Herausforderung für das Marketing in Forschung und Lehre [1 ed.] 9783896447821, 9783896730022

Die Anforderungen an ein erfolgreiches Marketing sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Verkürzte Technologiezy

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Herausforderung für das Marketing in Forschung und Lehre [1 ed.]
 9783896447821, 9783896730022

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Hans Hörschgen ♦ Michael Froböse (Hrsg.)

Herausforderungen für das Marketing in Forschung und Lehre Dokumentation des Marketing-Symposiums anläßlich des 20jährigen Jubiläums des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft der Universität Hohenheim am 13./14.10.1995 auf Schloß Haigerloch

Verlag Wissenschaft & Praxis

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Herausforderungen für das Marketing in Forschung und Lehre: hrsg. von H. Hörschgen und M. Froböse. Mit Beiträgen von M. Friese ... - Sternenfels ; Berlin : Verl. Wiss, und Praxis, 1996 ISBN 3-89673-002-9 NE: Hörschgen, Hans [Hrsg.]; Friese, Marion [Mitverfasserin];:

ISBN 3-89673-002-9

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 1996 75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

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Printed in Germany

Vorwort An der ursprünglich rein landwirtschaftlich orientierten Universität Hohen­ heim wurde im Jahre 1974 das Institut für Betriebswirtschaftslehre gegründet. Im Wintersemester 1975/76 nahm auch der Lehrstuhl für Absatzwirtschaft seine Arbeit auf. Aus Anlaß des nun 20jährigen Bestehens des Lehrstuhls fand zu Beginn des Wintersemesters 1995/96 auf Schloß Haigerloch ein MarketingSymposium statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen Fragen zur Zukunft des Marketing in Forschung und Lehre, über die - aus der Sicht von Wissenschaftlern und Praktikern - in angenehmer Atmosphäre zwar teils kontrovers, immer aber konstruktiv diskutiert wurde.

Allen Beteiligten möchten wir an dieser Stelle für ihre Mitwirkung an dem Symposium - sei es als Vortragende, als Teilnehmer, als Diskutanten oder Organisatoren - herzlich danken; bei der Bewältigung der redaktio­ nellen Aufgaben hat uns Erich Klaus tatkräftig unterstützt. Besonderen Dank aber schulden wir unseren Sponsoren - Fachverband Beton- und Fertigteilwerke Baden-Württemberg e.V., debis AG, Hewlett Packard GmbH, Verein .Attraktives Stuttgart“ e.V. -, ohne deren finanzielle Unterstützung das Symposium selbst nicht stattgefunden hätte, sowie Arthur Andersen & Co. GmbH, EMDS Consulting GmbH und Gemini Consulting GmbH für ihren Beitrag zu den Druckkosten dieser Doku­ mentation.

Stuttgart, Juli 1996

Hans Hörschgen Michael Froböse

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Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort..........................................................................................................5 Inhaltsverzeichnis .......................................................................................7

20 Jahre Lehrstuhl für Absatzwirtschaft Begrüßungsansprache anläßlich des Lehrstuhl­ jubiläums von Prof. Dr. Hans Hörschgen..................................................... 9

Teil A: Strategisches Marketing Entwicklungstendenzen und Zukunftsperspektiven des Strategischen Marketing (Andrea Hellwig-Beck)............................... 31

Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing (Ralf Steinbach)...........................................................................................49

Ergebnisse der Diskussion......................................................................... 83

Teil B: Marketing für Dienstleistungsanbieter und Non-Business-Organisationen Vom Produkt- zum Dienstleistungs-Marketing (Marion Friese) ............................................................................................87

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Inhaltsverzeichnis

Die Bedeutung des Strategischen Marketing für Non-Business-Organisationen (Andreas Kaapke) .................................99

Ergebnisse der Diskussion..................................................................... 109

Teil C: Implikationen aktueller Entwicklungstendenzen in Wirtschaft und Gesellschaft für die Hochschul­ ausbildung Das Konzept der Handlungskompetenz als Basis für eine Reform der Hochschulausbildung (Angelika Hilger) .............................. 113

Die Bedeutung der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen im Rahmen der universitären Ausbildung von Wirtschafts­ wissenschaftlern - Befunde einer empirischen Untersuchung (Michael Froböse)..................................................................................... 129

Möglichkeiten zur Förderung der Handlungskompetenz in der universitären Ausbildung von Wirtschaftswissenschaftlern (Michael Froböse)......................................................................................141

Ergebnisse der Diskussion....................................................................... 151

Zu den Autoren..........................................................................................155

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20 Jahre Lehrstuhl für Absatzwirtschaft Begrüßungsansprache anläßlich des Lehrstuhl­

jubiläums von Prof. Dr. Hans Hörschgen

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

bevor wir mit den Hauptthemen des Symposiums beginnen, gestatten Sie mir eine kleine Rückschau auf „20 Jahre Lehrstuhl für Absatzwirtschaft“, bei der ich den Versuch unternehmen möchte, Ihnen zu zeigen, daß die drei großen Themenbereiche, die wir im Rahmen dieses Symposiums behandeln werden, keine willkürlichen Zufallsprodukte sind, sondern daß sich die Beschäftigung mit diesen Themen vielleicht nicht gerade nahtlos, aber doch mehr oder minder organisch entwickelt hat. Bevor ich jedoch damit anfange, will ich die Gelegenheit nutzen, unseren Sponsoren zu danken, die es ermöglicht haben, daß wir die Veranstal­ tung durchführen und uns hier in diesen schönen Räumlichkeiten treffen können. Es sind - in alphabetischer Reihenfolge - die debis AG, der Fachverband Beton- und Fertigteilwerke Baden-Württemberg e.V., die Hewlett-Packard GmbH und der Verein .Attraktives Stuttgart“ e.V.

Bei der Darstellung der Aktivitäten des Lehrstuhls fange ich in guter Mar­ keting-Manier bei unseren wichtigsten „Kunden“ an, d.h. bei unseren Stu­ denten. Ich habe im Verlauf der letzten 20 Jahre über 900 Studenten im Fach Marketing erfolgreich zum Examen geführt. Analysiert man, wie sich die Zahl in zeitlicher Hinsicht entwickelt hat, so zeigt sich folgendes: Die (jährlichen) Studentenzahlen haben sich bei mir in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. Das ist, wenn man Studenten als Kunden ansieht 9

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und wenn man ihre Zahl als Maßstab für den eigenen Erfolg ansieht, sehr erfreulich; aber wenn man in einer staatlichen Institution tätig ist und in das dort übliche finanzielle Korsett eingezwängt ist, dann stellen ständig steigende Zahlen bei gleichbleibender finanzieller Ausstattung nicht un­ bedingt einen Grund zur Freude dar. Im Gegenteil! Je mehr die Politiker die Forderung stellen, daß möglichst vielen Studierwilligen der Zugang zu den Universitäten eröffnet wird - was ja sehr erfreulich ist - und je mehr sie fordern, daß die Verweildauer der Studenten an den Universitäten möglichst reduziert wird - was an sich auch sehr erfreulich ist -, desto mehr sollten sie sich eigentlich bewußt sein, daß man dieses „mehr und schneller“ nicht anders lösen kann als dadurch, daß man de facto eine „schlechtere Ausbildung“ bietet. Wir werden später möglicherweise noch Gelegenheit haben, nach dem Vortrag von Herrn Steinbach über Total Quality Management, die Alterna­ tiven gut, teuer, schnell und billig zu diskutieren; denn bei den gegebenen Rahmenbedingungen an den Universitäten gilt, daß mehr Studenten bei gleichbleibender Ausbildungskapazität eine schlechtere Betreuung be­ deuten. Aussagefähig ist in diesem Zusammenhang die sog. Betreuungs­ relation, die ich, da sie einen interessanten Indikator darstellt, kurz erläu­ tern möchte. Es gibt einen Bundesdurchschnitt, der bei etwa 17 liegt, d.h. auf einen Dozenten kommen 17 Studenten. In den neuen Bundesländern liegt dieser Faktor bei acht. Bei den Agrarfakultäten dieser Universität be­ trägt der Faktor ebenfalls acht. Bei den Betriebswirten dieser Universität betrug der Faktor vor zwei bis drei Jahren, als eine entsprechende Be­ rechnung durchgeführt wurde, 32 - d.h. ein Dozent war für 32 Studenten zuständig, und bei meinem Lehrstuhl betrug vor einigen Jahren die Be­ treuungsrelation 1:40, d.h. 100 Studenten waren durch insgesamt 2,5 Lehrende zu betreuen. Wenn man sich ergänzend dazu auch noch vor­ stellt, daß z.B. in Rußland eine Betreuungsrelation von 1:3 besteht, dann mag die Größe von 1:40 etwas von dem auszudrücken, was ich z.T. als Streß, als zeitliche Überforderung, als psychische Belastung empfunden

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habe. Insoweit bin ich froh, daß es dazu gekommen ist, diesen Trend, immer mehr Studenten am Lehrstuhl unterzubringen, umzukehren: Ich habe die - aus meiner persönlichen Belastungssituation heraus äußerst erfreuliche - Nachricht zu vermelden, daß seit etwa zwei Jahren die Nachfrage nach dem Fach Marketing deutlich zurückgeht. Warum? War es ein Demarketing-Effekt, ist das Marketing insgesamt als Modefach nicht mehr so attraktiv oder sind andere Lehrstühle, wie z.B. Controlling, Internationales Management, Wirtschaftsinformatik, für Stu­ denten interessanter geworden? Wie jeder „Erfolg“ ist auch dieser Rück­ gang der Studentenzahlen multikausal und multifaktoriell zu erklären. Da gibt es sicher einige organisatorische Veränderungen an unserem Lehr­ stuhl, die sich in diese Richtung ausgewirkt haben, ich habe mich auch gegenüber den Studenten niemals mit der Auffassung zurückgehalten, daß Marketing ein besonders stark nachgefragtes Fach ist, daß die Be­ treuungsrelation schlecht ist und in Zukunft noch schlechter wird. Wir können stolz sein, daß wir trotz derartiger Rahmenbedingungen eini­ germaßen über die Runden gekommen sind, und ich könnte mich glück­ lich schätzen, daß ich nicht auch noch einen Herzinfarkt bekommen habe. Ich muß Ihnen aber ganz offen gestehen, daß aufgrund dieser Gegeben­ heiten bei mir große Zweifel an der Universität als Selbstverwaltungsinsti­ tution entstanden sind! Ich spreche insoweit der Universität weitgehend die Fähigkeit ab, für eine ressourcengerechte Ausstattung zu sorgen, weil letztlich viele Entscheidungen, die von der Universität getroffen werden, von der Mehrheit in nicht frei gewählten Gremien gefällt werden, und wenn z.B. eine bestimmte Fakultät bzw. ein Institut die Gremien zahlen­ mäßig dominiert, dann ist schwerlich anzunehmen, daß sie Entscheidun­ gen zuläßt, die ihren (seinen) Interessen nicht dienen. Leider hat es sehr lange gedauert, bis ich gelernt habe, diese Verhältnisse als gegeben hin­ zunehmen und mein strategisches Verhalten auf diese Rahmenbedin­ gungen abzustimmen.

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Nach den Studenten (wenn ich Studenten sage, meine ich natürlich auch Studentinnen!) schauen wir uns jetzt die zweite Leistungsgröße an - die Mitarbeiter(innen). Ich habe angedeutet, daß sich in den letzten zehn Jah­ ren die Zahl der Studenten bei mir verdreifacht hat; aber die Mitarbeiter­ zahl ist bei 2,5 BAT-Stellen geblieben. Erst jetzt, ganz zum Schluß, habe ich eine zeitlich befristete zusätzliche Punktestelle (geprüfte wissen­ schaftliche Hilfskraft) erhalten.

Bei den Assistenten hatten wir - die älteren von Ihnen wissen das - früher die Regelung, daß bei vier Jahren (geplanter) Gesamtverweildauer die ersten zwei Jahre halb bezahlt, ganz gearbeitet, die zweiten zwei Jahre halb bezahlt und nicht für die Universität, sondern für die Dissertation ge­ arbeitet wurde. Das war die Idee, aber sie hat sich nicht bewährt, und ich habe sie aufge­ geben; denn im Laufe ihrer „Präsenz-Zeit“ machten die Mitarbeiter viele Überstunden - nicht weil sie Spaß daran hatten, sondern weil es notwen­ dig war, um einen ordnungsgemäßen Ablauf des Studiums sicherzustel­ len, so daß schließlich die Mitarbeiter z. T. für drei und mehr Jahre von mir noch bezahlt wurden, aber im Prinzip nicht mehr für die Universität arbeiteten. Und ich stand irgendwann fast vor dem Bankrott, ich hatte nur noch einen Mitarbeiter. Jedoch hat meine Bankrottandrohung dann die Universitäts-Verwaltung veranlaßt, mir mit einer Überbrückungsfinanzie­ rung unter die Arme zu greifen.

Was bei den Mitarbeitern noch interessant ist, ist die Tatsache, daß wir zu Beginn eine reine Männergesellschaft waren. Im Laufe der Zeit „verweiblichte“ die Assistentenschaft, wir hatten plötzlich mehr Frauen als Männer. Es gab eine Zeit, da existierte nur noch ein einziger AlibiAssistent männlichen Geschlechts - was natürlich die Frauenbeauftragte der Universität sehr freute.

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Die Mitarbeiter in der Form von Assistenten sind sozusagen das eine Potential, die Mitarbeiter in der Form von „Frau G. aus P.“ das andere. Also Frau Gurk und Frau Gehrung, beide wohnhaft in Plattenhardt, sind, Sie wissen es, seit über zehn Jahren sozusagen die guten Seelen des Lehrstuhls. Sie haben im Laufe der Zeit dazu beigetragen, daß wir in die­ sen z.T. sehr turbulenten Zeiten nicht völlig durchdrehten.

Bei den Assistenten gibt es noch etwas zu erwähnen, was eigentlich selbstverständlich ist, aber oft übersehen wird: Assistenten sind in einem permanenten Zielkonflikt. Auf der einen Seite erhalten sie vom Staat Geld und sollen dafür für die Universität etwas leisten, auf der anderen Seite sind sie aber primär an die Uni gegangen, um zu promovieren. Zwischen diesen beiden Polen, Mitarbeit am Institut und Promotion, bestehen in nachfragestarken Fächern naturgemäß Spannungen. Die Tatsache, daß am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft in 20 Jahren nur elf Promotionen ge­ schafft wurden, ist sicherlich mit darauf zurückzuführen, daß die Bela­ stung der Mitarbeiter in Lehre, Forschung oder auch in der Lehrstuhlver­ waltung sehr stark war. Auf der anderen Seite stellen elf Promotionen, verglichen mit anderen BWL-Lehrstühlen in Hohenheim, immer noch eine respektable Leistung dar. Ich habe unsere Promotionen in ein Zeit-Raster eingetragen und stelle gewisse Regelmäßigkeiten fest; denn die Promotionen in der Vergangen­ heit erfolgten immer in Form von „Viererbanden“. In den Jahren 19811983: Wagner, Hildenbrand, Kachel und Strobel, die ersten vier. Dann eine gähnende Leere. 1986-1989 folgte wieder eine Viererbande: Müller­ schön, Kirsch, Gaiser, Killes und dann erneut gähnende Leere. Erst 1994 fing es wieder an; 1994 Froböse, 1995 Käßer-Pawelka und Hofmann.

Auf dieser Informationsbasis aufbauend könnte man - da eine genügend große Zahl von Vergangenheitswerten vorliegt - versuchen, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Dabei müßte man natürlich von einer Konstanzan­

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nähme ausgehen. Und das ist nun ganz und gar nicht der Fall; denn seit etwa drei Jahren wurde mit dem Doktoranden-Seminar eine Institution ins Leben gerufen und auch realisiert, die nach meiner Auffassung zu relativ frustfreien und konstruktiven, wenn auch gelegentlich kontroversen Ge­ sprächen über die einzelnen Dissertationen beiträgt. Ich hoffe, daß dieje­ nigen, die in diesem Gremium präsentieren müssen oder dürfen, das auch so sehen. Wir haben so eine ganze Menge an Fortschritten erzielt, so daß ich Anlaß habe zu vermuten, daß 1996 ein außerordentlich guter Promotions-Jahrgang wird. Die vielen Namen, die ich hier aufgelistet ha­ be, alle zu nennen, dazu reicht die Zeit nicht. Aber diejenigen, an die ich jetzt denke, wissen Bescheid - und ich hoffe, daß sie mich nicht enttäu­ schen. Assistenten promovieren und gehen dann in die Praxis. Einer hat sich den Verlockungen der Praxis widersetzt und ist dankenswerterweise an der Universität verblieben: Herr Froböse hat sich entschlossen zu habili­ tieren, was ich außerordentlich erfreut zur Kenntnis genommen habe. Ich hoffe, daß er lange - aber nicht zu lange - am Lehrstuhl bleibt. Die Marktchancen sind im Augenblick, so glaube ich, sehr gut. Ich habe bislang versucht, etwas zu den Studenten zu sagen, ich werde später aber nochmal - wenigstens kurz - auf sie eingehen. Ich habe dann über die Leistungsträger gesprochen und komme jetzt zum dritten Punkt, unseren Forschungs- und Studienschwerpunkten.

Was haben wir in diesen 20 Jahren gemacht? Es ist fast schon erhei­ ternd, nach einer gewissen zeitlichen Distanz wieder in den Diplomarbei­ ten zu blättern. Ich möchte Ihnen einfach mal die Titel der ersten zehn Diplomarbeitsthemen der 70er Jahre und dann die letzten zehn Diplom­ arbeiten vorlesen und Sie werden merken, daß das, was man unter ei­ nem Lehrstuhl für Marketing bzw. für Absatzwirtschaft, wie wir noch im­

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mer heißen, subsumieren kann, ein ziemlich weites Spektrum abdeckt. Angefangen hat es so: • Die Methoden der Ideenfindung als Ansatzpunkte zur Verbesserung des Innovationsprozesses • Möglichkeiten und Grenzen der Wertanalyse • Das betriebliche Informationswesen als Ansatzpunkt zur Ökonomisie­

rung im Handel • Die Auswahl von Lieferanten im mittelständischen Handel

• Checkliste verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse für die Gestal­ tung der Werbung auf dem Konsumgütersektor, dargestellt am Beispiel Bier • Der Gewinnbeitrag des Sonderangebots im Einzelhandel • Der Einsatz von Displaymaterial im Einzelhandel • Auswirkungen von Arbeitszeitverkürzungen auf die Marktchancen des Handwerks - dargestellt am Beispiel der Auswirkungen unterschiedli­ cher Formen der Arbeitszeitverkürzung auf die Entwicklung der Ab­ satzmärkte im Ausbaugewerbe Baden-Württembergs • Der Wettbewerb im Handel - Pragmatische Überlegungen zum Wett­ bewerb im Einzelhandel unter besonderer Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen • Werbeerfolgskontrolle in der Industrie - Eine empirische Querschnitts­ analyse Das waren die ersten zehn Themen - und nun die letzten zehn der mitt­ lerweile insgesamt 180 Arbeiten:

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• Erfolgsfaktoren im mittelständischen Einzelhandel • Strategisches Handelsvertreter-Marketing

• Überlebensstrategien für den mittelständischen Einzelhandel • Die Bedeutung der USA für Marketing-Entwicklungen in Deutschland Die Entwicklung und Anwendung eines Transfer-Rahmens für USTrends

• Strategisches Regional-Marketing • Ansatzpunkte zur Verbesserung von Verkaufsgesprächen - Ergebnisse der Kommunikationsforschung und ihre Bedeutung für den persönli­ chen Verkauf • Die Bedeutung von Management und Personal als Erfolgsfaktoren im Filialbetrieb • Eigenschaften und Verhalten des erfolgreichen Verkäufers • Schlüsselqualifikationen - Karrierebausteine für Führungskräfte und Mitarbeiter • Qualitätsmanagement und Zertifizierung bei Dienstleistungsunterneh­ men - dargestellt am Beispiel einer Handelsvertretung Insgesamt also eine enorme Bandbreite an Themengebieten, wobei der dem Marketing gegenüber kritisch Eingestellte durchaus fragen könnte: Gehört das denn noch zum Marketing? Es ist in der Tat so, wir haben uns, ich glaube das gilt nicht nur für unseren Lehrstuhl, zum Teil sehr, sehr stark von unseren Anfängen wegbewegt.

Neben dieser zeitlichen Ordnung von Diplomarbeiten (die auch als Indika­ tor für die Veränderung in der Forschung dienen kann) will ich versuchen,

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die Inhalte unserer Forschungsstudien und -Publikationen zu Clustern. Wir haben zunächst einen Bereich, den man mit Instrumentelles Marketing umschreiben kann - Marketing als Instrument zur Verbesserung des Ab­ satzes. Bei dieser funktionalen Orientierung - wen wundert das - steht seit über 20 Jahren, um es genau zu sagen: seit 27 Jahren ein Begriff im Raum: NDH. Und dieser NDH hat ganze Generationen von Mitarbeitern „tangiert“. Ich habe mir die Vorworte des „Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing“ einmal angeschaut und (mit einer Ausnahme) keinen Mitarbei­ ter gefunden, der nicht in irgendeiner Form in irgendeinem Vorwort er­ wähnt ist. Die erste Auflage, an der „Hohenheim“ mitgewirkt hat, war die 9. Auflage (1976). Sie stellte eine kleine Überarbeitung dar, an der z.B. Herr Seeger mitgearbeitet hat. Dann die 14. Auflage (1985) - da war Frau Gehrung das erste Mal namentlich erwähnt. Es folgte die 15. Auflage (1988), wo erst­ mals versucht wurde, dieses bis dato ausschließlich instrumentell ausge­ richtete Marketing-Buch in bezug auf das Strategische Marketing zu er­ gänzen; ferner wurde das Glossar erarbeitet und hinzugenommen. Und jetzt (1994) die 17. Auflage. Ich möchte meine Anmerkungen zum NDH kurz fassen und nur eine Buchbesprechung zitieren, die gerade vor 14

Tagen in der Marketing-ZFP erschienen ist. Dort steht: „Die 17. Auflage präsentiert sich als ein Standardwerk des Marketing, dem nichts fehlt, was interessierte Leser suchen. Es ist in seiner Geschlossenheit, Umfas­ sendheit und Prägnanz ohne Konkurrenz, und die Autoren sichern mit der 17. Auflage auch die Aktualität und Modernität, die gerade dieses Fach braucht.“ Im instrumenteilen, funktionalen Marketing setzen wir sonst die Schwer­ punkte primär in den Diplomarbeiten. Ich habe in unseren Dissertationen gestöbert und finde eigentlich nur bei Herrn Strobel instrumentelle Ansät­ ze der Marktforschung. In kleinem Ausmaß ist auch bei anderen Disser­

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tationen etwas hierzu enthalten - explizite instrumentelle Bezüge finden sich aber in keiner unserer Dissertationen.

Daneben gab es Praxisprojekte mit stark funktionaler Ausrichtung, die eine größere Anzahl der Mitarbeiter in irgendeiner Form miterlebt haben, z.B. in den Bereichen Distribution, Außendienst, Channel-Management. In jüngerer Zeit sind mit der Kommunikation - insbesondere der persönli­ chen Kommunikation und der PR - weitere instrumentelle Themen hinzu­ gekommen. Der zweite Bereich, mit dem wir uns seit einiger Zeit befassen, ist das Strategische Marketing. Es wird von uns als Hilfsmittel verstanden, das dazu beiträgt, erfolgsversprechende Wettbewerbspositionen zu schaffen und die Frage zu beantworten, wie man langfristig erfolgreich sein kann. Es unterstützt die Suche nach einer Erfolgsposition für Unternehmen. Dabei geht man von dem ursprünglich engen Marketing-Begriff ab und geht stark in die Richtung von Management-Überlegungen. Wir werden morgen sicherlich eine, so denke ich, recht kontroverse Diskussion haben über die Frage: Wer trägt denn nun entscheidend dazu bei, die Wettbe­ werbsfähigkeit von Organisationen zu verbessern - primär das Marketing oder das Management?

Bezüglich strategischer Überlegungen finden sich im Rahmen unserer Dissertationen eine Vielzahl von Ansatzpunkten, Herrn Kirsch und Frau Gaiser möchte ich in diesem Zusammenhang nennen, aber auch die Her­ ren Lotz und Steinbach, deren Arbeiten ich leider noch nicht gelesen ha­ be, und schließlich Herrn Käßer-Pawelka mit seinen „ökologiefocussierten“ Marketing-Überlegungen. Insgesamt haben wir nur selten Strategisches Marketing im Sinne von Grundlagenforschung betrieben, sondern immer versucht, den Anwen­ dungsbezug herzustellen - d.h. Strategisches Marketing in einem konkre-

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ten Kontext zu sehen. Dabei hat die von mir geleitete Forschungsstelle FORAM die Leitidee beigesteuert: FORAM steht für „Forschungsstelle für Angewandtes Marketing“ und widmet sich v.a. der Frage, wie man mar­ keting-relevantes Wissen in der Praxis anwenden kann. Wir haben bei dieser Anwendung bestimmte Bereiche besonders betont: Wir konzen­ trierten uns einmal auf mittelständische Unternehmen als AnalyseBereich, wir haben uns dann in einem starken Ausmaß mit NonBusiness-Institutionen und in letzter Zeit verstärkt mit Dienstleistungen beschäftigt. Viele Dissertationen sind hier angesiedelt: Frau Friese, Frau Hellwig-Beck, Herr Kaapke und Frau Pattberg promovieren in diesem Be­ reich. Aber selbst die Dissertation von Herrn Hildenbrand, deren Ab­ schluß schon zwölf Jahre zurückliegt, würde ich in den Bereich des NonBusiness einordnen.

Neben den Dissertationen im Bereich des Strategischen Marketing ent­ standen eine größere Zahl interessanter Praxis-Kooperationen in diesem Kontext - unter anderem mit dem VDAW, mit der Stadt Stuttgart bzw. mit dem Verein Attraktives Stuttgart, dann - vielleicht nicht ganz so erfolgreich - mit dem Staatstheater, wobei das „nicht so ganz erfolgreich“ primär nicht daran lag, daß wir nicht gut waren, sondern die anderen haben nicht ver­ stehen wollen oder können, was wir ihnen an guten Ideen geliefert hatten. Persönlich engagiere ich mich auch in diesem Bereich. Ich bin beim Schwäbischen Turnerbund in einer Marketing-Kommission und fungiere da gewissermaßen als „Chefstratege“. Ferner habe ich seit zwei Jahren ein Aufsichtsratsmandat bei der MBW; wir versuchen dort, die Vermark­ tung von Agrarprodukten aus Baden-Württemberg zu unterstützen. Der dritte Bereich unserer Forschungsaktivitäten läßt sich mit Internatio­ nale Orientierung überschreiben. Internationaler Orientierung entstammte Anfang der 80er Jahre mein Versuch, im pazifischen Raum - in Hawaii und in Japan - zu lernen, „was die da drüben machen“. Warum sind die Japaner so erfolgreich oder was ist das Charakteristische der Ausbildung

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in Amerika? Dann gab es eine relativ lange Pause im internationalen Segment, in der zweiten Phase haben wir mit China angefangen. Ich bin gerade vor zwei Wochen aus China zurückgekehrt, wo ich das fünfte Mal gewesen bin, um Manager auszubilden. Das erste Mal war ich 1985 da, diesmal war ich nicht alleine, sondern mit .Assistentin“; ich vermittelte die allgemeinen Grundlagen des Marketing, Frau Hilger führte dann das Se­ minar zu Ende. Daneben haben wir eine „Strategische Geschäftseinheit“ in Rußland. Ich war 1992 und 1993 alleine da, habe versucht, russische Studenten, Dozenten und Manager im Bereich Marketing zu unterrichten. Im Dezember gehen wir zu dritt nach Moskau; Frau Hellwig-Beck, Herr Kaapke und ich führen dort ein Zwei-Tages-Seminar durch.

