Grenzüberschreitende Gesellschaftsstrukturen im Internationalen Steuerrecht 9783504382407

Behandelt werden: Tarifabsenkung – Renaissance der Betriebsstätten Zinsschranke – neue Konzernfinanzierung Thesaurier

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Grenzüberschreitende Gesellschaftsstrukturen im Internationalen Steuerrecht
 9783504382407

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Schaumburg/Piltz (Hrsg.) Grenzüberschreitende Gesellschaftsstrukturen im Internationalen Steuerrecht

Forum der Internationalen Besteuerung

Band 34

Grenzüberschreitende Gesellschaftsstrukturen im Internationalen Steuerrecht Tarlfabsenkung · Zinsschranke Thesaurierungsbegünstigung · Verrechnungspreise Funktionsver1agerungen

Herausgegeben von

Prof. Dr: Harald Schaumburg Prof. Dr: Detlev J. Piltz Rechtsanwalte, Fachanwalte filr Steuerrecht Bonn mit Beiträgen von

Dr: Ulf Andresen Prof. Dr: Hubertus Baumhoff Br1gltte Fischer Bemdjonas Dr: Michael Schwenke

2010

Verl~

Dr.OftoSchmidt Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schm.idt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221/9 3738-01, Fax 0221/9 3738-943 [email protected] www.otto-schmidtde ISBN 978-3-504-61534-5 ©2010 by Verlag Dr. Otto SchmidtKG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere fiir VervielfiUtigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druck: Betz, Darmstadt Printed in Gennany

Vorwort Für grenzüberschreitende Aktivitäten vom Inland in das Ausland sowie vom Ausland in das Inland hat die Unternehmensteuerreform 2008 wichtige Änderungen gebracht. Einige dieser Neuerungen führen gegenüber der bisherigen Rechtslage zu wesentlich veränderten Steuerkoordinaten über die Grenze. Es ist daher geboten, bisherige Strukturen zu überprüfen. Im Fokus des vorliegenden Bandes stehen hierzu die Tarifabsenkung für die Körperschaftsteuer, die zu einer Renaissance internationaler Betriebsstätten führen könnte, die Zinsschranke, die die Frage nach einer neuen Konzernfinanzierung aufwirft, und die Thesaurierungsbegünstigung hinsichtlich der Auslandseinkünfte von Personengesellschaften. Flankiert werden diese Schwerpunkte von den neuen Vorschriften zu Verrechnungspreisen, insbesondere § 1 Abs. 3 AStG, und zu Funktionsverlagerungen, welche für zahlreiche Vorhaben über die Grenze wesentlich veränderte steuerliche Bedingungen setzen. Bonn, im November 2009 Prof. Dr. Harald Schaumburg Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

Prof. Dr. Detlev J. Piltz Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

V

I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I

Inhaltsverzeichnis* Seite

Vorwort

V

Dr. Ulf Andresen Steuerberater Chartered Accountant (Australien), Frankfurt a.M. / Eschborn

Tarifabsenkung - Renaissance der BetriebsstättenI. II. III. IV.

Renaissance der Betriebsstätten? ................................................ 1 Relevante Gesetzesänderungen durch die Unternehmensteuerreform 2008 ... ..... ..... .... .... ... .... ... ..... ..... ..... ...... ..... ..... ... ..... .. 3 Auswirkung dieser Gesetzesänderungen auf die Steuerplanung ......................................................................................... 8 Renaissance der Betriebsstätten! .............................................. 31

Bernd Jonas Rechtsanwalt, Generalbevollmächtigter der ThyssenKrupp AG, Düsseldorf

Zinsschranke -Neuorientierung der KonzernfinanzierungI. II. III. IV. V. VI. VII.

Entwicklung der Zinsschranke .. ... ..... ... ..... ...... ..... ..... ..... ..... ... .. Inhalt der Zinsschranke ............................................................ Allgemeine Kritik an dem Konzept der Zinsschranke ........... Kritik im Detail .......................................................................... Zinsschrankenplanung anhand der Unternehmensplanung Gestaltungsmöglichkeiten ... .... ... .... .... ... ..... ...... ..... ....... ..... ... ..... Fazit .............................................................................................

