Hülfsbuch zum Verständniß der Bibel [Reprint 2020 ed.] 9783112370346, 9783112370339

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Hülfsbuch zum Verständniß der Bibel [Reprint 2020 ed.]
 9783112370346, 9783112370339

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Hülfsbuch zum

von

Victor Habicht, Oberconsistorialrathe und Superintendenten in Darmstadt.

chießen.

I. Ricker 'fche' Buchhandlung. 1878.

Vorrede. Mit dem vorliegenden Hülfsbuch will der Unterzeichnete einem vielfach empfundenen Bedürfniffe Abhülfe gewähren.

Ze mehr dir

Bibel als die Grundlage alles religiösen Erkennens,

Lehrens und

Lernens erfaßt und je mehr es darnach als Pflicht angesehen wird sich

in den wunderbar reichen Schatz der darin enthaltenen Offenbarung

zu vertiefen, um so eifriger wird man auch nach einer Anleitung ver­

langen, welche ein verständnißvolleS Lesen, Suchen und Forschen in

der Schrift möglich macht und dazu Handreichung thut. Diesem Zweck soll nachfolgendes Merkchen dienen, das seine Be­

schränkung gefunden hat durch de« Inhalt der heiligen Schriften und

den Zeitraum, den sie umfassen, so daß außer Berücksichtigung blieb, was nicht in näherer oder fernerer Beziehung zu Dem steht, was in

der Bibel behandelt, dargestellt, erwähnt ist.

In den Händen der Geistlichen und Religionslehrer, sei es an höheren oder niederen Lehranstalten, wird eS einem gründlichen reli­

giösen Unterricht und einem ftuchtbringenden Lesen in der Schrift

förderlich sein und dürfte eS, wie ich hoffe. Alles enthalten, was zur zweckmäßigen Behandlung der biblischen Geschichte, wie zur Klarstellung

des eigentlichen Lehrstoffs nothwendig erscheint.

Bon der Aufnahme,

welche das Hülfsbuch findet, wird eS abhängig sein, ob später ein. kürzerer Auszug aus demselben zu fertigen ist, um solchen den Schülern

in die Hand zu geben.

Für jetzt muß eS jedem Lehrer überlassen

bleiben, dasjenige aus dem Inhalte mitzutheilen, waS für den Schüler­ kreis, in dem er sich bewegt, sich eignet.

Die gedrängte Darstellung,

IV mit Weglassung des minder Wichtigen und Unwesentlichen, wird wohl um so weniger zum Vorwurf gemacht werden, als Jedermann weiß

wie in allen Lehranstalten nur eine beschränkte Zeit der Religions­ lehre, insbesondere der Bibelknnde, zur Verfügung steht.

Ueber einen Punkt hauptsächlich glaube ich mich noch aussprechen zu sollen und zwar in Betreff des ersten Abschnittes.

So sehr eS sich

auch empfiehlt die heilige Schrift in ihrer historischen Zeitfolge zu be­

handeln

und ihren Inhalt an dem Faden der Geschichte darzulegen,

so glaubte ich

doch von der gewöhnlichen Ordnung des Kanons nicht

abgehen zu sollen.

Die lutherische Bibel ist" zu allgemein verbreitet,

die herkömmliche Eintheilung ist Lehrern und Schülern zu geläufig, eine Schulbibel, wie die von Hofmann, in zu wenigen Anstalten

eingeführt;

überdieß find die Ansichten über die Zeit der Entstehung

einzelner Bücher und Abschnitte noch zu schwankend, als daß ich mich hätte veranlaßt sehen können, von der üblichen Reihenfolge abzugehen, oder durch Zertheilung des Inhalts einzelne Bücher in ihrem Zu­ sammenhänge zu stören.

Verständigen Lehrern wird eS indessen nicht

schwer fallen, auch bei der von uns beibehaltenen Ordnung, dem ge­ schichtlichen Entwicklungsgang nachzuforschen und ihn herauszufinden.

Eine besondere Karte von Palästina anzufügen wurde für unnöthig

gehalten, da solche sich in jedem Atlas findet und vielfach den biblischen Geschichtsbüchern beigegeben ist.

So möge denn diese» Buch freundliche Aufnahme und nachsichtige Beurtheilung finden; der Herr aber es mit feinem Segen begleiten,

damit es zur Förderung feines Reiches diene.

Darmstadt, am 12. September 1878.

Habicht.

Ueberftcht des Anhalts. Erstrr Abschnitt. Seite

Die heilige Schrift §§ 1—75

1—40

Einleitung §§ 1—4........................................................................................... 1—3 § 1. Begriff, Inhalt, Bedeutung.

§ 2. Zeit und Abfaffung.

§ 3.

§ 4. Sammlung des Kanon.

Sprache und UeLersetzungen.

Das alte Testament §§ 5—47.....................................................................3—24 § 5. Die

Vorbemerkung.

historischen

Bücher.

Die 2 Bücher SamueliS.

§ 11.

Die 2 Bücher der Chronika. § 15.

Buch Nehemia.

Buch Hiob.

Hcsekiel.

Bücher.

§ 16. Einleitung.

§ 21.

§ 22.

Bücher.

§ 23.

Das Hohelied SalomoniS.

§ 27. Hosea.

Obadja.

Habakuk.

§ 35. Zephanja.

§ 38.

Maleachi.

§ 39. Zeitfolge.

DaS Buch Jesus Sirach. 2 Bücher der Makkabäer.

8 45.

Micha.

§ 36. Haggai.

8 40. Vorbemerkung.

Die Weisheit SalomoniS.

§ 24. Jeremias.

§ 43.

§ 25.

§ 29. AmoS.

§ 28. Joel.

tz 32.

Jona,

§ 30.

§ 31.

§ 17. Das

Das Prophetenthum im alten

Der Prophet JesaiaS.

§ 26. Daniel.

Die Apokryphen.

§ 14. Das

§ 19. Die Sprüche SalomoniS.

§ 34.

§ 33.

Nahum.

§ 37. Sacharja.

§ 41. Das Buch Judith. Das Buch TobiL.

Das Buch Baruch.

§ 44.

8 46.

Die

8 47. Die übrigen Apokryphen.

Das neue Testament 88 48—75 8 48.

§ 12.

DaS Buch Esra.

§ 13.

Der Prediger Salomo.

Testament.

§ 42.

§ 10.

Die 2 Bücher der Könige.

§ 18. Die Psalmen.

Die prophetischen

Das Buch

§7.

§ 9. Das Buch Ruth.

Das Buch Esther.

Die poetischen (Lehr-) § 20.

Der Pentateuch.

§ 6.

§ 8. Das Buch der Richter.

Josua.

..............................................................

Vorbemerkung.

Die historischen

Apostelgeschichte.

Schriften.

8 49.

Die 4 Evangelien

8 50. DaS Evangelium des Matthäus.

Evangelium der Marcus.

und

§ 52. Das Evangelium des LucaS.

DaS Evangelium des Johannes.

die

8 51. DaS

8 54. Die Apostelgeschichte.

8 53.

24—40

VI § 55.

Die Lehrbllcher (Briefe).

Apostel Paulus und feine Briefe.

§ 58.

Der

§ 57.

Der Brief an die Römer.

Die 2 Briefe an die Korinther.

§ 59. Der Brief an die

§ 60. Der Brief an die Epheser.

Galater.

§ 62.

Philipper.

§ 68. Der Brief an die Hebräer.

§ 72. Die drei Briefe Johannes.

Die 2 Briese

§ 65. Die 2 Briefe § 67. Der Brief an

§ 69. Die katholischen

§ 71. Die beiden Briefe Petri.

§ 70. Der Apostel Petrus.

Briefe.

§ 63.

§ 64. Die Paftoralbriefe.

§ 66. Der Brief an Titus.

Timotheus.

Philemon.

Seite

§ 61. Der Brief an die

Der Brief an die Coloffer.

an die Theffalonicher. an

§ 56.

Vorbemerkung.

§ 73. Der Brief des Jacobus.

§ 74. Der Brief des Judas.

Die Offenbarung Johannis § 75.

Zweiter Abschnitt. Das heilige Land und die übrigen in der Bibel vorkommenden LLnder §§ 76—ii8.................................................... § 76.

Beschreibung des heil. Landes.

Namen.

§ 77.

Lage,

Gränzen und Größe.

§ 78. Klima, Witterung, Fruchtbarkeit.

§ 79.

Gebirge und Berge.

§ 80. Ebenen und Thäler.

§ 82. Gewässer.

Höhlen.

Pflanzenreich.

§ 83. Straßen.

§ 84. Aus dem Thierreich.

Naturerzeugnisse.

§ 81. Wüsten und § 85. Aus dem

§ 85. Aus dem Mineralreich. § 88. Ein-

§87. Frühere Eintheilung.

Eintheilung des Landes.

theilung in die 4 Provinzen.

§ 89. Judaä. § 92.

§ 90. Städte und Ort-

Städte und Ortschaften.

schäften.

§ 91. Samaria.

Galiläa.

§ 94. Städte und Ortschaften,

ß 95. Peräa.

§ 93.

§ 96. Städte

und Ortschaften. Frühere

Bewohner des Landes und

Kananiter.

§ 99. Die Philister.

Die übrigen in

§ 108.

Persien.

§ 100. Angränzende Völkerschaften.

§ 102. Mesopotamien.

§ 105. Aethiopien.

Assyrien.

§ 109.

§ 112.

Kleinasien.

§ 114. Macedonien.

Italien.

§ 98. Die

der Bibel erwähnten LLnder und Völker.

§ 101. Armenien.

Aegypten.

angrän­

unmittelbar

§ 97. Frühere Bewohner.

zende Völkerschaften.

§ 118.

§ 110.

Babylonien.

§ 113.

§ 107. Medien.

§ 104.

Arabien. § 111.

Griechenland mit den Inseln.

§ 115. Illyrien.

HiSpanien.

§ 103. Syrien.

§ 106. Lybien.

§ 116.

Scythien.

§ 117.

41—75

VII

Dritter Abschnitt. DaS israelitische Volk in feinen Einrichtungen, Sitten und Gebräuchen §§ 119—155.......................................... Häusliches und Familienleben.

Kleidungen.

§ 119. Die Wohnungen.

Die Nahrungsmittel.

§ 121.

§

Seite

75—109

§ 120.

122. Die Familie.

§ 123. Krankheiten, Tod und Begräbniß.

der Israeliten.

Beschäftigungen

§ 124. Die Jagd.

Viehzucht und Ackerbau.

§ 126. Obst-, Oel- und Weinbau.

Fischerei und Handel.

§ 128. Handwerke.

§ 125.

§ 127.

§ 129. Künste und

Wissenschaften. OeffentlicheS und StaatSleben.

verhältnisse.

§ 131. Krieg

§ 130. Bürgerliche und Rechts­ § 132. Maaße.

und Kriegsdienst.

§ 133. Gewichte und Münzen.

§ 134.

Religiöses Leben.

§ 135. DaS Gebet.

Religiöse Anschauungen der Juden.

§ 136. Die Opfer.

Heils-, Sünd- und Schuldopfer. § 139. Die Gelübde und das Fasten.

und die Reinigungen. Erstgeburt.

§ 137.

DaS Brand-,

§ 138. Mustk und Gesang. § 140. Die Beschneidung

§ 141. Die Heiligung resp. LoSkausung der

§ 142. Der Zehnten.

Religiöse Personen und Parteien.

§ 143. Die Priester. § 144.

§ 146. Die Propheten.

§ 145. Die Leviten.

Der Hohepriester.

§ 147. Die Schristgelehrten und Aeltesten.

§ 148. Religiöse Par­

teien.

Der Religionsübung geweihte Orte. § 149. Die Höhen. § 150. Die Stiftshütte.

§ 151. Der Tempel.

Feste.

§ 152. Die Synagogen.

§ 153. Heilige Zeiten.

Heilige Zeiten und Feste.

§ 154. Die

§ 155. Zeitrechnung der Juden.

Vierter Abschnitt. Kurze Geschichte des israelitischen DolkS, §§ 156—171 § 156. Bon Adam bis Abraham.

kommen.

§ 157. Abraham und feine Nach­

§ 158. MofeS; der Auszug aus Aegypten.

§ 159. Josua

und die Richter. § 160. Saul. § 161. David. § 162. Salomo. § 163.

Die Theilung des Reichs.

Reich Juda.

§ 164. Das Reich Israel.

§ 165. DaS

§ 166. Das Exil und die Rückkehr aus demselben.

§ 167. Alexander der Große und die Herrschaft der Syrer. Die Maccabäer.

§ 169. HerodeS der Große.

folger des HerodeS.

§ 168.

§ 170. Die Nach­

§ 171. Untergang des jüdischen Bölkes.

109—126

VIII

fünfter Abschnitt. Die christliche Kirche §§ 172—180

ihrer ersten Entwicklung

in

........................................................................................... § 173. Die öffentliche Wirk­

§ 172. Die Erscheinung deS Heilandes.

samkeit Christi.

§ 174. Die Jünger des Herrn.

Pfingstfest und seine Folgen. und dessen Reisen.

§ 175. Das

§ 176 u. 177. Der Apostel Paulus

§ 178. Die innere Gestaltung der Gemeinde.

§ 179. Die leitenden Personen.

§ 180. Gottesdienst und Feste.

Seite 126—13(.

Erster Abschnitt.

Die hellige Schrift. Einleitung. § 1.

Begriff, Inhalt, Bedeutung. Die heilige Schrift, oder Bibel (Buch aller Bücher, das wichtigste Buch), umfaßt die Urkunden der Offenbarung Gotte» an und für die Menschen, zum Zweck, diese durch Erkenntniß seines Wesens,

Willen- und Waltens zu erlösen, zum rechten Glauben zu führen und zu beseligen. Durch besondere Fürsorge Gotte- hat sich die Bibel bei allen Umänderungen der Verhältnisse, unter allen Stürmen der Zeit erhalten und ihren segensreichen Einfluß geübt. Allerdings hatten auch die Indier ihre Veda's mit der Lehre Brahma'-, die alten Perser ihre Zendbücher mit der Lehre des Zoroaster, die Chinesen ihre

King- mit der Lehre des CoafuciuS, die alten Germanen ihre Edda'S; die Mnhamedaner haben ihren Koran mit der Lehre Muhameds, die Juden den Talmud neben dem alten Testament, — aber alle diese Urkunden sind, was Ursprung, Inhalt und Zweck anlangt, nicht zu vergleichen mit denen, welche die h. Schrift enthält; nur sie geben vollkommenen Aufschluß über Gott und göttliche Dinge; nur sie sind

geeignet die wahre Gemeinschaft mit Gott herzustellen. 8 2.

Zett und Abfassung. Die Bibel zerfällt in eine Reihe einzelner Bücher oder Schriften, entstanden in einem Zeitraum von ungefähr 1600 Jahren, von ver­ schiedenen Männern abgefaßt, in verschiedener Form und Sprache ge1

2

schrieben, eingetheilt in zwei große Gruppen, das alte und neue Testa­ ment. Die Verfasser waren Werkzeuge Gottes, getrieben und er­ füllt von dem heiligen Geiste, jedoch ohne daß ihre menschliche Eigen­ thümlichkeit und Thättgkeit aufgehoben worden sei. Unter ihnen waren Gesetzgeber und Dichter, Geschichtsschreiber und Propheten, Hirten und Könige.

Von der Hand der Verfasser selbst haben wir indessen keine Ur­

kunden, sondern nur Abschriften und Uebertragungen.

§ 3.

Sprache und Uebersetzuugeu. Die heiligen Schriften sind geschrieben in der hebräischen und griechischen Sprache; im alten Testament finden sich einzelne chaldäische Stücke, z. B.. Daniel 2, 4—7,28; dem Evangelium Matthäi liegt wahrscheinlich eine aramäische Urschrift zu Grunde. Der Text ist durch Einschaltungen, Abkürzungen, Bearbeitung, namentlich aber in

Folge vielfachen Abschreibens, verändert worden.

Bon Uebersetz-

ungen ist wohl die älteste (griechische des alten Testaments) die soge­

nannte Septuaginta (70), auch alexandrinische, im 3ten Jahr­ hundert vor Christus entstanden, der Sage nach von 72 palästinen­ sischen Juden, welche von einander unabhängig und räumlich getrennt, doch dem Worte nach ganz gleich übersetzt hätten.

In der syrischen

Kirche galt die Peschito, etwa aus dem 2ten Jahrh.nach Christus. Als lateinische Uebersetzung ist die bekannteste die des Hieronymus um 400 n. Chr., vulgata genannt, in der katholischen Kirche autorisirt. Eine Uebertragung in das Gothische rührt von Bischof Ulphilas

(gest. 388) her. Unter den deutschen Uebersetzungen steht als ein Meister­ stück deutscher Sprache und deutschen Geistes diejenige da, welche Luther auf der Wartburg 1521 begann und in Wittenberg unter Beihülfe von Melanchthon, Bugenhagen, JonaS und Anderen vollendete. Jetzt ist die Bibel wohl in fast alle Sprachen der Welt (150) übertragen. § 4.

Sammlung des Kanon. Unter Kanon (Regel, Richtschnur für Lehre, Glanben, Leben) ver­ stehen wir die von der Kirche anerkannte Sammlung der h. Schriften des alten und neuen Testaments. Schon ftühe wurde damit der An­

fang gemacht, zunächst durch Esra, aber ohne förmlichen Abschluß, da

einzelne Bücher unzweifelhaft ans einer späteren Zeit stammen.

Die aus den letzten Jahrhunderten vor Christus

rührenden so­

genannten Apokryphen wurden später beigefügt, ohne daß sie die Geltung der kanonischen Schriften erlangt hätten.

Die kath. Kirche

hat sie unter diese ausgenommen; die lutherische betrachtet sie als nützlich

und gut zu lesen, aber nicht den heiligen Schriften gleich zu achten; die englische Bibelgesellschaft läßt sie grundsätzlich in ihren Bibeln nicht

einmal abdrucken. Die neutestamentliche Sammlung wurde erst im 4. Jahrhundert abgeschlossen, doch war und ist das Urtheil über den Werth der ein­

zelnen Bücher sehr verschieden. Die Reihenfolge, in welcher die (ohne Apokryphen) 39 Bücher des alten und 27 des neuen Testamentes stehen, ist nicht die nämliche;

sie würde nach der Zeit der Abfassung eine ganz andere sein. Im Hebräischen ist eine Folge, die von der griechischen Uebersetzung abweicht, im neuen Testament ist besonders die Stelle des Hebräerbriefs und des Briefs des Jacobus eine verschiedene.

Aas alle Testament. §5.

Vorbemerkung. Das alte Testament enthält die Bücher, welche zur Zeit des alten Bundes (zwischen Gott und dem Volke Israel), mithin vor Christi

Erscheinung geschrieben sind.

Von den Juden wurden sie eingetheilt 2) die

in: 1) das Gesetz (Thora, Pentateuch, 5 Bücher Mosis);

Propheten, zu denen auch die Bücher Josua, Richter, Samuelis und Könige gerechnet wurden; 3)die anderenheiligenSchriften (K'tubim, Hagiographen), mit den Klageliedern und Daniel, die nun

unter den Propheten stehen. Gebräuchlich ist jetzt die Scheidung in historische, prophetische und poettsche (Lehr-)Bücher, nach deren Haupt­ inhalt und Charakter, wobei aber wohl zu merken ist, daß Geschichte, Lehre, Weissagung und Poesie in den einzelnen Schriften nicht streng

aus einander gehalten find, sonder» vielfach mit und neben einander gehen.

A. Die historischen Bücher. § 6.

I. der Pentateuch, oder 5 Rollenbuch, aus 5 Büchern bestehend, die von den Juden nach den Anfangsworten derselben, von den Christen nach dem Inhalt be­ nannt werden. Gewiß ein Haupttheil derselben rührt von MoseS; die Zu­ sammenstellung in der jetzt vorliegenden Weise erfolgte unter Benutzung

älterer Urkunden und Nachrichten von einem Anderen. der Zeit gehen die Ansichten weit auseinander.

In Betreff

1. DaS erste Buch MosiS (Genesis — Entstehung, Werden)

handelt in 50 Kapiteln von der Erschaffung der Welt, von den ersten

Menschen und ihren Nachkommen, von der großen Fluth und Noah, von den Stammvätern des Volks Israel bis zu Jacobs und Josephs

Tod; dem Alter nach, wenigstens zum Theil, die frühesten Erzeugnifle der religiösen Literatur überragend. 2. das zweite Buch (Exodus --- Auszug) erzählt in 40 Kapiteln die Geschichte von Iacobs Nachkommen während ihres 430 Jahre dauernden Verweilens in Aegypten, die Vorbereitung zu dem Auszug

aus dem Lande der Bedrückung unter MosiS Führung, diesen Auszug selbst; eö berichtet von der Gesetzgebung am Berge Sinai, von gottes­ dienstlichen Einrichtungen und der Stiftshütte. 3. Das dritte Buch (Leviticus) enthält in 27 Kapiteln, in denen wenig eigentlich Geschichtliches vorkommt, die Regelung der

Gottesdienste, der Opfer und Feste, des Dienstes der Priester und Le­ viten und andere gesetzliche Bestimmungen. 4. Das vierteBuch (Numeri=Zählung des Volks) berichtet in 36 Kapiteln von der 2. und 3. Zählung der streitbaren Männer, ver­ schiedenen nachträglichen Gesetze», dem Aufbruch vom Sinai, dem Zug in der Wüste, dem Kampf mit mehreren heidnischen Völkerschaften, von Strafgerichten Gottes, Bertheilung des eroberten Gebietes diesseits des Iordans, Ernennung Josuas zum Nachfolger MosiS, Bestimmungen wegen des zu erobernden Landes Kanaan. 5. Das fünfte Buch (Deuteronomium ---- Wiederholung des Gesetzes) wiederholt in 34 Kapiteln, theils ergänzend, theils abkürzend, die gegebenen gesetzlichen Vorschriften, unter Verheißung deS Segens

und Androhung des Fluchs, und erzählt dann wie MofeS den Josua als seinen Nachfolger vorstellt, den Herrn im Liede preist, die einzelnen Stämme segnet, sich zum Abschied rüstet und auf dem Berge Nebo stirbt.

§ 7.

II. Das Buch Josua. Es schließt sich an den Pentateuch an und giebt in Kap. 1—12 über die Eroberung des Landes Kanaan, in Kap. 23—24 über die Vertheilung desselben unter die einzelnen Stämme Nachricht. Im Mittelpunkt der Erzählung steht Josua (griechisch Jesus) der Sohn

Nun, durch Tapferkeit, Frömmigkeit, Demuth und Treue ausgezeichnet, den Bund des Volks mit dem Gott seiner Väter erneuend.

Wenn auch nach Jos. 24, 26 angenommen werden muß, daß Josua einen Theil seiner Erlebnisse und Anordnungen anfgezeichnet hat, so ist doch das Buch in der uns vorliegenden Form sicherlich von der Hand eines späteren Verfassers. § 8.

III Das Buch der Richter (21 Kapitel). ES erzählt die Einzug in Kanaan, eines Zeitraums von der Ereignisse wird

weitere Geschichte des Volks Israel nach dessen seine Leiden, Züchtigung und Erhebung während 3 bis 400 Jahren (Josua bis Eli). Die Schilderung angeknüpft an die Richter, d. h. auserwählte

Helden und Heerführer, die in der Zeit der Noth auftraten, um von der Bedrückung der Feinde (Syrer, Moabiter, Kananiter, Midianiter, Ammoniter und Philister) zu erretten, Frieden, Ordnung und Recht zu schützen. In Kap. 1—16 findet sich die Geschichte der Helden (besonders Athni«l,Ehud, Deborah, Barak, Gideon, Jephtha, Simson) und in den Kap. 17—21 die Schilderung der sittlich religiösen Zu­ stände des Volks, „zu der Zeit, da kein König in Israel war und ein Jeglicher that, was ihm recht dänchte." Der Berfaffer des Buchs ist unbekannt. Als Zett der Abfassung nimmt man bald die des ersten Königs an, bald die nach der Wegführung durch die Affyrer, mit Rücksicht auf Richter 18, 30. § 9.

IV. Das Buch Ruth

(4 Kapitel).

Es ist gleichsam ein Anhang zu dem vorhergehenden und enthält

ein liebliches Familienbild. Es erzählt wie durch Gottes Fügung eine Moabitin wegen ihrer Gottesfurcht, kindlichen Anhänglichkeit und Sitt­ samkeit Aufnahme und volles Bürgerrecht in Israel fand. Der Sohn der Ruth, Obed, war der Vater Jsais und Großvater Davids. Da-

6

Büchlein ist wahrscheinlich in der spätere« Zeit der Regierung Davids, jedenfalls vor dem Exil, geschrieben; von Wem? ist unbekannt.

§ 10.

V. Die zwei Bücher Samuelis (31 und 24 Kapitel).

Sie führen die iSraelittsche Geschichte von den letzten Lebensjahren Elis bis zum Schluffe der Davidischen Regierung fort. Ursprünglich eins, wurden sie später getheilt. (Geschichte Samuel» I. Kap. 1—12; Sauls 1. Kap. 13—31; David» II. Kap. 1—24.) Ihren Namen tragen sie von dem Manne, welcher in dieser Periode als letzter Richter, als Hohepriester und Begründer de» Königthum» die wichtigste Rolle spielt, während allerdings das 2. Buch Ereigniffe beschreibt, die sich lange nach Samuel- Tod zugetragen hatten. Wenn auch verschiedene Quellen von dem unbekannten Verfasser benutzt wurden, so erscheinen doch die beiden Bücher als ein Ganzes, deffen Enfflehung in eine Zeit, nicht lange nach den geschilderten Ereignissen, etwa bald nach der Theilung de» Reich», fällt. § 11.

VI. Die zwei Bücher der Könige (22 und 25 Kapitel). Sie bildeten ebenfalls ursprünglich ein Buch. Das israelitische K'öuigthum in seiner höchsten Blüthe bi- zu seinem Untergang wird un- da vorgeführt; so die Geschichte Salomo-, de- Tempelbau's, der Trennung der beiden Reiche Israel «nd Juda, der Könige in beiden bis zur Zerstörung von Jemsalem durch Rebukadnezar und die Weg­ führung der Juden in die babylonische Gefangenschaft. Die Propheten Elia «nd Elisa treten besonder» hervor. Zeit der Abfaffnvg etwa in der zweiten Hälfte de» Exil». Rach der jüdischen Tradition soll Jeremia» der Verfasser sein, gegen welche Annahme aber unter Anderem auch spricht, daß er in einem Alter von nahezu 90 Jahren müßte geschrieben haben.

§ 12. VH. Die zwei Bücher der Chrouika (—Zeitgeschichte, 30 «. 36 Kap.). Diese wurden von den älteren Juden ebenfalls nur als ein Buch gezählt. In Sprache nnd Styl haben sie mit den Büchern Esra und Nehernia viel AehnlicheS, so daß man fie Einem Manne zuge­ schrieben hat. Da der Verfasser den Zweck hat die Geschichte des

Volks von Anfang an bis auf Nehemia zu beschreiben, so stellt er dem

Buche in 9 Kapiteln Register vor, welche mit Adam beginnen, geht

über die Zeit bis zu David rasch hinweg und erzählt dann parallel mit den Berichten des 2. Buch SamueliS und der 2 Bücher der Könige,

diese in manchen Stitcken ergänzend, das Wichtigste der Begebenheiten

unter den Königen des Reichs Juda bis zur Rückkehr der Juden aus

der babylonischen Gefangenschaft.

Zeit der Abfassung etwa um 330

v. Christus. 8 13.

VIII.

Das Buch Esra (10 Kapitel).

Es schließt sich an die Bücher der Chronika an «nd ist benannt

nach ESra, dem Priester aus Aarons Geschlecht, der als Hauptperson

erscheint.

Berichtet wird zuerst die Rückkehr der Juden unter dem

Fürsten Serubabel und dem Hohenpriester Josua im erste» Jahre der Regierung des

König- Cyrus; dann von der Grundsteinlegung des

neuen Tempels, den Hindernissen, welche die Samariter in den Weg

legten, von der Einwanderung de» Esra selbst zur Zeit des Artaperxes Longimanus und den durch ESra getroffenen Einrichtungen.

Am persischen

Hofe muß dieser in großem Ansehen gestanden haben und wurde von

da als Oberlichter

bestellt; doch gründete sich das Ansehen ESra'S

auf seine ganze würdevolle Persönlichkeit, seine Gesetzeskenntniß, seinen

Eifer Lehre, Leben und Gottesdienst seines Volkes den heiligen Schriften gemäß zu gestalten.

Daß letztere von ihm gesammelt worden sind, ist

sehr wahrscheinlich.

Zwei apokryphische Bücher (das 3. u. 4.) tragen

den Namen ESra; doch hat sie Luther nicht der Uebersetzung für werth

geachtet.

§ 14.

IX.

DaS Buch Nehemia (13 Kapitel).

Es wird auch zweites Buch Esra genannt und erzählt in Kap. 1—7 wie Nehemia, Mundschenk des Königs ArtaxerxeS LongimanuS

in Susa, 13 Jahre

nach Esra, mit ausgedehnten Vollmachten gen

Jerusalem kommt, die Mauern der Stadt unter steten Angriffen der

Samariter aufbauen läßt und mancherlei nützliche bürgerliche und poli­ tische Einrichtungen trifft; berichtet in Kap. 8—10- von ESra'S Lehr­ tätigkeit,

der Feier des Laubhüttenfestes und der Erneuemng des

8 Bundes mit Jehova; enthält in Kap. 11—13 Verzeichnisse der Ein­ wohner in

Stadt und Land, sowie Mittheilungen über die Einweihung

der Stadtmauer, die zeitweilige Abwesenheit und Rückkehr des Nehemia

nach mancherlei Unordnungen und darauf erfolgten Reformen.

Daß

Nehemia selbst den größten Theil des BnchS verfaßt habe, ist anerkannt.

§ 15.

X. Das Buch Esther

(10 Kapitel).

In ihm haben wir die Geschichte von der wunderbaren Errettung

deS jüdischen Volkes zm Zeit deS persischen Königs AhaSveroS (XerxeS).

Esther, eine schöne jüdische Jungfrau, die Pflegetochter Mardochai'S,

war an die Stelle der verstoßenen Königin Basthi zur Gemahlin deS AhaSveroS erhoben; dnrch sie nnd Mardochai wurden die Anschläge

deS bei dem König in großem Ansehen stehenden Haman, auf dessen Anstisten alle Juden an einem Tag ermordet werden sollten, vereitelt,

letzterer selbst gehenkt und unter den Feinden der Juden ein großes Blutbad angerichtet.

Zur Erinnerung an diese Begebenheit

ordnete

man das Pvrimfest (Fest der Loose) an. Bersaßt ist wohl die Schrift von einem in Babylon wohnenden Juden, welcher der Zeit der geschilderten Ereignisse nicht fern stand. Eigenthümlich ist,

daß der Namen Gotte«

sich in

dem

ganzen

Bnche nicht findet, weshalb man diesem vielfach nur untergeordneten

Werth beilegte.

B. Die poetischen (Lehr-)Bücher. § 16.

Einleitung. Deren find unter den kanonischen Schriften 5, nämlich das Buch

Hiob, die Psalmen, die Sprüche Salomonis, der Prediger

Salomo

und da- Hohelied Salomonis. Die Spuren hebräischer Dichtung

finden wir

schon in

den Geschichtsbüchern (vgl. Lamech, Jacob (Genesis 49], Moses, Mir­ jam, Bileam,

Deborah, Hanna); vor Allem aber sind Vertreter der­

selben David, seine Zeitgenosse» Assaph, Heman, Ethan, die Korachiten, dann Salomo und der Verfasser des Buchs Hiob.

Das Eigen-

thümliche der hebr. Poesie liegt darin, daß überall die Empfindungen und Anschauungen des Dichters klar hervortreten, einzelne Gedanken

oft ohne inneren Zusammenhang in Sprüchen und Sentenzen Aus­ druck erhalten und ein Reichthum an Bildern und Vergleichungen uns entgegentritt.

Den Reim kennt das alte Testament nicht, doch findet

sich ein besondererR hthmuS, als sogenannter ParalleliSmuS der Glieder, darin bestehend, daß ein Gedanke in zwei oder mehreren

Sätzen, welche gleichen oder ähnlichen Sinn haben, sich ergänzen, anch einander entgegengesetzt sind, ausgedrückt werden, z. B.: die Himmel

erzählen die Ehre Gottes «nd die Beste verkündiget seiner Hände Werk (Psalm 19, 2); aus sechs Trübsalen wird er dich erretten, in der siebenten

wird dich kein Uebel rühren (Hiob 5, 19); sie (die Gottlosen) sind

uiedergestürzt und gefallen, wiraderstehenaufgerichtet (Psalm 20,9). Außerdem begegnet uns die Eintheilnng in Verse (für sich be­

stehende Redetheile) und Strophen;

eine alphabettsche Ordnung

haben wir in Psalm 119 (immer 8 Verse mit demselben hebr. Buch­ stabe« anfangend), ebenso in den Klageliedern Jeremiä; endlich Stufen-

l ieder, in welchen aus dem vorhergeheuden Verse ein Gedanke oder

AnSdruck in dem folgenden wieder ausgenommen wird (Richter 5,5«. 6;

Jes. 26; Psalm 121).

Hauptsächlich können wir zwei Arten der he­

bräischen Dichtung unterscheiden :

1) Lieder

(Psalmen,

Hohelied,

Klagelieder Jeremiä) und 2) Sprüche (Sinn- und Sittensprüche, wie

in den Sprüchen Salomonis, dem Prediger und Buch Hiob). § 17.

I. Das Buch Hiob (42 Kapitel). Dieses erzählt die Leiden eine- frommen Dulders.

Hiob in dem

Lande Uz (wahrscheinlich an der Grenze Arabiens «nd JdumäaS)

wird auf eine vom Satan bei Gott erhobene Anklage von der Höhe de? Reichthnms, Glücks und Ansehens in das größte Elend gestürzt,

seiner Habe, dann seiner Kinder beraubt uud von der schrecklichsten Art deS Aussatzes, der Elephanttasts befallen.

Mit Demuth und Er­

gebung erträgt er das Alles, auch dmch sein Weib nicht veranlaßt in

seinem Glauben irre z« werden.

Drei Frmnde : EliphaS, Bildad und

Zophar besuchen ihn, werden aber von dem furchtbaren Jammer so ergriffen, daß sie 7 Tage und Nächte ohne Trostworte bei dem Frmnde

sitzen, mehr und mehr zn der Ansicht verleitet, Hiob müsse eine schwere Verschuldung zu büßen haben.

Dieser bricht nnn zverst daS Schweigen,

indem er den Tag seiner Geburt verwünscht, worauf eine Unterredung

10

zwischen ihm und de» Gästen beginnt, in drei Abtheilungen : Kap. 4—14; 15—21; 22—31.

Die drei Freunde vertreten in ihren Wechsel­

reden die Ansicht, daß Gott solche Leiden nur als Strafen für Ver­ gehungen über die Menschen kommen lasse, während Hiob seine Un­

schuld betheuert und Zweifel an der göttlichen Gerechttgkeit erhebt, bi»

er wieder ruhiger und gefaßter wird.

Darauf tritt ein vierter, jüngerer

Gegner auf: Elihu, welcher gegen Hiob die Gerechttgkeit Gotte» in

Schutz nimmt, die Leiden al» eine Prüfung bezeichnet, zur demüthigen Unterwerfung unter bett Willen de» Höchsten auffordert, aber auch die

Freuttde tadelt wegen ihre» verdammenden Urtheil».

Kap. 32—37.

Hierauf erscheint Jehova selbst, spricht zu den Stteitenden,vor Allem

zu Hiob, aus gewaltigem Sturme, deffen Ungeduld strafend, und zeigt wie thöricht e» sei, wenn der Mensch, der noch nicht einmal die ge­

wöhnlichen Vorgänge in der Natur zu faffen vermöge, de» Allmächügen Gedanken und Wege meistern wolle : Kap. 38—41.

Zum Schluffe

wird in Kap. 42 berichtet, wie Hiobs Glück, Reichthum «ud Ansehen hergestellt, ja sein Besitzthum verdoppelt wird.

Da» Buch Hiob ist keine Geschichte, sondern eine künstlerisch an­

gelegte und vollendete Dichtuilg, al» deren Resultat erscheint, daß e» auch ein Leide» giebt, welche- nicht Strafe vo» Gotte» Zorn sei, sondern

dazu dienen solle, um den Frommen zu prüfen und zu bewähren und so zum Empfang reichen Lohne» würdig zu machen. ist unbekavnt.

Der Verfasser

Al» Zeit der Entstehung bezeichnen Einige die Salo­

monische, Andere die Mosaische, wieder Andere die nachexilische Zeit. § 18.

II. Die Psalmen (150). 1. Der Psalter (— Werkzeug zum Schlagen der Saite», Saiten­

instrument, 'Lied, Liedersammlung) ist eine au» 150 religiöse» Liedern bestehende Sammlung, welche bei dem Tempeldienst, den jüdischen

Festen und der häuslichen Erbauung, Anwendung sand.

Man macht

5 Abtheilungen, nämlich: Psalm 1-41; 42-72 ; 73-89 ; 90-106; 107—150.

2. Die Verfasser.

Nach den zum Theil nicht richttgenUeber-

schriften werden 73 Psalmen dem David zugetheilt; Psalm 90 dem

Mose«; 72 und 127 Salomo; 50. 73-83 Affaph; 42. 44-49. 84.

85. 87 de» Söhnen Korah»; 88 dem Heman «nd 89 dem Ethan. Fünfzig Psalmen sind ohne Angabe de» Verfasser«, 34 haben über­

haupt keinerlei Ueberschrift.

Da einzelne Psalmen in die exilische, ja

in eine noch spätere Zeit gehören, so kommt der Zeitraum zwischen MoseS und Nehrmia in Betracht. 3. Dem Inhalte nach unterscheidet man Lehr-, Buß-, Trost-, Lob-und messianische Psalmen. DaS specielle Lob de« Höchsten finden wir in 8. 19. 29. 33. 34. 65. 93. 103. 104. 147. 148;. theokratischen Inhalts sind 2. 4. 5. 9. 21. 24. 33. 42—44. 46—48. 50. 66. 67. 72. 77—78. 111. 114. 115. 135. 137-145. 150; auf den Gottes­ dienst beziehen sich 24. 42. 43. 50. 61. 74. 81. 84. 102. 121. 122. 133. Den Preis der Frommen und Redlichen enthalten 1. 11. 15.26. 36. 37. 73. 91. 119. 127. 128. 131. 139; Verwünschung der Wider­ sacher Gotte« und seiner Diener 4. 5. 10. 12—14. 17. 28. 35. 37. 52—59. 64. 69. 70. 71. 75. 79. 82. 83. 94. 109. 140-143; zum Vertrauen auf Gott ermahnen : 3. 4. 6. 9.11. 16. 22. 23.27. 34.37. 91; zum Dank : 7. 18. 21. 30. 34. 40. 47. 48. 66. 138; zur Buße : 6. 32. 38. 51. 102. 130.143; Trost der Sündenvergebung spenden 6. 25. 32. 38. 51. 103. 106; Verheißung enthalten 40. 41. 45. 68. 72. 89. 109; sogenannte messianische Psalmen sind : 2. 8. 16. 10. 22. 69. 22. 110. 118. 22. Die Ueberschriften, welche sich nicht auf den Verfasser be­ ziehen, haben einen poetischen oder musikalischen Charakter, bezeichnen die Instrumente, die Melodien (z. B. Hindin der Morgenröthe, Psalm 22; Taube der fernen Terebinthen, Psalm 56; Lilie de« Zeugnisses, Psalm 60), die liturgische Bestimmung (dem Sangmeister, Stufenlied). 4. Da« 71 Mal vorkommende Sela ist entweder Zeichen zum Einfällen der Instrumente oder zur Pause, Andere erklären e« al« „immer und ewig", oder al« : da capo. Amen heißt : e« ist gewiß, e« fei also; Halleluja : lobet Gott. Psalm 113—117 nannten die Juden da« große Halleluja, welche« bei der Osterfeier gesungen wurde. Zum Auswendiglernen, wenigstens zum Theil, dürsten sich eignen 1. 2. 8. 14. 12. 23. 42. 43. 46. 47. 51. 72. 84. 90. 100. 103. 104. 126. 130. 137. 139.

§ 19. III. Die Sprüche Salomonis (31 Kapitel). Bon Salomo wird 1 Kön. 4, 32 gerühmt, daß er 3000 Sprüche geredet habe und seine Lieder 1005 gewesen seien. Die un« vorliegenden Sprüche enthalten die Grundzüge der Sittenlehre, sowie die specielle Tugend- und Pflichtenlehre, wobei das

12

Verhältniß deS -Menschen z« Gott immer im Auge behalten itnb an das göttliche Gesetz sich angelehnt wird.

Nach einer Einleitnng Kap.

1, 1—6 schildert der erste Theil bis Kap. 9 die Weisheit

als das

höchste Gut, welches auch von der Jugend zu erstreben sei; im zweiten

Theil

Kap. 16—24 sind

Sprüche und

Ermahnungen verschiedenen

Inhalts; der 3. Theil Kap. 25—29 trägt die Ueberschrift : anch dies

sind Sprüche Salomos, welche zusammengetragen haben die Männer Als Anhang in Kap. 30 :

HiSkiaS des Königs von Juda.

„Worte

AgurS des Sohnes JakeS" und in Kap. 31 : „Worte des Königs Le­ muel".

Daraus ergibt sich, daß die Sammlung der Sprüche in ihrer

jetzigen Gestalt nicht unmittelbar

aus der Zeit Salomos herrührt,

sondern in einer späteren Zeit entstanden ist.

Der

läßt sich indeffen sicher ans Salomo Mückführe».

eigmtliche Kern

Azur und Lemuel

sind unbekannte Persönlichkettea.

§ 20.

IV. Der Prediger Salomo (Kohelet) in 12 Kapiteln. Der Prediger betont die Eitelkeit aller irdischen Dinge und mahnt daher zn genießen, was die Gegenwart Angenehmes biete, aber wohl

zu bedenken, daß alle Gabe« und Güter von Gott komme«, den man

ehren und vor deffen Gericht man sich fürchten müsse.

Am Schluffe

(Kap. 12, 13 u. 14) wird in den Worten : „fürchte Gott «nd halte feine Gebote, denn da- gehört allen Mmfchen zu, denn

alle Werke vor Gericht bringen", die Summa

gezogen.

Gott wird

Die Reden

werden Salomo in den Mund gelegt, allein das Buch kann erst in späterer, vielleicht sogar nachexilischer Zeit entstanden sein.

§21.

V. Das Hohelied SalomoniS (8 Kapitel). Daffelbe

schildert in einer Reihe von Liedern die innige, unter

allen Versuchungen sich bewährende Liebe, die stärker ist als der Tod,

freilich in orientalisch üppigen Bildern.

Bei den Juden war Gesetz

daß das Hohelied vor dem 30. Jahre von Memand gelesen werden, sollte.

Ob Salomo der Verfaffer? — dieses ist von Bielen behauptet,

von Anderen bestritten worden; jedenfalls ist das Buch ein Erzeugniß

der alten Zett (950 v. Chr.). man in ihm daS Verhältniß

In allegorisch gezwungener Weise hat GotteS zu seinem

Volke Israel, und

später das der christlichen Kirche zu dem Bräutigam Jesus Christus

dargestellt gefunden.

C. Die prophetischen Bücher. § 22.

Das Propheteuthum im alten Testament. Die Aufgabe der Propheten war den Rath und Willen Gottes dem Volke zu verkünden, dasselbe zu belehren und zu leiten, den Ab­

fall desselben mit Ernst-zu strafen, Verheißungen und Drohungen auszusprechen, daS Zukünstige voraus zu sagen — das Alles von dem Geiste Gottes erleuchtet und getrieben. Die Forderungen des gött­

lichen Willens werden von ihnen nicht blos im Allgemeinen hinge­ stellt, sondern auch in specielle Beziehung zu bestimmten Personen,

Verhältnissen uud Begebenheiten gebracht, mahnend, warnend, tröstend. Mit der Theokratie ist auch das Prophetenthum entstanden, MoseS

selbst war ein Prophet. Nach ihm freilich wird daS Austreten von Propheten selten erwähnt bi» zu Samuel, der als ein begeisterter Seher, als Mittler zwischen Gott und Israel austritt, in dessen Zeit, wohl unter dessen Leitung, auch die sogenannten Prophetenschulen blühten, als Unterrichtsanstalten für künfttge Lehrer und Führer der I-raeliten, bereit in den Tagen Eliä und später ebenfalls Erwähnung geschieht. Gesang, Musik, sowie die heüige Literatur wurden gleich­ falls in diesen Prophetenschulen gepflegt. Mit Entschiedenheit und unerschrockenem Ernste straften die Pro­ pheten selbst Könige, auch den David und Salomo. Ihre Wirksamkeit war hauptsächlich nöthig im Reiche Israel, wo sie in stetem Kampf mit bett abtrünnigen Königen und dem götzendienerischen Volk sich abmühten.