Auslöser für dieses Rußland-Seminar ist ein Projekt, auf das ich unbe­ dingt eingehen will, weil ich mich darüber außerordentlich gefreut habe. Ich war im Jahre 1990 mit mehreren Anfragen vom DAAD konfrontiert: Sind Sie bereit, Russen aufzunehmen? Irgendwann habe ich trotz meiner Überlast akzeptiert und zwei russische Wissenschaftler, Prof. Minko aus St. Petersburg und Herrn Makarov aus Ishewsk, eingeladen. Sie haben bei uns hospitiert, Makarov ein ganzes Jahr, Minko drei Monate. Im nachhinein war es ein Glücksgriff; denn sie haben u.a. dazu beigetragen, ein Marketing-Buch für Rußland zu erstellen. Verständlicherweise erfolgte dabei teilweise ein Rückgriff auf den NDH.

In diesem Zusammenhang erwies sich übrigens die Gültigkeit einer Aus­ sage von Saint-Exupery: Wenn man von jemandem will, daß er ein Schiff baut, muß man ihm nicht zeigen, wie man Bohlen behaut, sondern muß ihn die Sehnsucht nach der großen weiten Welt lehren. Analog gilt: Wenn man einen Russen dazu bringen will, ein Marketing-Buch zu übersetzen, muß man ihm keine Lexika geben, sondern man muß ihm vermitteln, was Markt und Marketing bedeuten. Das hat bei uns acht oder neun Monate gedauert, aber dann war die Übersetzungsarbeit schnell und anscheinend gut bewerkstelligt. Das war 1991, dann gab es drei Jahre, in denen wir

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zeitweise bis zu 40 mal pro Tag versucht haben, ein Fax nach Rußland abzuschicken; ich war dreimal „drüben“ und habe mit dem Verlag verhan­ delt. Aber, was lange währt, wird endlich gut - nach über vier Jahren ist das Buch mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren auf den Markt ge­ kommen, und es ist etwas Besonderes geworden: Das russische Komitee für höhere Bildung, dem dieses Buch vorgelegen hatte, hat es als das erste Marketing-Lehrbuch für russische Universitäten empfohlen. Daraufhin starteten wir in den Stuttgarter Medien eine Pressekampagne. Einer der Journalisten, der bei uns war, titelte "Marx ist tot, jetzt kommt Hörschgen". Ich fühlte mich verständlicherweise sehr geschmeichelt. Die Stuttgarter Zeitung hat etwas anderes gemacht, nicht ganz so aufwendig. Wir erhielten wohl auch aufgrund dieser Öffentlichkeitswirkung von der Universität 6.000 DM, damit wir im Dezember nach Rußland gehen kön­ nen, um dort unser Seminar abzuhalten; es könnte sein, daß wir bald eine „Filiale“ in Moskau eröffnen.

Ein zweites internationales Projekt ist leider nicht so erfolgreich verlaufen - jedenfalls bislang noch nicht. Es betrifft die Vermarktung des Buchs „Marketing-Strategien“. In dieser Angelegenheit unternahm ich in Rußland mehrere Anläufe, aber schlußendlich erhielt ich eine Absage. In China versuchte ich ebenfalls, das Buch zu lancieren, hatte eigentlich schon 1993 eine Quasi-Zusage von einem Verleger, und als ich jetzt nochmal in China war, tat dieser so, als wüßte er von nichts: Ohne VorabDruckkostenzuschuß ist nichts zu machen, d.h. ich muß erst einmal einen Sponsor suchen, der bereit ist, 6.000 DM zu investieren. Ob es dann eine neue Headline gibt: „Mao ist tot, jetzt kommt..." ? Wir haben im Internationalen Bereich in der letzten Zeit insgesamt zuge­ legt, nicht nur in Rußland und China; Frau Hilger ist mit ihrer Dissertation im Bereich des Internationalen Marketing tätig, sie versucht die Erfolgs­ bedingungen für deutsche Unternehmen in Südostasien zu klären. Frau

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Friese ist vor kurzem aus Amerika zurückgekommen, wo sie aufgrund eines Stipendiums forscherisch tätig war. Ich weilte Anfang des Jahres in Neuseeland und hielt einen Vortrag über ,A Holistic Concept of Education in Business Administration“. Sie sehen also, wir sind „unglaublich interna­ tional“. Neben dem Instrumentellen Marketing, dem Strategischen Marketing, der internationalen Ausrichtung kommt nun der letzte Bereich, mit dem wir uns beschäftigen: die Aus- und Weiterbildung. Ich habe zwar, einige von Ihnen können sich daran erinnern, bereits 1979 bei Praktikern eine Um­ frage darüber durchgeführt, was sie von wirtschaftswissenschaftlichen Absolventen erwarten, und ich bin 1980 und 1981 in Hawaii gewesen, vor allem, um die US-amerikanische Ausbildung kennenzulernen. Dann war lange Zeit Pause. Erst 1992/93 führten wir eine neue empirische Studie in diesem Gebiet durch - angeregt durch die Erfolgsfaktorenforschung. Die Erfolgsfaktorenforschung versucht herauszufinden, welche Faktoren ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich machen. Analog stellten wir die Frage: Was sind die Faktoren, die den Erfolg eines wirtschaftswissen­ schaftlichen Absolventen, eines Marketing-Kandidaten nachhaltig beein­ flussen? Wir haben dazu eine Studie mit vielen Variablen durchgeführt ganz sind die Auswertungen immer noch nicht beendet. Heraus kam eine im Prinzip vernichtende Kritik an verschiedenen Aspekten der universitä­ ren Ausbildung. Die Kritik betrifft vor allem die Vermittlung des Fachwis­ sens. Dieses Fachwissen, das man in der Universität geboten bekommt, ist letztlich nicht so viel wert, wie man vermutet; denn es gibt keinerlei sig­ nifikanten Zusammenhang zwischen der Examensnote, die an der Uni­ versität wohl primär als Indikator für das Fachwissen gelten kann, und dem späteren Berufserfolg. Andererseits korrelieren Aspekte, die man unter den Begriffen Sozialkompetenz bzw. Social Skills subsumieren kann, sehr hoch mit späterem Erfolg.

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Das war ein zentraler Befund unserer Untersuchung von 1993. Studien sind aber nur dann etwas wert, wenn man versucht, Konsequenzen dar­ aus zu ziehen. Wir haben das seit 1993 getan und uns verstärkt Gedan­ ken über eine Verbesserung der Ausbildung gemacht; der Knick in der Nachfrage nach dem Fach Marketing hängt allerdings höchstens mittelbar damit zusammen! Die Frage, was die universitäre Ausbildung eigentlich will und was ihr Ziel ist, hat sich in diesem Zusammenhang übrigens als gar nicht so banal erwiesen, wie es zunächst den Anschein hat. Diese Frage berührt im Prinzip alle Non-Business-Institutionen: Eines der zentralen Probleme im Non-Business-Bereich besteht darin, daß es kaum operationale Ziele gibt. Solange im universitären Bereich keine klareren Zielvorstellungen beste­ hen und offensiv verfolgt werden, werden auch die Akzeptanzprobleme der Universitäten nach meiner Einschätzung bei allen Interessengruppen noch größer. Aber wir beließen es nicht bei Klagen, sondern investierten in den letzten zwei Jahren sehr viele Arbeitsstunden in diesen Bereich. Wir entwickelten ein neues Konzept der Ausbildung: ein ganzheitliches Konzept (Holistic Concept), das man auch mit „Lernziel Handlungskompetenz“ umschrei­ ben kann und über das wir morgen etwas hören werden. Wir stellten fest, daß es sehr viel wichtiger ist, Methodenkompetenz zu vermitteln und Handlungskompetenz einzuüben, als ausschließlich Fachwissen anzu­ häufen.

Die Fähigkeit, Probleme zielbezogen zu analysieren und zu lösen, ist eine Erfolgsbedingung. Gerade in der heutigen Zeit braucht es - um Probleme gemeinsam mit anderen zu lösen und bei dem Zusammenarbeiten mit Dritten - darüber hinaus soziale Kompetenz. Dabei stellt sich durchaus die Frage, ob es an den Universitäten die Möglichkeiten gibt, die soziale

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Kompetenz zu verbessern, oder ob diese Aufgabe anderen Institutionen überlassen bleiben muß.

Ferner führten wir eine Studie durch, bei der wir Unternehmer bzw. Ma­ nager sowie Politiker befragt haben, wie ihre Idealvorstellung einer wirt­ schaftswissenschaftlichen Ausbildung aussieht und wie sie die konkrete Situation an den Hochschulen bewerten. Wir befragten Professoren un­ terschiedlichster Universitäten, wie ihr „Ideal“ aussieht und wie sie die reale Situation einschätzen, und wir haben in einer weiteren Fragerunde dasselbe bei Studenten erhoben. Dabei verwendeten wir neben konkre­ ten Items das Polaritätenprofil von HOFSTÄTTER, verdichteten die In­ formationen durch eine Faktorenanalyse und stellten fest, daß zwischen Ideal- und Realsituation teilweise erschreckend große Unterschiede be­ stehen.

In gewisser Weise bietet diese Analyse einen Erklärungsansatz für das oft kolportierte Desinteresse an der universitären Ausbildung, das sich auch im Ausspruch eines Medizinprofessors widerspiegelt: „Wenn man einen Artikel schreibt, bringt das Ehre, wenn man Patienten behandelt, bringt das Geld, wenn man sich mit Studenten abgibt, bringt das Ärger.“ Ich habe das Gefühl, daß eine solche Grundeinstellung existiert, daß kei­ ner so richtig daran denkt, die Probleme im universitären Ausbildungssy­ stem anzugehen, und daß selbst von Studenten keine Initiative zu erwar­ ten ist: Ihre Idealvorstellungen sind so weit von der Realität entfernt, daß diese Diskrepanz auch auf sie demotivierend wirkt. Der Bereich der Ausbildungsorientierung ist für mich zur Zeit von höchster Bedeutung - bei meinen Mitarbeitern ist die Identifikation mit diesem Thema nur in Grenzen festzustellen. Ausbildung ist nicht nur ein äußerst reizvolles Thema, ich gehe auch von der Annahme aus, daß der Ausbil­ dungsmarkt ein Milliardenmarkt der Zukunft ist. Damit hängt natürlich die Frage zusammen: Was ist denn unser „Business“ an der Universität?

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20 Jahre Lehrstuhl für Absatzwirtschaft

Was wollen wir eigentlich? Produzieren wir vor allem Absolventen - und das möglichst in großer Menge und in kurzer Zeit - oder haben wir auch andere Funktionen? Darüber werden wir uns Klarheit verschaffen müs­ sen, wenn wir der stärker werdenden Diskussion um die Sinnhaftigkeit der universitären Ausbildung begegnen wollen. Ich habe versucht, einen Rückblick auf das zu geben, was wir in 20 Jah­ ren gemacht haben. Sicherlich ist dieser „Blick zurück“ nicht vollständig gewesen, aber ich hoffe, daß Ihnen diese kleine Übersicht auch verdeut­ licht hat, daß die Themen, die wir auf unserem Symposium behandeln werden, nicht völlig isoliert nebeneinander stehen.

Wenn wir versuchen, unsere Aktivitäten in den verschiedenen For­ schungsbereichen auf einer Zeitachse anzuordnen, zeigt sich von 1975 an eine starke Funktionenorientierung, die langsam zurückging. Wir hat­ ten damals außerdem, das habe ich bisher noch gar nicht erwähnt, eine kurze und heftige .Affäre“ mit der Allgemeinen BWL in Form der „Grundbegriffe der Betriebswirtschaftslehre“. Daneben entstand unsere Strategische Orientierung, die fast zwangsläufig aus der Funktionenorien­ tierung, dem Operativen hervorgegangen ist. Parallel zum Strategischen etablierte sich die Orientierung am Non-Business-Bereich und an Dienst­ leistungen. Der internationale Bereich zieht sich eigentlich .über eine sehr lange Zeit hin, und die Bildungsorientierung ist seit etwa 1993 eine neue SGE.

Sie alle wissen, daß man Produkt-Lebenszyklen als Basis für ein Portfolio nehmen kann. Das möchte ich abschließend verdeutlichen. Wenn ich un­ sere gegenwärtigen Aktivitäten - gemessen an den Dimensionen Markt­ wachstum und Relative Stärke - positioniere, zeigt sich das in Abbildung 1 wiedergegebene Bild.

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Hans Hörschgen

1: Funktionsorientierung (Instrumentelles Marketing)

2. Internationale Orientierung Markt­

wachs­

tum

3: Strategische Orientierung 4 Bildungsorientierung

5: ABWL-Orientierung

Abb. 1: Strategische Orientierungen des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft

Es ist sicherlich so, daß wir in dem Bereich der funktionalen Orientierung noch eine ganz große SGE haben - dort siedle ich u.a. den NDH an und der ist eines der führenden Marketing-Lehrbücher Deutschlands. Dane­ ben steht die internationale Orientierung als ein Geschäftsfeld mit großem Zuwachs. Ich habe den Mut gehabt, sie schon in den Star-Bereich hinein zu nehmen, weil ich glaube, daß wir davon profitieren, daß wir als erste in Rußland bereits ein Marketing-Lehrbuch haben. Wir haben dann den Be­ reich der strategischen Orientierung mit verschiedenen Modulen wie NonBusiness, Dienstleistung, LDM (damit beschreibe ich eine Gruppe „Less Developed Marketers“ - wer immer sich hinter diesem Kürzel auch ver­ birgt) und letztlich die SGE der Bildungsorientierung, in der wir noch rela­ tiv schwach sind, aber aufgrund unserer Herkunft vielleicht eine höhere

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20 Jahre Lehrstuhl für Absatzwirtschaft

Durchsetzungskraft haben als diejenigen, die schon lange im Markt sind, wie z.B. die Bildungspolitiker, die sich aber immer mit der gleichartigen Fragestellung beschäftigen und damit m.E. nicht allzu weit gekommen sind. Die Frage, die wir uns stellen müssen und zu der ich in diesem Symposium die eine oder andere Anregung von Ihnen in der Diskussion erhoffe, heißt: Haben wir die Power, um aus diesen SGE's „Stars“ zu ma­ chen, sind es SGE's, die unsere Stärken widerspiegeln und wo müssen wir unsere eigenen Potentiale durch Kooperation mit Dritten oder durch neue Mitarbeiter mit entsprechenden Fähigkeiten verbessern? Soweit Rückblick, Bestandsaufnahme und eine kurze Perspektive in die Zukunft. Das könnten unsere Aktivitätsfelder in der Forschung sein. Aber es wäre - hier wie wohl auch sonst - falsch, nur einen Bereich zu verfol­ gen, eine „Entweder/Oder-Strategie“ zu fahren. Ich glaube, man muß mit der Grundsatzstrategie des „Sowohl/Als auch“ leben, und das heißt, daß man an einer Universität mit den Studenten leben muß. Die Studenten sind nicht primär Störfaktor im Leben eines Professors, sondern Studen­ ten sind ein vitales Element in unserem gesamten Tätigkeitsfeld, aus Studenten rekrutieren sich ferner Mitarbeiter und sie sind teilweise auch im Rahmen der Forschung tätig. Es kommt m.E. darauf an, Studenten in einem stärkeren Ausmaß an den Lehrstuhl zu binden und - wie man im Rahmen des Business-Marketing sagt - eine stärkere Kundenbindung zu erreichen. Ob diese im unterneh­ merischen Marketing dominierende Zielvorstellung analog übertragbar ist, weiß ich nicht, aber meine persönliche Motivation ist sehr groß, über eine Optimierung von Steuermitteln im Ausbildungsbereich an den Universitä­ ten nachzudenken und zu versuchen, die suboptimale Ausbildung, die wir gegenwärtig aufgrund der Überlast anbieten (müssen), im Hinblick auf Verbesserungsmöglichkeiten zu hinterfragen.

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Hans Hörschgen

Ich habe jetzt - länger als ich eigentlich wollte - über die Arbeit am Lehr­ stuhl geredet; aber die 20 Jahre bestanden nicht nur aus Arbeit. Wir ha­ ben auch Feste gefeiert. Wir hatten zu Beginn unserer Tätigkeit wunder­ schöne Promotionsfeiern, dann gab es im Bereich der Promotionsfeiern eine große Lücke, und erst vor kurzem hat Herr Froböse eine Straßen­ bahn gemietet, Herr Käßer-Pawelka will sogar ein Schloßhotel reservie­ ren und so Anschluß an die große Vergangenheit schaffen.

Seit etwa zehn Jahren ist dank des Einflusses von Frau G. aus P. auch der Betriebsausflug institutionalisiert worden. Wir freuen uns schon alle auf den nächsten Betriebsausflug, der am Donnerstag ins Elsaß führt. Ein Ereignis sollte ich noch gesondert erwähnen, das mit ganz kleinen Abstri­ chen zu einer Spitzenveranstaltung innerhalb der Festivitäten zählt: die Mallorca-Reise. Im Frühsommer des Jahres 1994 flog der gesamte Lehr­ stuhl, indirekt gesponsert durch den Verlag Duncker und Humblot, nach Mallorca, und wir haben dort vier „tolle Tage“ verbracht. Mit der Erwähnung dieses positiven Ereignisses komme ich zum Schluß. Wenn Sie mich ganz persönlich fragen, wie ich mich jetzt im Jahr 1995 im Vergleich zu den 80er Jahren fühle, überwiegen ganz eindeutig die positi­ ven Aspekte. Sollte es so weitergehen wie im Zeitraum 1994/1995, dann braucht uns nicht bange zu sein und wir können frohen Mutes in die Zu­ kunft blicken.

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A. Strategisches Marketing

Entwicklungstendenzen und Zukunftsperspektiven

des Strategischen Marketing (Andrea Hellwig-Beck)

Ziel folgender Überlegungen ist es, zunächst einen Überblick über die bis­ herige Entwicklung des Marketing zu geben, um dann in einem zweiten Schritt mögliche Zukunftsperspektiven zu skizzieren.

1. Bisherige Entwicklung des Marketing Vielfältigste, z.T. grundlegende Änderungen im unternehmerischen Um­

feld kennzeichnen die Entstehung und Entwicklung des Marketing (vgl. z.B. HÖRSCHGEN U.A. 1993; HÖRSCHGEN/STEINBACH 1995; MEF­ FERT 1992(a); MEFFERT 1994; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1994; TIETZ 1993). Dabei hat sich der Gegenstandsbereich des Mar­ keting im Verlauf seiner bisherigen Entwicklungsgeschichte ständig erweitert. (1) Abbildung 1 zeigt die für das Marketing relevanten Bezugsgrößen im Zeitablauf. Während die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg noch durch einen erheblichen Nachfrageüberhang gekennzeichnet war - die zentrale Aufgabe des Unternehmens bestand darin, die Produktion zu optimieren und die produzierten Güter zu verteilen (Distributionsorien­ tierung) -, kam es in den folgenden Jahren zunehmend zu einem Überan­ gebot an Gütern. Bedingt durch diesen Übergang von Verkäufer- zu

Käufermärkten rückte zunehmend der Absatz der erzeugten Produkte in den Mittelpunkt des unternehmerischen Interesses. Der betriebliche Eng­

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Andrea Hellwig-Beck

paß verlagerte sich von der Produktion zum Absatz. Zunächst gingen die Unternehmen in dieser Situation noch davon aus, durch eine Steigerung der Verkaufsaktivitäten ausreichend Nachfrage schaffen zu können (Verkaufskonzept). Es zeigte sich jedoch, daß aufgrund der damit ver­ bundenen überproportional ansteigenden Absatzkosten die Wettbewerbs­ fähigkeit der Unternehmen längerfristig nicht aufrechterhalten werden konnte.

Bezugsgrößen

des Marketing Umwelt

Wettbewerb

Handel

Verbraucher

Verkauf

Produktion

Handelsforschung, Absatzlehre

Waren-und FunktionsOrientierung

Verhaltenswissensch., Entscheidungs- und Systemorientierung

Situativ

zugrunde­ liegende TheorieAnsätze

Abb. 1: Geschichtliche Entwicklung des Strategischen Marketing

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Entwicklung und Perspektiven des Strategischen Marketing

Spätestens zu diesem Zeitpunkt - zu Beginn der 60er Jahre - wurde deutlich, daß nur eine Orientierung am Kunden und dessen Bedürfnissen den unternehmerischen Erfolg sichern konnte. Man erkannte, daß es wenig Sinn machte, allein auf produktionstechnische Fortschritte zu setzen und begann damit, die Wünsche und Vorstellungen der Verbraucher zu hinterfragen und bei angebotsbezogenen Entscheidungen zu berücksichtigen. Neben der Kundenorientierung war somit eine planmäßige und zielgerichtete Vorgehensweise charakteristisch für diese Phase des „klassischen“ Marketing. In den 70er Jahren gewann der Handel eine wachsende Bedeutung für die Marketing-Entscheidungen von Herstellern. Zunehmende Kooperations- und Konzentrationstendenzen und die damit verbundene Nachfra­ gemacht des Handels stärkten die Rolle des Handels als „Gate-Keeper“. Die Hersteller reagierten mit einer zunehmenden Handelsorientierung in Form vertikaler Marketing-Konzepte (vgl. z.B. OLBRICH 1995; IRRGANG 1989; FLORENZ 1992; KIRSCH 1987).

Zu Beginn der 80er Jahre änderte sich die Situation der Unternehmen erneut. Tendenzen wie Marktsättigung, Verdrängungswettbewerb und das steigende Angebot durch ausländische Konkurrenten führten dazu, daß es für die meisten Unternehmen zunehmend schwieriger wurde, sich gegenüber den Wettbewerbern zu profilieren und durchzusetzen. Als Folge dieser Probleme fokussierte sich der konzeptionelle Blick in dieser Phase der Marketing-Entwicklung schwergewichtig auf die Konkurrenz (vgl. z.B. BRUHN 1990, S. 15; BECKER 1993, S. 76, 328; MEFFERT 1992(b), S. 648 f.).

Aufgrund von weiteren einschneidenden Veränderungen im Umfeld der Unternehmen kam es Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre erneut zu einer Erweiterung des Marketing-Blickwinkels. Neben der politischrechtlichen und der ökologischen Umwelt haben dabei in den letzten

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Andrea Hellwig-Beck

Jahren vor allem die Austauschpartner der sogenannten regulativen Umwelt wie Behörden, Interessenverbände, Medien und Bürgerinitiativen erheblich an Bedeutung gewonnen (vgl. z.B. RAFFEE/WIEDMANN 1987; WAGNER 1995). Empirische Untersuchungen über Erfolgsfaktoren von Unternehmen legen es ferner nahe, auch die unternehmerischen Potentiale bei der Entscheidungsfindung im Marketing verstärkt zu berücksichtigen (vgl. HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 16).

Entsprechend dieser inhaltlichen Erweiterung kristallisierte sich eine neue Denkweise des Marketing heraus, für die - neben einer längerfristigen Perspektive - vor allem die simultane Berücksichtigung aller erfolgsbeein­ flussenden Parameter, d.h. eine ganzheitliche Betrachtung des Unter­ nehmens und seiner Umweltbeziehungen kennzeichnend sind. Das Ziel dieses als Strategisches Marketing bezeichneten Unternehmensfüh­ rungskonzepts besteht darin, die komplexen Beziehungs- und Wirkungs­ zusammenhänge zwischen Unternehmen und dessen Umwelt zu regi­ strieren, zu analysieren und systematisch in Entscheidungen umzusetzen (vgl. HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 16 f; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1994, S. 876 ff.). Neben der Ausweitung der Bezugsgrößen (Deepening the Concept of Marketing) läßt sich im Verlauf der historischen Entwicklung eine Aus­ dehnung sowohl institutioneller als auch funktioneller Anwendungsfelder konstatieren (Broadening the Concept of Marketing). Marketing wurde wie Abbildung 2 zeigt - zunehmend in anderen Institutionen (Handels-, Dienstleistungs-, Investitionsgüter-, Non-Business-Marketing), aber auch in unterschiedlichsten Funktionsbereichen (Beschaffungs-, Finanz-, Personalmarketing) als Problemlöseheuristik eingesetzt (vgl. KOTLER/ LEVY 1969; KOTLER 1972; HEMPELMANN 1995; BRUHN/TILMES 1994, S. 15 ff.).

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Entwicklung und Perspektiven des Strategischen Marketing

Abb. 2: Dimensionen der Marketing-Entwicklung

(2) Parallel zur Entwicklung der Bezugsgrößen haben sich in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl teilweise konkurrierender, häufig sich ergän­ zender theoretischer Ansätze herauskristallisiert (vgl. Abbildung 1), die die einzelnen Phasen des Marketing entscheidend beeinflußt und geprägt haben. Vor allem von systemorientierten, verhaltenswissenschaftlichen, entscheidungsorientierten und situativen Ansätzen gingen entscheidende Impulse zur Lösung von Marketing-Problemen aus.

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Andrea Hellwig-Beck

Während die verhaltenswissenschaftlichen Ansätze Erkenntnisse über das Verhalten von Konsumenten und Organisationen lieferten, steuerten entscheidungs- und systemorientierte Ansätze Erkenntnisse zur Beschreibung, Strukturierung und Gestaltung von Marketing-Systemen und -Entscheidungsprozessen bei. Die Betrachtung situativer Ansätze schließlich führte zur verstärkten Berücksichtigung unterschiedlichster Kontextfaktoren und zu der (naheliegenden) Erkenntnis, daß es im Marketing nicht eine generell gültige, sondern mehrere, von der jeweiligen Situation abhängige Gestaltungsempfehlungen gibt (vgl. z.B. MEF­ FERT 1994; MEFFERT 1992(a) und 1992(b); BRUHN/BUNGE 1994; TOMCZAK 1989). (3) Beim Strategischen Marketing handelt es sich, wie bereits ange­ sprochen, um eine spezifische Denkhaltung, bei der komplexe Beziehungs- und Wirkungszusammenhänge zwischen dem Unternehmen und dessen Markt bzw. Umfeld permanent registriert, analysiert und systematisch in Entscheidungen umgesetzt werden (vgl. HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 17). Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedient sich das Mar­ keting eines Planungsprozesses, der sich durch die in Abbildung 3 dargestellten Phasen kennzeichnen läßt. Ausgehend von einer Situa­ tionsanalyse und der sich anschließenden Ziel- und Strategienplanung werden Maßnahmen generiert; Organisation und Kontrolle der verschie­ denen Planungsphasen sowie die sich anschließende Realisierung ver­ vollständigen die systematische Vorgehensweise. Wenngleich der Pla­ nungsvorgang dabei nicht grundsätzlich mit der Situationsanalyse begin­ nen muß, sondern z.B. auch durch eine konkrete Vorgabe auf der Ziel­ ebene oder eine reizvolle Idee im Maßnahmenbereich initiiert werden kann, sollten in jedem Fall alle vier Phasen durchlaufen werden, um eine umfassende Beurteilung der ins Auge gefaßten Aktivität zu gewährleisten (vgl. hierzu HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 17 ff.; NIESCHLAG/DICHTL/ HÖRSCHGEN 1994, S. 870 ff.).

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Entwicklung und Perspektiven des Strategischen Marketing

Abb. 3: ‘Orbit’-Vorgehensweise der Strategischen Planung (Quelle: In An­ lehnung an HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 20)

Die Orbit-Vorgehensweise drückt dabei aus, daß der Planungsanstoß in jeder Phase des Planungsprozesses erfolgen kann, beispielsweise durch eine konkrete Zielvorgabe, eine konkrete Strategie oder eine bestimmte Maßnahme.

Faßt man die bisherigen Ausführungen zusammen (vgl. Abbildung 4), so läßt sich Strategisches Marketing charakterisieren als systematisches, ganzheitliches, interaktives, potentialorientiertes und in der Regel längerfristiges Konzept (vgl. HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 17).