33 35 40 41 43 44 53

Ausführliche Inhaltsübersichten zu Beginn der jeweiligen Beiträge.

VII

Inhaltsverzeichnis Seite

Brigitte Fischer Freudenberg Co. Kommanditgesellschaft, Weinheim

Thesaurierungs begünstigung - Auslandseinkünfte I.

li. III.

IV. V.

Einführung ............................................................................... Grundzüge der Thesaurierungsbegünstigung ...................... Auslandseinkünfte und Thesaurierungsbegünstigung ....... Sonstige quellensteuerpflichtige Auslandseinkünfte ........... Fazit ...........................................................................................

55 56 64 72 73

Prof. Dr. Hubertus Baumhoff Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Bonn Honorarprofessor an der Universität Siegen

Verrechnungspreise I.

II. III.

75 Grundfragen und Problemstellung Ermittlung und Prüfung internationaler Verrechnungspreise im Lichte des neuen § 1 AStG ..................................... 76 Fazit ........................................................................................... 101

Dr. Michael Schwenke Richter am Bundesfinanzhof, München

Funktionsverlagerungen I. 11. Ill.

IV.

Vorbemerkung ......................................................................... Definition der Funktionsverlagerung .................................... Bewertung der Funktionsverlagerung ................................... Preisanpassungsklauseln ........................................................

103 104

113 116

Stichwortverzeichnis ..... ... ..... ..... .... ..... .... ... .... ..... ...... ..... ...... ..... ..... ... .. 119

VIII

Tarifabsenkung -Renaissance der Betriebsstätten-

Dr. Ulf Andresen Steuerberater Chartered Accountant (Australien)*

Inhaltsübersicht I. Renaissance der

Betriebsstätten? ................... 1 II. Relevante Gesetzesänderungen durch die Unternehmensteuerreform 2008

1. Eckpunkte des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ........................ 3 2. Änderungen bei der Einkommensteuer ................ 4 3. Änderungen bei der Körperschaftsteuer .............. 6 4. Änderungen bei der Gewerbesteuer ..................... 6

I.

5. Vergleich der nominellen Gesamtsteuerbelastung ....

6

111. Auswirkung dieser Gesetzesänderungen auf die Steuerplanung 1. Instrumente der Steuer-

planung ...............................

8

2. Steueroptimierte Rechtsformwahl nach dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 .....................................

9

IV. Renaissance der Betriebsstätten! .................. 31

Renaissance der Betriebsstätten?

Der Begriff der Renaissance ("Wiedergeburt") beschreibt einen Stil, eine kulturelle Bewegung in Europa, die gekennzeichnet ist durch eine Rückbesinnung auf Werte und Formen der griechisch-römischen An-

Partner, International Tax Services - Transfer Pricing, bei Ernst & Young GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main/Eschborn.

1

Andresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

tike in Literatur, Philosophie, Wissenschaft und insbesondere in Kunst und Architektur. Versucht man, den Begriff der Renaissance auf Entwicklungen im Internationalen Steuerrecht anzuwenden, und betrachtet man dabei die jüngeren Entwicklungen zu Fragen der Betriebsstättenbegründung und -besteuerung, so lässt sich konstatieren, dass die steuerliche Betriebsstätte sich in der Tat zunehmender Beliebtheit erfreut, z.B. als fiktiver Anknüpfungspunkt der Besteuerung in den Fällen, in denen auf Grund zuvor erfolgter Funktionsverlagerungen ins Ausland kein oder nur ein wesentlich weniger ertragreiches Steuersubjekt im Inland existiert. Sowohl die einschlägige Rechtsprechung im In-1 und Ausland2 als auch die Verlautbarungen der Finanzverwaltungen3 sind Beleg für die Beliebtheit der Betriebsstätte. Ob man bei diesen Entwicklungen von einer Rückbesinnung auf Werte sprechen kann, sei dahingestellt. Gleichzeitig entdecken jedoch auch Unternehmer und Konzernunternehmen die Betriebsstätte als Form der Investition wieder. Dies liegt zum einen daran, dass supranationalen Rechtsformen wie der Societas Europaea (SE)4 die Existenz von Betriebsstätten häufig immanent ist. Zum anderen liegt dies aber auch daran, dass die Entscheidungsträger in Unternehmen mit einer divisionalen Managementstruktur sich in einer Betriebsstättenstruktur eher wieder finden als in einer Struktur mit Tochter-Kapitalgesellschaften, weil eine Betriebsstättenstruktur die Managementstruktur besser abbildet. Von einer Rückbesinnung auf die Form und insoweit auch von einer Renaissance der Betriebsstätte kann man insoweit mit Fug und Recht sprechen.

