Hauptsätze der Elementar-Mathematik zum Gebrauche an höheren Lehranstalten: Ausgabe B.: Planimetrie und Arithmetik nebst den Anfangsgründen der Trigonometrie und Stereometrie und drei Anhängen [Reprint 2021 ed.] 9783112395905, 9783112395899

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Hauptsätze der Elementar-Mathematik zum Gebrauche an höheren Lehranstalten: Ausgabe B.: Planimetrie und Arithmetik nebst den Anfangsgründen der Trigonometrie und Stereometrie und drei Anhängen [Reprint 2021 ed.]
 9783112395905, 9783112395899

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Hauptsätze der

El ementar-^rtathemaeik zum Gebrauche an höheren Lehranstalten von

Dr. F. G. Nehler. Bearbeiter von A. Schulte Tigges, Direktor des Realgymnasiums zu Rassel.

Ausgabe B. Unterstufe.

Planimetrie und Arithmetik nebst den Anfangsgründen der Trigonometrie und Stereometrie und drei Anhängen.

Berlin W. zz Druck und Verlag von Georg Reimer

19)2.

Planimetrie und Arithmetik nebst den Anfangegründen

der Trigonometrie und Stereometrie und drei Anhängen.

Für die unteren und mittleren 2tlassen höherer Lehranstalten bearbeitet von

A. Sct)ulte - Tigges, Direktor des Realgymnasiums zu "Kassel.

Dritte unveränderte Auflage

Berlin W. 35 Druck und Verlag von Georg Reimer

J9J2.

Vorwort zur ersten Auflage. Bei der Bearbeitung der vorliegenden Ausgabe B der SchellbachMehlerschen »Hauptsätze der Elementar-Mathematik" hatte der Heraus­ geber völlige Freiheit hinsichtlich der Art und des Umfangs der ihm notwendig erscheinenden Änderungen. Es konnte daher den neueren Anschauungen auf dem Gebiet mathematischer Methodik in weitem Umfang, wenn auch in vorsichtiger Abwägung ihres wirklichen Wertes Rechnung getragen werden, ohne daß dabei Altbewährtes hätte zurück­ treten müssen. Insbesondere gilt jenes von der Pflege des räumlichen Anschauungs- und Vorstellungsvermögens und der Gewöhnung an die Auffassung von Raumgebilden und Zahlen als im Werden be­ griffener und voneinander abhängiger Größen. So sind überall, wo dies ohne Künstelei möglich war, die Figuren durch Bewegung, Ver­ schiebung oder Drehung erst gebildet, und auch bei den Beweisen selbst sowie bei der Ermittelung von Übungssätzen (vgl. insbesondere die Winkel-, Dreiecks- und Kreislehre) ist von demselben Grundsatz vielfach Gebrauch gemacht worden. Daß dabei funktionelle Abhängig­ keiten zutage treten, ist natürlich, doch find ihrer Betrachtung noch zwei besondere Abschnitte, die Vorübungen zur Dreieckslehre und die Einführung in die graphische Darstellung im Anhang III, gewidmet. Die Einleitung zur Planimetrie ist bedeutend erweitert worden und dürste in ihrer jetzigen Gestalt wohl die Grundlage für eine erste Einführung in die Geometrie darbieten. In der sich anschließenden Winkel- und Dreieckslehre sind die indirekten Beweise wie die arith­ metische Beweisform — beides Klippen, an denen das Verständnis erfahrungsgemäß oft scheitert — nach Möglichkeit vermieden worden. Die Forderung, alle Zeichnungen nur mit Lineal und Zirkel aus­ zuführen, tritt mit Absicht erst ziemlich spät aus (§ 77); bis dahin wird von dem Winkelmesser, dem Meßstreifen und dem Zeichendreieck (zum Ziehen von Parallelen und zum Errichten und Fällen von Loten)

VI

Borwort.

ausgiebig Gebrauch gemacht. Es erscheint dies auch notwendig, wenn man die Schüler die Voraussetzung der Beweise nicht durch eine reine Gedankenoperation, sondern aus Grund der von ihnen ausgeführten Zeichnung finden lassen will. Die eigentliche Drcieckslehre ist in zwei Arten getrennt be­ handelt worden, so daß die Wahl zwischen beiden völlig frei bleibt, das eine Mal unter ausgiebiger Verwendung des Begriffs der Symmetrie, während die andere Art der Betrachtung sich der heute meist gebräuchlichen mehr nähert. Es ist dabei aber auch nicht ausgeschlossen, einige Sätze nach der ersten, andere wiederum nach der zweiten Art durchzunehmen. Auch die Kreislehre hat eine voll­ ständige Umgestaltung erfahren, indem der Stoff einheitlich geordnet und seine Behandlung soweit als möglich auf symmetrische Betrach­ tungen gegründet ist. In der Arithmetik sind die negativen Zahlen und diejenigen Fälle besonders eingehend, wenn auch in möglichst einfacher Weise behandelt worden, wo die ursprüngliche Erklärung der betreffenden Rechnungsart versagt und eine neue für den Zahlenausdruck gesucht werden muß. Daß der von der geometrischen Konstruktionsaufgabe handelnde Anhang! trotz der klärenden Vorarbeiten von Petersen, FischerBenzon u. A. noch weiterer Durcharbeitung bedarf, weiß der Verfasser recht wohl; indessen ist die Schwierigkeit, einen Überblick über die Lösungsmethoden so zu geben, daß bei einer vorliegenden Aufgabe der Weg zum Ziel leicht in die Augen springt, nicht zu unterschätzen. Anhang II enthält eine kurze Anleitung zum perspektivischen Zeichnen räumlicher Gebilde, wie sie für Realanstalten verbindlich ist. In dem Anhang III ist auf Grund geometrischer und arithmetischer Vorübungen, die sich zum Teil schon für eine frühe Stufe eignen, der Begriff der Funktion und ihrer graphischen Darstellung in ein­ facher Weise entwickelt und auf die verschiedenen arithmetischen Rechnungsarten sowie auf praktische Beispiele angewandt worden. Da diese Beispiele, deren Zahlentabellen dem Statistischen Handbuch und den Statistischen Jahrbüchern für das Deutsche Reich entnommen sind, sich größtenteils auf die handelspolitische und volkswirtschaft­ liche Entwicklung Deutschlands seit dem großen Kriege beziehen, so dürften sie, auch von allgemeinen pädagogischen Gesichtspunkten aus, hinreichendes Interesse beanspruchen.

Vorw ort.

