Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit 9783666551581, 3525551584, 9783525551585

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Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit
 9783666551581, 3525551584, 9783525551585

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V&R

Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte

Herausgegeben von Adolf Martin Ritter

Band 50

Göttingen · Vandenhoeck & Ruprecht · 1992

Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit von Angelika Dörfler-Dierken

Göttingen · Vandenhoeck & Ruprecht · 1992

Die Deutsche Bibliothek - CI Ρ-Einheitsaufnahme Dörfler-Dierken, Angelika: Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit / Angelika Dörfler-Dierken. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1992 (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte; Bd. 50) Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-525-55158-4 NE: GT

© 1992 Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Text & Form, Hannover Druck und Bindearbeit: Hubert & Co., Göttingen

Danksagung Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 1990 von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg als Dissertation angenommen. Sie wurde für die Drucklegung geringfügig überarbeitet und gekürzt. Nach 1990 erschienene Literatur wurde nicht mehr berücksichtigt. Anläßlich der Veröffentlichung danke ich meinen akademischen Lehrern, insbesondere meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. A. Martin Ritter, von Herzen. Er hat mir große Freiheit bei der Erforschung des Themas gelassen und die Entstehung der Untersuchung mit freundlichem Interesse gefördert und begleitet. Weiterhin gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Gottfried Seebaß, der das Zweitgutachten angefertigt hat. Danken möchte ich auch denjenigen, die mir eher Freunde als Lehrer waren - und von denen ich zugleich viel lernen konnte. Für anregende Gespräche und hilfreiche Hinweise, die in diese Untersuchung eingingen, danke ich PD Dr. Jens Haustein, Dr. Stefan Rhein, cand. phil. Uwe Fröhlich und ganz besonders cand. phil. Mathias Lawo. Cand. theol. Ralph Hennings hat freundlicherweise die technischen Probleme mit dem Computer lösen helfen. Historische Arbeiten, die vornehmlich auf unedierten Quellen fußen, sind in besonderer Weise auf die Mithilfe Vieler angewiesen. Deshalb möchte ich hier ausdrücklich auch den zahlreichen Bibliothekaren und Archivaren danken, deren freundlichen Auskünften die Untersuchung viele Einzelinformationen verdankt. Einen besonderer Dank gilt der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Dank gebührt ferner den Institutionen, die mich während der Zeit des Studiums und der Anfertigung der Dissertation finanziell unterstützt haben, dem Evangelischen Studienwerk Villigst und dem Land Baden-Württemberg. Schließlich sei denen gedankt, die die Publikation der Dissertation in der Reihe "Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte" besorgten und ermöglichten: dem Herausgeber für die Aufnahme, dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht für die verlegerische Betreuung und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck für einen Druckkostenzuschuß. Heidelberg, 15. Februar 1992

Inhalt Vorbemerkung Editionsgrundsätze Verzeichnis der Abkürzungen

9 9 11

1.

Zur Einführung 1.1. Stichworte zur vorreformatorischen Annenverehrung 1.2. Forschungslage 1.3. Quellenlage und Auswahl der Quellen 1.4. Anliegen und Methode der Untersuchung 1.5. Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung

13 13 26 32 34 43

2.

Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung 2.1. Vorstellungen von der reinen Empfängnis Marias im 14. und 15. Jahrhundert 2.2. Papst Sixtus IV. als Förderer der Marienverehrung 2.3. Funktionalisierung der Annenverehrung für die Diskussion um die Empfängnis Marias 2.4. Zur Einführung des Annentages in den Heiligenkalender

45 47 54 61 67

3.

Annenverehrung in Bruderschaften 75 3.1. Bruderschaften im spätmittelalterlichen Kirchenwesen 77 3.2. Aufkommen und Verbreitung der Annenbruderschaften 81 3.3. Anna als Patronin einzelner Stände und Berufsgruppen 89 3.4. Sozialgestalt und Aktivitäten der Annenbruderschaften 103 3.5. Religiöses und geselliges Brauchtum der Annenbruderschaften .112 3.6. Erwartungen der Annen Verehrer an die Patronin 116

4.

Entstehung der Annenlegende 4.1. Überlieferungen zu den Eltern Marias 4.2. Diskussionen um ein Trinubium der hl. Anna 4.3. Verknüpfungen zwischen den Überlieferungen zu den Eltern Marias und zum Trinubium Annas 4.4. Ps.-Cyrill zu Annas Geburt und der Karmeliterorden 4.5. Entstehung und Überlieferung der Annenmirakel

120 121 125 141 146 154

8

Inhalt

5.

Humanisten als Propagandisten der Annenverehrung 5.1. Freundschaft und Literatur 5.2. Bildung und Religion 5.3. Großmutters Macht

165 170 186 194

6.

Pädagogische Funktion der Annenlegenden 6.1. Vita: Vorbild für erfülltes Familienleben 6.2. Mirakel: Anleitung zur Erlangung weltlicher und geistlicher Güter

204 210 227

Geschichtliche Würdigung der Annenverehrung

253

7.

Anhänge: 1.

2.

3.

Editorischer Anhang 1.1. Der Traktat des Ps.-Cyrill 1.2. Struktur der wichtigsten Annenlegenden 1.2.1. Der anonyme Karmeliter 1.2.2. Petrus Dorlandus 1.2.3. Jan van Denemarken 1.2.4. Jan van Denemarken in der Bearbeitung durch Wouter Bor 1.2.5. Der anonyme Franziskanerobservant

265 265 268 268 269 272

Materialzusammenstellungen 2.1. Verzeichnis des zwischen 1477 und 1530 gedruckten Annenschrifttums 2.2. Tabelle zur Überlieferung der Annenmirakel

280 280 327

Quellen- und Literaturverzeichnis 3.1. Quellen 3.1.1. Handschriften 3.1.2. Urkunden und Akten 3.1.3. Inkunabeln und Postinkunabeln 3.1.4. Neuzeitliche Ausgaben 3.2. Sekundärliteratur 3.3. Register 3.3.1. Personenregister 3.3.2. Ortsregister 3.3.3. Sachregister 3.3.4. Bibelstellenregister

328 328 328 331 331 335 340 375 375 381 383 387

274 278

Vorbemerkung Editionsgrundsätze Die Untersuchung stützt sich auf lateinische und volkssprachliche Quellen des ausgehenden 15. und des beginnenden 16. Jahrhunderts. Da diese größtenteils keine neuzeitliche Edition erfahren haben, erfolgt deren Wiedergabe in Anlehnung an die interdisziplinär erarbeiteten und durch Gerhard Müller veröffentlichten "Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte"'. Da einige Vorschläge nicht übernommen werden konnten, seien die wichtigsten Editionsgrundsätze hier kurz erläutert: Eckige Klammern [ ] bezeichnen Zusätze des Herausgebers. Unwesentliche Versehen der Vorlage2 werden stillschweigend verbessert; Versehen, die die Verständlichkeit des Textes nicht beeinträchtigen, werden übernommen3; Versehen, die von sachlicher Bedeutung sind, werden durch [!] gekennzeichnet, unsichere Lesungen durch [?] angedeutet. Kürzungen in der Wiedergabe der Vorlage sind durch [...] angegeben. Die Auflösung von zeitgenössischen Abkürzungen erfolgt ohne Kennzeichnung; in Zweifelsfällen wird die eckige Klammer verwendet. Die Wiedergabe übergeschriebener Vokale konnte aus drucktechnischen Gründen nur mittels Exponenten erfolgen. Die Interpunktion wird modernisiert. Fehler in der Satzkonstruktion werden nicht verbessert; in volkssprachlichen Texten illustrieren sie zumeist die Schwierigkeit, die syntaktische Konstruktion einer lateinischen Vorlage nachzubilden. Auch wenn die Schreibung eines Wortes, eines Personen- oder Ortsnamens innerhalb der Quelle wechselt, folgt die Edition der Quelle. Die Trennung und Zusammenschreibung der Worte wird vorsichtig modernisiert. Die Quellen werden immer in gemäßigter Kleinschreibung wiedergegeben; nur Namen und die üblichen Satzzeichen fordern die Großschreibung. 1 Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 4, 1981, S. 167-178. Diese "Empfehlungen" sind in Anschluß an die von Historikern erarbeiteten und durch J. SCHULTZE veröffentlichten "Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte" (BDLG 102, 1966, S. 1-10) entstanden. Sie enthalten Empfehlungen für die Edition lateinischer und volkssprachlicher Quellen. 2 Es handelt sich ausschließlich um sogenannte Fliegenköpfe. 3 Sie erklären sich zum größten Teil zwanglos daraus, daß der Schreiber oder Drucker nach Diktat arbeitete: Z.B. pulcherimus statt pulcherrimus, quidam statt cuidam.

10

Vorbemerkung

Seitenwechsel innerhalb der wiedergegebenen Passage ist durch (Bl.) // gekennzeichnet. Für die Edition lateinischer Texte gelten folgende Grundsätze: Die Schreibung von u/v und i/j wird den heutigen orthographischen Gepflogenheiten angepaßt: U wird ausschließlich vokalisch, ν allein konsonantisch gebraucht; j wird stets als i wiedergegeben; ij in der Quelle wird jedoch beibehalten. Die für die lateinischen Texte dieser Zeit typische Verwendung des e für ae/i/ie/e wird beibehalten. Ligaturen werden aufgelöst. Ε-Caudata wird als ae beziehungsweise oe aufgelöst; steht Ε-Caudata auch unter e, so wird dies mit ee wiedergegeben. Betonungszeichen werden nicht übernommen, um die Einheitlichkeit des Druckbildes zu wahren. Für volkssprachliche Texte gelten die folgenden Regeln: Der Konsonantenbestand wird im allgemeinen bewahrt. U und i werden allein vokalisch gebraucht; wenn - im Falle von u und ν beziehungsweise i und j - vokalische oder konsonantische Aussprache möglich ist, wird die vokalische Lesart der Quelle beibehalten. Der als Vokal gebrauchte Konsonant w wird beibehalten. Die Unterschiede der verschiedenen S- und Z-Laute werden wiedergegeben; eine Ausnahme stellt lediglich der folgende Fall dar: Sind cz und tz im Auslaut im Schriftbild nicht zu unterscheiden, tritt tz ein. Zwischen Schaft-s und Rund-s sowie y und y wird aus drucktechnischen Gründen nicht unterschieden. Die Schreibung der Eigennamen biblischer Personen erfolgt in der Darstellung nach den "Loccumer Richtlinien"4.

4 Ö K U M E N I S C H E S V E R Z E I C H N I S der biblischen Eigennamen nach den Loccumer Richtlinien / hg. von den katholischen Bischöfen Deutschlands, dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Dt. Bibelgesellschaft-Evgl. Bibelwerk. 2. Aufl. Stuttgart, 1981. Im Unterschied zu dem in den Richtlinien vorgeschlagenen Verfahren wird die hebräische Form des Namens Joachim (Jojakim) nicht verwendet.

Abkürzungen

11

Verzeichnis der Abkürzungen Die nicht in diesem Verzeichnis aufgelösten Abkürzungen sind mit Hilfe des von S. Schwertner zusammengestellten Abkürzungsverzeichnisses (Theologische Realenzyklopädie, Abkürzungsverzeichnis. Berlin, 1976) zu entschlüsseln. BMC C Campbell CoE GGr

GKWE

H HMK IA MarienL Panzer Proctor Reichling SpecCarm VD

Weller

Catalogue of the printed books in the Library of the British Museum. Bd. 171. London, 1881-1900. Copinger, W.A.: Supplement to Hain's repertorium bibliographicum. Bd. 12. London, 1895-1902. Campbell, M.-F.-A.-G.: Annales de la typographie Néerlandaise au XVe siècle. La Haye, 1874 u. Suppl. 1878. Contemporaries of Erasmus; a biographical register of the renaissance and reformation/hg. vonP.G. Bietenholz. Bd. 1-3. Toronto, 1985-1987. Geschichtliche Grundbegriffe; historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland / hg. von O. Brunner, W. Conze u. R. Koselleck. Bd. Iff. Stuttgart, 1972ff. Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts; ein bibliographisches Verzeichnis / hg. von der Kommission für den Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Halle a.d.S., 1914. (Sammlung Bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten; 35/36 = 2. Ser.; 19) Hain, L.: Repertorium bibliographicum. Bd. 1-2. Stuttgart, 1826-1838. Handbuch der Marienkunde / hg. von W. Beinert u. H. Petri. Regensburg, 1984. Index aureliensis; catalogus librorum 16. saeculo impressorum. Bd. Iff. Aureliae Aquensis, 1965ff. Marienlexikon/hg. vonR. Bäumeru. L. Scheffczyk. Bd. 1. St. Ottilien, 1988. Panzer, G.W.: Annales typographici ab artis inventae origine ad annum MDXXXVI. Bd. 1-11. Nürnberg, 1793-1803. Proctor, R.; An index of German books, 1500-1501, in the British Museum. 2. Aufl. London, 1954. Reichling, D. : Appendices ad Hainii-Copingeri repertorium bibliographicum. Bd. 1-6. München, 1905-1910 u. Suppl. u. Indices. Speculum Carmelitanum / hg. von Daniel a Virgine Maria. Bd. 1 -4 = T. 1-2. Antwerpen, 1680. Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts / hg. von der Bayerischen Staatsbibliothek in München in Verbindung mit der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. I. Abt. Bd. Iff. Stuttgart, 1983ff. Weiler, E.: Repertorium typographicum; die deutsche Literatur im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Bd. 1, Suppl. 1.2. Nördlingen, 1874,1885.

ZhistF

Zeitschrift für historische Forschung. Bd. Iff. Berlin, 1974ff.

1. Zur Einführung 1.1. Stichworte zur vorreformatorischen Annenverehrung Wenn Gott ganz Mensch geworden ist, dann muß er - nach Menschenart nicht nur eine Mutter, sondern auch eine Großmutter haben. Die Verehrung der Großmutter Jesu gehört zu den auffälligsten Erscheinungen des religiösen Lebens der Jahrzehnte vor der Reformation. Nach alten Überlieferungen soll sie den Namen Anna getragen haben; ihr Mann hieß angeblich Joachim. Über Anna und Joachim berichtet die Erzählung von der Geburt Marias, die unter verschiedenen Titeln und in mehreren Bearbeitungen tradiert wurde.1 Historisch-biographische Züge sind in diesen Erzählungen nicht bewahrt worden. Auffällig sind die motivischen Parallelen zu anderen biblischen Erzählungen, die von der Geburt eines für die Heilsgeschichte bedeutsamen Nachkommens berichten: Wie Abraham und Sara empfingen Anna und Joachim ihr Kind im Greisenalter (Gen 21,1-7); wie Hanna, die Mutter des Propheten Samuel, wurde Anna ob ihrer Kinderlosigkeit geschmäht; wie jene Hanna wurde Joachim vom Heiligtum des Herrn vertrieben (ISam 1,9-20); wie dem greisen Zacharias, dem Vater des Täufers (Lk 1,5-15), und Maria, der unberührten Mutter Jesu (Lk 1,26-38), ein Engel erschien, um die Geburt eines Sohnes zu verkünden, so erschien Anna und Joachim ein Engel, um die Geburt einer Tochter zu verkünden. Die Motive 'das greise Elternpaar', 'die unfruchtbare Mutter' und 'Verkündigung der Empfängnis und Geburt eines Trägers göttlicher Verheißungen' wurden umgeformt und in der Erzählung von der Geburt der Gottesgebärerin verwendet. Die wundersamen äußeren Umstände der Empfängnis und Geburt verweisen hier wie in den biblischen Erzählungen auf die heilsgeschichtliche Bedeutung des Kindes. Aus der Erzählung von der Geburt der Gottesmutter entstand in einem komplizierten Bearbeitungsprozeß die Vita der hl. Anna. Kurz vor der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert werden erstmals verschiedene Fassungen der Biographie Annas greifbar. Sie versprachen, die Leser über Leben und Wundertaten der Heiligen zu unterrichten. Die Mutter Anna stand nun plötzlich nicht mehr im Schatten ihrer heiligen Tochter Maria; ihre Lebensgeschichte bot nicht mehr das 'Präludium' zu der ihrer Tochter. Die Mutter Marias wurde als Großmutter Christi einer eigenen Legende gewürdigt. Von ihrer erstgeborenen

1 Zur Überlieferungsgeschichte dieser Erzählung von der Geburt Marias vgl.u. Kapitel 4.1. - Als erster Papst nannte Innozenz III. (gest. 1216) die Namen der Eltern Marias (vgl. J. S C H M I D u.a.: A N N A . In: LMK, Bd. 1, 1967, Sp. 230-256; hier Sp. 232b).

14

Zur Einführung

Tochter Maria war hier nur noch am Rande die Rede. "Beata avia Christi"2, "mater matris Deiparae"3 lauteten die Ehrentitel der Heiligen. Es hieß jetzt von ihr - wie ehedem nur von der Tochter - , daß sie Mirakel zugunsten ihrer gläubigen Verehrer vollbringe. Nachdem 1300 Jahre lang nur wenig mehr als ihr Name tradiert worden war, hefteten sich an diesen nun nicht nur eine Biographie, sondern auch Erzählungen von ihrer wunderbaren Kraft als himmlischer Fürsprecherin. Dieser Prozeß hat keine Parallele in der Geschichte der christlichen Hagiographie. Mutterschaft wird nur in einem einzigen anderen Fall zur Begründung der Verehrung einer Frau als Heiliger angeführt: Die Mutter des Urbildes aller Heiligen, die Mutter Jesu Christi, war verehrt worden, weil sie diesen Sohn hatte gebären dürfen. Daß Anna als Mutter der Gottesgebärerin galt, begründete ihre Verehrung. Die Annenlegenden4, die kurz vor der Wende des 15. zum 16. Jahrhundert in großer Zahl im Druck erschienen, erzählten auch von den Eltern Annas und von Annas Geburt. Diese kündigte sich nicht weniger wunderbar an als die ihrer Tochter. Die Viten wußten darüber hinaus erstaunliche Einzelheiten von dem heiligmäßigen Lebenswandel der Großmutter Christi zu berichten. Die Annenmirakel erzählten zahlreiche merkwürdige Wunder, die Annenverehrern durch Vermittlung ihrer Patronin widerfahren waren. Eine literarische Person, Produkt frommer Phantasie, war zur Heiligen geworden. Unter den Einzelheiten, welche die Annenlegenden des 15. Jahrhunderts aus dem Leben ihrer Heldin zu berichten wußten, ist ein höchst befremdlicher und im Vergleich zu anderen Viten heiliger Frauen singulärer Motivkomplex: die Großmutter Christi soll in sukzessiver Polygamie gelebt haben. Die hl. Anna soll drei verschiedenen Ehemännern drei Töchter geboren haben. Diese Töchter gebaren ihren Ehemännern zahlreiche Söhne, die später zu Jüngern und

2 Dieser Ehrentitel begegnet erstmals im Hymnus des Mailänders Origo Scaccabarozzi (AH, Bd. 14, Nr. 4, S. 192-195, hier S. 192: 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts). 3 Dieser Titel begegnet meinen Beobachtungen zufolge erst im Annenschrifttum des ausgehenden 15. Jahrhunderts; ähnliche Titel, etwa "mater matris domini" (AH, Bd. 39, Nr. 113, S. lOlf: Liturgische Prose, Hs. des 12./13. Jahrhunderts) und "mater matris Christi" (AH, Bd. 46, Nr. 118, S. 239f: Hymnus, datiert 1476) kommen schon früher vor. 4 Die Termini Vita und Legende werden im folgenden nicht synonym verwendet (anders W . BERSCHIN: Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter. Bd. 1. Stuttgart, 1987, S. 21). Dem Wortsinn nach ist die vita eines Heiligen die Beschreibung seines Lebens und Sterbens, seine Biographie; die legenda ist dagegen dasjenige, was an seinem Festtag im Kloster ad mensam gelesen wurde. Die Legende umfaßt nicht allein die vita des Heiligen, sondern auch Erzählungen von durch seine Fürbitte bei Gott erlangten miracula. Der Terminus Legende wird deshalb immer dann verwendet, wenn die Biographie und die Wundertaten bezeichnet werden sollen. - Literaturhinweise zur Geschichte der Heiligenverehrung und der Hagiographie vgl.u. Kapitel 1.4.

Stichworte zur vorrcformatorischen Annenverehrung

15

Aposteln wurden: die Sippe Jesu. Dieser Heiligen wurde also ein Lebenswandel prädiziert, der die tradierten Tugendkataloge für christliche Frauen außer Geltung setzt. Anna ist die einzige Person, die - zumindest nach Auskunft der spätmittelalterlichen Hagiographen - mehrfach verheiratet war und trotzdem als Heilige verehrt wird.5

5 Die nachtridentinische Hagiographie lehnte das Trinubium Annas aus moralischen und exegetischen Gründen ab. Zu Entstehung und spätmittelalterlicher bzw. humanistischer Kritik dieser Vorstellung vgl.u. Kapitel 4.2. - Die im folgenden genannten nachtridentinischen Erbauungsschriften vertreten einmütig die Auffassung, daß die Mutter der Gottesgebäierin monogam gelebt habe: L. CUPER: Beatae Annae Christi Servatoris nostri aviae. Antwerpen, 1591. - V. LEUCHT: Vita D. Annae, dt. Freiburg, 1598. - C. STENGELIUS: Vita et historia SS. Joachim et Annae. Wien, 1621. - C. VERON: Le Triomphe de S. Joachim et de S. Anna. Doornik, 1632. - A. de BOEYE SJ: Gloriorum magnorum patriarcharum Joachim et Annae Vita. Antweipen, 1634. - J. POLIUS OFM: EXEGETICON Historicum Sanctae Annae aviae Christi, magnae matris Deiparae, necnon sacri capitis eiusdem Marcodurum translati; inspersis variis antiquitatibus, cum translationem factam, tum ipsum Marcodurum concementibus. Köln, 1640; Übers, von S. BEECK. Köln, 1641; Übers, d. Kap. 20-60 von Josef MAIER u.d.T.: Wie das Haupt der hl. Mutter Anna 1501 nach Düren überbracht wurde, nach Berichten des ersten Geschichtsschreibers Düren Jacobus Polius, Guardian des Dürener Franziskanerklosters. In: Dürener Geschichtsblätter 58/59,1971, S. 1449-1529. - Ders.: HISTORIA sanctorum Joachim et Annae. Würzburg, 1652. - P.T. CLISORIUS: Leben unnd Lob der hh. Annae unnd Joachims, Eiteren der allerseeligsten Jungfrawen Mariae, der Mutter Jesu Christi, unsere Herren und Seeligmachers; Wie auch der h. Annae Wunderwercken, liebhaberen, Weis und Manier, wie mann soll dieselbe h. Mutter [...] verehren. Köln, 1648. Vgl. dazu A. LENNARZ: Das St. Anna-Buch des Clisorius und sein Verhältnis zu Schriften des Polius. In: Heimatblätter der Dürener Zeitung 11, 1934, S. 105-108. - M. ROSENTHAL: Perlinmutter Sanct Anna. Wien, 1650. - ZEY: Baum des Lebens, das ist wunderliche Frucht und Gnaden der gebenedeiten und heiligsten Mutter Annä zu Büntzen. O.O., 1656. - JOHANNES Thomas a Sancto Cyrillo OCarm: Mater honorificata de laudibus, excellentiis, praerogativis S. Annae. Köln, 1657. - F . KERNATOUX: Vita S. Annae, matris Beatae Mariae Virginis. Venedig, 1659. - T. AURIEMMA SJ: HISTORIA panegyricus S. Annae. Neapel, 1665; ders.: VITA S. Annae. Neapel, 1668.- J. CRAUSIUS: Exercitatio de Josepho et Annae. Jena, 1667. - ELIAS á S. Januario: Drey Einige Glory: Das Ist Die Seligste Mutter Anna, in einer Lobrede an dero hochheiligen Fest- und Feiertag auff gewöhnlichen Predig-Gestell vorgebildet und dargestellt. G ratz: Widmannstetterische Erben, 26. Juli 1676. - Freiherr U. von ZAIGELIUS: Das Leben der hl. Anna. Wien, 1836. - [ANONYMUS:] DEVOTIE tot de H. Anna. Breda, 1873. - L . DONIN: Die hl. Anna als Hilfe der Christen. 3. Aufl. Wien, 1880. - J . VÖLKL: Anna-Buch. Innsbruck, 1891. - H . RICKENBACH OSB: Ruhmeskranz der hl. Anna, geflochten aus Schriften der morgen- und abendländischen Kirche; mit einem Vorwort über Ursprung und Ausbreitung der St. Anna-Verehrung. Einsiedeln/Schweiz, 1901 = Charitas-Bibliothek, Freiburg. Rez. in: Kath. 83.1., 3.F. 27,1903, S. 571f. - A. BELL: Die Erziehungskunst der Hl. Mutter Anna. [Bregenz], 1894. - [ANONYMUS:] DIENSTAGS-Andacht zur hl. Mutter Anna in Horschau-Teinitz. Tans, 1902. - E. FUHRMANN u. A. Schneider: Die hl. Mutter Anna. Erkenschwick i. W„ 1937. - V. WASS OMCap: Die hl. Mutter Anna, Christi Ahnfrau. Feldkirch O.E., 1932. - A. BÄUMER [= pseud., tatsächl. Aenne

16

Zur Einführung

Zahlreiche Kultzeugnisse belegen, daß im deutsch-niederländischen Raum das Interesse an der Großmutter Christi im Spätmittelalter groß war. Kaum ein Künstler dieser Zeit hat nicht die hl. Anna mit Tochter und Enkel oder im Kreise der heiligen Sippe dargestellt.6 Hölzerne und steinerne Statuen der Anna selbdritt, d.h. der Großmutter mit Tochter und Enkel, schmückten Kirchen und zahlreiche profane Gebäude.7 Wandteppiche8, Holzschnitte und Kupferstiche9, Stützer]: Anna, die Mutter Marias. Mehn, 1953. - E. WINTERHALTER: Die Verehrung der hl. Mutter Anna. 17. Aufl. Konstanz, 1984. - Die HEILIGE MUTTER Anna, ein vollständiges Gebetbuch für katholische Christen; besonders für Verehrer der hl. Mutter Anna, enthaltend kurze Lebensgeschichte derselben, Nutzbarkeit deren Verehrung und Anrufung. O.O., o.J. = Bistumsarchiv Trier Abt. 105 Nr. 2009. - Die jüngste Erbauungsschrift erzählt das Leben Annas aus einer 'frauenbewegten' Perspektive; sie steht den älteren Legenden an Phantasie nicht nach: Erika WISSELINCK: Anna am goldenen Tor, Gegenlegende über die Mutter Marias. Stuttgart, 1990. - Bemerkenswert sind die Unterschiede zwischen der ostkirchlichen und der abendländischen Tradition: Dort hat die Verehrung der Großmutter Christi weder im Spätmittelalter noch danach einen solchen Aufschwung wie im deutschen Sprachgebiet erlebt; es scheint, daß die Heilige viel stärker mit ihrer Tochter zusammen gesehen wurde. - Zur Verehrung der hl. Anna im kirchlichen Osten vgl. die Hinweise in den in der folgenden Anmerkung genannten Lexika. 6 Vgl. G . M . LECHNER: ANNA. In: LCI,Bd. 5,1973, Sp. 168-184.-Ders.: ANNASELBVIERT. In: LCI, Bd. 5, 1973, Sp. 190f. - J.H. EMMINGHAUS: Anna selbdritt. In: LCI, Bd. 5,1973, Sp. 185-190. - Vgl.a. die zahlreichen Nachweise in einem beliebigen Band von KINDLERS MALEREI LEXIKON. Bd. 1-6. Zürich, 1964-1971, im Register Bd. 6, S. 620c unter "Anna, hl.". 7 Vgl. Anna im Register eines beliebigen Bandes der "Kunstdenkmäler" verschiedener deutscher Länder, Kreise oder Städte. 8 Ein solcher Wandteppich wird folgendermaßen beschrieben von Franz FALK: "Ein im Mainzer Dom an Festtagen ausgehängter Teppich vom Jahre 1501 stellt das Geschlechtsregister nach Matthäus vollständig dar, unten liegt Jesse, zur Seite nach rechts und links befinden sich die Abkömmlinge in Brustbildern; die Mitte nimmt ein langer Lehnstuhl ein, worauf sieben Frauen in ganzer Figur sitzen (Anna und die drei Marien, Elisabeth, Ismeria und Memelia) mit neun Kindlein, hinter der Stuhllehne stehen die zugehörigen Männer: Josef, Joachim, Kleopas, Salomas, Zacharias, Eliud, Emin. Jeder Figur (ausgenommen die Kinder) steht im Nimbus der Name beigeschrieben." Die VEREHRUNG der h. Anna. In: Kath. 58, NF 20, 1878, S. 60-76, hier S. 68f. Zu besichtigen ist ein ähnlicher Wandteppich im Kunstgewerblichen Museum zu Frankfurt a.M. 9 GKWE Nr. 642 = Nr. 1177, Nr. 854, Nr. 1049. - Vgl.a. EINBLATTDRUCKE des fünfzehnten Jahrhunderts/hg. von P. Heitz. Straßburg. Bd. 2,1918, Nr. 8, Nr. 9; Bd. 15,1908, Nr. 25; Bd. 18, 1909, Nr. 25; Bd. 21, 1910, Nr. 22 (1470-1480); Bd. 27, 1912, Nr. 19 (nicht vor 1460); Bd. 33,1912, Nr. 11; Bd. 47,1916, Nr. 12 (1440-1450); diese Datierung geht davon aus, daß der Druck Teil eines Marienlebens ist; die ganze Folge wird so früh angesetzt. Jedoch beobachtete schon der Bearbeiter des Bandes, Mela Escherich, daß das Blatt mit der Darstellung der Anna selbdritt sachlich nicht in den Zyklus paßt und sich in formaler Hinsicht von den anderen Drucken unterscheidet. Bd. 60,1925, Nr. 12, Nr. 18; Bd. 61, 1926, Nr. 33; Bd. 66,1928, Nr. 7; Bd. 69, 1929, Nr. 19; Bd. 78, 1933, Nr. 8; Bd. 85, 1935, Nr. 15; Bd. 89,

Stichworte zurvorrefoimatorischen Annenverehrung

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die Anna selbdritt oder im Kreise der Sippe zeigen, haben sich in großer Zahl erhalten. Auch auf repräsentativen Gebrauchsgegenständen, wie beispielsweise der Zunftkanne der Breslauer Maler, wurde um 1500 die Großmutter mit Tochter und Enkel abgebildet. 10 Viele Einblattdrucke boten unter der Abbildung der Anna selbdritt ein Gebet, das auch in zahlreichen Büchern und Handschriften verbreitet wurde: "Gegruszet bistu, Maria vol gnoden. Der herre mit dir. Deyne gnode sey mit my[r], Gebenedeyet bistu under allen frawenn und gebenedeyet sey deynne heilige muter Anna, von welcher geboren ist ane sunde und ane unreinikeyt dein heiliger unnd gutiger leichnam, awsz welchem geborn ist Jhesus Cristus. Am[en]." n Hier wurde das weit verbreitete und allseits bekannte Ave Maria12 erweitert durch einen parallel formulierten Gruß an Anna. Ein immenser Ablaß förderte das Nachsprechen dieses Gebetes: 10.000 Jahre tödlicher und 20.000 Jahre läßlicher Sünde. "Babst Allexander, der yetz ein babst ist, hat allen Crist glaubigen menschen geben, dye vor dem pild sannt Anne dis obgeschrieben gepete dreymal sprechen, zehentausent jar ablaß totlicher sund und zweinczigtausent leßlicher sund. Unnd ist an dem nechsten vergangen ostertag außgangen von seynem bebstlichen stul und selbs mit seynen henden angeschlagen an all kirchthur, die zu Rom seind, und also von seyner heyligkeyt bestetiget, in dem jar, als man zalt nach Cristi gepurt unsers lieben herren anno CCCC und 1000 xciiij [1494]."13 1936, Nr. 12 (um 1470); Bd. 95,1938, Nr. 10 (etwa 1460), Nr. 23; Bd. 97,1939, Nr. 6 (14701480); Bd. 99,1940, Nr. 21. In Klammem wurde jeweils das von den Beschreibem vermutete Alter der Holz- und Metallschnitte sowie der Kupferstiche angegeben, sofern es vor 1480 gelegen haben soll. - Vgl.a. W.L. SCHREIBER: MANUEL de l'amateur de la gravure sur bois et sur métal au 15e siècle. Berlin. Bd. 2, 1892, Nr. 1778-1782, S. 208-210 u. möglicherweise auch Nr. 2113, S. 360; Bd. 3,1893, Nr. 2527-2535, S. 119-121 u. Nr. 2752f,S. 193f; Bd. 5a, 1902, Nr. 3319-3329, S. 61-63. 10 Abbildung in H. BOOCKMANN: Die STADT im späten Mittelalter. München, 1986, S. 300.

11 GKWE Nr. 642 = 1177 = Universitätsbibliothek Uppsala. - Dem Gebet wird Wirksamkeit gegen die Pest zugeschrieben. Es war nicht nur als Einblattdruck verbreitet, sondern fand auch Aufnahme in verschiedene handschriftliche und gedruckte Gebetbücher wie z.B. zahlreiche Ausgabendes "Hortulus animae" (1502,1511,1512,1513,1515,1518, 1 5 1 9 , 1 5 2 1 ; lt. FALK, VEREHRUNG, a . a . O . , S . 7 2 ) .

12 Vgl. F. COURTH: Marianische Gebetsformen. In: HMK, S. 363-403. - Vgl.a. das Incipitverzeichnis von P. APPELHANS (Untersuchungen zur spätmittelalterlichen Mariendichtung; die rhythmischen mittelhochdeutschen Mariengrüße. Heidelberg, 1970, S. 142-144), in dem sich dieser erweiterte Mariengruß nicht findet. 13 Zitiert nach EINBLATTDRUCKE, a.a.O., Bd. 2, 1918, Nr. 9. Dem Holzschnitt ist zu entnehmen, daß er von einem gewissen "Casper" gefertigt wurde, der etwa 1496 im sächsischen Erzgebirge gearbeitet haben dürfte. - Der Ablaß gilt heute als unecht lt. F. BERINGER:

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Zur Einführung

Auf anderen Einblattdrucken, sogenannten Pestblättern 14 , drohte Gottvater der sündigen Menschheit mit drei Pfeilen: Pest, Teuerung und Krieg. D i e hl. Anna schützte hier zusammen mit Maria und Jesus die Gläubigen vor d e m Zorn Gottes. Auch der Gebrauch v o n Annenwasser 1 5 bezeugt die Beliebtheit der Heiligen im Alltag der Gläubigen. Bei geistlichen Spielen 1 6 und U m g ä n g e n konnte Anna mit ihren Familienangehörigen auf der Bühne oder auf den Straßen dargestellt werden. Lieder nach weltlichen Melodien erschallten zu ihrer Ehre - g e w i ß nicht nur bei Wallfahrten und anderen kirchlichen Veranstaltungen. 17 Die ABLÄSSE, ihr Wesen und Gebrauch. 14. Aufl. Bd. 1. Paderborn, 1915, S. 15 u. S. 111. Vgl. einige Beispiele für 'falsche' Ablässe, allerdings ohne Erwähnung des oben zitierten, bei H. BOOCKMANN: ABLASSFÄLSCHUNGEN im 15. Jahrhundert. In: FÄLSCHUNGEN im Mittelalter, Internationaler Kongreß derMGH, München, 16.-19. Sept. T. 1-3. Hannover, 1988, hierT. 2, S. 659-668. 14 Vgl. die folgenden Abbildungen in: 500 [FÜNFHUNDERT] JAHRE Rosenkranz; 1475 Köln 1975, Ausstellungskatalog des Erzbischöflichen Diözesan-Museums Köln, 25. Okt. 1975 - 15. Jan. 1976 / hg. von H. Küffner. Köln, 1975, Abb. 49; Abb. 51; Abb. 57. 15 Vgl. den Abdruck eines liturgischen Formulares bei A. FRANZ: Die kirchlichen BENEDIKTIONEN im Mittelalter. Bd. 1. Freiburg i.Br., 1909, S. 212f. - Vgl. Beispiele für den Gebrauch von Annenwasser in meinem Aufsatz: WUNDERHEILUNGEN durch das Limburger Annenheiltum, mit Edition einer Abschrift des Mirakelbuchs von 1511. In: Kurtrierisches Jahrbuch 31, 1991, S. 83-107, hier S. 103 Nr. 8,S. 105 Nr. 21, S. 107 Nr. 39. 16 Vgl. B. NEUMANN: Geistliches Schauspiel im Zeugnis der Zeit; zur Aufführung mittelalterlicher religiöser Dramen im deutschen Sprachgebiet. Bd. 1-2. München, 1987: Zum Fronleichnamsspiel aus Bozen, aufgezeichnet im Jahr 1543, gehörte ein Umzug, bei dem das Geschlecht Annas von der Annenbruderschaft dargestellt werden sollte (Bd. 2, S. 233ff, Nr. 867). - Im Ingolstädter Umgangsspiel, belegt im Jahr 1507, traten Anna und Joachim mit dem Engel, der die Geburt Marias ankündigte, auf (a.a.O., S. 409, Nr. 1954). Bei einer Prozession zu Rheinau trat noch im Jahr 1573 Anna auf (a.a.O., S. 611 ff, Nr. 2369). - Bei der Prozession zu Zerbst wurde im Jahre 1507 Anna selbdritt dargestellt (a.a.O., S. 783ff, Nr. 3402). - Anna und Joachim traten auch auf in einem älteren englischen Spiel zur Geburt Marias, dem "Ludus Conventriae Joachim", das von J. VRIEND erwähnt wird (The blessed virgin Mary in the medieval drama of England. Purmerend, 1928, S. 35f)· 17 Vgl. P. WACKERNAGEL: Das deutsche KIRCHENLIED von der ältesten Zeit bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Bd. 2. Leipzig, 1867. Er nennt folgende Lieder: "Ein liedlein von sanndt Anna unnd Joachim" (belegt um 1505) zu singen "jn dem thon jnspruck ich mu°ß dich lassenn" (S. 1022, Nr. 1260). - "Eyn nye leedt van der alder hilgesten moder sunthe anna, in der wise und thone alß men singhet maria tzart" (a.a.O., S. 1017-1019, Nr. 1257, belegt in einem in Braunschweig von Hans Dom gedruckten Gebetbuch aus dem Jahr 1507, Wallfahrtslied). - "Ein lied von Sanndt Anna jn dem thon Maria zart" (a.a.O., S. 1019f, Nr. 1258, um 1505 aufgezeichnet). - Vgl.a. Lieder, die Maria und Anna zum Thema haben (a.a.O., S. 1014f, Nr. 1253: zu Marias Geschlecht, Abschrift von 1528 u. S. 1015f, Nr. 1254: zu Maria und Anna, Abschrift von 1525). - Zu'einem Werbelied für den Annenwallfahrtsort Düren s.u. Anm. 21.

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An einem historisch gut aufgearbeiteten Beispiel soll die Bedeutung der Annenverehrung im öffentlichen Leben an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert kurz dargestellt werden: an der Annenwallfahrt nach Düren18. Ein Steinmetzgeselle stahl im Jahre 1500 eine in Mainz jahrhundertelang verwahrte Reliquie der Heiligen, einen Knochensplitter aus der Schädeldecke der Heiligen. Nachdem die Reliquie in die Stadtkirche zu Düren gebracht worden war, ereignete sich eine große Zahl von wunderbaren Gebetserhörungen. Mainz forderte die Reliquie zurück und erreichte, daß über Düren das Interdikt verhängt wurde. Das sollte den Widerstand der neuen Besitzer gegen die Herausgabe des Annenhauptes brechen. Weil jedoch aus Mainz keine Wunder zu vermelden gewesen waren, verfügte Papst Julius II. im Jahre 1506, daß das unrechtmäßig entwendete Heiltum fortan an seinem neuen Aufbewahrungsort bleiben dürfe, daß alle Prozesse erloschen und alle Kirchenstrafen aufgehoben seien. Düren hatte sich schnell zu einem beliebten Wallfahrtsort entwickelt. Philipp de Vigneulles, ein französischer Pilger, hat im Jahre 1510 St. Anna zu Düren seine Reverenz erwiesen und in seinem Reisetagebuch einen Bericht über die feierliche Präsentation des Heiltums am Annentag festgehalten.19 Auch der bekannte Erfurter Humanist Helius Eobanus Hessus besuchte im Jahre 1518 anläßlich einer Reise zu dem Humanistenfürsten Erasmus, dem er die Huldigung der Poeten seiner Heimat überbringen wollte, das Annenheiltum zu Düren. Er verfaßte zu Ehren der Heiligen ein Gebet und veröffentlichte es in seinem poetischen Reisetagebuch.20 Es kann im Zeitalter des Buchdrucks kaum

18 Neueste und wohl erschöpfende Behandlung des Gegenstandes einschließlich kritischer Auseinandersetzung mit der älteren Sekundärliteratur bei E. GATZ: Zur GESCHICHTE der Annaverehrung. In: S T . ANNA in Düren / hg. von E. Gatz. Mönchengladbach, 1972, S. 149160 und in demselben Bd. ders.: Die Dürener Annaverehrung bis zum ENDE des 18. Jahrhunderts, S. 161-190. - GATZ macht aufmerksam auf die ökonomischen Hoffnungen, welche die Stadt Düren und Herzog Wilhelm von Jülich mit den Besitz der Reliquie verbanden. A.a.O., S. 166. - Zur Bedeutung des Reliquienraubes vgl. P.J. GEARY: Furta sacra; thefts of relics in the cental middle ages. Princeton, 1978. Zgl. Diss. Yale, 1974. Die von Geary vorgetragenen Ergebnisse gelten auch für spätere Reliquiendiebstähle: Der Raub steigerte den Wert der betreffenden Reliquie. Er wurde gerechtfertigt mit Hinweis auf mangelnde Verehrung am Ursprungsort und den Willen des Heiligen, was die Wunder an dem neuen Ort bewiesen. 1 9 Philippe von VIGNEULLES: Gedenkbuch / hg. von H. Michelant. Stuttgart, 1 8 5 2 . (BLVS; 2 4 ) . - Dt. Übers, von J.H. KESSEL: Die Heiligthumsfahrt des Metzer Bürgers Philipp von Vigneulles im Jahre 1 5 1 0 . In: Der Friedensbote 3 , 1 8 2 3 , S. 4 5 5 - 4 5 8 ; S. 4 7 1 - 4 7 7 u. S. 485-488.

20 "Diva pium nobis placatum redde nepotem [...]" In: A profectione ad Desiderium Erasmum Roterodamum hodoeporicon. Erfurt, 1519, Bl. B2r (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1519h). - Vgl. zurReiseundzum Hintergründe. KRAUSE: Helius Eobanus Hessus; sein Leben und seine Werke, ein Beitrag zur Cultur- und Gelehrtengeschichte des 16. Jahrhun-

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verwundern, daß auch Werbezettel für diesen Ort gedruckt wurden. In Moritatenform erschallten neben anderen die folgenden Verse: "Ein kind, das fiel geschwinde in einen prunnen tieff, funff stund kund mans nit finden, sein mu°ter kläglichen rieff: Ό heilige ftaw sant Anna, ich wil dir ein opffer geben.' Das kind ward widerfiinden - es gewan widerumb sein leben." 21

Dem Knochensplitter galt die Aufmerksamkeit der Ungebildeten und der Gebildeten. Wunder, die St. Anna zu Düren gewirkt hatte, wurden noch im entfernten Sachsen erzählt; auch Martin Luther kommentierte sie.22 Diese

derts. Bd. 1-2. Repr. d. Ausg. Gotha, 1879. Nieuwkoop, 1963, hier Bd. 1, S. 289-298, bes. S. 292. - Zur Annenverehrung seitens der Humanisten vgl.u. Kapitel 5., zuEobanus Hessus vgl. besonders Kapitel 5.2. 21 GKWE Nr. 854 = Bayerische Staatsbibliothek München Einbl. III 50e. Der neuzeitliche Abdruck einer bearbeiteten Augsburger Abschrift dieses Einblattdruckes findet sich bei WACKERNAGEL, KIRCHENLIED, a.a.O., S. 1020f, Nr. 1259. Wackernagel meint fälschlich im Kommentar, der im Lied genannte Wallfahrtsort "Theuren" liege in Thüringen. 22 WA, Bd. 47, S. 58135 37: "Der Hertzog von Jülich wolt das gebeine S. Anna auffheben und an einen andern orth bringen, do stürben ihme alle seine pferde" (Matthäus 18-24 in Predigten ausgelegt, VI. Predigt zu Mt 24 aus dem Jahr 1539). Zum Zusammenhang: Luther erzählt als Beispiel für falsche Propheten, daß er selbst einmal an einem Annenwallfahrtsort gewesen sei, an dem ein Kind wieder auferweckt wurde, das zwei Tage im Wasser gelegen hatte. Davon berichte sogar ein Flugblatt ("Aufschreiben"). Er habe dies Wunder schon als junger Theologe nicht geglaubt und einem gewissen "Wirdtth" (wer hier gemeint ist, konnte nicht ermittelt werden) widersprochen. - Lt. Kommentar handelt es sich bei folgendem von Luther erzählten Mirakel um eine Parallele: Ein durch Anna angeblich gewirktes Mirakel die Auferweckung eines ertrunkenen Knaben - war Blendwerk des Teufels. Nach Luthers Überzeugung ging das Wunder auf eine durch den Teufel gewirkte Sinnestäuschung zurück: Er hat dem Kind die Nase zugehalten und so den Eindruck vermittelt, daß es tot sei (WA, Bd. 45, S. 52838-5294, Auslegung des 14. und 15. Buches Johannis, Predigt aus dem Jahre 1537). - Lt. Kommentar zu diesem Mirakel, der sich auf eine handschriftliche Anmerkung Caspar Güttels stützt, ist dies Wunder zu Eisleben geschehen (WA, Bd. 45, S. 528 Anm. 1); da es sich um eine Parallele zum an erster Stelle wiedergegebenen Mirakel handelt, müßte auch dieses zu Eisleben geschehen sein. Das ist nicht richtig. Wahrscheinlich ist vielmehr, daß es sich im ersten Fall um ein Wunder handelt, das am Annenheiltum zu Düren geschehen ist. Dafür spricht nicht nur, daß der Herzog von Jülich genannt wird, sondern auch, daß von einem Flugblatt (vgl.o. Anm. 21 ) die Rede ist. - Zum zweiten Mirakel ist dagegen zu bemerken, daß es sowohl in Eisleben, wie die handschriftliche Anmerkung Güttels angibt, wie auch andernorts geschehen sein kann. So ist beispielsweise auch durch das Limburger Annenheil-

Stichworte zur vorreformatorischen Annenverehrung

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beliebig vermehrbaren Beispiele zeigen, daß die Großmutter Christi in den Jahrzehnten vor der Reformation Berühmtheit als Heilige erlangt hatte. Nach Einführung der Reformation erinnerte man sich mit Abscheu an den früheren Annenkult. Er wurde nun gewertet als perverse Verfehlung wider Gott, als letzte Plage der alten Zeit. Martin Luther ist hier als Kronzeuge anzuführen. Er erzählt in seinen Lebenserinnerungen, der hl. Anna gelobt zu haben, in ein Kloster einzutreten, so sie ihn in Todesgefahr beschütze. 2 3 A u c h bekannte er, als Mönch lieber von St. Anna als von Christus gehört zu haben. 24 Mehrfach setzte er sich mit Vita, Mirakeln und Kult dieser Heiligen auseinander. 25 Im Jahre 1519 klagte er darüber, daß Anna allein aus eigennützigen

tum ein ins Wasser gefallenes Kind gerettet worden. Vgl. meinen Aufsatz, WUNDERHEILUNGEN, a.a.O., S. 103, Nr. 6. 23 Während eines Gewitters, das den wandernden Luther bei Stotternheim überraschte, bat er Anna um Beistand und gelobte sich ins Kloster: "Hilff du, S. Anna, ich wil ein monch werden!" WA.TR, Bd. 4, S. 440, Nr. 4707 (erzählt im Jahre 1539). - Vgl.a. WA.TR, Bd. 5, S. 99, Nr. 5373 (erzählt im Sommer 1540). - Zum Gewitter bei Stotternheim vgl. J. KÖSTLIN: Martin LUTHER; sein Leben und seine Schriften. 2. Aufl. Bd. 1, Elberfeld, 1883, S. 56f. - F. LAU geht auf diese Frage nicht ein (Luthers Eintritt ins Erfurter Augustinerkloster. In: Luther 27,1956, S. 49-70). Im Unterschied zur älteren Literatur bezweifelt D. EMME die Historizität des Gewitters (Martin Luther, seine Jugend- und Studentenzeit, 1483-1505. Regensburg, 1986, S. 258). 24 "Ego Monachus Christo non fidebam, non libenter audiebam Christi nomen, sed Hannam", sagte Luther in der Auslegung von IKor 12,2 und parallelisierte Anna mit heidnischen Göttern (WA, Bd. 41, S. 6534I-6542). - "Et S. Hanna erat meum idolum, item S. Thomas meus Apostolus." WA, Bd. 36, S. 3 8 8 ^ (Predigt im Jahre 1532) - "Ego fiduciam habui in Mariam, Hannam, Martham." WA, Bd. 41, S. 6 9 7 w (Predigt am 18. Sonntag nach Trinitatis = 15. Oktober 1536). 25 Da eine zusammenfassende Darstellung fehlt, liste ich die noch nicht genannten einschlägigen Stellen hier und in der folgenden Anmerkung auf: WA, Bd. 12, S. 45835 37: Predigt am Tage der Verkündigung Mariens: "Es sind eyttel fabeln was man von Joachim unnd Anna sagt [...] Maria ist villeicht ein arms waißlein gewest [...]." (Predigten des Jahres 1523). WA, Bd. 16, S. 440 1419 : Ablehnung der Heiligenbilder-u.a. werden Annenbilder genannt - die den Menschen nicht nur um das Geld, sondern auch um die Seele bringen. (Predigten über das 2. Buch Mose, zum ersten Gebot, 24. September 1525). WA, Bd. 17.11, S. 47510 25: Luther predigte am Annentag über Mt 1,1-16 und erwähnte Anna nur in einem Nachsatz: "Ich solt auch von Sanct Anna sagen, der feyer man heute begeet, so finde ich kain bu°chstaben in der schrifft von ir. Ich glaube, das Gott diß darumb hat lassen unbeschriben, das wir nicht newe haylstete suchten [...]. Yr lißt zwar heut wol ungefeyert unnd wartet ewer arbait dahem [...]. (Feldpostille, 1527). WA, Bd. 21, 201 l4 : Die Annenlegende ist - im Unterschied etwa zu Märtyrerleben "erlogen". (Vorrede zu Crucingers Sommerpostille, 1544). WA, Bd. 22, S. 305 1217 : Zuflucht zu den toten Heiligen als Mittlem gegen den göttlichen

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weltlichen Interessen - Ausdruck der Sünde der avaritia angerufen werde:

- von den Gläubigen

"Wa fyndt man itzt eynen heyligen, der umb gedult, glauben, liebe, keuscheyt und ander geystliche guttere wirt angeruffen, als Sant Anna umb reychtumb".26

Zorn - u.a. wird Anna genannt - wird abgelehnt. (Crucingers Sommerpostille, Epistel zu IKor 1,4-9, gehalten 1536). WA, Bd. 32, S. 34911: Verwerfung des Brauches, zu Ehren Annas Lichter anzuzünden (Wochenpredigten über Mt 5-7, 1532); dies war Brauch in vielen Annenbruderschaften (vgl.u. Kapitel 3.4.). WA, Bd. 47, S. 7324 27: Die Verehrung Annas und Joachims ist nicht älter als 30 Jahre. (Auslegung des 3. und 4. Kapitels Johanni, 1539). WA, Bd. 47, S. 36413"23: Kritik des Trinubiums und der Annenverehrung mit exegetischen Argumenten. (Matthäus 18-24 in Predigten ausgelegt, hier zu Mt 21,1538) - Zum Streit unter mehreren Humanisten über das Trinubium Annas vgl.u. Kapitel 4.2. WA, Bd. 47, S. 3832329: Die Annenverehrung kam auf, so Luther, als er ein Knabe von 15 Jahren war (d.h. etwa 1498). Mit Bezug auf Annaberg im sächsischen Erzgebirge heißt es, daß man eine Stadt nach der Heiligen benannt habe, was der Höhepunkt des Götzendienstes sei. Wer reich werden wollte, habe sich damals an die Heilige gewendet. (Matthäus 18-24 in Predigten ausgelegt, hier Predigt zu Mt 21,1538). WA, Bd. 51, S. 377,26: Die Neuigkeit der eigenen Lehre steht in keinem Verhältnis zur Neuigkeit der Annenwallfahrt. (Predigt vom 12. August 1545). WA, Bd. 53, S. 629: Anna im Stammbaum Christi. (Vom Schern Hamphoras und vom Geschlecht Christi, 1543) Vgl. zu Annas Sippe Kapitel 4.2. WA, Bd. 60, S. 167: Entwurf der Stammtafel Christi (mit zusammenfassender Darstellung der Behandlung der genealogischen Frage durch Luther, welcher eine doppelte Ehe der Herrenschwester Maria annahm - mit den Ehemännern Alfäus und Kleopas; a.a.O., S. 165169). Das Institut für Spätmittelalter und Reformation, Tübingen, hat mir dankenswerterweise eine Zusammenstellung der Stellen, an denen Luther die Heilige erwähnte, übermittelt. Zudem sind die folgenden von diesem Institut noch nicht erfaßten Stellen für den Zusammenhang interessant: WA.B, Bd. 1, S. 127-131 Nr.55: Brief an Spalatin zu der von Sylvius Egranus ausgelösten Diskussion über das Trinubium Annas. Vgl. dazu Kapitel 4.2. Anm. 47. WA.TR, Bd. 5, S. 443 Nr. 6022: Der Trinubiumsmerkvers wird repetiert, um dann festzustellen, daß die Annenverehrung nur aus Habgier propagiert wurde und wider die grammatische Vernunft ist. Vgl.u. Kapitel 4.2. 26 WA, Bd. 2, S. 69f: Luther hielt an der Möglichkeit der Heiligenanrufung wegen der Schwachen grundsätzlich fest, kritisierte aber die Annenverehrung: "Von der lieben heiligen furbit: Sag ich und halt fest mit der gantzen Christenheyt, das man die lieben heyligen eeren und anruffen soll. Dan wer mag doch das widderfechten, das noch heuttigis tagis sichtlich bey der lieben heyligen corper und greber got durch seyner heyligen namen wunder thut? Das ist aber war, und habs gesagt, es sey nit Christenlich, das man geystliche noddurfft nit mehr adder vlyssiger dan die leypliche by den lieben Heyligen sucht." (Unterricht auf etliche Artikel, 1519) Es schließt dann der oben zitierte Text an. - Dieselbe Intention wurde den Annenver-

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Bei anderen Reformatoren finden sich ähnlich kritische Ausführungen.27 Die Bedeutung der Annenverehrung spiegelt sich auch in der Chronistik. So schilderte der protestantische Berner Ratsschreiber Valerius Anshelm von Ryd die Jahrzehnte vor der Reformation höchst kritisch, als Abfall von Gott und seinem Gebot. Den Annenkult verglich er mit einem auf die Endzeit vorausweisenden Zeichen. Entsprechend heißt es in seinen Annalen zum Jahre 1503:

ehrern auch in der Apologie der Confessio Augustana bescheinigt: "Um Christus willen werden wir versühnet, wenn wir an ihn gläuben. [...] Und man soll nicht vertrauen, daß wir von wegen des Verdienstes Mariä für Gott gerecht sind. Auch so predigen ihre Gelehrten unverschämt, daß jeder untern Heiligen ein sonderliche Gabe könne geben, als S. Anna behüt vor Armut, S. Sebastianus für der Pestilenz, S. Valten für die fallende Seuche". Art. 21. BSLK, 1. Aufl., Bd. 1, 1930, S. 323, Z. 14-27. - Luther hat auch anderenorts darauf hingewiesen, daß die hl. Anna verehrt werde, um zu Reichtum zu gelangen. WA, Bd. 1, S. 41520f, Decern praecepta, 1518. - W. DELIUS zitiert ohne Angabe der Quelle das folgende Diktum des Reformators: "Das macht uns erst St. Annen recht lieb, daß sie nicht leer kommt, sondern groß Gut und Geld mitbringt: Wir sähen sie sonst nicht an, wenn sie uns Armut zubrächte." (Geschichte der Marienverehrung. München, 1963, S. 196) - E . H . ERiKsoNhatdie These aufgestellt, daß das ambivalente Verhältnis Luthers zu seinem Vater sich in seiner Haltung zur Annenverehrung spiegele. Luther habe seinen Haß und seine Liebe dem Vater gegenüber auf dessen Patronin übertrage. (Der junge Mann Luther, eine psychoanalytische und historische Studie. München, 1958, S. 65f, S. 99, S. 131). Eriksonnahm an, daß der Vater als Bergwerksbesitzer Annenverehrer gewesen sei; dagegen ist jedoch einzuwenden, daß nicht alle Bergwerksbesitzer Annenverehrer waren. Während des infrage stehenden Zeitraums war zudem ein Standespatronat der Heiligen über den Bergbau unbekannt. Vgl.u. Kapitel 3.3. Quellen, aus denen hervorgeht, daß der Vater Luthers Annenverehrer war, liegen nicht vor. 27 G.H. GOETZE (De cultu Annae, aviae Christi, in Misniam invecto. Diss, theol. Leipzig, 1702) hat zahlreiche einschlägige Stellen genannt. Goetzes Zusammenstellung ist nicht vollständig. Z.B. führte MELANCHTHON als Beispiel für die abgöttische Verehrung der Heiligen an: "Ungari ante paucos annos currebant in Belgiam ad sanctam Annam et caligas Joseph". CR 24, Sp. 597, Postilla: Domenica Palmarum, Mt 21. - Zur Heiligenverehrung im Protestantismus vgl. J. MORITZEN: Die Heiligen in der nachreformatorischen Zeit. Flensburg, o. J. [um 1970], (SVSHG; SH 7)-Vgl.a. K . KLEIN: Frühchristliche Eremiten im Spätmittelalter und in der Reformationszeit; zur Überlieferung und Rezeption der deutschen "Vitaspatrum"-Prosa. In: LITERATUR und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit / hg. von L . Grenzmann u. K. Stackmann. Stuttgart, 1984, S. 686-696. - Obzwar die Verehrung Annas von Luther und anderen Reformatoren mit deutlichen Worten verworfen und von Melanchthon ironisiert worden war, behielt ein Teil der nachfolgenden protestantischen Erbauungsliteratur um ihres exemplarischen Gehalts willen die Annenlegende bei. Vgl. A. und W. BRÜCKNER: ZEUGEN des Glaubens und ihre Literatur; Altväterbeispiele, Kalenderheilige, protestantische Märtyrer und evangelische Lebenszeugnisse. In: VOLKSERZÄHLUNG und Reformation; ein Handbuch zur Tradierung und Funktion von Erzählstoffen und Erzählliteratur im Protestantismus / hg. von W. Brückner. Berlin, 1974, S. 521-578; dort findet sich S. 528 Anm. 41 ein Hinweis darauf, daß Aurifaber in den "Colloquia Lutheri" von 1566 die

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Zur Einführung

"Wie denn in disen jaren nu°w sitten, nu'we plagen und zeichen sind ankommen, also sind ouch angends, die gegen Got, doch nit mit Got, abzetragen, durch weltwiser geister ansehen und liechtglo'ubiger blinden annemen, hinzu°gebracht nu e we oder vernu'wte heiligen und patronen, die mit nu'wen allerhand Stiftungen und gnemt bru°derschaften zu0 verêren [...]. Und hie fu c rtreffenlich, so hat, on glouben, sant Ann, deren vor wenig gedacht, zu° dieser zit, fu°r die gmeinen, unwerten, unlidigen bresten der zitlichen armu°t und der eilenden blateren und pinlichen la°me, garnah ire tochter, die wirdig mu°ter unsers herren, und al heiligen hinder sich gerukt, also dass iren in Tu'tschen landen iedermann zu°schrei: hilf s. Anna selb drit! und auf allen strassen, in sta'ten und dolieren bilder, altar, kapelen, kirchen, uf dem Schreckenberg in Myssen ein stat, und umundum bru°derschaften sind irenaufgericht worden."28 Anna galt dem Berner Chronisten als eine 'neue Heilige'. Seine nachträgliche Bestürzung, daß dieser - wie er in Übernahme lutherischer Kategorien meinte: von geschäftstüchtigen Menschen erfundenen 2 9 - Heiligen überall in Deutschland Bilder, Altäre, Kapellen, Kirchen und Bruderschaften geweiht wurden, erhellt aus diesen Worten. Eine Stadt sei nach ihr benannt worden: Annaberg im sächsischen Erzgebirge. 30 Die Reformation wird gerechtfertigt mit dem Hinweis auf die Abgötterei der alten Kirche; diese zeigte sich nicht zuletzt im florierenden Kult der Großmutter Gottes. Dennoch war die Auseinandersetzung um die hl. Anna und ihren Kult kein bedeutsames Thema der Auseinandersetzung mit der alten Kirche. 31 Die stürAnnenlegende wiedergegeben habe. - Auch EOBANUS Hessus hat nach seiner Wendung zum Protestantismus einen fiktiven Brief der Heroine Anna an Joachim wieder veröffenüicht. Vgl.u. Kapitel 5.2. - Noch 1710 fand sich eine Anna-selbdritt-Darstellung auf einem Lübecker Klingelbeutel. Vgl. M. HASSE: Maria und die Heiligen im protestantischen Lübeck. In: Nordelbingen, Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte 34,1965, S. 72-81, hier S. 75. 28 Valerius Anshelmus RYD: Bemer Chronik / hg. vom historischen Verein des Kantons Bern. Bd. 2. Bern, 1886, S. 391 f. 29 Hier spiegelt sich die lutherische Unterscheidung zwischen de pietate erfundenen Legenden und propter pecunias erlogenen. Letztgenannte sind natürlich ungleich stärker zu verurteilen als die anderen. Vgl. Luthers Brief an Spalatin vom 20. Dezember 1517 zur exegetischen Diskussion um dasTrinubium (WA.B l,Nr.55,S. 127-131, hierS. 1304"5)· Dasselbe Argument war vor Luther schon von Johannes Renatus und Jakob Wimpfeling gegen die Annenlegende eingewendet worden. Vgl.u. Kapitel 3.2. Anm. 43. Beschreibung der Schrift im Anhang 2.1. unter ca. 1511a. 30 Zur Geschichte Annabergs vgl.u. Kapitel 3.3. 31 Das schließt nicht aus, daß um einzelne Annenheiltümer heftige Auseinandersetzungen geführt wurden. Besonders gut belegt sind die Geschehnisse in Stammheim bei Zürich (nach dem Kopialbuch EI. 30,118a, Nr. 12 aus dem Staatsarchiv des Kantons Zürich und A. FARNER: Geschichte der Kirchgemeinde Stammheim und Umgebung. Zürich, 1 9 1 1 , bes. S. 108-143).

Stichworte zur vorreformatorischen Annenverehrung

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mische und begeisterte Annenverehrung hatte in den zwanziger und dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts schon deutlich nachgelassen. Das war einerseits Zur Geschichte des Annenheiltumsortes: 1508/09 wurde bei Oberstammheim eine Annenkapelle neu errichtet, für die der Zürcher Rat bemalte Glasfenster stiftete. Schon vor 1509 war St. Anna "zu° Stammen" überregional bekannt, denn Diepold SCHILLING aus Luzem berichtete in seiner "Schweizer Chronik", die bis zu diesem Jahr reicht, ein von Anna vollbrachtes Strafwunder (Luzem, 1862, S. 273). - Nachdem die Pfründen schon 1510 ausgereicht hatten, einen Kaplan zu dotieren, konnte 1512 ein zweiter berufen werden. In der Stiftungsurkunde heißt es: "[D]urch das verdienen der hailigen mu°ter sant Anna, die da ist ain gebärerin der kingklichen rainen junckfrawen Maria, vil und ettwa mänig jar mengerlay mercklicher wunderzaichen zu0 Oberstammhaim, da dan in ir ere ain capell oblich gebuwen und gewicht worden ist in unser pfarr, an vil krancker menschen: mannen, frawen, alt und jungen von beschwarten, eilenden plangen, kranckhaiten und andern menschlichen anligungen und insonders der unuffhörenden, herten gebrechen der plantzen und lämy manig jar vnd in villerlay gestalten allenthalb richsuonder schinbarlich geschechen sind und hilff, gnad und gesundthait umb und unsem erlöser erlangt als dann jedem Christen ungezwifelt zegelobend durch sölich fürbittungen und sonder verdienen der selbige mu°ter sant Anna." 24. November 1512,. Staatsarchiv des Kantons Zürich, E 1.30,118a, Nr. 12,1. Um 1520 war Johann Wirth, der Vater des gleichnamigen Kaplans der Annenkapelle, Untervogt zu Stammheim und einer der drei Pfleger des St. Annengutes (vgl. F A R N E R , a.a.O., S. 110 Anm. 1). Bei Einführung der Reformation besaß das Heiltum 28 Meßgewänder und fünf Kelche, eine das Geschlecht Annas darstellende Altartafel, welche für 600 Pfund angeschafft worden war, sowie eine Tafel, die den Tod der Heiligen darstellte (a.a.O., S. l l l f ) . Der Zürcher Ratsherr Junker Hans Stockar von Schaffhausen wallte jedes Jahr hierher (ebd.). Ein weiteres, aber indirektes Zeugnis für die Beliebtheit der Annenkapelle liefert die Tatsache, daß der neben der Kapelle ein Gasthaus betreibende Hans Wepfer so viel "rindris und widris" (a.a.O., S. 112f) - das ist Rind- und Schaffleisch - absetzen konnte, daß er einen eigenen Hirten einstellen wollte. Dieser Wirt erwies sich in der Folgezeit als erbitterter Gegner der Einführung der Reformation. Zur Vorgeschichte der Reformation: Zwischen Lichtmeß und Ostem 1522 tauchte ein Schulmeister in Stammheim auf, der angeblich Kinder und Jugendliche aufforderte, mit Feldsteinen auf eine freistehende Annenstatue zu werfen (a.a.O., S. 136). Zur Einführung der Reformation: Stammheim gehörte in geistlicher Hinsicht unter die Gerichtsbarkeit des Bischofs zu Konstanz und dessen Kollator, den Abt von St. Gallen; in weltlicher Hinsicht unter den Landvogt von Frauenfeld und unter den Rat von Zürich. Nachdem nun der Zürcher Rat nach dem 3. Religionsgespräch zu Bilderdienst und Messe am 13. und 14. Januar 1524 die Feier der Messe und die Bilder verboten und in seinem Herrschaftsbereich abgeschafft hatte, forderte er die ihm unterstehenden Dörfer auf, dasselbe zu tun. Angesichts der Rechtslage nahm der Stammheimer Pfarrer, Adam Moser, eine indifferente Haltung ein, stellte sich aber faktisch durch fortgesetzte Durchführung der Messe und die Forderung, die Fastengebote zu halten, auf die Seite des Bischofs. Das brachte ihn in Konflikt mit einflußreichen ortsansässigen Kreisen, voran dem Stammheimer Untervogt Johann Wirth und dessen Söhnen, Johann, seit 1510 Kaplan bei St. Anna, und Adrian, Priester an St. Peter in Zürich. Den letztgenannten entsandte der Zürcher Rat als proreformatorisch

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Zur Einführung

Folge einer Auseinandersetzung unter den Humanisten um Annas Trinubium32, andererseits Folge reformatorischer Diskussionen.

1.2. Forschungslage Die Geschichte des Kultes der hl. Anna ist unter verschiedenen Gesichtspunkten schon untersucht worden. Dabei erschwerte kontroverstheologische Polemik auf protestantischer und römisch-katholischer Seite die historische Aufarbeitung des Phänomens, wie die Geschichte der älteren Forschung zeigt. Bei den Versuchen, den Kult der hl. Großmutter zu rechtfertigen, gerieten römische Kirchengeschichtler in ein Dilemma, weil die nachtridentinischen Theologen die Auffassung, daß Anna dreimal verheiratet gewesen sei, verworfen haben. Eine Irrlehre, der die bedeutendsten Theologen und Prediger des Spätmittelalters angehangen hatten, bot sich für die historische Aufarbeitung nicht an. So war die ältere Forschung von römisch-katholischer Seite bestrebt, den Annenkult als Ausdruck des immer schon implizit vorhandenen Glaubens der Kirche an die unbefleckte Empfängnis Marias dogmengeschichtlich zu integrieren und auf diese Weise theologisch zu legitimieren. Von protestantischer Seite wurden dagegen immer wieder die Mißstände der vorreformatorischen Kirche mit Hinweis auf die Verehrung der hl. Anna belegt. eingestelltes Gegengewicht zum Ortspfarrer in seine Heimat Stammheim zum Predigen. Der Ortspfarrer weigerte sich, ihm die Kanzel zu überlassen, da er nicht vom Abt von St. Gallen eingesetzt worden sei. Aber auch Adrians rechtmäßig bestellter Bruder Johann erregte wegen seiner evangelischen Haltung bei manchen Stammheimem Anstoß. Er predigte nämlich den Pilgern, die zum Annenheiltum kamen: "St. Anna ist nicht (mehr) da, gebet euer Geld lieber den Armen, das sind die rechten Bilder Gottes" (a.a.O., S 133). Gegen den Willen des Ortspfarrers, des Landvogts und der geistlichen Gewalten konnte am 1. Mai 1524 die Wahl der beiden Söhne des Untervogts Wirth als neue Stammheimer Geistliche in einer Gemeindeversammlung durchgesetzt werden. Mit der Wahl und Bestellung von Pfarrern durch die Laien hatten die Stammheimer das Recht der geistlichen Konstanzer Obrigkeit und des Landvogts mißachtet, sich dieser rechtmäßigen Obrigkeiten entledigt und sich Zürich angeschlossen (a.a.O., S. 131). Am 24. Juni 1524 befahl der Zürcher Rat den Obervögten, die Bilder aus sämtlichen Kirchen in Stadt und Land fortzuschaffen, damit ein jedermann Trost und Hilfe auschließlich bei Christus suche. Die Gemeindeversammmlung zu Stammheim wählte nun 24 Männer, welche die Bilder entfernen und verbrennen sollten. Nur ein Bild aus der Annenkapelle, den Tod Annas darstellend, wurde vom Landvogt entwendet und so vor der Zerstörung gerettet. Ein radikaler Stammheimer jagte, so berichtet Adrian Wirth, diejenigen Gläubigen, die einige angekohlte Überreste der Heiligenbilder und -statuen ergattert hatten, auf die Brandstätte zurück, mit der Drohung, sie selber zu verbrennen, wenn sie nicht die Heiligen vollständig verbrennen ließen (a.a.O., S. 135). 32 Vgl.u. Kapitel 4.2. Anm. 47.

Forschungslage

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Die Erforschung des Annenkultes ist 1930 mit der Untersuchung von Beda Kleinschmidt OFM 33 , einem gebürtigen Dürener, abgebrochen. Die letzte Untersuchung von protestantischer Seite hat Ernst Schaumkell im Jahre 1893 publiziert. 34 Danach fand die Verehrung der Großmutter Jesu nicht mehr das Interesse der Theologen. Die jüngsten Äußerungen zur Annenverehrung stammen von Seiten der Kultur- und Sozialgeschichte: Träger des Kultes sei das frühneuzeitliche Bürgertum gewesen, welches das eigene Familienbewußtsein als Ideal in den Himmel projiziert habe. Von seiten der Kunstgeschichte liegt außer Untersuchungen zu einzelnen Annendarstellungen nur eine Studie zur Ikonographie der heiligen Sippe 35 vor. In den einschlägigen Lexika wird die Darstellung Kleinschmidts mit geringfügigen Modifikationen und Ergänzungen, welche sich der Aufnahme sozialgeschichtlicher Fragestellungen verdanken, referiert. 36 Die früheste historische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des spätmittelalterlichen Annenkultes stammt von dem Annaberger Pfarrer Georg Heinrich G O E T ZE. Er setzte sich in seiner 1702 in Leipzig erschienenen Dissertation "De cultu Annae, aviae Christi" 37 mit der Patronin des Ortes seiner pastoralen Tätigkeit auseinander. Die Aussagen der Reformatoren über Anna dienten ihm als Gerüst für die Auflistung von Annaberger Curiosa. Erst 152 Jahre später erschien die nächste

33 Die heilige Anna, ihre Verehrung in Geschichte, Kunst und Volkstum. Düsseldorf, 1930. (FVK; 1-3) - Die Vorstudien zu dieser Untersuchung, die keinen sachlichen oder argumentativen Unterschied zu der genannten Monographie ericennen lassen, sind in Form mehrerer Aufsätze veröffenüicht worden: Ders.: Die VEREHRUNG der hl. Anna im 14. Jahrhundert. In: ThGl 18, 1926, S. 297-307. - Ders.: Die BLÜTEZEIT des Annenkultes. In: ThGl 19, 1927, S. 488-512.-Ders.: Das TRINUBIUM (Dreiheirat) der hl. Anna in Legende, Liturgie und Geschichte. In: ThGl 20,1928, S. 332-344. 34 Der Kultus der heiligen Anna am Ausgange des Mittelalters; ein Beitrag zur Geschichte des religiösen Lebens am Vorabend der Reformation. Freiburg i.Br., 1893. 35 Vgl. W. ESSER: Die Heilige Sippe; Studien zu einem spätmittelalterlichen Bildthema in Deutschland und in den Niederlanden. Diss. Bonn, 1986. 36 Einen ersten Einblick in die Annenverehrung und in den Stand der Forschung bieten die folgenden Lexika: J. SCHMID: ANNA I.; EXEGESE. In: MarienL, Bd. 1,1988, Sp. 154a. - V. FIALA U. T. Maas-Ewerd: ANNA II.; LITURGIE. In: A.a.O., Sp. 154b-155b. - L. HEISER: ANNA III.; ORTHODOXE THEOLOGIE. In: MarienL, Sp. 155b-157a. - L. BÖER U. W. Pötzl: ANNA VI.; VEREHRUNG und Kult. In: A.a.O., Sp. 163a-167a. - H. LECLERCQ: Anna. In: DACL, Bd. 1, 1910, Sp. 2162-2174. - O . ZÖCKLER: Anna. In: R E , Bd. 1,1896, Sp. 552-554. - P . D E ANGELO u. P . Toschi: Anna. In: EC, Bd. 1,1948, Sp. 1360f. - G . KRETSCHMAR: Anna. In: R G G , Bd. 1, 3. Aufl., 1957, Sp. 395. - H . SCHAUERTE: Anna. In: LThK, Bd. 1, 1957, Sp. 570f. - G . D . GORDINI U. A . Croce: Anna In: BSS, Bd. 1, [ca. 1961], Sp. 1269-1295. - M . ZENDER: ANNA. In: TRE, Bd. 2, 1972, S. 752-755. - D. HARMENING, G . Binding, Κ . Wessel: ANNA. In: Lexikon des MA, Bd. 1, 1977, Sp. 653f. - WREDE: Anna. In: HWDA, Bd. 1, 1927, Sp. 448-451. 37 Vgl.o. Kapitel 1.1, Anm. 27. Zu Annaberg vgl. Kapitel 3.3.

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Zur Einführung Untersuchung zur Geschichte des Annenkultes von protestantischer Seite. Ihr Verfasser, Clamer Wilhelm F R A N T Z , arbeitete mit einem religionsgeschichtlichen Paradigma: Der Annenkult sei Ausdruck eines Verdrängungsprozesses im römischen Pantheon; die Mutter habe die Tochter vom ersten Platz im Heiligenhimmel verdrängt. Frantz' Untersuchung erschien 1854, im Jahr der Verkündigung des Dogmas der unbefleckten Empfängnis Marias durch Papst Pius IX. unter dem Titel "Versuch einer Geschichte des Marien- und Annenkultes" 38 . Frantz sah sich (wie er einleitend formuliert) in der Pflicht, im Konfirmandenunterricht die Berechtigung der konfessionellen Unterschiede zu begründen: Er interpretierte deshalb die Annen- wie die Marienverehrung als Ausdruck des genuinen Wesens des römischen Katholizismus, welches allein als 'religiöser Synkretismus' zutreffend charakterisiert werde. Die lokalgeschichtliche Studie Goetzes kannte er nicht. Die historisch-kritische Auseinandersetzung mit der Annenverehrung von römisch-katholischer Seite begann mit der Veröffentlichung zahlreicher Nachrichten in den A C T A SANCTORUM durch die Bollandisten 39 . Sie folgten altkirchlichen und mittelalterlichen, vor allem jedoch gegenreformatorischen Quellen und publizierten erstmals Mirakel der hl. Anna, die zum größten Teil aus der kurz vor 1500 erstmals gedruckten Annenlegende des Kartäusers Petrus Dorlandus 40 stammen. Ihre zurückhaltenden Kommentare zum historischen Wert der Überlieferung, ihre Hinweise auf Unstimmigkeiten und Widersprüche in den Quellen wurden von der römisch-katholischen Forschung der nächsten Jahre nicht aufgegriffen. Ähnlicher Sammeleifer zeigt sich auch bei anderen Veröffentlichungen von römisch-katholischer Seite. So stellte Franz F A L K 1878 in seinem Aufsatz "Die VEREHRUNG der h. Anna im 15. Jahrhundert" 41 erstmals eine Liste lateinischer und volkssprachlicher Annenlegenden zusammen. Ein Jahr später listete er in Deutschland vor 1520 gedruckte volkssprachliche Einzelleben von Heiligen auf 42 : Er zählte 125 Einzelausgaben der Viten von 47 Heiligen; die Legende der hl. Anna lag ihm wie die der hl. Katharina von Alexandrien in elf Ausgaben vor. 43 Hier wurde zum ersten und

38 Halberstadt, 1854. 39 ActaSS, Bd. Julii 6, Repr. d. Ausg. 1729, Bruxelles 1970, 26. Jul., S. 233-297. - Die ActaSS wurden nach einem Plan Heribert Rosweydes aus dem frühen 17. Jahrhundert im Jahre 1630 von Pierre Bolland begründet; sie sind noch unabgeschlossen. Zu Entstehung und Geschichte des Werkes vgl. K. HAUSBERGER: Das kritische hagiographische Werk der BOLLANDISTEN. In: HISTORISCHE KRITIK in der Theologie; Beiträge zu ihrer Geschichte / hg. von G. Schwaiger. Göttingen, 1980. (SthGG; 32), S. 210-244. 40 Vgl. zu Person und Werk Kapitel 5.1. Anm. 19, vgl. zu den Mirakeln Kapitel 4.5. und 6.2.

41 Vgl.o. Kapitel 1.1. Anm. 8. 42 Die DRUCKKUNST im Dienste der Kirche; zunächst in Deutschland bis zum Jahre 1520. Köln, 1879. (VGG; 2) 43 A.a.O., S. 35f. - Diese Zahlen sind zwar geeignet, einen Trend anzuzeigen, waren aber mit Hilfe neuerer Inkunabel- und Postinkunabelbibliographien zu multiplizieren. Es

Forschungslage

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zugleich zum einzigen Male die Annenverehrung im beginnenden Druckzeitalter mit Hilfe einer quantitativen Methode erfaßt. Aus der Untersuchung erhellte die Bedeutung der hl. Anna für das Frömmigkeitsleben der vorreformatorischen Jahrzehnte. Mit seiner quantifizierenden Methode fand Falk keine Nachfolger; seine These zur Ursache des Aufschwungs der Annenverehrung wird dagegen bis heute häufig repetiert: Er sah den "tieferen Grund"44 für die Steigerung der Annenverehrung "in der damals neu beregten Lehrmeinung von der unbefleckten Empfängnis".45 Im Jahre 1 9 2 1 hat der kanadische Dominikaner Paul-Victor C H A R LAND46 jedoch nachgewiesen, daß die hl. Anna in derselben Zeit auch im Dominikanerorden stark verehrt worden ist. Dieser Orden hat aber gegen die Meinung, daß Maria sine macula concepta sei, heftig polemisiert und verbreitet, daß auch die Gottesmutter der Erbsünde unterworfen und also der Erlösung durch ihren Sohn bedürftig gewesen sei. Charland hat eine Sammlung von vornehmlich literarischen Zeugnissen der Annenverehrung, gegliedert nach den Orden der Kirche47, zusammengestellt und damit ein unentbehrliches Hilfsmittel der weiteren Erforschung des Phänomens der Annenverehrung geschaffen. Etwa zeitgleich mit Franz untersuchte der schon erwähnte Protestant Ernst SCHAUMKELL den Annenkult. Die kontroverstheologisch-apologetische Orientierung seiner Ausführungen zeigt sich in folgenden Formulierungen: Anna sei wie ihre Tochter in einer Zeit "chrisdiche[n] Heidentum[s] krassester Art" und einer "dichten Atmosphäre von abergläubischen Vorstellungen" zu einer "Heilandin des menschlichen Geschlechts"48 geworden. Zwar zeichnet die Untersuchung die Verhältnisse der spätmittelalterlichen Kirche

finden sich weit mehr Annenlegenden als von Falk ermittelt. Das nicht legendarische hagiographische Schrifttum hat Falk nicht aufgenommen. 44

FALK, VEREHRUNG, a . a . O . , S . 6 0 .

45 Ebd. - Diesen Gedanken nahm FALK auf und führte ihn aus in folgendem Aufsatz: Die Verehrung der hl. Anna im 15. Jahrhundert und die IMMACULATA-Lehre. In: Kath. 83,1903.11, S. 46-55. - Vgl.a. ders.: MARIANUM MOGUNTINUM; Geschichte der Marienverehrung und der Immakulata-Tradition im Bistum Mainz und am Mittelrhein. Mainz, 1906. - Bezeichnend für die unkritische Rezeption dieser Überlegungen ist der Aufsatz von R.P. ARMEL: Le culte de sainte Anne dans les Pays Rhénans au moyen-âge et les Franciscains. In: EtFr 35, 1923, S. 632-647 u. 36, 1924, S. 600-623. - Untersuchungen zur Akzeptanz der Annenverehrung in anderen 'immakulistisch' eingestellten Orden relativieren die These von der engen Beziehung zwischen Franziskanern und der Mutter der Gottesgebärerin. Vgl. z.B. für den Karmeliterorden GABRIEL ab Annonciatione OCarm: De Carmelitarum in s.s. PARENTES b. Mariae virginis cultu et devotione. In: AOCD 7 , 1 9 3 2 , S. 104-151. -Zurkritischen Auseinandersetzung mit der These, der Annenkult sei die Folge der allgemeinen Akzeptanz der Lehrmeinung, daß Maria durch ihre Mutter Anna unbefleckt empfangen sei, vgl.Kapitel 2. 46 Le culte de Sainte Anne en Occident; seconde période, de 1400 (environ) à nos jours. Québec, 1921. 47 Zahlreiche Angaben sind falsch, da CHARLAND sämtliche Schriften, deren Autoren er nicht kannte, Brüdern aus dem eigenen Orden zuwies. 48 A.a.O., S. 51 u. S. 70.

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einlinig als Verfallszusammenhang - eine Sichtweise, die heute nicht mehr geteilt wird - ; sie bietet aber, weil Schaumkell erstmals territorialgeschichtlich arbeitete, viel Material. So untersuchte er den Annenkult im ernestinischen Sachsen, wobei er auf die oben erwähnte Untersuchung Goetzes und einen Exkurs von Gustav K A W E R A U 4 9 zurückgreifen konnte. Seiner Untersuchung zufolge ist das Aufkommen des Annenkultes im Reich Maximilians I. in Zusammenhang mit dem Silberbergbau in Annaberg in Sachsen zu sehen. Anna sei die bevorzugte Patronin der Bergleute und deshalb auch der Armen im allgemeinen gewesen, denn sie gab angeblich Reichtum. Diese These wird nicht nur in den theologischen Lexika bis heute repetiert, sondern auch in Untersuchungen zur Geschichte des Bergbaus vertreten. 50 Den bis dahin von römisch-katholischer Seite vorgetragenen Ansätzen folgte 1930 der Franziskaner Beda KLEINSCHMIDT mit seiner Untersuchung "Die heilige Anna, ihre Verehrung in Geschichte, Kunst und Volkstum". Er meinte feststellen zu können, daß die Großmutter Christi in der Westkirche vom frühen Mittelalter an verehrt wurde. 51 Als dann die unbefleckte Empfängnis Marias zum allgemeinen Glaubensgut der Kirche geworden war (allein die Dominikaner widersetzten sich noch, so Kleinschmidt), rückte auch ihre Mutter in den Blick. In Anna habe man Maria ehren wollen. Allein die Phantasie des einfältigen Volkes sei verantwortlich für die in moraltheologischer Hinsicht anstößigen Überlieferungen vom Trinubium Annas. Träger des Kultes seien alle diejenigen gewesen, welche die unbefleckte Empfängnis Marias geglaubt hätten; insbesondere aber hätten die Angehörigen des weiblichen Geschlechts die Heilige als persönliche Patronin in den Nöten von Kindbett und Mutterschaft angerufen. 52 In einigen neueren Untersuchungen wurden weitreichende Behauptungen zum Annenkult an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert aufgestellt, ohne daß die historische Untersuchung des Phänomens weiter fortgeschritten wäre. Die Vereh-

49 Caspar Güttel; ein Lebensbild aus Luthers Freundeskreise. In: ZHVG14,1881, S. 33132; historischer Exkurs zum Annenkult: S. 48-52. 50 Zur Auseinandersetzung mit dieser These vgl.u. Kapitel 3.3. 51 Es ist richtig, daß Anna im Früh- und Hochmittelalter als Mutter Marias überall dort bekannt war, wo die Marienlegende bekannt war. Es wäre jedoch zu problematisieren, ab wann von der 'Verehrung' einer Heiligen gesprochen werden kann. M.E. sollte das erst dann geschehen, wenn die Heilige in das Zentrum eines ihr gewidmeten Kultes zu stehen kommt. Wenn von Anna jedoch an Marienfesttagen die Rede ist, kann nicht von Annenverehrung gesprochen werden. Vgl. zum Alter des Annenkultes die Kapitel 2.4., 3.2. und 4.4. 52 Von dieser Untersuchung sind die oben erwähnten, nach 1930 verfaßten Artikel in den genannten Lexika abhängig; KLEINSCHMIDTS Thesen sind auch sonst häufig referiert worden. - Vgl. außer der in Kapitel 1.1. Anm. 6 genannten Literatur beispielsweise E. LAMALLE SJ: Une ancienne dévotion populaire; l'aïeule du Christ. In: NRTh 5 8 , 1 9 3 1 , S. 5 0 7 5 2 3 . - Weitgehend unabhängig von KLEINSCHMIDT, aber ohne größeren wissenschaftlichen Wert ist die Arbeit von W. BROWNE: The popular cult of Saint Anne. In: EcR 88 = 9. Ser. 8, 1933, S. 4 5 0 - 4 6 1 .

Forschungslage

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rung der hl. Anna wird nun in der Sphäre des sich formierenden 'bürgerlichen Lebens' situiert: Während Harry K Ü H N E L in seinem Aufsatz "Frömmigkeit ohne Grenzen"53 meinte, daß die "unmittelbare Mütterlichkeit" der hl. Großmutter besonders die Frauen angesprochen hätte, gipfeln die Ausführungen der niederländischen Pädagogin Helen D R E S E N - C O E N D E R S in der These, mit Hilfe Annas sei die in der frühen Neuzeit einsetzende Frauenunterdrückung ideologisch legitimiert worden.54 Die geistige Signatur der Zeit und der methodische Ansatz bestimmten jeweils die Wahrnehmung des geschichtlichen Phänomens Annenkultus; der jüngeren Forschung ist wie der älteren vorzuhalten, daß aus eklektisch ausgewählten und gelegentlich - wie im einzelnen gezeigt werden wird - falsch interpretierten Quellen weitreichende Schlüsse gezogen wurden.

53 In: ALLTAG im SPÄTMITTELALTER / hg. von H . Kühnel. 3. Aufl. Graz, 1986, S . 92-113; zur hl. Anna vgl. besonders den Abschnitt "nützliche Heilige" (S. 107-110): Die hl. Anna "entsprach gleichfalls der Sphäre des bürgerlichen Lebens, denn diese Hinwendung zur Mutter Mariens richtete sich auf einfache und unmittelbare Mütterlichkeit und sprach deshalb besonders die Frauen an, die täglich Mühen und Opfer in ihrem Lebensbereich auf sich nahmen". A.a.O., S. 110. - Vgl.a. die Rezension von H . BOOCKMANN: Dreimal Kulturgeschichte, Alltagsgeschichte, Geschichte der materiellen Kultur. In: ZhistF 13,1986, S. 201215, bes. S . 206. - Kühneis Aufsatz folgt über weite Strecken Ausführungen von F. SEIBT: FRÖMMIGKEIT im ausgehenden Mittelalter. In: 500 JAHRE, a.a.O., S. 11 -29. - Ähnlich hatte sich schon KLEINSCHMIDT (s.o.) geäußert. - ZENDER sah in Anna weniger eine Patronin des weiblichen Geschlechts als eine Patronin der bürgerlichen Familie: "Für den Aufstieg des Annenkultes war endlich das Bürgertum verantwortlich. Die weitverzweigte Familie der hl. Anna [...] entspricht [...] dem bürgerlichen Familiengefühl" (ANNA, a.a.O., S. 753). 5 4 DRESEN-COENDERS hat ihre These bis in die jüngste Zeit in zahlreichen Veröffentlichungen wiederholt. - Vgl. beispielsweise: Mächtige GROOTMOEDER, duivelse heks; speurtocht naar de samenhang tussen heksenvervolging en de vereering van de grote moeder Anna op de drempel van de nieuwe tijd. In: VROUW, man, kind; lijnen van vroeger naar nu / K . Bartels [Mitverf.]. Baarn, 1 9 7 8 , S. 4 4 - 7 8 . - Vgl.a. dies.: Het verbond van HEKS en duivel; een waandenkbeeld aan het begin van de moderne tijd als symptoom van een veranderende situatie van de vrouw en als middel tot hervorming der zeden. Baam, 1983. Zgl. Habü. Nijmegen, 1983. - Ahnlich äußert sich die Pädagogin noch derzeit in den Veröffentlichungen und Ausstellungen des von ihr initierten Instituts Stichting Werkplaats Wetenschap en Maatschappij: Dies.: Heise en hemelse VROUWENMACHT omstreeks 1 5 0 0 . Nijmegen, 1 9 8 8 , S. 16-23. - Dresen-Coenders hat Unterstützung erfahren durch die unveröffentlichte Dissertation von T. BRANDENBARG: Sint ANNA en haar familie; een verkennende Studie naar de achtergronden van de moeder- en maagschapcultus in de Lage Landen en het Rijnland in de late Middeleeuwen. Diss. Nijmegen, 1982. Eine Zusammenfassung seiner Ergebnisse liegt vor in seinem Aufsatz: St. Anne and her FAMILY; the veneration of St. Anne in connection with concepts of marriage and the family in the early-modem period. In: SAINTS and she-devils; images of women in the 15th and 16th centuries / hg. von der Foundation Werkplaats Wetenschap en Maatschappij. London, 1 9 8 7 , S. 1 0 1 - 1 2 6 . - Die sozialpsychologischen

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Zur Einführung 1.3. Quellenlage und Auswahl der Quellen

D i e Quellenlage ist für den Untersuchungszeitraum recht gut. Archivalien sind in großer Zahl erhalten und in vielen Fällen durch Urkundenbücher beziehungsweise Urkundenrepertorien erschlossen. Handschriften- und Inkunabelkataloge weisen zahlreiche Annenschriften nach. A u c h nichtliterarische Quellen sind in großer Zahl erhalten. S o stellt sich die Frage, wie aus der Fülle sinnvoll ausgewählt werden kann. 55 Nichtliterarische Quellen, materiale Zeugnisse der Frömmigkeitspraxis - wie etwa Bilder, Statuen oder Wandbehänge wurden aus der Untersuchung ausgeschlossen. 5 6 Mit d e m methodischen Instrumentarium der historischen Theologen sind vor allem literarische Quellen zu bearbeiten: Traditions- und Überrestquellen. Zu den erstgenannten sind die i m engeren Sinne literarischen Überlieferungen zu rechnen - etwa Legenden, Traktate, Predigten, Gebetbücher, liturgische Texte. Hier mußte eine sinnvolle Auswahl getroffen werden. S o sind Tausende von Gebeten zur hl. Anna in handschriftlichen Gebetbüchern überliefert. A u s z w e i Gründen wurden sie nicht in die Untersuchung einbezogen: Gebete spiegeln einen Kult; sie sind Überlegungen der niederländischen Autoren wurden wohl durch Überlegungen des Kunstgeschichtlers J. WIRTH angeregt. Wirth stellte - ausgehend von einer Darstellung der Anna selbdritt durch Hans Baidung Grien - die These auf, Anna sei im Grunde eine Hexe oder feministische Heilige (Wirth bietet tatsächlich keine weitere Differenzierung!), die von dem Künstler dargestellt werde beim wunderwiricenden Beschwören des Jesuskindes (S.te Anne est un sorcière. In: Β HR 40, 1978, S. 449-480). Desweiteren ist DRESEN-COENDERS der Meinung, der Annenkult beerbe einen Muttergöttinnenkult keltischen Ursprungs (GROOTMOEDER, a.a.O., S . 7 0 ) . Eine Kontinuität zwischen keltischen und spätmittelalterlichen Heiligenkulten ist jedoch historisch nicht zu belegen. Neuere Untersuchungen zu Muttergottheiten bieten kein Material, das die These DresenCoenders' stützen könnte. Vgl. die Aufsätze in: MATRONEN und verwandte Gottheiten; Ergebnisse eines Kolloquiums, veranstaltet von der Göttinger Akademiekommission für die Altertumskunde Mittel- und Nordeuropas. Köln, 1987. (Beihefte der Bonner Jahrbücher; 44). 55 Spuren der Verehrung Annas im Früh- und Hochmittelalter werden in den oben genannten Lexikonartikeln und Untersuchungen zur Geschichte der Annenverehrung angegeben. Es wäre jedoch erst noch im einzelnen zu untersuchen, ob es sich jeweils überhaupt um einen Beleg für die Verehrung Annas handelt; manchmal wird die Mutter Marias in exegetischen Erörterungen genannt (vgl. Kapitel 4.2.), in anderen Fällen handelt es sich wohl eher um Marienverehrung oder auch um Fehlinformationen (vgl. Kapitel 2.4. Anm. 69). 56 Hier wären Kunstgeschichtler und Spezialisten für mittelalterliche Realienkunde gefragt. So wäre es wünschenswert, auf kunstgeschichtliche Arbeiten über das Anna-selbdritt-Motiv zurückgreifen zu können. Ich kann beispielsweise nicht angeben, wann die im Untersuchungszeitraum häufig bezeugte Anrufungsformel: "Hilf heilige Anna selbdritt" aufgekommen ist. Die entsprechenden Darstellungen der Heiligen mit Tochter und Enkel könnten einen Hinweis geben, wenn die Frage der Datierung und Funktion der Objekte abschließend untersucht wäre.

Quellenlage und Auswahl der Quellen

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vom gängigen Kultbild geprägt, wirken jedoch kaum im Sinne der Kultpropaganda. Die Untersuchung des Kultes eines Heiligen muß aber auf denjenigen Quellen fußen, die signifikant für den Kult sind. Solche sind in diesem Falle reichlich vorhanden, so daß keine Notwendigkeit besteht, auf die im Vergleich dazu eher unspezifischen Aussagen der Gebete zurückzugreifen. Auch die liturgisch-hymischen Texte wurden aus der Untersuchung ausgeschlossen.57 Sie loben zumeist Anna als Mutter Marias, sind also eher Dokumente der Marien- als der Annenverehrung. Undeutlich ist darüber hinaus nicht nur, ob diese Hymnen überhaupt in gottesdienstlichen Zusammenhängen Verwendung fanden, sondern auch, ob sie an einem Marienfesttag oder am Annentag Verwendung fanden. Von besonderem Interesse ist dagegen, daß zahlreiche der übrigen zum Lobe der hl. Anna verfaßten Texte - vor allem Legenden und Lobreden - im Frühdruck vorliegen. Das Anliegen ihrer Verfasser war, die Verehrung und das Kultbild der Heiligen mit Hilfe des neuen Mediums Buchdruck zu propagieren. Deshalb steht das vor 1530 gedruckte Annenschrifttum im Mittelpunkt der Untersuchung. Die Überrestquellen - etwa Weihe-, Kauf- oder Schenkungsurkunden lassen, häufig Patronate der Heiligen über Personen (Namenspatronate), über Kirchen, Kapellen, Altäre, Glocken usw. erkennen. Über Verbreitung und zeitliches Auftreten eines Kultes geben die Patrozinien des Heiligen hervorragend Auskunft. Die Bedeutung der Heiligenpatronate für die mittelalterliche Frömmigkeitsgeschichte wird allgemein anerkannt.58 Von den Patronaten der 57 Sie sind zu einem großen Teil veröffentlicht in den AH. 58 Die Bedeutung des Patronatswesens für das spätmittelalterliche Denken beschreibt Kaspar ELM mit folgenden Worten: "Der Rekurs auf Väter und Gründer, Spitzenahnen und Patrone wurde wie in Orden und Klöstern, so auch in Städten und Reichen, Geschlechtem und Stämmen, Nationen und Sprachen, von Bischöfen und Patriarchen, von Papsttum und Kirche vorgenommen. Was lange als die historische 'Realität' verfälschende Mystifikation abgetan wurde, ist inzwischen selbst zum Gegenstand der Geschichte geworden, der wie kaum ein anderer den Zugang zum mittelalterlichen Geschichtsdenken und Korporationsbewußtsein erschließt, für die der Rekurs auf Vorfahren und Vorläufer - seien sie historischer oder mythischer Natur - offenbar von grundlegender Bedeutung war. [...] Die Berufung auf Prototypen, Gründerväter und Vorläufer war keineswegs, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, von bloß integrativer oder konservierender Wirkung. Wenn es sich bei der Bezugsperson um eine Gestalt mit vielfältigen Anlagen und weiter Wirkung handelte, konnte sie eine entsprechend große Reaktionsfähigkeit vermitteln und so Fortschritt und Anpassung erleichtern." (ELIAS, Paulus von Theben und Augustinus als Ordensgriinder; ein Beitrag zur Geschichtsschreibung und Geschichtsdeutung der Eremiten- und Bettelorden des 13. Jahrhunderts. In: GESCHICHTSSCHREIBUNG und Geschichtsbewußtsein im späten Mittelalter / hg. von H. Patze. Sigmaringen, 1987. (Vorträge und Forschungen / Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte; 31), S. 371-400, hier S. 396f. - Zur Bedeutung von Patronage im Alltag vgl.a. Kapitel 3.6.

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Zur Einführung

hl. Anna ist dasjenige über Bruderschaften besonders aussagekräftig für die Objektivierung der von der Forschung behaupteten Intensität der Annenverehrung im Spätmittelalter. 59 D i e urkundliche Nennung einer Bruderschaft läßt darauf schließen, daß das Interesse an der hl. Anna den Rang eines individuellprivaten Interesses überstieg. Zudem dienten Bruderschaften wiederum der Kultpropaganda, indem sie Stiftungen zur Ausschmückung der Feier ihres Festes oder überhaupt erst zur Einrichtung desselben tätigten; sie ließen Altäre errichten, stifteten Kunstwerke und dotierten Pfründen. D i e Bruderschaft zeigt also eine kollektive Verehrung des Heiligen an.

1.4. Anliegen und Methode der Arbeit Die breite Verehrung der Großmutter Christi ist gelegentlich als genuiner Ausdruck spätmittelalterlicher, vorreformatorischer oder frühneuzeitlich-bürgerlicher Frömmigkeit von Seiten verschiedener historisch orientierter Disziplinen beurteilt worden. 6 0 Unbestritten ist, daß die Annenverehrung in der 59 Da die Annenverehrung erst in einer späten Ausbauphase der kirchlichen Organisation auftrat, wurde die hl. Anna nur relativ selten als Patronin für Pfarrkirchen und Klöster gewählt. Will man die Verbreitung eines Kultes aus Patrozinien erheben, so wird man ein möglichst charakteristisches Patronat zum Indikator wählen. Charakteristisch sind aber besonders die Annenbruderschaften, weil sie sich mit auffallender Häufigkeit in der schon bestehenden Sakrallandschaft etablierten. Die Beliebtheit der Heiligen führte in einem fortgeschrittenen Stadium ihres Kultes zu Patroziniumswechseln. Diese sind jedoch nur in Einzelfallen urkundlich zu belegen und somit als Parameter ungeeignet. So mag mancherorts zwar der Volksmund einen neuen Patron zum Hauptpatron erklärt und den älteren Patron zum Nebenpatron degradiert haben - dies fand jedoch kaum Eingang in die offizielle Kirchensprache. Z.B. hieß die dem hl. Martin geweihte Stadtkirche von Düren, nachdem sie zum Aufbewahrungsort der Annenreliquie geworden war, Annenkirche. Ein zweiter Grund spricht für die Untersuchung des Bruderschaftspatroziniums: Die kirchliche Obrigkeit hatte in den meisten Fällen das Recht zur Bestimmung des Patrons. Deshalb steht nicht zu erwarten, daß diese Patrozinien besonders aussagekräftig für die laikale Verehrung eines Heiligen sind. Allein bei Bruderschaften ist ein größeres Maß von Mitwirkung bei der Auswahl der Patrone zu beobachten. - Zum Problem vgl. G. ZIMMERMANN: PATROZINIENWAHL und Frömmigkeitswandel im Mittelalter; dargestellt an Beispielen aus dem alten Bistum Würzburg. In: WDGB, Bd. 20,1958, S. 24-127 u. 21,1959, S. 5-124. 60 Kaum eine Gesamtdarstellung des Zeitraumes verzichtet auf den Hinweis auf diesen Kult. Vgl.z.B. B. MOELLER: FRÖMMIGKEIT in Deutschland um 1500. In: ARG 56,1965, S. 531, hierS. 9f. -Ders.: SPÄTMITTELALTER. Göttingen, 1966. (KIG; II.l), S . 34. - R . A U B E N A S U . R. Ricard: L'église et la renaissance, 1449-1517. O.O., 1951. (Histoire de l'église depuis les origines jusqu'à nos jours; 15), S. 339. - Von den älteren Untersuchungen vgl. W. ANDREAS: Deutschland vor der Reformation; eine Zeitenwende. Stuttgart, 1932, S. 152. - O . CLEMEN:

Anliegen und Methode der Arbeit

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zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und am Beginn des 16. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet ihren Höhepunkt erlebte. Die Heilige wurde bisher allgemein als besonders 'volkstümlich' gewürdigt. Die der Untersuchung des Kultes gewidmeten Arbeiten ließen jedoch einige Fragen offen. Unklar ist, welcher Zusammenhang zwischen Marienverehrung - insbesondere der Auffassung, daß Maria unbefleckt empfangen sei - und Annen Verehrung besteht. Unklar ist, wie sich der Annenkult des ausgehenden 15. und des beginnenden 16. Jahrhunderts von Erwähnungen der Mutter Marias in früh- und hochmittelalterlichen Quellen unterschied. Unklar ist, welche Kreise die Annenverehrung propagierten und welche sie trugen. Unklar ist, welche Erwartungen die Annenverehrer an die Heilige hatten. Kurz, die zentrale Frage, warum gerade die Großmutter Christi an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert verehrt wurde, konnte noch nicht beantwortet werden. Diese Untersuchung bewegt sich im Horizont der vorreformatorischen Frömmigkeitsgeschichte. 61 Frömmigkeitsgeschichte fragt einerseits nach dem "mittelbare [n] (Frömmigkeitstheorie) oder unmittelbare [n] (Frömmigkeitspraxis) Bezug zu einer bestimmten Lebensgestaltung"62. Dabei geht es weniger um die Würdigung bestimmter religiöser Leistungen begnadeter Individuen als um kollektive Verhaltensweisen und Vorstellungsgehalte. Frömmigkeitsgeschichte unterscheidet sich von Kirchengeschichte im engeren Sinne dadurch, daß es nicht primär um das Handeln der Institution Kirche unter den Bedingungen der Zeit geht - wenn auch institutionelle Förderung oder Ablehnung bestimmter Frömmigkeitspraktiken oder -theorien gewiß zu registrieren und zu analysieren ist. Zahlreiche Untersuchungen und Darstellungen von Seiten der Profan- und Kirchengeschichte haben diesen Untersuchungszeitraum und GegenstandsbeDie

des ausgehenden Mittelalters. Dresden, 1937. (SRVK; 3), S. 8. - J. Die Reformation in Deutschland. Bd. 1: Voraussetzungen, Aufbruch, erste Entscheidung. 3. Aufl. Freiburg i.Br., 1949, S. 98f. - J. TOUSSAERT: Le sentiment religieux en Flandre à la fin du moyen-âge. Paris, 1963, S. 288f. 61 Vgl. die "Grundprobleme und Tendenzen der Forschung", die Erich MEUTHEN für das Problemfeld "Kirche und Frömmigkeit" beschreibt (Das 15. JAHRHUNDERT. München, 1980, Oldenbourg Grundriß der Geschichte; 9, S. 147-155). 62 B. HAMM: FRÖMMIGKEIT als Gegenstand theologiegeschichtlicher Forschung; methodisch-historische Überlegungen am Beispiel von Spätmittelalter und Reformation. In: ZThK 74,1977.1, S. 464-497, hier S. 466. - Vgl.a. H. MOLITOR: Frömmigkeit in Spätmittelalter und früher Neuzeit als historisch-methodisches Problem. In: Festgabe für E.W. Zeeden / hg. von H. Rabe u.a. Münster, 1976. (RGST; Suppl. 2), S. 1-20. - Gelegentlich wird diese Forschungsrichtung als Geschichte der religiösen Mentalität gekennzeichnet. Zu Herkunft und zu Problemen der Mentalitätsgeschichte vgl. G . TELLENBACH: Mentalität. In: GESCHICHTE, Wirtschaft, Gesellschaft; FS für C. Bauer/ hg. von E. Hassinger. Berlin, 1974, S. 11-30. - Vgl.a. E. DELARUELLE: La spiritualité aux VIVC et XVe siècles (1959). In: Ders.: La piété populaire au moyen âge. Turin, 1975, S. 401-412. VOLKSFRÖMMIGKEIT

LORTZ:

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Zur Einführung

reich gerade in den letzten Jahrzehnten in einem neuen Licht erscheinen lassen: Die ältere volkskundliche Perspektive und die kontroverstheologische Polemik konnten weitgehend überwunden werden. Die Frömmigkeitsgeschichte wird heute als integraler Bestandteil historisch-theologischer Forschung neben der Kirchen- und Dogmengeschichte gewürdigt; sie nimmt Ergebnisse der territorial- und sozialgeschichtlich orientierten historischen Forschung ebenso auf wie Paradigmen der allgemeinen Kultur- und Geistesgeschichte.63 Die Untersuchung geschichtlicher Formen und Ausprägungen von 'Frömmigkeit' sollte verstanden werden als Teil einer allgemeinen Christentumsgeschichte, also Geschichte sich christlich nennender Gruppen und Individuen, Geschichte ihrer Vorstellungen und religiösen Praktiken. Die Untersuchung wird die Verehrung einer Heiligen analysieren, also diejenigen Praktiken und Vorstellungsinhalte zu erfassen suchen, die sich mit der hl. Anna verknüpften. Die Bedeutung der Untersuchung des Kultes heiliger Menschen für die Frömmigkeitsgeschichte ist unbestritten. Heilige gelten als Kristallisationspunkte der religiösen Identität.64 Das gilt auch und besonders für den Untersuchungszeitraum.65 Ziel der Untersuchung ist zu verstehen, warum gerade die hl. Großmutter in den Mittelpunkt des religiösen Interesses der Menschen an der Wende vom 15. 63 Vgl. die Bibliographie von MEUTHEN ZU "Kirche und Frömmigkeit" (15. JAHRHUNa.a.O., S. 196-203). - Berührungspunkte mit der sogenannten religiösen Volkskunde sind unübersehbar. - Vgl. zum Stand der Forschung und der Selbstdefinition dieser Disziplin die folgenden Sammelwerke: VOLKSKULTUR des europäischen SPÄTMITTELALTERS / hg. von P . Dinzelbacher. Stuttgart, 1987. (Böblinger Forum; 1). - VOLKSKULTUR und GESCHICHTE; FS für J. Dünninger/ hg. von D. Harmening. Berlin, 1970. - VOLKSRELIGIOSITÄT in der modernen Sozialgeschichte / hg. von W. Schieder. Göttingen, 1986. (Geschichte und Gesellschaft; 11). 64 Zur geschichtlichen Entwicklung und Bedeutung der Heiligenverehrung im altkirchlichen und mittelalterlichen Kosmos s.u. Kapitel 1.4. Anm. 71 -73. - An dieser Stelle soll lediglich auf einige neuere Arbeiten hingewiesen werden, welche die oben genannte These illustrieren: R. SPRANDEL: MENTALIÄTEN und Systeme; neue Zugänge zur mittelalterlichen Geschichte. Stuttgart, 1972. - M . GOODICH: V I T A perfecta; the ideal of sainthood in the thirteenth century. Stuttgart, 1982. Rezension: ThLZ 112,1987, Sp. 606b, K.-V. Selge. - A. VAUCHEZ: La saintité en occident au demiers siècles du moyen âge d'après les procès de canonisation et les documents hagiographiques. Rom, 1981. (BEFAR; 241) - Jean-Claude SCHMITT: Derhl. WINDHUND; dieGeschichte eines unheiligen Kults. Stuttgart, 1982, Orig.Ausg. u.d.T.: Le saint lévrier. 65 Mit folgenden Worten umriß MOELLER den Konsens der Forschung: "Die Heiligenverehrung erreichte jetzt [im Spätmittelalter] wohl ihren Höhepunkt, und es wandelte sich zugleich ihr Erscheinungsbild; die Heiligen wurden dem eigenen, alltäglichen Leben immer näher gerückt, indem man sie nicht nur in den Bildwerken vom Goldgrund löste, in Tracht und Gesamtausdruck individualisierte, sondern ihnen auch im Kult, vor allem in der intimen Atmosphäre der Bruderschaften mit Vertrautheit und wohl gar mit Vertraulichkeit begegnete." (FRÖMMIGKEIT, a.a.O., S. 12). DERT,

Anliegen und Methode der Arbeit

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zum 16. Jahrhundert geriet. Das kann nur gelingen, wenn 'Theorie' und 'Praxis' des Annenkultes in den Blick kommen. Deshalb wählt die Untersuchung eine integrale Methode: Sie stellt einerseits die Frage nach der Verehrungspraxis und den Trägern der Verehrung der Heiligen, andererseits die Frage nach dem Kultbild und seinen Propagandisten. Die Verbindung quantitativer und qualitativer Methoden der Auswertung des Quellenmaterials bot sich an. Der Untersuchung der Frömmigkeitspraxis in sozialgeschichtlicher Perspektive dient besonders das dritte Kapitel. Die Gründung von Annenbruderschaften war die eindrücklichste Form, die Heilige zu ehren. Die Erfassung des Zeitraums, für den Annenbruderschaften archivalisch zu belegen sind, ermöglicht es, den Höhepunkt der bruderschaftlichen Verehrung der Heiligen festzustellen. Es wird durch Vergleich mit den literarischen Zeugnissen zu untersuchen sein, ob der so ermittelte Zeitraum zugleich der Kulthöhepunkt ist. Ziel ist es, den 'Typus' der Annenbruderschaft in Unterschied und Übereinstimmung mit anderen Heiligenbruderschaften im Untersuchungszeitraum zu beschreiben. Dabei muß die Darstellung der Tatsache eingedenk bleiben, daß aus äußeren Formen der Organisation kollektiver religiöser Praxis nicht auf die ihnen zugrunde liegenden Einstellungen und Erwartungen der Anna verehrenden Individuen geschlossen werden kann. Die Bruderschaftsmitglieder haben in der Regel nicht aufgezeichnet, welche Erwartungen sie mit dem Eintritt in die Annenbruderschaft verbanden und welche Erfahrungen sie mit der Patronin machten. Hinter der vielfältigen Stiftungstätigkeit, den Gebühren, Spenden und Legaten der Bruderschaften als Kollektivpersonen und der einzelnen Mitglieder können sich schlichte Frömmigkeit, fromme Geschäftemacherei mit den Heiligen, das Streben nach gesellschaftlichem Prestige und sozialer Anerkennung, pragmatisches Versorgungsdenken, gezielte Förderung oder Nichtbeachtung bestimmter geistlicher Institutionen verbergen. Die Erwartungen der Annenverehrer sind eher aus solchen Texten, die das Kultbild der Heiligen prägten, zu erheben. Die Überrestquellen lassen die Motive, welche die Menschen zur Verehrung Annas drängten, zumeist nicht allzu deutlich erkennen. Als zweiter Parameter für Annenverehrung dienten deshalb solche literarischen Zeugnisse, welche Rückschlüsse darauf ermöglichen: Legenden, Traktate, Gedichte und Predigten. Diese waren aus Handschriften- und Inkunabelkatalogen zu erheben. Die Suche nach Annenpredigten erwies sich als arbeitsintensiv, aber recht ergebnislos. Da die meisten älteren Kataloge die Predigten nicht einzeln verzeichnen, mußten in mehreren Bibliotheken die handschriftlichen Sermones-de-sanctisSammlungen durchgesehen werden. Diese Recherchen in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, der Herzog August Bibliothek zu Wolfenbüttel66 66 Die Untersuchung der Bestände dieser beiden erstgenannten Handschriftensammlun-

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Zur Einführung

und in einigen Bibliotheken mit kleineren Sammlungen wie Heidelberg, Oldenburg, Trier sowie dem Priesterseminar Mainz brachten zutage, daß die hl. Anna kein Thema der spätmittelalterlichen Prediger war. Das ist verständlich als Folge der Kultentwicklung. Die wenigen Predigten, die ich finden konnte, stehen häufig in Abhängigkeit zu dem in Druckschriften verbreiteten Kultbild, sind also Ausdruck einer fortgeschrittenen Stufe der Entwicklung der Annenverehrung.67 Überraschenderweise gilt für das Annenschrifttum im allgemeinen, daß eine breitere oder längere handschriftliche Tradierung sich nicht nachweisen läßt. Im Zuge der Arbeit stellte sich heraus, daß die Humanisten einen entscheidenden Beitrag zur Ausbildung des Kultbildes und zur Kultverbreitung geleistet haben; zahlreiche Dichtungen zu Ehren der Heiligen erschienen, auch an entlegenen Orten wie etwa in Grammatiklehrbüchern oder in Reiseschilderungen. Sie wurden soweit als möglich erfaßt und in die Untersuchung einbezogen. Das Interesse der Humanisten an diesem Kult ist auffällig. Obzwar die Erforschung des christlichen Humanismus in Deutschland und den Niederlanden in den letzten Jahren einen gewaltigen Aufschwung erfahren hat - grundlegend sind die Arbeiten Paul Oskar Kristellers und August Bucks - , ist das Phänomen der humanistischen Annologen68 noch nicht beobachtet und analysiert worden. Die derzeitige Forschungslage ist gekennzeichnet dadurch, daß die hagiographische Literatur aus Humanistenfeder nur sehr zögernd in den Blick der Forschung gelangt.69 Es wird zu fragen sein, warum die Humanisten sich zum Lob Annas motiviert fühlten. Daraus ergibt sich die weitere Frage, in welchem Verhältnis die literarischen Produkte dieser intellektuellen Elite zur angeblich aus der 'volkstümlichen Phantasie' erwachsenen Annenlegende stehen. Von besonderer Bedeutung ist, daß die an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert verbreitete Annenliteratur für die Publikation mittels des neuen Mediums Buchdruck verfaßt wurde. Die gedruckten Annentexte zielten also auf ein relativ breites Publikum von Lesefähigen. Diesem konnten in rascher Folge Legenden, Traktate und Flugblätter zum Lobe der Heiligen angeboten werden. Von Seiten der historischen Bildungsforschung hat man die Veränderungen, die sich im Verhältnis zum Mittelalter nach der Erfindung des Buchgen wurde mir von Dr. W. Werner / Heidelberg empfohlen, um einen Überblick zu erhalten. Die Durchsicht der im folgenden genannten kleineren Sammlungen erfolgte aus eher zufälligen Gründen. 67 Vgl. u. Kapitel 2.4. Anm. 74. 68 Als Annologen bezeichne ich in Analogie zu den Mariologen diejenigen Schriftsteller, welche zum Lob der hl. Anna literarisch tätig wurden. 69 Vgl. u. Kapitel 5.

Anliegen und Methode der Arbeit

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drucks ergaben, mit den Stichworten "intellektuelle Mobilisierung", "Literaturexplosion" und "Bildungsexplosion" bezeichnet.70 Die zu untersuchenden Texte gehören vornehmlich in die literarische Gattung der religiösen Kleinbeziehungsweise Erbauungsliteratur71. Diese Literatur ist für frömmigkeitsgeschichtliche Fragestellungen besonders aussagekräftig, weil sie einen hohen 'Gebrauchswert' hatte. Die religiös-theologischen Überlegungen der Autoren zielten auf die religiösen Vorstellungen und das diesen entsprechende Handeln der Rezipienten; die Schriften vermittelten also zwischen theologischer Theorie und kollektiver Frömmigkeits- und Lebenspraxis. Sie verbreiteten einerseits das Kultbild, andererseits forderten sie zu bestimmten Praktiken der Verehrung der Heiligen auf. Von besonderer Bedeutung für das Kultbild eines jeden Heiligen sind seine

70 K. SCHREINER: Die GRENZEN literarischer Kommunikation; Bemerkungen zur religiösen und sozialen Dialektik der Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformation. In: LITERATUR, a.a.O., S. 1-21, hier S. 1. - Am Beginn des 16. Jahrhunderts konnten mehr Menschen lesen als nach dem 30jährigen Krieg. Vgl. ders.: LAIENBILDUNG als Herausforderung für Kirche und Gesellschaft; religiöse Vorbehalte und soziale Widerstände gegen die Verbreitung von Wissen im späten Mittelalter und in der Reformation. In: ZhistF 11,1984, S. 257-354. - Dennoch soll der Anteil der Leser an der Gesamtbevölkerung nicht mehr als drei bis fünf Prozent betragen haben. Vgl. R. ENGELSING: Analphabetentum und Lektüre. Stuttgart, 1973, S. 20. - Das Lesen galt wie das Vorlesen als 'gutes Werk'; die klösterliche Sitte der lectura ad mensam wurde auch am Mittagstisch von Stadtbürgern geübt. Vgl. K. SCHREINER: VOLKSSPRACHE als Element gesellschaftlicher Integration und Ursache sozialer Konflikte; Formen und Funktionen volkssprachlicher Wissensverbreitung um 1500. In: EUROPA 1500; Integrationsprozesse im Widerstreit: Staaten, Regionen, Personenverbände, Christenheit / hg. von F. Seibt. Stuttgart, 1987, S. 468-495. - Nach Einführung des Buchdrucks konnten sich die Laien "vmme eyn ghans ringe ghelt" Bücher kaufen, um daraus den "willen godes uth lesen" zu können oder sich sonntags daraus vorlesen zu lassen. Zitiert nach W. KÄMPFER: Studien zu den gedruckten mittelniederdeutschen Plenarien; ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte spätmittelalterlicher Erbauungsliteratur. Münster, 1954, S. 240. - Vgl.a. die Aufsatzsammlung: BILDUNG, Politik und Gesellschaft; Studien zur Geschichte des europäischen Bildungswesens vom 16. bis zum 20. Jahrhundert/hg. vonG. Klingenstein. München, 1978. (WBGN; 5). - Vgl.a. die klassische Untersuchung von H. GRUNDMANN: Litteratus - Illitteratus; der Wandel einer Bildungsnorm vom Altertum zum Mittelalter. In: AKuG 40,1958, S. 165. - Zahlreiche Hinweise auf städtische Schulen, auch auf volkssprachlich ausgerichtete Mädchenschulen, bietet R. ENDRES: Das Schulwesen in Franken im ausgehenden Mittelalter. In: STUDIEN zum städtischen BILDUNGSWESEN des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit; Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung des Spätmittelalters, 1978-1981 / hg. von B. Moeller u. K. Stackmann. Göttingen, 1983. (AAWG.PH; III. 137), S. 173-214. 71 Vgl. G. FRIEDRICH: Erbauung. In: TRE, Bd. 10, 1982, S. 18-21. - Vgl.a. F . BARTSCH, Heiler u. L. Raiser: ERBAUUNGSLITERATUR. In: RGG, Bd. 2, 3. Aufl., 1958, S. 540-548. Vgl.a. Ute MENNECKE-HAUSTEIN: Erbauungsliteratur. In: EKL, Bd. 1,1986, Sp. 1058-1065.

F.

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Zur Einführung

Vita und Mirakel beziehungsweise seine Legende. 72 Die Literaturwissenschaft weiß seit langem, daß die Legende die am breitesten, dauerhaftesten und reichsten tradierte narrative Gattung des Mittelalters ist, so daß ihr - besonders in der volkssprachlichen Form des Spätmittelalters - Wirkung auf Menschen verschiedener Bildungsstände beschieden war.73 Von seiten der protestanti-

72 Schon im ältesten Christentum wurden Berichte vom Sterben und dann auch vom Leben eines besonderen Christen aufgezeichnet; letzte Briefe, Gerichtsprotokolle oder Beschreibungen seines Lebens vor dem Martyrium wurden gesammelt und tradiert. Am Todestag wurden diese Texte vergegenwärtigt. Sie dienten und dienen der geistlichen Auferbauung der Gemeinde, der Mission und entbehren auch nicht des Moments der Unterhaltung, u.a. durch die Betonung der mirakulösen Dimension. Schon früh fand diese Erbauungsliteratur Leser in weitesten Kreisen: Eines der berühmtesten Weite christlicher Erbauungsliteratur aus der alten Kirche ist die von Athanasius verfaßte Vita des hl. Antonius, eines ägyptischen Eremiten. Nach dem Zeugnis des Augustinus war die Lektüre des früh ins Lateinische übersetzten griechischen Textes von entscheidender Bedeutung im Prozeß seiner Bekehrung. Während die frühesten Heiligenleben allein die Vita bzw. Biographie des ausgezeichneten Christen enthielten, traten später Berichte über miraculapostmortem hinzu. Die Gläubigen waren der Überzeugung, daß der Heilige nach seinem Ableben in Gottes Nähe sei und ihm gegenüber die Bitten der Irdischen unterstütze. Im Früh- und Hochmittelalter wurden die Legenden im Kloster tradiert. Legendensammlungen, eine der berühmtesten ist die sogenannte 'Goldene Legende', dienten im Spätmittelalter auch als Predigtgrundlage und außerhalb des Klosters zur Erzählung und Lektüre. Vgl.u. Kapitel 4.3. zur "Legenda aurea" und ihrem Kompilator, dem Dominikaner Jacobus de Voragine, sowie zu anderen Legendaren und Predigtsammlungen. - Vgl. zur Entstehung der Heiligenverehrung K. HAUSBERGER: HEILIGE/ HEILIGENVEREHRUNG III.-V. In: TRE, Bd. 14, 1985, S. 646-660. - Vgl. zur Geschichte der Hagiographie als literarisch-theologischer Gattung: D.H. FARMER: HAGIOGRAPHIE I. In: TRE, Bd. 14, 1985, S. 360-364. - K. HAUSBERGER: HAGIOGRAPHIE II.l. In: TRE, Bd. 14, 1985, S. 365-367. - Die beste Bibliographie zur Hagiographie findet sich in: AGIOGRAPHIA altomedievale / hg. von Silvia Boesch-Gajano. Bologna, 1976, S. 261 -300. - Vgl.a. die grundlegenden älteren Arbeiten: H. DELEHAYE: Les LÉGENDES hagiographiques. Brüssel, 1905, Dt. Übers. u.d.T.: Die hagiographische Legende, 1907) - Ders.: SANCTUS. In: AnBoll 28,1909, S . 145248. - B. de GAIFFIER: ÉTUDES critiques d'hagiographie et d'iconologie. Brüssel, 1967. (SHG; 43) - Ders.: MENTALITÉ d'hagiographe médiéval d'après quelques travaux récents. In: AnBoll 86,1968, S. 391-399. - H . GÜNTER: Über die abendländische HEILIGENLEGENDE. In: ThR, NF 3, 1931, 18-48. - Vgl.a. aus forschungsgeschichtlicher Perspektive J. KÖHLER: Heinrich Günters Legendenstudien; ein Beitrag zur Erforschung historischer Methoden. In: HISTORISCHE KRITIK, a.a.O., S. 307-337. 73 "Trotz dieser offenkundigen und der Forschung von jeher bekannten Bedeutung der Prosalegendare für die spätmittelalterliche Frömmigkeits-, Literatur- und Kunstgeschichte blieben sie für alle beteiligten Disziplinen bis in die jüngste Zeit weitgehend eine terra incognita." W. WILLIAMS-KRAPP: Die deutschen und niederländischen LEGENDARE des Mittelalters; Studien zu ihrer Überlieferungs-, Text- und Wirkungsgeschichte. Tübingen, 1986. (Texte und Textgeschichte; 20), S. 2. - Auch für die Frömmigkeits- und Theologiegeschichte gilt dies von Williams-Krapp mit Blick auf die Germanistik formulierte Urteil. - Die

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sehen T h e o l o g i e ist diese Einsicht jedoch noch kaum für frömmigkeitsgeschichtliche Fragestellungen genutzt worden. In dieser Nichtbeachtung einer literarischen Gattung, die eine potentiell aufschlußreiche Quelle für die vorreformatorische Frömmigkeitsgeschichte ist, erweist sich noch immer das Diktum Luthers wirksam, die Legende sei in Wahrheit eine "Lügende". 7 4 Neuere historische Arbeiten zum Wahrheitsbewußtsein des Mittelalters sind geeignet, dieses Verdikt zu relativieren. 75 Vor kurzem wurde die Meinung widerlegt,

Hilflosigkeit des Umgangs mit der Heiligenlegende im Protestantismus zeigt die 3. Aufl. der RGG: Unter dem Stichwort Legende wird der Leser verwiesen auf 'Sagen und Legenden' einerseits, auf 'Volkserzählungen' andererseits. Dort findet sich aber kein Wort zur Bedeutung der Legende für die Erbauung/aedificatio und Bildung/imitatio der Gläubigen (Verweis bei Legende: Bd. 4 , 3 . Aufl., 1 9 6 0 , Sp. 2 6 5 auf L. SCHMIDT u. K . Ranke: Sagen und Legenden. In: RGG, Bd. 5, 3. Aufl., 1961, Sp. 1300-1314). In der TRE fehlt das Stichwort Legende. Wie die ältere Germanistik, so beurteilte auch die ältere Theologie die hagiographische spätmittelalterliche Erbauungsliteratur als wertloses Produkt geistigen und politischen Zerfalls. - Seit einiger Zeit erfährt die Erbauungsliteratur von Seiten der Germanistik einige Würdigung. Vgl. neben den schon genannten Arbeiten H. ROSENFELD: Legende. 4 . , veib.u.verm. Aufl. Stuttgart, 1 9 8 2 . (Sammlung Metzler, Abt.E: Poetik) - Vgl.a. G. PHILIPPART: Legendare. In: VerLex, Bd. 5, 2. Aufl., 1985, Sp. 644-657. 7 4 Die assoziative Identifikation von Legende und Lügende ist seit LUTHER im Protestantismus verbreitet. Luther hat die Legende des hl. Chrysostomus als "Lügende" bezeichnet. WA, Bd. 5 0 , S. 5 2 - 6 4 (Die LÜGEND von St. Johanne Chrysostomo, 1 5 3 7 ) - Obzwar der Reformator meinte, daß manche Legenden wegen ihres sittlichen Gehalts weiterhin gelesen werden sollten, wie z.B. die Erzählungen von Märtyrern und Bekennem, hat die legendarische Literatur im Protestantismus keine größere Bedeutung erlangt. - Zum Zusammenhang vgl. A. SCHNYDER: Legendenpolemik und Legendenkritik der Reformatoren; die Lügende von St. Johannes Chrysostomi bei Luther und Cochläus, ein Beitrag zur Rezeption des Legendars 'Der Heüigen Leben'. In: ARG 70, 1979, S. 122-140. 7 5 Nach K . SCHREINERS Untersuchung "Zum WAHRHEITSVERSTÄNDNIS im Heiligen- und Reliquienwesen des Mittelalters" (in: Saeculum 17,1966, S. 131-169) rechtfertigen theologische Argumente hagiographische Entwicklungen. Schreiner betont, daß man den hagiographischen Fälschern nicht "immer und überall jegliche Lauterkeit des Wollens grundsätzlich absprechen kann" (a.a.O., S. 135), weil die historische Dimension des Lebens heiliger Gestalten von untergeordneter Bedeutung ist. "[D]as Historische [kann] gleichsam in der Schwebe bleiben. Seine Richtigkeit empfängt es daraus, daß es an der Wahrheit der göttlichen Offenbarung und kirchlichen Lehre teilhat." A.a.O., S. 145. Aus diesem Grunde können die Autoren virtutes und miracula von dem einen auf einen anderen Heiligen übertragen: "Weil sie [die Heiligen] 'per mysterium unius corporis' in Liebe miteinander verbunden sind, ist ihnen auch alles gemeinsam (omnia communia), so daß es unerheblich ist, welchem Heiligen man im einzelnen dieses oder jenes Wunder zuericennt. Die Tat des einen kann auch immer Werk des anderen sein." A.a.O., S. 138. Heiligmäßiger Wandel und die Vollbringung von miracula post mortem sind "vielfach nichts anderes als ein logisches Postulat" (a.a.O., S. 1 4 1 ) . - Vgl.a. K . BOSL: Z U einer Soziologie der mittelalterlichen FÄLSCHUNG. In: Ders.:

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Zur Einführung

Legenden seien im Spätmittelalter "kirchlich initiierte Zumutung für den gesunden Menschenverstand"76 oder "religiöses Bildungsgut ohne theologische Verantwortung"77. Legenden waren vorzügliche Mittel der Laienbildung. Wenn von Seiten der Kirchengeschichte bisher Heiligenlegenden untersucht wurden, dann vornehmlich unter biographischen Gesichtspunkten.78 Die im Druck verbreitete Annenlegende bietet jedoch für diese Fragestellung nichts; denn Anna ist keine 'historische' Heilige. Sie ist eine Projektions- und Explikationsfläche für die religiösen Bedürfnisse ihrer Hagiographen und Verehrer. Die Annenlegende ist eben deshalb von der älteren frömmigkeitsgeschichtlichen Forschung verworfen worden: in ihr sprächen sich 'nur haltlose Phantasmen' aus. Eben darin liegt jedoch eine Chance und Aufgabe für den Interpreten.79 Legendarische Erbauungsliteratur hat nicht allein eine seelsorgerliche Funktion, aedificatio, sondern auch eine in religiöser und sozialer Hinsicht disziplinarische, traditionell mit imitatio bezeichnet. Sie stellt bestimmte Verhaltensweisen und Werte als vorbildlich hin, verurteilt dagegen andere. Die Mirakel fordern die Gläubigen zur imitatio der Verehrer des Heiligen auf. Sie stellen dar, in welchen Situationen der Heilige in irdische Lebenszusammenhänge hilfreich eingriff. So lassen sie deutlich die Erwartungen erkennen, die sich von Seiten der Verehrer auf die Heilige richten konnten.

Frühformen der Gesellschaft im mittelalterlichen Europa; ausgewählte Beiträge zu einer Strukturanalyse der mittelalterlichen Welt. München, 1964, S. 413-424. 76 W . WILLIAMS-KRAPP: LAIENBILDUNG und volkssprachliche Hagiographie im späten Mittelalter. In: LITERATUR, a.a.O., S. 697- 707, hier S. 705. Vgl.a. den anschließend abgedruckten Diskussionsbericht von G. Peperkorn, S. 708f. 77 Formulierungen von Kurt R U H in der Diskussion des Vortrages von WILLIAMS-KRAPP, LAIENBILDUNG, a.a.O., S. 709. 78 Die Legenden 'historischer' Heiliger gehörten immer zum Gegenstandsbereich der kirchengeschichtlichen Forschung. Ebenso wurden die Interessen und Vorstellungen der Hagiographen (und ihrer Zeit) von Heiligkeit untersucht. Neuerdings hat das Wirkungsmoment der Erbauung eine eigene Untersuchung unter literarischen Gesichtspunkten erfahren von H. KECH: Hagiographie als christliche Unteriialtungsliteratur; Studien zum Phänomen des Erbaulichen anhand der Mönchsviten des hl. Hieronymus. Göppingen, 1977. (Göppinger Arbeiten zur Germanistik; 225) Zgl. Diss. Konstanz, 1974. - Vgl. zum Stand der Legendenforschung aus volkskundlicher und religionsgeschichtlicher Perspektive, unter historischen Gesichtspunkten jedoch wenig ergiebig: F. KARLINGER: Legendenforschung; Aufgaben und Ergebnisse. Darmstadt, 1986. 79 So bescheinigt der lutherische Kirchengeschichtler Herrmann SIEBERT gerade der Annenlegende, daß sie nicht geeignet sei, das Interesse des Historikers auf sich zu ziehen: "Weniger spricht die so viel gelesene Annenlegende an, da sich die Zeit ihrer Entstehung und Ausbreitung zu aufdringlich bemerkbar macht. Das erbauliche Moment tritt zurück hinter der breiten und wichtigtuenden Ausführung de genealogia und posterioritate, woran man leicht den Einfluß der Renaissance erkennt." (Beiträge zur vorreformatorischen Heiligen- und

Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung

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1.5. Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung In einem ersten Untersuchungsschritt werden die religiösen Rahmenbedingungen des Annenkultes untersucht. Von besonderem Interesse ist hier die Frage, welche gedankliche und historische Beziehung zwischen der Verehrung des Glaubensgeheimnisses der unbefleckten Empfängnis Marias und der Verehrung der Mutter Marias bestand. In einem zweiten Untersuchungsschritt wird die Frömmigkeitspraxis unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht: Entstehung und Entwicklung, Organisationsformen und Brauchtum der Annenbruderschaften wird vor dem Hintergrund des spätmittelalterlichen Kirchenwesens beschrieben. In engem Zusammenhang steht damit die Frage, ob die Heilige im Untersuchungszeitraum das Patronat über bestimmte 'Stände' innehatte - wie in der Forschung oft behauptet wurde. Die übrigen Teile der Untersuchung beschäftigen sich mit den literarischen Kultzeugnissen. Zuerst werden die verschiedenen Überlieferungen, die sich im ausgeprägten Kultbild Annas zusammenfanden, auf ihre geschichtliche Herkunft und Intention hin untersucht. Die Annenvita ist hier an erster Stelle zu nennen; in ihr wurden die Überlieferungen aus der Geburts- und Kindheitsgeschichte Marias mit Traditionen, wonach Anna dreimal verheiratet war, verbunden. Entscheidend für das voll ausgebildete Kultbild der Heiligen ist, daß eine Überlieferung zu ihrer Mutter Emerentia hinzutrat. Die Untersuchung dieser Erzählung von der Geburt Annas gibt einen Hinweis auf diejenigen Kreise, in denen das Kultbild möglicherweise entstand. Eine knappe Untersuchung der Überlieferungsgeschichte der Mirakel ergänzt die Ausführungen zur Entstehung der Annenlegende. In einem weiteren Schritt wendet sich die Untersuchung den Propagandisten des Annenkultes zu: Christliche Humanisten des Nordens explizierten ihre religiösen und kirchenpolitischen Ansichten im Rekurs auf die Heilige. Sodann wird aus den Legenden erhoben, welche pädagogische Funktion das Kultbild hatte: Anna diente einerseits dazu, den Laien ein Vorbild für die Gestaltung ehelich-häuslicher Verhältnisse zu bieten, versprach andererseits, Defizite der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu kompensieren. In einem letzten Abschnitt werden sodann die Ergebnisse fruchtbar gemacht für die Frage der Epochenzugehörigkeit des Annenkultes.

Freiburg i.Br., 1908, Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes; VI.l, S. 49, Hervorhebung in der Vorlage) Eine Begründung für die Vermutung, daß das sich in der Annenlegende manifestierende Interesse an Familiengeschichte in Zusammenhang mit dem Denken der Renaissance steht, hat Siebert nicht geliefert, da ihm nur daran gelegen war, die sittliche Minderwertigkeit der Annenlegende herauszustellen. RELIQUIENVEREHRUNG.

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Zur Einführung

Untersuchungen zur Erforschung der Frömmigkeit kurz vor der durch die reformatorische Bewegung ausgelösten Kirchenspaltung haben häufig die 'geschichtliche Notwendigkeit' der Reformation aus ihren Quellen zu begründen versucht. Der Blick auf die 'Vorreformation' diente zur Legitimation bestehender kirchlicher Trennungen. Es könnte nun aber sein, daß die Kirchenspaltung ihre Ursachen nicht im Bereich der Frömmigkeit hat, daß also die frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts keinen klärenden Beitrag für diese Fragestellung leisten kann. Wie dem auch sei - diese Untersuchung versucht zunächst, die Tatsache ernstzunehmen, daß die Mitglieder der Annenbruderschaften und die Leser der Annenschriften um die Kirchenspaltung und ihre Folgen noch nicht wußten. Sie waren nicht der Meinung, der Abgötterei zu frönen - sondern im Gegenteil, als rechte Christen dem Willen des fleischgewordenen Gottes zu entsprechen. Warum sie meinten, dies durch die Hinwendung zu seiner Großmutter zu tun, wird zu klären sein.

2. Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung Papst Sixtus IV., mit bürgerlichem Namen Francesco della Rovere, vor seiner Wahl z u m successor Petri i m Jahre 1471 General des Franziskanerordens, wird häufig mit der Steigerung der Annenverehrung in Verbindung gebracht. 1 Er habe die i m Franziskaner- und einigen anderen stark mariologisch ausgerichteten Orden s o w i e bei vielen Weltpriestern verbreitete Glaubensmeinung, daß Maria vor der Befleckung durch den Makel der Erbsünde völlig bewahrt geblieben sei, entscheidend gefördert und damit den Blick auf die Mutter Marias, in deren Leib das entscheidende Mysterium sich ereignete,

1 Zu Papst Sixtus IV., seiner Bedeutung für die Entwicklung der Mariologie und den unter seinem Pontifikat heftigen Diskussionen der Frage der unbefleckten Empfängnis Marias vgl. die Darstellung von G. SÖLL SDB: MARIOLOGIE. Freiburg i.Br., 1978. (HDG ; III.4), zur Diskussion um die Erbsündenfreiheit Marias vgl. bes. S. 164-193. - Vgl.a. ders.: MARIA in der Geschichte von Theologie und Frömmigkeit. In: HMK, 1984, S. 93-231. - Zu Leben und Werk des Papstes vgl. L. von PASTOR: Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters. Bd. 2. 3.U.4., verm. Aufl. Freiburg i.Br., 1904, S. 451-710, bes. S. 614-616 (Mariologie) u. S. 661-669 (Förderung des Humanismus). - Vgl.a. Concetta BIANCA: Francesco della Rovere; un francescano tra teologia e potere. In: Un PONTIFICATO ed una città; Sisto IV. (1471-1484), atti del convegno Roma/hg. von M. Miglio. Città del Vaticano, 1986, S. 19-56, mit weiteren Literaturhinweisen. - Zur geschichtlichen Entwicklung der Mariologie vgl.a. M. SCHMAUS: Mariologie. 2., erw. Aufl. München, 1961. (Katholische Dogmatik; 5) - Vgl.a. die Aufsätze in: The DOGMA of the immaculate conception; history and significance / hg. von E.D. O'Connor CSC. Notre Dame/Ind., 1958. - Vgl.a. die materialreichen älteren Untersuchungen von S. BEISSEL Si: Geschichte der Verehrung Marias in Deutschland während des MITTELALTERS. Freiburg i.Br., 1909, und ders.: Geschichte der Verehrung Marias im 16. UND 17. JAHRHUNDERT. Freiburg i.Br., 1910; hier zur Geschichte des Festes der unbefleckten Empfängnis Marias, S. 217-241. - Einige durch konsequente historische Untersuchung gebotene Umwertungen in der Frage der spätmittelalterlichen Auffassung der conceptio immaculata läßt die jüngste Untersuchung von römisch-katholischer Seite erkennen: U. HORST: Die Diskussion um die Immaculata Conceptio im Dominikanerorden; ein Beitrag zur Geschichte der theologischen Methode. Paderborn, 1987. (Münchener Universitäts-Schriften = VGI; NF 34), bes. S. 1-18. - Vgl. a. die eigenwillige protestantische Sicht des WaldensersM. MIEGGE: Die Jungfrau Maria; Studie zur Geschichte der Marienlehre / aus d.Italien. von K.-V. Selge. Göttingen, 1962. (KiKonf; 2)

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

gelenkt.2 Der Annenkult sei eine notwendige Folge der Verehrung der unbefleckten Empfängnis Marias. "So fiel ein heller Lichtglanz von der allerseligsten Jungfrau Maria auf die Mutter Anna, besonders wenn es sich um die unbefleckte Empfängnis handelte. Man konnte nicht davon reden, ohne zugleich der Mutter zu gedenken. In einer Zeit also, wo die Lehre von der unbefleckten Empfängnis Marias immer mehr Anhänger fand und das Fest in stets weiteren Kreisen gefeiert wurde, mußte auch die Verehrung der hl. Anna in gleicher Weise zunehmen. Das war aber der Fall seit Ende des 14. Jahrhunderts."3 Es muß jedoch verwundern - und das ist der Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung - , daß ein Massenphänomen wie der Annenkult abhängig gemacht wird von den feinen Distinktionen der Theologen. Gegen die behauptete Allgemeinheit der Akzeptanz des Glaubens an die unbefleckte Empfängnis an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert sprechen verschiedene Beobachtungen und Überlegungen: Sämtliche in diesen Jahren entstandene und verbreitete Texte vertreten die Auffassung von einer besonderen Auszeichnung der Gottesmutter im Sinne einer vorgeburtlichen Heiligung beziehungsweise einer schon im Moment der Empfängnis wirksamen Heiligung, nicht aber die Lehre der erst 1854 als Dogma fixierten immaculata conceptio. Sonderbare Vorstellungen wie die, daß Maria durch einen Kuß ihrer greisen Eltern empfangen wurde, kursierten. Zudem ist bekannt, daß die Frage der Empfängnis Marias gerade in den Jahrzehnten, in denen die Verehrung Annas ihren Höhepunkt erlebte, heftig umstritten war. Heinrich Kellner, der zu Anfang des Jahrhunderts die geschichtliche Entwicklung der Heiligenfeste untersucht hat, sah denn auch keinen solchen Zusammenhang zwischen der Verehrung der unbefleckten Empfängis Marias und der Verehrung der hl. Anna.4 Deshalb ist zuerst zu erheben, welche Vorstellungen über die Empfängnis Marias im Untersuchungszeitraum verbreitet waren. Sodann ist anhand der Verlautbarungen Sixtus' IV. zu Fragen der Mariologie festzustellen, welche Anstrengungen dieser Papst zur Fortentwicklung des mariologischen Brauchtums und Dogmas unternahm, und ob er in seinen offiziellen Verlautbarungen die Empfängnis Marias und die Verehrung Annas verknüpft hat. Drittens ist zu untersuchen, ob und wie im Annenschrifttum die Frage der Empfängnis Marias 2 Bezeichnende Äußerungen finden sich in der im Überblick zur Geschichte der Erforschung des Annenkultes (vgl. Kapitel 1.2.) angegebenen Literatur. 3 K L E I N S C H M I D T , a.a.O., S. 1 6 2 . - Ähnlich argumentiert J E A N de Dieu: Sainte Anne et l'immaculée conception. In: EtFr 3 0 , 1 9 3 4 , S. 1 6 - 3 9 . 4 Heortologie; oder die geschichtliche Entwicklung des Kirchenjahres und der Heiligenfeste von der ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. 3., verb. Aufl. Freiburg i.Br., 1911, S. 181199 u. S. 207f.

Vorstellungen von der reinen Empfängnis Marias

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mit der Verehrung ihrer Mutter verknüpft wurde. Viertens ist die Geschichte der Feier des Annentages kurz nachzuzeichnen. Daraus wird dann erhellen, in welchem kirchenrechtlichen und religiös-theologischen Klima die Annenverehrung sich entfaltete. Dabei steht nicht infrage, daß der Annenkult in vieler Hinsicht abhängig von der Marienverehrung ist. Schon die Tatsache, daß Maria die Tochter Annas war, daß die Verehrung der Mutter sich aus der Verehrung der Tochter entwickelte, deutet auf diese geschichtliche Herkunft. Zudem weist das Annenschrifttum zahlreiche motivische und formal-literarische Parallelen zum Marienschrifttum auf: Die Mutter vollbrachte nicht nur teilweise dieselben Mirakel wie die Tochter, sondern wurde wie diese auch mit einem Rosenkranz5 geehrt.

2.1. Vorstellungen von der reinen Empfängnis Marias im 14. und 15. Jahrhundert Die Theologen und Laien des Spätmittelalters waren der Meinung, daß Maria schon vor ihrer Geburt durch die göttliche Gnade von der Erbsünde gereinigt wurde. Fraglich war jedoch der Zeitpunkt dieser Heiligung. Die Diskussion wurde von Heinrich von St. Gallen mit folgenden Worten wiedergegeben: "Do worckt die natur nach dem vnd ir die weißhait verkunt het in dem rat der tugent (daß sie ir vermugen dar zu thun solt vnd machen ain menschlichen leichnam); also worcht sie ein leiblein von matery vnd form (alß ain ander mensch) von Ioachim vnd Anna. Dor ein goß got ein sei noch seim gelub, die do waß begabt mit allen tugenden.

5 Handschriftliche Annenrosenkränze finden sich beispielsweise in der Stadtbibliothek Trier Hs. 825/1697 8°, 193r-197r; Hs. 826/1699 8°, Bl. 140r-154r; Hs. 790/1364 8°, Bl. 173r175v (Abschrift des Annenrosenkranzes des Jodocus Beissel, zu Druckausgaben dieses Annenrosenkranzes vgl. Anhang 2.1. unter 1494a, 4)10); zum Verfasser vgl. Kapitel 5.1./ Anm. 56). - Unter den unechten Ablässen nennt BERINGER auch denjenigen für das Sprechen des Annenrosenkranzes ( A B L Ä S S E , a.a.O., Bd. 1, S. 111). - Papst Innocenz XI. verbot diese Annenrosenkränze im Jahre 1677/78. LECHNER, A N N A , a.a.O., Sp. 170. - Auch andere Gebetskränze zu Ehren der Heiligen und ihrer Familie waren verbreitet: Vgl. beispielsweise Stadtbibliothek Trier Hs. 649/1533 8°, Bl. 103r-112v; Hs. 790/1364 8°, Bl. 108r-121v; Hs. 826/1699 8°, Bl. 163r-198r; Hs. 826/1699 8°, Bl. 198r-204r; Hs. 550/1538 8°, Bl. lr-7v mit Noten. - Zudem konnten zu Ehren der Mutter wie der Tochter 'Halsbänder' gebetet werden; es handelt sich hier um Gebetskränze nach Art des Rosenkranzes. Vgl. beispielsweise Stadtbibliothek Trier Hs. 826/1699 8°, Bl. 155r-162v.

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung Vnd alß der merer tail der heiligen cristenhait helt, so beleih dy sel do vnuermayligt von allen erbsundn, dar vmb auch die muter der heiligen cristenhait feyert den selbign tag, alß sie also entpfangen ward. Aber etlich sprechen, daß sie nit sey entpfangn on erbsunde. 'Aber in dem augenplick, alß sie entpfangen ward vnd die sei dem leib veraint ward am achczigisten tag - alß denn die maister sprechn, daß an dem achczigisten tag werd ein gegossen die sei aim weiblichem bild, aber ainem knaben am vierczigisten tag - , do ward sie geraynigt von allen erbsunden.' Aber daß erst ist mer gutlich zu glauben dan daß ander; wan der, der sie her nach behut von allen sunden, teglichen vnd todtlichen, der wort vnd weiß, gedenck und werck, der mocht sie auch do behüten vnd also schicken, das sie icht verfleckt wurd in kainer erbsunden." 6

Beide Meinungen zur Empfängnis Marias standen nebeneinander; des Streites um dies Problem war man allgemein müde. 7 Kennzeichnend für die im ausgehenden 14. und beginnenden 15. Jahrhundert verbreitete Stimmung ist die folgende, moderate Ausführung des Hermann von Fritzlar in seiner Sammlung von Heiligenlegenden: "Ouch di heilige schrift enbindet niman zu haldene disen sin oder gin, und die heilige kirche enhât kein gesetze noch gebot dar über, wan der bâbist irloubet den tag zu begêne also den tag, dô si geborn wart. Ir suit wizzen, daz alle di lêrer, di dà vrevelîchen predigen, daz unser vrowe in erbesunden enphangen sie, daz si nicht vollekomen wîsheit haben; und ouch alle die dô wêrlîchen predien daz sie âne erbesunde enphangen sie, daz in der wîsheit gebrichet; wanne man sal iz in eime wâne lâzen, und sal têmuteclîchen dô von predien, und sal di lûte lâzen halden zu welichem sinne si aller meist gnâde haben."8 6 H . HILG: Das 'Marienleben' des Heinrich von St. Gallen; Text und Untersuchung, mit einem Verzeichnis deutschsprachiger Prosamarienleben bis etwa 1520. München, 1982. (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters; 75), S. 130183-131199, Hervorhebungen der Vorlage nicht übernommen. Die oben zitierten Erörterungen finden sich in Anschluß an ein Referat der Legende von den Umständen der Empfängnis und Geburt Marias (kura: Elternlegende). A.a.O., S. 128132-130182. 7 Auf frühere Äußerungen zur jungfräulichen Empfängnis der hl. Anna weisen die Lexika hin, zuletzt SCHMID, A N N A EXEGESE, a.a.O., Sp. 154a. - Zur Diskussion im 14. Jahrhundert vgl. A. ZUMKELLER: Der Traktat des Hermann von Schildesche OESA "De conceptione gloriosae Virginis Mariae"; die älteste in Deutschland verfaßte Schrift über die Unbefleckte Empfängnis (geschrieben in Würzburg um 1350). In: WDGB 22,1960, S. 20-65; mit Hinweisen auf weitere Literatur. - Vgl.a. zusammenfassend Elisabeth GÖSSMANN: MARIOLOGISCHE ENTWICKLUNGEN im Mittelalter; frauenfreundliche und frauenfeindliche Aspekte. In: M A R I A - für alle Frauen oder über allen Frauen? / hg. von Elisabeth Gössmann. Freiburg i.Br., 1989, S. 63-85. 8 HERMANN von Fritslar, Nikolaus von Straßburg, David von Augsburg / hg. von F. Pfeiffer. Leipzig, 1845. (Deutsche Mystiker des 14. Jahrhunderts; 1), hier S. 1923 32.

Vorstellungen von der reinen Empfängnis Marias

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Ein jeder Gläubiger soll es in dieser Frage, in welcher die Hl. Schrift keine Auskunft gibt, so halten, wie er will. Hermann von Fritzlar, ein Laie, ließ diese Darlegung für den Festtag der Empfängnis Marias aufschreiben. In anderen älteren Legendaren finden sich für den Tag der Geburt Marias Ausführungen zu ihrer vorgeburtlichen Heiligung. So heißt es beispielsweise in "Der Heiligen Leben": "Darnach ward sant Anna schwanger des lieben kindes Maria. Dem schöpfet Got eyn lauttere sei, die ward zehand geheyliget in der mu°ter leib über all heyligen und über alle engel, und über alle creaturen, mer dann der ho'chst engel des hymels. Ir geleych wardt nye und wirt auch nymmer ewiglichen. Wan sy ist begäbet mit besunder genaden von Got, mer dann der aller horchst engeil des o'bersten hymels begabt ward, oder auch mer dann Adam unser erster vater, den Got selber gemacht hat, die kereten sich alle von Got."9 Aus dieser Quelle erhellt das Bestreben, Maria zu erhöhen, ihr zuzuschreiben, daß sie durch eine besondere göttliche Reinigungsgnade geheiligt sei. Mit der scholastischen Mariologie unterschied der Verfasser zwei Stadien im Leben des Fötus: den des unbeseelten Fleisches und den nach Eingießung der Seele, durch welche die Person konstituiert wird. Der Text spricht in Übereinstimmung mit der Lehre des Thomas von Aquin von der Heiligung bei Eingießung der Seele. Das bedeutet, daß Maria von der Erbsünde berührt war, so daß sie der Erlösung durch Christi Tod bedurfte. Die Ausführungen dieser beiden Legendäre sind häufig abgeschrieben und auch gedruckt worden. In weniger bedeutenden und weniger verbreiteten Legendaren und Predigtsammlungen finden sich weitere Äußerungen zu demselben Problem. Nach einer Wiener Handschrift des Marienlebens aus dem 15. Jahrhundert wurde die Seele Marias in "ain rain vas"10 eingegossen. Damit meint der Theologe, daß der noch unbeseelte Leib des Fötus durch eine besondere Gnade vor Eingießung der Seele gereinigt worden war. Das entsprach etwa der Meinung zahlreicher Franziskaner. Durch die natürliche Empfängnis wurde nach Auffassung vieler spätmittelalterlicher Theologen allein der unbeseelte Körper des Fötus im Mutterleib gebildet; nach einer bestimmten Frist - bei Mädchen meinte man nach 80 Tagen - erfolgte dessen Beseelung.11 Eine höchst merkwürdige Vor9 Zitiert nach der Ausgabe Augsburg: Anton Sorg, 1478, Bl. 204 = Universitätsbibliothek Heidelberg Inc. Q 6920-1. - Näheres zu diesem Typ eines Legendars vgl.u. Kapitel 4.3. Anm. 56. 10 Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 2862, Bl. 5r. 11 Diese Distinktionen wurden nicht immer mit wünschenswerter Sorgfalt durchgeführt. Vgl. z . B . das 1 4 3 8 von H E I N R I C H von Laufenberg OJoh verfaßte Lied zum Lobe Annas: "Bis gru'st, ein Tempel wunderschon, in den got leit sin mu°ter frou,

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

Stellung von der Empfängnis Marias findet sich in einer, einem gewissen Franziskanermönch namens Ulmannus zugeschriebenen alchimistischen Handschrift, dem "Buch der heiligen Dreifaltigkeit", geschrieben zwischen 1410 und 1419. "[D]es ewigen vaters geist, er geistet aws seinem hertzen; den geist enpfing Joachim in sein hertze. In götlicher lieb er über flöß, flog in dem kuße in Anna munt, wes hertzen fewrige liebe vorfullet wart. In götlicher frewde der heylige geist magetlich sich bereytete. In der volbrachten zeit, er flog durch Anna lichnam. [...] Also ist Maria das fewr des heyligen geistes, fleisch und blut gewandelt daraws [...]. Also westen Joachim und Anna selben nicht, wie Maria, ir heylig kint entpfangen was, und geporn durch Anna leichnam [...]".12 Diese Quelle belegt die Vorstellung einer Schwängerung Annas durch den Kuß, durch welchen der hl. Geist 13 gewirkt habe, und bringt so sinnfällig die Reinheit der Gottesgebärerin zur Darstellung, ohne sich im theologischen Disput mit theologischen Kategorien zu verantworten. Andere Stimmen aus früheren und aus späteren Jahrzehnten lassen erkennen, daß die Vorstellung die er behun gar mosen on, dz sü dar inn und ouch da von wer one sünd enpfangen." Wackemagel, KIRCHENLIED, a.a.O., Bd. 2, Nr. 729, S. 554f, Strophe 16. - Der Verfasser hat hier nicht deutlich gemacht, ob er die aktive oder passive Empfängnis, diejenige des Körpers oder die der Seele meint. - Zudem lehrten die meisten spätmittelalterlichen Sentenzenkommentare, daß Maria eine zweite Heiligung erfahren habe, als ihr die Geburt Christi verkündigt wurde. "[D]ie thomistischen Kommentare vertreten eine prima sanctificatio Marias in utero und eine secunda sanctificatio in conceptione Filii [...]; die franziskanisch-skotistischen Kommentare sind auf Seiten der praeservatio Marias von der Erbsünde, lassen aber nicht alle Heiligung bei der Verkündigung fallen." Elisabeth GÖSSMANN: Die VERKÜNDIGUNG an Maria; im dogmatischen Verständnis des Mittelalters. München, 1957, S. 230. 12 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Hs. 80061, S. 157. - Auf diese Stelle wurde ich durch Herrn Dr. Teile / Heidelberg auftnerksam, dem ich dafür herzlich danke. Zur Handschrift vgl. W. GANZENMÜLLER: Das Buch der hl. Dreifaltigkeit; eine deutsche Alchemie aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts. In: Ders.: Beiträge zur Geschichte der Technologie und der Alchemie. Weinheim, 1956, S. 231-272. - Vgl.a. H. B U N T Z : Das 'Buch der hl. Dreifaltigkeit'; sein Autor und seine Überlieferung. In:ZDA 101,1972, S. 150-160.Zur Rezeption der Vorstellung einer reinen Empfängnis Marias in der alchimistischen Literatur liegt m.W. keine Untersuchung vor. Ich fand diesen Vorstellungskreis noch bei Paracelsus präsent: "Maria ist aus Anna geboren, aber aus Joachim nicht." K. SUDHOFF: Versuch einer Kritik der Echtheit der Paracelsischen Schriften. T. II.l. Berlin, 1898, S. 540542, Nr. 96. 13 Schon Bernhard von Clairvaux hatte die Meinung, daß Maria durch den hl. Geist gezeugt worden sei, zurückgewiesen: "Forte quis dicat de Spiritu S. earn et non de viro conceptam fuisse: sed hactenus inauditum." Zitiert nach Gregor MÜLLER OCist: Cult der hl. Anna im Orden. In: CistC, 1893, S. 208-215, hier S. 209.

Vorstellungen von der reinen Empfängnis Marias

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einer Kußschwängerung am Beginn des 16. Jahrhunderts noch eine gewisse Popularität besaß. So heißt es in einem Lied: "[5.] Joachim thet seer verlangen, er kust an ire wangen, das gab im freud und mu°t: In dem kuß enpfiengß an schaden maria voller gnaden das aller hoehste gu°t. [6.] Das merckent jiing unnd alte unnd singet mit gewalte auch dises liedlein klain, Wie maria ist entpfangen, joachim het groß verlangen, doch plibenß payde rain."14 Nur Adam und Christus verdanken ihre Entstehung nicht der natürlichen Vereinigung von Mann und Frau. Das lehrten zwar schon viele Theologen im Spätmittelalter und in der Reformationszeit - diejenigen Vorstellungen jedoch, welche zwischen der Vorstellung einer völligen Reinheit Marias und jener der tendenziellen Unreinheit des ehelichen Verkehrs zu vermitteln trachteten, indem sie der Jungfrau eine übernatürliche Zeugung zuschrieben, hielten sich hartnäckig. Erst 1677 wurden diese Theorien von Papst Innozenz XI. verdammt.15 Die erhaltenen Darstellungen der Begegnung der greisen Eltern Marias unter der goldenen Pforte zu Jerusalem, in liebevoller Umarmung, wurden von den spätmittelalterlichen Zeitgenossen im Sinne der Kußschwängerung interpretiert.16 Der bedeutende Straßburger Volksprediger Geiler von

14 WACKERNAGEL, KIRCHENLIED, a.a.O., S. 1022, Nr. 1260 (Hs. um 1505; Kleinschreibung der Namen in der Vorlage). - Lt. ZENDER ( A N N A , a.a.O., S . 752) soll auch Johannes ECK dieser Meinung angehangen haben. Ich konnte jedoch den von mir geprüften Predigten zu verschiedenen Marienfesttagen dafür keinen Beleg entnehmen; im Gegenteil - Eck trug dort in verständlicher und differenzierter Weise die Lehre von der Bewahrung Marias vor der Erbsünde im Mutterleib im Moment der passiven Empfängnis vor (Der Drit Thail Christenlicher Predigten auf den hohen Festen und Hochzeytlichen tagen der hailigen durch das gantz jar, nach Brauch Christenlicher Kirchen. O.O., o.Dr., 1553, Bl. 174raff, zum Annentag, und Bl. 12raff, zum Tag der Empfängnis Marias). 15 Vgl. E. CAMPANA: Iconographia dell'immacolata. In: ACr 3,1915, S. 354-368. 16 Vgl. LECHNER, A N N A , a.a.O., Sp. 1 7 6 - 1 7 9 , mit zahlreichen Beispielen. - Papst Innozenz XI. verbot im Jahre 1 6 7 7 / 7 8 , die Empfängnis Marias durch eine Umarmung oder durch den Kuß der greisen Ehegatten darzustellen; er verbot zugleich die Lehre, Anna sei bei der Geburt Marias körperlich unversehrt geblieben. A.a.O., Sp. 1 7 0 . - Vgl.a. Marina WARNER: Maria; Geburt, Triumph, Niedergang, Rückkehreines Mythos? München, 1982, Orig.Ausg. u.d.T.: Alone of all her sex, S. 2 9 0 . - Vgl.a. Mirella Levi D ' A N C O N A : The iconography of the

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

Kaysersberg17 wetterte im Jahre 1512 von der Kanzel herab gegen die Auffassung, daß Maria durch den Kuß, den ihre greisen Eltern unter der goldenen Pforte tauschten, gezeugt worden sei. In einer der "Vier schöner Predigten von Unser Lieben Frauen" heißt es: "Also ist unser lieber frau auch menschlich empfangen. Nit von dem kuss, als thorechte menschen davon reden, sund in beiwesen mann und frauen als ich und du. Diese empfenckniss eret man nitt. Sie hat weder sünd noch verdienst."18 Hier liegt ein indirekter Beleg für die Verbreitung dieser Vorstellung vor. Auch in mehreren Annenlegenden wird die Vorstellung einer übernatürlichen Zeugung Marias zurückgewiesen: Es heißt, Maria sei nicht durch Parthenogenese aus dem Oberschenkel ihres Vaters entsprungen. "Ex hiis lucidissime patet opinionem illam quorundam insanorum astruentium Annam de viri femore productam esse, falsissimam, blasphemam et hereticam fore'"9 [Aus diesen Worten erhellt deutlich, daß die Meinung gewisser unverständiger Leute, Anna sei aus dem Oberschenkel eines Mannes geschaffen, völlig falsch, ja blasphemisch und häretisch ist,] so heißt es in der Annenlegende des Kartäusers Petrus Dorlandus und nahezu gleichlautend auch in der eines anonymen Karmeliters.20 Die Vorstellung, daß

immaculate conception in the middle ages and early renaissance. New York, 1957. (MAFA; 7) - Vgl. a. zur Ikonographie der immaculata conceptio in der Kunst des Kaimeliterordens, der erstmals die kleine Maria mit Jesus im Leib Annas darstellte, B . BORCHERT OCarm "L'immaculée dans l'iconographie du Carmel" (in: Carmelus 2,1955, S. 85-131). - Vgl.a. M. VLOBERG: The immaculate conception in art. In: DOGMA, a.a.O., S . 4 6 3 - 5 0 5 . - Vgl.a. zum Motiv der schwangeren Mutter eines Heiligen G.M. LECHNER OSB: Maria gravida; zum Schwangerschaftsmotiv in der bildenden Kunst. München, 1981. (Münchner kunsthistorische Abhandlungen; 9), bes. S. 128-136. 1 7 Zu seiner Biographie vgl. H. KRAUME: Geiler, Johannes, von Kaysersberg. In: VerLex, Bd. 2, 2. Aufl., 1980, Sp. 1141-1152.

18 Zitiert nach H . SIEBERT: Die HEILIGENPREDIGT des ausgehenden Mittelalters. In: ZKTh 30, 1906, S. 470-491, hier S. 489. - Die Predigt wurde im Jahre 1509 gehalten und 1512, zusammen mit drei anderen Predigten (eine Predigt zur Himmelfahrt Marias, drei weitere zu ihrer Empfängnis), im Druck veröffentlicht. Bibliographische Beschreibung des Drucks in: GEILER von Kayersberg: Die aeltesten Schriften Geilers von Kaysersberg / hg. von L. Dacheux. Nachdr. d. Ausg. Freiburg i.Br. 1882. Amsterdam, 1965, Nr. 56, S. LXVf. 1 9 Diese Formulierung stammt aus der Annenlegende des Petrus DORLANDUS, die erstmals ca. 1487 im Druck erschien. Beschreibung im Anhang 2.1. unter ca. 1487, hier zitiert Bl. A3v. Im folgenden wird Dorlandus' Annenlegende immer nach dieser Ausgabe zitiert. 20 Zu den Personen und ihren Werken sowie zum literarischen Verhältnis dieser beiden frühesten Annenlegenden zueinander vgl.u. Kapitel 4.4. und 5.1.

Vorstellungen von der reinen Empfängnis Marias

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Anna aus dem Oberschenkel ihres Vaters entsprungen sei, findet sich in der christlichen Literatur sonst nicht; lediglich eine äthiopische Legende bietet sie21. Die Vorstellung, daß ein Vater ein Kind aus seinem Oberschenkel gebiert, findet sich jedoch in der griechischen Mythologie. Wenn die Verfasser oder Redaktoren von Annenlegenden diese Vorstellung zurückweisen, so zeigt das, daß sie imstande waren, mit humanistischem Bildungsgut ironisch-spielerisch umzugehen.22 Bei Dorlandus wird die Wiedergabe dieser Meinung unter die Überschrift gestellt, daß diejenigen widerlegt werden sollen, die glauben, daß Anna und Maria "solo osculo esse conceptas"23. Verworfen wird jedoch in dem auf diese Worte folgenden, oben zitierten Text die Geburt aus dem männlichen Oberschenkel. Die Widerlegung dieser Vorstellungen erfolgt bei beiden Autoren mit Hinweis auf Adam und Eva einerseits, auf Jesus Christus andererseits, welche die einzigen Menschen gewesen seien, die nicht mittels eines normalen Zeugungsvorgangs "de complexu maris et femine, ut communis habet generatio"24, sondern durch göttliche creatio geschaffen worden seien. Am Ende des 15. und am Beginn des 16. Jahrhunderts kursierten also unterschiedliche, zum Teil ausgesprochen mirakulöse Auffassungen von der Empfängnis Marias. Die Anhänger der verschiedenen Schulen teilten jedoch die Überzeugung, daß schon die Zeugung der Gottesgebärerin ihrer einzigartigen Bedeutung entsprochen habe und deshalb von einem Wunder begleitet wurde. Das Wunder sah man darin, daß bei der Empfängnis irgend etwas contra naturam geschehen sei. Der Kuß der Eltern sollte das Wunder veranschaulichen.

2 1 F. OHLY erwähnt diese "theologisch erstaunliche äthiopische Legende, nach welcher Maria als weiße Perle schon in der rechten Lende Adams ruhte und in der Reihe der Generationen von Mann zu Mann bis zu Joachim weitergetragen wurde, aus dem die Perle Wohnung nahm im Schöße Annas. Die von Gott seit der Schöpfung in die Lende Adams gelegte Perle steht hier für die selten bezeugte - bei Goethe einmal wiederkehrende und bei ihm so genannte - Konzeption der Erbgnade, die von Adam bis Maria weitergegeben wurde." (Tau und Perle. In: Ders: Schriften zur mittelalterlichen Bedeutungsforschung. Darmstadt,

1977, S. 274-292, hier S. 276)

22 Nach antiker Mythologie entsprang Athene aus dem Schädel, Dionysos aus dem Schenkel des Zeus. Vgl. G. DEVEREUX: Frau und Mythos. München, 1986. (Supplemente; 7), S. 350-353. 23 A.a.O., Bl. A3v. 24 Ebd. - Bei dem anonymen Karmeliter heißt es mehrfach: "[de] concubito maris et femine" (zitiert nach der Erstausgabe, die im Anhang 2.1. unter 1489 beschrieben wird, hier Bl. 186v). Auch im folgenden wird immer diese Ausgabe zitiert.

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung 2.2. Papst Sixtus IV. als Förderer der Marienverehrung

Vor Sixtus IV. wurde allenfalls der Festtag der conceptio Mariae, der auch sanctificatio Mariae genannt werden konnte, am 8. Dezember liturgisch begangen, nicht aber die immaculata conceptio Mariae gefeiert. 25 Der Blick in die handschriftlichen Predigtsammlungen des 15. Jahrhunderts lehrt, daß an diesem Tag nur recht selten eine Predigt gehalten wurde; noch seltener wurde dann die Legende von den greisen Eltern Marias nacherzählt, die ihre Tochter unter wunderbaren Umständen empfangen hatten.26 Zwar hatte das Konzil zu Basel am 17. September 1439 27 die weitestgehende Meinung zur Heiligung Marias promulgiert; damit war jedoch kein tragfähiger Konsens geschaffen: "Nos vero [...] doctrinam illam disserentem gloriosam Virginem Dei Genitricem Mariam [...] numquam actualiter subiacuisse originali peccato, sed immunem semper fuisse ab omni originali et actuali culpa sanctam et immaculatam, tamquam piam et consonam cultui ecclesiastico, fidei catholicae, rectae rationi et sacrae scripturae ab omnibus catholicis approbandam fore, tenendam et amplectandam definimus et declaramus nullique de cetero licitum esse in contrarium praedicare seu docere."28 25 C. SERCOLI OFM: Immaculatab. Mariae virginis conceptioiuxta Xysti IV. consütuüones. Rom, 1945. (BMMeA; 5), S. 15. - Vgl. a. P. DONCOEUR SJ: Les premières interventions du saint-siège relatives à l'immaculée conception (XIIe - XIVe siècle). In: RHE 8, 1907, S. 266-285, S. 697-715 u. 9,1908, S. 278-293. - Vor Sixtus IV. wurde in der römischen Diözese nur die sanctificatio gefeiert. Dabei konnte sanctificatio Mariae verschieden verstanden werden. Ebenso konnte die Feier des Festes 'Empfängnis Marias' verschieden aufgefaßt werden. Die undifferenzierte Ausdrucksweise, die in diesen Jahren weit verbreitet war, zeigt sich beispielsweise daran, daß sogar die Dominikaner den Tag gelegentlich conceptio Mariae nannten. - Noch Bernhard von Clairvaux hatte sich mit scharfen Worten gegen die Feier des Festes der Empfängnis Marias ausgesprochen. Sein Argument lautete, daß man, wenn man die conceptio Mariae feiere, auch Feste zu Ehren des Vaters und der Mutter der Jungfrau feiern könne, wodurch man zahllose Festtage erhielte. Vgl. MÜLLER, a.a.O., S. 209. Bernhard ist - so erhellt nebenbei aus seinen Worten - davon überzeugt, daß auch die Kleriker zu Lyon die Feier des Festtages der Mutter Marias für absurd halten würden. 26 Die Eltern Marias werden beispielsweise erwähnt in dem in Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Hs. Guelf. 231 Helm., Bl. 63ra-63va überlieferten Sermo de concepitone. Auch VINZENZ Ferrer OP, einer der bedeutendsten Bußprediger des Spätmittelalter erwähnte Anna, in deren Uterus sich die Heiligung Marias vollzog (Festivale in gratiam ascetarum [...] / hg. von C. Erhard. T. 2. Wien, 1729, Bl. lla-14b). - Von den Eltern Marias handelten dagegen häufiger die Predigten, die an nativitas Mariae gehalten wurden. Vgl.u. Kapitel 4. Anm. 1. 27 Zum Forschungsstand hinsichtlich der Verhandlung dieser mariologischen Frage auf dem Konzil vgl. J. HELMRATH: Das Basler Konzil, 1431-1449; Forschungsstand und Probleme. Köln, 1986. (KHAb; 32), bes. S. 383-394, mit Literaturhinweisen. 28 Zitiert nach SÖLL, MARIOLOGIE, a.a.O., S . 182. Mit Abweichungen bei D S , 33. Aufl.,

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[Wir bestimmen und erklären, daß jene Lehre fromm ist, die glorreiche Jungfrau, die Gottesgebärerin Maria, sei niemals tatsächlich von Erbsünde berührt worden, sondern immer befreit gewesen von jeder ursprünglichen und Tatsünde, heilig und auch makellos; auch daß sie mit dem kirchlichen Brauch, mit dem katholischen Glauben, mit der rechten Vernunft und der hl. Schrift übereinstimmt; daß sie von allen Katholiken anzunehmen, festzuhalten und weiter zu verbreiten ist und es im übrigen niemandem erlaubt ist, das Gegenteil zu predigen oder zu lehren.]

Die Kirche war zum Zeitpunkt der Promulgation dieser Bulle gespalten; Papst Eugen IV. hatte wenige Tage zuvor erklärt, daß das Konzil sich im Schisma zur katholischen Kirche befinde. In einigen Diözesen wurde die Empfängnis Marias gefeiert - in anderen nicht; auch in den Diözesen, in denen das Fest conceptio Mariae begangen wurde, war keineswegs deutlich, wie die conceptio theologisch zu verstehen sei: ob die unbefleckte Empfängnis oder die Heiligung der Seele gefeiert wurde.29 Mit der Konstitution "Cum praeexcelsa"30 vom 27. Februar 1477 bestimmte nun Papst Sixtus IV., daß diejenigen, die das Fest nach dem Officium seines Sekretärs Leonardus Nogarolus feierten, verschiedener Ablässe teilhaftig werden sollten. Das förderte zwar eine maximalistische Auffassung in der Frage der Heiligung Marias, war aber keine verbindliche Lehräußerung. Eine theologische Klärung war damit nicht verbunden. Eine Basler Inkunabel griff die päpstliche Aufforderung, die conceptio Mariae zu feiern, noch in demselben Jahr auf: Ungenannte Auftraggeber und Autoren fordern hier, statt der bisher in Basel gefeierten sanctificatio die conceptio zu begehen.31 Zudem bietet die Inkunabel einen Abdruck der Bulle des Konzils zu Basel und faßt zusammen: "Item mater Dei Maria a suis parentibus Joachim et Anna in originali peccato non

1965, Nr. 1400, S. 347f u. Nr. 1425-1426, S. 351. - Abdruck der vollständigen Eridärung: Beata virgo Maria in suo concepto immaculata ex monumentis omnium saeculorum demonstrata /hg. von A. Roskovany. Bd. 1. Budapest, 1873, S. 114f. 2 9 Vgl. die Zusammenstellung bei KELLNER, a.a.O., S. 1 9 5 . - Die Bischöfe konnten in ihren Diözesen die Feier solcher Tage anordnen, die in der Kirche anerkannt oder geduldet waren. Die Gegner des Festes conceptio Mariae konnten dagegen darauf verweisen, daß es keinen Glaubenskonsens in dieser Frage gab. 30 Abdruck bei SERCOLI, a.a.O., S . 153f. 31 Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1477, hier Bl. 2r. Man wird vermuten dürfen, daß nicht der Bischof von Basel mit der Autorität seines Amtes hier sprach, sondern immakulistisch gesinnte Kreise aus dem Umfeld des Basler Münsters, dessen liturgische Ordnungen zum Annentag und zu Festtagen anderer Mitglieder der familia Iesu in dieser Inkunabel geboten wurden.

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est concepta, sed tota pulchra [Cant 4,1] ab omni peccato singulari privilegio praeservata."32 [Also ist die Gottesmutter Maria von ihren Eltern Joachim und Anna nicht in Erbsünde empfangen worden, sondern als die 'ganz Schöne' vor einer jeden Sünde durch ein einzigartiges Privileg bewahrt worden.] Von einer immaculata conceptio im strengen Sinne verlautet jedoch weder in dem Dekret des Papstes noch in der Basler Inkunabel etwas. Schon Kellner machte darauf aufmerksam, daß Papst Sixtus IV. nie von einer unbefleckten Empfängnis Marias gesprochen hat, sondern die Termini conceptio immaculatae oder praeliberatae virginis verwendete.33 Er feierte jedoch als erster Papst das Fest der Empfängnis Marias - erstmals im Jahre 1472 in der Basilika S. Maria34 - und weihte am 8. Dezember 1479 die Sixtinische Kapelle dem Geheimnis der Empfängnis35. Papst Sixtus IV. hat also die Verehrung der Empfängnis Marias auf der Ebene der Liturgie gefördert, allerdings eine kirchenrechtlich verbindliche Aussage zur immaculata conceptio vermieden und den Prozeß dogmatischer Klärung, der in dieser Frage vonnöten war, nicht vorangetrieben. Er hat in keiner seiner Verlautbarungen die Verehrung Annas und die Verehrung der Empfängnis Marias miteinander verbunden. Das ist die erste grundlegende Einsicht, welche die Thesen Kleinschmidts und seiner Nachfolger in Frage stellt. Weder in der Konstitution "Cum praeexcelsa", noch in den beiden späteren Bullen, beide mit den gleichlautenden Anfangsworten "Grave nimis", von 1482 und 1483 wurde von Sixtus IV. die Mutter Marias mit einem Wort erwähnt.36 Veranlaßt wurden die mariologischen Ausführungen des franziskanischen Papstes durch den rührigen Dominikaner Vincenzo Bandello37, der im Jahre 1475 200 Argumente gegen die Glaubensmeinung, daß Maria unbefleckt empfangen sei, aus den Kirchenvätern zusammengestellt und veröffentlicht hatte: "Libellus recollectorius auctoritatum de veritate conceptionis beatae virginis Mariae"38. Der Dominikaner - er wurde später General seines Ordens -

32 A.a.O., Bl. lr. 33 A.a.O., S. 197. - Erst Papst Klemens IX. ordnete im Jahr 1708 die Feier dieses Festes in der ganzen Kirche an. 34

SERCOLI, a . a . O . , S. 6 2 .

35 Ebd. 36 SERCOLI hat "Grave nimis prior" (a.a.O., S. 156-158) und "Grave nimis posterior" (a.a.O, S. 158-161) abgedruckt. 37 Zur Biographie vgl. A. WALZ: Bandello, Vincenzo. In: LThK, Bd. 1,1957, Sp. 1218. - Zur geistesgeschichtlichen Einordnung vgl. P.O. KRISTELLER: Le THOMISME et la pensée italienne de la renaissance. Montreal, 1967, S. 52 u. S. 104-123. 38 GKW 3237 = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 35.13 Th. (2).

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kritisierte den tendenziell immakulistischen Standpunkt mit scharfen Worten und verglich diejenigen, die der Meinung anhingen, Maria sei vor der Erbsünde durch eine besondere Gnade bewahrt geblieben, mit dem Häretiker Pelagius. In einer von Sixtus IV. im Jahre 1477 veranstalteten Disputation verteidigte Bandello seine Thesen geschickt gegen den Franziskanergeneral Franciscus Insuber. Der Förderung der franziskanischen Meinung sollte die oben erwähnte Bulle "Praeexcelsa" dienen. Durch diese päpstliche Aktivität und Verlautbarung ermutigt, verfaßte Bernardin de Busti ein neues Offizium "Officium missaque de conceptione b. virginis Mariae", das der Papst am 4. Oktober 1480 bestätigte. Es enthielt die Formulierung, daß Gott Maria vor jedem Schaden ("ab omni labe") im voraus bewahrt habe ("praeservasti"). Im Missale der Dominikaner hieß es dagegen zum Fest der conceptio Mariae, daß Gott Maria nach Eingießung der Seele von jedem Makel der Sünde gereinigt habe: "Deus, qui beatissimam virginem Mariam post animae infusionem [...] ab omni peccati macula mundasti".39 Bandello ließ sich durch die Aktivitäten des Papstes und seiner Ordensbrüder nicht zum Schweigen bringen, sondern bot in einer neuen Bearbeitung desselben Themas, die er dem Herzog von Ferrara widmete, unter dem Titel "De singulari puritate et praerogativa conceptionis salvatoris nostri Jesu Christi"40 gar 260 Väterzeugnisse für die Meinung seines Ordens auf, daß auch die allerreinste Jungfrau von der Erbsünde berührt worden sei. Von den in seinem Werk aufgebotenen Zeugen entstammen immerhin 32 dem Franziskanerorden41. Der Herzog schuf Bandello dann auch die Möglichkeit, im Rahmen einer von ihm im Jahre 1482 veranstalteten Disputation seine Thesen öffentlich zu verteidigen.42 Da konnte Sixtus nun seinerseits nicht schweigen. In der Bulle "Grave nimis" vom September 1482 verurteilte der Papst diejenigen, welche die Verteidiger der unbefleckten Empfängnis als Häretiker bezeichneten, mußte aber in einer Neuauflage derselben Bulle vom 4. September des folgenden Jahres die Makulisten ebenfalls von dem Vorwurf entlasten, eine häretische Position zu vertreten und eingestehen, daß die Frage der Empfängnis Marias noch nicht entschieden sei43 - und so könnte man hinzufügen: am Ausgang des 15. Jahrhunderts wegen mangelnder gedanklich-theologischer Durchdringung des Problems auch nicht päpstlicherseits entscheidbar war. Von einem allge-

39 Zitiert nach SÖLL, MARIA, a.a.O., S. 181. 40 Die Schrift wurde 1481 in Bologna erstmals veröffentlicht (GKW 3238; vgl.a. GKW 3239). 1512 erfuhr diese Schrift eine weitere Ausgabe in Mailand (IA 112.230; vgl.a. IA 112.229). 4 1 GABRIEL ab Annonciatione OCarm: De fide in IMMACULATAM CONCEPTIONEM apud Carmelitas usque ad saeculum XVI. In: AOCD 5 , 1 9 3 0 , S. 31-44, hier S. 41. 42 Vgl. SERCOLI, a.a.O., S . 4 1 f . 43 A.a.O., S. 40-52.

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meinen Glaubenskonsens in dieser Frage zu sprechen, verbietet sich also. Die Unentscheidbarkeit der Frage wurde von Papst Alexander VI. 1502 bestätigt. Interessanterweise wurde die Auseinandersetzung um diese Frage auch und besonders in den Kreisen der Humanisten geführt.44 Noch das Tridentinum konnte keine Entscheidung zugunsten der Immakulisten durchsetzen, obzwar zahlreiche mitteleuropäische Universitäten in Reaktion auf die Auseinandersetzungen an der Jahrhundertwende den Immakulisteneid eingeführt hatten.45 Die Diskussion um die Frage der Empfängis Marias wurde diesseits der Alpen schnell aufgegriffen: Landgraf Heinrich von Hessen befahl im Jahre 1479 den Dominikanern, das Fest der Empfängnis zu feiern.4* Dies dürfte jedoch für den Orden keine rechtliche Verbindlichkeit besessen haben. Im deutschen Raum spiegelt sich die Auseinandersetzung wie im italienischen in der Veröffentlichung zahlreicher Druckschriften zu diesem Thema47. Keine der beiden Positionen konnte sich in dieser Zeit durchsetzen, wenn auch die Waffen, mit denen gekämpft wurde, nicht ausschließlich theologisch-argumentativer Natur waren. Aufschlußreich für diese Dimension der Auseinandersetzung um die Frage der Empfängnis Marias ist der sogenannte Jetzerhandel: Ein sich als Dominikaner ausgebender 'Schwindler' ließ sich in das Berner Kloster des Dominikanerordens aufnehmen und behauptete, Visionen und Auditionen der hl. Jungfrau empfangen zu haben, in denen sie die Lehre dieses Ordens betreffs ihrer Empfängnis bestätigte. Honorige und gebildete Personen ließen

44 Vgl.u. Kapitel 2.3. und zusammenfassend Hanna-Barbara GERL: "Geschenk der Natur und Geschenk des Himmels"; zur Mariologie der Renaissance. In: M A R I A , a.a.O., S. 116-145. 45 Vgl. W. SEBASTIAN OFM: The controversy after Scotus to 1900. In: DOGMA, a.a.O., S. 213-270, hier bes. S. 239-241. - Verzeichnis der Universitäten bei Johannes TRITHEMIUS: De purissima et immaculata CONCEFTIONE (Beschreibung im Anhang 2.1. unter na. 1497). In den hier genannten Universitäten konnte nur derjenige einen akademischen Grad erwerben, der bereit war, sich zu verpflichten, immer für die immaculata conceptio einzutreten. 46 "Exemplum illustrius habetur Marpurgi in Germania. In hac enim civitate an. 1479 Henricus, Hassiae lantgravius, peculiari edicto Fratres Praedicatores coactus est inducere, ut 'praedictum festum Conceptionis non aliter concionando, psallendo et legendo quam ut ab alma matre Ecclesia celebrali institutum, a beatissimis patribus nostris summis Pontificibus ratificatum et confirmatum [...] sub titulo et nomine Conceptionis' celebrarent." SERTOLI, a.a.O., S. 41. - Daß das bisher gefeierte Sanctificatio-Fest von nun an immer als ConceptioFest gefeiert werden sollte, forderte auch die oben erwähnte Basler Inkunabel. Vgl.a. Anm. 59. 47 Eine zusammenfassende Darstellung dieser Auseinandersetzungen fehlt; Material ist nur in den Biographien der einzelnen Streiter zu finden oder in Inkunabel- und Postinkunabelbibliographien: Z.B fuhrt der in Perugia promovierte Offizial des Bischofs zu Meißen, Johannes von Breitenbach, in den Jahren 1489/90 mit dem Makulisten Georg von Frickenhausen (Georgius Orterus) eine heftige literarische Auseinandersetzung. Vgl. GKW 50835086.

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sich v o n der Wahrhaftigkeit dieser Visionen überzeugen. N a c h d e m der Betrug entlarvt worden war, konnte der schuldige M ö n c h namens Jetzer fliehen, seine vier unschuldigen Berner Ordensbrüder aber wurden als Mitwisser und Mittäter hingerichtet. 48 Zu diesem drakonischen Urteil dürfte die franziskanische Publizistik beigetragen haben: Thomas Murner benutzte nämlich diesen Fall, um die dominikanische Position in der Frage der Empfängnis Marias und den Dominikanerorden insgesamt zu verunglimpfen: D i e Ordensoberen hätten selbst den 'Streich' ausgeheckt und die falschen Mirakel 'bestellt', um ihre Position zu stärken; so behauptete er in einer kurzen 'Historia' 49 , die auch in die Volkssprache übersetzt wurde: "Die war history von den vier ketzer prediger Ordens, zu 0 Bern in der Eydgnossenschafft verbrant". D i e Schrift stellt eingangs die "zweytra e chtige opinion der Barfu°sse[r] und Prediger" in der strittigen Frage kurz dar, kommt dann auf kleinere Konflikte in dieser Sache zu sprechen und schließt mit Invektiven g e g e n die Dominikaner insgesamt: "Wie der anschlag in dem capitel zu0 Wimpfen beschach. In der jarzal Christi tusent fünffhundert und sechs [1506], da ward zu" Wimpfen nach ob gemelter verloffner sachen 50 ein gemein capitel von den predigern gehal-

48 RYD erinnert sich an diese Auseinandersetzung und stellt sie aus reformatorischer Perspektive ausführlich dar. A.a.O., Bd. 3, S. 48-167. - Auch Diebold SCHILLING geht in seiner "Schweizer-Chronik" (a.a.O., S. 181 ; S. 227 u. S. 319) auf die Vorkommnisse ein. Eine historisch-kritische Würdigung der Ereignisse findet sich bei N. PAULUS: Ein JUSTIZMORD an vier Dominikanern begangen; aktenmäßige Revision des Bemer Jetzerprozesses vom Jahre 1509. In: Frankfurter zeitgemäße Broschüren NF 18, 1897 H.3, S. 65-106. - Vgl.a. AKTEN des Jetzerprozesses nebst dem Defensorium /hg. von R. Steck. Basel, 1904. (QSG; 22) 49 Zwei lateinische und zwei volkssprachliche Ausgaben, die wohl noch im Jahre 1509 herauskamen, belegen das Interesse der Öffentlichkeit. Eine gereimte volkssprachliche Übersetzung soll Mumer selbst gefertigt haben; bei der anderen handelt es sich um eine freie Übersetzung der lateinischen Vorlage Mumers durch einen unbekannten Autor, versehen mit Holzschnitten von Graf. Sie wurde im Jahr 1521 noch einmal aufgelegt. Vgl. PAULUS, JUSTIZMORD, a.a.O., S. 66. - Die lateinische Ausgabe unter dem Titel "De quattuor heresiarchis ordinis praedicatorum de observantia nuncupatorum apud Suitenses in civitate Bernensi combustis. Anno Christi M.D.IX. [1509]" wurde dem Berner Magistrat dediziert (Universitätsbibliothek Heidelberg Inc. Q 5165). Die gereimte volkssprachliche Übersetzung, die Thomas MURNER selbst gefertigt hat, hat eine neuzeitliche Edition erfahren (Von den fier ketzeren / hg. von E. Fuchs. Berlin, 1929, Kritische Gesamtausgabe Elsässischer Schriftsteller des Mittelalters und der Reformationszeit; Thomas Mumer: Deutsche Schriften; 1.1). In der Einführung des Herausgebers sind die Einleitungsfragen abschließend geklärt (a.a.O., S. XVII-LXXXVI); auch eine Zusammenstellung der Ausgaben der deutschen Prosabearbeitung durch den unbekannten Autor findet sich hier (a.a.O., S. LXXVIf). 50 Mumer erinnert hier an den vorher dargestellten Konflikt zwischen dem Frankfurter Dominikaner Wirt und dem dortigen Stadtpfarrer Hensel um die rechte Auffassung der unbefleckten Empfängis. Vgl.a. Kapitel 2.3. (mit Literaturangaben zu Wirt) u. Kapitel 5.2.

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ten, in dem auch under anderem fürnemlich gemeldet ward, wie es Wigando nit am besten gieng zu° Rom, also dz etlicher nachvolgender geschieht schuldig und wissent iren rat gaben, das man Wigando zu0 hilff kummen solt, vorab in der meynung der befleckten entpfengknüß Marie - da wider doch gar bey, sonder allein sie, yederman wer, auch vil doctores geschriben hetten, und die rein entpfengknüß der mu°tter Gottes bewerten durch vil wunderzeichen - die sy durch list [und] kunst glich als wol mochten Volbringen, den gemeinen man zu0 betrigen und an sich zu°ziechen, da mit ir meinung bestünd und fürtreff. Sie hetten auch glich als wol doctores in irem orden, die das gegenspil mochten beschriben, und ir falschs mirackel bes talen. Und wo das also erhauptet wurd, so belib (Bl. A3v) // ir eer in hocher wirdigkeit, und entpfieng auch des ein grossen nutz. Diser anschlag unn rat als gevellig ward von inen angenomen, und beschlossen den, dem also nach zu°kommen. Wie und warumb sie die sach zu° Bern in Eydgnossen volfu'rcn wolten. Nun wurden sie undereinander nach obgemeltem rat zu° red gesteh, an welchem ort sie so'llichs wollten angreiffen un Volbringen. Ein abschüchen heten sie ab Franckfurt, von wegen es frembden geschickten kauffmans, der als weit und vil hin und har wandlend, auch vil erfaren, in iren faulen anschlag mo'cht abmercken, damit sie dan zu° spot unnd schand kumen mo'chten. Uß gelicher ursach ward inen nit gelegen solichs zu° Niirenberg zu° treiben, da auch vil handels ist und geschicklicheit der burger. Zu°letzt bducht sie beraten sein, die sach anzu°fachen im Schwitzerland unnd nämlich zu0 Bern, da sie ein kloster von der observantz hetten. Unnd das uß der ursach, wan da wer das volck einfältig, bürisch und ungelert, wi wol streytbar und ma'chtig, unn wa ir sach etwas ein fürgang gewin, so wurden sie inen mit gewalt helffen, beschützen und war machen."51 An einer Betrugsgeschichte bestand in der Öffentlichkeit ein gewisses Interesse, wie die volkssprachlichen Drucke dieser 'wahren Historie' belegen. Murner versuchte, dies für seine Zwecke auszunutzen. Viele Menschen teilten die maximalistische Position in der Frage der Empfängnis Marias und nahmen das theologische Anliegen der Dominikaner nicht zur Kenntnis. So spiegelt sich die Meinung, daß Maria vor jeder Berührung durch die Erbsünde bewahrt geblieben sei, auch im volkssprachlichen Kirchenlied des beginnenden 16. Jahrhunderts. 52

51 Übersetzung des Anonymus, nach einer Ausgabe, die wohl noch im Jahr 1509 gefertigt wurde, Bl. A3vf (Österreichische Nationalbibliothek Wien 870 B). 52 Vgl. W A C K E R N A G E L , K I R C H E N L I E D , a.a.O., S. 1022, Nr. 1260 (Pap.Hs., etwa 1505) A.a.O., S. 1023-1025, Nr. 1261 (verfaßt von Hieronymus Schenck von Sumawe, gedruckt Würzburg, Schubart, 1503). - A.a.O., S. 1029-1031, Nr. 1263 (gedruckt zusammen mit den oben angegebenen volkssprachlichen Ausgaben von Mumers "war history"). - A.a.O., S. 1032f, Nr. 1264 (Pap.Hs., Augsburg, 1516).

Funktionalisierung für die Diskussion um die Empfängnis Marias

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"Kein höcher creatur nie wardt von got beschaffen her dann Maria, die junckfraw zart, so gar in gottes eer, als sy entpfangen was, die rein, in mutter leyb, so gut; on all erbsundt, da merck allein: von got wardt sy behut on alle befleckunge gar [...]"53

2.3. Funktionalisierung der Annenverehrung für die Diskussion um die Empfängnis Marias Die Frage der Empfängnis Marias wurde in allen bisher angesprochenen Quellen nicht mit der Frage nach der Verehrung ihrer Mutter Anna verbunden. Dies änderte sich mit der Veröffentlichung des Panegyricus "De laudibus sanctissime matris Anne" des Sponheimer Abtes Johannes Trithemius54, in welchem gefordert wurde, alle Verehrer Annas sollten auch die unbefleckte Empfängnis ihrer Tochter glauben. Nun strebte die Diskussion ihrem Höhepunkt in Deutschland entgegen. In den früheren Schriften war zwar die Meinung vertreten worden, Maria sei hinsichtlich ihrer Empfängnis von Gott ausgezeichnet gewesen, aber keiner der Annologen hatte vor dem Benediktinerabt dieser Frage irgendein Gewicht beigemessen oder sich gar explizit für die unbefleckte Empfängnis Marias ausgesprochen. Trithemius widmete jedoch diesem Problem ein ganzes Kapitel.55 Im siebtem Abschnitt heißt es unter

53 A.a.O., S. 1131f Nr. 1399, hier Strophe 1 (verfaßt von Martin Weiß aus Reutlingen, Pap.Hs., Anfang 16. Jh). 54 Vgl. zu TRITHEMIUS unter biographischen Gesichtspunkten K. ARNOLD: Johannes TRITHEMIUS ( 1 4 6 2 - 1 5 1 6 ) . W ü r z b u r g , 1 9 7 1 . ( Q F G B W ; 2 3 ) . Z g l . D i s s . W ü r z b u r g , 1 9 7 1 . - Z u r

Annenverehrung des Trithemius und zu seinem Freundeskreis vgl.u. Kapitel 5.1. u. Kapitel 5.2.

55 Die Schrift ist, wie aus der Widmung an den Prior des Karmeliterklosters zu Frankfurt, Rumolt Laupach, hervorgeht, auf dessen Anregung hin entstanden. Sie sollte der an diesem Kloster domizilierten Annenbruderschaft zu Werbezwecken dienen. Beschreibung der Ausgaben in Anhang 2.1. unter 1494a u.ö. - Zur Bedeutung des Frankfurter Karmel für die Annenverehrung vgl.a. Kapitel 3.2. - Nach Meinung von O. CATENA OCaim verfaßte Trithemius dies anstößige Kapitel auf Anregung von Karmelitern: "Quando l'abbate manifestò il suo desiderio di scrivere la vita di S. Anna, i Carmelitani gli suggerirono di inserirvi un capitolo sulla Immacolata Concezione, certi che il nome di tanto personaggio avrebbe portato un peso non indifferente in favore della tesi immacolista. L'abbate cedette e scrisse il noto capitolo settimo, causa di accesa controversia." (La dottrina immacolista negli autori Carmelitani. In: Carmelus 2,1955, S. 132-215, hier S. 146) - Quellen, die den Wunsch der Karmeliter nach Abfassung des siebten Kapitels belegen, konnte ich nicht finden. - Der

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

d e m Titel " d z die haiig mutter A n n a ir aller haiigeste tochter M a r i a m on erbsund e n p f a n g e n hab" 5 6 : "Das wir mögen ma[r]cken die hailikait unn hochverdienen der aller haiigesten mutter Anna, so dienet das uns wol, dz wir miltiglichen glauben, dz sie die gebererin Gottes on mackel der erbsiind enpfangen unn geboren hab. Wie wol der uff disen tag sienn, die dar wider redenn unn in dem sie wollen beschirmen die gewonhait unn gemainen lauff der natur, so sien sye die almechtikait unn besondere gnad Gottes unn fryhait siner gebererin anfechten unn dar wider murmlen unn bellen, als ob Got dem hernn nit zijme, wz im gefalle. [...] Unn ettliche frefenliche, hochmütige menschen understanden [sich], dz lob solches fests ze myndernn, wie wol in vergangner zyt unn noch zu unseren zyte[n] vil haiiger saliger menner dz halten unn solchs fest begangen in dem milten glauben, dz Anna ir, die gebererin Gottes on erbsünd enpfangen unn geboren hab. [···] (Bl. 102r) // [...] Ich schilt nit ir irsall, noch verdamm ir unwissenhait, aber ich schilt ir hoffart, iren frevel unn vermessenhait. Ich wais auch: Wer dz nit glaubt oder zwyfelt, dz Maria sy enpfangen in erbsünd, dz der nit ist sünder. Dann Got der her, der will solchs also verborgenn halten unn ist noch nit gebotten zehalten durch die gemainen kirchen. Aber mit frefel unn stoltzhait unnd ubermütikait wider die reden unn predigen, die eß glaubenn unn halten unn auch solche anfynden, die dz beschirmenn mit leren, schriben unn predigen, solchs ist onzwyfel [von] ainer ungehorten boshait unn hoffart, als ob sie solchs für waur wijstenn. [...] Nun die wyl die ding, die wir nit wissenn, in den bessern tail sind uß zelegenn, vil mer die loboignen werck Gottes, derro ursach wir nit wissen, sind miltiglich in den milternn tail zehalten. Dann kain mensch ist gewesen bij dem rant der haiigen drivaltikait. So hat niemand ye erkennt die mauß und haimlichait solcher enpfengnußt. Aber uß vil ursach unn geschrifft werden wir bewegt, solche raine enpfengnußt miltiglich zeglauben. [...] IiTen wir, so ist die ursach Gott, dz er dz will verborgen halten. Irren aber ir frefenlicher widersprechen Sagen an, wz bewegt uch, dz ir so vermes-(Bl. 102v) // senlich sagen, die aller rainest mutter Gottes sy in ire enpfengnusßt underwurffig gewesen der erbsünd? [...] (Bl. 103r) // Ir sind uch bewappnen mit grossen argumenten und disputijren ab der schulen - aber bloß sind ir in der miltigkait un

zweiten Auflage von "De laudibus", die noch im selben Jahr (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1494b) bei demselben Drucker erschien, und den Leipziger Ausgaben von "De laudibus" (Beschreibung der ersten Leipziger Ausgabe im Anhang 2.1. unter 1494c) ist zudem ein Brief beigegeben, der das Bekenntnis des Trithemius zur unbefleckten Empfängnis enthält. Hier reagiert der Verfasser wohl auf die Auseinandersetzung mit Wigand Wirt (vgl.u. Kapitel 5.2.). 56 Ich zitiere nach der noch recht unbekannten deutschen Übersetzung von "De laudibus", die im Kloster Söflingen zu Ulm gefertigt wurde (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin Hs. germ. oct. 484, Bl. 93v-l 12v; Provenienz nach ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 237). Vgl. zum religiös-geistigen Kontext Kapitel 5.3.

Funktìonalisierung für die Diskussion um die Empfängnis Marias

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demutt. Dann all uwer beschermungen ist wyt von der forcht Gottes, dann ir suchen nit Gottes ere, so ir die rainikait siner gebererin sind anfechten. [...] Dz wir glauben, dz sie on mackel enpfangen sy, dz ist nit geboten noch ain werck der nott, aber der milikait [...]."57

So wurde Anna, in einer Situation der allgemeinen Akzeptanz ihrer Verehrung, für die Diskussion um die Empfängnis ihrer Tochter funktionalisiert. Das löste einen heftigen Streit um die unbefleckte Empfängnis in Deutschland aus: Wigand Wirt58, ein Frankfurter Dominikaner, widersprach Trithemius heftig und beschwor damit eine literarische Kontroverse herauf, in die sich zahlreiche Freunde des Trithemius, alle bekannte Humanisten59, brieflich einmischten, um

57 A.a.O., Bl. 102r-103r. 58 Zum Streit und zur Person Wirts vgl. vor allem C . SCHMITT: La CONTROVERSE Allemande de l'immaculée conception; l'intervention et le procès de Wigand Wirt O.P., (1494-1513). In: AFH45,1952, S. 397-450; hier S. 423-434. - Vgl.a. die älteren zusammenfassenden Darstellungen: F. LAUCHERT: Der Dominikaner Wigand Wirt und seine Streitigkeiten. In: HJ 18,1897, S. 751 -791. - N. PAULUS: Über Wigand WIRTS Leben und Streitigkeiten. In: HJ 19,1898, S . 101-107.-G.E. STEITZ: Der Streit über die unbefleckte Empfängniss der Maria zu Frankfurt a.M. im Jahre 1500 und sein Nachspiel in Bern 1509. In: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 6, 1877, S. 1-35. - Ein Abdruck des Briefes von Wirt an Trithemius findet sich bei SCHMITT, CONTROVERSE, a.a.O., S . 434-443. - Eine fast zeitgenössische Darstellung des Streits (datiert auf 1507) findet sich in Stadtbibliothek Trier Hs. 602/ 1572, Bl. 288r-305v. 59 Folgende Personen haben sich als Verteidiger der Ehre der Jungfrau hervorgetan: Rutger Sicamber de Venray, Johann Oudewater OCarm, Dietrich Gresemund d.J. und Jodocus Badius (die bisher genannten haben auch zu "De laudibus" einige Carmina beigesteuert und werden in Kapitel 5.1. vorgestellt), desweiteren Jakob Wimpfeling (s.u. Kapitel 3.1. Anm. 15 u. Kapitel 3.2. Anm. 43), Philipp Tectonis OCarm aus Mainz, Johann Empolides, Augustinerchorherr zu Höningen, und Albert Morderer OFM aus Kreuznach. Die Pamphlete dieser Humanisten sind in einer Straßburger Handschrift erhalten, die möglicherweise im Kloster Sponheim unter Abt Trithemius zur Dokumentation der Begebenheiten angefertigt wurde. Die Handschrift umfaßt Briefe aus dem Zeitraum vom 6. November 1494, der Eröffnung der Fehde durch Wirt, bis zum 5. Dezember 1495 (Bibliothèque Nationale et Universitaire Strasbourg, Hs. 106, Bl. 2r-36r). - Abdruck des Briefes von Moderer bei SCHMITT, CONTROVERSE, a.a.O., S . 444f; Abdruck der Briefe von Trithemius an Wirt (1. Dezember 1494) und von Wirt an Trithemius (11. Dezember 1494) bei K. ARNOLD: ERGÄNZUNGEN zum Briefwechseides Johannes Trithemius. In: SMGB 83,1972, S. 174-204, hierS. 189191. - Trithemius hatte seine Freunde z.T. schon vor seiner eigenen Entgegnung an Wirt verständigt, so daß dieser nun in kurzer Zeit mit einer Flut von Pamphleten überschüttet wurde. Die Verfasser brachten ihre elaborierten Schmähbriefe nach Möglichkeit Trithemius zur Kenntnis; mancher der Autoren dürfte sich gerne damit geschmückt haben, auf diese Weise zum Briefpartner des gelehrten und berühmten Abtes geworden zu sein. - Trithemius wiederum hat einigen seiner Freunde, die ihn in dieser Frage unterstützten, in seinem Schriftstellerkatalog ein bleibendes Denkmal gesetzt (CATALOGUS scriptorum ecclesiastico-

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

sich als Vertreter der immakulistischen Position der Öffentlichkeit vorzustellen. Man beließ es nicht beim Schreiben, sondern veranstaltete auch mehrere öffentliche Disputationen zwischen 'Immakulisten' und 'Makulisten' - so beispielsweise im Jahre 1501 in Heidelberg 6 0 . Hier stellt sich nun die Frage, warum gerade dies Thema die Humanisten interessieren und mobilisieren konnte. 61 Flackerte der alte Streit zwischen den Orden wieder auf, wobei sich diesmal humanistisch gebildete Theologen aus immakulistisch gesinnten Orden und Laien einmischten? Handelt e s sich bei den polemischen Schriften

rum siveillustrium virorum, cum appendiceeorum [...]. Köln: Quentell, 1531, BL. 167r, 170r, 171r, 172r). - Nach des Trithemius eigener Auskunft beteiligten sich außer den oben genannten Robert Gaguin, Carolus Phernandus und Arnold Bostius OCaim (vgl. zum letztgenannten Kapitel 4.4. Anm. 80). - Sebastian Brant war als Rechtsbeistand verschiedener Immakulisten in die Auseinandersetzungen involviert. Vgl. neben der in Anm. 48 genannten Literatur auch Mary Alvarita RAJEWSKY: Sebastian Brant; studies in religious aspekts of his life and works with special reference to the "Varia Carmina". Diss. phil. Washington/DC, 1944. (The Catholic University of America; Studies in German; 10), S. 136-149. - Vgl.a. SEB ASTIAN-BRANT-Bibliographie; Forschungsliteratur von 1800 bis 1985 / hg. von J. Knape u. D. Wuttke. Tübingen, 1990, S. 247f. - Vgl.a. H.-G. ROLOFF: Brant, Sebastian. In: TRE, Bd. 7, 1981, S. 136-141. - Weitere Humanisten, die selbständige Schriften zum Lob der unbefleckt Empfangenen veröffentlichten, nennen BEISSEL (16. UND 17. JAHRHUNDERT, a.a.O., S. 231 Anm. 3 und 4) und FALK (MARIANUM MOGUNTIUM, a.a.O., S. 84f). - Zu elsässischen Humanisten im Immakulistenstreit, insbesondere zu Brant, vgl. L. PFLEGER: Die geschichtliche Entwicklung der MARIENFESTE in der Diözese Straßburg. In: Archiv für elsässische Kirchengeschichte 2,1927, S. 1-88, hier 54-62. Ebd. auch zu Einführung und Geschichte des Festes der unbefleckten Empfängnis, S. 40-54. Einen Bezug zwischen Annenverehrung und unbefleckter Empfängnis stellt Pfleger nicht her. 60 Hier fühlte sich sogar, um des Erhalts der Ruhe an der Universität willen, der Kurfürst veranlaßt, den Rektor aufzufordern, beim Papst unter Hinweis auf "Grave nimis" ein Verbot dieser Disputation zu erlangen. Die damaligen Disputanten waren für die Position der Dominikaner der spätere Reformator Straßburgs, Martin Butzer, für die Immakulisten der Franziskaner Spengler, der Prämonstratenser Jacobus Dracontius und der Maulbronner Zisterzienser Konrad Leontorius. - Vgl. HEIDELBERGER Urkundenbuch / hg. von E. Winkelmann. Bd. 1-2. Heidelberg, 1886, hier Bd. 1: S. 206, Nr. 150; Bd. 2: Nr. 580-584, S. 64; Nr. 591f, S. 65. - Zum Heidelberger Humanismus vgl.u. Kapitel 5.1. - Ähnliche Disputationen wurden in diesen Jahren an vielen Orten durchgeführt: Wie die Fakultäten zu Paris und zu Köln beschloß auch die zu Mainz am 13. Oktober 1501, daß niemand Theologie hören oder ein theologisches Examen ablegen dürfe, der nicht vorher geschworen habe, daß die Jungfrau Maria niemals von der Erbsünde berührt worden sei (Abdruck des Mainzer Beschlusses nach Trithemius "Annales Hirsaugienses" in: [ANONYMUS]: MISZELLE; IMMACULATA und Mainzer Hochschule 1477,1501. In: Kath. 84, 3.F. 29/30,1904, S. 240). Eine neuere Darstellung der Auseinandersetzungen und der Durchsetzung des 'Immakulisteneides' in den Universitäten fehlt. 61 Eine mögliche Antwort auf diese Frage vgl.u. Kapitel 5.

Funktionalisierung für die Diskussion um die Empfängnis Marias

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wider Wirt um Freundschaftserweise und -treue unter Humanisten? In diesen Richtungen könnten Antworten auf die Frage gesucht werden, welches Interesse die Humanisten an der Empfängnis Marias hatten. Die Begeisterung und der Einsatz der Humanisten für die immaculata conceptio geht jedenfalls über den Ausdruck persönlicher Frömmigkeit weit hinaus. Mit dem Hinweis auf diesen Streit ist jedoch nicht zu belegen, daß die Annenverehrung notwendige historische Folge des Glauben an die unbefleckte Empfängnis Marias war. Den Verzicht auf die Verehrung Annas hat nämlich Wirt - und das ist festzuhalten - ebensowenig wie sein Ordensgeneral Bandello gefordert. Auf der anderen Seite haben einige Humanisten die Annenverehrung kritisiert, aber für die vermeintliche Ehre Marias gestritten.62 Folgerichtig wurden in späteren Jahren die Diskussionen um die Verehrung Annas einerseits und um den Glauben an die unbefleckte Empfängnis ihrer Tochter andererseits stets getrennt voneinander geführt. Im einen Fall geht es um die durch humanistische Bibelphilologie aufgeworfene Frage, ob Maria Salome die Tochter eines zweiten Ehemannes Annas namens Salomas gewesen ist63; im anderen Fall geht es letztlich um das Verhältnis von Glauben und Wissen. Es sind deshalb die Diskussion um die Empfängnis Marias und die Geschichte der Verehrung Annas zu unterscheiden. Beide Fragen hat allein Trithemius eng miteinander verbunden. In den übrigen Annenschriften wurde die Frage der Empfängnis der Gottesgebärerin nicht mit der Frage nach ihrer Mutter verknüpft. 64 Bemerkenswerterweise wurde die Vereinnahmung Annas für die Meinung der unbefleckten Empfängnis Marias nicht zum Anlaß der Ablehnung des Annenkultes durch diejenigen Orden, welche um der Betonung der Menschlichkeit Marias - und damit der vollen Menschheit Christi - willen die Berührung Marias durch die Erbsünde lehrten; denn auch die Dominikaner feierten das Annenfest65, Bruderschaften fanden an ihren Klosterkirchen Aufnahme66,

62 Z.B. hat WIMPFELING sich im Jahre 1494 für die Ehre Marias zugunsten des Trithemius geäußert und ist auch in anderen Zusammenhängen als Mariologe aufgetreten; gegen die Verehrung der hl. Anna hat er jedoch spätestens ab 1506 scharf polemisiert. Vgl.o. Anm. 59 und Kapitel 3.2. Anm. 43. 63 Vgl.u. Kapitel 4.2. Anm. 47. 64 Nur in einem Lobpreis auf die hl. Anna findet sich ein Holzschnitt, der die immaculata conceptio ihrer Tochter verherrlicht (Beschreibung des Drucks im Anhang 2.1. unter ca. 1492a). Zum Verhältnis von Holzschnitt und Text vgl.u. Kapitel 5.1. Anm. 23. 65 Vgl. H. GROTEFEND: Ordenskalender. In: Ders.: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. Bd. II.2. Hannover, 1892, Repr. 1970, S. 39. - Grotefend arbeitet vornehmlich mit gedruckten Missalien und Brevieren und stellt im Register nur lapidar fest, daß ältere Ordens- und Diözesankalender zumeist keinen Annentag kennen. 66 Vgl.u. Kapitel 3. (beispielsweise in Mainz, Basel und Haarlem).

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

sogar Texte zum Lobe Annas wurden von Angehörigen dieses Ordens verfaßt67. Diese Überlegungen erlauben es, das berühmte in der Einleitung zitierte Ablaßgebet als Ausdruck der Funktionalisierung Annas im Streit um die Frage der Empfängnis ihrer Tochter zu interpretieren. Aus Anna ist demnach der 'unbefleckte' Leib Marias geboren worden. Die Verwendung der Formel "ane bevleckinge unde sunde" (sine macula et culpa) ist zwar theologisch mehrdeutig, hat in dieser Zeit aber eine bestimmte Konnotation. Die Auffassung, daß hier mit Hinweis auf die bekannte und beliebte Anna eine ihre Tochter betreffende Lehrmeinung im allgemeinen Glaubensbewußtsein der Kirche verankert werden sollte, wird gestützt durch den immensen Ablaß, der angeblich für das Sprechen dieses Gebetes päpstlicherseits gewährt worden war. Als Ergebnis ist somit festzuhalten, daß die Meinung, Maria sei unbefleckt empfangen worden, nicht als historische Voraussetzung der Verehrung ihrer Mutter anzusehen ist.68 Im Gegenteil: gerade der Versuch, den aufstrebenden Kult Annas für diese partikulare theologische Lehrmeinung zu funktionalisieren, rief schärfsten Widerspruch hervor. Allerdings war auch festzustellen, daß die Überzeugung, die Gottesgebärerin Maria sei hinsichtlich ihrer eigenen Zeugung irgendwie privilegiert gewesen, weit verbreitet war. Deshalb nutzten einige Annologen die Gelegenheit, im Rahmen der Annenlegende allzu mirakulöse Vorstellungen von der conceptio Mariae zu ironisieren.

67 Vgl.u. Kapitel 5.1. Anm. 20 zu Dominicus van Gelre; vgl.a. eine anonyme Schrift (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1507a). - Vgl.a. CHARLAND, der allerdings so weit ging, alle anonymen Annenschriften Angehörigen seines Ordens zuzuweisen (a.a.O., S. 46-59, bes. S. 57-59). 68 Im Jahre 1503 gewährte der Mainzer Weihbischof Thomas Ruscher einen Ablaß von 40 Tagen denjenigen, die die reine Empfängnis (purissima conceptio) Marias glauben und vor ihrem Bilde drei "Ave Maria" oder eines der von Trithemius verfaßten Gebete sprechen: "Ave sole splendidior" - "O patriarcha nobilis" - "Salve sanctissima". Vgl. [ A N O N Y M U S ] : MISZELLE: INDULGENZ für Verehrung der Immaculata 1503. In: Kath. 85.1, 3.F. 31, 1905, S. 319f. Zur handschriftlichen Überlieferung und zur neuzeitlichen Ausgabe dieser Gebete vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 238. - Das erste Gebetrichtetsich an Maria, das zweite an Joachim und Anna, das dritte allein an Anna. Trithemius hat auch hier die Aussagen zu einer besonderen Empfängnis Marias und die Aufforderung zur Verehrung ihrer Mutter funktional aufeinander bezogen.

Zur Einführung des Annentages in den Heiligenkalender

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2.4. Zur Einführung des Annentages in den Heiligenkalender Die Untersuchung von Legenden- und Predigtsammlungen zeigt, daß ein über das liturgische Gedächtnis69 der Heiligen hinausgehendes Interesse erst im 15. Jahrhundert greifbar wird.70 Die früheste datierte Handschrift, wohl aus

69 Nach geläufiger Auffassung erfuhr die hl. Anna "schon im 14. Jh. eine ausgedehnte Verehrung". J.P. KIRSCH: Literaturbericht zu B. Kleinschmidt. In: JLW 6,1926/27, Nr. 334, S. 357f, hier S. 358. Wenn auch 118 Hymnen, 36 Sequenzen und 24 Reimoffizien bekannt sind, welche die Heilige rühmen (W. LIPPHARDT: Anna IV. In: LMK, Sp. 253f), so entstammt doch der größte Teil derselben den Jahrzehnten nach 1480. Die älteren Hymnen jedoch, welche Anna nennen, können nicht dazu dienen, ein liturgisches Gedächtnis am Annentag belegen, weil sie ebensogut an Marienfesttagen (etwa Geburt, Heiligung, Empfängnis) Verwendung finden konnten. Zudem kann es nicht als sicher gelten, daß diese Hymnen u.ä. tatsächlich in gottesdienstlichen Zusammenhängen gebraucht wurden. Schon A. WILMART OSB betonte, daß die Feier des Annenfestes auch im lateinischen Westen im 13. und 14. Jahrhundert noch außergewöhnlich war (Les compositions d'OsBERT de Clare en l'honneur de sainte Anne. In: Annales de Bretagne 37,1925/26, S. 1-33).-Noch im 14. Jahihundert sei das Annenfest "in plerisque locis adhucignoratum" gewesen (ders.: Sur les FÊTES de la conception et de S te Anne. In: EphLit 42, NS 2, 1928, S. 258-268, hier S. 258). - Es war im Zusammenhang dieser Studie nicht möglich, eine differenzierte liturgiegeschichtliche Untersuchung vorzunehmen. Ein Hinweis, der Vorsicht gegenüber den älteren Frühdatierungen für geboten erscheinen läßt, mag genügen: Z.B. findet sich in den Chorbüchem des Mainzer Karmeliterklosters ein Reimoffizium für den Annentag als Nachtrag; die Handschrift deutet darauf, daß dieser Zusatz erst im 15. Jahrhundert aufgenommen wurde. Vgl. J.J. BOYCE OCarm: Die Mainzer Karmeliterchorbücher und die liturgische Tradition des Kameliterordens. In: AMRhKG 39,1987, S. 267-303. - Noch im 15. Jahrhundert wurde Anna im Trierer Dom lediglich kommemoriert. Vgl. A. KURZEJA: Der älteste Liber Ordinarius der Trierer Domkirche [...]; ein Beitrag zur Liturgiegeschichte der Ortskirchen. Münster/W., 1970. (LWQF; 52), S. 73. - Allerdings findet sich, zumindest in der barocken Ausgabe der Predigten des VINZENZ Ferrer als sermo 58 "De S. Anna, matre B.V. Mariae, de fructu quem habuit S. Anna in suam sanctificationem" (a.a.O., Bl. 192a-194b). - Gar in das frühe Mittelalter wollte H.M. BANNISTER den Ursprung der liturgischen Annenverehrung verlegen (The introduction of the cultus of St. Anne into the West. In: EHR 18,1903, S. 107-112). Er behauptete, Papst Konstantin habe die Annenverehrung in der Westkirche im 8. Jahrhundert eingeführt. Richtig ist dagegen, daß Süditalien zum byzantinischen Einflußbereich gehörte, in welchem die aktive Empfängnis Marias durch Anna schon im 7. Jahrhundert gefeiert wurde - der Festtag lag Anfang Dezember, es handelte sich also um ein Marienfest (vgl. KEULNER, a.a.O., S. 182-186). Eine der Marienverehrung gegenüber selbständige Annenverehrung kannte die mittelalterliche Ostkirche nicht. 7 0 W . WILLIAMS-KRAPP hat eine Zusammenstellung des Corpusbestandes zahlreicher Legendare, geordnet nach den in ihnen vorkommenden Heiligen, vorgelegt (Die deutschen und niederländischen LEGENDARE des Mittelalters; Studien zu ihrer Überlieferungs-, Text- und Wirkungsgeschichte. Tübingen, 1986, Texte und Textgeschichte; 20). Daraus erhellt, daß Anna nur in seltenen Fällen mit einem eigenen Tag im Heiligenkalender bedacht wurde. Die

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

Laienbesitz stammend, die einen Annentag verzeichnet, ist etwa 1 4 2 0 in Leiden entstanden. Die Lesung zum Annentag findet sich i m Anschluß an die Lesung zum Tag des hl. Germanus von Auxerre (21. Februar). 71 In der Mitte des 15. Jahrhunderts schuf dann die Lesemeisterin des reformierten Zisterzienserinnenklosters Lichtental, Schwester Regula, eine Lesung für die klösterliche lectura ad mensam am Annentag. 7 2 Hier wurde Anna - w i e es sich später allgemein einbürgerte - hinter Jakobus d.Ä. piaziert; ihre Lebensgeschichte wurde also am 26. Juli verlesen. Aber über die Lage des Annentages i m Heiligenkalender war noch lange keine Einstimmigkeit erzielt. Andere, spätere

wenigen Zeugnisse stammen vom Ende des 15. Jahrhunderts. Auch in den meisten gedruckten Legendaren fehlt eine Lesung zu Anna. WILLIAMS-KRAPP nennt nur eine Utrechter Inkunabel, die einen Annentag enthält (a.a.O., S. 124, Nr. 100, d3). - In den Legendaren des Typs "Der Heiligen Leben" war dagegen immer eine Lesung zum Annentag vorgesehen (a.a.O., S.242, Nr. 64). Zur Überlieferungsgeschichte dieses Legendars vgl. a.a.O., S. 188345. - Man benutzte als Lesung für den Annentag zumeist die aus der Marienlegende bekannte Erzählung von den greisen Eltern Marias, die unter wunderbaren Umständen eine Tochter empfangen hatten. Daneben und unvermittelt zu dieser Erzählung wurde häufig das Überlieferungsfragment vom Trinubium der Mutter Marias tradiert. Vgl.u. Kapitel 4.1. und Kapitel 4.2. - Kursorische Durchsicht handschriftlich überlieferter Legendare bestätigt dies Ergebnis. Die folgenden Legendare verzeichnen einen Annentag und bieten die Erzählung von den greisen Eltern Marias, gelegentlich daneben auch die Überlieferung zu den drei Heiraten Annas: Universitätsbibliothek Heidelberg Hs. Pal. germ. 153, Bl. 277rb-283rb (1474)-UniversitätsbibliothekLüneburgHs. Β 2°theol. 80, Bl. 167v-168r-Stadtbibliothek Trier Hs. 288/1671 8°, Bl. 267v-270v; Hs. 288/1671 8°, Bl. 270v-273v - Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 2907, Bl. 153ito-153va; Hs. Ser.n. 3621, Bl. 68v-69v; Hs. 3696, Bl. 34v-35r; Hs. 4264,188vb-189ra; Hs. 4476, Bl. 16rb-16va; Hs. Ser.n. 13655, Bl. 26r-25r [!, falsche Seitenzählung], Für den Annentag ist allein in dem letztgenannten Legendär die Legende von Annas Mutter Emerentia (vgl.u. Kapitel 4.4.), zur Lesung vorgesehen. Da auf die Erzählung von der Mutter Annas erstmals 1479 von Arnold Bostius OCarm (vgl. Kapitel 4.4.) angespielt wird und hier offensichtlich eine jüngere Überlieferungsgestalt dieser Erzählung vorliegt, ist zu vermuten, daß dies Legendär nach 1479 entstanden ist. Diese knappen Angaben zur Vita Annae können natürlich auch dem Prediger am Annentag zur Anregung gedient haben. 71 WILLIAMS-KRAPP, LEGENDARE, a.a.O., S. 122f, Nr. 100, Ld 5. 72 Vgl. JACOBUS de Voragine: Die 'Elsässische Legenda aurea'. Bd. 2: Das Sondergut/ hg. von K . KUNZE. Tübingen, 1983. (Texte und Textgeschichte; 10), S. XXIXf. - Das gemeinsame Mahl aller Schwestern mit Lesung war wohl bei der Reform des Klosters im Jahre 1426 eingeführt worden. Regula benutzte die ältere Lesung für den Tag der Geburt Marias als Lesung für den Annentag. -Kritische Edition: JACOBUS, KUNZE, a.a.O., S. 139-141. - Zu Schwester Regula und zu ihrer Arbeit vgl. JACOBUS de Voragine: Die 'Elsässische Legenda aurea'. Bd. 1: Das Normalcorpus / hg. von U. WILLIAMS U. W. Williams-Krapp. Tübingen, 1980. (Texte und Textgeschichte; 3), S. LVI-LVIII.

Zur Einführung des Annentages in den Heiligenkalender

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Handschriften und auch noch einige Drucke kannten seine Plazierung zu anderen Zeiten des Kirchenjahres.73 Werden mit derselben Fragestellung handschriftlich überlieferte Sammlungen von Heiligenpredigten untersucht, so zeigt sich ein ähnliches Ergebnis. Die frühesten Predigten zur hl. Anna sind in den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts aufgezeichnet worden; literarische Abhängigkeit von der Marienlegende und vom gedruckten Annenschrifttum ist in vielen Fällen leicht nachweisbar.74 Nur 73 WILLIAMS-KRAPP (LEGENDARE, a.a.O.) verzeichnet folgende Plazierungen der Lesung zum Annentag: Hinter Jakobus (S. 124, Nr. 92, d6) hinter Christopherus (S. 122, Nr. 93, Br 20 u. S. 124, Nr. 93, d3), hinter Elisabeth von Thüringen (S. 144, Nr. 160, Ds 1), hinter Pelagius (nach Dymphna, S. 146, Nr. 173, Br 20) oder gar hinter Nikolaus (S. 90, Nr. 3, L 1). - Alle diese Plazierungen finden sich in verschiedenen Überlieferungsträgem der südmittelniederländischen Bearbeitung der "Legenda aurea". Zur Überlieferungsgeschichte dieses Legendars vgl. WILLIAMS-KRAPP, LEGENDARE, a.a.O., S . 5 3 - 1 8 7 . 74 Folgende Predigten zum Annentag, die undatiert sind oder sicher auf 'nach 1480' zu datieren sind, konnte ich auffinden: Stadtbibliothek Braunschweig Hs. 79, Bl. 178ra-179vb Bibliothèque Royale Bruxelles Hs. 3391.99, Bl. 103va-103vb (erst Mitte des 16. Jahrhunderts?) - Badische Landesbibliothek Karlsruhe Hs. Lichtental 95, Bl. 275r-284v (1512-1515) - Universitätsbibliothek Lüneburg Hs. Β 2° theol. 105, Bl. 156vb - Bayerische Staatsbibliothek München cgm 371, Bl. 53r-64v (9. August 1507, Nikolaus von Luttig) - Stadtbibliothek Nürnberg Hs. Cent. VI, 43m 3, Bl. 19r-21r; Hs. Cent. VI, 43m 3, Bl. 19r-21r, Hs. Cent. VI, 43m 60, Bl. 336v-339v -Stadtbibliothek Trier Hs. 602/1572 8°, Bl. 124r-126r; Hs. 627/1525 8°, Bl. 267r-279v; Hs. 1143/445 8°, Bl. 179v-181r; Hs. 1143/445 8°, Bl. 181v-186v; Hs. 1186/488 8°, Bl. 275r-284v - Hs. 1187/489 8°, Bl. lr-6v; Hs. 1187/489 8°, Bl. 7r-10r Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 3610, Bl. 82r-83v; Hs. 3790, Bl. 130r-130v (1521); Hs. 3843, Bl. 78r-87r ("sancta mater ecclesia célébrât festum de [...] sancta Anna et non de eius patre sancto Ioachim", Bl. 78r); Hs. 4339, Bl. 157v-158v (1530); Hs. Ser.n. 3619, Bl. 94-96v (zu Maria, Anna und Joachim; ohne Nennung eines Festtages). - Aus einer frühen Phase der Annenverehrung datiert auch eine Predigt des Basler Humanisten Johannes HEYNLIN von Stein (Lapide), die in der nur sehr schlecht lesbaren Handschrift (Universitätsbibliothek Basel Hs. A VII. 11, Bl. 160rf) erhalten ist. Zur Biographie Heynlins und zur Kartause vgl. M. HOSSFELD: Johannes Heynlin aus Stein. In: Β ZG AK 6,1907, S. 301-356 u. 7, 1908, S. 79-219 u. S. 235-431. Lt. HOSSFELD wurde die Predigt am 26. 7. 1482 im Nonnenkloster Lichtenthai gehalten. Heynlin bietet unter anderem eine kurze Information über Orte, an denen Anna Verehrung erfährt: Anna sei zusammen mit Maria Magdalena und Martha auf wunderbare Weise nach Marseille gelangt; nach ihrem Tode seien dort durch ihre Leibreliquie zahlreiche Wunder gewirkt worden. Dieselben Informationen, die Heynlin bietet, finden sich auch in der 1477 in Basel gedruckten Inkunabel (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1477; sachlich vgl.u. Anm. 80); in den Annenlegenden wird dies nicht erwähnt. In den folgenden, im Anhang 2.1. beschriebenen Inkunabeln und Postinkunabeln finden sich ebenfalls Predigten zum Annentag: 1499b (Michael von UNGARN, de Hungaria), ca. 1500c, na. 1500a, Lage 2,2), ca. 1506 (Bernhard von LUXEMBURG). - Die meisten dieser Predigten referieren die Erzählung von der Geburt Marias; auf den Hörerkreis kann meist nicht geschlossen werden; ja es kann nicht einmal mit Sicherheit angegeben werden, daß die

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

einzelne Predigten zum Annentag, die mit Sicherheit vor 1480 aufgezeichnet wurden, sind erhalten.75 Sie haben nicht zur Entstehung des Kultbildes der Heiligen beigetragen. Dieser Befund widerlegt die Äußerung Kleinschmidts, wonach das Fest der hl. Anna "im 14. Jahrhundert [...] bereits in so viele Kirchen und Diözesen eingeführt [war], daß man fast von einer allgemeinen Verbreitung sprechen kann."76 Nun ist abschließend zu fragen, ab wann das Annenfest in der Westkirche gefeiert wurde. Auf vereinzelte Belege vor 1481 wurde hingewiesen; aus ihnen kann geschlossen werden, daß die Verbreitung des Annenfestes nicht allzu groß war. Das Annenfest wurde von Papst Sixtus IV. wie das Josefs-, Franziskusund das schon erwähnte Conceptio-Mariae-Fest im Jahre 1481 in das römische Brevier aufgenommen77. In den folgenden Jahren fand es in zahlreiche vom römischen abhängige Festkalender Eingang; allerdings belegt eine große Zahl von Drucken des Breviarium Romanum nach 1481, daß das Annenfest noch nicht aufgenommen worden war.78 Daher erklärt es sich, daß auch in späteren Predigten gehalten wurden. Aus anderen Quellen geht hervor, daß häufig die Annenbruderschaften ihren Altaristen zu einer Predigt am Annentag verpflichteten. Vgl.u. Kapitel 3.5. Einzelne Annenpredigten liegen in neuzeitlichen Druckausgaben vor: Johannes VEGHE; ein deutscher Prediger des 15. Jahrhunderts / hg. von F. Jostes. Halle, 1883, S. 75-99: "To love unde to eeren der hilligen und eerwirdigen vrouwen sunte Annen", zwei Predigten. Johannes Veghe (gest. 1504) verglich - nach Meinung des Herausgebers der Predigten im Jahre 1492 vor den Schwestern vom gemeinsamen Leben zu Niesink - Anna in einer Predigt mit fünf Bäumen, die ihre Tugend, Standhaftigkeit, Aufrichtigkeit usw. abbildeten. Zur Baumallegorese vgl. D. SCHMIDTKE: Marianischer Baumgarten. In: VerLex, Bd. 5, 2. Aufl., 1985, Sp. 1270, mit weiterer Literatur. - Die zweite Predigt des Humanisten Veghe fordert das Annenlob, weil auch ihr Enkel - wie es sich für Kinder gehört - seine Großmutter geehrt habe. Dieser Gedanke findet sich im Schrifttum dieser Jahre häufig. Vgl.u. Kapitel 5.3. - Zur Biographie und Theologie Veghes vgl. H. RADEMACHER MSC: Mystik und Humanismus der devotio moderna in den Predigten und Traktaten des Johannes Veghe; ein Beitrag zur Geistesgeschichte Münsters. Hiltrup, 1935. Zgl. Diss. Münster, 1935. - Auch im Anhang zur neuzeitlichen Druckausgabe der "Legenda aurea" findet sich eine Annenpredigt: JACOBUS DE VORAGINE: Legenda aurea; vulgo historia Lombardica dicta / hg. von T. Graesse. Dresden, 1846, Cap. CCXXII (192.), S. 934f. - KLEINSCHMIDT nennt als Prediger am Annentag auch Bemhardin de Busti OFM und Pelbartus de Themesvar (ohne nähere Angaben, a.a.O., S. 148). 75 Aus den Jahren vor 1480 datieren mit relativ großer Sicherheit nur die folgenden Predigten: Hessische Landesbibliothek Darmstadt Hs. 144, Bl. 269ra-270vb (1471) - Universitätsbibliothek Göttingen Hs. 8" Theol. 156\ Bl. 11 lr-112r (Johannes von Parcham OFM, 1471). 76 KLEINSCHMIDT, a.a.O., S. 132. 77 A.a.O., S. 134. 78 Vgl. GKW, Bd. 2, Brevier: Breviarium Romanum, Nr. 5101-5123. Nur die Breviere des Typs II und Ild enthalten im Proprium Sanctorum ein Offizium für Anna; von den

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Jahren noch mehrere Frühdrucke die liturgischen Formulare für den Annentag bieten79; gelegentlich bieten sie neben Meßoffizium und Stundengebet für den Annentag dasselbe auch für die Festtage anderer Heiliger aus der Familie Jesu, etwa Joachim, Josef, Maria Salome und Maria Jacobi.80 Diese Drucke bezeichBrevieren mit Nachträgen enthalten nur die Officia annexa des Typs I und la Formulare für die liturgische Feier des Annentages. Noch 1490 enthält beispielsweise das Brevier der Augustiner-Chorherren das Annenoffizium nicht (a.a.O., Nr. 5174). 79 Vgl. etwa Anhang 2.1. unter 1507f. 80 Die früheste der zu besprechenden Druckschriften ist die lt. Beschreibung von GKW 1993 "nicht nach 1477" in Basel bei Martin Flach gedruckte "historia Annae" (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1477). Die vom GKW vorgenommene Datierung stützt sich auf drucktechnische Daten; aus den Bemerkungen, die den Abdruck der Bulle des Basler Konzils zur Unbefleckten Empfängnis Marias einleiten, geht jedoch hervor, daß diese Erklärung der Konzilsväter "per sedem apostolicam confirniatum" (a.a.O., Bl. lr) sei. Eine solche Bestätigung erfolgte aber erst durch Sixtus IV. am 27. Februar 1477; demnach wird man wohl datieren dürfen: nach dem 27. Februar 1477. - Die Meßformulare bieten die Ordnung, nach der im Basler Münster die Festtage der Mitglieder von Jesu Sippe gefeiert werden sollen. Unter den Texten ist auch eine Reihe von Gebeten für einen jeden Tag der Woche. Diese Gebete sind, so geht aus der Überschrift hervor, per quendam magne scientie et sánete vite virum ordinis Cartusiensis aus Basel zusammengestellt worden. Hier haben wir möglicherweise einen Hinweis auf die Urheber des ganzen Heftchens: Mitglieder der Kartause St. Margaretenthal. Zur Bedeutung der Kartause für das Basler Druckschaffen dieser Jahre vgl. die Hinweise von M. BURCKHARDT: BIBLIOTHEKSAUFBAU, Bücherbesitz und Leserschaft im spätmittelalterlichen Basel. In: STUDIEN BILDUNGSWESEN, a.a.O., S . 33-52, mit Zusammenstellung der älteren Literatur. - Wenige Jahre später wurden dieselben liturgischen Formulare zum Annenfest veröffenüicht, allerdings ohne die aus der Basler Inkunabel bekannten einleitenden und abschließenden Texte. Dafür hat der Augsburger Drucker Anton Sorg der 1479 gedruckten "Historia nova, pulchra, devota et authentica de S. Anna" (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1479) Exeipte aus einem Traktat des Jacobus Louber, der von 1480 an Prior der Kartause war, vorangestellt. Die Schrift, der diese Zitate entnommen sind, konnte ich nicht identifizieren. - Louber polemisiert hier gegen diejenigen, "qui dicunt sanetos Ioseph, Ioachim, Mariam Iacobi et Salome ceterosque veteris testamenti sanetos in ecclesia Dei publice non esse venerandos ñeque ipsorum festa celebranda" (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1479, Bl. 2r). Die liturgische Feier der Festtage von Mitgliedern der familia lesti war also keineswegs allgemein akzeptiert, sie wurde von manchen mit dem Argument verworfen: "non sint canonisati, ideo festa eorum non celebranda [sunt]" (a.a.O., Bl. lv). Interessant an der Argumentation Loubers ist nun, daß die liturgische Feier des Annenfestes als Beispiel für das Fest einer alttestamentlichen Heiligen angeführt wird, welches wegfallen müßte, wenn es grundsätzlich in alttestamentlicher Zeit keine Heiligen gegeben hätte. Liturgischer Annenkult wurde offenbar von Louber und seinen Zeitgenossen eher akzeptiert als der Kult anderer vorchristlicher Heiliger. - An der Wende der siebziger zu den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts kann dann am Eingang einer Meß- und Offiziumstexte für die Verehrung der Heiligen Joachim, Josef, Maria Jakobi und Salome bietenden Inkunabel aus der Offizin Sorgs kategorisch festgestellt werden, Annenmessen seien jetzt überall zu haben, hinsichtlich Joachims bestehe jedoch ein Mangel: "Hystoria sánete Anne sue matris frequenter quasi

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nen sich als "historiae"81. Einleitend wird in einem Fall die Verehrung der Angehörigen Jesu mit folgenden Worten gerechtfertigt: "Sicut laudare dominum debemus in sanctis eius [Ps 150,1], sic decet, ut laudemus et dominam in sanctis suis amicis, secundum parentibus, sororibus et aliis affinibus atque cognatis, quorum veneratio est utique matris dei suique filii laudatio, cum hii tales de eorum benedicta sint genealogia, non a casu, sed certe ex divina Providentia, qua disponuntur omnia."82 [Wie wir den Herrn in seinen Heiligen loben sollen, so ziemt es sich, daß wir auch die Herrin in ihren heiligen Freunden, zudem den Eltern, Schwestern und anderen Verwandten väterlicher- und mütterlicherseits loben, deren Verehrung nämlich der Mutter Gottes und ihrem Sohn zum Lob gereicht, weil solche Personen durch ihre Verwandtschaft gesegnet sind, nicht zufällig, sondern gewiß von der göttlichen Vorsehung, durch die alles geordnet wird.] Die Drucke mit liturgischem Gut zu Anna und anderen Mitgliedern der heiligen Sippe erschienen in den oberdeutschen Handelszentren Basel und Augsburg, in einer Region also, die später - verglichen mit dem niederländischen und rheinischen Raum - eine eher geringe Rolle in der Geschichte der Annenverehrung spielte. Festzuhalten ist zudem, daß zu dieser Zeit im oberdeutschen Raum kein Bedürfnis nach einer ausgeführten Legende der Heiligen sichtbar wird und nirgends auf ein Mirakel angespielt wird. Man begnügte sich mit dem mariologischem Erzählgut, das vom frühen Mittelalter an in der Westkirche bekannt war und bereitete es für liturgische Zwecke auf.83 ubique locorum habetur. Hystorie autem sancü Joachim patris sui pervalde raro et per consequens suum festum heu a perpaucis celebratur." Bibliographische Beschreibung: H 8746, Bl. lr. Datierung lt. brieflicher Auskunft des GKW vom 30. 3. 1988: zwischen 1478 und 1484; H 8746 entspricht GKW 1991, Bl. 10r-33v. - Vgl.a. Beschreibung eines weiteren Offiziums im Anhang 2.1. unter ca. 1500a; Kardinallegat Raimundus Peraudi erteilte für die Zelebration dieses Offiziums einen Ablaß. 81 Der Terminus 'Historie' bezeichnete im Mittelalter die gesungenen Teile des Breviers. Er macht am Ende des 15. Jahrhunderts eine einschneidende Bedeutungswandlung durch: Wurden bisher nur liturgische Texte als historia bezeichnet, so bürgert sich nun zunehmend der 'moderne' Sprachgebrauch ein; als 'Historien' werden nun strenge Tatsachenberichte, Heiligenviten und Prosaromane gleichermaßen bezeichnet, solange sie einen 'historischen' Anspruch haben. Hier bildeten sich schnell 'Titelkonventionen' zwischen fnihhumanistischen Übersetzern, Verlegern und Publikum heraus. Diesem 'modernen' Sprachgebrauch entsprechend werden mehrere Annenlegenden auf dem Titelblatt als Historien angekündigt. Vgl. J. KNAPE: 'Historie' in Mittelalter und in früher Neuzeit; begriffs- und gattungsgeschichtliche Untersuchung im interdisziplinären Kontext. Baden-Baden, 1984, S. 179-190, S. 255. 82 Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1477, Bl. 32v. 83 Zur Überlieferung derjenigen Traditionen, die in der Annenlegende verarbeitet wurden, vgl.u. Kapitel 4. - Das hier vorgestellte liturgische Schrifttum kann als eine erste Phase

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In die meisten Diözesan- und Ordenskalender dürfte das Annenfest erst nach 1481 eingeführt worden sein. 8 4 1493 - also zu e i n e m Zeitpunkt, als Johannes Trithemius maßgeblichen Einfluß auf die Kongregation hatte - wurde e s als duplex maius mit d e m Offizium aus d e m Commune de sancta non virgine in den Festkalender der Bursfelder Kongregation aufgenommen; gleichzeitig wurden Anna und Maria zu Protektorinnen dieser Kongregation erwählt. 85 Andere Einzelnachrichten stützen diese Auffassung: 1496 wurde der Annentag von Friedrich dem Weisen als Festtag i m kurfürstlichen Sachsen eingeführt; der Fürst hatte dafür ein päpstliches Breve erlangt. 86 Erst im Jahre 1509 wurde der

in der Geschichte des Anna gewidmeten Druckschaffens angesehen werden. Sie währte etwa vom Jahre 1477 bis zum Jahre 1486. In diese Phase fällt auch ein nichtliturgischer Text: das Annengedicht des Humanisten Rudolf Agricola. Vgl.u. Kapitel 5.1. Im Unterschied zu den späteren Drucken kennen die frühesten weder die Geschichte von Annas Geburt aus ihrer Mutter Emerentia noch enthalten sie Ausführungen zum ehelichen Lebens Annas mit ihren drei Ehemännern oder zum nachehelichen Leben Annas mit der heiligen Familie oder zu ihrem Tod. Sie beziehen Anna nicht in die im Neuen Testament überlieferte Lebens- und Leidensgeschichte Jesu ein. 84 Leider gibt GROTEFEND (a.a.O.) keine befriedigende Antwort auf diese Frage, da seine Angaben häufig auf den gedruckten Brevieren beruhen; diese sind aber gerade im Untersuchungszeitraum gedruckt worden. Deshalb kann ich im folgenden nur Einzelnachrichten zusammenstellen, die freilich in eine bestimmte Richtung weisen. Die Einführung des Annenfestes in den Franziskanerorden erfolgte nach W. LAMPEN OFM, der sich auf die Ordensannalen stützt, erst nach 1480. Von 1482 an wird es als duplex maius in vielen liturgischen Büchern der Franziskaner bezeichnet (Vereering der h. Moeder Anna in de Middeleeuwen. In: Historisch Tijdschrift 2,1924, S. 221-243. Vgl.a. JLW 4, 1924, Nr. 390, S. 331). - Für andere Orden liegt keine vergleichbare Untersuchung der Entwicklung des Festkalenders vor. 85 Vgl. A. ROSENTHAL OSB : Martyrologium und Festkalender der Bursfelder Kongregation; von den Anfängen der Kongregation (1446) bis zum nachtridentinischen Martyrologium Romanum (1584). Münster, 1984. (BGAM.B; 35) Zgl. Diss. Trier, 1980/81, S. 67,85,95 und 111.- Vgl.a. P. VOLK OSB: Zur Geschichte des Bursfelder Breviers. In: SMGBO 46 NF 15, 1928, S. 49-92, S. 175-201 u. S. 233-258. Das Bursfelder Brevier wurde zwischen dem 1. Juli 1496 und dem 30. Juli 1498 von Peter Drach in Speyer gedruckt; Trithemius hatte die Vorrede verfaßt (GKW 5180). Die Äbte der Kongregation stritten in den folgenden Jahren über den Rang des Annenfestes: Einige wollten es mit Vorabendvesper versehen, was aber den Rang des Jakobusfestes schmälerte. 1511 wurde bestimmt, daß dessen Fest mit zweiter Vesper zu halten sei, da es als festum ecclesiasticum zu gelten habe, das Annenfest sei jedoch nur ex devotione assumptum (a.a.O., S. 63f)· - Zum Annenfest im Zisterzienserorden vgl. MÜLLER, a.a.O., S. 208-215. 86 J.G. HORN: Nützliche Sammlungen zu einer Historischen Handbibliothek von Sachsen und dessen incorporierten Landen [...] T. IV., Nr. 5: Diplomatische Annales der Stadt Annaberg. Leipzig, 1729, S. 416.

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Religiöse Rahmenbedingungen der Annenverehrung

Annentag in Schlesien als Festtag eingeführt. 87 1510 hat Bischof Erich I. von Münster das Annenfest zum gebotenen Feiertag erhoben und vom 26. Juli auf den 16. August, den Tag nach Mariae-Himmelfahrt, verlegt. Die benachbarten Diözesen Osnabrück und Paderborn haben das Annenfest nach seinem Beispiel als Feiertag eingeführt.88 Papst Pius V. schaffte das Annenfest für die römische Diözese wieder ab und erst Papst Gregor XIII. gebot seine Einführung im Jahre 1584 für die ganze Kirche. Zusammenfassend ist festzuhalten: Vereinzelte Nennungen einer liturgischen Feier des Annentages finden sich zwar schon in klösterlichen Kaiendarien des 13. und 14. Jahrhunderts, von einer breiten oder gar allgemeinen Feier des Annentages ist jedoch nicht zu reden.

87 Arnold O. MEYER: Studien zur Vorgeschichte der Reformation; aus schlesischen Quellen. München, 1903. (HB; 14), S. 399. 88 A. TIBUS: Gründungsgeschichte der Stifter, Pfarrkirchen, Klöster und Kapellen im Bereiche des alten Bisthums Münster mit Ausschluß des ehemaligen friesischen Theils. Münster, 1885. Repr. Osnabrück, 1977, S. 55f, Anm. zu Zeile 27.

3. Annenverehrung in Bruderschaften Zu den auffälligsten Phänomenen der Annenverehrung gehört, daß eine große Zahl von Vereinigungen unter d e m Patronat der Heiligen stand. D i e Entstehung und das Bestehen solcher Korporationen ist ein Charakteristikum des spätmittelalterlichen Kirchenwesens. 1 Von besonderem Interesse für die Erhebung der Annenverehrung sind diese Vereinigungen deshalb, weil hier kollektive Verehrung der Heiligen greifbar wird. Für das Spätmittelalter gilt, daß die Beliebtheit eines Heiligen aus der Tatsache des Vorhandenseins solcher Gemeinschaften erhellt. D i e Menschen schlossen sich zusammen, um den Kult eines Heiligen öffentlich auszuüben und die weitere Verbreitung seiner Verehrung zu fördern. Sie erhofften sich, daß der Patron - beziehungsweise Gott als der oberste Patron aller Patrone - sie dafür schütze vor allerlei Gefahren für Leib, Seele und Leben. 2 A l s Annenbruderschaften 3 werden i m folgenden alle

1 Vgl. zum Problemfeld Kirche und Stadt bzw. Bettelorden und Stadt die Aufsätze in den Sammelbänden: BÜRGERSCHAFT und Kirche; 17. Arbeitstagung in Kempten, 3.-5. Nov. 1978 / hg. von J. Sydow. Sigmaringen, 1980. (Stadt in der Geschichte; 7) und: KIRCHE und gesellschaftlicher Wandel in deutschen und niederländischen Städten der werdenden Neuzeit /hg. von F. Petri. Köln, 1980. (Städteforschung; R.A. 10) - Vgl.a. K. TRÜDINGER: Stadt und Kirche im spätmittelalterlichen Würzburg. Stuttgart, 1978. (Spätmittelalter und frühe Neuzeit; 1) - Hans-Joachim SCHMIDT: BEITELORDEN in Trier; Wirksamkeit und Umfeld im hohen und späten Mittelalter. Trier, 1986. (Trierer Historische Forschungen; 10) - R. KIESSLING: Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter; ein Beitrag zur Strukturanalyse der oberdeutschen Reichsstadt. Augsburg, 1971. (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg; 19). 2 Als Bruderschaft können im einzelnen sehr unterschiedliche Korporationen bezeichnet werden. - Vgl. die einschlägigen Lexikonartikel: J. JASSMEIER: Bruderschaft. In: LThK, Bd. 2, 1958, Sp. 719-721. - R . STUPPERICH: Bruderschaften, Schwesterschaften, Kommunitäten; II.V I . In: T R E , B d . 7 , 1 9 8 1 , S . 1 9 5 - 2 0 6 . - B . U . HERGEMÖLLER U. R . W e i g a n d : B r u d e r s c h a f t . In:

Lexikon des MA, Bd. 2,1983, Sp. 738-741. - W. SCHIEDER: Brüderlichkeit, Bruderschaft [...]. In: G G r , B d . 1, 1 9 7 2 , S . 5 5 2 - 5 8 1 .

3 Die dem Patronat der hl. Anna unterstellten Bruderschaften sind bislang nicht in statistisch relevanter Zahl erhoben und unter strukturellen Gesichtspunkten miteinander verglichen worden. Gleichwohl gibt es einen beachtenswerten 'common sense' in der Sekundärliteratur, welche KLEINSCHMIDT folgt. Annenbruderschaften seien herausragender Ausdruck "volkstümlicher Annenverehrung". Aufgabe der Bruderschaftsmitglieder sei "die Verrichtung bestimmter Gebete und Andachtsübungen, namentlich sollten sie der am Mens-

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Annenverehrung in Bruderschaften

diejenigen Gemeinschaften bezeichnet, welche die hl. Anna unter ihren Patronen4 nennen. Die Untersuchung religiöser und ständischer Korporationen im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht; das analytische Instrumentarium konnte entscheidend verbessert werden.5 Folgende Aspekte werden im folgenden in den Blick

tag zu Ehren der hl. Anna gelesenen Messe beiwohnen. [...] Es bestand also unter den Mitgliedern eine Art Gebetsverbrüderung, welche den einzelnen Mitgliedern an den Gebeten und guten Werken aller Mitglieder Anteil gewährte." KLEINSCHMIDT, a.a.O., S . 141. - Diese Bruderschaften seien "in Deutschland wohl im 13. Jahrhundert aufgekommen" (a.a.O., S. 139). - So noch neuestens BÖER, A N N A VEREHRUNG, a.a.O. 4 Dabei wird kein Unterschied gemacht zwischen einer Nennung Annas als Hauptpatronin und als Nebenpatronin. Dies Vorgehen begründet sich aus folgenden Überlegungen und Beobachtungen: In vielen Gegenden Deutschlands war nicht der erstgenannte Patron identisch mit dem Haupt-, der Zweit- oder später genannte mit dem Nebenpatron einer Bruderschaft. Vgl. M. ZENDER: RÄUME und Schichten mittelalterlicher Heiligenverehrung. In: Atlas der deutschen Volkskunde NF 1959, S. 153-232. - Vgl.a. ders.: GESTALT und Wandel von Heiligenverehrung und Wallfahrt an Rhein und Main. In: Ders.: Gestalt und Wandel; Aufsätze zur rheinisch-westfälischen Volkskunde und Kulturraumforschung / hg. von H.L. Cox. Bonn, 1977, S. 258-269. So wurde Anna wegen ihrer besonderen Würdigkeit beispielsweise in Berlichingen an letzter Stelle (vgl. L. REMLING: Bruderschaften in Franken; kirchenund sozialgeschichtliche Untersuchungen zum spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bruderschaftswesen. Würzburg, 1986, QFGBW; 35, Zugl. Diss. Würzburg, 1981, S. 396), in Bodman dagegen an erster Stelle genannt (vgl. F.J. BAUMANN: Beiträge zur Geschichte der Pfarrei Bodman. In: Bodenseechronik, Beilage zur Deutschen Bodenseezeitung 20,1931, S. 18). In Colmar führte der Bischof Maria als Hauptpatronin ein, während die Franziskaner um die Bestätigung allein von Anna als Patronin angesucht hatten (vgl. Archives Magistrales Colmar GG 137, 1-3). - Zur Problematik der Kopatronate im allgemeinen vgl. H. WEIGEL: Patrozinienkunde. In: BDLG 101, 1965, S. 349-368, hier S. 351f. - Vgl.a. aus anderer Perspektive H.W. KRUMWIEDE: Die Schutzherrschaft der mittelalterlichen Kirchenheiligen in Niedersachsen. In: JGNKG 58,1960, S. 23-40. - Nur selten wurde Anna mit einem anderen, gleichzeitig besonders beliebten Heiligen zusammen genannt. Dann standen die beiden Heiligen für verschiedene Bedürfnisse der Verehrergemeinde, für welche sie jeweils als 'Spezialisten' angesehen wurden. - Gelegentlich erklärt sich das Kopatronat daher, daß Anna als Patronin gewählt wurde, weil sie zur Zeit der Gründung der Bruderschaft besonders beliebt war, die Bruderschaft aber einem zweiten Zweck neben dem der kollektiven Annenverehrung diente. So hatte in Sternberg die Annenbruderschaft die Hl. Blut-Wallfahrt zu fördern (G.C.F. LISCH: Hauptbegebenheiten der älteren Geschichte der Stadt Sternberg. In: Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 12, 1847, S. 187-306, hier S. 220). - Andere Kopatronate erklären sich daraus, daß der Patron der Kirche, der Kapelle oder des Altares, wo die Annenbruderschaft beheimatet war, der Bruderschaftspatronin Anna beigegeben wurde. - Nur vereinzelt wurde Anna zusammen mit anderen Mitgliedern ihrer Sippe genannt. 5 Als vorbildlich für die Erforschung religiöser Korporationen in einem bestimmten Raum kann die Dissertation von Ludwig REMLING gelten, der in einer instruktiven Einleitung

Bruderschaften im spätmittelalterlichen Kirchenwesen

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gelangen: Verbreitung der Annenbruderschaften, Träger in soziologischer Hinsicht, kirchliche Anbindung, Verpflichtungen der Mitglieder, Organisation und Verwaltung, religiöses und geselliges Brauchtum.

3.1. Bruderschaften im spätmittelalterlichen Kirchenwesen Im religiösen Leben einer spätmittelalterlichen Stadt spielten Vereinigungen zu geistlichen Z w e c k e n eine bedeutsame Rolle. 6 Beliebt waren besonders Vereinigungen, die es Laien ermöglichten, ein Leben als Semireligiose 7 zu führen. D a s Auftreten dieser Gemeinschaften ist ein Indiz dafür, daß im Spätmittelalter breite Schichten der Laien nach Formen der Realisierung christ-

den Stand der Forschung zum Thema Bruderschaft und spätmittelalterliches Kirchenwesen zusammenfaßt (a.a.O., S. 5-53). - Zu Annenbruderschaften vgl.a. meine Zusammenstellung von Informationen zu 464 Annenbruderschaften (Vorrefoimatorische BRUDERSCHAFTEN der hl. Anna. In: AHAW.PH). 6 Zur Geschichte des Bruderschaftsgedankens vgl. K.H. SCHELKLE: Bruder. In: RAC 2, 1 9 5 4 , S p . 6 3 1 - 6 4 0 . - V g l . a . d i e E i n l e i t u n g v o n A . SCHNYDER: D i e URSULABRUDERSCHAFTEN d e s

Spätmittelalters; ein Beitrag zur Erforschung der deutschsprachigen religiösen Literatur des 15. Jahrhunderts. Bern, 1986. (Sprache und Dichtung; NF 34) Zgl. Habil. Bern, 1982, bes. S. 16-32. - Zum vortridentinischen Bruderschaftsrecht vgl. J. SYDOW: Fragen zu Gilde, Bruderschaft und Zunft im Lichte von Kirchenrecht und Kanonistik. In: GILDEN und Zünfte; kaufmännische und gewerbliche Genossenschaften im hohen und späten Mittelalter / hg. von B. Schwineköper. Sigmaringen, 1985. (Vorträge und Forschungen; 29) S. 113-127. - Zum nachtridentinischen Bruderschaftsrecht vgl. BERINGER, a.a.O., Bd. 1, S. 1-68. Vgl.a. H. SCHNIZER: Die kirchlichen Vereine. In: Handbuch des katholischen Kirchenrechts / hg. von J. Listi u.a. Regensburg, 1983, § 53-55, S. 454-476.

7 Kaspar ELM beurteilt das Interesse an der Gründung dieser religiösen Gemeinschaften wie folgt: "Die Vermehrung der Gemeinschaften der via media war [...] die Folge eines massiven Bevölkerungswachstums und einer zunehmenden sozialen und intellektuellen Mobilität vor allem unter der städtischen Bevölkerung, boten sie doch den Gläubigen, die durch Beruf, familiäre Bindung, Rechtsstellung oder fehlende materielle Voraussetzungen gehindert waren, einem Orden beizutreten, die Chance zum erfüllten geistlichen Leben, zur sozialen Integration, zu höherem gesellschaftlichen Prestige, aber auch zu sozialem und politischen Protest." (Die BRUDERSCHAFT vom gemeinsamen Leben; eine geistliche Lebensform zwischen Kloster und Welt, Mittelalterund Neuzeit. In: OGE 59,1985, S. 470-496, hier S. 478) - Weitere Informationen zur Geschichte der Semireligiosität bietet ders: Die STELLUNG der Frau in Ordenswesen, Semireligiosentum und Häresie zur Zeit der hl. Elisabeth. In: SANKT ELISABETH; Fürstin, Dienerin, Heilige / hg. von der Philipps-Universität Marburg. Sigmaringen, 1981, S. 7-28.

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Annenverehrung in Bruderschaften

liehen L e b e n s suchten. 8 Andererseits ist nicht z u übersehen, daß die Organisationsform 'Bruderschaft' ihr Vorbild nicht nur in älteren Kleriker- und R e l i g i o s e n g e m e i n s c h a f t e n hatte, sondern auch auf M o d e l l e

gemeinschaftlichen

Handelns, w e l c h e die Stadtgesellschaft entwickelt hatte, zurückgreifen konnte. 9 Verschiedene F o r m e n religiöser Vereinigungen hatten sich vor d e m Entsteh e n der A n n e n b r u d e r s c h a f t e n s c h o n h e r a u s g e b i l d e t . D i e

zeitgenössische

T e r m i n o l o g i e ist regional unterschiedlich 1 0 ; die neuzeitliche B e n e n n u n g unterscheidet d e s h a l b die Korporationen nach ihren Z w e c k e n 1 1 . 8 Vgl. SEIBT, a.a.O. - F. MACHILEK: Die Frömmigkeit und die Krise des 14. und 15. Jahrhunderts. In: Medievalia Bohémica 3,1970, S. 209-227. 9 Zur Geschichte der Erforschung der stärker politisch ausgerichteten Korporationen vgl. O.G. OEXLE: Die mittelalterliche ZUNFT als Forschungsproblem; ein Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte der Moderne. In: BDLG 118, 1982, S. 1-44. - Aus sozialgeschichtlicher Perspektive wird die Geschichte dieser Institutionen beleuchtet durch dens.: Die mittelalterlichen GILDEN; ihre Selbstdeutung und ihr Beitrag zur Formung sozialer Strukturen. In: SOZIALE ORDNUNGEN im Selbstverständnis des Mittelalters. Bd. 1 / hg. von A. Zimmermann. Berlin, 1979. (MM; 12.1), S. 203-226. - Vgl. auch die Vorträge, die bei dem Kolloquium zur Geschichte der Körperschaften in den nordeuropäischen Städten gehalten wurden, abgedruckt in: GILDE und Korporation in den nordeuropäischen Städten des späten Mittelalters / hg. von K. Friedland. Köln, 1984. (Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte; NF 29). Vgl.a. KAUFMÄNNISCHE und gewerbliche Genossenschaften (Gilden und Zünfte) im frühen und hohen Mittelalter; T. 1-2, Protokolle der Arbeitstagungen auf der Reichenau Nr. 1232,1979 u. Nr. 237,1980. Typoskripte. - Vgl.a. K. SCHULZ: Gesellen- und Handwerkervereinigungen an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. In: EUROPA 1500, a.a.O., S. 383-389. - Zur neueren volkskundlichen Sicht vgl. K . KÖSTLIN: GILDEN in Schleswig-Holstein; die Bestimmung des Standes durch 'Kultur'. Göttingen, 1976. Zgl. Habil. Kiel, 1972. 10 Die religiösen Gemeinschaften werden in den Quellen Bruderschaft, Gilde, Kaland, Zunft, Amt beziehungsweise fraternitas genannt. Seltener werden andere Begriffe zur Bezeichnung dieser Korporationen verwendet: Innung, Zeche, Lach, confraternitas. Zur zeitgenössischen Terminologie vgl. DWb (Amt: Bd. 1, Sp. 280f; Bruderschaft: Bd. 2, Sp. 422; Innung: Bd. 7, Sp. 7485; Zunft: Bd. 32, Sp. 574ff) und DRW (Bd. 2,1932-1935, S. 541f). Im Artikel "Bruderschaft" finden sich in DRW folgende Begriffsbildungen: "gilde edder bruderschaft" (aus dem Jahr 1472), "zünfften und bruderschafften" (aus dem Jahr 1573) und "in vorigen jähren hette die leineweberzunft keine zunft, sondern eine bruderschaft gehabt" (aus dem Jahre 1665). Diese Zitate belegen nicht nur den synonymen Gebrauch von Gilde und Bruderschaft, sondern auch, daß sich erst im 17. Jahrhundert die Unterscheidung zwischen Bruderschaft als Vereinigung zu religiösen Zwecken und Zunft als Vereinigung zu ständischen Zwecken durchsetzte. - Vgl. F . IRSIGLER: Zur Problematik der GILDE- und Zunftterminologie. In: GILDEN, a.a.O., S . 53-70. - Vgl.a. in demselben Band: Ruth SCHMIDT-WIEGAND: Die Bezeichnungen Zunft und Gilde in ihrem historischen und wortgeographischen Zusammenhang, S. 31-52. - Der regional unterschiedliche und unpräzise Sprachgebrauch spiegelt auf seine Weise eine unklare Rechtslage. 11 'Gilde' oder 'Zunft' werden in dieser Untersuchung nur diejenigen Korporationen

Bruderschaften im spätmittelalterlichen Kirchenwesen

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Das Interesse der Menschen an geistlichen Vereinigungen wird verständlich durch einen Hinweis auf das kirchliche Recht: Der Nichtreligiose wird durch Eintritt in eine Semireligiosengemeinschaft zum Angehörigen eines bestimmten religiösen Standes, zum Angehörigen des status médius zwischen den status der saeculariter viventes und der religiosi. Die Semireligiosengemeinschaft der Bruderschaftsangehörigen konnte sich nach dem vortridentinischen Kirchenrecht auf fast ebensoviele Verdienste vor Gott berufen wie die Jungfrauen und Witwen, Eremiten, Klausner, Hospitalbrüder, Bußbrüder, die Angehörigen der dritten Orden sowie die Schwestern und Brüder vom gemeinsamen Leben. Die Zahl der Laienbruderschaften war im 15. Jahrhundert ungemein gestiegen, so daß diese Vereinigungen praktisch nicht mehr kirchlich kontrollierbar waren. Zweck und Statuten der Bruderschaften sollten zwar schriftlich fixiert und vom zuständigen Diözesanbischof beziehungsweise vom Ordensprovinzial geprüft werden - bevor eine Bruderschaft zum Vollzug ihrer religiösen Zeremonien einem bestimmten Altar einer Regular- oder Ordenskirche zugewiesen wurde - , aber in der Praxis scheinen diese Anweisungen nicht immer befolgt worden zu sein. So mußte letztlich nur der Pfarrherr der Errichtung der Bruderschaft an einem Altar der seiner Aufsicht unterstellten Pfarrkirche zustimmen. Entsprechendes gilt für diejenigen Bruderschaften, die sich an ein Kloster banden. Wahrscheinlich stand diese Erfahrung eines ungeordneten kirchlichen Vereinswesens im Hintergrund der Erwägungen des Kardinallegaten Nikolaus von Kues, als dieser auf seiner Visitationsreise durch Deutschland im Jahre 1451 bei zwei Regionalsynoden durchsetzte, daß die Gründung neuer Bruderschaften an den der bischöflichen Aufsicht unterstehenden Kirchen erschwert werden sollte. So beschloß das Mainzer Provinzialkonzil unter der Leitung des Kusaners: "Die hl. Synode verbietet, daß künftig, was immer für neue Brüderschaften zugelassen werden, von denen eine Beeinträchtigung der Ehre oder der Rechte der Pfarrkirchen angenommen werden kann; die neu gebildeten sollen auf keine Weise durch Ablässe etc. begünstigt werden."12 genannt, die ausschließlich ständischen Zwecken dienten. Koiporaüonen, die religiösen Zwecken dienten, heißen dagegen 'Bruderschaft'. Sofern sie hauptsächlich aus Priestern bestanden und Laien nur als assoziierte Mitglieder zählten, werden sie 'Kaland' genannt. Wurde die reügiöse Bruderschaft von Angehörigen eines bestimmten Gewerbes oder Benifsstandes gebildet, so nennt man sie kurz: 'Standesbruderschaft'; dieser Terminus schließt die Handwerker ein. Kamen die Mitglieder einer Bruderschaft aus verschiedenen weltlichen Ständen, so daß sie allein durch das gemeinsame religiöse Interesse - die Verehrung des Heiligen - geeint waren, wird die Korporation 'Laienbruderschaft' genannt. 12 Zitiert nach F.A. SCHARPFF: Der Cardinal und Bischof Nicolaus von Cusa. T. 1.: Das kirchliche Wirken. Mainz, 1843, S. 187. - Zur Biographie des Kusaners vgl. E. MEUTHEN: Nikolaus von Kues, 1401-1464; Skizze einer Biographie. 5. Aufl. Münster, 1982.

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Annenverehrung in Bruderschaften

D i e Kölner Provinzialsynode dehnte dieses Verbot auf alle Kongregationen von Männern und Frauen aus, die nicht eine v o m apostolischen Stuhl genehmigte Regel annehmen wollten. 1 3 D i e s e Politik konnte die Kurie nicht lange durchsetzen, denn zahlreiche Pfarrherrn und B i s c h ö f e w i e auch die Päpste, vor allem Sixtus IV. 14 , standen den Laienorganisationen positiv gegenüber. Sie waren auf deren Gebühren und Spenden angewiesen und m ö g e n auch seelsorgerliche Erwägungen zur Rechtfertigung dieser Vereinigungen angeführt haben. 15 Das Interesse der Gläubigen an diesen Korporationen, die es ihnen erlaubten, Verantwortung für ihr religiöses Leben zu übernehmen, konnte besser durch die Zulassung und vorsichtige Überwachung v o n Bruderschaften in orthodoxe Bahnen geleitet werden. 1 6

13 SCHARPFF, a.a.O., S. 200.

14 Papst Sixtus IV. versuchte, besonders das an die Bettelordensklöster gebundene Bruderschaftsleben zu fördern, um die Notwendigkeit zum Terminieren und damit auch die mit diesem verbundenen Mißstände einzuschränken. 1481 bestimmte er, daß alle recepii ad beneficia ordinis einmal im Leben und ein zweites Mal in articulo mortis vor einem selbstgewählten Beichtvater beichten und sich von allen, auch von den dem Papst vorbehaltenen Sünden und Kirchenstrafen absolvieren lassen und vollkommenen Ablaß erhalten könnten. Vgl. S.P. WOLFS OP: Zur Geschichte der Bruderschaft der Hl. Maria und Anna bei den Dominikanern zu Haarlem. In: AFP 34,1964, S. 349-361, bes. S. 352, mit Literaturtiinweisen. 15 Die Reformation schaffte die Bruderschaften ab, weil sie die Gefahr sah, daß jene ein 'Mehrklassen-Christentum' beförderten, indem sie dem Einzelnen die Möglichkeit gaben, wegen vermeintlicher 'Verdienste' bei Gott auf solche, die nicht Mitglied der eigenen Bruderschaft waren, herabzusehen. Vgl. M. LUTHER: Ein Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leichnams und von den BRÜDERSCHAFTEN, 1519 (WA 2, S. 738-758); vgl.a. ders.: EPISTEL S. Petri gepredigt und ausgelegt, 1523 (WA 12, S. 249-399); ORDNUNG eines gemeinen Kasten, 1523 (WA 12, S. 1-30). - Auch der etwas ältere Humanist Jakob Wimpfeling hat die Bruderschaften kritisch beurteilt (vgl. J. KNEPPER: Jakob Wimpfeling, 1450-1528; seine Werke nach den Quellen dargestellt. Freiburg i.Br., 1903, Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes; III.2-4, hier S. 61, Anm. 1). Zu Wimpfeling als Kritiker der Annenverehrung vgl. Kapitel 3.2. Anm. 43. 16 Erst das Tridentinum schuf eine durchgreifende Regelung des kirchlichen Korporationenwesens und führte die Unterscheidung zwischen "religiösem Verein" (ohne Leitung eines kirchlichen Amtsträgers) und "Bruderschaft" (mit Leitung eines Amtsträgers) ein. Zugleich unterstrich das Tridentinum die Pflicht der Bischöfe zur Visitation der Laienbruderschaften. Damit verlor der niedere Klerus die führende Rolle, die er während des Spätmittelalters in den Bruderschaften und für die Entwicklung des Bruderschaftslebens gehabt hatte. Es verloren aber vor allem die Laien die Möglichkeit, ihre religiösen Bedürfnisse - gegebenenfalls unter Inanspruchnahme des niederen Klerus - selbstorganisiert zu verwirklichen. Durch die Durchsetzung des hierarchisch-zentralistischen Prinzips wurden die Bruderschaften zu einem Instrument der Gegenreformation. Im Spätmittelalter gab es die Unterscheidung zwischen Bruderschaft und Verein dagegen nicht. Vgl. zu nachreformatorischen Bruderschaf-

Aufkommen und Verbreitung der Annenbruderschaften

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3.2. Aufkommen und Verbreitung der Annenbruderschaften Die Zusammenstellung der Annenbruderschaften zeigt - trotz aller Probleme, die sich aus der Art der Quellen ergeben17 - , daß die meisten Annenbruderschaften in den Städten des Reichs Maximilians I. bestanden.18 Die Nennung von Annenbruderschaften beziehungsweise Annenvereinen im deutschen Reich während der Gegenreformation und des Barock übersteigt die Zahl der in den wenigen Jahrzehnten zwischen 1480 und 1565 belegten Annenbruderschaften nicht; sie bleibt im Gegenteil weit hinter jener zurück.19 Damit ist die Blütezeit ten Bernhard SCHNEIDER: Bruderschaften im TRIERER LAND; ihre Geschichte und ihr Gottesdienst zwischen Tridentinum und Säkularisation. Trier, 1989. (TTSt; 48) Zgl. Diss. Trier, 1988/89. - Vgl.a. W. KATZINGER: Die Bruderschaften in den Städten Oberösterreichs als Hilfsmittel der Gegenreformation und Ausdruck barocker Frömmigkeit. In: BÜRGERSCHAFT, a.a.O., S. 97-112. - Vgl.a. E. BÖRNER OFM: Dritter Orden und Bruderschaften der Franziskaner in Kurbayem. Werl/Westf., 1988. (FrFor, 33), bes. S. 43-56. 17 Von unterschiedlichem Wert und Aussagegehalt sind die erhaltenen Angaben zu Bruderschaften: Häufig ist die Existenz einer Annenbruderschaft nur deshalb belegt, weil diese Geld verliehen hat oder in einem Testament bedacht wurde. Solche zufälligen Erwähnungen sagen aber nichts aus über die kirchliche Anbindung, die soziale Trägerschaft oder die religiöse Praxis der Bruderschaft. Die Streuung der Nennungen erklärt sich nicht allein aus Archivalienverlusten, sondern zumindest teilweise auch aus den Gegebenheiten des vorreformatorischen Bruderschaftslebens. Die Bindung der Bruderschaft an die 'Amtskirche' konnte sehr gering sein. 18 In DÖRFLER-DIERKEN (BRUDERSCHAFTEN, a.a.O.) findet sich eine Karte, wo die Orte, für welche die Existenz einer vorreformatorischen Annenbruderschaft sicher belegt ist, eingezeichnet sind. - Diese Kultlandkarte für die vor 1565 archivalisch belegten Annenbruderschaften zeigt, daß diese keineswegs gleichmäßig im ganzen deutschen Reich verbreitet waren: Für Ostfriesland, Böhmen, Bayern, die deutschsprachige Schweiz und Österreich sind fast keine Annenbruderschaften belegt. Dagegen lassen sich Zentren bruderschaftlicher Annenverehrung an Rhein und Mosel, bis Trier und Straßburg, am Main stromaufwärts bis Würzburg, in Sachsen sowie in Südwestdeutschland feststellen; es handelt sich um die Städtelandschaften des Reichs. - Bei diesem Ergebnis ist mit Einflüssen durch die regional sehr unterschiedlich verlaufene Forschungsgeschichte zu rechnen: Aus den im Osten des alten deutschen Reiches gelegenen Gebieten sind keine an die Forschungen vom Beginn des Jahrhunderts anknüpfenden regional- und territorialgeschichtlichen Untersuchungen zum Bruderschaftswesen erschienen. 19 Rechnet man die erstmaligen Nennungen von Annenbruderschaften auf Jahre um, so wird deutlich, daß vor der Reformation viel mehr Annenbruderschaften gleichzeitig bestanden als Annenvereine und Annenbruderschaften in den Jahrhunderten danach: Zwischen 1479 und 1565 wurden pro Jahr im Durchschnitt 2,7 Annenbruderschaften erstmals aktenkundig, zwischen 1566 und 1900 dagegen nur 0,2. - Im Unterschied zu den vorreformatorischen Annenbruderschaften ist auffällig, daß die meisten der nachreformatorischen Vereinigungen unter dem Patronat der hl. Anna in ländlichen Gebieten entstanden. Auch wenn Annenbruderschaften vor und nach der Reformationszeit belegt sind, kann man nicht davon ausgehen, daß

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Annenverehrung in Bruderschaften

kollektiver Annenverehrung in geographischer und in zeitlicher Hinsicht bestimmt. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und später erlebte der Annenkult seinen Höhepunkt in den romanischen Ländern, im 20. Jahrhundert in Kanada. 20 Urkundliche Nennungen von Annenbruderschaften häufen sich in den z w e i Jahrzehnten zwischen 1495 und 1515. Selbst w e n n man berücksichtigt, daß viele Stiftungen oder Gründungen von Annenbruderschaften einige Jahre vor der ersten Erwähnung in einer heute erhaltenen Urkunde oder Akte erfolgt sind - daß die Bruderschaft zum Beispiel schon Jahre, bevor sie sich die heute erhaltene bischöfliche Konfirmationsurkunde ausstellen ließ, Kapital verleihen oder einen eigenen Altar dotieren konnte 21 - , wird man doch den Zeitpunkt des häufigen Auftretens der Annenbruderschaften nicht lange vor 1 4 9 0 zurückverlegen dürfen. Die bruderschaftliche Verehrung der Großmutter des Erlösers war ein plötzlich aufbrechendes Phänomen. Nicht viel mehr als eine Generation von Gläubigen vermochte die Heilige vor der Reformation zu begeistern und unter ihrem Patronat zu sammeln.

das bruderschaftliche Leben durchgängig aufrechterhalten wurde. Nur in den wenigsten Fällen lassen die Quellen eine Kontinuität zwischen der vorreformatorischen und der nachreformatorischen Annenbruderschaft erkennen. Häufig mußten Neugründungen erfolgen; vgl.u. Kapitel 3.2. Anm. 50. 20 Vgl. die nach Orden und nach Ländern gegliederte Zusammenstellung von Zeugniss e n d e r A n n e n v e r e h r u n g b e i CHARLAND ( a . a . O . , S . 8 5 - 1 2 8 u. S . 2 2 3 - 2 6 7 ) - V g l . a . LECHNER,

ANNA, a.a.O., Sp. 170. - Vgl zur Annenverehrung in einzelnen Ländern und Regionen: G. BRISSET: Le culte de S. Anne en Limousin. In: Bulletin de la Société d'Archeologie et d'Histoire du Limousin 84,1953, S. 211-222. - J.-M. ABGRALL: Monuments du culte de sainte Anne au diocese de Quimper. In: Revue de Bretagne 27, 1902, S. 161-175. - GÉRARDIN (Abbé): Les gloires de saint Joachim et de sainte Anne dans toute l'église en général et en particulier en France et en Italie. Paris, 1884. - A. LALLEMAND: Sainte Anne; son culte dans l'église catholique et dans la Bretagne armorique. Vannes, 1882. - A. van GENNEP: Le culte populaire des saints en Savoie. Rééd. Paris, 1973, bes. S. 167-199. - G.M. MONTI: Le confratemitate medievali. Venedig, 1927. - J. FOURNEE: Le culte populaire des saints en Normandie. Bd. 1. Paris, 1973. - ARMEL, a.a.O. - R. PAVEL: Die Verehrung der hl. Mutter Anna in der Diözese Budweis. Stift Hohenfurt, 1891. - P.A. JANSSENS: Opkomst van St. Anna's eredienst in Viaanderen. In: Oostvlamse zanten 38,1963, S. 22-40. - H J . Κοκ: Enige patrocinia in het middeleeuwse bisdom Utrecht. Assen, 1958. (Van Grocum's Historische Bibliothek; 57) - Liselotte JONTES: Die steirischen Bruderschaften im Mittelalter. Diss. Graz, 1971. - R. HENGGELER: Die kirchlichen Bruderschaften und Zünfte der Innerschweiz. Einsiedeln, 1955. 21 Das läßt sich beispielsweise für die Annenbruderschaft zu Kitzingen überzeugend belegen (vgl. REMLING, a.a.O., S. 266-275). - Es ist methodisch jedoch im allgemeinen sinnvoller, sich an die in den Quellen genannten Daten zu halten, als Spekulationen über das längere Bestehen der Bruderschaft anzustellen.

