Höfische Porträtkultur: Die Bildnissammlung der österreichischen Erzherzogin Maria Anna (1738-1789) 9783110459876, 9783110459333

Portraits im 18. Jahrhundert Erstmals wird hier die Bildnissammlung der österreichischen Erzherzogin Maria Anna (1738-

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Höfische Porträtkultur: Die Bildnissammlung der österreichischen Erzherzogin Maria Anna (1738-1789)
 9783110459876, 9783110459333

Table of contents :
Inhalt
Einleitung. Zur kunsthistorischen Aufarbeitung der Hinterlassenschaft Maria Annas in Klagenfurt
Die Bildausstattung der Klagenfurter Residenz bis 1789
Die Hinterlassenschaft Maria Annas und das Konzept einer fürstlichen Porträtsammlung
Herrschaftssicherung mittels visueller Repräsentation. Zur Porträtkultur Maria Theresias
„ich brauch in keinem zimmer keinen baldachin wär auch sehr lächerlich“. Selbstinszenierung und Repräsentation der Erzherzogin Maria Anna
Kinderporträts aus der Sammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Porträtproduktion und -verbreitung im 18. Jahrhundert
Vom Dachboden zum Schaudepot. Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt

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höfische porträtkultur

Edition Angewandte

Buchreihe der Universität für angewandte Kunst Wien Herausgegeben von Gerald Bast, Rektor

Eva Kernbauer, Aneta Zahradnik (Hg.)

höfische porträtkultur Die Bildnissammlung der österreichischen Erzherzogin Maria Anna (1738 –1789)

IMPRESSUM

Herausgeberinnen: Eva Kernbauer, Aneta Zahradnik Abteilung Kunstgeschichte, IKK.K, Universität für angewandte Kunst Wien, Österreich Library of Congress Cataloging-in-Publication data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: Erzherzogin Maria Anna als junges Mädchen, um 1747, vermutlich Martin van Meytens, Öl auf Leinwand, 96 × 74,3 cm, Sammlung des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Foto: Helge Bauer Grafische Gestaltung: Dominik Hruza Bildlitho: C.E.I.S.1&[RIMAGE GENGI]2 Lektorat und Korrektorat: Ralf Eckschmidt Druck: Holzhausen Druck GmbH, Wolkersdorf, Austria Gesetzt aus der Scala Sans/Text Gedruckt auf Garda Art Matt, 170gr, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. ISSN 1866-248X ISBN 978-3-11-045933-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-045987-6 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-045949-4 www.degruyter.com 4

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inhalt

9 eva kernbauer Einleitung Zur kunsthistorischen Aufarbeitung der Hinterlassenschaft Maria Annas in Klagenfurt 17 Aneta Zahradnik Die Bildausstattung der Klagenfurter Residenz bis 1789 25 Michael Yonan Die Hinterlassenschaft Maria Annas und das Konzept einer fürstlichen Porträtsammlung 37

W  erner Telesko

Herrschaftssicherung mittels visueller Repräsentation Zur Porträtkultur Maria Theresias 48 Stefanie Kitzberger „ich brauch in keinem zimmer keinen baldachin wär auch sehr lächerlich“ Selbstinszenierung und Repräsentation der Erzherzogin Maria Anna 57

Aneta Zahradnik Kinderporträts aus der Sammlung der Elisabethinen in Klagenfurt Porträtproduktion und -verbreitung im 18. Jahrhundert

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Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl,



Barbara Eisenhardt und Britta Schwenck



Vom Dachboden zum Schaudepot Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt



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Katalog

79 96 129 138 144 149 154 158 162 165 178 181 186 188 190 191 192 194 199

D  ie Familiengalerie K  inderbildnisse Pastellbildnisse Die Einsiedlerbilder Maria Theresia und Franz Stephan im Turquerie-Kostüm Die Porträts von Johann Baptist Lampi Bildnisse dreier Kardinäle Joseph II. in Husarenuniform Maria Theresia im ungarischen Krönungsornat Porträtminiaturen und kleinformatige Bildnisse Das Kaiserpaar Maria Theresia und Franz Stephan Ferdinand Karl und Maria Beatrice von Österreich-Este Maria Karolina, Königin von Neapel-Sizilien Erzherzog Maximilian, Erzbischof und Kurfürst von Köln Maria Ludovica von Spanien Sigismund Franz von Österreich-Tirol D  as Porträt einer jungen Dame in weißem Kleid G  räfin Magdalena Passant, Hofdame der Erzherzogin Maria Anna Josef von Edlingen, Pfarrer zu St. Lorenzen

202 Literaturverzeichnis 209 Kurzbiografien der Autorinnen und Autoren

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einleitung zur kunsthistorischen aufarbeitung der hinterlassenschaft maria annas in klagenfurt Eva Kernbauer

Die in diesem Katalog erstmals vorgestellten 135 Bildnisse aus der Hinterlassenschaft der österreichischen Erzherzogin Maria Anna (1738–1789), die heute zusammen mit etwa 280 anderen Zeichnungen und Gemälden im Klagenfurter Konvent der Elisabethinen aufbewahrt werden, bilden in sich keine einheitliche Sammlung, deren Entstehungs- und Funktionskontexte sich kurz übergreifend darstellen lassen würden. Stattdessen reflektieren sie die vielschichtigen biografisch und sozial bedingten Rollen ihrer Urheberin: Maria Annas Stellung als österreichische Erzherzogin, als älteste überlebende Tochter innerhalb des festen Familienverbands Maria Theresias und Franz Stephans von Lothringen und als künstlerisch und naturwissenschaftlich selbst aktive Mäzenatin, die, nach ihrer Ankunft in Klagenfurt im Alter von 42 Jahren, einen neuen gesellschaftlichen Wirkungskreis entfalten konnte. Den Entschluss, den Konvent der Elisabethinen in Klagenfurt zu ihrem Alterssitz zu machen, traf die unverheiratet gebliebene Erzherzogin bereits 1769, vier Jahre nach ihrem ersten Besuch des Konvents gemeinsam mit ihrer Mutter Maria Theresia. Der Umzug selbst war erst für die Zeit nach dem Tod Maria Theresias vorgesehen. Doch noch im selben Jahr wurde mit der Planung eines angemessenen Palais durch den Wiener Hofarchitekten Nicolaus von Pacassi begonnen. Die Ausstattung war von Beginn an als Bestandteil mit berücksichtigt, und 1775, als der Palais kurz vor der Fertigstellung stand, gelangte ein großer Mobilientransport nach Klagenfurt, der auch eine hohe Zahl an Porträts enthielt. Mit den Eckdaten 1769 und 1775 ist ein erster zeitlicher Rahmen für die Zusammenstellung derjenigen größten Gruppe an Bildern aus Maria Annas Hinterlassenschaft skizziert, die noch in Wien – teils bereits in den 1740er Jahren – entstanden waren. Als die Erzherzogin im Frühjahr 1781 in Klagenfurt eintraf, begann eine zweite wichtige Beauftragungs- und Sammlungsphase. Bald nach ihrer Ankunft ließ Maria Anna sich und ihre neuen Vertrauten von dem noch jungen, auf der Durchreise von Italien nach Wien befindlichen Porträtisten Johann Baptist Lampi malen (Kat. 87-91). In den folgenden Jahren gelangten zahlreiche weitere Porträts in ihren Besitz: Maria Anna erhielt (bei persönlichen Besuchen oder über Sendungen) Bildnisse ihrer an verschiedenen italienischen und französischen Residenzen verheirateten Geschwister sowie deren zahlreichen Nachkommen, ihrer kleinen Nichten und Neffen. So vielfältig die Rollen Maria Annas, so heterogen ist daher auch das nach ihrem Tod 1789 hinterlassene Konvolut von Porträts ihrer Verwandten und Vertrauten. Wenngleich es keinen gemeinsamen Beauftragungskontext für alle Bildnisse gibt, sind die jeweiligen historischen Entstehungskontexte und Funktionsbestimmungen zu weiten Teilen geklärt. Die in den Bildnissen vermittelten Darstellungskonventionen, 9

Eva Kernbauer

1 Oswald Trapp, Maria Theresia und Tirol, in: Walter Koschatzky (Hg.), Maria Theresia und ihre Zeit. Eine Darstellung der Epoche von 1740–1780 aus Anlaß der 200. Wiederkehr des Todestages der Kaiserin, Salzburg und Wien 1979, S. 131-137, hier S. 134.

Repräsentationsbedürfnisse und Tauschpraktiken sind teils biografischen Umständen und persönlichen Vorlieben der Erzherzogin geschuldet, zudem aber geben sie Einblicke in die höfische Porträtkultur des 18. Jahrhunderts, die im Kontext der habsburgischen Tradition auf europäischer Ebene gesehen werden müssen. Die konkrete Verbindung zu einer verwandten Ausstattung ist im Detail nachzuweisen. Zeitlich nahe am Bau der Klagenfurter Residenz (1769–1775) geschah die von Maria Theresia persönlich überwachte Neugestaltung der Innsbrucker Hofburg. Maria Theresia schreibt im August 1771, sie habe die Porträtfolge für die Ausstattung in Innsbruck festgelegt.1 Die dortige von ihr initiierte Umgestaltung des vormaligen großen Riesensaals zu einem prunkvollen „Familiensaal“ mit zahlreichen wandfest in die Dekoration eingebundenen großformatigen Porträts sollte nicht nur der Repräsentation ihrer weitverzweigten Nachkommenschaft, sondern auch dem damit verbundenen familial begründeten Machtanspruch dienen. Die für Innsbruck entstandenen Porträts sind in engem stilistischen und ikonografischen Zusammenhang mit dem Klagenfurter Korpus der Familienbildnisse und mit einem ebenso dort aufbewahrten Bildnis von Maria Theresia im ungarischen Krönungsornat zu sehen (Kat. 1-33 und 98). Die Porträtsammlung knüpfte, wenngleich über Umwege, an Ahnengalerien und an Bildnisreihen mit Darstellungen berühmter Persönlichkeiten an und diente der Erinnerung an die fernen oder verstorbenen Verwandten. Die in diesen Porträts zum Ausdruck gebrachte Verbindung persönlicher und machtpolitischer Interessen ist charakteristisch für Maria Theresias Kunstverständnis, das auf konkrete praktische Gebrauchsfunktionen abzielte. Die nach höfischen Maßstäben des 18. Jahrhunderts möglichst „ähnlichen“, also in Gewand, Haarschmuck, Haltung, Physiognomie und Händen detailliert geschilderten Bildnisse von Familienangehörigen sind nicht als private Aufträge zu interpretieren, sondern entsprachen dem kunstpolitischen Kerninteresse Maria Theresias, das sie während ihrer gesamten Regentschaft hindurch verfolgte. Zu den von ihr besonders geschätzten Künstlern zählte der Genfer Pastellmaler Jean-Étienne Liotard, der den Wiener Hof insgesamt drei Mal während ihrer Regentschaft besuchte und ebenso einschlägig mit Bildnissen der Kaiserfamilie beauftragt wurde. Die Familienbildnisse für Innsbruck und Klagenfurt entstanden im Umkreis der vormaligen Werkstatt des 1770 verstorbenen Hofmalers Martin van Meytens d. J. Dieser Werkstattzusammenhang ist für beide Aufträge entscheidend hervorzuheben. Es ist überliefert, dass die Anfertigung der Innsbrucker Familiengalerie, wie es für die kaiserlichen Gemäldebestellungen charakteristisch war, sowohl kostengünstig wie auch rasch geschehen sollte, sodass auf bewährte Künstler und auf bereits existierende malerische Vorbilder zurückgegriffen wurde. Dies wird auch für die Klagenfurter Familienbildnisse gegolten haben, die teils direkt von den Innsbrucker Arbeiten kopiert wurden oder auf dieselben Vorbilder zurückgehen. Ein solches Vorgehen bedeutete keinen Bruch mit bestehenden Praktiken, doch selbst im Kontext der barocken Werkstattproduktion des 17. und 18. Jahrhunderts betrachtet hatte Eigenhändigkeit für Meytens einen bemerkenswert geringen Stellenwert. Nur auf ausdrücklichen Wunsch soll er Gemälde signiert haben; zudem ist zumindest in einem Fall eine persönliche Entgegnung gegen seine behauptete alleinige Autorschaft 10

2 Aktuellste Zusammenfassung der wichtigsten Daten: Georg Lechner, Martin van Meytens d. J., in: Agnes Husslein-Arco und Georg Lechner (Hg.), Martin van Meytens der Jüngere, Ausst.-Kat. Winterpalais des Belvedere, Wien 2014/2015, Wien 2014, S. 8-21, hier S. 19 nach einer historischen Notiz aus der Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste, Bd. 9, H. 2, Leipzig 1768, S. 153 sowie (zum Kontext der Zeremonienbilder) S. 19-20, nach Barbara Prachar, Zeremonienbilder aus der Werkstatt Martin van Meytens, Dipl. phil., Wien 2006. 3 Dem versuchte bereits die Antrittsrede Joseph von Sonnenfels’ an der Wiener Akademie im Jahr 1768, „Von dem Verdienste des Porträtmalers“, entgegenzuwirken. Vgl. zu dieser Rede Roland Kanz, Dichter und Denker im Porträt. Spurengänge zur deutschen Porträtkultur des 18. Jahrhunderts, München 1993, S. 86-88 sowie Daniel Spanke, Porträt – Ikone – Kunst. Methodologische Studien zum Porträt in der Kunstliteratur, München 2004, S. 189-197. 4 Meytens erhielt 1743 ein kaiserliches Patent zur Herstellung von Mineralfarben. Lechner 2014, S. 14. 5 Dieser höfische Porträttypus wurde erst im Zuge der Aufklärung „reformiert“, sodass auch bei der Darstellung hochstehender Adeliger individualistische Züge stärker in den Vordergrund gestellt wurden. Dies ist etwa auch am Beispiel des auch im Klagenfurter Konvolut zitierten Doppelporträts Josephs und Leopolds durch Pompeo Batoni zu sehen. 6 Tatsächlich ist das Klagenfurter Konvolut wie ein Paradebeispiel weiblicher adeliger Repräsentationskultur im 18. Jahrhundert zu lesen, vgl. Gabriele Baumbach und Cordula Bischoff (Hg.), Frau und Bildnis 1600–1750. Barocke Repräsentationskultur an europäischen Fürstenhöfen, Kassel 2003, bes. die Einleitung der Herausgeberinnen, S. 7-13.

verbürgt, als er im Zusammenhang der Beschreibung eines in seiner Werkstatt entstandenen bedeutenden Auftrags öffentlich auf die Zusammenarbeit im Atelier verwies.2 Dass ein solches Vorgehen für den Hofmaler ohne Verlust des Ansehens möglich war, hängt mit einer möglicherweise geringeren Bewertung (und finanziellen Honorierung) der kaiserlichen Porträtaufträge zusammen, die mit einiger Plausibilität der handwerklichen Seite der künstlerischen Tätigkeit zugeordnet werden konnten.3 Meytens selbst, der farbchemische, und damit „wissenschaftliche“ Studien verfolgte, mag durchaus an einer solchen Distinktion interessiert gewesen sein. 4 Vor allem aber waren in seiner Werkstatt ohnehin zahlreiche Künstler der Wiener Kunstakademie, der er selbst von 1759 bis zu seinem Tod im Jahr 1770 als Direktor vorstand, tätig, sodass die akademische Hierarchie weitergeführt werden konnte. Dieser Künstlerkreis scheint auch nach Meytens’ Tod für kaiserliche Aufträge verfügbar gewesen zu sein und mag damit auch ohne seine Aufsicht weiterhin für die Innsbrucker und die Klagenfurter Bildnisse gearbeitet haben. Die Innsbrucker Familienbildnisse entstanden vermutlich direkt unter Maria Theresias Ägide und reflektieren ein stark von ihr geprägtes Interesse an höfischer Repräsentation, bei dem seriell hergestellte Porträtbildnisse eine zentrale Rolle spielten. Der Umstand, dass künstlerischer Originalität im modernen Sinne dabei ein geringer Stellenwert zukommt, bedeutet nicht deren Abwertung, sondern ist charakteristisch für hohe höfische Aufträge im absolutistischen Zeitalter und für die Auftragskultur Maria Theresias. Es handelte sich um hoch offizielle, in die kaiserliche Repräsentationskultur eingebundene Aufträge, mit wenig Gestaltungsspielraum für die ausführenden Künstler. Da höfische Porträts Zeremonial- und/oder Stellvertreterfunktionen hatten, stand die Darstellung als Individuen weniger im Vordergrund als die Präsentation ihrer höfischen Funktionen und Rollen – und zu denen gehörte, zumindest im Fall der Habsburgerkinder, auch der Familienzusammenhang.5 Es ist davon auszugehen, dass Maria Anna diejenigen Familienbilder für die Klagenfurter Ausstattung übernahm, die so eng mit den Innsbrucker Gemälden zusammenhängen, um ihre Herkunft zu unterstreichen und damit auch das Klagenfurter Palais aufzuwerten, das dadurch klare Bezüge zu einer kaiserlichen Residenz zeigte. Hier kristallisiert sich die Repräsentationsfunktion der Porträts am deutlichsten: Gerade durch ihre enge Verwandtschaft zur Wiener Bildpolitik demonstrierten die Porträts (stilistisch) klar die Zugehörigkeit der Erzherzogin zum kaiserlichen Hof und (thematisch) zur Habsburgerfamilie.6 Die Frage nach der Rolle von Maria Annas persönlichen Vorlieben, ja nach einer möglichen zumindest teilweisen Übernahme der Ausstattung ihrer Wiener Gemächer stellt sich erst im Kontext einer auffallend umfangreichen Untergruppe des Konvoluts: den Kinderbildnissen (Kat. 34-72). Diese Gruppe beinhaltet aus Wien stammende Porträts der Geschwister Maria Annas teils älteren Datums, darunter ein Porträt der Erzherzogin zum Zeitpunkt einer später abgebrochenen Brautwerbung. Doch ebenso sind darin auch zahlreiche Bildnisse der kleinen Nichten und Neffen Maria Annas enthalten, die an verschiedenen italienischen und französischen Residenzen lebten (Kat. 37-72). Diese Kinderporträts, die von den Geschwistern nach Klagenfurt gesandt 11

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bzw. bei persönlichen Besuchen mitgebracht wurden, entstanden vermutlich an den jeweiligen Fürstenhöfen in Parma, Mailand, Florenz, Neapel und Paris, wobei, wie etwa gerade am Fall der toskanischen Kinderbildnisse gezeigt werden kann, aktuell entstandene Gruppenporträts wiederholt und ausschnitthaft kopiert wurden. Der Bedarf nach möglichst konkreter Information stand im Vordergrund, sodass der Kontext der höfischen Geschenkkultur (der so häufig die Grundlage des Austauschs und Versands von Porträts bildete) alleine nicht zum Verständnis ihres hohen Stellenwerts ausreicht: Bildnisse – heute denn auch schwer zu identifizierender Säuglinge – wurden ohne Rücksicht auf ihre rasche Vergänglichkeit und oft noch wenig dauerhafte physiognomische Aussagekraft verschickt. Auch in dieser Gruppe offenbart sich der Umgang mit Bildnissen vornehmlich als Praxis der gegenseitigen Information und des Austauschs zur Bestätigung des Familienzusammenhalts über verschiedene europäische Residenzen hinweg, deren Bedeutung wohl auf den starken Einfluss Maria Theresias zurückzuführen ist. Diese waren damit nicht nur repräsentationspolitisch wichtig, sondern gaben zugleich einen bildlichen Überblick über die weit verstreut lebende Familie. Aus kunst- und kulturhistorischer Sicht ist diese zahlenmäßig auffallend starke Gruppe der Kinderbildnisse, die Standesporträts ebenso wie Darstellungen von Rollenspielen und „conversation pieces“ umfasst, besonders interessant hinsichtlich der unterschiedlichen Konventionen zur Porträtierung von Kindern im 18. Jahrhundert, bildete sich diese doch im Zeitalter der Aufklärung ganz entscheidend heraus. Ein besonders interessantes Subgenre für sich bilden die Darstellungen der Habsburgerkinder als Mönche und Eremiten, die sehr konkret auf reformatorische Schriften Franz Stephans von Lothringen Bezug nehmen (Kat. 80-83). Eine weitere hier vorgestellte Gruppe enthält sieben Pastellbildnisse, die vermutlich aus einer ehemals größeren Serie stammen, die Maria Anna zur Mitte der 1770er Jahre zur Ausstattung ihres Palais nach Klagenfurt schickte (Kat. 73-79). Es handelt sich um qualitätsvolle Arbeiten nach Porträts renommierter Maler wie Meytens, Liotard und Joseph Ducreux. In einem ähnlichen Verständnis entstand ein im Format etwas größeres, künstlerisch ebenso eindrucksvolles Bildnispaar Maria Theresias und Franz Stephans im Turquerie-Kostüm, das im Umkreis des (wiederum mit zahlreichen Partnern arbeitenden) Liotard während oder nach einem seiner Wien-Aufenthalte zu verorten ist (Kat. 85-86). Diese beiden Gemälde zählen zu den seltenen Beispielen der Rezeption des Orientalismus im Wiener Raum, die kulturhistorisch höchst interessante, aber bisher kaum angestellte Überlegungen zur Inkorporation des „Orients“ in die Habsburgermonarchie nahelegen, die sich während des betreffenden Zeitraums von den Osmanen bedroht sah. Größtenteils aus dem Zeitraum vor dem Umzug stammen ein weiteres Bildnispaar Maria Theresias und Franz Stephans von Lothringen sowie Porträts ihrer Geschwister und zahlreichen Schwäger und Schwägerinnen, die häufig ebenso auf künstlerische Vorbilder rekurrieren. Erwähnenswert ist ein Gemälde Josephs II. in Husarenuniform, das möglicherweise eine direkte Kopie eines nicht erhaltenen Gemäldes des renommierten italienischen Klassizisten Pompeo Batoni darstellt (Kat. 97). 12

7 Zu Maria Annas Zeit in Klagenfurt vgl. den wertvollen Aufsatz von Marianne Klemun, Bischof Salm und die Naturwissenschaften im Kärnten des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in: Peter G. Tropper (Hg.), Franz Xaver von Salm. Aufklärer – Kardinal – Patriot, Ausst. Kat. Bischöfliche Residenz, Klagenfurt 1993, Klagenfurt 1993, S. 100-115, hier S. 104. Klemun beschreibt im Detail die Kontakte Maria Annas. 8 Vgl. dazu ausführlich Tropper 1993. 9 Eduard Mahlknecht, Der Gurker Bischof Franz Xaver von Salm als Kunstmäzen, in: Tropper 1993, S. 82-99.

Ein weiteres, heute noch existierendes Doppelporträt Batonis, das Joseph II. mit seinem Bruder Leopold zeigt (Wien, KHM), wird in der Sammlung gleich in zwei Objekten zitiert. Wir können hier davon ausgehen, dass das 1769 in Rom entstandene Bild in Wien den Kopisten zugänglich gewesen ist und so als Bezugspunkt dienen konnte. Solche Arbeiten geben daher höchst konkret Aufschluss über die Rezeption internationaler Strömungen und bekannter Malerfiguren im Wiener Raum. Schließlich sind 57 Porträtminiaturen und kleinformatige Bildnisse erhalten, die auch die persönliche Bedeutung dieser Bildgattung für die Erzherzogin dokumentieren (Kat. 99-115). Klagenfurt sollte jedoch weitaus mehr als nur ein „Alterssitz“ für Maria Anna werden, wie auch die kurz nach ihrer dortigen Ankunft entstandenen Bildnisse von Lampi belegen. In den ihr verbleibenden Jahren in Klagenfurt nutzte die Erzherzogin unterschiedliche Verwendungs- und Darstellungskonventionen zur Etablierung ihrer neuen gesellschaftlichen Rolle, wobei sie teils auf bestehende Traditionen aufbaute, teils aber auch innovativ wirkte. Ihre Entscheidung, auf den deutlich profitableren Alterssitz im Prager Damenstift, deren Äbtissin sie 1766 geworden war, zugunsten Klagenfurts zu verzichten, stellte sich als hellsichtig heraus. Maria Anna traf in Klagenfurt auf einen aufgeschlossenen Gelehrtenkreis, der ihr ermöglichte, ihre künstlerischen und naturwissenschaftlichen Interessen aktiv weiterzuverfolgen. Sie war nicht nur eine dringend benötigte Mäzenatin des Elisabethinen-Konvents. Zudem unterstützte ihr Aufenthalt die Entstehung eines eng an Freimaurerverbindungen orientierten Gelehrtenkreises. Ab 1783 ist in Klagenfurt eine Freimaurerloge mit dem Namen „Zur wohlthätigen Marianne“ nachgewiesen (die der unter ihrem Schutz stehenden Wiener Loge „Zur Wahren Eintracht“ folgte).7 Klagenfurt erwies sich demnach nicht als ein Alterssitz im eigentlichen Wortsinn, sondern ermöglichte Maria Anna, zwar in bescheidenem, aber deutlich eigenständigerem Maße, als es ihr in Wien unter Joseph II. möglich gewesen wäre, Hof zu halten. Besonders eng war der Kontakt zu dem bereits ab 1776 als ihr persönlicher Berater fungierenden Mineralogen Ignaz von Born, ein Freimaurer, der sie auch in ihrer Zeit in Klagenfurt jeweils vier Wochen im Jahr besuchte. Der ab 1783 eingesetzte Fürstbischof von Gurk Franz Xaver von Salm, eine der wichtigsten Figuren der Aufklärung in Kärnten, war ab 1786 in Klagenfurt wohnhaft. Salm verfolgte vielfältige künstlerische und wissenschaftliche Interessen höchst aktiv,8 er unternahm nach seiner Ankunft eine eigene kleine Akademiegründung zur Förderung der lokalen Kunstausbildung,9 wobei er selbst aus seiner Zeit in Rom, wo er unter anderem persönlichen Kontakt zu Anton Raphael Mengs hatte, in Kunstfragen außerordentlich bewandert war. Nach Maria Annas Tod übernahm Salm die Residenz, die in das Eigentum der Diözese Gurk überging. Es ist wahrscheinlich, dass Maria Annas Hinterlassenschaft gleich zu diesem Zeitpunkt vollständig in den Elisabethinen-Konvent übertragen wurde, um den neuen Besitzverhältnissen zu entsprechen. Salm hatte seine eigenen Repräsentationsbedürfnisse und verfügte zudem über ein ambitioniertes, am Klassizismus geschultes Kunstverständnis, das die baldige Neuausstattung der Residenz notwendig machte. Eine um 1800 verfasste Beschreibung der unter ihm entstandenen Innenausstattung der nunmehrigen bischöflichen Residenz, verfasst im Stil eines 13

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10 R. Dürnwirth, Aus der Residenz des Kardinal Salm, in: Carinthia I. Mittheilungen des Geschichtsvereins für Kärnten, 93. Jg., Nr. 5-6, Klagenfurt 1903, S. 149-164. Der Verfasser merkt an, dass diese beiden Porträts sich zum Zeitpunkt der Niederschrift des Artikels in der Sammlung des Kärntner Geschichtsvereins befänden. 11 Vgl. dazu den Beitrag Aneta Zahradniks, S. 17-23.

12 Michael Yonan, Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park, Pa. 2011, S. 79.

Gangs durch eine Kunstgalerie, beschreibt ein nach der Handschrift des Fürstbischofs entstandenes künstlerisches Ausstattungsprogramm. Statt der Bildnisse der Fürstenkinder zeigte Salm Porträts seiner eigenen Vorfahren (die in Wien von der Hand Georg Weikerts, also in einem durchaus der Ausstattung Maria Annas verwandten Kontext entstanden waren). Zusätzlich waren Standbilder der drei Kaiser Joseph II., Leopold II. und Franz II. aufgestellt. Es befanden sich Porträts von Maria Theresia und Maria Anna in einem der Repräsentationsräume, die möglicherweise direkt aus dem Bestand der Erzherzogin übernommen wurden.10 Die Frage nach der Hängung des Bildniskonvoluts während der Residenz Maria Annas in Klagenfurt ist nur in Ansätzen geklärt. Dabei ist theoretisch denkbar, dass manche der Bildnisse gar nicht im Klagenfurter Palais, sondern im erzherzoglichen Sommerschloss in Annabichl Verwendung fanden. An manchen der Bildrückseiten sind Hängungsvermerke angebracht, die aber aufgrund der dürftigen Quellenlage zur Ausstattung der Residenz nur wenig Aussagekraft in Hinblick auf ihre Repräsentationsfunktion haben. Immerhin sind dadurch aber offensichtlich gemeinsam gehängte Bildnisgruppen und -serien deutlich als zusammengehörig ausgewiesen.11 Obwohl es also gelungen ist, unterschiedliche Bestandsgruppen des – auf den ersten Blick gattungstechnisch und ikonografisch relativ geschlossen wirkenden – Konvoluts klar zu benennen und historisch zu kontextualisieren, muss deren detaillierte Charakterisierung hinsichtlich der jeweiligen Bedeutung für die Erzherzogin vorläufig offen bleiben. In jedem Fall ist zum Verständnis der Hinterlassenschaft eine kunsthistorische (Neu-)Bewertung der Serialität der Bildnisse notwendig, ihrer starken Bezugnahmen auf bereits bestehende Porträts sowie der zahlreichen Wiederholungen und Pastiches. Die Bildnisse bestehen oft zumindest ausschnitthaft aus Teilzitaten von Einzel- oder Gruppenporträts bekannter zeitgenössischer Künstler, sodass sie nicht auf der Basis von Porträtsitzungen entstanden, sondern durch die Wiederholung und Adaption bereits bestehender Porträts. Nun kennzeichnet aber gerade diese Vorgangsweise den kaiserlich-höfischen Charakter des Konvoluts und war auch nicht auf ihn beschränkt. Die Praxis der Wiederholung, des Wiederaufgreifens und Weiterverarbeitens existierender Werke ist am Wiener Hof historisch als gängig belegt.12 Die Klagenfurter Hinterlassenschaft ist in hohem Maße davon gekennzeichnet und erlaubt einen realistischen Einblick in solche Praktiken und Gattungskonventionen. Ein rein modernistisch geprägtes Verständnis von künstlerischer Originalität auf der Basis von Eigenhändigkeit, auf der Nicht-Wiederholbarkeit autonomer Einzelwerke, auf Subjektivierung und Individualisierung als alleinigem Ausdrucksmodus von Authentizität im Porträt kann also die kunstund kulturhistorische Bedeutung der Bilder nicht fassen. Wenn das Klagenfurter Konvolut starke Bezugnahmen und Interdependenzen, nach außen wie innerhalb einzelner Gruppen und Serien, aufweist, so ist dies auch durch seinen funktionalen Gebrauch bedingt: Ähnlichkeit wurde im Sinne einer grundsätzlichen (Wieder-)Erkennbarkeit gedacht, sodass das Zurückgreifen auf bereits bekannte Vorbilder aussagekräftig und sinnvoll war. Solche Wiederholungen stellten keine Geringschätzung der Ausstattung für die Klagenfurter Residenz oder gar der Erzherzogin dar, sondern waren für die Porträtkultur der Habsburger im 18. Jahrhundert höchst charakteristisch. 14

13 David Ganz und Felix Thürlemann (Hg.), Das Bild im Plural. Mehrteilige Bildformen zwischen Mittelalter und Gegenwart, Berlin 2010. In besonderem Maße gilt dies neben den habsburgisch geprägten Familienbildern traditionell für die Schönheitenund Ahnengalerien.

Das Konvolut zeigt sich als eingebunden in die höfische Porträtkultur des 18. Jahrhunderts mit seinen für die Habsburger Bildpolitik charakteristischen Auftrags- und Austauschpraktiken. Selbst innerhalb der Gattung des Einzelporträts, die ja grundsätzlich der Darstellung einzelner Individuen verpflichtet ist, waren also Verbundzusammenhänge (Gruppen, Serien, Familien) wichtig: Auch das Porträt ist ein „Bild im Plural“.13 So reflektiert Maria Annas Hinterlassenschaft in Klagenfurt gerade aufgrund ihrer Abhängigkeit von bestehenden Bildniskontexten ihre Bedeutung inmitten der auf Porträts basierenden habsburgischen Repräsentationskultur. Der hier vorliegende Band stellt die erste kunsthistorische Darstellung des Konvoluts dar. Der Katalogteil gibt, jeweils bezogen auf spezifische Untergruppen und Porträtserien des Konvoluts, detailliert Auskunft zu den dargestellten Personen, den beauftragten Künstler/innen und Werkstätten sowie den Entstehungs- und Verwendungskontexten der Gemälde, soweit deren Rekonstruktion möglich war. Er versteht sich als Anleitung für die Präsentation der Gemälde in Ausstellungskontexten und ihre Vermittlung an eine interessierte Öffentlichkeit ebenso wie als Grundlage für weitere wissenschaftliche Arbeiten, zu denen, wie zu hoffen ist, so Anstoß gegeben wird. Die Textbeiträge sind der Kontextualisierung der Bildnisse in der Porträtmalerei des 18. Jahrhunderts und den damit verbundenen höfischen Praktiken gewidmet. Diesen weiteren kunst- und kulturhistorischen Kontext eröffnen die Beiträge von Werner Telesko und Michael Yonan, die der Darstellung der Porträtkultur Maria Theresias sowie den fürstlichen Sammlungspraktiken des 18. Jahrhunderts gewidmet sind. Ausgehend von dem kurz nach der Ankunft Maria Annas in Klagenfurt entstandenen Porträt der Erzherzogin fragt Stefanie Kitzberger nach der Selbstinszenierung Maria Annas in Klagenfurt, während Aneta Zahradnik in ihren beiden Beiträgen eine Nachzeichnung der Hängung der Bildnisse in der Residenz unternimmt und den wichtigen Sammlungsbestandteil der Kinderbildnisse untersucht. Die „Entdeckungsgeschichte“ des Konvoluts erzählt der Bericht der Restauratorinnen Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt und Britta Schwenk. Tatsächlich waren die bis dahin konservatorisch unberührt gebliebenen Bilder erst im Zuge der Kooperation des Elisabethinen-Konvents mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien in den Jahren 2010 und 2012 geschlossen dokumentiert, inventarisiert und konservatorisch behandelt worden. Aus wissenschaftlicher Sicht war damit der Glücksfall einer bis dahin kaum beachteten Sammlung gegeben, deren Betrachtung und Kontextualisierung durch die konservatorisch vorbildliche, öffentlich zugängliche Präsentation der Bildnisse im 2012 eröffneten Schaudepot Kunsthaus Marianna erleichtert wurde. Das Forschungsprojekt zur kunsthistorischen Aufarbeitung der Hinterlassenschaft der Erzherzogin Maria Anna, dessen Ergebnisse dieser Band zusammenfasst, wurde im Auftrag des Elisabethinen-Konvents in Klagenfurt von 1. Juli 2013 bis 31. Mai 2014 an der Abteilung für Kunstgeschichte der Universität für angewandte Kunst Wien mit den Mitarbeiterinnen Stefanie Kitzberger und Aneta Zahradnik durchgeführt. Die zentralen Projektziele waren die Verortung der Gemäldesammlung in der regionalen und überregionalen Porträtmalerei sowie deren kunst- und kulturwissenschaftliche 15

D Eva Kernbauer

Kontextualisierung. Die Objekte wurden in Untergruppen geordnet, um engere thematische und ikonografische Zusammenhänge zu verdeutlichen, es wurden Zuschreibungen (sowohl hinsichtlich der Dargestellten wie auch hinsichtlich der beteiligten Künstler/innen) und Datierungen überprüft und korrigiert. Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Identitäten aller Dargestellten bestimmt werden. Außerdem wurde versucht, die Sammlungsgeschichte und die Ausstattung der Residenz so weit wie möglich zu rekonstruieren, wobei in diesem letzten Punkt, wie oben ausgeführt, die meisten Fragen offen bleiben mussten. Uns verbleibt an dieser Stelle der herzliche Dank an alle beteiligten wissenschaftlichen Kollegen und Kolleginnen, die uns während der Forschungsarbeiten unterstützt haben. An erster Stelle steht dabei meine Kollegin Gabriela Krist, die mich als Leiterin des Instituts für Konservierung und Restaurierung zuerst auf das Konvolut aufmerksam gemacht hat. Wir fanden großzügige finanzielle und ideelle Unterstützung von Seiten des Elisabethinen-Konvents, wobei unser besonderer Dank Oberin Sr. Consolata Hassler sowie dem unermüdlichen Diözesanökonom Franz Lamprecht gilt, ohne deren Unterstützung das Forschungsprojekt nicht hätte durchgeführt werden können. Ebenso danken wir Ökonomin Sr. Engelberta Schmid für die freundliche Betreuung vor Ort. In Klagenfurt waren zudem die Kontakte zu Peter G. Tropper und Robert Kluger, insbesondere zu dessen Forschungsprojekt zum Bau der Klagenfurter Residenz, wichtig. Die Aufbereitung der Ergebnisse des Forschungsprojekts für eine umfangreichere Publikation wurde erst durch eine Subvention des Landes Kärnten möglich. Deren weitere Finanzierung und Betreuung hat die Universität für angewandte Kunst Wien übernommen, hier gilt mein Dank Rektor Gerald Bast, meiner Kollegin Anja Seipenbusch sowie Angela Fössl vom Verlag de Gruyter/Birkhäuser. Während des gesamten Projektverlaufs fanden Gespräche mit Experten und Expertinnen verschiedener Institutionen statt, die hier, auch im Sinne eines Forschungsberichts, kurz genannt werden sollen: Georg Lechner (Österreichische Galerie im Belvedere) zu Auskünften zu Martin van Meytens; Marianne Koos (Université Fribourg) zu Zuschreibungsfragen im Umkreis Jean-Étienne Liotards. Wir fanden im Kunsthistorischen Museum Wien kompetente Unterstützung von Guido Messling. Hilfreich waren auch die Gespräche mit Elfriede Iby (Schloß Schönbrunn), Ilsebill Barta (Hofmobiliendepot Wien), Viktoria Hammer (Hofburg Innsbruck), Renate Zedinger und Andreas Gamerith, mit deren Hilfe wir zwar nicht alle Probleme lösen, wohl aber gemeinsam pflegen konnten.

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Die Bildausstattung die bildausstattung der klagenfurter residenz bis 1789 Aneta Zahradnik

1 Zur erzherzoglichen Residenz siehe: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs: Kärnten, Wien 1976, S. 290; Barbara Neubauer-Kienzl u.a. (Hg.), Barock in Kärnten, Klagenfurt 2000, S. 247f, 261; Johann Kienberger, Zur Geschichte der bischöflichen Residenz, in: Carinthia I. Geschichtliche und volkskundliche Beiträge zur Heimatkunde Kärntens, Heft 3 und 4, 1963, S. 548-554. 2 Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil, Wien 1964, S. 43. 3 Othmar Rudan führt seinen Sohn Franz de Paula von Herbert als für die Gesamtgestaltung verantwortlich an. Die Inventarliste des Mobiliars der Klagenfurter Residenz ist jedoch von dessen Vater Johann Michael von Herbert (1726–1806) unterzeichnet, dem Klagenfurter Fabrikanten. Vgl. Othmar Rudan, Erzherzogin Maria Anna in Klagenfurt 1781–1789. Palais und Kloster vereint, in: Carinthia I. Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, Klagenfurt 1980, S. 185-260, hier S. 200. 4 Erzherzogin Maria Anna, Briefe an Baron Herbert betr. Die Einrichtung ihres Hauses in Klagenfurt (1775 Jän. bis Sept.), Klosterarchiv des ElisabethinenKonvents, Klagenfurt, Akten III. I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2.

Bald nachdem Erzherzogin Maria Anna 1769 der damaligen Oberin des ElisabethinenKonvents Agnes Kuenburg schriftlich ihren Wunsch mitteilte, sich nach Klagenfurt zurückzuziehen und ihren Lebensabend in der Nähe der Nonnen verbringen zu wollen, gab Kaiserin Maria Theresia den Bau eines kaiserlichen Palais in Klagenfurt in Auftrag. Das als Residenz für Maria Anna konzipierte Schloss wurde zwischen 1769 und 1776 vom Hofarchitekten Nikolaus von Pacassi nach dem Vorbild des kaiserlichen Sommersitzes Schloss Hetzendorf gestaltet. Um 1780 erfolgte eine Modernisierung des Baus durch Franz Anton Hillebrandt und 1781 eine letzte Änderung durch Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg.1 Die Innenausstattung der Klagenfurter Residenz bestand zum Teil aus Gegenständen, die Maria Anna bereits 1775 von Wien nach Klagenfurt transportieren ließ oder welche sie dann später bei ihrem Umzug mitgenommen hatte. Einiges an Mobiliar ließ sie jedoch in Klagenfurt anfertigen. Vor ihrem Tod bestimmte Maria Theresia die Einrichtung des Kabinetts im oberen Stock der Hofburg, bestehend aus Möbeln, indischen Vasen und Kästchen, einer Metallfigur mit dem Porträt Marie Antoinettes und allerlei anderen Kleinigkeiten, für ihre Tochter Maria Anna als Andenken.2 Einige dieser Gegenstände scheint die Erzherzogin von Wien nach Klagenfurt mitgenommen zu haben, denn sie werden in ihrem Testament erwähnt. Eine der wichtigsten Quellen für die Rekonstruktion der Bildausstattung der Residenz und für den Versuch, die historische Hängung der Porträts zu Lebzeiten Maria Annas nachzuvollziehen, bilden die Briefe der Erzherzogin, die sie von Jänner bis September 1775 an Baron Johann Michael von Herbert3 sandte und welche sich im Klosterarchiv der Elisabethinen erhalten haben. 4 Baron Herbert übernahm die Überwachung der Gesamtgestaltung in Klagenfurt, später hatte Graf Johann Polykarp Christalnigg die Kontrolle über die abschließenden Arbeiten inne. Die Korrespondenz aus dem Klosterarchiv der Elisabethinen gibt Auskunft über Wünsche und Anweisungen Maria Annas hinsichtlich der Gestaltung des Palais. So bestimmte sie in diesen beispielsweise, welche Wände der Räumlichkeiten mit Leinwand bzw. Atlas spaliert oder lediglich ausgemalt werden sollten. Jedem Zimmer – sei es zu „ebener Erde“ oder im obersten Stock – wurde eine Nummer zugeordnet. Zimmer Nr. 12 sollte etwa rundherum mit Garderobenkästen ausgekleidet werden, Zimmer Nr. 2 wird wiederum als jenes „mit den Kupferstichen“ bezeichnet. Am 5. Jänner 1775 kündigt die Erzherzogin einen Transport an, der Pastellbilder beinhalte, welche in den „zwey zimer[n] zu ebener erde“ zu platzieren seien. Die Kupferstiche, die ebenso aus Wien stammten, waren für die Wohnung des Obersthofmeisters Graf Camillo Colloredo-Wallsee vorgesehen. Im Schreiben vom 20. März 1775 ist zu lesen, dass die Bilder an Nägeln 17

Aneta Zahradnik

5 Die Sammlung der Elisabethinen enthält neben den in dieser Publikation behandelten Habsburgerporträts eine Vielzahl an Gemälden mit religiösen Sujets, die zum Teil aus Maria Annas Besitz stammen.

6 Vgl. Maria Annas Brief an Baron Herbert vom 1. Juni 1775.

7 Johann Michael von Herbert, Beschreibung Über die in den Erz-herzoglichen Schloß-gebäu nächst dem Elisabethiner Kloster zu Klagenfurt befindlichen Mobiliar und anderen Hausgerätschaften, 15. Juni 1776, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt.

oder an blauen halbseidenen Schnüren zu hängen hatten, durchaus in zwei Reihen und in einer Höhe, die Baron Herbert für tauglich hielt. Maria Annas Brief vom 5. Juni 1775 gibt am ausführlichsten Auskunft über die von Wien nach Klagenfurt transportierten Kunstwerke. So sollten beispielsweise alle Familienbilder in gleicher Größe und mit gleich lackierten Rahmen beisammen bleiben und in Zimmer Nr. 2 gezeigt werden. Damit dürfte die Familiengalerie angesprochen sein (Kat. 1-33). In Zimmer Nr. 1 sollten jene Bilder gehängt werden, die einen grau lackierten Rahmen haben. In Zimmer Nr. 4 wünschte sich die Erzherzogin die „vier einsidler bilder“ zu sehen, womit wohl jene vier großformatigen Gruppenporträts der Kaiserkinder gemeint waren, die als Eremiten im Franziskanerhabit vor einem Landschaftshintergrund verschiedensten Arbeiten nachgehen (Kat. 80-83). Für Zimmer Nr. 6 war „keineß alß das frauen bild“ vorgesehen, hier ist nicht klar, welches Bild angesprochen wird, es könnte sich um ein Madonnenbild handeln.5 Für Zimmer Nr. 13 waren das Porträt des „Kaisers in ungarischer Tracht“ (Kat. 97), jene der Kardinäle (Kat. 94-96) und ein drittes, in dem die Kaiserin in „ungarischer, boehmischer Tracht“ (Kat. 98) dargestellt sei, vorgesehen. In den zwei Zimmern des Obersthofmeisters wünschte die Erzherzogin alle übrigen Bilder zu hängen. Die restlichen Familienporträts sollten in Maria Annas Kabinett einstweilen auf die Erde gelegt werden. In einem dieser Briefe schließlich fordert Maria Anna Baron Herbert auf, alle nach Klagenfurt transportierten Einrichtungsgegenstände, „jedes Löfferl“ und „jedes Bild“ auf das Genaueste zu inventarisieren.6 Jeweils eine Abschrift dieses Verzeichnisses sollte an den „zimerwarter“, an Maria Anna, an „den Mayer“ sowie eine letzte an Baron Herbert selbst gehen. Ein Exemplar dieser Inventarliste, die unter dem Titel „Beschreibung der Mobilien im erzherzogl. Hofgebäude“ am 15. Juni 1776 von Baron Herbert verfasst wurde, wird im Archiv des Klosters aufbewahrt.7 Jegliches Mobiliar – und dies schloss auch die Bildausstattung des Palais ein – sowie alle Hausgerätschaften, die sich zu diesem Zeitpunkt in den Räumlichkeiten der Residenz befanden, wurden hier genauestens dokumentiert. Zimmer für Zimmer, beginnend auf der „Erzherzoglichen Seite“ im ersten Stock des Schlossgebäudes, vom Vorzimmer über Zimmer Nr. 1 bis 14, die Kapelle, den Gang usw. führte Baron Herbert die einzelnen Einrichtungsgegenstände an. Die Aufzeichnungen erlauben damit eine Rekonstruktion der Zimmerabfolge sowie der Nutzung der Räumlichkeiten des erzherzoglichen Palais zu Zeiten der Erzherzogin. Hinsichtlich der Bildausstattung der Residenz lassen sich dem Dokument neben der Stückzahl an Bildern im jeweiligen Zimmer stellenweise auch deren Sujets entnehmen: In Zimmer Nr. 1 befanden sich etwa 32 Landschaftsbilder, in Zimmer Nr. 2 eine beträchtliche Anzahl von 36 Familienbildern, in Zimmer Nr. 5 vier Einsiedlerbilder, in Nr. 7 sechs Einsiedlerbilder, in der „Guadroba“ Zimmer Nr. 11 weitere sechs Familienporträts mit goldenem Rahmen, sechs mit blauem Rahmen, 14 Stück verschiedene Bilder sowie 16 weitere Bilder aus dem Vorzimmer. In der „Guadroba“ Nr. 12 ist mit 346 ein umfangreiches Konvolut an Kupferstichbildern verzeichnet und in den darauffolgenden Zimmern 13 und 14 weitere 25 Bilder ohne genaueren Hinweis. Im Erdgeschoss des Palais, auf der Seite des Obersthofmeisters im ersten Stock sowie im Nebengebäude, haben sich Bilder befunden, bei denen es 18

8 Die aufgrund einer über der Beschriftung angebrachten Metallplatte unvollständige Information lautet: „... Fenster über dem Kardinal“.

sich zum einen um religiöse Darstellungen handelte und zum anderen um Bilder, die in Herberts Aufzeichnungen nicht näher spezifiziert werden. Anhand dieser Archivalien lässt sich zumindest ein Eindruck über die Verteilung der Porträts über die Räumlichkeiten der Residenz gewinnen. So kann wohl angenommen werden, dass aufgrund der hohen Anzahl von 36 Familienbildern, die für Zimmer Nr. 2 im ersten Stock der erzherzoglichen Räume vorgesehen waren, die Familiengalerie, welche heute mit 33 Bildnissen erhalten ist, angesprochen wird. Über die tatsächliche Hängung der einzelnen Porträts im Klagenfurter Palais während Maria Annas Residenzzeit von 1781 bis 1789 ist aufgrund fehlender Aufzeichnungen unglücklicherweise nur sehr wenig bekannt. Einziges Indiz zu einer Rekonstruktion sind die mit großer Wahrscheinlichkeit im 18. Jahrhundert vermerkten Anweisungen zu einer Hängung der Porträts, welche mit Bleistift auf den Rückseiten einiger Gemälde notiert wurden. Insgesamt 54 Objekte und damit mehr als ein Drittel der Sammlung tragen solche Beschriftungen, wobei durch das Ersetzen mancher originaler Spannrahmen einige Hängungsanweisungen verloren gegangen sein könnten. Auch sind Teile der Beschriftungen aufgrund von Abnutzungsspuren und einem schlechten Erhaltungszustand nicht mehr oder nur teilweise lesbar. Dennoch kann mittels der erhaltenen Informationen und aufgrund sich wiederholender Schlagworte, die Hinweise auf einen bestimmten Raum oder auf sich in der Nähe befindliche Porträts liefern, eine räumliche Nachbarschaft mancher Porträts rekonstruiert werden. In der Familiengalerie tragen nur fünf der 33 Porträts eine Beschriftung. Weil davon auszugehen ist, dass diese als geschlossene Einheit in einem repräsentativen Rahmen hingen, liefert etwa die Notiz auf der Rückseite des Bildnisses des Moritz von Chablais (Kat. 32) Informationen über die gesamte Gruppe. Dieser befand sich „rechts neben dem Fenster unter dem rothen Kardinal“, weshalb wir schließen können, dass eines der Porträts der Kardinäle ebenfalls in diesem Raum zu sehen war. Neben dem Bildnis des Kardinals Christoph Anton von Migazzi von Wall und Sonnenthurn (Kat. 94), das sich „zwischen eiserner Thür und Fenster“ befand, und dem Bildnis des Kardinals Johann Heinrich Graf von Frankenberg (Kat. 96), das keine Beschriftung aufweist, könnte mit dem „rothen Kardinal“ das Porträt des päpstlichen Nuntius Giuseppe Garampi in roter Gewandung (Kat. 95) angesprochen sein, das neben jener „eisernen Thür links“ hing. Dieser wurde 1785 zum Kardinal ernannt. Außerdem befand sich laut rückseitiger Beschriftung des Gemäldes einer Erzherzogin als Eremitin (Kat. 84) ein Fenster über jenem Kardinal.8 Rechts oben neben der erwähnten eisernen Tür „unter auf d. 2te“ hing das Bildnis des Josef von Edlingen, Pfarrer zu St. Lorenzen (Kat. 135), ebenso rechts oben als erstes ein Porträt der Magdalena Passant (Kat. 132) und ein weiteres der Hofdame links oben als erstes (Kat. 131). „[B]ei der eisernen Thür links von oben herab d. 3te“ wird das Bildnis eines unbekannten Geistlichen situiert (Inv. Nr. 110). Bei der eisernen Tür rechts unten als letztes hing schließlich das Kinderporträt der Marie Thérèse Charlotte (Kat. 68), älteste Tochter Marie Antoinettes. Das Pendantbildnis ihres Bruders Louis Joseph trägt die nur teilweise lesbare Notiz „Ober der .... Thür, links“ (Kat. 67), das Porträt desselben mit einem Vogel in der Hand befand sich links neben einer in der Notiz vermerkten „Ausgangs Thür“ 19

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(Kat. 69). Anhand der Beschriftung auf dem Porträt des Karl Alexander von Lothringen aus der Familiengalerie (Kat. 7) wissen wir, dass dieses auf der „linken Seite des Fst. Bischofs als 2tes in der Mitte auf der Mauer des Schwestern Chors“ hing. Hier wird man sich wohl auf das Porträt des Fürstbischofs von Lavant, Vinzenz Joseph von Schrattenbach, gemalt von Johann Baptist Lampi bezogen haben (Kat. 88). Ebenfalls zur Linken des Fürstbischofs befanden sich das Bildnis des Ferdinand von Parma (Kat. 20) sowie das seiner Gemahlin Maria Amalia (Kat. 21) aus der Gruppe der Familienbildnisse. Außerdem ebenso auf der linken Seite „ganz vorn als 5tes“ das Pastellbildnis eines Säuglings (Kat. 49) und darüber „ganz vorn als 4tes“ das Pastellbildnis zweier vermutlich parmesanischer Kinder (Kat. 42). An der sog. „Rückwand“ des Fürstbischofs, und damit ist wohl eine Wand eines an diesen großen Raum anschließenden Zimmers angesprochen, befand sich das Porträt eines Kaiserkindes zu Pferde (Kat. 35), das wahrscheinlich die Erzherzogin Maria Anna in jungen Jahren darstellt; ebenfalls an dieser Rückwand hängend, rechts unten als drittes, das Kinderbildnis Alexander Leopolds von Toskana aus der sog. FabbriniGruppe (vgl. S. 112-115), rechts in der Mitte das Pastellporträt Ferdinands (III.) von Toskana als Kind (Kat. 45) und auf der Rückwand links das Porträt des kleinen Carl Ludwig in Pastell (Kat. 48), beide aus der sog. Werlin-Gruppe (vgl. S. 109-110). Weitere Kinderbildnisse hingen neben dem als in den Beschriftungen bezeichneten „Fürstenfenster“: als erstes von oben das Porträt des noch sehr kleinen Ludwig von Parma mit drei Straußfedern auf dem Haupt (Kat. 40), darunter ein Bild desselben als junger Knabe (Kat. 39) und an dritter Stelle das Porträt eines Kindes von Ferdinand und Maria Beatrice von Österreich-Este, vermutlich Franz (IV.) (Kat. 63). Neben dem Bildnis des Fürstbischofs wird auch ein Porträt der Erzherzogin als Bezugspunkt in einigen Beschriftungen der Kinderbildnisse genannt, womit wohl das Bildnis Maria Annas von Lampi angesprochen ist: die Darstellung eines Mailänder Kindes in weißem Gewand etwa (Kat. 64), das sich neben der „Erzherzogin“ an dritter Stelle befand; weiters das Porträt Carl Ludwigs von Toskana aus der Werlin-Gruppe auf der linken Seite der Erzherzogin oben an erster (Kat. 47), das Bildnis desselben aus der Fabbrini-Gruppe, einige Jahre älter dargestellt, an zweiter Stelle (Kat. 53) sowie darunter das Porträt eines Sohnes des Königspaars von Neapel-Sizilien, vermutlich Francesco Gennaro (Kat. 61), als „unten das 3te“. Auf der rechten Seite der Erzherzogin ganz unten hing das Porträt eines Kindes von Marie Antoinette, in dem ihr zweitältester Sohn Louis Charles vermutet wird (Kat. 70). In der Gruppe der Kinderbildnisse tragen etwas mehr als die Hälfte rückseitige Notizen zu einer Hängung, wie sie zu Lebzeiten Maria Annas in der Klagenfurter Residenz hätte aussehen können (23 von 42 Objekten sind beschriftet). Zwei Objekte verweisen dabei auf einen „schmalen Raum“, in dem „zwischen 2 Thürstöck“ zumindest folgende beiden Bilder angebracht waren: das Gruppenbild der Kinder Maria Theresias und Franz Stephans an zweiter Stelle hängend (Kat. 34) sowie „ganz herunten“ das Porträt von Maria Annas Nichte, Maria Theresia, nach der Vorlage von Werlins Gruppenporträt der toskanischen Familie (Kat. 44). Die in der Sammlung befindliche zweite Version des Mädchenbildnisses, in Pastell ausgeführt, trägt den Hinweis, 20

9 Die auf der Rückseite vermerkte Position lautet: „neben dem Fenster unten das 5te“.

10 Eduard Mahlknecht, Der Gurker Bischof Franz Xaver von Salm als Kunstmäzen, in: Peter G. Tropper (Hg.), Franz Xaver von Salm. Aufklärer – Kardinal – Patriot, Ausst.-Kat. Bischöfliche Residenz, Klagenfurt 1993, Klagenfurt 1993, S. 82-99, hier S. 82f. Zur Ausstattung der bischöflichen Residenz siehe die um 1800 verfasste Beschreibung der Räumlichkeiten in: R. Dürnwirth, Aus der Residenz des Kardinal Salm, in: Carinthia I. Mittheilungen des Geschichtsvereins für Kärnten, 93. Jg., Nr. 5-6, Klagenfurt 1903, S. 149-164. 11 Engels 1964, S. 83.

als „das 2te neben der Oberin Gasser“ gehangen zu haben (Kat. 43). Damit könnte das Porträt der Xaveria Gasser, Oberin des Elisabethinen-Ordens, gemeint sein (Kat. 91). Das Kinderbildnis des toskanischen Neffen Ferdinand (III.) aus der Gruppe der Bilder nach Giuseppe Fabbrini soll sich auf der „Esszimmer-Seite neben dem Aufsatzkastl“ befunden haben (Kat. 57). In der Serie der kleinformatigen, ovalen Familienbildnisse haben sich bis auf das Porträt Josephs II. (Kat. 107), dessen Spannrahmen mit einem transparenten Lack überzogen ist, alle rückseitigen Beschriftungen zur Hängung erhalten. Laut dieser Notizen befanden sie sich „beim“, „neben“ oder „über dem Fenster“ in der Nähe des Porträts der Erzherzogin, denn laut des Hinweises auf der Bildnisrückseite der Maria Amalia, Herzogin von Parma (Kat. 110), war dieses über dem Fenster, rechts von der Erzherzogin, positioniert. Die restlichen Porträts gruppierten sich um diese Fenster in zwei Reihen, links oder rechts bzw. übereinander (Kat. 105-115). Das kleinformatige Porträt des Pfarrers Josef von Edlingen (Kat. 133) hing ebenfalls hier, „neben dem Fenster“ als „unten das 4te“. Es ist mit einem Bildnis gleichen Formats in Verbindung zu bringen, das einen unbekannten Mönch darstellt (Kat. 134), welcher laut Beschriftung unter ihm hing.9 Ebenfalls bei dieser Fenstergruppe befand sich das Bildnis einer unbekannten jungen Dame in weißem Kleid (Kat. 128). Zwei weitere Objekte aus der Sammlung weisen Beschriftungen dieser Art auf: Das Bildnispaar des Kaisers Franz II. und seiner Gemahlin Maria Theresia von Neapel-Sizilien (Inv. Nr. 114 und 115) war „Links des Fst. Bischofs“ situiert; Franz II. sei „unter Erzh. Ferdinand als 1tes zu hängen“, so die Anweisung. Diese beiden Gemälde stammen jedoch zeitlich aus einem anderen Entstehungskontext als der Rest der Porträts der Verwandten Maria Annas und können nicht zu Lebzeiten der Erzherzogin in die Klagenfurter Sammlung gelangt sein, da sie jedenfalls nach 1790, dem Jahr der Vermählung der beiden, gemalt worden sein müssen. Daraus lässt sich schließen, dass die Beschriftungen auf den Rückseiten der Porträts nicht im Auftrag der Erzherzogin Maria Anna angebracht wurden, sondern nach ihrem Tod, als das Palais bereits in den Besitz der Diözese Gurk übergegangen war. Um die Jahreswende 1790/1791 war Fürstbischof Franz Xaver von Salm vom sogenannten Viktringerhof in Klagenfurt in das erzherzogliche Palais gezogen. In seinem Auftrag wurden die Repräsentationsräume einer umfassenden Neugestaltung unterzogen, die in der skulpturalen und malerischen Ausstattung vor allem unter klassizistischen Gesichtspunkten unternommen wurde.10 Die Vermerke zur Hängung der Porträts könnten im Zuge der Abnahme der Gemälde, um die von Salm beauftragten Decken- und Wandbemalungen der Residenz durchzuführen, angebracht worden sein. Sie dienten eventuell dazu, das ursprüngliche Hängungskonzept der Erzherzogin nachvollziehen zu können. Letztlich lassen sich jedoch über die Funktion dieser Beschriftungen nur Vermutungen anstellen. Ebenfalls unklar bleibt, welche oder wie viele Porträts des Konvoluts zur Ausstattung von Schloss Annabichl, das die Erzherzogin als Sommerresidenz nutzte, dienten. Gottfried Graf von Heister soll das Schloss 1774 samt weitläufigem Anwesen und Wald im Namen der Erzherzogin erworben haben. Im Inneren soll es vollständig ausgemalt gewesen sein, jedoch haben sich von dieser malerischen Ausstattung lediglich Spuren erhalten.11 21

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12 Erzherzogin Maria Anna, Letztwillige Anordnung, 1791, Kärntner Landesarchiv, Klagenfurt, AT-KLA 73-C-630 Ak, Schachtel 16.

13 Abschrift des Schreibens Maria Annas an Kaiser Josef II. betreffend ihr Testament, 4. Februar 1787, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III. I., Fach II, 1. 2.

14 Engels 1964, S. 138.

15 Inventar über den gesamten Nachlaß der zu Klagenfurt am 19. November 1789 verstorbenen Erzherzogin Maria Anna, Tochter des Kaisers Franz I. und der Kaiserin Maria Theresia, 04.05.1790, Klagenfurt, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien, AT-OeStA/HHStA UR FUK 2125a. 16 Siehe dazu das Kapitel zu den Pastellbildnissen, S. 129-137.

17 Verzeichnis der von dem wohlehrwürdigen Elisabethinnen-Konvente in Klagenfurt dem kärntnerischen Geschicht-Vereine zu zeitweiliger Aufstellung, mit Vorbehalt der Eigenthums-Rechte des wohlehrw. Konventes, überlassenen Gemälde, Klagenfurt am 26. Juli 1868, Klosterarchiv des ElisabethinenKonvents, Klagenfurt.

Neben diesen Hängungsanweisungen sowie der Korrespondenz zwischen Erzherzogin Maria Anna und Baron Herbert liefert das Testament der Erzherzogin eine letzte wichtige Quelle zur Rekonstruktion der Ausstattung der Residenz.12 Maria Anna hatte ihr in Wien aufgesetztes Testament in Klagenfurt annulliert und am 17. März 1787 ein neues verfasst, in dem das Kloster als Universalerbe festgelegt wurde. Davor beratschlagte sie sich in einem Briefwechsel mit Kaiser Joseph II., der ihr riet, Maria Annas in Ungarn angelegtes Kapital von 120 000 Gulden nicht als donatio inter vivos zu vermachen, sondern in einem Testament. Im Klosterarchiv hat sich eine Kopie des Briefes von Maria Anna an Joseph II. erhalten.13 Die Vollstreckung des Testaments wurde Graf Franz Josef von Enzenberg angetragen. Die Erzherzogin vermachte darin ihren Geschwistern und Nichten kleine Andenken: so etwa eine schwarzlackierte Glockenspieluhr für Joseph, einen Konfektaufsatz für Leopold oder eine französische Truhe für dessen Gemahlin. Graf Enzenberg erbte die gesamte weltliche Bibliothek, die Kräuterund Naturaliensammlung und alle „Maschinen“. Die Bibliothek soll im 19. Jahrhundert vom Enkel Enzenbergs verkauft worden sein und dürfte zum Teil einem Brand zum Opfer gefallen sein.14 Besonders interessant ist, dass Graf Johannes von Christalnigg alle Pastellbilder aus dem Sommerzimmer sowie alle Bilder, Boiserie (Vertäfelung) und Möbel des daran stoßenden blauen Kabinetts von Maria Anna erbte. Anhand eines Verzeichnisses im Österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchiv, das jene von Christalnigg übernommenen Bilder auflistet, lässt sich nachvollziehen, dass 13 Pastellbilder mit schwarz-goldenem Rahmen, 51 mit gänzlich goldenem Rahmen, ein Bild mit weiß-goldenem, eines mit braun-goldenem und ein letztes mit grau-blauem Rahmen in den Besitz Christalniggs gekommen sein sollen.15 Die sechs goldgerahmten Pastellporträts, die sich heute in der Sammlung der Elisabethinen erhalten haben, könnten eventuell Teil jener umfangreichen Serie von 51 Werken gewesen sein, die nach dem Ableben der Erzherzogin Christalnigg erhalten hatte16. Unglücklicherweise werden die Porträts in Maria Annas Testament an keiner Stelle einzeln erwähnt, sondern höchstens als Gruppe angesprochen wie etwa im Fall der Pastellbilder. Dieser Umgang mit den Werken im Testament spiegelt den Stellenwert, den die Porträts in der Residenz als Mobiliar hatten, wider. Nach dem Tod der Erzherzogin 1789 gingen alle restlichen Bilder des Konvoluts, die nicht gemäß ihres Testamentes an bestimmte Personen vermacht wurden, in den Besitz des Elisabethinen-Ordens über, wo sie seither aufbewahrt werden. 1868 kam es zu einer leihweisen Übernahme von 54 Objekten durch den Kärntner Geschichtsverein, welche durch eine Auflistung der überlassenen Gemälde dokumentiert ist.17 22

18 Baron Carl Hauser, Führer durch das Historische Museum des Rudolfinums in Klagenfurt, Klagenfurt 1884, S. 67-71. Eine letzte Erwähnung der Exponate findet sich im Sammlungsführer von 1927: Geschichtsverein für Kärnten (Hg.), Führer durch das Museum des Geschichtsvereines für Kärnten und dessen Monumentenhalle im Landesmuseum zu Klagenfurt, Klagenfurt 1927, S. 57-58. 19 „Nr. 31 Maria Theresia als Stifterin des St. Stephanordens u. Nr. 32 als Königin von Böhmen, sowie Nr. 43 Damenportrait ohne Bezeichnung.“ Brief des Kärntner Geschichtsvereins an das Elisabethinen Kloster, 20. Mai 1926, Klosterarchiv des ElisabethinenKonvents, Klagenfurt. 20 Brief des Museums des Geschichtsvereines an den Konvent der Elisabethinen betreffend die Rückgabe der vom Elisabethinnen Konvent entliehenen Gemälde, Klagenfurt, am 14. Mai 1942, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt. 21 Übernahme-Bestätigung der Bilder von Habsburgern durch die Elisabethinen, Klagenfurt am 9.6.1954, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt.

Jene 54 Habsburgerporträts wurden im Rudolfinum des Landesmuseums Klagenfurt ausgestellt und sind erstmals 1884 im Sammlungsführer des Museums erwähnt.18 Dort wird die damalige Hängung im sogenannten „Maria Theresien-Saal“ (Saal VI) beschrieben. Die geliehenen Objekte wurden mit einer vierstelligen Inventarnummer versehen, welche als ovaler Papieraufkleber auf einigen Gemäldevorderseiten im rechten unteren Eck noch heute erhalten ist. 1926 wird das Fehlen von drei der 54 Objekte durch den Geschichtsverein festgestellt.19 1942 richtet sich der Geschichtsverein in einem Schreiben an den Konvent, diese Porträts wieder zurück in die Obhut des Klosters geben zu wollen, dem im gleichen Jahr Folge geleistet wird.20 Die Exponate, die sich nun laut Urkunden auf 52 Stück belaufen – eines der fehlenden Gemälde muss also wieder zurückgestellt worden sein –, wurden während der Kriegsjahre in der Bibliothek der bischöflichen Residenz aufbewahrt und 1954 schließlich an den Konvent zurückgegeben.21 Seither werden sie geschlossen im Klostergebäude der Elisabethinen aufbewahrt.

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die hinterlassenschaft die hinterlassenschaft maria annas und das konzept einer fürstlichen porträtsammlung Michael Yonan

1 Einen Überblick über die Sammelkultur der Habsburger bietet Thomas DaCosta Kaufmann, From Treasury to Museum: The Collections of the Austrian Habsburgs, in: John Elsner und Roger Cardinal (Hg.), The Cultures of Collecting, Cambridge 1994, S. 137-154. Spezialisiertere Untersuchungen finden sich bei Elisabeth Scheicher, Die Kunst- und Wunderkammern der Habsburger, Wien 1979; Debora J. Meijers, Kunst als Natur. Die Habsburger Gemäldegalerie in Wien um 1780, Wien und Mailand 1995; Michael Yonan, Kunsthistorisches Museum / Belvedere, Vienna: Dynasticism and the Function of Art, in: Carole Paul (Hg.), The First Modern Museums of Art: The Birth of an Institution in Eighteenth- and Early NineteenthCentury Europe, Los Angeles 2012, S. 167-189, und Gudrun Swoboda (Hg.), Die Kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums, 2 Bde., Wien, Köln und Weimar 2013. 2 Jonathan Brown, Kings and Connoisseurs: Collecting Art in Seventeenth-Century Europe, Princeton 1995, S. 227-247.