VII

Die Beigabe von Übungsstoff, der in den .Hauptsätzen" bisher

fehlte, schien aus mehrfachen Gründen zweckmäßig. Nur in der Arithmetik ist hiervon abgesehen worden, da es eine Reihe von guten Aufgabensammlungen gibt und solche meist auch in den Händen der Schüler zu sein Pflegen. Die durch die Aufnahme des Übungsstoffes

venirsachte Vermehrung des äußeren Umfanges bedingte die Zerlegung des in der Ausgabe A ungetrennten Buches in zwei Stufen, von denen die vorliegende Unterstufe für die unteren und mittleren Klassen der Realanstalten völlig ausreichen dürfte. Eine gern geübte Pflicht ist es dem Herausgeber, Herrn Professor Frenzel in Lauenburg i. P. für seine auch diesmal freundlichst gewährten, auf langjähriger Erfahrung beruhenden Ratschläge sowie den Herren Fachgenossen des hiesigen Realgymnasiums für die Bereit­ willigkeit, mit der sie einzelne Teile des vorliegenden Buches im Unterricht erprobten, den herzlichsten Dank auszusprcchen. Cassel, im September 1908.

A. Schulte-Tigges.

Vorwort zur dritten Auflage. Die dritte Auflage ist wie auch die zweite ein unveränderter Abdruck der ersten, in dem nur eine Reihe von Druckfehlern berichtigt worden ist. Cassel, im Februar 1912.

A. Schulte-Tigges.

Vorw ort.

VII

Die Beigabe von Übungsstoff, der in den .Hauptsätzen" bisher

fehlte, schien aus mehrfachen Gründen zweckmäßig. Nur in der Arithmetik ist hiervon abgesehen worden, da es eine Reihe von guten Aufgabensammlungen gibt und solche meist auch in den Händen der Schüler zu sein Pflegen. Die durch die Aufnahme des Übungsstoffes

venirsachte Vermehrung des äußeren Umfanges bedingte die Zerlegung des in der Ausgabe A ungetrennten Buches in zwei Stufen, von denen die vorliegende Unterstufe für die unteren und mittleren Klassen der Realanstalten völlig ausreichen dürfte. Eine gern geübte Pflicht ist es dem Herausgeber, Herrn Professor Frenzel in Lauenburg i. P. für seine auch diesmal freundlichst gewährten, auf langjähriger Erfahrung beruhenden Ratschläge sowie den Herren Fachgenossen des hiesigen Realgymnasiums für die Bereit­ willigkeit, mit der sie einzelne Teile des vorliegenden Buches im Unterricht erprobten, den herzlichsten Dank auszusprcchen. Cassel, im September 1908.

A. Schulte-Tigges.

Vorwort zur dritten Auflage. Die dritte Auflage ist wie auch die zweite ein unveränderter Abdruck der ersten, in dem nur eine Reihe von Druckfehlern berichtigt worden ist. Cassel, im Februar 1912.

A. Schulte-Tigges.

Inhalt Seite

I. Planimetrie.

Einleitung........................................................................... 1. Von den Winkeln..................................................... 2. Von den Dreiecken...................................................... 3. Von den Vierecken und Vielecken überhaupt ...

1 5 17 39

4. Vom Kreise................................................................. 5. Von der Gleichheit und Ausmessung der geradlinigen Figuren........................................................................ 6 Proportionen an Strahlenbüscheln........................ 7. Von der Ähnlichkeit der Figuren.........................

44

58 6 71

8. Proportionen am Kreise........................................... 76 9. Von den regelmäßigen Vielecken und der Aus­ messung des Kreises.................................................. 80 10. Aufgaben aus der algebraischen Geometrie.... 86 II. Arithmetik und Algebra. 1. Die vier Grundrechnungsarten................................ 95 2. Potenzen, Wurzeln und Logarithmen.................. 115

3. Proportionen .................................................................128 4. Gleichungen............................................................. 131 HI. Anfangsgründe der ebenen Trigonometrie . . . 136 IV. Anfangsgründe der Stereometrie............................. 150 Anhang I: Von der geometrischen Konstruktionsaufgabe. 163 Anhang II: Anleitung zum perspektivischen Zeichnen räumlicher Gebilde............................................................. 171 Anhang III: Grundzüge der graphischen Darstellung . 177

Mehler-Schulte-Tigges, Ausgabe B, Unterstufe.

3. Aufl.

d

Erster Teil: Planimetrie. Einleitung. Zeder Teil des Raumes, der nach allen Setten begrenzt

§ 1.

ist, .wird Körper genannt. Als Beispiele können dienen: Rechtkant, Würfel, (vierseitige) Pyramide, Zylinder (Walze), Kegel, Kugel, sowie Gegenstände, die im Schulzinnner vor­

handen oder allgemein bekannt sind.

übrigen Teil des Raumes ist ein Körper durch

den

Gegen

Flächen abgegrenzt, die eben oder gekrümmt sein können.

die Körper auch in Teile zerlegbar,

Flächen sind

Durch

die selbst wieder

Eine solche Trennungsfläche bildet dann die gemeinsame

Körper sind.

Grenzfläche der Teilkörper.

An

einem Körper unterscheidet man Länge, Breite und Höhe

oder Dicke.

Eine Fläche hat nur Länge und Breite, aber keine Dicke.

Übungen:

1) Gib bei den erwähnten Körpern

die Zahl und Art der

Grenzflächen an.

2) Denke dir bei diesen Körpern Flächen aus, dilrch die sie in Teile zerlegt werden, und untersuche die Teilkörper.

§ 2.

Eine Fläche ist durch Linien begrenzt, die gerade oder

krumm sind; sie kann auch durch Linien in Teile zerlegt werden, die selbst wieder Flächen sind.

Die Linien,

in denen die Flächen eines

Körpers zusammenstoßen, heißen seine Kanten. Eine Linie hat weder Breite noch Dicke, nur eine Länge. Übungen: 1) Gib bei den schon untersuchten Körpern die Zahl und Art der Kanten an. 2) Denke dir Linien aus, durch die jene Flächen zerlegt werden, und unter­

suche die Teilflächen.

§ 3. Eine Linie wird durch Punkte begrenzt und ist auch durch Punkte in Teile zerlegbar, die selbst wieder Linien sind. Endpunkte, Teilpunkte.

Die Endpunkte der Kanten eines Körpers heißen seine

Ecken. Mehler-Schulte-TiggeS, Ausgabe B, Unterstufe.

WufL

1

I. Planimetrie.

2

Ein Punkt hat weder Länge, noch Breite, noch Dicke. Übungen: Untersuche die Ecken der betrachteten Körper auf Anzahl und Beschaffenheit.

§ 4. Denkt man sich eine gerade Linie nach beiden Seiten un­ begrenzt, so spricht man von einer Geraden schlechthin; ist sie da­ gegen an einer Seite durch einen Punkt begrenzt, so heißt sie Strahl und, wenn beiderseits begrenzt, Strecke.

Eine gebrochene Linie setzt sich aus Strecken zusammen, die verschiedenen Geraden angehören; eine krumme Linie ist eine solche, von der auch nicht der kleinste Teil gerade ist. Einen Punkt bezeichnet man gewöhnlich mit einem großen latei­ nischen Buchstaben, eine gerade Linie durch einen daneben geschriebenen großen lateinischen Buchstaben (wie G oder L), oder indem man zwei ihrer Punkte bezeichnet, eine Strecke auch durch einen neben ihre Mitte gesetzten kleinen lateinischen Buchstaben. Übungen: Zeichne eine Gerade, einen Strahl, eine Strecke, eine gebrochene, eine krumme Linie und versieh sie mit der üblichen Bezeichnung.

