This is the second volume of the two-volume work Handbook of German Communication Verbs, edited by the renowned Institut
161 51 15MB
German Pages 456 [448] Year 2007
Table of contents :
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben – eine empirische Bestandsaufnahme
Lexikalische Strukturen
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Lexikalische Strukturen der Direktive
Lexikalische Strukturen der Kommissive
Lexikalische Strukturen der Expressive
Lexikalische Strukturen der medialen und modalen Kommunikationsverben
Partielle und totale Synonymie von Sprechaktverben
Gegensatzrelationen von Sprechaktverben
Performativität und Blockaden des performativen Gebrauchs von Sprechaktverben
Literaturverzeichnis
Verbregister
Handbuch deutscher Kommunikationsverben Teil 2: Lexikalische Strukturen
Schriften des Instituts für Deutsche Sprache Band 10.2
Herausgegeben von
Ludwig M. Eichinger Gisela Harras Peter Wiesinger
W DE
G Walter de Gruyter · Berlin · New York
Handbuch deutscher Kommunikationsverben Teil 2: Lexikalische Strukturen von
Gisela Harras Kristel Proost Edeltraud Winkler
W DE
G Walter de Gruyter · Berlin · New York
© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-11-019305-3 ISSN 1861-566X Bibliografische Information der Deutschen
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Inhaltsverzeichnis Vorwort
7
Abkürzungsverzeichnis
9
Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
11
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben - eine empirische Bestandsaufnahme
25
Lexikalische Strukturen Lexikalische Strukturen Lexikalische Strukturen Lexikalische Strukturen Lexikalische Strukturen Lexikalische Strukturen
der der der der der
Repräsentative Direktive Kommissive Expressive medialen und modalen Kommunikationsverben
73 73 125 223 251 315
Partielle und totale Synonymie von Sprechaktverben
329
Gegensatzrelationen von Sprechaktverben
367
Performativität und Blockaden des performativen Gebrauchs von Sprechaktverben
399
Literaturverzeichnis
411
Verbregister
429
Vorwort Der vorliegende Band des Handbuchs deutscher Kommunikationsverben baut auf dem ersten Teil, der als wortschatzspezifisches Wörterbuch präsentiert ist, auf. Er ist aber auch ohne dessen Kenntnis les- und benutzbar. Mit der Darstellung der lexikalischen Strukturen von Sprechaktverben des Deutschen soll zweierlei gezeigt werden: -
einmal: welche kommunikativen Konzepte im Deutschen durch (einfache) Sprechaktverben lexikalisiert sind und zum zweiten: wie sich die Verben, die ein Konzept lexikalisieren, voneinander unterscheiden, wobei die einzelnen Merkmale wortschatzspezifisch ausgerichtet sind.
Zusätzlich zum Kernstück dieses Bandes, der Darstellung der Sprechaktverben, sind noch spezifische Betrachtungen zum Wortschatzausschnitt der Verben, zu ihren lexikalischen Relationen der Synonymie und Antonymie sowie zu ihren Möglichkeiten des performativen Gebrauchs aufgenommen worden. Allen Darstellungen liegen gründliche Recherchen in den Textkorpora des IDS zugrunde. Nach der Fertigstellung auch dieses zweiten Bandes möchten wir uns bei allen bedanken, die uns im Verlauf des Projekts mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben: Das sind zunächst die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats Peter Rolf Lutzeier (Surrey), Georg Meggle (Leipzig) und Herbert Ernst Wiegand (Heidelberg), bei denen wir uns für viele hilfreiche Diskussionen und Anregungen bedanken. Auch bei den Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir über Jahre hinweg anregende Gespräche gefuhrt haben, möchten wir uns hiermit bedanken: Christiane Fellbaum (Princeton), Dmitrij Dobrovol'skij (Moskau), Ewald Lang (Berlin) und Jef Verschueren (Antwerpen). Und schließlich gilt unser Dank unserer wissenschaftlichen Hilfskraft Anastasia Novikova. Wie auch der erste Band ist dieses Buch dem Andenken unseres Ideengebers Klaus Baumgärtner gewidmet. Gisela Harras
Mannheim, im September 2006
Abkürzungsverzeichnis S
Sprecher
Η
Hörer
Sa(P)
Außerungsprodukt mit (prototypisch) propositionalem Gehalt
Ρ
propositionaler Gehalt
( )
fakultative Argumente
/
Alternativen
< >
Kasusangaben für Nominalphrasen
NP< >
Nominalphrase mit Kasusangabe
PP
Präpositionalphrase
SE
finite
Satzergänzung
Inf
Infinitivergänzung
NPKorrSE
nominales Korrelat mit einer finiten Satzergänzung (ζ. B. ... es, SE; ... das, SE)
NPKorrlnf
nominales Korrelat mit einer Infinitivergänzung (ζ. B. ... es, I n f . . . ; ... das, I n f . . . )
PPKorrSE
präpositionales Korrelat mit einer finiten Satzergänzung (ζ. B. ... davon, SE; ... darüber, SE)
PPKorrlnf
präpositionales Korrelat mit einer Infinitivergänzung (ζ. B. ... davon, I n f . . . ; ... darüber, I n f . . . )
RS
Rekurssituation
DS
Diskurssituation
Gisela Harras
Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben Der Schwerpunkt dieses Bandes liegt auf der paradigmatischen Darstellung der lexikalischen Strukturen deutscher Sprechaktverben, mit einem Seitenblick auf entsprechende englische Ausdrücke. Das Ziel einer solchen Darstellung besteht darin zu zeigen: -
welche kommunikativen Konzepte durch Sprechaktverben überhaupt lexikalisiert sind; durch welche semantischen Gesichtspunkte die Paradigmen der Sprechaktverben strukturiert sind; wie Paradigmen deutscher Sprechaktverben insgesamt ausgestattet sind (mit Seitenblick auf die Ausstattung entsprechender englischer Paradigmen).
Eine solche Darstellung deutscher Sprechaktverben soll damit auch Rückschlüsse auf den Lexikalisierungsraum von kommunikativen Konzepten erlauben oder, anders formuliert, Antwort auf die Frage geben, was uns in unserer Kommunikations- und Kulturgemeinschaft als ein so ausgezeichnetes oder salientes Konzept gilt, dass wir ihm einen Namen geben.
1.
Die Etablierung von Paradigmen
1.1
Sprechakte und Sprechaktverben
Mit Sprechaktverben wird - das ist trivial - auf Sprechakte Bezug genommen. Für letztere steht eine ausgewachsene und in weiten Teilen akzeptierte philosophische Theorie und Repräsentationsform zur Verfügung. Es liegt also nahe, sich dieser Theorie und Repräsentationsform auch für die Beschreibung der Verben, die den Theorie- und Repräsentationsbereich bezeichnen, zu bedienen, d. h. diejenigen Aspekte, die fur die Strukturierung von Sprechakten eine Rolle spielen, auch als Kandidaten fiir die Strukturierung von Sprechaktverben in Betracht zu ziehen. In der Standardtheorie der Sprechakte kommen dafür die folgenden Aspekte in Betracht (vgl. Searle/ Vanderveken 1985; Vanderveken 1990): (1) der Aspekt des propositionalen Gehalts (Bedingung des propositonalen Gehalts): für den Akt des Versprechens spielt es ζ. B. eine Rolle, dass das, was versprochen wird, der propositionale Gehalt, eine zukünftige Handlung des Sprechers ist; für den Akt des Aufforderns spielt es ζ. B. eine Rolle, dass das, wozu aufgefordert wird, eine zukünftige Handlung des Adressaten ist, oder fiir den Akt des Lobens spielt es eine Rolle, dass das, was gelobt wird, eine vergangene Handlung des Adressaten oder einer dritten Person ist; (2) der Aspekt der propositonalen Einstellung des Sprechers (Aufrichtigkeitsbedingung): für den Akt des Versprechens gilt, dass der Sprecher das, was er verspricht, tun will; fiir den Akt des Bittens gilt, dass der Sprecher das, worum er bittet, will, oder fiir den Akt des Mitteilens gilt, dass der Sprecher das, was er mitteilt, kennt;
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Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
(3) der Aspekt der intentionalen Einstellung (Bedingung des illokutionären Zwecks): fiir den Akt des Versprechens gilt, dass der Sprecher will, dass der Adressat erkennt, dass er etwas tun will; für den Akt des Aufforderns gilt, dass der Sprecher will, dass der Hörer etwas tut, und für den Akt des Behauptens gilt, dass der Sprecher will, dass der Hörer erkennt, dass er etwas für wahr hält; (4) der Aspekt der Vorannahmen des Sprechers (Vorbereitungsbedingungen): für den Akt des Versprechens gilt, dass der Sprecher davon ausgeht, dass das, was er tun will, etwas ist, das im Interesse des Adressaten liegt; für den Akt des Warnens gilt, dass der Sprecher das, wovor er warnt, für erwartbar und nicht im Interesse des Adressaten hält. Baumgärtner (1977; 1979) hat gezeigt, dass man die Relevanz der genannten Aspekte für die semantische Beschreibung von Sprechaktprädikaten auch durch eine Minimalanalyse möglicher Kontexte nachweisen kann. Nehmen wir als Ausgang die folgenden Kontexte: (1) (2) (3) (4) (5)
Otto bestreitet, dass eine hohe Wahlbeteiligung der Politik nützt Anna bittet Otto, ihr beim Umzug zu helfen Otto verpflichtet sich, Anna die Prozentrechnung beizubringen Anna tadelt Otto, dass er immer zu spät kommt Otto warnt Anna, nach Amerika zu fahren
Mit allen Prädikaten wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Adressaten oder einer Hörerschaft gegenüber etwas Bestimmtes äußert. Darüber hinaus unterscheiden sich die Prädikate folgendermaßen: Mit bestreiten wird ausgedrückt, dass der Sprecher S (der Referent des Subjekts des Matrixsatzes) den im Komplementsatz ausgedrückten propositionalen Gehalt nicht für wahr hält, d.h., mit dem Prädikat wird eine bestimmte propositionale Einstellung ausgedrückt. Das Prädikat bitten verlangt, dass der propositionale Gehalt, abgekürzt P, auf eine zukünftige Handlung festgelegt ist, deren Agens der Hörer Η (der Referent des direkten Objekts des Matrixsatzes) ist; dies erklärt die semantische Abweichung von Sätzen wie: (6) *Anna bittet Otto, zu schneien/dass es schneit (7) *Anna bittet Otto, dass sie die Treppe putzt Ferner verlangt bitten, dass die Art der propositionalen Einstellung auf eine voluntative Einstellung — S will: Ρ - festgelegt ist, sowie, da Ρ eine zukünftige Hörerhandlung darstellt, die intentionale Sprechereinstellung: S will, dass Η Ρ tut, wobei Ρ aus der Sicht von S nicht erwartbar ist. Sich verpflichten verlangt für Ρ eine Handlung mit Sprecheragens in der Nachzeit der Äußerung als nicht erwartbares Ereignis mit der Sprechereinstellung: S will: P, wobei Ρ für S als im Interesse von Η gilt. Mit tadeln wird eine negativ bewertende Einstellung von S zu Ρ ausgedrückt, wobei Ρ auf eine vergangene Handlung von Η (oder Dritten) festgelegt ist. Warnen verlangt, dass Ρ entweder ein Ereignis, das in die Nachzeit der Äußerung hineinreicht, oder eine zukünftige Hörerhandlung darstellt mit der Werteverteilung aus der Sicht von S: nicht im Interesse von Η und erwartbar. Man kann nun ganz leicht erkennen, dass sich die Aspekte oder Bedingungen für Sprechakte ohne Probleme auf die semantischen Aspekte (der Beschreibung) von Sprechaktverben übertra-
Die Etablierung von Paradigmen
13
gen lassen. Damit verfugen wir bereits über eine Grundlage fur die Etablierung von Paradigmen für Sprechaktverben. Die Menge der möglichen Paradigmenkandidaten kann darüber hinaus folgendermaßen festgelegt werden: In die Verwendung aller Sprechaktverben sind immer zwei Typen von Situationen involviert: der erste Situationstyp ist derjenige, in dem ein entsprechendes Verb gebraucht wird, der Typ der Diskurssituation (DS), ausgestattet mit dem Inventar der Situationsrollen: der Rolle des Sprechers, der Rolle des Hörers und der Rolle der Äußerung, die für den Defaultfall eine Proposition enthält. Der zweite Situationstyp ist der, auf den sich ein jeweiliger Diskurssprecher durch den Gebrauch eines Sprechaktverbs bezieht; die Rekurssituation (RS), ebenfalls ausgestattet mit der Rolle eines Sprechers, eines Hörers sowie einer Äußerung mit einer Propositon, vgl. Abb. 1: Diskurssituation DS
Rekurssituation RS
S D S = Sprecher der Diskurssituation
SRS = Sprecher der Rekurssituation
H d s = Hörer der Diskurssituation
H r s = Hörer der Rekurssituation
P D S = propositionaler Gehalt der
P RS = propositionaler Gehalt der
Äußerung der Diskurssituation
Äußerung der Rekurssituation
Abb. 1: Zwei Situationstypen
Die Bedingung, die mit Abb. 1 repräsentiert wird, schränkt den Bereich der Paradigmenkandidaten auf Verben des Sagens oder Sich-Äußerns ein, d. h., auch Verben wie sprechen, reden, schreien, telefonieren oder diktieren müssten dazu zählen, Verben also, die man nicht als Sprechaktverben betrachten würde. Um diese aus der Kandidatenmenge auszuschließen, werden wir die genannten vier Aspekte, die wir auch aus der induktiven Minimalanalyse gewonnen haben, als Basis für ein konzeptuelles Ordnungssystem benutzen, das für die Bedeutungszuschreibung der Verben konstitutiv ist.
14
Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
1.2
Ein konzeptuelles Ordnungssystem als Rahmen fiir die £tablierung von Paradigmen
Für jeden der gewonnenen kategorialen Aspekte werden sprachunabhängig, d. h. ohne Berücksichtigung einer bestimmten Sprache, stufenweise die jeweils möglichen Ausprägungen ermittelt. Auf einer ersten Stufe erhalten wir fur die Eigenschaft des Äußerungsprodukts und für die der kommunikativen Einstellung von S die folgenden Ausprägungsmöglichkeiten, vgl. Abb. 2: allgemeiner Rekurssituationstyp s
SA(P)
Η
E(S)
propositionaler Gehalt
{
propositionale Einstellung
Sprecherabsicht Vorannahmen
Abb. 2: Möglichkeiten der Ausprägung der Eigenschaften des Äußerungsprodukts und der kommunikativen Einstellung von S
Aus der Verbanalyse ist bereits deutlich geworden, dass die Eigenschaft des propositionalen Gehalts hinsichtlich seines Geschehenstyps, seines Zeit- und (im Fall, dass Ρ eine Handlung darstellt) Rollenbezugs ausgeprägt sein kann, vgl. Abb. 3: r
< V
Geschehenstyp: Zustand Ereignis Handlung Zeitbezug: vergangen gegenwärtig zukünftig Rollenbezug: S Η Dritte unbestimmt
Λ
> J
Abb. 3: Möglichkeiten der Ausprägung von Eigenschaften des propositionalen Gehalts
Für Fälle, in denen es keine spezifische Ausprägung einer Eigenschaft gibt, ist der Wert .unbestimmt' vorgesehen, wie ζ. B. fur mitteilen, das bezüglich Ρ unspezifiziert ist. Die Eigenschaft der propositionalen Einstellung von S hat die folgenden Möglichkeiten der Ausprägung, vgl. Abb. 4 (zur besseren Verständlichkeit sind jeweils Verben angeführt, die die entsprechende Ausprägung lexikalisieren):
15
Die Etablierung von Paradigmen
epistemisch/ kognitiv
S hält für wahr: Ρ behaupten S hält für wahr: nicht-P bestreiten S hält nicht fur wahr: Ρ lügen S hält nicht fur wahr: nicht-P (?) S kennt: Ρ mitteilen S kennt nicht: Ρ fragen
voluntativ
S will: Ρ S will: nicht-P S will nicht: Ρ S will nicht: nicht-P
bitten verbieten warnen erlauben
S findet: Ρ χ
einschätzen
ordinativ propositionale Einstellung evaluativ
-C
jubeln schimpfen klagen
—• unbestimmt Abb. 4: Möglichkeiten der Ausprägung von Eigenschaften der propositionalen Einstellung
Für die gewählte Beschreibungssprache gilt das Folgende: (1) Sie ist konsequent aus der Perspektive des Rekurssituationssprechers formuliert. Damit wird auch die sprechakt- und handlungstheoretische Einsicht berücksichtigt, der zufolge Sprechakte bis auf wenige Ausnahmen, die Austin perlokutionär genannt hat, Kommunikationsversuche darstellen (vgl. dazu Meggle 1983). (2) Die Verteilung des Skopus der Negation ist durch das Kriterium der Einführung von Ρ im Situationskontext von S und Η (aus der Sicht von S) bestimmt: Mit verbieten wird auf eine Situation Bezug genommen, in der S davon ausgeht, dass Η Ρ tun will, d. h., Ρ ist fur S und Η bereits (sprachlich oder situativ) eingeführt. Insofern ist das negierte Ρ der Gehalt der voluntativen Einstellung von S. Mit warnen hingegen wird auf eine Situation Bezug genommen, in der Ρ für S, aber nicht fiir H, als erwartbar oder offensichtlich gilt; insofern ist Ρ der Gehalt der negierten voluntativen Einstellung von S. Mit warnen wird für Η (die Erwartbarkeit von) Ρ überhaupt erst eingeführt. Das Kriterium der Einführung von Ρ gilt natürlich auch fiir den Negationsskopus der epistemischen Einstellung. (3) Der Unterschied der Ausprägungen ,ordinativ' und ,evaluativ' besteht darin, dass fur ordinative Einschätzungen objektive Normen oder Standards beansprucht werden können, was fiir subjektive Wertungen nicht gilt.
16
Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
Die Kriterien (1) und (2) gelten für das gesamte Inventar der Beschreibungssprache, während (3) lediglich auf die Ausprägungsmöglichkeiten der propositionalen Einstellung beschränkt ist und überdies für das Deutsche eine eher marginale Rolle spielt: Diejenigen Ausdrücke, die eine ordinative Einstellung lexikalisieren, wie beurteilen, einschätzen, klassifizieren, bewerten usw., sind hybrid, d. h., mit ihnen wird sowohl auf einen mentalen Akt als auch auf eine sprachliche Äußerung, mit der der jeweilige mentale Akt ausgedrückt wird, Bezug genommen. An diesem Beispiel wird aber bereits deutlich, dass mit einer systematischen Verteilung von Ausprägungsmöglichkeiten auch eine Basis zur Verfügung gestellt werden kann, auf der Aussagen über den Lexikalisierungsbestand einer Sprache möglich sind. Für die Eigenschaften der intentionalen Einstellung, der Sprecherabsicht, sind die folgenden Ausprägungen möglich, vgl. Abb. 5:
r intentionale Einstellung
J
Abb. 6: Möglichkeiten der Ausprägung der Eigenschaft der Vorannahmen von S
Neben diesen systematisch entwickelten Ausprägungsmöglichkeiten kategorialer Aspekte sind für die Semantik von Kommunikationsverben folgende zusätzliche konzeptuelle Charakterisierungsmöglichkeiten einschlägig: -
die Positionierung der Äußerung als reaktiv (ζ. B. für bestreiten) oder als re-reaktiv (ζ. B. für einräumen, beharren auf)·, die Sequenzierung mehrerer Äußerungen (ζ. B. fiir überzeugen, überreden)·, die Adressiertheit von Äußerungen an mehrere Hörer (ζ. B. für verbreiten)·, der Modus des Äußerns, ζ. B. .nachdrücklich' (für fordern) oder .eindringlich' (fürflehen)·, die soziale Stellung von Sprecher und Hörer (ζ. B. für befehlen, konsultieren).
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Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
1.3
Paradigmen unterschiedlicher Granularität
Auf der Basis des entwickelten konzeptuellen Ordnungssystems lassen sich Paradigmen unterschiedlicher Granularität etablieren. Als erste heuristische Orientierung dient die fundamentale Einteilung von Sprechakten, dem Bezugsbereich der Prädikate, in Repräsentative (Assertive), Direktive, Kommissive, Expressive und Deklarative. Die eher philosophische Frage, um welche Art von Klassifikation oder ob es sich überhaupt um eine solche handelt (vgl. dazu Ballmer 1976; Ulkan 1992; Meggle/Ulkan 2003), soll uns fiir unsere semantischen Zusammenhänge nicht näher beschäftigen, zumal, wie wir noch sehen werden, Paradigmen immer relativ zu den Gesichtspunkten, unter denen sie etabliert werden, zu betrachten sind. Die Orientierung an der Sprechakteinteilung ermöglicht die Etablierung von sechs Paradigmen auf der untersten Granularitätsstufe. Ausgezeichnet sind sie durch die folgenden konstitutiven Gesichtspunkte als Eigenschaften des entsprechenden Rekurssituationstyps: -
die Assertive durch den Gesichtspunkt: S will: Η erkennt, dass S Ρ (nicht) für wahr hält die Repräsentative durch den Gesichtspunkt: S will: Η kennt Ρ die Direktive durch den Gesichtspunkt: S will: Η tut (nicht) Ρ die Kommissive durch den Gesichtspunkt: S will: Ρ tun die Expressive durch den Gesichtspunkt: S will: Η erkennt, dass S eine bestimmte propositionale Einstellung (Bewertung, Emotion) zu Ρ hat
Aus unserer Darstellung sind die Deklarative ausgespart, aus dem einfachen Grund, weil ihre Verwendung wesentlich durch Institutionen und deren Zeremonien bestimmt ist, so dass sie semantisch (fast) leer sind. Die häufig als Repräsentative zusammengefasste Gruppe wird in Assertive mit dem Gesichtspunkt der epistemischen Einstellung (fiiir wahr halten) und Repräsentative mit dem Gesichtspunkt der kognitiven Einstellung (kennen) eingeteilt. Die uns interessierenden fünf Paradigmen (Assertive, Repräsentative, Direktive, Kommissive, Expressive) sind auf der untersten Granularitätsstufe lediglich durch einen die Rekurssituation charakterisierenden Gesichtspunkt bestimmt. Als solche lassen sie jeweils eine relativ große Menge von Paradigmenkandidaten zu, so dass es wünschenswert erscheint, durch weitere Gesichtspunkte Paradigmen auf einer höheren Granularitätsstufe zu etablieren. Das heißt auch, dass Paradigmen selbst Elemente größerer Paradigmen sein können, je nach Granularität der bestimmenden Gesichtspunkte, und dasselbe gilt auch fiir die Sprechaktverben als Elemente unterschiedlicher Paradigmen. Ζ. B. ist das Paradigma der Assertive durch den Gesichtspunkt der epistemischen Einstellung des Sprechers der Rekurssituation bestimmt. Als solches umfasst es Verben, die folgende Einstellungen lexikalisieren: -
S hält für wahr: Ρ behaupten, beteuern, richtigstellen, zustimmen, beipflichten, bejahen, beharren auf S hält nicht fiir wahr: Ρ lügen, schwindeln, flunkern S hält fiir wahr: nicht-P widerrufen, abstreiten, dementieren, widerlegen, widersprechen
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Die Etablierung von Paradigmen
Man könnte also die folgenden assertiven Unterparadigmen etablieren, vgl. Abb. 7:
Abb. 7: Paradigmen der Assertive
Die dargestellten Paradigmen sind zwar unter den genannten Gesichtspunkten einschlägig; es fragt sich jedoch, ob sie auch feinkörnig genug sind, um die Frage nach der Lexikalisierung kommunikativer Konzepte zu beantworten. Ganz offensichtlich können die Verbmengen der einzelnen Paradigmen semantisch weiter spezifiziert werden: richtigstellen beteuern bejahen, zustimmen bestehen/beharren/pochen auf
ist deutliches Behaupten, dass Ρ ist eindringliches und nachdrückliches Behaupten, dass Ρ ist reaktives Behaupten, dass Ρ ist re-reaktives Behaupten, dass Ρ
Aus diesen semantischen Charakterisierungen der einzelnen Paradigmenelemente gewinnen wir die zusätzlichen Aspekte Äußerungsmodus' und Äußerungsposition', was die folgende Neuetablierung der Paradigmen motiviert:
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Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
Assertive
Aspekt propositionale Einstellung
Aspekt Äußerungsposition
S hält für wahr: Ρ
- reaktiv
+ reaktiv
Abb. 8: Erweiterte Paradigmen
Das Ergebnis unserer Revidierung liegt in der Vermehrung der Paradigmen: Statt bisher drei haben wir jetzt fünf Paradigmen, die jeweils durch drei Aspekte bzw. deren spezifische Ausprägungen konstituiert sind. Von den fünf Paradigmen sind zwei Einerparadigmen, und hier kann man sich natürlich fragen, ob eine solche Etablierung überhaupt sinnvoll ist. Dafür sprechen zwei Gründe: -
-
Erstens: eine der Zielsetzungen dieser Darstellung liegt darin, eine Antwort auf die Frage nach der Lexikalisierung kommunikativer Konzepte zu geben. Die obige Darstellung gestattet zwei perspektivisch unterschiedliche Aussagen: (1) Das Konzept, (Initial) Äußern, dass man Ρ fiir wahr hält' ist im Deutschen allein durch das Verb behaupten lexikalisiert. (2) behaupten ist das einzige Verb, das das Konzept .(Initial) Äußern, dass man Ρ für wahr hält' lexikalisiert. Das heißt: die obige Darstellung kann sowohl onomasiologisch als auch semasiologisch gedeutet werden. Beide Richtungen sollten in der Darstellung berücksichtigt werden, so dass man sagen kann, dass es - relativ zur Zielsetzung dieser Untersuchung - durchaus sinnvoll ist, Einerparadigmen zu etablieren. Zweitens: es ist bereits gesagt worden, dass Paradigmen als Ganze Elemente größerer Paradigmen sein und als solche betrachtet werden können. Im diskutierten Fall ist es also durchaus möglich, die Einerparadigmen im konzeptuellen Zusammenhang als Mitglied eines umfassenderen Bedeutungsfeldes semantisch zu interpretieren.
Die Unterschiede der Elemente des Paradigmas, das durch die Aspektausprägung ,S hält nicht für wahr: P' geprägt ist, also lügen, schwindeln, flunkern, sind nicht durch weitere Ausprägungen von
Paradigmen und Wortfelder
21
Aspekten der Rekurssituation begründbar; also gibt es auch keine Notwendigkeit der Etablierung weiterer Paradigmen. Der semantische Unterschied von lügen, schwindeln und flunkern liegt in der unterschiedlichen Bewertung, die ein Sprecher der Diskurssituation vornimmt: im Fall von schwindeln/flunkern gibt der Sprecher durch den Gebrauch dieser Prädikate zu verstehen, dass er die geäußerte Lüge als nicht besonders schwerwiegend oder konsequenzenreich fiir den Hörer einschätzt. Charakterisierende Merkmale der Diskurssituation sind nicht konstitutiv fur die Etablierung von Paradigmen. Die Elemente des Paradigmas, das durch die Aspektausprägung ,S hält fiir wahr: nicht-P' geprägt ist, sind durch den Aspekt Äußerungsposition' unterscheidbar: widerrufen (.zurückziehen, zurücknehmen) ist bezüglich der Position nicht spezifiziert, die übrigen Elemente haben den Wert reaktiv'. Die einzelnen Elemente unterscheiden sich durch die Aspekte: ,Spezifierung von Ρ' (P = öffentlich vermuteter Sachverhalt, S betreffend) dementieren Äußerungsanzahl und -modus' (mehrere, argumentativ) widerlegen Äußerungsmodus' (deutlich) widersprechen Es ist also sinnvoll, mindestens zwei Paradigmen zu etablieren.
2.
Paradigmen und Wortfelder
Bisher ist lediglich aufgezeigt worden, wie Kandidaten fiir Paradigmen von Sprechaktverben (als einer Teilmenge der Kommunikationsverben) ermittelt werden können. In einer älteren Terminologie könnte man auch von onomasiologischen Strukturen oder Feldern sprechen. Als solche stellen sie (noch) keine Felder im Sinn der Wortfeldtheorie dar, wie sie im Anschluss an Trier vor allem von Lyons, Coseriu, Geckeier, Cruse, Lehrer und Lutzeier entwickelt wurde. Allerdings liefern die hier entwickelten paradigmatischen Strukturen die Basis für die Etablierung von Wortfeldern, und dies trifft auf alle Arten der Konstitution von lexikalischen Paradigmen zu, die im Wesentlichen durch ihre Bedeutung(szuweisung) strukturiert sind (vgl. bereits Baumgärtner 1966). Dies gilt gleichermaßen für die Etablierung von Wortfeldern im Sinn Lutzeiers: Auch wenn die Kandidaten fiir Wortfelder als Elemente von Wörterparadigmen innersprachlich, d. h. durch Ersetzungstests in geeigneten Kontexten, gewonnen werden, muss es Kriterien fiir ihre Beschränkung geben. Das dafür wesentliche Kriterium ist nach Lutzeier ein jeweiliger Aspekt. In der folgenden Äußerung: Das Buch ist X ist X ersetzbar durch eine Menge F von Ausdrücken wie (vgl. Lutzeier 1981, 87): F = {ein Plagiat, alt, dick, interessant, ein Knüller, erschienen, langweilig, erhältlich, vergriffen, veraltet, ...} Ein erster Ubergang von dieser Ausdrucksmenge zu Wortfeldern ist die Beschränkung auf die Grundform der jeweiligen Ausdrücke und dieser auf die Wortart der Adjektive, so dass sich eine Menge F' mit Ausdrücken wie den folgenden ergibt: F' = {alt, dick, interessant, erschienen, langweilig, erhältlich, vergriffen, veraltet,...}
22
Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
Der zweite und semantisch konstitutive Übergang zu Wortfeldern besteht darin, eine Beschränkung bezüglich Aspekten wie „Erwerbsmöglichkeit" oder „Bewertung des Inhalts" vorzusehen, wodurch die folgenden Paradigmen etabliert werden können: P1 = {alt, erschienen, erhältlich, vergriffen,...} P2 = {interessant, langweilig, veraltet,...} Ein Aspekt wird von Lutzeier bestimmt als „.. .eine Bedeutung im Sinne der natürlichen Semantik, die notgedrungen in der gewählten Beschreibungssprache irgendwie angegeben werden muß. [...] Die Bedeutungen der Grundwörter müssen zum Aspekt im Sinne einer Spezifizierung passen." (Lutzeier 1981, 111) Wie Konerding (2004) zu Recht betont, hat ein solcher Aspekt damit zunächst nur den Status „einer abstrakt stipulierten Analysekategorie, die das semantische tertium comparationis der Elemente eines Wortfelds verfügbar machen soll." (Konerding 2004, 104) Solch eine methodische Funktion haben bereits die Gesichtspunkte' bei Weisgerber (1962), das Archisem' bei Pottier (1963) und Coseriu (1970) sowie das ,Noem£ bei Heger (1969) und Henne/Wiegand (1973). Es liegt auf der Hand, dass solche feldkonstituierenden Elemente, ganz gleich wie sie jeweils benannt werden, kaum durch eine Sprachanalyse zu gewinnen sind - so versteht auch Lutzeier in einem ersten Ansatz die einzelnen Elemente eines Wörterparadigmas als alternative sprachliche Realisierung von (vorgegebenen) Aussageintentionen, die das Selektionskriterium fur die Zugehörigkeit von Elementen zu Wortfeldern liefern sollen. Es ist damit Weber zuzustimmen, wenn er den gemeinsamen Inhalt eines Wortfeldes als einen durch ein Wort oder eine Paraphrase fassbaren Begriff bestimmt und zu Recht festhält, dass Wortfelder auch immer „onomasiologische Begriffsfelder [sind], aber nicht umgekehrt." (Weber 2004, 38) Das, was den Mehrwert von Wortfeldern - im Unterschied zu Begriffsfeldern - ausmacht, ist zweierlei: -
einmal die Charakterisierung der einzelnen Elemente hinsichtlich ihrer lexikalischen Eigenschaften; zum andern, und damit zusammenhängend, die Charakterisierung der einzelnen Elemente hinsichtlich ihrer Beiträge zur Semantik der Sätze, in denen sie vorkommen (vgl. dazu bereits Baumgärtner 1966).
In diesem Handbuch werden unter lexikalischen Paradigmen Mengen von Wörtern verstanden, deren konzeptuelle Bedeutung feldkonstitutiv ist und die sich hinsichtlich lexikalischer Merkmale mehr oder weniger voneinander unterscheiden. Die lexikalischen Merkmale der einzelnen Paradigmenmitglieder, die sowohl diskursiv beschrieben als auch durch Tabellen schematisch dargestellt sind, werden im Folgenden näher charakterisiert. (1) Thematisierung semantischer Rollen Es wird für jedes Verb angegeben, in welcher Weise (d. h. ob obligatorisch oder fakultativ) die beiden möglichen semantischen Rollen Hörer (H) und propositionaler Gehalt (P) thematisierbar sind. (2) Argumentstruktur Es wird angegeben, welche grammatischen Strukturen die thematischen Rollen realisieren. Dabei gelten die folgenden Notationen: ( ) / < > NP< >
fakultative Argumente Alternativen Kasusangaben fxir Nominalphrasen Nominalphrase mit Kasusangabe
Paradigmen und Wortfelder
PP SE Inf NPKorrSE NPKorrlnf PPKorrSE PPKorrlnf
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Präpositionalphrase finite Satzergänzung Infinitivergänzung Finite Sauergänzung mit nominalem Korrelat Infinitivergänzung mit nominalem Korrelat Finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat Infinitivergänzung mit präpositionalem Korrelat
(3) Passivfähigkeit Im diskursiven Teil der Beschreibung werden Restriktionen der Passivfähigkeit angegeben; in der Tabelle wird nur die Möglichkeit der Passivbildung (einschließlich des sog. unpersönlichen' Passivs) verzeichnet. (4) Resultativität Die Zuschreibung ereignisstruktureller Eigenschaften von Sprechaktverben ist - im Vergleich zu anderen (kausativen) Handlungsverben - ziemlich problematisch (vgl. bereits Baumgärtner 1977; vgl. auch Glatz 2001). Die Beschränkung auf die Angabe der Resultativität ist deswegen und auch wegen der Berücksichtigung des Austinschen Gesichtspunkts des Perlokutionären und der damit zusammenhängenden Blockierung der performativen Verwendung der Ausdrücke ratsam. (5) Bewertung des Diskurssituationssprechers Mit einigen Verben wie angeben, zitieren oder unken wird eine evaluative Einstellung des Diskurssituationssprechers zur Handlung des Rekurssituationssprechers ausgedrückt. Da diese Eigenschaft gleichzeitig die Möglichkeit der performativen Verwendung des Verbs blockiert, wird sie als eine lexikalische Eigenschaft aufgefasst. Man könnte natürlich einwenden, dass eine solche Bewertung auch als Teil der konzeptuellen Bedeutung der Ausdrücke aufgefasst werden könnte: es gibt im Deutschen das Konzept ANGEBEN. In dieser Feststellung ist das Wort Konzept allerdings anders verwendet als in der Beschreibungssprache, die für die Darstellung der Semantik der Sprechaktverben in diesem Band entwickelt wurde: konzeptuelle Elemente der Bedeutung der Verben sind immer Elemente der Rekurssituation, alle anderen Eigenschaften sind lexikalisch; dies gilt auch für die Elemente der Diskurssituation, die nicht zu pragmatischen Verwendungsspezifika gehören. (6) Polysemie Es wird zwischen zwei Arten von Bedeutungszuordnungen unterschieden: -
der Polysemie, d. h. verschiedenen Lesarten eines Ausdrucks, der Homonymie, d. h. verschiedenen Bedeutungen eines Ausdrucks.
Die Kriterien für eine solche Unterscheidung sind die folgenden: (a) Verschiedene Lesarten eines Ausdrucks (Polysemie) liegen dann vor, wenn es mindestens eine allen Verwendungen eines Ausdrucks gemeinsame Realisierung der Argumentstruktur gibt und wenn die Verwendungen der Ausdrücke innerhalb der Gruppe der Sprechaktverben vorkommen. Beispiel: etwas feststellen/feststellen, dass... als Assertiv und als Deklarativ. (b) Verschiedene Lesarten eines Ausdrucks liegen dann vor, wenn mit der Verwendung des Ausdrucks sowohl das Haben einer Einstellung oder ein mentaler Akt als auch der Akt des Äußerns der Einstellung oder eines mentalen Zustande bezeichnet wird, d. h., wenn der Aus-
24
Einleitung: Paradigmen und lexikalische Strukturen von Sprechaktverben
druck hybrid ist und wenn es eine allen Verwendungen gemeinsame Argumentstruktur gibt.
Beispiel: etwas bereuen/bereuen, dass·, etwasfeststellen/feststellen, dass. (c) Verschiedene Bedeutungen (Homonymie) eines Ausdrucks liegen dann vor, wenn die Verwendungen des Ausdrucks Unterschiede in der Realisierung der Argumentstruktur aufwei-
sen. Beispiel: jemanden zu etwas anhalten, jemanden!etwas
anhalten.
(d) Verschiedene Bedeutungen eines Ausdrucks liegen dann vor, wenn die Verwendungen der Ausdrücke durch Sortenrestriktionen geregelt sind. Sortenrestriktionen sind entweder in der lexikalischen Nennform angebbar wie ζ. Β .jemanden bereden/etwas bereden oder nicht angebbar wie ζ. B. etwas feststellen mit der Option .eine Schraube feststellen1 oder .einen Sachverhalt feststellen'. Schematisch zusammengefasst gibt es die folgenden Arten von Bedeutungszuordnungen: Arten von Bedeutungszuordnungen
Lesarten innerhalb der Gruppe der SA-Verben gleiche Argumentstruktur etwas feststellen/ feststellen, dass
Hybridität bereuen, feststellen
Unterschiede in der Argumentstruktur etwas/jemanden anhalten, jemanden zu etwas anhalten
Sortenrestriktion
in der lexikalischen Nennform angebbar etwas bereden, jemanden bereden
in der lexikalischen Nennform nicht angebbar etwas feststellen
Abb. 9: Arten der Bedeutungszuordnung
(7) Performativität Die Möglichkeit des performativen Gebrauchs wird angegeben. (8) Stilistische Markiertheit Das Stilregister eines Ausdrucks wird angegeben, wobei hier äußerst zurückhaltend verfahren wurde.
Edeltraud Winkler
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben eine empirische Bestandsaufnahme des Wortbestandes 1.
Strukturierungsprinzipien
Im Folgenden wird der Wortbestand der Kommunikationsverben, d. h. der Sprechakt- und der modalen und medialen Kommunikationsverben, hinsichtlich ihrer Möglichkeiten der Zuordnung zu verschiedenen Bedeutungen oder Lesarten näher untersucht. Es wird zwischen verschiedenen Arten von Bedeutungszuordnungen unterschieden: zunächst wird zwischen Homonymie und Polysemie differenziert, d. h. zwischen Bedeutungen und Lesarten eines Ausdrucks. Von verschiedenen Lesarten wird gesprochen, wenn die Verwendungen der Ausdrücke innerhalb der Gruppe der Sprechaktverben vorkommen und es mindestens eine allen Verwendungen gemeinsame Realisierung der Argumentstruktur gibt bzw, wenn das Verb hybrid ist. Von verschiedenen Bedeutungen wird gesprochen, wenn die einzelnen Verwendungen des Verbs unterschiedliche Realisierungen der Argumentstruktur aufweisen bzw. wenn die Verwendungen der Ausdrücke durch Sortenrestriktionen bestimmt sind, die entweder in der lexikalischen Nennform angegeben werden können oder nicht. Insgesamt werden die folgenden in Abb. 1 dargestellten Arten der Bedeutungszuordnung unterschieden (vgl. auch Einleitung): Arten von Bedeutungszuordnungen
Polysemie
Lesarten innerhalb der Gruppe der SA-Verben gleiche Argumentstruktur etwas garantieren/ garantieren, dass ...
Homonymie
Hybridität bezweifeln
Unterschiede in der Sortenrestriktion Argume ntstruktur jemanden zu etwas anhalten, jemanden/etwas anhatten in der lexikalischen in der lexikalischen Nennform angebbar Nennform nicht etwas begrüßen, angebbar jemanden begrüßen etwas einräumen, etwas feststellen
Abb. 1: Arten der Bedeutungszuordnung
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
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Zu den polysemen Verben, die mehrere Lesarten als Kommunikationsverben haben, wobei es mindestens eine allen Lesarten gemeinsame Realisierung der Argumentstruktur gibt, gehört ein Verb wie garantieren, garantieren hat eine Lesart als repräsentatives Verb des £ite«mz-Paradigmas und eine weitere Lesart als kommissives Verb des garantieren-Paradigmas. Mit einem hybriden Verb wie bezweifeln kann sowohl auf das Haben einer bestimmten Einstellung Bezug genommen werden als auch auf den Akt des Ausdrückens dieser Einstellung. Ein Verb wie anhalten gehört zur Gruppe der homonymen Verben mit mehreren Bedeutungen, in denen sie mit jeweils unterschiedlicher Argumentstruktur verwendet werden; mit der Argumentstruktur jemanden zu etwas anhalten ist es ein direktives Verb, und mit der Argumentstruktur jemanden/etwas anhalten dient es der Bezugnahme auf nicht-sprachliches Handeln. Homonymie liegt auch dann vor, wenn die einzelnen Verwendungen der Ausdrücke durch Sortenrestriktionen bestimmt sind. Solche Sortenrestriktionen sind entweder in der lexikalischen Nennform angebbar oder nicht. Zur Gruppe der Verben, bei denen die Sortenrestriktion in der lexikalischen Nennform angebbar ist, gehört beispielsweise begrüßen·, als jemanden begrüßen gehört es zum jr«ysV«-Paradigma der Expressive, und als etwas begrüßen gehört es zum gutheißen-Vztz&igmz der Expressive. Bei Verben wie einräumen oder feststellen sind die Sortenrestriktionen in der lexikalischen Nennform nicht angebbar: etwas einräumen kann sowohl als re-reaktives Assertiv verwendet werden als auch mit Bezug auf Situationen, in denen beispielsweise etwas in ein Zimmer oder einen Schrank geräumt wird; etwas feststellen kann sowohl als assertives oder deklaratives Verb verwendet werden als auch mit Bezug auf manipulative Handlungen.
2.