Aufkommen und Verbreitung der Annenbruderschaften

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Für die Jahrzehnte vor 1479 lassen sich nur wenige Annenbruderschaften sicher belegen: ein Kaland zu Bremen22, eine Bruderschaft am Dominikanerkloster zu Mainz23, eine an der Stiftskirche zu Wimpfen i.T.24, Standesbruderschaften zu Arras25, Bergen26, Oslo27, Rom28 und Wismar29. Daß Klerikerkonvente und Klöster schon im 14. und 15. Jahrhundert die Mutter Marias zur Patronin einer bruderschaftlichen Vereinigung wählten, muß nicht überraschen: Man kannte die Heilige aus Lesungen zum Tag der Geburt Marias.30 Es offenbart eher Desinteresse an der hl. Anna, daß diese Nennungen singular sind. Auch Nennungen von Standesbruderschaften unter dem Patronat der Heiligen sind vor 1479 selten; sie entstammen verschiedenen geographischen Regionen und zeichnen sich nicht durch irgendwelche Gemeinsamkeiten aus, die auf ein bestimmtes Profil der hl. Anna im Bewußtsein ihrer Verehrer schließen lassen. Daraus, daß so wenige Vereinigungen unter dem Patronat der Heiligen bestanden, ist vielmehr zu schließen, daß die Hochschätzung Annas als Bruderschaftspatronin vor 1480 noch nicht sehr verbreitet war. Ihre Existenz verdankten diese Gemeinschaften offenbar partikularen Gründen und Interessen. Diejenige Annenbruderschaft, welche die Verehrung der Heiligen entscheidend förderte, bestand am Karmeliterkloster zu Frankfurt a.M.31 Sie wurde 22 Vgl. BREMISCHES URKUNDENBUCH / hg. von E.R. Ehmck u. W. von Bippen. Bremen. Bd. 2, 1876, Nr. 436, S. 435; Bd. 5, 1902, Nr. 383, S. 407-410. - Vgl.a. zusammenfassend J.G. KOHL: Geschichte der BREMER Annen-Brüderschaft. In: ZDKG NF 2,1974, S. 418-436. - Im folgenden wird, um den Anmerkungsapparat nicht zu überlasten, allein bei der erstmaligen Erwähnung einer bestimmten Annenbruderschaft der Quellenbeleg geboten. 23 Vgl. G.W.J. WAGNER: Die vormaligen Stifte im Großherzogtum Hessen. Bd. 2. Darmstadt, 1873, S. 476, Nr. 151. 24 A.a.O., S.518f. 25 J. DESCHAMPS: Les confréries au moyen âge. Bordeaux, 1958. Zgl. Diss. Bordeaux, 1955, S. 58. Die Mitglieder waren Bäcker oder Müller. 26 Grethe Authén BLOM: Der Ursprung der Gilden in Norwegen und ihre Entwicklung in den Städten des Mittelalters. In: GILDE, a.a.O., S. 5 - 2 7 , hier S. 18. Die Mitglieder waren deutschstämmige Schuhmacher. 27 A.a.O., S. 20. Mitglieder waren möglicherweise auch hier deutschstämmige Schuhmacher. 28 RICKENBACH, a.a.O., S. X X I V . Mitglieder waren "palafreneri", Schleppenträger der Kardinäle. 29 F . TECHEN: Geschichte der Seestadt Wismar. Wismar, 1 9 2 9 , S. 8 9 . Die Mitglieder waren Krämer. 30 Vgl.o. Kapitel 2.4. 31 Ältere zusammenfassende Darstellungen: H.H. KOCH: Das KARMELITENKLOSTER ZU Frankfurt a.M.; 13. bis 16. Jahrhundert., großenteils nach ungedr. Quellen. Frankfurt a.M., 1912, S. 25-32, S. 40-43, S. 83-88. - Vgl.a. C. MARTINI OCarm: Der deutsche Carmel. Bd. 1. Bamberg, 1922, S. 138-140. Vgl.a. die Korrekturen und Ergänzungen in meiner oben genannten Untersuchung (BRUDERSCHAFTEN, a.a.O.) unter Frankfurt a . M .

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Annenverehrung in Bruderschaften

durch den Karmeliterprior Rumolt Laupach gegründet. Dieser beantragte im Jahre 1479 beim Generalkapitel des Ordens, die Annenbruderschaft, die er am Frankfurter Karmel zu gründen beabsichtigte, der Bruderschaft des Ordens zu inkorporieren. 1481 erfolgte diese Gründung, die auf große Resonanz bei den Gläubigen stieß. Die Zahl der Mitglieder wuchs bis auf 4000 Personen. Der Reichtum der Bruderschaft zeigte sich in der Errichtung einer eigenen Kapelle, in der Anschaffung eines imposanten Wandelaltares32 und nicht zuletzt darin, daß man 1494 eine Annenreliquie aus Lyon herbeischaffen lassen konnte - aus einem Benediktinerkloster, das einen schwunghaften Handel mit Annenreliquien betrieben zu haben scheint.33 Bei der Übergabe der Reliquie für Frankfurt waren zahlreiche bekannte Persönlichkeiten in Lyon dabei - darunter auch der als Annenverehrer und Propagandist ihres Kultes hervorgetretene Humanist und Drucker Jodocus Badius Ascensius34. Der Prior tat einiges, den Ruhm der Bruderschaft weiter zu verbreiten: Er beauftragte den Benediktinerabt Johannes Trithemius35 mit der Abfassung einer Schrift zum Lobe Annas: "De laudibus sanctissime matris Anne". Diese verkündete in zahlreichen Auflagen das Annenlob und das Lob der Frankfurter Annenbruderschaft - nicht nur im Rhein-Main-Gebiet, sondern auch im fernen Sachsen: In Leipzig wurde die Schrift schon im Erscheinungsjahr 1494 nachgedruckt.36 Auch die Schriften des Ordenshistoriographen Oudewater37 verbreiteten Informationen zu dieser

32 Vgl. zu den Darstellungen Kapitel 4.4. 33 Auch die Annenbruderschaften zu Annaberg (s.u. Kapitel 3.3.) und Bern (RYD, a.a.O., Bd. 5, S. 262f) erstanden hier Annenreliquien. In Bern entstand ein Streit um deren Echtheit; die Annaberger und die Frankfurter hatten sich wohlweislich die Echtheit ihrer Reliquien vom Abt zu Lyon beglaubigen lassen. 34 Zu Person und Werk vgl.u. Kapitel 5.1. 35 Zu Person und Werk vgl.o. Kapitel 2.3. Anm. 54 und Kapitel 5.1. 36 Beschreibung und Ausgaben dieser Schrift in Anhang 2.1. unter 1494a, 1494c und öfter. 37 Johannes OUDEWATER OCarm beschrieb in seiner Geschichte des Karmeliterordens "Liber trimerestus" auch den Frankfurter Karmel; er hob die hiesige Annenbruderschaft hervor und warb für die Gründung weiterer Annenbruderschaften (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1497d). - Aufforderungen zur Gründung einer Annenbruderschaft finden sich nicht nur in Schriften aus dem Karmeliterorden, sondern im gesamten Annenschrifttum, sowie in Anleitungen zur Verehrung der Geheimnisse des Rosenkranzes. So rät Johannes von L A M P S HEIM im achten Kapitel seines Traktates "De fraternitate et rosario beatae Mariae virginis" den Gläubigen, sich in die - hier wie die Rosenkranzbruderschaft überregional vorgestellte Annenbruderschaft zu begeben (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1494e). Zum Eintritt in die überregional vorgestellte Annenbruderschaft wird auch in einer wohl erst nach 1525 geschriebenen Handschrift aufgefordert: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Hs. 1733, Bl. 274r-276v. - Durch überregionale Ausrichtung konnte die Zahl der in der Bruderschaft verbundenen Gläubigen gesteigert werden; damit wurde auch die Zahl der dem einzelnen

Aufkommen und Verbreitung der Annenbruderschaften

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Bruderschaft und über den himmlischen Lohn irdischer Annenverehrung. In der niederdeutschen Provinz des Karmeliterordens scheint die Idee des Rumolt Laupach 38 großen Anklang gefunden zu haben. 39 D i e w e g e n ihrer bedeutenden Mitglieder wohl berühmteste Annenbruderschaft Deutschlands - sie zählte sogar den Kaiser und die meisten Mitglieder des Reichstags zu den Ihren bestand in Worms. Auch sie wurde v o m Karmel betreut. Das A u f k o m m e n und die Verbreitung von Annenbruderschaften scheint durch Angehörige des Karmeliterordens entscheidend beeinflußt worden zu sein. D i e s dürfte sich daraus erklären, daß der Karmeliterorden der Überzeugung war, seine legendären Vorfahren hätten nicht nur Maria, sondern auch Anna und sogar deren Mutter Emerentia im Fleische gekannt. 40 Mitglied zugute kommenden Gebete und anderer guter Werke erhöht. Als besonderer Vorteil galt zudem, daß auch die Armen, die keine Eintritts- und Mitgliedsgelder für die lokalen und regionalen Bruderschaften entrichten konnten, leicht imstande waren, sich einer solchen Gebetsverbrüderung anzuschließen. Zur Rosenkranzbruderschaft vgl. die Aufsätze in: 500 JAHRE, a.a.O., mit Literaturhinweisen. 38 Folgende Beobachtungen stützen diese These: Die Zeitgenossen lobten den Prior vor allem deshalb, weil er der "primus erector" der Annenbruderschaft sei. Diese Bemerkung ist aufschlußreich, wenn man bedenkt, daß gerade in dieser Zeit das Bewußtsein aufkam, man dürfe etwas Neues schaffen und darauf stolz sein. Vgl. H . WEISINGER: The self-awareness of the renaissance as a criterion of the renaissance. In: Papers of the Michigan Academy 29, 1943, S . 561-567. - TRITHEMIUS, der Lobredner der hl. Anna und besonders dieser Bruderschaft, konnte nur auf einen Vorläufer des Frankfurter Priors verweisen: einen Bischof namens Konrad aus dem Bistum Osnabrück, der die Annenbruderschaft zu Hamm aufgerichtet habe ( D E LAUDIBUS, Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter 1494a, Kapitel 15). Aus Urkunden oder Akten ist diese Bruderschaft zu Hamm nicht zu belegen. Mit dem genannten Bischof könnte Konrad II. von Rietberg (gest. 1508) gemeint sein, der Bischof von Osnabrück und ab 1497 auch Administrator von Münster war. Er galt als der Reform gegenüber aufgeschlossener Kirchenfürst. Vgl. DETMER: Konrad von Rietberg. In: ADB, Bd. 16, Repr.d. Ausg. 1882, 1969, S. 599f. 39 Während hier 13 Annenbruderschaften an Kanneliterklöstern gegründet wurden, sind an den Klöstern der oberdeutschen Provinz nur fünf Gründungen nachweisbar. 40 Vgl.u. Kapitel 4.4. - Für die Förderung der Annenverehrung hatten die Bruderschaften an Klöstern anderer Orden keine vergleichbare Bedeutung. Zwar gab es elf Annenbruderschaften an Franziskanerklöstem, diese haben jedoch - soweit aus den Quellen erkennbar nur wenig für die Kultpropaganda getan; keine der von ihnen betreuten Annenbruderschaften erlangte überregionale Bedeutung. Dagegen wurde die ältere Forschung nicht müde zu behaupten, der Franziskanerorden habe sich als immakulistisch gesinnter Orden besonders um die Förderung der Verehrung der Mutter Marias bemüht. Deshalb hat man manchmal z.B. für Colmar - allein aus der Tatsache, daß an einem Ort sowohl eine Annenbruderschaft wie ein Franziskanerkloster bestanden, auf eine Verbindung zwischen beiden geschlossen. Vgl. A. HERTZOG: Die Bruderschaften am Minoritenkloster zu Colmar. In: Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Literatur Elsass-Lothringens 25,1909, S. 39-52. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß auch der makulistisch gesinnte Dominikanerorden keine

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Annenverehrung in Bruderschaften

Festzuhalten bleibt jedoch, daß sich in der Folgezeit der größte Teil der Annenbruderschaften nicht den Klöstern anschloß. D a s ist deshalb bemerkenswert, weil durch einen Anschluß der Bruderschaft an ein Bettelordenskloster die Möglichkeiten der Ablaßgewinnung für die Gläubigen ungemein hätten gesteigert werden können. 4 1 Wahrscheinlich resultierte das mangelnde Interesse an klösterlicher Betreuung daraus, daß die Laien, w e n n sie ihre Bruderschaft an ein Kloster banden, nicht so viele Mitsprache- und Aufsichtsrechte hinsichtlich des Vikars und Altars, hinsichtlich der Gestaltung der Feiertage und der Verwaltung der Bruderschaft erlangen konnten, w i e sie an Pfarrkirchen und -kapeilen häufig innehatten. 42 D i e schwindende Akzeptanz der Klöster als Heimstätten für Bruderschaften erhellt indirekt auch aus einigen Ausführungen des Trithemius. In "De laudibus sanctissime matris Anne" spricht er Akzeptanzprobleme von Annenbruderschaften an Klöstern an: Der Pfarrklerus werfe den Klöstern vor, sich mittels der Errichtung neuer Bruderschaften zu bereichern. D a s sei aber schärfstens zurückzuweisen, weil die Weltpriester die Herde schlecht zu hüten verständen und diese sich nur deshalb an die Klöster wende. 4 3 Scheu hatte, Annenbruderschaften zu errichten. Die größte Ausstrahlung unter den Annenbruderschaften an Dominikanerklöstern dürfte diejenige zu Haarlem besessen haben: Zahlreiche Klöster verschiedener Orden ließen sich aufnehmen. Vgl. WOLFS, a.a.O. Das Kloster zu Haarlem ließ ein Verzeichnis der Ablässe, die durch Eintritt in seine Bruderschaft erworben wurden, und ein Gebetbuch drucken; beide Schriften wurden den Mitgliedern ausgehändigt (Beschreibung des Bruderschaftsheftes im Anhang 2.1. unter ca. 1496a). 41 Vgl.o. Kapitel 3.1. 42 Vgl.u. Kapitel 3.4. 43 "Wie woll ettlich nachreder sijen, die solchs mit yrem unrainen mund sind bereden unn ubel uslegen. Unn sprechen, es sy ain nü erdacht ding unn bringe dem glauben ain abbruch unn Gott an sinen dinst unn bring schaden den pfaikirchen, dz mann die opffer unn den zehenden durch solchs sij versomen unn solchs geb mann den münchen. Wir geben solchen übelreder[n] ain solche antwurt: Dz dise bruderschafft gerecht unn haiig unn vemunfftig sy, da Gotts ere unn lob nit gemijndert besonder gemert würt. Des glich bringt es dem glauben kain schaden, besonder der glaub wurt dardurch gefestuet unn beschirmpt durch die ainikait, andacht unn liebe der brüder unn swester. Das aber den pfarrem ettwz abgang an dem opffer, da ist die schuld ir, dann sie nemen die wollen von den schauffen unn sind sie nit füren noch leren noch gut exempel vor tragen unn sind dz gut der kirchen üppiglich unn uberflusslich verton [...]." Zitiert aus der handschriftlichen volkssprachlichen Übersetzung von D E LAUDIBUS, Staatsbibliothek Preußischer Kultuibesitz Berlin Hs. germ. oct. 484, Bl. 11 Or. - Derselbe Vorwurf, den Trithemius hier zu entkräften sucht, wird auch von zwei bekannten süddeutschen Humanisten geäußert: Im Winter des Jahres 1509/10 hat der Priester Johannes Renatus ein Gedicht zur Kritik der Annenverehrung verfaßt, das Jakob Wimpfeling im "Soliloquium ad divum Augustinum" (Beschreibung im Anhang 2.1. unter ca. 1511) abdruckte und kommentierte. Zur Biographie des Renatus vgl. E. KLEINSCHMIDT: SCHERZREDE und Narrenthematik im Heidelberger Humanistenkreis um 1500; mit der Edition zweier Scherzreden des Jodocus Gallus und dem 'Narrenbrief' des Johannes Renatus. In: Euphorion

Aufkommen und Verbreitung der Annenbruderschaften

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Der Ruf der Annenbruderschaft am Frankfurter Karmel dürfte sich nicht nur durch Druckschriften verbreitet haben, sondern vor allem durch die Mitglieder. Sie entstammten zu einem großen Teil dem Kaufmannsstand. Viele Mitglieder sollen nur zur Zeit der Frankfurter Messen in der Stadt geweilt haben. Es ist also recht wahrscheinlich, daß sie sich auch in ihrer Heimat und an anderen Orten für die Gründung von Annenbruderschaften einsetzten. Im Sinne der Propaganda für den Annenkult dürfte auch die Tatsache gewirkt haben, daß an vielen Orten herausragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Bruderschaftsmitglieder waren. So waren in Worms 4 4 zugleich mit d e m Kaiser die bedeutendsten Mitglieder des Reichstages in die Annenbruderschaft eingetreten: Genannt werden neben anderen die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, die B i s c h ö f e von Worms, Speyer und Eichstätt, der sächsische und der pfälzische Kurfürst als Bruderschaftsmitglieder. A u c h andernorts hatten Annenbruderschaften Mitglieder von beachtlichem sozialen Renommee, 4 5 was sich auf die Kultverbreitung recht förderlich ausgewirkt haben dürfte.

71, 1977, S. 47-81 und Korrekturnotiz S. 281, hier S. 54 Anm. 39, vgl.a. S. 64f. - Lt. KLEINSCHMIDT hielt Wimpfeling sich im Winter 1509/10 in Heidelberg auf, wo er das Gedicht kennenlemte und den Kommentar dazu abfaßte. Wimpfeling erwähnte die Annendichtung des Renatus in einem Brief vom 13.2.1510 an Sebastian Brant, den er bat, ebenfalls einige Verse beizusteuern, was dieser jedoch offenbar nicht tat. A.a.O., S. 65. - Wimpfeling kannte andererseits auch Trithemius gut, von 1492 an ist ihr Schriftwechsel belegt; man widmete sich gegenseitig einige Werke. Vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS a.a.O., S . 256 u.ö. - Zur Biographie Wimpfelings vgl. neben KNEPPER (a.a.O.) auch O. HERDING: Wimpfelings Begegnung mit Erasmus; ein Kapitel aus der Geschichte des oberrheinischen Humanismus. In: RENATAE LITTERAE; Studien zum Nachleben der Antike und zur europäischen Renaissance, FS für August Buck / hg. von K. Heitmann. Frankfurt a.M., 1973, S. 131-155. 4 4 MARTINI, a.a.O., Bd. 1, S . 4 3 1 und meine Ergänzungen in BRUDERSCHAFTEN, a.a.O. unter Worms. 45 In Altena (H. FLEBBE: Quellen und Urkunden zur Geschichte der Stadt Altena. Bd. 1. Altena, 1967, Nr.224, S.206-208) und Emden war der Bürgermeister Mitglied (STRACKE, S. 49f); in Bern (RYD, a.a.O., Bd. 5, S. 262f) tat sich der Junker Albrecht vom Stein hervor, Mitglied einer angesehenen Familie; die Dietenhofener Annenbruderschaft stiftete Hans von Leonrod zum Tendlein ( R . EBNER: Das Bruderschaftswesen im alten Bistum Würzburg; eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der geistlichen Bruderschaften der Stadt Kitzingen. Würzburg, 1978, S. 119); in die Spangenberger Annenbruderschaft kaufte sich der Burgmann Jorge von Bischofsrode ein (MARTINI, a.a.O., S. 580); die Mitgliedschaft von Patriziern wird auch aus Heilbronn (REMLING, a.a.O., S. 262), Merseburg ( R . IRMISCH: Beiträge zur Patrozinienforschung im Bistum Merseburg. In: Sachsen und Anhalt; Jahrbuch der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und Anhalt 6,1930, S. 44-176, hierS. 113) und Oldenburg ( T . WIENHOLT: Armenfiirsorge im spätmittelalterlichen Oldenburg, unveröff. Ms. o.J., das der Verfasser mir freundlicherweise zur Verfügung stellte) gemeldet. Graf Otto von Henneberg errichtete in Münnerstadt (REMLING, a.a.O., S. 261f u. 294f) eine Annenbruderschaft und Graf Wilhelm von Henneberg-Schleusingen unterstützte die Grün-

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Annenverehrung in Bruderschaften

Häufig sind Annenbruderschaften archivalisch zu belegen, weil ihr Vermögen bei Einführung der Reformation von den Visitatoren erfaßt wurde.46 Meist schlug man es dem 'gemeinen Kasten' zu; so diente es dann der Armenfürsorge wie beispielsweise in Quedlinburg47. In Stadtoldendorf48 wurde es zur Bezahlung der Schulmeister verwendet. Nur wenige Annenbruderschaften überstanden die Reformation; sie verloren in protestantisch gewordenen Gebieten ihren Charakter als Vereinigungen zu religiösen Zwecken und entwickelten sich gelegentlich zu Vereinen zur Pflege der Geselligkeit. Ein Beispiel bietet die Bruderschaft an der Ansgarikirche zu Bremen.49 Für sie liegen vom Jahre 1505 an ständig Rechenschaftsberichte vor. Demnach änderten sich die Ausrichtung, Intention und Gestaltung der ehemaligen Bruderschaft vollkommen, so daß sie mit der ursprünglichen religiösen Laienbruderschaft nur noch den Namen gemein hatte. Sie war bis ins 17. Jahrhundert hinein vornehmlich ein 'Wohltätigkeitsclub', entwickelte sich dann jedoch immer mehr zum reinen 'Geselligkeitsclub' vornehmer Kaufleute ohne jeden religiösen Anspruch. Geistliche und Frauen waren in der nachreformatorischen Vereinigung von den Vereinsversammlungen ausgeschlossen; nur bei dem jährlich stattfindenden Gemeinschaftsmahl waren die Ehefrauen anwesend. Auch in Gebieten, die nicht von

dung in Schleusingen mit 60 Florin (a.a.O., S. 263). Die Annenbruderschaft zu Mergentheim ist vom Stadtrat (a.a.O., S. 2280. die zu Kitzingen von 13 angesehenen Bürgern, darunter das Ratsmitglied Hans Besserer (a.a.O., S. 266-275), die zu Spandau durch den Stadtrat Vincentius Ryke (K. NAGEL: Die St.-Annen-Verehrung in der Mark Brandenburg am Vorabend der Reformation. In: J B B K B 41, 1966, S. 30-51, hier S. 41) gegründet worden. In Koblenz (Aloys SCHMIDT: Die St. ANNA-BRUDERSCHAFT ZU Koblenz; Bruderschaft der geistigen Arbeiter. In: Im Schatten von St. Gereon; FS Erich Kuphal. Köln, 1960, Veröffentlichungen des kölnischen Geschichtsvereins; 25, S. 285-342, hier S. 307) und Trier (Bistumsarchiv Trier Abt. 71, 3 Nr. 29) versammelten sich die höchsten Beamten des Erzbistums unter dem Patronat der hl. Anna. Wer sich an Rhein und Mosel zur gesellschaftlichen Oberschicht zählte, ließ sich der Koblenzer Annenbruderschaft assoziieren (SCHMIDT, ANNA-BRUDERSCHAFT, a.a.O., S. 295). In Spandau waren der Kurfürst Joachim I. und sein Bruder Albrecht Mitglied (NAGEL, a.a.O., S. 41). Degenhart Pfeffingen der Rat des Kurfürsten Friedrich der Weise, war Mitglied in Jena und Königsberg i.S. (T. KOLDE: Friedrich der Weise und die Anfänge der Reformation; eine kirchenhistorische Skizze mit archivalischen Beilagen. Erlangen, 1881, S. 74). 46 Vgl. zum Problem A. SCHINDLING: Die Reformation in den Reichsstädten und die Kirchengüter; Straßburg, Nürnberg und Frankfurt im Vergleich. In: BÜRGERSCHAFT, a.a.O., S. 67-88. 47 56-71,

G . A . v o n MÜLVERSTEDT: HIEROGRAPHIA QUEDLINBURGENSIS. I n : Z H G V B d . 2 . 1 , 1 8 6 9 , S .

hier

S. 68.

48 E . EGGELING: Chronik von Stadtoldendorf; das Homburger Kloster Amelungsbom. Stadtoldendorf, 1921, S. 57. 49 KOHL, B R E M E R , a.a.O., S . 4 2 2 - 4 3 5 .

Anna als Patronin einzelner Stände und Berufsgruppen

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der Reformation ergriffen wurden, setzte in den zwanziger und dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts ein Prozeß der Vernachlässigung des bruderschaftlichen Lebens ein, so daß im späteren 16. und 17. Jahrhundert Neugriindungen von älteren Annenbruderschaften erfolgen mußten.50

3.3. Anna als Patronin einzelner Stände und Berufsgruppen Kleinschmidt hat eine Vielzahl von Standespatronaten der hl. Anna angeführt, die zum größten Teil noch heute in den Heiligenlexika genannt werden.51 Zwar ergibt die quantitative Untersuchung der Bruderschaften, daß die Patronate Annas über Standesbruderschaften nur einen geringen Teil ihrer Patronate über Bruderschaften ausmachten; es ist aber dennoch der Frage nachzugehen, ob aus diesen Nennungen geschlossen werden kann, daß ein bestimmtes Wissen um die hl. Anna als Patronin bestimmter Berufs- oder Personengruppen an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert bestand. Ein Leitgedanke, dem sämtliche Nennungen von Standespatronaten der Heiligen folgen, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Standespatrone im eigentlichen Sinne waren beispielsweise Krispinus und Krispinianus für die Schuster: Die beiden Brüder aus vornehmer römischer Familie flohen der Legende nach vor der Verfolgung durch Diokletian und fertigten in der Verbannung den Armen unentgeltlich Schuhe, wodurch sie viele bekehrten.52 Daß die 50 So beispielsweise im Jahre 1561 in Koblenz und 1702 in Baisweil (W. PÖTZL: Heiligenverehrung in Bruderschaften; die St.-Anna-Bruderschaft in Baisweil. In: JVABG 6, 1972, S. 165-187, hier S. 172). Vgl. ausführlicher meine Untersuchung BRUDERSCHAFTEN, a.a.O. 51 Anna sei Patronin folgender Stände und Zünfte gewesen: Schiffer, Bergleute, Kaufleute, Doktoren und Gelehrte, Schreiner sowie Drechsler und Böttcher, Fischer, Handschuhmacher, Seiler, Lohgerber, Hausfrauen, Arbeiter und Arbeiterinnen, Besenbinder, Spitzenklöpplerinnen, Krämer, Müller, Stallknechte, Stockschneider, der Armen, Kranken, Bäcker, Schuhmacher sowie des Klerus. Vgl. KLEINSCHMIDT, a.a.O., S. 415-423. KLEINSCHMIDT behauptet hier auch die Existenz religiöser Frauenvereine im Spätmittelalter, Anna sei die beste Patronin des weiblichen Geschlechts, weil sie der Legende nach drei Töchter geboren habe. Vgl.u. Anm. 96. - Zur Rezeption KLEINSCHMIDTS vgl. einen beliebigen Lexikonartikel zu Anna; z.B. Hiltgart L. KELLER: Anna. In: Dies.: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten; Legende und Darstellung in der bildenden Kunst. 4., durchges. u. erg. Aufl. Stuttgart, 1979, S. 36f. - Kleinschmidt fußt seinerseits wiederum auf älterer Sekundärliteratur. Vgl. z.B. H. SAMSON: Bilder und Patronate der hl. Anna. In: Der Kunstfreund NF 18, 1902, S. 69-71. 52 Vgl. A . AMORE U. Antonietta Cardenali: Crispino e Crispiniano. In: BSS 4, [um 1964], Sp. 313-318. Die Annenbruderschaft zu Kamenz hatte Krispinus und Krispinianus zu

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Annenverehrung in Bruderschaften

Schuster sich an die beiden Heiligen wendeten, kann also nicht verwundern. Unter Annas Patronat versammelten sich dagegen, wie die Quellen erkennen lassen, sehr verschiedene Berufsgruppen. Unter den Standespatronaten ragt dasjenige über Bergbau und Bergleute heraus, weil es dazu geführt hat, daß vielerorts, wo nur eine Grube und eine Annenbruderschaft sich fanden, ein Zusammenhang zwischen beiden postuliert wurde. Deshalb soll zuerst die Historizität dieses Patronates der Heiligen untersucht werden. Eine vorreformatorische Standesbruderschaft der Bergleute oder Gewerkebesitzer unter dem Patronat Annas ist aus den Quellen nicht zu belegen.53 Dennoch ging Georg Schreiber so weit zu behaupten, es lasse sich die Geschichte des Silberbergbaus als Geschichte der Annenverehrung in Bergbauregionen schreiben. Dabei bieten seine Arbeiten kein Material, das diese These erhärten könnte.5" Trotzdem nennt die Sekundärliteratur immer wieder, zumeist mit Hinweis auf Annaberg55 im sächsischen Erzgebirge, ein Bergwerks- und Bergbaupatrozinium der Heiligen. 56 Dabei ist nach Prüfung der Quellen offensichtlich, daß die Mitglieder dieser Annaberger Bruderschaft, die zum Zweck der Förderung des Kirchbaus in der neu gegründeten Stadt errichtet wurde, nichts mit dem dortigen Silberbergbau zu tun hatten. Sie

Nebenpatronen neben Anna gewählt. Vgl. URKUNDENBUCH der Städte KAMENZ und Löbau / hg. von H. Knothe. Leipzig, 1883. (Codex diplomaticus Saxoniae regis; II.7), S. 163, Nr. 211. 53 Z.B. nennt Hennann LÖSCHER, der die erzgebirgischen Knappschaften untersucht hat, keine einzige Bergleutebruderschaft unter dem Patronat Annas (Die erzgebirgischen Knappschaften vor und nach der Reformation. In: BDLG 92, 1956, S. 162-190). - In Schneeberg sollen die Bergknappen sich in einer Annenkapelle versammelt haben; von einer Annenbruderschaft ist jedoch auch hier nicht die Rede. Vgl. H . HELBIG: Untersuchungen über die Kirchenpatrozinien in Sachsen auf siedlungsgeschichtlicher Grundlage. Berlin, 1940. (HS; 361), S. 303. 54 Das BERGWERK in Recht, Liturgie und Sakralkultur. In: ZSRG 39, 1953, S. 362-418. - Vgl.a. ders.: Der BERGBAU in Geschichte, Ethos und Sakralkultur. Opladen, 1962. (Wissenschaftliche Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes NordrheinWestfalen; 21), S. 45-50. - Vgl.a. ders.: GEMEINSCHAFTEN des Mittelalters; Recht und Verfassung, Kult und Frömmigkeit. Münster i.W., 1948. - Vgl.a. ders.: Alpine BERGWERKSKULTUR. Innsbruck, 1956. - J. TREMMEL: Das Bergwerk-Patronat der hl. Anna. In: Tiroler Heimatblätter 23, 1948, S. 145-147. Er folgt Kleinschmidt und bietet kein weiterführendes Material. 55 B . W O L F : AUS dem kirchlichen Leben Annabergs in vorreformatorischer Zeit. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte von Annaberg und Umgebung 1908/10, Bd. 3.1, S. 51-104. - Vgl.a. meine Ergänzungen im folgenden und in BRUDERSCHAFTEN, a.a.O. 56 So hat beispielsweise KEIL (Die Verehrung der hl. Mutter Anna im Erzstift Trier um 1500. In: PastB 33,1921, S. 528-541) behauptet, daß das Annaberger Silberbergwerkspatrozinium der Heiligen den trierischen Kellner Fredrich Swanne bestimmt habe, eine Annenbru-

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kamen aus dem ganzen herzoglichen Sachsen. Es handelte sich hier also um eine überregionale religiöse Laienbruderschaft, die Menschen verschiedenen Standes zu ihren Mitgliedern zählte, nicht um eine Standesbruderschaft der Bergleute oder Gewerkebesitzer. Auch wenn dies klargestellt ist, muß weiter der Frage nachgegangen werden, ob Herzog Georg der Bärtige die Stadt nach der hl. Anna nannte, weil er sie für eine große 'Erzmacherin' hielt. Daß die Benennung der Stadt sich dem Wissen um die silberspendende Macht Annas verdankte, suggerierte (vor Kleinschmidt und Schreiber) schon Wolf: "Vom Kurfürstentum verpflanzte sich der Annenkultus rasch nach dem Herzogtum Sachsen, wo er in Georg dem Bärtigen einen denkbar eifrigen Förderer fand; denn die Mutter Anna wurde sehr bald seine Lieblingsheilige, deren Ansehen er auf jede Weise zu fördern bemüht war. Und dazu hatte er allen Grund; galt sie doch als die Schutzpatronin des Bergbaues, als die Spenderin von Reichtum und Bewahrerin vor Armut; sie war gleichsam das Bergwerk, dem das Silber (Maria) und das Gold der Welt (Christus) entstammte. Alle diese segenspendenden Eigenschaften der Mutter Anna erfuhr der Herzog in vollem Maße an sich selbst. Sie gewährte ihm reiche Ausbeute und stellte ihm beträchtliche Mittel zur Verfügung, die ihm den Beinamen des Reichen einbrachten. Daß er sich ihr für diese Wohltaten erkenntlich zeigte, erscheint als selbstverständlich, und so widmete er ihr die große Kirche in seiner neuen Stadt am Schreckenberge und benannte diese selbst im Jahre 1501 nach seiner Lieblingsheiligen."57

derschaft für die Anteilseigner am in der Nähe Bernkastels gelegenen Bleibergwerk zu gründen. - Aus den Urkunden belegbar ist jedoch nur, daß es in der Nähe Bernkastels in den Jahren 1502/03 einen nach der hl. Anna genannten Stollen gab, dessentwillen Swanne mit dem Fürsten von Nassau korrespondierte. Zugleich ist dieser Swanne als Mitbegründer der Annenbruderschaft zu Bernkastel bekannt (vgl. meinen Aufsatz: PATROZINIEN der hl. Anna im alten Erzbistum Trier; kritische Bemerkungen zu einer verbreiteten These. In: AMRhKG 1992). Allein: Das Patronat desselben Heiligen über eine Bruderschaft und einen Stollen läßt nicht auf die Sozialstruktur der Mitglieder der Bruderschaft schließen. Von keinem anderen der in den Quellen genannten Gründungsmitglieder der Bernkasteler Annenbruderschaft wird gesagt, daß er mit dem Bergbau zu tun habe. 57 WOLF (a.a.O.) setzt die Tradition der protestantischen lokalgeschichtlichen Studien von GOETZE und SCHAUMKELL (vgl.o. Kapitel 1.2.) fort. - Das Stadtarchiv Annaberg-Buchholz erteilte auf Anfrage dieselbe Auskunft: "Alle diese segenspendenden Eigenschaften der Mutter Anna erfuhr der Landesherr in vollem Maße an sich selbst. Sie gewährte ihm reiche Ausbeute und stellte ihm beträchtliche Mittel zur Verfügung, und so erscheint es als selbstverständlich, daß er sich ihr für diese Wohltaten erkenntlich zeigte." (Brief vom 20. 7. 1987, unterzeichnet mit: i.A. Hanika)

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Annenverehrung in Bruderschaften

A u s den Quellen ergibt sich ein anderes Bild. Zwar ist richtig beobachtet, daß der Annenkult in Sachsen starke obrigkeitliche Förderung erfuhr 58 , aber die Motive des Herzogs sind nicht zutreffend dargestellt. Georg der Bärtige 59 wählte persönlich den Namen für die neue Stadt am Schreckenberge: Annaberg. Wodurch er zu seiner intensiven Verehrung der hl. Sippe und der hl. Großmutter angeregt wurde, ist unbekannt; gleichwohl werden in der Sekundärliteratur verschiedene Vermutungen geäußert. So führte man das Beispiel seines Verwandten und Nachbarn an: Kurfürst Friedrich der Weise brachte 1494 von einer Wallfahrt ins Heilige Land aus Rhodos den Daumen Annas mit und fügte ihn seiner Wittenberger Sammlung ein. 6 0 Friedrich ließ auch - nach d e m Beispiel eines Königs, der Annas Hilfe erfahren hatte (ein Protagonist in einem Mirakel) - eine Münze mit der Aufschrift "Hilf sánete Anna" schlagen 6 1 und erwirkte im Jahre 1496 von Papst Alexander VI. ein Breve, den Annentag in seinem Land als Festtag zu halten. 62 D e n n o c h dürfte nicht nur dies Beispiel

58 Eine Zusammenfassung mit zahlreichen Hinweisen auf die ältere Sekundärliteratur bietet HELBIG (a.a.O.). - Nicht erwähnt hat HELBIG die folgende Quellenedition: Valten HANFFSTENGEL: Wie das Bergwerck auffn Schreckenberg ist auffkommen durch Valten Hanffstengel, einem Berggeschwomen, geb. 1500. In: Rückblicke auf Annabergs und seiner Umgebung Vorzeit 5, S. 194-207. 59 Zur Biographie Georgs vgl. J. FLATHE: Georg, Herzog von Sachsen. In: ADB, Bd. 8, Repr. d. Aufl. 1878, 1968, S . 684-687. - Vgl.a. J.C. SEIDEMANN: Die Reformationszeit in Sachsen; von 1517 bis 1539, mit Urkunden. Dresden, 1846. (Beiträge zur Reformationsgeschichte; 1). 60 Zu Friedrich dem Weisen und seiner Annenverehrung vgl. Ingetraut LUDOLPHY: Friedrich der Weise; Kurfürst von Sachsen, 1463-1525. Göttingen, 1984, insbesondere das Kapitel "Der kurfürstliche Laienchrist", S. 337-486. - L U D O L P H Y betont, daß das Interesse des Landesfürsten am Ausbau seiner Wittenberger Gnadenstätte weniger ökonomisch motiviert als Ausdruck des fürstlichen Prestigedenkens gewesen sei (a.a.O., S. 358). Schon vor seiner Pilgerreise ins Hl. Land hatte der Kurfürst 1493 eine Singmesse zu Ehren Annas gestiftet (a.a.O., S. 190f). 61 Zu diesem Mirakel: Der Jüngling von Doch vgl.u. Kapitel 4.5. u. Kapitel 6.2. - Zu Annenmünzen vgl. KLEINSCHMIDT, a.a.O., S. 378. 62 HELBIG, a.a.O., S. 300. - Auch in späteren Jahren noch förderte Friedrich den Annenkult: LUDOLPHY führt an, daß Friedrich 1505 einen Annenaltar nach Torgau stiftete (die Tafel wurde gemalt von Cranach, heute im Städel zu Frankfurt a.M. Vgl. dazu: D. KOEPPLIN: Zwei Fürstenbildnisse Cranachs von 1509. In: Pantheon 32,1974, S. 25-34). - 1 5 1 0 erwirkte er neue Ablässe von Julius II., um die Annenverehrung weiter zu fördern. Vgl. LUDOLPHY, a.a.O., S. 345, S. 355 u. S. 359f. - Vgl. a. P. KALKOFF: Ablaß und Reliquienverehrung an der Schloßkirche zu Wittenberg unter Friedrich dem Weisen. Gotha, 1907. KALKOFF berichtet auch, daß dort wöchentlich nicht nur am Dienstag, sondern auch am Donnerstag Messen zu Ehren Annas gefeiert wurden unter Aussetzung eines silbernen Annenbildes und einer Annenreliquie; er bietet den Abdruck der erwähnten Bulle von Papst Julius II. über die Verehrung Annas vom 8. April 1510 (a.a.O., S. 95-97). - Das Heiltumsbuch Cranachs, das

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obrigkeitlicher Förderung eines neuen Kultes Georg angespornt haben: Im Jahre 1501, als der Herzog der Stadt ihren Namen gab, erlebte der Annenkult seinen Höhepunkt. Zahlreiche honorige Persönlichkeiten hatten sich als Förderer von Annenbruderschaften hervorgetan, in vielen Druckschriften angesehener christlicher Humanisten war das Lob der Heiligen verbreitet worden.63 Belegt ist, daß der Herzog regen Anteil an seiner Stadtgründung nahm: Er regelte und kontrollierte nicht nur den Silberabbau, sondern sorgte sich auch um das geistliche Wohl seiner Untertanen, indem er sich persönlich um Bau und Ausstattung der Kirche in seiner neuen Stadt kümmerte. Er war auch bei der Weihe der Annenkirche durch den Meißener Bischof Johann VII. von Schleinitz zugegen und unterstützte die Mission des Annaberger Bürgers Pfeffinger, der in den Jahren 1503/04 in dem auf der Insel L'Isle bei Lyon gelegenen Benediktinerkloster Annenreliquien - je einen Splitter ihrer Rippe, ihrer Kniescheibe und ihres Achselbeines - , erwarb und nach Annaberg brachte64; zudem setzte er sich für die Verbringung weiterer Reliquien in seine 'Musterstadt' ein65. So konnte er seine Gemahlin Barbara dazu bewegen, der Kirche den Annenfinger zu vermachen, welchen sie von ihrem Bruder Wladislaus, dem damaligen König von Böhmen und Ungarn, erhalten hatte.66 Das Ehepaar überbrachte das in der Folgezeit wegen seiner Wundertätigkeit sehr geschätzte Heiltum im Jahre 1510 persönlich. Schnell scheinen sich in Annaberg die ersten Pilger eingefunden zu haben, bald konnten die ersten Wunder aufgezeichnet werden.67 Der Herzog erlangte vom Papst Ablaßprivilegien für die zweimal jährlich in Annaberg stattfindenden Wochenmärkte und für die zum Zwecke der Förderung des Kirchbaus von ihm ins Leben gerufene Annenbru-

die Ablässe der Wittenberger Schloßkirche anpreist, ist als Faksimile erschienen: Lukas CRANACH d . Ä . : Wittenberger Heiltumsbuch. Faks.-Nachdr. d. Ausg. 1 5 0 9 . Unterschneidheim, 1969. 63 Vgl.u. Kapitel 5. und Anhang 2.1. 64 Vgl. A . W . MANITIUS: Die Einführung der Reformation in Annaberg; ein Gemälde des kirchlichen Lebens zu Luthers Zeit. Annaberg, 1840, S. 9. 65 Herzog Georg fragte im Jahre 1511 bei Heinrich d.Ä. von Braunschweig-Lüneburg an, ob dieser ihm Annenreliquien überlassen könne. Jener antwortete aber, daß sie von seinen Vorfahren nach Nürnberg gebracht worden seien (WOLF, a.a.O., S. 57; Verzeichnis der Annaberger Reliquien, die fast der Wittenberger Sammlung Konkurrenz machen konnten: a.a.O., S. 58-60). 66

WOLF, a.a.O., S. 57.

67 A.a.O., S. 61. MANITIUS weist auf ein Werbelied für das Heiltum hin, welches ähnlich wie das Werbelied aus Düren von wunderbaren Geschehnissen berichtete: "Hans Schneiders Carmen von der Stadt Annaberg Erbauung" (a.a.O., S. 11, nicht aufgefunden). - MANITIUS berichtet ferner, daß die Zeigung der Heiltümer an Annentag wie in Düren organisiert gewesen sei (a.a.O.).

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derschaft sowie einen Jubelablaß für die dortige Annenkirche, gültig für 25 Jahre. Gleichzeitig wurde Georg nach zähen Verhandlungen 1517 von seiten der Kurie zugestanden, in Wassernöten auch feiertags in den Bergwerken arbeiten lassen und in geschäftlichen Verkehr mit den hussitischen Böhmen treten zu dürfen.68 Zu diesen wirtschaftspolitisch relevanten Erfolgen trat ein kirchenpolitisch bedeutsamer: Die Unterhändler des Herzogs erlangten, daß der Verkauf von Ablässen im herzoglichen Sachsen stark eingeschränkt wurde, so daß die Gläubigen zur Ablaßgewinnung auf die heimischen Bruderschaften und andere vergleichbare Einrichtungen angewiesen waren. Möglicherweise verfolgte Herzog Georg mit seiner Religionspolitik den Plan, für religiöse Zwecke freie Gelder seiner Untertanen im eigenen Lande zu binden.69 Diesem Ziel konnten eine mit großen Ablaßgnaden ausgestattete Annenbruderschaft und die Möglichkeit, weitere Ablässe am Annentag in der Annenkirche zu Annaberg zu gewinnen, wohl dienen. Andererseits konnte der Herzog bei der Bruderschaft, die rasch ein größeres Vermögen bildete, finanzielle Anleihen machen. Etwa 6000 Gulden aus dem Vermögen der Bruderschaft waren an den Herzog und die Stadt Annaberg verliehen.70 Heibig hielt einen Einfluß des Herzogs beziehungsweise des Hofes auf die Entstehung der anderen sächsischen Annenkultstätten für wahrscheinlich, konnte jedoch keine Belege außer einem Hinweis auf den Oberhofmarschall von Schleinitz, einen Verwandten des Meißener Bischofs, beibringen, welcher die Kapelle seiner neu erbauten Burg der hl. Anna weihen ließ.71 Eher steht zu vermuten, daß ein direkter Einfluß des Herzogs oder des Hofes gar nicht vonnöten war, hatten doch die Tatsache obrigkeitlicher Förderung des Kultes, die Wundertätigkeit des Annaberger Heiltums und der Annenkult im allgemeinen genug Ausstrahlungskraft, zur Stiftung von Vikarien und Altären, zur Gründung von Bruderschaften und zu Pilgerfahrten anzuregen. Dafür, daß die Heilige zur Patronin dieser überregionalen Bruderschaft nicht aus dem Grunde gewählt wurde, weil ihr die Fähigkeit, Erz zu 'machen', zugesprochen wurde, sondern deshalb, weil sie als Heilige der religiös interes-

68 WOLF, a.a.O., S. 68-72. 69 W . RITTENBACH U. S. Seifert: Geschichte der Bischöfe von Meißen, 968-1581. Leipzig, 1965. (SKBK; 8), S. 354f. - Dazu paßt auch, daß der Herzog die Heiligsprechung des Regionalheiligen - Benno, Bischof von Meißen - vom Papst zu erlangen suchte, was seinen Unterhändlern aber trotz großen finanziellen Einsatzes nicht gelang. Vgl. WOLF, a.a.O., S. 68. 7 0 WOLF, a . a . O . , S . 8 4 Anm. 1 . - Z u r ökonomischen Dimension des Bruderschaftslebens finden sich bisher nur verstreute Bemerkungen. 71 HELBIG, a.a.O., S. 305f. Hierfindetsich auch eine Zusammenstellung aller bekannten Patrozinien Annas im albertinischen Sachsen. Eine gezielte Förderung des Annenkultes durch den zuständigen Bischof Johann VII. von Meißen ist nicht zu beobachten.

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sierten Laien aus den oberen Schichten der Gesellschaft und als Heilige der Gebildeten galt, sprechen die Ausführungen der "Annabergischen Annalen" des Petrus Albinus: "[D]er genandte und hochberühmbte Fürst [hat] dieße Stadt mit Kayßerlich(en) Privilegien und Freyheiten begnadt(igen) und S. Annabergk nennen laßen; wiewohl das Bergwerck, am Schreckenbergk sich anfangende, erstlich auch den Namen davon hatte [Neustadt am Schreckenberg], ist es doch nicht ohne sonderliche Bedeutung geschehen. Derhalben dieße Stadt wohl und billich eine Crone, Pfort und Befestigung des gantzen landes zu Meißen geheißen werden mag, und nicht ohne Urs ach hat der Almechtige Gott dieß Bergkwergk erreget, daß er dadurch versanden wolte eine Christliche Gemein und Volck, welches alln Tyrannischen und Bößen menschen wiederstandt thun köndte [...].'"72 Albinus gab also nicht an, daß die Stadt den Namen Annaberg erhalten habe, weil der Herzog der Großmutter Christi den Silberreichtum zu verdanken meinte. Das könnte sich natürlich mit Hinweis auf seine protestantische und lokalpatriotische Gesinnung erklären lassen, die es ihm verboten haben könnte, eine 'abgöttische' Entstehungslegende zu überliefern; deshalb sind andere ältere Chroniken unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen: Auch Richter und Hanffstengel machen allein den Willen des Herzogs für die Stadtbenennung verantwortlich und deuten keine Verbindungslinie an zwischen dem Silberbergbau und der Namenspatronin der Stadt.73 Allein Christian Meitzer berichtet in seiner Schneeberger Chronik, man habe Anna für eine "Ertzmacherin"74 gehalten. Diese Quelle aus dem Jahre 1716 nennt erstmals Anna als Patronin des Silberbergbaus und als Standespatronin der Bergleute. In der Literatur vom Ende des 15. und Beginn des 16. Jahrhunderts finden sich dagegen keine vergleichbaren Ausführungen. Auch für die von Wolf angeführte Allegorie - die Mutter Anna habe Maria in ihrem Leib getragen wie die Erde den Silberschatz - finden sich keine Belege in der spätmittelalterlichen Annenliteratur.75 7 2 P . ALBINUS: Annabergische Annales de anno 1 4 9 2 biß 1 5 3 9 ; kritische Ausgabe der ältesten Nachrichten über Annaberg / hg. von Bönhoff. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte von Annaberg und Umgegend 1 1 , 1 9 0 8 - 1 9 1 0 = 3.1, S. 1 - 4 9 , hier S. 3 (Hervorhebungen der Vorlage nicht übernommen). - Der Herausgeber Bönhoff hat durch Vergleich mit den erhaltenen älteren Zeugnissen zur Geschichte Annabergs die Quellen des Albinus bestimmt. Demnach stammt der zitierte Abschnitt aus keiner derselben, sondern vom Chronisten selbst; der arbeitete nach der Einführung der Reformation im Herzogtum Sachsen. 73 A.D. RICHTER: Chronica der [...] freyen Berg-Stadt St. Annaberg im Erzgebirge. Bd. 1 - 2 . St. Annaberg, 1 7 4 6 - 1 7 4 8 . - Vgl.a. HANFFSTENGEL, a.a.O. 7 4 C. MELTZER: Historia Schneebergensis renovata; Das ist: Erneuerte Stadt- und BergChronica [...]. Schneeberg, 1716, S. 285. 75 Gelegenüich wird zur Begründung des behaupteten Bergbaupatronates auf die Litur-

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Achtet man auf die Quellen, die Informationen zur Geschichte Annabergs und zum Aufkommen des dortigen Silberbergbaus bieten, so wird deutlich, daß die Großmutter Christi am Ende des 15. und Beginn des 16. Jahrhunderts noch keineswegs für eine Erzmacherin gehalten wurde. In der Gründungsurkunde führte der Herzog die Silberausbeute auf die Gnade Gottes zurück76 - die angeblich mildtätige Großmutter wird nicht genannt. Im Stadtwappen Annabergs finden sich Sonne, Mond und Stern, ein Sinnbild für die 'irdische Dreiheit' von Großmutter, Tochter und Enkel77, nicht für Silberbergbau. Auch andere Zeugnisse sprechen für die These, daß ein Standespatronat Annas über Bergwerke und Bergleute im Untersuchungszeitraum nicht bekannt war. So unterhielt die Knappschaft eine Häuerkapelle, in der an Werktagen morgens um vier Uhr die Messe gelesen wurde. Diese Häuerkapelle stand nicht unter dem Patronat Annas, sondern unter dem Marias. Die Knappschaft stiftete auch einen Altar für die neue Annenkirche. Auf die Rückseite des Altaraufsatzes ließ sie die am Anfang des 16. Jahrhunderts verbreitete Entstehungslegende der Stadt malen: Daniel - als Bergwerkspatron wegen seiner Macht über den Feuerofen, in welchen Nebukadnezar ihn und seine Gefährten hatte werfen lassen (Dan 3, 16-30), längst im ganzen Erzgebirge bekannt und beliebt78 - zeigt einem Bergherrn einen reichen Stollen. "Ein Engel führt den würdigen und vornehmen Bergherrn - der Prophet Daniel wird hier als solcher dargestellt - zu einem Baum, in dessen Zweigen er ein Nest von silbernen Eiern finden soll. Er besteigt auf einer Fahrt (Leiter) den Baum, findet aber nichts. Da erscheint der Engel wieder und belehrt ihn, daß auch die Wurzeln Zweige sind. Nun läßt er durch einen jungen Bergmann, hier ausdrücklich als 'knappius' bezeichnet, neben dem Stamm schürfen. Ein reicher Silbergang wird sofort bloßgelegt. Übrigens gibt auch der sogenannte Schlußstein der Annenkirche in einem Relief von Hans Witten (1520) die Daniellegende wieder." 79

gie verwiesen; am Annentag sei das Gleichnis vom Schatz im Acker (Mt 13,44-46) verlesen worden (vgl. z.B. ZENDER, ANNA, a.a.O., S. 753). Dies begründet jedoch kein Standespatronat, da der Text aus dem "Commune de sancta non virgine" stammt; alle verwitweten Frauen wären demnach zur Bergbauheiligen prädestiniert gewesen. 76 HORN, a.a.O., S. 411. 77

WOLF, a.a.O., S. 5 2 Anm. 5. - L. KRISS-RETTENBECK hat das Begriffspaar "trinitas

coelesüs" und "trias terrestris" geprägt (Bilder und Zeichen religiösen Volksglaubens. München, 1963, S. 82). 78 Daniel ist in der Urspungslegende der Bergbauorte Buchholz, Geyer und Freiberg nachweisbar. Die Bergleutebruderschaft zu Altenberg war der hl. Dreifaltigkeit, die zu Freiberg dem hl. Eligius geweiht (vgl. LÖSCHER, a.a.O., S. 172-175). 79 A.a.O., S. 174.

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Von Anna als Patronin des Bergbaus wußte offenbar noch nicht einmal die zeitgenössische Phantasie. Der folgende Bergwerksspruch kann somit erst in späterer Zeit geprägt worden sein: "S. Annam rufte an der Sachs. Sieh zu, darauf erzeigt sich stracks Der Silberberg noch heutigs Tags Wer d'Wahrheit leugnen will, der wags." 80

Damit dürfte deutlich sein, daß das Standespatronat der hl. Anna über den Bergbau und die Bergleute nicht vorreformatorisch ist. Nun bleiben weitere Nennungen von der Heiligen in der Sekundärliteratur zugeschriebenen Standespatronaten zu klären: War Anna eine Patronin der Kaufleute? Festzuhalten ist, daß in den Quellen nur wenige Kaufleutebruderschaften genannt werden. Deshalb kann nicht davon gesprochen werden, daß die Kaufleute vorzugsweise Anna zur Standespatronin gewählt hätten. Trotzdem hat dies Standespatronat eine gewisse Plausibilität. Denn in mehreren Orten wurde Anna als Patronin solcher Berufe genannt, die mit dem Handel zu tun hatten. Neben den Kaufleuten und Krämern zu Frankfurt, Bamberg81 und Schlettstadt82 sind die Hamburger Islandfahrer83 (also Kaufleute, die mit Island Handel trieben), sowie die Hamburger Schiffer84 und die Fischer85 zu nennen. Diese Berufe zeichnen sich durch zwei Gemeinsamkeiten aus: Sie machten häufig Reisen zu Lande und zu Wasser notwendig (deshalb waren sie in besonderem Maße der Gefahr des 'schnellen Todes' 86 ausgesetzt) und sie waren 80 A. BÄUMER [= pseud., tatsächl. Aenne Stützer]: Anna, die Mutter Marias. Mehn, 1953, S. 41, ohne Quellenangabe. 81 Bruderschaftsbuch: Archiv des Erzbistums Bamberg Rep. I / Uric. Nr. 20. Vgl.a. W. SCHARRER: Laienbruderschaften in der Stadt Bamberg vom Mittelalter bis zum Ende des Alten Reiches; Geschichte, Brauchtum, Kultobjekte. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 126,1990, S. 21-392. 82 P. ADAM: HISTOIRE religieuse de Sélestat. Bd. 1. Sélestat, 1967. (Publications de la Société des amis de la bibliothèque de Sélestat), S. 156. 83 G. BRANDES: Die geistlichen Brüderschaften in Hamburg während des Mittelalters. In: Zeitschrift für h a m b u r g i s c h e G e s c h i c h t e 3 4 , 1 9 3 4 , S. 7 5 - 1 7 6 ; 3 5 , 1 9 3 6 , S. 5 7 - 9 8 ; 2 6 , 1 9 3 7 , S.

65-110, hier 34, S. 88 u. S. 162; vgl.a. K. PIPER: Zur Geschichte der St. Annenkapelle der Hamburger Petrikirche, von 1521-1535 Andachtsraum der Hamburger Islandfahrer. In: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter 8, 1969, S. 167-175. 84 BRANDES, a.a.O., 1934, S. 91 u. S. 146f.-Vgl.a. O.BENEKE: Die Gräber zu St. MarienMagdalenen. In: Zeitschrift für hamburgische Geschichte 5, NF 2,1866, S. 592-615, hier S. 595f. 85 BRANDES, a.a.O., S. 98f. 86 Der sogenannte schnelle Tod holte die Menschen ein, bevor sie die Möglichkeit

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in besonderer Weise den Launen der Fortuna unterworfen (denn widrige Umstände konnten schnell zum finanziellen Ruin führen). Diese beiden Ängste werden tatsächlich in einigen Annenmirakeln thematisiert.87 Die Errettung von reisenden Menschen aus Todesgefahr ist jedoch nicht typisch für Anna; andere Heilige wie Nikolaus und Jakobus d.Ä. haben ähnliche Mirakel für ihre Verehrer vollbracht. In der Sekundärliteratur wird gelegentlich die These vertreten, das Patrozinium Annas über Kaufleute und Seefahrer habe seine Wurzeln in der Kreuzfahrerzeit, weil durch die Kreuzfahrer eine bis dahin allein in der Ostkirche verehrte Heilige im Westen populär geworden sei.88 Ein geschichtlicher Zusammenhang zwischen Annen verehrung, Kreuzfahrern und Osthandel ist jedoch nicht nachzuweisen. Von Gisela Brandes wurde zudem eine allegorische Deutung vorgeschlagen: Anna sei die Mutter des in Maria typologisch vorgebildeten Kirchenschiffes89; in den mir bekannten Quellen findet sich für diese Deutung jedoch kein Anhaltspunkt. Von anderen Autoren wurde ein Zusammenhang zwischen Krämern und Frauen gesehen: Anna sei die Patronin für Angehörige aller derjenigen Berufe, die mit dem weiblichen Lebenszusammenhang verwoben seien; zu dieser Gruppe werden dann neben Krämern auch Müller, Weber, Schneider, Seiler, Spitzenklöppler und Knechte gezählt.90 Für die meisten der hier genannten Berufsstände läßt sich in den Quellen kein Beleg finden. Die reichen Kaufleute zu Frankfurt wie die Hamburger Islandfahrer dem weiblichen Lebenszusammenhang zuzurechnen, ist gewiß nicht sachgemäß. Auffälligerweise wird in den Quellen nur eine Vereinigung von Tischlern unter dem Patronat der hl. Anna genannt, obwohl dies Standespatronat eine einleuchtende allegorische Begründung erfährt: Die Tischler hätten oftmals als

hatten, die für das ewige Heil notwendigen Sterbesakramente in Anspruch zu nehmen. Vgl. P. ARJÉS: Studien zur Geschichte des Todes im Abendland. München, 1976. Orig.Ausg.u.d.T.: Essais sur l'histoire de la mort. 87 Dem Bischof Hugo von Vieh gab Anna auf einer Fahrt von Rändern nach England den nötigen Wind zum Segeln in einer Situation totaler Windstille; Anna befreite aber auch andere Menschen aus dem stürmisch aufgewühlten Meer; sie rettete einen Mann, der im Wasser den Tod suchen wollte, und bewahrte mehrere ihrer Verehrer vor dem finanziellen Ruin; einen von Piraten Überfallenen und getöteten Fernhandelskaufmann erweckte sie wieder zum Leben und gab ihm sein verlorenes Gut samt dem Schiff zurück. Vgl.u. Kapitel 4.5. und 6.2. - Vgl. zur Auffassung der Fortuna A. DOREN: Fortuna im Mittelalter und in der Renaissance. In: Vorträge der Bibliothek Warburg / hg. von F. Saxl. Bd. II. 1 ; Vorträge 19221923. Leipzig, 1924, S. 71-145. 88

HARMENING, ANNA, a . a . O . , S p . 6 5 3 . - EBNER, a . a . O . , S . 1 1 0 .

89 90

BRANDES, LECHNER,

a.a.O., 34, S. 111. a.a.O., Sp. 170.

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Gesellenstück ein Tabernakel gefertigt; Anna habe ihre Tochter als ein besonderes Tabernakel umschlossen. Daß die Tischler zu Straßburg, die der Stadtrat in die Annenbruderschaft der Wagener zwang, sich dieser Ehre bewußt waren, darf bezweifelt werden.91 Manche Quellen erwecken den Eindruck, daß besonders standesbewußte Gruppen, die keinen Platz im traditionellen Zunftsystem hatten, sich dem Patronat der Heiligen unterstellten. So heißt es in der Stiftungsurkunde der Annenbruderschaft der Beamten des erzbischöflichen Gerichts zu Koblenz: "Nach deme und eyn yede zunfftversamelong ader geselschaft eyner kunst bynnen dieser stat Covelentz yre eigen bruderschaft hait [...will auch] die erlich geselschaft der jhenen, so mit den synnen vernunfteclich arbeyten muessen, als nemelich procuratores, notarien und nuncien des geistelichen hoifs und gerichts bynnen der obgenanten stat Covelentz [eine Bruderschaft aufrichten]."92

Hier liegt ein Beispiel für das Standesbewußtsein einer gesellschaftlichen Gruppe vor, die aus dem traditionellen Zunftrahmen herausfiel. Man gründete eine Standesbruderschaft, welche Aufgaben der Zunft - besonders hinsichtlich der Außenrepräsentation des Standes - wahrnehmen sollte. Bei diesen 'Beamten' handelte es sich zum großen Teil um Laien mit hervorragender Bildung. Man hielt sich etwas darauf zugute, die Bruderschaft nicht aus den eigenen "budelen"93 finanzieren zu müssen, sondern über jährliche Renten, Gefalle und Strafgelder zu verfügen. Von besonderem Interesse war für die Mitglieder die standesgemäße Ausstattung und Feier der Beerdigungen sowie die Abhaltung von Seelmessen; hier wollte man keinesfalls hinter anderen Standesbruderschaften zurückstehen. Sie betonen zur Begründung ihrer Stiftung, daß jede Zunft eine Bruderschaft hat, die "jerlichs viere mail zum wenigsten mit vigilien und selemessen irlich und zerlich nach cristelicher ordenonge begangen wirdet, dazu sie auch yre bellkendoicher [Bahrtücher], kertzen, ornamente und anders zu solichem gehoerigh haben, welche doiche und kertzen den bruderen ader susteren in solichen bruderschaften ader derselben kynde, so die mit doide verscheiden, geluwen werden, den doiden damit zum grabe zu bestaden, zu tragen und zu luchten"94.

91 Die Beispiele von F. D U I N E stammen sämtlich aus späterer Zeit (Pourquoi sainte Anne est la patronne des menuisiers? Paris, 1893). 92 SCHMIDT, ANNA-BRUDERSCHAFT, a.a.O., S . 307. 93 Ebd. 94 Ebd. - Zum Bestattungsbrauchtum der Zünfte und Bruderschaften vgl. P . LÖFFLER: Studien zum Totenbrauchtum in den Gilden, Bruderschaften und Nachbarschaften Westfalens vom Ende des 15. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Münster, 1975. (FVK; 47).

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Annenverehning in Bruderschaften

Den Zünften wollen die 'Beamten' nun nicht länger nachstehen. Über ein ähnliches Standesbewußtsein dürften auch ihre Kollegen zu Trier95 verfügt haben. Die Sekundärliteratur sieht die hl. Anna gerne als Patronin des weiblichen Geschlechts und religiöser Frauenvereine.96 Zwar ist durch Erhebung von Bruderschaften nicht auszumachen, ob Frauen sich Anna zur persönlichen Patronin erwählten; vor 1530 wurde jedoch nur eine einzige Bruderschaft ins Leben gerufen, in der Frauen eine besondere Rolle spielten: Der Münsteraner Klerus richtete eine Annenbruderschaft ein, in der höchstens 72 Frauen mit ihren Ehemännern - nach Zahl der Angehörigen des Geschlechts Annas97 Mitglied sein konnten.98 Immer, wenn eine Frau gestorben war, konnte eine andere mit ihrem Ehemann aufgenommen werden. Eine Annenbruderschaft, die ausschließlich Frauen zu ihren Mitgliedern gezählt hätte, ist dagegen im Untersuchungszeitraum nicht belegt. Zwar konnten Frauen dieser Bruderschaft vorstehen - eine Umkehrung der in anderen Bruderschaften geltenden Normen - , aber von einer Standesbruderschaft für die Angehörigen des weiblichen Geschlechts ist nicht zu reden. Solche religiösen Frauenvereine sind erst in der Gegenreformation und im Barock entstanden.99 Im Spätmittelalter war mit dem

Vgl. DÖRFLER-DIERKEN, BRUDERSCHAFTEN, a.a.O. unter Trier. 96 "Einer solchen Patronin bedurften die Frauen in einer so kinderreichen und kinderliebenden Zeit wie das ausgehende Mittelalter" (KLEINSCHMIDT, a.a.O., S. 164). 97 Es ist nicht bekannt, wieso die Münsteraner Kleriker bestimmten, die Mitgliederliste solle immer 72 Einträge von Frauen umfassen; Annas Sippe umfaßte, selbst in der am breitesten ausgebauten Genealogie, derjenigen eines anonymen Franziskanerobservanten (vgl.u. Kapitel 4.2.), nicht so viele Personen. 98 T I B U S , a.a.O., S. 6 . - Vgl.a. W . KOHL: Das Domstift St. Paulus zu MÜNSTER. Berlin, 1987. (GS; NF XVII.l = Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln; IV. 1), S. 470. 99 In Haisterkirch verbanden sich im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts etwa 100 Frauen zu einem Annenverein, um Seelmessen für die aus ihrem Kreis verstorbenen Schwestern zu finanzieren. Sie standen nicht unter geistlicher Leitung, weshalb angesichts des nachtridentinischen kirchlichen Vereinsrechts nicht von einer Bruderschaft zu reden ist. Vgl. [ANONYMUS, gezeichnet S.S.:] BRUDERSCHAFTEN und Bündnisse im Landkapitel (Wurzach-)Waldsee. In: DASchw 23,1905, Nr. 7, S. 98f. - Interessant ist auch die Lage in Koblenz: Die dort von den Beamten des geistlichen Gerichts gegründete Standesbruderschaft war während der Reformationszeit verfallen. 1589 wurde sie vom Trierer Erzbischof neu begründet. Im Lauf des 17. Jahrhunderts änderte sich die Sozialstruktur der Mitglieder völlig. Die ehemalige Bruderschaft der gesellschaftlichen Oberschicht wurde zu einer von Frauen getragenen Bruderschaft. Der Anteil männlicher Mitglieder sank nach 1620 von 52 auf 20 % (vgl. SCHMIDT, ANNABRUDERSCHAFT, a.a.O., S. 303-306). - Das ist auf eine veränderte kirchliche Situation zurückzuführen: Im Zeitalter der Gegenreformation bedienten sich zahlreiche römischkatholische Volksprediger und Lehrer der geschlechts- und lebensalterspezifischen religiösen 95

Anna als Patronin einzelner Stände und Berufsgruppen

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Ehemann auch die Ehefrau Mitglied, wie die Ehefrau auch Mitglied in der Zunft war.100 Davon zu sprechen, daß diese Praxis eine Standesbruderschaft der Männer begründet hätte, wäre unzutreffend. Entsprechend der Auffassung, daß der Mann den öffentlichen Bereich zu gestalten habe, wurde auch im Fall von religiösen Korporationen verfahren. Allerdings war bei verschiedenen Rechtshandlungen die explizite Zustimmung der Ehefrau notwendig. Dabei wurden, wie in den Bruderschaftsmitgliederlisten, so auch in allen Schenkungsurkunden und Rentkaufbriefen und anderen Geschäften der Bruderschaften beide Ehepartner genannt. Für die im Religiösen- oder Semireligiosenstand lebenden Frauen galten wie für Witwen eigene Vorschriften, sie wurden in den Bruderschaftsmitgliederlisten als Vollmitglieder geführt. Frauen konnten auch ein untergeordnetes Amt für die Bruderschaft bekleiden, nicht aber der Bruderschaft vorstehen.101 Die Außenrepräsentanz der Bruderschaft war den Männern vorbehalten, Frauen waren aber wie die männlichen Mitglieder zu Anwesenheit bei den Bruderschaftsgottesdiensten, zu Gebet für die verstorbenen Brüder und Schwestern, Leichenfolge und anderen guten Werken verpflichtet. Bruderschaftliche Annenverehrung war also an keine sich aus dem Geschlecht begründenden Bedingungen geknüpft; weder zeigen die erhaltenen Mitgliederlisten, daß überdurchschnittlich viele Jungfrauen und Witwen sich in Annenbruderschaften einschreiben ließen, noch zeigt sich in anderen Zusammenhängen ein besonderes Interesse des 'weiblichen Standes' an der Verehrung dieser Patronin. Zusammenfassend kann man sagen, daß die wenigen Nennungen von Standesbruderschaften unter dem Patronat der hl. Anna keinen Bezug zwischen einer bestimmten Berufsgruppe und der Heiligen erkennen lassen. Die Heilige wurde von den Gläubigen während der Jahrzehnte vor der Reformation nicht als bevorzugte Patronin eines bestimmten Standes angesehen und in Anspruch Unterweisung. Vgl. KATZINGER, a.a.O. - Durch ihre Aktivitäten wurde Anna zu einer Heiligen der jungen Mädchen: "Hl. St. Anna, Gib alle Meitschi Manna!" (WREDE, a.a.O., Sp. 449), der Ehefrauen und Mütter und der Witwen. - Vgl. aus der reichen Literatur beispielsweise das folgende Werk: [ANONYMUS:] ANNA-BUCH; oder Anleitung zur Nachfolge und Verehrung der hl. Mutter Anna, ein Lehr-, Gebet- und Erbauungsbuch für Bräute, Ehefrauen und Witwen, insbesondere für Mitglieder des St. Anna-Bundes / verfaßt von einem Seelsorger der Diözese Brixen. Hg. von der Marianischen Gesellschaft zur Verbreitung guter Schriften. 2. Aufl. Innsbruck, 1865. 100 Zur regional unterschiedlichen Rechtsstellung der Frau vgl. Edith ENNEN: Frauen im Mittelalter. München, 1984, mit reicher Bibliographie. 101 So war beispielsweise in Kitzingen eine Frau mit einer Aufgabe im "kirchlichen Totenbrauchtum" beschäftigt (REMLING, a.a.O., S. 2 7 3 ) ; weitere Beispiele bietet LÖFFLER (a.a.O., S. 37).

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Annenverehrung in Bruderschaften

genommen. Dieser Befund wird untermauert durch das Schrifttum: In der Annenliteratur aus dem Untersuchungszeitraum finden sich keine Hinweise, daß die Heilige für eine Patronin bestimmter Berufsgruppen gehalten wurde. Auch die Mirakel, die der Heiligen zugeschrieben wurden, geben keine Hinweise auf ein Standespatronat.102 Es wird im Gegenteil häufig betont, daß ihr Patronat für alle Menschen nützlich sei. Der Gedanke, daß ein jeder nach seinem Vermögen entsprechend seiner ökonomischen und gesellschaftlichen Position Anna verehren solle, findet sich beispielsweise im 13. Kapitel des erwähnten Panegyricus des Johannes Trithemius: "Die rijchen als küng, fursten unn hernn, die eren sie mit kirchen un altar buwen und pfründ stifften unn geben vii in irer ere den armen; desglich so geben die byschoff [denen] ablauß, die ir fest fijren unn eren unn sich lassen inschrijben in ir bruderschafft, die an ettlichen orten loblich begangen würt. So sind die äpt unn miinch unn gaistlich frawen in iren clostern sie loblich begen mit singen unn lesen unn besonderem dinst durch dz gantz jar; desglich sind die gelertten unn dz gemain folck, yederman nach sinem stant unn nach sinem vermögen, begird unn andacht, also dz ydermann si mag loben unn eren, rijch unn arm, gelert unn ungelert, jung unn alt, gaistlich unn weltlich." 103

Für die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts ist beobachtet worden, daß ursprünglich zünftisch gebundene Bruderschaften sich zu für nichtzünftische Mitglieder offenen religiösen Laienbruderschaften entwickeln.'04 Hinsichtlich der Annenbruderschaften, die gar keine so lange Geschichte hatten, ist festzustellen, daß die meisten Standesbruderschaften keine Phase exklusiv-berufsständischer Abgeschlossenheit erlebten. Trotzdem wurde gelegentlich zwischen Vollmitgliedern - solchen, die zur Zunft und zur Bruderschaft gehörten - und assoziierten Mitgliedern - solchen, die allein zur Bruderschaft gehörten unterschieden. Beispielsweise zählte die oben erwähnte Standesbruderschaft der Koblenzer Beamten zahlreiche Angehörige der regionalen Oberschicht als assoziierte Mitglieder. Nur aus dem Kreis der ordentlichen Mitglieder konnten jedoch die Vorsteher der Bruderschaft kommen. In Sozialgestalt, geschäftlichen Aktivitäten und Brauchtum unterschieden sich diese Standesbruderschaften nicht wesentlich von den religiösen Laienbruderschaften unter Annas 102 Vgl.u. Kapitel 4.5. und Kapitel 6.2. 103 Zitiert nach der handschriftlichen volkssprachlichen Übersetzung von D E LAUDIBUS, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin Hs. germ. oct. 484, Bl. 107v. 1 0 4 Vgl. REMLING, a.a.O., S . 3 2 6 : "Für die Handwerker bringt eine solche Erweiterung ihrer Bruderschaft zusätzliche Einnahmen für die gemeinsame Kasse und häufig eine Vermehrung der Bruderschaftsgottesdienste; für die handweiksfremden Mitglieder erfüllt die erweiterte Handwerkerbruderschaft die Funktion einer Heiligenbruderschaft."

Sozialgestalt und Aktivitäten der Annenbraderschaften

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Patronat. Deshalb können sie im folgenden gemeinsam mit jenen besprochen werden.

3.4. Sozialgestalt und Aktivitäten der Annenbruderschaften Nach der Einbindung der Annenbruderschaften in die politische und kirchliche Gemeinde hat die ältere Forschung ebensowenig gefragt wie nach der inneren Organisation und den Geschäften dieser Bruderschaften. Man ging davon aus, daß das Laienbruderschaftswesen in engem sachlichen Zusammenhang mit den Bettelordensklöstern zu sehen sei. Die statistische Auswertung des Materials ergibt jedoch ein anderes Bild: Domizilkirche der meisten Annenbruderschaften war eine städtische Pfarrkirche oder Kapelle. Die an städtischen Kirchen oder Kapellen beheimateten Annenbruderschaften hatten verschiedentlich das Recht, dem Stadtpfarrer einen von der Bruderschaft ausgewählten Altaristen zu präsentieren; so konnten sie erreichen, daß der Altarist im bruderschaftlichen und örtlichen Leben stark verwurzelt war. Einige Beispiele mögen dies belegen: Die Statuten der Altenaer Annenbruderschaft bestimmten, daß der Vikar selbst aus Altena gebürtig sein müsse; er hatte zudem die Einhaltung der Statuten der Bruderschaft zu beschwören.105 Der Altarist der Annenbruderschaft in Annaberg war der Sohn des dortigen Bürgermeisters106; in Spandau konnte der Priester der Annenbruderschaft als Gerichtsschreiber herangezogen werden107; der Gernsheimer Altarist war zugleich Schulmeister von Oppenheim108; in Münder hatte die Annenbruderschaft das Präsentationsrecht für ihren Altar in der Pfarrkirche109. In zahlreichen Orten standen die Laien allein den Bruderschaften vor; manchmal, wie beispielsweise in Fulda, standen Laien gleichberechtigt neben einem Vertreter der Kirche110. Auch die an Klöster angeschlossenen Annenbruderschaften strebten danach, die Rechte der Laien zu stärken: So hatte in Münnerstadt zwar der Augustinereremitenkonvent zwei Mitglieder bestimmt, der Annenbruderschaft vorzustehen; diese waren jedoch den Laien gegenüber rechenschaftspflichtig.111 Die Quellen geben gelegentlich Auskunft über das 105 V g l . FLEBBE, a.a.O., Nr. 2 2 4 , S. 2 0 6 - 2 0 8 . 1 0 6 RICHTER, a.a.O., B d . 1, S. 9 8 f . 107 NAGEL, a . a . O . , S. 4 1 . 108 WAGNER, a.a.O., Bd. 1, S. 4 0 1 .

109 T. WARNECKE: Beiträge zur Geschichte der Stadt Münder. Osnabrück, 1899, S. 54. 110 L. PRALLE: Die Fuldaer Stadtpfarrei. T. 2: Die Urkunden der Fuldaer Stadtpfarrei/hg. von G. Richter. Fulda, 1952. (Fuldaer Geschichtsverein; 32), S. 107. 111 REMLING, a.a.O., S. 261f u. S. 294f.

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Verhältnis zwischen Bruderschaft, vertreten durch die Vorsteher beziehungsweise Prokuratoren, und Domizilkirche, vertreten durch den Pfarrherrn. Organisatorische und finanzielle Probleme mußten rechtsverbindlich geregelt werden. Auch so marginal scheinende Fragen, wie viele Kerzen während des Bruderschaftsgottesdienstes auf dem Annenaltar brennen sollten, wer das Läuten der Glocken zu den Bruderschaftsgottesdiensten zu finanzieren hatte, wer Schlüssel zur Lade der Bruderschaft oder ihrer Kapelle haben sollte, wurden vertraglich festgeschrieben. Viele Urkunden regeln auf den Pfennig genau die Aufteilung der an die Bruderschaft fallenden Spenden zwischen Domizilkirche, Altarist und Bruderschaft. Die Zeiten und die Ordnung von Prozessionen, die feierliche Gestaltung des Annentages, die Finanzierung der für die Abhaltung der bruderschaftlichen Gottesdienste notwendigen Gegenstände wie Kerzen und liturgisches Gerät sowie gegebenenfalls die Bezahlung weiterer Helfer wurde aufgezeichnet. Die bischöflich konfirmierten Statuten der Annenbruderschaft zu Herxheim112 in der Pfalz legen beispielsweise fest, daß an allen Quatembern ein Gottesdienst mit sechs Priestern stattfinden solle. Dabei hatten vier Priester Seelmessen zu lesen, der fünfte hatte daneben die Messe nach dem Meßformular de tempore mit der Kollekte pro vivis et defunctis zu lesen und der sechste der Ortspfarrer - sollte gleichzeitig das Hochamt de beata singen. Jeder der sechs Priester war von der Bruderschaft eigens zu bezahlen. Auch Eigentumsoder Nutzungsrechte an kirchlichen Gebäuden und liturgischem Gerät wurden aufgezeichnet: Die Würzburger Annenbruderschaft besaß einen eigenen Schlüssel für die Kapelle.113 In Stockheim vor der Rhön hatte der Küster täglich für die Salve-Andacht, welche die Bruderschaft finanzierte, zu läuten; der Pfarrer und die Vikare hatten bei mehreren Umgängen jährlich am Beinhaus Station zu machen und bestimmte Gebete zu verrichten. In Oldenburg hatte der Pfarrer mit den Provisoren der Bruderschaft zusammen das Recht, über die Aufnahme neuer Mitglieder zu entscheiden.114 Das Aufnahmezeremoniell für die Eintretewilligen war gelegentlich - etwa in Oldenburg - bis ins Detail geregelt. Besonders notwendig war es, finanzielle Regelungen zu treffen: Das Opfer der Dienstagsmessen zu Münnerstadt sollte immer an den Konvent, das zweier jährlich abzuhaltender Prozessionen dagegen an die Bruderschaft fallen, die den Konvent für die Durchführung derselben zu entlohnen hatte. Der Opferstock der Annenbruderschaft zu Würzburg war mit drei Schlössern gesichert

112 PALATINA SACRA; Kirchen- und Pfiindebeschreibung der Pfalz in vorreformatorischer Zeit/auf Grund der Vorarbeiten vonF.X. Glasschröder hg. vonL.A. Doli. Teil I. Bd. 3. Trier, 1988, S. 80. 113 REMLING, a.a.O., S. 262 u. S. 264-266. 114 J.B. STAMMINGER U. G. Amrtiein: Franconia sacra; Geschichte und Beschreibung des Bisthums Würzburg. Bd. 3. Würzburg, 1901, S. 337-339.

Sozialgestalt und Aktivitäten der Annenbruderschaften

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und konnte nur zusammen von Vertretern der Bruderschaft und den beiden Altaristen geöffnet werden. Das Opfer wurde gedrittelt: Zwei Drittel behielt die Bruderschaft, ein Drittel erhielten die Altaristen. Auch in Colmar hatte man zwei 'Büchsen': über die eine verfügte die Bruderschaft, die andere konnte nur gemeinschaftlich durch einen Vertreter des Stifts und einen der Brudermeister mit zwei verschiedenen Schlüsseln geöffnet werden. Jedoch hat es immer wieder Schwierigkeiten zwischen der Pfarrkirche und ihren Vertretern und den Annenbruderschaften gegeben, insofern die Existenz einer Bruderschaft mit eigener Kasse mit Notwendigkeit die Höhe der Opfer für die Pfarrkirche schmälerte. So ist in Heilbronn ein Streit ausgebrochen, in dessen Verlauf der Pfarrverweser den Tisch und das Bild der Annenbruderschaft aus der Kirche tragen ließ - angeblich um das Einsammeln von Spenden durch die Bruderschaft zumindest während der Pfarrgottesdienste zu verhindern. Der Rat bemühte sich hier um Vermittlung. Die Pfarrherren suchten mancherorts, die Bruderschaft kirchlich einzubinden und ihre Beaufsichtigung sicherzustellen. Sie setzten zum Beispiel gelegentlich durch, daß sie der Bruderschaft den Priester präsentieren durften - wie in Colmar. Andererseits trachtete die Bruderschaft danach, sich möglichst großen Einfluß auf das kirchliche Leben zu sichern. In Markt Erlbach115 protestierte eine 'alte Bruderschaft' gegen die Errichtung einer zweiten unter dem Patronat der hl. Anna. Das Verhältnis zwischen den beteiligten Parteien scheint also nicht immer einfach und einvernehmlich gewesen zu sein. In Limburg116 verstand sich der Stadtrat als Anwalt der Bruderschaft gegenüber dem Wilhelmitenkloster. Ein Vertrag zwischen dem Prior und zwei Brüdern (stellvertretend für die übrigen Konventsmitglieder) über das Verhältnis zwischen Prior und Konvent beziehungsweise Konvent und Stadt vom 18. Dezember 1511 ist erhalten. In diesem wird dem Prior unter anderem aufgetragen, für den Eintritt in die Annenbruderschaft zu werben und mitzuhelfen, das Opfer recht zu verwalten. Die Aufsicht über die Büchse, in der das Opfer der fremden Pilger - Limburg war zu dieser Zeit ein Annenpilgerort - und der Bruderschaftsmitglieder gesammelt wurde, sollte ein vom Rat bestellter Büchsenmeister haben. Er sollte jedes Jahr an Fronfasten dem Konvent die nötigen Mittel zuteilen. Zur Begründung für die Einrichtung des Amtes eines Büchsenmeisters führt die Urkunde an: "Da myt nü dye mylten herczen, die ir hellyges almüsen zìi dyssem loeblichen gotlychen angefangnen werck gegeben, auch die sych in sant Annen brüderschafft

115 REMLING, a.a.O., S. 405 Anm. 73. 116 H. OTTO: Die S. Anna-Kirche zu Limburg a.d. Lahn als Wilhelmiten- und als Hospitalskirche; FS zu ihrer Wiederherstellung. Limburg a.d. Lahn, 1918, S. 10-14. - Vgl.a. die Ergänzungen und Korrekturen in meinem Aufsatz WUNDERHEILUNGEN, a.a.O.

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Annenverehrung in Bruderschaften

gebrudert haben und vomer brüederen mochten, irrer andechtigkeytten und giitter meynüngen nyt beraübt werden, sal solych gelt, daß herzü fallen ist, in eyn eygen büchs gethan werden und besiinder büschenmeyster zii eyner yeder zyt und so dick des von noeden syn wyrt her tzü gesatzt und geordenet werden, dye sollich gelt innemen und ir register darüber haben."117

Die Pflichten der einzelnen Altaristen waren recht unterschiedlich, was sich aus den unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Annenbruderschaften erklärt. Manche Bruderschaften bezahlten sie nur für an einem Altar der Pfarrkirche zu lesende Memorien ein- bis viermal jährlich, andere Bruderschaften ließen sich dreimal wöchentlich die Messe an einem eigenen Altar lesen und feierten den Annentag mit großem Pomp. In dem einen Falle konnte der Altarist allein oder vorwiegend für die Befriedigung der Bedürfnisse der Annenbruderschaft zuständig sein; im anderen Falle erfüllte er die Verpflichtungen gegenüber der Bruderschaft 'nebenamtlich'. Die Erlaubnis zur Errichtung einer Bruderschaft sollte beim zuständigen Bischof eingeholt werden; das scheint jedoch in vielen Fällen nicht geschehen zu sein. Faktisch hielt man es oft für ausreichend, sich mit dem Ortspfarrer zu arrangieren. Dies ist insofern bemerkenswert, als eine bischöfliche Bestätigungsurkunde den Bruderschaftsmitgliedern einen Ablaß für den Besuch der Bruderschaftsgottesdienste, für Teilnahme an Prozessionen und für Spenden zugunsten der Heiligen und ihres Altares gewährt hätte. Daß um Konfirmationen und Ablässe vielfach nicht angesucht wurde, dürfte sich damit erklären lassen, daß sie nur durch Kapitaleinsatz zu erlangen waren. Reichere Bruderschaften scheinen häufiger als ärmere Wert auf Ablässe gelegt zu haben. Das von dem kurtrierischen Sekretär und Brudermeister der Koblenzer Annenbruderschaft, Peter Maier, geschriebene Bruderschaftsbuch "Van der ordenunge und haltong St. Annan bruderschafft" zählt insgesamt 92 Ablässe von 36 Kardinälen, 6 Erzbischöfen und 50 Bischöfen auf - "eine selbst für die Blütezeit des Ablaßwesens vor Beginn der Reformation erhebliche Zahl"118. Der nach Eintritt in die Bruderschaft für den Besuch eines Gottesdienstes an bestimmten Tagen zu erwerbende Ablaß betrug insgesamt 10.000 Tage. Dazu hatten die Brüder und Schwestern das Recht, auch an Fasttagen (außer in der Karwoche) Butter, Käse und Milchspeisen zu essen, sich einen Beichtiger zu wählen, der in den meisten der dem apostolischen Stuhl vorbehaltenen Fällen, absolvieren durfte, und zu allen Zeiten des Jahres, außer in der Passionszeit, einmal wöchentlich das Gloria in excelsis und andere Freudengesänge zu Ehren der hl. Anna anzustimmen.

117 Stadtarchiv Limburg W 18. 118 SCHMIDT, ANNA-BRUDERSCHAFT, a.a.O.,

S.

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Sozialgestalt und Aktivitäten der Annenbruderschaften

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Der päpstliche Kardinallegat Raimund Peraudi verdient es, in diesem Zusammenhang hervorgehoben zu werden: Auf seinen beiden Visitationsreisen begabte er zahlreiche Annenbruderschaften, besonders solche, die an Bettelordensklöstern beheimatet waren, mit Ablaß. 1 1 9 Wenn es ein Verbot v o n seiten der städtischen Obrigkeiten gab, neue Korporationen zu errichten, oder wenn die Bruderschaft zugleich Aufgaben der Zunft erfüllte, mußte die Erlaubnis des Rates eingeholt werden. Beaufsichtigung der Annenbruderschaft durch die städtische, nicht die geistliche Obrigkeit ist aus mehreren Orten bekannt. In Fulda hatte der Rat das Recht, die Provisoren der Bruderschaft zu bestimmen. Der Einfluß dürfte jedoch häufig informell g e w e sen sein: S o ist Mitgliedschaft von Bürgermeistern und Ratsherren aus vielen Orten bekannt. 120 In Xanten 121 wurde im Jahre 1508 eine Bruderschaft der Krüppel, Lahmen und Blinden unter d e m Patronat Annas eingerichtet. Es dürfte sich bei der Wahl der Patronin weniger darum gehandelt haben, daß diese gesellschaftlich diskriminierte Gruppe die Hoffnung auf sozialen Aufstieg durch die Wahl der Patronin auszudrücken suchte, als darum, die Bettler in das soziale und religiöse Netz der Stadt einzubeziehen. Man errichtete hier für die

1 1 9 R. WACKERNAGEL: Mitteilungen über Raimundus Peraudi und die kirchlichen Zustände seiner Zeit in Basel. In: Β ZG AK 2 . 1 , 1 9 0 2 , S . 1 7 1 - 2 7 3 . - J. SCHNEIDER: Me kirchliche und politische Wirksamkeit des Legaten Raimund Peraudi, 1486-1505. Halle, 1882. - Der Kardinallegat gewährte beispielsweise einer Bruderschaft - wohl der Annenbruderschaft am Straßburger Johanniterkloster einen Ablaß (das Kloster hat auch die Übersetzung und den Druck einer Annenlegende veranlaßt, vgl.u. Kapitel 5.1.). Aus Straßburg ist auch ein Einblattdruck mit der Darstellung einer Anna selbdritt sowie einem lateinischen Ablaßgebet und seiner deutschen Übersetzung erhalten; Raimundus gewährte für das Nachsprechen dieses Gebetes 100 Tage Ablaß. Das Gebet richtet sich zwar in erster Linie an Maria; deren Eltern werden aber genannt, weil aus ihnen "an sünd dein edelster unn junckfrawlicher leib ist her kommen" (EINBLATTDRUCKE, a.a.O., Bd. 6 0 , 1 9 2 5 , Nr. 18). Man wird annehmen dürfen, daß der Druck während des Aufenthaltes des Kardinallegaten oder kurz danach erfolgte. Da er in den Jahren 1502 und 1504 in Straßburg war, dürfte die Drucklegung des Ablaßzettels also in einem dieser Jahre erfolgt sein (vgl. GASS: PERAUDI und der Jubelablaß in Strassburg. In: Straßburger Diözesanblätter 18,1899, S. 461-471); wahrscheinlich ist, daß sie 1502 erfolgte, weil Raimundus in diesem Jahr auch dem 1501 errichteten Annenaltar im Johanniterkloster einen Ablaß gewährte (vgl. ders. : Der Cardinallegat Peraudi und die JOHANNITER in Strassburg. In: Straßburger Diözesanblätter 18,1899, S. 271-280, hier S. 276). - Auch die Karmeliter zu Boppard erlangten von Peraudi eine Bestätigung ihrer Annenbruderschaft mitsamt dem dazugehörigen Ablaß (Stadtbibliothek Trier Hs. 1694/328 8°, S. 122-126, Abschrift der Urkunde im Inventar des Archivs des Klosters). - Zu den Gründen für die Gewährung von Ablässen zugunsten der Bettelorden vgl.o. Kapitel 3.1.

120 Vgl.o. Kapitel 3.2. Anm. 45. Das Erzbistum Köln; Archidiakonat von Xanten. Bd. 1. Berlin, 1 9 3 8 . (GS; III.l.l), S. 175. 121 W . CLASSEN:

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Annenverehrung in Bruderschaften

Stadtarmut eine Bruderschaft, die zünftische Elemente in den Statuten aufwies. Fürsorge für das Wohl der Armen, die sich nicht in eine lokale Bruderschaft aufnehmen lassen konnten (weil ihnen etwa die eheliche Geburt fehlte), vermischte sich hier mit obrigkeitlichen Kontroll- und Disziplinierungsbestrebungen. Das Interesse an sozialer Disziplinierung stand auch hinter dem Beschluß des Straßburger Rates, die Schreiner und 'Wagener' zur Mitgliedschaft in der Bruderschaft der Zimmerleute zu zwingen. Auf Seiten der Obrigkeiten durchdrangen sich zwei Motive: das der Kontrolle von Zusammenschlüssen, die als potentielle Herde von Unruhe und Aufruhr angesehen werden konnten, und das paternalistischer Sorge für das ewige Heil der Untertanen.122 Die innere Organisation der Bruderschaft kann durch den Begriff 'genossenschaftliche Selbstverwaltung' am besten charakterisiert werden. Ihre Vorsteher waren in vielen Fällen ausschließlich Laien; gelegentlich Laien zusammen mit dem Altaristen oder dem Pfarrherrn. Diese waren verantwortlich für die Gestaltung des bruderschaftlichen Lebens und hatten es auch zu überwachen. Sie verwalteten die liturgischen und sonstigen Gerätschaften der Bruderschaft, hatten die Schlüssel zu ihrer Kasse und Lade, sammelten die Beiträge, Spenden und Strafgelder und ordneten Prozessionen und Leichenzüge; in Colmar heißt es ausdrücklich, daß sie über die Kapitalanlage "mit ratt aller brüder und swestern" bestimmen sollten. Mehrere Annenbruderschaften hatten einen eigenen 'Kassenwart' beziehungsweise 'Büchsenmeister'. Meist bildeten und erhöhten die Bruderschaften ihr Kapital durch Gebühren - die von den bei den Hamburger Franziskanerminoriten beheimateten Fischern auch in Naturalien entrichtet werden konnten - , Spenden und Renten; Geld verleih oder Verpachtung von der Bruderschaft überschriebenen Gütern war üblich. Eine besonders ausgefallene Methode der Kapitalakkumulation hatte sich die 1481 an der Ansgarikirche zu Bremen gegründete Annenbruderschaft ausgedacht: Die einzelnen Mitglieder hatten auf eigene Faust mit den Pfunden der Bruderschaft zu wuchern. Der Einfluß der Bruderschaften auf dem frühneuzeitlichen Kapitalmarkt dürfte nicht unbeträchtlich gewesen sein. Anläßlich der Überführung des Bruderschaftsvermögens in den 'gemeinen Kasten' wurden oftmals die Ein122 Zur obrigkeitlichen Kontrolle frühneuzeitlicher Korporationen, insbesondere von Gesellenvereinen vgl. SCHULZ (a.a.O.) - Eine obrigkeitlich errichtete Bruderschaft für die Stadtarmut war beispielsweise die Zülpicher Betüerzunft. Durch die Einrichtung dieser Institution verfolgte die Obrigkeit das Ziel, diese Gruppe, die aufgrund ihrer großen Mobilität beargwöhnt wurde, unter stärkere Aufsicht zu stellen und zugleich deren Identifikation mit den Zielen und Interessen der Stadt zu fördern. Dadurch konnte die Gefahr, welche jene für das 'gemeine Wohl' darstellten, gemindert werden. - Vgl. F. IRSIGLER U. A. Lassotta: BETTLER und Gaukler; Dirnen und Henker, Randgruppen und Außenseiter in Köln, 1300-1600. Köln, 1984, S. 58-62. - Vgl.a. die Ausführungen zur mecklenburgischen Polizeiordnung in Kapitel 3.5.

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künfte und Vermögensverhältnisse der Bruderschaften festgehalten; aus den erhaltenen Angaben ergibt sich, daß die Annenbruderschaften in den meisten Fällen zwar nicht die reichsten Bruderschaften bei Einführung der Reformation waren, aber doch über beträchtliche Vermögenswerte verfügten. Sie scheinen sich zudem in beachtlichem Maße in den städtischen Kapitalmarkt eingebracht zu haben. Die einkommenden Spenden, Zinsen und Renten dienten meist zu einem Teil der Finanzierung laufender Ausgaben, zum anderen Teil der besseren Ausstattung der gottesdienstlichen Veranstaltungen und Räume, zum dritten der Kapitalvermehrung.123 Die, etwa im Vergleich zu den Fronleichnamsbruderschaften, noch relativ schwache Finanzkraft der Annenbruderschaften erklärt sich aus den wenigen Jahrzehnten ihres Bestehens. Während jene häufig mehr als 150 Jahre lang Vermögenswerte anhäufen konnten, bestanden die Annenbruderschaften günstigstenfalls 50 Jahre. Trotzdem konnte die Annenbruderschaft zu Annaberg eine immense Geldsumme an den Herzog und an die Stadt verleihen. Zudem hatten die Bruderschaften zahlreiche Wertgegenstände erworben: Die meisten standen in Zusammenhang mit den religiösen Aufgaben der Bruderschaft: Altartafeln, Kerzenleuchter, Paramente; aber auch Becher für Gemeinschaftsmahle124 und kostbare Bahrtücher für die Bestattungen der Mitglieder125 waren vorhanden. Die Finanzkraft der Bruderschaften und entsprechend das kirchliche Angebot war nicht zuletzt abhängig von der Zahl ihrer Mitglieder. Hier spielte es eine Rolle, ob der Einzugsbereich regional beschränkt oder überregional war; ob die Bruderschaft in einer größeren Stadt oder in einer Kleinstadt ihren Sitz hatte.126 123 Zu den Kapitalgeschäften der Bruderschaften liegt keine eigene Untersuchung vor. F. ELSENER hat am Beispiel der Seelgerätsstiftung dargelegt, daß sie im Untersuchungszeitraum vielfach allein weltlichen Zwecken diente: Indem das Seelgerät als ius circa sacra dem profanen Rechtszugriff entzogen war, konnte es der Umgehung des kanonischen Zinsverbots in Form des Rentenkaufs dienen (Vom Seelgerät zum Geldgeschäft. In: Recht und Wirtschaft in Geschichte und Gegenwart; FS J. Bärmann zum 70. Geburtstag / hg. von M. Lutter u.a. München, 1975, S. 85-98). 124 Bei der 1481 an der Ansgarikirche zu Bremen gegründeten Annenbruderschaft. Vgl. KOHL, BREMER, a . a . O . , S . 4 3 3 .

125 Bei der Annenbruderschaft zu Koblenz. Vgl. SCHMIDT, ANNA-BRUDERSCHAFT, a.a.O., S. 302f. 126 Die meisten Mitglieder scheint die Annenbruderschaft am Karmeliterkloster zu Frankfurt gezählt zu haben: Von 4000 Personen ist die Rede. Herzog Georg hatte für die Annaberger Annenbruderschaft vom Papst das Recht erworben, 1000 juristische Personen (Eheleute wurden als eine Person gezählt) aus dem ganzen herzoglichen Sachsen aufzunehmen; die Mitglieder wurden großer Ablässe teilhaftig (WOLF, a.a.O., S. 77). Der Einzugsbereich der Bruderschaft im Dorfe Baisweil war ebenfalls überregional - 1400 Einträge enthält das Bruderschaftsbuch; das ergibt nach der Schätzung PÖTZLS etwa 4200 Personen (a.a.O., S.

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Annenverehrung in Bruderschaften

D i e Bruderschaften waren nicht nur als Kapitalgeber tätig, sondern auch als Mäzene. 1 2 7 Ihre finanziellen Möglichkeiten spiegelten sich in der Ausstattung des Altares und gegebenenfalls der Kapelle mit Bildschmuck, Monstranzen, Fahnen und Statuen. In Emden, Frankfurt, Hamburg und Heilbronn finanzierte die Annenbruderschaft beispielsweise wertvolle Altartafeln. Karitative Aktivitäten der Bruderschaften sind dagegen nur in seltenen Fällen belegt; meist handelte es sich dann - wie bei der an der Pfarrkirche St. Martin zu Bremen 1496 bestehenden Annenbruderschaft - um Armenspeisun-

180). Da nicht nur Familien, sondern auch Klöster Mitglieder dieser Bruderschaft (u.a. das Erfurter Augustinereremitenkloster, das Kloster Luthers) waren, könnte die Zahl der natürlichen Personen noch erheblich höher liegen. Das Bruderschaftsbuch des Bremer Annenkalands weist ebenfalls 1400 Einträge auf; diese Zahl scheint sich daraus zu erklären, daß nicht nur lebende Mitglieder, sondern auch Verstorbene verzeichnet wurden (KOHL, BREMER, a.a.O., S. 421). Im Koblenzer Bruderschaftsbuch werden 1049 Einträge gezählt, darunter auch Verstorbene, Familien und Institutionen (SCHMIDT, ANNA-BRUDERSCHAFT, a.a.O., S. 311342: Abdruck des Mitgliederverzeichnisses). Für Schlettstadt konnten 400 (ADAM, Bd. 1, a.a.O., S. 156), für Wimpfen a.B. 400, darunter 60 Auswärtige (Α. ENDRISS: Die religiöskirchlichen Verhältnisse in der Reichsstadt Wimpfen vor der Reformation. Stuttgart, 1967, S. 169f), für Oldenburg über 300 (WIENHOLT, a.a.O., S. 27), für Kitzingen ca. 230 (REMLING, a.a.O., S. 274), für Wertheim 200 Einträge von Laien, dazu einige Kleriker (a.a.O., S. 326), für Boizenburg 100 einheimische und auswärtige Mitglieder in den Bruderschaftsbüchem gezählt werden (P. GROTH: Die Entstehung der meklenburgischen Polizeiordnung vom Jahre 1516. In: Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 57, 1892, S. 267). Das Karmeliteikloster Augsburg ließ das Auftiahmeformular fur die Mitglieder der Annenbruderschaft drucken; zumindest rechnete der Prior also damit, daß eine große Akzeptanz dieser Bruderschaft in der Bürgerschaft bestehe, so daß sich der Druck rentieren werde (A. HAEMMERLE: Das Aufnahmeformular der St. Annenbrüder in Augsburg vom Jahre 1494. In: Vierteljahreshefte zur Kunst und Geschichte Augsburgs 4,1947/48, S. 9-12). Die Bruderschaft zu Schleusingen umfaßte ca. 80 (REMLING, a.a.O., S. 263), die zu Colmar etwa 120 Mitglieder, darunter etwa 50 Ehepaare (HERTZOG, a.a.O., S. 44); in Münster konnten genau 72 Frauen mit ihren Angehörigen Mitglied der Annenbruderschaft sein (TIBUS, a.a.O., S. 6). - Diese Zahlen geben einen Eindruck davon, welche Ausstrahlung die Annenbruderschaften entfalten konnten - wenn sie auch andererseits nicht überbewertet werden dürfen. Viele Menschen waren Mitglieder zahlreicher Bruderschaften; so vermachte der Rat des Kurfürsten Friedrichs des Weisen, Degenhart Pfeffinger, unter insgesamt 35 Bruderschaften, die er testamentarisch bedachte, auch zwei Annenbruderschaften, der zu Jena und der zu Königsberg i.S., Geld (KOLDE, a.a.O., S. 74f). 127 Auf bruderschaftliches Mäzenatentum hat erstmals R . HATFIELD am Beispiel der Dreikönigsbruderschaft zu Florenz aufmerksam gemacht: The compagnia de' magi. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 33, 1970, S. 107-161. 1 2 8 KOHL, BREMER, a.a.O., S. 4 2 8 ; vgl.a. J. ACHELIS: Eine vergessene St. Annenbruderschaft. In: Bremer Jahrbuch 3 8 , 1 9 3 9 , S. 2 4 3 - 2 5 6 .

Sozialgestalt und Aktivitäten der Annenbruderschaften

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Die Verpflichtungen der Mitglieder dieser Bruderschaften waren recht unterschiedlich geregelt. Eintrittsgelder und Jahresbeiträge wurden erhoben; Gebete mußten täglich oder nach dem Tod eines Mitgliedes verrichtet werden; Anwesenheit bei Beerdigungen von Mitgliedern und der wöchentlichen Dienstagsmesse war erwünscht oder als verpflichtend festgeschrieben; Anwesenheit bei der kirchlichen Feier am Annentag war meistens vorausgesetzt. Strafgelder für die Verletzung dieser Verpflichtungen waren gelegentlich festgesetzt, so beispielsweise in Koblenz. Für manche Bruderschaften geben die Quellen Aufschluß über die Sozialstruktur der Mitglieder: Anhand der Steuerlisten von Kitzingen konnte nachgewiesen werden, daß just jenes Drittel der Einwohner, welches die höchsten Steuern zahlte, im Jahre 1522 zwei Drittel der Bruderschaftsangehörigen stellte. Dabei ließ sich hier eine nach 1500 wachsende Akzeptanz Annas bei den höheren Schichten feststellen. Auch von anderen Annenbruderschaften ist bekannt, daß Oberschicht und obere Mittelschicht129 dort ihre religiösen Bedürfnisse realisierten. Dem Reputationsinteresse dieser Schichten entsprachen die Geschenke, die einzelne Bruderschaften ihr Eigen nennen konnten: Die Notare zu Koblenz hatten einen Samtmantel und ein Zeremonialschwert mit Scheide von Erzbischof Johann II. erhalten; der als Humanist bekannte Kartäuser Georg Carpentuarius vermachte der Annenbruderschaft am Dominikanerkloster zu Basel eine mit Silberfäden durchwirkte Kappe130. Dagegen stellten die Kleriker und Religiösen nur einen kleinen Teil der Mitglieder; häufig wird

129 Man unterscheidet im allgemeinen nach verfassungsgeschichtlichen Kriterien: Patriziat, Zünfte, nichtzünftische Einwohner. Legt man die Steuerbücher zugrunde, so ist festzustellen, daß zur nichtzünftischen Bevölkerung über 50 % der Einwohner gehörten: Beruflich Unselbständige, Bettler, Tagelöhner, Habnits u.a. werden zur Unterschicht gerechnet. Dieser Teil der Stadtbevölkerung, der kein Bürgerrecht besaß oder von unehelicher Abkunft war, konnte im allgemeinen auch nicht Mitglied einer Bruderschaft sein. - Unselbständige und kleine Handwerker mit Bürgerrecht zählt man zur unteren Mittelschicht. Bessergestellte Handwerker und Kaufleute betrachtet man als zur Mittelschicht und Großkaufleute, Patriziat und Adel als zur Oberschicht gehörig. - Zur Anwendung des Schichtenmodells auf die Gesellschaft am Ende des 15. Jahrhunderts vgl. die folgenden Untersuchungen und Sammelbände: GESELLSCHAFTLICHE UNTERSCHICHTEN in den südwestdeutschen Städten / hg. von E. Maschke. Stuttgart, 1976. - STÄDTISCHE MITTELSCHICHTEN / hg. von E. Maschke. Stuttgart, 1972. - E. MASCHKE: Soziale GRUPPEN in der deutschen Stadt des späten Mittelalters. In: ÜBER BÜRGER, Stadt und städtische Literatur / hg. von J. Fleckenstein. Göttingen, 1980, S. 9-26. Ders.: Die 'FRÜHBÜRGERLICHE' W E L T im hohen und späten Mittelalter. In: HZ 221, 1975, S. 571-602. - Ders.: Die UNTERSCHICHTEN der mittelalterlichen Städte Deutschlands. In: Die STADT des Mittelalters / hg. von C. Haase. Bd. 3. 2. Aufl. Darmstadt, 1976. (WdF; 245), S . 345-454. - Vgl.a. W. DANCKERT: Unehrliche Berufe; die verfemten Leute. Bern, 1963. 130

RICKENBACH, a . a . O . , S . L X V I I I .

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Annenverehning in Bruderschaften

nur der Ortspfarrer oder der Altarist der Bruderschaft genannt. Den größten Teil der Nennungen machen städtische Bürger aus. Sie waren zumeist verheiratet und gehörten zum Kreis der angesehenen Bürger und ehrbaren Handwerker. Bei den Nennungen von Adligen oder Bischöfen dürfte es sich manchmal 'nur' um 'Ehrenmitgliedschaften' gehandelt haben.

3.5. Religiöses und geselliges Brauchtum der Annenbruderschaften Ein einheitliches religiöses Brauchtum hat sich in den Annenbruderschaften nicht ausgebildet, wenn auch hier einige übergreifende und überregionale Tendenzen zu beobachten sind. Das ist unschwer zu erklären: Das Brauchtum war einerseits abhängig von den Mitteln, welche die jeweilige Annenbruderschaft zur Verfügung hatte, folgte andererseits soweit als möglich den Anweisungen, welche die zahlreichen Schriften gaben, die zur bruderschaftlichen Annen Verehrung aufforderten. So regten mehrere Mirakel an, am Annenaltar an jedem Dienstag eine Messe zu Ehren der Patronin lesen zu lassen; dabei sollten drei Kerzen brennen, der Gläubige hatte ein Opfer für Anna zu geben und drei Pater noster sowie drei Ave Maria zu beten.131 Die besondere Auszeichnung des Dienstags erklärten die Legenden damit, daß Jesus selbst diesen Tag als den Geburts- und Todestag seiner lieben Großmutter gebenedeit habe; auch sei Maria, so versicherten die Viten, just an einem Dienstag zur Welt gekommen.132 Hinter diesen Überlegungen scheint sich das Bewußtsein zu verbergen, daß ein neuer Heiligenkult sich mit den schon gepflegten Kulten vertragen muß. Der Dienstag war noch nicht religiös besetzt, während der Donnerstag für Fronleichnamsfeiern, der Freitag, Tag der Kreuzigung Jesu, als Fastentag, der Samstag als Tag Marias und der Sonntag als Tag der Auferstehung schon ausgezeichnet waren. Nicht alle Bruderschaften konnten sich jedoch eine allwöchentliche Meßfeier am Dienstag leisten; sie mußten sich mit vierteljährlichen Messen - häufig an einem Dienstag - oder mit der Feier der Quatemberdienstage begnügen. Die Feier des Annentages wurde in den Bruderschaften allgemein üblich; meist wurde er am 26. Juli begangen. In Hannover kollidierte dieser Tag jedoch mit einem üblichen Markttag, weshalb die Annenfeier verlegt wurde133. Nach Möglichkeit veranstaltete man am Annentag eine Prozession. 131 Vgl. u. Kapitel 4.5. und 6.2., die Mirakel Der Jüngling von Doch, Erzbischof Prokopius, Coletta von Corbie. 132 Vgl. zu den Annenviten Kapitel 6.1. 133 Siegfried MÜLLER: Frömmigkeit im spätmittelalterlichen Hannover. In: Hannoversche Geschichtsblätter NF 34, 1980, S. 99-117, hier zur Annenbruderschaft S. 102-104. Vgl. a. Kapitel 2.4. Anm. 88.

Religiöses und geselliges Brauchtum der Annenbruderschaften

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Wie die Annenverehrer sich im besten Falle die Feier des Festtages ihrer Patronin vorstellten, lassen die Ausführungsbestimmungen zur Feier des Annentages in Koblenz erkennen. Sie wurden aufgezeichnet durch den schon erwähnten Notar und Geschichtsschreiber Peter Maier. Jeweils am Sonntag vor dem Annentag hatte derjenige Kaplan, der die Evangelienlesung machte, die Pflicht, auf den Annentag hinzuweisen, und öffentlich bekanntzugeben, daß durch die Annenbruderschaft großer Ablaß zu erwerben sei. Die Vorsteher der Bruderschaft hatten rechtzeitig vor Beginn der Zeremonien die Heiltiimer in verschiedenen Monstranzen auf den Hochaltar zu setzen, darunter auch ein Annenheiltum, mit dem die Gläubigen 'bestachen' werden mußten (sie wurden also mit dem Heiltum berührt). Der Annenaltar, das Annenbild und die mit dem "bellicktuch" (dem Bahrtuch) gezierte Bahre - die offenbar in die Nähe des Altares gestellt wurde - sollten mit Lichtern, Kleidung, wohlriechenden Blumen, Zweigen von Rosmarin, Majoran und Basilikum geziert werden. Unter dem Sebastiansbild, dem Annenaltar gegenüber, sollte ein langer mit einem Seidentuch bedeckter Tisch aufgeschlagen werden, um darauf die Ablaß- und Privilegienbriefe der Bruderschaft auszustellen. Auf einer Bank hinter dem Tisch hatten die drei Brudermeister während des ganzen Gottesdienstes Platz zu behalten. Auf diese Weise konnten sie die Schätze der Bruderschaft werbewirksam darbieten - sie ständig im Auge behaltend - , von dem Angebot überwältigte Neulinge aufnehmen und von den alten Mitgliedern 6 Heller zur Unterhaltung des Geleuchtes kassieren. Die Feierlichkeiten begannen am Vorabend des Annentages, dem Jakobustag, mit der ersten Vesper zu Ehren der Hl. Anna unter Geläute aller Glocken, mit Gesang, Orgelspiel und Weihrauch. Die Feier des Annentages selbst begann zwischen 7 und 8 Uhr mit dem Geläute der großen Glocke. Dann wurde eine Prozession um die Kirche in folgender Ordnung durchgeführt: - Acht Schüler, die vier Paar Fahnen trugen - Schüler, die die Antiphon "Te matrem virginis" sangen - ein Priester, der Weihwasser spendete - die Schöffen (Vorsteher) mit der "Kassie" (das war ein reich verziertes, silbervergoldetes Reliquiar, welches tragen zu dürfen eine große Ehre bedeutete) - zwei Schüler, die Annenfahnen trugen - sechs bis acht Paar kleine Mädchen mit "abgeschlagenen", d.h. offen herunterhängenden Haaren - zwei Schüler mit zwei "Stai-"134 und zwei Schüler mit Stangenkerzen

134 Lt. M. LEXER (Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Bd. 1. Leipzig, 1872, Repr. Stuttgart, 1979, Sp. 1560) ist ein "Kerzestal" ein Kerzenhalter.

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Annenverehrung in Bruderschaften

- vier geschmückte Jungfrauen, die das Annenbild trugen (sie wurden unterstützt von zwei "ehrenwerten" Brüdern) - zwei Schüler mit Stai- und zwei mit Stangenkerzen - drei Priester mit Monstranzen, wovon derjenige, der das Hochamt sang, das Annenheiltum trug. Nach dieser eindrucksvollen Prozession begann in der Kirche das Hochamt nach dem Meßformular Gaudeamus; nach dem Credo folgte die Predigt, danach wurden die Ablässe verkündet. Nach dem Mittagessen um ein Uhr läuteten die Glocken zur zweiten Vesper, welche wie die erste am Vorabend begangen wurde. Offensichtlich ist das Interesse an der 'schönen Inszenierung'. Der kultpropagandistische Effekt einer solchen Veranstaltung kann kaum überschätzt werden. Fragt man nach den Vorbildern, die hier zum Tragen kommen, so ist natürlich zuerst an andere große kirchliche Prozessionen zu erinnern, aber auch an ähnliche Veranstaltungen anläßlich weltlicher Ereignisse.135 Die Inszenierung des Annentages spiegelt auf einer ersten Ebene die Bedeutung der Patronin, auf einer zweiten Ebene den gesellschaftlichen Status der Mitglieder der Bruderschaft. Das gesellige Brauchtum war von Anfang an mit dem Bruderschaftswesen verbunden. Die gemeinsamen Mahle der Bruderschaftsmitglieder, bei denen gelegentlich ausschweifend getafelt worden zu sein scheint, wurden von den 135 Peter Maier schildert beispielsweise sehr eindrücklich die Feierlichkeiten, die mit der Wahl und Einführung eines neuen Erzbischofs zusammenhingen. Aus der Darstellung erhellt unmittelbar der Eindruck, den diese Zeremonien auf die Zeitgenossen machten: Die Wahl des Richard von Greiffenklau vollzog sich, da ist sich der Chronist Peter Maier sicher, "ane zwivel durch inngebonge des heiligen geistes, dann es gantz eyndrechtig zu°gangen" (Gesta Richardi, Landeshauptarchiv Koblenz Abt. 701, Nr. 13, Bl. 5r). "Damach [nach der Wahl] syn die h[e]rrn dechan und capittel obgenant, brennende wechsen kertzen in yren henden dragende, uss deme capittelhu°se gangen, den der erweiter in eyner chorkappen gefolgt, auch eyn brennende wechsen kertzen dragende, zu deme hohen altar zu und haben den erwelttten zu eynem rechten und waren zeichen, das er eyne zukommender Ertzbischou°e und recht regierender H[e]r des Ertzstiffts und Cu°rfu°rstentumbs Trier syn sulle, daniff gesatzt und ime damitt desselben also possession gegeben mitt grossen freuden und erem erpietungen. Da syn angangen alle glocken in der statt von Trier und zu noch merer freuden und volkomener jubüieronge Gott dem Almechtigen zu höchster eren, den lob gesangh 'Te deum laudamuV und andechtichchen vollenpracht." A.a.O., Bl. 6rf. Sodann werden die erste Meßhandlung des neuen Erzbischofs und die Tischordnung bei dem anschließenden Mahl geschildert. Das Zeremoniell selbst und seine erzählende Wiederholung wurden unmittelbar als Darstellung der Bedeutung eines Menschen verstanden. - Zu Leben und Werk des Gewürdigten vgl. Aloys SCHMIDT: RICHARD von Greiffenklau; Erzbischof und Kurfürst zu Trier. In: Nassauische Lebensbilder / hg. von K. Wolf. Bd. 6. Wiesbaden, 1961. (Veröffentlichungen der Historischen Kommssion für Nassau; X.6), S. 1 -26. - Zum Chronisten vgl. M. PERSCH: Maier, Peter. In: NDB, Bd. 15, 1987, Sp. 704f.

Religiöses und geselliges Brauchtum der Annenbruderschaften

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weltlichen Obrigkeiten wie von den Anhängern der Kirchenreform136 bekämpft. Beispielsweise versuchte man in Mecklenburg, disziplinierend auf die Veranstaltungen aller Korporationen einzuwirken. Als man den Plan gefaßt hatte, eine Polizeiordnung landesweit einzuführen, wurden mittels eines Fragebogens in zahlreichen Ortschaften des Herzogtums die 'organisierten Ausschweifungen' erhoben. Der herzogliche Sekretär Johann Monnick war damit beauftragt, eine Erkundungsreise zu unternehmen und persönlich Auskünfte einzuholen. Gleich an erster Stelle seines Fragenkatalogs finden sich die folgenden Aufträge. Er soll feststellen: "Wo vele gilden dar inne [d.h. in der betreffenden Stadt] sint. Wat men fur den ingang der gilden geuen mothe. Wo viele personen dat in iglicher gilden sint. Wie ofte die des iares geholden werden. Wie viele tunnen byr to itzlicher tidt getruncken.'"37

Monnick legte ein penibles "vorzeichniss der vnordnungen, die jn meklenburgischen steten mit slemmen wirt gehalten"138 vor, das erkennen läßt, daß die Annenbruderschaft zu Krakau139 den Annentag mit zwei Tonnen Bier, die Annenbruderschaft zu Boizenburg140 am Michaelistag mit vier Tonnen Bier und die Annenbruderschaft zu Lübz141 einen halben Abend lang feierte. Die 24 Mitglieder der Annenbruderschaft zu Crivitz142 sollen zweimal jährlich während eines sich über den ganzen Tag erstreckenden Gelages drei Tonnen Bier getrunken haben. Für mehrere Bruderschaften finden sich Anleitungen zur Durchführung des gemeinsamen Essens und Bestimmungen über das erwünschte

136 LUTHER assoziierte mit Bruderschaft "fressen und sauffen", "luderey", "eyn heydenisch, ia eyn sewisch weßen", aus der Bruderschaft sei "eyn geht samle zum bier" geworden (BRÜDERSCHAFTEN, a.a.O., S. 754 21ff ). "Was soll unßer lieben Frawen, Sanct Annen, sanct Bastian, odder ander heyligen namen bey deyner bruderschafft thun, da nit mehr dan fressen, sauffen, unnutz gelt vorthun, piemen, schreyen, schwetzen, tantzen und zeyt vorlyren ist. Wan man eyne saw zu solcher bruderschafft patrone setzet, sie wurd es nit leyden." A.a.O., S. 754 33 -755'. 137 Edition des Fragebogens und der Protokolle der Erhebung von GROTH, a.a.O., S. 178; vgl. a. Anlage J.: Der Monnicksche Bericht, S. 179-277; Anlage Q: Zur Biographie des Johann Monnick, S. 312-318. - Monnick war aus dem niedersächsischen Sprachraum gebürtig; er hatte in Rostock Theologie studiert (Immatrikulation am 25. Oktober 1496) und war in späteren Jahren Inhaber mehrerer Pfründen. 138 A.a.O., S. 179. 139 A.a.O., S. 241. 140 A.a.O., S. 267. 141 A.a.O., S. 243. 142 A.a.O., S. 253.

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Annenverehrung in Bruderschaften

Verhalten der Teilnehmer bei Tisch: Die Statuten des Bremer Kalands legten fest, daß die Mahlzeit aus vier Gängen mit entsprechendem Wein zu bestehen habe; währenddessen sei eine Messe zu lesen. Aus Oldenburg heißt es, daß Störer, die sich nicht an die festgelegten Tischsitten halten wollten, die sich beispielsweise zuprosteten, zur Strafe eine Tonne Bier und ein Pfund Wachs entrichten mußten. Auffällig ist, daß sich keine kontinuierliche Entwicklung des Annenbruderschaftswesens beziehungsweise des in der Bruderschaft gepflegten religiöskirchlichen Brauchtums feststellen läßt. Es war nicht so, daß um einen Nukleus mit Anna verbundener Formen kirchlichen Brauchtums herum - etwa die Feier des Annentages durch ein Begängnis oder eine Prozession - sich nach und nach breiteres Brauchtum entfaltete. Häufig beginnt die Annenbruderschaft gleich mit der Stiftung einer an jedem Dienstag zu lesenden Wochenmesse. Dazu traten gelegentlich noch weitere Wochenmessen, zudem die üblichen Quatember- und Jahrtagsfeiern. Hier waren also die überkommenen Formen der kirchlichen Selbstdarstellung religiöser Laienbruderschaften, wie sie sich etwa in den Fronleichnamsbruderschaften ausgebildet hatten, übernommen worden - mit lediglich geringen, die Unterscheidung der Annenbruderschaft von anderen Bruderschaften gewährleistenden Modifikationen. Dieser Prozeß der Adaption bestehender Kultformen und ihrer Beziehung auf ein neues Kultobjekt gewährleistete die amtskirchliche und religiöse Akzeptanz der 'neuen Heiligen'. Der Kult der hl. Anna ließ sich leicht einbürgern und verbreiten, weil er in traditionelle, allgemein bekannte und akzeptierte Formen der Heiligenverehrung gekleidet auftrat.

3.6. Erwartungen der Annenverehrer an die Patronin Als Überreste geben die bisher ausgewerteten Quellen nur wenig Aufschlüsse über die Erwartungen, welche die Bruderschaftsmitglieder an ihre Patronin gerichtet haben. Nur in Ausnahmefällen werden die Motive, die zur Gründung einer Annenbruderschaft führten, aus den Archivalien in Umrissen deutlich. In Limburg wurde die Annenbruderschaft eingerichtet, nachdem sich einige Mirakel vor einem dortigen Annenheiltum ereignet hatten. Zwar ist nicht bekannt, ob die Geheilten Mitglieder der Limburger Annenbruderschaft wurden, aber es leuchtet unmittelbar ein, daß die Menschen sich gerne dem Patronat einer Heiligen unterstellten, die ihre Macht in den alltäglichen Sorgen erweisen konnte. Auch in Reutlingen wurde zum Eintritt in die Annenbruderschaft mit dem Hinweis auf Wunder geworben; allerdings dürfte es sich hier um einen 'Werbegag' gehandelt haben: der Titel einer schmalen Druckschrift kündigt Annenmirakel an:

Erwartungen der Annenverehrer an die Patronin

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"Zu Reutlingen in sant Niclaus Capellen, da bescha'chen vil wunderbarlicher zaichen von blinden, wartzechten leiiten, stummen, jungen un alten von mengerley kranckheit f...]"143 Das Heftchen bietet jedoch nur Annengebete. In einem davon heißt es: "Du bist billich gesegnet, wann du bist der ursprur.g unnd anfang aller unser sa'ligkait, syd daz von deinem leyb kommen und geboren ist, die gemelt mu°ter unsers erloesers Jhesu Christi."144 In Colmar wurde der Großmutter Christi die Macht zugesprochen, die Seelen der Verstorbenen aus dem Fegefeuer zu befreien. Nach der Gründungsurkunde wurde die Annenbruderschaft an der Friedhofskapelle errichtet zur Rettung der armen Seelen. "Und vil armer, die von todes wegen usser dem liecht diser weit verscheydent, die armutt halb weder lybfal, sibenden, drissigesten oder jorzyt habent, denen nit mee vorstatt dan das gemeyn gebett, darumb ire seien an dem ingang der ewigen froiden gehindert werdent und an fegfurspin und qual verhefft; und also domitt, das fromer lutte furbittung myt andern gütten wercken, durch die uffgesetzte brüderschafft herachtet, die armen trostlosen seien, deren lybe inn der kilch sannt Annen und inn dem kilchhoff darumb rasten und rüwent, sampt allen denen, so inn der brüderschafft verscheiden, hilf und ablegung der pyn durch die gnode und barmhertzigkeit des almechtigen ewigen Gottes befinden und erfolgen, so ist anfenglich verordent, das nyeman getrüngen sol werden, die brüderschafft zü kouffen, sünder wellicher darinn wil komen, der soll vergebens und one alle entgeltniß ingeschrieben und uffgenomen werden. Es wolte dan einß uß güttem willen und eygener bewegung durch gotz willen den armen seien zü trost unnd hilff etwas geben, soll man annemen. Und wan es sich ye begytt durch gottliche ordenung, das ein brüder oder swester von todes wegen abgot und des toten fründe lypfal, sibenden, drissigesten oder jorzyt wolten haben, ist niemans uß der brüderschafft verbunden, doby zü sin, er wolt es dan uß eygem willen tün."145 Freiwillige Fürsorge für die armen Seelen anderer sollte das Heil der eigenen Seele fördern. Die hl. Anna stand den Gläubigen bei im göttlichen Gericht. Fragt man nun, warum die Menschen überhaupt der Meinung waren, eine himmlische Patronin werde ihnen sowohl in irdischen Sorgen und Nöten beistehen als auch beim jüngsten Gericht, so ist zu verweisen darauf, daß die Heiligen als Fürsprecher für die Anliegen der Gläubigen bei Gott galten. Daß

143 Der Titel ist bei dem mir vorliegenden Exemplar aus Herbom kreuzweise durchgestrichen; dies ist wohl eine Form der Kritik an der Diskrepanz zwischen Titel und Inhält der Schrift oder insgesamt am Inhalt der Schrift. Beschreibung in Anhang 2.1. unter ca. 1495d. 144 A.a.O., Bl. lv. 145 Gründungsurkunde: Archives Magistrales Colmar GG 137 Nr. 1.

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Annenverehrung in Bruderschaften

der Patronage der Himmlischen Erfolg beschieden sei, hörte man nicht nur in Erzählungen von wunderbarer heiliger Hilfe. Man wußte um den Erfolg der Fürsprache höhergestellter Personen auch aus dem Alltag: Paten und Patrone waren von eminenter Bedeutung, sollte das eigene Leben gelingen.146 Im Himmel wie auf Erden konnten diejenigen Patrone als die besten gelten, welche die größte Macht hatten. Die Untersuchung der Annenbruderschaften ließ erkennen, daß diese sich von anderen Heiligenbruderschaften, die zu derselben Zeit bestanden, nicht unterschieden. Es handelte sich um religiöse Vereinigungen von Laien, wie sie typisch für das spätmittelalterliche städtische Kirchenwesen waren. Im Vergleich mit anderen Bruderschaften war auffällig, daß die Annenbruderschaften sich mit rasanter Geschwindigkeit ausbreiteten, daß sie selten an Klöstern beheimatet waren und daß sie in den wenigen Jahren ihres Bestehens großes Kapital anhäufen konnten. Man hat den Eindruck, daß die Annenbruderschaften weniger Instrumente gezielter kirchlicher Seelsorge waren als Produkte des Interesses und der religiös-kirchlichen Aktivität der Laien. Die Untersuchung zeigte, daß sich vor allem Laien aus Ober- und Mittelschicht in den Annenbruderschaften organisierten. Falsch ist also der Eindruck, daß "die kleinen Leute

146 Zur Definition der Begriffe Patronage und Klientel vgl. H.-H. NOLTE: Patronage und Klientel; das Konzept in der Forschung. In: PATRONAGE und Klientel; Ergebnisse einer polnisch-deutschen Konferenz/hg. von H.-H. Nolte. Köln, 1989. (AKuG; Beih. 29), S. 1-17. - Vgl.a. in demselben Band J. TOPOLSKI: Patronage und Klientel; methodologische Überlegungen, S. 18-25. - Vgl. P. MORAW: Über Patrone und Klienten im Heiligen Römischen Reich des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. In: KLIENTELSYSTEME im Europa der Frühen Neuzeit / hg. von A. Maczak. München, 1988. (Schriften des Historischen Kollegs; Kolloquien, 9), S. 1-18. - Vgl.a. in demselben Band V. PRESS: Patronat und Klientel im Heiligen Römischen Reich, S. 19-46. - Vgl.a. G. FOUQUET: Das Speyerer Domkapitel im späten Mittelalter; (ca. 1350-1540), adlige Freundschaft, fürstliche Patronage und päpstliche Klientel. Bd. 1-2. Mainz, 1987. (QMRKG; 57) - O. MÖRKE (Die Fugger im 16. Jahrhundert; städtische Elite oder Sonderstruktur, in: ARG 74,1983, S. 141-162) untersuchte die Protektion einer bedeutenden Familie; Natalie Zemon DAVIS studierte Patronage durch Taufpaten (GLAUBE und nachbarschaftliche Beziehungen; Die Steine von Sainte-Croix. In: Dies.: FRAUEN und Gesellschaft am Beginn der Neuzeit. Berlin, 1986, S. 19-51). - Zur Patronage bedeutender Frauen vgl. A. MARTINDALE: The patronage of Isabella d'Esté at Mantua. In: Apollo 79, 1964, S. 183-191. - Patrone waren nicht nur im individuellen Leben von Bedeutung, sondern auch im Leben der Kollektive, in der öffentlichen Selbstinszenierung städtischer Korporationen und der Städte selbst. Vgl. H.C. PREYER: Stadt und Stadtpatron im mittelalterlichen Italien. Zürich, [1955], (Wirtschaft, Gesellschaft, Staat; Zürcher Studien zur allgemeinen Geschichte; 13) - Vgl.a. A. BORST: Die SEBALDLEGENDEN in der mittelalterlichen Geschichte Nürnbergs. In: Jahrbuch für fränkische landeskundliche Forschungen 26,1966, S. 19-178.

Erwartungen der Annenverehrer an die Patronin

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hier Aktivitäten entfalten konnten, die ihnen sonst in Staat und Kirche unmöglich waren"147. Damit erweist sich, daß die These, die Existenz von religiösen Laienbruderschaften sei ein Indikator für Demokratisierung und Egalisierung der Kirche am Vorabend der Reformation, modifiziert werden muß. Zwar wird tatsächlich die große Kluft zwischen Klerus beziehungsweise Religiösen und Laien relativiert durch verschiedene Formen von Semireligiosentum; aber zu Semireligiosen wurden nicht Angehörige aller Schichten der spätmittelalterlichen Gesellschaft gleichermaßen. Die im gesellschaftlichen Raum einflußreichen Kräfte bestimmten auch den kirchlichen. Der Auflösung der Gesellschaft in verschiedene Schichten entsprach diejenige in verschiedene religiöse Stände. Es sammelte sich in Annenbruderschaften eben nicht 'das Volk', wie Kleinschmidt meinte, sondern derjenige Teil der städtischen Bürgerschaft, der es sich leisten konnte. In einem anderen Reutlinger Druck findet sich ein Annenrosenkranz, der die umfassenden Erwartungen der Annenverehrer an ihre Patronin beispiellos illustriert. Wer diesen Rosenkranz täglich spreche, dem stünden nur glückliche Tage bevor, so wird dem Beter versichert: "Wer das selbige [Annengebet] mit andacht spricht und sy eret, den wil sy gegen Gote und seyner mutter, der yungffrauwen Marien, yren liebsten kindem, erwerben, das er sol des tages sycher syn vor aller tödlicher kranckheit und geferligkeit des libes und der sele und y η alen noeten, betrübnüß unt anfechtung getrost und erlest werde und verdinet dodurch, das ym erre noch gutes und glückselikeit nimerzu rinet unt alles, das er müglich bit, wirt er sycherlich eriio*« und das got ale zit vo. Er ist yn behüet, das er ein rechtfertig leben verbringt und erwürbet rechte reüe und ware bichte und ane (Bl. 2r) // das sacrament unt der o'lunge noch des gehen dotes nicht mag ersterben [,..]".148

Die Erwartungen der Gläubigen an die heilige Patronin können auch kürzer mit folgendem Diktum aus einer Annenlegende beschrieben werden: Wer Anna dient mit Lichtern, Almosen und Gebeten, wird "geluck an sel un leib"149haben.

147 W . - D . HAUSCHILD: Kirchengeschichte Lübecks; Christentum und Bürgertum in neun Jahrhunderten. Lübeck, 1981, S. 116. 148 Beschreibung im Anhang 2.1. unter ca. 1495d, Bl. lvf. 149 Bayerische Staatsbibliothek München cgm 843, Bl. 54r-60v "Gar ein schons exempel von sant Anna" (entspricht inhaltlich dem Mirakel Der Jüngling von Doch; zu den Annenmirakeln vgl.u. Kapitel 4.5. und Kapitel 6.2.), hier Bl. 59vf. - Im Anschluß an das Mirakel empfiehlt der Schreiber den Lesern, sich einer der Annenbruderschaften anzuschließen, "welche in vil Stetten von vil frumen christen menschen auch in vil fasten unn clöstern zu den iiij [4] fronfasten hochzeiüich begangen wirt mit messen unn vil gepet unn guten ubungen" (a.a.O., Bl. 59r).

4. Entstehung der Annenlegende D i e Annenlegenden enthalten nicht nur die Lebensgeschichte Annas, sondern auch Erzählungen von Wundern, w e l c h e die Heilige nach ihrem Tod an ihren Verehrern vollbrachte. B e i d e Gesichtspunkte bestimmen das Kultbild aller Heiligen. Jeder der beiden Teile der Annenlegende - vita und miracula wird eine eigene Untersuchung seiner Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte erfahren. Von etwa 150 n. Chr. bis weit in das 15. Jahrhundert hinein war Anna nur als Mutter Marias und als Stammutter einer heiligen Sippe bekannt. 1 In den Überlieferungen z u m Leben Marias stand Anna nicht nur völlig i m Schatten ihrer heiligen Tochter, sondern auch i m Schatten ihres Mannes Joachim. In der Annenvita sind in einem langen und komplizierten Überlieferungsprozeß verschiedene Traditionen miteinander verbunden worden. Wenn diese Überliefe-

1 Von den Eltern Marias und dem Trinubium Annas handelten die Legendare und Predigtsammlungen an den Tagen der Geburt Marias, ihrer Heiligung oder ihrer Empfängnis. Die meisten Predigten erwähnten Anna und Joachim am Tag der Geburt der Jungfrau; für diesen Tag hatte auch die als Vorlage für Predigten häufig benutzte "Legenda aurea" (vgl.u. Kapitel 4.3. Anm. 53f) diese Überlieferung geboten. Vgl. etwa die folgenden Beispiele für die Erzählung von den Eltern Marias im Rahmen der Predigt oder Lesung zu nativitas Mariae: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Hs. Guelf. 725 Helm., Bl. 148r-152r- Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 3587, Bl. 152v-158v; Hs. 4305, Bl. 152r-154r; Hs. Ser.n. 3621, Bl. 98v-102r (Geschlechtsregister Joachims über Panther und Barpanther). - Unter den edierten Predigten vgl. auch die folgenden: JOHANNES Tauler: Predigten / hg. von F. Vetter. Berlin, 1910. (DTM; 11), Nr. 49 (zur Geburt Marias; Anna und Joachim werden als Vorbilder im Teilen herausgestellt). - JOHANNES Gerson: Oeuvres complètes / hg. von P. Glorieux. Bd. 5. Paris, 1963, S. 344-362 (zur Geburt Marias; mit Trinubiumsmerkvers). - Roberto CARRACIOLUS de Litio erwähnt kurz die Elternlegende unter dem Tag der Geburt Marias (Sermones de laudibus sanctorum. O.O., o.J., Bl. M5ra-M7vb = Österreichische Nationalbibliothek Wien: Inc. 29-163). - Petrus de NATALI weist in seinem 'Heiligenlexikon' kurz auf Anna und auf Joachim hin (Catalogus sanctorum et gestorum eorum ex diversis voluminibus collectus. Venedig, Bartolomeus de Zanis, 1506, Bl. 143ra, Nr. 139 u. Nr. 140 = Österreichische Nationalbibliothek Wien: 32 Q 28). - MATTHAEUS ab Aquasparta OFM nennt "Anna mater Samuelis" und "Anna filia Phanuel" jeweils "figura Mariae"; Anna mater Mariae nennt er dagegen nicht (Sermones de beata Maria virgine / hg. von Caelestinus Piana OFM. Florenz, 1962, Bibliotheca franciscana ascetica medii aevi; 9, vgl. S. 71f u. S. 95f). - Vgl.a. die Nennung Annas in einer Predigt zur conceptio Mariae in Kapitel 2.2. Anm. 26.