Eine hervorragende Rolle spieste Elias, der ThiSbiter, einzelstehend, aber alS ein Rüstzeug des lebendigen Gottes sich fühlend, und darnm muthig den Baalspropheten sich widersetzend. Im Reiche Juda tritt das Pro­ phetenthum nicht in gleicher Weise in den Vordergrund; jene» besaß ja den Tempel als Mtttelpunst des Cultus, eine einflußreiche Priesterschaft und zum Theil fromme und gerechte Könige. Erst mit IesaiaS und Micha trat eine neue Epoche ein, nachdem hier ebenfalls sitt­ licher und religiöser Zerfall, Abgötterei, Ueppigkeit «ad Bedrückung der Armen überhand genommen hatten. Ieremia führte auch den Kampf gegen

falsche Propheten, die das Volk irre zu leiten suchten. Während des Exils nahmen Propheten, wie Daniel, Ezechiel, Ieremia, eine bedeutende Stellung ein; auch nach der Rückkehr der Juden in daS Heimathland, unter den mancherlei Prüfungen, welche zur Unzufriedenheit und zum Verzagen führten, entfaltete das Prophetenthum feine Wirksamkeit,

14 bis es mit Maleachi ein Ende mhm, UM

ttst 400 Jahre später in Johannes dem Täufer noch einmal aufzuleben, der unmittelbar auf

den Hinweisen konnte, von dessen Person und Reich die früheren Pro­ pheten als aus der Ferne geweiffagt hatten. Nicht alle Propheten, welche erwähnt werden, haben schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen. Von 16 derselben find solche vorhanden. Mit Rücksicht auf die Aus­ dehnung der Bücher theilt man ein in 4 große (Jesaia, Jeremia, Ezechiel sHesekielf und Daniel) und die 12 kleinen (Hosea, Joel, AmoS, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk,Zephauja,Haggai, Sacharja, Maleachi.) Wir folgen der Reihe, in welcher die Schriften der Pro­

pheten in der Bibel stehen. § 23.

I. Der Prophet Jesaia- (66 Kapitel). JesaiaS (— Heil Jehovas) war ein Sohn des Amoz und vom Todesjahre des Königs Usta (759 v. Chr.) an, unter Jotham, Ahas und HiSkia bis zum Anfang der Regierung des Manaffe, 60 Jahre lang in Jerusalem thätig. Er besaß zwei Söhne mit bedeutsamen Namen, Schear-jaschub (der Rest bekehrt sich) und Maher-schalalchasbas (Raubebald-Eilebeute). Das Buch des Propheten zeichnet sich durch Schönheit der Form, feurige Darstellung, inneren Reichthum aus. Man unterscheidet 3 Abtheilungen : Kap. 1—35, 36—39 und 40—66, welche letztere einem späteren Verfasser zur Zeit des Exils zugeschrieben wird. Im ersten Theil werden dem verstocktm Volke ernste Strafgerichte verkündet (Gleichniß vom Weinberg). Als messianisch« Weiffagungen gelten : von der Geburt des Immanuel (Gott mit uns) Kap. 7, 14; dem Friedefürsten 9, 6; dem Zweig aus dem Stamme Jfai 11, 1; von dem Reiche des Messias 11, 6. In Kap. 13—23 stehen die Weissagungen gegen heidnische Völker (Babel, die Philister, Moabiter, Damaskus, Ephraim, Mohrenland, Aegypten, Aethiopien, Edomiter, Araber, Jerusalem, TyruS); in Kap. 24—35 Verkündigung des Anstürmens der Affyrer, Wehelieder über Juda und Israel, aber auch Hinweisung auf den in Zion gelegten Eckstein. — Im zweiten Haupttheil, Kap. 36—39, Bericht über die Belagerung Jerusalems durch Sanherib und wunderbare Errettung; über Hisst«»

Krankheit, Genesung und bestraften Ehrgeiz. Der dritte Theil, Kap. 40—66, beginnt mit dem Ruf: tostet, tostet mein Volk. Ein gewiffer innerer Zusammenhang der Reden ist unverkennbar, ihr Zweck der : die Verzagten aufzurichten. Besonders tritt hervor die

Gestalt des Knechts Gottes, (auf den leidenden Messias gedeutet), der durch sein Leihen die Schuld der Menschheit sühnt, aus der Niedrigkeit

aber erhoben wird, um die Creatur zu erneuen und in dem verklärten

Jerusalem zu beseligen. 8 24.

II. Der Prophet Jeremias (52 Kapitel). Jeremias (—Gott schleudert) war aus Anathot im Stamm Ben­ jamin, ein Sohn deS Priester« Hilkia.

13. Jahre des Königs

Noch sehr jung wurde er im

Josia (629 v. Chr.) zum Propheten berufen

und predigte unter diesem,

wie unter JoahaS, Jojakim, Jechonia

und Zedekia, vorzugsweise in Jerusalem, mehr als 40 Jahre.

Die

Verschuldung deS Volks, welche Gottes gerechte Strafgerichte herbei­

führte, erfüllte ihn mit tiefem Schmerz; gegen Hohe und Niedere,

gegen Priester nnd falsche Propheten erhob er seine Stimme mit großem

Ernste, zog sich aber dadurch auch viele Anfeindungen zn.

Nach der

Einnahme und Zerstörung der Stadt, sowie der von ihm vorausge­ sagten Wegführung deS Volks, blieb er in der Heimath, um die Zu­

rückgebliebenen aufzurichten, begleitete diese auch, als sie aus Furcht

vor der Rache der Chaldäer, wegen Ermordung des Statthalters Gedalja, nach Aegypten flohen, wo er von den eigenen Volksgenossen ge­

steinigt worden sein soll.

Die von ihm herrührenden Aufzeichnungen enthalten Weissagnng und Geschichte, in Kap. 1—39 bi« zur Zerstörung Jerusalems, in

40—45 nach der Zerstörung, in 46—51 Reden gegen auswärtige Völker (Aegypter, Philister, Moabiter, Ammoniter,

Edomster, Damaskus,

Kedar und Hazor, Elam und Babel), in Kap. 52 als Anhang die Nach­ richt über die Zerstörung der Stadt. Als messianisch betrachtet man besonders Kap. 23,5. 30. 31. 33.

Demselben Propheten werden zugeschrieben, jedoch im Kanon ge­

trennt aufgeführt, die Klagelieder (threni) in 5 Kapiteln, von

denen 4 nach dem hebr. Alphabet

geordnet find.

In ihnen spricht

sich Wehmuch und Schmerz ans über de» zerstörten Jerusalems Elend, aber auch Trost in den Worten : die Güte des Herrn ist, daß wir

nicht gar ans sind (3, 22).

§ 25. III. Der Prophet Hesekiel (Ezechiel) m 48 Kapiteln.

Hesekiel (—Gott stärkt) war der Sohn eine- Priesters Busi, etwas jünger als Jeremias.

Schon vor Jerusalems Zerstörung kam er mit

einem Theil des Volks nach Babylonien und wohnte am Fluffe Cha-

boras. Seine Thätigkeit währte 22 Jahre. Die Aeltesten versammelte er in seinem Hause, um Rath und Trost ;« spenden. In schwieriger Lage zeigte er sich als ein kühner, von Feuereifer erfüllter, in Bildern «nd Visionen eindringlich redender Prophet, dessen gewaltsamer Tod ebenfalls durch seine Volksgenossen herbeigeführt worden sein soll. Das

von ihm verfaßte Buch zerfällt in 4 Theile. wider Jerusalem,

Kap. 1—24 Reden

deffen Zerstörung er voraussagt; wider das ab­

trünnige Volk und die dasselbe mit falschen Hoffnungen erfüllenden Priester; Kap. 25—32 Weissagungen gegen fremde Völker (Ammon, Moab, Edom, Philistäa, Tyruö, Sidon und Aegypten); Kap. 33—39 Rede« verschiedene« Inhalts, von dem neuen Geist und neuen Herzen, von dem Rauschen des Lebensodems in Todtengebeine«, von Gog

Magog (den Scythen); Kap. 40—48 vom neuen Tempel und wieder­ hergestellten Jemsalem.

§ 26. IV. Der Prophet Daniel (12 Kapitel).

Der Namen bedeutet: Gott ist Richter. Im hebräischen Kanon steht das Buch nicht hier, weil Daniel dem Amte und Stande nach

kein Prophet war, sondern zwischen Esther und Esra. Der erste Theil enthält Kap. 1—6 die Geschichte Daniels, der zweite, Kap. 7—11, Weis­ sagungen und Visionen. In jenem wird erzählt, wie Daniel, ein vornehmer Jüngling aus dem Stamme Juda mit noch drei anderen im vierte« Jahre des Königs Jojakim (606 v. Chr.) nach Babel ge­ bracht und dort unter dem Namen Beltsazar erzogen wurde. Nachdem er NebukaduezarS Traum von den vier Weltreichen (nach gewöhn­ licher Deutung das chaldäisch-babylonische, das medisch-persische, daS griechisch-ptolemäisch-seleucidische und eMich das römische Reich)

ausgelegt hatte, kam er zu hohen Ehren. Ans seinen Wunsch wurden jene drei Gefährten (Hananja, Mesach nnd Asarja, oder wie der oberste Kämmerer sie genannt: Sadrach, Mesach und Abednego) über die Landschaften zu Babel gesetzt, welche man später, weil sie daö im Thal

Dura aufgestellte Bild nicht anbeten wollten, gebunden in einen glühenden

Ofen warf, aus dem sie jedoch unversehrt hervorgingen. Ein zweiter Traum des Königs, diesen selbst und sein Schicksal betreffend, erhielt gleichfalls seine Deutung durch Daniel und ging in Erfüllung, worauf sich Nebucadnezar demüthigte und Gott die Ehre gab. Deffen Nach­ folger und Enkel Belsazer legte der aus der Vergessenheit hervorgezogene Daniel daS Mene, Mene, Tekel, Upharsin, welche« an die Wand ge­ schrieben war, aus. Nach dem Untergang des babylonischen Reichs erhöhte Darius den Daniel, indem er ihn mit noch 2 Fürsten über die 120 Landvögte des Reichs setzte. Auf Anstiften seiner Feinde wurde er in den Lvwenzwinger geworfen, in welchem ihn Gott wun­ derbar erhielt, so daß D ariuS anbetete. Unter diesem und-CyruS blieb nun Daniel in Macht und Ansehen. Kap. 7—12 Visionen von den nach einander folgenden Weltherrschaften, an deren Stelle nach dem Tode eines WütherichS, deffen Schilderung auf AntiochuS paßt, ein

Reich der Gerechttgkeit und des Friedens kommen werde. Die Sprache Die Einheit der Schrift ist viel­ fach, jedoch nicht zur Evidenz bestritten worden; auch hat man ihre Entstehung mit Unrecht in eine weit spätere Zeit versetzt. ist theil» hebräisch, theils aramäisch.

Die Heinen Propheten. 8 27.

V. Der Prophet Hosea

(14 Kapitel).

Hosea (=s Rettung) war ein Zeitgenosse des Jesaia, gegen daS Ende IerobeamS des zweiten bis zu Salamanaffar, hauptsächlich in Israel weiffagend, die Abgötterei und das sittliche Verderben feiner

Zeit mit Strenge rügend, mehr als Alle sich entsetzend bei dem Blick in den Abgrund des Unglaubens und der Sünde. Neben dem Rauschen

der Uuthen des Strafzorns Gottes hören wir auch die milden Töne erbarmender Liebe. Zwei Theile sind in dem Buch zu unterscheiden, nämlich Kap. 1—3 Eingang, gleichsam Text, in symbolischer Dar­ stellung; dann Kap. 4—14 Reden über die Versündigung des Volk», über Strafe und Gnade. Die LebenSverhältniffe des Propheten find nicht weiter bekannt.

8 28.

VI. Der Prophet Joel

(3 Kapitel).

Joel (— Jehovah ist Gott), ein Sohn Petuels, ist einer der ältesten Propheten. Die Verwüstung des Landes durch Heuschrecken2

18

schwärme, in Verbindung mit anhaltender Dürre, gab Veranlassung zu dessen Reden.

Segen und neue Fruchtbarkeit, zugleich Vernichtung

der Feinde, Aufblühen der Gottesgemeinde, über welche der Herr seinen Die schöne Form, die Tiefe und Fülle

Geist auSgießt, werden geweissagt.

der Gedauken werden mit Recht gerühmt.

Ueber die Person des Joel

ist eben so wenig wie über die Zeit seines Werks Sichere» anzugeben,

doch muß ein hohes Alter des letzteren angenommen werden. § 29.

VII. Der Prophet Amos (9 Kapitel). Amos (— Träger), ein Hirte von Thekoa, südlich von Jerusalem. Zur Zeit deS Jerobeam II. in Israel und Usta in Juda eilte er nach Bethel,

um gegen den Götzendienst und die Sittenlosigkeit zu zeugen, die Zer-

ftörung des Reich» Israel und die Verbannung des Volks zu ver­ künden, doch nicht ohne

schließlich

auf eine

Zeit hinzuweisen, da die

In seinen Straf­

zerfallene Hütte Davids wieder aufgerichtet würde,

reden verfährt er mit solcher Rücksichtslosigkeit, daß ihn die Hofparthei

unter dem Priester Amazia anfeindete und nöthigte nach Juda zu fliehen, wo er wohl seine Reden ausgeschrieben hat.

§ 30.

VIII. Der Prophet Obadja (1 Kapitel). Obadja (--- Knecht Gotte»).

Ueber ihn ist nicht» Nähere» bekannt;

seinen Namen tragen noch 4 andere in der Schrift vorkommenden

Personen.

Bon ihm haben wir Drohweissagungen wider Edom, wegen

dessen Schadenfreude bei den Heimsuchungen Juda», und zwar Der» 1—9 die Verkündigung de» Gericht»; V. 10—16 Angabe de» Grunde»

und B. 17—21 Heilsverheißung.

Als geschichtliche

Grundlage läßt

sich annehmen die 2 Chr. 21 erzählte Einnahme und Plünderung Jerusalems durch die Philister und Araber unter König Joram, so daß

etwa 890—880 v. Chr. das Buch entstanden ist.

§ 31.

IX.

Der Prophet Jona (4 Kapitel).

Jona (— Taube) wurde berufen in Niniveh Buße zu predigen, entflieht aber auf das Meer, wo ihn die Strafe ereilt.

das Meer geworfen, von einem großen Fisch

Er wird in

verschlungen, nach drei

Tagen an» Land gespieen und predigt nun mit

Erfolg Buße.

Da

Gott mit der Strafe verzieht, wird der Prophet ärgerlich, jedoch durch

So enthält das

das Aufschießen und Verwelken einer Staude belehrt.

Buch in geschichtlicher Form die Lehre von dem Ernst und der Langmuth Gottes.

Jona weissagte unter Jerobeam II. 824—783.

Ob er selbst der Verfasser ist, oder ein später Lebender, ist nicht ausgemacht.

Der Heiland bezieht sich auf JonaS bei Matthäus Kap.

12 und 16; Luc. Kap. 11. § 32.

X. Der Prophet Micha (7 Kapitel). Micha (— Wer wie Gott) war aus Morefcheth, ein Zeitgenosse

deS Hosea und JesaiaS, nicht zu verwechseln mit Micha dem Sohne

JemlaS (1 Kön. 22, 8).

Weiteres ist nicht über ihn bekannt.

Ernst

und eindringlich droht er dem Volke und seinen Leitern wegen ihrer

Sünden Strafe und Verderben (Jerusalem selbst sollte zum Stein­

haufen werden), verkündete

aber zugleich die Erlösung durch den

Messias, der aus Bethlehem kommen werde.

§ 33.

XI. Der Prophet Nahum (3 Kapitel). Ueber Nahum (— Trostreich), aus Elkofch in Galiläa, besitzen wir

keine zuverläsfigen Nachrichten.

Er weissagt der Stadt Niniveh

in

bilderreicher Sprache Untergang zu einer Zeit, wo sie noch stark und

mächtig war.

Er lebte nach Einigen in Jerusalem, nach Anderen in

Assyrien, vielleicht zur Zeit des Sohnes SanheribS um 670.

§ 34.

XII. Der Prophet Habakuk (4 Kapitel).

Der Namen Habakuk bedeutet Umarmung. dieses Propheten ist auch nichts Näheres bekannt.

Ueber die

Person

AuS dem Inhalt

de» Buchs geht hervor, daß er in der Zeit austrat, als die Chaldäer

das Reich Juda zu überschwemmen drohten, also unter König Jojakim.

In der Form der Wechselrede zwischen Gott und dem Propheten wird die Verschuldung des Volks und das schwere Gericht geschildert, das Verderben des Dränger», der sich auf feine Macht in thörichtem Stolze

verließ, in Aussicht gestellt, die Zuversicht und das gläubige Hoffen der Frommen ausgesprochen.

Nicht blos als Prophet, sondern auch 2*

20 als Dichter ist Habakuk hochbegabt, so daß seine Schrift mit Recht zu

dem Besten gezählt wird, was sich im alttestamentlichen Kanon befindet. § 35.

XIII. Der Prophet Zephanja (3 Kapitel). Zephanja (Gott schützt), nach Kap. 1, 1 der Sohn deö Chusi'S

und Urenkel HiSkiaS (ob des Königs, ist ungewiß), weissagte während der Regierung deS Königs Josia (641—610).

Inhalt der Reden :

Ankündigung der Heimsuchung über die Heiden und über Jerusalem, Mahnung zur Buße, Verheißung deS Heil-.

Messianisches hat man

gefunden in Kap. 1, 14—18 und Kap. 3. § 36.

XIV. Der Prophet Haggai (2 Kapitel). Haggai (— der Festliche), wahrscheinlich einer der Greise, die noch die Herrlichkeü des salomonischen Tempels geschaut, ermahnt die unter Serubabel und Josua heimkehrenden Israeliten zum eifrigere« Ba«

des Tempels, hmweismd auf eine herrliche Zukunst.

Als messianisch

betrachtet man Kap. 2, 7—10, worauf Hebr. 12, 26 Bezug genom­ men wird.

§ 37.

XV. Der Pr-Phkt Sacharja (14 Kapitel). Sacharin (Zacharias = Jehovah gedenkt), bald nach Haggai avftretend, weßhalb er nicht zv verwechseln ist mit vielen Anderen, welche

diesen Ramen tragen, auch nicht mit dem, welcher nach 2 Chr. 24,20, cf. Matth. 23, 35 im Hofe deS Tempels gesteinigt wurde.

In ein­

facher aber edler Sprache finden wir Weissagungen, Visionen (Nacht-

gesichte), deren Deutung noch immer große Schwierigkeiten bietet.

Von den 2 Theilen Kap. 1—8 und 9—14 wird letzterer mehrfach einem anderen Verfasser zugeschrieben; in ihm sind auch Beziehungen auf den Messias und seine Zeit, z. B. Kap. 9, 9. 11, 12—13. 12, 10. 13, 1. 14, 9. § 38.

XVI. Der Prophet Maleachi (4 Kapitel). Maleachi (---- mein Bote), wie die beiden vorhergehenden aus der

nachexilischen Periode, ein jüngerer Zeitgenosse des Nehemia.

In seinem

Buch erinnert der Prophet an die Gnade, welche Gott von AtterHer erwiesen, rügt die Undankbarkeit de- Volks, sagt da- Gericht vor­ an-, welche- die Gottlosen treffe, während den Frommen Heil wider­

fahren werde, veMndet einen Vorboten (Elia-) und dann die Er­ scheinung de» Herrn.

§ 39.

Zeitfolge. Rach Keil würden die kleinen Propheten in folgender Reihenfolge nach der Zeit ihre- muthmaßlichen Auftreten- stehen :

Obadja um 889—884;

Joel Jona





867-838; 824—783;

AmoS



810-783;

Hosea

„ 790—725;

Micha



Nahum

„ 710—699;

758-700;

HaLakuk „ 650-627; Zephanja „ 640—625;

Haggai

„ 519;

Sacharja „ 519; Maleachi „ 433-424.

v. Die Apokryphen. § 40.

Borbemrlckung. Aus der Zeit nach dem Auftreten Maleachi'S bis zur Erscheinung

des Heilands (etwa 400 Jahre) besitzen wir keine kanonischen Bücher, wohl aber eine Anzahl Schriften, welche allgemein mit dem Beinamen apokrhphische, d. h. verborgene, bezeichnet werden (vergl. § 4).

Sie

find wie Luther sagt „in etlichen Stücken menschlich fehlbar, darum

der heil. Schrift nicht gleich gehalten, aber doch nützlich und gut zu Sie find theil» in hebräischer oder aramäischer, theils in

lesen."

griechischer Sprache abgefaßt, aber mir in letzterer, welche unter den Juden allmälig immer mehr Eingang sand, aus uns gekommen. Sie

bilden so den Anhang zn der sogenannten Septuaginta, der zumeist in Alexandrien entstandene» griechischen Uebersetzung der alttestamentlichen

Bücher.

Dem Haupttnhatt nach könnte man sie auch in Geschichte-,

22

Lehr- und prophetische Bücher «eintheilen, wie sie ja zum Theil Nach­ träge und Ergänzungen sind zu dem Inhalt jener z. G. zu Esther und Daniel. Luther hat nicht alle vorhandenen Apokryphen inS Deutsche übersetzt und seiner Bibel angefügt, unter andern nicht das 3. und 4. Buch Esra, das 3. und 4. Buch der Maccabäer u. s. w. §41.

1. Das Buch Judith (16 Kapitel). Holofernes, Feldherr des Nebukadnezar, kommt mit einem großen Heere

nach Palästina, verbreitet überall Schrecken, belagert die Stadt Bethulia,

wird aber von Judith, einer heldenmüthigen Wittwe, welche bei ihm

Einlaß gefunden hatte, im Zustande der Trunkenheit ermordet, worauf die Assyrer vernichtet werden. In den geschichtlichen und geographischen Angaben findet stch eine große Verwirrung, darum nimmt schon Luther

eine Dichtung an, entstanden vielleicht in der Zeit der Maccabäer.

§ 42.

II. Die Weisheit SalomouiS (19 Kapitel). Die Könige werden in diesem Buch aufgefordert gerecht zu sein und nach Weisheit zu streben; dieses sei der Weg zum Heil, zur Un­ sterblichkeit (Kap. 1—6). An seinem, Salomo'S, Beispiel wird gezeigt, wie man zur Weisheit gelange und welches ihr Wesen sei (Kap. 1—19); auf Grund der Geschichte dann eine Parallele gezogen zwischen dem Volk

GotteS und den Götzendienern. Die Entstehung der Schrift setzt man in die Zeit,als die alexandrinischen Anschauungen (gegründet auf das Bestreben griechische Mssenschast und Philosophie mit dem Judenthum in Verbindung zu bringen) herrschend waren; von Ein­

zelne» wird Philo als Verfasser angesehen.

§ 43.

IU. Da« Buch Tobiä (14 Kapitel). Inhalt: Tobias, eigentlich Tobit, durch Frömmigkeit ausgezeichnet,

wird von Salmanassar nach Niniveh geführt, wo er sich seiner Volks­ genossen mit Aufopferung annimmt, in Verfolgung geräth, blind wird, seinen Sohn zur Gottesfurcht anhätt, ihn unter Begleitung eine« Engels Gottes, der den Namen Asarja angenommen, «ach Medien schickt, um dort eine früher dem Gabel dargeliehene Schuld einzucassiren. Unterwegs lernt der junge Tobias die Sarah kennen, bringt

sie als seine Frau zur Heimath, zugleich ein Mittel gegen die Blind­ heit deS Vaters mit, worauf sie Gott loben und ihm danken.

Wir

haben wohl keine Geschichte vor uns, sondern eine Dichtung, welche zeigen soll, wie Gott die Schicksale der Menschen wunderbar leitet

und welcher Segen insbesondere auf einem frommen Sohne ruht. Das Buch ist wahrscheinlich zu Anfang des 2. Jahrhundert- v. Chr. von einem Juden in Palästina verfaßt. § 44. IV.

DaS Buch Jesus Sirach (51 Kapitel).

Dieses Buch enthält eine Sammlung von Sprüchen, in denen

sich eine genaue Kenntniß des Lebens der Menschen ausdrückt, so daß für alle Verhältnisse und Herzensstimmungen weise Rathschläge gegebm werden, die aber eine gewisse Werkheiligkeit zum Ziel habe». Luther

urtheilt : „Sirach ist ein rechter Gesetzesprediger, oder Jurist, lehrt, wie man feinen äußerlichen Wandel führen soll, ist aber kein Prophet, weiß.und lehret von Christo nichts." Jesus, der Sohn Sirachs, schrieb sein Buch in Jerusalem in hebr. Sprache; dasselbe wurde dann von seinem Enkel in Alexandria ins Griechische übersetzt. Zeit der ursprünglichen Abfaffung gegen 230 v. Chr.

8 45. V.

Das Buch Baruch (6 Kapitel).

Baruch, der Sohn Nerja's, las in Babel die von ihm verfaßte

Schrift dem König Jechonja und den übrigen Exulanten vor und ver­ anstaltete eine Sammlung für den Tempel in Jerusalem. Ein Send­ schreiben, Sündenbekenntniß, Ermahnung und Trost für Jernsalem folgen. Baruch, der Schreiber des Jeremia, kann da- Buch nicht ver­ faßt haben, sondern wohl ein JSraelite in der Zeit der Maccabäer. MS Anhang im Kap. 6 ein Brief, der den Namen des Jeremias trägt, in gutem Griechisch geschrieben, ebenfalls aus späterer Zeit. § 46.

VI. Die 2 Bücher der Maccabäer (16 und 15 Kapitel). DaS erste ist wichtig wegen seiner genauen und glaubwürdigen

geschichtlichen Angaben aus der Zeit von 175—135 v. Chr.

Be-

24

schrieben Mrd der unter MatthatiaS begonnene und unter seinen SSHnen, besonders dem Judas MaccabSuS (der Hammer), fortgeführte Befrei­ ungskampf der Juden von dem syrischen Joch. Das Buch soll ur­ sprünglich hebräisch verfaßt und dann in das Griechische übersetzt sein. Das zweite Buch ist von dem erste« sehr verschieden und dem­ selben an Werth untergeordnet, eine Mischung von Legende und Sage. In lebendiger Schilderung der Bericht von dem Märtyrertod des Eleasar und der Wittwe mit den 7 Söhnen. Es existirt auch ein 3. und 4. Buch der Maccabäer, welche aber

von Luther nicht ausgenommen wurden. §47.

Die übrigen Apokryphen. Von Luther tourbat noch übersetzt: Stücke in Esther, Zusätze zum Buch Esther (9 Kapitel); Historie von Susanne und Damiel, durch den jener Un­ schuld an den Tag gebracht wird; Bom Bel zu Babel, Drachen zu Babel, Gebet des Asariä und der 3 Männer im Feuerofen, als Ansätze zu dem Propheten Daniel; Das Gebet Manasse, Zusatz zu 2 Chr. 33, 11—13.

Aas neue Testament. §48.

Vorbemerkung. 1. Das neue Testament ist der zweite Haupttheil der heiligen Schrift. Es enthält das Zeugniß'von Dem, in welchem sich die gött­ lichen Weissagungen erfüllten, von Jesus Christus, seiner Person, seiner Lehre und seinem Wirken, berichtet über die Sttftung deS Gottesreichs und die Thättgkett der Apostel zur Ausbreitung desselben; giebt Regel und Richtschnur für Alles, was wir als Christen zu glauben haben und wonach wir unser Leben gestalten sollen.

2.

Der Heiland selbst hat nichts Schriftliches hinterlassen; gewiß

aber wnrden von denen, die sich in seiner Nähe befanden, schon ftühe Aufzeichnungen gemacht in Betteff dessen, was sie ihn reden hörten und thun sahen, wie dieses namentlich von Matthäus anzunehmen ist. Vom h. Geiste erfüllt haben später Apostel und Jünger die Schriften verfaßt, welche jetzt zum neutestamentlichen Kanon gehören. Die Sprache, in welcher sie geschrieben toutbttt, ist die griechische, vielfach mit hebräisirenden Ausdrücken vermischt.

3.

Wa« die Zeit der Abfassung betrifft, so ist die Reihen­

folge nach Lange in folgender Weise zu bestimmen : a. die beiden Briefe an die T h e s s a l o n i ch e r, von Korinth aus durch Paulus geschrieben, um das Jahr 54 oder 55 nach Christus; b. der Brief an die Galater, von Ephesus aus, 56—57; c. die zwei Briefe an die Korinth er, von Ephesus und Macedonien - aus, um 58; d. der Brief an die Römer, von Korinth aus, um 59; e. der Brief des Jacobas, von Jerusalem au» an die Judenchristen in der Zerstreuung, um 62; f. die Briefe an die Epheser, die Colosser und Philemon, durch Paulus von Rom aus, um 63; g. der Brief an die Philipper, von Rom aus, um 64; h. daS Evangelium und die Apostelgeschichte des Lucas, in Rom oder doch Italien geschrieben, gegen 64; i. um dieselbe Zeit der Brief an die Hebräer; k. der erste Brief des Petrus, von Babylon aus, um 64; I. der erste Brief des Paulus an Timotheus, von Macedonien m.

aus, 64—66; der Brief an Titus, von Macedonien oder Griechenland aus,

64-66; n. der zweite Brief an Timotheus, von Rom aus, 67—68; ebenso o.

p.

der zweite Brief des Petrus; das Evangelium des Marcus, geschrieben in Rom um 68; das Evangelium von Matthäus, abgefaßt

in Judää um

68-69;

q. r.

das Evangelium des Johannis, um 80; der Brief des Judas, etwa zwischen 80 und 90;

b. die Offenbarung Johannis, um 95;

t. die drei Briefe Johannis, zwischen 96 und 100.

26 4. Im Laufe der Zeit wurden diese Schriften unter sich, dann

zu einem Ganzen verbunden, nach Ausscheidung von vielen neutesta-

mentlichen Apokryphen, wie solche in den drei ersten Jahrhunderten Im vierten Säculum schloß man die Sammlung des Kanons ab bei Gelegenheit der Synoden zu Hippo 393 und Karthago 397. 5. Anfangs schied man die Schriften in evangelische und apostolische; später kam man ebenfalls auf die Eintheilung in: Geschichtsbücher, Lehrbücher und ei« prophetisches Buch (die Offenbarung Johannis),

nach Christus aufgetaucht waren.

natürlich auch nur bezüglich des vorwaltenden Charakters und Inhalts.

A. Die historischen Schriften. 8 49.

Die vier Evangelien nnd die Apostelgeschichte. Das Evangelium als die frohe Bytschaft von der Erscheinung des Heilandes tritt «ns in vier Berichten entgegen, von vier ver­ schiedenen Verfassern: Matthäus, MarcuS, Lucas und Johannes. Der drei ersten nennt man Synoptiker, weil sie sich in eine ge­ wisse Uebersicht bringen lasten und bei mancherlei Eigenthümlichkeiten und Abweichungen doch eine oft wörtliche Uebereinstimmung kund geben. Die Annahme eines Urevangeliums, aus welchem jene drei geschöpft hätten, woraus die Uebereinstimmung erklärt worden soll, ist nicht z» erweisen.

Der Evangelist Johannes unterscheidet sich wesentlich von

den Ersteren; er sieht in Christo das Fleisch gewordene Wort, den göttlichen Logos, der vor der Welt war, und betrachtet Christus vor­ zugsweise in seinem Verhältniß zum Vater, von der äußeren Geschichte ausnehmend, was Beziehung darauf in irgend einer Weise hatte.

8 50.

I. Das Evangelium des Matthäus

(28 Kapitel).

Es hat zum Verfaffer den Apostel Matthäus, auch Levi genannt (Sohn eines AlphäuS), der ftüher Zolleinnehmer am See Genezareth

war und nach der Sage als Märtyrer in Aethiopien gestorben sein soll. Ursprünglich in hebräischer (aramäischer) Sprache gemachte Auf­ zeichnungen wvrden von ihm selbst oder einem seiner Schüler in das Griechische übertragen. Er will Judenchristen klar machen, daß die Verheißungen der Propheten in Jesu von Nazareth sich erfüllt haben.

Die Verbindung mit dem alten Testament soll gleich von vornherein durch den bis auf Abraham zurückgeführten Stammbaum Jesu nach­ gewiesen werden. Die Abfassung fand jedenfalls geraume Zeit nach der Auferstehung des Herrn statt, doch noch vor der Zerstörung

Jerusalems. Dem Inhalt nach können wir das Evangelium in folgende Hauptabschnitte zerlegen : 1. Kap. 1—4 : Vorgeschichte, Abstammung, Geburt, Kindheit, Taufe, Versuchung Jesu; 2. Kap. 5—18 : die messianische Wirksamkeit in Galiläa; 3. Kap. 9—25 : Fortsetzung derselben in Judäa «nd Jerusalem; 4. Kap. 26—27 : Leidensgeschichte; 5. Kap. 28 : Auferstehung Christi, Auftrag und Verheißung an die Jünger vor seinem Scheiden. § 51.

II. Das Evangelium des Marrus (16 Kapitel). Johannes Marcus, der Sohn einer Maria, in deren Hause die Gläubigen sich versammelten, auch Petrus eine Zufluchtsstätte fand, war ein Schüler des Petrus, der ihn seinen Sohn nennt (1 Petri 5,13). Dem Paulus und Barnabas diente er auf deren ersten MissionSreise als Begleiter und Gehülfe, verließ sie aber, kehrte gegen deren Willen nach Jerusalem zurück und war so die Veranlassung, daß sich später jene Beiden trennten. Mit BarnabaS besuchte MarcuS nochmals

Chpern, scheint dann getreten zu sein, der des Petrus Tod soll da den Märthrertod

auch zu Paulus wieder in freundliche Beziehungen ihn in seinen Briefen mehrfach erwähnt. Nach MarcuS in Alexandria als Bischof gewirkt und erlitten haben. Auf den von Petrn», Paulus und

Barnaba« genossenen Unterricht und deren Mttheilungen gründen sich die Berichte in seinem Evangelium, welches für Heidenchristen noch vor der Zerstörung Jerusalems, nach vielfach bezeugten Angaben in Rom geschrieben wurde. Die Anordnung des Inhalt- ist ähnlich wie bei Matthäus; doch beginnt MarmS gleich mit dem Auftreten des Johannes des Täufers als Vorläufers Christi.

§ 52.

III. Das Evangelium des LuraS (24 Kapitel). Lucas war kein geborener Jude (nach älteren Berichten aus Antiochia), früher Arzt, Schüler des Paulus, dessen Mitarbeiter und

28

Begleiter auf mehreren Reisen, sowie während der Gefangenschaft in Rom.

Unter Benutzung schriftlicher Quellen schrieb er sein Evangelium

für Heidenchristen und widmete es, ebenso wie die Apostelgeschichte, einem

sonst nicht weiter bekannten TheophiluS.

Ueber Zeit und Ort der

Abfassung läßt sich keine ganz zuverlässige Angabe machen.

auf pauliuischem Standpunkt,

LucaS steht

hebt die menschliche Seite der Er­

scheinung Jesu besonders hervor, bezeichnet das Heil als allen Menschen

bestimmt und feiert die Liebe und das Erbarmen Gottes.

Die Ein-

theilung ist ähnlich wie bei MatchäuS, eS finden sich jedoch bei LucaS

eine Anzahl der schönste« Erzählungen und Gleichnisse,

beiden anderen Synoptiker nicht haben.

welche die

Die Sage läßt den Edange-

listen, 84 Jahre alt, in Griechmland als'Märtyrer sterben. § 53.

IV. Das Evangelium des JohauueS (21 Kapitel). Als Verfasser gilt,

wenn auch

nicht unbestritten, Johannes

(Gotthold), Sohn des Zebedäus und der Salome, der treuen Jüngerin des Herrn, Bruder des Jacobus, ftüher Fischer am See Tiberias.

Er schloß sich zuerst an den Täufer an, um dann in die Gemeinschaft

des Heilands einzutteten, als „der Jünger, den Jesus lieb hatte* und dem dieser am Kreuze seine Mutter befahl. Bei aller Weichheft Und liebevoll hingebeudem Wesen war Johannes doch nicht ohne Energie

und Entschiedenhett.

Nach des Meisters Hingang blieb er «och mit

Petrus und Jacob«- in Jerusalem an der Spitze der Christengemeinde, wirkte dann m Kleinafien, besonders in Ephesus.

Unter dem römischen

Kaiser Dvmittan wurde er nach der Insel PatmoS verbannt und soll al» hochbejahrter Greis während der Regierung Trajans sein.

gestorben

Die kirchliche Tradition enthält die Erzählungen, wie er 1) einen

von ihm bekehrte«, aber wieder abgefallenen Jüngling au» der Mitte der Räuber zurückgeholt habe und 2) als Greis in den Versammlungen nur noch ermahnt habe : Kindlein, liebet euch unter einander!

Was

das Evangelium des Johannes betrifft, so ist es, wie beMerft, von de« drei übrigm verschieden,

jedenfalls das jüngste, denn die Abfassung

fällt wohl in die erste Zeit des längeren Aufenthalts in Ephesus, «ach

der Zerstörung Jerusalems.

Tendenz ist die erhabene Persönlichkeit

de» Gottmenschen in das rechte Licht zu stellen und zur innigen Ge­

meinschaft mit ihm hinzuführen. Das Buch zerfällt in verschiedene Abschnitte : 1. Kap. 1, 1—18 Prolog, Zeugniß des Johannes;

2. Kap. 1, 19—2, 12 : Begebenheiten bis zum ersten Passah; 3. Kap. 2, 13—4, 54 : desgleichen bis zum Purim(?)-Feste; 4. 5. 6. 7.

Kap. 5—6, 4 : deSgl. bis zum zweiten Passah; Kap. 6, 5—7, 1 : deSgl. bis zum Laubhüttensest;

Kap. 7, 2—10, 21 : deSgl. bis zum Kirchweihfest; Kap. 10, 22—11, 57 : deSgl. bis zum letzten Passah;

8. Kap. 12—20, 31 : Geschichte des Leidens und der Auferstehung; 9. Kap. 21 : Schluß.

§ 54. V. Die Apostelgeschichte (acta apostolorum), in 28 Kapiteln.

Sie rührt sicher von demselben Verfasser her, wie da» dritte Evan­ gelium, schließt an dieses die Geschichte der Apostel imb der christlichen Kirche an, führt sie fort bis etwa 32 Jahre nach des Erlösers Tod und berichtet besonder- wie das Evangelium von den Juden zu den Heiden, von Jerusalem bis nach Rom kam. Nicht über alle Apostel

und bedentenderen Jünger erhalten wir nähere Nachrichten; in dem Vordergrund stehen Petrus und dann Paulus, besten Bekehrung, Wirk­ samkeit, Schicksale bis zum Ende der Gefangenschast in der römischen Hauptstadt geschildert tyerden. Die AbfaffungSzeit läßt sich nicht ganz

genau bestimmen, wahrscheinlich nach dem Tode des Petrus und Paulus und der Zerstörung Jerusalems. Die Apostelgeschichte zerfällt in zwei Haupttheile : 1) Kap. 1-12 allgemeinen Inhalts, mit Petrus als Hauptperson (Himmelfahrt Christi,

Ergänzung der Apostelzahl, Ausgießung des h. Geistes, erste Christen­ gemeinde, Johanne« und PettuS, AnaniaS und Sapphira, Stephanus, der Kämmerer aus Aethiopien, Bekehrung des Saulus, weiteres Wirken des Petr«-, Cornelius, Hinrichtung des Jacobus, Befteiung des Petruund Tod des Herodeö); 2) Kap. 13—28 von Paulus, seinen Missions­ reisen und Gefährten (Barnabas, Markus, Lucas, Timotheus, Titus), seiner letzten Reise nach Jerusalem, Gefangenschaft in CSsarea und Ab­ führung nach Rom.

B. Die Lehrbücher (Briefe.) § 55. Vorbemerkung. Nach den historischen Schriften folgen in dem neutestamentlichen Kanon 21 Briefe, von denen 13 den Namen des Apostels Paulus

30 tragen, zwei dem Apostel Pettus, drei dem Johannes, je einer dem JacobnS und Judas zugeschrieben werden; außerdem der Brief an die

Hebräer. 8 56.

I. Der Apostel Paulus uud feine Briefe. Paulus, früher Saulus benannt, war z« TarfuS in Cilicien ge­

boren.

Seine Eltern waren Juden, zugleich römische Bürger.

Als

Jüngling, dem griechische Bildung nicht fern geblieben war, ging er,

nachdem er das Handwerk der Zelttuch-Weberei erlernt hatte, nach Jerusalem, wurde ein SchAer des Gamaliel und durch diesen in die heiligen Schriften nnd die Weisheit der jüdischen Gelehrten eingeführt.

Ein eifriger Gegner des Evangeliums,

als welcher er schon an der

Steinigung des Stephanus sein Wohlgefallen gefunden, wurde er auf

dem Wege nach Damaskus bekehrt und nun ein eifriger Jünger des

Lehre.

Herrn und Verbretter der christlichen

Im Gegensatz zu der

Werkheiligkett der Juden und ihrer äußeren Gesetzlichkeit, die er voll­

kommen kennen gelernt hatte, betonte er die Rechtferttgung durch den Glauben und die Gewißhett der Sündenvergebung durch Gottes Gnade,

welche in Jesu Christo sich so herrlich offenbart habe.

Als Heiden­

apostel wandte er sich vorzugsweise, namentlich wenn er sich von den Juden verschmäht sah, an die Heiden,

und ordnete ihnen Vorsteher.

sammelte überall

Gemeinden

An einzelnen Orten, wie Ephesus und

Korinth, verweilte er längere Zeit.

Die größten Trübsale, die er zn

ertragen hatte, konnten ihn nicht irre, nicht muthloS machen.

Zwei

Jahre wurde er in Cäsarea gefangen gehalten und von da, weil er sich

auf den Kaiser berufen hatte, nach Rom abgesührt.

Ueber sein Lebens­

ende ist nichts Sicheres bekannt; unter Nero soll er im Jahr 67 oder 68

n. Chr. enthauptet worden sein. Seine meistens durch schreiben sind theil» an

richtet.

concrete

Verhältnisse veranlaßten Send­

Gemeinden, theils an einzelne Männer ge­

Er sucht durch sie tiefer in die christliche Wahrheit einzuführen,

zu frommem Leben zu erwechen, in der traurigen Gegenwart Trost zu spenden. § 57.

1. Der Brief au die Römer

(16 Kapitel).

Von Korinth aus schrieb Paulus an die Christen in Rom, wo er noch

nicht gewesen war.

Daselbst hatten sich viele Juden ange-

siedelt, die aber häufig Unruhen erregten und von Kaiser Claudius vertrieben wurden. Unter ihnen, wie den Heiden, hatte das Christen­ thum Eingang gefunden; der Apostel sehnte sich danach sie zu be­ suchen, sandte aber durch Phöbe, eine Diakonissin aus Kenchreä, welche nach Rom reiste, einen Brief dahin voraus.

In ihm entwickelte er

die wichtigsten evangelischen Wahrheiten, besonders die von der Recht­ fertigung de« Sünders durch den Glauben, sowie von dem KindschastSverhältniß, in das Juden und Heiden zu Gott durch Christus treten

sollten. Die Kapitel 1—11 enthalten die Darlegung der Lehren, die Kap. 12—16 Ermahnungen und Grüße. Als der Apostel schrieb, war er nach 15, 23—25 im Begriff von Corinth aus mit einer Collecte, die in Macedovien und Achaja zusammengebracht worden war, nach Jerusalem zu reisen, also zwischen den Jahren 58 und 59. § 58.