Statistik
Insgesamt sind 562 deutsche Sprechakt- und Kommunikationsverben in den sechs in diesem Band beschriebenen Großparadigmen erfasst, davon 121 repräsentative, 189 direktive, 41 kommissive und 139 expressive Sprechaktverben sowie 30 mediale und 42 modale Kommunikationsverben. Das ergibt das folgende Bild: modale K
o
m
m
'
Λ
mediale Kommunikationsverben: 30
Ο
. ^ f l m m ^ ^ ^ ^ ^
Repräsentative; 121
Expressive; 139
Abb. 2: Verteilung der Sprechakt- und Kommunikationsverben auf die beschriebenen Großparadigmen
Statistik
27
Bei allen hier vorgenommenen Zählungen ist zu beachten, dass es sowohl bei der Zuordnung der einzelnen Verben zu den verschiedenen Großparadigmen als auch bei ihrer Einordnung in die Gruppen, die sich durch die verschiedenen Arten der Bedeutungszuordnung bestimmen, zu Überschneidungen kommt. D. h., es gibt außer für die monosemen Verben, die ausschließlich eine Lesart als Kommunikationsverb haben, nicht immer eindeutige Zuordnungen. Eine ganze Reihe von Verben hat mehrere Lesarten oder Bedeutungen, die jeweils unterschiedlichen Paradigmen zuzuordnen sind. Das Verb wird in solchen Fällen bei jedem Paradigma gezählt, zu dem es in einer seiner Bedeutungen oder Lesarten gehört. Beispielsweise hat angeben mit jeweils anderer Argumentstruktur eine Bedeutung als expressives Verb des angeben-Paradigmas und eine Bedeutung als repräsentatives Verb des nennen-Paradigmas. Das Verb wird also jeweils einmal zu den Expressiven und einmal zu den Repräsentativen gezählt. Auf der anderen Seite gibt es Verben, die mit ihren einzelnen Lesarten oder Bedeutungen in mehrere Gruppen von Verben gehören, die sich durch unterschiedliche Arten der Bedeutungszuordnung auszeichnen. Ein Beispiel hierfür ist das direktive Verb auftragen, dessen Lesarten zu verschiedenen Paradigmen der Direktive gehören; das Verb ist also ein polysemes Verb. Außerdem dient auftragen mit anderer Argumentstruktur noch der Bezugnahme auf eine Reihe von nicht-sprachlichen Handlungen; es ist also auch ein homonymes Verb. Beide Arten von Überschneidungen kommen oft in Kombination vor. So hat ein Verb wie versichern mit gleicher Argumentstruktur zwei Lesarten als kommissives Verb (im versprechen- und im garantieren-Paradigma) und eine Lesart als repräsentatives Verb des beteuernParadigmas. Das heißt, es ist ein polysemes kommissives Verb und ein polysemes repräsentatives Verb. Darüber hinaus kann mit versichern mit einer anderen Argumentstruktur auf nicht-sprachliche Handlungen im Versicherungswesen Bezug genommen werden, d. h., es ist außerdem homonym. Da versichern aber zu verschiedenen Paradigmen gehört, ist es einmal als kommissives homonymes Verb eingeordnet worden und einmal als repräsentatives homonymes Verb. Von dieser Art ist eine ganze Reihe von Verben. Der größte Teil des Gesamtbestandes der Kommunikationsverben ist monosem. Es gibt 265 Verben, die nur die eine Bedeutung als Kommunikationsverb haben. Sie sind in der folgenden Liste gemeinsam mit dem Paradigma angegeben, zu dem sie gehören:
Verb
Paradigma
abbestellen abfragen abkommandieren ablehnen abonnieren abraten absagen abschwören abstreiten abverlangen anbieten androhen anflehen anflunkern anfragen angeifern angiften
(Direktive, ABBESTELLEN) (Direktive, ABFRAGEN) (Direktive, ABKOMMANDIEREN) (Kommissive, ABLEHNEN) (Direktive, BESTELLEN) (Direktive, ABRATEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Kommissive, VERZICHTEN) (Repräsentative, ABSTREITEN) (Direktive, FORDERN) (Kommissive, ANBIETEN) (Kommissive, DROHEN) (Direktive, FLEHEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Direktive, ANFRAGEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN)
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Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigma
anherrschen ankündigen anleiten anlernen anlügen anmahnen annoncieren annullieren anprangern anraten anschimpfen anschnauzen anschwindeln antragen appellieren argumentieren auffordern aufschreiben aufspielen, sich ausfragen aushandeln aushorchen ausplaudern ausschelten ausschimpfen autorisieren beanstanden beantragen bedanken, sich befehligen beglückwünschen behaupten beipflichten bekennen, sich bekräftigen beleidigen belügen bemängeln benachrichtigen berechtigen berichten beschimpfen beschönigen beschwatzen bestärken beteuern
(Expressive, BESCHIMPFEN) (Repräsentative, ANKÜNDIGEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Direktive, MAHNEN) (mediale Kommunikationsverben, ANNONCIEREN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Expressive, TADELN) (Direktive, RATEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Kommissive, SICH ERBIETEN) (Direktive, AUFRUFEN) (Repräsentative, ARGUMENTIEREN) (Direktive, AUFFORDERN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (Expressive, ANGEBEN) (Direktive, AUSFRAGEN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Direktive, AUSHORCHEN) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Direktive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (Expressive, TADELN) (Direktive, BEANTRAGEN) (Expressive, DANKEN) (Direktive, BEFEHLEN) (Expressive, GRATULIEREN) (Repräsentative, BEHAUPTEN) (Repräsentative, ZUSTIMMEN) (Expressive, BEKENNEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Expressive, DISKRIMINIEREN) (Repräsentative, LÜGEN) (Expressive, TADELN) (Repräsentative, BENACHRICHTIGEN) (Direktive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (Repräsentative, BERICHTEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHÖNIGEN) (Direktive, ÜBERREDEN) (Direktive, BESTÄRKEN) (Repräsentative, BETEUERN)
29
Statistik
Verb
Paradigma
betrauen bevollmächtigen bewilligen bitten bitten zu blamieren bloßstellen brabbeln breitschlagen brüsten, sich bürgen chatten danken darlegen deklamieren diffamieren diskreditieren diskriminieren durchfragen, sich einfordern einigen, sich (e)mailen empfehlen entschuldigen, sich erbieten, sich erbitten (sich) erflehen erfragen erlauben erläutern erlügen ermächtigen ermuntern zu etwas/etwas zu tun ermutigen zu etwas/etwas zu tun flehen fluchen flunkern flüstern fordern fragen frohlocken genehmigen gestatten gewähren gewährleisten granteln
(Direktive, BETRAUEN) (Direktive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (Direktive, GENEHMIGEN) (Direktive, BITTEN) (Direktive, EINLADEN) (Expressive, KOMPROMITTIEREN) (Expressive, KOMPROMITTIEREN) (modale Kommunikationsverben, BRABBELN) (Direktive, ÜBERREDEN) (Expressive, ANGEBEN) (Kommissive, SICH VERBÜRGEN) (mediale Kommunikationsverben, (E)MAILEN) (Expressive, DANKEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (mediale Kommunikationsverben, REZITIEREN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Expressive, DISKRIMINIEREN) (Direktive, SICH DURCHFRAGEN) (Direktive, FORDERN) (Kommissive, VEREINBAREN) (mediale Kommunikationsverben, (E)MAILEN) (Direktive, VORSCHLAGEN) (Expressive, SICH ENTSCHULDIGEN) (Kommissive, SICH ERBIETEN) (Direktive, BITTEN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, ERFRAGEN) (Direktive, ERLAUBEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Direktive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (Direktive, RATEN) (Direktive, RATEN) (Direktive, FLEHEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Repräsentative, LÜGEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Direktive, FORDERN) (Direktive, FRAGEN) (Expressive, JUBELN) (Direktive, GENEHMIGEN) (Direktive, ERLAUBEN) (Direktive, ERLAUBEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Expressive, MECKERN)
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Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigma
gratulieren grölen gutheißen hänseln herabwürdigen herumfragen (he) rumbrüllen (he)rumgrölen (he) rumkreischen (he)rumkriegen (he) rumschreien (he) runterbeten (he) runterleiern (he)runterrasseln hinterbringen höhnen huldigen informieren informieren, sich inserieren interviewen jammern jauchzen jubeln kommandieren kompromittieren kondolieren konstatieren konsultieren krakeln kreischen kritisieren kritzeln laden zu lästern lamentieren loben lobpreisen löchern lossagen, sich lügen mäkeln mitteilen monieren morsen mosern
(Expressive, GRATULIEREN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Expressive, SPOTTEN) (Expressive, DISKRIMINIEREN) (Direktive, HERUMFRAGEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Direktive, ÜBERREDEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (Repräsentative, ZUTRAGEN) (Expressive, HÖHNEN) (Expressive, LOBEN) (Repräsentative, MITTEILEN) (Direktive, FRAGEN) (mediale Kommunikationsverben, ANNONCIEREN) (Direktive, KONSULTIEREN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, JUBELN) (Expressive, JUBELN) (Direktive, BEFEHLEN) (Expressive, KOMPROMITTIEREN) (Expressive, KONDOLIEREN) (Repräsentative, FESTSTELLEN) (Direktive, KONSULTIEREN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Expressive, TADELN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (Direktive, EINLADEN) (Expressive, LÄSTERN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, LOBEN) (Expressive, PREISEN) (Direktive, AUSFRAGEN) (Kommissive, VERZICHTEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Expressive, MECKERN) (Repräsentative, MITTEILEN) (Expressive, TADELN) (mediale Kommunikationsverben, FUNKEN) (Expressive, MECKERN)
Statistik
31
Verb
Paradigma
motzen murren nachhaken necken niederschreiben nörgeln nuscheln offerieren ordern plappern posten prahlen preisen prophezeien protzen quäken raunen rechtfertigen (etwas) rechtfertigen, sich reservieren rezitieren richtigstellen rückfragen rüffeln rügen rühmen rumflunkern rumfragen rumlügen rumschwindeln scherzen schildern schlechtmachen schmähen schönreden schönfärben schreiben schreiben, sich schreien schwarzmalen simsen skandieren spotten stenografieren tadeln (tele) faxen
(Expressive, MECKERN) (Expressive, MECKERN) (Direktive, NACHFRAGEN) (Expressive, NECKEN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (Expressive, MECKERN) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (Kommissive, ANBIETEN) (Direktive, BESTELLEN) (modale Kommunikationsverben, PLAPPERN) (mediale Kommunikationsverben, (E)MAILEN) (Expressive, ANGEBEN) (Expressive, PREISEN) (Repräsentative, VORHERSAGEN) (Expressive, ANGEBEN) (modale Kommunikationsverben, KRÄCHZEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Expressive, RECHTFERTIGEN) (Expressive, SICH RECHTFERTIGEN) (Direktive, BESTELLEN) (mediale Kommunikationsverben, REZITIEREN) (Repräsentative, RICHTIGSTELLEN) (Direktive, NACHFRAGEN) (Expressive, TADELN) (Expressive, TADELN) (Expressive, PREISEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Direktive, HERUMFRAGEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Expressive, SCHERZEN) (Repräsentative, BERICHTEN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Expressive, BESCHÖNIGEN) (Expressive, BESCHÖNIGEN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Repräsentative, UNKEN) (mediale Kommunikationsverben, (E)MAILEN) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (Expressive, SPOTTEN) (mediale Kommunikationsverben, FUNKEN) (Expressive, TADELN) (mediale Kommunikationsverben, FAXEN)
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Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigma
telefonieren telegrafieren texten tuscheln übereinkommen übermitteln überreden überschreien überzeugen unken unterrichten, sich untersagen unterweisen verabreden veralbern veranlassen veranschaulichen veräppeln verbieten verbitten, sich verdeutlichen verfassen verherrlichen verhöhnen verlangen verlautbaren verleumden verpflichten, sich verraten verspotten versprechen verständigen verunglimpfen verwahren, sich verwehren vorbestellen vorflunkern vorheulen vorjammern vorklagen vorladen vorlesen vorlügen vorschlagen vorschwindeln warnen
(mediale Kommunikationsverben, TELEFONIEREN) (mediale Kommunikationsverben, FUNKEN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, ÜBERREDEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Repräsentative, ÜBERZEUGEN) (Repräsentative, UNKEN) (Direktive, FRAGEN) (Direktive, VERBIETEN) (Direktive, ANLEITEN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Expressive, SPOTTEN) (Direktive, ANWEISEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Expressive, SPOTTEN) (Direktive, VERBIETEN) (Direktive, SICH VERBITTEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (Expressive, VERKLÄREN) (Expressive, HÖHNEN) (Direktive, FORDERN) (Repräsentative, VERLAUTBAREN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Expressive, SPOTTEN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Repräsentative, BENACHRICHTIGEN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Direktive, SICH VERWAHREN) (Direktive, VERBIETEN) (Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, KLAGEN) (Direktive, ZITIEREN) (mediale Kommunikationsverben, VORLESEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Direktive, VORSCHLAGEN) (Repräsentative, LÜGEN) (Repräsentative, ANKÜNDIGEN)
33
Statistik
Verb
Paradigma
wehklagen weissagen wettern widerlegen widersprechen wispern witzeln zeihen zubrüllen zuflüstern zujubeln zuraten zuraunen zurechtweisen zureden zurückfragen zurufen zuschreien
(Expressive, KLAGEN) (Repräsentative, VORHERSAGEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Repräsentative, WIDERLEGEN) (Repräsentative, WIDERSPRECHEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Expressive, SCHERZEN) (Expressive, BESCHULDIGEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Expressive, JUBELN) (Direktive, RATEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Expressive, VORWERFEN) (Direktive, RATEN) (Direktive, NACHFRAGEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN)
Eine weitere große Gruppe bilden die polysemen Verben mit mehreren Lesarten als Kommunikationsverben, die mindestens eine gemeinsame Realisierung der Argumentstruktur in allen ihren Verwendungen haben. Die einzelnen Lesarten dieser Verben gehören zu jeweils unterschiedlichen Paradigmen bzw. Unterparadigmen von Kommunikationsverben. Zur Gruppe der polysemen Verben gehören 93 Verben, die zwischen zwei und vier Lesarten besitzen. Die meisten von ihnen, nämlich 79 Verben, besitzen zwei Lesarten als Kommunikationsverben. Sie sind in der folgenden Liste aufgeführt; angegeben sind jeweils die Paradigmen, zu denen sie gehören. Die Zugehörigkeit der Verben zu den Deklarativen ist lediglich vermerkt, ohne nähere Spezifizierung. Verb
Paradigmen (Lesarten)
abberufen
(Deklarative) (Direktive, ABKOMMANDIEREN) (Direktive, MAHNEN) (Deklarative) (Deklarative) (Direktive, ANBERAUMEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Deklarative) (Expressive, GUTHEISSEN) (mediale Kommunikationsverben, TELEFONIEREN) (Komm unikationseröffnung) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN)
abmahnen anberaumen anbrüllen anerkennen anrufen anschreiben anschreien
34
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen (Lesarten)
beauftragen
(Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, BETRAUEN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Direktive, RATEN) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Deklarative) (Repräsentative, VERLAUTBAREN) (Deklarative) (Repräsentative, BEKENNEN) (Expressive, MECKERN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, MECKERN) (Expressive, KLAGEN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ZITIEREN) (Deklarative) (Expressive, BESCHULDIGEN) (Expressive, MECKERN) (Expressive, KLAGEN) (Deklarative) (Repräsentative, ZUSTIMMEN) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Deklarative) (Expressive, URTEILEN) (Deklarative) (Expressive, BESCHULDIGEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Repräsentative, DEMENTIEREN) (Direktive, ANWEISEN) (mediale Kommunikationsverben, VORLESEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Repräsentative, BEKENNEN) (Direktive, EINWILLIGEN) (Kommissive, EINWILLIGEN) (Direktive, MAHNEN) (Repräsentative, ERINNERN) (Deklarative) (Repräsentative, KLARMACHEN)
befehlen befürworten beharren auf bekanntgeben bekennen beklagen beklagen, sich beordern beschuldigen beschweren, sich bestätigen bestehen auf bestellen bestimmen bezichtigen dementieren diktieren einfuhren eingestehen einwilligen erinnern erklären
Statistik
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Verb
Paradigmen (Lesarten)
erkundigen, sich
(Direktive, FRAGEN) (Direktive, ANFRAGEN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, M A H N E N ) (Repräsentative, BERICHTEN) (narrative Lesart) (Deklarative)
ermahnen erzählen festsetzen feststellen garantieren gebieten geloben gemahnen gestehen heißen (he) rumstammeln (he) rumstottern insistieren instruieren klagen lispeln mahnen melden näseln offenbaren pochen auf poltern
(Direktive, ANBERAUMEN) (Deklarative) (Repräsentative, FESTSTELLEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, GEBIETEN) (Kommissive, S C H W Ö R E N ) (Kommissive, GELOBEN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, M A H N E N ) (Deklarative) (Repräsentative, BEKENNEN) (Direktive, GEBIETEN) (Direktive, AUFGEBEN) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (habituelle Lesart) (modale Kommunikationsverben, S T O T T E R N ) (habituelle Lesart) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, MITTEILEN) (Deklarative) (Expressive, KLAGEN) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, M A H N E N ) (Deklarative) (Repräsentative, VERLAUTBAREN) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Deklarative) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Expressive, POLTERN) (habituelle Lesart)
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Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen (Lesarten)
protestieren
(Expressive, SCHIMPFEN) (Kommissive, PROTESTIEREN) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (habituelle Lesart) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (habituelle Lesart) (Kommissive, SICH VERBÜRGEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Direktive, ERFRAGEN) (Direktive, VERHÖREN) (Direktive, ERFRAGEN) (Direktive, VERHÖREN) (Repräsentative, ABSTREITEN) (mit „nein" antworten) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, VERORDNEN) (Expressive, RECHTFERTIGEN) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Expressive, SICH RECHTFERTIGEN) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Deklarative) (Expressive, TADELN) (Kommissive, PROTESTIEREN) (Direktive, VERWEIGERN) (Repräsentative, VORHERSAGEN) (Repräsentative, ANKÜNDIGEN) (Repräsentative, VORHERSAGEN) (Repräsentative, ANKÜNDIGEN) (Deklarative) (Direktive, ANWEISEN) (mediale Kommunikationsverben, VORLESEN) (mediale Kommunikationsverben, REZITIEREN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Deklarative) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Direktive, BILLIGEN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Deklarative) (Direktive, VERWEISEN) (Kommissive, ABLEHNEN) (Repräsentative, WIDERSPRECHEN) (Kommissive, EINWILLIGEN) (Kommissive, GARANTIEREN)
stammeln stottern verbürgen, sich verhören vernehmen verneinen verordnen verteidigen verteidigen, sich verurteilen verweigern voraussagen vorhersagen vorschreiben vortragen widerrufen zischen zugestehen zurücknehmen zurückrufen zurückweisen zusagen
37
Statistik
Verb
Paradigmen (Lesarten)
zusichern
(Kommissive, VERSPRECHEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Direktive, EINWILLIGEN) (Repräsentative, ZUSTIMMEN)
zustimmen
12 polyseme Verben haben je drei Lesarten, sie sind in der folgenden Liste aufgeführt: Verb
Paradigmen (Lesarten)
anordnen
(Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, BETRAUEN) (Direktive, FRAGEN) (Direktive, ERFRAGEN) (Direktive, KONSULTIEREN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Repräsentative, ZUSTIMMEN) (mit „ja" antworten) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, BEANTRAGEN) (Direktive, ERSUCHEN) (Deklarative) (Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative) (Repräsentative, ABSTREITEN) (Deklarative) (Deklarative) (Deklarative) (Repräsentative, NENNEN) (Gesprächs-/themenstrukturierende Verben) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, BENACHRICHTIGEN) (Repräsentative, MITTEILEN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Repräsentative, BETEUERN)
anweisen auftragen befragen
bejahen ersuchen kündigen leugnen nennen unterrichten verfugen versichern
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Der Wortschateausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Zwei polyseme Verben haben vier verschiedene Lesarten in den Paradigmen der Kommunikationsverben. Das sind:
Verb
Paradigmen (Lesarten)
nachfragen
(Direktive, FRAGEN) (Direktive, ANFRAGEN) (Direktive, NACHFRAGEN) (Direktive, ERFRAGEN) (Kommissive, SCHWÖREN) (Kommissive, GELOBEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Deklarative)
schwören
Ein Teil der polysemen Kommunikationsverben hat darüber hinaus noch eine oder mehrere andere Bedeutungen als Verben, mit denen auf nicht-sprachliche Handlungen Bezug genommen wird, d. h., diese Verben sind sowohl polysem als auch homonym. Ein Teil der polysemen Verben hat Lesarten als Verben der gleichen Großparadigmen, d. h., alle Lesarten dieser Verben sind beispielsweise Direktive oder Repräsentative. Die Gruppe der hybriden Verben bildet mit insgesamt 23 Verben eine relativ kleine Verbgruppe innerhalb des Wortschatzausschnitts der Kommunikationsverben. Hybride Verben dienen sowohl der Bezeichnung eines mentalen Akts oder einer Einstellung als auch der Bezeichnung des sprachlichen Zum-Ausdruck-Bringens dieser Einstellung bzw. eines mentalen Zustands. Die Gruppe der hybriden Verben besteht aus den in der folgenden Liste aufgeführten Verben:
Verb
Paradigma
anerkennen anzweifeln bedauern befürworten begrüßen bestimmen beurteilen bewerten bezweifeln billigen ehren einschätzen einstufen entsagen feststellen honorieren klassifizieren missbilligen urteilen verweigern verzichten
(Expressive, GUTHEISSEN) (Repräsentative, ANZWEIFELN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Expressive, URTEILEN) (Expressive, URTEILEN) (Expressive, URTEILEN) (Repräsentative, ANZWEIFELN) (Direktive, BILLIGEN) (Expressive, LOBEN) (Expressive, URTEILEN) (Expressive, URTEILEN) (Kommissive, VERZICHTEN) (Repräsentative, FESTSTELLEN) (Expressive, LOBEN) (Expressive, URTEILEN) (Expressive, TADELN) (Expressive, URTEILEN) (Kommissive, PROTESTIEREN) (Kommissive, VERZICHTEN)
39
Statistik
Verb
Paradigma
werten würdigen
(Expressive, URTEILEN) (Expressive, LOBEN)
Einige der hybriden Verben haben noch eine weitere Lesart als Kommunikationsverb, einige haben noch eine oder mehrere Bedeutungen, sind also sowohl hybrid als auch polysem oder homonym. Von den drei Gruppen homonymer Verben ist diejenige die größte, bei der die Verwendungen der einzelnen Verbausdrücke unterschiedliche Realisierungen der Argumentstruktur aufweisen. Diese Gruppe umfasst sowohl Verben mit zwei Bedeutungen als Kommunikationsverb wie auch Verben, die eine oder mehrere Bedeutungen bzw. Lesarten als Kommunikationsverb haben und darüber hinaus noch mit Bezug auf nicht-sprachliches Handeln verwendet werden können. Insgesamt gibt es 93 solcher Verben; sie sind in der folgenden Liste aufgeführt: Verb
Paradigmen
abhören abmachen abschlagen absprechen
(Direktive, ABFRAGEN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Direktive, VERWEIGERN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Deklarative) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, ANGEBEN) (Repräsentative, NENNEN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Direktive, ANBERAUMEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, AUFGEBEN) (Direktive, AUFRUFEN) (mediale Kommunikationsverben, REZITIEREN) (Expressive, ANGEBEN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, BETRAUEN) (Expressive, NECKEN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Direktive, AUSFRAGEN) (Direktive, AUSREDEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, VERWEISEN)
anfauchen angeben anhalten anordnen
anscheißen anschwärzen ansetzen anweisen
aufgeben aufrufen aufsagen aufschneiden auftragen
aufziehen ausmachen ausquetschen ausreden ausrichten ausweisen
40
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
beibringen bekunden
(Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Deklarative) (Direktive, BERATEN) (Redesequenzverben) (Direktive, ÜBERREDEN) (Redesequenzverben) (Repräsentative, BERICHTEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, ZITIEREN) (Deklarative) (Deklarative) (Expressive, URTEILEN) (Repräsentative, EINLENKEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (modale Kommunikationsverben, BRABBELN) (Kommissive, DROHEN) (Direktive, EINBERUFEN) (Direktive, ANBERAUMEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, EINLADEN) (Repräsentative, EINLENKEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Deklarative) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, EINBERUFEN) (Repräsentative, EINLENKEN) (Direktive, PRÜFEN) (Direktive, FREISTELLEN) (Deklarative) (mediale Kommunikationsverben, FUNKEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, GRÜSSEN) (Grüße übermitteln) (Direktive, GEBIETEN) (Direktive, AUFGEBEN) (Expressive, LOBEN) (Expressive, JUBELN) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (modale Kommunikationsverben, KRÄCHZEN)
beraten bereden beschreiben beschwören bestellen
bestimmen beugen, sich brüllen brummen drohen einberufen einfuhren einladen einlenken einweihen einweisen einziehen entgegenkommen examinieren freistellen funken geifern giften grüßen heißen honorieren jubilieren korrespondieren krächzen
41
Statistik
Verb
Paradigmen
kündigen
(Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative) (Deklarative) (Deklarative) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (Expressive, MECKERN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (Repräsentative, EINLENKEN) (Direktive, ERSUCHEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Expressive, POLTERN) (habituelle Lesart) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Direktive, PRÜFEN) (Direktive, RATEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Direktive, ZITIEREN) (Expressive, TADELN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, SCHMEICHELN) (modale Kommunikationsverben, PLAPPERN) (Expressive, PREISEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Direktive, VERWEISEN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Direktive, ERFRAGEN) (Direktive, VERHÖREN) (Direktive, VERORDNEN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Repräsentative, BETEUERN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Direktive, VERWEISEN) (Expressive, VORWERFEN) (mediale Kommunikationsverben, REZITIEREN) (mediale Kommunikationsverben, VORLESEN) (Expressive, VORWERFEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Direktive, FORDERN)
leiern meckern murmeln nachgeben nachsuchen nahe/näherbringen poltern preisgeben prüfen raten rufen schelten schimpfen schmeicheln schnattern schwärmen übertönen überweisen vereinbaren verfugen vermitteln vernehmen verschreiben versichern
verständigen, sich verweisen vorhalten vortragen vorwerfen wetten wünschen
42
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
zischen
(modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Direktive, ZITIEREN) (Direktive, VERWEISEN) (Deklarative) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative) (Kommissive, EINWILLIGEN) (Kommissive, GARANTIEREN)
zitieren zurückpfeifen zurückrufen zurücktreten zusagen
Bei den Bedeutungen, die in der Liste aufgeführt und zahlenmäßig erfasst wurden, handelt es sich jeweils nur um Bedeutungen als Kommunikationsverb; die Bedeutungen, die die Verben haben, wenn sie der Bezugnahme auf Nicht-Sprachliches dienen, werden hier nicht im Einzelnen aufgezählt. Diese Bedeutungen sind bei den Beschreibungen in den jeweiligen Verbparadigmen genannt. Wenn homonyme Verben auch noch mehrere Lesarten als Kommunikationsverben haben, also außerdem noch polysem sind, so sind diese Lesarten in der Liste der Vollständigkeit halber mit aufgeführt. Die 93 homonymen Verben haben insgesamt 94 Bedeutungen und 38 Lesarten als Kommunikationsverben; viele von ihnen können außerdem noch zur Bezugnahme auf nicht-sprachliche Handlungen verwendet werden. Wie der vorangegangenen Liste zu entnehmen ist, haben die homonymen Verben 14 Bedeutungen als Repräsentative, 22 Bedeutungen als Expressive, 32 Bedeutungen als Direktive, 6 Bedeutungen als Kommissive, 3 Bedeutungen als mediale Kommunikationsverben, 8 Bedeutungen als modale Kommunikationsverben, 6 Bedeutungen als Deklarative sowie 3 weitere Bedeutungen als Kommunikationsverben. Die folgenden 17 homonymen Verben haben ausschließlich mehrere Bedeutungen als Kommunikationsverb, in denen sie mit jeweils anderer Argumentstruktur verwendet werden: Verb
Paradigmen
absprechen
(Kommissive, VEREINBAREN) (Deklarative) (Expressive, ANGEBEN) (Repräsentative, NENNEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Deklarative) (Direktive, BERATEN) (Redesequenzverben) (Direktive, ÜBERREDEN) (Redesequenzverben) (Repräsentative, BETEUERN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, ZITIEREN) (Deklarative)
angeben bekunden beraten bereden beschwören bestellen
43
Statistik
Verb
Paradigmen
einberufen
(Direktive, EINBERUFEN) (Direktive, ANBERAUMEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Deklarative) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, FREISTELLEN) (Deklarative) (Expressive, GRÜSSEN) (Grüße übermitteln) (Expressive, MECKERN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Direktive, ZITIEREN) (Expressive, TADELN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative)
einweihen einweisen freistellen grüßen meckern rufen schelten schimpfen zurücktreten
16 der homonymen Verben sind außerdem polysem, d.h., sie haben mehrere Lesarten als Kommunikationsverb mit mindestens einer gemeinsamen Realisierung der Argumentstruktur. Homonym sind diese Verben, weil sie mit anderer Argumentstruktur noch eine oder mehrere weitere Bedeutung(en) haben und meist zur Bezugnahme auf Nicht-Sprachliches dienen. Verb anordnen
anweisen
auftragen
bestellen
bestimmen einführen
Paradigmen (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, BETRAUEN) (Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, ZITIEREN) (Deklarative) (Deklarative) (Expressive, URTEILEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Direktive, ANLEITEN)
44
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
heißen
(Direktive, GEBIETEN) (Direktive, AUFGEBEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative) (Deklarative) (Deklarative) (Expressive, POLTERN) (habituelle Lesart) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, ERFRAGEN) (Direktive, VERHÖREN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Repräsentative, BETEUERN) (mediale Kommunikationsverben, REZITIEREN) (mediale Kommunikationsverben, VORLESEN) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Deklarative) (Direktive, VERWEISEN) (Kommissive, EINWILLIGEN) (Kommissive, GARANTIEREN)
kündigen
poltern verfugen
vernehmen versichern
vortragen zischen zurückrufen zusagen
Die restlichen 60 homonymen Verben haben eine oder mehrere Bedeutung(en) als Kommunikationsverb und dienen mit anderer Argumentstruktur der Bezugnahme auf nicht-sprachliches Handeln. Zwei weitere Gruppen homonymer Verben sind charakterisiert durch Sortenrestriktionen ihrer Argumente. Solche Restriktionen können entweder in der lexikalischen Nennform angebbar sein oder nicht. Die Gruppe von Verben, bei denen die Sortenrestriktionen in der lexikalischen Nennform angebbar sind, umfasst 14 Verben, darunter 6 expressive Verben, 3 repräsentative Verben, 4 direktive Verben und ein kommissives Verb. Zu dieser Gruppe gehören die folgenden Verben: Verb
Paradigmen
abwürgen anschreiben
(Direktive, VERBIETEN) (Kommunikationseröffnung) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (Expressive, GRÜSSEN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, WIDERLEGEN) (Direktive, ANBERAUMEN) (Deklarative)
begrüßen einarbeiten entkräften festsetzen
45
Statistik
Verb
Paradigmen
herabsetzen mobilisieren •verfluchen verklären verteidigen
(Expressive, DISKRIMINIEREN) (Direktive, EINBERUFEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, VERKLÄREN) (Expressive, RECHTFERTIGEN) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Expressive, SICH RECHTFERTIGEN) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Kommissive, ABLEHNEN) (Repräsentative, WIDERSPRECHEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN)
verteidigen, sich zurückweisen zurückziehen
Die Gruppe homonymer Verben, bei denen die Sortenrestriktionen in der lexikalischen Nennform nicht angebbar sind, umfasst 28 Verben, darunter 16 repräsentative Verben, 10 direktive Verben und je ein deklaratives und kommissives Verb. Zu dieser Gruppe gehören die in der folgenden Liste aufgeführten Verben:
Verb
Paradigmen
abblasen anbetteln anvertrauen aufdecken bedrohen beschwindeln
(Direktive, ABBESTELLEN) (Direktive, FLEHEN) (Repräsentative, ANVERTRAUEN) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Kommissive, DROHEN) (Repräsentative, LÜGEN) (jemanden betrügen) (Repräsentative, ABSTREITEN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, VERBIETEN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Direktive, VERBIETEN) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Direktive, FLEHEN) (Repräsentative, LÜGEN) (jemanden betrügen) (Repräsentative, FESTSTELLEN) (Deklarative) (Repräsentative, EINLENKEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Repräsentative, WIDERSPRECHEN) (Direktive, EINBERUFEN) (Repräsentative, LÜGEN) (jemanden betrügen)
bestreiten betteln eingreifen einräumen einschreiten einweisen enthüllen erbetteln erschwindeln feststellen fügen, sich klarmachen kontern rekrutieren schwindeln
46
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
überbringen unterbinden verbreiten vermitteln zugeben zurücknehmen
(Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, VERBIETEN) (Repräsentative, VERLAUTBAREN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Repräsentative, ZUTRAGEN)
zutragen
Insgesamt lassen sich die Kommunikationsverben in dem in Abb. 3 dargestellten Verhältnis den einzelnen Arten der Bedeutungszuordnung zurechnen:
200-
|
monoseme Verben
m
hybride Verben
m
polyseme Verben
|N|
homonyme Verben
150-
100-
Sortenrestriktion (angebbar) Sortenrestriktion (nicht angebbar)
Abb. 3: Arten der Bedeutungszuordnung von Kommunikationsverben
3.
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
3.1
Monoseme Kommunikationsverben
Die Verben mit nur einer Bedeutung als Kommunikationsverb sind mit 265 Verben die mit Abstand größte Gruppe und sind über alle Paradigmen verteilt. Von den 265 Verben mit nur einer Bedeutung als Kommunikationsverb gehören 45 Verben zu den Repräsentativen, vgl. die Aufstellung in der folgenden Liste:
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Verb
Paradigma
abstreiten anflunkern ankündigen anlügen anschwindeln argumentieren ausplaudern behaupten beipflichten bekräftigen belügen benachrichtigen berichten beteuern darlegen erläutern erlügen flunkern hinterbringen informieren konstatieren lügen mitteilen prophezeien richtigstellen rumflunkern rumlügen rumschwindeln schildern schwarzmalen übermitteln überzeugen unken veranschaulichen verdeutlichen verlautbaren verraten verständigen vorflunkern vorlügen vorschwindeln warnen weissagen widerlegen widersprechen
(Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative, (Repräsentative,
ABSTREITEN) LÜGEN) ANKÜNDIGEN) LÜGEN) LÜGEN) ARGUMENTIEREN) ENTHÜLLEN) BEHAUPTEN) ZUSTIMMEN) BETEUERN) LÜGEN) BENACHRICHTIGEN) BERICHTEN) BETEUERN) KLARMACHEN) KLARMACHEN) LÜGEN) LÜGEN) ZUTRAGEN) MITTEILEN) FESTSTELLEN) LÜGEN) MITTEILEN) VORHERSAGEN) RICHTIGSTELLEN) LÜGEN) LÜGEN) LÜGEN) BERICHTEN) UNKEN) ÜBERMITTELN) ÜBERZEUGEN) UNKEN) KLARMACHEN) KLARMACHEN) VERLAUTBAREN) ENTHÜLLEN) BENACHRICHTIGEN) LÜGEN) LÜGEN) LÜGEN) ANKÜNDIGEN) VORHERSAGEN) WIDERLEGEN) WIDERSPRECHEN)
47
48
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
82 monoseme Verben gehören zu den Expressiven, sie bilden die größte Untergruppe und sind in der folgenden Liste aufgeführt: Verb
Paradigma
angeifern angiften anherrschen anprangern anschimpfen anschnauzen aufspielen, sich ausschelten ausschimpfen beanstanden bedanken, sich beglückwünschen bekennen, sich beleidigen bemängeln beschimpfen beschönigen blamieren bloßstellen brüsten, sich danken diffamieren diskreditieren diskriminieren entschuldigen, sich fluchen frohlocken granteln gratulieren gutheißen hänseln herabwürdigen höhnen huldigen jammern jauchzen jubeln kompromittieren kondolieren kritisieren lästern lamentieren loben
(Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, TADELN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, ANGEBEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, TADELN) (Expressive, DANKEN) (Expressive, GRATULIEREN) (Expressive, BEKENNEN) (Expressive, DISKRIMINIEREN) (Expressive, TADELN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, BESCHÖNIGEN) (Expressive, KOMPROMITTIEREN) (Expressive, KOMPROMITTIEREN) (Expressive, ANGEBEN) (Expressive, DANKEN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Expressive, DISKRIMINIEREN) (Expressive, SICH ENTSCHULDIGEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, JUBELN) (Expressive, MECKERN) (Expressive, GRATULIEREN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Expressive, SPOTTEN) (Expressive, DISKRIMINIEREN) (Expressive, HÖHNEN) (Expressive, LOBEN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, JUBELN) (Expressive, JUBELN) (Expressive, KOMPROMITTIEREN) (Expressive, KONDOLIEREN) (Expressive, TADELN) (Expressive, LÄSTERN) (Expressive, KLAGEN) (Expressive, LOBEN)
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunilcationsverben
Verb
Paradigma
lobpreisen mäkeln monieren mosern motzen murren necken nörgeln prahlen preisen protzen rechtfertigen (etwas) rechtfertigen, sich rüffeln rügen rühmen scherzen schlechtmachen schmähen schönreden schönfärben spotten tadeln veralbern veräppeln verherrlichen verhöhnen verleumden verspotten verunglimpfen vorheulen vorjammern vorklagen wehklagen wettern witzeln zeihen zujubeln zurechtweisen
(Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive,
PREISEN) MECKERN) TADELN) MECKERN) MECKERN) MECKERN) NECKEN) MECKERN) ANGEBEN) PREISEN) ANGEBEN) RECHTFERTIGEN) SICH RECHTFERTIGEN) TADELN) TADELN) PREISEN) SCHERZEN) DIFFAMIEREN) DIFFAMIEREN) BESCHÖNIGEN) BESCHÖNIGEN) SPOTTEN) TADELN) SPOTTEN) SPOTTEN) VERKLÄREN) HÖHNEN) DIFFAMIEREN) SPOTTEN) DIFFAMIEREN) KLAGEN) KLAGEN) KLAGEN) KLAGEN) SCHIMPFEN) SCHERZEN) BESCHULDIGEN) JUBELN) VORWERFEN)
49
50
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
75 monoseme Verben sind Direktive. Zu ihnen gehören die in der folgenden Liste aufgeführten Verben: Verb
Paradigma
abbestellen abfragen abkommandieren abonnieren abraten absagen abverlangen anflehen anfragen anleiten anlernen anmahnen annullieren anraten appellieren auffordern ausfragen aushorchen autorisieren beantragen befehligen berechtigen beschwatzen bestärken betrauen bevollmächtigen bewilligen bitten bitten zu breitschlagen durchfragen, sich einfordern empfehlen erbitten (sich) erflehen erfragen erlauben ermächtigen ermuntern zu etwas/etwas zu tun ermutigen zu etwas/etwas zu tun flehen fordern fragen
(D rektive, ABBESTELLEN) (D rektive, ABFRAGEN) (D rektive, ABKOMMANDIEREN) (D rektive, BESTELLEN) (D rektive, ABRATEN) (D rektive, ABBESTELLEN) (D rektive, FORDERN) (D rektive, FLEHEN) (D rektive, ANFRAGEN) (D rektive, ANLEITEN) (D rektive, ANLEITEN) (D rektive, MAHNEN) (D rektive, ABBESTELLEN) (D rektive, RATEN) (D rektive, AUFRUFEN) (D rektive, AUFFORDERN) (D rektive, AUSFRAGEN) (D rektive, AUSHORCHEN) (D rektive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (D rektive, BEANTRAGEN) (D rektive, BEFEHLEN) (D rektive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (D rektive, ÜBERREDEN) (D rektive, BESTÄRKEN) (D rektive, BETRAUEN) (D rektive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (D rektive, GENEHMIGEN) (D rektive, BITTEN) (D rektive, EINLADEN) (D rektive, ÜBERREDEN) (D rektive, SICH DURCHFRAGEN) (D rektive, FORDERN) (D rektive, VORSCHLAGEN) (D rektive, BITTEN) (D rektive, FLEHEN) (D rektive, ERFRAGEN) (D rektive, ERLAUBEN) (D rektive, BEVOLLMÄCHTIGEN) (D rektive, RATEN) (D rektive, RATEN) (D rektive, FLEHEN) (D rektive, FORDERN) (D rektive, FRAGEN)
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Verb
Paradigma
genehmigen gestatten gewähren herumfragen (he) rumkriegen informieren, sich interviewen kommandieren konsultieren laden zu löchern nachhaken ordern reservieren rückfragen rumfragen überreden unterrichten, sich untersagen unterweisen veranlassen verbieten verbitten, sich verlangen verwahren, sich verwehren vorbestellen vorladen vorschlagen zuraten zureden zurückfragen
(D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D (D
51
rekt ve, GENEHMIGEN) rekt ve, ERLAUBEN) rekt ve, ERLAUBEN) rekt ve, HERUMFRAGEN) rekt ve, ÜBERREDEN) rekt ve, FRAGEN) rekt ve, KONSULTIEREN) rekt ve, BEFEHLEN) rekt ve, KONSULTIEREN) rekt ve, EINLADEN) rekt ve, AUSFRAGEN) rekt ve, NACHFRAGEN) rekt ve, BESTELLEN) rekt ve, BESTELLEN) rekt ve, NACHFRAGEN) rekt ve, HERUMFRAGEN) rekt ve, ÜBERREDEN) rekt ve, FRAGEN) rekt ve, VERBIETEN) rekt ve, ANLEITEN) rekt ve, ANWEISEN) rekt ve, VERBIETEN) rekt ve, SICH VERBITTEN) rekt ve, FORDERN) rekt ve, SICH VERWAHREN) rekt ve, VERBIETEN) rekt ve, BESTELLEN) rekt ve, ZITIEREN) rekt ve, VORSCHLAGEN) rekt ve, RATEN) rekt ve, RATEN) rekt ve, NACHFRAGEN)
Nur 16 monoseme Verben gehören zu den Kommissiven. Sie sind in der folgenden Liste aufgeführt und bilden die kleinste Gruppe der monosemen Kommunikationsverben. Verb
Paradigma
ablehnen abschwören anbieten androhen antragen aushandeln bürgen
(Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive,
ABLEHNEN) VERZICHTEN) ANBIETEN) DROHEN) SICH ERBIETEN) VEREINBAREN) SICH VERBÜRGEN)
52
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigma
einigen, sich erbieten, sich gewährleisten lossagen, sich offerieren übereinkommen verabreden verpflichten, sich versprechen
(Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive, (Kommissive,
VEREINBAREN) SICH ERBIETEN) GARANTIEREN) VERZICHTEN) ANBIETEN) VEREINBAREN) VEREINBAREN) GARANTIEREN) VERSPRECHEN)
Die 22 monosemen Verben, die zu den medialen Kommunikationsverben zählen, finden sich in der folgenden Liste: Verb
Paradigma
annoncieren aufschreiben chatten deklamieren (e)mailen inserieren krakeln kritzeln morsen niederschreiben posten rezitieren schreiben schreiben, sich simsen stenografieren (tele) faxen telefonieren telegrafieren texten verfassen vorlesen
(mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben, (mediale Kommunikationsverben,
ANNONCIEREN) SCHREIBEN) (E)MAILEN) REZITIEREN) (E)MAILEN) ANNONCIEREN) SCHREIBEN) SCHREIBEN) FUNKEN) SCHREIBEN) (E)MAILEN) REZITIEREN) SCHREIBEN) SCHREIBEN) (E)MAILEN) FUNKEN) FAXEN) TELEFONIEREN) FUNKEN) SCHREIBEN) SCHREIBEN) VORLESEN)
25 monoseme Verben gehören zu den modalen Kommunikationsverben; sie sind in der folgenden Liste aufgeführt: Verb
Paradigma
brabbeln flüstern grölen
(modale Kommunikationsverben, BRABBELN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN)
53
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Verb
Paradigma
(he) rumbrüllen (he) rumgrölen (he) rumkreischen (he) rumschreien (he) runterbeten (he) runterleiern (he) runterrasseln kreischen nuscheln plappern quäken raunen schreien skandieren tuscheln überschreien wispern zubrüllen zuflüstern zuraunen zurufen zuschreien
(modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale (modale
Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben,
ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) STOTTERN) STOTTERN) STOTTERN) ANSCHREIEN) LISPELN) PLAPPERN) KRÄCHZEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) STOTTERN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN) ANSCHREIEN)
Die Verteilung der monosemen Kommunikationsverben auf die einzelnen Paradigmen ist die folgende: modale
Abb. 4: Verteilung der m o n o s e m e n Kommunikationsverben a u f die beschriebenen Paradigmen
54
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Die zahlenmäßig unterschiedliche Verteilung ist dadurch begründet, dass es ohnehin viel mehr expressive und direktive Sprechaktverben gibt als repräsentative oder kommissive Sprechaktverben bzw. als mediale oder modale Kommunikationsverben. Bei den Repräsentativen machen die monosemen Verben ein gutes Drittel des Verbbestands dieses Paradigmas aus, bei den Kommissiven und den Direktiven ist es knapp die Hälfte des Verbbestands der jeweiligen Paradigmen. Mehr als die Hälfte der expressiven Sprechaktverben und der modalen Kommunikationsverben haben nur diese eine Bedeutung. Von den medialen Kommunikationsverben ist der größte Teil monosem; mit diesen Verben wird auf das Medium oder den Kanal Bezug genommen, über das/den Sprache vermittelt wird. Daher haben sie selten weitere Lesarten oder Bedeutungen.