Gemessen an jedweder Definition von Sammelfertigkeit zählen die österreichischen Habsburger zu den großartigsten Kunstsammlern, die der europäische Kontinent hervorgebracht hat. Das Kunsthistorische Museum in Wien bietet seinen Besucherinnen und Besuchern die materiellen Belege einer jahrhundertealten dynastischen Kultur des Kunsterwerbs, deren Qualität bis heute verblüfft. Die kaiserliche Gemäldesammlung, die den Kern des Museums bildet, entstand vor allem im 17. Jahrhundert, als Erzherzog Leopold Wilhelm (1614–1662), der Sohn von Kaiser Ferdinand II., in Brüssel residierte, wo er sich den pulsierenden Kunstmarkt der Stadt zunutze machte und zahlreiche Gemälde der bedeutendsten Künstler Europas erwarb, darunter Raffael, Tizian, Rubens und Rembrandt. Darüber hinaus beherbergen jene Galerien des Kunsthistorischen Museums, die dem Kunsthandwerk gewidmet sind, die kaiserliche Schatzkammer, eine Sammlung von Objets d’art, die mit immensem Können aus Silber, Elfenbein und anderen wertvollen Materialien gefertigt wurden. Und als sei all dies nicht schon ein hinreichender Nachweis für die außergewöhnliche Sammeltätigkeit der Familie, präsentiert das nahe gelegene Naturhistorische Museum eine ähnlich beeindruckende Sammlung naturkundlicher Exponate. Diese umfassende Auswahl seltener botanischer und biologischer Präparate wurde mit besonderem Eifer von Kaiser Franz I. (1708–1765) im Laufe seiner zwanzigjährigen Herrschaft zusammengetragen. Diese neuzeitlichen Wiener Institutionen bieten dem Studierenden der Geschichte reiches Anschauungsmaterial hinsichtlich der Beständigkeit der Habsburger als Sammler und der Rolle, die wertvolle Objekte in der kaiserlichen Repräsentationskultur spielten. Sie zeigen aber auch, dass die Idee des Erwerbs von Gegenständen einen Mikrokosmos des bekannten Universums schuf, der den gesamten Umfang der menschlichen Erfahrung, Adelskultur und der Erscheinungen der Natur in einzelnen Objekten heraufbeschwor.1 Es handelt sich hier um drei offizielle Sammlungen, die einen unverhohlen repräsentativen Zweck erfüllten und die politische Autorität der Habsburger zum Ausdruck bringen sollten. Sammlungen wie diese dominieren die Literatur über die materielle Kultur der Fürsten der Frühen Neuzeit. Die Vorstellung vom König als einem fachmännischen Liebhaber war ein besonders attraktives akademisches Paradigma, da sie die Möglichkeit eröffnete, die dem Sammeln in der Frühen Neuzeit zugrunde liegenden Motivationen als Vorläufer der in der heutigen zeitgenössischen Kunstwelt üblichen Praktiken zu begreifen. Jonathan Browns Studie Kings and Connoisseurs verkörpert exemplarisch diesen Ansatz, indem sie nahelegt, die Könige der Barockzeit hätten qualitativ hochwertige Kunstwerke aufgrund einer ästhetischen Wertschätzung für die Talente der großen Maler erworben.2 Diese Auffassung lässt sich inzwischen 25

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unter verschiedenen Gesichtspunkten hinterfragen, deren wichtigster die Einsicht ist, dass das Sammeln für einen Monarchen des 17. oder 18. Jahrhunderts etwas ganz anderes bedeutete als für einen Kunsthändler im 20. Jahrhundert. Neuere Forschungen haben die unterschiedlichen Motivationen, die im Europa der Frühen Neuzeit hinter dem Drang lagen, Kunst anzuhäufen, analysiert. Obwohl die Schlussfolgerungen aus derartigen Untersuchungen in der Tat sehr vielfältig sind, entsteht doch insgesamt das Bild, dass Kunstsammlungen eine breite Palette an Bedeutungen zugeschrieben wurde und beim Kunsterwerb persönliche von politischen Motiven nicht zu trennen waren. Im Vergleich zu heroischen Kunstsammlern wie Leopold Wilhelm oder Franz I. mag Erzherzogin Maria Anna von Österreich (1738–1789) als Figur von untergeordneter Bedeutung und die Porträtsammlung, die sie dem Kloster der Elisabethinen in Klagenfurt vermachte, als eine relativ planlose Ansammlung von Familienbildern erscheinen, der es an einem erkennbaren Strukturprinzip fehlt. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Tatsache, dass die Klagenfurter Gemälde aus verschiedenen Quellen stammen. Eine kleine Zahl gab Maria Anna selbst in Auftrag, doch viele darunter wurden als Schenkungen von ihren Geschwistern in Frankreich und Italien erworben und waren Teil eines Austauschs von Bildnissen, wie er in der Frühen Neuzeit unter Adeligen üblich war. Andere sind Kopien bekannter Gemälde in Wien, mitunter von eher bescheidener Qualität, doch bei einer noch größeren Zahl von Werken handelt es sich um Atelierarbeiten, die einzelne Elemente aus anderen Gemälden kopierten, „hybride“, rasch hergestellte, künstlerisch mäßige Bilder. Und wiewohl einige von ihnen Werken bekannter Künstler wie Pompeo Batoni und Jean-Étienne Liotard nachempfunden sind, enthält die Sammlung Maria Annas größtenteils anonyme Schöpfungen und Kopien nach Wiener Hofmalern. Um in diesem Objektgemenge ein den offiziellen Sammlungen der Habsburger vergleichbares Phänomen zu sehen, bedarf es einer Neudefinition des Spielraums der Möglichkeiten für eine Sammlung an einem frühneuzeitlichen europäischen Hof und einer Erweiterung unserer Kenntnisse dessen, worin die Motivation zu sammeln bestand. Obwohl es stimmt, dass die Porträts keinem Bildprogramm folgen, stehen sie doch auf eine Weise in einem inneren Dialog miteinander, die die vielfältigen Bedeutungsmuster andeutet, die sie für ihre Schirmherrin hatten. Ich vertrete in diesem Essay die These, dass Maria Annas Hinterlassenschaft tatsächlich eine Art fürstliche Sammlung ist, wenngleich eine, deren Struktur ganz anderen Prinzipien folgt als die bekannteren Sammlungen, die das offizielle Vermächtnis des Kaiserhauses darstellen. Ihre Sammlung setzt die habsburgische Tradition der Zurschaustellung von Bildnissen fort und passt sie zugleich der spezifischen gesellschaftlichen Stellung der Schirmherrin an, genauer: der einer hochwohlgeborenen, unverheirateten, zum Dienst an der Kirche berufenen Frau, die enge familiäre Verbindungen zu mehreren bedeutenden europäischen Fürstenhäusern unterhielt. Die Porträts verorten sie sowohl in einem dynastischen Kontinuum, das aus ihrer Familie und ihren engsten Vertrauten bestand, als auch in einem spezifischen Augenblick eines umfassenderen Konzepts dynastischer Zeit. Die Sammlung weist ihr einen 26

geografischen Ort zu, aber auch eine Stelle innerhalb spezifischer Momente eines gemeinsamen Narrativs kaiserlicher und familiärer Expansion. Insofern können wir anhand der Klagenfurter Hinterlassenschaft sehen, wie Kunst die komplexe Identität einer zur gesellschaftlichen Elite zählenden Sammlerin unterstreichen und die Anhäufung von Kunstgegenständen den mannigfaltigen, einander überschneidenden sozialen Positionen ihrer Eigentümerin materielle Gestalt verleihen konnte. Um zu begreifen, wie diese Semantik in der Praxis funktionierte, gilt es zunächst, Maria Annas Klagenfurter Porträts innerhalb der habsburgischen Kultur der Herstellung, des Tauschs und der Verteilung von Bildnissen einzuordnen. Auch wenn die Habsburger Objekte aller Art sammelten, investierten sie in einem Ausmaß in den Erwerb von Porträts, das auch dann bemerkenswert bleibt, wenn man es mit den komplexen Tauschpraktiken vergleicht, die im 18. Jahrhundert beim europäischen Adel üblich waren. Die Faszination von Porträts ist eine Folge mehrerer lang anhaltender Formen künstlerischen Mäzenatentums, die sich auf einige der prominentesten noch aus der Renaissancezeit stammenden Vorfahren der Familie, darunter Karl V. selbst, zurückführen lassen. Eine Tradition ist die Geschenk-Porträtkunst, bei der man mit anderen europäischen Fürstentümern Bildnisse von Familienangehörigen tauschte, um politische und familiäre Bindungen zu festigen. Besonders wichtig waren solche Porträts in den Ritualen der Eheverhandlungen, die die europäischen Fürstenhäuser in einem komplexen Geflecht miteinander verbanden. Auch wenn alle fürstlichen Adelsfamilien in Europa Porträts miteinander tauschten, bestand bei den Habsburgern ein besonderer Bedarf daran. Als die Dynastie sich in ihren spanischen und ihren österreichischen Zweig aufspaltete, mit Karls Sohn Philipp II. als gesalbtem König von Spanien und seinem Bruder Ferdinand I. als Heiligem Römischen Kaiser in Wien, wurden Porträts eine wichtige Methode, um dynastische Verbindungen über geografische Distanzen hinweg zu stärken. Allein die gewaltige Zahl von Porträts, die im 17. Jahrhundert zwischen Madrid und Wien sowie zwischen diesen und anderen Städten in Europa getauscht wurden, bezeugt dies. Noch während des gesamten Ancien régime blieben Porträts ein wesentlicher Bestandteil der Eheanbahnungsverhandlungen des europäischen Adels, und insbesondere die Habsburger gaben im Rahmen ihres Programms des Auf- und Ausbaus politischer Bindungen durch strategische Heiraten zahlreiche Porträts für diplomatische Zwecke in Auftrag. Eine zweite Tradition ist die der Ahnengalerie, ein Raumtypus, bei dem die diversen Altvorderen einer Adelslinie auf Porträts in einem eigenen Saal eines Fürstenpalastes ausgestellt werden. Ahnengalerien sind ein gesamteuropäisches Phänomen, doch auch in diesem Fall investierten nur wenige andere europäische Herrscherhäuser so viel in sie wie die Habsburger. Der Grund hierfür hat teilweise ebenfalls mit deren Aufspaltung in die spanische und die österreichische Linie zu tun, da die Ahnengalerie die sich über ganz Europa erstreckenden familiären Verbindungen in ihrer ganzen Komplexität sichtbar machte. Doch sie sollten sich auch als nützlich erweisen, um zu veranschaulichen, wie viele Titel der österreichische Zweig der Familie angehäuft hatte. Die fragmentierte und ausdifferenzierte Natur der Herrschaft der 27

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1 Ludwig XIV. (1638–1715) 1701 Hyacinthe Rigaud Öl auf Leinwand, 277 × 194 cm Musée du Louvre, Paris, Inv. Nr. 7492

3 Joanna Woodall, ‘His Majesty’s most majestic room’: The Division of Sovereign Identity in Philip II of Spain’s Lost Portrait Gallery at El Pardo, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek, Bd. 46, Zwolle 1995, S. 53-103, hier S. 64.

4 Ebd., S. 64 und 78.

Habsburger, die ihre kaiserlichen Staaten, zahlreiche monarchische Fürstentümer und den weitgehend symbolischen, aber äußerst bedeutsamen Titel des Heiligen Römischen Kaisers miteinander verband, ließ sich schwer in einer einzigen gemalten Darstellung auf den Punkt bringen. Nicht nur gibt es kein wirkliches habsburgisches Pendant zu Hyacinthe Rigauds berühmtem Porträt von Ludwig XIV. von Frankreich (Abb. 1), sondern es gab auch praktisch keine Möglichkeit, ein Bild herzustellen, das alle relevanten Titel und Verbindungen zur Darstellung gebracht hätte, die ein habsburgischer Fürst innerhalb seiner Ägide auf sich vereinte. Mit der Ahnengalerie sollte dieses Hindernis überwunden werden, aber sie erfüllte auch die zusätzliche Funktion, zu zeigen, wie weit der Einfluss der Dynastie auf dem europäischen Kontinent reichte. In dieser Hinsicht wurde die Ahnengalerie zu einem erfolgreichen Mittel, um die dynastische Ausbreitung auf künstlerischem Wege zu veranschaulichen. Doch auch wenn die Ahnengalerie vor allem demonstrierte, wie weit der Einfluss des Fürstenhauses reichte, ließen sich mit ihrer Hilfe auch Streitigkeiten schlichten, Auseinandersetzungen beenden und Familienangehörige in eine idealisierte und harmonische Struktur einfügen, die häufig sehr wenig mit der Wirklichkeit des Alltagslebens zu tun hatte. Indem er eine Porträtgalerie in Auftrag gab, brachte der Monarch seine Familie in eine Form, die den Vorstellungen entgegenkam, welche man von ihm hatte, sodass die Galerie seine Macht stützte, während sie andere zu glorifizieren schien und dadurch ebenso Identitätskonflikte bereinigte wie Auseinandersetzungen kaschierte. Ein frühes spanisches Beispiel für diese Tendenz ist die verschollene Porträtgalerie Philipps II. im Palast El Pardo in der Nähe von Madrid, die man heute nur noch aufgrund einer 1582 veröffentlichten Beschreibung kennt.3 Dieser Raum enthielt Porträts von Philipp, seinen Ahnen, seiner unmittelbaren Familie und engen politischen Verbündeten. Wie Joanna Woodall in einer detaillierten Analyse des Raums gezeigt hat, fasste Philipp durch eine sorgfältige Hängung der Porträts verschiedene Aspekte der Identität seiner Familie und Verbündeten in seiner eigenen zusammen. 4 Philipps Porträt hing genau in der Mitte einer Wand, während seine Frau Elisabeth von Valois die entsprechende Position auf der gegenüberliegenden Wand einnahm. Woodall vertritt die These, dass Elisabeth, indem Philipp ihr Bildnis dort platziert habe, als sein weibliches Pendant und als die weibliche Verkörperung jener Tugend definiert worden sei, die er, männlicherseits, besaß. Um Philipp und Elisabeth herum fanden sich Porträts von Familienmitgliedern und möglichen Erben, während auf den Seitenwänden des Raums zahlreiche Porträts europäischer Adeliger und gekrönter Häupter hingen, unter denen heiratsbedingt viele Verwandte der spanischen Habsburger 28

2 Fotoansicht des Riesensaals der Innsbrucker Hof burg

5 Ebd., S. 64f. 6 Johanna Felmayer u.a., Die Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck: Die Hofbauten, Bd. 3, Wien 1986; Lieselotte Hanzl-Wachter, Hofburg zu Innsbruck: Architektur, Möbel, Raumkunst. Repräsentatives Wohnen in den Kaiserappartements von Maria Theresia bis Kaiser Franz Joseph, Wien, Köln und Weimar 2004, S. 49-64.

7 Ilsebill Barta, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der Aufklärung, Wien, Köln und Weimar 2001, S. 39-51.

8 Ebd., S. 105-116; Lieselotte Hanzl-Wachter (Hg.), Schloss Hof. Prinz Eugens tusculum rurale und Sommerresidenz der kaiserlichen Familie, St. Pölten 2005, S. 90-99.

waren. Die extremen Schwierigkeiten, mit denen sich Philipp konfrontiert sah, um seine politische Position zu halten – mehrere Heiraten, Sorgen aufgrund ausbleibender Nachkommenschaft und Spannungen mit Österreich wegen der Thronfolge –, wurden hinter einer fiktiven Darstellung monarchischer Robustheit versteckt. Darüber hinaus stellte Philipps Porträtgalerie spezifische Individuen dar, deren tugendhafte Eigenschaften das ideale Selbstbild des Königs spiegelten, und sparte umgekehrt Porträts derjenigen aus, die weniger tugendhaft erschienen, wie etwa seines Bruders und Rivalen Ferdinand von Österreich.5 Woodalls Analyse verdeutlicht den strategischen Charakter der Porträtsammlungen und ihrer Rolle bei der Definition erwünschter familiärer und politischer Beziehungen. Wenn wir uns nun dem österreichischen Zweig der Dynastie zuwenden, stellen wir fest, dass die Ahnengalerie zwar bei den habsburgischen Fürsten bis Kaiser Karl VI. ein beliebter Raumtypus blieb, seine Nachfolgerin Maria Theresia jedoch keinen solchen Saal in Auftrag gab. Dabei handelte es sich um einen bewussten Bruch mit der Tradition, der mit dem bis dahin beispiellosen Umstand zu tun hatte, dass sie aufgrund der weiblichen Erbfolge Kaiserin geworden war. Am nächsten kam Maria Theresia der Einrichtung eines solchen Raums mit dem Riesensaal der Innsbrucker Hofburg (Abb. 2), einem zeremoniellen Empfangssaal, den großformatige Porträts der Kaiserin selbst, ihres Gemahls, ihrer Kinder, deren Ehegatten und Kinder sowie ausgewählter Angehörige der erweiterten Familie zierten.6 Doch anders als eine Ahnengalerie, die die Abstammungslinie bis zum momentan regierenden Monarchen nachzeichnet, betont der Riesensaal die zukünftige Entwicklung der Dynastie, indem dort die regierenden Monarchen und ihre Nachfahren präsentiert wurden. Der Schwerpunkt verschob sich von den Herrschern der Vergangenheit zu denen der Zukunft, von den Ahnen zur aktuellen Nachkommenschaft. Ilsebill Barta meint, Maria Theresia habe das Format der Ahnengalerie vermieden, weil es die Aufmerksamkeit darauf gelenkt hätte, dass sie eine neue Form von habsburgischer Herrschaft ausübte, die einen Bruch mit der Tradition der männlichen Erbfolge bedeutete.7 Die von ihr bevorzugten räumlich arrangierten Porträtzyklen betonten stattdessen ihre Rolle als Mutter, und Räume mit Bildnissen ihrer Kinder finden sich in nahezu allen kaiserlichen Palästen in und um Wien. Ein Beispiel hierfür gab es auch in Schloss Hof, wo Maria Theresia eine Serie von Familienporträts für ihre Gemächer in Auftrag gab, auf denen ihre Nachkommen in Familiengruppen dargestellt und mit ihren Ehegatten und Enkelkindern gezeigt wurden.8 Diese Betonung der Darstellung von Familienmitgliedern zu dynastischen Zwecken hat auch im privateren Bereich der Porträtwertschätzung ein Pendant, nämlich 29

Michael Yonan 9 Walter Koschatzky, Jean-Etienne Liotard in Wien, in: Walter Koschatzky (Hg.), Maria Theresia und ihre Zeit. Eine Darstellung der Epoche von 1740–1780 aus Anlaß der 200. Wiederkehr des Todestages der Kaiserin, Salzburg und Wien 1979, S. 308-319; Jean-Étienne Liotard, 1702–1789: Masterpieces from the Musées d’Art et d’Histoire of Geneva and Swiss Private Collections, Genf, Paris und New York 2006, S. 70-77.

10 Siehe Aneta Zahradnik, „Zur Bildausstattung der Klagenfurter Residenz bis 1789“ in diesem Band, S. 17-23.

beim Tausch und bei der Betrachtung intimer Bildnisse. Hierzu zählt auch die faszinierende Gruppe von Pastellporträtzeichnungen, die Liotard 1762 während seines Wienbesuches schuf.9 Diese stellen alle kaiserlichen Kinder einzeln dar und statten jedes von ihnen mit einem charakteristischen, seine Lieblingsbeschäftigung oder Bildung betreffenden Attribut aus. Ziel der Bilder ist es, die Angehörigen der Dynastie als Individuen innerhalb eines dynastischen Systems zu charakterisieren, als einzigartige Variationen über das Thema des von der Familie insgesamt verkörperten habsburgischen Adels. Der serielle und sukzessive Charakter der Dynastie wird daher durch eine repetitive Praxis des Herstellens und Installierens einer großen Zahl von Porträts in einer fürstlichen Residenz vermittelt. Diese Praxis ermöglichte es auch, dass offizielle Porträts wie die in einer typischen habsburgischen Ahnengalerie in einen Dialog mit Porträts aus anderen Bereichen der Gesellschaft traten und visuelle Elemente von diesen übernehmen. Nicht alle zum Bürgertum zählenden Kaufleute in Wien konnten großformatige Gruppenporträts in Auftrag geben, doch viele verfügten über ausreichende finanzielle Mittel für individuelle Porträts. Die Praxis der Präsentation von Familienbildnissen im Kontext der Mittelschicht hat also eine adelige Parallele in den Habsburger Eliten, und tatsächlich trug die Ähnlichkeit zwischen den Bildnistauschpraktiken der Habsburger und denen in anderen Bereichen der Gesellschaft zu der Vorstellung bei, diese hätten sich protobürgerlicher gesellschaftlicher Gepflogenheiten bedient. Wir wissen nur wenig darüber, wie Maria Anna die Porträts in der Klagenfurter Hinterlassenschaft präsentierte, und selbst die Frage, wo genau diese Bildnisse ursprünglich oder ob sie gemeinsam zu sehen waren, ließ sich bislang nicht klären.10 Viele davon befanden sich möglicherweise in den Gemächern ihres Palastes in der Nähe des Elisabethinen-Klosters oder auch in ihrer Sommerresidenz in Annabichl, doch unabhängig davon, wo sie hingen, finden sich in ihnen Spuren jener charakteristischen Merkmale, die auch die berühmteren Porträtsammlungen ihrer habsburgischen Vorfahren kennzeichnen. Das unmittelbare Vorbild für Maria Annas Porträtsammlung waren aller Wahrscheinlichkeit nach die Aktivitäten ihrer Mutter, Kaiserin Maria Theresia. Das mag überraschend klingen, da die Beziehungen zwischen Mutter und Tochter der populären Geschichtsschreibung zufolge nicht besonders innig waren. Maria Annas zarte Gesundheit und ihre mangelnde Ehetauglichkeit trugen vermutlich zur Haltung ihrer Mutter bei, da diese Faktoren der Erfüllung ihrer Rolle in dem vom Haus Österreich offen befürworteten Programm einer dynastischen Heiratspolitik abträglich waren. Hinzu kam, dass Franz I. Maria Anna ganz offen als seine Lieblingstochter bezeichnete. In vieler Hinsicht scheint die Erzherzogin nach ihrem Vater geraten zu sein; nicht zuletzt teilte sie sein Interesse an der Naturgeschichte mit ihm. Doch auch wenn ihr persönliches Verhältnis nicht sehr gut war, scheint Maria Anna sich, nach dem Abschied von Wien, bei der Gestaltung einiger Aspekte ihres Lebens am Beispiel ihrer Mutter orientiert zu haben. Nachdem sie 1781 nach Klagenfurt gezogen war, gelang es ihr, sich einen prominenten Platz im religiösen Leben des Elisabethinen-Klosters zu sichern und zugleich ihren persönlichen Interessen nachzugehen. So etablierte sie in Klagenfurt eine Art weiblich dominierten Hof, zu dem auch 30

3 Kaiserin Maria Theresia in Witwentracht 1769 Joseph Ducreux Pastell auf Papier, 69 × 54 cm Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien, Inv. Nr. GG-207

11 Allison Levy (Hg.), Widowhood and Visual Culture in Early Modern Europe, Aldershot 2003.

gesellschaftliche Veranstaltungen im Umfeld der Freimaurer und protonaturwissenschaftliche Untersuchungen zählten, die ihr in Wien aufgrund des Einflusses ihres Bruders, Kaiser Joseph II., verwehrt gewesen waren. Verwiesen sei aber auch darauf, dass die relative Freiheit, die man einer frommen Dame wie Maria Anna zugestand, dem nachgebildet war, was Maria Theresia unter komplexeren Bedingungen in Wien erreicht hatte, und zwar die Gestaltung eines höfischen Umraums, in der die Förmlichkeiten auf ein Minimum beschränkt und einzelne soziale Freiheiten möglich wurden, weil Maria Anna von traditionell weiblichen gesellschaftlichen Aktivitäten ausgehend Netzwerke knüpfte. Während Maria Theresia ihren Witwenstand nutzte, um sich neue Freiheiten zu erkämpfen, die ihr beim Regieren helfen konnten, nutzte Maria Anna ihre Verbindung mit dem Kloster, um Kontakte zu knüpfen, die für ihre religiöse Identität, ihren sozialen Status und ihre persönlichen Interessen von Bedeutung waren.11 Die unmittelbare Inspiration für die Porträtgruppe in Klagenfurt scheint die Ausschmückung des Innsbrucker Riesensaals gewesen zu sein, der, wie wir bereits sahen, das am aufwendigsten gestaltete Beispiel dieses Typs im Österreich des 18. Jahrhunderts war. Zumindest aber kann man in beiden einige derselben Netzwerke familiärer und politischer Beziehungen entdecken. Im Folgenden werden wir nun drei unterschiedliche Bedeutungsstränge in der Klagenfurter Hinterlassenschaft untersuchen. Diese dienen dazu, Maria Anna innerhalb der umfassenderen Welt des Adels zu situieren, deren Teil sie war. Der erste beinhaltet Maria Annas Porträts ihrer Eltern. Diese kommen mehrfach in ihrer Porträtsammlung vor und weisen deutlich unterschiedliche ikonografische 31

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12 Michael Yonan, Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park, Pa. 2011, S. 48.

Bezüge auf. So gehören etwa die Porträts Kat. 5 und Kat. 6 zu einer Untergruppe, die Darstellungen der Eltern und Verwandten der Erzherzogin sowohl der mütterlichen als auch der väterlichen Linie umfasst. Interessanterweise wurden die Porträts, die in Maria Annas Sammlung Einzug hielten, nicht den offiziellen nachempfunden, die den diplomatischen Austausch der Habsburger dominierten, sondern sind informellerer Natur. Kat. 6 beruht auf dem kleinen Gemälde der Kaiserin als Witwe, das Joseph Ducreux während seines Wienbesuchs 1769 schuf (Abb. 3). Auf dieser Reise entstand auch sein Porträt der damals noch unverheirateten Marie Antoinette, das zur Vorbereitung ihrer Verlobung mit Ludwig XVI. nach Versailles gesandt wurde.12 Vor allem außerhalb Österreichs war Ducreux’ Darstellung der Kaiserin in europäischen Porträtsammlungen weit verbreitet und wurde auch in Stichen häufig reproduziert. Abgesehen davon, dass es eine Darstellung von Maria Annas Mutter und ihrer allerhöchsten Majestät war, bezog sich das Porträt auch spiegelbildlich auf die Identität der Tochter als fromme Adelige. Maria Theresias schwarzes Trauergewand bildet einen Widerhall auf das bevorzugte schwarze Kostüm, das Maria Anna trug, nachdem sie sich den Elisabethinen angeschlossen hatte. Auch das postume Porträt von Kaiser Franz I. ist aufgrund seiner relativen Zwanglosigkeit bemerkenswert. Es zeigt ihn mit der zweifarbigen österreichischen Schärpe und dem Orden vom Goldenen Vlies, enthält im Übrigen aber keinerlei Hinweise auf seine zahlreichen königlichen und kaiserlichen Titel. Am auffälligsten ist das Fehlen eines eindeutigen Hinweises auf die Krone des Heiligen Römischen Reiches, den wertvollsten aller Titel der Habsburger. Die diesem Bild zugrunde liegende Absicht ist eher die, den Kaiser auf eine Weise darzustellen, die seine spezifische Bedeutung für Maria Anna betont; er erscheint hier als ein hochwohlgeborener adeliger Vater. Dadurch wird Franz hier nicht so sehr als eine politische Verkörperung des Staates repräsentiert, sondern als hochrangiges Mitglied von Maria Annas Familie. Die mit diesen Porträts verbundenen Assoziationen finden in der Klagenfurter Sammlung ein vielstimmiges Echo. Sowohl Maria Theresia und Franz I. als auch ihr Bruder Joseph erscheinen auch in Pastellporträts und Miniaturen und vervielfachen so ihre monarchische Präsenz durch serielle Wiederholung und maßstäbliche Übertragungen. Ein drittes Mal erscheinen Maria Annas Eltern in der Sammlung in türkischen Gewändern (Kat. 85 und 86). Dabei handelt es sich um Kopien der berühmten, entweder von dem Pastellmaler Liotard oder einem in seinem Stil arbeitenden österreichischen Künstler stammenden Bilder des kaiserlichen Paares, das hier wahrscheinlich anlässlich eines Maskenballs Kostüme trug. Indem sie diese Werke in ihre Sammlung aufnahm, evozierte Maria Anna nicht nur die reichhaltige Tradition höfischer Feste, in der sie aufgewachsen war, denn Bälle, Tanzveranstaltungen, Theateraufführungen und Maskenspiele waren wesentliche Bestandteile des Wiener Hoflebens, sondern sie evozierte so vermutlich auch die politischen Anklänge, die damit verbunden waren, dass ihre Eltern in derartigen Kostümen daran teilnahmen. Das Anlegen exotischer Gewänder war für Adelige im 18. Jahrhundert eine Möglichkeit, das Fremde in ihre Kulturen zu integrieren und ihm etwas von der damit verbundenen Bedrohlichkeit zu nehmen. Solche Kostüme haben auch eine politische Bedeutung, die Maria Anna 32

13 Dies ist ein Spiegelbild des Bildprogramms im Innsbrucker Riesensaal, wo neben den übrigen Porträts auch ein Gemälde hängt, das die früh verstorbenen Töchter der Familie zeigt.

möglicherweise in ihren Räumen lebendig erhalten wollte. In diesem Sinne sind die Porträts gewissermaßen kleine Platzhalter für die vielen von Chinoiserien und türkischen Motiven geprägten Gemächer, die eine wichtige Komponente der habsburgischen Architektur des 18. Jahrhunderts sind. Bei diesen und vielen anderen Porträts aus Maria Annas Sammlung lässt sich nur schwer eine genaue Unterscheidung zwischen Porträts mit einer politischen Bedeutung und solchen persönlicher Natur treffen. Doch nicht nur Porträts von Maria Annas Eltern spielen eine bedeutende Rolle in ihrer Sammlung, sondern auch solche, die ihre eigene Abstammungslinie in einem Netzwerk von Geschwistern betonen. So finden sich in Maria Annas Sammlung Darstellungen aller ihrer Brüder und Schwestern, einschließlich derer, die kurz nach der Geburt oder in jungen Jahren gestorben waren.13 Außer diesen gibt es Bildnisse der Ehegatten der Geschwister, und mit dem Anwachsen der Familien kamen Porträts von Maria Annas Nichten und Neffen hinzu. In dieser Hinsicht ist Maria Annas Porträtsammlung den Sammelpraktiken ihrer Mutter eng verwandt, weist andererseits aber auch einen historischen Charakter auf, der sie von den Familienporträtsammlungen Maria Theresias unterscheidet. Maria Annas Porträts umfassen sowohl Darstellungen ihrer Ahnen als auch solche der Nachkommen ihrer Familie, was Maria Theresia, wie wir sahen, weitgehend vermieden hatte. In Maria Annas Sammlung finden sich Bildnisse ihrer Großeltern väter- und mütterlicherseits, ihrer Tanten und Onkel, darunter die Erzherzogin Maria Anna (1718–1744) (Kat. 8), die jüngere Schwester ihrer Mutter und ihre Namensvetterin, und ihres Onkels Karl Alexander von Lothringen (Kat. 7), der jüngere Bruder ihres Vaters und Gouverneur der österreichischen Niederlande. Diese Porträts befanden sich unter Bildnissen ihrer Tanten Elisabeth Therese von Lothringen, Königin von Sardinien (1711–1741) (Kat. 9), und Anna Charlotte von Lothringen (1714–1773) (Kat. 10), die die Äbtissin der Benediktinerabtei Remiremont (Vosges) wurde. Diese Einbeziehung älterer Generationen, der Altvorderen der Dynastie, hat Maria Anna offenbar vom Konzept der Ahnengalerie früherer Habsburgerfürsten übernommen. Auch einige der entfernteren Verwandten, die in die Sammlung aufgenommen wurden, sind erwähnenswert. Teil der Familienporträts sind Bildnisse von Benedetto Maurizio von Savoyen, Herzog von Chablais (1741–1808) (Kat. 32), und Clemens Wenzeslaus von Sachsen, Erzbischof von Trier (1739–1812) (Kat. 33). Ersterer war Maria Annas Vetter, doch dass Letzterer Teil der Sammlung wurde, mutet ein wenig seltsam an. Beide waren ungefähr gleich alt wie Maria Anna und galten in ihrer Jugend als ernsthafte Heiratskandidaten für mehrere der Habsburger-Töchter. Ihre Einbeziehung ist möglicherweise Ausdruck der sozialen Dimension von Maria Annas Porträtsammlung, die durch diese die Erinnerung an bestimmte Seiten ihrer persönlichen Geschichte wachhielt. Die Porträtsammlung enthält nicht nur männliche Adelige, die tatsächlich in die Familie einheirateten, sondern auch einige, die dies hätten tun können und Maria Anna und ihren Schwestern möglicherweise in jungen Jahren den Hof machten. Ein weiterer Aspekt der persönlichen Geschichte Maria Annas ist ihre Einbeziehung eines Bildnisses, das sie selbst als junges Mädchen zeigt (Kat. 36), ein Porträt, das Erinnerungen an eine bestimmte Phase im Leben der jungen Prinzessin weckt und 33

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4 Maria Karolina Gräfin Fuchs (1681–1754) an einem Tisch sitzend Ende 40er Jahre 18. Jahrhundert Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, oval, 115 × 99 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_3074

zugleich einen anderen, in die Zukunft gerichteten Blick auf die zukünftige Schirmherrin wirft. Johann Baptist Lampis 1781 entstandenes Porträt von Maria Anna als Mitglied der Gemeinschaft der Elisabethinen (Kat. 87) steht in einem Kontrast mit diesem Kindheitsbild und rundet das Narrativ eines spezifisch weiblichen Fürstenlebens ab. Eine dritte Kategorie unter den Porträts sind diejenigen, die Maria Annas geistliche Zeitgenossen darstellen, Personen mit Positionen innerhalb der Kirche, die sie in Klagenfurt kannte und mit denen sie enge private und berufliche Beziehungen unterhielt. Vermutlich gab sie ebenfalls bei Lampi ein Porträt Xaveria Gassers (Kat. 91) in Auftrag, der Äbtissin der Elisabethinen und eine enge Vertraute Maria Annas während ihrer Jahre in Klagenfurt. Mehrfach dargestellt ist auch Maria Annas jüngere Schwester Maria Elisabeth (Kat. 93), deren Lebensbahn ähnlich verlief wie die ihrer Schwester, da sie nie heiratete und Äbtissin eines Klosters in Innsbruck wurde. Hier kann man sehen, wie die Darstellungen der Freundschaftsnetzwerke zwischen weiblichen Geistlichen sich mit denen familiärer Netzwerke überschneiden. Maria Annas Aufnahme von Gassers Porträt in ihre Sammlung erinnert daran, dass Kaiserin Maria Theresia ihrer engsten Vertrauten, der Gräfin Fuchs, auf ähnliche Weise gedachte. Maria Karoline von FuchsMollard (1681–1754) war in ihrer Jugend die Erzieherin (Aja) der Kaiserin und stand Maria Theresia, die häufig Themen von familiärer und politischer Bedeutung mit ihr besprach, auch später besonders nahe. An sie erinnert ein Porträt von Martin van Meytens (Abb. 4), und sie wurde als einzige Nichthabsburgerin in der kaiserlichen Kapuzinergruft beigesetzt. So wie Meytens’ Porträt an eine spezifische Art weiblicher Freundschaft mit politischen Untertönen am Kaiserhof erinnert, so gedenkt auch Lampis Porträt Gassers eines ähnlichen weiblichen Bandes in Klagenfurt. Weitere geistliche Porträts veranschaulichen Netzwerke zwischen wichtigen religiösen Gestalten. Zu diesen zählen Kardinal Christoph Anton Migazzi, Erzbischof von Wien (Kat. 94), der mächtigste katholische Würdenträger während Maria Annas Jugend in Wien. Ebenfalls in der Sammlung vertreten ist Giuseppe Garampi, päpstlicher Nuntius und renommierter Kenner der Geschichte des Vatikans (Kat. 95). Neben Migazzis Porträt verbindet Garampis Bild Maria Annas Leben in Klagenfurt mit Wien und Rom, den beiden in puncto Statusfragen wichtigsten religiösen Städten. Zu diesen international bedeutenden Repräsentanten des katholischen Glaubens gesellen sich in der Sammlung Würdenträger von eher lokaler Bedeutung. Es gibt ein Porträt von Vinzenz Joseph von Schrattenbach (1744–1816) (Kat. 88), der kirchliche Titel in Friesach und Maria Saal innehatte, und von Anselm von Edling (1741–1794) 34

(Kat. 89), der Abt einer bedeutenden Abtei im Lavanttal werden sollte. Durch ihre Aufnahme in die Sammlung überschneiden sich bei Maria Anna dynastische Netzwerke mit einem Netzwerk religiöser Verbündeter, und man könnte sagen, dass sie durch ihre Kombination des dynastischen Vermächtnisses des Hauses Habsburg mit ihrer Rolle als Schutzherrin der Elisabethinen auch diese beiden Bereiche, die weltliche und die geistliche Autorität, in ihrer Person zur Deckung brachte. Diese Bedeutungsstränge sind nur drei von vielen, die sich in Maria Annas Hinterlassenschaft finden ließen. Um ihre Wichtigkeit nachzuvollziehen, ließe sich sagen, dass Maria Annas Sammlung Bilder vereint, die verschiedene Seiten ihres elitären Standes, ihres Stammbaums, ihrer dynastischen Geschichte und Zukunft sowie ihrer Stellung innerhalb der räumlichen und chronologischen Wirklichkeit ihrer gesellschaftlichen Rolle exemplifizieren. Darin ähnelt sie anderen Porträtaufträgen aus der Epoche Maria Theresias, bei denen anhand von Familienbildnissen ein Gefühl dynastischer Zeit deutlich wird. Doch es gibt noch weitere Bedeutungsstränge. John Elsner und Roger Cardinal haben gezeigt, dass beim Sammeln komplexe und vielfältige psychologische Prozesse beteiligt sind. Sammeln ist eine Form des Bewahrens, und auf einer grundlegenden Ebene soll jede Sammeltätigkeit eine andernfalls fehlende Erfahrung am Leben erhalten. Eine weitere mit dem Sammeln verbundene Idee ist die Erzeugung eines Gefühls gefrorener Zeit: ein Schnappschuss einer Welt, oder einer vergangenen Welt, die andernfalls verloren ginge. Das Sammeln lässt das Ferne nah erscheinen und macht das Unzugängliche zum Teil der eigenen Gegenwart. In leicht modifizierter Form lassen sich ähnliche Antriebe auch in Maria Annas Klagenfurter Hinterlassenschaft feststellen. Sie bewahrt ein über Europa verteiltes Netzwerk von Verbindungen: familiäre, politische, kirchliche und solche, deren Bedeutung möglicherweise nur sie allein kannte. Außerdem vermittelte diese Sammlung denjenigen, die sie vielleicht sahen, eben dieses Gefühl von Maria Annas zahlreichen wechselseitigen Verbindungen auf dem Kontinent. Darüber hinaus bewahrt die Hinterlassenschaft aber auch Maria Annas Platz innerhalb der weiteren zeitlichen und räumlichen Entwicklung der Habsburgerdynastie. Sie situiert sie im Kreise ihrer Ahnen und Nachfahren, als Glied in einer komplexen Kette dynastischer Stärke, und dies ist umso beeindruckender, als sie selbst keine Nachkommen hatte. Ihr quasi mütterliches Verhältnis zu mehreren ihrer jüngeren Geschwister ist bekannt, ebenso wie ihre Rolle als Tante, Schwester, Tochter, Freundin und Verbündete. Ebenfalls bemerkenswert an diesen Netzwerken ist, dass sie keine klare Unterscheidung zwischen Persönlichem und Politischem treffen. Auf eine für das 18. Jahrhundert charakteristische Weise sind familiäre, adelige und monarchische Elemente eng, ja untrennbar miteinander verflochten. Das Sammeln von Porträts so vieler unterschiedlicher Mitglieder ihrer Familie verdankte sich keinem postromantischen, rührseligen Familienbild, sondern einer Vorstellung von der Familie als einem edlen und von Gott auserwählten Stamm, dessen heiliger Auftrag darin bestand, die europäische Gesellschaft durch seine Anstrengungen zu bessern. Hier lassen sich Maria Annas Porträts mit der Idee der Pietas Austriaca, einer habsburgischen Frömmigkeit verbinden, die so stark war, dass sie göttliche Zustimmung fand, sprich Gott wohlge35

Michael Yonan 14 Anna Coreth, Pietas Austriaca. Ursprung und Entwicklung barocker Frömmigkeit in Österreich, Wien 1959.

fällig war.14 Als der Kirche zugetane Frau erfreute sich Maria Anna vermutlich an der visuellen Darstellung ihrer Familie als Beispiel eben dieser von Gott bestimmten Frömmigkeit. Abschließend wenden wir uns noch einmal der Frage zu, ob Maria Annas Hinterlassenschaft überhaupt als eine Sammlung beschrieben werden kann. Wenn ja, dann ist sie eine Sammlung, die politische Allianzen, familiäre Beziehungen, Erinnerungen und soziale Netzwerke in sich vereint, mit anderen Worten, es ist eine Sammlung diverser Facetten des Lebens Maria Annas, keine bloße Anhäufung von Objekten. Auf gewisse Weise bewahrte und veranschaulichte Maria Anna durch diese Porträts Aspekte ihres kaiserlichen Erbes, die nach ihrem Umzug nach Klagenfurt andernfalls möglicherweise in Vergessenheit geraten wären. Und etwas von der Komplexität dieses Vermächtnisses wurde auch dadurch bewahrt, dass es auf Darstellungen ihrer ausgedehnten Familie, Ahnen und Standesgenossen gelenkt wurde. In diesem Sinne stellt Maria Anna ein Spiegelbild ihrer Mutter dar. Maria Theresias Porträts veranschaulichten häufig bestimmte Seiten ihrer politischen Macht, indem sie andere Mitglieder ihrer Familie abbildeten. Wir können Maria Annas Porträts als eine Sammlung begreifen, die in ihrer Breite und Vielfalt die ganze gesellschaftliche Bedeutung ihrer Schirmherrin vermittelt, aber dies dadurch tut, dass sie sich als Teil einer komplexen Adelsgesellschaft darstellt, die trotz der geografischen Entfernung eng mit ihr verwandt ist. In diesen Porträts sammelt Maria Anna ebenso Identitäten, ihre eigenen wie die von Zeitgenossen, wie Erinnerungen und Erfahrungen, die sie in ihrem neuen religiösen Leben zum Tragen brachte. Übersetzung aus dem Englischen: Nikolaus G. Schneider

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herrschaftssicherung mittels visueller repräsentation zur porträtkultur maria theresias Werner Telesko

1 Michael Yonan, Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park, Pa. 2011, S. 31; vgl. Michael Yonan, Conceptualizing the „Kaiserinwitwe“: Empress Maria Theresia and Her Portraits, in: Allison Levy (Hg.), Widowhood and Visual Culture in Early Modern Europe, Hampshire (UK) 2003, S. 109-125, hier S. 120.

2 Yonan 2011, S. 187.

3 Harm Klueting, Der aufgeklärte Fürst, in: Wolfgang Weber (Hg.), Der Fürst. Ideen und Wirklichkeiten in der europäischen Geschichte, Köln, Weimar und Wien 1998, S. 137-167, hier S. 143.

Maria Theresia (1717–1780) inkarnierte wie kaum eine andere historische Persönlichkeit der Frühen Neuzeit eine ungewöhnliche Zahl von sich überschneidenden und zum Teil widersprüchlichen privaten und politischen Funktionen (Mutter, Erzherzogin, Königin, Gemahlin und Witwe). Dies unterstreicht die außerordentliche „flexibility of identities“1 dieser Regentin. Das daraus abzuleitende visuelle Identifikations- und Repräsentationspotenzial Maria Theresias kann aus dieser Perspektive nicht auf ein abgegrenztes und gleichsam programmatisch von ihr bzw. ihren „Image-Produzenten“ verwaltetes visuelles Repertoire reduziert werden, sondern ist vor dem Hintergrund dieses komplexen „overlapping subject positions of sovereign, empress, mother, and widow“2 zu analysieren. Dieser Umstand macht es zu einer methodischen Herausforderung, „kunstpolitische“ Strategien der Regentin vor der Folie ihrer markanten Biografie präziser zu benennen, legt es aber zugleich nahe, die visuelle Repräsentation Maria Theresias insgesamt gesehen als eine komplementäre zu begreifen: Unterschiedliche Strategien fanden zu bestimmten Zeiten eine flexible Anwendung, und erst in der Summe formieren sich diese zu einem Gesamtbild, das im Folgenden hinsichtlich der zentralen künstlerischen und inhaltlichen Komponenten skizziert werden soll. Traditionsbindung und Innovationsgrad in der Porträtkunst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigen sich vor allem in jenen Bildmedien, bei denen erzählerische Zusammenhänge mit hoher Detailtreue wiedergegeben wurden – in der Plastik, in Gemäldedarstellungen sowie bei Werken der Druckgrafik. Hier ist allerdings zu beachten, dass sich diese Liebe zum Detail – besonders bei druckgrafischen Zeugnissen – sowohl auf das Bildnis der Herrscherin selbst als auch auf den ikonografischen Apparat beziehen kann, in den das Porträt eingebettet wird. In den aufgrund ihrer Funktion konservativer eingestellten Gattungen, wie etwa der Medaillenkunst, die zugespitzte symbolische Aussagen höchster Dichte in konzentrierter Form zu vermitteln hatte, blieben hingegen traditionelle Typenbildungen weit stärker erhalten. Hier war anscheinend eine größere Kontinuität zu den Bildstrategien früherer habsburgischer Regenten zu wahren. Die Bildkultur der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besitzt somit wesentlich deutlicher als jene früherer Epochen eine stärkere funktionsbedingte Auffächerung im Sinne einer „Arbeitsteiligkeit“ der an der Visualisierung Maria Theresias beteiligten Medien. Diese gattungsmäßige Flexibilisierung steht auch mit den sich intensivierenden Kommunikationsmechanismen im Gefolge der Notwendigkeiten von Tages- und Kabinettspolitik in Zusammenhang. Andererseits werden dadurch auch grundlegende Veränderungen im Selbstverständnis der europäischen Monarchien angezeigt. Hier warf besonders die „Rationalisierung der Herrschaftslegitimation“3 neue Fragen in Bezug auf 37

Werner Telesko

4 Zum Folgenden: Werner Telesko, Maria Theresia. Ein europäischer Mythos, Wien, Köln und Weimar 2012, S. 62-64.

5 Hubert Winkler, Bildnis und Gebrauch. Zum Umgang mit dem fürstlichen Bildnis in der frühen Neuzeit. Vermählungen – Gesandtschaftswesen – Spanischer Erbfolgekrieg (Dissertationen der Universität Wien 239), Wien 1993, S. 13-15, 107-109, 163, 180. 6 Vgl. hier die Verleihungen von Medaillen, z.T. mit Pretiosen (u.a. mit den Porträts des Kaiserpaares) an verschiedene Persönlichkeiten: Wien, Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), Hofkammerzahlamtsakten, K. 2, Fasz. 39, fol. 1-127. 7 Grundlegend zur habsburgischen Porträtkultur des 18. Jahrhunderts: Angelika Schmitt-Vorster, Pro Deo et Populo: Die Porträts Josephs II. (1765–1790). Untersuchungen zu Bestand, Ikonographie und Verbreitung des Kaiserbildnisses im Zeitalter der Aufklärung, Diss. phil., München 2006, S. 8-11; allgemein zum Herrscherporträt der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: Andrea M. Kluxen, Das Ende des Standesporträts. Die Bedeutung der englischen Malerei für das deutsche Porträt von 1760 bis 1848, München 1989, S. 108-119.

das visuell vermittelte Selbstverständnis einer Fürstin auf: Die zu beobachtende mediale Vielfalt und Flexibilität entsprachen der immer stärkeren funktionalen Ausdifferenzierung des Selbstverständnisses von Regentinnen und Regenten im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus. Die Porträtkultur ist unter diesen Gesichtspunkten nicht mehr ausschließlich unter dem Aspekt der facettenreichen Anwendung mythologisch wie christlich unterlegter Identifikationsmuster zu sehen, sondern zeigt vielmehr ein flexibel gehandhabtes Instrumentarium unterschiedlicher Formen und Formate, die im Kontext rasch wechselnder Verhältnisse europäischer Machtpolitik tendenziell vielfältigere und rascher verbreitete „Bilder“ der einzelnen Machtträger zeigen. In der Generation vor Kaiser Joseph II. (1741–1790) war es nicht Kaiser Franz I. Stephan (1708–1765), sondern Maria Theresia, die als treibende Kraft in der Beauftragung und Gestaltung von Porträts anzusprechen ist. 4 Sie prägte den Porträtgebrauch ihrer Familie und entschied nachweislich auch während der Mitregentschaft Josephs über die wichtigsten Fragen im Bereich der kaiserlichen Bildkultur. So ist der hohe Stellenwert, der ihren (Gemälde-)Porträts beigemessen wurde, unstrittig. Der preußische Gesandte, der König Friedrich II. von Preußen über die Besonderheiten des österreichischen Hofes informieren sollte, berichtete im Jahr 1747, dass Maria Theresias Popularität jeweils an der Nachfrage nach ihren Porträts abzulesen sei. Diese direkte Abhängigkeit von Stimmungen in der Bevölkerung und politischen Umständen lässt darauf schließen, dass im Umkreis des Hofes ein hohes Maß an Sensibilität für die Funktionen eines Herrscherbildes und die damit verbundenen Möglichkeiten der medialen Präsenz der Monarchin vorhanden gewesen sein muss. Dazu passt auch der Umstand, dass Maria Theresia ihr Porträt gezielt zur emotionalen Bindung ihrer Völker an das habsburgische Herrscherhaus einzusetzen wusste. Die entsprechenden Praktiken gehen in quantitativer Hinsicht über die Usancen des frühneuzeitlichen Bildgebrauchs hinaus, die vor allem Schenkungen von Porträts an befreundete Höfe, deren Einsatz bei Vermählungsverhandlungen, somit also die zeremonielle Einbindung des Porträts sowie dessen stellvertretende Funktion zum Inhalt haben.5 Porträtgeschenke eröffneten zudem die Möglichkeit einer aktiven Einflussnahme zur Verbreitung von Bildnissen, da sich steuern ließ, wem ein Porträt zugedacht war, sowie welchen Wert und Aussehen das entsprechende Geschenk in der jeweiligen Gattung (hier vor allem Gemälde, Miniaturen und Medaillen) 6 haben sollte. Unter Maria Theresias Regentschaft sind zahlreiche Quellenbelege erhalten, dass diese Strategie zur gezielten Verbreitung von Porträts ausgiebig beschritten wurde.7 Eine quantitativ exakte Bezifferung der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hergestellten Porträts der Regentin, auch im Vergleich mit ihrem Vater, Kaiser Karl VI., fällt jedoch schwer und fehlt bis heute. Gerade im internationalen Vergleich wird aber auch deutlich, dass zumindest einige der hier skizzierten Charakteristika der Porträtkultur Maria Theresias keine singulären Erscheinungen darstellen. Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass die Regierungszeit der Regentin in eine wahre Blütezeit der Porträtproduktion europäischer Herrscher fällt. So zeigen auch Porträts des französischen Königs Ludwig XV. Merkmale, die in zahlreichen Darstellungen Maria Theresias in 38

8 Vgl. Hyacinthe Rigaud, König Ludwig XV. im Krönungsornat, 1730 (Versailles, Musée national des Châteaux de Versailles et de Trianon, Inv.-Nr. MV 3750), vgl. David Beaurain, Les portraits de Louis XV par Jean-Baptiste Vanloo: genèse et chronologie, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 68, 2005, S. 61-70, hier S. 68, fig. 5, 6.

9 Susanne Scholz, Mode und Subjektivität im 18. Jahrhundert, in: Vera Nünning (Hg.), Kulturgeschichte der englischen Literatur. Von der Renaissance bis zur Gegenwart, Tübingen und Basel 2005, S. 99-112, hier S. 99. 10 Ebd.

11 Ebd., S. 100; vgl. Thomas Frank, Albrecht Koschorke, Susanne Lüdemann und Ethel Matala de Mazza, Des Kaisers neue Kleider. Über das Imaginäre politischer Herrschaft. Texte – Bilder – Lektüren, Frankfurt a. M. 2002, S. 79, 153.

ähnlicher Form wiederkehren – so etwa den bestimmend quasi-possessiven Griff auf die beigefügten Insignien sowie die Tendenz, das Obergewand effektvoll aufzubauschen und somit in ganzer Breite wiederzugeben.8 Unter diesem Aspekt vertritt die Porträtkultur Maria Theresias die Anwendung zeittypischer Schemata, die in den unterschiedlichsten Versionen und Formaten mit entsprechenden Inhalten variantenreich gefüllt werden konnten. Im Rahmen der Bildkultur des 18. Jahrhunderts und der damit zusammenhängenden Bedeutung von „Körperpolitik“ gewann die Kleidung eine zunehmend bedeutende Rolle. Im Gegensatz zum mythologischen Identifikationsporträt, das die Dargestellten naturgemäß all’antica auszeichnete und dadurch gleichsam historisierte, schob sich die repräsentative Gewandung gewissermaßen zwischen Dargestelltem und Betrachter und definierte solcherart in Gestalt einer sprechenden Hülle des Körpers in starkem Ausmaß die Wahrnehmung des Rezipienten. Es war somit die Kleidung, die stärker als jemals zuvor – und in Kombination mit der zumeist äußerst sparsam eingesetzten Gestik des Deutens und Zeigens – über entsprechende Deutungspotenziale entschied. Durch eine modische Inszenierung und die damit verbundene Demonstration ökonomischer Potenz ließen sich Relationen zwischen der Person und ihrer äußeren Präsentation herstellen.9 Der dabei nicht sichtbare Körper der Dargestellten und die textile bedeutungsschwere Fassade verschmolzen dabei in einer Weise, die anzeigen sollte, dass Identitätsstiftungen in essenzieller Weise auf Kleidung und Schmuck angewiesen waren.10 Die Mode realisierte hier die Ansprüche eines semiotischen Systems, d.h. eines Pools an Zeichen, denen die Möglichkeit inhärent war, im Gefolge unterschiedlicher kultureller Praktiken Bedeutung zu stiften. Der solcherart durch Kleidung ausgestattete und überformte Körper konnte als wichtiger Teil sozialer Zusammenhänge erscheinen. Erst unter diesem Aspekt erfüllten Malerei und Grafik ihre Rollen in der Repräsentation, da ihnen die Aufgabe zukam, eine „kulturell lesbare Oberfläche“11 zu vermitteln. Die textilen Oberflächen können allerdings nicht mehr in klassischer Weise gelesen werden, sondern im Sinne eines Zeichensystems, in dem materialästhetische, politische und ökonomische Faktoren zu einem Gewebe verwoben sind, das den natürlichen Körper „investiert“. Variabler konnte man – im Gegensatz zur vergleichsweise aufwendigen und kostenintensiven Gemäldeproduktion – vor allem in jenen Gattungen agieren, deren Vorteil offensichtlich in schnelleren Produktionsprozessen und kleineren Formaten bestand. Dies trifft vor allem auf Erzeugnisse der Druckgrafik zu. Besonders in dieser Gattung ist im Verlauf der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein spürbares Interesse an einer Verlebendigung im Sinne der Wiedergabe erzählerisch orientierter Handlungszusammenhänge feststellbar. Die traditionellen Personifikationen „kommentieren“ dabei nicht mehr nur das zentrale (Herrscher-)Bildnis, sondern interagieren mit diesem zum Zweck gesteigerter szenischer Einheiten. Die künstlerische Entwicklung im Verlauf der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts führt an diesem Punkt anschaulich vor Augen, dass starre und hieratische Kompositionen durch stärker dynamisierte Bildstrukturen abgelöst wurden.

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Werner Telesko 12 Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (47 E7). 13 Entsprechende Quellen zu Stechern sind in den Fabriks-, Gewerbe- und Handlungsprivilegien des Reichshofrates (RHR) im HHStA nachweisbar. 14 ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg 1 in Ptf 133 (32); Wien, Wien Museum, Inv.-Nr. 90.796, 179.138, vgl. Werner Telesko, Herrscherrepräsentation im „kleinen“ Format – zur Verherrlichung Franz Stephans in der Druckgraphik, in: Renate Zedinger und Wolfgang Schmale (Hg.), Franz Stephan von Lothringen und sein Kreis (Jahrbuch der österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 23, 2008), Bochum 2009, S. 391-409, S. 400f, Abb. 108. Ein seitenverkehrter und unsignierter Stich nach Nilson, in dem nicht alle Teile der Vorlage übernommen wurden, wird im Wien Museum (Inv.-Nr. 85.296) aufbewahrt. 15 Ovid, Metamorphosen XV, 758f.

1 Maria Theresia nach 1745 Martin Will (nach August Scheller) Kupferstich Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (47 E7), Inv. Nr. PORT_00047555_01

Ein instruktives Beispiel in dieser Hinsicht bietet ein bei Martin Will nach einer Zeichnung von August Scheller verlegter Augsburger Kupferstich (Abb. 1),12 der rechts unten und in der Mitte unten mit den Blattnummern 166 bzw. 2 bezeichnet ist. Aufgrund des Blatttitels, der Maria Theresia als Königin von Ungarn (1741) und Böhmen (1743) sowie als Kaiserin (1745) ausweist, ist dieser Stich nach 1745 einzuordnen. Wie in vielen anderen grafischen Blättern dieser Zeit entspricht das in eine hochovale Rocaille eingefasste Brustporträt Maria Theresias, das von einem geviertelten, von Palme und Lorbeer flankierten Wappenschild bekrönt wird, einem Typus, wie er vor allem in Ölgemälden Maria Theresias gebräuchlich ist. Neu ist allerdings die reiche Kontextualisierung ihres Bildnisses, das von einem bärtigen Krieger mit beiden Händen am Rahmen gehalten wird: Auf der linken Seite bietet ein ungarischer Husar die Krone des Heiligen Römischen Reiches, die Wenzelskrone sowie den österreichischen Erzherzogshut wie auf einem Präsentierteller dar, während er mit seiner Rechten einen Säbel in der Hand hält, den er in Richtung der auf der rechten Seite stehenden Pallas Athene streckt. Die antike Göttin verweist mit der Linken auf das Herrscherbild und stützt sich mit der Rechten auf einen mit dem Medusenhaupt dekorierten Schild. Herumliegendes Kriegsgerät im Vordergrund vervollständigt den offensichtlich kriegerischen Kontext. Das Bildnis der Regentin ist zentraler Teil dieser szenisch ausgerichteten Komposition und wird in einen reichen thematischen Zusammenhang eingebettet, da es einerseits als reales Objekt „getragen“ wird und ihm andererseits in Brusthöhe Insignien attributhaft zugeordnet sind, die den Herrschaftsanspruch Maria Theresias unterstreichen sollen. Das beträchtliche erzählerische und thematische Potenzial, das Druckgrafiken dieser Ausprägung innewohnt, darf jedoch nicht zur (naheliegenden) Annahme verleiten, man könne von einer unmittelbaren Auftragsvergabe an die entsprechenden Stecher und Verleger von Seiten des Wiener Hofes ausgehen. Die meisten dieser Druckgrafiken wurden vielmehr in den wichtigsten deutschen Verlagszentren (hier vor allem Augsburg und Nürnberg) als Teil von Serien bzw. als Pendantstücke hergestellt.13 Besonders für Franz Stephan und Maria Theresia sind zahlreiche solcher aufeinander bezogenen Porträts feststellbar: Ein nach 1745 entstandener Kupferstich Johannes Esaias Nilsons14 nach eigener Invention zeigt Franz Stephan gerüstet und mit Marschallstab als Attribut ausgestattet. Chronos rechts außen wird hier mit der Funktion der Abundantia verbunden – hervorgehoben durch den aus Ovids Metamorphosen stammenden Passus „Hoc Praeside / rerum / humano generi / superi cavistis / abunde. / Ovid. Met.“15, der die Apotheose Caesars beschreibt. Die synkretistisch formulierte Aussage, die auf Franz Stephan (patroniert von der Personifikation Lothringens, 40

2 Zarin Katharina II. Johannes Esaias Nilson Kupferstich ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg VIII in Ptf. 28 (10), Inv. Nr. PORT_00033963_01

3 Franz Stephan und Maria Theresia um 1735 Matthias Donner Medaillenentwurf ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (55 E4), Inv. Nr. PORT_00047714_01

16 Wien Museum, Inv.-Nr. 212.708, vgl. Telesko 2012, S. 46f, Abb. 9. 17 ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg VIII in Ptf. 28 (10). 18 Ebd., Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (55 E4).

die im Typus der Divina Providentia gestaltet ist) in seinen Eigenschaften als Kriegsherr, Musenfürst, Beschützer der Religion und Spender von Wohltaten zielt, hat ikonografisch eine ungewöhnliche Anhäufung unterschiedlicher Personifikationen zur Folge. Auch das Pendantblatt mit Maria Theresia geht in eine ähnliche Richtung: In den entsprechenden Kupferstich, der nach 1745 entstanden ist,16 ist ebenfalls eine Fülle von Antikenzitaten eingearbeitet: Mit dem im oberen Spruchband gegebenen Hinweis auf „Majestas et Amor“ wird keine habsburgische Devise thematisiert, sondern vielmehr Ovid, Metamorphosen II, 846, zitiert – eine Passage, in der Jupiters Werben um Europa thematisiert und auf die Doppelfunktion des Göttervaters in Bezug auf „Würde“ und „Liebe“ hingewiesen wird. Hinsichtlich des technischen Ausarbeitungsgrades dieser Grafik wird dem Hüftstück der Regentin im Rahmen die größte Aufmerksamkeit gewidmet. Alle anderen Personen besitzen lediglich den Charakter von erklärenden Assistenzfiguren. Ein Kupferstich (mit der Blattnummer 76 rechts oben) Johannes Esaias Nilsons mit einer Darstellung der Zarin Katharina II. der Großen (1729–1796)17 (Abb. 2) unterstreicht das bereits angesprochene Faktum, dass grafische Serien dieser Art zahlreiche europäische Regenten umfassen und in der Regel nicht vom jeweiligen Hof in Auftrag gegeben wurden: In diesem Blatt huldigen die Drei Grazien einem Bild der russischen Zarin, das in ein von einem Volutenaufsatz bekröntes rustiziertes und retabelähnliches Mauerstück eingelassen ist. Ein wichtiger Aspekt, der in Porträtserien dieser Art zum Ausdruck kommt, betrifft Beziehungen, die zwischen Herrscher und Herrscherin aufgebaut werden können. Aufgrund der spezifischen Medialität der Gattung wird dieser Aspekt besonders anhand von Medaillen deutlich, wie ein um 1735 zu datierender Medaillenentwurf von Matthias Donner beweist (Abb. 3), der Franz Stephan am Avers Maria Theresia am Revers gegenüberstellt:18 Dadurch tritt der Charakter eines aus zwei Einzeldarstellungen zusammengesetzten und vom Betrachter im Drehen der Medaille zusammenzusehenden HochzeitDoppelporträts besonders anschaulich vor Augen. Vor allem mithilfe von druckgrafischen Erzeugnissen konnte schnell auf die sich rasch ändernden Notwendigkeiten europäischer Machtpolitik reagiert werden – ein Umstand, der in Bezug auf die am Beginn recht unsichere Herrschaft Maria Theresias von besonderer Bedeutung war: Ihre politisch höchst prekäre Lage als Thronerbin nach dem Tod ihres Vaters Karl VI. im Jahr 1740 kam sowohl in der mangelnden europäischen Anerkennung der „Pragmatischen Sanktion“ als auch im Einmarsch Friedrichs II. von Preußen in Schlesien im gleichen Jahr deutlich zum Ausdruck. Auf diese für die Monarchie existenzbedrohende Situation war mit unterschiedlichsten Mitteln – auch mit jenen der 41

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4 Maria Theresia nach 1743 Gottfried Bernhard Götz Kupferstich ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (49), Inv. Nr. PORT_00047544_01

19 Ebd., Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (49), vgl. Telesko 2012, S. 45f, Abb. 8. 20 Paris, Bibliothèque nationale de France, Inv.-Nr. FRBNF41511627, Stich von Gilles-Edme Petit nach Martin van Meytens (1743). 21 Z.B. Maria Theresia und ihre Zeit. Zur 200. Wiederkehr des Todestages, Ausst.-Kat. Schloss Schönbrunn, Wien 1980, Farbtaf. 1 (Gemälde von Daniel Schmiddeli, 1742, Galerie der Stadt Bratislava), vgl. hier einen Stich (1743) von Gottfried Bernhard Götz (Zoltán Szilárdfy, Gottfried Bernhard Göz: Bildnis Maria Theresias, in: Acta Historiae Artium Academiae Scientiarum Hungaricae, 50, 2009, S. 163-166). 22 Dieser Umstand wird auch daran deutlich, dass Hofkanzler Anton Graf Uhlfeld in einem Brief an Franz Stephan vom 22. August 1745 darüber spekulierte, dass Maria Theresia möglicherweise die böhmische und ungarische Krone als „männliche“ Insignien ansah, wohingegen die Krönung zur Kaiserin eine „weibliche“ Auszeichnung sei, die im Rang unter den beiden anderen stehen würde, vgl. Yonan 2003, S. 119f (mit Quellenangabe).

visuellen Propaganda – zu reagieren. Ein besonders qualitätsvoller Kupferstich von Gottfried Bernhard Götz19, mit „MARIA THERESIA REGINA Hungariae et Bohemiae“ betitelt und demnach bereits nach der böhmischen Krönung (1743) entstanden (Abb. 4), zeigt Maria Theresia vor einem vegetabil gestalteten Baldachin mit dem kleinen Erzherzog Joseph und dem noch nicht als Kaiser ausgewiesenen Franz Stephan, auf dessen gerahmtes, hochovales Porträt Joseph verweist. In der Legende („Fœmineos Princeps! Assurgito Matris in ausus, / undique terrarum Masculus Heros eris.“) sind die wichtigsten Prädikate Maria Theresias und Josephs in Fettdruck hervorgehoben (Princeps, Mater und Heros). Geradezu auftrumpfend wird die Textpassage mit der Anrede Maria Theresias als weibliche Fürstin („Fœmineos […]“) eingeleitet, unterstrichen durch ein den Geschlechterdiskurs vertiefendes Deutungsangebot, das auf den kleinen Erzherzog in Gestalt eines männlichen Helden zielt („[…] Masculus Heros […]“). Auf der Basis einer ausführlichen Charakterisierung der Herrscherin auf der Posaunenflagge der krönend wiedergegebenen Fama („Foemina / fronte Patet, / vir Pectore / Diva / Decore.“), wie sie auch in einem anderen Stich als Beischrift nachweisbar ist,20 wird Maria Theresia als Frau dem Aussehen nach, Mann im Charakter und Göttin in Bezug auf ihre Schönheit verherrlicht, wodurch der Geschlechterdiskurs in einer eingängigen Trias zum Abschluss gebracht wird. Einmal mehr ist die Regentin in diesem Blatt in Gestalt eines Typus präsent, wie er repräsentativen Gemäldedarstellungen Maria Theresias in ihrer Funktion als ungarische Königin entspricht.21 Dies deutet deutlich darauf hin, dass zwischen den einzelnen Bildmedien intensive Austauschprozesse anzunehmen sind. Die Rechtsakte der ungarischen (1741) und böhmischen (1743) Krönung Maria Theresias dienten vor allem dazu, die Kontinuität habsburgischer Herrschaftstitel zu betonen, während der kleine Erzherzog Joseph eingesetzt wurde, um den Nachwuchs der Regentin zu unterstreichen. Wenn die Adaptierung von Charakteristika einer als „männlich“ zu apostrophierenden Bildsprache in den verschiedensten Gattungen der Porträtkultur deutlich nachweisbar ist,22 dann war dieser Bezug auf quasi-männliche Eigenschaften auch in Schriftform bereits zu Lebzeiten Maria Theresias äußerst beliebt: Christoph Gottlieb Richter etwa bezeichnete in seiner Biografie Lebens- und Staatsgeschichte der allerdurchlauchtigsten großmächtigsten Fürstin und Frauen, Frauen Maria Theresia etc. (Nürnberg 21743/1747) diese als eine „Heldin“, die männliche Tugenden besitzen würde.23 In der gleichen Publikation zitiert Richter einen Künstler, der ein Porträt Maria Theresias gestochen habe „[…] und unten am Porträt alles das ausdrucket, was so viele Scribenten und Zeitungen seit 4 Jahren gemeldet: Dem Ansehen nach ein Weib, allein an Herz ein Mann, und eine Göttin, so die Anmuth bilden kann“.24 42

5 Franz Stephan und Maria Theresia als Pallas Athene und Apoll um 1750 anonym Aquarellminiatur ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Inv. Nr. E 20451-B

23 Hilde Wultschner, Maria Theresia in der deutschen Geschichtsschreibung, Diss. phil., Wien 1950, S. 2. 24 Christoph Gottlieb Richter, Lebens- und Staatsgeschichte der allerdurchlauchtigsten großmächtigsten Fürstin und Frauen, Frauen Maria Theresia etc., Nürnberg 21743/1747, 4. Teil, S. 1f. 25 Wien, ÖNB, Bildarchiv und Porträtsammlung, E 20451-A, vgl. Robert Keil, Die Porträtminiaturen des Hauses Habsburg, Wien 1999, S. 42, Nr. 29.