2. Die zwei Briefe a« die Korinther (16 und 13 Kapitel). Die griechische Stadt Korinth zwischen zwei Meeren auf einer Landenge gelegen, mit großartigem Handelsverkehr, durch die Blüthe von Künsten und Gewerben, durch Reichthum und Luxus ausgezeichnet,

war die Hauptstadt der römischen Provinz Achaja und zählte 4—500,000 Einwohner. Die dortige Christengemeinde hatte Paulus, welcher sich I V, Jahre daselbst aufhielt, gestiftet; später wirkte hier Apollo, ein alexan­ drinisch gebildeter Judenchrist. Die Gemeinde hatte große Gefahren zu bestehen in der großen üppigen Handelsstadt; überdieß entstanden Parteien in ihr, die sich nach Christus, Paulus, Petrus, Apollo nannten. Weisheitsdünkel, Ueberschätzung der Gabe mit Zungen zu reden, Gleichgültigkeit bei fleischlichen Bergehen, verschiedene Ansichten wegen des Genusses von Götzenopferfleisch, Mangel an Wohlanständigkeit

und brüderlicher Liebe, Leugnen der Anferstehung der Todten — da« Alles hatte sich in Korinth geltend gemacht. In diese Zustände läßt uns der erste Brief einen Blick thun. Wahrscheinlich war ihm ein ftühereS nicht mehr vorhandenes Schreiben verausgegangen, auch Timotheus dorthin entsendet worden. Nun schreibt Paulus von Ephesus au«, etwa um Ostern 58, unseren ersten Brief, um sich über alle oben angeführten Verirrungen und Mißstände auszusprechen. Besonders wichtig ist daö Hohelied der Liebe (Kap. 13) und was er über die Anferstehung sagt.

Den zweiten Brief an die Korinther schrieb Paulus in demselben Jahre 58, als er nach fast dreijährigem Aufenthalt EphesuS

32 verlassend, auf der Reise nach Jerusalem in

Makedonien

angelangt

Hier traf er mit TituS zusammen, welcher bessere Nachrichtm

war.

von Corinth brachte, aber den Apostel noch nicht voNommen beruhigen konnte.

Dieser richtete deßhalb abermals eine Epistel dorthin, worin

er seine Lehre und Wirksamkeit vertheidigte, seine lautere hingebende

Gesinnung versichert, aber auch entschieden auf Lossagung vom heid­ nischen Wesen dringt, damit er bei seinem demnächstigen Erscheinen

in Corinth nicht nöchig habe strafend aufzutreten.

§ 59.

3. Der Brief an die Galater (6 Kapitel). Dieser ist ein Rundschreiben, gerichtet an verschiedene Christen­ gemeinden in Galatim, welche wohl großentheilS von Paulus auf seiner

zweiten MissionSreise gegründet worden waren.

Phrygier und einge-

wavderte Gallier (Kelten), Griechen und Juden wohnten in der im Norden deS altm Phrygiens gelegenen, auch Gallogräcim genannten

Landschaft, welche die Römer zur Provinz gemacht hatten.

Auch auf

feiner dritten Reise kam der Apostel dorthin, um die Gemeinden zu

befestigen, fand jedoch dm Anfangs so erfrmlichen Zustand derselben

dadurch

gestört, daß judenchristliche, pharisäisch gesinnte Lehrer ver­

sucht hatte«, das Ansehe« des Pa«luS und die Geltung seiner Lehre zu erschüttern und die Beobachtung jüdischer Satzungen, insbesondere

die Beschneidung für nothwendig erklärten. Znr eigenen Rechtferügung, wie zur Bekämpfung der falschen Lehren schrieb er von EphesuS (nicht

von Rom) aus den Brief, welcher in ähnlicher Weise, wie der Brief an die RöMer, im Gegensatz zu den Werken, den Glauben betont und in Kap. 1 und 2 eine Rechtfertigung seiner apostolischen

Würde, in

Kap. 3 und 4 eine Darlegung der evang. Wahrheiten, in Kap. 5 und 6 Ermahnungen zur Bewähmng deS Glaubens enthält. §60.

4. Der Brief au die Epheser (6 Kapitel). Ephesus war eine durch Handel, Wissenschaft und Künste be­ rühmte Stadt im proconsularischm Asim, gelegen am ägäischen Meer.

Der Dienst der Göttin Diana (Artemis) in deren prachtvollem, durch

Herostratus im Jahre 356 v. Chr. angezündeten, später wieder auf­ gebauten Tempel, hatte hier hauptsächlich seinen Sitz.

Paulus uahm

daselbst, nachdem er schon früher kürzere Zeit dort thättg gewesm war,

einen mehr als zweijährigen Aufenthalt, wurde aber durch einen Auf­

stand vertrieben. AuS der Gefangenschaft, entweder in Rom oder in Cäsarea, schrieb er seinen Brief, der unzweifelhaft nicht blos an die Christen in Ephesus, sondern auch an die übrigen Christengemeinden in Kleinasien als Rundschreiben gerichtet war und vielleicht identisch ist mit einem Brief an die Christen in Laodicea, der Col. 4, 16 erwähnt

Inhalt : Christus von der ewigen Aebe für Juden und Heiden zum Erlöser bestimmt, ist das Haupt der Gemeinde Kap. 1—3; dann folgen Kap. 4—6 Ermahnungen, in welcher Weise sich die Christen dieses Hauptes würdig zeigen sollen, wobei auf die einzelnen Stände wird.

und Lebensalter Rücksicht genommen wird (Haustafel). 8 61.

5. Der Brief au die Philipper (4 Kapitel). Philippi, Stadt in Makedonien, von König Philipp, dem Vater Alexanders, erweitert, befestigt und nach seinem Namen genannt, war bedeutend durch Handel und Verkehr. Es war die erste europäische Stadt, in welcher Paulus das Evangelium verkündete und eine Ge­ meinde gründete, in deren Mitte er auch auf der dritten Reise länger verweilte. Er zeigte an sie eine besondere Anhänglichkeit und nahm von da allein Geldunterstütznng an. In dem Briese spricht er seine Dank­ barkeit und Freude aus, fügt aber in liebevoller Fürsorge auch Mah­

nungen zur Standhafttgkeit im Glauben und Warnung vor Irrlehren hinzu. Wichttg ist der Ausspruch über die beiden Stände Christi, er­ hebend die Zuversicht des Sterbens. Der in Rom gefangene Apostel übersandte das Schreiben durch Epaphroditus, der ihm aus Philippi

Unterstützung gebracht hatte Krankheit wieder heimkehrte.

und nach der Genesung auS schwerer

§ 62.

6. Der Brief an die Colosser (4 Kapitel). Colossä war eine Stadt in Phrygien am Fluffe LhcuS, an Ueber die Stiftung der Christengemeinde,

welchem auch Laodicea lag.

innerhalb deren Paulus nicht gewirtt hatte, ist nichts Genaues bekannt, wohl aber über die Veranlassung des Sendschreibens. Durch EpaphraS, den Lehrer, vielleicht auch Gründer der Gemeinde, welcher ihn in der Gefangenschaft besuchte, hatte der Apostel daS Nähere über die Zu-

3

34 stände in Laodicea

gehört und sandte den Brief durch Thchikus, in

dessen Begleitung auch der dem Philemon entlaufene Sclave OnesimnS nach Coloffä reiste. Jedenfalls ist der Brief gleichzeitig und aus dem­

selben Ort geschrieben, wie der Epheserbrief, mit dem er viel Aehn-

lichkeit hat. Warnung vor Irrlehren «nd Ermahnung zur Aneignung christlicher Tugenden, besonders rückfichtlich der häuslichen Verbindungen

bilde« den Inhalt. § 63.

7. Der 1. und 2. Brief an die Theffalonicher (5 und 3 Kapitel). Thessalonich war eine berühmte Handelsstadt in Macedonien, Sitz eines römischen PrätorS. ES wohnten dort viele Juden, welche auch eine Synagoge hatten. Paulus kam von Philippi aus dorthin, wandte sich zuerst an die Juden, dann an die Heiden nnd sammelte schnell eine zahlreiche blühende Gemeinde. Ein Sturm, angeregt durch

sanattsche Juden, brach los nnd der Apostel verließ die Stadt, um sich nach Beroe, dann nach Athen zu wenden. Timotheus, welche«^ er von da nach Theffalonich geschickt hatte, brachte ihm nach Korinth im

Ganze« gute Nachrichten, machte ihm aber zugleich Mttheilung über sittliche Verfehlungen und falsche Erwartungen, hauptsächlich in Betreff der baldigen Wiederkunft Christi. Kurz nach diesem Zusammentreffen schrieb Paulus aus Korinth den ersten Brief, etwa 53 oder 54 n. Chr. Er spricht sein Lob aus über den GlaubenSeifer und die GlaubenStreue der Thessalonicher und seine dankbare Freude, Kap. 1—3; dann Warnungen und Aufmunterungen, sowie Belehmngen über die Parusie, Kap. 4—5. Weitere erhaltene Nachrichten über den Eindruck des ersten Schreibens, aber noch herrschende Mßverständnisse, genährt durch Jrrlehrer und dem Apostel untergeschobene Briefe, bestimmten zum zweiten Sendschreiben, ebenfalls von Korinth aus, worin der Apostel geltend macht, daß der Erscheinung Christi eine Zeit deS Abfalls «nd der Herrschaft des Widerchrists vorausgehen werde. Deß­ halb Mahnung zur Geduld, zum Fleiß und sittlichem Ernst.

§ 64.

8. Die Pastoralbriefe. So nennt man die zwei Briefe an den Timotheus und den an Titus, in welchen der Apostel Vorschriften gibt, wie man das christ­ liche Lehr- «nd Hirtenamt mit Segen führen könne. Sie sind nicht

an Gemeinden, sondern an die genannten

Mitarbeiter des PaulnS

gerichtet und im Tone väterlicher Herzlichkeit und Freundlichkeit ge­

schrieben. § 65. a)

Die 2 Briefe au Timotheus (6

und 4 Kapitel).

Timotheus (= Gott ehrend) aus Lystra, war der Sohn eineheidnischen Vaters und einer ursprünglich jüdischen Mutter, Eunike, welche ebenso, wie deren Mutter Lois, Christin geworden war, wahr­

scheinlich von Paulus bekehrt.

Der junge Timotheus scheint ftühe

durch Mutter und Großmutter in der Schrift unterrichtet worden zu sein.

Der Apostel nahm den Jüngling als Reisebegleiter und Ge­

hülfen an, nachdem er um der Juden willen die Beschneidung nnd

durch Handauflegung die amtliche Weihe empfangen hatte. Mit SilaS in Beroe zurückgelassen, traf er mit Paulus in Athen, dann in Korinth

zusammen.

Bei dessen dritter Reise finden wir ihn in EphesuS, von

wo er mit Aufträgen nach Korinth und später nach Macedonien und

Achaja ging; dann begleitete er wieder den Apostel, nahm an der ersten Gefangenschaft desselben Theil und hielt sich darauf länger in EphesuS

auf, dessen erster Bischof er nach der Tradition gewesen sein soll. Ein Schreiben des Paulus aus der zweiten Gefangenschaft berief ihn nach Rom;

unter Domitian oder Trajan soll er den Märtyrertod erlitten

haben.

Der erste Brief ist wahrscheinlich nach der ersten Gefangen­

schaft deS Paulus und zwar von Macedonien aus, um 64 geschrieben.

Er enthält Rathschläge an Timotheus, wie er insbesondere den Irr­ lehren! gegenüber sich zu verhalten, im Allgemeinen aber seines Amtes zu warten habe.

Der zweite Brief aus der zweiten Gefangenschaft des Paulus von Rom auS etwa 65 oder 66 geschrieben, zeichnet sich durch Herz­ lichkeit, aber auch einen wehmüthigen Ton aus, waS jedoch den Ver­

fasser nicht abhält, gegen die Jrrlehrer sich mit heiligen Zorn aus­ zusprechen.

b)

§ 66. Der Brief am Titus

Von Titus ist wenig bekannt.

'(3 Kapitel).

Ein geborener Heide wurde er

vielleicht von Paulus für das Evangelium gewonnen. Er war in dessen

3*

36 Gesellschaft,

als dieser zum Apostelconvent

nach Jerusalem reiste,

wird dann erst wieder bei der dritten Reise deS Apostels erwähnt, in­ dem er in Ephesus war und zweimal nach Korinth geschickt wnrde, auch um die Collecte für die armen Christen in Judäa fertig zu

sammeln. Später begleitete er Jenen nach Kreta, wo er zurückblieb, um die Gemeinde zu organisiren. Dorthin schrieb Paulus von Macedonien aus den Brief, in welchem er Vorschriften gibt wegen der An­ stellung der Aeltesten, den Jrrlehrern gegenüber zur Predigt deS reinen

Evangeliums ermuntert, von den Pflichten der einzelnen Stände handelt und besondere Ermahnungen anknüpft. Am Schluß wird Titus eingeladen nach NicopoliS zu PaulnS zu kommen. Zeit der Abfaflung einige Monate nach der des ersten Briefs an Timotheus. Der Ueberlieferung zufolge wäre TituS als Bischof von Kreta im hohen Alter gestorben. § 67.

S. Der Brief an Philemon (1 Kapitel). Philemon war ein von Paulus selbst für das Christenthum ge­

wonnener angesehener Mann in Colossä.

Von Cäsarea auS schickte

der Apostel einen dem Philemon enllaufenen Sclaven Onesimu», der inzwischen Christ geworden war, zurück mit dem Schreiben, in welchem freundschaftliche Fürbitte eingelegt und Bürgschaft geleistet wurde.

§68.

II. Der Brief an die Hebräer (13 Kapitel). Er ist an Judenchristen gerichtet, unter denen noch viele am Tempel- und Opferdienst hingen. Die Vorzüge deS ChristenthumS vor dem Judenthnm werden hervorgehoben und gezeigt, wie Christus als Mttler deS neuen Bundes höher stehe als MoseS und Aaron; wie in ihm alle früheren Weiffagungen und Vorbilder erfüllt seien; wie er als der ewige Hohepriester das wirksamste Opfer für die Sünden der Menschen gebracht habe. Mit hohem Ernste wird gewarnt vor

dem Abfall und gemahnt unter allen Gefahren und Versuchungen fest­ zustehen im Glauben an den Herrn. Verfasser ist, wenn anch nicht Paulus, wie in ältester und neuester Zeit Biele angenommen haben, doch ein der paulinischen Anschauung und Lehrweise nahe stehender Mann von hervorragendem Geist und Einfluß. Ob Lucas, BarnabaS, Silas, Apollos, Aquilas die Verfasser sind, darüber ist eine sichere

Entscheidung ebenfalls nicht zu treffen.

Hinsichtlich der Zeit nimmt

man an, daß der Brief noch vor der Zerstörung Jerusalems und zwar aus Süditalien geschrieben sei.

§ 69.

III. Die Katholischen Briefe. Diesen Namen tragen die Briefe des Petrus, deö Johannes Jacobus und Judas.

Katholisch heißt : allgemein, entweder dem

Inhalt, oder dem Gebrauche nach.

Hinsichtlich der Behandlung der

Lehre und innerer Kraft stehen die genannten Briefe wohl den paulinischen nach, doch dient die Darstellung in denselben zur Ergänzung

derjenigen des Paulus.

§ 70.

1. Der Apostel Petrus. Simon Petrus, Sohn des Jona aus Bethseida, hatte mit seinem Bruder Andreas den Wohnsitz in Kapernaum am See Gene-

Durch den Bruder

zareth, war da verheirathet und trieb Fischerei.

wurde er Jesus zugeführt, welcher ihm den Namen KephaS (Fels) — Petrus gab, wegen des in ihm erkannten entschiedenen, muthigen

Sinnes. berufen,

Nach

Herrn anzuschließen.

kenntniß :

wunderbaren

dem

verließ er Haus, Familie,

Fischfang

als

Menschenfischer

Geschäft, um sich

ganz

dem

AuS seinem Munde haben wir das fteudige Be­

Herr wohin sollen wir gehen rc.

Nach den Evangelien

wurde er von dem Meister besonders ausgezeichnet; bei der Gefangennehmung rasch entschlossen, verläugnete er den Herrn bei dem Verhör,

bereute dieses aufrichtig und wurde in seinen Beruf wieder feierlich eingesetzt, nach Joh. 21.

Nach Christi Hingang

tritt er in hervor­

ragender Weise auf, so bei der Wahl des Matthias, am Pfingstfest, bei der Heilung des Lahmen, vor dem Synedrium, dem Ananiaö und der Sapphira und dem Magier Simon gegenüber.

Die Gemeinde

wurde durch ihn erweitert, belebt, erbaut, er nahm bett Heiden Cor­

nelius auf, erllärte sich für Freiheit der Heidenchristen vom jüdischen Gesetz, wovon

er allerdings aus Rücksicht auf die Judenchristen bei

seiner Anwesenheit in Anttochia abwich und dafür von Paulus mit Ernst zur Rede gestellt wurde. — Wo sich

Petrus nach der Hinrich­

tung des Jacobus (44) bis zum Apostelconvent (Ö4) aufgehalten, ist nicht bekannt.

Daß die Gemeinde zu Rom von ihm gegründet und er

38 deren erster Bischof gewesen sei, ist entschieden zu bestreiten, doch soll er daselbst unter Nero den Märtyrertod erlitten haben.

§ 71.

Die beiden Briefe des Petrus

(5* und 3 Kapitel).

Der erste Brief des Petrus ist an die zerstreuten Gemein­ den in PontuS, Galatten, Cappadocien, Asien und Bithhnien gerichtet

und von Babylon aus durch Silvan geschrieben, in einer Zeit, wo MarmS bei dem Apostel war (64, 66 oder 67). Die Leser werden zur Ausdauer und standhaftem Glauben bei bevorstehenden Verfol­

gungen und zu einem ihres hohen Berufes würdigen Wandel ermahnt. Der zweite Brief wird zwar absichtlich als von Petrus herrührend bezeichnet, doch sind zu allen Zeiten Zweifel erhoben worden, ob dieser, oder nicht vielmehr ein Schüler von ihm, in späterer Zeit der Berfasier gewesen sei. Die Bestreitung der Irr­ lehren stimmt mit den Ausführungen des Briefes Juda überein. In Kapitel 1 ist von der Verklärung Christi, dem festen prophetischen Wort, dem Anbruch des Tages; in Kapitel 2 von Irrlehren; in Kapitel 3 von den letzten Zeiten und der Wiederkunft des Herrn die Rede. § 72.

2. Die drei Briefe Johanni- (5 und je ein Kapitel). Was den Apostel Johannes betrifft, so ist das bei dem Evange­

lium über ihn Gesagte zu vergleichen. Der erste Brief ist am bedeutendsten und kann an deffen Aecht-

heit, al» eine» Sendschreibens des Apostels, nicht gezweifelt werden.

Er mag um die Jahre 90 und folgende verfaßt worden sein. Inhalt: Von dem Worte des Lebens und der Gemeinschaft im Lichte (Kap. 1) ;

von Christus dem Versöhner und Lebensspender, von Liebe und Welt­ überwindung (Kap. 2); von dem Wesen der Kinder Gotte» (Kap. 3); von der Prüfung falscher Lehre und Uebung wahrer Gottes- und Nächstenliebe (Kap. 4); von Glauben und Liebe (Kap. 5). Der zweite Brief ist an eine Christin Khria und ihre Kinder gerichtet, mit dem Zweck, sie zum Festhalten an der christlichen Lehre

zu ermahnen. Der dritte Brief an einen Freund Namen» Gaju», der auf­ gefordert wird in der Wahrheit zu wandeln.

Diese beiden Briefe hat man dem Apostel Johanne- abgesprochen, doch ohne hinreichenden Gründe. 8 73.

3. Der Brief drS Jacobas (5 Kapitel). Der Verfasser nicht JacobuS der ältere, dessen Hinrichtung schon

frühe Statt fand, sondern JacobuS der Bruder des Herrn, welcher an der Spitze der Gemeinde in Jerusalem stand, als der Gerechte be­ zeichnet wurde und im Jahr 62 den Märthrertod erduldete. Man

sieht ihn als identtsch an mit Jacobus des Alphäus (Kleophas) Sohn, der nach des Vaters Tod von Joseph als Pflegesohn angenommen worden sei, während Andere dieses bestreiten und in Jacobus einen

leiblichen Bruder deS Herrn annehmen.

Der vorliegende Brief ist

an die 12 Stämme in der Zerstreuung d. h. an Judenchristen ge­ richtet zu einer Zeit, wo schon viele Juden gläubig geworden und mancherlei Leiden über sie ergangen waren, etwa 60—62.

Der Verfasser gibt ernste und praktische Vorschriften, fordert dringend auf zur Geduld, zum Gebet, zu eifrigem Wirken; zur Liebe, Demuth und Entsagung; er straft die Parteilichkeit, den Mißbrauch der Zunge, das Pochen auf Reichthum. In seiner Betonung der guten Werke hat man einen Widerspruch gegen die Lehre deS Paulus gefunden, jedoch mit Unrecht, da der Eine

gegen die Werke ohne Glauben, der Andere gegen den Glauben ohne Werke sich ausspricht, überhaupt der Begriff des Glaubens bei Jacobus ein anderer ist,, als bei Paulus. 8 74.

4. Der Brief des JudaS (25 Verse). Der Verfasser nennt sich einen Bruder deS Jacobus, also Bruder

deS Herrn. Unter den Aposteln führte bekanntlich Einer den Namen JudaS Thaddäus, oder Lebbäus, und hat man diesem den Brief zuge­ schrieben unter der Voraussetzung, daß auch er ein Sohn des Kleophas und Josephs Pflegsohn gewesen. Allerdings unterscheidet sich auch JudaS von den Aposteln. DaS Sendschreiben warnt vor Verführern und ermuntert zum Festhalten im Glauben. Merkwürdig ist die Be­ zugnahme auf 2 apokrhphische Schriften, namentlich das Buch Henoch. Zeit der Abfassung kurz vor der Zerstörung Jerusalems.

40

C.

Die Offenbarung Johannis. § 75.

Das

letzte Buch

des neuen Testamentes ist

prophetische in demselben.

auch

da- einzige

ES enthält Visionen und Weissagungen

im Styl eines Daniel, Ezechiel, Sacharja,

niedergeschrieben zu einer

Zeit, in welcher die Christen durch Verfolgungen in die größte Bedräng­

niß

gebracht worden

waren.

Die Ankunft der Kirche, ihre

Leiden,

Hoffnungen und endlicher Steg über alle finsteren Mächte find Gegen­

stand der Schildemng, bei welcher man bald in einen Abgrnnd dämo­ nischer Verblendung schaut, bald mit dem Hauche des Friedens ange­

weht wird. Mit Widerstreben wurde da» Buch in den Kanon ausgenommen,

zu allen Zeiten angezweifelt, auch von Luther ungünstig beurtheilt, da

er dasselbe weder für apostolisch, noch prophetisch hielt und verfichert, sein Geist könne sich nicht in eS schicken.

Biel Streit war immer darüber,

ein Presbyter Johannes, fasser sei.

ob der Apostel Johannes, oder

oder ei« Anderer dieses Namen», der Ver­

Da» Meiste spricht immer noch für den Apostel, der e»

auf der Insel Patmo», oder in Ephesu», geschrieben haben würde.

Zweiter Abschnitt.

Das heilige Land und die übrigen in der Bibel vorkommenden Sünder. A. Beschreibung des h. Landes. § 76.

Namen. Die gewöhnliche Bezeichnung Palästina ist von Philistäa her­ zuleiten, dem Küstenstrich am mittelländischen Meer, den die Philister bewohnten. Der alte einheimische Namen ist Kanaan (Niederung, Niederland, als Bezeichnung besonders für das zwischen dem Meere

und dem Iordan liegende Land), oder so genannt nach Kanaan, dem Enkel Noahs, dessen Nachkommen von Armenien auS herüber gekommen waren. Land der Hebräer hieß es nach Abraham, der von Heber abstammte, oder als Heber, d. h. Mann von Jenseits, eingezogen war; gelobte» Land wegen der den Erzvätern von Gott gegebenen Ver­ heißungen; Land Israel nach Jacob, der auch Israel benannt

wurde; Land Juda, ftüher nur das Gebiet des Stammes Juda, dann nach der Trennung der 2 Reiche das kleinere, nach dem Exil das

ganze Land, während zu Christi Zeit vorzugsweise die südlichste der 3 Provinzen Judäa hieß.

§ 77.

Lage, Gränzen and Größe. An der Ostküste des mittelländischen Meeres im vorderen Asien gelegen, wurde Palästina im Westen von dem genannten Meere, im

Norden von Phönizien, Syrien und dem Libanon, im Osten von der syrisch-mesopotamischen Wüste, im Süden von der Sinaihalbinsel begränzt. Bon Norden nach Süden erstreckte eS sich ohngefähr 30Vdeutsche Meilen lang, während eS bis zu 23V- Meilen breit war, mit einem Flächeninhalt von 465 Quadratmeilen. Während der Glanz­ periode unter David und Salomo wohnten hier 5 Millionen Menschen

42 in vielen Städten und Dörfern, deren nach Josephus allein in Galiläa 204, durchschnittlich mit 15000 Einwohnern, vorhanden gewesen sein

sollen. Die Lage Palästina's war außerordentlich günstig; von hieraus standen die Wege nach allen Seiten hin offen, theils zu Wasser, theils

zu Land,' wie es auch berührt wurde von mächtigen BerkehrSstraßen, welche die Verbindung mit den übrigen Völkern erleichterten. Und doch war das Land auch wieder sehr geeignet für die Entwicklung eines Volks in stiller Zurückgezogenheit, aus zwei Seiten von großen Wüsten, auf der andern von dem Meer, mit meist zur Landung nicht günstigen Gestaden, und nördlich von hohen Bergen umschlossen. § 78.

Klima, Witterung, Fruchtbarkeit. DaS Klima ist in einem Lande, wo die größte Abwechselung vom Hochgebirg bis zum tiefen Flachland vorkommt, im Ganzen ge­ mäßigt und mild. Im Sommer ist die Hitze namentlich in den Thälern groß und lästig; einen Winter wie bei uns kennt man aber dort nicht. Derselbe ist vorzugsweise kühl und regnerisch. Bon April bis September ist Regen eine Seltenheit, doch wieder durch reichlichen Thau in kühlen Nächten ersetzt. Zwei Regenzeiten traten gewöhnlich ein; der Früh re gen im October und November, nach welchem sich der Boden überall mit stischem Grün bedeckte und durch den das Ackerland zur Bestellung der Saat bereitet wurde; von Februar bis April-kam der Spätregen, worauf die Bestellung de- Sommer­ feldes Statt fand. Das Ausbleiben dieser Regen hatte Mißernte zur unausbleiblichen Folge; man erkannte darin eine Strafe Gottes. Unter normalen Verhältnissen war der Boden außerordentlich ergiebig; dieses und der Reichthum an den mannigfaltigsten Naturerzeugnissen machte es möglich, daß eine fast übergroße Bevölkerung existiren konnte in dem Lande, wo Milch und Honig floß, weil die herrlichsten Weiden und Triften mit gewürzigen Kräutern da zu finden waren. §79.

Gebirge und Berge. An solchen fehlte es in Palästina nicht. Bon Syrien herab ziehen sich zwei Arme eines hohen Gebirges bis in das Land hinein, der Libanon

Antilibanon bis zu 2500 Meter hoch, deren

Spitzen meist mit Schnee bedeckt sind, weßhalb auch der Namen von Jaban — weiß sein. Hier wuchsen die prachtvollen Cedern. Als ein Theil dieses Gebirges erscheint auch der Hermon, der durch seine Ausdünstungen befruchtend und erquickend auf das Land einwirkt. Gegen Süden, nach dem mittelländischen Meere hin, erhebt sich der Karmel, wegen seiner Fruchtbarkeit gerühmt. Dort waren viele Höhlen, in welchen sich Verfolgte verbargen, auch Elia und Elisa sich aufhielten.

Der daran sich anschließende Thabor war von Natur

zur Vertheidigung gegen feindliche Heere geeignet und wurde dazu öfter benutzt. Bon ihm aus hatte man eine herrliche Aussicht; aus

ihm soll auch die Verklärung Christi Statt gefunden haben, nach Andern allerdings auf dem Hermon. Von der Ebene ESdrelon bis nach Jericho und Jerusalem erstreckte sich daS Gebirge Israel oder Ephraim, mit den Höhen Garizim, Ebal, Zalmon, Gilboa, Zemaraim, Quarantana (Versuchung Christi). Angränzend das Gebirg Juda, zwischen Jerusalem und der arabischen Wüste, mit Felsen und Höhlen, wohin David vor Saul floh. Ein Theil desselben war der Oelberg, von der Stadt Jerusalem durch daS Thal und den Bach Kidron geschieden, mit den üppigsten Baum- und Reben­

pflanzungen. Auf der Ostseite des Jordan lagen die Gebirge Basan, Gilead, durch den Fluß Jabok in zwei Theile getheilt, und Ab ar im

mit dem Berge Nebo, wo MoseS starb. 8 80.

Ebene» und Thäler. Als Ebenen sind hervorzuheben : a. diejenige, durch welche der Jordan floß, etwa 25 Stunden lang und 3—6 Stunden breit, an welche sich östlich die Ebene Moab anschloß;

b. die Ebene ESdrelon oder JeSreel, vom mittelländischen Meere quer nach dem Jordan hin, 10—12 Stunden lang und sehr fruchtbar; c. die Ebene längs des mittell. Meeres, nördlich die Ebene Saron

genannt, südlich Ebene Sephela, wo die blühenden Städte der Philister lagen. Als Thäler sind zu nennen : a. das Thal Kidron eng und schmal, Jerusalem von dem Oelberg trennend;

44 b. das Thal Josaphat, längs des Baches Kidron, nach dem todten Meere hinziehend;

c. das Thal Ben-Hinnom, später Gehenna (Hölle) genannt, bekannt durch die daselbst dem Götzen Moloch gebrachten Men­

schenopfer, südöstlich von Jerusalem;

d. daö

Thal

Rephaim (Riesenthal) nach Bethlehem zu, wo

David 2 Siege über die Philister erfocht; e. das Thal Eskol, berühmt durch die großen Trauben, bei der

Stadt Hebron; f. das Terebinthentha l, südwestlich von Jerusalem, wo David den Goliath besiegte;

g. daS Thal Ajalon im Lande Juda;

h. das Thal Jericho, zwischen Jericho und dem todten Meere.

§ 81..

Wüste« und Höhlen. Unter Wüsten hat man nicht weite Sandstrecken zu verstehen,

wie sie allerdings in Asien und Afrika vorkommen, ohne Wasser und

ohne jede Vegetation, sondern solche Gegenden, die keine regelmäßige

Bebauung zulassen, höchstens zu Weiden für das Vieh dienten, wenig

bevölkert waren, wenig feste Wohnplätze hatten. Auch die Wüste Sinai, in welcher ja die Israeliten 40 Jahre umherzogen, war nicht so öde,

wie man sich dieselbe gewöhnlich vorstellt.

Im Inneren von Palä­

stina ist die Wüste von Beerseba, bei der Stadt dieses NamenS; dann die Wüste von Jericho, wohin David vor Absalon floh, wo Jesus fastete, der Samariter des unter die Mörder Gefallenen sich

annahm; zwischen dieser und dem todten Meere die Wüste Juda, mit welcher zusammenhängen die Wüsten Engeddi, Siph, Maon und Thekoa.

In der Wüste am Jordan predigte und taufte

Johannes. An Höhlen war das Kalksteingebirge Palästina'» reich, besonders, wie schon erwähnt wurde, der Karmel.

Sie dienten theils als Woh­

nungen (Höhlenbewohner — Troglodhten), theils als Aufenthalt für Verbrecher, Bedrängte und Verfolgte.

da.

Auch wilde Thiere fanden sich

In der Bibel werden viele Höhlen erwähnt, wie die, wo Lot mit

seinen Töchtern wohnte, wo Abraham sein Erbbegräbniß hatte, wohin die von Josua geschlagenen Könige der Kananiter flohen, wo David

dem Saul den Zipfel vom Mantel schnitt, wo Obadja 100 Propheten

Eine der größten ist die Höhle Advlla m, in welcher David mit seinen Kriegern sich verbarg und IudaS versteckte, wo Elias wohnte.

Maccabäus den Sabbath feierte.

§ 82.

Gewässer (Meere, Seen nnd Flüffe rr.). Auf der einen Seite vom mittelländischen Meere begränzt, auf

der andern vom Jordan durchströmt, ergossen sich die Gewässer des Landes entweder in jenes oder in diesen und die von ihm gebildeten See».

Der Jordan von Norden nach Süden fließend und zugleich

das Weideland Gilead, welches die Stämme Ruben, Gad und halb Mavaffe für sich in Anspruch genommen hatte und das Gebiet der westlichen Stämme von einander scheidend, ist etwa 36 Stunden lang

und bis zu 15 Meter breit. Seine Quellen sind am Antilibanon. Aus diesen und verschiedenen Zuflüssen bildet sich zunächst der See Merom, an sich nicht groß, doch im Frühjahr nach dem Schmelzen de» Schnees sich bis zu einer Länge von 3 Stunden ausdehnend. Mel bedeutender ist der ebenfalls vom Jordan gebildete See Genezareth, auch See Tiberias, von der Stadt dieses Namens, und galiläisches Meer genannt, weil es an der Gränze von Galiläa lag. Sein Wasser ist hell und frisch und der Fischfang sehr lohnend. Die fruchtbaren und reizenden Umgebungen dienten dem Heiland oft zum Aufenthalt und Zufluchtsort. Hier lagen außer Tiberia», Kapernaum, Bethsaida, Emmaus (nicht zu verwechseln mit EmmahuS) und Magdala. An diesem See gewann Jesus seine ersten Jünger Andreas, Petrus, Jacobus und Johannes, welche da Fischer waren. Bon dem See Genezareth fließt der Jordan in reißender Schnelle, doch unter vielen Krümmungen nach dem todten Meere, welches keinen Abfluß hat, dessen Wasser aber in der heißen Jahreszeit verdunsten. ES wird auch von seinem salzigen Wasser Salzsee, nach Lots Frau Lotssee, dann Ostmeer, Asphaltsee genannt. Seine Breite beträgt 4—5 Stunden, die Länge bis zu 20 Stunden. Früher war hier das schöne frucht­ bare Thal Siddim, mit den Städten Sodom, Gomorrha, Zoar, Adami und Zeboim, welche durch Feuer und Schwefel untergingen. In Folge des großen Gehalts an Salpeter, Salz, Natron, Magnesia, Asphalt und der reichen Ausdünstungen ist die Vegetation in der Um­ gebung eine spärliche und lebende Wesen finden da keinen Aufenthalt. Uebergänge über den Jordan waren nicht zahlreich,

da die

46 Ufer meistens felficht und steil sind und fanden Statt an seichten Stellen, Fürthen. In den Jordan, resp, das todte Meer fließen : a. von Westen her : der Bach Krith, an welchem sich der Prophet Elias ver­ barg ; der Bach Kidron, zwischen Jerusalem und dem Oelberg,

durch die Thäler Kidron und Josaphat nach dem todten Meere

hinfließevd; b. von Osten her : der Hieromax, zwei Stunden vom See Genezareth in den

Jordan sich ergießend; der Jabbok, vom Gebirge Basan her;

der Arnon, welcher das Land der Ammoniter uud Moabiter trennte und in das todte Meer fließt.

In das mittelländische Meer senden ihre Wasser : der Bach BeluS, unterhalb von PtolemaiS, an welchem die Phönizier das erste Glas gemacht haben sollen; der

Bach

Kison,

an

dem Barak den Sissera schlug und

EliaS die Baalspfaffen schlachtete; vom Karmel und Thabor Zuflüsse aufnehmend, bildete er die Gränze zwischen Sebulon

und Jsaschar; der Bach Sorel im Gebiete der Philister mit dem Nebenbach Eskol, an dessen Ufern die schönen großen Trauben wuchsen; der Bach Sihor, an der südlichen Gränze gegen Aegypten; der Bach Besor nicht weit von Gaza mündend.

An dem mittelländischen Meer, welches vorzugsweise den an der Küste wohnenden Phöniziern und Philistern zur Schifffahrt

und Fischerei diente, hatten die Juden nur einen Hafen, zu Joppe, der auch, so lange er in den Händen der Phönizier sich befand, für Jerusalem von der größten Bedeutung war. Später kam, von HerodeS

angelegt, der Hafen bei Cäsarea hinzu, der jedoch bald wieder seine Wichttgkeit verlor. Unbedeutend war der Hafen von PtolemaiS. Quellen und Brunnen hatten in dem heißen Lande großen Werth und entstand über deren Besitz oft heftiger Streit. Man legte Teiche an zur Sammlung der aus den Quellen fließenden Waffer und Cisternen zur Aufnahme des Regenwassers, die aber im Sommer auStrockneten.

Bei Jerusalem war : a. die Quelle Siloah, welche mehrere Teiche bildete und die Wasserleitung der Stadt speiste; b. die Quelle und der Teich Bethesda in der Nähe des Schafthors, als Heilquelle von vielen Kranken besucht, weßhalb zum Schutz dieser gegen die Witterung 5 Hallen erbaut waren; c. die Quelle Gihon, welche König HiSkia unterirdisch nach der Stadt leitete. Außerdem sind noch zu erwähnen : der Brunnen Iacobs bei Sichem, sehr tief, üiit frischem Wasser, wo sich Jacob bei der Rückkehr aus Mesopotamien niederließ und Jesus das Gespräch mit der Samariterin hatte; die Quelle Elisä unweit Jericho, deren Wasser Elisa trinkbar machte; der Teich GibeonS (2. Sam. 2,13); der Teich zu Hebron (2. Sam. 4, 12);• die Teiche von HeSbon;

der Teich Samaria (1. Kön. 22, 38).

§ 83.

Straßen Schon in alter Zeit waren sehr bedeutende Karawanen-, HandelSund Heerstraßen, welche das jüdische Land theils berührten, theils durchzogen. Sie hatten den Zweck die Gegenden am Euphrat, am persischen Meerbusen, Arabien, Syrien, das mittelländische Meer, Aegypten mit einander in Verbindung zu bringen. Besonders wichtig waren die von Phönizien nach DamascuS und nach dem Jordan; die, welche an der Grenze des Ostjordanlandes von Syrien nach Arabien, und die welche am Mittelmeer von Phönizien nach Aegypten führte. Im Inneren des Landes war eine Hauptstraße, die von Sichem, Judäa und Galiläa verbindend; die von Jerusalem nach Joppe, nach Cäsarea, nach Gaza, südlich nach Hebron, östlich nach Jericho, nach

dem todten Meere.

Eigentliche Kunststraßen waren wohl wenige vor­

handen.

B. Naturerzeugnisse des Landes. § 84.

Aus dem Thierreiche. Das Land war für Viehzucht sehr geeignet, denn überall waren Triften und grüne Weiden, auf denen sich große Heerden ernähren

48 könnten.

Die Schafzucht war eine Hauptquelle des Reichthums

der Israeliten, wie der Nachbarvölker, von denen z. B. die Moabiter dem Könige von Israel die Wolle von 120000 Schafen und eben so vielen Widdern lieferten. Auch Ziegen wurden in großer Zahl gehalten. Rindvieh, Ochsen, Kühe, dienten theils zur Arbeit, theils zur

Nahrung.

Pferde wurden bei den Inden nicht gezüchtet, wohl aber

bei den Aeghptern und Kananitern. Esel, zahme und wilde, letztere schöne krüflige Thiere, und Maulesel fanden sich in Palästina in

ziemlicher Zahl. Kameele und Dromedare benutzte man zum Lasttragen, letztere auch zum Reiten und im Kriege. Die Mlch der­ selben hatte, wenn sie sauer gewordm war, eine berauschende Wirkung. Das Fleisch aßen die Araber, die Juden aber nicht. AuS den Haaren

der Kameele verfertigte man ein grobes Zeug.

Schweine finden

fich selbstverständlich bei den Juden nicht, da dieselben als unrein

galten und ihr Fleisch nicht gegessen werden durste. Hunde hielt man besonders für Heerden. Von wilden -Thieren waren in Palästtnaheimisch: Löwen, Bären, Panther, Leoparden mit schön geflecktem Fell, Tiger, Wölfe, Hyänen, Schakal-, Füchse, wilde Katzen, Dächse. Affen brachten die Schiffe Salomo» aus Ophir mit. Hirsche, Gazellen, Steinböcke, Hasen, Wiesel, Igel, Kaninchen, Mäuse werden weiter von Säugethieren genannt; als größte derselben aber erwähnt : das Nil­ pferd (Behemoth), der Elephant (zur Zeit der Maccabäer), der Walfisch (? nach Luthers Übersetzung im Buch Iona). AlS Raub­ vögel werden aufgeführt: Adler, Geier, Falken, Habichte, Sperber, Weihe, Eulen, Kuckuke; als Zugvögel: Störche, Kraniche und Schwal­ ben; von Hühnerarten : Hühner, Rebhühner, Wachteln, Tauben, Pfauen, Sttauße. Der Schwan findet sich nach der luth. Uebersetzung 3. Mos, 11, 17, der Pelikan Psalm 102, 7. Singvögel erwähnt die Bibel wohl im Allgemeinen, doch nicht einzelne Arten. Fische werden nur im Allgemeinen genannt, ohne Angabe der

Gattungen. Unter dem Leviathan ist wohl

das Krokodil

zu verstehen;

Schlangen, Ottern gab es in den heißen Gegenden viele; letztere waren

sehr giftig. Die Bienenzucht war außerordentlich lohnend, da der Boden Blumen und honighaltende Gewächse allenthalben hervorbrachte, aber auch wilden Honig gab eS in großer Menge.

Die Heuschrecken traten oft in zahllosen Schaaren auf und verheerten dann Alles. Einzelne Arten derselben wurden gegessen und

waren eine nicht unbeliebte Speise. Bon anderen Jnsecten nennt die Bibel: Mücken, Bremsen, Hornisse, Ameisen, Spinnen, Scorpione (sehr giftig). Flöhe, Läuse u. s. w.; von Würmern und Weichth irren : Schnecken, Blutegel, Purpurschnecken, Perlenmuscheln. § 85.

Aus dem Pflanzenreich. Palästina selbst ist arm an Wäldern. Die berühmtesten Wald­ bäume waren die Cedern, besonders auf dem Libanongebirge, deren festes, glattes und wohlriechendes Holz zu Prachtbauten, so des Tempels und der Paläste Davids und SalomoS in Jerusalem verwendet wurde. Sie. erreichten eine Höhe bis zu 100 Fuß und wurden sehr alt. Dauerhaftes wohlriechendes Holz lieferten auch die Cyp ressen, die aber nicht sehr hoch wurden und phramidenartig wuchsen. Die Eichen, mit kräftigem Stamm, wuchsen hauptsächlich in Basan. Die Terebinthen gaben das Terpenttn, welches nach in die Rinde gemachten Einschnitten herausfloß. Aus den Mhr rhen- und Storaxbäumen gewann man wohlriechendes Harz. Zu erwähnen sind weiter: Buchen, Kastanien (Platanen), Tannen, Linden, die immer grünen Lorbeerbäume, Mandel- und Nußbäume, der Johannisbrodbaum, der bis zu einem Fuß lange Schoten trägt, die dem gemeinen Volk, aber auch den Thieren zur Rahmng dienten (Treber); auch Sträucher mancherlei Art, wie die Mhrte und die Balsam st aude, welche in den heißen Monaten den Balsam auSschwitzt. Als Ob st bäume wurden gepflanzt und gepflegt, außer den bei uns vorkommenden, der Citronenbaum, der Oelbaum, der in feinen taubeneiergroßen Beeren (Oliven) daS vorzügliche Oel lie­ fert; der Granatbaum, der Palmbaum, von dem die Datteln kommen (besonders bei Jericho) und der Feigenbaum, dessen Früchte zu verschiedenen Zeiten reifen, so daß sie beinahe daS ganze

Jahr hindurch gefunden werden. Der Weinstock gedieh vortrefflich und lieferte die köstlichsten und sehr große Trauben, die frisch genoffen, getrocknet, oder zu Most und Wein gekeltert wurden.

Diesen bewahrte man nicht in Fässern,

da daS Holz zu rar war, sondern in irdenen Gefäßen und in Schläu­

chen von Ziegenfellen, die man zuband.

Von Küchengewächsen wurden

gezogen Kürbrse, Melone«,

Zwiebeln, Lauch, Minze, Dill, Kümmel, Senf, allerlerlei Kohlarten.