3.2
Polyseme Kommunikationsverben
3.2.1 Polyseme Verben mit mehreren Lesarten innerhalb der Paradigmen der Kommunikationsverben Eine weitere große Gruppe bilden die polysemen Verben mit mehreren Lesarten als Kommunikationsverben, deren verschiedene Verwendungen mindestens eine Realisierung ihrer Argumentstruktur gemeinsam haben. Dabei handelt es sich um 93 Verben, die zwei bis vier verschiedene Lesarten als Sprechakt- bzw. Kommunikationsverben haben. Die verschiedenen Lesarten der einzelnen Verbausdrücke gehören meist auch unterschiedlichen Paradigmen an. Die Lesarten sind folgendermaßen auf die verschiedenen Paradigmen verteilt: Direktive: Repräsentative: Deklarative: Expressive: Kommissive: modale Kommunikationsverben: mediale Kommunikationsverben: andere (spezifische) Lesarten (wie ζ. B. habituelle Lesarten):
69 Lesarten 40 Lesarten 27 Lesarten 20 Lesarten 16 Lesarten 9 Lesarten 5 Lesarten 16 Lesarten
55
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Daraus ergeben sich die folgenden prozentualen Anteile der Lesarten an der Gesamtheit aller Lesarten dieser Gruppe der polysemen Verben: andere Lesarten Deklarative
Repräsentative
8%
19%
13% modale Kommunikationsverben
Expressive
5%
10%
mediale Kommunikationsverben 3% Kommissive Direktive 34%
8%
Β
Repräsentative
j 1 mediale Kommunikationsverben
Η
Expressive
H l modale Kommunikationsverben
I
Direktive
1 ! Deklarative
Β
Kommissive
ΓΗ andere Lesarten
Abb. 5: Verteilung d e r Lesarten polysemer Verben auf die unterschiedlichen P a r a d i g m e n
Es gibt 79 polyseme Verben, die zwei Lesarten als Kommunikationsverb haben, 12 polyseme Verben, die drei Lesarten haben, und zwei der polysemen Verben haben jeweils vier Lesarten als Kommunikationsverb. Ein Teil der Kommunikationsverben, die noch weitere Lesarten als Kommunikationsverben haben (nämlich 23 dieser Verben), hat außerdem noch eine oder mehrere weitere Bedeutungen,
ist also homonym. Das sind die Verben anordnen, anschreiben, anweisen, auftragen, bestellen, bestimmen, einfahren, festsetzen, feststellen, heißen, kündigen, poltern, verfugen, vernehmen, versichern, verteidigen, sich verteidigen, vortragen, zischen, zurücknehmen, zurückrufen, zurückweisen und zusagen. Fünf der polysemen Verben (nämlich anerkennen, befürworten, bestimmen, feststellen und verweigern) sind zumindest in einer ihrer Lesarten zusätzlich hybrid, bestimmen und feststellen sind polysem, hybrid und homonym. Diese Verben werden jeweils in allen Verbgruppen aufgeführt, denen sie zugeordnet werden können. Obwohl die verschiedenen Lesarten der polysemen Kommunikationsverben meist unterschiedlichen Paradigmen angehören, sind sie in einem großen Teil der Fälle dem gleichen Großparadigma zuzuordnen. Das ist bei 35 Verben der Fall, was ca. 37,6 % der polysemen Verben entspricht. Allerdings ist die Verteilung auf die einzelnen Großparadigmen sehr unterschiedlich: 19 dieser 35 Verben haben mehrere Lesarten als Direktiv. Das bedeutet, gut 54 % der polysemen Kommunikationsverben, deren Lesarten dem gleichen übergeordneten Paradigma zuzuordnen sind, gehören den verschiedenen Paradigmen der Direktive an. Eine Aufstellung dieser Verben findet sich in der folgenden Liste:
56
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
anordnen
(Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive, (Direktive,
anweisen
auftragen
beauftragen befehlen befragen
beordern erkundigen, sich ermahnen ersuchen
gebieten gemahnen heißen mahnen nachfragen
verfugen
verhören vernehmen verordnen
BEFEHLEN) ANWEISEN) AUFTRAGEN) ANLEITEN) ANWEISEN) AUFTRAGEN) AUFFORDERN) AUFTRAGEN) BETRAUEN) AUFTRAGEN) BETRAUEN) BEFEHLEN) ANWEISEN) FRAGEN) ERFRAGEN) KONSULTIEREN) BEFEHLEN) ZITIEREN) FRAGEN) ANFRAGEN) AUFFORDERN) MAHNEN) AUFFORDERN) BEANTRAGEN) ERSUCHEN) BEFEHLEN) GEBIETEN) AUFFORDERN) MAHNEN) GEBIETEN) AUFGEBEN) AUFFORDERN) MAHNEN) FRAGEN) ANFRAGEN) NACHFRAGEN) ERFRAGEN) BEFEHLEN) ANWEISEN) AUFTRAGEN) ERFRAGEN) VERHÖREN) ERFRAGEN) VERHÖREN) ANWEISEN) VERORDNEN)
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
57
Je 5 Verben haben mehrere Lesarten als Repräsentativ bzw. als Kommissiv, das sind jeweils gut 14 % der polysemen Kommunikationsverben, deren Lesarten dem gleichen übergeordneten Paradigma zuzuordnen sind. Die entsprechenden Verben sind mit den zugehörigen Paradigmen in den folgenden beiden Listen aufgeführt:
Verb
Paradigmen
dementieren
(Repräsentative, WIDERRUFEN) (Repräsentative, DEMENTIEREN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Repräsentative, BEKENNEN) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, BENACHRICHTIGEN) (Repräsentative, MITTEILEN) (Repräsentative, VORHERSAGEN) (Repräsentative, ANKÜNDIGEN) (Repräsentative, VORHERSAGEN) (Repräsentative, ANKÜNDIGEN)
eingestehen unterrichten
voraussagen vorhersagen
Verb
Paradigmen
geloben
(Kommissive, SCHWÖREN) (Kommissive, GELOBEN) (Kommissive, SCHWÖREN) (Kommissive, GELOBEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Deklarative) (Kommissive, GARANTIEREN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Kommissive, EINWILLIGEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Kommissive, GARANTIEREN)
schwören
versichern
zusagen zusichern
Drei polyseme Verben haben mehrere Lesarten als Expressiv, das sind ca. 8,5 % der polysemen Verben mit mehreren Lesarten als Verben des gleichen Großparadigmas. Es handelt sich um die folgenden Verben:
Verb
Paradigmen
beklagen
(Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive, (Expressive,
beklagen, sich beschweren, sich
MECKERN) KLAGEN) MECKERN) KLAGEN) MECKERN) KLAGEN)
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
58
Die restlichen ca. 8,5 % polysemer Verben mit mehreren Lesarten, die dem gleichen Großparadigma zuzuordnen sind, verteilen sich auf zwei Verben, die mehrere Lesarten als Deklarativ haben, nämlich kündigen (^^Vwz-Paradigma und *z£^«£fw-Paradigma) und leugnen (erklärenParadigma und öwKajjfw-Paradigma) sowie vortragen, das zwei Lesarten als mediales Kommunikationsverb hat {vorlesen-Paradigma und rezitieren-Paradigma). Insgesamt ergibt sich das in Abb. 6 dargestellte Bild:
^
Direkte
Repräsentative
^
Kommissne
^
Expressive
Q
Deklarativ
Γ^] mediale Κ ommunikations verben
Abb. 6: Polyseme Verben, deren Lesarten den gleichen übergeordneten Paradigmen angehören
Ein sehr großer Teil der polysemen Verben hat Lesarten als Verben unterschiedlicher Großparadigmen. Insgesamt gibt es 57 Verben von dieser Art. Fünf weitere polyseme Verben haben mehrere Lesarten als Verben des gleichen übergeordneten Paradigmas und darüber hinaus noch eine oder mehrere weitere Lesarten als Verben anderer Großparadigmen. Das sind kündigen, leugnen, schwören, unterrichten und versichern. D. h., letztendlich haben 62 polyseme Verben Lesarten als Verben in verschiedenen Großparadigmen, das sind ca. 67,4 % aller polysemen Verben. Sie sind in der folgenden Liste aufgeführt: Verb
Paradigmen
abberufen
(Deklarative) (Direktive, ABKOMMANDIEREN) (Direktive, MAHNEN) (Deklarative) (Deklarative) (Direktive, ANBERAUMEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN)
abmahnen anberaumen anbrüllen
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
anerkennen
(Deklarative) (Expressive, GUTHEISSEN) (mediale Kommunikationsverben, TELEFONIEREN) (Kommunikationseröffnung) (mediale Kommunikationsverben, SCHREIBEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Expressive, GUTHEISSEN) (Direktive, RATEN) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Expressive, GUTHEISSEN) (Repräsentative, ZUSTIMMEN) (mit „ja" antworten) (Deklarative) (Repräsentative, VERLAUTBAREN) (Deklarative) (Repräsentative, BEKENNEN) (Deklarative) (Expressive, BESCHULDIGEN) (Deklarative) (Repräsentative, ZUSTIMMEN) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Deklarative) (Expressive, URTEILEN) (Deklarative) (Expressive, BESCHULDIGEN) (Direktive, ANWEISEN) (mediale Kommunikationsverben, VORLESEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, EINWILLIGEN) (Kommissive, EINWILLIGEN) (Direktive, MAHNEN) (Repräsentative, ERINNERN) (Deklarative) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Repräsentative, BERICHTEN) (narrative Lesart) (Deklarative) (Direktive, ANBERAUMEN) (Deklarative) (Repräsentative, FESTSTELLEN)
anrufen anschreiben anschreien befürworten beharren auf bejahen
bekanntgeben bekennen beschuldigen bestätigen bestehen auf bestellen bestimmen bezichtigen diktieren einfuhren einwilligen erinnern erklären erzählen festsetzen feststellen
59
60
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
garantieren
(Repräsentative, BETEUERN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Deklarative) (Repräsentative, BEKENNEN) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (habituelle Lesart) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (habituelle Lesart) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, MITTEILEN) (Deklarative) (Expressive, KLAGEN) (Deklarative) (Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative) (Repräsentative, ABSTREITEN) (Deklarative) (Deklarative) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Deklarative) (Repräsentative, VERLAUTBAREN) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Deklarative) (Repräsentative, NENNEN) (Gesprächs-/themenstrukturierende Verben) (Deklarative) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Direktive, BESTEHEN AUF) (Repräsentative, BESTEHEN AUF) (Expressive, SCHIMPFEN) (Kommissive, PROTESTIEREN) (Kommissive, SCHWÖREN) (Kommissive, GELOBEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Deklarative) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (habituelle Lesart) (modale Kommunikationsverben, STOTTERN) (habituelle Lesart) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, BENACHRICHTIGEN) (Repräsentative, MITTEILEN)
gestehen (he) rumstammeln (he) rumstottern insistieren instruieren klagen kündigen
leugnen
lispeln melden näseln nennen offenbaren pochen auf protestieren schwören
stammeln stottern unterrichten
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Verb
Paradigmen
verbürgen, sich
(Kommissive, SICH VERBÜRGEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Repräsentative, ABSTREITEN) (mit „nein" antworten) (Kommissive, GARANTIEREN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Expressive, RECHTFERTIGEN) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Expressive, SICH RECHTFERTIGEN) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Deklarative) (Expressive, TADELN) (Kommissive, PROTESTIEREN) (Direktive, VERWEIGERN) (Deklarative) (Direktive, ANWEISEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Deklarative) (modale Kommunikationsverben, LISPELN) (habituelle Lesart) (Direktive, BILLIGEN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Deklarative) (Direktive, VERWEISEN) (Kommissive, ABLEHNEN) (Repräsentative, WIDERSPRECHEN) (Direktive, EINWILLIGEN) (Repräsentative, ZUSTIMMEN)
verneinen versichern
verteidigen verteidigen, sich verurteilen verweigern vorschreiben widerrufen zischen zugestehen zurücknehmen zurückrufen zurückweisen zustimmen
61
3.2.2 Hybride Verben Die hybriden Verben bilden mit gut 4 % nur einen kleinen Teil der betrachteten Kommunikationsverben. Der größte Teil der hybriden Verben (16 Verben, das entspricht ca. 6 9 , 5 % ) sind Expressive. Kommissive und Repräsentative haben mit je ca. 13 % (das sind jeweils drei Verben) den gleichen Anteil an dieser Verbgruppe. Unter den Direktiven gibt es nur ein hybrides Verb, das entspricht einem Anteil von knapp 4,5 % an der Gesamtmenge der hybriden Verben. Insgesamt verteilen sich die hybriden Verben folgendermaßen auf die Paradigmen der beschriebenen Kommunikationsverben:
62
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Diese grobe Aufteilung zeigt bereits, dass sich die hybriden Verben keineswegs gleichmäßig auf die einzelnen Verbparadigmen verteilen. Die meisten von ihnen sind bei den ordinativen Expressiven zu finden. Die hybriden Verben, die in diesem Unterparadigma der Expressive zu finden sind, dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher eine bestimmte Einstellung (hier die Einschätzung/Einordnung eines Sachverhalts oder Gegenstands) sprachlich zum Ausdruck bringt. Zu dieser Gruppe von Verben gehören bestimmen, beurteilen, bewerten, einschätzen, einstufen, klassifizieren, urteilen und werten. Die hybriden Verben, die in die anderen Unterparadigmen der Expressive gehören, sind anerkennen, bedauern, befürworten, begrüßen, ehren, honorieren, missbilligen und würdigen. Die Verben anzweifeln, bezweifeln und feststellen sind repräsentative hybride Verben, entsagen, verweigern und verzichten sind kommissive hybride Verben, billigen ist das einzige direktive Verb, das hybrid ist. Sie alle dienen ebenfalls der Bezugnahme sowohl auf das Haben einer Einstellung als auch auf das Zum-Ausdruck-Bringen dieser Einstellung. Von den 2 3 hybriden Verben haben fünf noch eine weitere Lesart als Kommunikationsverb, sind also auch polysem, und drei noch eine oder mehrere weitere Bedeutungen, entweder mit jeweils unterschiedlicher Argumentstruktur oder aber mit einer Sortenrestriktion bei der Belegung der Argumentstellen. Zur Gruppe der hybriden und polysemen Verben zählen anerkennen, befürworten, bestimmen, feststellen und verweigern. Die drei hybriden Verben, die außerdem noch zu den homonymen Verben zählen, sind begrüßen, bestimmen und feststellen, feststellen und bestimmen haben das breiteste Bedeutungsspektrum, feststellen kann sowohl als deklaratives wie auch als assertives Verb verwendet werden, es ist hybrid, und es kann auch mit Bezug auf manipulative
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
63
Handlungen verwendet werden, bestimmen hat Lesarten als deklaratives und expressives Verb, es ist hybrid, und es hat mit anderer Argumentstruktur noch weitere Bedeutungen.
3.3
Homonyme Kommunikationsverben
3.3.1 Homonyme Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur Die homonymen Verben mit unterschiedlichen Ausprägungen ihrer Argumentstruktur bilden mit 93 Verben eine weitere große Gruppe der Kommunikationsverben, die gleichzeitig auch die größte Gruppe homonymer Verben darstellt. Die Verben dieser Gruppe sind auf verschiedene Großparadigmen der Kommunikationsverben verteilt; ihre Aufzählung erfolgt hier der Häufigkeit nach geordnet. Besonders oft finden sich solche Verben unter den Direktiven. Die Paradigmen der Direktive enthalten 40 homonyme Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur, die in der folgenden Liste aufgeführt sind. Die Bedeutungen, die die Verben haben, wenn mit ihnen auf NichtSprachliches Bezug genommen wird, sind in den Listen nicht genannt; sie finden sich bei der ausführlichen Beschreibung der einzelnen Verbparadigmen.
Verb
Paradigma/Paradigmen
abhören abschlagen anhalten anordnen
(Direktive, ABFRAGEN) (Direktive, VERWEIGERN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, ANBERAUMEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, AUFGEBEN) (Direktive, AUFRUFEN) (Direktive, AUFFORDERN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, BETRAUEN) (Direktive, AUSFRAGEN) (Direktive, AUSREDEN) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, BERATEN) (Redesequenzverben) (Direktive, ÜBERREDEN) (Redesequenzverben) (Repräsentative, BETEUERN) (Direktive, FLEHEN)
ansetzen anweisen
aufgeben aufrufen auftragen
ausquetschen ausreden ausweisen beibringen beraten bereden beschwören
64
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigma/Paradigmen
bestellen
(Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, ZITIEREN) (Deklarative) (Direktive, EINBERUFEN) (Direktive, ANBERAUMEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, EINLADEN) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, EINBERUFEN) (Direktive, PRÜFEN) (Direktive, FREISTELLEN) (Deklarative) (Direktive, GEBIETEN) (Direktive, AUFGEBEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative) (Deklarative) (Deklarative)
einberufen einfuhren einladen einweisen einziehen examinieren freistellen heißen kündigen
nachsuchen prüfen raten rufen überweisen verfügen
vernehmen verschreiben verweisen wünschen zitieren zurückpfeifen zurückrufen zurücktreten
(Direktive, ERSUCHEN) (Direktive, PRÜFEN) (Direktive, RATEN) (modale Kommunikationsverben, ANSCHREIEN) (Direktive, ZITIEREN) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, BEFEHLEN) (Direktive, ANWEISEN) (Direktive, AUFTRAGEN) (Direktive, ERFRAGEN) (Direktive, VERHÖREN) (Direktive, VERORDNEN) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, FORDERN) (Direktive, ZITIEREN) (Direktive, VERWEISEN) (Deklarative) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Deklarative)
Bei den Expressiven findet man deutlich weniger homonyme Verben dieser Gruppe. Dort gibt es nur 20 Verben mit unterschiedlichen Argumentstrukturen in den einzelnen Bedeutungen, vgl. die folgende Liste:
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Verb
Paradigma/Paradigmen
anfauchen angeben
(Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, ANGEBEN) (Repräsentative, NENNEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, DIFFAMIEREN) (Expressive, ANGEBEN) (Expressive, NECKEN) (Deklarative) (Expressive, URTEILEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, GRÜSSEN) (Grüße übermitteln) (Expressive, LOBEN) (Expressive, JUBELN) (Expressive, MECKERN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, POLTERN) (habituelle Lesart) (Expressive, TADELN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, SCHIMPFEN) (Expressive, BESCHIMPFEN) (Expressive, SCHMEICHELN) (Expressive, PREISEN) (Expressive, VORWERFEN) (Expressive, VORWERFEN)
anscheißen anschwärzen aufschneiden aufziehen bestimmen geifern giften grüßen honorieren jubilieren meckern poltern schelten schimpfen schmeicheln schwärmen vorhalten vorwerfen
65
Etwas weniger häufig treten homonyme Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur bei den Repräsentativen auf. In diesem Großparadigma sind sie mit 17 Verben vertreten, die in der folgenden Liste zu finden sind: Verb
Paradigma/Paradigmen
angeben
(Expressive, ANGEBEN) (Repräsentative, NENNEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Repräsentative, BETEUERN) (Deklarative) (Repräsentative, BERICHTEN) (Repräsentative, BETEUERN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, BESTELLEN) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Direktive, ZITIEREN) (Deklarative)
ausrichten bekunden beschreiben beschwören bestellen
66
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
Verb
Paradigma/Paradigmen
beugen, sich einfuhren
(Repräsentative, EINLENKEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Direktive, ANLEITEN) (Repräsentative, EINLENKEN) (Repräsentative, EINWEIHEN) (Deklarative) (Repräsentative, EINLENKEN) (Repräsentative, EINLENKEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Repräsentative, BETEUERN) (Repräsentative, BETEUERN)
einlenken einweihen entgegenkommen nachgeben nahe/näherbringen preisgeben vermitteln versichern wetten
Die kommissiven Paradigmen enthalten nur 8 homonyme Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur in den einzelnen Bedeutungen, vgl. die folgende Liste: Verb
Paradigma/Paradigmen
abmachen absprechen
(Kommissive, VEREINBAREN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Deklarative) (Kommissive, VEREINBAREN) (Kommissive, DROHEN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Kommissive, VERSPRECHEN) (Kommissive, GARANTIEREN) (Repräsentative, BETEUERN) (Kommissive, VEREINBAREN) (Kommissive, EINWILLIGEN) (Kommissive, GARANTIEREN)
ausmachen drohen vereinbaren versichern verständigen, sich zusagen
Die Paradigmen der modalen Kommunikationsverben enthalten 9 homonyme Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur in den einzelnen Bedeutungen; in den Paradigmen der medialen Kommunikationsverben findet man nur vier solcher Verben. Um welche Verben es sich jeweils handelt, wird aus den folgenden beiden Listen ersichtlich: Verb
Paradigma/Paradigmen
brüllen brummen krächzen leiern
(modale Kommunikationsverben, (modale Kommunikationsverben, (modale Kommunikationsverben, (modale Kommunikationsverben,
ANSCHREIEN) BRABBELN) KRÄCHZEN) STOTTERN)
67
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
Verb
Paradigma/Paradigmen
murmeln rufen schnattern übertönen zischen
(modale Kommunikationsverben, (modale Kommunikationsverben, (Direktive, ZITIEREN) (modale Kommunikationsverben, (modale Kommunikationsverben, (modale Kommunikationsverben,
Verb
Paradigma/Paradigmen
aufsagen funken korrespondieren vortragen
(mediale (mediale (mediale (mediale (mediale
Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben, Kommunikationsverben,
LISPELN) ANSCHREIEN) PLAPPERN) ANSCHREIEN) LISPELN)
REZITIEREN) FUNKEN) SCHREIBEN) REZITIEREN) VORLESEN)
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass 9 homonyme Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur eine Bedeutung als deklaratives Verb haben. Das sind die Verben absprechen, bekun-
den, bestellen, bestimmen, einweihen, freistellen, kündigen, zurückrufen und zurücktreten. An der Verteilung der homonymen Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur in den einzelnen Bedeutungen haben die verschiedenen Großparadigmen die folgenden prozentualen Anteile: Deklarative 8% modale Kom m unikations verben 8%
Repräsentative
16%
mediale Kommunikations verben 4% Kommissive 7%
Expressive
19%
Direktive 38% Abb. 8: Verteilung der homonymen Verben auf die Paradigmen der Kommunikationsverben
68
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
3.3.2 Homonyme Verben, bei denen eine Sortenrestriktion in der lexikalischen Nennform angebbar ist Diese Gruppe ist die kleinste Gruppe der homonymen Verben; sie umfasst insgesamt nur 14 Verben. Sie sind in der folgenden Liste aufgeführt:
Verb
Paradigma/Paradigmen
abwürgen anschreiben
(Direktive, V E R B I E T E N ) (Kommunikationseröffnung) (mediale Kommunikationsverben, S C H R E I B E N ) (Expressive, G R Ü S S E N ) (Expressive, G U T H E I S S E N ) (Direktive, A N L E I T E N ) (Repräsentative, W I D E R L E G E N ) (Direktive, A N B E R A U M E N ) (Deklarative) (Expressive, DISKRIMINIEREN) (Direktive, E I N B E R U F E N ) (Expressive, S C H I M P F E N ) (Expressive, VERKLÄREN) (Expressive, R E C H T F E R T I G E N ) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Expressive, S I C H R E C H T F E R T I G E N ) (Meinung/Standpunkt vertreten) (Kommissive, A B L E H N E N ) (Repräsentative, W I D E R S P R E C H E N ) (Repräsentative, W I D E R R U F E N )
begrüßen einarbeiten entkräften festsetzen herabsetzen mobilisieren verfluchen verklären verteidigen verteidigen, sich zurückweisen zurückziehen
Sechs Verben gehören zu den Expressiven, vier Verben sind Direktive, drei gehören zu den Repräsentativen und eines zu den Kommissiven. Ein Verb dieser Gruppe gehört zu den Deklarativen und eines zu den medialen Kommunikationsverben. Das ergibt die folgende Verteilung der Verben:
Abb. 9: H o m o n y m e Verben: Sortenrestriktion in lexikalischer Nennform angebbar
Verteilung der Verbtypen auf die einzelnen Paradigmen von Kommunikationsverben
69
Nur zwei der Verben dieser Gruppe haben zwei Bedeutungen als Kommunikationsverben, nämlich anschreiben und begrüßen, anschreiben kann mit der Argumentstruktur jemanden anschreiben als Verb der Kommunikationseröffnung verwendet werden und mit der Argumentstruktur etwas anschreiben als mediales Kommunikationsverb, das zum schreiben-Paradigma gehört, begrüßen ist mit der Argumentstruktur jemanden begrüßen ein expressives Verb des grüßen-Paradigmas und mit der Argumentstruktur etwas begrüßen ein expressives Verb des gutheißen-Paradigmas. Die anderen Verben dieser Gruppe haben alle neben ihrer Bedeutung als Kommunikationsverb weitere Bedeutungen; sie werden dann mit Bezug auf nicht-sprachliche Handlungen verwendet. Vier Verben haben mehrere Lesarten als Kommunikationsverben, sind also auch noch polysem, und können außerdem zur Bezugnahme auf verschiedene nicht-sprachliche Handlungen verwendet werden. Es handelt sich um festsetzen, verteidigen, sich verteidigen und zurückweisen. 3.3.3 Homonyme Verben, bei denen eine Sortenrestriktion in der lexikalischen Nennform nicht angebbar ist Diese letzte Gruppe homonymer Verben umfasst 28 Verben, die fast alle nur eine Bedeutung als Kommunikationsverb haben und darüber hinaus noch mit Bezug auf nicht-sprachliche Handlungen verwendet werden können. Die meisten dieser Verben (18) findet man bei den Repräsentativen; sie sind in der folgenden Liste aufgeführt: Verb
Paradigma/Paradigmen
anvertrauen aufdecken beschwindeln
(Repräsentative, ANVERTRAUEN) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Repräsentative, LÜGEN) (jemanden betrügen) (Repräsentative, ABSTREITEN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Repräsentative, ENTHÜLLEN) (Repräsentative, LÜGEN) (jemanden betrügen) (Repräsentative, FESTSTELLEN) (Deklarative) (Repräsentative, EINLENKEN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Repräsentative, WIDERSPRECHEN) (Repräsentative, LÜGEN) (jemanden betrügen) (Repräsentative, ÜBERMITTELN) (Repräsentative, VERLAUTBAREN) (Repräsentative, KLARMACHEN) (Repräsentative, EINRÄUMEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Direktive, ABBESTELLEN) (Repräsentative, ZUTRAGEN)
bestreiten einräumen enthüllen erschwindeln feststellen fugen, sich klarmachen kontern schwindeln überbringen verbreiten vermitteln zugeben zurücknehmen zutragen
70
Der Wortschatzausschnitt der deutschen Kommunikationsverben
In den Paradigmen der Direktive sind die Verben dieser Gruppe ebenfalls noch recht häufig vertreten; es finden sich dort insgesamt 10 homonyme Verben, bei denen die Sortenrestriktion in der lexikalischen Nennform nicht angebbar ist, vgl. die folgende Liste: Verb
Paradigma/Paradigmen
abblasen anbetteln betteln eingreifen einschreiten einweisen
(Direktive, ABBESTELLEN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, VERBIETEN) (Direktive, VERBIETEN) (Direktive, VERWEISEN) (Direktive, ANLEITEN) (Direktive, FLEHEN) (Direktive, EINBERUFEN) (Direktive, VERBIETEN) (Repräsentative, WIDERRUFEN) (Direktive, ABBESTELLEN)
erbetteln rekrutieren unterbinden zurücknehmen
Es gibt jeweils nur ein deklaratives homonymes Verb {feststellen) und ein kommissives homonymes Verb {bedrohen), bei denen die Sortenrestriktion in der lexikalischen Nennform nicht angebbar ist. Die Verteilung der homonymen Verben dieser Gruppe auf die einzelnen Großparadigmen lässt sich prozentual folgendermaßen darstellen: Deklarative 3% Kommissive 3%
Direktive 33%
Repräsentative
61%
Abb. 10: Homonyme Verben: Sortenrestriktion in lexikalischer Nennform nicht angebbar
Einige Verben dieser Gruppe sind zusätzlich noch polysem, das sind feststellen und zurücknehmen, feststellen ist außerdem noch hybrid. Die Verben einweisen und vermitteln haben mit anderer Argumentstruktur auch noch eine oder mehrere weitere Bedeutungen, gehören also außerdem noch zu einer anderen Gruppe homonymer Verben.
71
Fazit
4.
Fazit
Insgesamt lässt sich feststellen, dass in den Paradigmen der Kommunikationsverben sechs verschiedene Typen von Verben auftreten, die sich mehr oder weniger gleichmäßig auf die einzelnen Paradigmen verteilen. Die mit Abstand meisten Kommunikationsverben sind monosem, d. h., sie haben nur eine Bedeutung als Kommunikationsverb. Zahlenmäßig gleich stark sind die polysemen Kommunikationsverben, die bei mindestens einer gleichen Argumentrealiserung mehrere Lesarten als Kommunikationsverben haben, und die homonymen Kommunikationsverben mit unterschiedlicher Argumentstruktur in den einzelnen Bedeutungen. Die hybriden Verben, die homonymen Verben, bei denen die Sortenrestriktion in der lexikalischen Nennform nicht angebbar ist, und die homonymen Verben, bei denen die Sortenrestriktion in der lexikalischen Nennform angebbar ist, haben zahlenmäßig jeweils nur einen relativ geringen Anteil am Bestand der Kommunikationsverben.
Gisela Harras
Lexikalische Strukturen der Repräsentative 1.
Die beiden Großparadigmen der Repräsentative
Die repräsentativen Verben lassen sich zunächst in zwei Großparadigmen einteilen: das Paradigma der Verben, mit denen eine epistemische Einstellung des Rekurssituationssprechers lexikalisiert wird, und das Paradigma der Verben, mit denen das Haben einer kognitiven Einstellung des Rekurssituationssprechers lexikalisiert wird. Die erste Gruppe enthält die Verben, die auch als Assertive bekannt sind, die zweite Gruppe enthält alle Mitteilensprädikate:
Assertive
Mitteilensprädikate
Abb. 1: Großparadigmen der Repräsentative
2.
Das Großparadigma der Assertive
Das Großparadigma der Assertive kann unter dem Gesichtspunkt der Art und Weise der epistemischen Einstellung des Rekurssituationssprechers in die folgenden Paradigmen unterteilt werden:
Abb. 2: Paradigmen der Assertive
74
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
2.1
Das^erfrfe/feft-Paradigma
M a n könnte nun unter den Prädikaten des Großparadigmas der Assertive das Verb feststellen vermissen, das gewöhnlich zu den Assertiven gezählt wird, feststellen lexikalisiert ein Konzept, in dem die Wahrheit von Ρ nicht den Gehalt der epistemischen Sprechereinstellung darstellt, sondern den Gehalt einer Vorannahme von S, im Einzelnen: Ausstattung des Rekurssituationstyps FESTSTELLEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S will: Ρ ist im Aufmerksamkeitsbereich von Η S will: Η erkennt: S will: Ρ ist im Aufmerksamkeitsbereich von Η Ρ ist fur S und Η offenkundig
Vorannahme von S:
feststellen,
konstatieren
feststellen und auch konstatieren nehmen eine Zwischenstellung ein zwischen Assertiven und direktiven Sprechaktverben, feststellen verlangt wie konstatieren obligatorisch die Realisierung von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass, feststellen und konstatieren sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, feststellen kann außerdem mit Bezug auf mentale oder manipulative Akte verwendet werden und hat noch eine Lesart als Deklarativ. Insgesamt haben die beiden Verben die folgenden lexikalischen Eigenschaften: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
feststellen
P(obl)
NP / SE
+
-
-
+
+
-
konstatieren
P(obl)
NP/ SE
+
-
-
-
+
-
Tab. 1: Lexikalische Merkmale der Verben des^ittteZ/fn-Paradigmas
75
Das Großparadigma der Assertive
2.2
Das Paradigma der Verben, mit denen die Sprechereinstellung ,S hält für wahrscheinlich: P' lexikalisiert ist
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben vorhersagen, prophezeien, weissagen, voraussagen, unken, schwarzmalen
Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps VORHERSAGEN
Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt zukünftig unbestimmt S hält für wahrscheinlich: Ρ S will: Η erkennt: S hält für wahrscheinlich: Ρ
vorhersagen, prophezeien, weissagen, voraussagen, unken, schwarzmalen Die beiden letzten Verben unken und schwarzmalen lassen sich noch zusätzlich durch den Aspekt einer negativen evaluativen Einstellung des Rekurssituationssprechers differenzieren, vgl.:
Abb. 3: Das Unterparadigma des vorhersagen-Paradigmas
2.2.1 Das verj&m^en-Paradigma
Die nicht-evaluativen Prädikate vorhersagen, prophezeien,
weissagen, voraussagen unterscheiden
sich lediglich durch spezifische Kontexte: vorhersagen, voraussagen sind am wenigsten durch Kontexte beschränkt, prophezeien und mehr noch weissagen werden häufig mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen S in einem bestimmten, meist zeremoniellen Rahmen einem Η die Zukunft voraussagt, wobei S eine auf Zukunftsvorhersagen spezialisierte Person ist. Alle Verben realisieren
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
76
fakultativ die Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ und obligatorisch die Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder w-Wort oder als Infinitivergänzung, die bei allen Verben sehr selten vorkommt. Alle Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, vorhersagen und voraussagen haben noch eine Lesart als Mitteilensverb. Insgesamt haben die Verben des vorhersagen-Vaiz&igrcas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
vorhersagen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE/Inf
+
voraussagen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE/Inf
+
prophezeien
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE/Inf
+
weissagen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE/Inf
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
—
—
Polysemie
Performativität
+
+
+
+
—
—
—
—
stilistische Markiertheit
+
+
—
—
—
—
Tab. 2: Lexikalische Merkmale der Verben des wrAOTag?«-Paradigmas
2.2.2 Das »»&e»-Para/zu/>/e»-Paradigma Von den Paradigmen der Verben, ftir die der Aspekt der Sprechereinstellung ,S hält fiir wahr: P' konstitutiv ist, ist das behaupten-Paradigma das unspezifischste, d. h., behaupten ist das Implikat spezifischerer Verben wie beteuern, versichern, zustimmen. Das Paradigma, das nur aus dem Verb behaupten besteht, lexikalisiert das folgende kommunikative Konzept:
80
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Ausstattung des Rekurssituationstyps BEHAUPTEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält ftir wahr: Ρ S will: Η erkennt: S hält fiir wahr: Ρ Η kennt nicht: Ρ behaupten
behaupten verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ durch eine Nominalphrase im Akkusativ oder eine mit dass eingeleitete finite Satzergänzung oder eine Infinitivergänzung; die Rolle von Η kann fakultativ durch eine Adpositionalphrase mit gegenüber realisiert werden; behaupten ist passivfähig und kann explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat es die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
behaupten
P(obl)
Argumentstruktur
Passiv
NP/ SE/Inf
+
Resultativität
-
Bewertung DSSprecher
-
Polysemie
-
Performativität
+
stilistische Markiertheit
-
Tab. 5: Lexikalische Merkmale von behaupten
2.3.3
Die Paradigmen der Verben mit behaupten als Implikat
Die Verben, die behaupten als Implikat haben, lassen sich durch den Aspekt des Modus, der Sequenzialität und der Position der Äußerung in der Rekurssituation unterscheiden:
81
Das Großparadigma der Assertive
Abb. 5: Paradigmen der Verben mit behaupten
als Implikat
Bis auf die Verben, die zu dem Großparadigma der reaktiven zählen, sind die übrigen Verben paradigmatisch spezifiziert, d. h„ sie können nicht noch in weitere Unterparadigmen aufgeteilt werden. 2.3.3.1 Das r/VÄi/gfte/Zere-Paradigma Das Paradigma des deutlichen Behauptens enthält lediglich das Verb richtigstellen, folgende kommunikative Konzept lexikalisiert ist:
mit dem das
Ausstattung des Rekurssituationstyps RICHTIGSTELLEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Modus der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt vergangen unbestimmt S hält für wahr: R statt Ρ S will: Η erkennt: S hält fiir wahr: R statt Ρ Η oder Dritte halten für wahr: eher nicht-P deutlich
richtigstellen
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
82
richtigstellen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung; richtigstellen ist resultativ und kann nicht explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat das Verb die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
richtigstelUn
P(obl)
ArgumentStruktur
Passiv
Resultativität
NP/ SE
+
+
Bewertung DSSprecher
-
Polysemie
-
Performativität
-
stilistische Markiertheit
-
Tab. 6: Lexikalische Merkmale von richtigstellen
2.3.3.2 Das widerrufen-Paradigma Das Paradigma der Verben des verbindlichen Behauptens enthält die Verben widerrufen, zurücknehmen, zurückziehen und dementieren. Sie lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps WIDERRUFEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Modus der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt vergangen unbestimmt S hält fur wahr: R statt Ρ S will: Η erkennt: S hält für wahr: R statt Ρ Η kennt: Ρ verbindlich
widerrufen, zurücknehmen, zurückziehen, dementieren Mit allen vier Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber verbindlich zum Ausdruck bringt, dass er einen Sachverhalt, von dem er annimmt, dass Η ihn kennt, und den er bisher für wahr gehalten hat, nicht mehr für wahr hält, widerrufen, zurückziehen und dementieren realisieren fakultativ die Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung; widerrufen und dementieren lassen auch infinite Satzergänzungen zu. zurücknehmen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung. Die Rolle von Η kann fakultativ durch Adpositionalphrasen mit gegenüber und bei widerrufen durch Präpositionalphrasen mit vor realisiert werden; alle Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, widerrufen hat noch eine Lesart als Deklarativ, mit zurücknehmen und zurückziehen kann auch auf nicht-sprachliche Handlungen Bezug genommen werden, zurücknehmen hat noch eine Lesart als Direktiv (im Sinn von .abbestellen'), und dementieren hat noch eine Lesart als reaktives Verb. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale:
Das Großparadigma der Assertive
83
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
widerrufen
P(fak)
NP/ SE/Inf
+
-
-
+
+
-
zurücknehmen
P(obl)
NP/ SE
+
-
-
+
+
-
zurückziehen
P(fak)
NP/ SE
+
-
-
-
+
-
dementieren
P(fak)
NP/ SE/Inf
+
-
-
+
+
-
Tab. 7: Lexikalische Merkmale der Verben des widerrufen-Pavzdigmas
2.3.3.3 Das fateuern-Paradigma Das Paradigma der Verben des nachdrücklichen Behauptens enthält die Verben beteuern, bekräftigen, schwören, beschwören, bekunden, versichern, sich verbürgen, wetten und garantieren, mit denen das folgende kommunikative Konzept lexikalisiert wird: Ausstattung des Rekurssituationstyps BETEUERN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Modus der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fur wahr: Ρ S will: Η erkennt: S hält für wahr: Ρ Η hält nicht fur wahr: Ρ nachdrücklich
beteuern, bekräftigen, schwören, beschwören, bekunden, versichern, sich verbürgen, wetten, garantieren Mit allen Verben dieses Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber nachdrücklich zum Ausdruck bringt, dass er einen Sachverhalt für wahr hält, von dem er annimmt, dass Η ihn nicht für wahr hält. Der Grad der Nachdrücklichkeit ist bei beschwören und sich verbürgen höher als bei den anderen Prädikaten. Alle Verben verlangen die Realisierung der Rolle von P: bei beteuern, bekräftigen, beschwören, bekunden und versichern kann die Rolle von Ρ durch eine Nominalphrase im Akkusativ oder durch eine mit dass eingeleitete finite Satzergänzung oder durch eine Infinitivergänzung realisiert werden; sich verbürgen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ durch eine Präpositionalphrase mit fur oder durch eine mit dass eingeleitete finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat {dafür). Die Rolle von Η kann bei beteuern, bekräftigen, schwören, bekunden und versichern durch eine Nominalphrase im
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
84
Dativ und bei wetten durch eine Präpositionalphrase mit mit realisiert werden, wetten, schwören und garantieren verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung. schwören, versichern, sich verbürgen und garantieren sind polysem; garantieren und sich verbürgen sowie versichern haben noch Lesarten als Kommissive; beschwören kann auch einen rituellen oder magischen Akt bezeichnen, bekunden hat noch eine Lesart als Informationsverb, versichern kann auch mit Bezug auf Akte von Vertragsvereinbarungen verwendet werden, sich verbürgen hat eine Lesart als Deklarativ; {um etwas) wetten kann auch eine nicht-sprachliche Handlung wie Pferde- oder Lottowette bezeichnen, schwören hat noch eine Lesart als Kommissiv. Alle Verben können explizit performativ verwendet werden und sind bis auf sich verbürgen passivfähig. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
beteuern
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
+
—
—
Performativität
stilistische Markiertheit
—
+
—
—
+
—
H(fak)
NP
P(obl)
NP/ SE/Inf
bekräftigen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE/Inf
+
—
schworen
H(fak) P(obl)
NP SE
+
-
-
+
+
-
beschwören
P(obl)
NP/
+
-
-
+
+
-
—
—
+
+
—
+
+
SE/Inf bekunden
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE/Inf
+
versichern
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE/Inf
+
sich verbürgen
H(fak) P(obl)
PP PP/SE/ PPKorrSE
wetten
P(obl)
SE
garantieren
P(obl)
SE
—
—
—
+
+
—
+
-
-
-
+
-
+
-
-
+
+
-
Tab. 8: Lexikalische Merkmale der Verben des
beteuern-Paradigmas
2.3.3.4 Das argumentieren-Paradigma Von den Verben, die behaupten als Implikat haben, bleiben noch die nicht weiter paradigmatisch spezifizierbaren Verben argumentieren und überzeugen, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher mehrere Behauptungen aufstellt, argumentieren lexikalisiert das folgende kommunikative Konzept:
Das Großparadigma der Assertive
85
Ausstattung des Rekurssituationstyps ARGUMENTIEREN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: Ρ S will: Η erkennt: S hält fiir wahr: Ρ Η hält nicht fiir wahr: Ρ Sequenz von Äußerungen argumentieren
Mit argumentieren wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher zum Ausdruck bringt, dass er Ρ fur wahr hält, und fiir dessen Wahrheit (oder Falschheit) Gründe anfuhrt, argumentieren blockiert die Thematisierung von Η und realisiert fakultativ die Rolle von Ρ durch eine Präpositionalphrase mit fiir oder gegen oder eine mit dass eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat [dafür!dagegen), argumentieren ist passivfähig und kann nicht explizit performativ verwendet werden. Das Verb hat insgesamt die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
argumentieren
P(fak)
Argumentstruktur
PP/SE/ PPKorrSE
Passiv
+
Resultativität
-
Bewertung DSSprecher
Polysemie
-
Performativität
-
-
stilistische Markiertheit
-
Tab. 9: Lexikalische Merkmale von argumentieren
2.3.3.5 Das ü ber zeugen- Pa rad i gm a Das letzte noch verbleibende Verb, das als Implikat behaupten hat, lexikalisiert das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps ÜBERZEUGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: Ρ S will: Η erkennt: S hält für wahr: Ρ S will: Η hält fiir wahr: Ρ Η hält nicht für wahr: Ρ Sequenz von Äußerungen überzeugen
86
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Mit überzeugen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher bewirkt, dass Η Ρ fur wahr hält; überzeugen ist resultativ, mit ihm wird auf das Resultat eines Argumentationsprozesses Bezug genommen. Das Verb verlangt die Realisierung der Rolle von Η durch eine Nominalphrase im Akkusativ. Die Rolle von Ρ wird fakultativ realisiert durch eine Präpositionalphrase mit mit, durch, von, eine mit dass eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davon, damit, dadurch) oder durch eine Infinitivergänzung mit oder ohne Korrelat, überzeugen ist passivfähig und kann nicht explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat es die folgenden lexikalischen Merkmale: Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen überzeugen
H(obl) P(fak)
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
NP PP/SE/ PPKorrSE/ Inf/ PPKorrlnf
+
+
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
Tab. 10: Lexikalische Merkmale von überzeugen
2.4
Die Paradigmen der Verben des reaktiven Äußerns
Die letzte Gruppe der Verben, die behaupten als Implikat haben, sind diejenigen Prädikate, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher auf eine vorausgegangene Äußerung zustimmend, ablehnend oder zweifelnd reagiert. Zu dieser Gruppe gehören auch die Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher auf Reaktionen, die der Hörer geäußert hat, wiederum reagiert; man könnte die Positionierung solcher Äußerungen auch als re-reaktiv charakterisieren. Insgesamt können die folgenden Paradigmen etabliert werden:
Abb. 6: Paradigmen der Verben der reaktiven Assertive
Das Großparadigma der Assertive
87
2.4.1 Das zMifi7W?«en-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des mtf/wmiTZ-Paradigmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps ZUSTIMMEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Position der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält far wahr: Ρ S will: Η erkennt: S hält für wahr: Ρ reaktiv
zustimmen, beipflichten, bestätigen, bejahen Mit allen Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S auf eine vorausgegangene Äußerung eines Hörers Η reagiert und zum Ausdruck bringt, dass er das von Η behauptete Ρ ebenfalls für wahr hält, zustimmen realisiert fakultativ die Rolle von Ρ und die Hörerrolle jeweils als Nominalphrase im Dativ; beide können nicht zusammen vorkommen. Wenn die Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ realisiert ist, kann die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit in oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {darin) realisiert werden, beipflichten verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ; die Rolle von Ρ kann als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat realisiert werden, bestätigen und bejahen verlangen obligatorisch die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung; die Hörerrolle ist bei bestätigen fakultativ als Nominalphrase im Dativ realisiert, bejahen blockiert die Realisierung der Hörerrolle. Alle Verben sind passivfähig; alle Verben außer bejahen können explizit performativ verwendet werden, bejahen und bestätigen haben außerdem noch jeweils die Lesart ,auf eine Frage mit ja antworten' bzw. .etwas offiziell/im institutionellen Rahmen ausdrücklich anerkennen', bejahen hat noch eine Lesart als Expressiv und zustimmen eine als Direktiv. jemanden in etwas bestätigen hat noch die Bedeutung .jemanden in einer Ansicht/einem Plan bestärken'. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale:
88
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
zustimmen
H(fak)# P(fak)#
NP NP/ PP/SE/ PPKorrSE
+
beipflichten
H(obl)# P(fak)#
NP NP/ SE/ PPKorrSE
+
bestätigen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
—
—
+
+
bejahen
P(obl)
NP/ SE
+
-
-
+
-
+
+
+
-
# Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können nicht zusammen thematisiert werden. Tab. 11: Lexikalische Merkmale der Verben des
zustimmen-Paradigmas
2.4.2 Das Paradigma der Verben der negativen Reaktionsäußerung Im Unterschied zu dem Paradigma der Verben der positiven Reaktionsäußerungen, dem zustimwew-Paradigma, ist das Paradigma der negativen Reaktionsäußerungen lexikalisch sehr viel stärker besetzt. Mit den Verben wird auf einen Rekurssituationstyp Bezug genommen, der folgendermaßen ausgestattet ist: Ausstattung des Rekurssituationstyps der NEGATIVEN REAKTIONSÄUSSERUNG Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Position der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: nicht-P S will: Η erkennt: S hält für wahr: nicht-P reaktiv
abstreiten, bestreiten, verneinen, leugnen, widersprechen, zurückweisen, dementieren, widerlegen, entkräften
kontern,
Dieses Paradigma kann unter den Aspekten: Modus der Äußerung, Spezifizierung von Ρ sowie Sequenzialität der Äußerung in weitere Unterparadigmen eingeteilt werden, vgl.:
Das Großparadigma der Assertive
89
Abb. 7: Paradigmen der Verben der negativen Reaktionsäußerungen
2.4.2.1 Das
abstreiten-Paradigma
Die Verben abstreiten, bestreiten, verneinen und leugnen werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen ein Sprecher S auf eine vorausgegangene Äußerung eines Hörers H, mit der dieser Ρ behauptet, reagiert und zum Ausdruck bringt, dass er nicht-P fur wahr hält. Alle Verben verlangen obligatorisch die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung mit oder ohne Korrelat (es). Infinite Satzergänzungen ohne nominales Korrelat sind bei verneinen äußerst selten. Die Rolle von Η kann bei abstreiten, bestreiten und leugnen als Adpositionalphrase mit gegenüber, bei abstreiten auch als Präpositionalphrase mit vor, realisiert werden; verneinen blockiert die Realisierung der Rolle von H. Alle Verben sind passivfähig und können, bis auf verneinen, explizit performativ verwendet werden, verneinen hat außerdem die speziellere Lesart ,eine Frage mit nein beantworten' und leugnen die Lesart als Deklarativ ,eine Tat bestreiten'. bestreiten hat noch die Bedeutung ,etwas/seinen Lebensunterhalt bestreiten'. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale:
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
90
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
abstreiten
P(obl)
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
+
bestreiten
P(obl)
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
+
leugnen
P(obl)
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
+
verneinen
P(obl)
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
+
stilistische Markiertheit
+
Tab. 12: Lexikalische Merkmale der Verben des abstreiten-Paradigmas
2.4.2.2 Das widersprechen-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des widersprechen-Paradigmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps WIDERSPRECHEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Position der Äußerung: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fur wahr: nicht-P S will: Η erkennt: S hält fur wahr: nicht-P reaktiv deutlich widersprechen, zurückweisen, kontern
Die Verben dieses Paradigmas unterscheiden sich von denen des a bstreiten-Vziad i gm as durch den Modus der Deutlichkeit des Äußerns. Bei widersprechen kann die Rolle von Ρ oder die Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ realisiert werden; beide Argumentausdrücke können nicht gemeinsam vorkommen, zurückweisen verlangt obligatorisch die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung oder als Infinitiver-
Das Großparadigma der Assertive
91
gänzung mit oder ohne Korrelat (es); die Realisierung der Rolle von Η ist blockiert, kontern verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ durch eine Nominalphrase im Akkusativ, häufig gefolgt von einer Präpositionalphrase mit mit oder durch, mit der die Art der Äußerung des Sprechers angegeben wird, wie ζ. B. Er konterte seine Behauptung mit einer Frage, widersprechen und zurückweisen können explizit performativ verwendet werden, zurückweisen hat noch eine Lesart als Kommissiv und außerdem noch die Bedeutung .jemanden nicht zulassen/jemanden abweisen', kontern hat noch eine Bedeutung in der Sprache des Boxsports. Insgesamt haben die Verben des widersprechen-VzxiÄ\.^)m3& die folgenden lexikalischen Merkmale: Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
widersprechen
H(fak)# P(fak)#
NP NP
+
zurückweisen
P(obl)
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE / NPKorrlnf
+
kontern
P(obl)
NP
+
Resultativität
-
-
Bewertung DSSprecher
-
-
Polysemie
Performativität
-
+
+
+
-
-
stilistische Markiertheit
-
-
# Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können nicht zusammen thematisiert werden. Tab. 13: Lexikalische Merkmale der Verben des widersprechen-Varadigmas
2.4.2.3 Das dementieren-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit dementieren Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps D E M E N T I E R E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp.· Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Position der Äußerung: Spezifik von P:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: nicht-P S will: Η erkennt: S hält für wahr: nicht-P reaktiv öffentlich vermuteter Sachverhalt, der S betrifft dementieren
Mit dementieren wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S auf eine Äußerung eines Hörers H, mit der dieser einen öffentlich vermuteten Sachverhalt P, der S betrifft, behauptet hat, reagiert und zum Ausdruck bringt, dass er nicht-P für wahr hält. Bei dementieren wird die Rolle von Ρ fakultativ realisiert als Nominalphrase im Akkusativ, als mit dass eingeleitete
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
92
finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung mit oder ohne Korrelat (es). Die Rolle von Η kann durch eine Präpositionalphrase mit vor oder eine Adpositionalphrase mit gegenüber realisiert werden, dementieren ist passivfähig und kann explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat es die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
dementieren
P(fak)
Argumentstruktur
Passiv
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
+
Tab. 14: Lexikalische Merkmale von dementieren
2.4.2.4 Das widerlegen-VzT&dXgma. Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben widerlegen und entkräfien Bezug genommen wird, hat die folgende Ausstattung: Ausstattung des Rekurssituationstyps WIDERLEGEN /^^Propositionaler Gehalt: Geschehens typ: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Position der Äußerung: \ ^ M o d u s des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: nicht-P S will: Η erkennt: S hält fur wahr: nicht-P reaktiv Sequenz von Äußerungen argumentativ widerlegen, entkräfien
Mit den Verben widerlegen und entkräfien wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S auf eine Äußerung eines Hörers H, mit der dieser Ρ behauptet hat, reagiert und mit mehreren Äußerungen zum Ausdruck bringt, dass er nicht-P für wahr hält, und dafür Gründe bzw. Argumente anführt. Beide Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Η oder der Rolle von Ρ durch eine Nominalphrase im Akkusativ; beide Argumentausdrücke können nicht gemeinsam vorkommen. Bei widerlegen kann die Rolle von Ρ auch als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung realisiert werden. Die Nominalphrasen als Realisierung der Rolle von Ρ bei entkräfien bestehen fast ausschließlich aus Ausdrücken wie Argument, Behauptung oder These. Beide Verben sind passivfähig; sie sind resultativ und können nicht explizit performativ verwendet werden, entkräfien hat noch die Bedeutung jemandem/etwas die Kräfte nehmen'. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale:
Das Großparadigma der Assertive
93
Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
widerlegen
H(obl)# P(obl)#
NP NP/ SE
entkräften
H(obl)# P(obl)#
NP NP
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
+
+
—
-
-
-
+
+
-
-
-
-
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
# Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können nicht zusammen thematisiert werden. Tab. 15: Lexikalische Merkmale der Verben des widerlegen-Varzdigmas
2.4.3 Das
anzweifeln-PaiA0igmA
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben anzweifeln wird, ist folgendermaßen ausgestattet:
und bezweifeln
Bezug genommen
Ausstattung des Rekurssituationstyps ANZWEIFELN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Position der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: eher nicht-P S will: Η erkennt: S hält für wahr: eher nicht-P Η hält für wahr: Ρ reaktiv
anzweifeln,
bezweifeln
Mit beiden Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S auf eine vorausgegangene Äußerung eines Hörers H, mit der dieser Ρ behauptet hat, reagiert und zum Ausdruck bringt, dass er eher nicht-P für wahr hält. Beide Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung. Beide Verben sind passivfähig; anzweifeln kann explizit performativ verwendet werden, bei bezweifeln ist dies fraglich. Beide Verben sind hybrid, d. h., mit ihnen werden sowohl das Haben von Einstellungen des Zweifels als auch die Akte des Äußerns dieser Einstellung bezeichnet. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale:
94
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische Markierttivität heit
anzweifeln
P(obl)
NP/ SE
+
-
-
+
+
-
bezweifeln
P(obl)
NP/ SE
+
-
-
+
>
-
Tab. 16: Lexikalische Merkmale der Verben des
2.5
anzweifeln-Paradigmas
Die Paradigmen der Verben des re-reaktiven Äußerns
Dieses Paradigma lässt sich in drei Unterparadigmen einteilen, vgl.:
Abb. 8: Die Unterparadigmen der Verben des re-reaktiven Äußerns
2.5.1
D a s bestehen
«w/^Paradigma
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben bestehen
a u f , beharren
i a u f ) Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet:
a u f , pochen
auf,
insistieren
Das Großparadigma der Assertive
95
Ausstattung des Rekurssituationstyps BESTEHEN AUF Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: Ρ S will: Η erkennt: S hält fur wahr: Ρ Η hält fur wahr: nicht-P re-reaktiv
Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Position der Äußerung:
bestehen auf, beharren auf, pochen auf, insistieren Mit allen Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S behauptet, dass P, woraufhin ein Hörer Η behauptet, dass nicht-P, und S daraufhin zum zweiten Mal behauptet, dass P. bestehen auf, beharren auf pochen auf verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit auf oder als finite oder infinite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat, insistieren realisiert fakultativ die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit auf oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung, beide mit präpositionalem Korrelat. Η kann zusammen mit keinem der Verben thematisiert werden. Alle Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. Alle Verben können auch zur Bezugnahme auf Situationen verwendet werden, in denen ein Sprecher S einem Hörer Η gegenüber Forderungen oder Ansprüche stellt, die ihm durch eine vorausgegangene Äußerung von Η verweigert wurden, wie ζ. B. Er besteht/beharrt/pocht/insistiert auf seiner Forderung. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
—
—
+
+
—
—
—
+
+
—
bestehen auf
P(obl)
PP/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
+
beharren auf
P(obl)
PP/
+
PPKorrSE/ PPKorrlnf pochen auf
P(obl)
insistieren
P(fak)
PP/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
+
+
+
PP/
+
+
+
PPKorrSE/ PPKorrlnf Tab. 17: Lexikalische Merkmale der Verben des bestehen rfa/^Paradigmas
96
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
2.5.2 Die Paradigmen der Verben des re-reaktiven Äußerns von ,eher: nicht-P' Die Verben des re-reaktiven Äußerns von ,eher: nicht-P' lassen sich in zwei Paradigmen einteilen: eine Gruppe von Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen der Sprecher S kognitiv auf eine Reaktion eines Hörers Η reagiert und zum Ausdruck bringt, dass er eher nicht-P für wahr hält und dadurch seine Einsicht signalisiert (das einräumen-Paradigma), und eine Gruppe von Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher S auf eine Reaktion eines Hörers Η reagiert und zum Ausdruck bringt, dass er eher nicht-P für wahr hält und damit seine Versöhnlichkeit signalisiert (das einlenken-Paradigma). 2.5.2.1 Das «»rawTrae·«-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben einräumen, zugeben, eingestehen, zugestehen Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps EINRÄUMEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Position der Äußerung: Modus der Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fur wahr: eher nicht-P S ist bzgl. Ρ einsichtig S will: Η erkennt: S hält für wahr: eher nicht-P S will: Η erkennt: S ist bzgl. Ρ einsichtig re-reaktiv einsichtig
einräumen, zugeben, eingestehen, zugestehen Mit allen Verben dieses Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S behauptet, dass P, woraufhin ein Hörer Η behauptet, dass nicht-P, und S daraufhin zum Ausdruck bringt, dass er eher nicht-P für wahr hält, und damit seine Einsicht signalisiert. Alle Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung. Die Rolle von Η kann als Adpositionalphrase mit gegenüber realisiert werden. Alle Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, einräumen und zugeben haben noch die Bedeutung,etwas (ζ. B. ein Zimmer) einräumen' bzw. ,etwas zu etwas anderem dazugeben\ jemandem etwas zugestehen hat noch die Bedeutung jemandem etwas anerkennen/die Berechtigung von jemandem an etwas anerkennen', eingestehen hat noch eine Lesart als Mitteilensverb und zugestehen eine Lesart als Direktiv. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale:
97
Das Großparadigma der Assertive
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
einräumen
P(obl)
NP/ SE/Inf
+
-
-
-
+
-
zugeben
P(obl)
NP/ SE/Inf
+
-
-
-
+
-
eingestehen
P(obl)
NP/ SE/Inf
+
-
-
+
+
-
zugestehen
P(obl)
NP/ SE/Inf
+
-
-
+
+
-
Tab. 18: Lexikalische Merkmale der Verben des
2.5.2.2 Das
einräumen-Paradigmas
einlenken-Paradigma
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben einlenken, nachgeben, entgegenkommen, sich beugen, sich fugen Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps EINLENKEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Position der Äußerung: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fur wahr: eher nicht-P S ist bzgl. Ρ versöhnlich S will: Η erkennt: S hält für wahr: eher nicht-P S will: Η erkennt: S ist bzgl. Ρ versöhnlich re-reaktiv versöhnlich
einlenken, nachgeben, entgegenkommen, sich beugen, sich fugen Mit allen Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S behauptet, dass P, woraufhin ein Hörer Η behauptet, dass nicht-P, und S daraufhin zum Ausdruck bringt, dass er eher nicht-P ftir wahr hält und damit seine Versöhnlichkeit signalisiert. Mit einlenken und nachgeben wird die Rolle von Ρ fakultativ als Präpositionalphrase mit in realisiert, was selten vorkommt; Η wird nicht thematisiert, entgegenkommen verlangt obligatorisch die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ; die Rolle von Ρ kann als Präpositionalphrase mit in realisiert werden oder als mit dass eingeleitete finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat.