Während mit den hier vorgestellten Bild- und Textbeispielen der Anspruch der Regentin auf die Rechtmäßigkeit ihrer Herrschaft anhand errungener Titel anschaulich gezeigt werden konnte, dienten Identifikationsporträts dazu, einerseits Maria Theresia in gebräuchliche Schemata mythologischer und christlicher Herkunft einzupassen, und andererseits, die Regentin in der ruhmreichen Tradition habsburgischer Pietas Austriaca zu verorten – jeweils mit dem Ziel, sich mittels der Anbindung an Namenspatrone der auserwählten Stellung des Erzhauses im göttlichen Heilsplan zu versichern. Für die konkrete Umsetzung in der Porträtkultur bedeutete dies in der Regel die Kombination von unverwechselbarer Physiognomie und traditionsreichem Bildschema, wie dies etwa in einer um 1750 entstandenen Aquarellminiatur der Österreichischen Nationalbibliothek, die das Kaiserpaar als Pallas Athene und Apoll verherrlicht,25 zum Ausdruck kommt (Abb. 5). Die bisher genannten Beispiele der maria-theresianischen Porträtkultur markieren hinsichtlich der Sicherung und Propagierung von dynastischer und staatlicher Souveränität vor allem eine defensive Gesinnung: Aus der ausgesprochen schwierigen Stellung Österreichs nach 1740 sollte alles versucht werden, um Kontinuitäten in Machtausübung und Frömmigkeitspraxis entsprechend glaubwürdig zu vermitteln. Hier lag es somit nahe, sich bei der Ausarbeitung entsprechender Bilder von jenen Typenbildungen und Traditionen leiten zu lassen, die bereits als bewährt anzusehen waren. Dazu kommt als zweite Strategie der Sichtbarmachung von Herrschaft eine Bildkultur, die dezidiert auf die zukünftige Politik und ihre Absicherung angelegt war und offensives Potenzial enthält: Gerade aus der Erkenntnis der schwierigen Verteidigung von Souveränität und der damit verbundenen mühsamen Kompensation entsprechender Defizite musste alles daran gesetzt werden, damit sich eine derart einschneidende Bruchlinie wie jene des Jahres 1740, in dem nichts weniger als das Schicksal der Dynastie der Habsburger auf dem Spiel stand, nicht wiederholen konnte. Eine möglichst vorausschauende Strategie sollte deshalb vor allem darin bestehen, die Fertilität der Regentin und damit eine zutiefst weibliche Möglichkeit von Herrschafts43

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26 Ilsebill Barta, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der Aufklärung, Wien 2001, S. 39-51.

27 Ebd., S. 94, Abb. 75. 28 Marianne Koos, Haut, Farbe und Medialität. Oberfläche im Werk von Jean-Étienne Liotard (1702–1789), Paderborn 2014, S. 114. 29 Marianne Koos, Malerei von ungeschminkter Wahrheit. Jean-Étienne Liotards vérité, in: Stefanie Muhr und Wiebke Windorf (Hg.), Wahrheit und Wahrhaftigkeit in der Kunst von der Neuzeit bis heute, Berlin 2010, S. 59-72, hier S. 63. 30 Vgl. neuerdings: Agnes HussleinArco und Georg Lechner (Hg.), Martin van Meytens der Jüngere, Ausst.-Kat. Winterpalais des Belvedere, Wien 2014/2015, Wien 2014. 31 Renate Wagner-Rieger, Die Kunst zur Zeit Maria Theresias und Josephs II., in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 34, 1981, S. 7-22, hier S. 20. 32 Julius Fleischer, Das kunstgeschichtliche Material der Geheimen Kammerzahlamtsbücher in den staatlichen Archiven Wiens von 1705 bis 1790 (Quellenschriften zur barocken Kunst in Österreich und Ungarn I), Wien 1932, S. 36.

sicherung und Kontinuitätsbildung im Sinne einer aktiven Familienpolitik in das Zentrum zu stellen. Im Bewusstsein der prekären Situation aufgrund des Fehlens eines männlichen Thronfolgers im Jahr 1740 sollte in der Folgezeit mittels einer reichen Nachkommenschaft eine geeignete Grundlage geschaffen werden, nicht mehr auf defensiv ausgerichtete Rechtfertigungsnarrative allein zurückgreifen zu müssen. In der bewussten Visualisierung des Kinderreichtums Maria Theresias lag nun eine zutiefst zukunftsorientierte Einstellung begründet, die das Weiterbestehen der Dynastie über Jahrhunderte sichern sollte. Der Familienbegriff der Domus Austriae wurde deshalb in der Epoche Maria Theresias einer tiefen Umorientierung zugunsten einer Betonung der Kernfamilie unterworfen.26 Das oberste Ziel war demnach die unablässige Präsentation dieser habsburgisch-lothringischen Familia Augusta. Unterschiedliche Varianten dieser penibel und übersichtlich ins Bild gerückten kinderreichen, aber keineswegs mit emotionalen Untertönen aufgeladenen Familia Augusta Franz Stephans und Maria Theresias wurden in der Folge zu einem unübersehbaren Signet der Porträtkultur in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und nicht ohne Grund besonders durch Stiche verbreitet.27 Für fast alle Bildgattungen in der Ära Maria Theresias ist durchgehend ein großes Interesse an einer detailgetreuen und malerisch präzisen Behandlung der Oberf lächenphänomene zu konstatieren. In dieser Beziehung künstlerisch an erster Stelle steht der europaweit legendäre Maler Jean-Étienne Liotard (1702–1789), dessen Ruf sich auch darin ausdrückte, dass, sobald bekannt geworden war, dass er das Privileg ergattert hatte, Maria Theresia zu porträtieren, man in Scharen zu ihm gepilgert sein soll, um ein Bildnis der Regentin zu ergattern bzw. das eigene in Auftrag zu geben.28 Wenn Liotard das äußerst ehrgeizige Bestreben zugesprochen werden kann, dass es ihm nicht um den bloßen Effekt von Wahrheit, sondern „um die Wahrheit selbst“, gleichsam um eine „Malerei der ungeschminkten Wahrheit“29 gehe, dann kann dieses ambitionierte Credo in reduzierter Form auch auf die zahlreichen Werke von Martin van Meytens d. J. (1695–1770) 30 Anwendung finden. Meytens – ursprünglich als Miniaturmaler ausgebildet – behielt sich eine sorgfältige Technik, „[…] die das Vorbild gleichsam abtastet und alles Sichtbare klar festhält“31. So sehr in der Literatur häufig von der fundamentalen Bedeutung dieses Malers für die maria-theresianische Hof kunst die Rede ist, so wenig lassen sich – über Abrechnungen von Gemälden hinaus – konkrete quellenmäßige Beziehungen zwischen dem ab 1730 endgültig in Wien sesshaften Meytens und übergreifenden kunstpolitischen Intentionen der Kaiserin nachweisen. Die wichtige Funktion dieses herausragenden Malers im Kunstleben Wiens wird allerdings durch das Faktum unterstrichen, dass er seit dem Jahr 1759 auch als Direktor der Wiener Kunstakademie amtierte und von der Kaiserin seit 1764 eine Jahrespension von 600 Gulden erhielt.32 Die in seinem Œuvre besonders manifeste Lust an der Nahsichtigkeit sowie am Entdecken kleiner Details, welche Wirklichkeiten aller Art vor Augen führen sollten, hängt institutionell eng mit der im Jahr 1766 von Jakob Matthias Schmutzer gegründeten Wiener Kupferstecherakademie zusammen.

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6 Denkmal Maria Theresias in Klagenfurt 1765 Balthasar Ferdinand Moll Fotografie ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Inv. Nr. Pk 657, 40

33 Keil 1999, S. 16, zum Bestand Maria Theresia betreffend: ebd., S. 41-50, Nr. 27-51.

34 Wien, ÖNB, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pk 657, 40; vgl. Telesko 2012, S. 155f.

35 Zit. nach ebd., S. 155.

Der angesprochene künstlerische Primat der Nahsichtigkeit ist nicht nur als Zeitphänomen zu begreifen, sondern in der gattungsübergreifenden Ausprägung gerade in der Porträtkultur Maria Theresias auch mit einem anderen Aspekt verbunden: Nahsichtigkeit bezieht sich nicht nur auf einen „Kult“ aller Oberflächen und den damit verbundenen Leistungsnachweis des Malers in der perfekten Wiedergabe derselben, sondern zielt darüber hinaus auf Beglaubigung des Faktischen, des im Bild Gezeigten – vor allem dann, wenn mit Hoheitsfunktionen und Insignien höchst bedeutsame Machtansprüche mit im Spiel sind. Auch die auf Tableaus montierten Porträtminiaturen der ehemaligen habsburgischen Sammlungen vertreten ebenfalls diesen für die Malerei der maria-theresianischen Epoche charakteristischen Kult der Nahsichtigkeit und fungieren im Gesamtkontext als „[…] wichtige Zeugen der habsburgischen Familien- und im weiteren Sinn Herrschaftspolitik“33. Dabei spielt bei der Konzeption dieser Miniaturen sicher auch die Intention der Regentin eine Rolle, sämtliche Familienmitglieder in Gestalt von Bildnissen ständig in ihrer Nähe wissen zu können, somit die über ganz Europa verstreuten Familienmitglieder imaginär an einem Ort versammelt zu sehen. Man würde aber fehlgehen, beschränkte man den Primat der Nahsichtigkeit allein auf die Werke von Malerei und Grafik. Ein Blick auf die Plastik dieser Zeit zeigt einerseits – in deutlichem Naheverhältnis zur Gemäldeproduktion – eine auffällige Dominanz des Typus der Standfigur der Regentin, andererseits ein ausgeprägtes Interesse an einer möglichst detaillierten Behandlung der Oberfläche. Ein von Balthasar Ferdinand Moll im Auftrag der Kärntner Stände angefertigtes Denkmal zu Ehren Maria Theresias in Klagenfurt (1765) (Abb. 6) war der Vorgänger des am 4. Juli 1873 enthüllten und heute noch existierenden Monuments Franz Pönningers am Neuen Platz.34 Die Inschrift auf der Westseite lautete „Mariae Theresiae / der frommen, glückseligen / Mehrerin des Reichs; [...] / durch Gerecht- und Gütigkeit, / Friede, Krieg, Tugenden / Grössten / Ihrer Erbkönigreiche Glorie / Ihrer Völker Heil / Ihrer Provinzen Freude“, das Chronogramm an der Ostseite spiegelte das bekannte Motiv der dankbaren Untertanen: „[...] Haben dieses ewige Denkmal / einer Zartesten Liebe setzen lassen / Das aLLergetreVste Cärnten / VnD LanDes-Väter“35. Maria Theresia war im genau nachempfundenen ungarischen Krönungsornat dargestellt, mit der Linken wies sie demonstrativ das Bildnis ihres Gemahls vor. Somit wurde in der Gattung eines monumentalen Denkmals dezidiert auf die Funktion kleinformatiger Porträts Bezug genommen. Auf den seitlichen Säulenvorsprüngen lagen auf Pölstern die römisch-deutsche Kaiserkrone, die ungarische und böhmische Krone sowie der österreichische Erzherzogshut. Eine ähnliche künstlerische Einstellung ist 45

Werner Telesko

7 Maria Theresia Angelo Ferri (nach Jacopo Alessandro Calvi) Kupferstich ÖNB, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (5), Inv. Nr. PORT_00047632_01

36 Michael Krapf (Hg.), Franz Xaver Messerschmidt 1736–1783, Ausst.-Kat. Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2002/2003, Ostfildern-Ruit 2002, S. 148-151, Nr. 5 (Maria Theresia als Königin von Ungarn, Belvedere, Inv.-Nr. 2239, um 1765). 37 Ebd., S. 152-155, Nr. 6 (Franz Stephan von Lothringen, Belvedere, Inv.-Nr. 2240, um 1766). 38 Ebd., S. 154. 39 Wolfgang Häusler, Herrscherstatuen und Menschenbild. Zur politisch-historischen Dimension der Porträtkunst Messerschmidts, in: Krapf 2002, S. 31-47, S. 43, Abb. 10. 40 Inv.-Nr. 207, vgl. Maria Theresia und ihre Zeit 1980, S. 197, Nr. 33,03. 41 Ebd., S. 198, Nr. 33,03; Yonan 2011, S. 48, fig. 15. 42 Wien, ÖNB, Bildarchiv und Porträtsammlung, Inv. Nr. E 20404-B, vgl. Keil 1999, S. 48, Nr. 46. 43 Wien, ÖNB, Bildarchiv und Porträtsammlung, Pg 185 177/2 in Ptf. 132 (5).

auch bei den quellenmäßig gut dokumentierten berühmten Herrscherfiguren Franz Xaver Messerschmidts zu konstatieren: Ausführlich wird im Wienerischen Diarium vom 6. August 1766 darüber berichtet, dass die Statuen Maria Theresias36 und Franz Stephans37 im Unteren Belvedere zur Aufstellung gelangen sollen. Laut allerhöchstem Befehl wurden diese Figuren allerdings in den kaiserlichen Sammlungen in der Stallburg aufgestellt, wie das Wienerische Diarium vom 16. August 1766 vermerkt.38 Wie bei den repräsentativen Gemälden von Meytens, den druckgrafischen Blättern sowie beim Klagenfurter Denkmal spielt auch hier das Streben nach Nahsichtigkeit und Detailausarbeitung eine zentrale Rolle: So zeigt der ungarische Krönungsmantel Maria Theresias genrehafte Motive,39 die den hoheitsvoll-repräsentativen Ornat durch eigene Inventionen des Bildhauers spielerisch erweitern. Nach dem plötzlichen Tod von Maria Theresias Gemahl Franz Stephan (1765) sollte sich die Bandbreite in der Porträtkultur der Regentin nochmals verändern, da nun ihre Witwenschaft zur alleinigen Dominante wurde. Die Regentin schloss sich zunehmend ab, zog sich auf ihren Witwenstand zurück und öffnete sich vor allem jansenistischen Vorstellungswelten. In diesem Zusammenhang ist es kennzeichnend, dass besonders eine Komposition von Joseph Ducreux, die Maria Theresia als Witwe im Halbfigurenporträt zeigt (1769, Wien, Akademie der bildenden Künste), 40 aufgrund zahlreicher Nachstiche und Variationen zum wahrscheinlich bekanntesten und in der Folge am meisten verbreiteten „Image“ der Regentin in ihrer Eigenschaft als Witwe wurde (Abb. 3, S. 31).41 Das in der Regel halbfigurig oder in Büstenform gestaltete Witwenbildnis besitzt ohne Auszeichnung mit Insignien im Gegensatz zu den repräsentativ-monarchischen Porträts eine deutlich intimere Note, die bis zu Varianten in Form aquarellierter Miniaturporträts (auf Elfenbein) reichen konnte, welche die an einem Schreibtisch sitzende Regentin zeigen. 42 Zugleich ließ sich auch das Büstenporträt kontextualisieren und damit auf eine neue Deutungsebene heben, wenn es mit einem entsprechenden Rahmenapparat versehen wurde. Dieser wichtige Aspekt sei abschließend mit einer Analyse eines Kupferstiches von Angelo Ferri nach einer Zeichnung Jacopo Alessandro Calvis43 (Abb. 7) unterstrichen: Das auf einer gekehlten Basis postierte Hochoval gibt den Blick auf ein von reicher Draperie hinterfangenes Büstenporträt Maria Theresias frei. Nähere Auszeichnungen sind allesamt an die Peripherie verlegt, und dort werden in drei Objektgruppen traditionelle Eigenschaften der Regentin wie Mäzenatentum, Ausübung der Herrschaft (Krone und Szepter auf einem Kissen) und Kriegsführung, Ruhm sowie Exekutivgewalt (Fasces) betont. Wie um diese unterschiedlichen Funktionen auf einen Nenner zu bringen, wird in der Kehlung das in der Medaillenkunst der 46

Frühen Neuzeit häufig anzutreffende Motto „POPULORUM FELICITAS“ ins Spiel gebracht, wodurch in einer geschickten transmedialen Strategie die verschiedenen Leistungen Maria Theresias in einem bestimmten Fokus, der auf die positiven Auswirkungen der Regentschaft bei „ihren“ Völkern zielt, gebündelt werden. Das Porträt der Regentin ist aus dieser Perspektive der wirkmächtige personale Kern, der erst an der Peripherie einer mehrschichtigen Deutung zugeführt wird. Text und Bild stehen in enger künstlerischer wie inhaltlicher Verbindung, was durch den Umstand unterstrichen wird, dass das der Tradition der Medaillenkunst entstammende Motto der Kehlung dem im strengen Profil gegebenen Bildnis der Herrscherin, traditionell ein Charakteristikum der Medaillenikonografie, entspricht. Damit kann deutlich gemacht werden, wie sehr künstlerische und inhaltliche Faktoren in ihrer gegenseitigen Verflochtenheit die vielschichtige Porträtkultur Maria Theresias konstituieren.

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1 Maria Anna, Erzherzogin von Österreich 1781 Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand, 126 × 95 cm Inv. Nr. 270, Kat. 87

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2 Erzherzogin Maria Anna als junges Mädchen um 1747 vermutlich Martin van Meytens Öl auf Leinwand, 96 × 74,3 cm Inv. Nr. 138, Kat. 36

„ich brauch in keinem zimmer keinen baldachin wär auch sehr lächerlich“ – selbstinszenierung und repräsentation der erzherzogin maria anna Stefanie Kitzberger

1 Ein schriftlicher Auftrag hat sich nicht erhalten, doch ist das Gemälde von Lampi signiert und datiert. Dokumentiert ist außerdem eine Reise des Künstlers von Italien über Innsbruck und Klagenfurt nach Wien. In Innsbruck erhielt er auf Empfehlung des Abts Norbert Baron von Sperges 1781 einen Auftrag für ein Porträt der Erzherzogin Maria Elisabeth. 1783 ging Lampi schließlich nach Wien, wo er bald nicht nur zu einem geschätzten Porträtmaler in Hofkreisen aufstieg, sondern auch ordentliches Mitglied sowie 1786 Professor für Historienmalerei an der Akademie der bildenden Künste Wien wurde. Vgl. Ingrid Sattel Bernardini, S. Träger und Andrzej Ryszkiewicz, Lampi, in: Oxford Art Online, Oxford University Press 1996. URL: http://www. oxfordartonline.com (4.9.2015). Bezüglich Lampis Biografie vgl. auch den Katalogtext zu den Gemälden Lampis aus der Klagenfurter Sammlung, S. 149-153.

2 Hinsichtlich der Deutung dieser Tätigkeit Maria Annas siehe den Eintrag zu Lampis Porträt Maria Annas im Katalogteil dieses Bandes, S. 149-153.

Im Frühjahr 1781, kurz nach dem Tod ihrer Mutter Maria Theresia, übersiedelte die österreichische Erzherzogin Maria Anna in ihre Residenz nach Klagenfurt. Noch im selben Jahr gab sie bei dem als Porträtisten bekannten Künstler Johann Baptist Lampi, der auf einer Durchreise nach Wien war, ein Bildnis von sich in Auftrag:1 Das Gemälde (Abb. 1) zeigt Maria Anna in einem nicht näher bestimmten dunklen Raum, auf einem mit rotem Samt gepolsterten Holzstuhl neben einem marmornen Tisch sitzend. In ihrer linken Hand, die auf einem Kissen ruht, der offenbar aus demselben Stoff gearbeitet, mit Goldfäden ornamentiert und mit goldenen Troddeln bestückt ist, hält sie einen grauen Faden. Dieser endet auf dem Tisch in einem Fadengewirr und führt auf der anderen Seite zu ihrer rechten Hand, in der ein kleines Knäuel zu sehen ist, mit dem sich Maria Anna zu beschäftigen scheint.2 Die Erzherzogin ist jedoch nicht in ihre Arbeit vertieft, sondern hat den Kopf in einer anmutigen Bewegung leicht nach rechts bewegt, um die Betrachter/innen anzublicken. Auf dem Kopf trägt sie ein durchsichtiges dünnes Tuch, das unter dem Kinn zusammengebunden ist. Ihr dunkelbraunes Kleid ist auffallend schlicht, es ist nur am Kragen bzw. an den Ärmeln mit durchsichtigen Rüschen besetzt. Am Hals trägt Maria Anna eine ebenso einfach gestaltete Kette aus einer durchscheinenden dunklen Stoffbahn, an deren Ende eine Porträtminiatur befestigt ist, die Maria Theresia als Kaiserinwitwe zeigt. Berücksichtigt man die hohe Stellung, die Maria Anna als österreichische Erzherzogin und Tochter des habsburgischen Kaiserhauses innehatte, so scheint ihre zurückgenommene äußerliche Erscheinung auf befremdliche Weise inadäquat. Zwar weisen die vornehme Haltung, das Motiv des aus dem Bildraum weisenden Fingers, der hinter dem Kissen platzierte Erzherzogshut und das Bildnis ihrer Mutter auf ihren sozialen Status hin; auch können Marmortisch und Kissen als Hoheitsmotive gelesen werden. Vergleicht man die Darstellung jedoch mit einem weiteren Porträt Maria Annas aus dem Klagenfurter Konvolut (Abb. 2), das wahrscheinlich noch in Wien im Umfeld des Hofmalers Martin van Meytens entstand, so werden einige markante Veränderungen sichtbar, die auf ein transformiertes Selbstverständnis Maria Annas bzw. auf eine von traditionellen Repräsentationsmechanismen abweichende Selbstinszenierung hindeuten: Das zweite Gemälde zeigt die Erzherzogin als junges Mädchen. Wie in Lampis Bildnis sitzt sie neben einem mit Rocailleformen verzierten Tisch aus buntem Marmor, auf dem ein rotes Kissen und der Erzherzogshut Maximilians III. platziert sind. Auch in diesem Bildnis finden sich der vornehme Zeigegestus und das Porträtmedaillon Maria Theresias, welches sie hier in den Händen hält. Im Unterschied zu Lampi adressiert der Porträtist den hoheitlichen Status der jungen Maria Anna jedoch vielfach deutlicher: So führt er mit der Säule und dem Vorhang im Hintergrund zusätzliche 49

Stefanie Kitzberger

3 Dass auch noch in späteren, in Wien hergestellten Bildnissen ebenso vor allem die Noblesse der Erzherzogin herausgestrichen wurde, davon zeugt das zweite Bildnis der Maria Anna als ältere Dame (Abb. 3), das wahrscheinlich erst kurz vor ihrem Umzug nach Klagenfurt hergestellt wurde: Geschmeide, Goldstickereien und Spitzen zieren dort ihr Haupt, ihr Dekolleté und ihr Kleid, überlagern geradezu ihren Körper. Der Porträtist betont darüber hinaus die vornehme Herkunft Maria Annas durch ihr helles, kühles Inkarnat, das er in ein Spannungsverhältnis zum Rot ihrer Lippen und dem Rouge auf ihren Wangen gesetzt hat.

3 Maria Anna, Erzherzogin von Österreich o. D., anonym Öl auf Leinwand, 52 × 39,5 cm Inv. Nr. 125

Versatzstücke monarchischer Ikonografie ein, außerdem schildert er detailliert das blaue, kostbar mit Goldfäden und tropfenförmigen Perlen bestickte und von einem hermelinbesetzten Mantel umfasste Kleid Maria Annas, aus dem fein gearbeitete Spitzen hervorquellen. Die roten Lippen und die geröteten Wangen der jungen Maria Anna setzen sich von ihrem hellen Inkarnat kontrastreich ab, während die gealterte Erzherzogin auf Lampis Gemälde ungeschminkt wirkt.3 Im Gemälde der jungen Maria Anna hat der Maler den Erzherzogshut, der in den Vordergrund gerückt ist, zudem in eine besser beleuchtete und erhöhte Position gebracht, denn dieser sitzt auf dem Kissen. Im Gegensatz dazu scheint die Krone auf Lampis Gemälde, der Erzherzogshut Josephs II., geradezu im Dunkel des Hintergrunds zu verschwinden. Anstatt als habsburgisches Ikonografieelement fungiert das Kissen hier als bequeme Auflagefläche für den linken Arm Maria Annas und wurde also für ihre im Gemälde angedeutete Tätigkeit – das Auf- oder Abwickeln des Fadens – umfunktioniert. Doch nicht nur auf der Erzählebene des Gemäldes Lampis, sondern auch hinsichtlich seiner Präsentation machen sich Verschiebungen bemerkbar: So schien Maria Anna über die strukturelle Verkoppelung von Gemälden zu versuchen, sich ihrer identifikatorischen Anbindung an den Wiener Hof zu entziehen, um sich in einen neuen Kontext einzubetten. In der Klagenfurter Sammlung existiert ein Porträt des damaligen Fürstbischofs von Lavant und St. Andrä in Kärnten, Graf Vinzenz Joseph von Schrattenbach (Abb. 4), das Maria Anna offenbar als Pendant zu ihrem eigenen Bildnis bei Lampi bestellt hat. Wie die am Briefpapier am linken Rand des Gemäldes sichtbare Signatur des Künstlers „De Lampi pinxit An. 1782“ enthüllt, ist es etwas später entstanden. Eine Gegenüberstellung beider Bildnisse macht jedoch deutlich, dass diese aufeinander bezogen konzipiert wurden und es sich somit um einen singulären Auftrag handeln muss. So sind beide Objekte gleich groß und sind gleich gerahmt. Beide Figuren weisen eine ähnliche Haltung auf. Ihre Blicke richten sich außerdem in etwa auf denselben Standpunkt einer imaginativen Betrachterin außerhalb des Bildraums. Betrachtet man die räumliche Positionierung bzw. Proportionierung Schrattenbachs und Maria Annas, so scheint es auf den ersten Blick, als säßen beide im selben Raum. Obwohl Lampi zwei verschiedene Tische auswählt, verstärkt er die Vorstellung eines gemeinsamen Bildraums der Figuren zugleich über die Unterkanten der Tische, die beinahe parallel und auf derselben Höhe verlaufen. Auch die beiden abgewinkelten äußeren Arme der Figuren können in ihrem Übergang zu den Köpfen wie symmetrisch gespiegelte Kompositionslinien betrachtet werden. Des Weiteren bilden die innen liegenden Arme Maria Annas und Schrattenbachs weitere parallel verlaufende 50

4 Vinzenz Joseph von Schrattenbach, Fürstbischof von Lavant und St. Andrä 1782 Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand, 126 × 95,5 cm Inv. Nr. 271, Kat. 88

4 Maria Theresia, Brief an Maria Anna vom 28. November 1780, Archiv Tratzberg, vgl. Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil., Wien 1964, S. 40-41. 5 Xaveria Gasser, Äbtissin des Elisabethinen-Konvents, gibt den Brief Maria Annas in ihrer Schrift über das Kloster wieder. Siehe Xaveria Gasser, Geschichte des Elisabethiner-Klosters zu Klagenfurt, in welchem die durchlauchtigste Erzherzoginn von Oesterreich Marianne bis an ihr seliges Ende gelebt hat, Salzburg 1794, S. 30. Siehe hierzu auch Adolf Innerkofler (Hg.), Eine große Tochter Maria Theresias: Erzherzogin Marianna, in ihrem Hauptmonumente, dem Elisabethinen-Kloster zu Klagenfurt. Jubelgabe zur Feier des 200jährigen Bestehens vom ElisabethinenKonvent, Klagenfurt 1993 [1910]. 6 Vgl. dazu auch Engels 1964, S. 27ff; sowie Charlotte Pangels, Die Kinder Maria Theresias. Leben und Schicksal in kaiserlichem Glanz, München 1980. Wie Engels notiert, stand nach dem Tod Franz Stephans ein gegründeter Familienfonds über 8 Mill. Gulden zur Versorgung der Kinder zur Verfügung, von denen 6 Mill. Gulden für die unverheirateten Maria Anna und Maria Elisabeth bestimmt waren. Als Äbtissin in Prag bezog Maria Anna eine Jahrespension von 80.000 Gulden, die mit ihrer freiwilligen Übersiedelung nach Klagenfurt erlosch. Für den Unterhalt in Klagenfurt hatte Maria Theresia lediglich 40.000 Gulden jährlich bestimmt. Vgl. Engels 1964, S. 44-45.

Linien aus, die beide Darstellungen mehr miteinander verschränken, als dass sie sie in Differenz setzen. Maria Anna hat also die Demonstration ihrer Insignien bzw. ihrer noblen Herkunft strategisch zurückgenommen, um einer neuen Form der Selbstinszenierung Raum zu geben, welche an Repräsentationsmodi bzw. Darstellungskonventionen, wie sie am Wiener Hof bzw. in der höfischen Porträtkultur praktiziert wurden, zwar durchaus anknüpft, welche aber zugleich durch die zuvor beschriebenen Strategien umgearbeitet und neu kontextualisiert wird: Eine wesentliche Rolle spielt hier zum einen die Reduktion der höfischen Eleganz der Kleidung und Schminke Maria Annas. Zum anderen wird die Anbindung der Selbstdarstellung der Erzherzogin an die eigene habsburgischkaiserliche Herkunft gelockert bzw. scheint – wie das Diffundieren des Erzherzogshuts im Dunkel des Bildraums andeutet – gleichsam nach und nach zu verschwinden. Darüber hinaus erlaubt die Parallelisierung Maria Annas mit dem Fürstbischof Schrattenbach die Herstellung eines religiös determinierten Kontexts, mit dem sie sich nunmehr verklammert zeigt. Was ist der Kontext für diese inhaltlichen wie strukturellen Verschiebungen, und wie könnten sich diese beurteilen lassen? Einer der wichtigsten Aspekte in diesem Zusammenhang ist sicherlich der Umzug der Erzherzogin in die Stadt Klagenfurt im Jahr 1781, in der sie sich in einem von Maria Theresias Hofarchitekten Nicolaus von Pacassi gebauten Anwesen niederließ. Dieses lag in unmittelbarer Nähe zum Konvent der Elisabethinen, zu dem Maria Anna seit 1767 Kontakt hielt, nachdem Maria Theresia den Nonnen ein Spital finanziert hatte. Obwohl ihr Maria Theresia davon abriet, 4 spielte Maria Anna bereits früh mit dem Gedanken, sich nach dem Tod ihrer Mutter nach Klagenfurt zurückzuziehen. So schrieb sie bereits 1769 an die damalige Oberin Agnes Kuenburg, sie wolle den Entschluss fassen, ihr „[...] Leben, zwar nicht als Klosterfrau, doch in der Einsamkeit und im Dienste des Nächsten zu schließen“.5 Mit dieser Entscheidung sprach sich die Erzherzogin gegen jene finanziell bessere und prestigeträchtigere Versorgung aus, die Maria Theresia für sie und ihre ebenso unverheiratete Schwester Maria Elisabeth, die sich später nach Innsbruck zurückziehen sollte, vorgesehen hatte. Denn Maria Anna zog damit nicht nur in eine unbedeutende Stadt fernab von Wien, sondern gab auch ihr Amt als Äbtissin des Damenstiftes in Prag auf, zu der sie noch im Jahr 1766 auf Anordnung Maria Theresias ernannt worden war und welches ihr ein relativ hohes Jahreseinkommen eingebracht hätte. Dieser Rückzug verschaffte ihr gleichwohl eine relative Unabhängigkeit vom Wiener Hof und von ihrer dortigen Rolle.6 Diese spezifische Form der Autonomie Maria Annas, weder eine konkrete 51

Stefanie Kitzberger

5 Maria Elisabeth als Äbtissin des Damenstiftes in Innsbruck um 1781 Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand Hof burg Innsbruck

7 Im Klosterarchiv werden u.a. das sog. „geistliche Tagebuch“ Maria Annas aus dem Jahr 1773, eine Beschreibung des Todes Maria Theresias, eine Neujahrsansprache an die Elisabethinen aus dem Jahr 1787 und ein Schreiben an Joseph II. ihr Testament betreffend aufbewahrt. Siehe Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Akten III.I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2. 8 Erzherzogin Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 23. März 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Akten III.I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2. 9 Maria Annas Rhetorik erinnert hier an das Vorgehen Kaiser Josephs II., der – freilich unter anderen Vorzeichen – mit dem Pseudonym Graf von Falkenstein durch Europa reiste und so die Verpflichtung zur höfisch-zeremoniellen Repräsentation auszuhebeln suchte. Vgl. Habsburg, Joseph II, in: Constantin von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 6, Wien 1860, S. 296ff.

repräsentative bzw. standesgemäße Funktion zu erfüllen – wie sie für kinderlose adelige Damen vorgesehen war – noch in einer für die Kaiserfamilie bedeutsamen Stadt ihren Lebensabend zu verbringen, bildet eine Grundbedingung ihrer neuen Selbstdarstellung, da die Notwendigkeit zur adäquaten Repräsentation weniger stark gegeben war. Ein Vergleich mit einem Bildnis Maria Elisabeths (Abb. 5), eine sich heute in Innsbruck befindende Kopie nach einem Gemälde Lampis, das der Künstler im selben Jahr wie das Maria Annas (1781) angefertigt hatte, macht deutlich, dass in der Darstellung ihrer Schwester beispielsweise viel offensichtlicher deren aristokratischer Stand bzw. ihre Funktion als Äbtissin des Innsbrucker Damenstiftes betont wird: Der Erzherzogshut Josephs II. ist auch erhöht auf dem Kissen platziert, die Insignien sind allesamt hell beleuchtet und nahe an Maria Elisabeth herangerückt. Auch ihre Kleidung wirkt aufgrund der großen Schleifen, vor allem aber aufgrund des pelzbesetzten Mantels schmuckvoller als die der Maria Anna. Wichtige Anhaltspunkte für eine Rekonstruktion des Verhältnisses zwischen Maria Annas Rückzug nach Klagenfurt und den Veränderungen ihres Selbstverständnisses liefern ihre eigenhändigen Schriften und Korrespondenzen, die heute im Archiv des Elisabethinen-Konvents aufbewahrt werden.7 Eines der Dokumente ist ein Briefwechsel zwischen der Erzherzogin und dem für den Bau und die Ausstattung der Residenz verantwortlichen Baron Johann Michael von Herbert, dessen Antwortbriefe sich unglücklicherweise nicht erhalten haben. In diesen Schreiben aus dem Jahr 1775 finden sich ähnliche Betonungen ihrer Bescheidenheit und Religiosität, wie wir sie bereits in den Gemälden analysiert haben, wieder. Denn Maria Anna flicht immer wieder entsprechende Bemerkungen in ihre praktischen Anordnungen zur Residenz ein. So betont sie beispielsweise, keine Baldachine in ihrem Palast haben zu wollen. Und sie ergänzt diese Forderung anschließend um folgenden Kommentar: „kann er [Baron Herbert, Anm. d. A.] nicht ein mahl vergessen daß die Ertzherzogin in diesem Haus niehemahlen wohnen wird“.8 Maria Anna formuliert hier offenbar das Vorhaben, in der Klagenfurter Residenz nicht mehr als Erzherzogin auftreten zu wollen. Über die Demonstration ihrer Bescheidenheit hinaus scheint sie so den Wunsch nach einer Distanzierung von den mit ihrer Rolle als österreichische Erzherzogin und Tochter des Kaisers verbundenen Repräsentationskonventionen auszudrücken.9 Bescheidenheit ist bei Maria Anna gerade aufgrund der in den Gemälden zu analysierenden Distanznahme von traditionellen Modi der Repräsentation weniger eine habsburgische Tugend10 als vielmehr eine rhetorische Annäherung an das monastische Leben, das sie im Kloster neben ihrer Residenz vorfand. Tatsächlich war die Erzherzogin 52

10 Als zentrale Tugend fungierte Frömmigkeit oder genauer die mit dem Topos des Gottesgnadentums in unmittelbarer Verbindung stehende Pietas Austriaca als Grundfeste der Herrschaft des Hauses Habsburg und wurde nicht zuletzt seit der Gegenreformation als solche von zahlreichen katholischhabsburgischen Publizisten und Staatstheoretikern theoretisiert und propagiert. Vgl. Anna Coreth, Pietas Austriaca. Österreichische Frömmigkeit im Barock, Wien 1982, S. 9-17. Siehe auch Karl Vocelka, Glanz und Untergang der höfischen Welt. Repräsentation, Reform und Reaktion im habsburgischen Vielvölkerstaat, Wien 2001, S. 184-185. Zum Ideal der habsburgischen Monarchen im 17. und 18. Jahrhundert vgl. außerdem Hubert Christian Ehalt, Ausdrucksformen absolutistischer Herrschaft. Der Wiener Hof im 17. und 18. Jahrhundert, Wien 1980, S. 133ff. 11 Vgl. Johann Josef Khevenhüller-Metsch, Aus der Zeit Maria Theresias. Tagebuch des Fürsten Johann Josef Khevenhüller-Metsch, kaiserlichen Obersthofmeisters, hg. von Rudolf von Khevenhüller-Metsch (und Maria Breunlich-Pawlik), 8 Bde., Wien u.a. 1908-1972. Maria Annas Selbstinszenierung als bescheidene, dem monastisch-religiösen Leben nahestehende Person könnte auch in Zusammenhang mit zwei Abhandlungen Franz Stephans stehen. Zum einen handelt es sich dabei um eine an seine Kinder adressierte Lebensanweisung („Instruction pour mes enfants tant pour la vie spirituelle que la temperelle“); zum anderen um einen Text über die Allmacht, Allgegenwart und Gerechtigkeit Gottes („Lermit [=L’Hermite] dans le Monde“), der die Notwendigkeit von Demut, Askese und Mildtätigkeit thematisiert, vor allem aber eine Frömmigkeit konzipiert, die entgegen der öffentlichen Zurschaustellung für eine gleichsam bürgerliche, direkte Verbindung zwischen Gott und Mensch argumentiert. Vgl. Engels 1964, S. 19-22. 12 Othmar Rudan, Erzherzogin Maria Anna in Klagenfurt 1781-1789. Palais und Kloster vereint, in: Carinthia I. Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, Klagenfurt 1980, S. 185-260, hier S. 201. Siehe in diesem Kontext auch Renate Zedinger, Franz Stephan von Lothringen (1708–1765). Monarch, Manager, Mäzen, Wien u.a. 2008, S. 247ff, sowie Marianne Klemun, Bischof Salm und die Naturwissenschaft im Kärnten des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in: Eduard Tropper (Hg.), Franz Xaver von Salm. Aufklärer – Kardinal – Patriot, Ausst.-Kat. Bischöfliche Residenz, Klagenfurt 1993, S. 100-115, hier S. 104. 13 Erzherzogin Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Jänner 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, III.I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2. 14 Engels 1964, S. 39ff. 15 Vgl. dazu den Eintrag zur Familiengalerie in diesem Band, S. 79-95.

tiefreligiös – dies hebt etwa Johann Josef Khevenhüller-Metsch, Obersthofmeister am Wiener Hof, in seinem Tagebuch hervor.11 Außerdem begann Maria Anna nach ihrer Ankunft in Kärnten, intensiven Kontakt mit den Nonnen des Klosters aufzubauen. Sie schloss Freundschaft mit der Äbtissin Xaveria Gasser (die sie duzte, womit sie durchaus die Standesgrenzen ignorierte). Auf der Ebene der Bildrhetorik, d.h. in ihrer öffentlich sichtbaren Repräsentation, integrierte sich Maria Anna allerdings nicht in die Gemeinschaft der Nonnen – eine solche Verbindung taucht erst in der späteren bildnerischen Rezeption auf: Im Kunsthaus Marianna existiert eine Darstellung, die das Bildnis Lampis zitiert, Maria Anna jedoch in einem Nonnenhabit zeigt (Kat. 92). Zeitgenössisch erfolgte der (ästhetisch formulierte) Konnex zum religiösen Kontext also bloß relativ lose über die Gegenüberstellung ihres Bildnisses mit dem des Fürstbischofs Schrattenbach. Die in der historischen Forschung zu Maria Anna häufig reproduzierte Betonung ihres vollständigen Rückzugs aus dem adeligen Leben, ihrer tiefen Religiosität und Bescheidenheit ist damit zwar als Inszenierungsstrategie ernst zu nehmen; zugleich ist es notwendig, dieses Bild der Erzherzogin kritisch mit dem vorhandenen Quellen- und Bildmaterial in Bezug zu setzen. So ist beispielsweise dokumentiert, dass Maria Anna auch nach ihrer Ankunft in Kärnten mehrere Bälle veranstalten ließ, mit Personen aus Freimaurerzirkeln verkehrte, archäologische Ausgrabungen betrieb und erneut damit begann, eine naturwissenschaftliche Sammlung aufzubauen – eine Tätigkeit, die sie bereits in Wien zusammen mit ihrem Vater Franz Stephan betrieben hatte.12 Ein weiteres Indiz für eine komplexere Lesart ist die Tatsache, dass beim Bau des Kärntner Palais wie auch in Innsbruck auf den Hofarchitekten Nicolaus von Pacassi zurückgegriffen – also an einen Prestigebau gedacht wurde. Liest man Maria Annas Briefe an Baron Herbert, so wird deutlich, dass sie nicht auf eine standesgemäße Ausstattung verzichten wollte: So verlangt sie etwa, man möge die Wände der Residenz mit kostbarem Atlas bespannen.13 Es ist außerdem dokumentiert, dass die Erzherzogin eine neue Möblierung für Klagenfurt bestellen wollte – was ihr Joseph II. allerdings verbot.14 Neben all diesen Indizien deuten aber vor allem Teile der noch vorhandenen ehemaligen Bildausstattung der Residenz selbst darauf hin, dass Maria Anna in ihrem Palais auf eine in Wien präsente Form der höfischen Repräsentation zurückgegriffen hat, wie sie insbesondere Maria Theresia forciert hatte. Ich werde deshalb in einem letzten Schritt die Ausstattung der Klagenfurter Residenz mit Gemälden diskutieren. Im Zentrum wird dabei eine Reihe von 33 Familienbildnissen stehen, der mittlerweile ein konkreter Bezugsrahmen zuordenbar ist, die wahrscheinlich in einem direkten Zusammenhang mit der Ausstattung der Innsbrucker Hofburg unter Maria Theresia steht.15 53

Stefanie Kitzberger 16 Über die Innsbrucker Residenz und ihre Ausstattung wurde bereits mehrfach publiziert. Vgl. dazu etwa Benedikt Sauer und Ilsebill Barta, Hofburg Innsbruck, Wien und Bozen 2010; Lieselotte Hanzl-Wachter, Hofburg zu Innsbruck. Architektur, Möbel, Raumkunst. Repräsentatives Wohnen in den Kaiserappartements von Maria Theresia bis Kaiser Franz Joseph, Wien, Köln und Weimar 2004; Marlene Ott, Die Bildausstattung der Innsbrucker Hofburg, in: Kunstgeschichte aktuell, 3, 2010, S. 5. 17 Engels 1964, S. 43. Insgesamt sind zwei Reisen dokumentiert (1778 und 1780). Im Februar 1781 überreichte er Fürst Schwarzenberg eine Liste notwendiger Reparaturen. So waren die Fresken in den Herrschaftszimmern zu Klagenfurt und Teile des Verputzes abgefallen (unklar bleibt hingegen, ob die Decken bzw. Wände anschließend neu freskiert wurden). Die Ausstattung in den Audienzzimmern war mangelhaft, im gesamten Haus fehlten Spiegel, Trimeaux sowie das Küchen- und Gartenmobiliar. 18 So wurde beispielsweise die Darstellung Ludwigs im Familiensaal, das Supraporten-Gemälde Ferdinands dagegen in einem der anschließenden Räume angebracht. Außerdem lassen sich sowohl ausschnitthaft bezogene als auch proportional ähnliche Bildnisse finden. 19 Vgl. in diesem Kontext den Katalogeintrag zu den Familienbildnissen in diesem Katalog, S. 79-95. 20 Vgl. Julius Fleischer, Das kunstgeschichtliche Material der geheimen Kammerzahlamtsbücher in den staatlichen Archiven Wiens von 1705 bis 1790, Wien 1932. Ein Grund für die fehlenden Aufzeichnungen für die Bildausstattung des Klagenfurter Palais (dies betrifft insbesondere die Familiengalerie) könnte sein, dass Maria Anna Martin van Meytens beauftragt hat. Als Kammermaler wurde dieser seit 1764 nicht mehr für einzelne – jeweils in den Kammerzahlamtsbüchern vermerkte – Bildnisse bezahlt, sondern erhielt eine fixe Jahrespension von 600 Gulden. Vgl. ebd., S. 36. Möglicherweise nahm Maria Anna in Wien für andere Zwecke hergestellte Bildnisse mit nach Klagenfurt. Von Maria Theresia erbte Maria Anna allerdings offenbar keine Gemälde, zumindest existieren dazu keine Angaben in den bisher bearbeiteten Quellen. Vgl. Engels 1964, S. 43-44. 21 Brief Josephs II. an Maria Anna vom 30. Dezember 1780, Archiv Tratzberg, vgl. Engels 1964, S. 46. 22 Marlene Otts unpubliziertes Dokument zur Bildausstattung der Innsbrucker Hofburg wurde uns freundlicherweise von Viktoria Hammer (Burghauptmannschaft, Hofburg Innsbruck) zur Verfügung gestellt. Für eine Korrektur der Datierung müsste neben einer restauratorischen Untersuchung in einem genaueren Vergleich geklärt werden, inwiefern sich diese aktuelleren Gemälde und die Bildnisse in Klagenfurt entsprechen.

Diese Vermutung wird tragfähig, bringt man die Klagenfurter Reihe mit der heute größtenteils erhaltenen und vergleichsweise gut dokumentierten Bildausstattung der Innsbrucker Hofburg in Verbindung.16 Zu dieser ergeben sich mehrere konkrete Parallelen: Wie die Historikerin Amélie Engels in ihrer Dissertation zu Maria Anna vermerkt, wurde im Jahr 1778 der Hofkammerfurier Leopold von Edlersberg sowohl nach Klagenfurt als auch nach Innsbruck geschickt, um die zukünftigen Wohnungen der Erzherzoginnen Maria Elisabeth und Maria Anna zu begutachten.17 Vergleicht man die Sujets der Bildnisse aus Innsbruck mit denen aus Klagenfurt, so wird evident, dass nicht nur auf gleiche Bildvorlagen zurückgegriffen wurde, sondern sich auch die Art der Beschriftung ähnelt. Bei den Gemälden handelt es sich allerdings nicht um die von Maria Elisabeth konzipierte Gestaltung der Hofburg, sondern um die Maria-Theresianische Bildausstattung, die von ihrer Tochter nur geringfügig geändert wurde. Es wäre notwendig, im Detail zu untersuchen, in welchen Räumen welche Bildnisse jeweils übereinstimmen bzw. welche Sujets sich ausschnitthaft auf die Innsbrucker Wandbildnisse beziehen bzw. welche davon in den Proportionen korrelieren. Feststellbar ist jedenfalls, dass nicht einfach die Ausstattung eines bestimmten Raums gespiegelt wurde.18 Stilistisch betrachtet liegt es nahe, dass beide Konvolute aus derselben Werkstatt bzw. demselben künstlerischen Umfeld – Martin van Meytens – stammen.19 Bemerkenswert ist zugleich, dass es in den geheimen Kammerzahlamts-Büchern nur für Innsbruck konkrete Einträge zu Porträtaufträgen gibt und man für Klagenfurt nur solche findet, die sich auf den Kauf von Grund und Boden beziehen.20 Man kann dies damit begründen, dass Maria Annas Umzug nach Klagenfurt trotz ihres Briefs an Gräfin Kuenburg lange Zeit nicht fixiert war: So existiert ein Schreiben von Joseph II. an Maria Anna aus dem Jahr 1780, indem er sie auffordert, sich zu entscheiden, wohin sie sich zurückzuziehen gedenke.21 Womöglich werden die Klagenfurter Bildnisse aber deshalb nicht erwähnt, weil sie zusammen mit den Aufträgen für Innsbruck hergestellt wurden. Möglich wäre auch, dass das Konvolut von Maria Anna in Wien aus älteren Objekten zusammengestellt wurde, d.h. dass die Gemälde beschnitten wurden und die Beschriftung erst später erfolgte. Marlene Ott hat in einer unpublizierten Arbeit notiert, dass auch für die Ausstattung des Familiensaals, die 1773 abgeschlossen wurde, ältere Bildnisse wiederverwendet und die Neuanfertigungen der Hofmaler erst 1776 nach Innsbruck geliefert wurden.22 Angesichts des Naheverhältnisses der beiden Ausstattungen stellt sich die Frage, auf welche Weise Maria Anna die Familienbildnis-Reihe in ihrem eigenen Palais eingesetzt hat und ob bzw. wie sie das Programm für ihre Zwecke adaptierte. Hier interessiert, 54

23 Vgl. Ilsebill Barta, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der Aufklärung, Wien 2001.

welche Rolle jenes sehr spezifische Repräsentationsprogramm, das Maria Theresia zum Zweck ihrer eigenen Herrschaftslegitimation einsetzte, in Klagenfurt spielt. Die Untersuchung dieses Verhältnisses kann an dieser Stelle nur skizziert werden: Nach dem plötzlichen Tod Franz Stephans während der Hochzeitsfeierlichkeiten für Peter Leopold und Maria Ludovica in Innsbruck 1765 begann Maria Theresia mit den Planungen für eine Neugestaltung des Rennwegtraktes der Hofburg. Im Mittelpunkt stand dabei die Umgestaltung des Riesensaals zum sog. Familiensaal, der durch Franz Anton Maulbertsch freskiert und darüber hinaus mit wandfesten Bildnissen der Kaiserfamilie ausgestattet wurde. Maria Theresia ließ darüber hinaus auch alle weiteren Räume bis auf das Schlafzimmer mit derartigen Bildnissen ausstatten. Auf äußerst komplexe Weise sponnen die Porträts damit verschiedene Beziehungs- und Verwandtschaftslinien zwischen den dargestellten Personen. Mit dem Bildprogramm konkretisierte Maria Theresia zum einen eine Gedächtnisstätte für ihren verstorbenen Gatten, zum anderen aber zielt die detaillierte bildnerische „Auflistung“ des Personenkreises der Kaiserfamilie, wie in der Forschung herausgearbeitet wurde, auf eine Glorifizierung der kinderreichen Verbindung der Häuser Habsburg und Lothringen ab. Das Innsbrucker Bildprogramm schließt damit an eine neue Form der Repräsentation an, die Maria Theresia im Laufe ihrer Regierungsjahre entwickelte. So verzichtete sie auf eine bei den Habsburgern traditionell genealogisch orientierte Repräsentation, um demgegenüber Bildnisse ihrer Kinder, Schwiegerkinder und Enkelkinder ins Zentrum der Bildproduktion bzw. Schlossausstattungen zu rücken. Wie Ilsebill Barta in ihrer Dissertation gezeigt hat, ist diese Gewichtung der eigenen Nachkommen und damit verbunden die Inszenierung der eigenen Fruchtbarkeit als eine legitimatorische Strategie Maria Theresias zu werten, deren Regierungsantritt als Frau nur durch eine Abänderung des Erbfolgerechts unter Karl VI., die sog. „Pragmatische Sanktion“, zustande gekommen war und deshalb grundlegend defizitär erschien. Maria Theresia koppelte entsprechend ihre Repräsentation als Machthaberin, die sie durch ihre Krönung als König von Ungarn und Böhmen faktisch innehatte, nicht an ihre männlichen Vorfahren, sondern an die Propagierung der durch ihren Kinderreichtum abgesicherten Erbfolge. In Innsbruck aktualisierte sie dafür den traditionellen Typus der Ahnengalerie, indem sie ihn auf die eigene dynastische Gegenwart bzw. die mit den Enkelkindern verbundene Zukunft des Hauses Habsburg-Lothringen hin umorientierte.23 Dieser Fokus auf die „Kernfamilie“ ist damit nicht als privates Interesse Maria Theresias, sondern als dezidiert politisch gedachte Transformation dynastischer Repräsentation zu verstehen, deren Funktion die Betonung und Konstituierung ihres aufgrund ihres weiblichen Geschlechts prekären Herrschaftsanspruchs war. Wie Michael Yonan herausgearbeitet hat, ist für Maria Theresia dabei spezifisch, dass sie dieses neue Vokabular weiblicher Macht nicht über eine Negation weiblich konnotierter Eigenschaften entwickelte, sondern im Gegenteil der repräsentative Einsatz der „Familie“ bzw. die vorwiegend reproduktive Funktion hochadeliger Frauen paradoxerweise als Legitimationstaktik eingesetzt wurden, um sie zugleich mit einer traditionellen Herrscherikonografie zu überlagern. Maria Theresia formulierte also ihre Identität als habsburgische Machthaberin, die gerade wegen ihres weiblichen 55

Stefanie Kitzberger 24 Vgl. Michael Yonan, Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park, Pa. 2011. 25 Vgl. Ehalt 1980, S. 99-100; Franz Glaser, Erzherzogin Maria Anna. 1738–1789, in: Konvent der Elisabethinen zu Klagenfurt (Hg.), 300 Jahre Elisabethinen in Klagenfurt. 1710–2010, Klagenfurt 2010, S. 61-85. Zur soziopolitischen Struktur europäischer Fürstenhöfe in der Frühen Neuzeit siehe außerdem Norbert Elias, Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie mit einer Einleitung: Soziologie und Geschichtswissenschaft, Darmstadt und Neuwied 1979, speziell zum Wiener Hof vgl. Jeroen Duindam, Vienna and Versailles, The Courts of Europe’s Major Dynastic Rivals, Cambridge u.a. 2003 sowie Ernst Wangermann, Maria Theresia. A reforming monarchy, in: Arthur G. Dickens (Hg.), The Courts of Europe. Politics, Patronage and Royalty 1400–1800, London 1977, S. 283-303. 26 Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 20. März 1775, Klosterarchiv des ElisabethinenKonvents, Akten III.I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2.

Geschlechts problematisch war, zunächst über ihren eigenen – weiblichen – Körper.24 Das Innsbrucker Bildprogramm verfolgt demnach einen sehr konkreten Repräsentationsanspruch, nämlich den der Machterhaltung bzw. Legitimierung der Machtausübung einer weiblichen Herrscherin. Gerade diese Funktion musste die Familienbildnis-Reihe in der Kärntner Residenz jedoch nicht mehr erfüllen. Maria Annas Befehlsgewalt beschränkte sich in Wien auf ihren Hofstaat, auch wenn sie zuweilen Repräsentationspflichten an Maria Theresias Stelle übernahm.25 Sie führte in Klagenfurt keine konkrete Funktion aus, wie sie im Normfall für den weiblichen kinderlosen Hochadel vorgesehen war. Die Übernahme einer auf die Darstellung der eigenen Familie fixierten bildnerischen Ausstattung scheint also weniger programmatisch als vielmehr von einer pragmatischen Haltung getragen zu sein, die als einfache Übernahme eines institutionellen Rahmens charakterisiert werden kann. In dieser Appropriation hallt der außerordentliche Stellenwert des höfischen Porträts nach, zugleich deutet sich das letztlich nicht zurückweisbare Erfordernis für Maria Anna an, sich als österreichische Erzherzogin positionieren und präsentieren zu müssen. Dass im Unterschied zu Innsbruck die Familienbildnis-Reihe des Klagenfurter Palais nicht wandfest verbaut wurde, mag ein weiterer Hinweis darauf sein, dass die Erzherzogin Maria Theresias Bildpolitik weder bruchlos weiterverfolgte noch daran interessiert war, diese für ihre Zwecke zu adaptieren. Eine solche Interpretation stützt außerdem, dass sich in den Briefen keine klaren Anweisungen für die Hängung finden, sondern nur eine recht lapidare Bemerkung. So ist in Maria Annas Schreiben vom 20. März 1775 zu lesen: „[...] die bilder sollen nur an nägeln oder blauen halbseidenen schnüren hangen in der höhe die er tauglich findet, die Portrait können in zwey reihen sein“.26 Dies bedeutet jedoch nicht, dass Maria Anna keine repräsentative Bildpolitik verfolgt hat. Wie gezeigt werden konnte, finden sich in Lampis Porträt der Erzherzogin Ansätze struktureller wie inhaltlicher Umarbeitungen traditioneller höfischer Repräsentation, die sich in der Drosselung habsburgisch-monarchischer Ikonografie bzw. in der Rekontextualisierung in einem religiös determinierten Kontext äußern. Dabei ist bezeichnend, dass Maria Annas Wunsch nach einer neuen Identität als Angehörige eines Frauenklosters, die in Lampis Porträt ins Bild gesetzt wird, ihr Auftreten als Erzherzogin nicht vollkommen verdrängt. Vielmehr geraten beide Formen der Selbstinszenierung, wie am Beispiel des „verschwindenden“ Erzherzogshuts deutlich wurde, miteinander in Konflikt. Darin spiegelt sich letztlich die notwendige Voraussetzung von Maria Annas Wirken in Klagenfurt wider: Denn ihre Position als Geldgeberin des Klagenfurter Klosters war nur aufgrund ihrer hohen adeligen Stellung möglich.

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kinderporträts aus der sammlung der elisabethinen in klagenfurt porträtproduktion und -verbreitung im 18. jahrhundert Aneta Zahradnik

1 Dokumentiert sind Besuche von Maximilian 1781, Maria Amalia aus Parma 1783, Joseph II. 1783 und 1785, Leopold aus Florenz 1784 und Ferdinand und Beatrix aus Mailand 1786. Anhand dieser Daten lassen sich zeitliche Einordnungen vornehmen bzw. bereits getroffene Datierungen bestätigen. Vgl. Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil., Wien 1964, S. 108ff. 2 Eine Reihe von drei Bildnissen etwa, die sich aufgrund einer sehr ähnlichen Malweise und Bildkomposition, eigentümlichen Figurenauffassung und Farbigkeit klar zu einer Gruppe zusammenfassen lassen, ließ sich durch Vergleiche mit Porträtminiaturen und der Bildausstattung der Innsbrucker Hofburg mit den Kindern des Erzherzogs Ferdinand und seiner Gemahlin Maria Beatrice von Mailand identifizieren. Zu den einzelnen Serien siehe das Kapitel zu den Kinderbildnissen in diesem Band, S. 96-128. 3 Vgl. Alfred von Arneth (Hg.), Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde, Bd. 1-4, Wien 1881; Maria-Theresia imperatrix Romanorum, Briefe einer Kaiserin. Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde, Berlin 1910.

Die Sammlung des Elisabethinen-Konvents in Klagenfurt zeichnet sich mit insgesamt 43 Bildnissen von Habsburger Kindern durch eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Kinderporträts aus, welche ein Drittel der Porträtsammlung einnehmen. Diese teilen sich in zwei Gruppen: die erste bestehend aus Porträts der Geschwister der Erzherzogin Maria Anna im Kindesalter, welche in Wien entstanden sein müssen und damit von Maria Anna bereits vor April 1781, dem Zeitpunkt ihres Umzugs nach Klagenfurt, dorthin gebracht worden sind; die zweite eine große Anzahl an Bildnissen der Nichten und Neffen der Erzherzogin, bei denen großteils davon auszugehen ist, dass diese nicht in Wien entstanden, sondern von den Geschwistern Maria Annas, die an den europäischen Fürstenhöfen in Florenz, Mailand, Parma, Neapel und Versailles residierten, im Rahmen von Besuchen1 nach Klagenfurt mitgebracht oder als Geschenke nach Kärnten verschickt worden sind. Die folgenden Ausführungen widmen sich ausschließlich jener zweiten Gruppe von Bildnissen der Nichten und Neffen und stellen einerseits neue Erkenntnisse über die Identität der Dargestellten und den Entstehungskontext vor und nehmen andererseits diese zum Anlass, sich mit dem Bildtypus Kinderporträt sowie mit höfischer Porträtproduktion und Porträtverbreitung im 18. Jahrhundert in Österreich auseinanderzusetzen. Die Kinderbildnisse der Elisabethinen-Sammlung treten als Serien in Erscheinung. Aufgrund gleicher Rahmen und Formate sowie stilistischer Übereinstimmungen kann die Zusammengehörigkeit einiger Porträts bestimmt werden. Durch Vergleiche mit Stichen, Porträtminiaturen und Gemälden konnte anschließend eine Identifizierung der Kinder erfolgen und jede Serie den jeweiligen Familien in Parma, Neapel, Florenz, Mailand und Versailles zugeordnet werden.2 Schon kurz nach der Geburt eines neuen Familienmitgliedes verlangte Maria Theresia Porträts ihres Enkelkindes, was in den zahlreichen Briefen an ihre Kinder, die außerhalb des Wiener Hofes lebten, dokumentiert ist.3 Dieser Wunsch nach bildlichen Darstellungen des Nachwuchses erklärt das serienhafte Aufkommen von Kinderbildnissen zur Ausstattung der kaiserlichen Schlösser. Beizeiten beauftragte sie sogar Künstler wie etwa Anton von Maron oder Johann Zoffany mit Porträts der Enkelinnen und Enkel. Das Gruppenporträt des Prinzen Ludwig von Parma mit seinen drei Schwestern von Johann Zoffany, das heute im Schloss Ambras aufbewahrt wird, entstand 1778 im Auftrag der Kaiserin (Kat. V14, S. 104). Das bezeugt der halb geöffnete Brief auf dem Tisch, links neben der ältesten Tochter Caroline, der die Widmung „A L’Impératrice Reine et Grand Mère“ trägt. Maria Theresia war viel daran gelegen, über die Entwicklung der Enkelkinder im Bilde zu sein und auch trotz der Distanz zu ihren Kindern über erzieherische Fragen informiert zu werden und damit letztlich die Kontrolle zu 57

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1 Caroline, Prinzessin von Bourbon-Parma o. D. anonym Öl auf Leinwand, 125 × 91cm Inv. Nr. 113, Kat. 41

4 Vgl. dazu das Kapitel „Die Kinder von Maria Amalia und Ferdinand von Bourbon-Parma“ in diesem Band, S. 102-106. 5 Neun dieser Bilder weisen am unteren Bildrand mit weißer Ölfarbe Namensbeschriftungen auf und stellen fünf Kinder der Erzherzogin Maria Karoline, drei Kinder Erzherzog Ferdinands und eine Tochter Maria Antoinettes dar. 6 Karl Schütz, Bildnisse der Enkelkinder Kaiserin Maria Theresias, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Bd. XL, Wien 1987, S. 321-329. 7 Vgl. Ilsebill Barta, Maria Theresia – Kritik einer Rezeption, in: Wiener Historikerinnen (Hg.), Die ungeschriebene Geschichte. Historische Frauenforschung, Wien 1984; Ilsebill Barta, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der Aufklärung, Wien, Köln und Weimar 2001. 8 Vgl. Karl Schütz, Das Kinderporträt an den habsburgischen Höfen, in: Wilfried Seipel (Hg.), Prinzenrolle. Kindheit vom 16. bis 18. Jahrhundert, Ausst.-Kat. Schloss Ambras, Innsbruck 2007, Wien 2007, S. 12-15.

behalten. So sind die Briefe an ihre Kinder und Schwiegerkinder stets voller Ratschläge und Anweisungen, mit denen sie in die Erziehung der Enkelkinder einzugreifen pflegte. Kinderbildnisse wie diese hatten damit neben einem emotionalen vor allem auch einen informativen Stellenwert für die Kaiserin. Zoffanys Gruppenporträt ist für die Elisabethinen-Sammlung von ganz besonderer Bedeutung, da es zur Identifizierung einiger Dargestellter dienen konnte. In drei porträtierten Kindern des Konvoluts, die auch stilistisch zusammengefasst werden können, ließen sich Prinzessin Caroline bzw. Prinz Ludwig von Parma erkennen. Zudem dürfte es sich aufgrund der starken Ähnlichkeit zwischen Caroline in Zoffanys Bild und dem großformatigen Gemälde eines in ganzer Figur dargestellten Mädchens aus der Elisabethinen-Sammlung, welches zuvor als Tochter Josephs II. identifiziert wurde, um die älteste Tochter von Maria Amalia und Ferdinand von Bourbon-Parma, Caroline, handeln (Abb. 1).4 Auch wenn Zoffanys Gemälde durchaus durch ein familiär intimes Ambiente und Gesten einer gefühlvollen Kommunikation zwischen den Dargestellten besticht, sind Gruppenporträts wie diese vor allem als Dokumentation der habsburgischen Familie und als Hinweis auf den Fortbestand der Dynastie zu bewerten. So weist Karl Schütz in einem Aufsatz über eine sich im Depot des Kunsthistorischen Museums in Wien befindende, am Rahmen als „Enkel der Kaiserin Maria Theresia“5 beschriftete Serie von Bildnissen darauf hin, das hohe Aufkommen an Kinderporträts heute nicht allzu schnell als Ausdruck familiärer Fürsorge zu interpretieren, sondern sich stets bewusst zu machen, dass dies vielmehr der Sorge um das Fortbestehen des Hauses entsprang und zum Großteil politische Beweggründe hatte.6 Auch Ilsebill Barta betonte in einem ähnlichen Zusammenhang, dass man in der Forschung des Öfteren dazu neige, die große Anzahl an Familien- und Kinderdarstellungen unter Maria Theresias Regentschaft als einen Hinweis auf die liebevolle Beziehung zu ihren Kindern zu deuten. Sie stellt heraus, dass diese Sorge vielmehr politisch motiviert war, das verstärkte Aufkommen vor allem von Familienbildnissen zur Legitimierung ihrer Herrschaft diente und die Fruchtbarkeit des Geschlechts visualisieren sollte.7 Wie die Biografien ihrer Kinder zeigen, wurde der Nachwuchs dabei gezielt für heiratspolitische Zwecke eingesetzt, um das Erbe in die Zukunft zu sichern. Das Kinderbildnis, das seine erste große Blüte in der höfischen Kunst hatte, war folglich keiner emotionalen Hinwendung entsprungen, sondern vielmehr einem dynastischen Denken, das die Sicherung der Herrschaft im Sinne hatte.8 Kinder garantierten die Zukunft der habsburgischen Linie, was sich vor allem in einer gezielten Heiratspoli58

9 Grundlegend zur historischen Genese eines Begriffs von Kindheit und Familie, ausgehend vom Mittelalter, über das 16. und 17. Jahrhundert, wo eine Differenzierung von Kindsein als eigene Lebensrealität überhaupt erst stattfindet, bis zur modernen Vorstellung von Kindheit siehe: Philippe Ariès, Die Geschichte der Kindheit, München 1975. 10 Marlies Passow-Brunnbauer, Das Kinderportrait in der bildenden Kunst. Ein kulturgeschichtlicher Abriss, in: Elisabeth Vavra (Hg.), Familie. Ideal und Realität, Ausst.-Kat. Barockschloss Riegersburg 1993, Horn 1993, S. 307-315, hier S. 311.

11 Barta 2001, S. 84. 12 Ebd. 13 Werner Telesko, Maria Theresia. Ein europäischer Mythos, Wien, Köln und Weimar 2012, S. 48ff.