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Charakteristika des Strategischen Marketing - Systematisch, d.h. logisch strukturiertes Vorgehen - Ganzheitlich, d.h. ausgerichtet an Umweltgegebenheiten - Interaktiv, d.h. die Beziehungen zur Außenwelt gestaltend

- Potentialorientiert, d.h. auf den eigenen Fähigkeiten aufbauend - Langfristig, d.h. an der Zukunft ausgerichtet

Abb. 4: Charakteristika des Strategischen Marketing

2. Zukunftsperspektiven des Marketing Seit seinem Bestehen sieht sich das Marketing unterschiedlichster Kritik ausgesetzt. Die Bedeutung des Marketing - vor allem sein Anspruch als marktorientiertes Unternehmensführungskonzept - wurde dabei immer wieder kontrovers diskutiert, teilweise sogar in Frage gestellt (vgl. hierzu z.B. BAUER 1995; DICHTL 1983; FRITZ 1990 und 1993; GERKEN 1990(a) und 1990(b); HANSEN/STAUSS 1983; MÜLLER 1995; SCHNEIDER 1983). Die Empfehlungen der Kritiker reichen dabei von einer umfassenden Neuorientierung des Marketing bis hin zu dem Vorschlag, endgültig Abschied vom Marketing zu nehmen.

Nachdem die Entwicklung des Marketing bis Ende der 80er Jahre Thema der bisherigen Ausführungen war, soll vor dem Hintergrund dieser Kritik nachfolgend versucht werden, die Perspektiven des Strategischen Marketing in den 90er Jahren aufzuzeigen. Analog der bisherigen Vor­ gehensweise bietet es sich zu diesem Zweck an, zum einen die Entwick­

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Entwicklung und Perspektiven des Strategischen Marketing

lungen im Bereich der Bezugsgrößen, zum anderen Erkenntnisfortschritte im Bereich der theoretischen Ansätze zu analysieren. (1) Im Bereich der Bezugsgrößen wird die Komplexität und Dynamik der Umwelt in Zukunft weiter zunehmen, wobei im folgenden nur einige wenige Trends angesprochen werden sollen.

Ausgelöst durch eine gestiegene Sensibilisierung der Gesellschaft ge­ genüber ökologischen Belangen werden Unternehmen seit Beginn der 90er Jahre verstärkt mit ökologischen Fragestellungen konfrontiert. In steigendem Maße sehen sich Unternehmen gezwungen, ökologische Aspekte in ihre Unternehmensführung zu integrieren. Darüber hinaus for­ dert eine breite Öffentlichkeit zunehmend, bspw. Fragen der Sozialver­ träglichkeit unternehmerischen Handelns sowie der Orientierung an ethi­ schen und moralischen Normen zu berücksichtigen (vgl. HÖRSCHGEN/ STEINBACH 1995, S. 34).

Neben der verstärkten Einflußnahme unterschiedlichster Anspruchs­ gruppen, die sich in ihren Einstellungen, Werten und Zielen immer mehr voneinander unterscheiden (Multi-Option-Society), kommt es auf der Ebene der Konsumenten zu einer zunehmenden Individualisierung und damit verbundenen Emotionalisierung des Verbraucherverhaltens (vgl. MEFFERT 1994, S. 25). Lebensstile werden insgesamt sprunghafter und differenzierter, so daß sich das Kaufverhalten kaum noch prognostizieren läßt. WÜTHRICH spricht in diesem Zusammenhang von einem para­ doxen (ambivalenten) Konsumenten, der keiner Masse mehr folgt, sich keiner Zielgruppe zuordnen läßt, für den extremer Luxus und gewollte Askese nicht gegensätzlich, sondern durchaus in einer Person zu vereinbaren sind (vgl. WÜTHRICH 1991, S. 373 u. 375). Neben der zunehmenden Komplexität kennzeichnet eine wachsende Dynamik die gegenwärtige Situation von Unternehmen. So werden

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Unternehmen in Zukunft beispielsweise ihre Entwicklungs- und Herstellzeiten entscheidend reduzieren müssen, um dem Konsumenten, der eine sofortige und individuelle Bedürfnisbefriedigung erwartet, zu entsprechen (vgl. HÖRSCHGEN 1995, Sp. 2466 ff.). WÜTHRICH spricht in diesem Zusammenhang von der Ausbreitung einer ausgeprägten „Instant-Mentalität“ (vgl. WÜTHRICH 1991, S. 226). (2) Eine ähnliche Vielfalt und Dynamik kennzeichnet die Diskussion um neuere Ansätze der Marketing-Theorie (vgl. bspw. BRUHN/BUNGE 1994; FISCHER U.A. 1993; MEFFERT 1994). Abbildung 5 gibt einen Überblick über die derzeit in der Wissenschaft besonders intensiv diskutierten Ansätze.

- Ansätze der Neuen Institutionenökonomie • Informationsökonomik • Transaktionskostenansatz • Property-Rights-Theorie • Principal-Agent-Theorie

- Evolutorische Ansätze - Prozeßorientierte Ansätze - Netzwerkansätze

Abb. 5: Ausgewählte neuere Ansätze der Marketing-Theorie

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Entwicklung und Perspektiven des Strategischen Marketing

Ohne auf Details der Ansätze eingehen zu wollen, sei auf einige wenige zentrale Inhalte hingewiesen. Viele der Ansätze beschäftigen sich mit der Erfassung, Beschreibung und Gestaltung von Austauschbeziehungen, aber auch mit Fragen der organisatorischen Implementierung. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Schnittstellenproblematik in der Praxis wird bspw. eine stärkere Prozeßorientierung zu Lasten der klassischen Funktionsorientierung gefordert. Aus diesen Entwicklungen im Bereich der Bezugsgrößen bzw. der zu­ grundeliegenden Ansätze ergeben sich für das Marketing der Zukunft fol­ gende Anforderungen (vgl. Abbildung 6).

Zukünftige Anforderungen an das Marketing

- Entwicklung vom Massen- und Zielgruppenmarketing zum individualisierten Marketing (Segment-of-One-Approach) - Notwendigkeit eines stark vernetzten Beziehungsmarketing (Relationship-Marketing)

Konsequenz:

Interaktionsbezogenes und integratives Marketing-Verständnis (d.h. Orientierung inside-out und outside-in)

Abb. 6: Zukünftige Anforderungen an das Marketing

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Ausgehend vom paradoxen Konsumenten entwickelt sich das Marketing vom Massen- bzw. Zielgruppen-Marketing zum individualisierten Marke­ ting, mit dem extremen Anspruch eines One-customer-approach (Customizing). Dies setzt einen intensiven Austausch im Sinne einer Kommunikation mit Kunden, aber auch mit allen anderen Anspruchs­ gruppen voraus, d.h. die Notwendigkeit eines stark vernetzten, aktiven Beziehungs- bzw. Relationship-Marketing. Gegenstand der Betrachtung sind dabei nicht nur nach außen gerichtete Austauschbeziehungen, sondern auch unternehmensinterne Interaktionen (Internes Marketing), die es im Sinne einer integrativen Entwicklung zu verknüpfen gilt. Die Grenzen zwischen Unternehmen und Umfeld werden zunehmend auf­ gehoben. Ziel ist ein integrationsbezogenes und interaktives Marketing. Die bisherige starke inside-out Orientierung wird ergänzt durch eine zunehmende outside-in Sichtweise (vgl. MEFFERT 1994, S. 28; BRUHN/BUNGE 1994, S. 47 f.) An dieser Stelle erscheinen einige kritische Bemerkungen angebracht, die sich bei Durchsicht der Literatur ergeben. Beschäftigt man sich mit neueren Entwicklungen des Marketing, so fällt die starke Zunahme von Kunstwörtern, die gehäufte Verwendung sprachlicher Neubildungen auf, die i.d.R. nur bedingt zum Erkenntnisfortschritt der MarketingWissenschaft beitragen. Das Problem dabei liegt nicht primär in der Tatsache, daß hier „alter Wein in neuen Schläuchen“ verkauft wird, da Ansätze, die in der Vergangenheit überholt waren oder überholt schienen, vor dem Hintergrund geänderter Rahmenbedingungen durchaus ihre Daseinsberechtigung haben können. Die eigentliche Gefahr besteht in der sich abzeichnenden Zersplitterung und Hyperspezialisierung der Marketing-Wissenschaft; die Folge wären theoretisch durchaus reizvolle, in der Praxis allerdings nur bedingt relevante bzw. realisierbare Erkennt­ nisse.

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Entwicklung und Perspektiven des Strategischen Marketing

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß nur ein Marketing, das den ge­ stiegenen Anforderungen der Umwelt gerecht wird, ohne sich in einer Hyperspezialisierung zu verlieren, auch in Zukunft - um auf die eingangs erwähnte Kritik am Marketing zurückzukommen - als marktorientiertes Unternehmensführungskonzept bezeichnet werden kann.

Entscheidend wird dabei sein, daß neben der systematischen, ganzheit­ lichen und langfristigen Vorgehensweise in Zukunft der Schwerpunkt stark auf die interaktive und potentialorientierte Komponente des Stra­ tegischen Marketing gelegt wird, wobei Potentialorientierung nicht mehr nur im Sinne von auf den eigenen Fähigkeiten aufbauend, sondern zunehmend als die eigenen Fähigkeiten gestaltend zu verstehen ist. Die Interaktionsfähigkeit wird deshalb in Zukunft nicht mehr nur die Gestal­ tung nach außen, sondern zunehmend auch die Gestaltung nach innen beinhalten.

3. Schlußbemerkung Ein Beitrag zum Thema ‘Entwicklung des Marketing’ wäre nicht voll­ ständig, würde man nicht versuchen - und sei es im Rahmen einer Schlußbemerkung - einige wenige, wenn auch zentrale Implikationen dieser Entwicklung für die Marketing-Praxis zu skizzieren. Da aufgrund zunehmender Komplexität und Dynamik der Umwelt die Formulierung eines auch längerfristig stabilen Zielsystems immer schwieriger wird, ist es dringend notwendig, eine einheitliche und prä­ gnante Corporate Identity als alternativen Orientierungsrahmen für unter­ nehmerische Entscheidungen zu schaffen. Im Bereich der Strategienplanung gewinnt - bedingt durch die Vielschichtigkeit gesellschaftlicher Anspruchsgruppen und individueller Verhaltensmuster - der Einsatz kombinierter Strategien (Qualität und Preis statt Qualität oder Preis) ver­

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stärkt an Bedeutung (vgl. MEFFERT 1994, S. 29 f.; HÖRSCHGEN/ STEINBACH 1995, S. 35 ff.). Im Bereich der Maßnahmenplanung werden im Konsumgüterbereich - wie bereits jetzt im Investitionsgüter-Marketing zukünftig weniger standardisierte Massengüter als vielmehr Problem­ lösungen verkauft, die zwar durchaus standardisierte Elemente enthalten, darüber hinaus jedoch einen erheblichen, individuell am Nachfrager ausgerichteten Dienstleistungsanteil einschließen. Damit wächst in Zukunft der Einfluß des Konsumenten auf den Wertschöpfungsprozeß im Unternehmen. GERKEN spricht an dieser Stelle von sogenannten Prosumenten, d.h. von Konsumenten, die aktiv am Produktionsprozeß beteiligt sind (vgl. GERKEN 1990(a), S. 42). Die dafür notwendige stetige Kommunikation zwischen Produzent und Verbraucher wird durch die Entwicklungen im Bereich der Kommunikationstechnologien (Multi-Media) entscheidend vorangetrieben. Im organisatorischen Bereich unterstützen flache Hierarchiestrukturen sowie prozessual statt funktional orientierte Strukturen die Flexibilität und Schnelligkeit von Entscheidungsprozessen (vgl. MEFFERT 1994, S. 33).

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing (Ralf Steinbach)

1. Vorbemerkung und Überblick Im vorangegangenen Beitrag wurde bereits aufgezeigt, daß sich die Un­ ternehmen heute mit von zunehmender Komplexität, Dynamik und Dis­ kontinuität geprägten Umweltbedingungen konfrontiert sehen. Das Erzie­ len von Wettbewerbsvorteilen wird unter diesen Rahmenbedingungen immer mehr zum überlebenssichernden Anliegen jedes einzelnen Unter­ nehmens. Wenn Strategisches Marketing, so wie es im vorhergehenden Beitrag charakterisiert wurde, dem Anspruch gerecht werden will, ein umfassendes Konzept der Unternehmensführung zu verkörpern, dann müßte ein Unternehmen durch den (richtigen) Einsatz des Strategischen Marketing in der Lage sein, langfristige Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Die Behandlung der Frage, ob bzw. in welchem Ausmaß Strategisches Marketing - so wie es heute verstanden wird - diese Anforderungen erfüllt, bildet den Gegenstand der folgenden Ausführungen. Dabei werden aus­ gehend von einer kurzen Klärung der in diesem Kontext relevanten Be­ griffe und der Frage, warum Wettbewerbsvorteile überhaupt für ein Un­ ternehmen wichtig sind, verschiedene Studien vorgestellt, die jene Fakto­ ren identifizieren, die in der heutigen Wettbewerbslandschaft einen An­ satzpunkt zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen bieten. Daran anknüp­ fend stellt sich die Frage, ob durch das Konzept des Strategischen Mar­ keting ein Unternehmen befähigt wird, Einfluß auf diese erfolgskritischen Faktoren zu nehmen bzw. inwiefern das bestehende Konzept mit Blick auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen verändert werden muß.

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Ralf Steinbach

2. Begriff und Bedeutung des Wettbewerbsvorteils Der Terminus „Wettbewerbsvorteil“ wird in der Fachliteratur teilweise mit sehr unterschiedlichen Vorstellungsinhalten verbunden. So versteht bei­ spielsweise SIMON (vgl. SIMON 1987, S. 368; SIMON 1988(a), S. 464 f.) unter einem Wettbewerbsvorteil eine im Vergleich zum Wettbewerb überlegene Leistung, die



sich auf ein aus Sicht der Kunden wichtiges, d.h. kaufentscheidendes Merkmal bezieht,



vom Kunden tatsächlich als vorteilhaft gegenüber Leistungen anderer Wettbewerber wahrgenommen bzw. empfunden wird und



dauerhaft bzw. "substainable" ist, d.h. von den Konkurrenten nicht so­ fort imitiert werden kann und so dem Unternehmen zumindest tempo­ rär eine Art Alleinstellung gewährleistet.

Eine ähnliche Auffassung vertritt auch PÜMPIN, der nicht den Begriff des Wettbewerbsvorteils in seinen Arbeiten verwendet, sondern ihn durch den der "strategischen Erfolgsposition“ (SEP) substituiert und darunter eine durch den Aufbau von Fähigkeiten geschaffene Voraussetzung versteht, die es dem Unternehmen ermöglicht, im Vergleich zum Wettbewerb langfristig bessere Ergebnisse zu erzielen (vgl. PÜMPIN 1992, S. 28; PÜMPIN 1986, S. 29 ff.). Die wesentlichen Merkmale einer strategischen Erfolgsposition im Sinne PÜMPINS sind demnach, daß diese



bewußt geschaffen und gestaltbar ist,



qualitativ angelegt ist, also eine echte Fähigkeit darstellt,



sich aus einer synergetischen Kombination verschiedener, strategisch relevanter Einzelfaktoren zusammensetzt und

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing



von den Wettbewerbern nicht ohne weiteres kopiert werden kann (vgl. BENÖLKEN/GREIPEL 1990, S. 186; PÜMPIN 1986, S. 34).

Weitaus weniger ursachenbezogen als die Definitionen von SIMON bzw. PÜMPIN ist der Versuch von SERVATIUS, der unter Wettbewerbsvortei­ len die positive Differenz aus Unternehmens- und Wettbewerbspotentia­ len versteht (vgl. SERVATIUS 1985, S. 41 f.). Demgegenüber erscheint die Auseinandersetzung mit dem Begriff des Wettbewerbsvorteils von BIEKER weitaus aussagekräftiger, da hier auch auf situative bzw. das je­ weilige Umfeld betreffende Aspekte Bezug genommen wird. So verfügt ein Unternehmen nach der Auffassung von BIEKER gegenüber einem anderen Unternehmen, das zu einem festen Zeitpunkt im gleichen Markt operiert, über einen Wettbewerbsvorteil, wenn es bei einem bestimmten wettbewerbsrelevanten Faktor über eine günstigere Faktorenausprägung verfügt als das Konkurrenzunternehmen (vgl. BIEKER 1990, S. 24). In dieser Begriffsauffassung finden sich zwei wichtige Unterschiede, die sie von den bisher genannten abhebt. Zum einen wird hier explizit darauf hingewiesen, daß ein Unternehmen nur dann einen Vorteil gegenüber ei­ nem anderen Unternehmen besitzen kann, wenn beide Unternehmen in einer direkten Konkurrenzbeziehung zueinander stehen, was eine exakte Marktdefinition und Identifikation der potentiellen Wettbewerber sowie auch der Kunden erfordert. Zum anderen stellt die Zeitdimension einen integralen Bestandteil dieser Begriffsauffassung dar, wonach ein Wettbe­ werbsvorteil im Zeitablaufeinem Wandel unterliegt (vgl. BIEKER 1990, S. 24), d.h. er kann mit der Zeit an Bedeutung verlieren bzw. gewinnen, er kann aber auch durch Aktivitäten der Wettbewerber bzw. durch Passivität des eigenen Unternehmens verloren gehen. Eine wesentliche Gemeinsamkeit zeigen die dargestellten Begriffsauffas­ sungen darin, daß ein Unternehmen seine langfristige Existenz am Markt nur dann sichern kann, wenn es über zumindest einen Wettbewerbsvor­ teil gegenüber dem Wettbewerb verfügt (vgl. WOLFRUM 1991, S. 15).

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Ralf Steinbach

Veranschaulichen läßt sich die Bedeutung eines Wettbewerbsvorteils durch eine Analogie zu dem aus der Evolutionstheorie stammenden "Gesetz des gegenseitigen Ausschlusses". Hiernach kann eine Spezies nur dann überleben, wenn sie zumindest eine lebenswichtige Aktivität besser beherrscht als ihre Feinde (schneller laufen, besser klettern, tiefer graben etc.; vgl. SIMON 1987, S. 369).

Jene als "lebenswichtig" bezeichneten Aktivitäten im Sinne der Evoluti­ onstheorie kennzeichnen gewissermaßen die Schlüsselgrößen für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen (vgl. AAKER 1989, S. 26) und be­ zeichnen somit die strategischen bzw. "kritischen Erfolgsfaktoren" (vgl. HOFFMANN 1986, S. 831 ff.; HAHN/GRÄB 1989, S. 211). Diese umfas­ sen "alle Faktoren, von denen man annehmen kann, daß sie den unter­ nehmerischen Erfolg oder Mißerfolg entscheidend beeinflussen" (FISCHER 1993, S. 18) und stellen somit aus theoretischer Sicht die Ur­ sachen für die positive oder negative Entwicklung des Unternehmens dar (vgl. KRÜGER/SCHWARZ 1990, S. 179). Sie bilden die zentralen Gestal­ tungsparameter, auf die das unternehmerische Handeln positiv einwirken muß, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Analyse von Er­ folgsfaktoren hat es sich durchgesetzt, zwei Dimensionen zu differenzie­ ren (vgl. LANGE 1982, S. 29 f.). Zum einen handelt es sich um umfeldbe­ zogene Erfolgsfaktoren, auf die das Unternehmen in der Regel keinen Einfluß nehmen kann und die in Größen wie z.B. Marktwachstum, Marktattraktivität oder Marktlebenszyklus zum Ausdruck kommen. Zum anderen unterscheidet man hiervon die unternehmensbezogenen Erfolgs­ faktoren. Diese sind im eigentlichen Sinne die aus Untemehmenssicht kritischen Größen, da sie nicht wie die umfeldbezogenen gewissermaßen für alle Unternehmen ein unveränderbares Datum darstellen, sondern bewußt im Sinne des Unternehmens beeinflußt werden können (vgl. FI­ SCHER 1993, S. 19).

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

Die aus Unternehmenssicht vorliegende Notwendigkeit, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, auf welche Art und Weise, d.h. durch Einflußnahme auf welche kritischen Gestaltungsparameter, sich dem Unternehmen die Möglichkeit zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen bietet, hat ein wissen­ schaftliches Interesse gefördert, das mit Erfolgsfaktorenforschung um­ schrieben wird. Die zentrale Annahme dieser Forschungsrichtung besteht darin, daß trotz der Mehrdimensionalität und Multikausalität des Unter­ nehmenserfolgs einige wenige Einflußfaktoren über Erfolg und Mißerfolg entscheiden (vgl. HOFFMANN 1986, S. 832). Die sich aus dieser Hypo­ these ableitende Zielsetzung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex ist es, die wesentlichen, langfristig gültigen Determinanten (Schlüsselfaktoren) des Unternehmenserfolgs (empirisch) zu ermitteln (vgl. FRITZ 1992, S. 56).

In jüngerer Zeit haben sich - gefördert durch die revolutionären Erkennt­ nisse des Massachusetts Institute of Technology (vgl. WOMACK/ JONES/ROOS 1991) bezüglich des Wettbewerbsvergleichs der Auto­ mobilindustrie in Amerika, Japan und Europa - die Meinungen erhärtet, daß Qualität, Zeit und Kosten die zentralen strategischen Erfolgsdimen­ sionen bilden, die das Unternehmen (gleichzeitig^) zu optimieren hat, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dies bestätigen auch zahlreiche empiri­ sche Untersuchungen zu diesen drei Größen, von denen einige der inter­ essantesten nachfolgend kurz skizziert werden.

3. Qualität, Zeit und Kosten als Erfolgsdimensionen - Er­ kenntnisse empirischer Untersuchungen Gerade die Qualität wird seit einiger Zeit (nicht zuletzt durch die Arbeiten von PORTER) als strategisch relevanter Ansatzpunkt zur Differenzierung der eigenen Marktleistung gegenüber den Konkurrenten angesehen. Hierzu gibt es - neben den eher theoretischen Überlegungen von POR-

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Ralf Steinbach

TER - verschiedene empirische Untersuchungen, die häufig einen an­ wenderbezogenen Qualitätsbegriff zugrunde legen und dabei neben der technisch-funktionalen Beschaffenheit der Angebotsleistung auch eher subjektive Qualitätsmerkmale (z.B. Image oder Prestige eines Produkts) unter "Qualität" subsumieren.

• Qualität als zentrales Kaufkriterium

So zeigte beispielsweise eine Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey bei 500 Führungskräften, daß 91% der Befragten Qualität als absolut wichtige Erfolgsdeterminante erachten. Als zentralen Grund für diese überragende Bedeutung der Qualität bestätigen 89% der Proban­ den, daß Qualität das primäre Kaufargument darstellt. Von besonderem Interesse im Hinblick auf die untemehmensinterne, d.h. an den Prozes­ sen, Verfahren etc. im Unternehmen orientierte Dimension der Qualität sind die nachfolgend genannten Gründe für die hohe Qualitätsbedeutung. So sprachen sich 66% der Führungskräfte dafür aus, daß die Qualität den Hauptansatzpunkt zur Kostenreduzierung bildet. Diese Einschätzung steht in einem diametralen Gegensatz zu der im Kontext einer produktbe­ zogenen Qualitätsdefinition und in der Argumentation von PORTER zu­ grunde gelegten Auffassung, eine Steigerung der Qualität sei immer mit einer Steigerung der Kosten verbunden. Kaum weniger wichtig als die Auswirkungen der Qualität auf die Kosten sind die Bedeutung der Qualität zur Erhöhung der Flexibilität und der Anpassungsfähigkeit sowie zur Re­ duzierung der Durchlaufzeiten (vgl. Abbildung 1). Hinsichtlich der zukünftigen strategischen Bedeutung zeigen die Ergeb­ nisse der McKinsey-Studie einen positiven Trend. So prognostizieren 95% der befragten Führungskräfte ein Anwachsen der Bedeutung von Qualität.

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

Gründe für die Bedeutung der Qualität

Abb. 1: Ergebnisse der Untersuchung von McKinsey zur strategischen Bedeutung von Qualität (Daten entnommen aus PFEIFFER/ HEINE 1992, S. 12)

Interessante Ergebnisse liefert auch eine Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die sich mit der Frage auseinandersetzt, "worauf Verbraucher achten". Auch hier zeigte sich, daß die Qualität den dominanten Faktor darstellt, wodurch die Ergebnisse der zuvor aufgezeig­ ten McKinsey-Studie hinsichtlich der Aussage, Qualität sei das primäre

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Ralf Steinbach

Kaufargument, bestätigt wird. Die GfK-Studie kam zu dem Ergebnis, daß 31% der Konsumenten der Qualität bei der Kaufentscheidung eine Schlüsselbedeutung zuweisen. Mit deutlichem Abstand folgt dann mit 18% der Herstellername als Kaufkriterium, gefolgt von PreisALeistungSverhältnis (16%), Bekanntheitsgrad des Produkts (14%), Werbung (11%) und schließlich Testergebnissen (10%) (vgl. RUNGE 1994, S. 115; FREHR1993, S. 3). Versucht man die Ursachen für die Bedeutung der Qualität bei der Kauf­ entscheidung des Konsumenten zu hinterfragen, so zeigt sich, daß eine hohe Qualität vom Kunden mit einem höheren Kundennutzen in Einklang gebracht wird, der sich insgesamt wiederum positiv auf die Kundenzufrie­ denheit auswirkt. Dieser im Vergleich zu Wettbewerbsleistungen geringe­ rer Qualität angebotene Zusatznutzen stellt somit im Sinne der Differen­ zierungsstrategie PORTERS den zentralen Ansatzpunkt für Wettbe­ werbsvorteile dar (vgl. LUCHS/NEUBAUER 1986, S. 55 ff.) und äußert sich in allen über die technisch-funktionale Qualität hinausgehenden Aspekten wie beispielsweise der Kundenberatung und -betreuung, der Kontaktpflege und vor allem den angebotenen Serviceleistungen (vgl. TÖPFER/MANN 1994, S. 3).

Gerade die Serviceleistungen werden von den Konsumenten in starkem Maße als ein Indikator für die Qualität der angebotenen Leistungen her­ angezogen, zumal die Kunden sich von ihnen gegenüber Leistungen ge­ ringerer Qualität einen entscheidenden Zusatznutzen versprechen. Wel­ chen Servicekomponenten dabei die höchste Bedeutung zukommt, zeigt eine von STAUSS durchgeführte Untersuchung beispielhaft für die Bran­ chen Maschinenbau sowie Elektronik/Elektrotechnik. In beiden Wir­ schaftsbereichen wurden - mit einer hohen Übereinstimmung - Reparatur, Ersatzteildienst, Wartung/Inspektion, Installation/Montage sowie Beratung als die wichtigsten Serviceleistungen genannt (vgl. STAUSS 1993, S. 114).

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

Daß die Verbraucher durchaus bereit sind, Konsequenzen aus dem Nichterfüllen ihrer Qualitätsanforderungen zu ziehen, zeigt eine Untersu­ chung des White House Office of Customer Affairs (vgl. hierzu DESATNIK 1989, S. 24 ff.). Danach vermeiden 90% der Kunden, die mit der Qualität der angebotenen Leistung nicht zufrieden sind, deren künftigen Erwerb. Ein interessantes Ergebnis förderte diese Studie auch hinsichtlich des Kommunikationsverhaltens der unzufriedenen Kunden zutage. So beklagen sich lediglich 4% dieser Kunden direkt beim Hersteller und ma­ chen ihn auf Qualitätsdefizite aufmerksam. Gegenüber ihrem sozialen Umfeld äußern sich - so die Studie - aber fast alle unzufriedenen Kunden und teilen dabei mindestens neun, teilweise aber sogar über 20 weiteren Personen und somit potentiellen Kunden ihren Unmut über die mangeln­ de Qualität der erworbenen Leistung mit. Da davon auszugehen ist, daß diese Unmutsäußerung sicherlich den einen oder anderen potentiellen Kunden von einem geplanten Erwerb der Leistung abhält, steht zu be­ fürchten, daß durch einen Multiplikatoreffekt eine "Kettenreaktion" in Gang gesetzt wird, die zu gravierenden Nachteilen für ein Unternehmen führen kann (vgl. PFEIFFER 1993, S. 3).