sich beugen und sich fügen lassen keinerlei Argumente zu. einlenken, nachgeben und entgegenkommen lassen unpersönliches Passiv zu, sich beugen und sich fugen sind nicht passivfähig. Keines der Verben kann explizit performativ verwendet werden. Alle Verben können noch mit Bezug auf
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
98
nicht-sprachliche Handlungen verwendet werden: einlenken hat noch die Bedeutung ,mit dem Auto in eine andere Richtung fahren', nachgeben hat noch die Bedeutung ,noch mehr geben', entgegenkommen hat noch die Bedeutung ,auf jemanden zukommen', sich beugen und sich fiigen haben noch die Bedeutung ,sich unterwerfen' bzw. .gehorchen'. Insgesamt haben die Verben die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
einlenken
P(fak)
PP
+
-
-
-
-
-
nachgeben
P(fak)
PP
+
-
-
-
-
-
entgegenkommen
H(obl) P(fak)
NP PP/ PPKorrSE
+
sich beugen
-
-
-
-
-
-
-
-
sich fiigen
-
-
-
-
-
-
-
-
Tab. 19: Lexikalische Merkmale der Verben des
3.
Pa radigmas
Das Großparadigma der Mitteilensverben
Das zweite Großparadigma der Repräsentative ist das der Mitteilensverben. Mit ihnen wird das folgende kommunikative Konzept lexikalisiert: Ausstattung des Rekurssituationstyps MITTEILEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht (mehr): Ρ
erinnern, mitteilen, informieren, unterrichten, melden, instruieren, benachrichtigen, verständigen, berichten, erzählen, schildern, beschreiben, nennen, angeben, zutragen, hinterbringen, verraten, enthüllen, preisgeben, offenbaren, aufdecken, ausplaudern, einweihen, einfuhren (jmdn. in etw.), anvertrauen, bekennen, gestehen, eingestehen, ankündigen, vorhersagen, voraussagen, warnen, bekanntgeben, verlautbaren, erklären, verbreiten, übermitteln, überbringen, bestellen, ausrichten, erläutern, darlegen, klarmachen, nahebringen, näherbringen, vermitteln, verdeutlichen, veranschaulichen
99
Das Großparadigma der Mitteilensverben
3.1
Das mwwmi-Paradigma
Die expandierte Vorannahme von S ,H kennt nicht mehr: P' wird nur durch das Prädikat erinnern lexikalisiert. Der Rekurssituationstyp, auf den mit erinnern Bezug genommen wird, hat die folgende Ausstattung: Ausstattung des Rekurssituationstyps E R I N N E R N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht mehr: Ρ
erinnern Mit erinnern wird auf eine Situation Bezug genommen, in der ein Sprecher S einem Hörer Η einen Sachverhalt Ρ mitteilt, den Η zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal gekannt hat und den er jetzt nicht mehr kennt, erinnern verlangt fakultativ die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Akkusativ und der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit an oder als mit dass oder einem κ/-Wort eingeleitete finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat; beide Argumentausdrücke können einzeln vorkommen, erinnern ist passivfähig und kann explizit performativ verwendet werden. Das Verb hat noch eine Lesart als Direktiv. Insgesamt hat es die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung DS-
Polysemie
Perförma-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen erinnern
H(fak)*
NP
P(fak)*
PP/
+
—
—
+
+
—
PPKorrSE *: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können thematisiert werden. Tab. 20: Lexikalische Merkmale von erinnern
Die Menge der Verben des Mitteilens lässt sich unter den folgenden fünf Aspekten in Paradigmen unterteilen: -
Sequenzialität der Äußerung Spezifik der Sprecherrolle Spezifik der Rolle von Η Spezifik der Einstellung von S zu Ρ Spezifik von Ρ
100
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Insgesamt ergibt sich die folgende Einteilung:
Abb. 9: Die Paradigmen der Mitteilensverben
3.2
D a s 7«/rttf/Ze?2-Paradigma
Die Verben mitteilen, informieren, instruieren und unterrichten sind von allen Mitteilensprädikaten die unspezifischsten; sie lexikalisieren lediglich die Sprechereinstellung: ,S kennt: P' sowie die Sprecherabsicht: ,S will: Η kennt P'. mitteilen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder w-Wort. Die Rolle von Η kann als Nominalphrase im Dativ realisiert werden, informieren verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit über bzw. von oder als mit dass oder einem w-Wort eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davon, darüber), instruieren verlangt die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Akkusativ. Die Rolle von Ρ kann als Präpositionalphrase mit über oder von oder als mit dass oder einem w-Wort eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davon, darüber) realisiert werden, unterrichten verlangt obligatorisch die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Akkusativ. Die Rolle von Ρ kann als Präpositionalphrase mit von oder als mit dass oder einem z^-Wort eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davon) realisiert werden. Alle vier Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, jemanden instruieren hat außerdem noch die Lesart jemandem Anweisungen geben' und jemanden unterrichten hat die Lesart jemandem Unterricht erteilen', mitteilen und informieren können auch zur Bezugnahme auf öffentliche Situationen verwendet werden, in denen Sprecher und/oder Adressat Vertreter von Institutionen sind. Insgesamt haben die Verben des #zzii«7i?z-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
101
Das Großparadigma der Mitteilensverben
Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
—
—
—
—
—
Performa- stilistische tivität Markiertheit
mitteilen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
informieren
H(obl) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
instruieren
H(obl) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
•
+
unterrichten
H(obl) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
+
+
Tab. 21: Lexikalische Merkmale der Verben des
3.3
Das
+
+
—
—
—
mitteilen-Paradigmas
berichten-VasnAigma.
Die Verben des berichten-Paradigmas
lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept:
Ausstattung des Rekurssituationstyps BERICHTEN Propositionaler Gehalt: Geschehens typ: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ Sequenz
berichten, beschreiben, schildern, erzählen Mit allen Verben des Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S einen Hörer Η mit mehreren Äußerungen von einem Sachverhalt Ρ in Kenntnis setzt. Die einzelnen Verben unterscheiden sich durch den mit ihnen lexikalisierten Äußerungsmodus: bei
berichten und beschreiben ist es eher der sachlich-neutrale Modus, bei erzählen und schildern eher der Modus der Anschaulichkeit, der lexikalisiert ist. berichten realisiert fakultativ die Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ und die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit von oder über oder als finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat ( d a v o n , darüber) oder als Infinitivergänzung. beschreiben verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit einem «/-Wort eingeleitete finite Satzergänzung. Die Rolle von Η kann als Nominalphrase
102
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
im Dativ realisiert werden, schildern verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als mit einem w-Wort eingeleitete finite Satzergänzung. Die Rolle von Η kann durch eine Nominalphrase im Dativ realisiert werden, erzählen realisiert fakultativ die Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ und die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit von oder als mit dass oder einem w-Wort eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davon). Wenn die Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ realisiert ist, dann muss auch die Rolle von Ρ realisiert sein. Alle Verben sind passivfähig; keines kann explizit performativ verwendet werden, erzählen hat außerdem noch die Lesart des narrativen Erzählens von (fiktionalen) Geschichten. Insgesamt haben die Verben des ^nV/»^«-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
berichten
H(fak) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE/ Inf
+
beschreiben
H(fäk) P(obl)
NP NP/ SE
+
schildern
H(fäk) P(obl)
NP NP/ SE
+
erzählen
H(fak) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische Markierttivität heit
+
Tab. 22: Lexikalische Merkmale der Verben des berichten-Paradigmas
3.4
Das « ^ m n i W n - P a r a d i g m a
Konstitutiv für die Etablierung dieses Paradigmas ist die Spezifizierung der Sprecherrolle als Nachrichtenüberbringer. Die Verben lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps ÜBERMITTELN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Rollenspezifik von S:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ Überbringer von Ρ
übermitteln, überbringen, bestellen, ausrichten
Das Großparadigma der Mitteilensverben
103
Die Verben dieses Paradigmas werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen ein Sprecher S im Auftrag einer anderen Person einen Hörer Η über einen Sachverhalt Ρ in Kenntnis setzt. Die einzelnen Prädikate unterscheiden sich durch spezifische Kontexte: übermitteln und überbringen sind kontextuell am wenigsten eingeschränkt; bestellen und ausrichten werden überwiegend in Kontexten von Grüßen und Glückwünschen verwendet, übermitteln, überbringen, bestellen und ausrichten verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ. Die Rolle von Η kann als Nominalphrase im Dativ realisiert werden. Alle Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, überbringen kann auch mit Bezug auf nicht-sprachliche Handlungen wie .einen Brief/ein Päckchen überbringen' verwendet werden, bestellen hat noch eine Lesart als Direktiv, und ausrichten hat die Bedeutung ,etwas (eine Feier) organisieren'. Insgesamt haben die Verben des übermitteln-VMzdÄgmzs die folgenden lexikalischen Merkmale: Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
übermitteln
H(fak) P(obl)
NP NP
+
-
-
-
+
-
überbringen
H(fak) P(obl)
NP NP
+
-
-
-
+
-
bestellen
H(fak) P(obl)
NP NP
+
-
-
+
+
-
ausrichten
H(fak) P(obl)
NP NP
+
-
-
-
+
-
Tab. 23: Lexikalische Merkmale der Verben des «^mw/rWtf-Paradigmas
3.5
Das
verlautbaren-Pasadigma
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des verlautbaren-ViT^igmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps VERLAUTBAREN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Rollenspezifik von H:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ mehrere H/Öffentlichkeit
verlautbaren, bekanntgeben, melden, verbreiten
104
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Mit allen Verben des Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S eine Hörerschaft H, die aus mehreren Personen besteht, von einem Sachverhalt Ρ in Kenntnis setzt, melden ist auf Kontexte beschränkt, in denen der Subjektausdruck oder der indirekte Objektausdruck eine Bezeichnung für eine Institution wie Militär, Polizei, Zeitung oder Wetterdienst oder für einen Vertreter einer Institution darstellt, verbreiten unterscheidet sich von den anderen Verben dadurch, dass mit ihm auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher S einen oder mehrere Hörer Η von einem Sachverhalt Ρ in Kenntnis setzt, wobei er davon ausgeht, dass Η Ρ an einen größeren Adressatenkreis weitergibt, verlautbaren verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als finite Satzergänzung mit einleitendem dass·, häufig tritt es in Kontexten mit lassen auf. bekanntgeben und melden verlangen obligatorisch die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder «/-Wort. Letzteres ist im Kontext von melden äußerst selten. Die Rolle von Η kann als Nominalphrase im Dativ realisiert werden, bei melden auch als Präpositionalphrase mit bei, vgl. Er hat den Diebstahl der Polizei/bei der Polizei gemeldet, verbreiten verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung. Alle Verben sind passivfähig; verbreiten ist resultativ und kann daher auch nicht explizit performativ verwendet werden, bekanntgeben und melden haben noch eine Lesart als Deklarativ. Insgesamt haben die Verben des verlautbaren-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
verlautbaren
P(obl)
SE
+
bekanntgeben
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
melden
H(fak)
NP/ PP NP/ SE
+
NP/ SE
+
P(obl)
verbreiten
P(obl)
Resultativität
-
+
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
-
-
+
-
—
+
+
—
+
+
-
-
-
-
Tab. 24: Lexikalische Merkmale der Verben des verlautbaren-Paradigmas
3.6
Die Paradigmen der Verben, mit denen spezifische Sprechereinstellungen lexikalisiert werden
Die Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Sprechereinstellungen, die über die für alle Verben des Mitteilens konstitutive Sprechereinstellung hinausgehen, gestattet die Etablierung der folgenden beiden Paradigmen:
Das Großparadigma der Mitteilensverben
105
s
1
S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ V
V
S will: Offenheit bzgl. Ρ
bekennen, gestehen, eingestehen
klarmachen, erläutern, nahebringen, verdeutlichen
Abb. 10: Die Paradigmen der Verben, mit denen spezifische Sprechereinstellungen lexikalisiert sind
3.6.1
Oas
klarma£hen-Vaxa0ipna.
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des klarmachen-VarsLdigmzs Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet:
Ausstattung des Rekurssituationstyps KLARMACHEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt gut: Ρ S will: Η kennt gut: Ρ Η kennt nicht gut: Ρ Sequenz
klarmachen, erklären, erläutern, darlegen, nahebringen, näherbringen, verdeutlichen, veranschaulichen
vermitteln,
Mit allen Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S einen komplexen Sachverhalt Ρ verständlich darstellt, um zu bewirken, dass Η Ρ gut kennt. Die Verben unterscheiden sich durch unterschiedliche Akzentuierungen der Spezifik von P: im Fall von klarmachen, erklären, erläutern, darlegen ist Ρ ein komplexer Sachverhalt, im Fall von nahe/näherbringen, vermitteln ein komplexer Sachverhalt, den gut zu kennen im Interesse von Η ist, und im Fall von verdeutlichen, veranschaulichen ist Ρ ein wesentlicher Aspekt eines komplexen Sachverhalts. Alle
106
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Verben des Paradigmas verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem w-Wort; im Fall von klarmachen, nahe/näherbringen, vermitteln, verdeutlichen, veranschaulichen ist auch eine finite Satzergänzung mit einleitendem dass möglich, nahe/näherbringen und vermitteln verlangen die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ, bei allen anderen Verben ist die Rolle von Η fakultativ, ebenfalls als Nominalphrase im Dativ, realisiert. Alle Verben sind passivfähig; keines von ihnen kann explizit performativ verwendet werden, erklären hat noch eine Lesart als Deklarativ, nahe/näherbringen hat noch die Bedeutung ,etwas näher heranbefördern', jemanden/etwas vermitteln hat noch die Bedeutung ,dafür sorgen, dass jemand etwas bekommt' bzw.,etwas zustande bringen', und etwas klarmachen hat noch die Bedeutung,etwas zu Ende bringen', veranschaulichen lexikalisiert zudem den Äußerungsmodus der Anschaulichkeit, des Verdeutlichens durch Bilder oder bildliche Vergleiche. Insgesamt haben die Verben des klarmachen-Vzti&igmzs die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
klarmachen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
erklären
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
erläutern
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
darlegen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
nahe/näherbringen
H(obl) P(obl)
NP NP/ SE
+
vermitteln
H(obl) P(obl)
NP NP/ SE
+
verdeutlichen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
veranschaulichen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
—
—
—
—
—
—
—
+
—
— —
—
—
—
—
—
—
-
—
—
— —
—
—
Tab. 25: Lexikalische Merkmale der Verben des klarmachen-Vat&dxgmis
—
Das Großparadigma der Mitteilensverben
3.6.2
107
Das ^i^ennen-Paradigma
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des £^«w^«-Paradigmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps B E K E N N E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Offenheit bzgl. Ρ S will: Η kennt: Ρ S will: Η erkennt: S will: Offenheit bzgl. Ρ Η kennt nicht: Ρ
Sprecherabsicht: Vorannahme von S:
bekennen, gestehen, eingestehen Mit den Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S zum Ausdruck bringt, dass er einen Sachverhalt Ρ offen (und wahrhaftig) zur Kenntnis gibt. Häufig ist Ρ eine vergangene Handlung von S oder eine Einstellung von S zu einem Sachverhalt oder zu einer Handlung Dritter. Alle drei Verben verlangen obligatorisch die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass·, die Rolle von Η kann als Nominalphrase im Dativ realisiert werden. Alle Verben lassen Passiv zu, was bei {ein)gestehen selten vorkommt. Alle Verben können explizit performativ verwendet werden. bekennen und gestehen haben jeweils noch eine Lesart als Deklarativ, und eingestehen hat noch eine Lesart als reaktives Assertiv. Insgesamt haben die Verben des ^^««^»-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
bekennen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
—
—
+
+
gestehen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
—
—
+
+
eingestehen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
—
—
+
+
Tab. 26: Lexikalische Merkmale der Verben des bekennen-Paradigmas
stilistische Markiertheit
—
108
3.7
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Mitteilensprädikate, die ein spezifisches Ρ lexikalisieren
Die Verben des Mitteilens sind am stärksten durch den Aspekt der Spezifik von Ρ strukturiert. Im Einzelnen ergibt sich das folgende Bild: Spezifik von Ρ
\
/
/
wichtig für Η
nur f. Η bestimmt
nicht f. Η bestimmt
1
'
Abb. 11: Paradigmen der Verben, für die der Aspekt der Spezifik von Ρ konstitutiv ist
3.7.1 Das ankündigen-ViLr&digma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des Äw^wW/jwz-Paradigmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps ANKÜNDIGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt zukünftig unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ
ankündigen, voraussagen, vorhersagen, warnen Mit den Verben ankündigen, voraussagen, vorhersagen, warnen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S einen Hörer Η von etwas Zukünftigem, einem Ereignis oder einer Handlung von S oder Dritten, in Kenntnis setzt, ankündigen und vorhersagen unterscheiden sich durch spezifische Kontexte: vorhersagen ist in seiner Lesart als zukunftsbezogenes Mitteilensverb im Wesentlichen auf meteorologische Kontexte beschränkt, warnen lexikalisiert zusätzlich noch zwei Vorannahmen von S, nämlich die Erwartbarkeit von Ρ und die Annahme, dass Ρ nicht im Interesse von Η ist. Insgesamt lexikalisiert warnen das folgende kommunikative Konzept:
109
Das Grofiparadigma der Mitteilensverben
Ausstattung des Rekurssituationstyps W A R N E N Propositionaler Gehalt:
Mitteilungsgehalt Ρ
Geschehens typ:
unbestimmt
Zeitbezug:
zukünftig
Rollenbezug:
unbestimmt
Einstellung von S zu P:
S kennt: Ρ
Sprecherabsicht:
S will: Η kennt: Ρ
Vorannahme von S:
Η kennt nicht: Ρ Ρ ist erwartbar Ρ ist nicht im Interesse von Η
warnen warnen
nimmt eine Zwischenstellung zwischen den Mitteilensverben und den Direktiven ein:
einerseits setzt ein Sprecher S einen Hörer Η von einem aus seiner Sicht erwartbaren zukünftigen Ereignis in Kenntnis, andererseits will S damit auch erreichen, dass Η etwas tut, womit er Ρ bzw. dessen negative Konsequenzen vermeiden kann. ankündigen
verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als
finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder if-Wort oder als Infinitvergänzung im Fall, dass Ρ eine zukünftige Handlung von S darstellt. Die Rolle von Η kann als Nominalphrase im Dativ realisiert werden, vorhersagen
und voraussagen
verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als
Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder w-Wort. Die Rolle von Η kann als Nominalphrase im Dativ realisiert werden, warnen realisiert fakultativ die Rolle von Η als Nominalphrase im Akkusativ und die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit vor·, als finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davor) oder als Infinitivergänzung mit oder ohne Korrelat. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, voraussagen
und vorhersagen
haben noch die Lesart eines Assertivs, mit dem die
Sprechereinstellung: ,S hält für wahrscheinlich: P' lexikalisiert ist. Insgesamt haben die Verben des dw&wWi^Tz-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
110
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
ankündigen
voraussagen
Passiv
Bewertung DSSprecher
Polysemie
tivität
+
—
—
—
H(fak)
NP
P(obl)
NP/ SE/Inf
H(fak)
NP NP/ SE
+
NP
+
P(obl)
vorhersagen
Argumentstruktur
H(fak) P(obl)
Resulta-
—
Performativität
stilistische Markiertheit
—
+
—
+
+
—
+
+
NP/ SE
warnen
H(fak)* P(fak)*
NP PP/SE/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrInf
+
+
*: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können thematisiert werden. Tab. 27: Lexikalische Merkmale der Verben des
3.7.2 Das
ankündigen-Vzrzdigmas
benachrichtigen-Vur^digma
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des benachrichtigen-Varadigmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps BENACHRICHTIGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Spezifik von P:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ Ρ zu kennen ist wichtig für Η
benachrichtigen, unterrichten, verständigen Mit allen Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S einen Hörer Η von einem Ereignis Ρ in Kenntnis setzt, von dem S glaubt, dass Ρ zu kennen für Η wichtig ist, wie ζ. B. Tod oder Unfall eines Familienangehörigen oder Geburt eines Kindes. Die Kenntnis des Ereignisses hat Folgen für das künftige Verhalten von H. Alle drei Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Akkusativ, benachrichtigen und unterrichten realisieren fakultativ die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit von oder über oder als mit dass oder w-Wort eingeleitete
111
Das Großparadigma der Mitteilensverben
finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davon, darübet), verständigen realisiert fakultativ die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit von oder als mit dass oder o>-Wort eingeleitete finite Satzergänzung mit oder ohne Korrelat {davon). Alle Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, unterrichten hat noch die Lesart Jemandem Unterricht erteilen'. Insgesamt haben die Verben des benachrichtigen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Be\v;'r tung DSSprecher
Polysemie
—
—
—
+
Performativität
benachrichtigen
Η (ob)) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
unterrichten
H(obl) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
—
+
+
verständigen
H(obl) P(fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
—
—
+
Tab. 28: Lexikalische Merkmale der Verben des
3.7.3
stilistische Markiertheit
—
—
benachnchtigen-Vnz&gmas
Das n?»n«K-Paradigma
Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des nennen-Paradigmas ist folgendermaßen ausgestattet:
Bezug genommen wird,
Ausstattung des Rekurssituationstyps NENNEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Spezifik von P:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ Zusatzinformation zu einem Sachverhalt, den S und Η kennen
nennen, angeben M i t beiden Verben wird auf eine Situation Bezug genommen, in der ein Sprecher S eine bestimmte Zusatzinformation Ρ zu einem Sachverhalt liefert, den S und Η kennen, nennen und angeben verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, angeben lässt auch noch die Realisierung der Rolle von Ρ als finite Satzergänzung zu. Die Rolle von Η kann als
112
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Nominalphrase im Dativ realisiert werden. Beide Verben sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, nennen wird auch mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen ein Sprecher S einen Gegenstand/Sachverhalt in einer bestimmten "Weise charakterisiert, wie ζ. Β .Er hat ihn einen romantischen Dichter genannt, jemanden X nennen hat noch die Bedeutung .jemandem den Namen X geben', jemanden etwas nennen hat die Bedeutung jemanden etwas heißen', (mit etwas) angeben hat noch die Bedeutung von ,prahlen'. Insgesamt haben die beiden Verben die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
nennen
H(fak) P(obl)
NP NP
+
angeben
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
-
-
-
-
—
—
—
—
stilistische Markiertheit
-
Tab. 29: Lexikalische Merkmale der Verben des rcfrcrcfH-Paradigmas
3.7.4 Das (jemanden in etwas) einweihen-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des einweihen-VarzAigmis Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps EINWEIHEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Spezifik von P: Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ Ρ zu kennen ist im Interesse von Η Sequenz
(jemanden in etwas) einweihen, {jemanden in etwas) einfiihren Mit beiden Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer etwas für ihn Neues und Interessantes zur Kenntnis gibt, meistens bestimmte Sach- oder Themengebiete wie Sprache, Philosophie oder bestimmte Künste oder Fertigkeiten wie Musikspielen oder Kochen. Beide Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Akkusativ und der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit in. Beide Verben sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, etwas einweihen und etwas einfiihren werden
113
Das Großparadigma der Mitteilensverben
auch mit Bezug auf nicht-sprachliche Handlungen verwendet, und jemanden in etwas einfahren hat noch eine Lesart als Direktiv. Insgesamt haben sie die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
einweihen
H(obl) P(obl)
NP PP
+
-
-
-
-
-
einfuhren
H(obl) P(obl)
NP PP
+
-
-
+
-
-
Tab. 30: Lexikalische Merkmale der Verben des «raK>«'/ji,w-Paradigmas
3.7.5 Das enfÄä/fen-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des enthüllen-Paradigmas wird, ist folgendermaßen ausgestattet:
Bezug genommen
Ausstattung des Rekurssituationstyps E N T H Ü L L E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Spezifik von P:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ geheim
enthüllen, verraten, preisgeben, offenbaren, aufdecken, ausplaudern Mit den Verben des fKi^ä/ZeTz-Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S einen Hörer Η von einem bestimmten Sachverhalt P, der als geheim gilt, in Kenntnis setzt, verraten wird mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen Ρ als etwas gilt, das geheim ist und unter keinen Umständen bekanntgegeben werden soll, aufdecken wird häufig mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen Recherchen und Nachforschungen zu einem Sachverhalt oder einer Person angestellt worden sind, aufdecken ist resultativ, ausplaudern gehört einem eher umgangssprachlichen Register an. Alle Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder auch bei verraten, offenbaren, preisgeben mit einleitendem w-Wort. enthüllen, verraten, preisgeben und offenbaren realisieren fakultativ die Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ. Alle Verben sind passivfähig; keines kann explizit performativ verwendet werden, offenbaren hat noch eine Lesart als Deklarativ, enthüllen hat noch die Bedeutung .etwas von einer Hülle befreien', preisgeben die Bedeutung ,etwas aufgeben/jemanden ausliefern'; aufdecken hat noch die Bedeutung ,die Decke
114
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
von etwas nehmen'. Insgesamt haben die Verben des enthüllen-Paradigmas lischen Merkmale: Verben
die folgenden lexika-
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
—
—
—
—
—
enthüllen
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
verraten
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
preisgeben
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
—
offenbaren
H(fak) P(obl)
NP NP/ SE
+
—
aufdecken
P(obl)
NP/ SE
+
ausplaudern
P(obl)
NP/ SE
+
—
t -
—
1
—
—
-
-
-
-
-
-
-
+
Tab. 31: Lexikalische Merkmale der Verben des fHi/fäZ/Wz-Paradigmas
3.7.6 Das
anver/rauen-Paradigma.
Der Rekurssituationstyp, auf den mit anvertrauen ausgestattet:
Bezug genommen wird, ist folgendermaßen
Ausstattung des Rekurssituationstyps ANVERTRAUEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Spezifik von P:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ nur fur Η bestimmt
anvertrauen
115
Das Großparadigma der Mitteilensverben
Mit anvertrauen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S einen Hörer Η von einem Sachverhalt Ρ in Kenntnis setzt, der nur für Η bestimmt ist und nicht an andere Personen weitergegeben werden soll, anvertrauen verlangt die Realisierung der Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ und der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder w-Wort. anvertrauen ist passivfähig und kann explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat es die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
anvertrauen
H(obl) P(obl)
Argumentstruktur
Passiv
NP NP/ SE
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
—
—
—
Performativität
+
stilistische Markiertheit
—
Tab. 32: Lexikalische Merkmale von anvertrauen
3·7.7 Das zutragen-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des zutragen-Paradigmas wird, ist folgendermaßen ausgestattet:
Bezug genommen
Ausstattung des Rekurssituationstyps Z U T R A G E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahme von S: Spezifik von P:
Mitteilungsgehalt Ρ unbestimmt unbestimmt unbestimmt S kennt: Ρ S will: Η kennt: Ρ Η kennt nicht: Ρ Ρ zu kennen ist im Interesse von Η nicht fur Η bestimmt zutragen,
hinterbringen
Mit den Verben zutragen und hinterbringen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher S einen Hörer Η von einem Sachverhalt Ρ in Kenntnis setzt, der nicht für Η bestimmt ist, von dem aber S annimmt, dass es für Η von Interesse ist, Ρ zu kennen, zutragen und hinterbringen realisieren obligatorisch die Rolle von Η als Nominalphrase im Dativ und die Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder finite Satzergänzung mit einleitendem dass oder w-Wort. Beide Verben sind passivfähig; keines kann explizit performativ verwendet werden, zutragen hat noch die Bedeutung .etwas zu jemandem hintragen'. Insgesamt haben die beiden Verben die folgenden lexikalischen Merkmale:
116
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung D S -
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen zutragen
H(obl)
NP
P(obl)
NP/
+
—
-
—
—
-
SE hinterbringen
H(obl)
NP
P(obl)
NP/
+
SE Tab. 33: Lexikalische Merkmale der Verben des
4.
zutragen-Paradigmas
Der Seitenblick auf das Englische
Ebenso wie für das Deutsche lassen sich für das Englische die repräsentativen Prädikate in die beiden Großparadigmen der Assertive und der Mitteilensverben einteilen.
4.1
Das Großparadigma der Assertive
Auch für das Englische kann man unter dem Gesichtspunkt der Lexikalisierung der epistemischen Einstellung des Rekurssituationssprechers für das Großparadigma der Assertive zwei Unterparadigmen etablieren: einmal das Unterparadigma, mit dessen Verben die Einstellung ,S hält für wahrscheinlich: P' lexikalisiert ist, und zum andern das Unterparadigma, mit dessen Verben die Einstellung ,S hält (nicht) für wahr: (nicht) P' lexikalisiert ist.