14 Ebd., S. 78.

tik äußerte. So wurde auch Caroline 1792 politisch günstig mit Prinz Maximilian von Sachsen (1759–1838) verheiratet. Porträts der noch sehr jungen Prinzen und Prinzessinnen kennzeichnen sich – wie jenes Bildnis Carolines – vor allem durch formale Strenge, eine präzise Wiedergabe aller Details der Kleidung und einem höfisch repräsentativen Ambiente. Der Fokus lag keineswegs darauf, die individuelle Erscheinung bildhaft zu machen, sondern vielmehr auf der Kommunikation höfischer Werte. Der adelige Nachwuchs sollte im Zeichen von Macht, Reichtum und seiner späteren politischen Rolle in Szene gesetzt werden. Entsprechend wurde die Nachkommenschaft in vornehmer und vor allem unkindlicher Haltung dargestellt. Die nicht kindgemäße Kleidermode, wie sie in den Gemälden dokumentiert ist, unterstützt diesen Eindruck umso mehr. Kinder wurden nicht nur wie kleine Erwachsene behandelt, sondern waren auch wie solche gekleidet. Es wurde ihnen keine eigene Altersrolle oder ein eigener, von den Erwachsenen abgetrennter Lebensbereich zugestanden.9 Im Zuge der Aufklärung kam es vor allem durch Jean-Jacques Rousseau, der in seinem 1762 veröffentlichten, pädagogischen Hauptwerk Emile oder Über die Erziehung des Menschen eine Neubewertung von Kindheit forderte, zu einem Wandel. So begann man dem Kind eine eigene Rolle in der Gesellschaft zuzuweisen und Kindheit als eine von der Erwachsenenwelt differente Sphäre zu begreifen. Der strenge höfische Stil, wie er sich in den Kinderporträts des 16. Jahrhunderts entwickelte, konnte sich jedoch bis ins 18. Jahrhundert behaupten und hielt sich als ein „konstruiertes Standesportrait, dessen Idealität die wirkliche Erscheinung einer Individualität nicht zum Ausdruck kommen ließ“.10 Anders im bürgerlichen Kinderporträt, wo sich schon früher durch das Fehlen dynastischer Interessen ein zunehmend privater und intimer Charakter durchsetzen konnte und so parallel zum repräsentativen Porträt genrehafte Elemente des Momenthaften, Zufälligen und Alltäglichen Eingang fanden. Hinter der verstärkten Beauftragung von Familien- und Kinderbildnissen unter Maria Theresias Regentschaft steckte die Absicht, die Fruchtbarkeit und reiche Nachkommenschaft des Habsburger Hauses propagandistisch in Bildern zu vermitteln. Ilsebill Barta arbeitete in ihrer Studie zum habsburgischen Familienbildnis heraus, wie sich in Maria Theresias Bildpolitik ein Wandel vom genealogisch-dynastischen Familienbegriff der „Domus Austria“ zu einer forcierten Repräsentation der „Kernfamilie“ vollzog.11 „Die Dynastie wurde bildlich ‚familialisiert‘“, so Barta.12 Das habsburgische Familienporträt kommt hierbei – wie es Werner Telesko bezugnehmend auf Barta ausdrückte – als „dynastisches Argument“ zum Einsatz.13 Die forcierte Darstellung der Habsburger in Familienbildnissen war ein notwendiges Mittel zur Legitimierung von Maria Theresias Herrschaft, denn die Besteigung des Thrones war ihr nur durch die sog. „Pragmatische Sanktion“ (1713) ermöglicht worden, mit der ein weiblicher Nachkomme die habsburgische Erbfolge Karls VI. hatte antreten können. Folglich galt es, die zahlreichen Thronfolger ins Bild zu setzen, die die habsburgische Herrschaft in die Zukunft sichern würden, anstelle sich auf ihre männlichen Ahnen zu beziehen. Die „Unersättlichkeit“ im Kinderkriegen, wie Maria Theresia es einmal ausdrückte, und die forcierte Repräsentation der habsburgischen Fruchtbarkeit schien sie auch auf ihre Kinder zu übertragen.14 So setzte sich diese bildpolitische Strategie in den zahlrei59

Aneta Zahradnik

15 Werlin wurde 1776 von König Viktor Amadeus III. von Sardinien zum Hofmaler ernannt. Davor scheint er in Florenz gewirkt zu haben und am Hof Leopolds II. tätig gewesen zu sein. Vgl. Ulrich Thieme und Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler: von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 34, Leipzig 1940, S. 259f. 16 Siehe dazu „Die Werlin-Gruppe“ im Kapitel zu den Kinderbildnissen in diesem Band, S. 107-111.

chen Familienporträts ihrer Kinder fort. Exemplarisch lassen sich hierfür zwei Serien von Kinderbildnissen aus der Elisabethinen-Sammlung heranziehen, welche jeweils auf Gruppenbilder des Großherzogs Leopold und Maria Ludovica von Toskana mit ihren Kindern rekurrieren. Beide Bildnisfolgen setzen sich aus mehreren Einzelporträts der Kinder zusammen, die aus mehrfigurigen Familienporträts ausschnitthaft kopiert und als Halbporträts heraus isoliert wurden. Diese Art der Porträtproduktion, die sich durch das Kopieren und Zitieren bereits vorhandener Bildvorlagen auszeichnet, hat sich mittlerweile mehr als deutlich als Spezifik der gesamten Sammlung herausgestellt. Die Maler haben also nicht während einer Porträtsitzung das Gesehene, die vor ihnen sitzende Person, auf die Leinwand übertragen, sondern in erster Linie bereits vorhandene Porträts für ihre Zwecke eins zu eins übernommen oder adaptiert. Die ältere, unter dem Namen „Werlin-Gruppe“ zusammengefasste Bildnisreihe bezieht sich auf ein kleinformatiges Ölgemälde des Turiner Künstlers Wenceslaus Werlin15 von 1773, das Leopold II. mit Gemahlin und sechs Kindern darstellt und sich heute in Schloss Ambras in Innsbruck befindet (Kat. V15, S. 108).16 Das Gruppenporträt entspricht in seiner strengen Frontalität, die keinerlei interne Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern zulässt, einem gebräuchlichen und stark auf Repräsentation ausgelegten Bildtypus. 1773, das Entstehungsjahr des Werlin-Gemäldes, ist der terminus post quem für die Porträtgruppe der Elisabethinen-Sammlung. Sie wird wohl bald danach entstanden sein, also zu einer Zeit, als die Erzherzogin Maria Anna noch in Wien lebte. Folglich kann man annehmen, dass die Bilder vor 1781 von Wien nach Klagenfurt gelangten. Die einzelnen Porträts wurden mehrfach reproduziert und teilweise in Öl und Pastell ausgeführt, wie beispielsweise die beiden Bildnisse der ältesten Tochter Maria Theresia im Alter von sechs Jahren (Kat. 43 und 44) oder jene des 1771 geborenen Carl Ludwig (Kat. 46-48), der als Zweijähriger sogar mit drei Bildern in der Sammlung vertreten ist. Die Kopien sind regelrecht herausgeschnittene Fragmente aus dem Gefüge des Gruppenporträts, die sogar die Haltung der Kinder übernehmen, damit diese jedoch völlig aus dem Zusammenhang reißen. Der vierjährige Ferdinand etwa hält in Werlins Original einen Vogel in der Hand (Kat. 45), und Carl Ludwig stützt sich mit seiner Linken an einem Hocker ab, während er mit seiner Rechten ein Spielzeug hochhält, das ein Hund zu erhaschen versucht. Diese Vervielfältigung bestätigt den Eindruck, dass hier mit pragmatischer Herangehensweise die Bildnisse nicht als Kunstwerke mit einem primär ästhetischen Wert angesehen wurden, sondern tatsächlich als Gebrauchsgegenstände einem praktischen Zweck zur Dokumentation der Familie oder zur Erinnerung dienten und damit einen eher informativen sowie in letzterem Fall symbolischen Wert hatten. Die Vorgangsweise des Ausschneidens, ohne Rücksicht auf den Handlungszusammenhang zu nehmen, sowie die sehr ähnliche Malweise tauchen bei einem weiteren Porträt der Sammlung auf, bei dem es sich um eine ausschnitthafte Kopie nach Anton Raphael Mengs’ bekanntem Bildnis der Infantin Maria Theresia von Neapel-Sizilien handelt (Kat. 60). Im gleichen Jahr wie das Werlin-Gemälde 1773 entstanden, wird die Kopie in Wien gefertigt worden und ebenfalls wie die Werlin-Gruppe während des Umzugs nach Klagenfurt gelangt sein. 60

2 Maria Anna Äbtissin des Theresianischen Damenstiftes in Prag (1770–1809) um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand, 44 × 36,5 cm Inv. Nr. 2, Kat. 53

17 Siehe dazu „Die FabbriniGruppe“ im Kapitel zu den Kinderbildnissen in diesem Band, S. 111-116.

18 Vgl. Engels 1964, S. 109.

3 Franz II. (I.), Kaiser um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand, 44 × 36,5 cm Inv. Nr. 134, Kat. 54

Die Sammlung enthält eine zweite, etwa zehn Jahre später entstandene Serie der toskanischen Kinder, welche aus insgesamt acht Ölgemälden besteht und im Folgenden unter dem Namen „Fabbrini-Gruppe“ geführt wird.17 Wie die Werlin-Gruppe zuvor rekurrieren diese Bildnisse ebenfalls auf ein Familienporträt Leopolds II. und Maria Ludovica mit Kindern. Als Vergleich dient hierbei eine Radierung von 1785 aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, angefertigt von Giovanni Battista Cecchi und Benedetto Eredi nach einer Zeichnung von Anna Nistri Tonelli (Kat. V16). Eine Inschrift auf dem Blatt bezeichnet Giuseppe Piattoli als für den Entwurf verantwortlich und Giuseppe Fabbrini für die Gesichter, welche er ad vivum malte. Damit halten die Bildnisse die toskanischen Kinder nun ungefähr zehn Jahre später fest und können um 1785 datiert werden, wahrscheinlich jedoch etwas früher, da für das Jahr 1784 ein Besuch Leopolds in Klagenfurt dokumentiert ist18, im Zuge dessen die Bildnisse in den Besitz Maria Annas gelangt sein könnten. Die luftige und schwungvoll aufgelöste Malweise, die auf eine Ausführung der Gemälde durch einen oder mehrere italienische Maler hindeutet, fasst die Bildnisse stilistisch zusammen. Ein weiteres Argument für deren Zusammengehörigkeit ist die verwandtschaftliche Ähnlichkeit, im Besonderen die starke Länglichkeit der Gesichter und Form der Nase, die für Maria Ludovica sowie für ihre Kinder höchst charakteristisch ist. Den drei Bildnissen der Töchter – Maria Theresia, Maria Anna und Maria Klementine – sind die Haltung der Dargestellten, der kompositorische Aufbau und das kunstvoll architektonisch geformte Haar, welches mit Bändern und Blumen 61

Aneta Zahradnik

19 Das fünfte und letzte Jungenporträt (Kat. 58) aus der italienischen Serie weicht kompositorisch mit dem dunkelroten durch die Faltung angedeuteten Vorhang im Hintergrund von den anderen Kinderbildnissen, die einen dunklen unspezifischen Hintergrund aufweisen, ab. Die Darstellung der Nase, des länglichen Gesichtes und der Augen, aber auch die Malweise lassen sich diesen zugleich zuordnen. 20 Angelika Schmitt-Vorster, Pro Deo et Populo: Die Porträts Josephs II. (1765–1790). Untersuchungen zu Bestand, Ikonographie und Verbreitung des Kaiserbildnisses im Zeitalter der Aufklärung, Diss. phil., München 2006, S. 9.

21 So kursierten nur einige wenige originale Darstellungen, die immer wieder variiert wurden. Im Fall Jean-Étienne Liotards oder Pompeo Batonis Porträts von Joseph II. waren die von ihnen gemalten Bildnisse in zahlreichen Kopien und Repliken im Umlauf und lassen sich in einer Reihe nachfolgender Bildkompositionen wiederfinden.

geschmückt ist, gemeinsam (Abb. 2, Kat. 52 und 59). Die auffällig lange Nase und hohe Stirn bzw. der besonders ebenmäßige Teint in hellem Inkarnat kennzeichnen alle drei Porträtierten. Bei den Porträts der fünf Söhne Leopolds und Maria Ludovicas ist die Ähnlichkeit teilweise so eklatant, dass man fast von Repliken sprechen möchte, die sich lediglich durch eine andere Farbigkeit und Gewandung unterscheiden. Auch wenn man geneigt ist, in mehreren Porträts ein und dieselbe Person zu sehen, ist aufgrund des Vergleichs mit der Radierung anzunehmen, dass nicht ein Kind mehrfach dargestellt wird, sondern die relativ kurz hintereinander geborenen Geschwister gezeigt werden und es daher zu frappierenden Ähnlichkeiten kommt. Deshalb handelt es sich in zwei Gemälden, die den ältesten Sohn darzustellen scheinen, nicht beide Male um den erstgeborenen Sohn Franz. Auch die Tatsache, dass der Junge auf einem Porträt den Orden des Goldenen Vlieses trägt und auf dem anderen nicht, lässt die Annahme zu, dass jenes mit Orden Franz II. darstellt, welcher mit seiner Geburt 1768 diese Auszeichnung erhalten hatte (Abb. 3). Auch ein anderes Bildnispaar dieser Serie lässt sich auf gleiche Weise voneinander unterscheiden. Der Junge mit Orden kann als der ein Jahr jüngere Ferdinand III., dem 1771 der Orden verliehen wurde, identifiziert werden. Für die anderen Söhne ohne Orden kommen folglich der 1771 geborene Carl Ludwig sowie der 1772 geborene Alexander Leopold infrage.19 Diese Überbetonung der Ähnlichkeit zwischen den Geschwistern und die Negation von individuellen Zügen sind aber auch als ein Veranschaulichen des familiären Verbandes und der Zusammengehörigkeit der habsburgischen Linie lesbar; ganz im Sinne des Umgangs Maria Theresias mit der Porträtkunst, die diese vornehmlich dafür nutzte, den Kinderreichtum der Habsburger Familie ins Bild zu setzen. Es verwundert nicht, dass unter Maria Theresia ein erhöhtes Porträtaufkommen zu beobachten ist, forcierte sie doch den höfischen Porträtkult, indem sie regelmäßig aktualisierte Porträtversionen ihrer Familie forderte, Maler an die europäischen Höfe ihrer Kinder schickte und wiederholt Repliken besonders gelungener Bildnisse in Auftrag gab.20 Dabei ging es der Kaiserin weniger darum, möglichst viele wirklichkeitsgetreue Abbilder der Familie zu schaffen, sondern vielmehr um eine Vervielfältigung der Bilder. Sie selbst etwa saß eher selten Porträt und ließ sich nur von wenigen Malern wie Martin van Meytens, Jean-Étienne Liotard oder Joseph Ducreux porträtieren. Anstatt viele verschiedene Porträts von sich anfertigen zu lassen, setzte sie lieber auf wenige, aber in ihren Augen besonders gelungene Bildnisse, welche sie in großen Mengen reproduzieren ließ. Wie etwa das Porträt Maria Theresias in Witwentracht von Joseph Ducreux von 1769, das danach zahlreich als Einzelporträt oder eingebunden in Gruppenporträts wiederholt wurde (Kat. V10). In der Elisabethinen-Sammlung hat sich eine qualitätvolle Version in Pastell erhalten (Kat. 78). Zudem diente Ducreux’ Werk als Vorlage für Maria Theresias Bildnis aus der Familiengalerie der Residenz (Kat. 6) sowie für eine Kopie als kleines, ovales Porträt (Kat. 105).21 Das wachsende Bedürfnis nach Porträts bedeutete für die Bildnisproduktion des 18. Jahrhunderts eine verstärkte Kopiertätigkeit der Hofmaler. So soll der Miniaturmaler Antonio Bencini beispielsweise einzig zum Kopieren von Porträts für den Hof angestellt worden sein, wofür er bei einem Arbeitspensum von vier Porträts im Quartal 62

22 Julius Fleischer, Das kunstgeschichtliche Material der Geheimen Kammerzahlamtsbücher in den staatlichen Archiven Wiens von 1705 bis 1790 (Quellenschriften zur barocken Kunst in Österreich und Ungarn I), Wien 1932, S. 35, 129.

23 Elfriede Baum (Hg.), Katalog des Österreichischen Barockmuseums im Unteren Belvedere in Wien, Bd. 1 und 2, Wien u.a. 1980, S. 425. 24 Christa Scheiblauer, Restaurierung und Konservierung des Leinwandgemäldes „Erzherzogin Maria Anna“ vermutl. von Martin van Meytens d. J., 2. Hälfte 18. Jahrhundert, Dipl. art., Wien 1998, S. 18.

25 Zit. nach Walter Wagner, Die Geschichte der Akademie der bildenden Künste in Wien, Wien 1967, S. 38. 26 Die Einleitung von Günther Heinz in: Günther Heinz und Karl Schütz, Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs von 1400 bis 1800, Wien 1976, S. 17-38, hier S. 19. 27 Vgl. Ilsebill Barta und Hubert Winkler, Portraitgeschenke am kaiserlichen Hof, in: Kaiserliche Geschenke, Ausst.-Kat Schlossmuseum, Linz 1988, Linz 1988, S. 30-38.

ein fixes Gehalt erhielt.22 Generell lässt sich für das 18. Jahrhundert ein ganz anderes, viel weniger negativ konnotiertes Verhältnis zur Kopie und Nachahmung feststellen. Die erhöhte Auftragslage im Porträtfach verlangte zudem nach einer arbeitsteiligen Praxis der Malerwerkstätten und folglich der Anstellung von Gehilfen, die sich jeweils auf das Beiwerk wie die Gewandung oder den Hintergrund spezialisierten. So zumindest ist es für die Werkstatt des Hofmalers Martin van Meytens dokumentiert, der diese arbeitsteilige Produktion nicht verschleierte, sich zum Teil als dirigierender Maler verstand und nur sehr selten seine Werke signierte.23 So soll er gar einen Karton als Schablone verwendet haben, der es ihm ermöglichte, Gesichter zu übertragen, die er ursprünglich aus einer Arbeit Liotards entnommen haben soll.24 Die Schwierigkeit, Meytens’ Urheberschaft in vielen Werken zu bestimmen, macht ihn heute sicherlich in einer auf Namen und Biografien bedachten Kunstgeschichte zu einem Härtefall. Es erscheint deshalb sinnvoller, insbesondere hinsichtlich der Porträtsammlung der Elisabethinen, sich in Zukunft weniger auf eine Zuschreibung der Werke an Künstlerinnen und Künstler zu konzentrieren, als vielmehr jene Produktionsbedingungen im Porträtfach sowie die Organisation des Kunstbetriebes am Hof Maria Theresias und den daraus resultierenden Stellenwert der Gattung Porträt näher zu untersuchen. Das Kopieren und Reproduzieren war zwar durchaus Usus in der Bildproduktion des 18. Jahrhunderts, zeitgenössische Kritiker erkannten darin aber auch eine Abwertung der Porträtkunst. Graf Kaunitz-Rietberg, 20 Jahre lang Protektor der Wiener Akademie der bildenden Künste, äußerte etwa über die Künstler seiner Zeit, dass diese „im Nachmachen, Copiren und Nachahmen sehr glücklich“ seien, aber „was neues von sich selbst zu ersinnen und ans Licht zu bringen, dazu fehlt es ihnen an der Erfindungskraft: sie lernen handwerksmäßig, behelfen sich immer mit fremden Mustern, Zeichnungen, Modellen und Rißen, und bleiben also ewige Mechanische Nachmacher“.25 Günther Heinz sah viele der österreichischen Hofmaler des 18. Jahrhunderts aufgrund der steigenden Nachfrage von Porträts darauf angewiesen, die Bildideen von den großen Vorbildern zu übernehmen. Diese zunehmende Herstellung von Porträts hätte jedoch auch Platz gemacht für weniger begabte Künstler, was die große Anzahl an qualitativ minderwertigen Bildnissen erklären würde.26 Der rege Porträtaustausch zwischen den herrschaftlichen Höfen machte also eine verstärkte Produktion von Bildnissen notwendig. Dabei bildeten nicht nur Gemälde und Miniaturen die wichtigsten Bildmedien im Geschenkverkehr, sondern auch Münzen und Medaillen.27 Vom ersten Bild des neugeborenen Kindes an versandte man in regelmäßigen Abständen aktuelle Versionen an verwandtschaftliche und freundschaftliche Höfe. Dabei kam man vor allem einem Informationsbedürfnis nach. Folglich trat der künstlerisch ästhetische Wert eines Porträts deutlich hinter dem Gebrauchswert zurück. Das Kinderporträt sollte vor allem Auskunft über das Aussehen des neuen Mitglieds der Familie geben und hatte zudem die Funktion eines Stellvertreters, der die abwesende Person vergegenwärtigen sollte. Briefe und Porträts waren manchmal die einzige Verbindung zur Verwandtschaft an den anderen Höfen. Gerade die Klagenfurter Kinderbildnisse zeugen von diesem sehr aktiven Porträtverkehr und dem Bedürfnis, über die Verwandtschaft, im Falle Maria Annas insbesondere über die Nichten und 63

Aneta Zahradnik 28 Siehe dazu das Kapitel „Die Kinder von Marie Antoinette und Ludwig XVI. von Frankreich“ in diesem Band, S. 125-128.

Neffen, informiert zu sein. So ist beispielsweise die Serie der Kinder Marie Antoinettes und Ludwigs XVI. wahrscheinlich als Geschenk an die Erzherzogin in die Klagenfurter Residenz versandt worden.28 Ein persönlicher Besuch der französischen Königsfamilie ist jedenfalls nicht dokumentiert. Die Reihe umfasst insgesamt sechs Gemälde, wobei vier davon auf der Rückseite beschriftet sind und die Dargestellten als Kinder „des unglücklichen französischen Königspaares Ludwig XVI. und Marie Antoinette“ ausweisen. Wegen des Schrifttyps und des Hinweises auf das Schicksal des Königspaares muss diese Beschriftung erst später, sicherlich aber nach 1789 angebracht worden sein. Zwei Gemälde der französischen Serie stellen Marie Thérèse Charlotte de Bourbon dar (Kat. 66 und 68). Sie unterscheiden sich lediglich durch die Farbe der Gewandung und des Vorhangs. Das Kleid mit Spitzenkragen, die Bildkomposition sowie Pose sind fast identisch. Auf dem einen wirkt Marie Thérèse etwas älter, weshalb man annehmen kann, dass dieses Porträt einen etwas späteren Zustand des Mädchens suggerierte, um auf diese Weise die Erzherzogin wohl über dessen Entwicklung auf dem Laufenden zu halten. Die beiden Gemälde, welche ihren Bruder Louis Joseph Xavier darstellen, weisen mit der gleichen Malweise und dem identischen Format auf deren Zusammengehörigkeit hin (Kat. 65 und 67). Als Bildnispaar konzipiert wenden sich die Geschwister einander zu. Die sehr ähnlichen Spitzenkragen und der im Hintergrund drapierte Vorhang unterstreichen die Pendanthaftigkeit.  Die Porträts zeigen die Königskinder in streng repräsentativer Form. Hatte die französische Malerei zusammen mit der englischen hinsichtlich der Gattung Kinderporträt bereits neue Darstellungsinhalte und -modi entwickelt, was sich insbesondere in Kinderbildnissen des Bürgertums zeigte, stand für das höfische Bild in Österreich der repräsentative Modus noch immer stark im Vordergrund. Das Porträt des Dauphins (Abb. 4), das ebenfalls Teil der französischen Serie ist, ist eines von wenigen Beispielen der Sammlung, das das porträtierte Kind während einer spielerischen Handlung festhält und das Kind von seiner repräsentativen Rolle geringfügig ablöst. Der kleine Ludwig ist gerade dabei, einen Vogel, der sich auf seinem rechten Zeigefinger niedergelassen hat, mit einem Biskuit zu füttern. Der andere Teil des Gebäcks liegt abgebrochen auf einem Säulenelement neben ihm, wo sich auch der Käfig des Spielgefährten befindet, aus dem dieser für einen kurzen Moment befreit worden ist. Im Hintergrund gibt ein zurückgezogener Vorhang die Sicht auf Teile eines Schlossparks frei. Das Bild suggeriert zwar eine spielerische Handlung dem Verhalten eines Kindes gemäß, kann aber das Repräsentative, das sich im frontal zum Betrachter ausgerichteten Gesicht ausdrückt, nicht abstreifen. Eine Kommunikation zwischen Kind und Vogel, der zudem fester Bestandteil der höfischen Kinderikonografie war, wird dadurch unterbrochen. Dabei hatte sich dieses Verhältnis in der französischen und englischen Familien- und Kinderbildnismalerei durchaus aufgelockert. So waren auch in der höfischen Bildnismalerei gerade in Darstellungen Marie Antoinettes mit ihren Kindern emotional familiäre Beziehungen bereits darstellbar geworden. Motive des Kleinkindes auf dem Schoß oder einer gefühlvolleren Kommunikation zwischen den Dargestellten finden sich etwa in den Porträts Elisabeth Vigée-Lebruns von der französischen Königin und ihren Kindern. Umso verwunderlicher ist es, dass die französischen Beispiele der Elisabethinen-Sammlung 64

4 Louis Joseph von Bourbon, Dauphin von Frankreich um 1786 anonym Öl auf Leinwand, 44,5 × 36,5 cm Inv. Nr. 67, Kat. 69

5 vermutlich Caroline und Ludwig von Bourbon-Parma 1773/74 anonym Pastell auf Papier, 45,5 × 36,8 cm Inv. Nr. 81, Kat. 42

keinerlei neue Tendenzen hinsichtlich einer Auflockerung des Repräsentativen erkennen lassen. Ein möglicher Grund könnte ein gewisser Pragmatismus hinsichtlich des Umgangs mit Porträts sein, die für den Versand an andere Höfe gedacht waren und damit einen informativen Zweck erfüllten. Der künstlerische Wert trat dabei in den Hintergrund, war auch der Spielraum für den Hofmaler hier wohl auch ein sehr eingeschränkter. Die völlige Loslösung aus einem höfisch repräsentativen Modus scheint eher in der Darstellung von neugeborenen Familienmitgliedern möglich gewesen zu sein. Die Elisabethinen-Sammlung bewahrt einige wenige Pastellporträts von Säuglingen, die verständlicherweise äußerst schwer zu identifizieren sind (Kat. 49 und 50). Es handelt sich hier um intimere Darstellungen von Mitgliedern der Habsburgerfamilie aus dem Konvolut. Bildausschnitt und -komposition unterstreichen das Momenthafte. Der Blickwinkel sowie der sich im Bild befindliche Vorhang des einen oder der Rand der Wiege des anderen Bildnisses, der in die Bildkomposition aufgenommen wird, betonen den Ausdruck von Augenblicklichkeit. So als hätte der Maler nur rasch einen Blick auf das Neugeborene erhaschen können, um es dann für die auf Nachrichten wartende Verwandtschaft bildlich festzuhalten. Die Eigenschaften des Pastells als malerisches Medium scheinen generell dem „privateren“ Charakter dieser Bildnisse mehr entsprochen zu haben. Ein Beispiel aus der Sammlung gibt geradezu genrehaft einen familiären Augenblick wieder (Abb. 5). So sehen wir, wie ein kleines Mädchen, den Zeigefinger zum Mund geführt, die Betrachter auffordert leise zu sein, um das schlafende Geschwisterchen nicht zu stören. Die andere Hand, die die Decke des Babys anhebt, um es wohl fürsorglich wieder zuzudecken, unterstreicht das Momenthafte der Szene. Eventuell lassen sich die beiden Kinder mithilfe einer Porträtminiatur aus der Präsidentschaftskanzlei mit Caroline und ihrem jüngeren Bruder Ludwig von Bourbon-Parma identifizieren. Diese abschließende Gegenüberstellung veranschaulicht noch einmal die sehr unterschiedliche Porträtauffassung dieser Zeit, die einerseits an informativen und dokumentarischen Zwecken orientiert sein kann – wie es in der Porträtminiatur der Fall ist – und andererseits auch intimere, künstlerisch innovative Formen annehmen kann, wie sie im Kärntner Pastellbild zu finden sind. Die Sammlung des Elisabethinen-Konvents und ihre herausragende Dichte an Kinderbildnissen erlaubt einen Einblick in die Darstellungskonventionen von Kindern am Hofe und ist damit vor allem ein bedeutendes kulturgeschichtliches Zeugnis höfischer Repräsentation von Kindheit und letztlich von Familie im 18. Jahrhundert.

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Gabriela Krist

vom dachboden zum schaudepot – die gemälde- und paramentensammlung der elisabethinen in klagenfurt Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt, Britta Schwenck

Dieser Text ist eine überarbeitete und gekürzte Fassung von Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt und Britta Schwenck, Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Vom Dachboden zum Schaudepot, in: Gabriela Krist (Hg.), Collection Care / Sammlungspflege, Wien, Köln und Weimar 2015, S. 451-467.

1 Sheyda Nikjou, Sammlung – Elisabethinen-Konvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und kunstgeschichtliche Recherche, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010. 2 Marlies Allmaier, Barocke Kinderportraits aus der Gemäldesammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Minimalinvasive Restaurierung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014.

Verborgene Dinge werden oft zu vergessenen Dingen. Das war auch das Schicksal einer Sammlung in Klagenfurt. Auf dem Dachboden des Elisabethinen-Konvents wurde 2010 eine große Anzahl an Gemälden aufgefunden – aufeinandergestapelt, verstaubt und vergessen. Nachdem dieser Gemäldeschatz entdeckt worden war, wurde das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien ersucht, die Gemälde zu inventarisieren, zu dokumentieren und den restauratorischen Handlungsbedarf festzumachen. Bei den Gemälden handelt es sich um einen Nachlass von Maria Anna von Habsburg-Lothringen, der zweitältesten Tochter von Kaiserin Maria Theresia, den sie den Elisabethinen vermachte. Von 2010–2012 wurde die Gemäldesammlung sowie der Paramentenbestand des Konvents im Zuge von Projektwochen von einem MitarbeiterInnenteam und Studierenden des Instituts für Konservierung und Restaurierung inventarisiert, fotografiert und digital erfasst. Weiters wurde im Rahmen eines Vordiploms 20101 und einer Diplomarbeit 20142 ein Teil der Sammlung untersucht und exemplarisch behandelt. Die kunsthistorische Aufarbeitung erfolgte durch MitarbeiterInnen der Abteilung Kunstgeschichte der Universität für angewandte Kunst Wien. Aufgrund der Vielzahl der Gemälde sowie der kunst- und kulturhistorischen Bedeutung der Sammlung für den Konvent – aber auch für die Stadt Klagenfurt – wurde ein Schaudepot geplant und 2013 realisiert. Die Hängepräsentation ist das Ergebnis der konservierungswissenschaftlichen Auseinandersetzung des RestauratorInnenteams und ermöglicht nun die langfristige Erhaltung der Kunstwerke. Die vorgefundene Lagerungssituation

Das Hauptgebäude des Konvents ist ein L-förmiger, dreistöckiger Bau, in dessen Erdgeschoss sich ein kleines Museum, eine historische, heute museal genutzte Apotheke sowie ein Refektorium befinden. Im Obergeschoss ist die Klausur untergebracht. Die im Museum, in den Gängen und Zellen hängenden Gemälde zeigen Darstellungen von unterschiedlicher Qualität und verschiedenstem Format. Weiters befinden sich im Gebäude einige gefasste Holzskulpturen sowie etliche bemalte Möbel. Im Dachgeschoss sind weitere, von den Schwestern nicht mehr genutzte Zellen, der restliche Dachboden ist nicht isoliert und die Dachkonstruktion sichtbar. Dieser Bereich hatte die Funktion eines Abstell- und Lagerraumes. Dort wurde die Mehrzahl der Gemälde gelagert. Schon bei einer ersten Besichtigung im Jahr 2010 stellte sich heraus, dass die Lagersituation als kritisch zu beurteilen war. Verteilt auf vier kleinere Räume wurden 103 Habsburger- und Kinderporträts aufgefunden sowie eine Vielzahl an Gemälden religiöser Thematik. Diese waren in überfüllten Regalen, Kästen und 67

Gabriela Krist

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3 Natalia Gustavson, Von Ruinen zu Schlössern – Bestandsaufnahme und Sammlungsanalyse am Beispiel der Gemäldesammlung auf Schloss Greillenstein, NÖ, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2004, S. 69. 4 York Langenstein, Das Prinzip Ordnung: Inventarisierung und Dokumentation als roter Faden der Museumsarbeit, in: Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Museumsbausteine 6, Sammlungsdokumentation. Geschichte, Wege, Beispiele, München 2001, S. 9-20, hier S. 9. 5 ICOM – Internationaler Museumsrat (Hg.), Ethische Richtlinien für Museen von ICOM, Zürich 2010. 6 Langenstein 2001, S. 9. 7 Mitgewirkt haben von 1. – 5.3.2010: Studentinnen: Agathe Boruszcsak, Helena Brosch-Foraheim, Sheyda Nikjou, Caroline Ocks, Franziska Stoldt, Dorina Tschinkel; Fotograf: Gerhard Ramsebner; Universitätsassistentin/Betreuerin: Mag. Stefanie Jahn. 8 Mitgewirkt haben von 28.2. – 4.3.2011: Studentinnen: Marlies Allmaier, Helena Brosch-Foraheim, Giada Lembo, Caroline Ocks, Christiane Offner, Hannah Pichler, Dorina Tschinkel; Fotograf: Georg Oberlechner; Universitätsassistentinnen/Betreuerinnen: Mag. Judith Kern, Mag. Veronika Loiskandl, Mag. Ágnes Szökrön-Michl.

Truhen ungeordnet aneinandergereiht, aufeinandergestapelt und somit inadäquat gelagert (Abb. 1). Weiters befanden sich hier noch Drucke, Fotos sowie Zierrahmen und Klosterarbeiten. In einer der Zellen wurden auch sieben Reliquienschreine mit Klosterarbeiten sowie eine lebensgroße Skulptur aus Holz, Wachs und Textil entdeckt. Nun war schnell klar, dass akuter Handlungsbedarf bestand und vor allem auch eine geeignete Lagersituation für den Sammlungsbestand gefunden werden musste. Bestandserfassung

Eine konservatorische Bestandserfassung basiert auf der Inventarisierung eines Sammlungsbestandes. Sie beinhaltet die Dokumentation des technologischen Aufbaus einzelner Objekte sowie die Interpretation von Schadensbildern und Schadensursachen.3 Damit ist eine systematische Erfassung des materiellen Bestandes gemeint, welcher in ein nach speziellen Kriterien gegliedertes Bestandsverzeichnis aufgenommen wird.4 Laut ICOM soll jede Sammlung nach allgemein anerkannten Richtlinien dokumentiert werden.5 Nur so kann sichergestellt werden, dass Objekte nach Bestand und Zustand beurteilt und in weiterer Folge betreut und erhalten werden können.6 Um den im Konvent bestehenden Gemäldebestand erstmals zu erfassen und den Erhaltungszustand der Gemälde zu beurteilen, fand daher eine erste Projektwoche des Instituts im März 2010 statt.7 Dabei wurden die 103 Habsburger- und Kinderporträts, die auf dem Dachboden lagerten, fotografisch erfasst und inventarisiert (Abb. 2). Weiters wurden die Gemälde umgelagert und in ein Zwischendepot verbracht. Im März 2011 folgte eine weitere Projektwoche, um die restlichen Gemälde im Konvent einer Bestandsaufnahme zu unterziehen.8 68

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9 Mitgewirkt haben von 27.2. – 2.3.2012: Studentinnen: Glynis Gale-Schodterer, Yin Li Lee, Christiane Offner, Hannah Pichler, Réka Sárffy; Fotograf: Georg Oberlechner; Universitätsassistentinnen: Dr. Natalia Gustavson, Mag. Veronika Loiskandl.

10 Christiane Offner, Die Gemäldesammlung im Zisterzienserstift Zwettl. Inventarisierung, Sammlungsanalyse und Ausarbeitung eines Maßnahmenkonzepts zur Sammlungspflege sowie dessen exemplarische Umsetzung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014, S. 119. 11 Georg Waldemer, Fotografische Bestandserfassung, in: Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Museumsbausteine 6, Sammlungsdokumentation. Geschichte, Wege, Beispiele, München 2001, S. 93-108, hier S. 93. 12 Ausnahme waren die Gemälde mit religiöser Thematik. Aufgrund ihres Umfanges (ca. 200 Gemälde) und der eher minderen Qualität wurden sie lediglich in die Inventarliste aufgenommen und nicht mittels Formular detailliert erfasst.

Hierbei wurden 297 Gemälde in den zugänglichen Bereichen des Klosters dokumentiert sowie neue Funde am Dachboden bearbeitet. 12 weitere Gemälde aus Schloss Rosenbichl (Kärnten) folgten im März 2012.9 Die konservatorische Bestandsaufnahme erfolgte in den einzelnen Projektwochen nach folgendem Schema. Alle Objekte erhielten eine neue, fortlaufende Inventarnummer. Diese wurde mit Bleistift auf einem säurefreien Kartonetikett notiert und am Gemälde vermerkt. Die Etiketten wurden dann entweder direkt an der jeweiligen Aufhängevorrichtung mit Bändchen fixiert oder mit Japanpapierstreifen am Spann- bzw. Keilrahmen geklebt.10 In einem weiteren Schritt wurde jedes Objekt fotografiert, was unerlässlich für eine adäquate Bestandsdokumentation ist. Neben der bildlichen Beschreibung dient die fotografische Erfassung auch der Dokumentation des Ist-Zustandes und der Schäden.11 Anschließend wurden die Gemälde einer Bestands- und Zustandsbewertung unterzogen. Hierfür wurde zunächst eine Excelliste erstellt, die einen Überblick über den Gesamtbestand des Konvents gewähren soll. Darin enthalten sind Kurzbeschreibungen der Objekte, der Standort, die Beurteilung des Gesamtzustandes sowie die Dringlichkeit des restauratorischen Handlungsbedarfs. Des Weiteren wurden speziell angepasste Formulare in Microsoft Word angelegt. Alle Gemälde wurden darin aus konservatorischer und restauratorischer Sicht detailliert protokolliert.12 Es wird hier Bezug auf den Bestand sowie bereits vorangegangene restauratorische Eingriffe genommen, aber auch auf den Erhaltungszustand und die Dringlichkeit des Restaurierungsbedarfs eingegangen. Überblicksmäßig wird hier zusätzlich der geschätzte Umfang der Restaurierung sowie die dadurch entstehenden Kosten festgehalten. 69

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13 Natalia Gustavson, Bericht zur ZKF-Projektwoche im Konvent der Elisabethinen in Klagenfurt, Projektbericht 2012, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. 14 Typische Merkmale des Anobienbefalls sind kreisförmige Bohrlöcher von ca. 0,7 – 3,3 mm Durchmesser im weichen Splintholz – meist mit hellem Bohrmehl befüllt. Sind die Ränder noch hell, kann von einem aktiven Befall ausgegangen werden. Siehe: Hans-Peter Sutter, Holzschädlinge an Kulturgütern erkennen und bekämpfen, Handbuch für Denkmalpfleger, Restauratoren, Konservatoren, Architekten und Holzfachleute, 4. Auflage, Wien 2002, S. 80ff.

Insgesamt wurden bei den drei Arbeitskampagnen 412 Gemälde inventarisiert und dokumentiert. 103 Objekte im Jahr 2010, 297 im Jahr 2011 und 12 im Jahr 2013. Der Gesamtbestand umfasst also 412 Objekte, davon sind 97 Gemälde in den Repräsentationsräumen des Konventes präsentiert. Habsburgerporträts sowie Gemälde religiösen Inhalts sind zum großen Teil in Öltechnik auf textilen Bildträgern ausgeführt (Tab. 1).13 Die Qualität ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von hochwertiger Malerei (vor allem bei den Habsburger- und Kinderporträts) bis hin zu einer eher laienhaften Bildgestaltung und Malweise (etwa bei den Gemälden mit religiösen Darstellungen).

Gemälde

Gemälde

Gemälde

im Zwischenlager

im Konvent präsentiert

gesamt

Religiöse Thematik

211

59

270

Habsburgerporträts

60

22

82

Kinderporträts

39

8

47

Weitere Porträts

5

8

13

Gesamt

315

97

412

Genre

Tab. 1: Gemäldetypen und Standorte vor der Schaffung des Schaudepots

Erhaltungszustand

15 „Museum-Traps“ Fa. R.E. Child, www.historyonics.com.

Die am Dachboden gelagerten Gemälde litten an der inadäquaten Lagerung in überfüllten Kisten, Truhen und Stellagen. Daraus resultierten vor allem mechanische Schäden wie Risse und Löcher im Bildträger, Kratzer mit Malschichtverlusten und geöffnete Zierrahmen. Ebenso lassen sich spezielle Schadensbilder wie starke Schüsselbildungen, Verluste der Malschicht und Schimmelbefall auf die zeitweise hohe Luftfeuchtigkeit und Klimaschwankungen im nicht isolierten Teil des Dachgeschosses zurückführen. Die Gemälde, die im Museum sowie in den Gängen des Konvents nach wie vor präsentiert werden, erfuhren aufgrund ihrer Wertschätzung mehr Pflege. So lassen sich an diesen Objekten frühere restauratorische Eingriffe wie Retuschen oder rückseitig aufgebrachte Flicken dokumentieren. Viele der Bilder sind doubliert und weisen dadurch auch Schäden wie Verpressungen und Verletzungen der Malschicht auf. Bei circa der Hälfte des Sammlungsbestandes wurde auch ein aktiver Anobienbefall (Holzkäfer, vermutlich Anobium punctatum14) diagnostiziert. Ebenso wurden Schäden und Spuren von Schädlingen an den Reliquienschreinen mit Klosterarbeiten und den im Museum ausgestellten, bekleideten Figurinen festgestellt. Um den Umfang des Befalls sowie die Art der Schädlinge zu identifizieren, wurden in den betroffenen Räumen Klebefallen15 aufgestellt und ein InsektenMonitoring gestartet.

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Schädlingsbekämpfung

16 Die Stickstoffbegasung fand unter der Leitung von Mag. Stefanie Jahn statt.

17 Roberta Renz, Stefanie Jahn und Gabriela Krist, Depotprojekt im Stift Kremsmünster, in: Museum aktuell, 137,2007, S. 30-32. 18 Die Folie besteht aus einem Polyvinylalkohol-Copolymer, durch welche die Gase nicht diffundieren können. 19 Der Sauerstoff darin soll nicht mehr als 0,1 – 0,3 % betragen. Siehe: Nikjou 2010, S. 128. Shin Maekawa und Kerstin Elert, The use of Oxygen-Free Environments in the Control of Museum Insect Pests, Los Angeles 2003, S. 9.

Um die Verbreitung der Schadinsekten zu vermeiden, wurden bereits 2010 von Anobienbefall betroffene Gemälde nach Wien an das Institut für Konservierung und Restaurierung überführt und einer Stickstoffbegasung unterzogen.16 Bereits gewonnene Erfahrungen der Stickstoffbehandlung aus vergangenen Projekten wie im Stift Kremsmünster konnten nun bei dem Vorhaben am Institut gezielt angewandt werden.17 Im Rahmen des projektbezogenen Unterrichts wurde gemeinsam mit den Studierenden ein Zelt aus EVOH-Folie18 gebaut. Die betroffenen Objekte wurden darin über einen Zeitraum von acht Wochen mit Stickstoff 19 begast. Nach erfolgreichem Abschluss der Behandlung wurden die Gemälde wieder in den Konvent nach Klagenfurt transportiert. Nach der Projektwoche im März 2012 wurde das gesamte Ausmaß des Schädlingsbefalls ersichtlich. In Zuge dieser Arbeiten wurden auch potenziell gefährdete Objekte wie Klosterarbeiten und mit Textilien bekleidete Wachsfiguren untersucht. Aufgrund des Umfanges des Befalls wurde dem Konvent eine auf Schädlingsbekämpfung spezialisierte Firma empfohlen, die die betroffenen Objekte in einem Raum im Dachgeschoß sowie im Museum mit Stickstoff behandelte. PflegemaSSnahmen

20 2010 und 2011 jeweils 5 Arbeitstage.

21 Störleim (7-%ig in deionisiertem Wasser).

Im Zuge der Bestandsaufnahme wurden auch die dringendsten Pflegeund Notsicherungsmaßnahmen an den Gemälden20 durchgeführt. Zuerst wurden an jedem einzelnen Gemälde lose anhaftende Schmutz- und Staubauflagen, welche u.a. einen Nährboden für weiteren Schädlingsbefall bieten könnten, vorder- und rückseitig mit Pinsel und Staubsauger abgenommen sowie die Schmutztaschen an den Gemälderückseiten entleert. An einigen Objekten erwies es sich als notwendig, auch eine partielle Festigung21 der Malschicht sowie der Rahmenfassung vorzunehmen. Um weiteren Verlusten vorzubeugen, wurden stark gefährdete Bereiche mit Japanpapier und Methylcellulose temporär gesichert. Ebenso erfolgte eine Kontrolle der Montage der Bildträger in den Zierrahmen sowie der Aufhängevorrichtungen. Falls nötig wurden neue Rahmenfedern montiert. Die großformatigen Gemälde im Museum und in den Gängen bedurften aufgrund des besseren Erhaltungszustandes geringerer Pflege. Vorder- und Rückseiten wurden gereinigt und nur in vereinzelten Fällen war eine Sicherung der Malschicht oder des Zierrahmens notwendig.

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Gabriela Krist

Konservierung und Restaurierung

Durch die Bestandsaufnahme wurde die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs an den Objekten deutlich. Insgesamt mussten 78 Gemälde der Kategorie A – akut gefährdet – zugeordnet werden (Tab. 2). Für diese ist eine Konservierung und Restaurierung dringend anzuraten, um weiteren Substanzverlust zu vermeiden.

Dringlichkeit Handlungsbedarf Kategorie A: Das Gemälde ist akut gefährdet – konservatorischrestauratorische Maßnahmen sind dringend nötig

Gemälde

78

Kategorie B: Die Gemäldesubstanz ist beeinträchtigt, aber nicht akut

gefährdet – konservatorisch-restauratorische Maßnahmen sind in näherer Zukunft durchzuführen

133

Kategorie C: Das Gemälde befindet sich in ästhetisch unbefriedigendem Zustand, ist aber nicht substanzgefährdet – restauratorische Maßnahmen werden empfohlen

147

Kategorie D: Das Gemälde ist in sehr gutem Zustand – derzeit sind

keine Maßnahmen notwendig Gesamt

54 412

Tab. 2: Einteilung der Gemäldesammlung nach Handlungsbedarf

22 Nikjou 2010. 23 Die Restaurierungen wurden von Marlies Allmaier, Helena Brosch-Foraheim, Caroline Ocks, Hannah Pichler durchgeführt. 24 Allmaier 2014. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erfolgte 2015/2016 die Restaurierung von sieben weiteren Gemälden (Kat. 37, 51, 60, 71, 72, 128 und 131). Diese wurden durchgeführt von Lilly Becker, Aurelia Berger, Stefanie Hasenauer, Daria Lovrek, Katharina Pöll und Jessica Rossmann.

Für eine exemplarische Musterrestaurierung wurde ein Kinderporträt(Kat. 69) ausgewählt, das aufgrund seines Erhaltungszustandes der Kategorie A, also der akut gefährdeten Gruppe angehörte. Seine Maltechnik und charakteristischen Schäden entsprechen einem Großteil der Gemälde der Sammlung. Im Rahmen eines Vordiploms wurden die detaillierte Untersuchung sowie die Musterrestaurierung des Bildes durchgeführt.22 Da die Gemäldesammlung unter Denkmalschutz steht, muss jedes Restaurierungsvorhaben mit dem Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat Kärnten, abgestimmt werden. Im Sommer 2011 erfolgte auch die Restaurierung zweier weiterer stark substanzgefährdeter Gemälde (Kat. 19 und Inv. Nr. 368) am Institut für Konservierung und Restaurierung.23 Zwei bisher unbehandelte, jedoch ebenfalls der Kategorie A zugeordnete Gemälde (Kat. 44 und 47) aus der Serie der Kinderporträts wurden im Zuge einer Diplomarbeit 2013/14 näher auf die Herstellungstechnologie und die verwendeten Materialien untersucht. Durch minimale Eingriffe sollte die Authentizität des Gemäldes gewahrt werden und als Beispiel für weitere Restaurierungen an den Kinderporträts dienen.24

72

3

Zwischenlager 25 Schaumstoffplatten aus exdrudiertem Polyethylenschaum. 26 Martina Griesser-Stermscheg, Das Schaudepot und das begehbare Depot: Sammlungen ausstellen?, in: Charlotte Martinz-Turek und Monika Sommer (Hg.), Storyline. Narrationen im Museum. Schnittpunkt. Ausstellungstheorie und Praxis 2, Wien 2009, S. 229-248, hier S. 229. 27 Erst durch eine Hochrechnung der Gemäldeanzahl und der Dimensionen kann berechnet werden, wieviel Mindestlagerfläche zur Verfügung gestellt werden muss. 28 Andrea Funck, Schaudepots – Zwischen Wunsch und Wirklichkeit, in: Tobias G. Natter, Michael Fehr und Bettina HabsburgLothringen (Hg.), Das Schaudepot. Zwischen offenem Magazin und Inszenierung. Dokumentation der Fachtagung, ,Die Ordnung der Dinge: das Schaudepot‘, 4.3.2010 in Bregenz, Bielefeld 2010, S. 67-82, hier S. 69. 29 Architekturbüro Weratschnig, deCillia & Partner, Villach.

Von Beginn des Projektes an stand fest, dass Räumlichkeiten zur adäquaten Lagerung der Kunstwerke gefunden werden mussten. Für die Übergangszeit, bis zur Einrichtung eines neuen Gemäldedepots, musste ein provisorisches Zwischenlager geschaffen werden. Man entschied sich dazu, den östlichen Bereich des Dachbodens als Zwischendepot zu adaptieren, da dieser trocken und versperrbar war und somit verbesserte Bedingungen gewährleistete. Im Hinblick auf die befristete Lagerung wurden einfache Holzregale errichtet und die Gemälde der Größe nach stehend aneinandergereiht. Um weiteren Schaden bei der Handhabung und Aufbewahrung vorzubeugen, wurde der Boden der Regale mit einer Schicht dünnem Ethafoam25 ausgepolstert. Ein handelsüblicher Wellkarton diente als Isolierung der Objekte (Abb. 3). Das Schaudepot „Kunsthaus Marianna“

Um die gesamte Sammlung langfristig bestmöglich zu lagern und gleichzeitig Besuchern zugänglich zu machen, entschieden sich die Elisabethinen – nach Diskussion mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung – für die Realisierung eines Schaudepots. Im Unterschied zu einem herkömmlichen Depot, welches ausschließlich zur Lagerung der Objekte dient, hat man bei dieser Variante auch die Möglichkeit der Präsentation für ein interessiertes Publikum.26 Nachdem nun der gesamte Umfang des Gemäldebestandes bekannt war, konnte mit den Planungen begonnen werden.27 Es sollten Räumlichkeiten des Konvents (zwei Lagerräume im westlichen Teil) für das neue Depot adaptiert und durch einen Zubau ergänzt werden. Das neue Gebäude soll die geforderten konservatorischen Bedingungen, wie Schutz vor Klimaschäden, Licht sowie Insekten erfüllen und vor allem die Aufbewahrung in geordneter Form durch entsprechende Vorrichtungen gewährleisten.28 Anfang 2011 wurde ein Architekturbüro29 mit der Planung betraut. Noch im selben Jahr begannen die Bauarbeiten, die im Februar 2012 abgeschlossen werden konnten, sodass nun die Umlagerung der Objekte bis zum Eröffnungstermin möglich war. 73

Gabriela Krist

30 Fa. Forster Metallbau, Waidhofen/Ybbs.

Das „Kunsthaus Marianna“, ein 120 m2 großer Neubau, gliedert sich in zwei Lagerund Ausstellungsflächen. Die Räumlichkeiten beinhalten insgesamt 30 ausziehbare Gitterstellwände für die Hängung der Gemälde. Um eine flexible Hängung der Bilder an den Gitterwänden zu gewährleisten wurden W-förmige Hakensysteme gewählt.30 Zur Planung dieser Vorrichtungen stand das Institutsteam dem ausführenden Architekten beratend zur Seite. Das Hängesystem

31 Im Herbst 2013 wurde eine Kooperation mit der Abteilung Kunstgeschichte der Universität für angewandte Kunst möglich. Dabei konnte die Bedeutung einzelner Teile der Sammlung, der Ensembles wie der Kinderporträts, deutlich gemacht werden. Basierend auf der restauratorischen Bestandsaufnahme wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes rund 135 Bildnisse der Gemäldesammlung kunst- und kulturhistorisch aufgearbeitet. Leitung des Projekts: o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Eva Kernbauer.

32 Der Zutritt zum Konvent kann nicht kontrolliert werden, da Verbindungstüren zum anschließenden, von den Elisabethinen gegründeten Krankenhaus bestehen. 33 Mitgewirkt haben von 27.2. – 2.3.2012: Studentinnen: Johanna Konrad, Sophie Kurzmann, Birgit Läbe; Fotograf: Georg Oberlechner; Universitätsassistentinnen/ Betreuerinnen: Mag. Barbara Eisenhardt, Mag. Britta Schwenck.

Zum Zeitpunkt der Umlagerung der Gemälde aus dem provisorischen Zwischenlager im Dachboden in das „Kunsthaus Marianna“ im März 2012 hatte noch keine kunsthistorische Aufarbeitung der Sammlung stattgefunden. Etliche Habsburgerporträts und Kinderbildnisse waren noch nicht identifiziert oder es lag eine unklare bzw. keine Zuschreibung an einen Künstler vor.31 Man entschied sich für eine provisorische Hängung, die eine Umgestaltung jederzeit ermöglicht (Abb. 4). Ein Drittel des Gemäldebestandes stellt die Familie von Erzherzogin Maria Anna dar. Der andere Teil wird durch Gemälde mit religiösem Inhalt gebildet. Im vorderen Ausstellungsraum sind, ähnlich einer Ahnengalerie, die Porträts des engeren Familienkreises und des nahen Umfelds der Erzherzogin gehängt. Eine wichtige Gruppe, die daran anschließt, sind die Kinderporträts. Die weiteren Stellwände zeigen Gemälde religiösen Inhalts. Die Hängung erfolgte hier nach thematischen Zusammenhängen. Ähnlichkeiten in Stil und Ausführung erleichtern Zuschreibungen an einen bestimmten Künstler. So werden nun dem bis 1911 für den Konvent tätigen, unerforschten österreichischen Künstler Ludwig Knaffl zirka 18 Gemälde zugeordnet. Ein Teil der Gitterwände wurde bisher leer belassen. So können weitere Gemälde, die sich noch an verschiedenen Standorten im Konvent befinden oder noch aufgefunden werden, im Depot untergebracht werden. Zum Abschluss der Arbeiten wurden gemeinsam mit den Ordensschwestern einige besonders qualitätsvolle Gemälde für die Hängung an den Wänden im Depot ausgewählt. Im hinteren der beiden Depoträume erfolgte auf Empfehlung des Institutes die Anschaffung eines metallenen Planladenschrankes zur adäquaten Lagerung der Paramente und historischen Textilien. Im Zuge des Depotbaus war der Wunsch aufgekommen, die wertvollen, nicht mehr bis selten verwendeten historischen Paramente zu erfassen und in entsprechenden Schränken ebenfalls in den neuen Räumlichkeiten des Schaudepots unterzubringen. Die historischen Ornate waren bis 2012 in einem Eichenmöbel in der Sakristei aufbewahrt. Neben einer Verbesserung der Lagerungsbedingungen bietet das Schaudepot nun auch die Möglichkeit, die Textilien für Forschungszwecke einem interessierten Publikum zugänglich zu machen. Zudem ist der Schutz vor Diebstahl in diesem gesicherten Bereich gewährleistet.32 So wurde 2012 auch der Paramentenbestand des Konvents in einer Projektwoche durch die Textilklasse erstmals aufgenommen und damit auch der Erhaltungszustand dokumentiert.33

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4

Resümee

34 Schaudepot der Elisabethinen, Eröffnungsrede von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am 30.03.2012.

35 Allmaier 2014; Nikjou 2010.

Nach der Fertigstellung des Schaudepots wurde das neue „Kunsthaus Marianna“ am 30. März 2012 feierlich eröffnet und bereichtert nun die Stadt Klagenfurt um eine weitere bedeutende kulturelle Einrichtung.34 Die Realisierung dieses Projekts wurde vor allem durch die erfolgreiche Kooperation zwischen dem Konvent und dem Institut für Konservierung und Restaurierung ermöglicht. Durch die Aufarbeitung des Gemäldebestandes konnte der tatsächliche Umfang erschlossen werden. Dabei zeigte sich auch der unterschiedliche Erhaltungszustand der Sammlung. Von insgesamt 412 Gemälden wiesen rund 80 einen dringenden Handlungsbedarf auf, dagegen zeigte der historische Paramentenbestand, obwohl lange Zeit nicht sachgemäß gelagert, einen überwiegend guten Erhaltungszustand. Die im Rahmen der Projektwochen durchgeführten Notsicherungsmaßnahmen ermöglichten die Vorbereitung der Gemälde für die Hängung und Präsentation im Schaudepot. Die kunst- und kulturwissenschaftliche Aufarbeitung der Sammlung durch ein MitarbeiterInnenteam der Abteilung Kunstgeschichte der Universität für angewandte Kunst Wien komplettierte die konservierungswissenschaftliche Erforschung des Sammlungsbestandes. Musterrestaurierungen an ausgewählten Kinderporträts im Zuge eines Vordiploms und eines Diploms am Institut für Konservierung und Restaurierung sind für zukünftige Restaurierungsmaßnahmen an diesem Konvolut richtungsweisend.35 Zukünftig empfiehlt sich für die Sammlung – im Depot sowie an den diversen Standorten im Konvent – eine regelmäßige Kontrolle und Pflege durch RestauratorInnen. Dabei sollte mindestens ein dreijähriger Rhythmus eingehalten werden, um den Zustand der Sammlung zu beobachten und im Bedarfsfall zu intervenieren. Die neue Lagerung und Präsentation der Gemälde und Paramente im Schaudepot „Kunsthaus Marianna“ bieten nun beste Bedingungen für eine langfristige Erhaltung der Objekte, aber auch die Möglichkeit, die Gemälde und Textilien im Rahmen von Führungen zu sehen und weitere Forschungen an diesem großartigen Sammlungsbestand zukünftig zu tätigen. 75

Katalog

D 

Die Werke aus der Sammlung des Elisabethinen-Konvents sind mit durchlaufenden Katalognummern versehen. Vergleichsabbildungen aus anderen Sammlungen sind  mit dem Präfix „V“ bezeichnet. Die Abkürzungen SK und AZ entsprechen den Initialen der Autorinnen der Katalog- beiträge Stefanie Kitzberger und Aneta Zahradnik.

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Die Familiengalerie die familiengalerie

Das von Maria Anna hinterlassene Konvolut beinhaltet eine Gruppe von 33 zusammengehörigen Bildnissen mit dreiviertelfigurigen Darstellungen von Familienmitgliedern der Erzherzogin. Der Erhaltungszustand der einzelnen Gemälde ist unterschiedlich. Einige Objekte weisen Substanzerhaltungsmaßnahmen in Form heller, parallel geführter Striche am Inkarnat oder am Hintergrund auf. Die mit einfachen, grau und türkisgrün lackierten Rahmen bestückten Gemälde haben annähernd die gleiche Größe und weisen goldfarbene Beschriftungen am linken oberen Eck auf, welche die dargestellten Personen nicht nur identifizieren, sondern auch deren Geburts-, Verheiratungs- und Sterbedaten anführen. Durch diese Daten lässt sich zumindest die Zusammenstellung und Beschriftung der Reihe auf den Zeitraum zwischen 1771 und 1773 eingrenzen: So wird das Vermählungsjahr Ferdinands mit Beatrix von Modena als jüngstes Datum (1771) noch in die Beschriftungen eingetragen, nicht jedoch das Todesjahr Anna Charlottes im Jahr 1773. Indem die Familienbildnisse gemeinsam eine Art von Stammbaum entwerfen, da sie die Großelterngeneration Maria Annas als eine Gruppe bereits gestorbener Familienmitglieder zeigen, rekurrieren sie auf den Typus der habsburgischen Ahnengalerie. Zugleich aber ist die Porträtreihe vor allem gegenwartsbezogen, denn sie zeichnet keine historisch-genealogische Linie nach, sondern zeigt Maria Annas unmittelbare Vorfahren und Verwandten. Die Bildnisse lassen sich entsprechend in drei Untergruppen teilen: in eine Generation der Großeltern Maria Annas mit den Eltern Maria Theresias sowie den Eltern Franz Stephans, in die Generation der Eltern Maria Annas (Maria Theresia und Franz Stephan) und deren Geschwister und in eine letzte Generation der Geschwister Maria Annas und deren verheirateten Angehörigen, innerhalb derer zwar Joseph II. sowie seine erste Frau Isabella von Parma ausgespart bleiben, jedoch alle früh verstorbenen Geschwister in Form von Kleinkindporträts in die Reihe integriert werden. Nicht unmittelbar in diese Struktur integrierbar sind allerdings die Darstellung des Benedetto Maurizio, Herzog von Chablais (Kat. 32) – ein Nachkomme der Elisabeth Therese von Lothringen, einer Schwester Franz Stephans; sowie die von Fürstbischof Clemens Wenzeslaus von Sachsen (Kat. 33) – ein Nachkomme der Kürfürstin Maria Josepha, einer Tochter des habsburgischen Kaisers Josephs I. Der für die Porträtreihe verwendete Begriff der „Familiengalerie“ bezieht sich auf Ilsebill Bartas Dissertation, die darin u.a. die Transformation bzw. Aktualisierung des Typus der habsburgischen Ahnengalerie unter Maria Theresia nachzeichnet. Wie Barta analysiert, verfolgte diese in den von ihr beauftragten Bildnis-Reihen keine genealogisch-dynastische Perspektive mehr, sondern verlagerte die ästhetische Legitimation ihres Herrschaftsanspruchs auf die Darstellung der monarchischen Kernfamilie. 79

die familiengalerie 1 Vgl. dazu Ilsebill Barta, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der Aufklärung, Wien, Köln und Weimar 2001. Für eine kritische Rezeption der historiografischen Mythisierung Maria Theresias als „Mutter“ siehe u.a. Dies., Maria Theresia – Kritik einer Rezeption, in: Wiener Historikerinnen (Hg.), Die ungeschriebene Geschichte. Historische Frauenforschung, Himberg bei Wien 1984, S. 337-357 sowie Werner Telesko, Maria Theresia. Ein europäischer Mythos, Wien, Köln und Weimar 2012. 2 Siehe dazu den Aufsatz zur Selbstinszenierung und Repräsentation Maria Annas in diesem Band, S. 48-56. 3 Die Restauratorin Marlies Allmaier hat in ihrer 2014 abgeschlossenen Diplomarbeit anhand einer konservatorisch-restauratorischen Auseinandersetzung mit den Kinderporträts aus der Klagenfurter Sammlung festgestellt, dass die Leinwände nach der Herstellung vom Arbeitsrahmen abgenommen wurden. Vermutlich, um unaufgespannt von Wien nach Klagenfurt transportiert und dort mit Spannrahmen bestückt zu werden. Vgl. Marlies Allmaier, Barocke Kinderporträts aus der Gemäldesammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Minimalinvasive Restaurierung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014. 4 Meytens’ Malerei kennzeichnet sich durch eine stark deskriptive Gestaltung von Gemäldeoberflächen, durch die alle Einzelheiten der Stickerei, der Spitzen und Accessoires aufs Genaueste erfasst wurden. Diese Nahsichtigkeit der meytensschen Malerei lädt Haltung und Gestik der Dargestellten bedeutungsvoll auf. Meytens arbeitete in der Regel arbeitsteilig, mit eigens für die stofflichen Details geschulten Kräften, um seine zahlreichen Aufträge der Hofporträtreihen in der gewünschten Zeit erledigen zu können. Der Modus seiner Porträts hat, so wie Günther Heinz bemerkt hat, das französische Hofporträt zur Grundlage, allerdings wird dieses durch die Detaillierung auf spezifische Weise transformiert.  Die repräsentative Funktion des Bildnisses wird bei Meytens auf die luxuriöse, effektreich zur Schau gestellte Ausstattung hin verlagert. Diese Kleinteiligkeit bewahrte Meytens selbst in großformatigen Zeremonienbildern, was diesen einen quasi-dokumentarischen Charakter verlieh, da sie wie akribische Reihungen von Einzelbildnissen im Miniaturformat erscheinen. Vgl. Günther Heinz, Studien zur Porträtmalerei an den Höfen der österreichischen Erblande, Wien 1963 sowie Ders., Bemerkungen zur Geschichte der Malerei zur Zeit Maria Theresias, in: Walter Koschatzky (Hg.), Maria Theresia und ihre Zeit. Eine Darstellung der Epoche von 1740–1780 aus Anlaß der 200. Wiederkehr des Todestages der Kaiserin, Salzburg und Wien 1979, S. 176-185. Zum Kontext des französischen Staatsporträts siehe beispielsweise Andreas Beyer, Das Porträt in der Malerei, München 2002. Allgemein zur Funktion des

Indem sie in ihrer Bildpolitik ihre eigene Fruchtbarkeit herausstrich bzw. die Vielheit der eigenen Nachkommen in den Mittelpunkt rückte, sicherte sie auf einer rhetorischen Ebene die unter Karl VI. noch problematische Kontinuität des Hauses Habsburg, nicht zuletzt hinsichtlich seines Anspruchs auf die Kaiserwürde, auf die sie selbst aufgrund ihres Geschlechts verzichten musste.1 Wie bereits im vorangestellten Aufsatz zur Selbstinszenierung und Repräsentation Maria Annas herausgearbeitet, übernimmt die Erzherzogin Maria Theresias Bildpolitik einerseits, da auch die Klagenfurter Bildnisgalerie sich auf die habsburgisch-lothringische Verwandtschaft konzentriert. Andererseits deuten die wenigen Anweisungen bezüglich der Hängung auf einen tendenziell pragmatischen Umgang mit diesem Erbe hin. Die Familienbildnisse dienten wohl vor allem dazu, die Besucherinnen, und Besucher der Residenz in Klagenfurt zu informieren und hatten keine propagandistische Funktion inne.2 Aus verschiedenen Gründen ist davon auszugehen, dass die meisten Gemälde für die Klagenfurter Residenz noch in Wien entstanden. Aufgrund ihrer Größe waren die Bilder leicht zu transportieren.3 Die Qualität ihrer Ausführung weist außerdem darauf hin, dass sie nicht von lokalen Künstlern ausgeführt wurden. Stilistisch betrachtet rezipieren die Gemälde eine Form der Porträtmalerei, wie sie am Wiener Hof praktiziert wurde, wobei augenfällig ist, dass die ausführenden Maler aus einer gemeinsamen Werkstatt stammten: So weisen die Porträts grafische, regelmäßige Schraffuren der Haartrachten auf, abrupt ins Schwarz fallende Schattenpartien sowie rote Nuancen in den Gesichtern – Herstellungsprinzipien, die für Martin van Meytens und sein künstlerisches Umfeld charakteristisch waren. 4 Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Meytens selbst die Ahnenreihe in Klagenfurt ausgeführt hat, da er bereits 1770 stirbt.5 Da aber verschiedene Charakteristika seiner Werkstatt in den Gemälden nachweisbar umgesetzt sind, ist es naheliegend davon auszugehen, dass Werkstattmitglieder wie etwa Joseph Hickel, Johann Michael Millitz, Johann Franz Greipel, Franz Messmer oder Jakob Kohl den Auftrag Maria Annas ausführten.6 Die Rekonstruktion der Hängung der Familiengalerie zur Zeit als Maria Anna in der Klagenfurter Residenz wohnte wird von der lückenreichen Materiallage erschwert. In den bisher bearbeiteten Quellen existieren keine Aufzeichnungen darüber, welche Orte und Funktionen den unterschiedlichen Bildnisgruppen zugeteilt wurden oder wann diese nach Klagenfurt gelangten. In den Briefen Maria Annas an den Baron von Herbert von 1775 finden sich jedoch zwei Bemerkungen zur Platzierung der Gemälde. Eine davon ist eine grundsätzliche Hängungs-Anweisung: „N.6. die bilder sollen nur an nägelen oder blauen halbseidenen schnüren hangen in der höhe die er tauglich 80

höfischen Porträts siehe Martin Warnke, Hofkünstler. Zur Vorgeschichte des modernen Künstlers, Köln 1986, S. 270-285. 5 Zu Biografie und Werk Martin van Meytens’ siehe u.a. Birgitta Lisholm, Martin van Meytens d. y.: Hans Liv och Hans Verk, Malmö 1974; Dies., Die Künstlerdynastie Mytens, in: Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik, 6, 1962, S. 84-87; Ursula Krompass, Martin van Meytens (1695–1770). Als Kammermaler am Hof Maria Theresias, Dipl. phil., Graz 2004; Barbara Prachar, Zeremonienbilder aus der Werkstatt Martin van Meytens, Dipl. phil., Wien 2006; Gunnar W. Lundberg, Meytens, Martin van, d. J., in: Ulrich Thieme und Felix Becker (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler. Von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 25, Leipzig 1989, S. 318f; Anselm Weissenhofer, Martin de Meytens und der Wiener Hof, in: Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Stadt Wien, Wien 1923, S. 46-57; Agnes Husslein- Arco und Georg Lechner (Hg.), Martin van Meytens der Jüngere, Ausst.-Kat. Winterpalais des Belvedere, Wien 2014/2015, Wien 2014. Vgl. dazu auch ein aktuelles Projekt zur Erstellung eines vollständigen Werkkatalogs zu Martin van Meytens an der österreichischen Galerie Belvedere unter der Leitung von Dr. Georg Lechner. 6 Vgl. dazu beispielsweise Heinz 1963, Heinz 1979 sowie Walther Buchowiecki, Geschichte der Malerei in Wien, Reihe Geschichte der bildenden Kunst in Wien, Bd. VII, 2., hg. von Verein für Geschichte der Stadt Wien, Wien 1955. 7 Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 20. März 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen- Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2. 8 Den Transport und die Hängung der Pastellbilder im unteren Stock der Residenz kündigte die Erzherzogin am 5. Jänner 1775 an. Vgl. Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Jänner 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2. Es handelt sich bei den zwei Zimmern wahrscheinlich um zwei Räume an der Nordostecke des Erdgeschosses, die in einem Grundriss mit „Ertz-Herz: Sommer Zimmer“ beschriftet wurden und die Nr. 4 und 5 trugen. Wie Robert Kluger, Archivar am Diözesanarchiv Klagenfurt, feststellen konnte, waren die Sommerzimmer im Osten auf eine kleine quadratische Anlage mit einem Springbrunnen ausgerichtet, die in ihrer Situierung und Funktion als „Kammergarten“, also als intimer Privatgarten fungierte, wie er auch in Schloss Schönbrunn zu finden ist. Die Räume waren höchst attraktiv, da gegenüber der Wirtschaftsräume, die sich ebenfalls im unteren Stockwerk befanden, gelegen und durch ihre nördliche Ausrichtung kühler als die restlichen Zimmer. Vgl. dazu das Dissertationsprojekt Das bischöfliche Palais in Klagenfurt und sein Garten. Feudale Architektur und Gartenkunst zwischen Ancien Régime und Republik 1769–1982 (Arbeitstitel) von Robert Kluger.

findet, die Portrait können in zwey reihen sein.“7 Eine weitere Bemerkung bezieht sich auf die Gruppe an Pastellbildern in ihren privaten Gemächern, die darauf schließen lässt, dass die Familienbildnisse stärkeren Öffentlichkeitscharakter gehabt haben müssen und in den Repräsentationsräumen der Residenz platziert wurden. Wie der Briefstelle zu entnehmen ist, sollten die Pastellbilder in den sog. „Sommerzimmern“ gehängt werden, die der Erzherzogin vermutlich als Rückzugsort gedient haben.8 Diese Vermutung wird von der Tatsache gestützt, dass die Familiengalerie beschriftet, also deutlich darauf ausgerichtet war, die Betrachterinnen und Betrachter, d. h. Besucherinnen und Besucher der Klagenfurter Residenz durch die Identifizierung der Dargestellten über Rang und Position der Erzherzogin innerhalb der europäischen Aristokratie zu informieren. Aus den Quellen ist zwar die Nummerierung der Zimmer rekonstruierbar, nicht aber deren konkrete Funktion innerhalb des Hauses. So ist in Maria Annas Briefen zu lesen, dass alle Familienbilder mit gleicher Größe und mit gleich lackierten Rahmen beisammen bleiben und im Zimmer Nr. 2 gezeigt werden sollten, wobei auch im Zimmer Nr. 1 einige Gemälde „mit grauem laquierten ramen auf gemacht werden“ könnten, jedoch „nicht gar zu ville“.9 Merkwürdigerweise sollten aber gerade diese zwei Zimmer im oberen Stock im Gegensatz zu mehreren anderen, die mit Atlas oder mit Leinwand bespannt wurden, bloß ausgemalt werden, wie die Erzherzogin in ihrem Brief vom 5. Jänner 1775 notiert.10 Es gibt Hinweise darauf, dass die Entstehung der Familiengalerie mit dem Umbau und der Gemäldeausstattung der Hofburg in Innsbruck durch Maria Theresia respektive die Erzherzogin Maria Elisabeth verbunden ist. Ein Zusammenhang lässt sich zunächst auf einer zeitlichen Ebene konstatieren: Maria Anna verließ Wien nach dem Tod Maria Theresias 1780 am 22. April 1781 und erreichte Klagenfurt am 25. April 1781. In etwa zur selben Zeit zog sich auch ihre unverheiratete Schwester Maria Elisabeth aus Wien zurück. Für sie bestimmte Kaiser Joseph II. die Innsbrucker Hofburg als Residenz, sie sollte dort das Amt der ersten Äbtissin des von Maria Theresia 1765 gegründeten Damenstiftes besetzen. Der Umzug der beiden Erzherzoginnen scheint allerdings bereits früher und gebündelt geplant worden zu sein: So besichtigte ein Beauftragter die Fortschritte bei den Umbauten beider Palais: 1778 begutachtete der Hofkammerfurier Leopold von Edlersberg beide Wohnstätten in Klagenfurt und Innsbruck und überreichte 1780 Fürst Schwarzenberg eine Liste mit notwendigen Reparaturen.11 Darüber hinaus aber lässt sich eine stilistische und ikonografische Nähe zwischen der noch von Maria Theresia nach dem Tod Franz Stephans für Innsbruck bestellten Bildausstattung und der Klagen81

die familiengalerie

v1 Benedikt Moritz, Herzog von Chablais vor 1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Ölmalerei Hof burg Innsbruck, Kapitelzimmer, Westwand

v2 Benedikt Moritz, v3 Peter Leopold, Herzog von Chablais Großherzog der Toskana vor 1773 vor 1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Umkreis M. van Meytens d. J. Ölmalerei Ölmalerei, 363 × 170 cm Hof burg Innsbruck, LothringerHof burg Innsbruck, zimmer, Südostecke, untere Zone Riesensaal, Ostwand, Unterzone

9 Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Juni 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen- Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2.

furter Familiengalerie feststellen. Zumindest sieben der Klagenfurter Familienbildnisse beziehen sich mehr oder minder direkt (zum Teil ausschnittsweise) auf die in Innsbruck wandfest angebrachten größeren Bildnisse im Familiensaal bzw. im Lothringerzimmer: Elisabeth Therese von Lothringen (Kat. 9), Erzherzog Leopold (Kat. 22), Karl Josef von Österreich (Kat. 18), Ferdinand von Parma (Kat. 20), Johanna Gabriela (Kat. 19), Ferdinand Karl von Österreich (Kat. 28) und seine Frau Maria Beatrice von Este-Modena (Kat. 29), Ludwig XVI. von Frankreich (Kat. 30) sowie Benedikt Moritz von Chablais (Kat. 32). Es lassen sich kleinere motivische Unterschiede feststellen, die zuweilen auf Formatdifferenzen zurückzuführen sind. So stützt sich beispielsweise Benedikt Moritz von Chablais in der querrechteckigen Supraporte mit der linken Hand auf einem Felsen ab, auf dem eine Rüstung platziert ist (Kat. V1), während er in einem kleineren Bildnis aus dem Lothringerzimmer mit der gleichen Hand den Helm umfasst, während er den rechten Arm in die Hüfte stemmt (Kat. V2). Diese Pose behält er auf dem Klagenfurter Gemälde bei, wobei seine linke Hälfte hier von einem Hermelinmantel umfasst wird. Auch die Pose des Erzherzogs Leopold findet sich abgewandelt in einer großformatigen, ganzfigurigen Darstellung des Erzherzogs im Familiensaal der Hofburg Innsbruck wieder (Kat. V3). Zugleich sind die Bildnisse aufgrund

10 Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Jänner 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen- Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2. Baron Herbert notiert für Zimmer Nr. 2 auf der erzherzoglichen Seite 36 Familienbilder; vgl. Johann Michael von Herbert, Beschreibung Über die in den Erz-herzoglichen Schloß-gebäu nächst dem Elisabethiner Kloster zu Klagenfurt befindlichen Mobiliar und anderen Hausgerätschaften, 15. Juni 1776, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt. 11 Vgl. Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil., Wien 1964, S. 39ff.