Überlieferungen zu den Eltern Marias

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rungen in ihren jeweiligen theologie- und frömmigkeitsgeschichtlichen Horizont eingeordnet werden, dann ist es möglich, die Charakteristika der ausgebildeten Biographie der hl. Anna - im Unterschied zu Überlieferungen, die Anna allein als Mutter Marias kennen - genauer zu fassen. Drei Überlieferungskreise lassen sich in der ausgebildeten Annenvita, unterscheiden: Ausführungen zu den Eltern Marias, Erzählungen von den drei Ehen Annas und Angaben zu Annas Mutter Emerentia. Nachdem diese drei verschiedenen Traditionen in der Annenvita miteinander verbunden worden waren, wurden sie nicht mehr weiterentwickelt. Die verschiedenen Annenviten unterscheiden sich voneinander nur noch darin, wie sie das vorgegebene Grundgerüst der Biographie auffüllen: Erzählgut zur Kindheit Jesu aus den Evangelien, Erzählgut zur Kindheit Marias aus der Marienlegende und allgemeine paränetische Betrachtungen boten sich an.2 Zur Biographie traten in den Annenlegenden in einem zweiten Teil zahlreiche Annenmirakel; diese hatten im allgemeinen keine längere oder besonders interessante Entstehungsgeschichte. Sie entstanden, als die Bausteine, aus denen die Vita der Heiligen zusammengestellt wurde, schon ausgebildet waren. In den Wundergeschichten werden in der spätmittelalterlichen Mirakelliteratur verbreitete Motive auf die neue Heilige bezogen. Die den verschiedenen Annenlegenden beigegebenen Mirakelsammlungen unterscheiden sich stark in ihrer geistlichen Tendenz. Diese hängt ab von den einzelnen Mirakeln, welche die Annologen je bieten. In Auswahl und Neuschöpfung zeigt sich ihr Profil und Programm.

4.1. Überlieferungen zu den Eltern Marias Die Namen der Eltern Marias werden erstmals im sogenannten "Protevangelium Jacobi" 3 genannt. Der Erzähler stellte das Leben Marias dar; dabei kam er 2 Vgl.u. Kapitel 6.1. 3 Editionen: E. de STRYCKER: La forme la plus ancienne du Protévangile de Jacques; recherches sur le papyrus Bodmer 5 avec une édition critique du texte grec et une tradition annotée. Brüssel, 1961. (SHG; 33) - C . TISCHENDORF: Evangelia apocrypha. Leipzig, 1853, S . 1-50. - E. AMANN: Le Protévangile de Jacques et ses remainements latins. Paris, 1910. Sekundärliteratur: O . CULLMANN: Kindheitsevangelien. In: NEUTESTAMENTLICHE APOKRYPHEN in deutscher Übersetzung / begr. von E. Hennecke, hg. von W. Schneemelcher. 5. Aufl. Bd. 1. Tübingen, 1987, S. 330-372, mit Hinweisen auf die einschlägige Sekundärliteratur und Übersetzung der von Strycker erarbeiteten mutmaßlichen Urfassung (a.a.O., S. 338-349). Vgl.a. R. McLachlan WILSON: Apokryphen II. In: TRE, Bd. 3, 1978, S. 333f. - Als Verfasser

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einleitend auf ihre Eltern z u sprechen. 4 D i e s e seien t u g e n d s a m und f r o m m vor Gott und d e n M e n s c h e n g e w a n d e l t , hätten aber s c h w e r unter den S c h m ä h u n g e n der Juden o b ihrer Kinderlosigkeit gelitten. D i e Tochter hätten sie erst i m Greisenalter e m p f a n g e n , n a c h d e m Gott ihnen durch s e i n e n E n g e l bekannt g e m a c h t hatte, daß er mit der Tochter große Pläne habe. 5 Z w a r ist nur e i n e unvollständige lateinische Ü b e r s e t z u n g d e s Protevangeliu m s aus d e m 9. Jahrhundert erhalten 6 , aber auch s c h o n vorher wurde die L e g e n d e v o n der Kindheit Marias in der Westkirche g e l e s e n 7 . D e r Stoff g i n g in die lateinische K o m p i l a t i o n aus d e m P r o t e v a n g e l i u m und d e m T h o m a s e v a n g e lium ein, d e n sogenannten "Liber de ortu beatae Mariae et infantia Salvatoris" 8 erschließt die Forschung aus dem Kindheitsevangelium einen Heidenchristen aus der Diaspora, der sich als Stiefbruder des Herrn, Sohn Josefs aus erster Ehe, ausgab und alttestamentliches Gedankengut mit griechisch-römischem Brauchtum verbunden hat. Vgl. CULLMANN, a.a.O., S. 336f. Der Grundstock der Schrift ist nicht vor 150 n.Chr. entstanden. - Das Kindheitsevangelium bringt u.a. die Meinung zum Ausdruck, daß Maria bei und nach der Geburt ihres Sohnes körperlich unversehrt geblieben sei. Dagegen wurden unbefangenere Ansichten gegen Ende des 2. Jahrhunderts von Tertullian und im 3. Jahrhundert noch von Orígenes vertreten. A.a.O., S. 338. - Zudem spiegelt das Protevangelium die schon im 2. Jahrhundert verbreitete Tradition der davidischen Abstammung Marias im Unterschied zu Mt 1,1-17 und Lk 3,23-38, welche die Herkunft Jesu aus davidischem Geschlecht über seinen Nährvater Josef begründeten. 4 Die Auskunft über die Eltern und die Abstammung eines ausgezeichneten Menschen ist unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Biographie. Zu den motivischen Parallelen mit biblischen Texten vgl.o. Kapitel 1.1. 5 Für die Geburtslegende eines Heiligen sind im allgemeinen folgende Motive konstitutiv: reiche und fromme Eltern, die lange Jahre kinderlos bleiben; soziale Ächtung der Eltern ob dieser Kinderlosigkeit; Gebet um Kindersegen; Ankündigung der Erhörung des Gebetes und Verheißung des Nachkommens; Wunder bei der Geburt. Diese Topoi finden sich nicht nur in den alt- und neutestamentlichen Schriften und in der christlichen Hagiographie häufig, sondern auch in der nichtchristlichen Literatur. P . TOLDO hat sie erstmals an indischen Legenden herausgearbeitet (Leben und Wunder der Heiligen im Mittelalter. In: Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte 1,1901, S. 320-353; 2,1902, S. 87-103 u. S. 304-353; 4, 1904, S. 49-85; 5,1905, S. 337-353; 6,1906, S. 289-333; 8,1908, S. 18-74; 9,1909, S. 451460). - Auch an den Biographien historischer christlicher Heiliger können überindividuelle Strukturen von Heiligkeit, welche die individuelle Vita weitgehend bestimmen, erhoben werden. Vgl. D. WEINSTEIN U. R . Bell: Saints and society; the two worlds of western Christendom. Chicago, 1982. - Vgl.a. GOODICH, a.a.O. - Vgl.a. VAUCHEZ, a.a.O. 6 E. de STRYCKER: Une ancienne VERSION LATINE du Protévangile de Jacques avec des extraits de la Vulgate de Matthieu 1 - 2 et Lue 1 - 2 . In: AnBoll 8 3 , 1 9 6 5 , S . 3 6 5 - 4 0 2 . - Vgl.a. J. GIJSEL: Het PROTEVANGELIUM Jacobi in het Latijn. In: AnCl 5 0 , 1 9 8 1 , S . 3 5 1 - 3 6 6 . 7 Lt. CULLMANN wurde das Protevangelium im 4 . Jahrhundert von Zeno von Verona zitiert (a.a.O., S. 364). 8 Edition: TISCHENDORF, a.a.O., S. 51-112.-Vgl.a. J. GIJSEL: Die unmittelbare TEXTÜBERLIEFERUNG des sogenannten Ps.-Matthäus. Brüssel, 1981. (Verhandelingen van de Koninklijke

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aus d e m 8./9. Jahrhundert. Man meinte, der Evangelist Matthäus sei der Verfasser der Erzählung; diese sei dann v o n d e m Kirchenvater Hieronymus auf Bitten der B i s c h ö f e Chromatius und Heliodorus ins Lateinische übersetzt worden. 9 Wenig später wurde e i n e weitere lateinische Bearbeitung verbreitet, w i e d e r u m angeblich die Übersetzung des Kirchenvaters. 1 0 D i e s e pseudepigraphe Schrift fand in den f o l g e n d e n Jahrhunderten weiteste Verbreitung. D i e L e g e n d e v o n den Eltern und der Kindheit Marias wurde b e z e i c h n e n d e r w e i s e unter d e m N a m e n desjenigen Kirchenvaters, der d i e s e Literatur während seines L e b e n s zu unterdrücken versucht hatte, tradiert und gehörte bald z u m festen W i s s e n s g u t der Westkirche; sie g e n o ß höchstes A n s e h e n und beeinflußte Frömmigkeit, Kunst und Kultus des Mittelalters tief. A l s Verfasser des Briefes und der z w e i t e n lateinischen Redaktion des Kindheitsevangeliums gilt heute der karolingische H o f t h e o l o g e Paschasius Radbertus, der einen N a m e n als Förderer der Marienverehrung in der Westkirche hat. 11 Zwar hat schon sein G e g n e r

Vlaamse Academie vor Wetenschappen, Letteren en Schone Künsten van Belgie; 43, Nr. 9 6 ) . - Weiteres zur mittelalterlichen Apokryphenproduktion bei CULLMANN, a.a.O., S. 275f u.

S. 303f. 9 PL 30, Sp. 297 Ep. 49 (Ad Chromatium et Heliodorum). In diesem Brief versicherte der angebliche HIERONYMUS seinen fiktiven Briefpartnern, daß sie ohne Gefahr für ihre Seele das von ihm übersetzte Kindheitsevangelium lesen und glauben könnten. A.a.O., Sp. 297C. - Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß Hieronymus nicht der Übersetzer dieses Kindheitsevangeliums war, daß vielmehr die Abfassungszeit des Briefes bedeutend später anzusetzen ist. Hieronymus hat das Kindheitsevangelium stets abgelehnt. 10 PL 30, Sp. 307-315 Ep. 50 (De nativitate sanctae Mariae). - Diese Bearbeitung merzte die seit Hieronymus' Eintreten für die Jungfräulichkeit Josefs verpönte Überlieferung von einer ersten Ehe des Nährvaters Jesu aus, ebenso die anstößige Hebammenlegende und einige Motivdopplungen. Auffällig ist die Zentrierung der Darstellung auf Joachim. Auch diese Fassung wurde zusammen mit dem gefälschten Briefwechsel tradiert. Durch die Pseudepigraphie unter dem Namen desjenigen Kirchenvaters, der zwar als Bibelübersetzer bekannt war, aber gerade gegen die Kindheitsliteratur heftigen Einspruch erhoben hatte, konnte das Verbot der Lektüre des Protevangeliums durch verschiedene Päpste, das in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in das Decretum Gratiani aufgenommen wurde, umgangen werden. 11 D.C. LAMBOT hat herausgearbeitet, daß der karolingische Hoftheologe Radbertus der Verfasser dieses Textes war (L'homélie du Pseudo-Jérôme sur l'assomption et l'évangile de la nativité de Marie d'après une lettre inédite d'Hincmar. In: RevBen 46,1934, S. 265-282). - Zusammenfassende Darstellung: A. RIPBERGER: Der Ps.-Hieronymus-Brief IX "Cogitis me"; ein erster marianischer Traktat des Mittelalters von Paschasius Radbertus. Freiburg/ Schweiz, 1962. (Spicilegium Friburgense; 9), hier Einleitung, S. 1- 46. Nach Ripberger ist "De Nativitate" die früheste Schrift des Radbertus zur Verherrlichung Marias; sie dürfte kurz nach 8 2 3 entstanden sein. Nach LAMBOT allerdings ist diese Schrift erst zwischen 8 4 6 und 8 4 9 entstanden. A.a.O., S. 265 Anm. 1.- Daß auch der pseudepigraphe Hieronymusbrief "Cogitis me" Paschasius Radbertus zuzuschreiben ist (a.a.O., S. 265), wurde von J.R. GEISELMANN mit stichhaltigen Argumenten bezweifelt (Betende Kirche und das Dogma von der leiblichen

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Ratramnus das Pseudonym gelüftet12; trotzdem wurde die Schrift von Hinkmar von Reims gelobt13 und in den nächsten Jahrhunderten zur liturgischen Lesung am Tag der Geburt Marias verwendet. Die Erzählung von den Eltern der Jungfrau wurde nicht nur in religiösen Dichtungen14 verbreitet, sondern auch in Chroniken15. Im 13. Jahrhundert wurde sie von Jacobus de Voragine in die "Legenda Aurea" aufgenommen. 16

Aufnahme Marias in den Himmel V. In: GuL, 24,1951, S. 365-373). - Zur Biographie des Radbertus vgl. H. PELTIER: Paschasius Radbertus; abbé de Corbie; contribution à l'étude de la vie monastique et de la pensée chrétienne aux temps carolingiens. Amiens, 1938. - Zur karolingischen Mariologie im allgemeinen vgl. L . SCHEFFCZYK: Das MARIENGEHEIMNIS in Frömmigkeit und Lehre der Karolingerzeit. Leipzig, 1959. (EthS; 5) - Radbertus nahm am Text des Protevangeliums einerseits moraltheologisch gebotene Veränderungen vor, andererseits erzählerische: die Darstellung wurde auf Joachim als Hauptperson zentriert. 12

LAMBOT, a . a . O . , S . 2 7 1 f .

13 A.a.O., S. 265. 14 Bald nach Radbertus hat HROTSVIT von Gandersheim eine freie Nachdichtung von Ps.Matthäus in Distichen vorgelegt. Edition der "Historia nativitatis laudabilisque conversationis intactae Dei genitricis" (mit Kommentar): Helene Homeyer: Hrotsvithae opera. München, 1970, S . 41-80. - Zur Biographie und zum Werk vgl. F . R Ä D L E : Hrotsvit von Gandersheim. In: VerLex, Bd. 4,2. Aufl., 1983, Sp. 196-210, mit reicher Bibliographie. Im Vorwort gestand die Dichterin ein, in ihrer Dichtung von der Kirche verbotenem Quellenmaterial zu folgen, rechtfertigte dies jedoch mit dem Argument, daß sich das, was heute von der Kirche als unwahr verboten sei, morgen als wahr herausstellen könne. - Von größter Bedeutung für die Rezeption des Ps.-Matthäus ist das gereimte Marienleben eines unbekannten Verfassers des 13. Jahrhunderts. Das erste Buch erzählt von den Eltern Marias. Edition: VITA beatae virginis Mariae et Salvatoris RHYTHMICA / hg. von A. Vögtlin. Tübingen, 1888. (BLVS; 180), S. 12-14. - Dieser Vorlage folgt WERNER vom Tegernsee mit einer volkssprachlichen Versübersetzung. Edition: WERNER vom Tegernsee: Marienlied; Driu liet von der maget / hg. von M. Päpke u. A. Hübner. Berlin, 1920. (DTM; 27), S. 4 Z. 75 - S. 11 Z. 540. - Zahlreiche weitere Bearbeitungen der Marienvita folgten. Vgl. die Zusammenstellungen bei HILG, a.a.O., S. 395435. - Es verwundert nicht, daß auch D A N T E Alighieri (1265-1321 ) Anna kannte: Er sah sie im Paradies Petrus gegenüber stehen, voll Entzücken auf die Tochter blickend, dabei immerfort Hosanna singend (Die Göttliche Komödie / übers, von W.G. Hertz. 2. Aufl. München, 1982, S. 455, Paradies, 32. Gesang, Z. 134). 15 Zu nennen ist beispielsweise GOTTFRIED von Viterbo (12. Jh.): Pantheon (auszugsweise Edition: MGH.SS, Bd. 22, hier S. 121 ; die in diesem Zusammenhang relevanten Aussagen sind jedoch nicht vollständig wiedergegeben). 16 Vgl.u. Kapitel 4.3. Anm. 53f.

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4.2. Diskussionen um ein Trinubium der hl. Anna Ein zweiter Motivkreis, der aus der Annen vita zu erheben ist, erzählt von der dreimaligen Heirat Annas. Die Mutter Marias habe einem jeden ihrer drei Ehemänner eine Tochter geboren; alle drei Töchter hätten den Namen Maria getragen. Diese Meinung wurde in einem langen Diskussionsprozeß zwischen den Schriftauslegern im Laufe des Mittelalters ausgebildet.17 Sie entstand im frühen Mittelalter und war im Hochmittelalter weit verbreitet. Da jedoch der Grundstein aller genealogischen Spekulationen in urchristlicher und altkirchlicher Zeit gelegt wurde, muß die Untersuchung hier einsetzen. Zwar wurde auch noch im späten 2. und beginnenden 3. Jahrhundert in aller Unbefangenheit die These vertreten, daß die Herrenbriider leibliche Söhne Marias und Josefs waren. Diejenigen Exegeten jedoch, welche aufgrund eigener Hochschätzung der asketischen Lebensweise annahmen, daß Maria auch nach der Geburt Jesu jungfräulich gelebt habe, mußten sich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß das Neue Testament von Geschwistern Jesu spricht. Sie bildeten genealogische Spekulationen aus, um zwischen der moraltheologischen Prämisse und dem Wortlaut der Schrift zu vermitteln. Zwei Hypothesen wurden verbreitet: die 'Stiefbrüderhypothese' und die 'Vetternhypothese'.18

17 Eine zusammenfassende Darstellung zur geschichtlichen Genese der Vorstellung eines Trinubiums der Großmutter Jesu ist mir nicht bekannt. Vorstudien für einzelne Zeiträume oder Personen liegen vor. Zwar kann das Thema an dieser Stelle nicht erschöpfend behandelt werden, aber einige 'Marksteine' der Entwicklung werden im folgenden vorgestellt. 18 Die Diskussion in der Alten Kirche wird brillant dargestellt von T. Z A H N : Forschungen zur Geschichte des neutestamentlichen Kanons und der altkirchlichen Literatur. T. VI.2: Brüder und Vettern Jesu. Leipzig, 1900, S 225-363. - Der Kritik dieser Darlegungen hat sich der römisch-katholische Exeget J. BLINZLER verschrieben: Die Brüder und Schwestern Jesu. Stuttgart, 1967. (SBS; 21) - Eine kurze Zusammenfassung zur Diskussion bis zum 4. Jahrhundert bietet W. A. BIENERT: Jesu Verwandtschaft. In: NEUTESTAMENTLICHE APOKRYPHEN, a.a.O., S. 372-386, mit Zusammenstellung der wichtigsten Literatur. - Weiteres Material zur Frage, wenn auch aus anderer Perspektive, bietet W. SPEYER: Die leibliche Abstammung Jesu im Urteil der Schriftsteller der alten Kirche. In: Ders.: Frühes Christentum im antiken Strahlenfeld; ausgewählte Aufsätze. Tübingen, 1989. (WUNT; 50) - Vgl.a. W. PRATSCHER: Der Herrenbruder Jakobus und die Jakobustradition. Göttingen, 1987. (FRLANT; 139)-Hier seien die der Diskussion der folgenden Jahrhunderte zugrundeliegenden neutestamentlichen Stellen kurz aufgeführt: Mt 13,55 = Brüder Jesu: Jakobus, Josef, Simon, Judas; Mk 3,17 = Söhne des Zebedäus: Jakobus, Johannes; Mk 3,18 = Sohn des Alfäus: Jakobus (nach mittelalterlicher Lesart auch: Simon Kananäus, Taddäus); Mk 6,3 = Brüder Jesu: Jakobus, Joses, Judas, Simon; zudem Schwestern;

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Das "Protevangelium Jacobi" vertrat die Meinung, daß die Brüder Jesu Söhne Josefs aus erster Ehe waren; entsprechend wurde Josef als verwitweter Greis dargestellt, dem die Jungfrau zur Obhut anvertraut war.19 Der Auffassung des Protevangeliums folgten neben den meisten ostkirchlichen Theologen bis in das 4. Jahrhundert hinein auch angesehene westkirchliche Theologen wie beispielsweise Hilarius von Poitiers und Ambrosius. Dagegen verbreitete Hegesipp, den Eusebius zitiert, daß Simeon, der zweite Bischof von Jerusalem, der Sohn des Kleopas, des Bruders des Nährvaters Jesu, gewesen sei. Damit war der Grundstein für die Vetternhypothese gelegt.20 Hieronymus nahm den Gedanken auf und machte sich zum Retter der Ehre Josefs. Er konnte sich nicht vorstellen, daß der Nährvater Jesu nicht keusch gelebt hätte. So verfaßte er "De perpetua virginitate b. Mariae"21 zur Abwehr der 'Häresie' des Helvidius, welcher nach Meinung des Kirchenvaters die Reinheit der Eltern Jesu dadurch verunglimpft hatte, daß er verbreitete, Maria und Josef hätten nach Jesus eine Vielzahl von Kindern gezeugt. Hieronymus warf seinem Gegner vor, dem Geschwätz der Apokryphen, "apocryphorum deliramenta"22, zu folgen; dagegen war er der Auffassung, daß die 'Brüder' des Erlösers seine Vettern gewesen sind, nämlich die Söhne des Alfäus und seiner Tante mütterlicherseits: Jakobus d.J., Joses und Judas. Hilfreich war Hieronymus seine Kenntnis des Hebräischen, denn da kann der Terminus 'Bruder'

Mk 16,1 = Frauen finden das leere Grab: nach mittelalterlicher Lesart sind das Maria, die Mutter Jesu, und ihre beiden Schwestern namens Maria, Maria Jakobi und Maria Salome; Lk 23,51 = Josef von Arimatäa; Joh 12,1-8 = Maria und Marta; Joh 19,25 = Frauen unter dem Kreuz: Maria, des Kleopas Frau; Maria Magdalena; Maria, Mutter Jesu; Joh 20,11-18 = Maria Magdalena; IKor 9,5 = Apostel und Herrenbrüder, IKor 9,6 = Barnabas - Gehilfe des Paulus; IKor 15,7 = der Auferstandene ist gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln; Gal 1,19 = Jakobus, der Bruder des Herrn, neben den Aposteln genannt. Daneben sind bedeutsam die Hegesipp-Zitate bei Eusebius, Zusammenstellung und Abdruck bei ZAHN, a.a.O., S. 228-249. 19 Zur besonders wirkmächtigen Darstellung dieser Auffassung bei Epiphanius vgl. ZAHN, a.a.O., S. 306-315. 20 A.a.O., S. 228-250. 21 PL 23, Sp. 183-210. Zu den Streitschriften des Hieronymus und insbesondere zu seinen Spekulationen über die Familie Jesu vgl. Ilona OPELT: Hieronymus' Streitschriften. Heidelberg, 1973, S. 28-36. - Vgl.a. ZAHN, a.a.O., S. 316-320. 22 Vgl. PL 23, Sp. 192A.

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tatsächlich im Sinne von 'Vetter' verwendet werden. Als Lösung des Problems schlug er folgendes vor: "Restât conclusio, ut Maria ista quae Jacobi minoris scribitur mater, fuerit uxor Alphaei, et soror Mariae matris Domini, quam Mariam Cleophae Joannes Evangelista cognominai, sive a patre, sive a gentilitate familiae aut quacumque alia causa ei nomen imponens."23 [Es bleibt nur der Schluß, daß jene Maria, die als Mutter des Jakobus d.J. bezeichnet wird, die Frau des Alfáus und die Schwester Marias, der Mutter des Herrn, gewesen ist, welche der Evangelist Johannes Maria Kleope nennt, sei es nach dem Vater, sei es nach dem Geschlecht der Familie oder aus irgendeinem anderen Grund.]

Hieronymus stellte damit erstmals die These auf, daß die in Joh 19,25 genannte Schwester der Gottesgebärerin verheiratet gewesen sei mit dem in Mk 3,18 genannten Vater des Jakobus. Diesen identfizierte er mit dem gleichnamigen Herrenbruder (Mt 13,55) und ersten Bischof von Jerusalem. Zudem rechnete er noch zwei andere Männer, in Mk 6,3 ebenfalls als Brüder Jesu genannt, zu den Söhnen des Alfäus. Nun mußte niemand mehr annehmen, daß die Eltern Jesu nicht asketisch gelebt hätten. Die Frage nach den Brüdern Jesu (seine Schwestern, in Mt 13,56 erwähnt, waren nicht von Interesse in dieser Diskussion) wurde beantwortet durch den Hinweis auf die Schwester der Gottesgebärerin. Diese Meinung setzte sich in der Westkirche schnell durch.24 Aus dem 9. Jahrhundert sind die ersten Texte überliefert, welche weitergehende Überlegungen zu den Verwandtschaftsverhältnissen in der Sippe Jesu anstellen. So heißt es in einer Homilie zum Ostertag, deren Verfasser unbekannt ist: "Legimus in evangelio IIIIor Marias fuisse, ex quibus tres fuerunt sórores, Mariam, matrem Domini Salvatoris, et Mariam, Iacobi minoris matrem, quee fuit matertera Domini, et Mariam matrem filiorum Zebedeei, quae appellatur Salomee, sororem

23 PL 23, hier Sp. 196B. 24 Nach Z A H N setzte sich die Vettemhypothese in der Westkirche aus folgenden Gründen durch: "Wie oberflächlich die Beweisführung des Hier, dem unbefangenen Blick sich darstellt, so glänzend war ihr Erfolg. Da der allseitige Abscheu gegen die Ansicht des Helv. nur die Wahl zwischen der des Epiph. und der des Hier, ließ, so fiel für die letztere neben dem Gelehrtenruf des Hier, vor allem der Umstand ins Gewicht, daß man für sie keine Anleihe bei apokryphen Schriften und Sagen zu machen brauchte. Zwar Ambrosius verhielt sich zurückhaltend. [...] Augustin hat im J. 394 den Lesern noch die Wahl gelassen zwischen Epiph. und Hier.; später aber regelmäßig nur letztere Ansicht vertreten. Allem aber, worin Augustin und Hier, einig waren, gehörte der Sieg in der lateinischen Kirche." A.a.O., S. 324; Abkürzungen in der Vorlage.

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matris Domini, et Mariam Magdalenam, quae dicta est a Magdalo castello vel vico, ubi fuit orta vel nutrita, de qua eiecit Dominus septem deemonia f...]."25 [Wir lesen im Evangelium, daß es vier Frauen mit Namen Maria gab, von denen drei Schwestern gewesen sind, nämlich Maria, die Mutter des Herrn Erlösers, und Maria, die Mutter des Jakobus d.J., welche die Tante des Herrn gewesen ist, und Maria, die Mutter der Söhne des Zebedäus, die Salome genannt wird, eine Schwester der Mutter des Herrn, und Maria Magdalena, die nach der Festung oder dem Ort Magdalum genannt wird, wo sie geboren oder erzogen wurde, aus welcher der Herr die sieben Dämonen austrieb [...]. Dieser Text spricht nicht nur erstmals die Zebedäussöhne als Söhne einer zweiten Tante Jesu von Mutterseite an, sondern nennt auch erstmals den Namen der Frau des Zebedäus: Maria Salome. Indem diese drei Marien als Schwestern angesehen wurden, war implizit die These aufgestellt, daß sie von derselben Mutter geboren seien. Über diese wird hier jedoch noch nichts gesagt. Dies ist das älteste Zeugnis für den Versuch, Salome und die Zebedaiden in die Familie Jesu einzubinden. 26 Der Autor zitiert hier die Meinung anderer; er selbst bezeichnet diese Spekulationen als Fehler (vitia). Aus derselben Zeit sind jedoch auch noch andere Lösungsvorschläge für das Problem überliefert, welche keine Tante Jesu namens Salome kennen und auch die Zebedaiden nicht in die Familie Jesu einbinden. So vermutete Rabanus Maurus in seinem Matthäuskommentar, daß Maria nur eine Schwester gehabt habe, die zwei Beinamen geführt habe oder zweimal verheiratet gewesen sei. In Aufnahme der von Hegesipp bei Eusebius zitierten Bemerkung erwähnte der Erzbischof von Mainz jedoch auch dasjenige, was Hieronymus übergangen hatte, daß nämlich der Vater des zweiten Bischofs von Jerusalem der 'Bruder' des Nährvaters Christi gewesen sei. Er meinte, die Sippe Jesu sei untereinander in einer Kreuzheirat verbunden gewesen: zwei Brüder mit zwei Schwestern. Salome hielt Rabanus dagegen nicht für eine Schwester der Jungfrau.

25 Zit.nach: B. de GAIFFIER: Le TRINUBIUM Annae; Haymon d'Halberstadt ou Haymon d'Auxerre? In AnBoll 90,1972, S. 289-298, hier S. 298. 26 Das dürfte dem Verwandtschafts- und Gefolgschaftsempfinden der karolingischen Epoche entsprochen haben. Wohl nur unter der Bedingung, daß Verwandtschaft der Salome zu Jesus bestand, war es den Zeitgenossen des Autors der Homilie möglich, den Grabgang der Salome zu verstehen. Warum sollte, so dürfte man sich gefragt haben, eine fremde Frau, von der die Evangelien nicht berichten, daß sie von Jesus geheilt worden ist, ihm derart angehangen haben, daß sie auch nach seinem Tode nicht von ihm lassen konnte. Da müssen - so dürfte die Antwort gelautet haben - wie bei seiner Mutter und deren Schwester Blutsbande im Hintergrund stehen. - Zum Zusammenhang vgl. K . B O S L : Die 'FAMILIA' als Grundstruktur der mittelalterlichen Gesellschaft. In: ZBLG 38,1975, S. 403-444.

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"Jacobus quidem Alphaei ipse est qui in Evangelio frater Domini nominatur: quia Maria, uxor Alphaei, soror fuit Mariae matris Domini, quam Mariam Cleophae Joannes evangelista cognominat, fonasse quia vel idem Alphaeus etiam Cleophas dictus est, vel ipsa Maria, defuncto post natum Jacobum Alphaeo, Cleophae nupsit. Cui [earn] Simeonem filium genuisse, eumque consobrinum Domini existentem, eo quod Cleophas frater fuerit Joseph, Hierosolymae post Jacobum rexisse Ecclesiam, historia ecclesiastica tradit [...]."27 [Freilich ist Jakobus, des Alfaus Sohn, selbst jener, der im Evangelium 'Bruder' des Herrn genannt wird; weil Maria, die Frau des Alfäus, eine Schwester der Maria, der Herrenmutter, gewesen ist, die der Evangelist Johannes mit dem Beinamen Maria Kleope belegt, vielleicht weil entweder derselbe Alfäus auch Kleopas genannt wurde, oder weil Maria selbst, nachdem Alfäus nach Jakobus' Geburt gestorben war, Kleopas heiratete. Daß sie diesem einen Sohn namens Simeon gebar, und daß dieser, der als Vetter des Herrn hervortrat (weil Kleopas der Bruder Josefs gewesen ist), in Jerusalem nach dem Tod des Jakobus die Gemeinde geleitet hat, überliefert die Kirchengeschichte.] Die Verknüpfung zwischen der neutestamentlichen Tradition und der nur in den apokryphen Schriften genannten Mutter der drei Marien wurde erstmals in einer von den Bollandisten Haimo von Halberstadt zugeschriebenen Kirchengeschichte vorgenommen. 28 Er soll der erste Vertreter der These von einer dreimaligen Heirat Annas gewesen sein. Die These vom Trinubium der Ahnfrau Jesu bot eine scheinbar optimale Erklärung der Verwandtschaftsverhältnis-

27 PL 107, Sp. 889Df (Commentariorum in Matthaeum ad Haistulphum lib. III, cap. 10.1., Sp. 887-890). 28 Als Jakobus d.J. ist somit implizit der Sohn des Alfäus angesprochen, als dessen Mutter dürfte der Autor nach Hieronymus die Maria Kleope angesehen haben. Die Zuschreibung dieses Textes zu Haimo von Halberstadt ist bis in die jüngere Zeit hinein vertreten worden, so noch von C. BAADER (Haimo von Halberstadt. In: LThK, Bd. 4,1960, Sp. 1325f). In demselben Lexikon, auf derselben Seite, wird nun aber von J. GROSS die Meinung geäußert, daß Haimo von Auxerre der Verfasser der "Epitomae historiae sacrae" sei (HAIMO von Auxerre, a.a.O., Sp. 1325). GAIFFIER hat erstmals auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht (TRINUBIUM, a.a.O., vgl. bes. S. 290f). Der letztgenannte Autor beschränkt sich zwar darauf, Fragen zu stellen, statt neue Zuschreibungen vorzunehmen, seiner Argumentation ist im einzelnen jedoch nicht immer zuzustimmen. Ich weise auf die Schwachstellen im folgenden hin. - Neuere Literatur zu den beiden Autoren gleichen Namens beschränkt sich nicht nur auf den Hinweis, daß eine Vielzahl von Fehlzuschreibungen einzelner Werke auf Trithemius zurückgeht, sondern vermutet, daß die Kirchengeschichte Haimo von Auxerre zugeschrieben werden muß. Vgl. F. WORSTBROCK: Heimo von Halberstadt. In: VerLex, Bd. 3, 2. Aufl., 1981, Sp. 650f. - Vgl.a. B. GANSWEIDT: Haimo von HALBERSTADT. In: Lexikon des MA, Bd. 4, 1989, Sp. 1864. - Ders.: Haimo von AUXERRE. In: Lexikon des MA, Bd. 4, Sp. 1864.

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se, weil weder Doppelnamen einzelner Personen noch ein Binubium in der unmittelbaren Verwandtschaft Jesu angenommen werden mußte: "Sciunt etiam qui diligenter exploraverunt, quia frater Domini sit dictus, tanquam cognatus sit. Hic enim mos Hebraeorum, cognatus vel propinquos fratres dicere vel appellare. Frater igitur Domini sie dictus est, quia de Maria sorore matris Domini, et patre Alpheo genitus est; unde Jacobus Alphei appellatur. Sed, quoniam nunc se ingessit occasio, de duobus Jacobis omnem quaestionem rescindamus, et altius generis eonim repetamus originem. Maria mater Domini, et Maria mater Jacobi, fratris Domini, et Maria [mater] fratris Joannis evangelistae, sórores fuerunt, de diversis patribus genitae, sed de eadem matre, scilicet Anna. Quae Anna primo nupsit Joachim, et de eo genuit Mariam matrem Domini. Mortuo Joachim, nupsit Cleophae, et de eo habuit alteram Mariam, quae dicitur in Evangeliis Maria Cleophae. Porro Cleophas habebat fratrem Joseph, cui filiastram suam beatam Mariam desponsavit; suam vero filiam dedit Alpheo, de qua natus est Jacobus minor, qui et Justus dicitur, frater Domini, et Joseph alius. Mortuo itaque Cleopha, Anna tertio marito nupsit, scilicet Salome, et habuit de eo tertiam Mariam, de qua, desponsata Zebedaeo, nati sunt Jacobus major, et Joannes evangelista." 29 [Auch wissen diejenigen, die sorgfältig nachgeforscht haben, daß er 'Bruder des Herrn' genannt worden ist, gerade als sei er ein Blutsverwandter. Denn nach der Sitte der Hebräer nennt oder bezeichnet man den Blutsverwandten oder die Nahestehenden auch als Brüder. 'Bruder des Herrn' heißt er aus dem Grund, weil er durch Maria, die Schwester der Mutter des Herrn, und durch den Vater Alfäus gezeugt ist; deshalb wird er Jakobus, des Alfäus Sohn, genannt. Aber weil sich nun eine Gelegenheit geboten hat, wollen wir die ganze Frage von den zweien namens Jakobus anschneiden und dem Ursprung ihres Geschlechtes tiefer auf den Grund gehen. Maria, die Mutter des Herrn, und Maria, die Mutter des Jakobus, des 'Bruders' des Herrn, und Maria, die [Mutter] des 'Bruders' von Johannes dem Evangelisten, waren Schwestern - von verschiedenen Vätern gezeugt, aber von derselben Mutter, nämlich von Anna. Diese Anna heiratete zuerst den Joachim; von ihm empfing sie Maria, die Mutter des Herrn. Nach dem Tod des Joachim heiratete sie Kleopas; von dem empfing sie die andere Maria, die in den Evangelien Maria Kleope genannt wird. Nun hatte aber Kleopas den Josef zum Bruder, mit dem verheiratete er seine Stieftochter, die selige Maria. Seine leibliche Tochter gab er dem Alfäus zu Ehe; aus ihr wurden ihm Jakobus d.J., der auch der Gerechte genannt wird, der 'Bruder' des Herrn, und ein anderer Josef geboren. Nachdem auch der Kleopas gestorben war, heiratete Anna einen dritten Mann, nämlich den Salomas, und sie empfing von ihm eine dritte Maria, von der, nachdem sie mit Zebedäus verheiratet worden war, Jakobus d.Ä. und Johannes d.E. geboren wurden.] 29 PL 118, Sp. 823f (Homiliae de tempore, hom. 70: in die saneto paschae, Sp. 445-455). Dieser Text wurde in den folgenden Jahrhunderten nicht zitiert.

Diskussionen um ein Trinubium der hl. Anna

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Der Gebrauch von Salome zeigt, daß der Autor die Regeln der griechischen (wie auch der hebräischen) Grammatik nicht beherrschte. Deshalb nur dürfte es möglich gewesen sein, daß er aus dem Frauennamen Salome einen Männernamen machte. Zudem werden hier die Zebedaiden Jakobus und Johannes als Kinder der dritten Tante Jesu ausgegeben. Ein anderer, von der Patrologia Latina demselben Haimo zugeschriebener Text vermittelt ein anderes Bild von der Sippe Jesu. "Maria Magdalene a Magdalo dicta est castello: ipsa quoque soror fuit Lazan [...] Maria Jacobi a filio suo Jacob dicta est; quae matertera fuit Domini, id est soror matris, et mater Jacobi et Joseph. Maria Salome, vel a vico, vel a viro dieta est. Tradunt enim earn habuisse duos viros, Cleopham scilicet et Salomem: ipsam volunt esse, quae alibi Maria Cleophae apellatur."30 [Maria Magdalena wird nach der Festung Magdalum genannt. Sie ist auch die Schwester des Lazarus gewesen. Maria Jakobi wird nach ihrem Sohn Jakobus genannt - sie ist eine Tante des Herrn gewesen, d.h. eine Schwester seiner Mutter und die Mutter von Jakobus und Josef. Maria Salome wird entweder nach einem Ort oder nach einem Mann benannt. Es ist überliefert, daß sie zwei Männer gehabt hat: Kleopas nämlich und Salomas; man will, daß sie diejenige ist, die anderswo Maria Kleope genannt wird.] Auch hier steht die Frage nach der Zahl und dem Verhältnis der im Neuen Testament erwähnten Marien im Hintergrund der Erörterung. Die Jungfrau Maria hatte eine Schwester, die nach ihrem berühmten Sohn genannt wurde. Diese soll nach ihrem ersten Mann Maria Kleope und nach ihrem zweiten Mann Maria Salome genannt worden sein. Dieser Text entspricht dem oben zitierten, der Haimo von Halberstadt zugeschrieben wird, allein darin, daß auch hier Salome als Männername aufgefaßt wird. Er unterscheidet sich jedoch im übrigen stark von ihm. Dort wurde die Identifizierung von Maria Alfäi mit Maria Kleope vorgenommen; in dieser Homilie wurde dagegen Maria Jakobi (nach dem Sohn) mit Maria Kleope beziehungsweise Maria Salome (nach den Ehemännern) identifiziert. Zudem heißt es an einer dritten, ebenfalls Haimo von Halberstadt zugeschriebenen Stelle in einem Kommentar zum Galaterbrief: "Alium autem apostolorum vidi neminem, nisi Jacobum, fratrem Domini (Gal 1, 12), filium scilicet Mariae Cleophae, materterae Domini, quae genuitde Alphaeo."31 [Einen anderen Apostel habe ich aber nicht gesehen, außer Jakobus, dem 'Bruder' des Herrn, dem Sohn der Maria Kleope, der Tante des Herrn, die [ihn] von Alfäus gebar.] 30

P L 1 1 8 , S p . 4 4 6 C . V g l . GAIFFIER, TRINUBIUM, a . a . O . , 2 9 3 - 2 9 7 . V g l . M k 1 6 , 1 - 8 par u.

Joh 11,1-45. 31

P L 117, Sp. 6 7 4 C ( E x p o s i t i o in epístolas S. Pauli, i n ep. ad Gal., Sp. 6 6 9 - 7 0 0 ) .

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Entstehung der Annenlegende

Der Autor dieses Textes schließt keine näheren Erläuterungen zur Familie Jesu an. Deutlich ist allein, daß er andere Zuschreibungen vornimmt, als die beiden früher zitierten Schriftsteller. Diese drei Texte wurden - und werden gelegentlich noch immer - Haimo von Halberstadt zugeschrieben. Allerdings wird für den an zweiter Stelle zitierten Text, welcher Maria Kleope mit Salome identifiziert, auch der zur gleichen Zeit wie Haimo von Halberstadt lebende Exeget und Homilet Haimo von Auxerre als Verfasser genannt.32 Da die Trinubiumsvorstellung in den "Epitomae" sich grundsätzlich von dieser Lösungsmöglichkeit unterscheidet, ist anzunehmen, daß sie tatsächlich von einem anderen Exegeten ausgearbeitet wurde: möglicherweise von diesem Haimo von Auxerre. Der an letzter Stelle zitierte Text könnte gut ebenfalls von diesem Verfasser stammen, weil dieser offenbar keine allzu klaren Vorstellungen von der Sippe Jesu hatte und die Frage nicht unter Einbeziehung der Großelterngeneration zu beantworten suchte.33 Noch mehrere hundert Jahre lang diskutierten die Exegeten verschiedene Thesen zur Verwandtschaft Jesu. Weder bestand Einigkeit hinsichtlich der Zahl der Schwestern der Herrenmutter, noch über die Frage, wer mit wem verheiratet war, und welche Söhne welchem Ehepaar geboren wurden. Einzelne Exegeten lösten die Fragen mit dem Hinweis auf ein Trinubium der Großmutter Jesu. Es darf aber nicht verschwiegen werden, daß diese Meinung auch auf starke Ablehnung stoßen konnte: Fulbert von Chartres erklärte in einer Predigt zur Geburt Marias kategorisch:

32 P. B A R R É : Haymon de Auxerre. In: DSp, Bd. 7.1, [1971], Sp. 91-97. - Vgl.a. Aran. 28. 33 Deutlich ist, daß zwei grundsätzlich verschiedene Lösungsmöglichkeiten in diesen drei Texten vertreten wurden: In einem Fall geht der Verfasser aus von einem Trinubium der Großmutter Jesu, im anderen Fall kommt er ohne den Rekurs auf die Großmutter aus. Aus dieser Beobachtung ist zu schließen, daß mindestens zwei Autoren am Werk gewesen sein dürften. Welche Vorstellung welchem Autor zuzuweisen ist, muß derzeit unentschieden bleiben. - GAIFFIER ( T R I N U B I U M , a.a.O.) hat diese Unterschiede zwischen den Texten nicht registriert. Er sah nur, daß zwei Autoren des Hochmittelalters, Maurice von Kirkham und Johann von Freiburg (s.u. Kapitel 4.2. Anm. 37), auf die Trinubiumsvorstellung in kritischer Absicht rekurrierten. Aus dieser Tatsache Schloß er, daß sie dieselben Quellen vorliegen hatten. Es zitierte aber nur Maurice eine Vorstellung, die im 9. Jahrhundert nachweisbar ist, nämlich den Text aus der Homilie zum Ostertag - ohne auf einen Autor hinzuweisen; Johannes zitierte dagegen eine im 12. Jahrhundert gängige Vorstellung, für die er keine Quelle direkt nannte (er bezog sich nur allgemein auf einen Haimo neben Petrus Lombardus, welcher eine Trinubiumsvorstellung tradiert habe). Es bleibt aber völlig offen, ob dieser Haimo als Verfassereines Galaterkommentars angesehen werden kann, wie GAIFFIER meinte. Zudem schlichen sich bei GAIFFIER kleinere Fehler ein: PL 118, Sp. 446 ist beim entscheidenden Wort: Schreibung des 'Männemamens' Salome im Akkusativ, falsch wiedergegeben.

Diskussionen um ein Trinubium der hl. Anna

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"Nec enim decebat ut hujus singularis Virginis sanctissimi progenitores foedarentur plurimorum propagatione filiorum, qui erant futuri unicae matris Domini provisores et educatores egregii."34 [Es ziemte sich aber nicht, daß die hochheiligen Eltern dieser einzigartigen Jungfrau entehrt würden durch eine zahlreiche Nachkommenschaft, welche im Begriff standen, die Vorsteher und vortrefflichen Erzieher der einzigartigen Mutter des Herrn zu werden.] Da mit diesem Diktum jedoch keineswegs die exegetischen Probleme gelöst waren, wurden in den folgenden Jahrhunderten die verschiedenen Meinungen zum progenium Christi weiter tradiert und von den Theologen gegeneinander abgewogen. Die Trinubiumslegende wurde vom 11. Jahrhundert an in verschiedenen Sprachen, als Merkvers oder wie herkömmlich in Prosa, tradiert. Förster hat zwölf verschiedene metrische und einige prosaische Fassungen zusammengestellt und veröffentlicht, allerdings in der falschen Meinung, daß diese genealogischen Spekulationen um das Trinubium Annas nicht vor dem 11. Jahrhundert entstanden seien. 35 Einen weiteren, bislang unveröffentlichten Text eines unbekannten Autors aus einer Handschrift des 12. Jahrhunderts kann ich hier nachtragen: "Genealogia beate Marie matris Domini [hervorgehoben]: Esmeria et Anna fuerunt sorores. Esmeria peperit Elysabeth, Eliu et Amathiam. Anna peperit sanctam Mariam, Elysabeth Iohannem babtistam. Sancta [Maria peperit] dominum Ihesum Christum. Ex testimoniis quattuor evangelistarum et ex epistola Ieronimi contra Elvidium sancta Maria, mater domini, Maria, mater Iacobi et Ioseph, et Maria, mater filiorum Zebedei, scilicet maioris Iacobi et Iohannis evangeliste, tres sorores fuerunt. Maria, mater domini, filia Ioachim et Anne fuit. Et Cleopas, frater Ioseph, eandem Annam accepit uxorem, Ioachim defuncto, et iam generavit ex ea filiam, quam vocavit Mariam. Hanc Mariam Cleopas et Anna dederunt cuidam nomine Alpheo, ex quo ille minor Iacobus, qui etiam frater domini dictus fuit, natus et dicitur Iacobus Alphei, id est filius Alphei. Desponsavit autem Cleopas priuignam suam, scilicet sanctam Mariam, matrem domini virginem, fratti suo Ioseph, cuius 34 PL 141, Sp. 326D (Sermones ad populum, serm. 6: in ortu virg. Marie inviolatae, Sp. 325-331). 35 M. FÖRSTER meinte, diese Spekulationen seien in der Normandie oder in England aufgekommen (Die Legende vom Trinubium der hl. Anna. In: Probleme der englischen Sprache und Kultur; FS J. Hoops / hg. von W. Keller. Heidelberg, 1925, Germanistische Bibliothek; 11.20, S. 105-130, hier S. 118). - Eine weitere Textfassung zum Trinubium hat K. REINDEL ediert (Ein Legendär des 12. Jahrhunderts aus dem Kloster Pomuc, Diözese Prag. In: FS Max Spindler zum 75. Geburtstag / hg. von D. Albrecht. München, 1969, S. 143-164, Edition S. 151f). - REINDEL irrte, als er seinen Text für noch nicht nachgewiesen hielt. Der Text stammt lt. GAIFFIER (a.a.O., S. 295 Anm. 3) von Haimo von Auxerre (PL 118, Sp. 446; zur Verfasserfrage vgl. jedoch o. Anm. 28 u. Anm. 33).

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virginitatis custos fuit et solatium et connutritor. Mortuo autem Cleopa, quidam Salome accepit Annam et iam generavit ex ea tertiam Mariam, quam Zebedeus accepit uxorem, et ex ea genuit Iacobum et Iohannem. Unde ita intelligendum est: Maria Iacobi subauditur mater etiam Salome filia. Tres igitur viros Anna habuit: Joachim, Cleopham, Salome. Prima Maria virgo permansit, filia Ioachim, cuius uterum ad suscipiendum verum et perfectum anima et corpore filius Dei sine virili ad [Radierspuren, wohl: mixto] semine sibi dedicavit per spiritum sanctum et in virtute sánete trinitatis, cuius omnipotentia est inseperabilis. Tres tribus Anna viris fertur peperisse Marias." 36 [Genealogie der seligen Maria, Mutter des Herrn: Esmeria und Anna waren Schwestern. Esmeria gebar die Elisabet, den Eliu und den Amatias. Anna gebar die heilige Maria, Elisabet Johannes den Täufer. Die heilige [Maria gebar] den Herrn Jesus Christus. Aus den Zeugnissen der vier Evangelisten und aus dem Brief des Hieronymus gegen den Helvidius [geht hervor]: Die heilige Maria, die Mutter des Herrn, Maria, die Mutter des Jakobus und des Josef, und Maria, die Mutter der Söhne des Zebedäus, nämlich des Jakobus d.Ä. und Johannes d.E. waren drei Schwestern. Maria, die Mutter des Herrn, war eine Tochter Joachims und Annas. Und Kleopas, der Bruder des Josef, nahm diese Anna zur Frau, nachdem Joachim gestorben war, und wurde durch sie Vater einer Tochter, die er Maria nannte. Diese Maria gaben Kleopas und Anna einem gewissen Alfaus [zur Frau], von dem jener jüngere Jakobus geboren ist, der auch Bruder des Herrn hieß, und auch Jakobus Alfäi (d.h. Sohn des Alfäus) genannt wird. Kleopas verheiratete aber seine Stieftochter, nämlich die heilige Maria, die jungfräuliche Mutter des Herrn, mit seinem Bruder Josef. Ihrer Jungfräulichkeit Wächter war er, [ihr] Trost und Ernährer. Nachdem aber Kleopas gestorben war, nahm ein gewisser Salomas Anna zur Frau und zeugte aus ihr eine dritte Maria, die Zebedäus heiratete und aus der ihm Jakobus und Johannes geboren wurden. Daraus ist schließlich einzusehen: Maria Jakobi heißt sie als Mutter und [Maria] Salome als Tochter. Drei Männer hatte Anna: Joachim, Kleopas und Salomas. Die erste Maria blieb Jungfrau, die Tochter des Joachim, deren Leib der Sohn Gottes sich bereitete zur Aufnahme durch den heiligen Geist und durch die Kraft der heiligen Dreifaltigkeit, deren Allmacht

36 Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 1659, 30v-31r. Dieser Text steht dem von FÖRSTER veröffentlichten Prosatext Nr. 1 (a.a.O., S. 113) literarisch nahe. Er weist auch einige Ähnlichkeiten mit dem von REINDEL (a.a.O.) edierten Text auf. Allerdings dürfte der von mir zitierte Text ein älteres Überlieferungsstadium repräsentieren. Der von REINDEL edierte Text weist nämlich im Vergleich zum obigen sprachliche und stüistische Unterschiede auf, die sich leichter als spätere Bearbeitung bzw. Einfügung in eine gemeinsame Vorlage denn als Auslassungen erklären lassen: In dem obigen Text fehlen etwa - wie auch in dem von FÖRSTER veröffentlichten - die Verwandten der Esmeria einschließlich des Servatius. Die Vorstellung eines Trinubiums Annas muß zu dieser Zeit schon weit verbreitet gewesen sein. Sie findet sich in Quellen aus England oder der Normandie ebenso wie in solchen aus der Diözese Prag.

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untrennbar ist, zur wahren und vollkommenen Aufnahme des Sohnes Gottes durch Seele und Leib. Von Anna heißt es, sie habe drei Männern drei Marien geboren.] Der Autor dieses Textes nahm zu Unrecht Hieronymus für seine Meinung in Anspruch. Originell ist, daß er Salomas als Großvater der Zebedaiden einführt. Diese Meinung scheint nicht lange vor dem 12. Jahrhundert aufgekommen zu sein, denn der erst seit jüngster Zeit in der Forschung bekannte Maurice, Prior der Augustiner zu Kirkham in Yorkshire37, der in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts lebte, schrieb, daß er mit einem gewissen Schwätzer (quidam garrulus), der diese Meinung unter Berufung auf die Autorität des Kirchenvaters vorgetragen hätte, persönlich disputiert habe.38 Maurice kritisierte brieflich in scharfer und polemischer Weise alle diejenigen, welche meinten, daß Salome ein Mann gewesen sei. Deren Meinung greife in den letzten Jahren stark um sich. Unter anderem zitierte er als Beispiel für die Dummheit der 'Salomiten' auch den oben zitierten Abschnitt aus der Haimo von Auxerre zugeschriebenen Osterhomilie. Obwohl er mit bewundernswertem Scharfsinn und exegetischem Wissen argumentierte (er scheint auch über einige Kenntnisse in der hebräischen Sprache verfügt zu haben) und den Anhängern der Meinung, daß Anna drei Ehemänner gehabt habe, nachwies, daß sie sich nicht auf Hieronymus stützen können, setzten sich seine Argumente vorläufig nicht durch. Der eben zitierte Wiener Text geht über die Darstellung des Trinubiums hinaus; er nennt eine Esmeria, die als Schwester Annas bezeichnet wird. Die so benannte Frau, deren Name im 12. Jahrhundert erstmals fiel, erlaubte es, Maria und ihre Base Elisabet in das biblisch bezeichnete Verwandtschaftsverhältnis zu rücken. Es ist nicht bekannt, wer diese Erweiterung, die nur in Zusammenhang mit der Trinubiumslegende, nie in Zusammenhang mit dem Binubium tradiert wurde, geschaffen oder erstmals vorgenommen hat.39 Andere Texte bieten weitere Informationen über die Familie der Esmeria: Sie soll drei Kinder gehabt haben. Einer ihrer Söhne namens Eliu habe mit seiner Frau Memelia den Bischof von Maastricht und Tongern, den als Heiligen schon zur Merowingerzeit verehrten Servatius, gezeugt.40

37 Zur Biographie vgl. M.R. JAMES: The Salomites. In: JThS 35,1934, S. 287-297, hier S. 291). Leider hat James nur kurze Abschnitte aus den Briefen des Maurice ediert. 38 A.a.O., S. 293. 39 FÖRSTER mutmaßt aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit der überlieferten Namensformen Esmeria, Hys-, Is-, E- zu einem bekannten irischen Frauennamen, daß diese Erweiterung der Sippe im irischen oder englischen Sprachgebiet erfolgte (a.a.O., S. 117f). - In der ps.augustinischen Predigt "Ad fratres in eremo", Nr. 25 (De jejunio et ubi fuit institutum. In: PL 40, Sp. 1275-1277, hier Sp. 1276) wird eine Schwester Annas namens Ismeria genannt. Elisabet, die Mutter des Täufers, sei deren Schwester gewesen. 40 Entsprechendes berichtet erstmals der Biograph dieses Bischofs, der die Aufgabe

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Ein weiterer bisher unveröffentlichter Text aus dem 13. Jahrhundert tradiert die seit dem 9. Jahrhundert belegte These vom Binubium einer Maria, interessanterweise in Zusammenhang mit einer Theorie von drei Schwestern namens Maria; die Eltern derselben werden nicht eigens genannt: "Tres fuerunt Marie sórores. Prima mater domini nostri Ihesu Christi. Secunda uxor Zebedei, mater Iacobi maioris et Iohannis evangeliste. Tertia uxor Alphei, mater Iacobi minoris et Barnabe, qui vocatur Ioseph ab Arimatia. Mortuo Alpheo, suscepit alium maritum, qui vocatur Cleophas, ideo vocatur Maria Cleophe, de qua habuit Symonem et Iudam."41 [Drei Schwestern namens Maria gab es: Die erste war die Mutter unseres Herrn Jesus Christus, die zweite die Frau des Zebedäus, Mutter Jakobus' d.Ä. und Johannes d.E. Die dritte war die Frau des Alfäus, die Mutter des Jakobus d.J. und des Barnabas, welcher Josef von Arimatä genannt wird. Nach dem Tode des Alfäus nahm sie einen anderen Mann, der Kleopas hieß, also wurde sie Maria Kleope genannt, von der er Simon und Judas hatte.] In dieser Lösung der exegetischen Fragen, die noch viel kompliziertere Familienstrukturen annimmt als die übrigen bisher vorgestellten Texte, wurden die Überlieferung von den zwei Schwestern Marias und die Überlieferung vom Binubium der einen Schwester miteinander kombiniert. Der Verfasser vermied alle Spekulationen über die Großmutter Jesu. Salome wurde nicht in die Genealogie integriert, also wohl als Frau gesehen. Kleopas war nicht Ehemann der Großmutter sondern Onkel Jesu. Für diese Lösung dürften zwei Gründe gesprochen haben: sprachliche, insofern die Frauen sonst nach den Männern und nicht nach den Vätern genannt werden, und natürliche, insofern schwer vorstellbar ist, daß Mutter und Tochter zwei Brüder geheiratet haben. Diese Texte belegen, daß sich auch im 12. und 13. Jahrhundert noch keine der Hypothesen über die Sippe Jesu durchgesetzt hatte. Weder wurden die Informationen aus dem Protevangelium regelmäßig in die Lösung der exegetischen Fragen einbezogen, noch wurden überhaupt dieselben Personen als Familienangehörige genannt. Der These, daß die Mutter der Herrenmutter dreimal verheiratet gewesen sei, wurde sogar gelegentlich widersprochen. Allerdings gewann jetzt die Trinubiumshypothese zunehmend an Bedeutung, hatte, die Servatiusverehrung anzuregen, HENRIC van Veldeken (Sente Servas / hg. von T . Frings u. Gabriele Schieb. Stuttgart, 1956, Die epischen Werke des Henric van Veldeken; 1, S. 7 Z. 200 - S . 8 Z. 255). - Ältere Ausgaben und Sekundärliteratur vgl. bei: Gabriele SCHIEB: Henric van Veldeken. Stuttgart, 1965. (Sammlung Metzler; Realienbücher für Germanisten, Abt. D: Literaturgeschichte), S. 31-38. - Vgl.a. W. BREUER: Die Genealogie des Servatius; Legendenüberlieferung in theologischer Interpretation. In: ZDP 98 (SH), 1979, S. 10-21. 41 Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 1251, Bl. 46rb. Lt. Handschriftenbeschreibung wurde der Text in der Mitte des 13. Jahrhunderts aufgezeichnet.

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weil sie Eingang fand in die Sentenzenkommentare und großen historischen Kompilationen.42 Doch es regte sich auch energischer Widerspruch, der moralisch motiviert war und scholastisch-wissenschaftlich begründet wurde. Der Freiburger Dominikaner Johannes, der sich am Ende seiner im Jahre 1300 abgefaßten Schrift "Defensorium Anne"43 als "lector exiguus" bezeichnete, setzte es sich zum Ziel, jene Lügenmär, "illa nephanda fabula"44, vom Trinubium Annas - die überhaupt nur einer profanen Quelle folge - endgültig mithilfe der Schrift und der Väter zu widerlegen.45 Das Ziel seiner in vier Gedankenschritten geordneten Darlegung faßte er wie folgt zusammen: "Primo enim ostenditur, quod Cleophas frater Joseph non fuit pater Marie Cleophe sed maritus ejus; secundo quod Salome, cuius meminit Marcus, non fuit vir sed mulier; tercio ex precedentibus inferendo concluditur quod beata Anna non fuit tribus vins matrimonialiter copulata, sed unius vir consortio maritali contenta; quarto autem de duabus filiabus Joachim et Anne Veritas ostenditur, et quod nulla fuit Maria Salome demonstrate. "46 [Zuerst aber wird gezeigt, daß Kleopas, der Bruder des Josef, nicht Vater der Maria Kleope gewesen ist, sondern ihr Ehemann, sodann, daß Salome, die Markus erwähnt, kein Mann gewesen ist, sondern eine Frau, zum dritten wird aus den vorhergegangenen Erwägungen geschlossen, daß die

42 PETRUS Lombardus übernahm die Trinubiumslegende und nannte erstmals als vier Söhne der Maria Alfäi vier Herrenbrüder: neben den schon genannten Jakobus d.J. und Josef noch den sonst als Sohn des Kleopas bekannten Simon und seinen Bruder Judas. Vgl. PL 192, Sp. 101D (Collectaneorum in epístolas S. Pauli, in ep. ad Eph, Sp. 169-222). 43 Edition: G. ALBERT, J.M. Parent, A. Guillemette, OP: La légende des trois mariages de Sainte Anne, un texte noveau. In: Études d'histoire littéraire et doctrinale du XlIIe siècle, 1er serie, 1932, S. 165-184, hier S. 184. Die Herausgeber dieser Schrift vermuteten, daß die Aulnahme der Trinubiumsüberlieferung in die "Legenda Aurea" des Ordensbruders den Anstoß zur Abfassung des "Defensorium" gegeben habe; das kann aber aus der Schrift nicht erhoben werden. Die Fassung der Trinubiumslegende, die Johannes eingangs in kritischer Absicht zitiert, entspricht nicht der bei Jacobus überlieferten Fassung. 44 A.a.O., S. 173. 45 Eingangs zitiert der gelehrte Autor die gängige Meinung. Er hat eine unter den bekannten Trinubiumsprosen nicht verifizierbare Vorlage, die der oben zitierten längeren Wiener Fassung nahekommt, tradiert allerdings einen merkwürdigen Abschreibe- oder Gedankenfehler, was den Editoren der Handschrift offenbar nicht aufgefallen ist: "Cleophas a fratre suo Joseph eamdem Annam, mortuo Joseph, accepit uxorem [...]". Ebd. 46 A.a.O., 173f.

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glückselige Anna nicht mit drei Männern ehelich verkehrte, sondern sich mit der Ehegemeinschaft eines einzigen Mannes begnügte, zum vierten aber wird die Wahrheit offenbart über die zwei Töchter Joachims und Annas und es wird gezeigt, daß es keine Maria Salome gegeben hat.] Johannes' eigene Hypothese zu den Verwandtschaftsverhältnissen in der Sippe Jesu war nicht minder spekulativ als die seiner Gegner. Nach Abwägung der Väterzeugnisse begründete der Dominikaner die folgende Auffassung: Anna und Joachim hatten zwei Töchter, beide mit Namen Maria, welche mit zwei Brüdern, Josef und Kleopas, verheiratet wurden; Maria Kleope war nicht zweimal verheiratet, sondern trug einen Doppelnamen. Damit hat Johannes im wesentlichen die Meinung von Rabanus Maurus für die Diskussion seiner Zeit aktualisiert. Das entscheidende Argument, das Johannes und vor ihm Maurice in die exegetische Diskussion geworfen hatten: Salome ist der Name einer Frau, wurde 1517 von Sylvius Egranus in Zwickau und etwa zur gleichen Zeit von Faber Stapulensis in Frankreich geäußert. Das löste eine heftige Diskussion um das Trinubium Annas unter den Humanisten aus.47 Die breiteste und differenzierteste Genealogie der Sippe Annas wird in einer Annenlegende, die 1496 erstmals gedruckt wurde, überliefert. Der Redaktor, ein anonymer Franziskanerobservant, rechnete mehrere deutsche Missionsbischöfe zu den Nachfahren der Schwester Annas. "Hec quidem Esmeria Dei ordinatione et legis obligatione generis sui viro sperabili, cuius nomen Assra, nupta est, que primogenitam suam peperit Elyzabeth, 47 Eine Gesamtdarstellung der Ereignisse und Diskussionen fehlt. C.G. N A U E R T jr. gibt wertvolle Hinweise, wenn er auch übersah, daß sowohl die Vertreter der Meinung, Anna sei dreimal verehelicht gewesen, wie auch die Gegner derselben sich als Humanisten verstanden. Nach Nauert kämpften in dieser literarischen Fehde die Reformen gegenüber positiv eingestellten Humanisten gegen die alte Legende (Agrippa and the 'crisis of renaissance thought'. Urbana, 1955, Illinois studies in the social sciences; 55). Nauert bezog sich hauptsächlich auf den Streit, den 1517 Lefèvre d'Etaples (Faber Stapulensis) in Frankreich ausgelöst hatte. Vgl.a. G. BEDONELLE: Faber Stapulensis. In: TRE, Bd. 10, 1982, S. 781-783. - Über die Kontroverse, die durch den Zwickauer Prediger Johann Sylvius Egranus ausgelöst wurde, informieren knapp die Herausgeber eines Briefes Luthers zu dieser Frage. Luther antwortete Spalatin am 20. Dezember 1517 mit einem Gutachten, in dem er das Trinubium als exegetisch nicht haltbar bezeichnete. WA.B 1, Nr. 55, S. 127-129; Briefedition: S. 129-131. - Nachschriften einer Predigt des Zwickauer Humanisten lassen erkennen, daß dieser allein die Hl. Schrift als Erkenntnisgrundlage in der Frage der Abstammung Marias anerkannte (Ungedruckte Predigten des Johann Sylvius Egranus; gehalten in Zwickau und Joachimsthal, 15191522/hg. von G. Buchwald. Leipzig, 1911.QDGR; 18, S. 148-161, bes. S. 160f, am Tag der Geburt Marias). - Vgl.a. O . CLEMEN: Johannes Sylvius EGRANUS. In: Mitteilungen des Altertumsvereins für Zwickau und Umgegend 6, 1899, S. 1-40.

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postea Zacharia[e] coniugem et Johannis baptiste genitricem. Dehinc filium genuit Eliud, qui coniunctus erat illi preclare que vidua describebatur (Luce 7), cuius filius adolescens defunctus erat in porta civitatis Naym. Erat apostolorum Petri et Andree consanguinea de Betsaida. Hec viro suo Eliud fratri Elizabeth duos peperit filios: Marcialem et Eminem. Iste Marcialis primogenitus, cum mortuus esset, resuscitatus est a domino, matri restitutus, que ipsum tenerrime diligebat; qua gratia mater domino multo familiarior efficiebatur et apostolis eius consanguinitatis iure multum afficiebatur et ideo necessitatìbus Domini atque discipulorum eius de temporalibus suis per filium magis sollicite providere curavit. Quod patet de quinqué panibus ordeaceis et duobus piscibus per Andream Domino oblatis, tanquam per consanguineum, matris medio provide delatis et similibus. Quamobrem hanc matrem vulgari nomine discipuli suam affirmabant et filium eius Marcialem hunc Matemum quasi matris filium peculiari nomine appellabant. Hic autem idem est, qui missus est a beato Petro subdyaconus cum Euchario, ex septuaginta duobus discipulis Christi uno, iam a beato Petro apostolo in episcopum ordinato, et Valerio Diacono intra fines Al[e]manie et in via defunctus et miraculose redivivus iam secundo (Bl. 5r) // et in antistitem sublimatus Treverorum, Tungrorum atque Coloniensium prosperrime rexit ecclesias. Frater autem eius Eminem defuncto patre peregrinatus est iuvenis usque ad Armeniam et ibidem perseverans non reversus. Circa senium coniunctus honeste puelle Memelie, generavit ex ea filium Servacium, maxime postea vinim sanctitatis in Tungrorum antistitem celebriter exaltatum; cuius reliquie coluntur et in magna populorum ftequentia visitantur variis peregrinationibus in urbe Traiectensi super Mosam [...]."48 "Dise Esmeria auß göttlicher ordenung und zwang des alten gesetz ward vermehelet zu der ee einem erlichen redlichen fo e ummen und worhafftigen mann ires geschlechtes mit dem namem Assra geheissen (S. 12) // und gebar von im ire erste dochter, genant Elyzabet, die do gewesen ist darnoch ein eliche hußfrow Zacharie, unn von dem gebare sy Johannem den dotiffer. Damoch gebare Esmeria einen sone genant Eliud, der wart darnoch zu" der ee vereyniget der redlichen frauwen, die do in dem ewangelio Luce, in dem 7. capittel [ 11 -17], genant würt die wittwe, der sone um jungelinge gestorben was unn durch die port für die stat Naym getragen wart unn von unßerm herren Jhesu Cristo von dem tode erwecket wart. Un die selbige witwe ist gesin von Betsaida unn von dem gesiecht der zweyer aposteler, sant Peter unn sant Andres. Disse frawe hat mit irem man Eliud, ein bru°der sant Elizabet, geborn zwen knaben; der ein ist genant Marcialis, der ander Emyü. Disser Marcialis, der erst sone, als er gestorben was, do wart er von dem herren erwecket un siner mu°tter widergeben, die inen von hertzen liephat; unn uß der gu°ttete wart sie dem herren gemein unn kuntlich unn synen jungem, von recht

48 Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter 1496b; hier und im folgenden zitiert nach der dort unter 1498a beschriebenen Ausgabe, Bl. A4vf. - Zum Verfasser und weiteren Bearbeitungen vgl.u. Kapitel 5.1. Anm. 29-31.

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Entstehung der Annenlegende

des geblu°tes und zi^ho'rens vast geneyget und günstig unn do zu0 auch der noturfft des herren un siner jungern von iren zytlichen gu°tern was sy flyßlich versehen durch iren sone Matern. Unn ist dz küntlich in den 5 gersten broten unn zweyen vischen, die durch sant Andres dem herren worden fürbracht als durch synen vetter, doch durch das mittel syner mu°tter darbracht fürsichtigclich unn sunst der glichen mere von ir gesehen ist. Harum [!] waren die jungern des herren disse frawe gewonlich ire mu°ter nennen unn iren sone Marcialem mit gemeinen namen Maternum nennen, dz ist als vyl als der mu°tter sone gesprochen. Disser Matern ist der junge, der do von sant Peter ein epistier geweihet wart, (S. 13) // und mit Eucharis, einem auß den 72 jüngeren Christi, und von sant Peter dem apostel bischoff gewyhet ward unnd darzu" mit Valerio evangelier in teutsche land gesant worden und in dem wege bey Benfeit in dem Elsaß an dem feber gestorben was anderwerbe, und darnach über XL [40] Tage wider von dem tod wunderbarlich erwecket warde un darnach über lanck ein bischoff ward und die kirche zu° Tryer, Tungrun un zu0 Collen vast vol christlich unn nu°tzbarlich regiert hat. Aber sein bru°der Emyu, nach dem als sein vatter todt was, ist er noch junck gewesen und ist gewandelt biß in dz lant Armenia und do was er verharren und nit wider heim kummen. Und in seinem alter ward er vermehelet einer ersamen tochter, Memelia genant; mit der gewan er einen sune, Servacius genannt, der do ist gewesen vast ein heyliger man und erlich erweit worden zu° einem bischoff in der statt Tungrun; und würt sein heiltumb geeret unn von vilem volck mit mancherhand ferte gesuchet in der statt Traiecta oder Trient [!], uff der Mosan gelegen [,..]".49 Der Autor machte Missionsbischöfe zu Blutsverwandten Jesu. So konnte er nicht nur das Bedürfnis seines Publikums nach genealogischem Wissen - eine Form der viele Menschen zu dieser Zeit besonders beschäftigenden historischen Frage 50 - befriedigen, sondern den Regionalheiligen Maternus, Eucharius und Valerius eine neue Bedeutung vermitteln. In dieser Genealogie spiegelt

49 Beschreibung der Erstausgabe der volkssprachlichen Übersetzung im Anhang 2.1. unter ca. 1502a. Beschreibung der zitierten Ausgabe im Anhang 2.1 unter 1509a, S. 12-14. 50 Zum Interesse an Genealogie und zur Funktion genealogischer Fiktionen vgl. G. M E L V I L L E : Troja; die integrative Wiege europäischer Mächte im ausgehenden Mittelalter. In: E U R O P A 1500, a.a.O., S . 415-432. - Auch Kaiser Maximilian I. ließ genealogische Forschungen betreiben: Demnach stammten die Habsburger nicht von Rom ab, sondern von den Franken; diese wiederum von den Trojanern und die von den Erzvätern des alten Testaments. Vgl. M A X I M I L I A N I., 1459-1519; Ausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek, 23.5.30.9.1959. Wien, 1959. (Biblos Schriften; 23), S. 51f mit Literaturhinweisen; zudem die Beschreibungen der Exponate Nr. 167-175, Nr. 350f, Nr. 379-386 - Sogar in bürgerlichen Kreisen bestand ein größeres Interesse an Genealogie; Kaufleute und Ratsherren kümmerten sich um die Aufzeichnung der eigenen Abstammung und Lebensgeschichte. Vgl. U.M. Z A H N D : Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwig von Diesbachs; Studien zur spätmittelalterlichen Selbstdarstellung im oberdeutschen und schweizerischen Räume. Bern,

Überlieferungen zu den Eltern Marias und zum Trinubium Annas

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sich zudem das wachsende Nationalbewußtsein der Deutschen: Nach dieser Fiktion kam das Heil nicht mehr über Rom, sondern direkt aus der Verwandtschaft Jesu zu den Germanen. Maternus war der erste Bischof von Köln; sein Gefährte, Valerius Diaconus, gilt als der erste Bischof von Trier51. Damit wird diesen Missionsbischöfen nicht nur eine herausragende Stellung im Vergleich zu anderen Missionsbischöfen zugeschrieben, sondern zugleich der Ehrenvorrang derjenigen Bistümer begründet, die sich rühmen konnten, von Verwandten Jesu errichtet worden zu sein. Diesen Autor interessierten nicht mehr exegetische Fragen; er setzte historische Konstrukte zur Legitimation gegenwärtiger kirchlicher Verhältnisse ein.

4.3. Verknüpfungen zwischen den Überlieferungen zu den Eltern Marias und zum Trinubium Annas Bis in das 13. Jahrhundert hinein wurden die Überlieferungen zum Trinubium Annas und die Überlieferungen zu den Eltern Marias ausschließlich in unterschiedlichen Kontexten weitergegeben.52 Sie wurden auch in späteren Jahrhunderten noch in verschiedenen Zusammenhängen tradiert. Erstmals kamen beide Überlieferungskreise in der "Legenda aurea"53 des Dominikaners 1 9 8 6 . (Schriften der Bemer Burgerbibliothek). - Vgl.a. D. WUTTKE: Die Histori HERCULIS des Nürnberger Humanisten und Freundes der Gebrüder Vischer; Pangratz Bemhaubt, gen. Schwenter. Köln, 1 9 6 4 . (AKuG; Bh. 7 ) . - Vgl.a. G. ALTHOFF: Genealogische und andere Fiktionen in mittelalterlicher Historiographie. In: FÄLSCHUNGEN, a.a.O., T.l, S. 4 1 7 - 4 4 2 . Vgl.a. in demselben Band G . GYÖRFFY: Erfundene Stammesgründer, S. 4 4 3 - 4 5 0 . - Zur Bedeutung der Patrone im individuellen und kollektiven Leben vgl. Kapitel 1.1. und Kapitel 3.6.

51 Vgl. F. PAULY: Die Bischöfe bis zum Ende des Mittelalters. Trier, 1969. (Veröffentlichungen des Bistumsarchivs Trier; 18 = Aus der Geschichte des Bistums Trier; 2), S. 11-14. 52 Zu diesen beiden Überlieferungen tritt eine dritte: die Zusammenstellung der fünf Frauen, die alle unter dem Namen Anna bekannt waren. "Et notandum [est,] quod in sacra Scriptura quinqué dicuntur Annae: Mater Samuelis, uxor Tobiae, uxor Raguelis, mater beatae Mariae virginis, et Anna prophetissa" ( P L 198, Sp. 1438). Das schrieb PETRUS Comestor(gest. 1179) in seiner Auslegung des Buches Tobias. Dies Traditionsstück wurde meinen Beobachtungen zufolge im allgemeinen nicht in Zusammenhang mit der Überlieferung zu den Eltern Marias und der Trinubiumsüberlieferung tradiert. 53 Jacobus de Voragine trat 1244 in den Predigerorden ein und wurde 1292 Erzbischof von Genua. Zur Biographie vgl. K . KUNZE: JACOBUS de Voragine. In: VerLex, Bd. 4, 2. Aufl., 1983, Sp. 448b-466b. - Dem ordnenden und systematisierenden Zeitgeist entsprechend faßte Jacobus in einer summa der Heiligen, geordnet nach dem Kirchenjahr, alles über sie bekannte in Kurzlegenden zusammen. Die Abfassung der später wegen ihres Wertes "Legenda aurea"

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Entstehung der Annenlegende

Jacobus de Voragine nebeneinander zu stehen: als Lesung für den Tag nativitas Mariae. Es ist zu fragen, ob diese Versatzstücke nun zu einer sich organisch entwickelnden Erzählung verbunden wurden. Eine als Annenlegende anzusprechende Bearbeitung läßt sich jedoch nicht feststellen. W i e die ersten Handschriften dieser Sammlung, so stellen noch die Drucke v o m Anfang des 16. Jahrhunderts die Erzählung von den Eltern Marias und einige Merksätze zur dreimaligen Heirat der Großmutter Christi unvermittelt nebeneinander. Schon 1282 lag eine Übersetzung der "Legenda aurea" in oberdeutscher Mundart vor; die sogenannte "Elsässische Legenda aurea" 54 . Auch hier erfolgte keine Bearbeitung in Richtung auf eine Annenlegende. E b e n s o w e n i g wurde in den i m Norden und Nordwesten umlaufenden Übersetzungen, der "Südmittelniederländischen" und der "Nordmittelniederländischen Legenda aurea" versucht, die Überlieferungsfragmente in einem Erzählzusammenhang miteinander zu verbinden. 5 5

genannten Sammlung fällt nach Konsens der Forschung in die erste Zeit seines Klosterlebens; als Terminus ante quem gilt das Jahr 1267. Die Sammlung hat in lateinkundigen Kreisen eine ungeheure und mit den anderen, später geschaffenen Heiligensummen nicht vergleichbare Verbreitung erfahren. Davon zeugen die über 1000 Handschriften und 97 Inkunabeln. Vgl. JACOBUS, WILLIAMS, a.a.O., S. XIII). - Edition: JACOBUS, GRAESSE, a.a.O., Cap. CXXXI ( = 1 2 6 . ) , S. 5 8 5 - 5 9 4 : De nativitate beatae Mariae virginis. - Übersetzung: JACOBUS de Voragine: Die Legenda aurea / übers, von R. BENZ. 4 . Aufl. Heidelberg, 1 9 6 3 , hier Marias Geburt: S. 7 3 2 - 7 3 6 . - Zur Rezeptionsgeschichte der "Legenda aurea" vgl. S.L. REAMES: The Legenda aurea; a reexamination of its paradoxical history. Madison, 1985. 5 4 Kritische Edition: JACOBUS, WILLIAMS, a.a.O., Nr. 1 3 1 , S. 5 7 2 - 5 7 8 (Mariä Geburt). Die "Elsässische Legenda aurea" ist das älteste volkssprachliche Prosalegendar überhaupt; sie war bis etwa 1450 das meistverbreitete Legendär im deutschen Südwesten und bei monastischer und laikaler Leserschaft gleichermaßen beliebt. A.a.O., S. XIV. Der Übersetzer ist unbekannt; man kann aus seiner guten Lateinkenntnis und seiner Vertrautheit mit klösterlichen Gepflogenheiten schließen, daß er Kleriker war. Einem Orden scheint er nicht angehört zu haben, weil in seiner Übersetzung kein für einen bestimmten Orden typischer Heiliger besonders hervorgehoben wird. Der Übersetzer hatte nicht die ursprüngliche "Legenda aurea", sondern eine in der Überlieferungsgeschichte in Hinblick auf Zahl und Auswahl der Heiligen modifizierte Sammlung mit den Legenden von 190 Heiligen, wohl aus dem bairisch-österreichischen Raum, vorliegen. Die klösterlichen Tradenten seiner Übersetzung erweiterten diesen Bestand, um ausreichend Material für collectio und lectio ad mensam zu haben. Die "Elsässische Legenda aurea" wurde auffallend häufig in Zusammenhang mit der Klosterreform am Anfang des 15. Jahrhunderts weiter verbreitet. Die reformierten Klöster führten das gemeinsame Mahl von Laienbrüdem und Klerikern ein, weshalb die Lesung während des Essens in der Volkssprache gehalten werden mußte. Gedruckt wurde dies Legendär nicht, da es in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zunehmend von der volkssprachlichen Sammlung "Der Heiligen Leben" (vgl.u. Anm. 56) verdrängt wurde. 5 5 Zu diesen Bearbeitungen vgl. WILLIAMS-KRAPP, LEGENDARE, a.a.O., S . 5 3 - 1 8 7 .

Überlieferungen zu den Eltern Marias und zum Trinubium Annas

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Das bedeutsamste volkssprachliche Legendär des Spätmittelalters ist die Sammlung "Der Heiligen Leben" 56 . In allen Handschriften und Drucken sind die beiden auf Anna bezüglichen Überlieferungen a u f g e n o m m e n - im Unterschied zu den in der Tradition der "Legenda aurea" stehenden Legendaren finden sie sich jedoch nicht z u m Tag 'Geburt Marias', sondern z u m Tag 'Empfängnis Marias'. Auch hier ist keine erzählerische Weiterentwickung in Richtung auf eine Biographie Annas erkennbar. Ein Blick in andere volkssprachliche Legendare aus d e m 14. und 15. Jahrhundert zeigt, daß sich hier ebenfalls keine Verschmelzung der Überlieferungen zu einer Annenlegende findet. Weder wachsen den bekannten Überlieferungen neue Motive zu, noch werden Elternfragment und Trinubiumsfragment erzählerisch miteinander vermittelt. 57 Zu fragen ist nun, ob die Prediger mehr Phantasie bewiesen haben. Die geprüften Sermones-de-sanctis-Sammlungen lassen - so ist das Ergebnis zusammenzufassen - e b e n s o w e n i g eine Weiterent-

56 "[D]ie verbreitungs- und wirkungsmäßig bedeutsamste volkssprachliche Legendensammlung des europäischen Mittelalters" (a.a.O., S. 188), auch "Prosa-" oder "Wenzelpassional" genannt, ist dies an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert entstandene Legendär. 197 Handschriften des 15. und 16. Jahrhundert, acht niederdeutsche und 33 oberdeutsche Drucke zwischen 1471 und 1521 sind belegt. Während Nürnberg als Entstehungsort der Handschrift in der Forschung nicht umstritten ist, weil der lokalgeschichtliche Bezug in einigen Legenden deutlich gegeben ist, hat erstmals WILLIAMS-KRAPP Indizien zusammengetragen, welche auf Autor und Absicht des Werks Rückschlüsse zulassen (LEGENDARE, a.a.O., S. 300): Demnach wurde es zwischen 1396 und 1410 von einem Nürnberger Dominikaner im Zuge der Reform des dortigen Katharinenklosters verfaßt. Dies Werk fand die meisten Leser in Laienkreisen, wurde Nachschlagewerk für Kunsthandwerker und Grundlage für einige Lieder der Meistersinger (a.a.O., S. 302). - Vgl.a. K. KUNZE: Der HEILIGEN LEBEN. In: VerLex, Bd. 3,2. Aufl., 1981, Sp. 617-625. - Vgl.a. ders: Der Heiligen Leben, REDAKTION. In: VerLex, B d . 3, 2. A u f l . , 1 9 8 1 , S p . 6 2 5 - 6 2 7 . - V g l . a . W . WILLIAMS-KRAPP: STUDIEN z u ' D e r H e i l i g e n L e b e n ' . In: Z D A 1 0 5 , 1 9 7 6 , S. 2 7 4 - 3 0 3 .

57 So ließ sich beispielsweise der Laie Hermann von Fritzlar 1343/49 eine Sammlung von Heiligenlegenden aus verschiedenen Quellen zusammenstellen. Edition: HERMANN von Fritslar, a.a.O. - Vgl.a. W. WERNER: HERMANN von Fritzlar. In: VerLex, Bd. 3, 2.Aufl., 1981, Sp. 1058f. - Wahrscheinlich ist dies Legendär von der Forschung überbewertet worden, weil es schon in der Frühzeit der Germanistik einen Herausgeber fand. Seine Bedeutung war im Spätmittelalter, der Zahl der überlieferten Handschriften nach zu urteilen, nicht allzu groß. Es wurde wohl, wie aus der Schrift hervorgeht, als Erbauungsbuch für Laien konzipiert. Beide Traditionen, die zur Geburt Marias und die zum Trinubium Annas, stehen auch hier unvermittelt nebeneinander. - Ein weiteres in einer neuzeitlichen Edition zugängliches Prosalegendar, hat ebenfalls keine Bedeutung für ein Zusammenwachsen der Traditionen. Vgl. Das ALTE PASSIONAL/hg. von K. A. Hahn. Frankfurt a.M., 1845. - E i n e Zusammenstellung deutschsprachiger Prosamarienleben mit Inhaltsangabe findet sich bei HILG, a.a.O., S. 395-435. Hilg weist an keiner Stelle daraufhin, daß Marienleben auch im Zusammenhang der Annenlegende tradiert wurden.

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Entstehung der Annenlegende

wicklung erkennen wie die Legendare. 58 Beide Traditionen werden beispielsweise in dem folgenden Text, der als Anregung für den Prediger gedacht war, in aller Kürze nebeneinandergestellt: "Anna habuit tres viros: [Primus eius vir fuit] sanctus Ioachim, de quo genuit Mariam, quam Ioseph nuptui dedit; secundus eius vir, Cleophas, de quo genuit aliam Mariam et eandem Alpheo tradidit; et ipsa quattuor filios genuit, videlicet Symonem et Judam, Iacobum minorem et iustum Ioseph; tertius (Bl. 153rb) // eius vir fuit Salomee, ex quo tertiam filiam Mariam genuit, et Zebedeo in coniugem [data] hec duos filios genuit, videlicet Iacobum maiorem et Iohannem evangelistam. Anna ex Bethlehem civitate et Ioachim vir eius ex Galilea, ci vitate Nazareth, fuit. Ambo iusti coram Domino. Facultatem suam trifarie divideba[n]t, unam [überflüssig: propter] templi servitoribus, aliam peregrinis et pauperibus, reliqua sibi reservabant. Per annos viginti ex coniugio prolem non hab[eb]ant. Votum vocant domino, si sobolem eis daret, quam [besser: quod] eius servicio manciparent. Ad templum venit, offere voluit, a sacerdote repellitur et confunditur."59 [Anna hatte drei Männer: Der erste Mann war der hl. Joachim, dem sie Maria gebar, die sie dem Josef zur Ehe gab; der zweite war Kleopas, dem sie eine zweite Maria gebar und dieselbe dem Alfäus [zur Gattin] gab, und diese gebar vier Söhne, nämlich Simon und Judas, Jakobus d.J. und Josef d. Gerechten. Ihr dritter Mann war Salomas, von dem sie eine dritte Tochter namens Maria empfing und Zebedäus zur Ehe gab; diese gebar zwei Söhne, nämlich Jakobus d.Ä. und Johannes d.E. Anna kam aus der Stadt Betlehem und ihr Mann Joachim kam aus Galiläa, aus der Stadt Nazaret. Beide waren gerecht vor Gott. Sie teilten ihre Habe in drei Teile, einen für die Diener des Tempels, einen für Wallfahrer und Arme, das Übrige behielten sie für sich. 20 Jahre lang haben sie kein Kind aus der Ehe. Sie geloben dem Herrn, wenn er ihnen einen Nachkommen gäbe, so wollten sie ihn seinem Dienst weihen. Als er zum Tempel kam, weil er opfern wollte, wurde er vom Priester zurückgewiesen und aus der Fassung gebracht.] Als Ergebnis dieses kurzen Überblicks zur Tradierung derjenigen Motive, die später zur Annenlegende zusammenwachsen sollten, ist festzuhalten, daß der literarische Bruch zwischen den Überlieferungssträngen nicht bewußt wurde. Die Prediger verhielten sich ebenso rezeptiv wie die Redaktoren und Abschreiber der Legendare, nicht kreativ. Sie entwickelten weder aus den beiden ihnen bekannten Überlieferungen eine Biographie der Heiligen, noch

58 Vgl. die Kapitel 4.1. Anm. 1 und Kapitel 2.4. Anm. 70 und Anm. 74f angegebenen Sermones zum Tag der Geburt Marias, zum Tag der Empfängnis Marias und zum Annentag. 59 Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 2907, Bl. 153rb-153va. Handschrift lt. Beschreibung aus dem 15. Jahrhundert; Anna hat ihren Platz zwischen Christoferus und Pantaleon. - Ähnliche Überlieferung: Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 4264, Bl. 188v.

Überlieferungen zu den Eltern Marias und zum Trinubium Annas

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steuerten sie neue Motive für eine Annenvita bei. In keiner der bisher genannten Quellen war von Annenmirakeln die Rede. Das dürfte sich erklären lassen mit Hinweis auf die Gelegenheiten, bei denen man auf Anna zu sprechen kam: an verschiedenen Marienfesttagen.60 Der Annentag wurde noch nicht liturgisch begangen. Das Nebeneinander zweier miteinander unvermittelter Traditionen, die nur das eine gemein hatten, daß sich beide an Anna, die Mutter Marias, knüpften, wurde erst nach 1480 in der Annenvita aufgehoben. Aus den Annenviten wanderten dann einzelne Motive zurück in die Legenden- und Sermonessammlungen.61 Nur in wenigen Texten wurden einzelne neue Szenen ausgebildet und mit den Überlieferungselementen 'Erzählung von der Geburt Marias' und 'Trinubium Annas' verknüpft. In einem geistlichen Schauspiel aus dem 15. Jahrhundert, dem "Ludus de creatione mundi", wird dargestellt, daß Joachim nach der Schmähung durch den Hohepriester zurück in sein Haus zu Betlehem ging, um sich von Anna zu verabschieden; nach der Rückkehr aus Ägypten traf die heilige Familie Anna in Nazaret. Dann wanderte die Großmutter mit Tochter, Schwiegersohn und Enkel nach Jerusalem, um der Darstellung Jesu im Tempel beizuwohnen.62 Manche Dichter fragten sich allerdings, warum Anna alle ihre drei Töchter Maria genannt hatte. Sie gaben die Antwort: Anna "west nicht, welche die was, die ir der engel verkündet hat"63.

60 Zudem kam man auch an den Festtagen anderer Mitglieder der hl. Sippe auf die hl. Anna und ihr Trinubium zu sprechen. Am Tag der Apostel Simon und Judas nehmen beispielsweise HERMANN von Fritslar (a.a.O., S. 227-229) und Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. **3608, Bl. 7vb und Hs. 4011, Bl. 15r-21r auf Anna Bezug; am Tag des hl. Servatius kommt die "Elsässische Legenda aurea" (JACOBUS, WILLIAMS, a.a.O., Nr. 73, S. 348354) auf Anna zu sprechen. 61 So wird in einer 1521 dem Abt des Klosters Mondsee, Leonard Schilling, dedizierten Legendensammlung zu Annas Festtag die Erzählung von ihren Eltern, Emerentia und Stollanus, wiedergegeben. Vgl. Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 3790, Bl. 130rf. 62 Vgl. K . BARTSCH: Über ein geistliches SCHAUSPIEL des XV. Jahrhunderts. In: Germania 3,1858, S. 267-297, bes. S. 271. 63 Universitätsbibliothek Heidelberg Pal. germ. 153, Bl. 283rb (Passionale Sanctorum, 1474). - Ähnlich äußert sich der Verfasser des Märterbuchs, der wohl im 14. Jahrhundert arbeitete; er erzählt einleitend zur Legende des Jakobus d.Ä. von den drei Töchtern Annas. Vgl. Das MÄRTERBUCH; die Klostemeuburger Handschrift 713 / hg. von E. Gierach. Berlin, 1928, DTM; 32, S. 115, Z. 5826. - Zum Verfasser vgl. WILLIAMS-KRAPP, LEGENDARE, a.a.O., S. 23f.

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Entstehung der Annenlegende

4.4. Ps.-Cyrill zu Annas Geburt und der Karmeliterorden Erst nach der Mitte des 15. Jahrhunderts dürfte die Annenvita entstanden sein durch die Verbindung der Überlieferung von den Eltern Marias und der Überlieferung vom Trinubium Annas mit einer pseudepigraphen Überlieferung zu Eltern und Geburt Annas. Vom Ende der achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts datieren zwei Drucke, in denen erstmals eine Annenlegende geboten wird. Die eine Annenlegende wurde von dem Zeelhemer Kartäuser Petrus Dorlandus64 auf Anregung und unter Mitarbeit des Dominikaners Dominicus van Gelre65 abgefaßt. 1489 erschien eine zweite, sehr viel kürzere Annenlegende als Anhang zu einem Speculum Rosarium.66 Zwei Jahre später erschien eine weitere Annenlegende; im Unterschied zu den beiden anderen, die in Latein abgefaßt waren, in frühniederländischer Sprache.67 Somit waren in weniger als fünf Jahren auf dem Buchmarkt drei Annenlegenden erschienen, die sich in Stil und Inhalt stark unterscheiden.68 In der Auskunft zu einer Frage stimmen alle drei Legenden überein: Sie geben an, von Annas Eltern - ihre Mutter nennen sie Emerentia beziehungsweise Emerentiana und ihren Vater Stollanus69 durch eine Schrift des Kirchenvaters Cyrill von Alexandrien zu wissen. Der Name Emerentia ist lateinischer Herkunft; eine römische Märtyrerin des 4. Jahrhunderts namens Emerentiana erfuhr an einzelnen Orten Verehrung70. Da sich ansonsten kein Cyrill-Text nachweisen läßt, der die Eltern Annas - ja auch nur Anna - nennen würde, ist davon auszugehen, daß es sich bei dem von den

64 Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter ca. 1487. Ich zitiere Dorlandus im folgenden immer nach dieser Ausgabe. Zu Person und Werk des Dorlandus vgl.u. Kapitel 5.1. Anm. 19. - Die mittels drucktechnischer Untersuchung gewonnene Datierung erlaubt keine Entscheidung darüber, ob dies die erste Annenlegende war. Sie ist literarisch abhängig von der möglicherweise erst später gedruckten Annenlegende eines Anonymus aus dem Kanmeliterorden (zur Begründung dieser These s.u.) bzw. von dessen handschriftlicher Vorlage. 65 Zu Person und Werk vgl.u. Kapitel 5.1.; zu seiner Mirakelsammlung vgl.u. Kapitel 4.5. und Kapitel 6.2. 66 Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter 1489. Zum Verfasser bzw. Redaktor s.u. Im folgenden wird diese Legende immer nach dieser Ausgabe zitiert. 67 Zu den beiden genannten Annenlegenden tritt als besonders frühe Annenlegende noch die des Utrechter Weltklerikers Jan van Denemarken. Zu Person und Werk vgl.u. Kapitel 4.5. Anm. 128. Beschreibung dieser Legende in Anhang 2.1. unter 1491a. 68 Vgl. zur Struktur der Annenlegenden Anhang 1.2. 69 Nach anderen Überlieferungen wird der Großvater Marias väterlicherseits Barpanther, der Urgroßvater Panther genannt. Vgl.Z.B. EGRANUS in der oben angegebenen Predigt zur Geburt Marias (Kapitel 4.2. Anm. 47). 70 Vgl. zur römischen Märtyrerin B. CIGNITTI u. F.N. Amoldi: Emerenziana. In: BSS, Bd. 4, [um 1964], Sp. 1 1 6 1 - 1 1 6 7 .

Ps.-Cyrill zu Annas Geburt und der Karmeliterorden

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Annologen wiedergegebenen Text um eine pseudepigraphe Schrift handelt.71 Cyrill von Alexandrien habe, so sagen diese Texte übereinstimmend, in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Konzil von Ephesus (auf welchem er als Vertreter einer an der Gleichursprünglichkeit der göttlichen und der menschlichen Natur in Jesus Christus orientierten Christologie dafür eintrat, Maria mit dem Titel Gottesgebärerin, theotokos, auszuzeichnen) einen Brief 2 (epistola) zur Abstammung Annas verfaßt. Wie das Elternfragment der Marienlegende, so hat auch hier die 'Mutterlegende' die Funktion, die Herkunft der Heiligen von tugendsamen Eltern, ihre gute Erziehung und die mit ihrer Geburt zusammenhängenden wunderbaren Umstände darzustellen. In den beiden frühneuzeitlichen lateinischen Legenden werden die Ausführungen zu Annas Geburt mit ausführlichen Bemerkungen zur Bedeutung Cyrills als 71 Vgl. zur Pseudepigraphie allgemein H . FUHRMANN: Die FÄLSCHUNGEN im Mittelalter. In: HZ 197, 1963, S. 529-554, sowie die angeschlossenen Diskussionsbeiträge, a.a.O., S. 555-601. - Vgl.a. zum Wahrheitsverständnis in der Hagiographie SCHREINER, WAHRHEITSVERSTÄNDNIS, a.a.O. - Vgl. zu zahlreichen Einzelaspekten die Aufsätze in: FÄLSCHUNGEN, a.a.O. 72 Ich konnte keine selbständige Überlieferung desselben feststellen. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit dem in der Chronik der Schriftsteller des Karmeliterordens Maturinus Clemens (Courtoys) zugeschriebenen Text "De ortu S. Annae", welcher mit den Worten "Nuper rogatus sum a fratribus" beginnen soll (vgl. GABRIEL, PARENTES, a.a.O., S. 147). Allerdings konnte ich weder feststellen, daß Maturinus Clemens eine Annenlegende verfaßt hat, noch mittels des Incipit den Text auffinden. - Gabriel stützt sich bei dieser Zuschreibung auf die Chronik der Schriftsteller des Karmeliterordens von Balaeus (British Library Hs. Harley 3838); dort fand ich dieselben Angaben wie bei GABRIEL und darüber hinaus allein den folgenden Hinweis: "Ms. asservatum in bibliotheca Carmelitarum Bituricensium" (Bourges). A.a.O., Bl. 230vf. Die Handschrift war mit Hilfe des "Catalogue Général des Manuscrits des Bibliothèques publiques de France" (Department IV. Paris, 1886, S. 1-92) nicht aufzufinden. Eine Anfrage an verschiedene Angehörige des Karmeliterordens und an das Titus-Brandsma-Institut in Nijmegen brachte keine weiteren Hinweise. In dieser Handschrift wird auch einem anderen Karmeliter namens Nikolaus Simonis aus Haarlem eine Annenlegende zugeschrieben, die mit den Worten "In Consilio ephesino" beginnen soll (a.a.O., Bl. 228r); mit eben diesen Worten soll auch eine von Arnold Bostius OCarm verfaßte Annenlegende beginnen (a.a.O., Bl. 223v). Die Angaben verdienen kein allzu großes Vertrauen, denn es findet sich nirgends sonst ein Hinweis darauf, daß Bostius (zu Person und Werk vgl.u. Anm. 80) eine Annenlegende verfaßt hat. - Ebensowenig hat der Haarlemer Karmeliter Simonis eine Annenlegende verfaßt. Sicher ist jedoch, daß ein Weltkleriker mit dem Namen Nikolaus SYMENS die Annenlegende des Wouter BOR übersetzte, bearbeitete und mit einem Vorwort versehen in den Druck brachte (vgl.u. Kapitel 4.5. Anm. 131 zu Person und Werte Bors und Kapitel 5.2. Anm. 88 zu Symens); durch fälschliche Identifizierung des Weltklerikers mit dem Haarlemer Karmeliter dürfte es zu dieser falschen Angabe in der Karmeliterhandschrift gekommen sein. - AXTERS nennt den um 1470 verstorbenen Karmeliter Thomas van Limburg als Verfasser einer Annenlegende; allerdings ohne weitere Hinweise und Quellenangaben (a.a.O., Bd. 3, S. 3480·

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Entstehung der Annenlegende

Mariologe eingeführt: bei Petrus Dorlandus und bei einem Anonymus, der wie später gezeigt wird - dem Karmeliterorden angehört haben dürfte. Dieser Anonymus bietet eine ältere Überlieferungsgestalt der Annenlegende wie auch insbesondere der Ausführungen zu Cyrill und zur Geburt Annas 73 , weshalb seine Darstellung im folgenden im Mittelpunkt der Untersuchung steht. Er leitet den Ps.-Cyrill-Brief mit Bemerkungen ein, welche die Bedeutung des Tradenten der Überlieferung zur Mutter Annas unterstreichen sollen: "[E]st advertendum, quod circa annos Domini quadringentos vigintiocto dominus Sixtus papa tercius contra Nestorium episcopum Constantinopolitanum hereticum concilium generale ducentorum patrum in Epheso celebravit. In quo beatus Cyrillus, doctor solemnis, dudum inhabitator montis Carmeli, etiam comparuit; qui contra eundem Nestorium libellum quendam quindecim capitulis distinctum composuit, in quo pluribus ocularis rationibus probavit, beatissimam virginem Mariam Dei filium genuisse et maledictioni Eve numquam subiacuisse. Unde in eodem concilio Nestorius tanquam hereticus reprobatus et condemnatus fuit [...]."74 [Man muß wissen, daß etwa im Jahr 428 der Herr Papst Sixtus III. gegen Nestorius, den häretischen Bischof von Konstantinopel, ein allgemeines Konzil mit 200 Vätem in Ephesus abhielt. Auf diesem war auch der selige Cyrill anwesend, ein gefeierter Lehrer, der längst auf dem Berge Karmel lebte; dieser verfaßte gegen denselben Nestorius ein Büchlein, das in 15 Abschnitte unterteilt ist, in dem er mit sehr vielen einleuchtenden Argumenten darlegte, daß die selige Jungfrau Maria den Gottessohn geboren hat, und daß sie niemals dem Fluch Evas unterworfen war. Und so wurde auf demselben Konzil Nestorius als Häretiker verworfen und verdammt.] Offenbar ist der Verfasser des Abschnittes bemüht, seinen Lesern deutlich zu machen, daß die Überlieferung zu den Eltern und zur Geburt Annas von höchster Zuverlässigkeit ist. Als Tradent wird deshalb ein bedeutender Vorkämpfer für die Mariologie gewählt. Es verwundert die Nachricht, daß dieser auf dem Karmel gelebt haben soll.75 Für die These, daß die Pseudepigraphie im

73 Dorlandus hat die ihm vorliegende Überlieferung gestrafft und geglättet. Er benutzt die jüngere Namensform Emerentiana. Dagegen wird die Mutter Annas, in dem ältesten datierten Text, der sie überhaupt erwähnt, in "De patronatu" des Karmeliters Arnold Bostius, als Emerentia bezeichnet (vgl.u. Anm. 87). - Der Weltkleriker Jan van Denemarken bietet eine deutlich spätere Fassung des pseudepigraphen Textes, die sich als Übersetzung einer lateinischen Vorlage erweist und zahlreiche Fehler enthält. Zu Person und Werk vgl.u. Kapitel 4.5. Anm. 128. 74 A.a.O., Bl. 183v. Beschreibung der Ausgabe in Anhang 2.1. unter 1489. 75 Schon JOHANNES von Hildesheim (gest. 1375) hat behauptet, daß Cyrill, bevor er Bischof wurde, auf dem Karmel lebte (Defensorium fratrum gloriosissimae Dei genitricis Mariae de Monte Carmelo per modum dialogi; auszugsweise Edition: SpecCarm, Bd. 1.2, S.

Ps.-Cyrill zu Annas Geburt und der Karmeliterorden

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Karmeliterorden entstand, sprechen die folgenden Beobachtungen und Überlegungen: In der Annenlegende des Anonymus findet sich eine lange Einleitung in den Ps.-Cyrill-Brief, die von der - fiktiven - Geschichte des Karmeliterordens handelt. Zweck des Abschnittes ist es, zwischen Cyrill, dem Karmel und den Prophetenjüngern einerseits, Emerentia, Anna, Maria und Jesus andererseits einen komplizierten Verweisungszusammenhang aufzubauen.76 Auf dem Konzil zu Ephesus sei der berühmte Verteidiger der Ehre der Jungfrau, Cyrill von Alexandrien, anwesend gewesen. Dieser habe zu jener Zeit schon als Karmelitermönch auf dem Karmel gelebt. So konnte sich der Karmeliterorden nicht nur mit einem berühmten Vorfahren schmücken, sondern präsentierte sich zugleich als schon in ältesten Zeiten mariologisch ausgerichtet. Auf demselben Konzil sei bestimmt worden, daß die Nachfolger der legendären Prophetenjünger Elia und Elisa vom Berge Karmel den Namen der Jungfrau tragen dürften. Die Begründer dieses Ordens seien nämlich aus demselben israelitischen Stamm wie Maria. Zu Ehren der jungfräulichen Gottesmutter hätten die Nachfolger Elias und Elisas schon zu deren Lebzeiten eine Kapelle auf dem Karmel errichtet. Später hätten dann zahlreiche Päpste den Ehrennamen der Karmeliter "Brüder unserer lieben Frau vom Berge Karmel" anerkannt und seine Verwendung mit Ablässen belohnt. Emerentia, die Mutter Annas, war nach Ps.-Cyrill geistliche Freundin der Vorläufer der Karmeliter. Sie sei gebürtig aus Betlehem, sei ungemein tugendsam gewandelt und habe Gott Jungfräulichkeit gelobt. Die frommen Prophetenjünger vom Berge Karmel habe sie häufig besucht. Ihre Eltern wollten sie verehelichen und in ihrer Gewissensnot habe sie sich an die frommen Männer gewendet, um durch sie den Willen Gottes in dieser Sache zu erfahren. Durch Vision und Audition tat Gott seinen Willen kund: Sie solle sich verehelichen, weil aus ihr die Mutter Gottes geboren werden sollte. Emerentia erwählte dann den frommen Stollanus zum Ehemann, weil er - im Unterschied zu seinen sechs Vorgängern, die sie zur Ehe begehrt hatten - nicht von fleischlicher Begierde getrieben wurde.77

1 4 5 - 1 5 9 , hier S . 1 5 3 , Nr. 6 8 6 ) . - Zur Geschichte des Karmeliterordens vgl. J. SMET OCarm: Die Kanneliten; eine Geschichte der Brüder U.L. Frau vom Berge Karmel. Bd. 1.: Von den Anfängen ca. 1200 bis zum Konzil von Trient. Freiburg i.Br., 1981. Zu Johannes vgl. hier bes. S . 9 8 . - Nach SMET findet sich diese Vorstellung auch bei John of Hisdin (a.a.O., S . 9 3 ) . Vgl.u. Anm. 82. - Ein Cyrill wird in den Ordenschroniken als dritter General genannt. 76 Vgl. die Edition der ältesten bekannten Fassung, die in der Annenlegende des anonymen Karmeliters überliefert wird, im Anhang 1.1. 77 Parallelen zur apokryphen Erzählung von Tobias, dessen Frau Sara ebenfalls sechs Freier abgewiesen hatte, sind offenbar. Zum Unterschied zwischen der spätmittelalterlichen Auffassung der apokryphen Erzählung und dem alttestamentlichen Verständnis vgl. K.

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Entstehung der Annenlegende

Die Vorfahren der Karmeliter waren nach dieser Legende die ersten, die den Willen Gottes bezüglich seiner Inkarnation erfuhren. Sie waren, obzwar noch im alten Bunde lebend, schon Zeugen für den neuen Bund Gottes mit den Menschen; sie allein kannten durch göttliche Offenbarung den Zeitpunkt und die Person, in welcher sich als erster der göttliche Heilswille Gestalt gab: die Urgroßmutter Jesu. Im ersten Teil der Annenlegende spielt der Karmel eine entscheidende Rolle. Der Rekurs auf die legendäre Emerentia ist Ausdruck des Bewußtseins spätmittelalterlicher Karmeliter, eine besondere Stellung unter den Bettelorden innezuhaben: Man konnte darauf verweisen, die Sippe Jesu im Fleische gekannt zu haben.78 Diese an der Annenlegende gewonnenen Vermutungen zur Entstehung des Ps.-Cyrill-Traktates lassen sich durch textexterne Beobachtungen erhärten: Im Jahre 1476 erlangten die "Brüder unserer lieben Frau vom Berge Karmel" von Papst Sixtus IV. die Erlaubnis, Elia und Elisa offiziell als Ordenspatrone anzunehmen und ihr Fest als fes tum semiduplex zu feiern. Der Papst erkannte damit die legendäre Abstammung als historisch an. Gleichzeitig erlaubte er den Karmelitern die liturgische Verehrung derjenigen Personen, die der Ordenslegende nach - wie etwa Cyrill von Alexandrien - auf dem Karmel gelebt hatten.79 Möglicherweise ist in der Anerkennung der Entstehungslegende des Ordens durch Sixtus IV. auch der Grund dafür zu sehen, daß der Namensvorgänger dieses Papstes, Papst Sixtus III., welcher keineswegs das Konzil zu Ephesus einberufen hat, mit diesem herausragenden Ereignis in Verbindung gebracht wurde. Zudem geben diese textexternen Beobachtungen einen Hinweis auf die mögliche Entstehungszeit dieser Überlieferung: um 1476. Dies Datum wird gestützt durch die Beobachtung, daß in den edierten Karmeliter-

KARTSCHOKE: Eine feine liebliche gottselige Comedie; Ehelehre in Tobias-Dramen des 16. Jahrhunderts. In: EHEGLÜCK und Liebesjoch; Bilder von Liebe, Ehe und Familie in der Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts/hg. von Maria E. Müller. Weinheim, 1988, S. 79-103. 78 Lt. ELM sind diese Versuche der Begründung der eigenen Historizität und der Herausstellung der Besonderheit des eigenen Ordens Reaktionen auf die sich verschärfende Konkurrenz zwischen den Bettelorden einerseits und die zunehmende Diskussion über deren Historizität andererseits. Rechtfertigungen des Historizitätsanspruchs erfolgten nach seinen Beobachtungen in verschiedenen literarischen Gattungen und in der Ikonographie (ELIAS, a.a.O., S. 391, S. 393 undS. 397; weitere Literatur zu diesem Problem ebd., Anm. 113).-Zur Bedeutung des Patronatswesens im individuellen und kollektiven Bewußtsein vgl.o. Kapitel 1.1. und Kapitel 3.6. - Zu fiktiven Stammesgründem und Ahnen vgl.o. Kapitel 4.2. Anm. 50. 79 Zu Cyrill in der Ordenslegende vgl.o. - Bostius rechnet nicht nur Elia, Elisa und Cyrill zu den Ahnen des Karmeliterordens, sondern ist sogar der Meinung, Johannes d.T. habe von den Karmelitern überhaupt erst das jungfräuliche Leben gelernt. Vgl. B. ZIMMERMAN: Les Carmes humanists (environ 1465 jusque 1525). In: ÉtCarm 20, 1935.11, S. 19-93, hier S. 37.

Ps.-Cyrill zu Annas Geburt und der Karmeliterorden

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quellen der Name Emerentia erstmals 1479 erwähnt wird, im Marienlob des Arnold Bostius.80 Schon in älteren Quellen aus dem Karmeliterorden wurde der Anspruch erhoben, daß die eigenen Vorläufer Maria und Jesus im Fleische gekannt hätten. Entsprechend heißt es in der vor 1325 aufgezeichneten Selbstdarstellung des Ordens, 30 nach Christus seien die Brüder nach Jerusalem übergesiedelt, um Christi Lehre zu hören und Zeugen seiner Wunder zu werden. Später hätten die Karmeliter in einem Haus an der goldenen Pforte gelebt und seien von den römischen Eroberern Jerusalems verschont worden.81 Zudem waren die Ordenshistoriker im Spätmittelalter davon überzeugt, daß Elia, der legendäre Gründer der Gemeinschaft, eine marianische Weissagung empfing, als er die Regenwolke über dem Meer aufsteigen sah (IReg 18,44). Diese Wolke habe hingedeutet auf die unbefleckte Empfängnis Marias.82 Im Zeitalter des Humanismus stieg das Interesse an der Ordenshistoriographie.83 Die Schriften von Arnold Bostius, Johannes Oudewater (Palaeonydorus)84 und die vom Karmel in Auftrag gegebenen Werke des Benediktiners Trithemius85 sind sprechender Ausdruckeines gesteigerten 'historischen' Selbstbewußtseins: Neben der Patronin Maria wurden nun auch Anna und Joachim86, Emerentia und Josef in ihrer leiblich-geschichtlichen Existenz für Freunde der legendär-historischen Prophetensöhne gehalten. In verschiedenen literarischen Zusammenhängen nahmen die Ordenshisto-

80 Zu Biographie und Werk vgl. E.R. CARROLL OCarm: The marian theology of Arnold Bostius O.Carm. ( 1 4 4 5 - 1 5 1 9 ) ; a study of his work 'Depatronatu [...]'. Diss. Rom, Gregoriana, 1 9 6 2 . - Neuere Zusammenstellung der Sekundärliteratur bei Christine JACKSON-HOLZBERG: Zwei Literaturgeschichten des Karmeliterordens; Untersuchungen und kritische Edition. Erlangen, 1981. - Zum Eingreifen des Bostius in den Streit zwischen Trithemius und Wirt vgl. o. Kapitel 2.3. Anm. 59. 81 Vgl. CHRONICON 'Qualiter et quomodo' de origine Ordinis Carmelitarum / hg. von Victor Roefs. In: AOCarm 13,1946-48, S. 70-74. 82 JOHANNES Jerosalymitanus nach SpecCarm, Bd. 1.2, Nr. 215. Ihm folgten die Schriftsteller des ausgehenden 15. Jahrhunderts. - Vgl. SMET, a.a.O., S. 93. Hier wird der Autor "John of Hisdin" genannt; biographische Angaben fehlen. - Zur Marienverehrung im Karmeliterorden vgl. C . CECCHELLI: Mater Christi. Bd. 2-4: La vita di Maria nella storia, nella leggenda, nella commemorazione liturgica. Rom, 1948-1954. 83 Zum Humanismus im Karmeliterorden vgl. ZIMMERMAN, a.a.O. 84 Zusammenstellung der neueren Sekundärliteratur zu Person und Werk bei JACKSONHOLZBERG, a.a.O., S. 2 2 - 2 9 . 85 Vgl. zur Auftragsschrift für den Frankfurter Karmel Kapitel 3.2.; zu Person und Werk des Trithemius vgl.u. Kapitel 5.1. 86 Zur Förderung der Verehrung der Angehörigen der Sippe Jesu durch Humanisten aus dem Kanneliterorden vgl. SMET, a.a.O., S. 217f. Vgl.a. Kapitel 5.1.

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Entstehung der Annenlegende

riographen auf den Ps.-Cyrill-Traktat Bezug: So referiert Bostius dessen Inhalt mit folgenden Worten: "Quae et in civitate Sephora non longe a mellifluo monte Calmeli oriunda, compluries, haud dubium, devotione praecipua Carmelicolas visitavit; praesertim cum, teste Cyrillo Alexandrino, mater eius Emerentia eum locum mira semper affectione dilexerit"87. [Sie [Anna], die auch in der Stadt Sephora, nicht weit von dem lieblichen Berg Karmel geboren werden sollte, besuchte zweifellos mehrfach bei ihrer ausgezeichneten Frömmigkeit die Bewohner des Karmel, zumal weil, wie Cyrill von Alexandrien bezeugt hat, ihre Mutter Emerentia diesen Ort immer mit außerordentlicher Neigung hochschätzte.] Dies ist die älteste Erwähnung der Überlieferung zu Emerentia, womit ein terminus ante quem für die Entstehung der Pseudepigraphie gewonnen ist: das Jahr 1479. Johannes Oudewater berichtet ähnlich in der erst zwanzig Jahre später gedruckten Ordenschronik "Fasciculus tripartitus": "Scribit etiam Beatus Cyrillus, patriarcha Alexandrinus, in libro de ortu Beatissimae Mariae Virginis, quem post habitum Concilium Ephesinum misit Çaelestino Papae primo, quomodo ante Christi nativitatem Virgo Emerentiana Deo devotissima, ex civitate Bethleem, frequenter consuevit cum sua Genitrice viros sanctos in monte Carmeli visitare: quae licet animo suo continentiam conservare statuerit, tarnen parentum volúntate, et Divina postmodum revelatione, ac ordinatione, ex Consilio Carmelitici montis tunc Eremitarum, Dei oraculum consulentium, Stollano viro devoto fuit matrimonio juncta. Post haec peperit sanctissimam Annam J j"88

[Auch der selige Cyrill, Patriarch von Alexandrien, schrieb in dem Buch über die Geburt der hochseligen Jungfrau Maria, das er nach dem dem Konzil zu Ephesus an Papst Coelestin I. sandte, wie vor Christi Geburt die Jungfrau Emeren87 Aus dem II. Buch von "De patronatu et patrocinio beatìssimae Virginis Mariae indicatum sibi Carmeli Ordinem" aus dem Jahre 1479 (zitiert nach: SpecCarm, Bd. 1.2, S. 3 7 5 , Nr. 1 5 2 2 - S . 4 3 1 , Nr. 1 7 0 5 , hierS. 4 2 7 , Nr. 1 6 9 4 ) . Aus derTatsache, daß Bostius schon im Jahre 1479 angibt, einiges zu Annas Mutter Emerentia aus einem Schreiben Cyrills zu kennen, kann geschlossen werden, daß es eine handschriftliche Verbreitung des Ps.-CyrillTraktates vor den frühesten Annenlegenden (frühester Druck etwa 1487) gegeben haben muß. Zum zweiten folgt daraus, daß Emerentia eine ältere Namensform als Emerentiana ist. Vgl. o. Anm. 7 3 . - B. XIBERTA OCarm schreibt einem gewissen John of Hisdin einen Traktat zu, worin Cyrill als Verteidiger der Ehre der Jungfrau gegen Nestorius auftrete (De visione Sancti Simonis Stock. Rom, 1950, S. 174 u. S. 298). Dieser John of Hisdin wird in den älteren Ordensgeschichten nicht erwähnt. Vgl. o. Anm. 75 und Anm. 82. 88 "Fasciculus tripartitus historiarum prophetici et Eliani ordinis beatìssimae virginis Mariae de monte Carmeli", zitiert nach SpecCarm, Bd. 1.1, S. 220, Nr. 932 - S. 273, Nr. 1128, hier S. 229, Nr. 958. - Erster Druck im Jahre 1497; bibliographische Beschreibung H 12270.

Ps.-Cyrill zu Annas Geburt und der Karmeliterorden

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tiana aus der Stadt Betlehem, Gott gegenüber sehr fromm, häufig mit ihrer Mutter die heiligen Männer auf dem Berg Karmel zu besuchen pflegte; diese hatte sich zwar im Geist vorgenommen, Keuschheit zu bewahren; dennoch wurde sie entsprechend dem Wunsch der Eltern und hernach durch eine göttliche Offenbarung und Anordnung, nach Rat der Karmeliter, der damaligen Eremiten des Berges Karmel, die das Orakel Gottes befragten, dem frommen Stollanus in der Ehe verbunden.] Hier wird die Mutter Annas Emerentiana genannt, und der Papst heißt, entsprechend der historischen Realität, Coelestin. Auch die Untersuchung der Annenbruderschaften ergab, daß der Karmeliterorden eine große Bedeutung für die Annenverehrung hatte. Besonders in seiner niederdeutschen Provinz war die Annenverehrung verbreitet. Dazu paßt, daß in einer gewissen geographischen Nähe erstmals die ausgeführte Annenlegende mitsamt dem pseudepigraphen Brief belegt werden kann. Im Frankfurter Karmel sind die literarischen Traditionen des niederdeutschen Raumes aufgegriffen und weiter verbreitet worden. Das bezeugt der Hügelaltar, den die Frankfurter Annenbruderschaft anfertigen ließ. Auf ihm wurde nicht nur Emerentia abgebildet, wie sie durch Vermittlung der Prophetensöhne den göttlichen Willen bezüglich ihrer Eheschließung erfährt, sondern auch Anna, die ihre Familie den Brüdern vom Berge Karmel, den Vorläufern der Karmeliter, vorstellt.89 Auch Elia, Elisa und Cyrill sind auf den Altartafeln dargestellt.90 Die späteren Redaktoren der Annenvita überliefern nur einen gekürzten Text. Sie strichen aus der Emerentiaerzählung die irgend verzichtbaren Hinweise auf den Karmeliterorden; die zentralen Aussagen des Textes zu Annas Mutter Emerentia finden sich jedoch in sämtlichen Annenlegenden - abgesehen von einer italienischen "Vita Annae" und einem französischen Marienleben91. In den folgenden Jahren konnte die Überlieferung in Predigten und "Legendensammlungen einwandern. Auf Annas Mutter Emerentia wird später sogar in den Dichtungen verschiedener Humanisten Bezug genommen.92

89 Mehr zu dieser Überlieferung vgl.u. Kapitel 6.1. 90 Vgl.o. Kapitel 3.2. 91 Vgl.u. Kapitel 5. Anm. 6. 92 Beispielsweise übernahmen folgende Humanisten Motive aus der Erzählung von der Geburt Annas und ihrer Mutter Emerentia: Johannes Trithemius, Georg Sibutus und Helius Eobanus Hessus. Beschreibungen vgl. im Anhang 2.1. unter 1494a, 1505d, 1514.

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Entstehung der Annenlegende

4.5. Entstehung und Überlieferung der Annenmirakel Sämtlichen Annenlegenden aus dem deutsch-niederländischen Raum wurden Mirakelsammlungen beigegeben.93 Die Überlieferungsgeschichte dieser Annenmirakel hat sich weit weniger kompliziert gestaltet als die Entstehungsgeschichte der Annenvita. Die meisten Wundererzählungen scheinen für die Veröffentlichung im Mirakelteil einer Annenlegende aufgezeichnet worden zu sein. Sie sind zumeist nach altbekannten literarischen Vorbildern gestaltet.94 Die Hagiographen ließen sich in ihren Anleihen bei der hagiographischen Tradition nämlich weniger von eigener Willkür leiten als vielmehr vom "Zwang des Typus"95. Wollte man der Verehrung des Gläubigen einen neuen Heiligen anempfehlen, so mußte man von diesem Wundertaten im Range jener erwarten können, die von anderen Heiligen schon vollbracht worden waren. Ein Beispiel: der Jüngling von Doch fiel von einem Gerüst, als er das Bild der Anna selbdritt an einen Kirchturm malen wollte - er wurde in Annas gemaltem Mantel aufgefangen. Eine ähnliche Szene findet sich unter den Marienmirakeln.96 Wenn es von der hl. Anna hieß, daß sie sogar das erfüllt, was ihre Tochter ablehnte - und sei es nur aus pädagogischen Gründen, um ihre Mutter ins rechte Licht zu setzen97 - , so verwundert es nicht, daß Anna bekannte Marienmirakel zugeschrieben wurden. Typisch für spätmittelalterliche Mirakelsammlungen ist, daß in weitschweifiger Breite ein komplexer Geschehens- und Interaktionszusammenhang zwischen dem Heiligen und dem Verehrer entworfen wird. Entsprechend weisen die Mirakel komplizierte narrative Strukturen auf. Das Schicksal eines ganzen Menschenlebens wird in diesen Mirakeln berichtet: Sie bieten die Biographien treuer Annenverehrer. Anna half ihnen nicht nur in einer bestimmten ausweglosen Situation oder Lebensphase, sondern von der Jugend bis zum Tod. Es handelt sich also zumeist um Mirakel-

93 Eine Tabelle zur Überlieferung der Annenmirakel findet sich im Anhang 2.2. Zur Aussage der Annenmirakel vgl. Kapitel 6.2. 94 Mirakelliteratur war im Spätmittelalter weit verbreitet. Besonders zahlreich sind Sammlungen von Marienmirakeln. Vgl. aus der reichen Sekundärliteratur beispielsweise C.G.N. de VOOYS: Middelnederlandse Marialegenden vanwege de maatschappij der nederlandsche letterkunde. T. 1-2. Leiden, o.J. - Vgl.a. P.-M. SPANGENBERG: Maria ist immer und überall; die Alltagswelten des spätmittelalterlichen Mirakels. Frankfurt a.M., 1987. Zgl. Diss. Siegen. 95 H. GÜNTER: Die christliche Legende des ABENDLANDCS. Heidelberg, 1910. (RWB; 2), S. 177. 96 MARIENLEGENDEN; Dichtungen des 13. Jahrhunderts / hg. von F. Pfeiffer. Wien, 1863, Nr. 16, S. 110-113. Hier fangt Maria den Maler, indem sie ihre Hand aus der Leinwand streckt. 97 Vgl. zu diesem Gedanken Kapitel 5.3.

Entstehung und Überlieferung der Annenmirakel

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kränze, die aus zahlreichen Einzelszenen bestehen. Während sich für die meisten dieser Szenen Parallelen 98 in der hagiographischen Literatur finden lassen dürften, läßt sich dagegen nur selten literarische Abhängigkeit feststellen. Trotz dieser grundlegenden Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die Mirakel, w e l c h e die Autoren der verschiedenen Annenlegenden bieten, stark in ihrer j e w e i l i g e n Botschaft an die Leser." In der wohl frühesten Annenlegende, der des anonymen Karmeliters 100 , die i m "Speculum Rosarium" 101 abgedruckt wurde, werden nur z w e i Mirakel berichtet: z w e i Jünglinge erlangen nach vielen Wirren und Enttäuschungen große Güter und gesellschaftliches Ansehen; der eine wird Ratsherr, der andere Erzbischof. Es könnte sein, daß der anonyme Karmeliter nicht als Autor dieser Mirakel anzusehen ist, sondern daß er sie schon in der literarischen Überlieferung vorfand. Er gibt nämlich an, das Mirakel von d e m Jüngling, der Ratsherr wird (im folgenden immer als Der Jüngling von D o c h bezeichnet) nach einer von i h m nicht näher beschriebenen literarischen Quelle zu bieten: "Legitur namque de quodam iuvene nobili annorum circitur viginti [,..]" 102 . [Man liest nämlich von einem etwa zwanzigjährigen edlem Jüngling...].

98 Einige Parallelen werden von G. Eis (Der Jüngling von Doch; eine altdeutsche Annenlegende aus Ungarn [nach dem Wiener Codex 15101, mit Textabdr.] In: Monumentum Bambergense; FS B. Kraft. München, 1955, Bamberger Abhandlungen und Forschungen; 3, S. 378-394; Textabdr. S. 391-393) genannt. - Lt. P. ASSION beerbten die Annenmirakel die Katharinenmirakel, "so daß man [...] fast davon sprechen könnte, daß die hl. Anna nach und nach an die Stelle der frühchristlichen Märtyrerin trat" (Die Mirakel der Hl. KATHARINA von Alexandrien; Untersuchungen und Texte zur Entstehung und Nachwirkung mittelalterlicher Wunderliteratur. Diss. Heidelberg, 1969, S. 405). Das ist zwar ein überzogenes Urteil, weil die Katharinenmirakel selbst nur ältere Mirakelsammlungen und häufig gerade die Marienmirakel motivisch beerbten, ist aber in der Tendenz richtig. 99 Ich zitiere die Annenmirakel soweit möglich nach der Edition in den ActaSS, a.a.O., S. 259-297. Dort werden die Annenmirakel nach einer Handschrift aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln Hs. G.B. 4° Nr. 197 geboten. In dieser Handschrift - und entsprechend in den ActaSS - finden sich die Annenmirakel im Anhang zu einer Annenvita. Mirakel und Vita werden beide dem Kartäuser Petrus Dorlandus (zu Person und Werk vgl. Kapitel 5.1. Anm. 19) zugeschrieben. Der Vergleich von Dorlandus, ActaSS und der Kölner Handschrift ergibt, daß die Handschrift der Inkunabel folgt (vgl. z.B. den Beginn von Kapitel 14). Zudem sind in der Handschrift und entsprechend in den ActaSS einige Mirakel aufgenommen, die sich nicht in der von dem Kartäuser veröffentlichten Inkunabel finden (vgl. Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter ca. 1487; Kapitelüberschriften in Anhang 1.2.), sondern aus später veröffentlichten Annenlegenden stammen. Deshalb wird - auch wenn ein Mirakel nach der Ausgabe in den ActaSS zitiert wird - seine Herkunft immer eigens angegeben. 100 Zur Begründung des Alters vgl.o. Kapitel 4.4. 101 Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1489. 102 A.a.O., Bl. 192r.

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Entstehung der Annenlegende

Herkunftsort und Lebensdaten des Jünglings werden in dieser Fassung nicht genannt. In dieser wunderbaren Biographie erzählte der anonyme Karmeliter, wie ein verarmter, elternloser Jüngling, der als Pilger in die Fremde ziehen mußte, von dem Pilgerpatron Jakobus d.Ä., dem Enkel Annas, in die Annenverehrung eingewiesen wurde. Durch seine Patronin wurde der Jüngling in allerlei Widrigkeiten bewahrt, und zu guter Letzt durfte er als reicher und angesehener Ratsherr in seiner Heimatstadt sterben. Da dies Mirakel die Formen der Devotion gegenüber Anna vorstellt, ist zu erwägen, ob der anonyme Karmeliter das "legitur" möglicherweise deshalb eingeführt hat, weil es seiner Erzählung größeres Gewicht verleihen und der Annenverehrung den Anschein der Neuartigkeit nehmen konnte. Dies Mirakel begründet die Formen der Annenverehrung nämlich gewissermaßen historisch. Der Jüngling von Doch malte Anna selbdritt an Kirchtürme, stiftete drei Wachslichter zu Ehren der Heiligen und feierte den Dienstag als Ehrentag Annas, nachdem er von ihrem Enkel Jakobus d.Ä. darüber belehrt worden war, daß der Dienstag Anna besonders lieb sei. Diese Überlegung wird gestützt durch die Beobachtung, daß keine handschriftliche Überlieferung des Mirakels aufgefunden werden konnte, die eine ältere Gestalt als die Druckfassung bietet.103 Auch das zweite Mirakel, das der anonyme Karmeliter bietet, Erzbischof Prokopius, wurde nach bekannten hagiographischen Mustern gestaltet: Prokopius, ein Prager Jurastudent, schickte sich, nachdem ihm zwei Bräute gestorben waren, in die Ehelosigkeit und zog sich in die Einsamkeit zurück. Auch er wurde in allerlei Widerfahrnissen bewahrt und starb als bedeutender Bischof. Beide Mirakel finden sich in sämtlichen Sammlungen von Annenmirakeln der folgenden Jahrzehnte - abgesehen von Jan van Denemarken, der aus später näher zu erläuternden Gründen das Mirakel vom Jüngling von Doch nicht bietet.104

103 Dafür, daß "legitur" sich literarischer Fiktion verdankt, spricht weiterhin, daß auch andere Autoren ihre Annenmirakel nachträglich historisiert haben durch Einfügung fiktiver Angaben zu Zeit, Ort, Protagonisten und Zeugen der Mirakel. Diese Historisierung entsprach dem Geschmack der Zeit. Das zeigt sich unter anderem daran, daß sich in diesen Jahren der moderne Gebrauch des Terminus historia einbürgerte. Vgl.a. Kapitel 2.4. Anm. 81. - Vgl. zum geistesgeschichtlichen Zusammenhang H . BLUMENBERG: Der Prozeß der theoretischen Neugierde. Frankfurt a.M., 1973, S. 65. - Vgl.a. Jan-Diik M Ü L L E R : 'CURIOSITAS' und 'erfarung' der Welt im frühen deutschen Prosaroman. In: LITERATUR, a.a.O., S. 252-273. - H.A. OBERMAN hat allerdings gezeigt, daß die sogenannte neuzeitliche curiositas als vana curiositas schon von altkirchlichen und mittelalterlichen Autoren kritisiert wurde (Contra vanam curiositatem; ein Kapitel der Theologie zwischen Seelenwinkel und Weltall. Zürich, 1974, ThSt; 113). 104 Vgl. zu Person und Werk Anm. 128.

Entstehung und Überlieferung der Annenmirakel

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Der Kartäuser Petrus Dorlandus105 überliefert die beiden Mirakel, die sich bei dem anonymen Karmeliter fanden, sowie achtzehn weitere Wundererzählungen. Die Fassungen der beiden Mirakel im "Speculum": 'Der Jüngling von Doch' und 'Erzbischof Prokopius' bieten eine ältere Überlieferungsgestalt als die des Dorlandus. Der Text, den der anonyme Karmeliter bietet, ist nämlich nicht nur die lectio brevior, sondern auch weniger durchreflektiert in vielen Einzelzügen.106 Zudem hat Dorlandus seine Vorlage rhetorisch verbessert und historisiert. Nach seiner Darstellung begab sich beispielsweise die Geschichte vom Jüngling von Doch im Jahre 1062 in Ungarn.107 Das Mirakel vom Erzbischof Prokopius hat Dorlandus in derselben Weise bearbeitet: Der einzige über rhetorische Verbesserungen hinausgehende Eingriff des Kartäusers in seine Vorlage spiegelt sein Interesse an den Sitten und Gebräuchen der Einwohner fremder Länder: So fand der spätere Erzbischof, als er nach einem Brunnen grub, einen wertvollen Schatz. Diesen erklärte Dorlandus als Grabbeigabe für einen König - es sei nämlich bei den Türken Sitte, die toten Könige und Fürsten in ihren reich mit Gold und Edelsteinen verzierten Prachtgewändern zu bestatten.108 Auch andere Mirakel konnte Dorlandus der literarischen Tradition entnehmen: Das Mirakel von der Bestrafung einer unwilligen Verehrerin der hl. Anna 105 Zu Person und Werk vgl. Kapitel 5.1. Anm. 19. 106 Hier nur ein Beispiel, das die Redaktion des Dorlandus deutlich macht: Der anonyme Tradent fragt nicht, warum und wie Gott den Jüngling aller seiner Güter verlustig gehen ließ; Dorlandus berichtet dagegen von einem von Gott verursachten Aufstand der vier Elemente wider den Jüngling, als Strafe dafür, daß dieser gepraßt habe und also in Sünde gefallen sei. Der Kartäuser bietet dadurch eine dramatisierte, deshalb wohl spätere Überlieferungsgestalt des Mirakels. Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 2, Sp. 261b. - Da der Karmeliter angibt, das Mirakel einer literarischen Quelle entnommen zu haben, erhebt sich die Frage, ob diese aufgefunden werden kann. Nach Meinung des Germanisten Eis liegt die älteste Fassung dieses Mirakels in einer Handschrift aus dem Zipser Deutschtum vor, in dieser Region sei die Überlieferung auch entstanden (a.a.O., Textabdr. S. 391-394). - Das ist prüfungsbedürftig. Eis hat nur auf die handschriftliche Tradierung dieses Mirakels gesehen, die gedruckte Überlieferung jedoch nicht in den Blick genommen. Da die Handschrift keine genaue Datierung erlaubt (kurz vor 1500 nach Eis), ist zu erwägen, ob die Handschrift nicht möglicherweise einem Druck folgt. Die Prüfung ergibt, daß die Handschrift einen Text bietet, der dem bei Dorlandus überlieferten lateinischen Text viel näher steht als der im "Speculum Rosarium" tradierten, älteren Fassung. Sie bietet also eine jüngere Fassung. Der lateinische Text, den Dorlandus bietet, ist unter die möglichen Vorlagen der zipserdeutschen Fassung zu rechnen. Eine direkte literarische Abhängigkeit der zipserdeutschen Fassung von Dorlandus läßt sich allerdings nicht feststellen. Als Ergebnis der Recherchen ist also festzuhalten: Der deutschstämmige Ungar hat sicher nicht - wie Eis meinte - die erste Fassung des Mirakels des Jünglings von Doch aufgezeichnet. 107 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 2, Sp. 261b. - Vgl.a. Anm. 103. 108 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 14, Sp. 264b.

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Entstehung der Annenlegende

- es handelt sich um die Heilige Coletta von Corbie109, deren Namen Dorlandus allerdings nicht nennt - berichtet, daß die Heilige erst durch eine Selbstoffenbarung Annas in ihrem jungfräulichen Hochmut beschämt und zur Annenverehrung getrieben werden mußte110. Es handelt sich hier zwar eher um eine Vision als um ein Mirakel, aber die Abgrenzung literarischer Gattungen war den Hagiographen fremd.111 Ein zweites Mirakel konnte Dorlandus ebenfalls in der Vita der Erneuerin des Klarissenordens finden: Coletta sah, wie zahlreiche Himmlische zu Annas Ehren Goldmünzen in einen Topf gaben - das sei ein Beispiel für die Irdischen.112 In der hagiographischen Literatur fand er das Mirakel von der Rettung des Bischofs Hugo von Vieh113 vor, der sich mit vielen anderen Menschen auf der Überfahrt von Slusa in Flandern nach England befand. Am Abend traten extreme Windstille und Nebel auf, so daß Kapitän und Mannschaft orientierungslos waren. Alle wandten sich an ihre Patrone; aber nur Anna war mächtig, Hilfe zu bringen. Jan van Denemarken (für dessen Annenlegende Dorlandus die Vorlage abgab) versicherte, ein Altargemälde in Slusa gesehen zu haben, auf dem das Wunder abgebildet sei. Eine Vision der Heiligen Birgitta von Schweden114 konnte ebenfalls deren Vita entnommen werden.115 Zu diesen Mirakeln kommt noch die Heilung des Rudolf Agricola,

109 Zu Person und Werk der Heiligen vgl. F. CARAFFA: Coletta di Corbie. In: BSS, Bd. 4, [um 1964], Sp. 76-82. 110 ActaSS, a.a.O., Nr. 18-20, Sp.265bf. - Eine ähnliche Überlieferung dieses Mirakels findet sich in der Vita der hl. Coletta. Vgl. ActaSS, Martii Bd. 1,1667 (Repr. 1966), 6. März, Sp. 532a-627b; hier Nr. 68, Sp. 556. - Im Mittelpunkt dieses Strafmirakels steht eine Vision; auch in anderen Mirakeln spielen Visionen, in denen Anna allein oder zusammen mit ihrer Tochter erscheint, eine Rolle. Zur Struktur von Visionen allgemein vgl. P . DINZELBACHER: VISION und Visionsliteratur im Mittelalter. Stuttgart, 1981. (MGMA; 23), mit umfassender Bibliographie. 111 Vgl.u. Kapitel 6.2. 112 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 27, Sp. 267b. 113 Vgl. a.a.O., Nr. 24-26, Sp. 266bf. - Vgl. M A G N A VITA S. Hugonis Episcopi Lincolniensis; from mss. in the Bodleian Library, Oxford, and the Imperial Library, Paris / ed. by J.F. Dimock. London, 1864, S. 328. 1 1 4 Zu Biographie und Werk vgl. I. CECCHETTI u.a.: Brigida di Svezia. In: BSS, Bd. 3 , [um 1963], Sp. 439-533.

115 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 28, Sp. 267bf. - BIRGITTA von Schweden: Revelationes celestes. Nürnberg: Johann Koberger, 15. Nov. 1517, lib. 6, cap. 104, Bl. 126va: Der Sakristan des Klosters S. Paulus extra muros Romae schenkte der Witwe eine Reliquie der Heiligen; Birgitta wußte nicht, wie sie diese ehren sollte. Da erschien ihr Anna und lehrte sie das Gebet. Während es in den "Revelationes" Birgittas heißt, daß die Heilige der Annenverehrung gegenüber unsicher gewesen sei, unterdrückt Dorlandus jeden Hinweis darauf und bietet nur das Gebet, das Anna als besondere Patronin der Eheleute vorstellt. Vgl.u. Kapitel 6.2.