4.1.1 Das y^itoteZ/ew-Paradigma und englisch to state Im Deutschen nimmt das feststellen-V&iz&gmz eine Zwischenstellung zwischen assertiven und direktiven Sprechaktverben ein. Eine solche Lesart hat das englische to state, das durchwegs in den zweisprachigen Wörterbüchern als Äquivalent zu feststellen angegeben wird, nicht, to state hat die folgenden drei Bedeutungen/Lesarten: -
to state something = ,nennen, angeben' to state that = ,förmlich behaupten, erklären' (vgl. Vanderveken 1990) to state that = feststellen' in der Lesart als Deklarativ
4.1.2 Das Unterparadigma der Verben, mit denen die Sprechereinsteilung ,S hält für wahrscheinlich: P' lexikalisiert wird Das englische Paradigma der Assertive, für das die Sprechereinstellung ,S hält für wahrscheinlich: P' konstitutiv ist, unterscheidet sich in drei Hinsichten von seiner deutschen Entsprechung: -
Im Englischen ist der Aspekt des Zeitbezugs von Ρ (unbestimmt vs. zukünftig) konstitutiv für die Etablierung weiterer zweier Unterparadigmen. Im Deutschen gibt es keine einfachen Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher zum Ausdruck bringt, dass er einen zeitlich unbestimmten Sachverhalt für wahrscheinlich hält: zur Bezug-
Der Seitenblick auf das Englische
117
nähme auf solche Situationen stehen nur Funktionsverbgefüge wie Mutmaßungen anstellen oder Vermutungen aussprechen zur Verfügung. — Die Verben, die den Zeitbezug zukünftig' lexikalisieren, unterscheiden sich durch den Aspekt von unterschiedlichen Graden der epistemischen Einstellung voneinander (vgl. Vanderveken 1990): to predict ist neutral und entspricht dem deutschen voraus/vorhersagen, to forecast lexikalisiert in meteorologischen Kontexten einen höheren Grad an Wahrscheinlichkeit, und to foretell lexikalisiert das Konzept ,etwas Zukünftiges mit großer Wahrscheinlichkeit vorhersagen', to prophesy entspricht dem deutschen prophezeien. - Für die deutschen Verben unken und schwarzmalen gibt es im Englischen keine Entsprechungen als einfache Prädikate. Vergleichend ergibt sich das folgende Bild:
Abb. 12: Das Paradigma der Verben, mit denen die Einstellung: ,S hält fiir wahrscheinlich: P' lexikalisiert ist, im deutsch-englischen Vergleich
4.2
Das Großparadigma der Verben, die die epistemische Einstellung ,S hält für wahr: P( und ,S hält nicht fiir wahr: P' lexikalisieren
Wie fiir das Deutsche ist auch für das Englische die Unterscheidung der Lexikalisierung der epistemischen Einstellung in ,S hält für wahr: P' und ,S hält nicht für wahr: P' konstitutiv. 4.2.1 Das /ügen-Pardigma Das lügen-Pardigma ist im Englischen sehr viel ärmer ausgestattet als im Deutschen (vgl. dazu auch Harras 1993). Dies ist wesentlich durch die morphologischen Möglichkeiten der verbalen Präfigierung im Deutschen begründet, d.h., englische Äquivalente zu anlbelvorlerlrumlügen
118
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
sowie zu den entsprechenden Formen von schwindeln und flunkern gibt es nicht. Das deutsche flunkern hat kein englisches Äquivalent als einfaches Verb, sondern nur komplexe Ausdrücke wie to tell stories/fibs oder to make up. Insgesamt enthält das englische Paradigma lediglich die beiden Verben to lie und to fib (,schwindeln'). 4.2.2 Das behaupten-Vax&dl%m& Die englische Entsprechung des behaupten-Paradigmas enthält die Verben to assert, to claim und to state, to state lexikalisiert den Außerungsmodus der Förmlichkeit und hat noch eine Lesart als Deklarativ; to claim hat noch die Lesart Anspruch auf etwas erheben'. Insgesamt ergibt sich die folgende Strukturierung des Paradigmas im deutsch-englischen Vergleich:
Abb. 13: Das behaupten-Paradigma im deutsch-englischen Vergleich
4.3
Das Paradigma der Verben mit behaupten!assert als Implikat
Für die Strukturierung des englischen Paradigmas der Verben mit assert als Implikat sind, ebenso wie für seine deutsche Entsprechung, die Aspekte des Außerungsmodus, der Sequenzialität sowie der Position der Äußerung konstitutiv: der Aspekt des deutlichen Äußerns wird durch to correct lexikalisiert, dem Äquivalent von richtigstellen·, der Aspekt des verbindlichen Äußerns wird durch to deny und to withdraw lexikalisiert, den Äquivalenten von widerrufen und zurücknehmen/ziehen·, das deutsche Verb dementieren, mit dem eine Spezifizierung von Ρ als öffentliche Meinung/Gerücht lexikalisiert wird, hat keine Entsprechung im Englischen. Der Modus der Nachdrücklichkeit des Äußerns wird im Englischen durch die Verben to assure, to affirm, to confirm, to aver, to {a) vouch, to certify, to attest, to swear lexikalisiert. Von den deutschen Äquivalenten des Paradigmas, beteuern, bekräftigen, (be)schwören, versichern, sich verbürgen, gibt es für to (a)vouch die Entsprechung sich verbürgen, fur to swear die Entsprechung (be)schwören. Für alle anderen Prädikate gibt es keine eindeutigen Eins-zu-Eins-Entsprechungen: den Verben to assure, to affirm, to confirm können die Entsprechungen beteuern, bekräftigen, versichern zugeordnet werden. Die englischen
Der Seitenblick auf das Englische
119
Verben to aver, to certify; to attest lexikalisieren zusätzliche Aspekte der epistemischen Einstellung (Gewissheit) und des Modus der Äußerung (förmlich, ernsthaft). Insgesamt ergibt sich die folgende Strukturierung des Paradigmas im deutsch-englischen Vergleich:
Abb. 14: Das Paradigma der Verben des nachdrücklichen Behauptens im deutsch-englischen Vergleich
4.4
Das Paradigma der Verben des reaktiven Äußerns
Zu diesem Paradigma gehören alle Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher auf eine vorausgegangene Äußerung zustimmend, ablehnend oder zweifelnd reagiert. Zu dieser Großgruppe gehören auch die Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher auf bereits erfolgte Hörerreaktionen wiederum reagiert; ihre Positionierung wird als re-reaktiv charakterisiert. Für die Etablierung von Unterparadigmen der Verben des reaktiven Äußerns sind die Aspekte der Art der Reaktion konstitutiv. Für alle Aspekte finden sich englische Ausdrücke, die sie lexikalisieren, so dass im deutsch-englischen Vergleich nur geringfügige Unterschiede in den paradigmatischen Strukturen zu verzeichnen sind. Im Einzelnen: Der Aspekt der Reaktion ,ja: P' ist im Deutschen durch die Verben zustimmen, bestätigen, bejahen, beipflichten, im Englischen durch die Verben to agree und to assent lexikalisiert. Der Aspekt der Reaktion ,nein: P' ist im Deutschen durch die Verben abstreiten, bestreiten, verneinen, leugnen, widersprechen, zurückweisen, kontern, dementieren, widerlegen, entkräften lexikalisiert, die durch die Aspekte des Äußerungsmodus der Deutlichkeit (für widersprechen, zurückweisen), der Spezifizierung von Ρ (fur dementieren) sowie der Sequenzialität der Äußerung (für widerlegen, entkräften) semantisch weiter differenziert werden können. Im Englischen wird der Aspekt der Reaktion ,nein: Pl durch die Verben to deny, to negate, to disclaim, to disagree, to contra-
120
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
diet, to refute, to disprove lexikalisiert. Der Aspekt des Äußerungsmodus der Deutlichkeit (und Förmlichkeit) wird durch to disclaim (vgl. Vanderveken 1990) lexikalisiert, der Aspekt der Sequenzialität der Äußerung durch to refiite und to disprove. Der Aspekt der Spezifizierung von Ρ ist im Englischen nicht konstitutiv für die Strukturierung des Paradigmas. Insgesamt ergibt sich für die beiden Sprachen die folgende Strukturierung:
Abb. 15: Das Paradigma der Verben der negativen Reaktionsäußerung im deutsch-englischen Vergleich
Der Aspekt der Reaktion ,eher: nicht P' wird im Deutschen durch die Verben an/bezweifeln, im Englischen durch to doubt lexikalisiert. Alle Ausdrücke sind hybrid, d. h., sie werden sowohl mit Bezug auf das Haben der Einstellung des Zweifels als auch auf deren sprachliches Zum-Ausdruck-Bringen verwendet.
4.5
Das Paradigma der Verben des re-reaktiven Äußerns
Dieses Paradigma enthält alle Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher auf eine bereits erfolgte Hörerreaktion seinerseits reagiert. Das Paradigma der deutschen Verben ist durch die Aspekte der Reaktion ,doch: P' und ,eher: nicht-P' strukturiert. ,doch: P' ist durch bestehen auf, beharren auf, pochen auf, insistieren lexikalisiert, im Englischen durch to insist, to sustain, to maintain. Der Aspekt ,eher: nicht-P' ist im Deutschen durch einräumen, zugeben, eingestehen, einlenken, nachgeben lexikalisiert und kann durch den Äußerungsmodus .einsichtig' oder .versöhnlich' semantisch weiter differenziert werden. Den Aspekt der Einsichtigkeit lexikalisieren im Deutschen die Verben einräumen, zugeben, zugestehen, im Englischen die Verben to concede und to admit. Im Englischen fehlt eine Lexikalisierung des Aspekts der Versöhnlichkeit, d. h., es gibt kein Äquivalent für einlenken. Die noch zum Paradigma gehörigen englischen Verben to acquiesce und to recant lexikalisieren den Aspekt der Art des Äußerungsvollzugs
Der Seitenblick auf das Englische
121
als ,unter Zwang' (vgl. Vanderveken 1990). Insgesamt ergibt sich für die beiden Sprachen die folgende Strukturierung:
Abb. 16: Das Paradigma der Verben des re-reaktiven Äußerns im deutsch-englischen Vergleich
4.6
Das Großparadigma der Mitteilensverben
Dieses Paradigma enthält alle Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher einem Hörer etwas zur Kenntnis gibt. Für die weitere Strukturierung des deutschen Paradigmas sind die folgenden Aspekte konstitutiv: -
Sequenzialität der Äußerungen Spezifik von S: Überbringer von Ρ Spezifik von H: mehrere H/Öffentlichkeit Spezifik der Einstellung von S zu Ρ Spezifik von Ρ
4.6.1
Das m(Vf«/n>-Paradigma
Die Verben, die im Deutschen die nicht weiter spezifizierte Situation der Informationsvermittlung bezeichnen, sind mitteilen, informieren, instruieren, unterrichten-, für das Englische sind dies to tell, to inform, to impart und to convey, to tell hat noch weitere Lesarten als Direktiv und als Repräsentativ (.erzählen')» und to convey hat noch die Lesart,etwas übermitteln'. 4.6.2
Das
berichten-Paradigma
Zu diesem Paradigma gehören alle Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher einen Hörer mit mehreren Äußerungen von etwas in Kenntnis setzt. Für das Deutsche sind dies berichten, beschreiben, schildern, erzählen, für das Englische to report, to describe und to tell, wobei to describe das Äquivalent sowohl von beschreiben als auch von schildern ist.
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
122 4.6.3 Das «^«fflHWn-Paradigma
Konstitutiv ftir die Etablierung dieses Paradigmas ist die Spezifizik der Sprecherrolle als Nachrichtenüberbringer. Für die zu diesem Paradigma gehörigen deutschen Verben übermitteln, überbringen, bestellen, ausrichten gibt es im Englischen keine Eins-zu-Eins-Entsprechungen. Die englischen Ausdrücke to tell und to convey können als Äquivalente von übermitteln, überbringen, bestellen, ausrichten verwendet werden, sind aber nicht auf die Lexikalisie rung der Spezifik von S als Nachrichtenüberbringer festgelegt. 4.6.4 Das
verlautbaren-Paradigma
Konstitutiv für die Etablierung dieses Paradigmas ist die Spezifik der Hörerrolle als mehrere Hörer/Öffentlichkeit. Für die deutschen Verben verlautbaren, bekanntgeben, verbreiten gibt es die englischen Äquivalente to announce, to declare und to spread, to announce hat noch die Lesart,ankündigen', und to declare hat noch eine Lesart als Deklarativ.
4.7
Die Paradigmen der Verben, mit denen spezifische Sprechereinstellungen lexikalisiert werden
Für die Etablierung der deutschen Paradigmen sind die Spezifizierungen der Sprechereinstellung ,S kennt gut: P' und ,S will: Offenheit bezüglich P' konstitutiv. Die Einstellung ,S kennt gut: P' wird im Deutschen durch die Verben klarmachen, erklären, erläutern, darlegen, nahebringen, verdeutlichen, veranschaulichen, im Englischen durch die Verben to explain, to elucidate, to clarify, to expound, to illustrate lexikalisiert. Ein einfaches englisches Äquivalent ftir das deutsche nahelnäherbringen fehlt. Die Sprechereinstellung ,S will: Offenheit bezüglich P' wird im Deutschen durch die Verben bekennen, gestehen, eingestehen, im Englischen durch die Verben to confess und to admit lexikalisiert. Alle Verben bis auf to admit haben noch eine Lesart als Expressiv.
4.8
Die Paradigmen der Mitteilensverben, mit denen ein spezifisches Ρ lexikalisiert wird
Für die Etablierung der deutschen Paradigmen sind die folgenden Ausprägungen der Spezifik von Ρ konstitutiv: -
P: zukünftig P: wichtig für Η Ρ: Zusatzinformation Ρ: von Interesse fiir Η Ρ: geheim Ρ: nur für Η bestimmt P: nicht für Η bestimmt
Bis auf die letzte Ausprägung sind alle anderen auch fiir die Etablierung englischer Paradigmen konstitutiv.
Der Seitenblick a u f das Englische
4.8.1 Das
123
ankündigen-Parzdigpia
Mit den Verben dieses Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einen Hörer von etwas Zukünftigem in Kenntnis setzt. Im Deutschen sind dies ankündigen, vorhersagen, warnen, im Englischen to announce und to warn, to announce hat noch die Lesart öffentlich bekanntgeben', warnen und to warn lexikalisieren zusätzlich die Vorannahmen von S ,P ist erwartbar' und ,P ist nicht im Interesse von H'; sie nehmen eine Zwischenstellung ein zwischen Mitteilensverben und Direktiven: einerseits nehmen sie Bezug auf Situationen, in denen ein Sprecher einen Hörer von einem erwartbaren Ereignis in Kenntnis setzt, andererseits nehmen sie Bezug auf Situationen, in denen S mit seiner Ankündigung auch erreichen will, dass Η etwas tut, womit er Ρ bzw. dessen negative Konsequenzen vermeiden kann. Im Englischen gibt es außer to warn noch die Verben to forewarn, to caution, to alert, to alarm, mit denen unterschiedliche Spezifizierungen von Ρ lexikalisiert werden (vgl. auch Vanderveken 1990): mit to forewarn (entspricht dem deutschen vortuarnen) ,P: in weiterer Zukunft', mit to caution ,P: beachtenswerte Gefahr', mit to alert ,P: große Gefahr' und mit to alarm ,P: unmittelbare Gefahr'. Insgesamt ergeben sich ftir die beiden Sprachen die folgenden Strukturen:
DEUTSCH
P: in weiterer Zukunft
ENGLISCH
P: in weiterer Zukunft
vorwarnen
to alert Abb. 17: Das warnen-Paradigma
to alarm
im deutsch-englischen Vergleich
4.8.2 Gemeinsamkeiten der deutschen und englischen Paradigmen von Verben, mit denen ein spezifisches Ρ lexikalisiert wird Für die deutschen und englischen Paradigmen von Verben, mit denen ein spezifisches Ρ lexikalisiert wird, gibt es die folgenden Gemeinsamkeiten: -
Die Spezifik von Ρ als .wichtig ftir H' wird im Deutschen durch benachrichtigen, verständigen, im Englischen durch to notify lexikalisiert. Die Spezifik von Ρ als ,Zusatzinformation' wird im Deutschen durch angeben, Englischen durch to give (a name, an address), to name, to indicate lexikalisiert.
unterrichten, nennen, im
124 -
-
Lexikalische Strukturen der Repräsentative
Die Spezifik von Ρ als ,νοη Interesse für H' wird im Deutschen durch einweihen, einfuhren, im Englischen durch to initiate, to introduce lexikalisiert. Die Spezifik von Ρ als .geheim' wird im Deutschen durch enthüllen, verraten, preisgeben, offenbaren, aufdecken, ausplaudern, im Englischen durch to reveal, to betray, to dis/uncover lexikalisiert; ein englisches Äquivalent zu ausplaudern fehlt. Die Spezifik von Ρ als ,nur für Η bestimmt' wird im Deutschen durch anvertrauen, im Englischen durch to confide lexikalisiert.
4.8.3 Unterschiede zwischen deutschen und englischen Paradigmen von Verben, mit denen ein spezifisches Ρ lexikalisiert wird Zwischen den deutschen und englischen Paradigmen von Verben, mit denen ein spezifisches Ρ lexikalisiert wird, gibt es die folgenden Unterschiede: -
Für die Spezifik von Ρ als ,nicht für Η bestimmt' gibt es im Englischen keine Lexikalisierung, d. h., es gibt keine Äquivalente zu zutragen, hinterbringen. Im Englischen gibt es eine Lexikalisierung der Spezifik von Ρ als vergangen' durch das Verb to retrodict, das allerdings, wie Vanderveken (1990) zugibt, selten verwendet wird. Im Englischen gibt es eine Lexikalisierung der Spezifik von Ρ als ,bewusst geheim gehalten' durch das Verb to divulge (vgl. Vanderveken 1990).
Edeltraud Winkler
Lexikalische Strukturen der Direktive 1.
Die Großparadigmen der Direktive
Direktive sind Verben, mit denen voluntative Sprechereinstellungen lexikalisiert sind, die sich auf zukünftige Handlungen eines Hörers beziehen. Konstitutiv für eine erste Grobstrukturierung des Paradigmas der Direktive ist die Art des propositionalen Gehalts der Äußerung. Es handelt sich entweder um einen Mitteilungsgehalt oder um einen Fragegehalt. Mit dieser grundlegenden Unterscheidung ist eine weitere Differenzierung verbunden: Wenn der propositionale Gehalt der sprachlichen Äußerung ein Fragegehalt ist, dann ist die zukünftige Hörerhandlung eine sprachliche; ist der propositionale Gehalt der Äußerung ein Mitteilungsgehalt, dann geht es um eine nicht-sprachliche Handlung, die der Hörer ausführen soll. Diese Unterscheidung grenzt die Paradigmen der Verben des Fragens von allen anderen Paradigmen direktiver Verben ab. Für die weitere Strukturierung der Paradigmen der Direktive ist der Aspekt der Einstellung des Sprechers zu Ρ konstitutiv. So lassen sich vier Großparadigmen direktiver Verben etablieren, vgl. Abb. 1:
Abb. 1: Großparadigmen der Direktive
Die vier Großparadigmen der Direktive bestehen aus folgenden Prädikaten: (i) Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher zum Ausdruck bringt, dass der Hörer etwas tun soll, ζ. B. auffordern, bitten. (ii) Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher zum Ausdruck bringt, dass der Hörer etwas nicht tun soll, ζ. B. verbieten. (iii) Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher zum Ausdruck bringt, dass er nicht will, dass der Hörer etwas nicht tut, ζ. B. erlauben. (iv) Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher zum Ausdruck bringt, dass der Hörer mit einer sprachlichen Handlung auf die von ihm gestellte(n) Frage(n) reagieren soll, ζ. Β .fragen.
126
Lexikalische Strukturen der Direktive
Zu (i) gehören alle Paradigmen der Verben des Aufforderns, die Paradigmen der Verben des Bittens und eine Restgruppe anderer Paradigmen direktiver Verben. Die Verben dieser Paradigmen dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher die voluntative propositionale Einstellung ,S will: P' hat. Unter (ii) sind die Paradigmen der Verben des Verbietens zusammengefasst und unter (iii) die Paradigmen der Verben des Erlaubens. Das unter (iv) genannte Großparadigma umfasst alle Paradigmen der Verben des Fragens. Für die Etablierung der unter (i) genannten Verbparadigmen sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps AUFFORDERN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ
Λ
J
auffordern, einweisen, mahnen, verweisen, zurückrufen, ersuchen, auftragen, überweisen, ermahnen, anhalten, gemahnen, anweisen, zurückpfeifen, fordern, verlangen, abverlangen, einfordern, wünschen, bestehen auf, beharren auf, pochen auf befehlen, abkommandieren, einberufen, abberufen, gebieten, anordnen, kommandieren, verfugen, beordern, befehligen, einziehen, rekrutieren, mobilisieren, anberaumen, festsetzen, ansetzen, diktieren, veranlassen, verordnen, zitieren, vorschreiben, heißen, verschreiben, vorladen, bestellen, rufen, abbestellen, beauftragen, betrauen, bevollmächtigen, absagen, annullieren, kündigen, von etw. zurücktreten, abblasen, zurücknehmen, aufgeben, ordern, abonnieren, reservieren, vorbestellen, ermächtigen, berechtigen, autorisieren, anleiten, unterweisen, instruieren, einarbeiten, einführen, anlernen, unterrichten, beibringen, bitten, sich ausbitten, {sich) erbitten, nachsuchen, flehen, anflehen, erflehen, betteln, anbetteln, erbetteln, beschwören, einladen, laden zu, bitten zu, vorschlagen, empfehlen, beantragen, ersuchen, appellieren, aufrufen, erinnern, abmahnen, anmahnen
Es handelt sich bei diesem Großparadigma von direktiven Verben um alle Arten von Auffordernsverben, also auch um Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen Bitten geäußert, Einladungen ausgesprochen, Vorschläge gemacht, Anträge gestellt oder Mahnungen ausgesprochen werden. Sie werden im Abschnitt 3. im Einzelnen beschrieben. Für die Etablierung der unter (ii) genannten Verbparadigmen sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
Die Großparadigmen der Direktive
127
Ausstattung des Rekurssituationstyps VERBIETEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: nicht-P S will: Η tut nicht: Ρ nicht erwartbar: nicht-P
verbieten, unterbinden, untersagen, verwehren, einschreiten, eingreifen, abwürgen, verweigern, abschlagen, sich verbitten, sich verwahren M i t den angegebenen Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher einem Hörer zu verstehen gibt, dass er etwas Bestimmtes, P, nicht tun soll. Dass der Hörer die entsprechende Handlung unterlässt, ist ohne das Verbot für den Sprecher nicht erwartbar. Die Paradigmen der Verbietensverben werden im Abschnitt 4. genauer beschrieben. Für die Etablierung der unter (iii) genannten Verbparadigmen sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps ERLAUBEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will nicht: nicht-P S will: Η erkennt: S will nicht: Η tut nicht: Ρ im Interesse von Η: Ρ
erlauben, einwilligen, gewähren, zustimmen, billigen, gestatten, genehmigen, bewilligen, zugestehen, freistellen M i t Verben des Erlaubens wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher mit seiner Äußerung zu verstehen gibt, dass er eher nicht will, dass der Hörer Ρ nicht tut. Ρ zu tun liegt im Interesse des Hörers. Die Paradigmen der Erlaubensverben werden im Abschnitt 5. im Einzelnen beschrieben. Für die Etablierung der unter (iv) genannten Verbparadigmen sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
128
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ausstattung des Rekurssituationstyps FRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S will: Η tut: R
fragen, anfragen, befragen, sich erkundigen, sich informieren, sich unterrichten, erfragen, nachfragen, ausfragen, abfragen, abhören, prüfen, examinieren, zurückfragen, nachhaken, rückfragen, aushorchen, interviewen, konsultieren, vernehmen, verhören, ausquetschen, löchern, sich durchfragen, herumfragen, rumfragen Mit den aufgeführten Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer eine Frage/Fragen stellt, wobei der Sprecher für wahr hält, dass die Frageproposition zu einer vollständigen Proposition ergänzbar ist. Die Frageverben dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher will, dass der Hörer durch eine sprachliche Handlung die Frageproposition ergänzt und damit die Frage beantwortet, weil er von der Annahme ausgeht, dass der Hörer den fraglichen Sachverhalt kennt. Für einige Autoren (ζ. B. Reis/Rosengren (1991)), die sich mit der Klassifizierung von Sprechakten befasst haben, gehören die Fragen weniger zu den Direktiven als vielmehr zu den Assertiven, mit dem Argument, dass es bei der Assertion darum geht, eine kognitive Lücke beim Adressaten zu schließen, und mit der Frage auf eine kognitive Lücke beim Sprecher hingewiesen wird, die der Hörer oder Adressat schließen soll (vgl. auch Wunderlich (1976) und Rosengren (1986)). Aber auch Reis/Rosengren (1991) betonen, dass der Sprechakt des Fragens nur im Zusammenhang mit dem Akt des Antwortens, der vom Sprecher erwarteten reaktiven sprachlichen Handlung des Hörers, befriedigend beschrieben werden kann. Deshalb kann das Fragen auch als das Bitten um eine Antwort unter die Direktive eingeordnet werden. Das entspricht dem Vorgehen einer ganzen Reihe von Autoren, die das Fragen als einen Spezialfall des Auffordems, und damit als einen direktiven Sprechakt, betrachten, so z.B. Searle (1969, 1975), Searle/Vanderveken (1985), Verschueren (1985) und Vanderveken (1990/91). Was für die Sprechakte gilt, kann auch für die Verben angenommen werden, mit denen auf diese Sprechakte Bezug genommen wird. Man kann also sagen: Frageverben werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher einen Hörer auffordert/bittet, mit einer sprachlichen Handlung auf seine Äußerung zu reagieren. Die Paradigmen der Frageverben werden im Abschnitt 6. im Einzelnen beschrieben.
2.
Die Paradigmen der Verben des Ratens und Abratens
Die Paradigmen der Ratensverben gehören in keines der genannten Großparadigmen der Direktive, denn ihre Verben lexikalisieren keine der vier beschriebenen Sprechereinstellungen. Die Verben, mit denen auf das Erteilen von Ratschlägen Bezug genommen wird, nehmen eine Zwischenstellung zwischen den Direktiven und den Expressiven ein. Sie lexikalisieren die Sprechereinstellung ,S findet: Ρ ist im Interesse von H' und die Sprecherabsicht ,S will: Η erkennt: S findet: Ρ ist im Interesse von H'. Mit den Verben dieser Paradigmen wird also auf
Die Paradigmen der Verben des Ratens und Abraten«
129
Situationen Bezug genommen, in denen es dem Sprecher in erster Linie darum geht, dass der Hörer erkennt, dass der Sprecher findet, dass eine bestimmte Handlung oder Handlungsweise im Interesse des Hörers liegt. Der Sprecher geht in diesen Situationen von der Annahme aus, dass der Hörer nicht weiß, ob er Ρ oder Q tun soll. (Und zwar auf Grund der Tatsache, dass der Hörer in einer der Rekurssituation vorausgegangenen Situation zu erkennen gegeben hat, dass er nicht weiß, ob er Ρ oder Q tun soll.) Unter dem Gesichtspunkt der Sequenzialität und des Äußernsmodus können zwei Unterparadigmen des raten-Paradigmas etabliert werden, vgl. Abb. 2:
Abb. 2: Die Paradigmen der Ratensverben
2.1
Das
ratew-Paradigma
Die Verben dieses Paradigmas dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher zum Ausdruck bringt, dass er Ρ fiir die beste aller möglichen (Handlungs)Alternativen hält. Die Verben nehmen Bezug auf Situationen, denen jeweils eine andere Situation vorausgegangen ist, in der der Hörer den Sprecher in irgendeiner Weise um Rat gebeten hat. Für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
130
Lexikalische Strukturen der Direktive Ausstattung des Rekurssituationstyps RATEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S findet: Ρ ist im Interesse von Η S will: Η erkennt: S findet: Ρ ist im Interesse von Η Η weiß nicht: Ρ oder Q tun
Vorannahmen von S:
raten, anraten, zuraten, ermuntern, ermutigen, zureden, befürworten M i t ermuntern und ermutigen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher einem noch zögerlichen Hörer einen Ratschlag erteilt, zureden dient der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher - meist mit einer längeren Redesequenz - dem Hörer einen eindringlichen Rat erteilt, raten realisiert die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ; anraten, zuraten und zureden realisieren die Hörerrolle obligatorisch als Nominalphrase im Dativ,
und ermuntern
und ermutigen
realisieren die Hörerrolle obligatorisch als Nominalphrase im
Akkusativ. Bei befürworten ist die Thematisierung von Η blockiert, raten, anraten, ermuntern und befürworten realisieren die Rolle von Ρ obligatorisch, die anderen Verben realisieren diese Rolle fakultativ. Für die Realisierung der Rolle von Ρ gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:
• • • • •
raten - als Nominalphrase im Akkusativ, als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung, die auch mit einem präpositionalen Korrelat (dazu) auftreten kann anraten - als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird, oder als Infinitivergänzung zuraten - als Infinitivergänzung, gelegentlich auch als Präpositionalphrase mit zu oder als finite Satzergänzung ermuntern - als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung, die auch mit einem präpositionalen Korrelat (dazu) auftreten kann ermutigen — als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung, die auch mit einem präpositionalen Korrelat (dazii) auftreten kann
•
zureden — als Infinitivergänzung
•
befürworten - als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird und die auch gemeinsam mit einem Korrelat (es) auftreten kann.
Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig, anraten und zuraten werden sehr häufig in Passivkonstruktionen verwendet, raten, anraten, zuraten und befürworten können explizit performativ verwendet werden, raten hat mit anderer Argumentstruktur die Bedeutung ,das Richtige durch Uberlegen herauszufinden suchen; erraten; auf etwas kommen', befürworten hat noch eine zweite Lesart als expressives Verb und ist in dieser Lesart hybrid, d. h., mit ihm kann sowohl auf das Haben einer Einstellung als auch auf eine Einstellungsbekundung Bezug genommen werden. Insgesamt haben die Verben des ratew-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
Die Paradigmen der Verben des Ratens und Abratens
131
Merkmale
Verben Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung D S -
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiertheit
Sprecher
Rollen raten
Η (fak)
NP
Ρ (obl)
NP/
+
+
PP/Inf/ PPKorrlnf anraten
Η (obl)
NP
Ρ (obl)
NP/
+
—
+
—
-
+
-
—
—
—
—
-
-
-
+
+
SE/Inf zuraten
ermuntern
Η (obl)
NP
Ρ (fak)
PP/SE/Inf
Η (obl)
NP
Ρ (obl)
PP/Inf/
+
-
+
—
—
+
—
—
+
-
-
PPKorrlnf ermutigen
Η (obl)
NP
Ρ (fak)
PP/Inf/ PPKorrlnf
zureden
befürworten
Η (obl)
NP
Ρ (fak)
Inf
Ρ (obl)
NP/
+
-
S E/ NPKorrSE Tab. 1: Lexikalische Merkmale der Verben des
2.2
Das
raten-Paradigmas
beraten-Paradigma
Mit dem Verb beraten wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Beratungsgespräch stattfindet bzw. in denen mehrere Ratschläge erteilt werden. Das Verb wird besonders mit Bezug auf professionelle Zusammenhänge verwendet, beraten lexikalisiert die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps B E R A T E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S findet: Ρ ist im Interesse von Η S will: Η erkennt: S findet: Ρ ist im Interesse von Η Η weiß nicht: Ρ oder Q tun sequenziell beraten
132
Lexikalische Strukturen der Direktive
beraten verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und erlaubt die Realisierung der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit bei, über, zu oder in oder als finite Satzergänzung, die durch «/-Wörter eingeleitet wird. Manchmal kommen auch Konstruktionen der Art jemanden rund um ein bestimmtes Thema beraten vor. Die Präposition in wird häufig mit Nomina wie Fragen, Angelegenheiten oder Sachen verwendet, beraten ist passivfähig. Es hat mit anderer Argumentstruktur noch eine Bedeutung als Redesequenzverb. Insgesamt hat beraten die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
beraten
Argumentstruktur
Passiv
NP PP/SE
Η (obl) P(fak)
+
Resultativität
-
Bewertung DSSprecher
-
Polysemie
-
Performa- stilistische tivität Markiertheit
-
-
Tab. 2: Lexikalische Merkmale des Verbs beraten
2.3
Das bestärken-Paradigma
Mit dem Verb bestärken wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer nachdrücklich erklärt, dass auch er es für das Beste hält, wenn der Hörer Ρ tut. bestärken lexikalisiert das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps BESTÄRKEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S findet: Ρ ist im Interesse von Η S will: Η erkennt: S findet: Ρ ist im Interesse von Η Η weiß nicht: Ρ oder Q tun Η will: eher Ρ tun nachdrücklich bestärken
bestärken verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. Die Rolle von Ρ wird fakultativ realisiert als Präpositionalphrase mit in oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {darin) auftreten kann, bestärken ist passivfähig; es hat die folgenden lexikalischen Merkmale:
133
Die Paradigmen der Verben des Ratens und Abratens
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
bestärken
Η (obl) P(fak)
Argumentstruktur
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
Passiv
Resultate vi tat
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
+
—
—
—
—
—
Tab. 3: Lexikalische Merkmale des Verbs bestärken
2.4
Das Ä&ratew-Paradigma
Mit dem Verb abraten wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher erklärt, dass er findet, dass Ρ nicht im Interesse des Hörers ist, und in denen der Sprecher will, dass der Hörer dies erkennt, abraten lexikalisiert das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps ABRATEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S findet: Ρ ist nicht im Interesse von Η S will: Η erkennt: S findet: Ρ ist nicht im Interesse von Η Η weiß nicht: Ρ oder Q tun
abraten
abraten realisiert die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ und die Rolle von Ρ ebenfalls fakultativ als Präpositionalphrase mit von, als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {davon) auftreten kann, oder als finite Satzergänzung mit dem präpositionalen Korrelat davon. Die beiden fakultativen Argumentausdrücke können nicht gemeinsam weggelassen werden. Das Verb ist passivfähig und kann explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat abraten die folgenden lexikalischen Merkmale:
Lexikalische Strukturen der Direktive
134
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
abraten
Η (fak)* Ρ (fak)*
Argumentstruktur
Passiv
NP PP/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
+
*: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können thematisiert werden. Tab. 4: Lexikalische Merkmale des Verbs abraten
2.5
Das ÄKira&w-Paradigma
Mit jmdm. etw. ausreden wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer gute Gründe dafür nennt, etwas Bestimmtes nicht zu tun, was Η zunächst tun wollte, und ihn so dazu bringt, Ρ nicht zu tun. Der Sprecher benutzt dazu meist mehrere Äußerungen. Das Verb lexikalisiert die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps AUSREDEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will nicht: Ρ S will: Η erkennt: S will nicht: Η tut Ρ Η will: Ρ tun ausreden
ausreden verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ und realisiert die Rolle von Ρ obligatorisch als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung (eingeleitet durch dass) oder als Infinitivergänzung, die beide auch mit einem Korrelat (es) auftreten können. ausreden ist resultativ, d. h., es bezeichnet den erfolgreich vollzogenen Akt. Das Verb ist passivfähig. Mit anderer Argumentstruktur hat ausreden auch die Bedeutung ,zu Ende sprechen'. Insgesamt hat ausreden die folgenden lexikalischen Merkmale:
135
Die Paradigmen der Auflbrdernsverben
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
jmdm. etw. ausreden
Η (obl) Ρ (obl)
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
NP NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
+
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
Tab. 5: Lexikalische Merkmale des Verbs ausreden
3.
Die Paradigmen der Auffordernsverben
Konstitutiv für die Paradigmen der Verben des Aufforderns sind die Art des propositionalen Gehalts der Äußerung, die Art der zukünftigen Handlung sowie die Art der Einstellung des Sprechers zu P. Auf dieser Strukturierungsebene werden, wie auch schon aus Abb. 1 zu ersehen war, alle Auffordernsverben in einem weiteren Sinn erfasst, also auch die Verben des Bittens, Mahnens, Einladens, Aufrufens, Beantragens usw. Das Großparadigma der Verben, die die Sprechereinstellung ,S will: P' lexikalisieren, lässt sich unter den folgenden Gesichtspunkten in weitere Paradigmen untergliedern:
Abb. 3: Paradigmen, deren Verben die Sprechereinstellung ,S will: P' lexikalisieren
Die direktiven Verben dieses Großparadigmas lassen sich durch die Aspekte der Sprechereinstellung, der Rollenspezifik, des Äußernsmodus und spezifischer Vorannahmen des Sprechers bezüglich Ρ weiter differenzieren.
136
3.1
Lexikalische Strukturen der Direktive
Die allgemeinen Auffordernsverben
Konstitutiv für die Etablierung des auffordern-Paradigmas ist die Sprechereinstellung ,S will: P'. Dieses Paradigma kann durch den Aspekt der Spezifizierung von Ρ sowie durch den Aspekt der Sequenzialität weiter untergliedert werden, vgl. Abb. 4:
S will: Ρ
auffordern, mahnen, ersuchen, auftragen, ermahnen, anhalten, gemahnen
Ρ - (Bewegung von/zu einem) Ort oder (Bewegung in eine) Richtung
Sequenz von Äußerungen
einweisen, verweisen, zurückrufen, überweisen, ausweisen, zurückpfeifen
überreden, bereden, breitschlagen, beschwatzen, (he)rumkriegen
Abb. 4: Die Paradigmen der allgemeinen Auffordernsverben
3.1.1
Das
auffordern-Vziadigma
Konstitutiv für das Paradigma der Verben, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen ein Sprecher zum Ausdruck bringt, dass ein Hörer etwas Bestimmtes tun soll, sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps:
Ausstattung des Rekurssituationstyps A U F F O R D E R N Propositionaler Gehalt:
Mitteilungsgehalt Ρ
Geschehenstyp:
Handlung
Zeitbezug:
zukünftig Hörer
Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht:
S will: Ρ S will: Η tut: Ρ
auffordern, mahnen, ersuchen, auftragen, ermahnen, jmdn. zu etw. anhalten
gemahnen,
Die Paradigmen der Auffordernsverben
137
auffordern ist dasjenige Auffordernsprädikat, das semantisch am unspezifischsten ist. Es kann in vielen Kontexten für semantisch spezifischere Auffordernsverben eingesetzt werden, ersuchen wird oft mit Bezug auf amtliche Situationen verwendet, in denen die Aufforderung sehr bestimmt, aber trotzdem höflich formuliert ist. Die Verben mahnen, ermahnen, gemahnen und jmdn. zu etw. anhalten dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher einen Hörer mit einer gewissen Strenge auffordert, etwas Bestimmtes zu tun; jmdn. zu etw. anhalten wird häufig in pädagogischen Kontexten verwendet, und ermahnen und gemahnen werden auch zur Bezugnahme auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher zu Recht vom Hörer erwarten kann, dass er Ρ tut. auftragen wird auch mit Bezug auf offizielle Situationen verwendet. Die Verben auftragen und anhalten verlangen die Realisierung sowohl der Hörerrolle als auch der Rolle von R ersuchen und gemahnen verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ und realisieren fakultativ die Hörerrolle; ermahnen und mahnen erlauben die Thematisierung von Ρ und verlangen die Thematisierung von H. auffordern thematisiert sowohl Η als auch Ρ fakultativ, auftragen realisiert die Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ, alle anderen Verben des Paradigmas realisieren die Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. Für die Realisierung der Rolle von Ρ gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: • • •
• • • •
auffordern — als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {dazu) auftreten kann mahnen — als Präpositionalphrase mit zu, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung ersuchen — als Präpositionalphrase mit um, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die beide auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {darum) auftreten können auftragen - als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung ermahnen — als Präpositionalphrase mit zu, als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {dazu) auftreten kann, oder als finite Satzergänzung gemahnen - als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung anhalten - als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {dazu) auftreten kann.