In üppiger Fülle wuchsen überall Kräuter, Blumen und blüh end e Sträuch er, welche das Land zu einem duftenden Garten machten; Tulpen, Lilien und Rosen (bei Jericho), Narcissen nnd

Hyacinthen. Von Getreidearten und Hülsenfrüchten pflanzte man Waizen, Gerste, Spelt, Hirsen, Reis, Linsen, Bohnen. Die Frucht wurde nicht wie bei uns ausgedroschen, sondern auf der Tenne, d. h. einem vorher festgestampften Ackerfeld, von Ochsen, die man über die Garben trieb, ausgetreten. Cultivirt wurden endlich um der BeNeidung willen der Strauch,

von welchem die Baumwolle gewonnen wird, welche den Samen in der Samenkapsel einhüllt, und der Flachs, den man in Palästina, weit mehr noch in Aegypten, zog und zu theils gröberen, theils außer­ ordentlich feinen Geweben verarbeitete. § 86.

Ans dem Miaeralmch.

Au« diesem sind zunächst die Metalle zu nennen. Sie wurden zwar meisten« von dem Ausland bezogen : Gold ans Arabien nnd Indien; Silber, Eisen, Zinn und Blei besonders aus Spanien;

Kupfer (Luther: Erz) au« verschiedenen Gegendm; geschmiedete« Eisen auS Arabien. Doch wurden im Land selbst Gold und Silber zu Schmucksachen und Luxusgegenständen; Kupfer und Eisen z« allerlei Geräthen, Werkzeugen und Waffen verarbeitet. Messing wird im 1. Maccab. erwähnt. Edelsteine waren den Juden wohl bekannt; au- Jndim, Cypern, Aegypten, Spanien eingeführy wurden sie ge­ faßt und gravirt. Genannt werden der Sarder (Karneol), Topasier (Chrysolith), Smaragd, Rubin, Sapphir, Onyx (Demant), Lhnkurer oder Hyazinth, Achat, Amethyst, Türkis, Beryll, Jaspis. Das ge­ wöhnlichste und unentbehrlichste Gewürz war das Salz, welches überdieß bei dem Opfer in großen Massen verbraucht wurde.

MM gewann eS am todten Meer, wo nach den jährlichen Ueberschwemmuvgen an flachen Stellen das außerordentlich viel Salz enthaltmde Wasser (auf 100 Pf. Wasser 24 Pf. Salz) zurückbleibt und verdunstet. Da auf salzhaltigem Boden nichts wächst, so streute man auf dem Untergang geweihte Stätten Salz. Als brennbares Mineral:

51 das Erdpech (Asphalt), theil« flüssig theils verhärtet, auch in und am todten Meer der Schwefel und der Bernstein, das versteinerke Harz von einer vorsündfluthlichen Tannenart, welche« im

Libanon, hauptsächlich aber an der Ostsee

gefunden und vielfach zu

Schmuck verarbeitet wurde.

Thonerde verwandte man zu Ziegeln und Backsteinen, aus dem die Häuser gebaut wurden, die feinere zu Tvpferwaaren; von Kalksteinen gab e« ganze Berge.

C. Eintheiluug des Landes.

8 87. Frühere EintheUung. Nach der Besitznahme de« Lande« durch die au« Aegypten kom­ menden Kinder Israel unter Moses unb besonder« Josua wurde da«

ganze Gebiet unter die 12 Stämme, d. h. Sühne Jacobs getheilt, wobei zu bemerken Levi'« keinen besonderen Landestheil, sondern streute Städte erhielten, während den von Ephraim und Manaffe, Abstammenden je ein Oestlich vom Jordan erhielten ihre Wohnsitze

die Nachkommen der 12 ist, daß die Nachkommen

48 im ganzen Land zer­ Josephs beiden Sühnen, Theil zugewiesen wurde. 1) der Stamm Ruben,

vom Fluß Arnon am Jordan hinauf (Land der Ammoniter) mit der Stadt Hesbon; 2) der Stamm Gad nördlich davon bi« zum See Genezareth (Land Gilead); 3) Halb Manasse nördlich und östlich

von da bis nach Syrien (Basans. Auf der Westseite deS Jordau : 4) Naphthali und 5) Ässer im Norden; darunter 6) Sebulon und 7) Js aschar; wieder südlich vüin Jotdan bis zum mittelländi­ schen Meer:halb Manasse und 8) Ephraim.

Es folgen 9) Dan

am Meere und 10) Benjamin nach dem Jordan hin, beide unter­ halb Ephraim; der 11) Stamm Juda lag am südlichsten, an Edom,

daö todte und mittelländischen Meer gränzend; in der Ecke davon : 12) Simeon. Nach Salomos Tod theilte sich das ganze Land in zwei Reiche,

Israel unter Jerobeam mit 10 Stämmen und der Hauptstadt Samaria; Juda unter Rehabeam mit 2 Stämmm und der Haupt­ stadt Jerusalem.

52 An die Stelle der ursprünglich demokratischen Verfassung war mit Saul die monarchische getreten.

§ 88.

EinthrUnug in die 4 Provinzen. Wann die Eintheilung in 4 Provinzen gemacht wurde, ist nicht bekannt; wir finden sie schon zur Zeit der Maccabäer, wie zu Christi Zeit. Nördlich lag Galiläa, in der Mitte Samaria, südlich Judäa, jenseits des Jordans Peräa. Die Gränzen waren nicht zu allen Zeiten gleich, sondern änderten sich zu verschiedenen Zeiten. § 89.

I. Judäa. Es wurde hauptsächlich gebildet aus den früheren Stämmen Juda, Benjamin, Simeon und Dan, auch einem Theil von Ephraim, benannt nach dem Stamm Juda, dem wegen seiner Tapferkeit einst der größere Landstrich angewiesen worden war. Als Gränze hatte die Provinz im Norden Samaria, westlich das mittelländische Meer, süd­ lich Arabien, östlich da- todte Meer und den Jordan. Später rechnete

man dazu auch Theile von Jdumäa und einzelne Bezirke östlich vom Jordan. Nach dem Tode Herodis des Großen kam Judäa an seinen Sohn Archelaus, und als dieser abgesetzt und verbannt worden war, mit Samaria zur römischen Provinz Syrien. Herode» Agrippa ver­ einigte eö mit seinem Reich, aber »ach seinem Tode wurde e» wieder

zu Syrien geschlagen.

§ 90.

Städte und Ortschaften. Jerusalem, die Hauptstadt des Landes. Ihr Name war früher Salem, dann Zebus. Josua theilte Jebus dem Stamm Ben­ jamin zu, doch gelang es nicht die Stadt ganz zu erobern und die Jebusiter vollständig zu verdrängen, vielmehr gewannen diese sogar später die Oberhand, bis David von Hebron aus sich der Stadt be­ mächtigte (1050 v. Chr.) und dahin seine Residenz verlegte. Bon da

an der Name Jerusalem, auch Stadt Davids. Sie wurde nun ver­ schönert und erweitert, auch mit Mauern und Thürmen stark befestigt. Sie dehnte sich auf 4 Burgen aus : Zion (Oberstadt), Akra (Unter-

stabt), Moriah mit dem Tempel und Bezetha. An 3 Seiten zogen sich tiefe Thalschluchten hin. Die auf Akra von AntiochuS EpiphaneS gegründete Burg wurde zur Zeit der MaccabSer geschleift, an der Nordseite des Tempels aber erbaute Hhrkan die Burg Baris, welche HerodeS noch mehr befestigte und zu Ehren seines Gönners MarcuS Antonius Antonia nannte. Sie diente auch als Gefängniß. Als die Zahl der Einwohner stieg und sich diese genöthigt sahen außerhalb der alten Stadtmauer sich anzubauen, zog man eine zweite Mauer, welche mit 40 Thürmen befestigt war, und dann unter Agrippa, um die auch wieder außerhalb erbauten Häuser und Paläste zu schützen, eine dritte Mauer mit 90 Thürmen, welche 200 Ellen von einander entfernt waren. Die Zugänge vermittelte eine große Anzahl von Thoren, von denen zu nennen sind : das Eckthor, Thalthor, Ziegel-, Fisch-, Mist-, Schafthor, die Thore Josua, Ephraim, Benjamin rc. Unter den Gebäuden ist besonders zu erwähnen : die Davidsburg auf Zion, an deren Stelle der Palast des HerodeS trat, in der Nähe de« Lvstus, eine- von Säulengängen umgebenen freien Platzes; das RichthauS und das Hochpflaster; der Palast Salomons auf Akra und vor Allem auf dem Berge Moriah der Tempel, deffen Beschreibung weiter unten. Obgleich im Laus der Jahrhunderte öfter erobert, verheert und verwüstet war Jerusalem zur Zeit Christi prächtig und schön, bis es im Jahr 70 von den Römem gänzlich zerstört

wurde. Bethlehem, zwei Stunden südlich von Jerusalem, in frucht­ barer Gegend, daher wohl der Namen Bethlehem d. h. Haus des Brodes und die Bezeichnung Ephrata, d. h. die Fruchtbare. Es war die Vaterstadt des Königs David, vor Allem aber Geburtsort des Heilandes. Bethphage (Feigenhanö), ein ant Oelberg gelegener Flecken. Gethsemane (Oelkelter), ein Meierhof mit Oelbanrnpflanzungen, wo Jesus betete und gefangen genommen wurde.

Bethanien (Dattelhaus), Vr Stunde von Jerusalem, Wohnort der 3 Geschwister Lazarn-, Maria «nd Martha, bei denen der Heiland

öfter und gerne verweilte. Emma Hus, drei Stunden von Jerusalem, bekannt ans der

Auferstehungsgeschichte. Jericho, im Stamm Benjamin, nahe am Jordan, umgeben von Palmen, Balsamstauden und Rosen. Bon Josua als eine damals schon bedeutende Stadt zerstört, aber bald wieder aufgebaut. -Biete

54 Propheten, ZachäuS.

Priester

und

Leviten

wohnten

auch

hier,

In der zwischen Jerusalem und Jericho

der

Zöllner

liegenden Wüste

hielten sich Räuber auf. Gilgal, im Osten von Jericho,

Lagerstätte der Israeliten als

Längere Zeit wurde hier die SttftShütte

sie über den Jordan zogen.

mit der Bundeslade geborgen; Samuel hielt sich da ost auf. Hebron im Stamm Juda, wo der Hain Mamre mit der Woh­ nung Abrahams zu suchen ist.

Residenz.

König

David hatte hier, stüher seine

Nicht weit davon lag die Gebirgsstadt

Juta, wo die Eltern des Johanne- des Täufers wohnten.

Berseba, die südlichste Gränzstadt des Landes.

Engeddi, in fruchtbarer Ebene in der Nähe des todten Meeres.

Gibea, Geburtsort de- König- Saul,

hier

der

einen Palast

besaß. Bethel (Gotte-Hau-) stüher L«S, Sitz kananittscher Könige, lag

im Gebirge Ephraim, gehörte aber zum Stamm Benjamin. und Jacob errichteten da Altäre.

Mraham

In der Richterzeit war daselbst die

Bunde-lade aufgestellt, unter Jerobeam das goldene Kalb, so daß e» ein Mttelpunkt des abgöttischen Cultus ward. Knaben, welche den

Au« Bethel waren die

Elisa verspotteten und von den Bären zerrisien

wurden. Ephrem, in der Nähe von Bethel.

Dahin begab

sich Jesu-

nach der Auferweckung des Lazarus.

Rama (Ramath, Ramathaim), die Heimath Samuels und

einer Prophetenschule, wahrscheinlich identtsch mit Arimathia,

Sitz

woher

der Rathsherr Joseph war. Gibeon, schon zu

Josuas Zeit eine bedeutende Stadt, deren dafür aber sich als Holz­

Bewohner durch List Schonung erlangten,

hauer und Wasserträger mußten benutzen lassen.

Der von fünf Amo-

riterkönigen bedrängten Stadt tarn Josua zu Hülfe und schlug jene. In der Nähe besiegte David den J-boseth. Silo, südlich von Sichem, auf einem Berge.

300 Jahre lang

war hier die Stift-Hütte mit der Bunhe-lade.

Joppe (stüherJapho), eine sehr alte Stadt am mittelländischen Meere, am Au-gang der Ebene Saron.

Hafen, der mit Jerusalem in Maccabäern wurde

er

Dort war ein viel besuchter

steter Verbindung stand.

den Syrern entrissen und befestigt.

Unter den Christen

fanden sich hier schon stütze, Petru- erweckte daselbst die Tabitha und

hatte da- Gesichte, welche- die Bekehrung de- Corneliu- veranlaßte.

Cäsarea lag ebenfalls am Mittelmeer. ES ist zu unterscheiden von Cäsarea Philippi, oder PaneaS, in Peräa. Jenes wurde von HerodeS auSgebaut, befestigt und zu Ehren des Cäsar Augustus Cäsarea genannt. Petrus bekehrte da den Hauptmann Cornelius, hier starb HerodeS Agrippa, hier hielt sich Paulus mehrmals auf, war 2 Jahre da gefangen, hatte die -Unterredung mit Felix, FestuS und HerodeS und berief sich zuletzt auf den Kaiser. AntipatriS zwischen Jerusalem und Cäsarea in fruchtbarer Ebene. Durch HerodeS den Großen ausgebaut, erhielt sie den Namen

zu Ehren des Antipater, des VaterS von HerodeS.

L Y d d a nahe bei Joppe, ftüher zu Samaria gehörig. Petrus den gichtbrüchigen Aeneas.

Dort heilte

§ 91.

II. Samaria. Samaria lag zwischen Judäa und Galiläa, war fruchtbar, an gutem Futter und Obstbäumen reich, der Boden leicht zu bauen. Nach der Auflösung des Reichs Israel kamen Kolonisten aus Assyrien rc. dorthin und vermischten sich mit den im Lande zurückgebliebenen Israeliten. Als die heimkehrenden Juden den Aufbau des Tempels in Angriff nahmen, wollten die dem Mischvolk Angehörigen an dem Bau Antheil nehmen, es wurde ihnen jedoch nicht verstattet und sie suchten sich dadurch zu rächen, daß sie die Juden bei dem Nachfolger

des Cyrus verdächtigten nnd jenes Werk zu hintertreiben sich bemühten. Dadurch entstand eine große Erbitterung, welche noch vermehrt wurde, als die sogenannten Samariter sich einen besonderen Gottesdienst ein­ richteten und auf dem Berge Garizim nahe bei Sichem einen Tempel aufführten. Die eigentlichen Juden verachteten die Samariter und vermieden jeden Verkehr mit denselben. Der Heiland that dieses nicht und stellte mehrfach Samariter als Mnster hin. Die Samariter nahmen mir den Pentateuch an. Zur Zeit des öffentlichen Wirkens Christi stand Samaria mit Judäa unter PonttuS Pilatus. § 92.

Städte und Ortschaften. Samaria, von dem israelittschenKönige Omri erbaut und zur Hauptstadt des Reiches gemacht, war eine feste Stadt mit starken Thoren und Mauern, welche wiederholt vergeblich belagert wurde.

56

Salamanassar eroberte und zerstört sie, sandte aber auch wieder Kolo­ nisten dahier. Zur Zeit der Maccabäer wurde die auf'- Neue be­ deutend gewordene Stadt ein Jahr lang belagert, dann von Hyrkan zerstört. Die Römer bauten sie wieder aus, besonders aber that HerodeS viel zur Verschönerung und Vergrößerung derselben, errichtete

auch einen Tempel zu Ehren des AugustuS. Der Apostel Philippus predigte dort mit Erfolg das Evangelium. Sichem war eine sehr alte Stadt, an dem Abhang des Berges Garizim gelegen. Es wird schon in der Geschichte Abrahams und

Jacobs erwähnt, welch' letzterer da einen Brunnen graben ließ, nach ihm Jacobsbrunnen genannt, wo Jesus sich mit der Samariterin besprach. Jerobeam hatte Anfangs in Sichem feine Residenz, verlegte diese aber dann nach Thirza und zuletzt nach Samaria. Später war Sichem der Mittelpunkt des samaritanischen Cultus. JeSreel, auS der Geschichte des Königs Ahab bekannt, welcher dort einen Palast besaß und daselbst wie seine Nachfolger residirte. ES lag nicht weit vom Karmel in herrlicher fruchtbarer Ebene, in der auch viele Schlachten geschlagen wurden. Aenon, in dessen MH« Johannes wirkte und taust«. § 93.

III. Galiläa. Diese nördlichste Provinz, von Phönizien, Syrien und dem Jor­

dan begränzt, wurde eingetheilt in Ober- und Untergaliläa, von denen letzteres eben und der Boden ergiebiger war. Galiläa war sehr bevölkert und zählte viele bedeutende Städte und Ortschaften. Die Einwohner zeigten sich empfänglicher für das Evangelium, als die von Judäa, welche mehr dem schroffen Judenthum anhingen. Dort, in seiner Heimath wählte auch Jesus seine Jünger und hielt sich vorzugsweise da auf. Von den übrigen Juden wurden die Galiläer mit Gering­ schätzung behandelt, besonders wegen ihrer Vermischung mit heidnischen Elementen und ihres eigenthümlichen DialectS.

8 94.

Städte und Ortschaften. Nazareth, der Wohnort Christi und seiner Eltern.

Es lag in

Untergaliläa, nicht weit vom Berge Hermon in schöner Umgebung. Der Ort stand in keinem großen Ansehen bei den Juden, daher

die Redensart : „Was kann auS Nazareth Gutes kommen?" Jesus selbst wurde Nazarener gescholten. Er fand indessen bei seinem Auf­ treten dort wenig Anklang. Nain (die unmuthige), im Stamm Jsaschar. Dort erweckte Jesus einen Jüngling von den Todten. Nicht weit davon lag Endor, der Wohnort der Wahrsagerin, welche Saul aufsuchte. Bethsean, hieß später nach dem Einfall der Scythen, die sich dort wohl länger aufhielten, ScythopoliS. Es war die südliche Gränz­

stadt GaliläaS am Jordan, auf der Handelsstraße zwischen Aegypten und Damaskus. Kana, nördlich von Nazareth, wo.sich Jesus zeitweise aufhielt,

auch bei Gelegenheit einer Hochzeit sein erstes Wunder verrichtete.

Tiberias lag am westlichen Ufer des Sees Genezareth in herr­ licher Gegend. HerodeS Antipas baute die Stadt prächtig auf und nannte sie zu Ehren des Kaisers Tiberius Tiberias; er selbst residirte da in einem sehr schönen Palast, der aber von dem aufrührerischen Pöbel hauptsächlich wegen der an demselben befindlichen Thierfiguren zerstört wurde. Später wurde Tiberias Sitz des Synedriums und berühmter Rabbinen. In der Nähe befanden fich warme Bäder. Magdala, ebenfalls an dem See. Von da soll Maria Magda­ lena gewesen sein. Bethsaida, Heimath der Petrus, Andreas

und Philippus,

auch am galiläischen Meer, ist zu unterscheiden von Bethsaida Julias

in Peräa. Die Bewohner waren meistens Fischer. Christus klagt über deren Unempfänglichkeit für das Evangelium und ruft über den Ort, wie über daS wohl nahe gelegene Chorazin, sein Wehe aus. Kapernaum, msprünglich ein Dorf, dann aber zu größerer Bedeutung gelangt. ES lag nahe dem Einfluß des Jordans in den See Genezareth. In der dafigen Synagoge lehrte der Heiland öfter, er hatte dort mit seiner Mutter und ihrer Familie ein Haus, weßhalb Kapernaum feine Stadt hieß. Hier war eine Zollstätte, von welcher Matthäus hinweggerufen wurde. Jesus heilte da den Knecht des Haupt­

manns und den Sohn des Kövigischen und erweckte die Tochter des Jairus.

Dan, Gränzstadt im Norden an der Sttaße, auf welcher die Karawane« von Phönizien nach dem Euphrat zogen. Jerobeam stellte in derselben ein Götzenbild auf und richtete einen besonderen Cul­ tus ein. Ptolemais, am Meere gelegen, nördlich vom Berge Karmel,

58

auch Acco genannt;

eS gehörte früher zu Phönizien.

Paulus war

dort (A.Gefch. 21, 7).

Dor, auch am Mittelmeer; früher eine kananitifche König-stadt;

zur Zeit der Maccabäer eine starke Festung. SepphoriS, eine stark befestigte Bergstadt.

§ 95.

IV. Periia (Gilead). So nannte man das Land jenseit« des Jordan vom Hermon bis

zum Fluß Arnon und dem Gebiet der Moabiter, im Osten vom wüsten

Es war theils ftuchtbar, theils rauh und unfrucht­

Arabien begränzt. bar.

Die Stämme Ruben, Gad

Wohnplätze.

und halb Manaffe hatten da ihre

Die Bevölkerung wurde im Lauf der Zeit eine sehr ge­

mischte, indem

viele Heiden sich da niederließen.

Zu

Jesu Zeit

unterschied man zwischen dem eigentlichen Peräa und dem in weiterem Sinne.

Nördlich war das Gebiet, über welches der Tettarch Philippus

herrschte mit 5 Landschaften : GaulanitiS, Jturäa, AuranitiS, Tracho-

In der Nähe des galiläischen Meeres mit vor­

nitiS und Batanäa.

zugsweise heidnischer Bevölkerung lag die sogenannte DecapoliS d. h. 10 Städte, die wohl auS Handelsinteressen in einem Bundesverhältniß

standen : Damaskus, Philadelphia, Raphana, Scythopolis, Gadara, Hippon, Dion, Pella, Gerasa, Canatha.

In dem eigentlichen Peräa

regierte HerodeS AntipaS.

§ 96.

Stödte und Ortschaften. Cäsarea Philippi, ftüher PaneaS, am Fußendes Libanon, wurde von dem Tetrarchea Philippus ausgebaut und zu Ehren des

Kaisers Cäsarea

genannt.

In der Nähe

trug sich zu, waS Matth.

16, 13 ff. erzählt wird. BethsaidaJulias, verdankt demselben Philippus Erweitemng

und Verschönerung und

Augusms Julia —

wurde zu

Ehren der

Julias genannt, zugleich

Tochter des Kaiser»

zum Unterschied von

Bethsaida in Galiläa. Gaulon, Hauptort in GaulanittS, Levitenstadt und Freiftadt.

Hippon, südöstlich vom See Genezareth, zur DecapoliS gehörig. Gamala, nach welchem ein District Gamalitica genannt wurde.

Gadara, am Flusse Hieromax, gehörte auch zur DecapoliS. Die

meist heidnischen Einwohner trieben Schweinezucht.

Die Heilung der

Besessenen fand hier Statt. Pella, südlichste Stadt der Decapolis, wahrscheinlich von mace-

donischen Ansiedlern nach einer Hauptstadt in Macedonien genannt. Dorthin flüchtete die Christengemeinde in Jerusalem, ehe die Kata­ strophe eiutrat. Jabes in Gilead, aus der Geschichte Sauls bekannt.

Rama (Ramath), gleichfalls in Gilead. Bethabara, wo eine Ueberfahrt über den Iordan. Iohannes

taufte in der Nähe. MachäruS, eine Festung, in welcher der Täufer gefangen war und auch auf das Anstisten der HerodiaS hingerichtet wurde.

HeSbon, ftüher Sitz des AmoriterkvnigS Schon, von MoseS

In ftuchtbarer Umgegend wurde

erobert und den Leviten zugewiesen.

vortrefflicher Weizen gezogen.

Mephaat, Levitenstadt im Stamm Ruben.

D. Frühere Bewohner des Landes und unmittelbar angränzende Völkerschaften. 8 97.

Frühere Bewohner. Die ursprünglichen Bewohner deS Landes waren von besonderer

Größe und Stärke und werden Riesen (Rephaim) genannt, von denen später

noch Ueberreste

König Og von Basan.

gefunden

Als

werden,

z. B.

Goliath und der

besondere Völkerschaften erscheinen die

Rephaiten im Ostjordanland, die Enak im in der Gegend von

Emiter später von den

Hebron,

die

sumim

(Susim)

von

in der Nähe von Gaza.

den

Moabitern, und die Sam-

Ammonitern

verdrängt;

die

Ariter

Die von Josua ausgesandten Kundschafter

trafen die Enakim, bei deren Schilderung

waltiger Schrecken ergriff.

die Israeliten ein ge­

Als Ureinwohner von dem Lande Edom

erscheinen die Hori ter (Höhlenbewohner), durch Esaus Nachkommen

theils unterjocht, theils verdrängt; in der Iordangegend die Bewohner von Sodom und Gomorrha.

§ 98.

Die Kananiter. Die Kananiter waren nach Einigen aus Aegypten, nach Andern aus Armenien, oder vom persischen Meerbusen, eingewandert und schon zu WrahamS Zeit ein angesehenes Volk, zum Theil in Städten ansäßig, zum Theil nomadisirend. AIS die Israeliten eindrangen, zer­ fielen jene in viele kleinere Stämme und Staaten, mit festen Städten und bereits entwickelter Cultur. Die mächtigste Völkerschaft unter ihnen waren : die Amoriter, die in der Nähe von Hebron wohnten, dann zum Theil nach Osten sich ausbreiteten und über dem Jordan die Reiche Basan nnd Gilead gründeten. Ueber jenes herrschte der König

Og, über dieses der König Siho«. Beide wurden von Moses geschlagen und ihre Gebiete »ertheilt. 5 Könige der Amoriter, die westlich des Jordans wohnten, überwältigte Josua. Reste des Volkes finden sich später noch als Taglöhner und Frohnarbeiter von Salomo gebraucht.

Nachbarn waren die Hethiter, von denen Abraham einen Acker und eine zwei­ fache Höhle zum Erbbegräbniß erwarb. Josua unterwarf sie, rottete sie aber nicht au» und erhielten sie sich bis zur Rückkehr der Juden aus der Gefangenschaft. 6tit König derselben wird als BundeSgenoffe der Syrer erwähnt 2. Kvn. 7. 6, was sich leicht erklärt, da ein Theil nördlich am Libanon und in LuS wohnte.

Die Jebusi ter auf dem Gebirge Juda, die namentlich in ihrer Stadt JebuS, dem nachherigen Jerusalem, den Israeliten tapferen Widerstand leisteten. Die Hevither wohnten theils in Mittelpalästina (Städte:

Sichem und Gideon), theils mehr nördlich in der Nähe des Hermon. Die letzteren behielten eine gewisie Selbstständigkeit noch bis zur Zeit der Könige. Die Girgasiter, wohl gleichbedeutend mit Gergesener (Gaderener), wohnten am Jordan. Die Hamathiter, von Hamath, einer bedeutenden Stadt am

Fuße des Anttlibanon, unfern von Damaskus, hatte« noch zu Davids Zeit einen eigenen König.

Weniger bekannt sind

die Arkiter, Siniter und Zemariter, neben denen auch

die Pheresiter erwähnt werden, als Bewohner des westjordani-

schen Hochlandes, die bereits durch Josua unterworfen,

deren Reste

von Salomo zinsbar gemacht wurden. Zuletzt sind noch al- kananitisches Volk zu nennen : die S i d o n i er

oder Phönizier. Sie bewohnten das schmale, fruchtbare, palmenreiche Küstenland zwischen dem Borgebirg Karmel und dem Gebiet der Philister bis zum

Libanon und Syrien hin, mit vielen Städten und Dörfern, besonders AraduS im Norden, Tripolis, Beirut, Sidon, Sarepta, TyruS. Sie. trieben Schifffahrt und ausgebreiteten Handel, be­ suchten ferne Länder (das Goldland Ophir) und sandten überall hin Colonien aus, wie nach den Inseln, nach Nordafrika (Karthago), Kleinasien, Griechenland, Italien, Spanien. Sie verfertigten GlaSwaaren und Leinwand, sollen Erfinder der Purpurfärberei, der Buch­ stabenschrift und deS geprägten Geldes sein. Die Tyrer und Sidonier waren überdieß geschickte Baukünstler. Während der Richterzeit hielten die Phönizier die nördlichen Stämme der Israeliten in einer gewissen

Abhängigkeit; David und Salomo standen aber im freundlichsten Ver­ kehr mit dem König Hiram, der ihnen bei ihren Bauten der Königs­ burg und des Tempels nachbarliche Hülfe leistete. Nach Salomo erwähnt die Bibel die Phönizier wenig mehr, be­ richtet aber dann, daß König Ahab die phönizische Prinzessin Jsebel zur Frau genommen und diese den heimathlichen Götzendienst begünstigt habe. Dieser bestand in der Verehmng des Baal als Sonnengottes

und der Astarte als Göttin des Mondes, der Jagd und des Krieges. Der Cultus der VenuS Aschers wurde später mit dem der Astarte ver­ einigt und mit Unzucht verbunden, ebenso wie der Dienst des BaalPeor. Menschen und besonders Kinder wurden dem Baal geopfert, der auch den Beinamen Sebub, — Mücken und Sebul, — HimmelSwoh-

nung, führte. Von Nebucadnezar wurde auch Phönizien unterworfen; der Herr­ schaft der Perser fügten sie sich freiwillig, Alexander der Große aber

konnte TyruS erst nach 7 monatlicher Belagerung erobern. Das Land kam in den Besitz deS AnttgonuS, dann des Ptolemäus von Aegypten und wurde durch Pompejus zur römischen Provinz getheilt.

Die Sprache der Phönizier, wie der Kananiter überhaupt, stand in enger Verwandtschaft mit der hebräischen.

62 8 99.

Die Philister. Sie waren ebenfalls vor den Israeliten aus Aegypten eingewandert und hatten ihre Wohnsitze südlich von Phönizien am mittelländischen Meere, an der Karawanenstraße, die von Aegypten nach Syrien führte.

Das Land theilte sich in fünf einzelne Staaten mit den Hauptstädten G a z a, wo Simson den Tod fand; ASdod, wo der Apostel Philippus das Evange­ lium predigte; ASkalon mit einem Tempel der BenuS, GeburtSstadt de- HerodeS; Gath, wo Goliath geboren war und wohin zu König

AchiS David vor Saul floh, und Ek r o n, mit einem Tempel deS BaalSebul. Die Juden waren nicht im Stande die Philister zu ver­ drängen und hatten häufig Kämpfe mit ihnen, besonders unter Saul und David. Nach 1. Sam. 13, 5 besaßen sie 6000 Reiter, 30,000 Streitwagen und sonstiges Volk, so viel wie Sand am Meer. David eroberte Gath mit ihrem Gebiet und Salomo hielt ganz Philistäa in Abhängigkeit. Die Könige von Juda stritten mit wechselndem Kriegs­ glück gegen es; in den Kämpfen zwischen Assyrien und Aegypten wurde eS schwer heimgesucht. Zur Maccabäerzeit kam dasselbe unter syrische

Herrschaft, ein Theil deS Landes mit Ekron wurde mit dem jüdischen Land vereinigt und HerodeS erhielt von Augustus auch Gaza und Jabne. Die Geschichte erwähnt nun die Philister nicht mehr, doch wurde nach

ihnen Palästina beüänNt. Ihr Hauptgott todt Dagon mit Antlitz, Armen und Händefi tineS Menschen, dem Leib eint» Fisches. Tempel

desselben toitrett in Gäza und ASdod. Als weibliche Fischgöttin galt AtargatiS, auch Derceto, welche einen Tempel in ASkalon hatte. Außer­

dem verehrten sie Baal und Astaroth. § 100.

Augriinzende Völkerschaften. 1. Die Midianiter, auch ISmaeliter, ein zur Zeit Jacobs vorkommendes Haüdelsvolk, welches viel in Karawanen umherzog und vom arabischen Meerbusen bis zum Sinai und dem Lande der Moabiter

sich auSdehnte. Mit diesen verbündeten sie sich gegen die Israeliten, wurden aber besiegt, ebenso später von Gideon geschlagen, alS sie mit

den Amalekitern ins Land einbrachen. 2. Die Girsiter und Gassuriter werden 1. Sam. 27, 8 genannt als Ureinwohner der Landstriche, in welche David von Zillag aus Einfälle machte.

3. Die Amalekiter, ein räuberisches Beduinenvolk, widersetzten sich zuerst den Israeliten in der arabischen Wüste und traten ihnen

auch später oft feindlich entgegen. Saul besiegte sie und «ahm ihren König Agag gefangen, den Samuel in Stücke hieb. Bon David

wurden sie auch mehrmals gezüchügt, die Ueberreste zur Zeit Hiskias vertilgt und ihre Wohnsitze von Augehörigen des Stamme- Simeon

eingenommen. 4. Die Edomiter waren Nachkommen Esaus (Edoms). Sie wohnten südlich von den Moabitern, vom todten Meere an bis zum

älanitischeu Meerbusen. Ihr Land war vorzugsweise gebirgig, gesund und in den Thälern sehr fruchtbar. In der Nähe des Berges Hör, auf welchem Aaron starb, lag die bedeutende Stadt Sela, später Petra, und nicht weit davon Bozra. Das Land war früher von den Horitern bewohnt, die aber Esau theil« verdrängte, theils unter­ jochte. Als MoseS durch das Gebiet der Edomiter ziehen wollte, wurde es von denselben verweigert und es herrschte von da an stet- ein feindselige- Verhältniß zwischen den stammverwandten Völkern. David unterwarf die Edomiter vollständig und sie galten später al- ein Theil de- Reiche« Juda. Unter Joram rissen sie sich lo«, traten auf Seiten der Chaldäer und halfen zur Vernichtung de« Reichs, weßhalb die Propheten ihre Weiffagungen vielfach gegen Edom richteten. Bon dem Maccabäer Iohannes HhrkanuS wurden sie unterworfen, zur Be­ schneidung gezwungen und dem jüdischen Staat einverleibt. So war eS denn ein Edomiter NamenS Antipater, welcher zuerst als Minister des letzten maccabäischen Fürsten, dann als römischer Procu-

rator, über daö jüdische Land herrschte und dessen Sohn HerodeS zum König ernannt wurde, worauf des letzteren Nachkomme« mit ein­ zelnen Unterbrechungen die Regierung bi« zur Zerstörung Jerusalems inne hatten. 5. Die Moabiter. Sie wohnten östlich vom todten Meer, nachdem sie das Riesenvolk der Emim vertrieben hatten; doch wurden sie von den Amoritem zurückgedtängt. Ihr Verhältniß zu den Israeliten war bald fteundschaftlich, bald feindselig. Saul bekriegte sie, David legte ihnen Zins auf, später mußten sie sich der vereinten Macht Josaphat« «nd Jorams fügen. Nach der Zerstörung des ReichIsrael scheinen sie sich eines Theils des dazu gehörigen Gebietes be­ mächtigt zu haben, verbündeten sich nachher mit den Chaldäern gegen Juda, mußten sich aber selbst jenen unterwerfen. Nach dem Exil

werden sie noch genannt und verschwinden dann.

64

Der von ihnen bewohnte Landstrich war zwar gebirgig aber frucht­

bar; Städte darin: Ar oder Rabbath Moab, das feste Kir Moabund Zoar. Ihr Nationalgott war ChamoS. 6. Die Ammoniter wohnten zuerst an den Flüffen Arnon und Iabbok, wurden aber von den Amoritern mehr nach Osten gedrängt. Sie zeigten sich fast unaufhörlich als Feinde der Israeliten. Iephtha demüthigte, Saul besiegte sie nach ihrem Angriff auf Jades in Gilead; David, der Anfangs mit ihrem König auf gutem Fuße stand, züchttgte sie, weil sie feine Boten beschimpft hatten; auch Josaphat kämpfte siegreich gegen sie. Im Ostjordanland machten sie häufige Einfälle, benutzten auch die Wegführung der 10 Stämme, um einen Theil des Landes an sich zu reißen. Die Chaldäer wurden von ihnen unterstützt, die aus dem Exil Heimgekehrten bedrängt, und im Kampf der Maccabäer standen sie auf Sette der Syrer. Später verlieren sie sich unter den arabischen Völkerschaften. Ihre Götter waren Mlcom oder Moloch (dargestellt von Erz mit einem Stterkopf und Menschenarmen, in welche, nachdem man das Bild glühend gemacht hatte, die zu opfern­ den Kinder gelegt wurden) und ChamoS, der Götze der Moabiter.

E. Die übrigen in der Bibel erwähnten Länder und Völker. § 101.

Armenien lag an dem Quellengebiet des Euphrat und Tigris zwischen dem schwarzen und kaSpischen Meer nach dem Kaukasus hin. Hierher ver­ setzte man das Paradies, hier war der Berg Ararat, auf dem die Arche des Noah sich niederließ. Es wurde eingetheilt in Groß- und Klein­ armenien.

§ 102.

Mesopotamien. So hieß das Land zwischen dem Euphrat und Tigris, bald in größerer, bald in beschränkterer Ausdehnung mit diesem Namen be­

zeichnet. Meistens wird eS zu Aram, Shnen, gerechnet. ES war zum Theil fruchtbar und reich, zum Theil wüste Steppe. Dort lagen die Städte Ur und Haran, wo die vom Hochgebirge Armeniens kommenden Stammväter der Israeliten sich niederließen, Karkemisch, wo Nebukadnezar de» König Necho von Aegypten schlug. Richter 3, 8. 10

wird ein König Cuschan-Rischataim genannt, welcher 8 Jahre lang die Israeliten unterdrückte. Später gehörte Mesopotamien nach einander zu dem affhrischen, babylonischen, persischen, macedonischen und syri­ schen Reich, bis es dem römischen einverleibt wurde. Am Flusse ChaboraS waren viele gefangene Juden. § 103.

Syrien. Im A. Testament wird es Aram — Hochland genannt im Gegen­ ES wurde von Arabien, dem Tigris und den Gebirgen Taurus und Libanon begränzt; im Ganzen ein fruchtbares Land, mild, gesund, in einzelnen Theilen von paradiesischer Schönheit. Die wahrscheinlich von Armenien eingewanderten Bewohner bildeten eine Anzahl kleiner Reiche, unter Königen, von denen einzelne zu besonderer Macht gelangten und schon zur Zeit der Richter, dann der Könige, die Juden mit wechselndem Glück bekämpften. Den König Rezin von Syrien finden wir, als Bundesgenosse des Pekah von Is­ satz z« Kanaan — Niederland.

rael, streitend gegen Inda und Jerusalem, welches aber nicht von ihnm erobert werden konnte. Durch die Assyrer verlor Syrien seine

Selbstständigkeit, erhob sich unter SeleucuS zu einem besonderen Reich und wurde dann durch PompejuS zur römischen Provinz gemacht. Von AytiochuS EpiphaneS rissen sich die Juden loS und wurden durch die Maccabäer frei. Die bedeutendsten Städte in Syrien waren 1) Da­ maskus, am Fuße des Antilibano«, in wasserreicher fruchtbarer Ebene; die Juden hatten da mehrere Synagogen und Paulus wurde daselbst für da« Christenthum gewonnen; 2) Antiochia, am Flusse

Orontes, von Seleucus erbant. Nach der Ermordung des Stephanus zerstreute Christen kamen dorthin und verkündeten das Evangelium zunächst den Juden, dann den Heiden, unter denen viele gläubig wnrden. Barnabas und Paulus hielten sich dort längere Zeit auf und unternahmen von da die ersten größeren Bekehrungsreisen. In Antiochia kam zuerst der Namen Christen auf. Die heidnischen Syrer verehrten auch Sonnengott und Mondgöttin, außerdem verschiedene Naturgottheiten.

§ 104.

Aegypten. Auf den Seiten von Wüsten, nördlich vom mittelländischen Meer begränzt, wurde es vom Nil durchströmt, der sich vor der Mündung

5

66 in verschiedene Arme theilt, die daS fruchtbare Delta bilden.

Durch

die regelmäßigen Ueberschwemmungen desselben in Folge der anhalten­ den Regen in dem Gebirge, wo die Quellen des Flusses sind, wird die Ergiebigkeit des Bodens herbeigeführt, welche so groß ist, daß Aegypten als Kornkammer für die Nachbarländer galt. Auch an andern Natur­ erzeugnissen hatte es Ueberfluß; Esel wnrden in großer Menge ge­ halten als Reit- und Lastthiere. Unter den Pflanzen war die PapyruSstaude von Bedeutung, weil sie zu schriftlichen Aufzeichnungen benutzt wnrde. An Bausteinen hatte das Land Ueberfluß, auch war die Mlerde sehr geeignet zu Ziegeln, so daß man hier schon ftühe große Bauwerke, Pyramiden (besonders deS Cheops und Chephren), Obelisken, Kanalanlagen, Paläste, Grabmäler findet. Durch die Zeichenschrift auf den Denkmälern (Hieroglyphen), hauptsächlich durch die Samm­ lung alter Urkunden, welche der Oberpriester Manetho» um 250 v. Chr. veranstaltete, wird es festgestellt, daß die Aegypter nicht nur das früheste geschichtliche Volk waren, sondern daß die Blüthe und Cultur­ entwickelung derselben in eine Zeit fast 4000 Jahre v. Chr. hinaus­ reicht. Memphis und Theben waren berühmte Städte. Aethiopier waren ftühe ins Land gekommen und hatten ihm Könige gegeben. Um 2100 v. Chr. fielen arabische Hirtenvölker, die HyksoS, in Aepypten ein, machten Memphis zur königlichen Refidenz und erbauten das feste AvariS, das nachherige Pelufium. Erst nach 500 Jahren ge­ lang eS dem SefostriS, einem kräftigen König und glücklichen Eroberer,

die Eindringlinge vollständig zu besiegen und zu vertreiben. Unter dem König RamfeS II., welcher Aegypten besonders mächtig und groß machte, wurde MoseS geboren. Gegen Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. bemächtigten sich wieder Aethiopier der Herrschaft (So, Thyrhaka); nachdem diese zurückgegangen, herrschten 12 Könige friedlich mit einander, welche oberhalb deS See.MöriS das berühmte Labyrinth

bauten. Einer derselben, Psammetich, brachte mit Hülfe von be­ waffneten Griechen die Regierung an sich und eröffnete nun Aegypten den Ausländern. Sein Sohn Neko eroberte Palästina und Syrien, wurde aber von Nebukadnezar bei Circesium, 606 v. Chr., geschlagen. Dem Andrang der Perser konnte auch Aegypten nicht widerstehen, nachdem Psammenit bei Pelusium total geschlagen worden; eben so mußte eS später Alexander den Großen als Herrn anerkennen. Nach diesem regierten die Ptolemäer, eine nichtswürdige Dynastie, unter

denen jedoch die Stadt Alexandria der Mittelpunkt gelehrter Forschung würde, mit einer großen Bibliothek. Unter Ptolemäus PhiladelphuS

wurde der Pentateuch übersetzt. Mit Kleopatra und ihrem Sohne hörte die Selbstständigkeit Aegyptens auf; nach der Schlacht bei Actium, 30 v. Chr., wurde es römische Provinz.

In Aegypten ver­

weilten die Nachkommen Jacobs 400 Jahre, im Lande Gosen, welches an der Ostgränze lag. Bor den Nachstellungen des Herodes wurde da- Jesus Kind nach Aegypten geflüchtet. Die Religion der Aegypter bestand zunächst in der Verehrung von Thieren und deren Bildern

(Stier, Krokodil, Nilpferd, Wolf, Hund, Katze, Ibis, Ichneumon rc.),

aber auch die Sterne und Elemente, Sonne und Mond (Osiris und Isis) wurden verehrt.

§ 105.

Aethiopien, in der Bibel Cusch genannt, von Luther Mohrenland übersetzt, war das Land am Nil, südlich von Aegypten, mit Meroe als Mittelpunkt. Im weiteren Sinn heißen Aethiopier alle dunkelfarbigen Bewohner

Afrikas und Asiens. In Aegypten behaupteten sie mehrmals die Herrschaft. Der Kämmerer der Königin Candace, Apost.-Gesch. 8, 27, war

aus Aethiopien. § 106.

Lybiru. So hieß das Land westlich von Aegypten, an der Rordküste Afrika» hinziehend. Die Hauptstadt von Oberlybien war Kyrene, wo viele Juden wohnten, die in Jerusalem eine eigene Synagoge besaßen. Simon, der gezwungen wurde, dem Herrn das Kreuz zu tragen, war au» Kyrene; ein Luciu» von Kyxene wird al» Prophet und Lehrer in

Antiochia erwähnt Apost.-Gesch. 13, 1. § 107.