82

v4 König Ferdinand I. von Neapel und Sizilien vor 1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Ölmalerei, 170 × 150 cm Hof burg Innsbruck, Riesensaal, Westwand, Oberzone

12 Batonis Doppelporträt entstand während eines gemeinsamen Aufenthalts der Brüder und anlässlich des Konklaves des Nachfolgers von Papst  Clemens XIII. in Rom. Eine Kopie davon ließ sich sowohl Papst Clemens XIV. anfertigen, das Original erging an Maria Theresia, die es im Vieux-Laque- Zimmer im Ostflügel von Schloss Schönbrunn anbringen ließ. Vgl. dazu Angelika Schmitt-Vorster, Pro Deo et Populo. Die Porträts Josephs II. (1765–1790). Untersuchungen zu Bestand, Ikonografie und Verbreitung des Kaiserbildnisses im Zeitalter der Aufklärung, Diss. phil., München 2006; Angelika Friederike Vorster, Pompeo Batonis Bildnis Kaiser Joseph II. und des Großherzogs von Toskana (1769): Deutung – Rezeption – Verbreitung, in: Jahrbuch des Kunsthistorischen Museums Wien, 2, 2001, S. 105ff. Siehe in diesem Zusammenhang außerdem den Katalogeintrag zum Pastellbildnis Josephs II., S. 129-137. 13 Es ist möglich, dass die Gemälde während der Zentralisierung der österreichischen Sammlungen in der Zeit des Nationalsozialismus nach Wien gelangten. Es wäre wünschenswert, diesem Hinweis, den wir Viktoria Hammer (Burghauptmannschaft, Hofburg Innsbruck) verdanken, in der Folge nachzugehen.

v5 Die frühverstorbenen Kinder Maria Theresias, Elisabeth, Caroline und Christine auf einer Wolkenbank über der Vedute von Wien sitzend vor 1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Ölmalerei, 363 × 170 cm Hof burg Innsbruck, Riesensaal, Südwand, Unterzone

v6 Kaiser Joseph II. (1741–1790) und Großherzog Pietro Leopoldo von Toskana (1747–1792) 1769 Pompeo Batoni Öl auf Leinwand, 173 × 122,5 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_1628

der ähnlichen Gesichtszüge aufeinander beziehbar, in denen die Maler ein zeitgenössisch hochgeschätztes Porträt des Künstlers Pompeo Batoni von 1769 (Kat. V6) zitieren, auf dem Leopold mit seinem Bruder Joseph zu sehen ist.12 Im Unterschied zur Darstellung der drei jung verstorbenen Erzherzoginnen Maria Elisabeth, Charlotta und Christiana aus dem Familiensaal der Hofburg Innsbruck (Kat. V5) werden diese in den Klagenfurter Gemälden (Kat. 11, 12, 13) in Einzelbildnissen repräsentiert. Letztere entsprechen dem Innsbrucker Bildnis jedoch auf einer konzeptionellen Ebene, da die Erzherzoginnen in allen Bildnissen mit Blumen(-kränzen) in Händen und (bis auf Maria Elisabeth) in einfachen weißen Kleidern auf Wolken sitzend gezeigt werden. Ferdinand von Neapel wiederum (Kat. 26) trägt im Klagenfurter Gemälde eine Kleidung, die der im oberen Teil des Innsbrucker Bildnisses (Kat. V4) ähnlich sieht, im unteren Abschnitt aber Teile einer Rüstung zu sehen gibt. Darüber hinaus unterscheiden sich aber auch die Haltungen der beiden Dargestellten. Einige der Familienbildnisse sind mit Gemälden verwandt, die heute im Kunsthistorischen Museum Wien gelagert werden. Sie ähneln den Innsbrucker Porträts allerdings auffällig in Format und Stil, weshalb durchaus zu vermuten wäre, dass diese ehemals als Teile der – gegenwärtig nicht vollständigen – Innsbrucker Bildausstattung fungierten:13 Am wahrscheinlichsten ist dies bei drei ebenso goldfarben beschrifteten 83

die familiengalerie

v7 Erzherzog Maximilian (1756–1801) in rotem Kleid mit Deutschmeisterkreuz 2. Hälfte 18. Jahrhundert Schule Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 72 × 165 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_3860

14 Vgl. Kunsthistorisches Museum Wien,  Inv. Nr. GG_3862. 15 Vgl. Kunsthistorisches Museum Wien,  Inv. Nr. GG_3858.

16 Vgl. dazu den Eintrag zu den Kinderbildnissen in diesem Band, S. 96-128.

17 Galleria Nazionale di Parma, Inv. Nr. 308.

v8 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich 1769 Joseph Ducreux Pastell, 70 × 50 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_8732

querrechteckigen Bildnissen, die in Komposition und Größe den Innsbrucker Supraporten entsprechen: Es handelt sich hierbei um drei dem Umfeld Meytens’ zugeschriebene Darstellungen Maria Elisabeths (Kat. 17)14, Erzherzogin Marie Christines (Kat. 16)15 und Maximilian Franz’ (Kat. 25, Kat. V7), auf die wiederum die Klagenfurter Porträts ausschnitthaft Bezug nehmen. Während im Familiensaal der Innsbrucker Hofburg auch Kinderbildnisse der Nachkommen der österreichischen Erzherzoginnen und Erzherzoge (oberhalb ihrer Eltern) präsentiert werden, wurde deren Repräsentation in der Klagenfurter Sammlung auf unbeschriftete Einzelbildnisse hin verlagert.16 Es gestaltet sich nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Varianten der verschiedenen Bildmotive, die nicht nur in Innsbruck und Klagenfurt aufzufinden sind, als schwierig, den ikonografischen Nukleus der jeweiligen Bildnisse zu rekonstruieren oder eine Chronologie zu erstellen. In jedem Fall beziehen sich die Gemälde aber auf vonseiten des Hochadels bzw. der kaiserlichen Familie geschätzte Bilderfindungen unterschiedlicher Herkunft, sind also keine Porträts im eigentlichen Sinne. Dies lässt sich anhand einiger Darstellungen besonders anschaulich zeigen: So rekurrieren die Bildnisse Ferdinands von Parma aus Innsbruck und Klagenfurt wahrscheinlich auf ein Porträt Pietro Melchiore Ferraris.17 Das Vorbild für das Bildnis von Louis Auguste 84

v9 Marie Antoinette, Dauphine von Frankreich 1769 Joseph Ducreux Pastell auf Pergament, 64,8 × 49,5 cm Musée National du Château de Versailles, Inv. Nr. MV8973, Inv. dessins 1207

18 Musée National du Château de Versailles, Inv. Nr. MV 3889; das Bildnis Louis’ XVI. ist wiederum an van Loos Porträt von Louis XV. orientiert, welches – vermittelt über einen Kommentar Diderots 1761 –  einen Ausgangspunkt für die historische kunsttheoretische Auseinandersetzung mit dem Herrscherbildnis in Deutschland und Österreich (z.B. bei Johann Georg Sulzer und Joseph von Sonnenfels) bildete. Vgl. dazu Kap. 2 (Forderungen der aufgeklärten Porträttheorie an das Herrscherbildnis) in  Schmitt-Vorster 2006. 19 Damit ergibt sich schließlich ein weiterer Anhaltspunkt für eine Datierung: Die Ahnengalerie müsste nach 1769 hergestellt worden sein, da Ducreux sich im gleichen Jahr für Porträtaufträge am Wiener Hof aufhielt, bevor er nach Paris zurückging. Vgl. dazu Schmitt-Vorster 2006, S. 65ff.

20 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_7026. 21 Musée National du Château de Versailles,  Inv. Nr. MV 3857.

v10 Maria Theresia in Witwentracht 1769 Joseph Ducreux Pastell auf Papier, 69 × 54 cm Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien, Inv. Nr. 207

v11 Maria Ludovica von Spanien, Großherzogin der Toskana 1780/1790 Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand, 132 × 97 cm Colle di Val d‘Elsa, Museo Civico e Diocesano d‘Arte Sacra

(Kat. 30), dem späteren Ludwig XVI., scheint wiederum das Gemälde des französischen Künstlers Louis-Michel van Loo zu sein.18 Für einige Bildnisse beider Familiengalerien scheinen die Maler auf Porträts aus Joseph Ducreux’ Œuvre zurückgegriffen zu haben. Denn das Porträt der Maria Elisabeth (Kat. 17) sowie dessen querrechteckiges Pendant aus dem Kunsthistorischen Museum korrespondieren mit einem Pastell Ducreux’ (Kat. V8).19 Vergleicht man darüber hinaus den Kopf der Marie Antoinette in einem Pastell aus Versailles (Kat. V9) mit dem Marie Antoinettes aus der Klagenfurter Familiengalerie (Kat. 31), so zeigt sich auch hier eine Korrespondenz – dennoch scheint sich der Maler in Bezug auf die Kleidung ein anderes Vorbild geholt zu haben. Ducreux’ Ausführung der Kleidung ist im Vergleich dazu weniger detailliert. Er arbeitet mit gröberen Strichen, die sichtbar bleiben, während im Klagenfurter Bildnis die Üppigkeit der Kleidung in den Mittelpunkt rückt. Der Maler zog also offenbar versatzstückartig verschiedene Vorbilder zusammen, stellte aber davon ausgehend die eigenen künstlerischen Fähigkeiten zur Schau. Die Darstellung Maria Theresias in Witwentracht (Kat. 6), von der sich weitere Varianten nicht nur in der Klagenfurter Sammlung, sondern beispielsweise auch in den Sammlungen der Wiener Gemäldegalerie (Kat. V10), des Kunsthistorischen Museums20 und des Schloss’ Versailles21 finden, könnte ebenso auf eine Bilderfindung Ducreux’ zurückgehen. 85

die familiengalerie 22 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_3457; zur Auseinandersetzung der Maler/innen der Klagenfurter Gemälde mit Ducreux siehe auch den Katalogteil über die Pastellbildnisse in diesem Band, S. 129-137. 23 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_1644. 24 Die Art der Gesichtsdarstellung, aber auch die Haltung entsprechen der Klagenfurter Variante. Giuseppe Fabbrini (1740–1825), ein Schüler Anton Raphael Mengs’, war vor allem in Florenz als Maler und Kopist tätig. Er fertigte dort unter anderem Bildnisse der Familie Peter Leopolds I. von Toskana an. Vgl. dazu den Eintrag zu Giuseppe Fabbrini in: Allgemeines Künstlerlexikon – Internationale Künstlerdatenbank – Online, URL: http://www. degruyter.com/db/akl (26.01.2016). In der Sammlung des Elisabethinen-Konvents gibt es eine weitere Verbindung zu Fabbrini über die Porträts der Nachkommen Leopolds und Ludovicas. Vgl. den Katalogbeitrag zu den Kinderbildnissen in diesem Band, S. 111-116. 25 Vgl. die beiden Werke Liotards in Weimar, Kunstsammlungen Schlossmuseum, Inv. Nr. G63 (Pastellbildnis der Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel) sowie Inv. Nr. G68 (Pastellbildnis der Maria Anna von Habsburg- Lothringen (1718–1744)). 26 Zu Jean-Étienne Liotard siehe u.a. Walter Koschatzky, Jean-Etienne Liotard in Wien, in: Ders., Maria Theresia und ihre Zeit. Eine Darstellung der Epoche von 1740–1780 aus Anlaß der 200. Wiederkehr des Todestages der Kaiserin, Salzburg und Wien 1979, S. 308-319; Renée Loche und Marcel Roethlisberger, L’opera completa di Liotard, Mailand 1978; Dies., Liotard: catalogue, sources et correspondance, Bd. 1 und 2, Doornspijk 2008; Cathy Lenihan (Hg.), Jean-Étienne Liotard 1702–1789. Masterpieces from the Musées d’Art et d’Histoire of Geneva and Swiss Private Collections, Paris 2006. Vgl. dazu auch den Abschnitt des Katalogs zum Bildnis Maria Theresias und Franz Stephans in Turquerie-Kostümen, S. 144-148.

Eines der Bildnisse aus dem KHM wird Joseph Kreutzinger zugeschrieben. Der französische Künstler Louis Joseph Maurice integrierte Ducreux’ Porträt der Kaiserinwitwe außerdem in ein großformatiges Familienporträt, das diese mit ihren vier Söhnen zeigt.22 Das Bildnis der Maria Ludovica (Kat. 23), der Gattin Leopolds II., ist möglicherweise ein Zitat eines Gemäldes von Anton Raphael Mengs23, das auch der italienische Maler Giuseppe Fabbrini in einer ganzfigurigen Darstellung aufgriff (Kat. V11), in der Ludovica sitzend, mit einem Hündchen auf dem Schoß gezeigt wird.24 Die Darstellungen Elisabeths von BraunschweigWolfenbüttel mit durchsichtigem Witwenschleier (Kat. 2) und Maria Annas von Habsburg-Lothringen (der Schwester Maria Theresias) (Kat. 8) beziehen sich wiederum auf Pastellbildnisse, die der Künstler Jean-Étienne Liotard bei seinem ersten Aufenthalt 1743–44 in Wien von der kaiserlichen Familie gemalt hatte.25 Liotards Bildnisse wurden häufig kopiert und für weitere Porträts herangezogen.26 Ein Vorbild für Maria Annas Bildnis lässt sich jedoch auch im Umfeld von Martin van Meytens finden: So besitzt das Kunsthistorische Museum in Wien ein ovales Bildnis sowie ein weiteres Gemälde Maria Annas27, die kompositorisch dem Klagenfurter Gemälde weitaus näher kommen. Eventuell hat also ein Transfer des Liotard’schen Motivs über Meytens und seinen Umkreis in das Kärntner Gemälde stattgefunden. Ähnliches gilt für das Porträt Elisabeths, das vielfach kopiert wurde. Die Darstellung Kaiser Karls VI. (Kat. 1) in einer blau-goldenen Garnitur Kaiser Maximilians II. von 1557 geht ebenso auf eine bekannte Bilderfindung zurück: Sie lässt sich mit einem von Francesco Solimena ausgeführten und von Johann Gottfried Auerbach vor allem im Bereich der Porträtköpfe überarbeiteten Gemälde für die Galerie in der Stallburg Wien verbinden.28 Das heraus isolierte Porträt Karls VI. von Auerbach diente hier als Vorlage für das Klagenfurter Bildnis.29 SK

27 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2083 und GG_2100. 28 Karl VI. und Gundacker Graf Althann, Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_1601. 29 Zum Gemälde Solimenas siehe Gudrun Swoboda und Robert Wald, Solimenas Dedikationsbild von 1728 und seine Überarbeitung in Wien, in: Sabine Haag und Gudrun Swoboda (Hg.), Die Galerie Kaiser Karls VI. in Wien. Solimenas Widmungsbild und Storffers Inventar (1720–1733), Wien 2010, S. 47-61.

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1 Karl VI., Kaiser 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 62 cm Inv. Nr. 416

2 Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, Kaiserin 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,4 × 61,5 cm Inv. Nr. 61

3 Leopold Joseph, Herzog von Lothringen 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,3 × 61cm Inv. Nr. 36

4 Elisabeth Charlotte von Bourbon-Orléans, Herzogin von Lothringen 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,7 × 61 cm Inv. Nr. 38

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die familiengalerie

5 Franz I. Stephan von Lothringen, Kaiser 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 81 × 61 cm Inv. Nr. 40

6 Maria Theresia von Österreich, König(in) von Ungarn und Böhmen 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80 × 61 cm Inv. Nr. 39

7 Karl Alexander von Lothringen, Gouverneur der österreichischen Niederlande 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 60,8 cm Inv. Nr. 58

8 Maria Anna, Erzherzogin von Österreich (1718–1744) 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,4 × 60,8 cm Inv. Nr. 57

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9 Elisabeth Therese von Lothringen, Königin von Sardinien 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 62,4 cm Inv. Nr. 48

10 Anna Charlotte von Lothringen, Äbtissin von Riremont 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 61 cm Inv. Nr. 53

11 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich (1737–1740) 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 81,6 × 61,2 cm Inv. Nr. 54

12 Maria Karolina, Erzherzogin von Österreich (1740–1741) 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,4 × 61 cm Inv. Nr. 49

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die familiengalerie

13 Maria Karolina, Erzherzogin von Österreich (1748–1748) 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,6 × 60,8 cm Inv. Nr. 50

14 Maria Josepha von Bayern, Kaiserin 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 81 × 61,5 cm Inv. Nr. 47

15 Albert von Sachsen, Herzog von Teschen 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 61,4 cm Inv. Nr. 46

16 Marie Christine, Erzherzogin von Österreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,7 × 61,4 cm Inv. Nr. 45

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17 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 81,6 × 61,2 cm Inv. Nr. 64

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die familiengalerie

18 Karl Joseph, Erzherzog von Österreich (1745–1761) 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,4 × 60,9 cm Inv. Nr. 60

19 Johanna Gabriele, Erzherzogin von Österreich (1750–1762) 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80 × 60,8 cm Inv. Nr. 42

20 Ferdinand von Bourbon, Herzog von Parma 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,4 × 60,9 cm Inv. Nr. 59

21 Maria Amalia, Erzherzogin von Österreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,2 × 61 cm Inv. Nr. 62

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22 Peter Leopold, Großherzog der Toskana 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 61 cm Inv. Nr. 43

23 Maria Ludovica von Spanien, Großherzogin der Toskana 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 61 cm Inv. Nr. 44

24 Maria Josepha, Erzherzogin von Österreich (1751–1767) 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,5 × 61 cm Inv. Nr. 41

25 Maximilian Franz, Erzherzog von Österreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,6 × 60,5 cm Inv. Nr. 56

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die familiengalerie

26 Ferdinand von Bourbon, König von Neapel-Sizilien 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,2 × 61,9 cm Inv. Nr. 37

27 Maria Karolina, Königin von Neapel-Sizilien 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,7 × 60,4 cm Inv. Nr. 35

28 Ferdinand Karl, Erzherzog von Österreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,8 × 61 cm Inv. Nr. 51

29 Maria Beatrice von Este, Erzherzogin von Österreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 81 × 61 cm Inv. Nr. 52

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30 Louis Auguste, Dauphin von Frankreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80 × 61 cm Inv. Nr. 66

31 Marie Antoinette, Dauphine von Frankreich 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80 × 61 cm Inv. Nr. 65

32 Benedikt Moritz, Herzog von Chablais 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 81 × 62 cm Inv. Nr. 33

33 Clemens Wenzeslaus von Sachsen, Erzbischof und Kurfürst von Trier 1771–1773 Umkreis Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 80,7 × 61,2 cm Inv. Nr. 34

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Kinderbildnisse kinderbildnisse

34 Erzherzog Joseph mit vier Geschwistern um 1745 nach Martin van Meytens Öl auf Leinwand 39,5 × 48 cm Inv. Nr. 128

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erzherzog joseph mit seinen vier geschwistern

1 Vgl. Hanna Egger, Joseph II. in Porträts seiner Zeit, in: Karl Gutkas (Hg.), Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.: Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst, Ausst.-Kat. Niederösterreichische Landesausstellung, Stift Melk 1980, Wien 1980, S. 274-278, hier S. 275.

2 Diese Zuschreibung wurde auch im 1980 erschienenen Katalog zur Niederösterreichischen Landesausstellung vorgenommen. Vgl. Gutkas 1980, S. 621. 3 Joseph (II.) als Kronprinz mit sechs Geschwistern, um 1750, Martin van Meytens, Öl auf Leinwand, 149,5 × 117 cm, Wien Museum, Inv. Nr. 61.011.

In diesem Gruppenporträt der Kaiserkinder Maria Theresias und Franz Stephans hat der Thronfolger Joseph im Kreise seiner vier Geschwister Maria Anna, Marie Christine, Maria Elisabeth und Karl Joseph auf einem die gesamte Bildfläche einnehmenden roten Sofa Platz genommen (Kat. 34). Der junge Kronprinz sitzt auf einem mit Gold bestickten Samtpolster und überragt damit – entsprechend seiner Rolle als Thronfolger in der Familienhierarchie – seine zum Großteil älteren Geschwister. Architekturfragmente wie Pfeiler und Gewölbebögen im Hintergrund weisen auf einen sehr hohen Raum, eventuell ein Kirchengebäude, hin. Joseph trägt die ungarische Galakleidung.1 Vor allem in jungen Jahren wurde der Thronfolger häufig in ungarischer Tracht dargestellt, womit Maria Theresia ihre Verbundenheit gegenüber dem ungarischen Volk, das ihr während des Erbfolgekrieges zur Seite stand, ausdrückte. Der Kronprinz präsentiert die Ordenskette des Goldenen Vlieses. Seine ältere Schwester Maria Anna sitzt zu seiner Rechten und hält das goldene Widderfell in der Hand. Als ältestes Kind des Kaiserpaares ist sie durch das Blau ihres Kleides von den anderen Geschwistern, die weiße Gewänder tragen, hervorgehoben. Links unten hat Maria Elisabeth Platz genommen. Sie hält Blumen in der Hand. Marie Christine sitzt zur Linken Josephs und präsentiert das Bildnis der Kaiserinmutter. Ganz rechts im Bild befindet sich Karl, der hier noch als Baby dargestellt ist. Da dieser im Februar 1745 geboren wurde, wird das Bild wohl kurz danach zu datieren sein, Joseph hier also im Alter von etwa vier Jahren und Maria Anna etwa 7-jährig porträtiert sein. Das Gruppenporträt muss demnach in Wien entstanden und damit von Maria Anna bereits vor 1781 – eventuell mit dem großen Transport 1775 – nach Klagenfurt gebracht worden sein. Das mit circa 40 cm Höhe recht kleine Gemälde ist eine Erweiterung des Gruppenbildes der vier ältesten Kinder Maria Theresias, das sich als Stich nach einem Gemälde von Martin van Meytens in der Österreichischen Nationalbibliothek (Kat. V12) erhalten hat. Die Beschriftung der Grafik am unteren Blattrand gibt Auskunft über die Identität der dargestellten Personen und Meytens als dem Urheber des Gemäldes. Da der 1745 geborene Karl hier noch nicht abgebildet ist, sondern seine 1743 geborene Schwester Maria Elisabeth als Baby, wird das Gemälde wohl 1743/44 geschaffen worden sein. Das kleinformatige Kärntner Bild bezieht sich auf jenes vierfigurige Meytens-Gemälde und lässt sich wohl der Meytens-Schule zuordnen.2 Mit den folgenden Jahren und der wachsenden Kinderschar des Kaiserpaares wurde der Meytens’sche Bildtypus immer wieder der Anzahl der Kinder angepasst. Ein Gruppenbild aus der Sammlung des Wien Museums etwa zeigt den nun achtjährigen Joseph inmitten seiner sechs Geschwister.3 Die Haltung des Thronfolgers sowie das Motiv der hochgehaltenen Collane des Goldenen Vlieses werden beibehalten, 97

kinderbildnisse

v12 Die vier ältesten Kinder Maria Theresias nach Martin van Meytens Stich ÖNB, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. PORT_00067772_01

4 Das Gemälde war Teil der Ausstellung „Erzherzogin Maria Anna und ihre Zeit“ 1992 im Europahaus in Klagenfurt und wurde dort unter dem Titel „Maria Anna zu Pferd“ auf ca. 1745 datiert. Vgl. Magistrat Klagenfurt (Hg.), Erzherzogin Maria Anna und ihre Zeit, Ausst.-Kat. Europahaus Klagenfurt 1992,  Klagenfurt 1992, o. S.

lediglich die Positionierung der Geschwister musste sich mit der Geburt neuer Familienmitglieder ändern. Neben diesem Gruppenporträt enthält die Sammlung der Erzherzogin Maria Anna zehn weitere Darstellungen der Töchter und Söhne Maria Theresias und Franz Stephans in Kindesalter: vier großformatige Handlungsporträts der Kaiserkinder als Einsiedler (Kat. 80-83), vier Porträtminiaturen der Geschwister Maria Annas (Kat. 99102) sowie zwei Darstellungen der Erzherzogin Maria Anna als junges Mädchen (Kat. 36). Eine davon ein Reiterporträt, das die Erzherzogin im Alter von ca. 7 Jahren im typischen Damensitz der damaligen Zeit, vor einer Waldkulisse und einem im linken Hintergrund schemenhaft zu erkennenden Schlossgebäude, zeigt (Kat. 35). 4 AZ

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35 Erzherzogin Maria Anna zu Pferd ca. 1745 anonym Öl auf Leinwand, 89 × 74 cm Inv. Nr. 144

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kinderbildnisse

v13 Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) im Alter von elf Jahren um 1727 Andreas Möller Öl auf Leinwand, 94 × 75 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2115

36 Erzherzogin Maria Anna als junges Mädchen um 1747 vermutlich Martin van Meytens Öl auf Leinwand, 96 × 74,3 cm Inv. Nr. 138

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maria anna als junges mädchen

1 Maria Anna, Erzherzogin von Österreich, Jacobus Houbraken, 1747 gestochen in Amsterdam, Österreichische Nationalbibliothek, Wien,  Inv. Nr. PORT_00047642_01.

2 Vgl. Charlotte Pangels, Die Kinder Maria Theresias. Leben und Schicksal in kaiserlichem Glanz, München 1980.

3 Vgl. dazu Michael Yonan, Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park, Pa. 2011, S. 20ff.

In der Sammlung des Elisabethinen-Konvents existiert ein Bildnis Maria Annas, das sie als junges Mädchen im Alter von etwa neun Jahren zeigt (Kat. 36). Das Entstehungsjahr des Gemäldes kann aufgrund eines 1747 datierten Stichs ermittelt werden, der dasselbe Motiv, allerdings einen etwas größeren Ausschnitt, aufweist.1 Das Klagenfurter Bildnis könnte anlässlich einer geplanten Heirat mit Viktor Amadeus II. von Savoyen, dem Sohn Carls II. von Sardinien, angefertigt worden sein, welche später allerdings – möglicherweise aufgrund zahlreicher Krankheiten, die die jugendliche Erzherzogin zunehmend schwächten und entstellten – abgesagt wurde.2 Diese Hypothese wird dadurch gestützt, dass das Gemälde in Farbgebung und Komposition einem um 1727 entstandenen Kniestück der jugendlichen Maria Theresia von Andreas Möller (Kat. V13) ähnelt, das ebenso als Heiratswerbung gemalt wurde:3 Beide Figuren treten in einem eleganten dunkelblauen Kleid auf, das von einem fellbesetzten Mantel umfangen wird. Der Verlauf des Mantels bildet gemeinsam mit den Hälsen der Mädchen eine dynamische Diagonale, wodurch der Eindruck erweckt wird, als würden sich beide leicht nach links neigen. Zu ihrer Linken wurde je ein Tisch platziert, auf dem der Erzherzogshut auf einem roten Kissen ruht. In beiden Bildnissen werden die jungen Frauen als junge, begehrenswerte Schönheiten inszeniert. Im Unterschied zu Maria Theresia werden um Maria Anna jedoch keine Blumen als symbolische Verweise auf ihre Fruchtbarkeit und damit auf den politischen Wert ihres Körpers zur potenziellen Absicherung der Erbfolge gruppiert. Die junge Erzherzogin trägt stattdessen ein Medaillon, auf dem das Porträt Maria Theresias zu erkennen ist. SK

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kinderbildnisse

37 Caroline, Prinzessin von Bourbon-Parma o. D. anonym Öl auf Leinwand, 44,7 × 36,6 cm Inv. Nr. 3

38 Caroline, Prinzessin von Bourbon-Parma o. D. anonym Öl auf Leinwand, 44,7 × 36,4 cm Inv. Nr. 21

39 Ludwig von Parma, König von Etrurien o. D. anonym Öl auf Leinwand, 44,5 × 36,4 cm Inv. Nr. 80

40 Ludwig von Parma, König von Etrurien o. D. anonym Öl auf Leinwand, 44 × 36,2 cm Inv. Nr. 74

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die kinder von maria amalia und ferdinand von bourbon-parma

1 Vgl. Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Wien, Hofburg, Präsidentschaftskanzlei, Inv. Nr. E 20565-B, PortMin 13,28.

2 Vgl. außerdem die Porträtminiatur Ludwigs von Parma aus der ÖNB, Wien, Hofburg, Präsidentschaftskanzlei, Inv. Nr. E 20139-B, PortMin 2,20.

3 ÖNB, Wien, Hofburg, Präsidentschaftskanzlei, Inv. Nr. E 20367-B, PortMin 8,43.

Die Kinder Maria Amalias und Ferdinands von Bourbon-Parma sind durch insgesamt sechs Porträts in der Sammlung der Elisabethinen vertreten. Zwei Bildnisse ein und desselben jungen Mädchens in rotem Kleid können mit Caroline von Bourbon-Parma (1770–1804) identifiziert werden (Kat. 37 und 38). Der Vergleich mit einem Gruppenporträt der vier erstgeborenen Kinder Caroline, Ludwig, Maria Antonia und Charlotte von Johann Zoffany (1778), das sich heute in Schloss Ambras (Kat. V14) befindet, und mit Porträtminiaturen Carolines1 zeigt die Ähnlichkeit der hier achtjährigen Nichte Maria Annas mit dem Mädchen aus der Elisabethinen-Sammlung, die hier jedoch schon etwas älter dargestellt ist. Die beiden Bildnisse Carolines zeigen die Prinzessin beide Male in gleicher hellroter Gewandung und mit streng nach hinten frisierter Haartracht, wobei sich die Porträtierte auf dem einen Gemälde nach rechts, auf dem anderen nach links wendet. Auch in der Haltung des Oberkörpers weichen beide Bildnisse voneinander ab. Aufgrund des Erhaltungszustandes ist der im Hintergrund befindliche rote bzw. grüne Vorhang mit Goldbordüre nur noch schemenhaft zu erahnen. Von ihrem drei Jahre jüngeren Bruder Ludwig von Parma (1773–1803) haben sich ebenfalls Bildnisse erhalten, davon eines des Herzogs in purpurner Uniform, das aufgrund stilistischer Parallelen und sehr ähnlicher Gesichtsauffassung den beiden Porträts der Schwester zugeordnet werden kann (Kat. 39). Das Gruppenporträt der vier Kinder Maria Amalias von Zoffany ermöglicht auch hier die Identifizierung des Dargestellten mit dem ältesten Sohn Ludwig.2 Er trägt den Orden des Goldenen Vlieses, was ein weiteres Indiz für dessen Person ist. Der spätere König von Etrurien ist hier in Frontalansicht dargestellt, er hat auf einem Stuhl Platz genommen, dessen Lehne am Bildrand zu sehen ist und auf dem ein blauer Stoff drapiert ist. Ein anderes Gemälde der Sammlung zeigt Ludwig von Parma in noch jüngerem Alter mit weißer Kopfbedeckung und drei Straußenfedern, in weißer Uniform und einem roten Band, an dem der Orden des Goldenen Vlieses hängt (Kat. 40). Von diesem Gemälde haben sich zwei Porträtminiaturen erhalten: eine befindet sich heute in der Präsidentschaftskanzlei3, eine weitere Fassung auf einem der zwei PorträtminiaturTableaus der Erzherzogin Maria Anna in der Sammlung der Elisabethinen (Kat. 104). Das Abbild des Königs von Etrurien im Kindesalter wurde außerdem in einem Wandgemälde von Angelo Guiducci an der Südwand des Riesensaales der Innsbrucker Hofburg, das Ludwig mit seiner ein Jahr jüngeren Schwester Maria Antonia zeigt, integriert. Anders als die drei Bildnisse der Geschwister in fortgeschrittenem Alter, welche wahrscheinlich von Italien direkt nach Klagenfurt gelangt sind, wird das Porträt aufgrund des Alters des Dargestellten wohl zunächst in Wien gewesen und später nach Klagenfurt gelangt sein. 103

kinderbildnisse

v14 Prinz Ludwig von Parma (1773–1803) mit seinen drei ältesten Geschwistern Karoline (1770–1804), Marie Antonie (1774–1841) und Charlotte (1777–1813) 1778 Johann Zoffany Öl auf Leinwand, 159 × 184,5 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2579

4 Karl Gutkas (Hg.), Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.: Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst, Ausst.-Kat. Niederösterreichische Landesausstellung, Stift Melk 1980, Wien 1980, S. 625.

5 Vgl. Eberhard Kasten, Lampi, Johann Baptist von (1751), in: Allgemeines Künstlerlexikon – Internationale Künstlerdatenbank – Online. URL: http://www. degruyter.com/db/akl (26.01.2016).

Das Gruppenporträt der parmesanischen Kinder von Johann Zoffany ermöglicht auch die Identifizierung des in ganzer Figur dargestellten Mädchens eines großformatigen Gemäldes von ganz besonderer Qualität mit Caroline von Bourbon-Parma (Kat. 41). Aufgrund der starken Ähnlichkeit des mit Spitzen besetzten, beigefarbenen Kleides, der Frisur und des Gesichtchens handelt es sich mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit um die Prinzessin. Diese Identifizierung widerspricht jedoch der Benennung der Dargestellten als „Josephs II. Tochter“, Maria Theresia (1762–1770), wie sie im Ausstellungskatalog der Niederösterreichischen Landesausstellung 1980 vorgenommen wurde. 4 Dort wird das Gemälde vor 1770 datiert, dem Sterbejahr der bereits achtjährig verstorbenen einzigen Tochter Josephs. Auch widerspricht dies einer zweiten Beschriftung auf der Rückseite des Gemäldes, die aufgrund der Typografie erst kürzlich vorgenommen worden sein muss. Dort heißt es: „Maria Theresia – Tochter Josef II. (12jährig gest.) Hofmaler Lampe“. Josefs erstgeborene Tochter Maria Theresia verstarb jedoch mit acht Jahren, und seine zweite, im Jahr 1763 geborene Tochter überlebte die Geburt nicht. Mit „Hofmaler Lampe“ verweist man wohl auf Johann Baptist Lampi, jedoch ist nicht klar, warum man das Gemälde seiner Hand zuschreibt. Vor 1770 befand sich der höchstens 19 Jahre alte Lampi in Ausbildung in Salzburg. Ab 1771 ging er nach Italien zurück, wo er zunächst in Verona und dann in Trient wirkte.5 Caroline steht vor einer Balustrade, auf der ein von rechts herabhängender roter Vorhang liegt. Im Hintergrund ist eine Landschaft angedeutet. Hinter der 104

41 Caroline, Prinzessin von Bourbon-Parma o. D. anonym Öl auf Leinwand, 125 × 91 cm Inv. Nr. 113

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kinderbildnisse

42 vermutlich Caroline und Ludwig von Bourbon-Parma 1773/74 anonym Pastell auf Papier, 45,5 × 36,8 cm Inv. Nr. 81

6 Museo del Prado, Madrid, Inv. Nr. P02189. Siehe Steffi Roettgen, Anton Raphael Mengs 1728–1779, Band 1, Das malerische und zeichnerische Werk, München 1999, Abb. 180, S. 251. 7 ÖNB, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung,  Inv. Nr. E 20379-B, PortMin 8,55.

Balkonbrüstung rechts sind Teile eines Baumes zu sehen sowie Fragmente eines Strauches mit rosafarbenen Blumen. Auffällig ist der dominante Schatten im linken Vordergrund, welcher den Schatten, den das Kleid der Prinzessin schlägt, deutlicher wiederholt und mit dem Rund ihres Rockes korrespondiert. Auf dem Kleid Carolines ist eine goldene Uhr befestigt. In ihrer linken Hand hält sie drei Blumen, in ihrer Rechten einen Fächer, der geschlossen in Richtung Boden weist. Das Porträt erinnert an Hochzeitsporträts wie wir sie von Anton Raphael Mengs kennen, etwa jenes der Maria Luisa von Parma als Braut aus dem Madrider Prado.6 Die Komposition folgt dem von Mengs etablierten Muster, jedoch ist Caroline hier nicht als Braut dargestellt, denn hierfür fehlen Attribute wie Schmuck oder Hinweise auf den Bräutigam etwa in Form eines Miniaturbildnisses. Dennoch ist dieses Porträt auf sehr ähnliche Weise stark auf eine repräsentative Funktion ausgelegt, da es die noch sehr junge Prinzessin in ihrer zukünftigen Rolle als Dame des Hofes sowie als spätere Braut, die durch ihre Heirat die Zukunft der habsburgischen Linie garantieren wird müssen, darstellt. 1792 wurde Caroline politisch günstig mit Prinz Maximilian von Sachsen (1759–1838) verheiratet. Das letzte Porträt der Reihe parmesanischer Kinder aus der Sammlung ist ein Doppelporträt, das einem ganz anderen Typus der Kindesdarstellung entspricht und geradezu genrehaft einen familiären Augenblick wiedergibt (Kat. 42). Die repräsentative Funktion des höfischen Porträts als Vermittler von Rang und Name tritt hier völlig in den Hintergrund. So sehen wir, wie ein kleines Mädchen, den Zeigefinger zum Mund geführt, die Betrachter/innen auffordert leise zu sein, um das schlafende Geschwisterchen nicht zu stören. Die andere Hand, die die Decke des Babys anhebt, um es wohl fürsorglich wieder zuzudecken, unterstreicht das Momenthafte der Szene. Anhand eines Vergleichs mit einer Porträtminiatur aus der Präsidentschaftskanzlei lässt sich das Mädchen mit der schwarz-weißen Haube mit Caroline von Parma in Verbindung bringen.7 Handelt es sich bei diesem privaten Bild der Habsburgerkinder um Caroline, so ließe sich das schlafende Baby ihrem drei Jahre jüngeren Bruder Ludwig zuordnen. Aufgrund des Alters der parmesanischen Kinder müsste das Bild damit 1773/74 entstanden sein. AZ 106

die kinder von leopold und maria ludovica von toskana

Die Kinder von Leopold und Maria Ludovica sind mit zwei Serien in der Sammlung der Elisabethinen vertreten, die sich jeweils als ausschnitthafte Kopien auf großformatige Gruppenporträts beziehen. Die Werlin-Gruppe, nach 1773

1 Ulrich Thieme und Felix Becker (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler: von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 34, Leipzig 1940, S. 259f. 2 Vgl. Druckgrafik dieses Selbstporträts, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. PORT_00027114_01.  Die Blattinschrift gibt Auskunft über Geburts- bzw. Sterbedaten Werlins. Demnach soll der Künstler 1745 in Turin geboren und 1780 in Florenz gestorben sein.

3 Die Restauratorin Marlies Allmaier hat sich in ihrer Diplomarbeit eingehend mit diesem Mädchenbildnis auseinandergesetzt. Vgl. Marlies Allmaier, Barocke Kinderporträts aus der Gemäldesammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Minimalinvasive Restaurierung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014.

Die Serie von Bildern der sog. Werlin-Gruppe steht in Verbindung mit einem Ölgemälde des Turiner Künstlers Wenceslaus Werlin (Venceslao Verlin) von 1773, das Leopold II. mit Gemahlin und sechs Kindern darstellt und sich heute in Schloss Ambras in Innsbruck (Kat. V15) befindet. Der 1745 geborene Werlin wurde 1776 von König Viktor Amadeus III. von Sardinien aufgrund seiner künstlerischen Erfahrung und seines großen Talents zum Hofbildnismaler ernannt.1 Davor scheint er in Florenz gewirkt zu haben und am Hof Leopolds II. tätig gewesen zu sein. Darauf lässt jenes Gruppenbildnis der toskanischen Familie von 1773 sowie ein Selbstporträt des Künstlers von 17712, das sich heute in den Uffizien befindet und auf welchem der Maler ein Porträt des Großherzogs Leopold präsentiert, schließen. 1773, das Entstehungsjahr des Familienbildnisses, ist der terminus post quem für eine aus sechs Bildnissen bestehende Porträtgruppe der Elisabethinen-Sammlung, bei der es sich durchwegs um aus dem Gruppenbildnis Werlins heraus isolierte Halbporträts der einzelnen Kinder handelt. Diese ausschnitthaften Kopien werden wohl bald nach 1773 entstanden sein, zu einer Zeit also, als die Erzherzogin Maria Anna noch in Wien lebte. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Bildnisse der toskanischen Kinder in Florenz entstanden und an den Wiener Hof – wahrscheinlich als Geschenke an Maria Theresia – übersandt wurden. Die Porträtgruppe enthält zwei Porträts der erstgeborenen Tochter Leopolds und Maria Ludovicas Maria Theresia (1767–1827), die hier einmal in Öl auf Leinwand und einmal in Pastell auf Papier festgehalten ist (Kat. 43 und 44).3 Sie ist im Alter von sechs Jahren dargestellt. Das dritte Bildnis der Gruppe zeigt den zweitältesten Sohn Ferdinand (1769– 1824) im Alter von vier Jahren (Kat. 45). Im Gegensatz zum vorigen Gemälde der älteren Schwester hat sich hier nur eine Pastellversion in der Klagenfurter Sammlung erhalten. Die Kopie übernimmt sogar die Haltung Ferdinands aus dem Familienporträt Werlins, der dort seinen rechten Arm jedoch ausstreckt und einen Vogel in der Hand hält. Der Kontext, in dem die Handlung des Erzherzogs stattfindet, ist im Einzelporträt aufgrund der Ausschnitthaftigkeit nicht mehr nachvollziehbar. Bei den letzten drei Porträts der Gruppe – zwei Ölgemälde, ein Pastellbildnis – handelt es sich um Darstellungen des drittgeborenen Sohnes der toskanischen Habsburgerfamilie, Carl Ludwig (1771–1847). In einem der beiden Ölgemälde (Kat. 46) wird, wie bei Ferdinand zuvor, die Haltung des Porträtierten aus der Werlin-Vorlage entnommen, 107

kinderbildnisse

v15 Großherzog Leopold mit seiner Familie 1773 Wenceslaus Werlin Öl auf Holz, 67,4 × 81,4 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_8785

wodurch seine Arme etwas unmotiviert positioniert, da aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen, erscheinen. Denn im Gruppenbild stützt sich der zweijährige Carl Ludwig mit seiner Linken an einem Hocker ab, um mit seiner Rechten ein Spielzeug hochzuhalten, welches ein Hund zu erhaschen versucht. Das zweite der Ölporträts (Kat. 47) variiert dann in der Körperhaltung des Kindes. Die Arme strecken sich nun nicht mehr zur Seite, sondern hängen hinunter, womit das Bildnis des hier Zweijährigen an Stabilität gewinnt. Trotzdem bleibt eindeutig erkennbar, dass Werlins Gemälde auch hier als Vorbild diente. Das Pastellbild schließlich wiederholt diese zweite, verbesserte Version in einer anderen Technik und Farbigkeit (Kat. 48). Das Pastellbildnis eines Säuglings (Kat. 49) aus der Sammlung der Elisabethinen könnte aufgrund einer ähnlichen Malweise und demselben Format mit den beiden Pastellporträts der Werlin-Gruppe in Verbindung gebracht werden. Dabei handelt es sich hier aber nicht um eine direkte Übernahme aus der Werlin’schen Vorlage. Der jüngste Sohn Alexander Leopold ist dort auf dem Schoß seiner Mutter dargestellt, hier hingegen wird das Baby im Liegen und von der Seite porträtiert. Ob es sich tatsächlich um Alexander Leopold handelt, kann nur vermutet werden. Der Rand der Wiege, der hier dominant und perspektivisch nur wenig stimmig ins Bild gesetzt ist, bildet eine Grenze zum Betrachter. Er unterstreicht aber auch das Momenthafte dieser Darstellung. Die völlige Loslösung aus einem höfisch repräsentativen Modus scheint am ehesten in der Darstellung von neugeborenen Familienmitgliedern möglich gewesen 108

43 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich (1767–1827) um 1773 nach Wenceslaus Werlin Pastell auf Papier, 44 × 35,5 cm Inv. Nr. 76

44 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich (1767–1827) um 1773 nach Wenceslaus Werlin Öl auf Leinwand, 44,6 × 36,6 cm Inv. Nr. 10

45 Ferdinand (III.), Großherzog der Toskana um 1773 nach Wenceslaus Werlin Pastell auf Papier, 44 × 35,5 cm Inv. Nr. 75

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46 Carl Ludwig, Erzherzog von Österreich um 1773 nach Wenceslaus Werlin Öl auf Leinwand, 44 × 36,5 cm Inv. Nr. 133

47 Carl Ludwig, Erzherzog von Österreich um 1773 nach Wenceslaus Werlin Öl auf Leinwand, 44,5 × 36,8 cm Inv. Nr. 14

48 Carl Ludwig, Erzherzog von Österreich um 1773 nach Wenceslaus Werlin Pastell auf Papier, 44 × 36 cm Inv. Nr. 77

49 unbekanntes Habsburgerkind o. D. anonym Pastell auf Papier, 43 × 35,5 cm Inv. Nr. 69

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50 unbekanntes Habsburgerkind o. D. anonym Pastell auf Papier, 38 × 29 cm Inv. Nr. 8

51 unbekanntes Habsburgerkind o. D. anonym Öl auf Leinwand, 45 × 36,5 cm Inv. Nr. 17

zu sein. Neben letzterem Beispiel und dem zuvor erwähnten Porträt zweier, vermutlich parmesanischer Kinder (Kat. 42) beherbergt die Elisabethinen-Sammlung ein weiteres Bildnis eines Säuglings, welches dieses gelockerte Verhältnis zu einer rein repräsentativen Funktion von Porträts vor Augen führt. Es handelt sich hier um eine intimere Darstellung eines Mitglieds der Habsburgerfamilie, das in seinem Bettchen liegend porträtiert wurde (Kat. 50). Bildausschnitt und -komposition unterstreichen das Momenthafte. Der Blickwinkel sowie der sich im Bild befindliche blaue Vorhang links, der in die Bildkomposition aufgenommen wurde, betonen diesen Ausdruck der Augenblicklichkeit. So als hätte der Maler nur rasch einen Blick auf das Neugeborene erhaschen können, um es dann bildlich festzuhalten. Das Gemälde eines Kindes (Kat. 51), das einen gelben Vogel streichelt, kann stilistisch ebenfalls der Werlin-Gruppe zugeordnet werden. Aufgrund fehlender Vergleichsbilder ist die Identifizierung hier jedoch nicht gelungen. Die Fabbrini-Gruppe, um 1785

Die als „Fabbrini-Gruppe“ zusammengefasste Bildfolge besteht aus acht Gemälden, die mit den Kindern von Leopold II. und Maria Ludovica von Toskana identifizierbar sind. Entscheidend bei dieser Behauptung ist neben stilistischen Übereinstimmungen die Physiognomie der Dargestellten, die sich durch eine starke Länglichkeit der Gesichter auszeichnet und für Maria Ludovica sowie für ihre Kinder höchst charakteristisch ist. Die einzelnen Porträtköpfe rekurrieren darüber hinaus auf ein weiteres, späteres 111

kinderbildnisse

52 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich (1767–1827) um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand, 44 × 36,5 cm Inv. Nr. 9

53 Maria Anna, Äbtissin des Theresianischen Damenstiftes in Prag (1770–1809) um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand, 44 × 36,5 cm Inv. Nr. 2

54 Franz II. (I.), Kaiser um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand, 44 × 36,5 cm Inv. Nr. 134

55 Carl Ludwig, Erzherzog von Österreich um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand, 43,9 × 36,8 cm Inv. Nr. 19

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v16 Leopold II. (HRR) im Kreise seiner Familie 1785 Giovanni Battista Cecchi, Benedetto Eredi (Radierung), Anna Nistri Tonelli (Zeichnung), Giuseppe Piattoli (Entwurf), Giuseppe Fabbrini (Gesichter nach dem Leben gemalt) Kupferstich, 52,6 × 70,4 cm ÖNB, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. Pg III/8/49

4 Besten Dank an Georg Lechner, Kurator der Österreichischen Galerie Belvedere, für diese Einschätzung.

Familienporträt Leopolds II. mit Gattin und Kindern, dargestellt in den Innenräumen ihres florentinischen Palastes mit Blick auf die Kirche Santa Maria del Fiore. Als Vergleich dient derzeit ein Kupferstich von 1785 aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (Kat. V16), der nach einer Zeichnung von Anna Nistri Tonelli (nach einem Entwurf von Giuseppe Piattoli) von Giovanni Battista Cecchi und Benedetto Eredi in Kupfer gestochen wurde. Die Inschrift des Blattes liefert neben diesen Informationen auch die Anmerkung, dass der florentinische Maler Giuseppe Antonio Fabbrini die Gesichter der Protagonisten und Protagonistinnen ad vivum gemalt haben soll. Ob es sich hierbei um ein mehrfiguriges Gemälde oder einzelne Porträts, die als Vorlage dienten, handelt, muss derzeit offen bleiben. Ein solches Gruppengemälde, auf welches sich die Grafik eventuell bezieht, konnte bis dato nicht ausfindig gemacht werden. Die Untersuchung der Malweise der acht Kärntner Gemälde lässt darauf schließen, dass es sich um die Arbeit einer Werkstatt handelt. Die Luftigkeit und das schwungvoll Aufgelöste des Malerischen lassen die Ausführung der Gemälde einem oder mehreren italienischen Malern zuordnen. 4 Eine Besonderheit der malerischen Umsetzung ist der Einsatz von Glanzeffekten auf Stirn und Nase. Es wäre durchaus möglich, die Hand Fabbrinis oder seiner Werkstatt in diesen Bildnissen zu sehen. Eine Bestätigung dieser Vermutung würde jedoch erweiterte maltechnische Analysen erfordern. Mit der Biografie des Künstlers ließe sich dies jedenfalls vereinbaren. Der 1740 in Florenz geborene Fabbrini erhielt seine Ausbildung in Rom als Schüler von Anton 113

kinderbildnisse 5 Vgl. Antonio P. Torresi, Fabbrini, Giuseppe, in: Allgemeines Künstlerlexikon – Internationale Künstlerdatenbank – Online, URL: http://www.degruyter.com/ db/akl (26.01.2016).

6 Vgl. Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil., Wien 1964, S. 109ff.

Raphael Mengs und kehrte später nach Florenz zurück, wo er die Familie des Großherzogs Leopold und andere Bildnisse malte.5 Anhand des Kupferstichs der Österreichischen Nationalbibliothek lassen sich die Kinderporträts jedenfalls um 1785 datieren, zu einem Zeitpunkt also, als sich die Erzherzogin Maria Anna bereits seit vier Jahren in Klagenfurt befand. Sie sind wohl nach Kärnten verschickt worden oder im Zuge eines Besuches in die Residenz der Erzherzogin gelangt. Für das Jahr 1784 ist jedenfalls eine Reise Leopolds nach Klagenfurt dokumentiert.6 Eventuell sind die Bildnisse im Zuge dessen dorthin gelangt und damit etwas früher als 1785 entstanden. Dargestellt sind u.a. die drei Töchter des großherzoglichen Paares – Maria Theresia, Maria Anna und Maria Klementine (Kat. 52, 53 und 59). Allen drei Mädchenbildnissen sind die Haltung der Dargestellten, der kompositorische Aufbau und das kunstvoll architektonisch geformte Haar, welches mit Bändern und Blumen geschmückt ist, gemeinsam. Die auffällig lange Nase und hohe Stirn bzw. ein besonders ebenmäßiger Teint in hellem Inkarnat kennzeichnen alle drei Porträtierten. Die Ornamentik der Kleidung ist weniger grafisch, als vielmehr auf einen optischen Effekt hin ausgelegt. Zackige Pinselstriche illustrieren das Glänzen der Stoffe. Beim Porträt der Prinzessin in hellblauem Kleid handelt es sich sehr wahrscheinlich um die erstgeborene Tochter Maria Theresia (1767–1827), da das Mädchen auf diesen Darstellungen älter erscheint als Maria Anna in grünem Kleid (1770–1809) und Maria Klementine in hellrotem Kleid (1777–1801). Anhand des Vergleichstichs und dessen Datierung müssen die Töchter in diesen Bildnissen im Alter von ungefähr 18, 15 und 8 Jahren dargestellt sein. Neben den drei Töchtern setzt sich die Serie aus fünf gleichformatigen Porträts der Söhne Leopolds und Maria Ludovicas zusammen. Die Ähnlichkeit zwischen den Prinzen ist dabei teilweise so eklatant, dass man fast von Repliken sprechen könnte, die sich lediglich durch eine andere farbliche Gewandung unterscheiden. Die Identifizierung der Jungen hat sich aufgrund dieser starken Ähnlichkeit als besonders schwierig gestaltet und kann letztendlich nur auf Vermutungen und einer groben Alterseinschätzung bzw. kaum sichtbarer Differenz der Gesichter basieren. Ausgangspunkt ist die Annahme, es handelt sich bei den Kinderporträts um eine Gruppe, die in Zusammenhang steht mit jenem Kupferstich der Österreichischen Nationalbibliothek, wodurch unwahrscheinlich wird, dass ein Kind dreimal dargestellt wurde, sondern die relativ kurz hintereinander geborenen Geschwister gezeigt werden und es deshalb zu frappierenden Ähnlichkeiten kommt. Auch im Familienporträt des Kupferstichs sind die Gesichter der Söhne fast ident wiedergegeben. Die Physiognomie der beiden älteren Jungen (Kat. 54 und 55) ist nahezu ident. Sie unterscheiden sich lediglich in ihrer Gewandung. Auch der Erhaltungszustand differiert, was jedoch darauf zurückzuführen ist, dass das Porträt des Sohnes in weißer Uniform hinter Glas und damit in einem besseren Zustand verblieben ist. Auch die Rahmung ist hier mit einem schwarz lackierten, breiteren Rahmen eine andere, wobei die Maße nur minimal voneinander abweichen. Es ist wohl anzunehmen, dass dieses Bild ursprünglich ebenfalls einen blau-grauen Rahmen hatte – wie ihn der Großteil der Bildnisse der Elisabethinen114

56 Alexander Leopold, Palatin von Ungarn um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand 44,5 × 36,5 cm Inv. Nr. 78

57 Ferdinand (III.), Großherzog der Toskana um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand 44,3 × 36,6 cm Inv. Nr. 18

58 Joseph Anton, Palatin von Ungarn um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand 44 × 36,8 cm Inv. Nr. 12

59 Maria Klementine, Erzherzogin von Österreich um 1784 vermutlich Giuseppe Fabbrini Öl auf Leinwand 44,2 × 36,3 cm Inv. Nr. 7

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kinderbildnisse 7 Die Sammlung weist noch andere Bildnisse in schwarz- lackiertem Rahmen auf, bei denen ebenfalls von einer Neurahmung auszugehen sein könnte. 8 Siehe etwa: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg,  Inv. Nr. MP 7579a oder Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. PORT_00048279_01. 9 Vgl. Brigitte Hamann (Hg.), Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, Wien 1988, S. 130-134.

Sammlung aufweist – und eventuell erst später neu gerahmt wurde.7 Anhand der unterschiedlichen Gewandung lassen sich die beiden Erzherzöge nun auch identifizieren. Denn der Junge in weißer Jacke trägt den Orden des Goldenen Vlieses, weshalb es sich um eine Darstellung Franz Josephs, des späteren Kaiser Franz II. (1768–1835, reg. 1792–1806) handeln muss, welcher seit seiner Geburt diesen Orden innehatte. Diese Identifizierung wird durch den Vergleich mit Stichen Franz II. in jugendlichem Alter unterstützt.8 Der älteste Sohn Leopolds wurde zunächst am väterlichen Hof in Florenz erzogen, kam aber mit 16 Jahren nach Wien, wo sein Onkel Kaiser Joseph II. sich seiner weiteren Erziehung annahm.9 Das Porträt des jungen Franz aus der Sammlung der Elisabethinen wird folglich vor seiner Abreise nach Wien 1784 in Florenz entstanden sein und zeigt diesen damit im Alter von etwa 16 Jahren. Auch das zweite, durch außerordentliche Ähnlichkeit bestechende Bildnispaar zweier Söhne Großherzog Leopolds lässt sich wie zuvor anhand des Ordens voneinander unterscheiden. So wird das Bildnis des Erzherzogs in weiß-roter Uniform (Kat. 57) den etwas jüngeren Bruder Ferdinand III. (1769–1824) darstellen, welcher den Orden 1771 erhalten hatte. Auch in dieser Konstellation weist der fast identisch aussehende Bruder in weiß-blauer Jacke keinen Orden auf (Kat. 56). Schließlich können die beiden Söhne ohne Ordenswürde den anderen männlichen Nachkommen der toskanischen Familie zugeordnet werden: Dabei wird es sich bei dem etwas älteren um Carl Ludwig (1771–1847), bei dem jüngeren um Alexander Leopold (1772–1795) handeln. Das fünfte und letzte Jungenporträt aus der italienischen Serie (Kat. 58) weicht kompositorisch von den anderen Kinderbildnissen, die als Kinder von Ludovica und Leopold identifiziert wurden, ab. Die Darstellung der Nase, des länglichen Gesichtes und der Augen, sowie die Malweise lassen sich diesen zugleich zuordnen. Auch hier findet sich ein zackiger Duktus, die Nasenspitze ist ähnlich der der jüngeren Geschwister. Auffällig sind hier die hellen Pinselstriche rund um Augen und Haartracht. Der Hintergrund ist deutlich anders gestaltet als bei den Porträts zuvor, die einen homogen dunklen, nicht näher definierten Hintergrund aufweisen. So wird hier mit einer auffälligen und ungewöhnlich drapierten Faltung ein dunkelroter Vorhang angedeutet. Das Porträt zeigt eindeutig den jüngsten der fünf Söhne der Bildnisfolge. Für die Identifizierung des Dargestellten kommt der 1776 geborene Joseph Anton infrage, da die nächstälteren Brüder Albrecht (1773–1774) und Maximilian (1774–1778) vor dem Entstehen des Kupferstichs der Österreichischen Nationalbibliothek bereits verstorben waren. AZ

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die kinder von maria karolina und ferdinand von neapel-sizilien

v17 Infantin Maria Theresa von Neapel (1772–1807) 1773 Anton Raphael Mengs Öl auf Nussbaumholz, 104,6 × 78,8 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_1640

1 Steffi Roettgen, Anton Raphael Mengs 1728–1779. Band 1, Das malerische und zeichnerische Werk, München 1999, S. 256. 2 Ebd. 3 Vgl. Kunsthistorisches Museum Wien,  Inv. Nr. GG_2104.

Von den Kindern Maria Karolinas und Ferdinands von Neapel-Sizilien enthält die Sammlung der Elisabethinen lediglich zwei Porträts. Erzherzogin Maria Anna hatte zwar brieflichen Kontakt zu ihrer Schwester in Neapel, ein Besuch ihrerseits in Klagenfurt ist jedoch nicht dokumentiert. Das Porträt eines Mädchens in rot-weißem Spitzenkleidchen (Kat. 60) stellt die älteste Tochter Maria Theresia von Neapel-Sizilien (1772–1807) dar. Der Vergleich mit einem Porträt der Prinzessin von Anton Raphael Mengs, welches dieser 1773 malte und welches sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien (Kat. V17) befindet, ermöglichte diese Identifizierung. Beim Wiener Porträt handelt es sich um das zweite Bildnis, das Mengs von der neapolitanischen Königstochter im Abstand von nur wenigen Monaten herstellte. Das erste Porträt soll vor dem 1.3.1773 fertiggestellt und nach Madrid gesandt worden sein. Das zweite, heute im Kunsthistorischen Museum aufbewahrte Werk soll dann als Geschenk an Kaiserin Maria Theresia nach Wien gelangt sein.1 Die noch nicht ein Jahr alte Enkeltochter Maria Theresias wird hier bereits stehend dargestellt. Die Mühe, sich aufrecht zu halten, ist ihr merklich anzusehen, so stützt sie sich mit ihrer rechten Hand auf einem Stuhl ab. Typus und Stil des Porträts schließen direkt an die drei Bildnisse der großherzoglichen Kinder Leopolds, welche Mengs 1770 in Florenz für König Karl III. von Spanien geschaffen hatte, an.2 Diese wiederum greifen einen bereits etablierten Typus des Kinderporträts in der habsburgischen Ikonografie auf, wie er etwa im Porträt der Erzherzogin Maria Amalia, der jüngeren Schwester Maria Theresias, 1727 von Andreas Möller geschaffen, anzutreffen ist.3 Das Klagenfurter Gemälde ist nun eine ausschnitthafte Kopie aus dem Meng’schen Porträt der Maria Theresia von Neapel von 1773. Stilistisch könnte es sich um denselben Kopisten, der schon bei den Porträts der Kinder Leopolds und Maria Ludovicas, die nach dem Familienporträt Werlins geschaffen wurden, am Werk war, handeln (Kat. 43-48). Nicht nur die Malweise, sondern auch die Art des ausgewählten Ausschnittes lassen diese Annahme zu. So wird in der vorliegenden Kopie abermals die Körperhaltung des Kindes eins zu eins übernommen, womit jedoch aufgrund des Ausschnitts diese völlig aus dem Zusammenhang gerissen wird. Während die Königstochter bei Mengs durch das Abstützen auf dem Hocker die Balance zu halten 117

kinderbildnisse

60 Maria Theresia von Neapel-Sizilien, Kaiserin (1772–1807) nach 1773 nach Anton Raphael Mengs Öl auf Leinwand 44,5 × 36,2 cm Inv. Nr. 13

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61 vermutlich Francesco I. Gennaro, König von Neapel-Sizilien o. D. anonym Öl auf Leinwand 45 × 36,5 cm Inv. Nr. 15

4 Infant Januarius von Neapel (1780–1789), Öl auf Leinwand,  87 × 68 cm, Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_8674.

5 Zu überprüfen wäre, ob sich Maria Karolina und Ferdinand von Neapel zu dieser Zeit in Wien aufgehalten haben sowie welche Bildnisse ihrer Kinder sich in den neapolitanischen Museen erhalten haben, welche als neue Vergleichsbeispiele dienen könnten.

versucht, streckt das Mädchen im Porträt der Elisabethinen-Sammlung ihre Arme ohne erkenntlichen Grund seitlich aus. Zeitlich jedenfalls ließe sich die Hypothese von der Zusammengehörigkeit der Kopien aufstellen, da sowohl Werlins Bild als auch Mengs’ Werk im gleichen Jahr, 1773, entstanden sind. Dieser Zeitrahmen lässt zudem darauf schließen, dass die Kopie nach Mengs in Wien entstanden sein muss, wo sich das Original befand, und damit erst mit dem Umzug der Erzherzogin Maria Anna nach Klagenfurt gelangte. Neben der Erstgeborenen Maria Theresia beherbergt die Sammlung der Elisabethinen ein weiteres Porträt eines Sohnes Maria Karolinas und Ferdinands (Kat. 61). Der Orden vom Goldenen Vlies auf seiner Jacke sowie ein weiterer kreuzförmiger Orden auf seiner rot-blauen Schleife zieren den kleinen Erzherzog, der hier einen gelben Vogel in der Hand hält. Es ist nicht völlig klar, mit welchem Sohn dieser Junge identifiziert werden kann. Aufgrund des Ordens vom Goldenen Vlies kommen insgesamt drei Söhne infrage: Carlo Tito, Herzog von Kalabrien (1775–1778), Francesco Gennaro, Prinz von Neapel (1777–1830), und schließlich Prinz Carlo Gennaro von Neapel (1780–1789). Im Kunsthistorischen Museum in Wien jedenfalls wird ein Gemälde, das diesen Sohn in ganzer Figur zeigt und welches höchstwahrscheinlich als Vorlage für das kleinere Klagenfurter Halbporträt gedient hat, mit dem Infanten Januarius, Carlo Gennaro identifiziert. 4 Damit müsste das Wiener Gemälde Anfang der 1780er Jahre entstanden sein. An der Südwand des Riesensaals in der Innsbrucker Hofburg existiert ein Doppelporträt der erstgeborenen Tochter Maria Theresia und des erstgeborenen Sohnes Karl Franz Josef, von Angelo Guiducci gemalt, das ebenfalls in Verbindung mit dem Kärntner Gemälde steht. Das Bildnis des Sohnes in Klagenfurt scheint sich auf das größere Werk in Innsbruck zu beziehen und könnte damit Karl Franz Josef darstellen. Das Gemälde der Nichte Maria Annas Maria Theresia ist, wie bereits argumentiert, sehr wahrscheinlich in Wien entstanden und deshalb im Zuge der Transporte Mitte der 1770er Jahre nach Klagenfurt gelangt. Handelt es sich beim zweiten Porträt tatsächlich um Carlo Gennaro, so müsste aufgrund dessen Geburtsjahr 1780 und der Tatsache, dass dieser auf dem Gemälde mindestens ein Jahr alt ist, das Bildnis von Neapel nach Klagenfurt geschickt worden sein.5 Die Erzherzogin Maria Anna ist ab 1781 in Klagenfurt ansässig. AZ

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kinderbildnisse

62 Maria Theresia von Österreich-Este (1773–1832) o. D. anonym Öl auf Leinwand 44,3 × 36,3 cm Inv. Nr. 122

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die kinder von ferdinand karl und maria beatrice von österreich-este

v18 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich-Modena um 1779/1780 italienischer Maler Aquarell auf Elfenbein, oval, 42 × 32 mm ÖNB, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. E 20365-B, PortMin 8,41

1 Walter Koschatzky (Hg.), Maria Theresia und ihre Zeit. Zur 200. Wiederkehr des Todestages, Ausst.-Kat. Schloss Schönbrunn, Wien 1980, Salzburg und Wien 1980, S. 26.