Bis auf gemahnen sind alle Verben des Paradigmas passivfähig, anhalten ist das einzige Verb des Paradigmas, das nicht explizit performativ verwendet werden kann, ersuchen hat zwei weitere Lesarten, eine als neutrales Bittensverb und eine als Verb des beantragen-Vimdigmas. Die Verben mahnen, ermahnen und gemahnen werden auch zur Bezugnahme auf Situationen verwendet, in denen eine Mahnung ausgesprochen wird, auftragen hat noch eine Lesart als Direktiv. Darüber hinaus hat das Verb mit der Argumentstruktur etw. auftragen noch die Bedeutungen ,Speisen auf den Tisch stellen', ,etwas aufstreichen' (ζ. B. Schminke, Salbe, Farbe) sowie die eher umgangssprachliche Bedeutung .Kleidungsstücke durch langes Tragen völlig abnutzen', anhalten hat außerdem die weiteren Bedeutungen .bewirken, dass etwas/jemand zum Stillstand kommt' bzw. .andauern', oder es dient der Bezugnahme auf manipulative Handlungen. Insgesamt haben die Verben dieses Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
138
Lexikalische Strukturen der Direktive
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
auffordern
Η (fak) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrInf
+
—
—
—
+
—
mahnen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/SE/Inf
+
-
-
+
+
-
ersuchen
Η (fak) Ρ (obl)
NP PP/SE/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrInf
+
+
+
auftragen
Η (obl) Ρ (obl)
NP NP/ Inf
+
—
+
+
ermahnen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/SE/Inf/ PPKorrInf
+
—
+
+
gemahnen
Η (fak) Ρ (obl)
NP PP/Inf
-
+
+
anhalten
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP/Inf/ PPKorrInf
-
-
-
+
Tab. 6: Lexikalische Merkmale der Verben des auffordern-Vaiadigmas
3.1.2 Das p m c m m - P a r a d i g m a Die Verben des zwuwVi'»-Paradigmas dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen Ρ entweder als (Bewegung von oder zu einem) Ort oder als (Bewegung in eine) Richtung spezifiziert ist. Der entsprechende Rekurssituationstyp ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps VERWEISEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ (Bewegung von/zu einem) Ort oder (in eine) Richtung
verweisen, einweisen, zurückrufen, überweisen, zurückpfeifen
ausweisen,
Die Paradigmen der Auffordernsverben
139
Die Verben dieses Paradigmas lexikalisieren bestimmte Arten von Aufforderungen, so die Aufforderung an den Hörer, sich an einen bestimmten Ort zu begeben (einweisen, überweisen), einen bestimmten Ort zu verlassen (verweisen, ausweisen) und zu einem bestimmten Ort zurückzukehren (zurückrufen, zurückpfeifen). Darüber hinaus sind für das Paradigma alle die Aspekte der Rekurssituation konstitutiv, die auch fur das dKj^orv&ra-Paradigma bestimmend sind, überweisen wird im Vergleich zu einweisen vorwiegend mit Bezug auf Situationen im medizinischen Bereich verwendet, verweisen wird auch mit Bezug auf Behörden verwendet und gehört einer eher gehobenen Stilschicht an. Das Verb ausweisen wird auch mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen ein befugter Sprecher durch seine Äußerung bewirkt, dass der/die Hörer das Land verlässt/ verlassen. Das ist die deklarative Verwendungsweise des Verbs. Die Verben verweisen, ausweisen, einweisen und auch überweisen beziehen sich häufig auf nachdrückliche Äußerungen, zurückrufen hat mit der Argumentstruktur jmdn. von!aus... zurückrufen immer die Lesart .jemanden auffordern, von einem bestimmten Ort zurückzukommen/zurückzukehren'; mit der Argumentstruktur jmdn. zurückrufen hat das Verb immer die Lesart Jemanden auffordern, umzukehren'. Die erstgenannte Lesart wird eher mit Bezug auf offizielle Situationen verwendet. Das Verb hat außerdem eine deklarative Lesart. Alle Verben des Paradigmas verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ, einweisen und verweisen thematisieren Ρ obligatorisch, alle anderen Verben fakultativ, einweisen realisiert die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase nur mit der Präposition in, verweisen realisiert sie entweder als Nominalphrase im Genitiv oder als Präpositionalphrase mit verschiedenen lokalen Präpositionen. Alle anderen Verben realisieren die Rolle von Ρ fakultativ als Präpositionalphrase mit unterschiedlichen lokalen Präpositionen. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können bis auf zurückrufen und zurückpfeifen explizit performativ verwendet werden, zurückpfeifen gehört einem umgangssprachlichen Stilregister an, verweisen einem eher gehobenen Stilregister, einweisen hat noch eine weitere Bedeutung als direktives Verb des anleiten-Paradigmas. Daneben hat es mit der Argumentstruktur jmdn. einweisen die Bedeutung .einem Fahrer/einem Fahrzeug durch Zeichen die Richtung angeben'. Mit überweisen kann ebenfalls auf nicht-sprachliches Handeln Bezug genommen werden, auf das Überweisen von Geldbeträgen von einem Konto auf das andere. Das Verb verweisen hat mehrere, eher marginale Bedeutungen (,jmdn. bitten, sich an jemand anderen zu wenden', ,jmdn. auf etw. hinweisen', ,eine Rechtssache an ein dafür zuständiges (anderes) Organ übergeben' und im Sport ,jmdn. auf die Plätze verweisen'). ausweisen kann mit anderer Argumentstruktur zur Bezugnahme auf nichtsprachliches Handeln verwendet werden (,etw. rechnerisch nachweisen' und im Bauwesen ,etw. fur einen bestimmten Zweck vorsehen'). jmdn. zurückrufen hat noch eine Lesart als deklaratives Verb und außerdem die beiden eher marginalen Bedeutungen ,sich mit jmdm. wieder telefonisch in Verbindung setzen, von dem man angerufen worden ist' und ,jmdm., der einem etw. zugerufen hat oder der sich hinter einem befindet, etw. zurufen'. Das Verb jmdn. zurückpfeifen hat außerdem die Bedeutung ,jmdm. befehlen, von einem Vorhaben abzulassen', in der es einem sehr saloppen Stilregister zuzuordnen ist. Insgesamt haben die Verben des Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
140
Lexikalische Strukturen der Direktive
Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
einweisen
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP
+
-
-
-
+
-
überweisen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
+
-
verweisen
Η (obl) Ρ (obl)
NP NP/ PP
+
+
+
ausweisen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
+
-
zurückrufen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
+
-
-
zurückpfeifen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
-
+
—
Tab. 7: Lexikalische Merkmale der Verben des
Paradigmas
3.1.3 Das « i n r « & n - P a r a d i g m a Mit Verben wie überreden, beschwatzen und (he)rumkriegen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher durch mehrere Äußerungen einen Hörer dazu bringt, etwas zu tun (was dieser ursprünglich nicht tun wollte). Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps ÜBERREDEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Äußerung (Quantität):
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Sequenz von Äußerungen
überreden, bereden, breitschlagen, beschwatzen, (he)rumkriegen Alle Verben dieses Paradigmas sind resultativ, d. h., sie dienen der Bezeichnung eines erfolgreich vollzogenen Auffordernsaktes. überreden und bereden sind standardsprachlich, breitschlagen, beschwatzen und (he)rumkriegen gehören dem umgangssprachlichen Stilregister an. Alle Verben des Paradigmas verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. Sie realisieren alle fakultativ die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergän-
141
Die Paradigmen der Auffordernsverben
zung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (dazu) auftreten kann. Lediglich bei überreden und bereden wird die Rolle von Ρ manchmal als finite Satzergänzung realisiert. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden. bereden hat mit anderer Argumentstruktur die Bedeutung ,einen Sachverhalt ausführlich (mit jemandem) besprechen'. Insgesamt haben die Verben des «&?ra/i7z-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
+
+
Η (obl)
NP
Ρ (fak)
PP/SE/Inf/ PPKorrlnf
bereden
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/SE/Inf/ PPKorrlnf
+
+
breitschlagen
Η (obl) Ρ (fak)
NP
+
+
Η (obl) Ρ (fak)
NP
+
+
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
+
+
überreden
beschwatzen
(he) rumkriegen
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
—
—
—
—
—
r
PP/Inf/ PPKorrlnf —
—
—
+
PP/Inf/ PPKorrlnf +
Tab. 8: Lexikalische Merkmale der Verben des überreden-Paradigmas
3.2
Verben, die eine zusätzliche Sprechereinstellung lexikalisieren
Verben wie anleiten, unterweisen, instruieren oder einfuhren lexikalisieren zusätzlich zu der voluntativen Sprechereinstellung ,S will: P' noch die kognitive Sprechereinstellung ,S kennt: korrekte Ausführung von P'. Mit ihnen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher, ausgehend von der Annahme, dass die korrekte Ausführung von Ρ im Interesse des Hörers liegt, will, dass der Hörer Ρ korrekt ausführt. Das Paradigma hat die folgende Struktur:
142
Lexikalische Strukturen der Direktive
Abb. 5: Das rfn/f/ifH-Paradigma
3.2.1 Das anleiten-V&x&digaaa. Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben dieses Paradigmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps ANLEITEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
anleiten, einweisen,
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S kennt: korrekte Ausführung von Ρ S will: Η tut korrekt: Ρ im Interesse von H: korrekte Ausführung von Ρ unterweisen, anweisen, instruieren, einarbeiten, anlernen, unterrichten, beibringen
einfuhren,
Mit anleiten wird auf Lernsituationen Bezug genommen, in denen der Hörer beim Erlernen einer bestimmten, meist komplexen Tätigkeit vom Sprecher durch Überwachung, Kontrolle und Korrektur geführt wird. Die Verben einweisen, einarbeiten, einftihren und anlernen werden zur Bezug-
Die Paradigmen der Auffordernsverben
143
nähme auf Situationen verwendet, in denen ein Sprecher durch sprachliche Anweisungen und/ oder Vorführhandlungen zu bewirken versucht, dass der Hörer die für ein neues Tätigkeitsgebiet notwendigen Handlungen kennt und korrekt ausführt. Mit unterweisen, unterrichten und beibringen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher dem Hörer Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt, die ihn dazu befähigen sollen, Handlungen und Operationen gründlich und korrekt auszuführen. Mit diesen Verben wird auf einen Lernprozess Bezug genommen, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, anleiten verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und realisiert die Rolle von Ρ fakultativ als Präpositionalphrase mit zu oder bei, als finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem Korrelat auftreten kann. Die Verben einweisen, einarbeiten, einfahren und anlernen verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ, einweisen und einarbeiten realisieren die Rolle von Ρ fakultativ durch eine Präpositionalphrase mit in. einfuhren verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit in, und anlernen realisiert fakultativ die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit in bzw. fur oder als Infinitivergänzung mit präpositionalem Korrelat, anweisen und instruieren verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. Beide Verben realisieren die Rolle von Ρ fakultativ als Infinitivergänzung oder finite Satzergänzung, die durch verschiedene w-Wörter eingeleitet wird, unterweisen und unterrichten verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ, beibringen verlangt als einziges Verb des Paradigmas die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ, unterweisen realisiert die Rolle von Ρ fakultativ als Präpositionalphrase mit in, als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat auftreten kann, oder als finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat, unterrichten kann die Rolle von Ρ ebenfalls als Präpositionalphrase mit in realisieren, manchmal auch als Infinitivergänzung oder finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat, beibringen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig, anlernen wird überwiegend in Passivkonstruktionen gebraucht. Die Verben können alle nicht explizit performativ verwendet werden, instruieren gehört einem eher gehobenen Stilregister an. instruieren und unterrichten haben jeweils noch eine zweite Lesart als Mitteilensprädikate, einarbeiten hat mit anderer Argumentstruktur die Bedeutung .Einzelheiten in ein Ganzes hineinarbeiten', einweisen hat noch eine Bedeutung als direktives Verb des verweisen- Paradigmas sowie mit anderer Argumentstruktur die Bedeutung .einem Fahrzeug/einem Fahrer durch Zeichen die Richtung angeben'. Das Verb anweisen hat noch weitere I^esarten als Direktiv; darüber hinaus hat es mit anderer Argumentstruktur zwei weitere Bedeutungen, einmal finanztechnischer Art im Sinn von ,Geld anweisen' und einmal ,jmdm. etw. zuteilen, zuweisen' (wie ζ. B. Zimmer, Plätze O.A.). einfuhren hat noch eine weitere Lesart als Mitteilensprädikat und dient mit anderer Argumentstruktur der Bezugnahme auf nicht-sprachliches Handeln, beibringen hat außerdem die Bedeutungen ,jmdm. etw. Unangenehmes diplomatisch sagen', ,jmdm. etw. zufügen', ,etw. beschaffen' und ,etw. vorlegen, anfuhren'. Insgesamt haben die Verben dieses Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
144
Lexikalische Strukturen der Direktive
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
anleiten
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/SE/Inf/ PPKorrInf
+
—
—
—
—
—
einweisen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
-
-
unterweisen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrInf
+
anweisen
Η (obl) Ρ (fak)
NP SE/Inf
+
-
-
+
-
-
instruieren
Η (obl) Ρ (fak)
NP SE/Inf
+
-
-
+
-
+
einarbeiten
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
-
-
einfuhren
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP
+
-
-
+
-
-
anlernen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/ PPKorrInf
+
unterrichten
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/ PPKorrSE/ PPKorrInf
+
beibringen
Η (obl) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf
+
—
—
-
Tab. 9: Lexikalische Merkmale der Verben des anleiten-Paradigmas
3.3
Paradigmen von Auffordernsverben, die eine bestimmte Rollenspezifik lexikalisieren
Für die Etablierung weiterer Paradigmen, deren Verben die propositionale Sprechereinstellung ,S will: P' lexikalisieren, ist der Aspekt der Rollenspezifik konstitutiv. Mit den Verben dieser Paradigmen wird entweder Bezug genommen auf Situationen, in denen der Sprecher weisungsbefugt ist, oder auf Situationen, in denen der Hörer weisungsbefugt und Vertreter einer Behörde oder Institution ist. Die Weisungsbefugnis des Sprechers beruht entweder auf seiner Befehlsgewalt oder auf seiner Autorität innerhalb einer Institution. Daraus ergibt sich die in Abb. 6 dargestellte Struktur der Verbparadigmen:
145
Die Paradigmen der Auffordernsvcrben
S w ill: Ρ
Rollenspezifik
S ist weisungsbefugt
Η ist weisungsbefugt und Vertreter einer Behörde/Institution
r förmlich
> Autorität innerhalb einer Institution
Befehk gewalt
J
beantragen, ersuchen
Verben des Befehlens
Verben des Anweisens
Abb. 6: Paradigmen, deren Verben eine bestimmte Rollenspezifik lexikalisieren
3.3.1
Das
beantragen-Paxadigma
Mit den Verben beantragen und ersuchen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen vom Sprecher ein Antrag gestellt wird. Konstitutiv fiir die Etablierung dieses Paradigmas sind der Aspekt der Rollenspezifik sowie zusätzlich der Aspekt des Modus der Förmlichkeit. Der Hörer ist Vertreter einer Behörde oder Institution und hat die Entscheidungsbefugnis über den Antrag des Sprechers. Der entsprechende Rekurssituationstyp ist folgendermaßen ausgestattet:
Ausstattung des Rekurssituationstyps BEANTRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Η ist weisungsbefugt und Vertreter einer Institution/Behörde förmlich beantragen, ersuchen
146
Lexikalische Strukturen der Direktive
Beide Verben realisieren die Hörerrolle fakultativ, beantragen als Präpositionalphrase mit bei und ersuchen als Nominalphrase im Akkusativ, beantragen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird, ersuchen verlangt ebenfalls die Realisierung der Rolle von P, und zwar als Präpositionalphrase mit um, als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {darum) auftreten kann, oder als finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat (darum). Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, ersuchen gehört in dieser Lesart einem eher gehobenen Stilregister an. Das Verb hat noch zwei weitere Lesarten als allgemeines Auffordernsverb und als Verb des förmlichen Bittens. Insgesamt haben die beiden Verben des beantragen-Vzrad\gma.s die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
beantragen
H(fak) Ρ (obl)
PP NP/ SE/Inf
+
ersuchen
H(fak) Ρ (obl)
NP PP/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
—
—
—
+
—
+
+
+
Performativität
stilistische Markiertheit
Tab. 10: Lexikalische Merkmale der Verben des beantragen-Paradigmas
3.3.2 Die Paradigmen der Verben des Befehlens Konstitutiv für mehrere Paradigmen von Auffordernsverben ist der Aspekt der Weisungsbefugnis des Sprechers. Diese Weisungsbefugnis des Sprechers beruht in vielen Fällen auf der Befehlsgewalt des Sprechers, wie es charakteristisch fur die Situationen ist, auf die mit den Verben des Befehlens Bezug genommen wird. 3.3.2.1 Das έί^^/fw-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben des befehlen-Paradigmas Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps BEFEHLEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/hat Befehlsgewalt
befehlen, gebieten, anordnen, kommandieren, verfugen, beordern, befehligen
Die Paradigmen der Auffo rdernsverben
147
Die Verben dieses Paradigmas werden hauptsächlich mit Bezug auf Situationen im militärischen Bereich verwendet, wo der Sprecher die Befehlsgewalt über seine Untergebenen hat und den/die Hörer qua Befehlsgewalt verbindlich auffordert, etwas Bestimmtes zu tun. befehlen, befehligen und kommandieren werden auch zur Charakterisierung von Personen in ihrer Position als Befehlshaber fiir eine bestimmte Operation oder bestimmte Gruppen von Personen verwendet (in Sätzen wie Im 2. Weltkrieg kommandierte er Panzereinheiten an der karelischen Front. Oberst Luciani befehligte in Dien Bien Phu den letzten Gegenangriff). Mit Ausnahme von befehligen und kommandieren können die Verben auch zur Bezugnahme auf Situationen verwendet werden, in denen der Sprecher seine Autorität durch den Akt des Befehlens selbst erst setzt, kommandieren und beordern verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ, gebieten verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ, befehlen realisiert die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ, und befehligen realisiert die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Akkusativ, anordnen und verfugen blockieren die Thematisierung von H. kommandieren und befehligen realisieren die Rolle von Ρ fakultativ, alle anderen Verben des Paradigmas verlangen die Realisierung der Rolle von P. Die Realisierungsmöglichkeiten für die Rolle von Ρ sind bei den einzelnen Verben unterschiedlich: • • • • • •
•
befehlen — als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung gebieten — als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung anordnen - als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird, oder als Infinitivergänzung kommandieren - als Nominalphrase im Akkusativ oder als Präpositionalphrase mit verschiedenen lokalen Präpositionen verfugen - als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, eingeleitet durch dass beordern — als Infinitivergänzung, als Präpositionalphrase mit der Präposition mit (mit Bezug auf bestimmte Aufgaben), als Präpositionalphrase mit zu, nach, in, an oder auf (mit Bezug auf einen bestimmten Ort oder eine Richtung) oder als Präpositionalphrase mit zu (mit Bezug auf bestimmte Personen oder Personengruppen, zu denen der Hörer beordert wird) befehligen — als Nominalphrase im Akkusativ.
Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig, befehlen, anordnen, gebieten und verfugen können explizit performativ verwendet werden, befehligen kann nicht mit direkter Rede verwendet werden. Die beiden fakultativen Argumentausdrücke können bei befehligen nicht gleichzeitig realisiert oder gleichzeitig weggelassen werden, befehlen, beordern und gebieten können außerdem mit Bezug auf das Erteilen von Weisungen verwendet werden, anordnen und verfugen haben jeweils drei Lesarten als Direktiv: als Verben des Befehlens, als Verben, mit denen auf das Erteilen von Aufträgen und als Verben, mit denen auf das Erteilen von Weisungen Bezug genommen wird. etwas anordnen kann darüber hinaus auch mit Bezug auf manipulative Handlungen verwendet werden, und über etw. verfugen hat die Bedeutungen .etwas besitzen' und ,das Recht/die Möglichkeit haben, zu bestimmen, was mit jmdm./etw. geschehen soll'. Insgesamt haben die Verben des £f/£AZera-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
148
Lexikalische Strukturen der Direktive
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
befehlen
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf
+
—
—
+
+
—
gebieten
Η (obl) Ρ (obl)
NP NP/ Inf
+
—
—
+
+
—
anordnen
Ρ (obl)
NP/ SE/Inf
+
-
-
+
+
-
kommandieren
Η (obl) Ρ (fak)
NP NP/ PP
+
verfiigen
Ρ (obl)
NP/ SE
+
-
-
+
+
-
beordern
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP/Inf
+
-
-
+
-
-
befehligen
Η (fak)# Ρ (fak)#
NP NP
+
-
-
-
-
-
—
*: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können nicht zusammen thematisiert werden. Tab. 11: Lexikalische Merkmale der Verben des
befehlen-Paradigmas
Das befehlen-Paradigma lässt sich durch die Spezifizierung von Ρ in eine Reihe von Unterparadigmen aufgliedern, vgl. Abb. 7:
Abb. 7: Die Paradigmen der Verben des Befehlens
Die Paradigmen der Auffordernsverben
149
3.3.2.2 Das abkommandiere «-Paradigma Die Verben des abkommandieren-Famdigmas lexikalisieren die Spezifizierung von Ρ als eine spezielle Aufgabe oder eine Bewegung von oder zu einem Ort. Mit den Verben dieses Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einen oder mehrere Hörer per Befehl für eine spezielle Aufgabe abstellt oder an einen bestimmten Ort entsendet. Sie lexikalisieren die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps ABKOMMANDIEREN Propositionaler Gehalt: Geschehens typ: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/hat Befehlsgewalt spezielle Aufgabe oder (Bewegung von/zu einem) Ort
abkommandieren, abberufen Die beiden Verben des Paradigmas werden wie die Verben des befehlen-Paradigmas hauptsächlich mit Bezug auf Situationen im militärischen Bereich verwendet. Beide Verben verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und erlauben die Realisierung der Rolle von Ρ durch eine Präpositionalphrase mit verschiedenen lokalen oder Richtungspräpositionen. Die Präpositionalphrasen, mit denen die Rolle von Ρ realisiert wird, bezeichnen entweder die Aufgabe, die der Hörer erfüllen soll, oder den Ort, an den er entsendet oder von dem er zurückgerufen wird. In Sätzen mit abkommandieren kann die Realisierung der Rolle von Ρ auch auf zwei aufeinander folgende Präpositionalphrasen verteilt werden, von denen dann die erste den Auftrag und die zweite den Ort angibt. Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, abberufen hat noch eine zweite Lesart als Deklarativ. Insgesamt haben abkom-
mandieren und abberufen die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultate vi tat
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativicät
stilistische Markiertheit
abkommandieren
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
+
-
abberufen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
+
+
-
Tab. 12: Lexikalische Merkmale der Verben des abkommandieren-Parstdigmas
150
Lexikalische Strukturen der Direktive
3.3.2.3 Das «w^m^w-Paradigma Durch die Spezifizierung von Ρ als Militärdienst oder Wehrpflicht wird ein zweites Unterparadigma der Befehlensverben etabliert. Die Verben dieses Paradigmas lexikalisieren die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps EINBERUFEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/hat Befehlsgewalt Militärdienst/Wehrpflicht
einberufen, einziehen, rekrutieren,
mobilisieren
Mit den Verben des «'«^m^w-Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einen Hörer auffordert, seinen Wehr- oder Wehrersatzdienst anzutreten bzw. seine Wehrpflicht auszuüben. Alle Verben des Paradigmas verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und erlauben die Thematisierung von P. einberufen und einziehen realisieren die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit zu und rekrutieren und mobilisieren als Präpositionalphrase mit für. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig, nur einberufen kann explizit performativ verwendet werden, einberufen und auch rekrutieren haben außerdem noch andere Bedeutungen: einberufen kann auch mit Bezug auf Situationen verwendet werden, in denen Versammlungen oder Besprechungen abgehalten werden sollen, rekrutieren hat auch die Bedeutung ^Arbeitskräfte o.Ä. beschaffen', mobilisieren hat außerdem die Bedeutung .jmdn./etw. in Bewegung setzen/zum Handeln veranlassen', und mit einziehen kann noch auf eine ganze Reihe von nicht-sprachlichen Handlungen oder Sachverhalten Bezug genommen werden. Insgesamt haben die Verben des «n^er«^«-Paradigmas folgende lexikalische Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
einberufen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
einziehen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
rekrutieren
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
mobilisieren
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische Markierttivität heit
+
-
-
-
+
-
+
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
-
Tab. 13: Lexikalische Merkmale der Verben des
einberufen-Paradigmas
Die Paradigmen der Auffordernsverben
151
3.3.2.4 Das anberaumen-Paradigma Das dritte Unterparadigma der Befehlensverben wird durch die Spezifizierung von Ρ als Versammlung bzw. Besprechung konstituiert. Die Weisungsbefugnis des Sprechers beruht hier auf seiner Befehlsgewalt in einer Institution. Die Verben dieses Paradigmas lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps ANBERAUMEN Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/ hat Befehlsgewalt in einer Institution Versammlung/Besprechung
Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik: Spezifizierung von P:
anberaumen, einberufen, festsetzen, ansetzen Die Verben dieses Paradigmas werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher einen oder mehrere Hörer auffordert, sich zu einem bestimmten Termin an einem bestimmten Ort zu einer Besprechung einzufinden. Alle Verben des Paradigmas blockieren die Thematisierung von Η und verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ. Sie sind alle passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, einberufen hat eine zweite Bedeutung als Befehlensverb des Paradigmas, in dem Ρ als Wehrpflicht oder Militärdienst spezifiziert ist. anberaumen und festsetzen haben jeweils eine weitere Lesart als Deklarativ, und festsetzen hat darüber hinaus mit anderer Argumentstruktur die Bedeutung ,jmdn. gefangensetzen'. Mit ansetzen kann noch auf eine ganze Reihe von nicht-sprachlichen Handlungen Bezug genommen werden. Insgesamt haben die Verben dieses Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
einberufen
Ρ (obl)
NP
+
-
-
-
+
-
anberaumen
Ρ (obl)
NP
+
-
-
+
+
-
festsetzen
Ρ (obl)
NP
+
-
-
+
+
-
ansetzen
Ρ (obl)
NP
+
-
-
-
+
-
Tab. 14: Lexikalische Merkmale der Verben des anberaumen-Paradigmas
Lexikalische Strukturen der Direktive
152
3.3.3 Die Paradigmen der Verben, mit denen auf das Erteilen von Weisungen Bezug genommen wird Konstitutiv für die Etablierung weiterer Paradigmen von Auffordernsverben ist ebenfalls der Aspekt der Weisungsbefugnis des Sprechers, die in diesen Fällen auf der Autorität des Sprechers in einer Institution beruht. Die Verben dieser Paradigmen dienen der Bezugnahme auf das Erteilen von Weisungen. 3.3.3.1 Das anweisen-V^xiAv^mSi Der Rekurssituationstyp, auf den mit Verben wie anweisen, anordnen, verfugen oder veranlassen Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps ANWEISEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/hat Autorität innerhalb einer Institution
anweisen, anordnen, verfügen, verordnen, diktieren, vorschreiben, befehlen, veranlassen Mit allen Verben des Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein weisungsbefugter Sprecher im Rahmen eines institutionell geregelten Verfahrens einem Hörer gegenüber zum Ausdruck bringt, dass er Ρ tun soll, veranlassen dient der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher zu bewirken versucht, dass etwas Bestimmtes geschieht, indem er einem Hörer gegenüber zum Ausdruck bringt, dass Ρ vom Hörer oder einem Dritten getan werden soll, wobei meist ein Dritter der Ausführende ist. veranlassen, anordnen, verfugen und verordnen blockieren die Thematisierung von H. befehlen und diktieren realisieren die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ, anweisen realisiert die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im AJkkusativ. vorschreiben schließlich verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ. Alle Verben des Paradigmas verlangen die Thematisierung von P. Für die Realisierung der Rolle von Ρ gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: anordnen - als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die manchmal mit einem Korrelat auftritt und durch dass eingeleitet wird, oder als Infinitivergänzung verfugen — als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass und manchmal auch durch w-Wörter eingeleitet wird anweisen - als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass und manchmal auch durch w-Wörter eingeleitet wird, oder als Infinitivergänzung verordnen — als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass oder verschiedene w- Wörter eingeleitet wird diktieren — als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch verschiedene w-Wörter eingeleitet wird
Die Paradigmen der Auffordernsverben
• • •
153
vorschreiben - als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass oder verschiedene w-Wörter eingeleitet wird befehlen - als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird veranlassen — als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet und manchmal von einem nominalen Korrelat begleitet wird, oder als Infinitivergänzung.
Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig, anordnen, anweisen, verfugen, verordnen und befehlen können explizit performativ verwendet werden, veranlassen und diktieren können nicht mit der direkten Rede gebraucht werden, diktieren lexikalisiert zusätzlich eine Bewertung des Diskurssituationssprechers, der durch die Verwendung dieses Verbs zu verstehen gibt, dass er die Verhaltensweise des Sprechers der Rekurssituation für besonders autoritär hält, befehlen und verfugen können außerdem noch zur Bezugnahme auf Situationen verwendet werden, in denen ein Sprecher Befehle erteilt, anordnen, anweisen u n d verfugen dienen auch der Bezugnahme auf Situationen, in denen Aufträge erteilt werden. Außerdem kann anordnen noch zur Bezugnahme auf manipulative Handlungen verwendet werden, anweisen hat noch eine weitere Lesart als Verb des Anleitens und die Bedeutungen ,Geld anweisen 1 und ,jmdm. etw. zuteilen, zuweisen' (wie ζ. B. Zimmer, Plätze ο. Α.). Wenn verfügen mit der Argumentstruktur über etwas verfugen verwendet wird, hat es die Bedeutungen ,etwas besitzen' oder ,das Recht/die Möglichkeit haben, zu bestimmen, was mit jmdm./etw. geschehen soll', vorschreiben hat eine zweite Lesart als Deklarativ, diktieren hat noch eine Lesart als mediales Kommunikationsverb, verordnen hat noch eine zweite Lesart als Direktiv. Insgesamt haben die Verben dieses Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
154
Lexikalische Strukturen der Direktive
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
anordnen
Ρ (obl)
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE
+
—
—
+
+
—
verfügen
Ρ (obl)
NP/ SE
+
-
-
+
+
-
anweisen
H(fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf
+
+
+
verordnen
Ρ (obl)
NP/ SE
+
-
+
+
diktieren
H(fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE
+
+
+
—
vorschreiben
Η (obl) Ρ (obl)
NP NP/ SE
+
befehlen
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf
+
—
veranlassen
Ρ (obl)
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE
+
--
-
—
-
+
+
-
—
Tab. 15: Lexikalische Merkmale der Verben des anweisen-Paradigmas
Das anweisen-Paradigma kann unter dem Aspekt der spezifischen (Rollen)Charakterisierung von Sprecher und Hörer bzw. unter dem Aspekt der Spezifizierung von Ρ in weitere Unterparadigmen eingeteilt werden, vgl. Abb. 8:
155
Die Paradigmen der Auffordernsverben
Abb. 8: Die Paradigmen der Verben, mit denen auf das Erteilen von Weisungen Bezug genommen wird
3.3.3.2 Das z/V/m-H-Paradigma Konstitutiv ftir das zitieren-Paradigma ist die Spezifizierung von Ρ als (Bewegung zu einem) Ort oder (einer) Person. Die Verben dieses Paradigmas dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein weisungsbefugter Sprecher auf Grund seiner Autorität innerhalb einer Institution einen Hörer dazu auffordert, an einem bestimmten Ort oder bei einer bestimmten Person zu erscheinen. Sie lexikalisieren die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps ZITIEREN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/ist eine Autorität innerhalb einer Institution (Bewegung zu einem) Ort oder (einer) Person
zitieren, vorladen, bestellen, rufen, beordern vorladen wird bevorzugt mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher ein befugter
Vertreter der Justiz oder der Polizei ist (vgl .jemanden beordern
richterlich/polizeilich
vorladen), zitieren und
thematisieren sowohl Η als auch Ρ obligatorisch. Alle anderen Verben verlangen die
156
Lexikalische Strukturen der Direktive
Thematisierung von Η und erlauben die Thematisierung von P. Alle Verben des Paradigmas realisieren die Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. Die Rolle von Ρ realisieren alle Verben durch eine Präpositionalphrase mit den Präpositionen zu, nach, in, vor. Die Verben sind alle passivfähig und bis auf zitieren explizit performativ verwendbar, zitieren lexikalisiert zusätzlich eine Bewertung des Diskurssituationssprechers, der durch die Verwendung dieses Verbs zu verstehen gibt, dass er die Verhaltensweise des Sprechers der Rekurssituation fur autoritär hält, beordern kann außerdem noch zur Bezugnahme auf Situationen verwendet werden, in denen ein Sprecher Befehle erteilt, und bestellen dient auch der Bezugnahme auf Situationen, in denen Aufträge erteilt werden. Außerdem hat bestellen noch eine Lesart als Mitteilensverb, mit dem auf Situationen Bezug genommen wird, in denen der Sprecher eine Nachricht nur übermittelt. Mit anderer Argumentstruktur hat bestellen eine Bedeutung als Deklarativ, rufen hat mit anderer Argumentstruktur eine Bedeutung als modales Kommunikationsverb des iW5C^raV«-Paradigmas. Das Verb zitieren kann mit anderer Argumentstruktur in der Bedeutung ,wörtlich wiedergeben, anfuhren' gebraucht werden. Insgesamt haben die Verben dieses Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
zitieren
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP
+
-
+
-
-
-
vorladen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
+
-
bestellen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
+
+
-
rufen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
-
+
-
beordern
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP
+
-
-
+
+
-
Tab. 16: Lexikalische Merkmale der Verben des zitieren-Paradigmas
3.3.3.3 Das ^rori/wew-Paradigma Konstitutiv für das verordnen-Paradigma ist eine spezielle Rollenverteilung zwischen Sprecher und Hörer als Arzt und Patient. Mit den Verben dieses Paradigmas wird auf Situationen aus dem medizinischen Bereich Bezug genommen, in denen ein Arzt einem Patienten gegenüber zum Ausdruck bringt, dass er etwas Bestimmtes tun soll, was seiner Heilung dient. Der Rekurssituationstyp, auf den mit den Verben verordnen und verschreiben Bezug genommen wird, ist folgendermaßen ausgestattet:
157
Die Paradigmen der Auffordcrnsverben
Ausstattung des Rekurssituationstyps VERORDNEN Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/ist eine Autorität innerhalb einer Institution S - Arzt, Η - Patient
Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik:
verordnen,
verschreiben
verschreiben wird eher mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen ein Arzt für Medikamente oder Maßnahmen ein Rezept ausstellt; verordnen wird außerdem mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen ein Arzt einem Patienten sagt, was er tun soll, um seine Heilung voranzutreiben. Beide Verben realisieren die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ, verordnen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird, verschreiben verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ. Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, verordnen hat eine zweite Lesart als Verb des anweisen-Paradigmas, und verschreiben hat mit anderer Argumentstruktur die Bedeutungen ,etwas vererben/ überschreiben' und .Schreibutensilien verbrauchen'. Insgesamt haben verordnen und verschreiben die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
verordnen
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf
+
—
—
+
+
—
verschreiben
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP
+
-
-
-
+
-
Tab. 17: Lexikalische Merkmale der Verben des twori/wfw-Paradigmas
3.3.3.4 Das
gebieten-Paradigma
Mit den Verben gebieten und jmdn. etw. heißen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen die Autorität des Sprechers innerhalb der Institution mit seiner Macht, Würde oder Kompetenz verknüpft ist. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind folgende Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
158
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ausstattung des Rekurssituationstyps GEBIETEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ Swill: Η tut: Ρ S ist weisungsbefugt/ist eine Autorität innerhalb einer Institution/ hat Macht, Würde, Kompetenz gebieten, jmdn. etw. heißen
gebieten und jmdn. etw. heißen dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen S weisungsbefugt ist. Die Weisungsbefugnis beruht vor allem auf der Macht, Würde oder Kompetenz des Sprechers, gebieten realisiert die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ und die Rolle von Ρ obligatorisch als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung, heißen verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und der Rolle von Ρ als Infinitivergänzung. heißen kann auch mit einer Acl-Konstruktion verwendet werden (in Sätzen wie Er hieß ihn kommen.). Beide Verben des Paradigmas gehören einem gehobenen Stilregister an, können explizit performativ verwendet werden und sind passivfähig, gebieten kann außerdem noch zur Bezugnahme auf Situationen verwendet werden, in denen ein Sprecher Befehle erteilt, und heißen wird auch mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen vom Sprecher Aufträge erteilt werden. Darüber hinaus hat heißen mit anderer Argumentstruktur die Bedeutungen ,einen Namen tragen' und jemanden mit einem Namen/einer Bezeichnung benennen' (in Sätzen wie Er hieß ihn einen Dummkopfy. Insgesamt haben die beiden Verben des gebieten-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
gebieten
H(fak) Ρ (obl)
NP NP/ Inf
+
—
—
+
+
+
jmdn. etw. heißen
Η (obl) Ρ (obl)
NP Inf
+
-
-
+
+
+
Tab. 18: Lexikalische Merkmale der Verben des gebieten-Paradigmas
Die Paradigmen der Auffordernsverben
3.4
159
Paradigmen von Auffordernsverben, die einen bestimmten Äußernsmodus lexikalisieren
Für mehrere Paradigmen von Verben ist neben der propositionalen Sprechereinstellung ,S will: P' ein bestimmter Modus des Außerns konstitutiv. Manche Verben dieser Paradigmen lexikalisieren den Modus der Höflichkeit, andere den Modus der Nachdrücklichkeit, vgl. Abb. 9:
Abb. 9: Auffordernsverben, die verschiedene Modi des Äußerns lexikalisieren
3.4.1 Die Paradigmen der Verben des Forderns/Appellierens Diejenigen Verben, die den Modus der Nachdrücklichkeit lexikalisieren, unterscheiden sich durch unterschiedliche Vorannahmen des Sprechers bezüglich Ρ voneinander und von den anderen Auffordernsverben. Die Vorannahmen des Sprechers betreffen die Erwartbarkeit von Ρ bzw. die Einschätzung von Ρ als moralisch gut oder im öffentlichen Interesse. Die entsprechenden Verben dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen Forderungen gestellt oder Aufrufe verbreitet werden. In Abb. 10 ist die Einteilung der Paradigmen dargestellt, deren Verben den Äußernsmodus .nachdrücklich' lexikalisieren:
Abb. 10: Paradigmen, deren Verben den Äußernsmodus .nachdrücklich' lexikalisieren
Lexikalische Strukturen der Direktive
160 3.4.1.1 Das ytWmz-Paradigma Der Rekurssituationstyp, auf den mit Verben wie fordern ist folgendermaßen ausgestattet:
oder verlangen
Bezug genommen wird,
Ausstattung des Rekurssituationstyps FORDERN Propositionaler Gehalt: Geschehens typ: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: lodus des Außerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ nicht erwartbar: Ρ nachdrücklich
fordern, verlangen, abverlangen, einfordern,
wünschen
Das Verb abverlangen wird mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen entweder das Ausfuhren von Ρ für den Hörer besonders beschwerlich ist oder in denen Ρ (beispielsweise Kosten oder Anstrengungen) das normale M a ß übersteigt. Die Verben fordern und einfordern werden oft mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen es um Rechte oder Kosten geht, abverlangen ist das einzige Verb des Paradigmas, das die Realisierung der Hörerrolle durch eine Nominalphrase im Dativ verlangt, die anderen Verben realisieren die Hörerrolle fakultativ durch eine Präpositionalphrase mit von, was bei wünschen sehr selten der Fall ist. Alle Verben des Paradigmas verlangen die Thematisierung von P; fur diese Rolle gibt es unterschiedliche Realisierungsmöglichkeiten: • •
• • •
fordern — als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet und manchmal von einem nominalen Korrelat (es) begleitet wird, oder als Infinitivergänzung verlangen — als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet und manchmal von einem nominalen Korrelat (es) begleitet wird, oder als Infinitivergänzung abverlangen - als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird tvünschen - als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird einfordern - als Nominalphrase im Akkusativ.
Bis auf wünschen und abverlangen können die Verben des Paradigmas explizit performativ verwendet werden, diese beiden Verben können auch nicht mit der direkten Rede verwendet werden. Alle Verben sind passivfähig. Insgesamt haben die Verben des Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
161
Die Paradigmen der AufFordernsverben
Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
+
NP NP/ SE/Inf
+
PP
+
—
+
-
Η (fak) Ρ (obl)
abverlangen
Η (obl)
einfordern
Η (fak) Ρ (obl)
Performativität
+
verlangen
Η (fak) Ρ (obl)
Polysemie
PP NP/ SE/Inf/ NPKorrSE
NP/ SE/Inf/ NPKorrSE
wünschen
Bewertung DSSprecher
+
PP
Ρ (obl)
Ρ (obl)
Resultativität
+
Η (fak)
fordern
Passiv
stilistische Markiertheit
—
—
+
-
NP/ SE PP NP
-
-
Tab. 19: Lexikalische Merkmale der Verben des fordern- Paradigmas
3.4.1.2 Das bestehen tfw/^Paradigma Mit den Verben dieses Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher eine bereits früher geäußerte (Aufforderung wiederholt und auf deren Erfüllung dringt, und zwar als Reaktion auf eine Zurückweisung oder Nichterfüllung seiner ursprünglich gestellten Forderung durch den Hörer. Die Position der Äußerung ist re-reaktiv, denn der Sprecher reagiert mit seiner Äußerung bereits auf eine Reaktion des Hörers. Für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
162
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ausstattung des Rekurssituationstyps B E S T E H E N AUF Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Modus des Äußerns: Position der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ erwartbar: nicht-P nachdrücklich re-reaktiv S: Tu P! H: Nein. S: Doch, tu P!
bestehen auf, beharren auf, pochen auf insistieren pochen auf Wird häufig
in Kontexten verwendet, in denen Rechte des Sprechers genannt werden. Alle vier Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit auf als finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung, die beide mit einem präpositionalen Korrelat (
—
+
—
—
+
>
—
+
—
+
+
PPKorrSE/ PPKorrlnf beharren auf
Ρ (obl)
PP/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
pochen auf
Ρ (obl)
PP/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
insistieren
Ρ (obl)
PP 1 PPKorrSE/ PPKorrlnf
Tab. 20: Lexikalische Merkmale der Verben des bestehen
Paradigmas
Die Paradigmen der Auffordernsverben
3.4.1.3 Das
163
aufrufen-Paradigma
Für die Verben des aufrufen-Paradigmas sind neben der Sprechereinstellung ,S will: P' der Modus der Nachdrücklichkeit sowie die Vorannahme des Sprechers konstitutiv, dass Ρ moralisch gut oder im öffentlichen Interesse ist. Die Verben des Paradigmas lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps AUFRUFEN Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Ρ ist moralisch gut oder im öffentlichen Interesse nachdrücklich
Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Modus des Außerns:
aufrufen,
appellieren
aufrufen erlaubt sowohl die Thematisierung von Η als auch von P, wobei die beiden fakultativen Argumentausdrücke nicht gleichzeitig weggelassen werden können. Die Hörerrolle wird bei diesem Verb durch eine Nominalphrase im Akkusativ realisiert, die Rolle von Ρ durch eine Präpositionalphrase mit zu oder eine Infinitivergänzung, die auch mit einem präpositionalen Korrelat {dazu) auftreten kann, appellieren kommt in zwei unterschiedlichen syntaktischen Umgebungen
vor, einmal anjmdn. appellieren (etwas zu tun) und einmal an etwas appellieren. Im ersten Fall wird die Hörerrolle obligatorisch als Präpositionalphrase mit an realisiert und die Rolle von Ρ fakultativ als Infinitivergänzung. Im zweiten Fall ist die Thematisierung von Η blockiert, und die Rolle von Ρ wird obligatorisch als Präpositionalphrase mit an realisiert, aufrufen wird häufiger zur Bezugnahme auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher öffentlich und nachdrücklich äußert, dass der Hörer Ρ tun soll. Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. Mit einer anderen Argumentstruktur hat aufrufen die Bedeutung ,einen/mehrere Namen laut rufen'. Insgesamt haben die beiden Verben folgende lexikalische Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische Markierttivität heit
aufrufen
Η (fak)* Ρ (fck)*
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
+
—
—
—
+
appellieren
Η (obl) Ρ (fak)
PP Inf
+
-
-
-
+
-
appellieren
Ρ (obl)
PP
+
-
-
-
+
-
*: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können thematisiert werden. Tab. 21: Lexikalische Merkmale der Verben des aufrufen-Paradigmas
164
Lexikalische Strukturen der Direktive
3.4.2 Die Paradigmen der Verben des Bittens Konstitutiv fiir eine Reihe von Verbparadigmen ist neben der Sprechereinstellung ,S will: P' auch ein spezifischer Modus des Äußerns. Der Modus der Höflichkeit, durch den alle Paradigmen der Bittensverben gekennzeichnet sind, ist derjenige Aspekt, der die Verben des Bittens von allen anderen Verben des Aufforderns unterscheidet. Konstitutiv für die weitere Strukturierung der Paradigmen der Bittensverben sind die folgenden weiteren spezifischen Modi des Äußerns, vgl. Abb. 11:
Abb. 11: Die Paradigmen der Bittensverben
3.4.2.1 Das bitten-Vz rad i gm a Die Verben des bitten-Paradigmas dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber höflich zum Ausdruck bringt, dass er etwas Bestimmtes tun soll. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps B I T T E N Propositionaler Gehalt: Geschehens typ: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ höflich bitten, {sich) erbitten
{sich) erbitten verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird. Die Hörerrolle wird fakultativ durch eine Präpositionalphrase mit bei realisiert, bitten erlaubt die Realisierung der Rolle von Ρ als Prä-
165
Die Paradigmen der Auffordernsverben
positionalphrase mit um, als Infinitivergänzung, die auch mit einem präpositionalen Korrelat (rdarum) auftreten kann, oder als finite Satzergänzung (eingeleitet durch dass) mit präpositionalem Korrelat {darum). Die Hörerrolle kann bei bitten durch eine Nominalphrase im Akkusativ realisiert werden, bitten ist Bestandteil einer ganzen Reihe von komplexen Verben, die häufig mit direktionalen Adverbialen gebildet werden, wie ζ. B. herbitten, hin/herüberbitten, her/hineinbitten, hin/heraufbitten, her/hinausbitten, her/hinunterbitten und ähnliche. Bei den allgemeinen Auffordernsverben gibt es ein spezifisches Paradigma von semantisch parallelen Verben (wie einweisen, verweisen, zurückrufen, überweisen), mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen Ρ als (Bewegung von oder zu einem) Ort oder als (Bewegung in eine) Richtung spezifiziert ist. Die beiden Verben des Paradigmas können explizit performativ verwendet werden, wobei diese Verwendungsweise beim nicht-reflexiven erbitten äußerst selten ist. Nur bitten ist passivfähig. Sie haben insgesamt die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
bitten
Η (fak)* Ρ (fak)*
NP PP/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
+
(sich) erbitten
Η (fak) Ρ (obl)
PP NP/ SE
—
Resultativität
BcwtT •
Polysemie
rung DSSprecher
Performativität
stilistische Markiertheit
+
—
—
—
*: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können thematisiert werden. Tab. 22: Lexikalische Merkmale der Verben des ^/rtf«-Paradigmas
3.4.2.2 Das
ersuchen-Paradigma
Mit ersuchen und nachsuchen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber höflich und förmlich zum Ausdruck bringt, dass er Ρ tun soll. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps ERSUCHEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ Swill: Η tut: Ρ höflich förmlich
ersuchen,
nachsuchen
166
Lexikalische Strukturen der Direktive
nachsuchen wird eher mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Adressat der Äußerung eine Institution oder Behörde ist. Beide Verben erlauben die Thematisierung von H, ersuchen realisiert diese Rolle durch eine Nominalphrase im Akkusativ, nachsuchen durch eine Präpositionalphrase mit der Präposition bei. Beide Verben verlangen die Realisierung der Rolle von P. ersuchen realisiert diese Rolle entweder als Präpositionalphrase mit um oder als finite Satzergänzung bzw. als Infinitivergänzung, die beide auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {darum) auftreten können, nachsuchen realisiert die Rolle von Ρ entweder als Präpositionalphrase mit um oder als Infinitivergänzung mit präpositionalem Korrelat {darum). Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, ersuchen gehört einem eher gehobenen Stilregister an. Dieses Verb hat außerdem noch zwei andere Lesarten als Direktiv, einmal als allgemeines Auffordernsverb und einmal als Verb, mit dem auf Situationen Bezug genommen wird, in denen der Sprecher einen Antrag stellt, nachsuchen hat mit anderer Argumentstruktur noch die Bedeutung ,nach etwas suchen'. Insgesamt haben die Verben des mwcÄira-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
ersuchen
H(fak) Ρ (obl)
NP PP/SE/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
+
nachsuchen
H(fak)
PP PP/ PPKorrlnf
+
Ρ (obl)
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
+
+
+
+
Tab. 23: Lexikalische Merkmale der Verben des ersuchen-X?a.tA&gmas
3.4.2.3 Das^^«-Paradigma Die Verben desyZe/wj-Paradigmas lexikalisieren zwei Modi des Äußerns: den der Höflichkeit und zusätzlich den der Eindringlichkeit. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps FLEHEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will dringend: Ρ S will: Η tut: Ρ höflich eindringlich
flehen, anflehen, erflehen, betteln, anbetteln, erbetteln, beschwören
Die Paradigmen der Auffordernsverben
167
Zwischen den einzelnen Verben des Paradigmas gibt es Unterschiede im Grad der Dringlichkeit, den die Verben lexikalisieren. betteln und flehen unterscheiden sich minimal im Grad der mit ihnen lexikalisierten Dringlichkeit, beschwören lexikalisiert den höchsten Grad an Dringlichkeit. anflehen und anbetteln verlangen die Thematisierung von H, während erflehen und erbetteln die Thematisierung von Ρ verlangen. Die unpräfigierten Verben betteln und flehen erlauben die Thematisierung sowohl von Η als auch von P. Die unpräfigierten Verben realisieren die Hörerrolle als Präpositionalphrase mit bei, die mit an- präfigierten Verben als Nominalphrase im Akkusativ. erflehen realisiert die Hörerrolle als Präpositionalphrase mit von, bei erbetteln ist außerdem die Präposition bei möglich. Die Rolle von Ρ wird bei den mit an- präfigierten Verben als Präpositionalphrase mit um oder wegen realisiert bzw. als Infinitivergänzung oder finite Satzergänzung, die fast immer als uneingeleiteter Verbzweitsatz auftritt. Die mit er- präfigierten Verben realisieren die Rolle von Ρ als Nominalphrasen im Akkusativ. Die unpräfigierten Verben flehen und betteln können die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit um (betteln selten auch mit nach), als finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung realisieren; bei betteln kann sowohl die finite Satzergänzung als auch die Infinitivergänzung gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {darum, danach) auftreten, beschwören verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und erlaubt die Realisierung der Rolle von Ρ als Infinitivergänzung. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig, wobei flehen nur das unpersönliche Passiv erlaubt, betteln und seine Präfigierungen können nicht explizit performativ verwendet werden, erbetteln ist ein resultatives Verb, d. h., es bezeichnet den erfolgreichen Vollzug des Aktes, betteln, anbetteln und erbetteln haben noch die Bedeutung ,um Almosen bitten', was auch ohne die Zuhilfenahme von Sprache erfolgen kann, beschwören hat noch eine Bedeutung als assertives Verb. Insgesamt haben die Verben desyZe/j^w-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
flehen
Η (fak) Ρ (fak)
PP PP/SE/Inf
+
-
-
anflehen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/SE/Inf
+
-
-
erflehen
Η (fak) Ρ (obl)
PP NP
+
-
-
betteln
Η (fak) Ρ (fak)
PP PP/SE/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrlnf
+
anbetteln
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/SE/Inf
+
-
erbetteln
Η (fak) Ρ (obl)
PP NP
+
beschwören
Η (obl) Ρ (fak)
NP Inf
+
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
+
-
+
-
-
+
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
-
-
-
+
-
-
-
Tab. 24: Lexikalische Merkmale der Verben des flehen-Paradigmas
168
Lexikalische Strukturen der Direktive
3.4.2.4 Die Lexikalisierung unterschiedlicher Grade von Dringlichkeit Die Unterschiede in der mit den Verben lexikalisierten (Ein)dringlichkeit des Bittens können auf einer Dringlichkeitsskala dargestellt werden, vgl. Abb. 12. An der Stelle des neutralen Werts der Dringlichkeit stehen die Verben des bitten- und des mwc/w/-Paradigmas. Zwischen ihnen und den Verben des flehen-Paradigmas besteht ein größerer Unterschied im Grad der mit ihnen lexikalisierten Dringlichkeit, d. h., in der graphischen Darstellung ergibt sich ein größerer Abstand zwischen ihnen. Die Verben des flehen-Paradigmas sind entsprechend des mit ihnen lexikalisierten zunehmenden Dringlichkeitswerts auf der Skala angeordnet, wobei beschwören den höchsten Grad an Dringlichkeit lexikalisiert.
