 (928). 298 Siehe Murswiek in Sachs, G G , Art. 2 R d n . 49: „Geht es u m die Entfaltung des Individuums,

B. Privatautonomer

Datenschutz

185

mung nicht uneingeschränkte Geltung beanspruchen. So mag man etwa überlegen, inwieweit individueller Freiheit dort Schranken zu setzen sind, wo durch eine hemmungslose Kommerzialisierung auch die Belange Dritter oder der Gesellschaft als ganzer betroffen sind. 299 Eingreifen muss der Gesetzgeber auch dort, wo der Einzelne de facto überhaupt nicht selbstbestimmt handelt bzw. handeln kann, weil er seine Entscheidung nicht freiwillig, nicht bewusst oder nicht ausreichend informiert trifft. Wobei auch in diesen Fällen das primäre gesetzgeberische Anliegen nicht sein sollte, anstelle des Betroffenen zu entscheiden, sondern durch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass der Einzelne auch tatsächlich freiwillig, bewusst und informiert entscheiden kann. 300 Ein pauschaler Vorbehalt gegenüber einer wirtschaftlichen Verwertung personenbezogener Daten ist mit diesen Einschränkungen jedenfalls nicht verbunden. Und selbst aus Sicht der Datenschutzbehörden ist eine wirtschaftliche Einordnung informationeller Selbstbestimmung nicht per se abzulehnen. Im Gegenteil wird ihr zumindest dort eine Bedeutung zugestanden, wo mit ihr auch eine effektivere Einbindung des Betroffenen in das O b und Wie der Datenverarbeitung und damit eine Stärkung dessen informationeller Selbstbestimmung einhergeht. 301 2. Die Rolle des Rechts Die Diskussion um die Kommerzialisierung informationeller Selbstbestimmung ist in erster Linie eine Diskussion über das Verhältnis von Recht und Wirklichkeit. Sie dreht sich um die „Grundfrage" 3 0 2 , inwieweit Recht und Wirklichkeit aufeinander Einfluss nehmen sollen. Inwieweit ist es die Aufgabe des Rechts, auf gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren, auf diese Einfluss zu nehmen und diese zu fördern bzw. umgekehrt diesen entgegenzuwirken? Die wirtschaftliche Verwertung personenbezogener Daten ist ein Faktum. Es existiert ein Markt für personenbezogene Informationen. Personenbezogene Informationen sind ein Gut, dem die Marktteilnehmer einen bestimmten Geldwert beimessen und das sie möglichst gewinnbringend und effektiv verwerten wollen. Ist es in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, dieser faktischen

dann wird man dieses nicht auf genormte Persönlichkeitsmuster - etwa bildungsbürgerlicher Provenienz - verpflichten können, sondern ihm die Selbstbestimmung über das zur eigenen Selbstverwirklichung Relevante überlassen müssen." 299 Siehe dazu unten B III 4, 5. 300 A u c h die Forderungen von Simitis D u D 2000, 714 (721 f.) gehen trotz aller Vorbehalte gegenüber der Einwilligung - zumindest teils - in diese Richtung; ihm folgend Holznagel/Sonntag in Roßnagel, H a n d b u c h Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn. 102. 301 Siehe etwa BfD, 19. TB (2001-2002), S.71 (zu den Vorteilen des Permission Marketings); siehe vor allem auch Weichen, N J W 2001,1463, der statt des vorbelasteten Begriffs der K o m m e r zialisierung im Ausgangspunkt wertneutral von einer „ Ö k o n o m i s i e r u n g " des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung spricht; ders., D u D 2001,264 (265) („Plädoyer für ein marktgängiges B D S G " ) . 302

Schack, J Z 2000, 1060 (1062).

186

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

Ökonomisierung informationeller Selbstbestimmung einen funktionierenden rechtlichen Rahmen zur Verfügung zu stellen? Soll sich seine Steuerungsfunktion darauf konzentrieren, durch gewisse prozedurale Spielregeln ein Mindestmaß an Gleichgewicht zwischen den Marktteilnehmern zu gewährleisten? Oder soll sich der Gesetzgeber auch zur Aufgabe machen, ethische Maßstäbe zu setzen und diese gegebenenfalls auch gegen die tatsächlichen Begehrlichkeiten des Marktes durchzusetzen ? 303 Für das amerikanische Recht mit seiner pragmatischen Grundeinstellung liegt es nahe, aktuellen Bedürfnissen und Tendenzen des Marktes breiten Raum zu lassen und diese nicht durch regulative Maßnahmen einzuschränken. 304 Je stärker das Effizienzdenken im Vordergrund steht, desto weniger orientiert sich die Rechtsgestaltung an absoluten Werten und desto mehr ist entscheidend, inwieweit der Markt einem bestimmten Rechtsgut einen bestimmten Wert beimisst. Wie weit eine solche konsequent durchgehaltene Monetarisierung aller Rechtsund Sozialbeziehungen gehen kann, zeigen die Beispiele aus der Economic Analysis of Law. Wenn nur noch in Marktkategorien gedacht wird, werden selbst Babys, die menschliche Sexualität oder das Familienleben zu marktgängigen „property rights". 3 0 5 So fragwürdig ein solches wertblindes Verständnis bar jeder absoluten Maßstäbe ist, so wenig gerechtfertigt wäre es andererseits jedoch auch, der Rechtsgestaltung verklärte Vorstellungen von einer Gesellschaft nichtkäuflicher Ehrenmänner zugrunde zu legen. Der enge Bezug zum Schutz der persönlichen Ehre, in dem die Anerkennung und Entwicklung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts im deutschen Recht über lange Zeit hinweg stand, darf nicht dazu führen, dass auch heute noch die Diskussion um Persönlichkeitsschutz und Selbstbestimmung vom äußeren Schein und überholten Vorstellungen der bürgerlichen Ehre bestimmt wird. 306 Gesetze können sich einem grundlegenden Wandel moralischer Standards nicht auf Dauer entgegenstellen. Die Diskrepanz zwischen den tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten einerseits und

Siehe vor allem Schuck, ]Z 2000, 1060 (1062). Siehe Peifer, Individualität, S. 249. 3 0 5 Profilierteste Vertreter eines solchen konsequenten ökonomischen Ansatzes sind Richard A. Posner und Gary A. Becker, siehe etwa Richard A. Posner, Sex and Reason (1992); Gary A. Becker, A Treatise on the Family (1991); Landes!Posner, The Economics of the Baby Shortage, 7 J. Legal Stud. 323 (1978); Posner, The Regulation of the Market in Adoptions, 67 Boston U.L. Rev. 59 (1987). 306 Bull, Datenschutz, S.80; zur „Scheu" vor der Kommerzialisierung des Persönlichkeitsschutzes im 19. Jahrhundert siehe Hoppe, Persönlichkeitsschutz, S. 52f. Weitgehend verständnislos steht die amerikanische Literatur dem europäischen und insbesondere auch dem deutschen Ehrkonzept gegenüber; siehe etwa Whitman, 109 Yale L.J., 1279, 1283 (2000): „It is the German and French legal cultures of honor that present the mystery that is my principal topic in this Article: How did it come to pass that honor, a concept regarded by most Americans as almost laughable, has survived in the large industrial democracies of Continental Europe?". 303

304

B. Privatautonomer

Datenschutz

187

den rechtlichen Rahmenbedingungen andererseits darf nicht so groß sein, dass das Recht Gefahr läuft, sich seiner Legitimation und Autorität zu begeben. 307 Die eigentliche Frage ist daher nicht, ob eine Rechtsordnung überhaupt gesellschaftlichen und ökonomischen Wertentscheidungen Rechnung tragen soll oder nicht. 3 0 8 Auch der B G H hat in der seit Jahren anhaltenden Diskussion um die Kommerzialisierung des Persönlichkeitsrechts zur Rolle des Rechts unmissverständlich klargestellt, dass die Rechtsordnung kein starres System bildet, an dem sich die Wirklichkeit zu orientieren habe. Dem Recht komme auch eine dienende Funktion zu, es müsse auch für neue Formen der Vermarktung einen Ordnungsrahmen bieten, um damit den Interessen der Vermarkter und derjenigen entgegenzukommen, die eine solche Vermarktung ihrer Person gestatten möchten. 3 0 9 Die Frage ist daher vielmehr die, wie weit eine solche „pragmatische" Vorgehensweise gehen darf. Und auch hierauf hat der B G H in seiner Marlene Dietrich-Entscheidung eine klare Antwort gegeben: Entgegentreten müsse die Rechtsordnung den Forderungen, die sich aus einer fortschreitenden Kommerzialisierung des Persönlichkeitsrechts ergeben, dort, „wo höherrangige rechtliche oder ethische Prinzipien dies gebieten"Die bisherige Diskussion um die Kommerzialisierung persönlichkeitsrechtlicher Elemente greift daher zu kurz, wenn sie sich allein auf die Frage „Wer hat Wem zu folgen?" - das Recht dem Markt oder der Markt dem Recht - konzentriert. Wenn sich Gegner und Befürworter einer Kommerzialisierung unversöhnlich gegenüberstehen, geht es der Sache nach nicht um diese Frage, sondern darum, ob die wirtschaftliche Verwertung von Persönlichkeitsbestandteilen irgendwelche höherrangigen rechtlichen oder ethischen Prinzipien gefährden könnte. Es reicht daher auch nicht aus, wenn Befürworter einer Kommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten auf die Faktizität der Marktverhältnisse verweisen und allein damit die Notwendigkeit einer Anpassung der Rechtsordnung begründen. 311 Ebenso wenig ist es andererseits ausreichend, 3 0 7 Siehe auch Ohly, Einwilligung, S. 431: „Die Erziehung zu einem tugendhaften Leben ist nicht Aufgabe des Privatrechts." 3 0 8 Siehe auch die durchaus pragmatische Perspektive von Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 221: „Für in einer äußeren Form fixierte und dadurch umlauffähig gewordene geistige Werte wurde das Immaterialgüterrecht geschaffen. Alle übrigen durch die Person realisierten Werte oder ihr durch die Natur verliehenen Güter müssen, wenigstens so lange, bis eine künftige Entwicklung sie marktfähig macht, mit der Persönlichkeit selbst identifiziert werden" (Hervorhebung durch d. Verf.). 3 0 9 B G H Z 143, 214 (225) - Marlene Dietrich. 3 1 0 B G H a.a.O.; ebenso schon Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 66. 311 Wie etwa Ulimann, AfP 1999, 209 oder Wandtke, G R U R 2000, 943, 947. Siehe auch Ahrens, Verwertung persönlichkeitsrechtlicher Positionen, S. 38 (Recht hat den Fakten Rechnung zu tragen); Amelung, Schutz der Privatheit, S. 186 Fn. 144 („Andererseits dürfte es der Rechtsordnung schwer fallen, einer faktischen Kommerzialisierung einzelner Persönlichkeitsgüter entgegenzuwirken."); Freitag, Kommerzialisierung, S. 165 („Angesichts der tatsächlichen Vermarktungssituation ist es an der Zeit, die Persönlichkeitssplitter Darbietung, Bildnis und Namen ... wirtschaftlich so auszugestalten, dass deren Rechtsträger über sie verfügen und dem Erwerber eigene (Nutzungs-)Rechte zuwenden kann").

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2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

w e n n eine Anpassung der Rechtsordnung an die wirtschaftlichen Gegebenheiten nur deshalb abgelehnt w i r d , weil dies einer unerwünschten „Markthörigkeit" des Rechts gleichkomme. 3 1 2 Die eigentlich maßgebliche Frage geht vielmehr dahin, ob die Kommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten irgendwelche höherrangigen rechtlichen oder ethischen Werte gefährden könnte oder nicht.

3. Kommerzialisierung

und

Individualität

Als solch ein höherrangiger Wert, der durch die wirtschaftliche Q u a l i f i z i e r u n g von Persönlichkeitsrechten gefährdet sein könnte, k o m m t zunächst die Individualität des Einzelnen in Betracht. Vor allem Peifer hat in seiner 2001 erschienenen Habilitationsschrift zur Individualität im Zivilrecht umfassend herausgearbeitet, wie aus seiner Sicht die Kommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten grundsätzlich eine individualitätsgefährdende W i r k u n g in sich trägt. 3 1 3

a) Marktgängigkeit

statt

Individualität?

N a c h Ansicht Peifers führt die Vermarktung von Persönlichkeitsrechten dazu, dass der Einzelne nicht mehr seine Eigenart verwirklicht, sondern stattdessen nur noch bestrebt ist, seine persönliche Besonderheit in ein marktgängiges P r o d u k t image u m z u w a n d e l n . Die Einstellung der Person zu ihrem Eigensein ändere sich, sie w e r d e dazu angereizt, marktgerecht zu sein. 314 „Ich bin so, wie ihr mich w ü n s c h t " ist die M a x i m e dieses so genannten Marketing-Charakters. 3 1 5 Das marktfähig und m a r k t g ä n g i g gestaltete Star-Image übernimmt die Kontrolle über die Individualität, statt dass eine eigene, authentische Individualität herangebildet w i r d , die sich bewusst gegen den modischen Zeittrend richtet. 3 1 6 Diese und ähnliche Bedenken gegenüber einer „Vermarktlichung" der Gesellschaft haben d u r c h aus konkrete aktuelle Anlässe: 3 1 7 Sendungen w i e „Deutschland sucht den Superstar" und „Popstars" produzieren Selbstdarsteller, deren Verhaltensmaxime tatsächlich allein vom Ziel erfolgreicher Selbstvermarktung und öffentlicher A n erkennung bestimmt ist und die genau das Verhaltensmuster an den Tag legen, welches F r o m m als „ M a r k e t i n g - O r i e n t i e r u n g " bezeichnet hat. 3 1 8 Allerdings ist 3 , 2 Siehe vor allem Schuck, AcP 195 (1995), 594; ders., JZ 2000, 1060 (1062): „Aufgabe der Rechtsprechung ist es, die Wertentscheidungen der Verfassung ... zur Geltung zu bringen, nicht aber der Merchandising-Industrie durch Schaffung neuer Immaterialgüterrechte einen optimalen Ordnungsrahmen zu eröffnen." 313 Peifer, Individualität, passim. 314 Peifer, Individualität, S.292f.; im selben Sinne Simitis, Ungewisse Zukunft des Datenschutzes, S. 315. 315 Fromm, Psychoanalyse, S. 50. 316 In diesem Sinne Peifer a.a.O., S.292ff.; siehe auch ders., G R U R 2002, 495 (498f.): „Wer in Prominenz investiert, um eine wertvolle übertragbare Ressource zu erhalten, muss seine persönlichen Attribute marktgängig, also nachfrageorientiert ausbilden." 317 Vgl. Neckel in KulturSPIEGEL 2/2004 v. 26.1. 2004 („Warum es so einfach ist, ein Superstar zu werden"). 318 Fromm, Psychoanalyse, S. 50.

B. Privatautonomer

Datenschutz

189

auch zu fragen, o b derlei „ S u p e r s t a r s " u n d „ P o p s t a r s " o h n e diese - o h n e h i n n u r t e m p o r ä r e - V e r m a r k t u n g in i h r e m „ n o r m a l e n " , v e r m a r k t u n g s f r e i e n L e b e n m e h r E i g e n a r t u n d Individualität e n t w i c k e l n w ü r d e n . 3 1 9 I h r b e s o n d e r e s C h a r a k t e r i s t i k u m ist gerade der U m s t a n d , dass sie d e n D u r c h s c h n i t t u n s e r e r G e s e l l s c h a f t a b b i l d e n , dass sie dieser D u r c h s c h n i t t l i c h k e i t f ü r eine gewisse Z e i t entfliehen w o l l e n u n d d a n a c h w i e d e r m e h r o d e r w e n i g e r unfreiwillig in das d u r c h s c h n i t t l i c h e L e ben zurückkehren. O h n e h i n hat Peifer aber n i c h t diese e p h e m e r e n „ S t a r s " , s o n d e r n die tatsächlic h e n B e r ü h m t h e i t e n v o r A u g e n , die A d e l i g e n u n d Schauspieler, die S p o r t l e r u n d P o p s t a r s . W o b e i hier erst r e c h t z w e i f e l h a f t ist, o b m i t der Ü b e r n a h m e eines gew ü n s c h t e n W e r b e - I m a g e s tatsächlich a u c h der Verlust p e r s ö n l i c h e r Individualität v e r b u n d e n sein muss. E s m a g z w a r d u r c h a u s sein, dass der f ü r M e r c e d e s w e r b e n d e S p o r t l e r k e i n e n B M W f a h r e n s o l l t e . 3 2 0 D a r i n aber bereits die ersten kleinen S c h r i t t e hin zu einer K o n t r o l l e der Individualität d u r c h das gestaltete I m a g e zu seh e n , geht s e h r w e i t . 3 2 1 E i n W e r b e t r ä g e r k a n n a u c h dann n o c h eine eigene P e r s ö n lichkeit e n t w i c k e l n , w e n n er zu gewissen S o l i d a r i t ä t s p f l i c h t e n g e g e n ü b e r s e i n e m V e r t r a g s p a r t n e r v e r p f l i c h t e t ist - e b e n s o w i e e t w a a u c h ein A r b e i t n e h m e r seine Individualität u n a b h ä n g i g d a v o n b e h ä l t , o b er w ä h r e n d des A r b e i t s v e r h ä l t n i s s e s e i n e m K o n k u r r e n z v e r b o t unterliegt u n d andere T r e u e p f l i c h t e n zu erfüllen h a t . 3 2 2 A b g e s e h e n d a v o n b e s t e h t o h n e h i n kein A n l a s s , die A t t r a k t i v i t ä t eines ö f f e n t l i c h e n I m a g e s mit d e m Verlust an individueller E i g e n a r t g l e i c h z u s e t z e n . B e t r a c h t e t m a n die L i s t e der P r o m i n e n t e n , die für Z w e c k e der W e r b u n g u n d der B e r i c h t e r stattung interessant u n d d a m i t in d i e s e m S i n n e „ m a r k t g ä n g i g " sind, fällt es schwer, hier irgendeine F o r m v o n D u r c h s c h n i t t l i c h k e i t o d e r K o n f o r m i t ä t zu f i n den. W a s auch n i c h t w e i t e r v e r w u n d e r l i c h ist, da aus M a r k e t i n g s i c h t e b e n n i c h t das D u r c h s c h n i t t l i c h e , s o n d e r n das A u ß e r g e w ö h n l i c h e interessant ist. N i c h t die graue M a u s , s o n d e r n der schillernde Paradiesvogel garantiert den a n g e s t r e b t e n Aufmerksamkeitseffekt. E b e n s o w e n i g wie bei der V e r m a r k t u n g v o n N a m e n u n d B i l d n i s s e n b e k a n n t e r P e r s ö n l i c h k e i t e n k a n n a b e r auch bei der alltäglichen V e r m a r k t u n g p e r s o n e n b e z o gener D a t e n a u t o m a t i s c h v o n e i n e m u n i f o r m i e r e n d e n D r u c k o d e r v o n einer gezielten E i n e b n u n g individueller U n t e r s c h i e d e ausgegangen w e r d e n . I m G e g e n t e i l geht der T r e n d in der heutigen W i r t s c h a f t in R i c h t u n g Individualisierung. D a s S y s t e m der f l e x i b l e n P r o d u k t i o n löst in der W i r t s c h a f t z u n e h m e n d das S y s t e m 3 , 9 Nach der Sclbsteinschätzung der Teilnehmer kann davon offensichtlich nicht ausgegangen werden; siehe etwa die Ankündigung einer Kandidatin aus der zweiten „Superstar"-Staffel: Sie werde entweder berühmt oder lande in der Gosse (KulturSPIEGEL 2/2004 v. 26.1. 2004 - „Warum es so einfach ist, ein Superstar zu werden"). 3 2 0 Beispiel bei Peifer a.a.O., S.293. 321 Siehe aber Peifer a.a.O. 3 2 2 Siehe etwa die Treuepflichten in Tendenzbetrieben, die es dem Arbeitnehmer auch außerdienstlich untersagen, sich etwa durch Meinungsäußerungen in Gegensatz zur Tendenz des Unternehmens zu stellen; Link in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, §53 Rdn. 9.

2. Teil: Datenschutzrecht

190

als

Privatrecht

der Massenproduktion ab. Die Produktion soll so flexibel gestaltet werden, dass im Idealfall nur noch solche Waren produziert werden, für die von Anfang an auch ein Abnehmer existiert. 323 Ziel modernen Marketings ist es also gerade, jeden Einzelnen in seiner jeweiligen Eigenart zu erfassen. Unternehmen sind nicht deshalb am Erwerb und Handel mit personenbezogenen Daten interessiert, weil sie ihre Kundschaft nivellieren wollen. Vielmehr soll der Kunde an ein Unternehmen gebunden werden, indem er als Einzelperson angesprochen und seinen individuellen Vorlieben entsprechend behandelt wird. Das Wissen um Kundenpräferenzen steuert nicht den Kunden selbst, 324 sondern die an diesen gerichtete Werbung. Für den Verbraucher besteht unter diesem Blickwinkel von vornherein kein Anlass, sich bei einer Präsentation nach außen hin an irgendwelchen vorgegebenen Kategorien zu orientieren. Es sind vielmehr seine Wünsche und Vorlieben, die das Handeln der Unternehmen beeinflussen. Dementsprechend bedingt auch ein eventuelles Zu-Markte-Tragen personenbezogener Daten durch den Verbraucher nicht dessen Verwandlung in einen „marktgängigen" Verbraucher. b) Konformitätsdruck

als willkommener

Nebeneffekt?

Zu einer gewissen Konformität als (durchaus willkommener) Nebeneffekt kommerzieller Datenverwertung kommt es allerdings in anderer Hinsicht. Eine Kommerzialisierung personenbezogener Daten beschränkt sich nicht auf den Marketingbereich. Eine weitere Form der wirtschaftlichen Verwertung von Daten ist auch darin zu sehen, dass die Qualität der Daten über das O b und Wie einer wirtschaftlichen Transaktion entscheiden kann. Ein Kreditnehmer mit guter Bonität bekommt einen günstigen Kredit, ein Kreditnehmer mit zweifelhafter Bonität bekommt überhaupt keinen Kredit oder wenn, dann nur einen solchen zu ungünstigeren Konditionen. Diese und ähnliche Formen einer Entlohnung guter Daten führen zu zweierlei: Sie setzen einen wirtschaftlichen Anreiz zur Offenlegung günstiger Daten; und sie üben einen gewissen Anpassungsdruck dahingehend aus, dass sich Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr stets insoweit „konform" und „angepasst" verhalten, als sie ihre vertraglichen Verpflichtungen möglichst ordnungsgemäß zu erfüllen versuchen. Der gute Ruf, belegt durch einen hohen Credit Score, wird zur Eintrittskarte für die Teilnahme am modernen Wirtschaftsverkehr. Das System des Credit Reporting stellt hierfür die geeignete Infrastruktur zur Verfügung, um den Ruf der Marktteilnehmer möglichst transparent und den sozialen Druck damit möglichst effizient zu machen. An einem solchen Konformitätsdruck ist nicht grundsätzlich etwas auszusetzen, jedenfalls dann nicht, wenn sich die gewünschte Konformität allein auf ein recht- und vertragsmäßiges Verhalten der Betroffenen beschränkt. Die Idee, durch Transparenz und Öffentlichkeit auf säumige Vertragspartner Druck auszu323 324

Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 132 m.w.N. In diesem Sinne aber Baeriswyl, R D V 2000, 6 (7).

B. Privatautonomer

Datenschutz

191

ü b e n u n d k ü n f t i g e V e r t r a g s p a r t n e r zu e i n e m v e r t r a g s g e m ä ß e n V e r h a l t e n a n z u h a l ten, ist n i c h t n e u . 3 2 5 I n w i e w e i t sie jeweils zulässig ist, hängt v o n vielerlei F a k t o r e n ab: v o n d e r A r t u n d Weise des P u b l i k - M a c h e n s , v o n d e n I n t e r e s s e n des P u b l i z i e r e n d e n u n d der A l l g e m e i n h e i t u n d v o m S c h u t z b e d ü r f n i s des B e t r o f f e n e n . 3 2 6 N e u ist allein das verfeinerte D i f f e r e n z i e r u n g s p o t e n t i a l , das m i t der R o l l e p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n als v e r t r a g s g e s t a l t e n d e m F a k t o r e i n h e r g e h t : die E n t l o h n u n g guter D a t e n m i t guten K o n d i t i o n e n u n d die S a n k t i o n i e r u n g s c h l e c h t e r D a t e n

mit

s c h l e c h t e n K o n d i t i o n e n . J e d i f f e r e n z i e r t e r die E r g e b n i s s e m o d e r n e r K r e d i t i n f o r m a t i o n s s y s t e m e ausfallen u n d j e r i s i k o b e w u s s t e r U n t e r n e h m e n ihre A n g e b o t e k a l k u l i e r e n , desto u n t e r s c h i e d l i c h e r w e r d e n v e r t r a g l i c h e B e z i e h u n g e n in Z u k u n f t ausgestaltet sein. W o b e i auch dies w i e d e r u m - eine faire u n d k o r r e k t e D a t e n v e r a r b e i t u n g v o r a u s g e s e t z t - k a u m zu b e a n s t a n d e n , s o n d e r n als s i t u a t i o n s - u n d risik o a d ä q u a t e Vertragsgestaltung g r u n d s ä t z l i c h zu b e g r ü ß e n i s t . 3 2 7

4. Kommerzialisierung

und

Demokratiefähigkeit

E n g m i t der S o r g e u m den Verlust p e r s ö n l i c h e r E i g e n a r t u n d Individualität geht die S o r g e u m den Verlust d e m o k r a t i s c h e r K o m m u n i k a t i o n s - u n d P a r t i z i p a t i o n s f ä h i g k e i t einher. H a b e n die B ü r g e r erst einmal ihre individuelle in eine m a r k t g ä n gige P e r s ö n l i c h k e i t e i n g e t a u s c h t u n d bilden sie eine e n t s p r e c h e n d e i n f ö r m i g e E i n h e i t s g e s e l l s c h a f t , s c h w i n d e n - so ist die B e f ü r c h t u n g - auch die C h a n c e n auf einen f r u c h t b a r e n p o l i t i s c h e n u n d gesellschaftlichen D i s k u r s .

a) Kommunikations-

und

Partizipationsfähigkeit

A r g u m e n t a t i v e r A u s g a n g s p u n k t s o l c h e r l e i B e f ü r c h t u n g e n ist in erster L i n i e das V o l k s z ä h l u n g s u r t e i l des B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t s , in d e m das G e r i c h t die B e g r ü n d u n g des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s m i t d e m E r h a l t d e m o kratischer Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit verknüpft. Das Gericht w e r t e t die i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g als die „ e l e m e n t a r e F u n k t i o n s b e d i n g u n g eines auf H a n d l u n g s - u n d M i t w i r k u n g s f ä h i g k e i t seiner B ü r g e r b e g r ü n -

3 2 5 Schon 1927 hatte sich der Kentucky Court of Appeals mit der Frage auseinander zu setzen, ob es einen unzulässigen Eingriff in das Recht auf privacy bedeutet, wenn ein Unternehmen die Zahlungssäumnis eines Kunden öffentlich anprangert. Im konkreten Fall hatte ein Werkstattbetreiber eine Bekanntmachung mit folgendem Inhalt ausgehängt: „Dr. W.R. Morgan owes an account here of $49.67. And if promises would pay an account this account would have been settled long ago. This account will be advertised as long as it remains unpaid"; Brents v. Morgan, 221 Ky. 765 (1927). 3 2 6 Während die Tätigkeit von Kreditauskunfteien allgemein rechtliche Anerkennung findet, sind andere Formen der Kreditwürdigkeitsinformation weniger akzeptiert. Siehe etwa zu Schuldnerspiegeln im Internet O L G Rostock ZIP 2001, 793: Auch generalpräventive Zwecke wie Schutz der Marktteilnehmer oder Verbesserung der allgemeinen Zahlungsmoral können die „Prangerwirkung" eines Schuldnerspiegels nicht rechtfertigen. 3 2 7 Zum (sozialstaatlichen) Problem eines Ausschlusses bestimmter Personengruppen vom rechtsgeschäftlichen Verkehr siehe oben B I 2 b.

192

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

deten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens". 3 2 8 Wenn der Einzelne keine Kontrolle mehr darüber habe, was über ihn bekannt ist, bestehe die Gefahr, dass er dazu übergeht, aus Angst vor möglichen negativen Konsequenzen von abweichenden Verhaltensweisen Abstand zu nehmen und auf die Ausübung seiner Grundrechte zu verzichten. Was den Schutz des Einzelnen gegenüber staatlicher Überwachung und die Ausübung seiner politischen Grundrechte angeht, kann der Argumentation des Gerichts kaum widersprochen werden. Das Bild vom Überwachungsstaat als zentraler Stütze eines totalitären Regimes entspringt nicht einem übertriebenen Obrigkeitsmisstrauen, sondern ist schon zu oft Realität geworden. Eine freie und unbefangene Ausübung demokratischer Grundrechte ist nur dann realistisch, wenn der Einzelne frei von staatlicher Einsichtnahme und Überwachung agieren kann. Dies gilt nicht nur für das „vornehmste Recht des Bürgers im demokratischen Staat", 3 2 9 das Wahlrecht, 3 3 0 sondern auch für alle anderen staatsbürgerlichen Grundrechte. Die Demokratie erhält nur dann „genügend Atem", die politische Debatte ist nur dann tatsächlich eine freie, streitige und demokratische Debatte, wenn der Einzelne sich frei von staatlicher Kontrolle und Überwachung fühlt. 3 3 1 Weniger offensichtlich ist hingegen, w a r u m die Verknüpfung von informationeller Selbstbestimmung und staatsbürgerlicher Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit - vom Bundesverfassungsgericht im Kontext staatlicher Datenverarbeitung entwickelt - auch für den Bereich der privaten Datenverarbeitung uneingeschränkt Geltung beanspruchen sollte. Fraglich könnte schon sein, ob es für den nicht-öffentlichen Bereich überhaupt auf die Kommunikationsfähigkeit der Teilnehmer im Sinne einer „Diskurs- oder Dialogfähigkeit" ankommt. Es geht im Privatrechtsverkehr nicht um die Ausübung demokratischer Grundrechte, sondern zuallererst um den vertraglichen Austausch von Gütern und Leistungen. 332 Nicht der Diskurs unterschiedlicher weltanschaulicher Überzeugungen, sondern das Aushandeln konfligierender wirtschaftlicher Interessen bestimmt das Marktgeschehen. 3 3 3 Man mag zwar einwenden, dass sich öffentliche und private Autonomie nicht voneinander trennen lassen, sondern sich wechselseitig bedingen: Der Einzelne kann von seiner öffentlichen Autonomie nur dann angeBVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung. Magiera in Sachs, GG, Art. 38 Rn. 100; BVerfGE 7,198 (208) - Lüth („eines der vornehmsten Menschenrechte"). 3 3 0 Vergleiche Magiera in Sachs, GG, Art. 38 Rn. 85. Siehe auch BVerfGE 99, 1 (13): „Die Geheimheit der Wahl stellt den wichtigsten institutionellen Schutz der Wahlfreiheit dar". 331 Tinnefeid, M M R 2004, 797 (799). 332 Vergleiche Kilian, C R 2002, 921 (928). 333 Zum Unterschied zwischen „Diskurs" (in dem die Teilnehmer sich gegenseitig mit A r g u menten von etwas zu überzeugen suchen, um zu gemeinsamen Ansichten zu gelangen) und „Verhandlung" (in der die Teilnehmer einen Ausgleich ihrer verschiedenen Interessen anstreben) siehe Habermas, Postnationale Konstellation, S. 175. 328 329

B. Privatautonomer

Datenschutz

193

messenen G e b r a u c h m a c h e n , w e n n er a u f g r u n d einer g l e i c h m ä ß i g gesicherten privaten A u t o n o m i e h i n r e i c h e n d u n a b h ä n g i g i s t . 3 3 4 S e l b s t w e n n m a n einen s o l c h e n Z u s a m m e n h a n g v o n ö f f e n t l i c h e r u n d privater A u t o n o m i e a n n i m m t , ist a b e r in e i n e m ersten S c h r i t t zu fragen, o b eine K o m m e r z i a l i s i e r u n g p e r s o n e n b e z o g e ner D a t e n ü b e r h a u p t zu e i n e m Verlust an privater A u t o n o m i e führt, der dann w i e d e r u m auf den ö f f e n t l i c h e n B e r e i c h d u r c h s c h l a g e n w ü r d e .

b) Private

Autonomie

D i e e n t s c h e i d e n d e F r a g e geht also dahin, o b ein ü b e r m ä ß i g e s Z u - M a r k t e - T r a g e n der eigenen P e r s ö n l i c h k e i t tatsächlich u n w e i g e r l i c h zu e i n e m Verlust privater A u t o n o m i e f ü h r e n muss u n d d a m i t m i t t e l b a r auch die d e m o k r a t i s c h e K o m m u n i k a t i o n s - u n d P a r t i z i p a t i o n s f ä h i g k e i t b e e i n t r ä c h t i g e n w ü r d e . 3 3 5 Z w e i f e l l o s ist die K o m m e r z i a l i s i e r u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n m i t e i n e m M e h r an W i s s e n ü b e r den E i n z e l n e n v e r b u n d e n . D i e s e r soll ja gerade d u r c h die w i r t s c h a f t l i c h e H o n o rierung einer D a t e n p r e i s g a b e zu dieser veranlasst w e r d e n . Z w e i f e l h a f t ist d e m g e g e n ü b e r j e d o c h , o b ein jedes M e h r an W i s s e n ü b e r j e m a n d e n stets a u c h zu e i n e m W e n i g e r an A u t o n o m i e bei diesem f ü h r e n muss. N i c h t jedes W i s s e n u m eine P e r s o n e r ö f f n e t a u t o m a t i s c h a u c h die M ö g l i c h k e i t , d e r e n P e r s ö n l i c h k e i t zu m a n i p u lieren o d e r ihre P e r s ö n l i c h k e i t s e n t w i c k l u n g zu u n t e r l a u f e n - e b e n s o w i e eine aut o n o m e P e r s ö n l i c h k e i t s e n t w i c k l u n g n i c h t a u s n a h m s l o s auf der P r ä m i s s e a u f b a u t , dass andere n i c h t s v o n e i n e m w i s s e n . M a n darf n i c h t vergessen, w e l c h e K o n s t e l l a t i o n e n das B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t v o r A u g e n hatte, als es das R e c h t auf i n f o r mationelle Selbstbestimmung entwickelte. Das G e r i c h t spricht von politischen A k t i v i t ä t e n , v o n der T e i l n a h m e an V e r s a m m l u n g e n u n d B ü r g e r i n i t i a t i v e n u n d v o n a b w e i c h e n d e n V e r h a l t e n s w e i s e n , bei deren b e h ö r d l i c h e r R e g i s t r i e r u n g der E i n z e l n e u n t e r U m s t ä n d e n N a c h t e i l e b e f ü r c h t e n muss. D a s s in diesen S i t u a t i o nen staatliches W i s s e n z u m Verlust a u t o n o m e r P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l t u n g f ü h r e n k a n n , w i r d v o n n i e m a n d ernsthaft b e z w e i f e l t . S e h r w o h l sind a b e r Z w e i f e l a n g e b r a c h t , w e n n dieser G e d a n k e n g a n g auf alle A k t i v i t ä t e n des täglichen L e b e n s ü b e r t r a g e n w i r d , o h n e n a c h d e m K o n t e x t der D a t e n v e r a r b e i t u n g zu d i f f e r e n z i e r e n . E s geht d a h e r zu w e i t , w e n n a u c h die E i n willigung in die E r s t e l l u n g eines K u n d e n p r o f i l s m i t der B e g r ü n d u n g a b g e l e h n t w i r d , dies n e h m e d e m B e t r o f f e n e n j e d e M ö g l i c h k e i t , ü b e r die eigene E n t w i c k l u n g n o c h selbst zu e n t s c h e i d e n . 3 3 6 U n a b h ä n g i g d a v o n , wie m a n die Zulässigkeit v o n K u n d e n p r o f i l e n im E i n z e l n e n b e u r t e i l e n mag, b e s t e h t kein A n l a s s , j e g l i c h e r F o r m v o n W i s s e n ein u m f a s s e n d e s E i n f l u s s - u n d H e m m p o t e n t i a l z u z u s p r e c h e n . F ü r die viel zitierte K o m m u n i k a t i o n s - u n d P a r t i z i p a t i o n s f ä h i g k e i t des B ü r g e r s m a c h t es einen U n t e r s c h i e d , o b ein Staat s ä m t l i c h e p o l i t i s c h e n A k t i v i t ä t e n seiner Siehe Habermas, Postnationale Konstellation, S. 176f. So etwa die Befürchtung bei Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S. 95f. 3 3 6 In diesem Sinne Wittig, RDV 2000, 59, 62; siehe auch Fröhle, Web Advertising, S. 64 (Gefahr der Verhaltensmanipulation). 334

335

194

2. Teil: Datenschutzrecht

als Privatrecht

B ü r g e r registriert oder o b ein Herrenausstatter den Kleidungsstil seiner Kunden in F o r m von Kundenprofilen abspeichert. Wer für jede F o r m der Datenverarbeitung stets auf den Kernbereich freier Persönlichkeitsentwicklung

rekurriert,

schadet dem Anliegen eines effektiven Datenschutzes im Ergebnis mehr als dass er ihn fördert. E r riskiert, dass sich früher oder später eine allgemeine D a t e n schutzmüdigkeit einstellt, in deren G e f o l g e auch die eigentlich problematischen Fälle der Datenverarbeitung nicht mehr die nötige Beachtung finden. E r s t recht ist es in diesem Z u s a m m e n h a n g problematisch, wenn diffuse Vorbehalte gegenüber Marketing und K o m m e r z den R u f nach eingeschränkter Datenverarbeitung im privaten Bereich bestimmen. Wenn dem informationellen Selbstbestimmungsrecht eine „existentielle" Bedeutung zugesprochen wird, nachdem zuvor kritisch vom P r o d u c t - P l a c e m e n t in Spielfilmen und von einer „oberflächlich auf M a r k e n und Luxusartikel ausgerichteten Gesellschaft" die R e d e war, 3 3 7 werden unterschiedliche gesellschaftskritische Aspekte miteinander vermengt und das informationelle Selbstbestimmungsrecht wird z w e c k f r e m d dazu instrumentalisiert, ein bestimmtes W u n s c h b i l d von einer idealen Gesellschaft zu verfolgen.

5. Kommerzialisierung

und

Solidarität

D i e Kommerzialisierung informationeller Selbstbestimmung führt weder zu einem Verlust an Individualität n o c h zu einem Verlust an A u t o n o m i e . Im Gegenteil: In gewisser Weise verstärkt die Kommerzialisierung sogar den Trend zu einer Individualisierung und A u t o n o m i s i e r u n g in der Gesellschaft - wenn auch nicht unbedingt in einem positiven Sinne. D i e Aussicht, dank „guter" D a t e n in den G e nuss wirtschaftlicher Vorteile und Vergünstigungen zu k o m m e n , wird zwangsläufig entsprechende Begehrlichkeiten wecken und umgekehrt die Bereitschaft mindern, im Sinne einer Solidargemeinschaft gleiche Bedingungen für alle zu akzeptieren und so auch diejenigen mitzutragen, die ö k o n o m i s c h betrachtet weniger N u t z e n bringen oder höhere K o s t e n verursachen. J e mehr in das allgemeine Bewusstsein vordringt, dass ein guter Credit Score einen billigeren Kredit und ein günstiges genetisches R i s i k o p r o f i l eine billigere K r a n k e n - oder Lebensversicherung verschafft, desto weniger werden derlei Privilegierte allein aus Gründen der Solidarität bereit sein, ein solches „Verhandlungskapital" ungenutzt zu lassen. Mit dem kontinuierlich wachsenden Wissen um gesundheitliche, wirtschaftliche und sonstige Ungleichheiten und der zunehmenden ö k o n o m i s c h e n Relevanz solchen Wissens wird es i m m e r schwieriger und unwahrscheinlicher, einen Schleier des Nichtwissens aufrechtzuerhalten und eine Gleichheit aller im Privatrechtsverkehr zu fingieren.

337

Podlech/Pfeifer,

RDV 1998, 139 (140).

B. Privatautonomer

a) Datenschutz

und

Datenschutz

195

Diskriminierungsschlitz

W o b e i sich andererseits die F r a g e stellt, o b es ü b e r h a u p t eine o r i g i n ä r p r i v a t r e c h t liche A u f g a b e ist, für s o l c h eine G l e i c h h e i t aller S o r g e zu tragen. E i n e u m f a s s e n d e G l e i c h b e h a n d l u n g s p f l i c h t im P r i v a t r e c h t s v e r k e h r s t ü n d e in K o n f l i k t m i t der verfassungsrechtlich gewährleisteten Privatautonomie.338 Privatautonomie umfasst gerade a u c h das R e c h t , sich seine V e r t r a g s p a r t n e r frei a u s z u w ä h l e n u n d den I n halt v o n V e r t r ä g e n frei zu gestalten. Selbst der e h e m a l i g e n r o t - g r ü n e n B u n d e s r e g i e r u n g ging es bei i h r e m damals sehr w e i t r e i c h e n d e n u n d daher e n t s p r e c h e n d k o n t r o v e r s d i s k u t i e r t e n E n t w u r f für ein A n t i d i s k r i m i n i e r u n g s g e s e t z n i c h t dar u m , s a c h g e r e c h t e D i f f e r e n z i e r u n g s k r i t e r i e n im P r i v a t r e c h t s v e r k e h r zu v e r b i e ten, die f ü r eine i n t e r e s s e n - u n d r i s i k o a d ä q u a t e Vertragsgestaltung relevant sein k ö n n e n . U n t e r b u n d e n w e r d e n sollten lediglich s o l c h e U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a le, d e n e n ein b e s o n d e r e s D i s k r i m i n i e r u n g s p o t e n t i a l i n n e w o h n t : R a s s e u n d e t h n i sche H e r k u n f t , G e s c h l e c h t , R e l i g i o n u n d W e l t a n s c h a u u n g , B e h i n d e r u n g , A l t e r o d e r sexuelle I d e n t i t ä t . 3 3 9 S c h u t z v o r D i s k r i m i n i e r u n g zielt n i c h t darauf ab, s ä m t liche U n g l e i c h h e i t e n zu nivellieren, s o n d e r n darauf, s o l c h e U n g l e i c h b e h a n d l u n gen zu u n t e r b i n d e n , die sich auf k e i n e n s a c h l i c h e n G r u n d s t ü t z e n k ö n n e n ; 3 4 0 d e n n d i s k r i m i n i e r e n d ist e b e n n i c h t s c h o n j e d e u n t e r s c h i e d l i c h e B e h a n d l u n g , die mit der Z u f ü g u n g eines N a c h t e i l s v e r b u n d e n ist, s o n d e r n n u r die „ r e c h t w i d r i g e , sozial v e r w e r f l i c h e U n g l e i c h b e h a n d l u n g " . 3 4 1 U b e r t r a g e n auf die D i s k u s s i o n u m eine k o m m e r z i e l l e V e r w e r t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n h e i ß t dies: Z w a r ist auch im d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n K o n t e x t der V o r w u r f der D i s k r i m i n i e r u n g schnell bei der H a n d , w e n n es mittels D a t e n v e r a r b e i t u n g z u K l a s s i f i z i e r u n g e n v o n K u n d e n k o m m t u n d bessere K u n d e n bessere K o n d i t i o n e n e r h a l t e n . 3 4 2 G e r e c h t f e r t i g t w ä r e dieser V o r w u r f j e d o c h allenfalls d a n n , w e n n eine s o l c h e U n g l e i c h b e h a n d l u n g auf den o b e n g e n a n n t e n D i s k r i m i nierungsmerkmalen wie etwa Rasse, Geschlecht oder Religion beruhen würde. U b e r s p a n n t w e r d e n die A n l i e g e n des D a t e n - b z w .

Diskriminierungsschutzes

h i n g e g e n , w e n n als Beispiel für die G e f a h r e n u n d R i s i k e n der D a t e n v e r a r b e i t u n g a n g e f ü h r t w i r d , dass U n t e r n e h m e n ihre b e s s e r e n K u n d e n a u c h b e v o r z u g t b e h a n deln u n d sich auf „ i n v e s t i t i o n s w ü r d i g e K u n d e n " k o n z e n t r i e r e n . 3 4 3 E s geht zu weit, w e n n der V e r w e r t u n g v o n L i f e s t y l e - D a t e n mit der W a r n u n g v o r einer „ w i r t s c h a f t l i c h e n , sozialen u n d p o l i t i s c h e n D i s k r i m i n i e r u n g " b e g e g n e t w i r d . 3 4 4 338 Zum Verhältnis zwischen Diskriminierungsschutz und Privatautonomie siehe Neuner, JZ 2003, 57 (59). 3 3 9 Siehe § 1 des Entwurfs der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung für ein Antidiskriminierungsgesetz (ADG); BT-Drs. 15/4538. 3 4 0 Vgl. a.a.O., §21 ADG-E. 341 So ausdrücklich die Begründung zum Regierungsentwurf; BT-Drs. 15/4538, S.28. 342 Vgl. Lorenz, VersR 1999, 1309 (1313); siehe auch Adomeit, NJW 2002, 1622 („Inflation" des Begriffs Diskriminierung). 343 Siehe aber Baeriswyl, RDV 2000, 6 (7, 10). 344 So aber Podlech/Pfeifer, RDV 1998, 139 (140); ihnen folgend Wittig, RDV 2000, 59 (62).

196

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

U n d es geht zu w e i t , s c h o n dann v o n D i s k r i m i n i e r u n g zu s p r e c h e n , w e n n der „ K u n d e n w e r t " ( S c o r e ) ü b e r die H ö h e eines K r e d i t s o d e r den Z u g a n g z u e i n e m b e s t i m m t e n A n g e b o t e n t s c h e i d e t . 3 4 5 W e n n das R e s t a u r a n t in der N a c h b a r s c h a f t seine S t a m m k u n d e n a n s c h r e i b e n lässt u n d diesen b e v o r z u g t einen P l a t z reserviert, k ä m e n i e m a n d auf die Idee, v o n einer unzulässigen D i s k r i m i n i e r u n g der L a u f k u n d s c h a f t zu s p r e c h e n . A r t u n d U m f a n g der K u n d e n k l a s s i f i z i e r u n g m ö g e n sich mit den m o d e r n e n M e t h o d e n der D a t e n v e r a r b e i t u n g verändert, ausgeweitet u n d n o c h m e h r d i f f e r e n z i e r t h a b e n , das z u g r u n d e liegende M a r k e t i n g k o n z e p t ist j e d o c h b e i m k l e i n e n R e s t a u r a n t u n d b e i m g r o ß e n K o n z e r n n o c h i m m e r das gleiche. A u c h die v i e l g e s c h o l t e n e „ g e n e t i s c h e D i s k r i m i n i e r u n g " im

Versicherungs-

b e r e i c h ist k e i n e e c h t e D i s k r i m i n i e r u n g . Selbst n a c h d e m E n t w u r f der e h e m a l i g e n r o t - g r ü n e n B u n d e s r e g i e r u n g f ü r ein A n t i d i s k r i m i n i e r u n g s g e s e t z sollte bei privatr e c h t l i c h e n V e r s i c h e r u n g s v e r t r ä g e n eine u n t e r s c h i e d l i c h e B e h a n d l u n g a u c h w e gen an sich u n z u l ä s s i g e r D i f f e r e n z i e r u n g s m e r k m a l e m ö g l i c h sein, w e n n diese U n g l e i c h b e h a n d l u n g K o n s e q u e n z einer „auf relevanten u n d genauen v e r s i c h e r u n g s m a t h e m a t i s c h e n u n d statistischen D a t e n b e r u h e n d e n

Risikobewertung"

i s t . 3 4 6 Zugelassen w u r d e eine s o l c h e U n g l e i c h b e h a n d l u n g , weil sich a u c h die R e gierung b e w u s s t war, dass eine D i f f e r e n z i e r u n g n a c h d e m ex ante beurteilten individuellen R i s i k o p r o f i l z u d e n „ G r u n d p r i n z i p i e n der p r i v a t r e c h t l i c h e n V e r s i c h e r u n g " g e h ö r t . 3 4 7 S o w e i t also mit den f o r t s c h r e i t e n d e n E r k e n n t n i s s e n in der G e n t e c h n o l o g i e f r ü h e r o d e r später a u c h g e n e t i s c h e D a t e n eine s o l c h e v e r s i c h e r u n g s m a t h e m a t i s c h u n d statistisch b e l e g b a r e R i s i k o p r o g n o s e e r m ö g l i c h e n , w ä r e der A u s s c h l u s s b z w . die S c h l e c h t e r s t e l l u n g „ s c h l e c h t e r G e n t r ä g e r " v o m privaten V e r s i c h e r u n g s m a r k t d u r c h a u s m i t d e n G r u n d s ä t z e n des damaligen E n t w u r f s f ü r ein Antidiskriminierungsgesetz vereinbar gewesen.348

3 4 5 So aber Scholz in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 9.2 Rdn. 37 („Nicht kreditwürdige oder nicht rentabel erscheinende Personen können umgekehrt diskriminiert werden, indem sie ganz von bestimmten Angeboten ausgeschlossen oder auf bestimmte Zahlverfahren festgelegt werden, die keine Kreditierungselemente enthalten."). Zum Problem des „The poor pay more" siehe auch Baeriswyl, RDV 2000, 6 (7). 3 4 6 Vgl. §21 Nr.5 A D G - E . Relevant sind für den Versicherungsbereich in erster Linie die Merkmale Geschlecht, Behinderung und Alter; erfasst sind von der Rechtfertigungsnorm des §21 A D G - E darüber hinaus auch die Merkmale der Religion und Weltanschauung und der sexuellen Identität. 347 Begründung zum Regierungsentwurf; BT-Drs. 15/4538, S.42f. 3 4 8 Eine andere Frage ist, ob aufgrund der besonderen Sensitivität genetischer Daten und der Tragweite einer genetischen Ungleichbehandlung spezifische Regelungen für die Verarbeitung genetischer Daten gelten sollen. Siehe hierzu die gesetzgeberischen Pläne zum Erlass eines Gendiagnostikgesetzes, welches unter anderem auch die Zulässigkeit genetischer Untersuchungen im Versicherungsbereich umfassend regeln soll; BT-Drs. 15/4597, S.2 Ziff. 3.

B. Privatautonomer

b) Das Problem

der gesellschaftlichen

197

Datenschutz

Desintegration

und

Desolidarisierung

So wenig „diskriminierend" eine genetische Ungleichbehandlung damit auch sein mag, so bedenklich ist sie doch mit Rücksicht auf diejenigen, die sich ohnehin schon mit ihrem genetischen Schicksal konfrontiert sehen und daher an sich in besonderer Weise auf die Solidarität der Gesellschaft angewiesen sind. Das Beispiel der genetischen Differenzierung im Versicherungsbereich macht deutlich, welche Sprengkraft das unaufhaltsam wachsende Wissen um die Eigenheiten und damit auch um die Ungleichheiten der einzelnen Individuen für den Zusammenhalt von Solidar- und Risikogemeinschaften hat. Je offensichtlicher Ungleichheiten zu Tage treten, desto größer wird der Rechtfertigungsdruck, wenn gleichwohl „Ungleiche" gleich behandelt werden sollen. Es kommt zu einer immer größer werdenden Kluft zwischen „guten" und „schlechten" Datenträgern und damit letztlich auch zu einer gesellschaftlichen Desintegration und Desolidarisierung. Eine solche Desintegration und Desolidarisierung wird jedoch über kurz oder lang unweigerlich, wie es Habermas formuliert, die „liberale politische Kultur zerstören, auf deren universalistisches Selbstverständnis demokratisch verfasste Gesellschaften angewiesen sind." 3 4 9 Datenschutz - als verordnetes Nichtwissen - übernimmt vor diesem Hintergrund eine sozialstaatliche Aufgabe, indem er dieser desintegrierenden und desolidarisierenden Tendenz entgegenwirkt. Datenschutzrecht setzt dem Bestreben, die Relationen von Leistung und Gegenleistung nur noch nach marktkonformen Kriterien zu bemessen, faktische Grenzen, indem es die hierfür notwendige Informationsgrundlage eingrenzt. Wiederum stellt sich jedoch, wie schon oben, 3 5 0 die Frage, inwieweit solcherlei sozialstaatliche Anliegen in das Privatrecht hereingetragen werden sollen und dürfen. Zwar steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, auf welche Weise er seiner sozialstaatlichen Fürsorgepflicht nachkommen will. Er kann seine Gewährleistungsverantwortung auch dadurch wahrnehmen, dass er die Leistungserbringung privaten Unternehmen übcrlässt und sich darauf beschränkt, letzteren bestimmte Leistungsvorgaben zu machen und deren Einhaltung zu kontrollieren. 351 Gleichwohl kann er sich seiner Verantwortung nicht unbegrenzt dadurch entledigen, dass er Private in die Pflicht nimmt - schon deshalb nicht, weil die Fiktion von Gleichheit im Privatrecht oftmals auch etwas Ungerechtes in sich birgt. Ungerecht ist die Gleichheitsfiktion im Privatrecht zum einen schon deshalb, weil kaum jemals alle Ungleichheiten aufgehoben werden können und eine entsprechende Grenzziehung daher stets mehr oder weniger willkürlich verlaufen wird. Willkürlich ist es etwa, wenn zwar derjenige, der aufgrund seiner geneti-

Habermas, Postnationale Konstellation, S. 81. Siehe oben B I 2 b. 3 5 1 Siehe etwa (für die staatliche Gewährleistungsverantwortung im Gesundheitsbereich) Scbmidt-Aßmann, N J W 2004, 1689 (1695); siehe auch Leube, N Z S 2003, 449 („Sozialversicherung in Gestalt der Privatversicherung"). 349

350

198

2. Teil: Datenschutzrecht

als

Privatrecht

sehen Disposition mit Sicherheit bald schwer erkranken wird, eine private Krankenversicherung erhält, weil er noch keine klinischen S y m p t o m e zeigt und ein prädiktiver Gentest unzulässig ist, 352 nicht aber derjenige, dessen Risikoprognose a u f g r u n d unverkennbarer S y m p t o m e einer Fettleibigkeit negativ ausfällt (obwohl auch diese Fettleibigkeit genetisch bedingt sein mag). Ungerecht ist eine Gleichheitsfiktion im Privatrecht z u m anderen auch deshalb, weil die (gesellschaftsübergreifende) Pflicht zur Solidarität mehr oder weniger zufällig einzelne Private trifft, ohne dass diese irgendeine besondere N ä h e b e z i e h u n g zu den N u t z nießern einer privatrechtlich verordneten Solidarität haben. So ist es e t w a ein nicht hinnehmbarer und ungerechter Zufall, dass gerade der Vermieter X das „Pech" hat, seine W o h n u n g an den Miettouristen Y zu vermieten, dessen Strategie einer A n m i e t u n g i m m e r neuer W o h n u n g e n ohne oder mit nur geringer M i e t z a h lung nur deshalb erfolgreich sein kann, weil es Vermietern aus Solidaritätserwägungen heraus datenschutzrechtlich erschwert w i r d , die Kreditwürdigkeit von Mietinteressenten zu durchleuchten. 3 5 3 Die Beispiele zeigen, dass mit einer privatrechtlich e r z w u n g e n e n Solidarität gegenüber (vermeintlich oder tatsächlich) Schutzbedürftigen oftmals zugleich Ungerechtigkeiten gegenüber anderen Teilnehmern am Privatrechtsverkehr einhergehen. Primär muss es daher eine A u f g a be des öffentlichen Rechts, insbesondere des Sozialrechts, bleiben, für eine solidarische Grundsicherung aller im Staat zu sorgen. Die Kosten hierfür dürfen nicht willkürlich und zufällig einzelnen Teilnehmern am Privatrechtsverkehr aufgebürdet werden, sondern sind - über die Finanzierung durch Steuern und A b g a b e n von der Allgemeinheit zu tragen. 3 5 4

3 5 2 P r ä d i k t i v e G e n t e s t s z e i c h n e n sich, im U n t e r s c h i e d zu d i a g n o s t i s c h e n G e n t e s t s , d a d u r c h aus, d a s s sie d i e F e s t s t e l l u n g f ü r e i n e b e s t i m m t e K r a n k h e i t s v e r a n l a g u n g b e r e i t s e r m ö g l i c h e n , bev o r es z u m A u s b r u c h e n t s p r e c h e n d e r k l i n i s c h e r S y m p t o m e g e k o m m e n ist. 3 5 3 Z u m P r o b l e m d e s s o g . M i e t t o u r i s m u s siehe e t w a D I E Z E I T 05/2004 ( „ D e r F e i n d im Haus"). 3 5 4 In d i e s e m S i n n e a u c h d i e B e g r ü n d u n g z u m E n t w u r f f ü r ein A n t i d i s k r i m i n i e r u n g s g e s e t z ; B T - D r s . 15/4538, S . 3 8 .

C. Ergebnisse des zweiten Teils Privatrechtlicher D a t e n s c h u t z fußt auf der Idee individueller Selbstbestimmung. N i c h t der Gesetzgeber, sondern die Beteiligten selbst sollen über Zulässigkeit und G r e n z e n privater Datenverarbeitung eigenverantwortlich entscheiden. D e r K o n f l i k t zwischen D a t e n s c h u t z und Informationsfreiheit kann nicht allgemeingültig im Sinne der einen oder anderen Seite entschieden werden. E b e n s o wenig ist es praktikabel, jede denkbare Konstellation eines K o n f l i k t s zwischen D a t e n schutz und Informationsfreiheit mittels überregulierender

Detailvorschriften

oder unbestimmter Generalklauseln erfassen zu wollen. Stattdessen sollte sich der G e s e t z g e b e r darauf konzentrieren, einen privatautonomen und fairen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten selbst durch entsprechende rechtliche R a h m e n b e d i n g u n g e n abzusichern. Erster und wichtigster Schritt hierbei ist die Festschreibung eines grundsätzlichen Entscheidungsvorrechts des Betroffenen. Solange Datenverarbeiter nicht darauf angewiesen sind, für ihre Tätigkeit eine L e gitimation durch den Betroffenen selbst zu erhalten, werden sie sich auch weiterhin in erster Linie darum bemühen, bestehende datenschutzrechtliche L ü c k e n und Freiräume zu ihren G u n s t e n und zu Lasten der Betroffenen auszunützen und das datenschutzrechtliche Niveau auf das unvermeidbare M i n i m u m abzusenken. D i e Praxis der Datenverarbeitung im Bereich des Credit R e p o r t i n g und des Adresshandels belegt dies mehr als deutlich. Ein echtes Entscheidungsvorrecht des Betroffenen kann viele der aktuell bestehenden datenschutzrechtlichen Defizite beheben, insbesondere soweit es um die Transparenz, Richtigkeit und Fairness der Verarbeitung p e r s o n e n b e z o g e n e r D a ten geht. Sind Datenverarbeiter tatsächlich auf ein Einverständnis des B e t r o f f e nen für die N u t z u n g seiner D a t e n angewiesen, k ö n n e n sie ihre bislang geübte Praxis, diesen soweit wie möglich außen vor und im Ungewissen zu lassen, kaum aufrechterhalten. Sie müssen vielmehr Uberzeugungsarbeit leisten, indem sie ihre Datenverarbeitung transparent, nachvollziehbar und fehlerfrei gestalten und den datenschutzrechtlichen W ü n s c h e n des E i n z e l n e n soweit wie möglich R e c h n u n g tragen. Z w a r kann die N o r m i e r u n g eines umfassenden Entscheidungsvorrechts des Betroffenen nicht gewährleisten, dass dieses R e c h t in jedem Fall auch tatsächlich freiwillig ausgeübt wird. G l e i c h w o h l wird die Idee individueller Selbstbestimmung deshalb noch nicht zu einer b l o ß e n F i k t i o n . A u f g a b e des D a t e n s c h u t z rechts ist es nicht, jede F o r m einer unfreiwilligen Preisgabe p e r s o n e n b e z o g e n e r I n f o r m a t i o n e n auszuschließen, sondern lediglich, eine zwangsweise D u r c h s e t -

200

2. Teil: Datenschutzrecht

ah Privatrecht

zung solcher Datenverarbeitungswünsche zu unterbinden, denen kein berechtigtes Informationsinteresse zugrunde liegt. Ebenso wenig erstreckt sich die Aufgabe des Datenschutzrechts darauf, die Grenzen f ü r eine „wünschenswerte" oder „verantwortungsvolle" Ausübung informationeller Selbstbestimmung vorzugeben. Selbst wenn die Idee einer privatautonomen Ausübung informationeller Selbstbestimmung der Kommerzialisierung informationeller Selbstbestimmung einen gewissen Vorschub leisten sollte, k o m m t es damit noch nicht zu einer Gefährdung irgendwelcher höherrangigen rechtlichen oder ethischen Prinzipien, welche die Einschränkung eines privatautonom ausgeübten Datenschutzes rechtfertigen könnte.

Dritter Teil

Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht - die Grundzüge eines privatrechtlichen Datenschutzmodells Ziel des ersten u n d z w e i t e n Teils dieser A r b e i t w a r es, die k o n z e p t i o n e l l e G r u n d lage f ü r den S c h u t z p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n i m B e r e i c h privater D a t e n v e r a r b e i t u n g h e r a u s z u a r b e i t e n : ein eigenständiges p r i v a t r e c h t l i c h e s D a t e n s c h u t z m o d e l l , das auf der Idee eines s e l b s t b e s t i m m t e n D a t e n s c h u t z e s basiert. In e i n e m dritten u n d l e t z t e n Teil ist zu klären, w i e ein s o l c h e s p r i v a t r e c h t l i c h e s R e g e l u n g s m o d e l l k o n k r e t auszugestalten ist u n d w i e i n s b e s o n d e r e gewährleistet w e r d e n k a n n , dass i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g n i c h t n u r eine g e s e t z g e b e r i s c h e F i k t i o n b l e i b t , s o n d e r n auch tatsächlich a u s g e ü b t w i r d . W a s o b e n b e r e i t s f ü r einige T e i l b e r e i c h e p r i v a t e r D a t e n v e r a r b e i t u n g s k i z z i e r t w o r d e n ist, soll i m F o l g e n d e n als allgemein gültiges P r o g r a m m f ü r ein D a t e n s c h u t z p r i v a t r e c h t h e r a u s g e a r b e i t e t u n d zugleich n ä h e r spezifiziert w e r d e n . G r u n d s ä t z l i c h e r A u s g a n g s p u n k t für die f o l g e n d e n Ü b e r l e g u n g e n ist ein Verständnis des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s als ein s u b j e k t i v e s R e c h t an den eigenen D a t e n . D r e i F o r m e n einer A u s ü b u n g dieses R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g k o m m e n hierbei in F r a g e : 1 die einseitige d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e E i n w i l l i g u n g i m e n g e r e n S i n n e , die s c h u l d v e r tragliche E i n w i l l i g u n g in eine D a t e n v e r a r b e i t u n g u n d die k o n s t i t u t i v e Ü b e r t r a gung b e s t i m m t e r A u s s c h n i t t e aus d e m R e c h t an den eigenen D a t e n . F ü r j e d e dieser drei S t u f e n ist zu ü b e r l e g e n , wie ein fairer u n d s e l b s t b e s t i m m t e r I n t e r e s s e n ausgleich z w i s c h e n den B e t e i l i g t e n a m effektivsten gewährleistet w e r d e n u n d s o m i t ein inhaltliches E i n g r e i f e n des staatlichen G e s e t z g e b e r s auf ein u n b e d i n g t erforderliches M i n i m u m beschränkt werden kann.

1

In Anlehnung an Ohlys Stufenleiter der Gestattungen; siehe Ohly, Einwilligung, S. 141 ff.

A. Der Charakter des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Der Katalog von Vorschlägen für die Einordnung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist breit gefächert und umfasst das ganze Spektrum rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, angefangen beim Vorschlag einer datenschutzrechtlichen Verfügungsbefugnis in Form von property rights1 bis hin zu einer Prozeduralisierung des Datenschutzrechts, die jegliche Einordnung informationeller Selbstbestimmung als subjektives Recht ausschließt. 2 Problematisch ist dabei weniger die Vielzahl der Vorschläge als vielmehr der Ausschließlichkeitsanspruch insbesondere derjenigen Lösungsansätze, die als tendenziell persönlichkeitsfokussiert und marktskeptisch eingeordnet werden können. Es besteht weder Anlass noch Rechtfertigung, aufgrund der objektiven Bedeutung informationeller Selbstbestimmung für ein freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen eine Einordnung auch als subjektives Recht auszuschließen oder wegen der persönlichkeitsrechtlichen Provenienz des informationellen Selbstbestimmungsrechts dessen vermögensrechtliche Aspekte zu negieren. Informationelle Selbstbestimmung garantiert eben nicht nur die Freiheit von Überwachung, Einsichtnahme und Beeinflussung, sondern auch die Freiheit zu Datenpreisgabe und Kommerzialisierung. 3 Es handelt sich beim informationellen Selbstbestimmungsrecht nicht nur um ein ideelles Abwehrrecht, sondern auch um ein wirtschaftliches Gestaltungsrecht. 4 Freiheit ist nur dann wirkliche Freiheit und nicht nur staatlich aufoktroyierte, wenn der Einzelne auch die Wahl hat, seine Freiheit auszuüben

Siehe etwa Kilian, C R 2002, 921 (926f.). Siehe insbesondere Donos, Datenschutz, S. 120ff. 3 Siehe aber Rihaczek, D u D 2003,667: „Der Datenschutz soll dem Menschen Fürsorge leisten und Freiheit von sichern. Freiheit-zu-Strategien sind ihm fremd ... Das Institut der Einwilligung bringt dem Menschen mehr Risiken als Chancen ... Es ist ein lediglich symbolischer Tribut an die von uns heute so sehr geschätzte Freiheit zu Selbstverwirklichung." 4 Siehe schon Schmidt, J Z 1974,242 (244) zu den beiden Aspekten eines Persönlichkeitsschutzes: „der ältere eines Schutzes des Einzelnen gegen indiskretes Eindringen anderer in seinen persönlichen (.privaten') Lebensbereich ... und der neuere eines Verfügungsrechts des Einzelnen über die ihn betreffenden (personenbezogenen) Informationen"; vergleiche auch Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 54f.: kein Entweder-Oder bei der Frage nach dem Primat von vermögensrechtlichen oder persönlichkeitsrechtlichen Aspekten. Siehe darüber hinaus auch Weichert, DuD 2001,264 (264f.) mit seiner Kritik am „antiquierten" BDSG: „Abwehrrechte dominieren. Marktmechanismen werden nicht einmal im Ansatz reflektiert." 1

2

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

203

oder auf diese zu verzichten, sich seine Freiheit abkaufen zu lassen oder die Ausübung bzw. Nicht-Ausübung an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. I. D a s informationelle S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t als R e c h t an den eigenen D a t e n Informationelle Selbstbestimmung in einem privatautonom konzipierten Datenschutzmodell ist nur dann effektiv gewährleistet, wenn dem einzelnen Betroffenen ein ausschließliches Recht an seinen Daten zusteht. Verzichtet der Gesetzgeber darauf, die Rechte an personenbezogenen Informationen eindeutig festzulegen, kommt es zwar nicht zu einer gesetzlichen, wohl aber zu einer faktischen Zuordnung von „Rechten" an diesen Informationen - im Zweifel zugunsten desjenigen, der mehr Macht, mehr Wissen oder weniger Skrupel hat. 5 Dabei macht der spezifische Charakter von Informationen eine gesetzgeberische Intervention in besonderem Maße erforderlich. Anders als etwa im Falle der Rechtsgüter Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit ist die Zuordnung eines Rechts an bestimmten Informationen zugunsten eines bestimmten Rechtsträgers weder von Natur aus vorgegeben noch notwendigerweise ausschließlich. Personenbezogene Informationen können unendlich vervielfältigt und von einer unbegrenzten Vielzahl von Personen gleichzeitig genutzt werden. Für den Einzelnen liegt daher der Wert informationeller Selbstbestimmung nicht darin, dass er auch seine Daten nutzen kann, sondern darin, dass er andere von deren Nutzung abhalten kann. Von informationeller Selbstbestimmung kann nur dann die Rede sein, wenn ihm zumindest im Ausgangspunkt - ein Recht an „seinen" Daten zugeordnet wird, das andere grundsätzlich von der Nutzung dieser Daten ausschließt. 6 1. Das „alte Rezept"

vom subjektiven

Recht?