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welche Petrus Dorlandus aus dem Gedicht des Humanisten, "Anna mater"116, bekannt war. Auch die Geschichte von der Rettung des Ludovicus de Bourbon könnte aus literarischer Überlieferung stammen, denn sie verrät Lokalkolorit.117 Ein weiteres Mirakel leitet Dorlandus mit "legi nuper apud quendam theutonicum scriptorem"118 ein: Einer jungen Frau war, noch bevor sie 18 Jahre alt war, schon der dritte Mann gestorben; unter Hinweis auf die drei Ehen der hl. Anna weigerte sie sich, sich nochmals zu verehelichen, was ihr einige Schwierigkeiten mit Männern einbrachte, die sie begehrten. Der Kartäuser Dorlandus hat mit diesen Anleihen in der hagiographischen und humanistischen Literatur den außergewöhnlichen Grad seiner Bildung deutlich gemacht. Diese erklärt sich ein Stück weit daraus, daß in den Klöstern seines Ordens die Schriftstellerei besonders gepflegt wurde.119 Weitere Mirakel für seine Annenlegende hat Dorlandus von dem Dominikaner Dominicus van Gelre erhalten. Diese Mirakel unterscheiden sich in literarischer und sachlicher Hinsicht von den übrigen Mirakeln. Der Klosterreformator Dominicus hat zur Annenlegende seines Freundes sieben Mirakel beigesteuert120, für deren Historizität er sich persönlich verbürgte. Diese Mirakel sind Ausdruck der theologisch-kirchlichen Identität des Dominikaners. Sie heben sich unter den übrigen dadurch heraus, daß sie betonen, "hec nostra tempora" geschehen zu sein.121 Dominicus kommentiert die von ihm zur Annenlegende

116 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 75, Sp. 278b. Zu Person und Werk vgl. Kapitel 5.1. Beschreibung der Erstausgabe des Gedichts im Anhang 2.1. unter 1484. 117 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 72-74, Sp. 278af. Die Quelle war nicht festzustellen; die Person ist historisch nicht greifbar. 118 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 43-46, Sp. 272af, hier zitiert Nr. 43, Sp. 272a. Welchen deutschen Hagiographen Dorlandus meinte, konnte nicht festgestellt werden. Möglicherweise handelt es sich auch hier um nachträgliche Historisierung. 119 Zur hagiographischen Produktion von Angehörigen des Kartäuserordens vgl. W.D. SEXAUER: Frühneuhochdeutsche Schriften in Kartäuserbibliotheken; Untersuchungen zur Pflege der volkssprachlichen Literatur in den Kartäuserklöstem des oberdeutschen Raums bis zum Einsetzen der Reformation. Frankfurt a.M., 1978. (Europäische Hochschulschriften I; 247) Zgl. Diss. Heidelberg, 1974, mit weiterführender Literatur. - Vgl.a. M . BERNARDS: Zur KARTÄUSERTHEOLOGIE des 16. Jahrhunderts. In: V O N KONSTANZ, a.a.O., S. 447-479. 120 Zu Person und Werk vgl.u. Kapitel 5.1. Anm. 20. 121 A M P E (DORLANDUS, a.a.O., S. 33) meint, daß allein Nr. 12-15 (in der Zählung des Dorlandus, vgl.u. Anhang 1.2.) dem Dominikaner Dominicus van Gelre zugeschrieben werden müssen. M.E. gibt es aber keinen Grund, diejenigen Mirakel, die von der Einführung der Observanz in Frauenklöstem handeln, nicht auch ihm zuzuschreiben. Bekanntlich war van Gelre als Klosterreformator tätig. Für diese These spricht weitertiin, daß die Mirakel angeben, zur Zeit des Autors und in geographischer Nähe zu den Orten, an denen Dominicus sich aufhielt, geschehen zu sein. Damit ergibt sich ein geschlossener Einschub von Mirakel Nr. 1015 (entspricht ActaSS, a.a.O., Nr. 31-37, Sp. 268b-270a).

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des Dorlandus beigesteuerten Mirakel und fügt, sofern er aus einer vagen Erinnerung zu berichten angibt, einleitend die Wendung ut puto hinzu. Es ging Dominicus van Gelre darum, mittels der von ihm in Erfahrung gebrachten oder am eigenen Leibe erfahrenen Mirakel den Nutzen, den es für Religiose und Laien bringt, sich unter Annas Patronat zu begeben, darzustellen und den Leser aufzufordern, sich ebenfalls zur Devotion gegenüber Anna zu entschließen. Daneben mag es auch sein, daß er Werbung für eine Annenreliquie, die sich im Kölner Kloster seines Ordens befand122, machen wollte: Eine gewisse Gertrud wurde vom Kröpf befreit, eine Inkluse vom Zahnweh; der von Verarmung bedrohte Kölner Kaufmann erfuhr Hilfe. Mit den Worten "perge nunc, my lector, et tu, quod [facis] fac similiter"123 beschloß er seine Ausführungen. Die von van Gelre verfaßten Mirakel fanden keine Aufnahme in die späteren Mirakelsammlungen.124 Nur die im Kölner Dominikanerkloster geschehenen Wunder wurden später auch in der Annenlegende des Franziskanerobservanten125 veröffentlicht. Die restlichen Mirakel hat Petrus Dorlandus selbst, wahrscheinlich in Anlehnung an literarische Vorlagen, gebildet. Sie weisen große Ähnlichkeiten mit den ihm aus der Literatur bekannten Mirakeln auf. Zwei Religiösen wird die Verrichtung bestimmter Gebete aufgetragen: ein Rosenkranzbeter soll ein Pater noster mit englischem Gruß zu Ehren Annas in den Rosenkranz einfügen126; einen Eremiten lehrt Maria das bekannte Ablaßgebet127 und versichert ihm, daß Papst Sixtus IV. 100 Tage Ablaß dafür gewährt habe. Ein süßer

122 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 35, Sp. 269b. - Lt. freundlicher Auskunft des Historischen Archivs der Stadt Köln ist über diese wundertätige Annenreliquie nichts bekannt. Jedoch hat am Kölner Dominikanerkloster wahrscheinlich auch eine Annenbruderschaft bestanden. Das berichtet zumindest A. GELENIUS (De admiranda sacra ut civili magnitudine Coloniae Agrippensis Ubiorum urbis. Köln, 1645, S. 469). 123 Diese die Sammlung Gelres abschließende Formulierung findet sich allein in der Inkunabel (zitiert nach dem Erstdruck, Beschreibung im Anhang 2.1. unter ca. 1487, Bl. G4r), nicht in der Abschrift, die der Edition der ActaSS zugrunde liegt. 124 A . A M P E SJ hat untersucht, welche Mirakel Wouter Bor den Annenlegenden des Petrus Dorlandus, des Jan van Denemarken und des anonymen Franziskanerobservanten entnommen hat (Philips van Meron en Jan van DENEMARKEN. In: OGE 50,1976, S. 10-37; S. 148-203; S. 260-308; S. 353-377 u. 51,1977, S. 169-197 u. S. 367-390; 52,1978, S. 397-427; 54, 1980, S. 113-157, hier 1980, S. 148-150, hier 1980, S. 141f). 125 Vgl. Anhang 2.2. 126 ActaSS, a.a.O., Nr. 17, Sp. 265b. 127 Zitiert nach einer abweichenden volksprachlichen Fassung in Kapitel 1.1. Hier heißt es dagegen: "Et benedicta sit Anna mater tua dulcissima, de qua processit sacra caro tua virgínea". ActaSS, a.a.O., Nr. 30, Sp. 268b. Bezeichnenderweise fehlt hier noch die Formulierung sine macula et culpa. Vgl.o. Kapitel 2.3.

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Geruch bestätigt diese Vision. Nach bekannten Mustern hat Petrus Dorlandus auch die Erzählung vom Türkenfürsten angelegt, der eine Stadt mit Feuer dem Erdboden gleichmachte - allein Annas templum blieb stehen. Auch das Mirakel von der Bestrafung des bösen Bischofs, der seinem Volk den Annendienst verwehren wollte, daraufhin vom Pferd fiel und sich den Hals brach, dürfte Dorlandus in Anlehnung an literarische Vorbilder gebildet haben. Parallelen dürfte es auch geben zu dem folgenden, ebenfalls von Dorlandus erstmals berichteten Strafmirakel: Eine arme Frau, die jedes Jahr ein Kind gebar, kam zu einer kinderlosen Reichen zu "Lauretia" (Lorris) in Lothringen und erklärte ihr, wenn sie Anna ehre, werde sie ein Kind gebären. Die Frau wurde vor der Entbindung ihrer Patronin untreu und gebar ein totes Kind. Als sie aber ihre Untreue bitterlich bereute, erweckte die mächtige Großmutter das Kind wiederum zum Leben. Der Utrechter Weltkleriker Jan van Denemarken128 hat insgesamt nur sieben Mirakel in seine volkssprachliche Annenlegende aufgenommen. Sie sind sämtlich aus dem Mirakelanhang des Petrus Dorlandus übernommen. Es handelt sich gerade um diejenigen Mirakel, die der Kartäuser aus der älteren Überlieferung geschöpft hatte: Bischof Hugo von Vieh, Coletta und Birgitta. Desweiteren finden sich die Erzählungen vom Eremiten und vom Erzbischof Prokopius. Daneben finden sich auch um die beiden Strafmirakel an Personen geistlichen 128 Zu Biographie und Werk vgl. AMPE, DENEMARKEN, a.a.O. Jan van Denemarken ist als Verfasser mehrerer Schriften zum Lobe Atrfamilia lesu hervorgetreten; er wurde in einer von dem Kartäuser Wouter Bor gefertigten Übersetzung seiner Josefslegende als "doctor ende werlick priester" (AMPE, DENEMARKEN, 1980 a.a.O., S. 139) bezeichnet. Seine Annenlegende erfuhr außer der Erstausgabe im Jahre 1491 (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1491a)eine zweite im Jahre 1496 (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1496a) und eine dritte im Jahre darauf (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1497a). Sämtliche Drucke entstanden in den Niederlanden. Lt. AMPE hat Jan van Denemarken um 1500 seine volkssprachliche Annenlegende erweitert und ins Lateinische übertragen (DENEMARKEN, 1978, a.a.O., S. 398-412; Bibliothèque Royale Bruxelles Hs. 4837.44, Bl. 122r-167r). - BRANDENBARG hat die These der Autorschaft Denemarkens mit stichhaltigen Argumenten angezweifelt (ANNA, a.a.O., S. 3339). Eine unabgeschlossene Übersetzung dieser lateinischen Annenlegende ins Brabantische (Bibliothèque Royale Bruxelles Hs. IV.383, Bl. 33r-155v) ist von J. SAELENS ediert worden (Legende van de H. Anna. Lie. thesis Leuven, 1975; über internationale Femleihe nicht aufgefunden). - Die lateinische Fassung dieser Annenlegende, die möglicherweise van Denemarken zugeschrieben werden kann, wurde nie gedruckt; wohl deshalb, weil sie unverhältnismäßig lang und wenig originell ist. Zudem befanden sich zu dieser Zeit schon mehrere lateinische Legenden auf dem Buchmarkt. Denemarken trieb den Prozeß der nachträglichen Historisierung von Mirakeln (vgl.o. Anm. 103) auf die Spitze: Er gibt in der Einleitung seiner Annenlegende an, daß er Mirakel zum Teil selbst in Erfahrung gebracht habe durch Forschungsreisen auf den Spuren von Annas Heilswirken in der Welt. Vgl. Erstausgabe, beschrieben im Anhang 2.1. unter 1491a, Bl. A4v.

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Standes: Die unwillige Verehrerin und Der böse Bischof. Ihnen wird der rechte geistliche Hirte, Erzbischof Prokopius, gegenübergestellt. Unter den insgesamt sieben Mirakeln handeln also zwei von der Bestrafung von Personen geistlichen Standes - eine deutliche Warnung an Leser geistlichen Standes und ein Hinweis darauf, daß Laien seiner Meinung nach besser wissen, was Gott wohlgefällig ist als jene. Sie werden in den übrigen Mirakeln belehrt über das rechte Verhalten gegenüber der Patronin, insbesondere über ihr wohlgefällige Gebete. Diese Auswahl und Zuspitzung dürfte sich daraus erklären lassen, daß das Anliegen Denemarkens mit dem Stich wort ' Versi ttlichung der Laien' zu umschreiben ist. Dies bestätigt ein Blick in seine Bearbeitung der Annenvita: Die drei Ehen Annas und die Ehe ihrer Mutter Emerentia werden den Lesern als vorbildliche Realisierung der gottgefälligen Lebensform vorgestellt.129 Interessanterweise ist die Erzählung, wie der Jüngling von Doch zu sagenhaftem Reichtum und gesellschaftlichem Ansehen kommt, nicht aufgenommen, obwohl dies wohl das bekannteste Annenmirakel war.130 Jan van Denemarken könnte der Meinung gewesen zu sein, daß hier die Erlangung weltlicher Güter mit Hilfe Annas zu stark betont wird. Für die Weiterentwicklung der Annenmirakel sind seine Fassungen der Mirakel irrelevant. Der Kartäuser Wouter Bor131 hat die lateinische Bearbeitung der volkssprachlichen Annenlegende van Denemarkens zur Grundlage seiner frühniederländischen Übersetzung und Bearbeitung132 gemacht. Bor vermehrte seine Vorlage um zahlreiche Mirakel. Es handelt sich dabei einerseits um einige schon bei Dorlandus belegte Erzählungen, die Denemarken weggelassen hatte, andererseits um Sondergut, welches sich wiederum hagiographischen Traditionen und Konventionen verdankt. Nicht aufgenommen wurden die beiden Mirakel aus der Vita der hl. Coletta von Corbie, die von Dominicus van Gelre verfaßten Mirakel, die Erzählungen von Ludovicus de Bourbon und von der Heilung des Agricola. In sieben Mirakeln aus dem Sondergut Bors geht es darum, daß weltlichen Personen Hilfe gewährt wird: Im allgemeinen kommen sie sowohl zu Reichtum wie auch zu Nachkommenschaft. 133 Dazu tritt ein Mirakel, das berichtet, wie ein Eremit, der von einem Räuber für einen

129 Vgl.u. Kapitel 6.1. 130 Die Abschriften und Bearbeitungen werden in Anm. 138 genannt. 131 Der Bearbeiter Wouter Bor war gebürtig aus Deventer, Mitglied der Kartause Monichuysen bzw. Monnikhuisen bei Amhem und starb am 15. 10. 1500. Zu seiner Biographie vgl. A M P E , DENEMARKEN, a.a.O., 1978, S. 423-427. Seine Bearbeitung der Annenlegende wurde zur am weitesten verbreiteten Annenlegende überhaupt (vgl. Kapitel 5.1.). Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter 1500a. 132 Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter 1499a. 133 Vgl.u. Kapitel 6.1.

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verkleideten Kaufmann gehalten und ermordet wurde, durch Anna sein Leben wieder empfing.134 Die von Bor vorgenommenen Erweiterungen des von Dorlandus gebotenen Grundbestandes von Annenmirakeln zeichnen sich durch eine gewisse Redundanz und durch phantasievolle Fabulierfreude aus. Das rettende Eingreifen Annas wird in grellen Farben gezeichnet. Die Mirakelsammlung dieser volkssprachlichen Annenlegende wirkt grobschlächtig und wundersiichtig. Bor verzichtet weitgehend auf solche Mirakel, die berichten, wie Annas Wohltaten Personen geistlichen und religiösen Standes zukommen. Der anonyme Franziskanerobservant135 berichtet dagegen erstmals solche Mirakel, die eine Parallele in biblischen Überlieferungen haben. Ein Teil seiner Wunder ist den alttestamentlichen Eliaerzählungen nachempfunden: Eine Witwe hatte all ihr Gut für die Armen gegeben und nur ein Schwein zurückbehalten, das sie und die Kinder den Winter über ernähren sollte. Es erkrankte jedoch, so daß die Witwe und ihre Kinder zu verhungern drohten. Das Schwein der Witwe wird von Anna wieder gesund gemacht.136 Wurde im Alten Testament durch den Propheten Elia das Mehl nie alle und der Ölkrug nie leer (IReg 17,14), so half hier die Heilige mit Fleisch. Anna heilt Kranke und weckt, wie Elia, auch Tote wieder auf: Einer Witwe in Deventer war während der Pest die Tochter gestorben; Anna gab sie ihr wieder137 wie weiland Elia der Witwe ihren Sohn (IReg 17,17-24). Der Franziskaner ließ des weiteren mittels einer Vision einen Gelehrten zur Annenverehrung finden und die demütige Nonne Margaretha in den Himmel kommen. Dazu berichtet er ein Strafmirakel an einer Frau aus dem Laienstand, die im Alter von 55 Jahren vom Annendienst abfiel, unkeusch lebte und eines bösen Todes starb. Hier wird erstmals ein Laie wegen mangelnder Devotion bestraft. Einzelne Annenmirakel beziehungsweise Annenvisionen aus den Mirakelsammlungen der Annenlegenden konnten auch einzeln tradiert werden.138 Die 134 Vgl. Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1499a, Bl. 104v. Dazu kommt ein weiteres Mirakel von einem Mönch aus dem Kloster Herkenrode (Herkenradt?, bei Radevormwald), der in großer Gefahr bewahrt wird (a.a.O., Bl. 144v); hier verrät sich Lokalkolorit. Eine Vorlage konnte jedoch nicht identifiziert werden. 135 Zu Person und Werk vgl.u. Kapitel 5.1. Anm. 29. 136 Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter 1496b; Mirakel in der im Anhang 2.1. unter 1498a beschriebenen Ausgabe Bl. D4v. 137 A.a.O., Bl. lEr. 138 Es handelt sich vor allem um das Mirakel Jüngling von Doch. Dies Annenmirakel ist nicht nur in Zusammenhang mit Annenlegenden, sondern auch in anderen Druckschriften, die zum Annenlob aufforderten, verbreitet worden. Vgl. Anhang 2.1. unter ca. 1492a und ca. 1492b. - Folgende handschriftliche Überlieferungen außerhalb der Annenlegende seien beispielhaft genannt: Hessische Landesbibliothek Darmstadt Hs. 1932, Bl. 17r-31r-Sächsische Landesbibliothek Dresden Hs. M 180, Bl. 124v-127v - Universitätsbibliothek Göttingen

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meisten Annenmirakel scheinen für die Legenden ad hoc gebildet worden zu sein. Es sind nur wenige Annenmirakel bekannt, die schon überliefert wurden, bevor die Annenlegende gedruckt wurde.139 Nachdem das Wissen darum, daß Anna eine mächtige Patronin ist, durch den Annenkult und die Annenlegenden weit verbreitet war, wurden auch in nichtlegendarischen Zusammenhängen Wundertaten Annas überliefert. Sie finden sich etwa in Mirakelbüchern, die an Wallfahrtsorten140 geführt wurden, und auf Einblattdrucken141; aber auch in Liedern wurde von Annas Macht erzählt.142 Diebold Schilling berichtet in seiner "Schweizer Chronik" zwei Annenmirakel: Ein reicher Mann aus Lor bei Nürnberg stiftete testamentarisch sein Vermögen für die Einrichtung einer Annenpfründe; ein böser Erbe legte aus Wut darüber, leer ausgegangen zu sein, das Dorf in Flammen - nur die Annenstatue verbrannte nicht.143 Die Parallele zu dem von Dorlandus berichteten Mirakel vom Türkenfürsten fällt auf. Meister Hartmann Sulzer, der im Jahre 1480 als Leutpriester in Freienbach belegt ist, predigte gegen St. Anna und zweifelte insbesondere ihre Wundertaten an - sie seien von Bettlern und Buben vorgetäuscht. Zur Strafe für dieses frevlerische Verhalten fiel der Priester für mehrere Tage in tiefe Bewußtlosigkeit, welche erst wich, als er sich an die heilige Großmutter wandte.144

Hs. 8° Theol. 156\ Bl. 1 1 2 v f - Bayerische Staatsbibliothek München cgm 843, Bl. 54r-60v; Hs. germ. 244, Bl. 321vb-324rb - Stiftsbibliothek St. Gallen Hs. 593, Bl. 37r-44v Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. 15101, Bl. 27r-30r. - Aus der Annenlegende übernommen und unabhängig von ihr handschriftlich überliefert wurde zudem das Mirakel vom Erzbischof Prokopius: Bibliothèque Royale Bruxelles Hs. 3391.99, Bl. 104vb-105vb. 139 Vgl.o.: Coletta, Birgitta, Bischof Hugo von Vieh. Außer diesen Annenmirakeln ist nur noch ein Mirakel, in dem Anna genannt wird und das sicher vor Entstehung der Annenlegende bekannt war, aber in keine Annenmirakelsammlung aufgenommen wurde, belegt: Maria erscheint zusammen mit Anna und Maria Magdalena auf dem Feld arbeitenden Zisterziensermönchen; die Frauen wischen den Brüdern den Schweiß von der Stirn. Vgl. F.C. TUBACH: Index exemplorum; a handbook of medieval religious tales. Helsinki, 1969. (FF Communications; 204), Nr. 3404. 140 Vgl. meinen Aufsatz WUNDERHEILUNGEN, a.a.O. 141 Mittels eines Flugblattes wurde ein Mirakel, wonach Anna einen Pesttoten wieder zum Leben erweckte, verbreitet. Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1495c. 142 Vgl. Kapitel 1.1. und 3.6. 143 SCHILLING, a.a.O., S. 269. Vgl.a. das in Kapitel 1.1. Anm. 31 erwähnte Strafmirakel. 144 A.a.O., S. 273. - Der Priester konnte, so er denn tatsächlich in seiner Bewußtlosigkeit lag, Anna gar nicht anrufen; dieser logische Einwand hat den Chronisten offenbar nicht gehindert, einen Erweis der Macht der Großmutter zu erzählen.

5. Humanisten als Propagandisten der Annenverehrung Die Autoren, die zwischen 1487 und 1530 ihre Feder zum Lob der Großmutter Gottes gespitzt haben, werden zum Kreis der christlichen Humanisten des Nordens gezählt.1 Ihre Texte zum Lobe der hl. Anna brachten sie nach Möglich1 Zwar ist schon gelegentlich beobachtet worden, daß 'auch' Humanisten Texte zum Lob der hl. Anna verfaßten (KLEINSCHMIDT, a.a.O., S. 150), unbekannt war jedoch bisher, daß sämtliche bisher bekannte Verfasser vorreformatorischer Annenschriften diesem Kreis zugerechnet werden können. Untersuchungen zur hagiographischen Produktion deutsch-niederländischer Humanisten weisen ebensowenig auf deren Annenschriften hin wie Studien zum christlichen Humanismus. Vgl. z.B. J.M. WEISS: Hagiography by German humanists; 14831516. In: JMRS 15, 1985, S. 299-316. - Vgl.a. A. BUCK: HUMANISMUS; seine europäische Entwicklung in Dokumenten und Darstellungen. Freiburg i.Br., 1987. (OA; I. 16), zum Problemfeld Humanismus und Religion vgl. S. 228-253. - Der Forschungsstand zum Thema Humanismus und Religion wird von August BUCK mit folgenden Worten zusammengefaßt: Man erkennt inzwischen an, daß "viele Humanisten sich intensiv mit religiös-theologischen Fragen beschäftigt haben in der Absicht, auf der Grundlage ihres neuen Menschenbildes einen Ausgleich zwischen dem humanuni und dem divinum zu finden, die studia humanitatis und die studia pietatis miteinander zu verbinden. Es ist üblich, diese Humanisten christliche Humanisten zu nennen." (CHRISTLICHER HUMANISMUS in Italien. In: RENAISSANCE-REFORMATION; Gegensätze und Gemeinsamkeiten / hg. von A. Buck. Wiesbaden, 1984, Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung; 5, S. 21-34, hier S. 23) - BUCK betont, daß es der Forschung nicht darum gehen kann, den Nachweis zu erbringen, daß mittelalterliche Religiosität in den Schriften der christlichen Humanisten fortlebe, sondern daß im Gegenteil das Neue im Verhältnis zur Religion zu bestimmen sei (HUMANISMUS, a.a.O., S. 228f)· - Zum Problem der Christlichkeit des Renaissance-Humanismus vgl.a. die folgenden älteren Untersuchungen: L.W. SPITZ: The RELIGIOUS RENAISSANCE of the German humanists. Cambridge, 1963. - C . TRINKAUS: In our image and likeness; humanity and divinity in Italian humanist thought. Bd. 1-2. Chicago, 1970. - A. TENENTI: Il senso della morte e l'amore della vita nel rinascimento. Turin, 1957. - P. WERNLE: Die Renaissance des Christentums im 16. Jahrhundert. Tübingen, 1904. - G . TOFFANIN: La religione degli umanisti. Bologna, 1950. - Α. HYMA: The christian renaissance; a history of the "devotio moderna". 2. Aufl. Hamden/Conn., 1965. - Β . MOELLER: Vom MITTELALTER zur Neuzeit; neue Meinungen und Einsichten zu Renaissance und Humanismus. In: VF 21,1976, S. 32-46. - Zur Entstehung des deutsch-niederländischen Humanismus vgl. J. IJSEWUN: The coming of humanism to the Low COUNTRIES. In: ITINERARIUM ITALICUM; the profile of the Italian renaissance in the mirror of its European transformations, FS für P.O. Kristeller / hg. von H.A. Obenman u. T.A. Brady. Leiden, 1975.

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keit in den Druck; sie schätzten die Möglichkeit, zu m ä ß i g e m Preis schnell viele Schriften in ansprechender äußerer Form zu verbreiten. 2 Nicht nur aus den engeren Kreisen der Gebildeten kamen die Rezipienten der Annenschriften; auch die Halbgebildeten, die des Lesens kundig waren, aber nicht in ausreichendem Maße Latein beherrschten, interessierten sich für die Legende der Heiligen. Durch Übersetzungen der lateinischen Legenden in die Volkssprache wurde ihnen das Wissen um das vorbildliche Leben der Großmutter Jesu und um die rechte Annenverehrung vermittelt. D i e Annenlegenden bieten somit ein Beispiel für das Bemühen v o n Humanisten, Einfluß auf die öffentliche Meinung zu nehmen. 3 D i e Beobachtung, daß zuerst einzelne Humanisten mit d e m Annenlob begannen, und daß dann ein Teil des Annenschrifttums Übersetzungen in die Volkssprachen erlebte, lehrt, daß vorreformatorische Verehrung der hl. Anna nicht F o l g e wundersamer Phantasmen des 'einfachen Volkes' war,

(SRMT; 14), S. 193-304, mit ausgezeichneter Zusammenstellung der Sekundärliteratur. Vgl.a. E. MEUTHEN: CHARAKTER und Tendenzen des deutschen Humanismus. In: SÄKULARE ASPEKTE der Reformationszeit / hg. von H. Angermeier. München, 1983. (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien; 5), S. 217-276. - Die Zugehörigkeit eines frühneuzeitlichen Autors zum Humanismus wird nicht nur mit inhaltlichen Beobachtungen begründet, sondern erweist sich auch in formaler Hinsicht: Wenn Epigramme, Carmina o.ä. Gut anderer Humanisten in einer Schrift erscheinen, dann ist dies ein sicherer Hinweis auf eine humanistische Ausrichtung des jeweiligen Autors (vgl. F.J. WORSTBROCK: Die ' A R S versificandi et carminum' des Konrad Celtis, ein Lehrbuch eines deutschen Humanisten. In: STUDIEN BILDUNGSWESEN, a.a.O., S. 462-498). - Einzig hinsichtlich des Jan van Denemarken (zu Biographie und Werk vgl.o. Kapitel 4.5. Anm. 128) ist unsicher, ob er dem deutschniederländischen christlichen Humanismus zugerechnet werden darf. Rahmengut findet sich hier nicht, deshalb müssen andere Kriterien zur Charakterisierung des Autors herangezogen werden: Denemarken hat in der von ihm verfaßten Annenlegende diejenigen Traditionen verarbeitet, die ihm aus der Annenlegende des humanistisch orientierten Dorlandus (vgl.u. Kapitel 5.1. Anm. 19) bekannt waren. Deshalb möchte ich annehmen, daß auch dieser Kleriker zum weiteren Umfeld des niederländischen Humanismus zu rechnen ist. Nur begrenzt als Kritierium geeignet sind seine Schilderung und das Lob der ehelichen Liebe. Zwar bestehen hier auf den ersten Blick die meisten sachlichen Berührungspunkte mit dem Humanismus; es wäre jedoch falsch anzunehmen, ein positives Verhältnis zur Ehe wäre ausschließlich für die Humanisten charakteristisch; es scheint eher so zu sein, daß die Hochschätzung affektiver personaler Beziehungen zwischen Gatten in dieser Zeit weitverbreitet war, was viele Humanisten aufgriffen. 2 Vgl. WIDMANN, a.a.O., S. 68f. Über die Zahl der Exemplare pro Druck ist man nicht genau informiert; die Auflagenhöhe mag 1505 schon 1000 Exemplare betragen haben. A.a.O., S. 80. 3 Daß dies Interesse bestand, hat H . HOLESZEK an den volkssprachlichen Schriften des Desiderius Erasmus belegt (Erasmus deutsch. Bd. 1: Die Rezeption des Erasmus von Rotterdam in der reformatorischen Öffentlichkeit, 1519-1536. Stuttgart-Bad Cannstadt, 1983. Zgl. Habil. Freiburg i.Br., 1981).

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sondern daß umgekehrt humanistisches Gedankengut in die Schichten der Halbgebildeten eindringen konnte. Dies war wohl deshalb möglich, weil es eine weitgehende sachliche Kongruenz zwischen dem Lebensideal dieser Menschen und den im Annenschrifttum postulierten Werten gab. Besonders nach 1500 wurden volkssprachliche Annenschriften angeboten. Im Lauf der Zeit entstanden jedoch auch Texte, die keinen Bezug zum christlichen Humanismus mehr erkennen lassen: Werbeheftchen für Annenheiltumsorte und Ablaßgebetszettel. Doch auch die lateinischen Legenden und Dichtungen erfreuten sich großer Beliebtheit, wie aus der Zahl der Nachdrucke zu erschließen ist. Das kann nicht verwundern angesichts der Bildungsbegeisterung der Zeit. Deutlich lassen sich verschiedene Phasen der Verbreitung von Annenschriften unterscheiden. Vor 1484, dem Jahr, in dem "Anna mater" des Rudolf Agricola zum ersten Mal gedruckt wurde, erschienen einzelne Drucke, die liturgisches Gut zur Gestaltung des Annentages boten.4 Nach 1484 erschienen erstmals drei verschiedene Lebensgeschichten der Heiligen mit Sammlungen von durch ihre Fürsprache geschehenen Wundertaten: Zwei Legenden waren in lateinischer, eine in frühniederländischer Sprache abgefaßt. Nach der Veröffentlichtung von "De laudibus sanctissime matris Anne" des Johannes Trithemius im Jahre 1494 begann ein deutlich von den vorhergehenden Phasen zu unterscheidender 'Boom'der Annenliteratur: Zahlreiche Carmina und Hymnen erschienen; Legenden erfuhren neue Bearbeitungen und Übersetzungen in verschiedene Mundarten. Während die frühesten liturgischen Drucke in Oberdeutschland entstanden, wurden die ersten Annenlegenden in den Niederlanden gedruckt; dann kam das Annenschrifttum aus Mainz und aus Leipzig, später aus Druckorten höchst unterschiedlicher Regionen. Zur selben Zeit, als die Annenschriften ihre größte Verbreitung erlangten, erlebten die Annenbruderschaften ihre größte Verbreitung.5 Die Humanisten bezogen sich auf eine Heilige, deren Verehrung von einem dem Humanismus gegenüber aufgeschlossenen Papst, Sixtus IV., jüngst gefördert worden war. Rudolf Agricola und seine Nachfolger stellten ihre Fähigkeiten bewußt in den Dienst der Kirche. Vor dem Aufkommen der reformatorischen Bewegung wurde kaum Annengut im Ausland verfaßt6; auch Annenbruderschaften waren dort nur in geringer Zahl 4 Vgl.o. Kapitel 2. Vgl.a. die nach Erscheinungsjahren geordnete Beschreibung der Annenschriften im Anhang 2.1. 5 Vgl.o. Kapitel 3. 6 Die scheinbaren Ausnahmen bestätigen diese Beobachtung: Ein Annenleben in italienischer Sprache (vgl. Anhang 2.1. unter ca. 1500b) entstand deutlich später als die ersten Annenlegenden im deutschen Reich und ist von ihnen geistig abhängig. Der italienische Autor nahm diejenigen Erweiterungen, die für die deutsche Legende kennzeichnend sind, nicht auf. Er erzählte die altbekannte Überlieferung von den Eltern Marias und nannte die zwei weiteren Heiraten Annas mitsamt den aus diesen entsprossenen Kindern und Enkeln; er

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entstanden7. Die geographische Verbreitung des Annenschrifttums entspricht der Verbreitung des Humanismus in Deutschland.8

blieb also in der Tradition des Jacobus de Voragine. Neu ist lediglich, daß der Italiener das Lebensende Annas gestaltete: Als Anna 80 Jahre alt war, fühlte sie, daß sie sterben müsse. Sie ging dann in den Tempel, wo alle ihre drei Töchter lebten (Jesus war also noch nicht geboren), versicherte sie des Wiedersehens im Paradies und kündigte die Erwählung Marias als Mutter des Messias an: " E tu, Maria, di te saspecta [!] gran fructo; ancor serai dicta sanctissima" (a.a.O., Bl. 5v). Dann umarmte sie ihre liebste Tochter mit großer Süßigkeit und Weichheit des Herzens, blickte ihr fröhlich ins Gesicht und ließ sie im Tempel zurück: "gettandoli le brachia al collo cum gran dolceza e tenereza di core da lei pigliando comiato la lasso nel tempio" (ebd.). Diese Szene ist die einzige, in welcher der Autor über den tradierten Überlieferungsbestand hinausgeht und ein rührendes Bild herzlich liebenden Einvernehmens zwischen Mutter und Tochter zeichnet. Zwar wird angenommen, daß Anna Mirakel an ihren Verehrern vollbracht hat und vollbringt: "non potiamo credere altro se non che facesse innuberabil [!] miraculi per confirmation de la sua sancta vita" (a.a.O., Bl. 6r); allein, es wird kein Mirakel berichtet. Der anonyme Autor gibt an, aus einer größeren Stoffmenge das ausgewählt zu haben, was in geistlicher Hinsicht bedeutsam sei: " E molti ho trovato doctori eximii, che di questo hanno parlato. Niente dimeno io ho facto come quel depintore, che una gran cita in picola tavoletta voi depingere, che solamente ritra quelle cose che più sonno necessarie a lui per similitudine de tal cita" (a.a.O., Bl. Ir). So gesteht er ein, "in multi altri luochi" Material gefunden zu haben, aber alle unsicheren Angaben, "tutte queste cose succitamente", habe er ausgelassen. Andere Beobachtungen unterstreichen, daß der Annenkult in Italien nicht besonders beliebt war. So verzeichnet ein Katalog mit Heiligenbildern der italienischen Renaissance nur wenige Annendarstellungen. Vgl. P. B U R K E : Die Renaissance in Italien; Sozialgeschichte einer Kultur zwischen Tradition und Erfindung. Berlin, 1984. Orig.Ausg.u.d.T.: Culture and society in Renaissance Italy, S. 151. - Ein französisches Annenleben ist nicht bekannt. Dafür bot eine Legende der drei Marien Gelegenheit, auf Anna und ihre Familie zu sprechen zu kommen: Die gereimte Fassung einer Marienlegende des Jean de Venette aus dem 14. Jahrhundert wurde nach 1500 von Jean DROUIN (Drouin bearbeitete unter anderem die französischen Ausgaben von Sebastian Brants Narrenschiff für den humanistischen Verlegerdrucker Jodocus Badius Ascensius, vgl. GKW 3156f) in Prosa umgeschrieben. Weder ist die Überlieferung von Annas Eltern, noch sind Annenmirakel aufgenommen. Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1505b. - Entsprechend unoriginell sind auch die dänische Ausgabe einer Annenlegende aus dem Jahre 1508 (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1508) und die Ausgabe der lateinischen Annenlegende des Franziskanerobservanten in Uppsala im Jahre 1515 (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1515). In Spanien erschien die erste Annenschrift von Johannes de R O B L E S im Jahre 1511 (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1511c). 7 Vgl.o. Kapitel 3.2. Anm. 18. 8 Ausgehend vom Nordwesten, den Niederlanden, bis Emden in nordöstlicher Richtung, und bis Sponheim und Trier in südlicher Richtung verbreitet sich humanistisches Gedankengut in der ersten Phase des Humanismus; dann nehmen die Universitäten das neue Gedankengut auf. Vgl. IJSEWIJN, Low COUNTRIES, a.a.O., S. 1 9 7 . - Entsprechend entstand das Annenschrifttum der ersten Phase im niederländischen Gebiet und verbreitete sich dann über

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D i e H u m a n i s m u s f o r s c h u n g hat bisher keiner der Schriften z u m L o b e der hl. A n n a ihre A u f m e r k s a m k e i t g e w i d m e t , auch w e n n in den letzten Jahren das T h e m a ' H u m a n i s m u s und Hagiographie' verschiedene Untersuchungen erfahren hat. 9 A u f den ersten Blick erhellt nicht, w e s h a l b gerade der diva

Anna

irgendeine Bedeutung für das religiöse E m p f i n d e n und die Selbstdarstellung der Humanisten in der Öffentlichkeit z u k o m m e n konnte. D i e s e Matrone war so scheint e s - nicht g e e i g n e t , das Standesbewußtsein ihrer Lobredner abzubilden, fehlte ihr doch, w a s j e n e a m m e i s t e n schätzten: die eruditio.10

Es wird zu

z e i g e n sein, warum die Humanisten die diva Anna lobten und w e l c h e Anstreng u n g e n sie unternahmen, die H e i l i g e bekannt zu machen. D a b e i kann nur exemplarisch gearbeitet werden. Unter vier Gesichtspunkten sollen die Intentionen der Propagandisten der Annenverehrung in den B l i c k k o m m e n : D i e Annenschriftstellerei diente z u m einen der öffentlichen Inszenierung der "Adamicum-Struktur" 1 1 ; sie diente z u m anderen der Explikation der vera

religio·,

Sponheim (im dortigen Benediktinerkloster war Johannes Trithemius Abt) nach Heidelberg, Leipzig und an andere Orte. 9 Beispielhaft ist auf die neueren Arbeiten zur Hieronymusrezeption zu verweisen: C.T. STINGER: Humanism and the church fathers; Ambrogio Taversari (1386-1439) and Christian antiquity in the Italian renaissance. Albany/NY, 1977. - M. MEISS: Hieronymus. In: Pantheon 3 2 , 1 9 7 4 , S. 1 3 4 - 1 4 0 . - E . F . RICE: S a i n t JERÔME i n t h e r e n a i s s a n c e . B a l t i m o r e , 1988. ( T h e

Johns Hopkins symposia in contemparative history; 13). - J. COPPENS: Le portrait de Saint Jérôme d'après Érasme. In: COLLOQUIA ERASMIANA Trudonensis / hg. von J.-C. Margolin. Bd. 1-2. Toronto, 1972, hier Bd. 2, S. 821-829. - A. BUCK: Der Rückgriff des RenaissanceHumanismus auf die PATRISTIK. In: FS W. von Wartburg / hg. von K. Baldinger. Tübingen, 1968, S 153-175. - D. WEBB: Eloquence and education; a humanist approach to hagiography. In: J E H 3 1 , 1 9 8 0 , S. 1 9 - 3 9 . - Z u r M a r i e n v e r e h r u n g v o n H u m a n i s t e n v g l . GERL ( a . a . O . ) u n d

DELIUS (a.a.O., S. 191-195). - IJSEWUN betont, daß humanistische Hagiographie zur Gattung Biographie zu rechnen ist: Die humanistische BIOGRAPHIE. In: Biographie und Autobiographie in der Renaissance / hg. von A. Buck. Wiesbaden, 1983. (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung; 4), S. 1-20. 10 Weil die hl. Katharina von Alexandrien erfolgreich mit heidnischen Philosophen disputierte, wurde sie von vielen Humanisten besonders geschätzt. Eine Studie zu diesem Thema ist mir nicht bekannt. - KLEINSCHMIDT behauptete, daß die Patronin der Heidelberger Artistenfakultät im Jahre 1480 die hl. Anna gewesen sei (SCHERZREDE, a.a.O., S. 68). Er wähnt, eine von Jodocus Gallus zu Ehren dieser Patronin an ihrem Festtag gehaltene Rede angeben zu können. - Die Überprüfung der als Quelle namhaft gemachten Schlettstadter Handschrift Nr. 116, Bl. 63r ergab, daß diese Angabe falsch ist. 11 Terminus von W. RÜEGG: Cicero und der Humanismus; formale Untersuchungen über Petrarcha und Erasmus. Zürich, 1946, S. 25. - Diese Freund- und Schülerschaft unter den Humanisten äußerte sich in einer hochentwickelten Briefkultur. Auf die sozialpsychologischen Bedingungen dieses Kultes der Freundschaft hat F.H. TENBRUCK (Freundschaft; ein Beitrag zu einer Soziologie der persönlichen Beziehungen. In: KZS 16, 1964, S. 431-456) hingewiesen. - Vgl.a. A. BUCK: Humanistische LEBENSFORMEN; die Rolle der italienischen

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z u m dritten lassen sich Grundzüge der humanistischen Bestimmung des Verhältnisses von humanum und divinum an Anna aufweisen. Auf einer vierten Ebene diente das Annenschrifttum dazu, Laien Anleitung zum rechten Leben in der Welt, in den Ordnungen von Ehe und Familie zu bieten. 1 2

5.1. Freundschaft und Literatur D i e Annenschriftstellerei ist vor allem durch das Gedicht "Anna mater" angeregt worden. Rudolf Agricola 1 3 , der bedeutendste unter den deutschen Frühhumanisten, dessen eruditio sogar v o n den Italienern lobend hervorgehoben wurde, hat zu seinen Lebzeiten nur diesen einen Text der gebildeten literarischen Öffentlichkeit durch den Druck bekannt gemacht. D i e Datierung des Erstdrucks ist aufgrund verschiedener Briefe des Humanisten möglich 1 4 : Zwischen d e m 7. April 1 4 8 4 und d e m 26. Mai desselben Jahres erschien das Gedicht bei Paffraet in Deventer. In e i n e m anderen Brief aus demselben Jahr bezeichnet Agricola diesen Hymnus und das zusammen mit ihm veröffentlichte Epitaph auf den am 3. Juni 1483 verstorbenen Studienfreund, den Grafen

Humanisten in der zeitgenössischen Gesellschaft. Basel, 1981. (Vorträge der Aeneas-Silvius Stiftung an der Universität Basel; 18). - Vgl.a. E . TRUNZ: Der deutsche Späthumanismus als Standeskultur. In: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts 21,1931, S. 17-53. Abgedr.a. in: Deutsche Barockforschung / hg. von R. Alewyn. Köln, 1966, S. 147181. 12 Vgl.u. Kapitel 6. 13 Ausgabe des Gedichts: Rudolf AGRICOLA: OPUSCULA, orationes, epistolae. Unveränderter Nachdr. d. Ausg. Köln, 1539. Frankfurt a.M., 1975, S. 297-306. - Abschriften: Österreichische Nationalbibliothek Wien Hs. Ser.n. 4646, Bl. 29v-34r, Universitätsbibliothek Bonn Hs. 367, Bl. 112v-116v (aus der Reichsabtei Werden an der Ruhr, nach W. STÜWER: Das Erzbistum Köln. Bd. 3. Berlin, 1980, GS; NF 12, S. 47 Nr. 75). - Zu Biographie und Werk vgl. die Biobibliographie von A. GERLO U. H.D.L. Vervliet: Biobliographie de l'humanisme des anciens Pays-Bas; avec un répertoire bibliographique des humanistes et poètes néo-latins. Brüssel, 1972. (Instrumenta humanística; 3), S. 234f. - Vgl.a. F.J. W O R S T BROCK: Rudolf AGRICOLA. In: VerLex, Bd. 1, 2. Aufl., 1978, Sp. 84-93. - C.G. van LEIJENHORST: Rodolphus AGRICOLA. In: CoE, Bd. 1, 1985, S. 15a-17a. Maßgebliche Biographie: H.E.J.M. van der VELDEN: Rudolphus Agricola. Leiden, 1911. 14 Die Datierung von GKW in das Jahr 1485 verdankt sich der Typenbestimmung; die aufgrund der Briefe Nr. 37 und Nr. 38 vorgenommene Datierung ist dagegen vorzuziehen. Vgl. Rudolf AGRICOLA: Letters / hg. von P.S. Allen. In: EHR 21, 1906, S. 302-316, bes. S. 314. - Merkwürdigerweise geben IJSEWUN ( L O W COUNTRIES, a.a.O., S. 253) und LEIJENHORST (AGRICOLA, a.a.O., Sp. 16a) an, "Anna mater" sei schon 1483 erstmals und 1485 zum zweiten Male in Deventer gedruckt worden, ohne genauere bibliographische Angaben zu bieten.

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Moritz von Spiegelberg15, als im vergangenen Winter, also dem Winter 1483/ 84, angefertigt ("superiori hyeme factos"16). Unbekannt ist, durch welche Umstände Agricola veranlaßt wurde, ein Annengedicht abzufassen; er spricht in dem Gedicht selbst von einer Krankheit, in der die Heilige ihm beigestanden habe.17 Für die nachfolgende Generation humanistisch gebildeter Annologen erlangte dieser Text eine kaum zu überschätzende Bedeutung. Dreizehn Nachdrucke sind vor 1530 gefertigt worden; sechs davon sind vor 1501 entstanden. Dazu kommen noch die Abdrucke einiger Verse dieses Gedichts bei Dorlandus sowie im Anhang zum Annenlob des Trithemius18, das bis 1530 in acht Ausgaben erschien. Agricola inspirierte nachweislich niederländische Annologen, Johannes Trithemius und Desiderius Erasmus. Die Anregung, der Großmutter Christi Ehre zu zollen, wurde in den Niederlanden schnell aufgegriffen: Der Autor einer zweimal anonym erschienenen "Vita Annae" war der Zeelhemer Kartäuser Petrus Dorlandus.19 Seine Annenlegende wurde etwa 1487 in Antwerpen bei Govaert Back erstmals gedruckt. Die Heilung Agrícolas wurde von Dorlandus in Prosa umgesetzt und an herausgehobener Stelle, als letztes Mirakel seiner Sammlung, erzählt. Die Schrift Dorlandus' enthält Vita und Mirakel Annas, aufgeteilt auf drei Bücher, die abgeschlossen werden durch einen Brief des Dorlandus an einen Verwandten namens Sclegers, in welchem der Kartäuser gesteht, durch einen Freund aus dem Dominikanerorden, Dominicus van Gelre20, zur Abfassung der 15 Zur Biographie und zur Freundschaft mit Agricola vgl. neuestens G. HÖVELMANN: Moritz Graf von Spiegelberg ( 1 4 0 6 / 0 7 - 1 4 8 3 ) . Kevelaer, 1 9 8 7 . 16 Brief an Adolphus Rusch vom 1. Oktober 1484. Ausgabe: Rudolf AGRICOLA: Unedierte Briefe / hg. von K. Hartfelder. In: FS der Badischen Gymnasien, gewidmet der Universität Heidelberg. Karlsruhe, 1886, S. 16. - Die neuzeitliche Forschung hat das Gedicht bislang nicht beachtet. Es ist üblich, die hagiographischen Dichtungen Agrícolas insgesamt abzuwerten: "His poetry, aside from occasional verse to friends and a few epigrams, was entirely hagiographie in nature. These poems [...] were very ordinary in form and almost devoid of real content." SPITZ, RELIGIOUS RENAISSANCE, a.a.O., S. 37. 17 Über diese Krankheit lassen die Biographen nichts verlauten. Agricola hat keine Auskunft darüber gegeben, warum er sich gerade an die hl. Anna in seiner Krankheit gewendet hat. Da Agricola aber mit dem kurpfälzischen Kämmerer, Kanzler der Heidelberger Universität und Wormser Bischof Johann von Dalberg befreundet war, ist anzunehmen, daß er über die Einführung der Annenverehrung durch Papst Sixtus IV. informiert war. Vgl.o. Kapitel 2.4. 18 Vgl. Anhang 2.1. unter 1494a u.ö. 19 Zu Biographie und Werk vgl. A. A M P E SJ: Petrus DORLANDUS O.Cart. und Dominicus van Gelre O.P. In: FS für Lotte Hellinga / hg. von A.R. A. Croiset van Uchelen. Amsterdam, 1980, S. 30-42, hier S.30f, mit weiterführenden Literaturhinweisen. - Zu Handschriften seiner Annenlegende a.a.O., S. 40 Anm. 12. 20 Zu Biographie und Werk vgl. A M P E , DORLANDUS, a.a.O., S. 37-39. Demnach trat

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Legende Annas gedrängt worden zu sein. Dorlandus stellte sich explizit in die Tradition des Agricola, indem er die in dessen Annengedicht erzählte Heilung in Prosa umformuliert und als letztes Mirakel bietet.21 Von Dorlandus führt der Rezeptionsweg des Annenthemas nach Leipzig. Etwa 1492 erschien - erstmals außerhalb der Niederlande (man bedenke, daß bisher noch nicht ein einziger Annentext im Süden oder Osten des Reiches veröffentlicht worden war) - eine lateinische Veröffentlichung, die zum Lobe Annas ermuntern wollte. Sie wurde von dem Leipziger Drucker Martin Landsberg unter dem folgenden Titel vorgelegt: "Historia dive Anne, dominice avie, docens cultores eius in presentí et futuro seculo singulari sibi a domino indulto privilegio bene prosperan." [Historie der hl. Anna, der Großmutter des Herrn, die [d.h. die Historie] lehrt, daß es ihren Verehrern in dieser und der zukünftigen Welt durch ein einzigartiges, ihnen vom Herrn gewährtes Privileg wohlergeht.] Den Untertitel bildete die bekannte Anrufungsformel der Anna selbdritt: "Adesto mettercia inclita Anna".22 Der Erfolg dieses Quartheftchens muß groß gewesen sein, weil noch im selben Jahr eine zweite Auflage bei demselben Drucker erschien. Die Schrift umfaßt einen Prolog und ein Mirakel. Der Verfasser des Prologes ist nicht bekannt.23 Das Mirakel vom Jüngling von Doch Dominicus 1475 in das Dominikanerkloster Aken ein und wurde Professor der Theologie. Von seiner Hand sind Aufzeichnungen zur Geschichte des Dominikanerklosters Aachen erhalten. Dorlandus übereignete seine Legende mit vielen Höflichkeits- und Bescheidenheitsfloskeln diesem Dominicus und teilte in einer an der Jahrhundertwende von ihm selbst gefertigten niederländischen Übersetzung seiner lateinischen Legende (die im Jahre 1501 einmal gedruckt wurde) mit, daß der Dominikaner ihm auch geholfen habe, die lateinische Fassung ca. 1487 zum Druck zu bringen (vgl. AMPE, DORLANDUS, a.a.O., S. 32) und zur lateinischen Legende sogar einige Mirakel beigesteuert habe (vgl.u. Kapitel 4.5. und Kapitel 6.2.). Hier liegt ein Beispiel für freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Angehörigen verschiedener Orden vor, die sich in einem großen gemeinsamen Interesse trafen, das mit Förderung der Annenverehrung kaum zureichend beschrieben ist. Auch in dem letzten, siebten Dialog der unter dem Namen des Kartäusers veröffentlichten "Violae animae", war der Dominikaner beteiligt - als Gesprächspartner Marias zum Thema der Passion ihres Sohnes (vgl. AMPE, DORLANDUS, a.a.O., S. 37). 21 Diese Annenvita bewegt sich - wie dann auch die späteren Annenviten - zwischen der historischen Gattung 'Biographie' (IJSEWIJN, BIOGRAPHIE, a.a.O.) und der literarischen Gattung "Legendenroman". Zum Terminus vgl. W. HAUG: Das Komische und das Heilige. In: Wolfram-Studien 7 / hg. von W. Schröder. München, 1982, S. 8-31, hier S. 23. 22 Vgl. Anhang 2.1. unter ca. 1492a. 23 Auf der Rückseite des Titelblattes findet sich ein ganzseitiger Holzschnitt, der Maria als Himmelskönigin mit Jesus auf dem Arm darstellt, in Gebetshaltung verehrt von zwei in Unterschriften als Philammes und Zophraster bezeichneten Personen. Es liegt nahe, diese Namen als die der Verfasser oder Herausgeber der Schrift anzusehen. Sie sind jedoch unter

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ist aus der Mirakelsammlung des Petrus Dorlandus, aus dem dritten Teil seiner "Historia perpulchra" übernommen.24 Dies ist der einzige Hinweis auf eine Rezeption der Annenlegende des Dorlandus außerhalb der westlichen Teile des deutschen Reiches vor 1502. Die drei lateinischen und die eine volkssprachliche Ausgabe dieser Legende wurden in den Niederlanden gedruckt; in dieser Region ist es auch zu zwei Abschriften gekommen25. Der Grund für das Desinteresse der Drucker an den Leipziger Frühhumanisten nicht zu identifizieren. Andererseits müssen sie nicht mit den Verfassern oder Herausgebern dieser Schrift identifiziert werden, denn wegen der mangelnden sachlichen Vermittlung zwischen Holzschnitt und Prolog ist auch die Möglichkeit zu erwägen, daß der Drucker einen Holzschnitt aus einer Schrift über Maria in dieses Annenlob aufgenommen hat. Allerdings ließ sich bisher auch diese Hypothese nicht erhärten. Die Schrift erweckt den Eindruck, daß der Drucker Martin Landsberg eine Kompilation verschiedenen Gutes - erstmals in Leipzig angekündigt unter dem Namen Annas - vorgelegt hat, um den Maikt für Annenschrifttum auszuloten. Landsberg, ein gebürtiger Oberdeutscher, hatte enge Beziehungen zur Leipziger Universität und legte eine Reihe von soliden Klassikerausgaben vor, deren Herausgabe und Korrektur er von namhaften Humanisten besorgen ließ. Vgl. H. LÜLFING: Leipziger Friihdrucker. Leipzig, 1959, O.S. - Die Schrift fordert den Leser zum Annenlob auf in zwei voneinander inhaltlich unabhängigen Teilen. Der erste Teil - der Prolog - hat innerhalb der kleinen Schrift die Funktion, einleitend die theologische Legitimation der Verehrung Annas zu liefern. Eingangs wird auf die Auslegung des Wortes des Propheten "Laudate dominum in sanctis eius [Ps 150,1]" durch den Kirchenvater Hieronymus verwiesen. "Nisi iuxta modulum (inquit [Hieronymus]) ingenii nostri Deum laudare in sanctis suis studeamus, quomodo eum, secundum quod canimus, iuxta multitudinem magnitudinis eius laudare poterimus". A.a.O., Bl. 2r. Auf keine Weise, so fährt der Verfasser des Prologes fort, loben wir aber Gott angemessener und würdiger als in seinen Eltern. Denn diese hat Gott sich von Ewigkeit her als verehrungswürdige Mutter bzw. Großmutter auserwählt. Damit sie von allen Menschen geehrt würden, hat Gott den Menschen den Dekalog gegeben mit dem Elterngebot, dessen Einhaltung Bedingung der Erlösung zum ewigen Leben durch Jesus ist. Wer nicht die durch Gott von Ewigkeiten her Gesegneten verehrt, wird nicht durch sie gesegnet werden. Darum schließt der Prolog mit der Aufforderung an den Leser: "Fac merearis in vita ut Annam in matrem, Mariam in sororem invocare possis [Druck: poisis] in morte dicens ad earn cum Abraham: Die (queso) te esse sororem meam, ut mihi bene sit propter te". A.a.O., Bl. 2v. Einzig Anna, unter allen Frauen der Erde, war es wert, Maria zu gebären - Anna verschloß deshalb für die Menschen die Pforten der Hölle und gewährt ihnen himmlische Schätze. 24 Das Mirakel soll die nützlichsten Formen der Annenverehrung exemplarisch vorstellen. Vgl. Kapitel 4.5. u. Kapitel 6.2. zu "Der Jüngling von Doch". Hier wird erstmals außerhalb der Niederlande eine Annas wundertätige Macht bezeugende Erzählung im Druck veröffentlicht. 25 Handschriften bei BRANDENBARG genannt (a.a.O., S. 72); dieser hat auch feststellen können, daß die Übersetzung für die Nonnen des Klosters St. Luciental bei St. Truiden angefertigt wurde (ebd.). Zumindest die Handschrift, wahrscheinlich auch der Druck, sind vor 1502 abgeschlossen worden, da Badius (vgl.u. Anm. 260 die volkssprachliche Übersetzung

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Nachdrucken dieser Legende dürfte darin zu sehen sein, daß die Annenlegenden des Dorlandus an einer Inkongruenz zwischen Thema und Durchführung leiden: Zwar hat der Kartäuser die drei Ehen der hl. Anna nicht verschwiegen; breite und redundante Passagen handeln aber von der Jungfrau Maria als Urbild des mönchischen Standes. Das Interesse an der Jungfrau ließ sich jedoch mit herkömmlichen Marienlegenden leicht befriedigen. Daß die Annenlegende des Dorlandus dennoch nach 1502 einigen Erfolg hatte, verdankt sie Jodocus Badius Ascensius 26 . Der bekannte humanistische Gelehrte, Literat, Drucker und Verleger hat eine lateinische Kurzfassung der Annenvita nach der volkssprachlichen Ausgabe der Legende des Petrus Dorlandus gefertigt und der von ihm besorgten Ausgabe der schon handschriftlich weit verbreiteten "Vita Christi" des Kartäusers Ludolf von Sachsen beigegeben. "[V]ita gloriosissime matris Anne, christipare virginis Marie genitricis, ab Ascensio in compendium redacta ex hystoria suavissima eiusdem matris Anne ab religiosissimo viro F. Petro Dorlando ordinis Carthusiensis in Zelem theutonice prius edita"27, [Vita der höchstberühmten Anna, der Mutter der jungfräulichen Gottesgebärerin Maria von [Jodocus Badius] Ascensius gekürzt nach einer ungemein süßen Historie derselben Mutter Anna, die ein frommer Mann, der Bruder Petrus Dorlandus, Angehöriger des Kartäuserordens in Zeelhem früher in deutsch veröffentlicht hat,] so sind die folgenden sieben Abschnitte überschrieben. Sie bieten nur das knappe Grundgerüst der Vita. Alle mariologischen Erweiterungen hat der Drucker gestrichen. Der Kurzlegende angefügt sind einige Gedichte zu Anna und auch solche zu Joachim. 28 Mirakel sind nicht aufgenommen. bearbeitete und ins Lateinische rückübersetzte (entsprechend AMPE, DORLANDUS, a . a . O . , S . 4 0 , Anm. 16026 Zur Biographie und zur geistigen Atmosphäre in Paris vgl. A. RENAUDET: Préréforme et humanisme à Paris, pendant les premières guerres d'Italie (1494-1517). 2. Aufl. Paris, 1953, mit reicher Sekundärliteratur. - Vgl.a. die Biobibliographie von GERLO, a.a.O., S. 243. - Vgl.a. C.G. van LEIJENHORST U. P.G. Bietenholz: Josse BADE. In: CoE, Bd. 1, 1985, S. 79a81a. - Vgl.a. P. RENOUARD: Bibliographie des impressions et des oeuvres de Josse Badius Ascensius. Paris, 1908. 27 Zitiert nach der im Anhang 2.1. unter 1502b beschriebenen Ausgabe, Bl. 261 vb. Der Druck erlebte zahlreiche Auflagen unter Beibehaltung der Zusammenstellung des Lebens Christi mit dem seiner Großmutter. 28 Die Gedichte stammen von Jodocus Badius, Jodocus Beissel, Jacobus Keymolanus, Guillermus Bibaucius, Robert Gaguin. Sie entstanden auf Anregung des Arnold Bostius hin: Der organisierte 1497 einen literarischen Kongreß unter den in der Windesheimer Kongregation zusammengeschlossenen Klöstern sowie den niederländischen Kartausen und Niederlassungen des Karmel, welcher der Steigerung der Joachimsverehrung dienen sollte. Zu diesem

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Eine weitere Legendenfassung stammt aus der Feder eines anonymen niederländischen Franziskanerobservanten und wurde im Jahre 1496 erstmals gedruckt.29 Sie ist ebenfalls literarisch abhängig von der Legende des Petrus Dorlandus: So bietet sie teilweise dasselbe Rahmengut und nennt auch Dominicus van Gelre, zitiert die drei von ihm berichteten Heilungswunder, die vor dem Kölner Annenheiltum geschehen sein sollen. Er verzeichnet jedoch einige andere Mirakel.30 Diese Annenlegende erschien erstmals in Deventer unter dem Titel "Legenda sanctissime matrone Anne". Sie hatte bald großen Erfolg: drei Nachdrucke in Leipzig in den beiden folgenden Jahren, dort auch Nachdrucke in den Jahren 1502,1505,1507,1512 und 1517. Sie erfuhr weitere Ausgaben in Straßburg und hier auch eine oberdeutsche Übersetzung, die noch mehrfach gedruckt wurde.31 Köln folgte mit einer Druckausgabe im Jahre 1510. Später

Zweck erbat er Gedichte auf diesen Heiligen, die auch in größerer Zahl eintrafen. Vgl. RENAUDET, a.a.O., S . 298 u. S . 410 Anm. 1; vgl.a. ZIMMERMAN, a.a.O.. - Zu Biographie und Werk Bostius' vgl. GERLO, a.a.O., S. 256f. - Vgl.a. G . TOURNOY: Amoldus BOSTIUS. In: CoE, Bd. 1,1985, S. 176. - Vgl. R.M. VALABEK OCarm: Mary, mother of Carmel; our lady and the saints. Bd. 1-2. Rom, 1988,hier Bd. 1,S. 61-78.-Bostius ist zwar vor allem als Förderer der Joachimsverehrung hervorgetreten, hat sich aber auch zugunsten des Trithemius in der Kontroverse mit Wirt ausgesprochen (vgl.o. Kapitel 2.3. Anm. 59) und Cornelius Gerard am 4. 4. 1499 brieflich gebeten, eine Annenlegende zu verfassen (vgl. ZIMMERMAN, a.a.O., S. 512). - Zu Biographie und Werk Gerards vgl. C.G. van LEIJENHORST: Cornelius GERARD. In: CoE, Bd. 1, 1985, Sp. 88a-89b. - Vgl.a. P.C. MOLHUYSEN: Cornelius Aurelius. In: Archief voor Nederlandsche Kericgeschiedenis NS, 2.1,1902, S. 1-35. 29 In der Vorrede bezeichnete sich der Verfasser mit folgenden Worten: "ego de observantia minorum" (bibliographische Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1496a, Bl. A2r). Nachweis der Nationalität bei AMPE (DORLANDUS, a.a.O., S . 3 3 ) . - An marginalen Punkten schattet sich Polemik zwischen konkurrierenden Bettelorden ab: So lockert der Autor den Bezug zwischen Emerentia und den Prophetenjüngern vom Berge Karmel, indem er konstatiert, es habe auch andere fratres devoti gegeben, mit denen die Mutter Annas sich in ihrer Jugend beriet. 30 AMPE (DORLANDUS, a.a.O., S. 33f) schließt aus der Tatsache, daß in den niederländischen Fassungen (und, von dort übernommen in den oberdeutschen) eine Übertragung des rahmenden Gutes von der Legende des Dorlandus zur Legende des Franziskaneroberservanten stattfand, daß Dominicus van Gelre und Petrus Dorlandus als Herausgeber derselben tätig geworden sind. Mich überzeugt die Argumentation von Ampe allerdings nicht völlig; denn dies Rahmengut kann ebenso gut durch den Löwener Drucker Johann von Paderborn, der die Annenlegende des Franziskanerobservanten erstmals auf den Markt brachte (vgl. Anhang 2.1. unter 1496a) bzw. von seinem theologischen Berater, übernommen worden sein. Es gab zu dieser Zeit kein 'Urheberrecht'. 31 Die Legende des Franziskanerobservanten wurde von einem Angehörigen des Johanniterklosters "Auf dem grünen Wörth" zu Straßburg bearbeitet, durch liturgische Texte erweitert und in den Druck gebracht. Beschreibung der Erstausgabe im Anhang 2.1. unter ca. 1501b. - Ein Nachdruck dieser Ausgabe, ebenfalls bei einem Straßburger Drucker im Jahre

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Humanisten als Propagandisten der Annenverehrung

erfolgte auch in Uppsala ein Druck. Damit ist diese Annenlegende neben der volkssprachlichen Legende des Wouter Bor die am breitesten tradierte und verbreitete Annenlegende überhaupt. Der Autor verteilte das inzwischen bekannte Gut zu Anna und ihrer Familie auf nur 17 Kapitel, wovon acht die Vita Annas erzählten. Es ging ihm darum, mit Anna eine geschichtliche Antwort auf die Frage, wie das Heil in die Welt gekommen ist, zu formulieren. Die Antwort war die Darstellung des Verwandtschaftszusammenhanges. Die ausführliche Thematisierung der Genealogie der heiligen Sippe gibt der Legende ihren Mittelpunkt: das Lob der Fruchtbarkeit Annas und ihrer Mutter Emerentia. Die Fruchtbarkeit der beiden Frauen ist jedoch weniger kreatürlich als allegorisch aufzufassen, denn durch ihre Kinder und Kindeskinder kam das Heil zu den Menschen - in der Inkarnation Gottes wie in der Missionspredigt von dieser Menschwerdung Gottes durch die Abkömmlinge der Schwester Annas.32 Die Bedingung der geistlichen Fruchtbarkeit der Sippe Annas, die sich nicht zuletzt in den deutschen Missionsbischöfen realisierte, ist jedoch die leiblich-natürliche Fruchtbarkeit. Die Heilsgeschichte heiligt die Ehe. Deshalb wird das Mirakel von der Beschämung der ungläubigen Nonne, die die Verehrung Annas anfänglich mit dem Argument verweigerte, wer dreimal geheiratet habe, könne nicht heilig genannt werden, in die Darstellung an exponierter Stelle integriert: an erster Stelle der Mirakelsammlung. Der Text zeichnet sich insgesamt durch Klarheit und einen hohen Informationsgehalt aus, ist allerdings andererseits als wenig originell zu kennzeichnen.

1511 gefertigt, ist bekannt. Beschreibung im Anhang 2.2. unter 151 ld. - Im Jahre 1502 erschien erstmals eine Übersetzung der Legende und des Rahmengutes. Sie ist auf Wiedergabe des Sinnes ausgerichtet. Der Übersetzer ließ als den Anlaß für seine Übersetzungsarbeit die Weihe des neuen Annenaltares im Johanniterkloster erkennen: "Hie ist nach volgen [nach der Legende] wie sant Anna mit liebe, begirde und mit andacht geladen würt zu" der heyligen kirchen des hußes Johanser ordens, zu0 dem gruben werde genant, zu0 Straßburg gelegen, von wo'lchem huß dises tütschbu°chlin ist ußgangen [...]." Zitiert nach der zweiten Ausgabe der Übersetzung, Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1509a, a.a.O., S. 92; Beschreibung der Erstausgabe der volkssprachlichen Fassung unter ca. 1502a. Die Bitten um die Anwesenheit Annas an dem 1501 errichteten und geweihten, mit einem Annenbild geschmückten Altar (aus der Weiheliturgie des Altares) sind für die interessierten Leser der Legende beigegeben. Am Ende wird Anna gebeten: "Beschirme dises hauß mit allen synen inwonern un mach sie deylhafftig alles geystliches gu°tes, das do kommen würt durch dise bu°chlin in die weite, und auch was do geschehen ist und würt geystlich in allen bru°derschafften, die do uffgericht synt und werden mo'gen in dyne ere, libe, lop und dienstbarkeit [...]". A.a.O., S. 95. Die Herausgabe der Annenlegende steht wohl in Zusammenhang mit den Versuchen der Johanniter, eine Annenbruderschaft an den neuen Annenaltar der Klosterkirche zu binden. 32 Vgl.o. Kapitel 4.2.

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Im Rahmengut findet sich ein Gedicht, das möglicherweise Sebastian Brant33 zugewiesen werden kann: "Anna suos prospérât cultores iuvat et consolatur: Annam quisquís amat, felicia tempora habebit, et modo succédant fata fecunda sibi. Si hanc in temporibus adversis atque secundis pulsas cum precibus, mox tibi gestat opem f...]"·34 [Anna begünstigt ihre Verehrer, sie hilft ihnen und tröstet sie: Wer Anna liebt, wird erfolgreiche Zeiten erleben, und bald wird ihm ein fruchtbares Geschick zuteil. Wenn du sie in bösen und in guten Zeiten mit Bitten heftig bedrängst, bringt sie dir bald Hilfe.] Die Darstellung der Rezeption und Weiterbildung der von Dorlandus auf Anregung des Dominicus van Gelre verfaßten Annenlegende bietet ein hervorragendes Beispiel für die Tradierung und Rezeption von humanistischem Bildungsgut in breiteren Schichten der Bevölkerung. Bezeichnenderweise ging im Verlauf der Bearbeitung der Bezug zu Agricola völlig verloren: Der anonyme Franziskaner hat das Mirakel von der Erhörung des 'Vaters des deutschen Humanismus' weggelassen. Das zweite Beispiel für die Rezeption des Annengedichtes von Agricola führt in den Kreis Heidelberger Humanisten, der sich am Hof des Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen um den Kanzler und Wormser Bischof Johann von Dalberg scharte.35 Ein Mitglied desselben, der gelehrte Abt des Benediktiner-

3 3 Zuschreibung von AMPE, DORLANDUS, a.a.O., S . 3 6 . - RAJEWSKI (a.a.O.) und GILBERT (a.a.O.) nennen dies Gedicht nicht. - Zum Verfasser vgl. neuestens M . U . CHRISMAN u. Ilse Guenther: Sebastian Brant. In: CoE, Bd. 1, 1985, Sp. 190bf. - Vgl.a. M . LEMMER: Sebastian Brant. In: VerLex, Bd. 1,2. Aufl., 1978, Sp. 992-1005. - Da Brant sonst nur als Förderer der Verehrung asketisch lebender Heiliger hervorgetreten ist, ist die Zuweisung des Gedichts an ihn mit Skepsis zu betrachten. 34 Zitiert nach der Ausgabe Leipzig 1498, Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1498a, Bl. Alv. - Leicht bearbeitete Fassungen des Gedichts finden sich auch in den Straßburger Ausgaben der Annenlegende des Franziskanerobservanten; in den volkssprachlichen Ausgaben sogar in Übersetzung. 35 Zum Heidelberger Humanismus vgl. Renate KLAUSER: Aus der GESCHICHTE der Philosophischen Fakultät Heidelberg. In: Ruperto-Carola; Sonderband / hg. von G. Hinz. Heidelberg, 1961, S. 235-256, bes. S. 252-256). - Vgl.a. T. KLANICZAY: Celüs und die Sodalitas Litteraria per Germaniam. In: RESPUBLICA GUELPHERBYTANA, Wolfenbütteler Beiträge zur Renaissance- und Barockforschung / hg. von A. Buck. Amsterdam, 1987. (Chloe, Beihefte zum Daphnis; 6), S. 79-106. - Vgl.a. N. HOLZBERG: Olympia Morata und die Anfänge des Griechischen an der Universität Heidelberg. In: HdJb 31, 1987, S. 77-93. Schon mindestens ein Jahrzehnt, bevor Konrad Celtis im Jahre 1495 nach Heidelberg kam,

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klosters Sponheim an der Mosel, Johannes Trithemius, hat mit seiner 1494 erstmals in Mainz bei seinem Hausdrucker Peter Friedberg36, dann auch in Leipzig bei Melchior Lotter37 erschienenen Schrift "De laudibus sanctissime matris Anne"38 das Annenlob in Deutschland erst recht heimisch gemacht.

bestand ein Humanistenkreis um den Bischof und beeinflußte das Leben am pfälzischen Hof. - Vgl. zusammenfassend, unter besonderer Berücksichtigung der Universität, P.O. KRISTELLER: Scholastik und Humanismus an der Universität HEIDELBERG. In: Der HUMANISMUS und die oberen FAKULTÄTEN / hg. von G. Keil, B. Moeller u.a. Weinheim, 1987. (Mitteilung / Kommission für Humanismusforschung; 14), S. 1-20. - Das herausragendste Mitglied der frühesten Zeit war Rudolf Agricola, der von 1483 bis zu seinem Tod in Heidelberg und Ladenburg bei Dalberg weilte (mit Unterbrechungen durch einige Reisen). - Der Bischof hat angeblich im Jahre 1488 die Genealogie Christi malen und mit folgender Beschriftung versehen lassen: "Divae Mariae Dei Genitrici Venerandisque eis Progenitoribus - 1488". CHARLAND, a.a.O., S. 228. Angeblich hat er auch die Gründung der Annenbruderschaft zu Worms veranlaßt. Ebd. - K. MORNEWEG, sein letzter Biograph, schweigt über diese Aktivitäten (Johann von Dalberg; ein deutscher Humanist und Bischof. Heidelberg, 1887). Richtig ist, daß der Bischof im Bruderschaftsbuch eingetragen war (DÖRFLER-DIERKEN, BRUDERSCHAFTEN, a.a.O.). - Vgl.a. Ilse GUENTHER: Johann von Dalberg. In: CoE, Bd. 1,1985, Sp. 374b. 36 Vgl. F.W.E. ROTH: Die Druckerei des Peter Friedberg in Mainz (1491-1499) und ihre Erzeugnisse. In: CfB 4, 1887, S. 394-403. 37 Vgl. zu Melchior Lotter d.Ä. LÜLFING, a.a.O., o.S. - Zur Frage der Datierung der drei bekannten Leipziger Drucke des Annenlobes von Trithemius vgl. F. JUNTKE: Über die Schrift des Abtes Johannes Trithemius "De laudibus S. Anna" (Leipzig, Melchior Lotter) und ihre Datierung. In: GutJb 1972,98-101. Dieser Datierungsversuch ist insofern kritisch zu beurteilen, als Juntke entgangen ist, daß auch die Mainzer Drucke von der 2. Auflage an die Epistel Trithemius' zur unbefleckten Empfängnis Marias enthalten. Die Begründung Juntkes dafür, daß H 15631 (Beschreibung im Anhang 2.1. unter ca. 1495d) nicht der älteste Leipziger Druck ist, aber zwischen 1495 und 1496 erschien, ist jedoch stichhaltig. 38 Diese Schrift wird im folgenden immer zitiert nach der volkssprachlichen Übersetzung (vgl.u. Anm. 44); Beschreibung der lateinischen Erstausgabe im Anhang 2.1. unter 1494a; dort auch weitere Ausgaben verzeichnet. Zur Biographie des Trithemius vgl. ARNOLD (TRITHEMIUS, a.a.O.) und ders. (ERGÄNZUNGEN, a.a.O.) - Vgl.a. N.L. B R A N N : The abbot Trithemius (1462-1516); the renaissance of monastic humanism. Leiden, 1981. (SHCT; 24). - Beide Biographen gehen nur an wenigen Stellen auf das religiöse Schrifttum des Trithemius ein ( A R N O L D , TRITHEMIUS, a.a.O., S. 103-106; B R A N N , a.a.O., S. 1740. - Vgl.a. die Zusammenstellung der Handschriften bei ARNOLD (TRITHEMIUS, a.a.O., S. 237f)· - Über Trithemius als Annenverehrer weiß ARNOLD folgendes zu berichten: 1484 errichtete der Abt einen Annenaltar im Kloster zu Sponheim. A.a.O., S. 18. Es ist wahrscheinlich, daß auf sein Betreiben hin die Bursfelder Kongregation auf dem Generalkapitel 1493 unter das Patronat der hl. Anna und ihrer Tochter gestellt und zum Festtag der erstgenannten der 26. Juli bestimmt wurde. A.a.O., S. 2. Vor 1498 verfaßte der Abt ein Meßoffizium zu Ehren der Heiligen, 1499 ein "Rosarium de sancta Anna" und eine Oratio, zudem ein Stundengebet für Anna und Joachim. A.a.O., S. 252. Die Schrift "De purissima et immaculata conceptione" (Beschreibung im Anhang 2.1. unter na. 1497) ist möglicherweise nicht von Trithemius selbst herausgebracht worden; sie

Freundschaft und Literatur

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Trithemius gilt allgemein als Mittler zwischen d e m niederländischen und d e m mittelrheinisch-südwestdeutschen Humanismus. 3 9 Er war der vielleicht herausragendste Klosterhumanist 4 0 seiner Zeit. Sein nur teilweise erhaltener, aber unglaublich ausgedehnter Briefwechsel mit den bedeutendsten Gelehrten unter seinen Zeitgenossen bezeugt die Hochschätzung, die ihm entgegengebracht wurde. 41 Vor allem die in Sponheim eingerichte Bibliothek trug Trithemius das L o b und die 'Pilgerfahrten' ähnlichen Besuche der humanistischen Elite ein. 4 2 Bis z u m Jahr 1494, d e m Erscheinungsjahr des Traktates z u m Lobe Annas, war der nun 32jährige Trithemius als Verfasser mehrerer Werke hervorgetreten, die ihm schon einen guten Namen in der gelehrten Welt gemacht hatten. D a s Erscheinen v o n "De laudibus sanctissime matris Anne" wurde von seinen Freunden euphorisch begrüßt; es brachte ihm Zustimmung und weiteren Ruhm ein. 4 3

zitiert aber das siebte Kapitel des Annenlobes und den angefügten Brief des Trithemius, so daß der Abt als Verfasser angesprochen werden kann. - Andere Werke zu Ehren der hl. Anna scheinen verloren zu sein, so zwei Sequenzen und die im Widmungsschreiben an Rumolt Laupach angekündigten Mirakel der hl. Anna. Vgl.u. Kapitel 6. Nicht auffinden konnte ich zudem das im Ablaß von 1503 genannte Annengebet. Vgl.o. Kapitel 2.3. Anm. 68. - Im auf die Veröffentlichung des Annentraktates folgenden Jahre ließ er in der zu seiner Abtswohnung gehörigen Kapelle einen Annenaltar zu Ehren Marias, ihrer Mutter und des Apostel Andreas konsekrieren, wovon ein Tetrastichon des zu der Zeit gerade in Sponheim weilenden Jakob Wimpfeling Kenntnis gibt ( A R N O L D , TRITHEMIUS, a.a.O., S. 19); im Jahre 1503 ließ er diesen Altar mit 80 Tagen Ablaß versehen. A.a.O., S. 105. 1501 erschien ein Einblattdruck mit einer Abbildung der hl. Sippe und vier Tetrastichen aus dem Annenlob: von Trithemius, Celtis, Gresemund und Badius. Vgl. Hildegard ALBERTS: Reuchlins Drucker; Thomas Anshelm. In: Johannes Reuchlin 1455-1522. Pforzheim, 1955, S. 228f u. S. 238. 39 Diese Mittlerposition spiegeln sowohl der Briefwechsel des Trithemius als auch die D E LAUDIBUS beigegebenen Epigramme. Vgl. Anhang 2.1. unter 1494a. 40 Für diese Wertung des in der Kirchengeschichte bisher nahezu unbeachteten Benediktiners sprechen die von ARNOLD (TRITHEMIUS, a.a.O.) zusammengetragenen Zeugnisse; zur neueren Würdigung des Klosterhumanismus vgl. P.O. KRISTELLER (The contribution of religious ORDERS to renaissance thought and learning. In: ABenR 21, 1970, S. 1-55), der jedoch die deutschen Verhältnisse nicht im Blick hat. 41 Vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 253-275. 42 Zahlreiche Zeugnisse bei ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 8 5 - 1 0 2 . Auch Sebastian Brant pries in den "Varia Carmina" Trithemius als beispielhaften Mönch und wegen seiner exzellenten Bibliothek. Vgl. RAJEWSKY,a.a.O., S. 133. 43 So schrieb schon vor dem Erscheinen Rutger Sicamber de Venray an Konrad Celtis, daß dies Buch nicht weniger elegant als fromm sei ("non minus elegantem quam devotum"), so daß er den Druck kaum abwarten könne. Vgl. K. CELTIS: Der Briefwechsel / hg. von H. Rupprich. München, 1934, VKEGR; III: Humanistenbriefe, S. 130, 30. Juni 1494. - Sicamber hatte auch brieflichen Kontakt zu Erasmus und zu den schon genannten Karmelitern Bostius und Oudewater. Vgl.o. Kapitel 4.4. Anm. 80 u. Anm. 84. - Vgl. K . WIEDEMANN:

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Humanisten als Propagandisten der Annenverehrung

Die Schrift des Trithemius wurde am Mittelrhein ebenso gedruckt wie in Sachsen. Allerdings fand sie - soweit aus den Druckorten ersichtlich - keine breitere Aufnahme in den Niederlanden und in Südwestdeutschland.44 Trithemius bot nur solches Gut zu Anna, das er für originell hielt. So versicherte er im ersten Kapitel, dem Widmungsbrief an den Frankfurter Prior, die Historie beziehungsweise das Leben Annas biete er nicht, weil "die jederman kunt ist".45 Trithemius bezog sein Wissen von der Heiligen aus den gerade im Druck erschienen Annenlegenden; er gab jedoch an, aus Epiphanius, Honorius, Cyrill von Alexandrien und Augustin zu schöpfen. Es handelt sich bei seiner Schrift, gattungsgeschichtlich betrachtet, um einen panegyricus beziehungsweise eine laudatio auf eine berühmte Frau. Die virtutes der zu lobenden Person werden als paradeigmata, als ideales Vorbild, dem Leser vor Augen gestellt.46 Trithemius gibt in der Widmungsvorrede an, die Schrift auf den Wunsch des Frankfurter Karmeliterpriors Rumolt Laupach47 hin abgefaßt zu haben. Es mögen ihn jedoch auch andere Überlegungen dazu bewogen haben: seine Beziehungen zu Heidelberger Humanisten. Trithemius wurde in den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts als eines der herausragendsten Mitglieder des Kreises um Johann von Dalberg betrachtet; "Anna mater" aber war von dem berühmtesten Mitglied des frühen Freundeskreises, Rudolf Agricola, verfaßt worden. Trithemius druckte die Anfangsverse dieses Gedichtes im Anhang zu seiner Schrift und stellte sich damit explizit in diese Tradition.48 Rutgerus Sycamber. In: CoE, Bd. 3, 1987, S. 301f. - Vgl.a. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 100-102, Anm. 147-160. - Auch Arnold Bostius forderte, allerdings erst ein bis zwei Jahre später, Celtis auf, die Schrift zu lesen. Vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 219, 23. Oktober 1496?. 44 Es ist nur die für die Nonnen des Klosters Söflingen bei Ulm gefertigte volkssprachliche Übersetzung belegt: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin Hs. germ. oct. 4 8 4 , Bl. 33-112v. Provenienz nach ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 237. 45 Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin Hs. geim. oct. 484, Bl. 94r. 4 6 Vgl. IJSEWUN, BIOGRAPHIE, a.a.O. (auch zu mulieres clarae). - Vgl.a. Kapitel 6 . 1 . 47 Guten Kontakt zum Karmeliterorden hatte Trithemius spätestens seit 1492, als er auf Wunsch des Priors des Kreuznacher Karmeliterklosters eine Ordensgeschichte abgefaßte: "De laudibus ordinis fratrum Carmelitarum". In dieser Schrift griff Trithemius u.a. auf die ältere, aber noch ungedruckte Geschichte des Karmeliterordens von Oudewater, der zeitweilig Mitglied des Frankfurter Karmeliterklosters war, zurück. Vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 135f. Erst 1497 wurde Oudewaters Ordensgeschichte unter dem Titel "Fasciculus tripartitus", nach der Überarbeitung der ursprünglichen Vorlage anhand des erschienenen Werkes des Trithemius bei Peter Friedberger, dem Hausdrucker des Trithemius, in Mainz veröffentlicht. Bibliographische Beschreibung: H 12270. - Mindestens zweimal hat Oudewater Trithemius in Sponheim besucht. Vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 89. 48 Trithemius förderte - schon bevor er "Anna mater" kannte - die Verehrung der

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Der gelehrte Benediktinerabt hat dieser Schrift verschiedene Dichtungen seiner Freunde beigegeben, um die er schon vor der Drucklegung des Werkes gebeten hatte. Dies Rahmengut dürfte die Akzeptanz der Schrift erhöht haben, denn mehrere Freunde waren angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen und literarischen Lebens: Der zum poeta laureatus gekrönte 'Erzhumanist' Konrad Celtis bot ein Epigramm.49 Der Miinsteraner Schulmeister Rudolf von Langen kannte Trithemius wahrscheinlich nicht persönlich; umso bemerkenswerter ist es, daß der Ältere zu einem noch nicht erschienenen Werk des Jüngeren einige Verse beisteuerte; vielleicht war der Kontakt über Johann von Dalberg vermittelt.50 Der schon gelegentlich erwähnte Pariser Drucker Jodocus Badius Ascensius steuerte auch ein Epigramm bei; mit ihm korrespondierte der Abt.51 Andere Gedichte stammen von Mitgliedern des Heidelberger Humanistenkreises: Adam Werner von Themar, der Erzieher der Söhne des Pfälzer Kurfürsten, hatte schon ein halbes Jahr vor Erscheinen der Schrift einige Verse zum Lobe Annas verfaßt und Trithemius zugeeignet. Er war im selben Jahre auch als Gast in Sponheim, wie ein Gedicht zum Lobe der dortigen Bibliothek belegt.52 Zu den Hofbediensteten gehörte auch Johannes Herbst als Kaplan des Großmutter Jesu. Er nannte nämlich "Anna mater" noch nicht in der ersten Auflage des Schriftstellerkataloges. Da er diesen zwischen 1491 und 1495 abfaßte (vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 122), kann man schließen, daß er erst nach 1491, nachdem er den ersten Teil seines Kataloges verfaßt hatte, "Anna mater" kennenlernte. 49 Celtis hat Trithemius im Jahre 1494 besucht; der Abt hatte damals schon Celtis' Bild in die Sponheimer Abtswohnung malen lassen. A.a.O., S. 19f. - Neuzeitliche Edition des Epigramms in Konrad CELTIS: Fünf Bücher Epigramme/hg. von K. Hartfelder. Berlin, 1881, Teil l,Nr. 21. 50 Langen und Dalberg studierten zur gleichen Zeit in Erfurt und unternahmen im Jahre 1469 zusammen eine Italienreise. Vgl. F . W . KAMPSCHULTE: Die Universität Erfurt in ihrem Verhältnisse zu dem Humanismus und der Reformation. Bd. 1.: Der Humanismus. Trier, 1858, S . 34. - Zur Biographie vgl. R. STUPPERICH U. Ilse Guenther: Rudolf von LANGEN. In: CoE, Bd. 2, 1986, Sp. 290bf. Langen war auch mit Agricola befreundet. Neuzeitliche Ausgabe seines Annengedichts in Rudolf von LANGEN: Leben und Gedichte des ersten münster'schen Humanisten; ein Beitrag zur Geschichte des Humanismus in Deutschland / hg. von A. Parmet. Münster, 1869, S. 194. 51 Vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 257f. 52 Adam WERNER von Themar studierte im Jahre 1484 in Heidelberg, lebte nach seinem Examen im folgenden Jahr als Lehrerin Neustadt a.d. Hardt, bis er im Jahre 1488 als Erzieher der Söhne des Kurfürsten und Lehrer an die Universität berufen wurde. - Vgl. zur Biographie K. HARTFELDER: WERNHER von Themar, ein Heidelberger Humanist. In: ZGO 33,1880, S. 1101; neuzeitliche Edition des Briefes: S. 88-90; neuzeitliche Edition des Annengedichtes, a.a.O., S. 73f., Nr. 153. - Vgl.a. ders.: Der Humanismus und die Heidelberger KLÖSTER. In: FS zur 500-jährigen Stiftungsfeier der Universität Heidelberg. Leipzig, 1886, S. 3-20. - Ders: ADAM Wemer von Themar. In: Zeitschrift für vergleichende Litteraturgeschichte NF 5,1892, S. 214-231. - In der Handschrift tragen die Verse das Datum des 30. Januar 1494. Der älteste

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Kurfürsten. 53 Der Schloßkaplan, über den Trithemius sagt, daß er "multa ad m e carmina et epístolas ornatissimas misit" 54 kann als Z e u g e dafür in Anspruch g e n o m m e n werden, daß das Annenfest 1 4 9 4 i m Heidelberger Schloß begangen wurde: "Gaude, que miseris, Anna, refugium: Oramus, canimus, carmina promimus in festo [...tuo]" [Freu' dich Anna, die [du] den Elenden Zuflucht [bist]: Wir beten, singen, tragen Lieder vor an deinem Festtag], so heißt es in seinem Lobgedicht. Der später als Jurist in Mainz tätige Theodor Gresemund d.J. war i m Jahre 1 4 9 4 erst 16jährig; er studierte ebenfalls in Heidelberg und gewann durch Vermittlung seines Lehrers A d a m Werner die Anerkennung und Freundschaft des Abtes, der für dessen Erstlingswerk "Lucubraciuncule" die Drucklegung bei Friedberg vermittelte. Trithemius nahm den Jüngling i m folgenden Jahr in die zweite A u f l a g e seines Kataloges der berühmtesten Männer auf. 55 Dazu k o m m e n acht Texte von d e m in diesen Jahren engsten Freund des Trithemius, d e m Augustinerchorherm Rutger Sicamber, ein Annenrosenkranz des auch mit d e m oben genannten Dominicus van Gelre bekannten Jodocus Beissel 5 6 s o w i e drei eigene Texte des Trithemius. datierte Brief Werners an Trithemius stammt vom 3 0 . Dezember 1 4 9 3 . Vgl. ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S . 2 5 7 ; anders a.a.O., S . 9 4 Anm. 1 1 0 . 53 Zur Biographie vgl. K . HARTFELDER: Zur GELEHRTENGESCHICHTE Heidelbergs am Ende des Mittelalters. In: ZGO 45,1891,170f. - Nach Hartfelder ist Herbst erst im Jahre 1495 als Kaplan des Kurfürsten belegt; in einer Anmerkung zu seinem Hymnus, datiert auf den 3. Februar des Jahres 1494, gibt Herbst selbst jedoch an, "ex castro Heidelbergensi" zu schreiben (zitiert nach der im Anhang 2.1. unter 1494a beschriebenen Ausgabe, a.a.O., B. E4v). - Zum musikalischen Leben am Hof und zur Hofkantorei, jedoch ohne Erwähnung einer Feier des Annentages, vgl. G. PIETZSCH: Quellen und Forschungen zur Geschichte der Musik am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg bis 1622. Wiesbaden, 1963. (Akademie der Wissenschaften; Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, 1963, Nr. 6). 54 RICKENBACH, a.a.O., S. 149. 5 5 Vgl. zu Biographie und Werk H.-H. FLEISCHER: Dietrich Gresemund der Jüngere; ein Beitrag zur Geschichte des Humanismus in Mainz. Wiesbaden, 1967. (Beiträge zur Geschichte der Universität Mainz; 8) Zgl. Diss. Mainz, 1966. 56 Vgl. zur Biographie G. TOURNOY: Judocus Beissel. In: CoE, Bd. 1,1985, Sp. 119bf. Vgl.a. E. PICK: Zur Lebensgeschichte des Aachener Patriziers Jodocus Beissel. In: ZAGV 1911, S. 283f. - Der Annenrosenkranz ist an verschiedenen Orten und in verschiedenen Zusammenhängen veröffentlicht worden, vgl.u. Anhang 2.1., z.B. 1494a und 1495d; beachte auch die handschriftliche Überlieferung Stadtbibliothek Trier Hs. 790/1364 8°, Bl. 173r-175r: abgeschrieben von Bruder Otto von Zwolle aus Ebertiardsklausen. - Bayerische Staatsbibliothek München clm 20015, Bl. 69r-74v enthält fast das gesamte Rahmengut aus dem Annenlob des Trithemius. - Die Übertragung der spezifischen Andachtsform des Rosenkranzes auf die Familie Annas wurde hier erstmals vorgenommen. Sachlich gesehen stellt Beissels Annenro-

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Die Heidelberger Freunde waren in der Annenverehrung in den folgenden Jahren nicht müßig. Im Heidelberger Humanistenkreis entstand ein drei Teile umfassendes Heftchen mit verschiedenem Gut, das nach 1500 von dem Schutzbefohlenen der Universität, Johannes Knoblochtzer, gedruckt wurde. In einem ersten Teil informiert es über die Rosenkranzbruderschaft, im zweiten Teil propagiert es den Eintritt in die Bruderschaft zu Ehren Annas und die Feier ihres Festes, und im dritten Teil fordert es zum Lob des ganzen Geschlechtes Annas auf; dazu wird jeweils erbauliches und liturgisches Gut als Rahmung angeboten. Dieses Sammelheft wird auf dem Titelblatt folgendermaßen beschrieben: "Libelli tres perutiles, primus confraternitatem rosary et psaltery beate Marie virginis [...] secundus laudes continet et fraternitatem S. Anne [...] tercius elucidatur orationes et alia pulcra ad totam progeniem sánete Anne". 5 7

Die erste Lage umfaßt den schon 1495 in Mainz bei Peter Friedberg erstmals gedruckten "Libellus perutilis de fraternitate sanetissima et rosario beatae Mariae virginis fratris Johannis de Lamssheim canonici regularis in Kirssgartn prope Wormaciam". 58

Die Handschrift Lampsheims59 war von Johannes Oudewater (Palaeonydorus) in der Sponheimer Bibliothek aufgefunden worden. Dieser bat dann Trithemius, die Drucklegung zu vermitteln, wie der Karmeliter in seiner Vorrede zu dem betreffenden Werk ausführte.60 Den Mittelpunkt der zweiten Lage der Postinkunabel aus Heidelberg, des "Libellus continens laudes et fraternitatem, officium misse et orationes", bildet

senkranz keine Bereicherung des Annenschrifttums dar: Die genealogichen Zusammenhänge werden betend repetiert. - Woher Beissel Trithemius kannte, ist nicht bekannt; Briefwechsel mit Trithemius oder anderen Freunden aus dem Heidelberger Humanismus oder humanistisch gesinnten Karmeliterbrüdem ist erst in späteren Jahren nachweisbar (vgl. A R N O L D , TRITHEMIUS, a.a.O., S. 261, S. 271 u.ö.; zur Korrespondenz mit dem Trithemius-Freund Matthaeus Herbenus vgl. P I C K , a.a.O., S . 2 8 4 ) . 57 Beschreibung im Anhang 2.1. unter na. 1500a. 58 A.a.O., Bl. Air. Zur handschriftlichen Überlieferung der Carmina vgl. A R N O L D , der allerdings ohne Angabe von Gründen meinte, sie seien sämtlich von Sicamber ( T R I T H E M I U S , a.a.O., S. 102 Anm. 160). 59 Lampsheim war im Jahre 1495 im Augustinerchorherrenstift Kirschgarten bei Worms beheimatet. Im Jahre 1497 war er Prior im Augustinerchorherrenstift bei Altleiningen, wo auch Sicamber (vgl.o. Anm. 43) lebte. Er ist als Verfasser einer Stadtchronik von Worms bekannt. Vgl. F . F A L K : Das Bistums W O R M S am Ausgang des Mittelalters. In: HPB1 78, S. 851-865 u. S. 923-937 u. 79, S. 125-131. 60 Auszugsweiser Abdruck bei R O T H , a.a.O., S. 3 9 7 Anm. 1. - Zu Oudewater vgl.o. Anm. 47; vgl.a. Kapitel 3.2.

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ein predigtartiger Text, der sich das Lob Annas und ihrer Bruderschaft angelegen sein läßt. Der unbekannte Verfasser dieses "Sermo brevis sive oratio" bezieht einleitend Ruth 3,11 auf Anna: "[S]cit omnis populus, qui habitat infra portas urbis Iherusalem, mulierem te esse virtutis".61 [Das ganze Volk, das innerhalb der Tore der Stadt Jerusalem wohnt, weiß, daß du eine Frau der Tugend bist.] Zur Ehre Annas wie zur Information der Frommen will sich der Autor zu drei Themen äußern: zum Lob Annas, zu ihrer Bruderschaft und zu ihrem wundertätigen Eingreifen. Weil Anna zur Großmutter Christi auserwählt wurde, muß sie an Tugend reicher gewesen sein als alle anderen Frauen des alten Bundes deshalb ist sie wegen ihrer Tugend zu loben. "Neque hanc in matrem matris sue sibique aviam elegisset, si sanctiorem ceteris hominibus non pervidisset."62 [Er hätte nicht diese zur Mutter seiner Mutter und sich zur Großmutter gewählt, wenn er sie nicht für heiliger als die übrigen Menschen angesehen hätte.] Anna war sogar derart würdig, daß die Mutter Gottes ihr gehorchte. Würdig war Anna zum Amt ("officium") der Mutterschaft an Maria in dreifacher Hinsicht: "ex Dei dono", "ex vite merito" und "ex legis testimonio" 63 . Nach Meinung des Autors verkörpert sie das Ende des Alten Testamentes und den Anfang des Neuen: "terminum dedit veteri testamento et initium novo", weil sie ihre Nachkommen zu Heiligen und Begründern des neuen Bundes erzog. Deshalb gilt: Es gibt nichts, was sie zusammen mit ihren Töchtern und Enkeln nicht erlangen könnte vom himmlischen Herrscher. "Profecto, qui diligit regem Christum, aviam eius veneratur."64 [Folglich, wer den König Christus liebt, ehrt dessen Großmutter.] Das ganze himmlische Heer lobt Anna als Herrin, und die Tochter hat die Würdigkeit ihrer Mutter in Offenbarungen versichert. 65 Für ihre Tugenden wird sie von Gott dadurch belohnt, daß er ihr nichts abschlägt, was sie fordert ("postulat"). Ob diese Ermunterungen zur Gründung einer Annenbruderschaft in Heidelberg aufgegriffen wurden, ist aus archivalischen Quellen nicht zu

61 A.a.O., Bl. lv. 62 Ebd. 63 Ebd. 64 A.a.O., Bl. 2r. 65 Hier wird angespielt auf das Mirakel von einem Kartäuser, dem Maria erschien, um die Verehrung ihrer Mutter zu fordern. Vgl.o. Kapitel 4.5.

Freundschaft und Literatur

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belegen. Die von den Bruderschaftsmitgliedern erwarteten Leistungen entsprechen dem, was sich gelegentlich in den Statuten der Annenbruderschaften festgeschrieben findet.66 "Cupientes quoque hanc sánete Anne perutilem intrare fraternitatem debent omni tercia feria [...] ad honorem sánete Anne, filie eius Marie et nepotis Christi tria dicere pater noster et totidem ave Maria."67 [Solche aber, die begehren, in diese überaus nützliche Bruderschaft der hl. Anna einzutreten, müssen an jedem Dienstag zur Ehre der hl. Anna, ihrer Tochter Maria und ihres Enkels Christus drei Pater noster und ebensoviele Ave Maria sprechen.] Danach finden sich wiederum anonym veröffentlichte carmina und orationes, diesmal zu allen Mitgliedern der heiligen Sippe, die in sachlicher Hinsicht nichts Neues bieten. Ein Teil der Texte richtet sich an eine Anna-selbdrittDarstellung. Zudem wird liturgisches Gut für die Feier der Festtage dieser Personen geboten. Die Verfasser des Prologes der dritten Lage dieser Schrift geben sich als ein Kartäuser68 und ein Regularkanoniker zu erkennen. Wir dürfen in dem letztgenannten Johannes von Lampsheim vermuten, zumal Lampsheim in dem letzten Gedicht der Sammlung, das als einziges durch den Namen eines Verfassers, Rutger Sicamber, gekennzeichnet ist, als Urheber der Sammlung bezeichnet wird. Der Verfasser eines Distichons ist durch Textvergleich zu bestimmen: Jodocus Badius Ascensius. Wahrscheinlich ist Lampsheim der Urheber der ganzen dreiteiligen Sammlung. Dafür spricht nicht nur, daß er der Verfasser der ersten und der Urheber der dritten Lage war, sondern auch, daß er im Jahre 1501 als theologischer Berater des Heidelberger Druckers Johann Knoblochtzer69 fungierte. In den folgenden Jahren erschienen zahlreiche Schriften zum Lobe der hl. Anna, darunter Bearbeitungen von Hymnen für den Annentag sowie einige Beispielgedichte in Grammatiklehrbüchern.70 Von größter Bedeutung für die weitere Verbreitung des Lobes der Heiligen dürfte das Annengedicht des

66 Vgl.o. Kapitel 3. 67 A.a.O., Bl. 2v. 68 Die Identität des Kartäusers war nicht festzustellen, obwohl die Beobachtung, daß er wie Lampsheim zum geistigen Einflußbereich des Trithemius gehörte und ausgezeichnete Kontakte nach Heidelberg unterhielt, erste Anhaltspunkte bietet. 69 Knoblochtzer druckte unter "auspitio et directione religiosi patris et domini Johannis Lampsheim". Vgl. die bibliographische Beschreibung: C 5576. 70 Vgl. Anhang 2.1. unter 1501c u.ö. - Vgl. zum Bemühen des Humanismus um Verbesserung der liturgischen Formulare A.L. M A Y E R : Renaissance, Humanismus und Liturgie. In: JLW 14, 1934, S. 123-171.

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Erasmus 71 g e w e s e n sein. Kein Gebildeter konnte nun länger übersehen, daß die berühmtesten Geister die Großmutter verherrlicht hatten. Sich durch die Publikation eigener Annenschriften in deren Gesellschaft zu begeben, würde niemandem z u m Nachteil gereichen; e s war H o m m a g e an die geistigen Väter einerseits und Darstellung des eigenen Bildungsstandes andererseits.

5.2. Bildung und Religion In der wahren Form, d.h. entsprechend den Regeln der klassischen Rhetorik, sollte der wahre Inhalt des Christentums zur Darstellung gebracht werden. 7 2

71 Zu Biographie und Weile vgl. die Biobibliographie von GERLO, a.a.O., S . 293-325. Vgl. a. C. AUGUSTUN: Erasmus. In: TRE, Bd. 10,1982, S. 1-18.-Vgl.a. L.E. HALKIN: Erasmus von Rotterdam; eine Biographie. Zürich, 1989. Orig.Ausg.u.d.T.: Érasme parmi nous. Kritische Edition: ERASMUS, Desiderius: The POEMS of Desiderius Erasmus /hg. u. eingel. von C. Reedijk. Leiden, 1956, S. 202-205. - ERASMUS widmete dieses Gedicht Anna van Borsselen mit Schreiben vom 26. Januar 1501 (The CORRESPONDENCE/hg. vonP.S. ALLEN. Bd. 2. Toronto, 1975, Collected works of Erasmus; 2, Nr. 145, S. 12-18). - Aus der Bemerkung im Begleitbrief "rhithmos potius a me puero admodum lusos" Schloß Redijk (ERASMUS, POEMS, a.a.O., S. 44f), daß die Verse nicht viel später als 1489 entstanden sein können; lt. Allen (ERASMUS, CORRESPONDENCE, ALLEN, a.a.O., S . 17 Anm. zu Z. 158) sind sie 1497 entstanden. - Lt. SMET (a.a.O., S . 217) hat Erasmus auf Anregung des Cornelius Aurelius Gerard (nachdem dieser eine Aufforderung zum Annen- und Joachimslob von Arnold Bostius erhalten hatte, vgl.o. Anm. 28) sein Annengedicht verfaßt. - Zum Frömmigkeitsideal des jungen Erasmus vgl. P . MESTWERDT: Die Anfänge des Erasmus; Humanismus und "devotio moderna"/hg. von H. von Schubert. Bd. 1-2. Leipzig, 1917. (SKGR; 1-2). - Vgl.a. E.F. RICE: Erasmus and the RELIGIOUS TRADITION, 1455-1499. In: JHI 11,1950, S. 387-411.-Weder bei MESTWERDT (a.a.O.) noch bei RICE (RELIGIOUS TRADITION, a.a.O.) findet sich eine Erwähnung dieses Gedichts - Erst 1518 gelangte Erasmus' "Hymnus Annae, aviae Jesu Christi" erstmals in den Druck. Er wurde dann in den "Epigrammata", sämtlichen sieben Ausgaben des "Enchiridion militis Christiani" und einer Ausgabe seiner "Carmina" herausgebracht und fand eine selbständige Ausgabe durch den kaiserlichen Rat Jakob Spiegel aus Schlettstadt, der ihr noch eigene Scholien beigab. - Erasmus beließ auch den Hieronymus zugeschriebenen Brief zur Geburt Marias im Corpus der Schriften des Kirchenvaters: Zwar erkannte er dessen pseudepigraphen Charakter, war aber der Meinung, daß es, selbst wenn der Brief zu den Eltern Marias nicht von Hieronymus stamme, lehrreich und nützlich sei, ihn zu lesen. Vgl. HIERONYMUS: Omnia opera divi Eusebii Hieronymi Stridonensis / hg. von Desiderius Erasmus. Bd. 2. Basel, Froben, 1516, Bl. 208r. 72 Vgl. zum folgenden neben den in der Einleitung zu diesem Kapitel in Anm. 1 genannten Untersuchungen auch H.-G. KEMPER: Deutsche Lyrik in der frühen Neuzeit. Bd. 1 : Epochen- und Gattungsprobleme: Reformationszeit. Tübingen, 1987. Vgl.a. die Rezension von E. AXMACHER: "Säkularisierung und Kontingenzbewältigung in der frühneuzeitlichen

Bildung und Religion

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Deshalb nennt man diese T h e o l o g i e auch theologia rhetorical A l s Aufgabe der christlichen Humanisten galt, "die Vollkommenheit der ovidischen Diktion auf Stoffe zu übertragen, die solcher Vollkommenheit würdig sind" 74 . Klassische Sprache und Form waren jedoch nicht Selbstzweck, sondern zielten auf die Bildung der Affekte. Rhetorik wurde begriffen als ars movendi affect us.15 Der antike amor terrenus sollte überführt werden in amor divinus. Entsprechend betonte der später z u m Luthertum übergetretene Helius Eobanus Hessus, daß seine Muse Christus geweiht sei und er deshalb auf der Stoffseite den heidnischen Dichtern einiges voraus habe. 76 Er veröffentlichte in seiner unter stilgeschichtlichen Gesichtspunkten bedeutendsten Schrift "Heroidum Christianarum Epistolae" die fiktiven poetischen Briefe berühmter (christlicher) Frauen an ihre Ehemänner. 77 Damit griff er eine antike Tradition auf, formte sie allerdings in charakteristischer Weise um: Nur derjenige könne z u m Heil gelangen, der den antiken Exempeln heidnischer Unmoral zuwider und statt dessen entsprechend den christlichen Exempeln handele. 7 8 Die Leser Lyrik?" In: ThR 55, 1990, S. 353-373. - Zur Geschichte der Rezeption der neulateinischen Dichtung vgl. G. HESS: Deutsche Literaturgeschichte und neulateinische Literatur: Aspekte einer gestörten Rezeption. In: Acta conventus neo-latini Amstelodamensis; proceedings of the second international congress of neo-latin studies, Amsterdam, 19.-24.8.1973 / hg. von P. Tuynman. München, 1979, S. 493-538. 73 TRINKAUS, a.a.O., S. 364f. 74 H. DÖRRIE: Der heroische Brief: Bestandsaufnahme, Geschichte, Kritik einer humanistischen Literaturgattung. Berlin, 1968, S. 363. 75 Vgl. die Beschreibung des Sachverhalts bei H.O. BURGER: "Wenn die cognitio literatoria (das Wortverständnis) durch die meditatio excitans fervorem et affectum ergänzt wird, überkommen uns angesichts der göttlichen Macht, Weisheit und Güte und eigenen Ohnmacht, Unwissenheit und Bosheit die Affekte Furcht - Staunen - Liebe." (Renaissance, Humanismus, Reformation; deutsche Literatur im europäischen Kontext. Bad Homburg, 1969, Frankfurter Beiträge zur Germanistik; 7, S. 199) 76 Zu Biographie und Werk vgl. zusammenfassend E. KLEINEIDAM: Helius EOBANUS Hessus. In: CoE, Bd. 1, 1985, Sp. 434a-436a. - Vgl.a. KRAUSE, a.a.O., hier bes. S. 126. Erasmus nannte den Eobanus in einem Brief vom 19. 10. 1518 "christlicher Ovid" (nach KRAUSE, a.a.O., S. 294). - Wie in Kapitel 1.1. erwähnt, findet sich auch im Hodoephoricon Eobans ein Annengedicht. Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1519i. 77 Die 1514 erstmals, gleichzeitig in Erfurt und Frankfurt a.O. veröffentlichte Schrift erlebte nach der Wendung des Autors zur Reformation eine zweite, bearbeitete Auflage, in welcher jedoch das Lob Annas erhalten blieb. Diese Ausgabe aus dem Jahr 1532 wurde noch dreimal nachgedruckt. 78 Eobanus stellte sich hiermit in die Tradition der Ovidischen Briefe von Halbgöttinnen, "Epistolae Heroidum". Vgl. KRAUSE, a.a.O., S. 1 2 4 - 1 3 2 . - Z u r traditionsgeschichtlichen Einordnung der Heroiden vgl. DÖRRIE, a.a.O., S. 4 0 - 4 2 u. S. 3 6 3 - 3 7 4 . - Ovid hatte fiktive Briefe von Heldinnen der Antike an ihre Geliebten verfaßt, z.B. Dido an Aeneas, Penelope an Odysseus. Die Tradition des Lobes der Tugenden berühmter Frauen war vor Eobanus schon

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sollen mit den fiktiven Briefschreiberinnen mitfühlen und dadurch in sittlicher Hinsicht gebessert werden. Anna spricht ihren Gatten eingangs mit folgenden Worten an: "Anna Ioachimo! Anna viro coniunx Ioachimo mitto salutem. Mitto simul fratri si übet Anna soror. Illud enim potui nomen meruisse videri, non ullo tecum pondere facta parens. Leghimi solum tuleris commertia lecti iam soror ipsa tibi, iam mihi frater eris."79 [Anna dem Joachim! Ich, Anna, entbiete dem Ehemann Joachim einen Gruß. Zugleich entbiete ich, Anna, als Schwester dem Bruder - so es beliebt - diesen Gruß. Denn jenen Namen habe ich, so scheint es, in Anspruch nehmen können, da ich durch keine Leibesfrucht dir Mutter geworden bin. Magst du die Gemeinschaft des legitimen Ehelagers auch nur ertragen haben hinfort werde ich dir Schwester, hinfort wirst du mir Bruder sein.] Das Problem der Ehe ist mit diesen Worten schon expliziert: Die Gatten sind einander Bruder und Schwester, sie können sich nicht als Eheleute und Eltern zueinander verhalten. Die vorgestellte Ausgangssituation, in welcher Eobanus Anna sprechen läßt, ist die folgende: Joachim ist, nachdem sein Opfer vom Hohepriester zurückgewiesen worden war, seit fünf Monaten verschwunden. Anna beklagt, wie schon im Protevangelium Jacobi beschrieben, die Abwesenheit des Ehemannes; sie sorgt sich um sein Leben und schildert ergreifend die eigene Situation:

von zahlreichen italienischen und deutschen Humanisten aufgegriffen worden; das entsprechende antike Überlieferungsgut hatte auch zur Zeit des Autors schon Eingang in volkssprachliche Schriften gefunden, beispielsweise in die Schriften Steinhöwels, Niklas van Wyles oder Albrecht von Eybs. Vgl.u. Kapitel 6.1. Anm. 12. - Wenn auch die literarische Form dieser fiktiven Briefe Ovids von den Humanisten einhellig gerühmt wurde, konnte der Inhalt Anstoß erregen. Als erster hat Baptista Mantuanus Spagnuoli, der spätere General des Karmeliterordens, die ovidischen Exempla weiblichen Verhaltens als Ausdruck und Zeichen heidnischer Unsittlichkeit kritisiert. Die Lektüre Ovids diente seiner Meinung nach der Unmoral; seine exempla propagierten die Verführung, sie verherrlichten die irdische Glückseligkeit und würden die ewige nicht kennen. Vgl. D Ö R R I E , a.a.O., S. 364-369. 79 A.a.O., Bl. 53v. Andere Frauen, die nach Eobanus an ihre Männer oder geistlichen Freunde schrieben, waren Kunigunde (sie schrieb an ihren Ehemann), Maria Magdalena (an den Auferstandenen), Maria, die Mutter Jesu (an den Lieblingsjünger Johannes), Helena (an Konstantin), Elisabeth von Thüringen (an ihren Gemahl).

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"Ipsa gemens viduo iaceo sine luce cubili".80 [Selbst liege ich seufzend auf dem verwaisten Bett.] Sie berichtet von ihren unter heißen Tränen dargebrachten Gebeten und verschweigt dem Gatten auch nicht ihre Betroffenheit durch die üble Nachrede der "Galiläer", weil das leere Haus Zeichen des Mißfallens des Hymenaeos, des Ehegottes, sei. Da habe sie eine Vision mit einer Audition erhalten, daß Gott auf dem Olymp sich ihrer erbarme. Der Engel habe zu ihr gesagt: "Ante Deum est precibus gratia parta tuis: Vidit et ex alto visam exaudivit Olympo [...]"." [Vor Gott ist Gnade erworben worden durch deine Gebete: Er blickte herab, und vom hohen Olymp aus erhörte er die, die er gesehen hatte.] In inhaltlicher Hinsicht ist die Darstellung ausgesprochen konservativ: Die Überlieferung zu den Eltern Marias wird aus der Perspektive Annas wiedergegeben. Dabei wird die emotional-affektive Dimension betont; der Dichter will den Leser sich in Annas Leid einfühlen lassen, er fördert mit Hilfe seiner rhetorischen Möglichkeiten die Identifikation mit dieser heiligen Frau. Anna wird so zum Exempel weiblicher Sorge und Klage stilisiert, zum Beispiel weiblicher Treue, die in Liebe an ihrem Gemahl und an Gott in schweren Zeiten festhält. Zudem erhellt aus den oben angeführten Zitaten die delektierliche Dimension dieses fiktiven Briefes: Im spielerischen Umgang mit antikem Bildungsgut werden vertraute christliche Inhalte verfremdet. Dadurch erlangt christliches Gedankengut neue Aufmerksamkeit. Diese Verfremdung diente wohl zwei Zwecken: Sie konnte einerseits pro domo erfolgen, also die gesellschaftliche Akzeptanz des Humanismus erhöhen, andererseits die religiösethischen Grundsätze des christlichen Humanismus den Lesern anschaulich vor Augen führen. 82 Die Ausbildung in den studia humanitatis sollte also nicht nur sprachliche Kompetenz vermitteln, sondern ein die ganze Person ergreifendes Bildungser80 Ebd. 81 A.a.O., Bl. 55r. 82 "Unzweifelhaft hatte die religiöse Dichtung in humanistischer Form das Ziel, eine Art konservativer Mission unter den Gebildeten zu treiben. Nachdem der Erfolg des Humanismus darin so deutlich zutage trat, daß vielerlei Stoffe, wenn nur in antiker Form, gem, ja gierig aufgenommen wurden - mußten sich dann nicht ebensowohl christliche Stoffe durch die antikisierende Formgebung aktualisieren lassen? Kurz, die religiöse Dichtung des ausgehenden 15. Jahrhunderts ist mit von der Tendenz bestimmt, gerade den Gebildeten die christlichen Stoffe in der Foim zu bieten, die die Gebildeten zu verlangen scheinen: Darum wurde die Umsetzung christlicher Stoffe in vergilische, horazische, ovidische Formen keineswegs als Stilbruch empfunden, sondern offenbar als Versuch anerkannt, die vollkommene Wahrheit in den als vollkommen geltenden Formen auszusagen." D Ö R R I E , a.a.O., 365f.

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lebnis herbeiführen. Die lectio sollte zur meditatio, diese zur applicatio ad vitam führen. Der Student der humaniora sollte in einen Bildungsprozeß hineingenommen werden, der die Förderung seiner ethischen und religiösen Kompetenz umfaßt. Religiöse Propaganda und moralische Unterweisung sind also nicht nur ein mit diesem Konzept zu vereinbarendes, sondern sein ureigenstes, häufig emphatisch vorgetragenes Anliegen. Deshalb hat man die Theologie der Humanisten auch als "affektive Theologie" bezeichnet.83 Theologie wird zur auf das Leben einwirkenden Predigt. Der homo vere humanus ist zugleich der homo vere religiosus, der vir devotus oder pius. Die Gestaltung hagiographischer Themen erweist den Humanisten nicht allein als zum Kreis der Gebildeten, sondern auch als zum Kreis der wahren Christen gehörig. Die dem Heiligen erwiesene Reverenz soll als Schein wahren Menschseins auf Lobredner und Leser zurückfallen. So ist auf einer ersten, formalen Ebene der Grund des Interesses der Humanisten an der hl. Anna zu bestimmen. Der Rückgriff auf die christliche Antike diente weiterhin dazu, Akzeptanzprobleme des Humanismus zu mindern. Das konnte aber nur dann gelingen, wenn die Annenverehrung den Zeitgenossen nicht als Neuerung, sondern als Rückkehr zum Ursprung des Christentums präsentiert wurde. So versuchte beispielsweise Trithemius, die Feier des Festtages Annas in die christliche Antike zu projizieren: "Du sprichtst: Warum rieht mann nuwe fest uff unn ist die alten nit eren? O du bose zung! Dz fest sant Anna ist nit nw, von dem die alten geprediget unn geschriben hond unn dz gefijret. Eß ist kain nw fest, von dem der aller haiigest Augustinus vor tusent jar ain lobliche predig geschriben hat. Oder wie mag dis fest nw sin, so der gulden nam Anna in den aller ältesten kalender geschribn ist."84 Eine vor Christi Geburt lebende Heilige, die wegen ihrer Mutterschaft an Maria als Christin betrachtet wurde und zugleich so handelte, wie es die antike Haushaltslehre vorsah85, konnte zudem helfen, eine mögliche Spannung zwischen Antike und Christentum zu überwinden. Anna - so wissen die Viten zu berichten - lebte schon tugendsam, entsprechend dem Gesetz Jesu, bevor der Enkel geboren wurde. Das Gesetz Jesu widerspricht aber weder dem Dekalog noch der antiken Ethik. Dem entspricht die Überzeugung vieler Humanisten, daß Cicero schon vor Jesus, und ohne ihn zu kennen, wegen seiner Befolgung 83 Vgl. zum Terminus S. WIEDENHOFER: Formalstrukturen humanistischer und refoimatorischer Theologie bei Philipp Melanchthon. Bd. 1-2. Frankfurt a.M.r 1976. (Regensburger Studien zur Theologie; 2), hier Bd. 1, S. 66. - Vorher waren schon die Begriffe "affective mysticism" und "affective rhetorism" zur Kennzeichnung dieses Stils vorgeschlagen worden. Vgl. B U R G E R , a.a.O., S. 199f. 84 A.a.O., Bl. 99v. Vgl. o. Kapitel 4.2. Anm. 39. 85 Vgl.u. Kapitel 6.1.

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des vernünftigen Sittengesetzes in den Himmel gekommen sei.86 Indem man an die Großmutter Jesu anknüpfte, knüpfte man bei den 'Alten' an. Die Hagiographen waren der Meinung, ein Verfalls- und Zersetzungsprozeß habe die reine Wahrheit des christlichen Lebens verdunkelt. Sie forderten, zum tugendsamen Leben zurückzukehren, das Anna vorgelebt habe.87 Der Erfurter Magister Nikolaus Symens, Herausgeber der kölnischen Fassung der Annenlegende nach Wouter Bor, begründete die Veröffentlichung mit dem Hinweis, daß die von ihm aufgefundene Annenlegende "lerentrych un lustlich" sei, zudem "meher bewerlich nach der heiligen schrift dan die ander legenden, die da bewerte doctoren haben geschreben", denn Anna und die übrigen Mitglieder ihrer Familie seien "barmhertzich un milde" gewesen, hätten "gantzen glauben in die heilige schlifft un sere verlangen nach der Seligkeit der menschen" gehabt und Versuchungen in Geduld ertragen.88 Dies Beispiel vorchristlicher Tugend den Menschen seiner Zeit vor Augen zu stellen, sei notwendig wegen der Unchristlichkeit der Gegenwart: "Un ist von noten ytzen das lob sent Annen, auff das wir durch yr groiß gewalt un verdynst und myldikeit mo c gen erlangen von Got zytlich naronge, diewyl wyr so gerynge achten die geboder Gottes. Sunderlich, das wir die heiligen tag nicht recht feyren: in keuffen öffentlich, mit hoffertiger zyrheit, mit fraß, unkuyscheit, speie, ledig gayn. Der mensch sal nummer stil stayn, sunder alzyt zu°nemen yn guten wercken."89

Die Wirklichkeit christlichen Lebens zu seiner Zeit konfrontiert der Autor mit der Pracht vergangener Tugend. Durch Stillstand ist das gegenwärtige religiöse Leben bestimmt, während der Mensch sich jedoch ständig zum Besseren hin entwickeln sollte. Sittlicher Fortschritt wird eingeleitet durch Rückbesinnung. Auf einer dritten Ebene gilt, daß die spezifische Frömmigkeit der Humanisten als Haltung der Demut zu charakterisieren ist. Demut forderte Trithemius von seinem Gegner, dem Dominikaner Wigand Wirt.90 Die unbefleckte Emp-

8 6 Vgl. C . BÉNÉ: Érasme et Cicéron. In: COLLOQUIA ERASMIANA, Bd. 2 , a.a.O., S . 5 7 1 - 5 7 9 . Augustin hatte noch, viel vorsichtiger als Erasmus, die Frage erörtert, ob Gcero sich zu Jesus bekehrt hätte. 8 7 J. von STACKELBERG hat hierfür in der Einleitung zu einer Textlese den Terminus "Ursprungsgesinnung" geprägt (HUMANISTISCHE GEISTESWELT von Karl d. Grossen bis Philip Sidney / hg. von J. von Stackelberg. Baden-Baden, 1956, S. 8). 88 A.a.O., Bl. lv. Die Informationen zur Person sind der Einleitung zu entnehmen. 8 9 Ebd. 90 Vgl.o. Kapitel 2.3. Wirt ärgerte an der Kritik der Freunde des Trithemius besonders, daß man ihn als Ungebildeten lächerlich zu machen versuchte, weil er nicht dieselbe Glaubensmeinung wie sie zu einem seiner Meinung nach marginalen Gegenstand habe. Er

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fängnis Marias im Leib ihrer Mutter nicht zu glauben, ist nach des Trithemius Worten "keine kleine Sünde"91, weil sich hier ein Mangel an Demut - mit anderen Worten: blasphemische Besserwisserei - verbirgt. Aus einer dogmatischen Frage wurde eine Frage der Lebenspraxis. Die ratio des Theologen sollte seiner praxis pietatis untergeordnet werden. Trithemius schalt die 'Rationalisten' mit folgenden Worten: "[I]ch shilt nit ir irsall, noch verdam ir unwissenhait, aber ich schilt ir hoffart, iren frevel unn vermessenhait. Ich wais auch, wer dz nit glaubt oder zwyfelt, dz Maria sy enpfangen in erbsünd, dz der nit ist sünder. Dann Got der herr, der will solchs also verborgen halten unn ist noch nit gebotten zehalten durch die gemaine kirchen. Aber mit frefel unn stoltzhait unnd ubermiitikait wider die reden unn predigen, die es glauben unn halten, un auch solche anfynden, die daz beschirmenn mit leren schriben un predigen, solchs ist on zwyfel ainer ungehorten boshait unn hoffart [,..]."92 Die Frage der Empfängnis Marias wird hier nicht mehr als Frage nach dem Willen Gottes gestellt und beantwortet, sondern als Frage der rechten persönlichen Haltung: Nur derjenige ist wirklich fromm im Sinne der neuen docta pietas und hat die rechte simplicitas religionis beziehungsweise devotio, der von Gott das Allergrößte annimmt. Nicht mehr gilt als Argument: weil Gott wollte, so konnte er - sondern es gilt: weil ich von Gott das Höchste denken will, so glaube ich das Unmögliche. Antirationalismus ergänzt und schützt die philologische Aufklärung. Die devotio wird als Frucht der rechten educatio ausgegeben. Bei Dorlandus und Trithemius wird die Erziehungstätigkeit Annas an Maria in den Mittelpunkt gerückt. Der Abt schreibt: "Dan wie die mutter gelept hat, also hat sie die tochter underwijsen, dann nieman kann den andern leren, dz er nit vor gelernet hat, dan wz die kinder von der mutter sehen, dem sind sie gern nachfolgenn. Sie baid hat fürkommen die gnad Gottes und sie baid erfüllet; aber sie wz vor in der mutter, aber völler in der tochter. Die haiig mutter hat gelert ire tochter, dz sie vor von irer mutter gelernet hat, wie wol Maria solcher underwijsung nit notturfftig wz, bij der von ire enpfengnusßt [!] uff der haiig gaist wonen wz un vol der himmelschen gnad. O ir mütter, lerend uwre kinder gottliche forcht unn halten sine gebott unn underwisend sie in tugend unn gute sijtten, dz sie fliehen die weit unn vermyden die hoffart, unn rainikait liep haben unn da haijmen bliben. Dann der haiig gaist hasset die offen stett, da vil ubels

fühlte sich also mit diesen Humanisten in zentralen Anliegen - gelehrt und fromm zu wandeln - einig, meinte aber, gegen sie das Anliegen des Verstandes retten zu müssen. Vgl. FLEISCHER, a.a.O., S. 92 Anm. 68. 91 Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin Hs. germ. oct. 484, Bl. 103r. 92 A.a.O., Bl. 102v.

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geschieht unn gesehen würt, unn hatt liep die haimlichen stet, da mann sich mag in hutt halten unn im [Gott] mit versamlettem gmütt mag dienen. O ir jungfrawen, hetten ire liep kuschait, ire weren nit also unn lauffen zu dem tantz unn andere spyl unn von ainer gassen zu der andern. Der ertzengel fand Maria nit uff der gassen, besonder in irem haimlichen gemach, da wz sie betten, lesen unn conte[m]pliren. (Bl. lOlv) // Die zwölffbotten enpfingen nit den haiigen gaist uff dem marck aber verschlossen in dem huß, da sie warenn an irem gebett. Unn was die allersaligst Maria gelernet hat von ire mutter unn dem haiigen gaist, dz hat sie mit grossem flisß behalten. Sehend an die Mutter, sehend an die dochter. Glauben mir, glauben mir, es zimpt kainer jungfrawen umm zelauffen unn offne stet zu suchen un uff dem marckt gegrusßt werden. Dann da nijmpt ab schäm un erberkait unn kommen vil ze fai, dz nit geschehen wer, wa sie da haymen weren bliben. Welche jungfraw sich schempt un liep hat kuschait, die blipt da haijm un vermidet, wa sie mag, bösen wandel unn offen stett. Unn wa nit schäm ist, da ist kain lüttere jungfrawlicheit." 93 Grundsatz aller Erziehung ist, daß nur derjenige, der selbst gut ist, andere gut erziehen kann. Dazu kommt als erster Leitsatz, daß Kinder am beispielhaften Tun der Eltern lernen. Hier zeigt sich die für den Humanismus typische Hochschätzung der Erziehung, die den Menschen erst zum Gott wohlgefälligen Wesen macht. Educatio hat ihr Ziel und ihre Mitte jedoch nicht im Wissen, sondern in der Weisheit. Zu einem in diesem Sinne frommen Menschen soll sich der Annenverehrer entwickeln. 94 Adressaten der Schrift des Trithemius sind in erster Linie nicht Frauen und Mütter95, sondern Mönche und Gebildete; insbesondere solche, die nach weltlichem Wissen streben und so die praxis pietatis vernachlässigen. Sie werden kräftig gescholten: 93 A.a.O., Bl. 101 vf. - BUCK beschreibt in Anlehnung an Erasmus das Ziel des humanistischen Bildungsprozesses mit folgenden Worten: Selbstbescheidung, Demut, Duldsamkeit, friedliches und wohlwollendes Gemüt, Dienst am Nächsten (Die RANGSTELLUNG des Menschen in der Renaissance: dignitas und miseria hominis. In: AKuG 42,1960, S. 61-75, hier S. 70f). "Wenn der Humanismus damit dem Menschen eine hohe Verantwortung überträgt, tut er es im Vertrauen auf die im Menschen schlummernden sittlichen Kräfte, die durch die studia humanitatis geweckt und vervollkommnet werden sollen. Dadurch, daß der Humanismus den Rang des Menschen als eine an den Menschen gerichtete ideale Forderung begreift, die das Gesetz des Tuns vorschreibt, sucht er die Gefährdung, die dem Individuum nach der Auflösung des mittelalterlichen orbis christianus von einem willkürlichen Subjektivismus her droht, zu bannen und ein neues Maß des Menschlichen zu geben." A.a.O., S. 75. 94 Vgl. zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten des mittelalterlichen, humanistischen und refoimatorischen Erziehungsideals K . PETZOLD: Die Grundlagen der Erziehungslehre im Spätmittelalter und bei Luther. Heidelberg, 1969. (PF; 42) 95 Es geht hier also nicht einfach um geschlechtsspezifische Paränese, um die Domestizierung der Frau, wie DRESEN-COENDERS (vgl. Kapitel 1 . 2 . Anm. 5 4 ) argwöhnte, sondern um Versittlichung aller bildungswilligen Menschen, voran derjenigen, die im jungfräulichen Stande leben. Der sittliche und der fromme Wandel sind dasselbe.

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"An dem letsten gericht wurt nit von uch herfordert, wz Aristotelos unn Plato schrijbenn von der klughait der red, besonder es wurt von uch erfordert ain demutigs, ainfeltigs, haiiges leben."96 Trithemius spricht sie mehrfach direkt an: mit "liebe Brüder"97. Aber der Vorbildcharakter Annas gilt nicht nur für diese Adressaten, sondern für alle verantwortlich lebenden Menschen. Gelobt werden neben Glauben, Hoffnung und Liebe vor allem Annas ernste Haltung, würdige Rede, Reife der Überlegung und besonnener Umgang; Anna war friedsam, öffentlichkeitsscheu, arbeitsam, schweigsam, sie mied Volksbelustigungen wie Tanz und Schauspiel. Diese Äußerungen zielen auf die Versittlichung der ganzen Gesellschaft.98 Zu diesen Themen des Humanismus, die an Anna durchgespielt wurden, kommt das zeitspezifische Interesse an den Ordnungen von Ehe und Familie. Die ausführliche Diskussion der genealogia und posterioritas Annas entspricht nicht nur dem erstarkenden historischen Bewußtsein, sondern auch dem Bedürfnis nach geordneten Lebenszusammenhängen in einer von Laien bestimmten Welt. Die Frage nach Nachkommen und Abstammung ist einerseits eine Spielart der historischen Frage, andererseits Ausdruck des Selbstbewußtseins der Laien.

5.3. Großmutters Macht Sein Ziel hatte der humanistische Bildungsprozeß im sittlichen Handeln des Einzelnen. In Widerspruch dazu scheint die oftmals geäußerte Zusicherung zu stehen, wer Anna ehre, werde irdische Güter erlangen. Solche Gedankengänge finden sich keineswegs nur in den Mirakelanhängen der Annenlegenden99, sondern kommen auch in vielen Gedichten zum Ausdruck. Die Humanisten 96 A.a.O., Bl. 98v. 97 Beispielsweise a.a.O., Bl. lOOv u. Bl. 105v. 9 8 Zur ethischen Ausrichtung des Humanismus vgl. das folgende Diktum D . WUTTKES: "Nach meinen Beobachtungen ist die Renaissance und in ihr der Humanismus ganz wesentlich zu beschreiben als ein neuer Versuch der Ethisierung aller Lebensbereiche. Was [...] Entdeckung der Welt und des Menschen genannt werden kann, wurde unablässig in den Dienst eines Dritten, Höheren gestellt, nämlich jener Ethisierung, in deren Nachbarschaft stets die Theologie steht" (HUMANISMUS als integrative Kraft; die Philosophie des deutschen 'Erzhumanisten' Konrad Celtis; eine ikonologische Studie zu programmatischer Graphik Dürers und Burgkmairs. Nürnberg, 1985, S. 52 Anm. 43). - Zum genealogischen Interesse vgl.o. Kapitel 4.2. - Zum Interesse am Thema Ehe und Familie bei den Humanisten vgl.u. Kapitel 6.1. 99 Vgl. Kapitel 6.2.

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waren wie jeder andere Gläubige des Spätmittelalters der Meinung, daß Heilige bei Gott Fürsprache für die Anliegen der Gläubigen einlegen. Nur deshalb konnte sich Agricola in Krankheit an die hl. Anna wenden, konnten zahlreiche Erzählungen wunderbarer Errettungen durch die diva Anna gestaltet werden. Die vorreformatorische Verehrung der mächtigen Großmutter Jesu Christi hatte ihren Grund in dem Erfolg, der ihrer himmlischen Fürbitte zugesprochen wurde. Sie fand, so berichteten ihre Verehrer, selbst dann Gehör bei Gott, wenn alle anderen Heiligen - sogar ihre Tochter100 - versagten. Ihren Reiz für die Gläubigen hatte die Heilige als nieversagende, immergewährende Spenderin himmlischer Gnaden - sei es, daß sie ihre Verehrer in geistig-geistlicher und leiblicher Zucht bewahrte, sei es, daß sie jene aus Todesgefahr oder Armut errettete und ihnen Reichtum und gesellschaftliches Ansehen schenkte. So führte Celtis in dem bei Trithemius gebotenen Rahmengut101 aus: "Nullius Anna preces umquam dimisit inanes, Sed tulit optatam candida semper opem. Ergo piam matrem multo cumulemus honore, Nullius vacuas que sinit esse preces."102 [Niemandes Bitten hat Anna jemals als erfolglos verhallen lassen, sondern die Freundliche brachte stets die erwünschte Hilfe. Also wollen wir die fromme Mutter mit vielen Ehren überhäufen, die niemandes Bitten unerfüllt läßt.] Man könnte nun einwenden, daß in diesen Worten nichts ausgesagt wird, was auf eine spezifische Bedeutung der hl. Anna verweist. Jeder Dichter wird 'seinen' Heiligen über alle anderen erheben und ihm zuschreiben, daß er seinen Getreuen alle Wünsche von den Lippen ablese - das gehört zur 'Werbestrategie' der Laudatio. Festzuhalten bleibt lediglich, daß jedem Annenverehrer versprochen wird, immer Erhörung seines Gebets zu erfahren. Nicht ist die Rede davon, daß die Heiligen lediglich Fürbitter vor Gott sind, daß er immer der Erhörende und Gnadenspender ist. Da die Behauptung umfassender Macht eines Heiligen jedoch ein verbreiteter Topos des Lobgedichts sein könnte, müssen weitere Indizien beigebracht werden, die eine besondere Stellung Annas unter den himmlischen Heerscharen belegen. Solche finden sich wiede100 Gottsohn versagt seiner Mutter aus pädagogischen Gründen die Erfüllung ihrer stellvertretend für die Gläubigen geäußerten Bitten: Er will die Christen nämlich zur Verehrung seiner Großmutter anhalten - so führt Trithemius aus. A.a.O., Bl. 97r. 101 Vgl. Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1494a; zu Person und Werk des Trithemius vgl.o. Kapitel 5.1. Anm. 38. 102 Zitiert nach der Erstausgabe, a.a.O., Bl. El r, Hervorhebung nicht in der Vorlage. Die lateinischen Gedichte aus dem Anhang zum Panegyricus des Trithemius werden im folgenden immer nach dieser Ausgabe zitiert.

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rum in dem der Schrift von Trithemius beigegebenen poetischen Rahmengut. Adam Werner von Themar bat Anna in einem Hymnus (zu singen nach der Melodie Gaude visceribus mater in intimis), sich der Gläubigen anzunehmen, da der Herr ihr keine Bitte abschlagen könne. "[...] Nos prece poscimus, O matrona beata, - Christus nil tibi denegai."103 [Wir fordern durch Bitten, O glückselige Ehefrau, - Christus verweigert dir nichts.] Rutger Sicamber führte die Macht Annas, den Gläubigen Gaben und Geschenke von Christus zu erlangen, darauf zurück, daß der Enkel sich beständig daran erinnere, seiner Ahnfrau verpflichtet zu sein: "Anna, divine genitrix puelle, cuius appellas genitum nepotem carne dumtaxat, populum precantem Spernere noli. [Anna, Mutter des göttlichen Mädchens, deren Sohn du Enkel nennst, zumindest dem Fleische nach, verschmähe nicht das flehende Volk.] Der himmlische Herrscher hat ganz offenbar nach Meinung aller dieser Dichter eine besondere Beziehung zu jener Frau, die während seines irdischen Wandels seine Großmutter war. Auch die Verfasser der Annenlegenden waren dieser Meinung. So erzählte Petrus Dorlandus, daß es die mit Jesu Auferstehung auferweckte und in den Himmel aufgenommene Anna war, die ihren Enkel bat, seine Mutter - ihre Tochter - zu ihnen beiden in die himmlische Herrlichkeit zu berufen.104 Zu fragen ist nun, warum der Ahnfrau Gottes so große Macht bei Gott zugespochen werden konnte. Annas Macht als Fürsprecherin wurde durch zwei, strukturell unterschiedliche, Argumentationen begründet. Der erste Argumentationsgang läßt sich folgendermaßen zusammenfassen: Anna war die entscheidende Person im Heilsplan Gottes, weil von ihrer Tugend seine Inkar-

103 A.a.O., Bl. E 4r, Hervorhebung nicht in der Vorlage. 104 A.a.O., Bl. D3vf, Kapitel 27. - Die entsprechende Vorstellung des Dorlandus war sicher angeregt durch den pseudepigraphen Hieronymusbrief "Cogitis me", der für die Lesung am Assumptio-Fest verwendet wurde. Vgl.o. Kapitel 4.1. Anm. 11.