§ 5. Eine Linie kann man sich veranschaulicht denken durch einen möglichst dünnen Faden. Einem solchen Faden, der zwei Punkte lose verbindet, kann man die mannigfaltigste Form und die ver­ schiedenste Länge geben. Spannt man ihn aber hinreichend straff an, so nimmt er stets dieselbe Form an, nämlich die der geraden Linie. Grundsatz: Die gerade Linie ist die kürzeste Verbin­ dung zweier Punkte (oder der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten). Man nennt daher die Strecke, die zwei Punkte verbindet, ihre Entfernung oder ihren Ab stand. § 6. Eine ebene Fläche heißt, wenn man sie sich nach allen Richtungen unbegrenzt denkt, Ebene schlechthin. Eine Ebene hat die Eigenschaft, daß man nach allen Richtungen gerade Linien hineinlegen kann (oder daß eine Gerade, die zwei beliebige Punkte der Ebene verbindet, ganz in sie hineinfällt). Hierauf beruht ein praktisches Verfahren, wie man eine Fläche auf ebene Beschaffenheit prüfen kann. Ein Teil einer ebenen Fläche, der ringsum begrenzt ist, heißt ebene Figur oder einfach Figur. Je nach der Begrenzung unter­ scheidet man geradlinige und krummlinige Figuren. Zu den krummlinigen Figuren gehört der Kreis; die geradlinigen Figuren

Einleitung.

8

werden von Strecken begrenzt, die Seiten genannt werden und in den Ecken der Figur zusammenstoßen. Nach der Zahl der Ecken (oder Seiten) unterscheidet man: Dreiecke, Vierecke, Fünfecke usw.,

allgemein Vielecke.

Besondere Arten der Vierecke sind u. a.: Rechteck

und Quadrat. Man bezeichnet eine Figur,

indem

man die Ecken mit großen

diese Buchstaben in derselben

lateinischen Buchstaben benennt uud

Reihenfolge, wie die Ecken aufeinander folgen, aneinanderfügt. Diejenigen Strecken, die zwei nicht benachbarte Ecken einer Figur verbinden, heißen Diagonalen. Übungen: 1) Suche Figuren an den betrachteten Körpern auf und gib ihre nähere Beschaffenheit an. 2) Zeichne die Figuren ab, indem du die betreffende Fläche des Körpers auf das Papier legst und mit einem recht spitzen Bleistift vorsichtig herumfährst. 3) Ziehe in den Figuren Diagonalen und untersuche die Teilfiguren.

§ 7.

Zwei ebene Figuren, die man so aufeinander legen kann,

daß sie sich genau decken, heißen kongruent; sie haben nicht nur genau denselben Umriß, sondern schließen auch gleich große Flächen

ein (haben gleichen Flächeninhalt).

Seiten der Figuren, die hierbei

aufeinander fallen, heißen gleichliegend (oder homolog). In kon­ gruenten Figuren sind daher die gleichliegenden Seiten gleich lang; denn zwei Strecken sind dann gleich lang, wenn sie sich zur Deckung

bringen lassen. Solches geschieht beim

Messen,

indem man durch Auflegen

des Maßstabes auf die zu messende Strecke feststellt, welche Strecke des ersteren sich

mit der letzteren deckt.

Strecke kann dann werden,

und

zwar

Die Länge der untersuchten Maßstabes angegeben

in Längeneinheiten des

durch

eine Maßzahl unter Hinzufügung der

benutzten Längeneinheit als Benennung. Übungen: 1) Miß Strecken an den untersuchten Körpern und an den gezeichneten Figuren. 2) Welche Eigenschaften dieser Figuren ergeben sich hieraus? 3) Zeichne Strecken nach Maßangaben.

§ 8.

Unter dem Umfang einer Figur versteht man die Länge

der geschlossenen Linie, die die Figur begrenzt.

Ist die Figur gerad­

linig, so kann man den Umfang auch bezeichnen als die Summe der Seiten.

Man kann diese Summe durch eine Zahl angeben oder

durch eine Strecke darstellen.

Im ersteren Fall mißt man jede Seite

und addiert die Ergebnisse, im letzteren legt man auf einer geraden

1*

I. Planimetrie.

4

Linie die einzelnen Seiten aneinander, so daß sie eine einzige Strecke bilden (Addition von Strecken). Übungen: Führe solche Addition von Strecken an den gemessenen und gezeichneten Strecken aus, im letzteren Fall unter Benutzung eines Papierstreifens

(Meßstreifens).

Ergebnis: Wenn alle Schüler eine Strecke von gleicher Länge zeichnen und eine andere Strecke von wiederum gleicher Länge addieren, so erhalten sie gleich lange Strecken als Ergebnis. Daraus erhellt der Grundsatz: Gleiches zu Gleichem addiert gibt Gleiches.

§ 9. Sind zwei Strecken ungleich lang, so kann man ihren Unterschied (ihre Differenz) bestimmen, indem man ihre Maß­ zahlen subtrahiert oder die beiden Strecken so aufeinander legt, daß die einen Endpunkte zusammenfallen (Subtraktion von Strecken). Übungen: Führe solche Subtraktionen an den gemessenen oder gezeich­

neten Strecken aus.

Grundsatz: Gleiches.

Gleiches

von

Gleichem

subtrahiert

gibt

§ 10. Sind die zu addierenden Strecken gleich lang wie die Seiten eines Quadrats, so vereinfachen sich Rechnung und Zeichnung; aus der Addition wird die Multiplikation, aus der Summe das Produkt. Übungen: Bestimme in dieser Weise den Umfang des Quadrats und führ« sonstige Multiplikationen aus.

Grundsatz: Gleiches mit Gleichem multipliziert gibt Gleiches. § 11. Soll ein bestimmter Teil einer Strecke bestimmt werden, so erhält man ihn durch Division der Maßzahl der Strecke oder da­ durch, daß man die Strecke selbst in die vorgeschriebene Anzahl gleicher Teile zerlegt (Division von Strecken). Übungen:

1) Bestimme aus dem Umfang

eines Quadrats seine Seite

(zeichnerisch zunächst durch Ausprobieren mit einem Meßstreifen). 2) Bestimme aus

dem Umfang eines Rechtecks und der einen Seite die *

andere.

Grundsatz: Gleiches durch Gleiches dividiert gibt Gleiches.

§ 12. Bei im Raum befindlichen Geraden oder Strecken kommt es auch noch auf die Lage an; es lassen sich wagerecht liegende, senkrecht stehende und schief stehende unterscheiden. Übungen:

Suche solche Geraden an den betrachteten Körpern und im

Schulzimmer auf, und zwar nicht bloß sichtbare, sondern auch gedachte.

Don den Winkeln.