• Einfluß der Qualität auf die Rentabilität Auf Basis einer Untersuchung von 600 Geschäften über einen Zeitraum von vier Jahren kam das Strategie Planning Institute im Rahmen der be­ kannten PIMS-Studien zu dem Ergebnis, daß zwischen Qualität und Rentabilität ein positiver Zusammenhang besteht. Wie Abbildung 2 zeigt, weisen Geschäfte mit einer hohen relativen Qualität ihrer Angebotslei­ stungen sowohl einen höheren Return on Investment (ROI) als auch einen höheren Return on Sales (ROS) auf als Unternehmen mit einem relativ niedrigeren Qualitätsniveau des Angebots (vgl. SEGHEZZI 1994, S. 1; MEYER 1988, S. 77 f.).

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Ralf Steinbach

Abb. 2: Korrelation zwischen Qualität und Rentabilität (Quelle: PIMSDatenbank, entnommen aus BUZZELL/GALE 1989, S. 93)

Die Ergebnisse belegen neben der positiven Korrelation beider Ver­ gleichsgrößen auch, daß bei einer sehr großen relativen Qualität (relativer Qualitätsvorteil > 60%) der Rentabilitätsvorteil gegenüber Geschäften, die nur einen 40-60%igen Qualitätsvorteil besitzen, deutlich geringer ausfällt. Dieses Phänomen läßt sich darauf zurückführen, daß vielfach schon "Overengineering" vorliegt (vgl. MEYER 1992, S. 38), d.h. die angebote­ nen Leistungen weisen derart hohe Qualitätsmerkmale auf, daß diese

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

vom Konsumenten nicht mehr erwartet und auch hinsichtlich des gefor­ derten Preises nicht mehr gewürdigt werden.

• Der Zusammenhang von Qualität, Marktanteil und Rentabilität Ein bereits vielfach vermutetes Ergebnis stellt der Einfluß von Qualität und Marktanteil auf die Rentabilität des Unternehmens dar.

Abb. 3: Die Auswirkungen von Qualität und Marktanteil auf die Rentabili­ tät (Quelle: PIMS-Datenbank, entnommen aus BUZZELL/GALE 1989, S. 94)

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Ralf Steinbach

Wie aus Abbildung 3 hervorgeht, üben der relative Marktanteil und die relative Qualität einen positiven Einfluß auf die Rentabilität aus. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als der Marktanteil lange Jahre die dominan­ te Erfolgsgröße in den Untersuchungen von PIMS bildete und dann von der Qualität verdrängt bzw. mit dieser gleichgestellt wurde.

Es stellt sich aber die Frage nach den Ursachen dieses Zusammenhangs, d.h. ob sich die höhere Rentabilität als Folge der mit überlegener Qualität verbundenen höheren Preise oder als Folge niedrigerer direkter Kosten ergibt. Um diese Fragen zu beantworten, erscheint es notwendig, die ge­ meinsamen Wirkungen der betrachteten Faktoren auf die Rentabilität, die Preise und die Kosten zu untersuchen.

• Einfluß der Qualität auf die Kosten Bezüglich dieser Korrelation lassen sich die Ergebnisse der oben genann­ ten McKinsey-Studie hinsichtlich der Beziehung zwischen Qualität und Kosten bestätigen. Wie aus Abbildung 4 hervorgeht, konnte keine positi­ ve Korrelation zwischen relativer Qualität und relativen Direktkosten be­ obachtet werden, sondern eher das Gegenteil, da schlechte relative Qualität vielfach mit Nacharbeit, Ausschuß, Reklamationen etc. verbun­ den ist und somit zu höheren Kosten führt als eine höhere relative Quali­ tät (vgl. MEYER 1992, S. 38; MEYER 1988, S. 78). Auf diese Weise läßt sich die von CROSBY aufgestellte These "Quality is free" (CROSBY 1979) auch auf empirischem Wege stützen. Zugleich kann die Aussage von PORTER, ein Unternehmen müsse sich entweder für eine Qualitäts­ oder für eine Kostenführerschaftsstrategie entscheiden und die Position "zwischen den Stühlen" (vgl. PORTER 1992, S. 71 ff.) vermeiden, in star­ kem Maße angezweifelt werden, zumal beide Faktoren keine negativen Beziehungen aufweisen und gerade die "Doppelstrategie" unter strategi-

60

Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

sehen Gesichtspunkten vielversprechend erscheint. Dies dokumentieren die Erfolge japanischer Unternehmen in den vergangenen Jahren.

Relative Direktkosten

Veränderung der relativen Einzelkosten (in Punkten)

Veränderung der relativen Qualität

Abb. 4: Einfluß der Qualität auf die Kosten (Quelle: PIMS-Datenbank, entnommen aus MEYER 1992, S. 38)

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Ralf Steinbach

• Der Zusammenhang zwischen Qualität und Preisen In dieser als Preis-/Leistungsverhältnis zu bezeichnenden Dimension zei­ gen die PIMS-Daten, daß mit überlegener Qualität auch hohe relative Preise zu erzielen sind und - im Gegensatz dazu - geringere Qualität nur niedrigere Preise rechtfertigt (vgl. Abbildung 5).

ROI

Abb. 5: Auswirkungen des Preis-ZLeistungsverhältnisses auf die Rentabili­ tät (Quelle: PIMS-Datenbank, entnommen aus MEYER 1992, S.

41)

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

Die Befunde der PIMS-Untersuchung zeigen, daß hinsichtlich der zu rea­ lisierenden Rentabilität die Verfolgung einer Qualitätsstrategie zu einer deutlich höheren Rentabilität (durchschnittlich 30%) beiträgt als eine auf Kostenvorteile abzielende strategische Verhaltensweise, die mit einer durchschnittlichen Rentabilität von lediglich 18% einhergeht (vgl. hierzu auch BECKER 1993, S. 429).

Entgegen diesen auf der Preis-Qualitätsachse positionierten traditionellen Strategietypen erfaßte die PIMS-Untersuchung auch Anbieter niedriger Qualität bei hohen Preisen bzw. hoher Qualität bei niedrigen Preisen. Während ersterer Strategietyp, wie unschwer nachzuvollziehen ist, zu Marktanteilsverlusten aufgrund des schlechten Preis-/Leistungsverhältnisses führt, erreicht die als ideal bezeichnete Strategie geringer Prei­ se und hoher Qualität nur etwa die gleiche Rentabilität wie die traditionelle Hochpreis-Qualitätsführer-Strategie. Die Erklärung dieses Marktphäno­ mens liegt nach Auffassung des Strategie Planning Institute zum einen darin, daß der hier betrachtete ROI den Gesamteffekt der aus den Markt­ anteilsverlusten bzw. -gewinnen resultierenden Auswirkungen auf die Ka­ pazitätsauslastung, die Produktivität, die relativen Direktkosten, die Fix­ kostenintensität etc. darstellt, und zum anderen, daß - wie weitere Unter­ suchungen gezeigt haben - nicht der Preis, sondern die Qualität für die Höhe der Rendite verantwortlich zeichnet. Hinzu kommt, daß der Strategietyp „hohe relative Qualität/relativ niedriger Preis“ in weitaus stärkerem Maße als alle anderen Strategien positive Wirkungen auf den Marktanteil ausübt und somit mit einer investitionsin­ tensiven Marktanteilsausweitung einhergeht (vgl. MEYER 1992, S. 41). Abbildung 6 verdeutlicht diesen Zusammenhang in Analogie zu der vor­ herigen Darstellung.

63

Ralf Steinbach

Abb. 6: Auswirkungen des Preis-/Leistungsverhältnisses auf den Marktan­ teil (Quelle: PIMS-Datenbank, entnommen aus MEYER 1992, S. 42)

• Zwischenfazit der bisherigen Studien Versucht man die Erkenntnisse der PIMS-Studie zusammenzufassen, so zeigen diese deutlich die hohe strategische Bedeutung der Qualität für den Erfolg des Unternehmens. Ein wesentlicher Grund für die Schlüssel­ position der Qualität ist wohl darin zu sehen, daß diese im Gegensatz zur allgemeinen Meinung nicht mit höheren Kosten verbunden ist, sondern im Gegenteil zu Kostenvorteilen beiträgt. Vorteilhaft an dieser Beziehung zwischen Qualität und Kosten ist, daß Unternehmen Wettbewerbsvorteile

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

dadurch erzielen können, daß sie trotz hoher Qualität ihre Leistungen zu günstigen Kosten bereitstellen können und dies durch einen wettbe­ werbspolitisch günstigen Preis - mit dem Effekt der Marktanteilsauswei­ tung - an den Kunden weitergeben. Auch besteht die Möglichkeit, durch das Verfolgen einer Hochpreisstrategie, hohe Mittelüberschüsse zu erzie­ len, die in weitere Forschung und Entwicklung, in Kapazitätsaufbau oder sonstige zukunftsgerichtete Aktionen investiert werden (vgl. BUZZELL/GALE 1989, S. 92). Zudem ist davon auszugehen, daß eine hohe Qualität der Leistungen von den Kunden mit einer gestiegenen Loyalität und höheren Wiederkaufraten honoriert wird. Zusammenfassen läßt sich die strategische Bedeutung der Qualität sehr prägnant mit den Worten MEYERS, für den "Qualität die schärfste Wett­ bewerbswaffe für Unternehmen im Kampf um Marktanteile und Rendite­ verbesserungen (..ist..), denn Qualitätsstrategien haben gegenüber Preisbzw. Kostenstrategien den Vorteil, daß die Konkurrenz ihnen nicht so schnell und auf die gleiche Art und Weise begegnen kann. Dies bedeutet aber auch, daß eine schlechte relative Qualität, d.h. deutliche Qualitäts­ nachteile gegenüber den Hauptwettbewerbern als ein Alarmsignal für eine zukünftige Krisensituation anzusehen ist" (MEYER 1988, S. 74).

Neben der Qualität und den Kosten hat sich, gefördert durch den techno­ logischen Fortschritt und die damit einhergehende Verkürzung der Pro­ duktlebenszyklen sowie dem Bedürfnis der Kunden nach einer sofortigen Befriedigung der Konsumbedürfnisse, eine Dynamik entwickelt, die auch die Zeit des unternehmerischen Handelns, also jene Zeit, die ein Unter­ nehmen benötigt, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen oder auch eine Bestellung des Kunden zu erfüllen, zu einem strategisch relevanten Faktor hat heranwachsen lassen. Dies bestätigen auch die nachfolgend referierten empirischen Studien.

65

Ralf Steinbach

• Zeitelastizität des Preises STALK und HOUT (vgl. STALK/HOUT 1990, S. 111 f.) haben beispiels­ weise in ihren Untersuchungen ermittelt, daß die Kunden bereit sind, für die sofortige Übermittlung eines Dokuments mittels eines Kuriers einen bis zu vierhundertfachen Preis zu zahlen, den sie auf dem normalen Postweg hätten bezahlen müssen, der aber auch vier statt nur einen Tag in Anspruch genommen hätte. Nach diesen Untersuchungen liegt die Zeitelastizität des Preises in dieser Branche bei durchschnittlich ca. 150%, d.h. die Kunden sind bereit, bei einer Halbierung der Wartezeit ei­ nen Preisaufschlag von 50% zu bezahlen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, daß beispielsweise FotoExpress-Dienste oder Optikgeschäfte, bei denen die Kunden auf die Fer­ tigstellung ihrer neuen Brille im Geschäft warten können, trotz eines hö­ heren Preisniveaus als ihre "langsameren" Wettbewerber überdurch­ schnittlich erfolgreich sind (vgl. HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 94 f.). Auch läßt sich in diesem Kontext das zunehmende Bestreben des Versand­ handels erklären, die vom Kunden bestellten Waren möglichst rasch zu­ zustellen, da mit zunehmender Dauer zwischen Bestellung und Warenerhalt die Kaufbereitschaft seitens der Kunden kontinuierlich sinkt und somit die Gefahr der Warenrückgabe bzw. des Umtausches steigt.

• Einfluß der Reaktionszeit auf Wachstum und Gewinn In welchem Maße sich zeitorientiertes Unternehmensverhalten auf den Erfolg auswirkt, verdeutlicht Abbildung 7, bei der einige ausgewählte "Zeitwettbewerber" aus den USA dem Branchendurchschnitt gegenüber­ gestellt werden.

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

Unterschied der Reakti­

Wachstum im

Gewinn im Ver­

Vergleich zum

gleich zum

Branchen­ durchschnitt

Branchen­ durchschnitt

+ 80%

35 vs. 12%

19 vs. 9% (Rendite auf in­ vestiertes Kapital)

Unter­

Geschäfts

onsge­

nehmen

bereich

schwindigkeit

zum Bran­ chen­ durchschnitt

Wal Mart Discounter

Atlas Door

Industrie­ türen

+ 66%

15 vs. 5%

10 vs. 2% (Umsatzrendite)

Ralph Wilson Plastics

Dekorkunst­ stoffe

+ 75%

9 vs. 3%

40 vs. 10% (Nettokapital­ rendite)

+ 70%

12 vs. 3%

21 vs. 11% (Gesamtkapital­ rendite)

+ 85%

100 vs. 3%

n.v.

Thomas­ Möbel ville

Citicorp

Hypotheken­ kredite

Abb. 7: Erfolgsvorteile von Zeitwettbewerbern (Quelle: STALK/HOUT 1990, S. 16)

Im Ergebnis läßt sich aus den Untersuchungen von Stalk und Hout schließen, daß mit zunehmendem zeitbezogenen Wettbewerbsvorteil ein höheres Wachstum und ein höherer Gewinn im Vergleich zu den Konkur­

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Ralf Steinbach

renten zu erzielen ist. So beträgt beispielsweise der Zeitvorteil, den die Einzelhandelskette Wal-Mart gegenüber ihren Wettbewerbern bei der Reaktion auf Kundenanforderungen erzielen kann, 80%. Auch wenn ein­ geschränkt werden muß, daß sicherlich nicht nur der Zeitvorteil für das Unternehmensergebnis verantwortlich gemacht werden kann, so weist das Unternehmen dennoch mit einer Wachstumsrate von 35% einen na­ hezu dreimal so hohen Wert auf wie der Branchendurchschnitt (12%) und erzielt mit einer Rendite von 19% auf das investierte Kapital deutlich mehr Gewinn als die Wettbewerber mit einer Durchschnittsrendite von 9%. Eine besondere Bedeutung erhält die Zeit im Zusammenhang mit der Reaktion auf Kundenanforderungen dann, wenn man diese als Grundvor­ aussetzung dafür ansieht, die Flexibilität im Unternehmen zu steigern. Hierbei liegt die Überlegung zugrunde, daß ein Unternehmen, das in der Lage ist, seinen Wertschöpfungsprozeß zeitoptimiert zu gestalten, im Vergleich zu Wettbewerbern einen höheren Handlungsspielraum besitzt, um beispielsweise kleinere Losgrößen zu produzieren oder schneller und somit flexibler auf veränderte Kundenenvartungen (z.B. Modezyklen) zu reagieren (vgl. O.V. 1993, S. 530). Gerade vor dem Hintergrund der Indi­ vidualisierungstendenzen der Gesellschaft im Hinblick auf das Konsum­ verhalten stellt ein zeitoptimiertes, flexibles Unternehmensverhalten bei der Reaktion auf Kundenanforderungen im Sinne eines Customizing bzw. Segment-of-One-Management eine zentrale Grundlage zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen dar.

So verwundert es nicht, daß zahlreiche Firmen wie z.B. Benetton, Sony oder die in Abbildung 7 zitierten Unternehmen Schnelligkeit sowie An­ passungsfähigkeit an veränderte Anforderungen und individuelle Kun­ denwünsche zum Geschäftsfokus, vielfach sogar zu einem zentralen Element der Unternehmenskultur entwickelt haben (vgl. BRISKORN 1989, S. 46).

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

• Der Einfluß des Zeitpunkts des Markteintritts auf den

Unternehmenserfolg Die Verkürzung der Produktlebenszyklen und die gestiegene Gefahr, die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie Markteinführung nicht voll­ ständig zu amortisieren, haben den Zeitpunkt der Markteinführung eines neuen Produkts zu einer wichtigen, wenn nicht gar der zentralen strategi­ schen Schlüsselgröße im heutigen Wettbewerbsgeschehen werden las­ sen (vgl. BACKHAUS 1991, S. 11; HÖRSCHGEN 1995, Sp. 2465;

STALK/HOUT 1990, S. 15). "Der ‘Erste’ am Markt zu sein bedeutet nicht nur zeitlich, sondern meistens - wie das Beispiel Microsoft zeigt - auch wirtschaftlich die Nase vorn zu haben" (O.V. 1989, S. 52). Allerdings er­ fordert diese sogenannte First to Market-Strategie in der Regel hohe In­ vestitionen im F & E-Bereich sowie bei der Markteinführung (vgl. HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 93). Interessante Ergebnisse zum Einfluß des Markteintritts auf den Erfolg liefern auch hier wiederum die Untersuchungen aus der PIMS-Studie des Strategie Planning Institute. Hierbei wurde - wie bei PIMS-Daten üblich auf den Zusammenhang zwischen der vermeintlichen Erfolgsgröße, in diesem Falle dem Zeitpunkt des Markteintritts als Pionier oder als Folger, und dem erzielten Marktanteil als Erfolgsmaßstab abgestellt. Diese Un­ tersuchung zeigt (vgl. Abbildung 8), daß eine Pionierstrategie erfolgver­ sprechender ist als eine Folgerstrategie. Zudem war es den Forschern des SPI durch die PIMS-Datenbank möglich, Aussagen über den Einfluß auf die Kapitalrendite zu machen. So weisen Pionierunternehmen mit 22,8% eine deutlich höhere Kapitalrendite auf als Frühe Folger mit 21,3% und Späte Folger mit einer Kapitalrendite von 17% (vgl. SOMMERLATTE 1991, S. 12 ff.).

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Ralf Steinbach

Branche

Investitionsgüter

(1088 Fälle)

Konsumgüter (506 Fälle)

Marketing-

weniger als

länger als

weniger als

Strategie

20 Jahre

20 Jahre

20 Jahre

20 Jahre

im Markt

im Markt

im Markt

im Markt

Pionier

32%

28%

35%

27%

Frühe Folger

22%

20%

17%

17%

Späte Folger

15%

16%

11 %

16%

länger als

Abb. 8: Einfluß des Zeitpunkts des Markteintritts auf den Marktanteil (Quelle: ROBINSON/FORNELL 1986)

Die Vorteile, die ein Pionier gegenüber später in den Markt eintretenden Unternehmen hat, liegen darin, daß dieser aufgrund der Zeitelastizität des Preises (vgl. STALK/HOUT 1990, S. 111 f.) für die frühe Verfügbarkeit eines neuen, i.d.R. höheren Nutzen stiftenden Angebots auch höhere Preise fordern kann, die zu einer raschen Amortisation der angefallenen Kosten beitragen (vgl. z.B. BITZER 1991, S. 43). Hinzu kommt, daß sich der Anbieter in einer monopolähnlichen Marktstellung (vgl. SCHMELZER 1992, S. 47) befindet, die es ihm erlaubt, zum einen Markt- bzw. Indu­ striestandards zu setzen (vgl. TÖPFER/MEHDORN 1993, S. 54), an die sich nachfolgend in den Markt eintretende Unternehmen - evtl, mittels des Erwerbs von Lizenzen - halten müssen, und zum anderen, daß ihm diese temporäre Vormachtstellung das Aufbauen von Markteintrittsbarrieren gestattet, um so möglichst lange in dieser Monopolsituation verharren zu

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

können (vgl. PERILLIEUX 1991, S. 33). Der Zeitraum, der dem Pionier

bleibt, um dieses temporäre Monopol auszunutzen, nimmt jedoch mit zu­ nehmender Wettbewerbsdynamik rapide ab (vgl. O.V. 1989, S. 52).

Ein weiterer Vorteil eines Pioniers ist darin zu sehen, daß dieser nach ei­ ner gewissen Hochpreisphase und anfänglichen Erfahrungskurven- bzw. Lerneffekten kontinuierlich den Preis des Angebots senken kann, um so durch eine Ausweitung des Angebotsumsatzes die Marktpenetration zu fördern (vgl. TIBY 1988, S. 93; BITZER 1991, S. 43). Dieses strategische Verhalten wirkt sich insofern doppelt positiv aus, als daß neben weiterhin erzielten Erfahrungskurveneffekten und damit einhergehenden Kosten­ senkungen zugleich eine Marktzugangssperre errichtet werden kann, da der Marktanteil des Pioniers ständig wächst und durch den selbst initiier­ ten Preisverfall der Markt für Folger an Attraktivität verliert. Nachfolger müßten dann ihre Produkte zu einem noch niedrigeren Preis anbieten, wodurch sich die Gefahr erhöht, im restlichen ProduktlebenszyklusVerlauf nicht mehr alle Kosten amortisieren zu können. Hinzu kommt, daß der Folger in dieser Situation die schwierige Aufgabe hat, Imagevorteile und auch den Wissensvorsprung (vgl. BINNER 1993, S. 59) des Pioniers zu kompensieren, aber auch seine bereits bestehenden Geschäftsbezie­ hungen sowie dessen besseren und unter Umständen bereits etablierten Zugang zu Distributions- und Beschaffungskanälen aufzubrechen.

• Ergebniswirkungen von Entwicklungszeit und -kosten In welchem Maße die Entwicklungszeit - also jene Zeitspanne, die ein Unternehmen vom Erkennen eines Kundenbedürfnisses bzw. einer For­ schungsinnovation bis zur Markteinführung benötigt - Einfluß auf den zu erzielenden Erfolg des Unternehmens nimmt, geht aus Abbildung 9 her­ vor.

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Ralf Steinbach

Gesamt­ ertrag

Abb. 9: Ergebniswirkungen von Entwicklungszeit und -kosten (Quelle: TIBY 1988, S. 95)

Nach dieser Untersuchung kommt der Entwicklungszeit im Vergleich zu den Entwicklungskosten eine höhere Ergebniswirkung zu, da eine Verzö­ gerung des Zeitpunkts der Markteinführung um lediglich 10% eine Er­ gebniseinbuße in Höhe von 25-30% verursacht. Demgegenüber führt eine Überschreitung der Produktionskosten um 10% zu einer deutlich geringe­ ren Einbuße von 15-20% und eine 50%ige Erhöhung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung gar nur zu einer Minderung des Ergebnis­ ses um 5-10%. Zu noch etwas höheren Ergebnissen kamen WARNECKE und HÜSER, die in ihrer Arbeit sogar von einer Gewinneinbuße von durchschnittlich 34% bei einer Verlängerung der Markteinführung um sechs Monate sprechen (vgl. WARNECKE/HÜSER 1992, S. 5). Eine

Studie der Unternehmensberatung McKinsey gelangte zu der Feststel-

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

lung, daß der jeweilige Marktführer einer Branche im internationalen Wettbewerb durchschnittlich doppelt so schnell auf dem Markt ist, d.h. die Hälfte der üblichen Zeit für die Produktentwicklung benötigt wie Wettbe­ werber und dabei zudem noch eine höhere Qualität seiner Produkte bei insgesamt einem Drittel weniger Kosten realisieren kann (vgl. KLUGE/SAILER 1991, S. 7). Die Ergebnisse zur Bedeutung kurzer Entwicklungszeiten von Innovatio­ nen lassen "den Schluß zu, daß Unternehmen, bei denen zu vermuten steht, daß sie den geplanten und unter Wettbewerbsgesichtspunkten notwendigen Zeitpunkt der Markteinführung nicht einhalten können, sinnvollerweise ihre Aktivitäten intensivieren und beispielsweise zusätzliche Mitarbeiter in das Entwicklungsprojekt einbeziehen, statt die Gefahr einer verspäteten Markteinführung in Kauf zu nehmen" (HÖRSCHGEN 1995, Sp. 2469). Die eigentliche Gefahr, die Bedeutung des Zeitpunkts der Markteinführung zu unterschätzen, ist darin zu sehen, daß Unternehmen lediglich den real entgangenen, kurzfristigen Umsatzverlust berücksichti­ gen. Die wirklichen Opportunitätskosten sind aber ungleich höher als die kurzfristigen Umsatzausfälle und für ein Unternehmen kaum zu kalkulie­ ren, da sich diese in schwer zu quantifizierenden Größen wie z.B. Image­ verlust niederschlagen können und zudem länger in die Zukunft reichen­ de Auswirkungen besitzen (vgl. SIMON 1988(b), S. 164).

• Erkenntnisse der Studien

Faßt man die Studien zusammen, so lassen sich Wettbewerbsvorteile dann erzielen, wenn das Unternehmen in der Lage ist, - höhere Qualität als die Wettbewerber anzubieten,

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Ralf Steinbach

- eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit bei Kundenanforderungen sowie einen früheren Markteintritt mit Innovationen als die Wettbewerber zu realisieren und - niedrigere Kosten bzw. Preise als die Wettbewerber aufzuweisen.

Die Optimierung von Qualität und Kosten und Zeit stellt folglich die für das Unternehmen erfolgsentscheidende Anforderung dar, die es durch den Einsatz des Strategischen Marketing zu erfüllen gilt. Inwiefern das Stra­ tegische Marketing dazu in der Lage ist bzw. welche Veränderungen am Konzept des Strategischen Marketing hierzu vorgenommen werden müs­ sen, bilden den Gegenstand der nachfolgenden Überlegungen.

4. Evaluation des Beitrags des Strategischen Marketing für das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen Die Tatsache, daß die Einflußnahme auf die drei strategischen Erfolgsdi­ mensionen nur dadurch zu verwirklichen ist, daß unternehmerische Pro­ zesse im weitesten Sinne gestaltet werden - Qualität, Zeit und Kosten stellen somit Folgewirkungen jeglichen Handelns im Unternehmen dar -, bedingt, daß Strategisches Marketing eine Möglichkeit besitzen muß, auf die unternehmerischen Potentiale und Prozesse einzuwirken. Vergleicht man diese zentrale Anforderung mit dem, was im vorhergehenden Beitrag als Strategisches Marketing charakterisiert wurde, so zeigt sich in dieser Hinsicht eine Schwäche des Marketing, die aber zugleich einen wichtigen Ansatzpunkt für seine weitere Entwicklung bedeutet.

Strategisches Marketing ist nach dem heutigen, wenn auch im Vergleich zu früher weitaus umfassenderen und allgemeingültigeren Verständnis noch immer primär außenorientiert, d.h. es richtet sich an den Bezugs­ größen des unternehmerischen Umfelds wie beispielsweise den Kunden,

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Wettbewerbsvorteile durch Strategisches Marketing

den Marktpartnern, den Wettbewerbern aus, vernachlässigt dabei aber häufig eine Bezugnahme auf die Gestaltung unternehmensinterner Po­ tentiale und Prozesse. Vielmehr konzentriert sich Marketing bei seiner „Potentialorientierung“ darauf, den Beitrag der unternehmerischen Poten­ tiale zur Erzielung der außengerichteten Handlungen zu hinterfragen, oh­ ne dabei bewußt auf Prozesse und Potentiale bzw. Personen gestaltend einzuwirken. Gerade diese Innenorientierung, die klassischerweise eine Domäne des Managements darstellt, erscheint aber für die Optimierung von Qualität, Zeit sowie Kosten und damit für das Erzielen von Wettbe­ werbsvorteilen in der heutigen Wettbewerbslandschaft unumgänglich zu sein. Darüber hinaus beinhaltet Marketing in einer stärker operativen Dimensi­ on noch die klassische, als instrumentelles Marketing zu bezeichnende Komponente, die sich vor allem auf die Vermarktung einer Angebotslei­ stung konzentriert und ebenfalls keine innenorientierte Gestaltungsmög­ lichkeit bietet. Insoweit fokussiert sich das Marketing in starkem Maße auf marktbezogene Transaktionen, d.h. auf die Analyse marktbezogener In­ formationen und das Durchdringen des gesamten Unternehmens mit marktorientiertem Denken. Demgegenüber mangelt es im Konzept des Strategischen Marketing aber an Aussagen im Hinblick auf die unterneh­ mensinterne Umsetzung der einzelnen Bezugsgrößen. Diese Funktion ließe sich nur dann im Rahmen eines Strategischen Marketing realisieren, wenn in das bestehende Konzept zusätzlich eine Art "Gestal­ tungsfunktion" integriert wird, die neben der marketing-typischen Außen­ orientierung eine Innenorientierung, d.h. eine Ausrichtung am Unterneh­ men bzw. eine Gestaltung der Unternehmenspotentiale und -prozesse vorsieht, um so gleichzeitig Qualität, Zeit- und Kosteneffizienz im unter­ nehmerischen Handeln zu erzielen.