Ein Recht an den eigenen Daten im hier verstandenen Sinne ist ein subjektives Recht. Es ordnet dem Einzelnen ein wie auch immer im Einzelnen konkret ausgestaltetes Recht zu, über die Verarbeitung seiner Daten zu bestimmen und zu entscheiden, „wer was wann und bei welcher Gelegenheit" 7 über ihn wissen darf. Ein solches subjektives Verständnis des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung 5 Siehe Calabresi/Melamed, 85 Harv. L. Rev. 1089,1090 (1972): „The first issue which must be faced by any legal system is one we call the problem of .entitlement'. Whenever a state is presented with the conflicting interests of two or more people, or two or more groups of people, it must decide which side to favor. Absent such a decision, access to goods, services, and life itself will be decided on the basis of „might makes right" - whoever is stronger or shrewder will win". 6 Zu einem „Recht an den eigenen Daten" als Ausgangspunkt eines datenschutzrechtlichen Regimes siehe schon Bull, N J W 1979, 1177 (1180); zum Verständnis informationeller Selbstbestimmung als eines „privaten Rechts am eigenen Datum" siehe auch Brüggemeier, Haftungsrecht, §5 B V 3. 7 BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung.

204

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

ist n i c h t u n u m s t r i t t e n . V o r allem D o n o s , der sich in seiner A r g u m e n t a t i o n w i e d e r u m auf Simitis s t ü t z t , w a r n t davor, auf die neuartigen F r e i h e i t s p r o b l e m e des D a t e n s c h u t z e s „mit den alten R e z e p t e n des s u b j e k t i v e n R e c h t s " zu reagieren. W o b e i er zu diesen alten R e z e p t e n des s u b j e k t i v e n R e c h t s alle d e n k b a r e n Varia n t e n eines s u b j e k t i v e n R e c h t s zählt. 8 P r i v a t s p h ä r e n - u n d S e l b s t d a r s t e l l u n g s k o n z e p t i o n e n g e h ö r e n h i e r z u e b e n s o w i e die Idee eines H e r r s c h a f t s r e c h t s ü b e r D a t e n o d e r der V o r s c h l a g , D a t e n s c h u t z als s u b j e k t i v - ö f f e n t l i c h e s R e c h t zu v e r s t e h e n . 9 D i e u n v e r m e i d b a r e F o l g e eines Verständnisses v o n D a t e n s c h u t z als s u b j e k t i v e m R e c h t sei der e r h e b l i c h e V e r l u s t an F r e i h e i t s - u n d D e m o k r a t i e s u b s t a n z . D i e k o n stitutive R o l l e , die der D a t e n s c h u t z für die E r h a l t u n g der D e m o k r a t i e habe, die „ g e n e t i s c h e " V e r b i n d u n g z w i s c h e n D a t e n s c h u t z u n d D e m o k r a t i e , w ü r d e bei einem subjektiven Rechtsverständnis verneint. Informationelle Selbstbestimmung k ö n n e n i c h t in ein s u b j e k t i v e s R e c h t auf D a t e n s c h u t z einerseits u n d ihre B e d e u t u n g als F u n k t i o n s b e d i n g u n g eines f r e i h e i t l i c h - d e m o k r a t i s c h e n

Gemeinwesens

andererseits aufgeteilt w e r d e n , o h n e dass zugleich ihre R e c h t f e r t i g u n g u n d ihr Ziel in F r a g e gestellt w ü r d e n . 1 0 E i n e der a r g u m e n t a t i v e n G r u n d l a g e n seiner V e r k n ü p f u n g v o n i n f o r m a t i o n e l ler S e l b s t b e s t i m m u n g u n d d e m o k r a t i s c h e r F u n k t i o n s f ä h i g k e i t ist f ü r D o n o s die V o l k s z ä h l u n g s e n t s c h e i d u n g des B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t s . " D a s G e r i c h t b e t o n t in dieser E n t s c h e i d u n g , dass ein Verlust an i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g nicht n u r die „individuellen E n t f a l t u n g s c h a n c e n des E i n z e l n e n "

beein-

t r ä c h t i g e n w ü r d e , s o n d e r n a u c h das G e m e i n w o h l , „weil S e l b s t b e s t i m m u n g eine e l e m e n t a r e F u n k t i o n s b e d i n g u n g eines auf H a n d l u n g s - u n d M i t w i r k u n g s f ä h i g keit seiner B ü r g e r b e g r ü n d e t e n f r e i h e i t l i c h e n d e m o k r a t i s c h e n

Gemeinwesens"

sei. 1 2 A l l e r d i n g s hält dieser Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g u n d D e m o k r a t i e das B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t gerade nicht d a v o n ab, das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t im s u b j e k t i v e n R e c h t des E i n z e l n e n auf freie E n t f a l t u n g seiner P e r s ö n l i c h k e i t zu v e r a n k e r n . E s b e s t e h t auch kein G r u n d , w a r u m g e g e n ü b e r der o b j e k t i v e n B e d e u t u n g des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s als G r u n d l a g e eines freien d e m o k r a t i s c h e n

Gemeinwesens

seine s u b j e k t i v e F u n k t i o n als individuelles R e c h t auf D a t e n s c h u t z z u r ü c k t r e t e n sollte. K o m m u n i k a t i o n s - u n d D e m o k r a t i e f ä h i g k e i t des E i n z e l n e n w e r d e n n i c h t d a d u r c h a u f g e h o b e n , dass i h m s u b j e k t i v e R e c h t e an den seine P e r s o n b e t r e f f e n den I n f o r m a t i o n e n z u g e s p r o c h e n w e r d e n . E s geht zu w e i t , s u b j e k t i v e F r e i h e i t mit A b s t i n e n z v o m ö f f e n t l i c h e n D i s k u r s g l e i c h z u s e t z e n u n d daraus auf einen Verlust v o n K o m m u n i k a t i o n m i t „ s c h w e r w i e g e n d e n s o z i a l - p o l i t i s c h e n K o n s e -

8 Donos, Datenschutz, S. 126 („in allen seinen Versionen und Nuancen oder mit neuen Resubjektivierungsstrategien"). 9 A.a.O., S. 125. 10 Donos, Datenschutz, S. 124ff. in Anschluss an Simitis in ders., BDSG, § 1 Rdn.38. 11 Donos, Datenschutz, S. 124. 12 BVerfGE 65, 1 (43) - Volkszählung.

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

205

q u e n z e n " zu s c h l i e ß e n . 1 3 D i e o b j e k t i v e B e d e u t u n g des R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e Selbstbestimmung

als F u n k t i o n s b e d i n g u n g

eines

freiheitlich-demokratischen

G e m e i n w e s e n s k a n n sich a u c h dann entfalten, w e n n dieses R e c h t als ein s u b j e k t i ves R e c h t qualifiziert w i r d . O b j e k t i v e u n d s u b j e k t i v e Seite des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s s c h l i e ß e n sich n i c h t gegenseitig aus. I n der o b j e k t i v e n F u n k t i o n des R e c h t s auf inf o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g k o m m t v i e l m e h r eine „ E r g ä n z u n g u n d p r i n z i pielle V e r s t ä r k u n g des G r u n d r e c h t s als s u b j e k t i v e s R e c h t z u m A u s d r u c k " . 1 4 U n d e b e n s o ist auch u m g e k e h r t die s u b j e k t i v e F u n k t i o n des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s V o r a u s s e t z u n g dafür, dass die o b j e k t i v e n Z i e l - u n d W e r t v o r stellungen v o n D a t e n s c h u t z tatsächlich e r r e i c h t w e r d e n . F u n k t i o n jedes s u b j e k t i ven R e c h t s ist es, d e z e n t r a l d e m I n d i v i d u u m selbst die M ö g l i c h k e i t der R e c h t s d u r c h s e t z u n g an die H a n d zu g e b e n . ' 5 G e r a d e i m D a t e n s c h u t z r e c h t hat sich s c h o n f r ü h z e i t i g die E r k e n n t n i s d u r c h g e s e t z t , dass sich D a t e n s c h u t z o h n e die E i n r ä u m u n g s u b j e k t i v e r R e c h t e n u r s c h w e r v e r w i r k l i c h e n lässt. W a r die erste G e n e r a t i o n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r R e g e l w e r k e n o c h v o r allem v o n T e c h n i k b e z o genheit, Prozessorientierung und behördlichen Planungs- und Prüfungsverfahren geprägt, trat bereits m i t der z w e i t e n G e n e r a t i o n die A b s i c h e r u n g k o n k r e t e r individueller R e c h t s a n s p r ü c h e des E i n z e l n e n in den V o r d e r g r u n d . 1 6 M i t der E r k e n n t n i s der U n ü b e r s c h a u b a r k e i t m ö g l i c h e r D a t e n s c h u t z - V e r l e t z e r

verschob

sich der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e F o k u s w e g v o n einer o b j e k t i v e n K o n t r o l l e hin zu einer S u b j e k t i v i e r u n g des D a t e n s c h u t z e s . D e r E i n z e l n e s o l l t e d u r c h Z u o r d n u n g s u b j e k t i v e r A b w e h r r e c h t e in die L a g e v e r s e t z t w e r d e n , selbst einer m i s s b r ä u c h l i c h e n D a t e n v e r a r b e i t u n g e n t g e g e n z u t r e t e n u n d auf diese W e i s e seine s c h u t z w ü r digen B e l a n g e zu w a h r e n . 1 7 S o k a m es zu der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n G r u n d k o n s t r u k t i o n , die d e m d e u t s c h e n D a t e n s c h u t z r e c h t bis h e u t e z u g r u n d e liegt: E i n e D a t e n v e r a r b e i t u n g ist n u r d a n n zulässig, w e n n dies d u r c h R e c h t s v o r s c h r i f t e r l a u b t ist o d e r der B e t r o f f e n e eingewilligt h a t . 1 8 D e m e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n w i r d d a m i t

In diesem Sinne aber Donos, Datenschutz, S. 125. Schmitt Glaeser in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 129 Rdn. 87; dagegen jedoch Donos, Datenschutz, S. 124 und Simitis in ders., BDSG, §1 Rdn. 38. 15 Peifer, Individualität, S. 140. 16 Siehe Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 113ff. Grundsätzlich kann, in Anschluss an Mayer-Schönberger, die konzeptionelle Entwicklung des Datenschutzrechts in vier Phasen mit jeweils unterschiedlichen Leitbildern unterteilt werden: (1) die Datenschutzgesetzgebung der ersten Generation mit dem Leitbild einiger weniger Großdatenbanken; (2) die Erkenntnis von „mehr und anderen" Tätern und die Begründung subjektiver Abwehrrechte; (3) die Entwicklung von bloßen Abwehrrechten hin zu partizipatorischen Gestaltungsrechten, in erster Linie in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts; (4) die Fortschreibung und Stärkung individueller Rechtspositionen einerseits und ein direkter staatlicher Eingriff in die Datenverarbeitung in manchen Teilbereichen andererseits. 13

14

17 18

Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 119ff.; ders., Data Protection, S.226. Siehe schon §3 Satz 1 des BDSG 1977: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten ... ist

206

J. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

- s o w e i t eine D a t e n v e r a r b e i t u n g n i c h t gesetzlich erlaubt ist - das s u b j e k t i v e R e c h t z u g e o r d n e t , eine E i n w i l l i g u n g in die V e r a r b e i t u n g seiner D a t e n zu erteilen o d e r zu versagen u n d auf diese W e i s e ü b e r die r e c h t l i c h e Zulässigkeit einer D a t e n v e r a r b e i t u n g zu e n t s c h e i d e n .

2. Derprivatistische

Charakter

eines Rechts an den eigenen

Daten

V o r b e h a l t e n b e g e g n e t ein R e c h t an den eigenen D a t e n auch i n s o w e i t , als es die V o r s t e l l u n g v o m i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t als e i n e m privatistis c h e n H e r r s c h a f t s - u n d V e r f ü g u n g s r e c h t w e c k t . W i e d e r u m steht der E i n w a n d der k o m m u n i k a t i v e n u n d d e m o k r a t i s c h e n R e l e v a n z i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g i m M i t t e l p u n k t . S o w e n d e t sich e t w a T r u t e gegen j e d e K o n z e p t i o n inf o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g als H e r r s c h a f t s r e c h t ü b e r die e i g e n e n D a t e n u n d f o r d e r t stattdessen ein „ R e c h t auf S c h a f f u n g u n d E r h a l t u n g der B e d i n g u n g e n ... u n t e r d e n e n eine f r e i h e i t l i c h e D a r s t e l l u n g der P e r s ö n l i c h k e i t m ö g l i c h i s t . " 1 9 I n f o r m a t i o n u n d K o m m u n i k a t i o n seien G r u n d b e d i n g u n g der P e r s ö n l i c h k e i t s b i l d u n g u n d - d a r s t e l l u n g , ein e i g e n t u m s a n a l o g e s

Informationsbeherrschungsrecht

w e r d e dieser B e d e u t u n g n i c h t gerecht. E b e n s o w e n d e t sich auch H o f f m a n n - R i e m gegen eine K o n z e p t i o n des R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g als „ p r i vatistisches A b w e h r r e c h t " . I n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g ziele d a r a u f ab, d e m E i n z e l n e n eine s e l b s t b e s t i m m t e T e i l h a b e a m K o m m u n i k a t i o n s p r o z e s s u n d d a d u r c h die E n t f a l t u n g seiner P e r s ö n l i c h k e i t zu e r m ö g l i c h e n . 2 0 E i n e S i c h t w e i s e , w e l c h e private u n d ö f f e n t l i c h e K o m m u n i k a t i o n n u r u n t e r d e m A s p e k t des A u s gleichs w i d e r s t r e i t e n d e r a b s o l u t e r H e r r s c h a f t s r e c h t e erfasst, m u t e d a g e g e n „red u k t i o n i s t i s c h u n d einer d e m o k r a t i s c h e n u n d s o z i a l - s t a a t l i c h e n G e s e l l s c h a f t u n a n g e m e s s e n a n . " 2 1 Z w a r geht H o f f m a n n - R i e m n i c h t so weit, d e m i n f o r m a t i o n e l len S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t j e g l i c h e s u b j e k t i v e F u n k t i o n a b s p r e c h e n zu w o l l e n . E r w e n d e t sich j e d o c h gegen ein V e r s t ä n d n i s des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s als b l o ß e s A b w e h r r e c h t und gegen eine nach A r t der E i g e n t u m s f r e i heit k o n z i p i e r t e A u s g e s t a l t u n g dieses R e c h t s . 2 2 A n die Stelle eines s o l c h e n n e g a t o r i s c h e n S c h r a n k e n d e n k e n s m ü s s e v i e l m e h r ein „ D e n k e n in V e r k e h r s r e g e l n u n d

... nur zulässig, wenn 1. dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder 2. der Betroffene eingewilligt hat." 19 Trute in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 2.5 Rdn.21f. 20 Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 (521). 21 Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 (522); ähnlich Simitis in ders., BDSG, Einl. Rdn.25f. und §1 Rdn.38ff. 22 Ahnlich zum rechtlichen Status von Informationen in einem modernen „Informations(straf)recht" Sieber, C R 1995,100 (111): „Information [ist] ein eher ,öffentliches Gut', das in einer offenen Gesellschaft frei fließen muss und deswegen nicht wie körperliche Gegenstände durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt werden darf. Dieses grundlegende Prinzip der Informationsfreiheit' und des .freien Informationsflusses' ist eine wesentliche Voraussetzung für ein freies wirtschaftliches und politisches System."

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

207

V e r a n t w o r t l i c h k e i t e n " 2 3 treten u n d eine d a r a u f a u s g e r i c h t e t e D o g m a t i k des o b j e k t i v - und s u b j e k t i v - r e c h t l i c h e n G r u n d r e c h t s s c h u t z e s . 2 4 Indes lässt auch ein s o l c h e s D e n k e n in V e r k e h r s r e g e l n u n d V e r a n t w o r t l i c h k e i ten n i c h t die N o t w e n d i g k e i t entfallen, die R e c h t e an p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n z w i s c h e n d e n e i n z e l n e n I n t e r e s s e n t r ä g e r n zu verteilen. N e u e S c h u t z k o n z e p t e im D a t e n s c h u t z r e c h t wie S y s t e m s c h u t z u n d S e l b s t s c h u t z k ö n n e n n i c h t die Z u t e i lung v o n R e c h t e n an I n f o r m a t i o n e n e r s e t z e n , s o n d e r n lediglich die e i g e n v e r a n t w o r t l i c h e W a h r n e h m u n g dieser R e c h t e u n t e r s t ü t z e n . 2 5 W e n n der Staat mittels Vorkehrungen zur sparsamen Datenerhebung und N u t z u n g technischer Vorkehr u n g e n d e m B ü r g e r einen e f f e k t i v e n S c h u t z seiner D a t e n e r m ö g l i c h e n soll, 2 6 so b l e i b t die F r a g e , w e l c h e p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n d e m E i n z e l n e n als „seine D a t e n " z u z u o r d n e n sind. U n d w e n n es die A u f g a b e des Staates ist, einen s t r u k t u r i e r e n d e n R a h m e n b e r e i t z u s t e l l e n , i n n e r h a l b d e s s e n die B e t e i l i g t e n ihre I n t e r e s s e n so w e i t wie m ö g l i c h im W e g e der S e l b s t r e g u l i e r u n g w a h r n e h m e n , 2 7 so setzt dies im A u s g a n g s p u n k t z u n ä c h s t einmal eine R e c h t e v e r t e i l u n g v o r a u s , die es f ü r die Beteiligten ü b e r h a u p t n ö t i g m a c h t , sich i m W e g e der S e l b s t r e g u l i e r u n g u m eine „ V e r s c h i e b u n g " dieser R e c h t e zu b e m ü h e n . W e n n h i e r b e i im A u s g a n g s p u n k t d e m e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n ein R e c h t an seinen D a t e n z u g e s p r o c h e n w i r d , stellt dies klar, dass g r u n d s ä t z l i c h z u n ä c h s t e i n m a l i h m das R e c h t z u s t e h e n soll, ü b e r das O b und W i e einer V e r a r b e i t u n g seiner p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n zu b e s t i m m e n . D a s R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g sagt im W e s e n t l i c h e n n i c h t s anderes. L e t z t e r e s R e c h t soll auch n i c h t d u r c h das R e c h t an d e n eigenen D a t e n ersetzt, s o n d e r n lediglich e r g ä n z t w e r d e n - u m i n s o w e i t zu v e r d e u t l i c h e n , dass es z u m i n d e s t im p r i v a t r e c h t l i c h e n D a t e n s c h u t z n i c h t n u r u m die h e h r e n W e r t e der D e m o k r a t i e u n d K o m m u n i k a t i o n geht, s o n d e r n a u c h ganz banal u m den A u s g l e i c h w i d e r s t r e i t e n d e r I n t e r e s s e n z w i s c h e n D a t e n v e r a r b e i t e r n u n d v o n der D a t e n v e r a r b e i t u n g B e t r o f f e n e n . 2 8 P e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n sind e b e n s o wie a n d e r e materielle o d e r i m m a t e r i e l l e G ü t e r - einer Vielzahl v o n I n t e ressen und B e g e h r l i c h k e i t e n ausgesetzt, die in K o n f l i k t m i t e i n a n d e r stehen. D e r G e s e t z g e b e r k o m m t n i c h t u m h i n , diesen K o n f l i k t zu e n t s c h e i d e n . 2 9 E r m u s s , in

Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 (524) unter Berufung auf Suhr, Entfaltung, S. 129ff. Hoffmann-Riem a.a.O. 2 5 Siehe auch Mayer-Schönberger, Information und Recht, S.21 f., der den Systemschutz dem Bereich der „Cyberstructure" zuordnet und insoweit von einer Wiederbelebung des technikgestaltenden Ansatzes der siebziger Jahre spricht. Jedenfalls sei es aber auch unter Zugrundelegung dieses Ansatzes nötig, zunächst einmal die subjektiven Rechte an Informationen zu regeln, um dann in einem zweiten Schritt die notwendigen strukturellen Voraussetzungen zu deren Durchsetzung zu schaffen. 26 Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 (535). 27 Hoffmann-Riem a.a.O., S. 537. 28 Vgl. Boehme-Neßler, K&R 2002, 217 (221). 2 9 Siehe nochmals Calabresi/Melamed, 85 Harv. L. Rev. 1089, 1090 (1972): „The first issue which must be faced by any legal system is one we call the problem of .entitlement'. Whenever a 23 24

208

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

w e l c h e r F o r m auch i m m e r , ü b e r die Z u o r d n u n g v o n R e c h t e n an p e r s o n e n b e z o g e nen I n f o r m a t i o n e n e n t s c h e i d e n - allgemein verstanden als eine E n t s c h e i d u n g d a rüber, w e r ü b e r das O b u n d W i e einer N u t z u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r I n f o r m a t i o nen b e s t i m m e n darf. E i n R e c h t an d e n eigenen D a t e n , das a m E n d e eines s o l c h e n A b w ä g u n g s v o r gangs steht, m a g d u r c h a u s e i n e m „ n e g a t o r i s c h e n S c h r a n k e n d e n k e n " e n t s p r e c h e n u n d die M ö g l i c h k e i t „ p r i v a t i s t i s c h e r " K o n s e q u e n z e n mit sich b r i n g e n : 3 0 D e r E i n z e l n e k a n n v o n s e i n e m R e c h t G e b r a u c h m a c h e n , seine D a t e n n i c h t z u M a r k e t i n g o d e r M a r k t f o r s c h u n g s z w e c k e n z u r V e r f ü g u n g zu stellen, er k a n n sich gegen F r a gen des A r b e i t g e b e r s ü b e r seine p o l i t i s c h e n u n d w e l t a n s c h a u l i c h e n U b e r z e u g u n gen s c h ü t z e n , er k a n n d a v o n a b s e h e n , seine D a t e n z u m Z w e c k e der T e i l n a h m e an K u n d e n b i n d u n g s p r o g r a m m e n o d e r P r e i s a u s s c h r e i b e n p r e i s z u g e b e n u n d so w e i ter. E i n e B e e i n t r ä c h t i g u n g der d e m o k r a t i s c h e n u n d s o z i a l - s t a a t l i c h e n

Gesell-

schaft ist d a m i t j e d o c h k a u m v e r b u n d e n . In G e f a h r geraten K o m m u n i k a t i o n s u n d D e m o k r a t i e f ä h i g k e i t n i c h t d a d u r c h , dass d e m E i n z e l n e n ein R e c h t an s e i n e n D a t e n z u g e s p r o c h e n w i r d , s o n d e r n allenfalls d a d u r c h , dass dieses R e c h t in seiner konkreten Ausgestaltung unverhältnismäßig ausgeübt werden kann. K o m m u n i k a t i o n s l o s i g k e i t d r o h t d a n n , w e n n ein R e c h t a m eigenen D a t u m so w e i t geht, dass a u c h e r w ü n s c h t e u n d n o t w e n d i g e V o r g ä n g e des I n f o r m a t i o n s a u s t a u s c h s

be-

s c h r ä n k t w e r d e n k ö n n e n . U n d die D e m o k r a t i e f ä h i g k e i t des E i n z e l n e n k a n n dann b e e i n t r ä c h t i g t sein, w e n n dieser auf sein R e c h t vollständig u n d u n w i d e r r u f l i c h v e r z i c h t e n k a n n u n d sich so z u m b l o ß e n O b j e k t ö f f e n t l i c h e r A n t e i l n a h m e u n d E i n f l u s s n a h m e degradiert. E s geht s o m i t also u m z w e i v e r s c h i e d e n e F r a g e n , die a u c h g e t r e n n t v o n e i n a n d e r zu b e u r t e i l e n sind: z u m einen die F r a g e der Z u t e i l u n g eines R e c h t s an p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n u n d z u m a n d e r e n die sich daran ans c h l i e ß e n d e F r a g e der n ä h e r e n A u s g e s t a l t u n g eines s o l c h e n R e c h t s . D i e erste F r a ge k a n n d u r c h a u s im S i n n e eines s u b j e k t i v e n , privatistischen R e c h t s an den eigenen D a t e n b e a n t w o r t e t w e r d e n . E r s t in e i n e m z w e i t e n S c h r i t t , w e n n es u m die k o n k r e t e A u s g e s t a l t u n g dieses R e c h t s an den eigenen D a t e n geht, ist zu ü b e r l e gen, i n w i e w e i t hier a u c h ü b e r i n d i v i d u e l l e B e l a n g e der K o m m u n i k a t i o n u n d D e m o k r a t i e eine m a ß g e b l i c h e R o l l e spielen sollen.

II. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht als Vermögensrecht D a s B i l d v o m i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t als e i n e m R e c h t an d e n eigenen D a t e n b e g e g n e t n i c h t n u r d a h i n g e h e n d V o r b e h a l t e n , ein s o l c h e s R e c h t w e r d e der o b j e k t i v e n B e d e u t u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g f ü r K o m m u n i k a t i o n u n d D e m o k r a t i e n i c h t h i n r e i c h e n d g e r e c h t . V o r b e h a l t e b e s t e h e n vielstate is presented with the conflicting interests of two or more people, or two or more groups of people, it must decide which side to favor." 30 Siehe soeben Text bei Fn.20 bis 24.

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

209

m e h r auch i n s o w e i t , als ein R e c h t „ a n " d e n eigenen D a t e n die Z u o r d n u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n zu einer P e r s o n als etwas „ A n d e r e s " o d e r „ A u ß e n s t e h e n d e s " impliziert. P e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n w e r d e n als O b j e k t einer b e s t i m m t e n P e r s o n als S u b j e k t z u g e o r d n e t . 3 1 D a s R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g w i r d auf diese W e i s e in die N ä h e eines i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s ä h n l i c h e n V e r m ö g e n s r e c h t s g e r ü c k t - eine E i n o r d n u n g , die mit der traditionellen p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e n V e r a n k e r u n g des R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g in K o n f l i k t zu geraten s c h e i n t u n d v o r allem v o n d e n j e n i g e n als u n z u r e i c h e n d e m p f u n d e n w i r d , die sich gegen eine k o m m e r z i e l l m o t i v i e r t e V e r s e l b s t ä n d i g u n g e i n z e l n e r P e r s ö n l i c h k e i t s g ü t e r w e n d e n u n d das P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t in erster L i nie als ein A b w e h r r e c h t z u m S c h u t z ideeller I n t e r e s s e n b e t r a c h t e n . 3 2 1. Die Verschiedenheit Unproblematisch

von Person

wäre

und

die E i n o r d n u n g

Persönlichkeitsgut des

informationellen

Selbstbestim-

m u n g s r e c h t s als ( a u c h ) i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s ä h n l i c h e s V e r m ö g e n s r e c h t dann, w e n n m a n p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n als v o n der b e t r e f f e n d e n P e r s o n v e r s e l b s t ä n digte G ü t e r begreift. A u s g e h e n d v o n der L e h r e K o h l e r s , der d e n B e g r i f f des I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s geprägt hat, 3 3 stützt sich eine D i f f e r e n z i e r u n g z w i s c h e n P e r s ö n l i c h k e i t s - u n d I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t heute in erster L i n i e auf die K r i t e r i e n der V e r k e h r s f ä h i g k e i t u n d A b l ö s b a r k e i t . 3 4 E n t s c h e i d e n d soll sein, o b sich P e r s ö n l i c h k e i t s a t t r i b u t e derart v o n der b e t r e f f e n d e n P e r s o n a b l ö s e n lassen, dass sie zu s e l b ständigen G ü t e r n w e r d e n , die im R e c h t s v e r k e h r ein E i g e n l e b e n f ü h r e n k ö n n e n . 3 5 A l l e r d i n g s : S o o b j e k t i v u n d u n m i s s v e r s t ä n d l i c h diese D i f f e r e n z i e r u n g z u n ä c h s t klingt, so d e h n b a r u n d vieldeutig ist sie g l e i c h w o h l in der k o n k r e t e n A n w e n d u n g . B e j a h t m a n etwa mit H u b m a n n die A b l ö s b a r k e i t u n d V e r k e h r s f ä h i g k e i t eines P e r s ö n l i c h k e i t s g u t s s c h o n d a n n , w e n n dieses in ä u ß e r e r F o r m fixiert u n d d a d u r c h u m l a u f f ä h i g g e m a c h t w e r d e n k a n n , 3 6 ist der K r e i s m ö g l i c h e r I m m a t e r i a l r e c h t s g ü t e r s e h r weit g e z o g e n u n d d e h n t sich m i t den f o r t s c h r e i t e n d e n t e c h n i s c h e n M ö g l i c h k e i t e n einer F i x i e r u n g a u c h i m m e r w e i t e r aus. 3 7 E s k o m m t zu einer w e i t g e henden „Vergegenständlichung" von Persönlichkeitsdetails und Persönlichkeits-

31 Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 19ff.; siehe auch Sieber, Jura 1993,561 (568) (zu „Verfügungsrechten an Informationen"). 32 Siehe vor allem Peifer, Individualität, S.291 ff. 33 Kohler, AcP 82 (1894), 141 (157). 34 Siehe Gotting, Persönlichkeitsrechte, S.9ff.; Peifer, Individualität, S. 141 f.; Ulimann, AfP 1999,209 (210). Zu Kohlers Definition des Immaterialgüterrechts siehe den., Urheberrecht, S. 1 („ein Recht an einem außerhalb des Menschen stehenden, aber nicht körperlichen, nicht fassund greifbaren Rechtsgute"). 35 Peifer a.a.O., S. 142. 36 Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 221. 37 Vergleiche Hubmann a.a.O., S. 136: „Durch die technische Entwicklung sind aber auch Werte, die eng an die Person geknüpft sind, von ihr ablösbar und verkehrsfähig geworden, z.B. die Gedanken, die zu Papier gebracht oder sonst einem festen Stoff aufgeprägt wurden".

210

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

a s p e k t e n , w o f ü r es teils s c h o n als a u s r e i c h e n d angesehen wird, dass diese aufgez e i c h n e t o d e r i r g e n d w i e s o n s t festgehalten w e r d e n k ö n n e n . 3 8 P e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n lassen sich bei dieser S i c h t w e i s e o h n e w e i t e r e s als a b l ö s b a r a n s e h e n , da a u c h sie sich auf ä u ß e r e n D a t e n t r ä g e r n fixieren, sich a b s p e i c h e r n u n d in L i s t e n ü b e r n e h m e n lassen u n d m i t i h n e n „ p a k e t w e i s e " gehandelt w e r d e n k a n n . E b e n s o lässt sich a b e r auch die u m g e k e h r t e P e r s p e k t i v e e i n n e h m e n , w o n a c h P e r s ö n l i c h k e i t s a s p e k t e niemals ein E i g e n l e b e n o h n e die P e r s o n f ü h r e n k ö n n e n , auf die sie sich b e z i e h e n . P e r s ö n l i c h k e i t s a s p e k t e k ö n n e n ihre H e r k u n f t n i c h t v e r leugnen, sie sind „ k e i n e a u ß e r h a l b der P e r s ö n l i c h k e i t in gleicher Q u a l i t ä t existier e n d e n O b j e k t e . " 3 9 D i e s gilt in b e s o n d e r e m M a ß e a u c h fürpersorcewbezogene D a ten, deren eigentliche B e d e u t u n g gerade darin liegt, dass sie sich auf P e r s o n e n b e z i e h e n u n d E i n z e l a n g a b e n ü b e r die p e r s ö n l i c h e n o d e r sachlichen V e r h ä l t n i s s e ein e r b e s t i m m t e n o d e r b e s t i m m b a r e n n a t ü r l i c h e n P e r s o n liefern. 4 0 D i e b e s o n d e r e n B e z i e h u n g e n des I n d i v i d u u m s zu seinen D a t e n lassen sich nicht allein auf eine e i n d i m e n s i o n a l e B e z i e h u n g v o m e i n z e l n e n S u b j e k t hin zu den ihn b e t r e f f e n d e n p e r s ö n l i c h e n D a t e n r e d u z i e r e n . 4 1 J e d e I n f o r m a t i o n , die sich auf eine b e s t i m m t e P e r s o n b e z i e h t , ist eine I n f o r m a t i o n über

diese P e r s o n , sie spiegelt z u g l e i c h deren

Identität wider, sie s e l b s t . 4 2 I n s o w e i t ist d a h e r die B e z i e h u n g z w i s c h e n P e r s o n u n d I n f o r m a t i o n einer e i g e n t u m s ä h n l i c h e n R e l a t i o n gerade e n t g e g e n g e s e t z t : „Sie zeigt v o n der I n f o r m a t i o n z u m M e n s c h e n - v o m A b b i l d z u m O r i g i n a l . Sie w i r k t auf das S u b j e k t z u r ü c k . " 4 3 E r s t w e n n p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n a n o n y m i s i e r t , also „ e n t p e r s o n a l i s i e r t " , w e r d e n , verlieren sie ihre b e s o n d e r e p e r s o n e n b e z o g e n e Q u a l i t ä t - w o b e i es sich d a n n gerade n i c h t m e h r u m p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n h a n d e l t , 4 4 m i t der K o n s e q u e n z , dass sie auch n i c h t m e h r d e m S c h u t z b e r e i c h der Datenschutzgesetze unterfallen.45

3 8 Siehe Forkel, G R U R 1988, 491 (498): „In unterschiedlichster Weise kommt es zu solchen Vergegenständlichungen von Persönlichkcitsdetails oder -aspekten, etwa wenn geheime Gedanken aufgezeichnet, Lebensumstände ausspioniert und festgehalten, ärztliche Befunde erstellt werden"; ebenso ders., N J W 1993, 3181 (3182): „Bei manchen Persönlichkeitsgütern begegnen wir nämlich Objektivierungen, etwa wenn Personen abgebildet, Worte aufgezeichnet, Tagebücher niedergeschrieben werden. Bestandteile der Person lösen sich partiell - nicht vollständig von ihr ab" (Hervorhebung im Original). Siehe demgegenüber aber etwa Peukert, Z U M 2000, 710 (714), der eine bloße „Materialisierbarkeit" und die daraus folgende faktische Verkehrsfähigkeit eines Abbildes im Photo oder eines Lebensbildes im Datensatz für eine Vergegenständlichung im privatrechtlichen Sinne nicht ausreichen lassen will.

Peifer, Individualität, S. 143. Siehe die Begriffsbestimmung in § 3 I B D S G . 41 Siehe schon Meister (Datenschutz im Zivilrecht), der zwar den Begriff des Rechts am eigenen Datum geprägt hat (S. 111 ff.), sich andererseits aber ausdrücklich gegen eine Einordnung dieses Rechts als Eigentums- oder Immaterialgüterrecht wendet (S. 92ff.). 39

40

Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 55. Mayer-Schönberger a.a.O. 4 4 Vorausgesetzt, dass die Bestimmbarkeit der Person aus diesen Daten völlig ausgeschlossen ist. Davon zu unterscheiden ist eine Anonymisierung, aufgrund derer die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nur mit einem „unverhältnismäßig großen Aufwand an 42 43

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

211

W e n n sich aber s o w o h l f ü r als auch gegen eine A b l ö s b a r k e i t u n d V e r k e h r s f ä higkeit p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n A r g u m e n t e finden lassen, liegt die F r a g e nahe, o b es ü b e r h a u p t sinnvoll ist, auf die V e r s c h i e d e n h e i t v o n G u t u n d P e r s o n als e n t scheidendes Abgrenzungskriterium abzustellen. Aspekte wie Verkehrsfähigkeit o d e r A b l ö s b a r k e i t spiegeln eine O b j e k t i v i t ä t in der G e d a n k e n f ü h r u n g vor, die t a t s ä c h l i c h nicht gegeben ist. Viel e h e r s c h e i n t die j e w e i l i g e A n t w o r t d a v o n geprägt zu sein, wie die g r u n d s ä t z l i c h e E i n o r d n u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n als ideelles o d e r materielles R e c h t ausfällt. W e r einer v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n B e t r a c h t u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n w o h l w o l l e n d g e g e n ü b e r s t e h t , wird auch d a z u neigen, in g r o ß z ü g i g e m M a ß e eine T r e n n b a r k e i t z w i s c h e n P e r s o n u n d P e r s ö n l i c h k e i t s g u t a n z u n e h m e n . D i e s k a n n bis hin zu einer s t r i k t e n T r e n n u n g z w i s c h e n der P e r s ö n l i c h k e i t als s o l c h e r u n d d a v o n zu u n t e r s c h e i d e n d e n materiellen p e r s ö n l i c h k e i t s n a h e n G e g e n s t ä n d e n g e h e n . 4 6 S o w e r d e n P e r s o n a l d a t e n m i t der B e g r ü n d u n g , dass diese „ n i c h t B e s t a n d t e i l der individuellen P e r s ö n l i c h k e i t , s o n d e r n ... a u ß e r h a l b dieser selbst v e r f ü g b a r " sind, als G e g e n s t ä n d e im S i n n e des b ü r g e r l i c h e n V e r m ö g e n s r e c h t s e i n g e o r d n e t u n d d e m E i n z e l n e n w i r d ein u m f a s s e n d e s I m materialgüterrecht

an solcherlei

eigenpersönlichen

Gegenständen

zugespro-

c h e n . 4 7 D o g m a t i s c h s t r i n g e n t m a g s o l c h eine strikte T r e n n u n g z w i s c h e n P e r s o n u n d P e r s ö n l i c h k e i t s g u t d u r c h a u s sein. G l e i c h w o h l geht es zu w e i t , sich allein auf eine s o l c h e t e c h n i s c h e A r g u m e n t a t i o n z u r ü c k z u z i e h e n u n d d a m i t all diejenigen B e f ü r c h t u n g e n a u s z u b l e n d e n , die bei einer V e r g e g e n s t ä n d l i c h u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s g ü t e r n 4 8 auch eine M a r k t k o n f o r m i t ä t der P e r s o n als g a n z e r e r w a r t e n . 4 9 T a t s ä c h l i c h ist die E n t s c h e i d u n g ü b e r die E i n o r d n u n g des R e c h t s an d e n eigenen D a t e n als immaterielles P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t o d e r als i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s ä h n l i c h e s V e r m ö g e n s r e c h t eine genuin r e c h t s p o l i t i s c h e E n t s c h e i d u n g . D e r U m stand, dass sich ein P e r s ö n l i c h k e i t s g u t in t e c h n i s c h e r H i n s i c h t fixieren lässt o d e r w i r t s c h a f t l i c h einen eigenständigen W e r t darstellt, k a n n z w a r A n l a s s für die Ü b e r l e g u n g sein, o b es auch r e c h t l i c h als ein eigenständiges R e c h t s g u t zu b e h a n deln ist. Z u g l e i c h mag d i e s e m U m s t a n d a u c h eine gewisse I n d i z w i r k u n g z u g u n s ten einer i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t l i c h e n E i n o r d n u n g z u k o m m e n . Weil a b e r im digiZeit, Kosten und Arbeitskraft" einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können; siehe §3 VI BDSG (und näher dazu Dammann in Simitis, BDSG, § 1 Rdn. 202). 4 5 Siehe § 1 BDSG (Zweck und Anwendungsbereich) mit seinem Bezug auf „personenbezogene Daten". 46 Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsgüterrechte, S. 21 f. 47 Beuthien/Schmölz a.a.O., S. 64. 48 Siehe Beuthien/Schmölz a.a.O., S. 34, die von der materiellen Befugnis sprechen, „vermarktungsfähige und damit entgeltwerte Gegenstände mit nahem Persönlichkeitsbezug (also menschliche Abbilder, höchstpersönliche Daten usw.) zu verwerten" (Hervorhebung im Originaltext). 4 9 Zu den Befürchtungen, dass sich bei einer Vergegenständlichung von Persönlichkeitsgütern der Einzelne in der Herausbildung seiner Persönlichkeit unweigerlich auch an den Marktgegebenheiten orientieren und sich zu einer „marktfähigen Person" entwickeln wird, siehe insbesondere Peifer, Individualität, S. 291 ff., der davor warnt, dass sich die Einstellung zur eigenen Persönlichkeit ändert, wenn diese zur Marktware wird.

212

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

talen Zeitalter praktisch alles technisch fixierbar ist und in der heutigen Informations- und Sensationsgesellschaft ein Markt für die Verwertung sämtlicher Persönlichkeitsaspekte besteht, ist es letztendlich doch an der Gesetzgebung zu entscheiden, inwieweit sie die aktuellen Möglichkeiten und Begehrlichkeiten durch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen absegnen und fördern will. 5 0 Es geht um das oben bereits angesprochene grundsätzliche Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Rechtsordnung. 5 1 Es geht um die Doppelfunktion des Rechts: einerseits seine dienende Funktion gegenüber der Wirklichkeit, weshalb es für neue Formen der Vermarktung auch einen entsprechenden Ordnungsrahmen bieten muss; zum anderen seine gestaltende Funktion, indem es gesellschaftlichen Tendenzen wie der einer fortschreitenden Kommerzialisierung der Persönlichkeit dort entgegentritt, w o höherrangige rechtliche oder ethische Prinzipien dies gebieten. 2. Der vermögensrechtliche a) Vermögensrecht

und

Charakter informationeller

Selbstbestimmung

Immaterialgüterrecht

Wenn hier im Ergebnis ein vermögensrechtlicher Charakter des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bejaht wird, ist damit keine Entscheidung über die Einordnung dieses Rechts auch als Immaterialgüterrecht verbunden. Die Begriffe Vermögensrecht und Immaterialgüterrecht werden zwar oftmals s y n o n y m verwendet, sind aber gleichwohl nicht identisch. 5 2 Unter den Begriff des Vermögensrechts (im hier verstandenen Sinne) fallen all diejenigen Rechte, die nicht nur dem Schutz ideeller Interessen, sondern auch dem Schutz materieller Interessen zu dienen bestimmt sind. Unerheblich ist für die Einordnung als Vermögensrecht dagegen, inwieweit dieses Recht verkehrsfähig und übertragbar ist. Am deutlichsten zeigt sich dies beim Urheberrecht, welches zwar gemäß § 2 9 I UrhG grundsätzlich unübertragbar ist, dessen Einordnung als Vermögensrecht aber gleichwohl allgemein akzeptiert ist. Entscheidend sollen die Kriterien der Verkehrsfähigkeit und Übertragbarkeit hingegen für die Einordnung eines Rechts als Immaterialgüterrecht sein. Immaterialgüterrechte sind - so die übliche Definition - all diejenigen Rechte, die an verselbständigten, verkehrsfähigen geistigen Gütern bestehen. 53 O b und inwieweit diese Definition der Immaterialgüterrechte tatsächlich die nötige begriffliche Klarheit bringt, ist durchaus zweifelhaft schon deshalb, weil die Frage, welche Rechtsgüter „selbständig" sind, kaum ein50 Anderer Ansicht offensichtlich Ulimann, AfP 1999, 209 (210), für den Persönlichkeitselemente und -details allein aufgrund ihrer zunehmenden kommerziellen Verwertbarkeit de facto zu Immaterialgüterrechten werden; zustimmend Wandtke, G R U R 2000, 942 (947). 51 Siehe oben Teil 2 (B III 2). 52 Kritisch zur „Vermengung der Begriffe Vermögens- und Immaterialgüterrecht" vor allem Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 9ff. 53 Siehe soeben A II 1; siehe auch Schuck, JZ 2000, 1060 (1062): „die für ein Immaterialgüterrecht alles entscheidende Frage der Ubertragbarkeit oder Lizenzierbarkeit".

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

213

deutig b e a n t w o r t e t w e r d e n k a n n . 5 4 P a r a d i g m a t i s c h ist a u c h die U n k l a r h e i t d a r ü ber, o b das U r h e b e r r e c h t als I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t zu q u a l i f i z i e r e n ist. 5 5 E s ist d a h e r d u r c h a u s n a c h v o l l z i e h b a r , w e n n der B G H in seiner b i s h e r i g e n R e c h t s p r e c h u n g z u m P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t die allgemeine F r a g e , o b P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n auch der C h a r a k t e r eines I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s z u k o m m t , o f f e n gelassen u n d sich stattdessen auf die A u s g e s t a l t u n g der k o n k r e t e n r e c h t l i c h e n R a h m e n b e d i n g u n g e n k o n z e n t r i e r t hat. S o hat der G e r i c h t s h o f z w a r e n t s c h i e d e n , dass a u c h bei e i n e r V e r l e t z u n g b e s o n d e r e r P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e die aus d e m I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t b e k a n n t e n G r u n d s ä t z e der d r e i f a c h e n S c h a d e n s b e r e c h n u n g e i n greifen u n d dass die V e r m ö g e n s w e r t e n B e s t a n d t e i l e des

Persönlichkeitsrechts

b e i m T o d e seines Trägers auf dessen E r b e n ü b e r g e h e n ; eine allgemein gültige A u s sage z u m i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t l i c h e n C h a r a k t e r v o n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n hat das G e r i c h t damit a b e r n i c h t v e r b u n d e n . 5 6 W a s hingegen die E i n o r d n u n g des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s als V e r m ö g e n s r e c h t a n g e h t , w a r der B G H w e n i g e r z u r ü c k h a l tend u n d hat a u s d r ü c k l i c h festgestellt, dass das allgemeine P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t u n d seine b e s o n d e r e n E r s c h e i n u n g s f o r m e n n i c h t n u r d e m S c h u t z ideeller, s o n d e r n a u c h d e m S c h u t z k o m m e r z i e l l e r I n t e r e s s e n der P e r s ö n l i c h k e i t d i e n e n . 5 7 E n t s p r e c h e n d soll es auch hier im F o l g e n d e n allein d a r u m gehen, o b das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t - als b e s o n d e r e E r s c h e i n u n g s f o r m des allgem e i n e n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s - v e r m ö g e n s r e c h t l i c h zu q u a l i f i z i e r e n ist. D e r a b s t r a k t e n F r a g e einer i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t l i c h e n E i n o r d n u n g des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s soll d e m g e g e n ü b e r n i c h t w e i t e r n a c h g e g a n g e n w e r d e n ; e n t s c h e i d e n d ist vielmehr, w e l c h e k o n k r e t e n r e c h t l i c h e n

Rahmenbedingungen

gelten s o l l e n , w e n n d e m i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t auch ein v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e r C h a r a k t e r z u z u s p r e c h e n ist. D i e e n t s c h e i d e n d e F r a g e ist dah e r z u n ä c h s t , o b der z u n e h m e n d e n w i r t s c h a f t l i c h e n B e d e u t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n m i t einer v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n Q u a l i f i z i e r u n g des R e c h t s auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g R e c h n u n g getragen o d e r o b a m A u s g a n g s p u n k t eines allein an immateriellen R e c h t s g ü t e r n wie W ü r d e , P e r s ö n l i c h k e i t u n d F r e i heit a u s g e r i c h t e t e n S c h u t z z w e c k s festgehalten w e r d e n soll.

Soeben A II 1. Überwiegend wird dies bejaht; siehe Peifer, Individualität, S.142; Schack, Urheberrecht, Rdn. 22; Schricker in ders., Urheberrecht, Einl. Rdn. 21. Andererseits wird aber zu Recht eingewandt, dass das Urheberrecht aufgrund seines untrennbaren persönlichkeitsrechtlichen Bestandteils als solches nicht übertragbar ist (siehe §29 I UrhG) und die Bezeichnung Immaterialgüterrecht aus diesem Grund an sich nicht passend ist; siehe Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, Einl. Rdn. 29; im selben Sinne Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 10, der allerdings ergänzt, dass sich das Urheberrecht „in starkem Maße" einem Immaterialgüterrecht annähert. Für Peifer wiederum ist §29 UrhG Beleg dafür, dass es für eine Einordnung als Immaterialgüterrecht nicht auf das Kriterium der Ubertragbarkeit im engeren Sinne ankommt, sondern auf die „Verschiedenheit von Gut und Person"; Peifer a.a.O. 54

55

56 57

Vgl. Schack, JZ 2000, 1060 (1062). B G H Z 143, 214 - Marlene Dietrich; näher dazu sogleich.

214

3. Teil: Informationelle

b) Vermögensrecht

und

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

Persönlichkeitsrecht

Die bisherige Rechtsprechung des B G H legt es nahe, dass die persönlichkeitsrechtliche Herkunft des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dessen Einordnung auch als Vermögensrecht grundsätzlich nicht entgegensteht. Unabhängig davon ist bereits das dualistische Verständnis von Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht fragwürdig, welches die beiden Rechte in einen antinomischen Gegensatz stellt: auf der einen Seite das Vermögensrecht, das dem Schutz materieller Interessen dient und auf der anderen Seite das Persönlichkeitsrecht, das die ideellen Interessen zu schützen bestimmt ist. 58 Zwar wird in der Literatur teils nachdrücklich darauf verwiesen, dass das Persönlichkeitsrecht seiner ursprünglichen Konzeption nach in erster Linie dazu bestimmt ist, ideelle Interessen, nicht aber Vermögensinteressen zu schützen. 59 Sinn und Zweck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei es nicht, eine möglichst reibungslose Vermarktung der Persönlichkeit sicherzustellen, sondern die Selbstbestimmung seines Trägers zu schützen. 60 Entsprechend kritisch wird vermerkt, dass der Schutz der Persönlichkeit derzeit auf dem besten Wege sei, sich von einem starken, die ideellen Interessen betonenden Abwehrrecht zu einem wirtschaftlichen Verwertungsrecht zu entwickeln. 61 Jedoch ist durchaus fraglich, ob die Entstehung und Entwicklung des Persönlichkeitsrechts tatsächlich allein von ideellen Wertvorstellungen geprägt war. Viel spricht dafür, dass die Annahme eines Dualismus von Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht weder den heutigen Gegebenheiten noch der geschichtlichen Entwicklung des Persönlichkeitsschutzes gerecht wird. 62 Simon und Gottwald legen in ihren rechtshistorischen Arbeiten eingehend dar, wie die Entwicklung des Persönlichkeitsrechts in Deutschland maßgeblich von ökonomischen Faktoren beeinflusst worden ist. 63 Stets war der Schutz der Persönlichkeit mit dem Schutz kommerzieller Interessen eng verwoben. So hatte in das B G B zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht keinen Eingang gefunden, wohl aber bestand 58 Gegen einen solchen Dualismus vor allem Gotting, Persönlichkeitsrechte, passim; siehe auch Wagner in Münchener Kommentar, B G B , § 823 Rdn. 175: „Die Alternative - entweder immaterielles Recht oder Vermögensrecht - war ... von Anfang an falsch gestellt; tatsächlich bietet das Allgemeine Persönlichkeitsrecht den Rahmen sowohl für Vermögensrechte wie für immaterielle Schutzpositionen". 59 Aus jüngster Zeit siehe vor allem Peifer, Individualität, S. 326; ders., G R U R 2002, 495. 60 Baston-Vogt, Persönlichkeitsrecht, S.252f. 61 Peifer, Individualität, S. 321; siehe demgegenüber aber etwa Hahn, N J W 1997, 1348 (1350) (zum Recht am eigenen Bild): „Die bis in unsere Tage gepflegten heimeligen Ich-Projektionen von einem unübertragbaren, höchstpersönlichen geldlichen Bewertungen im Grunde überhaupt nicht... zugänglichen Recht am eigenen Bild sind schon lange Vorstellungen gewichen, die Persönlichkeitsrechte als jedenfalls auch wirtschaftlichen Faktor begreifen." 62 Vergleiche Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 7. 63 Simon, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine gewerblichen Erscheinungsformen. Ein Entwicklungsprozess (1981); Gottwald, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Ein zeitgeschichtliches Erklärungsmodell (1996).

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

215

ein zivilrechtlicher Persönlichkeitsschutz insoweit, als eine Verletzung der Persönlichkeitsgüter materielle Interessen beeinträchtigen konnte, etwa in Form des Schutzes der Kreditwürdigkeit nach § 824 BGB. 6 4 Auch ansonsten waren die ersten persönlichkeitsrechtlichen Ansätze vor allem durch ökonomische Faktoren motiviert. Die Herausbildung geistig-gewerblicher Persönlichkeitsrechte wie etw a des Urheberpersönlichkeitsrechts, des Persönlichkeitsrechts des Verlegers oder des ausübenden Künstlers 6 5 prägte die persönlichkeitsrechtliche Diskussion und gab auch die ersten gedanklichen Impulse zur Entwicklung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. 6 6 Die Geschichte des Persönlichkeitsrechts am eigenen Namen w a r ebenfalls von Anfang an ganz wesentlich vom Schutz ökonomischer Interessen geprägt. 6 7 Allein was das Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild angeht, w u r d e dessen Schutzzweck lange Zeit in erster Linie darin gesehen, Eingriffe in ideelle Rechtsgüter wie Ehre, Ansehen oder Privatsphäre abzuwehren. 6 8 Andererseits geht aber aus der in §22 S.2 K U G angesprochenen Möglichkeit, die Einwilligung in eine Bildnisveröffentlichung von einem Entgelt abhängig zu machen, hervor, dass sich der Gesetzgeber auch der kommerziellen Verwertbarkeit und der damit verbundenen vermögensrechtlichen Dimension des Rechts am eigenen Bild offensichtlich durchaus bewusst war. 6 9 Jedenfalls durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat dann auch der vermögensrechtliche Charakter des Rechts am eigenen Bild höchstrichterliche Anerkennung gefunden. Bereits in der Paul Dahlke-Entscheidung hat der B G H für das Recht am eigenen Bild festgehalten, dass es sich bei diesem Recht um ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht handelt und im Falle seiner Verletzung die gleichen Grundsätze zum Tragen kommen wie bei der Verletzung von Urheber- und Patentrechten. 7 0 Die Anerkennung einer vermögensrechtlichen Struktur besonderer Persönlichkeitsrechte setzt sich auch in nachfolgenden Ent64 Siehe im Einzelnen Gottwald, Persönlichkcitsrecht, S. 7 ff., der neben § 8 2 4 B G B auch auf § 14 U W G a.F. (Schutz der Kreditwürdigkeit gegen Verletzungen zu Zwecken des Wettbewerbs) und § 8 2 6 B G B (Schutz gegen die persönliche Herabsetzung eines Mitbewerbers) verweist. Schließlich k a m nach Gottwald auch in den § § 825, 842 B G B die wirtschaftliche Ausrichtung des B G B beim Schutz der Persönlichkeitsgüter z u m A u s d r u c k (a.a.O., S. 11, 34). 65 Ausführlich zur Entwicklung der geistig-gewerblichen Persönlichkeitsrechte Simon, Persönlichkeitsrecht, S.21ff. 66 Gottwald, Persönlichkeitsrecht, S. 18ff.; im selben Sinne Kläver, Z U M 2002, 205 (209). 67 Siehe Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 79f.: Der „Schutz der mit dem N a m e n verbundenen ideellen Interessen [bildete] nicht den Ausgangs-, sondern den Endpunkt der Entwicklung" (S. 80). Zum umfassenden Schutz sowohl persönlicher als auch vermögensrechtlicher Interessen durch § 12 B G B siehe auch R G Z 74,309 (310f.) - Graf Zeppelin: „Das Interesse im Sinne des § 12 begreift nicht bloß ein familien- oder vermögensrechtliches Interesse, sondern ein jedes überhaupt des Rechtsschutzes w ü r d i g e Interesse fällt darunter, also auch ein ideales und selbst ein Affektionsinteresse." 68 Siehe Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 42. 69 Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 45, 66; Fricke in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 2 2 KUG, Rdn.4. 70 B G H Z 20, 345 (353f.) - Paul Dahlke.

216

J. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

Scheidungen des B G H f o r t , 7 1 in d e n e n sich die in ihrem P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t G e schädigten jeweils auf die im I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t a n e r k a n n t e n G r u n d s ä t z e der d r e i f a c h e n S c h a d e n s b e r e c h n u n g b e r u f e n k o n n t e n , w e n n sie in ihrem R e c h t am eigenen B i l d o d e r N a m e n v e r l e t z t w o r d e n w a r e n . 7 2 D e m stehen z w a r a u c h E n t s c h e i d u n g e n z u m a l l g e m e i n e n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t gegenüber, in denen das P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t a u s s c h l i e ß l i c h als i m m a t e r i e l l e s R e c h t eine B e r ü c k s i c h t i g u n g f a n d . 7 3 Spätestens mit seinen beiden M a r l e n e D i e t r i c h - E n t s c h e i d u n g e n hat der B G H j e d o c h n o c h m a l s a u s d r ü c k l i c h klargestellt, dass er auch für das allgemeine P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t einen v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n C h a r a k t e r a n e r k e n n t . 7 4 N a c h U b e r z e u g u n g des G e r i c h t s dienen das allgemeine P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t u n d seine b e s o n d e r e n E r s c h e i n u n g s f o r m e n w i e das R e c h t a m eigenen Bild u n d das N a m e n s r e c h t d e m S c h u t z n i c h t n u r ideeller, s o n d e r n auch k o m m e r z i e l l e r I n t e r e s s e n der P e r s ö n l i c h k e i t - ein A u s g a n g s p u n k t , auf d e m a u f b a u e n d der B G H sodann die g r u n d s ä t z l i c h e V e r e r b l i c h k e i t der V e r m ö g e n s w e r t e n B e s t a n d t e i l e des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s b e j a h t . A u s d r ü c k l i c h b e t o n t das G e r i c h t , dass P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e die allein d e m B e r e c h t i g t e n z u s t e h e n d e freie E n t s c h e i d u n g s c h ü t z e n sollen, o b u n d u n t e r w e l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n seine k e n n z e i c h n e n d e n

Persönlichkeits-

m e r k m a l e den G e s c h ä f t s i n t e r e s s e n D r i t t e r d i e n s t b a r g e m a c h t w e r d e n . I n der L i t e r a t u r ist die E n t s c h e i d u n g ü b e r w i e g e n d auf Z u s t i m m u n g g e s t o ß e n . 7 5 B e i einer „ g a n z h e i t l i c h e n B e t r a c h t u n g der L e b e n s w i r k l i c h k e i t der P e r s ö n l i c h k e i t " zeige sich auf d e n ersten B l i c k , dass sich materielle u n d immaterielle Interessen ü b e r s c h n e i d e n , sie i n e i n a n d e r ü b e r g e h e n u n d d a h e r u n t r e n n b a r m i t e i n a n d e r v e r k n ü p f t sind. 7 6 I n den klassischen F ä l l e n einer V e r l e t z u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n P r o m i n e n t e r sei es „geradezu der N o r m a l f a l l " , dass s o w o h l v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e als a u c h ideelle B e s t a n d t e i l e des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s verletzt w e r d e n , eine K u m u l a t i o n v o n V e r m ö g e n s - u n d I m m a t e r i a l s c h a d e n s e r s a t z sei daher n i c h t s Besonderes.77 71 B G H Z 81, 75 - Carrera (allgemeines Persönlichkeitsrecht schützt die freie Entscheidung darüber, ob und in welcher Weise der eigene Name den Geschäftsinteressen Dritter dienstbar gemacht wird); G R U R 1987, 128 - N E N A (Recht am eigenen Bild begründet die Befugnis, Dritten die wirtschaftliche Verwertung des eigenen Bildnisses zu gestatten); NJW 1992, 2084 - Joachim Fuchsberger (Befugnis, über die werbemäßige Verwertung des eigenen Bildes selbst zu entscheiden, stellt ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht dar). 72 Vergleiche Wagner in Münchener Kommentar, BGB, §823 Rdn. 173. 73 B G H Z 26, 349 (352f.) - Herrenreiter; NJW 1965, 585 (586) - Soraya. 74 Siehe B G H Z 143, 214 (219) - Marlene Dietrich: „Der BGH hat die kommerziellen Interessen an der Persönlichkeit von jeher in den durch die Persönlichkeitsrechte gewährleisteten Schutz einbezogen"; ebenso B G H NJW 2000, 2201 - Der blaue Engel. 75 Siehe Forkel, LM §823 (Ah), Nr. 132; Gotting, NJW 2001, 585; Jakobs, WRP 2000, 896; Müller, G R U R 2003, 31; Sosnitza, JZ 2004, 992 (995); Staudinger/Schmidt, Jura 2001, 241 (249); Vinck, LM § 823 (Ah), Nr. 131; Wagner, G R U R 2000,717; ders., VersR 2000,1305 (1308); kritisch hingegen Schack, JZ 2000, 1060 (1062); Peifer, G R U R 2002, 495. 76 Gotting, NJW 2001, 585 (586). 77 Wagner, VersR 2000,1305 (1309). Siehe auch Ohly, Einwilligung, S. 23, der für die Einwilligung grundsätzlich zwischen persönlichkeitsrechtlicher und vermögensrechtlicher Einwilligung

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

217

F ü r das R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g k a n n , z u m i n d e s t im K o n text privater D a t e n v e r a r b e i t u n g , letztlich n i c h t s anderes gelten. D i e B e d e u t u n g p r i v a t r e c h t l i c h e n D a t e n s c h u t z e s e r s c h ö p f t sich w e d e r i m E r h a l t v o n D e m o k r a t i e u n d K o m m u n i k a t i o n n o c h i m S c h u t z v o n W ü r d e , P e r s ö n l i c h k e i t u n d Identität. P r i v a t r e c h t l i c h e r D a t e n s c h u t z ist v i e l m e h r e b e n s o a u c h auf die A u s t a r i e r u n g w i r t s c h a f t l i c h e r I n t e r e s s e n gerichtet. E b e n s o w i e A d e l i g e , S c h a u s p i e l e r

und

S p o r t l e r ihren N a m e n u n d ihr B i l d n i s k o m m e r z i a l i s i e r e n , k o m m e r z i a l i s i e r t der kleine M a n n - auf einer a n d e r e n E b e n e - sein I n t e r e s s e n p r o f i l zu Z w e c k e n v o n B o n u s m e i l e n o d e r R a b a t t p u n k t e n . U n d e b e n s o w i e die P r e s s e b e r ü h m t e P e r s ö n l i c h k e i t e n mittels r e c h t s w i d r i g e r V e r ö f f e n t l i c h u n g e n

zwangskommerzialisiert,

m a c h e n sich m i t u n t e r auch A d r e s s v e r l a g e u n d M a r k e t i n g u n t e r n e h m e n o h n e W i s sen u n d W o l l e n der B e t r o f f e n e n deren p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n w i r t s c h a f t l i c h z u n u t z e . I n gewisser W e i s e ist die k o m m e r z i e l l e V e r w e r t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n n o c h viel alltäglicher, sie d u r c h z i e h t s ä m t l i c h e L e b e n s b e r e i c h e u n d erfasst alle m ö g l i c h e n A r t e n p e r s o n e n b e z o g e n e r I n f o r m a t i o n e n . D a s A u f e i n a n d e r t r e f fen n i c h t - i d e e l l e r I n t e r e s s e n ist d a h e r im B e r e i c h privaten D a t e n s c h u t z e s an der T a g e s o r d n u n g . D e r B e g r i f f v o m „ R e c h t an den eigenen D a t e n " b r i n g t v o r d i e s e m H i n t e r g r u n d z u m A u s d r u c k , dass V e r m ö g e n s w e r t e I n t e r e s s e n hierbei n i c h t n u r auf Seiten der D a t e n v e r a r b e i t e r , s o n d e r n a u c h auf Seiten der B e t r o f f e n e n eine R o l l e spielen. U n d er bringt z u m A u s d r u c k , dass im R a h m e n dieses materiellen I n t e r e s s e n k o n f l i k t s z u m i n d e s t i m A u s g a n g s p u n k t g r u n d s ä t z l i c h der B e t r o f f e n e der R e c h t e i n h a b e r sein soll. c) Keine

dualistische

Konzeption

D i e enge V e r k n ü p f u n g materieller u n d i m m a t e r i e l l e r

Datenschutzinteressen

spricht zugleich auch gegen j e d e F o r m einer A u f s p a l t u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g in ein ideelles i n f o r m a t i o n e l l e s S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t einerseits u n d ein materielles D a t c n v c r w e r t u n g s r e c h t a n d e r e r s e i t s . 7 8 B e k a n n t ist eine p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e A u f s p a l t u n g i n s b e s o n d e r e aus d e m a m e r i k a n i s c h e n R e c h t , w o seit l a n g e m z w i s c h e n d e m R i g h t o f P r i v a c y u n d d e m R i g h t o f P u b l i c i t y u n t e r schieden w i r d . E r s t e r e s dient d e m S c h u t z ideeller, h ö c h s t p e r s ö n l i c h e r I n t e r e s s e n , letzteres ist hingegen für den S c h u t z k o m m e r z i e l l e r P e r s ö n l i c h k e i t s i n t e r e s s e n b e s t i m m t . 7 9 O d e r , wie es M c C a r t h y p o i n t i e r t f o r m u l i e r t hat: „Simplistically p u t , differenziert, jedoch ausdrücklich betont, dass diese beiden Typen verschwimmen und sich überlappen können. Für einen „Schutz von Prominenz als Eigentum" siehe Ladeur, ZUM 2000, 879. 78 Gegen eine dualistische Konzeption im Persönlichkeitsrecht Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 276 (ideelle und kommerzielle Interessen unauflöslich ineinander verflochten); Kläver, ZUM 2002, 205 (209); siehe auch (für das Namensrecht) Canaris, Handelsrecht, § 10 Rdn. 7. 79 Siehe Kahn, 17 Cardozo Arts & Ent. L.J. 213 (1999): „Publicity rights implicate monetary interests ... In contrast, privacy rights protect and vindicate less tangible personal interests in dignity and integrity of the self." Aus der deutschen Literatur siehe Amelung, Privatheit, S.77ff.; Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 191 ff. und ders., G R U R Int. 1995, 656; Peifer, Individualität, S. 274 ff.