Arabien. Die große Halbinsel im Westen Asiens, begränzt von dem mittel­ ländischen, rothen, indischen und persischen Meer, Aegypten, Palästina, Mesopotamien und Syrien, ein Land fast viermal so groß wie Deutsch­

land. Es wurde gewöhnlich eingetheilt in das wüste, peträische oder steinichte, und das glückliche Arabien. Das erstere, zwischen Syrien und Mesopotamien, war ein unfmchtbarer von herumziehenden Horden, 5*

68 durchwanderter Landstrich; das peträische lag zunächst der Sinaihalb­

insel, wo die Israeliten 40 Jahre verweilten; das glückliche Arabien, Jemen genannt, lag im Süden und war reich an Edelsteinen, Gold, Zimmt, Balsam, Weihrauch, Myrrhen. Die Araber im Allgemeinen besaßen großm Heerden, eS fehlte aber an Quellen, Bächen und Mssen. Bon den verschiedenen Völkerschaften theils semitischer, theils hamitischer Abstammung verdienen Erwähnung : die Sabäer, ein Handelsvolk im südlichen Arabien; die Nabathäer; die Midianiter und die Nachkommen KedarS, des SohneS Ismaels. Die nördlichen Araber erscheinen zum Theil als Nomaden, zum Theil al» Räuber­ horden, während die im Süden schon mehr feste Wohnsitze hatten und culttvirter waren. Die Araber standen mit Salomo in Handelsver­ bindung (Königin von Saba); später verbanden sie sich mit den Phi­

listern gegen Juda, eroberten und plünderten Jerusalem. Sie verehrten Gestirne und Naturkräfte, doch ist wenig in dieser Hinsicht von ihnen bekannt. § 108.

Assyrien. Darunter begreift man das mächttge alte Reich mit der berühm­ ten Haupt- und Handelsstadt Ninive am Tigris, aber auch nur die Provinz Assyrien, von Armenien, Babylonien und dem Tigris be-

gränzt. Die alte Geschichte der Assyrer ist in Dunkel gehüllt. Mnu» wird als Begründer des Reichs angesehen, nach dessen Tod seine Frau SemiramiS die Regierung übernahm, um 1280 v. Chr. Die folgen­ den Könige waren schwach, der armseligste Sardanapal, unter dem sich die Meder und Babylonier empörten, worauf die 3 Reiche, Neuassyrien, Babylon und Medien entstanden, von denen jenes besonders mächttg wurde unter kräftigen Königen wie Phul, der schon Einwohner audem Transjordanland wegführte, Tiglat Pilassar, den der König

von Juda AhaS gegen die verbündeten Israeliten und Syrer zu Hülfe tief, und Salamanassar, der dem Reich Israel ein Ende machte. Sein Nachfolger Sanherib bedrohte Jerusalem unter Hiskia, mußte aber abziehen. Ueber den Cultus der Assyrer wissen wir wenig. Sterndienst war auch hier. Bel gatt als Vater der Götter, Derceto (Semiramis?) als Mutter der Götter. Aschtheroth (Astarte) war wohl die Venus der Römer.

Die Keilschrift findet sich auf Denkmalen.

§ 109.

Babylonien oder Chaldäa, in der Bibel Sinear, gränzte nördlich an Mesopotamien und Assyrien, östlich an den Tigris, südlich an den persischen Meerbusen, westlich an das wüste Arabien.

Die Flüsse Euphrat und Tigris, außerdem viele Kanäle durchschnitten

daS schöne fruchtbare Land.

Hier soll schon Nimrod ein Reich ge­

gründet haben, hier der Thurm erbaut worden sein, welcher die Ver­ anlassung zur Sprachenverwirrung war, hier ließ SemiramiS daS durch Größe und Glanz ausgezeichnete Babylon als zweite Haupt­ stadt ihres Reiches erbauen. Nach dem Tode Sardanapals von Assy­ rien erhob sich Babylon wieder zu einem besonderen Reich, wurde von Neu-Assyrien abhängig, machte sich abermals frei und unter Nabopolaffars Führung zerstörten die Chaldäer in Gemeinschaft mit den Medern das stolze Ninive. Nebucadnezar erhob Babylonien auf den Gipfel der Macht, schlug die Aegypter 606 bei Circesium, eroberte Phönizien und Palästtna. Unter dem elenden Nabonid (Belsazar) kamen die Perser

unter CyruS, eroberten nach Ableitung des Flusses Euphrat die Haupt­ stadt und machten dem babylonischen Reich ein Ende. Die Babylonier (Chaldäer) trieben Ackerbau und ausgebreiteten Handel, besaßen aber auch vielen Kunstfleiß, namentlich in kostbaren Webereien, hatten schon frühe Kenntniffe in der Astronomie, berechneten sogar Mondfinsternisie. Ihre Keilschrift ist sehr alt. Sie verehrten den Bel (Baal), dessen gewaltiger Tempel in Babylon war, und die Mylitta (Himmel und Erde). Mylitta war auch die Götttn des WafferS und der Frucht­ barkeit.

§ HO. Medien. Dieses lag südlich vom kaSpischen Meer und Armenien, östlich von Affyrien und war ein Gebirgsland. Von den 3 Provinzen war Groß­ medien mit den Städten Ekbatana (Esra 6, 2) und Rhages die wich­

tigste. Die Einwohner waren tapfer, besonders gute Bogenschützen, versanken aber nach und nach in Weichlichkeit und Ueppigkeit. Sie mußten sich den Affyrern unterwerfen, machten sich frei, zertrümmerten unter Kyaxareö, vereint mit den Babyloniern, das «Mische Reich, kamen unter die Herrschaft der Perser und wurden mit diesen von Alexander besiegt.

parthischen Reich.

Später gehörten sie zum syrischen, dann zum

70 § 111.

Persien (Mam). ES lag jenseit des Tigris, war ein gebirgiges aber gesundes und

fruchtbares Land. Unter Cyrus schüttelten die Perser da» Joch der Meder ab und unterwarfen dann auf ihren Eroberungszügen eine» großen Theil Asiens, auch Babylonien. Die Juden erhielten durch CyruS die Erlaubniß nach der Heimath zurückzukehren. Ein persischer König AhaSveruS (wohl CambyseS) wird im Buch ESra als den Juden nicht günstig gesinnt erwähnt, ein anderer, AhaSveruS, (XerxeS) im Buch Esther. Auch werden mehrere Könige mit dem Namen Artachschaschta aufgeführt. Hauptstädte waren PersepoliS und Susa. Die Perser waren dem Sterndienst ergeben; ihre Priester, die Magier, bildetm einen besonderen erblichen Stand. Alexander der Große machte dem persischen Reich ein Ende. § 112.

Kleinasien. Darunter versteht man die Halbinsel oberhalb Syrien» und Ar­ meniens, von dem mittelländischen, dem ägäischen Meer und dem HelleSpont begränzt, so groß wie Deutschland. Die verschiedenen dazu gehörigen Landschaften, die auch in der heil. Schrift genannt wer­ den, sind: 1) am schwarzen Meer : PontuS, in welchem viel Getraide und treffliche- Obst erzeugt wurde, zur Betreibung des Handels sehr geeignet, weshalb sich hier auch ftühe Juden niedergelassen hatten. Bedeutende Städte waren TrapezuS, Tripolis und CerasuS. Das Land war zu Zeiten selbst­ ständig, dann unter persischer, macedonischer, römischer Herrschaft.

Juden aus PontuS waren am ersten Pfingstfeste; dorttge Christen werden erwähnt 1 Petr. 1, 1; Aquila stammte von da; Paphlagonien mit der Stadt Sinope; Bithy nien, wohin nach A.Gesch. 16, 7 Paulus nicht kam,

wo aber eine Christengemeinde sich bildete nach 1. Petr. 1, 1;

2) am ägäischen Meer : Mysien mit den Städten Troaö (das alte Troja), Pergamum,

einst sehr berühmt, und Assus; ferner mit den Flüssen SimoiS, Skamander und Granikus. In PergamuS war schon frühe eine christliche

Gemeinde; in TroaS predigte Paulus selbst und fuhr von da nach

Europa. Lydien, mit den Städten Sardes, Thyatira und Philadelphia; Ionien, Griechenland gegenüber und von dort bevölkert; hebr.

Java«. Berühmte Städte : Ephesus, Milet, Smyrna, Trogyllion; 3) südwestlich und südlich : Karien, mit der Hauptstadt HalicarnassuS; Pamph ylien, mit den Städten Perge, Attalia und Side. Viele

Juden waren dort ansässig; Paulus pflanzte daselbst da» Evangelium auf seiner ersten Missionsreise.

Lycien, worin Patara, Myra und PhaseluS.

Die Bewohner

waren tüchtige Seefahrer.

Cilicien. Inder bedeutenden Stadt Tarsus war Paulus geboren und hielt sich auch nach seiner Bekehrung dort auf. Das Christenthum fand da frühe eine Stätte. Eine andere Stadt: Mallus; 4) im Innern : 1) Pisidien, bewohnt von einem rauhen tapferen Bergvolk, aus welchem Viele auswärts Kriegsdienste nahmen. Wichtigste Stadt: Antiochia, von wo Paulus und Barnabas in Folge eines erregten Auf­ standes vertrieben wurden; 2) Kappadocien, früher mit Pontus vereinigt. Die Ein­ wohner zeigten sich tapfer, aber verschlagen und treulos. Städte: Cäsarea, Nazianz, Nysia, Tyana, Komane und Kukusus. Eine christ­

liche Gemeinde hatte sich dort schon ftühe gebildet; 3) Lykaonien mit Jkonium, Derbe und Lystra, wo nach der Heilung des Lahmen durch Paulus ein Aufruhr entstand nnd man diesem sowie BarnabaS göttliche Ehre erweisen wollte; 4) Phrygien, bewohnt von einem alten Volksstamm, unter dem man frühe schon Cultur findet, jedoch auch schwärmerisches und fanattsches Wesen. Paulus kam mehrmals dorthin. Christliche Gemeinden bildeten sich in HierapoliS, Colloffä und Laodicea am Flusse LykuS, letztere- eine große reiche Handelsstadt, in der aber unter den Christen auch viel Lauheit, Trägheit und Selbstgerechttgkeit. Im Jahre 62 n.

Chr. wurde Laodicea durch ein Erdbeben zerstört; 5) Galatien. Die Einwohner stammten von Galliern, oder Kelten ab, welche in Asien eingefallen und hier seßhaft geworden waren. Tapfer und freiheitsliebend wurden sie nur mit Mühe von den Römern unterworfen. Das Land hieß auch Gallogräcien, nach-

72

dem griechische Sprache und Sitte sich da eingebürgert hatten. Eine große Anzahl von Christengemeinden wurden von Paulus gegründet, an die er einen seiner Briefe schrieb. Als Städte sind zu nennen: Ancyra, Gordium, Pessinus.

§ 113.

Griechenland mit den Inseln. Griechenland bildete eine Halbinsel, die vom ägäischen und joni­ schen Meer umgeben und nördlich von Macedonien begränzt war.

ES zerfiel in drei von der Natur bestimmte Theile, nämlich südlich der Peloponnes, ferner Mittelgriechenland (Hellas) und Thessalien mit EpiruS. Als handeltreibendes Volk waren die Griechen schon ftühe den Hebräem bekannt geworden. Sowohl der Handelstrieb, als auch die inneren Zwistigkeiten zwischen den einzelnen Staaten, besonders zwischen Sparta und Athen, veranlaßten viele Griechen sich in Kleinasien niederzulassen und waren diese Ursache der großen Perserkriege. Philipp von Macedonien benutzte später die Un­ einigkeit der Griechen, um sich die Oberherrschaft über dieselben an­ zumaßen, die anch sein Sohn Alexander behielt. Gegen die Uebermacht des Philipp II. von Macedonien erhoben sich um 200 v. Chr. die Athener und Aetolier; die Römer nahmen gegen jene Partei und siegten, suchten nun aber selbst die Hauptrolle iu Griechenland zu spielen. Als die Achäer sich dagegen auflehnten, nahmen die Römer unter MummiuS Korinth ein, zerstörten eS 146 v. Chr. und machten Hellas und den Peloponnes unter dem Namen Achaja zur römischen

Provinz. Das durch Julius Cäsar wieder aufgebaute Korinth blühte bald wieder herrlich auf. Hier hielt sich Paulus l1/* Jahre

auf, nachdem er vorher in Athen den unbekannten Gott verkündet hatte. Griechische Sprache und griechische Bildung übten bedeutenden Einfluß nicht blos auf die Entwicklung deS JudenthumS, sondern auch des Christenthums.

Bon griechischen Inseln sind zn nennen : 1) PathmoS, wenig fruchtbar, wohin der Apostel Johannes verbannt wurde und wo er die Offenbarung geschrieben haben soll; 2) LeSboS; 3) ChioS; 4) SamoS; 5) DeloS; 6) CoS; 7) RhodnS, nur 3 Meilen von

der asiatischen Küste entfernt,

deffen Bewohner lange die Herrschaft

auf dem Meere hatten und auch Theile von Kleinasien besaßen. Die Hauptstadt gleichen Namens wurde zweimal von Erdbeben schwer heim-

gesucht.

Paulus berührte die Insel, als er von seiner dritten Reise

nach Jerusalem heimkehrte. 8) Chpern, sehr ausgedehnt und frucht­ bar mit herrlichen Waldungen, überdies durch Handelsverkehr reich

geworden. Die Einwohner (Kittim im A. Test.) waren zunächst von phSnizischer Abstammung, aber vermischt mit griechischen und äthiopi­ schen Einwanderern. Als Städte nennen wir: Citium, Paphos, Sa­ lamiS, AmathuS. 9) Kreta (jetzt Candia) mit einem Flächeninhalt von 190 Quadratmeilen, war bereits zu Homers Zeit stark bevölkert und blühend.

Die Kreter galten aber als falsch, lügenhaft, habsüchttg

und schwelgerisch (TituS 1, 12). Städte waren : Minoa, Kidonia, Phönix, Salmone. Paulus selbst scheint auf Kreta Christengemeinden

gestiftet zu haben, zu deren Pflege er TituS zurückließ. Griechenland lag an Thessalien und EpiruS gränzend :

Nördlich von

§ 114.

Makedonien, Die Einwohner waren roh und ungebildet, bis sie mit Griechenland mehr in Berührung kamen und von hier Kolonien dort angelegt wurden. Der König ArchelauS (gegen 400 v. Chr.) that viel für die Entwicklung des StaatS, für Hebung der Kunst und Wissenschaft. Durch Philipp und noch mehr dessen Sohn Alexander wurde nicht blos Makedonien selbst be­ deutend vergrößert, sondem die Herrschaft desselben auch über Griechen­ land und einen großen Theil der Länder Asiens ausgedehnt. Diese Macht sank jedoch bald; Makedonien kam allmählich in Abhängigkeit von den Römern und wurde 148 v. Chr. römische Provinz. DaS Christenthum kam dorthin durch Paulus selbst, welcher, durch ein in ältester Zeit zu Thracien gehörend.

Traumgesicht bestimmt, nach Europa fuhr (52 n. Chr.) und in Phi­ lippi, Thessalonich und Beroe heidenchristliche Gemeinden stiftete. Bon

den Juden angefeindet mußte er aus Makedonien wegziehen, schrieb von Korinth 2 Briefe an die Thessalonicher, besuchte beim in den Jahren 55 oder 56 die Gemeinden noch einmal, um von ihnen Ab­ schied zu nehmen. Außer den genannten Städten sind noch aufzu­ führen : Apollonia, Amphipolis, Pelagonia, Pella.

§ 115.

Jllyrieu wozu auch Dalmatien gehörte, lag westlich von Makedonien. Nach Röm. 15, 19 war Paulus bis dahin gekommen. Die Illyrer, welche

74 auf

dem

adriatischen Meere und an den griechischen Küsten See­

räuberei trieben, waren 226 v. Chr. von den Römern unterworfen worden.

§ 116.

Scythie«. Die Scythen, wahrscheinlich zu - verstehen unter Magog (Ezech. 38, 39), wohnteri zwischen der Donau, dem Don und dem schwarzen

Meer, von wo sie theil- nach dem nördlichen Europa, theil- nach

Asien sich au-breiteten. Sie waren ein kriegerische- Nomadenvolk mongolischen Stamme-, ohne feste Städte, al- Bogenschützen geübt. Um 630 drangen sie nach Medien, Armenien, Syrien bi- in der Philister. Land vor

«nd

bedrohten

auch da- jüdische Land.

Der

Prophet Jeremia- schildert ihre Raubzüge und droht mit diesem rohen grausamen Volk als einem Strafgerichte Gottes. Die Stadt Scythopolis

verdankt ihnen wohl ihren Aufschwung. Genannt werden die Schthm 2 Macc. 4, 47 und 12, 29; auch Col. 3, 11. 8 117.

Italien (Sinlien und Malta). Die große Halbinsel im mittelländischen Meere, im Norden von den Alpen begränzt, durch da« Appenninen-Gebirg durchzogen, wurde in Ober-, Mttel- und Unteritalien eingetheilt: In der ältesten Zeit wohnten hier viele kleine Völkerschaften, theils einheimische, theil-

aus Gallien «nd Griechenland eingewanderte. Da- 754 erbaute Rom an der Tiber erhielt nach und nach die Hen°schaft über ganz Italien, dehnte diese aber dann nach Asien und Aftika, sowie über di« übrigen europäischen Länder au-.

Auch Palästina wurde von den

Römern unterworfen und der jüdische Staat mit der Zerstörung Jerusalem», im Jahr 70 n. Chr., vernichtet. In der Hauptstadt Rom hatten sich schon vor Entstehung de- Christenthum» Juden nie­

dergelaffen und wurde da» Evangelium auch dahin getragen.

An die

Christen in Rom schrieb Paulu» seinen Brief und folgte später selbst

nach. Auf der Heimreise erlitt er bei der Insel Malta Schiffbruch. In der Hauptstadt von Sicilien, Syrakus, hielt sich der Apostel 3 Tage auf und berührte hernach die Städte Rhegium, Puteoli, Forum Appii und TreS Tabernä.

§ 118.

Hispanien. Dort waren schon frühe phönizische Ansiedler; bereits zu Salomos Zeit segelten die Schiffe der Phönizier nach TartessuS (dem Tharschisch

der Bibel) am Ausfluß des Quadalquivir, um Silber, Eisen, Zinn und Blei zu holen. Genannt wird es 1 Macc. 8, 3. Paulus hatte großes Verlangen dorthin zu gehen, wie wir aus Röm. 15, 24. 28 entnehmen; unbekannt ist, ob er sein Vorhaben ausführen konnte.

Dritter Abschnitt. Das israelitische Boll in seinen Einrichtungen, Sitten und Gebrövchen. A. Häusliches und Familien-Leben. § 119.

Die Wohnungen. Schott in den frühesten Zeiten des Menschengeschlechtes entwickelte sich neben dem Wanderleben der Hirten auch das durch Feld- und Acker­ bau bedingte Leben in festen Wohnsitzen. Die herumziehenden Nomaden wohnten in Zelten; diese wurden aufgeschlagen an zur Weide geeig­ neten Orten und abgebrochen, um weiter zu ziehen, wenn die Trift abgehütet war. Die Zelte bestanden aus Thierhäuten, später aus filzarttgen Decken, welche über Stangen ausgespannt und mit Stricken an Pflöcke befestigt waren. Oesters kamen auch Hütten aus Laubwerk vor. Die größeren Zelte bestanden aus 3 Abtheilungen; die vordere für die Sclaven, junge, schwache Thiere u. s. w.; die mittlere für die männlichen, die hintere für die weiblichen Personen, für die indessen auch besondere Zelte aufgeschlagen wurden. Der Fußboden war ge-

§ 118.

Hispanien. Dort waren schon frühe phönizische Ansiedler; bereits zu Salomos Zeit segelten die Schiffe der Phönizier nach TartessuS (dem Tharschisch

der Bibel) am Ausfluß des Quadalquivir, um Silber, Eisen, Zinn und Blei zu holen. Genannt wird es 1 Macc. 8, 3. Paulus hatte großes Verlangen dorthin zu gehen, wie wir aus Röm. 15, 24. 28 entnehmen; unbekannt ist, ob er sein Vorhaben ausführen konnte.

Dritter Abschnitt. Das israelitische Boll in seinen Einrichtungen, Sitten und Gebrövchen. A. Häusliches und Familien-Leben. § 119.

Die Wohnungen. Schott in den frühesten Zeiten des Menschengeschlechtes entwickelte sich neben dem Wanderleben der Hirten auch das durch Feld- und Acker­ bau bedingte Leben in festen Wohnsitzen. Die herumziehenden Nomaden wohnten in Zelten; diese wurden aufgeschlagen an zur Weide geeig­ neten Orten und abgebrochen, um weiter zu ziehen, wenn die Trift abgehütet war. Die Zelte bestanden aus Thierhäuten, später aus filzarttgen Decken, welche über Stangen ausgespannt und mit Stricken an Pflöcke befestigt waren. Oesters kamen auch Hütten aus Laubwerk vor. Die größeren Zelte bestanden aus 3 Abtheilungen; die vordere für die Sclaven, junge, schwache Thiere u. s. w.; die mittlere für die männlichen, die hintere für die weiblichen Personen, für die indessen auch besondere Zelte aufgeschlagen wurden. Der Fußboden war ge-

76

w'öhnlich mit Teppichen belegt.

Man liebte es unter schattigen Bäumen

die Zelte zu errichten. Wo bleibende Wohnsitze genommen wurden, erbaute man Häuser,

umgab sie mit Mauern und Thoren. Die Häuser waren indessen meist klein und niedrig, nur ein Stockwerk hoch, von Lehm oder Stein, bei Reicheren auch von Holz gebaut.

Die größeren bildeten gewöhn­

lich ein Viereck, welches einen Hof umschloß, in dem eine Cisterne

oder Springbmanen war.

An den Seiten de- HofeS liefen Hallen

umher, in denen man speiste, Gäste empfing, sich unterhielt, arbeitete.

In das Innere des HofeS gingen die Fenster, welche nach der Straße zu eng waren. Um die Sonnenstrahlen abzuhalten, spannte man über den Hof ein Tuch. Im hinteren Flügel des Gebäudes, wohin Fremde nicht Einlaß fanden, hielten sich die Frauen auf. Die Dächer waren

flach, mit einer Mischung von Lehm, Kalk und Stroh überzogen; wenn die Häuser an einander stießen, konnte man von einem Dach zum andern gelangen. Auf den Dächern verrichtete man mancherlei

Arbeiten, aß und schlief auch da; ein abgesonderter Raum (Söller) aus Brettern oder Zelttüchern diente zum Beten, zu Versammlungen. Der steigende Luxus führte zur Erbauung prachtvoller Gebäude, Paläste und Königsburgen. § 120.

Kleidungen. Dem Klima entsprechend war die Kleidung der Orientalen leicht und nicht anschließend, bei Männern und Frauen wenig verschiede«, doch bei diesen meist länger und bunter. An die Stelle der in ältester Zeit gebrauchten Thierfelle traten Stoffe aus Wolle, Baumwolle und Leinen. Wolle und Leinen zu vermischen war durch da» mosaische Gesetz verboten. Die Kleidungen der Priester sollten vorzugsweise von feinem Linnen sein. Seide erwähnt die Bibel nur in wenigen Stellen. Die Kleidungsstücke verzierte man mit farbigen Stoffen, mit Gvldund Silberfäden, Perlen, Edelsteinm, Pelzwerk, bunten Fransen und Quasten.

Zum Zeichen des Entsetzens, der Angst, vornehmlich aber

der Trauer zerriß man sein Oberlleid und legte aus groben Stoffen

(Ziegenhaaren) gefertigte, sackähnliche Gewänder an. Freudenkleider

waren meist weiß; Vornehme und Reiche hatten einen Borrath von

Festkleidern, welche die Gäste anlegten, oder die zu Ehrengeschenken ver­

wendet wurden.

Als Kleidungsstücke sind aufzuführen :

1. Das Unterkleid (Luther gewöhnlich Rock), Hemde, weiß, oder blau, oder gestreift, mit und ohne Aermel, im Ganzen gewoben, bis an die Knie, später an die Knöchel reichend. Um die Höste hielt eS besonder- beim Arbeiten ein Gürtel fest, der einfach von Leder, bei festlichen Gelegenheiten kostbar gestickt und verziert war. Man steckte in denselben auch Waffen, Geld, Schreibzeug rc.

2. DaS Oberkleid (Kleid, Mantel) bestand aus einem großen Stück Tnch von verschiedener Form, Größe und Farbe, welches man

um sich schlug und vorn in Falten zusammenlegte, um als Tasche dienen zu können. Es wurde als Teppich, als Decke bei der Nacht,

als Zelttuch benutzt.

Bei der Arbeit legte man daffelbe ab.

An dem

Oberkleid brachte man Fransen und Quasten, wie oben erwähnt wurde, an (Saum Luc. 8, 44), von den Pharisäern zur Auszeichnung recht

.lang und groß getragen. Ein verpfändetes Oberkleid mußte vor Nacht dem Armen zurückgegeben werden. 3. Der Schleier, zum Bedecken von Brust, Gesicht und Kopf, gehörte zu dm Kleidern der Mädchen und Frauen. Er hüllte auch wohl die ganze Gestalt ein.

4. Die Kopfbedeckung bestand bei beiden Geschlechtern aus einem längeren Stück Zeng, welches nm den Kopf gewunden wurde, oder au- künstlich gesertigen Turbanen, wie sie noch jetzt die Morgen­ länder tragen.

5. Als Fuß bekleidung dienten lederne, oder hölzerne Sohlen, durch Memen am Fuße festgebunden, die man beim Betreten von Ge­ mächern, bei Gastmahlen, an heiligen Orten, ablegte. Sache der Sclaven war es sie an- loszubinden, nachzutragen. Bei den Persern, Phöniziern, Griechen und Römern kam das Tragen von Schuhen und Halbstiefeln auf.

6. Der Schmuck, besonders der Frauen, bestand au- Ringen, Armbänd ern, Halsketten, Schrittkettchen (andenFüßen).

Haupt, Haar, Angesicht, Bart, Füße, ja dm ganzen Körper salbte

man mit Balsam, Oel, Rosenwasfer, dem kostbaren Nardenvl.

Die

Salben galten als Gesundhests-, BerschönerungS- und Stärkungsmittel, dienten auch zu religiöser Weihe. Die Weiber ließ man gern nach Wohlgerüchen duften.

§ 121.

Die Nahrungsmittel. Als solche dienten vorzugsweise dem Pflanzenreich zunächst iie

entnommene,

köstlichen Obstsorten, die Weintrauben, Datteln, Feigen,

Granaten, Mandeln; ferner Melonen, Gemüse, seines Oel, Getraide-

arten, Hülsenfrüchte rc.

Weizen, Gerste rc. wurden geröstet, zu Brei Das Mehl gewann man durch Hand­

gekocht, oder zu Brod gebackeu.

mühlen,

welche Frauen und

Sclaven bedienten und auf denen die

Körner zwischen einem oberen und unteren Stein zerrieben wurden.

Doch gab eS auch Mühle« von Eseln getrieben.

DaS

gewonnene

Mehl, mit Milch, Oel, Gewürz vermischt, verwendete man zu dünne« Kuchen, welche auf heißen Steinen, in irdenen Gefäßen, oder ehernen Pfannen gebacken wurden.

Bon Thieren beantzte man die Milch (saure, süße, Butter,

Käse) und das Fleisch.

Der Genuß des BluteS und des Fettes war'

das mosaische Gesetz verboten, ebenso der Genuß de» Fleisches

durch

von einer großen Anzahl von Thieren, die als unrein galten. war

was

wiederkäuet und

die Klaue» spaltet

(alle

Schafe, Ziegen, Hirsche, Gazellen, Anttlopen).

Erlaubt

Rindvieharten,

Die Thiere dursten

aber nicht durch Krankheit oder Alter verendet, von Thieren zerrissen, erstickt sein.

Bon Bögeln galten als eßbar: Tauben, Wachteln, Hühner, nicht aber die AaSstesser und die,

andere Thiere lebend ver­

welche

zehren.

Bon Fischen waren verboten die, Floßfedern haben, wie die Aale.

welche keine Schuppen

Schlangen,

Eidechsen,

und

Frösche aß

man nicht; eine beliebte Speise dagegen waren Heuschrecken. Hinsichtlich des Schlachtens galten bestimmt« Vorschriften, von

deren Beobachtung der erlaubte Genuß abhängig war.

Das Kochen des Fleisches war nicht üblich, wohl aber das Braten. Den

Gebrauch

kannte man nicht;

vo« Löffeln,

Messern

man aß mit den Fingern,

dünnen Brottuche«, die eingetu«tt wurde«. gekocht, das Fleisch zerschnitten.

und

Gabeln

oder mit Hülfe der

Die Speisen waren weich

Alles wurde auf niedere Schemel ge­

stellt, um die man sich auf Polstern «nd Teppichen lagerte, gestützt auf

den linken Arm, den rechten zum Este« benutzend. Als Getränke dienten Wasser und Wein, der in Palästina

reichlich und in vorzüglicher Güte wuchs, oft mit Gewürzen vermischt

wurde; dann künstlicher Wein, aus Gerste, Obst, Honig bereitet;

ferner Essig für geringere Leute, von welchem schon 4 Mos. 6, 3 zwei Arten erwähnt werden, zur Kühlung, oder mit betäubenden Stoffen

vermischt, zur Linderung von Schmerzen und Todesqualen dienend. Die Hauptmahlzeit fand bei Sonnenuntergang Statt; am Tag frühstückte man. Vor und nach dem Essen wusch sich Jeder die Hände. Gästen, welche geehrt werden sollten, wurden doppelte, oder

mehrfache Portionen vorgelegt. Bei frohen Ereignissen wurden große Mahlzeiten veranstaltet, wie bei der Schafschur, der Weinlese, Hochzeiten, Königseinsetzung und religiösen Feiern.

§ 122.

Die Familie. Während bei den alten asiatischen Völkern die Frauen eine niedere

Stellung einnahmen, in Abhängigkeit und Dienstbarkeit erhalten wur­ den, war ihre Lage bei den Israeliten von Anfang an eine würdigere. Wenn sie gleich in Zelten und Häusern geschiedene Abtheilungen be­ wohnten, so waren sie doch weder von häuslichen Beschäftigungen, wie

Backen, Kochen, Spinnen, Weben, Verfertigen von Kleidern, Pflege der HauSthiere, Feldarbeiten, noch von dem Verkehr mit Männern,

von Festen und Gastmählern, von dem Dienst am Tempel auSgeschlosien. Edle Frauengestalten treten uns in der heiligen Geschichte gar manche entgegen. Freilich der Religion Jesu war eS vorbehalten das Weib dem Manne als ebenbürtig zur Seite zu stellen, hauptsächlich durch das Gebot der Monogamie. Diese war zwar nach und nach auch bei

den Juden zur herrschenden Sitte geworden, allein früher war es ge­ stattet zwei und mehr Frauen zu nehmen, daneben auch Kebsweiber (Concubinen) zu halten, die wohl Familienrechte genossen, deren Kin­ der jedoch nicht gleiches Erbe erhielten. Bei dem Hei rathen von' Söhnen traten die Väter, oder deren Abgesandte, als Brautwerber auf; nach des Vaters Tod die Mutter. Ein Preis wurde bestimmt, der an den Vater der Braut bezahlt, oder abverdient werden mußte; auch gab man sich gegenseitig Geschenke.

Die Mädchen verheiratheten sich meistens sehr jung; eine Probezeit wurde meist eingehalten. WaS die bei der Verehelichung zu beobachtenden Gebräuche betrifft, so finden sich im mosaischen Gesetz

80

keine Vorschriften darüber und sie wechselten zu verschiedenen Zeiten.

Der Bräutigam holte gewöhnlich in Begleitung von Freunden die ge­ schmückte, verschleierte, von ihren Freundinnen umgebene Braut unter

Gesang, Musik in sein Hau«, wo das Hochzeitsmahl genossen wurde, welche- sich oft über 7 Tage ausdehnte.

Eine religiöse Ceremonie war nicht vorgeschrieben, aber die Religion blieb keineswegs ohne Einfluß auf den Ehebund, unter dem

ja daS Verhältniß zwischen Iehovah und seinem Volke bildlich dar­ gestellt wurde, wie später daS zwischen Christus und der Gemeinde. Eine Beschränkung der Heirathen fand, abgesehen von der ver­

botenen Ehe mit heidnischen Weibern, nur aus verwandtschaftlichen Rücksichten Statt.

Wenn ein Mann ohne Kinder starb, so war der Brnder oder nächste Anverwandte verpflichtet die Wittwe zu heirathen, damit der

Namen und die Familie des Verstorbenen erhalten werde (Leviratsehe). Eine Ehescheidung konnte leicht erfolgen, indem der Mann

dem zu verstoßenden Weibe einfach einen Scheidebrief gab, doch durfte ein solches Weib nicht ohne Weitere- von einem anderen Manne an­ genommen werden und Priester durften keine Abgeschiedene heirathen.

Der Heiland hat hinsichtlich der Ehescheidung viel strengere Vorschriften gegeben. Ehebruch mit einer ftemden Eheftau oder einer Braut wurde

streng bestraft, gewöhnlich mit dem Tode beider Schuldigen. Kindersegen gast als ein großes Glück,

eine schwere Heimsuchung.

Kinderlosigkeit

als

Kinder, von denen die männlichen nach

8 Tagen beschnitten wurden, wurden streng gehalten und vom Bater unterwiesen.

Der erstgeborene Sohn hatte große Vorrechte vor den

übrigen, erhielt ein zweifaches Famllie.

Erbtheil und

war das Haupt der

Während für die Töchter der Vater oft einen hohen Kauf­

preis, wenn sie sich verehelichten, erhielt, blieben die Söhne im elterlichen Hause, unterstützten de« Vater bei der Arbeit, dienten ihm zum Schutz

und zur Ehre. Die Dienstboten, meistens Leibeigene, Sclaven, gehörten mtt

zur Haushaltung.

Abraham hatte deren 318,

geboren waren, Esau 400.

die in seinem Hause

DaS Loos derselben war jedoch nicht so

hart, auch wäre» sie nicht ohne gesetzlichen Schutz.

Doch war ein

Unterschied zwischen Israeliten, die durch Schuld in Leibeigenschaft

geriethen und im 7. Jahr frei gelassen werden mußten und solchen,

die von andern Völkern durch Kauf oder im Krieg gewonnen wurden,

oder von Sclaven abstammtey. § 123.

Krankheiten, Tod und Begräbniß. Als Krankheiten werden erwähnt : die Gicht, zu deren Lin­ derung das Wasser im Teich Bethesda und andere Heilquellen be­

nutzt wurden; das Fieber, von dem Jesus die Schwiegermutter des Petrus befreite; die Wassersucht, von Jesus geheilt im Hause eines Obersten der Pharisäer; Schlagfluß und Lähmungen (Paralytische). Auf mit geschlechtlichen Verhältnissen in Verbindung stehende Krankheiten und Verunreinigungen nimmt das mosaische Gesetz besondere Rücksicht. Durch Berührung deS Kleides Jesu wurde da- blutflüssige Weib gesund; an heftiger Ruhr starb Joram, an der schrecklichen Würmerkrankheit HerodeS und HerodeS Agrippa. An Epilepsie litten die im N. Test, als mondsüchtig Bezeichneten (auch Marc. 9, 17). Von Hautausschlägen werden

7 Arten genannt, der schlimmste der Au-satz (Hiob). Auf den S o nnenstich weist Pf. 121,6 hin; an ihm starb der Sohn der Sunamiün

(2 Kön. 4, 19); durch ihn wurde Jona müde bis zum Tod. An Geistesstörung Leidende, Irre, Wahnsinnige und Tobsüchttge kom­ men ebenfalls vor. — Wenn ein Jude starb, so wurde der Leich­

nam gewaschen, mit wohlriechenden Salben und Gewürzen eingerieben und belegt, in Tücher eingeschlagen, oder mit breiten Binden umwickelt. Man stimmte Klagegesänge und Trauermusik an, die Angehörigen zerrissen ihre Kleider, legten den Sack an, streuten Asche auf ihr Haupt, ließen sich die Haare abschneiden. Möglichst bald wurden die Leichen unter Begleitung von Anverwandten, Freunden, Nachbarn, nach den Begräbnißplätzen gebracht. Diese waren in der Regel außer­ halb der Städte und Dörfer, in Hainen, Felsengrüften, oder Gärten; die Gräber selbst entweder senkrecht in den Boden gegraben, oder so

angebracht, daß man in die Höhlen gehen konnte, welche mit Thüren und großen Steinen gegen Raubthiere verwahrt wurden. Meisten-

hatte man Familienbegräbnisse; gemeinsame Friedhöfe waren für Arme, Fremde und Pilgrime. König-gräber werden 2 Chr. 32, 33 erwähnt. Um die Gräber schon von Weitem zu erkennen, hauptsächlich um nicht dadurch unrein zu werden, machten die Juden sie durch weißes Uebertünchen, oder äußeren Schmuck kenntlich.

82 Die Trauerceremonien dauerten in doch auch bis zu 30 ja 70 Tagen.

der

Regel

7

Tage,

Das Verbrennen von Leichen

wird nur erwähnt als Strafe für schwere Verbrechen, dann in KriegSvoth und bei Seuchen.

B. Beschäftigungen der Israeliten. § 124.

Die Jagd. Dieselbe wurde schon frühe betrieben.

Als ein gewaltiger Jäger

erscheint Nimrod; Ismael und Esau lieben t6 zu jagen.

Mit der

Anbauung und Bevölkerung der Länder nahm auch die Gelegenheit dazu ab, doch wuchs die Zahl der jagdbare» und wilden Thiere wieder in ver­

heerten und entvölkerten Gegenden.

Rebhühnern war sehr beliebt.

Das Fleisch von Hirschen, Rehen,

Zur Erlegung bediente man sich de»

Bogens, der Wurfspieße, Schlingen, Netze, Gruben, die mit Reisern rc. zugedeckt waren, auch der abgerichteten Hunde und Falken. Nach dem Exil wurde die Jagd mehr eine Liebhaberei der Vornehmen.

§ 125.

Viehzucht unb Ackerbau. Mit dem nomadisirenden Leben der Patriarchen war der Ackerbau

weniger vereinbar; im Lande Gosen betrieben denselben die Israeliten neben der Viehzucht, beides auch nachdem sie in Kanaan feste Wohn­

sitze gefunden hatten.

Heerden von Schafen und Ziegen (Kleinvieh) machten besonders den Reichthum der Israeliten aus;

diese Thiere lieferten Fleisch und

Milch zur Speise; Wolle, Haare, Felle zur Kleidung.

Das Rindvieh

benutzte man zur Nahrung, aber auch zum Pflügen, Eggen, Ziehen,

All-dreschen der Garben.

Kameele, Esel, Manlesel wurden gezüchtet

wegen de» Tran-port- und zum Reiten.

den in bewegliche Hürden,

Nacht- trieb man die Heer­

später in ummauerte Räume, der Sicher­

heit wegen. Der Ackerbau wurde durch mancherlei Gesetze gefördert.

Die Aecker waren meisten- Erbgüter, welche zwar wegen Schul­ den dem Gläubiger überlassen, aber im Jubeljahr wieder zurückgegeben

wurden.

Alle 7 Jahre war ein Brachjahr, in dem man die Felder

und Weinberge nicht bestellen durfte; was von selbst wuchs, fiel den Armen zu.

Die Gränzen hielt man heilig.

Die Bestellung des Bodens, der außerordentlich ergiebig

war, erforderte keine große Mühe.

Als Werkzeuge dienten Pflüge und

Eggen, von Ochsen, Kühen, Eseln gezogen, die mit dem Stecken, der Verboten war einen

eine eiserne Spitze hatte, angetrieben wurden.

Ochsen oder eine Kuh mit einem Esel zusammen zu spannen.

Hauen,

Spaten, Sicheln, Sensen dienten zum Garten- und Feldbau wie zur

Erndte. Die Winterfrucht stete man im October und November, die

Verschiedene Früchte

Sommerfruchtim Januar oder Februar aus.

sollten nicht auf demselben Acker sein.

Die Erndte begann Mitte

April mit der Gerste, dann kam der Waizen.

nach

Dm Armen gehörten

dem Gesetz die Winkel der Aecker, die vergeffenen Garben und

die Nachlese. genießen.

Wer Hunger hatte, durfte Aehren raufen und die Körner

Der Ausdrusch der Körner fand auf dem Felde durch

Ochsen und Kühe,

denen kein Maulkorb angelegt werden sollte, in

späterer Zett durch mit Zacken versehene Dreschwalzen und Dresch­ schlitten Statt. Das Sttoh wurde entweder, wie der getrocknete Mist der Thiere, verbrannt, oder auf dem Felde zusammengestellt, oder in

Scheunen aufbewahrt. Die Feste der Israeliten standen mit dem Ackerban in Verbindung;

am 2. Tag des Passah wurden die ersten Gerstengarben daxgebracht, Pfingsten war das eigentliche Erndtefest, und nach Einsammlung aller

Früchte im Herbst feierte man das Laubhüttenfest. 8 126.

Obst-, Oel- und Weinbau. Darauf wurde große Sorgfalt verwendet und reich war der Lohn Bürger hatten ihre Gärten und Wein­

dafür.

Könige wie

berge.

Beliebte Früchte waren die Granatäpfel, Datteln und Feigen.

geringe

Von großer Bedeutung war

die Zucht und

Anpflanzung des stets

grünen Oelbaums, ans deffen Frucht, den Oliven, ein Oel gepreßt

wird, das man zur Bereitung der Speisen, zum Brennm und Salben

verwendet. Die Weinberge schützte man durch Thiere.

Hecken

und Manern gegen

Keltern und Wachthäuser für die Weiygärtner und Hüter 6*

84 befanden sich darin. Von Juni bis November gab es reife Trauben. SM wachsende, nicht mehr zur Reise kommende Trauben, hießen Heerlinge. In der Weinlese war großer Jubel.

§ 127.

Fischerei und Handel. Fische waren schon in Aegypten eine Lieblingsspeise der Israeliten und dienten ihnen gleicherweise in Kanaan zur Nahrung. Reich an Fischen war der See Genezareth und der Iordan. Man fing die­

selben mit Netzen, Haken und Reusen. Auch vom mittelländischen Meere kamen viele Fische. Ein Thor auf der westlichen Seite Jeru­

salems trug den Namen Fischthor. Handel trieben die Juden ursprünglich wenig; freüich wurden sie von Handelsstraßen berührt, oder durchzogen, allein den Küstenstrich am Meer hatten sie .nicht inne und durch die Beschaffenheit ihres Landes waren sie mehr auf Viehzucht und Ackerbau angewiesen. Doch führten sie verschiedene Artikel, wie Waizen, Oel, Honig, Balsam auS; manche Arttkel bedurften sie, welche sie hauptsächlich von den Phöniziern bezogen und endlich vermittelten sie den Kauf und Verkauf zwischen an­ deren Völkern. Am meisten betheiligtea sich an dem Welthandel Salomo, deffen Schiffe mit denen der Phönizier ausfuhren, um große Reichthümer herbeizuschaffen. Nach dem Exil hatten die Juden größere Märtte, namentlich in Jerusalem; die Maccabäer begünstigten den Handel; HerodeS der Große legte zur Betreibung deffelben den Hafen von CSsarea an. In Folge ihrer Niederlaffungen in nahen und fernen Ländern wurden die Juden erst zu einem wirklichen Handelsvolk.

§ 128.

Handwerke. Zu den frühesten Beschäftigungen gehörte die Bearbeitung der Metalle. Der Sohn Lamechs, Thnbalkain, wird ein Meister in Kupfer

und Eisenwerk genannt. Man hatte ja Waffen, Ackerban- und Iagdgeräthe nöthig. Während ihres Aufenthalts in Aegypten lernten die Nachkommen Jacobs mancherlei Künste und Handwerke und übten solche in der Wüste, besonders an der SttftShütte (Metall-, Holz-, Weber-, Lederarbeiten). Später waren die Phönizier ihre Lehrmeister,

auch in Glasbereitung und Färberei, während die Philister Hindernisse bereiteten; denn als sie die Oberhand über die Israeliten hatten, dul­

deten sie keinen Schmied in deren Land, damit sie nicht Schwerdt und

Spieß machten nnd wenn die Israeliten Pflugschaaren, Hacken, Beile und Sensen zu schärfen hatten, mußten sie zu jenen kommen. Dieses wurde freilich unter Saul anders. Es werden in der Bibel neben den Metallarbeitern genannt : Zimmerleute, Wagner, Tischler, Bild­ schnitzer, Steinmetzen und Maurer, Ziegler nnd Backsteinmacher; Töpfer, Gerber und Käsemacher, welche in Jerusalem in besonderen Quartieren znsammenwohnten; Zelttuchmacher (Paulus), Walker, zur Reinigung der Tüncher von Schmutz und Flecken, Salbenbereiter, Schneider, Bäcker, Barbiere (erst seit Alexanders Zeit). Das Spinnen und Weben wurde von Weibern besorgt. Das Töpfergefchäst war von Bedeutung, zumal der Wein in irdenen Gefäßen vielfach aufbe­ wahrt wurde; auch war das Ueberziehen der Gefäße mit einer Glasur

bekannt.