5

§ 13. Wichtig ist ferner die gegenseitige Lage zweier Ge­ raden. Zwei Gerade, die nicht einer Ebene angehören, heißen wind­ schief. Zwei Gerade, die in einer Ebene liegen, können nicht mehr als einen Punkt (den Schnittpunkt) gemeinsam haben, ohne ganz zusammenzusallen. Eine Linie kann man sich nämlich auch entstanden denken durch Bewegung eines Punktes, und zwar eine gerade Linie durch Bewegung eines Punktes in derselben Richtung. Ist nun außer dem Ausgangspunkt noch ein zweiter Punkt als Ziel gegeben, nach dem sich der erstere in ge­ rader Linie bewegen soll, so ist damit die einzuschlagende Richtung bestimmt. Daher gilt der Grundsatz: Durch zwei Punkte ist eine Gerade bestimmt — oder: Durch zwei Punkte läßt sich nur eine Gerade legen. Übungen: Gib windschiefe Geraden an den untersuchten Körpern an und zeige bei den andern Geraden die sie enthaltenden Ebenen.

§ 14. Wie durch Bewegung eines Punktes eine Linie, so kann durch Bewegung einer Linie eine Fläche und durch Bewegung einer Fläche ein Körper entstehen. Nur in besonderen Fällen ist die Bahn einer bewegten Linie wieder eine Linie und die Bahn einer bewegten Fläche wieder eine Fläche. Die Lehre von solchen gerad- und krummlinigen Gebilden, die in einer und derselben Ebene liegen, heißt ebene Geometrie oder Planimetrie; die Lehre von den Gebilden im Raume heißt körper­ liche Geometrie oder Stereometrie.

Erster Abschnitt.

Von den Winkeln. A. Drehung einer Strecke um einen der beiden Endpunkte. § 15. Dreht eine Strecke sich um einen ihrer beiden Endpunkte, bis sie in ihre ur­ sprüngliche Lage zurückkehrt, so beschreibt sie selbst eine Kreisfläche und der sich bewegende EndpunkteincKreislinie. Der feste Punkt (äk), c um deu sich die Strecke dreht, heißt Mittel­ punkt, der unveränderliche Abstand {MA, MB) eines jeden Punktes der Kreislinie vom Mittelpunkt heißt Halbmesser oder Radius.

I. Planimetrie.

6

Irgend ein Punkt der Ebene liegt innerhalb des Kreises, auf der Kreislinie oder außerhalb des Kreises, je nachdem sein Ab­ stand vom Mittelpunkt kleiner, ebenso groß oder größer als der Radius ist. Übungen: Zeichne mit Hülfe des Zirkels Kreise, deren Halbmesser eine vorgeschriebene Länge haben; zeichne und miß alsdann den Abstand beliebiger

Punkte der Ebene vom Mittelpunkt.

§ 16. Kehrt die sich drehende Strecke nicht in die ursprüngliche Lage zurück, führt sie also keine volle Umdrehung aus, so beschreibt der sich bewegende Endpunkt einen Kreisbogen (-AB),

bei einer

halben Umdrehung einen Halbkreis (AG), bei einer viertel Um­

drehung einen Viertelkreis (AD). Dreht sich der ganze Kreis um den Mittelpunkt, so bewegt sich die Kreislinie auf sich selbst; dreht sich ein einzelner Bogen um den Mittelpunkt, so bewegt er sich auf der Kreislinie. (Hier liegt also der Fall vor, daß die Bahn einer bewegten Linie keine Fläche, sondem wieder eine Linie ist.) Bogenstücke, die bei einer solchen Drehung genau aufeinanderfallen, sind gleich lang. Übungen: Zeichne Kreisbogen einzeln oder als Teile von ganzen Kreisen, auch, so gut es geht, Halb- und Viertelkrcise.

Wie kann man Halbkreise genau

zeichnen?

§ 17. Die ganze Kreislinie pflegt man in 360 gleiche Teile, also in 360 gleiche Bogenstücke (den Halbkreis in 180, den Viertel­ kreis in 90) zu teilen. Jeden dieser Bogen nennt man einen Bogen­ grad. (Den Bogengrad teilt man weiter in 60 Bogenminuten und jede Bogenminute in 60 Bogensekunden.) Übungen: 1) Schätze die Länge der in § 16 gezeichneten Bogen (nach Ergänzung zu einem vollen Kreise durch Vergleichen mit dem letzteren) in Bogen-

graben. 2) Wieviel Bogenminuten oder Bogensekunden enthält der volle Kreis, der

Halb- und Viertelkreis? 3) Sind die Bogengrade gleich groß, die die Spitzen des großen und des

kleinen Uhrzeigers beschreiben? 4) Wieviel Bogengrade beschreibt die Spitze des Stundenzeigers in 1, 2, ü, I, 9|, 12 Stunden, in 1, 2, 4 Tagen? 5) Wieviel Bogengrade beschreibt die Spitze des Minutenzeigers in 1, 2,

6, 4, 54, 15, 30, 60 Minuten, in 1|, 2, 5 Stunden? 6) Vergleiche die Bogengrade, die die Spitze des Stundenzeigers beschreibt,

mit den Bogengraden, die ein anderer Punkt des Stundenzeigers gleichzeitig beschreibt, nach Zahl und Größe.

Von den Winkeln.

7

B. Drehung eines Strahls um seinen Endpunkt. § 18. Dreht sich ein Strahl um seinen Endpunkt, so beschreibt er einen Winkel. Winkel sind also überall da vor­ handen, wo zwei gerade Linien sich schneiden, denn man kann dort die eine Gerade stets durch Drehung um den Schnittpunkt in die Lage der andern bringen. Ein Winkel («>£) wird daher gebildet von zwei Strahlen, die von demselben Punkte ausgehen; die beiden Strahlen heißen die Schenkel, ihr Ausgangspunkt der Scheitel des Winkels. Der Winkel, dessen Scheitel A und dessen Schenkel AB und AC sind, wird durch BAC oder CAB oder auch nur durch A oder durch einen zwischen die Schenkel gesetzten kleinen griechischen Buchstaben (z. B. a) bezeichnet. Die Größe eines Winkels ist unabhängig von der Länge der Schenkel, da eine Verkürzung oder Verlängerung der Schenkel an der auszuführenden Drehung nichts ändert. Zwei Winkel sind gleich, wenn sie sich so aufeinanderlegen lassen, daß ihre Schenkel sich decken. Übungen: Gib an den früher untersuchten Figuren Winkel in den richtigen

Bezeichungen an.

§ 19. Wenn ein Strahl bei der Drehung um seinen Endpunkt A einen Winkel beschreibt, so beschreibt irgend ein Punkt B des Strahls hierbei einen Kreisbogen. Wenn der Strahl sich nun um zwei gleiche Winkel BAF und FAQ ge­ dreht hat, so sind auch die von B durchlaufenen Bogen BF und FG gleich; denn, wenn man den Winkel BAF durch Drehung um A mit dem Winkel ^4 6 zur Deckung bringt, so fallen auch die Bogen aufein­ ander. Da der ganze so entstandene Winkelns aus den gleichen Teilen BAFitttb FAG zusammengesetzt ist, so ist er doppelt so groß als der Winkel BAF, und auch der zugehörige Bogen BG ist doppelt so groß als der Bogen BF. Ebenso gehört auch zu einem dreimal so großen Winkel ein dreimal so großer Bogen usw.