218

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

while the appropriation branch of the right of privacy is invaded by an i n j u r y to the psyche, the right of publicity is infringed b y an injury to the pocket book." 8 0 Auch für das deutsche Recht finden sich Vorschläge für eine Zweispurigkeit des Persönlichkeitsrechts. Insbesondere Fikentscher hat dafür plädiert, als zweites Rahmenrecht in § 8 2 3 I B G B ein Persönlichkeitsrecht für den wirtschaftlichen Bereich der Person in Form eines sog. „Wirtschaftlichen Persönlichkeitsrechts" anzuerkennen. 8 1 Ein solches Recht könne die „eigenartige Lücke im Rechtsschutz der Persönlichkeit" beseitigen, die bestehe, weil z w a r die private Persönlichkeitssphäre durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfassend gesichert sei, der wirtschaftliche Schutz der Persönlichkeit hingegen allein auf den U n t e r nehmer beschränkt sei. 82 Fraglich ist aber, ob mit Blick auf die schon oben angesprochene J u d i k a t u r des B G H eine solche Schutzlücke auch heute noch ausgemacht werden kann. Der B G H selbst sieht jedenfalls durch seine Rechtsprechung schon „von jeher" auch die kommerziellen Interessen in den durch die Persönlichkeitsrechte gewährleisteten Schutz mit einbezogen. 8 3 Entsprechend differenziert das Gericht in seiner Entscheidung Marlene Dietrich zwischen den höchstpersönlichen und den vermögensrechtlichen Bestandteilen im R a h m e n ein und desselben Persönlichkeitsrechts. 8 4 U b e r z e u g e n d scheint dieser einheitliche A n s a t z vor allem deshalb, weil ideelle und materielle Interessen an der Persönlichkeit oftmals untrennbar miteinander verbunden und deshalb nur schwer oder gar nicht auseinander zu halten sind. 8 5 Die Persönlichkeit des Einzelnen w ü r d e künstlich aufgespalten, wollte man eine imaginäre Trennlinie ziehen, w o seine kommerzielle Persönlichkeit aufhört und w o seine ideelle Persönlichkeit beginnt. Schon innerhalb ein und desselben Persönlichkeitsrechts k o m m t es zu Abgrenzungsschwierigkeiten, w e n n die konkreten Rechtsfolgen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht davon abhängen sollen, welche Bestandteile im jeweiligen Fall betroffen sind. Diese Schwierigkeiten w ü r d e n noch einmal verkompliziert, müsstc man zunächst abstrakt qualifizieren, in welcher Persönlichkeit der Einzelne betroffen ist beziehungsweise müsste man - w e n n beide „Persönlichkeiten" betroffen sind - die Verletzung zweier unabhängig nebeneinander stehender Persönlichkeitsrechte prüfen. McCarthy, The Rights of Publicity and Privacy, § 5:61 (S. 5-110). Fikentscher, Wirtschaftsrecht I I , S. 112; siehe auch Heitmann, Persönlichkeitssphäre, S.77ff. (für ein vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht unabhängiges Persönlichkeitsnutzungsrecht). Siehe für das Namensrecht Klippel, Schutz des Namens, S. 497ff. (für eine Aufteilung des Schutzbereichs des Namensrechts in ein Immaterialgüter- und ein Persönlichkeitsrecht); dagegen Canaris, Handelsrecht, §10 Rdn. 7. 82 Fikentscher a.a.O., S. 132. 83 BHGZ 143, 214 (219) - Marlene Dietrich; siehe auch Seifert, N J W 1999, 1889 (1893). 84 BHGZ 143, 214 (219ff.) - Marlene Dietrich. 85 Siehe schon Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 138; kritisch allerdings Schack, AcP 195 (1995), 594 (599), für den nicht ersichtlich ist, weshalb die Abgrenzungsschwierigkeiten bei einem dualistischen Modell amerikanischer Prägung größer sein sollten als die „Schwammigkeit" eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welches ideelle und kommerzielle Interessen umfasst. 80 81

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

219

A u c h f ü r das a m e r i k a n i s c h e R e c h t gilt, dass die v e r m e i n t l i c h so klare D i f f e r e n z i e r u n g z w i s c h e n d e m ideellen R i g h t o f P r i v a c y u n d d e m materiellen R i g h t o f P u b l i c i t y allenfalls auf d e n ersten B l i c k t a t s ä c h l i c h so eindeutig g e t r o f f e n w e r d e n k a n n . E s w i r d durchaus u n t e r s c h i e d l i c h b e u r t e i l t , o b beide R e c h t e selbständig neb e n e i n a n d e r stehen o d e r o b n i c h t v i e l m e h r das v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e R i g h t o f P u blicity lediglich ein U n t e r f a l l des a l l g e m e i n e r e n R i g h t o f P r i v a c y ist. Z u r ü c k z u f ü h r e n ist die N ä h e b e i d e r R e c h t e in erster L i n i e darauf, dass mit d e m U n t e r f a l l des a p p r o p r i a t i o n t o r t ( „ A u s n u t z u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s m e r k m a l e n " ) a u c h das R i g h t o f P r i v a c y u n g e a c h t e t aller ideellen E i n o r d n u n g e n ein materielles, e i g e n t u m s ä h n l i c h e s R e c h t u m f a s s t . 8 6 A u s d r ü c k l i c h b e t o n t das R e s t a t e m e n t o f T o r t s d e n E i g e n t u m s c h a r a k t e r des R i g h t o f P r i v a c y in seiner A u s p r ä g u n g als a p p r o p r i a t i o n t o r t : „ A l t h o u g h the p r o t e c t i o n o f [a p e r s o n ' s ] p e r s o n a l feelings against m e n tal distress is an i m p o r t a n t f a c t o r leading t o a r e c o g n i t i o n o f the [ a p p r o p r i a t i o n t o r t ] , t h e right created b y it is in the n a t u r e o f a p r o p e r t y r i g h t " . 8 7 K o n s e q u e n z dieser N ä h e ist nicht nur, dass es G e r i c h t e n in der k o n k r e t e n A n w e n d u n g b e i d e r R e c h t e o f t m a l s s c h w e r fällt, deren A n w e n d u n g s b e r e i c h k l a r zu b e s t i m m e n u n d v o n e i n a n d e r a b z u g r e n z e n . 8 8 K o n s e q u e n z ist d a r ü b e r hinaus a u c h die E r k e n n t n i s , dass sich das a m e r i k a n i s c h e R e c h t mit e i n e m e i n h e i t l i c h e n R e c h t , das s o w o h l ideelle als a u c h materielle B e l a n g e u m f a s s t , w e s e n t l i c h leichter tun w ü r d e . 8 9 D i e b e s s e r e n G r ü n d e s p r e c h e n d a h e r dafür, a u c h f ü r das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t v o n e i n e m e i n h e i t l i c h e n R e c h t a u s z u g e h e n , das s o w o h l ideelle w i e materielle Interessen u m f a s s t . 9 0 B i s l a n g ist ein s o l c h e s einheitliches R e c h t auf

86 Zum appropriation tort siehe schon oben Teil 1 (A II); allgemein zu den Problemen einer Abgrenzung zwischen dem Right of Publicity und dem Right of Privacy in seiner Ausprägung als appropriation tort siehe Solove/Rotenberg, Information Privacy Law, S. 161 ff.: „There has been considerable confusion as to whether the .right of publicity' is a distinct tort from appropriation, an alternative theory upon which appropriation liability may rest, or the central interest protected by the appropriation tort... This chapter will treat .publicity' as subsumed under the tort of appropriation." 87 Restatement (Second) of Torts §652C, Anm. (a). Auch die Gerichte legen ihren Entscheidungen oftmals einen eigentumsrechthchen Charakter des appropriation tort zugrunde; siehe etwa Ainsworth v. Century Supply Co., 693 N.E.2d 510 (III. App. 1998); Candebatv. Flanagan, 487 So. 2d 207 (Miss. 1986). 88 Kritisch etwa Kahn, 17 Cardozo Arts & Ent. L.J. 213,214 (1999): ,,[C]ourts tend to confuse and blur the boundary between the two causes of action, with the inevitable result being that the more prominent und tangible right of publicity comes to eclipse the privacy-based concerns for identity." 89 Siehe vor allem McCarthy, The Rights of Publicity and Privacy, § 1:39 (S. 1-68): „Undoubtedly, the law today would be more coherent and neat if it had developed such that courts would recognize a sui generis legal right labeled something like a .right of identity' with damages measured by both mental distress and commercial loss ... [T]hings would be considerably easier to sort out compared to our present world of .separate' rights of privacy by appropriation and a right of publicity" (Hervorhebung im Original). 90 Skeptisch gegenüber einer „Aufweichung" der Differenz zwischen Vermögensrechten und Persönlichkeitsrechten Damm, Persönlichkeitsrecht, S. 139.

220

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

informationelle Selbstbestimmung nur vereinzelt thematisiert worden.91 Niederschlag hat die Z w e i s p u r i g k e i t allerdings in d e m i n f o r m a t i o n s r e c h t l i c h e n

Bild

M a y e r - S c h ö n b e r g e r s g e f u n d e n , der für das Verhältnis p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e r u n d v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e r E l e m e n t e i m D a t e n s c h u t z r e c h t 9 2 ein ganz ähnliches B i l d z e i c h n e t w i e U l m e r dies für die b e i d e n E l e m e n t e im U r h e b e r r e c h t getan hat: P e r s ö n l i c h k e i t s - u n d V e r m ö g e n s i n t e r e s s e n e r s c h e i n e n d a n a c h , „wie bei e i n e m B a u m " , als die W u r z e l n des U r h e b e r - (bzw. i n f o r m a t i o n e l l e n

Selbstbestim-

m u n g s - ) R e c h t s u n d die R e c h t e selbst als der e i n h e i t l i c h e S t a m m . D i e u r h e b e r ( b z w . d a t e n s c h u t z - ) r e c h t l i c h e n B e f u g n i s s e w i e d e r u m sind m i t den A s t e n u n d Z w e i g e n vergleichbar, die aus d e m S t a m m e n t w a c h s e n . Sie z i e h e n ihre K r a f t bald aus b e i d e n , bald g a n z o d e r v o r w i e g e n d aus einer der W u r z e l n . 9 3 U l m e r s B i l d v o m U r h e b e r r e c h t als B a u m s y m b o l i s i e r t die im d e u t s c h e n R e c h t h e r r s c h e n d e m o n i s tische T h e o r i e , w o n a c h das U r h e b e r r e c h t ein einheitliches R e c h t ist, in w e l c h e m Persönlichkeits- und vermögensrechtliche Befugnisse untrennbar miteinander v e r w o b e n sind. 9 4 D i e T h e o r i e ist der E n d p u n k t einer langen u r h e b e r r e c h t l i c h e n Entwicklungsgeschichte,95 ausgehend von einem verwertungsorientierten Schutz geistiger W e r k e d u r c h Privilegien u n d N a c h d r u c k v e r b o t e ü b e r die v o n O t t o v o n G i e r k e b e g r ü n d e t e p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e T h e o r i e des U r h e b e r r e c h t s 9 6 bis hin zu J o s e f K o h l e r s dualistischer T h e o r i e mit seiner D i f f e r e n z i e r u n g z w i s c h e n einem U r h e b e r r e c h t am Vermögenswerten immateriellen G u t und einem davon unabhängigen allgemeinen Persönlichkeitsrecht zur Wahrung persönlicher Belange. 9 7 D i e E n t w i c k l u n g des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s ist d e m g e g e n ü b e r z w a r in der u m g e k e h r t e n R i c h t u n g verlaufen - ausgehend v o n e i n e m allein an i m m a t e r i e l l e n R e c h t s g ü t e r n a u s g e r i c h t e t e n S c h u t z z w e c k , für den erst in l e t z t e r Z e i t teilweise g e f o r d e r t w i r d , dass er a u c h d e n materiellen S c h u t z i n t e r e s sen der B e t e i l i g t e n R e c h n u n g tragen s o l l . 9 8 T r o t z dieser e n t g e g e n g e s e t z t e n W e g e steht j e d o c h a m E n d e bei b e i d e n R e c h t e n ein v e r g l e i c h b a r e s E r g e b n i s : ein einheit91 Siehe vor allem Weichen, NJW 2001, 1463 (1467ff.), der einerseits ein immaterialgüterrechtsähnhchcs Verwertungsrecht an personenbezogenen Daten in Erwägung zieht, andererseits aber auch betont, dass ein solches Recht niemals persönlichkeitsrechtlich neutral sein kann. 92 Ebenso wie auch für andere informationsrechthchc Beziehungen; siehe Mayer-Schönberger, Information und Recht, S.63ff. Speziell zur „strukturellen Verklammerung" von Persönlichkeits- und vermögensrechtlichen Komponenten im Datenschutzrecht siehe a.a.O., S. 136ff. 93 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 69. Für das ganz ähnliche informationsrechtliche Bild von Mayer-Schönberger siehe ders., Information und Recht, S.57: „Bildlich gesprochen entwickelt sich aus unterschiedlichen Wurzeln ein tragfähiger Stamm, der sich im Bereich der Rechtsfolgen wiederum verästelt." 94 Dietz in Schricker, Urheberrecht, Vor §§ 12ff., Rdn. 11 ff.; Schack, Urheberrecht, Rdn. 306. 95 Dazu Delp, Recht des geistigen Schaffens, S. 233 ff.; Vogel in Schricker, Urheberrecht, Einl. Rdn.52ff. 96 Von Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 762ff. („Das Urheberrecht ist somit in seinem ganzen Umfang als ein aus geistiger Schöpfung fließendes Persönlichkeitsrecht zu konstruieren"; a.a.O., S. 764). 97 Kohler, Urheberrecht, S. 1 ff. 98 Zur Kommerzialisierungsdiskussion im Datenschutzrecht siehe schon oben Teil 2 (B III).

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

221

liches R e c h t , dessen S c h u t z b e r e i c h s o w o h l ideelle als auch w i r t s c h a f t l i c h e I n t e ressen u m f a s s t . "

III. Der Einwand der Mehrrelationalität personenbezogener Daten J e d e r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e A n s a t z , der i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g n i c h t auf eine a u s s c h l i e ß l i c h o b j e k t i v - k o m m u n i k a t i v e B e d e u t u n g o d e r einen rein p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e n G e h a l t r e d u z i e r t , s o n d e r n das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t ( a u c h ) als ein v e r m ö g e n s w e r t e s R e c h t an den eigenen D a t e n eino r d n e t , sieht sich d e m E i n w a n d der M e h r r e l a t i o n a l i t ä t g e g e n ü b e r : P e r s o n e n b e z o gene D a t e n sagen n i c h t allein etwas ü b e r die b e t r e f f e n d e P e r s o n aus, s o n d e r n z u m e i s t auch ü b e r deren Verhältnis zu a n d e r e n P e r s o n e n und zu i h r e m sozialen U m f e l d . P e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n sind in diesem S i n n e „ m e h r r e l a t i o n a l " und k ö n n e n d a h e r r e g e l m ä ß i g n i c h t ausschließlich n u r dieser einen P e r s o n z u g e o r d net w e r d e n . 1 0 0 E b e n letzteres ist es aber, w a s ein „ R e c h t an den eigenen D a t e n " zu suggerieren s c h e i n t : ein exklusives V e r h ä l t n i s z w i s c h e n d e m R e c h t s t r ä g e r u n d den ihm z u g e o r d n e t e n „ e i g e n e n " D a t e n .

1. Spezifikum

jedes datenschutzrechtlichen

Konzepts

S o b e r e c h t i g t d e r V e r w e i s auf die M e h r r e l a t i o n a l i t ä t p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n d e m G r u n d e n a c h ist, so w e n i g s p r i c h t dieser U m s t a n d gegen die V o r s t e l l u n g v o n einem R e c h t an den eigenen D a t e n . D i e N o t w e n d i g k e i t und das P r o b l e m einer Z u o r d n u n g v o n p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n zu einer b e s t i m m t e n P e r s o n stellt sich i n n e r h a l b eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s m o d e l l s stets u n d u n a b hängig d a v o n , w e l c h e s d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e K o n z e p t im E i n z e l n e n v e r f o l g t wird. D i e T a t s a c h e , dass ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e s R e g i m e eine Z u t e i l u n g v o n R e c h t e n an p e r s o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n b e d i n g t , hängt nicht d a v o n ab, wie diese R e c h t e im E i n z e l n e n v e r s t a n d e n w e r d e n . E g a l o b das K o n z e p t i n f o r m a tioneller S e l b s t b e s t i m m u n g auf der Idee eines o b j e k t i v - r e c h t l i c h e n K o m m u n i k a t i o n s - u n d T e i l h a b e r e c h t s , eines rein ideellen P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s o d e r eines v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n A u s s c h l i e ß l i c h k e i t s r e c h t s b e r u h t , im G r u n d e b l e i b t die E n t s c h e i d u n g , die zu treffen ist, stets dieselbe: E s geht u m eine A u f t e i l u n g v o n

99 Kritisch allerdings Peifer, Individualität, S. 321, für den der entgegengesetzte Ausgangspunkt in der Entwicklungsgeschichte von Urheberrecht und Persönlichkeitsrecht gerade Argument dafür ist, dass das Persönlichkeitsrecht nicht seine ursprüngliche Fokussierung als ein starkes, die ideellen Interessen betonendes Abwehrrecht verlieren darf. 100 Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, Gutachten, S.37f.; Zöllner, R D V 1991, 1 (8). Siehe auch BVerfGE 65,1 (43f.) - Volkszählung: „Der Einzelne hat nicht ein Recht im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über .seine' Daten; er ist vielmehr eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit. Information, auch soweit sie personenbezogen ist, stellt ein Abbild sozialer Realität dar, das nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann."

222

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

R e c h t e n , es geht u m die Z u o r d n u n g eines wie auch i m m e r im E i n z e l n e n ausgestalteten R e c h t s an d e n „ e i g e n e n " D a t e n z u g u n s t e n des B e t r o f f e n e n u n d k o r r e s p o n d i e r e n d d a m i t u m die Z u o r d n u n g v o n D a t e n v e r a r b e i t u n g s r e c h t e n z u g u n s t e n b e s t i m m t e r D r i t t e r o d e r der A l l g e m e i n h e i t . D e r G e s e t z g e b e r muss e n t s c h e i d e n , w e l c h e p e r s o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n D a t e n v e r a r b e i t e r o h n e weiteres n u t z e n d ü r f e n u n d w e l c h e I n f o r m a t i o n e n n u r m i t E i n v e r s t ä n d n i s des B e t r o f f e n e n gen u t z t w e r d e n d ü r f e n . D i e s e E n t s c h e i d u n g ist stets n o t w e n d i g und hängt n i c h t v o n der Q u a l i f i z i e r u n g der zugeteilten R e c h t e ab, s o n d e r n davon, wie die b e t r o f f e n e n I n t e r e s s e n , in erster L i n i e das I n t e r e s s e an D a t e n s c h u t z einerseits u n d das I n t e r e s se an I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t andererseits, g e g e n e i n a n d e r a b g e w o g e n w e r d e n . W o r a u f die k o n k r e t e A u s g e s t a l t u n g des jeweiligen

datenschutzrechtlichen

K o n z e p t s E i n f l u s s hat, ist n i c h t die T a t s a c h e , o b eine Z u o r d n u n g stattfindet, s o n dern lediglich, wie o f f e n s i c h t l i c h diese g e t r o f f e n wird. D e r A u s g a n g s p u n k t eines R e c h t s a m eigenen D a t u m m a c h t v o n v o r n h e r e i n deutlich, dass es sich b e i m D a t e n s c h u t z r e c h t auch u m ein „ R e c h t der I n f o r m a t i o n s b e z i e h u n g e n " 1 0 1 handelt. Z u e n t s c h e i d e n ist ü b e r die Z u o r d n u n g v o n p e r s o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n als O b j e k t zu einer b e s t i m m t e n P e r s o n als S u b j e k t . 1 0 2 E i n s o l c h e s D a t e n s c h u t z k o n z e p t , das klar n a c h S u b j e k t ( B e t r o f f e n e r , D a t e n v e r a r b e i t e r , A l l g e m e i n h e i t ) u n d O b j e k t ( p e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n ) differenziert, sieht sich n o t w e n d i g e r weise e b e n s o klar a u c h m i t d e m P r o b l e m k o n f r o n t i e r t , dass p e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n als O b j e k t in den m e i s t e n F ä l l e n nicht n u r einem S u b j e k t ausschließlich z u g e o r d n e t w e r d e n k ö n n e n . W a s ich v o n j e m a n d kaufe, bei w e m ich m e i n e S c h u l d e n n i c h t b e z a h l e o d e r w o r ü b e r ich m i c h mit j e m a n d u n t e r h a l t e - all diese T a t s a c h e n u n d I n f o r m a t i o n e n b e z i e h e n sich nicht n u r auf m i c h , s o n d e r n a u c h auf m e i n e G e s c h ä f t s - , V e r t r a g s - o d e r K o m m u n i k a t i o n s p a r t n e r . 1 0 3 L a u t e t daher die A u s g a n g s f r a g e eines d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s k o n z e p t s , w e m diese I n f o r m a t i o n e n z u z u o r d n e n sind, s c h e i n t diese F r a g e aufgrund der M e h r r e lationalität p e r s o n e n b e z o g e n e r I n f o r m a t i o n e n o f t m a l s s c h w e r o d e r ü b e r h a u p t n i c h t eindeutig zu b e a n t w o r t e n , was letztlich die B e r e c h t i g u n g der A u s g a n g s f r a ge selbst in Z w e i f e l zieht. U m g e k e h r t s c h e i n t ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e s R e g e l u n g s m o d e l l , dessen A u s g a n g s p u n k t n i c h t eine S u b j e k t - O b j e k t - B e z i e h u n g , s o n d e r n eine V e r a n k e r u n g des i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s in der W ü r d e u n d P e r s ö n l i c h k e i t des B e t r o f f e n e n ist, nicht im selben M a ß e mit d e m P r o b l e m der M e h r r e l a t i o n a l i t ä t k o n f r o n t i e r t zu sein. B e t r a c h t e t m a n i n f o r m a t i o nelle S e l b s t b e s t i m m u n g als einen A u s d r u c k individueller W ü r d e u n d P e r s ö n l i c h keit, fällt es n i c h t s c h w e r , das R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g d e m e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n z u z u s c h r e i b e n . E b e n s o w i e die R e c h t s g ü t e r L e b e n , K ö r -

Bull, Vom Datenschutz zum Informationsrecht, S. 181. Mayer-Schönberger, Information und Recht, S. 19ff.; siehe auch Sieber, Jura 1993, 561 (568f.). 103 Vgl. Zöllner, Informationsordnung und Recht, S.22f. 101 102

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

223

per, Gesundheit und Freiheit sind auch Würde und Persönlichkeit untrennbar mit der Existenz des Einzelnen verbunden und daher ohne weiteres bei diesem zu verankern. Gleichwohl kommt auch ein rein persönlichkeitsrechtlicher Ansatz, der informationelle Selbstbestimmung ausschließlich ideell und als untrennbarer Bestandteil menschlicher Würde und Persönlichkeit versteht, nicht umhin, sich mit dem Problem der Mehrrelationalität auseinander zu setzen. Der Umstand, dass Würde und Persönlichkeit klar einer bestimmten Person zuzuordnen sind, bedeutet nicht, dass auch der Umfang des Persönlichkeitsschutzes klar umrissen ist. Der Sache nach stellen sich dieselben Abgrenzungsprobleme. Statt der Frage, welche Daten wem zuzuordnen sind, lautet die Frage hier, welche Daten vom Persönlichkeitsschutz umfasst sind und welche Daten dem Zugriff Dritter oder der Allgemeinheit offen stehen - eben weil sie nicht ausschließlich Ausdruck und Ausfluss der Persönlichkeit des Einzelnen sind, sondern ebenso auch dessen Beziehung zu seinem sozialen oder wirtschaftlichen Umfeld widerspiegeln; denn die Person des einzelnen Individuums ist stets auch eingebettet in sein privates, gesellschaftliches und wirtschaftliches Umfeld. In der Persönlichkeit spiegelt sich nicht nur das Individuum selbst wieder, sondern auch dessen Umfeld. Die Persönlichkeit entwickelt sich aus diesem Umfeld heraus und lässt sich nur in der Zusammenschau mit diesem vollständig erfassen: „[IJnteraction with physical and social contexts is also integral to personhood. One's surroundings - both people and things - can become part of who one is, of the seif." 1 0 4 Wenn das Bundesverfassungsgericht formuliert, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht schrankenlos gewährleistet ist und der Einzelne nicht ein absolutes, uneinschränkbares Recht über „seine" Daten hat, 105 hat das Gericht gerade dieses Eingebundensein des Einzelnen in seine Umwelt vor Augen. Das Verfassungsgericht wendet sich somit nicht gegen die Vorstellung, dass dem Einzelnen ein „Recht an seinen Daten" zusteht, sondern allein dagegen, dass dieses Recht uneingeschränkt besteht; denn der Einzelne muss grundsätzlich „Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen." 1 0 6 Entsprechend wird in datenschutzrechtlichen Regelungen eine Grenzziehung versucht: Grundsätzlich liegt die Entscheidung beim Betroffenen, ob er in die Verarbeitung „seiner" Daten einwilligen möchte. Unter bestimmten Voraussetzungen verliert er aber dieses Ausschlussrecht und muss dulden, dass auch anderen ein (Nutzungs-)Recht an diesen

104 Radin, 100 Harv. L. Rev. 1849, 1904ff. (1987). Radin spricht vom „kontextuellen" Aspekt der Persönlichkeit: „Contextuality means that physical and social contexts are integral to personal individuation, to self-development." Siehe auch dies., 15 J.L. & Com. 509, 510 (1996): ,,[W]e cannot become persons without a context - a world of rocks, plants, animals, and other persons." 105 BVerfGE 65, 1 (43f.) - Volkszählung. 106 A.a.O.

224

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

D a t e n z u s t e h t , so e t w a in all den F ä l l e n , in d e n e n eine I n t e r e s s e n a b w ä g u n g z w i schen B e t r o f f e n e m u n d D a t e n v e r a r b e i t e r n z u g u n s t e n letzterer ausfällt. 1 0 7 2. Die Mebrrelationalität

von

Persönlichkeitsrechtsgütern

D a s P r o b l e m der M e h r r e l a t i o n a l i t ä t stellt sich grundsätzlich bei allen P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s g ü t e r n , egal o b sie als u n t r e n n b a r e r Bestandteil der P e r s o n o d e r als e h e r a u ß e n s t e h e n d e s u n d eigenständiges O b j e k t w a h r g e n o m m e n w e r d e n . A u c h klassische P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s g ü t e r wie die p e r s ö n l i c h e E h r e stehen n i c h t auss c h l i e ß l i c h mit d e m e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n in B e z i e h u n g und k ö n n e n n i c h t auss c h l i e ß l i c h diesem allein in der F o r m z u g e o r d n e t w e r d e n , dass er j e g l i c h e n E i n griff v o n a u ß e n a b w e h r e n k ö n n t e . D e r G r u n d s a t z des deutschen R e c h t s , dass eine der W a h r h e i t e n t s p r e c h e n d e T a t s a c h e n b e h a u p t u n g niemals eine E h r v e r l e t z u n g b e g r ü n d e n k a n n , ist n i c h t s anderes als eine Z u o r d n u n g des R e c h t s an ( w a h r e n ) e h r e n r ü h r i g e n T a t s a c h e n z u g u n s t e n der A l l g e m e i n h e i t - ungeachtet dessen, dass sich diese T a t s a c h e n auch o d e r sogar in erster L i n i e auf denjenigen b e z i e h e n , an dessen E h r e sie r ü h r e n . J e d o c h ist die W a h r h e i t e b e n stets auch ein A l l g e m e i n g u t , w a h r e T a t s a c h e n sind stets a u c h in der ö f f e n t l i c h e n Sphäre verankert u n d diese B e z i e h u n g z u r Ö f f e n t l i c h k e i t soll g r u n d s ä t z l i c h s c h w e r e r wiegen: J e d e r soll die W a h r h e i t sagen d ü r f e n , sei sie e h r e n r ü h r i g o d e r n i c h t . Allerdings gilt w i e d e r u m auch dieses R e c h t der A l l g e m e i n h e i t an w a h r e n e h r e n r ü h r i g e n T a t s a c h e n n i c h t a u s n a h m s l o s , s o n d e r n n i m m t z u g u n s t e n des B e t r o f f e n e n all die T a t s a c h e n aus, die seiner s c h ü t z e n s w e r t e n P r i v a t - u n d I n t i m s p h ä r e z u z u o r d n e n s i n d . 1 0 8 I m E r g e b nis ist also auch ein P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s g u t w i e die E h r e nicht allein bei der b e t r o f f e n e n P e r s o n selbst v e r a n k e r t , s o n d e r n hat d a r ü b e r hinaus B e z u g s p u n k t e zu D r i t t e n o d e r der A l l g e m e i n h e i t , d e n e n je nach S i t u a t i o n m e h r ( w a h r e T a t s a c h e n ) o d e r w e n i g e r ( T a t s a c h e n aus der s c h ü t z e n s w e r t e n Privatsphäre) G e w i c h t z u kommt. A l l g e m e i n gilt: J e m e h r eine P e r s o n im L i c h t c der Ö f f e n t l i c h k e i t steht, in d e s t o g r ö ß e r e m U m f a n g w e r d e n die I n f o r m a t i o n e n ü b e r ihre P e r s o n auch z u m A l l g e m e i n g u t u n d d e s t o l ü c k e n h a f t e r fallen die e x k l u s i v e n R e c h t e an ihren P e r s ö n lichkeitsgütern

aus.

Die

Persönlichkeitsgüter

so

genannter

Personen

der

Z e i t g e s c h i c h t e u n t e r l i e g e n g r u n d s ä t z l i c h m e h r E i n s c h r ä n k u n g e n als die P e r s ö n lichkeitsgüter v o n P e r s o n e n , an d e n e n die Ö f f e n t l i c h k e i t mangels B e z u g z u m Z e i t g e s c h e h e n kein b e r e c h t i g t e s I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e hat. D i e E i n s c h r ä n k u n g e n k ö n n e n so weit gehen, dass die u r s p r ü n g l i c h e Z u o r d n u n g des P e r s ö n l i c h k e i t s g u t s z u r b e t r e f f e n d e n P e r s o n a u f g e h o b e n u n d der A l l g e m e i n h e i t ein „ R e c h t " an d i e sem Persönlichkeitsgut

107

zugesprochen

wird. Ein

Beispiel ist das

abgestufte

Vergleiche etwa § 2 8 I 1 N r . 2 B D S G ; A r t . 7 lit. f EU-Datenschutzrichtlinie.

Siehe Ehmann in Erman, B G B , Anh. § 12 R d n . 2 3 , 51 und 203ff.; siehe auch Hager, A c P 196 (1996), 168 (184) („Die Wahrheit darf man sagen, soweit nicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung entgegensteht."). 108

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

225

S c h u t z k o n z e p t der § § 2 2 f f . K U G f ü r das R e c h t am eigenen B i l d , 1 0 9 das auf einer ersten S t u f e grundsätzlich dem A b g e b i l d e t e n selbst ein R e c h t an seinem B i l d n i s z u o r d n e t , indem § 2 2 S . l K U G die V e r b r e i t u n g o d e r ö f f e n t l i c h e Z u r s c h a u s t e l lung eines Bildnisses n u r für den Fall der E i n w i l l i g u n g der b e t r o f f e n e n P e r s o n erlaubt. A u f einer z w e i t e n Stufe w e r d e n v o n diesem G r u n d s a t z g e m ä ß § 2 3 I K U G b e s t i m m t e Bildnisse a u s g e n o m m e n , v o r allem s o l c h e v o n P e r s o n e n der Z e i t g e s c h i c h t e , deren Bildnisse auch o h n e E i n w i l l i g u n g v e r b r e i t e t und z u r S c h a u gestellt w e r d e n dürfen. 1 1 0 A u f einer dritten S t u f e s c h l i e ß l i c h w e r d e n g e m ä ß § 2 3 I I K U G die B e l a n g e des A b g e b i l d e t e n b e r ü c k s i c h t i g t , dessen b e r e c h t i g t e I n t e r e s s e n d u r c h eine einwilligungslose V e r b r e i t u n g o d e r Z u r s c h a u s t e l l u n g n i c h t v e r l e t z t werden dürfen. D i e A u s n a h m e b e s t i m m u n g des § 2 3 I N r . 1 K U G f ü r P e r s o n e n der Z e i t g e s c h i c h t e f u ß t auf der allgemeinen U b e r z e u g u n g , dass der A l l g e m e i n h e i t ein legitimes I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e an P e r s o n e n der Z e i t g e s c h i c h t e z u z u b i l l i g e n ist. D a s R e c h t am eigenen Bild ( e b e n s o wie auch an a n d e r e n P e r s ö n l i c h k e i t s g ü t e r n ) ist ins o w e i t kein ausschließliches mehr, s o n d e r n im S i n n e einer „ S o z i a l p f l i c h t i g k e i t " 1 1 1 oder „Sozialgebundenheit"112 weitgehenden Einschränkungen unterworfen. Wie w e i t diese S o z i a l p f l i c h t i g k e i t geht und i n w i e w e i t u m g e k e h r t auch einer P e r s o n der Z e i t g e s c h i c h t e das R e c h t z u s t e h t , „für sich zu sein, sich selber zu g e h ö r e n " 1 1 3 , k a n n n i c h t pauschal b e a n t w o r t e t w e r d e n , s o n d e r n n u r d u r c h eine I n t e r e s s e n a b w ä g u n g im k o n k r e t e n E i n z e l f a l l . D a b e i ist die S o z i a l p f l i c h t i g k e i t n i c h t u n b e d i n g t auf das ö f f e n t l i c h e W i r k e n einer P e r s o n b e s c h r ä n k t , s o n d e r n k a n n a u c h deren P r i vatleben erfassen. 1 1 4 Sie geht u m s o weiter, j e m e h r die P e r s o n selbst ihr R e c h t auf P r i v a t s p h ä r e preisgegeben hat. 1 1 5 Private I n f o r m a t i o n e n , mittels d e r e r sich der E i n z e l n e b e w u s s t und g e w o l l t g e g e n ü b e r der A l l g e m e i n h e i t präsentiert und die er zu Z w e c k e n seiner ö f f e n t l i c h e n S e l b s t d a r s t e l l u n g i n s t r u m e n t a l i s i e r t , sind n i c h t m e h r rein privat. W e r private T a t s a c h e n z u m eigenen N u t z e n in die Ö f f e n t l i c h keit trägt, kann diese T a t s a c h e n n i c h t n a c h B e l i e b e n w i e d e r der Ö f f e n t l i c h k e i t „ w e g n e h m e n " - die einmal i n s t r u m e n t a l i s i e r t e n T a t s a c h e n „ g e h ö r e n " n i c h t m e h r d e m B e t r o f f e n e n allein, er hat sie a u c h mit der Ö f f e n t l i c h k e i t geteilt. E n t s p r e c h e n d geht auch der B G H d a v o n aus, dass bei der A b w ä g u n g z w i s c h e n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t und e n t g e g e n s t e h e n d e n G r u n d r e c h t e n w i e e t w a der P r e s s e f r e i h e i t jedenfalls dann letzterer der V o r z u g g e b ü h r e n k a n n , w e n n bereits in der V e r g a n -

Vgl. BVerfGE 101, 361 (387) - Caroline von Monaco. §23 I Nr. 1 KUG. 111 Gerstenberg/Gotting in Schricker, Urheberrecht, §60/§23 KUG Rdn. 10. 112 Gotting, Persönlichkeitsrechte, S.31. 113 B G H Z 131, 332 (337) - Caroline von Monaco II. 1,4 Gerstenberg/Gotting in Schricker, Urheberrecht, §60/§23 K U G Rdn. 10. 115 Vgl. Degenhart, JuS 1992, 361 (364); siehe auch O L G Köln AfP 1982, 181: „Wer seine ganze Persönlichkeit, seine Intimsphäre sowie private Gewohnheiten aus Publizitätsgründen der Öffentlichkeit preisgibt und damit eine großzügige Selbstdefinition seines Persönlichkeitsrechts erkennen lässt, begibt sich eines Teils seiner schützenswerten Privatsphäre." 109

110

226

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecbt

genheit mit Zustimmung des Prominenten die betroffenen persönlichen Lebensumstände veröffentlicht wurden. 116 Das Problem, das Recht an mehrrelationalen Informationen einem bestimmten Rechtsträger zuzuordnen, ist somit weder ein neues noch ein spezifisch datenschutzrechtliches Problem. Dass es im Rahmen der klassischen Persönlichkeitsrechte in dieser Form nicht thematisiert wird, liegt in erster Linie an deren Perspektive: Ausgangspunkt ist nicht das Objekt (die zuzuordnende Information) und die Frage, welchem Subjekt dieses zuzuordnen ist. Ausgangspunkt ist vielmehr umgekehrt das Subjekt, der Einzelne, dem unstreitig „seine" Persönlichkeitsrechte zuzuordnen sind, und die Frage verschiebt sich dahingehend, wie ein bestimmtes Persönlichkeitsrecht in einer konkreten Situation gegenüber den Rechten Dritter und der Allgemeinheit abzuwägen ist. Die Frage mag so oder so formuliert werden, der Sache nach stellen sich stets dieselben (Zuordnungs- bzw. Abwägungs-)Probleme. 3. Die Mehrrelationalität

im

Urheberrecht

Im Urheberrecht ist die Perspektive eine andere als bei den klassischen Persönlichkeitsrechten. Ausgangspunkt ist hier ein bestimmtes Objekt, das Werk, und die Frage, ob einer bestimmten Person an diesem Werk ein (Ausschließlichkeits-) Recht zugeordnet werden soll. Schutzgegenstand des Urheberrechts ist das Werk, in dem das urheberische Schaffen des Einzelnen seinen Ausdruck findet. Gegenstand und Umfang des Rechtsschutzes des Urhebers werden durch den Werkbegriff festgelegt. 117 O b eine Leistung aber ein schutzfähiges Werk ist und damit seinem Urheber ein Ausschließlichkeitsrecht daran zugestanden wird, hängt gemäß § 2 II U r h G davon ab, ob sie als eine persönliche geistige Schöpfung des Urhebers qualifiziert werden kann. Auch hier stellt sich wieder das Problem der Mehrrelationalität, wenn es auch nicht unter diesem Namen thematisiert wird: Kein Werk verdankt seine Existenz allein der Kreativität seines Urhebers, jeder Urheber baut stets auch auf den Leistungen seiner Vorgänger und Mitmenschen auf. Ein Werk wird nicht in absoluter Isolation geschaffen, seine Entstehung ist vielmehr stets geprägt vom kulturellen Umfeld seines Urhebers, von dessen intellektuellem Austausch mit anderen, von dessen Übernahme fremder Ideen und Gedanken. Aufgabe des Urheberrechts ist es zu bestimmen, ob sich die kreative Leistung einer Person so zu einer eigenen persönlichen geistigen Schöpfung der Person verdichtet hat, dass sie eines urheberrechtlichen Schutzes würdig ist, oder ob es an einer solchen Individualisierung fehlt und die Leistung auch weiterhin dem gemeinsamen Informations-, Gedanken- und Ideenpool aller zuzuordnen ist. 118

Siehe B G H AfP 2004, 116 - Luftbildaufnahmen; AfP 2004, 119 - Luftbildaufnahmen II. Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, §2 Rdn.2. 118 Zur Individualität als dem zentralen Kriterium des Werkbegriffs siehe Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, §2 Rdn.23. 116 117

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

III

W a s dieses S p a n n u n g s v e r h ä l t n i s z w i s c h e n G e m e i n s c h a f t s b e z o g e n h e i t e i n e r seits u n d individuellem B e z u g andererseits a n g e h t , k a n n eine Parallele z w i s c h e n U r h e b e r r e c h t u n d D a t e n s c h u t z r e c h t g e z o g e n w e r d e n . D i e A u s s a g e des B u n d e s verfassungsgerichts im V o l k s z ä h l u n g s u r t e i l , dass der E i n z e l n e „eine sich i n n e r halb der sozialen G e m e i n s c h a f t e n t f a l t e n d e , auf K o m m u n i k a t i o n a n g e w i e s e n e P e r s ö n l i c h k e i t " 1 1 9 ist, trifft e b e n s o auch auf den U r h e b e r zu. A u c h dieser entfaltet seine P e r s ö n l i c h k e i t , so wie sie in s e i n e m W e r k z u m A u s d r u c k k o m m t , n i c h t losgelöst v o n s e i n e m sozialen u n d k u l t u r e l l e n U m f e l d , s o n d e r n i n n e r h a l b dieses U m f e l d s u n d a u f b a u e n d auf dieses. U n d die F o l g e r u n g , die das B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t aus dieser E i n b i n d u n g der P e r s ö n l i c h k e i t in ihr soziales U m feld z i e h t , n ä m l i c h dass p e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n n i c h t ausschließlich d e m B e t r o f f e n e n selbst z u z u o r d n e n sind, weil sie ein A b b i l d s o z i a l e r R e a l i t ä t d a r stellen, gilt in v e r g l e i c h b a r e r W e i s e e b e n s o für das U r h e b e r r e c h t . N i c h t alle B e standteile der s c h ö p f e r i s c h e n L e i s t u n g einer P e r s o n sind v o m S c h u t z des U r h e b e r r e c h t s erfasst. D i e M e t h o d e des S c h a f f e n s , der Stil u n d die T e c h n i k der D a r stellung fallen e b e n s o w e n i g d a r u n t e r w i e die b l o ß e I d e e o d e r das allgemeine k u l t u r e l l e B e s i t z g u t , w e l c h e die G r u n d l a g e der s c h ö p f e r i s c h e n T ä t i g k e i t bild e n . 1 2 0 D a b e i lassen sich die G r ü n d e f ü r die B e g r e n z u n g eines i n f o r m a t i o n e l l e n beziehungsweise

urheberrechtlichen

Ausschließlichkeitsrechts

ähnliche Erwägungen zurückführen. Ein informationelles

wiederum

auf

Selbstbestimmungs-

r e c h t darf n i c h t so weit a u s g e d e h n t w e r d e n , dass es zu einer u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n B e s c h r ä n k u n g der I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t

f ü h r t , weil diese die

unverzichtbare

G r u n d l a g e f ü r einen f u n k t i o n i e r e n d e n W i r t s c h a f t s v e r k e h r u n d eine d e m o k r a t i s c h e G e s e l l s c h a f t s o r d n u n g bildet. U n d ein A u s s c h l i e ß l i c h k e i t s r e c h t des U r h e bers darf n i c h t so weit gehen, dass es T e c h n i k e n , Ideen u n d G e d a n k e n o d e r tats ä c h l i c h e G e g e b e n h e i t e n u n d E r e i g n i s s e mit u m f a s s t , weil diese u n v e r z i c h t b a r e G r u n d l a g e der freien geistigen A u s e i n a n d e r s e t z u n g u n d F o r t e n t w i c k l u n g i n n e r halb einer G e s e l l s c h a f t sind u n d d a h e r im I n t e r e s s e der A l l g e m e i n h e i t f ü r alle frei zugänglich bleiben müssen.121 S i c h e r l i c h darf die Parallelität z w i s c h e n U r h e b e r r e c h t u n d D a t e n s c h u t z r e c h t n i c h t ü b e r s t r a p a z i e r t w e r d e n . Z u w e i t geht es i n s b e s o n d e r e , w e n n m a n c h e S t i m m e n in d e r a m e r i k a n i s c h e n D a t e n s c h u t z l i t e r a t u r a r g u m e n t i e r e n , ein i n f o r m a t i o nelles S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t stehe in K o n f l i k t mit d e m G r u n d p r i n z i p des U r h e b e r r e c h t s , dass T a t s a c h e n (zu d e n e n auch die p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n g e h ö r e n ) für j e d e r m a n n stets frei v e r f ü g b a r sein m ü s s e n u n d i n s o w e i t n i e m a n d e m ein E x k l u s i v r e c h t z u r V e r f ü g u n g s t e h t . 1 2 2 E i n e s o l c h e A r g u m e n t a t i o n i g n o r i e r t den

BVerfGE 65, 1 (44) - Volkszählung. Siehe Loewenheim in ders., Handbuch Urheberrecht, §7 Rdn. Iff. 121 Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, §2 Rdn.50ff. 122 Vgl. McGeveran, 76 N.Y.U.L. Rev. 1812, 1840 (2001); Volokh, 52 Stan. L. Rev. 1049, 1073 (2000); siehe auch Posner, 12 Ga. L. Rev. 393, 403f. (1978) („generally no protection for facts 119 120

228

J. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

besonderen Charakter personenbezogener Tatsachen, die eben einen anderen und stärkeren Persönlichkeitsbezug aufweisen können als solche Tatsachen, deren primärer Bezugspunkt nicht die individuelle Persönlichkeit ist. Was der Blick auf das Urheberrecht aber zeigt, ist erstens, dass das Problem der Mehrrelationalität weder ein datenschutzrechtliches noch ein persönlichkeitsrechtliches Spezifikum ist. U n d zweitens wird deutlich, dass die Idee einer Zuordnung, selbst wenn sie immaterialgüterrechtlich ausgestaltet ist, nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil das Zuordnungsobjekt mehrrelational ist. Das Urheberrecht ist ein Beleg dafür, dass selbst ein Regelungsmodell, dessen Ausgangspunkt ein eigentumsähnliches Ausschließlichkeitsrecht ist, der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit des Rechteinhabers gebührend Rechnung tragen kann. Zum einen geschieht dies dadurch, dass sich das Urheberrecht - wie eben dargelegt nicht auch auf solche Elemente wie Ideen, Tatsachen oder Methoden erstreckt, die im Interesse der freien geistigen Auseinandersetzung und kulturellen Weiterentwicklung frei zugänglich sein müssen. Z u m anderen geschieht dies dadurch, dass das Urheberrecht gesetzlichen Beschränkungen unterworfen wird, die auf der Erkenntnis beruhen, dass auch das Urheberrecht im Interesse der Allgemeinheit einer Sozialbindung unterliegt und der Urheber sich daher gewisse Einschränkungen seines ausschließlichen Herrschaftsrechts gefallen lassen muss. 123 Zu den schutzwürdigen Belangen der Allgemeinheit, denen gegenüber die Interessen des Urhebers zurücktreten müssen, zählen nach §§ 44a ff. U r h G zahlreiche Belange, die in vergleichbarer Form auch eine Beschränkung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen rechtfertigen oder zumindest rechtfertigen könnten: das Interesse der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit (§45), der Schutz der Informationsfreiheit und die Erleichterung der Berichterstattung (§§48, 49 und 50), die Freiheit des geistigen Schaffens (§51) oder das Interesse am privaten und sonstigen eigenen Gebrauch (§§53, 54ff.). Im Ergebnis findet sich daher im Urheberrecht ebenso ein System von Grundsatz und Ausnahmen (Urheberrecht und Schranken), wie dies auch dem Datenschutzrecht zugrunde liegt (informationelles Selbstbestimmungsrecht und Erlaubnistatbestände).

IV. Fazit Selbst ein eigentums- oder immaterialgüterrechtsähnlich ausgestaltetes Regelungsregime wie das Urheberrecht kann dem Umstand der Mehrrelationalität adäquat Rechnung tragen und eine Balance zwischen den Ausschließlichkeitsinteressen des Rechteinhabers und den Freiheitsinteressen der Allgemeinheit herabout people - my ill health, evil temper, even m y income w o u l d not be facts over which I had property rights"). 123 Melichar in Schricker, Urheberrecht, Vor §§45ff. R d n . 1.

A. Der Charakter

des Rechts auf informationelle

Selbstbestimmung

229

stellen. Schon deshalb greift es für die datenschutzrechtliche Diskussion zu kurz, wenn dort ein Recht an den eigenen Daten pauschal mit einem „absoluten Herrschafts- und Verfügungsrecht" an den eigenen Daten 1 2 4 , mit einem „Herrschaftsrecht an aufgeteilten und monopolisierten Informationen" 1 2 5 oder mit einer „absoluten Verfügungs- und Abschottungsbefugnis"' 2 6 gleichgesetzt wird. Ein Recht an den eigenen Daten ist ebenso wenig wie ein Urheberrecht am eigenen Werk ein starres Recht, das im Sinne eines Entweder-Oder ausschließlich einer Person ein Recht an einem fest umrissenen Datum zuschreibt, sondern ein Recht, das sich teilen, übertragen und je nach konkretem Verwendungszusammenhang anders ausgestalten lässt. Es institutionalisiert nicht notwendigerweise Kommunikationslosigkeit, 127 sondern bietet ausreichend Flexibilität und Abwägungsspielraum für eine adäquate Berücksichtigung aller beteiligten Interessen. Sicherlich ist ein solcher Interessenausgleich nicht immer einfach zu finden und kann heftig umstritten sein - im Datenschutzrecht ebenso wie im Urheberrecht. 1 2 8 Dieser Streit kann allerdings auch nicht dadurch vermieden oder beigelegt werden, dass das Problem der Zuordnung (scheinbar) umgangen wird, indem man informationelle Selbstbestimmung mit der Würde und Persönlichkeit des Einzelnen verknüpft. Das eigentliche Problem ist, dass die in die Auseinandersetzung involvierten Interessen der verschiedenen Parteien nur schwer oder überhaupt nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. Im Ergebnis bestehen daher keine durchgreifenden Bedenken gegen die Qualifizierung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als ein Recht an den eigenen Daten. Dieses Recht ist dem Grunde nach ein Persönlichkeitsrecht - wobei oben aufgezeigt worden ist, dass der Schutzumfang eines solchen Persönlichkeitsrechts sowohl materielle als auch immaterielle Interessen umfasst. Eine weitergehende Einordnung des Rechts an den eigenen Daten als Immaterialgüteroder Eigentumsrecht ist darüber hinaus weder notwendig noch hilfreich. Eine Qualifizierung als Immaterialgüterrecht würde zwar klarstellen, dass personenbezogene Daten nicht allein eine Rolle als untrennbare Bestandteile der Persönlichkeit einnehmen, sondern auch Objektcharakter haben, und daher eine Entscheidung unausweichlich ist, welchem Subjekt (Betroffener, Datenverarbeiter, Allgemeinheit) die Daten zumindest im Ausgangspunkt zugeordnet werden sollen. Andererseits reduziert sich die Bedeutung informationeller Selbstbestimmung nicht auf diese materielle Beziehung, sondern ist eben auch stark im ideell-

Vogelsang, Informationelle Selbstbestimmung, S. 141 ff. Heußner, ArbuR 1985, 309 (312); ähnlich ders., Datenverarbeitung und Grundrechtsschutz, S.118 und R D V 1988, 7 (8). 126 Brossette, Wert der Wahrheit, S.216. 127 So aber Heußner a.a.O.; Donos, Datenschutz, S. 123 f. 128 Der Streit um die Zulässigkeit der Privatkopie ist nur eines von zahlreichen aktuellen Beispielen aus dem Urheberrecht; siehe dazu Berger, Z U M 2004, 257; Flechsig, ZRP 2004, 249; Stickelbrock, G R U R 2004, 736. 124

125

230

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecbt

persönlichkeitsrechtlichen Sinne geprägt und damit gerade kein Immaterialgüterrecht im strengen Sinne. Im Endeffekt w ü r d e eine Einordnung als Immaterialgüterrecht daher ebenso w e n i g wie beim Urheberrecht zu einer weiteren Klärung beitragen können. Schließlich scheidet auch eine Einordnung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Eigentumsrecht aus. Die Einordnung informationeller Selbstbestimmung unter das Eigentumsrecht w i r d vor allem im amerikanischen Recht als deregulative Alternative präsentiert, die sich vermeintlich reibungslos in eine auf Freiheit und Selbstverantwortung ruhende Rechtsordnung einfügt. 1 2 9 Ahnlich findet sich auch in der deutschen Diskussion die U b e r z e u g u n g , eine Qualifizierung informationeller Selbstbestimmung als eigentumsähnliche Position mache die überwiegende A n z a h l staatlicher Regulierungen im nicht-öffentlichen Bereich überflüssig. 1 3 0 Jedoch gewinnt k a u m eine der zentralen Fragen des Datenschutzrechts allein dadurch an Klarheit, dass ein eigentumsrechtlicher A n s a t z gewählt wird. Offen bleibt nicht nur, welcher Seite die Rechte anfänglich z u z u o r d nen sind, sondern auch, in w e l c h e m R a h m e n sie übertragbar sein sollen, w i e die verfahrensrechtlichen Bedingungen für eine Rechteübertragung auszugestalten sind oder auf welche Weise die Rechte geschützt werden sollen. 1 3 1 All diese Fragen bedürfen - unabhängig von der Bezeichnung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Persönlichkeits-, Immaterialgüter- oder Eigentumsrecht stets einer wertenden datenschutzrechtlichen Entscheidung. Für die Frage der anfänglichen Zuordnung des Rechts an den eigenen Daten ist diese Entscheidung bereits oben getroffen w o r d e n , für die übrigen Fragen soll im Folgenden ein datenschutzrechtlicher Regelungsrahmen entworfen werden.

129 Zum sog. property approach im amerikanischen Datenschutzrecht siehe etwa Developments in the Law, 112 Harv. L. Rev. 1574,1644 (1999); Janger, 54 Hastings L.J. 899 (2003); Laudon, Comm. A C M Sept. 1996, 92; Lessig, Code and Other Laws of Cyberspace, S. 159; Murphy, 84 Geo. L.J. 2381, 2383f. (1996); Rule/Hunter, Property Right in Personal Data, S. 168; Varian, Economic Aspects of Personal Privacy, Kap. 1, C; siehe auch Posner, Economic Analysis, S. 46. 130 Siehe Kilian, C R 2002, 921 (922f.): „Ich möchte die Hypothese aufstellen, dass die überwiegende Zahl staatlicher Regulierungen im nicht-öffentlichen Bereich überflüssig sind, wenn man das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die daraus abzuleitende Verfügungsbefugnis in Form der Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten als eigentumsähnliche Position (property right) auffasst"; siehe auch Ladeur, DuD 2000, 12 (18): Zuordnung des Datenschutzes zum Eigentumsrecht im Interesse einer „Erweiterung und Flexibilisierung des Datenschutzes". 131 Siehe (aus amerikanischer Sicht) Kang/Buchner, 18 Harv. J. Law Tech. 229, 257f. (2004): ,,[W]hether one adopts dignity-talk or market-talk, neither framing necessarily dictates the way privacy will be experienced ... What is most important is where the power over personal data is felt and exercised. And, this in turn depends less on the general discourse adopted than the specific choices made within each discourse. The choice is not about dignity versus property; it is instead about strong or weak privacy."

B. Die Ausübung informationeller Selbstbestimmung E i n R e c h t an den eigenen D a t e n , w i e es hier als A u s g a n g s p u n k t eines p r i v a t r e c h t lichen D a t e n s c h u t z m o d e l l s a n g e n o m m e n w i r d , ist kein statisches R e c h t . I n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g schließt z w a r t h e o r e t i s c h a u c h die B e f u g n i s ein, dass der einzelne B e t r o f f e n e sein R e c h t an den eigenen D a t e n als negatives A b w e h r r e c h t allein dazu instrumentalisiert, alle a n d e r e n v o n „ s e i n e n " D a t e n a u s z u s c h l i e ß e n . P r a k t i s c h setzt sich i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g j e d o c h stets aus n e g a t i v e n u n d positiven E l e m e n t e n z u s a m m e n . J e nach S i t u a t i o n u n d I n t e r e s s e n lage w i r d der E i n z e l n e bei gewissen D a t e n auf s e i n e m negativen A u s s c h l u s s r e c h t b e h a r r e n , bei anderen D a t e n aber gewillt sein, deren V e r a r b e i t u n g a u c h D r i t t e n für b e s t i m m t e Z w e c k e zu gestatten. Z u k l ä r e n ist, auf w e l c h e A r t u n d Weise eine s o l c h e G e s t a t t u n g e r f o l g e n soll - w e l c h e F o r m e n einer ( p o s i t i v e n ) A u s ü b u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g in B e t r a c h t k o m m e n u n d w i e diese r e c h t l i c h a u s z u g e s t a l t e n sind, damit i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g auch tatsächlich in autonomer, informierter und eigenverantwortlicher Weise ausgeübt wird. D r e i m ö g l i c h e F o r m e n einer A u s ü b u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g sollen im F o l g e n d e n n ä h e r e r ö r t e r t w e r d e n . G r u n d s t u f e u n d d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r A u s g a n g s p u n k t ist die einseitige E i n w i l l i g u n g im e n g e r e n S i n n e , wie sie aus § 4 1 B D S G bzw. aus den j e w e i l i g e n s e k t o r s p e z i f i s c h e n D a t e n s c h u t z b e s t i m m u n gen b e k a n n t ist. 1 D i e einseitige E i n w i l l i g u n g ist das klassische I n s t r u m e n t auf Seiten des B e t r o f f e n e n , u m einen E i n g r i f f in sein R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g zu „legalisieren". 2 A l s I n s t r u m e n t einer e f f e k t i v e n i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g ist sie heute allerdings n u r n o c h e i n g e s c h r ä n k t geeignet. E s geht bei der D a t e n v e r a r b e i t u n g , anders als e t w a b e i m ä r z t l i c h e n H e i l e i n g r i f f , n i c h t m e h r n u r u m einen singulären u n d ü b e r s c h a u b a r e n

Rechtsgutseingriff

d u r c h einen b e g r e n z t e n K r e i s v o n B e t e i l i g t e n , s o n d e r n u m ein alltägliches, f o r t d a u e r n d e s u n d k o m p l e x e s P h ä n o m e n . O f t m a l s ist die E i n w i l l i g u n g n o t w e n d i g e r B e s t a n d t e i l eines k o m p l e x e r e n R e c h t e - u n d P f l i c h t e n g e f ü g e s z w i s c h e n D a t e n v e r -

Siehe insb. §3 TDDSG, §17 MDStV und §§95, 96 und 98 T K G . Vergleiche Tinnefeld/Ehmann/Gerlmg, Datenschutzrecht, S. 318 („Bei der Einwilligung geht es um die Legalisierung eines Eingriffs in das Recht auf Datenschutz des Betroffenen."); allgemein Peifer, Individualität, S.312 („Das klassische Instrument zur Gestattung von Eingriffen in persönliche Interessen und Güter stellt die Einwilligung dar."); Schuck, AcP 195 (1995), 594 (597) (Einwilligung als das klassische Instrument für die Disposition über Persönlichkeitsrechte). 1

2

232

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

a r b e i t e r u n d B e t r o f f e n e m . M i t u n t e r ist sie sogar selbst die v e r t r a g s c h a r a k t e r i s t i sche H a u p t l e i s t u n g s p f l i c h t eines Vertragsverhältnisses. D i e F i g u r einer einseitigen d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g k a n n diesen und v e r g l e i c h b a r k o m p l e xen R e c h t s b e z i e h u n g e n n i c h t m e h r g e r e c h t w e r d e n . E s liegt d a h e r nahe, sich bei den m ö g l i c h e n F o r m e n

einer A u s ü b u n g

informationeller

Selbstbestimmung

n i c h t auf diese „niedrigste S t u f e " 3 zu b e s c h r ä n k e n , s o n d e r n in A n l e h n u n g an O h lys „Stufenleiter der G e s t a t t u n g e n " z u s ä t z l i c h z u r einseitigen, w i d e r r u f l i c h e n E i n w i l l i g u n g n o c h z w e i w e i t e r e F o r m e n einer A u s ü b u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g zuzulassen: die s c h u l d v e r t r a g l i c h e E i n w i l l i g u n g in eine V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n u n d die k o n s t i t u t i v e E i n r ä u m u n g b e s t i m m t e r A u s s c h n i t t e aus d e m R e c h t an den eigenen D a t e n . 4

I. D i e einseitige Einwilligung D e r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e E r l a u b n i s t a t b e s t a n d der E i n w i l l i g u n g erlaubt es d e m B e t r o f f e n e n , selbst ü b e r die L e g i t i m a t i o n v o n E i n g r i f f e n in sein R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g zu e n t s c h e i d e n . D e r B e t r o f f e n e hat es in der H a n d , d u r c h p o s i t i v e u n d negative A u s ü b u n g seines E n t s c h e i d u n g s v o r r e c h t s den U m gang mit seinen D a t e n d u r c h D r i t t e zu b e s t i m m e n . G r u n d f o r m der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g ist die einseitige w i d e r r u f l i c h e E i n w i l l i g u n g ( E i n w i l l i gung im e n g e r e n S i n n e ) . 5 Sie ist i m m e r dann a n z u n e h m e n , w e n n die E i n w i l l i g u n g einen

isolierten,

eigenständigen

Vorgang

darstellt

oder wenn

sie z w a r

im

Z u s a m m e n h a n g m i t e i n e m gleichzeitig a b g e s c h l o s s e n e n V e r t r a g steht, selbst j e d o c h w e d e r eine v e r t r a g l i c h e N e b e n a b r e d e enthält n o c h z u m n o t w e n d i g e n Inhalt der vertraglichen A b r e d e g e h ö r t . 1. Die Widerrufbarkeit

der

Einwilligung

H a u p t c h a r a k t e r i s t i k u m der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g im engeren Sinne ist deren freie W i d e r r u f b a r k e i t . 6 D i e W i d e r r u f b a r k e i t der E i n w i l l i g u n g soll siSo Ohly, Einwilligung, S. 144, für die einseitige widerrufliche Einwilligung im Privatrecht. Zu Ohlys Stufenleiter der Gestattung siehe ders., Einwilligung, S. 141 ff. Ohly spricht nicht von der Einräumung, sondern von der Übertragung von Rechten. Ersterer Begriff ist jedoch zumindest im datenschutzrechtlichen Kontext - vorzugswürdig, da er deutlicher zum Ausdruck bringt, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht in seinem Kern stets beim Betroffenen bleibt und lediglich einzelne Nutzungsrechte aus diesem umfassenden Recht ausgegliedert und einem Dritten zur Verfügung gestellt werden können; siehe auch unten bei Fn. 175. 5 Siehe insb. § 3 T D D S G , § 17 MDStV und §§ 95, 96 und 98 T K G . 6 Zur grundsätzlichen Widerrufbarkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung siehe Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, §4a BDSG Rdn. 23ff.; Gola/Scbomerus, BDSG, §4a Rdn. 18; Holznagel/Sonntag in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn. 64; Schaffland/Wiltfang, BDSG, §4a Rdn. 26; Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn. 90; Wächter, Datenschutz, Rdn. 232; allgemein zur persönlichkeitsrechtlichen Einwilligung siehe Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 171; Kohte, AcP 185 (1985), 105 (137ff.). 3

4

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

c h e r s t e l l e n , dass der E i n z e l n e sein i n f o r m a t i o n e l l e s

233

Selbstbestimmungsrecht

m ö g l i c h s t effektiv u n d u n e i n g e s c h r ä n k t a u s ü b e n k a n n . D e r B e t r o f f e n e soll n i c h t n u r p r ä v e n t i v k o n t r o l l i e r e n k ö n n e n , o b und w i e seine D a t e n v e r a r b e i t e t w e r d e n , s o n d e r n er soll a u c h in der L a g e sein, n a c h t r ä g l i c h eine z u n ä c h s t gebilligte V e r a r b e i t u n g seiner D a t e n w i e d e r zu k o r r i g i e r e n . 7 E r soll, „anders a u s g e d r ü c k t , n i c h t n u r die r e c h t z e i t i g , s o n d e r n auch die zu spät e r k a n n t e n V e r a r b e i t u n g s f o l g e n auffangen k ö n n e n " . 8

a)

Rechtfertigung

D i e einseitige B e v o r z u g u n g s u b j e k t i v e r W i l l e n s f r e i h e i t zulasten des o b j e k t i v e n V e r t r a u e n s s c h u t z e s rechtfertigt sich in erster L i n i e mit R ü c k s i c h t auf die K o m p l e xität und U n ü b e r s c h a u b a r k e i t der V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n . I m R e g e l f a l l willigt der B e t r o f f e n e n i c h t n u r in einen singulären, zeitlich a b g e g r e n z ten A k t d e r D a t e n v e r a r b e i t u n g ein, s o n d e r n in einen k o m p l e x e n und länger and a u e r n d e n P r o z e s s . A m Beispiel des D a t a W a r e h o u s e u n d D a t a M i n i n g ist o b e n b e r e i t s dargestellt w o r d e n , wie s c h w i e r i g o d e r gar u n m ö g l i c h es für den E i n z e l nen ist, a m A n f a n g eines s o l c h e n P r o z e s s e s die m ö g l i c h e n K o n s e q u e n z e n u n d die g a n z e T r a g w e i t e seiner d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g zu ü b e r b l i c k e n und richtig e i n z u s c h ä t z e n . 9 D i e A u s s a g e k r a f t v o n f ü r sich g e n o m m e n z u n ä c h s t u n e r h e b l i c h e n E i n z e l d a t e n k a n n m i t der V e r a r b e i t u n g z u s ä t z l i c h e r D a t e n e x p o n e n tiell z u n e h m e n und eine völlig n e u e u n d u n e r w a r t e t e i n f o r m a t i o n e l l e Q u a l i t ä t e r r e i c h e n . D i e M ö g l i c h k e i t e n einer zeitlich und m e n g e n m ä ß i g u n b e g r e n z t e n D a t e n s p e i c h e r u n g und die stetige F o r t e n t w i c k l u n g der A u s w e r t u n g s i n s t r u m e n t a rien k ö n n e n E r k e n n t n i s s e ü b e r die P e r s ö n l i c h k e i t des B e t r o f f e n e n o f f e n b a r e n , die in U m f a n g und F o r m v o m B e t r o f f e n e n so n i c h t v o r h e r g e s e h e n w u r d e n u n d auch niemals g u t g e h e i ß e n w o r d e n w ä r e n . S t ü n d e d e m B e t r o f f e n e n hier k e i n e M ö g l i c h keit z u r V e r f ü g u n g , seinen W i l l e n s e n t s c h l u s s n a c h t r ä g l i c h auch w i e d e r zu ändern b z w . zu präzisieren und klarzustellen, so k ä m e es tatsächlich zu einer u n z u m u t b a ren E i n s c h r ä n k u n g seines R e c h t s auf freie und s e l b s t b e s t i m m t e P e r s ö n l i c h k e i t s entfaltung. E s w ü r d e in einen w e r t b l i n d e n und n i c h t zu r e c h t f e r t i g e n d e n F o r m a lismus m ü n d e n , m ü s s t e der B e t r o f f e n e einen f r e m d b e s t i m m t e n U m g a n g m i t seinen D a t e n allein deshalb dulden, weil er i r g e n d w a n n in der V e r g a n g e n h e i t in eine D a t e n v e r a r b e i t u n g eingewilligt hat, deren langfristige A u s w i r k u n g e n auf seine P e r s ö n l i c h k e i t und F r e i h e i t er n i c h t v o r h e r s e h e n k o n n t e . D i e F e s t s c h r e i b u n g einer W i d e r r u f b a r k e i t der E i n w i l l i g u n g gewährleistet z u gleich a u c h einen S c h u t z des B e t r o f f e n e n v o r sich selbst. D i e F r a g e , w i e w e i t der E i n z e l n e ü b e r h a u p t ü b e r seine P e r s o n v e r f ü g e n u n d auf sein in A r t . 2 I u n d A r t . 1 1 G G v e r a n k e r t e s G r u n d r e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g v e r z i c h t e n

7 8 9

Simitis in ders., BDSG, § 4 a R d n . 9 0 . A.a.O. Siehe oben Teil 2 (B I 1 b).