§ 129.

Künste und Wissenschaften. Diese blühten in Aegypten sehr frühe, so die Baukunst, Bildkunst, Malerei, Astronomie, Geometrie, Schreib- und Lesekunst. Bei den Inden wurden die bildenden Künste darum weniger cultivirt, weil ihnen verboten war Bilder, oder Figuren von Metall, Holz,

Stein, behufs göttlicher Verehrung zu fertigen. Dichtkunst, Musik und Gesang dagegen wurden sehr ausge­ bildet (§ 16). Die Schreibekunst ist alt. In Aegypten bediente man sich in frühester Zeit der Zeichenschrift; bei den Babyloniern, Assyrern und Persern der Keilschrift, die aus spitzen Keilen und Winkelhaken in mannichfacher Zusammensetzung bestand. Die Erfindung der Buch­ stabenschrift wird dem Phönizier Taaut zugeschrieben; das älteste mit Buchstaben geschriebene Buch aber ist wohl der Pentateuch. Da- Material, dessen man stch beim Schreiben bediente, war ans

der Papyrusstaude gefertigt; billiger wurde das aus Thierhäuten be­ reitete Pergament. Die Schreibfedern waren aus Rohr. Man benutzte übrigens auch Palmblätter, Schiefertafeln u. f. w. Lesen und Schreiben, Kenntniß und Erklärung des Gesetzes, Heil­ kunde ließen fich die Priester angelegen sein; die Propheten und nach

86 dem Exil die Gelehrten - Schulen förderten und verbreiteten solches Wissen.

C. Oeffentliches und Staatsleben. § 130.

Bürgerliche und Rechtsverhältnisse. Als Volk Gottes schloß sich Israel ab gegen die anderen Natio­ nen, hatte seine eigenthümlichen Gesetze und Einrichtungen. Wer daran Antheil haben wollte, mnßte das Bundeszeichen an sich tragen, den Sabbath und das Passah mit feiern. Die Eintheilung der Nachkommen Jacobs in 12 Stämme ist schon besprochen. Die Stämme zerfielen in Geschlechter (Tausende), an deren Spitze Fürsten standen; diese in Familien und Häuser mit Vorstehern. Schon in Aegypten fand diese Gliederung Statt, sie wurde von MoseS und zur Zeit der Richter beibehalten, blieb so weit thunlich in der Verbannung und nach dem Exil in Geltung. AuS den Familienhäuptern wählte man die obrigkeitlichen Personen «nd Richter. Die Priester, insbesondere der Hohepriester, hatten aber in allen wichtigen Angelegenheiten zu entscheiden, da nach theokrattschen Grundsätzen Gott selbst der höchste Richter war. Die Verhandlungen waren öffentlich im Thor, oder auf einem nahen freien Platz. Die Klagen mußten mündlich vorgebracht werden, Angeklagte und Kläger erscheinen. Zwei oder drei Zeugen, deren Uebereinstimmung bei wich­ tigen Sachen erforderlich war, dienten zur Ermittelung des Thatbe­

standes. Als weiteres Beweismittel galt der Eid, auch der Reinigungs­ eid; dann und wann entschied da» Loos. Ueber die Bestechlichkeit der Richter nnd die ungerechte Behandlung der Armen klagen die Propheten. König Josaphat setzte in Jerusalem ei« höchstes Gericht ein, aus Stammältesten, Priestern und Leviten, unter Leitung des Hohe­ priester« und eines weltlichen Richter». Zur Zeit Zes« bestand in Jerusalem al» oberster Gerichtshof zur Entscheidung in religiösen und in Rechtsangelegenheiten das große Synedrium oder Sanhedrin, der hohe Rath, aus dem Präsidenten und 70 Mitgliedern (Priestern, Schriftgelehrten, totesten, Pharisäern und Sadduzäern) bestehend, die nach ihrer Ernennung dnrch Handauflegen geweiht und feierlich

verkündigt wurden. priester.

Den Vorsitz führte wohl in der Regel der Hohe­

Die Sitzungen waren täglich in einer der Tempelhallen, auch

in dem Palaste des HohepriesterS.

Kleine Synedrien als Unterbe­

hörden (23 Mitglieder) waren in den Städten der Provinzen.

Die Strafen

waren körperliche Züchtigungen (Geißelungen),

wobei die Zahl 40 nicht überschritten werden bürste, weßhalb, um

sicher zu gehen, gewöhnlich nur 39 Streiche gegeben wurden; Geldund Gefängnißstrafen; endlich Todesstrafe durch Steinigen, Verbrennen, Hängen, Kreuzigen, Niederhauen.

Außerdem werden in der Bibel

TödtungSarten erwähnt, wie sie namentlich bei anderen Völkern vor­

kamen, als : Zersägen, Werfen unter wilde Thiere, Verbrennen im Glühofen, Braten am Feuer und in heißer Asche, Ersäufen, und als

Strafen:

Abhauen von

das

AuSstechen der

Gliedmaßen,

Augen,

Zwängen der Füße in einen Block.

Unter

der Herrschaft

der Römer

durfte

das Shnedrium

ein

Todesurtheil fällen, aber nicht vollziehen, ohne Bestätigung des Statt­

halters. Die Blutrache war gesetzlich erlaubt.

Im Falle vorsätzlicher

Tvdtung hatte der nächste Anverwandte das Recht den Mörder zu

tobten, der sich durch nichts losmachen konnte.

War die Tödtung aus

Versehen, oder unvorsätzlich erfolgt, so waren außer der StistShütte,

nachher dem Tempel, 6 Freistädte, wohin der Thäter flüchten konnte, Fiel der Beweis gegen den Todtschläger

bis die Sache untersucht war.

aus, so wurde er an den Bluträcher ausgeliefert; ward er freige­

sprochen, so mußte er so lange in der Freistadt bleiben, bis der gegen­ wärtige Hohepriester

gestorben war, worauf er unangefochten heim­

kehren konnte. § 131.

Krieg «nd Kriegsdienst. In Waffen

geübt

mußte auch

der

friedlichste Nomade sein,

da er sich gegen Ueberfälle von Feinden und reißenden Thieren schützen hatte.

zu

Schon Abraham sehen wir mit seinen 318 Knechten

ausziehen zur Befreiung Lots.

Als die Israeliten aus Aegypten

kamen waren sie genöthigt mit Waffengewalt das verheißene Land zn

erobern und sich darin zu behaupten; unter David machten sie Erobe­

rungszüge und später mußten sie ost wider Willen an den großen

Kriegen der asiatischen Böller sich betheiligen, die Palästina manchmal

88 zum Schauplatz ihrer Kämpfe machten.

Jeder Israelite war vom

20. Jahre an zum Kriegsdienst verpflichtet und in Nothfällen bis zum 50. Jahre, so daß leicht Hunderttausende von Streitern zusammen­ Die Leviten brauchten nicht ins Feld M ziehen, ferner nicht, wer ein neu gebautes Haus noch nicht bezogen, einen neuen Weinberg noch nicht benutzt, eine Verlobte noch nicht geheirathet hatte. Die Einberufung nnd Eintheilung in Schaaren von 50, 100 und 1000 erfolgte nach aufgestellten Listen. Die Führer von 100 und 1000 bildeten mit dem Oberbefehlshaber den Kriegsrath. Sold kamen.

erhielten nnr auswärttge HülfStruppen. Uniform war nicht ge­ bräuchlich. Früher bestand das Heer nur aus Fußvolk mit Schwerdt, Speer, Bogen, Schleuder und zur Vertheidigung mit Schild, Panzer, Helm und Beinschienen; Salomo führte Reiter und Streitwagen ein. Waffenträger trugen Schild, Speer u. s. w. vor auSgezeichmten Kriegern her. Saul, David und Salomo umgaben sich mit Leibwachen; David soll schon ein großes stehendes Heer erhalten haben; auch bei spätere« Königen wird ein solches erwähnt. In dem Heer der Maccabäer dienten

viele Ausländer und HerodeS hielt den Römischen ähnliche Truppen. Bor einem Krieg brachten die Priester Opfer; da» Zeichen zum Kampf gab man mit silbernen Trompeten. Persönliche Tapferkeit entschied oft im Einzelkampf. Die Kriegsbeute fiel den Siegern zu, bisweilen jedoch wurde diese mit Allem, was in deren Hände ge­ fallen war, verbrannt, d. h. dem Untergang überliefert, so daß Nie­ mand etwas behalten durfte. Einen bestimmten Theil der Beute er­ hielten die Priester und Leviten. Feste Städte, mit Mauern, Thürmen und Gräben gegen feind­ liche Einfälle geschützt, hatte man in Palästina in reicher Zahl. Zur Vertheidigung wie zur Belagerung bediente man sich großer Maschinenum Pfeile weithin zu schießen und mächtige Steine zu schleudem. Ezechiel erwähnt auch Sturmböcke, mit denen Mauern und Thore Jerusalems bedroht würden.

Anhang. Die in der Bibel vorkommenden Maaße, Gewichte und Münzen. 8 132.

A. Maaße. Längenmaße :

I. a.

nach den Gliedmaßen des menschlichen Arms : der Finger; die Handbreite (Palme) — 4 Finger; 3) die Spanne — 3 Handbreite; 4) die Elle — 6 Handbreiten — 0,5 Meter, ungefähr; 5) die Ruthe --- 6 Ellen — 12 Spannen. 1) 2)

b. 1)

2)

3) 4)

II.

für Wegstrecken : Feldweg (Stadium), etwa der 40. Theil einer deutschen Meile

--- 125 Schritte; Sabbathsweg d. h. die Wegstrecke, welche die Juden am Sab­ bath gehen durften, 15—20 Minuten; Tagreise (200 Stadien) = 7—8 Stunden. die Meile — */$ deutsche Meile oder 1000 Schritte.

Hohlmaße:

a.

für flüssige Gegenstände :

1) 2) 3)

b. 1)

2)

3) 4. 5.

Log, sechs Eierschalen voll, etwa V« Liter; Hin -- 12 Log; Bath (Eimer) -- 6 Hin; für trockene Gegenstände : Kab, auch bei Flüssigkeiten angewandt, 24 Eierschalen voll,

entsprechend 4 Log; Omer oder Gomer, der 10. Theil der Epha (etwa 1 Kilo); Seah (Scheffel) -- 6 Kab, der 3. Theil des Epha; Epha (gleich dem Bath), das gewöhnliche Maaß, ca. 10 Kilo.

Chomer oder Homer für trockene und flüssige Gegenstände, das 10 fache des Bath und Epha, später Kor genannt — 100 Kilo.

90 § 133.

B. Gewichte und Münzen. a.

Die Hebräer hatten Wagen und Gewichte, hauptsächlich für daS Geld, bei dem das Gewicht entschied, da erst nach dem Exil sich geprägte- Geld findet; 1) der Seckel (als Münze Silberling), gleich dem Gewicht von ca. 350 Gerstenkörnern. Man hat zu unterscheiden den heiligen

Seckel und den gewöhnlichen, auch Beka genannt, die Hälfte von jenem, der nach unserem Geld 2 M. 80 Pf. galt; das Talent (Centner) — 3000 Seckel oder 6000 Beka; die Mine (Pfund) — 50 Seckel oder 100 Beka; 4) Gera, der 20. Theil des h. Seckel. b. Als griechische Münzen werden erwähnt : 1) die Drachme (Groschen) — 70 Pf. Die Doppeldrachme war gleich V, h. Seckel und diente zur Bezahlung der Tempel­

2)

3)

2) 3)

steuer; der ©toter — 4 Drachmen — 1 heil. Seckel;

da- Lepton (Scherflein), Vr Heller, die Reinste Münze.

c.

Römische Münzen. 1) der Denar (Groschen), etwa 65 Pf., diente al« Steuermünze und trug das Bild des Kaisers; 2) das AS (Affe), nach Luther Pfennig = 4 Pf. 3) Quadrans (Heller) — 1 Pf. d. Persisches Geld : die Darike (1 Chr. 29, 7), bei Luther Gul­ den, eine Goldmünze im Werth von etwa 15 Mark. Nachdem die Maccabäer die Juden von der syrischen Herrschaft befreit hatten, ließen sie und ihre Nachfolger Münzen prägen, welche theil« hebräische, theil« griechische Schrift trugen.

D. Religiöses Leben. § 134.

Religiöse Anschauungen der Juden (Theokratie.) Mtten unter den heidnischen Völkern mit ihren Göttern und Götzen sollte da« Volk Israel den Glauben an einen persönlichen Gott

erhalten.

Dieser Glauben erfüllte Abraham, den Stammvater der

Juden, er war Grund seines Gehorsams und Vertrauens, auch die

Bedingung des verheißenen reichen Segens,

der auf alle Geschlechter

sich erstrecken sollte. Indem Slbraham von seinen Stammgenossen weg­ geführt wurde, galt es vor Allem jenen Glauben vor der Ansteckung

des Heidenthums zu bewahren.

Seinen Nachkommen trat während

ihre» Aufenthaltes in Aegypten Stern- und Thierdienst in verschie­ denen Formen nahe, allein eine gewisse Abgeschiedenheit im Lande Gosen half die Verehrung des Gottes Abrahams, Isaaks und Iacobs

durch Jahrhunderte fortzupflanzen.

Mose« erhob den Glauben an

Jehova, als den einigen wahren Gott, zur BolkSreligion im aus­

schließlichen Sinn und stellte in den 10 Gebote voran das: Du sollst keine andere Götter haben u. s. w.

Durch ihn wurden alle StaatS-

und Rechtsverhältnisse, wie alle bürgerlichen Einrichtungen in Ab­ hängigkeit von der Religion gebracht; der eigentliche Herr und König

sollte Gott sein, alle Regenten, Gesetzgeber, Richter, Priester nur seine Organe (Theokratie).

Ein Hauptträger dieser Idee war in der nach­

folgenden Zeit Samuel, Kämpfer für dieselbe waren die Propheten, jener wie diese mit um so größerem Eifer auftretend, als heidnisches

Wesen, insbesondere die Greuel des Götzendienstes stets einzudringen suchten.

Wie schon zur Zeit der Richter der kananitische Cultus,

hauptsächlich der des Baal seine Anhänger fand, so kam er unter ver­

schiedenen Königen Israels fast zur Herrschaft; Herz den fremden Göttern seiner ausländischen

Salomo

neigte sein

Weiber zu;

Iero-

beam führte den Stterdienst öffentlich ein; Anbetung der Gestirne, selbst der schauerliche Molochsdienst fanden zahlreiche Anhänger. Doch

kam im Reiche Juda der Götzendienst niemals officiell zur Geltung und das Exil wirste insofern wohlthätig ein, als die Mehrzahl der Heimkehrenden einen Abscheu vor dem Bilder- und Götzendienst mit­

brachten.

Trotz der vielen Anfechtungen «nd Versuchungen erhielten

sich so die von MoseS fixirten religiösen Anschauungen und gegebenen religiösen Vorschriften bis zur Zeit' der Erscheinung deS Heilandes der Welt.

I. Religiöse Handlungen. § 135.

Das Gebet. Es wurde stehend, oder knieend, mit bedecktem Haupte, verrichtet,

im Hause,

besonders auf dem Dache (Söller), im Freien, in dem

92

Tempel und seinen Borhöfen, in den Synagogen.

Es war Sitte mit

dem Angesicht nach der Gegend des Tempels «nd des Allerheiligsten

in demselben zu beten, doch herrschte früher in Betteff des Gebetes an sich, der GebetS-Formeln und -Zeiten größere Freiheit.

Erst

all­

mählich entwickelte sich ein Geist der Knechtschaft und so finden wir, daß zu Christi Zeit vorgeschrieben war 3 mal des Tages, um die 3.,

6. und 9. Stunde zu beten; lange GebetSformeln waren in Uebung; Denkzettel, Troddeln an den Kleidern, die man als Zeichen besonderer

Frömmigkeit recht groß machte,

kamen in

Gebrauch.

Wie sich der

Heiland gegen dieses äußerliche Wesen aussprach, ist bekannt.

8 136.

Die Opfer. Wir finden dieselben in den ersten Zeiten deS Menschengeschlechts,

wir finden sie bei allen allen Völker»; sie wmden der Mittelpunkt der öffentlichen Gottesverehrung, auch bei den Juden.

Was ihnen zu

Grunde liegt ist das Bewußtsein der Abhängigkeit von dem höheren

Wesen, das Verlangen mit ihm in Gemeinschaft zu kommen und zu bleiben; hauptsächlich waren eS die Gefühle der Furcht, der Demuth,

der Dankbarkeit, die zum Opfer trieben.

Auch die Idee der Stell­

vertretung kam zur Geltung, da das Leben eines Thieres hingegeben

wurde, um das eigne Leben zu erhalten.

und unblutige Opfer.

Man unterschied blutige

Zu jenen wurden reine Thiere genommen,

Rindvieh, Schafe, Ziegen, die fehlerlos und im besten Atter waren;

von Armen :

Tauben «nd Turteltauben.

Unblutige Opfer be­

standen aus gerösteten Waizenkörnern, feinem Mehl, Brod- «nd Oel-

kuchen, Wein «nd Weihrauch, als Zuthat gewöhnlich Salz,

da- man

auch zum Einsalzen der Thierhäute nöthig hatte. Mich, Eier, Samr-

teig «nd Honig durften nicht verwendet werden. Die blutigen (Thier-) Opfer wurden ausschließlich in dein Borhof der Stistshütte, dann des Tempels, wo der Brandopferaltar stand, dargebracht.

Der Opfernde selbst mußte das Thier herbeiführen,

oder trage« und die Hand a«f dasselbe legen.

DaS Schlachten ge­

schah meistens durch diesen, doch auch durch die Priester, mit Beihülfe

der Leviten.

Das Blut fing der Priester in einer Schale auf «nd

sprengte eS an den Attar. Zerlegen des Thieres und

Darauf folgte das Abziehen der Haut und

die Verbrennung entweder alles Fleisches

und Fettes, oder nur der Fettstücke. Der Rauchdampf stieg empor Gott zu

einem wohlgefälligen Geruch. Bon dem Speisopfer nahm der Priester eine Handvoll Mehl und Oel, sowie den gesammten Weih­ rauch und verbrannte es auf dem Altar; bei dem Trankopfer goß er von dem Wein an den Fuß des Altars. Das Fleisch von Schulter und Brust kam den Priestern zu gut, auch ein Theil deS Uebrigen.

§ 137.

Das Brand-, Heils-, Süad- und Schnldopfer. a. Zum Brandopfer wurde ein fehlerfreies, männliches Opfer­ thier genommen, das man, nachdem die Haut abgezogen war, die den

Priestern gehörte, auf dem Altar verbrannte. Gewöhnlich war damit ein Speis- und Trankopfer verbunden. Es war da» eigentliche CultuSopfer, mit welchem das Volk, wie der Einzelne, seine Verehrung gegen Gott an den Tag legte. Täglich wurde Morgens und Abends für das Volk ein Brandopfer gebracht, ebenso an den hohen Festen und am BersvhnungStag zugleich mit dem Sündopfer.

b. Bei dem Heils- oder Friedensopfer tritt Dank und Freude in den Vordergrund. Rind- und Kleinvieh wurde verwendet, daS Fett verbrannt, von dem Fleisch Keule und Brust als Hebe- und Webeopfer (diese Stücke bewegte der Priester und Opfernde hin und her, auf und nieder) den Priestern gespendet, das Uebrige in fröhlicher Mahlzeit von der Familie dessen, der opferte, genossen. Bon den Rindern und Schafen, welche Salomo bei Einweihung deS Tempels opferte, wurde das ganze Volk gespeist. Mit dem Friedensopfer waren auch Speis- und Trankopfer verbunden. c. Das Sünd- und Schuldopfer brachte man. dar zur Ver­

sühnung des sündigen Menschen mit Gott, letztere» insbesondere als Ersatz für den Schaden, den man durch seine Sünde angerichtet. Man unterschied mehrere Grade der Verschuldung und wurde darnach ein

Stier, oder ein Ziegenbock, oder eine Ziege,

oder ein weibliches

Lamm, von Armen, oder bei Reinigungen ein Paar Tauben geopfert.

Bei den Sühnopfern höheren Grades vernichtete man das Fleisch; bei denen niederen Grades verzehrten es die Priester in amtlicher Eigenschaft.

94 § 138.

Musik uud Gesang finden wir frühe im Dienst des Heiligen, sie wurden aber hauptsäch­

lich in der Zeit Davids und durch diesen gepflegt. Er hatte besondere Sang meist er, welche die Gesänge einübten, 4000 Sänger und Spieler unter Assaph, Heman, Ethan, Jeduthun. Bei den Gottes­ diensten wirkten größere und kleinere Chöre mit; Blas- und Saiten­ instrumente, wie Harfen, Flöten, Cymbeln, Esthern, Trompeten, Lanten (Psalter), auch Pauken begleiteten den Gesang. Selbst im Exil fehlte es nicht an Pflege des Gesangs und der Musik und traten diese nach dem Aufbau deS Tempels wieder in ihr Recht. Wenn die Juden in Schaaren zu den hohen Festen in Jerusalem pilgerten, sangen sie fromme Lieder (Psalmen).

Trauergesänge und Trauermusik

erwähnt daS Alte und Neue Testament.

§ 139.

Die Gelübde uud das Faste«. Durch Gelübde verpflichtete man sich Gott gegenüber; sie ent­ hielten das Versprechen etwas zu thun, oder zu lassen, im Falle Gott eine bestimmte Bstte erfüllte (2 Sam. 15, 8; 1 Sam. 1,11). Grund­ stücke wurden als Gabe an daS Heiligthum, Thiere als Opfer, Per­ sonen zum Dienst am Tempel «. s. w. gelobt. Das Halten der Ge­ lübde war zur Pflicht gemacht; doch konnte ein LoSkaufen Statt finden. Daß sich manche unter dem Borwand eines Gelübdes der Ver­ pflichtung Eltern zu versorgen entzögen, tadelt der Heiland. Das Fasten bestand in der Enthaltung von Nahrungsmitteln für eine bestimmte Zeit, um sich vor Gott zu demüthigen. MoseS verordnete eS nur für den großen VersöhnungStag dem ganzen Volk. In Fällen großer Noth, wie zur Erinnerung an solche, wurde eS auch

außerdem von der Gesammtheit beobachtet.

Bei den Einzelnen waren

es verschiedene Veranlassungen, die zum Fasten führten; man be­ ttachtete eS als eine besondere Frömmigkeit und diente dasselbe so der Werkheiligkeit, wie bei den Pharisäern. 2 Tage in der Woche waren

vorzugsweise bestimmt dazu, nämlich Montag und Donnerstag; die nachexilischen Juden hatten vier öffentliche Fasten zum Andenken an die Eroberung Jerusalems, die Verbrennung des Tempels, die

Ermordung Gedaljas und den Anfang der Belagerung Jerusalems. Am Hauptfasttag, dem großen Bersöhnungstag, trugen die Juden über der gewöhnlichen Kleidung das weiße Sterbehemd. § 140.

Die Beschneidung und die Reinigungen. Die Sitte der Beschneidung geht in die älteste Zeit zurück; sie findet sich bei den Aegyptern, Edomitern, Moabitern, Ammonitern,

Aethiopiern und Phöniziern. Abraham führte sie als Bundeszeichen ein, MoseS machte sie zum Gesetz und unter Josua sand sie allgemein bei dem ganzen Volk Statt.

In der Regel erfolgte sie bei den Knaben

nach 8 Tagen und war die Beilegung eines Namens damit verbunden; der Hausvater nahm sie gewöhnlich vor, seine Stelle konnte aber auch

ein Anderer vertreten. Die Reinigungen hatten nicht blos eine die Gesundheit fördernde Bedeutung, sondern standen auch mit religiösen Verrichtungen in Ver­ bindung. So waren sie auch bei heidnischen Völkern, wie Aegyptern,

Persern, Babyloniern üblich. Unrein machten vor Allem die mit dem Geschlechtsleben und der Geburt zusammenhängenden Umstände, ferner

die Berührung von Todten, von Aussätzigen, vom AaS. Reinigungs­ mittel waren Waschungen, Baden in Quell- oder fließendem Wasser, Sündopfer und Sprengwasser, das vermischt war mit der Asche, die beim Verbrennen einer rothen Kuh gewonnen und zum Gebrauch sorgfältig aufbewahrt wurde.

8 141.

Die Heiligung resp. Loskaufung der Erstgeburt. Als Dank für die Verschonung der Erstgeborenen der JSraeliten vor dem Auszug aus Aegypten sollte die Erstgeburt von Wienschen dem Herrn, d. h. dem Dienst im Helligthum, geweiht sein, wurde

aber losgekauft, um eine von den Priestern bestimmte Summe. Das Erstgeborene von reinen Thieren mußte binnen einem Jahr, wenn eS fehlerfrei war, geopfert, wenn es Fehler hatte, ebenso losgekauft wer­ den, wie die Erstgeburt von unreinen Thieren. Auch von den Früchten des Feldes wurden die Erstlingsgaben theils geopfert, theils den Prie­ stern überlassen.

96 § 142.

Der Zehnten wurde nach dem Vorgang Abrahams (1 Mos. 14, 20) durch Moses

eingeführt zur Unterhaltung der Priester und Leviten.

Er mußte ge­

geben werden von den Früchten des Feldes, der Obstbäume und Wein­ berge, dann von Rind- und Zehnten in Empfang, Priester ab.

Kleinvieh.

Die

Leviten nahmen den

wieder den

gaben dann

10. Theil an die

Ein besonderer Zehnten wurde indessen an das Heilig­

thum abgeliefert zur Abhaltung festlicher Mahlzeiten, an denen die

Familienglieder und die Leviten Antheil nahmen; ferner je im 3. Jahr ein Zehnten für Wittwen, Waisen und Fremdlinge.

Daß die Pharisäer

in heuchlerischer Weise auch von Gartengewächsen, wie Till, Münze, Kümmel, den Zehnten gaben, wird im N. Testament gerügt.

II. Religiöse Personen und Parteien. § 143.

Die Priester. Der Stand der Priester war verordnet, um di« Verbindung zwi­ schen Jehova und dem Volke zu erhalten, das Gesetz zu lehren und dessen Beobachtung zu überwachen

und

den religiösen

Cultus zu

pflegen; sie waren daneben auch Richter und Aerzte. Der Stamm Levi war auSgesondert zum religiösen Dienst; Priester aber konnte nur werden, wer von Aaron und seinen Söhnen

Eleasar und Jthamar abstammte, frei von körperlichen Gebrechen und sonst befähigt war, auch ein gewisses Alter hatte (wahrscheinlich von

20 Jahren).

In Betreff der Wahl ihrer Frauen waren sie Be­

schränkungen unterworfen (z. B. keine Abgeschiedene), ebenso in Betreff

von Speise und Trank; namenllich mußten sie im Dienst Wein und

sonstige berauschende Getränke meiden. Der Uebernahme des Dienstes ging voraus eine ceremonivfe Rei­

nigung, Einkleidung und Salbung, sowie ein dreifaches Opfer.

Das

zur Salbmig der Priester, wie auch der Könige und Propheten, ge­ brauchte Salböl wurde nach besonderer Vorschrift aus Olivenöl und

vier wohlriechenden Stoffen bereitet.

Die täglichen Functionen der

Priester bestanden im Opfern und Räuchern, Unterhaltung deS heiligen

FeuerS, Anzünden der Lampen, Aufsicht über die Opfer des Volks, in dem Blasen der silbernen Posaunen u. s. w.

Ihre Kleidung mußte aus feiner weißer Leinwand sein und bestand

aus dem

Hüftkleid, darüber dem

bis zu den Fußenden

reichenden Leibrock, dem mit blauer und rother Wolle gestickten

Gürtel, dessen Enden dornen lang herunter hingen, und der turban­ Fußbekleidung trugen sie im Dienst nicht.

artigen Kopfbedeckung.

Den Nachkommen Aarons wurden unter Josua 13 Städte angewiesen,

welche in den Stämmen Juda, Benjamin und Simeon lagen, nämlich : Hebron, Libna, Jatthir, Esthemoa, Holon, Debir, Ain, Jutta, Bethsemes, Gibeon, Geba/Anathoth und Almon.

Außerdem erhielten sie

den Zehnten von dem Zehnten der Leviten, alle ErstlingSgaben, oder das L'ösegeld dafür, den größten Theil der Felle der Opferthiere, die Brust

und die rechte Keule der Heilsopfer, Alles was von den Speis- vnd

Schuldopfern nicht verbrannt wurde, endlich die abgenommenen Schau­ brode.

Unter David theilte man die Priester in 24 Classen, von denen

jede einen Vorsteher hatte und wechselten jene

im Dienst am

Heiligthum wochenweise ab.

Nach der Trennung des Reichs sank der Einfluß der Priester,

besonders im Reich Israel, aus welchem die meisten wegzogen; eine völlige Entartung derselben ist wahrnehmbar vor der Wegführung des

Volks nach Babel.

Mit Esra und Nehemia kehrte eine große Anzahl

von Priestern zurück, die sich nun vorzugsweise in Jerusalem nieder­ ließen, die gottesdienstlichen Verrichtungen am Tempel übernahmen

und in mehrere Rangordnungen sich schieden, in denen ein hierarchischer

Geist mehr und mehr überhand nahm. § 144.

Der Hohepriester. Er stand an der Spitze der Priesterschaft, war oberster Leiter des

Cultus, Verwalter des Tempelschatzes, Vertreter des Volks am großen

VersöhnungStag, höchster Richter und Leiter deS Staates, wenn kein König da war.

Aaron bekleidete zuerst das Amt und aus seinem Geschlecht mußten alle Hohepriester sein.

Hinsichtlich der persönliche Qualificatton und

der Lebensweise eines solchen waren bestimmte Vorschriften gegeben.

Zur Amtstracht gehörte außer der priesterlichen Kleidung: a. ein blaues Oberkleid, ohne Aermel, welches übergeworsen

7

98 wurde; an dem Saum desselben waren Granatäpfel, abwechselnd mit goldenen Glöckchen, die bei jeder Bewegung einen Hellen

Klang gaben; b. das Schnlterkleid (Ephod — Leibrock) aus feiner Leinwand

mit Goldfäden und Verzierungen in verschiedenen Farben, aus 2 Stücken bestehend, von denen da- eine über der Brust, das andere über den Rücken hing, auf der Achsel verbunden durch Onychsteine, in welche je 6 Namen der Stämme eingegraben waren. Der Leibrock wurde abergläubig verehrt, nachgebildet und auch zum abgöttischen Cultus benutzt. Ueber demselben hing

c. da- 4eckige Brustschild mit 12 verschiedenen Edelsteinen in 3 Reihen, auf jedem der Namen eines Stammes. Es war eine Art Tasche und so eingerichtet, daß man dahinein thun konnte: d. die Urim und Thummim (Luther — Licht und Recht), über deren Beschaffenheit und Bedeutung man keine Gewißheit hat; e. die Kopfbedeckung, höher wie die gewöhnlich getragene, war mit einem goldenen Schild verziert, welcher die Aufschrift trug :

Heiligkeit Iehova'S. Am großen BersöhnungStag erschien der Hohepriester ganz weiß.

Die Amtseinweihung ging unter besonderen Ceremonien vor sich. Unter Hohepriestern im R. Testament find wohl nicht blos der wirkliche, sondern auch die gewesenen und die Vorsteher der Priesterclaffen zu verstehen.

§ 145.

Die Leviten, d. h. Nachkommen von Levi, dem Sohne Iacobs von der Lea, und den drei Söhnen Gerson, Kahath und Merari, waren ausgesondert von dem übrigen Volk, um die niederen Dienste am Heiligthum zu ver­ sehen und als Gehülfen und Diener der Priester zu fungiren. In der Wüste hatten sie das heilige Zelt aufzuschlagen, abzubrechen, zu transportiren, die Bundeslade und die heiligen Gefäße zu tragen. Sie wurden feierlich in ihren Dienst eingeführt mit Reinigung, Abscheerung der Haare, Waschung der Kleider, Handauflegung und Opfern. Dem gewöhnlichen Lebensberuf entnommen und ohne Grundbesitz, gewannen

sie

ihren Unterhalt

hauptsächlich

durch

den

Zehnten.

Zur Wohnung und Nahrung für ihr Vieh waren den Leviten 48 Städte angewiesen, von denen 6 Freistädte und 13 speciell den Priestern aus

Aarons Geschlecht überlassen waren. Unter David und später verwandte man die Leviten auch bei der gottesdienstlichen Musik und dem Gesang, ferner als Thorwächter. Ein Theil fungirte als Richter.

Nach Theilung des Reiches ohne

Bedeutung, traten sie nach dem Exil, ebenso wie die Priester, wieder in Thätigkeit und behielten diese bis zur Zerstörung Jerusalems und

des Tempels. § 146.

Die Propheten. Hier wird verwiesen auf die Vorbemerkung zu den prophetischen

Schriften des Alten Testaments (§ 22). § 147.

Die Schriftgelehrten und Aeltesten. Als Schriftgelehrter wird vor Allem Esra bezeichnet; öfter kommt

der Namen im N. Testament vor und sind damit gemeint Gesetzes­ kundige und Gesetzeslehrer, die aus allen Stämmen und Ständen sein konnten, vielfach der Partei der Pharisäer angehörten, zum Theil Mitglieder des ShnedriumS waren. Sie fanden sich überall in Städten und auf dem Lande, lasen und erklärten in den Synagogen da» Gesetz, ließen sich die Vervielfältigung und genaue Abschrift der im Kanon ge­ sammelten Bücher angelegen sein, stellten die Auslegungen, Satzungen und Vorschriften früherer Zeiten zusammen und führten sie fort, woraus die Mischna (Talmud) entstand. Als berühmte Schriftgelehr­ ten, Rabbi'S, werden genannt Hillel und Schammai, ferner Nicodemus, Gamaliel und Jochanan. Die Unterrichtsanstalten der Schriftgelehrten wurden sehr besucht und. wer sich in denselben die nöthigen Kenntnisse erworben, wurde durch Handauflegen zum Rabbi und Beisitzer des Gerichts geweiht, konnte dann auch Mitglied des großen Synedriums werden. In ihrem geistigen Hochmuth und ihrer Selbstgerechtigkeit wollten sie meistens von Christus und seiner Lehre nichts wissen. Reben ihnen werden genannt: die Aeltesten. Ehrfurcht vor dem Alter war den Hebräern eigen. Moses berieth mit den Aeltesten des Volks und wählte sich 70 7*

100 als Gehülfen.

Sie übten denn zu allen Zeiten, unter den Königen,

in und nach dem Exil, verwaltende und richtende Thätigkeit.

Zur Zeit

der Maccabäer wird ein Aeltestenrath erwähnt, aus dem sich später der hohe Rath oder das Shnedrium entwickelte (§ 130).

Auch

die

Synagogen

wurden

von Aeltesten und

Vorstehern

geleitet.

§ 148.

Religiöse Parteien. 1. Die Samariter, vgl. § 91;

2. Die Pharisäer, waren keine Secte in unserem Sinn, sondern nur eine Richtung und zwar die orthodoxe, innerhalb des Judenthum». Der Namen bedeutet: Abgesonderte, d. h. eine Partei von Gleichgesinnten, die allerdings alfrömmer und heiliger angesehen werden wollten, al« die Uebrigen.

Neben dem A. Testament hielten sie an der Ueberlieferung; neben dem Gesetz an Neinlichen Satzungen und Gebräuchen fest.

Ihre Moral

war eine jesuitische Casuistik; auf Fasten, Beten und äußere Ceremo­

nien letzten sie den Hanptwerth, waren dabei voll Ungerechtigkeit, Heuchelei und Scheinheiligkeit.

Doch übten sie einen großen Einfluß

auf das Volk; sie waren die herrschende Partei, die auch im Syne-

drium vorzugsweise vertreten war.

Jesus erkannte sie

als

seine

Hauptfeinde, wie überhaupt als Feinde wahrer Freiheit und wahrer Religiosität, we-halb er mit Entschiedenheit ihnen entgegentrat. Paulus

gehörte auch zu

den Pharisäern,

ehe er Christ wmde, wie er selbst

Apost.-Gesch. 23, 2 bezeugt. 3. Die Sadducäer,

ebenfalls auf dem Boden des Judenthums stehend, bildeten einen Gegensatz zu den Pharisäern, mit denen sie indessen zusammen im hohen Rathe saßen.

Sie erkannten nur das Gesetz Mosis für göttlich

und verwarfen demnach die Tradition, außerdem die Lehre von den Engeln,,von den Geistern und die Auferstehung.

Frohen Lebensgenuß

suchten sie und schlossen sich ihres Vortheils halben an Griechen und Römer an.

Im N. Testament werden sie im Ganzen selten erwähnt,

doch tritt ihr Widerstreben gegen Christus und sein Reich klar hervor. Ueber ihre Ansichten, ihr Verhalten, sowie die Entstehung ihres Namens

ist wenig Sicheres bekannt.

4. Die Essäer oder Essener. Der Namen bedeutet die Heilenden.

Sie wohnten theils zu­

sammen in einsamen Gegenden in der Nähe des todten Meeres, theils zerstreut in Städten und Dörfern; führten in Zurückgezogenheit ein enthaltsames fleißiges Leben.

Sie bildeten gleichsam einen Orden mit

verschiedenen Graden und besonderen Gelübden.

Bor Allem mußten

sie sich zur Ehrfurcht gegen Gott, zum Gehorsam gegen die Vorgesetzten und zur gerechten Behandlung ihrer Mitmenschen verpflichten. gemeinschaft war bei ihnen eingeführt.

falls wenig bekannt.

bathgesetz.

Güter­

Ueber ihre Lehre ist eben­

Opfer brachten sie nicht, hielten aber das Sab­

Den Eid verwarfen sie.

Zur Zeit des Heilandes soll ihre

Zahl etwa 4000 betragen haben. Außer diesen religiösen Parteien er­

wähnen wir hier noch 5. Die Proselyten.

Die Verehrung eines Gottes fand unter den Heiden gar manche Anhänger.

Biele wagten den entscheidenden Schritt und traten förm­

lich zum Judenthum über; sie hießen Proselyten der Gerechtig­ keit.

Andere, die

zum Glauben der Juden

hinneigten

und

dem

Götzendienst entsagten, ohne sich dem mosaischen Gesetz ganz zu unter­ werfen, nannte man Proselyten des Thors.

Ihre Zahl wuchs,

nachdem Judengenoffenschaften sich über das ganze römische Reich auS-

gebreitet hatten, Juden, durch Handel reich und einflußreich geworden,

in allen bedeutenden Städten sich fanden, die überall nach dem väter­

lichen Gesetz lebten und auch mit Jerusalem durch Bezahlung der Tempelsteuer, Opfer und Besuch der Feste in Verbindung blieben.

III. Der Religionsübung geweihte Orte. § 149.

Die Höhen. In der Schöpfung, in der freien Natur betete man zunächst den Schöpfer an. Namentlich wählte man die Höhen, wo man glaubte Gott näher zu sein, zur Anbetung und zum Opfer, auch stille Haine. Noah

errichtete einen Altar auf dem Ararat, Abraham und Jacob

opferten auf dem Berge zu Bethel und nach Moriah hinauf zog der

Erstere, um an Isaak den Befehl Jehova's auszuführen; aber auch

im Eichenhain Mamre hatte er eine AndachtSstStte.

Mit der Errich­

tung der StiftShütte und später des Tempels sollte der Höhendienst

aufhören, allein er erhielt sich doch noch und waren Altäre auf Horeb, dem Karmel, dem Oelberg u. s. w. Leider nahm aber auch zeitweise, namentlich im Reich Israel, der heidnische Höhendienst mit Abgötterei und Bilderanbetung überhand und wird von einzelnen Königen, be­ sonders von HiSkia und Josia, gesagt, daß sie den Höhendienst abge­ schafft hätten.

§ 150.

Die Stiftshütte. Hütte deS ZeugniffeS, oder des Zusammenkommens (Gottes mit seinem Volk), wurde in der ersten Zeit deS Zugs in der Wüste auf­ gestellt. Von Moses aufgefordert, spendete das Volk reiche Gaben an Gold, Silber, Kupfer, Wollenstoffen, Leinwand, Thierfellen, auch Edel­

steine, Specereien u. dgl., welche theils aus Aegypten mitgebracht, theils von Handelskarawanen erworben, theils mit angestrengter Arbeit gefertigt waren. 6—7 Monate arbeitete man unter Leitung des Bezaleel. Die StfftShütte war 30 Ellen lang, 10 Ellen breit und hoch.

48 breite Bohlen von Akazienholz, welches dauerhaft und leicht ist, die auf je 2 Füßen von Gold, Silber oder Kupfer an einander gestellt und mit Zapfen und Stangen befestigt wurden, bildeten das Gerüste, über das man eine vierfache Decke breitete, eine von gewöhnlichem Zelttuch, eine von feinen Ziegenhaaren, und zwei von Fellen und Leder, zum

Schutz gegen nasse Witterung. Die eigentliche SttstShütte zerfiel in 2 Abtheilungen : 1) das Heilige, 20 Ellen lang und je 10 breit

und hoch, und 2) das Allerheiligste, je 10 Ellen lang, hoch und breit, beide geschieden dnrch einen prächtigen Vorhang mit Cherubims-

bildern. Im Allerheiligsten stand die Bundeslade mit den Gesetzes­ tafeln, darüber der Gnadenthron mit 2 Cherubim, Alles von feinem Gold; im Heiligen der Schaubrodtisch, der Leuchter und der Räucher­ altar, welcher von Holz mit Gold überzogen war und Ringe hatte für die Stangen zum Tragen. Ein 100 Ellen langer und 50 Ellen breiter Vorhof umgab ringsum das Zelt; 60 Säulen, die auf kupfernen

Füßen standen und mit Teppichen verbunden waren, bildeten die Ein­ fassung. Hier war das große Wasserbecken und der Brandopferaltar, d. h. ein hölzernes mit Kupfer überzogenes Gestell, welches mit Erde ausgefüllt wurde.

Dieses Gestell hatte ebenfalls Ringe für die Trag-

stangen.

Um diesen Altar war ein Umgang für die Priester, zu dem

ein schräger Aufwurf von Erde führte.

Die StiftShütte wurde feier­ lich von Moses eingeweiht, und begleitete dann das Volk auf seinem Wanderzug. Auch nach dem Einzug in Kanaan blieb sie nicht immer an demselben Ort, zuerst in Gilgal, dann lange in Silo, vorübergehend in Sichem, im Kriegslager, in Nob und Gibeon.

§ 151.

Der Tempel. Der erste Tempel, von David vorbereitet, wurde von Salomo auf dem Berge Moriah erbaut, um von nun an, statt der Zeltwoh­ nung, der Mittelpunkt des israelitischen Cultus zu werden. Große Vorbereitungen wurden getroffen, Straßen, besonders die von der Hafenstadt Joppe nach Jerusalem, gebaut, um die Steine und das Holz vom Libanon herbei zu schaffen. 80000 Holz- und Steinhauer waren in diesem Gebirge beschäftigt; 70000 Lastträger hatten für den Transport zu sorgen. Der an sich nicht große Raum auf dem ge­ nannten Hügel wurde durch gewaltige Grundmauern erweitert, so daß ein Platz von 400 Ellen Länge und 200 Ellen Breite entstand (die Elle — 0,5 Meter). Erst nach 7 Jahren vollendete man das Bau­ werk, bei welchem man, ähnlich der Stiftshütte, drei Abtheilungen machte. Der eigentliche Tempel war 60 Ellen lang, 20 breit und 30 hoch; davon abgesondert und durch Bretterwand und Vorhang ge­ schieden, 20 Ellen im Gevierte, das All er heiligste mit der BundeSlade und den Cherubim, 2 colossalen geflügelten Gestalten aus Cedernholz mit Gold überzogen, .von denen jeder mit einem Flügel die Wand berührte, während die beiden anderen Flügel zusammenstießen. DaS Dach war wohl nach morgenländischer Art flach. Der ganze Bau war mit Schnitzwerk verziert, mit Goldplatten belegt.