bitten, sich ausbitlen, (sich) erbitten, nachsuchen. ersuchen
neutral
betteln, anbetteln, erbetteln,
flehen, anflehen, erflehen
beschwören
zunehmende Dringlichkeit
Abb. 12: Skala der mit den Bittensverben lexikalisierten Dringlichkeit
3.5
Paradigmen von Verben, die spezifische Vorannahmen bezüglich Ρ lexikalisieren
Eine Reihe von Verben unterscheiden sich dadurch von den anderen Auffordernsverben, dass sie neben der Sprechereinstellung ,S will: P' noch bestimmte Vorannahmen des Sprechers bezüglich Ρ lexikalisieren. Sie werden weiter strukturiert durch die Spezifik der jeweiligen Vorannahmen, vgl. Abb. 13:
Abb. 13: Paradigmen, deren Verben spezifische Vorannahmen bezüglich Ρ lexikalisieren
169
Die Paradigmen der Auffordernsverben
3.5.1
D a s w/z/wen-Paradigma
Mit Verben wie mahnen, ermahnen,
erinnern oder anmahnen
wird auf Situationen Bezug genom-
men, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber zum Ausdruck bringt, dass er etwas tun soll, was der Sprecher zu Recht von ihm verlangen kann und von dem er annimmt, dass es nicht erwartbar ist. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps M A H N E N Propositionaler Gehalt:
Mitteilungsgehalt Ρ
Geschehenstyp:
Handlung
Zeitbezug:
zukünftig
Rollenbezug:
Hörer
Einstellung von S zu P:
S will: Ρ
Sprecherabsicht:
Swill: Η tut: Ρ
Vorannahmen von S:
Ρ kann zu Recht von Η erwartet werden erwartbar: nicht-P
mahnen, ermahnen, gemahnen, erinnern, abmahnen,
anmahnen
Mit den Verben ermahnen, gemahnen und erinnern wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher mit seiner Äußerung bewirken will, dass der Hörer etwas tut, was er bisher nicht getan hat, von dem der Sprecher aber annimmt, dass er es zu Recht von ihm erwarten kann. gemahnen wird allerdings nur sehr selten gebraucht und ist einem etwas gehobeneren Stilregister zuzurechnen. Mit den Verben mahnen, abmahnen, anmahnen und erinnern wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Hörer Ρ noch nicht getan hat und in denen der Sprecher zu Recht verlangen kann, dass Η Ρ tut. Daher bringt der Sprecher in diesen Situationen seine Mahnung sehr nachdrücklich zum Ausdruck. Wenn im Kontext von Zahlungsaufforderungen statt mahnen erinnern verwendet wird, wirkt die Äußerung höflicher und die Nachdrücklichkeit der Mahnung wird etwas abgeschwächt, erinnern und mahnen erlauben sowohl die Thematisierung von Η als auch die von P. Sie realisieren die Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase, bei erinnern mit an und bei mahnen mit an oder wegen, erinnern kann die Rolle von Ρ auch noch als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, jeweils mit präpositionalem Korrelat {daran), realisieren, abmahnen und ermahnen verlangen beide die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und thematisieren Ρ fakultativ, abmahnen kann die Rolle von Ρ nur als Präpositionalphrase mit wegen realisieren, ermahnen realisiert sie als Präpositionalphrase mit zu, als finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {dazu) auftreten kann, anmahnen verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung und blockiert die Thematisierung von H. gemahnen verlangt die Realisierung beider Rollen, wobei die Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ realisiert wird und die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit an, als Infinitivergänzung, die auch mit präpositionalem Korrelat {daran) auftreten kann, oder als finite Satzergänzung mit einem präpositionalen Korrelat {daran). Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, abmahnen hat noch eine Lesart als Deklarativ; ermahnen, mahnen und gemahnen haben jeweils eine weitere Lesart als allgemeines Auffordernsverb und erinnern hat noch eine zweite Lesart als Repräsentativ. Insgesamt haben die Verben des mahnen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
Lexikalische Strukturen der Direktive
170
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
ermahnen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/SE/Inf/ PPKorrInf
+
—
—
+
+
—
mahnen
Η (fak) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
+
+
-
gemahnen
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP/Inf/ PPKorrSE/ PPKorrInf
+
+
+
+
erinnern
Η (fak) Ρ (fak)
NP PP/ PPKorrSE/ PPKorrInf
+
+
+
abmahnen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP
+
-
-
+
+
-
anmahnen
Ρ (obl)
NP/ SE
+
-
-
-
+
-
Tab. 25: Lexikalische Merkmale der Verben des
Paradigmas
3.5.2 Das n » i W m - P a r a d i g m a Die Verben des einladen-Paradigmas lexikalisieren die spezifische Vorannahme des Sprechers, dass Ρ im Interesse von Sprecher und Hörer ist, wobei es sich bei Ρ um eine gemeinsame Aktivität von S und Η handelt. Mit ihnen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher zum Ausdruck bringt, dass der Hörer gemeinsam mit ihm etwas tun soll. Für die Etablierung des Paradigmas der Einladensverben sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps EINLADEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ im Interesse von S und Η: Ρ gemeinsame Aktivität von S und Η einladen, laden zu, bitten zu
171
Die Paradigmen der Auffordernsverben
Die Verben laden zu und bitten zu verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit zu und erlauben die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ, einladen erlaubt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und der Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {dazu) auftreten kann. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, laden zu sowie bitten zu gehören einem eher gehobenen Stilregister an. einladen hat mit anderer Argumentstruktur die Bedeutung .etwas in ein Fahrzeug laden'. Insgesamt haben die Verben des einladen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Merkmale
Verben Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung D S -
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen einladen
H(fak)
NP
P(fak)
PP/Inf/
+
—
—
+
—
PPKorrInf laden zu
bitten zu
H(fak)
NP
Ρ (obl)
PP
H(fek)
NP
Ρ (obl)
PP
+
-
-
-
+
+
+
-
-
-
+
+
Tab. 26: Lexikalische Merkmale der Verben des
einladen-Paradigmas
3.5.3 Die Paradigmen der Verben, mit denen auf das Erteilen von Aufträgen Bezug genommen wird Direktive, mit denen auf das Erteilen von Aufträgen Bezug genommen wird, lexikalisieren die Vorannahme des Sprechers, dass Ρ im Aufgaben- bzw. Kompetenzbereich des Hörers liegt. Durch jeweils andere Spezifizierungen von Ρ werden verschiedene Unterparadigmen etabliert. Es ergibt sich die in Abb. 14 dargestellte Struktur:
172
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ρ - Gegenstand einer Dienstleistung
Ρ - im Kompetenzbereich von Η in institutionellem oder juristischem Rahmen
bestellen, abonnieren, reservieren, vorbestellen, ordern
bevollmächtigen, ermächtigen, autorisieren, berechtigen
A b b . 14: P a r a d i g m e n , m i t d e r e n V e r b e n a u f das Erteilen v o n A u f t r ä g e n Bezug g e n o m m e n w i r d
3.5.3.1 Das bestellen-Paradigma Mit den Verben des tafte/Zen-Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher etwas äußert, um zu bewirken, dass der Hörer Ρ tut oder aber veranlasst, dass Ρ geschieht, wobei Ρ der Gegenstand einer Dienstleistung ist, die im Aufgabenbereich des Hörers liegt und die der Sprecher in Anspruch nehmen will. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps BESTELLEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Ρ ist im Aufgaben-/Kompetenzbereich von Η Gegenstand einer Dienstleistung
bestellen, abonnieren, reservieren, vorbestellen, ordern bestellen und vorbestellen werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher entweder eine bestimmte Dienstleistung (bezogen auf Gegenstände oder Sachverhalte) in Anspruch nehmen will oder sich mit einer oder mehreren Personen zu einem meist dienstlichen oder kommerziellen Gespräch treffen will, wobei die zweite Verwendungsweise hauptsächlich mit bestellen vorkommt, ordern wird mit Bezug auf geschäftliche Situationen gebraucht, und abonnieren ist
Die Paradigmen der Auffordernsverben
173
auf Kontexte beschränkt, in denen Objekte genannt sind, die über einen bestimmten Zeitraum regelmäßig genutzt werden, wie ζ. B. regelmäßig erscheinende Zeitungen/Zeitschriften, regelmäßige Informationen, Serviceleistungen oder Theaterkarten, reservieren und vorbestellen werden mit Bezug auf Kontexte verwendet, in denen Objekte genannt sind, die zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden sollen. Alle Verben des Paradigmas realisieren die Hörerrolle fakultativ als Präpositionalphrase, in der Regel mit bei. bestellen, abonnieren und ordern verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, reservieren und vorbestellen realisieren die Rolle von Ρ fakultativ als Nominalphrase im Akkusativ, wobei der absolute Gebrauch der Verben aber eher selten ist. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, bestellen wird mit anderer Argumentstruktur zur Bezugnahme auf das Erteilen von Weisungen verwendet; es hat außerdem eine Bedeutung als Deklarativ, bestellen hat noch eine weitere Lesart als repräsentatives Verb des übermitteln-VdxiÄxgmas. Insgesamt haben die Verben des tafif/Zew-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argument-
Passiv
Resultativität
Struktur
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
bestellen
Η (fak) Ρ (obl)
PP NP
+
-
-
+
+
-
abonnieren
Η (fak) Ρ (obl)
PP NP
+
-
-
-
+
-
reservieren
Η (fak) Ρ (fak)
PP NP
+
-
-
-
+
-
vorbestellen
Η (fak) Ρ (fak)
PP NP
+
-
-
-
+
-
ordern
Η (fak) Ρ (obl)
PP NP
+
-
-
-
+
-
Tab. 27: Lexikalische Merkmale der Verben des bestellen-Paradigmas
3.5.3.2 Das ö^fifc·//?«-Paradigma Die Verben des abbestellen-Paradigmas werden mit Bezug auf das Rückgängigmachen einer Bestellung oder eines Auftrags bzw. mit Bezug auf das Absagen einer Verabredung verwendet. Ρ ist als Gegenstand einer vorausgegangenen Vereinbarung spezifiziert, die der Sprecher nicht (mehr) einhalten will. Für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
174
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ausstattung des Rekurssituationstyps ABBESTELLEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P:
v:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Ρ ist im Aufgaben-/Kompetenzbereich von Η Rückgängigmachen einer vorausgegangenen Vereinbarung
abbestellen, absagen, annullieren, kündigen-, zurücktreten, abblasen, zurücknehmen Die Verben absagen, abblasen und abbestellen werden mit Bezug auf Kontexte verwendet, die sich auf das Rückgängigmachen von Verabredungen/Treffen mit Personen beziehen, abbestellen darüber hinaus noch in Kontexten, die sich auf das Rückgängigmachen einer Bestellung von Waren oder Leistungen beziehen, annullieren, zurücktreten und kündigen werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher zum Ausdruck bringt, dass er einen zuvor geschlossenen Vertrag/eine zuvor getroffene Vereinbarung nicht mehr einhalten will. Das Verb zurücknehmen kann zur Bezugnahme auf unterschiedliche Situationen benutzt werden, in denen verschiedene Dinge aufgekündigt werden, absagen erlaubt die Thematisierung von P, alle anderen Verben des Paradigmas realisieren die Rolle von Ρ obligatorisch, kündigen realisiert die Hörerrolle fakultativ als Präpositionalphrase mit bei. zurücknehmen kann die Hörerrolle nur als Adpositionalphrase mit gegenüber realisieren. Alle anderen Verben des Paradigmas blockieren die Thematisierung von H. abbestellen, annullieren, kündigen und abblasen realisieren die Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, zurücknehmen zusätzlich noch als finite Satzergänzung mit Korrelat (es), absagen realisiert die Rolle von Ρ entweder als Nominalphrase im Akkusativ (bei Terminen ο. A.) oder als Nominalphrase im Dativ (bei Personen), zurücktreten realisiert die Rolle von Ρ entweder als Präpositionalphrase mit von oder als finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat {davon). Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. abblasen gehört einem eher umgangssprachlichen Stilregister an. kündigen hat (teilweise mit anderer Argumentstruktur) noch mehrere Lesarten als Deklarativ, zurücktreten hat außerdem eine Bedeutung als Deklarativ mit der Spezifizierung von Ρ als Stellung/Posten, zurücknehmen kann auch als assertives Verb gebraucht werden. Die Verben abblasen, zurücktreten und zurücknehmen haben jeweils noch andere Bedeutungen (zurücktreten als ,nach hinten treten', .gegenüber etwas anderem in den Hintergrund treten'; abblasen in der Technik als ,etwas unter Druck entweichen lassen' und zurücknehmen als ,etwas (Gegenstände, Geld) wieder annehmen', .einen Körperteil in seine Ausgangsstellung bzw. nach hinten bewegen' und .Truppen nach hinten verlegen'). Insgesamt haben die Verben des abbestellen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
Die Paradigmen der AufFordernsverben
175
Merkmale
Verben Themarisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
abbestellen
Ρ (obl)
NP
+
-
-
-
+
-
absagen
P(fak)
NP/ NP
+
-
-
-
+
-
annullieren
Ρ (obl)
NP
+
-
-
-
+
-
kündigen
H(fak) Ρ (obl)
PP NP
+
-
-
+
+
-
zurücktreten
Ρ (obl)
PP/ PPKorrSE
+
-
-
-
+
-
abblasen
Ρ (obl)
NP
+
-
-
-
+
+
zurücknehmen
Ρ (obl)
NP/ NPKorrSE
+
-
-
+
+
-
Tab. 28: Lexikalische Merkmale der Verben des abbestellen-l'ziz&igm-a,
3.5.3.3 Das aufgeben-Paradigma und das aufiragen-VzizdigmiL Mit den Verben des λ «/^i*«-Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen das, was dem Hörer aufgetragen wird, eine genau festgelegte und mitunter auch komplexe Handlung ist. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps AUFGEBEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Ρ ist im Aufgaben-/Kompetenzbereich von Η genau festgelegte Handlung aufgeben, jmdn. etw. heißen
Beide Verben verlangen sowohl die Thematisierung von Η als auch von P. aufgeben realisiert die Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ und die Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung, heißen realisiert die Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und die Rolle von Ρ ebenfalls als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung. Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, jmdn. etw. heißen gehört einem gehobenen stilistischen Register an. Es hat noch eine zweite Lesart als direktives Verb des
176
Lexikalische Strukturen der Direktive
gebieten-Paradigmas, mit dessen Verben auf das Erteilen von Weisungen Bezug genommen wird. Darüber hinaus wird heißen mit anderer Argumentstruktur in der Bedeutung .einen Namen tragen' oder jemanden mit einem Namen/einer Bezeichnung benennen' (in Sätzen wie Er hieß ihn einen Dummkopf?} verwendet. Mit aufgeben kann noch auf eine ganze Reihe von nicht-sprachlichen Handlungen Bezug genommen werden. Insgesamt haben die Verben des aufgeben-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
-
—
—
+
—
+
+
+
aufgeben
Η (obi) Ρ (obl)
NP NP/ Inf
+
heißen
Η (obl) Ρ (obl)
NP NP/ Inf
+
Performativität
stilistische Markiertheit
Tab. 29: Lexikalische Merkmale der Verben des Λ z^f^frt-Paradigmas
Verben wie auftragen oder beauftragen sind insofern spezifischer als aufgeben, als mit ihnen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen der Akt des Beauftragens institutionell geregelt ist. Die Verben dieses Unterparadigmas lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps AUFTRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu Ρ: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P: Verfahren:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Ρ ist im Aufgaben-/Kompetenzbereich von Η genau festgelegte Handlung institutionell geregelt
auftragen, beauftragen, anordnen, anweisen, verfugen Die Verben des auftragen-VzTzA'igmas dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein Sprecher einen Hörer auffordert, eine genau festgelegte Handlung auszuführen, die in seinem Aufgaben- und Kompetenzbereich liegt, wobei der Akt des Beauftragens institutionell geregelt ist. beauftragen und auftragen verlangen die Realisierung der Hörerrolle, anweisen erlaubt die Realisierung dieser Rolle, und anordnen und verfugen blockieren die Thematisierung von H. beauftragen erlaubt die Thematisierung von P, alle anderen Verben des Paradigmas verlangen die Thematisierung von P. anweisen und beauftragen realisieren die Hörerrolle als Nominalphrase im
177
D i e P a r a d i g m e n der AuHbrdernsverben
Akkusativ, auftragen als Nominalphrase im Dativ. Für die Realisierung der Rolle von Ρ gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: • • • • •
beauftragen - als Präpositionalphrase mit mit oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {damit) auftreten kann auftragen — als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung anordnen - als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die manchmal mit einem Korrelat (es) auftritt und durch dass eingeleitet wird anweisen - als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird, oder als Infinitivergänzung verfugen - als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird.
Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. beauftragen und auftragen haben noch eine weitere Lesart als Verben des betrauen-Paradigmas; auftragen hat noch eine Lesart als allgemeines Auffordernsverb. Darüber hinaus hat das Verb noch die Bedeutungen ,Speisen auf den Tisch stellen',,etwas aufstreichen' (ζ. B. Schminke, Salbe, Farbe) sowie .Kleidungsstücke durch langes Tragen völlig abnutzen'. Mit anordnen, anweisen und verfugen kann auch auf Situationen Bezug genommen werden, in denen ein Sprecher Weisungen erteilt, verfugen kann außerdem zur Bezugnahme auf Situationen verwendet werden, in denen ein Sprecher Befehle erteilt, anordnen dient mit anderer Argumentstruktur der Bezugnahme auf manipulative Handlungen, anweisen hat eine weitere Lesart als Verb des Anleitens und darüber hinaus die beiden Bedeutungen ,Geld anweisen' und ,jmdm. etw. zuteilen, zuweisen' (wie ζ. B. Zimmer, Plätze o. Ä.). Wenn verfugen mit der Präposition über auftritt, hat es außerdem noch die Bedeutungen .etwas besitzen' und ,das Recht/die Möglichkeit haben, zu bestimmen, was mit jmdm./etw. geschehen soll'. Insgesamt haben die Verben des auftragen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung D S -
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen beauftragen
Η (obl)
NP
Ρ (fak)
PP/Inf/
+
—
—
+
+
+
+
—
PPKorrlnf auftragen
Η (obl)
NP
Ρ (obl)
NP/
+
Inf anordnen
Ρ (obl)
NP/
+
—
+
+
+
—
+
+
—
+
-
+
+
-
SE/Inf/ NPKorrSE anweisen
Η (fak)
NP
Ρ (obl)
NP/ SE/Inf
verfugen
Ρ (obl)
NP/
-
SE Tab. 30: Lexikalische Merkmale der Verben des da/frag*·»-Paradigmas
178
Lexikalische Strukturen der Direktive
3.5.3.4 Das
betrauen-Paradigma
Für das betrauen-Paradigma, mit dessen Verben ebenfalls auf das Erteilen von Aufträgen Bezug genommen wird, ist das besondere Interesse des Sprechers an der Ausführung von Ρ konstitutiv. Die Verben dieses Paradigmas dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber zum Ausdruck bringt, dass der Hörer etwas fur den Sprecher besonders Wichtiges tun soll, wobei der Sprecher den Hörer als besonders zuverlässig und kompetent für diese Aufgabe einschätzt. Für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps BETRAUEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Ρ ist im Aufgaben-/Kompetenzbereich von Η Η ist besonders kompetent und zuverlässig fur S von besonderem Interesse
betrauen, beauftragen, auftragen betrauen und auftragen verlangen sowohl die Realisierung der Hörerrolle als auch der Rolle von P, beauftragen verlangt die Realisierung der Hörerrolle und thematisiert Ρ fakultativ. Die Hörerrolle wird bei betrauen und beauftragen als Nominalphrase im Akkusativ und bei auftragen als Nominalphrase im Dativ realisiert, betrauen realisiert die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit mit oder als Infinitivergänzung mit präpositionalem Korrelat {damit), beauftragen realisiert die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit mit oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (damit) auftreten kann, auftragen realisiert die Rolle von Ρ entweder als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, beauftragen und auftragen haben noch eine weitere Lesart als Verben des auftragen-ViT^&igcms. auftragen hat außerdem noch eine Lesart als allgemeines Auffordernsverb. Darüber hinaus hat das Verb noch die Bedeutungen .Speisen auf den Tisch stellen', ,etwas aufstreichen' (ζ. B. Schminke, Salbe, Farbe) sowie ,Kleidungsstücke durch langes Tragen völlig abnutzen'. Insgesamt haben die Verben des betrauenParadigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
Die Paradigmen der Auffordernsverben
179
Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
—
—
—
+
betrauen
Η (obl) Ρ (obl)
NP PP/ PPKorrlnf
+
beauftragen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
+
+
+
auftragen
Η (obl) Ρ (obl)
NP NP/ Inf
+
+
+
—
—
Tab. 31: Lexikalische Merkmale der Verben des betrauen-Paradigmas
3.5.3.5 Das bevollmächtigen-V&Tad'igmz Mit Verben wie bevollmächtigen, autorisieren oder berechtigen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen Ρ eine Handlung ist, die im Kompetenzbereich des Hörers liegt, und in denen die Akte des Beauftragens innerhalb eines institutionellen oder juristischen Rahmens stattfinden. Die Verben dieses Paradigmas werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher einem Hörer die Befugnis bzw. die Vollmacht erteilt, etwas in seinem Namen zu tun. Für die Etablierung des Paradigmas sind folgende Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps BEVOLLMÄCHTIGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P: Verfahren:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: Ρ S will: Η tut: Ρ Ρ ist im Aufgaben-/Kompetenzbereich von Η im Kompetenzbereich von Η in institutionellem/juristischem Rahmen
bevollmächtigen, ermächtigen, autorisieren, berechtigen Alle Verben des Paradigmas verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. Die Rolle von Ρ wird jeweils fakultativ realisiert, entweder als Präpositionalphrase mit zu oder als Infinitivergänzung, die auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {dazu) auftreten kann. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. autorisieren wird seltener mit Bezug auf Situationen im juristischen Bereich verwendet. Insgesamt haben die Verben des bevollmächtigen-Vira.digmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
180
Lexikalische Strukturen der Direktive
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
ArgumentStruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
bevollmächtigen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
+
—
—
—
+
—
ermächtigen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
+
—
—
—
+
—
autorisieren
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
+
—
—
—
+
—
berechtigen
Η (obl) Ρ (fak)
NP PP/Inf/ PPKorrlnf
+
—
Tab. 32: Lexikalische Merkmale der Verben des
3.6
+
bevollmächtigen-Paradigmas
Das vorschlagen-V^i^Aipna.
Mit den Verben vorschlagen und empfehlen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher unverbindlich zum Ausdruck bringt, dass der Hörer etwas Bestimmtes tun soll oder dass Sprecher und Hörer gemeinsam etwas Bestimmtes tun sollen. Das Paradigma hat die folgende Struktur:
Abb. 15: Das
vorschlagen-Paradigma
D i e P a r a d i g m e n der Verbietensverben
181
Die Verben des vorschlagen-Paradigmas lexikalisieren die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps V O R S C H L A G E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer oder Sprecher & Hörer S will: Ρ S findet: Ρ ist im Interesse von Η S will: Η erkennt: S findet: Ρ ist im Interesse von Η unverbindlich
Sprecherabsicht: Modus des Äußerns:
vorschlagen, empfehlen Mit beiden Verben des Paradigmas kann auch auf Situationen Bezug genommen werden, in denen ein Sprecher eine andere Person als für eine bestimmte Aufgabe oder eine Position (besonders) geeignet empfiehlt. Beide Verben verlangen die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird, oder als Infinitivergänzung. Wenn die Rolle von Ρ durch eine Nominalphrase realisiert wird, kann mit ihr auch eine Person oder ein Personenkreis angegeben werden, die/der vom Sprecher als geeignet fur eine bestimmte Aufgabe oder Position befunden wird. In allen anderen Fällen bezeichnet dieser Argumentausdruck die vorgeschlagene Handlung. Beide Verben realisieren die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ. Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. Insgesamt haben die Verben des Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant.
Argu-
Passiv
ment-
Resulta-
Bewer-
tivität
tung DS-
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
Struktur
heit
Rollen vorschlagen
Η (fak)
NP
Ρ (obl)
NP/
+
—
—
—
+
—
—
+
—
SE/Inf empfehlen
Η (fak)
NP
Ρ (obl)
NP/
+
SE/Inf Tab. 33: Lexikalische Merkmale der Verben des worir^izgf«-Paradigmas
4.
Die Paradigmen der Verbietensverben
Konstitutiv für die Paradigmen der Verben des Verbietens ist die propositionale Sprechereinstellung ,S will: nicht-P'. Das Paradigma der allgemeinen Verbietensverben ist durch diese Sprecher-
182
Lexikalische Strukturen der Direktive
einstellung hinreichend von allen anderen Paradigmen unterschieden. Die anderen Verbietensverben werden unter dem Gesichtspunkt des Außernsmodus und der Position der Äußerung noch weiter strukturiert und differenziert. Daraus ergibt sich die in Abb. 16 dargestellte Struktur: •
S will: nicht-P
unterbinden, verbieten, untersagen, verwehren, einschreiten, eingreifen, abwürgen
reaktiv
verweigern, abschlagen
Abb. 16: Die Paradigmen der Verbietensverben
4.1
Das
tfer&z'tftew-Paradigma
Mit den Verben des wr£zV/f«-Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber zum Ausdruck bringt, dass er etwas Bestimmtes nicht tun soll. Für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps VERBIETEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig oder gegenwärtig Hörer S will: nicht-P S will: Η tut nicht: Ρ nicht erwartbar: nicht-P
verbieten, untersagen, unterbinden, verwehren, einschreiten, eingreifen, abwürgen
Die Paradigmen der Verbietensverben
183
verwehren und unterbinden werden häufig mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen die sprachlichen Handlungen von nicht-sprachlichen Handlungen begleitet werden, während einschreiten und eingreifen überwiegend zur Bezugnahme auf Situationen verwendet werden, in denen nicht-sprachlich gehandelt wird. Das Verb abwürgen ist auf den Kontext von Diskussionen oder Gesprächen festgelegt. Es wird ebenso wie die Verben einschreiten und eingreifen zur Bezugnahme auf Situationen verwendet, in denen Ρ eine Handlung ist, mit deren Ausführung der Hörer bereits begonnen hat. Die Absicht des Sprechers besteht in solchen Situationen darin, den Hörer an der Fortführung seiner Handlung(en) zu hindern. Die Verben untersagen und unterbinden können sowohl mit Bezug auf bereits begonnene Handlungen als auch mit Bezug auf zukünftige Handlungen eines Hörers verwendet werden, während verbieten und verwehren nur mit Bezug auf zukünftige Hörerhandlungen verwendet werden können. Die Verben verbieten, untersagen, verwehren und unterbinden können auch mit Bezug auf Situationen verwendet werden, in denen ein Sprecher ein Verbot offiziell oder nachdrücklich äußert. Die Verben unterbinden, einschreiten, eingreifen und abwürgen blockieren die Thematisierung von H, die anderen Verben des Paradigmas realisieren die Hörerrolle fakultativ. Alle Verben bis auf einschreiten und eingreifen verlangen die Thematisierung von P, die beiden genannten Verben realisieren diese Rolle fakultativ. verbieten, untersagen und verwehren realisieren die Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ. Für die Realisierung der Rolle von Ρ gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: •
•
• • •
• •
verbieten - als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung oder als Infinitivergänzung, die beide auch gemeinsam mit einem Korrelat (es) auftreten können; die finite Satzergänzung wird durch dass eingeleitet untersagen - als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird und gelegentlich gemeinsam mit einem Korrelat (es) auftritt unterbinden - als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird verwehren - als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung (eingeleitet durch dass), die beide gelegentlich mit einem Korrelat (es) auftreten können einschreiten - als Präpositionalphrase mit gegen oder bei und gelegentlich als finite Satzergänzung mit präpositionalem Korrelat (dagegen, dabei)·, die finite Satzergänzung wird durch dass eingeleitet eingreifen - als Präpositionalphrase mit bei oder in abwürgen - als Nominalphrase im Akkusativ.
unterbinden, verwehren und abwürgen sind resultativ, d. h., sie werden zur Bezeichnung eines erfolgreich vollzogenen Akts verwendet. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig, verbieten und untersagen können explizit performativ verwendet werden, abwürgen gehört einem eher umgangssprachlichen Stilregister an. unterbinden hat außerdem die Bedeutungen ,ein Blutgefäß abbinden' und ,etw. in seinem Ablauf unterbrechen', einschreiten und eingreifen können auch ausschließlich mit Bezug auf nicht-sprachliches Handeln verwendet werden; eingreifen hat die weiteren Bedeutungen ,in etw. greifen/fassen' und ,(sich) entscheidend beteiligen/beeinflussen'. Das Verb abwürgen hat außerdem noch die folgenden Bedeutungen: ,jmdn. vernichten', ,ein Lebewesen erwürgen' und ,den Motor abwürgen'. Insgesamt haben die Verben des Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
184
Lexikalische Strukturen der Direktive
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
verbieten
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
+
untersagen
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf/ NPKorrSE
+
+
unterbinden
Ρ (obl)
NP/ SE
+
+
verwehren
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf/ NPKorrSE/ NPKorrlnf
+
+
einschreiten
Ρ (fak)
PP/ PPKorrSE
+
eingreifen
Ρ (fak)
PP
abwürgen
Ρ (obl)
NP
stilistische Markiertheit
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
-
+
+
-
-
-
+
Tab. 34: Lexikalische Merkmale der Verben des wrfefett-Paradigmas
4.2
Das rertt^zg^rw-Paradigma
Mit den Verben verweigern und abschlagen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher mit seiner (Verbietens)Äußerung auf (eine) vorangegangene Äußerung(en) des Hörers reagiert (meist die Bitte, etwas Bestimmtes tun zu dürfen, oder die Ankündigung, etwas Bestimmtes tun zu wollen). Die Verben dieses Paradigmas lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept: Ausstattung des Rekurssituationstyps VERWEIGERN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Position der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: nicht-P S will: Η tut nicht: Ρ nicht erwartbar: nicht-P reaktiv
verweigern,
abschlagen
Die Paradigmen der Verbietensverben
185
Die Verben des verweigern-Paradigmas unterscheiden sich nur geringfügig durch ihre Zugehörigkeit zu unterschiedlichen stilistischen Registern, abschlagen gehört einem eher umgangssprachlichen Stilregister an, verweigern ist standardsprachlich und kann auch mit Bezug auf offizielle Situationen verwendet werden. Beide Verben verlangen die Thematisierung von P. abschlagen verlangt außerdem die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Dativ, während verweigern die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ realisiert, verweigern realisiert die Rolle von Ρ entweder als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung, abschlagen als Nominalphrase im Akkusativ oder als Infinitivergänzung mit einem Korrelat (es). Beide Verben sind passivfähig. verweigern kann auch explizit performativ verwendet werden, und abschlagen kann nicht zusammen mit der direkten Rede vorkommen, verweigern hat eine zweite Lesart als Kommissiv; in dieser Lesart ist es hybrid, d. h., es kann sowohl mit Bezug auf das Haben einer Einstellung als auch mit Bezug auf entsprechende Einstellungsbekundungen verwendet werden, abschlagen hat außerdem noch die Bedeutungen ,etw. abtrennen' und ,Bäume fällen'. Insgesamt haben die Verben des verweigern-Va.t&&igmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
verweigern
Η (fak) Ρ (obl)
abschlagen
Η (obl) Ρ (obl)
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
NP NP/ Inf
+
—
—
+
+
NP NP/ NPKorrlnf
+
Tab. 35: Lexikalische Merkmale der Verben des
4.3
stilistische Markiertheit
—
+
verweigern-Paradigmas
D a s sich v e r ^ / i i e w - P a r a d i g m a
Mit sich verbitten wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher ein Verbot mit emotionaler Beteiligung äußert, d. h., ein spezifischer Modus des Außerns ist konstitutiv für dieses Paradigma, sich verbitten wird mit Bezug auf Kontexte verwendet, in denen der Sprecher zu verstehen gibt, dass das Ausführen von Ρ durch den Hörer sein Empfinden verletzen bzw. gegen die Regeln der Höflichkeit verstoßen würde, sich verbitten lexikalisiert das folgende kommunikative Konzept:
186
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ausstattung des Rekurssituationstyps SICH VERBITTEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: nicht-P S will: Η tut nicht: Ρ nicht erwartbar: nicht-P mit emotionaler Beteiligung
sich verbitten sich verbitten blockiert die Thematisierung von Η und verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird. Das Verb ist nicht passivfähig und kann nicht zusammen mit der direkten Rede vorkommen, sich verbitten kann explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat das Verb die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
sich verbitten
Ρ (obl)
Argumentstruktur NP/ SE
Passiv
-
Resultativität
-
Bewertung DSSprecher
Polysemie
-
Performa- stilistische tivität Markiertheit
-
+
-
Tab. 36: Lexikalische Merkmale des Verbs sich verbitten
4.4
Das sich
verwahren-Vziz.dxffAA
Mit sich verwahren wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher mit emotionaler Beteiligung und sehr nachdrücklich vom Hörer verlangt, dass er etwas Bestimmtes nicht tut. Das Verb lexikalisiert die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps SICH VERWAHREN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Modus des Äußerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will: nicht-P S will: Η tut nicht: Ρ nicht erwartbar: nicht-P mit emotionaler Beteiligung; nachdrücklich
sich verwahren
Die Paradigmen der Erlaubensverben
187
sich verwahren blockiert die Thematisierung von Η und verlangt die Realisierung der Rolle von Ρ als PräpositionaJphrase mit gegen oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird und gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (dagegen) auftritt. Das Verb ist nicht passivfähig und kann nicht zusammen mit der direkten Rede vorkommen, sich verwahren kann explizit performativ verwendet werden. Insgesamt hat das Verb die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung DS-
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen Ρ (obl)
sich verwahren
PP/
-
-
-
-
+
-
PPKorrSE Tab. 37: Lexikalische Merkmale des Verbs sich verwahren
5.
Die Paradigmen der Erlaubensverben
Konstitutiv für die Paradigmen der Erlaubensverben ist die propositionale Sprechereinstellung ,S will nicht: nicht-P'. Mit den Verben dieser Paradigmen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber zum Ausdruck bringt, dass er nicht will, dass der Hörer etwas Bestimmtes nicht tut. Die Erlaubensverben können unter dem Gesichtspunkt der Position der Äußerung, des Außernsmodus bzw. der Sprechereinstellung noch weiter strukturiert werden, vgl. Abb. 17:
Abb. 17: Die Paradigmen der Erlaubensverben
188
5.1
Lexikalische Strukturen der Direktive
Das
erlauben-l*ar&digm&
Mit den Verben dieses Paradigmas kann auf verschiedene Situationen Bezug genommen werden, in denen ein Sprecher einem Hörer gegenüber eine Erlaubnis ausspricht. Für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps ERLAUBEN Propositionaler Gehalt: Geschehens typ: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will nicht: nicht-P S will: Η erkennt: S will nicht: Η tut nicht: Ρ im Interesse von Η: Ρ
erlauben, gewähren,
gestatten
erlauben wird mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher zum Ausdruck bringt, dass er nicht will, dass der Angesprochene etwas, das er gern tun möchte, nicht tut, womit der Sprecher gleichzeitig zu verstehen gibt, dass er auch verbieten könnte, was er erlaubt, gewähren gehört einem gehobenen Stilregister an. Alle Verben des Paradigmas realisieren die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ. Die Rolle von Ρ realisieren alle Verben des Paradigmas obligatorisch. Die Realisierungsmöglichkeiten für diese Rolle sind unterschiedlich: •
• •
erlauben - als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird und gelegentlich gemeinsam mit einem Korrelat ( « ) auftritt gewähren - als Nominalphrase im Akkusativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung mit Korrelat (es), die durch dass eingeleitet wird gestatten — als Nominalphrase im Akkusativ, als finite Satzergänzung (eingeleitet durch dass) oder als Infinitivergänzung, die gelegentlich gemeinsam mit einem Korrelat (es) auftritt
Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. Insgesamt haben die Verben des erlauben-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
189
Die Paradigmen der Erlaubensverben
Merkmale
Verben Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
erlauben
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf/ NPKorrSE
gewähren
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ Inf/ NPKorrSE
gestatten
Η (fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf/ NPKorrlnf
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Das
Performativität
+
+
+
+
+
+
Tab. 38: Lexikalische Merkmale der Verben des
5.2
Polysemie
stilistische Markiertheit
+
erlauben-Paradigmas
einwilligen-Paradigma.
Mit den Verben einwilligen und zustimmen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher auf eine meist sprachliche Kundgabe des Hörers reagiert, mit der dieser signalisiert hat, dass er Ρ tun will. Der Sprecher bringt daraufhin zum Ausdruck, dass er nicht will, dass der Hörer Ρ unterlässt. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps EINWILLIGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Voran nahmen von S: Position der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will nicht: nicht-P S will: Η erkennt: S will nicht: Η tut nicht: Ρ im Interesse von Η: Ρ reaktiv
einwilligen,
zustimmen
Die beiden Verben dieses Paradigmas blockieren die Thematisierung von Η und realisieren fakultativ die Rolle von P. einwilligen realisiert die Rolle von Ρ als Präpositionalphrase mit in, als Infinitivergänzung oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird und die entweder allein oder gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {darin) auftreten kann, zustimmen realisiert die Rolle von Ρ als Nominalphrase im Dativ, als Infinitivergänzung oder als finite Satz-
190
Lexikalische Strukturen der Direktive
ergänzung, die durch dass eingeleitet wird. Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden, einwilligen hat noch eine weitere Lesart als positiv-reaktives Kommissiv, und zustimmen hat außerdem eine Lesart als positiv-reaktives Assertiv. Insgesamt haben die Verben des «'«w/Z/^ew-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
einwilligen
P(fak)
PP/SE/Inf/ PPKorrSE
+
-
-
+
+
-
zustimmen
P(fak)
NP/ SE/Inf
+
-
-
+
+
-
Tabelle 39: Lexikalische Merkmale der Verben des einwilligen-Paradigmas
5.3
Das genehmigen-Paradigma
Die Verben dieses Paradigmas lexikalisieren den Modus .offiziell' bzw. nehmen Bezug auf ein offizielles Verfahren oder einen offiziellen Rahmen. Mit genehmigen und bewilligen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein weisungsbefugter Sprecher bzw. eine Autoritätsperson als Reaktion auf eine Kundgabe des Hörers, Ρ tun zu wollen, zum Ausdruck bringt, dass er nicht will, dass der Hörer Ρ nicht tut, wobei Ρ zu tun im Interesse des Hörers ist. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps GENEHMIGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Rollenspezifik: Modus des Außerns; Verfahren: Position der Äußerung:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will nicht: nicht-P S will: Η erkennt: S will nicht: Η tut nicht: Ρ im Interesse von Η: Ρ S ist weisungsbefugt offiziell reaktiv
genehmigen, bewilligen Beide Verben werden oft mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen die Kundgabe des Hörers, Ρ tun zu wollen, ein Antrag, ein Gesuch oder eine Bitte ist, die innerhalb eines institutionellen Rahmens bearbeitet werden. Beide Verben realisieren die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ. Beide Verben verlangen die Realisierung der Rolle von P: bewilligen realisiert
Die Paradigmen der Erlaubensverben
191
diese Rolle ausschließlich als Nominalphrase im Akkusativ, genehmigen erlaubt außerdem noch Infinitivergänzungen oder finite Satzergänzungen, die durch dass eingeleitet werden. Beide Verben sind passivfähig und können explizit performativ verwendet werden. Insgesamt haben die Verben des genehmigen-VzTidxgmis die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische Markierttivität heit
genehmigen
H(fak) Ρ (obl)
NP NP/ SE/Inf
+
—
—
—
+
—
bewilligen
H(fak) Ρ (obl)
NP NP
+
-
-
-
+
-
Tab. 40: Lexikalische Merkmale der Verben des genebmigen-Vir&diigmas
5.4
Dasfreistellen-Varadigma.
Dieses Paradigma der Erlaubensverben ist gekennzeichnet durch den Modus der Unverbindlichkeit. Mit dem Verbfreistellenwird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher seine Einwilligung wenig entschieden zum Ausdruck bringt; die Äußerung des Sprechers ist in diesen Situationen entweder eine Reaktion auf eine Kundgabe des Hörers, Ρ tun zu wollen, oder aber ein Vorschlag des Sprechers, den dieser oft in Form verschiedener Alternativen vorbringt und mit dem er dem Hörer anbietet, Ρ (oder etwas anderes) zu tun oder nicht zu tun.jmdm. etw. freistellen lexikalisiert die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps FREISTELLEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Modus des Außerns:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will nicht: nicht-P S will: Η erkennt: S will nicht: Η tut nicht: Ρ im Interesse von Η: Ρ unverbindlich jmdm. etw. freistellen
freistellen verlangt sowohl die Realisierung der Hörerrolle als auch der Rolle von P. Die Hörerrolle wird als Nominalphrase im Dativ realisiert; die Rolle von Ρ wird entweder als Nominalphrase im Akkusativ realisiert oder als Infinitivergänzung, die gelegentlich auch gemeinsam mit einem Korrelat {es) auftreten kann. Das Verb ist passivfähig und kann explizit performativ verwendet wer-
192
Lexikalische Strukturen der Direktive
den. Es hat mit anderer Argumentstruktur noch eine zweite Bedeutung als Deklarativ. Insgesamt haxjmdm. etw. freistellen die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
freistellen
Η (obl) Ρ (obl)
Argumentstruktur
Passiv
NP NP/ Inf/ NPKorrlnf
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
+
Tab. 41: Lexikalische Merkmale des Verbs jmdm. etw. freistellen
5.5
D a s £z7/zge»-Paradigma
Die Verben billigen und zugestehen lexikalisieren die Sprechereinstellung ,S will eher nicht: nicht-P'. Mit diesen Verben wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher zu verstehen gibt, dass er eher nicht will, dass der Hörer etwas unterlässt, dessen Ausführung in seinem Interesse liegt. Für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps BILLIGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Mitteilungsgehalt Ρ Handlung zukünftig Hörer S will eher nicht: nicht-P S will: Η erkennt: S will eher nicht: Η tut nicht: Ρ im Interesse von Η: Ρ billigen, zugestehen
billigen blockiert die Thematisierung von H, zugestehen realisiert die Hörerrolle fakultativ als Nominalphrase im Dativ. Beide Verben realisieren die Rolle von Ρ obligatorisch als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch dass eingeleitet wird und auch gemeinsam mit einem Korrelat (es) auftreten kann, zugestehen erlaubt außerdem noch die Realisierung der Rolle von Ρ als Infinitivergänzung. Beide Verben sind passivfähig; die Möglichkeit der explizit performativen Verwendung dieser Verben ist fraglich, billigen ist hybrid, d. h., es dient sowohl der Bezugnahme auf das Haben einer Einstellung als auch der Bezugnahme auf entsprechende Einstellungsbekundungen. zugestehen hat noch eine zweite Lesart als reaktives assertives Verb. Insgesamt haben die beiden Verben dieses Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
193
Die Paradigmen der Frageverben
Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung DS-
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen Ρ (obl)
billigen
NP/
+
—
—
+
?
+
>
—
SEI NPKorrSE
zugestehen
Η (fak)
NP
Ρ (obl)
NP/
+
SE/Inf/ NPKorrSE Tab. 42: Lexikalische Merkmale der Verben des £/7//gf»-Paradigmas
6.
Die Paradigmen der Frageverben
D i e Prädikate aller Paradigmen von Frageverben lexikalisieren die Sprechereinstellung ,S hält ftir wahr: P' ist ergänzbar zu P'. Eine andere propositionale Sprechereinstellung, die diese Verben lexikalisieren, betrifft den Kenntnisstand des Sprechers bezüglich P. Entweder kennt der Sprecher P, oder er kennt Ρ nicht. D i e erstgenannte Möglichkeit stellt einen Sonderfall im Großparadigma der Frageverben dar; die propositionale Sprechereinstellung ,S kennt: P' ist nur konstitutiv ftir diejenigen Verben, mit denen a u f Prüfungsfragen Bezug genommen wird. Für alle anderen Paradigmen von Frageverben gilt: ,S kennt nicht: P' (vgl. fur alle bisher genannten Gesichtspunkte Abb. 18).