234

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

darf, verliert viel von ihrer Brisanz, wenn dem Einzelnen zumindest die Befugnis verbleibt, jede Form von Selbstaufgabe und Grundrechtsverzicht auch wieder rückgängig zu machen. Zu einem „Objekt", zu einem „bloßen Mittel" oder einer „vertretbaren Größe" 1 0 wird der Einzelne erst dann herabgewürdigt, wenn es ihm auf Dauer verwehrt ist, in seine Rolle als selbstbestimmtes Subjekt zurückzukehren. Solange er hingegen eine solche Korrekturmöglichkeit hat, ist eine freiwillige und informierte Verfügung über sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung zumindest im privatrechtlichen Verhältnis grundsätzlich hinzunehm e n . " Unzulässig wird eine Einwilligung in die Datenverarbeitung somit grundsätzlich erst dann, wenn der Betroffene dadurch unwiederbringlich die Möglichkeit individueller Selbstbestimmung und Selbstdarstellung verliert. 12 Für die konkrete Ausgestaltung des Datenschutzrechts heißt dies wiederum: Primäre Aufgabe des Datenschutzgesetzgebers ist es, den verfahrensrechtlichen Rahmen informationeller Selbstbestimmung so auszugestalten, dass dem Einzelnen auch bei fragwürdigem Umgang mit seiner Persönlichkeit der „Weg zurück" offen steht. Bei der inhaltlichen Bewertung sollte sich der Gesetzgeber dagegen grundsätzlich zurückhalten. b)

Konsequenzen

Konsequenz einer widerrufenen Einwilligung ist nach geltendem Datenschutzrecht die Unzulässigkeit der weiteren Datenverarbeitung für die Zukunft. 13 Eine bereits erfolgte Datenverarbeitung bleibt hingegen durch die zuvor erteilte Einwilligung rechtmäßig und wird durch den Widerruf nicht nachträglich wieder unzulässig.14 Zu einer gewissen ex tunc-Wirkung kommt es aber gleichwohl, weil auch der Widerruf den Datenverarbeiter zur Löschung bereits erhobener Daten verpflichtet. Mit dem Widerruf verliert die verarbeitende Stelle ihre Berechtigung zur Datenverarbeitung, eine weitere Speicherung der Daten wäre damit unzulässig und die Daten sind deshalb gemäß § 35 II 2 Nr. 1 B D S G zu löschen. 15 Regelmä10 Zu dieser Objekt-Formel als Richtungsweiser der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung siehe BVerfGE 9, 89 (95); 63, 133 (142f.); 87, 209 (228) in Anschluss an Dürig, Menschenwürde, S. 137; speziell zum datenschutzrechtlichen Kontext siehe BVerfGE 27,1 (6) - Mikrozensus: „Es widerspricht der menschlichen Würde, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen ... Mit der Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren ... und ihn damit wie eine Sache zu behandeln". 11 Schmitt Glaeser, ZRP 2000, 395 (400) zum Würdeverzicht bei „Big Brother"; zu diesem Sendeformat und zu der damit einhergehenden grundsätzlichen Frage eines Menschenwürdeverstoßes bei freiwilligem Handeln siehe Klass, Rechtliche Grenzen des Realitätsfernsehens (2004). 12 Vgl. Ohly, Einwilligung, S.412ff. 13 Ausdrücklich in diesem Sinne die sektorspezifischen Regelungen der §§4111 1 T D D S G , 18 III 1 MDStV und 94 Nr.4 T K G ; ebenso allgemein für das Datenschutzrecht Gola/Schomerus, B D S G , §4a Rdn.18; Schaffland/Wiltfang, B D S G , §4a Rdn.28; Simiüs in ders., B D S G , §4a Rdn.98. 14 O L G Düsseldorf, ZIP 1985, 1319. 15 Siehe Simitis in ders., B D S G , §4a Rdn. 99.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

235

ßig v e r m a g ein W i d e r s p r u c h auf diese W e i s e die i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g des B e t r o f f e n e n voll u m f ä n g l i c h w i e d e r h e r z u s t e l l e n - z u m i n d e s t im V e r hältnis zu d e m j e n i g e n D a t e n v e r a r b e i t e r , d e m g e g e n ü b e r die E i n w i l l i g u n g u n d i m F o l g e n d e n auch der W i d e r r u f dieser E i n w i l l i g u n g erklärt w o r d e n ist. E i n B e d ü r f nis für w e i t e r g e h e n d e S a n k t i o n e n , die sich aus einer U n z u l ä s s i g k e i t bereits e r f o l g ter D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e

ableiten ließen, b e s t e h t i n s o w e i t

regelmäßig

n i c h t . A n d e r s als bei E i n g r i f f e n in s o n s t i g e R e c h t s g ü t e r , die w i e beispielsweise der ä r z t l i c h e H e i l e i n g r i f f in eine p u n k t u e l l e u n d a b g e s c h l o s s e n e R e c h t s g u t s v e r l e t z u n g m ü n d e n , ähnelt ein E i n g r i f f in das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t e h e r e i n e r k o n s t a n t e n B e e i n t r ä c h t i g u n g , die in d e m M o m e n t w i e d e r a u f h ö r t , in d e m die D a t e n v e r a r b e i t u n g b e e n d e t w i r d . F r a g l i c h ist allerdings, w e l c h e K o n s e q u e n z e n der W i d e r r u f einer E i n w i l l i g u n g dann n a c h sich ziehen soll, w e n n es v o r d e m W i d e r r u f bereits zu einer Ü b e r m i t t lung p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n an D r i t t e g e k o m m e n ist. G e h t m a n d a v o n aus, dass der W i d e r r u f einer E i n w i l l i g u n g die bereits e r f o l g t e D a t e n v e r a r b e i t u n g n i c h t n a c h t r ä g l i c h w i e d e r unzulässig m a c h t , muss dies g r u n d s ä t z l i c h auch f ü r die mittlung

Über-

v o n D a t e n gelten. D e r E m p f ä n g e r der E i n w i l l i g u n g s e r k l ä r u n g muss

dann z w a r jede w e i t e r e D a t e n ü b e r m i t t l u n g unterlassen. W a s mit den bereits z u v o r ü b e r m i t t e l t e n D a t e n bei D r i t t e n g e s c h i e h t , e n t z i e h t sich j e d o c h s e i n e m V e r a n t w o r t u n g s b e r e i c h - eine G r e n z z i e h u n g , die u n t e r d e m G e s i c h t s p u n k t des V e r t r a u e n s s c h u t z e s d u r c h a u s a n g e b r a c h t s c h e i n t . A u s der P e r s p e k t i v e des B e t r o f f e nen ist das E r g e b n i s allerdings w e n i g e r b e f r i e d i g e n d . O b w o h l i h m t h e o r e t i s c h das R e c h t z u s t e h t , mittels W i d e r r u f die S e l b s t b e s t i m m u n g ü b e r seine D a t e n w i e d e r h e r z u s t e l l e n , läuft dieses R e c h t de f a c t o i m m e r dann ins L e e r e , w e n n - w i e so oft die D a t e n n i c h t ausschließlich bei der u r s p r ü n g l i c h v e r a n t w o r t l i c h e n Stelle v e r b l i e b e n sind. Simitis geht d a h e r v o n einer V e r p f l i c h t u n g dieser Stelle aus, dritte D a t e n e m p f ä n g e r ü b e r d e n W i d e r r u f z u m i n d e s t zu i n f o r m i e r e n u n d auf diese W e i se einer w e i t e r e n D a t e n v e r a r b e i t u n g v o r z u b e u g e n . 1 6 G e s t ü t z t w e r d e n k a n n eine s o l c h e V e r p f l i c h t u n g auch auf § 3 5 V I I B D S G . § 3 5 V I I B D S G sieht eine P f l i c h t z u r B e n a c h r i c h t i g u n g D r i t t e r u n t e r a n d e r e m dann vor, w e n n p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n w e g e n der U n z u l ä s s i g k e i t i h r e r S p e i c h e r u n g g e l ö s c h t w e r d e n m ü s s e n - allerdings u n t e r d e r E i n s c h r ä n k u n g , dass dies k e i n e n u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n A u f w a n d e r f o r d e r t . L e t z t l i c h w i r d l e t z t e r e E i n s c h r ä n k u n g z w a r o f t m a l s eine B e n a c h r i c h t i g u n g s p f l i c h t der v e r a n t w o r t l i c h e n Stelle a u s s c h l i e ß e n , i n s b e s o n d e r e d a n n , w e n n im R a h m e n der V e r h ä l t n i s m ä ß i g k e i t s p r ü f u n g auch b e r ü c k s i c h t i g t w i r d , dass die Ü b e r m i t t l u n g an sich zulässigerweise erfolgt ist. G l e i c h w o h l w ü r d e j e d e w e i t e r e V e r p f l i c h t u n g der ü b e r m i t t e l n d e n Stelle die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n A n f o r d e r u n g e n zulasten des V e r t r a u e n s s c h u t z e s ü b e r s p a n n e n . 1 7 Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn.99. Nicht ausgeschlossen ist dagegen ein Anspruch des Betroffenen auf den Widerruf bereits übermittelter Daten, wenn diese Daten unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen weitergegeben worden sind. Nach der Rechtsprechung stellt eine durch das BDSG nicht ge16

17

236

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

A u c h m i t der gerade g e m a c h t e n E i n s c h r ä n k u n g sichert die M ö g l i c h k e i t des jederzeitigen W i d e r r u f s d e m B e t r o f f e n e n eine w e i t g e h e n d e E n t s c h e i d u n g s a u t o n o mie ü b e r die V e r w e n d u n g seiner D a t e n . K e h r s e i t e dieses j e d e r z e i t i g e n W i d e r r u f s r e c h t s ist die s c h w a c h e R e c h t s p o s i t i o n der v e r a n t w o r t l i c h e n Stelle, die j e d e r z e i t damit r e c h n e n m u s s , dass ihr die B e f u g n i s z u r D a t e n v e r a r b e i t u n g w i e d e r e n t z o gen u n d d a m i t eine w e i t e r e D a t e n n u t z u n g unzulässig w i r d . D i e E i n w i l l i g u n g in ihrer A u s p r ä g u n g als w i d e r r u f l i c h e E i n w i l l i g u n g i m t r a d i t i o n e l l e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n S i n n e ist d a h e r die s c h w ä c h s t e F o r m e i n e r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n L e g i t i m a t i o n . 1 8 A l s m a ß g e b l i c h e L e g i t i m a t i o n s g r u n d l a g e k o m m t sie n u r d a n n in B e t r a c h t , w e n n die r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e B e z i e h u n g z w i s c h e n den B e t e i l i g t e n in B e stand u n d F o r m u n a b h ä n g i g d a v o n ist, o b eine D a t e n v e r a r b e i t u n g erlaubt ist o d e r nicht. Ist die Z u l ä s s i g k e i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g hingegen e n t s c h e i d e n d e r V e r tragsbestandteil o d e r n o t w e n d i g e V e r t r a u e n s - u n d I n v e s t i t i o n s g r u n d l a g e f ü r die D i s p o s i t i o n e n der B e t e i l i g t e n , scheint die w i d e r r u f l i c h e E i n w i l l i g u n g als alleiniger L e g i t i m a t i o n s t a t b e s t a n d k a u m p r a k t i k a b e l . A n ihre Stelle m ü s s e n v i e l m e h r andere F o r m e n einer p r i v a t a u t o n o m e n G e s t a t t u n g der D a t e n v e r a r b e i t u n g treten, die deren E i n b i n d u n g in einen u m f a s s e n d e r e n r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n R a h m e n b e s ser g e r e c h t w e r d e n u n d d e s h a l b gerade auch der W i l l e n s f r e i h e i t des B e t r o f f e n e n gewisse G r e n z e n s e t z e n m ü s s e n . 1 9 2. Rechtsnatur

der

Einwilligung

U m s t r i t t e n ist im D a t e n s c h u t z r e c h t - w i e im P r i v a t r e c h t allgemein - o b die E i n willigung als r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e E r k l ä r u n g 2 0 b z w . g e s c h ä f t s ä h n l i c h e H a n d l u n g 2 1 e i n z u o r d n e n ist o d e r o b sie stattdessen eine R e a l h a n d l u n g darstellt. 2 2 V o n B e d e u tung soll die R e c h t s n a t u r der E i n w i l l i g u n g v o r allem f ü r die F r a g e der E i n w i l l i -

deckte Übermittlung pcrsoncnbczogcncr Daten eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet unter entsprechender Anwendung der §§12, 823,1004 B G B einen Anspruch auf Widerruf gegenüber der übermittelnden Stelle; siehe B G H NJW 1984, 436; O L G Düsseldorf NJW 2005, 2401 (2402); O L G Saarbrücken VuR 2006, 39 (Leitsatz). 18 Vgl. Ohly, Einwilligung, S. 176. 19 Siehe schon Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 171 (Einwilligung grundsätzlich frei widerruflich; bei Verbindung mit Vertrag jedoch Bindung aus Treu und Glauben). Zu den Alternativen, insbesondere zur schuldvertraglichen Einwilligung, siehe unten B II. 20 Für eine Einordnung als rechtsgeschäftliche Erklärung u.a. Kloepfer, Informationsrecht, § 8 Rdn.75; Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn.23; Wächter, Datenschutz, Rdn.231; Weichen in Kilian/Heussen, Computerrecht, 132 Rdn. 46. 21 In diesem Sinne etwa Tinnefeld/Ehmann/Gerling, Datenschutzrecht, S.318; Holznagel/ Sonntag in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn. 21; zum Begriff der geschäftsähnlichen Handlung und der entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschriften über die Willenserklärung siehe Heinrichs in Palandt, BGB, Uberbl. v. § 104 Rdn. 6. Auch Däubler, Gläserne Belegschaften, Rdn. 138, ordnet die datenschutzrechtliche Einwilligung als geschäftsähnliche Handlung ein, scheint seiner Argumentation nach aber eher von einer Realhandlung auszugehen. 22 Für eine Einordnung als Realhandlung u.a. Gola/Schomerus, land/Wiltfang, BDSG, §4a Rdn. 21.

BDSG, §4a Rdn. 10; Schaff-

B. Die Ausübung

informationeller

Selbstbestimmung

237

gungsfähigkeit sein. 2 3 Bedarf es hierzu in A n w e n d u n g der §§ 104ff. B G B grundsätzlich einer Geschäftsfähigkeit des Erklärenden oder ist die Einwilligungsfähigkeit nach dem flexibleren Kriterium der jeweiligen Einsichtsfähigkeit des Betroffenen zu beurteilen? Wobei eben diese vermeintlich klare Entscheidungsalternative in der datenschutzrechtlichen D i s k u s s i o n sogleich wieder dadurch relativiert wird, dass auch die Vertreter einer rechtsgeschäftlichen oder geschäftsähnlichen E i n o r d n u n g die Bedeutung der Einsichtsfähigkeit als maßgebliches Entscheidungskriterium nicht pauschal ablehnen. 2 4 D i e Befürworter einer solchen flexiblen L ö s u n g setzen damit die Erkenntnis um, die sich auch sonst im neueren privatrechtlichen Schrifttum durchgesetzt hat: 2 5 M a n mag der Einwilligung durchaus im A u s g a n g s p u n k t einen rechtsgeschäftlichen Charakter zusprechen, ein deduktiver A u t o m a t i s m u s im Sinne einer unbesehenen Ü b e r n a h m e sämtlicher N o r men der Rechtsgeschäftslehre ist damit jedoch nicht verbunden. 2 6 Entscheidend für die Anwendbarkeit der allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regelungen ist vielmehr, inwieweit diese je nach Konstellation der spezifischen Rechte- und Interessenkonstellation gerecht werden können. Teils lassen sich Unklarheiten über die Rechtsnatur der datenschutzrechtlichen Einwilligung schon dadurch beseitigen, dass klar zwischen der einseitigen Einwilligung im engeren Sinne und der schuldvertraglichen Einwilligung in eine D a tenverarbeitung unterschieden wird. Sobald einer Einwilligung auch eine rechtsgeschäftliche Bedeutung z u k o m m t , etwa weil sie selbst z u m Gegenstand des Vertrags wird, ist die Einwilligung nicht mehr nur eine isolierte Einwilligung im engeren datenschutzrechtlichen Sinne, sondern Bestandteil eines umfassenderen schuldvertraglichen Rechtsverhältnisses und damit als schuldvertragliche Einwilligung einzuordnen. N u r im Fall der einseitigen Einwilligung kann sich aber überhaupt die Frage nach der Rechtsnatur stellen. Bei der schuldvertraglichen Einwilligung dagegen ist von vornherein unstreitig, dass diesen F o r m e n der A u s ü b u n g informationeller Selbstbestimmung ein rechtsgeschäftlicher Charakter zuzusprechen ist. 27 Was aber nun die Rechtsnatur der einseitigen Einwilligung in einem solchen eng verstandenen Sinne angeht, scheint ihre A b g r e n z u n g gegenüber der schuldvertraglichen Einwilligung zunächst einmal gegen eine E i n o r d n u n g als rechtsgeSiehe Simiüs in ders., B D S G , §4a Rdn. 23. Siehe etwa Holznagel/Sonntag, a.a.O.; Simitis, a.a.O.; Tinnefeld/Ehmann/Gerling, a.a.O. 2 5 Siehe dazu Ohly, Einwilligung, S.202f. („Renaissance der Rechtsgeschäftstheorie in modifizierter Form"). 2 6 Ausdrücklich gegen ein schematische deduktive Vorgehensweise etwa Kohte, AcP 185 (1985), 105 (120); siehe auch Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 7 Rdn.44 (keine ungeprüfte Anwendung der §§ 104ff. B G B ) . 2 7 Ausdrücklich in diesem Sinne Wächter, Datenschutz, Rdn. 231: „Vertritt man auch die Auffassung, die Einwilligung sei in der Regel keine rechtsgeschäftliche Handlung, so wird dies jedenfalls dann anerkannt, wenn die Einwilligung Gegenstand eines Vertrages ist"; grundsätzlich Ohly, Einwilligung, S. 178. 23

24

238

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

schäftliche oder geschäftsähnliche Handlung zu sprechen. Sinn und Zweck der Einwilligung ist es, einen tatsächlichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu legalisieren. 2 8 Sinn und Zweck der schuldvertraglichen Einwilligung ist es hingegen, die Zulässigkeit der Datenverarbeitung in einem rechtsgeschäftlichen Kontext zu regeln und die Bedingungen der Datenverarbeitung auf die übrigen Bedingungen des Rechtsgeschäfts abzustimmen. Gleichwohl wird hier im Ergebnis auch für die datenschutzrechtliche Einwilligung im engeren Sinne ein rechtsgeschäftlicher Charakter bejaht und zwar vor allem mit Blick auf die rechtsgeschäftsähnliche Ausgestaltung der Einwilligung durch das Datenschutzrecht. Zahlreiche Aspekte, die das Bürgerliche Recht für die Willenserklärung regelt, werden auch im Datenschutzrecht für die Einwilligung geregelt: allgemeine Anforderungen an die Wirksamkeit, 2 9 Regelungen zur Freiwilligkeit, 3 0 zur Informiertheit, 3 1 zur Form 3 2 oder zur Widerrufbarkeit 3 3 der Einwilligung. Im Rahmen der AGB-Kontrolle geht der B G H grundsätzlich vom Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Erklärung aus, wenn sich der Betroffene mit einem Eingriff in seine Privatsphäre einverstanden erklärt. 3 4 Noch deutlicher wird das LG Bremen in einer Entscheidung zur Verwendung von Datenverarbeitungsklauseln gegenüber Minderjährigen, wenn es formuliert, dass sich auch die Verarbeitung rechtlich geschützter Daten nicht „auf einer unverbindlichen Ebene im rechtsfreien R a u m " vollziehe, sondern einer „rechtsgeschäftlichen Einwilligung" bedürfe, die wiederum bei beschränkt Geschäftsfähigen wegen der §§ 104ff. BGB nicht zulässig sei. 35 Wenn damit auch hier im Ergebnis von einer Einordnung der Einwilligung als rechtsgeschäftliche Handlung ausgegangen wird, so ist der Erkenntnisgewinn aus dieser Einordnung doch gleichwohl gering. Die Willenserklärung des BGB und die Einwilligung im Datenschutzrecht mögen zwar den gleichen Rechtscharakter haben. Ihre inhaltliche Ausgestaltung, wie sie sich aus den gerade angesprochenen Regelungen ergibt, fällt jedoch grundsätzlich unterschiedlich aus. Eine Übernahme der Regelungen aus dem BGB als Konsequenz der rechtsgeschäftlichen Einordnung der Einwilligung kommt daher stets nur soweit in Betracht, als die entsprechenden bürgerlich-rechtlichen Regelungen nicht im Widerspruch zu spezifisch datenschutzrechtlichen Wertungen stehen. Ausgangspunkt jeder rechtli28 29 30

Däubler, Gläserne Belegschaften, Rdn. 138; Gola/Schomerus, BDSG, §4a Rdn.10. §4 II Nr. 1 TDDSG. Siehe §§4a 11 BDSG, 3 IV TDDSG, 17IV MDStV einerseits und §§ 123,138 BGB anderer-

seits. Art.2 lit. h EU-Datenschutzrichtlinie, §4 III TDDSG, §18 III MDStV. §4a I 3 BDSG; §4 II TDDSG. 33 Zum Recht auf jederzeitigen Widerruf der datenschutzrechtlichen Einwilligung siehe §§4 III 1 TDDSG, 18 III 1 MDStV: „Der Diensteanbieter hat den Nutzer vor Erklärung seiner Einwilligung auf sein Recht auf jederzeitigen Widerruf mit Wirkung für die Zukunft hinzuweisen." 34 Siehe unten B I 6. 35 LG Bremen, Urt. v. 27.2. 2001, in Lichtenberg/Gilcher, Entscheidungssammlung, D 12 § 9 AGBG Nr. 10 (Hervorhebung durch d. Verf.); siehe zu dieser Entscheidung und zum (bestätigenden) Beschluss des OLG Bremen Körner, Anmerkung, VuR 2002, 380. 31

32

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

239

c h e n G e s t a l t u n g der E i n w i l l i g u n g ist das D a t e n s c h u t z r e c h t , die b ü r g e r l i c h - r e c h t lichen V o r s c h r i f t e n greifen stets n u r e r g ä n z e n d ein. 3 6 I m E r g e b n i s ist daher je n a c h F r a g e s t e l l u n g zu klären, i n w i e w e i t eine A n w e n d u n g b ü r g e r l i c h - r e c h t l i c h e r V o r s c h r i f t e n auch im d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n K o n t e x t in B e t r a c h t k o m m t .

3. Die Freiwilligkeit

der

Einwilligung

G e m ä ß § 4a I 1 B D S G ist eine E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n n u r dann w i r k s a m , w e n n sie auf dessen freier E n t s c h e i d u n g b e r u h t . 3 7 I m selben S i n n e definiert A r t . 2 lit. h der E U - D a t e n s c h u t z r i c h t l i n i e die E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n als eine W i l l e n s b e k u n d u n g , die „ o h n e Z w a n g " erfolgt. K o n k r e t i s i e r t w i r d das d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e G e b o t der F r e i w i l l i g k e i t in den s e k t o r s p e z i f i s c h e n D a t e n s c h u t z g e s e t z e n , nach deren V o r g a b e n ein D a t e n v e r a r b e i t e r seine D i e n s t e n u r dann v o n einer E i n w i l l i g u n g des N u t z e r s in die D a t e n v e r a r b e i t u n g a b h ä n g i g m a c h e n darf, w e n n d e m N u t z e r ein a n d e r e r Z u g a n g zu diesen D i e n s t e n in z u m u t b a r e r W e i s e m ö g l i c h ist. 3 8 D i e F r e i w i l l i g k e i t der E i n w i l l i g u n g ist d a m i t o f f e n s i c h t l i c h eine der z e n t r a len V o r a u s s e t z u n g e n i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g u n d als s o l c h e a u c h einhellig im D a t e n s c h u t z r e c h t a n e r k a n n t . S o b e r e c h t i g t und u n u m s t r i t t e n das E r f o r d e r n i s der F r e i w i l l i g k e i t d e m G r u n d e n a c h ist, so u n k l a r ist es d o c h in seinen k o n k r e t e n K o n s e q u e n z e n . K a u m d u r c h s e t z b a r ist ein a u s n a h m s l o s e s G e b o t der F r e i w i l l i g k e i t i n s b e s o n d e r e d a n n , w e n n p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n die F u n k t i o n einer m a ß g e b e n d e n E n t s c h e i d u n g s - u n d K a l k u l a t i o n s g r u n d l a g e f ü r das k o n k r e t e R e c h t s g e s c h ä f t e i n n e h m e n . D e r V e r s i c h e r e r m u s s und darf die P r e i s g a b e v o n I n f o r m a t i o n e n ü b e r das R i s i k o p r o f i l eines Versicherungsinteressenten

z u r B e d i n g u n g eines Vertragsschlusses m a c h e n

-

e b e n s o w i e der A r b e i t g e b e r dies h i n s i c h t l i c h der Q u a l i f i k a t i o n e n eines B e w e r b e r s darf, der V e r m i e t e r hinsichtlich der Z a h l u n g s w i l l i g k e i t eines p o t e n t i e l l e n M i e t e r s o d e r die B a n k h i n s i c h t l i c h der K r e d i t w ü r d i g k e i t eines K u n d e n . A b z u l e h n e n ist ein a u s n a h m s l o s e s G e b o t der F r e i w i l l i g k e i t in seiner A u s p r ä g u n g als K o p p e l u n g s v e r b o t d a r ü b e r hinaus auch bei s o l c h e n R e c h t s g e s c h ä f t e n , die gerade die p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n selbst z u m G e g e n s t a n d einer H a u p t l e i s t u n g s p f l i c h t m a c h e n . S t e h t w i e etwa b e i m D a t e n ü b e r l a s s u n g s v e r t r a g die P f l i c h t z u r D a t e n p r e i s g a b e in e i n e m G e g e n s e i t i g k e i t s v e r h ä l t n i s mit a n d e r e n v e r t r a g l i c h e n P f l i c h ten, ist also die L e i s t u n g der a n d e r e n Vertragspartei an die D a t e n p r e i s g a b e des B e t r o f f e n e n „ g e k o p p e l t " , so ist diese K o p p e l u n g in den G r e n z e n der § § 1 3 4 , 1 3 8

36 Im Ergebnis ist daher Flume beizupflichten, wenn er konstatiert, dass mit der Einordnung der Einwilligung als rechtsgeschäftlicher Handlung der Sache nach nichts gewonnen ist; Flume, Allgemeiner Teil, § 13, 11 f (S. 219); anderer Ansicht Ohly, Einwilligung, S. 206. 37 Anders die bürgerlich-rechtlichen Grundsätze (Entscheidungsfreiheit kein Tatbestandsmerkmal der Willenserklärung); siehe dazu Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S. 227ff. 38 Siehe § 3 IV T D D S G ; § 17 IV MDStV; § 95 V T K G .

240

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

B G B e b e n s o w e n i g unzulässig w i e die K o p p e l u n g v o n L e i s t u n g u n d G e g e n l e i s t u n g bei a n d e r e n A r t e n v o n V e r t r a g s s c h l ü s s e n . 3 9 A l l e r d i n g s fallen all die gerade a n g e s p r o c h e n e n K o n s t e l l a t i o n e n v o n v o r n h e rein n i c h t m e h r u n t e r die h i e r b e h a n d e l t e K a t e g o r i e einer E i n w i l l i g u n g im e n g e ren Sinne. G a n z allgemein k a n n d a v o n ausgegangen w e r d e n , dass sich das P r o b l e m einer unfreiwilligen D a t e n p r e i s g a b e in erster L i n i e im R a h m e n eines u m f a s s e n d e r e n r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n Verhältnisses stellen w i r d : E i n e d a t e n v e r a r b e i t e n de Stelle n ü t z t das A n g e w i e s e n s e i n ihres G e g e n ü b e r s auf einen V e r t r a g s s c h l u s s d a z u aus, d i e s e m die v o n ihr gesetzten V e r t r a g s b e d i n g u n g e n a u f z u z w i n g e n . F ü r eine

isolierte

zwangsweise

Durchsetzung

von

Informationsinteressen

ohne

r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n H i n t e r g r u n d sind hingegen k a u m F ä l l e d e n k b a r , die i r g e n d w e l c h e spezifisch d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n F r a g e n a u f w e r f e n w ü r d e n . S o w e i t eine Preisgabe von Informationen unter A n w e n d u n g von D r o h u n g oder unmittelbarer G e w a l t d u r c h g e s e t z t w e r d e n sollte, ist dies o h n e weiteres unzulässig, o h n e dass es h i e r z u einer b e s o n d e r e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n B e g r ü n d u n g b e d ü r f t e . D e r S c h w e r p u n k t der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n P r o b l e m a t i k liegt daher in den u n ten z u b e h a n d e l n d e n F ä l l e n , in d e n e n die P r e i s g a b e p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n m i t d e m O b u n d W i e einer T e i l n a h m e a m R e c h t s g e s c h ä f t s v e r k e h r v e r k n ü p f t ist. 4 0

4. Der Grundsatz der informierten

Einwilligung

E b e n s o w i e die F r e i w i l l i g k e i t ist a u c h die I n f o r m i e r t h e i t der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g n o t w e n d i g e V o r b e d i n g u n g f ü r deren w i r k s a m e

Erteilung.

A r t . 2 lit. h der E U - D a t e n s c h u t z r i c h t l i n i e definiert die E i n w i l l i g u n g als eine W i l l e n s b e k u n d u n g , die „in K e n n t n i s der S a c h l a g e " erfolgt. I m d e u t s c h e n D a t e n s c h u t z r e c h t finden sich an vielen Stellen V o r s c h r i f t e n , die den D a t e n v e r a r b e i t e r zu einer u m f a s s e n d e n I n f o r m a t i o n des B e t r o f f e n e n v e r p f l i c h t e n u n d d a m i t die B e d e u t u n g u m f a s s e n d e r I n f o r m a t i o n f ü r eine effektive A u s ü b u n g i n f o r m a t i o n e l ler S e l b s t b e s t i m m u n g u n t e r s t r e i c h e n . 4 1 N u r w e n n der B e t r o f f e n e ü b e r alle e n t s c h e i d u n g s r e l e v a n t e n T a t s a c h e n in K e n n t n i s gesetzt w i r d , k a n n er a u c h t a t s ä c h lich sein R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g e i g e n v e r a n t w o r t l i c h u n d b e w u s s t w a h r n e h m e n . 4 2 D e r B e t r o f f e n e muss ü b e r alle für die B e u r t e i l u n g des D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g a n g s u n d seiner K o n s e q u e n z e n w e s e n t l i c h e n U m s t ä n d e i n f o r m i e r t w e r d e n , i n s b e s o n d e r e muss er w i s s e n , w e l c h e D a t e n wie lange, auf welche Weise und für welchen konkreten Z w e c k verarbeitet werden sollen, wer die v e r a n t w o r t l i c h e Stelle ist, o b eine Ü b e r m i t t l u n g der D a t e n an D r i t t e b e a b s i c h -

Näher zum Datenüberlassungsvertrag unten B II 2 d. Siehe dazu unten B II 2. 41 Grundsatz der informierten Einwilligung (informed consent; Taeger, EWS 1995, 69 (71)); siehe insbesondere die Informationspflichten der §§4a I 2 BDSG, 4 I, III T D D S G , 18 I, III MDStV, 93 T K G . 42 Vgl. Holznagel/Sonntag in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 4.8 Rdn.45. 39 40

B. Die Ausübung informationeller

241

Selbstbestimmung

tigt ist u n d w e l c h e K o n s e q u e n z e n eine V e r w e i g e r u n g der E i n w i l l i g u n g nach sich zieht.43

a)

Reichweite

S o e i n d e u t i g der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e G r u n d s a t z der i n f o r m i e r t e n E i n w i l l i g u n g auf den ersten B l i c k ist, so u n k l a r ist d o c h seine k o n k r e t e R e i c h w e i t e . F r a g l i c h ist i n s b e s o n d e r e , o b u n d w i e eine G r e n z e z w i s c h e n s u b j e k t i v e r F e h l e i n s c h ä t z u n g u n d o b j e k t i v e r h e b l i c h e r U n k e n n t n i s zu ziehen ist. S o l l der D a t e n v e r a r b e i t e r f ü r s ä m t l i c h e W i l l e n s m ä n g e l des B e t r o f f e n e n das R i s i k o tragen o d e r k o m m e n als U n w i r k s a m k e i t s g r ü n d e n u r s o l c h e F e h l v o r s t e l l u n g e n in B e t r a c h t , die ihren G r u n d in e i n e r u n z u r e i c h e n d e n E r f ü l l u n g der A u f k l ä r u n g s p f l i c h t e n d u r c h den D a t e n v e r a r b e i t e r h a b e n ? 4 4 F ü r eine g r o ß z ü g i g e , s ä m t l i c h e F e h l v o r s t e l l u n g e n des B e t r o f f e n e n u m f a s s e n d e A u s l e g u n g des G r u n d s a t z e s der i n f o r m i e r t e n E i n w i l l i g u n g s p r i c h t in erster L i n i e die p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e V e r a n k e r u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g . F ü r eine B e e i n t r ä c h t i g u n g der freien P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l tung ist es u n e r h e b l i c h , o b einer i r r t ü m l i c h e n E i n w i l l i g u n g s u b j e k t i v einseitige o d e r o b j e k t i v e r h e b l i c h e V o r s t e l l u n g e n des B e t r o f f e n e n z u g r u n d e liegen. In beiden F ä l l e n sind die K o n s e q u e n z e n für den B e t r o f f e n e n die gleichen: E r sieht sich mit einer u n e r w a r t e t e n und u n e r w ü n s c h t e n B e o b a c h t u n g u n d E i n f l u s s n a h m e k o n f r o n t i e r t . Z w e i f e l h a f t ist s c h o n , o b eine D i f f e r e n z i e r u n g n a c h der A r t des I r r t u m s ü b e r h a u p t m ö g l i c h ist. O b j e k t i v e r K e n n t n i s s t a n d und s u b j e k t i v e E i n s c h ä t z u n g e i n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g h ä n g e n u n t r e n n b a r z u s a m m e n und b e e i n f l u s s e n sich gegenseitig. D a s G e f ü h l u n z u m u t b a r e r Ü b e r w a c h u n g und K o n t r o l l e e n t springt stets einem Z u s a m m e n s p i e l o b j e k t i v e r K e n n t n i s und s u b j e k t i v e r B e f i n d l i c h k e i t e n . E s gibt nicht den einen

o b j e k t i v e n M a ß s t a b für die A u s w i r k u n g e n ei-

ner D a t e n v e r a r b e i t u n g auf die freie P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l t u n g des e i n z e l n e n I n d i viduums. L e g t eine auf den u m f a s s e n d e n S c h u t z der P e r s ö n l i c h k e i t f o k u s s i e r t e B e t r a c h t u n g s w e i s e s o m i t an sich die u n t e r s c h i e d s l o s e R e l e v a n z s ä m t l i c h e r W i l l e n s m ä n g e l nahe, s p r e c h e n g l e i c h w o h l im E r g e b n i s die b e s s e r e n A r g u m e n t e gegen ein s o l c h weites V e r s t ä n d n i s . W e n n A r t . 2 lit. h der E U - D a t e n s c h u t z r i c h t l i n i e f ü r die W i r k s a m k e i t einer E i n w i l l i g u n g auf die „ K e n n t n i s der S a c h l a g e " d u r c h den B e t r o f f e nen B e z u g n i m m t , ist davon o f f e n s i c h t l i c h die b l o ß e Motivationslage

des B e t r o f -

f e n e n zu u n t e r s c h e i d e n . U n d s o w e i t das B u n d e s d a t e n s c h u t z g e s e t z

und

die

b e r e i c h s s p e z i f i s c h e n D a t e n s c h u t z r e g e l u n g e n f ü r die D a t e n v e r a r b e i t e r I n f o r m a t i o n s p f l i c h t e n n o r m i e r e n , die eine e i g e n v e r a n t w o r t l i c h e E n t s c h e i d u n g des B e t r o f f e n e n sicherstellen sollen, so k ö n n e n sich diese I n f o r m a t i o n s p f l i c h t e n s c h o n der N a t u r der Sache nach n u r auf die o b j e k t i v e n B e d i n g u n g e n der D a t e n v e r a r b e i t u n g 43

Holznagel/Sonntag

a.a.O.

Ausdrücklich gegen eine Berücksichtigung eines bloßen Motivirrtums fang, B D S G , § 4 a R d n . 2 2 ; im selben Sinne (für die Einwilligung generell) Ohly, S.368f. 44

Schaffland/WiltEinwilligung,

242

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Pnvatrecht

b e z i e h e n . E i n e R e f e r e n z an die s u b j e k t i v e W i l l e n s b i l d u n g des B e t r o f f e n e n b e s t e h t n u r i n s o w e i t , als D a t e n v e r a r b e i t e r a u c h auf das R e c h t z u m jederzeitigen W i d e r r u f h i n z u w e i s e n h a b e n - ein R e c h t , d e m a b e r a u s d r ü c k l i c h n u r eine „ W i r k u n g f ü r die Zukunft" zukommt.45 I m E n d e f f e k t ist es gerade dieses j e d e r z e i t i g e W i d e r r u f s r e c h t des B e t r o f f e n e n , w e l c h e s eine A u s d e h n u n g der U n w i r k s a m k e i t s g r ü n d e auf sämtliche W i l l e n s m ä n gel des B e t r o f f e n e n u n n ö t i g m a c h t . Sein W i d e r r u f s r e c h t k a n n der B e t r o f f e n e stets o h n e j e g l i c h e E i n s c h r ä n k u n g a u s ü b e n - aus w e l c h e n G r ü n d e n auch immer. D e m A n l i e g e n einer e f f e k t i v e n A u s ü b u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g ist dam i t in der R e g e l bereits G e n ü g e getan. D a r ü b e r hinaus wäre eine A u s d e h n u n g m ö g l i c h e r U n w i r k s a m k e i t s g r ü n d e f ü r den B e t r o f f e n e n n u r insoweit interessant, als er g e g e n ü b e r der v e r a n t w o r t l i c h e n Stelle a u c h H a f t u n g s a n s p r ü c h e aus r e c h t s widriger D a t e n v e r a r b e i t u n g v e r f o l g e n w o l l t e . W o b e i eine H a f t u n g des D a t e n v e r arbeiters aus u n z u l ä s s i g e r D a t e n v e r a r b e i t u n g o h n e h i n n u r im Falle einer P f l i c h t v e r l e t z u n g g e r e c h t f e r t i g t sein k a n n , also e t w a im F a l l e einer u n t e r b l i e b e n e n o d e r u n v o l l s t ä n d i g e n A u f k l ä r u n g ü b e r die o b j e k t i v relevanten R a h m e n b e d i n g u n g e n einer D a t e n v e r a r b e i t u n g , n i c h t a b e r bei e i n e m b l o ß e n M o t i v i r r t u m des B e t r o f f e nen. N u r w e n n die v e r a n t w o r t l i c h e Stelle i h r e r P f l i c h t zu einer u m f a s s e n d e n A u f k l ä r u n g ü b e r alle e n t s c h e i d u n g s r e l e v a n t e n U m s t ä n d e der

Datenverarbeitung

n i c h t n a c h g e k o m m e n sein sollte, ist ihr das R i s i k o z u z u r e c h n e n , dass die D a t e n v e r a r b e i t u n g a u f g r u n d u n w i r k s a m e r E i n w i l l i g u n g v o n A n f a n g an unzulässig ist. b) Informierte

Einwilligung

und

Anfechtung

S o w e i t aus der r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n E i n o r d n u n g der E i n w i l l i g u n g auf eine g r u n d sätzliche A n w e n d b a r k e i t der § § 1 1 9 f f . B G B im D a t e n s c h u t z r e c h t

geschlossen

w i r d , 4 6 stellt sich die F r a g e , in w e l c h e m V e r h ä l t n i s diese V o r s c h r i f t e n z u m G r u n d satz der i n f o r m i e r t e n E i n w i l l i g u n g s t e h e n . V o n i h r e m A n s a t z her sind die b ü r g e r l i c h - r e c h t l i c h e n A n f e c h t u n g s v o r s c h r i f t e n und der G r u n d s a t z der i n f o r m i e r t e n E i n w i l l i g u n g g r u n d s ä t z l i c h v e r s c h i e d e n . W ä h r e n d sich das B ü r g e r l i c h e R e c h t u m einen a n g e m e s s e n e n A u s g l e i c h z w i s c h e n d e m S c h u t z des E r k l ä r e n d e n u n d d e m S c h u t z des E r k l ä r u n g s e m p f ä n g e r s b e m ü h t , geht es b e i m G r u n d s a t z der i n f o r m i e r ten E i n w i l l i g u n g a u s s c h l i e ß l i c h u m den S c h u t z des E i n w i l l i g e n d e n . W a r dieser bei E r t e i l u n g seiner E i n w i l l i g u n g n i c h t vollständig ü b e r die k o n k r e t e n U m s t ä n d e der D a t e n v e r a r b e i t u n g i n f o r m i e r t , ist seine E i n w i l l i g u n g o h n e W e n n u n d A b e r u n w i r k s a m . 4 7 I r g e n d e i n e E r k l ä r u n g a b g e b e n o d e r F r i s t w a h r e n muss er in diesem Fall e b e n s o w e n i g w i e er einen eventuellen V e r t r a u e n s s c h a d e n des E r k l ä r u n g s e m p f ä n gers zu e r s e t z e n hat. N i c h t der E m p f ä n g e r der E i n w i l l i g u n g s e r k l ä r u n g ist im Falle §§4 III 1 T D D S G , 18 III 1 MDStV, 94 Nr. 4 T K G ; siehe schon oben B I I b. Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn. 27; Weichen in Kilian/Heussen, Computerrecht, 132 Rdn.46. 47 Vgl. Däubler, Gläserne Belegschaften, Rdn. 142; Holznagel/Sonntag in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap.4.8 Rdn. 48; Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn. 73. 45 46

B. Die Ausübung

informationeller

Selbstbestimmung

243

eines Irrtums des Einwilligenden so zu stellen, wie wenn er von der Einwilligung nichts gehört hätte. 48 Vielmehr ist der Einwilligende grundsätzlich so zu stellen, wie wenn er die Einwilligung niemals erklärt hätte: Die weitere Verarbeitung der Daten ist unzulässig, bereits erhobene Daten sind unverzüglich zu löschen 49 und Dritte, an die Daten übermittelt worden sind, müssen von der Löschung verständigt werden. 5 0 Im Ergebnis scheidet damit ein Rückgriff auf die Anfechtungsvorschriften des BGB aus, soweit der Irrtum des Betroffenen auf einer unzureichenden Aufklärung seitens des Datenverarbeiters beruht. Nicht ausgeschlossen ist demgegenüber ein Rückgriff auf die §§ 119ff. BGB in den Fällen, in denen ein Willensmangel nicht auf einer unzureichenden Aufklärung seitens der datenverarbeitenden Stelle beruht. Dies gilt in erster Linie für all diejenigen Willensmängel im Sinne der §§119ff. BGB, die mit einem spezifisch datenschutzrechtlichen Verständnisdefizit nichts zu tun haben. Datenschutzrechtliche Besonderheiten greifen hier von vornherein nicht ein, gegen eine Anwendung der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regelungen bestehen daher auch keine grundsätzlichen Einwände. In Betracht k o m m t eine Anfechtung darüber hinaus aber auch dann, wenn zwar die datenverarbeitende Stelle ihrer - objektiv zu bestimmenden - Aufklärungspflicht nachgekommen ist, der Einwilligende sich aber gleichwohl über Umfang, Bedeutung oder Konsequenzen der Datenverarbeitung im Irrtum befand, etwa weil er die Aufklärung falsch verstanden hat. Dem Betroffenen steht auch in diesem Fall eine Anfechtung offen und zwar nach § 119 II BGB, der auch solche Situationen erfasst, in denen sich der Einwilligende über Art und Umfang eines Eingriffs in seine Rechtsgüter geirrt hat. 51 c)

Beweislast

Zwei - entgegengesetzte - argumentative Ausgangspunkte kommen in Betracht, wenn es u m die Frage geht, welche Seite die Beweislast f ü r das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer informierten und damit wirksamen Einwilligung tragen muss. Denkbar ist zum einen, in Anlehnung an die beweisrechtlichen Grundsätze bei der Anfechtung und bei sonstigen Unwirksamkeitsgründen demjenigen die Beweislast aufzuerlegen, der sich auf die Unwirksamkeit einer Einwilligung beruft. Demnach müsste der Einwilligende beweisen, dass er aufgrund einer unzureichenden Aufklärung seitens der verantwortlichen Stelle nicht über alle relevanten Umstände der Datenverarbeitung informiert und seine Einwilligung daher unwirksam war. 52 Denkbar ist zum anderen der Rückgriff auf die bereits aus dem 48

§122 BGB. §35 II S.2 Nr. 1 B D S G . 50 §35 VII BDSG. 51 Ohly, Einwilligung, S.368. 52 Z u r entsprechenden Beweislastverteilung im Rahmen der §§119, 123 oder 134 B G B siehe etwa Palm in Erman, BGB, §119 Rdn.56; §123 R d n . 7 4 u n d §138 R d n . 6 4 ; B G H N J W 1995, 1429; kritisch Sack in Staudinger, BGB, § 138 R d n . 7 6 . 49

244

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

A r z t h a f t u n g s r e c h t b e k a n n t e B e w e i s l a s t v e r t e i l u n g zulasten desjenigen, der in das R e c h t s g u t (der k ö r p e r l i c h e n U n v e r s e h r t h e i t b z w . i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g ) eingegriffen hat. D i e r e c h t l i c h e G r u n d k o n s t e l l a t i o n ist i m A r z t h a f t u n g s r e c h t u n d im D a t e n s c h u t z r e c h t vergleichbar. I m A r z t h a f t u n g s r e c h t

bedeutet

nach ständiger R e c h t s p r e c h u n g j e d e r H e i l e i n g r i f f t a t b e s t a n d s m ä ß i g eine K ö r p e r v e r l e t z u n g . 5 3 E s ist dann a m A r z t zu b e w e i s e n , dass diese K ö r p e r v e r l e t z u n g im E i n z e l f a l l g e r e c h t f e r t i g t ist, weil der P a t i e n t in d e n H e i l e i n g r i f f eingewilligt hat. D i e E i n w i l l i g u n g des P a t i e n t e n ist allerdings n u r dann w i r k s a m , w e n n er v o m A r z t z u v o r a u s r e i c h e n d ü b e r die A r t u n d S c h w e r e der B e h a n d l u n g u n d die m ö g l i c h e n B e l a s t u n g e n u n d R i s i k e n aufgeklärt w o r d e n ist. B e w e i s r e c h t l i c h ist die ä r z t liche A u f k l ä r u n g s o m i t als R e c h t f e r t i g u n g s g r u n d e i n z u o r d n e n u n d nach allgem e i n e n G r u n d s ä t z e n v o m A r z t zu b e w e i s e n . 5 4 G l e i c h e s gilt a b e r a u c h für das D a t e n s c h u t z r e c h t . A u c h hier ist eine D a t e n v e r a r b e i t u n g , die n i c h t d u r c h einen ges e t z l i c h e n E r l a u b n i s t a t b e s t a n d g e d e c k t ist, t a t b e s t a n d s m ä ß i g ein E i n g r i f f in das R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g u n d n u r dann gerechtfertigt, w e n n der B e t r o f f e n e in die D a t e n v e r a r b e i t u n g w i r k s a m eingewilligt hat. U n d auch hier setzt die W i r k s a m k e i t der E i n w i l l i g u n g eine a u s r e i c h e n d e A u f k l ä r u n g d u r c h die v e r a n t w o r t l i c h e Stelle v o r a u s . D i e K o n s t r u k t i o n der A u f k l ä r u n g s p f l i c h t v e r l e t z u n g ist im A r z t r e c h t j e d o c h k e i n e s w e g s u n u m s t r i t t e n . K r i t i s i e r t w i r d v o r allem das „verfehlte L e i t b i l d " der Rechtsprechung, auch den gebotenen und fachgerecht ausgeführten ärztlichen H e i l e i n g r i f f als K ö r p e r v e r l e t z u n g e i n z u o r d n e n . 5 5 K r i t i k e n t z ü n d e t sich d a r ü b e r hinaus aber a u c h an der ü b e r h ö h t e n B e d e u t u n g , die der ä r z t l i c h e n A u f k l ä r u n g a u f g r u n d ihrer F u n k t i o n als W i r k s a m k e i t s v o r a u s s e t z u n g der E i n w i l l i g u n g z u k o m m t - n i c h t n u r m i t B l i c k auf die h o h e n A n f o r d e r u n g e n an die ärztliche A u f k l ä r u n g selbst, s o n d e r n a u c h mit B l i c k auf die intellektuelle u n d e m o t i o n a l e U b e r f o r d e r u n g des P a t i e n t e n . 5 6 B e i allem B e m ü h e n u m

Patientenautonomie

d ü r f t e n die A n f o r d e r u n g e n an die ä r z t l i c h e A u f k l ä r u n g s p f l i c h t nicht ü b e r t r i e b e n w e r d e n . 5 7 D a s P o s t u l a t , der P a t i e n t solle e n t s c h e i d e n , sei zu e i n f a c h . 5 8 D i e s e r sei häufig gar n i c h t dazu in d e r L a g e , sich eine V o r s t e l l u n g v o n der A r t u n d den F o l gen der B e h a n d l u n g zu m a c h e n u n d k ö n n e o f t m a l s das F ü r und W i d e r einer m e d i -

53 B G H Z 29,46 (49); 29,176 (179); 67,48 (49); O L G Stuttgart VcrsR 1979,1 Ol6; O L G Karlsruhe VersR 1987,1247 (1248); O L G Bamberg VersR 1998,1025; siehe auch Hager in Staudinger, BGB, §823 Rdn. I 1 (Körperverletzungsdoktrin von der Rechtsprechung oft als ganz selbstverständlich zugrunde gelegt). 54 Hager in Staudinger, B G B , § 823 Rdn. I 126. 55 Laufs, NJW 1997, 1609 (1610f.); siehe auch ders. in Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, §63 Rdn.2; Esser/Weyers, Schuldrecht II, §55 I 1 b (S.154f.); Larenz/Canaris, Schuldrecht, §76 II 1 g (S.383). 56 Siehe etwa Ries/Schnieder/Althaus/Croßbölting, Arztrecht, S.3. 57 O L G Celle VersR 1981, 1184 (1185). 58 Laufs in Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, §63 Rdn. 7.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

245

z i n i s c h e n B e h a n d l u n g s a n z e i g e n i c h t verständig a b w ä g e n . 5 9 D i e V e r k n ü p f u n g v o n o r d n u n g s g e m ä ß e r A u f k l ä r u n g u n d t a t s ä c h l i c h e r P a t i e n t e n a u t o n o m i e g r e n z e daher o f t m a l s an eine b l o ß e F i k t i o n u n d sei v o r d i e s e m H i n t e r g r u n d „ p s y c h o l o g i s c h fragwürdig".60 L e t z t e r e E i n w ä n d e lassen sich e b e n s o auch auf das D a t e n s c h u t z r e c h t ü b e r t r a gen. E r w ä h n t w o r d e n sind sie in ä h n l i c h e r F o r m bereits o b e n - als E i n w ä n d e gegen einen p r i v a t a u t o n o m e n A n s a t z i m D a t e n s c h u t z r e c h t ü b e r h a u p t . Selbst w e n n eine v e r a n t w o r t l i c h e Stelle fair u n d u m f a s s e n d ü b e r die b e a b s i c h t i g t e D a t e n v e r a r b e i t u n g aufklärt, ist aufgrund der K o m p l e x i t ä t u n d E r g e b n i s o f f e n h e i t m o d e r n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g n i c h t i m m e r sichergestellt, dass der B e t r o f f e n e tatsächlich n a c h v o l l z i e h e n u n d a b s c h ä t z e n k a n n , was m i t seinen D a t e n geschieht. 6 1 G l e i c h w o h l s p r e c h e n diese intellektuellen G r e n z e n i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g w e d e r gegen die I d e e der S e l b s t b e s t i m m u n g an für sich n o c h gegen die S t a t u i e r u n g v o n A u f k l ä r u n g s p f l i c h t e n als V o r a u s s e t z u n g einer w i r k s a m e n E i n w i l l i g u n g . P r i m ä r e A u f g a b e des D a t e n s c h u t z r e c h t s ist es, die effektive A u s ü b u n g i n f o r m a tioneller Selbstbestimmung verfahrensrechtlich so weit wie möglich abzusichern. Z u dieser v e r f a h r e n s r e c h t l i c h e n A b s i c h e r u n g g e h ö r t gerade auch die S t a t u i e r u n g von Transparenz- und Aufklärungspflichten. D i e Verknüpfung von ordnungsgem ä ß e r A u f k l ä r u n g u n d w i r k s a m e r E i n w i l l i g u n g u n d die d a m i t e i n h e r g e h e n d e B e w e i s l a s t v e r t e i l u n g zulasten der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stellen gewährleistet a m eff e k t i v s t e n , dass diese ihren A u f k l ä r u n g s p f l i c h t e n auch t a t s ä c h l i c h n a c h k o m m e n u n d die o b j e k t i v e n V o r a u s s e t z u n g e n f ü r eine i n f o r m i e r t e E i n w i l l i g u n g schaffen. D i e s e r w i c h t i g e S c h r i t t hin z u r g r u n d s ä t z l i c h e n A b s i c h e r u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g w i r d a u c h d a d u r c h n i c h t in F r a g e gestellt, dass d a m i t allein n o c h n i c h t f ü r j e d e n E i n z e l f a l l eine effektive i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g gewährleistet ist. d) Nachträgliche

Informationspflichten

D i e A u s s a g e k r a f t , die e i n z e l n e D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e ü b e r einen längeren Z e i t r a u m h i n w e g in ihrer K o m b i n a t i o n g e w i n n e n k ö n n e n , ist f ü r den e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n z u m e i s t erst dann tatsächlich erfassbar, w e n n sich die E i n z e l i n f o r m a t i o n e n zu k o n k r e t e n A u s s a g e n o d e r P r o f i l e n v e r d i c h t e t h a b e n . E b e n aus d i e s e m G r u n d ist ein n a c h t r ä g l i c h e s W i d e r r u f s r e c h t des E i n z e l n e n u n v e r z i c h t b a r . U n d e b e n aus d i e s e m G r u n d b e d i n g t die e f f e k t i v e A u s ü b u n g dieses W i d e r r u f s r e c h t s a u c h , dass der B e t r o f f e n e n i c h t n u r ex ante ü b e r die b e a b s i c h t i g t e D a t e n v e r a r b e i t u n g , s o n d e r n a u c h aktuell ü b e r deren t a t s ä c h l i c h e n U m f a n g i n f o r m i e r t w i r d . D e lege lata trägt das D a t e n s c h u t z r e c h t

59 60 61

diesem Informationsbedürfnis

Ausführlich zu diesen Einwänden schon B G H Z 29, 46 (50ff.). Ohly, Einwilligung, S. 388. Siehe oben Teil 2 (B I 1 b) (am Beispiel Data Warehouse und Data Mining).

dadurch

246

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

Rechnung, dass der Betroffene einen Auskunftsanspruch nach §34 B D S G 6 2 geltend machen kann. Unterstrichen wird die Bedeutung des Auskunftsanspruchs als fundamentales Datenschutzrecht und Grundlage für die Geltendmachung aller weiteren Betroffenenrechte durch dessen rechtliche Ausgestaltung im Sinne bestmöglicher Effektivität. 63 Das Recht auf Auskunft ist ein unabdingbares Recht, das weder ausgeschlossen noch beschränkt werden darf. 64 Die Schwelle für seine Geltendmachung ist bewusst niedrig angesetzt, ein irgendwie geartetes berechtigtes Interesse muss der Einzelne nicht geltend machen. 65 Und die Auskunft kann in jeder Form begehrt werden und ist grundsätzlich unentgeltlich. 66 De lege ferenda ist zu überlegen, ob die informationelle Position des Einzelnen noch dadurch zu verstärken ist, dass Datenverarbeiter auch aktive Informationspflichten gegenüber dem Betroffenen erfüllen müssen. Durch die Erteilung der datenschutzrechtlichen Einwilligung hat sich die Initiative zur Wiederherstellung informationeller Privatheit zunächst einmal auf den Betroffenen verlagert. 67 An diesem wäre es nunmehr, seinen einmal gefassten Willensentschluss immer wieder aufs Neue zu hinterfragen und bei verändertem Sach- oder Wissensstand gegebenenfalls rückgängig zu machen. Sehr realistisch scheint eine solche aktive Rolle des Betroffenen jedoch nicht. Viel eher ist in Anbetracht von allgemeiner Zeitnot und tendenzieller Trägheit zu erwarten, dass eine einmal erteilte Einwilligung in der Folgezeit kaum mehr reflektiert wird und damit aber auch nicht mehr notwendigerweise den tatsächlichen Willen des Betroffenen widerspiegelt. Einen Ausweg aus diesem passiven Verharren des Betroffenen könnte die Normierung aktiver Informationspflichten der Datenverarbeiter bieten, die aus der Perspektive des Betroffenen gewissermaßen von außen einen Anstoß setzen, sich mit der gebilligten Datenverarbeitung nochmals auseinander zu setzen. Wenn die Datenverarbeiter in Form von Datenkontoauszügen oder Nutzungsnachweisen in regelmäßigen Abständen Informationen über Art, Umfang und konkrete Aussagekraft der von ihnen verarbeiteten Daten liefern, wird auf diese Weise dem Betroffenen aufs Neue vor Augen geführt und in Erinnerung gerufen, wie weit er in die Verarbeitung seiner Daten tatsächlich eingewilligt hat. 68

62 Bzw. nach den entsprechenden sektorspezifischen Datenschutzregelungen; §4 VII T D D S G , §20 MDStV, §93 S. 3 und 4 T K G . 63 Flisek, C R 2004,949; siehe auch Wedde in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 4.4 Rdn. 2: datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch mit dem Status einer „Magna Charta des Datenschutzes". 6 4 §6 1 BDSG. 65 Flisek, C R 2004, 949 (952). 6 6 Siehe aber die Ausnahmen in §34 V BDSG. 6 7 Vgl. B G H N J W 1999, 1864 (1865). 6 8 Ein Vorschlag zur Einführung eines „Einzelnutzungsnachweises" als Kernstück eines zukünftigen datenschutzrechtlichen Regelungsregimes findet sich auch bei Köhntopp/Pfitzmann, Datenschutz Next Generation, S. 319f.

B. Die Ausübung

informationeller

Selbstbestimmung

247

G e b o t e n ist eine aktive I n f o r m a t i o n s p f l i c h t der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle geg e n ü b e r e i n e m B e t r o f f e n e n i m m e r d a n n , w e n n es sich u m eine längerfristige u n d gezielt auf diesen a u s g e r i c h t e t e D a t e n v e r a r b e i t u n g handelt. D a v o n ist z u m einen dann a u s z u g e h e n , w e n n wie bei A u s k u n f t e i e n , W a r n - u n d H i n w e i s d a t e i e n o d e r A d r e s s h ä n d l e r n das auf die jeweilige P e r s o n f o k u s s i e r t e Z u s a m m e n t r a g e n v o n I n f o r m a t i o n e n der alleinige T ä t i g k e i t s z w e c k der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle ist. Z u m a n d e r e n ist eine aktive I n f o r m a t i o n s p f l i c h t a b e r auch d a n n zu b e j a h e n , w e n n die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r

Daten zumindest erwünschter

Neben-

z w e c k e i n e r r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n B e z i e h u n g ist, w e n n also e t w a U n t e r n e h m e n ein K o n s u m - o d e r I n t e r e s s e n p r o f i l ihrer K u n d e n anlegen, u m dieses für eigene M a r k e t i n g z w e c k e o d e r z u r W e i t e r g a b e an D r i t t e zu n u t z e n . I n w e l c h e r F o r m die dat e n v e r a r b e i t e n d e Stelle ihrer I n f o r m a t i o n s p f l i c h t n a c h k o m m t , b l e i b t g r u n d s ä t z lich ihrer E n t s c h e i d u n g überlassen. Z u einer s c h r i f t l i c h e n A u s k u n f t s e r t e i l u n g , wie sie § 3 4 I I I B D S G für die h e r k ö m m l i c h e A u s k u n f t auf V e r l a n g e n v o r s i e h t , ist sie allenfalls dann v e r p f l i c h t e t , w e n n eine a n d e r e F o r m der e f f e k t i v e n U n t e r r i c h tung n i c h t m ö g l i c h ist. In erster L i n i e h a b e n sich F o r m u n d I n h a l t der I n f o r m a t i o n an der b e s t e h e n d e n B e z i e h u n g z w i s c h e n d e n B e t e i l i g t e n zu o r i e n t i e r e n . E n t s c h e i d e n d ist, dass die U n t e r r i c h t u n g ihren S i n n u n d Z w e c k erfüllt, d e m E i n z e l nen die aktuelle B e d e u t u n g u n d T r a g w e i t e seiner v o r m a l s erteilten E i n w i l l i g u n g w i e d e r b e w u s s t zu m a c h e n .

5. Einwilligung

Minderjähriger

F ü r die F r a g e , u n t e r w e l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n a u c h M i n d e r j ä h r i g e in die V e r a r b e i t u n g ihrer p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n w i r k s a m einwilligen k ö n n e n , h a b e n sich bislang n o c h k e i n e allgemein a n e r k a n n t e n B e u r t e i l u n g s k r i t e r i e n h e r a u s g e b i l d e t . 6 9 A u c h d i e j e n i g e n , die die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e E i n w i l l i g u n g als r e c h t s g e s c h ä f t l i che E r k l ä r u n g e i n o r d n e n , v e r b i n d e n d a m i t k e i n e a u s s c h l i e ß l i c h e A n w e n d b a r k e i t der § § 1 0 4 f f . B G B . Stets soll es stattdessen für die W i r k s a m k e i t der E i n w i l l i g u n g auf das flexible K r i t e r i u m der E i n s i c h t s f ä h i g k e i t des b e t r o f f e n e n M i n d e r j ä h r i g e n a n k o m m e n . 7 0 B e s o n d e r e p r a k t i s c h e R e l e v a n z hat die F r a g e der E i n w i l l i g u n g s f ä higkeit M i n d e r j ä h r i g e r v o r allem f ü r den O n l i n e - B e r e i c h g e w o n n e n , w o i m m e r m e h r W e b s e i t e n gezielt auf K i n d e r u n d J u g e n d l i c h e z u g e s c h n i t t e n sind u n d m i t Spielen u n d b e s o n d e r e n I n f o r m a t i o n s a n g e b o t e n u m diese zu w e r b e n v e r s u c h e n . 7 1 E i n e b e s o n d e r e B r i s a n z birgt die F r a g e der E i n w i l l i g u n g s f ä h i g k e i t d a r ü b e r hinaus auch im H i n b l i c k auf die in j ü n g s t e r Z e i t v e r m e h r t a n g e b o t e n e n sog. K i n d e r -

6 9 Für das Kriterium einer Einsichtfähigkeit in die Tragweite der Entscheidung etwa Gola/ Schomerus, B D S G , §4a Rdn. 10; Schaffland/Wiltfang, B D S G , § 4 a Rdn. 21. 70 Simitis in ders., B D S G , §4a Rdn. 23; allgemein Rixecker in Münchener Kommentar, B G B , Anh. § 1 2 R d n . 3 8 . 71 ULD SH, 26. T B (2004), Ziff. 5.4 („Auf Datenjagd bei Minderjährigen").

248

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

O r t u n g s d i e n s t e , die E l t e r n eine „sanfte u n d sichere K o n t r o l l m ö g l i c h k e i t " 7 2 b i e ten, u m den aktuellen A u f e n t h a l t s o r t i h r e r K i n d e r zu e r m i t t e l n . a) Die

Grenze

der §§104ff.