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5. Die Integration von Marketing und Management als Lösungsansatz? Betrachtet man die hier in diesem Kontext geäußerte Kritik zugleich als Anknüpfungsmöglichkeit für Veränderungen im Strategischen Marketing, so scheint eine Lösungsmöglichkeit in einer stärkeren Verknüpfung von Marketing als Außenorientierung des Unternehmens einerseits und Ma­ nagement als Innenorientierung an den unternehmerischen Potentialen bzw. Prozessen andererseits zu liegen. Durch diese Verschmelzung bei­ der wissenschaftlicher Disziplinen, auf die auch vermehrt in jüngeren wis­ senschaftlichen Überlegungen hingewiesen wird, schafft das Unterneh­ men die Voraussetzung für ganzheitliches Management, bei dem sowohl eine Außenorientierung an den Bezugsgrößen und somit eine direkte Ausrichtung des Unternehmens an den marktseitigen Anforderungen vor­ liegt, als auch eine Innenorientierung, die durch die Gestaltung unterneh­ merischer Prozesse und Potentiale unternehmensseitige Rahmenbedin­ gungen schafft, um schließlich die Anforderungen des Marktes in zielge­ richtete unternehmerische Handlungen umzusetzen. Gerade diese Vernetzung des Marketing mit dem Management zu einer ganzheitlichen, marktorientierten Unternehmensführung scheint eine im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Strategischen Marketing wichtige Überlegung zu sein, die in der wissenschaftlichen Auseinander­ setzung in Zukunft noch tiefergehend beleuchtet werden sollte.

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Ergebnisse der Diskussion

Im Zentrum der Diskussion zum Thema „Strategisches Marketing“ stan­ den zunächst die Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld, die zu einer Reihe von neuen Anforderungen an die Marketing-Wissenschaft geführt haben.

Von selten der Praktiker wurde hier vor allem auf den stark zunehmenden Zeitdruck verwiesen, der in der betrieblichen Praxis dazu führt, daß schnelle und demzufolge nicht vollständig durchdachte Entscheidungen getroffen werden müssen, so daß die Güte der Entscheidungsfindung immer mehr abnimmt. Beispielsweise bleibt heute bei einer Produktneu­ einführung immer weniger Zeit für eine systematische und intensive Marktforschung. Es sei Aufgabe der Marketing-Forscher, für diese Situa­ tion neue und bessere Konzepte der Entscheidungsunterstützung zu fin­ den; vor dem Hintergrund der weiter zunehmenden Bedeutung der Zeit als strategischer Erfolgsfaktor bietet sich der Marketing-Wissenschaft hier ein breites Feld neuer und anspruchsvoller Aufgaben. An Bedeutung ge­ winnen werden in diesem Zusammenhang z.B. Low-Budget-Szenarien, die unter Zeit- und Kostenaspekten Vorteile gegenüber herkömmlichen Denkmodellen besitzen. Als weitere wichtige Veränderung wurde die Entwicklung der MarketingWissenschaft in Richtung auf andere Disziplinen und hier insbesondere auf das traditionelle Management aufgegriffen. Insbesondere strategische Denkmodelle haben in jüngerer Vergangenheit verstärkt Zugang in die moderne Marketing-Wissenschaft gefunden.

Starke inhaltliche Überschneidungen im strategischen Bereich des Mar­ keting gibt es auch mit einer anderen betriebswirtschaftlichen Disziplin,

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Strategisches Marketing

dem Controlling. Hieraus läßt sich die Notwendigkeit zu einer verstärkten interdisziplinären Zusammenarbeit ableiten. Im Zusammenhang mit der strategischen Ebene im Marketing wurden die in der betrieblichen Praxis oft nicht optimal gestalteten Schnittstellen zur operativen Ebene bemängelt; der Transfer der Unternehmensstrategie auf die ausführende Ebene stellt die verantwortlichen Entscheidungsträ­ ger in den Unternehmen immer noch vor große Schwierigkeiten. Hier ist die Wissenschaft aufgefordert, Handlungskonzepte zu entwickeln, die den Entscheidungsträgern in der Praxis die Durchsetzung einer Marke­ ting-Strategie sowohl innerhalb des Unternehmens als auch im Markt er­ leichtern. Besondere Beachtung muß dabei der organisatorischen Veran­ kerung des Marketing im Unternehmen geschenkt werden.

Im Rahmen der Diskussion um organisatorische Fragen des Marketing wurde auch der Leitgedanke von der Obsoleszenz der traditionellen Mar­ keting-Abteilungen aufgegriffen. Das Marketing-Denken sei teilweise be­ reits so stark im Top-Management vieler Unternehmen integriert, daß sich keine Notwendigkeit für eine gesonderte Marketing-Abteilung ergeben würde. Diese Ansicht fand in der Gesprächsrunde breite Zustimmung; generell wurde die Forderung laut, Marketing als ganzheitliches Denkkon­ zept aufzufassen, das im gesamten Unternehmen und über alle Abtei­ lungsgrenzen hinweg verankert sein sollte.

Wichtig für die Verbindung von Marketing und Management ist die Frage, ob es gelingt, den Bereich der Führung noch stärker als bisher in das Lehrangebot im Fach Marketing zu integrieren. Für diese Erweiterung scheinen die im Marketing ausgebildeten Studierenden bzw. Mitarbeiter prinzipiell gute Voraussetzungen zu besitzen, da sie während ihres Studi­ ums bzw. ihrer beruflichen Tätigkeit in aller Regel gelernt haben, prozeß­ orientiert zu denken und damit diese Prozesse auch steuern zu können. Während marketing-orientierte Mitarbeiter dabei mehr an den unterneh­

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Ergebnisse der Diskussion

mensexternen und qualitativen Komponenten der Prozesse (z.B. Kunden, Wettbewerber, Lieferanten) ausgerichtet sind, haben bei den Mitarbeitern im Controlling die unternehmensinternen bzw. quantitativen Komponenten (hauptsächlich den Kosten) eine stärkere Rolle bei der Ausbildung bzw. bei der späteren beruflichen Tätigkeit. Trotz dieser .Arbeitsteilung“ benö­ tigen jedoch auch Marketing-Nachwuchskräfte zumindest Grundkenntnis­ se im Bereich des Kosten- und Zeitmanagements. Im Laufe der Diskussi­ on wurde deshalb angeregt, die Marketing-Ausbildung, speziell im Be­ reich der absatzpolitischen Instrumente, verstärkt auf diesen Bereich hin auszurichten.

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B. Marketing für Dienstleistungsanbieter

und Non-Business-Organisationen

Vom Produkt- zum Dienstleistungs-Marketing (Marion Friese)

1. Bedeutung und Geschichte des DienstleistungsMarketing Vergleicht man die Schwerpunkte wissenschaftlicher Forschung und Leh­ re mit denen der Untemehmenspraxis, so stößt man hin und wieder auf Themenkomplexe, für die eine Diskrepanz zwischen Praxisrelevanz auf der einen Seite und dem Ausmaß an theoretischer Durchdringung auf der anderen Seite festzustellen ist. Eine solche Diskrepanz existierte - und existiert zum Teil heute immer noch - für den Dienstleistungssektor (vgl. MEFFERT/BRUHN 1995, S. 3).

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Bundesrepublik Deutschland mehr und mehr zu einer Dienstleistungsgesellschaft entwickelt (vgl. MEYER 1990, S. 174). Legt man das Dienstleistungsverständnis der amtlichen Statistik zugrunde, zeigt sich dies sowohl im Hinblick auf die Bruttowert­ schöpfung als auch hinsichtlich des Anteils an der Beschäftigung: Der Anteil des Dienstleistungssektors an der Bruttowertschöpfung betrug 1991 58,7%, während er 1960 noch bei 40,9% lag. Bezüglich der Be­ schäftigten stellt der Dienstleistungssektor ebenfalls den größten Wirt­ schaftsbereich dar, denn 1990 arbeiteten dort 57,2% aller Erwerbstätigen (vgl. STAUSS 1994, S. 214).

Allerdings wird diese institutionelle Sichtweise der amtlichen Statistik der hohen Bedeutung von Dienstleistungen in unserer Volkswirtschaft nicht gerecht, weil weder die sog. Sekundärdienstleistungen, die nicht von ei­ nem institutioneilen Dienstleister, sondern von einem Hersteller von

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Marion Friese

Sachgütern erbracht werden (z.B. wenn ein Autohersteller zusätzlich noch Versicherungen anbietet), noch die funktionellen Dienstleistungen im Sin­ ne von produktbegleitenden, produktdifferenzierenden Dienstleistungen dem tertiären Sektor zugeschrieben werden (vgl. JUGEL/ZERR 1989, S. 163; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1994, S. 4 f.; MEFFERT/ BRUHN 1995, S. 22). So macht beispielsweise in der Computerindustrie der Anteil der funktionellen Dienstleistungen am Gesamtangebot bereits 42 % aus (vgl. STAUSS 1994, S. 215). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß es zwar einige Absatzleistungen gibt, die ausschließlich aus Dienstleistungen bestehen, daß aber andererseits kei­ ne Sachleistung ohne einen bestimmten, wenn auch mitunter geringen Dienstleistungsanteil abgesetzt werden kann (HILKE 1989, S. 8).

Der immense Bedeutungszuwachs der Dienstleistungen läßt sich auf die gestiegene Nachfrage von privaten Haushalten, aber auch von gewerb­ lichen und nicht erwerbswirtschaftlichen Institutionen nach Dienstleistun­ gen zurückführen. Dieser Nachfragezuwachs hat vielfältigste Ursachen. Aktuelle Entwicklungen wie die wachsende Freizeit der Bevölkerung, Ver­ schiebung der Alterspyramide, Outsourcing von Unternehmensteilbe­ reichen, Deregulierung und Liberalisierung bislang staatlicher Dienstlei­ stungsmärkte, Internationalisierungs- und Globalisierungstendenzen, Verbesserung der Kommunikationstechnologien u.a. führen dazu, daß der Dienstleistungssektor weiterhin wächst bzw. neue Dienstleistungs­ zweige entstehen (vgl. HESKETT/SASSER/HART 1991, S. 294; CO­ WELL 1991, S. 12 ff.; ENDERWICK 1989, S. 5; DUNNING 1993, S. 97; MÖßLANG 1995; KÖHLER 1991; TRONDSEN/EDFELT 1987, S. 54).

Während FOURASTIE bereits 1954 den sogenannten „Marsch in die Dienstleistungsgesellschaft“ proklamierte (vgl. FOURASTIE 1954), friste­ te das Dienstleistungs-Marketing zu diesem Zeitpunkt ein noch recht kümmerliches Dasein. Der Dienstleistungsbereich wurde in der Be­ triebswirtschaftslehre im allgemeinen und von der Marketing-Wissen-

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Vom Produkt- zum Dienstleistungs-Marketing

schäft im besonderen stark vernachlässigt. Die Marketing-Fachleute be­ schäftigten sich damals hauptsächlich mit Fragestellungen hinsichtlich des Ausbaus und der optimalen Kombination der absatzpolitischen In­ strumente im Konsumgüterbereich.

Während das Produkt-Marketing sich kontinuierlich weiterentwickelte, können die 70er Jahre als nächster Meilenstein in der Geschichte des Dienstleistungs-Marketing angesehen werden (vgl. MEFFERT 1994, S. 664). Im Kontext der ‘Broadening’-Diskussion, bei der es um die Auswei­ tung des institutioneilen Gegenstandsbereiches des Marketing geht, setzte sich sowohl in Marketing-Praxis als auch -Wissenschaft die Er­ kenntnis durch, daß das Marketing-Gedankengut auch für andere Institu­ tionen, so auch für Dienstleistungsunternehmen, einen fruchtbaren Orientierungs- und Gestaltungsrahmen zu bieten vermag (vgl. RAFFEE/ FRITZ/WIEDMANN 1994, S. 9). Das von KOTLER entwickelte ‘Generic Concept of Marketing’ (KOTLER 1972), nach dem sich das Marketing zur Steuerung sämtlicher zwischenmenschlicher und gesellschaftlicher Aus­ tauschprozesse eignet und demzufolge nicht nur den Austausch von materiellen Gütern, sondern auch den von immateriellen Gütern wie Dienstleistungen, Ideen oder Werten verbessern kann, begünstigte diese Entwicklung (vgl. NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1994, S. 25 ff.). Erst Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre erfolgte in der englischspra­ chigen Fachliteratur und - etwas zeitversetzt - in der deutschen Literatur eine intensivere Auseinandersetzung mit den Fragen und Problemen des Dienstleistungs-Marketing, was sich auch in ersten Veröffentlichungen zum institutionellen Dienstleistungs-Marketing niederschlug (vgl. MEYER 1990, S. 173). Der extrem heterogene Dienstleistungssektor, dessen Spektrum von Autovermietungen über Banken, freie Berufe, kulturelle Leistungen, öffentliche Dienstleistungen bis hin zu privaten Non-ProfitDienstleistungen reicht (vgl. ENDERWICK 1989, S. 33; LANGEARD 1981, S. 233), zeichnet dafür verantwortlich, daß in der wissenschaftli-

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Marion Friese

chen Auseinandersetzung branchenspezifische Analysen zum Dienstlei­ stungs-Marketing dominieren und z. T. nur geringe Bemühungen fest­ stellbar sind, allgemeingültige Aussagen im Sinne einer ‘Theorie des Dienstleistungs-Marketing’, die über Branchengrenzen hinweg Gültigkeit besitzen, zu entwickeln (vgl. MEFFERT/BRUHN 1995, S. 3).

2. Systematisierung, Begriff und Besonderheiten von Dienstleistungen Um das breite, heterogene Spektrum an Dienstleistungen zu ordnen, bieten sich eine Vielzahl von Kriterien an, anhand derer eine Klassifika­ tion vorgenommen werden kann (vgl. CORSTEN 1988, S. 24 f.). Eine mögliche Variante zeigt das Schema in Abbildung 1.

Abb.1: Klassifikation von Dienstleistungen

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Vom Produkt- zum Dienstleistungs-Marketing

Versucht man, den Begriff „Dienstleistung“ eindeutig zu definieren, so muß man feststellen, daß in der wissenschaftlichen Literatur eine Vielzahl von Begriffsauffassungen existieren, die einen unterschiedlichen Bedeu­ tungsgehalt aufweisen. Aus diesen sei die Definition von MEFFERT/ BRUHN (1995, S. 27) herausgegriffen, die Dienstleistungen folgender­ maßen kennzeichnen:

• Dienstleistungen sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbun­ den sind. • Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Erstellungspro­ zesses kombiniert. Die Faktorkombination des Dienstleistungsanbieters wird dabei mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen oder deren Ob­ jekten, nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (vgl. MEFFERT/BRUHN 1995, S. 27).

Weitgehende Einigkeit besteht jedoch darüber, daß sich Dienstleistungen durch einige Besonderheiten von Sachgütern unterscheiden. Als wesent­ liche Differenzierungsmerkmale werden dabei genannt (vgl. MEYER 1991, S. 199 ff.):

• Immaterialität der Dienstleistung, aus der die Nichtlagerfähigkeit und die Nichttransportfähigkeit resultieren • Leistungsfähigkeit des Dienstleistungsanbieters

• Integration des externen Faktors in den Dienstleistungserstellungspro­ zeß

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Marion Friese

Abbildung 2 zeigt einige Implikationen für das Marketing eines Dienstlei­ stungsanbieters, die aus diesen Basisbesonderheiten resultieren. Dabei sind die Unterschiede zu einem Sachgüterhersteller, der eine Situati­ onsanalyse, eine Ziel- bzw. Strategienplanung oder Maßnahmenplanung, organisatorische sowie Kontrollaktivitäten durchführt, weniger formal­ methodischer Art als vielmehr inhaltlicher Art.

Merkmale von

Implikationen für das Dienstleistungsmarketing

Dienstleistungen

• Leistungsfähigkeit des -> Dokumentation spezifischer DienstleistungsDienstleistungsanbieters Kompetenzen (in Verbindung mit der Immaterialität) -> Differenzierter Einsatz von Herstellungskom­ ponenten

-> Materialisierung des Fähigkeiten-Potentials

• Integration des externen Faktors

-> Berücksichtigung von Transport- und Lagerpro­ blemen des externen Faktors -> Standardisierungsprobleme -> Marketing-Orientierung im DienstleistungsErstellungsprozeß

Abb. 2: Aus den Merkmalen von Dienstleistungen resultierende Implika­ tionen für das Dienstleistungs-Marketing (Quelle: MEFFERT/ BRUHN 1995, S. 63)

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Vom Produkt- zum Dienstleistungs-Marketing

Die erfolgreiche Führung von Dienstleistungsunternehmen erfordert ne­ ben einer klaren Positionierung im Wettbewerbsumfeld eine Leistungs­ profilierung gegenüber dem Kunden sowie eine umfassende Orientierung hinsichtlich der Mitarbeiter. Die Wettbewerbs-, künden- und mitarbeiterori­ entierten Strategien erfahren ihre Umsetzung durch die einzelnen absatz­ politischen Instrumente (vgl. MEFFERT 1993, S. 25; MEFFERT/BRUHN 1995, S. 117).

Während einige Autoren dies über die klassischen 4 P’s (Product, Place, Price, Promotion) versuchen (vgl. z.B. SCHEUCH 1982; HESKETT 1986), plädieren andere Wissenschaftler schon seit einigen Jahren für eine Erweiterung des Marketing-Mix um die Dimensionen Personnel, Physical Facilities und Process Management (vgl. MARGRATH 1986, S. 44 ff.; s. hierzu auch MEFFERT/BRUHN 1995, S. 251 f.). Ähnlich se­ hen es BOOMS/BITNER und COWELL, die die absatzpolitischen Instru­ mente eines Dienstleisters um die Instrumente People, Physical Evidence und Process ergänzen (vgl. BOOMS/BITNER 1981, S. 50; COWELL 1991, S. 69 f.). Auch GRONROOS und KOTLER/BLIEMEL argumentie­ ren, daß aufgrund der hohen Komplexität im Dienstleistungs-Marketing weitere Instrumente, nämlich Internes Marketing und Interaktives Marke­ ting als zusätzliche Aktivitätsbereiche, zur Aufgabenbewältigung erforder­ lich sind (vgl. GRONROOS 1984, S. 36 ff.; KOTLER/BLIEMEL 1995, S. 715 f.). Abbildung 3 stellt die klassischen 4 P's aus dem Konsumgüterbereich dem erweiterten Marketing-Mix aus dem Dienstleistungssektor gegen­ über.

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Marion Friese

Abb. 3: Absatzpolitische Instrumente im klassischen Konsumgüter- und im Dienstleistungs-Marketing (Quelle: MEFFERT 1993, S. 26)

Während nach Meinung der o.a. Autoren diese Erweiterung auf der Ein­ sicht beruht, daß das klassische Marketing-Mix nicht alle Ressourcen und Aktivitäten erfaßt, die für die optimale Umsetzung der Strategien im Dienstleistungssektor notwendig sind, weisen MEFFERT/BRUHN darauf hin, daß sich die unter den zwei bzw. drei neuen Maßnahmengruppen zu­

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Vom Produkt- zum Dienstleistungs-Marketing

sammengefaßten Aktivitäten zum Teil den klassischen Marketing-Mix-Be­ reichen zuordnen lassen bzw. eher dem Problemkreis der Marketing-Im­ plementierung zuzurechnen sind (vgl. MEFFERT/BRUHN 1995, S. 251).

Obwohl - wie oben aufgezeigt - in der wissenschaftlichen Literatur keine Einigkeit darüber besteht, ob die klassischen absatzpolitischen Instrumen­ te im Dienstleistungs-Marketing der Ergänzung bedürfen oder nicht, zeigt die Diskussion deutlich, daß Themen wie Interaktives Marketing, Internes Marketing, Prozeßorientierung schon lange ihren festen Platz im Dienst­ leistungs-Marketing haben und ihnen ein relativ hoher Stellenwert beige­ messen wird.

3. Resümee Obwohl es im Dienstleistungs-Marketing noch viele offene Fragen gibt (man denke z.B. an Führung und Organisation von Dienstleistungsunter­ nehmen, Strategien für Dienstleistungsunternehmen, Qualitätsmanage­ ment von Dienstleistungen, Schnittstellenmanagement zwischen Kunde und Anbieter), spricht vieles dafür, daß die Zeiten, in denen ein einseitiger Erkenntnisfluß vom Produkt-Marketing auf das Dienstleistungs-Marketing ausging, vorbei sind. Im Gegenteil: Denkt man daran, daß im Dienstlei­ stungs-Marketing schon lange Internes Marketing, Relationship-Mar­ keting, Fragen der stärkeren Prozeßorientierung eine gewichtige Rolle spielen, so liegt der Schluß nahe, daß vom Dienstleistungs-Marketing be­ deutende Impulse auf das Produkt-Marketing bzw. das Strategische Mar­ keting ausgehen.

Vor dem Hintergrund der immensen Bedeutung der Dienstleistungen in unserer Wirtschaft und der Einflüsse des Dienstleistungs-Marketing auf das Produkt-Marketing und das Marketing insgesamt kann man behaup-

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Marion Friese

ten, daß heute kein Marketing-Spezialist mehr ohne profunde Kenntnisse des Dienstleistungs-Marketing auskommt.

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Marion Friese

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Die Bedeutung des Strategischen Marketing für

Non-Business-Organisationen (Andreas Kaapke)

1. Einleitung Bei aller Unterschiedlichkeit der in der Realität vorzufindenden NonBusiness-Organisationen fällt auf, daß diese eine Gemeinsamkeit aufwei­ sen: Sie bieten vor allem Dienstleistungen an. Insofern läßt sich das NonBusiness-Marketing als Unterfall des Dienstleistungs-Marketing, das be­ reits im vorangegangenen Beitrag behandelt wurde, begreifen. Daß den­ noch eine eigenständige Behandlung des Non-Business-Bereichs be­ rechtigt ist, liegt an den Spezifika der nichterwerbswirtschaftlich orientier­ ten Organisationen, auf die später kurz eingegangen wird. In der Literatur finden sich eine Fülle kontroverser Vorstellungen über den Inhalt des Begriffs „Non-Business-Marketing“. Während einzelne Autoren zwischen Nonprofit-Marketing und Non-Business-Marketing unterschei­ den und schließlich mit dem Sozio-Marketing bzw. dem SocietalMarketing noch eine weitere Spielart ins Feld führen, verwenden andere Autoren das Nonprofit-Marketing und das Non-Business-Marketing als Synonyme. Dieser Sichtweise soll auch hier gefolgt werden.

Der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen liegt in der Darstellung dreier Beispiele, die eindrücklich veranschaulichen, welche Bedeutung einerseits dem Marketing in nichterwerbswirtschaftlichen Organisationen eingeräumt wird, und welche Rolle dem Marketing vor dem Hintergrund

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Andreas Kaapke

der jeweils spezifischen Problemlage eingeräumt werden müßte. Zuvor sollen jedoch kurz Ursprung und Besonderheiten des Non-BusinessMarketing skizziert werden, um den drei Beispielen eine einheitliche kon­ zeptionelle Basis zugrunde zu legen.

2. Entwicklung und Besonderheiten des Non-BusinessMarketing Ursprünglich war Marketing nur für erwerbswirtschaftlich orientierte Un­ ternehmen interessant und wurde somit zunächst nur von diesen ange­ wandt. Die Veränderung der Definition des Marketing dahingehend, daß nicht nur der Güter-Geld-Austausch, sondern generell Austauschprozesse im Mittelpunkt des Marketing stehen, ermöglichte die Anwendung des Marketing aufnichterwerbswirtschaftlich orientierte Institutionen. KOTLER und LEVY durchbrachen mit ihrem Aufsatz 'Broadening the Concept of Marketing' die anfänglich auf den profitorientierten Bereich beschränkte Sicht. "Im Kontext der bereits in den frühen 70er Jahren eingeleiteten 'Broadening-Diskussion', (...), setzte sich (...) sowohl in der MarketingWissenschaft als auch in der Praxis weitgehend die Vorstellung durch, daß die Marketing-Technologie auch für andere Organisationen einen fruchtbaren Orientierungs- und Gestaltungsrahmen zu bieten vermag" (RAFFEE/FRITZ/WIEDMANN 1994, S. 9). So schrieben KOTLER und LEVY: "It is the author's contention that marketing is a pervasive societal activity that goes considerably beyond the selling of toothpaste, soap and steel" (KOTLER/ LEVY 1969, S. 3). Bereits zu Beginn der 50er Jahre tauchten erstmals Gedanken auf, ob Marketing nicht sehr viel weiter als bis dahin gedacht als Sozialtechnik im Sinne einer technologischen Beeinflussungskonzeption (vgl. RAFFEE 1976, S. 61 ff.) zu interpretieren sei: "Why can't you sell brotherhood like you sell soap?" (WIEBE 1951/52, S. 679). Durch diese Auffassung, die

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Strategisches Marketing für Non-Business-Organisationen

rasch an Boden gewann, überwand das Marketing seinen rein absatzwirt­ schaftlichen Charakter und entwickelte sich zu einer entscheidenden Va­ riablen zur Steuerung zwischenmenschlicher wie auch gesellschaftlicher Prozesse (vgl. NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1994, S. 25).

Wissenschaftlich wurde die Übertragbarkeit des Marketing auf nichter­ werbswirtschaftlich orientierte Institutionen anhand deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu profitorientierten Unternehmen überprüft. Un­ geachtet der Fülle an Besonderheiten - beispielsweise zählen hierzu plu­ ralistische Interessengruppen, pluralistische Ziele, ein erhöhtes öffentli­ ches Interesse und der hohe politische Druck, die nicht zwingende Kon­ formität zwischen angebotener Leistung und anvisierter Zielgruppe sowie die eingeschränkten Möglichkeiten der Wirkungsmessung der Leistung von Marketing-Maßnahmen - erweisen sich die Grundgedanken und In­ strumente des Marketing mit gewissen Einschränkungen als auf nahezu alle Institutionen übertragbar, die in irgendeiner Form materielle oder im­ materielle Produkte zur Befriedigung der Abnehmerbedürfnisse anbieten (vgl. MERKLE 1976, S. 31). Während sich die Wissenschaft in den 70er Jahren und in den Anfängen der 80er Jahre bei weitem nicht einig schien, ob und inwieweit eine Ausweitung ökonomisch sinnvoll und in einzelnen Fällen moralisch vertretbar sei, setzten zahlreiche Nonprofit-Orga­ nisationen das Marketing, zumindest aber einzelne Instrumente davon, mit Erfolg ein (vgl. LEVEN 1987, S. 633). Nichts überzeugte die Wissen­ schaftler mehr als diese empirische Überprüfung an der Realität.