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nation abhängig gewesen sei. Die Vorherbestimmung Annas zur Großmutter Jesu wurde von Trithemius als schon in der Schöpfung der Welt vollzogene praeelectio dargestellt.105 Heilig kann nur der genannt werden, den Gott dazu gemacht hat; dieser muß aber seinerseits in seinem tugendhaften Wandel dieser Begnadung entsprechen, so daß der Wandel seinerseits wiederum zum Indikator der göttlichen Erwählung werden kann. Dazu tritt ein zweites und vor dem Hintergrund der Tradition völlig neues Argument: Gott, der sich in seinen Heiligen geehrt sehen will, will sich auch und besonders in seinen heiligen Eltern geehrt sehen. Diese sind nämlich nach seinen eigenen Worten zu ehren; gab er doch seinem Volk das vierte Gebot: "Du sollst deinen Väter und deine Mutter ehren" (Ex 20,12; Mt 15,4-6). Die Anwendung des vierten Gebotes auf die Begründung der Verehrung von Angehörigen der irdischen Familie Jesu ist ein Novum in der Entwicklung der Hagiographie. Gott selbst hat sich - so argumentieren die Texte des weiteren in seinem irdischen Leben dem Elterngebot entsprechend verhalten und seine Mutter im Fleische geehrt; also sollen die Gläubigen ihm nachfolgen und seine Eltern und Ahnen verehren. Jan van Denemarken formulierte diese Forderung folgendermaßen: "Want in der waerheyt soe segghir ditte: Alsoe wie een dochter van eenre goeder moeder begheert te eeren oft eenighe teekenen der reynre liefden te bewysen, so behoortet, dz hy oec mede in dier manieren die moeder sal eeren, dienen ende lief hebben.'" 06

So wie die Tochter einer guten Mutter die Mutter ehrt und ihr Zeichen der reinen töchterlichen Liebe gibt, so gehört es sich auch für die Gläubigen, die Mutter Marias zu ehren. Maria selbst hat, weil sie natürlich entsprechend dem Elterngebot des Dekalogs handelte, ihre Mutter in Ehren gehalten; das sollen deshalb auch die Marienverehrer tun. Entsprechend erschien Maria selbst in einem Mirakel einem Klausner und forderte ihn auf, Anna zu ehren.107 Auch sie selbst werde geehrt, wenn man ihrer Mutter die gebührende Ehre erweise. Die Mutter der herausragendsten aller Heiligen, die Mutter der Gottesgebärerin, soll also wegen ihrer natürlich-biologischen Funktion - als Mutter - verehrt werden. Diejenigen, die ihre Eltern verunehren, werden verflucht und mit dem Tode bedroht (Ex 21,17; Dtn 27,16; Mt 15,4-9); hier schließt sich die Argumentationskette. Trithemius resümiert:

105 TRITHEMIUS, "De laudibus", a.a.O., Kapitel 5 ist in der handschriftlichen volkssprachlichen Übersetzung überschrieben: "Dz der almechtig Got sant Annan zu der mutter siner gebererin usserwelt hat, e er die weit erschaffen hat". A.a.O., Bl. 99v. 106 Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1491a, a.a.O., Bl. 3r. 107 Vgl.o. Kapitel 4.5.

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"Nun ist es, dz wir liep haben Gottes sun Jhesum Christum unn eren sin allerraingste mutter Maria. Warumm sollen dann wir nit eren Annam, sine altmutter? Dann wer die mutter uneret, der uneret auch die tochter unn ir kint. Hond wir nun liep den obersten kaiser Jhesum Christum unn syen in tag un nacht loben, so ist es auch billich, dz wir liep haben sine altmuter, von der ersprungenn ist Maria, sin allerhailgeste gebererin."108 Die grundlegenden Überlegungen zum vierten Gebot werden noch weiter getrieben: Aus der göttlichen Forderung des Elterngehorsams, die Jesus und Maria während ihres Erdenwandels befolgt haben - sonst könnten sie nicht aufgrund ihres tugendsamen Wandels heilig genannt werden - , wird abgeleitet, daß dies Gebot auch im Himmel Geltung haben muß. Der himmlische Richter Christus hat sich in seiner Inkarnation den Bedingungen der Welt und damit auch ihrem Sittengesetz unterworfen. Christus kann sich auch als himmlischer Weltenrichter nicht dispensieren von dem Gebot, seine Eltern im Fleische zu ehren; deshalb hat seine Großmutter einen bedeutsamen Einfluß auf seine Entscheidungen. Die auf Erden gültigen Regeln und Gesetze des sozialen Zusammenlebens werden auf den Himmel übertragen.109 Aus der Anthropologie wird die Theologie erschlossen; das divinum wird in struktureller Analogie zum humanum gedacht. Im Himmel lebt die irdische Sippe Jesu in trauter Eintracht entsprechend denjenigen Geboten, die ihren irdischen Wandel bestimmt haben. Christus ist das gehorsame Enkelkind, dem die Wünsche seiner Großmutter Befehl sind. Daß durch eine solche Argumentation eine für die Anliegen der Gläubigen attraktive Heilige, eine wahrhafte diva kreiert werden kann, steht außer Zweifel.110

108 A.a.O., Bl. 95r. 1 0 9 P . DINZELBACHER ist zu dem Schluß gekommen, daß die mittelalterlichen Jenseitsschildeningen kein Weiterexistieren der Familie als sozialer Gruppe in der himmlischen Welt kennen (REFLEXIONEN irdischer Sozialstrukturen in mittelalterlichen Jenseitsschilderungen. In: AKuG 61, 1979, S. 16-34). Dies trifft für die Sippe der hl. Anna nicht zu. 110 Das vierte Gebot wird vornehmlich zur Begründung der Verehrung der Großmutter angewendet, nicht zur Begründung der Verehrung des Nährvaters Jesu und seines Großvaters. Das dürfte sich daraus erklären, daß Elternschaft vornehmlich als biologischer, weniger als sozialer Tatbestand gesehen wird. Josef aber hatte keinen Anteil an der Zeugung Jesu und über den Anteil Joachims an der Zeugung Marias kursierten sonderbare Ansichten. Vgl.o. Kapitel 2.1. - Bezeichnenderweise fallen jedoch gerade in diese Zeit die ersten Versuche einzelner Humanisten, die Verehrung Josefs und Joachims aufzuwerten. Vgl. J. SEITZ: Die Verehrung des hl. Josef in ihrer geschichtlichen Entwicklung bis zum Konzil von Trient. Freiburg i.Br., 1908. - Vgl.a. M. BARTH: Die Verehrung des heiligen Josef im Elsaß vom Mittelalter bis auf die Gegenwart. Hagenau, 1970. (AEA; Beih. 1) - Zur Joachimsverehrung, deren Förderung der von Bostius organisierte Dichterwettstreit dienen sollte, vgl.o. Kapitel 5 . 1 . Anm. 2 8 .

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Die logische Folge der Behauptung, Gott sei wahrer Mensch geworden, besteht darin, ihm eine Großmutter zu prädizieren. Gott hat sich in seiner Menschwerdung an den Menschen unauflöslich gebunden. Er hat sich - so denken die Annologen - , an seine Familie gebunden. Bei dieser Argumentation wird das neutestamentliche Zeugnis vom Dissens Jesu mit seiner Familie außer acht gelassen (Mt 10,37par; 12,48par). Auch in seiner göttlichen Seinsweise ist der Heiland noch gebunden durch seine vormalige Menschlichkeit. Die Ethisierung des Himmels wird postuliert. Folglich kann Agricola das Verhältnis der Sippe im Himmel weniger als Liebes- denn als Rechtsverhältnis beschreiben. "Tu foelix igitur, et tanta prole beata Anna, precor nostras sume benigna preces. Quod potes atque facis, natafm] tu mater adhortans, Vota simul iunctae reddite nostra Deo. Non erit, ut quisquam duce te diffidere votis Debeat, oratu fac modo vota iuves. Te duce quisque ferat rectos ad sydera vultus, Nec timeat vanas invalidasque preces. Nil tibi nata negai, nil et negai ille parenti, Ille colit matrem, te quoque nata colit. Ergo voca matrem te, se vocet illa parentem, Tuque tuum tibi ius, asserat illa suum. Iam nihil exposcent mortalia pectora frustra Quodque voles, simul id nata Deusque volent. Scilicet haec ita sunt, et non decepta rogantum Spes facit, ut precibus te lachrymisque petant.'" 11 [Du glückliche und durch so große Nachkommenschaft selige Anna, bitte nimm wohlwollend unsere Bitten entgegen. Soviel du vermagst und ausrichtest, indem du als Mutter die Tochter ermahnst, tragt ihr beide, in Gemeinschaft verbunden, unsere Wünsche vor Gott! Nicht wird geschehen, daß irgendjemand unter deinem Geleit den Wünschen mißtrauen muß; unterstütze nur durch Fürsprache die Wünsche. Bei deinem Geleit möge ein jeder das Angesicht zu den Sternen emporgerichtet halten, und er soll nicht fürchten, daß [seine] Bitten leer und kraftlos sind. Nichts verweigert dir die Tochter, nichts auch verweigert jener [Christus] der Mutter, jener ehrt die Mutter, auch ehrt dich die Tochter.

111 Zitiert nach der von Redijk besorgten Ausgabe, Hervoihebungen nicht in der Vorlage.

ERASMUS POEMS,

a.a.O., S. 302f.

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Also nenne du dich Mutter, jene - die Tochter - möge sich Mutter nennen. Du mögest für dich dein Recht beanspruchen, jene für sich das ihre. Nichts mehr werden die sterblichen Herzen vergeblich fordern und was du wollen wirst, das werden zugleich Tochter und Gott wollen. Selbstverständlich verhält es sich so und die nicht getäuschte Hoffnung der Bittsteller bewirkt, daß sie mit Bitten und Tränen an dich herantreten.] Die Verben, welche das Verhältnis von der Großmutter gegenüber der Tochter, von dieser zum Enkel kennzeichnen, lauten "adhortare" und "asserere"; zur Kennzeichnung des Verhältnisses von der Tochter zur Mutter beziehungsweise vom Sohn zur Tochter werden "colere" und "non negare" gebraucht. Vom jeweils Erziehungsberechtigten zum Kind besteht eine Beziehung, die durch Gebote gekennzeichnet ist: Das Kind ist verpflichtet, Weisungen Folge zu leisten. Dies wird mit Hilfe des Begriffs "ius" explizit als Rechtszustand gekennzeichnet. Voraussetzung dieser Struktur, in welcher die Gebote des ältesten Erziehungsberechtigten Recht setzen, ist nach Agricola das gemeinsame Wollen. Die Willenseinheit der Himmlischen hat ihren letzten Grund jedoch nicht in dem gemeinsamen Wollen der im Himmel weilenden Familie Gottes, sondern im Willen der Großmutter, welcher die beiden Willen von Tochter und Enkel sich beugen müssen. Die traditionelle Beschreibung des Verhältnisses zwischen Himmel und Erde: Gott lenkt, gebietet, richtet in herrscherlicher Freiheit, der Mensch folgt, gehorcht, beugt sich im demütigen Bewußtsein seiner Unfreiheit, ist auf den Kopf gestellt - zumindest was das Verhältnis menschliche Großmutter und göttlicher Enkel angeht. Erasmus stellte sich in die Tradition des Agricola. Bei ihm ist jedoch das Bemühen deutlich, die Annen Verehrung mit Hilfe der Lehre von den zwei Naturen Christi tiefer zu begründen und zu legitimieren: Nicht der Enkel Jesus, sondern der Enkel Jesus Christus rechtfertigt das Lob der Großmutter; die doppelte Natur des Menschensohnes ist Bedingung des Gedankens, daß Anna auf Erden wie im Himmel eine besondere Stellung innehat. Entsprechend folgt auch hier abschließend die bekannte gedankliche Figur, daß Anna bei Tochter und Enkel alles erlangen könne, nun begründet aus der Liebe des Kindes zu der Mutter: "O terque, quaterque et amplius Parens beata. Nam potes: Iuva preces mortalium Tuo vacantum cultui. Nam te patrona quidlibet Speramus assequi; modo Voles - voletque filia, Nec huic petenti pusio

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Negare quicquam noverit. Amai parentem filius, Ñeque filio negat pater Amans et ipse filium. Amen"112 [O drei-, viermal und öfter selige Mutter. Denn du vermagst es: unterstütze die Bitten der Sterblichen, die sich deiner Verehrung widmen. Denn mit dir als Patronin, hoffen wir alles zu erlangen; wenn nur du wollen wirst, dann wird auch die Tochter wollen und das Knäblein wird sich nicht dazu verstehen, dieser, wenn sie bittet, irgendetwas zu verweigern. Der Sohn liebt die Mutter und nichts verweigert dem Sohne der Vater, weil er auch selbst den Sohn liebt. Amen.] Erstmals wird hier auch Gottvater als derjenige, auf dessen Entscheidungen Anna letztlich Einfluß hat, in das gedankliche Spiel um Liebe und Gehorsam einbezogen. Anna wird im Horizont der immanenten Trinität thematisiert. Die entscheidenden Verben, welche die Struktur der Beziehung zwischen den Himmlischen kennzeichnen, lauten, ähnlich wie bei Agricola, velie und negare. Die Betonung liegt in der Begründung hier allerdings weniger auf dem kindlichen Gehorsam als auf der kindlichen Liebe, der die Liebe des himmlischen Vaters korrespondiert. Maria und Jesus lieben je ihre Mütter und folgen deshalb ihren Wünschen; Gottvater erfüllt aber Gottsohn alle Wünsche, weil er seinen eingeborenen Sohn liebt. Diese Gedanken zur umfassenden Macht Annas konnten im volkssprachlichen Schrifttum schnell rezipiert werden. In einer etwa 1495 in Reutlingen gedruckten Inkunabel bezeichnete der Autor eines Gebetes Anna als "ursprung unnd anfang aller unser sa e likait" und dankte ihr für ihre Fruchtbarkeit: "Wan dein fruchtbarkeit ist uns armen sünder nutzer dann das du ain unfruchtbare junckfraw beliben werest. Du bist edler dann Sara (Bl. lv) // schöner dann Rebecka, fruchtbarer dann Lya, hübscher dann Rachel, hailiger dann Hester, sa'liger dann Bersabee, weyser dann Abigayl und stercker dann Judit, die all saelig frowen der alten ee gewesen seind. Du bist ain gu°te zu°versicht und nothelfferin allen menschen, die dir treüwlichen dienen und hoffnung in dich haben."113

112 A.a.O., S. 205 Z. 83ff, Hervorhebungen nicht in der Vorlage. 113 Beschreibung im Anhang unter ca. 1495b, hier Bl. lvf.

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Anna soll dem Beter nicht nur die Gnade des hl. Geistes vermitteln, die ihn in der Vollbringung guter Werke stärken soll, sondern vor allem einen 'guten Tod' bringen: "Vertreib von mir in der stund mines todes all bo'ß list und schrecken der bo'sen geist, das ich mitt gu°ter vernunfte, warer reuw, bycht, bu°ß unnd enpfahung der hailigen sacrament in den gnaden Gottes saeligklich mein leben end."114 Anna wird das Erbetene für den Sünder erlangen, weil sie, so erinnert sie der Beter, Macht über ihre Tochter und den Enkel hat: "Dann dein dochter Maria und ir sun Jhesus Christus dich allzeit gern und billichen erho'ren und erend un dir nichts versagen mo'gend."115 Abschließend sollen nun die Eigentümlichkeiten dieser humanistischen AnnaTheologie zusammenfassend beschrieben werden. Die Gebote sind nach überlieferter theologischer Auffassung für Gott nicht ethische norma agendi, sondern rechtliche norma iudicandi. Diese Differenzierung von Ethik und Recht, begründet im Unterschied von Gott und Mensch, wird in der analysierten Gestalt humanistischer Theologie aufgegeben: Der Dekalog gilt diesen Theologen als gleichsam sittliche norma agendi auch für Gott, nicht nur für die Menschen. Gott selbst unterwirft sich in seinem Tun den Forderungen des Dekalogs, wie daran deutlich wird, daß er das vierte Gebot befolgt. In Gestalt des Sohnes ehrt Gott seine Großmutter; er schlägt ihr keine Bitte ab. Diese Organisation des Himmels nach sittlichen Maximen hat Folgen für das Leben auf der Erde. Denen, die sich an Anna wenden, kommt nämlich zugute, daß der kraft seiner sittlichen Selbstbindung ihr gehorsame Allmächtige die seitens der Menschen an Anna gerichteten Bitten erfüllt. Ist damit zwar einerseits die Bedeutung des Sittengebotes klar herausgestellt und der Wert der Sittlichkeit um ihrer selbst willen unterstrichen, so hält jedoch gleichzeitig die Vorstellung, wegen Anna werde Gott einem jeden alle seine Wünsche erfüllen, Einzug in die Frömmigkeit. Die Anrufung Annas erlaubt Aussicht auf die Erlangung sämtlicher erstrebter Güter. Somit provoziert die auf der Ethisierung des Himmels basierende Frömmigkeitskultur eine gewisse Dissoziierung von Frömmigkeit und Sittlichkeit. Ohne diese Dissoziation verstärken zu wollen - und wohl auch ohne eine bewußt strategische Inanspruchnahme dieser Dissoziation - , arbeiten die Humanisten freilich mit der eudämonistischen Motivierung der Frömmigkeit, um so die himmlisch-vorbildliche Sittlichkeit auch den irdischen Lebensverhältnissen anzuempfehlen. Sie benutzen die latent auf Eigennutz ausgerichteten

114 A.a.O., Bl. 2r. 115 Ebd.

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Wünsche der Heiligen Verehrer116 gleichsam als Vehikel, um - freilich entgegen ihrer Logik - zur individuellen Aneignung der bei Gott vorgebildeten sittlichen Lebensverhältnisse anzuleiten. Ob diese mit einer doppelten Zweck-MittelVerschränkung operierende Pädagogik ihrem Ziel angemessen ist, wird freilich dahingestellt bleiben müssen.

116 Vgl. die oben (Kapitel 1.1.) zitierte Kritik Luthers an der Verehrung der hl. Anna.

6. Pädagogische Funktion der Annenlegenden Eine Heiligenvita dient nicht nur dem Lob eines Menschen, der in unvergleichlicher Übereinstimmung mit dem göttlichen Gebot gewandelt ist, sie expliziert nicht nur dessen 'heroische Tugend', sondern hat auch die Funktion, die gläubigen Leser zur imitatio zu ermuntern. Nachfolgen sollen sie dem irdischen Wandel des Heiligen, um auf diese Weise selbst angeleitet zu werden zum rechten Leben. 1 So fordert Erasmus im Jahre 1518 im "Enchiridion" mit folgenden Worten zur sittlichen Heiligennachfolge auf: "Veneraris divos, gaudes eorum reliquias contingere. Sed contemnis, quod illi reliquerunt optimum, puta vitae purae exempla. Nullus cultus gratior Mariae, quam si Mariae humilitatem imiteris. Nulla religio sanctis acceptior magisque propria, quam si virtutem illorum exprimere labores."2 ["Du verehrst die Heiligen, du freust dich, ihre Reliquien zu berühren. Aber du verachtest, was jene als das Beste hinterlassen haben, nämlich die Beispiele eines reinen Lebens. Kein Kult ist der Maria wünschenswerter, als wenn du die Demut Maria nachahmst. Keine Frömmigkeit ist den Heiligen angenehmer und eher angemessen, als wenn du dich mühst, ihre Tugendhaftigkeit zum Ausdruck zu bringen."3] Mit deutlichen Worten wird den Legenden der Heiligen hier eine pädagogische Funktion zugesprochen. Die Tugenden der Großmutter Jesu konnten die Hagiographen aus der Tradition nicht erheben. Sie haben sie im selektiven Rückgriff auf traditionelle hagiographische Topoi und in freier Weiterbildung derselben der Heiligen angedichtet. Die Tugenden Annas sind deshalb Spiegel 1 Damit ist es nicht nur möglich, historisch-biographische Züge einzelner Heiliger sowie die individuellen Intentionen und die literarischen Vorbilder der Hagiographen zu untersuchen, sondern auch zu Aussagen über das Heiligkeitsideal einer bestimmten Zeit und einer bestimmten sozialen Gruppe zu gelangen. Vgl. L . HERTLING: Der mittelalterliche Heiligentypus nach den Tugendkatalogen. In: ZAM 8,1933, S. 260-268. 2 Desiderius ERASMUS: Ausgewählte Werke / hg. von H. Holbom. München, 1933. (VKEGR; Bd. 1), S. 22-136, hier S. 74 Z. 20-25. - In den frühneuzeitlichen Ausgaben dieser Schrift fand sich auch ein Annengedicht des Erasmus (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1518b u.ö.). Zu Inhalt und Aussage des Gedichts vgl.o. Kapitel 5.3. 3 Zitiert nach DELIUS, a.a.O., S. 193.

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der Vorstellungen der Hagiographen. Was ihnen als unverzichtbar für die Darstellung der heiligen Persönlichkeit erschien, hat diese ausgezeichnet. Somit bringen die Anna beigelegten Tugenden zum Ausdruck, was die Hagiographen ihren Lesern als vorbildhaftes Verhalten nahelegen wollten. Die Annenvita ist im Unterschied zu vielen anderen Heiligenleben nicht vom Wunder her bestimmt4; sie zeichnet Anna vor allem als besonders tugendsame Person. Anna hat ihre Funktion im Geschehen der Inkarnation nur aufgrund ihrer persönlichen Würdigkeit wahrnehmen können. Nach Überzeugung der Hagiographen ist das eine unumgängliche Schlußfolgerung der folgenden Überlegung: Maria verdiente es, Gottesmutter zu werden; also muß ihre Mutter sie erzogen haben zu tugendhaftem Wandel. Das konnte sie aber nur, weil sie selbst so tugendsam war, daß sie es 'verdiente', Maria zu gebären. Biblisch-weisheitliche Traditionen, allegorisch ausgelegt, sollten diese Gedanken absichern. So wurde aus dem jesuanischen Diktum: "ein jeglicher guter Baum bringt gute Früchte" (Mt 7,16-20) ein Bild für den sittlichen Menschen im genealogischen Zusammenhang.5 Aus dem Enkel, der süßen Frucht, meinte man Rückschlüsse auf die Wurzeln des Baumes, das Geschlecht Jesu, ziehen zu können. Diese Auslegung ist bezeichnend für das genealogische Interesse des RenaissanceHumanismus; der Baum war als Sinnbild für Abstammungs- und Vererbungsverhältnisse zu dieser Zeit weit verbreitet.6

4 Miracula in vita strukturieren die Annenvita nicht. Einige mirakulöse Begebenheiten werden gleichwohl berichtet; allerdings einzig in der Bearbeitung der Annenlegende Jan van Denemarkens durch Wouter Bor (zu beiden Hagiographen und ihren Annenlegenden vgl.o. Kapitel 4.5. Anm. 128 u. Anm. 131): Ein blinder Ritter wird geheilt, als er vier goldene Buchstaben auf der Brust des Säuglings, die den Namen Anna bzw. Gnade darstellen, berührt; nach Marias Geburt zeigen sich unnatürliche Verhaltensweisen von Tieren. Diese Wunder sind in Entsprechung zu anderen Heiligenviten gebildet. - Beispiele für die Strukturierung einer Heiligenvita vom Wunder her bei Ingeborg B R Ü N I N G (Das Wunder in der mittelalterlichen Legende. Diss. Frankfurt a.M., 1952) und bei P. T O L D O (a.a.O.) - Vgl.a. E. D E M M : Zur Rolle des Wunders in der Heiligkeitskonzeption des Mittelalters. In: AKuG 57,1975, S. 300344. 5 Das Diktum zielt, wie aus dem Kontext erhellt, auf das Verhältnis von Person und Handeln. 6 Vgl. eine Abbildung in der Handschrift der Bayerischen Staatsbibliothek München cgm 371, Bl. 56v. - Auf die Bedeutung von Baumschemata in der Genealogie hat H. S C H A D T hingewiesen (Die Darstellungen der Arbores Consanguinitatis und der Arbores Affinitatis; Bildschemata in juristischen Handschriften. Tübingen, 1982. Zgl. Diss. Tübingen, 1973, vgl. z.B. S. 222 u. S. 315). Die komplizierten Verwandtschaftsverhältnisse in der Sippe Jesu dienten gelegentlich als Anschauungsmaterial zur Demonstration der kanonischen Ehehindemisse für angehende Juristen. Gehäuft treten solche vom 13. Jahrhundert an nachweisbare Schemata, die an der Sippe Jesu die einer Eheschließung entgegenstehenden Hindemisse thematisieren, im 15. und 16. Jahrhundert auf. - Zum Gebrauch vegetativer Symbole in der

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Die Tugenden7, welche die hl. Anna nach Meinung der Annologen ausgezeichnet haben, werden im folgenden aus den Legenden des Jan van Denemarken8 und des Wouter Bor9 erhoben. Bor hat die frühniederländische Annenlegende des an erster Stelle genannten Utrechter Priesters popularisiert; seine Fassung der vita und miracula Annae hatte, wie aus der Verbreitung zu schließen ist, allergrößten Einfluß auf das Annenbild der Halbgebildeten. Die Großmutter Jesu soll nicht allein zum Vorbild derjenigen Frauen dienen, die im weltlichen Stand leben10, sondern will alle Familienangehörigen zu einem erfüllten Leben im familiären Zusammenhang anleiten. In ihr wird dargestellt, wie die Ehegatten sich zueinander, die Eltern sich zu den Kindern und diese sich zu den Eltern, schließlich wie die Geschwister sich untereinander verhalten sollen. Deutlich wird, wie die Hagiographen sich Konfliktregulierung innerhalb der Ehe und Verwandtschaft vorstellten. Die Annenlegende wertet das Leben in Ehe und Familie als religiöse Lebensform. Das Interesse an Ehe- und Familiendidache erhellt daraus, daß nicht nur Annas Verhaltensweisen dem Leser als vorbildlich vor Augen gestellt werden, sondern auch die ihrer Ehemänner und der übrigen Angehörigen. Anna hat dabei die Funktion, als 'Hauptperson' den roten Faden der Erzählung zu gewährleisten; sie ist die 'Hausmutter', über welche hier die Sippe definiert wird.11 Die Außenwelt wird Renaissance vgl. G.B. L A D N E R : Vegetation symbolism and the concept of renaissance. In: Essays in honor of E. Panofsky / hg. von M. Meiss. Bd. 1. Zürich, 1960, S. 303-322. - Die Beliebtheit des Baummotivs zeigt sich auch in der Vision Emerentias (s.u. Kapitel 6.1.). 7 Über die Tugend einer Person kann grundsätzlich auf zweierlei Weise gesprochen werden: Entweder wird sie im Lebensvollzug der betreffenden Person aufgewiesen, indem nachgezeichnet wird, wie dies Leben sich von Geburt bis Tod gestaltet hat - d.h. im Rahmen einer Vita - , oder sie kann in Form einer Lobrede, in der antiken Rhetorik panegyricus bzw. laudatio oder encomium genannt, systematisch entfaltet werden. Beides kommt im Annenschrifttum vor. Von Jan van Denemarken (im Anschluß an Annenvita und -mirakel) und Trithemius sind solche Lobreden in Prosa überliefert. Als poetische panegyrici können die Gedichte zu Ehren der Heiligen interpretiert werden. 8 Zu Biographie und Werk vgl.o. Kapitel 4.5. Anm. 128. - Ich zitiere Denemarken im folgenden immer nach der Erstausgabe (Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1491 a). 9 Zu Biographie und Werk vgl.o. Kapitel 4.5. Anm. 131. - Ich zitiere Bor im folgenden immer nach einer Übertragung dieser Annenlegende in den moselfränkischen Dialekt (Stadtbibliothek Trier Hs. 1187/489 8°, Bl. 10v-225r), um dem in der frühniederländischen Sprache nicht geübten Leser das Verständnis zu erleichtern. 10 Zu speziellen Büchlein, die Standesdidache für Frauen bieten, vgl. Alice A. H E N T S C H : De la littérature didactique du moyen âge s'adressant spécialement aux femmes. Genève, 1975. - Vgl.a. W. HEINEMANN: Zur Ständedidaxe in der deutschen Literatur des 13. bis 15. Jahrhunderts. In: BGDS (T) 88, 1966, S. 1-90 u. 89, 1967, S. 290-403. - Diese Schriften gehen viel differenzierter auf den weiblichen Lebenszusammenhang ein als die Annenlegenden. 11 Es könnte verwundern, daß in einer patriarchal geprägten Welt, deren sprechendster

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dagegen als anarchisch-ungeordneter Zusammenhang beschrieben, der nur am Rande in den Blick der Hagiographen kommt. Die sozial- und mentalitätsgeschichtlich orientierte Forschung hat beobachtet, daß die Bedeutung des Eheund Familienthemas an der Wende des 15. zum 16. Jahrhundert zunahm; gerade von Seiten der Humanisten sei der Wert des ehelichen Lebens in unzähligen Schriften herausgestellt worden.12 Dies Interesse am 'Mikrokosmos Familie' 13 spiegelt sich in der Annenvita.

Ausdruck die Hausväterliteratur ist, eine Hausmutter in den Mittelpunkt der Darstellung rücken konnte. - Natalie Zemon DAVIS hat in mehreren Aufsätzen die Rolle und Bedeutung der Frau in der frühen Neuzeit im öffentlichen und familiären Zusammenhang in präzisen exemplarischen Untersuchungen erhellt (STÄDTISCHE FRAUEN und religiöser Wandel! In: Dies. : HUMANISMUS, Narrenherrschaft und die Riten der Gewalt; Gesellschaft und Kultur im frühneuzeitlichen Frankreich. Frankfurt a.M., 1987. Orig.Ausg. u.d.T.: Society and culture in early modern France, S. 75-105). Vgl.a. in demselben Band dies.: Die AUFSÄSSIGE FRAU, S. 136170). Dabei hat sich gezeigt, daß es nicht für unüblich erachtet wurde, in der Entstehungszeit der Anneniegende das Geschlecht über eine weibliche Person zu definieren. Im Falle, daß der Hausvater starb, ging die Sorge für die Familie, das Familienerbe und die Weiterexistenz des Geschlecht an die Ehefrauen über. Vgl.a. dies.: Die GEISTER der Verstorbenen, Verwandtschaftsgrade und die Sorge um die Nachkommen; Veränderungen des Familienlebens in der frühen Neuzeit. In: Dies.: FRAUEN, a.a.O., S. 19-51. - Auch Erika Urrz betont, daß man nicht von einem Dissens zwischen den Interessen der Geschlechter ausgehen kann; gerade in den patrizischen Familien und in anderen, der Oberschicht angehörigen Familien, entsprach das Interesse der Frauen am Familienvermögen und an sozialer Repräsentation dem der Männer, auch in den zur Mittel- und Unterschicht zu zählenden Familien zeigt sich eine Tendenz zu einem von gegenseitiger Achtung und gemeinsamer Sorge bestimmten Geschlechtervertiältnis (Zur Darstellung der Stadtbürgerin; ihrer Rolle in Ehe, Familie und Öffentlichkeit in der Chronistik und in den Rechtsquellen der spätmittelalterlichen deutschen Stadt. In: Jahrbuch für die Geschichte des Feudalismus 7,1983, S. 130-157). - Auch daß Frauen sich mehrfach verehelichten, war üblich und galt in keiner Weise als anstößig. Vgl. Barbara B. DIEFENDORF: Widowhood and remarriage in sixteenth-century Paris. In: Journal of family history 7,1982, S. 379-395. - Das Anliegen der Hausväterliteratur ist im Grunde dasselbe wie das des Annenschrifttums: Geschlechtsrollenspezifisches Verhalten wird eingeprägt. Dabei wird jedoch - und dies markiert den Unterschied zur Annenlegende - die Bedeutung des Eheherm als Erzieher der Frau, der Kinder und des Gesindes herausgestellt. Zur Hausväterliteratur vgl. S. OZMENT: When fathers ruled; family life in reformation Europe. Cambride/Mass., 1983. Vgl.a. J. HOFFMANN: Die 'Hausväterliteratur' und die 'Predigten über den christlichen Hausstand'; Lehre vom Hause und Bildung für das häusliche Leben im 16., 17. und 18. Jahrhundert. Weinheim, 1959. 12 Vgl. M . HERRMANN: Albrecht von Eyb und die Frühzeit des deutschen Humanismus. Berlin, 1893. Er hält das Ehethema für ein "Lieblingsthema der humanistischen Literatur" (a.a.O., S. 322); dieser Beobachtung ist bislang nicht widersprochen worden. - Bedeutsam für das Frauenbild der Humanisten ist die Rezeption der aristotelischen Ökonomik. Vgl. D. SCHWAB: Familie; der Begriff der Einzelfamilie unter dem Einfluß der aristotelischen Ökonomik. In: GGr, Bd.2, 1975, S. 258-266 u. S. 278-280. - Vgl. die Faksimileausgabe des

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Zur imitatio werden die Leser von Legenden auch auf einer zweiten Ebene aufgefordert. Die mit der Vita eines Heiligen verbundenen Mirakel zeigen ihnen, welchen Wert die Fürsprache des Heiligen am himmlischen Thron hat. Vermittelt die Vita also Anleitung zum rechten Leben in der Welt, so vermitteln die miracula, wie die Hilfe des Heiligen im eigenen Leben in Anspruch

Ehebüchleins von Albrecht von Eyb und die Einleitung von H. Weinacht in: Albrecht von EYB: Ob einem manne sey zu nemen ein eelichs weyb oder nit. Darmstadt, 1982. (Texte zur Forschung; 36) Vgl.a. M. Dallapiazzas klärende Bemerkungen zur Einleitung in der Rezension dieser Ausgabe (ZDA 1983, S. 136-138). - Eine Auswahl spätmittelalterlicher und humanistischer Quellenauszüge wird geboten in: W I E EIN MANN ein fromm Weib soll machen; mittelalterliche Lehren über Ehe und Haushalt / hg. von M. Dallapiazza. Frankfurt a.M., 1984. - Vgl.a. M. DALLAPIAZZA: minne, hûsêre und das ehlich leben; zur Konstitution bürgerlicher Lebensmuster in spätmittelalterlichen und frühhumanistischen Didaktiken. Frankfurt a.M„ 1981. (Europäische Hochschulschriften; 1.455). - Dallapiazza betonte mehrfach, daß der 'Wert' der Frau von den Humanisten nicht personal, sondern funktional bestimmt wurde. 13 Vgl. H. LUTZ: Erforschung des Mikrokosmos: Geschichte der Familie. In: Ders.: REFORMATION und Gegenreformation. München, 1979, Oldenbourg Grundriß der Geschichte; 10, S. 173-175. - Allgemein wird betont, daß das Intercesse an den Themen Haushaltsorganisation und Familie sehr groß war; individuelle Identität wurde über die Familie bzw. Sippe gewonnen und bestimmt. Das soziale Leben in der Renaissance sei aufs Engste mit dem Familienleben verknüpft. Vgl. RECENT TRENDS in renaissance studies; the family, marriage, and sex. In: RQ 1987, S. 660-681. - Vgl.a. J.-P. W I L S : Neuere Literatur zur Geschichte der Ehe. In: ThQ 167, 1987, S. 137-143. - Vgl.a. REWRITING the renaissance; the discourses of sexual difference in early modem Europe / hg. von M. W. Ferguson. Chicago, 1986. - Vgl.a. J.K. YOST: The value of married life for the social order in the early English renaissance. In: Societas 6, 1976, S. 25-39. - Vgl.a. E. MASCHKE: Die FAMILIE in der deutschen Stadt des späten Mittelalters. Heidelberg, 1980. (SHAW.PH 1980; 4) - Auch von Seiten der Kirchengeschichte liegen Untersuchungen vor: Vgl. H.-G. GRUBER: Christliches Einverständnis im 15. Jahrhundert; eine moralgeschichtliche Untersuchung zur Ehelehre Dionysius' des Kartäusers. Regensburg, 1989. (SGKMT; 29) Zgl. Diss. München, 1988, mit reicher Bibliographie. Unter den älteren Arbeiten vgl. R. KOEBNER: Eheauffassung des ausgehenden Mittelalters. Teilabdr. in: AKuG 9, 1911, S. 136-198 u. S. 279-318. - Zur Geschichte der kirchlichen Ehelehre vgl.a. N. PAULUS, der die Ehrenrettung der mittelalterlichen Kirche zu unternehmen versucht durch Überbetonung der von einzelnen Predigern verbreiteten Theorie, die Ehe sei mit den Orden zu parallelisieren (Mittelalterliche Stimmen über den EHEORDEN. In: HPB1141, 1908. XI, S. 1008-1024). - F. FALK gibt zahlreiche Hinweise auf die Behandlung des Ehethemas in frühen Druckschriften (Die EHE am Ausgange des Mittelalters; eine kirchenund kulturhistorische Studie. Freiburg i.Br., 1908, Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes; VI.3). - Aus germanistischer Perspektive werden zahlreiche Beispiele für die Hochschätzung der Ehe und die romantische Verklärung geschlechtsspezifischer Verhaltensweisen beigebracht in: EHEGLÜCK und Liebesjoch (a.a.O.). Das Interesse an der Lebensform Familie spiegelt sich auch im Interesse an der Genealogie vgl.o. Kapitel 4.2.

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genommen werden kann. Die Mirakel sollen die Leser lehren, welche Macht der zu verehrende Heilige als Fürbitter am göttlichen Thron hat und sie einüben in die Praktiken seiner Verehrung. Dahinter steht die im Mittelalter verbreitete Überzeugung, Heilige seien adiutores des Menschen, deren invocatio Vorteile in Bezug auf das weltliche und geistliche Wohl bringe. Mirakel haben also immer eine kultpropagandistische Funktion einerseits und stellen andererseits Modelle gelungener Konfliktbewältigung durch Inanspruchnahme des Heiligen seitens der Gläubigen dar. Zwar hat Johannes Trithemius zugegeben, daß manche seiner Zeitgenossen die Historizität der Annenmirakel bezweifelten; das hinderte die Annologen jedoch nicht, Annenmirakel aufzuzeichnen: "[V]on iren mirackel unn wonderzaichen honn ich auch nit wollen schriben, dann die gelerttenn honn nit all glauben daran unn sind die ding verwerfenn, die von der kirchen nit bewert noch zu gelassen sind. Unn dz diss buchlin nit argwönig würd, honn ich allain die warhait unn dz da bewert ist, un nieman darin kan reden wollen, beschriebenn. Wie wol eß mag sin, dz der wonderzaichn vil beschehen sin, die mir auch kunt sind. Wiltu, so will ich dir solchs zu anderer zyt beschriben."14 Die Historizität von Mirakeln ist für Trithemius abhängig von ihrer kirchlichen Approbation; historisch-kritische Einwände im modernen Sinne hat weder Trithemius noch ein anderer Annologe gegen die Mirakel geäußert.15 Sämtlichen Annenlegenden aus dem deutsch-niederländischen Raum wurden Mirakelsammlungen beigegeben. Die Mirakelforschung hat in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte gemacht. Besonders interessant sind diejenigen Überlegungen, die auf Korrespondenzen zwischen sozialen Verhältnissen und in den Mirakeln thematisierten Problemen aufmerksam machen. Zwar sind Mirakel nur in eingeschränktem Sinne als Quelle der Sozialgeschichte fruchtbar zu machen, weil sie ihre Fälle nicht aus der unmittelbaren Anschauung der

14 A.a.O., Bl. 94r. Die letzte Formulierung führte einige spätere Biographen des Trithemius dazu, die Existenz einer Handschrift mit Annenmirakeln zu postulieren. Eine solche konnte jedoch von ARNOLD nicht aufgefunden werden (TRITHEMIUS, a.a.O., S. 105). 15 Gleichwohl kannte Trithemius die in den Legenden überlieferten Mirakelerzählungen und kam an verschiedenen Stellen auf sie zu sprechen: mit Hinweis auf den 'Jüngling von Doch' rechtfertigte er das Kerzenbrauchtum, mit Hinweis auf die 'Erscheinung Marias vor einem Klausner' ein Annengebet, mit Hinweis auf ihre Hilfe in verschiedenen Nöten ihre Verehrung. Trithemius betont, viele Mirakel und auch Personen, denen solche widerfahren sind, zu kennen. Er ist der Überzeugung, Anna erlöse von Trübsal und Anfechtung - unter anderem von Anfechtungen des Fleisches bei geistlichen oder weltlichen Personen - , Reue und Furcht vor der letzten Stunde, Räubern und Mördern, sie besänftige das Meer und schütze vor Pest, gebe Reichtum und Hoffnung in Verzweiflung, rechte Reue und Penitenz, Andacht in der Geistlichkeit und sanften Tod; sie bewahre vor ewiger Verdammnis, Keiker und Gefängnis usw. - eben diese Themen gestalteten die Mirakel.

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Wirklichkeit gewinnen, sondern exemplarische Situationen mit Hilfe traditioneller Topik zeichnen; dennoch lassen sie die für die Hagiographen und Rezipienten der Mirakel bedeutsamen Probleme, welche durch Intervention des Heiligen gelöst werden sollen, erkennen.16 Die in diesem Abschnitt entfaltete These lautet: Mit Hilfe der hl. Anna gelang es den Annenverehrern, die als ungerecht erfahrene Wirklichkeit zu bewältigen. Die Anrufung der hl. Anna bot nicht allein die Gewähr für zukünftige Vergeltung von Unrecht, das auf der Erde erlitten wurde, sondern die Heilige sorgte dafür, daß ihre Verehrer schon auf Erden die Güter empfingen, deren die sich bedürftig wußten: Reichtum, soziales Ansehen, Nachkommenschaft. Daß gerade diese Güter bevorzugt durch die Hilfe der hl. Anna erbeten wurden, spiegelt die Entstehungszeit der Mirakel, denn man war im ausgehenden 15. Jahrhundert der Überzeugung, daß der Mensch dieser Dinge bedarf.17 Damit waltet zwischen Annen vita und Annenmirakeln ein gewisser gedanklicher Gegensatz: Während es dort um die Erlangung von Glück durch sittliches Leben geht, wird hier Glück als Folge der Verehrung des rechten Heiligen beschrieben.

6.1. Vita: Vorbild für erfülltes Familienleben Die verheiratete Frau wurde von der mittelalterlichen Kirche kaum als religiöses Subjekt wahrgenommen. Das zeigt sich nicht zuletzt am Heiligsprechungsverhalten der Päpste. Von den zehn weiblichen Laien, für die zwischen 1198 und 1431 überhaupt ein Kanonisationsprozeß geführt wurde, wurden nur drei zur Ehre der Altäre erhoben. Das waren Elisabeth von Thüringen (kan.

1 6 F. PRINZ: Der Heilige und seine Lebenswelt; Überlegungen zum gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Aussagewert von Viten und Wundererzählungen. In: Ders.: Mönchtum, Kultur und Gesellschaft; Beiträge zum Mittelalter, FS F. Prinz / hg. von A. Haverkamp. München, 1989, S. 251-268. 17 Das spiegelt sich in in einer neuen Wertung der Armut: Jetzt wird Armut als Problem empfunden, das obrigkeitlich geregelt werden muß. Vgl. zur Geschichte der Bewertung der Armut B. MOLLAT: Die Armen im Mittelalter. 2. Aufl. München, 1987, mit Bibliographie. Zu sozialen Differenzierungsprozessen in Spätmittelalter undfrüherNeuzeit vgl. die Aufsätze in den folgenden Bänden: GESELLSCHAFTLICHE UNTERSCHICHTEN, a.a.O. - STÄDTISCHE MITTELSCHICHTEN / hg. von J. Sydow. Stuttgart, 1972. - A. HAVERKAMP: Die "frühbürgerliche" Welt im hohen und späteren Mittelalter. In: HZ 221,1975, S. 571-602. - MASCHKE, a.a.O. - Von Veraimung war auch bedroht, wer in seinen Geschäften nicht den notwendigen Beistand der fortuna hatte. Zahlreiche Mirakel belegen, daß Anna in dies Konfliktfeld regulierend und ausgleichend eingriff (vgl. Kapitel 3.3. Anm. 87).

Vita: Vorbild für erfülltes Familienleben

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1235), Hedwig (kan. 1267) und Birgitta von Schweden (kan. 1391). 18 Der Sachverhalt, daß nur drei verheiratete Frauen, die zudem der sozialen Schicht des Adels entstammten, heilig gesprochen wurden, kann verschieden interpretiert werden: Man kann seine theologischen, rechtlichen oder medizinischen Voraussetzungen untersuchen 19 und zu dem Schluß kommen, daß angesichts der mittelalterlichen Überzeugung von der Devianz der Frau als natürlichem Wesen auch kein anderes Heiligsprechungsverhalten der Kirche zu erwarten war - war doch, nach Meinung der Zeitgenossen, der Lebensraum derjenigen Frau, die als Ehefrau und Mutter in der Welt lebte, mit dem Bereich der Sünde vielfältig verknüpft. Man kann auf diese Weise feststellen, daß es der Kirche offenbar immense Schwierigkeiten bereitete, die Führung einer Ehe und eines Hauses, das Gebären und die Erziehung von Kindern als ein Handeln wahrzunehmen, welches in religiöser Hinsicht positiv beurteilt werden konnte. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, daß trotz aller seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert einsetzenden Versuche, zu einer Neubewertung der Ehe gegenüber dem jungfräulichen Stand zu kommen, 20 die Ehe immer noch die Frau

1 8 VAUCHEZ, a.a.O., S. 4 3 1 F F . - Vgl.a. die vergleichende Studie von Ortrud REBER: Die Gestaltung des Kultes weiblicher Heiliger im Spätmittelalter, die Verehrung der Heiligen Elisabeth, Klara, Hedwig und Birgitta. Hersbruck, 1963. Zgl. Diss. Würzburg, 1963, zu den Ehen der Heüigen vgl. S. 1 9 4 - 2 2 8 . 1 9 Vgl. zu den theologisch-geistesgeschichtlichen Aspekten: Elisabeth GÖSSMANN: A N THROPOLOGIE und soziale Stellung der Frau nach Summen und Sentenzenkommentaren des 13. Jahrtiunderts. In: SOZIALE ORDNUNGEN, a.a.O., S. 2 8 1 - 2 9 7 - Vgl. zu den medizinischen Aspekten DAVIS: "Wie jeder Arzt im sechzehnten Jahrhundert [und auch davor] wußte, bestand die Frau aus kalten und feuchten Säften (der Mann war heiß und trocken), und Kälte und Feuchtigkeit bedeuten ein wechselhaftes, trügerisches und schwieriges Temperament. Ihr Schoß (uterus, hystereia) war wie ein hungriges Tier: wurde es nicht durch Geschlechtsverkehr oder Vermehrung reichlich gefüttert, dann fing es an, in ihrem Körper herumzuwandem und ihre Sprache und ihre Sinne zu überwältigen. [...] Auch der Mann konnte unter zurückgehaltenen Säften des Geschlechts leiden, aber [...] er hatte den Verstand und den Willen, seine feurigen Triebe mit Arbeit, Wein und Studium unter Kontrolle zu bringen. Die Frau wurde bloß hysterisch." (AUFSÄSSIGE FRAU, a.a.O., S. 1 6 6 , mit Hinweisen auf die einschlägige medizinhistorische Sekundärliteratur). - Vgl. zur juristischen und sozialen Stellung der Frau Edith ENNEN, a.a.O. - Wertvolle Einzelinformationen in: FRAU und spätmittelalterlicher ALLTAG; Internationaler Kongress Krems an der Donau. Wien, 1 9 8 6 . (Österreichische Akademie der Wissenschaften; Phil.-Hist. Klasse, Sitzungsberichte, 473 = Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs; 9 . ) - Vgl.a. K.-J. LORENZEN-SCHMIDT: Zur Stellung der Frau in der frühneuzeitlichen Städtegesellschaft Schleswig-Holsteins. In: AKuG 6 1 , 1 9 7 9 , S. 3 1 7 - 3 3 9 . 2 0 Vgl. eine Predigt des BERTHOLD von Regensburg (gest. 1 2 7 2 ) , worin dieser Franziskaner die Ehe als gegenüber den Orden bevorzugten Stand darstellt: Vollständige Ausgabe seiner Predigten mit Anmerkungen von F. Pfeiffer, mit einem Vorwort von K. Ruh. Bd. 1.

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religiös disqualifizierte. Der Konflikt zwischen dem weltlichen Stand der Ehe und dem jungfräulichen Stand resultierte letztlich aus dem Bild vom Wesen der Frau, das sich die mittelalterlichen Theologen, Mediziner und Juristen machten. So wurde zwar einerseits zugestanden, daß Mann und Frau in gleicher Weise von Christus erlöst worden sind und deshalb keinerlei Unterschiede zwischen ihnen beständen, andererseits wurde der Frau das Menschsein nur in verminderter Weise zugesprochen. Sie sei - so lautete die gängige Auffassung - aufgrund ihrer Natur nicht fähig, ihre Affekte zu kontrollieren, deshalb müsse sie ständig unter männlicher Vorherrschaft und Aufsicht leben. Die Notwendigkeit der Unterwerfung unter die Gebote des Eheherrn einerseits und der Wunsch nach bedingungsloser Hingabe an den Willen Gottes andererseits wurde deshalb als ein kaum lösbarer Konflikt erlebt. Die Frau stand in einem Gehorsams- und Liebesverhältnis gegenüber zwei Herren: dem Herrgott und dem Eheherrn. An der hl. Anna wird erstmals in der Geschichte der christlichen Hagiographie eine geglückte Vermittlung zwischen diesen beiden Herren vorgestellt. Das wird besonders deutlich, wenn man die Lebensgeschichte Annas mit der einer anderen verheirateten Frauen, die heiligmäßig zu wandeln bestrebt war, vergleicht. Die drei kanonisierten Adelsheiligen sind zum Vergleich schlechter geeignet als die erst 1976 heiliggesprochene Dorothea von Montau21, eine religiose Frau aus Preußen, die zwar schon im 14. Jahrhundert lebte, deren Heiligsprechungsprozeß aber am Ende des 15. Jahrhunderts wieder aufgenommen wurde22. An Dorothea und Anna werden unterschiedliche Modelle der Berlin, 1965, Nr. 21, S. 309-338. - Auch MARCUS von Weida beurteilte die Ehe grundsätzlich positiv; er wollte sie entsprechend einem guten Ordensleben gestaltet wissen: Spigell des ehlichen Ordens / aus der Hs. hg. von A. van der Lee. Assen, 1972. (Quellen und Forschungen zur Erbauungsliteratur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit; 1). - Andere Quellen machen deutlich, daß zur gleichen Zeit auch eine eindeutig ablehnende Haltung der Ehe gegenüber eingenommen werden konnte. So wurde beispielsweise im Druckzeitalter noch das "Speculum Virginum" aufgelegt. M. BERNARDS hat herausgearbeitet, daß dessen Verfasser der Meinung war, die Ehe sei einer Knechtschaft vergleichbar, der Stand der Jungfräulichkeit allein ermögliche ein freiheitliches und selbstbestimmtes Leben (SPECULUM VIRGINUM; Geistigkeit und Seelenleben der Frau im Hochmittelalter. Köln, 1955; vgl. bes. S. 46-49). 21 In die Lebensgeschichte der Dorothea und in die Forschung einführende Infoimationen bietet der anläßlich ihrer Heiligsprechung veröffentlichte Band: DOROTHEA von Montau; eine preussische HEILIGE des 14. Jahrhunderts / hg. von R . Stachnik u. Anneliese Triller. Münster, 1976. - Vgl.a. DOROTHEA von Montau. In: ActaSS, 13. Oktober, 1883, Sp. 472-584. - Die neueste Auseinandersetzung mit der Vita Dorotheas aus feministischer Perspektive bietet Elisabeth SCHRAUT: Dorothea von Montau; Wahrnehmungsweisen von Kindheit und Eheleben einer spätmittelalterlichen Heiligen. In: RELIGIÖSE FRAUENBEWEGUNG und mystische Frömmigkeit im Mittelalter / hg. von P. Dinzelbacher. Köln, 1988, S. 373-394. 22 Dies ist zwar auch Ausdruck des Bestrebens des Deutschen Ordens und der preußi-

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Vermittlung zwischen den beiden 'Herren' vorgetragen, ohne daß der Gehorsam gegen den Ehemann, welchen das weltliche Recht forderte, grundsätzlich bestritten wurde. Die Viten unterscheiden sich vor allem darin, wie sie die Ehe in religiöser Hinsicht bewerten. Der unterschiedlichen Bewertung der Ehe entspricht die unterschiedliche Beschreibung der Funktion des Ehemannes für die Heiligung der Frau. So berichtet Dorotheas Biograph, daß sie die Welt und insbesondere ihre Ehe als Leidenszusammenhang erfahren habe; als Märtyrerin habe sie die Ehe durchlitten und sich mithin das Heil jenseits des Ehevollzugs erworben.23 Von Anna wird dagegen erzählt, daß sie in geglückter Gemeinschaft mit ihren Ehemännern lebte und durch Ehe und Familie 'das Heil' erfahren habe. Als besondere Gnade und besonderes Verdienst der Dorothea bezeichnet der Beichtvater das beständige Leiden24, das diese preußische Ehefrau den Märtyrern vergleichbar mache. Ihre christliche Begründung finden die Leiden Dorotheas in den Leiden Christi: "Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich" (Mt 16,24).25 Der Ort des Martyriums war nun freilich nicht der Zirkus oder die obrigkeitliche Folterkammer, sondern das Haus des Ehemannes; das Martyrium wird durchlitten in Küche und Ehebett zu Danzig. Das eheliche Leben ist nämlich als ganz besondere Bürde geeignet, die Heiligung der Erwählten voranzutreiben. "Ouch was der seligen Dorotheam das eliche lebin notzlich, das sy von der sweren tracht der elichen bordin deste demutiger worde und got in erin fruchtin, di daz eliche lebin gebert, hoher gelobt worde." 26

Die Ehe wird als ein besonders schweres Martyrium begriffen, welches Dorothea länger als ein Vierteljahrhundert erduldete.27 Ihre Visionen, deutlich-

schen Bischöfe, den Preußen eine Nationalheilige zu geben, bedeutet jedoch vor allem, daß die Vita Dorotheas in religiöser Hinsicht immer noch für überzeugend gehalten wurde. 23 Dorothea aus Montau starb als Rekluse an der Marienkirche zu Danzig am 25. Juni 1 3 9 4 . Ihre Vita wurde von ihrem Beichtvater Johannes von Marienwerder ( 1 3 4 3 - 1 4 1 7 ) aufgezeichnet. Eine volkssprachliche Vita "Das Leben der seligen Dorothea" wurde 1492 als erstes volkssprachliches Buch in Preußen gedruckt, in Zusammenhang mit den neuen Anstrengungen, die Heilige kanonisieren zu lassen. Vgl. die Einleitung von M. Toeppen in: JOHANNES von MARIENWERDER: Das Leben der heiligen Dorothea / hg. von M. Toeppen. Leipzig, 1 8 6 3 . ( S R P ; 2 ) , S . 1 7 9 - 1 9 6 ) . - Ausgabe der volkssprachlichen Vita in: JOHANNES von MARIENWERDER, a.a.O., S. 1 9 7 - 3 5 0 . 24 Vgl. zum Leiden weiblicher Laien VAUCHEZ, a.a.O., S. 449ff. 25

JOHANNES v o n MARIENWERDER, a . a . O . , S . 1 9 8 f .

26 A.a.O., S. 218f. 27 Dorothea erlangte von ihrem Ehemann nach von Schlägen begleiteten Auseinander-

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stes Anzeichen göttlicher Erwählung, bedeuteten für die Ehe das größte Ärgernis, weil die Visionärin ihren hausfraulichen Pflichten nicht genügte.28 Nach mehrmaliger Verwarnung im Guten züchtigte der Eheherr seine Frau. Dorothea blieb jedoch bei den Schlägen allzeit geduldig, demütig und fröhlich, was der Ehemann als Verachtung seiner Autorität interpretierte und entsprechend mit weiteren Schlägen und Hausarrest ahndete.29 Sie änderte ihr Verhalten nicht, weil sie der Überzeugung war, daß der himmlische Bräutigam selbst sie dem Eheherrn entziehe und dessen Strafen ihr zur Prüfung ihrer Gottesliebe auferlegt habe. Die Beichtväter unterstützten das 'eheschädliche' Verhalten Dorotheas. Der Ehemann tobte. Jetzt erkannte Dorothea, daß der Konflikt zwischen ihrem himmlischen und ihrem irdischen Herrn, ihrem geistlichen und ihrem irdischen Dasein, entschärft werden müsse, und fragte Jesus um Hilfe: "Des irschrak sy und bat den herren, das her ir ryte, ab sy solde bilchir by im bliben und Vorsitzen des mannes gebot oder nicht. Do entworte ir der suze Jhesus und sprach: Czu stunden enzcuch dich von meynem liplichin gekoze und bis gehorsam dem geböte dynes mannes!"30 Natürlich war Dorothea nach diesem Bescheid: "entziehe dich meinem lieblichen Gekose", sehr betrübt, befolgte ihn aber gehorsam. Die Botschaft dieser Vita lautet: Gott verzichtet einer Ehefrau gegenüber darauf, daß sie sich ihm ganz hingibt. Er tritt sie für die Dauer des ehelichen Lebens - zumindest teilweise - an den Ehemann ab. Die Ehe muß durchlitten werden wie das Martyrium um Christi willen. Die Institution Ehe wird von Gott als Zuchtrute für seine Erwählten benutzt. Er gibt Dorothea frei, den Ansprüchen ihres Eheherrn gehorsam zu folgen; damit fordert er, daß sie sich von ihm entfernt, um die Märtyrerkrone zu erlangen. Erst nach dem Tod des Ehemannes konnte der Konflikt aufgehoben werden: Dorothea zog sich als Rekluse in eine Zelle an der Marienkirche zu Danzig zurück. Das eheliche Leben wird dagegen in der Annenvita ausschließlich positiv bewertet. Ein Konflikt zwischen ehelichem und jungfräulichem Stand wird hier nur am Rande - aber an bedeutsamer Stelle - diskutiert: an Annas Mutter Emerentia. Zwar wird hier der Vorzug des ehelichen Lebens nicht grundsätzlich begründet; zumindest für die Mitglieder dieser Sippe, in welcher der Heiland geboren werden wollte, war jedoch die Ehe notwendig. Die Ehe

Setzungen, daß sie nachts wachen durfte (a.a.O., S. 204); sie benutzte die Kinderpflege dazu, sich der 'ehelichen Pflicht' zu entziehen (a.a.O., S. 208). 28 Beispiele finden sich a.a.O., S. 248f. 29 A.a.O., S. 249. 30 A.a.O., S. 251.

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Emerentias entsprach dem Willen Gottes; sie war notwendig, damit Gott Mensch werden konnte. Damit hatte diese Ehe eine konstitutive Bedeutung für die Heilsgeschichte. Emerentia, eine höchst tugendsame Person 31 , dachte schon als junges Mädchen intensiv darüber nach, wie Gott das menschliche Geschlecht erlösen könne, wenn doch alle Menschen dem Zusammenhang der Erbsünde verfallen seien. Ihre Gedanken besprach sie mit ihren geistlichen Vätern, den Prophetenjüngern vom Berge Karmel. 32 Wouter Bor erzählt: "Sy hadde och in gewooinheit, zo soichen de heiige jongerren der profeten Helie ind Helizei, de da woenafftich waren in dem berge Carmeli, und myt in zo reden van dem geistlichen und beschauwelichen leven und van dem goede, dat zo der seien selicheit gehoirt und deynt, und van den wonderlichen dyngen, de Got allemechtich vur ziden gedayn und bewist hait in den zwelff geschlechten van Israhel; des geliehen van (Bl. 12r) // mancherlei prophehten, de gesprochen und geloifft waren, und mit namen [= insbesondere]: we der son Götz, umb dat menschliche gesiechte zu verloesen und zo vernuwen, van eyner jonffrauwen geboren suld werden und warom er dat so lange zit verzoich zo vollenbrengen. Als dan Emerenciana myt den vurgeschreven dissypilen Helie und Helisei betracht und manchmail myt verwonderen da van sprach, so sprach sy uf eyn zeit zo eyme van den eisten vurgenanten discipelen, der hon-(Bl. 12v) //dert und driunddrissiche jair alt was, genant Archas und sprach: Ό werdige vader, ich begeren dattu myr arme deynst maget ginnen wils, dich zo fragen etzliche punten daran mich zwivelt und myn hertze mir ist bekommen.' Er antwort und sprach: 'Emerenciana, leiffe dochter, vrage koynlichen und enwisse dich nit schämen, mir etwas zo verhelen, want dyn soisse anspraich ervreuwet mir myn hertze un myn sele.' Do gewan sy koynheit und fraicht in also: (Bl. 13r) // 'Eyrwerdiger vader, ich enkan nit wail begryfen in mynnem hertzen noch uß gegrunden, aiff ommer me in deser krancker vergencklicher werelt eynnyge vrauwe in der wyfflicher ee gevonden soille

31 Bemerkenswerterweise kann nach Meinung des Wouter BOR eine Frau nur dann vorbildlich genannt werden, wenn sie sich religiös-theologische Gedanken macht. Der alte Aichas lobt Emerentia für ihre Frage nach der reinen Ehe: Sie sei "jonck van jaren, [aber] scharffe van synnen und van verstant" (a.a.O., Bl. 14vf). Er versichert ihr, "dat undder den dochter[n] van Jherusalem nee dyns gelichs geseyn ist, de so deiffe gedancken gehait haven, als du hais" (a.a.O., Bl. 15r). Eine vorbildlich-tugendsame Frau zeichnet sich desweiteren dadurch aus, daß sie sich mit allen religiösen und lebenspraktischen Fragen an die erfahrenen und frommen Brüder vom Berge Karmel wendet. Diese Vertreter der Kirche (vor der historischen Existenz der Kirche) beten z.B. für eine glückliche Geburt Annas; der Bezug zum kirchlichen Brauch der Segnung der Schwangeren ist unübersehbar. "Und als de zit comen is, so geynge sy zo den heiigen vurschreven diseipulen in den berche Carmeli und bat sy oitmoedenclichen, dat sy woillen biden unsen Gott, dat er de frucht, de sy droege, behoeden woille vur allen listen der viande." A.a.O., Bl. 25v. 32 Zur Bedeutung von Karmelitern für die Annenverehrung vgl.o. Kapitel 3.2. und 4.4.

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mooegen werden, van der eyn so heilliche dochter gebooren soille werden, de werdich sy, zo geberen den son Godes, den hemel und erde nit können begryfen, und we sy den soil moegen besleissen in irren cleynen und zarden licham. O we, mach dat eynnyge hertze begryffen. Och dunckt (Bl. 13v) // mich na mynen synnen, were is moegelich, dat allen menschen selicheit, de van begyn der werelt gewest syn und noch werden sallen bis zo dem jongsten dage zo, in eyn perschoyne versameli were, dat de nit moicht geliehen der vrauwen, van wilcher der zokomende moder Götz geboeren soil werden. O myn leiffer vader, als ich dat al zosamen bebedencken [!] in mynem hertzen mit verwondernisse, so en kan ich nit fynden de sache, warumb unse zokommender (Bl. 14r) // gesontmecher me dan vonffdusent jar verzoegen hait zo comen.' Dama synt ir de trene uß iren äugen geflossen und sprach: 'Ach leider, ich sorgen, dat noch vil jare - un by eventuren vil me dazo verlovven soillen, ee so heilge eeschaff sal kommen up erden.'"33 Diese breit eingeführte Frage Emerentias: wie kann eine in der Ehe durch normalen Verkehr gezeugte Person so rein sein, daß sie Gebärerin Gottes werden kann, ist nur vor dem Hintergrund einer biologistischen Auslegung der Lehre von der Erbsünde3" verständlich. Weil der Mensch auch nach der Taufe noch den fames peccati in sich trägt, lauern in der ehelichen Lebensweise besondere Gefahren für sein Seelenheil, welche aus den mit dem Akt der Zeugung von Nachkommen verbundenen Lustgefühlen der Ehegatten resultieren. Es handelte sich zwar nach Meinung der meisten spätmittelalterlichen Theologen vor allem um läßliche Sünden35, aber ein reines - im besten Falle 'engelgleiches' - Leben war im Ehestand, zumindest wenn die Ehe vollzogen wurde, nach verbreiteter Auffassung nicht zu führen. Emerentia hatte die Frage an den alten Vater Archas als theologische, nicht als lebenspraktische gestellt. Das angerissene Problem erfuhr nun aber keine theologische, sondern eine praktische Antwort: durch eine Bild- und Wortoffenbarung der Brüder vom

33 A.a.O., Bl. 12r-14r. 34 Zur Erbsündenlehre vgl. J. GROSS: Geschichte des ERBSÜNDENDOGMAS; ein Beitrag zur Geschichte des Problems vom Ursprung des Übels. Bd. 1-3. München, 1960-1971. - V g l . a . L. SCHEFFCZYK: URSTÄND, Fall und Erbsünde; von der Schrift bis Augustin. Freiburg i.Βr., 1981. (HDG; II.3a.I) 35 Daß trotz liberaler Tendenzen in den Beichtspiegeln und Handbüchern für die Beichtväter die Angst vor der Sünde der concupiscentia carnalis zumindest bei empfindlicheren Gemütern umging und als theologische Frage ernst genommen wurde, beweist u.a. Erasmus in seinem Annengedicht (vgl.o. Kapitel 5.3.). Hier lautet der gegen Anna und Joachim erhobene Vorwurf des Hohepriesters auf fortgesetzte Unzucht in der Ehe. Die ehelichen Werke werden nur durch Nachkommenschaft geheiligt. Anna und Joachim haben jedoch kein Kind gezeugt, also sind ihre ehelichen Werke nicht durch das Ehegut proles gerechtfertigt.

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Berge Karmel. Emerentia sei auserwählt, dies heilige und reine Geschlecht, aus dem Gott geboren werden wolle, zu begründen. Emerentia sollte im Alter von 17 Jahren auf den Rat ihrer Verwandtschaft36 hin verheiratet werden, hatte aber bei sich selbst beschlossen, jungfräulich zu leben. Sie wollte ihre Entscheidung jedoch von Gottes Willen abhängig machen, da sie nicht wußte, "wilcher staet Gode begelicher were van in beiden in irer perschooynen"37, und wandte sich deshalb an die Prophetenjünger. Damit wurden hier die religiose Lebensform und die eheliche als Möglichkeiten der Verwirklichung gottgefälligen Lebens gleichberechtigt nebeneinander vor Gott gestellt. Gott zog in diesem Falle die Ehe vor, wie er mittels Vision und Audition deutlich machte: Den Prophetenjüngern erschien nach dreitägigem Gebet ein Baum mit drei Ästen, von denen einer mit einer wunderbaren Blüte geziert war.38 Gott band damit - in der Logik der Annenlegende - seine eigene Inkarnation an die eheliche Lebensweise. Wenn die Ehe der Urgroßmutter des Herrn aber zur notwendigen Voraussetzung seines Kommens gemacht wird, bedeutet das eine neue Hochschätzung des ehelichen Standes. Zwar ist diese Aufwertung der Ehe nicht unbedingt eine allgemeine, sondern nur eine heilsgeschichtlich bedingte Ausnahme; es ist aber immerhin bedeutsam, daß man sich

36 Zur Bedeutung der Verwandtschaft, häufig als 'Freunde' bezeichnet, bei Eheschließungen vgl. M . SCHRÖTER: " W O zwei zusammenkommen in rechter E H E ...; sozio- und psychogenetische Studien über Eheschließungsvorgänge vom 12. bis 15. Jahrhundert. Frankfurt a.M., 1985. Zgl. Diss. Hannover, 1982. Auch Annas zweite und dritte Heirat kommen je unter Mitwirkung der Familie zustande. 37 A.a.O., Bl. 20r. 38 Zur Bedeutung von Baumvisionen in genealogischen Zusammenhängen vgl. P. SAINTYVES: En marge de la Légende Dorée; songes miracles et survivances, essai sur la formation de quelques thèmes hagiographiques. Paris, 1930. - Daß die Baumvision ein typisch nordisches Motiv sei, behauptete H. B R A E T (Le Songe de l'arbre chez Wace, Benoit et Aimon de Varennes. In: Rom. 91, 1970, S. 225-267). - Häufig findet sich die Vorstellung, daß der Baum drei Äste aufweise: einen für jede Tochter Annas. In dem von P. SCHACH herangezogenen Material finden sich Parallelen zu zahlreichen Einzelzügen des Baumes, den die Karmeliter sahen und deuteten; interessanterweise wies Schach daraufhin, daß sich in der lateinischen Literatur - bei der Schilderung der Vorzeichen der Geburt Vespasians durch Sueton - eine Parallele für die drei Äste findet (Symbolic dreams of fiiture renown in old Icelandic literature. In: Mosaic 4, 1971, S. 51-73; bes. S. 62 u. S. 64). - Vgl.a. zu Verwandtschaftsbäumen Kapitel 4.2. - Lt. W. HAUBRICHS ist in der mittelalterlichen Hagiographie die Gestalt eines inspirierten Interpreten zur festen Legitimierungsinstanz für Träume und Gesichte geworden; der Interpret zeichnet sich durch Kenntnis der doctrina oder durch den spiritus propheticus aus (Offenbarung und Allegorese; Formen und Funktionen von Vision und Traum in frühen Legenden. In: Formen und Funktionen der Allegorie, Symposion Wolfenbüttel, 1978 /hg. von W. Haug. Stuttgart, 1979, Germanistische Symposien; Berichtsbände 3, S. 243-264).

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hier eingestand, daß der Geschlechtsverkehr der Eltern die Voraussetzung der jungfräulichen Lebensweise ist. In der Annenvita wird das Verhältnis der Ehegatten als intensives personales Liebesverhältnis39 gezeichnet. Einen Konflikt zwischen dem Gehorsam gegen Gott und dem Gehorsam gegen den Eheherrn gibt es nicht. Asketische Lebensformen spielen keine Rolle. Weder wird erzählt, daß Anna nachts wachte, noch, daß sie sich der Erfüllung der ehelichen Pflicht zu entziehen suchte. Im Gegenteil: Annas Gehorsam gegen Gott realisiert sich in irdischen Liebesbeziehungen: Sie liebt nicht nur einen jeden ihrer drei Ehemänner innig, sie liebt auch ihre drei Töchter und sie liebt ihren Enkel. Hier spiegelt sich eine in der Tradition unbekannte Wertschätzung des ehelichen Lebenszusammenhangs und der familiären Beziehungen um ihrer selbst willen. Konflikte, wie im Fall der Dorothea, traten im Verhältnis der Ehegatten nicht auf. Ein Beispiel mag zeigen, wie nach Meinung Bors Konflikte in der Ehe geregelt werden sollen. Nach ihrer Eheschließung mit Joachim liest Anna von Tobias' vorbildlicher Barmherzigkeit. Da macht sie sich Vorwürfe, daß sie zu wenig Almosen gegeben habe. Als Joachim von der Arbeit nach Hause kommt, findet er seine Frau in betrübter Stimmung vor, von Selbstvorwürfen zerquält. Auf seine Frage hin erzählt sie von ihren Überlegungen, worauf der gute Mann Joachim den Vorschlag macht, zwei Drittel der Habe zu Ehren Gottes auszugeben. Da steigt Anna auf ein Pferd, um diesen Vorsatz umzusetzen: Sie läßt alle Tiere zusammentreiben und teilt diese wie die gesamte bewegliche und unbewegliche Habe in drei Teile.40 Hier wird nicht nur die Mildtätigkeit Annas dargestellt - und gewissermaßen nebenbei festgehalten, daß Anna lesen konnte - , sondern auch ein Modell des idealen Umgangs der Gatten miteinander vorgestellt, das deshalb von Interesse gewesen sein dürfte, weil Konflikte zwischen Eheleuten, nicht zuletzt um die Werke der Barmherzigkeit, in den spätmittelalterlichen Städten häufiger vorkamen.41 Joachim handelt vorbildlich 39 Auch Elisabeth von Thüringen hat ihren Ehemann nach Darstellung der Hagiographen sehr geliebt. Dabei stand sie ständig in Gefahr, über dem Gatten Gott zu vergessen. Vgl. REBER, a.a.O., S. 201-203. 40 Formal betrachtet handelt es sich hier um eine Dublette für die Teilung der Habe, wegen der Joachim schon im Protevangelium gelobt worden war. In der Überlieferung zu den Eltern Marias war dies jedoch allein als Werk des Joachim dargestellt worden. Vgl. die in Kapitel 4.1. Anm. 3 angegebenen Ausgaben und Bearbeitungen des Protevangeliums. - In dieser Legende wird die vorbildliche Tat auf Anna übertragen und breit ausgestaltet als Anleitung zum ordnungsgemäßen Teilen, indem genau angegeben wird, welche Besitztümer geteilt werden müssen. 41 Schon zu Zeiten AUGUSTINS konnte es Streit zwischen den Gatten um das Teilen geben: Der Kirchenvater tadelte eine Matrone, die ohne Wissen ihres Mannes ihr Vermögen an Arme verteilte und befahl ihr, dem Gatten Genugtuung zu leisten (vgl. Ep. 262, ad

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darin, daß er sich emotional auf seine Frau einstellt und deren Betrübnis und Selbstvorwürfe ernstnimmt. Sie akzeptiert andererseits, daß sie aufgrund ihrer eingeschränkten Rechtsfähigkeit nicht die Möglichkeit hat, ohne Zustimmung des Eheherrn tätig zu werden. Der Erzähler Bor resümiert: "[U]nd dit dede sy allet myt wyssen und orloff irs mans Joachyms, want er was och sere barmhertzich den armen luden als vurgeschreven steit".42 Es wundert nicht, wenn die Annologen betonen, daß Anna ihren Mann "sere leiff hatte"43. Gattenliebe, traditionellerweise mit den Begriffen Gehorsam, Achtung und Treue gegenüber dem Eheherrn charakterisiert, wird in der Annenlegende als intensives personales Liebesverhältnis beschrieben. Sie realisiert sich in der gemeinsamen Liebe zu den Kindern. "Do gaff sy [Anna] eme [Joachim] van stonden an ir leiff dochter [Maria] in syn armen, wilche er entfayngen [hat] myt groisser vreuden syns hertzen." 44 Die kleine Maria spielt dann auf dem väterlichen Schoß und lächelt ihre Eltern an. Kindererziehung wird von Bor als gemeinsame Aufgabe beider Eheleute begriffen. Seine Annenlegende enthält ein eigenes Kapitel zu dem Thema der Pflege und Erziehung des Säuglings: "We dat Joachem und Anna Maria, ir dochter, uffzogen" 45 . "Als Anna ihr kyndelbet hatte und ir dochter Maria Gode in dem tempel geoffert hat [...] so was Anna myt yrem man Joachem ir gebenedide dochter als it zemelichen was myt groissem flys und ernste uffzeyn in groisser eren und werdichicht und en leissen sy van niemant (Bl. 65r) // angryffen, dan van in beide und van Hyßmeriam, sant Annan suster. Wer kan ouedenken off ußgesprechen, wat groisser vreuden, den sy hatten, dat gebenedide kint anzoseyn und so spisen und zo küssen. Joachym und Anna saissen dick und sagen Maria ir dochter an myt groisser vreuden. Dat sy dick in echt äff in zeyn dagen essen und drynken vergessen." 46

Ecdiciam. In: PL 33, Sp. 1077). - Auch Dorothea hatte desbezüglich Streit mit ihrem Ehemann, der darin gipfelte, daß er ihr die Schlüssel entzog (vgl. JOHANNES von MARIENWERDER, a.a.O., S. 249). - Vgl.a. die folgenden rechtsgeschichtlichen Untersuchungen: G. KÖBLER: Das Familienrecht in der spätmittelalterlichen Stadt. In: HAUS und FAMILIE in der spätmittelalterlichen Stadt. Köln, 1984. (Städteforschung; A/18), S. 136-160. - G . KOCHER: Die Frau im spätmittelalterlichen Rechtsleben. In: FRAU ALLTAG, a.a.O., S. 475-486 und in demselben Bd. W. BRAUNEDER: Frau und Vermögen im spätmittelalterlichen Österreich, a.a.O., S. 573-586. 42 A.a.O., Bl. 38v. 43 BOR, a.a.O., BL. 41v. 44 A.a.O., Bl. 63r. 45 A.a.O., Bl. 65r. 46 A.a.O., Bl. 65rf.

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Die Wirklichkeit junger Familien ist hier wie in einem Genrebild dargestellt: Die Eltern können sich an dem Kind nicht satt sehen, sie überwachen - nahezu eifersüchtig - , wer sich dem Kind nähert, sie herzen es und lesen ihm sogar vor.47 Natürlich hat diese Darstellung rührender elterlicher Fürsorge für den lange ersehnten Säugling auch eine religiöse Bedeutung, ist dies Kind doch die zukünftige Gottesgebärerin. Aber Bors Darstellung des Lebens Annas und Joachims hat paränetische Absichten. So schärft er beispielsweise den Lesern eindringlich ein, daß die rechte Erziehung der Nachkommen nicht eine allein aus der natürlichen Vernunft zu begründende Verpflichtung der Eltern gegenüber den Kindern ist, sondern die Schuldigkeit der Eltern vor Gott. "Die ouders syn oec mede schuldich hair kinderen te wyzen, te leeren manierlike dingen, sedicheyt, eerbaerheyt ende alle duecht. Oec mede so syn sy schuldich haer kinderen tot geestelijcker leeringhen te setten, bi den welcken dat sy verstaen en weten moghen: Hoe sy god almachtich loven, dancken en dienen sullen, voert alle goet te doene, dz quaet te scuwen, also Maria mz hären ouders heeft ghedaen."48 Tugendsame Eltern wirken aber nicht durch Gebote und Verbote, sondern vor allem durch ihr Beispiel - ganz ähnlich hatte sich schon Trithemius geäußert. Auch van Denemarken betont den Wert und die Bedeutung der Erziehung. "Haer kinderen plach sy [Anna] altoos te leeren, dz sy God almachtich souden dienen en gehoorsaem wesen syn gheboden te honden: altijt dancbaer wesen, Goede en alle menschen, die hem goet deden. Manierlijcke sedicheyt leerde sy hem, altijt werckende - niet ledich te syne. Sy was selve in allen dingen nernstich, voerhoedich, sorchfouldich, roesiende, vreesende, oft sy God almachtich in enighen dingen hadde moghen vertoernen. Sy was sachtmoedich, verduldich in allem lyden, alsoe dat nye mensch haer verdrietlic noch toernich noch on verduldichen sach, hoe groten liden dat hair over quam. Sy docht altijt, dattet Gods wille waere en salicheyt haerre sielen. Alsoe das menich mensche seer verwonderde van harer groter lijdsamheit en haer heylig-(Bl. 61r) //ghe leven. Want sy was boven alle menschen in der natueren doechsam, eerbaer, schamel, simpel en de goederieren

47 Die elterliche Fürsorge umfaßt auch die aufmerksame Beobachtung des Säuglings: Dieser freut sich am Gesang der Engel und lacht dieselben an, worüber sich die Eltern verwundem (a.a.O., Bl. 64r). Hier ist ein Wunder dargestellt, daß nämlich der Säugling in einem Alter, als er noch nicht lachen kann, schon das Gesichtchen entsprechend verzieht. Beachtenswert ist aber nicht das Wunder an sich, sondern die Kenntnis und Darstellung des Prozesses der natürlichen Entwicklung der sensorischen Fähigkeiten eines Säuglings. Zum Wissen um die kindliche Entwicklung im Mittelalter vgl. L. DEMAITRE: The idea of childhood and child care in medical writings of the middle ages. In: JPH 4, 1977, S. 461-490, mit kritschen Bemerkungen zu P. ARIÈS' Thesen (Geschichte der Kindheit. 7. Aufl. München, 1985, Orig.Ausg.u.d.T.: L'enfant et la vie familiale sous l'ancien régime. Paris, 1960). 48 A.a.O., Bl. 54rf.

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eenvoudich milde, vreedesamich, hebbende altijt een reyn cuysch ende suver hartte, lieftallych onder alle menschen, seer ghemint. Welcke duechdelijke wercken ende goede manieren, dat sy wt haers moeders borsten ghesogen hadde, in hare jonghe jaren. Ende God ons heere, die hadde haer sonderlinghe vast hier in ghevestighet. Alsoe dat gheen sterflijcke mensche wt ghespreken en mach die duechden ende die werdicheyt des godlijken levens dese alder salichster vrouwen Anna."49 Bemerkenswert ist der Hinweis auf die tätige Regsamkeit Annas: Sie achtet darauf, daß die Kinder nicht nur Gottesfurcht lernen und die Gebote halten, sondern auch darauf, daß sie allezeit mit einer Handarbeit beschäftigt sind. Hier macht sich der Geist der devotio moderna mit seiner Hochschätzung des tätigen gegenüber dem beschauenden Leben geltend. Von Anna (die in Entsprechung zur Marienlegende wie ihre Tochter für ein paar Jahre im Tempel erzogen worden sein soll), wie von Maria heißt es, daß sie beide viel und gern die Hände regten und ein Handwerk erlernten. Interessant ist auch, daß Anna besonders auf die Förderung der sozialen Entwicklung ihrer Kinder Einfluß nahm: Sie lehrt sie Dankbarkeit gegenüber den Menschen, die ihnen Gutes getan hatten. "Waer bi dz alle goede ouders, tsy vader oft moeder, sullen een exemel nemen, daß sy hair kinderen altijt tot duechden houden (Bl. 46r) //en leeren hem, dat hem noot is te weten in dem heyligen kersten gelove. Mer leyder waer syn nu die ouders, die haer kinderen leren als sy schuldich syn te doen."50 Obwohl an mehreren Stellen erwähnt wird, daß Anna lesen kann, wird Bildung nicht als eigenständiges Erziehungsziel genannt; dies könnte in den Kreisen der Rezipienten der Annenlegende schon selbstverständlich gewesen sein. Über Annas hausfrauliche Fertigkeiten erzählen die Hagiographen nichts; allein ihre liebevolle Erfüllung der Mutter- und Großmutterrolle wird herausgestellt. Zwar ist dieses spezifisch mütterliche Verhältnis Annas zu ihrer ersten Tochter und zu Jesus zugleich ein Paradigma für ihre Beziehung zur Himmelskönigin und vor allem zu Christus, aber auch hier gilt, daß nicht die 'minnende Seele' der Mystikerin die Darstellung bestimmt, sondern die lebendige Erfahrung einer leibhaftigen Mutter. Die Vorkehrungen der liebenden Großmutter anläßlich der bevorstehenden Geburt des Enkels werden von Bor ausführlich beschrieben. "Als Anna myt groissem flyß verbeit de zit, dat ir dochter Jhesum geberen sol (und dat gescheyn soil in kortzer zit), so was sy sorgueldich zu erwerffen dat gene, dat dar zo hoirt und noitdurffdich was. So bereit sy irer dochter eyn schoyn bet, dat 49 A.a.O., Bl. 61rf. 50 A.a.O., Bl. 46rf.

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gemailt was myt mancherlei (Bl. 96v) // farnen und schoynen blomen getzeirt, up dat Marfia] myt Jhesum dar up rowen solle. Sy leiß och machen eyn schoyne wege van zeder hultz, [...] sy leiß och schoyne doiger machen, kostlichen, daz man Jhesus in wyckellen sol, und als de ure und zit comen was, dat Maria Jhesum geberen sol, so zieh Anna geen Jherusalem (Bl. 97r) // zu kauffen alle dat gene, dat ir in dem kindelbet noit was, uff dat [sie = Anna], wanne sy [Maria] gebeirt hette, alle zit bi ir blyven moicht."51 Als Anna ihre Tochter zu Hause nicht vorfand, war sie in großer Sorge und brach sogleich nach Betlehem auf, da die Nachbarn ihr gesagt hatten, das junge Ehepaar sei dorthin gezogen. Sie empfing, ähnlich den Hirten auf dem Felde, eine Offenbarung von der Geburt Jesu (Lk 2,8-20), traf bei ihrer Suche nach Tochter und Enkel auf die heiligen drei Könige (Mt 2,1-12) und nahm an der Beschneidung Jesu im Tempel teil (Lk 2,21-24). Dann eilte sie heim nach Nazaret, um für die junge Mutter, die bald mit Mann und Kind nachkommen sollte, einige Vorbereitungen zu treffen. Ihre Enttäuschung, als die heilige Familie nicht eintraf (weil diese inzwischen entsprechend dem Befehl des Engels nach Ägypten gezogen war [Mt 2,13-15]) war groß. Nachdem sie ein ganzes Jahr lang nach ihnen gesucht hatte, von Sorge und von Selbstvorwürfen geplagt, wurde sie Zeuge des betlehemitischen Kindermordes (Mt 2,16-18). Sie vergaß nun ihre eigenen Sorgen und tat in Betlehem das Nötige: die Kinder würdig bestatten und die Mütter trösten. Diese Vermittlung zwischen den Erlebnissen der sorgenden Großmutter und der biblischen Erzählung ist bemerkenswert. Das Evangelium wird - auf einer ersten Ebene - durch den Leser in einer neuen Perspektive angeeignet. Auf einer zweiten Ebene wird an die Lebenserfahrung der Leser angeknüpft: Das Leben ist verbunden mit Freude, Sorge und Leid, insbesondere bezüglich derer, die man liebt. Auf einer dritten und letzten Ebene werden die Affekte der Leser geformt und gebildet: Die Darstellung des Lebens der Ehefrau und Mutter stellt den Lesern ideales weibliches Sein vor Augen und bietet Frauen Möglichkeiten der Identifikation. Eigene Erfahrungen können begriffen und am Maßstab des heiligmäßigen Lebens Annas überprüft werden. Damit dürfte wohl einerseits korrigierender und normierender Einfluß auf das Verhalten von Frauen intendiert sein; andererseits wird damit solchen Frauen, die Aufgaben innerhalb der Welt übernommen haben, erstmals die Möglichkeit geboten, diese in einem religiösen Paradigma zu begreifen. Die Existenzweise als Mutter und Ehefrau soll als von Gott den Frauen gestellte Aufgabe angenommen werden. Aus dem Vergleich zum Verhalten der Dorothea erhellt, daß dies keineswegs selbstverständlich war.52 51 A.a.O., Bl. 96v-97v. 52 Feministisch geprägte Wissenschaftlerinnen haben diese Entwicklung beklagt und

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Für den Mann werden andere Züge als vorbildlich herausgestellt: Er soll vor allem seine geschlechtliche Begierde bei der Auswahl der Ehepartnerin kontrollieren und dann die Familie gut versorgen. So heiratete Emerentia Stollanus, weil dieser als einziger von acht Männern, die sie zur Ehefrau nehmen wollten, nicht von fleischlicher Begierde getrieben war. Dieselbe Haltung wird auch an Annas Ehemännern Kleopas und Salomas gerühmt. Das gute Verhalten eines Ehemannes rfealisiert sich vor allem in der Fürsorge gegenüber seiner Ehefrau: Josef ließ die hochschwangere Maria nicht allein zu Hause, während er zur Schätzung in die Stadt Davids ging (Lk 2,l-7).53 Er sorgte auch in leiblicher Hinsicht gut für die ihm Angetraute: So nahm er neben dem Esel einen Ochsen mit auf die Reise nach Betlehem, um diesen unterwegs zu verkaufen und von dem Erlös für die Familie zu sorgen. Auffälligerweise wird an keiner Stelle auf ein Züchtigungsrecht des Ehe- und Hausherrn gegenüber Frau und Kindern angespielt. Die soziale Wirklichkeit wird überwunden durch das tugendhafte Verhalten aller Beteiligten. Konflikte können da nicht aufkommen, wo alle Beteiligten sich so verhalten, wie es sich geziemt. Das eheliche Leben der fünf in der Annenlegende mehr oder weniger ausführlich vorgestellten Ehepaare (Emerentia mit Stollanus, Anna mit Joachim, Anna mit Kleopas und Anna mit Salomas, Maria mit Josef) vollzog sich immer als gemeinsamer Gottesdienst im sittlichen Wandel. Ein jeder der beiden Ehepartner lebte in devoter Frömmigkeit gegen Gott und in Frieden gegen den anderen; so lebten sie in herzlicher Eintracht miteinander und in Barmherzigkeit gegenüber den Mitmenschen.54 Bezüglich der Ehe Annas mit Salomas heißt es beispielsweise:

kritisiert als Reduktion der Frau auf 'Kinder, Küche, Kirche'. Bezeichnend für diese Sichtweise, aber mit vielen Ungenauigkeiten im einzelnen behaftet ist die Arbeit von Dagmar LORENZ: Vom Kloster zur Küche; die Frau vor und nach der Reformation Dr. Martin Luthers. In: Die FRAU von der REFORMATION zur ROMANTIK / hg. von Barbara Becker-Cantorino. 2. Aufl. Bonn, 1985, S. 7-35. - Gegen diese Auffassung, die auch von DRESEN-COENDERS (vgl.o. Kapitel 1.2. Anm. 54; vgl.a. Kapitel 5.2. Anm. 95) vertreten wurde, ist jedoch zu betonen, daß die geschilderte Entwicklung keinesfalls ausschließlich negativ zu werten ist. Die Mystikerin konnte ihre Bedeutung nur erlangen durch Überwindung ihrer Geschlechtlichkeit. Die Tätigkeit und Lebensweise der verheirateten Frauen wurde bestenfalls für religiös irrelevant gehalten. In der Annenvita wird dagegen die biologische und gesellschaftliche Funktion der Frau für die Reproduktion der Gattung religiös positiv bewertet. 53 Vgl. BOR, a.a.O., BL. 98r. 54 Interessanterweise ist das gesellschaftliche und individuelle Interesse an ehelicher Harmonie auch auf der Ebene der künstlerischen Darstellung von Ehepaaren zu beobachten; hier äußert sie sich als Ähnlichkeit im Gesichtsausdruck. Vgl. Β . HINZ: Studien zur Geschichte des Ehepaarbildnisses. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 19, 1974, S. 139218.

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"En sy hebben alzo vredelijc tsamen geleeft, Got onseren heere alzoe herteliken gedient, dat het vele menschen groot wondere gaf van harén stranghen leven dz sy leefden."55

Als "strenges", also als heiligmäßig-vorbildliches Leben, ist hier das friedliche eheliche Zusammenleben dargestellt. Dahinter steht die Einsicht, daß Rücksichtnahme - oder psychologisch gesprochen: Triebregulierung - beider Partner vonnöten ist, wenn eine harmonische Beziehung gelingen soll. Bedeutsam ist, daß eheliche Harmonie als Forderung des göttlichen Gebotes dargestellt wird. Vorbildhaft für Eheleute sind die Ehepaare in der Annenlegende dadurch, daß es ihnen gelingt, in Frieden miteinander zu leben. So charakterisiert Jan van Denemarken die Beziehung Annas zu dem zweiten Ehemann mit folgenden Worten: "Aldus so hebben sy malckanderen mz grooter lieften genomen in die vreese Gods en hebben gheleeft mz groter eren in goeden vrede, volbrengende altijt den wille Gods."56

Nach Bor fiel Anna nach dem Tod ihres ersten Mannes auf ihr Angesicht und beweinte ihn mit so vielen Tränen, "dat dat bet, da Joachem ufflach, naß da van wart"57. Sie wünschte sich in ihren letzten Worten, neben Joachim begraben zu werden. Auch die Darstellung von Annas Verhältnis zum zweiten und dritten Ehemann ist von ergreifender Menschlichkeit geprägt. Schon während ihrer Schwangerschaft mit Maria Kleope stirbt deren Vater Kleopas. Da klagt Anna mit folgenden Worten: "'Ach we myr, ee ich van myner dragender frucht ervreuwet byn, so overkumpt myr groisse bedroiffnysse.' Und sy sprach myt bedroiffnis irs her-(Bl. 80v) //tzen: 'Myn dochter, de ich werden geberen, de sal iren vader nit seyn noch erkenen.'"58

Von großer Bedeutung angesichts von Konflikten zwischen den Generationen ist, daß das Verhältnis der Kinder und Enkel zu den alten Eltern und Großeltern ebenfalls als liebevoll geschildert wird. Als Maria von Josef hörte, daß sie beide mit dem Kind nach Ägypten gehen sollten, "wart sy sere bedroifft umb irer leiffer moder willen, want sy het wail gewollt, dat sy ir dat het eyrste entboeden, up dat sy myt ir were gereiste da hyn, aver der engel hat eme geboden, dat si it nit verzeynen soillen und dat och nemant zo erkenen geven."59

55

DENEMARKEN, a.a.O., BL. 5 2 v .

56 57 58 59

A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O.,

BL. 44v. BL. 77v. BL. 80vf. BL. 108r.

Vita: Vorbild für erfülltes Familienleben

225

Aber nicht nur die Eltern hatten Verpflichtungen gegenüber den Kindern; auch die Kinder wurden am Beispiel der beiden Schwestern Marias zu einem bestimmten Verhalten gegen ihre Eltern ermahnt. Denn gute Kinder machen ihren Eltern Ehre. Von Maria Salome wird berichtet, "dz sy hären vader ende moeder altijt onderdanich was, ende onthielt wel die leeringhen, die haer ouders haer leerden, alsoe dat behoorlijc es, dat die kinderen hären ouders onderdanich wesen sullen."60

Alle in der Annenlegende dargestellten Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Sippe sind als Liebesverhältnisse dargestellt. Zwischen den Gatten, den Eltern und den Kindern und zwischen den Geschwistern herrscht beständige Harmonie. Jesu Tanten lieben den Neffen, Johannes d.T. wandert mit Jesus zusammen in die Wüste hinaus, um die Großmutter beziehungsweise Großtante Anna kurz vor ihrem Tod zu besuchen. Die Affekte, welche die in der Annenlegende dargestellten Menschen untereinander verbinden, sind natürlicher Art. Diese natürlichen Affekte werden aber geistlich gewertet. Die als Ideal dargestellte Liebe zu 'eigen Fleisch und Blut' wird zum ethischen Gebot. Gottes Wille ist die Liebe zur eigenen Familie; heiligmäßig-sittlich verdient dasjenige Leben genannt zu werden, das in den natürlichen Bindungen aufgeht. Annas Testament bringt diesen göttlichen Auftrag an die eigene Sippe und an die Leser der Legende unmißverständlich zur Sprache: "Ich bidden uch, wilt uch under eyn ander leiff hayn, also dat keyn wederwerdicheit ader pyn uch van der leiffden zee, wilt och alle zit gedencken, dat ir alsamen van eynem stamen (Bl. 130r) // gecommen sit, wilche ir nu vur uren äugen seit. Wilt alle zit wandelen in den geboden Götz [...]."61

Diese Abschiedsrede Annas ist die Übernahme und zugleich die Karikatur des bürgerlichen Testaments. An den 'Stamm' ergeht die Aufforderung, Eintracht untereinander zu wahren, Loyalität gegeneinander zu üben und tugendsam zu leben. Als die ganze Sippe sich kurz vor Annas Tod versammelt hat62, küßt Anna ihrem Enkelsohn die Füße, "dar na hoiff sy Jhesus van der erden myt synen armen in eym zeichen der leiffden" 63 . Die Gebärde der Anbetung des DENEMARKEN, a.a.O., BL. 54r. 61 BOR, a.a.O., BL. 130v. 62 Anna weilt zu dieser Zeit in einer Einsiedelei in der Wüste; hierher hatte sie sich als Witwe zurückgezogen. Die ganze Sippe, einschließlich Johannes d.T., war zu ihr hinausgewandert, um Abschied zu nehmen. In dieser Darstellung verbindet sich traditionelle hagiographische Topik: Gottesdienst in der Einsamkeit, mit bürgerlichen Vorstellungen vom gesegneten Sterben im Kreis der Großfamilie. Die Einsiedelei in der Wüste ist als retardierender Zug der Darstellung zu werten, der die Umbruchsituation, in welcher die Annenlegende entsteht, auf seine Weise spiegelt. 63 BOR, a.a.O., BL. 129v. 60

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

fleischgewordenen Gottes wird von diesem selbst aufgehoben und in die Gebärdensprache der Liebe zwischen Großmutter und Enkel übertragen. Der amor Dei sive spiritualis findet seine Erfüllung im amor terrenus. Ihren rührendsten Ausdruck findet diese Liebe in der Schilderung des Ablebens Annas: Da "laicht sy [Anna] ir houfft uff Jhesus brüst und Jhesus laicht syn gebenedide houfft by (Bl. 134r) // ir houfft und sprach sy mynenclichen an und troist sy und sant Anna streckt ir armen van sich, wilche Maria, ir dochter de moder Jhesus, yntfeynge und kust sy fruntlichen und macht sy nasse myt mit iren trenen und dar na is ersehenen eyn groisse hemelsche licht und clairheit, de sant Anna omfeynge und hoirt de soisse gesange der engeilen."64 Es scheint verständlich, daß in diesem ergreifenden Augenblick die ganze am Totenlager Annas versammelte heilige Sippe natürliche, nicht geistliche Tränen vergoß: "Sy waren all weynen uß kranckheit der naturen"65. So führt die Annenlegende den theologischen Gedanken der Inkarnation in Form eines an die Großmutter Gottes anknüpfenden Legendenromans durch. Gott ist als Fötus im Leib einer menschlichen Mutter herangewachsen, er hat sich damit in blutsmäßige Verbindung zu bestimmten Menschen und unter die sittlichen Gesetze des Dekalogs gestellt. Sein Opfertod ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Indem Gott seine Mutter in einer weltlichen Ehe geboren haben wollte, hat er - obzwar selbst Kind einer 'Scheinehe' - die Ehe aufgewertet. Von der Lebensform der Laien, von Ehe, Familie und Verwandtschaft heißt es, daß hier dem Willen Gottes entsprechend gelebt werde, wenn die sittlichen Gebote eingehalten werden. Ehe und Familie sind somit selbst zu einer religiösen Lebensform geworden, geeignet, imitatio Christi zu leben. Höchstes Ziel des Lebens der Laien ist die Realisierung von zwischenmenschlicher Harmonie. Jesus hat sich als Kind und Enkel den irdischen Geboten unterworfen; er hat seine Rolle in der Generationenfolge akzeptiert. Da die rechten irdischen Verkehrsformen - nach Meinung der Hagiographen Annas auch im Himmel Geltung haben, hat die Großmutter dort eine über alle Jungfrauen herausgehobene Stellung. Eine himmlische Stimme erklingt in dem Moment, da Anna dahinscheidet und bestätigt das dem Leser: "O myn allerleiffste freugen! Gebenedit moistu syn und alle de dich eren hye up ertrich. De sullen in allen dyngen geluck hayn, an dem lycham und an der seien und in allen noden, da yn sy myeh anroiffen omb dyns namens willen desen dynstach, in wilchem du geboren bis und oth salt verscheiden van deser werelt. So gebene64 A.a.O., Bl. 134v. 65 A.a.O., Bl. 135r.

Mirakel: Anleitung zur Erlangung weltlicher und geistlicher Güter

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dien ich diesen dach zo eren durch dynen heiigen namen und alle de gene de dich (Bl. 133r) // eren, sal ich sonderliche erhoiren, want du so stantaffdich gestreden hais und uch myt der birnender leiffden, de du zo mynem hemelsche vader gehait hais und och van den kostlichen fruchten de van dir comen synt, so saltu ewenclichen sitzen in dem hoichsten throyn myns hemelschen vaders, up dat du da seyn moeges alle dyn leiff alderen und och alle de gene de dich ynnenclichen eren."66 Fragt man abschließend, was der Leser über Gott und das ihm wohlgefällige Leben in der Welt lernt in diesen Viten vom Leben Annas und ihrer Familie, so kann die Antwort nur lauten: Zwischen den himmlischen Verhältnissen und den irdischen besteht kein Unterschied, der grundsätzlicher Natur wäre. Die Erde ist nämlich schon 'vergottet' dadurch, daß Gott ihre Bedingungen vollkommen angenommen hat, indem er in den natürlichen Ordnungen lebte. Im eigenen Lebensvollzug ist ein jeder Gott nahe dadurch, daß er in den Spuren dieser heiligen Sippe wandelt: eine harmonische Ehe führt, seine Kinder recht erzieht und sich in Liebe allen Verwandten und Verschwägerten zuwendet. 67

6.2. Mirakel: Anleitung zur Erlangung weltlicher und geistlicher Güter Den Annenviten wurden - wie das bei Heiligenlegenden 68 üblich ist Erzählungen beigegeben, die von Gebetserhörungen berichten, welche durch 66 A.a.O., Bl. 133rf. 67 Hier lassen sich Beziehungen zur reformatorischen Ehelehre aufweisen. Vgl. zusammenfassend Gerta SCHARFFENORTH: Freunde in Christus; die Beziehung von Mann und Frau bei Luther im Rahmen seines Kirchenverständnisses. In: Dies. [Mitverf.]: "FREUNDE in Christus werden..."; die Beziehung von Mann und Frau als Frage an Theologie und Kirche. Gelnhausen, 1977, S. 183-302. - Vgl.a. K. SUPPAN: Die Ehelehre Martin Luthers; theologische und rechtshistorische Aspekte des reformatorischen Eheverständnisses. Salzburg, 1971. - Vgl.a. P. ALTHAUS: Die Ethik Martin Luthers. Gütersloh, 1965, S. 43-48, S. 88-104 u. S. 105-108. - Der Unterschied zur reformatorischen Ehelehre wäre jedoch darin zu sehen, daß in der Annenlegende imitatio familiae Jesu gefordert wird, und daß - systematisch betrachtet die vorbildliche Ehe in der Heilsgeschichte situiert war, während nach protestantischer Auffassung die Ehe in der göttlichen Schöpfungsordnung thematisiert wird. 68 Legenden wurden im allgemeinen zu Kanonisationszwecken gefertigt. Zur Erlangung der Heiligsprechung war es nicht nur nötig, eine Vita des Heiligen zu kennen, aus der sein heiligmäßiger Wandel und seine göttliche Erwählung erhellten, sondern auch post mortem geschehene Wunder nachzuweisen. Diese galten als Zeichen dafür, daß Gott dem Heiligen seine persönliche Tugend als Verdienst anrechnete. Zur Herausbildung und Entwicklung des Kanonisationsverfahrens vgl. Renate KLAUSER: Zur Entwicklung des Heiligsprechungsverfahrens bis zum 13. Jahrhundert. In: ZSRG.K 40, 1954, S. 85-101. Für die Angehörigen der

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

die Fürbitte der Heiligen am himmlischen Thron gewirkt wurden. 6 9 Mirakel haben wie die Vita eine Vorbild- beziehungsweise Abschreckungsfunktion für den Leser; er lernt aus ihnen, in w e l c h e n Fällen er einen Heiligen in Anspruch nehmen und durch w e l c h e Verehrungspraktiken er sich seines Beistandes versichern kann. D i e Mirakel 7 0 dienten in ausgezeichneter Weise den Verehrern der Heiligen als Versprechen. D i e in ihnen dargestellten Notlagen und Konflikte zeigen nämlich, w e l c h e Probleme der Gläubigen sich mit Annas Hilfe lösen lassen. D a Anna jedoch nicht nur den Protagonisten der Mirakel geholfen hat, sondern auch den Lesern der Legenden noch helfen will, haben die Mirakel eine eminent kultpropagandistische Funktion. Sie geben an, w e l c h e geistlichen und weltlichen Güter die Heilige ihren Verehrern zu vermitteln vermag. Dadurch werden die miracula zu exempla für glückendes Leben unter d e m Schutz der Heiligen. Der Weltpriester Denemarken erklärt seinen Lesern:

familia lesu ist nie ein solches Verfahren durchgeführt worden. Gleichwohl wurde in der 25. Sitzungsperiode (3. und 4. Dezember 1563) des tridentinischen Konzils die Verehrung dieser Personen nicht untersagt. Vgl. "De invocatione, veneratione et reliquiis sanctorum, et de sacris imaginibus" in: CONCILIORUM oecumenicorum decreta/hg. von J. Alberigo u.a. 3. Aufl. Bologna, 1973, S. 774-776. - Eine Zusammenstellung der Annenmirakel aus den vor 1530 gedruckten Annenlegenden findet sich im Anhang 2.2.; zur Überlieferungsgeschichte der Annenmirakel vgl. Kapitel 4.5. 69 Die in den verschiedenen Sammlungen überlieferten Annenmirakel unterscheiden sich zum Teil stark in ihrer Tendenz. Deshalb ist es notwendig, alle Sammlungen heranzuziehen. Ich zitiere die Annenmirakel soweit möglich nach der Edition in den ActaSS, a.a.O. (vgl. dazu Kapitel 4.5. Anm. 99), wobei jeweils der Autor, in dessen Annenlegende das Mirakel erstmals erzählt wird, angegeben wird. Wenn Bors volkssprachliche Überlieferung die interessantere Fassung bietet, zitiere ich diese nach der handschriftlich überlieferten moselfränkischen Bearbeitung Stadtbibliothek Trier Hs. 1187/489 8°. 70 Die Begriffe Exempel, Predigtmärlein, Wallfahrtsmirakel, Wundererzählung, Fabel, Parabel, Geschichte werden von den meisten Forschern recht unspezifisch gebraucht. Vorschläge von verschiedener Seite zur Definition von exemplwn und miraculum konnten sich in der Forschung bisher nicht durchsetzen, wie aus einem Vergleich der verschiedenen neueren Definitionen erhellt. Vgl. P. ASSION: Das EXEMPLUM als agitatorische Gattung; zu Form und Funktion der kurzen Beispielgeschichte. In: Fabula 19, 1978, S. 225-240. - Vgl.a. H.D. OPPEL: EXEMPLUM und Mirakel; Versuch einer Begriffsbestimmung. In: AKuG 58, 1976, S. 96-114. - Einigkeit besteht darin, dem exemplum eine didaktische Intention zuzuweisen; sein Sitz im Leben ist die Predigt. Daß das miraculum ebenfalls eine didaktische Intention haben und daß das exemplum in der literarischen Gattung Legende Verwendung finden kann, wurde noch nicht erörtert. - Ein spätmittelalterlicher Hagiograph hätte sich diese Frage nach der Gattungszugehörigkeit der von ihm berichteten wunderbaren Geschehnisse wahrscheinlich nicht gestellt; das erhellt beispielsweise aus der Tatsache, daß Mirakel und Visionen der Annenvita beigegeben werden und Texte aus beiden Gattungen unterschiedslos als exempla bezeichnet werden.

Mirakel: Anleitung zur Erlangung weltlicher und geistlicher Güter

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"[S]prekende van hair teekenen exemplen oft wonderlike mirakelen, die welck dz vele syn en troestelijc om hören, want wi daer in mögen mercken en verstaen hoe sy alle die haer devotelic dienen en aenroepende syn te hulpen oft te baten comt als syt behoeven in allen hären noot."71 Jan van Denemarken ging es im folgenden darum, die Leser einerseits aufzuklären über das Zustandekommen bestimmter Formen der Annendevotion, andererseits deutlich zu machen, welche Vorteile materieller und geistlicher Art im Leben wie Sterben diejenigen erwarten können, die sich ganz Annas Schutz anbefehlen. Die Annen Verehrer hatten für ihre Liebe zu dieser so mächtigen Patronin wahrhaft einen großen Lohn zu erwarten, wenn sie sich ihr nur in der rechten Haltung, mit den ihr wohlgefälligen Formen und Formeln der Devotion näherten. "Aldus wort bevonden metter waerheyt bi desen en kmeer ander exemlen, die hier te lane waren te bescriven, hoe dz die heylige troestersse ende weerde moeder sint Anna niemant on ghetroesten laet, die haer getrouwelijc dienen en eeren en haer lof altijt vermerende en pryzende syn. Dairom laet ons haer eeren en dienen also hier opter aerden, op dat wi mit haer mögen vanden enghelen geeert en gedient werden in hemelrijc ewelyc sonder ynde, amen."72 Höhepunkt der guten Aussichten für den Annenverehrer war also, daß er an der himmlischen Stellung seiner Patronin derart teilhaben könnte, daß er mit ihr von den Engeln geehrt würde. Da die Großmutter Jesu vielen Gläubigen nicht bekannt war, mußten mehrfach ihr berühmter Enkel Jakobus d.Ä. oder ihr Großneffe Johannes d.T. auf sie hinweisen. Auch die Visionen, in denen Maria persönlich auftrat und die Verehrung ihrer Mutter als Garantie des Heiles für den Verehrer darstellte, sind beredtes Zeugnis für die Notwendigkeit, Anna als mächtige Patronin populär zu machen. Tochter, Enkel und Großneffe mußten gestehen, daß allein die Verehrung Annas die Heilsgewißheit vollkommen sichert. Gelegentlich mußte sogar die Heilige selbst auf sich und ihre Macht hinweisen.73 Annas himmlische Macht wurde in den Mirakeln als unbegrenzt dargestellt. Damit war der bei den Humanisten ausgesprochene Gedanke, die Heilige habe ein 'Recht auf Erhörung' bei Gott, praktisch umgesetzt.74

71 Zitiert nach der Erstausgabe, die im Anhang 2.1. unter 1491a beschrieben ist, Bl. 127r. 72 A.a.O., Bl. 155v. 73 So etwa in den folgenden Mirakeln: Der Jüngling von Doch, Rosenkranzbeter, Die unwillige Verehrerin, Coletta, Birgitta, Eremit, Schiffersehepaar und Räuber. 74 Vgl.o. Kapitel 5.3.

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

Die Mirakel geben meist an, wie die Heilige am effektivsten geehrt wird. So sind die zwei in der ältesten Annenlegende überlieferten Mirakel 'Der Jüngling von Doch' und 'Erzbischof Prokopius' von herausragender Bedeutung für die Formen der Annendevotion: Der Jüngling malte Anna-selbdritt-Bildnisse an Kirchtürme, stiftete drei Wachslichter zu Ehren Annas, ihrer Tochter und ihres Enkels, ließ Seelmessen lesen, eine Kapelle errichten und heiligte den Dienstag, nachdem er von Annas Enkel Jakobus darüber belehrt worden war, daß dies Anna besonders lieb sei. Prokopius veranlaßte unter anderem die Prägung von Annenmünzen.75 Auch die Visionen, die eine Nonne und mehrere Personen religiösen Standes erlebten, dienten dazu, bestimmte Formen der Annendevotion den Gläubigen anzuempfehlen. Von Coletta von Corbie hieß es, daß sie eines Tages in einer Vision sah, wie unzählige Himmlische Anna zu Ehren in einen Kessel Goldmünzen opferten, die Anna dann Jesus darbrachte. Diesem Beispiel der Himmlischen sei von den Irdischen nachzueifern.76 Ebenso wie Coletta habe Birgitta von Schweden Anna verehrt und zu ihrer Verehrung aufgerufen: Eines Tages sei ihr im Gebet Anna erschienen und habe ihr versichert, die Eheleute zu beschützen, wenn sie ein bestimmtes Gebet zu Annas Ehren verrichteten.77 Einem Eremiten wurde von Maria empfohlen, täglich das Ablaßgebet zu Ehren ihrer Mutter zu sprechen.78 Zwar ist nicht bekannt, ob die empfohlenen Gebete zu Ehren Annas von den Gläubigen tatsächlich regelmäßig gesprochen wurden. Nachweislich hat nur das Ablaßgebet eine große Verbreitung erfahren79; gewiß ist jedoch, daß zahlreiche Annenbruderschaften sich an die Empfehlungen hielten, den Annentag feierlich zu begehen, drei Wachskerzen zu finanzieren und sonstige Stifungen zu tätigen. Sicher ist auch, daß ein Mirakel durchaus geeignet war, einem gebildeten Menschen Lebenshilfe in einer als ausweglos erfahrenen Situation zu bieten: Der gebildete Dominicus van Gelre OP berichtet, daß er während eines Seesturmes Anna angerufen habe - damit sie ihm wie ehedem dem Jüngling von Doch helfe. "Memor quoque illius Ungari adolescentis, qui Annam invocando a maris furore liberatus fuerat"80

75 Die hier als vorbildlich herausgestellten Praktiken der Annenverehrung sind offenbar eifrig aufgegriffen worden. Vgl. Kapitel 3.3. (Erwähnung von Annenmünzen) und 3.5. (Stiftungen). 76 A.a.O., Nr. 27, Sp. 267b. 77 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 28, Sp. 267bf. 78 A.a.O., Nr. 29f, Sp. 268af. 79 Vgl.o. Kapitel 1.1. 80 ActaSS, a.a.O., Nr. 37, Sp. 270a. - Daß der Jüngling aus Doch in Ungarn kam, wird in der Annenlegende im "Speculum Rosarium" nicht gesagt; diese Herkunftsangabe findet

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[Ich war jenes jungen Ungarn eingedenk, der, weil er Anna anrief, aus der Wut des Meeres befreit worden war].

Wie in besagtem Mirakel vom Protagonisten vorgeführt, so ließ auch Dominicus nach seiner Errettung einen Annenaltar errichten, darauf jeden Dienstag eine ewige Messe unter Orgelspiel feiern; zudem predigte er fortan die Verehrung Annas. Eine große Bedeutung in den Mirakelsammlungen haben jeweils die sogenannten Strafmirakel. Sie berichten, was einem säumigen Verehrer oder dem, der die Verehrung des Heiligen überhaupt ablehnt, geschehen ist. Strafmirakel erweisen ex negativo die Macht des Heiligen, indem sie berichten, was der Heilige (beziehungsweise theologisch reflektierter: Gott zugunsten des geschmähten Heiligen) unternahm und deshalb wiederum tun kann und tun wird, wenn ihm nicht die gebührende Verehrung widerfahren oder wenn ein ihm gegebenes Gelübde nicht eingehalten würde.81 Die Macht des Heiligen erweist sich also nicht nur in seinen wunderbaren Taten zugunsten der Gläubigen, sondern auch in jenen Taten, in denen der Heilige die Menschen 'einholt', um sie zu bestrafen. Sebastian Franck hielt gar dafür, daß die Bedeutung dieser Strafmirakel für die Kultpropaganda höher zu veranschlagen sei als die Bedeutung der Hilfs- und Heilmirakel. "Du glaubst nit ehe, die Heiligen zeichnen dann. Man helt nur auf die Marterheiligen, als St. Velten, St. Cürin, St. Anthonius usw., der einer brennet, der ander schenket und plagt, sonst opfern ihnen die bauren nichts. Sie geben mehr auf Antonius Fewr, denn auf St. Josephs Hosen oder St. Annen Kamp."82

Franck erweckt hier den Eindruck, daß die hl. Anna keine Strafzeichen vollbracht habe. Das ist aber - wie aus mehreren Überlieferungen erhellt nicht der Fall. Schon Petrus Dorlandus83 überliefert solche Mirakel, in denen Anna diejenigen straft, die sich ihrer Verehrung verweigern. Er konnte das Mirakel von der Bestrafung einer Nonne, die sich weigerte, die hl. Großmutter zu verehren, der

sich erstmals bei Petrus Dorlandus. Zur Historisierung von Mirakeln vgl.o. Kapitel. 4.5. - Zu Person und Werk des Dominicus van Gelre vgl.o. Kapitel 4.5. Anm. 103. 81 So werden in zahlreichen Heiltumsbiichem und Mirakelerz ählungen solche Strafbzw. Rachemirakel berichtet. Das Limburger Mirakelbuch (vgl. meine Edition in W U N D E R H E I LUNGEN, a.a.O., S. 102-107) verzeichnet aber nicht ein einziges Strafmirakel. Vgl.a. Kapitel 3.6. 82 Zitiert aus der Einleitung von G. Schreiber in: Die D E U T S C H E MIRAKELBÜCHER; zur Quellenkunde und Sinngebung / hg. von G. Schreiber. Düsseldorf, 1938, S. 15. 83 Zu Person und Werk vgl.o. Kapitel 5.1. Anm. 19.

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

Vita der hl. Coletta von Corbie entnehmen. Allerdings verschwieg er den Namen der unwilligen Verehrerin. Sie erneuerte den schwerwiegendsten Einwand gegen die Annenverehrung, der schon im frühen Spätmittelalter vorgebracht worden war: ihr Trinubium. 84 Dieser moralisch motivierte Einspruch gegen Anna konnte nicht argumentativ entkräftet werden; Präzedenzfälle für Mehrfachheiraten von Heiligen gab es nicht. Die Gott geweihte Jungfrau verachtete die Heilige, weil sie nämlich dachte, daß Anna sich aus Begierde des Fleisches dreimal verehelicht habe. "Annae tarnen sanctissimae Dei Genitricis parenti, eo quod triplici fuisset copulata conjugio nec ei vir unus, cum esset annosa et sterilis, suffecerit, debitum timebat obsequium exhibere: errore enim decepta arbitrabatur, Annam pudicissimam non prolium gratia, sed causa libidinis tres maritos appetivisse, eamque, quae fontem peperit castitatis, ut impudicam et lubricam arguebat: pressa tarnen reverentia Virginis Matris, non audebat palam inferre convitia, sed tacito murmure hanc in Annam displicentiam occultabat. Nolebat ergo Annam ut ceteros colere, nesciens misera ñeque respiciens, quam ingentia bona ex Annae nobis matrimoniis provenerunt."85 [Sie scheute sich jedoch, Anna, der Mutter der allerheiligsten Gottesgebärerin, den schuldigen Gehorsam zu erweisen, da sie dreimal eine eheliche Verbindung eingegangen war, und ihr nicht der eine Mann genügte, obzwar sie schon hochbejahrt und unfruchtbar war. Sie glaubte (aufgrund eines trügerischen Irrtums), daß die besonders schamhafte Anna nicht um der Nachkommen willen, sondern aus Wollust drei Männer begehrt habe, und so schalt sie diejenige, welche den Ursprung der Reinheit geboren hat, ein schamloses und sittenloses Weib. Doch bedrängt von der Ehrerbietung gegenüber der jungfräulichen Mutter, wagte sie nicht, ihre Vorwürfe öffentlich zu äußern, sondern verbarg diese Unzufriedenheit mit Anna unter stummem Murren. Also weigerte sie sich, Anna wie die übrigen [Heiligen] zu ehren, weil sie, die Bedauernswerte, nicht wußte und nicht bedachte, wie gewaltige Wohltaten uns aus Annas Ehen erwachsen sind.] Interessant ist hier, daß der Widerspruch der Nonne gegen die Verehrung Annas nicht offen artikuliert und ausgetragen wird, sondern als bohrender Zweifel und innerer Widerwille geschildert wird. Die Frage beschäftigt die Frau gar noch vor dem Einschlafen. Die Zeit vor dem Offenbarungsempfang stellt sich in diesem Lehrstück für Annenverehrung also dar als Zeit des Zweifels, eine durchaus übliche Form der Inkubation. Dann sah die Nonne, "rapta in spiritu" 86 , vom Geist ergriffen, eine leuchtende himmlische Prozessi-

84 Vgl.o. Kapitel 4.2. 85 ActaSS, a.a.O., Nr. 18, Sp. 265b, zudem Anm. Sp. 266a. 8 6 Ebd. Zu Traumvisionen vgl. DINZELBACHER, VISION, a.a.O.,

S. 3 9 - 5 0 .

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on vorbeischreiten; von einigen Teilnehmern derselben wurde sie streng angeblickt. Sie Schloß sich den Gestalten an und sah im Himmel eine noch schönere und reichere Prozession, aus deren Mitte eine bewunderungswürdige Matrone hervorstach. Deren Gefolge wandte der Jungfrau mit dem Ausdruck tiefer Verachtung im Gesicht ostentativ den Rücken. Heftig errötet ob dieser beschämenden Behandlung fragte die Jungfrau eine in der Nähe stehende Person nach dem Grund. Die Antwort lautet: "Nonne legisti in Esaia: Vae, qui spernis, quia et ipse sperneris? [Jes 33,1] Hanc dominam nobilissimam Christiferae Virginis Genitricem semper improbe contempsisti: nunc quoque ab universa eius, quam hic cernis, progenie dignissime aspernaris."87 [Hast du nicht gelesen bei Jesaja: Wehe, der du verachtest, weil du auch selbst verachtet werden wirst? Du hast immer diese höchst edle Frau, die Mutter der jungfräulichen Gottesgebärerin frech verachtet; jetzt wirst du von ihrem ganzen Geschlecht, das du hier siehst, zu Recht geschmäht.] Die auffällige Matrone war natürlich Anna, und die Jungfrau wurde geschmäht aufgrund ihrer mangelnden Devotion dieser gegenüber. Dann kam Anna höchstpersönlich mit strengem Gesicht auf die Jungfrau zu und klagte sie ihres Vergehens an: "Tu cum virgo sis, mea semper conjugia arguisti"88, [Du hast meine Ehen immer verurteilt, weil du im jungfräulichen Stande lebst] sagte die Heilige und stellte der Jungfrau die eigene Nachkommenschaft und deren Bedeutung für das Heil der Menschen vor Augen. "Numquid mea coniugia aliquid mihi gloriae rapuerunt? Immo vero tanto ego sum prae ceteris a Deo venerata, quanto ante alios nobilissimis prolibus foecundata praefulgeo."89 [Haben meine Ehen mir denn irgendwie Ehre geraubt? Nein, im Gegenteil - in dem Maße bin ich vor den übrigen [Frauen] von Gott geehrt worden, wie ich vor anderen hervorleuchte, weil ich mit höchstedler Nachkommenschaft fruchtbar gemacht worden bin.] Die Jungfrau wurde dann von Anna mütterlich ermahnt, es hinfort nicht mehr an der nötigen Ehrerbietung fehlen zu lassen. Da sie sich die Ermahnungen zu Herzen nahm und fortan eifrig im Annendienst war, starb sie denn auch getröstet in den Armen ihrer Patronin. Der anonyme Franziskanerobservant, Bearbeiter der Annenlegende des Dorlandus, hat bezeichnenderweise dies

87 ActaSS, a.a.O., Nr. 19, Sp. 265bf. 88 A.a.O., Nr. 20, Sp. 266a. 89 Ebd.

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

Mirakel an exponierter Stelle erzählt: am Anfang seiner Mirakelsammlung. Er liefert auch die am besten durchgestaltete Fassung des Mirakels vom bösen Bischof. Hier ist, im Unterschied zu den übrigen Fassungen, die Intention des Bischofs beim Verbot des Annenkultes deutlich herausgearbeitet.90 Diese Fassung ist deshalb in besonderer Weise geeignet, Widerstände und Einwände gegen die Annen Verehrung zu erheben. Ich zitiere aus der Straßburger Übersetzung: "In Engelant ist gewesen ein bischoff, der do nit allein sant Annen nit eret, sunder auch ist er gewesen ein grosser widersecher aller menschen, die sant Annen warent dienen un eren. Und do er sähe, wie das volck teglich was zu0 louffen so mit grosser andachte zu" dem bilde in der ere sant Annen, und wie das volcke vyl wachßliechter und andere goben waren dar opffem, do ward er nit alleyn vertrossen, der dynge halber, die do sant Annen gegeben wurden, sunder auch der dienstbarkeit und ere halber, die do den anderen heyligen geschahen. Das was er mit ungunst sehen und vernyten. Und deshalben so wart er gantz entzündet mit grossem zorn. Unnd mit treffenlichem hochmu°te unnd schmacheit was er zu° dem andechtigen volcke also mit grosem zorn un grym zu" ru°ffen: 'Wohar kommet doch üch die unsynnigkeit und fantasy, wohar kommet doch üch die üppige und aberglaübig geystlicheit, un die verdu°nliche gybigkeit üwerer guter? (Bl. 35r) // Ir wissent nit was ir thu°n! Sunder als ein ungelertes volck nit wyßlich sien, ir zu°flucht han zu0 dem stummen und tauben bylde, und üwere zytliche guter synt ir umbsunst un üpiclich ußgeben. Darum so ist üch glich gnu°g ursach, abzulossen von so'lichen sunderlichen wysen, eerbieten un opfferen, die menig der tauben und stumen der heyligen. Und deshalber so duncket mich billich üch zu0 gebieten syn, wie das so'liche nüwe und ungewonete eerbietung und nit bewerte wysen, gantz abgetan werden sollen, ee dann die ungläubigen und widerspennigen mit dem schwert unsers reiches gestrafft werden, wan ir wissent nicht, wo'lhe ir sint eren. Fürware, sie ist ein judin gesyn in dem alten gesetze, cristen weder gedaufft, und hatt dry eelicher menner gehabt.' Und do zu" was er wider sie ußsprechen etliche lesterliche wort, die do vyle besser hie verschwigen werden."91 Der Konflikt um die Verehrung Annas wurde angesiedelt in einer Auseinandersetzung zwischen dem 'Volk' und einem Bischof, der zugleich Territorialherr ist. Diesem Bischof werden in zwei Argumentationsgängen Einwände gegen die Annenverehrung seiner 'Schafe' zugeschrieben: solche, die er äußert, und solche, die sein Verbot erst eigentlich motivieren. Die vernünftig

90 Der Bischof wurde von Jan van Denemarken allein als Lästerer dargestellt, ebenso von Wouter Bor: "Do sprach der bischoff spotlichen zo dem volck: 'Myrhayn donner hilgen genoich, uns goit zo verdoyn!'" BOR, a.a.O., Bl. 209vf. - Zur Fassung des Mirakels bei Dorlandus vgl. ActaSS, Nr. 21 f, Sp. 266ab. 91 Beschreibung der Ausgabe im Anhang 2.1. unter 1509a, Bl. 35rf.

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argumentierenden Passagen der direkten Rede des Würdenträgers werden dabei als Rationalisierung seiner niedrigen Motive dargestellt. Problematisch war nämlich nicht, daß er persönlich nicht in rechter Weise fromm war, sondern daß er aus schnell durchschaubaren, wirtschaftlichen Gründen die Annenverehrung unterbinden wollte. Den Heiligen derjenigen Kirchen, an deren 'Gewinn' er beteiligt war, wurden durch den aufkommenden Annendienst Wachsopfer, ein bedeutender Wert, entzogen. Der böse Bischof sah das Volk vor allem als 'ungelehrt' an; es ergehe sich wegen seiner Dummheit in abergläubischem Götzendienst und verehre Holz und Stein, taube und stumme Darstellungen der Heiligen. Diese Heiligenkritik ist nicht dadurch motiviert, daß das heilsame Eingreifen von Heiligen überhaupt bezweifelt würde, sondern führt gegen die hl. Anna an, daß sie die grundlegende Bedingung der Heiligkeit nicht erfülle: sie sei nicht christlich getauft, mithin Heidin. Dieser Einspruch gegen die Verehrung Annas und anderer Mitglieder aus der familia Iesu scheint häufiger geäußert worden zu sein.92 Zudem war die hl. Anna, so fuhr der böse Bischof fort, allein schon deshalb nicht heilig zu nennen, weil sie mit drei Männern ehelich verkehrt hat. Wenn der Bischof sich damit als Frevler gegenüber dem göttlichen Willen darstellte, während die Verehrer dieser angeblich unwürdigen Heiligen durch göttliches Eingreifen geschützt wurden - eine Bestätigung von Annas Macht - , so zeigt dies, daß eine 'neue Zeit' angebrochen war, in der die Laien besser wußten, was rechte Frömmigkeit ist, als die ordentlich bestellten Diener der Kirche, die von ihrer Geldsucht verblendet sind. Der Bischof drohte dann denjenigen Gläubigen, die gegen sein Gebot an der Annenverehrung festhielten, scharfe Bestrafung an. Das bekümmerte Volk wurde jedoch, wie der Hagiograph zu berichten weiß, von Gott selbst gestärkt, "das es mere syn hoffen wolt setzen in den herren Jhesum Cristum und in syn würdige mu°ter, auch in syn allerheyligste großmu°tter Annam, dan in die fiirsten un herren, oder in die kynder der menschen, in denen kein heyl is oder funden werden mag"93.

Dieses Vertrauen des Volkes in den Herrn und seine Eltern wurde auf das Schönste gerechtfertigt: Der Bischof nämlich wurde, just als er willens war, die Annenverehrer mit dem Bann zu belegen, durch göttliches Eingreifen vom Pferd gerissen, brach sich den Hals und starb eines 'schnellen Todes', d.h. ohne den ordnungsgemäßen Vollzug des Sterberituals.94 Gottes Sohn wollte nämlich, wie der Erzähler versichert, seine Großmutter rächen; hatte er doch selbst befohlen, die Eltern zu ehren. Bemerkenswerterweise entstammen diese in den

92 Vgl.o. Kapitel 2.4. Anm. 80. 93 BOR, a.a.O., BL. 36r. 94

Vgl. zu ars moriendi

ARIÈS, TOD.

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Mirakeln überwundenen Kritiker der Annenverehrung nicht dem Laienstand. Sie formulierten exemplarisch die Einwände der 'Berufschristen' gegen diese Heilige, welche die Ideale des Kleriker- und Religiosenstandes mißachtete und statt dessen den Laien zeigte, daß auch die Lebensweise ihres Standes heilig sein kann. Ein anderes Strafmirakel wurde an einer reichen Frau aus Lauretia (Lorris) vollzogen. Da sie kinderlos war, befolgte sie den Rat einer kinderreichen armen Frau, die Großmutter Jesu zu ehren: Sie ließ zusammen mit ihrem Mann ein Annenbild anfertigen und aufstellen und davor Kerzen abbrennen. Tatsächlich wurde sie bald schwanger. Kurz vor der Geburt aber dachte die reiche Frau, daß sie der Frucht sicher sei und der Patronin nicht mehr bedürfe. Der Schaden blieb nicht aus: die Frucht wurde tot geboren. Der Gatte beschimpfte Anna als schlechte Patronin - aber die Frau mußte gestehen, daß dies die Folge ihrer Sünde war. Sie bereute und Anna erweckte das tote Mädchen zum Leben. Die Lehre der Geschichte lautet: Wer vom Annendienst abfällt, hat schlimme Folgen zu gewärtigen.95 Nur in relativ wenigen Mirakeln kommen Personen geistlichen Standes als Annenverehrer in den Blick. Zwei Nonnen - Coletta und Margaretha - und zudem drei Angehörige des Religiosenstandes - Birgitta, ein Klausner und ein Eremit - erleben Visionen. Zu diesen Mirakeln, die eine kultbegründende Funktion haben, indem sie bestimmte Formen der Annenverehrung auf honorige Personen zurückführen, kommen mehrere Mirakelberichte des von Anna aus Seenot geretteten Dominicus van Gelre.96 Sie lassen sich vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit als Visitator seines Ordens verstehen und sollen sich in Frauenklöstern ereignet haben. Einmal erschien der Engel des Herrn "in specie peregrini"97 bei Untergang der Sonne an der Pforte eines Frauenklosters und forderte sein Gastrecht. Die Pförtnerin wollte ihn abweisen, weil das Kloster arm sei - ließ ihn dann aber doch um Annas willen eintreten. Der Engel offenbarte den zusammengerufenen Schwestern, Gott habe ihn geschickt, um zu verkünden, daß ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten behoben würden, so sie sich zur Verehrung Annas bekehrten. "In eius amorem ánimos inflammassetnjt" 98 , in Liebe zu Anna entbrannten ihre Herzen - so berichtet nun der 95 ActaSS, a.a.O., Nr. 41f, Sp. 271a-272a. - Noch im 17. Jahrhundert wurden zu einer Annenkapelle bei Romont im Kanton Fribourg ohne Taufe verstorbene Kinder gebracht, damit Anna sie wieder zum Leben erwecke; 1689 wurde dies durch den zuständigen Bischof von Lausanne, Peter von Montenach, verboten. Vgl. RICKENBACH, a.a.O., S . LXXVIII. 96 Zu Person und Werk vgl.o. Kapitel 5.1. Anm. 20. 97 ActaSS, a.a.O., Nr. 31f, Sp. 268bf. - Als Pilgerpatron ist ein Enkel der hl. Anna, Jakobus d.Ä., bekannt, Patron des berühmten Wallfahrtsortes Santiago de Compostela; er erschien auch dem Jüngling von Doch. 98 ActaSS, a.a.O., Nr. 37, Sp. 270a.

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Erzähler - , weshalb der Engel den Nonnen ein Annenbild übergab. Auch in einem zweiten Falle konnte die Reform des Klosters nur deshalb gelingen, weil die Annenverehrung eingeführt wurde: "Est monasterium quoddam dominarum non longe a nostris finibus constitutum, cujus vita olim admodum reproba fuit, sordida et impudica, nulla illic justitia, nulla disciplina vigebat. Cum post mortem abbatissae altera surrexisset, femina strenua, iusta et religiosa, non poterat sine gravissimo cordis tormento tantam sororum suarum videre lachrymabilem ruinam."99 [Es gibt ein Frauenkloster, nicht weit von unseren Grenzen gelegen, dessen Leben einstmals völlig schlecht, schmutzig und schamlos war, dort stand keine Gerechtigkeit und keine Regel in Kraft. Als nach dem Tod der Äbtissin eine andere eingesetzt wurde, eine tüchtige, gerechte und fromme Frau, konnte sie nicht ohne schwerste Herzensqual den so gewaltigen, beweinenswerten Ruin ihrer Schwestern mitansehen.] Diese fromme Äbtissin flehte Anna um ihren Beistand an, führte die Nonnen in die Annenverehrung ein und bald waren alle "perversate] mentes"100, fehlgeleiteten Geister, auf den rechten Weg zurückgeführt. Solche Hilfe dürfte sich Dominicus van Gelre wohl gelegentlich selbst gewünscht haben. Beide Mirakel zeigen zudem, welche Hoffnungen mit der Einführung der Feier des Annentages verknüpft werden konnten. Ein weiteres Mirakel aus der Sammlung des Dominicus van Gelre ereignete sich im klösterlichen Umfeld und artikuliert eine spezifisch mönchische Erfahrung: Ein frommer Mönch aus dem Dominikanerorden gab der Versuchung nach, grämte sich darob sehr und verfiel in die Sünde der Melancholie.101 Er wurde von Anna getröstet. Daraufhin predigte auch er die Annenverehrung. In Zusammenhang mit einem Kloster stehen auch die folgenden Mirakel: Dominicus berichtet mehrere vor einem Annenfinger102 im Dominikanerkloster zu Köln geschehene Wunder, die formal und sachlich solchen Mirakeln entsprechen, die üblicherweise in Heiltumsbüchern festgehalten wurden.103 In der Annenlegende des anonymen Franziskanerobservanten ist ein weiteres Kölner Heilungswunder aufgenommen, das möglicherweise ebenfalls von Dominicus van Gelre aufgezeichnet wurde.104 Ein ehemals reicher Kölner Bürger, der seine 99 A.a.O., Nr. 33, Sp. 269a. 100 Ebd. 101 A.a.O., Nr. 34, Sp. 269a. 102 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 35, Sp. 269b. - Vgl.a. Kapitel 3. 103 Zu Heiltumsbüchern im allgemeinen und zu einem Heiltumsbuch der hl. Anna vgl. meinen Aufsatz WUNDERHEILUNGEN, a.a.O. 104 ActaSS, a.a.O., Nr. 35, Sp. 269b. - Zur Rolle, die Dominicus van Gelre bei der Bearbeitung der Annenlegende des Franziskanerobservanten spielte, vgl.o. Kapitel 5.1. Anm. 30.

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Güter verloren hatte, soll durch Annas Eingreifen vor dem Ruin gerettet worden sein. Dafür stiftete er eine Wachsbüste Annas, die in dem besagten Kloster ihren Platz auf einem neben dem Rosenkranzaltar befindlichen Altar fand und - wie der Autor versichert - viele zur Verehrung Annas angespornt hat.105 Die Parallelen zum Mirakel vom Jüngling von Doch - auch der war aus der Armut gerettet worden - sind unübersehbar. Diese Mirakel belegen, welche Bedeutung ein Dominikaner einem Kloster seines Ordens in einer sehr frühen Phase der Annenverehrung zu geben versuchte, indem er in Legenden Propaganda für diesen Kultort betrieb. Dominicus van Gelre bewertete - das ist singular - die Mirakulosität der einzelnen Mirakel. Ihm schien dasjenige Mirakel das bedeutendste zu sein, das die Einung verschiedener, auseinanderstrebender Seelen zu einem einzigen, gemeinsamen Wollen erzählt. "[E]go ipsum [miraculum] ceteris [miraculis], quae hic scripta sunt, longissime praefero. Nam etsi Deo omnia ñeque [lies: aeque] facilia sunt, multo tarnen est gloriosius multos nequissimos ánimos in unam subito et justam voluntatem colligere f...]".106 [Ich selbst ziehe aber dies Mirakel den übrigen, die hier aufgezeichnet sind, bei weitem vor. Wenn auch bei Gott alle gleich leicht sind, so ist es dennoch weit glorreicher, viele liederliche Seelen zu einem einzigen und gerechten Wollen plötzlich zu vereinen.]