BGB

I m A u s g a n g s p u n k t ist f ü r die F r a g e der E i n w i l l i g u n g s f ä h i g k e i t , e b e n s o wie o b e n s c h o n f ü r die F r a g e der R e c h t s n a t u r , z w i s c h e n der einseitigen u n d der s c h u l d v e r traglichen E i n w i l l i g u n g in eine D a t e n v e r a r b e i t u n g zu d i f f e r e n z i e r e n . 7 3 I m l e t z t e ren F a l l e , w e n n die E i n w i l l i g u n g Teil eines u m f a s s e n d e r e n s c h u l d v e r t r a g l i c h e n Verhältnisses u n d damit o h n e h i n als eine r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e W i l l e n s e r k l ä r u n g e i n z u o r d n e n ist, b e s t e h e n a u c h g e g e n ü b e r der A n w e n d b a r k e i t der §§ 1 0 4 f f . B G B k e i n e V o r b e h a l t e . E s ist kein G r u n d e r s i c h t l i c h , w e s h a l b ein M i n d e r j ä h r i g e r bei d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h relevanten R e c h t s g e s c h ä f t e n , die n e b e n seiner V e r m ö g e n s s p h ä r e auch seine P e r s ö n l i c h k e i t s s p h ä r e b e t r e f f e n k ö n n e n , w e n i g e r s c h u t z b e dürftig sein soll als bei rein v e r m ö g e n s r e l e v a n t e n R e c h t s g e s c h ä f t e n . E i n e a n d e r e F r a g e ist, o b es a u f g r u n d dieser z u s ä t z l i c h e n p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e n R e l e v a n z d a r ü b e r hinaus auch einer E i n w i l l i g u n g seitens des ( e i n s i c h t s f ä h i g e n ) M i n d e r j ä h rigen selbst b e d a r f . 7 4 F r a g l i c h ist die A n w e n d b a r k e i t der § § 1 0 4 f f . B G B hingegen, w e n n die E i n w i l l i gung des M i n d e r j ä h r i g e n n i c h t Teil eines u m f a s s e n d e r e n

rechtsgeschäftlichen

Verhältnisses ist, s o n d e r n sich in ihrer B e d e u t u n g auf die L e g i t i m a t i o n eines tatsächlichen

Eingriffs

in das R e c h t

auf i n f o r m a t i o n e l l e

Selbstbestimmung

b e s c h r ä n k t . A u s der P e r s p e k t i v e eines m ö g l i c h s t w e i t g e h e n d e n M i n d e r j ä h r i g e n s c h u t z e s m a g m a n a r g u m e n t i e r e n , dass f ü r die E i n w i l l i g u n g s f ä h i g k e i t im p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e n K o n t e x t kein g r o ß z ü g i g e r e r M a ß s t a b gelten darf als im w i r t s c h a f t l i c h e n K o n t e x t . W e r in der i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g eine u n a b d i n g b a r e V o r b e d i n g u n g freier P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l t u n g e r b l i c k t , kann

kaum

damit e i n v e r s t a n d e n sein, dass ü b e r das f l e x i b l e r e K r i t e r i u m der E i n s i c h t s f ä h i g keit de f a c t o die A l t e r s g r e n z e für eine w i r k s a m e E i n w i l l i g u n g in die D a t e n v e r a r b e i t u n g a b g e s e n k t w i r d . 7 5 Stellt m a n z u d e m in R e c h n u n g , dass es bei der h e u t i g e n K o m p l e x i t ä t m o d e r n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g b e s o n d e r s s c h w i e r i g ist, sich ü b e r die B e d e u t u n g u n d die K o n s e q u e n z e n einer d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g b e w u s s t zu w e r d e n , s p r i c h t z u n ä c h s t einiges dafür, die E l t e r n g r u n d s ä t z l i c h ü b e r §§ 1 0 4 f f . B G B z u m S c h u t z e des M i n d e r j ä h r i g e n e i n z u b i n d e n . 7 6 72 Werbung des Handy-Ortungsdienstes „track your kid" (http://www.trackyourkid.de/; 10.4. 2006). 73 Vgl. Ohly, Einwilligung, S.323. 74 Siehe dazu unten B II 4. 75 Fragwürdig ist daher die Argumentation von Zscherpe, M M R 2004, 723 (724), wonach eine bloße Einsichtsfähigkeit des Betroffenen deshalb ausreiche, weil mit der Ausübung informationeller Selbstbestimmung „weder ein besonderer finanzieller Nachteil noch eine unmittelbare Gefährdung wesentlicher Rechtsgüter" verbunden sei. 7 6 In diesem Sinne etwa L G Bremen, Urt. v. 27.2. 2001, in Lichtenberg/Gilcher, Entscheidungssammlung, D 12 § 9 A G B G Nr. 10 - Verstoß einer Datenverarbeitungsklausel gegen

B. Die Ausübung

b) Das Kriterium

der

informationeller

Selbstbestimmung

249

Einsicbtsfähigkeit

Andererseits erschöpft sich aber informationelle Selbstbestimmung gerade nicht nur negativ in einem Abwehr- und Ausschlussrecht, sondern äußert sich auch positiv in einem Gestaltungs- und Ausübungsrecht. Der Minderjährige wird in seiner Persönlichkeitsentfaltung nicht nur dann gehemmt, wenn er seine Person zu leichtfertig und großzügig gegenüber Dritten offenbart. Er wird in seiner Entfaltung auch dann gehemmt, wenn ihm kein Freiraum zur eigenverantwortlichen Gestaltung seiner informationellen Beziehungen zu Dritten zugestanden wird. Mit der gesetzlichen Zielvorgabe, den Minderjährigen durch Pflege und Erziehung an Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit heranzuführen, wäre es nicht vereinbar, ihm pauschal jegliche Ausübung persönlichkeitsrechtlicher Befugnisse zu untersagen. 77 Für den Bereich des Datenschutzes heißt dies, dass mit dem zunehmenden individuellen Reifegrad des Minderjährigen auch eine zunehmende datenschutzrechtliche Eigenverantwortung einhergehen muss. An die Stelle der elterlichen Vertretungsmacht tritt die eigenverantwortliche informationelle Selbstbestimmung des Kindes. Offensichtlich ist die Notwendigkeit einer graduellen Übertragung informationeller Selbstbestimmung von den Eltern auf das Kind in den Fällen elterlicher Überwachung und Kontrolle. Der von Ängsten und Sicherheitsstreben forcierte Trend zu Kinderortungs- und ähnlichen Überwachungsdiensten 78 macht deutlich, dass die Datenschutzinteressen Minderjähriger keineswegs nur mit den kommerziellen Datenverarbeitungsinteressen Dritter, sondern auch mit den Kontroll- und Überwachungsinteressen der eigenen Eltern in Konflikt geraten können. Das Interesse des Minderjährigen an einer informationellen Selbstbestimmung richtet sich hier gegen die Eltern und schon deshalb darf diesen keine unbeschränkte Entscheidungsbefugnis zukommen. Das lokalisierbare Handy, die Armbanduhr mit GPS-Anbindung oder in Zukunft gar der unter die Haut implantierte Ortungschip mögen zwar einem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Eltern nachkommen, sie bedeuten jedoch zugleich auch einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeit und informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Minderjährigen und sind deshalb zumindest ab einem gewissen Alter und Eigenständigkeitsbewusstsein nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung des Betroffenen selbst zulässig. Eine Grenzziehung, wann die uneingeschränkte Ausübung elterlicher Sorge aufhört und das Selbstbestimmungsrecht des Kindes beginnt,

§§ 104ff. B G B : „Die verlangte Hergabe persönlicher Daten ist ein erheblicher Eingriff in persönliche Rechte des Nutzers, der dies und die damit möglicherweise verbundenen Folgen als Minderjähriger nicht zu überschauen vermag" (a.a.O., S.3). 77 Siehe schon B G H G R U R 1975, 561 (563): Das Erziehungsziel kann „in einer vom Menschenbild der freiheitlichen, eigenverantwortlichen Persönlichkeit geprägten Rechtsordnung nur in der Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes zur Selbstverantwortlichkeit bestehen". 78

Siehe dazu BT-Drs. 15/2319, S . 2 0 und 43 (Kleine Anfrage zu Handy-Ortungsdiensten).

250

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

lässt sich nach M a ß g a b e des § 1 6 2 6 I I B G B n u r e i n z e l f a l l b e z o g e n v o r n e h m e n . 7 9 Sie hängt v o n der F ä h i g k e i t des K i n d e s zu s e l b s t ä n d i g e m u n d v e r a n t w o r t u n g s b e w u s s t e m H a n d e l n e b e n s o ab wie v o n der j e w e i l i g e n A r t u n d Weise der Ü b e r w a c h u n g . E i n M o b i l t e l e f o n , das d e m M i n d e r j ä h r i g e n j e d e n O r t u n g s v e r s u c h anzeigt u n d das der M i n d e r j ä h r i g e beliebig ein- u n d ausschalten kann, ist mit dessen P e r s ö n l i c h k e i t s - u n d S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t e h e r v e r e i n b a r als ein u n t e r die H a u t implantierter F u n k c h i p mit konstanter G P S - A n b i n d u n g . I m E r g e b n i s s p r e c h e n d a h e r die b e s s e r e n G r ü n d e dafür, bei der F r a g e der E i n willigungsfähigkeit n i c h t auf die starre G r e n z e der § § 1 0 4 f f . B G B , s o n d e r n auf den f l e x i b l e n M a ß s t a b der individuellen E i n s i c h t s f ä h i g k e i t abzustellen. V e r t r e t b a r ist dies v o r allem a u c h deshalb, weil es sich bei der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g im e n g e r e n S i n n e u m eine stets w i d e r r u f b a r e E i n w i l l i g u n g handelt, der m i n d e r j ä h r i g e E i n w i l l i g e n d e sich s o m i t also niemals d e m R i s i k o aussetzt, seine w e i t e r e P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l t u n g d u r c h einen u n r e f l e k t i e r t e n und n i c h t m e h r r ü c k g ä n g i g zu m a c h e n d e n W i l l e n s e n t s c h l u s s auf D a u e r zu b e h i n d e r n . D e s s e n ungeachtet darf andererseits der f l e x i b l e r e M a ß s t a b der E i n s i c h t s f ä h i g k e i t

aber

g l e i c h w o h l n i c h t d a z u i n s t r u m e n t a l i s i e r t w e r d e n , generell auf eine a l t e r s m ä ß i g e A b s e n k u n g der E i n w i l l i g u n g s f ä h i g k e i t h i n z u w i r k e n . A b z u l e h n e n sind d a h e r V o r s c h l ä g e , die f ü r die A n n a h m e einer E i n s i c h t s - und E i n w i l l i g u n g s f ä h i g k e i t g r u n d s ä t z l i c h s c h o n ein A l t e r v o n 16 o d e r gar 14 J a h r e n ausreichen lassen w o l len. 8 0 D a s vielzitierte P r o b l e m des I n f o r m a t i o n s - u n d V e r s t ä n d n i s d e f i z i t s bei der D a t e n v e r a r b e i t u n g legt einen s t r e n g e n M a ß s t a b f ü r die A n n a h m e einer E i n s i c h t s fähigkeit nahe. 8 1 W e n n s c h o n allgemein die B e t r o f f e n e n S c h w i e r i g k e i t e n h a b e n , B e d e u t u n g und R i s i k e n einer V e r a r b e i t u n g ihrer p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n ü b e r b l i c k e n u n d n a c h v o l l z i e h e n zu k ö n n e n , m u s s dies erst r e c h t für M i n d e r j ä h r i g e gelten - selbst w e n n diesen in e i n z e l n e n B e r e i c h e n wie d e m I n t e r n e t sogar ein besseres Verständnis v o n F u n k t i o n s w e i s e und N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n

zugetraut

w i r d als E r w a c h s e n e n . 8 2

79 Ohlenburg MMR 2004,431 (436); anders aber etwa der Finnische Acton Data Protection in Electronic Communications (kein Zustimmungserfordernis bei Minderjährigen unter 15 Jahren). 80 Siehe etwa Zscherpe, MMR 2004, 723 (724): Altersgrenze von 16 Jahren; noch weiter gehen Schaffland/Wiltfang, BDSG, §4a Rdn.21, die unter Berufung auf aufsichtsbehördliche Äußerungen eine Altersgrenze von 14 Jahren nahe legen. Fraglich ist hier allerdings schon, inwieweit die von Schaffland und Wiltfang zitierten Hinweise zum BDSG (abgedruckt a.a.O. unter Kennzahl 7010, Nr.36 Ziff. 1.2) überhaupt verallgemeinerungsfähig sind. Konkret war das angesprochene Alter von 14 Jahren nur für die Frage relevant, ab wann im Rahmen von Verbraucherbefragungen eine gesonderte Einwilligung auch der Kinder eingeholt werden muss, wenn sich die Fragen auf deren Daten beziehen. 81 Vgl. etwa Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, §4a BDSG Rdn.9 (Erteilung einer rechtswirksamen Einwilligung in der Regel erst ab Volljährigkeit). 82 Vgl. Schaar, Datenschutz im Internet, Rdn. 581.

B. Die Ausübung

6. Allgemeine

informationeller

Selbstbestimmung

251

Geschäftsbedingungen

Datenschutzrechtliche Einwilligungen, die auf einer Vorformulierung des Verwenders beruhen, werden grundsätzlich vom Anwendungsbereich der AGB-Bestimmungen erfasst. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der konkreten Einwilligung um eine einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung handelt, die keine Nebenabrede enthält und nicht zum notwendigen Inhalt eines gleichzeitig abgeschlossenen Vertrages gehört. Zwar ist in §305 I 1 BGB von „Vertragsbedingungen" die Rede, also von Regelungen, die den Vertragsinhalt gestalten sollen. 83 Gleichwohl ist anerkannt, dass auch einseitige rechtsgeschäftliche Erklärungen unter §305 I BGB fallen, soweit sie nur im Zusammenhang mit einer vertraglichen Beziehung stehen. 84 Entscheidend ist, dass hier wie auch sonst bei der Vorformulierung eines Vertragstextes der Verwender für sich allein die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit in Anspruch nimmt, wohingegen sein Gegenüber keinen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Erklärung hat, sondern nur darauf, ob er die vorformulierte Erklärung abgeben will oder nicht. 85 Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist eine alltägliche und allgegenwärtige Begleiterscheinung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs. In Anbetracht dessen kommt der Kontrolle standardisierter Einwilligungsklauseln durch das AGBRecht eine maßgebliche Rolle zu, um die effektive Ausübung informationeller Selbstbestimmung abzusichern - sowohl prozedural durch die Vorgaben für eine wirksame Einbeziehung von AGB-Klauseln als auch inhaltlich durch eine Inhaltskontrolle nach den §§307ff. BGB. Praktische Bedeutung erlangt die A G B - K o n trolle für das Datenschutzrecht vor allem dadurch, dass Verbraucherverbände oder sonstige qualifizierte Einrichtungen und Verbände über das A G B G bzw. nunmehr über das UKlaG auf eine gerichtliche Klärung datenschutzrelevanter Vertragsklauseln hinwirken können. Die Klarstellung und Präzisierung datenschutzrechtlicher Anforderungen an eine wirksame Einwilligung hat bislang fast ausschließlich im Rahmen einer solchen AGB-Rechtsprechung stattgefunden, 86 egal ob es um pauschal gehaltene Einwilligungserklärungen ging, 87 um unklare oder wider-

83

Vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, §305 R d n . 3 . B G H N J W 1999,1864; N J W 2000,2677; Becker in Bamberger/Roth, BGB, § 305 Rdn. 12f.; Köhler in H e f e r m e h l / K ö h l e r / B o r n k a m m , Wettbewerbsrecht, § 7 Rdn. 47. 85 B G H a.a.O.; z u m Vorliegen von A G B s bei einer Wahlmöglichkeit des Verbrauchers zwischen verschiedenen Klauseln Drexl, Verbraucherschutz im N e t z , S. 94; Taeger/Goldmann/ Linkhorst/Seiler, Internetrecht, S. 23. 86 Siehe dazu Schneider in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, Kap. 15-4.2 S. 19ff. 87 Siehe schon B G H Z 95, 362 - Schufa-Klausel; grundsätzlich O L G Karlsruhe R D V 1997, 180: „Eine Pauschaleinwilligung, aus der nicht in der gebotenen Weise hervorgeht, worauf sich die Einwilligung erstreckt und welche Daten an wen übermittelt werden, ist mit den wesentlichen G r u n d g e d a n k e n des Bundesdatenschutzgesetzes nicht zu vereinbaren." 84

252

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

s p r ü c h l i c h e E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l n 8 8 o d e r u m das ä u ß e r e E r s c h e i n u n g s b i l d einer Erklärung.89 I m E r g e b n i s hat die r i c h t e r l i c h e A G B - K o n t r o l l e zu strengen A n f o r d e r u n g e n an die W i r k s a m k e i t d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r E i n w i l l i g u n g s e r k l ä r u n g e n

geführt,

die aus der P e r s p e k t i v e eines m ö g l i c h s t e f f e k t i v e n D a t e n s c h u t z e s o h n e Z w e i f e l erw ü n s c h t sind. D i e G r u n d s ä t z e des A G B - R e c h t s , i n s b e s o n d e r e die O r i e n t i e r u n g an d e n w e s e n t l i c h e n G r u n d g e d a n k e n des D a t e n s c h u t z r e c h t s , 9 0 die V o r g a b e der K l a r h e i t u n d V e r s t ä n d l i c h k e i t 9 1 u n d der G r u n d s a t z der k u n d e n f e i n d l i c h s t e n A u s l e g u n g 9 2 g e w ä h r l e i s t e n , dass i m Z w e i f e l eine E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l als u n a n g e m e s sene B e n a c h t e i l i g u n g des B e t r o f f e n e n u n d d a m i t als u n w i r k s a m

eingeordnet

w i r d . S o w e i t d a d u r c h D e f i z i t e in K l a r h e i t u n d T r a n s p a r e n z b e i m E i n w i l l i g u n g s p r o z e s s beseitigt w e r d e n , die einer effektiven p r i v a t a u t o n o m e n

Selbstbestim-

m u n g e n t g e g e n s t e h e n , ist dies o h n e E i n s c h r ä n k u n g zu b e g r ü ß e n . D i e G r e n z e ist j e d o c h d o r t zu z i e h e n , w o eine A G B - K o n t r o l l e die Zulässigkeit einer f o r m u l a r m ä ß i g erteilten E i n w i l l i g u n g an sich in F r a g e stellen w ü r d e . W e n n der B G H z u r Z u l ä s s i g k e i t einer E i n w i l l i g u n g in T e l e f o n w e r b u n g erklärt, dass das E r f o r d e r n i s eines a u s d r ü c k l i c h e n

oder konkludenten

Einverständnisses

eine

H e r b e i f ü h r u n g der E i n v e r s t ä n d n i s e r k l ä r u n g d u r c h A l l g e m e i n e G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n a u s s c h l i e ß e , 9 3 s o darf diese Ä u ß e r u n g ü b e r die e n t s c h i e d e n e F a l l k o n s t e l l a t i o n hinaus n i c h t v e r a l l g e m e i n e r t w e r d e n . I m k o n k r e t e n Fall ging es d e m B G H d a r u m , den S c h u t z v o r T e l e f o n w e r b u n g als einer „ b e s o n d e r s s c h w e r w i e g e n d e n B e e i n t r ä c h t i g u n g " der P r i v a t s p h ä r e n i c h t d a d u r c h zu e n t k r ä f t e n , dass ü b e r die H i n t e r t ü r eines f o r m u l a r m ä ß i g e i n g e h o l t e n E i n v e r s t ä n d n i s s e s diese A r t der W e r b u n g g l e i c h w o h l in w e i t e m U m f a n g Praxis w i r d . 9 4 E i n e allgemein gültige B e d e u t u n g dieser E n t s c h e i d u n g a u c h f ü r das D a t e n s c h u t z r e c h t k o m m t j e d o c h n i c h t in B e t r a c h t . Z u R e c h t w i r d darauf v e r w i e s e n , dass z u m i n d e s t im R a h m e n der n e u e r e n s e k t o r s p e z i f i s c h e n D a t e n s c h u t z g e s e t z g e b u n g die E i n h o l u n g einer E i n willigung s c h o n de lege lata d e m gesetzlichen L e i t b i l d e n t s p r i c h t und daher E i n willigungen a u c h i m F a l l e einer V o r f o r m u l i e r u n g nach § 3 0 7 B G B zivilrechtlich w i r k s a m e i n g e h o l t w e r d e n k ö n n e n . 9 5 D e lege f e r e n d a sollte dies nach d e m h i e r v e r t r e t e n e n A n s a t z f ü r das D a t e n s c h u t z r e c h t allgemein gelten.

Wesentlicher

G r u n d g e d a n k e eines m o d e r n e n D a t e n s c h u t z r e c h t s ist die p r i v a t a u t o n o m e W a h r -

88 O L G Düsseldorf RDV 1997, 178; O L G Frankfurt RDV 1998, 175; LG München I MMR 2001, 466; BGH NJW 2003, 1237. 8 9 OLG Schleswig NJW-RR 1998, 54; O L G Köln RDV 2002, 237. 90 §307 II Nr. 1 BGB. 91 §307 I 2 BGB. 92 §305c II BGB. 93 BGH NJW 1999,1864 (1865); ebenso LG München I MMR 2001,466 (467) - Payback (zustimmend Geis a.a.O., S. 469). 94 BGH a.a.O. 95 Schmitz in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 3 TDDSG Rdn. 18; siehe auch ders. in Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 157 (zum TDSV a.F.).

B. Die Ausübung informationeller

253

Selbstbestimmung

n e h m u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g im W e g e eines fairen und t r a n s p a r e n t e n Interessenausgleichs. E n t s p r e c h e n d liegt a u c h die p r i m ä r e A u f g a b e der A G B - K o n t r o l l e n i c h t darin, den E r l a u b n i s t a t b e s t a n d der E i n w i l l i g u n g als s o l c h e n e i n z u g r e n z e n , s o n d e r n d a f ü r zu s o r g e n , dass E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l n stets k l a r e r k e n n b a r u n d u n m i s s v e r s t ä n d l i c h f o r m u l i e r t sind u n d so der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n M a x i m e einer freiwilligen, i n f o r m i e r t e n u n d b e s t i m m t e n E i n w i l l i g u n g R e c h n u n g getragen w i r d .

II. D i e schuldvertragliche Einwilligung V o n der einseitigen w i d e r r u f l i c h e n E i n w i l l i g u n g im e n g e r e n S i n n e ist die s c h u l d v e r t r a g l i c h e E i n w i l l i g u n g in eine D a t e n v e r a r b e i t u n g zu u n t e r s c h e i d e n . A n d e r s als die E r t e i l u n g einer d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g im e n g e r e n S i n n e ist die E r t e i l u n g einer s c h u l d v e r t r a g l i c h e n E i n w i l l i g u n g kein eigenständiger, l o s g e l ö s t e r V o r g a n g . D i e s c h u l d v e r t r a g l i c h e E i n w i l l i g u n g zählt v i e l m e h r z u m n o t w e n d i g e n I n h a l t eines gleichzeitig a b g e s c h l o s s e n e n Vertrages. D e r B a n k k u n d e m u s s bei sein e m A n t r a g auf ein G i r o k o n t o die S c h u f a - K l a u s e l u n t e r s c h r e i b e n , der p o t e n t i e l l e V e r s i c h e r u n g s n e h m e r muss seinen g e s u n d h e i t l i c h e n Status o f f e n b a r e n u n d in eine D a t e n w e i t e r g a b e an W a r n - und H i n w e i s d i e n s t e einwilligen, der T e i l n e h m e r an e i n e m K u n d e n b i n d u n g s p r o g r a m m muss sich m i t der A n f e r t i g u n g eines K u n d e n p r o f i l s einverstanden erklären. D e r E i n w i l l i g u n g k o m m t in all diesen u n d ä h n l i c h e n K o n s t e l l a t i o n e n eine vertragsgestaltende R o l l e zu. Teils ist ihre E r t e i l u n g V o r a u s s e t z u n g dafür, dass es ü b e r h a u p t zu e i n e m Vertragsschluss k o m m t . Teils ist die D a t e n v e r a r b e i t u n g , in die eingewilligt w i r d , die K a l k u l a t i o n s - und E n t s c h e i d u n g s g r u n d l a g e für das O b und W i e des g a n z e n Vertragsverhältnisses.

1. Einwilligung

und gesetzliche

Erlaubnis

S o w e i t einer E i n w i l l i g u n g in die D a t e n v e r a r b e i t u n g eine vertragsgestaltende R o l le z u k o m m t , stellt sich im V o r f e l d z u n ä c h s t die F r a g e nach d e m Verhältnis z w i s c h e n E i n w i l l i g u n g und g e s e t z l i c h e r E r l a u b n i s : B e d a r f es i n s o w e i t ü b e r h a u p t einer individuellen E i n w i l l i g u n g o d e r e r ö f f n e n bereits die gesetzlichen E r l a u b n i s tatbestände

den

datenverarbeitenden

Stellen

in a u s r e i c h e n d e m

Maße

einen

Z u g r i f f auf die p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n des r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n G e g e n ü b e r s ?

a) Privatautonome ratio?

Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

als ultima

A b g e s e h e n v o n B a r g e s c h ä f t e n des Alltags geht mit einer r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n B e z i e h u n g fast i m m e r auch die N o t w e n d i g k e i t einer V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e ner D a t e n einher: D i e W a r e n l i e f e r u n g setzt K e n n t n i s v o n N a m e und A n s c h r i f t v o r a u s , die A b r e c h n u n g v o n L e i s t u n g e n eine K e n n t n i s v o n A r t u n d U m f a n g ihrer I n a n s p r u c h n a h m e , die L e i s t u n g auf K r e d i t eine P r ü f u n g der B o n i t ä t , die P e r s o n a -

254

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

lisierung einer D i e n s t l e i s t u n g die K e n n t n i s der B e d ü r f n i s s e u n d V o r l i e b e n des K u n d e n usw. E i n E i n v e r s t ä n d n i s des B e t r o f f e n e n für die V e r a r b e i t u n g all dieser D a t e n ist n a c h g e l t e n d e m R e c h t bislang n u r selten nötig. S o w e i t die D u r c h f ü h r u n g eines Vertrags die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n e r f o r d e r t , ist diese s c h o n n a c h § 2 8 I N r . 1 B D S G b z w . nach den e n t s p r e c h e n d e n s e k t o r s p e z i f i s c h e n E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e n l e g i t i m i e r t . 9 6 S o l l t e im k o n k r e t e n Fall z w e i f e l h a f t sein, o b eine D a t e n v e r a r b e i t u n g tatsächlich „ e r f o r d e r l i c h " ist o d e r n i c h t , stehen d a n e b e n als z u s ä t z l i c h e u n d g r o ß z ü g i g e L e g i t i m a t i o n s g r u n d l a g e die d e h n b a r e n I n t e r e s s e n a b w ä g u n g s k l a u s e l n in d e n § § 2 8 u n d 2 9 B D S G z u r V e r f ü g u n g , mittels derer im E r g e b n i s p r a k t i s c h jede g e w ü n s c h t e F o r m der D a t e n v e r a r b e i t u n g ger e c h t f e r t i g t w e r d e n k a n n . V o r diesem H i n t e r g r u n d ist es n i c h t ü b e r r a s c h e n d , dass die K o m m e n t a r l i t e r a t u r d e m E r l a u b n i s t a t b e s t a n d der E i n w i l l i g u n g m i t u n t e r n u r eine b e g r e n z t e o d e r n a c h g e o r d n e t e p r a k t i s c h e B e d e u t u n g z u s c h r e i b t . 9 7 U n d es s t ö ß t auf K r i t i k , w e n n D a t e n v e r a r b e i t e r t r o t z b e s t e h e n d e r g e s e t z l i c h e r D a t e n v e r a r b e i t u n g s b e f u g n i s s e „ v o r s o r g l i c h " auf eine E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n z u r ü c k g r e i f e n . 9 8 D e m B e t r o f f e n e n w e r d e auf diese W e i s e eine W a h l f r e i h e i t suggeriert, die so tatsächlich gar n i c h t b e s t e h e . 9 9 G r u n d s ä t z l i c h d ü r f e daher eine E i n willigung n u r u l t i m a ratio sein, ihre E i n h o l u n g soll auf die F ä l l e b e s c h r ä n k t sein, in d e n e n a n s o n s t e n kein E r l a u b n i s t a t b e s t a n d zu finden ist. 1 0 0 A l l e r d i n g s : S o s e h r der e i n z e l n e B e t r o f f e n e bei e i n e m z u r ü c k h a l t e n d e n G e b r a u c h v o n E i n w i l l i g u n g s k l a u s e l n an R e c h t s k l a r h e i t g e w i n n e n mag, so w e n i g ist diese Z u r ü c k h a l t u n g u m g e k e h r t m i t den I n t e r e s s e n der U n t e r n e h m e n an R e c h t s s i c h e r h e i t vereinbar. B e i der U n b e s t i m m t h e i t der gesetzlichen E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e u n d d e m N e b e n e i n a n d e r der v e r s c h i e d e n s t e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n

Bestim-

m u n g e n ist es D a t e n v e r a r b e i t e r n w e d e r m ö g l i c h n o c h z u m u t b a r , sich allein auf den gesetzlich e r l a u b t e n R a h m e n der D a t e n v e r a r b e i t u n g zu verlassen u n d das R i s i k o e i n z u g e h e n , im F a l l e einer irrigen A u s l e g u n g die K o n s e q u e n z e n einer unzulässigen D a t e n v e r a r b e i t u n g zu t r a g e n . 1 0 1 W e n n w i e e t w a im M - C o m m e r c e vier ver-

96 Zum Kriterium der Erforderlichkeit im Rahmen des §28 I Nr. 1 BDSG siehe Gola/Schomerus, BDSG, §28 Rdn. 13. Zu entsprechenden Vorschriften aus der sektorspezifischen Datenschutzgesetzgebung siehe insb. §§ 5 S. 1,6 I I , IV 1 T D D S G ; § 1 9 1 1 , I I I , V 1 MDStV; §§ 95 1,961, 97 I, 98 I T K G . 97 In diesem Sinne vor allem Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, §4a BDSG Rdn. 12ff.; Schaffland/Wiltfang, BDSG, §4a Rdn. 1. 98 Wächter, Datenschutz, Rdn. 233, spricht von sog. „Angstklauseln" der Unternehmen, die aus Unsicherheit über die gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherheitshalber Einwilligungen einholen (s.a. Rdn.229). 99 Gola/Schomerus, BDSG, §4 Rdn. 16; Sokol in Simitis, BDSG, §4 Rdn.6. 100 Gola/Schomerus a.a.O. (siehe auch a.a.O., §4a Rdn. 19: Einholung der Einwilligung als „ultima ratio" gegenüber anderen Erlaubnistatbeständen). Siehe auch Wächter, Datenschutz, Rdn. 229 und 233, der die Wahl der Einwilligungsvariante schon deshalb nur „gezielt als Sonderfall" empfiehlt, weil die Einwilligung in ihrer materiellrechtlichen Wirksamkeit umstritten sei. 101 Zum Problem der Unübersichtlichkeit des Datenschutzrechts aus Unternehmenssicht siehe Büllesbach, Innovativer Datenschutz, S. 3f.

B. Die Ausübung

informationeller

Selbstbestimmung

255

schiedene Datenschutzgesetze mit jeweils unterschiedlichen Vorgaben relevant sind ( B D S G , T K G , T D D S G und MDStV), 1 0 2 für deren jeweiligen Anwendungsbereich und ihr Verhältnis untereinander „fast alle denkmöglichen Auffassungen" 1 0 3 vertreten werden, ist es kaum zu rechtfertigen, die datenverarbeitenden Stellen primär auf eine Zulässigkeitsprüfung anhand der gesetzlichen Vorschriften zu verweisen und von ihnen eine „juristisch qualitativ hochwertige Arbeit" 1 0 4 zu erwarten, zu welcher der Gesetzgeber selbst offenbar nicht in der Lage ist. Unter den bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen kann es daher datenverarbeitenden Stellen kaum vorgehalten werden, wenn sie im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität in großzügigem Umfang auf eine rechtsgeschäftlich erteilte Erlaubnis der Datenverarbeitung zurückgreifen. 105 Dem Problem, dass beim Betroffenen unter Umständen der falsche Eindruck erweckt wird, es komme auf seine Entscheidung an, kann wirksam dadurch begegnet werden, dass sich die datenverarbeitenden Stellen im Umfang der eingeholten Erlaubnis auch tatsächlich am Willen des Betroffenen orientieren müssen. Ein Rückgriff auf die gesetzlichen Erlaubnistatbestände scheidet dann insoweit aus, als die verantwortliche Stelle zuvor dem Betroffenen gegenüber deutlich gemacht hat, dass es für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung auf sein Einverständnis ankommt. 1 0 6 Verweigert der Betroffene seine Einwilligung oder widerruft er sie später, ist dies von Seiten des Datenverarbeiters grundsätzlich hinzunehmen. Gerechtfertigt ist dies auch deshalb, weil es Datenverarbeitern unbenommen bleibt, durch eine entsprechende Formulierung der Einwilligungsklauseln deren Verhältnis zu den gesetzlichen Erlaubnistatbeständen klarzustellen. Sie können, wie von der Schufa-Klausel her bekannt, auf ihre gesetzlich begründeten Datenverarbeitungsbefugnisse verweisen und darüber hinaus eine Einwilligung des Betroffenen für solche Formen der Datenverarbeitung einholen, die von diesen gesetzlichen Erlaubnistatbeständen nicht erfasst sind. 107 b) Grundsätzlicher

Vorrang der

Einwilligung

Schon de lege lata führt somit das Bedürfnis der Datenverarbeiter nach Rechtssicherheit und Praktikabilität dazu, dass die gesetzlichen Erlaubnistatbestände zuSiehe oben Teil2 (B II 4 a aa). Schmitz in Spindler/Schmitz/Geis, T D G , § 6 T D D S G Rdn. 16 z u m Verhältnis zwischen B D S G und T D D S G . 104 Wächter, Datenschutz, Rdn. 229. 1 0 5 Vgl. Holznagel/Sonntag in Roßnagel, H a n d b u c h Datenschutzrecht, K a p . 4.8 Rdn. 18 ( K o m p e n s a t i o n der Unsicherheit über die Reichweite der gesetzlichen Legitimationsgrundlagen); siehe auch Gola/Schomerus, B D S G , § 4 a Rdn. 19 (insbesondere im Falle von allgemeinen Interessenabwägungsklauseln sinnvoll, „zur Sicherheit" eine Einwilligung einzuholen). 102

103

10arkeit

Ebenso wie der Grundsatz der Freiwilligkeit soll auch der Grundsatz der Widerrufbarkeit einer datenschutzrechtlichen Einwilligung die effektive Wahrung informationeller Selbstbestimmung sicherstellen. Weder soll der Betroffene in eine Datenverarbeitung einwilligen, die er so tatsächlich gar nicht will. Noch soll er an einer Einwilligung festgehalten werden, die nicht mehr seinem tatsächlichen Willen entspricht. a) Einschränkung

nach Treu und

Glauben

Dem Grundsatz der Widerrufbarkeit kommt jedoch keine uneingeschränkte Geltungskraft zu. Ausnahmslos widerrufbar ist nur die einseitige datenschutzrechtliche Einwilligung im engeren Sinne. 153 Ist die Einwilligung hingegen Teil eines umfassenderen rechtsgeschäftlichen Verhältnisses, muss auch die Frage ihrer Widerrufbarkeit dieser rechtsgeschäftlichen Einbindung Rechnung tragen. Entsprechend unterstellt die datenschutzrechtliche Literatur die Ausübung eines Widerrufs den Grundsätzen von Treu und Glauben und lässt einen Widerruf der Einwilligung nur unter bestimmten Voraussetzungen zu. Entscheidend soll sein, ob die Fortsetzung der Datenverarbeitung dem Betroffenen objektiv nicht mehr zumutbar ist, ob sich die für die Einwilligung maßgeblichen Umstände wesentlich geändert haben oder ob diese nachträglich weggefallen sind. 154 Eine solche Änderung der maßgeblichen Umstände bzw. deren nachträglicher Wegfall ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine datenverarbeitende Stelle zwar im Vorfeld eines Vertragsschlusses bestimmte Datenverarbeitungsinteressen geltend machen kann, diese Interessen jedoch nicht für die gesamte Dauer der Vertragsdurchführung als solche weiterbestehen. Vor allem bei Daten zur Ver152 Anderer Ansicht Schaar, Datenschutz im Internet, Rdn. 596; ders., M M R 2001, 644 (648); Bizer in Roßnagel, Multimedia-Dienste, §3 T D D S G Rdn. 212. 153 Siehe oben B I 1. 154 Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, §4a B D S G Rdn.24; Gola, D u D 2001, 278 (279); Gola/Schomerus, B D S G , § 4a Rdn. 18; Schaffland/Wiltfang, B D S G , § 4a Rdn. 26; Simáis in ders., B D S G , §4a Rdn.94ff.; Tinnefeid/Ehmann! Gerling, Datenschutzrecht, S.324.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

271

t r a u e n s - und K r e d i t w ü r d i g k e i t o d e r z u m R i s i k o p r o f i l eines p o t e n t i e l l e n V e r tragspartners ist danach zu d i f f e r e n z i e r e n , o b d a h i n g e h e n d e I n f o r m a t i o n s i n t e r e s sen v o r o d e r nach Vertragsschluss geltend g e m a c h t w e r d e n . V o n R e l e v a n z sind derlei D a t e n in erster L i n i e dafür, o b ü b e r h a u p t ein V e r t r a g a b g e s c h l o s s e n w i r d u n d w e n n ja zu w e l c h e n K o n d i t i o n e n . H a t sich a b e r eine d a t e n v e r a r b e i t e n d e S t e l le auf G r u n d l a g e dieser D a t e n erst e i n m a l zu e i n e m Vertragsschluss u n t e r b e s t i m m t e n B e d i n g u n g e n e n t s c h i e d e n , k a n n sie diesen E n t s c h l u s s n i c h t o h n e w e i t e res w i e d e r r ü c k g ä n g i g m a c h e n . 1 5 5 E n t s c h e i d e n d ist vielmehr, i n w i e w e i t es die z i v i l r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n den V e r t r a g s p a r t e i e n auch n a c h Vertragsschluss erl a u b e n , auf v e r ä n d e r t e B o n i t ä t s - , R i s i k o - o d e r ä h n l i c h e K r i t e r i e n d u r c h eine L ö sung v o m V e r t r a g zu reagieren. N u r i n s o w e i t k o m m t ü b e r h a u p t ein f o r t b e s t e h e n des I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle in B e t r a c h t , das es r e c h t f e r t i g e n k ö n n t e , den B e t r o f f e n e n d a u e r h a f t an seiner d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n Einwilligung festzuhalten.

b) Zivilrechtliche Vorgaben W a s die hier in erster L i n i e relevanten V e r t r a g s a r t e n a n g e h t , s c h l i e ß e n die zivilr e c h t l i c h e n V o r g a b e n ein f o r t b e s t e h e n d e s I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e o f t m a l s aus b z w . s c h r ä n k e n dieses z u m i n d e s t ein. B e i e i n e m K r a n k e n - o d e r L e b e n s v e r s i c h e r u n g s vertrag folgt s c h o n aus d e m W e s e n des Vertrags, dass ein H i n z u t r e t e n r i s i k o e r h ö h e n d e r U m s t ä n d e nach Vertragsschluss g r u n d s ä t z l i c h n i c h t zu einer K ü n d i g u n g seitens des V e r s i c h e r e r s f ü h r e n k a n n . 1 5 6 E n t s p r e c h e n d hat e t w a ein L e b e n s v e r s i c h e r e r z w a r v o r v e r t r a g l i c h einen u m f a s s e n d e n A n s p r u c h auf K e n n t n i s aller gef a h r e r h e b l i c h e n U m s t ä n d e u n d darf in E r f a h r u n g b r i n g e n , o b ein V e r s i c h e r u n g s interessent a l k o h o l a b h ä n g i g , depressiv o d e r h e r z k r a n k i s t . 1 5 7 N a c h

Vertrags-

schluss steht d e m V e r s i c h e r e r h i n g e g e n ein s o l c h e r E i n b l i c k in die p e r s ö n l i c h e n U m s t ä n d e des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s n i c h t m e h r zu. B e i e i n e m M i e t v e r t r a g hat der V e r m i e t e r z w a r das R e c h t , sich v o r Vertragsschluss u m f a s s e n d v o n der K r e dit- u n d V e r t r a u e n s w ü r d i g k e i t eines p o t e n t i e l l e n M i e t e r s zu ü b e r z e u g e n . Ist der M i e t v e r t r a g a b e r erst einmal a b g e s c h l o s s e n , k a n n sich der V e r m i e t e r v o n diesem Vertrag nicht allein deshalb lösen, weil der B e t r o f f e n e in der F o l g e z e i t a b s t r a k t an K r e d i t - und V e r t r a u e n s w ü r d i g k e i t verliert. V o r a u s s e t z u n g ist vielmehr, dass der M i e t e r ein k o n k r e t e s vertragsspezifisches F e h l v e r h a l t e n an den T a g legt. I h m muss ein Z a h l u n g s r ü c k s t a n d im S i n n e des § 5 4 3 I I 1 N r . 3 B G B o d e r ein sonstiges 155 Vgl. O L G Düsseldorf RDV 1997, 178 (179) zum Vorbehalt eines Rücktrittsrechts wegen mangelnder Kreditwürdigkeit eines Kunden bei Mobilfunk-AGB: „[Es] geht nicht darum, dass die Beklagte das Recht hat, einen Vertragsschluss mit einem Kunden aus beliebigen Gründen abzulehnen, sondern um den Fall, dass sie einen Vertrag mit einem Kunden geschlossen hat und diesen während der Vertragsabwicklung nicht unangemessen benachteiligen darf." 156 Siehe §§164, 178a W G zum Ausschluss der Kündigung wegen Gefahrerhöhung nach §§23ff. W G ; Kollhosser in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 164 Rdn. 1. 157 Siehe § 16 I W G ; für einen Katalog gefahrerheblicher Umstände bei der Lebensversicherung siehe Teslau in van Bühren, Versicherungsrecht, § 13 Rdn. 221 f.

272

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

F e h l v e r h a l t e n z u r L a s t fallen, das als A u s d r u c k m a n g e l n d e r Z a h l u n g s m o r a l die vertragliche V e r t r a u e n s g r u n d l a g e e r s c h ü t t e r t . 1 5 8 A u c h bei e i n e m V e r b r a u c h e r k r e ditvertrag r e c h t f e r t i g t n i c h t j e d e V e r s c h l e c h t e r u n g der K r e d i t w ü r d i g k e i t s c h o n o h n e weiteres eine K ü n d i g u n g des K r e d i t s . § 4 9 8 I 1 N r . 1 B G B stellt klar, dass d e m V e r b r a u c h e r selbst bei einer k u r z f r i s t i g e n , v o r ü b e r g e h e n d e n S t ö r u n g der Z a h l u n g s f ä h i g k e i t das D a r l e h e n n i c h t e n t z o g e n w e r d e n soll. E i n e K ü n d i g u n g setzt v i e l m e h r eine w e s e n t l i c h e V e r s c h l e c h t e r u n g der V e r m ö g e n s v e r h ä l t n i s s e v o r a u s . 1 5 9 V o n s o l c h einer V e r s c h l e c h t e r u n g k a n n z w a r bei A b g a b e einer eidesstattlic h e n V e r s i c h e r u n g 1 6 0 o d e r bei u n m i t t e l b a r d r o h e n d e r G e f a h r einer Z a h l u n g s u n fähigkeit ausgegangen w e r d e n , 1 6 1 n i c h t a b e r e t w a bei einer b l o ß e n V e r s c h l e c h t e rung des C r e d i t S c o r e s . E n t s p r e c h e n d ist d a h e r jeweils a u c h der U m f a n g eines w e i t e r h i n b e s t e h e n d e n I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e s e i n z u g r e n z e n . E i n R e c h t der dat e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle, a u c h n a c h Vertragsschluss w e i t e r h i n freien Z u g r i f f auf die p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n eines V e r t r a g s p a r t n e r s zu h a b e n , k o m m t stets n u r in d e m U m f a n g in B e t r a c h t , in d e m g e s e t z l i c h e W e r t u n g e n auch eine R e a k t i o n auf diese D a t e n in F o r m einer K ü n d i g u n g o.ä. zulassen. N u r i n s o w e i t b e s t e h t d a h e r auch A n l a s s , d e m B e t r o f f e n e n die M ö g l i c h k e i t eines W i d e r r u f s seiner d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g f ü r die D a u e r der V e r t r a g s d u r c h f ü h r u n g zu versagen. c) Fortbestehende

Datenverarbeitungsinteressen

S e l b s t dann, w e n n ein D a t e n v e r a r b e i t u n g s i n t e r e s s e der v e r a n t w o r t l i c h e n Stelle a u c h nach V e r t r a g s s c h l u s s f o r t b e s t e h t , verliert der B e t r o f f e n e nicht n o t w e n d i g e r w e i s e sein R e c h t , eine einmal erteilte E i n w i l l i g u n g in die D a t e n v e r a r b e i t u n g n a c h träglich zu w i d e r r u f e n . B e s t e h t z w i s c h e n d e n B e t e i l i g t e n ein Vertragsverhältnis, das der B e t r o f f e n e j e d e r z e i t a u f l ö s e n k a n n , ist d i e s e m als ein W e n i g e r auch das R e c h t z u m j e d e r z e i t i g e n W i d e r r u f seiner d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n

Einwilligung

z u z u s p r e c h e n . Z u g l e i c h ist f ü r diesen Fall j e d o c h der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle ein W a h l r e c h t z u z u s p r e c h e n , o b sie das V e r t r a g s v e r h ä l t n i s auch o h n e w e i t e r e D a t e n v e r a r b e i t u n g f o r t s e t z e n o d e r dieses als ganzes b e e n d e n m ö c h t e . D u r c h die E i n r ä u m u n g eines s o l c h e n W a h l r e c h t s w i r d den I n t e r e s s e n der d a t e n v e r a r b e i t e n den Stelle a u s r e i c h e n d R e c h n u n g getragen: A u f g r u n d des V e r t r a g s l ö s u n g s r e c h t s der a n d e r e n Seite m u s s sie o h n e h i n j e d e r z e i t mit e i n e m E n d e der V e r t r a g s b e z i e h u n g r e c h n e n . A n d e r e r s e i t s ist a u f g r u n d des ihr z u s t e h e n d e n W a h l r e c h t s s i c h e r -

Ehlen in Bamberger/Roth, B G B , §543 Rdn.35. Vgl. §490 I BGB. Die Vorschrift des §490 B G B bleibt auch beim Verbraucherdarlehensvertrag neben §498 B G B anwendbar; Putzo in Palandt, BGB, §498 Rdn.3. 160 B G H NJW 2001, 292 (298). 161 Siehe B G H NJW 2003,2674 (2675): unmittelbar drohende Zahlungsunfähigkeit eines Kreditnehmers als wichtiger Grund im Sinne des §314 BGB. Siehe auch Nr. 19 III der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken; abgedruckt bei Baumbach/Hopt, HGB, Teil 2 (Handelsrechtliche Nebengesetze) Ziff. VI 8. 158

159

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

273

gestellt, dass sie nicht zur Fortführung eines Vertragsverhältnisses ohne Datenverarbeitung gezwungen ist, das sie so nicht abgeschlossen hätte. Entsprechende Grundsätze und Erwägungen gelten dann, wenn zwischen den Beteiligten ein Vertragsverhältnis besteht, das der Betroffene unter Einhaltung einer bestimmten Frist auflösen kann. Auch hier ist dem Betroffenen a maiore ad minus das Recht zuzugestehen, seine datenschutzrechtliche Einwilligung zu widerrufen - allerdings unter der Einschränkung, dass er auch für diesen Widerruf die für das Vertragsverhältnis geltende Fristvorgabe zu beachten hat. 162 Und auch hier ist im Gegenzug der datenverarbeitenden Stelle ein Wahlrecht einzuräumen, ob sie unter diesen Umständen den Vertrag aufrechterhalten oder diesen als ganzen aufkündigen möchte. Ein prinzipieller Ausschluss der Widerrufbarkeit einer Einwilligung kommt damit im Ergebnis nur dann in Betracht, wenn zwischen den Beteiligten ein Vertragsverhältnis mit einer fest bestimmten Laufzeit besteht. Würde man hier dem Betroffenen eine freie Widerrufbarkeit seiner datenschutzrechtlichen Einwilligung nach obigem Muster zugestehen, würde dies im Endeffekt zu einem zusätzlichen Vertragslösungsrecht führen, welches mit der ausdifferenzierten zivilrechtlichen Systematik ordentlicher und außerordentlicher Vertragslösungsrechte nur schwer zu vereinbaren ist. Wenn sich daher die datenverarbeitende Stelle bei einem Vertragsverhältnis mit fest bestimmter Laufzeit auch nach Vertragsschluss noch auf fortbestehende Datenverarbeitungsinteressen berufen kann, ist insoweit eine Widerrufbarkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung ausgeschlossen. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich um berechtigte Informationsinteressen der datenverarbeitenden Stelle handelt. 163 Ein berechtigtes Datenverarbeitungsinteresse legitimiert es nicht nur, dass die datenverarbeitende Stelle einen Vertragsschluss mit dem Betroffenen von dessen Einwilligung in die Datenverarbeitung abhängig macht, sondern auch, dass sich der Betroffene bei der Vertragsabwicklung an seiner einmal erteilten Einwilligung festhalten lassen muss. Im Falle sonstiger Informationsinteressen ist die Konstellation eine andere. Zwar kann auch hier die datenverarbeitende Stelle ihr Leistungsangebot von der Erteilung einer datenschutzrechtlichen Einwilligung abhängig machen. 164 Andererseits ist ihr Informationsinteresse nicht so gewichtig, dass es auch ein ausnahmsloses Festhalten des Betroffenen an seiner einmal erteilten Einwilligung rechtfertigen würde. Gerade bei der Durchsetzung sonstiger Informationsinte162 Ahnlich Simitis in ders., BDSG, §4a Rdn. 97: Der Betroffene muss der verantwortlichen Stelle „genügend Zeit einräumen, um der veränderten Situation Rechnung zu tragen"; siehe auch Kohte, AcP 185 (1985), 105 (138): §242 B G B kann einen Widerruf zur Unzeit bzw. einen zu kurzfristigen Widerruf ausschließen. 163 Zur Abgrenzung zwischen berechtigten Informationsinteressen und sonstigen Datenverarbeitungsinteressen siehe oben B II 2 a und b. 164 Allerdings unter der einschränkenden Voraussetzung, dass dem Betroffenen auch ein anderer zumutbarer Zugang zu dieser Leistung eröffnet ist, der nicht unter der Bedingung einer datenschutzrechtlichen Einwilligung steht; siehe oben B II 2 b.

274

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

ressen geht es o f t m a l s u m D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e , die auf eine m ö g l i c h s t u m f a s s e n d e P r o f i l i e r u n g des B e t r o f f e n e n abzielen u n d deren B e d e u t u n g u n d U m f a n g f ü r den B e t r o f f e n e n n u r s c h w e r zu erfassen s i n d . 1 6 5 U m s o w i c h t i g e r ist es daher, dass der B e t r o f f e n e seine einmal g e t r o f f e n e E n t s c h e i d u n g bei e i n e m n e u e n W i s s e n s - u n d B e w u s s t s e i n s s t a n d auch n o c h m a l s ü b e r d e n k e n kann. E i n R a b a t t p r o g r a m m , ein M o b i l f u n k a n b i e t e r o d e r ein E m a i l - D i e n s t k a n n daher z w a r den Vertragsschluss d a v o n a b h ä n g i g m a c h e n , dass der B e t r o f f e n e in die E r s t e l l u n g eines N u t z e r p r o f i l s zu M a r k e t i n g z w e c k e n einwilligt. J e d o c h ist diese D a t e n v e r a r b e i t u n g stets n u r s o l a n g e zulässig, als der B e t r o f f e n e diese E i n w i l l i g u n g n i c h t in der F o l g e z e i t w i d e r r u f t . In vielen F ä l l e n ist dieses W i d e r r u f s r e c h t des B e t r o f f e n e n s c h o n deshalb u n p r o b l e m a t i s c h , da es sich bei d e m einschlägigen V e r t r a g s v e r h ä l t nis o h n e h i n u m ein j e d e r z e i t k ü n d b a r e s Vertragsverhältnis handelt ( R a b a t t p r o g r a m m , N e w s - S e r v i c e , E m a i l - D i e n s t etc.). S e l b s t w e n n es sich im k o n k r e t e n Fall a b e r u m ein V e r t r a g s v e r h ä l t n i s mit fest b e s t i m m t e r L a u f z e i t h a n d e l n sollte, ist d e m I n t e r e s s e des B e t r o f f e n e n an einer e f f e k t i v e n A u s ü b u n g seiner i n f o r m a t i o nellen S e l b s t b e s t i m m u n g der V o r r a n g g e g e n ü b e r der D u r c h s e t z u n g s o n s t i g e r I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e n d u r c h die d a t e n v e r a r b e i t e n d e Stelle e i n z u r ä u m e n . A u c h i n s o w e i t v e r b l e i b t es bei e i n e m W a h l r e c h t der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle, o b sie das Vertragsverhältnis o h n e die w e i t e r e D a t e n v e r a r b e i t u n g f o r t s e t z e n o d e r dieses als ganzes b e e n d e n m ö c h t e .

4. Schuldvertragliche Einwilligung bei Daten

Minderjähriger

B e r e i t s o b e n ist a n g e s p r o c h e n w o r d e n , dass es f ü r die W i r k s a m k e i t einer s c h u l d vertraglichen E i n w i l l i g u n g d u r c h M i n d e r j ä h r i g e g r u n d s ä t z l i c h auf die § § 1 0 4 f f . B G B a n k o m m t . 1 6 6 A n d e r s als die einseitige steht die s c h u l d v e r t r a g l i c h e E i n w i l l i gung n i c h t eigenständig u n d u n a b h ä n g i g n e b e n einer r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n B e z i e h u n g , s o n d e r n zählt zu d e r e n n o t w e n d i g e m Inhalt. D i e D a t e n v e r a r b e i t u n g , in die eingewilligt w i r d , ist o f t m a l s e n t s c h e i d e n d dafür, o b ü b e r h a u p t ein V e r t r a g s schluss z u s t a n d e k o m m t u n d w e n n ja zu w e l c h e n B e d i n g u n g e n . A u f g r u n d dieser E i n g l i e d e r u n g der E i n w i l l i g u n g in einen u m f a s s e n d e r e n

rechtsgeschäftlichen

R a h m e n m ü s s e n für diese d i e s e l b e n r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n R e g e l u n g e n gelten w i e für die ü b r i g e n V e r t r a g s b e s t a n d t e i l e . D e r M i n d e r j ä h r i g e b e d a r f daher, v o n d e n A u s n a h m e n der § § 1 1 2 , 1 1 3 B G B a b g e s e h e n , für die w i r k s a m e E r t e i l u n g einer s c h u l d v e r t r a g l i c h e n E i n w i l l i g u n g in die D a t e n v e r a r b e i t u n g stets der Z u s t i m m u n g seines gesetzlichen V e r t r e t e r s . 1 6 7 I n der Praxis ist dies s c h o n d e s h a l b u n p r o 165 Siehe oben Teil 2 zu den Kundenbindungsprogrammen (B II 3 a bb), zum M-Commerce (B II 4 a bb) und zum Ubiquitous Computing (B II 4 b cc). 166 Siehe oben B I 5. 167 Anderer Ansicht die datenschutzrechtliche Literatur, die allerdings auch nicht nach einseitiger und schuldvertraglicher Einwilligung differenziert, sondern generell auf das Kriterium der Einsichtsfähigkeit abstellt; vgl. Gola/Schomerus, BDSG, §4a Rdn. 10; Schaffland/Wiltfang, BDSG, §4a Rdn.21; Weichen in Kilian/Heussen, Computerrecht, 132 Rdn.46.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

275

b l e m a t i s c h , da die Z u s t i m m u n g o h n e h i n auch f ü r das z u g r u n d e liegende Vertragsv e r h ä l t n i s gegeben sein muss und dann r e g e l m ä ß i g auch die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e E i n w i l l i g u n g u m f a s s e n w i r d . D i e Z u s t i m m u n g des gesetzlichen V e r t r e t e r s z u m K r e d i t v e r t r a g erfasst dann auch die S c h u f a - K l a u s e l o d e r die Z u s t i m m u n g z u m M o b i l f u n k v e r t r a g auch die E i n w i l l i g u n g in eine D a t e n v e r a r b e i t u n g zu W e r bezwecken. D a s E r f o r d e r n i s einer Z u s t i m m u n g des g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r s s c h l i e ß t es allerdings n i c h t aus, dass gleichzeitig a u c h das I n t e r e s s e des M i n d e r j ä h r i g e n an einer Selbstbestimmung

ü b e r die V e r a r b e i t u n g seiner D a t e n a n g e m e s s e n B e r ü c k s i c h t i -

g u n g findet. F ü r eine r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e D i s p o s i t i o n ü b e r P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e hat sich in der L i t e r a t u r z u n e h m e n d die A n s i c h t d u r c h g e s e t z t , dass h i e r eine sog. Doppelzuständigkeit von gesetzlichem Vertreter und Minderjährigem anzunehm e n ist. D a n a c h b l e i b t es z w a r g r u n d s ä t z l i c h bei der E n t s c h e i d u n g s b e f u g n i s des g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r s g e m ä ß den § § 1 0 4 f f . B G B . D e m M i n d e r j ä h r i g e n steht j e d o c h ein M i t s p r a c h e r e c h t zu, s o w e i t dieser die e n t s p r e c h e n d e E i n s i c h t s f ä h i g k e i t b e s i t z t , die T r a g w e i t e einer p e r s ö n l i c h k e i t s r e l e v a n t e n E n t s c h e i d u n g ü b e r b l i c k e n zu k ö n n e n . 1 6 8 Ist er m i t der V e r b r e i t u n g seines B i l d n i s s e s o d e r der N u t z u n g seines N a m e n s n i c h t einverstanden, k a n n sich a u c h der g e s e t z l i c h e V e r t r e t e r d a r ü b e r n i c h t h i n w e g s e t z e n . 1 6 9 E i n e D i s p o s i t i o n ü b e r die eigenen P e r s ö n l i c h k e i t s g ü t e r des ( e i n s i c h t s f ä h i g e n ) M i n d e r j ä h r i g e n gegen dessen W i l l e n ist auf diese W e i s e ausg e s c h l o s s e n . 1 7 0 Z u g l e i c h w i r d d a m i t der M a x i m e R e c h n u n g getragen, w i e sie in § 1 6 2 6 I I B G B a u s d r ü c k l i c h für die elterliche S o r g e n o r m i e r t ist, dass bei allen E n t s c h e i d u n g e n z u m W o h l e des M i n d e r j ä h r i g e n auf dessen w a c h s e n d e s B e d ü r f nis u n d V e r m ö g e n zu s e l b s t ä n d i g e m v e r a n t w o r t u n g s b e w u s s t e m H a n d e l n R ü c k s i c h t zu n e h m e n ist. In dem M a ß e , in d e m der M i n d e r j ä h r i g e für sich selbst V e r a n t w o r t u n g tragen kann, verliert eine E n t s c h e i d u n g s b e f u g n i s D r i t t e r ü b e r seine p e r s ö n l i c h e n U m s t ä n d e o h n e o d e r gar gegen seinen eigenen W i l l e n an N o t w e n digkeit und Rechtfertigung.171 G r u n d s ä t z l i c h bietet sich der A n s a t z einer D o p p e l z u s t ä n d i g k e i t a u c h für das D a t e n s c h u t z r e c h t an. 1 7 2 D a s b e s o n d e r e H e m m p o t e n t i a l , das mit dem G e f ü h l eines unfreiwilligen B e o b a c h t e t - und K o n t r o l l i e r t - W e r d e n s f ü r die eigene P e r s ö n -

168 Siehe Dasch, Einwilligung, S. 103; Dreier/Schulze, UrhG, §22 K U G Rdn.26; Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 154ff.; Ohly, Einwilligung, S.320ff. 169 Auch der B G H zeigt zumindest eine „gewisse Aufgeschlossenheit" für die Idee, Minderjährigen eine größere Eigenverantwortlichkeit auf Kosten der elterlichen Vertretungsmacht zuzugestehen; siehe B G H G R U R 1975, 561 („Nacktaufnahmen") und dazu die Anmerkung von Neubert a.a.O., 564. 170 Siehe schon Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 171: „[G]egen den Willen eines bereits herangereiften Kindes können wohl auch die Eltern über seine Persönlichkeitsgüter nicht verfügen." 171 Grundsätzlich zur Fremdnützigkeit elterlicher Sorge Coester, Kindeswohl, S. 209ff. 172 In diesem Sinne auch Ohly, Einwilligung, S.324; Tinnefeld/Ehmann/Gerling, Datenschutzrecht, S.318f.

276

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

l i c h k e i t s e n t f a l t u n g e i n h e r g e h e n k a n n , m a c h t es für den B e r e i c h der D a t e n v e r a r b e i t u n g in b e s o n d e r e m M a ß e n o t w e n d i g , d e m w a c h s e n d e n

Eigenständigkeits-

u n d S e l b s t v e r a n t w o r t u n g s b e w u s s t s e i n v o n K i n d e r n und J u g e n d l i c h e n a n g e m e s sen R e c h n u n g zu tragen. W o b e i sich hier j e d o c h n o c h viel m e h r als bei anderen P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n das P r o b l e m stellt, ab w e l c h e m A l t e r eine e n t s p r e c h e n d e E i n s i c h t s f ä h i g k e i t des b e t r o f f e n e n M i n d e r j ä h r i g e n a n g e n o m m e n w e r d e n k a n n . D i e R e g e l v e r m u t u n g i m S i n n e einer E i n s i c h t s f ä h i g k e i t ab V o l l e n d u n g des 14. L e b e n s j a h r e s , w i e sie in der p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e n L i t e r a t u r teils v o r g e s c h l a g e n w i r d , 1 7 3 k a n n der Vielgestaltigkeit der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n

Konfliktlagen

k a u m a n g e m e s s e n R e c h n u n g tragen. D i e M ö g l i c h k e i t e n u n d R i s i k e n m o d e r n e r D a t e n v e r a r b e i t u n g sind a u c h für E r w a c h s e n e o f t m a l s k a u m ü b e r s c h a u -

und

n a c h v o l l z i e h b a r . W e n n selbst der e r w a c h s e n e D u r c h s c h n i t t s v e r b r a u c h e r

den

k o m p l e x e n D a t e n v e r a r b e i t u n g s s y s t e m e n v o n S c h u f a u n d anderen „ b l a c k b o x e s " 1 7 4 w e i t g e h e n d hilf- u n d v e r s t ä n d n i s l o s g e g e n ü b e r s t e h t , ist im Z w e i f e l bei M i n d e r j ä h r i g e n a u c h n o c h n a c h V o l l e n d u n g des 14. L e b e n s j a h r e s v o n einer f e h l e n d e n E i n s i c h t s f ä h i g k e i t a u s z u g e h e n . U m g e k e h r t ist in anderen B e r e i c h e n (Sexualität, G e f ü h l s l e b e n u . ä . ) a n z u n e h m e n , dass sich K i n d e r u n d J u g e n d l i c h e s c h o n f r ü h e r als m i t 14 J a h r e n der B e d e u t u n g einer V e r t r a u l i c h k e i t ihrer D a t e n b e w u s s t sind u n d sie ein ganz klares u n d ausgeprägtes B e w u s s t s e i n dafür e n t w i c k e l t hab e n , w e l c h e A s p e k t e i h r e r P e r s ö n l i c h k e i t sie D r i t t e n ö f f n e n w o l l e n u n d w e l c h e nicht. I m E r g e b n i s b l e i b t es d a h e r bei einer gewissen R e c h t s u n s i c h e r h e i t , auf die a u c h die E i n f ü h r u n g b e s t i m m t e r R e g e l v e r m u t u n g e n k e i n e z u f r i e d e n s t e l l e n d e A n t w o r t liefern k a n n . D a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stellen bleibt insoweit n u r ü b r i g , sich im Z w e i f e l auch eines E i n v e r s t ä n d n i s s e s des M i n d e r j ä h r i g e n selbst zu v e r g e w i s sern, w e n n es u m die V e r a r b e i t u n g v o n dessen p e r s ö n l i c h e n D a t e n geht.

III. Die Einräumung von Datennutzungsrechten D i e bislang b e h a n d e l t e n F o r m e n einer einseitigen u n d einer schuldvertraglichen E i n w i l l i g u n g entfalten ihre R e c h t s w i r k u n g e n stets nur i n n e r h a l b der j e w e i l i g e n r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n B e z i e h u n g . Sie v e r s c h a f f e n d e m E i n w i l l i g u n g s e m p f ä n g e r eine L e g i t i m a t i o n f ü r die V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n zu eigenen o d e r zu f r e m d e n Z w e c k e n g e g e n ü b e r d e m E i n w i l l i g u n g s e r k l ä r e n d e n . E i n e R e c h t s p o sition, die der E i n w i l l i g u n g s e m p f ä n g e r a u c h g e g e n ü b e r D r i t t e n geltend m a c h e n k a n n , v e r s c h a f f e n beide E i n w i l l i g u n g s f o r m e n hingegen n i c h t . D e r E r h a l t einer s o l c h e n g e g e n s t ä n d l i c h e n R e c h t s p o s i t i o n w ü r d e v o r a u s s e t z e n , dass das R e c h t an den eigenen D a t e n n i c h t u n t r e n n b a r m i t s e i n e m jeweiligen T r ä g e r v e r b u n d e n ist, s o n d e r n dieser z u m i n d e s t gewisse A u s s c h n i t t e an seinem R e c h t im S i n n e einer 173 Vg'- Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 156; Ohly, Einwilligung, S. 320f.; siehe auch für das Datenschutzrecht Scbaffland/Wiltfang, BDSG, §4a Rdn.21. 174 Zur „Blackbox Schufa" siehe schon oben Teil 2 B II 1 a bb (Fn. 72).