Da Nonprofit-Organisationen in der überwiegenden Mehrheit der Fälle Dienstleistungen anbieten und zugleich der Dienstleistungssektor und damit einhergehend das Dienstleistungs-Marketing einen rasanten Auf­ stieg nahmen, verflogen die letzten Zweifel an einer Übertragbarkeit des Marketing auf den nichterwerbswirtschaftlichen Bereich in der Mitte der 80er Jahre. Ähnlich der Vielfalt im Dienstleistungsbereich gibt es aller­ dings nicht das Marketing für Nonprofit-Organisationen; vielmehr koexi­

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Andreas Kaapke

stieren aufgrund der Vielzahl von Nonprofit-Organisationen eine Reihe unterschiedlichster Marketing-Arten in diesem Sektor. In dem Beitrag über die Entwicklungstendenzen und Zukunftsperspekti­ ven des Strategischen Marketing wurde bereits angedeutet, daß man es auch im erwerbswirtschaftlichen Bereich mit einer Vielzahl verschiedener Marktpartner zu tun hat. Die Fülle an Interessengruppen im nichter­ werbswirtschaftlichen Bereich geht darüber allerdings weit hinaus. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. KOTLER zeigte schon im Jahr 1978 für Universitäten, daß diese es sage und schreibe mit 18 verschiedenen In­ teressengruppen zu tun haben (potentielle und immatrikulierte Studenten, Lehrkörper, Verwaltungs- und sonstiges Personal, Absolventen, Konkur­ renten, Lieferanten, Allgemeine Interessenten, erwerbswirtschaftliche Unternehmen, Berufsberater, Eltern der Studenten, Stadt oder Gemeinde, Stiftungen, Kultusministerium, Massenmedien; vgl. KOTLER 1978, S. 18). Dabei muß berücksichtigt werden, daß die Heterogenität dieser Gruppen enorm ist. Vor diesem Hintergrund stimmt es wenig verwunderlich, daß auch deren Ziele bzw. Ansprüche recht unterschiedlich ausfallen. Hinzu kommt, daß sich der nichterwerbswirtschaftliche Charakter der be­ trachteten Institutionen auch in deren Zielverfolgung niederschlägt. Hat man es bei profitorientierten Unternehmen in aller Regel mit Formalzielen zu tun, also solchen, die wie Kostensenkung, Gewinnerzielung oder Rentabilitätssteigerung finanzwirtschaftlicher Art sind, dominieren im NonBusiness-Bereich Sachziele. Hier steht Art, Menge und Zeitpunkt der Leistungserstellung im Mittelpunkt des „unternehmerischen“ Handelns. Daraus resultieren vergleichsweise amorphe Ziele wie die Erfüllung des Bildungsauftrags oder die Gewährleistung der Rundfunkversorgung, die hinsichtlich ihrer Operationalisierbarkeit schwer in den Griff zu bekommen sind. Folge hiervon ist die eingeschränkte Wirkungsmessung bereits durchgeführter Maßnahmen und damit einhergehend eine nur rudimentär ausgeprägte Kontrolle. Schließlich folgt aus den pluralistischen Interes­

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Strategisches Marketing für Non-Business-Organisationen

sengruppen das überdurchschnittliche Interesse der breiten Öffentlichkeit

an diesen Organisationen, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, daß diese sich zu einem Großteil über Steuergelder finanzieren - ein ebenso aktuelles wie brisantes Thema. Über die Vergabe von Steuergeldern ent­ scheiden politische Hoheitsträger, die sich allzuoft in der heterogenen Masse finanziell zu unterstützenden Institutionen nicht zurechtfinden, sich aber dennoch über eine aus ihrer Sicht geschickte Zuweisung an Mitteln zu profilieren versuchen. Die Verwaltung zahlreicher nichterwerbswirt­ schaftlicher Institutionen sieht sich so auf Gedeih und Verderb den Ent­ scheidungen Dritter ausgesetzt. Da diese aber auf das Wohlwollen von Wählern angewiesen sind, wechseln die Entscheidungsträger vergleichs­ weise häufig ihre Meinung. Eine Reihe namhafter Vertreter der Wissenschaft, bspw. KOTLER, RAFFEE oder BRUHN/TILMES, haben sich diesen und anderen Problemen von Nonprofit-Institutionen zugewandt und das Marketing auf den NonBusiness-Sektor zu übertragen versucht. Allerdings zeigen die drei nachfolgenden Beispiele, daß die Übertragung häufig an organisatori­ schen Schwierigkeiten scheitert.

3. Beispiele aus der Praxis Beispiel 1: Kulturbereich (Staatstheater Stuttgart) Der Lehrstuhl für Absatzwirtschaft hat 1994 eine Studie für das Staats­ theater Stuttgart erstellt und dabei den Versuch unternommen, das Stra­ tegische Marketing auf den kulturellen Bereich zu übertragen. Ausgangs­ punkt der Überlegungen war das damalige und auch heutige Problem des Staatstheaters. Dieses finanziert sich zu ca. 95 % über Zuschüsse sei­ tens des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart. Lediglich ein Rest von ca. 5 % entstammt dem eigenen Kartenverkauf. In Zeiten

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Andreas Kaapke

zunehmender Verknappung der Staatsmittel und vor dem Hintergrund massiver Drohungen der Stadt Stuttgart, aus dem Finanzierungspool auszusteigen, sah sich das Staatstheater plötzlich mit einer völlig verän­ derten Situation konfrontiert.

Hier böten sich den Verantwortlichen des Staatstheaters mit Hilfe des Marketing eine Fülle an Möglichkeiten, die Disproportionalität von Zu­ schüssen zu Eigeneinnahmen bzw. ein unter Umständen sich abzeich­ nendes Haushaltsloch zu kompensieren. Schaut man sich allerdings die organisatorische Aufhängung des Marketing im Staatstheater an, so muß man mit Erschrecken feststellen, daß der nicht explizit im Marketing aus­ gebildete Verkaufsleiter hierfür zuständig ist. Die Marketing-Funktion ist auf einer hierarchischen Ebene mit ausgesprochen geringen Entschei­ dungskompetenzen angesiedelt, so daß bei zentralen Entscheidungstat­ beständen die Verwaltungsspitze konsultiert werden muß und letztlich entscheidet. Diese zeigt sich aber so vom kulturellen Denken geprägt, daß die ins Feld geführten Verbesserungsvorschläge nahezu vollständig als zu kommerziell und nicht tragfähig beschieden wurden. Teilweise konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die unter betriebs­ wirtschaftlichen Gesichtspunkten berechtigten und kreativen Vorschläge auf wenig Verständnis bei den Verantwortlichen des Kulturbetriebs stie­ ßen (Vgl. FRIESE/KAAPKE/PATTBERG 1993, S. 1 ff.).

Beispiel 2: Kirchlicher Bereich (Evangelische Kirche Deutschlands) Die Evangelische Kirche in Deutschland verzeichnete 1992 nicht weniger als 141000 Kirchenaustritte. Darüber hinaus klagen die Verantwortlichen über ein immer schwächer werdendes Engagement bei den Kirchenmit­ gliedern. Dies äußert sich nicht zuletzt in einem verschlechterten Ver­ hältnis von aktiver zu passiver Gemeinde, so daß wenige aktive Ge­ meindemitglieder einer Fülle von ‘Karteileichen’ gegenüberstehen, die

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Strategisches Marketing für Non-Business-Organisationen

zwar geführt werden, aber aus den verschiedensten Gründen noch nicht die Zeit oder den Mut aufgebracht haben, sich abzumelden. Die Kirche hat in der Tat ihr Problem erkannt, und seit geraumer Zeit ver­ sucht man, durch relativ aktionistisch anmutende Maßnahmen dem Pro­ blem zu begegnen. Vor allem der Bereich der Kommunikationspolitik speziell die Öffentlichkeitsarbeit und die Werbung - stehen im Mittelpunkt der kirchlichen Bemühungen. Auf der anderen Seite scheinen aber die für eine strategische Marketing-Planung so wichtigen Phasen der Situati­ onsanalyse und der Ziel- und Strategienplanung nicht oder kaum Be­ rücksichtigung zu finden. So verpuffen eine Reihe der gestalteten Maß­ nahmen, ohne einen entsprechenden Erfolg zu erzielen - nicht zuletzt deshalb, weil man sich beispielsweise zu wenig Gedanken über einzelne Zielgruppen macht, weil man sich bei der Bestimmung der Konkurrenz nach wie vor schwer tut und eine einheitliche Strategie kaum möglich scheint (vgl. RAFFEE 1995, S. 161 ff.).

Beispiel 3: Staatlicher Bereich (Wirtschaftsstandort Deutschland) Das dritte hier beispielhaft aufgeführte Anwendungsfeld des NonBusiness-Marketing bezieht sich auf staatliche Hoheitsträger, die über die wirtschaftspolitischen Aktivitäten zu entscheiden haben. Nach wie vor gilt als langfristiges Ziel von Betriebswirtschaften die Sicherung des Unter­ nehmensbestandes. Letztlich tragen die Maßnahmen des Marketing eines Unternehmens dazu bei, dieses auf Dauer am Markt möglichst günstig zu positionieren. Keineswegs anders verhält es sich bei Staaten. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung der Weltwirtschaft und den damit verbundenen Konsequenzen - z.B. schnelle Telekommunikations­ möglichkeiten, verbesserte Logistiksysteme und zunehmend standardi­ sierte Ausbildungsgänge - stehen auch Standorte bzw. Nationen im Wettbewerb zueinander. Ein Großteil der Standortfaktoren und damit die

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Andreas Kaapke

wettbewerbsbestimmenden Parameter werden vom Staat determiniert. Seine Entscheidungen prägen mitunter das Bild einzelner Branchen und auch Unternehmen in der weltweiten Öffentlichkeit. Nur wenn es gelingt, die Kombination der Parameter ähnlich attraktiv zu gestalten wie an ande­ ren Standorten, ist der ‘Unternehmensbestand’, in diesem Falle der lang­ fristige wirtschaftliche ‘Staatsbestand’ gesichert. In den Aufgabenbereich des Marketing fällt es, geeignete Wettbewerbs­ indikatoren zu ermitteln und deren konkrete Ausgestaltung zu vermark­ ten. Von daher wäre es auch auf Staatsebene wünschenswert, sich zu­ nehmend des Erkenntnisstandes des Marketing zu bedienen. Während z.B. kommunikationspolitische Instrumente schon seit geraumer Zeit in der Politik eingesetzt werden, finden strategische Überlegungen kaum Berücksichtigung. Zudem bedient man sich der absatzpolitischen Instru­ mente in erster Linie bei der Vermarktung von Politikern und sehr viel seltener zur Vermarktung von Ideen, Inhalten oder Programmen, sprich von Politik. Vor allem der strategische Weitblick scheint vor dem Hinter­ grund des späten Eintritts von Wirkungen getroffener Maßnahmen einer­ seits und den vergleichsweise kurzen Wahlzyklen andererseits häufig auf der Strecke zu bleiben. Dabei wäre vor dem Hintergrund der sich stellen­ den Zukunftsfragen strategisches Denken notwendiger denn je.

4. Fazit Bereits den Beiträgen zum Strategischen Marketing konnte man entneh­ men, welche grundsätzlichen Veränderungen sich im Marketing und Ma­ nagement abzeichnen. Während aber im erwerbswirtschaftlichen Bereich zunehmend eine kombinierte inside-out- und outside-in-Denkstruktur vor­ herrscht, findet sich dies im Non-Business-Bereich nicht. Hier herrscht eine inside-in-Vorstellung vor. In allen Beispielen sind die Verantwortli­

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Strategisches Marketing für Non-Business-Organisationen

chen relativ stark mit sich beschäftigt und nehmen die Bedürfnisse mögli­ cher Interessengruppen nur bedingt wahr.

Vor dem Hintergrund einer verschärften Konkurrenzsituation gewinnt das Gesetz des gegenseitigen Ausschlusses (s. hierzu den Beitrag von Stein­ bach) zunehmend an Bedeutung. Allerdings eignet sich die Struktur vieler öffentlich-rechtlicher Bereiche kaum, zwischen den darin operierenden Organisationen einen gegenseitigen Ausschluß zu bewirken, da der Staat aufgrund seines wirtschafts- und sozialpolitischen Auftrags vieles fördern muß, ungeachtet der Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Betriebs. Das heißt, daß öffentlich-rechtliche Institutionen bei weitem nicht unter dem Konkur­ renzdruck stehen wie privatwirtschaftliche Unternehmen, obgleich unter Umständen das Angebot der öffentlich-rechtlichen Institutionen die Kun­ denwünsche kaum berücksichtigt. Damit findet aber die vielfach geforder­ te Interaktionsbezogenheit des Strategischen Marketing im Bereich nicht­ erwerbswirtschaftlicher Organisationen nicht statt. Wollte man noch kriti­ scher mit den Verantwortlichen der Non-Business-Organisationen ins Gericht gehen, müßte man feststellen, daß daneben mangelnde Profes­ sionalität, vorherrschendes aktionistisches Denken, fehlendes Prozeß­ denken, ökonomische Ignoranz und die einseitige Orientierung an unter­ nehmensinternen Belangen ein Strategisches Marketing massiv behin­ dern. Sofern ein Strategisches Marketing in nichterwerbswirtschaftlichen Insti­ tutionen vorhanden ist, wird es in aller Regel nachgeordneten Instanzen aufbauorganisatorisch zugeordnet. Diese Stellen zeichnen sich dadurch aus, daß sie weder über ausreichende Entscheidungskompetenzen ver­ fügen noch eine Lobby in der Institution besitzen. Ketzerisch müßte ab­ schließend das Fazit lauten, daß ganz offensichtlich die Probleme, die sich einem Ökonomen im Non-Business-Bereich stellen, ein Marketing mit hoher organisatorischer Aufhängung rechtfertigen, der Leidensdruck bei den dafür Verantwortlichen allerdings noch nicht ausgeprägt genug

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Andreas Kaapke

ist. Ob diese vor dem Hintergrund ihrer eigenen Ziele und Denkweisen überhaupt zur Umsetzung eines Strategischen Marketing-Konzepts in der Lage sind, wird die Zukunft zeigen.

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Ergebnisse der Diskussion Im Bereich „Marketing für Dienstleistungsanbieter und Non-BusinessOrganisationen“ waren sich die Diskussionsteilnehmer darin einig, daß das Dienstleistungs-Marketing generell stark an Bedeutung gewonnen hat. Dies zeigt sich zum einen bei den institutioneilen Dienstleistungsunternehmen, die einen ständig wachsenden Anteil am Bruttosozialprodukt der westlichen Industrienationen stellen. Zum anderen haben ergänzende Dienstleistungsangebote im Bereich der Industrie- und Handelsunterneh­ men einen enormen Bedeutungszuwachs erfahren. Erst durch zusätzliche Produkt- bzw. sortimentsdifferenzierende Dienstleistungen ist es den Un­ ternehmen möglich, sich am Markt durchzusetzen und sich von ihrer Konkurrenz klar abzugrenzen. Generell wurde im Zusammenhang mit dem Anstieg von Dienstleistungsangeboten der Leitsatz von der Entwick­ lung zur Dienstleistungsgesellschaft in der Diskussionsrunde voll bestä­ tigt. Alle Diskussionsteilnehmer stimmten überein, daß der Faktor Mensch vor allem im Rahmen des Dienstleistungs-Marketing immer stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund gewinnen Konzepte an Bedeutung, die nicht die Produkte, sondern die Kunden als wichtigste Aktionsbereiche im Marketing begreifen. Ein aktuel­ les Beispiel hierfür bietet das deutsche Kundenbarometer, das die Mes­ sung der Kundenzufriedenheit in verschiedenen Branchen zum Untersu­ chungsgegenstand erklärt hat. Diese Entwicklung zeigt auf, daß das Dienstleistungs-Marketing bezüglich kundenorientierter Denk- und Hand­ lungsmuster für andere Teilbereiche des Marketing - auch für das Kon­ sumgütermarketing - wichtige Impulse geben kann, während früher prak­ tisch alle wichtigen Weiterentwicklungen des Marketing-Ansatzes vom Konsumgütersektor ausgingen.

109

Marketing für Dienstleister und Non-Business-Organisationen

Die zunehmende Bedeutung des Dienstleistungs-Marketing hat auch Auswirkungen auf die unternehmensinterne strategische Ausrichtung: Da der Faktor Mensch als Kunde und als externer Bestandteil der Unterneh­ mung an Bedeutung gewinnt, wird ihm auch intern mehr Beachtung ge­ schenkt werden müssen. Die Mitarbeiter bzw. ihre Persönlichkeitsfaktoren wie Phantasie, Kreativität und Flexibilität werden für das einzelne Unter­ nehmen zu wichtigen strategischen Erfolgsfaktoren. Damit erlangt die Marketing-Orientierung nach innen für die Unternehmen eine ganz zentra­ le Bedeutung: Erfolgreiches internes Marketing wird zur Pflicht für Unter­ nehmen, die nach außen erfolgreich auftreten wollen.

Als wichtiges limitierendes Element für die Durchsetzung einer solchen umfassenden Marketing-Ausrichtung werden sich jedoch die - speziell in Deutschland sehr hohen - Personalkosten in Zukunft noch verstärkt aus­ wirken. Rationalisierungsmöglichkeiten im Hinblick auf diesen zentralen Kostenblock liegen vor allem in der Standardisierung bzw. dem Outsour­ cing von Dienstleistungsangeboten.

Bei Non-Business-Organisationen wie Gemeinden, Kirchen und Kulturbe­ trieben waren sich alle Diskussionsteilnehmer darin einig, daß diese Insti­ tutionen bislang nur in sehr geringem Umfang von den Denkansätzen und Konzeptionen des Marketing Gebrauch machen. In diesem Zusammen­ hang wurde die Ansicht vertreten, es würde sich nicht lohnen, sich mit diesen Institutionen zu befassen, da bei ihnen der „Leidensdruck“ noch nicht groß genug sei, um sie von der Notwendigkeit überzeugen zu kön­ nen, daß auch für sie die Interessen und Wünsche ihrer Mitglieder und Kunden in Zukunft im Mittelpunkt stehen müssen. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen bei den Kirchen und finanzieller Einbußen bei öffentli­ chen Theaterbetrieben scheint jedoch bereits jetzt bei vielen dieser Ein­ richtungen ein massiver Handlungsbedarf in Richtung einer markt- und kundenorientierten Handlungsweise erforderlich zu sein. Im Sinne einer vorausschauenden Vorgehensweise ist es nötig, bereits jetzt fertige Mar­ keting-Konzepte für den „Tag X“ vorzubereiten. 110

C. Implikationen aktueller Entwicklungsten­

denzen in Wirtschaft und Gesellschaft

für die Universitätsausbildung

Das Konzept der Handlungskompetenz als Basis für eine Reform der Hochschulausbildung (Angelika Hilger)

1. Veränderte Anforderungen an die Hochschulausbildung Als Anwendungsfelder des Marketing haben in den vergangenen Jahren der Dienstleistungs- und der Non-Business-Sektor zunehmend an Bedeu­ tung gewonnen. Hierbei handelt es sich um Bereiche, in denen auch die Hochschulen agieren: Sie sind Non-Business-Organisationen und bieten im wesentlichen Lehr-, Forschungs- und Technologietransferleistungen an. Mit der Bereitstellung dieser Dienstleistungen sind jedoch zahlreiche Probleme verbunden; insbesondere die weiterhin angespannte Ressour­ cenlage in finanzieller, personeller und sachlicher Hinsicht erschwert eine kundenorientierte, den Anforderungen gerecht werdende Aufgabenerfül­ lung durch die Hochschule.

Diese Problemsituation könnte in den kommenden Jahren noch prekärer werden: aktuelle Entwicklungstendenzen, d.h. Veränderungen im gesam­ ten wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Umfeld erfor­ dern eine Modifikation der Hochschulausbildung, die wiederum auf die Ressourcen läge der Universitäten zurückwirken könnte. Zu den erwähn­ ten zentralen Veränderungen der universitären Umwelt zählen u.a.:

• der rasante technologische Wandel • der härter werdende (internationale) Wettbewerb

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Angelika Hilger

• wiederkehrende rezessive Tendenzen und die Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland

• die steigende Komplexität wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sach­ verhalte sowie • deren zunehmende Dynamisierung und die damit einhergehende Not­ wendigkeit zu Prozeßorientierung, Mobilität und Flexibilität. Diese Entwicklungstendenzen stellen gerade im beruflichen Kontext an die Entscheidungsträger zunehmend die Anforderung, über immer weni­ ger überschaubare Sachverhalte befinden und in immer kürzerer Zeit Probleme lösen zu müssen. Die Praxis ist also gezwungen, auf oben ge­ nannte Veränderungen der situativen Rahmenbedingungen schnell, flexi­ bel und pragmatisch zu reagieren. Darüber hinaus erhebt sie - berechtig­ terweise - im Sinne einer langfristigen Problemlösung Forderungen hin­ sichtlich veränderter Ausbildungsinhalte an den Hochschulen, wie das folgende Zitat verdeutlicht: „Mehr Praxisbezug, eine stärkere internationa­ le Ausrichtung (Sprachen) und höhere Mobilität, mehr soziale Kompetenz und Teamfähigkeit - das sind die wichtigsten Wünsche deutscher Unter­ nehmer an das Hochschul-Produkt ‘Betriebswirt’“ (O.V. 1995, o.S.). In eine ähnliche Richtung weisen auch die Ergebnisse einer am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft der Universität Hohenheim durchgeführten Untersu­ chung zum Thema „Erfolg in Studium und Beruf. Bezogen auf den beruf­ lichen Erfolg konnte festgestellt werden, „daß sich statistisch gesehen kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Studienerfolg, gemes­ sen anhand der Studiendauer und der Diplomnote, [und dem beruflichen Erfolg, Anm. d. Verf.] nachweisen läßt... “(HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 94). Zwar kommen der Studiendauer und der Note im Rahmen der Be­ werbung und hier besonders bei der erstmaligen Kontaktaufnahme zu potentiellen Arbeitgebern eine hohe Bedeutung zu. Wichtiger für den langfristigen beruflichen Erfolg sind aber soziale und kommunikative

114

Das Konzept der Handlungskompetenz

Kompetenz, anwendungsbezogenes Wissen sowie Initiative und Enga­ gement (vgl. HÖRSCHGEN U.A. 1993, S. 94). Festzuhalten bleibt, daß die gewandelten Anforderungen der Wirt­ schaftspraxis eine Veränderung der Ausbildungsschwerpunkte im Rah­ men des Hochschulstudiums nahelegen. Da überfachliche Qualifikationen in engem Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Individuums stehen, ist zwar der einzelne Studierende für die Aneignung überfachlicher Fähig­ keiten selbst mitverantwortlich. Basiert dieser Qualifikationserwerb jedoch - wie bisher - ganz überwiegend auf freiwilligem Engagement der Studie­ renden, so wird die Universität ihrem (Aus-)Bildungsauftrag nicht mehr gerecht, da Berufsfähigkeit immer mehr von außerfachlichen Qualifikatio­ nen abhängt. Außerdem besteht für die Studierenden hierdurch gegen­ wärtig ein beachtlicher Zielkonflikt: Sie müssen einerseits ein in der Re­ gelstudienzeit kaum noch zu bewältigendes Studium möglichst schnell absolvieren und andererseits zusätzlich außerfachliche Qualifikationen erwerben (vgl. hierzu auch KONEGEN-GRENIER/KALKA 1994, S. 114 ff.). Eine vollständige Verlagerung dieser Aufgabe von der Universität zur innerbetrieblichen Weiterbildung erscheint außerdem aufgrund des relativ hohen Alters deutscher Universitätsabsolventen und der hiermit zusam­ menhängenden fortgeschrittenen Persönlichkeitsentwicklung als wenig sinnvoll (vgl. MEYER-DOHM 1993, S. 40).

Trotz der weiterhin angespannten Ressourcenlage der Universitäten sind daher im Interesse der Berufsfähigkeit der Absolventen veränderte Aus­ bildungsinhalte und -Schwerpunkte unumgänglich. Im folgenden werden hierzu - aufbauend auf einer Darstellung des Konzepts der Handlungs­ kompetenz - einige theoretische Überlegungen darüber angestellt, wie die

Universitäten auf diese neuen Anforderungen reagieren können.

115

Angelika Hilger

2. Überblick über Begriff und Dimensionen der Handlungs­

kompetenz Handlungskompetenz beschreibt die Fähigkeit, in einer konkreten Situa­ tion und gegenüber bestimmten Personen sinnvoll, d.h. zielorientiert zu agieren. Es handelt sich hierbei um eine ganzheitliche Betrachtung des Wissens, der Problemlösungs- und Interaktionsfähigkeit von Personen, die es diesen ermöglichen, sich entsprechend der situativen Erfordernisse adäquat zu verhalten und qualitativ hochwertige Entscheidungen zu tref­ fen. Das Konzept der Handlungskompetenz integriert in umfassender Sichtweise all jene Elemente, die - z.B. im Rahmen einer Hochschulaus­ bildung - für die spätere berufliche Handlungsfähigkeit erworben werden sollten. Nach gängigem Verständnis werden dem Begriff der Handlungskompe­ tenz drei mehr oder weniger interdependente Qualifikationsdimensionen zugeordnet: die fachliche Kompetenz, die methodische Kompetenz und die soziale Kompetenz (vgl. FAIX/LAIER 1996, S. 36 f.; HÖRSCHGEN 1995). Die Methoden- und Sozialkompetenz können dabei als überfachli­ che Fähigkeiten bzw. als Schlüsselqualifikationen bezeichnet werden, während sich das Fachwissen auch als „reine“ Fakten- oder Sachkenntnis in bezug auf die Inhalte eines Fachs umschreiben läßt.

Schlüsselqualifikationen stehen demnach nicht in direktem und begrenz­ tem Zusammenhang mit spezifischen fachlichen Aufgaben; es handelt sich vielmehr um übergreifende Kompetenzen, die den Zugang zu wech­ selndem Spezialwissen, neuen Situationen und veränderten Problemstel­ lungen ermöglichen (vgl. KÜGLER 1991, S. 413). In diesem Sinne lassen sich Schlüsselqualifikationen definieren als

a) „die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und

116

Das Konzept der Handlungskompetenz

b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist un­ vorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des

Lebens“ (MERTENS 1974, S. 40). Das folgende Schaubild gibt Aufschluß über die Subsysteme der Hand­ lungskompetenz und verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den re­ levanten Konstrukten (vgl. FAIX/LAIER 1996, S. 37):

Abb. 1: Die Handlungskompetenz und ihre Teilkonstrukte

117

Angelika Hilger

3. Zentrale Schlüsselqualifikationen (1) Sozialkompetenz Unter Sozialkompetenz wird die Fähigkeit verstanden, in Gruppen unter­ schiedlicher sozialer Struktur erfolgreich zur Lösung von sach- und per­ sonenbezogenen Problemen und Konflikten beizutragen (vgl. DE GRAVE/SCHÖPPNER 1989, S. 497) bzw. Ziele und Pläne in sozialen Interak­ tionssituationen erfolgreich zu realisieren (vgl. GREIF 1983, S. 312). Es handelt sich demnach bei der Sozialkompetenz um eine ziel- und ergeb­ nisorientierte, zweckrationale Form der Interaktion. Generell ist sozial kompetentes Verhalten personen- und situationsabhängig; es impliziert kognitive, emotionale und motorische Verhaltensweisen und ist erlernbar.

Zu den Konstrukten sozialer Kompetenz liegt in der wissenschaftlichen Literatur bereits eine Vielzahl von Erklärungsansätzen vor - z.B. der ver­ haltenstheoretische Ansatz von ARGYLE (vgl. ARGYLE 1975; KÖNIG 1992). Im Zusammenhang mit der beruflichen Handlungskompetenz kön­ nen die folgenden (direkt beobachtbaren) Komponenten sozialer Kompe­ tenz, die alle einen konkreten Verhaltensbezug aufweisen, differenziert werden (vgl. SCHULER/BARTHELME 1995, S. 82 ff.):

• Kommunikative Kompetenz, die verbale und nonverbale, interaktive und sozial-kognitive Fähigkei­ ten umfaßt; • Konfliktfähigkeit, verstanden als die Fähigkeit, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu prüfen, wie sie reguliert werden können, sowie als die Möglichkeit, die Konfliktlösung aktiv anzugehen und durchzusetzen;

118

Das Konzept der Handlungskompetenz

• Kooperations- und Koordinationsfähigkeit als die Fähigkeit zum Tätigsein mit anderen Individuen, das bewußt und planvoll aufeinander abgestimmt ist und die Zielerreichung eines jeden beteiligten Individuums in gleichem Maße gewährleistet, sowie • Teamfähigkeit, die die Basis für die Steigerung der Effizienz der Zusammenarbeit (z.B. in einem Unternehmen) liefert. Es handelt sich demnach bei der Teamfähigkeit um die Zusammenfassung mehrerer Facetten sozialer Kompetenz für den Spezialfall der Interaktion innerhalb einer Gruppe.