I. Planimetrie.

8

Man wendet daher bei den Winkeln dieselbe Einteilung an wie

beim Kreise und

teilt den vollen Winkel, d. h. den Winkel, der

durch eine volle Umdrehung entsteht, in 360 Winkelgrade (°), den

Winkelgrad in 60 Winkelminuten (') und die Winkelminute in

60 Winkelsekunden (").

Zeder Winkel enthält also ebenso viele

Grade, Minuten und Sekunden als der zugehörige Kreisbogen. Übungen: 1) Miß die früher gezeichneten Winkel mit dem Winkelmesser (Transporteur) und zeichne Winkel in vorgeschriebener Größe.

2) Was für Winkel legt der Stundenzeiger einer Uhr in 1, 3, Stunden zurück?

4£, 9, 12

3) Was für Winkel beschreibt der Minutenzeiger einer Uhr in 1, 2, 5, 8, 10, 15, 25, 30, 40, 45, 60 Minuten? 4) Welchen Winkel bilden Stunden- und Minutenzeiger um 6, 8, 9l, 10, 11| Uhr Vormittags und um lj, 3, 6, 8| Uhr Nachmittags? Die Stellung der Zeiger ist zu zeichnen. 5) Welchen Winkel bilden Stunden- und Minutenzeiger miteinander um 715, 2", 428, IS'8, ll58? Anleitung. Bestimme die Winkel, die der Stunden- und der Minutenzeiger beschrieben haben, seitdem sie zuletzt senkrecht nach oben zeigten; dann ergibt sich

der gesuchte Winkel durch Subtraktion.

§ 20.

Ein Winkel (BAC), der durch eine halbe Umdrehung

entsteht, dessen Schenkel (AB und AG) also in die entgegengesetzten

Richtungen einer Geraden fallen, heißt ein gestreckter oder flacher

Winkel. Ein Winkel, der durch eine Viertelumdrehung entsteht, der also die Hälfte eines gestreckten Winkels ausmacht, heißt ein Rechter (R).

Alle gestreckten und folglich

auch

alle rechten Winkel

sind einander gleich; die ersteren betragen 180°, die letzteren 90°.

Ist von den vier Winkeln, die zwei gerade Linien (BC und DE)

bilden, einer ein Rechter, so sind es auch die übrigen. — Wenn zwei gerade Linien sich unter rechten Winkeln schneiden, so sagt man, sie

stehen aufeinander senkrecht (_L), oder die eine ist eine Senk­ rechte oder ein Lot auf der andern.

Ein Winkel, der kleiner als ein gestreckter oder zwei Rechte ist, heißt hohl (konkav), und zwar spitz, wenn er kleiner als ein Rechter,

stumpf,

wenn er größer

ist.

Ein Winkel,

der

größer

als

ein

gestreckter ist, heißt überstumpf oder erhaben (konvex). — Die spitzen und stumpfen Winkel werden,

im Gegensatz zum Rechten,

schiefe Winkel genannt. Übungen:

1) Zeichne einen vollen, gestreckten, rechten Winkel, spitze,

stumpfe, überstnmpfe Winkel.

Von den Winkeln.

9

2) Ordne die früher gezeichneten und gemessenen Winkel den einzelnen Arten zu.

§ 21. 1) Zn einer ebenen Figur nennt man die dem Innern zugewaudten Winkel zwischen den Seiten die Winkel der Figur. Eine Figur hat ebensoviel Winkel wie Seiten. Bringt man kongruente Vielecke zur Deckung, so fallen auch die gleichlicgeuden Winkel aufeinander. In kongruenten Figuren sind also sowohl die gleichliegenden Seiten wie die gleich­ liegenden Winkel gleich. 2) Addieren und subtrahieren lassen sich Winkel, indem man sie so neben- oder aufeinanderlegt, daß sie den Scheitel und einen Schenkel gemeinsam haben, in entsprechender Weise auch multiplizieren und dividieren. 3) Wenn zwei Winkel zusammen zwei Rechte (180°) be­ tragen, so heißt der eine das Supplement des andern. Betragen zwei Winkel zusammen einen Rechten (90°), so heißt der eine das Komplement des andern. Ist ein Winkel a° groß, soistseinSupplement 180°—a°, fein Komplements— Übungen: 1) Führe Additlonen und Subtraktionen von Winkeln aus mit Benutzung des Winkelmessers. 2) Bestimme insbesondere die Summe der Winkel in den gezeichneten Figuren. 3) Führe Multiplikationen und Divisionen von Winkeln aus, gleichfalls unter Benutzung des Winkelmessers. 4) Wie groß ist das Supplement folgender Winkel: 18°, 63°, 138°; 24° 36', 146° 19' 22".

5) Wie groß ist das Komplement folgender Winkel: 27°, 56°; 19° 42', 42° 57' 23". 6) Was für ein Winkel ist das Supplement eines stumpfen, rechten, spitzen Winkels? 7) Was

gilt

von

den

Supplementen

gleicher Winkel,

Komplementen gleicher Winkel? 8) Was für Supplemente (Komplemente) haben

was

von

den

zwei ungleiche Winkel

insbesondere der größere von beiden? 9) Was für einen Winkel schließen die Lote ein, die auf den Schenkeln

eines Winkels « im Scheitel nach derselben Seite errichtet sind? 10) Was für einen Winkel bilden die Schenkel eines Winkels a, wenn mau sie um den Scheitel nach derselben Richtung gleich weit dreht?

C. Drehung einer Geraden um einen ihrer Punkte. § 22. Dreht sich eine Gerade um einen ihrer Punkte, so ent­ stehen vier hohle Winkel, die paarweise nebeneinander oder einander

I. Planimetrie.

gegenüber liegen. Die ersteren heißen Nebenwinkel, die letzteren Scheitelwinkel. Erklärung: Zwei Winkel heißen Nebenwinkel, wenn sie den Scheitelpunkt und einen Schenkel gemeinsam haben und die andern Schenkel in die entgegengesetzten Richtungen einer und derselben Geraden fallen. — Scheitelwinkel heißen zwei Winkel, wenn die Schenkel des einen die Verlängerungen der Schenkel des anderen sind.

§ 23. Zwei Nebenwinkel (wie die Winkel BAC und DAC) machen zusammen einen gestreckten Winkel aus, betragen also zusammen 180° oder ebensoviel wie zwei Rechte. Es gilt also der Lehrsatz: Nebenwinkel be­ tragen zusammen zwei Rechte.

Fig . 4

Folgerung: 1) Ist ein Winkel a°, so ist sein Neben­ winkel 180°-»°. 2) Gleiche Winkel haben gleiche Nebenwinkel.