Das solcherart positiv bewertete Wunder bestand in der oben beschriebenen Durchführung der Klosterreform mit Annas Hilfe. Die Mirakel des Dominikaners werden ausschließlich in der Annenlegende des Petrus Dorlandus überliefert. Das läßt darauf schließen, daß die Erzählungen, die von gelungener Klosterreform und der Errettung eines Mönchs aus Anfechtungen berichteten, von den anderen Autoren als uninteressant erachtet wurden für die 'idealen Leser' der Annenlegende. Allein die vor dem Kölner Annenheiltum geschehenen Heilungswunder wurden auch in die Sammlung des anonymen Franziskaners aufgenommen. Dort findet sich ein weiteres Mirakel, das an einer Person geistlichen Standes geschah: Die demütige Nonne Margaretha weigerte sich im Unterschied zu ihren Mitschwestern, Latein zu lernen. Während jene jedoch hochmütig waren, blieb sie demütig und hielt an der Annenverehrung fest. Es handelt sich um durchschnittliche Szenen - mit Ausnahme der Bemerkung, daß auch die Nonnen Latein lernen wollten und stolz auf ihre Fähigkeiten waren, die es ihnen ermöglichten, der Meßliturgie zu folgen. Bildungshungrigen

105 ActaSS, a.a.O., Nr. 36, Sp. 269b. 106 A.a.O., Nr. 33, Sp. 269a.

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Nonnen hält der Verfasser als Warnung die simplicitas der ungelehrten Schwester entgegen. 107 Die meisten und wirkungsgeschichtlich bedeutsamsten Mirakel hat die hl. Anna an Personen weltlichen Standes vollbracht. Schon der Kartäuser Petrus Dorlandus 'Λ .berichtet zahlreiche Mirakel,* die an Personen weltlichen Standes geschahen. Er erzählt nicht nur von dem Jüngling von Doch, von der Heilung des Humanisten Rudolf Agricola 108 und von Ludovicus de Bourbon 109 , sondern auch von der Nachkommenschaft in Lothringen. Der Bezug zum familiären Lebenszusammenhang wird auch in dem Gebet, das Anna die hl. Birgitta von Schweden lehrte, hergestellt. Anna sagt: "Ego sum Anna, domina omnium coniugatorum, qui fuerunt ante legem. Ego etiam sum mater omnium coniugatarum fidelium, quae sunt post legem, quod deus voluit de generatione mea nasci: ideo tu filia honora deum isto modo: 'Benedictus sis tu Iesu, fili Dei et fili virginis; qui de coniugio Anne et Joachim mattem tibi elegisti.'"110 [Ich bin Anna, die Herrin aller Eheleute, die vor dem Neuen Bund [vor Christus] gewesen sind. Und ich bin die Mutter aller christgläubigen Ehefrauen, die nach dem Neuen Bund [nach Christus] leben, weil Gott aus meinem Geschlecht geboren werden wollte: Deshalb ehre du, Tochter, Gott auf diese Weise: 'Gesegnet seiest du Jesus, Sohn Gottes und Sohn der Jungfrau, der du dir zur Mutter ausgewählt hast [Maria] durch die Ehe Joachims und Annas.'] Zudem erzählt er die Bekehrung eines türkischen Kriegsherrn, der höchstpersönlich Feuer an eine christliche Kirche legte; diese wollte aber nicht brennen. Da bekehrte er sich zu der Patronin der Kirche mit folgenden Worten: "Vere tu sola mihi inter deos deasque cultu dignissima demonstraris, quae tantam ultra cetera caelorum numina exeris virtutem [...]. Deum Olympi maximum obtestor [,..]." m

107 Sollte es im Zeitalter des Humanismus solche Bildungsbestrebungen in Nonnenklöstern gegeben haben? Als gelehrte Nonne ist bislang nur Caritas Pirckheimer aus Nürnberg bekannt. Vgl. Ursula HESS: Oratrix humilis; die Frau als Briefpartnerin von Humanisten, am Beispiel der Caritas Pirckheimer. In: Der BRIEF im Zeitalter der Renaissance / hg. von F.J. Worstbrock. Weinheim, 1983. (Mitteilungen / Kommission für Humanismusforschung; 9), S. 173-203. - Auch Trithemius hat die simplicitas der eruditio vorgezogen und gefordert, daß beides sich in der pietas verbinden solle. Vgl.a. Kapitel 5.3. 108 Vgl. Kapitel 5.1. 109 Vgl. Kapitel 4.5. Anm. 117. 110 Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 28, Sp. 267bf. Zur Vorlage des Dorlandus vgl.o. Kapitel 4.5. Anm. 115. 111 ActaSS, a.a.O., Nr. 38, Sp. 270b.

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[Wahrhaftig, du allein erweist dich mir unter den Göttern und Göttinnen als der Verehrung sehr würdig, die du so große Tugend über die übrigen himmlischen Mächte hinaus offenbarst. Den höchsten Gott des Olymp nehme ich zum Zeugen.] Anna bewahrte den Türken dann in allerlei Gefahren und verlieh seiner Frau eine glückliche Geburt. Der humanistische Hintergrund des Autors wird hier sehr deutlich. Dorlandus berichtet desweiteren von der Errettung einer jungen Frau aus der Hand von Räubern. Ihr war, noch bevor sie 18 Jahre alt war, schon der zweite Mann gestorben. Da Bor diese Erzählung aufgenommen hat und sie lebendiger als Dorlandus erzählt, zitiere ich aus seiner Fassung: "Do sat sy [die 18jährige Witwe] up in erem synn, dat sy noch eynen man nemen wulle, so vere als dat Gode behegelichen were und dat zo eren der heiiger vrauwen sant Annan, de och dri man gehait hat. Und were is sach, das ir Got den man och neme, so enwulle sy och nummer me keynen me nemen, als sant Anna och dede."112 Auch des dritten Mannes beraubte sie der Tod, noch bevor die junge Frau 20 Jahre alt wurde. Als ihr der vierte Mann angetragen wurde, lehnte sie ab, um "sant Annen [zu] volgen na erem upsatz"113. Der vierte Mann versuchte, sie mit Gewalt zu sich zu führen, als sie auf dem morgendlichen Kirchgang war.114 Sie rief aber laut zu ihrer Patronin Anna, welche mit großem Gefolge erschien, was die Menschenräuber erschreckte und vertrieb. Sie wurden von den Ordnungsorganen ergriffen und verurteilt. Des nachts erschien Anna der jungen Witwe und offenbarte ihr, daß die Bösewichter ergriffen und verurteilt seien. Nach dieser Erscheinung Annas bat die Witwe den Richter, die Männer nicht zu töten. Diese traten in ein Kloster ein und büßten lebenslang. Die meisten Mirakel an Personen weltlichen Standes erzählt Wouter Bor. Diese Mirakel sind von allergrößter Bedeutung für das Annenbild der Halbge112 BOR, a.a.O., BL. 194rf. 113 A.a.O., Bl. 195r. 114 Für eine gewisse Destabilisierung in Ehe- und Sexualfragen spricht die zunehmende Inanspruchnahme der geistlichen Gerichte in dieser Zeit. Vgl. R. WEIGAND: Ehe- und Familienrecht in der mittelalterlichen Stadt. In: HAUS FAMILIE, a.a.O., S . 1 6 1 - 1 9 4 . - Auf die Notwendigkeit, eine verstärkte Affektkontrolle einzuüben, ist verschiedentlich hingeweisen worden. Klassisch ist die Untersuchung von N. ELIAS: Über den Prozeß der Zivilisation; Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. Bd. 1-2. Frankfurt a.M., 1976. Bezogen auf den Bereich der Sexualität hat M . SCHRÖTER diese Gedanken aufgenommen und weitergeführt: STAATSBILDUNG und Triebkontrolle; zur gesellschaftlichen Regulierung des Sexualverhaltens vom 13. bis 16. Jahrhundert. In: Macht und Zivilisation / hg. von P. Gleichmann. Bd. 1 - 2 . Frankfurt, 1 9 8 4 , hier Bd. 1, S. 1 4 8 - 1 9 2 . - Vgl.a. Kapitel 6 . 1 .

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bildeten, da die von Bor abhängigen Bearbeitungen der Annenlegende die breiteste volkssprachliche Tradierung von allen Annenlegenden überhaupt erfuhren.115 Das Mirakel vom bösen Ambagus bietet "eyn exempel van eyner jonfferren geheischen Anna"116 aus Zuzyna, die "rich van zitlichem goit"117 war. Sie hatte besondere Liebe zu ihrer Namenspatronin, ließ zu deren Ehren eine Kirche bauen und darin jeden Dienstag drei Messen, zudem alle Tage Stundengebete singen und veranlaßte jeden Dienstag eine Armenspeisung zu Annas Ehre. Gleichzeitig lebte in dieser Stadt ein reicher Mann, einer von den Obersten, mit Namen Ambagus, "der mit der fleischlicher leiffden wart ontzont intgayn de vurschreven jonffrauwe Anna und want sy vil richer was dan er, so het er sy gerne zo der ee genommen." 118

Er war Bürgermeister von Zuzyna und mußte die Stadt von Amts wegen für drei Jahre verlassen. Inzwischen heiratete die Jungfrau einen anderen Mann, dem sie in drei Ehejahren drei Kinder gebar. Als Ambagus zurückkehrte und die Familienidylle sah, wurde er sehr verstört und sann auf Rache. Während die ganze Familie einschließlich des Gesindes, aber ohne den Ehemann, in der Kirche war, schlich sich Ambagus in das Haus, tötete den auf dem Bett schlafenden Ehemann und versteckte ihn. "[...D]o geynck Ambagus heymlichen in de kamer, da der man lach und sleiff, und stach eme synen hals auff und verbarch synen lyff under dat bet up de erde und woische und reynnychde de kamer van dem blöde, dat da gestört was, und geynck do van dannen. Und also balde er dat gedayn hatte, so vergeynge eme der brant der fleischelicher leiffden, de er zo Anna gehait hatte.'"19

Weil Winter war, verweste der Leichnam unter dem Bett nicht; aber im Frühling wurde er ob des großen Gestanks gefunden. "Eyn feirdel jars dar na, als de kelde des wynters was vergangen, (Bl. 140r) // so began dat doit licham tzo styncken. Und Anna en roich des stancks nit, want dat roischen was ir vergangen van groissem bedroiffnysse. Und want Anna den stanck nit en roech, so en ließ sy och van yrem gesynne nemant in irer kameren soichen, und och omb irer cleynnot willen, de sy da in hatte."120

115 Vgl. Kapitel 5.1. 116 BOR, a.a.O., Bl. 137r. Der Böse wird auch gelegentlich Amboges genannt. Vgl. ActaSS, a.a.O., Nr. 47-53, Sp. 272b-274a. Nach dieser Fassung ereignete sich diese Geschichte in Jerusalem. 117 BOR, a.a.O., BL. 137v. 118 A.a.O., Bl. 138v. 119 A.a.O., BL. 140r. 120 A.a.O., BL. 140v.

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Der Gestank war aber schon nach draußen gedrungen und als das Gesinde allein im Haus war, dieweil die Herrin in der Kirche betete, ging man in das Schlafzimmer und fand den Leichnam unter dem Bett. Die Ehefrau ließ nun ihren Mann begraben und betrauerte ihn - aber "so waren etzlichen, de eynen boijssen gedancken hatt uff Anna, dat sys schildich were an deder myßdait"121. Diese argumentierten psychologisch sehr geschickt: Es sei unglaublich, daß sie jede Nacht auf dem Bett zu schlafen pflegte, unter welchem sie ihren Mann versteckt hatte; als den Vorwurf erhärtend sahen sie an, daß sie ihr Gesinde nicht in ihre Kammer lassen wollte. So kam die Vermutung auf, Anna habe jemanden für den Mord gedungen, und sie kam ins Gefängnis, wo sie gefoltert wurde (was der Erzähler drastisch ausmalte). Aufgrund der Pein wollte sie lieber sterben, "dan dat sy lenger suiche pynne soil lyden und darumb gaff sy sich schuldich der myßdait"122. Sie sollte nun die übliche Strafe für Mord erhalten. Als Anna nun vor Gericht stand, tauchten zwei Frauen auf mit einem Jüngling, der als Entlastungszeuge eingeführt wurde. Er stellte die Witwe Anna als zum "husgesinde"123 seiner Großmutter gehörig vor. Sie werde zu Unrecht verdächtigt, habe nur unter der Folter gestanden und sei deshalb freizulassen. Zur Bekräftigung zog der Jüngling sodann den Leichnam des toten Ehemannes unter dem Mantel seiner Großmutter hervor, der nun wieder lebte. Ambagus, der mit zu Gericht saß, war so beeindruckt, daß er gestand und bestraft wurde. Das ganze Volk betete dann in der von der Ehefrau gestifteten Annenkirche und dankte ihr. Bor erzählt "[e]yn myrackel van zweyn perschoynen, de in der heiiger ee waren"124. Ein Ehepaar, "arm [...] van zitlichem goit und waren andechtich zo Gode und leffden in der fochten Götz und leffden van der arbeit irer hende"125, hörte, daß Anna und Joachim ihre Habe dreigeteilt hatten. Die Eheleute taten es ihnen nach, indem sie jeden Dienstag den dritten Teil ihrer Speise für die Armen gaben "und als sy dat eyn zit lanck gedayn hatten, so begonten sy sere rich zo werden, also dat wenich ir geliehen waren in richdom"126. Da sie kinderlos waren, baten sie Anna um Leibesfrucht und erhielten gleich Drillinge, und zwar Söhne. Als der Hausvater sein ganzes Gesinde mit sich in die Scheune zum Dreschen genommen hatte, während die Hausfrau noch im Kindbett lag, und die kleinen Söhnchen von einem fremden Kind beaufsichtigt wurden, geschah ein Unglück. Das fremde Kind spielte mit dem Herdfeuer "als

121 122 123 124 125 126

A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O.,

Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

142v. 143v. 147r. 149r. 149v. 150r.

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der kynder gewoenheit ist"127 und das Haus geriet in Brand. Die Hausfrau bemerkte das Feuer und rief um Hilfe, aber niemand hörte sie. "Do nam sy ir dri nuwe geboren sone in iren schois und in ire armen und sat sich off dat beth und gedacht, dat sy da mit in sterven und verbyrnen moiste."128 Der Mann und viele andere kamen zwar eilends gelaufen, aber es war schon zu spät. Da ging der Hausvater zur Kirche, fiel vor einem Annenbild auf die Knie und betete. Wieder zuhause konnte er dann freudig feststellen, daß zwar das ganze Haus abgebrannt, aber just dieses Zimmer mit Frau und Kindern stehengeblieben war. Die Ehefrau berichtete dann, daß auch sie Anna angerufen habe: "[M]yt gebouchden kneen reiff ich an sant Anna und bat sy, dat sy nu woille gedencken der waildait und almyßsen, de wir durch ir ere dan armen gegeven hatten na unsem vermoegen. Und als ich dat gebeth uß hatte, so sach ich zo myr comen Jhesus, Maria und Anna. Und sant Anna nam mych myt den kynderen in yren schois und deckt uns myt irem mantel, und Jhesus stoynt zo mynem houfde und Maria zo mynen voissen und heilden eynen schyrm over mich, also dat keyn vuyr noch flam uns hynderen mocht."129 Bevor die heilige Sippe sie verließ, wurde die junge Mutter noch von Jesus geküßt. Mit Blick auf den Rezipienten dieser Erzählung bemerkt Jesus abschließend zu der Frau: "also wil ich bi stayn in allen noden den genen, de myn aide moder eren umb myner moder willen."130 Daraufhin wurde eine Kapelle errichtet und eine ewige Dienstagsmesse gestiftet. Eine weitere, ähnlich aufregende Geschichte berichtete Bor anschließend. Als ein Eremit von der Stadt, wo er um Essen gebettelt hatte, nach Hause ging, begegnete er einem Mörder: "Und als der moerder den hermyten sach, so gedacht er, dat er eyn richer kaouffman were und alsulche habit van schalckheit het angezogen, up dat er gewiß by der nachft] wandellen moicht. Und he greiff in by dem hals und heisch eme golt und sylver. Der hermyte bat genade und sprach, dat er is nit en het und wo er van armoit in der stat het broit gebedelt, want er eyn armer hermit were."131 Der Mörder glaubte dem Eremiten nicht, daß er kein verkleideter Kaufmann sei, stach ihm erst die Kehle durch, schlug ihm dann das Haupt ab, warf dieses 127 A.a.O., Bl. 15lr. 128 A.a.O., Bl. 151vf. 129 A.a.O., Bl. 154vf. 130 A.a.O., Bl. 154r. 131 A.a.O., Bl. 155r. - Das 'setting' dieses Mirakels ist realistisch, denn es gab in derTat 'falsche Pilger'. Vgl. L. SCHMUGGE: Der falsche Pilger. In: FÄLSCHUNGEN, a.a.O., Bd. 2, S. 475484; mit weiteren Literaturhinweisen. - Die Beispiele Schmugges handeln jedoch im Unterschied zum Mirakel von falschen Pilgern, nicht von echten Pilgern bzw. Eremiten, die für falsche gehalten werden.

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beiseite und dann den toten Leib ins Wasser. Als er sich umdrehte, sah er eine schöne Frau hinter sich stehen, "uß wilchen äugen und angesicht geynge eyn blynckende clairheit als der sonnen stralen und op yrem houfft scheyn eyn bant als eyn regen bogen, in wilchem stoyn geschreven dese dri namen: Jhesus, Maria, Anna - myt golden boistaben." 132

Diese Frau trug des Eremiten Haupt in ihren Händen; der Mörder konnte sich nicht vom Fleck rühren und wurde so Zeuge der Verbindung von Leib und Haupt und der Erweckung. Anna sagte: " O myn getruwer dener, stant off und bewyse, dat ich Jhesus Christus aide moder byn." 133 Da bereute der Mörder seine Tat und lebte 25 Jahre lang als Eremit. Ein armes Ehepaar aus Tyllana blieb arm, obwohl es nach zeitlichen Gütern "ernstaffdich" strebte. Da ging der Ehemann zum Wasser, um sich darin zu ertränken, wegen seines "myßtroist, want er vil schuldich was und en hait syn schult nit zo bezalen und als er also mystroistich was und stoyn up dem over des wassers und woill dar in spryngen und sich zo erdrencken, so sach er up dem wasser eynen man zo eme komen, der was wyß gecleit." 134

Der Fremde, der ihm auf dem Wasser entgegengekommen war, hielt ihn vom Springen zurück, stellte sich als St. Johannes vor und riet, Anna zu ehren. Das tat der Mann sogleich "und in kortze jaren overquamen sy groisse zitliche goider, also dat sy de aller richsten der stat waren genant, und do deden sy eyn schoyn kirche buwen, in wilcher alle dynstach dri myssen geschagen in der ere Jhesus, Maria, Anna und leissen sy hoegezitlichen an dem dynstach syngen, darna seis myssen in der ere des drier namen als Joachem, Cleophas und Salome und den dryn dochteren und Emerenciana.'" 3 5

Als das Ehepaar 28 Jahre lang kinderlos geblieben war, bat es die bewährte Patronin Anna um Hilfe; sie erhielten Drillinge. Diese drei Söhne wurden nach den drei Männern Annas genannt. Als die Söhnchen drei Jahre alt waren, erkrankte die Mutter und starb. Der Gatte trauerte so sehr um die geliebte Frau, daß er "myt gewalt van ir gezogen wart" 136 . Nach drei Tagen wurde die Tote vor dem Hochaltar der von dem Ehepaar gestifteten Annenkirche begraben. Als die Kinder am Abend des Begräbnistages nach ihrer Mutter fragten und weinten, 132 133 134 135 136

BOR, a.a.O., BL. 156rf. A.a.O., BL. 156v. A.a.O., BL. 159r. A.a.O., BL. 161v. A.a.O., BL. 163Ar.

Mirakel: Anleitung zur Erlangung weltlicher und geistlicher Güter

245

ging der Vater mit ihnen in diese Kirche, "want er hatte den sloissel davan"137. Er setzte die Kinder auf den Altar, auf welchem ein lebensgroßes Annenbild stand, und empfahl ihnen Anna als Mutter. Er ließ dann die Kinder in der Kirche und ging allein nach Hause, wo er in seiner Schlafkammer eine Vision hatte: Anna hole seine Frau aus dem Grab und schicke sie mit den Drillingen zu ihm nach Hause. Da erwachte der Mann und hörte es tatsächlich an der Tür klopfen: Die Frau stand mit den Kindern davor. Der erschreckte und erfreute Ehemann erkannte, "dat sant Annan keyn dynck unmoegelich were bi Gode"138. Als der Landesherr das hörte, nahm er die Abbildung Annas in sein Wappen auf. Das Ehepaar erhielt noch drei weitere Kinder und erlangte dann die Gnade, an demselben Tag zu sterben. Bor berichtet auch von einem Landesherrn, der eine Witwe zu "ungewoenlichem deynste"139 zwang, den sie nicht erfüllen konnte. Deshalb nahm er sie gefangen und bedrohte sie an "leiff und goit". Anna befreite die Frau nächtens aus dem Gefängnis und führte sie in die Kirche. "In der selver nacht storven alle de byesten des heren, cleyn und grois."140 Der König erklärte sich das Vorgefallene damit, daß die Frau eine Hexe sei. Deshalb ließ er nun die Witwe in den Turm stecken und "jemerlich und ellendenclichen pynnychen und leiß ir alle ere geleder zo brechen und fraicht sy, mit wat list und zamen, dat sy alle syn biesten gedoet het und we sy us dem gefencknis comen waere."141

Die Frau antwortete der "wahrheit" entsprechend, sonst sagte sie nichts. Der König ließ die Witwe wieder dem peinlichen Verhör unterziehen und fällte das Todesurteil über sie. Anna rettete sie jedoch auch diesmal; dem König starben in dieser Nacht Frau und Söhne. Zu guter Letzt wurde der König abgesetzt und die Witwe regierte an seiner Stelle. Auch in anderen Annenmirakeln aus dem Sondergut Bors geht es dramatisch zu: Godart und seine schwangere Ehefrau Agnes, erprobte Annenverehrer, waren zusammen auf einem reich beladenen Kaufmannschiff unterwegs, als sie unter die Räuber fielen. Die Frau wurde, weil sie schwanger war, in nacktem Zustand auf einem Eiland ausgesetzt, den Mann warfen sie, nachdem sie ihn totgeschlagen hatten, zu ihr auf die Insel. Vor Entsetzen erlitt die Frau eine Frühgeburt, ein totes Kind. Da erschien Agnes eine schöne Frau, welche fragte, warum sie sich in ihren Nöten nicht an sie gewandt habe. Die Frau wünschte

137 138 139 140 141

A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O.,

Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

163Br. 166r. 167v. 168rf. 169r.

Pädagogische Funktion der Annenlegenden

246

sich, mit ihrem Mann in die Heimatstadt versetzt zu werden, damit sie ihn da begraben lassen könne und sie wolle gleich danach sterben. Anna aber forderte die Frau auf, ihren Mann zu wecken. Diese widersprach: "O myn werde patroynersche, myn man sleifft nit, want it is an dem veirten dage, dat eme der hals wart affgestochen und he starff." Anna entgegnete: "Waistu nit, dat myn macht grois is vur goode?"142 Anna erweckte dann den Mann und das Kind wieder zum Leben, führte die Familie über das Meer zu dem geraubten Schiff, was die Räuber so erschreckte, daß sie ins Wasser sprangen und ertranken. Das Ehepaar nahm das Schiff mit allen Gütern wieder in Besitz und fuhr in die Heimatstadt, wo alle ihr Leben lang Anna ganz besonders ehrten. Das folgende Mirakel begab sich nach Bor im Jahre 1467 an Meister Johann von Sassen aus der Grafschaft Haien. Der war "grois und schoyn van lycham und och wail geleyrt in dem rechten, sere ynnysch in mancherley oiffynge der heillicheit"143 und "in synen jungen dagen des konyncks van Denmarcken, van Sweden und van Noerwegen canzeler [gewesen]. Und wan er eyn wyß wailgeleirter man was, so myrckt er wail, dat er in sulcher stat kyn ynnicheit gehaven mocht, Gode zo denen. Dar omb gaff er das ampt over und gaff sich gans zo gotlychen wercken, zo fasten, zo beden und bitfarten zo doyn, als zo sant Jacob in Galycien und zo sant Dyonysyus in Franckrich, zo Rome und zo Jherusalem."144 Auf einer Wallfahrt nach Jerusalem tat ihm ein Heide Unrecht, weshalb er den kurzerhand totschlug. Johannes wurde ergriffen und zum Tode verurteilt. Die Pilgergenossen taten alles, ihn mit Geld freizubekommen, aber die Heiden begehrten das Blut des guten, christlichen Mörders. Die Gefährten verließen, als ihre Bemühungen nichts fruchteten, die Stadt; der Mörder wurde zur Richtstätte gebracht. Auf dem Wege rief er Anna still in seinem Inneren an und bat sie um das ewige Leben. Als er an der Richtstätte mit seinen Henkern ankam, da geschah "ein grois ertbieffynge [...] mit eym umblauffenden wynde, in wylchem er up genummen wart in de luchte und weder neder gesatte up de stat, da syn geselschaff geyngen, und was fry und loß van allen benden, da er vur mit gebonden was."145 Er rief nun seine Gesellen mit lauter Stimme an; die aber glaubten, ein Geist narre sie. Als sie Johannes erkannten, dankten sie mit ihm zusammen St. Anna 142 143 144 145

A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O.,

Bl. Bl. Bl. Bl.

175Avf. 186v. 187r. 190r.

Mirakel: Anleitung zur Erlangung weltlicher und geistlicher Güter

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und lobten sie wegen ihrer "groissen macht"146. Das Exemplarische wird abschließend eigens herausgestellt: "Dar umb eyn jecklicher mensch sy billich eren sal und anroiffen in allen bekoiryngen und noden, want sy gaz mechtich und erhoyrt by Gode allmechtich is."147

Allein bei Bor finden sich Annenmirakel, die die Auseinandersetzung zwischen den Mächten des Guten - Gott und den Heiligen einerseits - und den Mächten des Bösen - dem Teufel andererseits - beschreiben. Ein vielversprechender junger Mann, mit abgeschlossenem juristischem Studium und voller Ehrgeiz, begab sich in den Dienst eines reichen Herrn, an dessen Hof es ihm wohlerging. Da er fromm war und Anna zu seiner persönlichen Patronin erkoren hatte, dachte er, sein Wohl auf ihren Beistand zurückführen zu dürfen. Er meinte, sein Glück gemacht zu haben und in anregender geistiger Gemeinschaft zu Ehren und Reichtum kommen zu können, als sich herausstellte, daß sein Herr der Teufel war. Satan stellte sich dem Jüngling als Teufel mit dem Namen "Sarsel"148 vor und erklärte, die ganze Gesellschaft auf dem Schloß bestünde aus Teufeln. Der Jüngling sollte sich allen Reichtums weiter erfreuen dürfen, wenn er Jesus, Maria und Anna aufgebe. Der Teufel bot ihm an, ihn größer zu machen in der Welt, als dies Anna könnte, "der du alle zit in bedroiffnis hays gedeynt, want ir rychen is nit van deser welt, als och Got hait gesprochen. Dar umb entfanck myn gaben und dene myr in deser werelt, want sy mir zo gehoirt."149

Der Jüngling wollte zwar das Angebot des Teufels gerne annehmen; als er aber Gott abschwören sollte, besann er sich darauf, daß es besser wäre, auf Erden Buße zu tun, als in der Hölle mit dem Teufel zu schmoren. Er ging zur Kirche, fiel vor der Türe nieder und bereute seine Sünde bitterlich. Da befahl Anna ihm, einzutreten und zu beichten, dann ihr Bild anzufassen, das ihm Kraft geben würde gegen den Feind. Der Teufel kam in die Kirche mit großem Geschrei und versuchte, den Jüngling vom Bild wegzuziehen. Das gelang ihm aber nicht, weil Annas Bild seine Hand ausstreckte und den Feind am Hals ergriff und würgte. Da verwandelte sich der Teufel in eine Gestalt des Hohns. Der Teufel, immer noch durch Annas Hände am Altar festgehalten, bat den Jüngling, den er von allen Verpflichtungen ihm gegenüber entband, bei Anna Fürsprache für ihn einzulegen und seine Freilassung zu erwirken. Als Gegenleistung versprach er, nie wieder jemanden zu schädigen. Der Jüngling wurde Prälat und Herr über alle Kirchen, die in dem Land waren, und baute viele 146 147 148 149

A.a.O., A.a.O., A.a.O., A.a.O.,

Bl. Bl. Bl. Bl.

191r. 191v. 179v. 181r. Vgl. Joh 18,36.

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

Kirchen sowie ein Spital zu Ehren Jesu, Marias und Annas. Er starb selig im Alter von 116 Jahren. Eine der von Anna beschützten Frauen wurde, wie oben erwähnt, von der Obrigkeit als Hexe verurteilt und eingekerkert. Auch diese Begebenheit erzählt Wouter Bor. Nach ihrer ersten Befreiung durch Anna ließ der König die Frau wieder ergreifen und peinigen, weil er von seiner Bosheit verblendet war, wie der Erzähler erklärt. Dabei muß der unvoreingenommene Leser jedoch eingestehen, daß der Herrscher entsprechend der Logik seiner Zeit handelte: ihm unverständliche Ereignisse wurden mit der Macht des Teufels erklärt: Wenn eine Frau aus sicherem Verlies entkommt, wenn in derselben Nacht die Tiere des Königs sterben - dann muß diese Frau eine Hexe sein, die einen Schadenszauber in Gang gesetzt hat. Der König erfüllte jedoch - in der Logik der Legende - keineswegs seine obrigkeitliche Pflicht mit der Bestrafung der angeblichen Hexe, sondern vergriff sich an einer Annenverehrerin. Nachdem Anna die Frau zum dritten Mal befreit hatte, klärten sich die Verhältnisse: Als die Knechte zum Gefängnis kamen, um die Frau zum Scheiterhaufen zu bringen (man wußte noch nicht, daß sie in der Kirche war), fanden sie die Tore offen und rochen einen "soisen gerauch", woraus sie schlossen, "dat suiches durch de crafft und macht"150 Annas geschehen sei. Die Knechte beteten nun Anna an und verließen ihren Herrn. Dieser eilte zur Kirche. Die Frau stieg auf den Annenaltar, rief laut "Jesus, Maria, Anna", und als der Tyrann sie mit Gewalt vom Altar zu ziehen versuchte, schlug die kleine Maria, die auf Annas Schoß saß, nach ihm und Jesus, der auf Marien Schoß saß, sprach: "O du hoverdicher und harder boisser tyran, verhart und verbacken in dyner boißh[ei]t! Waromb arbesitz du in boish[ei]t zo vernitten und under de voes zo treden de deynst maget myner alder moder. Dat is dir so unmoegelichen, als de Sternen des hemels zo vernichten und du sals wissen, dat ich beschyrmen will alle, de ons ere un denen. Und du sals noch desen dach myt dynem sloß verbyrnen und dese vrau, myner alt moder deynerse, sal dyn lant besytzen und regeren".151 Es geschah, wie Jesus gesagt hatte, und die Witwe regierte 36 Jahre.152 Zwar wird in diesem Mirakel nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Lehre des 'Hexenhammers' zu kritisieren sei - aber es wird doch eine deutliche Distanz zum leichtfertigen Umgang mit dem Hexereivorwurf spürbar: Es könnte immerhin sein, daß nicht eine Hexe am Werk ist, sondern eine himmlische Macht ein Strafgericht vollzieht. Dabei wird der Zusammenhang von niedrigem sozialen Status der Frau, Rechtsunsicherheit, Vorwurf der Hexerei, peinlichem

150 A.a.O., Bl. 171r. 151 A.a.O., B. 172vf. 152 A.a.O., Bl. 173v.

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Verhör und Verurteilung in einer Weise entfaltet153, die geeignet ist, ideologiekritisch nach den Interessen desjenigen zu fragen, der den Hexereivorwurf erhebt.154 Intendiert ist aber nicht die Kritik der Hexenangst, sondern die Überbietung solcher Aktionen, die durch Hexen veranlaßt werden konnten, durch Aktionen der Heiligen. Eine peinliche Befragung hatte auch die Frau zu erleiden, der vorgeworfen wurde, den Ehemann ermordet und unter ihrem Bett versteckt zu haben. Das Mirakel konstatierte lapidar, daß sie unter den Schmerzen das nicht vollbrachte Verbrechen gestand - auch dies ein Zug von kritischem Realismus. In diesem Mirakeln zeigt sich ein Gefühl der Ambivalenz irdischen Gütern gegenüber. Sie werden erstrebt, aber gewonnen werden können sie nicht aus eigener Kraft. Wenn Reichtum aber durch die Hilfe positiver wie negativer Mächte erlangt werden kann, stellt sich die Frage nach dem recht erworbenen Reichtum, eingekleidet in die Frage nach der Macht Gottes oder des Teufels. Die Antwort der Annenlegende war eindeutig: Jede böse Macht ist schwächer als die Macht der hl. Großmutter. Dies Wissen entlastet dann, sozialpsychologisch betrachtet, den Annenverehrer von Angst- und Schuldgefühlen, die mit seinem gesellschaftlichen Aufstieg verbunden gewesen sein mögen. Die Untersuchung der Mirakel eröffnet in ausgezeichneter Weise die Möglichkeit, die von den Autoren anvisierten 'idealen Leser' festzustellen. Wenn sie Anna populär machen wollten, mußten sie ihre Darstellung den Erfahrungen und Erwartungen der Rezipienten weitgehend anpassen. Anna konnte nur dann breite Verehrung finden, wenn sie - durch die Mirakel ausgewiesen - in der Lage war, die Bedürfnisse ihrer potentiellen 'Klientel' zu erfüllen. Das wußten auch die Annologen, die einen gezielten Werbefeldzug für die Heilige inszenierten. Die Untersuchung der Mirakel gewährt also Einblick in die Wirklichkeitserfahrung der potentiellen Annenverehrer. Die meisten Mirakel weisen einen ergreifend pragmatischen Zug auf. Es geht um Hab und Gut,

153 Zur Geschichte der Hexenverfolgung vgl. zusammenfassend TEUFELSGLAUBE und Hexenprozesse / hg. von G. Schwaiger. München, 1987. - Vgl. a. die folgenden, territorialgeschichtlich arbeitenden Untersuchungen: W. BERINGER: Hexenverfolgung in Bayern; Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit. München, 1987. - Vgl.a. G. SCHORMANN: Hexenprozesse in Nordwestdeutschland. Hildesheim, 1977. (QDGN; 87) Zwar ist schon 1484 der berühmt-berüchtigte "Malleus maleficarum" der Dominikanerinquisitoren Sprenger und Institoris erstmals gedruckt worden - seine Gedanken konnten sich jedoch noch nicht breit durchsetzen. 154 Zur zeitgenössischen Kritik an der Hexenverfolgung vgl. W. ZIEGELER: Möglichkeiten der Kritik am Hexen- und Zauberwesen im ausgehenden Mittelalter. Köln, 1973, bes. S. 137-199. - Vgl.a. Cecile ERNST: Teufelsaustreibungen; Die Praxis der katholischen Kirche im 16. und 17. Jahrhundert. Stuttgart, 1972.

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

unverschuldete Armut, Kinder, Hunger, ungerechte Obrigkeiten und ähnliches 'weltlich Ding'. Dieser Zug ist besonders ausgeprägt in den Mirakeln, die allein Wouter Bor überliefert. Entscheidend war für ihn, die Macht Annas zu erweisen - kein Effekt war zu grob, als daß er diesem Gedanken nicht dienstbar gemacht werden konnte. Das Blut flöß in Strömen - und immer ging es um das 'ganze Leben', das als bedroht empfunden wurde und nur unter Annas Patronat als geborgenes erfahren werden konnte. Anna erwies ihre Kraft - und peinlicherweise weist sie noch selbst darauf hin - indem sie beispielsweise eine Verehrerin aufforderte, doch um die Auferweckung des von den Räubern ermordeten Gatten zu bitten. Sie zeigt ihren Verehrern, indem sie deren kühnste Wünsche überbietet, die eigene maßlose Macht. Je unwahrscheinlicher der Hilfe heischende Zustand, als desto stärker erweist sich Anna. Die von Bor berichteten Mirakel zeichnen den Wandel von arm zu reich drastischer als die anderen Mirakel. Anna erscheint, auch das ist auffällig, bei Bor nur selten allein; meist ist sie zusammen mit ihrer Tochter und 'dem schönen Jüngling'. Auf diese Weise wird sie von allen anderen Heiligen unterschieden; Jesus und Maria erscheinen als ihre persönlichen Attribute, die ihre Macht anzeigen. Man kann jedoch nicht sagen, daß Bor der einzige sei, dessen Sondergut diesen weltlichen und realistisch-pragmatischen Zug aufweist. Schon die beiden frühesten Annenmirakel, die der anonyme Karmeliter überliefert hatte, verraten ein ausgeprägtes Interesse an sozialem Aufstieg und Besitz: Aus dem verarmten Jüngling von Doch wird ein reicher und angesehener Ratsherr in seiner Heimatstadt; aus dem gescheiterten Jurastudenten und armen Klausner wird der angesehene Erzbischof Prokopius. Zusammenfassend ist festzuhalten: Der Anteil derjenigen Mirakel, die der Laienkultur verhaftet sind, übersteigt den Anteil derjenigen, die der Klosterkultur entstammen, nicht nur zahlenmäßig. Die Klientel Annas bestand vornehmlich aus Laien. Von den 34 verschiedenen Mirakeln, die in den Legenden erzählt wurden (die fünf Visionen werden aus methodischen Gründen ausgeschlossen155), geschahen 22 an Personen weltlichen Standes. Lediglich acht Mirakel erfuhren nach Auskunft der Annologen Kleriker und Religiose; von diesen stammten allein fünf aus der Feder des Dominicus van Gelre; sie wurden nur in die Drucke der Annenlegende des Petrus Dorlandus aufgenommen. Auch die beiden Strafmirakel an Angehörigen des Religiosenstandes, an Coletta und an dem bösen Bischof bestätigen den Befund, daß Anna eine Patronin der Laien 155 Die Visionen bieten nur Gebete, die nachgesprochen werden sollen. Die Autorität bestimmter Personen des geistlichen Standes soll die Akzeptanz dieser Gebete erhöhen. Es handelt sich also nicht um Erzählungen vom wunderwirkenden Eingreifen der Patronin.

Mirakel: Anleitung zur Erlangung weltlicher und geistlicher Güter

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ist; beide werden dafür bestraft, daß sie Anna verachten. Coletta verachtet sie, weil die Heilige nicht dem Wertekanon des geistlichen Standes entspricht; der Bischof, weil er sie für eine Heilige der Laien hält.156 Die meisten Mirakel sind also an weltlich-bürgerlichen Erfahrungen und Idealen ausgerichtet. Den Erfahrungshintergrund bildete die städtische Lebenswirklichkeit. Dabei wurden besonders zwei Problemkreise thematisiert, die mit den Stichworten 'Reichtum' und 'Familie' zu umschreiben sind. Die 'Berufe' beziehungsweise 'Stände', welche die einzelnen Protagonisten in der Welt bekleideten, können unter soziologischen Gesichtspunkten betrachtet werden: Während der Jüngling von Doch Großgrundbesitzer war, waren Prokopius und der Jüngling, den Anna aus den Klauen des Teufels rettete, sowie Meister Johann Juristen. Mehrere Kaufleute wurden genannt, wie der Kölner Bürger und das Schiffersehepaar. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß ein Räuber einen Eremiten für einen verkleideten Kaufmann hielt. Mer Protagonisten hatten eine akademische Ausbildung. Waren die Reichen vom Verlust ihres Reichtums bedroht, so waren demgegenüber die Armen aufgrund ihrer Armut verzweifelt und sogar lebensmüde - wie der Mann, der ins Wasser gehen wollte. Auffällig häufig wurde sozialer Aufstieg mit Anna verknüpft. Die Mirakel erkannten an, daß ein gewisses Maß an Reichtum und gesellschaftliche Anerkennung zum Leben gehörige bona sind. Da häufig behauptet wird, die hl. Anna sei eine besondere Patronin der Frauen157 gewesen, ist zu fragen, ob die Mirakel vor allem den weiblichen Lebenszusammenhang betrafen. Ein Blick auf die Protagonisten der Mirakel zeigt, daß mehr Männer als Frauen Annas Wohltaten empfingen. Wenn man diejenigen Mirakel, die an Frauen geschehen sind, genauer untersucht, zeigt sich, daß einige davon weniger Probleme der Protagonistin als Probleme von Ehe und Familie thematisieren. In diesen Fällen, in denen durch Annas Hilfe Nachkommenschaft erlangt wurde, wird das Interesse der Ehemänner an Kindersegen deutlich ausgesprochen. Die Begründung einer Sippe wird keineswegs für ein Frauenproblem gehalten. So beschimpfte zum Beispiel der Ehemann, der Nachkommenschaft wollte, die Heilige, als seine Frau eine Totgeburt erlitt. Liebe zur Ehefrau manifestiert sich in einem Annenmirakel darin, daß der Ehemann nur mit Gewalt vom Leichnam seiner Frau weggezogen werden kann und am liebsten mit ihr sterben will. Gatten werden füreinander wieder zum Leben erweckt. Die Ehepartner dienen gemeinsam derselben Heiligen. Die Heilige erkannte durch ihr ehe- und familienförderliches Eingreifen die Lebensrealität der Laien an. Nur in einem Fall forderte sie die Jungfräu156 Ungelehrt, d.h. nicht fähig, Latein zu lesen (illitteratus) wurde häufig als Synonym für Laie verwendet. Vgl. GRUNDMANN, LITTERATUS, a.a.O., S. 30. 157 Vgl.o. Kapitel 1.2. und Kapitel 3.3.

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Pädagogische Funktion der Annenlegenden

lichkeit ihres Verehrers: Prokopius starben zwei Bräute, woraufhin er Einsiedler wurde. Im anderen Fall scheint der Protagonist, der Jüngling von Doch, deshalb unverehelicht geblieben zu sein, weil sonst die Erzählstruktur noch komplizierter geworden wäre. Also erhärtet die Untersuchung der Mirakel die Analyse der Vita der hl. Anna: Die Heilige lebte selbst in Ehe und Familie vorbildlich, sie wirkt post mortem für Eheleute und Familien. Die vom Annenverehrer erwartete religiöse Praxis korrespondiert mit dem Grundzug der Mirakel: sie war problemlos in den Lebens Vollzug der Laien integrierbar. Jeder konnte sie in seiner persönlichen Lebenssituation leicht durchführen - auch wenn er sich auf Reisen befand. Hatte er eine Abbildung der Heiligen mit Tochter und Enkel dabei, dann sollte er dies Bild nach Möglichkeit bei seinem kurzen Gebet ansehen. Wenn der wirtschaftliche und gesellschaftliche Erfolg sich dann eingestellt hatte, galt die Stiftung von Kerzen, Messen, Altären und Kirchen als selbstverständlich. Am Lebensende - so erfuhr der Leser der Mirakel - erwies Anna sich ihren treuen Verehrern gegenüber als Mutter: Sie wurden aufgenommen in die heilige Sippe. So erschien Anna mit Tochter und Enkel dem Jüngling von Doch, als er auf dem Totenbett lag und bedauerte, keine Familie gegründet zu haben. Maria sprach zu ihm: '"Charissime frater, quomodo te habes?' Cui ille nesciens, quia Maria est, ait: 'Tu fratrem me nominas, sed ego sororem non habeo.' Ad quem religiosa Virgo respondit: 'Si sancta Anna est mater tua, tunc ego soror tua sum, et tu quoque meus frater et Filii mei avunculus es.'"158 ['Liebster Bruder, wie geht's dir?' Zu jener erwiderte er, nicht ahnend, daß sie Maria ist: 'Du nennst mich Bruder, aber ich habe keine Schwester.' Darauf antwortete die fromme Jungfrau: 'Wenn die heilige Anna deine Mutter ist, dann bin ich deine Schwester und du bist auch mein Bruder und meines Sohnes Onkel.'"] Hier ist die Verschmelzung des frühbürgerlichen und des heiligen Horizontes vollkommen. Die Annenverehrer sind aufgenommen in die himmlische Sippe.

158 ActaSS, a.a.O., Nr. 9, Sp. 263a.

7. Geschichtliche Würdigung der Annenverehrung Aus der Verehrung einer jungfräulichen Mutter, die gebar, ohne von einem Manne zu wissen, erwuchs die Verehrung einer natürlichen Mutter, Ehefrau mehrerer Männer, Ahnfrau eines großen und bedeutenden Geschlechts: der Sippe des Heilands. Während die eine als Projektionsfläche für die vollkommene asketische Lebensweise diente, wurde die Beschreibung des Lebens der anderen zur Idealisierung des Familienlebens genutzt. Beide Frauen wurden für heilig gehalten. Die Verehrung Marias als Inbegriff des jungfräulichen Lebens entstand zur Zeit der alten Kirche; die Verehrung ihrer Mutter Anna, Inbegriff der fruchtbaren Patriarchin, war kurz vor 1500 voll ausgebildet. Ein schrofferer Gegensatz zwischen dem Heiligkeitsideal der 'Alten' und der 'Jungen' ist kaum denkbar. 1 Während der letzten Jahrzehnte vor der Reformation war die hl. Anna besonders beliebt; das zeigte sich beispielsweise daran, daß jetzt zahlreiche Annenbruderschaften zu ihren Ehren gegründet wurden, daß Legenden, Gedichte und Lieder von ihrer Familie und ihr erzählten. Vor allem Laien der Ober- und Mittelschicht machten die hl. Großmutter zu ihrer Patronin, indem sie sich in Bruderschaften versammelten. In diesen Kreisen war man auch fähig, die Annenlegenden und Annendichtungen, die maßgeblich von humanistisch geprägten Klerikern und Laien gefertigt waren, zur Kenntnis zu nehmen; diese lieferten die Sippengeschichte und verherrlichten die Macht der Heiligen. Sie idealisierten den Lebensstil der Mitglieder der hl. Sippe - alle Laien - zu einer Gott wohlgefälligen Lebensweise. Das in der Annenlegende dargestellte Heiligkeitsideal konnte den Heiligungswünschen zahlreicher Menschen dieser Zeit entsprechen. Rechte imitatio Iesu wurde verstanden als Nachahmung des sittlichen Wandels, den Anna, Joachim, Maria und Jesus vorgelebt hatten. Als fromm galt nun derjenige, der seine Aufgabe im Mikrokosmos Familie adäquat wahrnahm: sich in Liebe dem Gatten, den Kindern und den Verwandten zuwandte, die Kinder recht erzog und Gehorsam gegen die Eltern übte. Jesus selbst hatte sich in seinem Erdenwandel dem sittlichen Gebot 1 Daß das Heiligkeitsideal sich im Verlauf der Geschichte der Kirche gewandelt hat, ist schon oft beobachtet worden. Vgl. zusammenfassend S . CLASEN OFM: Das Heiligkeitsideal im Wandel der Zeiten; ein Literaturbericht über Heiligenleben des Altertums und Mittelalters. In: WiWei, 1970, S. 40-64 u. S. 132-154.

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Geschichtliche Würdigung der Annenverehrung

unterstellt; er dispensierte sich auch im Himmel nicht davon. Gott selbst realisiert das Sittengesetz noch im himmlischen Zusammenleben mit seiner Verwandtschaft; das konnten die Gläubigen von den Hagiographen lernen. Damit nahmen sie zugleich den Gedanken auf, daß der Lebensstil der Laien einen heiligmäßigen Lebenswandel erlaube; das war neu vor dem Hintergrund des traditionellen Heiligkeitsideals. Gerechtfertigt werden konnten diese neuen Gedanken nur durch den Hinweis auf die alten und ehrwürdigen Überlieferungen: Bevor noch das jungfräuliche Leben möglich war, nahm Gott selbst das eheliche in Anspruch. Die Legitimation der Innovation erfolgte also durch Rekurs auf Tradition. Die Lebensweise der Laien entspricht der Lebensweise der 'Alten'; das ist ihre schönste Rechtfertigung. Was bedeutet dies Ergebnis für die Frage der geschichtlichen Einordnung der Annenverehrung? Handelt es sich um den letzten Heiligenkult des Mittelalters oder um den ersten der Neuzeit? Nach der Epochen- beziehungsweise Periodenzugehörigkeit des Annenkultes ist in der Forschung noch nicht gefragt worden. Undeutlich ist, ob die Jahrzehnte vor der Reformation als spätes Mittelalter oder als frühe Neuzeit bestimmt werden sollen. Anhand zweier Versuche der Beschreibung der für die Frömmigkeit der Jahrzehnte um 1500 typischen Merkmale soll diese Frage erörtert werden. Auf den ersten Blick scheint die Annenverehrung dem Mittelalter anzugehören. Heiligenverehrung wird zu dessen Kennzeichen gezählt; die äußeren Formen des Annenkultes unterschieden sich nicht von denen der Verehrung eines anderen Heiligen oder des Fronleichnams. Die Eigenständigkeit des Spätmittelalters als Periode der mittelalterlichen Kirchengeschichte hat vor nunmehr fast einem Vierteljahrhundert der Göttinger Kirchengeschichtler Bernd Moeller in seinem wegweisenden Aufsatz "Frömmigkeit in Deutschland um 1500"2 aufgewiesen und beschrieben. Moeller hat als besonderes Kennzeichen der Zeit ihre "geschlossene Kirchlichkeit"3 - nicht zuletzt Folge der Inquisition 2 A.a.O. - Vgl.a. die in Kapitel 1 . 4 . Anm. 6 0 genannten Arbeiten Moellers. - MOELLER führt mit seinem Darlegungen, die das Ende des Spätmittelalters um 1500 ansetzen, die eindrücklichen Schilderungen dieser Zeit durch HUIZINGA (a.a.O.) und H . HEIMPEL (Vom WESEN des deutschen Spätmittelalters, In: AKuG 3 5 , 1 9 3 5 , S. 2 9 - 5 1 ) weiter. - Mit Moellers Ausführungen sind die meisten der älteren Untersuchungen, wenn auch nicht in allen Einzelwertungen, so doch grundsätzlich, überholt. Unter ihnen sind außer den genannten Vorläufern der Moellerschen Sicht die folgenden Untersuchungen wegen ihrer Materialfülle und prägnanten Beurteilung der Phänomene hervorzuheben: J. JANSSEN: Geschichte des deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters. Bd. 8.15. Aufl. Freiburg i.Br., 1924. LORTZ, a.a.O. - ANDREAS, a.a.O. - W.E. PEUCKERT: Die große Wende; das apokalyptische Saeculum und Luther. Hamburg, 1948. 3

FRÖMMIGKEIT, a . a . O . , S . 6 .

Geschichtliche Würdigung der Annenverehrung

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- bestimmt. Signifikant ist dafür, daß ein gesteigertes Interesse der Laien an der Wahrnehmung kirchlicher Heilsangebote beobachtet werden kann. Die letzten Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts werden als "eine der kirchenfrömmsten Zeiten des Mittelalters"4 eindrucksvoll beschrieben. Sie wiesen nach Moeller auf der einen Seite einen "Zug zur Massenhaftigkeit, zur womöglich bis zur Gewalttat wilden Erregtheit, die Neigung, das Heilige zu simplifizieren und gemein zu machen; auf der anderen Seite ein[en] zartefn] Individualismus, de[n] Hang zur stillen Innerlichkeit und innigen Schlichtheit auf' 5 . Quantifizierung "frommer Leistungen"6 sollte die allgemeine Heilsunsicherheit bannen. Die hier genannten Züge lassen sich unschwer auch im Annenkult aufweisen: Ein großes Interesse an der Kirche und ihrem Heilsangebot zeigte sich. Laien nahmen die Institution und ihre Agenten für ihre Zwecke in Anspruch, indem sie Bruderschaften errichteten, kirchliche Räume und Zeremonien ausstatteten und Amtsträger dotierten. Sie erwirkten Bestätigungen ihrer Vereinigungen und Ablässe zu deren Gunsten bei geistlichen Würdenträgern. Unübersehbar ist der "Zug zur Massenhaftigkeit" in der Verehrung der hl. Großmutter. Viele Menschen vollbrachten mehrere 'Leistungen' zu Ehren der Patronin: sie sammelten Ablaßtage durch den Besuch bestimmter Gottesdienste am Dienstag, durch Wallfahrten zu Anna geweihten Orten, durch die Rezitation derjenigen Gebete, von denen es hieß, daß die Heilige sie gerne höre; sie stifteten drei Kerzen - und wenn sie es sich erlauben konnten eine Pfründe, einen Altar oder eine Kapelle. Bekannte Praktiken wurden in der Annenverehrung aufgegriffen und auf die neue Heilige bezogen. Ziel aller religiösen Aktivitäten war, von der Heiligen belohnt zu werden. Vervielfachung des Einsatzes, der religiösen Leistungen, mußte die Chancen auf Erfolg: Erhörung durch die Heilige, steigern. Das war nicht nur durch Verstärkung der Eigenleistung des Individuums zu erlangen, sondern auch durch Gemeinschaftsleistung. In der Bruderschaft konnten die vom Einzelnen erbrachten heilswirksamen Güter potenziert werden. Doch auch der scheinbar entgegengesetzte Zug, den Moeller als ' Verinnerlichung' gekennzeichnet hatte, läßt sich an der Annenverehrung - besonders im hagiographischen Schrifttum - aufweisen. Indem der gläubige Leser die Stationen des Lebensweges Annas in ihrer Bedeutung für die Heilsgeschichte meditierte, konnte er selbst 'frömmer' werden. Er konnte lernen, das auf Seiten Gottes von langer Hand geplante und auf den Weg gebrachte Heilswerk der

4 A.a.O., S. 22. 5 A.a.O., S . l l . 6 A.a.O., S. 13.

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Inkarnation als wunderbares Gnadengeschehen anzunehmen und zu akzeptieren, daß es für ihn geschehen sei. Mit der Heiligen sollte er Freude empfinden über die Geburt des Gottessohnes; mit ihr zusammen sollte er nach ihm suchen während der Zeit, da das Kind in Ägypten (vgl. Mt 2,13-15) verborgen war. Durch Einfühlung in die Leiden und Freuden der Großmutter Gottes konnte die geschichtliche Differenz zwischen dem göttlichen Heilshandeln und der Situation des Gläubigen emotional und kognitiv überwunden werden. Individuelle Aneignung des pro me geschehenen göttlichen Erlösungswerkes wurde auf diese Weise gefördert. Diese Züge der Annenverehrung können zur Illustration der von Moeller gebotenen Beschreibung der Charakteristika des Spätmittelalters dienen. Jüngst hat der Heidelberger Profanhistoriker Gunter Zimmermann an dieser Darstellung moniert, daß es Moeller nicht gelungen sei, deutlich zu machen, warum diese Frömmigkeitshaltung in das Reformationsgeschehen umschlage. Er hat einen neuen Erklärungsansatz für "die rätselhafte Verbindung von Aufschwung der spätmittelalterlichen Frömmigkeit in Deutschland und Umschlag in die Reformation" 7 vorgetragen. Demnach war die spätmittelalterliche Kirche genötigt, auf die "funktionale Autonomie" ihrer Glieder zu reagieren. Die Laien strebten individuell und kollektiv Christusnachfolge an; das mußte von Seiten der kirchlichen Hierarchie anerkannt und gefördert werden, wollte man nicht die Laien aus der Kirche ausschließen. Zu dem asketischen, auf Weltüberwindung hin angelegten Ideal - vertreten vom Klerus und Religiosenstand - stand das weltförmige Frömmigkeitsideal der Laien in einem gewissen Widerspruch. Die Laien wollten sich nicht mehr vom Klerus Gott gegenüber vertreten lassen, sondern suchten nach einer unmittelbaren Gottesbeziehung, die gefunden wurde in der Ethik: Die Realisierung eines Gott wohlgefälligen Lebens schafft Gottesnähe. Der Klerus wurde nicht länger als Stellvertreter des christlichen Volkes Gott gegenüber gesehen; er wurde statt dessen als sein Mittler in Anspruch genommen. Entscheidendes Kennzeichen des Spätmittelalters als eigenständiger kirchengeschichtlicher Periode zwischen Mittelalter und Reformation war deshalb nach Zimmermann "das Wachsen der funktionalen Autonomie der Laienschaft, das wir [...] nicht als Expansion der Kirchlichkeit, sondern als ein immer stärkeres Bemühen, den christlichen Glauben zu leben, verstehen müssen"8.

7 G. Z I M M E R M A N N : Spätmittelalterliche F R Ö M M I G K E I T in Deutschland; eine sozialgeschichtliche Nachbetrachtung. In: ZhistF, 1986, S. 65-81; hier S. 75. 8 A.a.O., S. 81. Zimmermaral folgt hier Überlegungen von G. D U B Y (Die Zeit der Kathedralen, Kunst und Gesellschaft, 980 - 1420. 2. Aufl. Frankfurt a.M., 1984).

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Media salutis ecclesiae wurden von den Gläubigen tatsächlich massenhaft in Anspruch genommen; gleichzeitig wuchs die Distanz zur Klerikerkirche und zu Rom. Auch diese Sichtweise der Phänomene kann, vom Annenkult her gesehen, als adäquate Beschreibung der zentralen Entwicklungen beurteilt werden. In der Tat waren die Laien, deren Bedeutung für die Beschreibung des spätmittelalterlichen Kirchenwesens Moeller keineswegs in Abrede gestellt hatte, die Träger des Annenkultes: Ihr Bemühen, im weltlichen Stande den christlichen Glauben zu leben, prägte das Annenbild und die Formen der Annenverehrung. Die Klerikerkirche mußte diese Entwicklung unterstützen und fördern, wollte sie nicht der Belanglosigkeit anheimfallen. Vor allem jedoch ist zu betonen, daß sie von der gesteigerten Laienfrömmigkeit profitierte. Neue Pfründen wurden geschaffen und alte aufgebessert; der kirchliche Besitz an mobilen und immobilen Gütern wurde vermehrt. Wird der Annenkult unter dem durch dieses Paradigma vorgegebenen Blickwinkel analysiert, so ist er zu werten als Ausdruck des gesteigerten Bedürfnisses von Laien aus städtischen Lebenszusammenhängen nach religiöser Autonomie. Sie wollten bewußt als Christen leben und trachteten danach, im Raum der traditionellen Kirche eine Vorstellung von Christentum zu beheimaten, die mit ihrer Lebensform vereinbar war. Zwischen der eigenen Existenzweise und der Gott wohlgefälligen Lebensform sollte nicht länger ein grundlegender Dissens bestehen. Die Spaltung der Christenheit in zwei Gruppen sollte überwunden werden. Nicht länger sollte gelten, daß die Religiösen einen größeren Lohn als die Laien beim göttlichen Endgericht zu erwarten hatten. Mitgliedschaft in Bruderschaften semireligiosen Lebensformen - ließ sich mit den weltlichen Lebensformen Familie und Beruf verbinden. Die Verehrung einer Heiligen, deren Vita von dreimaliger Eheschließung und vielen Kindern und Enkelkindern in einflußreichen Positionen in der Öffentlichkeit berichtete, war geeignet, das eigene Lebensgefühl, die eigenen Wünsche und die eigene tägliche Praxis abzubilden und religiös zu rechtfertigen. Die Werte und Normen der Kleriker- und Religiosenkirche, die den Rückzug aus der Welt zu ihrer obersten Maxime erkoren hatte, wurden aufgelöst und abgelöst von einer weltförmigen, praktisch-ethisch ausgerichteten Frömmigkeit, die es allen erlaubte, sich als Religiose zu identifizieren. Stärkstes Argument der Annenverehrer gegen die traditionelle Kirche war, daß Jesus Christus selbst einer Familie entstammte, daß Gott sich mit seiner Inkarnation den Bedingungen menschlicher Sozialität unterworfen hatte. Dieser Prozeß der Laisierung der Kirche ist nach Zimmermann vom 14. Jahrhundert an zu beobachten; er ist verschiedentlich als Bewegung der devotio moderna beschrieben worden. Die Verehrung der hl. Anna bietet also ein Beispiel für das Wachsen der funktionalen Autonomie der Laien, die sich dann in der reformatorischen Bewegung artikulierte und endlich in der Neuzeit kulminiert.

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Zimmermann bezeichnet zwar etwa denselben Zeitraum wie Moeller als Spätmittelalter, höhlt aber das Spätmittelalterparadigma inhaltlich weitgehend aus. Das Mittelalter ist nicht mehr der Bezugspunkt seiner Aussagen. So kann von einer universalen kirchlichen Einheitskultur (wie sie für das Mittelalter kennzeichnend ist) nach ihm kaum noch die Rede sein. Zwar stimmt er Moeller darin zu, daß die Institution Kirche das beherrschende gesellschaftliche "System" darstellte, sieht aber andererseits eine wachsende Autonomie des "Subsystems" 'Laienfrömmigkeit', welches dahin tendiert, das zentrale System zu sprengen - zumindest es umzufunktionieren. Wenn Moeller in Geltung stehende kirchliche Weltdeutungsmuster beobachtet und auf die gesteigerte Inanspruchnahme kirchlicher Angebote verweist, unterstreicht Zimmermann das Moment der Auswahl und Bevorzugung bestimmter kirchlicher Angebote durch die Laien, durch welche die traditionelle Amtskirche tendenziell überflüssig gemacht werden kann. Der Ansatz Zimmermanns tendiert dahin, das Spätmittelalter zum Bestandteil der Geschichte der Neuzeit 9 zu machen. Auf den zweiten Blick erscheint die Annenverehrung also als neuzeitliche Frömmigkeitsform. Man kann sie unter diesem Gesichtspunkt etwa folgendermaßen beschreiben: Die Annenlegende wirkt sozialregulierend und -disziplinierend.10 An Annas Taten sollten die Gläubigen lernen, wie ein Gott

9 Die Historiker der frühen Neuzeit begründen diese Einordnung des Untersuchungszeitraumes mit Hinweis auf die ökonomischen, soziologischen und politischen Veränderungen, die sich vom 12. Jahrhundert an in Zusammenhang mit dem Aufschwung der Städte ereigneten, und weisen - wie Zimmermann - hin auf eine damit einhergehende Emanzipations- oder Säkularisierungsbewegung, welche das kirchliche Normensystem auf Dauer sprengen sollte. Für unsere Fragestellung von untergeordneter Bedeutung ist die Frage, wann die Neuzeit beginnt. Manche Historiker verwenden 'Alteuropa' als Epochenbezeichnung für den Zeitraum zwischen dem 11./12. und dem 18. Jahrhundert; andere sehen eine entscheidende Wende im 13./14. Jahrhundert und rechnen den ganzen Zeitraum zur Neuzeit. - Vgl. S. SKALWEIT: Der Beginn der Neuzeit; Epochengrenze und Epochenbegriff. Darmstadt, 1982. (Erträge der Forschung; 178) - Von manchen Autoren werden die Phänomene unter dem Aspekt der 'Krise' thematisiert, wobei Krise näherhin definiert wird als geistige Krise, in welcher ein starker Veränderungsdruck bestehe, hervorgerufen durch Traditionsabbruch bei ökonomischer Stabilität. Vgl. dazu die Beiträge in: EUROPA 1400; die Krise des Spätmittelalters / hg. von F. Seibt. Stuttgart, 1984. - Vgl.v.a. in demselben Band: H.D. HEIMANN: Akzente und Aspekte in der deutschen Forschungsdiskussion zu spätmittelalterlichen KRISENERSCHEINUNGEN, insbesondere im Bereich des geistigen Lebens, S. 53-64. - Vgl.a. F. G R A U S : Vom 'Schwarzen Tod' zur Reformation; der krisenhafte Charakter des europäischen Spätmittelalters. In: REVOLTE und Revolution in Europa, Symposium zur Erinnerung an den Bauernkrieg, Memmingen 1975 / hg. von P. Blickle. München, 1975. (HZ Bh.; 4 NF) 10 Vgl. W. SCHULZE: Gerhard Oestreichs Begriff "Sozialdisziplinierung in der frühen Neuzeit". In: ZhistF 14,1987, S. 265-302. "Sozi al REGULIERUNG will die negativen Umweltbedingungen durch Einübung überwinden helfen und das gesellschaftliche Leben ordnen.

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wohlgefälliges Handeln auszusehen hat: Der Christ und die Christin leben in einer großen Familie in der Welt; sie lernen, sich geschlechts- und altersrollenspezifisch zu verhalten und vermeiden dadurch das A u f k o m m e n von Konflikten. Ideal des ehelichen und familiären Lebens ist liebevolle Harmonie. Erziehung der Kinder ist wichtigste A u f g a b e der Eheleute. Dazu k o m m t als zweites Argument für diese Sichtweise: Organisations- und Verkehrsformen des Wirtschaftslebens finden sich i m religiösen Kontext wieder. 11 D i e strukturelle Analogie zwischen spätmittelalterlicher Religiosität und frühneuzeitlicher Gesellschaftsorganisation und Ö k o n o m i e ist von zahlreichen Untersuchungen hervorgehoben, aber noch nicht eingehend untersucht worden. 1 2 D i e Dissoziation der Bürgerschaft einer Stadt in Arme und Reiche spiegelt den gesellschaftlichen Umbruch. In den Bruderschaften organisierten sich vornehmlich Laien der gesellschaftlichen Mittel- und Oberschichten; diese religiösen Korporationen dienten den Kaufleuten, Handwerkern und 'Beamten' dazu, die schichtspez i f i s c h e n religiösen Bedürfnisse zu verwirklichen. D i e bruderschaftliche Organisationsform tendierte zur Auflösung der Pfarrgemeinde unter InanSozialDisziPLiNiERUNG will das geordnete Leben in der Gesellschaft im Blick auf den Staat stärken und hierfür das menschliche Verhalten in Beruf und Lebensmoral disziplieren." A.a.O., S. 2 7 3 , Hervorhebung i.Orig. - Vgl.a. H . - D . HEIMANN: Europa 1 5 0 0 ; ORDNUNG schaffen' und 'Sich-Einordnenlassen' als Koordinaten eines Strukturprofils In: EUROPA 1 5 0 0 , a.a.O., S. 526-563.

11 Vgl. z . B . G.A. BENRATH: Ablaß. In: TRE, Bd. 1,1977, S. 347-364, mit weiterführenden Angaben. - Vgl.a.o. Kapitel 3. zur Stiftungstätigkeit von Privatpersonen und Bruderschaften und zum Verhältnis Bruderschaft, Kirche, Stadt. 1 2 F. SEIBT hat beispielsweise analytische Begriffe aus der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in den religiösen Kontext übertragen. An seinen Überlegungen zur religösen Laienbruderschaft wird die suggestive Kraft dieser Vermischung, gleichzeitig aber auch ihre Problematik deutlich: "Manches geriet im Leben dieser Bruderschaften zum erstarrten Ritual, manches hat den Anschein bloßer Werksfrömmigkeit, und doch verdient auch diese oft geschmähte Werksfrömmigkeit das rechte Verständnis, nicht nur aus theologischen Erwägungen, sondern auch aus historischer Einsicht. Entstammt sie doch einer Welt, die gerade durch ihre Werktätigkeit sich ihren Platz in der Gesellschaft erworben hatte, denn alles Bürgertum, und auch die bäuerliche Gesellschaft [...] beruhte auf Leistungsökonomie. Wie kann man es diesem 'bürgerlichen' Denken in Stadt und Land verargen, daß es sich auch den Himmel durch religiöse Leistung erwerben wollte? [...] Die ältere kirchliche Tradition konnte dieser bürgerlichen Frömmigkeit keinen Heiligen zum Vorbild geben [...]. Auch fand die bürgerliche Tüchtigkeit [welche sich in dem Versuch ausdrückt, die fromme Übung als meßbare und wägbare Leistung zu erfassen] keinen unmittelbaren Weg zur religiösen, das ganze Spätmittelalter hindurch, nicht eher bis das calvinistische Prädestinationsverständnis eine besondere Verbindung geschlagen hatte." (Frömmigkeit im ausgehenden Mittelalter. In: 500 JAHRE, a.a.O., S. 11-29) - 'Bürger' meint hier diejenige Gruppe von Menschen, die das städtische Bürgerrecht erworben hatte. Vgl. B. MOELLER U. G. Köbler: Bürgertum I.: Mittelalter und frühe Neuzeit. In: TRE, Bd. 7, 1981, S. 338-346.

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spruchnahme des Pfarrklerus. Die 'Sondergemeinde' Bruderschaft ermöglichte es ihren Gliedern, die im städtischen Leben ausgebildeten sozialen Differenzierungen auch im kirchlichen Leben zur Geltung zu bringen. Repräsentative Stiftungen, die der gesellschaftlichen Bedeutung der Stifter entsprachen und diese adäquat abbildeten, waren nicht nur Ausdruck des kollektiven Selbst- und Standesbewußtseins der Stifter, sondern verstärkten es zugleich. In genossenschaftlicher Selbstverwaltung, aus Zünften und Stadtrat bekannt, sollte das religiöse Leben organisiert werden. Auch die Wünsche, welche die Annenverehrer an die Heilige richteten, sprechen für die Anwendung des Neuzeitparadigmas. Wie diejenigen Schützlinge, von denen die Mirakel berichteten, wollten die Annen Verehrer ein 'gutes Leben' unter dem bergenden Mantel ihrer Patronin erlangen: Nicht nur sollten die Sünder unter den Schutz der mächtigen Großmutter Gottes dereinst vor dem Urteil des himmlischen Richters bestehen, sondern auch schon im irdischen Leben, im städtischen Umfeld, sollte 'Glück' erfahren werden: Reichtum, soziale Anerkennung, Nachkommenschaft. Innerhalb des Neuzeitparadigmas ist ein zweiter Gedanke kennzeichnend für das Bewußtsein der Menschen im Untersuchungszeitraum: der Leistungsgedanke. Eine Leistung erbringt der, welcher Waren produziert oder sie mit Gewinn tauscht.13 Arbeit - Leistung - Gewinn, das waren die Werte, welche die Annenverehrer in den Mirakeln hochhielten. Gesellschaftliches Ansehen erwarben zahlreiche Annenverehrer; Ansehen hatte, wer über Vermögen verfügen konnte. Vermögen wurde durch Leistung erworben. Wie die Menschen innerweltlich Leistungen erbringen müssen, um sich am Warenverkehr beteiligen zu können, wie herausragende Leistungen in der Welt honoriert werden durch geschäftlichen Erfolg, so werde Gott - dies war die allgemeine Überzeugung - die religiöse Leistung honorieren. Als religiöse Leistung im engeren Sinne galt ein tugendhafter Wandel, also ein Leben entsprechend den sittlichen Geboten Gottes. Nun wurde das harmonische Familienleben erstmals als verdienstvoll vor Gott definiert. Gerade für diejenige Schicht, die das asketische 1 3 Vgl. die klassischen Ausführungen von Jakob BURCKHARDT zum Renaissancemenschen (Die Kultur der RENAISSANCE in Italien; ein Versuch. Basel, 1 8 6 0 ) . - Vgl.a. A. M A R T I N : Soziologie der Renaissance. 3 . Aufl. München, 1 9 7 4 . - Vgl.a. H . B A Y E R : Zur Soziologie des mittelalterlichen Individualisierungsprozesses; ein Beitrag zu einer wirklichkeitsbezogenen Geistesgeschichte. In: AKuG 5 8 , 1 9 7 6 , S. 1 1 5 - 1 5 3 . - Diejenigen Menschen, die sich in den gesellschaftlich geforderten Arbeitsprozeß nicht eingliedern wollten oder konnten und als Betüer ihr Leben zubrachten, wurden zunehmend kritisch betrachtet. Zwangsarbeit konnte vom Rat für körperlich arbeitsfähige Männer angeordnet werden. Allein diejenigen, die in der Stadt als ehrbare Leute bekannt waren und schuldlos in eine soziale Notlage gerieten, sollten noch die Nutznießung der Wohlfahrt erhalten. Zahlreiche Beispiele bei IRSIGLER ( G A U K L E R , a.a.O.) und Natalie Zemon D A V I S (ARMENPFLEGE, Humanismus und Ketzerei. In: Dies.: HUMANISMUS, a.a.O., S. 3 0 - 7 4 ) . Vgl. a. Kapitel 6 . Anm. 1 7 .

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Lebensideal nicht zu erfüllen vermochte, wurde diese Möglichkeit der Erbringung religiöser Leistungen immer bedeutsamer. Wie nach der Legende aus Annas Enkeln Apostel wurden, höchst einflußreiche Glieder der Urgemeinde, so trachteten die einflußreichen Familien nach Karriereplanung für ihre Nachkommen. Die größte religiöse Leistung erbringt nun nicht mehr der Religiose, sondern derjenige Laie, der in Ehe, Familie und Beruf vorbildlich wandelt. Bewußt war jedoch gleichzeitig, daß Leistung nicht immer von dem Erfolg gekrönt wird, auf den man Anspruch zu haben glaubt. Unglücksfälle mußten theologisch-religiös eingeholt werden: Der eine müht sich lange Jahre mit rechtschaffener Arbeit - und kommt zu nichts; der andere wandelt vorbildlich ihm sterben der Gatte und die Kinder. Deshalb wurden die auf 'Versittlichung' gerichteten Bestrebungen konterkariert von solchen Gedanken, die auf die Erlangung weltlicher Güter ausgerichtet waren. Wer nur Gottes Großmutter recht verehrte, konnte des Erwerbs derselben sicher sein. Die hl. Anna zu verehren, war denkbar einfach: Beispielsweise mußte ein Gebetszettel erworben und täglich gelesen werden. Hier wurde Heil wie jede andere Ware käuflich erstanden. Wie im Wirtschaftsleben, so galten im religiösen Leben feste Preise. Die Annenlegende liefert viele Beispiele für solche Geschäfte. Der Bürger sprach: 'Ich bezahle dir ein ewiges Licht!' und die Heilige antwortete: 'Dafür beschütze ich dich dein Lebtag lang vor allen Widrigkeiten und führe dich am Ende in die ewige Herrlichkeit! ' Auch das Gebet - man denke an die beliebten Rosenkränze zu Ehren Annas und Marias - konnte wie Geld gezählt werden. Schon Geiler von Kaysersberg monierte: "Da macht man mum, mum und bezählt das Gebet, als da man Geld zählt"14. Dieser Handel ging - eben so war er angelegt - immer zum Vorteil des Käufers aus; der Ware Heil eignete immer ein 'Mehrwert', denn einem kleinen finanziellen Einsatz konnte immenser Erfolg schon auf Erden beschieden sein.15 Dennoch ist auf den Handel mit den Heiligen nicht nur das Paradigma des schlauen Kaufmanns anzuwenden, der mit möglichst geringem Einsatz möglichst viel Heil erwerben will. Ein zweites, in seiner Grundstruktur feudales Bezugssystem, ist mit derselben Berechtigung ins Spiel zu bringen. Der Patron schützt die Gläubigen. Sein Wohlwollen muß sich erhalten, wer sicher leben will. Dazu dienen die 'Geschenke', die der Mensch den Heiligen darbringt. Wenn der Gläubige - in völliger Freiwilligkeit - dem Heiligen zu Ehren eine

14 Zitiert nach KÜFFNER, a.a.O., S. 116. 15 Damit soll nicht gesagt werden, daß es nicht zur selben Zeit auch ernstes Nachdenken über die Kirche als 'communio sanctorum' und gegeben hätte; der Terminus will lediglich hinweisen auf die Art und Weise der Aneignung kirchlich verwalteter Güter. - Vgl.a. zum Zusammenhang J. LEGOFF: Wucherzins und Höllenqualen; Ökonomie und Religion im Mittelalter. Stuttgart, 1988. Orig.Ausg.u.d.T.: La bourse et la vie.

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Messe darbringen läßt, darf er erwarten, daß dieser sich - in gnädiger Huld der Anliegen des Verehrers annimmt und sie seinerseits vor höherer Instanz vertritt. Nicht nur würde der Heilige sein Gesicht verlieren, wenn er nicht Erfolge als Fürbitter erzielen könnte - er wäre letztlich gar kein Heiliger mehr. Je 'mächtiger' der Patron, desto sicherer durften sich seine Gefolgsleute fühlen. Die Fürbitterin Anna brauchte sich nicht auf die demütige Bitte für ihre Klientel zu beschränken: Sie hatte Anspruch auf den Gehorsam ihres göttlichen Enkels. Sie war deshalb die 'mächtigste' Patronin. Auch in den frühneuzeitlichen Städten hatte das Patronatswesen eine eminente Bedeutung; gesellschaftlicher Aufstieg konnte nur gelingen mit dem richtigen Fürsprecher. Deshalb suchte man Kindern möglichst einflußreiche Taufpaten und arrangierte vorteilhafte Heiraten. Solcher Patronage bedurften auch die institutionell nur wenig abgesicherten Humanisten, die sich als Annenverehrer hervortaten. Auch der Hinweis auf obrigkeitlichen Paternalismus ist geeignet, die Grenzen des Neuzeitparadigmas aufzuzeigen. Stadträte und Fürsten förderten bestehende Bruderschaften durch ihre Fürsprache bei den geistlichen Herren oder errichteten selbst religiöse Vereinigungen für ihre Untertanen. Fürsorge für die Untertanen sollte zugleich dem eigenen Heil dienen. Mit diesen Überlegungen sind sowohl das Mittelalter- wie das Neuzeitparadigma punktuell in Frage gestellt worden, obzwar beide Bezugsrahmen die Wahrnehmung verschiedener Phänomene erlauben, die für die auf Anna gerichtete Frömmigkeit des 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts typisch sind. Die Besonderheit der Annenverehrung zeigt sich darin, daß sowohl 'mittelalterliche' wie 'neuzeitliche' Züge zu beobachten sind. Beide Paradigmen sollten deshalb nicht als exklusive Gegensätze verstanden werden - sie ergänzen einander. Neben das Mittelalter- und das Neuzeitparadigma soll ein drittes Paradigma treten, das geeignet ist, den spezifisch 'vorreformatorischen' Zug der Annenverehrung aufzugreifen. Der Untersuchungszeitraum kann in frömmigkeitsgeschichtlicher Perspektive als Wendezeit bezeichnet werden. Während weder das Neuzeit- noch das Mittelalterparadigma dem Phänomen des deutschniederländischen Renaissance-Humanismus mehr als einen marginalen Stellenwert für die Periodenbeschreibung und -deutung zugestehen, müßte das Wendeparadigma diese geistige Strömung betonen. Nördlich der Alpen entwikkelten die Humanisten - wohl aufgrund der Einflüsse der devotio moderna ein besonderes Interesse an der christlichen Antike; als Verkörperung gottgefälligen Lebens in der vorchristlich-christlichen Zeit galt ihnen die hl. Anna. Durch den Rekurs auf sie sollte die Differenz zwischen christlichen Normen und alltäglicher Lebenspraxis - auch im Raum der Kirche selbst - überwunden werden. Renovatio ecclesiae durch inflammatio animae der einzelnen Gläubi-

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gen war ihre Devise. Das verträgt sich mit einer unauffällig-traditionellen Kirchlichkeit, welche die Heilsmittlerangebote der Amtskirche selektiv wahrnimmt. Die Rückbesinnung auf die Tatsache, daß es ohne den Vollzug der Ehe keine Gottesgebärerin gegeben hätte, diente dazu, die im Alltag vollzogene Hochschätzung ehelicher und familiärer Lebensformen theologisch einzuholen und zu legitimieren. Dadurch konnte zwischen den herrschenden säkularen und den traditionellen christlichen Weltdeutungsmustern neu vermittelt werden. Diese Vermittlung wurde geleistet durch Umstrukturierungen innerhalb des christlichen Wertsystems. Die Betonung der leibhaften und sozialen Dimension des menschlichen Lebens ging einher mit einer neuen Beschreibung der Stellung und Würde der Frau. Sie war - in der Theorie - nicht mehr nur untergeordnete Erfüllungsgehilfin beim Vollzug ehelicher Pflichten, sondern konnte als Ehefrau und Mutter gesellschaftliche Anerkennung erlangen. Neu war vor allem das an Anna und ihrer Sippe explizierte Tugendideal: verantwortliches Leben in Familie und Welt wurde den Gläubigen als Anspruch vor Augen gestellt. Damit konnte die eheliche Lebensform neben der religiösen aufgewertet werden; so wurde eine Rückbesinnung auf die Ehe als ursprüngliche soziale Lebensform eingeleitet, der ein jeder Mensch - auch der Mönch - sich verdankt. Die Ehe zu verachten hieß, die Eltern zu beleidigen. Gott selbst wollte in einer Ehe geboren werden - und wenn diese Ehe auch bloß eine 'Scheinehe' war, so führten doch zumindest Marias Eltern eine normale Ehe. Mit der an Annas Mutter Emerentia ergangenen Aufforderung, eine Ehe einzugehen, begann die christliche Heilsgeschichte. Allein damit, daß die Humanisten Theologie als Ethik und Ethik als Hagiographie zu formulieren versuchten, scheiterten sie. Gleichwohl lebten ihre Vorstellungen in der Reformationszeit weiter: Sie brachen sich einerseits in der Ehe- und Berufsethik Luthers Bahn und beerbten andererseits das reformatorische Schul- und Bildungswesen. Nach der Einführung der Reformation hatte man keine Scheu, auf die Heilige als Beispiel einer rechten protestantischen Haltung zurückzugreifen: Ein Aufruf, die Kinder in die Schule zu schicken, wurde mit einer Darstellung der hl. Sippe geziert.16 Dieser Holzschnitt Cranachs war ursprünglich wohl als Pilgerandenken für die Besucher der Wittenberger Stiftskirche gedacht. Er wurde von etwa 1520 an für das humanistisch-reformatorische Ziel verwendet. Kein geringerer als Melanchthon hat die lateinischen Verse, die (in die Volkssprache übertragen) unter dem Holzschnitt abgedruckt wurden, verfaßt. Hier C . A . ANDERSSON: Religiöse Bilder Cranachs im Dienste der Reformation. In: H U M A und REFORMATION als kulturelle Kräfte in der deutschen Geschichte; ein Tagungsbericht/hg. von L.W. Spitz. Berlin, 1981. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin; 5 1 ) , S. 4 3 - 4 9 ; Abb. S. 6 4 . - Zur Kontinuität zwischen Humanismus und Reformation vgl. H. JUNOHANS: Der junge Luther und die Humanisten. Göttingen, 1 9 8 5 . 16

NISMUS

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handelt es sich nicht um eine ausschließlich polemische Verwendung der Abbildung einer beliebten römischen Heiligen; es handelt sich auch nicht um ein zufälliges Zusammentreffen des pädagogischen Zweckes des Werbegedichtes mit der Darstellung lesender Kinder in der Sippe. Cranachs vorreformatorischer Stich und Melanchthons reformatorische Verse sollten in einer sachlichen Verbindung miteinander gesehen werden. Man konnte auf diese Weise anknüpfen an die Bedeutung der hl. Anna im Bildungszusammenhang des vorreformatorischen Humanismus. Geistesgeschichtliche Kontinuität zeigt sich auch an diesem einen, marginalen Punkt. Anknüpfung im Widerspruch in doppelter Hinsicht - so ist das Ergebnis der Frage nach der Epochenzugehörigkeit der Annenverehrung zusammenzufassen. Die Annenverehrung ist dem Mittelalter zuzurechnen, weil die spätmittelalterlichen Formen der Heiligenverehrung übernommen werden. Der Neuzeit könnte sie angehören, weil sie Religion als Sittlichkeit, die sich in der Lebenswelt der Laien realisiert, zu formulieren trachtet. Beide Paradigmen können nur einzelne Aspekte der Annen Verehrung aufnehmen und beschreiben. Das Phänomen jedoch sperrt sich gegen einlinige Vereinnahmung: Die Annenverehrung hat verschiedene Gesichter.

Anhänge 1. Editorischer Anhang

1.1. Der Traktat des Ρs.-Cyrill Die Edition folgt dem in Anhang 2.1. unter 1489 beschriebenen Druck. Zum Inhalt und gedanklichen Zusammenhang vgl. Kapitel 4.4. Verum pro exordio seu preambulo ante omnia est advertendum, quod circa annos Domini quadringentos vigintiocto dominus Sixtus papa tercius contra Nestorium episcopum Constantinopolitanum hereticum concilium generale ducentorum patrum in Epheso celebravit. In quo beatus Cyrillus, doctor solemnis, dudum inhabitator montis Carmeli, etiam comparait; qui contra eundem Nestorium libellum quendam quindecim capitulis distinctum composuit, in quo pluribus oculatis rationibus probavit, beatissimam virginem Mariam Dei filium genuisse et maledictioni Eve numquam subiacuisse. linde in eodem concilio Nestorius tanquam hereticus reprobatus et condemnatus fuit, et diffinitum inter cetera extitit, temerarium esse dicere in be[a]ta virgine Maria aliquam unquam maculam fuisse. Insuper quoniam idem Cyrillus Nestorium hereticum ita audacter (Bl. 183v) // et scientifice aggressus est et vicit ac in disputationis bello eum veritatis inimicum fuisse manifeste demonstravit, idcirco in eodem concilio ordinatum fuit, quod omnes fratres ordinis sui (scilicet de monte Carmelo) titulo gloriose virginis Marie deberent insigniri. Quo sane considerato et etiam, quia Helyas et Helyzeus illius ordinis primicerii seu fundatores de eadem tribu procreati fuerunt, de qua et orta est beata virgo Maria, in cuius etiam honore successores eorundem Helye et Helyzei eidem gloriosissime virgini Marie (ipsa vivente) capellam in monte Carmeli construxisse leguntur, quos etiam Maria frequenter visitare consuevit: propter hec, inquam, et forte alia sanctos moventia plures summi pontífices predictum titulum confirmaverunt predictos fratres Carmelicolas in diversis bullis nominantes 'fratres gloriosissime Dei genitricis semperque virginis Marie de monte Carmeli', e quibus nonnulli indulgentias dedisse leguntur hiis, qui tali titulo eos nuncuparent. [Absatzmarke] Preterea (Bl. 184r) // idem Cyrillus in prefato concilio generali epistolam quandam conscripsit, in qua de beatissime Anne origine inter cetera

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sententialiter dicit. Quorum sequaces Helye et Helyzei prophetarum montem Carmeli inhabitaverunt usque ad tempus incarnationis Christi et multis adhuc annis post eius ascensionem, videlicet (ut alibi legitur) usque ad destructionem terre sánete, que contigit temporibus sancti Ludovici, regis Francorum sanctissimi, regnantis circa annos Domini mille ducentos sexaginta, quos ipse tunc de eodem monte et aliis terre sánete locis circumiacentibus (ubi in diversis speluncis in heremo habitabant) in Francia et aliis partibus citramarinis propter terre desolationem et eorum sanctissimam conversationem transtulit. Annis igitur circiter septuagintaocto ante Christi incarnationem virgo quedam extitit nobilis genere (utpote de tribu luda et stirpe David) corpore pulcherrima, sed mente, fide et devotione multo venustior, cui nomen erat Emerencia. Hec de licentia parentum suorum devotionis causa predictos fratres Carmeli-(B1.184v) //tas sepe visitabat et cum eis frequenter et familiariter conversari et de divinis scripturis loqui assueta erat, ut puta: Quomodo Deus sanctos patres in heremo pane celesti pavit, in columna ignis et nubis duxit, ab Egyptiis ceterisque inimicis et periculis infinitis terre et maris misericorditer liberavit, Moysi frequenter locutus fuit et legem suam dedit, et quomodo pene infinita et seculis inaudita signa et prodigia fecit et tandem in terram promissionis in manu forti intróduxit, quam sanctissime Helyas et Helyzeus ceterique sancti patres vixerunt, et plura hiis similia. Cum ergo annos pubertatis attigisset et ei parentes de matrimonio loqui cepissent, Emerencia contristata fuit valde, eo quod nunquam nubere, sed virginitatem perpetuam servare proposuerat salva tamen Dei volúntate. Quapropter montem Carmeli cum magna cordis angustia adiens propositum suum de perpetua virginitate servanda et nichilominus parentum suorum voluntatem eis insinuavit obsecrans eos, ut Dei beneplacentissimam voluntatem in orationibus suis desuper (Bl. 185r) // investigare dignarentur. Petitioni igitur sánete virginis Emerencie senior annuens precepit fratribus, ut pro inquirendo divino beneplacito cum Emerencia, eorum familiari amica, ferventer orarent. Quod cum triduo fecissent, seniori et duobus fratribus, qui inter ceteros erant devotissimi, ostensum est arbustum quoddam, super quo erat quidam ramusculus portans pulcherrimum florem fructum delectabilissimum in se includentem. Et facta est vox ad eos dicens, quod arbustum designabat Emerenciam et eius bonam voluntatem cum Dei volúntate unitissimam. Ramus vero significabat filiam quandam sanctissimam, quam in statu matrimoniali sibi Deus donaturus erat. Flos autem designabat virginem quandam castissimam, quam Emerencie filia predicta esset paritura, que virgo permanens fructum vite, id est filium Dei naturalem, qui per fructum designabatur, in castissimo suo utero virginali esset clausura et sine dolore paritura. Audiens igitur hec Emerencia et voluntatem suam divine voluntati conformare volens, propositum suum de virginita-(Bl. 185v) //te servanda mutavit iuxta Dei beneplacitum et deprecabatur instantissime Deum, ut nemo sibi in matrimonio

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coniungeretur nisi, qui Deum super omnia vereretur. Cumque in domo redisset patria, oblati ei sunt successive sex viri, et nulli ex eis propter eorum corruptam intentionem matrimonio consentiit copulali. Vidit enim Emerencia in spiritu primum virum eam velie accipere in uxorem propter oblectamentum sue pulchritudinis corporalis et causa libidinis; secundus eam habere optavit propter divitias suas. Ceterorum vero quatuor nullus erat, qui eam pura intentione acquirende prolis in Dei timore quereret, sed omnes corruptam habebant intentionem. Novissime vero septimus accessit nomine Stollanus, vir timens Deum et pura ac simplici intentione prolis acquirende ad Dei honorem eam in uxorem petens. Cui Emerencia virgo consentiens ab eo tandem filiam unam concepii et peperit, et illam nuncupaverunt Annam. Hec Cyrillus sententialiter ubi supra.1 [Absatzmarke] Residuum vero pro magna parte scripsit beatus Iheronimus, ut dicit Iacobus de Voragine in aurea legenda in (Bl. 186r) // historia nativitatis beate virginis Marie. [Absatzmarke2] Ex predictis igitur patet opinionem quorundam astruentium beatissimam Annam de femore viri productam esse falsissimam, blasphemam et hereticam fore [...] (Bl. 186v) // [..., Absatzmarke] Habuit quoque sancta Emerencia adhuc unam filiam quam vocavit Ysmeriam. [,..3, Absatzmarke] Anna igitur in timore Dei et in virtutibus mirabiliter crescens et in civitate Bethleem cum parentibus suis sine querela conversans, cum ad etatem maturam pervenisset, tradita est cuidam sancto viro de Galylea et civitate Nazareth orto, Ioachim nomine. [...4]

1 Gleich hinter der ersten Absatzmarke hieß es: "Cyrillus [...] sententialiter dicit". Jetzt wird das Zitat abgeschlossen mit den Worten: "Hec Cyrillus sententialiter ubi supra". Darauf folgt wieder eine Absatzmarke. Da die Absatzmarken auch in den folgenden Abschnitten sehr sorgfältig piaziert sind, um verschiedene Überlieferungen voneinander zu unterscheiden, ist es wahrscheinlich, daß in der Quelle, die dem Bearbeiter vorlag, die Überlieferung unter dem Namen des Cyrill und die Überlieferung zur Geschichte des Karmeliterordens schon miteinander verknüpft worden waren; denn oben - hinter der ersten Absatzmarke - wird eine Epistel Cyrills angekündigt, es folgt jedoch ein Satz zu den Nachfolgern Elias und Elisas und deren Vertreibung aus dem Hl. Land. Damit ergibt sich die logische Härte, daß Cyrill Bemerkungen zur Geschichte der Karmeliter machte, die sich etwa 800 Jahre nach seinem Tod ereignete. Petrus Dorlandus bietet unter der Überschrift "Relatio Cyrilli de origine sánete Anne et de nuptiis sue matris" ebenfalls die Überlieferung zu den Karmelitern. In den späteren Annenlegenden sind die Ausführungen zum Kanneliterorden gestrichen worden. 2 Jetzt folgt ein Einschub zur Zeugung Marias aus männlichem Samen, vgl. o. Kapitel 2.1.

3 Es folgt die Genealogie von Annas Schwester unter Einbeziehung des Servatius. Vgl. o. Kapitel 4.2. 4 Es folgt Ps.-Hieronymus zur Geburt Marias nach Jacobus de Voragine. Vgl. o. Kapitel 4.1. und 4.3.

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1.2. Struktur der wichtigsten

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Annenlegenden

Anhand der Rubrizierungsmarken beziehungsweise Kapitelüberschriften verschiedener Legenden wird im folgenden ein Überblick über deren Aufbau und Inhalt gegeben. Das ermöglicht den Vergleich der verschiedenen Bearbeitungen und gewährt Einblick in das literarische Wachstum des Motivs. Gegebenenfalls sind Erläuterungen zum tatsächlichen Inhalt des betreffenden Abschnitts in runden Klammern eingefügt. Bei den Mirakeln sind jeweils Überschriften zu den einzelnen berichteten Wundern gebildet worden; auf diese Weise wird die motivische Übereinstimmung der Wundererzählungen deutlich.

1.2.1. Der anonyme Karmeliter Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1489. Explicit speculum rosarium Ihesu et Marie. Sequitur legenda seu vita beatissime Anne, matris gloriosissime Dei genitricis semperque virginis, ex diversis in unum collecta: [Prolog:] Quoniam deiferam et gloriosissimam virginem Mariam, fructuose matris sue Anne laudem et honorem, ut laudem propriam, appetere certum est [...] (Bl. 183r) [I.] Verum pro exordio seu preambolo ante omnia est advertendum, quod circa annos domini quadringentos vigintiocto, dominus Sixtus papa tercius contra Nestorium, episcopum Constantinopolitanum hereticum, concilium generale ducentorum patrum in Epheso celebravit. [...] (Bl. 183v) [II.] Preterea idem Cyrillus in prefato concilio generali epistolam quandam conscripsit, in qua de beatissime Anne origine inter cetera sententialiterdicit [...] (Bl. 184rf) [III.] Residuum vero pro magna parte scripsit beatus Iheronimus, ut dicit Iacobus de Voragine in aurea legenda, in historia nativitatis beate virginis Marie [...] (Bl. 186rf) [IV.] Ex predictis igitur patet opinionem quorundam astruentium, beatissimam Annam de femore viri productam esse [...] (Bl. 186v) [V.] Habuit quoque sancta Emerencia adhuc unam filiam, quam vocavit Ysmeriam [...] (Bl. 187r) [VI.] Anna igitur in timore Dei et in virtutibus mirabiliter crescens [...] (Bl. 187r) [VII.] Post hec autem Ioachim, viro Anne, defuncto ipsa alteri viro sancto matrimonialiter coniuncta est, cui nomen erat Cleophas [...] (Bl. 190r) [VIII.] Defuncto quoque Cleopha beatissima Anna amore prolis tercium accepit virum, qui vocabatur Salomas [...] (Bl. 191r) [IX.] Tandem beatissima Anna quotidie in timore Dei proficiens, cum esset plena virtutibus, in senectute bona obiit in pace [...] (Bl. 191v)

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[X.] Qualiter vero beatissima Anna sibi servientibus subvenire solet, exempla sequentia demonstrabunt: Exemplum: Legitur namque de quodam iuvene nobili [...] (Bl. 191r = Jüngling von Doch) [XI.] Exemplum: Fuit quoque in regno Ungane alius quidam iuvenis, Procopius nomine [...] (Bl. 195v = Erzbischof Prokopius) [XII.] Si igitur alicui placuerit beatissime Anne servire [...] (Bl. 197v = Gebete)

1.2.2. Petrus Dorlandus Beschreibung im Anhang 2.1. unter ca. 1487. Incipit prologus in primum librarti de origine sánete Anne: De paupertate mea te pulsante, te inquietante, mi pater Dominice [...] (Bl. 2Ar = Widmung an Dominicus van Gelre) Suam auctor agnoscens insufficientiam Anne presidium implorât; hic Anne matris auxilium invocatur: Te nunc, Anna beatissima, humiliter invoco [...] (Bl. A2v = Topoi der affektierten Bescheidenheit) I. Quomodo disputante Cyrillo Nestorius hereticus sit demonstratus [...] (Bl. A2v) II. Relatio Cyrilli de origine sánete Anne et de nuptiis sue matris [...] (Bl. A3r) III. Refellitur opinio eorum, qui Annam putant et Mariam solo osculo esse conceptas [...] (Bl. A3v) IV. Quomodo Emerentiana Hysmeriam genuit, Anne sororem [...] (Bl. A3v) V. Quomodo Anna sanctissima nuptui tradita sterilis permansit, et quomodo Ioachim sit per pontificem ab altari repulsus [...] (Bl. A4r) VI. Quomodo sancta Anna dominum deprecata est et quomodo ab angelo fuerit consolata [...] (Bl. A5r) VII. Anna concipit et parit Mariam et de habitudine Marie [...] (Bl. A5v) VIII. De sacra nativitate Marie virginis ex infecundis parentibus [...] (Bl. A6r) IX. Devotio et congratulado auctoris in partu salutifero Anne parentis [...] (Bl. A6r) X. Quomodo sanctis veteris testamenti mulieribus Anna prefe[r]tur [...] (Bl. A6r) XI. De hiis bonis maximis, que nobis ex Anne partu proveniunt [...] (Bl. A6v) XII. Quod angeli Marie cunabulis assisterunt [...] (Bl. Β Ir) XIII. De laudibus Anne per varias figuras [...] (Bl. Blv) XIV. De magna in nos Anne matris pietate et misericordia [...] (Bl. B2r) In hoc Carmine summatim Anne in nos beneficia concinuntur: Anna parens summe genitrix veneranda parentis [...] (Bl. B3r) XV. Quomodo virgo Maria sit ad templum delata et quomodo XV templi gradus mirabili virtute conscenderit [...] (Bl. B3r) XVI. Triste divortium Anne matris et dulcissime filie [...] (Bl. B3v) XVII. De conversatione et virtutibus beate Marie virginis, dum moraretur in tempio [...] (Bl. B4r)

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XVIII. Quomodo sancti angeli Marie famulabantur [...] (Bl. B4v) Incipit prologus in librum secundum: Hic secundus liber agit de secundis et tertiis sánete Anne et etiam Marie nuptiis [...] (Bl. B4v) I. Incipit liber secundus de Anne et Marie nuptiis: De morte Ioachim et lachrimosa Anne mestissime querimonia [...] (Bl. B5r) II. Quomodo Maria matrem Annam consolatur [...] (Bl. B5v) III. Licet Anna decerneret vidua permanere, egit tarnen Deo iubente secundas nuptias [...] (Bl. B5v) IV. De tertiis Anne nuptiis dei etiam volúntate celebratis [...] (Bl. B6r) V. De exereiis [!] Marie virginis in templo et de eius corporis et mentís pulchritudine [...] (Bl. B6r) VI. Quomodo Anna solicitât filiam iuxta legem ad nuptias [...] (Bl. B6v) VII. Responsio Marie [...] (Bl. Clr) [VIII. fehlt, Zählung der Kapitel fehlerhaft] IX. Quomodo Deus consuli iubetur super voto virginitatis Marie [...] (Bl. Clv) X. Quomodo angelus timidam de nuptiis virginem consolatur [...] (Bl. C2r) XI. Iubet Deus per floridam virgam sponsum virgine inquirí [...] (Bl. C2r) XII. De nigromántico [lies: necromantico] demonem consulente [...] (Bl. C2v) XIII. Quomodo in limbo audierit demon preces recitare solere de quadam virgine futura, quae Messyam pariat [...] (Bl. C2v) XIV. De triplici regione infernalium locorum [...] (Bl. C3r) XV. Quid angelus post hec fecerit [...] (Bl. C3v) XVI. Quomodo virga Ioseph floruit et de desponsatione Marie [...] (Bl. C3v) XVII. Quomodo festa nuptiarum convivía in Nazareth celebrantur [...] (Bl. C4r) [XVIII. fehlt, Zählung der Kapitel fehlerhaft] XIX. De cytharedo [lies: citharoedo] in nuptiis concinenti misteria [...] (Bl. C4v) XX. Angelus instruit Ioseph, quomodo victitet cum sua sponsa [...] (Bl. C4v) XXI. Maria ex lectione Ysaye prorumpit in laudem illius virginis, que Messyam paritura sit [...] (Bl. C5r) XXII. Hic Maria precatur Deum, ut virginem illam nasci faciat, que sit Dei filium paritura [...] (Bl. C5v) XXIII. Quomodo Anna per spiritum agnoscens ortum Cristi venit ipsum adorare in diversorio [...] (Bl. C5v) XXIV. De Anne deliciis commorantis cum domino salvatore, et quomodo ei Christus in morte assisterit et consolatus sit [...] (Bl. C5r) XXV. Quomodo Anna defuneta ad limbum patrum descenderit eosque consolata sit [...] (Bl. C7r) XXVI. Quomodo Anna benedicta pro sue nate glorificatione Christum efflagitaverit [...] (Bl. C7v) XXVII. Quomodo Christus Deum patrem interpellaverit pro sue matris assumptione [...] (Bl. C7v)

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XXVIII.Quomodo Christus comitantibus sanctis ad virginem matrem descendent [...] (Bl. C8r) XXIX. Orat Maria Christum filium se posse dissolvi et cum ipso esse [...] (Bl. C8r) XXX. De morte Marie et gloriosa eius assumptione [...] (Bl. C8v) Prologus in librum miraculorum Anne beatissime: Quisquís ille es, qui aut criminum molibus pergravaris aut [...] (Bl. D i r ) I. Incipiunt miracula et prodigia Anne matris: De adolescente Ungaro Anne favoribus multipliciter sublevato [...] (Bl. D l v = Jüngling von Doch, ActaSS, a.a.O., S. 261263, Nr. 1-10) II. Quomodo alius quidam Ungarns Anne sit favoribus sublimatus [...] (Bl. D4r = Erzbischof Prokopius, ActaSS, a.a.O., S. 264f, Nr. 11-16) III. Quomodo virgo Maria quemdam docuerit suam matrem Annam venerali [...] (Bl. D5v = Rosenkranzbeter wird aufgefordert, Anna zu ehren, ActaSS, a.a.O., S. 265, Nr. 17) IV. De virgine, que Annam eo, quod tres habuerat maritos, honorare contempserit: Legimus, olim quamdam fuisse virginem [...] (Bl. D6r = Unwillige Verehrerin, ActaSS, a.a.O., S. 265f Nr. 18f) [V.] De episcopo Britannico, qui idcirco mala morte interiit eo, quod Annam vetuerit a suis plebibus honorari [...] (Bl. D6v = Der böse Bischof, ActaSS, a.a.O., S. 266, Nr.21-23) [VI.] Navis quedam, cum terram peteret Anglicanam, a tenebris et procellis Anne presidio liberata est [...] (Bl. E l v = Bischof Hugo von Vieh, ActaSS, a.a.O., S. 266f, Nr. 24-26) [VII.] Quomodo sancta Colleta vidit in spiritu Annam in celis pro hiis, qui eam colunt, dominum deprecari [...] (Bl. E2r = Coletta, ActaSS, a.a.O., S. 267, Nr. 27) [Vili.] Quomodo Anna apparuit sánete Bregitte vidue [...] (Bl. E2v = Birgitta, ActaSS, a.a.O., S. 267f, Nr. 28) [IX.] Quomodo virgo Maria heremite cuidam suam suaserit matrem Annam honorare [...] (Bl. E3r = Eremit, ActaSS, a.a.O., S. 268, Nr. 29f) [X.] Quomodo angelus Domini Anna docuerit venerali [...] (Bl. E3v = Dominicus van Gelre: Frauenkloster - Gastrecht, ActaSS, a.a.O., S. 268, Nr. 310 [XI.] Quomodo cenobium quoddam dominarum Anne subsidio est reformatum [...] (Bl. E4r = Dominicus van Gelre: Frauenkloster - Reform, ActaSS, a.a.O., S. 269, Nr. 33) [XII.] De religioso per Annam a gravissima quadam tribulatione liberato [...] (Bl. E4v = Dominicus van Gelre: Befreiung eines Mönchs aus Anfechtung, ActaSS, a.a.O., S. 269, Nr. 34) [XIII.] De miraculis per sanetas Anne reliquias exhibitis [...] (Bl. E5r = Dominicus van Gelre: Köln - Annenreliquie: Gertrud mit Kröpf und Inkluse mit Zahnschmerzen, ActaSS, a.a.O., S. 269, Nr. 35) [XIV.] Quomodo civis aliquis Coloniensis est super Annam a desperatione erutus [...] (Bl. E5v= Dominicus van Gelre: Kölner Kaufmann wird durch Anna gerettet und

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stiftet dankbar ein Annenbild in die Kirche des Dominikanerklosters, ActaSS, a.a.O., S.269, Nr.36: hier Anfang geringfügig bearbeitet) [XV.] De cultore Anne a maris periculo liberato [...] (Bl. E5v = Dominicus van Gelre: Rettung bei Schiffbruch, ActaSS, a.a.O., S. 270, Nr. 37) [XVI.] Quomodo Anna parens suam clementiam exhibeat etiam paganis impiis [...] (Bl. E8v = Bekehrung des Türken, ActaSS, a.a.O., S. 270f, Nr. 38-40) [XVII.] Quomodo Anna sterilem mulierem fecundam fecerit et eius prolem a morte suscitaverit [...] (Bl. E6r = Nachkommenschaft in Lothringen, ActaSS, a.a.O., S. 271 Nr. 41f) [XVIII.] Quomodo Anna iuvenculam viduam de raptorum manibus liberavit: Legi nuper apud quemdam theutonicum scriptorem [...] (Bl. F2r = Rettung einer Frau vor Räubern, ActaSS, a.a.O., S. 272 Nr. 43-46) [XIX.] Quomodo Anna mater hominem sibi devotum de manu predonum eripuerit [...] (Bl. F3v = Ludovicus de Bourbon, ActaSS, a.a.O., S. 278 Nr. 72: andere Fassung) [XX.] Quomodo Rodolphus Agricola a peremptoria sit febre liberatus [...] (Bl. F4r = Rudolf Agricola, ActaSS, a.a.O., S. 278 Nr. 75: andere Fassung) Hec pauca de multiis Anne benedicte prodigiis expressa suffecerit ad laudem et gloriam optimi maximi conditoris Dei, cui est honor et imperium per eterna sécula seculorum. Amen.

1.2.3. Jan van Denemarken Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1491a. Hier beghint ter eeren Gods een notabel ghenoechlic boecxken, seer profetelic en salich allen menscen, roerende van die historie oft dat leven mit die geslachten der salichster vrouwen sinte Annen, een moeder der glorioser maghet Marien. Dat prologus (Bl. 2r) [...] [I.] Hier beghint daz eerste deel des boecx, ghemaect van sint Annen leven, en eerst van die edele gelachten, daer sy en Joachim, haer goede man, van ghevoren syn [...] (Bl. 9r) [II.] Die gheboerte van die heylige vrouwe sint Anna [...] (Bl. 12r) [III.] Van sint Annen staet opt corte [...] (Bl. 15r) [Abbildung: Tafel der Töchter Annas und ihrer Kinder, Bl. 16vf] [IV.] Hoe dat Joachim en Anna tsamen leefden. Hoe sy eene salighe vrucht vercreghen, als die maget Maria. Daer na hoe dat Joachim aflivich wart [...] (Bl. 17v) [V.] Hoe dat Joachim geboetscapt wn ghetroost wert van dem enghel [...] (Bl. 22v) [VI.] Van die versekeringhe des kints [...] (Bl. 29v) [VII.] Hier beghint, hoe daz die goede man Joachim aflyvich wart [...] (Bl. 32r)

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Een argument: Op dat selfde woirt, dat die heylighe enghel ons heren seyde tot Joachim, doen (Bl. 34r) // hy was verstooten uten tempel. [...] (Bl. 34v) Een ander bewijs: Ghy suit oeck weten, dat die bischop daer voer af ghescreven staet Ysachar [...] in sommighe van dese historie ghescreven Ruben te heeten. [...] (Bl. 37v) Hier begint noch een argument: Ghi suit oeck weten, dat sommighe historien van desen hoeden: hoe daz die enghele des heeren niet dan eens tot Joahim en tot Anna en quam [...] (Bl. 39v) [VIII.] Hier beghint daz huwelic en daz leven van die gloriose moeder Anna en van den heyligen Cleophas, hären anderde man [...] (Bl. 40vf, mit Angabe der Quelle: gelehrter Priester) Een bewijs: Ghy suit weten, dat dese heylige man Cleophas en Joseph, Marien behoeder, broeders waren in der natueren [...] (B1.48v) [IX.] Hier begint daz huwelic en die vergaderinge en dat leven van die heylighe vrouwe Anna en van Salomas, hären derden man [...] (Bl. 49r) Een onderscheyt: Ghy suit weten, dat dese heilige man Salomas niet en was Salomon die wyze [...] (Bl. 56v) [X.] Hoe dat dese heylige vrouwe sinte Anna voert leefde in hären weduwelijcken staet tot den eynde van hären levene [...] (Bl. 58r, der Autor behauptet, er sei der erste, der diesen Abschnitt von Annas Leben beschreibt) [Laudatio auf die Heilige:] Van harén volmaecten leven en van begeerlijcheyt der natueren [...] (Bl. 63v) Hier beghint dat anderde deel des boecxkens van die eerwerdighe moeder sint Anna, in welc dat geset syn VII getijdé van haer ghemaect, een rosen cransken, haer VII bliscapen en VII gaven, die sy heeft van onsen here, mit noch vele ghebedekens, sere suet te lesen, daer alle menscen moghen leeren, hoe daz sy haer dienen eeren en aenroepen sullen, om troost en hulp van haer te hebben in der noot. [...] (Bl. 67r) Hier beghint daz derde deel des boecxkens van die gloriose moeder Anna, sprekende van hair teekenen, exemplen oft wonderlike mirakelen, die welck daz vele syn en troestelijc om hören. Want wi daerin möge mercken en verstaen, hoe sy alle, die haer devotelic dienen en aenroepende syn, te hulpen oft te baten comt, als syt behoeven in allen hären noot. Daz eerste bewijs van desen exempelen: Ghi suit weten [...] (Bl. 127r) [XI.] Van een devote joncfrou, die sint Anna niet dienen en woude, exempel [...] (Bl. 129v = die unwillige Verehrerin) [XII.] Hoe dat in Engelant een bisscop was, die welc dat ghebot gaf, doer alle syn lant, dat niemant sint Anna soude dienen noch eere bewyzen, exempel [...] (Bl. 134r = der böse Bischof) [XIII.] Hoe dat een scip vander Sluys in Enghelandt voer met vele voles, die welcke dat bina verdroncken hadden [...] (Bl. 136v = Bischof Hugo von Vieh)

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[XIV.] Hoe dat die heylige maget Coleta sach, dat sint Anna badt in dem hemel voer alle dengenen, die hair dienen, exempel [...] (Bl. 139v = Coletta von Corbie) [XV.] Hoe dat sint Anna haer openbaerde die heylighe maghet sinte Birgitta, exempel [...] (Bl. 141r = Birgitta von Schweden) [XVI.] Hoe dat Maria quam tot eenen clusenaer en hem beval, daz hi haer moeder soude dienen mit allen hären gheslachte, exempel [...] (Bl. 142rf = Eremit) [XVII.] Hoe dat een student van Praghe vele quader aventueren hadde en nochtan doer sint Annen dienste quam tot grooten staet, exempel [...] (Bl. 144v = Erzbischof Prokopius) Aldus wort bevonden metter waerhyt bi desen en meer ander exemplen, die hier te lane waren te bescriven [...] (Bl. 155v) [Gedicht:] Wildi wesen Marien vrient, So siet daz ghi haer moeder dient. Diendi haer mit goeden betrouwen, Jhesus en Maria en latens niet on vergouwen. (Bl. 156v) 1.2.4. Jan van Denemarken in der Bearbeitung durch Wouter Bor Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1499a. Die histori van die heilige moeder santa Anna en van haer olders, daer si van geboren is, en van hören leven en hoer peniteni en mirakelen mitten exempelen. I. Van Emerenciana, santa Annen moeder, ende van hören zeeden [...] (Bl. 2r) II. Van seeden ende oefeninghen Emerenciane [...] (Bl. 6r) III. Hoe dat Emerenciana hilicte ende aen wyen [...] (Bl. 7r) Van sancta Annen geslacht [...] (Bl. 9v) IV. Van santa Annen wonderlijke geboorte [...] (Bl. lOv) V. Up wat dach vander weken santa Anna gheboren wart [...] (Bl. 14r) VI. Van mirakel, dat gheschiede om des mamens wil [...] (Bl. 14v) VII. Hoe dat sancta Anna vijf jaer in dem tempel van Iherusalem diende met den anderen jionferen [...] (Bl. 16r) VIII. Van Emerencyanen, Annes moeder, doit en hoe dat si van hoer begraven wort bi Stellanum [!] haren man, die welck starf, doe Anna [?, radiert] jaer oelt was [...] (Bl. 19r) IX. Hoe dat Anna hilicte, doe sie xviij jaren oelt was [...] (Bl. 20r) X. Hoe dat Anna mit Ioachim, haren man, XX jaer lang waren sonder vrucht in der echte, en hoe dat Joachim verweten wert vanden oversten preister, doe hi ten offer ginc [...] (Bl. 22v) XI. Hoe dat Joachim doe ghinc tot synen herden, die sine beesten verwaerden, ende hoe dat hem die heilige engel doe troestede [...] (Bl. 24r) XII. Van Marien gheboorten [...] (Bl. 26v) Een mirakel [...] (Bl. 28v) [insgesamt vier Mirakel zur Geburt Marias]

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XIII. Hoe dat die engel Godes Joachim cundichde zijnre dochter gheboorte [...] (Bl. 29 v) XIV. Hoe dat Joachim Anna, zijn huisvrou, ligghende in den craem, visenteerde en zijn nye gheboren dochterken mit vroechden zijns harten minnentlicke oepte [...] (Bl. 31v) Dit voerschreven is ghenomen wt die historie van sancta Anna, en dat hier na volghet is genomen wt meyster Hubertinus boec vant ghecruiste leven Jhesu Christi [...] (Bl. 33r) XV. Van figuren des ouden testaments, in den welcken Maria, die moeder Godes, in figureert is geweest [...] (Bl. 33r) [XVI.] Hoe dat Joachim en Anna Mariam hoer doechter opvoeden, ut Anne histori [...] (Bl. 40r) XVII. Van Marien presentacij in dem tempel [...] (Bl. 41r) [XVIII.] Hoe dat Maria drie mael in den tempel geoffert wart [...] (Bl. 43v) [nach Epiphanius, Cyrill, Basilius] XIX. Hoe dat Marien presentacij in dem tempel te voren prefigureert is gheweest [...] (Bl. 44v) [nach Historia Scholastica] XX. Hoe dat Maria Gode in den tempele diende [...] (Bl. 45v) XX. Hoe dat Joachim en Anna, zijn huisvrou, doe si hoer dochter in den tempel ten gheoffert ende daergelaten hadden weder on te Nazareth reisden [...] (Bl. 48v) XXII. Hoe dat Joachim int selve jaer, als hi Mariam zijn dochter in den tempel gheoffert had, starf [...] (Bl. 49r) XXIII. Hee dat Anna na hoers mans Joachims doot wt beveel des heiligen engels weder hilicte aen een man, gheheten Cleophas [...] (Bl. 50v) XXIV. Hoe dat Anna den derden man nam na ghebode des engels, gheheten Salome (Bl. 53v) XXV. Hoe dat Maria Joseph ghegeven wart in derecht [...] (Bl. 54v) XXVI. Hoe dat Joseph overmits den oversten priester Maria ter echt ghegheven wart [...] (Bl. 56v) XXVII. Hoe dat Gabriel de engel Mariam cundichde, dat si den zoon Goods ontfanghen soude [...] (Bl. 58v) XXVIII. Hoe dat hier na Maria Elizabeth, hare nichte visentierde [...] (Bl. 60v) XXIX. Hoe dat Joseph, als hi Mariam dragende sach en met vrucht, te zijn haer docht achter te laten en hoe dat hy doe vanden engel in visioen geleert wart [...] (Bl. 61v f) XXX. Waer om dat onse here Jhesus Cristus wolde hebben, dat zijn toecomende moeder Joseph soude trouwen [...] (Bl. 63r) [nach Orígenes, Hieronymus, Ambrosius] XXXI. Hoe dat Anna haer verbilde, doe si hoerde, dat Maria, hoere dochter, den soen Gods ontfanghen hadde [...] (Bl. 63vf) XXXII. Hoe dat Anna in der nacht, als Cristus geboren wart, Mariam sochte [...] (Bl. 64v)

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XXXIII. Hoe dat Anna hyerna te Bethleem wart ginc, om te soeken Mariam met Jhesum, harcn son [...] (Bl. 67r) XXXIV. Hoe dat Anna by den drie conigen quam en sie vraechde nae hoer dochter ende na Joseph, oft sie hem yet onderweghens ghemoet waren [...] (Bl. 68r) XXXV. Hoe dat Anna Mariam, hoer dochter, vant met Jhesum ende Joseph [...] (Bl. 69vf) XXXVI. Hoe dat Maria, Anna en Joseph met Jhesum na dem carcganc zamen te Jheruselem reisden, met welcken anderen devoten personen [...] (Bl. 72v) XXXVII. Hoe dat die enghel tot Joseph quamen, doe hi sliep en seide[n] dat hem, dat hy opstaen solde ende nemen dat kynt met Mariam, zijnre moeder, ende trecken in Egipten [...] (Bl. 73r) XXXVIII. Van Annen droefnis, die si had, doe hoer dochter hoer niet gevolcht en was [...] (Bl. 74r) XXXIX. Wat groter jammer Anna vernam, doe si tot Bethleem quam, als dat doeden der kynderkens [...] (Bl. 75v) XL. Hoe dat Anna die kynder, die in hören bloede opter Straten laghen, vermoert, vergaerde ende uten bloede nam en maectse scoon en lietse begraven [...] (Bl. 77r) [XLI. fehlt, Zählung der Kapitel fehlerhaft] XLII. Hoe dat Anne na den arbeit ruste in die scure, daer Christus geboren wart [...] (Bl. 78v) XLIII. Hoe dat Anna oerlof nam van dye van Bethleem, doe si in dye woestijn reysen wolde [...] (Bl. 79v) XLIV. Van Annes strenghe leven na der doot hoers derden mans [...] (Bl. 80r) XLV. Hoe dat Anna vanden bösen geest in der woestine becoert wort [...] (Bl. 81r) XLVI. Hoe dat die engel Annan doe traeste ende verloefde [...] (Bl. 83r) XLVII. Hoe die viant noch Anna weder becoerde [...] (Bl. 83v) XLVIII. Hoe dat Jhesus en Maria, sine lyeve moeder, met hören susteren Annan, hoer moeder, visentierde in der woestenie [...] (Bl. 85r) XLIX. Hoe dat Jhesus met zijn geselscap tot Annen quam, en hoe si van hoer ontfanghen worden [...] (Bl. 87r) L. Hoe dat Anna sterf, en hoe Jhesus den dach ghebenediet heeft [...] (Bl. 89r) [LI.] Hoe sant Anna sterf [...] (Bl. 90v) LH. Hoe dat Annen lichaem begraven wort [...] (Bl. 91r) [LUI. fehlt, Zählung der Kapitel fehlerhaft] LIV. Om te gheloven, dat van sint Anna ghescreven en ghesecht is, een scoen onderwijs, dat hier na volcht [...] (Bl. 91v) Hier eindet dat leeven van dye heilighe vrouwe sunt Anna. LUI. Hier na volcht die exempelen, die God bewesen heeft den genen, die Annen dienden hier opter aerden [...] (Bl. 93v): Het is gheweest eenderley jonfer in der stat gheheten Zuzina, rijck van tijtlijcken goeden, ende hören naem was ghenoemt Anna [...] (Bl. 94r = Der böse Ambagus)

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LV. Een myrakel van twee personen, die in der echte waren [...] (Bl. 101 ν = Das arme Ehepaar) LVI. Van een heremijt in Vrancrijck, die sint Anna diende [...] (Bl. 104v = Mordversuch am Eremiten) LVII. Een scoen mirakel van een man en vijf, die verenicht waren in der echt [...] (Bl. 106v = Selbstmordversuch in Tyllana) LVIII. Een schoen mirakel van eenre weduwe [...] (Bl. 113r = Die Witwe und der LandesheiT) LIX. Een schoen myrakel van een schipman met zijn wijf [...] (Bl. 117v = Schiffersehepaar und Räuber) LX. Een schoon myrakel van een jonghelinck, die sancta Anna van kyntssbeen te dienen ende te eren plach [...] (Bl. 120r = Rettung vor Teufel und Reichtum)

Hier na volghen noch veel schone myrakelen ende e[x]empelen van die heilige vrouwe sancta Anna, Marien moeder [...] LXI. Hier na volghet een schoen myrakel van sanct Anna, bescreven van enen Cathuser, den dat cundich was [...] (Bl. 126r = Erzähler: "ich", 1417, Meister Johann aus aus Sassen) LXI. Hoe dat een schipman vander Sluyss voer na Englant met voel volckes ende vol na verdroncken hadden mer bi hulp sancta Anna te landen quamen [...] (Bl. 131r = Bischof Hugo von Vieh) LXII. Een myrakel van sancta Anna, bewesen aen een jonghe wedu, die gheschaet solde worden, mer si wort doir sant Anna verlost [...] (Bl. 133v = Rettung einer Frau vor Räubern) LXIII. Een schoon myrekel [!] van sant Anna, bewesen aen eender jonfrouwe [...] (Bl. 138r = Nachkommenschaft in Lothringen) LXIV. Een schoen myrakel van sancta Anna, dat si bewesen hevet over eenen heidensche sondaen [...] (Bl. 141r = Bekehrung des Türken) LXV. Een myrakel van sancta Anna, dat gheschiet is in den lande van Ludyck, niet veer van der stat van Hasselt [...] (Bl. 144v = Mönch aus Kloster Herkenrode) LXVI. Een mirakel, dat sancta Anna bewesen hevet an een jongelinc, gheboren ende wonende in Ongarien, dye verarmet was, overmits menigherley plaghen van die verhengenis Gods, ende doer sancta Anna weder rijc wert [...] (Bl. 146vf = Jüngling von Doch) LXVII. Hoe dat sancta Anna een sonderlinghe matroen ist der ghene, die in der echte metten vresen Goodes en haer eren ende haer devoet zijn, wt sancta Brigitten revelaci [...] (Bl. 155v = Birgitta) LXVII. Exempel van sant Anna: Hoe dat Maria, die moeder Goods, tot enen clusenaer quam ende hem beval, dat hi hoer moeder, sancta Anna, dienen ende eren soude met al hören gheslachte [...] (Bl. 156v = Eremit) LXVIII. Van enen student van Praghe, die veel quades aventuers en wederspoet lang tijtlanc hat, en doer sant Annen dienst tot groten staet ten lesten quam [...] (Bl. 158r = Erzbischof Prokopius)

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[Merkvers: vgl. o. Anhang 1.2.3., Ende] Wilt ghi wese Marien vrient, soe siet, dat ghi hoer moeder dient. Dient ghi hoer mit goeder betrouwen, Jhesus, Maria en latens niet onvergouwen. (Bl. 166v) LXX. Van een bisschop in Englant, dye over al geboet, dat nyemant sancta Anne eren en souden of dienen, ende hoe dat hi daerom gheplaecht is geworden, myrakel en exempel [...] (Bl. 166v = der böse Bischof) LXXI. Van een devoet jonfer, die Anna niet eeren of dyenen en wolde, daerom, dat sie drie eacht mannen gehadt hadde, en hoe si bekeert wart [...] (Bl. 168r = die unwillige Verehrerin) LXXIL- LXXIV. [... Annengebete] (Bl. 171r) LXXV. Een corte ruringe des edelen geslachtes daer Joachim en Anna, Marien ouders, van geboren en gecomen zijn alle beyde [...] (Bl. 174r) [Ein Vergleich zwischen der handschriftlich überlieferten zweiten, lateinischen Fassung der Annenlegende durch Jan van Denemarken und dieser Bearbeitung durch Wouter Bor findet sich bei AMPE, DENEMARKEN 1978, a.a.O., S. 416-421.]

1.2.5. Der anonyme Franziskanerobservant Beschreibung im Anhang 2.1. unter 1498a. Legenda sanctissime matrone Anne, genitricis virginis Marie matris et Hiesu Cristi avie. (Bl. Air) [Prolog:] Incipit prefatio in legendam sanctissime matrone Anne, genitricis virginis Marie matris et Hiesu Christi avie: Anna, matrona beatissima, regalis plantilla ex stirpe Davidica [...] (Bl. A 2 r) I. De parentela sánete Anne et parentibus eius, de genealogia et posteritate sororis eius Esmerie [...] (Bl. A3r) II. De laudabili conversatione sánete Anne in iuventute, et quomodo matrimonialiter coniuncta est viro Ioachim, et quomodo vixerunt in matrimonio [...] (Bl. A3v) III. Quomodo oblatio Ioachim in tempio fuit reprobata, et de utriusque tristicia et sequestratione ac angelica securatione de filia nascitura [...] (Bl. A4r) IV. Anna quare tot annis infecunda permanserit et quomodo simul convenerunt iuxta dictum angelicum apud auream portam in Hierusalem et quomodo concepit et oblatio eorum accepta fuerat [...] (Bl. Blv) V. Quomodo Anna concepit et peperit et filiam educavit, etiam in tempio triennem praesentavit et de morte Ioachim [...] (Bl. B2v) VI. Sancta Anna quomodo iam viduata ammonitione angelica tradita est secundo viro, cuius nomen Cleophas, frater Ioseph, nutricii domini, de quo etiam tertiam [!] concepit Mariam, matrem trium apostolorum et unius discipuli domini,et de morte Cleophe [...] (Bl. B3r)

Editorischer Anhang

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VII. Qualiter beata Anna tertio viro tradita est. Scilicet Salome, ex quo tertiam Mariam peperit, matrem duorum apostolorum, Iacobi maioris et Iohannis evangeliste, et quomodo filias docuerat, et de morte Salome; etiam quo die sit nata virginis Marie et matris puerpera et quo die mortua [...] (Bl. B4r) Vili. Quatenus sánete Anne scandalosum aut verecundum non erat tertio nubere, quod claret de quadam virgine, que idcirco mirabilem visionem vidit in spiritu, ante quam visafm] noluit beate Anne devote servire [...] (Bl. Clv = Die unwillige Verehrerin) IX. De quodam Procopio, nobili et doctissimo, postmodum heremita beate Anne devoto et Pragensi Archiepiscopo, qui valde praedicavit sanctam Annam venerandam et eius festum celebrandum [...] (Bl. C2v = Erzbischof Prokopius) X. De quodam prodigo adolescente, qui per ammonitionem beati Iacobi beate Anne devote servivit, circa quem meritis beate Anne mira contigerunt et de liberatione eius a casu periculoso et de sánete Anne cultus maxima ampliatione [...] (Bl. D i r = Der Jüngling von Doch) XI. De quodam episcopo in Anglia impedire volenti cultum sánete Anne ac mirabiliter idcirco piagato, et quomodo devotio maior ad eius venerabilem festivitatem et honorem succrevit (Bl. D2v = Der böse Bischof) XII. De duabus sponsalibus [Nonnen] beate Anne devotis, quibus semet ipsam in visione praesentavit, et de singularibus orationibus, quibus edocte sunt pro veneratione sui ac remuneratione consequenda [...] (Bl. D3r = Coletta und Birgitta) XIII. Quomodo beata Anna manifestavit se duobus sibi devotis, videlicet uni heremite et cuidam clerico [...] (Bl. G2v = Eremit und Gelehrter) XIV. De miraculis diversis, quibus beata Anna choruscavit, et primo de naufragis a submersione liberatis et vidua paupercula in porco consolata [...] (Bl. D4r = Bichof Hugo von Vieh; Schwein der Witwe) XV. De muliere, multum infirma, per ipsam invocatafm] curata et imagine sibi facta; et de quadam pestilentia subito coram imagine sua liberata et sanitati restituta [...] (Bl. E Ir = Heilung einer Kranken; Pest zu Deventer) XVI. De Margareta, quedam religiosa beate Anne et Ioachim devota et ab eis docta, cui mirabiliter beata Anna affuit in morte; et de quodam febricante morti vicino miraculose sánete matrone meritis curato [...] (Bl. E l v = Die demütige Nonne Margaretha; Der fieberkranke Mann) XVII. De digito sánete Anne de civitate Parusiensi ad Coloniam Agrippinam delato et de diversis miraculis ex deosculatione eius et peregrinatione; et quomodo sicut in suo servido perseverantibus patrocinatur, sic ipsam in servitio deserentibus amplius non succurrit [...] (Bl. E2v = Gelre: Wunderheilungen und Errettungen durch den Annenfinger zu Köln: Gertrud mit Kröpf und Inkluse mit Zahnweh; Strafmirakel an untreuer Verehrerin)

280

Anhänge "2. Materialzusammenstellungen

2.1. Verzeichnis des zwischen

1477 und 1530 gedruckten

Annenschrifttums

Das Verzeichnis bietet eine Übersicht über das selbständig wie unselbständig erschienene Druckschrifttum zur hl. Anna. Vollständigkeit konnte nicht erreicht werden. Dennoch kann mittels dieser Zusammenstellung die Verbreitung der Annenliteratur und die Beliebtheit bestimmter literarischer Gattungen (etwa: Meßoffizium, Stundengebet, Legende, Traktat, Humanistengedicht) erhoben werden. Ausgeschlossen aus dem Verzeichnis wurden Annenpredigten in - Sermones-de-sanctis-Sammlungen (vgl. Kapitel 2.4.); - Kindheit-Jesu-Literatur (vgl. KLEINSCHMIDT, a.a.O., S. 148-158) - Annengebete, die in zahlreichen Ausgaben von lateinischen wie volkssprachlichen Gebetbüchern enthalten sind; - das mariologische Schrifttum insgesamt wie speziell dasjenige, welches sich mit der Diskussion der Frage der Empfängnis Marias beschäftigt (vgl. Kapitel 2.) - das Schrifttum zur exegetischen Diskussion um das Trinubium Annas (vgl. dazu Kapitel 4.2.) - Holz- und Metallschnitte (vgl. Kapitel 1.1. Anm. 9 u.ö.; vgl. aber 1501f).

1477 - Sammelheft mit vorwiegend liturgischem Gut 1) (Bl. l r ) Bulle des Konzils zu Basel zur Empfängnis Marias Item mater Dei Maria a suis parentibus Joachim et Anna in originali peccato non est concepta [...] [weitere Ausgaben der Bulle vor 1500: GKW 7284: Concilium Basiiiense: Decreta/ hg. von Sebastian Brant. Basel, Jakob Wolff, nach 1499. - G K W 7285: Concilium Basiiiense: Decretum de conceptione BMV und [Sixtus IV., papa]: Constiamo de conceptione BMV, Heidelberg, Heinrich Knoblochtzer, um 1493/94] 2) (Bl. 2r) Erklärender Text des Redaktors Das häufig als sanctificatio Mariae bezeichnete Fest soll richtigerweise conceptio Mariae genannt werden; die Ordnungen der drei folgenden historiae1 werden zu Basel im Münster wie in anderen dortigen Kirchen jährlich gehalten: In precedentis bulle tenore liquide claret, quod Dei mater Maria in conceptione sua personali in utero sánete Anne, sue matris, in originali pecato non est concepta sed speciali privilegio praeservata [...]

1 Zur Verwendung der Bezeichnung historie für liturgisches Gut vgl. Kapitel 2.4. Anm. 81.

Materialzusammenstellungen

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3) (Bl. 2r) Lesung für Stundengebet Anna gelangt auf wunderbare Weise nach der Auferstehung Christi nach Marseille und wird in Apt begraben: Sequitur prima historia de sancta Anna, que sancta Anna post ascensionem Cristi in comitiva [lies: comitatu] sanctarum Marie Magdalene et Marthe de iherusalem navigio in mare sine velo et remige et omni humana ope [...} 4) (Bl. 2v) Annengedicht, 24 Verse Sánete Annefesto Deo clementer adesto [...] 5) (Bl. 3r) anonymer Basier Kartäuser: Stundengebet und Messe für die Feste von Familienmitgliedern und Freunden Jesu 6) Gebete für jeden Tag der Woche an die Mitglieder der Sippe Jesu Orationes subscripte ut veniunt impresse per quendam magne scientie et sánete vite virum ordinis Cartusiensis ad laudem Dei matris parentum, coniugis, sororum aliorumque in Basilea sunt edite et compilate [...]. Prologus: Sicut laudare dominum debemus in sanetis eius, sic decet, ut laudemus et dominam in sanetis suis amicis [...] Basel, Martin Flach GKW 19932 = Bayerische Staatsbibliothek München: 2° Inc. s.a. 657 1479 - Sammelheft mit vorwiegend liturgischem Gut 1) Auszüge aus einem Traktat des Jacobus Louber OCart zur Verteidigung der Verehrung von Heiligen aus dem Alten Bund 2) Stundengebet und Messe für die Feste von Anna, Joachim und Josef Augsburg, Anton Sorg GKW 1991 = Universitätsbibliothek Heidelberg: Inc. Q 6946 7/45 [unvollständig, nur 1)] ca. 1480 - Sammelheft mit vorwiegend liturgischem Gut Historia nova, pulchra, devota et autentica de sancta Anna [...] Augsburg, Johann Bämler 2 GKW datiert aufgrund drucktechnischer Kriterien "nicht nach 1476"; wegen des Bezuges auf die Konstitution "Cum praeexcelsa" vom 27. Februar 1476 muß die Inkunabel nach diesem Tag gedruckt worden sein.

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GKW 1992 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Inc. s.a. 1027

1484 - Rudolf Agricola: Annengedicht (Bl. 2r) Rudolphi Agricolae Anna mater incipit. Anna parens swranae genitriz veneranda parentis [...] [neuzeitl. Ausgabe: AGRICOLA, OPUSCULA, a.a.O., S. 297-306] Deventer, Richard Paffraet GKW 4 8 4 (hier aufgrund drucktechnischer Kriterien datiert: um 1 4 8 5 / 8 8 3 ) = Campbell 5 2 = HUISMAN, a.a.O., Nr. 1 3 9

na. 1484 - Rudolf Agricola: Annengedicht [Entspricht: 1484] Straßburg (?) Basel (?) G K W 4 8 3 = HUISMAN, a . a . O . , N r .

141

= Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: Inc. 4° 3785 B. 2.

ca. 1487 - Petrus Dorlandus: Annenlegende Ders.: Historia perpulchra de Anna sanctissima. Jtiesus, Maria, Anna. 1) (Bl. A2r) Prolog und Widmung an Dominicus van Gelre Incipit prologus in primum librum de origine sánete Anne: De paupertate pulsante, te inquietante, mi pater Dominice [...]

mea te

2) (Bl. A 2 v ) Bescheidenheitstopoi des Autors Suam auctor agnoscens insufficientiam beatissima nunc humiliter invoco [...]

Anne presidium

explorât [...]. Te Anna

3 Zur Begründung der Datierung und des Erscheinungsortes vgl. AGRICOLA, LETTERS, a.a.O., Nr. 37 u. 38; GKW nimmt Straßburg oder Basel als Erscheinungsort des Erstdrucks und "nicht vor 1485" als Erscheinungsjahr an. Daß ein Abdruck von "Anna mater" kursierte, noch bevor Agricola selbst die im Winter 1483/84 entstandene Schrift in Deventer in den Druck brachte, ist zwar möglich (es könnte theoretisch über den Heidelberger Humanistenkreis zustande gekommen sein) - erscheint mir allerdings unwahrscheinlich, da der Verfasser nichts derartiges in seinen Briefen erwähnt.

Materialzusammenstellungen

283

3) (Bl. A2v) Annenlegende Quomodo disputante Cyrillo Nestorius hereticus sit demonstratus. Capitulum primum. In annalibus veteribus conspectum repperi [...] 4) (Bl. B3r) [Rudolf Agricola:] Annengedicht [22 Verse aus der ersten Hälfte des Gedichts, vgl. o. 1484] In hoc carmine summatim Anne in nos beneficia concinuntur: Anna parens summe genitrix veneranda parentis [...] 5) (Bl. F4v) Meßformular in Gedichtform für den Annenfesttag Missa de beatissima Anna: Introitus: Salve sanctaparens genitrix veneranda Marie [...] 6) Meßformular zum Gedächtnis der fünf Wunden Christi 7) (Bl. F6r) Brief des Petrus Dorlandus an Sclegers in Deyst Epistola prestantissimo et doctissimo sacerdoti domino Sclegers in Deyst: Salutem in Cristo plurimam [...] 8) (Bl. Glv) Epigramm [des Sebastian Brant4] an Dominicus van Gelre Epigramma ad fratrem divini verbi seminatorem devotissimum ac dive cristifere Marie amatorem ardentissimum: Accipe Dominice roseum crinale Marie. [..., V. 17:] Annam quisquís amat [..., V. 21:] Facibus ergo piis Annam fore rite colendam. Vasto Dominice frater in orbe doce [...] 9) (Bl. G2r) Dominicus van Gelre: Rosenkranz-Handbuch ¡nformatio pulcra ac fide digna de rosario gloriose virginis Marie: Inter cetera pietatis opera [...] Institutio confraternitatis rosarii [...] Confirmatio fraternitatis rosarii [...] [8) und 9) sind auch abgedruckt in GKW 9505,9508, 9509] 10) Information und Gebet zu Papst Gregor [d.Gr.] 11) (Bl. G4v) [Rudolf Agricola:] Annengedicht [22 Verse aus der zweiten Hälfte des Gedichts, entspricht: 1484] Annaquepro sacro numine nomen erit [...]

4 Nachweis der Zuschreibung bei AMPE,

DORLANDUS,

a.a.O., S. 36.