In dem Heiligen stand der Räucheraltar, 10 goldene Tische, davon einer oder zwei für die Schaubrode, und 10 goldene sieben­ armige Leuchter, ähnlich dem einen in der SttftShütte. Rings um den Tempel liefen Nebengebäude in 3 Stockwerken, in einzelne Hallen ab­ getheilt. Zwei große metallene Säulen, Jachin und Boas, standeu an dem Eingang. Der Priestervorhof, 200 Ellen lang und 100 Ellen breit, in welchem außer den Priestern nur die opfernden J-raeliten Einlaß erhielten, war von einer niederen Mauer umgeben; in demselben be-

104

fand sich der Brandopferaltar, das eherne Meer (ein großer Wasser­ behälter, Altar

auf 12 Rindergestalten ruhend) und rechts und links vom

10 kupferne Waschbecken zum Waschen des Opferfleisches

auf

Gestellen mit 4 Rädern.

Einige Stufen herabsteigend kam man in den Borhof des Volks, doppelt so groß als jener, von starken

Mauern umgeben, durch welche Thore führten. Ringsumher Kammern und Zellen' für Priester und Leviten, sowie zur Aufbewahrung von mancherlei Gegenständen.

Die Einweihung des Tempels, zu welcher sich daS ganze Volk versammelte und bei der 22000 Ochsen und 120,000 Schafe

geschlachtet wurden, erfolgte unter großen Feierlichkeiten. Verschiedent­ lich wurde der Tempel geplündert, aber immer wieder, wenn auch nicht

mit der Verschwendung edler Metalle, restaurirt, durch Nebucadnezar

und dessen Nachfolger zerstört und mit Feuer vernichtet,

416 Jahre

nach der Einweihung.

Der zweite Tempel.

laubniß

Nachdem ChruS den Juden die Er­

zur Rückkehr gegeben, auch die 5400 goldenen und silbernen

Gefäße, die noch auS den Plünderungen

vorhanden

waren, über­

lassen hatte, begannen Serubabel und Josna den Wiederaufbau des Tempels, wahrscheinlich auf der ftüheren Stelle und nach der früheren

Einrichtung, jedoch einfacher.

Durch Anstiften der Samariter gehin­

dert sah das Werk seine Vollendung erst nach 15 Jahren.

An die

Stelle des ehernen Meeres trat ein steinerner Wasserbehälter; auch der Brandopferaltar war aus Stein; im Heiligen war außer dem

Rauchaltar nur ein Tisch und ein Leuchter;

im

Allerheiligsten

stand da, wo die verbrannte BundeSlade mit den Cherubim gewesen, gleichfalls nur ein Stein, auf den wohl der Hohepriester, wenn er am

Versvhnungstage eintrat, das Rauchfaß stellte.

Durch AntiochuS Epi-

phaneS wurde auch dieser Tempel geplündert und dem Götzendienst

übergebm, durch JudaS MaccabäuS aber neu geweiht (daher das Fest der Tempelweihe), durch PompejuS und nachher die römischen Soldaten des HerodeS erstürmt und zur Stätte des Blutvergießens gemacht.

Der dritte Tempel. Um sich eine« Namen zu machen, sowie um die Gunst des Volks zu

gewinnen, unternahm HerodeS d. Große im

18. Jahre

seiner

Regierung den Umbau und die Erweiterung des Tempels in überaus

prachtvoller Weise.

Auch er hatte zuerst große Zurüstungen getroffen.

DaS eigentliche Tempelgebäude wurde in l*/2 Jahren, die Borh'öfe und Hallen nach 8 Jahren vollendet. Die Vorhöfe waren terrassen­ förmig über einander angelegt. Reihen von Marmorsäulen bildeten Gänge und weite Hallen. Der Vorhof der Heiden, mit Mauern umgeben, war der niedrigste. Auf 14 Stufen stieg man von da zu einer breiten Terrasse empor und durch Thore in den inneren Tempel­ raum, zunächst in den Borhof der Weiber, dann in den 15

Stufen höheren Vorhof der Männer, der durch ein Gitter von dem Vorhof der Priester geschieden war, welcher um das Tem­ pelhaus herumlief und in dem der Brandopferaltar stand.

Noch 12 Stufen höher war der Tempel aus weißen Marmorblöcken aufge­ baut, aus Vorhalle, dem Heiligen mit Leuchter, Schaubrodetisch und Räucheraltar, und dem Aller heiligsten, das leer war, be­ stehend. Bor dem Heiligen war ein kostbarer Teppich und zwei offen­ stehende Flügelthüren. Vor dem Allerheiligsten hing ebenfalls ein Vorhang. Auf drei Seiten waren drei Stock hoch angebaute Kam­ mern zu verschiedenen Zwecken dienend. Bei der Eroberung Jerusa­ lems unter Titus ging dieser Tempel in Flammen auf.

§ 152.

Die Synagogen. Neben dem Tempel, zu dem man besonders an den hohen Festen pilgerte, hatten die Juden von der nachexilischen Zeit an, überall in und außer Palästina, Synagogen, bestimmt zu gottesdienstlichen Ver­ sammlungen mit Gebet, Gesang, Verlesung und Auslegung der bibli­ schen Abschnitte. Der Pentateuch war zu diesem Zweck in 154 Lese­ stücke, Paraschen, eingetheilt; eben so später die Propheten in solche, die man Haphtharen nannte. Die Rollen der h. Schrift be­ wahrte man in einem Schrank auf, vor dem ein Vorhang war. Der Vorleser stand auf einer Art Kanzel, oder Lehrstuhl. Lampen mußten in jeder Synagoge sein. In Jerusalem selbst waren eine Menge Synagogen, die zum Theil den aus anderen Ländern dahin kommenden Juden, wie denen aus Kyrene, aus Alexandrien, Cilicien, gehörten, auch besaßen die Libertiner, --- Freigelassene, eine solche.

106

IV. Heilige Zeiten und Feste. § 153.

Heilige Zeilen. a. Der Sabbath, der 7. Wochentag, auf göttlicher Stiftung ruhend, geweiht durch Gottes Ruhen nach der Schöpfung, von Sonnen­ untergang bis zu Sonnenuntergang gerechnet. An ihm war die ge­ wöhnliche Arbeit, auch die Bereitung der Speisen, Anzündung des Feuers in den Wohnungen, jedes Handelsgeschäft, jeder Gang der weiter als 2000 Ellen über die Gränzen des Wohnorts (Sabbather­ weg) untersagt, doch die Fütterung und Tränkung des Viehs, die Be­ sorgung der Geschäfte im Tempel u. s. w. erlaubt. b. Der Neumond, d. h. das erste Erscheinen der Mondsichel, welches von den auf den Höhen anfgestellten Leviten mit Posaunen­ schall durch da- ganze Land verkündigt wurde. c. Das Sabbathjahr war alle 7 Jahre, mit Herbst beginnend In ihm durfte das Land nicht ausgestellt werden. Was von selbst wuchs, sollte' den Besitzern, den Armen, dem Vieh und Wild zur Nahrung hienen. d. DaS Jubeljahr (Halljahr) alle 50 Jahre, so daß 2Jahre hintereinander der Feldbau ruhte. In ihm sollte jedes Erbe wieder an den früheren Besitzer, oder deffen Familie fallen, und jeder Israelit, der in Leibeigenschaft gerathen war, wieder die Freiheit ge­ winnen. § 154.

Die Feste. a. Das Passahfest (Vorübergang des Würgengels an den Häusern der Israeliten in Aegypten), auch Fest der ungesäuerten Brode, oder Osterfest.

Es fiel in den ersten Monat deS jüdischen

Jahres, fing am 14. Nisan an und dauerte 7 Tage, während denen nur ungesäuertes Brod gegessen werden durfte. Im Reiseanzug, mit Stäben in der Hand und stehend, wurde das (soweit eS möglich war im Vorhof des Tempels geschlachtete) Osterlamm, gebraten, mit bitteren Kräutern, von der Familie verzehrt. b. Das Pfingstfest, 7 Wochen nach dem Passah, Anfangs einen,

dann zwei Tage gefeiert, als Fest der vollbrachten

ersten

(Gersten-) Erndte und zum Gedächtniß der Gesetzgebung an dem Berge Sinai. c. Das Laubhüttenfest, welches eine ganze Woche lang in

fröhlicher Weise begangen wurde und zwar zur Erinnerung daran, daß Gott die Israeliten in Hütten wohnen ließ, als sie aus Aegypten zogen, auch als Herbstdankfest, besonders für Obst- und Weinerndte. Im Freien, oder auf den flachen Dächer» errichtete man Lauben mit grünen Zweigen, Blumen und Früchten geschmückt. Daran schloß sich der Tag des Gesetzesfreude, an dem die Vorlesung der Abschnitte aus

dem Pentateuch von Neuem begann. Passah-, Pfingst- und Laubhüttenfeft waren die hohen, oder Wallfahrtsfeste, an welchen die Juden/ die irgend dazu im Stande

waren, nach Jerusalem pilgerten, um im Tempel zu opfern und zu beten. d. Der große .Versöhnungstag, 5 Tage vor dem Laub­

hüttenfest, am 10. Tag des 7. Monats, war bestimmt zur Versöhnung des sündigen Volks mit Gott. Strenges Fastes war geboten. Der Hohepriester schlachtete an ihm einen jungen Stier und ging mit dem Blute in das Allerheiligste, um die Bundeslade damit zu besprengen. Dann wurde von zwei Ziegenböcken durch das LooS Einer zum Schlachten bestimmt, mit dessen Blut wieder die Sprengung im Allerheiligsten Statt fand; einer, auf dessen Kopf gleichsam die Sünden des Volks gelegt waren, in die Wüste gejagt. Nur an diesem Tage durfte der Hohepriester in das Allerheiligste gehen und zwar in ganz weißer Kleidung. In der Zeit nach dem Exil kamen noch auf : e. Das Neujahrsfest, früher im Nisan, später im Tisri gefeiert. f. Das Purimfest wurde 4 Wochen vor dem Passah 2 Tage gefeiert zur Erinnerung an die Errettung der Juden vor den Mord­ anschlägen Hamans durch die Königin Esther.

g. Fest der Tempelweihe (Kirchweihe nach Luther), zum Ge­ dächtniß der Reinigung deö von Anttochus entweihten Tempels zur Zeit Judas, des Maccabäers (12. December). h. Mehrere Gedenktage, wie an daS Eindringen der Baby­ lonier in Jerusalem, die Zerstörung der Stadt und des Tempels, die Ermordung Gedaljas (2 Kön. 25, 25).

Auf die 12 Monate vertheilten sich die Feste in folgender Weise: 1) Nisan : Passah (14-22.); 2) Jjar: —; 3) Sivan: Pfingsten

108 (6. u. 7.); 4) ThammuS : Eroberung Jerusalems (17.); 5) Ab :

Zerstörung Jerusalems (9.); 6) Elul : —; 7)Tisri: Neujahr (am 1. u. 2.), Gedalja (am 3.), Versöhnungstag (am 10.), Laubhütten

(15—22.), Gesetzesfreude (23.); 8) M a r ch e s v a n : —; 9) K i Sl e v: Tempelweihe (25.); 10) Thebeth : Eindringen der Chaldäer (10); 11) Schebat : —; 12) Adar : Purim (13-15).

§ 155.

Zeitrechnung der Juden. Die Juden hatten Mondjahre, aus 12 Monaten zu 29 und Da der Unterschied mit dem Sonnenjahr sehr bedeutend war, so ergab sich die Nothwendigkeit, alle 3 Jahre einen Monat einzuschieben, wie wir genöthigt sind, alle 4 Jahre einen Schalttag anzunehmev. Sie unterschieden auch schon ein bürgerliches und ein kirchliches Jahr; jenes begann im TiSri (October), dieses im Nisan (März), da daS Jahr nach 2 Mos. 12, 2 mit dem Monat

30 Tagen bestehend.

anfangen sollte, in welchem der Auszug aus Aegypten Statt fand. Bor dem Exil unterschied man die Monate nur als erster, zwei­ ter u. s. w.; nach dem Exil wurden die in § 154 aufgeführten Namen

allgemein gebräuchlich. Den Monat theilte man in 4 Wochen zu 7 Tagen; die Tage (von Abend zu Abend) schied man ftüher nach den Hauptabschnitten :

Abend, Morgen, Mittag, dann nach Stunden, indem von Aufgang der Sonne bis zum Untergang 12 gezählt wurden, so daß die sechste Mittag war. Die Nacht zerfiel in 3 Nachtwachen zu je 4 Stunden, zur Römer­

zeit in 4 Nachtwachen (6—9, 9—12, 12—3 und 3—6). Was den Beginn der Zeitrechnung anlangt, so war bei den Juden die nach Erschaffung der Welt üblich, aber sehr

schwankend, wie auch jetzt mehr als 100 verschiedene Berechnungen dieses Zeitpunktes bekannt sind. Früher knüpfte man die Zählung der Jahre an die Geschlechtsregister, an die Regierungszeit der einheimi­

schen Fürsten und der ftemden Herrscher an.

Nach der seleucidischen

Aera, anfangevd mit 312 v. Chr., rechneten die Juden zur Zeit der Maccabäer, insbesondere bei ihren Contracten. Unter der Herrschaft

der Römer lernte man nach Erbauung der Stadt Rom und den Consuln rechnen, mit späterer Zugrundelegung des durch Julius Cäsar

bestimmten Sonnenjahrs.

In den fremden Ländern kamen die Juden

und ersten Christen mit verschiedenen dort gebräuchlichen Zeitrech­

nungen in Berührung, wie der ägyptischen, der griechischen (nach Olympiaden) u. s. w.

Vierter Abschnitt.

Kurze Geschichte des israelitischen Volks. § 156.

Bon Adam bis Abraham. Die Geschichte der Menschheit in ihrem Anfänge ist zugleich die Geschichte des israelitischen Volks, dessen Ursprung im Alten Testament

auf Adam zurückgeführt wird. Der allmächtige Gott, der Himmel und Erde gemacht, schuf auch den ersten Menschen und sein Weib Eva und wies ihnen den schönen Garten Eden zum Aufenthalt an, wo sie in Unschuld lebten, bis mit ihrem Ungehorsam gegen Gottes Gebot

die Sünde als eine verderbliche Macht in ihr Leben eintrat und zum Verluste des Paradieses, zu mühevoller Arbeit und zum Tode führte,

sich auf Kinder und Kindeskinder fortpflanzend.

Adams, Kain von den zwei

und Abel, wurden schon HauptbeschäftigungSarten der

Die beiden Söhne die Repräsentanten Menschen, indem

der eine ein Hirte, der andere ein Ackermann war. Letzterer, Kain, erschlug seinen Bruder, mußte die elterliche Heimath ver­ lassen und unstät umherziehen. Seine Nachkommen, welche theils Städte gründeten, theils in Zelten wohnten, schmiedeten Eisen zu Werkzeugen und Waffen, erfanden musikalische Instrumente zu Lust und Freude, ergaben sich einem fleischlichen Leben, trotzten auf ihre Kraft und kachteten nach äußerem Ruhm. Die von einem dritten Sohn Adams, Seth, abstammenden Sethiten (Kinder Gottes), bewahrten die heilige Ueberlieferung und dienten in einfacher Lebensweise dem

bestimmten Sonnenjahrs.

In den fremden Ländern kamen die Juden

und ersten Christen mit verschiedenen dort gebräuchlichen Zeitrech­

nungen in Berührung, wie der ägyptischen, der griechischen (nach Olympiaden) u. s. w.

Vierter Abschnitt.

Kurze Geschichte des israelitischen Volks. § 156.

Bon Adam bis Abraham. Die Geschichte der Menschheit in ihrem Anfänge ist zugleich die Geschichte des israelitischen Volks, dessen Ursprung im Alten Testament

auf Adam zurückgeführt wird. Der allmächtige Gott, der Himmel und Erde gemacht, schuf auch den ersten Menschen und sein Weib Eva und wies ihnen den schönen Garten Eden zum Aufenthalt an, wo sie in Unschuld lebten, bis mit ihrem Ungehorsam gegen Gottes Gebot

die Sünde als eine verderbliche Macht in ihr Leben eintrat und zum Verluste des Paradieses, zu mühevoller Arbeit und zum Tode führte,

sich auf Kinder und Kindeskinder fortpflanzend.

Adams, Kain von den zwei

und Abel, wurden schon HauptbeschäftigungSarten der

Die beiden Söhne die Repräsentanten Menschen, indem

der eine ein Hirte, der andere ein Ackermann war. Letzterer, Kain, erschlug seinen Bruder, mußte die elterliche Heimath ver­ lassen und unstät umherziehen. Seine Nachkommen, welche theils Städte gründeten, theils in Zelten wohnten, schmiedeten Eisen zu Werkzeugen und Waffen, erfanden musikalische Instrumente zu Lust und Freude, ergaben sich einem fleischlichen Leben, trotzten auf ihre Kraft und kachteten nach äußerem Ruhm. Die von einem dritten Sohn Adams, Seth, abstammenden Sethiten (Kinder Gottes), bewahrten die heilige Ueberlieferung und dienten in einfacher Lebensweise dem

110 Herrn, bis auch sie durch ihre Vermischung mit den Nachkommen Kains in den Strudel allgemeinen Verderbens hineingerissen wurden.

Die Bosheit der Menschen nahm immer mehr zu, so daß Gott be­ schloß in der Sündfluth ein großes Strafgericht über sie ergehen zu lassen, bei welchem nur Noah wegen seines frommen Wandels Gnade fand vor dem Herrn. Auf dessen Befehl baute er ein Schiff (Arche),

welche ihn, sein Weib, seine drei Söhne Sem, Ham und Japhet mit ihren Frauen aufnahm. Sie wurden gerettet; auf dem Berge Ararat ließ sich die Arche nieder und nach dem Verlaufen des Wassers opferte Noah dem Herrn ein Dankopfer, den Bund mit ihm, unter dem Regenbogen als Zeichen des Friedens, erneuend. In rascher Vermehrung verbreiteten sich Noah'S Nachkommen in der großen fruchtbaren Ebene Sinear, wo man später die Erbauung einer großen Stadt und eines gewaltigen Thurmes unternahm, dessen Spitze an den Himmel reichen sollte; aber der Uebermuth, der dazu getrieben, wurde bestraft, denn es fand nun eine Zerstreuung der Menschen nach allen Richtungen hin Statt. Die Semiten dehnten sich im südwestlichen Asien, die Japhettten im Nordwesten Asiens und in Europa, die Hamiten in Aftika aus unter verschiedener Sprachent­ wickelung. Bei den Semiten allein erhielt sich der Glauben an den einen wahren Gott und dessen Verehrung, insbesondere unter den Nach­ kommen Ebers, eines Sohnes von Sem. Zu diesen gehörte Abra­ ham, der berufen war, der Stammvater eines großen und für die spätere Geschichte bedeutungsvollen Volks zu werden.

§ 157.

Abraham und seine Nachkommen. Aus Ur in Chaldäa zog Thara mit seiner Familie nach Haran im nordwestlichen Mesopotamien und blieb hier wohnen. Sein Sohn Abraham erhielt von Gott die Weisung, von da weiter nach Kanaan zn wandern und er kam (etwa 2000 v. Chr.) dahin mit seinen Heerden und Hirten, mit seinem Weibe Sarah und mit Lot, dem Sohn seines verstorbenen Bruders Haran. Der Segen des Herrn begleitete ihn, und die Verheißung, daß unter seinen Nachkommen Gott seine Ord­ nung gründen, durch sie alle Völker beglücken werde. Bei Sichem und Bethel baute er Altäre und predigte den im Lande wohnenden Kananitern den Namen des Höchsten. Eine Hungersnoth veranlaßte

Abraham vorübergehend nach Aegypten zu ziehen; zurückgekehrt, trennte

er sich von Lot, der sich in dem fruchtbaren Thäte deS Iordan unter

den durch ihre Lasterhaftigkeit sich auSzeichnenden Bewohnern der Städte Gomorrha niederließ. Dem Verderben, das über diese später hereinbrach, entging jedoch Lot mit seinen zwei Töchtern. Dem Abraham führte die bis dahin kinderlose Sarah eine junge ägyptische Sclavin, die Hagar zu, welche ihm den Ismael gebar, der aber mit feiner Mutter verstoßen wurde, als Sarah selbst einen Sohn, den Isaak bekam. Abrahams Gehorsam bestand die schwere Prüfung, als ihm aufgegeben wurde diesen seinen Sohn dem Höchsten zum Sodom und

Opfer darzubringen; doch ward die Ausführung des Vorhabens von Als Isaak erwachsen war, sandte Abraham seinen treuen Diener Elieser in die alte Heimath, um für jenen, statt auS den heidnischen Kananitern, eine Frau unter den Verwandten zu

dem Herrn verhindert.

suchen. Rebekka war die AuSerwählte, mit der Isaak zwei Söhne erzeugte, Esau, welcher Stammvater der Edomiter wurde, und

Jacob (Israel = Gottesstreiter), von dem das Volk Israel aus­ ging.

Durch Esau vertrieben, und um nicht wie dieser Weiber aus

den abgötttschen Nachbarftämmen zu uehmen, ging Iacob nach Meso­ potamien zu Laban, dem Bruder seiner Mutter und blieb daselbst 20 Jahre, die beiden Töchter Labans, Lea und Rahel, gewinnend. Mit diesen und 2 Nebenfrauen hatte er 12 Söhne (Ruben, Simeon,

Levi, Juda, Dan, Naphthali, Gad, Asier, Jssaschar, Sebulon, Joseph und Benjamin); von Laban ungerecht behandelt, kehrte er mit seiner Familie und den gewonnenen Gütern nach Kanaan zurück, söhnte sich mit Esau aus und wohnte nun in Bethel. Sein zweitjüngster Sohn Joseph wurde von den neidischen und mißtrauischen Brüdern an i-maelittsche Kaufleute verkauft, kam in das HauSPottpharS, des Obersten der Leibwache des Königs, wurde, von dessen Weib verläumdet, ins Gefängniß geworfen, gelangte aber durch Auslegung von Träumen und weise Rathschläge zu hohen Ehren unter Pharao. Durch anhal­ tende Theuerung veranlaßt, kamen die Brüder zweimal nach Aegypten, um Getraide zu kaufen; Joseph gab sich ihnen nach mehrfacher Prüfung

zu erkennen und von ihm eingeladen wanderte nun Jacob mit seiner, 70 Köpfe starken, Familie nach Ägypten in das an der Ostgränze an­ gewiesene fruchtbare Land Gosen. 430 Jahre wohnten hier seine Nachkommen, zu einem großen Volke heranwachsend, das bei dem Aus­

zug aus Aegypten 600,000 waffenfähige Männer zählte. Lange Zeit gut behandelt, wurden die Israeliten später aus Furcht, sie möchten sich bei einem etwa ausbrechenden Kriege mit den Feinden verbinden,

112 hart bedrückt, mußten schwere Frohndienste thun, ja es erging der grausame Befehl, daß alle hebräische Knäblein nach der Geburt getödtet werden sollten. § 158.

Moses; der Auszug aus Aegypte«. In den Tagen schwerster Heimsuchung wurde MoseS geboren, am Nil ausgesetzt, von der Tochter des Königs gefunden und sorg­

fältig erzogen.

40 Jahre alt floh er, nachdem er einen Aegypter, der

einen Israeliten mißhandelte, erschlagen hatte, zu den Midianitern

auf der Halbinsel Sinai und erhielt hier nach wieder 40 Jahren von Gott den Auftrag, sein Volk aus Aeghpteu nach dem Lande der Erz­ väter zurückzuführen. In Begleitung seines Bruders Aaron bat er den König, die Israeliten in die Wüste ziehen zu lassen, um ihrem Gott ein Opferfest zu veranstalten, fand Anfangs kein Gehör, bis

Pharao nachgab, nachdem 10 Plagen über das Land gekommen und zuletzt die erstgeborenen Söhne der Aegypter an einer Seuche gestorben waren. Die Auswandernden zogen durch den einen Arm des rothen

Meeres, in welchem die verfolgenden Aegypter, als die Wasser zurückstrvmten, umkamen, nach der Wüste der sinaitischen Halbinsel, wo sie 40 Jahre nomadisirten, nachdem ihnen MoseS am Berge Sinai die Gesetze gegeben, die von nun an ihr Verhalten gegen Gott und unter sich regeln sollten, und nachdem in der Stiftshütte mit der BundeS-

lade ein Mittelpunkt für ihre religiösen Uebungen geschaffen worden war. DaS Volk machte durch Unzufriedenheit, Trotz und Ungehorsam Mose daS, Leben sauer; daS Heranwachsende Geschlecht mußte erst er­ starken und geläutert werden; da endlich brachen sie von Osten her

in daS Land der Verheißung ein und eroberten eS bis zum Jordan,

nach Niederwerfung der Amoriter und Besiegung des Königs Og von Basan. Die Stämme Ruben, Gad und halb Manasse erhielten

hier ihre Wohnsitze. MoseS starb darauf auf dem Berge Nebo, von welchem herab er in das Westjordanland geschaut hatte, seinem Waffen­ träger Josua die Führung des Volks anvertrauend. § 159.

Josua und die Richter. Die weitere Geschichte stellt uns eine Reihe von Kämpfen dar. Unter JosuaS Führung zog das Volk über den Jordan; in der Ebene

von Jericho wurde die Beschneidung der in der Wüste Geborenen nachgeholt,

mit Jericho der Schlüssel zum gelobten Lande gewonnen,

ein Stück desselben nach dem andern mit den festen Städten erobert und die kananitische Bevölkerung zum großen Theil auSgerottet. Josua

und Eleasar mit den Stammhäuptern nahmen die Vertheilung an die 9*/g Stämme vor. Die StiftShütte kam nach Silo. Bor seinem Tode

hielt Josua noch eine große Versammlung, in welcher man den Bund mit Jehova erneuerte. In der Folgezeit wurden hartnäckige Kämpfe geführt mit den Ammonitern, Moabitern, Amalekitern, Midianitern und besonders den Philistern, welchen es gelang die südlichen Stämme 40 Jahre lang in Abhängigkeit zu erhalten. Ein einheitliches Ober­ haupt fehlte; nur in Zeiten der Roth schloß man sich an einzelne muthige Männer an, die dann auch auf längere oder kürzere Zeit zur Herrschaft gelangten und meistens bis zu ihrem Tode an der Spitze wenigstens eines Theils des Volks blieben. Man nannte sie Richter, obgleich eine eigentliche richterliche Thätigkeit im juristischen Sinn nicht von Allen auSgeübt wurde. Die Zeit der Richter, durch Ge­ waltthaten und Rohheit bezeichnet, währte nach Apost.-Gesch. 13, 20 450 Jahre, welche Berechnung aber mancherlei Schwierigkeiten dar­ bietet. Das Buch der Richter und das erste Buch SamueliS zählen folgende Personen auf : 1) Othniel, welcher das Volk aus der Hand des Königs von

Syrien, Cusan Risathaim, befreite; 2) Ehud, welcher die mit den Ammonitern und Amalekitern ver­

bündeten Moabiter besiegte und den König der letzteren, Eglon,

tödtete; 3) Samgar; er befreite Israel von den Philistern und erschlug

deren 600 mit einem Ochsenstecken; 4) u. 5) Deborah und Barak; sie besiegten da- Heer de- Ka-

naniterkönigS Jabin unter deffen Feldherrn Siffera, und feierten

den Sieg mit einem Triumphlied;

6) Gideon; dieser schlug die Midianiter, Amalekiter und andere Völkerschaften. Obgleich der bedeutendste Richter gab er doch selbst Anlaß zum Götzendienst; 7) Thola; 8) Jair; 9) Jephta.

Er besiegte die Ammoniter

und opferte einem Gelübde zufolge sein einzige- Kind, eine

Tochter, dem Herrn. große Niederlage bei;

Den Ephraimiten brachte er auch eine

11) Elon;

10) Ebzan;

riesenhafter Stärke,

12) Abdon;

13) Simson, der, von

besonders mit den Philistern zu schaffen

hatte; 14) Eli. Dieser verwaltete zugleich das Amt als Priester bei dem

Heiligthum in Silo; duldete in seiner Schwäche die Gottlosig­

keit seiner Söhne Hophni und Pinchas.

In dem Kriege gegen

die Philister holte man die Bundeslade von Silo, allein sie fiel in die Hände der siegenden Feinde; die beiden Söhne Eli'S kamen

in der Schlacht um und dieser brach, bei erhaltener Botschaft, den Hals. Von einer frommen Mutter vom Herrn erbeten,

15) Samuel.

wurde er als Kind

und bei Eli erzogen.

schon zum Dienste des Höchsten bestimmt Als Knabe

offenbarte sich ihm Jehova

und kündete den Untergang des Hauses Eli an.

Nachdem dieser

erfolgt war, trat er seine Wirksamkeit als Prophet, Priester und

Richter an.

Bei dem Volke gewann er großes Ansehen;

achtete auf seine Worte und Vorschriften.

es

Gegen den Götzm-

dienst trat er entschieden auf, gründete und leitete die Propheten­ schulen.

Um die Herrschaft der Philister zu brechen, sammelte

er daS ganze Volk in Mizpa; jene wurden total geschlagen und

wagten bei Samuels Lebzeiten nichts mehr gegen Israel zu

Samuels Söhne wandelten leider auch nicht in den Fußtapfen des Vaters; sie nahmen Geschenke und beugten unternehmen.

da- Recht.

Sie hießen Joel und Abia und werden auch noch

zu den Richtern gezählt.

Als Samuel alt geworden war, verlangte das Volk einen König und er, dem Andrängen nachgebend, salbte den Saul als ersten

König, jedoch unter Wahrung der theokratischen Anschauungen, die er

stets festgehalten hatte.

Diese veranlaßten ihn auch später gegen Saul

aufzutreten und an dessen Stelle den David zu salben. lich

zu

Er starb end­

Rama, wo sein Haus und ein von ihm errichteter Altar

war, und das ganze Israel versammette sich um seinen Tod zu be­ klagen.

8 160.

Saul von 1095-1055(7). Er war der Sohn des Kis aus dem Stamme Benjamin, der

schönste Mann, von

hoher kräftiger Gestalt.

Nachdem

er gesalbt

worden und in Mizpa das Loos für ihn entschieden hatte, erhielt er bald Gelegenheit durch rasches und entschiedenes Auftreten sich der Führerschaft als würdig zu beweisen; er gewann einen glänzenden

Sieg über die Ammoniter,-wie auch später über die Philister.

Vor

dem Kampfe mit den letzteren wagte es der König, dem Samuel, der länger auf sich hatte warten lassen, in sein Amt einzugreifen, indem

er selbst das Opfer brachte und es entstand schon damals ein Zwiespalt zwischen ihnen, der zur Verwerfung Sauls und zur Erwählung eines Nachfolgers in David führte. Saul siegte indessen später noch über die Moabiter, Ammoniter, Edomiter, den König von Zoba, abermals üher die Philister und die Amalekiter. Als Saul deren König und die fetten Lämmer und Rinder der erbeuteten Heerden verschonte, kam er wieder in Conflict mit Samuel. Der Geist des Herrn wich mehr und mehr von ihm, finstere Schwermuth kam über ihn; David sollte mit seinem Harfenspiel ihn erheitern und fand Gnade vor dem König; doch dessen Sieg über Goliath erweckte Neid und Eifersucht, zuletzt Haß bei Saul, der nun dem David nachstellte und ihn zu tödten

suchte, während dieser ihn zweimal verschonte. In einem neuen Krieg mit den Philistern wurden die Israeliten geschlagen, Sauls 3 Söhne getödtet und er selbst stürzte sich in sein Schwerdt, da sein Waffenträger ihn nicht tödten wollte. § 161.

David von 1055—1015 (?). Der jüngste unter den 8 Söhnen des in Bethlehem begüterten Jsai, aus dem Stamme Juda, zeigte sich schon als Jüngling muthig und stark, den Kampf mit Löwen und Bären nicht scheuend. Von Samuel wurde er frühe als künftiger König gesalbt. Im Harfenspiel bewandert kam er, wie bereits erwähnt, an den Hof Sauls, der ihn unter seine Waffenträger aufnahm. Bei AuSbrnch des Krieges mit den Philistern kehrte er zur Heimath zurück, kam dann zu seinen Brüdern in das Lager und unternahm, als Allen der Muth entfiel, den Kampf mit dem Riesen Goliath. Dem Sieger hatte der König seine Tochter versprochen und nach einer nochmaligen Probe seiner Tapferkeit erhielt David die Michal zur Frau.

Mt SaulS Sohn

Jonathan verband ihn zeitlebens die innigste Freundschaft, dagegen wuchs die Abneigung Sauls gegen ihn von Jahr zu Jahr. Wieder­

holt flüchtete er zu den Philistern, deren König Achis ihm die Stadt

116 Ziklag zum Aufenthalt anwies, von welcher aus er in das Gebiet der südlich wohnenden Amalekiter, Gesuriter und Gerasiter einfiel. Nach Sauls Tod kam David sogleich nach Hebron zurück, wo ihn der

Stamm Juda als König anerkannte, während Sauls Feldherr Abner den Sohn jenes, JSboseth, zum König über die 11 Stämme aus­ rief. Erst nach 7V« Jahren, als Abner zu ihm übergetreten und JS­

boseth todt war, erhielt David die Herrschaft über das ganze Volk. Er gewann die Burg Zion, welche die Jebusiten noch im Besitz hatten, erbaute sich daselbst einen Palast und nahm hier bleibend seine Woh­ nung. Auch die BundeSlade ließ er dahin bringen und in einem Zelte aufstellen, da ihn an der geplanten Errichtung eines Tempels der Prophet Nathan hinderte, welcher großen Einfluß auf ihn übte und ohne Scheu ihm seine Sünde vorhielt, wie dieses auch von einem anderen Propheten, Gad, erwähnt wird. Durch glückliche Kriege gegen die umliegenden Völker vergrößerte und befestigte David seine Macht und erhob den Staat zur höchsten Blüthe. Er umgab sich mit einer Leibwache (Crethi und Plethi, wohl Steter und Philister, Leicht- und Schwerbewaffnete) und hielt ein große- Heer unter Waffen. Bei allen Vorzügen war er indessen nicht frei von Schwächen und Fehlern; aus tiefem Falle erhob er sich wieder in aufrichttger Buße, seine- Verhältnisses zu Gott sich bewußt bleibend, dem er in Demuth und Derttauen herrliche Psalmen dichtete. In seinem Hause blieb er nicht von Unglück verschont. Sein Sohn Ab­

salon empörte aber geschlagen Adonia suchte, denn David ließ nach 40 jähriger

sich gegen ihn und nöthigte ihn zur Flucht, wurde und von Joab erstochen. Auch ein anderer Sohn wiewohl vergeblich, die Herrschaft an sich zu reißen, den Salomo zu seinem Nachfolger wählen und starb Regierung. § 162.

Salomo von 1015—975 (?). Bon dem Propheten Nathan erzogen wurde er im Alter von 20 Jahren König und blieb es 40 Jahre lang. Es war für ihn und sein Volk mit wenig Unterbrechungen eine Zeit des Friedens, des

Glanzes und Wohlstandes. Gleich Anfangs gab er Proben seiner Weisheit und Milde, aber auch der Energie. Weit über die Gränzen

seine- Reichs drang der Ruhm seines Namens. Mit dem phönizischen König Hiram trat er in innige Verbindung und beider Schiffe

zogen gemeinsam nach fernen Ländern, um deren Erzeugnisse, nament­

lich edle Metalle, in Menge herbeizuführen.

Mit dem König von Aegypten knüpfte er nähere Beziehungen an, indem er dessen Tochter heirathete. Salomo unternahm großartige Bauten, besonders den Bau des Tempels in Jerusalem, auf dem Berge Moriah (§ 151), und

eines prachtvollen Palastes in der Nähe. Außerdem legte er Land­ häuser, Gärten, Wasserleitungen an, schützte Jerusalem durch Wälle

und Mauern

und umgab das Land mit einem Gürtel von Gränz­

festungen. Handel und Verkehr blühten; als einen Hauptstapelplatz gründete er auf einer Oase der syrischen Wüste die Stadt Thadmor (Palmyra). Er pflegte die Dichtkunst und förderte die Spruchweis­ heit. Leider ergab er sich einem üppigen schwelgerischen Leben, hatte Hunderte von Frauen und Kebsweibern, welche sein Herz zu den aus­ ländischen Göttern neigten und bedrückte das Volk durch Auflagen und Frohndienste. Noch bei seinen Lebzeiten bereitete sich der Verfall und die Trennung des Reichs vor, von dem Propheten Ahia angekündet.

8 163.

Die Theilung des Reichs. Auf Salomo folgte fein Sohn Rehabeam, dessen Unklugheit und Trotz dem unzufriedenen Volke gegenüber den, Abfall des mitt­ leren und nördlichen Theils des Landes mit zehn Stämmen veranlaßte.

Die letzteren nahmen den Jerob eam, einen Ephraimiten, zum König, der zuerst in Sichem, dann in Thirza, seine Wohnung hatte, während Rehabeam, bei dem die Stämme Simeon und Juda und ein kleiner Theil von Benjamin verblieben, in Jerusalem residirte. Hier, in dem Reiche Juda, erhielt sich der Jehovadienst, während sich daö Reich Israel mehr und mehr von demselben abwandte, wie auch gleich Anfangs Jerobeam in Bethel und Dav goldene Kälber zur Verehrung aufstellte. Die Ammoniter, Moabiter und Edomiter benutzten den eingetretenen Zwiespalt rasch zum Abfall, während die Aegypter in das Land einbrachen, Jerusalem eroberten und plünderten. Da die beiden Reiche fast unaufhörlich sich bekämpften und im Innern

Parteiungen entstanden, konnte die Schwächung und das Verderben nicht ausbleiben.

118 8 164.

Da- Reich Israel. In diesem herrschten nach einander 19 Könige aus 9 Dynastieen,

die sich meist

unter Mord und Gewaltthat ablösten; nur das HauS Jehu und Omri lieferte mehrere Herrscher. ES folgten auf Jerodeam: Nadab, Baesa, Ela, Simri, Omri, Ahab, AhaSja, Joram, Jehu, JoahaS, Joas, Jerodeam II., Sacharja, Sallum, Menahem, Pekajah, Pekah und Hosea. Unter Omri um 925 trat mehr Ruhe ein; Samaria wurde von ihm erbaut und zur Hauptstadt erhoben, wiewohl die Könige sich nachher oft in JeSreel aufhielten. Bekannt ist sein Sohn Ahab, der mit einer phönizischen Königstochter Jsebel verheirathet war und Mit großer Ent­ schiedenheit trat dagegen Elia auf, „ein Prophet wie Feuer, dessen Wort brannte wie eine Fackel." Keiner eiferte so wie er für das Gesetz, keiner bewies mehr Unerschrockenheit und Muth in schlimmer den Cultus des Baal und der Astarte einführte.

Zeit. Unter den Königen aus dem Hause Jehu, die von 883 v. Chr. an ein Jahrhnndert lang herrschten, wurde es etwas besser; doch

brachen unter JoahaS die Syrer mehrmals in das Land. Jerob eam II. wurde nach Außen mächtig, nach seinem Tode aber nahm die Verwirrung überhand, welche die Assyrer unter Phul benutzten und den König Menahem von sich abhängig machten. Gegen Pekah

rief Ahas von Juda den Assyrerkönig Tiglat-Pileser zu Hülfe, der das Reich Israel hart bedrängte und den nordwestlichen Theil weg­ nahm, aber auch Juda zinspflichtig machte. Der letzte König Hosea schloß thörichter Weise ein Bündniß mit Aegypten gegen dm Assyrer Salamanassar, wurde aber von diesem gefangen genommen. Nach muthigem Widerstand und tapferer Vertheidigung SamariaS und der übrigen Festungen, wurden die meisten tüchtigeren Einwohner mit Hosea in fremde Länder (Assyrien, Medien rc.) weggeführt und von auswärts Kolonisten nach Palästina versetzt (722 v. Chr.) 8 165.

DaS Reich Juda. Die 19 Könige, die sich in demselben folgten, waren: Rehabeam, Abia, Assa, Josaphat, Joram, Ahasja (Athalja), Joas, Amazia, Usia

oder Asarja, Jotham, Ahas, Hiskia, Manasse, Amon, Josias, JoahaS, Dieses Reich war zwar kleiner, als das nördliche, aber es besaß in Jerusalem mit dem Tempel einen werthvollen Mittelpunkt, in der fast ununterbrochenen Erbfolge der Regenten aus dem Hause Davids einen Schutz gegen Revolutionen und in dem Priester- und Prophetenthum Tröger und Bewahrer des theokratischen Geistes und Sinnes. Unter den Königen waren mehrere kräftige und fromme Regenten; dem Eindringen des Götzendienstes, insbesondere des BaalscultuS, konnte indessen auch hier nicht gewehrt werden, so daß Zeiten des Abfalls von Jehova mit solchen abwechselten, in denen dessen Verehrung herrschend war. Der dritte König Assa trat reformirend auf und siegte über die Aethiopier und Mohren; sein Sohn Josaphat war ein kräftiger und frommer Regent, zog mit Ahab von Israel gegen die Syrer, schlug die Ammoniter, Moabiter und Edomiter, und versuchte auch, jedoch nicht mit günstigem Erfolg, die Schifffahrt auf dem älanitischen Meerbusen wieder in Gang zu bringen. Die Verbindung mit Israel dauernd herzustellen vermählte er seinen Sohn Joram mit der Tochter AhabS, Athalja; diese bewog aber ihren Mann den BaalSdienst in Juda einzuführen, übte auch unter ihrem Sohne AhaSja den schlimmsten Einfluß, wüthete gegen alle männlichen Sprossen der Kvnigsfamilie und ließ sogar ihre eignen Enkel umbringen, von denen nur der Knabe JoaS gerettet wurde, den der Hohepriester Jojada im Alter von 6 Jahren, nach gleichzeitiger Ermordung der Athalja, als Jojakim, Jojachin oder Jechonja und Zedekia.

König auSrufen ließ.

Die Zerstörung des BaalStempelS war die

nächste Folge davon; allein später beförderte JoaS selbst den BaalSdienst und ließ den dagegen eifernden Propheten Sachar ja steinigen. Während der Regierung seines Sohnes Amazia wurde Jerusalem

von dem Könige JoaS von Israel erobert und geplündert; unter Usta und Jotham aber gelangte das Reich Juda zu Macht und Blüthe. Doch riß Ueppigkeit und Hoffart ein, gegen welche der Prophet Je-

saia auftrat, eben so wie gegen die überhand nehmende Abgötterei.

Schwach und unglücklich war der König AhaS von 742 v. Chr. an; von den Syrern und Israeliten, von den Edomitern und Philistern bedrängt, rief er die Hülse und den Schutz des Tiglat-Pileser von Assyrien gegen den Rath deS Jesaia an; diese wurde ihm gewährt, er selbst aber verlor seine Unabhängigkeit. Unter seinem Sohne HiSkia gestalteten sich die Verhältnisse besser; an Aegypten sich anschließend, erweckte er den Zorn der Assyrer; Sanherib belagerte Jerusalem,

120

wurde aber durch die in seinem Lager ausgebrochene Pest zum Rückzug gezwungen. Seinen Sohn Manasse, der den Götzen- auch Molochs­ dienst begünstigte, führten die Assyrer gefangen weg, entließen ihn dann wieder nach. Hanse; König Josia nahm Reformen vor; sein Versuch sich dem ägyptischen König Neko entgegenzustellen, mißlang, er verlor Schlacht und Leben bei Megiddo 610 v. Chr. Als die Babylonier den Neko bei Karkemisch besiegten, kam das Reich Juda unter die Gewalt jener. Unter I o j a k i m und I o j a ch i n brach das Unglück mit Macht herein; ein Theil der Bewohner wurde wegge­ führt. Der letzte König Zedekia war so unklug mit den Aegyptern ein Bündniß zn schließen; Rebukadnezar erschien mit großer Macht; da- Land wurde verheert, Jerusalem erobert und zerstört, ein großer Theil des Volks mit dem geblendeten Zedekia deportirt 588 v. Chr. Nachdem der von Rebukadnezar eingesetzte Statthalter Gedalja ermordet worden war, zogen au- Furcht vor den Zurückgebliebenen viele mit Jeremia nach Aegypten, das verödete Land verlassend, welches nur noch ein Gegenstand des Spottes und Hohnes der Nachbarvölker war.