1 Vgl. BFH, Urt. v. 28.6.2006 - I R 92/05 BStBI. II 2007, 100; BFH, Urt. v. 19.11.2003 - I R 3/02, BStBI. II 2004, 932; BFH, Urt. v. 16.5.2001 - I R 47/00, BStBI. II 2002, 846; BFH, Urt. v. 21.4.1999- IR 99/97, BStBI. II 1999, 694; BFH, Urt. v. 19.5.1993 - I R 80/92, BStBI. II 1993, 655; BFH, Urt. v. 3.2.1993 - I R 80-81/91, BStBl. II 1993,462. 2 Vgl. u.a. Conseil d'Etat v. 20.6.2003 - Appeal no 224 407 - Minister for the Economy, Finance and Industry v Interhorne AG, International Tax Law Reports Vol. 5, S. 1. 3 Vgl. Naummm/Förster, IStR 2004, 246 ff. 4 Vgl. zu den rechtlichen Rahmenbedingungen das Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz - SEAG) v. 22.12.2004, BGBI. I 2004, 3675.

2

Andresen, Tarifabsenkung - Renaissance der Betriebsstätten

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung stellt sich die Frage, ob bei Bestehen oder durch Begründung einer Betriebsstätte im In- oder Ausland steuerliche Wirkungen erzielt werden können, die es angezeigt erscheinen lassen, bestehende Strukturen zu überdenken. Unmittelbarer Anlass für Überlegungen dieser Art sind die Tarifabsenkung bei der Körperschaftsteuer, die Einführung der so genannten Thesaurierungsbegünstigung und die Gegenfinanzierungsmafsnahmen, die der inländische Gesetzgeber in Gestalt des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (UntStRefG 2008)5 verabschiedet hat. Ob diese Gesetzesänderungen ein zusätzlicher Grund für eine Renaissance der Betriebsstätte sind, wird in den folgenden Abschnitten in Form eines Steuerbelastungsvergleichs untersucht.

II.

Relevante Gesetzesänderungen durch die Unternehmensteuerreform 2008

1.

Eckpunkte des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008

Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 hatte zum Ziel, die Besteuerung von Unternehmen in Deutschland grundlegend dahingehend zu ändern, dass die Steuersätze gesenkt werden und dass die Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften weiter aneinander angeglichen wird, um auf diese Weise die Rechtsformneutralität der Besteuerung herzustellen. Zu diesem Zweck sind unter anderem die folgenden entlastenden Maßnahmen beschlossen worden: die Einführung einer Thesaurierungsbegünstigung (Art. 1 Nr. 23 UntStRefG 2008), die Anhebung des Anrechnungsfaktors der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer (Art. 1 Nr. 25 UntStRefG 2008), die Senkung des Körperschaftsteuersatzes (Art. 2 Nr. 10 UntStRefG 2008) und die Senkung der Gewerbesteuermesszahl (Art. 3 Nr. 4 UntStRefG 2008). Flankiert wurden diese Maßnahmen durch die folgenden Gegenfinanzierungsmaßnahmen: 5

Vgl. Unternehmensteuerreformgesetz v. 14.8.2007, BGBI. I 2007,1912.