Im Katalog zur großen Ausstellung zum 200. Todestag Maria Theresias 1980 in Schloss Schönbrunn wird das Gemälde dieses in rotem Kleid, sitzend dargestellten Mädchens (Kat. 62) fälschlicherweise mit der Kaiserin Maria Theresia selbst identifiziert. Sie trage ein ganz gewöhnliches Kleidchen aus der Mode ihrer Zeit, die Puppe, die sie in der Hand hält, gehöre zu ihrem Lieblingsspielzeug und soll auch später nicht weggeworfen worden sein, als die Kaiserin schon erwachsen war. Das Kinderbildnis soll von Erzherzogin Maria Anna ins Kloster mitgenommen worden sein.1 Nach eingehender Forschung muss dieser Zuschreibung widersprochen werden: Die Beschriftung im oberen rechten Eck des Gemäldes, die u.a. aufgrund des Schriftbildes höchstwahrscheinlich erst später nachträglich angebracht wurde, führt hier in die Irre. Die Inschrift besagt, dass es sich hier um „Maria Theresia Erzherzogin von Meyland gebohrn den 1. November 1710“ handle. Maria Theresia wurde jedoch am 13. Mai 1717 geboren und wird hier kaum als „Erzherzogin von Meyland“ angeführt worden sein. Bei dem dargestellten Mädchen handelt es sich wohl vielmehr um Maria Theresia von Österreich-Este (1773–1832), Tochter Ferdinands von Österreich und seiner Gemahlin Maria Beatrice von Este, welche in Mailand residierten. Diese wurde am 1. November 1773 geboren, womit die Beschriftung zwar in der Tages- und Monatsangabe übereinstimmt, jedoch bei der Jahresangabe ein Fehler unterlaufen sein muss. Ein Vergleich mit einer Porträtminiatur aus der Präsidentschaftskanzlei (Kat. V18) bestätigt schließlich, dass hier die 1773 geborene Mailänder Nichte Maria Theresia dargestellt ist. Die ovale Miniatur, ein Aquarell auf Elfenbein, porträtiert diese im Kniestück und zeigt sie damit in einem größeren Ausschnitt als das Kärntner Gemälde. Eventuell lässt sich aufgrund des Miniaturbildnisses auf ein großformatiges Gemälde der Erzherzogin, das in Italien existieren könnte, schließen. Maria Theresia von Österreich-Este hält dort in ihrer Rechten ein Spielzeug, in ihrer Linken jene Puppe in blauem Kleidchen, die schon im Kärntner Halbporträt zu sehen ist. Ihr rechter Arm ruht auf einem grünen mit goldenen Bordüren versehenen Kissen. Sie hat auf einem in gleichem Grün gepolsterten und goldumrahmten Stuhl Platz genommen. Der sich im Hintergrund links befindliche dunkle Vorhang ist im Kärntner Bildnis nur noch zu erahnen. Das rote Gewand, die für 121

kinderbildnisse

63 Franz IV. von Österreich-Este o. D. anonym Öl auf Leinwand, 44,4 × 36,5 cm Inv. Nr. 79

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64 Kind von Maria Beatrice und Ferdinand von Österreich-Este o. D. anonym Öl auf Leinwand, 44 × 36,5 cm Inv. Nr. 137

2 Robert Keil, Die Porträtminiaturen des Hauses Habsburg, Wien 1999, Kat. 223, S. 117.

Kinder dieser Zeit gängige und zu ihrem Schutz dienende schwarz-weiße Kopfbedeckung sowie Haltung und Blickrichtung in beiden Gemälden sind ident. Das Kärntner Porträt ist damit eine Replik in kleinerem Ausschnitt, die sich entweder auf die Miniatur aus der Präsidentschaftskanzlei oder auf ein noch unbekanntes größeres Gemälde bezieht. Robert Keil ordnet die Miniatur einem italienischen Maler zu und datiert das Stück um 1779/80.2 Er bringt das Werk außerdem mit einer anderen Miniatur aus der Präsidentschaftskanzlei in Verbindung, welche im Doppelporträt zwei weitere Kinder Maria Beatrices und Ferdinand Karls von Österreich-Este darstellt: Franz IV., Herzog von Este-Modena (1779–1846) und seine drei Jahre ältere Schwester Maria Leopoldine (1776–1848).3 Dieses zeitgleich entstandene Werk dient als Bezugsquelle zur Identifizierung eines weiteren Kinderbildnisses aus der Sammlung der Elisabethinen. Das Porträt eines Kindes in weißer Gewandung, mit einer weißen Haube und roter Feder (Kat. 63) kann auch auf stilistischer Ebene dem vorigen Bildnis der erstgeborenen Tochter Maria Theresia eindeutig zugeordnet werden. Die leuchtende Farbigkeit und die puppenhafte Körper- und Gesichtsauffassung sind den beiden gemeinsam. Auch bildkompositorisch lassen sich Parallelen bemerken: So sind beide auf einem grüngepolsterten Stuhl positioniert, dessen Lehne an den Seiten zu sehen ist. Die malerische Umsetzung der Spitzen der Häubchen sowie der Augenpartie lässt hier die gleiche Künstlerhand erkennen. Anhand der Miniatur aus der Präsidentschaftskanzlei, an die sich das Kärntner Gemälde anzulehnen scheint, ließe sich das Kind mit Franz IV. identifizieren. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine ausschnitthafte Kopie, wie es zuvor der Fall war, da das Kind in Klagenfurt in einer anderen Gewandung gezeigt und als Einzelfigur aus dem Doppelporträt heraus isoliert wird. So wird zwar die Haltung der Arme beibehalten, indem der Kleine auch hier seine Arme ausstreckt, jedoch tut er dies nicht mehr in Richtung seiner Schwester, sondern vielmehr um mit seiner linken Hand eine rote Blume hochzuhalten und mit seiner rechten nach den auf dem Tisch vor ihm liegenden Blumen zu greifen. Die Wandausstattung des Familiensaals der Innsbrucker Hofburg bietet mit dem Doppelporträt zweier mailändischer Kinder (Kat. V19), welche ebenfalls mit Franz Joseph und Maria Leopoldine identifiziert werden, ein weiteres Vergleichsbeispiel. Hier sind die Parallelen zum Kärntner Bildnis noch deutlicher, da hier die Gewandung des kleinen Franz nahezu ident ist. Im Klagenfurter Gemälde wird das Fehlen der Schwester durch Rosen ersetzt. Durch die Isolierung der Figur hat die Haltung der ausgestreckten Arme, die ursprünglich seiner Schwester galten, wieder einen Sinn. Damit konnte der Künstler eine Neuerfindung der Haltung des Kindes umgehen. Auch die Neigung des Kopfes  

3 Ebd., Kat. 224, S. 117; Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. E 20371-B, PortMin 8,47.

v19 Franz Joseph und Maria Leopoldine von Österreich-Este um 1770 Angelo Guiducci Ölmalerei, 170 × 150 cm Innsbruck, Hof burg, Schloss, Riesensaal, Südwand, Oberzone

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4 Vgl. Marlene Ott, Zur Bildausstattung der Hofburg Innsbruck, unpubl. Dokument, Innsbruck 1996. 5 Ebd.; vgl. Tiroler Landesarchiv  A 2/7, 1773, A 2/8, 1778.

wird beibehalten, jedoch blickt Franz nun aus dem Bild heraus. Das Innsbrucker Doppelporträt ist Teil der Oberzone des Riesensaals, welche für die Bildnisse der Schwieger- und Enkelkinder Maria Theresias vorbehalten war. Die Gemälde des repräsentativen Raumes wurden zum Großteil von Wiener Hofmalern aus dem Kreis des Martin van Meytens vor 1773 angefertigt. 4 Zwischen 1773 und 1778 wurden gemäß Forschungen Marlene Otts noch sieben fehlende Porträts der Oberzone angebracht.5 Demnach müsste das Doppelbildnis der beiden Mailänder Kinder vor 1778 entstanden sein, zu einem Zeitpunkt, als Franz noch gar nicht auf der Welt war. Sind diese beiden Gemälde tatsächlich davor entstanden, so kann es sich bei den beiden Kindern nur um die älteste Tochter Maria Theresia von Österreich-Este mit ihrem kleinen, 1775 geborenen, jedoch bereits ein Jahr später verstorbenen Bruder Joseph Franz oder um die nächstgeborene Schwester Maria Leopoldine (1776–1848) handeln. Mit dieser Hypothese müsste die Identifizierung und Datierung sowohl des Kärntner Porträts als auch der Wiener Miniatur neu überdacht werden. Aufgrund stilistischer Gesichtspunkte kann den beiden Kinderbildnissen der Elisabethinen-Sammlung ein drittes Porträt zugeordnet werden (Kat. 64). Um welches Kind es sich handelt, kann nur Spekulation bleiben. Seine auffällige Aufmachung jedenfalls lässt sich mit einer Aussage Maria Theresias in einem Brief von 1774 in Verbindung bringen, in der sie sich über den Aufputz der Enkelin Maria Theresia beschwerte: „Meine liebe Frau Tochter. Das liebe Bild meiner Enkelin, das ich mir so lange gewünscht habe, ist eben eingetroffen; ich hab es gegenüber meinem Ruhebett, um es mir gut einzuprägen. Ich finde jedoch keine Aehnlichkeit weder mit dem Vater noch mit der Mutter, aber das Gemälde ist abscheulich, und ich bin denen dankbar, die Euch verhindert haben, mir das Eure zu senden, wenn es ebenso ist. Allein ich lasse nicht locker und wünsche es zu besitzen, aber ähnlich. Man hat der Kleinen eine schreckliche Mütze aufgesetzt. Nichts ist niedlicher als der Kopf, die Stirn und die Haare der Kinder; eine ganze runde Mütze ohne all diesen Putz von Bändern und Spitzen steht ihnen am allerbesten. Entschuldigt den Vergleich, aber die Kleine trägt ihre Mütze wie der verehrliche Großpapa seine Perücke … Der Maler ist abscheulich, aber das Modell reizend, lieb, interessant und bereitet mir große Freude, gleichzeitig vermehrt es den Wunsch, daß es einen Gesellschafter bekommt. Ich schließe Euch in

6 Brief an Maria Beatrice vom 18. Juli 1774, siehe: Maria- Theresia imperatrix Romanorum, Briefe einer Kaiserin. Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde, Berlin 1910, S. 108f.

Gedanken in meine Arme und bin Eure treue Mutter Maria Theresia.“6

Die Enkelin ist zum Zeitpunkt des Briefes noch kein Jahr alt, was dem Alter der Dargestellten entsprechen würde. Ein Zusammenhang zwischen dem Brief und dem Bildnis aus Klagenfurt und die damit einhergehende Identifizierung kann jedoch nur eine Vermutung bleiben. AZ

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die kinder von marie antoinette und ludwig xvi. von frankreich

1 Karl Gutkas (Hg.), Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.: Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst, Ausst.-Kat. Niederösterreichische Landesausstellung, Stift Melk 1980, Wien 1980, S. 435.

Die Kinder Marie Antoinettes und König Ludwigs XVI. sind durch insgesamt sechs Gemälde in der Sammlung vertreten. Sie sind wahrscheinlich als Geschenk nach Klagenfurt geschickt worden, denn ein Besuch der jüngeren Schwester Maria Annas in Klagenfurt ist nicht dokumentiert. Als einzige der Serien von Kinderbildnissen weisen die französischen Porträts auf den Rückseiten Beschriftungen in deutscher Kurrentschrift auf, die Auskunft über die Identität der porträtierten Kinder geben. Zwei der Gemälde stellen die erstgeborene Tochter der französischen Königin Marie Thérèse Charlotte de Bourbon (1778–1851) dar. Das Porträt, auf dem die Nichte der Erzherzogin Maria Anna eine Spur jünger zu sein scheint, trägt auf der Rückseite ein Etikett mit der Beschriftung „Tochter des unglücklichen französischen Königspaares Ludwig XVI. und Marie Antoinette“ (Kat. 66). Aufgrund des Hinweises auf das Schicksal der Monarchen im Zuge der Französischen Revolution lässt sich schließen, dass diese Beschriftung nach 1789 und damit auch nach dem Tod der Erzherzogin Maria Anna angebracht wurde. Im Katalog zur großen niederösterreichischen Landesausstellung „Österreich zur Zeit Joseph II.“ in Stift Melk (1980) wurde das Gemälde einem unbekannten französischen Maler zugeschrieben und um 1788 datiert, womit Marie Thérèse im Alter von etwa 10 Jahren dargestellt wäre.1 Die Malweise besticht durch auffällige hellrosa Pinselstriche im Bereich des Gesichtes und des Dekolletés, was zu einer Betonung und Verlebendigung des Inkarnats beiträgt. Die Gewandteile und deren Spitzenornamentik differenzieren sich in ihrer Detailliertheit deutlich von der übrigen Malweise. Die Augen werden durch eine klare Umrandung mit hellem Pinselstrich hervorgehoben. Das gleichformatige, mit gleichem Rahmen versehene zweite Porträt zeigt Marie Thérèse nun nicht wie im ersten Bild in rotem Kleid, sondern in blauer Gewandung (Kat. 68). Der Ausschnitt ist etwas kleiner, die Dargestellte nimmt im Bild nun minimal mehr Raum ein. Bildkomposition, die Pose der Dargestellten sowie Frisur und Art der Gewandung, insbesondere die Spitzen, sind fast identisch.  Interessant ist, dass die Königstochter auf diesem Gemälde dunkelblaue Augen hat, während sie auf dem ersten Porträt mit braunen Augen dargestellt ist. Auch der Hintergrund unterscheidet sich lediglich durch eine andere Farbigkeit des Vorhangs. Zu diesen beiden Mädchenporträts existiert jeweils ein Pendant, das den Dauphin Louis Joseph Xavier (1781–1789) darstellt (Kat. 65 und 67). Die gleiche Malweise (auch hier finden sich im Inkarnat hellrosa Pinselstriche), das identische Format sowie der gleiche graublaue Rahmen weisen auf deren Zusammengehörigkeit hin. Nebeneinander gehängt würden sich die beiden jeweils zueinander wenden. Der sehr ähnliche Spitzenkragen zu den Porträts der Schwester und der im Hintergrund drapierte Vorhang unterstreichen die Pendanthaftigkeit. Louis scheint in dem einen Gemälde 125

kinderbildnisse

65 Louis Joseph von Bourbon, Dauphin von Frankreich um 1786 anonym Öl auf Leinwand, 45,2 × 37 cm Inv. Nr. 73

66 Marie Thérèse Charlotte de Bourbon um 1786 anonym Öl auf Leinwand, 45,2 × 37,3 cm Inv. Nr. 68

67 Louis Joseph von Bourbon, Dauphin von Frankreich um 1786 anonym Öl auf Leinwand; 45 × 37 cm Inv. Nr. 5

68 Marie Thérèse Charlotte de Bourbon um 1786 anonym Öl auf Leinwand, 44,8 × 37 cm Inv. Nr. 6

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69 Louis Joseph von Bourbon, Dauphin von Frankreich um 1786 anonym Öl auf Leinwand, 44,5 × 36,5 cm Inv. Nr. 67

70 vermutlich Louis Charles von Bourbon (1785–1795) um 1786 anonym Öl auf Leinwand, 45 × 37 cm Inv. Nr. 16

71 vermutlich Kind Marie Antoinettes o. D. anonym Öl auf Leinwand, 45,2 × 36,8 cm Inv. Nr. 11

72 vermutlich Kind Marie Antoinettes o. D. anonym Öl auf Leinwand, 45,4 × 37,7 cm Inv. Nr. 20

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kinderbildnisse

2 Das Gemälde wurde 2010 im Zuge der ersten Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und kunstgeschichtlichen Recherche durch das Institut für Restaurierung und Konservierung der Universität für angewandte Kunst Wien einer Musterrestaurierung durch die Restauratorin Sheyda Nikjou unterzogen. Das Forschungsprojekt konnte sich damit auf bereits ausführliche Vorarbeiten stützen. Vgl. Sheyda Nikjou, Sammlung – ElisabethinenKonvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und kunstgeschichtliche Recherche, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010.

3 Vgl. etwa das Doppelporträt Marie-Thérèses und Louis Josephs von 1784 von  Elisabeth-Louise Vigée-Lebrun (Les collections du château de Versailles, Inv. Nr. MV 3907).

sogar mit der Hand auf seine Schwester zu zeigen. Die Beschriftungen auf den Rückseiten beider Gemälde weisen darauf hin, dass es sich um den Sohn „Ludwig (XVII.)“ des „unglücklichen Königspaares von Frankreich“ handelt. Die Beschriftung führt allerdings in die Irre. Denn es muss hier der erstgeborene Dauphin Louis Joseph, der bereits 1789 gestorben war und damit das Amt des Königs nie angetreten ist, gemeint sein. Der tatsächliche Ludwig XVII., der zweitgeborene Louis Charles, kann hier nicht angesprochen sein, da er erst 1785 geboren wurde und die Gemälde um 1786 zu datieren sind.  Die Sammlung der Elisabethinen enthält ein drittes Porträt Louis Josephs (Kat. 69), das kein Teil eines Ensembles ist, sondern in seiner Besonderheit für sich steht.2 Es ist eines der wenigen Werke der Sammlung, das das porträtierte Kind während einer spielerischen Handlung festhält und damit von seiner repräsentativen Rolle geringfügig ablöst. Der kleine Louis ist gerade dabei, einen Vogel, der sich auf seinem rechten Zeigefinger niedergelassen hat, mit einer Biskotte zu füttern. Der andere Teil der Biskotte liegt abgebrochen auf einem Säulenelement neben ihm, wo sich auch der Käfig des Spielgefährten befindet, aus dem dieser für einen kurzen Moment befreit worden ist. Im Hintergrund gibt ein zurückgezogener Vorhang die Sicht auf Teile eines Schlossparks frei. Der klar definierte Raum, in dem sich der Königssohn befindet, bildet eine Ausnahme innerhalb der Sammlung. Zumeist handelt es sich um Darstellungen von Personen vor einem nicht näher bestimmten, häufig durch ein homogenes Dunkel gekennzeichneten Hintergrund. Das Porträt eines jüngeren, auf einem grünen Kissen sitzenden Kindes (Kat. 70) ist höchstwahrscheinlich ebenfalls der französischen Serie der Kinder Marie Antoinettes zuzuordnen. Diese Annahme beruht auf der Beobachtung, dass es den Porträts von Marie Thérèse und Louis Joseph kompositorisch, aber auch in Bezug auf die Malweise sehr ähnelt und damit als Ergänzung zu verstehen sein könnte. Als Porträtierter käme nur der drittgeborene Sohn der französischen Königsfamilie, Louis Charles de Bourbon, infrage. Auch das gleiche Format unterstützt die These der Zusammengehörigkeit, jedoch ist der Rahmen des jüngsten Geschwisterkindes ein anderer. Hat man die obigen Kinderbildnisse um 1786 datiert und identifiziert man das hier dargestellte Kind als Louis Charles, so ist dieser im Alter von einem Jahr dargestellt. Die Datierung um 1786 wird außerdem durch die Tatsache unterstützt, dass das Juli 1786 geborene vierte Kind von Marie Antoinette, Sophie Hélène Beatrice, in der Serie nicht vertreten ist. Die insgesamt sechs Gemälde aus Frankreich sind deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Anfang 1786 zu datieren. Zwei weitere Kinderbildnisse könnten eventuell in die Nähe der französischen Serie gerückt werden (Kat. 71 und 72). Es ist nicht gelungen, die Identität der Dargestellten zu bestimmen, auch Vergleichsbeispiele konnten nicht ausfindig gemacht werden. Jedoch sind aufgrund der sehr ähnlichen Gesichtsauffassung und Gestaltung der hellblauen Augen die beiden Werke zusammenzufassen. Die sehr spezielle Ausformung des Gesichtes ist es auch, die an Porträts der französischen Königskinder der von Marie Antoinette besonders geschätzten Malerin Elisabeth Vigée-Lebrun erinnert.3 Eventuell handelt es sich hier um zwei Kinder Marie Antoinettes, und die Bildnisse können einem/r französischen Hofmaler/in, die unter dem Einfluss von Vigée-Lebruns Werken stand, zugeordnet werden. AZ 128

pastellbildnisse

pastellbildnisse

1 „10. Ich werd mit nächstem einen transport Pastel bilder überschicken […] [die] alle in die zwey zimer zu ebener erd vo mich komen müssen.“, in: Erzherzogin Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Jänner 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen- Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2.

In der Sammlung der Elisabethinen haben sich insgesamt sieben Pastellbildnisse von Mitgliedern der Habsburgerfamilie erhalten, welche als Ausstattung für die Klagenfurter Residenz in Wien entstanden sein müssen. Es handelt sich um jene Porträts, die Maria Anna in einem Brief vom 5. Jänner 1775 an Baron Herbert in Klagenfurt erwähnt. Hierbei kündigt sie einen Transport von Pastellbildnissen an, welche Baron Herbert in „zwey zimer[n] zu ebener erd“ zu platzieren hatte.1 Die Pastelle sollten demnach in den Gemächern Maria Annas im unteren Stock der Residenz aufgehängt werden.2 Es handelte sich dabei, wie Robert Kluger in seiner Forschungsarbeit zur Klagenfurter Residenz festgestellt hat, um das sog. Sommerzimmer und ein kleineres, danebengelegenes Kabinett.3 Ein aus dem 18. Jahrhundert erhaltener Grundriss des Erdgeschosses, welcher Auskunft über Lage und Funktion der einzelnen Zimmer gibt, lässt es zu, die angesprochenen Räume an der Nordostecke der Residenz zu situieren. Einer Beschriftung des Bauplans ist zu entnehmen, dass es sich bei diesen beiden Zimmern um das sog. „Ertz-Herz: Sommerzimmer“ handelte. 4 Entsprechend der Größe der zwei Räume von 58,13 qm und 22,5 qm wird es sich um eine größere Anzahl an Pastellbildnissen zur Ausstattung der Wände gehandelt haben. Es ist davon auszugehen, dass die sieben in der Elisabethinen-Sammlung erhaltenen Exemplare Teil einer größeren Gruppe waren. Dafür spricht zum einen, dass die Erzherzogin Maria Anna in ihrem Testament alle Pastellbilder aus dem Sommerzimmer sowie alle Bilder, Boiserie (Vertäfelung) und Möbel des daran stoßenden blauen Kabinetts an Graf Johannes von Christalnigg vermachte.5 Die sieben in der Sammlung des Klosters befindlichen Werke könnten also Teil eines größeren Konvoluts gewesen sein, das nach dem Tod Maria Annas in den Besitz Christalniggs überging. Zum anderen wissen wir anhand eines Verzeichnisses im Österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchiv, das jene von Christalnigg geerbten Bilder auflistet, dass 13 Pastellbilder mit schwarz-goldenem Rahmen, 51 mit gänzlich goldenem, eines mit weiß-goldenem, eines mit braungoldenem sowie ein letztes mit grau-blauem Rahmen in seinen Besitz gekommen sind.6 Bei den schwarz-golden gerahmten Bildern könnte es sich um eine Serie handeln, zu der auch das Pastellbildnis eines bisher unbekannten Geistlichen gehörte (Kat. 73). Die sechs Pastellporträts von

2 In seiner Beschreibung des Mobiliars der erzherzoglichen Residenz von Juni 1776 erwähnt Baron Herbert diese Pastellbildnisse jedoch nicht. In seiner Inventarisierung der Ausstattung des Erdgeschosses der erzherzoglichen Seite werden bis auf ein Bild im „LeibLaqueyzimmer“ keine Porträts erwähnt. Laut eines aus dem 18. Jahrhundert erhaltenen Grundrisses handelte es sich bei den zwei für die Pastellbildnisse bestimmten Räumlichkeiten um Zimmer Nummer 4 und 5. In Herberts Inventar sind diese Zimmer mit „dermalen nichts“ gekennzeichnet, vorerst sollte dort also nichts hereinkommen. In der „Guadroba No. 11“ hingegen befanden sich 6 Familienporträts mit goldenem Rahmen, 4 mit blauem Rahmen, 2 mit ebenfalls blauem Rahmen und 16 andere Bilder vom Vorzimmer. Vgl. Johann Michael von Herbert, Beschreibung Über die in den Erzherzoglichen Schloßgebäu nächst dem Elisabethiner Kloster zu Klagenfurt befindlichen Mobiliar und anderen Hausgerätschaften, 15. Juni 1776,  Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt. 3 Robert Kluger, Schreiben vom 2. April 2014, Klagenfurt; vgl. dazu das Dissertationsprojekt Das bischöfliche Palais in Klagenfurt und sein Garten. Feudale Architektur und Gartenkunst zwischen Ancien Régime und Republik 1769–1982 (Arbeitstitel) von Robert Kluger, Archivar im Diözesanarchiv Klagenfurt. 4 Bauplan der Klagenfurter Residenz, o. D. [18. Jh.], Archiv der Diözese Gurk, Klagenfurt. 5 „10. Dem Grafen Johannes Christalnick alle Pastelsbilder, so im Sommerzimmer sind, samt dazugehörigem Canapée, Sesseln und ganzer Zimmereinrichtung, wie auch alle Bilder, Boiserie, und Meublés des daranstossenden kleinen blauen Cabinets, das Bust vom Born, und allen überbleibenden Vorrath.“, in: Erzherzogin Maria Anna, Letzt- willige Anordnung, 1791, Kärntner Landesarchiv, Klagenfurt, AT-KLA 73-C-630 Ak, Schachtel 16. 6 Inventar über den gesamten Nachlaß der zu Klagenfurt am 19. November 1789 verstorbenen Erzherzogin Maria Anna, Tochter des Kaisers Franz I. und der Kaiserin Maria Theresia, 04.05.1790, Klagenfurt, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien, AT-OeStA/HHStA UR FUK 2125a.

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73 unbekannter Geistlicher vermutlich vor 1775 anonym Pastell auf Papier, 23 × 17,5 cm Inv. Nr. 71

7 Georg Kugler sah darin noch ein Porträt Marie Antoinettes und datierte es um 1768/69. Marie Antoinette sei hier als Zwölfjährige dargestellt. Vgl. Georg Kugler, Schloß Schönbrunn. Die Prunkräume, Wien 1995. Tatsächlich ist Maria Josepha dargestellt, welche bereits 1767 verstorben ist, weshalb das Werk vorzudatieren ist.

Mitgliedern der Habsburgerfamilie in goldenem Rahmen (Kat. 74-79) haben wohl zu jenen 51 goldgerahmten Bildern gehört. Die sechs im Kloster verbliebenen Bildnisse zeichnen sich durch einen einheitlichen grauen Hintergrund aus und sind sehr wahrscheinlich als Ausstattungsfolge für Klagenfurt konzipiert und noch in Wien hergestellt worden. Anhand von Vorlagen, auf die sich die Pastelle zum Teil beziehen und auf die im Folgenden eingegangen wird, kann die Pastellserie zwischen 1769 und 1775, dem Jahr ihres Transports nach Klagenfurt, datiert werden. Zwei der Pastellbildnisse stellen die beiden Erzherzoginnen Maria Elisabeth (Kat. 74) und Maria Josepha (Kat. 75) dar. Es handelt sich um Kopien nach Ölporträts der Erzherzoginnen aus Schloss Schönbrunn, die lange als Werke des sog. „Meisters der Erzherzoginnenporträts“ geführt wurden, von denen man mittlerweile jedoch annehmen kann, dass es sich um Arbeiten des Hofmalers Martin van Meytens handelt. Das Schönbrunner Bildnis der bereits im Alter von 16 Jahren verstorbenen Erzherzogin Maria Josepha ist um 1765/67 entstanden (Kat. V20). Es galt lange als ein Porträt Marie Antoinettes, jedoch konnte diese Zuweisung in jüngerer Zeit korrigiert und die Dargestellte als Maria Josepha identifiziert werden.7 Es existiert zudem eine dritte Version des Porträts in der Klagenfurter Familiengalerie (Kat. 24, S. 93), die dort in der Beschriftung eindeutig als Erzherzogin Maria Josepha bezeichnet wird. Damit erbringt das Kärntner Gemälde einen weiteren Beweis, dass es sich in Schönbrunn nicht um Marie Antoinette handelt, sondern um ihre vier Jahre ältere Schwester. Auch das Pastellbildnis Maria Elisabeths bezieht sich auf ein Porträt der Erzherzogin von Martin van Meytens, welches heute in Schloss Schönbrunn aufbewahrt wird (Kat. V21). Der Kopist hat allerdings die warme Farbigkeit des orangenen Kleides in Schönbrunn hin zu einer recht kühlen Erscheinung des nun in Gelb und Blau gehaltenen Gewandes des Klagenfurter Pastells verändert. Außerdem wurde das Bildnis von allen Attributen sowie von einer angedeuteten Räumlichkeit, wie sie im Gemälde von Meytens zu finden ist, befreit. Die schwierige malerische Umsetzung des ausgestreckten rechten Armes im Originalporträt wurde umgangen, indem der Kopist den blauen Umhang um den gesamten Oberkörper hüllte. Anders im Pastellbildnis Maria Josephas, dort übernahm der kopierende Maler die elegante Armhaltung und auch einen Teil des Tisches, auf dem ihr linker abgewinkelter Arm ruht. Der Eindruck des Porträts Maria Elisabeths leidet unglücklicherweise unter dem schlechten Zustand des Pastells, das starke Verwischungen aufweist und bei dem sich aufgrund der welligen Struktur des Papiers auf einen Wassereintritt schließen lässt. Die Malweise im Porträt Maria Josephas, die sich durch parallel gesetzte, diagonale Striche auszeichnet, könnte im 130

v20 Maria Josepha, Erzherzogin von Österreich 1765/1767 Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 91,5 × 73,5 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2132

8 Vgl. Renée Loche und Marcel Roethlisberger, Liotard: catalogue, sources et correspondance, Bd. 1 und 2, Doornspijk 2008, Abb. 561, Cat. 395; Pastell auf Pergament, 60,5 × 49 cm, Privatsammlung. 9 Karl Gutkas (Hg.), Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.: Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst, Ausst.-Kat. Niederösterreichische Landesausstellung, Stift Melk 1980, Wien 1980, S. 625.

v21 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich 1765/1767 Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 91 × 73 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2136

Bildnis ihrer Schwester aufgrund dieses Schadens verloren gegangen und in diesem verwischten, diffusen Farbeindruck resultiert sein. Auch das Pastellbildnis der Anne Charlotte von Lothringen (Kat. 76) aus der Sammlung der Elisabethinen orientiert sich an einer bekannten Vorlage. Wie das Porträt der Schwester Franz’ I. Stephan aus der Familiengalerie bezieht es sich auf das Bildnis der Kaiserin Maria Theresia in blauem, pelzbesetztem Kleid von Jean-Étienne Liotard.8 Dies veranlasste die Autoren und Autorinnen des Katalogs zur niederösterreichischen Landesausstellung über Joseph II. von 1980, das Klagenfurter Bild fälschlicherweise als Porträt Maria Theresias zu identifizieren und um 1768 zu datieren.9 Der Maler scheint jedoch die Bilderfindung Liotards herangezogen zu haben, um sie für seine Zwecke zu adaptieren. Dabei nahm er geringfügige Veränderungen an der blauen Gewandung vor und fügte den Porträtkopf Anna Charlottes hinzu. Das Pastellbildnis Franz’ I. Stephan (Kat. 77) aus der Sammlung zeichnet sich durch einen bewegten Duktus und durch auffällig helle, zackige Striche an der mit Goldborten versehenen, roten Jacke des Kaisers aus. Diese expressiv anmutende Malweise findet sich ebenfalls im Bereich der Rückenlehne des Porträts Maria Josephas. Alle anderen Pastellporträts der Sammlung der Elisabethinen zeugen von einer homogeneren Ausführung. Franz Stephan trägt den Orden des Goldenen Vlieses, darüber hat er das rot-weiß-rote Band des Militär-Maria-Theresien-Ordens umgelegt. Auch hier bediente man sich einer Vorlage: So handelt es sich um eine ausschnitthafte Kopie aus einem Gruppenporträt von Franz Messmer und Jakob Kohl, das Franz Stephan mit den vier Vorstehern der wissen131

pastellbildnisse

74 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich 1769/75 nach Martin van Meytens Pastell auf Papier, 76,3 × 61,6 cm (mit Rahmen) Inv. Nr. 89

75 Maria Josepha, Erzherzogin von Österreich 1769/75 nach Martin van Meytens Pastell auf Papier, 76,3 × 61,4 cm (mit Rahmen) Inv. Nr. 90

76 Anne Charlotte von Lothringen, Äbtissin von Remiremont 1769/75 nach Jean-Étienne Liotard Pastell auf Papier, 68 × 51 cm Inv. Nr. 98

77 Franz I. Stephan von Lothringen, Kaiser 1769/75 nach Jean-Étienne Liotard Pastell auf Papier, 77 × 59 cm (mit Rahmen) Inv. Nr. 420

132

78 Maria Theresia in Witwentracht 1769/75 nach Joseph Ducreux Pastell auf Papier, 75 × 57 cm (mit Rahmen) Inv. Nr. 418

10 Das Gemälde ist im Naturhistorischen Museum Wien ausgestellt. 11 Im illustrierten Bestandsverzeichnis der Gemäldegalerie werden zwei Werke Ducreux’  gelistet: zum einen ein Pastellbildnis, das den Künstler Edmund Weirotter (Inv. Nr. 206) darstellt, mit „Du Creux“ signiert ist und 1769 geschaffen wurde. Zum anderen das Bildnis Maria Theresias in Witwentracht (Pastell auf Papier, 69 × 54 cm, Inv. Nr. 207), das Ducreux zugeschrieben wird. Vgl. Renate Trnek (Hg.), Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien. Illustriertes Bestandsverzeichnis, Wien 1989, S. 66. 12 Vgl. Xavier Salmon, Vienna à Versailles: les portraits de la famille imperial par Joseph Ducreux (1735–1802), in: Marc Willitz (Hg.), Marie-Antoinette, femme réelle, femme mythique, Ausst.-Kat. Bibliothèque Municipale de Versailles 2006/2007, Paris 2006, S. 39-51. 13 Salmon 2006, S. 39f.

79 Joseph II., Kaiser 1769/75 nach Pompeo Batoni bzw. Joseph Ducreux Pastell auf Papier, 76,5 × 57,5 cm (mit Rahmen) Inv. Nr. 419

schaftlichen Hofinstitute darstellt und um 1773, nach dem Tod des Kaisers, entstanden ist.10 Das Klagenfurter Pastell ist ebenfalls posthum entstanden. Das Pendant zum Kaiserbild, ein Pastellbildnis Maria Theresias aus der Sammlung (Kat. 78), zeigt die Kaiserin bereits als Witwe und spricht damit für eine Ausführung nach dessen Tod 1765. Maria Theresia war sichtlich stark daran gelegen, die Repräsentation des verstorbenen Kaisers aufrechtzuhalten. Das Pastellporträt Maria Theresias in Witwentracht zeichnet sich durch eine sehr feine Ausführung und lebendige Gestaltung des Gewandes aus. Es steht in enger Verbindung zu einem Pastell des französischen Malers Joseph Ducreux, das sich in der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien erhalten hat (Kat. V10, S. 85).11 Der französische Maler wurde 1769 nach Wien berufen, um das Porträt Marie Antoinettes für den französischen Hof zu malen.12 König Ludwig XV. und dessen Sohn, ihr vorgesehener Gemahl, sollten sich ein Bild von der zukünftigen Dauphine machen. Der Bedeutsamkeit dieses Bildnisses entsprechend wollte man einen besonders fähigen Maler beauftragen und sah sich dabei gezwungen, die Dienste eines französischen Künstlers in Anspruch zu nehmen, da in den Augen der Verantwortlichen in Wien kein adäquater Maler zur Verfügung stand.13 Während seines Aufenthaltes am Wiener Hof schuf Ducreux insgesamt zehn Pastellbildnisse von Mitgliedern der Kaiserfamilie für Versailles: zwei Porträts Marie Antoinettes, ein Porträt der 1770 verstorbenen, einzigen Tochter Josephs II., Marie Thérèse, Bildnisse der Erzherzoginnen Marie Christine, Maria Elisabeth, Maria Anna, 133

pastellbildnisse

v22 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich 1769 Joseph Ducreux Pastell, 68,2 × 52,3 cm Musée National du Château de Versailles, Inv. Nr. MV4575, invdessins1152, INV19179

14 Ebd., S. 44. 15 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2123. 16 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_3862. 17 Siehe das Kapitel zur Familiengalerie in diesem Band, S. 79-95.

18 Kat. 6, 78, 105 und 116.

19 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_6201. 20 Österreichische Galerie Belvedere, Wien,  Inv. Nr. 2296.

Maria Amalia und der Erzherzöge Ferdinand und Maximilian sowie Porträts der Kaiserin Maria Theresia und des Kaisers Joseph II. Außerdem beauftragte Maria Theresia den Franzosen mit weiteren Pastellen für den Wiener Hof, darunter Bildnisse von Albert von Sachsen, Clemens Wenceslaus von Sachsen und Repliken dieser Werke, die an Ludwig XV. gesandt wurden.14 Als von der Hand Ducreux’ dokumentiert sind das bereits erwähnte Porträt Maria Theresias in der Akademie der bildenden Künste sowie Pastellbildnisse von Maria Amalia15 und Maria Elisabeth (Kat. V8, S. 84), die sich beide im Kunsthistorischen Museum in Wien befinden. Letzteres diente offensichtlich als Vorlage für das Ölporträt Maria Elisabeths in der Klagenfurter Familiengalerie (Kat. 17, S. 91) sowie für eine weitere Variante in länglichem Querformat aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien, das ebenfalls in Öl gemalt und der Meytens-Schule zugeschrieben wird.16 Auch zum Pastell der Erzherzogin Maria Elisabeth, welches der französische Maler 1769 für Versailles schuf, lassen sich Korrespondenzen feststellen (Kat. V22). Damit ergibt sich ein zusätzlicher Anhaltspunkt für eine Datierung der Familiengalerie: diese muss nach 1769 geschaffen worden sein, da Ducreux sich im gleichen Jahr für Porträtaufträge am Wiener Hof aufhielt, bevor er nach Paris zurückkehrte.17 Von Februar bis November 1769 schuf Ducreux insgesamt zehn uns bekannte Porträts für den französischen Hof sowie Repliken dieser Werke für Maria Theresia. Diese Reihe diente häufig als Vorlage für diverse Porträtaufträge, so auch für die bildliche Ausstattung der Residenz Maria Annas in Klagenfurt. Ducreux’ Pastellporträt Maria Theresias in Witwentracht fand besonders weite Verbreitung und wurde in zahlreichen Einzelporträts oder in Gruppenporträts eingebunden kopiert bzw. zitiert. Allein in der Sammlung der Elisabethinen haben sich insgesamt vier Bildnisse erhalten, welche Ducreux’ Abbild der Kaiserin wiederholen.18 Nach dem Tod Franz Stephans 1765 zog sich Maria Theresia zwar aus dem Hofleben zurück, ihre politische Macht blieb jedoch unverändert. Um die Regentschaft nicht völlig Joseph II. zu überlassen, nahm sie den Titel „Kaiserinwitwe“ an und regierte bis zu ihrem Tod 1780 an seiner Seite. Auch wenn Maria Theresia sich mehr und mehr vom Hof fernhielt, zeigte sie ihre Präsenz auch weiterhin in bildlicher Form und forcierte die Porträtproduktion. Nach 1765 trug sie ausschließlich schwarz und ließ sich ab diesem Zeitpunkt nur noch im Witwengewand porträtieren. Die Ducreux’sche Bilderfindung von 1769 wurde zum Ausgangspunkt vieler nachfolgender Einzelporträts wie beispielsweise das hochformatige Witwenporträt der Kaiserin von Anton von Maron von 1773.19 Es wurde aber auch in mehrfigurigen Familienbildern integriert, etwa in Heinrich Fügers Miniatur Maria Theresias im Kreise ihrer Kinder von 1776.20 134

v23 Joseph II., Kaiser o. D. anonym Pastell auf Pergament, 62,5 × 52 cm Musée du Louvre, Département des Arts graphiques, Paris, Inv. Nr. 35084-recto

21 Michael Yonan, Conceptualizing the „Kaiserinwitwe“: Empress Maria Theresia and Her Portraits, in: Allison Levy (Hg.), Widowhood and Visual Culture in Early Modern Europe, Hampshire (UK) 2003, S. 109-125, hier S. 113. 22 Ebd., S. 114.

23 Musée National du Château de Versailles, Inv. Nr. MV 3857, Inv. Nr. MV 7686 sowie Inv. Nr. MV 7685. 24 Salmon 2006, S. 45 (Fig. 7).

v24 Joseph II., Kaiser 1770/1771 Jakob Mathias Schmutzer Rötel und Schwarzstift, 33 × 26,3 cm Musée du Louvre, Départment des Arts graphiques, Paris, Inv. Nr. 18783

Ducreux’ Porträt zeichnet sich in Komposition und Darstellung der „Kaiserinwitwe“ durch außergewöhnliche Einfachheit aus: Ihren einzigen Schmuck bildet der Sternkreuzorden, den sie als weibliches Gegenstück zum Orden des Goldenen Vlieses trägt.21 Michael Yonan interpretiert den besonderen Ausdruck von Bescheidenheit, der das Antlitz Maria Theresias kennzeichnet, als Hinweis auf eine spezifisch weiblich konnotierte Eigenschaft und erkennt darin eine Neuerung in der bildlichen Darstellung der Kaiserin, die sich nun als regierende Königin ohne imperiale Symbole abbilden lässt.22 Im Klagenfurter Pastell treten die ohnehin raren herrschaftlichen Zeichen noch stärker in den Hintergrund, wenn der Maler den blau-weißen Orden nur noch andeutet. Im Werk der Akademie der bildenden Künste ist dieser noch stärker in seinen Details herausgearbeitet. In Versailles befindet sich eine weitere Replik des Porträts Maria Theresias von Joseph Ducreux, welches diesmal in Öl auf Leinwand gefertigt wurde und wiederum als Vorlage für eine Tapisserie von Michel Henri Cozette diente. Das Gegenstück dazu bildet eine weitere Tapisserie in Versailles mit dem Bildnis Josephs II., welche ebenfalls auf ein originales Ducreux-Porträt des Kaisers rekurriert.23 In Xavier Salmons Aufsatz über die Porträts der kaiserlichen Familie von Joseph Ducreux wird ein Pastellbildnis Josephs II. von dessen Hand angeführt, das sich heute im Département des arts graphiques des Pariser Louvre befindet (Kat. V23).24 Im Online-Inventar des Louvre wird dieses Werk jedoch einem anonymen französischen Künstler des 18. Jahrhunderts zugeschrieben und als „Portrait d’ homme de trois quarts, en uniforme bleu à collet 135

pastellbildnisse 25 Inventaire du département des Arts graphiques, Musée du Louvre, Département des Arts graphiques, Paris, URL: http://arts-graphiques.louvre.fr/detail/ oeuvres/0/14146-Portrait-dhomme-de-trois-quartsen-uniforme-bleu-a-collet-rouge (25.01.2016). 26 Angelika Schmitt-Vorster bemerkt in ihrer Dissertation zu den Porträts Josephs II., dass dieses originale Porträt von Ducreux während ihrer Forschungsarbeit nicht nachweisbar war, jedoch in Stichen überliefert ist (Inv. Nr. 179.255 (520/5), Wien Museum). Vgl. Angelika Schmitt-Vorster, Pro Deo et Populo: Die Porträts Josephs II. (1765–1790). Untersuchungen zu Bestand, Ikonographie und Verbreitung des Kaiserbildnisses im Zeitalter der Aufklärung, Diss. phil., München 2006, S. 74 (Fn 276).

27 Vgl. Michael Yonan, Pompeo Batoni Between Rome and Vienna, in: Source: Notes in the History of Art, 26, No. 2, 2007, S. 32-37; vgl. Angelika Friederike Vorster, Pompeo Batonis Bildnis Kaiser Joseph II. und des Großherzogs von Toskana (1769): Deutung –  Rezeption – Verbreitung, in: Jahrbuch des Kunsthistorischen Museums Wien, 2, 2001, S. 105-120. 28 Schmitt-Vorster 2006, S. 38ff, 77ff. 29 Ebd., S. 37.

30 Ebd., S. 82; Gazette de Vienne, vom 12. Juli 1769. 31 Vgl. Salmon 2006.

32 Sowie die Zeichnung Schmutzers: Musée d’Art et d’histoire, Genf, Inv. Nr. 1947-43.

33 Vgl. das Porträt Josephs, 1762 datiert, Fondation Martin Bodmer, Genf.

rouge“ betitelt.25 Dabei handelt es sich eindeutig um das Bildnis Josephs II. Es wird sich hier mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um jene Vorlage für die Tapisserie handeln.26 Das Klagenfurter Pastellporträt Josephs II. (Kat. 79) steht in einem direkten Zusammenhang mit diesem Werk, wobei sich leichte Abweichungen feststellen lassen: So ist die linke Hand, die unter die Weste des Kaisers wandert, in Paris nicht auszumachen. In der Tapisserie in Versailles hingegen findet sich diese Geste wieder, wobei die Positionierung des linken Arms in einem stimmigeren Verhältnis zum Oberkörper des Dargestellten umgesetzt wurde, als es in Klagenfurt der Fall ist. Beide Pastellbildnisse in Klagenfurt wie im Louvre zitieren das berühmte Doppelporträt von Joseph II. und Leopold, welches ebenfalls 1769 in Rom vom italienischen Maler Pompeo Batoni geschaffen wurde. Batoni wurde im Zuge einer Reise der beiden Brüder, um dem Konklave während der Wahl des neuen Papstes Clement XIV. beizuwohnen, mit jenem Doppelporträt beauftragt (Kat. V6, S. 83).27 Das dabei entstandene Gemälde fand in Folge weite Verbreitung in zahlreichen Repliken und ausschnitthaften Kopien. War das Bildnis Josephs II. nach dessen Kaiserkrönung noch stark von der Bildpolitik Maria Theresias geprägt, so manifestiere sich in Batonis Kaiserbildnis – wie Angelika Schmitt-Vorster ausführt – eine Ablösung zu einer Zeit, als sich auch das politische Profil Josephs II. stärker ausprägte.28 Als „Initiationspunkt für die bildliche Erfassung der Person des Kaisers“29 und als Vorlage für zahlreiche Kopien bzw. Zitate von Batonis Werk kommt dem Porträt ein außerordentlicher Stellenwert zu. Das Klagenfurter Pastell steht damit einerseits mit dem von Ducreux 1769 in Wien geschaffenen Dreiviertelporträt im Zusammenhang sowie mit Batonis Kniestück. Das Doppelporträt wurde am 27. Juni 1769 nach Wien versandt,30 gelangte also zu einer Zeit an den Hof, als Ducreux in der Kaiserstadt zugegen war (sein Aufenthalt in Wien erstreckte sich von Februar bis November 1769) 31. Es ist davon auszugehen, dass Ducreux Batonis Werk hier gesehen hat und eine kleinere Kopie in Dreiviertelansicht, ebenfalls nach halb links gewendet, anfertigte. Wir können davon ausgehen, dass ihm der Kaiser nicht persönlich Porträt saß. Ducreux übersetzte den Händedruck zwischen Leopold und Joseph dabei so, dass er die Hand Josephs unter seine rot-weiß-rote Schärpe wandern ließ. Die Klagenfurter Variante lässt sich darüber hinaus mit Zeichnungen des Kupferstechers Jacob Schmutzer (Kat. V24)32 in Verbindung bringen, die derselbe kurz nach 1770 fertiggestellt hatte und von denen man zuvor annahm, dass sie sich auf das Porträt Josephs aus einer Serie Jean-Étienne Liotards der Kinder Maria Theresias von 1762 beziehen.33 Im catalogue raisonné zu Liotard werden diese Zeichnungen allerdings nicht mehr mit Liotard in 136

34 Renée Loche und Marcel Roethlisberger, Liotard: catalogue, sources et correspondance , Bd. 1, Doornspijk 2008, S. 549f.

35 Vgl. Salmon 2006.

Verbindung gebracht, sondern nur mehr als Werke Schmutzers geführt.34 Seine Zeichnungen beziehen sich – und das ist im Vergleich deutlich erkennbar – nicht auf Liotards Porträt Josephs, sondern vielmehr auf Batonis Gemälde bzw. auf Ducreux’ nachfolgende Kopie. Schmutzer übernimmt zwar den nach halblinks gewendeten Porträtkopf, jedoch nimmt er bezüglich Gestik und Armhaltung Änderungen vor. Seine Zeichnungen zeigen, wie der Künstler verschiedenste Möglichkeiten gestischer Handbewegungen durchexerziert. Es ist schwer rekonstruierbar, welchen Nukleus das in der Sammlung der Elisabethinen befindliche Pastell in der Bildfolge hat, allerdings wäre es – nicht zuletzt aufgrund der stilistischen Ähnlichkeit des Klagenfurter Pastells mit dem Pariser Werk und der Tapisserie aus Versailles – möglich, dass es eine zweite Variante von Ducreux oder von einem Mitarbeiter seiner Werkstatt darstellt. Xavier Salmon weist darauf hin, dass in Wien verschiedene Versionen von Porträts der kaiserlichen Familien entstanden, von denen aber nur insgesamt elf nach Frankreich reisten.35 AZ

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Die Einsiedlerbilder die einsiedlerbilder

80 Vier Kaiserkinder bei der Strohverarbeitung vor 1775 anonym Öl auf Leinwand, 82,8 × 60 cm Inv. Nr. 100

81 Drei Kaiserkinder bei der Holzarbeit vor 1775 anonym Öl auf Leinwand, 83,2 × 60,5 cm Inv. Nr. 101

82 Zwei Kaiserkinder bei der Lektüre vor 1775 anonym Öl auf Leinwand, 83 × 61 cm Inv. Nr. 102

83 Zwei Kaiserkinder beim Gemüseschneiden vor 1775 anonym Öl auf Leinwand, 83 × 59,5 cm Inv. Nr. 103

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die einsiedlerbilder

v25 Josefa, Karoline und Marie Antoinette, Erzherzoginnen von Österreich um 1760 Johann Christoph von Reinsperger Aquarell auf Elfenbein Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. E 20449-B, PortMin 10,27

1 Das Gemälde mit der Inv. Nr. 101 (Kat. 81) wurde 1980 in der Ausstellung „Maria Theresia und ihre Zeit“ in Schloss Schönbrunn gezeigt. Im Katalog zur Ausstellung werden jedoch nur drei Gemälde der Kaiserkinder als Einsiedler erwähnt. Tatsächlich umfasst die Serie jene vier Gemälde. Siehe Walter Koschatzky (Hg.), Maria Theresia und ihre Zeit. Zur 200. Wiederkehr des Todestages, Ausst.-Kat. Schloss Schönbrunn, Wien 1980, Salzburg und Wien 1980, S. 209, Nr. 34,05.

2 Vgl. außerdem Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung,  Inv. Nr. E 20411-B (Kat. V34, S. 167),  Inv. Nr. E 20276-B sowie Inv. Nr. E 20326-B.

In der Sammlung der Elisabethinen haben sich fünf großformatige Darstellungen Maria Annas und ihrer Geschwister, verkleidet als Einsiedler mit über die Schultern geworfenen, weiten Kapuzen und in Kutten gehüllt, erhalten. Vier davon bilden eine Serie von Gruppenporträts, welche die Kinder Maria Theresias und Franz Stephans in braunen Mönchsgewändern beim Verrichten diverser Tätigkeiten festhalten (Kat. 80-83).1 Die Kaiserkinder sind in der Rolle von Eremiten dargestellt, was neben deren Aufmachung die Abgeschiedenheit der Landschaft suggeriert. Sie sind entgegen ihrer kaiserlichen Herkunft mit „niederen“ Arbeiten wie dem Flechten von Körben und Hüten, der Holzarbeit oder dem Schneiden von Gemüse beschäftigt. In einem Gemälde haben sich zwei Kinder hinter einen Felsen zurückgezogen, sie halten Bücher in den Händen und sind in ihr Studium vertieft (Kat. 82). Kontrastierend zum dominanten Dunkel des Felsens und der in der Verborgenheit stattfindenden Handlung wird auf der rechten Seite der Blick ins Helle frei, auf eine Bucht und in der Ferne liegende Stadt. Alle vier Darstellungen zeichnet aus, dass die Protagonisten weniger tatsächlich bei einer Tätigkeit abgebildet sind, als vielmehr diese Tätigkeiten durch Insignien repräsentieren oder andeuten. So wirkt etwa die Gemüseschneiderin kraftlos. Es scheint also, als ob es um den Verweis auf die Demut der kaiserlichen Kinder ginge, indem sie in einem ärmlichen Kontext gezeigt werden. Die repräsentative, insignierende Funktion wird verstärkt durch den starken Porträtcharakter der frontal aus dem Bild herausschauenden Kinder und dem damit einhergehenden Betrachterbezug. Die Köpfe der Kaiserkinder wirken auf allen vier Gemälden wie aufgesetzt. Sie sind nicht auf die Bewegungen der Körper bezogen und erscheinen damit starr. Der Maler wird sich hier anderer Porträtvorlagen bedient haben, sehr unwahrscheinlich, dass die Kinder hierfür Porträt gesessen haben. Vergleicht man die Köpfe mit Miniaturbildnissen, die Johann Christoph von Reinsperger zugeschrieben werden und die sich heute im Miniaturenkabinett der Präsidentschaftskanzlei in der Wiener Hofburg befinden, lassen sich zum Teil völlig idente Köpfe erkennen (Kat. V25).2 Auch hier wirken die Köpfe wie appliziert und stehen nur wenig in einem stimmigen Verhältnis mit dem sie tragenden Körper.

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die einsiedlerbilder

v26 Kinder der Maria Theresia bei einer Theateraufführung um 1765 Schule Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 226 × 151,5 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_3145

3 Laut der Korrespondenz waren die vier Gemälde für das Zimmer Nr. 5 bestimmt. Vgl. Erzherzogin Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Juni 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2. 4 Johann Michael von Herbert, Beschreibung Über die in den Erz-herzoglichen Schloß-gebäu nächst dem Elisabethiner Kloster zu Klagenfurt befindlichen Mobiliar und anderen Hausgerätschaften, 15. Juni 1776, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt.

Die Positionierung der Figuren in den kulissenhaften Landschaften erinnert an die gemalten Theaterszenen von Johann Franz Greipel, Johann Georg Weikert und der Werkstatt Martin van Meytens’ (Kat. V26). Es ist durchaus möglich, dass diese Künstler auch für die Entstehung der vier Gemälde der Kaiserkinder als Einsiedler verantwortlich sind. In einem Brief vom 5. Juni 1775 an Baron Herbert, welcher für die Ausstattung des Klagenfurter Palais zuständig war, spricht die Erzherzogin Maria Anna diese vier Gruppenporträts explizit als die „4 einsidler bilder“ an.3 Folglich ist klar, dass die Gemälde in Wien entstanden sein müssen. Baron Herbert fertigte ein Jahr später auf Wunsch Maria Annas eine Inventarliste an, welche als Beschreibung des gesamten Mobiliars der Residenz all jene Ausstattungsstücke auflistet, die mit den großen Transporten 1775 nach Klagenfurt gelangten. 4 Der Baron verzeichnet hier jene vier Einsiedlerbilder als auf der erzherzoglichen Seite im ersten Stock in Zimmer Nr. 5 – so wie es Maria Anna vorgesehen hatte – befindlich. Außerdem erwähnt er sechs weitere Einsiedlerbilder, die im gleichen Trakt in Zimmer Nr. 7 gehängt wurden. Jene zusätzlichen sechs Bilder nennt die Erzherzogin jedoch in den uns erhaltenen Briefen nicht. Eines dieser sechs Gemälde könnte das Einzelporträt einer Erzherzogin als Eremitin in weißer Kutte (Kat. 84) aus der Klagenfurter Sammlung sein. Das Ölgemälde zeichnet sich durch sein relativ großes Format von 103 cm auf 84,5 cm aus. Die Dargestellte hat sich auf einem Stuhl niedergelassen und blickt den Betrachtern und Betrachterinnen direkt entgegen. Auf ihrem Schoß sitzt ein brauner Hund von sehr schlanker Statur, um seinen Hals trägt er ein relativ breites Metallband, an dem eine rote Leine befestigt ist. Sein linkes Pfötchen liegt sanft in der Hand der Erzherzogin. Direkt darüber, zwischen Oberkörper und Arm, lugt ein Holzkreuz hervor, das an einem um ihre Kutte gebundenen Seil hängt. Rechts der Erzherzogin lehnt ein Gehstock, links von ihr im Hintergrund befindet sich ein mit Gemüse gefüllter Korb. Im Fokus steht die einsame Erscheinung einer Eremitin, die das Bildnis dem Sujet des Einsiedlertums entsprechend durch ihre ruhige Haltung dominiert. Der Hintergrund, ein gleichmäßiges Schwarz, hüllt sie in ein undefiniertes Dunkel. Eine ovale Holzrahmung wurde malerisch in das Porträt integriert, damit wird das Bildnis der Erzherzogin als ein Bild im Bild präsentiert. Die Identität der Dargestellten lässt sich nicht sicher bestimmen. Die Ähnlichkeit mit anderen Darstellungen spricht für Erzherzogin Maria Amalia, jedoch ist auch eine Darstellung ihrer jüngeren Schwester Maria Karolina denkbar. Für Erstere spricht, dass auf der Rückseite der Leinwand die Reste eines heruntergerissenen Etiketts zu finden sind, die die drei Buchstaben „Ama“ aufweisen. 140

84 Erzherzogin in weißer Kutte mit Hund o. D. anonym Öl auf Leinwand, 103 × 84,5 cm Inv. Nr. 91

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die einsiedlerbilder

5 Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil., Wien 1964, S. 112f.

6 Renate Zedinger, Franz Stephan von Lothringen (1708–1765). Monarch, Manager, Mäzen, Wien, Weimar und Köln 2008, S. 267-268. 7 Zum Begriff der „Pietas Austriaca“ siehe Anna Coreths wegweisende Studie, in der sie die religiöse Untermauerung der habsburgischen Herrschaft im 17. Jahrhundert in unmittelbarer Beziehung zur großen katholischen Reform jener Zeit analysiert.  Vgl. Anna Coreth, Pietas Austriaca. Ursprung und Entwicklung barocker Frömmigkeit in Österreich, 2. erweiterte Auflage, München und Wien 1982.

8 Ebd., S. 5ff.

9 Zedinger 2008, S. 267-268, Fn. 29 und 30; HHStA, Familien-Urkunden 2011/2012: Reflexions chretiennes et courtes prières (Original und Abschrift) und HHStA, Familien-Urkunden 2011/2012: Lermit dans le monde (Original und Abschrift).

Die Beschriftung könnte die Porträtierte also in der Vergangenheit als Maria Amalia bezeichnet haben. Die Verbindung zwischen Maria Anna und Maria Amalia soll eine sehr herzliche gewesen sein. Sie reiste zum ersten Mal im Juni 1783 aus Parma an, um ihre ältere Schwester in Klagenfurt zu besuchen. Sogar noch nach dem Tod Maria Annas hielt sie brieflichen Kontakt mit Oberin Gasser und ließ dem Kloster auch weiterhin Geschenke zukommen.5 Welche fünf weiteren Gemälde mit dem Begriff „Einsiedlerbilder“ angesprochen sein könnten, ist unklar. Offensichtlich ist, dass dieses Bildsujet für Maria Anna von Bedeutung gewesen sein muss, denn inhaltlich werden im erhaltenen Archivmaterial bestehend aus der Korrespondenz mit Baron Herbert oder ihrem Testament die übrigen Porträts kaum angesprochen. Diese Form der Selbstinszenierung als Eremit ist Ausdruck eines Frömmigkeitsgedankens, den Franz Stephan von Lothringen verinnerlicht hatte und welchen er an seine Kinder, insbesondere an seine ihm sehr nahestehende Tochter Maria Anna, vermittelte. Als Lothringer unterlagen seine Glaubenssätze stärker dem französischen Kultureinfluss und waren vor allem von der vom Jansenismus verbreiteten Lehre der göttlichen Gnade und dem Gedankengut der Aufklärung geprägt. Dennoch war Franz Stephan selbstverständlich die barocke Frömmigkeit des Wiener Hofes nicht fremd, und er zelebrierte in strenger Pflichterfüllung das religiöse Zeremoniell.6 In der Zeit der Gegenreformation des 17. Jahrhunderts bildete sich unter dem Begriff der sogenannten „Pietas Austriaca“ ein Katholizismus habsburgischer Prägung heraus.7 Grundlegend für die religiöse Haltung der Habsburger war die Überzeugung, dass ihre Herrschaft für das Reich und für die Kirche eine von Gott gegebene sei. Diese spezifische Frömmigkeit war nicht nur verpflichtendes Erbe der Dynastie, sondern sollte auch auf das Volk wirken. In der Rekatholisierung Österreichs durch die Habsburger spielten vor allem die neueren Orden, die Jesuiten, Kapuziner, die reformierten Karmeliter und Piaristen, eine wichtige Rolle als Vermittler zwischen Dynastie und Volk.8 Franz Stephan brachte seine Lebensphilosophie und seine christlichen Überlegungen sogar zu Papier, zum einen in dem Büchlein „Réflexions chrétiennes et courtes prières“ und zum anderen in der 165 Seiten umfassenden Schrift „L’ermite dans le monde“, einer Abhandlung über das Einsiedlerdasein in der Welt. Er beschreibt darin das Streben nach einem gottgefälligen Leben und gibt praktische Anweisungen für den Alltag, die vom täglichen Gebet bis hin zur Rolle in der Gesellschaft handeln.9 Der Titel deutet an, dass es nicht um eine Flucht des Einsiedlers aus dieser Welt geht, sondern vielmehr um ein inneres Einkehren und um ein Besinnen auf die wahren Werte und Wunder 142

10 Ebd.

11 Robert Keil, Die Porträtminiaturen des Hauses Habsburg, Wien 1999, S. 54, Kat. 63; Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. E 20502-B. 12 Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Grafiksammlung, Inv. Nr. E 20480-B.

13 Insgesamt existieren zwei solcher Porträt- miniaturen-Tableaus aus der Hinterlassenschaft der Erzherzogin Maria Anna. Siehe hierzu das Kapitel „Porträtminiaturen und kleinformatige Bildnisse“, Kat. 103 und 104, S. 170 und 173. Bei den hier ange- sprochenen Miniaturen handelt es sich um die mit den Nummern 31 und 50 gekennzeichneten Bilder.

der Schöpfung.10 Diese Auseinandersetzung mit dem Eremitentum brachte er auch bildlich zum Ausdruck: etwa in einer Aquarellminiatur, die den Kaiser im Mönchsgewand zeigt und laut einer Inschrift auf der Rückseite des Bildes von ihm selbst gemalt worden sein soll.11 Von Franz Stephans Bruder Karl Alexander existiert ebenso eine Aquarelldarstellung, die den Lothringer in einem braunen Mönchshabit präsentiert.12 Interessant ist, dass auch der Konvent der Elisabethinen über zwei Miniaturen verfügt, die Franz Stephan und seinen Bruder Karl Alexander von Lothringen als Mönche zeigen (Kat. 104). Es handelt sich dabei um Darstellungen der beiden in jüngerem Alter. Die zwei Kleinformate sind in einem mit rotem Samt überzogenen Karton eingelassen und Teil eines zusammenklappbaren, in braunem Leder gebundenen Tableaus, das Miniaturbildnisse von Mitgliedern der Habsburgerfamilie sowie des Hofstaates umfasst.13 Das Bildmotiv der Herzöge als Einsiedler war damit auf lothringischer Seite bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts üblich gewesen. Franz Stephan von Lothringen scheint diesen Glaubensansatz und die Tradition einer bildlichen Repräsentation als Einsiedler forciert und an seine Kinder weitergetragen zu haben. AZ

143

maria theresia und franz stephan maria theresia und franz stephan

85 Franz Stephan im Turquerie-Kostüm o. D. anonym Öl auf Leinwand, 93,5 × 73,5 cm Inv. Nr. 421

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86 Maria Theresia im Turquerie-Kostüm o. D. anonym Öl auf Leinwand, 93 × 73 cm Inv. Nr. 422

maria theresia und franz stephan im turquerie-kostüm

1 Zum Kontext des höfischen Festes siehe beispielsweise Andrea Sommer-Mathis, Spectacle müssen sein, in: Michael Krapf und Cornelia Reiter (Hg.),  Das Zeitalter Maria Theresias. Meisterwerke des Barock, Ausst.-Kat. Musée national d’histoire et d’art Luxemburg 2006/2007, Luxemburg und Wien 2006, S. 34-45 sowie Karl Vocelka, Glanz und Untergang der höfischen Welt. Repräsentation, Reform und Reaktion im habsburgischen Vielvölkerstaat, Wien 2001, S. 185-234.

In der Sammlung des Elisabethinen-Konvents existiert ein Bildnispaar, das Maria Theresia und Franz Stephan in sichtbar orientalisierter Gewandung und mit Masken in Händen zeigt (Kat. 85 und 86). Auf dem Kopf trägt Maria Theresia einen hohen, weißen und mit Edelsteinen und einem schwarzen Federbusch verzierten Turban, ihr Körper ist in einen mit Hermelinbordüre und Goldstickereien besetzten blauen Samtmantel gehüllt, der den Blick auf ein offenbar aus derselben Stoffkombination bestehendes Kleid freigibt. Auf ihrer Hüfte sitzt ein goldener Gürtel mit großen, schellenförmigen Schnallen, der einen reich verzierten Dolch hält. In der rechten Hand hält sie eine Maske, während ihre linke Hand in den Stoffmassen verschwindet. Auch Franz Stephan trägt einen – kleiner und kugelförmiger ausfallenden bzw. etwas zurückhaltender dekorierten – Turban aus blauem und weißem Stoff, einen hermelinverbrämten blauen Mantel und einen goldenen Gürtel, in dem ein Dolch steckt. Über seinem mit runden Knöpfen versehenen roten Kleid legt sich eine dünne, mit Edelsteinen versehene Schärpe. Die rechte Hand in die Hüfte gestemmt, präsentiert auch er in der Linken eine Maske mit einem schwarzen Schnurrbart. Das Bildnis Franz Stephans weist Pentimenti auf, die das Ergebnis einer inhaltlichen Umarbeitung bzw. Neukontextualisierung des Gemäldes gewesen sein könnten. Sowohl die an den Rändern des Kopfes sichtbar werdende Perücke als auch der deutlich ausgearbeitete, ausgestreckte Zeigefinger unter der Maske deuten darauf hin, dass das Gemälde möglicherweise zunächst als Einzelbildnis konzipiert wurde, das erst später als Pendant zum Porträt Maria Theresias umfunktioniert wurde und man dafür die gelockte Perücke nachträglich übermalte bzw. den Turban sowie die Maske hinzufügte. Die Masken in den Händen Franz Stephans und Maria Theresias erzeugen den Eindruck, als ob es sich um eine Selbstinszenierung des Herrscherpaars im Rahmen eines der am Wiener Hof zwischen 1743 und 1744 zahlreichen Maskenbälle handle.1 Die Bildnisse Maria Theresias und Franz Stephans dokumentieren jedoch weniger eine konkrete (Ver-)Kleidung des Paares für eine Ballveranstaltung, sondern zitieren auf spezifische und je unterschiedliche Weise eine in ihrem Kontext völlig anders gelagerte Bildkonzeption, die einer Arbeit des Künstlers Jean-Étienne Liotard entstammt. Dieser hatte sich zwischen 145

maria theresia und franz stephan 2 Bei Hof erregte Liotard als „exotischer“, da in osmanischer Kleidung auftretender Künstler Aufmerksamkeit bei Maria Theresia und wurde in der Folge auch für seine künstlerischen Arbeiten hochgeschätzt. Dies ist einerseits durch mehrere Bildnisse, die die Monarchin von sich anfertigen ließ, belegt, aber auch durch einen Brief an den Grafen Mercy D’Argenteau vom 2. Februar 1780, in dem sie ihre Vorliebe für Liotard aussprach. Insgesamt sind drei Besuche des Malers in Wien dokumentiert. Glaubt man den Aufzeichnungen von Liotards Sohn, der eine Biografie seines Vaters verfasste, war der Erfolg von dessen erstem Porträt in Wien derart groß, dass mindestens 30 Personen des Hofes und des hohen Adels eine Kopie davon verlangten bzw. eigene Porträts in Auftrag gaben, woraufhin Liotard eine eigene Werkstatt zur Reproduktion seiner Arbeiten einrichtete. Vgl. Walter Koschatzky, Jean-Étienne Liotard in Wien, in: Ders. (Hg.) Maria Theresia und ihre Zeit. Eine Darstellung der Epoche von 1740–1780 aus Anlaß der 200. Wiederkehr des Todestages der Kaiserin, Salzburg und Wien 1979, S. 308-319. Liotard porträtierte zwischen 1743-45, wie er 1760 notiert, sechs Mitglieder der kaiserlichen Familie in diversen Techniken, namentlich „l’Imperatrice Mère, l’Empereur, l’Imperatrice Reine, la Princesse sa soeur, le Prince Charles de Lorraine, & l’ainée Archiduchesse“. Zwei Jahre nach diesem Vermerk, 1762, malte er erneut Maria Theresia und Franz Stephan und fertigte Zeichnungen ihrer zwölf Kinder an, im Jahr 1778 porträtierte er Joseph II. und Erzherzog  Ferdinand. In den Bildnissen Maria Theresias und Franz Stephans nützte er immer wieder dasselbe Modell, das er millimetergenau wiederholte und entsprechend der Instruktionen der Kaiserin (sic!) mit verschiedenen Kleidungsstücken besetzte. Im Gegensatz zu den Ergebnissen seines ersten Aufenthalts wurden diese Bildnisse aber nicht mehr in demselben Maße von anderen Künstler/innen reproduziert bzw. adaptiert. Vgl. Renée Loche und Marcel Roethlisberger, Liotard: catalogue, sources et correspondance, Bd. 1 und 2, Doornspijk 2008, S. 299, 636 bzw. 538. Siehe in diesem Zusammenhang auch Jean-Étienne Liotard, Die Kinder der Kaiserin. Zwölf farbige Bildnisse der Kinder Maria Theresias, hg. von Frieda Beerli, Wiesbaden 1955 sowie Anne de Herdt, Les Habsbourg prennent la pose / Liotard à Vienne, Paris 1993, S. 53-76. 3 Zur Frage, inwiefern Liotards Arbeiten weniger als „authentische“ und neutrale Dokumentationen fungieren, sondern einen exotisierenden (männlichen) Blick voraussetzen wie konstituieren – etwa durch die Erzeugung von inhaltlichen Leerstellen (z.B. die Positionierung der Protagonistinnen vor einer kahlen Wand) oder durch die Auslöschung auktorialer Präsenz –, siehe Nina Trauth, Orientalismus im Porträt des Barock, Berlin und München 2009. Hinsichtlich der besonderen materiellen Beschaffenheit der Gemäldeoberflächen, die Liotard u.a. zur Darstellung des Inkarnats seiner Sujets nützte, siehe außerdem Marianne Koos, Malerei ohne Pockenspuren. Oberfläche im Werk von Jean-Étienne Liotard, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 70, 4, 2007, S. 545-572. 4 Der Text unter dem Stich lautet: „Une Dame Franque de Pera à Constantinople recevant visite. / Dessiné d’aprés nature à Constantinople par J. Étienne Liotard. / Les visages gravez à Vienne par lui meme, et les figures par Joseph Cameratta. / Paris chés l’auteur rue de la Corderie; Rue S. Jacques chés la V.e Chereau au 2. Pilliers d’Or; Et chés Andran a la Ville de Paris“. Vgl. Renée Loche und Marcel Roethlisberger, Liotard: catalogue, sources et correspondance, Bd. 1 und 2, Doornspijk 2008, S. 278f, Kat. 72. 5 Eremitage Bayreuth, Altes Schloss, Inv. BayrEr. G6 und BayrEr. G7,  um 1750 datiert. 6 Maria Theresia mit Maske im Turquerie-Kostüm, 1743-45, anonym,  Öl auf Leinwand, Privatsammlung.

