Historisch-kritische Beyträge zur Aufnahme der Musik: Band 2, Stück 1 [Reprint 2022 ed.]
 9783112683781

Table of contents :
Inhalt des ersten Stücks
I. Nachricht von der ehemahligen musikalischen Gilde in Friedeland
II. Reflections on Antient and Modem Musick, with the application to the cure of diseases, to which is sübjoined an essay to solve the question, wherein consisted the difference of ancient Musick from that of modern time
III. Galland, von dem Ursprünge und Gebrauche der Trompete, bey den Alten
IV. Des Herren Abts Fraguier Untersuchung einer Stelle aus dem Plato, von der Musik. 1716
V. Herrn Ernst Gottlieb Barons Beytrag zur historisch- theoretisch-und practischen Untersuchung der Laute
VI. Vertheidigung der Opern
VII. Vermischte Nachrichten

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Historisch - Kritische

BeNtrügc zur

Aufnahme der Musik von

Friedrich Wilhelm Marpurg. II. Band. Erstes Stück.

Berlin, VerlegtS Gottlieb August Lange. - 7 5 6.

Inhalt des

ersten Stücks. I. Nachricht von brr rhemaligen musikalischen Gilde in Friedeland. II. Reflections on Anticnt and Modern Musick, with the application to the eure of dileafes, to

which is iübjoined an eflay to folve the queftion, wherein consifted the difFerence of an« tient Musick from that of modern time. d. i.

III.

IV. V.

VI. Vii.

Betrachtungen über die alte und neue Musick, mit derselben Anwendung zur Heilung der Krankheiten, nebst einem Versuche die Frage aufzulösen: Worinn der Unterichied der alten und neuen Musik bestanden hat. London, 1749. 8vo, 82. Seiten. Galland, von dem Ursprünge und Gebrauche der Trompete. Des Herrn Abts Fraguier Untersuchung einer Stelle aus dem Plato, von der Musik. 1716. Herrn Ernst Gottlieb Barons Beytrag zur historisch- theoretisch- und praktischen Unter­ suchung der Laute. Vertheidigung der Opern. Vermischte Nachrichten.

I. Nach

I. Nachricht von der chernahligen

musikalischen Gilde in Friedeland. Stadt Friedeland, wovon allhker die Rede ist, lieget im Stargardischen Kreise des Hcrzogthum« Meklenbürg. Hen' Enoch Friedrich Simonis, Rector der Schule daselbst, gab im Jahre 1730. eine Beschreibung von dieser Stadt heraus, und aus dieser Beschreibung ist cs, daß ich folgende Nachricht von der ehemahligen musikalischen Gilde daselbst entlehnet habe. Ich werde solche mit des Herrn Rectors eignen Worten meinen Lesern mittheilen. Die vormahlige musikalische Gilde in Friede­ land, schreibtier, ist noch übrig, und auch wohl wehrt, daß deren Andenken beybehalten werde. Ee beweget mich dazu: daß die Sache an sich I. Stück. 2. Land. A was

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2 l Nachricht von der ehemahligen was artiges

ist; daß

diese

Gilde von dem

römischen Pabst und Kayser privilegiert, und

mit vielen ImmunitatibuS und Gerechtigkeiten begnadiget worden; und daß es A. 1600. schon

undenkliche Jahre gewesen, da solches geschehen; daß viele Namen unter den Gildebrüdern sind, welche einer oder anderer gerne lesen, und von der Vergessenheit gerettet sehen möchte; daß wir

a»»ch sehen,

was die lieben Vorfahren für weise Ordnungen gemacht und gehabt, auch in Sachen, darin Wir eS wohl nicht vermuthen; und wer weiß, ob diese Nachricht nicht Gelegenheit geben könne, daß Sie noch einst wieder aufgerichtet

werde? Alles aber, was ich davon berichten kann, ist

von der gütigen Hand des Herrn M. Herold

mir communiciret worden, und lautet also:

LEGES MUSICALES FRI DLANDENSES denuo consirmatae

ab

Ampliflimo SEN ATU cum Ratificatione S. S. Ministern dictae Ciuitatis Friedeland,Anno Christi; quo DEUM coniunctis votis & vmris fufpiriis a^aXeinrTüt)$ obfecramus & refe-

cramust

Da

musikalischen Gilde in Friedeland. 3 DapaCeM’ Dominica Quaiimodogeniti, Frider. Taubmannus. Quem non viua fuo delectat MÜSICA flexu, Hunc ego non hikun cordis habere puto. CololT. III. v. 16. feqq. T5 XpicS e'j viuy cruw-v&jj '1 PV« (TOtegov, £v 7rd-jif) «roPia, svls .jso^oerwr) IIvEvpicmy.al'$ ojJai'c, vp.yoig a/za v-KeIete 4'aXfzoi's Kvpiov ix Koao%, fya (ßsgovrEg eoi* Taura & o»g y.aKKigct tt^ettov xara sravra ye'.z-yjTai ev. yäonog, d’uf/.y, ev. vogq Evfy&rvvjjj. Immo, Si Pietas adfir, cantu nil fuauius vsquarn est: Praeguilus vitae eil MUS1CA perpetuae.

Omnia ad Gloriam DEL Nachdem vor E. E- ganzem sitzenden Rath und dem Ehrwürdigen Minisierio alhier zu Frie« Leland, im Jahr nach unsers Heylandes und Se­ ligmachers Jesu Christi Gebührt 1600. am Sonn­ tage Quasimodogeniti, die Herren Schulcollegen und andere alte vornehme Bürger dieser Stadt erschienen, und Uns etliche alte Urkunden und Briefe mit angehängten Siegeln vorgewkesen haben, daraus klarlich zu sehen gewesen, wel­ cher Gestalt die hochlöbliche Gilde der MusicanA 3 ten

4 I Nachricht von der ehemahligen ten alhicr von undenklichen Jahren her vom Rö­

mischen Pabst und Kayser priviliqiret, und mit vielen JmmunitatibuS urd Gerechtigkeile»» bx-

gnadiget worden; Sie Unö auch daneben etliche

und Specialprivilegia, vorge;eiqct, unterthänigst und fleißigst bit­ tende, daß Ihnen dieselbe nach fleißiger Revolu­

gewisse musicalijche Leges,

tion, (weil sich etliche junge Türger, der Music erfahren, in Ihre Societatzu begeben, altem wohl hergebrachter» Gebrauch nach anwerben lasten) von Uns nicht allein confirmiret, besondern auch

adaugirct und vermehret, wie auch neue Aelterleute, weil die vorige»» seelig gestorben, zugcordnet werden möchten. Weil Wir denn nach fleis­

sigem Nachsinnen befunden, daß diese hochlöbli­ che Gilde ihren grossen Nutzen habe und bringe, und insonderheit zu Gottes Lob und Ehren von den lieben Altei» gestiftet und angesehen sey: Als

haben wir Ihnen Ihr billiges Suchen und Be­ gehren zu denegiren keinen Fug noch Urssch ge­ habt, stndern confirmiren, ratistciren und bestäti­

gen vielmehr nachgeschriebene leges und Gesetze, wie auch Special Privileg ia hiemit auls neue in allen Puncte»» und Clausulen, im Namen des Herr»», »vclchen die heiligen Engel selber mit ei­

nem schönen »md lieblichen Trisagio anqesungen

haben, und den der liebe David auf allerley musicalischen Sayten-Spiel z»i rühmen und zu lobe»» befohlen Hot.

Und geben nicht allein zu, daß über

nachgeschricbene Legee steif und vest vondenVorwesern u»»d Aeltcsien dieser Gilde soll gehalten werden,

musikalischen Gilde in Friedeland. 5 werden, sondern Wir wollen Sie auch dabey schü­ tzen, handhaben, und dieselben unwiedertreiblich und unwidersprechlich gehalten haben, und die dawider sprechen, dafern sie sich der Aeltermänner Strafe nicht submittiren wollen, und die Sa­ che vor Uns oder Unsere Subdelegirte gebracht würde, der Gebühr und dem Verbrechen nach, ohne Ansehen der Person zu strafen wissen. Des­ sen ,pi mehrer Beglaubigung sind diese Lcges am Ende mit Unsers regierenden Herrn Bürgermei­ sters und des Herrn Präpositi eigenen Handen, Tauf- und Zunamen unterschrieben und bezeich­

net.