Diese Komponenten der sozialen Kompetenz werden von selten der Un­ ternehmenspraxis in zunehmendem Ausmaß von Universitätsabsolventen und Führungskräften gefordert, da der einzelne Mitarbeiter den immer komplexer werdenden Aufgabenstellungen alleine nicht mehr gewachsen ist bzw. die sich immer schneller verändernden Problemstellungen nur noch über Interaktionsprozesse zu bewältigen sind (vgl. BRAUN 1995, S. 61). Die Sozialkompetenz der Mitarbeiter bestimmt damit zunehmend die Wettbewerbsfähigen eines Unternehmens (vgl. GROßE-OETRINGHAUS 1993, S. 273), sie wird aber - nicht zuletzt aufgrund der schlechten Rah­ menbedingungen an den Hochschulen - innerhalb der universitären Ausbildung bislang kaum vermittelt: „Überfüllte Fakultäten erlauben kein Training von Teamarbeit oder Kreativität“ (O.V. 1995, o.S.).

(2) Methodenkompetenz Methodenkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, erworbenes Wissen und eingeübte Entscheidungs- und Problemlösungsmethoden (wiederum Per­ sonen- und situationsabhängig) zielorientiert auszuwählen bzw. einzu­ setzen, um Probleme zu identifizieren, zu strukturieren, Lösungsalternati­ ven aufzuzeigen und die jeweils angemessene auszuwählen und umzu­ setzen (vgl. HÖRSCHGEN/FROBÖSE/STEINBACH 1996).

119

Angelika Hilger

Im einzelnen zählen hierzu konzeptionelle Qualifikationen einerseits und methodische Qualifikationen i.e.S. andererseits (vgl. Abbildung 2):

• Grundhaltungen - Kritisches Denken - Logisches Denken - Zukunftsorientiertes Denken

• Allgemeine Denkmuster - Entscheidungsorientiertes Denken - Systemorientiertes Denken - Mod eil orientiertes Denken



Spezifische Denkmuster - Kostenorientiertes Denken - Kundenorientienjng - Wettbewerberorienti erring

• Bewertungs- und Entscheidungs­ techniken - ABC-Analyse - Entscheidungsbaum-Methode - Scoringverfahren

• Kreativitätstechniken - Morphologische Methode - Synektik - Brainstorming/Brainwriting

• Individuelle Arbeitstechniken - Zeitmanagement - Technik wissenschaftlichen Arbeitens - Persönliche Organisationsplanung

• Methoden der Infogewinnung - Informationsbedarfsanalyse - Methoden der Befragung/Beobachtung - Prognosetechniken

• Methoden zur Verbesserung der persönlichen Kommunikation - Transaktionsanalyse - partnerschaftliche Gesprächsführung - Harvard-Verhandlungskonzept

Abb. 2: Teilbereiche der Methodenkompetenz

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Das Konzept der Handlungskompetenz

Die konzeptionelle Qualifikation bezieht sich auf die vom Entschei­ dungsträger verinnerlichten, eher problemübergreifenden Denk- und Ver­ haltensmuster, bei denen keine Orientierung an einer konkreten Aufga­ benstellung vorliegt. Diese Grunddimension der methodischen Kompe­ tenz läßt sich in drei Bereiche untergliedern:

• Die Basis der konzeptionellen Fähigkeiten bilden die Grundhaltungen, die ein Entscheidungsträger bei der Lösung von Problemen einnimmt. Hierunter fallen beispielsweise das kritische, logische oder zukunftsori­ entierte Denken. • Eine stärker auf die eigentliche Problemlösung bezogene Komponente der konzeptionellen Qualifikation läßt sich mit „allgemeine Denkmusteh' etikettieren; diese tragen in erster Linie dazu bei, Entscheidungspro­ bleme zu erfassen und zu strukturieren (in der Wissenschaftstheorie werden solche Denk- und Problemlösungsmuster auch als „Paradigmen“ bezeichnet). Im einzelnen handelt es sich hierbei z.B. um modell-, system- oder entscheidungsorientiertes Denken. • Neben diesen allgemeinen Grundgerüsten können zur Methodenkom­ petenz auch spezifische Denkmuster gezählt werden, die die philoso­ phisch-normative Ebene (Maximen) des menschlichen Verhaltens be­ treffen (z.B. kostenorientiertes Denken, Kunden- oder Wettbewerber­ orientierung). Derartige Ausrichtungen helfen dem Entscheidungsträ­ ger, Prioritäten zu setzen und erleichtern so den Umgang mit komple­ xen Problemen.

Im Vergleich zu den konzeptionellen Denkrastern weisen die Methoden im engeren Sinne einen wesentlich größeren Anwendungsbezug auf, da sie sich inhaltlich konkreten Problemstellungen zuordnen lassen. Auch auf dieser Ebene können wiederum mehrere Untergruppen differenziert werden (vgl. Abbildung 2), die hier nur kurz angeführt werden sollen.

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Angelika Hilger

Bei den Bewertungs- und Entscheidungstechniken stehen eine Vielzahl von aus den Wirtschaftwissenschaften, insbesondere aus der Manage­ ment- und Marketing-Lehre bekannten Verfahren zur Verfügung, z.B. die ABC-Analyse, die Entscheidungsbaum-Methode, die Netzplantechnik oder die Portfolio-Analyse; diese Aufzählung ließe sich noch beliebig fort­ setzen. Eine weitere Untergruppe der Methoden i.e.S. bilden die Kreativi­ tätstechniken (z.B. Brainstorming, Methode 635, Synektik). Ferner lassen sich auch individuelle Arbeitstechniken, die Methoden der Informations­ gewinnung sowie die Methoden zur Verbesserung der persönlichen Kommunikation den Methoden i.e.S. zuordnen, wobei die Zuordnung der letztgenannte Kategorie nicht eindeutig ist; sie zählt gewissermaßen zur „Schnittmenge“ von Methoden- und Sozialkompetenz (vgl. Abbildung 1). Ähnlich wie die Sozialkompetenz weist auch dieser Teilbereich der Schlüsselqualifikationen in Forschung und Lehre erhebliche Defizite auf. Insbesondere auf metaanalytischer Ebene fehlen fundierte Ansätze zu Definition, Einsetzbarkeit und Förderung von Methodenkompetenz. Diese wird im Rahmen der universitären Lehre eher ansatzweise und häufig „unbewußt“ im Zusammenhang mit der Fachkompetenz vermittelt. Gleichzeitig wird Methodenkompetenz gerade in der Unternehmenspraxis für immer wichtiger erachtet: „Wert legen die Praktiker auf die Fähigkeit zum Denken in Systemen und in Alternativen“ (O.V. 1995, o.S.).

4. Wissensvermittlung und Wissensanwendung Neben der Erweiterung der Ausbildungsinhalte um die hier vorgestellten Schlüsselqualifikationen muß die reine Wissensvermittlung zunehmend durch WissensanWendung ergänzt werden, zumal sich Schlüsselqualifi­ kationen auch kaum anders erlernen lassen. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, das von FAIX, BUCHWALD und WETZLER entwickelte Modell der 4 Skill-Stufen heranzuziehen (vgl. Abbildung 3). Danach kön­

122

Das Konzept der Handlungskompetenz

nen menschliche Fähigkeiten generell auf den folgenden Niveaus ange­ siedelt sein (vgl. FAIX/BUCHWALD/WETZLER 1991, S. 84 ff.): • Problembewußtsein (vorhandene Grundkenntnisse, jedoch kein tiefer­ greifendes Wissen -> ‘kennen’) • Wissen (vorhandenes Wissen reicht zur Bearbeitung konkreter Aufga­ ben ■» ‘verstehen’) • Können (die Beherrschung des Wissensgebietes ermöglicht die konse­ quente Umsetzung der Kenntnisse -» ‘können’) • Expertentum (hochgradige Qualifikation vorhanden -» ‘beherrschen’).

Problem­ bewußtsein

Wissen

Können

Expertentum

0

1

2

3

kann in die­ sem Wissens­ gebiet arbeiten.

beherrscht die­ ses Wissens­ gebiet für kon­ sequentes Umsetzen.

beherrscht das Wissensgebiet als Experte.

kennt das Wissengebiet in seinen Grundzügen.

Abb. 3: Modell der 4 Skill-Stufen

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Angelika Hilger

Im Zusammenhang mit der hier behandelten Themenstellung kann die Wissensvermittlung den Konstrukten ‘Problembewußtsein’ und ‘Wissen’, die Wissensanwendung den Konstrukten ‘Können’ und ‘Expertentum’ zu­ geordnet werden.

Zusammenfassend läßt sich die Notwendigkeit, die Schwerpunkte in den Ausbildungsinhalten der Hochschulen von einer auf das Fachliche konzetrierten Wissensvermittlung hin zu einer umfassenden, anwendungsbezo­ genen Förderung der Handlungskompetenz zu verlagern, folgenderma­ ßen visualisieren (vgl. HÖRSCHGEN/FROBÖSE/STEINBACH 1996):

Abb. 4: Kompetenzmatrix

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Das Konzept der Handlungskompetenz

Wie aus der Matrix hervorgeht, sind Modifikationen in zweierlei Hinsicht unumgänglich, um die Studierenden im Rahmen der Hochschulausbil­ dung besser auf die künftigen Berufsanforderungen vorzubereiten: Die vermittelten Kenntnisse müssen sich neben dem Faktenwissen auf den Bereich der Sozial- und Methodenkompetenz erstrecken, wobei die rein kognitive Wissensaufnahme durch Wissensanwendung im Sinne des Er­ werbens von Transferfähigkeiten ergänzt werden muß. Insbesondere die Universität sollte hierbei zwei Seiten gerecht werden: Sie muß praxisori­ entierte Reformvorschläge der potentiellen Arbeitgeber im Rahmen der Ausbildung aufnehmen, ohne dabei - auch vor dem Hintergrund der Wettbwerbsfähigkeit Deutschlands - ihre Funktion im Forschungsbereich zu vernachlässigen.

5. Fazit Hinsichtlich beider Dimensionen der Kompetenzmatrix eröffnen sich für die Universitäten Möglichkeiten, ihr Ausbildungsprogramm gegenüber Fachhochschulen und anderen Institutionen abzuheben.

Bezüglich der Vermittlung von Sozialkompetenz weisen die Universitäten gegenüber den praxisorientierten Fachhochschulen mit ihren geringeren Studentenzahlen - zumindest gegenwärtig - Wettbewerbsnachteile auf. Diese Situation läßt sich jedoch durch die verstärkte Einbindung von Gruppendiskussionen in klassische Vorlesungen oder durch die Einfüh­ rung von Lehrformen wie Blockseminaren zur Rhetorik abmildern (vgl. hierzu auch den Beitrag über die „Möglichkeiten zur Förderung der Handlungskompetenz in der universitären Ausbildung von Wirtschafts­ wissenschaftlern“, S. 141 ff.). Die zentralen Wettbewerbsvorteile der Universität lagen bisher zum einen bei der Vermittlung von Fach- bzw. Expertenwissen und zum anderen im

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Angelika Hilger

Bereich der Methodenkompetenz. Gerade der letztgenannte Aspekt müßte jedoch - hinsichtlich der Positionierung gegenüber anderen Hoch­ schularten und aufgrund der oben beschriebenen veränderten Rahmen­ bedingungen - künftig innerhalb eines Universitätsstudiums noch stärker betont werden. Projektseminare bieten hierzu erste Ansatzpunkte und ermöglichen gleichzeitig die Anwendung des erworbenen Fachwissens. Wichtig erscheint gegenwärtig, daß die Universitäten die Zeichen der Zeit erkennen und trotz sicherlich widriger Rahmenbedingungen versuchen, neben dem Fachwissen - soweit möglich - Sozial- und insbesondere Me­ thodenkompetenz zu vermitteln.

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Das Konzept der Handlungskompetenz

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Angelika Hilger

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Die Bedeutung der Vermittlung von Schlüssel­

qualifikationen im Rahmen der universitären

Ausbildung von Wirtschaftswissenschaftlern -

Befunde einer empirischen Untersuchung (Michael Froböse)

1. Einleitung Im vorangegangenen Beitrag wurde bereits herausgestellt, daß Entwick­ lungen wie die zunehmende Internationalisierung, der Trend zu flacheren Hierarchien und zur Delegation von Entscheidungskompetenzen sowie die wachsende Bedeutung der Teamarbeit zu einer wesentlichen Aufwer­ tung der methodischen und insbesondere der sozialen Kompetenz im Anforderungsprofil der Unternehmen an die Mitarbeiter geführt haben (vgl. auch MEYER-DOHM 1993, S. 37 ff.). Lehr- und Weiterbildungsver­ anstaltungen, die auf die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen abzie­ len, erfreuen sich deshalb ständig wachsender Beliebtheit - allerdings weniger an den Universitäten (vgl. ZIMMER 1995, Sp. 98); die Nachfrage nach solchen Veranstaltungen wird bislang schwerpunktmäßig von priva­ ten Bildungsträgern oder anderen Institutionen gedeckt. In der universitä­ ren Ausbildung dominiert dagegen nach wie vor eindeutig die Vermittlung von Fachwissen, wenngleich in neuerer Zeit durchaus erste Schritte in Richtung einer umfassender angelegten Universitätsausbildung festzu­ stellen sind (vgl. z.B. KOSEL 1995).

Zu der Frage, welche konkreten Qualifikationsanforderungen die Wirt­ schaft an Hochschulabsolventen und Führungskräfte stellt, liegen bereits

129

Michael Froböse

eine Reihe von empirischen Untersuchungen vor (vgl. z.B. BANKHOFER/HILBERT 1995, S. 1427 f„ S. 1440; BERTHEL 1992; KONEGENGRENIER 1994; SOKIANOS 1993; STAEHLE 1991); überfachliche Di­ mensionen wie Kommunikations-, Team- und Konfliktlösungsfähigkeit nehmen dabei regelmäßig einen sehr hohen Stellenwert ein. Ebenso interessant erscheint es aber, den Stellenwert von Schlüssel­ qualifikationen aus einer anderen Perspektive, nämlich aus Sicht der An­ bieter von Ausbildungsleistungen an der Universität, zu beleuchten und zu untersuchen, welche Bedeutung einzelnen Qualifikationsmerkmalen von den Professoren beigemessen wird und welche Hindernisse der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen entgegenstehen. Diese Fragen waren Gegenstand einer schriftlichen Befragung, die an der Forschungs­ stelle für Angewandtes Marketing (FORAM) der Universität Hohenheim durchgeführt wurde.

2. Untersuchungsanlage und Stichprobenstruktur Die nachfolgend dargestellte Professorenbefragung ist Teil eines größe­ ren Forschungsprojekts, nämlich einer Imagestudie bei verschiedenen Anspruchsgruppen der Universität (vgl. hierzu HÖRSCHGEN/FROBÖSE 1996). Neben Professoren wurden im Rahmen dieses Projekts auch Stu­ denten, Politiker und Unternehmer befragt. Die Professoren nehmen da­ bei allerdings insofern eine Sonderstellung ein, als diese Gruppe von Auskunftspersonen nicht nur nach einer Vielzahl von Teilaspekten des universitären Images, sondern auch nach ihren Ansichten über den Stel­ lenwert von Schlüsselqualifikationen im Rahmen der wirtschaftswissen­ schaftlichen Ausbildung befragt wurde, über die im folgenden berichtet wird.

130

Bedeutung der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen

Bei der Befragung wurden insgesamt 105 Fragebögen an Professoren verschiedener deutscher Universitäten verschickt, wobei die eigentliche Auswahl der Befragten im Rahmen eines mehrstufigen Auswahlverfah­ rens anhand der Personalverzeichnisse der einzelnen Universitäten er­ folgte. Insgesamt wurden 63 verwertbare Fragebögen zurückgesandt; die Rücklaufquote lag damit bei 60 Prozent. Diese Stichprobe setzt sich zu 70 Prozent aus BWL-Professoren und zu 30 Prozent aus Vertretern ande­ rer Fachgebiete (überwiegend VWL) zusammen.

3. Darstellung und Interpretation der Befunde Die Einstiegsfrage zu dem Themenkomplex der Schlüsselqualifikationen lautete:

„In welchem Ausmaß sollte Ihrer Meinung nach die Vermittlung von Sach- und Faktenwissen im Rahmen der universitären Ausbildung zu­ gunsten der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen (wie z.B. Teamfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, ganzheitli­ ches Denken, Kreativität, Teamfähigkeit) eingeschränkt werden?“ Hierzu konnten die Befragten auf einer siebenpoligen Skala mit den Ex­ trempunkten „sehr groß“ (=1) und „überhaupt nicht“ (=7) Stellung bezie­ hen. Abbildung 1 veranschaulicht die Häufigkeitsverteilung der Antworten im Überblick.

131

Michael Froböse

Abb. 1: Ausmaß, in dem die Vermittlung von Sachwissen zugunsten der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen eingeschränkt werden sollte (Quelle: eigene Erhebung)

Auf den ersten Blick fällt auf, daß lediglich ein geringer Prozentsatz der befragten Professoren die Meinung vertritt, daß bei der Vermittlung des Sach- bzw. Faktenwissens keine bzw. nur geringe Abstriche zugunsten der Schlüsselqualifikationen gemacht werden sollten (6 bzw. 16 Prozent). Für diesen Standpunkt können aber durchaus gewichtige Gründe spre­ chen; so wäre denkbar, daß ein Professor sein eigenes Fachgebiet oder sich selbst für nicht geeignet hält, Schlüsselqualifikationen zu vermitteln, oder daß er sein angestammtes Betätigungsfeld nicht verlassen will, weil er von der Bedeutung seines Fachgebiets besonders überzeugt ist und

132

Bedeutung der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen

keine inhaltlichen Abstriche machen möchte. Ein weiterer möglicher Grund für die Auffassung, daß die Vermittlung des Sachwissens nicht eingeschränkt werden sollte, könnte darin liegen, daß die Vermittlung überfachlicher Fähigkeiten bereits als ausreichend empfunden wird.

Wie die Verteilung der Antworten insgesamt zeigt, dürften derartige An­ sichten aber eine eher untergeordnete Rolle spielen. Auf Seiten der mei­ sten Professoren ist durchaus ein Problembewußtsein dahingehend vor­ handen, daß im Hinblick auf die Vermittlung überfachlicher Fähigkeiten an der Universität Handlungsbedarf gesehen wird.

Welche Bedeutung die Professoren einzelnen, konkreten Schlüsselquali­ fikationen beimessen, wurde durch folgende zwei Fragen zu erfassen versucht: „Wenn Sie an die Schlüsselqualifikationen im einzelnen denken: In welchem Ausmaß sollten die folgenden Schlüsselqualifikationen an Universitäten idealerweise vermittelt werden?“ bzw. „Welche Bedeutung hat die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen gegenwärtig im Rahmen der Ausbildung an Ihrem Lehrstuhl?“

Dabei wurden für beide Fragen jeweils die gleichen 6 Qualifikationen (Teamfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Ganzheitli­ ches Denken, Kreativität, Kommunikationsfähigkeit) vorgegeben, wobei als Antwortmöglichkeiten Skalenstufen von 1 („überhaupt keine“) bis 7 („sehr groß“) zur Verfügung standen. Zu diesen insgesamt 12 Items sind in Abbildung 2 die durchschnittlichen Itemwerte der Antworten einander gegenübergestellt.

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Michael Froböse

Anmerkung: Die Balkenhöhe repräsentiert den Mittelwert der Nennungen; Antwortskala von 1 („überhaupt keine“) bis 7 („sehr groß“)

Abb. 2: Bedeutung der Vermittlung verschiedener Schlüsselqualifikatio­ nen in der universitären Wirtschaftsausbildung (Quelle: eigene Erhebung)

Da die Problemlösungsfähigkeit einen relativ breit interpretierten Begriff darstellt, verwundert es nicht, daß dieser Qualifikation sowohl in idealer als auch in realer Hinsicht der höchste Stellenwert beigemessen wird. Hinzu kommt, daß trotz mancher Mängel im Bereich der universitären Ausbildung (die nicht zuletzt aus der Kapazitätsüberlastung in der Lehre resultieren) gerade der methodische, systematische Umgang mit Proble­ men diejenige Fähigkeit darstellt, bei der Universitätsabgänger im Ver­

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Bedeutung der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen

gleich zu Absolventen anderer Ausbildungsgänge besser abschneiden (sollten). Hiermit ist insbesondere die Befähigung angesprochen, auch neuartige und komplexe Probleme selbständig zu strukturieren und be­ wältigen zu können (vgl. MEYER-DOHM 1993, S. 41; RIEKER/RISCH 1995, S. 146). So läßt sich auch erklären, daß die relative Distanz zwi­ schen Real und Ideal bei der Problemlösungsfähigkeit vergleichsweise gering ausfällt. Noch geringer ist nach Ansicht der Professoren der Unterschied zwischen Real und Ideal beim ganzheitlichen Denken. Dieser Befund erscheint in­ sofern überraschend, als die starke fachliche Spezialisierung im wirt­ schaftswissenschaftlichen Bereich der Entwicklung dieser Fähigkeit eher entgegensteht. Auch bei der Teamfähigkeit hätte man vor dem Hinter­ grund der Tatsache, daß das Universitätsstudium die Studenten mehr zu „Einzelkämpfern“ als zur Teamarbeit erzieht (vgl. z.B. MIDDELSCHULTE 1995), eine größere Differenz erwarten können. Ein vergleichsweise ho­ hes Verbesserungspotential in der universitären Ausbildung sehen die Befragten dagegen bei der Konfliktfähigkeit, mit Abstrichen auch bei der Kreativität und bei der Kommunikationsfähigkeit (vgl. Abbildung 2).

Wenn einzelne Fähigkeiten nicht im gewünschten Ausmaß vermittelt werden bzw. nicht vermittelt werden können, wirft dies unmittelbar die Frage nach den Gründen für diese unbefriedigende Situation auf. Hierzu wurden den Befragten folgende Items vorgegeben:

• Die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen ist keine Aufgabe von Universitäten • Fehlende Ressourcen • Andere Fachgebiete vermitteln Schlüsselqualifikationen zur Genüge

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Michael Froböse

• Die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen ist in meinem Fach­ gebiet nicht sinnvoll bzw. nicht nötig Einen Überblick über das Ausmaß der Zustimmung/Ablehnung zu diesen Items vermittelt Abbildung 3.

Anmerkung: Die Balkenhöhe repräsentiert den Mittelwert der Nennungen; Antwortskala von 1 („trifft überhaupt nicht zu“) bis 7 („trifft voll zu“)

Abb. 3: Gründe für die Differenzen zwischen Real und Ideal bei der Ver­ mittlung von Schlüsselqualifikationen (Quelle: eigene Erhebung)

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Bedeutung der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen

Erwartungsgemäß dominieren hier die fehlenden Ressourcen als Hemmnis bei der Förderung überfachlicher Fähigkeiten. Einhellig abge­ lehnt wurden von den Befragten dagegen die Statements .Andere Fach­ gebiete vermitteln Schlüsselqualifikationen zur Genüge“ und „Die Vermitt­ lung von Schlüsselqualifikationen ist in meinem Fachgebiet nicht sinn­ voll“.

Einige wenige der befragten Professoren sind allerdings der Ansicht, daß die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen keine Aufgabe der Universi­ tät darstellt. Für die Berufsfähigkeit der Absolventen könnte ein Beharren auf dieser Meinung gravierende Konsequenzen haben, wenn man be­ denkt, daß die meisten Studenten erst mit 28 oder mehr Jahren die Uni­ versität verlassen. Besonders soziale Fähigkeiten können in diesem Alter aufgrund der fortgeschrittenen Persönlichkeitsentwicklung von den ein­ stellenden Unternehmen praktisch nicht mehr nachträglich vermittelt wer­ den. Diese Ansicht vertritt auch MEYER-DOHM (1993, S. 40): .Alle Be­ mühungen der Unternehmen um Humanressourcenentwicklung mit dem Ziel, eine Kultur der gemeinsamen Probleme, des gemeinsamen Nach­ denkens und des ständigen Verbesserns hervorzubringen, sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht auf Kompetenzen aufbauen können, die schon mit der Erstausbildung von Schule und Universität vermittelt worden sind.“ Was die fehlenden Ressourcen als zentrales Hindernis für die Vermittlung überfachlicher Fähigkeiten an der Universität betrifft, so ist das Argument, daß die Studentenmassen die Durchführung von Fallstudienseminaren, Kommunikationsübungen oder anderen Veranstaltungen, die auf die För­ derung von Schlüsselqualifikationen abzielen, erschweren oder gar un­ möglich machen, in der Tat nicht von der Hand zu weisen (vgl. hierzu aber auch den folgenden Beitrag). Dies entbindet die Universitäten freilich nicht von der Pflicht, nach neuartigen Konzepten für die Lehre Ausschau zu halten.

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Michael Froböse

Während sich an den Universitäten an der zentralen Stellung der Vorle­ sung in den letzten Jahrzehnten kaum etwas geändert hat, setzen sich in der betrieblichen Weiterbildung Fernkurse per Lehrbrief - gepaart mit Seminaren, in denen soziale Fähigkeiten und die Wissensanwendung geübt werden - mehr und mehr durch (vgl. FREUDIG 1995). Aus didakti­ scher Sicht noch sinnvoller als die traditionelle Form des Fernstudiums ist z.B. der Einsatz von Lernsoftware mit eingebauten Tests, bei der die Stu­ denten ihren Wissenstand selbständig überprüfen können. Derartige „Lehrkonserven“ erlauben es nicht nur, das Studium zeitlich und örtlich zu flexibilisieren, sondern stellen nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht eine Alternative zur Vorlesung dar (vgl. ENGELS/SCRIBA 1994, S. 12; TENBUSCH/HOHENSTEIN 1995, S. 367).

Ein weiteres Beispiel für die Nutzung neuer Technologien ist der neue Aufbaustudiengang „Informations- und Kommunikationssysteme“ an der TU Chemnitz, bei dem die Vermittlung der Lehrinhalte, z.T. auch der Kontakt zwischen den Fernstudenten und den Betreuern an der Universi­ tät, über PC und Modem (als sog. „Internet-Fernstudium“) erfolgt (vgl. O.V. 1995; s. auch FRITZ 1995, S. 51). Die durch eine solche „mediale Distribution“ von Ausbildungsleistungen bedingten Kosten- und Perso­ naleinsparungen könnten für die Vermittlung überfachlicher Fähigkeiten genutzt werden, die den direkten Kontakt zwischen Lehrenden und Ler­ nenden erfordern. Insgesamt wird deutlich, daß durchaus Möglichkeiten bestehen, die fach­ liche Wissensvermittlung neu zu organisieren und so mehr Freiraum für überfachliche Inhalte und die Wissensvermittlung zu schaffen.

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Bedeutung der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen

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Möglichkeiten zur Förderung der Handlungs­ kompetenz in der universitären Ausbildung von Wirtschaftswissenschaftlern (Michael Froböse)

Ergänzend zu den Befunden der Professorenbefragung soll nachfolgend aufgezeigt werden,

• wie die Umsetzung einer auf die integrative Vermittlung von Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz gerichteten Ausbildung aussehen kann (dabei wird konkret auf das Ausbildungskonzept des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft der Universität Hohenheim Bezug genommen), • welche Erfahrungen dabei mit verschiedenen Veranstaltungsformen gewonnen wurden und inwieweit sich diese auch an anderen Hoch­ schulen realisieren lassen.