1738 und 1742 in Konstantinopel aufgehalten und seine Eindrücke von dieser Reise in verschiedenen Zeichnungen festgehalten, welche später am Wiener Hof bekannt wurden.2 Auf diesen sind Frauen in osmanischer Kleidung dargestellt, zumeist innerhalb nicht näher lokalisierter Interieurs, beispielsweise in melancholischer Pose auf einem Sofa sitzend.3 Eine dieser Frauendarstellungen, auf der, wie Liotard auf einem in Wien gemeinsam mit Joseph Cameratta ausgeführten Nachstich seiner Zeichnung vermerkt (Kat. V27), eine „Dame Franque de Pera à Constantinople“4 zu sehen sei, bildet das Vorbild für das Klagenfurter Bildnis Maria Theresias, das Liotards Darstellung in den Kontext höfischer Repräsentation überträgt. Diese Zeichnung bzw. der eben angeführte Stich von Liotard zeigen eine Frau und ein junges Mädchen in einem nicht näher identifizierten Interieur. Beide tragen eine schmuckvolle osmanische Tracht und stehen, nicht weit von einem Sofa entfernt, auf einem reich ornamentierten Teppich. Während die Frau eine Hand ausstreckt und zur Seite blickt, und eine/n Besucher/in zu begrüßen scheint, blickt das Mädchen in Richtung der Betrachter/innen. Bis vor Kurzem wurden drei Beispiele der zeitgenössischen Umarbeitung dieses Bildmotivs Liotards dokumentiert, in denen jeweils die Frauenfigur aus dieser Szenerie heraus isoliert und mit dem Porträt Maria Theresias amalgamiert wurde. Sie befinden sich heute in Schönbrunn (Kat. V28), in Bayreuth5, wo sich, wie in Klagenfurt, das seltene Pendantbildnis von Franz Stephan im Turquerie-Kostüm erhalten hat, sowie in einer Privatsammlung.6 Eines davon wird erst 1930 zum ersten Mal in Publikationen als anonymes österreichisches Gemälde angeführt, das der Nachfolge Liotards um 1979 zugeschrieben wird. Alle drei Bildnisse wurden im Zeitraum von Liotards erstem Aufenthalt in Wien datiert, sind allerdings nicht von ihm angefertigt worden, wie Roethlisberger und Loche in ihrem Catalogue raisonné zu Liotard anhand bestimmter Details der Frisuren bzw. der Mützen festgestellt haben. Ein gänzlich von Liotard gemaltes Original scheint nie existiert zu haben.7 Das Klagenfurter Gemälde Maria Theresias bildet ein weiteres Exemplar eines sich auf die erwähnte Zeichnung Liotards beziehenden Typus des orientalisierenden barocken Bildnisses. Im Gegensatz zu den drei bisher publizierten Beispielen Maria Theresias im 146

v27 Dame de Péra et filette 1744 Jean-Étienne Liotard (Köpfe), Joseph Cameratta (Körper) Radierung, 30,9 × 24,3 cm Musée d’Art et d’Histoire, Genf, Inv. Nr. E 2010-0028

7 Loche/Roethlisberger 2008, S. 313f, Kat. 116. Es ist allerdings möglich, dass die mit den Bildnissen Maria Theresias im Turquerie-Kostüm authentischen Kleider und Kostüme im Atelier zur Verfügung standen, da Liotard einen Koffer mit Kleidungsstücken importiert hatte und sie zuweilen für Porträtzwecke verlieh. Vgl. ebd. 8 Wir danken Dr. Marianne Koos für diesen Hinweis. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Suraiya Faroqhi, Kultur und Alltag im Osmanischen Reich. Vom Mittelalter bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts, München 1995, S. 125ff. 9 Vgl. in diesem Zusammenhang beispielsweise Vocelka 2001, S. 135-178.

v28 Maria Theresia in türkischem Kostüm um 1744 Martin van Meytens zugeschrieben Öl auf Leinwand, 97 × 76,5 cm Schloss Schönbrunn, Wien, Inv. Nr. SKB 001407

Turquerie-Kostüm zeugt das Klagenfurter Gemälde von einer stärkeren Transformation des Liotard’schen Bildmotivs: Während Franz Stephans Gewandung weitgehend den historischen osmanischen Kleidungskonventionen entspricht, weicht die Darstellung Maria Theresias klar von diesen ab, indem sie anstatt mit einer flachen verzierten Mütze mit einem Turban – einem männlich konnotierten Kleidungsstück – geschmückt ist.8 Im Fokus des Bildnisses Maria Theresias steht also nicht die Vermittlung „authentischen“ bzw. „dokumentarischen“ zeitgenössischen Wissens um den „Orient“. Vielmehr erweist sich das Porträt als eine Fiktion, die auf eine durch einen westlichen Künstler vermittelte bildliche Repräsentation einer anderen Kultur zugreift, um sie für eigene Zwecke nutzbar zu machen: Die Masken fungieren in diesem Zusammenhang als symbolische Zeichen der Differenz, die die dargestellte Situation, das Kaiserpaar „als Türken“, als Inszenierung erkennbar macht, die keine soziale Realität widerspiegelt – das Habsburgerreich führte schließlich noch unter Karl VI. Krieg gegen das Osmanische Reich9 –, sondern eine machtpolitische Funktion innehat. Wie Nina Trauth in ihrer Dissertation zum Orientalismus im Porträt des Barock gezeigt hat, kann die in der Maskerade angedeutete Situation des „Spiels“ mit einem am Wiener Hof praktizierten Preisspiel, dem sog. „Türkenkopfschießen“, parallelisiert werden, bei dem Nachahmungen von abgeschnittenen Köpfen der Feinde getroffen werden 147

maria theresia und franz stephan 10 Trauth 2009, S. 177-178.

11 Vgl. Michael Yonan, Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park, Pa. 2011, S. 1-11.

mussten.10 In den Klagenfurter Bildnissen Maria Theresias und Franz Stephans wird ein solches Narrativ des Sieges über das Osmanische Reich allerdings noch deutlicher erzeugt: So haben beide Monarchen hier nicht nur die Kleidung ihrer Gegner inkorporiert: Maria Theresia zeigt sich darüber hinaus im Besitz einer osmanischen Waffe und artikuliert sich so als Herrscherin über Abend- und Morgenland. Die Appropriation von Turban und Dolch ist dabei zugleich eine doppelte: Zum einen steht sie in Bezug auf das Osmanische Reich symbolisch für dessen Einverleibung; zum anderen untermauert die Aneignung „männlicher“ Statussymbole die Voraussetzung dafür: den eigenen Herrschaftsanspruch Maria Theresias, den sie nur mittels eines männlichen Titels erben konnte, da bei den Habsburgern weibliche Titel nicht mit Macht verknüpft waren.11SK

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johann baptist lampi die porträts von johann baptist lampi

1 Das Datum ist falsch: Wahrscheinlich meinte sie 1781, denn 1791 war die Erzherzogin Maria Anna bereits zwei Jahre tot. 2 Zit. nach Adolf Innerkofler (Hg.), Eine große Tochter Maria Theresias: Erzherzogin Marianna, in ihrem Hauptmonumente, dem Elisabethinen-Kloster zu Klagenfurt. Jubelgabe zur Feier des 200jährigen Bestehens vom Elisabethinen-Konvent, Klagenfurt 1993 [1910], S. 94. Vgl. dazu auch Xaveria Gasser, Geschichte des Elisabethiner-Klosters zu Klagenfurt, in welchem die durchlauchtigste Erzherzoginn von Oesterreich Marianne bis an ihr seliges Ende gelebt hat, Salzburg 1794. Zu Biografie und Werk des Johann Baptist Lampi siehe u.a. Ingrid Sattel Bernardini, S. Träger und Andrzej Ryszkiewicz, Lampi, in: Grove Art Online. Oxford Art Online, Oxford University Press,  URL: http://www.oxfordartonline.com (27.1.2016); Paul F. Schmidt und Karl Wilczek, Lampi der Ältere, Johann Baptist, in: Ulrich Thieme und Felix Becker (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 22, Leipzig 1928, S. 272-275; Nicolò Rasmo (Hg.), Giovanni Battista Lampi. 1751–1830. Catalogo della mostra, Ausst.-Kat. Castello del Buonconsiglio, Trento 1951, Trento 1951; Ders. (Hg.), Giambattista Lampi. Pittore, Trento 1957; Bruno Ruffini (Hg.), Dai castelli anauni alle corti europee. Giovanni Battista Lampi pittore, Ausst.-Kat. Palazzo Morenberg, Sarnonico 2001, Fondo 2001; Gert Ammann, Johann Baptist Lampi d. Ä., in: Ders., Antikensehnsucht und Heimatsuche. Meisterwerke des 18. und 19. Jahrhunderts aus dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck, Ausst.-Kat.  Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck 1994/1995, Innsbruck und Vaduz 1994, S. 46-51. 3 Ob auch Xaveria Gassers Bildnis tatsächlich von Lampi ausgeführt wurde, geht aus den Worten der Äbtissin nicht konkret hervor. Das Gemälde konnte im Rahmen des Forschungsprojekts nicht näher untersucht werden, da es nicht im Schaudepot lagert bzw. während der konservatorischen Bestandsaufnahme nicht erfasst wurde.

Die Äbtissin des Klagenfurter Elisabethinen-Konvents Xaveria Gasser, die während Maria Annas Aufenthalt in ihrer Residenz zu einer engen Vertrauten der Erzherzogin wurde, hinterließ in ihrer Geschichte des Klagenfurter Elisabethinen-Klosters eine kurze Notiz zu einem Porträtauftrag an den Porträtisten Johann Baptist Lampi: „Im Oktober des Jahres 1791 [sic!] 1 reiste ein gewisser Maler namens Lampi, ein Künstler in seinem Berufe, durch Klagenfurt. Die Erzherzogin ließ sich malen und schenkte mir das Original samt dem Bilde des Fürstbischofs von Schrattenbach. Beide zierten mein Zimmer, als die Erzherzogin auch mich malen und das Bild in die Mitte hängen ließ mit den Worten: ‚Wir drei müssen hier beisammen stehen, denn wir haben zugleich angefangen, dem Kloster aufzuhelfen‘.“2 In der Sammlung des Konvents existieren heute fünf Bildnisse, welche mit Lampi in Verbindung gebracht werden können: das Bildnis Maria Annas (Kat. 87) als Kniestück von Lampi signiert sowie eine Kopie dessen als Halbporträt (Kat. 90), das ebenfalls signierte Porträt eines ihr nahestehenden Bischofs Vinzenz Joseph von Schrattenbach (Kat. 88), das Bildnis Gassers (Kat. 91) sowie ein weiteres, von Gasser nicht weiter erwähntes Porträt des Abts Anselm von Edling (Kat. 89), ein Vertrauter der Erzherzogin, welches vom Künstler ebenso mit einer Signatur versehen wurde.3 Signatur und Datierung hat Lampi in das Porträt der Maria Anna integriert. Die Schrift an der Tischleiste unter der Marmorplatte lautet: „De Lampi pinxit An. 1781“. Die Erzherzogin trägt ein Medaillon mit einem Miniaturbildnis ihrer Mutter Maria Theresia um den Hals. In ihrer rechten Hand hält sie ein Knäuel, dessen Faden zu ihrer linken Hand führt. Dieses ikonografische Detail könnte als Verweis auf Maria Annas Leidenschaft für die Handarbeit gelesen werden, der sie in den Jahren in Klagenfurt nachging. So bestickte sie während ihres Aufenthalts in Klagenfurt zahlreiche Paramente, die heute im Kunsthaus Marianna des Konvents aufbewahrt werden. Auf Lampis Gemälde hält die Erzherzogin jedoch weder eine Nadel in der Hand, sie wird also in keiner konkreten Arbeitssituation gezeigt, noch ist eines der Messgewänder zu sehen. Zudem ist der Faden relativ grob beschaffen, scheint also kein Material zu sein, das für jene feinen Stickereien genützt wurde. Auch ist keine Spule oder ein Spinnrad zu sehen, sodass an einen ikonografischen Anschluss an die im Barock 149

johann baptist lampi

87 Maria Anna, Erzherzogin von Österreich 1781 Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand, 126 × 95 cm Inv. Nr. 270

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88 Vinzenz Joseph von Schrattenbach, Fürstbischof von Lavant und St. Andrä 1782 Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand, 126 × 95,5 cm Inv. Nr. 271

4 Wir danken Dr. Ilsebill Barta für ihren Hinweis auf eine solche Interpretation. 5 Vgl. etwa Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Inv. Nr. E 20417-B.

6 Siehe dazu den Aufsatz zur Selbstrepräsentation Maria Annas in diesem Katalog, S. 48-56. 7 Vgl. in diesem Zusammenhang den Eintrag zu Schrattenbach, Vincenz Joseph Graf, in: Constantin von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. 31, Wien 1876, S. 269-270.

8 Die Inschrift lautet: „ANSELMUS AB EDLING ABBAS AD S. PAULUM AB A. 1778–1782“.

gängige Arachne-Ikonografie gedacht werden könnte. Bemerkenswert ist zugleich, dass Maria Anna den Faden zu einem dickeren Garn zu knüpfen scheint. So mündet eine dünne Schlaufe unter ihrem Daumen in einen etwas dickeren Teil, aus dem schließlich das Fadengewirr auf der Tischplatte entsteht. Die Unordnung dieses letzten Teils des Fadens lässt eher auf ein Ab- als auf ein Aufwickeln schließen oder aber eben an einen konkreten Produktionsprozess, den des Knüpfens, denken. Geht man von einem Abwickeln aus, so könnte die Tätigkeit Maria Annas als Beschäftigung mit dem eigenen Lebensfaden, und damit als melancholisch-fromme Reflexion ihres eigenen Schicksals bzw. bevorstehenden Todes verstanden werden – was angesichts der immer beschwerlicheren Krankheitssymptome der Erzherzogin naheliegen würde. 4 Lampis Bildnis der Erzherzogin wurde offenbar vor allem in Form von Porträtminiaturen verbreitet.5 In der Sammlung des Konvents befindet sich außerdem ein Bildnis Maria Annas als Nonne, das nach dem Porträt Lampis gearbeitet wurde und die Erzherzogin im Nonnenhabit darstellt (Kat. 92). Der blaue Fadenknäuel ist hier durch ein Buch ersetzt, die linke Hand zeigt auf weitere Bücher, die auf dem Tisch positioniert sind. Aufgrund der minderen Qualität der malerischen Umsetzung ist zu vermuten, dass das Bildnis in Klagenfurt erst nach dem Tod der Erzherzogin entstand. Diese trat selbst nie in den Konvent ein, legte jedoch, wie Lampis Porträt zeigt, trotz ihrer bewusst unprätentiösen Erscheinung durchaus Wert darauf, mit den Insignien einer österreichischen Erzherzogin repräsentiert zu werden.6 Das in etwa ein Jahr später entstandene Porträt des 1777 zum Fürstbischof von Lavant und St. Andrä ernannten Vinzenz Joseph von Schrattenbach trägt den gleichen Rahmen wie Lampis Porträt Maria Annas.7 Die Signatur des Künstlers, die er wieder im Bild integriert hat, ist auf dem Briefpapier zu finden, das neben Schrattenbach auf dem Tisch liegt. Sie lautet: „De Lampi pinxit An. 1782“. Wie Maria Anna sitzt Schrattenbach auf einem fein gearbeiteten Holzstuhl, vor einem marmornen Tisch, auf dem er seinen Arm abgestützt hat. Anstatt eines Kissens allerdings lagert darunter ein blauer Stoff aus Samt. Schrattenbach, der sich wie die Erzherzogin den Betrachtern und Betrachterinnen zuwendet, trägt die violette Chorkleidung eines Bischofs und ein an der Kette befestigtes goldfarbenes Kreuz um den Hals. Sein purpurnes Birett hält er mit der rechten Hand gegen seine Brust. Die Konzeption des Bildnisses Schrattenbachs als Pendant zu dem der Erzherzogin lässt vermuten, dass der Bischof eine höchst enge Beziehung zu Maria Anna unterhielt. Im 20. Jahrhundert wurde auf der Rückseite des Gemäldes ein Etikett montiert, das den Bischof als „Christof Graf von Schrattenbach“ identifiziert. Dieser Vorname ist jedoch inkorrekt, da Christof von Schrattenbach bereits 1772, also ca. zehn Jahre vor der Herstellung des Porträts, starb. Lampis Bildnis des Anselm von Edling, das der Künstler auf der Rückseite signierte und ins Jahr 1782 datierte, fällt etwas kleiner aus als das Schrattenbachs und Maria Annas. Es zeigt den Abt des Benediktinerstiftes von St. Paul im Lavanttal außerdem nicht als Kniestück, sondern als Brustbild im schwarzen Benediktinerhabit und mit einem an einer goldenen Kette befestigten Kreuz. Identifiziert wird der Dargestellte durch eine goldene Schrift im oberen rechten Eck. Die Inschrift hält die Daten zu Edlings Amt als Abt des Stiftes St. Paul bereit,8 das am 4. November 1782 151

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89 Anselm von Edling, Abt des Stifts St. Paul im Lavanttal 1782 Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand, 66 × 49 cm Inv. Nr. 272

90 Maria Anna, Erzherzogin von Österreich nach 1781 anonym Öl auf Leinwand, 75 × 58 cm (mit Rahmen) Inv. Nr. 425

91 Xaveria Gasser, Äbtissin des Elisabethinenkonvents Klagenfurt nach 1781 anonym Öl auf Leinwand, 69 × 51 cm (mit Rahmen) Inv. Nr. 426

92 Erzherzogin Maria Anna im Nonnenhabit o. D. anonym Öl auf Leinwand, 135 × 46 (mit Rahmen) Inv. Nr. 295

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93 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich nach 1781 nach Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand, 66 × 51,5 cm Inv. Nr. 26

9 Edling wirkte nach seiner Absetzung als Abt außerdem als Pfarrer und Dechant in Wolfsberg und als Domkustos in Leoben. Die josephinische Aufklärung positiv rezipierend, verfasste er in dieser Zeit einige populäre gesellschaftskritische Schriften. Vgl. dazu die URL: http://austria-­forum.org/af/ AEIOU/Edling%2C _Wolfgang_Anselm_von (09.11.2015). 10 Im Klosterarchiv der Klagenfurter Elisabethinen lagern Kopien der Oper (Akten III.I., Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.5).

v29 Maria Elisabeth als Äbtissin des Damenstiftes Innsbruck um 1781 Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand Hof burg Innsbruck

aufgrund der zu hohen Passiva aufgehoben wurde, nachdem Kaiser Joseph II. eine Untersuchungskommission dorthin gesandt hatte. Durch die Inschrift, aber auch durch den von Lampi gewählten Ausschnitt schließt das Bildnis Edlings auf einer konzeptuellen Ebene zugleich an die Familiengalerie an. Denkbar ist, dass diese ästhetische Integration anlässlich der nachfolgenden Tätigkeit Edlings als Hofprediger in Klagenfurt erfolgte.9 Dass Edling engen Kontakt zu Maria Anna pflegte, davon zeugt etwa eine eigens für den Namenstag der Erzherzogin im Jahr 1783 verfasste „komische Oper“.10 Das Einzelbildnis der Erzherzogin Maria Elisabeth (Kat. 93) aus der Klagenfurter Sammlung schließlich ist eine von vielen Kopien nach einem Kniestück Lampis (Kat. V29), das der Künstler 1781 für sie herstellte. Ein im 20. Jahrhundert angefertigtes Etikett identifizierte die Dargestellte bisher fälschlicherweise als Maria Anna. Auf beiden Bildnissen trägt Maria Elisabeth ein dunkelblaues, mit weiß-blau gestreiften Schleifen besetztes Kleid und das Stiftabzeichen als Brosche auf der Brust. Hinter Maria Elisabeth befinden sich weitere Insignien, wie der Krummstab der Äbtissin und der auf einem roten Kissen thronende Erzherzogshut. SK

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bildnisse dreier kardinäle bildnisse dreier kardinäle

94 Christoph Anton Migazzi von Wall und Sonnenthurm, Kardinal nach 1761 anonym Öl auf Leinwand, 117,5 × 88 cm Inv. Nr. 424

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bildnisse dreier kardinäle

1 Erzherzogin Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Juni 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2.; vgl. dazu auch den Katalogeintrag zu Maria Theresia im ungarischen Krönungsornat in diesem Katalog, S. 162-164. 2 Die Kardinalsernennung Migazzis erfolgte im Jahr 1761, die von Frankenberg im Jahr 1778 und die Garampis erst 1786.  Vgl. dazu Peter Hersche, Migazzi, Christoph Graf, in: Neue deutsche Biographie, 17, Berlin 1994, S. 486-488; Heinrich Benedikt, Frankenberg, Johann Heinrich Ferdinand Joseph Johann Nepomuk Graf von, Freiherr von Schellendorf(f), in: Neue deutsche Biographie, 5, Berlin 1961, S. 349-350; sowie den Eintrag zu Garampi in: http://www.catholic-hierarchy. org/bishop/bgarampi.html (14.08.2014). 3 Vgl. ebd. 4 Benedikt 1961. 5 Hersche 1961. Siehe in diesem Zusammenhang auch Dieter Breuer, Kardinal Migazzi, Förderer und Gegner des kulturellen Wandels im theresianischen Zeitalter, in: Das achtzehnte Jahrhundert und Österreich. Jahrbuch der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des Achtzehnten Jahrhunderts, 17, Wien u.a. 2002, S. 219-220. 6 Auf dem Etikett ist zu lesen: „Christoph Bartolomäus Anton Graf Migazzi zu Wall und Sonnenturm gebohren zu Innsbruck 23. Oktober 1714, Domherr zu Trient und Brixen, k.u.k. … GEH. Rat, Anditor

In einem Brief vom 5. Juni 1775 an Baron Herbert, der die Ausstattung der Klagenfurter Residenz betraf, erwähnt Maria Anna, man solle die Bildnisse „von den Cardinalen“ neben das Porträt des Kaisers in ungarischer Tracht und das der Kaiserin in ungarischböhmischer Tracht im Zimmer Nr. 13 hängen.1 Es handelt sich dabei um die Bildnisse dreier Kardinäle, die auch noch heute im Besitz des Elisabethinen-Konvents sind: Christof Anton von Migazzi (Kat. 94), Giuseppe Garampi (Kat. 95) und Johann Heinrich von Frankenberg (Kat. 96). Gegen diese These spricht, dass nur Migazzi schon vor 1775 den Titel des Kardinals innehatte.2 Möglicherweise wurden die Bildnisse also erst später im Rahmen von Besuchen Garampis bzw. Frankenbergs an Maria Anna geschenkt. Alle drei Geistlichen machten unter der Schirmherrschaft der österreichischen Habsburger Karriere – Giuseppe Garampi war ab 1776 als apostolischer Nuntius am Wiener Hof tätig3 –, Frankenberg und Migazzi standen aber zugleich mit der aufklärerischen Politik Maria Theresias und insbesondere Josephs II. in Konflikt: So wurde Ersterer von Maria Theresia zum Erzbischof von Mecheln in den österreichischen Niederlanden nominiert und erhielt aus der Hand Josephs II. den 1778 von Pius VI. verliehenen Kardinalshut. Nach der Aufhebung der bischöflichen Seminare durch Joseph II. im Jahr 1768 weigerte er sich jedoch mehrfach, sich dieser Situation zu fügen. 4 Auch Migazzi wurde im Jahr 1757 von Maria Theresia zum Erzbischof von Wien nominiert und begann zunächst mit kirchlichen Reformen. Er positionierte sich aber nach seiner Ernennung zum Kardinal als entschiedener Gegner der theresianischen bzw. josephinischen Kirchenreform. Der Kaiserhof versuchte irritiert, Migazzi zu entmachten. 1774 musste er den Vorsitz der Studienhofkommission aufgeben, darüber hinaus überlegte man, Migazzis Bestrebungen mittels eines den Ideen der Aufklärung nahestehenden Koadjutor zu entschärfen, was jedoch letztlich nicht umgesetzt wurde.5 Das Porträt Migazzis in der Klagenfurter Sammlung zeigt den alternden Kardinal in einer roten Capa mit einem großen Kragen aus weißem Pelz. Der Mantel des Kardinals schlingt sich im unteren Bereich des Gemäldes um einen dunkel gepolsterten, mit Blattgold versehenen Stuhl, auf dem Migazzi sich niedergelassen hat, um in einem goldberandeten Buch zu blättern, auf dessen Einband das Wappen des Wiener Erzbischofs zu erkennen ist. Um den Hals trägt er das Großkreuz des St. StephansOrdens und ein mit Edelsteinen besetztes Kreuz, am Ringfinger der blätternden Hand sitzt ein ähnlich gearbeiteter Ring. Eine handschriftliche Notiz auf der Rückseite hält Informationen über den Kardinal bereit.6 Sie dürfte aber erst zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügt worden sein, da das dort eingetragene Todesdatum des Geistlichen (1803) einige Jahre nach dem Maria Annas liegt. Migazzis Porträt gleicht in seiner 155

bildnisse dreier kardinäle

v30 Christoph Anton Migazzi von Wall und Sonnenthurm undatiert Johann Gottfried Haid (nach Franz Palkó) Kupferstich Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Inv. Nr. PORT_00080364_01

[?, Anm. d. Autorin] rotae [?, Anm. d. Autorin] zu Rom 1745, kaiserlicher Minister 1746, Erzbischof von Karthago und Coadjutor zu Mecheln 1751, Gesandter in Madrid 1752, Bischof von Waizen in Ungarn 1756, Fürsterzbischof von Wien 19. März 1757, 22. November 1761 Kardinal, Großkreuz des kglung. Stephan- orden, + zu Wien 14. April 1803“. Auf der Rückseite des Rahmens des Bildnisses lässt sich außerdem eine kurze, mit einem Griffel geschriebene Notiz in historischer Kurrentschrift erkennen – möglicher- weise ein Hinweis auf den konkreten Hängungsort des Gemäldes im Zimmer Nr. 13: „Zwischen eiserner Thür und Fenster“. 7 Vgl. dazu Peter Prange, Schmidt (genannt Kremser Schmidt), Martin Johann, in: Neue deutsche Biographie, 23, Berlin 2007, S. 205-206. 8 Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Inv. Nr. PORT_00019269_01. 9 Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Inv. Nr. PORT_00088570_01.

Konzeption einem Kupferstich von Johann Gottfried Haid (Kat. V30), der diesen nach einem Gemälde Franz Palkós angefertigt hatte. Migazzi stand außerdem in enger Verbindung mit dem niederösterreichischen Künstler Martin Johann Schmidt („Kremser Schmidt“). Migazzis Bildnis weicht jedoch stilistisch wie inhaltlich von dessen charakteristischen Arbeiten ab, welche von einem tendenziell flüchtigen Pinselstrich und einem warmroten Chiaroscuro geprägt sind und zumeist religiöse Themen behandeln.7 Das Klagenfurter Gemälde kennzeichnet sich hingegen durch einen eher harten, fast zeichnerischen Duktus, der die Gewandung des Kardinals detailgenau erfasst. Auch auf der Rückseite des Porträts Johann Heinrich von Frankenbergs befindet sich eine handschriftliche Notiz zur Identität des Dargestellten. Ein kupfergestochenes Porträt des Kardinals von 1779, das in der österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird, welches möglicherweise nach dem Klagenfurter Porträt angefertigt wurde, bestätigt diese Identität.8 So zitiert der Stich auffällig die eingedrehte untere Kante an der Perücke des Kardinals. Auf dem leicht rotstichigen Klagenfurter Gemälde blickt der stehende Frankenberg den Betrachtern und Betrachterinnen in einer mit weißem Pelz versehenen Capa entgegen. Am Hals trägt er ein mit grünen Edelsteinen verziertes Kreuz sowie ein Großkreuz des St. Stephans-Ordens. Er präsentiert darüber hinaus ein Insignium, welches darauf hinweist, dass Frankenberg zum Zeitpunkt der Herstellung des Gemäldes bereits die Kardinalswürde verliehen worden war: Er hält einen Hut in Händen, der dem Aussehen nach dem scharlachroten Kardinalsbirett nahekommt. Auf der Rückseite des Bildnisses des Giuseppe Garampi befindet sich ebenso ein schreibmaschinengeschriebenes Etikett, das den Porträtierten als „Garampi päpstlicher Nuntius am Wiener Hof in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ ausweist. Die Identifizierung ist richtig, denn die Benennung des Dargestellten ist in das Gemälde selbst integriert worden: Der Geistliche hält ein beschriftetes Papier in Händen, das ihn als Giuseppe Garampi bzw. als Bischof von Montefiascone und Corneto ausweist. Unglücklicherweise fiel das Gemälde einer technisch mangelhaften Restaurierung zum Opfer, bei der der obere Teil des Gemäldes übermalt wurde. Die restauratorische Bestandsaufnahme durch das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien konstatiert großflächige Übermalungen und Retuschen im oberen Fünftel des Bildes. Besonders ersichtlich sind die Folgen der Restaurierungsmaßnahmen in der oberen Hälfte des Gesichtes. Möglicherweise entsprach die ursprüngliche Gesichtsdarstellung der auf einem Stich aus dem Bildarchiv der österreichischen Nationalbibliothek, das Garampi in ähnlicher Haltung als Brustbild zeigt.9 SK 156

95 Giuseppe Garampi, Päpstlicher Nuntius 2. Hälfte d. 18. Jahrhunderts anonym Öl auf Leinwand, 102 × 90,5 cm Inv. Nr. 417

96 Johann Heinrich Graf von Frankenberg, Kardinal Zweite Hälfte d. 18. Jahrhunderts anonym Öl auf Leinwand, 118 × 89 cm Inv. Nr. 423

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joseph ii. joseph ii.

97 Joseph II. in Husarenuniform 1769/72 nach Pompeo Batoni Öl auf Leinwand, 107 × 78,5 cm Inv. Nr. 413

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joseph ii. in husarenuniform

1 Dieser wurde 1767 bei den Husarentruppen eingeführt und 1771 schließlich von den Offizieren übernommen.  Vgl. Liliane und Fred Funcken, Historische Uniformen. Napoleonische Zeit, 18. und 19. Jahrhundert. Preußen, Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien, Rußland, München 1989, S. 65. 2 Franz Gall, Die ungarischen Truppen der Kaiserin Maria Theresia, in: Maria Theresia als Königin von Ungarn, Ausst.-Kat. Schloss Halbturn 1980, Eisenstadt 1980, S. 38-44, hier S. 39.

3 Karl Gutkas, Joseph II. und Ungarn, in: Ders. (Hg.), Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.: Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst, Ausst.-Kat. Niederösterreichische Landesausstellung, Stift Melk 1980, Wien 1980, S. 105-107, hier S. 105. 4 Johann Pezzl, Charakteristik Kaiser Josephs II. Eine historisch-biographische Skizze, Wien 1803 [1. und 2. Auflage: 1790], S. 205. 5 Ebd. 6 Historisches Museum der Stadt Wien, Inv. Nr. 73.798 (520/7).

Bei diesem großformatigen Porträt Josephs II. (Kat. 97) aus der ElisabethinenSammlung handelt es sich um eine seltene Darstellung des Kaisers in der Uniform des Oberstinhabers des k. k. Husarenregiments Nr. 1. Alles an der Uniform Josephs II. weist auf ihren ungarischen Ursprung hin: der kurze verschnürte Dolman, wie der ungarische Männerrock genannt wurde, darüber die mit Pelz verbrämte Jacke sowie die hohe Fellmütze mit überhängendem Tuchbeutel, der sog. Kolpak1. Neben dem Schnitt und der Verwendung von Pelzbesatz sind die zahlreichen goldenen Verschnürungen des Kleidungsstückes, die Sujtás, charakteristisches Merkmal der ungarischen Truppen.2 Joseph II. hält in seiner Rechten den Feldherrnstab, seine linke Hand ruht auf dem Knauf seines Säbels, der Hauptwaffe der Husaren. Auf seiner Jacke trägt er den Orden des Goldenen Vlieses sowie die Großkreuze des Militär-Maria-TheresienOrdens und des St.-Stephan-Ordens. Joseph II. sollte nach dem Willen seiner Mutter eine besondere Bindung zu Ungarn aufbauen, weshalb er schon als Kind ungarisch gekleidet wurde und in zahlreichen Porträts in ungarischer Tracht dargestellt ist. Zudem erhielt er auf Wunsch Maria Theresias 1748 mit Feldmarschall Karl Joseph Graf von Batthyány einen Erzieher ungarischer Herkunft an die Seite. Die Ernennung des Grafen zum Erzieher und Obersthofmeister des Thronfolgers durch Maria Theresia war eine Auszeichnung für Ungarn sowie für das ungarische Heer. Dies war ein weiterer Schritt der Kaiserin, ihre Dankbarkeit dem ungarischen Volk gegenüber zum Ausdruck zu bringen, hatte sie sich ja bereits 1741, beim ersten Reichstag, demonstrativ als ungarischer König krönen lassen, um sich der Hilfe der Ungarn im Erbfolgekrieg zu versichern. Aus Dankbarkeit ließ sie Joseph sichtbar zum Ungarn erziehen und in ungarischer Kleidung porträtieren.3 Die blaue Husarenuniform des Kaiserregiments soll Joseph II. zum ersten Mal 1765 am Geburtstag Maria Theresias angelegt haben. Dies berichtet der Wiener Schriftsteller und aufklärerische Denker Johann Pezzl in seiner „Charakteristik Kaiser Josephs II.“ von 1790. 4 Einige Jahre soll er diese noch bei verschiedenen Anlässen getragen haben, vor allem bei den jährlichen Manövern des Husaren-Regiments in den ungarischen Regionen.5 Das Kärntner Porträt des Kaisers in jener Uniform lässt sich anhand eines großen Stichs der Österreichischen Nationalbibliothek (Kat. V32) und eines Schabblattes aus der Sammlung des Historischen Museums der Stadt Wien6, welches der Kupferstecher Johann Gottfried Haid 1772 in Wien fertigte, mit einem Werk Pompeo Batonis in Verbindung bringen. Beide Grafiken verweisen mit der Bildunterschrift „Battoni Effigiem pinx“ auf den Urheber des Kaiserbildnisses. Aufgrund der Malweise, der unterproportionierten Körperauffassung und Ausführung des Bildhintergrundes kann 159

joseph ii.

v31 Joseph II. in Husarenuniform 1769/72 nach Pompeo Batoni Öl auf Leinwand, 107 × 79 cm Niederösterreichische Landessammlung, St. Pölten, Inv. Nr. KS-A 37/79

7 Herzlichen Dank an Wolfgang Krug vom Niederösterreichischen Landesmuseum für diese Information (E-Mail vom 7.5.2014). 8 Peter Weninger (Hg.), Niederösterreichisches Barockmuseum, Ausst.-Kat. Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn 1985, Wien 1985, S. 44.

v32 Joseph II. in Husarenuniform 1772 Johann Gottfried Haid (nach dem Bildnis Batonis) Kupferstich Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Inv. Nr. PORT_00047951_01

man aus Qualitätsgründen jedoch nicht davon ausgehen, dass das Gemälde der Elisabethinen-Sammlung vom italienischen Meister ausgeführt wurde. Zudem existiert eine weitere, zum Klagenfurter Werk fast idente Version aus der Niederösterreichischen Landessammlung (Kat. V31), welche jedoch den am linken Rand befindlichen Baum mit Blattwerk nur noch schemenhaft erahnen lässt. Das Gemälde aus Niederösterreich wurde 1979 im Hinblick auf die Landesausstellung „Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.“, die 1980 in Stift Melk präsentiert wurde, als Werk Batonis über den Kunsthandel erworben und stammt aus dem Hause Sachsen-Coburg.7 Im Katalog des niederösterreichischen Barockmuseums 1985 wird das Gemälde als Batoni geführt und die Entstehung um 1770 angesetzt.8 Auch hier können wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es sich um kein Gemälde Batonis handelt, sondern vielmehr um das Werk eines Kopisten. In der kunsthistorischen Forschung ist kein Porträt Josephs II. in Husarenuniform von der Hand Batonis bekannt. Auch weisen keinerlei Dokumente wie etwa Einträge in den Geheimen Kammerzahlamtsbüchern darauf hin, dass solch ein Auftrag existiert hätte. Es ist weiters anzunehmen, dass zwischen dem tatsächlichen Original und dem Stich von Haid ein Zwischenstück gestanden haben muss, da auch der Stich die unstimmigen Körperproportionen des Kaisers wiedergibt und mit hoher Wahrscheinlichkeit das Werk in St. Pölten oder Klagenfurt zur Vorlage hatte oder – umgekehrt – diesen beiden als Vorlage diente. 160

9 Aufgrund der Schrägstellung des Kopfes müssten die Augen auf einer schiefen Ebene liegen. Vgl. Angelika Schmitt-Vorster, Pro Deo et Populo: Die Porträts Josephs II. (1765–1790). Untersuchungen zu Bestand, Ikonographie und Verbreitung des Kaiserbildnisses im Zeitalter der Aufklärung, Diss. phil., München 2006, S. 39. 10 Ebd., Kat. Nr. 51. 11 Ebd., Kat. Nr. 55, 56.

12 Ebd., Kat. Nr. 52.

13 Ebd., Kat. Nr. 53; zur Untermauerung dieser These führt sie eine Porträtgrafik Josephs II. im spanischen Mantelkleid an, die sich mit der Beschriftung „Liotard effigiem pinxit“ lediglich auf den von Liotard stammenden Gesichtstypus bezieht, jedoch nicht auf den Habitus. 14 Wir danken Georg Lechner für diesen Hinweis (Gespräch am 27.11.2013, Wien).

15 Enikö Buzási, Die Bildnisse und Auftraggeber Dorffmaisters, in: Fabényi Júlia und Vándor Lászlo (Hg.), Gedenkausstellung von Stephan Dorffmaister, Ausst.Kat. Szombathelyi Képtár 1997, Szombathely 1997, S. 155-178,  hier S. 156. 16 Erzherzogin Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Juni 1775, Klosterarchiv des  Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2.

Allen Gemälden, die Joseph II. in ungarischer Tracht zeigen, ist gemeinsam, dass es sich jeweils um Porträtzitate aus dem 1769 entstandenen Doppelporträt von Joseph II. mit seinem Bruder Leopold, Großherzog von Toskana, welches Batoni für den Kaiser in Rom anfertigte, handelt (Kat. V6, S. 83). Der nach links gerichtete Blick und die sich auf gleicher Höhe befindenden Augen – eine Anomalie des Bildnisses von Batoni9 – sowie der Ausdruck im Gesicht sind eins zu eins Batonis Bilderfindung entsprungen. Angelika Schmitt-Vorster weist außerdem darauf hin, dass es sich in St. Pölten wie in Klagenfurt nicht um Werke Batonis handle, da ihnen „der Schmelz seiner Porträts“ fehle und „die reduzierte und unstrukturierte Gestaltung des Hintergrunds für ihn gänzlich unüblich“ sei.10 Die Zuschreibung des niederösterreichischen Porträts an Batoni ist also vielmehr auf einen Fehlschluss anhand des Stiches von Haid und dessen Inschrift zurückzuführen. Schmitt-Vorster weist zudem auf die bisher nicht bekannte Weite der Batoni-Rezeption in der frühen österreichischen Monarchie und vor allem im ungarischen Raum hin. Dabei führt sie weitere Versionen nach der Vorlage Batonis aus Betliar11 an, die sich jeweils nach dem von Batoni geprägten Gesichtstypus richten und Joseph II. in ungarischer Gewandung zeigen, jedoch nicht von Batoni stammen. Sie zeigen den Kaiser ohne Kalpak und verdeutlichen umso mehr die Vorbildwirkung des Porträts Batonis und dessen Nachwirkung im ungarischen Raum. Die Autorin zieht hierbei auch die Version des Elisabethinen-Klosters heran, welche sie als direkte Kopie nach jener Version in St. Pölten einordnet.12 Schlussfolgernd muss die Bildunterschrift im Haid-Stich – „Battoni effigiem pinx“ – als Hinweis auf das Porträt Josephs II. in Batonis Doppelporträt der Brüder gedeutet werden, welches die ursprüngliche Bilderfindung des so zahlreich reproduzierten Porträts markiert. Das bestätigt abermals die Nachwirkung und Prominenz des Batoni-Bildnisses. Auch Schmitt-Vorster vertritt die Meinung, dass es durchaus denkbar sei, dass die Inschrift auf dem Stich auf den Gesichtstypus hinweist, den Batoni mit seinem Doppelporträt prägte, die Bildkomposition und Einbettung seines Bildnisses jedoch nicht von ihm stamme.13 Georg Lechner, Kurator der Österreichischen Galerie Belvedere, vermutet, dass für das Klagenfurter Porträt weniger ein österreichischer Maler als ein Künstler aus Ungarn (bspw. Stephan Dorffmaister) oder Siebenbürgen als Urheber denkbar sei.14 Gerade die Figurenauffassung des Kärntner Gemäldes lässt tatsächlich eine Parallele zu Stephan Dorffmaisters Bildnissen und dessen figurale Proportionierung zu. Jedoch wird für Dorffmaister angenommen, dass der Kreis der Auftraggeber seiner Porträts über die Stadt Sopron und deren engeres Ausstrahlungsgebiet wohl nicht hinausgegangen ist: etwa dreiviertel seiner Bildnisse zeigen Bürger von Sopron bzw. Adelige, die in der Stadt oder in der Umgebung lebten.15 Das Porträt Josephs II. in Husarenuniform aus der Sammlung der Elisabethinen ist eines der wenigen Werke aus dem Nachlass Maria Annas, das im Briefverkehr zwischen der Erzherzogin und Baron Herbert zur Ausstattung der Klagenfurter Residenz explizit erwähnt wird. Im Brief vom 5. Juni 1775 wird ein „Portrait vom Kayser in ungarischer Tracht“ genannt, das für Zimmer Nummer 13 bestimmt war und bei dem es sich wohl um jenes Bildnis Josephs II. in Husarenuniform handelt.16 Damit können wir annehmen, dass sich das Gemälde zunächst in Wien befand und 1775, im Jahr des großen Mobilientransports nach Klagenfurt, dorthin gelangte. AZ 161

maria theresia maria theresia

98 Maria Theresia als „König“ von Ungarn und Böhmen anonym nach 1741 Öl auf Leinwand, 47,5 × 35 cm Inv. Nr. 136

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maria theresia im ungarischen krönungsornat

v33 Maria Theresia im ungarischen Krönungsornat 1770–1773 österreichischer Maler Öl auf Holz Hof burg Innsbruck, Lothringerzimmer, Saal, Nordwand

1 Maria Annas Worte lauten: „N:13. Daß Portrait von Kayser in ungarischer Tracht, daß von Cardinalen und die 3. Wo die kayserin in ungarischer boehmischer tracht ist“. Erzherzogin Maria Anna, Brief an den Baron von Herbert vom 5. Juni 1775, Klosterarchiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III.I., Fach II, 1.2. 2 Karl Gutkas (Hg.), Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.: Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst, Ausst.-Kat. Niederösterreichische Landesausstellung, Stift Melk 1980, Wien 1980. 3 Vgl. dazu Michael Yonan, Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park, Pa. 2011, S. 1-11.

Das letzte Bildnis, das Maria Anna in ihrem Brief vom 5. Juni 1775 an Baron Herbert erwähnt, ist eine Darstellung Maria Theresias in „ungarischer boehmischer tracht“ (Kat. 98). Wie die Erzherzogin notiert, sollte es gemeinsam mit dem Porträt des Kaisers in ungarischer Tracht (wahrscheinlich meinte sie damit das Bildnis Josephs in Husarenuniform, das auch heute noch in der Sammlung des Konvents ist (Kat. 97)) und den Bildnissen der drei Kardinäle Christoph Anton von Migazzi, Giuseppe Garampi und Johann Heinrich von Frankenberg (Kat. 94-96) im Zimmer mit der Nummer 13 gehängt werden.1 Es zeigt die aufrecht stehende, gekrönte Monarchin im perlenbesetzten Kleid vor ihrem Thron, die Stephanskrone auf dem Haupt, das Zepter in der rechten Hand. Als Hoheitsmotive dienen eine grüne Säule im Hintergrund sowie ein rot-goldener, mit Kordeln geschmückter Vorhang, der an der Oberkante des Gemäldes verlaufend das Haupt der Monarchin bekrönt, um schließlich in dynamischer Bewegung am Seitenrand hinter einem mit vergoldeten Rocaille-Formen und einer Marmorplatte verzierten Tisch zu verschwinden. Auf dem Tisch liegt ein roter Polster, der das Krönungsschwert und den Reichsapfel trägt, welchen Maria Theresia mit ihrer linken Hand berührt. Im Katalog der niederösterreichischen Landesausstellung, auf der das kleinformatige Gemälde im Jahr 1980 erstmals ausgestellt wurde, wird angenommen, dass es sich um eine Skizze oder Vorausfertigung eines großen Bildnisses für Fürst Esterházy handelt.2 Es könnte aber auch mit dem großen Wandgemälde im Lothringerzimmer der Innsbrucker Hofburg (Kat. V33) bzw. mit einem Gemälde von Daniel Schmiddeli, das heute in Schloss Gödöllo´´ in Ungarn aufbewahrt wird, in Verbindung stehen. Das Gemälde präsentiert, wie die Inschrift verzeichnet, „Maria Theresia gekrönt als König in Hungarn den 25. Junii 1741“. Der Titel des Rex Hungariae blieb zeitlebens der höchste Titel der Monarchin, da sie dezidiert auf ihre Krönung als Kaiserin an der Seite Franz Stephans verzichtet hatte; wohl um ihre Legitimität als König von Ungarn nicht zu gefährden, da weibliche Titel im Habsburgerreich keinen Machtanspruch beinhalteten.3 Durch die „Pragmatische Sanktion“, die die ungarischen Stände im Gegensatz zu den meisten europäischen Mächten 1722 angenommen hatten, konnte Maria Theresia trotz ihres weiblichen Geschlechts die Nachfolge ihres Vaters Karl antreten. 163

maria theresia

4 Gerda Mraz, Maria Theresia als Königin von Ungarn. Eine Einführung in die Ausstellung, in: Dies. (Hg.), Maria Theresia als Königin von Ungarn, Ausst.-Kat. Schloss Halbturn 1980, Eisenstadt 1980, S. 17-29. 5 Vgl. dazu Karl Vocelka, Glanz und Untergang der höfischen Welt. Repräsentation, Reform und Reaktion im habsburgischen Vielvölkerstaat, Wien 2001, S. 192-193; Yonan 2011, S. 28-32.

6 Vgl. etwa Maria Theresias Ritt auf den Krönungs- hügel am 25. Juni 1741, Magyar Nemzeti Múzeum, Budapest, Történelmi Képscarnok, Inv. Nr. 61.

Die durch die Krönung gesicherte militärische Unterstützung der Ungarn während des österreichischen Erbfolgekrieges sollte für Maria Theresia später von großer Wichtigkeit sein. Nach dem Tod Kaiser Karls VI. wurden Verhandlungen angesetzt, am 18. Mai 1741 erschien schließlich eine ungarische Delegation in Wien, um Maria Theresia für die Zusicherung ihrer Privilegien zu danken und sie zur Krönung einzuladen, die am 25. Juni desselben Jahres in Pressburg vollzogen wurde. 4 Sie erhielt dort den maskulinen Titel des „Königs“ (obwohl sie zeitgenössisch dennoch vor allem als „Königin“ bezeichnet wurde). Während der Krönung wurde ihr die Krone von St. Stephan auf den Kopf und nicht wie bei Frauen üblich nur auf die Schulter gesetzt. Darüber hinaus trug sie mit dem Schwert, mit dem sie am Ende der Zeremonie zu Pferd zu einer Klippe ritt und es dort in verschiedene Richtungen streckte, um damit zu besiegeln, dass sie die Ungarn beschützen würde, ein männliches Attribut.5 Wie der Vergleich mit zeitgenössischen Darstellungen dieses zeremoniellen Aktes zeigt,6 handelt es sich beim Kleid Maria Theresias, welches sie u.a. im Klagenfurter Gemälde trägt, um das ungarische Krönungsornat, da die Gewandungen in den meisten Details übereinstimmen und auch die Ornamentik der Oberseite ihres Mantels, von dem ein Teil Richtung Betrachter gezogen ist und auf dem die Silhouette eines sitzenden Heiligen angedeutet wird, der des heute im ungarischen Nationalmuseum aufbewahrten Krönungsmantels entspricht. SK

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porträtminiaturen porträtminiaturen und kleinformatige bildnisse

1 Zur Geschichte der Porträt- miniatur vgl. Robert Keil, Die Porträtminiaturen des Hauses Habsburg, Wien 1999, S. 13ff.

2 Ebd., S. 16.

Die Gattung der Porträtminiatur entwickelte sich als eigenständiges Kunstwerk im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts, wobei sich die Darstellung zunächst auf die Person des Herrschers oder der Herrscherin beschränkte und in erster Linie eine Stellvertreterfunktion erfüllte.1 In weiterer Folge kam das Porträt en miniature als Diplomaten- und Ehrengeschenk zum Einsatz und wurde beispielsweise in Form von kostbaren Tabakdosen, die mit dem Bildnis des Regenten oder der Regentin versehen waren, zur Anerkennung von staatspolitisch bedeutenden Missionen verschenkt. Des Weiteren spielten Porträtminiaturen eine wichtige Rolle in der Heiratspolitik, indem sie einerseits Informationen über das Aussehen der zukünftigen Eheleute vermittelten und andererseits auch als Stellvertreter für Trauungen per procurationem fungieren konnten. Mehr und mehr begann sich neben einer sozialen nun auch eine emotionale Komponente im Gebrauch von Porträtminiaturen durchzusetzen, womit diese neben dem offiziellen Gebrauch auch im privaten Bereich eingesetzt wurden. Oft fertigte man Porträtminiaturen der königlichen Familienmitglieder nach großformatigen Gemälden an, die als kleine und vor allem mobile Familiengalerie für einen persönlicheren Gebrauch bestimmt waren. So soll Maria Theresia sich nach dem Tod ihres Gatten Franz Stephan des Öfteren in ihr Kabinett zurückgezogen haben, um dort umgeben von den Bildnissen ihrer Familie zu verweilen.2 Eine ganz andere Funktion also als die großformatigen Gemälde der Familiengalerie der Elisabethinen-Sammlung etwa, die in Anzahl, Typus und in ihrem dokumentarischen Charakter einen offiziellen Zweck zur Veranschaulichung der Ahnenschaft erfüllten und dementsprechend in repräsentativen Räumen zu hängen hatten. Die Sammlung der Elisabethinen verfügt über eine weitere Serie von Porträts, die aufgrund ihrer Zusammensetzung höchstwahrscheinlich unvollständig erhalten ist und den Charakter einer Familiengalerie aufweist: Elf kleine Porträts von ovalem Format stellen eine Reihe von Verwandten der Erzherzogin Maria Anna dar (Kat. 105-115). Zwar kann hier aufgrund deren Höhe von rund 25 cm nicht von Miniaturen gesprochen werden, dennoch weist das kleine Format auf einen mehr privaten und mobilen Gebrauch der Bildnisse hin. Es handelt sich durchwegs um Kopien nach bekannten Bildvorlagen. Bei Porträts kleineren Formats war es gängige Praxis, in den diversen Residenzen hängende Gemälde als Vorlage zu nutzen, dabei konnten Kleidung, Schmuck oder Attribute variieren, Haltung und Blick hingegen wurden meist beibehalten. Das Porträt Marie Christines etwa (Kat. 108), das rückseitig fälschlicherweise als Erzherzogin Isabella von Parma, früh verstorbene erste Gattin Kaiser Josephs II., bezeichnet und deshalb im Katalog der Niederösterreichischen Landesausstellung 1980 als Pendant zum ovalen Porträt Josephs II. (Kat. 107) angesehen wurde,3  

3 Karl Gutkas (Hg.), Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.: Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst, Ausst.-Kat. Niederösterreichische Landesausstellung, Stift Melk 1980, Wien 1980, S. 675.

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porträtminiaturen 4 Das Gemälde wird in der Albertina in Wien aufbewahrt und ist eine Dauerleihgabe der Österreichischen National- bibliothek. 5 Österreichische National- bibliothek, Wien, Bildarchiv  und Grafiksammlung,  Inv. Nr. E 20290-B.

6 Keil 1999, S. 7.

7 Zum Gebrauch von Elfenbein als Malgrund für Porträtminiaturen siehe Keil 1999, S. 9-11.

ist eine variierte Form nach dem 1778 entstandenen Porträt Marie Christines von Alexander Roslin. 4 Eine Porträtminiatur aus der Präsidentschaftskanzlei der Wiener Hofburg, die ebenfalls nach Roslins Original gemalt ist und große Ähnlichkeit mit dem Kärntner Bildnis aufweist, bestätigt diese Behauptung.5 Als weitere Beispiele für die Kopiertätigkeit der Maler sei noch das Porträt Maria Theresias in Witwentracht (Kat. 105) nach dem Original von Joseph Ducreux (Kat. V10, S. 85) genannt oder das Bildnis Maria Elisabeths als Äbtissin des Damenstifts in Innsbruck (Kat. 109), das nach einem Gemälde von Johann Baptist Lampi von 1781 gefertigt wurde (Kat. V29). Die Erzherzogin Maria Anna hat das Werk des italienischen Künstlers sicherlich gekannt, entstand doch im Anschluss an das Innsbrucker Auftragswerk ihr eigenes Porträt, das Lampi in Klagenfurt fertigte (Kat. 87). Zusätzlich hat sich eine weitere Kopie nach Lampis Gemälde der Schwester Maria Elisabeth in der Sammlung erhalten (Kat. 93). Die Folge von kleinformatigen, ovalen Porträts, die wohl der Erinnerung an entfernt lebende oder auch bereits verstorbene Verwandte diente, ist durchaus in einem intimeren Rahmen denkbar. Solch eine emotionale Funktion von Bildwerken kann auch den vier Porträtminiaturen der jüngeren Geschwister Maria Annas aus der Sammlung der Elisabethinen beigemessen werden (Kat. 99-102). Die in Aquarell auf Elfenbein gefertigten Bildnisse weisen eine Höhe von nur 11 cm bei einer Breite von 8,5 cm auf. Das kleine Format erfordert eine besondere Technik, die sich durch eine sehr kontrastreiche Malweise und ein ausgeklügeltes Verhältnis von Farbe sowie Pinselstrichen bzw. -punkten auszeichnet, um die physiognomischen Eigenheiten der Porträtierten überhaupt erkennbar zu machen.6 Bis Mitte des 18. Jahrhunderts hatte man im Miniaturenfach vor allem auf Papier gearbeitet, bis dieses schließlich endgültig vom Elfenbein als Malträger verdrängt wurde. Die malerische Behandlung von Elfenbein erfordert hohes technisches Können und einen erheblichen Zeitaufwand. So muss die wasserabstoßende Oberfläche des Elfenbeins zunächst entfettet und aufgeraut werden, um Farbpigmente überhaupt erst haltbar auftragen zu können. Trotz seiner hohen Empfindlichkeit konnte sich Elfenbein als Bildträger durchsetzen, wohl auch aufgrund seiner besonderen Farbigkeit und Transparenz, die gerade den Hautpartien von Gesicht, Händen oder Dekolleté der Dargestellten bei gekonntem Einsatz entgegenkommen.7 Die Kaiserkinder der Klagenfurter Miniaturen sind in repräsentativen Innenräumen dargestellt, umgeben von diversen Attributen, die auf ihren Stand und ihre jeweiligen Interessen hindeuten. Alle vier Bildnisse weisen auf der Rückseite eine Kaschierung aus mehrfarbig marmoriertem Papier auf, welche mit einer Beschriftung bestehend aus Titel (Identität der porträtierten Person), Signatur und Datierung versehen ist. So wissen wir anhand der Beschriftung, dass es sich bei der Erzherzogin in einem hellrosa Kleid und hermelinbesetzten Mantel, welche in ihrer linken Hand ein Notenblatt hochhält, um die neunjährige Maria Josepha handelt, denn rückseitig ist in französischer Sprache festgehalten: „L’Archiduchesse Marie Josephe à l’age de 9 ans peint 1760 par CR“ (Kat. 99). Die Erzherzogin ist im Hintergrund von einer Säule sowie von Gewölbepfeilern umgeben. In der oberen linken und der unteren rechten 166

V34 Karl Josef, Erzherzog von Österreich (1745–1761) um 1760 Johann Christoph von Reinsperger zugeschrieben Aquarell auf Elfenbein Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Inv. Nr. E 20411-B

8 Gutkas 1980, S. 622.

Ecke führen Teile eines Vorhangs ins Bild, womit das Porträt den konventionellen Standards herrschaftlicher Repräsentation dieser Zeit entspricht. Maria Josepha, die sehr früh, im Alter von 16 Jahren an den Pocken verstarb, hat hier auf einem grüngepolsterten Stuhl Platz genommen, vor ihr befindet sich ein Tisch mit einem roten Polster, auf dem ihr Ellbogen ruht. Neben dem Notenblatt, das auf ihre musikalische Begabung hinweist und damit ein persönlicheres Bild der Erzherzogin zeichnet, ist der auf dem Tisch befindliche Erzherzogshut Zeichen ihrer kaiserlichen Herkunft. Das Miniaturbildnis der ein Jahr älteren Johanna Gabriele, die bereits zwei Jahre nach der Entstehung dieses Porträts im Alter von zwölf Jahren starb, zeigt die Schwester in einem sehr ähnlichen Ambiente (Kat. 102). Ebenfalls von einer Säule und kunstvoll drapiertem Vorhang umgeben, ist diese sitzend in blauem Kleid und Pelzmantel dargestellt. In ihrer rechten Hand hält sie ein nicht näher identifizierbares Papierstück mit diversen Bildern. Die Autoren des Kataloges zur großen Ausstellung über Joseph II. von 1980, in der die Klagenfurter Miniaturengruppe ausgestellt wurde, erkennen darin ein Blatt mit Stoffmustern.8 Die Miniatur des Erzherzogs Ferdinand im Alter von sechs Jahren zeigt diesen in kindlicher Rüstung und wie seine Schwestern zuvor in einen hermelinbesetzten Mantel gehüllt (Kat. 100). Neben der militärischen Bekleidung weisen zahlreiche weitere Attribute wie eine Landkarte im Hintergrund, ein Zirkel in der linken Hand des Dargestellten und eine Karte auf dem Tisch sowie ein Helm neben dem Erzherzogshut auf eine militärische Laufbahn hin. Mit seiner rechten Hand weist Ferdinand auf eine von drei Abbildungen von Kircheninnenräumen. Darunter befindet sich mit zwei Marschtrommeln ein weiteres militärisches Attribut. Die vierte Miniatur zeigt den gerade einmal vier Jahre alten Erzherzog Maximilian, der hier im Spiel mit diversen Zinnfiguren, die auf dem Tisch vor ihm liegen, dargestellt ist (Kat. 101). Auch dieses Spielzeug ist durchaus als ein Hinweis auf die zukünftige Bestimmung des jungen Erzherzogs für den Militärdienst lesbar. Diese Karriere sollte sich für Maximilian jedoch nicht erfüllen, denn Maria Theresia erkannte bald die Untauglichkeit des Sohnes für militärische Belange und sah für ihn eine geistliche Laufbahn vor. So wurde Maximilian 1780 Hochmeister des Deutschen Ordens und ab 1784 Kurfürst und Bischof von Köln. Neben der Beschriftung der Miniaturen aus dem 18. Jahrhundert weisen die Rückseiten weiße Etiketten auf, die aufgrund des Computerschrifttyps erst kürzlich angebracht worden sein müssen. Die Behauptung, die vier kleinformatigen Gemälde seien „von Erzherzogin 167

porträtminiaturen

99 Erzherzogin Maria Josepha im Alter von 9 Jahren 1760 CR signiert (Johann Christoph Reinsperger?) Aquarell auf Elfenbein, 11 × 8,5 cm Inv. Nr. 129

100 Erzherzog Ferdinand Franz im Alter von 6 Jahren 1760 CR signiert (Johann Christoph Reinsperger?) Aquarell auf Elfenbein, 11 × 8,5 cm Inv. Nr. 130

101 Erzherzog Maximilian im Alter von 4 Jahren 1760 CR signiert (Johann Christoph Reinsperger?) Aquarell auf Elfenbein, 11 × 8,5 cm Inv. Nr. 131

102 Erzherzogin Johanna Gabriele im Alter von 10 Jahren 1760 CR signiert (Johann Christoph Reinsperger?) Aquarell auf Elfenbein, 11 × 8,5 cm Inv. Nr. 132

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9 Der 1711 in Nürnberg geborene Miniaturmaler und Kupferstecher Johann Christoph von  Reinsperger war zunächst Schüler bei Johann Georg Ebersberger. Anschließend genoss er eine Ausbildung bei Jean-Étienne Liotard in Genf, welcher besonders hohes Ansehen bei der Kaiserin genoss und neben Martin van Meytens als Lieblingsmaler Maria Theresias galt. Zunächst konnte sich Reinsperger als Hofmaler und Kupferstecher am Hof Karls von Lothringen in Brüssel etablieren und ließ sich später in Wien nieder, wo er 1777 auch starb. Als Mitglied der Akademie der Bildenden Künste in Wien stach er Bildnisse der Kaiserfamilie sowie Bilder nach Werken seines Lehrers Liotard. Biografisches zu Johann Christoph von Reinsperger siehe: Johann Christoph von Reinsperger, in: Allgemeines Künstlerlexikon – Internationale Künstlerdatenbank – Online, URL: http://www. degruyter.com/db/akl (26.01.2016). 10 Vgl. außerdem Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Bild- archiv und Grafiksammlung,  Inv. Nr. E 20276-B und Inv. Nr.  E 20326-B. Zur Verbindung der Porträtminiaturen aus der Präsidentschaftskanzlei zu den Darstellungen der Kaiserkinder als Eremiten siehe das Kapitel zu den Einsiedlerbildern, S. 138-143. 11 Keil 1999, S. 13.

Marianna gemalt“ worden, muss stark bezweifelt werden. Zum einen sind die Initialen CR, mit denen sich der Urheber signiert hat, nicht mit dem Namen der Erzherzogin vereinbar, zum anderen können die Miniaturen anhand eines stilistischen Vergleichs mit dem Maler Johann Christoph von Reinsperger9 in Verbindung gebracht werden. Dessen Initialen würden diese Zuschreibung jedenfalls möglich machen. Die Gruppe der Kärntner Miniaturen ähnelt auffallend der Reihe von Bildnisminiaturen aus der Präsidentschaftskanzlei der Wiener Hofburg, die Johann Christoph von Reinsperger zugeschrieben werden und die ebenfalls um 1760 entstanden sein sollen (Kat. V34).10 Es handelt sich hierbei ebenfalls um Einzelporträts der Kaiserkinder in repräsentativem Ambiente aus Architekturfragmenten und schwungvoll drapierten Vorhängen. Die Miniaturen sind wohl zeitnah entstanden, die Klagenfurter Bildnisse sind jedoch nicht als Teil der Wiener Serie anzusehen, da sich bei näherer Betrachtung Unterschiede ausmachen lassen: So ist vor allem das Verhältnis von Figur und Raum ein anderes. Während die Geschwister Maria Annas in den in Wien befindlichen Stücken stehend dargestellt sind, haben die Kaiserkinder in den Kärntner Beispielen Platz genommen. In Klagenfurt trifft man auf einen größeren und weitaus definierteren Innenraum. In den Wiener Einzelporträts wird dieser nur durch einzelne architektonische Elemente angedeutet, bleibt jedoch weitgehend unbestimmt. Die in den Bildnissen der Elisabethinen-Sammlung dargestellten Kaiserkinder sind durch spezifische Attribute individueller dargestellt, während in den Miniaturen der Präsidentschaftskanzlei das Beiwerk auf den obligatorischen Erzherzogshut beschränkt ist und die Porträts damit in einem rein herrschaftlich repräsentativen Modus, ohne jeden Hinweis auf die individuelle Persönlichkeit, verbleiben. Die Wiener Stücke sind auf malerischer Ebene qualitativ hochwertiger und bestechen durch eine feinere und nuanciertere Malweise. Ob die Klagenfurter Gemälde ebenfalls der Hand Reinspergers entstammen, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Jedenfalls stehen die beiden Serien in einem gemeinsamen Entstehungskontext. Die wenigen authentischen Signaturen und das kleine Format machen es sehr schwer, verschiedene Miniaturmaler voneinander zu unterscheiden. Wie in der Leinwandmalerei spielen auch hier die Art des Linien- bzw. Punktauftrags oder die unterschiedliche Verwendung von Farben eine wichtige Rolle für die Künstlerzuschreibung. Robert Keil sieht vor allem im Studium des kompositionellen Aufbaus eine Möglichkeit der Händescheidung: Insbesondere das Verhältnis von Kopf und Körper oder der Augen zum Gesicht liefere dabei wichtige Anhaltspunkte.11 In der Hinterlassenschaft der Erzherzogin Maria Anna befinden sich zwei weitere Objekte, die wichtige kulturhistorische Zeugnisse des Gebrauchs von Porträtminiaturen im 18. Jahrhundert darstellen. Es handelt sich um zwei in Leder gebundene und zusammenklappbare Tableaus mit einer Breite von 23 cm und einer Höhe von 32 cm. Aufgeschlagen, findet sich auf zwei Schauseiten eine Vielzahl an Bildnisminiaturen, welche in einem mit rotem Samt überzogenen Karton eingelassen sind. Die einzelnen Miniaturen sind durch Goldkordeln gerahmt, welche gleichzeitig zur Befestigung der bombierten Gläser dienen. Bei den Bildern handelt es sich nicht um ein im Vorfeld konzipiertes Arrangement von Miniaturen, sondern vielmehr um eine heterogene 169

porträtminiaturen

103 Tableau mit ehemals 26 Porträtminiaturen um 1775 anonym Aquarellmalerei, 23 × 32 cm Inv. Nr. 428

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12 Ebd., S. 17. 13 Zur Datierung siehe Gutkas 1980, S. 628, 629 sowie Magistrat Klagenfurt (Hg.), Erzherzogin Maria Anna und ihre Zeit, Ausst.-Kat. Europahaus, Klagenfurt 1992, Klagenfurt 1992.

14 „Erklärung der Portraits“,  nach 1887, Klosterarchiv des  Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt.

15 Aufgrund der Ähnlichkeit der beiden ist davon auszugehen, dass es sich beide Male um Karolina handelt. Die Miniatur Nummer 16 wird in der „Erklärung der Portraits“ als „Isabella, Tochter der Amalia, Herzogin von Parma, Erzherz. von Oesterreich“ bezeichnet. Eine Tochter mit diesem Name hat jedoch nie existiert. 16 Gutkas 1980, Kat. 33, Kat.-Nr. 1368. In der Ausstellung der Tableaus 1992 im Europahaus Klagenfurt werden diese bereits als fehlend dokumentiert. Siehe Magistrat Klagenfurt 1992, o. S.

17 Siehe Fn. 13. 18 „Erklärung der Portraits“: „Theresia, Prinzessin von Parma, Gemahlin Prinz Maximilian von Sachsen. (Gegeben am 29.4.1887. I.k. Hoheit, Erzherzog Ludwig Viktor von Oesterreich, beim Besuche im Kloster.).“ Mit Theresia wird hier die Nichte Maria Annas Caroline von Bourbon-Parma gemeint sein, welche 1792 Prinz Maximilian von Sachsen heiratete.