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

277

k o n s t i t u t i v e n R e c h t s e i n r ä u m u n g auch D a t e n v e r a r b e i t e r n z u r A u s ü b u n g ü b e r l a s sen k a n n . 1 7 5 1. Datenverarbeiter

als

Datentreuhänder

I n w i e w e i t ü b e r h a u p t ein B e d ü r f n i s b e s t e h t , d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stellen a u c h eine g e g e n s t ä n d l i c h e R e c h t s p o s i t i o n e i n r ä u m e n zu k ö n n e n , hängt d a v o n ab, w e l c h e R o l l e D a t e n v e r a r b e i t e r in e i n e m k ü n f t i g e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n S y s t e m einn e h m e n w e r d e n . O b e n ist bereits dargelegt w o r d e n , w e s h a l b zentralen D a t e n v e r a r b e i t u n g s s y s t e m e n wie K r e d i t a u s k u n f t e i e n o d e r A d r e s s v e r l a g e n a u c h eine z e n trale d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e V e r a n t w o r t l i c h k e i t z u k o m m e n muss. E i n e effektive i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g ist n u r dann gewährleistet, w e n n ein E n t s c h e i d u n g s v o r r e c h t des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n d o r t a n s e t z t , w o es u m die eigentlich relevanten D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e geht, w o D a t e n ü b e r ihn z u s a m m e n g e f ü h r t , ausgewertet u n d an D r i t t e w e i t e r g e g e b e n w e r d e n . D i e zentralen D a t e n v e r a r b e i t u n g s s y s t e m e m ü s s e n deshalb a u c h die z e n t r a l e n A n s p r e c h p a r t n e r u n d V e r a n t w o r t l i c h e n g e g e n ü b e r d e m B e t r o f f e n e n sein u n d e b e n v o n diesem a u c h u n m i t t e l b a r z u r u m f a s s e n d e n D a t e n v e r a r b e i t u n g legitimiert w e r d e n . M i t dieser passiven V e r a n t w o r t l i c h k e i t k a n n a u c h eine aktive G e s t a l t u n g s r o l l e der v e r a n t w o r t l i c h e n Stellen v e r k n ü p f t w e r d e n . A m B e i s p i e l der sog. I n f o m e d i ä r e ist o b e n bereits angedeutet w o r d e n , w e l c h e F u n k t i o n e n z e n t r a l e D a t e n v e r a r b e i t u n g s i n s t i t u t i o n e n in e i n e m z u k ü n f t i g e n R e g e l u n g s r e g i m e e i n n e h m e n k ö n n e n . Sie sind n i c h t m e h r n u r b l o ß e D a t e n s a m m l e r u n d D a t e n n u t z e r , s o n d e r n zugleich aktive I n t e r e s s e n v e r t r e t e r des B e t r o f f e n e n - sie w e r d e n zu „ W ä c h t e r n , A g e n t e n u n d M a k l e r n der K u n d e n i n f o r m a t i o n e n " . 1 7 6 Statt auf der G r u n d l a g e g e s e t z l i c h e r E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e am B e t r o f f e n e n v o r b e i o d e r s o g a r gegen dessen I n t e r e s s e n D a t e n zu v e r a r b e i t e n , handeln sie im A u f t r a g des B e t r o f f e n e n u n d n e h m e n dessen d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e I n t e r e s s e n g e g e n ü b e r D r i t t e n wahr. A n d e r s als h e r k ö m m liche A d r e s s h ä n d l e r s a m m e l n sie n i c h t einfach p e r s o n e n b e z o g e n e I n f o r m a t i o n e n bei d r i t t e n Stellen ein, u m sie s o d a n n an a n d e r e Stellen w e i t e r z u g e b e n . V i e l m e h r e r h a l t e n sie die p e r s o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n v o m B e t r o f f e n e n selbst, u m sie n a c h M a ß g a b e seiner d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n P r ä f e r e n z e n zu n u t z e n u n d ihren W e r t in s e i n e m S i n n e zu m a x i m i e r e n . I n f o m e d i ä r e k ö n n e n in vielerlei W e i s e ihr W i s s e n u m den E i n z e l n e n zu dessen V o r t e i l n u t z e n : Sie k ö n n e n die A n o n y m i t ä t des B e t r o f f e n e n w a h r e n , i n d e m sie als dessen A g e n t e n i m w i r t s c h a f t l i c h e n V e r -

175 Der Begriff der Einräumung ist gegenüber dem der Übertragung im datenschutzrechtlichen Kontext deshalb vorzugswürdig, weil er deutlicher zum Ausdruck bringt, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht in seinem Kern stets beim Betroffenen bleibt und lediglich einzelne Nutzungsrechte aus diesem umfassenden Recht ausgegliedert und einem Dritten zur Verfügung gestellt werden können; siehe zum Persönlichkeitsrecht Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 279 (Der „Begriff der .Übertragung' [sollte] auf Verfügungsvorgänge beschränkt bleiben, durch die ein voller Wechsel der Rechtsinhaberschaft herbeigeführt wird."). 176 Hagel/Singer, Net Value, S. 37.

278

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

k e h r agieren u n d g e m ä ß s e i n e m I n t e r e s s e n p r o f i l nach A n g e b o t e n suchen u n d gegebenenfalls auch G e s c h ä f t e für ihn a b w i c k e l n . Sie k ö n n e n als eine A r t W e r b e f i l ter dafür s o r g e n , dass n u r s o l c h e M a r k e t i n g b e m ü h u n g e n D r i t t e r z u m B e t r o f f e nen d u r c h d r i n g e n , die seinen I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e n e n t s p r e c h e n . U n d sie k ö n nen als I d e n t i f i k a t i o n s - D i e n s t e dafür s o r g e n , dass P e r s o n e n , die zur P r e i s g a b e ihrer I d e n t i t ä t g e g e n ü b e r b e s t i m m t e n Stellen bereit sind, f ü r diese B e r e i t s c h a f t einen w i r t s c h a f t l i c h e n G e g e n w e r t e r h a l t e n . 1 7 7 Ä h n l i c h w i e den V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n im U r h e b e r r e c h t k o m m t daher auch den I n f o m e d i ä r e n i m D a t e n s c h u t z r e c h t eine t r e u h ä n d e r i s c h e

Funktion

z u . 1 7 8 Sie w a h r e n die R e c h t e d e r B e t r o f f e n e n , v o n d e n e n sie ihren A u f t r a g z u r D a t e n v e r a r b e i t u n g erhalten u n d tragen d a f ü r S o r g e , dass die B e t r o f f e n e n f ü r eine N u t z u n g ihrer D a t e n durch Dritte angemessen entlohnt werden.179 Die D o m ä n e der I n f o m e d i ä r e

ist die D a t e n v e r a r b e i t u n g

im Marketingbereich.

Daneben

k o m m t das M o d e l l einer t r e u h ä n d e r i s c h e n R e c h t e w a h r n e h m u n g aber auch n o c h für einen w e i t e r e n z e n t r a l e n B e r e i c h privater D a t e n v e r a r b e i t u n g in B e t r a c h t : das C r e d i t R e p o r t i n g . A u c h K r e d i t a u s k u n f t e i e n k ö n n e n nach d e m hier v e r t r e t e n e n A n s a t z z u m K r e i s der D a t e n t r e u h ä n d e r gezählt w e r d e n . Sie erfüllen ihre A u f g a b e , für T r a n s p a r e n z i m G e s c h ä f t s v e r k e h r zu s o r g e n , n i c h t am B e t r o f f e n e n v o r b e i , s o n d e r n m i t dessen E i n v e r s t ä n d n i s u n d in dessen I n t e r e s s e . Sie zeichnen e r g e b n i s o f f e n ein vollständiges B i l d v o m B e t r o f f e n e n a u c h in all seinen positiven F a c e t t e n u n d v e r s c h a f f e n so d e m B e t r o f f e n e n die E i n t r i t t s k a r t e f ü r seine T e i l n a h m e am k r e d i t b a s i e r t e n G e s c h ä f t s v e r k e h r . 1 8 0 E b e n aus d i e s e m G r u n d räumt ihnen der e i n z e l n e B e t r o f f e n e a u c h das R e c h t ein, dass sie seine D a t e n bei anderen Stellen erheben, zusammenführen, auswerten und weitergeben. A u s k u n f t e i e n , I n f o m e d i ä r e u n d v e r g l e i c h b a r e D a t e n v e r a r b e i t e r agieren in ein e m k ü n f t i g e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n R e g e l u n g s m o d e l l s o m i t nicht als a u ß e n s t e h e n d e I n s t i t u t i o n e n , s o n d e r n als t r e u h ä n d e r i s c h e V e r w a l t e r der ihnen a n v e r trauten p e r s o n e n b e z o g e n e n I n f o r m a t i o n e n . A l s V e r m i t t l u n g s i n s t a n z e n z w i s c h e n B e t r o f f e n e n u n d D a t e n i n t e r e s s e n t e n n e h m e n sie die ihnen e i n g e r ä u m t e n B e f u g Siehe zu all diesen Diensten Hagel/Singer, Net Value, S.50ff. Zu Infomediären als Datentreuhändern siehe Roßnagel, Marktwirtschaftlicher Datenschutz, S. 137; siehe auch Internationale Arbeitsgruppe Telekommunikation, Gemeinsamer Standpunkt zu Infomediaries, S. 1. Bislang hat der Begriff des „Datentreuhänders" vor allem in einem ganz bestimmten datenschutzrechtlichen Kontext Verwendung gefunden: als organisatorisches Modell, um forschenden Stellen einen Zugang zu personenbezogenen Daten zu ermöglichen. Mit Hilfe des Datentreuhänders sollen der Forschung anonymisiert personenbezogene Daten zur Verfügung gestellt werden können. Der Datentreuhänder wird als vertrauenswürdiger und unabhängiger Dritter zwischengeschaltet, der personenbezogene Daten sammelt, anonymisiert und an die forschenden Stellen weiter übermittelt; siehe ausführlich Bizer, DuD 1999, 392 (393 ff.). 177

178

179 In diesem Sinne zur entsprechenden Treuhandfunktion der Verwertungsgesellschaften im Urheberrecht Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, §6 UrhWG Rdn.3. 180 Anders als Warn- und Hinweisdienste, die sich auf den Ausschluss „schwarzer Schafe" von der Teilnahme am Geschäftsverkehr konzentrieren.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

279

nisse nicht nur im Verhältnis zu den Betroffenen selbst wahr, sondern auch gegenüber Dritten. Sie üben positive Benutzungsrechte und negative Verbotsrechte aus, wenn sie Dritten gegenüber bestimmen, welche Daten diese in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen nutzen dürfen und wenn sie kontrollieren, ob die jeweiligen Grenzen einer Datenverarbeitung auch tatsächlich gewahrt werden. Ihre Rechtsstellung geht zwar nicht so weit, dass sie wie im Falle der fremdnützigen Verwaltungstreuhand des Sachenrechts als Vollrechtsinhaber einzuordnen wären. 181 Sie nehmen jedoch eine Rechtsposition ein, die jedenfalls über die einer bloßen schuldrechtlichen Berechtigung im Verhältnis zum Betroffenen hinausgeht und auch eine dingliche Wirkung gegenüber Dritten entfaltet. Dies wiederum setzt voraus, dass aus dem Recht des Einzelnen an seinen Daten zumindest gewisse Nutzungsrechte an diesen Daten ausgegliedert und mit dinglicher Wirkung eingeräumt werden können. 2. Zulässigkeit

einer

Rechtseinräumung?

O b neben dem obligatorischen Gewährenlassen einer Datenverarbeitung mit bloßer Wirkung inter partes auch eine (konstitutive) Einräumung bestimmter Datennutzungsrechte mit (gegenständlicher, dinglicher oder quasidinglicher) Wirkung gegenüber Dritten in Betracht kommt, 1 8 2 ist für das Datenschutzrecht bislang nur ganz vereinzelt problematisiert worden. 183 Von einer gewissen Ubertragbarkeit oder Ablösbarkeit datenschutzrechtlicher Befugnisse gehen zumindest diejenigen aus, die informationelle Selbstbestimmung als ein Eigentumsrecht oder eigentumsähnliches Verfügungsrecht verstehen wollen. 184 Für diejenigen hingegen, die schon einem subjektiven Recht an den eigenen Daten skeptisch gegenüberstehen und die jedwede Form eines „privatistischen" Herrschafts-, Verfügungs- oder Abwehrrechts mit Verweis auf die kommunikative und demokratische Relevanz informationeller Selbstbestimmung ablehnen, 185 scheidet selbstredend auch jegliche Form einer Ubertragbarkeit oder Ablösbarkeit datenschutzrechtlicher Befugnisse aus. Im Ausgangspunkt bietet sich für eine Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Einräumung von Datennutzungsrechten ein Rückgriff auf die allgemeine persönlichkeitsrechtliche Diskussion an. Zwar können deren Erwägungen mit Blick auf besagte kommuni181 Vgl. Schuck, Urheberrecht, Rdn.564 (zur treuhänderischen Ausübung fremder Persönlichkeitsrechte). 182 Gewissermaßen - in Anlehnung an die urheberrechtliche Terminologie - als Abspaltung bestimmter „Tochterrechte" vom „Mutterrecht" auf informationelle Selbstbestimmung; vgl. für das Urheberrecht Schricker in ders., Urheberrecht, Vor §§28ff. Rdn.43ff. 183 Siehe vor allem Weichen, Private Daten, S. 283 ff. 184 Siehe insbesondere Kilian, C R 2002, 921(925ff.); ders., Europäisches Wirtschaftsrecht, Rdn. 1004ff.; Ladeur, DuD 2000, 12 (18f.). 185 Siehe insbesondere Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), 513 (520ff.); Simitis in ders., B D S G , Einl. Rdn.25f. und §1 Rdn.38ff.; Trute in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap.2.5 Rdn. 21 f.; siehe zum Ganzen schon oben A I 2.

280

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

kative und d e m o k r a t i s c h e R e l e v a n z i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g n i c h t u n b e s e h e n für die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e D i s k u s s i o n ü b e r n o m m e n w e r d e n . G l e i c h w o h l ist die R e c h t s - und I n t e r e s s e n l a g e s c h o n a u f g r u n d der p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t lichen B e g r ü n d u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g w e i t g e h e n d vergleichbar.

a) Die Ubertragbarkeit

von

Persönlichkeitsrechten

D i e V o r s t e l l u n g , dass P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n i c h t pauschal als h ö c h s t p e r s ö n l i c h e i n z u o r d n e n sind, s o n d e r n z u m i n d e s t gewisse A s p e k t e des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s d u r c h a u s a u c h a b t r e n n b a r sein k ö n n e n , ist n i c h t neu. S c h o n H u b m a n n , e i n e r der „ V ä t e r des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s " 1 8 6 , hat sich gegen eine s c h e m a t i s c h e E i n o r d n u n g des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s als u n ü b e r t r a g b a r a u s g e s p r o c h e n . D a s L e b e n bestehe n i c h t aus s c h a r f e n G r e n z e n , s o n d e r n aus U b e r g ä n g e n : „ D i e I n t e r e s s e n der P e r s o n sitzen ihr teils d i c h t auf dem L e i b e , teils verlaufen sie langsam in u n e n d l i c h e F e r n e n . " 1 8 7 I m m e r w i e d e r finden sich in der r e c h t s p o l i t i s c h e n D i s k u s s i o n V o r s c h l ä g e im S i n n e einer U b e r t r a g b a r k e i t gewisser P e r s ö n l i c h k e i t s b e s t a n d t e i l e , in erster L i n i e z u m Z w e c k e einer m a r k t k o n f o r m e r e n A u s g e s t a l t u n g des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s v o r d e m H i n t e r g r u n d dessen z u n e h m e n d e r w i r t s c h a f t l i c h e r R e l e vanz. D e r K a t a l o g an V o r s c h l ä g e n für eine U b e r t r a g b a r k e i t p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t licher B e s t a n d t e i l e ist breit gefächert. D i e R e d e ist v o n „ i m m a t e r i a l g ü t e r f ä h i g e n P e r s ö n l i c h k e i t s s p l i t t e r n " 1 8 8 , v o n „materialisierten P e r s ö n l i c h k e i t s d e t a i l s " 1 8 9 und v o n ü b e r t r a g b a r e n P e r s ö n l i c h k e i t s g ü t e r r e c h t e n an den „ a u ß e r h a l b der P e r s o n lieg e n d e n e i g e n p e r s ö n l i c h e n G e g e n s t ä n d e n " 1 9 0 . F o r k e l plädiert f ü r die Zulässigkeit einer k o n s t i t u t i v e n Ü b e r t r a g u n g v e r s e l b s t ä n d i g t e r P e r s ö n l i c h k e i t s g ü t e r , 1 9 1 G o t ting für eine A n l e h n u n g an das U r h e b e r r e c h t mit seiner M ö g l i c h k e i t einer E i n r ä u m u n g v o n a u s s c h l i e ß l i c h e n o d e r e i n f a c h e n N u t z u n g s r e c h t e n 1 9 2 und nach O h ly steht auch für p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e D i s p o s i t i o n e n g r u n d s ä t z l i c h die ge-

186

Forkel, NJW 1993, 3181.

Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 132f. 18« f r e i t a g ^ Kommerzialisierung, S. 164ff.; siehe a.a.O., S. 165: „Angesichts der tatsächlichen Vermarktungssituation ist es an der Zeit, die Persönlichkeitssplitter Darbietung, Bildnis und Namen, die ihrer Natur nach ebenso immaterialgüterfähig sind wie das Urheberrecht, wirtschaftlich so auszugestalten, dass deren Rechtsträger über sie verfügen und dem Erwerber eigene (Nutzungs-)Rechte zuwenden kann." 187

189 Ulimann, AfP 1999, 209 (210); Koos, G R U R 2004, 808 (811); siehe zu dieser Begriffsbildung schon Schlechtriem, Bereicherung aus fremdem Persönlichkeitsrecht, S. 454. 190 Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsgüterrechte, S. 22; Beuthien und Schmölz zählen zu diesen eigenpersönlichen Gegenständen nicht nur Name oder Bild, sondern auch Daten mit nahem Persönlichkeitsbezug (a.a.O.); für eine Anerkennung immaterialgüterrechtsähnlicher Persönlichkeitsgüterrechte auch Ehmann in Erman, B G B , Anh § 12 Rdn.242. 191 Siehe Forkel, N J W 1993,3181 (3182) gegen B G H N J W 1993, 918 (919) - Universitätsemblem (Namensrechte selbstständig nicht mit dinglicher Wirkung übertragbar; zustimmend Köhler, Namensrecht und Firmenrecht, S.501); für die Konzeption einer konstitutiven Rechtseinräumung siehe auch Lausen, Z U M 1997, 86 (92f.); Wandtke, G R U R 2000, 942 (949). 192

Gotting,

Persönlichkeitsrechte, S.279.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

281

samte Stufenleiter der Gestattungen einschließlich einer konstitutiven Rechtsübertragung zur Verfügung. 193 Vorschub erhalten die Forderungen nach einer zumindest ausschnittweisen Ubertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten auch durch die Marlene DietrichEntscheidung des B G H . 1 9 4 Explizit hat der Gerichtshof in dieser Entscheidung zwar nur im Sinne einer Vererblichkeit der Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts entschieden, nicht aber auch im Sinne einer Ubertragbarkeit unter Lebenden. Gleichwohl lässt sich seiner Argumentation jedenfalls eine gewisse Offenheit dafür entnehmen, auch eine Ubertragbarkeit inter vivos anzunehmen. In einigen Entscheidungen sei bereits angedeutet worden, dass der Grundsatz der Unübertragbarkeit nicht notwendig für alle Bestandteile des Persönlichkeitsrechts gelte. Eine Reihe von Gesichtspunkten spreche dafür, dass die Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nicht in derselben Weise unauflöslich an die Person ihres Trägers gebunden sind wie der Teil des Persönlichkeitsrechts, der dem Schutz ideeller Interessen dient. In der Literatur ist die Entscheidung des B G H überwiegend auf Zustimmung gestoßen - gerade auch im Hinblick auf den Schritt hin zu einer weiteren Anerkennung der Ubertragbarkeit vermögenswerter Persönlichkeitselemente. 195 Und auch die Rechtsprechung tendiert mit Verweis auf die Entscheidung Marlene Dietrich offensichtlich dazu, eine Übertragbarkeit vermögenswerter Bestandteile des Persönlichkeitsrechts inter vivos zu bejahen. 196 b) Translative

Rechtsübertragung

und konstitutive

Rechtseinräumung

Andererseits gibt es in der persönlichkeitsrechtlichen Diskussion auch Stimmen, die sich nachdrücklich gegen eine Ubertragbarkeit des Persönlichkeitsrechts aussprechen. In letzter Konsequenz richte sich eine Ubertragbarkeit gegen den Einzelnen selbst, sie mache dessen Persönlichkeit für Dritte verfügbar 197 und gefähr193 Ohly, Einwilligung, S. 147ff.; siehe insb. S. 165: „Da auch Persönlichkeitsrechte im Grundsatz Gegenstand echter Lizenzen oder Nutzungsrechte sein können, besteht für die Rechtswissenschaft die Aufgabe, in Analogie zum Urheberrecht ein eigenes Persönlichkeitsvertragsrecht zu entwickeln." 194 B G H Z 143, 214 - Marlene Dietrich. 195 Siehe schon oben A II 2 b (Fn. 75); siehe auch Ehmann in Erman, BGB, Anh § 12 Rdn. 265: Anerkennung einer Übertragbarkeit der Vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als „logisch zwingende Folge" der Marlene Dietrich-Entscheidung. Im selben Sinne Ulimann, WRP 2000, 1049 (1052): „Ohne eine rechtliche Verselbständigung der Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts gibt es keine Vererblichkeit... Die Signale stehen also auf Verdinglichung der Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts unter Lebenden, auf Ubertragbarkeit und Lizenzierbarkeit." 196 Siehe O L G Hamburg, MMR 2004,413 (414): „Es kann auch dahinstehen, ob eine Übertragung der Vermögenswerten Bestandteile des Rechts am eigenen Bild oder am eigenen Namen unter Lebenden zulässig und wirksam ist, wofür jedenfalls spricht, dass diese Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als vererblich angesehen werden" (Hervorhebung durch d. Verf.). 197 Siehe insb. Schuck, Urheberrecht, Rdn. 51; ders., JZ 2000, 1060 (1062).

282

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

de die Individualität des E i n z e l n e n . 1 9 8 Z u t r e f f e n d w ä r e n diese B e d e n k e n o h n e Z w e i f e l d a n n , w e n n sich der E i n z e l n e seines P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s s c h l e c h t h i n im S i n n e einer translativen Ü b e r t r a g u n g entledigen k ö n n t e , i n d e m er seine R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t r ü c k h a l t l o s aufgibt. W e n i g e r stichhaltig sind die B e d e n k e n h i n g e gen, w e n n es u m eine b e s c h r ä n k t e R e c h t s e i n r ä u m u n g im S i n n e einer k o n s t i t u t i ven Ü b e r t r a g u n g g e h t . 1 9 9 D e r E i n z e l n e gibt bei der k o n s t i t u t i v e n R e c h t s ü b e r t r a gung sein P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t als s o l c h e s gerade n i c h t auf. A l s M u t t e r r e c h t bleibt das P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t b e i m Ü b e r t r a g e n d e n e r h a l t e n . 2 0 0 D e r E r w e r b e r erhält lediglich gewisse T e i l b e f u g n i s s e e i n g e r ä u m t , die n a c h A r t u n d U m f a n g d u r c h den Z w e c k b e g r e n z t sind, d e n die B e t e i l i g t e n mit der R e c h t s e i n r ä u m u n g verfolgen. D e r u r h e b e r r e c h t l i c h e G r u n d s a t z , dass i m Z w e i f e l k e i n e w e i t e r g e h e n d e n R e c h t e ü b e r t r a g e n w e r d e n , als es der jeweilige Z w e c k der V e r f ü g u n g e r f o r d e r t , 2 0 1 bietet sich als R e g e l auch für die E i n r ä u m u n g p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e r

Befugnisse

a n . 2 0 2 A u c h D a t e n n u t z u n g s r e c h t e h a b e n s o m i t die T e n d e n z , „so w e i t wie m ö g l i c h bei i h r e m u r s p r ü n g l i c h e n I n h a b e r zu v e r b l e i b e n " . 2 0 3 D i e G e f a h r e n eines Individualitätsverlusts o d e r einer V e r f ü g b a r k e i t für D r i t t e s c h e i n e n bei s o l c h einer b e g r e n z t e n k o n s t i t u t i v e n R e c h t s e i n r ä u m u n g allenfalls gering. I m G e g e n t e i l : D e r E i n z e l n e m a g V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n

bestimmte

V e r m ö g e n s w e r t e A u s s c h n i t t e seines P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s gerade z u m Z w e c k eines b e s s e r e n S c h u t z e s seiner P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e e i n r ä u m e n , weil er selbst diese m a n g e l s E r f a h r u n g o d e r a u f g r u n d der U n ü b e r s c h a u b a r k e i t p o t e n t i e l l e r E i n g r i f f e n i c h t effektiv s c h ü t z e n k a n n . 2 0 4 W e n n d a h e r g l e i c h w o h l eine Ü b e r t r a g b a r k e i t v o n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t e n prinzipiell a b g e l e h n t w i r d , o h n e nach A r t u n d U m f a n g der R e c h t s ü b e r t r a g u n g zu d i f f e r e n z i e r e n , d ü r f t e dies in erster L i n i e auf allgemeine V o r b e h a l t e g e g e n ü b e r einer K o m m e r z i a l i s i e r u n g

persönlichkeitsrechtlicher

B e f u g n i s s e z u r ü c k z u f ü h r e n s e i n . 2 0 5 I m Z e n t r u m der K r i t i k stehen die „ U n s i t t e n totaler V e r m a r k t u n g " 2 0 6

u n d der „Zeitgeist einer g r ö ß t m ö g l i c h e n

Vermark-

Eingehend Peifer, Individualität, S. 291 ff. Siehe auch Forkel, NJW 1993, 3181 (3182): „Nach unserem Recht muss mit der Unzulässigkeit der unbeschränkten keineswegs die Unzulässigkeit jeder beschränkten Übertragung einhergehen." 2 0 0 Zur translativen und konstitutiven Übertragung bei Persönlichkeitsrechten siehe Forkel, NJW 1993,3181 (3182); kritisch zu diesem Begriffspaar ders., Gebundene Rechtsübertragungen, S. 44ff. 201 Sog. Zweckübertragungsregel (§31 V UrhG); siehe schon Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 217; B G H G R U R 1984,119 (121) - Synchronisationssprecher; G R U R 1996,121 (122) Pauschale Rechtseinräumung; G R U R 2003, 234 (236) - E R O C III. Zur Geltung dieser Regel auch für den gewerblichen Rechtsschutz Ulimann in Benkard, Patentgesetz, § 15 Rdn. 13. 2 0 2 In diesem Sinne auch Freitag, Kommerzialisierung, S. 173; Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 280; Ohly, Einwilligung, S. 160. 2 0 3 B G H G R U R 1979, 637 (639) - White Christmas. 204 Siehe sogleich III 2 c. 2 0 5 Siehe etwa Peifer, Individualität, S.291 ff.; ders., G R U R 2002, 496 (498f.). 206 Schuck, AcP 195 (1995), 594 (600). 198

199

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

283

t u n g " 2 0 7 . D i e E n t s c h e i d u n g für eine Ü b e r t r a g b a r k e i t p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e r B e f u g n i s s e w i r d v o n dieser K r i t i k in erster L i n i e d e s h a l b m i t erfasst, weil die R e c h t s ü b e r t r a g u n g ein n o t w e n d i g e s I n s t r u m e n t dieser K o m m e r z i a l i s i e r u n g ist. Sie e r m ö g l i c h t V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n d e n E r h a l t einer gesicherten R e c h t s p o sition u n d f ö r d e r t damit deren T ä t i g k e i t einer k o m m e r z i e l l e n R e c h t e v e r w e r t u n g . U m s t r i t t e n ist s o m i t die g r u n d s ä t z l i c h e U b e r z e u g u n g , die h i n t e r der Z u l a s s u n g einer s o l c h e n Ü b e r t r a g b a r k e i t steht: D e r A b s c h i e d v o n e i n e m rein ideell v e r s t a n d e n e n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t u n d die prinzipielle O f f e n h e i t g e g e n ü b e r einer k o m m e r z i e l l e n V e r w e r t u n g p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e r B e f u g n i s s e . D a s s eine s o l c h e O f f e n h e i t g e g e n ü b e r einer K o m m e r z i a l i s i e r u n g j e d o c h a u c h im d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n B e r e i c h k e i n e n g r u n d s ä t z l i c h e n V o r b e h a l t e n b e g e g n e t , ist bereits d a r gelegt w o r d e n . 2 0 8 c) Ein Weniger

an

Verfügbarkeit

D i e M ö g l i c h k e i t einer k o n s t i t u t i v e n E i n r ä u m u n g b e s t i m m t e r A u s s c h n i t t e des R e c h t s an d e n eigenen D a t e n ist gerade deshalb zu b e j a h e n , weil sie d e n B e t r o f f e nen f ü r die A l l g e m e i n h e i t n i c h t mehr, s o n d e r n w e n i g e r „ v e r f ü g b a r " m a c h t . W e n n der B e t r o f f e n e selbst mangels E r f a h r u n g u n d a u f g r u n d der U n ü b e r s c h a u b a r k e i t p o t e n t i e l l e r D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e die W a h r u n g seines i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s n i c h t effektiv k o n t r o l l i e r e n k a n n , ist es in erster L i n i e in s e i n e m eigenen Interesse, w e n n er eine e r f a h r e n e u n d p r o f e s s i o n e l l e P e r s o n o d e r I n s t i t u t i o n a u s w ä h l e n k a n n , der er eine klar a b g e g r e n z t e R e c h t s p o s i t i o n e i n r ä u m t und die seine I n t e r e s s e n im R a h m e n eines klar f o r m u l i e r t e n R e c h t e - u n d P f l i c h t e n k a t a l o g s w a h r n i m m t . 2 0 9 D i e I n t e r e s s e n k o n s t e l l a t i o n ist i n s o w e i t m i t der des U r h e b e r r e c h t s vergleichbar, w o der U r h e b e r a u f g r u n d der V i e l z a h l p o t e n t i e l l e r V e r w e r t u n g s v o r g ä n g e u n d m ö g l i c h e r R e c h t s v e r l e t z u n g e n ebenfalls auf die I n a n s p r u c h n a h m e v o n V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n a n g e w i e s e n ist, d e n e n er z u r e f f e k tiven W a h r u n g seiner R e c h t e e n t s p r e c h e n d e N u t z u n g s - u n d E i n w i l l i g u n g s b e f u g nisse e i n r ä u m t . 2 1 0 E i n m ö g l i c h e r I n t e r e s s e n k o n f l i k t b e s t e h t hier wie d o r t n i c h t z w i s c h e n R e c h t s i n h a b e r u n d der v o n i h m mit der R e c h t s p o s i t i o n a n v e r t r a u t e n Institution, sondern zwischen Betroffenem und anderen außenstehenden Verw e r t u n g s i n t e r e s s e n t e n . H i e r wie d o r t ist es d a h e r n o t w e n d i g , dass diese I n s t i t u t i on m i t verlässlichen R e c h t s p o s i t i o n e n ausgestattet w i r d , die einen „ e i n i g e r m a ß e n

Schuck, J Z 2000, 1060 (1062). Siehe oben Teil2 (B III). 209 Vergleiche Forkel, G R U R 1988, 491 (492f. und 497): Erleichterung der „Arbeitsteilung", wenn der Einzelne einem Partner eine verlässliche Rechtsposition an seinem Persönlichkeitsrecht einräumen kann; ders., NJW 1993,3181 (3182): „Bedürfnisse der Rechtsinhaber, arbeitsteilig mit anderen die geistigen Güter umfassend verwenden zu können"; ebenso Ernst-Moll, G R U R 1996, 558 (561). 2 1 0 Für das Urheberrecht Rehbinder, Urheberrecht, Rn.304, 319 (bzgl. Urheberpersönlichkeitsrecht). 207

208

284

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

gesicherten Stand" 211 haben. Sie muss selbst in der Lage sein, diese Positionen im Verhältnis zu Dritten positiv zu verwerten, und sie muss diese Positionen gegenüber Eingriffen Dritter aus eigenem Recht verteidigen können. 212 Das Ziel eines effizienten Datenschutzes spricht somit nicht gegen, sondern für eine gewisse Verkehrsfähigkeit des Rechts an den eigenen Daten. Eine solche Verkehrsfähigkeit macht den Betroffenen im Ergebnis nicht mehr, sondern weniger verfügbar. d) Vermeintliche

Alternativen

Zwar sind auch rechtliche Konstruktionen denkbar, die formal ein Dogma der Unübertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten wahren und trotzdem dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, anderen Institutionen die Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber Dritten anzuvertrauen. Uberzeugend sind diese Alternativen jedoch nicht. So wäre es zwar denkbar, Datentreuhändern einen rechtlichen Handlungsspielraum gegenüber Dritten dadurch zu eröffnen, dass sie vom Betroffenen die Ermächtigung oder Vollmacht zur Erteilung einer datenschutzrechtlichen Einwilligung gegenüber Dritten erhalten oder dass sie ihre eigene aus einer Einwilligung resultierende Befugnis zur Datenverarbeitung auch auf Dritte übertragen dürfen. 213 U n d was die selbständige Geltendmachung von Abwehransprüchen durch Datentreuhänder angeht, könnten letztere auf die aus § 185 BGB abgeleitete Rechtsfigur der Ermächtigung zu verfügungsähnlichen Handlungen und auf deren prozessuales Pendant der gewillkürten Prozessstandschaft verwiesen werden. 214 Letztlich bleiben aber all diese Alternativvorschläge eine Begründung schuldig, warum insoweit die Höchstpersönlichkeit der Rechtsposition des Betroffenen auf einmal keine Rolle mehr spielen soll. N i m m t man die Unauflösbarkeit von Persönlichkeitsrecht und Rechtsträger ernst, bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, warum diese Unauflösbarkeit keine Berücksichtigung findet, wenn es um die Ermächtigung und Bevollmächtigung zur Ausübung dieses höchstpersönlichen Rechts geht bzw. um die Übertragbarkeit der aus diesem Recht fließenden Befugnisse. Grundsätzlich setzen sowohl die materiellrechtliche Ermächtigung zur Geltendmachung eines Rechts als auch die Rechtsverfolgung im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft voraus, dass das zugrundeliegende Recht übertragbar und nicht höchstpersönlich ist. 215 Dass es die Praxis mit dieser Vo-

211

Forkel, G R U R 1988, 491 (493). Vgl. Forkel a.a.O. 2,3 Vgl. Dasch, Einwilligung, S. 89ff. (für die Einwilligungserteilung durch Dritte zu einem Eingriff in das Recht am eigenen Bild); siehe auch Gotting, Persönlichkeitsrechte, S. 1 6 2 f f H e l l e , A f P 1985, 93 (99). 214 Siehe (allgemein zur A u s ü b u n g von Persönlichkeitsrechten) Schuck, Urheberrecht Rdn.564; siehe auch Peifer, Individualität, S.318. 215 Siehe zur materiellrechtlichen Einziehungsermächtigung B G H N J W 1969, 1110; Grüneberg in Palandt, BGB, §398 R d n . 3 4 ; Rohe in Bamberger/Roth, BGB, §398 Rdn.72; zur gewill212

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

285

r a u s s e t z u n g „nicht so genau n i m m t " u n d sich s t i l l s c h w e i g e n d d a r ü b e r h i n w e g s e t z t , 2 1 6 k a n n den gerade dargestellten, v e r m e i n t l i c h p e r s ö n l i c h k e i t s s e n s i b l e r e n L ö s u n g s a n s ä t z e n k a u m zusätzliches a r g u m e n t a t i v e s G e w i c h t verleihen. E s liegt v i e l m e h r die S c h l u s s f o l g e r u n g nahe, dass sich das D o g m a der U n ü b e r t r a g b a r k e i t p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e r B e f u g n i s s e o f f e n s i c h t l i c h n i c h t m i t den p r a k t i s c h e n B e d ü r f n i s s e n des R e c h t s v e r k e h r s v e r e i n b a r e n lässt u n d sich l e t z t e r e auf die eine o d e r andere Weise d o c h ihren W e g zu einer A n e r k e n n u n g b a h n e n . 2 1 7 E s ist dann aber konsequenter und dogmatisch überzeugender, unmittelbar beim Grundsatz der

Unübertragbarkeit

von

Persönlichkeitsrechten

anzusetzen

und

diesen

G r u n d s a t z e n t s p r e c h e n d a u f z u l o c k e r n , statt auf „ V e r l e g e n h e i t s l ö s u n g e n " 2 1 8 ausz u w e i c h e n , die z w a r f o r m a l die U n ü b e r t r a g b a r k e i t u n a n g e t a s t e t lassen, der S a c h e n a c h aber d o c h auf eine gewisse V e r d i n g l i c h u n g der R e c h t s p o s i t i o n der R e c h t e verwerter abzielen.219 3. Rechte

und Pflichten

des

Datentreuhänders

D i e Idee eines D a t e n t r e u h ä n d e r s , der i h m e i n g e r ä u m t e D a t e n n u t z u n g s r e c h t e im I n t e r e s s e des B e t r o f f e n e n g e g e n ü b e r D r i t t e n w a h r n i m m t , hat in der b i s h e r i g e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n D i s k u s s i o n n u r w e n i g B e a c h t u n g g e f u n d e n . 2 2 0 W i e dessen r e c h t l i c h e r Status im E i n z e l n e n a u s z u g e s t a l t e n ist, ist n o c h w e i t g e h e n d o f f e n . E i n z e l n e , allgemein gehaltene V o r s c h l ä g e finden sich lediglich für das M o d e l l des I n f o m e d i ä r s . D i e V o r s c h l ä g e b e t r e f f e n F r a g e n der H a f t u n g bei unzulässiger D a t e n v e r a r b e i t u n g , den S c h u t z v o r staatlichen I n f o r m a t i o n s z u g r i f f e n u n d die B e d i n g u n g e n für eine E r s t e l l u n g v o n N u t z e r p r o f i l e n . 2 2 1 D e r K l ä r u n g s b e d a r f b e s c h r ä n k t sich j e d o c h n i c h t auf diese u n d ä h n l i c h e E i n z e l f r a g e n . E s geht v i e l m e h r

kürten Prozessstandschaft siehe B G H G R U R 1983, 379 (381) - Geldmafiosi; B G H Z 107, 384 (389) - Emil Nolde. 2 1 6 So Schuck, Urheberrecht, Rdn. 564 und 725. 2 1 7 Vgl. Helle, RabelsZ 60 (1996), 448 (470): „Daher ist der Eindruck verständlich, die Judikatur nähere sich mit kleinen und zögernden Schritten faktisch der von ihr in abstracto noch perhorreszierten dinglichen Lizenz". 2 1 8 Siehe Ohly, Einwilligung, S. 160. 2 1 9 Vgl. auch die Kritik an solchen Alternativlösungen bei Peifer, Individualität, S. 320: „Die übertragbare Einwilligung bezweckt, das Fehlen einer Lizenz zu kompensieren, denn sie soll genau wie diese wirken. Der Empfänger soll eine dingliche Rechtsposition erhalten, die ihm nicht nur eine positives Nutzungsrecht, sondern auch eine eigene dingliche Abwehrstellung gibt." Peifer verweist allerdings trotz Ablehnung aller dinglich wirkenden Vereinbarungen über das Persönlichkeitsrecht auf die Alternative der gewillkürten Prozessstandschaft (a.a.O., S.318) - eine Alternative, die nach Helle, AfP 1985, 93 (99) gerade deshalb nicht in Betracht kommen kann, weil sie zu einer „Verdinglichung" der nur schuldrechtlich begründeten Rechtsposition des Rechteverwerters führen würde. 2 2 0 Erwähnt wird die Idee bei Roßnagel, Marktwirtschaftlicher Datenschutz, S. 137; siehe auch Internationale Arbeitsgruppe Telekommunikation, Gemeinsamer Standpunkt zu Infomediaries, S. 1. 2 2 1 Siehe die Empfehlungen der Internationalen Arbeitsgruppe Telekommunikation (Gemeinsamer Standpunkt zu Infomediaries, S. 3); siehe auch Hagel/Singer, Net Value, S.244ff.

286

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

z u n ä c h s t d a r u m , die g r u n d s ä t z l i c h e R e c h t e - u n d P f l i c h t e n s t r u k t u r z w i s c h e n den verschiedenen Beteiligten (Datentreuhänder, Betroffene, Dritte) herauszuarbeiten. A l s ein erster A n s a t z - u n d O r i e n t i e r u n g s p u n k t bietet sich h i e r b e i auch der B l i c k auf die r e c h t l i c h e A u s g e s t a l t u n g der V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n i m U r h e b e r r e c h t a n . 2 2 2 T r o t z aller U n t e r s c h i e d e z w i s c h e n U r h e b e r r e c h t u n d

Daten-

s c h u t z r e c h t sind d o c h F u n k t i o n u n d Z w e c k v o n D a t e n t r e u h ä n d e r n u n d u r h e b e r r e c h t l i c h e n V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n in vielerlei H i n s i c h t vergleichbar. B e i d e I n s t i t u t i o n e n n e h m e n eine t r e u h ä n d e r i s c h e P o s i t i o n ein. B e i d e I n s t i t u t i o n e n hab e n die F u n k t i o n , i m I n t e r e s s e des e i g e n t l i c h e n B e r e c h t i g t e n f ü r eine effektive W a h r n e h m u n g v o n dessen R e c h t e n zu s o r g e n . A u s d e n s e l b e n G r ü n d e n , aus d e n e n der e i n z e l n e U r h e b e r seine V e r w e r t u n g s r e c h t e o f t m a l s selbst n i c h t effektiv w a h r n e h m e n k a n n , k a n n a u c h der e i n z e l n e B e t r o f f e n e seine D a t e n s c h u t z r e c h t e o f t m a l s n i c h t effektiv w a h r e n ; d e n n auch für ihn ist es in vielen F ä l l e n n u r s c h w e r festzustellen, w e r seine D a t e n v e r w e r t e t , er k a n n a u f g r u n d der M a s s e n n u t z u n g die V e r w e r t u n g seiner D a t e n n i c h t k o n t r o l l i e r e n u n d er hat k e i n e E r f a h r u n g , u n ter w e l c h e n B e d i n g u n g e n die N u t z u n g d u r c h andere e r f o l g e n soll. a) Ausschließliches

Datennutzungsrecht?

W a s die R e c h t s p o s i t i o n eines D a t e n t r e u h ä n d e r s a n g e h t , ist unstreitig, dass es niemals u m die v o l l s t ä n d i g e (translative) Ü b e r t r a g u n g eines R e c h t s an p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n gehen k a n n . E s versteht sich v o n selbst, dass sich n i e m a n d v o l l ständig u n d f ü r i m m e r des S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s ü b e r seine D a t e n b e g e b e n darf. Stets k a n n es n u r d a r u m g e h e n , D a t e n t r e u h ä n d e r n a u s s c h n i t t w e i s e b e s t i m m te D a t e n n u t z u n g s r e c h t e zu e i n e m genau definierten Z w e c k e i n z u r ä u m e n : D e r I n f o m e d i ä r darf m a r k e t i n g r e l e v a n t e D a t e n zu d e n v e r e i n b a r t e n Z w e c k e n g e g e n ü b e r D r i t t e n v e r w e r t e n , die A u s k u n f t e i darf b o n i t ä t s b e z o g e n e D a t e n z u s a m m e n f ü h ren u n d im v e r e i n b a r t e n R a h m e n an dritte I n f o r m a t i o n s i n t e r e s s e n t e n w e i t e r g e ben. E i n R e c h t an p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n wird d e m D a t e n t r e u h ä n d e r also stets n u r in d e m U m f a n g e i n g e r ä u m t , w i e es die Z w e c k b e s t i m m u n g des z u g r u n deliegenden V e r w e r t u n g s - o d e r W a h r n e h m u n g s v e r t r a g e s e r f o r d e r t . 2 2 3 G e g e n einen n u m e r u s clausus zulässiger F o r m e n einer R e c h t s ü b e r t r a g u n g o d e r R e c h t s e i n r ä u m u n g v e r s t ö ß t diese Vielgestaltigkeit m ö g l i c h e r D a t e n n u t z u n g s r e c h t e n i c h t . W ä h r e n d das b ü r g e r l i c h e R e c h t f ü r den S a c h e n r e c h t s v e r k e h r n u r einen b e g r e n z -

2 2 2 Allgemein für eine Anlehnung an das Urheberrecht bei der weiteren Entwicklung des Persönlichkeitsrechts Gotting, NJW 2001, 585 (586) (Urheberrecht als Modell für die weitere Entwicklung des Persönlichkeitsrechts); Ohly, Einwilligung, S. 165 (Entwicklung eines eigenen Persönlichkeitsvertragsrechts in Analogie zum Urheberrecht); Seemann, Prominenz als Eigentum, S.265 (zunehmende Ähnlichkeit von Urheberrecht und Persönlichkeitsrecht, auch hinsichtlich ihrer dogmatischen Eigenschaften); siehe auch Lober/Weber, ZUM 2003, 658 (671). Zu Parallelen zwischen Urheberrecht und Datenschutzrecht siehe auch Meister, Datenschutz im Zivilrecht, S.95. 223

Sog. Zweckübertragungsregel; siehe dazu schon oben B III 2 b (bei Fn.201).

B. Die Ausübung

informationeller

Selbstbestimmung

287

ten Typenkatalog von dinglichen Rechten an fremden Sachen zulässt, 224 existiert ein solcher Typenzwang für immaterielle Rechtsgüter nicht. 225 Anders als körperliche Gegenstände, die sich nur selten von mehreren gleichzeitig und nur in begrenzter Weise sinnvoll nutzen lassen, sind immaterielle Güter beliebig teilbar, reproduzierbar und nutzbar. 226 Eine Typisierung zulässiger Rechtsformen ist daher zwar für körperliche Gegenstände angemessen, im Immaterialgüterbereich würde eine solche Typisierung hingegen der Interessenvielfalt und der Vielgestaltigkeit möglicher Verwertungsformen nicht gerecht. 227 Rechte an immateriellen G ü tern können daher regelmäßig in Einzelbefugnisse aufgespalten werden, ohne dass dem gesetzliche Grenzen entgegenstehen würden. 2 2 8 Für die Einräumung von Rechten an immateriellen Persönlichkeitsgütern kann nichts anderes gelten. 229 Alle Versuche einer abschließenden Typisierung von Rechten an der Persönlichkeit müssten hier schon am „geheimnisvollen Wesen der Persönlichkeit" scheitern. 230 aa) Kein Exklusivrecht

an personenbezogenen

Daten selbst

Soll der Datentreuhänder befähigt sein, aus eigenem Recht positive Nutzungsrechte und negative Abwehrrechte geltend zu machen, stellt sich die Frage, in welcher Form und in welchem Umfang ihm hierzu seitens des Betroffenen ein Recht an dessen Daten eingeräumt werden muss. Während es für die Ausübung positiver Nutzungsrechte nicht darauf ankommt, ob dem Nutzungsberechtigten ein ausschließliches oder ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt worden ist, kommt eine Geltendmachung eigenständiger Abwehrbefugnisse gegenüber Dritten grundsätzlich nur bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts in

224 Siehe Baur/Stürner, Sachenrecht, §1 Rdn. 7; Müller, Sachenrecht, §1 Rdn. 8; Schellhammer, Sachenrecht, Rdn. 1445. 225 Siehe schon Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.214; Kraßer, G R U R Int. 1973, 230 (231 f.). 226 Vgl. Sieber, N J W 1989, 2569 (2577). 227 Vgl. Forkel, N J W 1993, 3181 (3182f.); Ohly, Einwilligung, S.163. 228 F ü r den weiten gesetzlichen Spielraum möglicher Rechtseinräumungen im Immaterialgüterrecht siehe etwa § 3 1 1 2 U r h G : „Das N u t z u n g s r e c h t kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden"; siehe auch § 30 I, II M a r k e n G , § 3 1 1 G e s c h m M G oder § 15 I 2 PatG. Siehe allerdings Schricker in ders., U r h e b e r recht, Vor §§28ff. Rdn. 52: gewisse G r e n z e n einer Aufspaltbarkeit der urheberrechtlichen Befugnisse in gegenständliche N u t z u n g s r e c h t e im Interesse der Rechts- und Verkehrssicherheit. Siehe andererseits aber Forkel, N J W 1983,1764 (1767): „Dem Schutz des Vertrauens im rechtsgeschäftlichen Verkehr k o m m t aber ganz allgemein im Urheberrecht wie auch im deutschen Patentrecht und sonst im gewerblichen Rechtsschutz eine, verglichen mit dem Sachenrecht, geradezu unbedeutende Rolle zu". 229 Vgl- Ohly, Einwilligung, S. 163 („erst recht"); zweifelnd dagegen Helle, Persönlichkeitsrechte, S. 114f.; ders., RabelsZ 60 (1996), 448 (473f.). 230 Siehe Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 132 (zur Unmöglichkeit, den Inhalt des Persönlichkeitsrechts positiv abzugrenzen).

J. Teil: Informationelle

288

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

B e t r a c h t . 2 3 1 Soll der D a t e n t r e u h ä n d e r also b e f u g t sein, aus eigenem R e c h t eine u n zulässige V e r a r b e i t u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n g e g e n ü b e r D r i t t e n zu v e r f o l gen, m ü s s t e i h m der e i n z e l n e B e t r o f f e n e als R e c h t s i n h a b e r hierfür ein a u s s c h l i e ß liches R e c h t z u r N u t z u n g seiner p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n e i n g e r ä u m t haben. H a t er dies n i c h t getan, k o m m t eine R e c h t s v e r f o l g u n g dagegen n u r i m W e g e der g e w i l l k ü r t e n P r o z e s s s t a n d s c h a f t in B e t r a c h t . 2 3 2 I m U r h e b e r r e c h t ist die E i n r ä u m u n g a u s s c h l i e ß l i c h e r N u t z u n g s r e c h t e an Verw e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n der Regelfall. D e r B e r e c h t i g t e r ä u m t die ausschließlichen N u t z u n g s r e c h t e u n d V e r g ü t u n g s a n s p r ü c h e ein u n d verliert damit gleichzeitig die B e f u g n i s , diese R e c h t e w e i t e r h i n selbständig o h n e G e n e h m i g u n g der V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t e n w a h r z u n e h m e n . 2 3 3 F ü r das D a t e n s c h u t z r e c h t scheidet eine s o l c h e V o r g e h e n s w e i s e j e d o c h v o n v o r n h e r e i n aus. R ä u m t der e i n z e l n e B e t r o f f e ne e i n e m D a t e n t r e u h ä n d e r ein N u t z u n g s r e c h t an b e s t i m m t e n p e r s o n e n b e z o g e nen D a t e n ein, so k o m m t es u n t e r k e i n e n U m s t ä n d e n in F r a g e , dass d a m i t der B e t r o f f e n e auch sein R e c h t verliert, ü b e r eine anderweitige N u t z u n g dieser D a t e n eigenständig zu b e s t i m m e n . E i n e s o l c h e K o n s e q u e n z wäre n i c h t nur u n v e r e i n b a r mit d e m W e s e n i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g . Sie ist auch unrealistisch, da sich eine D a t e n n u t z u n g d u r c h den B e t r o f f e n e n ü b e r h a u p t nicht ausschließen lässt. B e i j e d e r w i r t s c h a f t l i c h e n o d e r s o z i a l e n I n t e r a k t i o n „ n u t z t " der B e t r o f f e n e seine D a t e n , er gibt I n f o r m a t i o n e n v o n sich preis u n d kreiert mit s e i n e m H a n d e l n neue I n f o r m a t i o n e n ü b e r sich selbst. E i n e D a t e n n u t z u n g ist u n a u s w e i c h l i c h e B e g l e i t e r s c h e i n u n g j e d e r A k t i v i t ä t des B e t r o f f e n e n . E b e n s o ist es auch a u s g e s c h l o s sen, dass ein D a t e n t r e u h ä n d e r g e g e n ü b e r D r i t t e n ein ausschließliches D a t e n n u t z u n g s r e c h t geltend m a c h e n k ö n n t e . E i n A u s s c h l u s s r e c h t an b e s t i m m t e n D a t e n k o m m t s c h o n d e s h a l b n i c h t in B e t r a c h t , weil es den freien I n f o r m a t i o n s f l u s s als G r u n d l a g e jedes R e c h t s - u n d W i r t s c h a f t s v e r k e h r s ü b e r G e b ü h r e i n s c h r ä n k e n w ü r d e . D i e D a t e n , zu d e r e n N u t z u n g ein D a t e n t r e u h ä n d e r b e r e c h t i g t sein soll, spielen n i c h t n u r i m V e r h ä l t n i s z w i s c h e n diesem D a t e n t r e u h ä n d e r u n d d e m B e t r o f f e n e n eine R o l l e , s o n d e r n k ö n n e n e b e n s o auch im Verhältnis zu D r i t t e n v o n R e l e v a n z sein. bb)

Exklusivrecht

am eigenen

Informationsangebot

D i e O p t i o n , D a t e n t r e u h ä n d e r n ein ausschließliches N u t z u n g s r e c h t an p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n e i n z u r ä u m e n , k o m m t also o f f e n s i c h t l i c h n i c h t in B e t r a c h t . E i n s o l c h e s A u s s c h l u s s r e c h t w ü r d e n i c h t n u r das R e c h t des E i n z e l n e n auf i n f o r m a t i o -

231 Vgl. Kraßer, G R U R Int. 1973, 230 (234f.); Schricker in ders., Urheberrecht, Vor §§28ff. Rdn.49. 2 3 2 Vgl. entsprechend zum Urheberrecht v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, §31 Rdn. 13f Schricker in ders., Urheberrecht, Vor §§28ff. Rdn. 49; B G H G R U R 1959, 200 (201) - Heiligenhof; allgemein zum Immaterialgüterrecht Kraßer, G R U R Int. 1973, 230 (234). 233 Vgl. Melichar in Loewenheim, Handbuch Urheberrecht, §47 Rdn. 16; Rehbinder, Urheberrecht, Rdn. 374.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

289

nelle Selbstbestimmung über Gebühr beschränken, sondern auch den freien Austausch von Informationen als Grundlage jeder wirtschaftlichen und sozialen Interaktion. Dies zieht wiederum die Frage nach sich, ob mit dieser Ablehnung eines ausschließlichen Datennutzungsrechts auch die Konsequenz einhergeht, dass ein Datentreuhänder überhaupt keine selbständigen Abwehrbefugnisse gegenüber Dritten geltend machen kann. Nach dem oben Gesagten wäre dies grundsätzlich zu bejahen, da nach allgemeiner Auffassung den Inhabern einfacher Nutzungsrechte keine Abwehransprüche gegenüber Dritten zustehen. 234 Auskunfteien, Infomediäre und andere Datentreuhänder könnten somit aus eigenem Recht keine Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz geltend machen, wenn Dritte widerrechtlich auf die von ihnen verwalteten Daten Zugriff nehmen und diese anderweitig nutzen. Sie wären für einen Schutz der ihnen anvertrauten Daten darauf beschränkt, gegenüber denjenigen, denen sie eine Nutzung bestimmter Daten gestattet haben, vertragliche Ansprüche geltend zu machen, falls diese sich nicht an die getroffenen Vereinbarungen halten. Jedoch darf die Frage, ob Datentreuhändern ein ausschließliches Recht an den ihnen anvertrauten Daten zusteht, nicht auf die Frage nach einem Recht an Daten in ihrer Reinform reduziert werden. In ihrem abstrakten Aussagegehalt können personenbezogene Daten zwar nur einem Ausschließlichkeitsrecht des Betroffenen selbst unterfallen, nicht aber auch einem Ausschließlichkeitsrecht dritter Stellen. Für die konkreten Informationsprodukte, wie sie sich aus dem Sammeln, Zusammenführen und Auswerten von personenbezogenen Daten ergeben, gilt diese Einschränkung jedoch nicht. Die Leistung von Auskunfteien oder Infomediären beschränkt sich nicht darauf, Daten eins zu eins weiterzugeben, vielmehr sammeln und kombinieren sie diese Daten, werten sie aus und verleihen ihnen einen bestimmten Aussagewert als Credit Score, als Interessenprofil o.ä. Zumindest an diesem informationellen Mehrwert ist Datentreuhändern auch eine eigene, ausschließliche Rechtsposition zuzugestehen - vergleichbar dem selbständigen Nutzungs- und Verbotsrecht, welches der Bearbeiter eines Werkes hinsichtlich seiner Bearbeitung innehat. 235 Wobei diese Rechtsposition des Datentreuhänders aber eine abhängige ist. 236 Zu ihrer Geltendmachung bedarf es zusätzlich auch der Einräumung entsprechender Datennutzungsrechte durch den Betroffenen selbst; denn es sind dessen Daten, die sich auch noch im konkreten Informationsangebot des Datentreuhänders fortsetzen und dessen wesentliche Grundlage bilden. 237 Siehe soeben Fn. 231. §3 S. 1 UrhG; siehe dazu Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, §3 Rdn. 36. 2 3 6 Vgl. wiederum die Rechtsposition des Bearbeiters im Urheberrecht; dazu Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, §3 Rdn. 35. 2 3 7 Vgl. für das Urheberrecht Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, § 23 Rdn. 19. Die Rede ist von einer „doppelten Prägung" der Bearbeitung (Schack, Urheberrecht, Rdn. 237). In der Bearbeitung komme nicht nur die schöpferische Leistung des Bearbeiters zum Ausdruck, sondern auch die des Urhebers des Originalwerks, das „mit seinen Wesenszügen und Eigenheiten durchscheint"; B G H G R U R 1972, 143 (144) - Biografie „Ein Spiel". 234

235

290

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

R ä u m t der B e t r o f f e n e ein s o l c h e s N u t z u n g s r e c h t ein, k ö n n e n D a t e n t r e u h ä n d e r d a m i t im E r g e b n i s ein exklusives B e n u t z u n g s - u n d V e r b o t s r e c h t an den v o n ihnen g e s c h a f f e n e n I n f o r m a t i o n s a n g e b o t e n geltend m a c h e n . F e s t z u h a l t e n b l e i b t j e d o c h , dass dieses E x k l u s i v r e c h t niemals die z u g r u n d e l i e g e n d e n E i n z e l d a t e n erfassen k a n n . Stets muss es sich u m einen i n f o r m a t i o n e l l e n M e h r w e r t h a n d e l n , der ü b e r das b l o ß e A n s a m m e l n u n d W e i t e r g e b e n h i n a u s g e h t , w o b e i Z w e i f e l an e i n e m M e h r w e r t z u g u n s t e n der I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t u n d zulasten m ö g l i c h e r

Aus-

schließlichkeitsrechte gehen. Z u klären ist s c h l i e ß l i c h , o b sich ein s o l c h e s A u s s c h l i e ß l i c h k e i t s r e c h t allein gegen a n d e r e

Datenverarbeiter

richtet

(„Ausschließlichkeit

schwächerer

Wir-

k u n g " 2 3 8 ) o d e r o b es sich a u c h gegen den B e t r o f f e n e n selbst r i c h t e n kann. G r u n d sätzlich ist d a v o n a u s z u g e h e n , dass B e t r o f f e n e r u n d D a t e n t r e u h ä n d e r auch l e t z t e re, u m f a s s e n d e A u s s c h l i e ß l i c h k e i t v e r e i n b a r e n k ö n n e n . D a t e n t r e u h ä n d e r w i e A u s k u n f t e i e n o d e r I n f o m e d i ä r e f i n a n z i e r e n sich i m Regelfall d a d u r c h , dass sie D r i t t e n ihr I n f o r m a t i o n s a n g e b o t gegen E n t g e l t z u r V e r f ü g u n g stellen. D i e s e s M o d e l l k a n n n u r d a n n f u n k t i o n i e r e n , w e n n sich D r i t t e auch tatsächlich an den D a t e n t r e u h ä n d e r w e n d e n m ü s s e n , u m die g e w ü n s c h t e n I n f o r m a t i o n e n zu erhalten, u n d i h n e n n i c h t a u c h die M ö g l i c h k e i t einer k o s t e n l o s e n I n f o r m a t i o n s e i n h o lung b e i m B e t r o f f e n e n selbst o f f e n steht. B i s l a n g v e r s u c h e n A u s k u n f t e i e n diesen k o s t e n l o s e n U m w e g ü b e r d e n B e t r o f f e n e n d a d u r c h zu u n t e r b i n d e n , dass sie a u c h d e m B e t r o f f e n e n eine E i g e n a u s k u n f t r e g e l m ä ß i g n u r gegen E n t g e l t z u r V e r f ü gung stellen, o b w o h l n a c h § 3 4 V B D S G eine A u s k u n f t an sich grundsätzlich u n entgeltlich sein soll, u m d e m B e t r o f f e n e n die A u s ü b u n g seiner R e c h t e zu erleicht e r n . 2 3 9 U b e r z e u g e n d e r ist es daher, d e m B e t r o f f e n e n seine K o n t r o l l r e c h t e u n g e s c h m ä l e r t zu belassen u n d u m g e k e h r t d e m D a t e n t r e u h ä n d e r eine klar definierte R e c h t s p o s i t i o n e i n z u r ä u m e n . D i e A u s s c h l i e ß l i c h k e i t dieser R e c h t s p o s i t i o n auch g e g e n ü b e r d e m B e t r o f f e n e n selbst s c h r ä n k t dessen i n f o r m a t i o n e l l e s S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t n i c h t u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g ein. Z u m einen b l e i b t diesem stets das S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t ü b e r die D a t e n in ihrer R e i n f o r m e r h a l t e n u n d er k a n n z u r N u t z u n g dieser D a t e n beliebig w e i t e r e D a t e n t r e u h ä n d e r einsetzen. Z u m anderen bleibt es i h m u n b e n o m m e n , d e n D a t e n t r e u h ä n d e r v o n der W a h r n e h m u n g seiner R e c h t e als ganzes zu e n t b i n d e n . b) Die Rechtsbeziehung aa) Der

zum

Betroffenen

Wahrnehmungsvertrag

G r u n d l a g e der R e c h t s b e z i e h u n g e n z w i s c h e n D a t e n t r e u h ä n d e r u n d B e t r o f f e n e m ist ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r N u t z u n g s v e r t r a g eigener A r t , der in A n l e h n u n g an

Schricker in ders., Urheberrecht, §§31/32 Rdn.4. Mallmann in Simitis, BDSG, § 34 Rdn. 48; siehe allerdings § 34 V 2 BDSG, der eine Entgeltpflicht unter bestimmten Umständen zulässt, damit eine missbräuchliche Umgehung von Auskunfteien unterbunden wird. 238 239

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

291

das U r h e b e r r e c h t als W a h r n e h m u n g s v e r t r a g b e z e i c h n e t w e r d e n k a n n . J e nach G e s c h ä f t s m o d e l l enthält dieser Vertrag E l e m e n t e des A u f t r a g s und - s o w e i t E n t g e l t l i c h k e i t v e r e i n b a r t ist - E l e m e n t e des D i e n s t - u n d v o r allem des G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r t r a g s . D i e A u s g e s t a l t u n g des R e c h t e - u n d P f l i c h t e n k a t a l o g s bleibt in erster L i n i e den P a r t e i e n überlassen. D i e s e b e s t i m m e n auch a n h a n d des v e r e i n barten V e r t r a g s z w e c k s , in w e l c h e r F o r m u n d in w e l c h e m U m f a n g d e m D a t e n t r e u h ä n d e r ein N u t z u n g s r e c h t an den p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n des B e t r o f f e n e n e i n g e r ä u m t w i r d . 2 4 0 D e r D a t e n t r e u h ä n d e r wird im I n t e r e s s e des B e t r o f f e n e n tätig, er ü b e r n i m m t die an sich d e m B e t r o f f e n e n selbst o b l i e g e n d e A u f g a b e , für eine i n t e r e s s e n g e r e c h t e N u t z u n g seiner D a t e n zu s o r g e n . E r v e r a r b e i t e t dessen p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n im R a h m e n der v e r e i n b a r t e n Z w e c k s e t z u n g , ü b e r m i t t e l t diese an D r i t t e u n d k o n t r o l l i e r t deren w e i t e r e N u t z u n g . S o w e i t eine Ü b e r m i t t l u n g der D a t e n an D r i t t e entgeltlich erfolgt, ist der D a t e n t r e u h ä n d e r g r u n d s ä t z l i c h nach § 6 6 7 b z w . § 6 7 5 i . V . m . § 6 6 7 B G B z u r H e r a u s g a b e des e r z i e l t e n E n t g e l t s verpflichtet. F r a g l i c h ist allerdings, i n w i e w e i t der D a t e n t r e u h ä n d e r das erzielte E n t g e l t gerade „aus der G e s c h ä f t s b e s o r g u n g " erlangt hat. W i e d e r u m ist d e m o b e n bereits a n g e s p r o c h e n e n U m s t a n d R e c h n u n g zu tragen, dass I n f o m e d i ä r e o d e r A u s k u n f t e i e n die ihnen ü b e r l a s s e n e n p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n n i c h t n u r eins zu eins w e i t e r g e b e n , s o n d e r n diese s a m m e l n , k o m b i n i e r e n und a u s w e r t e n . Sie verleihen den v o n i h n e n v e r a r b e i t e t e n D a t e n einen z u s ä t z l i chen A u s s a g e w e r t und w e r d e n e b e n auch für diesen i n f o r m a t i o n e l l e n M e h r w e r t v o n D r i t t e n e n t l o h n t . Viel s p r i c h t d a h e r dafür, dass das m i t den D a t e n des B e t r o f fenen e r z i e l t e E n t g e l t z u m i n d e s t n i c h t in v o l l e m U m f a n g den n a c h § 6 6 7 B G B v o rausgesetzten B e z u g z u r G e s c h ä f t s b e s o r g u n g im f r e m d e n Interesse aufweist. 2 4 1 L e t z t l i c h k a n n diese F r a g e aber o f f e n b l e i b e n , da die B e t e i l i g t e n jedenfalls eine von § 6 6 7 B G B a b w e i c h e n d e V e r t e i l u n g des aus der G e s c h ä f t s b e s o r g u n g E r l a n g ten v e r e i n b a r e n k ö n n e n . 2 4 2 I n s b e s o n d e r e k ö n n e n sie im R a h m e n eines G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r t r a g e s v e r e i n b a r e n , dass der D a t e n t r e u h ä n d e r das aus der D a t e n w e i t e r g a b e E r l a n g t e teilweise o d e r vollständig als E n t g e l t f ü r seine T ä t i g k e i t b e halten soll.

bb) Freiwilligkeit

und

Informiertheit

A u c h bei der E i n r ä u m u n g v o n D a t e n n u t z u n g s r e c h t e n muss - e b e n s o w i e allgemein bei der d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n E i n w i l l i g u n g - gewährleistet sein, dass der 240 Sog. Zweckübcrtragungsregel; vgl. zum Urheberrecht Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, §31 Rdn. 122; Reinbotbe in Schricker, Urheberrecht, §6 WahrnG Rdn. 5; siehe schon oben bei Fn.201 und 223. 241 Die bloße Kausalität zwischen Geschäftsbesorgung und Erlangtem reicht hierfür nicht aus; vgl. Ehmann in Erman, BGB, § 667 Rdn. 12. Siehe auch B G H NJW-RR 1996,932: Der erforderliche Bezug des Erlangten zur Geschäftsbesorgung liegt regelmäßig dann vor, „wenn nach der - auch nur einseitig gebliebenen - Vorstellung des Leistenden oder Empfängers das Geleistete in Verbindung mit dem Auftrag steht". 242 Zur Abdingbarkeit des §667 B G B siehe B G H NJW-RR 1997, 778.