§ 24. Zwei Scheitelwinkel gemessen, sind also gleich.

werden

durch

dieselbe

Drehung

Lehrsatz: Scheitelwinkel sind einander gleich. Besonderer Beweis: Die Scheitelwinkel a und ß haben beide den Winkel y zum Nebenwinkel. Es ist daher a sowohl wie ß gleich 180°—/, daher a = ß. Folgerung: Gleiche Winkel haben gleiche Scheitelwinkel. § 25.

Übungen: 1) Wie beschaffen ist der Neben­

winkel eines spitzen, eines stumpfen und eines rechten Winkels? 2) Was für Nebenwinkel haben zwei ungleiche Winkel? 3) Was ist von zwei Nebenwinkeln auszusagen, die gleich groß sind? 4) Wieviel Paare von Nebenwinkeln und Scheitelwinkeln entstehen an zwei sich schneidenden Geraden?

5) Welche Lage haben die Halbierungslinien a) zweier Nebenwinkel, b) zweier Scheitelwinkel zueinander? 6) Wie zerlegt das Lot, das man auf der Halbierungslinie eines Winkels im Scheitel errichtet, bessen Nebenwinkel?

Von den Winkeln.

7) Wie zerlegt Scheitelwinkel?

die

Halbierungslinie

11

eines

Winkels

verlängert

den

D. Von den Winkeln an Parallelen. § 26.

Eine Gerade L sei um den Punkt B drehbar.

Um ihre

Lage zu einer zweiten Geraden G zu untersuchen, sei von B aus durch diese letztere die Gerade M gezogen. Es entstehen dann bei B ebenso wie bei A vier Winkel, die

zu zweien Nebenwinkel oder Scheitel­

winkel sind. Neue Winkelarten erhält man, wenn man Winkel an verschie­ denen Schnittpunkten betrachtet. Zu

diesem Zweck sind zunächst innere (ft, ft, an «-) und äußere (ft, ft,

a4l a3) Winkel zu unterscheiden, und cs heißen dann 1) Gegenwinkel: ein innerer und ein äußerer Winkel an der­

selben Seite der schneidenden Linie (L), wie a, und ft; 2) Wechselwinkel: zwei innere oder zwei äußere Winkel an verschiedenen Seiten der schneidenden Linie, wie at und ft oder a4 und ft; 3) Ergänzungswinkel: zwei innere oder

derselben

Seite der schneidenden Linie,

wie ax

zwei äußere

an

und ft

a4

oder

und ft; [4) Konjugierte Winkel: ein innerer und ein äußerer Winkel an verschiedenen Seiten der schneidenden Linie, wie und ft]. Für die Anwendungen ist die vierte Gruppe entbehrlich.

Anmerkung:

Für

die

Auffindung

der

Winkel

ist

folgende

praktische Regel zweckmäßig: Die Gegenwinkel liegen von den beiden

Schnittpunkten aus nach derselben Richtung, die Wechselwinkel nach

entgegengesetzten Richtungen, die Ergänzungswinkel nach zusammen­

laufenden oder auseinanderlaufenden Richtungen. § 27. Bei der Drehung der Geraden L um B ändern sich die ß

genannten Winkel beständig.

Schreibt man aber einem von ihnen,

z. B. ft, eine bestimmte Größe vor, so sind auch die drei anderen damit bestimmt, da ft — ft ist und ft sowohl wie ft den Winkel

ft zu 2 R ergänzen.

12

I. Planimetrie.

Besonders beachtenswert ist nun der Fall, wo ß, gleich seinem Gegenwinkel a2 wird (Fig. 7). Es wird nämlich dann auch ßt — a3, da gleiche Winkel gleiche Scheitelwinkel haben, und sowohl ßt = av, als auch ßi—a„ da zu gleichen Winkeln auch gleiche Nebenwinkel gehören. Es sind also auch die übrigen Gegenwinkel einander gleich, und denkt man sich die Ge­ rade M zwischen A und B zer­ schnitten, so kann man demnach das untere Linienkreuz durch Ver­ schieben an L entlang mit dem oberen zur Deckung bringen. Dann fällt aber C auf ßt und wird Scheitelwinkel 311 ß2, daher a.—A und ebenso «,=£,, a, — ßv a3 = ß,, d. h. auch die Wechselwinkel sind einander gleich. Und ferner wird at Nebenwinkel zu ßv daher at-{- ß, =2 R, ebenso a, + ßt = 2 R, a2 + ß, = 2 R, a, + ß, = 2 R, d. h. die Ergänzungs­ winkel betragen zusammen zwei Rechte. Es ergibt sich also der Lehrsatz: Ist ein Paar Gegenwinkel gleich, so sind es auch die übrigen, und die Wechselwinkel sind gleich und die Ergänzungswinkel betragen zusammen zwei Rechte. Zusätze: 1) Ist ein Paar Wechselwinkel gleich, so sind es auch die übrigen, und die Gegenwinkel sind gleich und die Ergänzungs­ winkel betragen zusammen zwei Rechte. Denn, wenn at = £, ist, so ist auch a, — ßv da gleiche Winkel gleiche Nebenwinkel haben, und damit gilt der vorige Lehrsatz. 2) Beträgt ein Paar Ergänzungswinkel zwei Rechte, so gilt dies auch von den übrigen und die Gegenwinkel wie die Wechselwinkel sind gleich. Denn, wenn a, den Winkel ßt zu 2 R ergänzt, so muß a, =ß, sein, da ß, gleichfalls ßt $u 2 R ergänzt. Daher gilt auch in diesem Falle der vorige Lehrsatz. § 28. Erklärung: Gerade Linien, die sich, auch noch so weit verlängert, nicht schneiden, heißen parallel. Lehrsätze: 1) Sind zwei Gegenwinkel gleich, so sind die geschnittenen Geraden parallel.

Von den Winkeln.

2) Sind zwei Wechselwinkel schnittenen Geraden parallel.

gleich,

13 so

sind

ge­

die

3) Betragen zwei Ergänzungswinkel zusammen Rechte, so sind die geschnittenen Geraden parallel.

zwei

Beweis: 1) Man denke sich die rechts von M gelegene Halb­ ebene um die Mitte von AB gedreht, bis AB auf BA fällt. Wird nun a, = ß, vorausgesetzt, so ist auch (nach § 27), at — ß2, a, — ß3, ßi = av ßx = und die rechten Hälften von L und G fallen mit den linken vollständig zusammen. Hätten also L und G rechts einen Punkt gemeinsam, so müßten sie auch links einen solchen gemein haben, oder die beiden Geraden hätten zwei Schnittpunkte, was nicht möglich ist. Demnach haben L und G keinen Schnittpunkt oder sind parallel. 2) und 3) Nach § 27, Zusatz 1 und 2 ist in diesen Fällen die Voraussetzung für Lehrsatz 1 erfüllt. Bemerkung: Die Gerade G läßt sich daher in die Lage der Geraden L bringen, indem man sie so an der Geraden M entlang bewegt, daß z. B. a, unverändert bleibt. Eine solche Bewegung einer Geraden, bei der sie ihrer Anfangslage dauernd parallel bleibt, soll Verschiebung genannt werden.