Ansammlung von zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstandenen Bildnissen der kaiserlichen Familie sowie von Personen des Hofstaates. Keil hält fest, dass aufgrund einiger dargestellter Personen die Tableaus nicht vor den späten 70er Jahren des 18. Jahrhunderts angefertigt worden sein können.12 Das in der Literatur um 1775 datierte13 und damit früher angelegte Tableau der beiden vereinte insgesamt 26 mit einer Nummerierung versehene, in Aquarelltechnik ausgeführte Miniaturen, vorwiegend kleinformatige Kopien nach bekannten Porträts der Habsburgerfamilie (Kat. 103). Im Archiv des Elisabethinen-Klosters hat sich eine Ende des 19. Jahrhunderts verfasste „Erklärung der Portraits“ erhalten, welche die entsprechenden Beschriftungen zu den angeführten Nummern liefert und Auskunft über die Identität der Dargestellten gibt.14 So wissen wir etwa, dass die Miniatur Nummer 10 mit einem breiteren, von den anderen Miniaturen abweichenden Goldrahmen Gräfin Fuchs, Obersthofmeisterin Maria Theresias, darstellt. Ungewöhnlich ist die Miniatur Nummer 13 von zwei ballspielenden Hunden, die, wie im Dokument vermerkt, die „Favorit-Hunde der Kaiserin Maria Theresia“ zeigen. Die beiden Lieblingshündchen der Kaiserin fanden bereits in dem bekannten kaiserlichen Familienporträt von Martin van Meytens, heute in Schloss Schönbrunn zu besichtigen, Eingang, der diese prominent im Vordergrund platzierte. Die Bildnisse sind nach einem dekorativen Muster angeordnet: Größere Miniaturen sind tendenziell in die Mitte gesetzt, flankiert werden diese von zwei annähernd gleich großen Bildchen. Dennoch ergeben sich innerhalb der Reihen persönliche Naheverhältnisse. So ist etwa in der obersten Abfolge der linken Tableauseite Joseph II. rechts von seiner zweiten Gemahlin Josepha von Bayern und links von seiner sehr früh verstorbenen Tochter Maria Theresia aus seiner ersten Ehe mit Isabella von Parma flankiert. Die rechte Tableauseite wird bestimmt durch drei größere vertikal im Zentrum angeordnete Felder. Oben und unten zwei Kinderporträts, die als Bildnisse von Isabella und Karolina, Töchter Maria Amalias von Parma, dokumentiert sind15, im mittleren Feld war einst ein Medaillon mit den Bildnissen Herzog Leopolds und seiner Gemahlin Herzogin Elisabeth von Lothringen befestigt, das heute jedoch nicht mehr Teil des Tableaus ist. 1980, während der Niederösterreichischen Landesausstellung in Stift Melk, wurde die Miniaturtafel der Elisabethinen-Sammlung noch vollständig ausgestellt, und das Medaillon mit den Bildnissen der Eltern Franz Stephans war zu diesem Zeitpunkt noch enthalten.16 Das zweite Tableau, dessen Zusammenstellung in der Literatur später, um 1785 datiert wird17, verfügte über insgesamt 29 in Öl und Aquarell ausgeführte Miniaturen sowie über ein Emailmedaillon (Kat. 104). Eine der Miniaturen (Nr. 57), ein Bildnis Prinzessin Carolines von Bourbon-Parma, wurde Erzherzog Ludwig Viktor von Österreich (1842–1919) bei seinem Besuch im Kloster am 29. April 1887 überreicht, weshalb das Feld nur mehr einen handschriftlich festgehaltenen Hinweis über diese Geschenkübergabe enthält.18 Aufgrund dieser Datumsangabe ist das Dokument aus dem Klosterarchiv jedenfalls nach 1887 zu datieren. Es wird wohl kurz danach verfasst worden sein, denn der Katalog zur Maria-Theresia-Ausstellung von 1887, in der die beiden Tableaus neben anderen Exponaten aus der Sammlung der Elisabethinen 171

porträtminiaturen 19 Vgl. Katalog der KaiserinMaria-Theresia-Ausstellung, Ausst.-Kat. k. k. Oesterreich Museum für Kunst und Industrie, Wien 1888. 20 Vgl. das Kapitel zu den Einsiedler- bildern in diesem Katalog, S. 138-143. 21 „35. Maria Theresia, Erzherz. von Oesterreich.“ und „37. Marianna, Erzh. von Oesterr. als Maria, und ihre Obristhofmeisterin als Anna.“ aus: „Erklärung der Portraits“, nach 1887, Kloster- archiv des Elisabethinen- Konvents. Den schlüssigen Hinweis, dass es sich um Kaiserin Maria Theresia und ihre Schwester handelt, siehe Katalog der Kaiserin-Maria-TheresiaAusstellung 1888, S. 16-17. 22 „40. Päpste, befreundete zu Haus Oesterreich.“ aus: „Erklärung der Portraits“, nach 1887, Klosterarchiv des  Elisabethinen-Konvents. 23 Vgl. Kat. 34, 36, 132 und 87.

24 Zu den Tableaus der Erzherzogin Maria Anna siehe Keil 1999, S. 15.

25 Die folgenden Ausführungen zur Geschichte der Miniaturensammlung der Wiener Präsidentschafts- kanzlei siehe Keil 1999, S. 16-25.

26 Zit. nach Keil 1999, S. 17; Obersthofmeisterakte (Akten, die die Hofhaltung betreffen), Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, 1836, r. 288, Nachlass Kaiser Franz.

gezeigt wurden, stützt sich offensichtlich auf dieses Dokument, nimmt aber auch Präzisierungen vor.19 Dieses zweite Tableau ist vor allem durch Bilder geprägt, die die Frömmigkeit und den katholischen Glauben der Habsburger Familie veranschaulichen. So finden sich hier Bildnisse von Franz I. Stephan von Lothringen (Nr. 31) sowie von seinem Bruder Karl von Lothringen (Nr. 50) als Einsiedler in Mönchskutten abgebildet.20 Letzterer ist als der Heilige Johannes von Matha (1154–1213) dargestellt, Gründer des Trinitarier-Ordens, welcher die letzten Jahre seines Lebens als Eremit in Rom verbrachte. Er trägt das Fahnenkreuz der Trinitarier, bestehend aus einem roten über einem blauen Balken. Auf der linken Seite außerdem zwei Pendantbildnisse, die laut Dokument Kaiserin Maria Theresia als Erzherzogin von Österreich beim Orgelspiel zeigen (Nr. 35) sowie ihre Schwester Maria Anna als heilige Maria mit ihrer Obersthofmeisterin als heilige Anna (Nr. 37).21 Unten ein Miniaturbildnis eines, wie es in den Aufzeichnungen heißt, Papstes, „befreundet zu Haus Oesterreich“.22 Es könnte sich hier aufgrund der Ähnlichkeit um Alexander VII. oder auch um Innozenz XI. handeln. Auf der rechten Seite als letztes schließlich ein Medaillonanhänger mit einem Frauenbildnis aus Email (Nr. 55), welcher ein Andenken der Kaiserin Maria Theresia gewesen sein soll. Im 18. Jahrhundert wurden Miniaturbildnisse häufig in Form von Anhängern, Armbändern oder Broschen getragen. Dieser Schmuck fand auch Eingang in zahlreiche Porträtdarstellungen. Die mit ins Bild gebrachte Miniatur stellte häufig eine dem oder der Porträtierten nahestehende Person dar, etwa ein Elternteil, den Ehepartner, Verlobten oder freundschaftliche Vertraute.23 Es stellt sich die Frage, ob die Miniaturen schon zu Lebzeiten Maria Annas in solchen Tableaus aufbewahrt wurden und ob die Erzherzogin Einfluss auf deren Anordnung nahm. Im Sinne einer Familiengalerie kann die Zusammenstellung von Miniaturen einen spezifischen familiären Zusammenhang aufzeigen, das zeige sich, so Robert Keil, besonders deutlich in den Tableaus der Erzherzogin Maria Anna. Er beurteilt die Einarbeitung der Bildnisse der Familienangehörigen Maria Annas in solchen zusammenklappbaren Lederetuis als ein Produkt ihrer Zeit.24 Keil nimmt an, dass auch die Porträtminiaturen Maria Theresias, über deren Aufbewahrung zu Zeiten der Kaiserin keine Hinweise existieren, in derartigen Tableaus zusammengestellt worden sein könnten.25 Die Sammlung an kleinen Bildnissen, welche vor und während Maria Theresias Regierung entstanden sind und den Großteil der heute 584 Exemplare umfassenden Sammlung habsburgischer Miniaturen ausmachen, die sich heute im Miniaturenkabinett der Präsidentschaftskanzlei in der Wiener Hofburg befinden, wurden als Konvolut erstmals 1835 im Testament Kaiser Franz II. (I.) erwähnt. Dieser hatte darin die von ihm gegründete Privatbibliothek sowie deren Sammlungen von Zeichnungen, Kupferstichen, Landkarten sowie Familienbildern mit Miniaturen als Primogenitur-Fideikomiss für die Nachkommenschaft gesichert. Nach dessen Tod wurden die Miniaturen inventarisch erfasst. Den dabei gemachten Aufzeichnungen können wir entnehmen, dass diese auf „Kartondln“, Kartons also, mit jeweils circa 15 Miniaturen montiert gewesen sein sollen.26 1836 wurden die Porträtminiaturen schließlich nach Laxenburg gebracht, neu geordnet und auf große mit Samt überzogene Kartontafeln montiert. Jedes einzelne Bild wurde mit einem vergoldeten Rahmen 172

104 Tableau mit ehemals 29 Porträtminiaturen um 1785 anonym Öl- und Aquarellmalerei, 23 × 32 cm Inv. Nr. 429

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porträtminiaturen

27 Keil 1999, S. 18. 28 Ebd.

versehen, was zum heutigen einheitlichen Erscheinungsbild wesentlich beiträgt. Die einzelnen Tafeln wurden schließlich an die Wand gehängt und damit Teil der Ausstattung der kaiserlichen Repräsentationsräume. Was zuvor noch als zusammenklappbares, portables Tableau zur Betrachtung in die Hand genommen oder aufgeklappt aufgestellt werden musste, erfüllte nun als große an der Wand befestigte Tafel „eine offizielle repräsentative Funktion einer komprimiert zusammengestellten Familiengalerie.“27 Die Miniaturen verloren damit nicht nur ihren Stellenwert als intimer und persönlicher Gegenstand, auch der individuelle Anspruch der einzelnen Porträts ging in der Vielzahl der auf Wandtafeln zusammengefassten Bildnisse verloren.28 Entgegen Keils Auffassung, die Kärntner Miniaturen seien zuzeiten Maria Annas in den Tableaus zusammengefasst worden, weisen einige Indizien darauf hin, dass deren Zusammenstellung ein Produkt des späteren 19. Jahrhunderts sein könnte. Es ist vor allem das im Klosterarchiv erhaltene als „Erklärung der Portraits“ betitelte Schriftstück von 1887, das zu dieser zeitlichen Einordnung führt. Denn die Schrift der auf dem Samt befestigten Nummerierungen entspricht genau jener Handschrift des Dokuments. Auch die Tatsache, dass zwei Medaillons, deren Dreidimensionalität auf eine Betrachtung von Vorder- wie Rückseite angelegt ist, Teil dieser zweidimensionalen Zurschaustellung sind, steht dem Gebrauch solcher Gegenstände entgegen. Vor allem aber widerspricht dies der Bedeutung solcher Objekte als persönlich wertvolle Erinnerungsstücke, wie sie insbesondere dem Anhänger Maria Theresias, der Erzherzogin Maria Anna als Andenken besonders teuer gewesen sein muss, beizumessen ist. AZ

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105 Maria Theresia in Witwentracht nach 1765 anonym Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 124

106 Franz I. Stephan von Lothringen, Kaiser o. D. anonym Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 121

107 Joseph II., Kaiser o. D. anonym Öl auf Leinwand, 26,2 × 20 cm Inv. Nr. 88

108 Marie Christine, Erzherzogin von Österreich nach 1778 nach Alexandre Roslin Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 123

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porträtminiaturen

109 Maria Elisabeth, Äbtissin des Damenstiftes in Innsbruck nach 1781 nach Johann Baptist Lampi Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 120

110 Maria Amalia, Herzogin von Parma o. D. anonym Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 119

111 Peter Leopold, Großherzog der Toskana o. D. anonym Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 117

112 Ferdinand Karl, Erzherzog von Österreich o. D. anonym Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 118

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113 Maria Beatrice von Österreich-Este o. D. anonym Öl auf Leinwand, 25,5 × 20 cm Inv. Nr. 86

115 Maximilian, Erzherzog von Österreich o. D. anonym Öl auf Leinwand, 25,6 × 20 cm Inv. Nr. 87

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114 Maria Beatrice d‘Este, Herzogin von Massa und Carrara o. D. anonym Öl auf Leinwand, 25,9 × 20 cm Inv. Nr. 82

das kaiserpaar das kaiserpaar

116 Maria Theresia in Witwentracht nach 1769 anonym Öl auf Leinwand, 51 × 41 cm Inv. Nr. 127

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117 Franz I. Stephan von Lothringen, Kaiser o. D. anonym Öl auf Leinwand, 51 × 40,5 cm Inv. Nr. 126

das kaiserpaar maria theresia und franz stephan

1 Vgl. Renée Loche und Marcel Roethlisberger, Liotard: catalogue, sources et correspondance, Bd. 1 und 2, Doornspijk 2008, Kat. 555 (Cat. 394).

Das Ölbildnis Maria Theresias in Witwentracht (Kat. 116) bezieht sich wie das Pastellporträt der Kaiserin in schwarzem Gewand (Kat. 78, S. 133) auf jenes bereits mehrfach erwähnte Original von Joseph Ducreux (Kat. V10, S. 85), welches dieser während seines Wien-Aufenthaltes anlässlich der Fertigung des Porträts Marie Antoinettes für den französischen König 1769 schuf. Die Bilderfindung Ducreux’ fand eine außerordentlich weite Verbreitung, wurde in zahlreichen Einzelporträts reproduziert oder in Gruppenporträts zitiert. Es ist das dominierende Repräsentationsbildnis Maria Theresias nach dem Tod Franz Stephans von Lothringen. Das in der ElisabethinenSammlung erhaltene Halbporträt der Kaiserinwitwe in repräsentativem goldenem Rahmen bildet das Gegenstück zu einem Bildnis Franz Stephans (Kat. 117), von dem jedoch anzunehmen ist, dass es nicht vom gleichen Maler stammt, da es vor allem im Bereich des Gesichtes auffallend starke Farbkontraste aufweist und von minderer malerischer Qualität ist. Neben dem Pendantbildnis hat sich eine weitere, im Format idente Version (Kat. 118) erhalten, die zwar etwas dunkler in ihrer Farbigkeit ist, aber ebenfalls das Werk eines Kopisten ist, der sich der gleichen Vorlage bediente. Hier wird wohl ein Porträtist oder eine Werkstatt mit gleich zwei Versionen des Kaiserbildnisses für die Erzherzogin Maria Anna beauftragt worden sein, um die Repräsentation des Kaisers, aber vor allem die persönliche Erinnerung an den von Maria Anna sehr geliebten Vater auch in ihrer Zeit in Klagenfurt aufrechtzuerhalten. Die beiden Porträts Franz Stephans von Lothringen zeigen den Kaiser vor einem neutralen, dunkelgrauen Hintergrund. Er trägt eine graue Stützperücke mit kleinen Locken, Oberkörper und Kopf sind nach links gewandt, der Blick zum Betrachter gerichtet. Unter seiner roten mit Goldbordüren verzierten Uniformjacke hat er das rot-weiß-rote Band des Militär-Maria-Theresien-Ordens umgelegt, darunter lugt der Orden des Goldenen Vlieses hervor. Beide Porträts sind sehr wahrscheinlich nach dem Tod des Kaisers 1765 entstanden. Die zahlreichen von Maria Theresia in Auftrag gegebenen Bildnisse des Ehegatten, die in Einzel- oder in Gruppenporträts integriert Verbreitung fanden, zeigen den Verstorbenen in jener roten Uniform. Sie dienten zumeist als Pendant zu Porträts Maria Theresias in Witwentracht, weshalb diese posthum entstanden sein müssen. Als Vorlage für die nach seinem Tod forcierte Porträtpräsenz des Kaisers diente ein Pastellbildnis von Jean-Étienne Liotard von 1762, das Jakob Schmutzer sieben Jahre später laut Inschrift „auf allerhöchsten Befehl“ in einen Kupferstich übertragen hat (Kat. V35). Der Verbleib des originalen Gemäldes von Liotard ist nicht bekannt, lediglich eine sich im Schloss Schönbrunn befindliche, leicht vom Original – wie es in Schmutzers Stich überliefert ist – abweichende Kopie, die Franz Stephan in der weißen Uniform des kroatischen Regiments zeigt.1 179

das kaiserpaar

118 Franz I. Stephan von Lothringen, Kaiser o. D. anonym Öl auf Leinwand, 50,4 × 40,5 cm Inv. Nr. 29

2 Ebenso als Kopie wird das Pastellbildnis des Kaisers angesehen, das sich im Bundesmobiliendepot in Wien befindet und ebenfalls in Verbindung steht mit Schmutzers Stich nach Liotard. Vgl. Loche/Roethlisberger 2008, S. 542-544 sowie Kat. 556 und Kat. 566 3 Vgl. Robert Keil, Die Porträtminiaturen des Hauses Habsburg, Wien 1999, S. 52f, Kat. 57-62. 4 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_6389. 5 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_3459.

v35 Franz Stephan von Lothringen 1769 Jakob Schmutzer (nach einem Porträt von Jean-Étienne Liotard von 1762) Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Inv. Nr. PORT_00047749_01

Roethlisberger und Loche weisen das Wiener Pastellbildnis nicht der Hand JeanÉtienne Liotards zu, sondern klassifizieren es als „Copie modifié“.2 Das ursprüngliche Bildnis von Liotard war nicht nur Vorlage für Halbporträts und zahlreiche Porträtminiaturen3, sondern auch für großformatige Gemälde: wie etwa jenes Gruppenporträt Franz Stephans mit den vier Vorstehern der Wissenschaftlichen Hofinstitute von Franz Messmer und Jakob Kohl, 1773 geschaffen und heute im Naturhistorischen Museum in Wien befindlich; oder das ganzfigurige Bildnis von Johann Zoffany von 1776-77, das den Kaiser mit Exponaten seiner naturhistorischen Sammlung darstellt. 4 Im Kunsthistorischen Museum hat sich ein weiteres großformatiges Porträt des Kaisers erhalten, das diesen in seinem Naturkabinett zeigt, einem österreichischen Künstler zugeschrieben wird und zwischen 1760 und 1765, also – anders als die Werke Messmer/Kohls und Zoffanys – vor seinem Tod, datiert wird.5 Diese posthum entstandenen, von Maria Theresia in Auftrag gegebenen Porträts des verstorbenen Gatten sind weniger auf die Repräsentation politischer Macht hin ausgelegt, sondern bilden diesen als den naturwissenschaftlich interessierten Kaiser ab und zeichnen damit ein persönlicheres Bild Franz Stephans. AZ

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ferdinand karl und maria beatrice ferdinand karl und maria beatrice von österreich-este

1 Edith Thomasberger, Joseph und Anton Hickel: zwei josephinische Hofmaler, Diss. phil., Wien 1989, S. 118. 2 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_8710. 3 Georg Weikert wird in den Geheimen Kammerzahlamts- büchern mit einem Porträt des Erzherzogs Ferdinand erwähnt, welches 1777 für die Wiener Neustädter Militärakademie angefertigt wurde. Ob jenes Gemälde noch in Niederösterreich befindlich ist oder ob es sich um das hier herangezogene Porträt aus dem Kunsthistorischen Museum handelt, wäre nachzugehen. Vgl. Julius Fleischer, Das kunstgeschichtliche Material der Geheimen Kammerzahlamtsbücher in den staatlichen Archiven Wiens von 1705 bis 1790, Wien 1932, S. 159. 4 Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_8707.

Die Elisabethinen-Sammlung beherbergt drei gleichformatige, goldgerahmte Porträts dreier Verwandter Maria Annas, die aufgrund einer stilistischen Verwandtschaft im selben Entstehungskontext zu stehen scheinen. Zwei dieser Bildnisse bilden dabei ein Porträtpaar (Kat. 119 und 120), das sich einerseits anhand der Verzierungen an den Eckpunkten der Rahmen und andererseits durch die Tatsache, dass sich die beiden Dargestellten einander zuwenden, zusammenbringen lässt. Die Beschriftung auf der Rückseite des Damenporträts, die aufgrund des Schrifttyps nicht im 18. Jahrhundert, sondern erst viel später angebracht worden sein muss und die Dargestellte als „Maria Christine Erzherzogin von Österreich“ ausweist, stellte sich als Fehlidentifizierung heraus. Im Vergleich mit Porträts der Maria Beatrice von Este, der Gattin Erzherzog Ferdinands von Österreich, lässt sich eine Ähnlichkeit zur Mailänder Erzherzogin feststellen. Bei dem Bildnis handelt es sich um eine ausschnitthafte Kopie aus einem von Joseph Hickel gemalten Kniestück einer in der Sammlung des Kunsthistorischen Museums nicht näher identifizierten Erzherzogin (Kat. V37). Edith Thomasberger vermutete in der Porträtierten die Erzherzogin Maria Elisabeth und setzte den Entstehungszeitraum um 1780 an.1 Die Haltung des rechten Armes der Erzherzogin, die im Hickel-Porträt ursprünglich das Medaillon der Kaiserin Maria Theresia hochhält, wurde in die Kopie übernommen, aber durch ihren Ausschnitt aus diesem Kontext gelöst. Neben dem Kniestück von Hickel hat sich im Kunsthistorischen Museum Wien eine weitere Kopie erhalten, die einen noch kleineren Ausschnitt als das Klagenfurter Beispiel zeigt und die Porträtierte nun als Maria Beatrice von Este, Gemahlin von Erzherzog Ferdinand, ausweist.2 Entweder wurden diese kleineren Versionen ebenfalls von Joseph Hickel geschaffen – die malerische Ausführung spricht durchaus dafür – oder es wurde ein Kopist beauftragt, Halbporträts nach der Vorlage Hickels anzufertigen. Mit dieser Vergleichsreihe können wir nun tatsächlich davon ausgehen, dass die Schwägerin Maria Annas, Maria Beatrice, dargestellt ist. Das als Gegenstück zu diesem Frauenporträt angelegte Porträt eines Erzherzogs (Kat. 120) bringt schließlich den letzten Beweis für diese Identifizierung. Wie zuvor gibt eine rückseitige Beschriftung auch hier falsche Auskunft, wenn sie den Dargestellten als „Maximilian Erzherzog von Österreich Churfürst von Köln“ benennt. Aufgrund eines Vergleichs mit einem Kniestück aus dem Kunsthistorischen Museum von Georg Weikert, einem Bildnis des Erzherzogs Ferdinand Karl von Österreich-Este, muss es sich in Klagenfurt genau um jenen handeln (Kat. V36).3 Denn die Version in Klagenfurt ist erneut eine ausschnitthafte Kopie aus dem Großformat, und auch in diesem Fall hat sich im Wiener Museum eine dritte Version mit einem noch kleineren Ausschnitt erhalten. 4 Die Pendanthaftigkeit der beiden Kärntner Gemälde spricht für die Darstellung eines Ehepaares und 181

ferdinand karl und maria beatrice

119 Ferdinand Karl, Erzherzog von Österreich o. D. nach Georg Weikert Öl auf Leinwand, 71 × 51,5 cm Inv. Nr. 104 120 Maria Beatrice von Este, Erzherzogin von Österreich o. D. nach Joseph Hickel Öl auf Leinwand, 71 × 51,5 cm Inv. Nr. 105

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v36 Erzherzog Ferdinand von Österreich-Este 2. Hälfte 18. Jahrhundert Johann Georg Weikert Öl auf Leinwand, 117 × 90 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_9390

v37 Maria Beatrix Riccarda von Este mit dem Medaillon der Kaiserin Maria Theresia in der Hand 2. Hälfte 18. Jahrhundert Joseph Hickel Öl auf Leinwand, 117,5 × 90 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2582

unterstützt abermals die vorgenommene Identifizierung. Zudem hätte man Erzherzog Maximilian, für den der Porträtierte zuvor gehalten wurde, welcher ab 1769 Koadjutor des Deutschritterordens und ab 1780 Hochmeister desselben war, sicherlich im angemessenen Habit und mit den entsprechenden Großkreuzen dargestellt. Der hier porträtierte Erzherzog Ferdinand Karl präsentiert sich mit gepuderter Zopfperücke, mit dem roten mit grünen Seitenstreifen versehenen Band und dem Großkreuz des Sankt-Stefan-Ordens an der Brust sowie dem Orden des Goldenen Vlieses. Die Ornamentik der Orden, Goldbordüren und des Spitzenkragens ist mit feinem Pinsel akzentuiert. Am rechten Bildrand sehen wir Teile eines Sessels. Im von Weikert geschaffenen Original sitzt Ferdinand Karl vor seinem Schreibtisch, auf dem sich allerlei Papierstücke und eine Feder befinden. Sein Blick ist nach links gewandt und begegnet den Betrachtern und Betrachterinnen nicht. In seiner Linken hält er eine auf seinem Schoß liegende Landkarte, auf die seine rechte Hand weist. Maria Beatrice hat im Gemälde Hickels auf einem blauen Sofa Platz genommen, in ihrer rechten Hand hält sie das Medaillonbildnis ihrer Schwiegermutter Maria Theresia. Sie trägt ein rosagestreiftes Kleid, welches mit Spitze und großen Maschen versehen ist. Ihr auf kunstvolle Weise hochgestecktes Haar ist mit einer Blumenkette geschmückt. Die Aufmachung der Erzherzogin rückt das Porträt in die Nähe des Bildnisses einer Erzherzogin aus der Sammlung der Elisabethinen, das mit den Abmessungen 71 × 50,8  cm das gleiche Format aufweist (Kat. 121). Die Erzherzogin, 183

ferdinand karl und maria beatrice

121 Marie Christine, Erzherzogin von Österreich o. D. anonym Öl auf Leinwand, 71 × 50,8 cm Inv. Nr. 63

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v38 Erzherzogin Marie Christine, Herzogin von Sachsen-Teschen, in gestreiftem Seidenkleid um 1766/1770 einem deutschen Maler zugeschrieben Öl auf Leinwand, 70 × 52,5 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_2059

5 Günther Heinz und Karl Schütz, Katalog der Gemäldegalerie. Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs von 1400 bis 1800, Wien 1982, S. 175. 6 Vgl. Paul F. Schmidt und Karl Wilczek, Lampi der Ältere, Johann Baptist, in: Ulrich Thieme und Felix Becker (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 22, Leipzig 1928, S. 272-275; vgl. Ingrid Sattel Bernardini, S. Träger und Andrzej Ryszkiewicz, Lampi, in: Grove Art Online. Oxford Art Online, Oxford University Press, URL: http://www.oxfordartonline.com (27.1.2016). 7 Heinz/Schütz 1982, S. 175.

welche mit Marie Christine identifiziert werden kann, trägt hier ein sehr ähnliches, jedoch gelb-weiß gestreiftes Seidenkleid. Ihre Frisur entspricht jener Maria Beatrices und ist ebenfalls mit einer Blumenkette geschmückt. Als Vorlage für das Bildnis Marie Christines diente wohl ein ehemals Johann Baptist Lampi zugeschriebenes Porträt, das sich heute im Innsbrucker Schloss Ambras befindet (Kat. V38). Die Erzherzogin trägt dort ebenfalls jene kunstvoll hoch aufgetürmte Frisur, wie sie in den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts in Mode gekommen war, ebenso wie der tiefe viereckige Ausschnitt des reich mit Spitzen und Bändern besetzten Kleides.5 Günther Heinz und Karl Schütz datieren das Gemälde um 1766/70, weshalb die Zuschreibung im Katalog der Gemäldegalerie von 1938 an Johann Baptist Lampi nicht haltbar sei. Dieser war zu dieser Zeit gerade einmal zwischen 15 und 18 Jahre alt und bis 1770 ohnehin noch in Ausbildung in Salzburg.6 Die beiden Autoren sehen sich in mancher Hinsicht an Werke des Schweizer Künstlers Anton Graff erinnert.7 Beim Klagenfurter Gemälde handelt es sich diesmal nicht um eine direkte Übernahme oder ausschnitthafte Kopie des Originals, sondern um eine Anlehnung an die Vorlage. Die Unterschiede in der Malweise sind augenscheinlich. So sind die Haare im Innsbrucker Gemälde verschwommener und damit luftiger dargestellt. Der feine Griff der linken Hand an die Masche ihres Kleides und die malerische Umsetzung dessen zeugen von einem erstklassigen Maler. Der Künstler des Klagenfurter Bildnisses muss am malerisch Aufgelösten des Originalporträts sichtlich scheitern. Die Geste der zur Masche greifenden Hand wird kurzum weggelassen, indem der ganze rechte Arm nicht ausgeführt wird und damit eine leere Fläche im linken unteren Bereich bilddominierend ist. Der Maler sah sich der schwierigen Aufgabe, Hände darzustellen, wohl nicht gewachsen und umging diese Komplikation. AZ

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maria karolina maria karolina

122 Maria Karolina, Königin von Neapel-Sizilien nach 1768 anonym Öl auf Leinwand, 70 × 56 cm Inv. Nr. 139

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v39 Erzherzogin Maria Karolina (1752–1814) mit aufgeschlagenem Notenheft vor sich um 1768 Schule Martin van Meytens d. J. Öl auf Leinwand, 113,5 × 95 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. GG_3433

maria karolina, königin von neapel-sizilien

1 Vgl. Steffi Roettgen, Anton Raphael Mengs 1728–1779, Band 1, Das malerische und zeichnerische Werk, München 1999, S. 237-238; das Gemälde befindet sich heute im Museo del Prado, Madrid, Inv. Nr. PO 2194.

Dieser Typ der Darstellung Maria Karolinas findet sich in der Sammlung des Elisabethinen-Konvents sowohl im Kontext der Familiengalerie als auch in Form eines isolierten Einzelbildnisses (Kat. 122). Andere Varianten dieses Typus haben sich außerdem mehrfach in den Sammlungen des Kunsthistorischen Museums erhalten. Die Konzeption des Gemäldes ist eng mit einem Kniestück der Erzherzogin von Anton Raphael Mengs verwandt, das dieser um 1768 anlässlich ihrer Vermählung mit König Ferdinand IV. (III.) von Neapel-Sizilien angefertigt hatte, wobei Mengs jedoch selbst nach einer fremden Bildvorlage gearbeitet haben muss, da er sich ab 1761 ununterbrochen in Madrid aufhielt.1 Es ist daher zu vermuten, dass eines der Wiener Bildnisse den Nukleus sowohl für die Klagenfurter als auch für die Meng’sche Variante bildet: Möglicherweise zitieren diese ein dem Umkreis von Martin van Meytens zugeschriebenes Gemälde, das Maria Karolina auf einem rot gepolsterten Stuhl an einem Tisch sitzend, mit einem aufgeschlagenen Notenheft, einem Porträt in Händen und dem Erzherzogshut hinter sich darstellt (Kat. V39). Während die Maler des Klagenfurter Porträts als auch der Wiener Bildnisse die Erzherzogin in einem blaugrünen, mit weißen Stickereien und aus Spitzen geformten Puffärmeln zeigen, präsentiert Mengs die junge Königin spiegelverkehrt in einem rosa Kleid, das im unteren Teil mit einer reichen Silberstickerei versehen wurde, im oberen Teil aber ähnliche Spitzenärmel aufweist. In einer Hand hält sie einen Fächer, in der anderen einen weißen Handschuh, die gepuderte Haartracht wird von einem Kopfschmuck gekrönt, welcher links und rechts in zwei schleierartige Bänder aufgelöst wird. Entgegen den Wiener und Klagenfurter Darstellungen, die Maria Karolina vor einem nicht näher bestimmten dunklen Hintergrund bzw. verschiedenen Hoheitsmotiven platzieren, positioniert sie Mengs vor einer blaugrüntonigen Landschaft bzw. einer abgeschatteten Säule und einem Vorhang. SK

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erzherzog maximilian erzherzog maximilian

123 Maximilian Franz, Erzherzog von Österreich 1770/80 anonym Öl auf Leinwand, 69,8 × 56 cm Inv. Nr. 24 124 Maximilian Franz, Hochmeister des Deutschen Ordens 1780/84 anonym Öl auf Leinwand, 77 × 60,5 cm Inv. Nr. 55

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erzherzog maximilian, erzbischof und kurfürst von köln

125 Maximilian Franz, Kurfürst und Erzbischof von Köln 1784/1801 anonym Öl auf Leinwand, 69,5 × 56 cm Inv. Nr. 99

1 Vgl. Adolf Innerkofler (Hg.), Eine große Tochter Maria Theresias: Erzherzogin Marianna, in ihrem Hauptmonumente, dem Elisabethinen-Kloster zu Klagenfurt. Jubelgabe zur Feier des 200jährigen Bestehens vom Elisabethinen-Konvent, Klagenfurt 1993 [1910], S. 99-104. 2 Innerkofler 1993 [1910], S. 99. 3 Ebd. 4 Constantin von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. 7, Wien 1861, S. 109f. 5 Erzherzog Maximilian, Hoch- und Deutschmeister, Kurfürst von Köln, 2. Hälfte 18. Jahrhundert, einem österreichischen Maler zugeschrieben, Öl auf Leinwand, 270 × 160 cm, Bundesmobilienverwaltung, Inv. Nr. MD 019661.

Neben der Darstellung Erzherzog Maximilians in der Familiengalerie sowie einem kleinformatigen, ovalen Porträt (Kat. 115, S. 177) haben sich drei weitere Bildnisse des jüngeren Bruders der Erzherzogin, den sie sehr geschätzt haben soll und der dem Konvent auf Wunsch Maria Annas immer wieder finanzielle Unterstützung zukommen ließ,1 in der Sammlung der Elisabethinen erhalten. Ein Besuch des Bruders in Klagenfurt ist für 1781 dokumentiert.2 Für seinen Empfang ließ die Erzherzogin sogar eine Operette aufführen, für deren „Stoff“ Graf Enzenberg und für deren Musik Graf Trifalnigg verantwortlich waren.3 Die insgesamt fünf Porträts zeigen den Kurfürsten und Erzbischof von Köln in unterschiedlichen Stationen seiner geistlichen Laufbahn. Die jüngste Darstellung ist jene aus der Familiengalerie, die Maximilian im Alter von mindestens 14 Jahren zeigt, da dieser bereits in der roten Uniform des Deutschen Ordens porträtiert ist (Kat. 25, S. 93). 1770 wurde der Erzherzog zum Koadjutor seines Onkels, des Hoch- und Deutschmeisters Karl von Lothringen, ernannt,4 was auf diesem Porträt bereits inschriftlich festgehalten ist. In jenem dritten Bildnis, den Erzherzog nun älter darstellend (Kat. 123), trägt Maximilian noch die gleiche rote Uniform mit dem Ordenskreuz an der Brust und um den Hals. Das Gemälde muss damit vor 1780 entstanden sein, dem Jahr, in dem Karl von Lothringen starb und Maximilian die Nachfolge als Hochmeister des Deutschen Ordens antrat. Das Porträt fällt durch eine flächige Malweise im Bereich der Gewandung auf. Die Ornamentik der Goldbordüren wirkt wie in die Fläche appliziert und ist mit sehr gleichmäßig gesetzten Pinselstrichen ausgeführt. Der Kopf ist plastisch ausgeformt, die Wangen sind auffallend rot und suggerieren die Jugendlichkeit des Dargestellten. Das nächste Gemälde (Kat. 124) zeigt den nun etwas gealterten Erzherzog bereits in der schwarzen Uniform des Hochmeisters des Deutschen Ordens, womit das Werk nach 1780, jedoch vor 1784, dem Jahr, in dem Maximilian Kurfürst und Erzbischof von Köln wurde, datiert werden kann. Das letzte Porträt (Kat. 125) schließlich bildet Erzherzog Maximilian Franz mit Hermelinmozetta als Kurfürst und Erzbischof von Köln ab und muss damit nach 1784 entstanden sein. Das Halbporträt ist wohl als Kopie nach einem Bildnis des Erzherzogs in ganzer Figur, das sich heute im Bestand der Bundesmobilienverwaltung befindet, hergestellt worden.5 AZ 189

maria ludovica von spanien

Bei diesem Gemälde der Sammlung der Elisabethinen handelt es sich um ein Porträt Maria Ludovicas von Spanien, Gemahlin des toskanischen Großherzogs Leopold (Kat. 126). Der Porträtkopf ist nach der Vorlage eines ganzfigurigen Bildnisses, das der Werkstatt Anton von Marons1 zugeschrieben wird und das sich heute in Versailles befindet, geschaffen worden.2 Die Neigung des Kopfes, Blick und Gesichtsausdruck sind am sich in Frankreich befindlichen Porträt angelehnt. Der Haar-, Ohr- und Halsschmuck ist im Detail jedoch ein anderer. Auch das Kleid unterscheidet sich mit seinen großen Maschen auf Brust und Ärmeln von der sehr prunkvollen Gewandung im Werk Marons. Die Art des Kleides auf dem Klagenfurter Porträt reiht sich abermals in die Folge von Erzherzoginnenporträts der Elisabethinen-Sammlung, die sich durch besonders prominente Maschen auszeichnen. AZ

126 Maria Ludovica von Spanien, Großherzogin der Toskana o. D. anonym Öl auf Leinwand, 69,5 × 55 cm Inv. Nr. 25

1 Zu Anton von Maron siehe Steffi Röttgen, „Antonius de Maron faciebat Romae“. Zum Werk Anton von Marons in Rom, in: Österreichische Künstler und Rom. Vom Barock zur Secession, Ausst.-Kat. Akademie der bildenden Künste, Wien 1972, S. 35-52 sowie die jüngst erschienene Künstlermonografie von Isabella Schmittmann, Anton von Maron (1731–1808). Leben und Werk, München 2013. 2 Musée National du Château de Versailles,  Inv. Nr. MV 3951.

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sigismund franz von österreich-tirol

127 Sigismund Franz von Tirol o. D. anonym Öl auf Leinwand, 85 × 63 cm Inv. Nr. 97

1 Zur Biografie des Erzherzogs Sigismund Franz siehe Brigitte Hamann (Hg.), Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, Wien 1988, S. 420 sowie Constantin Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. 7, Wien 1861, S. 148. Laut Wurzbach soll er bereits 1644, als 14-Jähriger, Bischof von Gurk geworden sein. Die Beschriftung des Porträts führt wie auch Hamann das Jahr 1653 an. 2 Fürstbischof Sigismund hat wohl nie den Boden seines Gurker Bistums und seiner Residenz auf Schloss Straßburg betreten, was aufgrund seiner zahlreichen anderen Ämter und Verpflichtungen nachvollziehbar scheint. Zu seiner Zeit als Bischof von Gurk siehe Jakob Obersteiner, Die Bischöfe von Gurk. 1072–1822, Klagenfurt 1969, S. 386-391.

Das Porträt zeigt Sigismund Franz, Erzherzog von Österreich und Landesfürst von Tirol, als Fürstbischof (Kat. 127). Am 27. November 1630 als zweiter Sohn Erzherzog Leopolds V. von Tirol und Claudia de Medici in Innsbruck geboren, war ihm ein kirchlicher Werdegang vorbestimmt. Ohne die Bischofsweihe jemals empfangen zu haben, wurde er mit 16 Jahren – 1646 – Bischof von Augsburg, 1653 Bischof von Gurk und 1659 Bischof von Trient. Ein beschriftetes Etikett auf der Rückseite des Gemäldes gibt Auskunft über die Identität des Dargestellten und die Stationen seiner bischöflichen Laufbahn.1 Dort heißt es: „Sigismund Franz Erzherzog von Oesterreich, Bischof von Gurk, Augsburg und Trient, 3. Juni 1653 + 15. Juni 1665, Augsburg 25. Juni 1646, Trient 7. Februar 1659.“ Nachdem Sigismunds Bruder Ferdinand Karl 1662, ohne Erben zu hinterlassen, verstarb, legte Sigismund seine geistlichen Ämter nieder, trat die Nachfolge als Landesfürst von Tirol an und vermählte sich per procurationem mit der 20 Jahre jüngeren Hedwig Augusta, Pfalzgräfin von Sulzbach (1650–1681). Die tatsächliche Hochzeit und der Vollzug der Ehe fanden jedoch nicht statt, da der Erzherzog sehr unerwartet am 25. Juni 1665 im Alter von 34 Jahren verstarb. Mit dem Tod des letzten Tiroler Landesfürsten übernahm mit Kaiser Leopold I. die Hauptlinie der Habsburger die Regierung des Landes. Die Tiroler Nebenlinie war damit erloschen. Wie das Bildnis in die Sammlung gelangte und welche Bedeutung es für die Erzherzogin Maria Anna hatte, ist unklar. Es ist das einzige Porträt der Sammlung, das eine habsburgische Persönlichkeit des 17. Jahrhunderts zeigt. Das Bildnis Sigismunds wird wohl vor allem aufgrund seiner Funktion als Bischof von Gurk2 von Bedeutung gewesen sein und aufgrund dessen in der Residenz Maria Annas gehangen haben. AZ

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das porträt einer jungen dame in weissem kleid das porträt einer jungen dame in weissem kleid

128 Porträt einer jungen Dame in weißem Kleid o. D. anonym Öl auf Leinwand, 22,7 × 16 cm Inv. Nr. 83

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das porträt einer jungen dame in weissem kleid

v40 Elisabeth, Prinzessin von Württemberg vor 1790, anonym Aquarellmalerei Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Inv. Nr. E 20598-B

1 Dies ließ sich anhand der rückseitigen Beschriftungen feststellen. Siehe den Beitrag zur Bildausstattung der Klagenfurter Residenz bis 1789 in diesem Band, S. 17-23. 2 Diesen wertvollen Hinweis verdanken wir Ilsebill Barta. 3 Biografisches zu Elisabeth von Württemberg siehe: Brigitte Hamann (Hg.), Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, Wien 1988, S. 90.

Das kleine Ölgemälde zeigt das Porträt einer jungen Dame in einem weißen, perlenbesetzten Kleid, dargestellt vor blauem Himmel und Bäumen links und rechts der Abgebildeten (Kat. 128). Das Bildnis hing in der Klagenfurter Residenz in der Nähe der Folge von ovalen Kleinporträts, welche die nahen Verwandten der Erzherzogin zeigen (Kat. 105-115, S. 175-177).1 Auf einem aus dem 19. Jahrhundert stammenden Etikett auf der Rückseite des kleinen Gemäldes wird die Dargestellte als „Charlotte von Lothringen“ ausgewiesen. Möglich, dass es sich hier um ein sehr frühes Bildnis der Schwester Franz Stephans, Anna Charlotte von Lothringen, handelt. Damit wäre die Entstehung des Porträts jedoch einige Jahrzehnte früher anzusetzen – eventuell in den 1730er Jahren. Es könnte sich aber auch um eine Darstellung Elisabeths von Württemberg (1767–1790) in sehr jungen Jahren handeln. Ein Bildvergleich mit einer Miniatur aus der Präsidentschaftskanzlei der Wiener Hofburg und einem Porträt der Prinzessin von Johann Baptist Lampi legt diese Vermutung durchaus nahe (Kat. V40).2 Die markanten Stöpsellocken, die in einzelnen Haarsträhnen aus ihrer hochgesteckten Frisur herausgelöst sind, finden sich in allen drei Bildnissen wieder und scheinen ein Markenzeichen der jungen Prinzessin gewesen zu sein. Elisabeth von Württemberg war die erste Gemahlin Kaiser Franz I. (II.). Sie wurde am 21. April 1767 in Treptow als achte Tochter des Herzogs Friedrich II. Eugen von Württemberg und seiner Gemahlin Friederika von Brandenburg-Schwedt geboren.3 Die Heirat ihrer Schwester Sophie Dorothee mit dem russischen Thronfolger Katharinas II. von Russland, Paul, erregte als politisch interessantes Bündnis die Aufmerksamkeit Josephs II. Der Kaiser hatte die jüngere Schwester Elisabeth zur passenden Ehefrau für seinen Neffen Franz auserkoren. Im Alter von 15 Jahren ließ er die junge Prinzessin an den Wiener Hof kommen. Sie wurde im Kloster der Salesianerinnen erzogen und konvertierte zum Katholizismus. Die Vermählung der beiden fand erst 1788 statt, da Joseph II. seinen Neffen davor als zu unreif für die Ehe befand. Elisabeth stand dem Kaiser sehr nahe und soll ihm vor allem in seinen letzten von Krankheit gezeichneten Jahren beigestanden haben. Sie starb nur zwei Tage vor Joseph II. bei der Geburt ihres ersten Kindes Ludovika am 18. Februar 1790. Das Porträt könnte in den 1780er Jahren nach Klagenfurt gesandt worden sein, um Erzherzogin Maria Anna über das Aussehen der zukünftigen Braut ihres Neffen Franz in Kenntnis zu setzen. AZ

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gräfin magdalena passant gräfin magdalena passant

129 Hofdame Magdalena Passant o. D. anonym Öl auf Leinwand, 65,3 × 48,5 cm Inv. Nr. 23 130 Hofdame Magdalena Passant o. D. anonym Öl auf Leinwand, 65,5 × 48,5 cm Inv. Nr. 116

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gräfin magdalena passant, hofdame der erzherzogin maria anna

1 Die Schreibweise ihres Nachnamens taucht in mehreren Varianten auf: Passant, Passand, Bassand oder gar als Bahsand in Maria Annas Testament. 2 Adolf Innerkofler (Hg.), Eine große Tochter Maria Theresias: Erzherzogin Marianna, in ihrem Hauptmonumente, dem Elisabethinen-Kloster zu Klagenfurt. Jubelgabe zur Feier des 200jährigen Bestehens vom Elisabethinen-Konvent, Klagenfurt 1993 [1910], S. 170. 3 Ebd. 4 Das Porträt Passants wurde neben dem Bildnis der Erzherzogin Maria Anna von Johann Baptist Lampi und anderen Exponaten aus der Sammlung des Elisabethinen-Klosters in der Niederösterreichischen Landesausstellung von 1998 „aufmüpfig & angepasst. Frauenleben in Österreich“ in Schloss Kirchenstetten gezeigt. Im begleitenden Katalog wird es um 1780 datiert. Siehe Elisabeth Vavra (Hg.), aufmüpfig & angepasst. Frauenleben in Österreich, Niederösterreichische Landesausstellung, Schloss Kirchstetten 1998, Wien, Köln und Weimar 1998, S. 264, 265  (Nr. 15.16).

Neben Porträts der Verwandten der Erzherzogin Maria Anna beinhaltet die Sammlung des Elisabethinen-Konvents auch Darstellungen von Personen, die der Erzherzogin besonders nahestanden, wie etwa jene vier Bildnisse, in denen die Hofdame Gräfin Magdalena Passant vermutet wird. Diese Identifizierung basiert auf rückseitig angebrachten Beschriftungen auf dreien dieser Exemplare, die die Porträtierte als Magdalena Passant ausweisen. Aufgrund des Schriftbildes sind diese Etiketten jedoch höchstwahrscheinlich ins 19. Jahrhundert zu datieren. Das vierte Porträt, das keine solche Beschriftung trägt, kann aufgrund der physiognomischen Ähnlichkeit dieser Gruppe beigefügt werden. Das erste Porträt, das im Vergleich mit den anderen Bildnissen die Gräfin am jüngsten abzubilden scheint, zeigt diese im typischen Kleidungsstil jener Zeit mit großen Maschen an Brust und Ärmeln (Kat. 129). Die hoch toupierte Frisur mit einem einfachen rosafarbenen Band ist ebenfalls charakteristisch für die damalige Mode. Auf der Rückseite des Gemäldes findet sich ein Etikett, das die Dargestellte als „Gräfin Magdalena Passand1 Hofdame der Erzh. Marianna welche dem Konvente Ihr Vermögen auf Frühstück vermachte“ bezeichnet. Bezüglich dieser Hinterlassenschaft finden wir bei Innerkofler den Hinweis auf einen Brief vom 11. Jänner 1818, den Passant von Wien aus an die damalige Oberin des ElisabethinenKonvents geschrieben haben soll, in dem sie veranlasst, ihr Vermögen „alljährlich unter die Konventualinen auf Frühstück“ zu verteilen.2 Das Etikett muss damit nach 1818 angebracht worden sein. Der letztwilligen Verfügung Passants wurde Folge geleistet, jedoch wurde das Kapital erst 1848 frei, wie Innerkofler festhält. Von da an sollen die Schwestern zum Frühstück einen Kaffee erhalten haben.3 Auf dem zweiten Gemälde4 (Kat. 130) der Reihe findet sich rückseitig der gleiche Text, der auf die Gräfin und ihr Vermächtnis hinweist. Die Handschrift weicht jedoch ein wenig von jener ersten ab. Dieses Bildnis Passants hat nun einen weitaus repräsentativeren Charakter; der vergoldete Rahmen sowie ihre festlichere Aufmachung in einem roten Satinkleid mit großen weißen Maschen und mehrlagiger Spitze an Ärmeln und Ausschnitt sowie ihre hohe Frisur mit Haarschmuck ebenfalls aus Spitze sprechen hierfür. Das dritte Bildnis (Kat. 131) bezeichnet die Porträtierte nun als „Gräfin Magdalena Passant in ihrer Krankheit“ und zeigt die Hofdame Maria Annas stark abgemagert, mit eingefallenem Gesicht und hervortretenden Gesichtsknochen. Eine Ähnlichkeit zum zweiten Bildnis ist deutlich erkennbar, im Vergleich zum ersten Gemälde dominieren hier jedoch eher die physiognomischen Unterschiede. Anders als die beiden Porträts zuvor weist dieses auf der Rückseite eine Hängungsanweisung auf, laut derer das Bild als erstes „Bei der eisernen Thür links“ zu hängen hatte. Rechts von dieser eisernen 195

gräfin magdalena passant

131 Hofdame Magdalena Passant in ihrer Krankheit o. D. anonym Öl auf Leinwand, 62,8 × 44,4 cm Inv. Nr. 107 132 Hofdame Magdalena Passant o. D. anonym Öl auf Leinwand Inv. Nr. 28

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5 Sheyda Nikjou, Sammlung – Elisabethinen-Konvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und kunstgeschichtliche Recherche, Vordiploms- arbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010.

6 Kaiserlich-königlicher Hof- und Ehrenkalender, auf das Jahr nach der gnadenreichen Geburt unsers Seligmachers Jesu Christi, MDCCLXXXIX, Wien 1789, o. S.  7 Innerkofler 1993 [1910], S. 170. 8 Magistrat Klagenfurt (Hg.), Erzherzogin Maria Anna und ihre Zeit, Ausst.-Kat. Europahaus, Klagenfurt 1992, Klagenfurt 1992, o. S.  9 Xaveria Gasser, Geschichte des Elisabethiner-Klosters zu Klagenfurt, in welchem die durchlauchtigste Erzherzoginn von Oesterreich Marianne bis an ihr seliges Ende gelebt hat, Salzburg 1794 [1792], S. 56, 58. 10 Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil, Wien 1964, S. 136. 11 Kayserlich- und Koeniglicher, wie auch Roemisch- Koeniglicher, und Erz-Herzoglicher, dann dero Haupt- und Residenz-Stadt Wien Staats- und Standes-Calender, Wien 1765, S. 457. 12 Schematismus der Kaiserlich-Königlich- Wie auch Erzherzoglichen Instanzien, Aemtern, Banco, Kammer, Buchhaltereyen, Kanzleyen (etc.), Wien 1775, S. 358.

Tür ebenfalls als erstes von oben soll das vierte Porträt aus dieser Reihe von Darstellungen Passants (Kat. 132) gehangen haben. Hier befindet sich nun kein rückseitiges Etikett, das die Identifizierung mit Passant unterstützen würde. Sicher ist, dass es sich um eine der Erzherzogin sehr nahestehende Person gehandelt haben muss, da sie das MiniaturPorträt Maria Annas als Brosche trägt – eine kleine Kopie jenes Bildnisses, das Johann Baptist Lampi 1781 von der Erzherzogin in Klagenfurt malte und das Teil der Sammlung der Elisabethinen ist (Kat. 87, S. 150). Das Porträt zeigt eine mit einer sehr üppigen Maschenhaube ausstaffierte Dame, die sich in bereits fortgeschrittenem Alter befindet. Die Physiognomie der Dargestellten ähnelt sehr auffällig jener Frau in jungen Jahren aus dem oben erwähnten ersten Porträt (Kat. 129). Es müssen etliche Jahre zwischen den beiden Gemälden liegen, da Passant auf Letzterem wohl um die fünfzig oder sechzig Jahre ist. Folglich muss das Gemälde lange nach dem Tod der Erzherzogin Maria Anna geschaffen worden und nach Klagenfurt gelangt sein. Dies geht einher mit der Erkenntnis im Zuge der Bestandsaufnahme und Sammlungsanalyse von 2010 durch das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien, in der festgestellt wurde, dass das Gemälde „vom primären Sammlungszusammenhang zeitlich, technisch und stilistisch unterschieden werden“ könne.5 Es ist nur ausgesprochen wenig über die angebliche Gräfin bekannt. Es lässt sich annehmen, dass sie Maria Anna recht nahe gestanden haben muss bei der vergleichsweise hohen Anzahl an Porträts, die von ihr angefertigt wurden. Magdalena Passant war zweite Kammerdienerin neben der Kammerfrau Apollonia von Signorini und der Kammerdienerin Magdalena du Pont.6 Laut Innerkofler soll die „energische und gutherzige Kammerfrau Magdalena Bassand“ mit der Erzherzogin nach Klagenfurt gekommen sein und sich mit den Klosterfrauen innig befreundet haben.7 Tatsächlich war Passant jedoch nur Kammerdienerin und nicht Kammerfrau. Sie soll eine jener Hofdamen Maria Annas gewesen sein, die ihr unter anderem beim Sticken verschiedener Stücke behilflich waren.8 Xaveria Gasser erwähnt in ihrer „Geschichte des Elisabethiner-Klosters zu Klagenfurt“ lediglich die Kammerfrau Signorini etwas ausführlicher, von Passant ist nur ein Mal als die „Kammerdienerin Passane“ die Rede.9 Signorini soll 30 Jahre im Dienste Maria Annas gewesen sein10 ; demnach muss sie also schon aus Wien mitgereist sein. Der „Schematismus der Kayserl. Königlich wie auch Erz-Herzoglichen Instanzien“ von 1765 bestätigt diese Behauptung, da er Signorini in diesem Jahr als Kammerdienerin von Erzherzogin Maria Karolina listet. 11 1775 schließlich wird sie als Kammerdienerin Maria Annas angeführt.12 Im Kaiserlich-königlichen Hof- und Ehrenkalender von 1789, dem Sterbejahr der Erzherzogin, 197

gräfin magdalena passant 13 Kaiserlich-königlicher Hof- und Ehrenkalender, auf das Jahr nach der gnadenreichen Geburt unsers Seligmachers Jesu Christi, MDCCLXXXIX, Wien 1789, o. S. 14 Erzherzogin Maria Anna, Letztwillige Anordnung, 1791, Kärntner Landesarchiv, Klagenfurt, AT-KLA 73-C-630 Ak, Schachtel 16.

werden schließlich alle drei – Signorini als Kammerfrau, du Pont und Passant als Kammerdienerinnen – genannt.13 Diesen Dreien vermachte die Erzherzogin in ihrem Testament jeweils ein jährliches Einkommen. Dabei erhielt die dienstälteste Signorini eine höhere Pension von 400 Gulden, während du Pont und Passant mit 200 Gulden versorgt werden sollten, dies jedoch nur solange sie nicht verehelicht waren.14 Die beiden müssen demnach 1789 in einem damals heiratsfähigen Alter gewesen sein. Handelt es sich tatsächlich bei allen vier Bildnissen um Darstellungen Magdalena Passants, so wurde sie hier in unterschiedlichen Lebensphasen porträtiert und zwischen dem ersten und letzten Porträt lägen demnach Jahrzehnte. Aufgrund der zeitlichen, stilistischen und technologischen Absonderung des letzten Gemäldes vom Rest des Konvoluts wäre es durchaus denkbar, dass jenes Porträt Passants im hohen Alter erst nach 1818, dem Jahr ihrer brieflichen Testamentsverkündigung, in den Konvent der Elisabethinen gelangte. Genaue Geburts- und Sterbedaten der Gräfin sind nicht bekannt. AZ

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josef von edlingen josef von edlingen, pfarrer zu st. lorenzen

133 Pfarrer Josef von Edlingen o. D., anonym Öl auf Leinwand, 18,5 × 12,5 cm Inv. Nr. 84

1 Vgl. Xaveria Gasser, Geschichte des ElisabethinerKlosters zu Klagenfurt, in welchem die durchlauchtigste Erzherzoginn von Oesterreich Marianne bis an ihr seliges Ende gelebt hat, Salzburg 1794 [1792], S. 82; Adolf Innerkofler (Hg.), Eine große Tochter Maria Theresias: Erzherzogin Marianna, in ihrem Hauptmonumente, dem Elisabethinen-Kloster zu Klagenfurt. Jubelgabe zur Feier des 200jährigen Bestehens vom Elisabethinen-Konvent, Klagenfurt 1993 [1910], S. 110 und Amélie Engels, Maria Anna, eine Tochter Maria Theresias. 1738–1789, Diss. phil, Wien 1964, S. 106. 2 Gasser 1794 [1792], S. 43. 3 Gasser 1794 [1792], S. 85. Die Pfarrersnachfolge trat der spätere Fürstbischof von Gurk Jakob Peregrin Paulitsch an, welcher ebenfalls zu den der Erzherzogin sehr nahestehenden Personen zählen sollte. 4 Ebd., S. 69; vgl. Engels 1964, S. 90. 5 Engels 1964, S. 90.

Nur sehr wenige genossen das Vertrauen der Erzherzogin Maria Anna. Ihr intimer Freundeskreis umfasste einige wenige Personen, unter ihnen ihr seelischer Berater, Josef von Edlingen, der Bruder ihres sehr vertrauten Freundes Anselm von Edling (Kat. 89, S. 152). Als die zum Kloster angrenzende Kirche St. Lorenzen 1784 zur Pfarre erhoben wurde, bestellte Maria Anna Josef von Edlingen zum Burgpfarrer.1 Dieser war Beichtvater und Priesterhausdirektor der Elisabethinen gewesen und galt vor allem als großer Wohltäter, der den Schwestern in Hungersnot und wirtschaftlich schwierigen Zeiten zur Seite stand.2 Die Porträtsammlung der Elisabethinen verfügt über zwei Bildnisse, von denen anzunehmen ist, dass es sich um Darstellungen Josefs von Edlingen handelt. Die Beschriftung auf der Rückseite eines kleinformatigen Ölgemäldes, welches das Porträt eines Geistlichen zeigt (Kat. 133), liefert uns diesen Hinweis. Dort ist handschriftlich festgehalten, dass „Der Hochwürdige Herr Pfarer Josef v. [Ed]lingen Beichtvater und [gro]sser Wohltäter“ hier abgebildet sei. Das kleinformatige Gemälde ist außerdem mit einem anderen Bildnis gleichen Formats in Verbindung zu bringen, das einen bisher unbekannten Mönch zeigt (Kat. 134). Wie der Pfarrer ist auch dieser von einem gemalten Oval umfasst. Beide Porträts verfügen rückseitig über Hinweise zu ihrer Hängung, die ebenfalls auf einen direkten Zusammenhang hinweisen, denn Edlingen soll „neben dem Fenster“ als „unten das 4te“ gehangen haben, der Mönch direkt unter ihm, denn auf dessen Rückseite ist der Hinweis zur Hängung festgehalten: „neben dem Fenster unten das 5te“. Aufgrund der Ähnlichkeit des als Pfarrer Edlingen beschrifteten Bildnisses mit einem in größerem Format dargestellten Geistlichen wird es sich auch hier um den Pfarrer handeln (Kat. 135). Josef von Edlingen starb am 6. August 1786 und wurde, wie Xaveria Gasser berichtet, in der Gruft des Elisabethinen-Klosters begraben.3 Maria Anna hatte bereits im Herbst 1781, nur einige wenige Monate nach ihrer Ankunft in Klagenfurt, die Gruft im Kloster erweitern lassen, um ihre letzte Ruhestätte an der Rückwand hinter dem Gruftaltar einrichten zu lassen. 4 Die stets krankheitsgeplagte Erzherzogin muss sich ständig mit ihrem eigenen Ableben beschäftigt haben und sei, wie Amélie Engels festhält, regelrecht besessen vom Gedanken an den Tod gewesen.5 Die baulichen Vorkehrungen für ihre 199

josef von edlingen

134 unbekannter Mönch o. D. anonym Öl auf Leinwand, 16,5 × 12 cm Inv. Nr. 85

6 Ebd.

135 Pfarrer Josef von Edlingen o. D. anonym Öl auf Leinwand, 65,5 × 48,5 cm Inv. Nr. 106

eigene Ruhestätte gleich zu Beginn ihrer Zeit in Klagenfurt zeigen, wie stark der Entschluss Maria Annas gewesen sein muss, ihren Lebensabend hier zu verbringen und letztlich ihrem Tod an diesem Ort, in der Gemeinschaft der Elisabethinen-Schwestern, zu begegnen. Die Errichtung der neuen Grabstätte war Ende Mai 1782 fertiggestellt. Gemäß Maria Annas Wunsch sollte zu ihrer Linken Xaveria Gasser und zu ihrer Rechten Pfarrer Josef von Edlingen begraben werden. Die Erzherzogin ließ Edlingen 1786 an eben dieser Stelle bestatten.6 AZ

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teraturverzeichnis Archivalien

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Brief Josephs II. an Maria Anna vom 30. Dezember 1780, Archiv Tratzberg. Abschrift des Schreibens Maria  Annas an Kaiser Josef II. betreffend ihr Testament, 4. Februar 1787, Klosterarchiv des Elisabethinen- Konvents, Klagenfurt, Akten III.I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2.

Erzherzogin Maria Anna, geistliches Tagebuch (Fastenzeit 1773), Kloster- archiv des Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III.I. Nachlass  Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2.

Erzherzogin Maria Anna, Neujahrs- ansprache an Elisabethinen, 1787, Klosterarchiv des Elisabethinen- Konvents, Klagenfurt, Akten III.I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2.

Schematismus der Kaiserlich-Königlich- Wie auch Erzherzoglichen  Instanzien, Aemtern, Banco,  Kammer, Buchhaltereyen, Kanzleyen (etc.), Wien 1775.

Kaiserlich-königlicher Hof- und Ehrenkalender, auf das Jahr nach der gnadenreichen Geburt unsers Seligmachers Jesu Christi, MDCCLXXXIX, Wien 1789.

Erzherzogin Maria Anna, Briefe an Baron Herbert betr. Die Einrichtung ihres Hauses in Klagenfurt (1775 Jän. bis Sept.), Klosterarchiv des  Elisabethinen-Konvents, Klagenfurt, Akten III.I. Nachlass Erzherzogin Maria Anna, Fach II, 1.2.

Inventar über den gesamten Nachlaß der zu Klagenfurt am 19. November 1789 verstorbenen Erzherzogin  Maria Anna, Tochter des Kaisers Franz I. und der Kaiserin Maria Theresia, 04.05.1790, Klagenfurt, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien, AT-OeStA/HHStA UR FUK 2125a.

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kurzbiografien kurzbiografien der autorinnen und autoren

barbara eisenhardt ist als selbstständige Textilrestauratorin tätig. Sie trägt den Meistertitel für Mode und Bekleidungstechnik und studierte Konservierung und Restaurierung. Sie führte kuratorische Projekte in Wien und Niederösterreich durch und war von 2011 bis 2015 Universitätsassistentin an der Universität für angewandte Kunst Wien. 2012 bis 2014 folgte der Masterlehrgang ecm/ educating – curating – managing. Eva Kernbauer ist Universitätsprofessorin für Kunstgeschichte an der Universität für angewandte Kunst Wien. 2007 Promotion in Trier, 2008–2010 Wissenschaftliche Assistentin an der Universität Bern, 2010 Fellow bei eikones NFS Bildkritik in Basel. 2011-2012 APART Stipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Publikationen zur Kunst, Kunstkritik und Ausstellungsgeschichte des 18. Jahrhunderts (Der Platz des Publikums, 2011), aktuelle Forschung zum Verhältnis von Geschichte und Gegenwartskunst (zuletzt: Kunstgeschichtlichkeit, 2015). Stefanie Kitzberger ist Kunsthistorikerin und derzeit Junior Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK) in Wien. Davor war sie als Universitätsassistentin und Mitarbeiterin im Forschungsprojekt zur höfischen Porträtkultur des 18. Jahrhunderts an der Abteilung Kunstgeschichte der Universität für angewandte Kunst Wien tätig. Sie arbeitet an einer Dissertation mit dem Arbeitstitel „Das konstruktive Imaginäre. Modelle von Kunst und Entwürfe künstlerischer Subjektivität im russischen Konstruktivismus“. Gabriela Krist ist seit 1999 Universitätsprofessorin an der Universität für angewandte Kunst Wien und Leiterin des Instituts für Konservierung und Restaurierung. Sie studierte Konservierung und Restaurierung an der Akademie der bildenden Künste Wien und Kunstgeschichte und Archäologie in Wien und Salzburg. Es folgte eine langjährige Tätigkeit für ICCROM in Rom als auch für das österreichische Bundesdenkmalamt. Veronika Loiskandl ist Restauratorin und seit 2010 Universitätsassistentin an der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie studierte Konservierung und Restaurierung und ist seit 2005 als freiberufliche Restauratorin im Bereich Gemälde und Skulptur tätig. Der Schwerpunkt ihrer selbstständigen Arbeit liegt auf der Restaurierung von polychrom gefassten Bildwerken, insbesondere von Objekten aus der Zeit des Mittelalters.

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kurzbiografien

Caroline Ocks ist Gemälderestauratorin und seit 2014 Universitätsassistentin an der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie studierte Konservierung und Restaurierung und absolvierte zahlreiche Praktika an renommierten Museen und Institutionen wie dem Belvedere, dem Universalmuseum Joanneum und dem Canadian Conservation Institute. Sie war als selbstständige Gemälderestauratorin und als Mitarbeiterin im Wien Museum tätig. Britta Schwenck ist seit 2007 selbstständige Restauratorin im Bereich Textil und Leder. Sie absolvierte eine Schneiderlehre und studierte Konservierung und Restaurierung. Zu ihren wichtigsten Projekten gehört etwa die Bearbeitung der Textilien der Hofburg Innsbruck. Britta Schwenck war an der Universität für angewandte Kunst Wien von 2009 bis 2010 als Leiterin der Kostüm- und Modesammlung und von 2001 bis 2015 als Universitätsassistentin tätig. Werner Telesko: Tätigkeit am Österreichischen Historischen Institut in Rom (1988–1990) und in den Kunstsammlungen des Stiftes Göttweig (NÖ) (1990–1993); ab 1993 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Habilitation (2000); seit 2013 Direktor des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen (IKM) der österreichischen Akademie der Wissenschaften; Lehrtätigkeit an den Universitäten Wien, Graz und Linz; Böhlau-Preis 2007; Gastprofessor an der „École pratique des hautes études“ in Paris 2009; Gastkurator der Ausstellung zum Wiener Kongress im Wiener Belvedere (2015). Michael Yonan ist Associate Professor of Art History an der University of Missouri (USA). Er ist Experte auf dem Gebiet der europäischen Kunst des 18. Jahrhunderts, mit einem Forschungsschwerpunkt auf den Herrschaftsgebieten der Habsburger, und Herausgeber der Reihe The Histories of Material Culture and Collecting 1700–1950. Seine Publikationen umfassen Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art (2011) und zahlreiche Zeitschriftenartikel zur Architektur des Rokoko in Österreich und Bayern, zur Hofkunst der Habsburger, zu Franz Xaver Messerschmidt und zur Theorie und Praxis der Material Culture Studies. Aneta Zahradnik ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung Kunstgeschichte der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie studierte Kunstgeschichte in Wien und Berlin. 2013–2014 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „Porträts aus der Sammlung des Elisabethinen-Konvents in Klagenfurt“ an der Universität für angewandte Kunst Wien. Neben ihrer Forschungstätigkeit zu höfischer Porträtkultur im 18. Jahrhundert arbeitet sie an einer Dissertation zu konzeptuellen Tendenzen in der mittel- und osteuropäischen Kunst seit 1960. 210

BILDNACHWEIS

Sammlung des ElisabethinenKonvents, Klagenfurt, Fotos: Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien (Gerhard Ramsebner, Georg Oberlechner und Studierende des Instituts): Kat. 1-89, 92-102, 105-135 , Abb. 3 (S. 50) Sammlung des ElisabethinenKonvents, Klagenfurt, Fotos: Helge Bauer: Cover, Kat. 90-91 (S. 152),  103 (S. 170), 104 (S. 173) Burghauptmannschaft Österreich, Foto: G.R. Wett: Abb. 2 (S. 29) Burghauptmannschaft Österreich, Fotos: Bunge: Abb. 5 (S. 52),  Kat. V1-V5 (S. 82-83), V19 (S. 123), V29 (S. 153), V33 (S. 163) Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien: Abb. 3  (S. 31), Kat. V10 (S. 85) Fotos: Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien: Abb. 1-4  (S. 68-69, 73, 75)

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KHM-Museumsverband: Abb. 4  (S. 34), Kat. V6-V8 (S. 83-84), V13  (S. 100), V14 (S. 104), V15 (S. 108), V17 (S. 117), V20-V21 (S. 131), V26  (S. 140), V36-39 (S. 183-184, 186) Foto: Kunsthistorisches Institut in Florenz – Max-Planck-Institut:  Kat. V11 (S. 85) © Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich, Foto: Peter Böttcher: Kat.V31 (S. 160) © Musée d’art et d’histoire, Ville de Genève, Cabinet d‘arts graphiques, inv. n° E 2010-0028, Photo: André Longchamp: Kat. V27 (S. 147) ÖNB/Wien: Abb. 1-7 (S. 40-43,  45-46), Kat. V12 (S. 98), V16 (S. 113), V18 (S. 121), V25 (S. 139), V30  (S. 156), V32 (S. 160), V34 (S. 167),  V35 (S. 180), V40 (S. 193) Photo © RMN-Grand Palais  (musée du Louvre) / Gérard Blot: Abb. 1 (S. 28)

Photo © Château de Versailles,  Dist. RMN-Grand Palais / Christophe Fouin: Kat. V9 (S. 85) Photo © RMN-Grand Palais (Château de Versailles) /  Gérard Blot: Kat. V22 (S. 134) Photo © RMN-Grand Palais  (musée du Louvre) / Tony Querrec: Kat. V23 (S. 135) Photo © RMN-Grand Palais  (musée du Louvre) / Jacques L‘Hoir / Jean Popovitch: Kat. V24 (S. 135) © Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. / Fotograf: Fritz Simak: Kat. V28 (S. 147)