292

J. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im Privatrecht

B e t r o f f e n e freiwillig und informiert handelt. Was die Einräumung von D a t e n n u t zungsrechten an Infomediäre angeht, kann von deren Freiwilligkeit regelmäßig ausgegangen werden. D e r E i n z e l n e hat die freie Wahl, o b er sich selbst u m eine interessengerechte W a h r n e h m u n g seiner D a t e n s c h u t z r e c h t e sorgen oder o b er sich der U n t e r s t ü t z u n g eines Infomediärs bedienen möchte. D e r E i n w a n d einer u n z u lässigen K o p p e l u n g von Leistungsangebot und Datenverarbeitung scheidet hier schon deshalb aus, weil die N u t z u n g p e r s o n e n b e z o g e n e r D a t e n w e s e n s n o t w e n dige Voraussetzung für das Leistungsangebot des Infomediärs ist. D i e s e r kann nur dann anstelle des B e t r o f f e n e n als N a c h f r a g e r im Geschäftsverkehr auftreten, als Werbefilter für den B e t r o f f e n e n agieren oder dessen Interessenprofil im Verhältnis zu D r i t t e n kommerzialisieren, wenn er ein entsprechendes N u t z u n g s recht an den D a t e n des B e t r o f f e n e n eingeräumt b e k o m m t . Entsprechendes gilt für die E i n r ä u m u n g von D a t e n n u t z u n g s r e c h t e n an Auskunfteien. A u c h diese k ö n n e n ihr Leistungsangebot, die Einstufung der B o n i t ä t des B e t r o f f e n e n , stets nur dann erbringen, w e n n sie zu einer entsprechenden N u t z u n g aller bonitätsrelevanten D a t e n berechtigt sind. Ein gewisses Freiwilligkeitsdefizit besteht hier zwar insoweit, als der E i n z e l n e für eine Teilnahmemöglichkeit am wirtschaftlichen Verkehr oftmals eines Bonitätsnachweises durch Auskunfteien bedarf und daher nicht o h n e weiteres von einer entsprechenden Rechteeinräumung absehen kann. J e d o c h ist dies ein Freiwilligkeitsproblem im Verhältnis zwischen dem B e troffenen und seinen potentiellen Geschäftspartnern und ist in diesem Z u s a m menhang bereits o b e n behandelt w o r d e n . 2 4 3 F ü r das Verhältnis gegenüber A u s kunfteien gilt demgegenüber, dass es der freien K o s t e n - N u t z e n - R e c h n u n g des Betroffenen überlassen bleibt, was er unter Berücksichtigung der jeweiligen Verarbeitungsbedingungen als vorteilhafter erachtet: einer bestimmten Auskunftei das R e c h t zur N u t z u n g seiner bonitätsrelevanten D a t e n einzuräumen oder auf einen Bonitätsnachweis durch diese Auskunftei zu verzichten. E i n e wirksame E i n r ä u m u n g von Datennutzungsrechten muss nicht nur freiwillig, sondern auch informiert erteilt werden. Infomediäre, Auskunfteien und andere Datentreuhänder sind nur dann zur D a t e n n u t z u n g berechtigt, wenn sie zuvor umfassend über A r t und U m f a n g der beabsichtigten D a t e n n u t z u n g aufgeklärt und die potentielle Aussagekraft einer langfristigen D a t e n n u t z u n g verdeutlicht haben. Regelmäßig ist diese Aufklärung schon deshalb gewährleistet, weil der Betroffene nur dann ein R e c h t zur N u t z u n g seiner D a t e n einräumen wird, wenn im zugrunde liegenden Wahrnehmungsvertrag Art und U m f a n g der D a t e n nutzung klar und eindeutig spezifiziert sind. Ein M e h r an Informiertheit ist durch eine Aufklärung seitens der D a t e n t r e u h ä n d e r vor allem deshalb gewährleistet, weil anders als nach der bisher üblichen Praxis diejenigen Stellen aufklären, die auch tatsächlich die zentrale P o s i t i o n im Prozess der Datenverarbeitung einnehmen. Bislang ist die Situation eine andere: Auskunfteien und Adresshändler stüt243

Siehe oben B II 2 a.

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

293

zen ihre Legitimation zur Datenverarbeitung nicht auf ein Einverständnis des Betroffenen, sondern auf allgemeine Interessenabwägungsklauseln. Damit entfällt auch jede Notwendigkeit, sich durch Transparenz und Aufklärung um die Gunst des Einzelnen zu bemühen. Vorteilhafter ist es, die Betroffenen möglichst im Ungewissen zu lassen, um weitgehend ungestört von deren Nachfragen und Wünschen arbeiten zu können. Soweit es bislang - wie etwa im Bereich des Credit Reporting - überhaupt zu einer aktiven „Aufklärung" kommt, findet diese nicht durch die Auskunfteien selbst statt, sondern durch deren Datenzulieferer wie Banken, Telekommunikationsunternehmen oder Versandhändler. Die Aufklärungswirkung der entsprechenden Schufa- und Auskunfteien-Klauseln, wie sie sich in den Konto-, Mobilfunk- und sonstigen Verträgen finden, ist aber notwendigerweise beschränkt. Es geht den Parteien bei ihrem Vertragsschluss nicht darum, sich näher mit der Funktion und Bedeutung von Auskunfteien auseinander zu setzen, sondern darum, den eigentlichen Vertragsgegenstand auszuhandeln und näher auszugestalten. Entsprechend begrenzt ist der Raum, den eine SchufaKlausel im Rahmen des gesamten Vertragswerks einnehmen kann. Und entsprechend begrenzt ist vor allem der Aufmerksamkeitswert, den die Parteien dem Aspekt des Credit Reporting überhaupt zukommen lassen. Werden Auskunfteien, Adresshändler und sonstige zentrale Datenverarbeitungsinstitutionen als Datentreuhänder vom Betroffenen unmittelbar zur Datenverarbeitung legitimiert, stellt sich dieses Aufmerksamkeitsproblem nicht. Beim Abschluss eines entsprechenden Wahrnehmungsvertrags geht es einzig und allein darum, welche Art von Daten auf welche Weise und in welchem Umfang der Datentreuhänder verarbeiten und an Dritte weitergeben darf. Der einzelne Betroffene setzt sich nur einmal, aber dieses eine Mal dafür bewusst und umfassend, mit der Funktion und Bedeutung einer Auskunftei oder eines Infomediärs auseinander und entscheidet nach Abwägung der Vor- und Nachteile über das O b und Wie einer Einräumung von Datennutzungsrechten - statt wie bisher üblich entweder überhaupt nicht aufgeklärt zu werden oder wie im Fall des Credit Reporting bei jedem Vertragsschluss aufs Neue derselben formelhaften „Aufklärung" mittels Schufa-Klausel zu begegnen. cc)

Widerrufsrecht

Ebenso wie bei der einseitigen und bei der schuldvertraglichen Einwilligung stellt sich auch bei der Einräumung von Datennutzungsrechten die Frage, inwieweit diese frei widerruflich sein soll oder nicht. Der Wille des Betroffenen, einem Datentreuhänder das Recht zur Datennutzung wieder zu entziehen, kann vielerlei Ursachen haben. Soweit sein Willensentschluss darauf zurückzuführen ist, dass er die tatsächlichen Konsequenzen eines Datenverarbeitungsprozesses so nicht erwartet hat, wird es oftmals schon an einer wirksamen Einräumung der entsprechenden Datennutzungsrechte fehlen. Grundsätzlich gilt, dass an die Annahme einer informierten Einräumung von Datennutzungsrechten strenge Anforderun-

294

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

gen gestellt w e r d e n u n d der v e r e i n b a r t e U m f a n g einer R e c h t s e i n r ä u m u n g eng auszulegen ist. E i n R e c h t z u r D a t e n n u t z u n g wird stets nur s o w e i t e i n g e r ä u m t , wie sich aus d e m W a h r n e h m u n g s v e r t r a g ein zweifelsfreier, g e m e i n s a m v e r f o l g t e r Z w e c k der D a t e n v e r a r b e i t u n g e r m i t t e l n lässt. 2 4 4 E i n I n f o m e d i ä r darf d a h e r P e r s ö n l i c h k e i t s p r o f i l e n u r d a n n anfertigen u n d eine A u s k u n f t e i C r e d i t S c o r e s n u r dann bilden, w e n n diese D a t e n v e r a r b e i t u n g s z w e c k e im W a h r n e h m u n g s v e r t r a g als s o l c h e klar u n d eindeutig b e n a n n t u n d sie in ihrer potentiellen A u s s a g e k r a f t a u s r e i c h e n d v e r d e u t l i c h t w o r d e n sind. Ist dies n i c h t der Fall und k o m m t es g l e i c h w o h l zu einer s o l c h e n D a t e n n u t z u n g , b e s t e h t f ü r einen W i d e r r u f der R e c h t s e i n r ä u m u n g s c h o n deshalb kein B e d ü r f n i s , weil es v o n v o r n h e r e i n n i c h t zu e i n e r w i r k s a m e n E i n r ä u m u n g v o n R e c h t e n g e k o m m e n ist. V o n B e d e u t u n g ist die F r a g e einer freien W i d e r r u f b a r k e i t j e d o c h , s o w e i t es u m B e w e g g r ü n d e geht, die allein aus der S p h ä r e des B e t r o f f e n e n h e r r ü h r e n - sei es, dass sich die s u b j e k t i v e n D a t e n s c h u t z p r ä f e r e n z e n des B e t r o f f e n e n geändert h a b e n , sei es dass sich dessen L e b e n s u m s t ä n d e so geändert haben, dass er m i t e i n e r w e i t e r e n Ü b e r m i t t l u n g e n t s p r e c h e n d e r D a t e n n i c h t m e h r einverstanden i s t . 2 4 5 E i ne u n e i n g e s c h r ä n k t e W i d e r r u f b a r k e i t ist hier z w a r im Interesse des B e t r o f f e n e n , weil sein i n f o r m a t i o n e l l e s S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t so w e i t e s t g e h e n d

gewahrt

b l e i b t . D i e K e h r s e i t e einer s o l c h e n u n e i n g e s c h r ä n k t e n W i d e r r u f b a r k e i t ist j e d o c h , dass es f ü r ihn u n t e r diesen U m s t ä n d e n e n t s p r e c h e n d s c h w e r e r sein w i r d , einen D a t e n t r e u h ä n d e r zu f i n d e n , der seine d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n

Belange

w a h r z u n e h m e n b e r e i t i s t . 2 4 6 A u s k u n f t e i e n u n d I n f o m e d i ä r e stützen sich bei d e r E r s t e l l u n g v o n B o n i t ä t s - u n d I n t e r e s s e n p r o f i l e n auf eine längerfristige D a t e n v e r arbeitung. D i e v o n ihnen ü b e r m i t t e l t e n I n f o r m a t i o n e n sind keine b l o ß e n M o m e n t a u f n a h m e n , s o n d e r n die E r g e b n i s s e einer Z u s a m m e n s t e l l u n g u n d B e w e r t u n g vieler v e r s c h i e d e n e r E i n z e l v o r g ä n g e ü b e r einen längeren Z e i t r a u m h i n w e g . Sie k ö n n e n d e s h a l b n u r d a n n sinnvoll a r b e i t e n , w e n n der B e t r o f f e n e ihnen n i c h t nach B e l i e b e n das R e c h t z u r N u t z u n g seiner D a t e n e i n r ä u m e n und w i e d e r e n t z i e hen k a n n . A u c h in w i r t s c h a f t l i c h e r H i n s i c h t ist die A u f n a h m e einer D a t e n v e r a r b e i t u n g für D a t e n t r e u h ä n d e r v o r allem dann interessant, w e n n sie auf einer längerfristigen P e r s p e k t i v e b e r u h t . D a t e n t r e u h ä n d e r sind z w a r im Interesse des B e t r o f f e n e n tätig, v e r f o l g e n als G e s c h ä f t s b e s o r g e r a b e r gleichzeitig auch eigene w i r t s c h a f t l i c h e V o r t e i l e , w e n n sie sich f ü r ihre T ä t i g k e i t e n t l o h n e n lassen.

244 Vgl. zum entsprechenden Ansatz im Urheberrecht Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, §31 Rdn. 127; Schricker in ders., Urheberrecht, §§31/32 Rdn.41. 2 4 5 Ein Kündigungsrecht nach §314 B G B wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse kommt insoweit nicht in Betracht, da Änderungen aus dem eigenen Risikobereich im Rahmen des §314 BGB grundsätzlich kein Kündigungsrecht begründen; BGH NJW 1991, 1828 (1829); NJW 1996, 714. 2 4 6 Zur „zweischneidigen" Natur einer jederzeitigen Widerrufbarkeit vgl. Ohly, Einwilligung, S. 159f.

B. Die Ausübung informationeller

295

Selbstbestimmung

N a c h zivilrechtlichen G r u n d s ä t z e n w i r d d e m w i r t s c h a f t l i c h e n E i g e n i n t e r e s s e des G e s c h ä f t s b e s o r g e r s d a d u r c h R e c h n u n g getragen, dass das (entgeltliche) G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r h ä l t n i s anders als das ( u n e n t g e l t l i c h e ) A u f t r a g s v e r h ä l t n i s 2 4 7 g r u n d s ä t z l i c h nicht o h n e weiteres w i d e r r u f e n w e r d e n k a n n . 2 4 8 A u s d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r Perspektive k a n n diesem E i g e n i n t e r e s s e des D a t e n t r e u h ä n d e r s j e d o c h n i c h t das gleiche G e w i c h t z u k o m m e n . P r i m ä r hat sich die A u s g e s t a l t u n g eines dat e n s c h u t z r e c h t l i c h e n W a h r n e h m u n g s v e r t r a g s an der i n f o r m a t i o n e l l e n S e l b s t b e s t i m m u n g des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n zu o r i e n t i e r e n u n d n i c h t a m w i r t s c h a f t l i c h e n I n t e r e s s e des D a t e n v e r a r b e i t e r s . E s liegt an l e t z t e r e m , bei der K o n z e p t i o n seines G e s c h ä f t s m o d e l l s die M ö g l i c h k e i t einer j e d e r z e i t i g e n W i d e r r u f b a r k e i t mit e i n z u k a l k u l i e r e n . S o w e i t bislang die E i n s c h r ä n k u n g einer freien W i d e r r u f b a r k e i t i m p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t l i c h e n K o n t e x t a n g e s p r o c h e n w u r d e , ging es - w i e e t w a b e i m M e r c h a n d i s i n g - u m die p u n k t u e l l e E i n r ä u m u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h ten seitens einer ganz b e s t i m m t e n P e r s o n . 2 4 9 E i n o f t h e r a n g e z o g e n e s Beispiel ist der Fall N e n a : E i n e b e k a n n t e Sängerin r ä u m t einer V e r w e r t u n g s g e s e l l s c h a f t i m I n t e r e s s e einer u m f a s s e n d e n K o m m e r z i a l i s i e r u n g ihrer P e r s o n die R e c h t e a m eigenen B i l d und N a m e n e i n . 2 5 0 W ä h r e n d in diesem u n d in ä h n l i c h e n F ä l l e n der V e r w e r t e r seine T ä t i g k e i t auf diese eine P e r s o n f o k u s s i e r t u n d d e m e n t s p r e c h e n d auch v o n deren W i l l e n s b i l d u n g a b h ä n g i g ist, stützt sich die T ä t i g k e i t v o n D a t e n t r e u h ä n d e r n wie I n f o m e d i ä r e n o d e r A u s k u n f t e i e n auf eine V i e l z a h l v o n P e r s o nen. Sie verlieren ihre G e s c h ä f t s g r u n d l a g e a u c h dann n i c h t , w e n n e i n z e l n e B e t r o f fene die E i n r ä u m u n g eines D a t e n n u t z u n g s r e c h t s w i e d e r r ü c k g ä n g i g

machen

w o l l e n . I m alltäglichen u n d a u t o m a t i s i e r t e n M a s s e n g e s c h ä f t der g r o ß e n D a t e n v e r a r b e i t e r spielt die e i n z e l n e P e r s o n w e d e r w i r t s c h a f t l i c h n o c h o r g a n i s a t o r i s c h i r g e n d e i n e tragende R o l l e . 2 5 ' D a s w i r t s c h a f t l i c h e E i g e n i n t e r e s s e des D a t e n t r e u h ä n d e r s steht s o m i t einer freien W i d e r r u f b a r k e i t der E i n r ä u m u n g

von Datennutzungsrechten

regelmäßig

nicht e n t g e g e n . G e g e n eine freie W i d e r r u f b a r k e i t s p r i c h t d a h e r allenfalls das p r a k tische B e d ü r f n i s der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stellen, i m I n t e r e s s e z u t r e f f e n d e r u n d aussagekräftiger I n f o r m a t i o n e n ü b e r einen längeren Z e i t r a u m h i n w e g k o n t i n u ierlich D a t e n s a m m e l n u n d a u s w e r t e n zu k ö n n e n . W o b e i eine s o l c h e k o n t i n u i e r l i c h e D a t e n v e r a r b e i t u n g g r u n d s ä t z l i c h a u c h i m I n t e r e s s e des B e t r o f f e n e n selbst liegt. Ist dieser d e m G r u n d e nach mit einer V e r a r b e i t u n g seiner D a t e n d u r c h einen Siehe § 6711 BGB einerseits und der fehlende Verweis in § 675 I auf § 671 BGB andererseits. Vgl. Ehmann in Erman, BGB, §675 Rdn.2. 2 4 9 Siehe Forkel, G R U R 1988, 491 (493); siehe auch Ohly, Einwilligung, S. 159f. 2 5 0 Siehe BGH GRUR 1987, 128 - NENA. Nach dem zugrunde liegenden MerchandisingVertrag überträgt die Sängerin einer Gesellschaft „sämtliche für die kommerzielle Nutzung des akustischen und optischen Umfeldes von Nena erforderlichen Rechte..., insbesondere das Recht am eigenen Bild, das Recht am Namen NENA, ..." 251 Offensichtlich ist dies im Fall der Schufa mit ihrem Datenbestand zu 62 Millionen Personen und jährlich 69,5 Millionen erteilten Auskünften und Meldungen (Stand 2003); Schufa, Kurzbericht 2003, S.6. 247

248

296

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

b e s t i m m t e n D a t e n t r e u h ä n d e r e i n v e r s t a n d e n , liegt es e b e n s o auch in s e i n e m I n t e resse, dass der D a t e n v e r a r b e i t e r k e i n e f a l s c h e n o d e r l ü c k e n h a f t e n I n f o r m a t i o n e n an D r i t t e ü b e r m i t t e l t . S e l b s t im Falle v o n B o n i t ä t s a u s k ü n f t e n w ä r e d e m E i n z e l nen n u r w e n i g g e h o l f e n , sollte er v e r s u c h e n , d u r c h ein gezieltes „ E i n - u n d A u s s c h a l t e n " v o n A u s k u n f t e i e n seinen C r e d i t R e p o r t zu v e r b e s s e r n . Z u m einen k a n n e i n e m C r e d i t R e p o r t n u r dann eine p o s i t i v e A u s s a g e k r a f t als K r e d i t w ü r d i g k e i t s n a c h w e i s z u k o m m e n , w e n n er die K r e d i t g e s c h i c h t e des B e t r o f f e n e n ü b e r einen längeren Z e i t r a u m h i n w e g k o n t i n u i e r l i c h a b b i l d e t . Z u m anderen k ö n n e n die eindeutig negativ e i n z u o r d n e n d e n K r e d i t d a t e n eines B e t r o f f e n e n o h n e h i n a u c h o h ne dessen E i n v e r s t ä n d n i s d u r c h W a r n - u n d H i n w e i s d i e n s t e g e s a m m e l t u n d w e i t e r g e g e b e n w e r d e n . 2 5 2 E s b e s t e h t s o m i t k a u m A n l a s s zu der B e f ü r c h t u n g , dass die B e t r o f f e n e n v o n e i n e m freien R e c h t auf W i d e r r u f in ü b e r t r i e b e n e r o d e r m i s s bräuchlicher Weise G e b r a u c h machen. D e r d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e G r u n d s a t z einer freien W i d e r r u f b a r k e i t gilt d a h e r a u c h für die E i n r ä u m u n g v o n D a t e n n u t z u n g s r e c h t e n . D e lege f e r e n d a bietet es sich überdies an, das R e c h t auf W i d e r r u f d u r c h ein R e c h t auf D a t e n s p e r r u n g als „milderes M i t t e l " zu e r g ä n z e n . 2 5 3 D e r D a t e n t r e u h ä n d e r w ä r e f ü r den Z e i t r a u m einer D a t e n s p e r r u n g z w a r w e i t e r h i n b e r e c h t i g t , die D a t e n des B e t r o f f e n e n zu s a m m e l n u n d a u s z u w e r t e n , n i c h t aber, die D a t e n auch an D r i t t e zu ü b e r m i t t e l n . E i n R e c h t auf D a t e n s p e r r u n g erlaubt auf diese Weise einen K o m p r o m i s s z w i s c h e n d e m R e c h t auf i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g u n d d e m Interesse an einer k o n t i n u i e r l i c h e n D a t e n v e r a r b e i t u n g . D e m B e t r o f f e n e n ist es m ö g l i c h , seine D a ten für einen gewissen Z e i t r a u m vertraulich zu halten, er u n d sein D a t e n t r e u h ä n der k ö n n e n a b e r g l e i c h w o h l nach A u f h e b u n g dieser V e r t r a u l i c h k e i t w i e d e r auf eine l ü c k e n l o s e K r e d i t g e s c h i c h t e o d e r ein vollständiges I n t e r e s s e n p r o f i l R ü c k g r i f f nehmen. cid)

Betroffenenrechte

E r g ä n z t wird das R e c h t e - u n d P f l i c h t e n g e f ü g e z w i s c h e n D a t e n t r e u h ä n d e r u n d B e t r o f f e n e m s c h l i e ß l i c h d u r c h die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h v o r g e g e b e n e n B e t r o f f e n e n r e c h t e . 2 5 4 Z u r A u s k u n f t s - u n d R e c h e n s c h a f t s p f l i c h t des B e a u f t r a g t e n n a c h § 6 6 6 B G B treten die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n A u s k u n f t s p f l i c h t e n g e g e n ü b e r d e m B e t r o f f e n e n n a c h § 3 4 B D S G b z w . nach den s e k t o r s p e z i f i s c h e n R e g e l u n g e n . 2 5 5 D e r E i n z e l n e k a n n ü b e r s ä m t l i c h e zu seiner P e r s o n g e s p e i c h e r t e n D a t e n A u s k u n f t verlangen, ü b e r deren H e r k u n f t , ü b e r ihre E m p f ä n g e r u n d ü b e r den Z w e c k der D a t e n s p e i c h e r u n g . D e r A u s k u n f t s a n s p r u c h des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n erZur Legitimation von Warn- und Hinweisdienste siehe oben Teil2 (B II 2). Ein Recht auf Datensperrung existiert zwar schon de lege lata, ist bislang aber an bestimmte einschränkende Voraussetzungen geknüpft; siehe im Einzelnen § 3 5 III und IV B D S G . 2 5 4 Zur Unabdingbarkeit der Auskunftsrechte des Betroffenen nach § 3 4 B D S G und seiner Berichtigungs-, Löschungs- und Sperrungsrechte nach § 3 5 B D S G siehe § 6 B D S G . 2 5 5 Siehe § § 4 V I I T D D S G , 20 MDStV, 93 S.4 T K G . 252

253

B. Die Ausübung informationeller

Selbstbestimmung

297

s t r e c k t sich d a r ü b e r hinaus nach § 6 a I I I B D S G a u c h auf den l o g i s c h e n A u f b a u v o n a u t o m a t i s i e r t e n B e w e r t u n g s v e r f a h r e n , zu d e n e n i n s b e s o n d e r e auch die b e i m C r e d i t R e p o r t i n g eingesetzten S c o r i n g - V e r f a h r e n zu z ä h l e n s i n d . 2 5 6 O f f e n z u l e gen sind v o r allem die K r i t e r i e n , auf die sich der D a t e n t r e u h ä n d e r bei s e i n e m B e w e r t u n g s v e r f a h r e n s t ü t z t . D e r B e t r o f f e n e m u s s n a c h v o l l z i e h e n k ö n n e n , auf w e l c h e n D a t e n der i h m z u g e s c h r i e b e n e S c o r e b e r u h t u n d w e l c h e B e d e u t u n g diesen D a t e n i m R a h m e n des B e w e r t u n g s s y s t e m s j e w e i l s z u g e s c h r i e b e n w i r d . 2 5 7 W a s die a b s t r a k t e n R a h m e n b e d i n g u n g e n der D a t e n v e r a r b e i t u n g angeht, wird d e n A u s k u n f t s a n s p r ü c h e n des B e t r o f f e n e n r e g e l m ä ß i g s c h o n d a d u r c h R e c h n u n g g e t r a g e n , dass der D a t e n t r e u h ä n d e r im V o r f e l d u m f a s s e n d ü b e r die A r t u n d W e i s e d e r D a t e n v e r a r b e i t u n g a u f k l ä r t . 2 5 8 A b e r auch s o w e i t es u m A n s p r ü c h e auf A u s k u n f t ü b e r die k o n k r e t e n E i n z e l v o r g ä n g e u n d - e r g e b n i s s e des laufenden D a t e n v e r a r b e i t u n g s p r o z e s s e s geht, w i r d deren D u r c h s e t z u n g k a u m j e m a l s p r o b l e m a t i s c h sein. D a t e n t r e u h ä n d e r verstehen sich - anders als die A u s k u n f t e i e n u n d A d r e s s h ä n d l e r g e g e n w ä r t i g e n Z u s c h n i t t s - als I n t e r e s s e n v e r t r e t e r des B e t r o f f e n e n , dessen V e r t r a u e n es d u r c h eine t r a n s p a r e n t e D a t e n v e r a r b e i t u n g zu g e w i n n e n u n d zu erhalten gilt. D a sie auf eine L e g i t i m a t i o n des B e t r o f f e n e n a n g e w i e s e n sind, k o m m t es für sie k a u m in F r a g e , dass sie sich g e g e n ü b e r den A u s k u n f t s e r s u c h e n der B e t r o f f e n e n auf ihre eigenen G e s c h ä f t s g e h e i m n i s s e b e r u f e n 2 5 9 o d e r b e r e c h t i g t e A u s k u n f t s a n s p r ü c h e d a d u r c h f a k t i s c h ins L e e r e laufen lassen, dass sie die an D r i t t e ü b e r m i t t e l t e n D a t e n v o n v o r n h e r e i n n i c h t s p e i c h e r n . 2 6 0 Ä h n l i c h e E r w ä g u n g e n gelten auch f ü r die G e l t e n d m a c h u n g

von Berichtigungs-,

Lö-

schungs- oder Sperrungsrechten durch den Betroffenen nach § 3 5 B D S G . I m Falle der T ä t i g k e i t v o n I n f o m e d i ä r e n ist eine D u r c h s e t z u n g dieser A n s p r ü c h e s c h o n d e s h a l b u n p r o b l e m a t i s c h , weil die I n t e r e s s e n v o n I n f o m e d i ä r u n d B e t r o f f e n e m g l e i c h g e r i c h t e t sind. D e r N u t z e n u n d W e r t eines I n f o m e d i ä r s liegt gerade darin, dass dieser für den B e t r o f f e n e n handelt u n d dessen I n t e r e s s e n u n d V o r l i e b e n b e s o n d e r s gut k e n n t . S c h o n das K o n z e p t des I n f o m e d i ä r s b e d i n g t es, dass dieser

2 5 6 Normadressat des Auskunftsanspruchs nach §6a III BDSG sind nicht nur die Stellen, die auf der Grundlage des Score-Resultats eine nachteilige Entscheidung im Sinne des §6a I BDSG treffen (die Bank, die aufgrund eines schlechten Credit Scores einen Kreditantrag ablehnt, das Mobilfunkunternehmen, das einen Handy-Vertrag ablehnt etc.). Vielmehr besteht der Auskunftsanspruch auch gegenüber dem Datentreuhänder, der die personenbezogenen Daten des Betroffenen verarbeitet und in Form des Scores verwertet; siehe Bizer in Simitis, BDSG, §6a Rdn.53; Kloepfer/Kutzscbbacb, MMR 1998, 650 (658). 2 5 7 Siehe Bizer in Simitis, BDSG, §6a Rdn. 54f.; Dammann/Simitis, EG-Datenschutzrichtlinie, Art. 12 Erl. 1 Off. zum gleichlautenden Art. 12 lit. a 3. Spiegelstrich der EG-Datenschutzrichtlinie. 2 5 8 Siehe soeben B III 3 b bb. 2 5 9 So aber die Schufa gegenüber dem Anspruch der Betroffenen auf Auskunft über die Ausgestaltung ihres Scoring-Verfahrens; vgl. Kamlab, MMR 1999, 395 (403). 2 6 0 Siehe etwa die Praxis der Schufa, die die an Dritte mitgeteilten Score-Werte nicht speichert und daher auch dem Betroffenen keine Auskunft erteilen kann; kritisch dazu Petri, DuD 2003, 631 (636).

298

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

sich in erster L i n i e an d e n V o r g a b e n des B e t r o f f e n e n o r i e n t i e r t , s o w e i t es u m die R i c h t i g k e i t der D a t e n u n d u m die Z u l ä s s i g k e i t ihrer V e r a r b e i t u n g geht. G r u n d s ä t z l i c h gilt dies auch für die D a t e n v e r a r b e i t u n g durch A u s k u n f t e i e n . W o b e i diesen allerdings eine e r h ö h t e O b j e k t i v i t ä t s p f l i c h t z u k o m m t , da sie a u c h g e g e n ü b e r D r i t t e n als D a t e n e m p f ä n g e r n eine b e s o n d e r e V e r t r a u e n s p o s i t i o n einn e h m e n . W ä h r e n d das I n t e r e s s e dieser D a t e n e m p f ä n g e r tendenziell d a h i n gehen w i r d , die B o n i t ä t des E i n z e l n e n k r i t i s c h zu b e w e r t e n u n d im Z w e i f e l e h e r v o n dessen K r e d i t u n w ü r d i g k e i t als v o n dessen K r e d i t w ü r d i g k e i t auszugehen, ist das I n t e r e s s e des e i n z e l n e n B e t r o f f e n e n gerade e n t g e g e n g e s e t z t . G l e i c h e s gilt für die F r a g e , auf w e l c h e K r i t e r i e n sich die E i n o r d n u n g der B o n i t ä t stützen soll u n d darf. A u s S i c h t der D a t e n e m p f ä n g e r sollte dieser K r e i s t e n d e n z i e l l weit g e z o g e n w e r d e n u n d a u c h s o l c h e K r i t e r i e n u m f a s s e n , die n u r m ö g l i c h e r w e i s e auf eine z w e i f e l hafte B o n i t ä t h i n d e u t e n ; aus Sicht des B e t r o f f e n e n h i n g e g e n lässt sich i m Z w e i f e l für jedes d e n k b a r e N e g a t i v k r i t e r i u m eine E r k l ä r u n g f i n d e n , w a r u m diesem K r i t e r i u m i m k o n k r e t e n Fall keinerlei A u s s a g e k r a f t z u k o m m t . A u f g a b e der A u s k u n f teien ist es, diese e n t g e g e n g e s e t z t e n I n t e r e s s e n in E i n k l a n g zu bringen. A n d e r s als nach bisheriger R e c h t s l a g e ist es ihnen dabei n i c h t m ö g l i c h , die Interessen des B e t r o f f e n e n m e h r o d e r w e n i g e r zu i g n o r i e r e n , weil alleinige V e r t r a g s p a r t n e r u n d K u n d e n die E m p f ä n g e r der B o n i t ä t s a u s k ü n f t e sind. 2 6 1 Sie k ö n n e n es sich n i c h t erl a u b e n , zulasten der B e t r o f f e n e n eine gewisse Q u o t e an f e h l e r h a f t e n B o n i t ä t s a u s k ü n f t e n in K a u f zu n e h m e n , s o l a n g e n u r sichergestellt ist, dass kein B e t r o f f e n e r besser eingestuft w i r d als er es tatsächlich verdient. A u f g a b e der A u s k u n f t e i e n wird es v i e l m e h r in Z u k u n f t sein, ein effektives K o n t r o l l - u n d K o r r e k t u r s y s t e m zu installieren, das den I n t e r e s s e n der D a t e n e m p f ä n g e r an einer o b j e k t i v e n B o n i t ä t s e i n s t u f u n g e b e n s o g e r e c h t wird w i e den I n t e r e s s e n der B e t r o f f e n e n an einer fairen B e u r t e i l u n g i h r e r K r e d i t w ü r d i g k e i t . N u r w e n n ihnen dieser I n t e r e s s e n a u s gleich gelingt, w e r d e n sie v o n Seiten der B e t r o f f e n e n z u r D a t e n v e r a r b e i t u n g legit i m i e r t u n d v o n Seiten der D a t e n e m p f ä n g e r als v e r t r a u e n s w ü r d i g e I n f o r m a t i o n s stelle a n e r k a n n t w e r d e n . E i n s o l c h e s C r e d i t R e p o r t i n g - S y s t e m mag u m einiges u m f a n g r e i c h e r , k o m p l e x e r u n d v o r allem auch kostspieliger sein als das bisherige S y s t e m der S c h u f a u n d a n d e r e r A u s k u n f t e i e n . D i e s e r M e h r a u f w a n d ist a b e r aus G r ü n d e n eines e f f e k t i v e n u n d fairen D a t e n s c h u t z e s d u r c h a u s g e b o t e n . Ü b e r d i e s ist er auch v e r n a c h l ä s s i g e n s w e r t im V e r g l e i c h dazu, w e l c h e N a c h t e i l e d e m E i n z e l nen e n t s t e h e n k ö n n e n , w e n n seine B o n i t ä t zu U n r e c h t s c h l e c h t e r eingestuft wird u n d er deshalb v o m K r e d i t v e r k e h r ü b e r h a u p t a u s g e s c h l o s s e n wird o d e r ü b e r h ö h te K r e d i t z i n s e n z a h l e n m u s s . 2 6 2

Zur bisherigen Konstellation im Bereich Credit Reporting siehe oben Teil 2 (B II 1 a). Vor allem im Falle einer Kreditaufnahme können die finanziellen Mehrbelastungen infolge einer fehlerhaften Bonitätseinstufung gravierende Ausmaße annehmen: Amerikanische Verbraucherschutzorganisationen beziffern diese Mehrbelastungen für eine Hypothek in Höhe von $ 150.000 mit einer Laufzeit über dreißig Jahren auf bis zu $ 124.000; siehe oben Teil 2 B II 1 a cc (Fn.90). 261

262

C. Haftung für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung E i n D a u e r p r o b l e m des D a t e n s c h u t z r e c h t s ist dessen V o l l z u g s - u n d S a n k t i o n s d e fizit. D a t e n v e r a r b e i t e r m i s s a c h t e n - b e w u s s t o d e r u n b e w u s s t - die d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n V o r g a b e n u n d m ü s s e n hierbei n u r in den seltensten F ä l l e n m i t S a n k t i o n e n r e c h n e n . 1 D i e I n s t i t u t i o n a l i s i e r u n g v o n D a t e n t r e u h ä n d e r n k a n n z w a r einiges zu einer R e d u z i e r u n g dieser M i s s s t ä n d e b e i t r a g e n , i n d e m sie das Verhältnis z w i s c h e n D a t e n v e r a r b e i t e r n u n d B e t r o f f e n e n auf eine a n d e r e G r u n d l a g e stellt diese agieren nicht m e h r g e g e n - o d e r n e b e n e i n a n d e r , s o n d e r n

miteinander.

G l e i c h w o h l ist auch in dieser K o n s t e l l a t i o n n i c h t a u s g e s c h l o s s e n , dass D a t e n t r e u h ä n d e r ihre B e f u g n i s s e z u r D a t e n v e r a r b e i t u n g ü b e r s c h r e i t e n o d e r D a t e n fehlerhaft v e r a r b e i t e n . M ö g l i c h e S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e aus s o l c h e n D a t e n s c h u t z v e r s t ö ß e n sind auf vertraglicher u n d auf d e l i k t i s c h e r G r u n d l a g e denkbar. Seit der letzten N o v e l l i e r u n g enthält in U m s e t z u n g des A r t . 2 3 der E G - D a t e n s c h u t z r i c h t linie a u c h das B u n d e s d a t e n s c h u t z g e s e t z mit § 7 eine eigenständige H a f t u n g s n o r m für s c h u l d h a f t e D a t e n s c h u t z v e r s t ö ß e , die d e m B e t r o f f e n e n g e g e n ü b e r

nicht-

ö f f e n t l i c h e n Stellen einen A n s p r u c h auf S c h a d e n s e r s a t z g e w ä h r t . 2

I. Haftungsvoraussetzungen D a sich D a t e n v e r a r b e i t e r bislang für ihre T ä t i g k e i t in w e i t e m U m f a n g auf die ges e t z l i c h e n E r l a u b n i s t a t b e s t ä n d e s t ü t z e n k ö n n e n , b e d ü r f e n sie k e i n e r r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n L e g i t i m a t i o n in F o r m eines W a h r n e h m u n g s - o d e r s o n s t i g e n D a t e n n u t z u n g s v e r t r a g e s . F ü r den B e t r o f f e n e n w i e d e r u m b e d e u t e t dies, dass er bei D a t e n s c h u t z v e r s t ö ß e n d u r c h A u s k u n f t e i e n , A d r e s s h ä n d l e r u n d andere D a t e n v e r a r b e i t e r regelmäßig auf die G e l t e n d m a c h u n g n i c h t - v e r t r a g l i c h e r S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e b e s c h r ä n k t ist. 3 Z e n t r a l e A n s p r u c h s g r u n d l a g e n hierbei sind § 7

1 Siehe etwa zum datenschutzrechtlichen Vollzugs- und Sanktionsdefizit im Online-Bereich Schulzki-Haddouti, Verdeckte Ermittlungen, S. 20ff.; Gundermann, Teledienstedatenschutzgesetz, S.59f. und Hoeren, Wettbewerbsvorteil, S.268. 2 Gola/Schomerus, BDSG, §7 Rdn. \;Simitis inders., BDSG, §7 Rdn.4f. Siehedemgegenüber noch § 8 BDSG 1990, der es für den Bereich der privaten Datenverarbeitung bei der bloßen Normierung einer Beweislastumkehr beließ. 3 Vgl. Wächter, Datenschutz, Rdn. 1276.

300

J. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

B D S G und § 823 I BGB: § 7 BDSG als Anspruchsgrundlage für den Ersatz materieller Schäden und §823 I BGB, der als Auffangtatbestand zwar grundsätzlich hinter §7 B D S G zurücktritt, der jedoch für den Ersatz immaterieller Schäden auch weiterhin eine eigenständige Bedeutung hat.4 1. Haftungsauslösender

Datenschutzverstoß

Die erste Hürde, die der Betroffene bei einer Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Rahmen der §§ 823 B G B , 7 B D S G überwinden muss, ist die einer umfassenden Interessenabwägung zu seinen Gunsten. Dies gilt unabhängig davon, ob es im datenschutzrechtlichen Kontext überhaupt noch der positiven Feststellung einer rechtswidrigen Datenverarbeitung mittels Güter- und Interessenabwägung bedarf oder die Frage der Rechtswidrigkeit bereits durch die Normierung der zulässigen und unzulässigen Datenverarbeitungstatbestände entschieden ist.5 Denn auch die regelmäßig hier relevanten datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestände erschöpfen sich in allgemeinen Interessenabwägungsklauseln. Mit dem großzügigen Spielraum, den diese Generalklauseln zugunsten der datenverarbeitenden Stellen mit sich bringen, hat sich der zweite Teil dieser Arbeit bereits kritisch auseinander gesetzt. Dieser Spielraum führt dazu, dass sich ein Betroffener bei der Geltendmachung nicht-vertraglicher Schadensersatzansprüche regelmäßig schwer tun wird, die Rechtswidrigkeit einer Datenverarbeitung darzulegen.6 Selbst bei einer fehlerhaften Datenverarbeitung soll es nach Ansicht des B G H auf eine Interessenabwägung ankommen. Konkret entschieden hat dies der B G H für die Haftung der Schufa gegenüber einem Bankkunden, dem aufgrund einer Falschmeldung ein Kredit gekündigt und Schecks nicht eingelöst wurden.7 Der 4 Als weitere mögliche Anspruchsgrundlagen kommen auch die §§ 823 II, 824 und 826 B G B in Betracht. Seit Einführung des § 7 B D S G treten diese jedoch regelmäßig hinter die umfassendere datenschutzrechtliche Haftungsnorm des § 7 B D S G zurück; ausführlich Simitis in ders., B D S G , §7 Rdn. 65. Zum Verhältnis zwischen B D S G und §823 I B G B siehe Brüggemeier, Haftungsrecht, § 5 B V 2. 5 Nach B G H Z 91, 233 (239f.) stellt eine Datenverarbeitung, die gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt, zugleich auch eine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar; anderer Ansicht Ehmann, AcP 188 (1988), 230 (378), nach dessen Auffassung eine unzulässige Datenverarbeitung nicht unbedingt auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet. 6 Entsprechendes gilt für die Frage der Unzulässigkeit einer Datenverarbeitung im Rahmen des § 7 BDSG. 7 B G H N J W 1978, 2151. Im konkreten Fall hatte die Schufa verschiedenen Kreditinstituten unter Bezugnahme auf die bei ihr gemeldeten Kontonummern des Klägers Nachmeldungen zugesandt, in denen sie mitteilte, gegen „W in D., Y-Straße 11" seien Haftbefehle zwecks Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ergangen. Dieser W war allerdings nicht der Kläger (der in der B-Straße 45 wohnte), sondern eine ebenfalls in D. wohnende Person mit demselben Vor- und Nachnamen. Zu der Identitätsverwechslung kam es, weil die angeschlossenen Banken ebenso wie die Schufa die Identifikation nicht anhand von Straße und Hausnummer, sondern anhand der Konto-Nummer vornahmen.

C. Haftung für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung

301

B G H l e h n t eine H a f t u n g der S c h u f a z u m einen d e s h a l b ab, weil die K r e d i t i n s t i t u te als I n f o r m a t i o n s e m p f ä n g e r bei einer o r d n u n g s g e m ä ß e n E r f ü l l u n g der ihnen ü b e r t r a g e n e n P r ü f u n g s p f l i c h t e n die der F a l s c h m e l d u n g z u g r u n d e gelegene I d e n t i t ä t s v e r w e c h s l u n g e r k e n n e n hätten k ö n n e n . 8 Z u m a n d e r e n b e t o n t der B G H , dass eine R e c h t s w i d r i g k e i t der D a t e n v e r a r b e i t u n g d u r c h die S c h u f a n u r aus der z u m i s s b i l l i g e n d e n A r t der S c h ä d i g u n g abgeleitet w e r d e n k ö n n e . H i e r f ü r k o m m e es w i e d e r u m e n t s c h e i d e n d auf eine A b w ä g u n g d e r w i d e r s t r e i t e n d e n B e l a n g e an. 9 E n t s p r e c h e n d setzt sich das G e r i c h t im F o l g e n d e n e i n g e h e n d mit F u n k t i o n u n d B e d e u t u n g der S c h u f a auseinander, w o b e i es g a n z o f f e n s i c h t l i c h v o n den V e r d i e n s t e n einer s o l c h e n I n s t i t u t i o n so n a c h h a l t i g b e e i n d r u c k t ist, dass es d e m g e g e n ü b e r die I n t e r e s s e n des B e t r o f f e n e n an e i n e r z u t r e f f e n d e n E i n o r d n u n g seiner K r e d i t w ü r d i g k e i t z u r ü c k t r e t e n lässt. I m F o k u s der r i c h t e r l i c h e n

Würdigung

steht die schnelle u n d r e i b u n g s l o s e K r e d i t a b w i c k l u n g o h n e F o r m a l i t ä t e n u n d die u n e n t b e h r l i c h e S i c h e r u n g v o r k r e d i t u n w ü r d i g e n K u n d e n . D a g e g e n e n t s p r i c h t es aus S i c h t des G e r i c h t s n i c h t d e n N o t w e n d i g k e i t e n eines „ m o d e r n e n B a n k - u n d K r e d i t v e r k e h r s " , d e m B e t r o f f e n e n einen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h g e g e n ü b e r der S c h u f a zu g e w ä h r e n . S c h l i e ß l i c h m ü s s e j e d e r B a n k k u n d e d a m i t r e c h n e n , dass ihm seine B a n k a u f g r u n d einer u n r i c h t i g e n M e l d u n g den K r e d i t k ü n d i g e u n d er sich dann an diese halten müsse, u m einen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h geltend zu m a chen.10

2.

Sorgfaltsmaßstab

E b e n s o w i e die F r a g e nach e i n e m h a f t u n g s a u s l ö s e n d e n D a t e n s c h u t z v e r s t o ß lässt a u c h die F r a g e nach d e m m a ß g e b l i c h e n S o r g f a l t s m a ß s t a b viel R a u m dafür, einen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h je nach d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r Sensibilität a n z u n e h m e n o d e r a b z u l e h n e n . B e s o n d e r s d e u t l i c h zeigt sich dies w i e d e r u m bei der H a f t u n g v o n A u s k u n f t e i e n für eine f e h l e r h a f t e D a t e n v e r a r b e i t u n g . D i e Privilegierung der S c h u f a u n d a n d e r e r A u s k u n f t e i e n geht so w e i t , dass u n t e r B e r u f u n g auf die gerade a n g e s p r o c h e n e E n t s c h e i d u n g des B G H ein V e r s c h u l d e n der S c h u f a bei einer fals c h e n D a t e n ü b e r m i t t l u n g k a t e g o r i s c h a u s g e s c h l o s s e n w i r d . D i e s e treffe keinerlei V e r p f l i c h t u n g , die v o n ihr ü b e r m i t t e l t e n D a t e n auf ihre R i c h t i g k e i t hin zu ü b e r p r ü f e n . " D i e S c h u f a dürfe darauf v e r t r a u e n , dass die ihr a n g e s c h l o s s e n e n P a r t n e r u n t e r n e h m e n z u t r e f f e n d e D a t e n ü b e r m i t t e l n . 1 2 F ü r einen falschen S c h u f a - E i n 8 Kritisch zur Entscheidung des B G H Deutsch, JZ 1979,104; Simon, NJW 1979,265; Beckhusen, Schufa, S.315f. 9 B G H NJW 1978, 2151 (2152). 10 B G H a.a.O. 11 Vgl. Vortmann, ZIP 1989, 80 (81). Siehe auch AG Münster, Dok. BDSG 1977 §35 E 2: Deliktische Haftung einer Auskunftei scheidet mangels Verschulden aus, da diese als „reines Nachrichtensystem" eine Fehlerhaftigkeit der weitergegebenen Daten weder kennt noch kennen muss. 12 LG Stuttgart, DB 2002,1499; zustimmend Beckhusen, Schufa, S. 315; Schaffland/Wiltfang, BDSG, § 7 R d n . 10.

302

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

trag sei n i c h t diese, s o n d e r n in erster L i n i e diejenige Stelle v e r a n t w o r t l i c h , w e l c h e die z u g r u n d e liegenden D a t e n falsch ü b e r m i t t e l t hat. 1 3 U m g e k e h r t finden sich freilich a u c h F o r d e r u n g e n , w o n a c h A u s k u n f t e i e n jedenfalls d a n n v e r p f l i c h t e t sind, die in ihren D a t e n b e s t a n d a u f z u n e h m e n d e n M i t t e i l u n g e n auf ihre R i c h t i g keit zu ü b e r p r ü f e n , w e n n eine s o l c h e U b e r p r ü f u n g schnell, m i t v e r h ä l t n i s m ä ß i g g e r i n g e m A u f w a n d u n d zuverlässig e r f o l g e n k a n n . 1 4 K ö n n t e sich auch i n ^ i n e m s o l c h e n Fall die A u s k u n f t e i auf ihre s u b j e k t i v e U n k e n n t n i s v o n einer U n r i c h t i g keit der ü b e r m i t t e l t e n D a t e n b e r u f e n , w ü r d e d a m i t auch ein „ n u r a n n ä h e r n d wirksamer Datenschutz" unmöglich gemacht.15 D i e D i f f e r e n z e n in der B e u r t e i l u n g dessen, was v o n A u s k u n f t e i e n an S o r g f a l t im U m g a n g m i t p e r s o n e n b e z o g e n e n D a t e n verlangt w e r d e n k a n n , m a c h e n d e u t lich, w i e s c h w e r es ist, i m R a h m e n d e l i k t i s c h e r S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e einen allgemein gültigen S o r g f a l t s m a ß s t a b zu etablieren. A u c h d u r c h die H a f t u n g s n o r m des § 7 B D S G w i r d sich daran n i c h t s W e s e n t l i c h e s ändern. § 7 S. 1 B D S G b e g r ü n d e t eine S c h a d e n s e r s a t z p f l i c h t der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle, w e n n diese d e m B e t r o f f e n e n d u r c h eine nach d e m B D S G o d e r n a c h a n d e r e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n u n z u l ä s s i g e o d e r u n r i c h t i g e D a t e n v e r a r b e i t u n g einen S c h a d e n zufügt. A l l e r d i n g s gesteht § 7 S. 2 B D S G der d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stelle eine E n t l a s t u n g s m ö g l i c h k e i t zu u n d lässt ihre E r s a t z p f l i c h t entfallen, s o w e i t sie „die nach d e n U m s t ä n d e n des Falles g e b o t e n e Sorgfalt b e a c h t e t h a t . " 1 6 W i e d e r u m b l e i b t also dieselbe U n b e s t i m m t h e i t , was an Sorgfalt seitens der d a t e n v e r a r b e i t e n den Stelle g e b o t e n ist. F o l g t m a n der A n s i c h t , dass dieser S o r g f a l t i m m e r s c h o n dann a u s r e i c h e n d R e c h n u n g getragen ist, w e n n sich die v e r a n t w o r t l i c h e Stelle a m u n t e r e n R a n d der „ e r f o r d e r l i c h e n " t e c h n i s c h e n u n d o r g a n i s a t o r i s c h e n M a ß n a h m e n im S i n n e des § 9 B D S G b e w e g t , so w e r d e n die S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e der B e t r o f f e n e n a u c h in Z u k u n f t o f t m a l s leer l a u f e n . 1 7 A n d e r s stellt sich die h a f t u n g s r e c h t l i c h e S i t u a t i o n dar, w e n n d a t e n v e r a r b e i t e n de Stellen als D a t e n t r e u h ä n d e r im I n t e r e s s e u n d A u f t r a g des B e t r o f f e n e n tätig sind. D e r g e b o t e n e S o r g f a l t s m a ß s t a b w ü r d e dann nicht ex p o s t d u r c h die G e r i c h te, s o n d e r n ex ante d u r c h die B e t e i l i g t e n selbst b e s t i m m t . D i e s e legen einen R e c h te- u n d P f l i c h t e n k a t a l o g fest, der n i c h t n u r den zulässigen U m f a n g einer D a t e n v e r a r b e i t u n g d u r c h d e n D a t e n t r e u h ä n d e r klar definiert, s o n d e r n a u c h die M a ß n a h m e n , die dieser im I n t e r e s s e einer s i c h e r e n u n d richtigen D a t e n v e r a r b e i t u n g In diesem Sinne auch B G H NJW 1980, 347 (349). Siehe LG Paderborn MDR 1981, 581 (582). 15 A.a.O. 16 Siehe dazu die Kritik von Simitis (ders., BDSG, § 7 Rdn. 5), wonach es der Gesetzgeber bei der Umsetzung des Art. 23 EG-Datenschutzrichtlinie vorgezogen hat, „alle wirklichen oder vermeintlichen Freiräume zu nutzen, um den Schadenersatzanspruch einzuschränken", und der dabei auch „ohne Not" den verantwortlichen Stellen eine Entlastungsmöglichkeit zugestanden hat. 17 So Wedde in Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap.4.4 Rdn. 92; zum Problem der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen vgl. auch Schneider, Handbuch EDV-Recht, S. 237. 13

14

C. Haftung

für unzulässige

und unrichtige

Datenverarbeitung

303

zu treffen hat. Dass solche Vereinbarungen auch tatsächlich getroffen werden, ist schon deshalb gewährleistet, weil sich die Betroffenen regelmäßig nur dann zu einer Einräumung von Datennutzungsrechten bereit erklären werden, wenn deren Grenzen eindeutig gezogen sind und das O b und Wie der Datenverarbeitung einem effektiven Kontrollmechanismus unterliegt. Damit ist zugleich aber auch der Pflichtenmaßstab bestimmt, bei dessen Verletzung sich der einzelne Betroffene auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch nach §280 I B G B stützen kann. Mit den Unwägbarkeiten, wie sie sich derzeit bei der Geltendmachung eines deliktischen Schadensersatzanspruchs einstellen, muss er sich dann nicht mehr auseinander setzen.

II. Ersatz materieller Schäden Soweit zwischen Datenverarbeiter und Betroffenem eine vertragliche Beziehung besteht, kann der Betroffene seinen Anspruch auf den Ersatz materieller Schäden aus einer unzulässigen oder unrichtigen Datenverarbeitung auf die §§280 1,249ff. BGB stützen. Praktisch relevant ist ein materieller Schadensersatzanspruch in erster Linie bei fehlerhaften Auskünften im Bereich des Credit Reporting. Ein Ersatzanspruch kann hier die verschiedensten Schadensposten umfassen: die erhöhten Kreditkosten aufgrund einer falschen Einstufung der Kreditwürdigkeit; 1 8 den finanziellen Schaden durch eine Kreditkündigung infolge einer Fehlauskunft; 1 9 die Rechtsanwaltskosten, die im Zuge der Berichtigung eines fehlerhaften Datenbestands anfallen. 20 Ein Mitverschulden des Betroffenen, das bei der Ersatzpflicht einer Auskunftei nach §254 BGB zu berücksichtigen wäre, k o m m t etwa dann in Betracht, wenn der Betroffene trotz Kenntnis nichts zur Berichtigung eines falschen Datenbestands bei der Kreditauskunftei u n t e r n o m m e n hat. 21 Fehlt es - wie bislang üblich - an einer vertraglichen Beziehung zwischen Datenverarbeiter und Betroffenem, muss letzterer seine materiellen Schadensersatzansprüche auf § 7 S. 1 BDSG in Verbindung mit den §§249ff. BGB stützen. Die Vorschrift des §823 I BGB hat daneben mit Einführung des § 7 BDSG ihre einst zentrale Bedeutung als Anspruchsgrundlage f ü r den Ersatz materieller Schäden verloren. 22 Ein im Rahmen des § 7 BDSG ersatzfähiger materieller Schaden k o m m t auch im Hinblick auf die Verletzung vermögenswerter Bestandteile des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in Betracht. 23 Für die Bestimmung 18

Vgl. dazu L G Paderborn M D R 1981, 581. Vgl. dazu B G H N J W 1978, 2151. 20 Vgl. dazu A G Münster, D o k . B D S G 1977 §35 E 2; allgemein zur Ersatzfähigkeit von Rechtsanwaltskosten siehe Heinrichs in Palandt, BGB, §280 R d n . 3 2 . 21 Vgl. Beckhusen, Schufa, S.317. 22 Simitis in ders., BDSG, § 7 R d n . 5 7 . 23 Z u m vermögensrechtlichen C h a r a k t e r des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung siehe oben A II 2. 19

304

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

der k o n k r e t e n S c h a d e n s h ö h e steht d e m G e s c h ä d i g t e n in A n s c h l u s s an die M a r l e ne D i e t r i c h - E n t s c h e i d u n g des B G H 2 4 das d i f f e r e n z i e r t e I n s t r u m e n t a r i u m der d r e i f a c h e n S c h a d e n s b e r e c h n u n g o f f e n , w i e es seit j e h e r aus d e m I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t b e k a n n t ist. 2 5 D e r B e t r o f f e n e k a n n auch d a n n , w e n n i h m d u r c h eine u n z u lässige D a t e n v e r a r b e i t u n g kein t a t s ä c h l i c h e r S c h a d e n e n t s t a n d e n ist, z u m i n d e s t einen a b s t r a k t e n W e r t a u s g l e i c h nach der L i z e n z a n a l o g i e verlangen o d e r w a h l w e i se d e n v o m D a t e n v e r a r b e i t e r d u r c h die u n z u l ä s s i g e D a t e n v e r a r b e i t u n g erzielten G e w i n n herausverlangen.26 D e r Betroffene kann daher etwa gegenüber einem A d r e s s h ä n d l e r , der seine D a t e n u n z u l ä s s i g e r w e i s e v e r k a u f t o d e r v e r m i e t e t hat, w a h l w e i s e den auf diese W e i s e erzielten G e w i n n b e a n s p r u c h e n o d e r n a c h den G r u n d s ä t z e n der L i z e n z a n a l o g i e den B e t r a g geltend m a c h e n , bei dessen Z a h l u n g er sich g e g e n ü b e r e i n e m I n f o m e d i ä r mit einer k o m m e r z i e l l e n N u t z u n g seiner D a ten e i n v e r s t a n d e n erklärt hätte. E b e n s o k a n n er etwa g e g e n ü b e r einer A u s k u n f t e i einen A n s p r u c h auf H e r a u s g a b e des G e w i n n s geltend m a c h e n , den j e n e d u r c h die entgeltliche Ü b e r m i t t l u n g v o n K r e d i t a u s k ü n f t e n u n d C r e d i t S c o r e s zu seiner P e r s o n erzielt h a t . 2 7

III. Ersatz immaterieller Schäden V o n B e d e u t u n g b l e i b t § 8 2 3 I B G B t r o t z § 7 B D S G w e i t e r h i n , s o w e i t es u m den E r s a t z i m m a t e r i e l l e r S c h ä d e n geht, die aus einer in d e m D a t e n s c h u t z v e r s t o ß lieg e n d e n P e r s ö n l i c h k e i t s v e r l e t z u n g r e s u l t i e r e n . 2 8 D e r eigentliche S c h a d e n im Falle einer u n r e c h t m ä ß i g e n D a t e n v e r a r b e i t u n g ist o f t i m m a t e r i e l l e r N a t u r - der B e t r o f f e n e wird sozial d i s k r i m i n i e r t , er f ü h l t sich als b l o ß e s O b j e k t der D a t e n v e r a r B G H Z 143, 214 (231 f.) - Marlene Dietrich. Ehmann in Erman, B G B , Anh §12 Rdn.242; Wagner in Münchener Kommentar, BGB, §823 Rdn. 174.; siehe schon Brüggemeier, Deliktsrecht, S. 196. 26 Anders die bisherige datenschutzrechtliche Literatur; siehe etwa Simitis in ders., BDSG, § 7 Rdn. 30: „Die Betroffenen müssen freilich einen Schaden tatsächlich erlitten haben. Die bloße Übermittlung falscher Angaben, etwa durch die Schufa, reicht daher nicht aus. Solange sie folgenlos bleibt, scheidet auch eine Ersatzpflicht der verantwortlichen Stelle aus". 27 Nach überwiegender Meinung in der Literatur soll die Verpflichtung zur Gewinnherausgabe allerdings bei Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht anders als im Immaterialgüterrecht unter der Bedingung eines vorsätzlichen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht stehen; siehe Ehmann in Erman, BGB, Anh §12 Rdn.373; Wagner, ZEuP 2000, 200 (225ff.); vgl. auch Larenz/Canans, Schuldrecht, §72 III 3 c (zur bereicherungsrechtlichen Haftung auf Gewinnherausgabe). 28 § 7 BDSG erfasst einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nicht, schließt ihn andererseits aber auch nicht aus; siehe Gola/Schomerus, BDSG, §7 Rdn. 19; Simitis in ders., BDSG, §7 Rdn. 32f. Streitig ist, ob der Gesetzgeber mit der Beschränkung des § 7 BDSG auf den Ersatz materieller Schäden seiner Umsetzungspflicht aus Art. 23 EU-Datenschutzrichtlinie ausreichend nachgekommen ist; siehe etwa Dammann/Simitis, EG-Datenschutzrichtlinie, Art. 23 Erl. 5 (für eine Ersatzpflicht materieller und immaterieller Schäden nach Art. 23 der Richtlinie); siehe auch Niedermeier/Schröcker, RDV 2002,217 (224) (für eine richtlinienkonforme Auslegung des Schadensbegriffs in §7 BDSG mit der Konsequenz einer Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden über §7 BDSG). 24 25

C. Haftung für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung

305

b e i t u n g , ist in seiner freien P e r s ö n l i c h k e i t s e n t f a l t u n g g e h e m m t o d e r s o n s t w i e p s y c h i s c h b e l a s t e t . 2 9 U n a b h ä n g i g d a v o n , o b der B e t r o f f e n e auch einen m a t e r i e l len S c h a d e n erlitten hat, liegt jedenfalls der S c h w e r p u n k t der R e c h t s v e r l e t z u n g o f t m a l s im ideellen B e r e i c h u n d k a n n d a h e r a u c h n u r d u r c h einen A n s p r u c h auf immateriellen Schadensersatz angemessen ausgeglichen werden.30 1.

Voraussetzungen

V o r a u s s e t z u n g f ü r einen A n s p r u c h auf i m m a t e r i e l l e n S c h a d e n s e r s a t z ist n a c h s t ä n d i g e r R e c h t s p r e c h u n g eine s c h w e r w i e g e n d e V e r l e t z u n g des P e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t s , die anders als d u r c h eine G e l d e n t s c h ä d i g u n g n i c h t b e f r i e d i g e n d ausgeglic h e n w e r d e n k a n n . 3 1 W a n n ein d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r V e r s t o ß n i c h t m e h r lediglich als „kleinerer s o z i a l a d ä q u a t e r E i n g r i f f " 3 2 , s o n d e r n als eine s c h w e r w i e g e n d e P e r s ö n l i c h k e i t s v e r l e t z u n g im o b i g e n S i n n e e i n z u o r d n e n ist, lässt sich n u r n a c h d e n U m s t ä n d e n des Einzelfalls b e u r t e i l e n . 3 3 M a ß g e b l i c h e F a k t o r e n sind i n s b e s o n d e r e die A r t u n d S c h w e r e der B e e i n t r ä c h t i g u n g , A n l a s s u n d B e w e g g r u n d des H a n d e l n s u n d der G r a d des V e r s c h u l d e n s . 3 4 V o n B e d e u t u n g ist d a r ü b e r hinaus a u c h , in w e l c h e g e s c h ü t z t e S p h ä r e e i n g e d r u n g e n w o r d e n ist. 3 5 D i e u n g e f r a g t e V e r ö f f e n t l i c h u n g eines P e r s ö n l i c h k e i t s p r o f i l s m i t sensitiven I n f o r m a t i o n e n w i r d eine s c h w e r w i e g e n d e P e r s ö n l i c h k e i t s v e r l e t z u n g e h e r b e g r ü n d e n als die u n z u l ä s sige Ü b e r m i t t l u n g einer S c h u f a - M e l d u n g . G e n e r e l l ist f ü r d e n w i r t s c h a f t l i c h e n B e r e i c h d a v o n a u s z u g e h e n , dass eine P e r s ö n l i c h k e i t s v e r l e t z u n g k a u m j e m a l s als 2 9 Vgl. Weichen, NJW 2001,1464(1466): „Gravierende Schäden sind oft immaterieller Natur, etwa in Form sozialer Diskriminierung, psychischer Belastung, Manipulation, Angst und Einschüchterung." 30 Zur „Doppelverletzung" ideeller und kommerzieller Persönlichkeitsinteressen und dem Nebeneinander von immateriellem und materiellem Schadensersatz siehe Ehmann in Erman, B G B , Anh §12 Rdn.263f.; siehe auch Reher, ZUM 2004, 708 (714). 31 Fikentscher, Schuldrecht, Rdn. 1231. Die Rechtsprechung hat diesen Anspruch anfänglich in Analogie zu §847 B G B a.F. entwickelt, leitet ihn jetzt aber unmittelbar aus §823 B G B i.V.m. Art. 1 I und Art.2 I G G her; siehe zunächst B G H Z 26, 349 - Herrenreiter (Analogie zu §847 BGB); B G H Z 35,363 - Ginseng (§ 823 B G B i.V.m. Art. 11,21 GG); bestätigt durch BVerfGE 34, 269 (287ff.) - Soroya. Auch durch die Aufhebung des § 847 B G B a.F. und die Einfügung des § 253 II B G B n.F. soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers an dieser Rechtslage nichts geändert haben; BT-Drs. 14/7752, S. 49 und 55; Wagner, NJW 2002,2049 (2056f.); Ehmann in Erman, BGB, Anh §12 Rdn. 378; Katzenmeier, JZ 2002, 1029 (1033). 32 Vgl. Fechner, Medienrecht, Rdn. 299. 33 Vgl. Simitis in ders., BDSG, §8 Rdn. 18, zum Schadensersatz bei automatisierter Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen. § 8 II BDSG sieht hier, anders als für die Datenverarbeitung privater Stellen, auch einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz bei schweren Persönlichkeitsverletzungen vor; zur Frage einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung i.S.d. §8 II BDSG siehe LG Berlin NJW-RR 2005, 1565. 34 St. Rspr.; siehe aus jüngerer Zeit B G H Z 128, 1 (12) - Caroline I; 132, 13 (27) - Lohnkiller. Zur Entwicklung der Rechtsprechung siehe Brandner, JZ 1983, 689 (695f.). Zum Schmerzensgeld bei einem datenschutzrechtlichen Verstoß siehe auch LG Deggendorf, Dok. BDSG 1990 § 7 E 1. 35 B G H NJW 1985, 1617 - Nacktfoto.