§ 29. Grundsatz: Durch einen Punkt außerhalb einer Geraden, läßt sich zu ihr nur eine Parallele ziehen.

Lehrsätze: 1) Gegenwinkel an Parallelen sind gleich. 2)

Wechselwinkel an Parallelen sind gleich.

3) Ergänzungswinkel an Parallelen betragen zusammen zwei Rechte. Beweis. Wird L || G vorausgesetzt, so läßt sich die Gerade G nach oben verschieben, bis sie durch B geht; sie bleibt dabei zu ihrer Anfangslage parallel. Da es aber durch B -pi G nur eine Parallele gibt, so muß G alsdann mit L zusammenfallen. a2 deckt sich daher mit ß2. Aus a, = ß, folgt aber nach § 27 die

Behauptung.

§ 30. Verschiebt man beide Schenkel eines Winkels (a), so sind die Winkel an dem neuen Schnittpunkt teils dem ursprünglichen Winkel gleich (a,, «,), teils ergänzen sie ihn zu 180° (a„ a4). Der Beweis kann leicht, z. B. mit Hülfe des Winkels ß, geführt werden und bestätigt den

I. Planimetrie.

14

Lehrsatz:

Zwei

Winkel

parallelen Schenkeln sind

mit

gleich,

wenn beide Schenkelpaare dieselbe Richtung haben, und auch, beide

Schenkelpaare

wenn

entgegenge­

setzte Richtung haben, sie ergänzen

sich aber zu 180°, wenn das eine Schenkel­

paar dieselbe,

das andere entgegenge­

setzte Richtung hat. § 31.

Übungen: 1) Alle Lote auf einer

Geraden sind parallel. 2) Steht eine Gerade auf einer von zwei Parallelen senkrecht, so steht sie auch auf der andern senkrecht. 3) Zwei Gerade, die derselben dritten parallel sind, sind auch einander parallel. 4) Was gilt von den Halbierungslinien a) zweier Gegenwinkel, b) zweier Wechselwiukel an Parallelen? а) Welchen Winkel bildet das auf dem einen Schenkel eines Winkels im Scheitel errichtete Lot mit irgend einem Lot auf dem andern Schenkel? (Ver­ schiebe das letztere, bis es auch durch den Scheitel geht). б) Welchen Winkel bilden zwei Lote miteinander, die irgendwo auf den Schenkeln eines Winkels errichtet sind? (Verschiebe beide, bis sie durch den Scheitel gehen). 7) Welchen Winkel bilden die Schenkel eines Winkels miteinander, wenn beide um einen und denselben Winkel in demselben Sinne gedreht werden, und

zwar der eine Schenkel um den Scheitel, der andere um einen beliebigen seiner Punkte? (Drehe den letzteren Schenkel auch um den Scheitel und berücksichtige § 21, 10 und § 29). 8) Beantworte dieselbe Frage, wenn beide Schenkel um beliebige Punkte

gedreht werden. 9) Zieht man in einem Dreieck zu einer Seite eine Parallele, so hat das abgeschnittene Dreieck mit dem ursprünglichen gleiche Winkel.

10) Stimmen zwei Dreiecke in den Winkeln überein und laufen zwei entsprechende Seiten parallel, so laufen auch die andern paarweise parallel, falls die gleichen Winkel in beiden Dreiecken in demselben Sinne aufeinander folgen.

11) Welche Lage erhalten zwei Parallele, wenn man beide um einen und

denselben Winkel in demselben Sinne dreht? 12) Auf welchem Satz beruht die Zeichnung einer Parallelen durch Ver­ schiebung eines Dreiecks an einem Lineal?

E. Von den Winkeln der ebenen Figuren. § 32.

Wenn in Figur 9, wo G und M wiederum die festen

Geraden, L die um C drehbare Gerade darstellt, L um C gedreht

Vvn beii Winkeln.

15

wird, und zwar von A fort, so ändert das Dreieck CAB allmählich seine Gestalt. Nur CA und a bleiben erhalten; dagegen ändem sich CB, AB, „größer als".

I. Planimetrie.

22

sich selbst bis C. C ist alsdann der symmetrische Punkt zu A; denn, wenn man herumklappt, so fällt BA der Richtung und der Länge nach auf BC. Lösung 2: Man kann auch A mit einem beliebigen Punkt D der Achse verbinden und •3C LDC = LDA und DC = DA machen. § 47. Aufgabe: Zu einer gegebenen Geraden die symmetrische ohne Umklappen zu zeichnen. Lösung 1: Man bildet zwei Punkte der gegebenen Geraden ab und verbindet deren Bilder. Als den einen Punkt kann man den Schnittpunkt der gegebenen Geraden mit der Achse wählen, wenn ein solcher vor­ handen ist.

2. Wenn die Gerade die Achse schneidet, kann man auch in diesem Punkte den mit der Achse gebildeten Winkel auf der anderen Seite der Achse antragen, um die symmetrische Gerade zu erhalten. Steht die gegebene Gerade auf der Achse senkrecht, so genügt es, sie über die Achse hinaus zu verlängern.

§ 48. Aufgabe: Zu einem gegebenen Dreieck das sym­ metrische zu zeichnen. Lösung: Man bilde entweder die drei Eckpunkte oder die drei

Seiten ab.

Insbesondere ist der Fall zu betrachten, wo eine Seite des Dreiecks auf der Achse liegt, wie in Figur 21. Dann handelt es sich nur noch um die Abbildung des Punktes A, der durch AC und AB mit der Achse zusammenhängt. Für die Abbildung des Punktes A ergeben sich also folgende Möglichkeiten: 1. durch AC und y (oder AB und ß), 2. durch y und ß, 3. durch AC und AB, Fig. 21. 4. durch AC und ß (oder AB und y). Demgemäß ergeben sich vier verschiedene Lösungen.

z

§ 49. Lösung I (mittels AC und y): Man trägt y an der andern Seite von CL in C an, macht den freien Schenkel CD gleich CA und verbindet D mit B.

Don den Dreiecken.

23

Beim Herumklappen fällt alsdann C'A der Richtung und der Länge nach auf CD, daher A auf D und AB auf DB. Die Dreiecke fallen daher aufeinander. Zwei Dreiecke, die in zwei Seiten und dem eingeschlosfenen Winkel übereinstimmen (wie die Dreiecke ABC und DBG), brauchen nicht die gezeichnete Lage zu haben; sie liegen daher im allgemeinen nicht sym­ metrisch, lassen sich aber stets in die ge­ zeichnete Lage und durch Umklappen zur Deckung bringen; sie sind daher kongruent. Kongruenzsatz I: Zwei Dreiecke sind kongruent sie in zwei Seiten und dem eingeschlossenen Winkel übereinstimmen. 9lii m.: Benutzt man statt CA und CAB, so dreht man BC um B soweit uach A hin, bis DBA = A ge­ worden ist. Dann ist aber DB = DA (§ 56) und daher D ein Punkt der Achse zu A und B, mithin CB < CA nach § 43. §61. Folgerungen: l.Der größten Seite im Dreieck liegt der größte Winkel gegenüber.