8 166.

Da» Exil und die Rückkehr aus demselben. Während eines langen Zeitraumes (740—580 v. Chr.) fanden Wegführungen von Israeliten in ferne Gegenden, besonders in die jenseit» des Euphrat, Statt. Die vermögenderen, einflußreichen, kräftigen Männer traf vor Allem dieses Schicksal und nur gemeines Volk blieb im Lande zurück. Das Loos der Verbannten war ein verschiedenes; theils lebten sie als Sclaven unter schwerem Druck, theil» genossen sie größere Freiheit und Selbstständigkeit, trieben Ackerbau, Viehzucht und Handel, gelangten zu Wohlstand und Ansehen, wie z. B. Daniel bei Rebukadnezar und dessen Nachfolgern besonders Gnade gefnnden hatte. Lebendig blieb unter ihnen die Erinnerung an die verlorene Heimath und die Hoff­ nung in dieselbe einstens zurückzukehren, eine Hoffnung, welche von einzelnen Propheten, wie Jeremia und Ezechiel genährt wurde. In religiös-sittlicher Hinsicht diente das Exil zur Läuterung und Er­ weckung auftichüger Buße. Cyrus, welcher der babylonischen Herr­ schaft ein Ende machte, ertheilte, etwa um 536 v. Chr., auf Verwen­ dung Daniels hin, die Erlaubniß zur Heimkehr, gab die vorhandenen Tempelgeräthschaften heraus, unterstützte noch mit Geld und so zogen

gegen 50000 Personen, meistens auS den Stämmen Juda und Ben­ jamin, unter ihnen eine verhältnißmäßig große Zahl Priester und Leviten, nach Palästina. Führer waren Serubabel, ein Stamm­ fürst au- David- Geschlecht und der Hohepriester Josua. Alsbald nahm man den Wiederaufbau de- Tempels in Angriff, da aber die Samaritaner (§ 91)

mit ihrem Wunsche, fich betheiligen zu dürfen,

abgewiesen, den Bau auf jede Weise zu hindern suchten, so konnte er erst unter Dariu- I. vollendet werden. Haggai und Sacharja

trieben dazu an. Aus der nächsten Zeit, in welche die Geschichte der Esther fällt,

mangelt eS an sicheren Nachrichten; die Berhältniffe der Juden waren keineswegs günstig und war es daher von großer Bedeutung, daß unter dem Priester und Schriftgelehrten ESra abermals eine Anzahl zurück­ kam. Esra suchte zunächst den Tempeldienst und die strenge Beobach­ tung des mosaischen Gesetzes herzustellen, die heiligen Schriften zu sammeln, die heidnischen Elemente auS dem Volke zu entfernen. Zu seiner Unterstützung erschien mit Vollmacht vom König ArtaxerxeS Nehemia, welcher die Thore und Mauern Jerusalem- aufzurichten, Ordnung und Sicherheit zu erhalten bemüht war. Während seiner Abwesenheit in Persien rissen auf'- Neue Unordnungen ein; er kam zmück und ergriff abermals die Zügel mit fester Hand, unterstützt von dem Propheten Maleachi. Die' weitere Geschichte ist in tiefes Dunkel gehüllt und erst mit der Zerstörung des persischen Reiches durch Alexander den Großen wird auch de- jüdischen Landes wieder gedacht.

8 167.

Alexander der Große und die Herrschaft der Syrer. Nachdem Alexander Syrien und Phönizien (die Stadt Tyrus erst nach 7 monatlicher Belagerung) erobert hatte, zog er über Palä­ stina nach Aegypten. Die Juden unterwarfen sich freiwillig, wurden

sehr schonend behandelt und ihnen freie Religionsübung genehmigt.

Nach Alexanders Tod kam das jüdische Land abwechselnd an Syrien und Aegypten, doch behaupteten die Ptolemäer in Aegypten über 100 Jahre die Oberherrschaft, bald den Juden fteundlich gesinnt und ihrer viele nach Aegypten ziehend, bald sie verfolgend und bedrückend.

Um 200 v. Chr.

unterwarf Antiochus III. von Syrien das Land; auf diesen folgte

SeleucuS und von 175 v. Chr. an dessen jüngerer Bruder AntiochuS

122

EpiphaneS, der den großartigen Befreiungskampf der Israeliten unter den Maccabäern veranlaßte. Sein Plan war es vor Allem die jüdische Religion anszurotten, zumal der Hellenismus, besonder» von Alexandria und Antiochia aus, immer größere Fortschritte gemacht, die griechische Sprache vielfach die hebräische verdrängt und eine große Menge von Juden sich außerhalb • Palästinas niedergelassen hatte. AntiochuS vertief um schweres Geld die hohepriesterliche Würde zuerst

an Jason (Josua), dann an Menelaus; als sich beide bekämpften, gab dieses dem König den Vorwand mit einem Heere zu erscheinen. Jerusalem wurde eingenommen, der Tempel beraubt, die Ausübung

der väterlichen Religion und der mosaischen Satzungen bei Todesstrafe untersagt, der Dienst deS Zeus und Bacchus eingeführt. Viele Tau­ sende wurden ermordet, oder in die Gefangenschaft geschleppt, die schänd­ lichste« Grausamkeiten verübt. 8 168.

Die Maccabäer. MattathiaS, ein Priester aus dem Stamme der HaSmonäer, in der kleinen Bergstadt Modin, erhob sich mit seinen 5 Söhnen zum Kampf für Gesetz und Glaube, für Freiheit und Unabhängigkeit, der 40 Jahre von 167—139 v. Chr. währte. Der bedeutendste unter denHaSmonäern war Judas, der den Beinamen MaccabäuS (der Hammer) erhielt; er besiegte die Shrer in mehreren Schlachten, ero­

berte Jerusalem bis auf die Burg, reinigte den Tempel, stellte den Gottesdienst wieder her. Nach des Judas Tode (160 v. Chr.) erhielt

sein Bruder Jonathan die hohepriesterliche Würde, welcher mit Glück die Thronstreitigkeiten der Seleuciden benutzte Der letzte der Brüder, Simon, Hohepriester und Fürst (142 v. Chr.), regierte nach Eroberung der Burg in Ruhe und Frieden. Doch fehlte es nicht an Reibereien zwischen der strengen jüdischen und der hellenisüschen Partei, wie auch schon friiher eine Spaltung eintrat, indem OniaS, Sohn oder Enkel des HohepriesterS OniaS, einen Theil des jüdischen Cultus nach Leontopolis in Aegypten, wo er einen Tempel

baute, zu ziehen suchte. Nach Simon herrschte von 135—106 v. Chr. sein Sohn Io­ hannes Hyrkanu», welcher viele Kämpfe hatte, aber auch sein kleines Reich nach verschiedenen Seiten auSdehnte, insbesondere^ die Edomiter unterwarf und zur Annahme der Beschneidung wie des

mosaischen Gesetzes nöthigte. Sein Sohn Ar ist o b ul nahm den Königs­ titel an; er hielt eS mit den Sadducäern. Nach kurzer Regierung folgte ihm sein Bruder Alexander I a n n ä « s, gegen den sich die Pharisäer auflehntev, von Demetrius von Syrien unterstützt. Er nahm grausame Rache indem er 800 gefangene Pharisäer kreuzigen ließ. Er starb in Folge seiner Schwelgereien 79 v. Chr. Seine Wittwe Alexandra söhnte sich mit der Partei der Pharisäer aus und brachte es dahin, daß ihr Sohn H yr kan II. Hohepriester wurde, gegen den sich jedoch sein eigener Bruder Aristobul II. erhob. Jener, geleitet von dem ehrgeizigen Edomiter Antipater, verband sich mit dem arabischen Fürsten AretaS; Aristobul wandte sich an die Römer. Pompejus, der damals in Asien war, kam mit einem Heer vor Jerusalem, eroberte es nach 3 monat­ licher Belagerung, richtete ein großes Blutbad an, ließ die Mauern niederreißen, schützte aber den Tempel. Das zweideutige Benehmen Aristobuls bestimmte indessen den Pompejus, diesen mit seinen beiden Söhnen Antigonus und Alexander nebst vielen Juden gefangen fort­ zuführen, während Hyrkan in seiner hohepriesterlichen und fürstlichen Würde bestätigt wurde, aber nur unter römischem Schutz sich behauptete. Später kam Crassus nach Jerusalem und schleppte von da große Summen weg. Edler verfuhr Cäsar, auf dessen Seite der schlaue Antipater trat, der eigentlich neben Hyrkan regierte, aber an Gift starb. § 169.

Herodes der Große. Antipaters Sohn HerodeS, einige Zeit von Antigonus, dem

letzten Sprößling der Diaccabäer verdrängt, erwarb sich so die Gunst

der Römer, daß er mit deren Hülfe 40 v. Chr. als König in dem jüdischen Lande einzog und nach und nach ein weites Gebiet sich unter­ warf. Durch Vermählung mit der schönen Enkelin de« Hyrkan, der edlen Mariamne, suchte er sich mit der strengen jüdischen Partei zu versöhnen. DaS Hohepriesterthnm wurde natürlich von dem Königthum getrennt

und dem erst 17 jährigen Bruder der Mariamne, Aristobnl, übertragen, welcher jedoch bald auf Veranstaltung des Herodes gestiftet wurde. Ueberhaupt wüthete dieser, durch Eifersucht und Herrschsucht bewogen, in seiner Familie in unsinniger Weise. Die Mariamne und deren beiden Söhne, treffliche in Rom erzogene junge Männer, ließ er hin­ richten, sein Oheim Hyrkan und viele Andere fielen als seine Opfer.

124

Endlich starb er selbst an einer schrecklichen Krankheit im 37. Jahre seiner Regierung. HerodeS war sehr prachtliebend und viele herrliche Bauten sollten seinen Namen der Nachwelt überliefern.

Den Tempel

ließ er neu anfbauen, ebenso für sich in Jerusalem einen großartigen

Palast errichten. Ganze Städte wurden durch ihn gegründet, oder erweitert und verschönert, wie Samaria (Sebaste), Cäsarea, AntipatriS. Daneben sammelte er doch noch große Reichthümer und vermachte

z. B. dem Kaiser an Geld 10 Millionen und eine Menge goldener und silberner Gefäße. In daS Ende seines bewegten Lebens fiel die Geburt des Hei­ landes der Welt, Jesu Christi. § 170.

Die Nachfolger des Herodes. Nach dem von Herodes hinterlaffenen Testamente erhielt sein Sohn Archelaus die Königswürde und etwa die Hälfte des Landes,

nämlich Judäa, Samaria undJdumäa; der andere Sohn Herodes Antipas, als Tetrarch, Galiläa und Peräa; der dritte, Philippus, den übrigen Theil deö Ostjordanlandes, während ein zweiter Phi­ lippus, Gemahl der HerodiaS, mit Geld u. f. w. abgefunden wurdeArchelaus wurde wegen seines harten Regiments in Rom verklagt, abgesetzt und nach Gallien verbannt (9 n. Chr.), der größte Theil

seines Landes zur Provinz Syrien geschlagen und durch Prokuratoren verwaltet, von denen der bekannteste, Pontius Pilat uö (26—36 n. Chr.) ist, unter dem Jesus Christus wirkte, litt und starb. Phi­ lippus, ein guter, für sein Land sorgender Regent, starb 34 n. Chr. Herodes AntipaS, welcher seine rechtmäßige Gemahlin, Tochter des arabischen Königs AretaS, um der HerodiaS, seiner Schwägerin willen, verstoßen hatte und mit dieser lebte, ließ Johannes den Täufer enthaupten. Auch ihn ttaf später das Loos der Verbannung, indem er 39 n. Chr. nach Gallien geschickt wurde. Seine Länder erhielt HerodeS Agrippa, ein Enkel Herodes des Große«, dem schon früher von dem römischen Kaiser Caligula, bei dem er in Gunst stand, die Tettarchie deS Philippus übertragen worden war und der unter Kaiser Claudius ganz Palästina beherrschte. Er starb aber schon 44

n. Chr. an derselben schrecklichen Krankheit wie sein Großvater. Erst später kam sein Sohn Agrippa II. in den Besitz eines Theils des jüdischen Landes und erhielt den Königstitel, während der größere

Theil zur römischen Provinz gehörte.

Paulus wurde ihm vorgestellt

(Apost.-Gesch. 25). Er war so klug sich mit den Römern unter VespasianuS und Titus zu halten, blieb in seiner Keinen Herrschaft und starb gegen das Jahr 100 n. Chr. als der letzte Herodianer.

§ 171.

Untergang des jüdischen StaateS. Unter den römischen Procuratoren, welche nach 44 regierten, sind besonders zu nennen der Freigelassene Felix und FestuS, die durch

Härte und Grausamkeit sich hervorthaten; AlbinuS und GessiuS FloruS, die daS Volk ausplünderten und mit Auflagen drückten. Die Unzufriedenheit desselben stieg daher immer mehr; die seitdem noch niedergehaltene Partei der Zeloten gewann die Oberhand; der ausgebrochene Aufstand dehnte sich über ganz Palästina aus, nachdem in Cäsarea 20000 Juden niedergemetzelt worden waren. Die Römer wurden aus Jerusalem vertrieben, überall war nur Plündern und Morden; das Blut der Juden floß in und außerhalb des Landes in Strömen, aber auch viele Heiden wurden von den zur Verzweiflung gebrachten Juden getvdtet. Endlich zog der neue syrische Statthalter CestiuS mit einem Heere heran, aber sein Sturm auf Jerusalem wurde abgewiesen, er selbst geschlagen und auf dem Rückzug mit seinen Truppen beinahe aufgerieben. Die Zeloten triumphirten, die Gemäßigten zogen sich zurück und die Christen begaben sich, auf die Zeichen der Zeit achtend, nach Pella. Nun kam VeSpasianuS mit einem Heere von 60000 Mann um Ruhe und Ordnung herzustellen (67 n. Chr.). Nur allmählich rückte er vor, unterwarf sich erst Galiläa und Peräa und zog dann auf Jerusalem los. Hier zerfleischten sich anfangs drei, darauf zwei Parteien; die Zeloten unter ihrem Führer Eleazar ließen die Gemäßigten nicht auflommen. Nachdem inzwischen BeSpasian zum Kaiser auSgerufen worden war, setzte sein Sohn TituS den Kampf fort. Hunderttausend« von Menschen waren in der Stadt zusammen­

gedrängt; man focht mit wechselndem Glück, doch nach und nach wurde die Stadt ganz eingeschlossen und Hunger und Krankheit wüthete nun furchtbar in derselben. Endlich, im Sommer 70 n. Chr., drangen die Römer ein, konnten sich aber erst nach verzweifeltem Widerstand der beiden Burgen und zuletzt des Tempelbergs bemächtigen.

Die Hallen um den Tempel gingen in Flammen auf, zuletzt dieser selbst, obwohl Tituö ihn geschont wissen wollte.

Die ganze Stadt wurde auögeplün-

126 teert, zerstört, dem Erdboden gleich gemacht.

Die Juden, welche nicht

umgekommen waren, schleppte man in die Gefangenschaft, zwang sie

Sclavendienste zu thun, oder mit wilden Thieren zur Belustigung der

Römer zu kämpfen. die der

Die Zahl der Getödteten wurde auf 1,100,000,

Gefangenen auf 97,000 berechnet.

der Gottesstadt, so die des Volkes Israel,

So ging die Herrlichkeit gemäß der Weissagung des

Heilandes, den es verworfen hatte, in schreckliche Erfüllung.

Fünfter Abschnitt. Die christliche Kirche in ihrer ersten Entwicklung.

§ 172.

Die Erscheinung deS Heilandes. Als das römische Reich sich zur höchsten Macht entfaltet hatte

und fast die ganze damals bekannte Welt dem Willen des Kaisers Augustus unterworfen war, aber auch bereits eine tiefe Bersunkenheit

in dem großen Reiche sich geltend machte und ein allgemeiner Verfall sich vorbereitete, wurde Jesu- Christus geboren und zwar, wie als

sicher angenommen werden kann, 4—5 Jahre vor dem Anfang der jetzigen christlichen Zeitrechnung.

Seiner Mutter Maria und seinem

Pflegevater Joseph nach aus Davidischem Geschlechte stammend, wurde

Bethlehem, die Stadt Davids, die Stätte der Geburt des Weltheilandes, in welchem sich die Liebe und Barmherzigkeit des himmlischen Vaters allen Menschen offenbaren und die Weissagungen der Propheten des

alten Bundes erfüllen sollten.

Als Menschenkind in Niedrigkeit geboren,

wurde er doch gleich Anfangs Gegenstand der Anbetung und Ver­ ehrung, die auf seine göttliche Herkunft und Bestimmung hinwiesen.

Der dem Neugeborenen Seitens des Herodes drohenden Lebens­

gefahr zu entgehen, floh Joseph mit Maria und dem Kinde nach

126 teert, zerstört, dem Erdboden gleich gemacht.

Die Juden, welche nicht

umgekommen waren, schleppte man in die Gefangenschaft, zwang sie

Sclavendienste zu thun, oder mit wilden Thieren zur Belustigung der

Römer zu kämpfen. die der

Die Zahl der Getödteten wurde auf 1,100,000,

Gefangenen auf 97,000 berechnet.

der Gottesstadt, so die des Volkes Israel,

So ging die Herrlichkeit gemäß der Weissagung des

Heilandes, den es verworfen hatte, in schreckliche Erfüllung.

Fünfter Abschnitt. Die christliche Kirche in ihrer ersten Entwicklung.

§ 172.

Die Erscheinung deS Heilandes. Als das römische Reich sich zur höchsten Macht entfaltet hatte

und fast die ganze damals bekannte Welt dem Willen des Kaisers Augustus unterworfen war, aber auch bereits eine tiefe Bersunkenheit

in dem großen Reiche sich geltend machte und ein allgemeiner Verfall sich vorbereitete, wurde Jesu- Christus geboren und zwar, wie als

sicher angenommen werden kann, 4—5 Jahre vor dem Anfang der jetzigen christlichen Zeitrechnung.

Seiner Mutter Maria und seinem

Pflegevater Joseph nach aus Davidischem Geschlechte stammend, wurde

Bethlehem, die Stadt Davids, die Stätte der Geburt des Weltheilandes, in welchem sich die Liebe und Barmherzigkeit des himmlischen Vaters allen Menschen offenbaren und die Weissagungen der Propheten des

alten Bundes erfüllen sollten.

Als Menschenkind in Niedrigkeit geboren,

wurde er doch gleich Anfangs Gegenstand der Anbetung und Ver­ ehrung, die auf seine göttliche Herkunft und Bestimmung hinwiesen.

Der dem Neugeborenen Seitens des Herodes drohenden Lebens­

gefahr zu entgehen, floh Joseph mit Maria und dem Kinde nach

Aegypten; zu ihrer Heimath Nazareth in Galiläa kehrten sie jedoch zurück, als Herodes gestorben war. Hier in Nazareth, wo Joseph als Zimmermann sich und die Seinen ernährte, wuchs der Iesusknabe still und zurückgezogen auf, frühe schon das Bewußtsein der Gemeinschaft mit Gott in sich tragend, was sich kund gab, als er im Alter von

12 Jahren mit seinen Eltern nach Jerusalem zum Osterfeste ging. Erst mit 30 Jahren, da Tiberius Beherrscher des römischen Reiches war, während in Galiläa und Peräa HerodeS AvtipaS regierte, Judäa und Samaria aber von dem Procurator Pontius Pilatus ver­

waltet wurden, trat Jesus öffentlich auf, nachdem Johannes der Täufer

durch Bußpredigen und Wassertaufen, sowie die Verkündigung des Gottesreichs den Weg bereitet hatte. Von Johannes im Jordan bei Bethabara getauft und bei dieser Gelegenheit als Gottessohn bezeugt, begann Jesus Christus nach 40 tägiger Borberettung in der Wüste und der hier stattgehabten Versuchung seine Wirksamkeit. Johannes blieb in derselben Weise wie seither noch thätig, bis er von Herodes in das Gefängniß geworfen und in demselben auf Anstisten der HerodiaS

enthauptet wurde.

§ 173.

Die öffentliche Mrksamkeit Christi. Diese sollte sich nur über den kurzen Zeitraum von nicht ganz 3 Jahren erstrecken.

Schauplatz derselben war vorzugsweise Galiläa;

von Capernaum aus, wohin er förmlich übergesiedelt war, weßhalb dieses auch seine Stadt genannt wurde, zog er nach allen Richtungen

hin, besuchte mehrere der hohen Feste, wie daS Purim-, Paffah-, Laub­ hütten», Tempelweihe-Fest, in Jerusalem, verweilte länger in Judäa, besuchte Samaria, Peräa, sowie die angränzenden heidnischen Distrikte.

Ueberall lehrte er, theils im engeren Kreise, theils vor vielen Tausen­ den; überall entfaltete er auch seine göttliche Macht, indem er Wunder und Zeichen that. Je mehr sich die Aufmerksamkeit des Volks ihm

zuwandte und je größer die Zahl seiner Anhänger wurde, um so mehr wuchs auch die Feindschaft und Erbitterung der Führer des jüdischen

Volks, insbesondere der pharisäischen Partei, welche damals den bedeu­ tendste« Einfluß besaß und auch im hohen Rath daS Uebergewicht hatte.

Bon den Versuchen Jesum durch verfängliche Fragkn zu fangen, ihn zu verdächttgen, ihm vom Standpunkte äußerer Gesetzlichkeit Ver­ legenheiten zu bereiten, steigerte sich der Haß bis zu dem Entschluß,

128 ihn

gewaltsam aus dem Wege

Bei Gelegenheit des

zu räumen.

PassahfesteS, nachdem Jesus inmitten der Festpilger feierlich in Jeru­

salem eingezogen war, wurde die Entscheidung herbeigeführt, ermöglicht

durch den Verrath des JudaS Jscharioth. Noch einmal versammelte der Herr seine Jünger um sich, setzte daS Gedächtnißmahl seines Leidens und Todes ein, ging dann an den Oelberg, um zu beten und wurde hier durch eine von den jüdischen

Oberen entsandten Schaar gefangen genommen. Bor dem jüdischen Gerichte als Gotteslästerer und Zerstörer der

von MoseS begründeten Ordnung, bei dem Landpfleger al« BolkSaufwiegler verklagt,

wurde

er

trotz klar erwiesener Unschuld zum Tode

verurtheilt, mißhandelt und auf dem Hügel Golgatha gekreuzigt. Nach­

dem er, seinen Geist in Gottes Hände befehlend, verschieden war, nahm

Joseph von Arimathia unter Beihülfe des Nicodemus, der einstens in der Nacht Jesum aufgesucht hatte, den Leichnam vom Kreuze herunter

und bestattete ihn in seinem Garten in einer neuen Grabstätte.

Am

dritten Tage auferweckt als der TodeSüberwinder und Fürst d«S Lebens, blieb er noch 40 Tage mit seinen verttauten Freunden und Jünge­ rinnen im Berkehr, gab ihnen seine Aufttäge und Verheißungen und

schied dann auf dem Oelberge, in der Nähe von Bethanien, von ihnen, um in sein himmlisches Reich einzugehen.

§ 174.

Die Jünger des Herrn. Schon bald nach seinem Auftreten wählte sich der Heiland eine

Anzahl von Männern als seine Schüler und steten Begletter (12 nach der Zahl der 12 Stämme Israel).

Einige davon hatten sich schon

an Johannes den Täufer angeschlossen und folgten nun Jesu, von Johannes selbst auf ihn hingewiesen.

Dieses waren Andreas und

Johannes, welche ihre Brüder Simon und Jacobus zu dem Herrn führten, von dem dann weiter Philippus und Nathanael (wahrschein­

lich Bartholomäus)

berufen wurden.

Die

anderen Jünger hießen

Thomas, Matthäus (Levi), Jacobus, Alphäi Sohn, Judas Lebbäus oder Thaddäus (wohl Judas Jacobi), Simon Zelotes und JudaS der Berräther.

Sie werden Apostel, Gesandte, genannt, weil sie auSgehen

sollten, um überall daS Evangelium zu verkünden; sie waren auS niederem Stande,

ohne

warmen Herzens,

voller

Gelehrsamkeit, aber

offenen freien Blick-,

Empfänglichkeit für die Wahrheit und in

Treue ergeben ihrem Meister, wobei nur die räthselhafte Person des Judas eine Ausnahme machte.

Nach dessen traurigem Ende wählte

man, um die Zahl 12 zu ergänzen, den Matthias (Apost.-Gesch. Cap. 1).

WaS die näheren Verhältnisse und Lebensschicksale dieser Männer be­ trifft, über die wir freilich zum Theil nur sehr dürftige Nachrichten besitzen, so verweisen wir hinsichtlich des Petrus aus § 70, des Johannes

auf § 53,

des jüngeren Jacobus auf § 73,

Matthäus

des

auf § 50. Wegen der Uebrigen wird noch erwähnt: Andrea-,

Sohn des

JonaS, in Bethsaida geboren, aber in

Kapernaum wohnend, hatte sich, wie schon angeführt wurde, bereits dem Täufer angeschlossen.

Er soll später in Scythien, nach Anderen

in Griechenland, Kleinasien und Thrakien thätig gewesen und durch

den Proconsul AegeaS von Achaja an einem Kreuze, dessen oberer Arm abgeschlagen war, gekreuzigt worden sein.

Jacob ns der ältere, Bruder deS Johannes, Soh« des ZebedäuS,

war Fischer am See Genezareth.

Die Mutter Salome wünschte, daß

ihre beiden Söhne zur Rechten und

Linken deS

Reiche sitzen möchten (Matth. 20, 20).

Herrn

in

seinem

Mit Petrus und Johannes

gehörte Jacobus zu den intimsten Jüngern und nahm später in der

Gemeinde zu Jerusalem eine hervorragende Stellung ein.

Er fiel als

der erste Märtyrer unter den Aposteln, indem ihn HerodeS Agrippa im Jahre 44 n. Chr. enthaupten ließ.

Philippus war ebenfalls aus Bethsaida.

Er wird genannt bei

der Speisung der 5000, ferner bei der Ankunft hellenistischer Juden, welche Jesus zu sehen wünschten (Joh. 12, 20).

Seiner Bitte „zeige

Er soll in

uns den Vater" wird Joh. 14, 8 Erwähnung gethan.

Phrygien, oder Scythien gewirkt

haben und in HierapoliS gestor­

ben sein. Bartholomäus soll in Indien und Armenien gepredigt haben, der Sage nach geschunden und dann gekreuzigt worden sein.

Thomas, bekannt wegen seiner Zweifel an der Auferstehung Christi, soll aus Antiochien gebürtig gewesen und

in Ostindien als

Märtyrer gestorben sein, nachdem er den Medern, Persern, nach An­

deren den Parthern gepredigt habe. Simon ZeloteS (Eiferer), oder von Kana, wird als identisch angesehen mit dem

(Matth. 13, 55.

unter den Brüdern Jesu aufgeführten Simon

Marc. 6, 3) und mit dem Bischof Symeon, welcher

nach dem Tode des Jacobus in Jerusalem und dann in Pella an der 9

130 Spitze der Gemeinde stand.

Im Alter von 120 Jahren habe er den

Kreuzestod erlitten.

Judas Lebbäus (8 74) soll in Syrien und Persien gewirkt haben und daselbst grausam getödtet worden sein.

Judas Jschkarioth (Mann vonKarioth) führte die gemein­

schaftliche Kasse und bettog dabei.

Aus Habsucht verrieth er seinen

Meister für 30 Silberseckel — etwa 80 Mark.

Bon Gewissensbissen

gefoltert brachte er das Geld wieder zurück und erhenkte sich. § 175.

Das Pfingstfest und seine Folgen. An dem ersten Pfingstfeste nach der Auferstehung und Himmelfahrt Christi ging die seinen Jüngern gegebene Verheißung. in Erfüllung;

der heilige Geist kam über sie, als sie in einer der den Tempel um­ gebenden Hallen einmüthig bei einander waren, und von demselben erfaßt, fingen sie an muthig und furchtlos Zeugniß abzulegen für den

Herrn und König des neu zu gründenden GotteSreichs.

Die Folge

der ersten begeisterten Predigt des Petrus, der da rief : „thut Buße

und lasse sich ein Jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi zur

Vergebung der Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des heil. Geistes!" war, daß mehrere Tausende

Jerusalem die

Jünger und Jüngerinnen Jesu.

Gemeinschaft,

gläubig wurden

und

sich in

erste christliche Gemeinde bildete im Anschluß an die

So war der Grund gelegt zu der

welche sich nun immer mehr erweitern und über alle

Länder ausdehnen sollte.

Die Bedrohungen des Synedriums, welches

von Anfang an der Predigt von Christo wehren wollte, und die Ver­

folgungen, unter denen schon Petrus und Johannes nach der Heilung des Lahmen leiden mußten und deren Opfer Stephanus als der erste Blutzeuge und später Jacebus

Ausbreitung des Evangeliums.

der ältere wurde, beförderten nur die

Die Taufe des heidnischen Haupt­

mannes Cornelius in Cäsarea durch Petrus entschied für die Aufnahme

der Heiden, von denen auch bald in anderen Städten, namentlich in Antiochia, Viele für die neue Lehre gewonnen wurden.

Daß die Zu­

lassung derselben von der Beschneidung u. s. w. unabhängig sein solle,

dafür sprach sich der in Jerusalem 52 n. Chr. abgehaltene Convent der Apostel und Aeltesten aus (Apost.-Gesch. 5). des Jacobus, durch

Nach der Hinrichtung

die sich Herodes bei den Juden in Gunst setzen

wollte, wurde auch Petrus in das Gefängniß geworfen, aber auf wun­ derbare Weise aus demselben errettet.

8 176.

Der Apostel Paulus und dessen Reisen. Bon größter Bedeutung für die weitere Entwicklung der christlichen Kirche war die Umwandlung des Paulus (§ 56) aus einem eifrigen Gegner in einen ebenso entschiedenen Bekenner des Evangeliums. Nach seiner Bekehrung den Aposteln in Jerusalem vorgestellt, entzog er sich den Anfeindungen der Juden für längere Zeit, während welcher er sich in seiner Heimath TarsuS aufhielt. Hier holte ihn Barnabas, den die Apostel nach Antiochien zu gläubig gewordenen Heiden geschickt hatten, zur Hülfeleistung ab. Ein Jahr wirkten sie in Antiochia mit großem Segen, gingen zusammen nach Jerusalem, um eine Unter­ stützung dorthin zu bringen, und wurden dann nach ihrer Rückkehr unter Gebet und Handauflegung von der Gemeinde ausgesandt, um das Evangelium weiter zu tragen. Bei dieser ersten Reise, auf welcher sie Johannes MarcuS eine Zeitlang begleitete, schifften sie zunächst nach Cypern, predigten in SalamiS, dann in PaphoS, wo ihnen ein Zauberer und falscher Prophet entgegentrat, fuhren weiter nach Kleinasien, kamen nach Perge und nach Antiochia in Pisidien, wo in Folge ihrer Predigt unter den Juden und Heiden eine große Bewegung entstand, und hielten sich dann eine geraume Zeit in Jconium auf, wo Biele gläubig wurden. In Lhstra in Lhkaonien heilte Paulus einen Lahmen und wollten die Heiden, welche glaubten die Götter Jupiter und Merkur seien auf die Erde herabgestiegen, ihm und Barnabas opfern, was sie nur mit Mühe

verhindern konnten. Von fremden Juden aufgereizt, steinigte bald nachher das Volk den Paulus und schleifte ihn zur Stadt hinaus, wo er halbtodt liegen blieb. Doch konnte er schon andern Tags mit seinem Gefährten weiter ziehen. Nachdem sie die einzelnen Gemeinden Klein­ asiens nochmals besucht, sie im Glauben gestärkt und ihnen Aelteste ge­ ordnet hatten, kamen sie nach Antiochia zurück, um mit Freuden zu verkünden, daß Gott den Heiden die Thüre des Glaubens weit aufgethan habe. Um der Streitfrage wegen der Beschneidung willen entsandte man Paulus und Barnabas nach Jerusalem, den Aposteln und Aeltesten die Frage vorzulegen. Die den Heidenchristen günstige Entscheidung zu überbringen zogen JudaS Barsabas und Silas mit jenen Beiden nach Antiochia, wo die Kunde allgemeine Befriedigung erweckte. Nach einiger Zeit unternahm Paulus die zweite Reise in Begleitung von SilaS, während Barnabas mit Marcus nach Cypern schiffte.

Er

132

zog durch Syrien, Cilicien, Pisidien nach Derbe und Lystra, fand hier den Timotheus und nahm ihn als Schüler mit sich. Durch Phry­ gien und Galatien kamen sie nach TroaS und segelten durch ein Traum­ gesicht, das Paulus hatte, bestimmt, hinüber nach Macedonien. In Philippi, wo die Purpurhändlerin Lydia mit ihrem HauS getauft und der Wahrsagergeist aus einer Magd ausgetrieben wurde, erhob sich das Volk gegen Paulus und SilaS. Man stäupte sie und warf sie in daS Gefängniß: auS diesem entkommen, zogen sie nach Thessalonich, von da vertrieben nach Beroe und weiter nach Athen. Hier verkündete Paulus den unbekannten Gott, stritt mit den Philosophen, fand aber den Boden noch nicht bereitet, weßhalb es nach Korinth übersiedelte, wo er IV2 Jahre blieb, mit Aquila und Priscilla dessen Frau zu­ sammenwohnend und wie jener als Teppichmacher arbeitend. Ueber Ephesus, wo er jedoch nicht lange verweilte, weil er zum nahen Feste wollte und über Cäsarea ging Paulus nach Jerusalem und zurück nach Antiochia. § 177.

Fortsetzung. Nicht lange darauf trat der Apostel die dritte Reise an. Er besuchte wieder die Gemeinden in Galatien, Phrygien u. s. w. und ließ sich dann zu längerem Aufenthalt (2 Jahre) in Ephesus nieder. Auf Anstiften des Goldschmieds Demetrius, der sich in dem Verkauf kleiner silberner Abbilder des Dianatempels beeinträchtigt sah, entstand ein gewaltiger Aufruhr in der Stadt; Paulus verließ dieselbe und zog wieder nach Macedonien und Griechenland, die Gemeinden besuchend und stärkend. Bon Philippi auS fuhr er nach Kleinasien in Begleitung mehrerer Abgeordneten der Gemeinden, welche den Brüdern in Jeru­ salem eine Collecte bringen sollten. In TroaS fiel während seiner Predigt, die bis spät in die Nacht dauerte, ein schlafender Jüngling vom 3. Stock herunter und blieb todt, wurde jedoch von Paulus zum Leben gebracht. Die Inseln Lesbos (Mitylene), Chios und SamoS

berührend kam er nach Milet, verabschiedete sich hier von den Aeltesten von Ephesus, die dahin bestellt waren, unter großer Rühmng, und

langte über TyruS und Cäsarea, wo er ernstlich gewarnt wurde, in Jerusalem an, von Jacobus und den übrigen Vorstehern der Gemeinde mit Freuden empfangen.

Bereits nach wenigen Tagen erkannten ihn ausländische Juden im Tempel und wäre er beinahe im ersten Auflauf des Volks getödtet

worden, wenn ihn nicht die römische Wache in Sicherheit gebracht Um ihn den wüthenden Nachstellungen zu entziehen, ließ ihn der Oberhauptmann unter militärischem^ Geleite nach Cäsarea zum Statthalter Felix bringen, bei dem ihn die von Jerusalem kommenden hätte.

Hohepriester und totesten hart verklagten, aber ohne etwas auszurichten.

Felix hoffte Paulus werde sich loskaufen; da dieses nicht geschah, hin^

terließ er ihn gefangen seinem Nachfolger Festus. Diesem gegenüber berief sich der Apostel als römischer Bürger auf deS Kaisers Gericht und nachdem er noch vor Jenem, sowie dem König Agrippa II. und dessen Schwester Bernice Christum bezeugt hatte, wurde er mit meh­ reren anderen Gefangenen einem Unterhauptmann übergeben und schiffte sich im Herbst 62 nach Rom ein. An der Insel Malta litten sie Schiffbruch, wurden aber alle gerettet; von einer giftigen Otter gebissen

erlitt Paulus kein Uebel, heilte vielmehr den Vater des Obersten der

Insel vom Fieber. Auf einem alexandrinischen Schiff, welches die DioScuren (Kastor und Pollux) als Zeichen führte, segelten sie nach Sicilien, von da nach der italischen Küste. Die Brüder von Rom kamen dem Apostel 2 Tagreisen entgegen und holten ihn in die Stadt ein, wo er freilich als Gefangener der Obhut eines Kriegsknechts über­ geben war, doch feine eigene Wohnung hatte und 2 Jahre mit den Gläubigen verkehrte und das Evangelium predigte. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß er frei wurde, neue MffionSreifen bis nach Spanien unternahm, dann in die zweite Gefangenschaft gerieth und unter Nero den Märtyrertod durch das Schwerdt erlitt. So endete die Laufbahn des Mannes, welcher ebenso durch seine geistige Begabung, wie seinen Eifer und seine Treue, sich auszeichnete; der neben großem Scharfsinn und dialectischer Gewandtheit einen kind­ lichen Glauben besaß, mit feiner Weltklugheit ein freimüthiges Wesen verband, bei aller Strenge und allem Ernste in Beurtheilung und Besttafung sittlicher Verirrungen liebevoll und milde, bei hohem Bewußsein seiner selbst und seines Berufes demüchig und bescheiden war und so auf die äußere und innere Gestaltung der apostolischen Kirche den entschiedensten Einfluß übte. § 178.

Die innere Gestaltung der Gemeinde. So lange man sich

das Christenthum nur als eine Vollendung

des Judenthums dachte, hielten die Christen am mosaischen Gesetz noch streng fest, nahmen an dem Cultus der Juden Theil, besuchten den

134 Tempel um da zu beten, ebenso die Versammlungen in den Synagogen. Selbst die Beschneidung hielt man für nothwendig und verlangte diese sogar von den Heiden, die das Evangelium annahmen, bis der bereits erwähnte Apostelconvent entschied, daß dieses eine ungehörige Beschwe­ rung und jenen nur auszulegen sei, sich vom Götzenopfer, von Hurerei, vom Erstickten und vom Blut zu enthalten. Ohngeachtet des anfäng­ lichen innigen Anschlusses an die mosaischen Satzungen, stellten sich die ersten Christen doch schon als besondere Gemeinschaft dar, von welcher es heißt : sie blieben beständig in der Apostel Lehre, und in der Ge­ meinschaft, im Brodbrechen und im Gebet. Bom Geiste der Liebe erfüllt leistete man sich gegenseitig Handreichung und Unterstützung, pflegte die Armen und Kranken, eigen Hab und Gut dahingebend, so

daß Juden und Heiden bekennen mußten : „seht, wie haben sie einander so lieb!" Eine gewisse strenge Zucht wurde unter den Bekennern des Evangeliums um so mehr geübt, als sie den Nichtchristen durch Ver­ halten und Wandel keinen Anstoß geben dursten. Fehlende wurden ermahnt. Leichtsinnige gestraft, große Sünder bis zur Besserung nicht zu den Versammlungen, nicht zum Abendmahlsgenuß zugelassen. Un­ bußfertige aus der Gemeinde ausgestoßen. Die Mitwirkung der Ge­ meinde bei Uebung der Zucht geht aus dem Korinther-Brief deutlich

hervor. Verschiedene Auffaffungen des Evangeliums, oder einzelner Lehr­ sätze konnten indessen nicht ausbleiben, sie machten sich vielmehr frühzeittg geltend. Judenchristenthum und Heidenchristenthum stellen sich als zwei Hauptströmungen dar, die im Gegensatz zu einander traten und zwischen denen dann wieder ein Ausgleich Statt fand. Die Dar­ stellung der Johannes war eine andere, als die der übrigen Evange­ listen und der Standpunkt des Paulus ein in manchen Punkten ab­ weichender von dem eines Petrus, oder Jacobus. In der Gemeinde zu Korinth bildeten sich frühzeitig Parteien, indem die Einen sich nach Petrus (wohl Judenchristen), die Anderen nach Paulus (Heidenchristen), die Anderen nach Apollo, einem gelehrten für das Evangelium ge­ wonnenen Juden aus Alexandria, nannten, und wieder Andere sich nur zu Christo bekennen wollten. Das Alles mußte doch auch wieder

zum Segen gereichen, indem das Christenthum vor Einseitigkeit und einer Stabilität bewahrt wurde, die seinen umbildenden und alle Ver­ hältnisse durchdringenden Einfluß beeinträchtigt haben würden.

§ 179.

Die leitenden Personen. Die angesehensten und zunächst zur Leitung der Gemeinde berufenen Glieder waren die Apostel, deren Auctorität auch außerhalb Jerusa­

lems anerkannt wurde.

Sie hatten vor Allem das Lehramt zu ver­

walten und des Gebetes zu warten. Um nicht hierin, besonders in der Predigt des göttlichen Wortes, gehindert z« sein, veranlaßten sie

die Bestellung von 7 Diakonen als Armenpfleger, unter ihnen den Stephanus, der zuerst um Christi willen den Tod erlitt, und Philippus, der auch als Evangelist thätig war und unter Anderen den Kämmerer der Königin Candace bekehrte. Ihnen zur Seite traten später auch weibliche Gehülfinnen bei der Kranken- und Armenpflege, Diakonissen.

Neben den Aposteln und deren Gefährten und Schülern Barna­ bas, Silas, Lucas, Marcus, Timotheus und Titus er­ scheinen Aelteste (Presbyter). Barnabas und Paulus überlieferten die für die Brüder in Judäa in Antiochia gesammelten Gaben an die Aeltesten; an dem Convent (Apost.-Gesch. 15) nahmen mit den Aposteln solche Theil; auch Apost.-Gesch. 21, 18 ist von ihnen die Rede. In den von ihm gegründeten fleinasiatischen Gemeinden ordnete Paulus ebenfalls Aelteste; denen von Ephesus hält er vor : „habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Heerde, unter welche euch der h. Geist gesetzt hat zu Bischöfen zu weiden die Gemeinde Gottes, welche er durch sein eigenes Blut erworben hat". Auch Petrus ermahnt (1 Petr. 5, 1. 2) die Aeltesten die Heerde zu weiden und gute Vorbilder zu sein. Sie hatten also die innere und äußere Leitung der Gemeinden

und werden so auch Bischöfe (Aufseher) genannt. Erst in der Folge­ zeit unterschieden sich Bischöfe uno Presbyter von einander. Im Epheserbrief werden als besondere Aemter innerhalb der ersten christ­ lichen Kirche aufgezählt: Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer (auch 1 Cor. 12,28), wo sich die Angabe noch verschiedener anderer Thätigkeiten findet, wie das Reden in mancherlei Sprachen, die Gabe gesund zu machen u. s. w. Für diese Aemter wurden die Betreffenden durch Gebet und Handauflegung geweiht.

§ 180.

Gottesdienst und Feste. Besondere kirchliche Gebäude hatten

die ersten Christen nicht.

Außer in dem Tempel kamen sie unter sich in den Häusern zusammen.

136 wo geeignete Locale waren, Anfangs täglich. Mittheilung der christ­ lichen Lehre, Gebet, Gesang und Feier der Agapen (Liebesmahle), denen

das eigentliche Abendmahl folgte, fand hier Statt. Die Aermeren wurden von den Reicheren gespeist. In den Versammlungen durfte Jeder reden, der vom Geist erfüllt war.

Als die Verfolgungen hef­

tiger wurden, versammelte man sich in H'öhlen, Wäldern und sonstigen abgelegenen Orten, oft zur Nachtzeit. Den jüdischen Sabbath hielten

die Christen noch als Ruhe- und Feiertag, bis an die Stelle desselben der Sonntag als Tag der Auferstehung des Herrn trat und nament­ lich in den heidenchristlichen Gemeinden bald den Sabbath verdrängte. Das Osterfest wurde wohl schon ftühe im Anschluß an das jüdische Passahfest und das Pfingstfest im Anschluß an das Fest

der Wochen gefeiert, doch fehlen darüber Nachrichten, welche in das erste Jahrhundert zurückgehen. Das Weihnachtsfest datirt erst aus späterer Zeit.

Druck von Wilhelm Keller in Gießen.