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3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

so schwerwiegend einzuordnen ist, dass sie einen Schmerzensgeldanspruch begründen könnte. 3 6 Die Rechtsprechung steht einem Schmerzensgeldanspruch selbst dann skeptisch gegenüber, wenn durch eine fehlerhafte Datenverarbeitung der Eindruck eines wiederholten Bankrotts und einer schlechten Zahlungsmoral geweckt wird und der Betroffene dadurch nicht nur in seiner Kreditwürdigkeit, sondern auch in seiner Ehre und seinem Ansehen gegenüber Dritten beeinträchtigt wird. 37 2. Prävention und erzielter Gewinn als Bemessungskriterien Wird ein immaterieller Schadensersatzanspruch dem Grunde nach anerkannt, kommt es für dessen Höhe wiederum auf Art und Schwere der konkreten Persönlichkeitsverletzung an. 38 Anders als beim Schmerzensgeld „im eigentlichen Sinne" des §253 II B G B (§847 B G B a.E) sollen beim Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Gesichtspunkte der Genugtuung und der Prävention im Vordergrund stehen. 39 In seiner Caroline-Rechtsprechung fordert der B G H , dass von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt für eine rücksichtlose Vermarktung der Persönlichkeit ausgehen müsse, wenn die Verletzung der Persönlichkeit als Mittel zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt wird. Erreicht werden soll dieser Präventionszweck dadurch, dass auch die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einbezogen wird. 40 Dieser Ansatz des B G H entwickelt im Kontext einer Kommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten berühmter Personen durch die Presse - lässt sich auch auf die ungewollte Kommerzialisierung personenbezogener Daten übertragen. Sollte ein Adressverlag in großem Umfang Persönlichkeitsdossiers mit intimen Daten anlegen und an Dritte weiterveräußern, besteht kein Anlass, diesen Datenverarbeiter haftungsmäßig besser zu stellen als ein Presseorgan, welches die Persönlichkeit einer berühmten Einzelperson kommerzialisiert. Das viel beklagte Vollzugsdefizit im Datenschutzrecht legt die Erwartung nahe, dass auch im Datenschutzrecht der Schutz des Einzelnen vor einer rücksichtslosen Kommerzialisierung seiner persönlichen Daten nur durch eine „fühlbare" Geldentschädigung gewährleistet werden kann. Der Ansatz des B G H , den vom Schädiger erzielten oder beabsichtigten Gewinn bei der Höhe der Entschädigung als Faktor mit zu berücksichtigen, ist allerdings nicht unumstritten. Kritik entzündet sich insbesondere an der zentralen 36 Für eine Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden unabhängig von der Schwere der Eingriffshandlung Born, Schadensersatz, S. 127. 3 7 Siehe O L G Frankfurt ZIP 1989, 89 (92); anders Simitis in ders., B D S G , § 7 Rdn. 61. 38 Vgl. O L G Hamburg N J W 1996,2870 (2872); O L G Hamm N J W - R R 2004,919 - TV-Total. 3 9 B G H Z 128, 1 (15) - Caroline I; B G H N J W 1996, 984 (985); jüngst ausdrücklich bestätigt durch B G H N J W 2005,215. 4 0 B G H Z 128, 1 (15f.) - Caroline I; B G H N J W 1996, 984 (985); N J W 2005, 215 (218).

C. Haftung für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung

307

Rolle, die der B G H der Präventivfunktion im Rahmen der Schadensersatzhaftung zukommen lässt, die aber mit dem geltenden Schadensersatzrecht in keiner Weise vereinbar sei.41 Verwiesen wird auch auf den Wertungswiderspruch, der sich aus den unverhältnismäßig höheren Entschädigungssummen bei Persönlichkeitsrechts- gegenüber Körperverletzungen ergebe. 42 Die Rede ist von einer „Prominenzjudikatur" 4 3 , von einer Rechtsprechung für die „Reichen und Schönen", die „überwiegend Vertreter des internationalen Hochadels und andere Sterne des Medienhimmels" begünstige. 44 Wobei allerdings die Rechtsprechung aus jüngster Zeit zeigt, dass sich die Caroline-Rechtsprechung des B G H durchaus auch zugunsten „einfacher Bürger" in Form höherer Schmerzensgeldbeträge auswirken kann. Die einer Schülerin vom O L G Hamm zugesprochene Summe von 70.000 Euro als Entschädigung für die vorsätzliche und rücksichtslose Vermarktung ihrer Persönlichkeit unterscheidet sich in ihrer Höhe nicht mehr grundlegend von den 180.000 D M , die Caroline von Monaco für die Kommerzialisierung ihrer Persönlichkeit vom O L G Hamburg zugesprochen bekommen hat. 45 Für den gewünschten Hemmungseffekt einer Geldentschädigung soll es nach der Entscheidung des O L G Hamm gerade nicht auf die Prominenz oder Nichtprominenz des Betroffenen ankommen, sondern allein auf Art, Ausmaß und Intensität der konkreten Persönlichkeitsverletzung. 46 3. Eingriffskondiktion

und Geschäftsanmaßung

keine

Alternativen

Die Kritik an der Rechtsprechung des B G H ruht ganz wesentlich auch auf der Uberzeugung, auf alternativen Wegen sicherstellen zu können, dass sich eine Zwangskommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten für den Verletzer wirtschaftlich nicht lohnt. 47 Verwiesen wird sowohl auf den Weg über die EingriffsSiehe etwa Canaris, Gewinnabschöpfung, S. 105ff.; Seitz, N J W 1996, 2848. Siehe die Rechtsprechungsnachweise bei Gounalakis, AfP 1998,10 (16); siehe auch CoesterWaltjen, Jura 2001,133 (135f.); Däubler, NJW 1999, 1611 (1612); Müller, VersR 2003, 1 (5). Zur Billigung der Rechtsprechung durch das BVcrfG (NJW 2000, 2187) siehe Brüggemeier, Haftungsrecht, § 9 B III 2. 43 Esser/Schmidt, Schuldrecht AT 1/2, §30 II la (S. 170). 44 Gounalakis, AfP 1998, 10 (18); gegen eine solche Argumentation Fechner, Medienrecht, Rdn. 305; kritisch zum Vorwurf der „Klassenjustiz" auch Schwerdtner, Persönlichkeitsschutz, S.43. 4 5 Siehe einerseits O L G Hamm N J W - R R 2004, 919 und andererseits O L G Hamburg N J W 1996, 2870 (in Anschluss an B G H Z 128,1 sowie B G H N J W 1996,984 - Caroline von Monaco). 4 6 So ausdrücklich O L G Hamm N J W - R R 2004, 919 (922) -TV-Total. Im konkreten Fall ging es um die 16-jährige Schülerin Lisa Loch, die sich in einem Fernsehspot für den Schönheitswettbewerb „Miss Rhein-Ruhr" mit den Worten „Mein Name ist Lisa Loch und ich bin 16 Jahre alt" vorgestellt hatte. Der beklagte TV-Moderator nahm diesen Fernsehspot zum Anlass, wiederholt aggressiv und diffamierend den Namen der Schülerin zu verspotten. Er machte den Namen zum Gegenstand anzüglicher Witze und veröffentlichte in seiner Sendung u.a. ein pornographisch gestaltetes Wahlplakat der fiktiven „Lisa-Loch-Partei". 41

42

4 7 Dass ein solches Ergebnis auf dem einen oder anderen Weg erreicht werden muss, um die gezielte Zwangskommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten effektiv zu unterbinden, ist

308

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

kondiktion 48 als auch auf die Möglichkeit einer Gewinnherausgabe nach §687 II B G B . 4 9 Fraglich ist jedoch, ob diese Ansprüche tatsächlich stets durchgreifen können. Was den Gewinnabschöpfungsanspruch aus angemaßter Eigengeschäftsführung angeht, setzt die Annahme eines „fremden Geschäfts" nach überwiegender Meinung voraus, dass es sich um eine Kommerzialisierung vermögenswerter Persönlichkeitsbestandteile handelt. 50 Von Relevanz wäre §687 II B G B daher nur als Alternative zu einem materiellen Schadensersatzanspruch, nicht aber als Alternative zum hier inmitten stehenden immateriellen Schadensersatzanspruch. 51 Was die bereicherungsrechtliche Alternative angeht, scheidet diese in den Fällen aus, in denen der erzielte Gewinn nicht unmittelbar aus dem Wert der verletzten Persönlichkeit resultiert. 52 Der Fall ist dies vor allem bei einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten Nicht-Prominenter: Anders als bei der Zwangskommerzialisierung berühmter Persönlichkeiten, wo der Gewinn gerade und eben nur wegen dieser Persönlichkeit erzielt wird, spielt bei einer persönlichkeitsverletzenden Kommerzialisierung Nicht-Prominenter die Person des Verletzten oftmals nur eine untergeordnete Rolle. Der oben angesprochene, vom O L G Hamm entschiedene Fall 53 bietet ein Beispiel hierfür. Der von den Beklagten erzielte Gewinn resultiert hier in erster Linie aus der Persönlichkeitsverletzung selbst, ein kommerzialisierbarer „Persönlichkeitswert" der Klägerin ist gerade erst infolge der Parodie und Diffamierung durch den beklagten Moderator geschaffen worden. Die Klägerin selbst hat zu ihrem ungewollten „Wert" hingegen

ganz überwiegend anerkannt. Vgl. nur von Gerlach, VersR 2002, 917; Schlechtriem, J Z 1995, 362 (364); siehe aber Gounalakis, AfP 1998,10 (19ff.), der für eine Weiterentwicklung des pressespezifischen Rechtsfolgeninstrumentariums plädiert; ähnlich Lange, VersR 1999, 274 (282). 4 8 Siehe vor allem Canaris, Gewinnabschöpfung, S. 87ff.; siehe auch Siemes, AcP 201 (2001), 202 (215ff-); Teichmann in Jauernig, B G B , §253 Rdn. 7. 4 9 Siehe etwa Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsgüterrechte, S.50ff.; dies., K & R 1999, 396 (398); Beuthien, N J W 2003, 1220 (1221f.); v. Gerlach, VersR 2002, 917 (924ff.); Siemes, AcP 201 (2001), 202 (228ff.). 50 Seiler in Münchener Kommentar, B G B , §687 Rdn. 20; siehe auch Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsgüterrechte, S. 52; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 350; Ehmann in Erman, B G B , Anh § 12 Rdn. 361. Teils wird der Anspruch im Falle einer Zwangskommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten auch schon deshalb abgelehnt, weil es am Führen eines „fremden Geschäfts" im Sinne des § 687 II B G B fehle. Allein der Träger des Persönlichkeitsrechts dürfe darüber entscheiden, ob und inwieweit eine kommerzielle Verwertung seiner Persönlichkeitsaspekte zulässig oder unzulässig sei; vgl. Gounalakis, AfP 1998, 10 (19). 51 Wobei er als Alternative zu einem materiellen Schadensersatzanspruch seine praktische Bedeutung seit der Marlene Dietrich-Entscheidung des B G H ohnehin verloren hat. 52 Dies gilt unabhängig davon, ob man einen Anspruch auf Herausgabe des vom Bereicherungsschuldner erzielten Gewinns direkt aus §818 II B G B herleiten möchte (so etwa Esser/Weyers, Schuldrecht II, § 51 11 f; Westermann/Buck in Erman, B G B , § 818 Rdn. 18) oder für den Weg über die §§819 I, 818 IV i.V.m. §285 B G B plädiert (siehe dazu Canaris, Gewinnabschöpfung, S. 91 ff.). 53

Oben Fn. 46.

C. Haftung für unzulässige

und unrichtige Datenverarbeitung

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nichts beigetragen, außer dass sie - wie es das O L G Hamm formuliert - „einen denkbar harmlosen Satz mit ihrem Namen und Alter gesagt hat". 5 4 Unabhängig davon, ob die Alternativen der Eingriffskondiktion oder Geschäftsanmaßung dem Grunde nach durchgreifen, stellt sich im datenschutzrechtlichen Kontext die Frage, ob diese Ansprüche ihrem Inhalt nach überhaupt die gewünschte Präventivwirkung entfalten können. Der wirtschaftliche Erfolg eines Datenverarbeiters basiert nicht auf der vereinzelten Kommerzialisierung einiger weniger Personen, sondern auf der Masse an Datenverarbeitungsvorgängen bezüglich einer Vielzahl von Individuen. Entsprechend wird der wirtschaftliche Erfolg eines Datenverarbeiters auch dann nicht nennenswert geschmälert, wenn er im Streitfall an eine Einzelperson den mit ihren Daten erzielten Gewinn herausgeben muss. Ein „echter Hemmungseffekt", wie er dem B G H bei der Bemessung des immateriellen Schadensersatzes vorschwebt, geht mit einer Gewinnabschöpfung nicht einher - egal ob diese auf eine Eingriffskondiktion oder auf eine angemaßte Eigengeschäftsführung gestützt wird. Damit wird aber auch die Argumentation hinfällig, es bedürfe für die Bemessung eines immateriellen Schadensersatzes überhaupt nicht einer am Präventionszweck orientierten Entschädigungshöhe, um den Einzelnen vor einer Zwangskommerzialisierung seiner Persönlichkeit effektiv zu schützen. 55 Uber Eingriffskondiktion oder angemaßte Eigengeschäftsführung kann ein solcher Präventionszweck in den Fällen einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung jedenfalls nicht erreicht werden. Demgegenüber eröffnet die Caroline-Rechtsprechung einen flexiblen Rahmen, um im Falle einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung einen Entschädigungsbetrag je nach den Umständen des Einzelfalls anzusetzen. Ubernimmt man die Grundsätze der Caroline-Rechtsprechung für das Datenschutzrecht, können diese auch zu einem Entschädigungsanspruch führen, der der Höhe nach über dem durch die konkrete Rechtsverletzung erzielten Gewinn liegt. 56 Im Falle einer planmäßigen Kommerzialisierung personenbezogener Daten ist ein echter Hemmungseffekt nur dann zu erwarten, wenn die Höhe des Entschädigungsanspruchs den durch die unrechtmäßige Datenverarbeitung insgesamt erzielten Gewinn mit berücksichtigt. Der konkrete Datenschutzverstoß ist hier nicht lediglich ein Ausreißer, sondern die logische Konsequenz eines dem Grunde nach rechtswidrigen Datenverarbeitungskonzepts. Der Gewinn, den der Datenverarbeiter „aus der Rechtsverletzung" erzielt und der als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Entschädigungshöhe mit einbezogen werden soll, ist O L G Hamm N J W - R R 2004, 919 (920) - TV-Total. Vgl. etwa Canaris, Gewinnabschöpfung, S. 86. 56 Vorausgesetzt, es handelt sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, der in anderer Weise als durch einen Entschädigungsanspruch nicht befriedigend ausgeglichen werden kann (oben C III 1); zu einem „Mehr" an Schadensersatz im Falle von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts siehe schon Lehmann, Persönlichkeitsrecht, S. 263. 54

55

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J. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

daher nicht lediglich der Gewinn aus der konkreten Rechtsverletzung, sondern der Gewinn überhaupt, den der Datenverarbeiter aus seiner rechtswidrigen Datenverarbeitungspraxis zieht. Wobei es hier wiederum - wie schon der B G H in seiner ersten Caroline-Entscheidung betont - nicht um eine „Gewinnabschöpfung" geht, sondern um die Berücksichtigung dieses Gewinns als ein Faktor bei der Bemessung der Entschädigungshöhe. 57 Die Entschädigung muss der Höhe nach ein Gegenstück dazu bilden, dass ein Datenverarbeiter personenbezogene Daten zum Zwecke der Gewinnerzielung rechtswidrig verarbeitet hat. Sie muss unter Berücksichtigung von Präventionsgesichtspunkten so hoch ausfallen, dass es für Adresshändler oder Auskunfteien wirtschaftlicher ist, sich um ein datenschutzkonformes Verarbeitungskonzept zu bemühen.

IV. Prävention im Datenschutzrecht Ziel dieser Arbeit ist es nicht, die grundlegende Frage nach dem Stellenwert der Prävention im deutschen Haftungsrecht einer abschließenden Klärung zuzuführen. 58 Festgehalten werden kann jedoch, dass jedenfalls der B G H trotz aller Kritik offensichtlich nicht vorhat, von seiner Caroline-Rechtsprechung in absehbarer Zukunft wieder abzurücken. In Ergänzung der Caroline-Entscheidungen aus den Jahren 1994 und 1995 hat der Gerichtshof jüngst ausdrücklich klargestellt, dass er an seiner am Präventionszweck orientierten Zubilligung einer Geldentschädigung auch weiterhin festhalten werde: „Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, dass der Präventionszweck als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter handele ... hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt". 59 Maßgeblich ist für den

B G H Z 1 2 8 , 1 ( 1 6 ) - Caroline von Monaco I; siehe auch Steffen, ZRP 1996, 366 (367). Ausführlich dazu Dreier, Kompensation und Prävention, S. 413 ff. (zu den Grundsätzen der Caroline-Rechtsprechung siehe auch a.a.O., S. 352: Letztlich „wird man die Berücksichtigung des Gedankens der Prävention im Rahmen der Geldentschädigung wegen immaterieller Beeinträchtigungen im Ergebnis ... wohl doch rechtfertigen können."). 5 9 B G H N J W 2005, 215 (216) mit Verweis u.a. auf die Kritik von Deutsch, LM §823 Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10 (14ff.) und Seitz, N J W 1996, 2848. Siehe demgegenüber zum Bedeutungsgewinn des Präventionsgedankens im Haftungsrecht Brüggemeier, Haftungsfolgen, S. 188ff.; Coester-Waltjen, Massenschäden, S.250ff.; Körner, NJW 2000, 241; Lehmann, G R U R Int. 2004, 762; ders., B B 1988, 1680 (1681); Prinz, NJW 1995, 817 (820); ders., NJW 1996, 953 (954); Schwerdtner, Persönlichkeitsschutz, S.43; Steffen, NJW 1997, 10; Wagner, ]Z 2004, 319 (322). Siehe auch Stürner, AfP 1998, 1 (8): „Es gibt keine scharfe Grenze zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Regelungszwecken ...Solangeder Strafschaden nur den Verletzten begünstigt und die Wertschöpfung unrechtmäßigen Verhaltens gegenüber dem Verletzten berücksichtigt, ist er eine Größe, die dem System des Zivilrechts durchaus eingepasst bleibt." Zur Gel57 58

C. Haftung für unzulässige und unrichtige Datenverarbeitung

311

B G H die E r w ä g u n g , dass der B e t r o f f e n e o h n e die Z u b i l l i g u n g einer s p ü r b a r e n G e l d e n t s c h ä d i g u n g bei P e r s ö n l i c h k e i t s v e r l e t z u n g e n o f t m a l s s c h u t z l o s b l e i b e n w ü r d e - eine E r w ä g u n g , die der B G H bereits in seinen f r ü h e r e n C a r o l i n e - E n t s c h e i d u n g e n ausführlich dargelegt h a t 6 0 u n d die der S a c h e nach auch v o m B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t geteilt wird. 6 1 S o l l e n D a t e n v e r a r b e i t e r durch d r o h e n d e finanzielle S a n k t i o n e n zu einer d a t e n schutzkonformen

Verarbeitungspraxis

angehalten w e r d e n , k o m m t

alternativ

a u c h die N o r m i e r u n g eines G e w i n n a b s c h ö p f u n g s a n s p r u c h s in B e t r a c h t , wie er seit d e r N o v e l l i e r u n g des U W G aus d e m W e t t b e w e r b s r e c h t b e k a n n t ist. 6 2 D i e U m s t ä n d e , die den G e s e t z g e b e r zur N o r m i e r u n g des G e w i n n a b s c h ö p f u n g s a n s p r u c h s in § 10 U W G veranlasst haben, sind die gleichen, die sich auch i m D a t e n s c h u t z r e c h t feststellen lassen. H i e r wie d o r t d r o h t ein V o l l z u g s d e f i z i t i n s b e s o n d e re bei s o g e n a n n t e n Streuschäden: D u r c h einen W e t t b e w e r b s - b z w . D a t e n s c h u t z v e r s t o ß w i r d eine Vielzahl v o n P e r s o n e n geschädigt, w o b e i der individuelle S c h a d e n n u r gering ausfällt. 6 3 O f t m a l s u n t e r b l e i b t eine D u r c h s e t z u n g der d e n B e t r o f f e n e n z u s t e h e n d e n R e c h t e und P f l i c h t e n s c h o n d e s h a l b , weil die B e t r o f f e n e n i h r e R e c h t e ü b e r h a u p t nicht k e n n e n o d e r sich eines V e r s t o ß e s gegen diese n i c h t b e w u s s t sind. In anderen Fällen sehen die B e t r o f f e n e n v o n einer R e c h t s d u r c h s e t z u n g d e s h a l b ab, weil sie die K o s t e n und M ü h e n einer R e c h t s v e r f o l g u n g in A n b e t r a c h t des geringen Schadensbetrages s c h e u e n . 6 4 I m W e t t b e w e r b s r e c h t v e r s u c h t der G e s e t z g e b e r n u n m e h r , diesem Vollzugsdefizit d u r c h d e n in § 10 U W G n o r m i e r t e n G e w i n n a b s c h ö p f u n g s a n s p r u c h zu b e g e g n e n . E i n U n t e r n e h m e n soll a u c h bei s o l c h e n W e t t b e w e r b s v e r s t ö ß e n , die in ihrer S u m m e b e t r ä c h t l i c h e G e w i n n e v e r s p r e c h e n , b e i m einzelnen B e t r o f f e n e n aber n u r einen geringen S c h a d e n v e r u r s a c h e n , n i c h t damit r e c h n e n dürfen, diesen r e c h t s w i d r i g erzielten G e w i n n b e h a l ten zu k ö n n e n . 6 5 § 10 U W G k o m m t auf diese W e i s e eine generalpräventive F u n k t i o n zu. A n die Stelle des weit verbreiteten B e w u s s t s e i n s , dass sich u n l a u t e r e r

tung des pönalen Prinzips auch im Bürgerlichen Recht Schäfer, AcP 202 (2002), 397; für eine „Enttabuisierung" pönaler Sanktionen des Privatrechts Ebert, VersR 2005, 127 (129). 60 Siehe B G H Z 128, 1 (14ff.) - Caroline von Monaco I. 61 Siehe schon BVerfG NJW 1973,1221 (1222) - Soroya: „Die Ausschaltung des Ersatzes immaterieller Schäden im Persönlichkeitsschutz würde bedeuten, dass Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen ohne eine Sanktion der Zivilrechtsordnung blieben. Die Rechtsordnung würde dann auf das wirksamste und oft einzige Mittel verzichten, das geeignet ist, die Respektierung des Personenwerts des Einzelnen zu sichern". 62 Siehe daneben auch §34 GWB (Mehrerlösabschöpfung durch die Kartellbehörde); zu den Unterschieden zwischen beiden Regelungen Sack, WRP 2003, 549 (550). 6 3 Siehe zum Wettbewerbsrecht Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, §10 Rdn.3; Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (13). 64 Köhler a.a.O.; zur (wirkungslosen) Alternative von Musterprozessen durch Verbraucherverbände und -zentralen bei Bagatellschäden siehe Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (560f.). 65 Melullis in Gloy/Loschelder, Wettbewerbsrecht, §26 Rdn.5.

312

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

W e t t b e w e r b i m m e r lohnt, soll das B e w u s s t s e i n treten, dass sich u n l a u t e r e r Wettb e w e r b r e g e l m ä ß i g nicht lohnt. 6 6 Eben eines solchen B e w u s s t s e i n s w a n d e l s bedarf es auch f ü r den Bereich p r i v a t e r D a t e n v e r a r b e i t u n g . D a s viel b e k l a g t e V o l l z u g s d e f i z i t im D a t e n s c h u t z r e c h t m a g z w a r z u m g r o ß e n Teil auf die U n k l a r h e i t u n d U n ü b e r s i c h t l i c h k e i t der g e g e n w ä r t i gen D a t e n s c h u t z r e g e l u n g e n z u r ü c k z u f ü h r e n sein. Es hat seinen G r u n d e b e n s o aber auch darin, dass bislang w e d e r p r i v a t r e c h t l i c h e H a f t u n g s a n s p r ü c h e noch straf- o d e r v e r w a l t u n g s r e c h t l i c h e S a n k t i o n e n g e n ü g e n d P r ä v e n t i v k r a f t entfaltet haben, u m D a t e n v e r a r b e i t e r z u einem r e c h t m ä ß i g e n U m g a n g mit p e r s o n e n b e z o genen D a t e n a n z u h a l t e n . O b Straf- u n d O r d n u n g s w i d r i g k e i t s v o r s c h r i f t e n eine solche P r ä v e n t i v k r a f t j e m a l s entfalten k ö n n e n , ist s c h w e r abzusehen. Bislang jedenfalls ist eine D u r c h s e t z u n g dieser Vorschriften in der Praxis die seltene A u s n a h me geblieben - o b w o h l die Straf- u n d O r d n u n g s w i d r i g k e i t s t a t b e s t ä n d e in d e n § § 4 3 , 44 B D S G eine u m f a s s e n d e gesetzliche R e g e l u n g erfahren haben. 6 7 O b sie ü b e r h a u p t die v o r z u g s w ü r d i g e r e A l t e r n a t i v e sind, hängt zuallererst von besagter G r u n d s a t z f r a g e ab, i n w i e w e i t d e m p r i v a t r e c h t l i c h e n H a f t u n g s s y s t e m p r i n z i p i e l l eine s e l b s t ä n d i g e P r ä v e n t i o n s f u n k t i o n z u k o m m e n soll u n d darf. A u s der P e r s p e k tive eines m o d e r n e n D a t e n s c h u t z r e c h t s w ä r e eine solche U b e r a n t w o r t u n g an das Privatrecht d u r c h a u s b e g r ü ß e n s w e r t . N i c h t n u r w a s den Interessenausgleich u n d die G r e n z z i e h u n g z u l ä s s i g e r D a t e n v e r a r b e i t u n g angeht, sondern auch w a s die D u r c h s e t z u n g d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e r R e c h t e u n d Pflichten angeht, sollte es die M a x i m e staatlicher G e s e t z g e b u n g sein, die Beteiligten so w e i t w i e m ö g l i c h z u einer e i g e n v e r a n t w o r t l i c h e n R e c h t e w a h r n e h m u n g u n d R e c h t e d u r c h s e t z u n g z u ermächtigen. 6 8 A u c h i n s o w e i t gilt: A n die Stelle staatlicher E r f ü l l u n g s v e r a n t w o r t u n g tritt eine staatliche I n f r a s t r u k t u r v e r a n t w o r t u n g . 6 9 D e r Staat beschränkt sich in erster Linie d a r a u f , die rechtlichen R a h m e n b e d i n g u n g e n so auszugestalten, dass der E i n z e l n e seine R e c h t e selbst effektiv k o n t r o l l i e r e n u n d d u r c h s e t z e n k a n n .

66 Siehe Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, §10 Rdn.3f.; ders., GRUR 2003, 265; kritisch zur Prämisse „unlauterer Wettbewerb lohnt sich immer" Sack, W R P 2003, 549 (554f.). 67 Siehe für die Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren Ehmann in Simitis, BDSG, §43 Rdn. 87. Soweit die - wenigen - Verfahren überhaupt durch Erlass eines Bußgeldbescheids abgeschlossen wurden, dürfte die geringe Höhe der verhängten Bußgelder kaum zu einer echten Prävention von Datenschutzverstößen beigetragen haben; siehe Ehmann a.a.O., Rdn. 88, wonach die verhängten Bußgelder in der Regel wenige 100 DM und nur ausnahmsweise mehr als 2000 DM betrugen. Für die „gewaltigen" Vollzugs- und Durchsetzungsdefizite des Datenschutzstrafrechts siehe Weichen, NStZ 1999, 490; siehe auch Schneider, Handbuch EDV-Recht, S.234 („relativ stumpfes Schwert"). 68 Vgl. auch Dreier, Kompensation und Prävention, S. 523f., der sich gegen eine Prävention allein durch das Strafrecht u.a. deshalb wendet, weil das strafrechtliche Verfahren den Streit weitgehend der Disposition der Parteien entzieht. Zum Bezug des Haftungsrechts zum Verbraucherschutzrecht ebenso wie zur Privatautonomie siehe Damm, VersR 1999, 129 (139). 69 Zur Idee einer staatlichen Infrastrukturverantwortung im Datenschutzrecht siehe oben Teil 2 (B II bei Fn.64).

D . Ergebnisse des dritten Teils und abschließende Thesen

Ziel d i e s e r A r b e i t w a r die B e g r ü n d u n g eines eigenständigen p r i v a t r e c h t l i c h e n D a t e n s c h u t z m o d e l l s , in dessen Z e n t r u m die p r i v a t a u t o n o m e W a h r n e h m u n g i n f o r m a t i o n e l l e r S e l b s t b e s t i m m u n g steht. I m dritten Teil der A r b e i t sind die k o n k r e t e n r e c h t l i c h e n R a h m e n b e d i n g u n g e n für s o l c h eine p r i v a t a u t o n o m e W a h r n e h m u n g e n t w i c k e l t w o r d e n . A u s g a n g s p u n k t ist die E i n o r d n u n g des

informationellen

S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t s als ein R e c h t an den eigenen D a t e n , das s o w o h l ideelle als a u c h Vermögenswerte I n t e r e s s e n umfasst. U n g e a c h t e t seiner o b j e k t i v e n B e d e u t u n g f ü r K o m m u n i k a t i o n u n d D e m o k r a t i e ist das i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t auch ein s u b j e k t i v e s H e r r s c h a f t s - u n d V e r f ü g u n g s r e c h t . I m K o n t e x t s t a a t l i c h e r D a t e n v e r a r b e i t u n g m a g i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g in erster L i nie eine „ F r e i h e i t v o n " garantieren - die F r e i h e i t v o n Ü b e r w a c h u n g , v o n E i n s i c h t n a h m e u n d v o n B e e i n f l u s s u n g . I m K o n t e x t privater D a t e n v e r a r b e i t u n g garantiert i n f o r m a t i o n e l l e S e l b s t b e s t i m m u n g a b e r a u c h eine „ F r e i h e i t z u " - die F r e i h e i t z u r D a t e n p r e i s g a b e u n d z u r K o m m e r z i a l i s i e r u n g der eigenen D a t e n . E s handelt sich beim informationellen Selbstbestimmungsrecht zwar auch, aber eben nicht nur u m ein ideelles A b w e h r r e c h t , s o n d e r n z u g l e i c h a u c h u m ein w i r t s c h a f t l i c h e s G e s t a l tungsrecht. D r e i F o r m e n der A u s ü b u n g eines s o l c h e n R e c h t s an den eigenen D a t e n sind i m dritten Teil n ä h e r e n t w i c k e l t w o r d e n : die einseitige E i n w i l l i g u n g im h e r k ö m m l i c h e n d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n S i n n e , die s c h u l d v e r t r a g l i c h e E i n w i l l i g u n g in die D a t e n v e r a r b e i t u n g u n d die E i n r ä u m u n g v o n D a t e n n u t z u n g s r e c h t e n an D r i t t e . F ü r j e de dieser drei F o r m e n w u r d e ü b e r l e g t , w e l c h e r e c h t l i c h e n R a h m e n b e d i n g u n g e n n ö t i g sind, u m einen fairen u n d s e l b s t b e s t i m m t e n I n t e r e s s e n a u s g l e i c h z w i s c h e n den B e t e i l i g t e n effektiv zu gewährleisten. A n h a n d einiger a b s c h l i e ß e n d e r T h e s e n sollen diese Ü b e r l e g u n g e n n o c h einmal z u s a m m e n g e f a s s t w e r d e n , w o b e i die im dritten Teil g e w o n n e n e n E r g e b n i s s e d u r c h s o l c h e des ersten u n d z w e i t e n Teils der A r b e i t e r g ä n z t w e r d e n . Z u g l e i c h v e r s t e h e n sich diese T h e s e n als A n r e g u n g e n u n d k o n k r e t e V o r s c h l ä g e für die w e i t e r e M o d e r n i s i e r u n g s d i s k u s s i o n i m d e u t s c h e n D a tenschutzrecht. -

F ü r die z u k ü n f t i g e M o d e r n i s i e r u n g des D a t e n s c h u t z r e c h t s e m p f i e h l t sich ein ei-

genständiges p r i v a t r e c h t l i c h e s D a t e n s c h u t z m o d e l l . A u s g a n g s p u n k t dieses privatr e c h t l i c h e n D a t e n s c h u t z m o d e l l s ist ein s u b j e k t i v e s R e c h t des E i n z e l n e n an seinen Daten.

314

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

- D i e E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n in eine V e r a r b e i t u n g seiner Daten ist der z e n trale E r l a u b n i s t a t b e s t a n d in e i n e m p r i v a t r e c h t l i c h e n D a t e n s c h u t z m o d e l l . R a u m f ü r gesetzlich legitimierte D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e bleibt d e m g e g e n ü b e r n u r in eng b e g r e n z t e n A u s n a h m e f ä l l e n ( z u r E r f ü l l u n g gesetzlicher V e r p f l i c h t u n g e n ; z u r W a h r u n g der eigenen o d e r der R e c h t e Dritter; z u r A b w e h r von G e f a h r e n f ü r L e b e n , G e s u n d h e i t o d e r sonstige b e d e u t e n d e R e c h t s g ü t e r des Betroffenen; im F a l le der E i n w i l l i g u n g s u n f ä h i g k e i t des B e t r o f f e n e n ) . - In B e t r a c h t k o m m t d a r ü b e r h i n a u s ein E r l a u b n i s t a t b e s t a n d für die i m R a h m e n v o n Vertragsverhältnissen unstreitig e r f o r d e r l i c h e n D a t e n v e r a r b e i t u n g s v o r g ä n g e . Zu e r g ä n z e n ist dieser E r l a u b n i s t a t b e s t a n d im Interesse der Klarheit und E f f i z i e n z d u r c h bereichsspezifische R e g e l b e i s p i e l e ( „ k o n k r e t i s i e r t e E r f o r d e r l i c h k e i t s k l a u seln"). - Ein gesetzlicher E r l a u b n i s t a t b e s t a n d ist schließlich i m m e r dann u n v e r z i c h t b a r , w e n n ein u n e i n g e s c h r ä n k t e s i n f o r m a t i o n e l l e s S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t des B e t r o f fenen de facto den eigentlichen Sinn u n d Z w e c k der D a t e n v e r a r b e i t u n g u n t e r l a u fen w ü r d e ( e t w a die W a r n f u n k t i o n im Falle v o n W a r n - u n d H i n w e i s d i e n s t e n o d e r das h e i m l i c h e B e o b a c h t e n im Falle v o n D e t e k t e i e n ) . - F ü r alle a n d e r e n Fälle einer D a t e n v e r a r b e i t u n g gilt hingegen das P r i n z i p des O p t - I n : D i e d a t e n v e r a r b e i t e n d e n Stellen sind f ü r die Zulässigkeit ihrer D a t e n v e r a r b e i t u n g auf eine E i n w i l l i g u n g des B e t r o f f e n e n a n g e w i e s e n . Dies gilt i n s b e s o n d e re a u c h f ü r die T ä t i g k e i t v o n A d r e s s h ä n d l e r n u n d A u s k u n f t e i e n . - D e r B e t r o f f e n e k a n n seine E i n w i l l i g u n g nicht n u r in F o r m einer einseitigen E i n w i l l i g u n g i m engeren d a t e n s c h u t z r e c h t l i c h e n Sinne o d e r in F o r m einer s c h u l d v e r traglichen E i n w i l l i g u n g erteilen, s o n d e r n a u c h d u r c h die konstitutive E i n r ä u m u n g v o n D a t e n n u t z u n g s r e c h t e n an D r i t t e (insb. D a t e n t r e u h ä n d e r ) . - D i e Erteilung einer E i n w i l l i g u n g ist g r u n d s ä t z l i c h frei w i d e r r u f b a r . U n z u l ä s s i g ist ein W i d e r r u f allerdings d a n n , w e n n sich die d a t e n v e r a r b e i t e n d e Stelle bei e i n e m Vertragsverhältnis mit fest b e s t i m m t e r L a u f z e i t auf berechtigte I n f o r m a t i o n s i n t e ressen b e r u f e n k a n n . D e r W i d e r r u f w i r k t e x - n u n c , er verpflichtet auch z u r L ö s c h u n g bereits gespeicherter D a t e n u n d i m Falle der D a t e n w e i t e r g a b e z u einer Ben a c h r i c h t i g u n g der D a t e n e m p f ä n g e r v o m W i d e r r u f . - F ü r die W i r k s a m k e i t einer E i n w i l l i g u n g d u r c h M i n d e r j ä h r i g e ist das K r i t e r i u m der Einsichtsfähigkeit a u s s c h l a g g e b e n d . Im Falle der schuld vertraglichen E i n w i l l i g u n g ist v o m G r u n d s a t z der D o p p e l z u s t ä n d i g k e i t a u s z u g e h e n . Erforderlich ist sow o h l die E i n w i l l i g u n g des M i n d e r j ä h r i g e n (soweit dieser einsichtsfähig ist) als a u c h die Z u s t i m m u n g des g e s e t z l i c h e n Vertreters nach M a ß g a b e der § § 1 0 4 f f . BGB.

D. Ergebnisse des dritten Teils und abschließende

Thesen

315

- Der Grundsatz der freiwilligen Einwilligung gilt nicht ausnahmslos. Datenverarbeitende Stellen dürfen eine Erbringung ihrer Leistung auch dann von einer Einwilligung des Betroffenen in die Datenverarbeitung abhängig machen, wenn dadurch die Erteilung der Einwilligung für den Betroffenen faktisch zwingend ist vorausgesetzt, sie können ein berechtigtes Informationsinteresse geltend machen oder dem Betroffenen ist ein anderer zumutbarer Zugang zu der von ihnen angebotenen Leistung eröffnet. Im Falle von Leistungen der zivilisatorischen Grundversorgung ist zum Schutze des Betroffenen davon auszugehen, dass ein berechtigtes Informationsinteresse der datenverarbeitenden Stelle regelmäßig nicht vorliegt. - Ebenso wie die Freiwilligkeit ist auch die Informiertheit notwendige Vorbedingung für eine wirksame datenschutzrechtliche Einwilligung. Der Grundsatz der informierten Einwilligung greift bei all denjenigen Fehlvorstellungen ein, die ihren G r u n d in einer unzureichenden Erfüllung der Aufklärungspflichten durch den Datenverarbeiter haben. Im Falle sonstiger Willensmängel, die nicht auf eine unzureichende Aufklärung zurückzuführen sind, gelten die §§ 119ff. BGB. - Zu ergänzen ist der Grundsatz der informierten Einwilligung durch die N o r mierung nachträglicher aktiver Informationspflichten der datenverarbeitenden Stellen in Form von regelmäßigen „Datenkontoauszügen" oder „Einzelnutzungsnachweisen". Geboten ist eine solche aktive Informationspflicht jedenfalls dann, wenn wie bei Auskunfteien, Warn- und Hinweisdateien oder Adresshändlern das auf die jeweilige Person fokussierte Zusammentragen von Informationen der alleinige Tätigkeitszweck der datenverarbeitenden Stelle ist. Darüber hinaus ist eine aktive Informationspflicht aber auch dann zu bejahen, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten beabsichtigter Nebenzweck einer rechtsgeschäftlichen Beziehung ist. - Ein wichtiger Schritt hin zu einem effektiven und modernen Datenschutz ist die Institutionalisierung von Datentreuhändern, die im Auftrag des Betroffenen handeln und dessen datenschutzrechtliche Interessen gegenüber Dritten wahrnehmen. Der Betroffene räumt dem Datentreuhänder ein Nutzungsrecht an seinen Daten ein, weil er selbst aufgrund der Vielzahl potentieller Verwertungsvorgänge und möglicher Rechtsverletzungen sein informationelles Selbstbestimmungsrecht nicht effektiv wahrnehmen und schützen kann. Auf der Grundlage dieses N u t zungsrechts kann der Datentreuhänder die Daten des Betroffenen nicht nur positiv nutzen, sondern auch negativ ein Ausschließlichkeitsrecht geltend machen, soweit es um den von ihm selbst geschaffenen Informationsmehrwert geht. - Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Datentreuhänder und Betroffenem ist ein datenschutzrechtlicher Nutzungsvertrag eigener Art („Wahrnehmungsvertrag"), der je nach Geschäftsmodell Elemente des Auftrags, des Dienstund des Geschäftsbesorgungsvertrags enthält. Der Betroffene kann den Wahrneh-

316

3. Teil: Informationelle

Selbstbestimmung

im

Privatrecht

m u n g s v e r t r a g frei w i d e r r u f e n ; als „ m i l d e r e s " G e s t a l t u n g s r e c h t bietet sich die N o r m i e r u n g eines R e c h t s auf v o r ü b e r g e h e n d e D a t e n s p e r r u n g an. - Sind d a t e n v e r a r b e i t e n d e Stellen als D a t e n t r e u h ä n d e r im Interesse u n d A u f t r a g des B e t r o f f e n e n tätig, ist auch der R e c h t e - u n d P f l i c h t e n k a t a l o g der d a t e n v e r a r b e i tenden Stelle k l a r festgelegt. Im R a h m e n des W a h r n e h m u n g s v e r t r a g s b e s t i m m e n die Beteiligten nicht n u r den z u l ä s s i g e n U m f a n g der D a t e n v e r a r b e i t u n g , s o n d e r n auch die z u treffenden M a ß n a h m e n f ü r eine sichere u n d richtige D a t e n v e r a r b e i tung. D a m i t w e r d e n auch die meisten der U n w ä g b a r k e i t e n beseitigt, d e n e n sich der B e t r o f f e n e bislang bei der G e l t e n d m a c h u n g d e l i k t i s c h e r S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e w e g e n u n z u l ä s s i g e r o d e r u n r i c h t i g e r D a t e n v e r a r b e i t u n g gegenübersieht. - A u c h i m p r i v a t r e c h t l i c h e n D a t e n s c h u t z ist in A n l e h n u n g an die C a r o l i n e R e c h t s p r e c h u n g des B G H d e m G e d a n k e n der P r ä v e n t i o n R e c h n u n g zu tragen, ind e m der d u r c h die u n r e c h t m ä ß i g e D a t e n v e r a r b e i t u n g insgesamt erzielte G e w i n n als ein F a k t o r bei der B e m e s s u n g des i m m a t e r i e l l e n S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h s ber ü c k s i c h t i g t w i r d . A l t e r n a t i v k o m m t a u c h die N o r m i e r u n g eines G e w i n n a b s c h ö p f u n g s a n s p r u c h s in Betracht, w i e er seit der N o v e l l i e r u n g des U W G aus d e m W e t t b e w e r b s r e c h t b e k a n n t ist.

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Stichwortverzeichnis Abrechnungsdaten 98, 166, 175, 258 Adresshandel 7 1 , 1 5 3 f f . - Adressenvermittler 158ff. - Adressverlage 155ff, 158ff., 173, 217, 277, 306 - Listbroker 158ff. - Listeneigentümer 154f., 158ff. - Listenprivileg 153 Allgemeine Geschäftsbedingungen 105, 238, 251ff. Anfechtung 2 4 2 f f , 262 f. - s. auch Einwilligung, informierte Aufklärung 104, 148, 169ff., 2 4 0 f f , 258ff., 292f. - ärztliche Aufklärungspflicht 244f. - Verletzung der Aufklärungspflicht 243 ff. Auftragsdatenverarbeitung 159 Auskunfteien, s. Credit Reporting Auskunftsanspruch 123, 246f., 296ff. - bei automatisierten Einzelentscheidungen 296 f. - Unentgeltlichkeit 246, 290 - s. auch Informationspflichten Auskunfts- und Abrufsrechte staatlicher Stellen 69, 72ff. Bereichsspezifische Datenschutzgesetzgebung, s. sektorspezifische Datenschutzgesetzgebung Berichtigungsanspruch 129, 130f., 142, 145,297 Berufsfreiheit 32, 59 Bestandsdaten 98, 166 Betroffenenrechte 130f., 136, 142, 152, 246, 296ff. - s. auch Auskunftsanspruch, Berichtigungsanspruch Bild, s. Recht am eigenen Bild

Bonität, s. Credit

Reporting

Cable C o m m u n i c a t i o n s Policy Act 17 Caroline von Monaco-Entscheidungen 306 ff. Children's Online Privacy Protection Act 18 Coase-Theorem 177ff., 182 Credit Reporting 119ff. - Auskunfteien als Informationsmittler/ Datentreuhänder 13Iff., 277ff. - Betroffenenrechte 129, 130f., 136 - H a f t u n g 300ff. - Negativdaten 125f. - Positivdaten 125ff. - Richtigkeit der Datenverarbeitung 123 ff. - Transparenz der Datenverarbeitung 121 ff., 135ff. - s. auch Credit Scoring, Fair Credit Reporting Act, Schufa Credit Scoring 105f., 121 ff., 296f. Data Mining 106f., 152, 233 Data Warehouse 106f.,233 Datengeheimnis, Leitbild des 126f., 130, 134, 141 ff., 154, 173 D a t e n k o n t o a u s z u g 152, 155, 166, 173, 246 Datennutzungsrecht 276ff - als Ausschließlichkeitsrecht 286ff - s. auch Rechtseinräumung Datenschutz-Richtlinie 3 4 f f , 45, 109, 148, 239f., 299, 304 (Fn.28) Datentreuhänder 13Iff., 277ff. - H a f t u n g 302f. - Rechte und Pflichten 285ff. - s. auch Infomediäre, Rechtseinräumung, Wahrnehmungsvertrag

340

Stichwortverzeichnis

Datenüberlassungsvertrag 239f., 267ff. Deliktsrecht - Anwendbarkeit neben B D S G 299f., 303 f. Detekteien 99,314 Direkterhebung, G r u n d s a t z der 36, 38, 148 f. Diskriminierungsschutz 195ff. Doppelzuständigkeit, G r u n d s a t z der 275 f. - s. auch Minderjährige D r i t t w i r k u n g der G r u n d r e c h t e 32, 41, 46ff., 83 - unmittelbare D r i t t w i r k u n g 46ff. - s. auch Grundrechte E - C o m m e r c e , s. Electronic Commerce Effizienz, s. Ökonomische Analyse des Rechts Ehre, Schutz der 46, 186, 224 Eigengeschäftsführung, angemaßte 307ff. Eigentum, personenbezogene Daten als Eigentum 230 Eingriffskondiktion 307ff. Einsichtsfähigkeit, s. Minderjährige Einwilligung - als Fiktion 103 ff. - als geschäftsähnliche H a n d l u n g 236ff. - als Realhandlung 236ff. - als ultima ratio 253 ff. - Bestimmtheit 105f., 140f., 170f. - einseitige Einwilligung 231 f f , 270, 274 - Einwilligungsfähigkeit 236ff, 247ff., 274ff. - Einwilligungsklauseln 251 ff., 254f., 258 ff., s. auch Kundenbindungssysteme, Schufa, Versicherungen - F o r m 104, 170, 238, 260f. - freiwillige Einwilligung 103 f., 107f., 117f., 134, 139f., 199f., 239ff., 261ff., 291 ff. - informierte Einwilligung (informed consent) 106f., 240ff., 258ff., 291 ff. - Rechtsnatur 236ff. - schuldvertragliche Einwilligung 237f., 248, 253ff. - Widerrufbarkeit 148, 152, 166, 171 f., 232ff.,24\i.,270ff,293ff

Einzelentscheidung, automatisierte 135f. Electronic C o m m e r c e 16lf. Electronic Communications Privacy Act 17f. Entgeltdaten, s. Abrechnungsdaten Erforderlichkeit der Datenverarbeitung 257ff. - konkretisierte Erforderlichkeitsklausel 175, 258 Fair Credit Reporting Act 7, 16, 124 Fair Information Practices 11 Federal Privacy Act 7, 11 Fernmeldegeheimnis 69f. First A m e n d m e n t 2 0 f f , 58, 76, 83 f. Freiwilligkeit, s. Einwilligung, freiwillige geschäftsähnliche Handlung, s. Einwilligung Geschäftsanmaßung, s. Eigengeschäftsführung G e w i n n a b s c h ö p f u n g 307ff., 311 f. Gramm-Leach-Bliley Act 16f. G r o ß e r Lauschangriff 69f. G r u n d r e c h t auf informationelle Selbstbestimmung 5, 41 f f , 46ff., 83, 233 Grundrechte - als Abwehrrechte 44, 46f., 4 8 f f , 51 ff., 77 - als Schutzgebote 5 1 f f , 77 - der Datenverarbeiter 58ff. Grundversorgung, zivilisatorische 164f., 266f. Haftung - deliktische 299ff., 303f., 304ff. - Güter- und Interessenabwägung 300f. - Präventionsfunktion 306f., 310ff. - Sorgfaltsmaßstab 301 ff. - vertragliche 299, 303 - s. auch Schadensersatz Handlungsfreiheit, allgemeine 32, 61 Health Insurance Portability and Accountability Act 18 f. Immaterialgüterrecht - Ablösbarkeit 209ff. - Begriff 209

Stichwortverzeichnis - Immaterialgüterrecht und informationelles Selbstbestimmungsrecht 228ff. - Immaterialgüterrecht und Persönlichkeitsrecht 212f. - Verkehrsfähigkeit 209ff. Individualität 188ff., 282 Infomediäre (infomediaries) 157f., 277ff., 285ff. Information privacy 8, 13 f., 15 Informationsfreiheit 60, 83ff., 89, 90f. - amerikanisches Recht 22 f., 83 f. - Informationsfreiheit contra Datenschutz 80ff. Informationspflichten der Datenverarbeiter 152f., 241 f., 245ff. - s. auch Datenkontoauszug Informed consent, s. Einwilligung, informierte Infrastrukturverantwortung des Staates 118, 130,312 Interessenabwägungsklauseln 99ff., 119, 153f., 254, 256, 300 Kommerzialisierung 151, 182f., 183ff., 212, 282f. - s. auch Zwangskommerzialisierung Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit 20, 83, 8 9 f f , 191ff. Koppelungsverbot 164f., 239f., 264ff., 292 - s. auch Einwilligung, freiwillige Kreditauskunfteien, s. Credit Reporting Kundenbindungssysteme 149ff., 268f. - Einwilligungsklausel 152 - Programmdaten 150 - Stammdaten 150 Listbroker, s. Adresshandel Listeneigentümer, s. Adresshandel Listenprivileg, s. Adresshandel Marketing 147ff, 189f., 193f.,277f. - Beziehungsmarketing 67 - Datenverarbeitung zu Marketingzwecken 163, 263 ff.,273 f. - Definition 147 - Gewinnspiele 148, 268f. - Permission Marketing 157

341

- Verbraucherbefragungen 148 - s. auch Adresshandel, Kundenbindungssysteme, Infomediäre Marlene Dietrich-Entscheidungen 187, 216,218,281,304 M-Commerce, s. Mobile Commerce Medienprivileg, datenschutzrechtliches 3 (Fn.2), 58 f. Mehrrelationalität - personenbezogene Daten 22Iff. - Persönlichkeitsgüter 224ff. - Urheberrecht 226ff. Meinungsfreiheit 60f., 88f., 91, 94f. Menschenwürde 46, S i / , 2 2 2 f . Mikrozensus-Entscheidung 41 f. Minderjährige - Einsichtsfähigkeit 237, 247ff., 274ff. - Einwilligungsfähigkeit 236ff., 247ff., 274ff. - Grundsatz der Doppelzuständigkeit 275 f. - Kinderortungsdienste 247f., 249f. Mobile Commerce 161 f f , 254f. Mobile Computing 161 ff. Namensrecht 4 6 , 2 1 5 , 2 1 6 Negativdaten, s. Credit Reporting Nena-Entscheidung 295 Nutzungsdaten 166,175,258 Ökonomische Analyse des Rechts 176ff, 186 - s. auch Coase-Theorem, Transaktionskosten, Verhandlungsmodell Patriot Act 68 f. Permission Marketing, s. Marketing Persönlichkeitsrecht - allgemeines Persönlichkeitsrecht 46f. - allgemeines Persönlichkeitsrecht und informationelles Selbstbestimmungsrecht 32, 41 f., 85f., 209, 229, 279f. - als Immaterialgüterrecht 212f. - als Vermögensrecht 214ff. - dualistische Konzeption 217ff. - Kommerzialisierung 187f. - Übertragbarkeit 280ff.

342

Stichwortverzeichnis

- wirtschaftliches Persönlichkeitsrecht 218 Positivdaten, s. Credit Reporting Prävention, s. Schadensersatz Pressefreiheit 58f. - s. auch First Amendment Privacy, Right of - Abgrenzung zum Right of Publicity 217ff. - C o m m o n Law 11 ff. - Fallgruppen 12 ff. - Verfassungsrecht 8 ff. Privatautonomie - der Betroffenen 62ff., 87 - der Datenverarbeiter 61 f., 87f. - privatautonomer Datenschutz 101 f., 103ff. Programmdaten, s. Kundenbindungssysteme Property right 186,202,219 Prozessstandschaft, gewillkürte 284f., 288 Publicity, Right of 217ff. Radio Frequency Identification 167f., 170ff. Realhandlung, s. Einwilligung Recht am eigenen Bild 42, 46, 224f. - als ideelles Recht 215 - als Vermögensrecht 215f. Recht an den eigenen Daten 203ff. - als subjektives Recht 203 ff. - als Vermögensrecht 208ff. Rechtseinräumung, E i n r ä u m u n g von Datennutzungsrechten 276ff. - Abgrenzung zur Rechtsübertragung 277 (Fn. 175), 281 f. - U m f a n g 286ff. - Widerrufbarkeit 293 ff. - Wirksamkeit 291 ff. - s. auch Datentreuhänder, Wahrnehmungsvertrag Rechtsübertragung, s. Rechtseinräumung Redefreiheit, s. First Amendment R F I D , s. Radio Frequency Identification Risikoabschätzung, s. Versicherungen Rundfunkfreiheit 58 f. Sanktionen bei Datenschutzverstößen

- öffentlich-rechtliche Sanktionen 312 - Sanktionsdefizite 127ff., 299, 312 - zivilrechtliche Sanktionen, s. Schadensersatz Schadensersatz - Bemessungskriterien 306ff. - dreifache Schadensberechnung 213,304 - immaterieller 304ff. - materieller 303 f. - Prävention durch Schadensersatzrecht 306f., 31 Of. Schufa 29, 120 - Schufa-Klausel 104ff., 134, 293 - Schufa-Score 121 ff. - Schufa-Urteil 105f., 125, 140f. - s. auch Credit Reporting Scorewert, s. Credit Scoring Scoring, s. Credit Scoring Sektorspezifische Datenschutzgesetzgeb u n g 3 9 f f , 96ff. - amerikanisches Recht 15 ff. - konkretisierte Erforderlichkeitsklauseln 175,258 Selbstauskunft 123 Solidarität 194ff. Sozialstaat - Datenschutz als sozialstaatliches Instrument 115ff., 197f. - Sozialstaatsprinzip 115f. Sperrung, Recht auf Datensperrung 296 Stammdaten, s. Kundenbindungssysteme Standortdaten 162,164,172 Stufenleiter der Gestattungen 201 (Fn. 1), 232 Telecommunications Act 18 Telekommunikation, s. Fernmeldegeheimnis,, Mobile Commerce, Standortdaten, Überwachung Terrorismusbekämpfungsgesetz 69, 73 Transaktionskosten 177ff. Ubertragbarkeit - Immaterialgüterrecht 212 - Persönlichkeitsrecht 280ff. - Recht an den eigenen Daten 279f., 283 ff. - s. auch Rechtseinräumung

Stichwortverzeichnis Überwachung, staatliche 68ff., 192 - Rechtmäßigkeitsdefizit 70ff. - Telefonüberwachung 71 f. - s. auch Großer Lauschangriff, Patriot Act, Terrorismusbekämpfungsgesetz, Vorratsdatenspeicherung, Zugriffsrechte Ubiquitous Computing 161, 166ff. - Einwilligung 168ff. - s. auch Radio Frequency Identification Urheberrecht - dualistische Theorie 220 - monistische Theorie 220f. - Schranken 228 - Urheberpersönlichkeitsrecht 4 6 , 2 1 5 , 220 - Urheberrecht des Bearbeiters 289 - Verwertungsgesellschaften 278, 283 f., 286,288 - Werk 226 - Zweckübertragungsregel 282, 286, 291 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, verfassungsrechtlicher 43, 55ff., 95 Verhandlungsmodell 177ff. Verkehrsdaten 98, 166,258 Verkehrsfähigkeit, s. Immaterialgüterrecht Vermögensrecht - Vermögensrecht und informationelles Selbstbestimmungsrecht 208ff., 212ff. - Vermögensrecht und Persönlichkeitsrecht 214 ff. Versicherungen

343

- Einwilligungsklausel 138ff. - Risikoabschätzung 115, 137, 139f. - s. auch Warn- und Hinweisdienste Video Privacy Protection Act 15 Volkszählungsurteil 1 f., 3 0 f f , 41 f f , 64, 68, 82f., 87, 90, 91 f., 191 f., 227 Vorratsdatenspeicherung 69f. Wahrnehmungsvertrag, datenschutzrechtlicher 290 ff. Warn-und Hinweisdienste 137ff.,\7A, 247, 296 - Versandhandel 146 - Versicherungswirtschaft 137ff. - Wohnungswirtschaft 146 Werbung, s. Marketing Wettbewerbsrecht - Gewinnabschöpfungsanspruch 311 f. Widerruf - bei Einräumung eines Datennutzungsrechts 293 ff. - bei einseitiger Einwilligung 232ff. - bei schuldvertraglicher Einwilligung 270ff. - s. auch Einwilligung (Widerrufbarkeit) Willensmängel 242f. Würde, s. Menschenwürde Zugriffsrechte, staatliche 69, 72ff. Zwangskommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten 306ff. Zweckbindungsgrundsatz 33, 36, 38 Zweckübertragungsregel, s. Urheberrecht

Jus Privatum Beiträge zum Privatrecht - Alphabetische Übersicht

Adolphsen,Jens: Internationale Dopingstrafen. 2003. Band 78. Assmann, Dorothea: Die Vormerkung (§ 883 BGB). 1998. Band29. Bachmann, Gregor: Private Ordnung. 2006. Band 112. Barneri, Thomas: Die Gesellschafterklage im dualistischen System des Gesellschaftsrechts. 2003. Band82. Bayer, Walter: Der Vertrag zugunsten Dritter. 1995. Band 11. Beater, Axel: Nachahmen im Wettbewerb. 1995. Band 10. Beckmann, Roland Michael: Nichtigkeit und Personenschutz. 1998. Band 34. Benecke, Martina: Gesetzesumgehung im Zivilrecht. 2004. Band 94. Berger, Christian: Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen. 1998. Band25. Berger, Klaus: Der Aufrechnungsvertrag. 1996. Band20. Bitter, Georg: Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung. 2006. Band 107. Bittner, Claudia: Europäisches und internationales Betriebsrentenrecht. 2000. Band46. Bodewig, Theo: Der Rückruf fehlerhafter Produkte. 1999. Band 36. Braun, Johann: Grundfragen der Abänderungsklage. 1994. Band4. Brors, Christiane: Die Abschaffung der Fürsorgepflicht. 2002. Band67. Bruns, Alexander: Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung. 2003. Band 74. Buchner, Benedikt: Informationelle Selbstbestimmung im Privatrecht. 2006. Band 114 Busche, Jan: Privatautonomie und Kontrahierungszwang. 1999. Band 40. Calliess, Gralf-Peter: Grenzüberschreitende Verbraucherverträge. 2006. Band 103. Casper, Matthias:T>u Optionsvertrag. 2005. Band98. Dauner-Lieb, Barbara: Unternehmen in Sondervermögen. 1998. Band35. Dethloff, Nina: Europäisierung des Wettbewerbsrechts. 2001. Band 54. Dreier; Thomas: Kompensation und Prävention. 2002. Band 71. Drexl, Josef: Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers. 1998. Band 31. Eberl-Borges, Christina: Die Erbauseinandersetzung. 2000. Band 45. Ebert, Ina: Pönale Elemente im deutschen Privatrecht. 2004. Band 86. Einsele, Dorothee: Wertpapierrecht als Schuldrecht. 1995. Band8. E.kkenga, Jens: Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt. 1998. Band 30. EJlger, Reinhard: Bereicherung durch Eingriff. 2002. Band 63. E.scher-Weingart, Christina: Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht. 2001. Band49. Füller, Jens T.: Eigenständiges Sachenrecht. 2006. Band 104. Giesen, Richard: Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb. 2002. Band 64. Gotting, Horst-Peter: Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte. 1995. Band 7. Gruber, Urs Peter: Methoden des internationalen Einheitsrechts. 2004. Band 87. Gsell, Beate: Substanzverletzung und Herstellung. 2003. Band 80. Haar, Brigitte: Die Personengesellschaft im Konzern. 2006. Band 113.

Jus Privatum — Beiträge

Privatrecht

Habersack, Mathias: Die Mitgliedschaft — subjektives und,sonstiges' Recht. 1996. Band 17. Haediche, Maximilian: Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung. 2003. Band 77. Hanau, Hans: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Schranke privater Gestaltungsmacht. 2004. Band 89. Hau, Wolfgang: Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag. 2003. Band 83. Heermann, Peter W.: Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte. 1998. Band24. Heinemann, Andreas: Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung. 2002. Band 65. Heinrich, Christian: Formale Freiheit und materielle Gerechtigkeit. 2000. Band47. Henssler, Martin: Risiko als Vertragsgegenstand. 1994. Band 6. Hergenröder, Curt Wolfgang: Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechts Fortbildung. 1995. Band 12. Hess, Burkhard: Intertemporales Privatrecht. 1998. Band26. Hofer, Sibylle: Freiheit ohne Grenzen. 2001. Band 53. Huber, Peter: IrrtumsanFechtung und Sachmängelhaftung. 2001. Band 58. Jacobs, Matthias: Der Gegenstand des Feststellungsverfahrens. 2005. Band 97. Jakob, Dominique: Schutz der Stiftung. 2006. Band 111. Jänich, Volker: Geistiges Eigentum — eine Komplementärerscheinung zum Sacheigentum? 2002. Band 66. Jansen, Nils: Die Struktur des Haftungsrechts. 2003. Band 76. Jung, Peter: Der Unternehmergesellschafter als personaler Kern der rechtsfähigen Gesellschaft. 2002. Band 75. Junker, Abbo: Internationales Arbeitsrecht im Konzern. 1992. Band2. Kaiser, Dagmar: Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB. 2000. Band43. Kat^enmeier, Christian: Arzthaftung. 2002. Band 62. Kindler, Peter: Gesetzliche Zinsansprüche im Zivil- und Handelsrecht. 1996. Band 16. Kleindiek, Detlef: Deliktshaftung und juristische Person. 1997. Band 22. Koch,Jens:Dit Patronatserklärung. 2005. Band 99. Körber, Torsten: Grundfreiheiten und Privatrecht. 2004. Band 93. Koppenfels-Spies, Katharina von: Die cessio legis. 2004. Band 106. Krause, Rüdiger: Mitarbeit in Unternehmen. 2002. Band 70. Lipp, Volker: Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson. 2000. Band42. Lohnig, Martin: Treuhand. 2006. Band 109. Lohse, Andrea: Unternehmerisches Ermessen. 2005. Band 100. hooschelders, Dirk: Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht. 1999. Band 38. Luttermann, Claus: Unternehmen, Kapital und Genußrechte. 1998. Band 32. Masch, Gerald: Chance und Schaden. 2004. Band 92. Mankowski, Peter: Beseitigungsrechte. Anfechtung, Widerruf und verwandte Institute. 2003. Band 81. Meller-Hannich, Caroline: Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht. 2005. Band 101. Merkt, Hanno: Unternehmenspublizität. 2001. Band 51.

jus Privatum

- beitrage

?um

Privatrecbt

Möllers, Thomas M.].: Rechtsgüterschutz im Umwelt- und Haftungsrecht. 1996. Band 18. Muscheler, Karlheinz Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung. 1994. Band 5. — Universalsukzession und Vonselbsterwerb. 2002. Band 68. Oechsler, Jürgen: Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag. 1997. Band21. Oetker, Hartmut: Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung. 1994. Band 9. Ohly, Ansgar: „Volenti non fit iniuria" Die Einwilligung im Privatrecht. 2002. Band 73. Oppermann, Bernd H.: Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß. 1993. Band 3. Peifer, Karl-Nikolaus: Individualität im Zivilrecht. 2001. Band 52. Peters, Frank: Der Entzug des Eigentums an beweglichen Sachen durch gutgläubigen Erwerb. 1991. Bandi. Piekenbrock, Andreas: Befristung, Verjährung, Verschweigung und Verwirkung. 2006. Band 102. Preuß, Nicola: Zivilrechtspflege durch externe Funktionsträger. 2005. Band96. Raab, Thomas: Austauschverträge mit Drittbeteiligung. 1999. Band41. R e i f f , Peter: Die Haftungsverfassungen nichtrechtsfähiger unternehmenstragender Verbände. 1996. Band 19. Repgen, Tilman: Die soziale Aufgabe des Privatrechts. 2001. Band 60. Röthel, Anne: Normkonkretisierung im Privatrecht. 2004. Band 91. Rohe, Mathias: Netzverträge. 1998. Band 23. Sachsen Gessaphe, Karl August Prin-^von: Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige. 1999. Band 39. Saenger, Ingo: Einstweiliger Rechtsschutz und materiellrechtliche Selbsterfüllung. 1998. Band 27. Sandmann, Bernd: Die Haftung von Arbeitnehmern, Geschäftsführern und leitenden Angestellten. 2001. Band50. Schäfer, Carsten: Die Lehre vom fehlerhaften Verband. 2002. Band 69. Schnorr, Randolf: Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741 - 758 BGB). 2004. Band 88. Schübe!, Christian: Verbandssouveränität und Binnenorganisation der Handelsgesellschaften. 2003. Band84. Schur, Wolfgang: Leistung und Sorgfalt. 2001. Band 61. Schwab, Martin: Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten. 2005. Band 95. Schivarle, Roland: Vorvertragliche Verständigungspflichten. 2001. Band 57. Seiler, Wolfgang: Verbraucherschutz auf elektronischen Märkten. 2006. Band 108. Sieker, Susanne: Umgehungsgeschäfte. 2001. Band 56. Sosnit^a, Olaf: Besitz und Besitzschutz. 2003. Band 85. Stadler, Astrid: Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion. 1996. Band 15. Stoffels, Markus: Gesetzlich nicht geregelte Schuldverhältnisse. 2001. Band59. Sutschet, Holger: Garantiehaftung und Verschuldenshaftung im gegenseitigen Vertrag. 2006.Band 110. Taeger, Jürgen: Außervertragliche Haftung für fehlerhafte Computerprogramme. 1995. Band 13.

Jus Privatum — Beì/riigt' :;inn Privalrecbl

Trunk, Alexander: Internationales Insolvenzrecht. 1998. Band 28. Veil, Rüdiger: Unternehmensverträge. 2003. Band 79. Wagner, Gerhard: Prozeßverträge. 1998. Band 33. Waltermann, Kaimund: Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung zwischen Privatautonomie und Tarifautonomie. 1996. Band 14. Weber, Christoph: Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht. 2000. Band 44. Wendehorst, Christiane: Anspruch und Ausgleich. 1999. Band 37. Wiehe, Andreas: Die elektronische Willenserklärung. 2002. Band 72. Wimmer-Leonhardt, Susanne: Konzernhaftungsrecht. 2004. Band 90. Würthwein, Susanne: Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit einer Sache oder für entgangene Gebrauchsvorteile? 2001. Band48.

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