2. Dem größten Winkel im Dreieck gegenüber.

liegt die größte Seite

3. Im rechtwinkligen Dreieck ist die Hypotenuse jede Kathete.

größer

als

4. Im stumpfwinkligen Dreieck ist diejenige Seite die größte, die dem stumpfen Winkel gegenüberliegt. D

V \xx \

A *------------- —^9 Fig- 32.

§ 62. Lehrsätze: 1) Zn jedem Dreieck ist die Summe zweier Seiten größer als die dritte. Beweis: Verlängert man BC um CA bis D und zieht zu D und A die Sym­ metrieachse durch C und die Mitte von AD, so ist BD >> BA nach § 43, daher auch

CB + CA > AB. 2) In jedem Dreieck ist die Differenz zweier Seiten kleiner als die dritte. Beweis: Verkürzt man CB um CA c bis D und zieht zu A und D die Sym­ / metrieachse durch C und die Mitte von AD, so ist BD BA nach § 43, daher A auch CB — CA < BA. § 63. 1) Lehrsatz: Stimmen zwei Fig- 33. Dreiecke in zwei Seiten überein, sind aber die eingeschlostenen Winkel ungleich, so sind auch die dritten Seiten ungleich, und zwar liegt dem größeren Winkel die größere Seite gegenüber.

Von den Dreiecken.

Es sei

Beweis:

> DFE.

CA — FD und

29

CB = FE,

aber

AGB

Verschiebt man A DFE, bis FE auf CB fällt, so daß

/

L

es die Lage GCB annimmt, so muß CG zwischen CA und CB fallen.

Die Symmetrieachse zu A und G, die durch C und die Mitte von AG geht, hat also A auf der einen und G und B auf der anderen Seite. Es ist daher (nach § 43) BA BG oder BA > ED. 2) Umkehrung: Stimmen zwei Dreiecke in zwei Seiten überein,

sind aber die dritten Seiten ungleich, so sind auch die den letzteren ungleich, und zwar liegt der größeren

gegenüberliegenden Winkel

Seite der größere Winkel gegenüber.

C. Zweite Art der Betrachtung. § 64.

Aufgabe: Ein gegebenes Dreieck genau nachzu­

bilden.

Lösung I: Gegeben ist das Dreieck ABC. DE=AB, trage

Ich zeichne eine Strecke (Figur

rechts)

daran in D den Winkel A

an und mache aus dem freien

Schenkel DF=AC.

Nun­

mehr verbinde ich F mit E.

Zwei Seiten und der

eingeschloffene Winkel sind also ebenso groß gemacht

worden

wie

in

dem

Fig- 35.

ge­

gebenen Dreieck; über die übrigen Stücke konnte alsdann nicht mehr frei verfügt werden, und es fragt sich, ob diese Stücke etwa von selbst gleich den entsprechenden des gegebenen Dreiecks geworden sind.

Um

dies zu untersuchen, legen wir das gezeichnete Dreieck mit der Sette DE

I. Planimetrie.

30

an die Seite AB des gegebenen.

Dann fällt beim Herumklappen um

AB AC der Richtung und der Länge nach auf DF, mithin C auf

F und daher auch CB aus FE, d. h. die beiden Dreiecke decken sich und stimmen auch in den Stücken überein, die nicht ausdrücklich g'eich

gemacht worden sind.

Es gilt also der

Kongruenzsatz I: Zwei Dreiecke sind kongruent,

w'.nn

sie in zwei Seiten und dem eingeschlossenen Winkel üter-

einstimmen.

§ 65. Lösung II: Gegeben ist das Dreieck ABC.

Ich zeichne eine Strecke (Fgur

rechts) DE=AB und trage daran in D den Winkel A und ii E

nach derselben Seite

c

den Winkel B an. Die freien Schenkel schnei­

den sich in F. fahren wir ebenso wie

bei Lösung I. Tann beim yeium«

fallen

klappen ^4 6'undL(,'der

Fig. 36.

Richtung nach auf/XF und EF, daher muß auch ihr Schnittpunkt C auf den Schnittpunkt

der letzteren, F, fallen. Die Dreiecke decken sich mithin und stimmen daher auch in den nicht gleich gemachten Stücken überein. Es gilt dcher: Kongruenzsatz II: Zwei Dreiecke sind kongruent, wenn sic in einer Seite und

den beiden anliegenden Winkeln

übereinstimmen. Stimmen zwei Dreiecke in einer Seite, einem anliegenden und dem gegenüberliegenden Winkel überein, so sind nach § 33, Fixg. 2

auch die dritten Winkel gleich, und die Dreiecke sind folglich kongruent.

Daher gilt der Kongruenzsatz Ila: Zwei Dreiecke sind kongruent, nenn

sie in einer Seite,

einem anliegenden und dem gegenüber­

liegenden Winkel übereinstimmen. § 66.

Lösung III:

Gegeben ist das Dreieck ABC.

Ich zeichne (Figur 37, rechts) eine

Strecke DE=AB und schlage Kreisbogen mit AC um D und mi: BC

um E, die sich in F schneiden.

Alsdann verbinde ich F mit D urd E.

Don den Dreiecken,

31

Legen wir A BEF wie oben an A ABC, so geht ein mit AC um A geschlagener Kreis auch durch F und ein mit BC um B geschlagener Kreis ebenfalls durch F. Beim Herumklap­ pen fallen die obe­ ren Halbkreise auf die unteren, also auch C auf F. Da­ her decken sich auch AC und BC mit DF und EF. Die Dreiecke sind mithin kongruent und stimmen auch in den Winkeln überein. Daher gilt Kougruenzsatz III: Zwei Dreiecke sind kongruent, wenn sie in den drei Seiten übereinstimmen. § 67. Lösung IV: Gegeben ist das Dreieck ABC, in dem AB( CBD—CDB ist. Aus diesem geht A CAB hervor, wenn man BD um B in die Lage BA dreht. Dann wird AB. Umkehrung: Stimmen zwei Dreiecke in zwei Seiten überein, sind aber die dritten Seiten ungleich, so sind auch die den letzteren gegenüberliegenden Winkel ungleich, und zwar liegt der größeren Seite der größere Winkel gegenüber.

D. Ausgaben und geometrische Örter. Vorbemerkung: Bei den nachstehenden Ausgaben ist nur noch der Gebrauch von Lineal und Zirkel gestattet.

Lvn den Dreiecke».

35

§ 77. Aufgabe: Einen gegebenen Winkel an eine ge­ gebene Gerade in einem gegebenen Punkte anzutragen. Auflösung: Man beschreibe um den Scheitel D des gegebenen Winkels und um den gegebenen Punkt A mit gleichem Radius Kreisbogen, wodurch auf den Schenkeln des Winkels und auf der Geraden die Durchschnitts­ punkte E, F und B entstehen. Darauf schlage man um B mit dem Abstand von E und deinen Bogen, der den um A beschriebenen in Ctrifft, und ziehe ^4