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12) Epikedion des Hermolaus Barbarus zum Tod des Agricola Antwerpen, Govaert Back = AMPE, DORLANDUS, a . a . O . , S . 3 0 f

= Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a.M. : Inc. oct. 34 Nr. 2; auf dem Titelblatt des Exemplars der British Library ist handschriftlich als Verfasser "Sclegers, Martinus" eingetragen. 1489 - Anonymer Karmeliter: Annenlegende In: [Anonymus:] Speculum Rosarium Jesu etMariae (Rosenkranz-Handbuch) 1) (Bl. 183r) Anonymer Karmeliter: Annenlegende Sequitur legenda seu vita beatissime Anne matris gloriosissime Dei genitricis semperque virginis Marie, ex diversis in unum collecta: Quoniam deiferam gloriosissimam virginem Mariam /.../ 2) Kurze Anweisung zur Annenverehrung Si igitur alicuiplacuerit beatissime Anne servire [...] 3) Annengebet in Form eines rhythmischen Gedichts mit Responsorium O felix Anna, matrona nobilis, que iam in celo régnas cum angelis [...] Antwerpen, Gerardus Leonis, 26. November Campbell 1574 = C 5578 = H 13968 = Koninklijke Bibliotheek s'Gravenhage: 150 F 15

ca. 1490a - Anonymer Karmeliter: Annenlegende In: [Anonymus:] Speculum Rosarium [Entspricht: 1489, erweitert durch Holzschnitte] Lüneburg, Johannes Lucae Reichling, a.a.O., Bd. 4, S. 84 Nr. 1395 = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: 1222.11 Theol. 8° ca. 1490b - Anonymer Karmeliter: Annenlegende In: [Anonymus:] Speculum Rosarium [Entspricht: 1489] Lübeck, Matthäus Brandiss Proctor 2643

Materialzusammenstellungen

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ca. 1490c - Annas Geschlecht und Bruderschaft Ain gar nutzlichs büchlin von dem gantzen geschlecht sant Anna un von sant Anna lobliche bru°derschajft und von etlichen grossen wunderzaichen sant Anna [...] Ulm, Johann Reger GKW 2012

1491a - Jan van Denemarken: Annenhistorie, Tagzeiten, Exempel Die historie, die ghetiiden en die exempelen van der heyliger vrouwen sint Annen [Titelblatt fehlt, vgl. 2. Aufl. 1491b] (Bl. A2r:) Her beghini ter eeren Gods een genoechlic boecxken [...] 1) (Bl. A2r) Prolog zu Annas Leben und Mirakeln Datprologus: Tot lof, glorie, eere ende werdicheyt des almachtighen Gods [...] 2) (Bl. Β Ir) Annenlegende Her beghini dz eerste deel des boecx, ghemaect van sint Annen leven. Enn eerst van die edele geslachten daer sy en Joachim, haer goede man, van gheboren syn [...] 3) (Bl. F l r ) 7 Tagzeiten und (Bl. H l r ) Annenrosenkranz 4) Annas Mirakel [ohne Zählung] Hier beghini dat derde deel des boecxkens van die gloriose moeder Anna, sprekende van haer teyken en exempelen of wonderlijke mirakelen [...] 5) Vers Wildi wesen Marien vrient [...] Antwerpen, Gerard Leeu GKW 19965 = Bibliothèque Royale Bruxelles: R Inc. A 1451

1491b - Jan van Denemarken: Annenhistorie, Tagzeiten, Exempel [Entspricht: 1491a, 1 ) - 5 ) ] Datierung lt. Auskunft des Gesamtkataloges der Wiegendrucke, zitiert von AMPE, a.a.O., 1980, S. 127 Anm. 3. - Lt. freundlicher Auskunft der Bibliothèque Royale Bruxelles später zu datieren: "pas après le 20 mai 1493". Diese Datierung stützt sich auf einen handschriftlichen Eintrag auf der zweiten Seite der Inkunabel, deren Titelblatt fehlt. 5

DENEMARKEN,

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Antwerpen, Gerard Leeu, 17. Dezember GKW 1997

1492 - Rudolf Agricola: Annengedicht In: Maphaeus Vegius: Vita Divi Antonii [Entspricht: 1484] O.O., o.Dr. HUISMAN, a.a.O., Nr. 140

ca. 1492a - Anonymus: Lateinische Werbeschrift Historia dive Anne dominice avie docens cultores eius in presenti et futuro seculo singulari sibi a domino indulto privilegio bene prosperari. Adesto mettercia inclita Anna. 1) (Bl. A2r) Annenlob Incipit prologus [...] in dive Anne laudem adhortivus: Cogitanti cuique quoniam maxime modo altissimo sit gratificaturuspro cunctis que non quidempro merito [...] 2) (Bl. A2v) Mirakel vom Jüngling von Doch Erat adolescens quidam in Hollandia [...] Leipzig, Martin Landsberg GKW 1989 = Universitätsbibliothek Köln: A Ds 400 = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: 64.6 Quodl. (8)

ca. 1492b - Anonymus: Lateinische Werbeschrift [Entspricht: ca. 1492a] Leipzig, Martin Landsberg GKW 1990 = Biblioteca Apostolica Vaticana, Città del Vaticano: Inc. IV. 437 (3) = Bayerische Staatsbibliothek München: 4o P.lat. 1489

1493 - Anonymer Karmeliter: Annenlegende In: [Anonymus:] Speculum Rosarium [Entspricht: 1489]

Materialzusammenstellungen

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Lüneburg, Johannes Lucae, 13. September C 5579

1494a - Johannes Trithemius 6 : Annenlob [mit Annengedichten bekannter Humanisten im Anhang] Johannes Trithemius: De laudibus sanctissime matris Anne tractatus perquam utilis. 1) (Bl. A2r) Widmung an Rumolt Laupach Epistola domini Ioannis Tritemii [...] venerabili religiossimoque patri domino Rumoldo Laupach [...]. Voto nostro et tuis petitionibus (optime pater) satisfacere cupientes [...] 2) (Bl. A2v) Inhaltsverzeichnis 3) (Bl. A3r) Annenlob Incipit tractatus [...] Voti compellit necessitas et mentis perurget devotio, ut laudes beatissime matris Dei genitricis Anne pro viribus ingenii ad edificationem fidelium scribam [...] 4) (Bl. C l v ) Anhang: Annengedichte 1) Johannes Trithemius: Tetrastichon Virginis almifice mater [...] 2) Johannes Trithemius: Distichon Quisquís in adversis [...] 3) Konrad Celtis: Tetrastichon Nullius Anna preces [...] 4) Theodor Gresemund: Tetrastichon Virginis Anna parens [...] 5) Rudolf von Langen: Distichon Magna parens audi fecunde 6) Jodocus Badius Gandensis: Tetrastichon Anna decus mundi [...] 7) Rudolf Agricola: 8 Verse aus "Anna mater" [Entspricht: Auszug aus 1484] Anna parens summe genitrix veneranda [...] 8) Rutger Sicamber: Tetrastichon 6 Die Frage der Zahl der Nachdrucke war nicht verläßlich zu klären. Relevant ist die Untersuchung von JUNTKE, a.a.O, der jedoch die Frage der Leipziger Nachdrucke nicht erschöpfend behandelt hat. Vgl.u. Anm. 7.

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Hic profunde preces [...] 9) Rutger Sicamber: Distichon Anna parens Iesu Christi [...] 10) Jodocus Beissel: Annenrosenkranz [...] Anna tuas liceat [...] [Abdruck: FRANTZ, a.a.O., S . 1 7 6 ] 11) Adam Werner von Themar: Carmen In laudes avie pangimus inclyte [...] [nach Melodie von "Gaude visceribus"] 12) Johannes Herbst: Carmen Gaude que miseris [...] [nach Melodie von "Festum nunc celebrare"] 13) Rutger Sicamber: Carmen elegiacum Splendoris patrii candoris [...] 14) Johannes Trithemius: Carmen sapphicum Festa sacrate celebremus Anne [...] [nach Melodie von "Ut queant laxis" o.a.] 15) Johannes Trithemius: Carmen sapphicum Premia quanta suis referai [...] 16) Rutger Sicamber: Carmen sapphicum Pangimus laudes veneranda [...] 17) Rutger Sicamber: Carmen sapphicum Virginis matris geniticis Anne [...] 18) Rutger Sicamber: Carmen iambicum dimetrum Anne colamus cernui [...] [nach Melodie ambrosianischer Hymnen] 19) Rutger Sicamber: Carmen alcmanicum Hec caterva voce voris [...] [nach Melodie von "Crux fidelis"] 20) Rutger Sicamber: Carmen Quisquís eris lector [...] Mainz, Peter Friedberg, 12. August (Trierer Kalender) = 21. Juli H 15632 = Universitätsbibliothek Heidelberg: Inc. Q 1238 [Handschriften bei ARNOLD, TRITHEMIUS, a.a.O., S. 237]

1494b - Johannes Trithemius: Annenlob [erweitert um Brief zur Empfängnis Marias] [Entspricht: 1494a l)-3)] 4) Brief zur Empfängnis Marias

Materialzusammenstellungen

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[vgl.a. na. 1497] Mainz, Peter Friedberg, 12. August H 15633

1494c Johannes Trithemius: Annenlob [Entspricht: 1494b] Leipzig7, Melchior Lotter H 15631 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Inc. s.a. 1874

1494d - Aufnahmeformular in die Annenbruderschaft zu Augsburg am Karmeliterkloster Augsburg, Erhard Ratdolt Bibliographische Beschreibung und Abdruck: HAEMMERLE, a.a.O., 9f; vgl.a. 1295, hier fälschlich als Ablaßbrief bezeichnet

GKWE

1494e - Johannes von Lampsheim: Aufruf zur Annenbruderschaft In: Ders.: De fraternitate et rosario BMV [vgl.u. 1495a] Mainz, Peter Friedberg H 9846

na. 1494a - Johannes Trithemius: Annenlob [Entspricht: 1494b] Leipzig, Melchior Lotter nicht H 1 5 6 3 1 = vgl. JUNTKE, a.a.O.

7 Datierung und Zahl der Leipziger Nachdrucke umstritten, im GKW bisher nicht untersucht; vgl. JUNTKE, a.a.O.; es besteht jedoch kein Grund anzunehmen, daß bis zum ersten Leipziger Nachdruck der Mainzer Ausgabe ein Jahr oder mehr vergangen sei. Es finden sich in der Landesbibliothek Oldenburg Ausgaben dieser Inkunabel, die von Juntke nicht beschrieben wurden. Vgl. dort Cim II. 9 9 \ Cim. II. 89".

290

Anhänge

na. 1494b - Johannes Trithemius: Annenlob [Entspricht: 1494b] Leipzig, Melchior Lotter nicht H 15631 = vgl. JUNTKE, a.a.O. 1495a - Johannes von Lampsheim: Aufruf zur Annenbruderschaft In: Ders.: De fraternitate et rosario BMV (Bl. C2v-C4r) Zur Annenbruderschaft Capitulwn 8. De fraternitate sánete Anne: Si quis sane confrater esse voluerit fraternitatis sanetissime Anne. [...] [Entspricht: 1494e] Leipzig, Konrad Kachelofen H 9847 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Inc. c.a. 1212a 1495b - Lateinische Gebete Sequuntur orationes diverse et devote de s. Anna, mater genitricis Dei, et de eadem sanetissima virgine Maria et de S. Mauricio et sanetis Candido et Exuperio, suis sodalibus et cetera 1 )Annengebet Gaude felix Anna, que concepisti prolem (mit Kollekte) 2) Ablaßgebet zu Anna [vgl. o. Kapitel 1.1. Anm. 12] Ave Maria gratia plena 3) Gebet zu Maria 4) Gebete zu Mauricius, Candidus und Exuperius 5) Annengebet Jhesu redemptor proditorum [...] 6) Gebet zu Maria Leipzig, Konrad Kachelofen GKW 2007 = GKWE 1054 = Landesbibliothek Coburg

Materialzusammenstellungen

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1495c - Annenmirakel und -gebete Von sancta Anna: Und von dem Taw [als "Tau" wird das dreiarmige Antoniterkreuz bezeichnet] 1) Mirakel von der Wiederbelebung eines an der Pest gestorbenen Annen Verehrers 2) Gebete gegen die Pest Erfurt, Hans Sporer, Buchdrucker aus Nürnberg G K W 2 0 1 0 = CLEMEN, ANNENKULTUS, a . a . O .

1495d - Jodocus Beissel: Annenrosenkranz In: Ders.: Tria coronamento [...] Anne, Maria, Jesu. (Lob der Sippe) (Bl. A2r): Annenrosenkranz [Entspricht: 1494a, 4)10)] Antwerpen, Govaert Back, 16. Januar GKW 4195

ca. 1495a - Rudolf Agricola: Annengedicht In: Jodocus Beissel: Rosacea augustissimae christiferae Mariae corona (Bl. F4v) Annengedicht [Entspricht: 1484] Antwerpen, Govaert Back GKW 4194

ca. 1495b - Volkssprachliche Annengebete Von sant Annam rsoen[!]krantz mit vil anderen guten gepeten und vil ablas bestetigt von bebsten. 1) (Bl. l v ) Ablaßgebet, mit Bezug auf die Pest [Vgl. zu Einblattdrucken dieses Gebetes Kapitel 1.1. Anm. 11] 2) (Bl. 1 v) Annenrosenkranz

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Wer das selbige mit andacht spricht und sy eret, den wil sy gegen Gote und seyner mutter, der yungffrauwen Marien, yren liebsten kindern, erwerben [...] Gegrüsset sistu, aller wirdigste frau sanet Anna [...] 3) (Bl. 3v) Gebet zur Sippe Annas Ain gebet von dem geschlecht sant Annan, der muter Marien: / Eya wy gar von edelm stam / dy erber fraw sant Anna qamm. / Stolanus, der gorfoertige, yr vater was [...] 4) (Bl. 4r) Annengebet [...] Gegrüsset sistu erbare frau [...] Erfurt, Hans Sporer GKW2011 = Universitätsbibliothek Heidelberg: Inc. Q 6946 7/50 in: Inc. Q 2166

ca. 1495c - Volkssprachliches Ablaßgebet [Entspricht: ca. 1495a 1)] Leipzig, Gregor Boettiger GKW 1988 = GKWE 642 = GKWE 11778

ca. 1495(1 - Volkssprachliches Werbeheft für Annenwunder in Reutlingen Zu Reutlingen in sant Niclaus Capellen, da bescha'chen vil wunderbarlicher zaichen von blinden, wartzechten leüten, stummen [...] 1) (Bl. l v ) Gebet Du aller hailigoste un usserwoelte hochgelopte unnd gnadreiche frow

[...]

2) (Bl. 3r) Gebet Amechtiger Got, du wilt nitt den tod dem sünders, sunder begerest siner bu'ßwertikait und riiw 3) (Bl. 3v-4r) Ablaßgebet mit Bezug auf Pest [Entspricht: ca. 1495b 1)] Reutlingen, Michael Greyff GKW 2013 = Predigerseminar Herborn

8 In GKWE auf 1494 datiert.

Materialzusammenstellungen

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1496a - Jan van Denemarken: Annenhistorie, Tagzeiten, Exempel [Entspricht: 1491a 1 ) - 4 ) ] Antwerpen, Adriaan van Liesveldt, 1. September GKW 1998 = Koninklijke Bibliotheek s'Gravenhage: 150 F 36

1496b - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende9 Legenda sanctissime matrone Anne, genitricis virginis Marie matris, et Hiesu Cristi avie 1) (Bl. A l v ) Annengedicht des Sebastian Brant10: Anna suos prospérât cultores iuvat et consolatur: Annam quisquís amat [...] [bearbeiteter Auszug aus ca. 1487 8)] 2) (Bl. A l v ) Annengebet Oratio ad sanctam Annam: Ave domina sanctissima Anna Deo dignissima [...] 3) (Bl. A2r) Annenlegende Incipitprefatio in legenda [...]. Anna matrona beatissima regalis plantula ex stirpe Davidica [...] 4) [Dominicus van Gelre:] Rosenkranz-Handbuch [Entspricht, aber nicht wörtlich: ca. 1487 9)] 5) Epigramm [des Sebastian Brant] an Dominicus van Gelre [Entspricht: Auszug aus ca. 1487 8), VV. 17-22 fehlen] Löwen, Johann von Paderborn ["de westfalia"], 7. November 9 Möglicherweise wurde diese Legende in Zusammenarbeit mit Petrus Dorlandus und Dominicus van Gelre oder auf deren Anregung hin herausgebracht. Vgl. o. Kapitel 5.1. Anm. 30 sowie die hier folgende Anm. 10 Es handelt sich hier um einen bearbeiteten Auszug aus dem der Annenlegende des Petrus Dorlandus beigegebenen Epigramm an Dominicus van Gelre, als dessen Verfasser AMPE (vgl. o. Anm. 4 ) Sebastian Brant namhaft gemacht hat. Die Verse 17 bis 2 0 dieses Gedichts wurden als Vers 2-5 als Motto vor die Annenlegende des Franziskanerobservanten gestellt; dazu traten ein neuer erster Vers und weitere. Die übrigen Verse des Epigramms Brants finden sich am Ende dieser Inkunabel, mitsamt der Widmung an Dominicus van Gelre.

294

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GKW 2005 = vgl. AMPE, DORLANDUS, a.a.O., S. 35-37 = Bayerische Staatsbibliothek München: Inc. s.a. 137 Beibd.

1496c - Anonymus: Annenlegende Passio domini et S. Anne legenda atque benedictissime Virginis Marie rosarii preconia in laudem omnipotentis Dei atque in maiorem devotionis ampliationem Löwen, Johann von Paderborn ["de westfalia"], 7.November H 12452, nicht aufgefunden

ca. 1496a - Bruderschaftsheft für die Annenbruderschaft am Dominikanerkloster zu Haarlem Aflaten van dye broederscap van onser vrouwen ghilt ende van S. Anna. Item alle dye gene, dye nu syn of noch sullen wesen in dye broederscap van onser vrouwen ghilt of van dye eerwaerdyge moeder sunte Anna [...] Gouda, Collatie Breeders Campbell 51 = Koninklijke Bibliotheek s'Gravenhage: 150 E 32

ca. 1496b - Einblattdruck: Lied zu Ehren Marias und Annas [6 Strophen zu ihren Eltern und dem Trinubium Annas] Ich sing euch hie außfryem mut [...] Nürnberg, Kaspar Hochfelder Reproduktion und Begründung der Datierung bei EINBLATTDRUCKE, a.a.O., Bd. Nr. 11

1497a - Jan van Denemarken: Annenhistorie, Tagzeiten, Exempel [Entspricht: 1491a, l ) - 4 ) ] Antwerpen, Adriaan van Liesfeldt, 11. Juli GKW 2000

1497b - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: 1496b l)-3)] Leipzig, Melchior Lotter GKW 2002

33,

Materialzusammenstellungen

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1497c - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: 1496b l)-3)] Leipzig, Melchior Lotter GKW 2003 = Bayerische Staatsbibliothek München: Inc. c.a. 1407 = Landesbibliothek Oldenburg: Cim. II. 89c

1497d - Johannes Oudewater: Werbung für Annenbruderschaft In: Ders.: Liber trimerestus de principio et processu ordinis Carmelitici (Geschichte des Karmeliterordens, Rumolt Laupach gewidmet) [neuzeitl. Ausgabe SpecCarm, a.a.O., Bd. 1, Sp. 220a-273b] Mainz, Peter Friedberg H 12270 = Landesbibliothek Oldenburg: Cim. II. 117

1497e - Johannes Trithemius: Annenlob [Entspricht: 1494b] Mainz, Peter Friedberg H 15634

na. 1497 - Johannes Trithemius: Texte zu unbefleckter Empfängnis und Annenfest, Sammlung De purissima et immaculata conceptione virginis Marie et de festivitate sánete Anne matris eius. (Bl. Alv) Holzschnitt mit Anna selbdritt 1) (Bl. A2r) Brief Epistola venerabilis domini Johannis abbatis Spanhemensis de laude sánete Anne et de conceptione immaculate virginis matris domini nostri Jesu Christi [...} Lector vale, ex Spanhem Anno domini MCCCCXCIIIJ [1494]. [Entspricht: der an die zweite Auflage des Annentraktates angehängte Brief, vgl. 1494b 4)] 2) (Bl. A2v) Abdruck von Kapitel 7 des Annentraktates [vgl. 1494a u. 1494b, dann ohne Absatzmarke ein neuer Text, der mit den folgenden Worten beginnt:]

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(Bl. A4r) Concepii ergo sancta Anna mulier sancta de coniuge sancto. Concepii sine originali macula, peperit sine culpa [...] hec Joh[annes] quod supra 3) (Bl. A7v) Liste der Fakultäten mit 'Immakulisteneid' Statutum et determinano sacre facultatis theologie studii Parisiensis super materia purissime ac immaculate conceptions [...] 4) (Bl. A8v) Liste der Pariser Theologen, die sich für die unbefleckte Empfängnis Marias ausgesprochen haben Nomina magistrorum statuto facultatis theologice studii Parisiensis puritati immaculate conceptions virginis [...] Nürnberg, Peter Wagner, nach dem 14. 9. 1497, zur Datierung vgl. Bl. 7v Η 15639 = BMC II 465 = IA 8009 = Bayerische Staatsbibliothek München: Inc. s.a. 1870

1498a - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: 1496b l)-3)] Leipzig, Melchior Lotter, 12. August GKW 2004 = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 82.2 Theol. (2) = Landesbibliothek Oldenburg: Cim. II. 255 = Cim. II. 89d

1498b - Johannes Trithemius: Annenlob [Entspricht: 1494b] Mainz, Peter Friedberg, 16. Oktober = Landesbibliothek Oldenburg: Cim. II. 255c

1498c - Hermann von dem Busche: Annengedicht In: Ders.: Epigrammata (Bl. 2Av) Annengedicht Dive Anne. Anna beata parens sacro celeberrima partu [...] [Abdruck: LŒSSEM, a.a.O., S. 5 Anm. 24] Köln, Johann Landen GKW 5798

Materialzusammenstellungen

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ca. 1498a - Petrus Dorlandus: Annenlegende [Entspricht: ca. 1487] Antwerpen, Govaert Back Campbell 1507; hier falschlich unter Sclegers (Martinus) angesetzt

ca. 1498b - Jodocus Beissel: Annenrosenkranz [Entspricht: 1495d] Antwerpen, Govaert Back IJSEWIJN, ITINERARIUM, a . a . O . , S. 2 8 0 A n m . 3 0

ca. 1498c - Hermann von dem Busche: Annengedicht In: Ders.: De divae virginis Mariae psalterio triplex hecatostica (Gedichtsammlung) Annengedicht In laudem Anne. Consanguinee dulcissime [...] Köln, Retro minores, zwischen 16. Mai 1498 und 11. Oktober 1499 GKW 5800 LIESSEM, a.a.O., S. 3

1499a Wouter Bor / Jan van Denemarken: Annenhistorie Die histori van die heilige moeder santa Anna en van haer olders, daer si van geboren is, en van hören leven en hoer penitenci en mirakelen mitten exempelen Zwolle, Peter Os, 7. September GKW 1994; vgl. AMPE, DENEMARKEN 1979, a.a.O., S. 242; vgl.a. a.a.O., 1978, S. 413123

= Rijksuniversiteit Gent: Res. 457

1499b - Michael von Ungarn: Annenpredigten In: Ders.?: Evagatoriwn Benemy. In presenti libello evagatorium nuncupate continents hec infra notata. Optimus predicandi modus, materias dilatandi [modus] per colorie et rhetoricos. Sermones XIII. Michaelis de Hungaria [...] Sermones electissimi de sancta Anna [...] (Predigtlehre)

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1) (Clr) Annenpredigt Sermo electissimus de duodecim privilegiis sánete Anne. Ecce arbor in medio terre (Dan. 4) [...] 2) (Bl. C4v) Annenpredigt Alius sermo notabilis valde de Anna maire Marie sanctissime (Judith 38) [...] 3) (Bl. C8v) Annengebet mit Responsorium Anna matrona nobilis, que iam in celis [...] [Entspricht, fast wörtlich: 1489 3)] Köln, Martin von Werden, 11. Oktober VouLLiÉME, a.a.O., S. 177f = H 6727 = Stiftsbibliothek Xanten: 2864 C

1499c - [Petrus Dorlandus(?):] Annengedicht In: Ders.: Viola animae (Religiöser Dialog) (Bl. 104v) Annengedicht Ad beatam Annam carmen: Hic effunde preces devote poplite flexo [...] Köln, Retro Minores für Heinrich Quentell, 29. Mai GKW 9046 ca. 1499a - Hermann von dem Busche: Annengedicht In: Ders.: De divae virginis Mariae psalterio triplex hecatostica [Entspricht: ca. 1498c] Leipzig, Martin Landsberg, nach 28. Dezember 1499 [Diese Schrift erlebte zwischen 1500 und 1530 noch 8 Nachdrucke; vgl. VD Β 9938-9945]

ca. 1499b - Rudolf Agricola: Annengedicht In: Ders.: Carmina in divae Annae laudem [...] (Sammlung) 1) Annengedicht [Entspricht: ca. 1484 1)]

Materialzusammenstellungen

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2) Gedicht Optima sit vite que formula queritis [...] Zwolle, Peter Os GKW 485 = Campbell 53

1500a - Wouter Bor / Jan van Denemarken: Annenhistorie [Entspricht: 1499a] Zwolle, Peter Os, 7. September. GKW 1995; vgl. AMPE, DENEMARKEN 1979, a.a.O., S. 243

1500b - [Petrus Dorlandus (?):] Annengedicht In: Ders.: Viola animae [Entspricht: 1499c] Toledo, Peter Hagenbach, 31. August GKW 9047

ca. 1500a - Annenmesse Officium proprium misse beate Anne totiusque cognationis eius a reverendissimo Raymundo legatoque a Latere admissum ac confirmatum [...] Memmingen, Albrecht Kunne GKW 2006 = Bayerische Staatsbibliothek München: Einbl. VII. 11R

ca. 1500b - [Anonymus:] Annenleben, ital. Vita sánete Anne, matris virginis gloriose. Qui me élucidant, habebunt vitam eternam l-l Venedig, Bernardinus de Vitalibus GKW 2009 = GKWE 104911 = Universitätsbibliothek München: 4° Inc.lat. 919:6 [Ohne Titelblatt]

11 Hier: Augsburg, Johann Schönsperger.

300

Anhänge

ca. 1500c - Michael von Ungarn: Annenpredigt Entspricht: 1499b 1) Köln, Retro Minores SCHREIBER, MANUEL, a.a.O., S .

36, Nr. 3327

na. 1500a - Dreiteiliges Sammelheft Lage 1-3 Heidelberg, Heinrich Knoblochtzer H 10070 12 = Universitätsbibliothek Basel: FP VII2 6 Ν 3 Lage 1: Bl. A l r - A 4 v Libelli tres perutiles, primus confraternitatem rosary et psaltery beate Marie virginis declarat, secundus laudes continet etfraternitatem S. Anne, tercius élucidât orationes et alia pulcra ad totam progeniem sánete Anne [...] 1) Gedichte a) Carmen: Hune librum devote librum lector procurre b) Tetrasticon: O regine poli decus [...]

[...]

2) Einführung in den Rosenkranz, mit Hinweis auf die Verbindung zur Annenverehrung Oratio [...] per modum sermonis elucidans ad omnipotentis quidem Dei laudem [...] Lage 2: Bl. B l r - B 4 v , mit eigenem Titelblatt Libellus continens laudes et fraternitatem,

officium misse et orationes.

12 Nach H handelt es sich um ein dreiteiliges Werk, was auch der Titel suggeriert. Zusammen überliefert sind diese drei Teile allein in dem in der Universitätsbibliothek Basel vorhandenen Exemplar: FP VII2 6 Ν 3. Hier sind die drei Lagen jedoch in der folgenden Reihenfolge gebunden: Lage 2-1-3. - Dagegen, daß das Werk in dieser Form ursprünglich zusammengehörte, sprechen drei Argumente: die Bindung in dem Basler Exemplar, die Tatsache, daß Lage 1 und Lage 3 beide mit A zählen; die Beobachtung, daß in Lage 2 und Lage 3 dasselbe Gedicht von Jodocus Badius abgedruckt wird. Deshalb ist es auch möglich, daß allein Lage 1 und Lage 2 ursprünglich ein Doppel werk bildeten, zumal sich auch schon in Lage 2 die auf dem Titelblatt als Bestandteil von Teil 3 angezeigten Orationes finden.

Materialzusammenstellungen

1) (Bl. Blv) Gedicht Hextichon in librum sequentem: In tytulos laudesque tuas volo scribere pauca [...]

2) (Bl. Blv) Predigt Sermo brevis sive oratio, laudes et fraternitatem: Seit omnispopulus (Ruth 3) [...]

3) (Bl. B3v) Gedicht Carmen heroicum de saneta Anna matre Marie virginis: Anna tuas laudes homo non valet emodulari [...]

4) (Bl. B4r) Gedicht Tristichon ad sanctam Annam: Anna vale semper mater sanctissima matris [...]

5) (Bl. B4v) Annenmesse 6) Annengebete Devote orationes ad sanctam Annam. a) Salve o Anna vite vena flor ens palma [...] b) Salve semper parmena mater Anne vite vena [...] c) Ave Dei genitricis mater venerabilis Anna [...] d) Salve sancta Anna mater nobilis oliva fertilis [...]

7) Annengedichte a) Distichon elegiacum ad sanctam Annam: [Jodocus Badius:] Anna decus mundi [...] [Entspricht: 1494a 4)6)] b) Distichon heroicum ad eandem: Felix Anna mihi misero succurre precanti [...]

8) Annengedicht Ad sanctam Annam carmen elegyacum devotum: O felix nimium, sacra quod prole beata, Anna, precor nostras sume benigna preces [...]

302

Anhänge

9) Annenhymnus Hymnus saphicus in laudem sánete et venerabilis Anne, sub nota ymni quod chorus venerandus: Inclitas laudes resonemus omnes, virginis matris genitricis Anne [...] GKW 2001 = Bayerische Staatsbibliothek München: Inc. 4o s.a. 1167 Lage 3: Bl. Alr-A4v / hg. von einem anonymen Kartäuser (vgl. o. Kapitel 5.1. Anm. 68), Johannes von Lampsheim und Rutger Sicamber Orationes et alia pulcra ad sanetam Annam totamque illius progeniem: ad sanetos Joachim, Annam, Joseph, tres Anne filias, matrem Christi, crucifixum. 1) (Bl. Alv) Annengedicht Carmen heroycum in libellum de laudibus sánete Anne et sue sacre progeniei: Anna tuum genus iste sequens tenet ecce libellus [...] 2) (Bl. Alv) Einleitung Prologus: Libellus istum pulcrum ac devotum orationes [...] 3) (Bl. A2r) Gebete zu und Gedichte auf Joachim 4) (Bl. A2v) Annengebete Orationes ad sanetam Annam habentem pueros Ihesum cum Maria in ulnis [...] a) Gaude gratiosa venerabilis et felix mater [...] b) O gloriosa domina mea sancta Anna [...] c) O nobilissima domina mea sancta Anna gaude [...] d) Salve Anna mater misericordie [...] (mit Versikel und Kollekte) 5) (Bl. A3r) Annengedicht Thetrasticon heroycum ad [Annam]: Anna Dei matris genitrix dignissima salve. Cum nate genito gnatam rogare memento [...] 6) Annengedicht Distichon elegiacum ad eandem [...]: [Jodocus Badius:] Anna decus mundi [...] [Entspricht: 1494a 3)6) u.ö.] 7) Gebete zu und Gedichte auf Josef

Materialzusammenstellungen

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8) Gebete zu und Gedichte auf die Schwestern Marias 9) Gebete zu und Gedichte auf Maria 10) Information über die Festtage der Mitglieder der familia lesu

11) Verschiedene Gebete und Gedichte Ad Crucifixum oracionis devote: Talis hic stabil imago Christus pendens in cruce [...J

12) Annengebet mit Versikel Oratio ad totam progeniem sánete Anne: Insignem sanetissimamque Anne sanetem [!] progeniem toto corde veneremur [...]

13) Rutger Sicamber: Gedicht zum Lobe des Johannes von Lampsheim Carmen saphicum fratris R. Rutgeri Sicomòri in laudem dive scriptis et progeniei sánete Anne: Hos frater Lamszheym tytulos Ioannes cernuus sánete fabrieavit Anne [...] GKW 2008 = Bayerische Staatsbibliothek München: Inc. s.a. 1373

na. 1500b - Lied von Annas Wunderzeichen in Düren Augsburg, Johann Froschauer GKWE 854 = Bayerische Staatsbibliothek München: Einbl. III 50°: vgl. o. Kapitel 1.1.

na. 1500c - Petrus Dorlandus: Annenlegende [Entspricht: ca. 1487] Antwerpen, Goevert Back IA 105.949

na. 1500d - Rudolf Agricola: Annengedicht [Entspricht: 1484] O.O., o.Dr. nach GKW 485 = IA 101.721 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Inc. c.a. 1200a

304

Anhänge

na. 1500e - Werbung für Annenbruderschaft und anderes religiöses Gut Disz biich legt usz Marie Rosenkranz un psalter, das giildin Rosenkrentzlin, sant Annen Bruderschaft Gotha WACKERNAGEL, KIRCHENLIED, a.a.O., S. 2, Nr. IV, nicht aufgefunden; kein Drucker in Gotha zu dieser Zeit nachgewiesen

na. 1500f - Annengebete Devotiones et precationes ad beatam virginem Mariam, S. Iosephum, SS. Ioachim et Annam O.O., o.Dr. H 6104, nicht aufgefunden

1501a - Petrus Dorlandus: Annenlegende, dt. Die historie van sinte Anna 1) Legende in drei Büchern [Entspricht: Übersetzung von ca. 1487 3)] 2) Sermon Antwerpen, Govaert Back AMPE, DORLANDUS, a.a.O., S. 31

1501b - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende Hec est quedam rara et ideo cara legenda de sancta Anna et de universa eius progenie, que genuit virginem Mariam, Dei matrem [...] [Entspricht: 1496b, unter neuem Titel und mit teilweise anderem Gut, zudem Abb.] 1) (Bl. A l v ) [Sebastian Brant:] Annengedicht Prospérât Anna suos fámulos iuvat atque solatur: Annam quisquís amat [...] [Entspricht, mit Umstellungen einzelner Worte: 1496b 1), Auszug aus ca. 1487 8)] 2) Annengebet [Entspricht: 1496b 3)]

Materialzusammenstellungen

305

3) (Bl. A2r) Annenlegende [Entspricht: 1496b 4)] Eingeschoben (Bl. A5r): Darstellung der Familienverhältnisse: Sequitur figura de genealogia Emerentie matris et Anne filie [...] 4) (Bl. D4r) [Dominicus van Gelre:] Rosenkranz-Handbuch Incipit tractatulus novus acpretiosus de fraternitate rosary [...] [Entspricht: 1496b 4)] 5) (Bl. F l r ) [Sebastian Brant:] Epigramm an Dominicus van Gelre [Entspricht: 1496b 5)] 6) (Bl. F l r ) Liturgisches Gut aus dem Johanniterkloster Straßburg a) Zur Weihe des neuen Annenaltares b) Alia de sancta Anna metra [...] sunt translata et finita hec a quodam Johannita, qui in omni sua vita esse cupit Annanita [...] 7) (Bl. G3r) Stundengebet für Anna und Joachim, Josef, Maria Jakobi und Maria Salome De sancta Anna hystoria nova et bona. Ad primas vesperas: Tu es omnis boni origo [...] 9) Bulle zur Empfängnis Marias vom Konzil zu Basel [Entspricht teilweise: 1477 1) u. 2)] Straßburg, Bartholomäus Kistler VD L 970 = IA 105.950 = Bayerische Staatsbibliothek München 4° VSS 167,1 = Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg: Κ 2355 = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: 193.6 Theol. (2)

1501c - Heinrich Bebel: Annenhymnen In: Ders.: Liber hymnorum in metra noviter redactorum /.../ in quasdam vocabulorum interpretations mammetracti (Hymnensammlung) 1) (Bl. 17vb) Bearbeitung eines älteren Annenhymnus De sancta Anna, matre Marie hymnus ameter et incultus: Lucis huius festa colitplebs honesta [...]

306

Anhänge

2) (Bl. 18ra) Annenhymnus De eadem sapphicon endecasyllabon tetrastrophon cum adonico dimetro et canitur [ut]: "Martyris Christi colimus" : Anna regine Marie polorum mater immensis titulis decora [...] Tübingen, Johann Otmar, Widmung datiert auf 14. April V D Β 1 0 9 3 = STOLZ, BEBELIANA, a.a.O., S . 3 5 3 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Liturg. 50m = Universitätsbibliothek Heidelberg: Inc. Q 72996 = Österreichische Nationalbibliothek Wien: 22. G. 42

1501d - Heinrich Bebel: Annenhymnus In: Opuscula [Entspricht: 1501c 2)] Tübingen, Johann Otmar VD Β 1097 = STOLZ, BEBELIANA, a.a.O.,

S.

353

1501e - Nikolaus Marschalk: Annengedicht Nicolai Marscalci Thurii Carmen de diva Anna: Anna salutiferae Marie sanctissima mater [...] Erfurt, Enricus Sertoris, Oktober Panzer, Bd. VI, S. 494 Nr. 6 = Bayerische Staatsbibliothek München: Res. 4° P. o. lat. 747/42

1501f - Einblattholzschnitt: Die hl. Sippe mit Annengedichten mit Tetrasticha aus dem Anhang zum Annenlob des Trithemius von Johannes Trithemius, Konrad Celtis, Theodor Gresemund und Jodocus Badius [Entspricht: Auszug aus 1494a 4)] Pforzheim, Thomas Anshelm ALBERTS, a.a.O., S. 229 und S. 238, Nr. 6

1502a - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: 1496b] Leipzig, Melchior Lotter, 15. September VD L 971 = Stadtbibliothek Aschaffenburg: Q 70/7

Materialzusammenstellungen

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1502b - Petrus Dorlandus / Jodocus Badius Ascensius: Annenlegende In: Ludolphus de Saxonia: Vita Christi

1) Vita Annae Sequitur vita dive Anne et maritus eius Joachim [...], vita gloriosissime matris Anne, christipare virginis Marie genitricis, ab Ascensio in compendium redacta ex hystoria soavissima eiusdem matris Anne ab religiosissimo viro F. Petro Dorlando ordinis Carthusiensis in Zelem theutoniceprius edita [...]

2) Jodocus Badius: Tetrasticon [Entspricht: 1494a, 4) 6)]

3) Jodocus Beissel: Rosarium [Entspricht: 1494a, 4) 10)]

4) Verschiedene Dichtungen zu Ehren Joachims von Jodocus Clichtoveus, Jacobus Keymolanus, Guillermus Bibaucius, Robert Gaguinus; dazu zwei Epigramme an Arnold Bostius

5) Jodocus Badius Ascensius: Ad lectorem [...] Paris, Lodocus Badiestscensius AMPE, DORLANDUS, a.a.O., S. 32

1502c - Heinrich Bebel: Annenhymnus In: Caspar Giittel: Optima formula contexendi rosaceam coronam Marie virginis, cui annexus est hymnus de S. Anna [Entspricht: 1501c 2)] O.O., o.Dr., nach 15. Februar 1502 STOLZ, BEBELIANA, a.a.O., S . 356

candidissime

1502d - [Anonymus:] Betrachtung: Allegorische Auslegung, Vinetum Keulen, o. Dr. = British Library: C 125 a. 26, aufgrund eines handschriftlichen Eintrags wird als Verfasser ein Petrus Wylrodt genannt; vgl.a. 1505e, 1507a u. na. 1507

Anhänge

308

ca. 1502a - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende, dt. [Entspricht: Übersetzung von 1496b; erweitert durch Gut zu den Bischöfen Eucharius, Valerius und Maternus / übersetzt durch Straßburger Johanniter] 1) Annenlegende Dysz ist eyn seltzemme und gute legende von sant Annan und von irem gantzen geschlecht, welche sant Anna geboren hatt die Mutter Gottes 2) Legende von Valerius und Maternus Straßburg, Bartholomäus Kistler VD L 977 = IA 105.951 (hier datiert auf ca. 1501)

ca. 1502b - Rudolf Agricola: Annengedicht [Entspricht: 1484] O.O., o.Dr. VDA 1081 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Ine c.a. 1200a/6

1504a - Wouter Bor / Jan van Denemarken : Annenlegende [Entspricht: 1499a] Deventer, Richard Paffraet, 19. Januar AMPE, DENEMARKEN 1 9 7 9 , a . a . O . , S . 2 4 3

1504b - Heinrich Bebel: Annenhymnus In: Ders.: Opuscula [Entspricht: 1501c 2)] Pforzheim STOLZ, BEBELIANA, a.a.O.,

S.

323

1504c - Heinrich Bebel: Annenhymnus In: Caspar Güttel: Optima formula [Entspricht: 1501c 2)] Leipzig, Jakob Thanner KAWERAU, a.a.O., S. 109. Kawerau hält fälschlich Güttel für den Verfasser des Annenhymnus (a.a.O., S. 46)

Materialzusammenstellungen

309

1505a - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: dieselben Auszüge aus 1496b wie 1498a] Leipzig, Melchior Lotter VD L 972 = IA 105.952 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° V.S.S. 33d

1505b - Jean de Venette / Jean Drouin 13 : Marienlegende, franz. Paris, Simon Calvarin Bibliothèque Nationale Paris, konnte nicht eingesehen werden, da nach freundlicher Auskunft der Bibliothek unkopierbar, entspricht nach dieser Auskunft na. 1505

1505c - Rudolf Agricola: Annengedicht [Entspricht: 1484] Zwolle, Peter Os IA 101.722

1505d - Georg Sibutus: Annengedicht In: Ders.: Ars memorativa concionatoribus et iurisperitis multum utilis et fructuosa; Carmen eiusdem in vitam S. Anne heroicum, saphico annexa [...] (Gedächtnislehre) (Bl. B2r) Annengedicht Carmen eiusdem in vitam sánete Anne heroicum cum saphico annexa. Virgo sublimis claro de sanguine virgo [...] Köln, Heinrich Quentell, 6. April Panzer, Bd. 6, S. 355, Nr. 73 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Horn. 197d

1505e - [Anonymus:] Betrachtung: Allegorische Auslegung, Vinetum [Entspricht: 1502d, u.ö.] Köln, Martin von Werden = British Library: C 125 a. 26 13 Bearbeitung einer Legende zu den drei Marien; ohne die für die deutsche Annenlegende typischen Erweiterungen um die Überlieferungen zu den Eltern Annas, Annas Witwenschaft und Annenmirakel.

310

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na. 1505 - Jean de Venette / Jean Drouin: Marienlegende, franz. La vie des trois Maries, de leur mere, de leurs enfants et deleur Marys, nouvellement revevu et corrigée de nouveau par un venerable docteur de theologie. [Entspricht: 1505b] Troyes, Claude Briden H 19995 = Bibliothèque Nationale Paris: CL 14264

1506a - Georg Sibutus: Annengedicht In: Ders.: Ars memorativa [Entspricht: 1505d] Köln, Quentell, 7. August = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Paed. Pr. 303

1506b - Johannes TVithemius: Texte zu unbefleckter Empfängnis und Annenfest, Sammlung [Entspricht: na. 1497] Straßburg, Martin Hupfuff, im Kolophon fälschlich 1496 H 15640 Datierung lt. freundlicher Auskunft des GKW, Schreiben vom 30. März 1988

ca. 1506 - Bernard von Luxemburg: Annenpredigten Compendium sermonicionatorium in preconio dive Anne genitricis Marie Antwerpen, Jan Lettersnijder IA 117.622 = Stiftsbibliothek Xanten

1507a - [Anonymus:] Betrachtung: Allegorische Auslegung, Vinetum Vinetum amenissimum ac fertilissimum Anne sanctissime atque suavissime matris illibate Christifere virginis Marie avieque Jesu Christi. [Entspricht: 1502d u.ö.] 1) (Bl. A l v ) Tafel zur Sippe Annas mit Servatius und Maternus

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311

2) (Bl. A2r) Annenlob [mögliche Verfasser: Petrus Wilderad OP14 oder Justus Landsberg OCart15 oder Dominicus van Gelre OP16:] Vinea Anne matris Marie genitricis Jesu Christi feliciter incipit. Vide et visita vineam istam [80,15]. Felix locus, felix terra, ibi floret Anne suavissime memoria [...] 3) (Bl. C3vf) [Petrus Dorlandus ?:] Exempel v o m Rosenkranzbeter Devotus quidam se fervore magno exercere solebat in rosario illibate [...] [Entspricht: bearbeiteter Auszug aus ca. 1487 3)] 4) (Bl. C4r) Annengebet mit Responsorium [Entspricht: 1489 4)] 5) (Bl. C4r) Annengebet Benedictum sit dulcissimum nomen domini nostri Iesu Christi [...J 6) (Bl. F5v) [Dominicus van Gelre:] Rosenkranz-Handbuch [Entspricht, aber nicht wörtlich: ca. 1487 9)] 7) (Bl. D4r) [Sebastian Brant:] Annengedicht [Entspricht: Auszug aus 1496 1) wie: ca. 1487 8)] In laudem Anne versus: Annam quisquís amat [...] 8) (Bl. D4r) [Johannes Trithemius:] Annengedicht [Entspricht: 1494a 4)1)] Köln, Martin von Werden British Library: C 125 a. 25 = Österreichische Nationalbibliothek Wien: 261.871 - A. Fid. (= 434-96)

14 Zuschreibung durch CHARLAND, a.a.O., S. 139; vgl. o. unter 1502d und na. 1507. 15 Zuschreibung durch RICKENBACH, a.a.O., S . 1 8 1 . - Unwahrscheinlich, da durch die Übernahme von Texten des Dominicus van Gelre, die Zitation eines Mirakels aus der Sammlung, die Dominicus mit Petrus Dorlandus zusammengestellt hat, ein deutlicher Bezug zum Dominikanerorden gegeben ist. Zudem werden im ersten Abschnitt Albertus Magnus und Thomas von Aquin häufiger zitiert (vgl. z.B. Bl. 4r). Es handelt sich hier um ein Lob der Fruchtbarkeit Annnas ("ex Anna multi sanctissimi homines generati sunt", a.a.O., Bl. lOv); der Weinberg ist das Sinnbild der Fruchtbarkeit. Landsberg ist sonst nicht als Annenverehrer hervorgetreten. 16 Zuschreibung durch AMPE, a.a.O., S. 38.

312

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1507b - Wouter Bor / Jan van Denemarken : Annenlegende und anderes Gut Hyr in äussern böcklin findet men schöne und nutsame lere, gebede und genöchlike materie [1)] Int erste de krone Cristi gantß nutsam, [2)] thom anderen sunte Annen legend und all öres geschlechtes, [Entspricht: 1499a] [3)] thom dryden sunte Annen rosenkrantz, [4)] thom verden sunte Annen seven froyde, [5)] thom fiften sunt Annen dryvoldich fasten, [6)] thom sesten gebede vor de pestilencie, [7)] thom sevenden ey leth von sunte Annen, [8)] dat 8 de rechte weg thom hemelricke, [9)] dat 9 eyn schöne lere wol tho stervende, [10)] dat 10 ein testament eyns waren cristen minschen. Braunschweig, Hans Dorn IA 105.954 A M P E , DENEMARKEN 1979, a.a.O., S. 268-278 = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: 1223.35

1507c - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: 1498a] Leipzig, Melchior Lotter VD L 973 = IA 105.955

1507d - Rudolf Agricola / Martin Saganensis: Annengedicht Historia periunda sanctissime matris Annae per Rudolphum Agricolam poetam carmine heroico edita. Magister Martini Saganensis [praefatio] ad lectorem [Entspricht: 1484, erweitert durch ein Vorwort des Martin Saganensis] Leipzig, Jakob Thanner, 4. September VDA 1082 = IA 101.723

1507e - Annenlegende Die historige van der hylgen moder sunte Annen Wolfenbüttel F A L K , DRUCKSCHRIFTEN, a.a.O., S. 7 5 , nicht aufgefunden

Materialzusammenstellungen

313

1507f - Sammelheft mit vorwiegend liturgischem Gut Historie, legende ac officia compassionis beate virginis Dei genitricis Marie et suorum progenitorum atque cognatorum, videlicet sanctorum Ioachim patris, Anne matris, Ioseph coniugis sui virginei, Marie quoque Iacobi et Salome, sororum [Druck: suorum] eiusdem virginis Marie Heilbronn, Phorce, Mai Österreichische Nationalbibliothek Wien: 17. C. 19

ca. 1507 - Rudolf Agricola: Annengedicht [Entspricht: 1484] Zwolle, Theimann Petersz, Peter Os IA 101.724

na. 1507 - [Anonymus:] Betrachtung: Allegorische Auslegung, Vinetum [undatiert, wahrscheinlich Bearbeitung von 1502d, 1505e, 1507a, na. 1507, mit Nennung eines "Petrus de Wylrodt in Heynßberch, qui disposuit hec"; er bittet, der Leser möge für ihn beten] 1) Vinea 2) Informatio 3) Exzerpte aus verschiedenen Dichtungen [sie stammen mit Ausnahme von 1), 4), 6)-8) und 10) aus dem Anhang zum Annenlob des Johannes Trithemius [vgl. 1494a 4)], hier allerdings ohne Nennung der Verfasser] 1) [Sebastian Brant:17] Annam quisquís amat [...] 2) [Trithemius:] Quisquís in adversis [...] 3) [Celtis:] Nullus [lies: nullius] Anna preces [...] 4) Ergo piam matrem [...] 5) [Trithemius:] Virginis almifice mater [...] 6) Nemo tristis [...] 7) Ad superos [...] 17 Vgl. 1496 1); derselbe Auszug aus ca. 1487 5).

314

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8) lam nihil exposcent [...] 9) [Rutger Sicamber:] Anna parens Jesu Christi [...] 10) Hanc bene pro meritis [...] O.O., o.Dr. = Stiftsbibliothek Xanten: 709

1508 - Annenlegende, dän. Om Joachim oc sant Anna, jomfrue Mariae leffnet oc Jesu barndom. Kopenhagen, Gottfried äff Gheinen Panzer, Bd. 7, S. 65, Nr. 5 = ARMEL, a.a.O., S. 620

1509a - Anonymer Franziskanerobservant / Straßburger Johanniter: Annenlegende, dt. [Entspricht: ca. 1502a ] Dis ist ein hiipsche legende von der heiligen frawen sant Anna [...] Item auch wärt hie nach in disem büchlin begriffen das leben der heiligen bischoffEucharii, Valerii und Materni, die do dis teiitsch land haben zuo Cristen gelauben bracht, in welchem glauben wir alle selig sollen werden. Amen. 1) [Sebastian Brant:] Annengedicht Item welcher mensch sant Anna dienen ist, dem würt sie glückliche zeit zufügen [...] [Entspricht: 1496b 1) in Übersetzung] 2) Gebet mit Kollekte Dis ist ein gebet von sant Anna, teglich zw sprechen: Gegrüsset syest du, o heilige frawe sant Anna, du aller würdigeste dienerin Gottes [...] [Entspricht: 1496b 2) in Übersetzung] 3) Prolog zur Annenlegende Hie fohet an ein vorrede in die legende sant Annen [...] [Entspricht: 1496b 4)] 4) Annenaltarweihe Hie ist nach volgen, wie sant Anna [...] geladen wärt (zu0 der heyligen kirchen des hußes Johanser ordens zu" dem grünen werde genant, zu" Straßburg gelegen, von wo°lchem huß dises tütschbu°chlin ist ußgangen) [...]

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315

5) A n n e n g e b e t Eyn gebett von der ußlegung des nammens Anna [...] 6) R o s e n k r a n z Mariae [Entspricht: 1496b 5) in Übersetzung] 7) L e g e n d e d e r M i s s i o n s b i s c h ö f e M a t e r n u s und Valerius Straßburg, M. Hupfuff VD L 978 = Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg

1510a - C l e m e n s Lossow 1 8 : A n n e n l e g e n d e Nürnberg, Johannes Weissenburger, 8. September Panzer, Bd. 7, S. 449 Nr. 68, nicht aufgefunden

1510b - Heinrich Bebel: A n n e n h y m n u s In: Ders.: De S. Anna, maire Marie

hymnus

1) A n n e n h y m n u s [Entspricht: 1501c 2)] 2) G r u ß des J a k o b L o c h e r P h i l o m u s u s Leipzig, Martin Landsberg VD Β 1228 = ΙΑ 115.328 = Stadtbibliothek Bamberg: Inc. typ. M III 40/12

1510c - Heinrich Bebel: A n n e n h y m n u s [Entspricht: 1510b] Leipzig, Martin Herbipolensis IA 115.329

18 Zu Person und Werk ist nur wenig bekannt. Vgl. GAEDECHENS, a.a.O., S. 102f. Zu Michaelis 1473 wurde ein "fr. Clemens Lossow ordinis predicatorum" in Erfurt immatrikuliert (ACTEN, a.a.O., S. 353 Z. 10).

316

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1510d - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende Haec est quaedam rara et ideo cara legenda [...] [Entspricht: 1496b; unter anderem Titel] Köln, Martin von Werden, vierter Tag nach Allerheiligen VD L 974

1510e - Volkssprachliches Werbeheft Ain gar nutzlichs büchlin von den ganzten geschlecht sant Anna un von sant Anna lobliche bruderschafft un von etlichen grossen wunderzaichen sant Anna. Augsburg, o.Dr. Lt. F A L K , DRUCKSCHRIFTEN, a . a . O . , in München; dort nicht aufgefunden.

1511a - Rudolf Agricola: Annengedicht In: Ders.: Phrysius [Entspricht: 1484] Antwerpen, Theodor Martin Alosten IA 101.726

1511b - Wolfgang Cyclopius: Annengedicht In: Ders.: Elegidion Guolfi Cyclopii Cycnaei, artium et philosophiae doctoris de immaculata conceptione divae virginis Marie [...]. De sancta Anna. (Gedichtsammlung) 1) (Bl. B4v) Annenhymnus Ad sanctam Annam. Anna Dei matris Mariae sanctissima mater praeviaque humanae causa salutis [...] [auszugsweiser Abdruck: CHARLAND, a.a.O., S. 258] 2) (Bl. B5v) Distichon Adeandem. Anna parens adsis placans cum prole nepotem [...] 3) (Bl. B5v) Annengedicht

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317

Versus. Anna parens Mariae pro me rogo iugiter ora [...] Wittenberg, Johannes Viridimontanus, September VD C 6502 = Bayerische Staatsbibliothek München: Res. 4o P.o.lat. 743/47

1511c - Juan de Robles: Annenlegende, span. La vida y excelencias y miraglos de santa Anna. Sevilla, Iacobo Croberger PALAU, a . a . O . , S. 138 Nr. 271161

1511d - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende Quedam rara legenda de S. Anna ¡...] [Entspricht: 1496b; unter anderem Titel, vgl. 15 lOd] Straßburg, Bartholomäus Kistler AMPE, DORLANDUS, a.a.O., S. 34

ca. 1511a - Johannes Renatus: Kritisches Annengedicht / hg. und kommentiert von Jakob Wimpfeling In: Jakob Wimpfeling: Soliloquium addivumAugustinum [...] De beata virgine Maria deque matre eius sancta Anna carmen Joannis Renati ex Wijla sacerdotis contra avariciam quorundam sacerdotum et monachorum 1) (Bl. A4vf) Jakob Wimpfeling: Kritik der Annenverehrung Argumentum Jacobi Wimpfelingi Sletstatini in Carmen Joannis Renati Sacerdotis. Vidimus in dies et passim novas imagines, novas tabulas erigi [...] 2) (Bl. A l v ) Johannes Renatus: Annengedicht Anna Dei mater genitricis, cuius honori [...] 3) (Bl. Blv-B3r) Jakob Wimpfeling: Kommentar zum Annengedicht Compendiosa explanatio Jacobi Wimpfelingi in christianum carmen Joannis Renati sacerdotis et Cristi ministri. Joannes Renatus carmini suo hunc permisit titulum [...] Straßburg = Bayerische Staatsbibliothek München: Res. 4° P.lat. 1601/29

318

Anhänge

ca. 1511b - Jean de Venette / Jean Drouin: Marienlegende, franz. [Entspricht: 1505b] Rouen, Jean Burges ARMEL, a.a.O., S. 637 Anm. 2

1512a - Heinrich Bebel / Leonhard Clemens: Stundengebet und anderes religiöses Gut Historia horarum canonicarum de S. Hieronymo et S. Anna.

1) Brief Bebels an alle Verehrer der hl. Anna 2) Offizium zum Annentag Augsburg, Erhardt Ratdolt, 17. September, in 1000 Expl. IA 115.336 STOLZ, BEBELIANA, a.a.O., S. 330-351

1512b - Rudolf Agricola: Annengedicht [Entspricht: 1484] Wien (?) IA 101.727

1512c - Anonymer Franziskanerobservant: Marienlegende [Entspricht: 1496b] Leipzig, Melchior Lotter VD L 975

1513a - Jean de Venette / Jean Drouin: Marienlegende, franz. [Entspricht: 1505b] Lyon ARMEL, a.a.O., S. 637 Anm. 2

Materialzusammenstellungen

319

1513b - J e a n de Venette / J e a n Drouin: M a r i e n l e g e n d e [Entspricht: 1505b] Paris, S. Calvarin Bibliothèque Nationale Paris

1513c - Heinrich Bebel: A n n e n h y m n e n In: Ders.: Uber hymnorum [Entspricht: 1501c] Straßburg, Schurerianis = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° H. misc. 144/1

1513d J a k o b M o n t a n u s : A n n e n h y m n u s In: Ders.: Odarum spiritualium

liber [...] (Hymnensammlung)

(Bl. D l f ) Annengedicht Ode sapphica. Virginis summae genitrix [...] [Ausgabe: CHARLAND, a.a.O., S. 259] Straßburg, o.Dr. = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° P.lat. 420 Beibd.2 = 4° Liturg. 50g Beibd. 2

1513d - J o h a n n e s T\irberinus: A n n e n g e d i c h t In: Musithias Leipzig ELLINGER, ITALIEN, a . a . O . , S . 3 6 6

ca. 1513 - J e a n de Venette / J e a n Drouin: M a r i e n l e g e n d e [Entspricht: 1505b; erweitert durch Abb.] Troyes, Claude Briden H 19995 = Bibliothèque Nationale Paris: CL 14.264

320

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1514 - Eobanus Hessus: Fiktiver Brief Annas an Joachim In: Ders.: Heroidum Christianarum Epistolae [...]. (Sammlung fiktiver poetischer Briefe berühmter Frauen) (Bl. 53v) Fiktiver Brief Annas an Joachim Anna loachimo. Anna viro coniunx loachimo mitto salutem. Mitto simul fratri, si libet, Anna soror [...] Leipzig, Melchior Lotter VD E 1506 = Universitätsbibliothek München: Ρ lat. ree. 911/9

1515 - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: 1496b] Uppsala, Paul Griis IA 105.957

1516a - Baptista Mantuanus Spagnuoli: Kurze Annenlegende In: Ders.: Fasti (Buch VII, 6) Annenlegende Lyon, o. Dr. TRÜMPY, a.a.O., S. 5

1516b - Baptista Mantuanus Spagnuoli: Kurze Annenlegende In: Ders.: Fasti [Entspricht: 1516a] Poitou TRÜMPY, a.a.O., S. 6 Anm. 7

1517a - Jan van Denemarken / Wouter Bor: Annenlegende Antwerpen, Henrick Eckert van Homberch, 20. November AMPE, DENEMARKEN 1 9 7 9 , a . a . O . , S . 2 4 4

Materialzusammenstellungen

321

1517b - Petrus Dorlandus / Jodocus Badius: Annenlegende [Entspricht: 1502] Paris, Berthold Rembolt, 23. Juli = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: S. 247 Heimst. 2°

1517c - Sammelheft mit liturgischem Gut [ohne Titeibl., mit Abb.]

1) (Bl. A2r) Annenkursus Cursus de sanctissima matre Anna. Subsequens salutatio ad omnes horas premittenda est [...] a) Ablaßgebet b) Stundengebet, beginnend mit Matutin

2) (Bl. C3v) Gebete zur Sippe Annas für jeden Wochentag Orationes devote de sancta Anna et tota eius genealogia. Ad honorandam itaque Dei matrem [...] a) [Sonntag:] de parentibus virgine b) [Montag:] de sororibus c) [Dienstag:] de duobus custodibus: Josef und Johannes d) [Mittwoch:] Simon und Taddäus e) [Donnerstag:] Jakobus d.Ä. und Johannes d.E. f) [Freitag:] Johannes d.T. g) [Samstag:] de cunctis aliis amicis Marie, genannt werden: Josef d.Gerechte, Kleopas, Josef, Salomas, Alfäus, Zebedäus, Hismeria, Zacharias

3) [Petrus Dorlandus?:] Exempel vom Rosenkranzbeter [Entspricht: bearbeiteter Auszug aus ca. 1487 3), wie 1507a 3)]

4) Officium breve et devotissimum conceptionis [...] Leipzig, W. Monachensis = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: S. 68 Heimst. 12°

1517d - Rudolf Agricola: Annengedicht [Entspricht: 1484] Deventer IA 101.729

322

Anhänge

1517e - Anonymer Franziskanerobservant: Annenlegende [Entspricht: 1496b] Leipzig, Melchior Lotter VD L 976

1517f - Heinrich Bebel: Annenhymnen In: Ders.: Liber hymnorum [Entspricht: 1501c] Hagenau, Academia Anshelmiana, Juli VD Β 1094 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Liturg. 50q = Österreichische Nationalbibliothek Wien: 9. V. 23. (3)

1518a - Desiderius Erasmus: Annengedicht In: Ders.: Epigrammata Annengedicht Salve parens sanctissima, sacro beata coniuge [...] [Kritische Ausgabe: ERASMUS, POEMS, REDIJK, a.a.O., S. 202-205]

Basel, Froben, März VD E 2823

1518b - Desiderius Erasmus: Annengedicht In: Ders.: Enchiridion militis Christiani /.../ Hymni de [...] Angelis et sancta Anna Annengedicht [Entspricht: 1518a] Basel, Froben, Juli VD E 3021 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° Mor. 161

1518c - Baptista Mantuanus Spagnuoli: Kurze Annenlegende In: Ders.: Fasti / hg. von Jakob Wimpfeling

Materialzusammenstellungen

323

[Entspricht: 1516a] Straßburg TRÜMPY, a.a.O., S. 6

1519a Wouter Bor / Jan van Denemarken / Nikolaus Symens: Annenlegende Die history und das leben der heyliger frawen sant Annen [...], wie sy ist geboren von iren heyligen eitern Stolanus und Emerentiana, auch von yrem heiligen leben und bytterer penitentz, myt vyl schoenen miraculen und exemplen. [Entspricht: 1499a, übers., bearb. und mit einem Vorwort versehen von Nikolaus Symens] Köln, Amt von Aich Weller 1192 = Bayerische Staatsbibliothek München: 4° VSS 36b [beschädigtes Exemplar, Vorrede fehlt] = British Library: 4805 f. 7

1519b - Desiderius Erasmus / hg. von Jakob Spiegel: Annengedicht [mit Scholien des Jakob Spiegel, lt. dessen Vorrede (Bl. lAv) im Jahre 1518 verfaßt] In: Jakob Spiegel: In hymnum aviae Christi Annae dictum ab Erasmo Roterdamo scholia Iacobi Spiegel Selestadiensis. 1) (Bl. A2r) Desiderius Erasmus: Annengedicht [Entspricht: 1518a] 2) (Bl. A3r) Jakob Spiegel: Scholien Scholia Iacobi Spiegel: Cantus divinus accomodatus laudibus universim hymnos [...] Augsburg, Sigismund Grimm und Marcus Vuyrsung, 4. März VD E 3022 = Bayerische Staatsbibliothek München: Res. 4° Epist. 9/1

1519c - Desiderius Erasmus: Annengedicht In: Ders.: Enchiridion [Entspricht: 1518a] Basel VD E 3023

Anhänge

324

1519(1 - Desiderius Erasmus: Annengedicht In: Ders.: Enchiridion [Entspricht: 1518a] Basel VD E 3024

1519e - Desiderius Erasmus: Annengedicht In: Ders.: Enchiridion [Entspricht: 1518a] Köln VD E 3025

1519f - Desiderius Erasmus: Annengedicht In: Ders.: Enchiridion [Entspricht: 1518a] Straßburg VD E 3026

1519g - Johannes Clavis Phileremus / Jakob Locher Philomusus: Annengedichte Elchingensis in divae matris Annae laude m odae sapphica [derselbe Titelholzschnitt begegnet auch auf Egranus' Widerlegung der Trinubiumslegende19] Nürnberg, Friedrich Peypus, August HEIDLOFF, a.a.O., Nr. 51, S. 97; nicht eingesehen [Gedichtanfänge vgl.u. unter 1520]

1519h - Eobanus Hessus: Annengedicht am Annenheiltum zu Düren In: Helij Eobani a profectione ad Des. Erasmum Roterodamum Carmine Heroico [...] Eiusdem virgini matri votwn carmen[...]

19

Vgl.

CLEMEN, EGRANUS,

a.a.O.,

S. 38.

Hodoephoricon

Materialzusammenstellungen

325

(Bl. B2r) Annengedicht Diva, pium nobis placatum redde nepotem Anna, precor, quod si volet hoc tua filia tecum [...] Erfurt, Mattheus Maler = Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 44.3 Quodl.4° (7) (?)

1520 - Johannes Clavis Phileremus / Jakob Locher Philomusus: Annengedichte F. Ioannis Clavi Phileremi Elchingensis in divae matris Anne laudem odae sapphica [Entspricht: 1519h] 1) (Bl. A l v ) Phileremus: Annengedicht In dive matris Annae praesentissimae miserorum patronae laudem odae sapphicae: O Dei matris genitrix beata Anna 2) (Bl. A5v) Philomusus: Annengedicht Anna Dei genitrix matrem te dicere gaudet Nürnberg, Friedrich Peypus, Juni HEIDLOFF, a . a . O . , S. 9 7 f N r . 5 2

= Österreichische Nationalbibliothek Wien: 12. J. 55

1522a - Desiderius Erasmus: Annengedicht In: Ders.: Enchiridion [Entspricht: 1518a] Straßburg VD 3027

1522b - Juan de Robles: Annenlegende, span. [Entspricht: 1511c] Salamanca PALAU, a.a.O., S. 133 Nr. 271162

Anhänge

326

1524 - 1 2 0 Gedichte und Prosatexte deutscher, in Italien lebender Humanisten Coryciana / hg. von Blosius Palladius Teil 1 : Gedichte an die Anna-selbdritt-Statue, mit einer Einleitung des Herausgebers Gedichte u.a. von dem Herausgeber, zudem von Philippus Beroaldus, Gaspar Ursinus Germanus, C. Silvanus Germanicus Teil 2: Annenhymnen Hymnen, u.a. von Janus Vitalus Panhormitanus Teil 3: 'Annalen' zum Ablauf der Feier des Annentages Rom = Universitätsbibliothek Göttingen: 8° Poet. lat. vec. I, 2200

1529 - Johannes Bertaud: Annenlob Encomium trium filiarum dime Annae Paris, Jodocus Badius Ascensius = Österreichische Nationalbibliothek Wien: 74 E 69

ca. 1530a - Jan van Denemarken / Wouter Bor: Annenlegende [Entspricht: 1499a] Delft, Cornelius Henricz AMPE, DENEMARKEN

1979, a.a.O., S. 2 4 5

ca. 1530b - Jan van Denemarken / Wouter Bor: Annenlegende [Entspricht: 1499a, Bor wird in dieser Schrift erstmals Born genannt] Antwerpen, W. Vorstermann AMPE, DENEMARKEN 1979, a.a.O., S. 245

327

Materialzusammenstellungen 2.2. Tabelle zur Überlieferung der Annenmirakel

Eine Übersicht über das Vorkommen der einzelnen Mirakel erlaubt die Rekonstruktion des Überlieferungsgeschehens einerseits, zudem andererseits Einblick die Verbreiterung des Mirakelkorpus durch Neubildung von Mirakeln und Wanderungen von Motivkomplexen. Erfaßt werden wieder die fünf, oben angegebenen Grundtypen von Legenden. Dabei werden folgende Abkürzungen verwendet: AK = Anonymer Karmeliter, PD = Petrus Dorlandus, JvD = Jan van Denemarken, WB = Wouter Bor, AF = Anonymer Franziskaner Die eingeklammerten Nummern unter den Verfasserkürzeln geben die Stellung des jeweiligen Mirakels innerhalb der betreffenden Mirakelsammlung an.

Jüngling von Doch Erzbischof Prokopius Rosenkranzbeter Unwillige Verehrerin Der böse Bischof Bischof Hugo von Vieh Coletta Birgitta Eremit Frauenkloster, Gastrecht Frauenkloster, Reform Befreiung eines Mönchs Köln - Gertrud mit Kröpf Köln - Inkluse mit Zahnweh Köln - Rettung eines Kaufmannes Rettung bei Schiffbruch Bekehrung des Türken Nachkommenschaft in Lothringen Rettung einer Frau vor Räubern Ludovicus de Bourbon Heilung des Rudolf Agricola Der böse Ambagus Das arme Ehepaar Mordversuch am Eremiten Selbstmordversuch in Tyllana Die Witwe und der Landesherr

AK

PD

(1) (2)

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13a) (13b) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20)

JvD

WB

AF

(7)

(14) (17)

(3) (2)

(19) (18) (9)

(1) (4) (7a) (5a) (5b) (6a)

(1) (2) (3) (4) (5) (6)

(15) (16)

(10a) (10b)

(12) (11) (10)

(1) (2) (3) (4) (5)

328

Anhänge AK

PD

Schiffersehepaar und Räuber Rettung vor Teufel und Reichtum Meister Johann aus Sassen Mönch aus Kloster Herkenrode Gelehrter Schwein der Witwe Heilung einer Kranken Pest zu Deventer Die demütige Nonne Margaretha Der fieberkranke Mann Strafmirakel an untreuer Verehrerin

3. Quellen- und Literaturverzeichnis

3.1.

Quellen

3.1.1. Handschriften Basel, Universitätsbibliothek Hs. A VII. 11, Bl. 160r-160v Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Hs. germ. oct. 484, Bl. 93v-112v Braunschweig, Stadtbibliothek Hs. 79, Bl. 178ra-179vb Bruxelles, Bibliothèque Royale Hs. IV. 383, Bl. 33r-155v Hs. 3391.99, Bl. 103va-104vb Hs. 3391.99, Bl. 104vb-105vb Hs. 4837.44, Bl. 122r-167r Darmstadt, Hessische Landesbibliothek Hs. 144, Bl. 269ra-270vb Hs. 1932, Bl. 17r-31r Dresden, Sächsische Landesbibliothek Hs. M. 180, Bl. 124v-127v Göttingen, Universitätsbibliothek

JvD

WB

AF

(6) (7) (8) (13) (6b) (7b) (8a) (8b) (9a) (9b) (10c)

Quellen- und Literaturverzeichnis Hs. 8° Theol. 156\ Bl. lllr-112r Hs. 8° Theol. 156\ Bl. 112v-113v Heidelberg, Universitätsbibliothek Hs. Pal. germ. 153, Bl. 277rb-283rb Karlsruhe, Badische Landesbibliothek Hs. Lichtenthai 95, Bl. 275r-284v Köln, Historisches Archiv Hs. G.B. 4° Nr. 197 London, British Library Hs. Harley 3838 Lüneburg, Universitätsbibliothek Hs. Β 2° theol. 80, Bl. 167v-168r Hs. Β 2° theol. 105, Bl. 156vb München, Bayerische Staatsbibliothek cgm 244 , Bl. 321vb-324rb cgm 371, Bl. 53r-64v cgm 843, Bl. 54r-60v clm 20015, Bl. 69r-74v Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Hs. 1733, Bl. 274r-276v Nürnberg, Stadtbibliothek Hs. Cent. VI., 43m 3, Bl. 19r-21r Hs. Cent. VI., 43m 60, Bl. 336v-339v Sankt Gallen, Stiftsbibliothek Hs. 593, Bl. 37r-44v Strasbourg, Bibiothèque Nationale et Universitaire Hs. 106, Bl. 2r-36r Trier, Stadtbibliothek Hs. 288/1671 8°, Bl. 267v-270v Hs. 288/1671 8°, Bl. 270v-273v Hs. 550/1538 8°, Bl. lr-7v Hs. 602/1572 8°, Bl. 124r-126r Hs. 602/1572 8°, Bl. 288r-305v Hs. 627/1525 8°, Bl. 267r-279v Hs. 649/1533 8°, Bl. 103r-112v Hs. 790/1364 8°, Bl. 108r-121v Hs. 790/1364 8°, Bl. 173r-175v Hs. 825/1697 8°, Bl. 193r-197r Hs. 826/1699 8°, Bl. 140r-154r Hs. 826/1699 8°, Bl. 198r-204r Hs. 826/1699 8°, Bl. 163r-198r Hs. 826/1699 8°, Bl. 155r-162v

330

Anhänge

Hs. 1143/445 8°, Bl. 179v-181r Hs. 1143/445 8°, Bl. 181v-186v Hs. 1186/488 8°, Bl. 275r-284v Hs. 1187/489 8°, Bl. lr-6v Hs. 1187/489 8°, Bl. 7r-10r Hs. 1187/489 8°, Bl. 10v-225r Hs. 1694/328 8°, S. 122-126 Wien, Österreichische Nationalbibliothek Hs. 1251, Bl. 46rb Hs. 1659, Bl. 30v-31r Hs. 2862, Bl. 4r-8r Hs. 2907, Bl. 153rb-153va Hs. 3587, Bl. 152v-158v Hs. **3608, Bl. 7vb Hs. 3610, Bl. 82r-83v Hs. 3696, Bl. 34v-35r Hs. 3790, Bl. 130r-130v Hs. 3843, Bl. 78r-87r Hs. 4011, Bl. 15r-21r Hs. 4046, Bl. 63r-65r Hs. 4264, Bl. 188v-189r Hs. 4305, Bl. 152r-154r Hs. 4339, Bl. 157v-158v Hs. 4476, Bl. 16rb-16va Hs. 15101, Bl. 27r-30r Hs. Ser.n. 3619, Bl. 94v-96v Hs. Ser.n. 3621, Bl. 68v-69v Hs. Ser.n. 3621, Bl. 98v-102r Hs. Ser.n. 4646, Bl. 29v-34r Hs. Ser.n. 13655, Bl. 26r-25r[!] Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Hs. Guelf. 231 Helm., Bl. 63ra-63va Hs. Guelf. 725 Helm., Bl. 148r-152v Zender, M.: Handschriftlicher Zettelkatalog zu Patrozinien der hl. Anna; im Besitz des Instituts für Volkskunde der Universität Bonn.

Quellen- und Literaturverzeichnis

331

3.1.2. Urkunden und Akten Bamberg, Archiv des Erzbistums R e p l / U r k . Nr. 20 Colmar, Archives Magistrales GG 137 Nr. 1-3 Koblenz, Landeshauptarchiv Abt. 701, Nr. 13 Limburg, Stadtarchiv W 18 Trier, Bistumsarchiv Abt. 71, 3 Nr. 29 Zürich, Staatsarchiv des Kantons E I . 30.118,12,1-9

3.1.3. Inkunabeln und Postinkunabeln Das Verzeichnis bietet nur gekürzte Titelaufnahmen der benutzten Werke. Die bibliographischen Angaben sind dem Anhang 2.1. zu entnehmen. [ANONYMUS:] AFLATEN van dye broederscap van onser vrouwen ghilt ende van S. Anna. Gouda: Collatie Breeders, ca. 1496. [ANONYMUS:] ANNENHISTORIE, Sammelheft mit vorwiegend liturgischem Gut. Basel: Martin Flach, 1476. [ANONYMUS:] ANNENHISTORIE, Sammelheft mit vorwiegend liturgischem Gut. Augsburg: Johann Bämler, ca. 1480. [ANONYMUS:] ANNENLEGENDE. In: [Anonymus:] Speculum Rosarium. Lüneburg: Johannes Lucae, ca. 1490, Bl. 201ff. [ANONYMUS:] ANNENLEGENDE. In: [Anonymus:] Speculum Rosarium. Antwerpen: Gerard Leonis, 26. November 1489, Bl. 183rff. [ANONYMUS:] CURSUS de sanetissima matre Anne subsequens salutatio ad omnes horas premittenda est. Leipzig: W. Monachensis, 1517. [ANONYMUS, Michael von Ungarn ?:] EVAGATORIUM Benemy. In presenti libello Evagatorium nuneupato continentur hec infra notata. Optimus predicandi modus, materias dilatandi [modus] per colorie et rhetoricos. Sermones XIII. Michaelis de Hungaria [...] Sermones electissimi de saneta Anna [...] Köln: Martin von Werden, 11. Oktober 1499. [ANONYMUS:] Dis ist ein hüpsche LEGENDE von der heiligen frawen sant Anna [...] Item auch würt hie nach in disem büchlin begriffen das leben der heiligen bischoff Eucharii, Valerii und Materni, die do dis teütsch land haben zuo Cristen gelauben bracht, in welchem glauben wir alle selig sollen werden. Amen. Straßburg: M. Hupfuff, 1510.

332

Anhänge

Hec est quedam rara et ideo cara LEGENDA de sancta Anna et de universa eius progenie, que genuit virginem Mariani, Dei matrem, quare et avia Christi, Dei filii appellali meruit et esse. Straßburg: Bartholomäus Kistler, 1501. [ANONYMUS]: Der HEILIGEN Leben. Augsburg: Anton Sorg, 1478. [Universitätsbibliothek Heidelberg: Ine Q 69201] [ANONYMUS:] HISTORIA dive Anne dominice avie docens cultores eius in presenti et futuro seculo singulari sibi a domino indulto privilegio bene prosperali. Leipzig: Martin Landsberg, 1492. [ANONYMUS:] HISTORIE, legende ac officia compassionis beate virginis Dei genitricis Marie et suorum progenitorum atque cognatorum, videlicet sanctorum Ioachim patris, Anne matris, Ioseph coniugis sui virginei, Marie quoque Iacobi et Salome, sororum [Druck: suorum] eiusdem virginis Marie. Heilbronn: Phorce, Mai 1507. [ANONYMUS:] LEGENDA sanctissimae matronae Annae. Leipzig: Melchior Lotter, 1 4 9 7 . [ANONYMUS:] LEGENDA sanctissimae matronae Annae. Leipzig: Melchior Lotter, 16. Oktober 1498. [ANONYMUS:] LEGENDA sanctissime matrone Anne, genitricis virginis Marie matris, et Hiesu Cristi avie. Löwen: Johann von Paderborn ["de westfalia"], 7. November 1496. [ANONYMUS:] LEGENDA sanctissime matrone Anne. Leipzig: Melchior Lotter, 15. September 1501. [ANONYMUS:] LEGENDA sanctissime matrone Anne. Leipzig: Melchior Lotter, 1505. [ANONYMUS:] Annas WUNDERZEICHEN in Düren. Augsburg: Johann Froschauer, [na. 1500], [ANONYMUS:] Sequuntur ORATIONES diverse et devote de S. Anna, mater genitricis Dei, et de eadem sanetissima virgine Marie et de S. Mauricio et sanetis Candido et Exuperio, suis sodalibus et cetera. Leipzig: Konrad Kachelofen, 1495. [ANONYMUS:] Z U REUTLINGEN in sant Niclaus Capellen, da bescha'chen vil wunderbarlicher zaichen von blinden, wartzechten leüten, stummen. Reutlingen: Michael Greyff [ca. 1495]. [ANONYMUS:] VINETUM amenissimum ac fertilissimum Anne sanctissime atque suavissime matris illibate Christifere virginis Marie avieque Jesu Christi. Köln: Martin von Werden, 1507. [ANONYMUS]: VITA sante Anne matris virginis gloriose. Qui me élucidant habebunt vitam eternam. Venedig: Bernardinus de Vitalibus [ca. 1500]. AGRICOLA, Rudolf: Anna mater und anderes Gut. O.O., o.Dr., 1501. AGRICOLA, Rudolf: Anna mater. O.O., o.Dr. [ca. 1502]. BADIUS, Jodocus und Petrus Dorlandus OCart: Annenvita und Gedichte zum Lobe von Anna und Joachim / gekürzt und hg. von Jodocus Badius Ascensius. Im Anhang von: Ludolphus de Saxonia: Vita Christi. Paris: Berthold Rembolt, 23. Juli 1517. BANDELLO, Vincenzo: Libellus recollectorius auetoritatum de veritate conceptionis [ANONYMUS:]

Quellen- und Literaturverzeichnis

333

B.V. Mariae. O.O., o.Dr., 1475. [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 35.13 Th. (2) BEBEL, Heinrich: De S. A N N A , matre Marie hymnus. Leipzig: Martin Landsberg, 1510. BEBEL, Heinrich: HISTORIA horarum canonicarum de S. Hieronymo et S.Anna. Augsburg: Radolt, 1512. BEBEL, Heinrich: LIBER hymnorum in metra noviter redactorum [...] in quasdam vocabulorum interpretationes mammetracti. Tübingen: Johann Otmar, 1501. BEBEL, Heinrich: LIBER hymnorum in metra noviter redactorum [...] in quasdam vocabulorum interpretationes mammetracti. Hagenau: Anshelm, 1517. BIRGITTA von Schweden: Revelationes celestes. Nürnberg: Johann Koberger, 15. November 1517. BOR, Wouter und Jan van Denemarken: Die HISTORI van die heilige moeder santa Anna en van haer olders, daer si van geboren is, en van hören leuen en hoer penitenci en mirakelen mitten exempelen / bearb. u. aus dem Lat. übers, durch Wouter Bor. Zwolle: Peter van Os, 7. September 1499. BOR, Wouter und Jan van Denemarken: Hyr in dussem BÖCKLIN findet men schöne und nutsame lere, gebede und genöchlike materie. Braunschweig: Hans Dorn, 1507. CARRACIOLUS de Litio, Roberto O F M : Sermones de laudibus sanctorum. O . O . , Dr., o.J. CORYCIANA / hg. von Blosius Palladius. Rom, 1524. CYCLOPRJS, Wolfgang: Elegidion Guolfi Cyclopii Cycnaei, artium et philosophiae doctoris de immaculata conceptione divae virginis Maria [...]. De sancta Anna. Wittenberg: Johannes Viridimontanus, September 1511. DENEMARKEN, Jan van: Die historie, die ghetiiden en die exempelen van der heyliger vrouwen sint Annen. Antwerpen: Gerard Leeu, 1491. DENEMARKEN, Jan van: Die historie, die ghetiiden en die exempelen van der heyliger vrouwen sint Annen. Antwerpen: Adriaan van Liesveldt, 1. September 1496. DORLANDUS, Petrus OCart: HISTORIA perpulchra de Anna sanctissima / unter Mitarb. von Dominicus van Gelre. Antwerpen: Godefridus Back, [ca. 1487]. DORLANDUS, Petrus OCart: HISTORIA perpulchra de Anna sanctissima / unter Mitarb. von Dominicus van Gelre. Antwerpen: Goevaert Bac, [na. 1500], EOBANUS Hessus, Helius: Helij Eobani a profectione ad Des. Erasmum Roterodamum HODOEPHORICON Carmine Heroico [...] Eiusdem virgini matri votum carmen. Erfurt: Mattheus Maler, 1519. EOBANUS Hessus, Helius: HEROIDUM Christianarum Epistolae. Leipzig: Melchior Lotter, 1514. ERASMUS, Desiderius: ENCHIRIDION militis Christiani [...] Hymni de [...] Angelis et Sancta Anna. Basel: Froben, 1518. ERASMUS, Desiderius: In HYMNUM aviae Christi Annae / dictum ab Erasmo Roterdamo SCHOLIA Iacobi Spiegel Selestadiensis. Augsburg: Sigismund Grimm medici und Marcus Vuyrsung, 4. März 1519. HIERONYMUS: Omnia opera divi Eusebii Hieronymi Stridonensis / hg. von Desiderius Erasmus. Bd. 2. Basel: Froben, 1516.

334

Anhänge

de Venette: La vie des trois Maries / bearb. von Jean Drouin. Troyes: Claude Briden, [ca. 1513], LAMPSHEIM, Johannes von: De fraternitate et rosario beate Marie virginis. Leipzig: Konrad Kachelofen, 1495. LIBELLI tres perutiles, primus confiraternitatem rosary et psaltery beate Marie virginis declarat secundus laudes continet et fraternitatem s. Anne, tercius élucidât orationes et alia pulcra ad totam progeniem sánete Anne [...]/ mit Beiträgen von Johannes von Lampsheim, Rutger Sicamber, Jodocus Badius Ascensius u.a. Heidelberg: Heinrich Knoblochtzer, [na. 1500]. LUXEMBURG, Bernhard von: Compendium sermonicionatorium in preconio dive Anne genitricis Marie. Antwerpen: Jan Lettersnijder, [na. 1506]. MARSCHALK, Nikolaus: Nicolai Marscalci Thurii Carmen de diva Anna. Erfurt: Enricus Sertoris, Okt. 1501. MONTANUS, Jakob: Odarum spiritualium liber. O.O. [Straßburg:] o.Dr., [1513]. MURNER, T.: De quattuor HERESIARCHIS ordinis praedicatorum de observantia nuneupatorum apud Suitenses in civitate Bernensi combustis. Anno Christi M.D.IX. O.O., o.Dr., o.J. MURNER, T.: Die war history von den vier KETZER prediger ordens zu° Bern in der Eydgnosschafft verbrant. Ein schoen lied von der unbefleckten entpfengknuß Marie. O.O., o.Dr., [1509], [Österreichische Nationalbibliothek Wien: 870B] NATALI, Petrus de: Catalogus sanctorum et gestorum eorum ex diversis voluminibus collectus. Venedig: Bartholomeus de Zanis, 1506. OFFICIUM proprium misse beate Anne totiusque cognationis eius a reverendissimo Raymundo legatoque a Latere admissum ac confirmatum. Memmingen: Albrecht Kunne, [ca. 1500]. OUDEWATER, Johannes (Palaeonydorus) OCarm: Liber trimerestus de principio et processu ordinis Carmelitici. Mainz: Peter Friedberg, 1497. SIBUTUS, Georg: Ars memorativa concionatoribus et iurisperitis multum utilis et fructuosa. Carmen eiusdem in vitam s. Anne heroicum, saphico annexa [...]. Köln: Quentell, 6. April 1505. SYMENS, Nikolaus, Wouter Bor, Jan van Denemarken: Die HISTORY und das leben der heyliger ftawen sant Annen [...], wie sy ist geboren von iren heyligen eitern Stolanus und Emerentiana, auch von yrem heiligen leben und bytterer penitentz, myt vyl schoenen miraculen und exemplen / bearb. von Wouter Bor und danach bearb. und mit einem Vorwort versehen von Nicolaus Symens. Köln: Amt von Aich, 1519. TRITHEMIUS, Johannes: D E LAUDIBUS sanetissime matris Anne. Mainz: Peter Friedberg, 12. August (Trierer Kalender) = 21. Juli. 1494. TRITHEMIUS, Johannes: D E LAUDIBUS sanetissime matrone Anne. 2 . Aufl. Leipzig: Melchior Lotter, [na. 1 2 . August 1 4 9 4 ] , TRITHEMIUS, Johannes: D E LAUDIBUS sanetissime matrone Anne. Mainz: Peter Friedberg, 12. August (Trierer Kalender) 1498. JEAN

Quellen- und Literaturverzeichnis

335

Johannes: De purissima et immaculata CONCEPITONE virginis Marie et de festivitate Sancte Anne matris eius. Nürnberg: Peter Wagner, [na. 14.9.1497]. WIMPFELING, Jakob: Soliloquium ad divum Augustinum [...] De beata virgine Maria deque matre eius sancta Anna carmen Joannis Renati ex Wijla sacerdotis contra avariciam quorundam sacerdotum et monachorum. Straßburg: o.Dr., [ca. 1511]. TRITHEMIUS,

3.1.4. Neuzeitliche Ausgaben oder Anleitung zur Nachfolge und Verehrung der hl. Mutter Anna, ein Lehr-, Gebet- und Erbauungsbuch für Bräute, Ehefrauen und Witwen, insbesondere für Mitglieder des St. Anna-Bundes / verfaßt von e. Seelsorger der Diözese Brixen. Hg. von der Marian. Gesellschaft zur Verbreitung guter Schriften. 2. Aufl. Innsbruck, 1865.

[ANONYMUS:] ANNA-BUCH;

[ANONYMUS:] Ein püechel von der regel der heyligen ee / hg. von M. Dallapiazza. In: Z D A 1 9 8 3 , S. 2 6 1 - 2 9 2 .

tot de H. Anna. Breda, 1873. Die HEILIGE Mutter Anna, ein vollständiges Gebetbuch für katholische Christen; besonders für Verehrer der hl. Mutter Anna, enthaltend kurze Lebensgeschichte derselben, Nutzbarkeit deren Verehrung und Anrufung. O.O., o.J. (Bistumsarchiv Trier Abt. 105 Nr. 2009) [ANONYMUS:] DIENSTAGS-Andacht zur hl. Mutter Anna in Horschau-Teinitz. Tans, 1902. (Österreichische Nationalbibliothek Wien 423479- B) [ANONYMUS:] Sanctae Annae Devotae ANIMAE. Das ist: Kurtzer Bericht der Hochlöblichen Bruderschafft der heiligen Anna, Großmutter unsers Erlösers und Seligmachers Jesu Christi Und Mutter der Gottes Gebährerin Mariae, Bey denen Dominicanis in Mayntz. Churfürstl. Hoff- u. Universitäts-Druckerei J. Mayers. (Priesterseminar Mainz) AGRICOLA, Rudolf: Unedierte BRIEFE / hg. von K. Hartfelder. In: FS der Badischen Gymnasien, gewidmet der Universität Heidelberg. Karlsruhe, 1886. AGRICOLA, Rudolf: LEITERS / hg. von P.S. Allen. In: EHR 21, 1906, S. 302-316. AGRICOLA, Rudolf: OPUSCULA, orationes, epistolae. Repr. der Ausgabe Köln, 1539. Frankfurt, 1975. AGRIPPA von Nettesheim, Henricus Cornelius: De beatissimae Annae monogamia. 1534. AKTEN [Die] des Kanonisationsprozesses DOROTHEAS von Montau von 1 3 9 4 bis 1 5 2 1 / hg. R. Stachnik. Köln, Wien, 1978. (FQKGO; 15) AKTEN des JETTERPROZESSCS nebst dem Defensorium / hg. von R . Steck. Basel, 1 9 0 4 . (QSG; 22) ALBINUS, P.: Annabergische Annales de anno 1492 biß 1539; kritische Ausgabe der ältesten Nachrichten über Annaberg / hg. von Bönhoff. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte von Annaberg und Umgegend 11,1908-1910 = Bd. 3.1, S. 1-49. [ANONYMUS:] DEVOTE [ANONYMUS:]

Anhänge

336

von Eyb: Ob einem manne sey zu nemen ein eelichs weib oder nit / mit einer Einf. von H. Weinacht. Repr.d.Ausg. Nürnberg, 1472. Darmstadt, 1982. (Texte zur Forschung; 36) ALTDEUTSCHE PREDIGTEN / hg. von A . Schönbach. Bd. 1-3. Graz, 1886-1891. ANNA. In: ActaSS Julii VI = 25.-28. Julii, Jul. 26. Antwerpen, 1898. AUGUSTINUS: Ep. 262 (ad Ecdiciam). In: PL 33, 1077. AURŒMMA, T. SJ: Historia panegyricus S. Annae. Neapel, 1665. AURŒMMA, T . SJ: Vita S. Annae. Neapel, 1668. BEATA virgo Maria in suo conceptu immaculata ex monumentis omnium saeculorum demonstrata / hg. von A. Roskovany. Bd. 1. Budapest, 1873. BELL, Α.: Die Erziehungskunst der Hl. Mutter Anna. [Bregenz], 1894. BERTOLD von Regensburg: Predigten / hg. von F. Pfeiffer. Repr. d. Ausg. Wien 18621880. Berlin, 1965. ΒΟΕΥΕ, A. de SJ: Gloriosum magnorum patriarcharum Joachim et Annae Vita. Antwerpen, 1634. BOSTIUS, Arnold OCarm: Letters / hg. von P.S. Allen. In: EHR 34,1919, S. 225-236. CHRONICON 'Qualiter et Quomodo' de origine ordinis Carmelitarum / hg. von V . Roefs. In: AOCD 13,1946/48, S. 70-74. CLISORIUS, P . T . : Leben unnd Lob der hh. Annae unnd Joachims, Elteren der allerseeligsten Jungfrawen Mariae, der Mutter Jesu Christi, unsers Herren und Seeligmachers; Wie auch der h. Annae Wunderwercken, liebhaberen, Weis und Manier, wie mann soll dieselbe h. Mutter [...] verehren. Köln, 1648. CONCILIORUM oecumenicorum decreta / hg. von J. Alberigo u.a. 3 . Aufl. Bologna, ALBRECHT

1973.

J.: Exercitatio de Josepho et Anna. Jena, 1 6 6 7 . Laurentius: Beatae Annae Christi Salvatoris nostri aviae [...]. Antwerpen, 1591. D'HANNINS, A . J . : Het leven van de glorieuse matrone Ste. Anne, gevierd in de parochie Bottelaere. Gent, 1663. DANIEL a Virgine Maria OCarm: Vinea Carmeli seu historia Eliani Ordinis Beatae Virginis Mariae de M. Carmelo. Antwerpen, 1672. DANTE Alighieri: Die Göttliche Komödie / übers, von W.G. Hertz. 2. Aufl. München, 1982. DONIN, L.: Die hl. Anna als Hilfe der Christen. 3. Aufl. Wien, 1880. ECK, Johannes: Der Drit Thail Christenlicher Predigten auf den hohen Festen und Hochzeytlichen tagen der hailigen durch das gantz jar, nach Brauch Christenlicher Kirchen. o.O., o.Dr., 1553. EGRANUS, J.S.: Ungedruckte Predigten des Johann Sylvius Egranus, gehalten in Zwickau und Joachimsthal, 1519-1522 / veröff. von G. Buchwald. Leipzig, 1911. (QDGR; 18) EINBLATTDRUCKE des fünfzehnten Jahrhunderts / hg. von P. Heitz. Straßburg. Bd. 2, 1918; Bd. 15,1908; Bd. 18,1909; Bd. 21,1910; Bd. 27,1912; Bd. 33,1912; Bd. CRAUSIUS, CUPER,

Quellen- und Literaturverzeichnis

337

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375

3.3. Register

Das Register umfaßt die Namen aller derjenigen Personen und Ortschaften sowie diejenigen Sachbegriffe und Bibelstellen, die auf den Seiten 13 bis 264 genannt werden. Die Personennamen sind in der in der Untersuchung gebräuchlichen Form angesetzt. Es handelt sich einerseits um historische Personen, andererseits um biblische oder legendarische Personen, die als Protagonisten in der Annenvita genannt werden; nicht aufgenommen wurden die Namen der Protagonisten aus den Annenmirakeln. Wegen der Häufigkeit der Nennungen wurde 'Anna' nicht aufgeführt. Im Ortsregister wird jeweils die moderne Form verwendet. Das Sachregister bietet nur eine enge Auswahl der wichtigsten Begriffe. Werden Seitenzahlen in Kursive geboten, so findet sich der entsprechende Beleg in den Fußnoten. Verweise sind durch Sternchen gekennzeichnet.

3.3.1. Personenregister Abraham 13 Adam 49, 51, 53 Agricola, Rudolf 73, 158,162,167,170172,177,178,180,181,195,200,239 Albinus, Petrus 95 Albrecht, Bruder des Kurfürsten *Joachim I. von Brandenburg 88 Alexander VI., Papst 17, 58, 92 Alfäus (Mk 3,18), Ehemann der Schwester der Mutter Jesu 22, 125, 126f, 129, 131, 134, 136, 144 Amatias, Sohn der *Esmeria, Bruder der *Elisabet 133f Ambrosius von Mailand 126,127 Andreas, Apostel (Joh 1,40-42; Joh 6,8) 139f, 179 Anna, s. Hanna Anna von Borsselen 186 Antonius, hl. 40, 231 Apostel (IKor 9,5; IKor 15,7; Gal 1,19; s.a. die einzelnen Namen) 15,126 Aristoteles 194,207 Assra, Ehemann der *Esmeria 138f Athanasius von Alexandria 40 Athene 53

(Ps.-)Augustinus, Aurelius 40,127,135, 180, 190,218 Back, Govaert 171 Badius Ascensius, Jodocus 63, 84, 168, 173, 174,179, 181, 185 Bandello (de Castro Novo), Vincenzo OP 56f, 65 Baptista Mantuanus Spagnuoli OCarm 188 Barbara, Ehefrau von Herzog *Georg von Sachsen 93 Barnabas, Gehilfe des Paulus (IKor 9,6), auch: Sohn der *Maria Alfäi, Josef von Arimatäa genannt (Lk 23,50f), s.a. * Josef, Bruder Jesu 126, 136 Barpanther, Großvater *Marias, Vater * Joachims 120,146 Beissel (Beyssellius), Jodokus 47, 174, 182

Benno, Bischof von Meißen 94 Bernardinus de Busti OFM 57, 70 Bernhard von Clairvaux 50,54 Berthold von Regensburg OFM 211 Besserer, Hans, Ratsherr zu Kitzingen 88 Bibaucius, Guillermus 174

376

Anhänge

Bor, Wouter OCart 147,160f, 162f, 176, 191,205,206,215,218-221,224-227, 228,234, 240-248,250 Bostius, Arnold OCarm 64,68,147f, 151f, 774/, 179f, 186,198 Brant, Sebastian 64, 87,168, 177,179 Breitenbach, Johannes 58 Brüder Jesu (IKor 9,5), Enkel Annas *Jakobus *Josef *Simon *Judas *Joses 125-127, 261 Butzer, Martin OP 64 Carpentuarius, Georg 111 Carracioli de Litio, Roberto 120 Celtis, Konrad 177,179f, 181, 195 Cicero, Marcus Tullius 190 Christoferus, hl. 69,144 Clemens (Courtoys), Maturinus OCarm 147 Coelestinus I., Papst 152f Cranach, Lukas d.Ä. 92f, 263f Chrysostomus, Johannes 41 (Ps.-)Cyrill von Alexandria 146-150, 152f, 180 Dalberg, Johann von, Bischof von Worms 171, 177,178, 180f Daniel, Prophet 96 Dante Alighieri 124 Denemarken, Jan van 146,148,156,158, 160, 161f, 166, 197, 205, 206, 220, 224f, 228f, 234 Dionysius, hl. 246 Dionysos 53 Dorlandus, Petrus OCart 28, 52f, 146, 148,155,157,161-164,166,171-175, 177, 192, 196, 231-233, 234, 239f, 250 Dorn, Hans 18 Dorothea von Montau 212-214,218,219, 222 Drach, Peter 73 Dracontius, Jakob OPräm 64 Drouin, Jean 168 Dymphna, hl. 69

Eck, Johannes 51 Egranus, Johann Sylvius 22, 138,146 Elia (IReg 17,1) und Elisa (IReg 19,19; IIReg 2,15ff) 149-151, 153, 163,215 Eligius, hl. 96 Elisabet, Mutter "Johannes' d.T. (Lk 1,5), Tochter der *Esmeria 133, 135, 138f Elisabeth von Thüringen 69, 188, 210, 218 Eliu, auch: Eliud, Sohn der *Esmeria, Bruder der *Elisabet, Ehemann der *Witwe von Betsaida, Vater des Jünglings von Nairn (Lk 7,11-15) 133-135, 139 Eltern Marias * Joachim 54, 68, 72,120, 121-124, 133, 141f, 167, 186, 189, 218, 220, 225, 263 Eltern Annas "Emerentia *Stollanus 146, 168 Emerentia(na), Mutter Annas 43,68, 73, 85, 121,145, 146,148, 149-153,162, 175, 176,206, 214-217, 223, 244 Emerentiana, hl. 146 Emiu (auch: Emin, Enim), Jüngling von Nairn (Lk 7,11-15), Sohn der *Witwe von Betsaida 139f Empolides, Johann Augustinerchorherr 63 Eobanus Hessus, Helius 19f, 24, 153, 187f Epiphanius von Salamis 126,127, 180 Erasmus, Desiderius 19, 171, 179, 186, 187,193, 200f, 204,276 Erich I., Bischof von Münster 74 Esmeria (auch: Is-, Ys-), Schwester Annas *Memelia 133f, 135, 138f, 219 Eucharius, hl. 139f Eugen IV., Papst 55 Eusebius von Caesarea 126, 128 Eyb, Albrecht von 188, 208 Eva 53,148 Familie, hl. *Maria *Josef *Jesus Flach, Martin 77 Franck, Sebastian 231

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Franziskanerobservant, anonymer Verfasser einer Annenlegende 100, 138-141, 160, 1 6 3 , 1 6 8 , 175-177, 233-238 Frickenhausen (Orterus), Georg von 58 Friedberg, Peter 178, 182f Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen 73, 87, 88, 92,110 Fulbert von Chartres 132 Gaguin, Robert 64,174 Gallus, Jodocus 169

Helena, Mutter Konstantins 188 Helvidius 126,127, 133f Henric van Veldecken 136 Hensel, Stadtpfarrer Frankfurt 59 Herbenus, Matthaeus 183 Herbst, Johannes 18 lf Hermann von Fritzlar 48f, 143,145 Hermann von Schildesche OESA 48 Heynlin von Stein (de Lapide), Johannes 69

Geiler von Kaysersberg, Johannes 51f,

(Ps.-)Hieronymus Stridonensis 123,126128,129, 1 3 3 - 1 3 5 , 1 6 9 , 1 7 3 , 1 8 6 Hilarius von Poitiers 126 Hinkmar von Reims 124 Honorius 180

261 Gelre, Dominicus van OP 66, 146, 159f, 162, 171, 172, 175, 177, 182, 230f, 236-238, 250 Georg der Bärtige, Herzog von Sachsen 91-96, 109 Gerard (Aurelius), Cornelius 175,186 Germanus von Auxerre, hl. 68 Gerson, Johannes 120 Gottfried von Viterbo 124 Gregor XIII., Papst 74 Gresemund, Dietrich d.J. 63,179, 182 Grien, Hans Baidung 32 Güttel, Caspar 20 Haimo von Auxerre 129, 132,133, 135 Haimo von Halberstadt 129-132 Hanffstengel, Valten 92, 95 Hanna, Mutter Samuels (ISam 1,11) 13, 120,141 Hanna, Ehefrau des Raguel (Tob 7,2: Edna) 141 Hanna, Ehefrau des Tobias (Tob 1,9) 141 Hanna, Prophetin, Tochter des Penuel (Lk 2, 36) 120 Hedwig, hl. 211 Hegesipp 126, 128 Heinrich d.Ä. von Braunschweig-Wolfenbüttel 93 Heinrich III. (der Reiche) von Hessen, Landgraf 58 Heinrich von Laufenberg OJoh 49 Heinrich von St. Gallen 47f

Hrotsvit von Gandersheim 124 Innozenz III., Papst 13 Innozenz XI., Papst 47, 51 Institoris, Heinrich OP 249 Insuber, Franciscus O F M 57 Jacobus de Voragine 40, 70, 124, 137, 141, 142,168 Jakobus, Bruder Jesu, Apostel (Mt 13,55; Mk 6,3; IKor 15,7; Gal 1,19) erster Bischof von Jerusalem *Jakobus, Sohn des Alfäus 125,126, 127 Jakobus, Sohn des *Zebedäus (Mk 3,17) genannt: d.Ä. 6 8 , 6 9 , 7 3 , 9 8 , 1 2 5 , 1 2 8 , 130f, 133-136, 144, 145, 156, 229f, 236, 246 Jakobus, Sohn des * Alfäus (Mk 3,18) genannt: d.J. oder der Gerechte *Jakobus, Bruder Jesu 125, 126-128, 130f, 133f, 136,137, 144 Jean de Venette 168 Jesus Christus 16-18, 21, 23, 29, 51-53, 73, 91, 96, 130, 133, 138-140, 145, 147-149,151,168,172,185,190,195202, 205, 214, 218, 221f, 225f, 230, 235, 242-244, 247f, 252 Joachim I., Kurfürst von Brandenburg 88 Joachim, Vater *Marias 13, 18, 21f, 24, Al, 50-53,69.71,120,723/, 130,133f,

378

Anhänge

138, 144f, 151, 174, 175, 186, 188, 198, 216, 218-220, 223f, 242, 244 Johann II. von Baden, Erzbischof von Trier 111 Johann VII. von Schleinitz, Bischof von Meißen 93, 94 Johannes, Bruder des * Jakobus d.Ä., Sohn des *Zebedäus (Mk 3,17) *Johannes d.E. 125, 130f, 133-136, 144 Johannes d.T. 133, 139, 225, 229, 244 Johannes d.E. *Johannes, Bruder des Jakobus d.Ä. 188 Johannes von Freiburg OP 132, 137f Johannes von Hildesheim OCarm 148 Johannes von Jerusalem 151 Johannes von Marienwerder 213f Johannes von Parcham 70 Jorge von Bischofsrode, Burgmann 87 Josef, Bruder Jesu (Mt 13,55), auch: Sohn des *Alfäus, genannt: Josef d. Gerechte *B amabas 125, 126, 130f, 137, 144 Josef, Vater Jesu, Bruder des *Kleopas 23, 71, 722/, 125f, 129, 133f, 137f, 151,198, 222-224, 231 Joses, Bruder Jesu (Mk 16,3), auch: Sohn des *Alfäus 125, 126 Judas, Bruder Jesu (Mt 13,55 u. Mk 6,3), auch: Sohn des *Alfäus 125,126,136, 137, 144,145 Julius II., Papst 19, 92 Karmeliter, anonymer Verfasser einer Annenlegende 52, 53, 146, 155, 157, 250 Karmeliter, Prophetenschüler auf dem Karmelgebirge (IReg 2,15) 152f, 175, 215 Katharina von Alexandrien 28,169 Keymolanus, Jakob 174 Klemens IX., Papst 56 Kleopas, Bruder *Josefs, Ehemann Annas 22, 126, 129-131, 133f, 136-138, 144, 223f, 244

Knoblochtzer, Heinrich 183, 185 Konrad II. von Rietberg, Bischof von Münster und Osnabrück 85 Krispinus und Krispiniane, hl. 89 Kunigunde, hl. 188 Lampsheim, Johannes von 84, 183, 185 Landsberg, Martin 772/ Langen, Rudolf von 181 Laupach, Rumolt OCarm 61, 84f, 179, 180 Lazarus (Joh 11,1-46) 131 Lefevre d'Etaples (Faber Stapulensis), Jacques 138 Leonrod zum Tendlein, Hans 87 Leontorius, Konrad OCist 64 Lotterd.Ä., Melchior 178 Louber, Jakob OCart 77 Ludolf von Sachsen OCart 174 Luther, Martin 20-22, 23, 41, 80, 110, 115,138, 203, 263 Luttig, Nikolaus von 69 Luxemburg, Bernhard von 69 Maier, Peter 106, 113,774 Marcus von Weyda 272 Maria, Tochter Annas, Mutter Jesu 13f, 16-18,21, 23, 24,25, 26, 28f, 30, 33, 43, 45-66, 69, 72f, 85, 91, 95f, 112, 115, 120-130, 132-136, 138, 144f, 147-149, 151f, 154, 168, 172, 173, 174, 184f, 188, 190, 192, 195-201, 218-223, 229, 239, 243f, 247f, 252 Maria Jakobi, Mutter des *Jakobus d.J. (Mk 16,1; Joh 19,25) Tochter Annas 71.125, 726, 127f, 130-134,136,218 Maria Kleope (Joh 19,25), Tochter Annas * Kleopas 125,126, 127,129-133, 136-138,218, 224 Maria Magdalena (Joh 19,25; 20,11-18) 69.126, 128,188 Maria Salome (Mk 16,1), Tochter Annas *Maria Jakobi u. *Maria Kleope 65, 71,126, 127f, 130-135, 137f, 225 Maria, Schwester(n) der Mutter Jesu

Quellen- und Literaturverzeichnis *Maria Salome *Maria Kleope •Maria Jakobi 22, 136,138 Marta (Joh 12,1-8) 21, 69,126 Martin, hl. 34 Maternus, auch: Marcialis, erster Bischof von Köln, Sohn der *Witwe von Betsaida 139-141 Matthaeus ab Aquasparta OFM 120 Maurice von Kirkham 132, 135 Maximilian I. 30, 81, 85, 8 7 , 1 4 0 Melanchthon, Philipp 23, 263f Memelia, Schwester Annas, Ehefrau des *Eliu 135, 139f Monnick, Johann 115 Morderer, Albert OFM 63 Moritz von Spiegelberg 171 Murner, Thomas OFM 59f Nestorius 148,152 Nikolaus von Kues 79 Nikolaus, hl. 69, 9 8 , 1 1 7 Nogarolus, Leonardus 55 Orígenes 122 Origo Scaccabarozzi 14 Otto von Henneberg, Graf 87 Otto von Zwolle 182 Oudewater (Palaeonydorus), Johannes 63, 84, 151f, 179f, 183 Ovid 187, 188 Paderborn, Johann von 175 Paffraet, Richard 170 Pantaleon, hl. 144 Panther, Urgroßvater *Marias väterlicherseits *Barpanther 120,146 Paracelsus (von Hohenheim), Bombastus 50

Paschasius Radbertus 123,124 Pelagius, Ketzer 57 Pelagius, hl. 69 Pelbartus de Themesvar 70 Peraudi, Raimund 72, 107 Petrus, Apostel (Apg 2,14) 139f Petrus Comestor 141 Petrus de Natalibus 120

379

Petrus Lombardus 132, 137 Pfeffinger, Bürger von Annaberg 93 Pfeffingen Degenhart 88,110 Phenandus, Carolus 64 Philipp, Kurfürst von der Pfalz 87, 177, 181f Pirckheimer, Caritas 239 Pius V., Papst 74 Pius IX., Papst 28 Plato 194 Ps.-Jacobus 121f, 126 Ps.-Matthäus 123 Rabanus Maurus 128,138 Ratramnus von Corbie 124 Regula, Nonne 68 Renatus, Johannes 24, 86, 87 Richard von Greiffenklau, Erzbischof von Trier 114 Robles, Juan de 168 Ruscher (de Gamundia), Thomas, Weihbischof von Mainz 66 Ryd, Valerius Anshelm von 23f Ryke, Vincentius, Ratsherr zu Spandau

88 Salomas, dritter Ehemann Annas oder Ehemann der Schwester der Mutter Jesu 65,130f, 134f, 144, 223, 244 Salome, Frauenname *Maria Salome Sara, Ehefrau Abrahams 13 Sara, Ehefrau des Tobias 149 Schilling, Diebold 25, 164 Schilling, Leonhard 145 Sclegers, Martin 171 Sebastian, hl. 23,115 Servatius, Bischof von Maastricht und Tongern, Nachfahr der *Esmeria 134, 135,136, 139f, 145 Sibutus (Daripinus), Georg 153 Sicamber de Venray, Rutger Augustinerchorherr 63, 179, 182,183, 185,196 Simeon, Sohn des *Kleopas, zweiter Bischof von Jerusalem 126, 129 Simon Kananäus (Mk 3,18; 6,3; Mt

380

Anhänge

13,55), Bruder und Jünger Jesu, auch: Sohn des *Alfäus 125, 136, 144,137, 145 Simonis, Nikolaus OCarm 147 Sippe, hl. 15-18, 27, 55, 71f, 92, 100, 120, 126, 128, 132f, 136, 138, 141, 145, 150, 151, 176, 778/, 182, 184f, 191,205,207,214-217,225-227,233, 235, 243, 252f, 263f Sixtus III., Papst 148, 150 Sixtus IV., Papst 45f, 54-57, 70, 71, 80, 150, 160, 167,171 Sorg, Anton 71 Spalatin, Georg 22, 24,138 Spiegel, Jakob 186 Sprenger, Jakob 249 Stein, Junker Albrecht vom 87 Steinhöwel, Heinrich 188 Stockar von Schaffhausen, Junker Hans 25 Stollanus, Vater Annas 145, 146, 149, 152f, 223 Sueton 2 / 7 Sulzer, Hartmann 164 Symens, Nikolaus 147, 191 Taddäus, Sohn des Alfáus (Mk 3,18) 125 Tauler, Johannes 120 Tectonis, Philipp OCarm 63 Tertullianus, Quintus S. 122 Thomas, Jünger Jesu (Joh 20,24-29) 21 Thomas von Aquin OP 49 Thomas van Limburg OCarm 147 Tobias 149 Trithemius, Johannes OSB 6 1 - 6 3 , 6 5 , 6 6 , 73, 8 4 , 8 5 , 8 6 , 8 7 , 1 0 2 , 1 2 9 , 1 5 1 , 1 5 3 ,

167,169,171,175,178-182,190-198, 206, 209, 2 2 0 , 2 3 9 Ulmannus, O F M 50 Ungarn (de Hungaria), Michael von 69 Valerius Diaconus, erster Bischof von Trier 139-141 Valentin, hl. 23 Veghe, Johannes 70 Vespasian 217 Vigneulles, Philippe von 19 Vinzenz Ferrer OP 54, 67 Werner vom Tegernsee 124 Werner von Themar, Adam 181, 182, 196 Wilhelm von Henneberg-Schleusingen 87 Wilhelm von Jülich 19f Wimpfeling, Jakob 24, 63, 80, 86f, 179 Wirt, Wigand OP 59, 6 0 , 6 2 , 63, 6 5 , 1 5 1 , 175, 191 Wirth, Adrian, Priester 25 Wirth, Johann, Untervogt 25 Wirth, Johann, Kaplan 2 5 Witten, Hans 96 Witwe von Betsaida (Lk 7,11-15; 9,10), Ehefrau des *Eliu, Mutter des Jünglings von Nairn *Memelia 139f Wladislaus, König von Böhmen und Ungarn 93 Wyle, Niklas van 188 Zacharias, Vater Johannes' d.T. 13, 139 Zebedäus (Mk3,17) 125,128,130f, 133f, 144 Zeno von Verona 122 Zeus 53

Quellen- und Literaturverzeichnis

381

3.3.2. Ortsregister Aachen 172,182 Aken 172 Altena 87, 103 Altenberg 96 Altleiningen 183 Annaberg 22, 24, 27, 30, 84, 90-97, 103, 109 Arnhem 162 Arras 83 Augsburg 71, 7 2 , 1 1 0 Baisweil 89,109 Bamberg 97 Basel 54-56,58, 65, 69, 71, 72, 111 Benfeld/Elsaß 140 Bergen 83 Berlichingen 76 Bern 23f, 58-60,84, 87 Bernkastel 91 Betlehem 144f, 149, 152f, 222f Bodmann 76 Boizenburg 110, 115 Bologna 5 7 Boppard 107 Bozen 18 Braunschweig 18 Bremen 83, 88, 108,109, 110, 116 Breslau 17 Buchholz 96 Bursfelde 7 3 , 1 7 8 Colmar 76,85, 105, 108, 117 Crivitz 115 Danzig 213f Deventer 162, 163, 170, 175 Dietenhofen 87 Düren 18, 19f, 34, 93 Eberhardsklausen 182 Eichstätt 87 Eisleben 20 Emden 87, 110,168 Ephesus 149,152 Erfurt 1 9 , 1 1 0 , 1 8 1 , 1 8 7 , 191

Ferrara 57 Florenz 110 Frankfurt a.M. 59,60,61,63,83f, 85,87, 97f, 109, 110, 7 5 7 , 1 5 3 , 1 8 0 Frankfurt a . d . 0 . 1 8 8 Frauenfeld 2 5 / Freiberg i.S. 96 Freienbach 164 Fulda 103, 107 Genua 141 Gernsheim 103 Geyer 96 Haarlem 65, 86,147 Haisterkirch 100 Hamburg 97f, 108, 110 Hamm 85 Hannover 112 Heidelberg 64, 169, 177, 178, 180185 Heilbronn 87, 105, 110 Herxheim 104 Höningen 63 Ingolstadt 18 Innsbruck 18 Jena 88,110 Jerusalem 51, 129, 145, 151, 215, 222, 241, 246 Kamenz 89 Kitzingen 82, 88,101,110, 111 Koblenz 88, 89, 9 9 , 1 0 0 , 1 0 2 , 1 0 9 f , 111, 113f Köln 64, 80, 8 7 , 1 3 9 - 1 4 1 , 1 6 0 , 1 7 5 , 1 9 1 , 237f, 251 Königsberg i.S. 88,110 Konstanz 25 Krakau 115 Kreuznach, Bad 63,180 Ladenburg 178 Leipzig 62, 167,169, 172,173,175,777, 178 Lichtental 6 8 , 6 9

382

Anhänge

Limburg 20, 105, 116 Löwen 175 Lübeck 24 Liibz 115 Lyon 54, 84, 93 Magdalum 128, 131 Mailand 5 7 Mainz 1 9 , 6 3 , 6 4 , 6 5 - 6 7 , 7 9 , 83, 87, 167, 178,180, 182f Marburg 58 Markt Erlbach 105 Marseille 69 Maulbronn 64 Meißen 58, 93 Mergentheim, Bad 88 Merseburg 87 Münder 103 Münnerstadt 87, 103f Münster 74, 85, 100,110 Nazaret 144f, 222 Neustadt a.d. Hardt 181 Niesink 70 Nürnberg 60, 93,143, 164,239 Oldenburg 87, 104,110, 116 Oppenheim 103 Oslo 83 Osnabrück 7 4 , 8 5 Paderborn 74 Paris 64,174, 1 8 1 , 2 4 6 Perugia 58 Prag 134 Quedlinburg 88 Reutlingen 116f, 119,201 Rheinau 18 Rom 17, 54, 56, 60, 74, 83, 140, 141, 146, 246, 257 Rostock 115 St. Gallen 25

St. Truiden 173 Santiago de Compostela 236, 246 Schlettstadt 9 7 , 1 1 0 , 1 8 6 Schleusingen 88,110 Schneeberg 90 Slusa 158 Spandau 88, 103 Spangenberg 87 Speyer 73, 87 Sponheim 61, 63, 168f, 178, 179f, 181, 183 Stadtoldendorf 88 Stammheim 24-26 Sternberg 76 Stockheim v.d. Rhön 104 Stotternheim 21 Straßburg 51, 64, 81, 99, 107, 108, 175, 176f, 234 Tongern 139f Torgau 92 Trier 67, 81, 87, 88, 1 0 0 , 1 1 4 , 139-141, 168 Troja 140 Ulm 62,180 Uppsala 168, 176 Utrecht 68,146, 206 Wertheim 110 Wimpfen 59f, 8 3 , 1 1 0 Wismar 83 Wittenberg 92/ Worms 85, 87, 1 7 7 , 1 7 8 , 1 8 3 Würzburg 57, 104 Xanten 107 Zeelhem 146, 171, 174 Zerbst 18 Zülpich 108 Zürich 24-26 Zwickau 138

Quellen- und Literaturverzeichnis

383

3.3.3. Sachregister Ablaß *Gebet 17,18, 6 6 , 8 0 , 86, 92,93f, 106f, 113f, 160, 167,179, 230, 255 Almosen * Armut 119, 218 Alter der Annenverehrung *Tag *Bruderschaft der hl. Anna-Aufkommen *Patrozinien 15, 22, 25f, 30, 32, 35, 37, 70, 81-89, 100, 146-153,171 Annenschrifttum *Gebet *Gedicht *Legende *Predigt 33, 38, 44, 102, 166168 Apokryphen 121-123,126,129,136,149, 188,278 Armut, Arme(nfürsorge) *Reichtum 23, 24, 30, 88, 91, 108, 110, 117, 210, 259 Askese (auch: Jungfräulichkeit) 125, 21 l f , 214-218, 225, 233, 251-254,

260 Baumallegorie ""Fruchtbarkeit ""ThemenNachkommen 70, 2 0 5 , 2 0 6 , 217, 225 Berg(bau, -leute, -werk) *Standes(bruderschaft, -patronat)-Berg Bildung *Humanismus *Verehrer-Humanisten und Gebildete 38, 39, 40, 42, 53, 95, 99, 159, 166f, 169, 177, 186194, 206, 221, 235, 238, 240f, 263f Biographie *Vita 14,122, 154,169,172 Brief 87, 148,169, 179,186, 187,188 Bruderschaft *Fronleichnam(sbruder-

schaft) 80, 118, 255, 257, 259f, 262 der hl. Anna * Ortsregister *Standespatronate 22, 24, 34, 37, 43f, 61, 65, 75-119,160, 167,183f, 2 3 0 , 2 5 3 , 2 5 9 - Aufkommen, Höhepunkt und Ende SO, 81-89, 100 - Brauchtum * T a g 4 3 , 7 7 , 8 , 9 9 , lOlf, 104, 109, 111-119, 230 - Definition und Forschungsstand 75f, 78, 79, 80, 118f - Finanzen 81, 82, 84, 94, 101, 104106, 108-111, 118

- Förderung durch Institutionen und Personen *Karmeliter 80, 83- 87, 92-95, 111, 1 5 3 , 1 7 6 , 1 7 8 - Gemeinschaftsmahl 109, 114-116 - Geschichte des Bruderschaftsgedankens 77, 78 - Gottesdienst *Tag *Dienstag 104, 106, l l l f , 116 - Häufigkeit, statistisch 81-83 - Kaland 83, 116 - Karitative Aktivitäten * Armut 88, 110 - Kirchenrecht 77, 7 9 , 1 0 0 - Mitglieder *Standes(bruderschaft, patronat) *Verehrer 37, 75, 77, 84f, 87f, 91, 95, 99-102, 107-109, l l l f , 114, 116, 259 - Organisation, innere 43, 77, 102108, 113 - Totenbrauchtum 101 - Verbreitung, geographisch 77, 81f, 167 - Verhältnis zu kirchlichen Institutionen 77, 80, 8 2 , 8 5 , 86, 103-108 - Verhältnis zur Stadt 75, 78, 103, 105-108, 115 - Verpflichtungen der Mitglieder 75, 77, 111 Darstellung der hl. Anna 16f, 21, 24, 26, 27, 32, 84, 92, 105, 109f, 113f, 151, 153, 176, 178f, 185, 207, 230, 234, 237, 243, 245, 252, 263f, 247 Dienstag *Tag 75f, 92, 104, l l l f , 116, 156, 185, 230f, 241-244, 255 Dominikaner(orden, -kloster, -mönch) 29f, 56-60, 65f, 83, 85f, 111, 137f, 141, 143, 146, 159f, 171, 172, 191, 237f, 249 Ehe und Familie *Themen-Ehe und Familie 31, 166, 170, 194, 205, 206f, 208, 210-227, 253f, 257, 259-263

384

Anhänge

Elterngebot=Viertes Gebot der *Zehn Gebote 173, 184, 197-202, 225, 235 Empfängnis Marias 13, 26, 28-30, 43, 4 5 - 6 6 , 6 7 , 70, 71,120,143,144, 151, 178, 19 l f , 198 Epochenzugehörigkeit der Annenverehrung 43, 254-264 Erbauung(sliteratur) 15, 23, 3 9 , 4 0 f Erbsünde *Empfängnis Marias 29, 45, 47f, 54-57, 60-63,192, 215f Exempel *Mirakel Franziskaner(orden, -kloster, -mönch) 29, 45, 50, 57, 59, 73, 76, 85, 163 Frau *Bruderschaft-Frau »Standes(bruderschaft, -patronat)-Frau »VerehrerFrau Fronleichnam(sbruderschaft) 109, 116, 254 Frömmigkeit 29, 32-37, 3 9 , 4 0 , 43f Fruchtbarkeit *Baumallegorie »ThemenNachkommen 176, 201, 253 Gaben der hl. Anna »Themen des Annenschrifttums Gebet (Annen-) 17, 18, 19, 32f, 47, 66, 71, 75f, 85f, 1 0 4 , 1 0 7 , l l l f , 119,162, 172, 179, 189, 195, 227, 230, 239, 250, 261 Geburt der hl. Anna *Motive der Annenvita-Geburt Geburt Marias 1 3 , 1 8 , 4 3 , 4 8 f , 67-69, 83, 120, 1 4 3 , 1 4 4 , 1 4 6 , 1 8 6 , 2 0 5 Gedicht (Annen-) 37f, 165-203,206,253 Gegenreformation 80, 81, 100 Handwerkerbruderschaft •Standesbruderschaft Hexe(rei, -nverfolgung) 32, 245, 248f Humanismus 53, 63-65, 69, 151, 159, 165-203, 205, 239, 240, 253, 262264 Imitatio - sanctorum 41, 4 2 , 1 9 1 , 1 9 7 , 2 0 4 , 228, 253f

-

des vorbildlichen Lebens der hl. Anna 42f, 1 6 6 , 1 7 0 , 1 8 0 , 1 8 4 , 1 8 9 , 1 9 1 - 1 9 4 , 204-254, 257, 263 - durch Leser der Annenschriften »Bildung 160, 166f, 187, 206, 209, 218, 220f, 225, 227f, 248f, 260f, 264 - hinsichtlich des Gehorsams 184, 198,200-202,212f, 218f, 225,253,

262 - hinsichtlich der Liebe 158,168,189, 200f, 212, 218f, 225f, 251-253 Jetzerhandel 58-60 Karmeliter(orden, -kloster, -mönch) 29, 61,67, 83-85, 8 7 , 1 0 7 , 1 0 9 f , 146-153, 174,179, 180, 183,188, 215-217 Kartäuser(orden, - kloster, -mönch) 71, 111, 146, 157, 159, 162, 171, 174, 185,239 Kloster 21, 40, 86, 118, 142, 159, 237f, 239, 240, 250 Kritik der Annenlegende und der Annenverehrung 2 1 - 2 4 , 2 5 , 2 6 , 6 5 , 1 1 5 , 1 3 2 , 135, 137f, 203, 232-236 Laie »Ehe und Familie *Semireligiosität •Verehrer 4 2 , 7 7 , 8 0 , 8 6 , 9 5 , 9 9 , 1 1 8 f , 143, 160, 162f, 170, 194, 213, 226, 235f, 250-264 Laienbruderschaft »Bruderschaft »Standesbruderschaft 79, 8 0 , 1 1 6 , 119 Legendär »Legende 40, 48f, 67, 68, 69, 120, 137, 141-145 Legende 14, 40-42 - der hl. Anna »Vita »Mirakel 14, 32f, 37f, 43, 72, 120-164, 166f, 171-177, 204-253 - in verschiedenen Volkssprachen 163,166f, 167f, 172,173,176,177, 206 Liturgische Texte für den Annentag 32f, 67, 71f, 73, 175,178, 185 Lobrede 180,206

Quellen- und Literaturverzeichnis Macht der hl. Anna *Mirakel *Themen 117,154,158,161,194-203,229,231, 235, 247, 249f, 253, 260, 262 Marienfesttage *Empfängnis Marias *Geburt Marias 21,30, 33,51, 54, 7 4 , 1 4 5 Marienlegende 30, 68, 6 9 , 1 2 0 - 1 2 4 , 1 4 3 , 154,174 Marienverehrung 32, 33, 4 7 , 1 5 1 , 1 6 9 Mirakel 14, 22, 40, 47, 59f, 98, 154f, 208f, 220, 227 - der hl. Anna *Macht *Motive •Strafmirakel * Themen 13f, 19-21, 23, 24, 25f, 4 3 , 4 7 , 7 2 , 9 8 , 1 0 2 , 1 1 2 , 1 1 6 , 1 1 9 , 120f, 145, 146, 154-164, 168, 171, 172,173-176,179,184,194,205,209, 227-252, 260 Motive der Annenvita *Themen des Annenschrifttums - Geburt Annas aus *Emerentia 14, 43, 73, 1 2 1 , 1 4 6 - 1 5 3 , 1 6 8 , 214-218 - Mutter Marias 1 3 , 1 2 1 - 1 4 6 , 1 6 7 , 184, 189 - Trinubium 14f, 22, 26, 30, 43, 68, 120,121,125-141,141-146,162,167, 232-235 - Witwendasein 73, 225 - Tod 73, 168, 225-227 Motive der Annenmirakel *Themen - Jüngling von Doch 92,112,119, 154157, 162, 163, 172, 173, 209, 229, 230, 236, 238f, 250-252 - Erzbischof Prokopius 112, 156-157, 161,164, 230, 250-252 - Rosenkranzbeter 160,209, 229, 236 - Unwillige Verehrerin (Coletta) 157f, 162, 176, 229, 231-233, 250 - Der böse Bischof 161f, 234-236, 250 - Bischof Hugo von Vieh 98, 158,161, 164 - Coletta von Corbie 112, 158, 161f, 164, 229, 230, 232, 236, 250

-

-

385

Birgitta von Schweden 1 5 8 , 1 6 1 , 1 6 4 , 211, 229, 230, 236, 239 Eremit 160-162, 184, 209, 229, 230, 236 Gelre: Frauenkloster, Gastrecht 162, 236f Gelre: Frauenkloster, Reform 162, 237f Gelre: Befreiung eines Mönchs 237 Gelre: Köln - Annenreliquie, Gertrud mit Kröpf 160, 162, 175, 237f Gelre: Köln - Annereliquie, Inkluse mit Zahnweh 1 6 0 , 1 6 2 , 1 7 5 , 237f Gelre: Köln - Annenreliquie, Rettung eines Kaufmannes 98, 160, 162, 175, 237f, 251 Gelre: Rettung bei Schiffbruch 162, 230f Bekehrung des Türken 161, 239f Nachkommenschaft in Lothringen 161, 236, 239, 242f, 251 Rettung einer Frau vor Räubern 159, 240 Ludovicus de Bourbon 159,162, 239 Heilung des Rudolf Agricola 158,162, 177, 239 Der böse Ambagus 241 f, 249 Das arme Ehepaar 242f Mordversuch am Eremiten 162f, 243f, 251 Selbstmordversuch in Tyllana 98, 244f Die Witwe und der Landesherr 245f, 248 Schiffersehepaar und Räuber 98, 229, 245f, 25Of Rettung vor Teufel und Reichtum 247f, 251 Meister Johann aus Sassen 246f, 251 Mönch aus Kloster Herkenrode 163 Gelehrter 163 Schwein der Witwe 163 Pest zu Deventer 163

386

Anhänge

-

Die demütige N o n n e Margaretha 163, 236, 2 3 8 - Strafmirakel an untreuer Verehrerin 163 Neuzeit * Epochenzugehörigkeit •Spätmittelalter »Vorreformation 76, 210, 247f, 2 5 4 - 2 6 4 Patronage der hl. A n n a über Personen, Institutionen, Korporationen »Bruderschaft »Patrozinien 24, 37, 75, 100, 116-119, 158, 160, 162f, 169, 178, 200f,

229, 233, 236, 241, 253,

260,

262 Patronatswesen 33f, 75, 76, 118, 141, 150, 261f Patrozinien der hl. A n n a über Kirchen, Altäre, Kapellen *Bruderschaft 2 4 , 2 6 , 3 3 , 3 4 , 90, 92, 9 3 f , 9 6 , 1 0 4 , 1 0 7 , 113, 176,178f,

231, 242-244, 252, 255

Predigt am A n n e n t a g " T a g 37f, 67, 69f, 114,153 Prozession am Annentag »Tag 18, 104, 106,108,112-114,116 Pseudepigraphie 1 2 3 , 1 4 7 , 1 8 6 Reformation *Epochenzugehörigkeit »Neuzeit »Spätmittelalter • V o r r e f o r mation 1 3 , 2 1 , 2 3 - 2 6 , 4 4 , 5 1 , 8 0 f , 88f, 119, 167, 227, 256f, 2 6 3 Reichtum 22, 30, 9 1 , 1 6 2 , 210, 2 6 0 Religiose(r) »Laie ""Verehrer-Geistliche Personen 21, 86, 101, 111, 1 1 9 , 1 4 2 , 160-163,166, 233-237,250f, 256,261, 263 Reliquie der hl. A n n a »Wallfahrt 19f, 34, 84, 92, 9 4 , 1 1 3 , 1 1 6 , 1 6 0 Rosenkranz(bruderschaft) 183 - zu Ehren Marias 47, 84f, 182, 183,

261 -

zu Ehren Annas 47, 119, 160, 182, 261 Semireligiosität »Laie 77, 7 9 , 1 0 1 , 119 Spätmittelalter *Epochenzugehörigkeit •Neuzeit ' R e f o r m a t i o n »Vorrreforma-

tion 34, 40, 45, 51, 75-77, 100, 195, 254, 256, 258, 262, 2 6 4 Standes(bruderschaft, -patronat der hl. A n n a ) »Bruderschaft »Laienbruderschaft 43, 79, 83, 8 9 - 1 0 3 , 1 0 7 f - Beamte 99f - Berg(bau, -leute, -werk) 23, 30, 90-97 - Frauen * Verehrer-Frau 98, lOOf - Kaufleute und Krämer, Fischer, Seefahrer und Schiffer 87, 97f, 1 0 8 - Tischler 98f, 108 Strafinirakel der hl. A n n a »Mirakel »Motive »Themen 25, 161-164, 228, 231236, 250 210,

T a g der hl. Anna, 26. Juli »Dienstag »Liturgische Texte 21, 33f, 4 7 , 5 5 , 67-74, 92, 94, 96, 104, 106, 111-114, 116, 144f, 167, 169, 178, 182f, 185, 190, 230, 237 T h e m e n des Annenschrifttums »Motive - Ehe und Familie »Ehe und Familie 158, 1 8 8 , 1 9 4 , 2 0 4 - 2 2 7 , 2 3 9 , 2 4 1 - 2 4 5 , 251 - Erziehung »Bildung 192f, 200, 207, 211, 219-221, 225, 259 - Geschlechtsrollenspezifisches Verhalten 193, 206, 218f, 221, 223, 2 4 0 - Gesellschaftliches Ansehen und sozialer Aufetieg 195, 210, 245, 247f, 250f - Gesundheit und Krankheit 171, 195, 237 - Generationenproblematik 225, 206, 224f - Nachkommen »Baumallegorie »Fruchtbarkeit »Verwandtschaft 162, 176, 210, 233, 242, 244f, 250f - Reichtum und A r m u t 162, 195, 209, 210, 237f, 2 4 1 f, 243, 244, 247, 249251 - Schutz Schwacher 240-246, 248-250 - Tod, Todesgefahr, T o t e n e r w e c k u n g und Bestattung 9 8 , 1 9 5 , 2 0 2 , 2 0 9 , 224226, 235f, 241, 244-246, 2 5 0

Quellen- und Literaturverzeichnis Tridentinum 15,26, 58, 80, 227f Verbreitung der Annenverehrung, geographisch 167f Verehrer der hl. Anna 35, 37, 42, 102, 209 - Frau *Standes(bruderschaft, -patronat)-Frau 16, 30, lOlf, 193,206 - Humanisten und Gebildete •Personenregister 2 6 , 3 8 , 4 3 , 5 8 , 6 4 , 6 5 , 9 3 , 1 3 8 , 151,153,159,165-203,207,208,239, 262f - Geistliche Personen *Religiose 193, 230 - Nonnen 230f, 236f, 238, - 'Volk'35,38,119,166,235 - Weltliche Personen *Laie 31, 206, 235f, 239, 259 Verwandtschaftsverhältnisse) 72, 120145,217

387

Vision 59, 149,158,161, 163, 189, 214, 216f, 228, 229f, 236, 245, 250, Vita *Biographie - eines Heiligen 14, 40, 204, 206, 208, 213 - der hl. Anna *Motive *Themen des Annenschrifttums 14, 21, 120-153, 168f, 172, 174, 176, 204-227 Volkstümlichkeit der Annenverehrung *Verehrer-Volk Vorreformation *Epochenzugehörigkeit •Neuzeit *Reformation •Spätmittelalter 26, 29, 35, 44, 166, 195, 262, 264 Wallfahrt(sorte) 18-20, 93f, 105, 163f, 167, 175, 255, 263 Zehn Gebote *Elterngebot 173, 2 0 2 , 2 2 6

3.3.4. Bibelstellen Gen 21,1-7: 13 Ex 20,12: 197 Ex 21,17: 197 Dtn 27,16: 197 ISam 1,9-20: 13 IReg 17,14.17-24: 163 IReg 18,44: 151 Jes 33,1: 233 Ps 150,1: 7 2 , 1 7 3 Cant 4,1: 56 Rut 3,11: 184 Dan 3,16-30: 96 Tob: 149 Mt 1,1-17:

21,122

Mt 2,1-12.16-18:222 Mt 2,13-15: 222, 256 Mt 3,17f: 125 Mt 7,16-20: 205 Mt 10,37: 199 Mt 12,48: 199 Mt 13,44-46: 96 Mt 13,55:125, 127 Mt 13,56: 127 Mt 15,4-9: 197 Mt 16,24: 213 Mk 3,18: 125, 127 Mk 6,3:125, 127 Mk 16,1-8:126, 131

Lk 1,5-15: 13 Lk 1,26-38: 13 Lk 2,4.8-20.21-24: 222f, 256 Lk 3,23-38:122 Lk 23,51:726 Joh 11,1-46: 131 Joh 12,1-8:126 Joh 19,25: 126, 127 Joh 20,11-18: 126 IKor 9,5f: 126 IKor 12,2: 21 IKor 15,7:126 Gal 1,12:131 Gal 1,19:126

Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Eine Titelauswahl 49 Wolfgang Wischmeyer Von Golgatha zum Ponte Molle Studien zur Sozialeeschichte der Kirche im dritten Jahrhundert. 1992. 256 Seiten, kart. 48 Heinrich Holze · Erfahrung und Theologie im frühen Mönchtum Untersuchungen zu einer Theologie des monastischen Lebens bei den ägyptischen Mönchsvätern, Johannes Cassian und Benedikt von Nursia. 1992. 311 Seiten, kart. 47 Wolfram Kinzig In Search of Asterius Studies on the Authorship of the „Homilies on the Psalms". Ed. by M. Richard. 1990. 317 Seiten, kart. 46 Die dänische Reformation vor ihrem internationalen Hintergrund. The Danish Reformation against its International Background. Hrsg. v. Leif Grane. 1990.288 Seiten, kart. 45 J . Marius J. Lange van Ravenswaay Augustinus totus noster. Das Augustinverständnis bei Johannes Calvin. 1990. 203 Seiten, kart. 44 Konrad H a m m a n - Ecclesia spiritualis Luthers Kirchenverständnis in den Kontroversen mit Augustin von Alveldt und Ambrosius Catharinus. 1989. 330 Seiten, kart. 43 Elke Axmacher · Praxis Evangeliorum Theologie und Frömmigkeit bei Martin Moller (1547-1606). 1989. 370 Seiten, kart. 42 T o m G. A. Hardt Venerabiiis et adorabilis Eucharistie Eine Studie über die lutherische Abendmahlslehre im 16. Jahrhundert. Hrsg. v. Jürgen Diestelmann. Aus dem Schwedischen v. Susanne Diestelmann. 1988. VIII, 355 Seiten, kart.

41 Wolfgang Sommer Gottesfurcht und Fürstenherrschaft Studien zum Obrigkeitsverständnis Johann Arndts und lutherischer Hofprediger zur Zeit der altprotestantischen Orthodoxie. 1988. 351 Seiten, kart. 40 Michael Heymel - Das Humane lernen Glaube und Erziehung bei Sören Kierkegaard. 1988. 286 Seiten, kart. 39 Ernst Feil Antithetik neuzeitlicher Vernunft „Autonomie - Heteronomie" und „rational - irrational". 1987. 205 Seiten, kart. 37 Dorothea Wendebourg Reformation und Orthodoxie Der ökumenische Briefwechsel zwischen der Leitung der Württembergischen Kirche und Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel in den Jahren 1573-1581. 1986. 425 Seiten, kart. 36 Ernst Feil · Religio DieGeschichte eines neuzeitlichen Grundbegriffs vom Frühchristentum bis zur Reformation. 1986. 290 Seiten, kart. 35 Samuel Vollenweider Neuplatonische und christliche Theologie bei Synesios von Kyrene 1985. 234 Seiten, kart. 33 Wilhelm-Ludwig Federlin Vom Nutzen des Geistlichen Amtes Ein Beitrag zur Interpretation und Rezeption Johann Gottfried Herders. 1982. 281 Seiten, kart. 32 Jan Badewien • Geschichtstheologie und Sozialkritik im Werk Salvians von Marseille 1980. 211 Seiten, kart. 31 Rudolf Lorenz - Arius judaizans ? Untersuchungen zur dogmengeschichtlichen Einordnung des Arius. 1979. 227 Seiten, kart.

Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen und Zürich