LEG ES.' 1. Bleibet demnach die Inspektion über diese Musicantenqilde E. E. Rath, doch daß dieselbe verrichtet werde dtirch solche Personen, die vorher dieser Gilde mit Eyd rind Pflichten zugcthan und verwandt sind. 2. Soll sich keiner unterstehen, die Alter­ mannschaft anzumassen, er sey denn ordentlicher Weise per legitima Vota von E. E. Rath oder kessen Subdclegirten dazu erwehlet und constituiret worden. 3. Sollen die Alterleute aus den Gildebrü­ dern eligiret, und mit dem gewöhnlichen Altermannseyde, ehe Ihnen die Lade anvertrauet wird, zuvor beleget werden. 4. Sollen die Alterleute die alten Urkunden, Privilegia, und sonderlich die Obligationen, gül-

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dene

6 I. Nachricht von der ehemahligen bene und silberne Pfande, der Gilde silbernen Wilkommen, Schaale und Löffeln in gute Ob­ acht nehmen, von den ausgeliehenen Geldern die Zinsen jährlich zu rechter Zeit einfodern, richti­ ge Register halten, und die Zinsen, daferne nicht andere Ausgaben vorfallen, der Gilde zum Be­

sten wieder austhun.

Sollen die Alterleute jährlich aufMartini von Einnahme und Ausgabe E. E. Rathsdepu-

tirten Rechnung thun.

6. Sollen die Leges alle Jahre einmahl der löblichen Societät vorgekesen werden, damit sich nachmahls die Jüngsten der Unwissenheit halber nicht zu entschrrldigen haben. 7. Soll keiner in die Musicantengklde zunr Mitglieds auf- und angenommen werden, er sey denn ist seiner Jugend zur Schule gehalten, und darinnen von Kindes Beinen auf zum Gu­

ten angewiesen, und in der Musica geübet worden.

8. Söll auch niemand dazu verstattet werden, er verstehe denn ein Wörtlein Latein, und kenne die Noten.

9. Wenn er dieselben kennet, soll er auch angeloben, daß er sich bey dem Exercitio Mufico priuatim fleißig üben, und seine Stimme in der Kirche und anderen Conventibus utib etlichen Gastereyen, Gott zu ehren, erschaffen lassen wolle. 10. Soll sich ein angehender Bruder ver­

pflichten, daß er auch seine Kinder, so, er deren

hat,

musikalischen Gilde in Friedeland 7 hat, von Jugend auf in der Musik informiren las­ sen wolle. 11. Soll keiner admittkret werden, er habe

denn Zeugniß eines ehrlichen Lebens und Wan­

dels, und stelle zuvor zwey Bürgen. 12. Wenn ftd) nun neue Musicantenbrü« der finden, und fich zu dieser Gilde begeben wol­

len, so sollen sie fich bey den Herren Altermannern gebührend angeben, welche alodenn das ganze Amt sollen bescheiden lassen, die Jüngsten vor­

stellen, Ihnen die Leges vorlefen, die Privilegia und alte Urkunden aus der Lade vorweisen, und wenn Sie vorher zugesagt, daß Sie altem, übli­ chem, wohl hergebrachtem Gebrauch nach einen

Gülden, und eine halbe Tonne Bier geben wol­ len, Sie nach abgelegtem Ende zu Brüdern auf-

und annehmen, und aller Gilde-Beneficien theil­ haftig machen.