1 . Darstellung des Konzepts Die Auseinandersetzung mit dem Problemfeld der universitären Ausbil­ dung hat den Lehrstuhl für Absatzwirtschaft bereits vor längerer Zeit ver­ anlaßt, das bisherige Lehrangebot, dessen Schwergewicht eindeutig auf der Vermittlung von Fachwissen lag, kritisch zu durchleuchten. Im Zen­ trum der Überlegungen stand dabei die Frage, auf welche Weise die För­ derung überfachlicher Fähigkeiten in das Veranstaltungsprogramm inte­ griert werden sollte. Hierzu erschien es zum einen erforderlich, neue

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Lehrveranstaltungen anzubieten, die primär auf die Vermittlung von So­ zial- und Methodenkompetenz abzielen, und zum anderen die bereits be­ stehenden Veranstaltungen um überfachliche Ausbildungsinhalte zu er­ gänzen. Bei der Realisierung eines Ausbildungskonzepts, das durch die Orientie­ rung an allen drei Qualifikationsdimensionen (Fach-, Methoden- und So­ zialkompetenz) die Förderung einer ganzheitlichen Handlungskompetenz anstrebt, bietet es sich an, mit unterschiedlichen Veranstaltungsformen Schwerpunkte bei der Vermittlung einzelner Qualifikationsbausteine zu setzen (vgl. hierzu auch HÖRSCHGEN 1995). Vorlesungen beispielswei­ se eignen sich naturgemäß primär für die Vermittlung von Fachwissen, bieten aber auch die Möglichkeit, theoretische Konzepte der Methodenund der Sozialkompetenz vorzustellen. Ganz überwiegend auf die Vermittlung der kognitiven Komponente der Sozialkompetenz ausgerichtet ist im Ausbildungskonzept des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft die Vorlesung „Persönliche Kommunikation“, in der einerseits Hilfestellungen für Moderation und Präsentation gegeben wer­ den und andererseits Ansätze zur Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen wie die Transaktionskostenanalyse, das Harvard-Verhand­ lungskonzept oder das Konzept der partnerschaftlichen Gesprächsfüh­ rung behandelt werden. Das Wissen um solche Ansätze ist besonders im Rahmen des persönlichen Verkaufs, der ein immer wichtiger werdendes Tätigkeitsfeld für Hochschulabsolventen darstellt (vgl. KÖHLER/HABANN/HAHNE 1996, S. 75), von großer Bedeutung; hier kommt es darauf an, die in einem Verkaufs- oder Beratungsgespräch auftretenden interpersonalen Konflikte zu (er-)kennen und über entsprechende Lö­ sungsansätze Bescheid zu wissen.

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Möglichkeiten zur Förderung der Handlungskompetenz

Auf den Vorlesungen bauen Veranstaltungen auf, die primär auf die für die Entwicklung von Kompetenzen entscheidende Wissensanwendung abzielen und außerdem dazu dienen, soziale und/oder methodische Fä­ higkeiten zu trainieren. Diesem Typus sind die nachfolgend erläuterten Veranstaltungsformen zuzurechnen.

Fallstudienseminare Die Fallstudienarbeit zielt in besonderem Maße auf die Verbesserung der Methodenkompetenz der Studenten ab. Durch die Anwendung einer sy­ stematischen Vorgehensweise bei der Fallbearbeitung sollen die Studen­ ten lernen,

• die in der Fallstudie beschriebenen Probleme zu analysieren und zu strukturieren (dies gilt besonders bei komplexen und realitätsnahen Fällen, in denen die Probleme nicht explizit genannt werden), • die vorhandenen Informationen aufzubereiten und als Grundlage der Fallbearbeitung zu nutzen, • mit Hilfe geeigneter Prinzipien und Techniken die in Frage kommenden Handlungsmöglichkeiten zu generieren, zu evaluieren und schließlich • die zu realisierende Lösung festzulegen. Besonders im dritten Schritt kommt es dabei auf eine gezielte Anwen­ dung betriebswirtschaftlicher Methoden im allgemeinen und marketing­ spezifischer Instrumente im besonderen an.

Neben diesen methodischen Aspekten bietet die Fallstudienarbeit aber auch mehrere Ansatzpunkte zur Förderung sozialer Fähigkeiten. Die Auf­

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gäbe des Dozenten besteht dann nicht nur darin, die sachliche Qualität der Argumente bei der Präsentation der gefundenen Lösungen zu beurtei­ len und ggfs. zu korrigieren. Hinsichtlich der überfachlichen Lernziele hat der Dozent zudem die Aufgabe, die Art und Weise der Gruppenarbeit, die Vorgehensweise bei der Erarbeitung von Problemlösungen sowie die Präsentation der Ergebnisse zu evaluieren. Derartige Aspekte sollte man allerdings erst dann in das Veranstaltungsgeschehen mit einbeziehen, wenn sich die Gruppenarbeit und die Strukturierung konkreter Problem­ stellungen ein wenig „eingespielt“ haben; andernfalls fühlen sich die Stu­ denten rasch überfordert.

Während der Fallbearbeitung lernen die Studenten nicht nur, die eigene Meinung zu vertreten und zu verteidigen, sondern auch die Ansichten ih­ rer Kommilitonen zu akzeptieren (vgl. auch ESCHENBACH/KREUZER/NEUMANN 1994, S. 10; DEUTSCHE MARKETING-VEREINIGUNG (HRSG.) 1994, S. 5). Insofern können Fallstudien auch einen Beitrag zur Förderung des sozialen Verhaltens leisten. Daran anknüpfend wird von Seiten des Lehrstuhls immer wieder darauf verwiesen, daß es bei der Fallstudienarbeit primär darauf ankommt, ein von allen Gruppenmitglie­ dern getragenes und akzeptiertes Ergebnis zu produzieren - dies nicht zuletzt auch deshalb, weil es „die“ Lösung einer Fallstudie ohnehin meist nicht gibt.

Ein besonders wichtig erscheinendes Element der Fallstudienarbeit liegt außerdem darin, daß die vorgegebene Aufgabenstellung innerhalb eines relativ eng vorgegebenen zeitlichen Rahmens gelöst werden muß. Dies bereitet den Studenten gerade zu Beginn eines Fallstudienseminars er­ hebliche Probleme; allzu oft halten sich die Teilnehmer in dieser Phase mit langatmigen Diskussionen über weniger wichtige Facetten der Fall­ studie auf. Im Laufe der Zeit lernen es die Studenten jedoch, Prioritäten zu setzen und Aufgaben innerhalb der Gruppe in geeigneter Weise zu

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Möglichkeiten zur Förderung der Handlungskompetenz

verteilen - Fähigkeiten, die im heutigen Wirtschaftsleben immer wichtiger

werden. Da die Bearbeitung der Fallstudien im Regelfall mehr als eine Doppel­ stunde beansprucht, werden Fallstudienseminare im 14-tägigen Turnus jeweils über vier Stunden - angeboten. Um den Anwendungsbezug der Ausbildung zu unterstreichen, kommen Fallstudien außerdem seit einigen Semestern vermehrt im Rahmen schriftlicher Klausuren - auch in der Di­ plomprüfung - zum Einsatz.

Projektseminare

In Projektseminaren besteht das Ziel darin, für einen Klienten aus der Praxis eine in sich geschlossene Problemlösung zu erarbeiten. Die ge­ wonnenen Ergebnisse werden anschließend durch Projektteams, die in der Regel mit Teilaufgaben des gesamten Projekts betraut sind, präsen­ tiert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem „Verkaufen“ der eige­ nen Lösung. Die Studenten übernehmen hierbei praktisch die Funktion von Unternehmensberatern - eine Aufgabe, für die primär Studenten hö­ herer Semester in Frage kommen. Was den zeitlichen Rahmen anbelangt, bietet es sich an, derartige Ver­ anstaltungen geblockt durchzuführen, was der Bearbeitung komplexer Problemstellungen besonders entgegenkommt. Je nach Projekt kann es sich dabei entweder um ein auf wenige Tage beschränktes „Kompaktseminar“ handeln, oder aber die Zusammenkünfte werden z.B. im monatlichen Turnus angesetzt, wobei dann von Termin zu Termin neue Teilaufgaben des Gesamtprojekts vergeben werden.

Mit derartigen Projektseminaren läßt sich auch der in der Praxis verbreite­ ten Meinung, die Universitäten würden viel „totes Wissen“ vermitteln bzw.

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„an der Praxis vorbei“ ausbilden (vgl. z.B. WEBER 1995, S. ER/HORSTKÖTTER 1995, S. 76), wirksam entgegentreten, Praktiker hier selbst an der Festlegung der Unterrichtsinhalte der Auswahl der anzuwendenden Problemlösungsmethoden (mitunter sogar ihre eigene Unternehmenspolitik zur Diskussion

88; BAUweil sich sowie an beteiligen stellen).

Übung zur persönlichen Kommunikation In dieser Veranstaltung geht es zum einen darum, die grundlegenden Techniken der Präsentation und Moderation gezielt anzuwenden. Zum anderen liegt ein besonderes Augenmerk auf der praktischen Nutzung der in der dazugehörigen Vorlesung behandelten Konzepte zur Verbesse­ rung der persönlichen Kommunikation, die ohne ein „learning by doing“ letztlich zu abstrakt bleiben würden.

Ebenso wie bei den Projektseminaren hat sich auch bei der Übung zur persönlichen Kommunikation die zeitlich geblockte Durchführung gut be­ währt. Ein besonderer Vorteil liegt hierbei darin, daß über die gesteigerte Interaktion der Teilnehmer gruppendynamische Prozesse angeregt wer­ den können; hierbei ist z.B. an das Auftreten einer erhöhten „Bezie­ hungsdichte“ unter den Seminarteilnehmern oder an eine höhere Sensi­ bilität gegenüber den Reaktionen anderer auf das eigene Kommunikati­ onsverhalten zu denken.

Projektgruppenarbeit im Rahmen „konventioneller“ Seminare Diese Veranstaltungen dienen zunächst - wie bei Seminarveranstaltun­ gen üblich - dem Scheinerwerb, indem einige der Teilnehmer eine Semi­ nararbeit anfertigen und über ihr jeweiliges Thema ein Referat halten. Darüber hinaus werden die Seminarteilnehmer entsprechend ihrer The­

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Möglichkeiten zur Förderung der Handlungskompetenz

menstellung bei den Hausarbeiten in Projektgruppen (z.B. für Non-

Business- oder Dienstleistungs-Marketing) zusammengefaßt, die arbeits­ teilig Teilaspekte ihres Themas erarbeiten und die gewonnenen Erkennt­ nisse im Rahmen von Präsentationen und Diskussionen an die anderen Gruppen weitergeben. Die Studenten fungieren bei diesem Konzept gleichsam als Trainer ihrer Kommilitonen. Hierdurch läßt sich ein zusätz­ licher Lerneffekt im Hinblick auf die Förderung der Kommunikations- und insbesondere der Teamfähigkeit erreichen.

Mit Ausnahme der zuletzt geschilderten Seminarveranstaltung zum Mar­ keting-Management gehören sämtliche Veranstaltungen, die speziell auf die Verbesserung sozialer und methodischer Kompetenz abzielen, zu den Wahlveranstaltungen, die von den Studenten im Umfang von insgesamt vier Semesterwochenstunden (d.h. in der Regel zwei Veranstaltungen) frei gewählt werden können. Die sog. Wahlpflichtveranstaltungen, die für alle Studenten der Vertiefungsrichtung Absatzwirtschaft obligatorisch sind und die die „engeren“ fachlichen und methodenbezogenen Wissensinhal­ te des Fachgebiets Marketing abdecken, umfassen im einzelnen folgende Fächer:

• Absatzforschung • Produkt- und Preispolitik • Distributionspolitik • Kommunikationspolitik • Marketing-Management

Während die Veranstaltungen .Absatzforschung“ und „MarketingManagement“, die auch dem Scheinerwerb dienen, jährlich angeboten werden, finden die übrigen drei jeweils nur im zweijährigen Turnus statt. Hierdurch wird der benötigte Freiraum für die Durchführung der geschil­ derten Wahlveranstaltungen geschaffen.

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Aufgrund ihres verbindlichen Charakters für die Diplomprüfung, aber auch wegen ihrer hohen Teilnehmerzahlen bieten die Wahlpflichtveranstaltun­ gen für die Vermittlung überfachlicher Ausbildungsinhalte einen weitaus geringeren Spielraum als die Wahlveranstaltungen - wenngleich auch bei diesen einzelne Termine für Gruppendiskussionen, Praktikervorträge und Fallstudienarbeit „freigehalten“ werden.

2. Bisherige Erfahrungen Die Teilnehmer in den speziell auf die Vermittlung von Methoden- und Sozialkompetenz gerichteten Lehrveranstaltungen zeichnen sich nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen durch ein vergleichsweise hohes Maß an persönlichem Engagement und Eigeninitiative aus. Wie Rück­ meldungen aus dem Kreis der Studenten belegen, scheint der Lerneffekt und der empfundene persönliche „Nutzwert“ größer zu sein als bei ande­ ren Lehrformen, in denen die Studenten nur eine passive Rolle als Zuhö­ rer innehaben.

Aus Studentensicht teilweise als Problem empfunden wird der verlängerte Vorlesungszyklus, der sich - wie oben beschrieben - bei einigen Veran­ staltungen auf zwei Jahre ausdehnt. Hieraus können sich mitunter Schwierigkeiten bei der Studienplanung ergeben, etwa wenn ein Student ein Semester im Ausland verbringt und deshalb eine bestimmte Vorle­ sung nicht besuchen kann. Allerdings erhalten die Studenten zu jeder Vorlesung einen detaillierten Stoffplan mit Lernzielen und Literaturanga­ ben, der das Selbststudium erleichtert.

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Möglichkeiten zur Förderung der Handlungskompetenz

3. Schlußbemerkung Läßt man die in bislang vier Semestern gewonnenen Erfahrungen mit dem neuen Lehrkonzept Revue passieren, fällt die Beurteilung insgesamt positiv aus. Diese Einschätzung bezieht sich nicht nur auf die Verbesse­ rung der Ausbildungsqualität und die damit zusammenhängenden späte­ ren Berufsaussichten der Studenten, sondern betrifft auch die Dozenten. Die teilweise Abkehr von den Veranstaltungen traditioneller Prägung stellt nämlich sowohl für die Studenten als auch für die Dozenten eine will­ kommene Abwechslung zum „normalen“ Ausbildungsbetrieb dar und ver­ bessert den Erfahrungsaustausch zwischen Lehrenden und Lernenden.

Nicht übersehen werden darf aber auch, daß die Erweiterung der Lehr­ pläne um überfachliche Kompetenzbausteine für die Hochschullehrer nicht nur eine zusätzliche zeitliche Belastung, sondern auch eine gewisse persönliche Herausforderungen darstellt. Wer etwa die Teamfähigkeit der Studenten fördern will, sollte selbst über diese Fähigkeit verfügen - keine Selbstverständlichkeit in der traditionell von strengen hierarchischen Be­ ziehungen geprägten Universität.

Literaturverzeichnis Bauer, A./Horstkötter, D.: Eine Frage der Lehre, in: (Forbes, o. Jg. (1995), Nr. 1, S. 76-79 Deutsche Marketing-Vereinigung (Hrsg.): Marketing-Erfolg trainieren, Stuttgart 1994 Eschenbach, R./ Kreuzer, C./ Neumann, K. (Hrsg.): Fallstudien zur Unternehmensführung, Stuttgart 1994

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Hörschgen, H.: A Holistic Concept of Education in Business Administra­ tion, in: Proceedings of the Pan-Pacific Conference XII - A Business, Economic, and Technological Exchange, May 29 - June 1, Dunedin/Queenstown 1995, S. 114-117 Köhler, R./Habann, F./Hahne, H.: Der Einstieg in die Praxis, in: absatzwirtschaft, 38. Jg. (1996), Heft 2, S. 72-77

Weber, D.: Das Dilemma der Professoren, in: werben & verkaufen, o. Jg. (1995), Nr. 12, S. 88-92

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Ergebnisse der Diskussion Die Umwelt verändert sich - die Universität aber bleibt wie bzw. was sie lange Zeit war. Insoweit war es für die Diskussionsteilnehmer nicht weiter verwunderlich, daß den Universitäten in jüngster Zeit der Wind verstärkt ins Gesicht weht. Überlange Studienzeiten, mangelnde Praxisorientierung und fehlende Effizienz des Hochschulapparates sind die Hauptkritikpunk­ te, mit denen sich die Universitäten heute konfrontiert sehen. Im Vergleich mit anderen inner- und außereuropäischen Bildungsinstitutionen scheinen die deutschen Universitäten hier zunehmend ins Hintertreffen zu geraten. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Studenten und damit letztlich auch der deutschen Unternehmen sollten deshalb die uni­ versitären Ausbildungsinhalte grundsätzlich neu überdacht werden. Heftige Kritik an den Universitäten wird immer wieder von selten der Poli­ tiker geübt, die mit ihrer Forderung nach Verkürzung der Studienzeiten an vorderster Front stehen. Diese zwar nachvollziehbare, aber unzulässige und letztendlich gefährliche Vereinfachung der Hochschulproblematik auf die Dimension Studiendauer läßt die Frage nach der Ausbildungsqualität zu stark in den Hintergrund treten.

So waren sich alle Diskussionsteilnehmer darin einig, daß anstelle der ausschließlichen Vermittlung von Fachkenntnissen, wie sie momentan an den Universitäten dominiert, ein ganzheitliches Konzept treten muß, das den Forderungen der Praxis nach mehr sozialer Kompetenz in der Ausbil­ dung Rechnung trägt. Insbesondere wichtigen Schlüsselqualifikationen wie z.B. Kommunikations- und Teamfähigkeit muß in diesem Zusammen­ hang ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Von zentraler Bedeutung für die Vermittlung dieser Qualifikationen ist die Frage nach der organisatorischen Einbindung eines solchen Konzepts.

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Implikationen aktueller Entwicklungen für die Hochschulausbildung

Mit anderen Worten: Welchen Beitrag kann die Universität als Institution bzw. konkret der Lehrstuhl für Absatzwirtschaft zur Vermittlung dieser Schlüsselqualifikationen leisten?

Unstrittig war in diesem Zusammenhang, daß der Vermittlung von Fachund Methodenkompetenz an der Universität bereits eine starke Position eingeräumt wird. Die Sozialkompetenz dagegen scheint als dritter Be­ standteil der Handlungskompetenz im Rahmen der universitären Ausbil­ dung noch nicht die nötige Beachtung gefunden zu haben.

So wurde die Frage, inwieweit die Universität in der Lage ist, Sozialkom­ petenz zu vermitteln, sehr konträr diskutiert: Einige der Diskussionsteil­ nehmer waren der Ansicht, daß die Ausbildung im Bereich der Sozial­ kompetenz generell stärker interdisziplinär ausgerichtet sein muß. Insbe­ sondere Psychologen und Soziologen müßten hier den wirtschaftswis­ senschaftlichen Fakultäten zur Seite stehen. Sozialkompetenz sollte in diesem Zusammenhang als Querschnittsfunktion gesehen werden, die an den Universitäten fach- und fakultätsübergreifend einzurichten ist. Bei der Frage nach der organisatorischen Einbindung eines solchen Kon­ zepts wurde lebhaft diskutiert, ob und in welcher Weise das Fach Marke­ ting diese Funktion übernehmen sollte. Als interdisziplinär ausgerichtete Wissenschaft erscheint das Marketing hierzu besonders geeignet. Bereits jetzt wird im „Persönlichen Verkauf' - als einem der wichtigen Teilbereiche des Marketing - aktiv versucht, die Sozialkompetenz der Studenten zu trainieren. Insofern dürften Marketing-Forscher bei der Vermittlung von Sozialkompetenz eigentlich keine Probleme mit ihrem Selbstverständnis bekommen. Nicht alle Marketing-Dozenten scheinen jedoch für die Ver­ mittlung von Sozialkompetenz gleichermaßen geeignet. Die Erfahrung zeigt, daß gerade diejenigen Hochschullehrer, die in dieser Hinsicht Nachholbedarf haben, von entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen keinerlei Gebrauch machen.

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Ergebnisse der Diskussion

Die Vermittlung von Sozialkompetenz ist an spezielle universitäre Veran­ staltungstypen gebunden. Besonders gut geeignet scheinen Veranstal­ tungen wie z. B. Fallstudienseminare oder Kleingruppenarbeit, die den Aspekt der Anwendung bzw. Umsetzung des gelernten Wissens in kon­ kreten Problemsituationen stark betonen. Aufgrund der zeit- und personal­ intensiven Betreuung bei solchen Veranstaltungstypen sind jedoch gera­ de diese im Ausbildungsangebot der Universitäten oft nicht genügend vertreten.

Zusätzlich werden immer stärker Engpässe bei den personellen und fi­ nanziellen Ressourcen an der Universität sichtbar. Diese wachsende Überlastung der betriebswirtschaftlichen Fakultäten wird durch die allge­ meine Forderung nach Verkürzung der Studienzeiten noch mehr ver­ schärft. Für den Auf- und Ausbau von projekt- und/oder praxisbezogenen Seminaren scheint es deshalb notwendig, darüber nachzudenken, ob im Lehrangebot zum Fach Marketing Veränderungen im Rahmen von inhalt­ lichen Kürzungen vorgenommen werden müssen. Die personelle und fi­ nanzielle Situation scheint solche Schritte unumgänglich zu machen. Für die Kürzung von Lerninhalten spricht außerdem die Tatsache, daß in Vorlesungen oft Inhalte vermittelt werden, die in ihrer Detailliertheit in der Praxis kaum noch Verwendung finden.

Die Diskussionsrunde zeigte auf, daß sich die Notwendigkeit von Ände­ rungen im organisatorischen und inhaltlichen Lehrangebot von Universitä­ ten eindeutig belegen läßt. Vor dem Hintergrund, daß Universitätsabsol­ venten - nach Einschätzung der Praktiker - etwa 1,5 bis 2 Jahre brau­ chen, bis sie sich in der betrieblichen Praxis zurechtfinden, scheint die Forderung, die Vermittlung von Sozialkompetenz noch stärker in die Uni­ versitäten hineinzutragen, voll gerechtfertigt zu sein. Es wurde allerdings die Ansicht vertreten, daß für die Vermittlung von Sozialkompetenz Fachhochschulen und Berufsakademien bessere orga-

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Implikationen aktueller Entwicklungen für die Hochschulausbildung

nisatorische Voraussetzungen zu besitzen scheinen. Sie weisen generell einen stärker anwendungsbezogenen Charakter auf. Hier wurde jedoch im Laufe der Diskussion die Forderung laut, daß sich die Universität ihre Wettbewerbsvorteile gegenüber Fachhochschulen und Berufsakademien bewahren sollte. Sie sollte sich auf ihre Stärken bei der Ausbildung kon­ zentrieren, indem sie weiterhin großen Wert auf die Befähigung ihrer Stu­ denten zu selbständigem und fachübergreifendem Arbeiten legt. Die Uni­ versität sollte hier kein down-grading betreiben, sondern den Ausbau ihrer Kernkompetenzen noch forcieren. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der verstärkten Konkurrenz sowohl von selten der deutschen Fachhochschulen und Berufsakademien als auch der inner- und außereuropäischen Bildungsangebote mit weitaus kürze­ ren Ausbildungszeiten muß sich die Universität im Bereich der Bildungs­ landschaft eine neue und starke Position suchen.

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Zu den Autoren

Dipl.-Kff. Marion Friese, Jahrgang 1966. 1985-1991 Studium der Wirt­ schafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Augsburg; seit 1991 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft der Uni­ versität Hohenheim. Dozentin für Marketing an der Berufsakademie Stuttgart. Promotionsvorhaben über „Kooperation als Wettbewerbsstra­ tegie für investive Dienstleister“. Forschungsschwerpunkte: Dienstlei­ stungs-Marketing, Marktforschung, Kooperationsmanagement. Dr. Michael Froböse, Jahrgang 1962. 1981-1988 Studium der Wirt­ schaftswissenschaften an den Universitäten Paderborn und Kassel, Ab­ schlüsse als Dipl.-Kfm. und als Dipl.oec. 1988-1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft der Universität Hohenheim und an der dortigen Forschungsstelle für Angewandtes Marketing (FORAM), seit 1996 Projektleiter im Steinbeis-Transferzentrum für Mark­ torientierte Unternehmensführung, Hohenheim. 1994 Promotion über „Mikrogeographische Segmentierung von Einzelhandelsmärkten“. Lang­ jährige freiberufliche Tätigkeit als Marktforschungsberater. Lehrtätigkeiten an der Fachhochschule Karlsruhe, dem bfe Bildungspark und der Aka­ demie für Fach- und Führungskräfte in Stuttgart. Forschungsschwerpunk­ te: Marktforschung, Einzelhandels-Marketing, Zielgruppen-Marketing, re­ gionales Marketing, Marketing-Ausbildung.

Dipl.oec. Andrea Hellwig-Beck, Jahrgang 1964. 1983-1988 Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Augsburg. 1988-1990 Vertriebsbeauftragte bei der Metzler Schaum GmbH in Mem­ mingen, seit 1990 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Ab­ satzwirtschaft der Universität Hohenheim. Dozentin für Marketing an der Berufsakademie Stuttgart. Promotionsvorhaben über „Dienstleistungs­ strategien - Ein Konzept zur Planung von Marketing-Strategien für investi155

Zu den Autoren

ve Dienstleister“. Forschungsschwerpunkte: Dienstleistungs-Marketing, ökologieorientiertes Marketing.

Dipl.oec. Angelika Hilger, Jahrgang 1968. 1988-1994 Studium der Wirt­ schafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hohenheim und an der Ecole Superieure de Commerce de Paris (ESCP). Seit 1995 wissen­ schaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft der Universität Hohenheim. Dozentin für Marketing an der Berufsakademie Stuttgart und der Jiao Tong University Shanghai (1995). Promotionsvorhaben über „Erfolgsfaktoren für Internationalisierungsstrategien - dargestellt am Bei­ spiel des Engagements deutscher Unternehmen in der VR China“. For­ schungsschwerpunkte: Internationales Marketing, Non-Business-Marke­ ting und Kommunikationspolitik, insb. Public Relations und Persönliche Kommunikation.

Prof. Dr. Hans Hörschgen, Jahrgang 1936. 1956-1960 Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Marburg und München. 1960-1963 Tätigkeit als Unternehmensberater. Ab 1963 wis­ senschaftlicher Assistent von Prof. Dr. Dr. h.c. Robert Nieschlag am Se­ minar für Absatzwirtschaft, Werbung und Marktforschung an der Universi­ tät München. 1967 Promotion zum Dr. oec. publ. Seit 1975 Inhaber des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft an der Universität Hohenheim und Leiter der dortigen Forschungsstelle für Angewandtes Marketing (FORAM). Seit 1996 Leiter des Steinbeis-Transferzentrums für Marktorientierte Unter­ nehmensführung an der Universität Hohenheim. Gastprofessuren am Pacific Asian Management Institute der University of Hawaii at Manoa, USA (1981), an der Faculty of Commerce der Doshisha University in Kyoto, Japan (1984), an der Jiao Tong University Shanghai, China (1985, 1989, 1990, 1993 und 1995) sowie Lehr- und Forschungstätigkeit an Uni­ versitäten in Korea (1988), Indonesien (1992) und Rußland (1992, 1993 und 1995). Forschungsschwerpunkte: Strategisches Marketing sowie In­ formation- und Kommunikation im Business- und Non-Business-Bereich,

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Zu den Autoren

Internationales Marketing, Distributionspolitik, Handelsbetriebslehre, Un­ ternehmensführung, Marketing-Ausbildung. Dipl.oec. Andreas Kaapke, Jahrgang 1964. 1985-1990 Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hohenheim. Seit 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft der Universität Hohenheim. Langjährige freiberufliche Tätigkeit als Mar­ keting-Berater. Dozent für Marketing an der Berufsakademie Stuttgart, der Fachhochschule für Wirtschaft Pforzheim, der Akademie des Hand­ werks und der Akademie für Kommunikation (beide in Stuttgart). Ab Au­ gust 1996 Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung an der Uni­ versität zu Köln. Voraussichtlicher Abschluß des Promotionsvorhabens über den „Beitrag des Strategischen Marketing zur Verbesserung der Wirtschaftspolitik von Staaten“ im Sommer 1996. Forschungsschwer­ punkte: Non-Business-Marketing, Kommunikationspolitik, Strategisches Marketing und Unternehmensführung.

Dipl.oec. Ralf Steinbach, Jahrgang 1968. 1988-1993 Studium der Wirt­ schaftswissenschaften an der Universität Kassel. Seit 1993 wissenschaft­ licher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft der Universität Ho­ henheim. Voraussichtlicher Abschluß des Promotionsvorhabens über „Integratives Qualitäts-, Zeit- und Kostenmanagement“ im Sommer 1996. Forschungsschwerpunkte: Strategisches Marketing und Unternehmens­ führung.

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