Abb. 18: Die Paradigmen der Verben des Fragens
194
6.1
Lexikalische Strukturen der Direktive
Paradigmen, deren Verben die Sprechereinstellung ,S kennt: P' lexikalisieren
Die propositionale Sprechereinstellung ,S kennt: P' wird ausschließlich von Frageverben lexikalisiert, mit denen auf Situationen Bezug genommen wird, in denen Prüfungsfragen gestellt werden. Prüfungsfragen haben nicht den Zweck, dem Sprecher neues oder zusätzliches Wissen zu vermitteln, sondern sie dienen dem Sprecher dazu, das Wissen des Hörers zu überprüfen. Die Verben, mit denen auf Prüfungsfragen Bezug genommen wird, lexikalisieren außerdem die Tatsache, dass mit ihnen auf (Prüfungs)Situationen Bezug genommen wird, in denen der Sprecher mehrere Fragen stellt, und sie lexikalisieren eine bestimmte Rollenverteilung zwischen Sprecher und Hörer: Der Sprecher ist in den entsprechenden Rekurssituationen der Prüfer, der Hörer der Prüfling, unabhängig davon, ob es sich bei dem Sprecher um eine autorisierte Person handelt oder nicht. Durch eine unterschiedliche Spezifizierung von Ρ wird eine weitere Strukturierungsebene etabliert: Einmal ist Ρ als .Daten und Fakten' spezifiziert und einmal als .komplexe Sachverhalte'. Daraus resultieren zwei unterschiedliche Paradigmen von Verben, mit denen auf Prüfungsfragen Bezug genommen wird, die Verben vom Typ .abfragen' und die Verben vom Typ .prüfen'. 6.1.1 Das
abfragen-Paradigma
Für die Etablierung des ö£/rag?«-Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps ABFRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik: Spezifizierung von P: Äußerung (Quantität):
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fur wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt: Ρ S will: Η tut: R S-Prüfer Η - Prüfling Daten und Fakten mehrere Fragen
abfragen, abhören Bei abfragen und abhören ist Ρ auf Daten und Fakten festgelegt. Mit den Verben des Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen vom Sprecher mehrere (meist kurze) Fragen nacheinander gestellt werden, die der Hörer beantwortet, indem er entsprechende Daten, Fakten, Vokabeln ο. A. nennt. Die Rekurssituation zeichnet sich dadurch aus, dass der Sprecher die richtige Antwort kennt und überprüfen will, ob der Hörer sie ebenfalls weiß. Sowohl abfragen als auch abhören erlauben die Thematisierung von Η und P', wobei nicht beide fakultativen Argumentausdrücke gleichzeitig weggelassen werden können. Beide Rollen werden jeweils durch eine Nominalphrase im Akkusativ realisiert, die Rolle von P' bei abfragen auch durch eine finite Satzergänzung, die mit ob oder einem w-Wort eingeleitet wird, was aber nur äußerst selten vor-
Die Paradigmen der Frageverben
195
kommt. Die Verwendung mit direkter Rede ist mit beiden Verben nicht möglich. Beide Verben sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, jemanden abhören hat außerdem die Bedeutung .(ärztlich) untersuchen', jemanden!etwas abhören hat auch noch die Bedeutung .überwachen' und etwas abhören hat noch die Bedeutung .aufmerksam anhören'. Insgesamt haben die Verben des abfragen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
abfragen
Η (fak)' P' (fak)*
NP NP/ SE
+
—
—
—
—
—
abhören
Η (fak)· P' (fak)*
NP NP
+
-
-
-
-
-
*: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können thematisiert werden. Tab. 43: Lexikalische Merkmale der Verben des abfragen-VatzdAgmas
6.1.2
Das/>r£/&»-Paradigma
Für die Etablierung des />r«/e«-Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps PRÜFEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Rollenspezifik: Spezifizierung von P: Äußerung (Quantität):
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt: Ρ S will: Η tut: R S - Prüfer Η - Prüfling komplexer Sachverhalt mehrere Fragen prüfen, examinieren
Mit den Verben des />rö/9?z-Paradigmas - prüfen und examinieren - wird Bezug genommen auf Prüfungssituationen, in denen ein befugter Sprecher einem Hörer mehrere geeignete Fragen stellt, um festzustellen, ob der Hörer ein bestimmtes Wissen besitzt bzw. ein Themengebiet beherrscht. Beide Verben werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher erwartet, dass der Hörer die Fragen ausfuhrlich und gründlich beantwortet und komplexe Sachverhalte darstellt, prüfen wird häufiger als examinieren in Kontexten verwendet, in denen nur das
Lexikalische Strukturen der Direktive
196
zu prüfende Themengebiet bzw. das Prüfungsfach genannt wird. Beide Verben verlangen die Realisierung der Hörerrolle und realisieren fakultativ die Rolle von P'. Die Hörerrolle wird jeweils durch eine Nominalphrase im Akkusativ realisiert, die Rolle von P' durch eine Nominalphrase im Akkusativ oder eine Präpositionalphrase mit in bzw. über. In seltenen Fällen wird die Rolle von P' bei examinieren als finite Satzergänzung realisiert, prüfen kann nicht mit direkter Rede verwendet werden, examinieren kommt selten mit direkter Rede vor. examinieren gehört einem eher gehobenen Stilregister an. Beide Verben sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, prüfen hat noch die weiteren Bedeutungen .etwas/jemanden im Hinblick auf etwas untersuchen' und .jemanden (auf etwas) prüfen'. Mit etwas examinieren kann ebenfalls auf nicht-sprachliche Handlungen und mentale Akte Bezug genommen werden. Insgesamt haben die Verben des />rw/?«-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung D S -
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen
prüfen
Η (obl)
NP
P' (fak)
NP/
+
—
—
—
—
—
PP
examinieren
Η (obl)
NP
P' (fak)
NP/
+
+
PP/SE Tab. 44: Lexikalische Merkmale der Verben des />ra/t7z-Paradigmas
6.2
Paradigmen, deren Verben die Sprechereinstellung ,S kennt nicht: P' lexikalisieren
Diejenigen Paradigmen, deren Verben die propositionale Sprechereinstellung ,S kennt nicht: P' lexikalisieren, können zunächst unter dem Gesichtspunkt differenziert werden, ob immer mehrere Fragen gestellt werden, vgl. Abb. 19:
Abb. 19: Verben, die die Sprechereinstellung ,S kennt nicht: P' lexilalisieren
197
Die Paradigmen der Frageverben
Die Verben, die im Hinblick darauf, ob einzelne oder mehrere Fragen gestellt werden, nicht spezifiziert sind, gehören zu den verschiedenen Paradigmen der allgemeinen Frageverben. 6.2.1
Die allgemeinen Frageverben
Konstitutiv für die Paradigmen der allgemeinen Frageverben ist die Sprechereinstellung ,S kennt nicht: P'. Sie lassen sich durch die Aspekte der Spezifizierung des Hörers, der Reaktivität und der Quantität der Äußerung weiter differenzieren. Es ergibt sich die in Abb. 20 dargestellte Struktur:
Abb. 20: Die Paradigmen der allgemeinen Frageverben
6.2.1.1 Das
fragen-Paradigma
Mit den Verben dieses Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer eine Frage/Fragen stellt. Konstitutiv für die Etablierung des fragen- Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps: Ausstattung des Rekurssituationstyps FRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fiir wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ
fragen, befragen, nachfragen, sich erkundigen, sich informieren, sich
unterrichten
198
Lexikalische Strukturen der Direktive
befragen verlangt als einziges Verb dieses Paradigmas die Thematisierung von H, alle anderen Verben thematisieren Η fakultativ. Alle Verben des Paradigmas thematisieren P' fakultativ, befragen realisiert die Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ, fragen realisiert die Hörerrolle ebenfalls als Nominalphrase im Akkusativ, alle anderen Verben des Paradigmas realisieren die Hörerrolle als Präpositionalphrase mit bei. Für die Realisierung der Rolle von P' gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: • fragen - als Nominalphrase im Akkusativ, als Präpositionalphrase mit nach, als finite Satzergänzung, die durch ob oder verschiedene tu- Wörter eingeleitet wird und die entweder allein stehen kann oder gemeinsam mit einem nominalen (es) oder präpositionalen (danach) Korrelat auftritt • befragen - als Präpositionalphrase mit nach, zu oder über bzw. als finite Satzergänzung, die gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (danach, dazu, darüber) auftritt und durch ob oder verschiedene Wörter eingeleitet wird • nachfragen — als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch ob bzw. verschiedene w~ Wörter eingeleitet wird • sich erkundigen - als Präpositionalphrase mit nach oder als finite Satzergänzung, die durch ob bzw. verschiedene w-Wörter eingeleitet wird und die entweder allein stehen kann oder gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (danach) auftritt • sich informieren - als Präpositionalphrase mit über oder als finite Satzergänzung, die durch ob bzw. verschiedene u/-Wörter eingeleitet wird und die entweder allein stehen kann oder gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (darüber) auftritt • sich unterrichten - als Präpositionalphrase mit über oder als finite Satzergänzung, die durch ob bzw. verschiedene w-Wörter eingeleitet wird und die entweder allein stehen kann oder gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (darüber) auftritt. Die beiden fakultativen Argumentausdrücke sind bei allen Verben sowohl einzeln als auch gemeinsam weglassbar; bei nachfragen gibt es die zweite Möglichkeit nur dann, wenn zusätzlich noch eine Adverbialbestimmung oder ein Satzadverb vorhanden ist. sich informieren und sich unterrichten werden eher mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen es darum geht, dass der Sprecher sich umfangreiche und umfassende Informationen verschafft; befragen wird auch mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher mehrere Fragen stellt, fragen, befragen und nachfragen sind passivfähig, die reflexiven Verben sind nicht passivfähig. Als einziges Verb des Paradigmas kann fragen explizit performativ verwendet werden, bφ·agen, nachfragen und sich erkundigen haben noch weitere Lesarten als Frageverben; mit befragen kann auch auf Fragesituationen Bezug genommen werden, in denen entweder S oder Η ein Experte ist. Insgesamt haben die allgemeinen Frageverben die folgenden lexikalischen Merkmale:
199
Die Paradigmen der Frageverben
Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung DS-
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen fragen
Η (fak)
NP
P' (fak)
NP/
+
+
PP/SE/ NPKorrSE/ PPKorrSE befragen
Η (obl)
NP
P' (fak)
PP/
+
+
—
+
—
PPKorrSE nachfragen
Η (fak)
PP
P' (fak)
NP/
—
+
SE sich
Η (fak)
PP
erkundigen
P' (fak)
PP/SE /
+
—
PPKorrSE —
sich
Η (fak)
PP
informieren
P' (fak)
PP/SE/
— —
PPKorrSE —
sich
Η (fak)
PP
unterrichten
P' (fak)
PP/SE/
—
PPKorrSE Tab. 45: Lexikalische Merkmale der Verben des/Jvagiw-Paradigmas
6.2.1.2 Das anfragen-Paradigma Mit den Verben anfragen, nachfragen und sich erkundigen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher seine Fragen an eine kompetente Person richtet, die in der Lage ist, die entsprechend qualifizierten und ausfuhrlichen Auskünfte zu erteilen. Für die Etablierung dieses Unterparadigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv: Ausstattung des Rekurssituationstyps ANFRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Rollenspezifik:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält ftir wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ Η ist eine kompetente Person
anfragen, sich erkundigen, nachfragen
200
Lexikalische Strukturen der Direktive
Alle Verben des Paradigmas thematisieren sowohl Η als auch P' fakultativ. Sie realisieren alle die Hörerrolle als Präpositionalphrase mit bei. anfragen realisiert die Rolle von P' als Präpositionalphrase mit wegen oder als finite Satzergänzung, die durch ob oder verschiedene iv-Wörter eingeleitet wird, sich erkundigen realisiert diese Rolle als Präpositionalphrase mit nach oder als finite Satzergänzung, die durch ob bzw. verschiedene w- Wörter eingeleitet wird und die entweder allein stehen kann oder gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (danach) auftritt, nachfragen realisiert die Rolle von P' als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch ob bzw. verschiedene m/-Wörter eingeleitet wird. Bei anfragen sind die beiden fakultativen Argumentausdrücke nur einzeln weglassbar. Bis auf das reflexive sich erkundigen sind alle Verben des Paradigmas passivfähig, anfragen kann explizit performativ verwendet werden, sich erkundigen und nachfragen haben noch weitere Lesarten als Frageverben. Insgesamt haben die Verben des ^«/ragi?z-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
anfragen
Η (fak)* P' (fak)*
PP PP/SE
sich erkundigen
Η (fak) P' (fak)
PP PP/SE/ PPKorrSE
nachfragen
Η (fak) P' (fak)
PP NP/ SE
Passiv
+
•
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
-
-
-
+
-
—
—
+
—
—
—
—
+
—
*: Eine der beiden Rollen muss thematisiert werden; beide können thematisiert werden. Tab. 46: Lexikalische Merkmale der Verben des anfragen-VaidÄigmas
6.2.1.3 Das nachfragen-V^zdigraz Mit Verben wie nachfragen oder rückfragen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher auf eine vorausgegangene Äußerung des Hörers mit einer Frage reagiert. Der entsprechende Rekurssituationstyp ist folgendermaßen ausgestattet: Ausstattung des Rekurssituationstyps NACHFRAGEN X^Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P:
, \
Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Position der Äußerung:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ reaktiv
nachfragen, zurückfragen, nachhaken, rückfragen
201
Die Paradigmen der Frageverben
zurückfragen unterscheidet sich dadurch von den anderen drei Verben des Paradigmas, dass es mit Bezug auf Situationen verwendet wird, in denen der Sprecher immer mit einer Gegenfrage auf eine vorangegangene Frage des Hörers reagiert. Alle anderen Verben des reaktiven Frageparadigmas dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein Sprecher auf eine beliebige Äußerung eines Hörers mit einer Frage reagiert bzw. auf eine Frage hin eine detailliertere Frage stellt, zurückfragen blockiert die Realisierung der Hörerrolle und realisiert fakultativ die Rolle von P' als finite Satzergänzung, die durch o^oder w-Wörter eingeleitet wird. Das Verb wird sehr häufig mit direkter Rede verwendet, nachfragen und nachhaken realisieren sowohl die Hörerrolle als auch die Rolle von P' fakultativ; die Hörerrolle als Präpositionalphrase, die Rolle von P' als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch ob oder verschiedene w-Wörter eingeleitet wird, rückfragen realisiert ebenfalls beide Rollen fakultativ, die Hörerrolle als Präpositionalphrase, die Rolle von P' vorzugsweise als finite Satzergänzung, selten auch als Präpositionalphrase. rückfragen ist im Unterschied zu allen anderen Verben des Paradigmas in seiner Verwendung auf infinite Formen beschränkt. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, nachhaken gehört einem eher saloppen, umgangssprachlichen Stilregister an. nachfragen hat noch weitere Lesarten als Frageverb. Insgesamt haben die Verben des nachfragen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung DS-
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiertheit
Sprecher
Rollen nachfragen
Η (fak)
PP
P' (fak)
NP/
+
+
—
—
—
—
—
+
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
-
—
SE nachhaken
Η (fak)
PP
P' (fak)
NP/
+
—
+
SE rückfragen
zurückfragen
Η (fak)
PP
P' (fak)
PP/SE
P' (fak)
SE
Tab. 47: Lexikalische Merkmale der Verben des Jztff/^ragftf-Paradigmas
6.2.1.4 Das erfragen-Paradigma Die Verben dieses Unterparadigmas der allgemeinen Frageverben werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher genau und zielgerichtet nach etwas Bestimmtem fragt und dazu meist mehrere Fragen stellt. Konstitutiv für die Etablierung des Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps:
202
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ausstattung des Rekurssituationstyps E R F R A G E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Äußerung (Quantität): Modus des Äußerns:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fur wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ mehrere Fragen genau/zielgerichtet
erfragen, befragen, nachfragen, vernehmen, verhören befragen, vernehmen und verhören verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ, erfragen und nachfragen realisieren die Hörerrolle fakultativ als Präpositionalphrase mit bei, erfragen erlaubt außerdem noch die Präposition von. erfragen verlangt die Realisierung der Rolle von P' als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch ob oder verschiedene if-Wörter eingeleitet wird. Alle anderen Verben des Paradigmas thematisieren P' nur fakultativ. Für die Realisierung der Rolle von P' gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: •
• •
befragen - als Präpositionalphrase mit nach, zu oder über bzw. als finite Satzergänzung, die gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat (danach, dazu, darüber) auftritt und durch ob oder verschiedene w- Wörter eingeleitet wird nachfragen — als Nominalphrase im Akkusativ oder als finite Satzergänzung, die durch ob bzw. verschiedene w-Wörter eingeleitet wird vernehmen und verhören - als Präpositionalphrase mit zu, über oder wegen oder als finite Satzergänzung, die gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {dazu, darübet) auftritt und durch ob oder verschiedene w-Wörter eingeleitet wird.
erfragen unterscheidet sich von den anderen Verben des Paradigmas dadurch, dass es resultativ ist, d. h., es bezeichnet den erfolgreich vollzogenen Akt. erfragen wird meist in Passivkonstruktionen verwendet und kann nicht mit direkter Rede gebraucht werden. Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, vernehmen und verhören werden in dieser Lesart mit Bezug auf Fragesituationen außerhalb von Institutionen verwendet. vernehmen und verhören können nicht mit direkter Rede gebraucht werden, befragen und nachfragen haben weitere Lesarten als Frageverben. Mit vernehmen und verhören wird außerdem auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Vertreter der Justiz oder der Polizei einen Hörer innerhalb eines institutionell geregelten Verfahrens befragt, etwas vernehmen hat eine Bedeutung als auditives Verb. Insgesamt haben die Verben dieses Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
203
Die Paradigmen der Frageverben
Merkmale
Verben Thema-
Argu-
tisierung
ment-
semant.
struktur
Passiv
Resulta-
Bewer-
tivität
tung DS-
Polysemie
Performa-
stilistische
tivität
Markiert-
Sprecher
heit
Rollen befragen
Η (obl)
NP
P' (fak)
PP/
+
—
+
+
—
+
—
—
—
—
—
PPKorrSE erfragen
Η (fak) P' (obl)
PP NP/ SE
nachfragen
+
Η (fak)
PP
P' (fek)
NP/
+
SE vernehmen
Η (obl) P' (fak)
NP
+
—
—
+
PP/ PPKorrSE
verhören
Η (obl)
NP
P' (fak)
PP/
+
—
+
—
—
PPKorrSE Tab. 48: Lexikalische Merkmale der Verben des e?fragen-Pa.radigmzs
6.2.2 Die Paradigmen, mit deren Verben auf Situationen Bezug genommen wird, in denen mehrere Fragen gestellt werden Frageverben wie herumfragen, ausfragen, interviewen oder aushorchen dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein Sprecher mehrere Fragen an einen oder mehrere Hörer stellt. Sie lassen sich unter verschiedenen Aspekten in weitere Paradigmen untergliedern, sodass sich die in Abb. 21 dargestellte Struktur ergibt:
Abb. 21: Paradigmen, deren Verben auf Situationen Bezug nehmen, in denen mehrere Fragen gestellt werden
204
Lexikalische Strukturen der Direktive
6.2.2.1 Das herumfragen-V-iX-aHv^m. Mit den Verben herumfragen und rumfragen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher wiederholte Fragen an mehrere Hörer stellt. Der entsprechende Rekurssituationstyp hat die folgende Ausstattung: Ausstattung des Rekurssituationstyps HERUMFRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ wiederholte Fragen an mehrere Η
Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Äußerung (Quantität):
herumfragen, rumfragen Beide Verben haben die gleiche syntaktische Umgebung und die gleichen Verwendungsbedingungen. Sie erlauben sowohl die Thematisierung von Η als auch von P'. Die Hörerrolle wird jeweils als Präpositionalphrase mit bei realisiert, die Rolle von P' als Präpositionalphrase mit nach oder als finite Satzergänzung, eingeleitet durch ob oder verschiedene w-Wörter. Mit beiden Verben kann das unpersönliche Passiv gebildet werden; sie können beide nicht explizit performativ verwendet werden, rumfragen gehört einem eher umgangssprachlichen stilistischen Register an. Insgesamt haben die Verben des Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
herumfragen
Η (fak) P' (fak)
PP PP/SE
rumfragen
Η (fak) P' (fak)
PP PP/SE
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSptecher
Polysemie
Performativität
stilistische Markiertheit
+
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
+
Tab. 49: Lexikalische Merkmale der Verben des
herumfragen-Paradigmis
6.2.2.2 Das sich du rchfragen -Paradigma Mit dem Verb sich durchfragen wird Bezug genommen auf Fragen nach einer örtlichkeit bzw. nach dem Weg (zu einer bestimmten Örtlichkeit). Der entsprechende Rekurssituationstyp ist folgendermaßen ausgestattet:
205
Die Paradigmen der Frageverben
Ausstattung des Rekurssituationstyps SICH D U R C H F R A G E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ (Weg zu einer) Örtlichkeit wiederholte Fragen an mehrere Η
Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Spezifizierung von P': Äußerung (Quantität):
sich durchfragen
Das Verb sich durchfragen dient der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher mehreren verschiedenen Hörern (nacheinander) die gleiche Frage stellt, um so an einen bestimmten Ort zu gelangen, zu dem der Sprecher den Weg nicht kennt. Das Verb ist resultativ, mit ihm wird der erfolgreiche Vollzug des Akts bezeichnet, sich durchfragen realisiert die Rolle von P' fakultativ als Präpositionalphrase, meist mit der Präposition zu, manchmal aber auch mit der Präposition nach. Die Thematisierung von Η ist bei sich durchfragen blockiert. Das Verb ist nicht passivfähig und kann nicht explizit performativ verwendet werden. Es hat die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
sich durchfragen
P' (fak)
Argumentstruktur
PP
Passiv
-
Resultativität
+
Bewertung DSSprecher
Polysemie
-
-
Performativität
-
stilistische Markiertheit
-
Tab. 50: Lexikalische Merkmale von sich durchfragen
6.2.2.3 Das tfttj/ragrw-Paradigma Mit den Verben ausfragen, ausquetschen und löchern wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer eindringlich mehrere Fragen stellt, wobei Ρ zu kennen im besonderen Interesse des Sprechers liegt. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
206
Lexikalische Strukturen der Direktive
Ausstattung des Rekurssituationstyps AUSFRAGEN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält fiir wahr: P1 ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ im besonderen Interesse von S: Ρ mehrere Fragen eindringlich
Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Äußerung (Quantität): Modus des Äußerns:
ausfragen, ausquetschen, löchern Alle drei Verben verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. P' wird bei allen drei Verben fakultativ thematisiert; diese Rolle wird in erster Linie durch Präpositionalphrasen und manchmal auch durch finite Satzergänzungen (eingeleitet mit ob oder if-Wörtern) realisiert, die bei ausfragen und ausquetschen auch gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat auftreten können, ausfragen wird häufig mit Präpositionalphrasen mit über verwendet, bei ausquetschen und löchern ist diese Verwendungsweise eher selten. Diese beiden Verben werden eher mit Präpositionalphrasen mit wegen verwendet, ausquetschen und löchern gehören einem eher umgangssprachlichen Stilregister an. Alle drei Verben sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, etwas ausquetschen hat noch die Bedeutung ,durch Quetschen Flüssigkeit aus etwas herauspressen'. Insgesamt haben die Verben des ausfragen-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
ausfragen
Η (obl) P' (fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
—
—
—
—
—
ausquetschen
Η (obl) P' (fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
—
-
—
—
+
löchern
Η (obl) P' (fek)
NP PP/SE
+
-
-
-
-
+
Tab. 51: Lexikalische Merkmale der Verben des ausfragen-Paradigmas
Die Paradigmen der Frageverben
207
6.2.2.4 Das aushorchen-Vdiia.&igma. aushorchen wird mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen jemand mehrfach und gezielt nach etwas gefragt wird, wobei es im Laufe des Gesprächs mehrere Sprecherwechsel gibt. Das kommunikative Konzept, das mit aushorchen lexikalisiert wird, ist das folgende: Ausstattung des Rekurssituationstyps AUSHORCHEN Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ mehrere Fragen
Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Äußerung (Quantität):
aushorchen aushorchen verlangt die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. P' wird fakultativ thematisiert und durch eine Präpositionalphrase mit über oder nach realisiert bzw. durch eine finite Satzergänzung, die gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat {darüber, danach) auftritt und durch ob oder verschiedene w-Wörter eingeleitet wird. Das Verb ist passivfähig und kann nicht explizit performativ verwendet werden; es kann nicht mit direkter Rede gebraucht werden. Ein Diskurssituationssprecher, der das Verb aushorchen verwendet, gibt dadurch zu verstehen, dass er das Verhalten des Sprechers der Rekurssituation fur wenig taktvoll oder fiir indiskret hält. Insgesamt hat aushorchen die folgenden lexikalischen Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
aushorchen
Η (obl) P' (fek)
Argumentstruktur
NP PP/ PPKorrSE
Passiv
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
Polysemie
—
+
—
Performativität
stilistische Markiertheit
—
—
Tab. 52: Lexikalische Merkmale des Verbs aushorchen
6.2.2.5 Das konsultieren-Paradigma Mit den Verben des konsultieren-Paradigmas wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher mehrere Fragen an einen oder mehrere Hörer stellt und in denen entweder der Sprecher oder der Hörer (weisungs)befugt oder aber eine kompetente Person (ein Experte) ist. Für die Etablierung dieses Paradigmas sind die folgenden Aspekte des Rekurssituationstyps konstitutiv:
208
Lexikalische Strukturen der Direktive Ausstattung des Rekurssituationstyps KONSULTIEREN Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Äußerung (Quantität): Rollenspezifik:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ mehrere Fragen S oder Η ist weisungsbefugt oder eine kompetente Person
konsultieren, interviewen,
befragen
interviewen dient der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein Sprecher einen oder mehrere Hörer in einer bestimmten Angelegenheit befragt. Das Verb wird vorwiegend mit Bezug auf Situationen im Medienbereich verwendet bzw. mit Bezug auf Situationen, in denen der Sprecher Vertreter einer öffentlichen Einrichtung ist. In den Situationen, auf die mit interviewen Bezug genommen wird, können sowohl Sprecher als auch Hörer Experten sein - der Hörer auf dem Gebiet, zu dem er befragt wird, der Sprecher (oft ein Journalist) für das Interviewen bzw. das Befragen selbst. Das Verb konsultieren mit seiner Bedeutung ,eine kompetente Person um Rat fragen' wird vorwiegend in medizinischen, juristischen oder universitären Zusammenhängen verwendet. Alle drei Verben verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ. P' wird bei allen Verben des Paradigmas fakultativ thematisiert, die Realisierungsmöglichkeiten für diese Rolle sind unterschiedlich: •
• •
interviewen - als Präpositionalphrase mit über oder zu oder als finite Satzergänzung, die entweder allein stehen kann oder gemeinsam mir einem präpositionalen Korrelat {darüber, dazu) auftritt und die durch ob bzw. verschiedene w-Wörter eingeleitet wird konsultieren - als Präpositionalphrase mit wegen oder als finite Satzergänzung befragen - als Präpositionalphrase mit nach, zu oder über bzw. als finite Satzergänzung, die gemeinsam mit einem präpositionalen Korrelat ( d a n a c h , dazu, darüber) auftritt und durch ob oder verschiedene w-Wörter eingeleitet wird.
Alle Verben des Paradigmas sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden, interviewen und konsultieren können nicht mit direkter Rede verwendet werden, konsultieren gehört einem eher gehobenen stilistischen Register an. befragen hat weitere Lesarten als allgemeines Frageverb. Insgesamt haben die Verben des konsultieren-Paradigmas die folgenden lexikalischen Merkmale:
Die Paradigmen der Frageverben
209
Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
Resultativität
Bewertung DSSp recher
Polysemie
Performa- stilistische tivität Markiertheit
interviewen
Η (obl) P' (fak)
NP PP/SE/ PPKorrSE
+
—
—
—
—
—
konsultieren
Η (obl) P' (fak)
NP PP/SE
+
-
-
-
-
+
befragen
Η (obl) P' (fak)
NP PP/ PPKorrSE
+
+
Tab. 53: Lexikalische Merkmale der Verben des konsultieren-Paradigmas
6.2.2.6 Das wrAi,«-Paradigma Für die Etablierung des verhören-Paradigmas sind der Aspekt der Rollenspezifik sowie der Verfahrensaspekt konstitutiv; der Sprecher ist weisungsbefugt, und das Verfahren muss institutionell geregelt sein. Die Verben lexikalisieren das folgende kommunikative Konzept:
Ausstattung des Rekurssituationstyps V E R H Ö R E N Propositionaler Gehalt: Geschehenstyp: Zeitbezug: Rollenbezug: Einstellung von S zu P: Sprecherabsicht: Vorannahmen von S: Äußerung (Quantität): Rollenspezifik: Verfahren:
Fragegehalt P' unbestimmt unbestimmt unbestimmt S hält für wahr: P' ist ergänzbar zu Ρ S kennt nicht: Ρ S will: Η tut: R Η kennt: Ρ mehrere Fragen S ist weisungsbefugt institutionell geregelt verhören, vernehmen
Die zu diesem Paradigma gehörenden Verben werden mit Bezug auf Situationen im juristischen Bereich verwendet. Der Sprecher muss ein Vertreter der Justiz oder der Polizei sein, vernehmen und verhören dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen sich der Sprecher mit mehreren Fragen an den Hörer (oftmals ein Zeuge, ein Angeklagter oder auch ein Sachverständiger) wendet, um einen Sachverhalt aufzuklären, verhören und vernehmen verlangen die Realisierung der Hörerrolle als Nominalphrase im Akkusativ und realisieren die Rolle von P' fakultativ, entweder als Präpositionalphrase mit zu, über oder wegen oder als finite Satzergänzung mit einem präpositionalen Korrelat {dazu, darüber). Die Satzergänzung wird durch ob oder verschiedene
210
Lexikalische Strukturen der Direktive
w-Wörter eingeleitet. Beide Verben sind passivfähig und können nicht explizit performativ verwendet werden. Sie können nicht mit direkter Rede gebraucht werden. Beide Verben haben noch eine weitere Lesart als allgemeines Frageverb; etwas vernehmen hat auch eine Bedeutung als auditives Verb. Insgesamt haben die beiden Verben folgende lexikalische Merkmale: Verben
Merkmale Thematisierung semant. Rollen
Argumentstruktur
Passiv
vernehmen
Η (obl) P' (fak)
NP PP/ PPKorrSE
+
verhören
Η (obl) P' (fok)
NP PP/ PPKorrSE
+
Resultativität
Bewertung DSSprecher
—
—
Polysemie
+
+
Performa- stilistische tivität Markiertheit
—
—
—
Tab. 54: Lexikalische Merkmale der Verben des tw/wwi-Paradigmas
7.
Der Seitenblick auf das Englische
Genau wie im Deutschen lassen sich auch im Englischen die Direktive in vier Großparadigmen einteilen, deren Verben die Sprechereinstellungen ,S will: P', ,S will: nicht-P', ,S will nicht: nicht-P' und ,S hält fur wahr: P' ist ergänzbar zu P' lexikalisieren. Die Verben des Ratens lassen sich nicht in die genannten vier Großparadigmen der Direktive einordnen. Sie lexikalisieren sowohl eine andere Sprechereinstellung als auch eine andere Sprecherabsicht und andere Vorannahmen als die übrigen direktiven Verben.
7.1
Die Paradigmen der Verben des Ratens
7.1.1
Das
rate«-Paradigma,
das beraten-Paradigma
u n d das
Paradigma
Die Verben des Ratens lexikalisieren die Sprechereinstellung ,S findet: Ρ ist im Interesse von H \ die Sprecherabsicht ,S will: Η erkennt: S findet: Ρ ist im Interesse von H ' sowie die Vorannahme ,H weiß nicht: Ρ oder Q tun'. Zum Paradigma der deutschen Ratensverben gehören raten, anraten, zuraten, ermuntern, ermutigen, zureden und befürworten. Mit bestärken ist zusätzlich der Aspekt der Nachdrücklichkeit lexikalisiert und mit beraten der Aspekt der Sequenzialität. Im Englischen gibt es kein Verb, das den Aspekt der Sequenzialität lexikalisiert. Auf Grund der eingeschränkten morphologischen Möglichkeiten der Verbpräfigierung gibt es im Englischen insgesamt weniger Verben des Ratens als im Deutschen. Das englische Paradigma enthält die Verben to advise, to recommend, to encourage und to support. Der Aspekt der Nachdrücklichkeit wird im Englischen durch die Verben to confirm und to strengthen lexikalisiert. Im deutsch-englischen Vergleich ergibt sich für die Verben des Ratens die folgende Struktur:
211
Der Seitenblick auf das Englische
Abb. 22: Die Paradigmen der Verben des Ratens im deutsch-englischen Vergleich
7.1.2 Das abraten-Paradigma
und das
ausreden-Par&digma
Mit dem Verb abraten wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher findet, dass Ρ nicht im Interesse des Hörers ist, und will, dass der Hörer dies auch erkennt. Im Englischen steht zur Lexikalisierung dieses Konzepts kein einfaches Verb zur Verfugung, abraten kann nur durch einen komplexen Ausdruck wie advise sb. against sth. wiedergegeben werden. Mit jmdm. etw. ausreden wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher einem Hörer gute Gründe nennt, etwas Bestimmtes nicht zu tun, was dieser zunächst tun wollte, und ihn so dazu bringt, diese Handlung(en) nicht auszuführen. Dieses Konzept wird im Englischen mit dem Verb to dissuade lexikalisiert. to dissuade ist genau wie das deutsche ausreden resultativ, d. h., es dient der Bezugnahme auf den erfolgreich vollzogenen Akt. Außerdem kann ausreden auch noch durch komplexe Ausdrücke wie ζ. B. to talksb. out of sth. wiedergegeben werden.
7.2
Die Paradigmen der Auffordernsverben
Die deutschen Auffordernsverben lassen sich unter den Aspekten einer zusätzlichen Sprechereinstellung, einer bestimmten Rollenspezifik, des Äußernsmodus und spezifischer Vorannahmen des Sprechers in weitere Paradigmen untergliedern. Ganz ähnlich sind die Paradigmen der englischen Verben strukturiert, mit denen die Sprechereinstellung ,S will: P' lexikalisiert wird.
212
Lexikalische Strukturen der Direktive
7.2.1 Die Paradigmen der allgemeinen Auffordernsverben Die Verben dieser Paradigmen dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher zum Ausdruck bringt, dass der Hörer etwas Bestimmtes tun soll. Durch den Aspekt der inhaltlichen Spezifizierung von Ρ bzw. der Sequenzialität kann das auffordern-Paradigma im Deutschen noch weiter untergliedert werden. Die Paradigmen der englischen allgemeinen Auffordernsverben können ganz ähnlich strukturiert werden, allerdings sind einige Paradigmen ärmer ausgestattet als im Deutschen. Für die Verben des überreden-Vata&gmas gibt es im Englischen nur zwei Entsprechungen, und eine davon ist ein komplexer Ausdruck. Die deutschen Verben, die einem eher umgangssprachlichen stilistischen Register angehören, haben im Englischen keine eigenen umgangssprachlichen Lexikalisierungen. Die kommunikativen Konzepte, die mit den Verben des verweisen-Pavadigmas lexikalisiert werden, können im Englischen teilweise auch nur durch komplexe Ausdrücke wiedergegeben werden. Im Einzelnen enthalten die Paradigmen der allgemeinen Auffordernsverben die folgenden Verben: PARADIGMA
DEUTSCH
ENGLISCH
auffordern-Paradlgma
auffordern, auftragen, ersuchen, mahnen, ermahnen, gemahnen, anhalten
to ask, to call upon, to instruct, to direct, to request, to remind, to urge, to demand
verweisen-Paradigma
einweisen, verweisen, überweisen, ausweisen, zurückpfeifen, zurückrufen
to refer (sb. to ...), to sent to! out of
«£mW(?ra-Paradigma
überreden, bereden, breitschlagen, beschwatzen, (he)rumkriegen
to persuade {sb. to do sth.), to talk sb. into {doing) sth.
Im Englischen kann das Verb to persuade sowohl mit Bezug auf Situationen verwendet werden, in denen im Deutschen überreden verwendet wird, als auch mit Bezug auf Situationen, in denen im Deutschen überzeugen verwendet wird. Es kann also sowohl argumentativ im Hinblick auf epistemische Einstellungen verwendet werden als auch nicht-argumentativ wie die Verben des überreden- Paradigm as. In beiden Fällen ist to persuade resultativ, d. h., es dient der Bezugnahme auf den erfolgreich vollzogenen Akt. 7.2.2 Verben, die die zusätzliche Sprechereinstellung ,S kennt: korrekte Ausführung von P' lexikalisieren Die englischen Verben des Anleitens lexikalisieren das gleiche kommunikative Konzept wie die entsprechenden deutschen Verben. Das deutsche Paradigma ist reicher ausgestattet als das englische. Zu den beiden Paradigmen gehören die folgenden Verben: DEUTSCH
ENGLISCH
anleiten, einweisen, unterweisen, anweisen, instruieren, einarbeiten, einflihren, anlernen, unterrichten, beibringen
to instruct, to teach, to train, to introduce, to initiate
213
Der Seitenblick auf das Englische
Im Englischen kann daneben noch die komplexe Lexikalisierung to give instructions to sb. verwendet werden; eine solche Möglichkeit existiert im Deutschen aber auch (Instruktionen erteilen, Anleitungen/Einfuhrungen geben u. ä.). 7.2.3 Paradigmen von Verben, die eine bestimmte Rollenspezifik lexikalisieren 7.2.3.1 Das beantragen-Paradigma Die deutschen Verben beantragen und ersuchen werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Hörer Vertreter einer Behörde oder Institution ist und die Entscheidungsbefugnis über den Antrag des Sprechers hat; sie lexikalisieren außerdem einen Modus der Förmlichkeit. Im Englischen stehen dafür die Verben to apply for, to ask und to request zur Verfugung, wobei die beiden letztgenannten wie ersuchen verwendet werden und ebenso wie das deutsche Verb jeweils noch eine weitere Lesart als Bittensverben haben. Das englische to apply unterscheidet sich vom deutschen beantragen dadurch, dass es noch eine Reihe weiterer Lesarten und Bedeutungen besitzt, die das deutsche Verb nicht hat. 7-2.3.2 Die Paradigmen der Verben des Befehlens Die deutschen Verben des befehlen-Paradigmas (befehlen, gebieten., anordnen, kommandieren, verfugen, beordern und befehligen) dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen ein Sprecher, der die Befehlsgewalt hat, einen oder mehrere Hörer verbindlich auffordert, etwas Bestimmtes zu tun. Das Paradigma der englischen Verben des Befehlens enthält die Verben to order und to command. befehligen kann im Englischen nur durch komplexe Lexikalisierungen wie to have command of, to be in command of to be under the command of oder to be commanded by wiedergegeben werden. Durch den Aspekt der Spezifizierung von Ρ können zum befehlen-Paradigma eine Reihe von Unterparadigmen etabliert werden: Ρ-
spezielle Aufgabe oder (Bewegung zu/von einem) Ort
abkommandieren, abberufen
Ρ-
Militärdienst/Wehrpflicht
einberufen, einziehen, rekrutieren, mobilisieren
Ρ-
Versammlung/Besprechung
einberufen, anberaumen, festsetzen, ansetzen
Die entsprechenden Paradigmen englischer Verben sind folgendermaßen ausgestattet: Ρ-
spezielle Aufgabe oder (Bewegung zu/von einem) Ort
to detail, to send, to order to
Ρ-
Militärdienst/Wehrpflicht
to call up, to conscript, to mobilize, to recruit
Ρ-
Versammlung/Besprechung
to call, to convene, to convoke, to summon, to arrange, to fix
Im Englischen gibt es kein Verb wie das deutsche einberufen, das sowohl mit Bezug auf Wehrdienst als auch mit Bezug auf Versammlungen und Besprechungen verwendet werden kann. 7.2.3.3 Die Paradigmen der Verben des Anweisens Das anweisen-Vata&igma kann im Deutschen unter dem Aspekt der Spezifizierung von Ρ bzw. unter dem Aspekt einer bestimmten (Rollen) Charakterisierung von Sprecher und Hörer in wei-
214
Lexikalische Strukturen der Direktive
tere Unterparadigmen unterteilt werden: das zitieretz-Paradigma, fur das der Aspekt der Spezifizierung von Ρ als (Bewegung zu einem) Ort oder (einer) Person konstitutiv ist, das verordnen-Paradigma, für das der Aspekt der speziellen Rollenverteilung zwischen Sprecher und Hörer konstitutiv ist, und das ^^/View-Paradigma, für das der Aspekt der Macht, Würde oder Kompetenz des Sprechers konstitutiv ist. Mit den Verben des £«z^mi?z-Paradigmas wird im Deutschen auf Situationen Bezug genommen, in denen die Weisungsbefugnis des Sprechers auf seiner Autorität innerhalb einer Institution beruht. Das Paradigma enthält die Verben anordnen, verfugen, anweisen-, verordnen, diktieren, vorschreiben, befehlen und veranlassen. Auf die genannten Situationen kann im Englischen mit den Verben to order, to instruct, to direct, to prescribe und to tell (sb. what to do) Bezug genommen werden. Das Konzept, das im Deutschen mit veranlassen lexikalisiert wird, kann im Englischen nur mit verschiedenen komplexen Lexikalisierungen wiedergegeben werden, wie ζ. B. to see to it that sth. is done/is carried out, to make sb. do sth., to arrange for sth. Das zzftVrew-Paradigma enthält die Verben zitieren, vorladen, bestellen, rufen und beordern. Das entsprechende englische Paradigma enthält das Verb to summon sowie die komplexen Ausdrücke to call (for sb.lsth.) und to ask sb. to come/go, manchmal auch to order und to subpoena speziell mit Bezug auf Situationen, in denen jemand als Zeuge bzw. unter Strafandrohung gerichtlich vorgeladen wird. Mit den Verben des zworz/wew-Paradigmas - verordnen und verschreiben — wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Arzt einem Patienten gegenüber zum Ausdruck bringt, dass dieser etwas Bestimmtes tun soll, was seiner Heilung dient. Im Englischen ist dieses Konzept durch to prescribe lexikalisiert. Mit den Verben gebieten und jmdn. etw. heißen wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher auf Grund seiner Macht, Würde oder Kompetenz einen Hörer dazu auffordert, etwas Bestimmtes zu tun. Im Englischen wird auch auf solche Situationen mit allgemeineren direktiven Verben wie to command!order!tell!bid {sb. to do sth.) Bezug genommen. 7.2.4 Paradigmen von Verben, die einen bestimmten Außernsmodus lexikalisieren 7.2.4.1 Paradigmen, deren Verben den Modus der Nachdrücklichkeit lexikalisieren Im Deutschen lexikalisieren die Verben des ^ri/wz-Paradigmas, des bestehen ώκ/^Paradigmas und des aufrufen-Paradigmas den Modus der Nachdrücklichkeit. Mit den Verben des fordern-V&tadigmas - fordern, verlangen, abverlangen, einfordern und wünschen - wird auf Situationen Bezug genommen, in denen ein Sprecher Forderungen stellt. Die Verben bestehen auf beharren aufuriA pochen auf dienen der Bezugnahme auf Situationen, in denen der Sprecher als Reaktion auf eine Zurückweisung oder Nichterfüllung seiner ursprünglich gestellten Forderung durch den Hörer diese Forderung wiederholt und auf deren Erfüllung dringt. Die Verben aufrufen und appellieren werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen der Sprecher mit Nachdruck etwas äußert, das moralisch gut oder im öffentlichen Interesse ist. Das Konzept, das mit den deutschen Verben aufrufen und appellieren lexikalisiert wird, lexikalisieren im Englischen das Verb to appeal und das phrasal verb to call (up)on. Auf Situationen, in denen der Sprecher als Reaktion auf eine Zurückweisung durch den Hörer seine ursprüngliche Forderung wiederholt, kann im Englischen nur mit to insist Bezug genommen werden. Zum demand-Paradigma, dessen Verben der Bezugnahme auf Situationen dienen, in denen ein Sprecher einen Hörer nachdrücklich zu etwas auffordert, gehören die Verben to demand, to ask, to want, to wish und to require, to ask, to want, to wish und auch to require werden oft mit Bezug auf andere Situationen verwendet (ähnlich wie das deutsche wünschen·, to require wird häufig im Sinn von .etwas erfordert etwas' verwendet).
215
Der Seitenblick auf das Englische
7.2.4.2 Paradigmen, deren Verben den Modus der Höflichkeit bzw. Dringlichkeit lexikalisieren Die Verben des Bittens lexikalisieren den Modus der Höflichkeit. Mit den Verben des ersuchen-Paradigmas - einem Unterparadigma des bitten-Paradigmas - wird auf Situationen Bezug genommen, in denen der Sprecher höflich und förmlich zum Ausdruck bringt, dass der Hörer etwas Bestimmtes tun soll. Die Verben desflehen-Paradigmas werden mit Bezug auf Situationen verwendet, in denen ein Sprecher eindringlich äußert, dass der Hörer Ρ tun soll. Die Paradigmen der englischen Bittensverben lassen sich in ähnlicher Weise strukturieren. Im Einzelnen gehören zu den Paradigmen die folgenden Verben: PARADIGMA
DEUTSCH
ENGLISCH
bitten-Paradigma
bitten, {sich) erbitten
to ask, to request
^rittcAfTZ-Paradigma
ersuchen, nachsuchen
to request, to petition
yZeAiTz-Paradigma
flehen, anflehen, erflehen, betteln, anbetteln, erbetteln, beschwören
to beg, to beseech, to implore, to supplicate, to entreat, to conjure, to plead
7.2.5 Paradigmen von Verben, die spezifische Vorannahmen bezüglich Ρ lexikalisieren Diese Paradigmen von Verben sind durch spezifische Vorannahmen strukturiert. Die Verben des ?«tfÄ«