13. Sollen sich die Jüngsten altem Gebrauch

nach, den silbernen Wilkommen auszutrincken pro ingrelTu nicht verweigern. 14. Sollen auch die Jüngsten dieser Gilde nicht allein den Alterleuten, sondern auch den an­ dern Mittelsten gebührende Reverenz und Obse­ quenz leisten. 15. Wenn Ihnen Heimligkeiten offenbahret

werden, sollen sie dieselben nicht reveliren, noch aus dem Amte schwatzen. 16. Wenn der Cantor Sie auf die Schule zu kommen, es sey Fest-oder Sonntag, eine Motetam oder Concert zu tentiren, bitten lasA4 fit,

8 I Nachricht von der ehemahligen sct, sollen Sie sich willigst, gerne, und zu rech­ ter Zeit stellen. 17. Sollen Sie sich in der Kirche bey Zeit,

die Mußcarn zu zieren, auf vorhergehendes des Canroriö Einladen, unweigerlich, es sey denn, daß Sie aus besondern Ehehaften abgehalten

werden, einstcllen. 18- Dafern Sie hören, oder erfahren, daß etwas ungebührliches wider diese Gilde, oder die edle Musik geredet rind auögesprenget werde, sollerr Sie cS bey Ihrem Ey.de nicht verschweigen,

sondern den Altcrleuten entdecken. 19. Sollen Sie sich keines Fluchens, Schwö­

rens, oder anderer Gotteslästerlichen Worte ge­ brauchen, oder deswegen, da es, welches Gott verhüten wolle! geschehen würde, eine ansehnli­ che Strafe zu erlegen, gewärtig seyn. 20. Sollen Sie sich,

wenn Ihnen zum

Excrcitio MuGco ein lustiges Stündlein deputirec worden, oder wenn Sie sonsten aus erhebli­

chen Ursachen von den Alkerleuten convociret wer­ den , nicht absentiren, sondern als Friedliebende Harmoniaci in denominatiuo liorte puncto &

loco sistiren, oder im widrigen Falle sich der Al­ terleute eigenen erwehlten Strafe subjiciren. 21. Weil auch leider! diese böse und schänd­ liche Gewohnheit mit eingcrissen, daß, wenn sich die Herren Amtsbrüder mit einer lustigen Music ergehen, und mit einem Ehrentrüncklein erfrischen und erfreuen wollen, sich oftmahls Haderkaßen aufwerfen und sehen lassen, und sol-

musikalischen Gilde in Friedeland. 9 che lustige Frölichkeit in eine Stanckerey verkeh­ ren , so sollen die Alterleute Macht und Gewalt haben, solche Zancksüchtige pro delitti qualitate willkürlich abzustrafcn.

22. Wenn auch Differenticn und Mißverstände, welches doch Gott gnädigst verhüten wolle! unter einem und anderen dieser Gilde erwachsen wür­ den, so sollen solche Streitigkeiten nicht alsbald E.E. ganhenRath, vielweniger der hohen Obrig­ keit vorgetragen werden, sondern wenn sieidie Alterleute nicht beylegen können, sollen von E. E. Rath Commistarien verordnet und die Sachen nach genugsahmer Deliberation gütlich und fried­ lich componiret und geschlichtet werden.

Altermanns - Eyd. 3$ N. N. schwöre einen körperlichen Eyd, daß

ich nebst meinem Mitältesten der Musicantengilde, mich nicht allein ehrlich und redlich, wie es ei­ nem Altermann wohl anstehet, verhalten, und also den jungen Amtöbrüdern mit gutem Exempel vorleuchten, sondern auch der Lade Gerechtigkeit und Kleinodien, so darein verhandelt, in guter Acht haben, richtige Register und Rechnung hal­ ten und ablegcn, imb also in allewege der Gilde Bestes und Alifnehmen suchen, und deßwegen meinen eigenenNuhen und Frommen hindan sehen, und mich keiner Fir.anzerey gebrauchen will. So wahr ich ein ehrlicher Mann bin.

Az

Priui-

elches ^icin in seiner Hand­

schrift gelesen, daö sagt der Herr Abt Frag vier von dem vju im VII. Buche der Gesetze. Zum andern bemerket er, daß er, dVr$tovov

durch MiöklanF (Diffönantia) gegeben; weit ^icin, )anuo Lor'naritts, und Serranuo, dieses Wort durch diflbnum übersetzt haben; in­ dem sie es unfehlbar als dem