3

1\ndrescn, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

die Streichung des Betriebsausgabenabzuges für die Gewerbesteuer bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer (Art. 1 Nr. 5 UntStRefG 2008), die Einschränkung des Schuldzinsenabzuges durch die Zinsschranke (Art. 1 Nr. 6, Art. 2 Nr. 5 UntStRefG 2008), die Abschaffung der degressiven Abschreibung (Art. 1 Nr. 10 UntStRefG 2008), die Verschärfung der Mantelkaufregelung (Art. 2 Nr. 7 UntStRefG 2008), die Verschärfung der gewerbesteuerliehen Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen aus Aufwandspositionen des handelsrechtliehen Jahresabschlusses des Steuerpflichtigen (Art. 3 Nr. 1 UntStRefG 2008) und die Verschärfung der Verrechnungspreis-Korrekturvorschritten und die gesetzliche Regelung der Besteuerung von so genannten Punktionsverlagerungen ins Ausland (Art. 7 Nr. 1 UntStRefG 2008). Diejenigen geänderten Regelungen, die für den Steuerbelastungsvergleich in Abschnitt III 2.1 Relevanz entfalten, sind nachfolgend kurz dargestellt.

2.

Änderungen bei der Einkommensteuer

Vor dem Beschluss des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 hatten Kapitalgesellschaften gegenüber Personenunternehmen (Personengesellschaften und Einzelunternehmen) dann einen deutlichen steuerlichen Vorteil, wenn Gewinne im Unternehmen reinvestiert werden sollten. Dieser Vorteil hätte sich bei der Zielsetzung, die steuerliche Attraktivität des Standortes Deutschland durch Senkung des Körperschaftsteuersatzes zu erhöhen, sogar noch verstärkt.6 Um diesen Belastungsunterschied zu nivellieren und dadurch die Rechtsformwahl zwischen Kapitalgesellschaft und Personenunternehmen zu neutralisieren, hat der Gesetzgeber in§ 34a EStG7 mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 20088 die so genannte Thesaurierungsbegünstigung ein6 7 8

4

Vgl. Kesslei/C!rtmnmz-Bnbel/Zipfcl in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmensteuerreform 2008, Bonn 2007, S. 20 f. Die Paragraphenangaben beziehen sich auf das jeweilige Gesetz in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008. Vgl. §52 Abs. 48 EStG.

Andresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

geführt. Die Thesaurierungsbegünstigung erlaubt dem steuerpflichtigen Unternehmer oder Mitunternehmer für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil, und zwar für jeden Veranlagungszeitraum gesondert, zu beantragen, dass die Einkommensteuer auf nicht entnommene Gewinneinkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1-3 i.V.m. § 34a Abs. 2 EStG grundsätzlich mit einem Steuersatz von 28,25% berechnet wird.9 Soweit der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres den Gewinn eines Betriebes oder Mitunternehmeranteils übersteigt (Nachversteuerungsbetrag), ist vorbehaltlich § 34a Abs. 5 EStG eine Nachversteuerung durchzuführen, soweit zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein nachversteuerungspflichtiger Betrag i.S.d. § 34a Abs. 3 Satz 2 EStG festgestellt worden ist. Die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag beträgt 25%.10 Eine der Gegenfinanzierungsmaßnahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ist die Abschaffung des bisher11 möglichen Betriebsausgabenabzuges der Gewerbesteuer durch das Einfügen des§ 4 Abs. Sb EStG. Ohne Kompensation an einer anderen Stelle hätte diese Änderung zu einer höheren Besteuerung gewerblicher Einkünfte im Vergleich zu anderen Einkunftsarten geführt. Die Neutralisierung der Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Gegenfinanzierungsmaßnahme erfolgt nun durch die Erhöhung des Gewerbesteuer-Anrechnungsfaktors gern. § 35 EStG von 1,8 auf 3,8 des (ggf. anteiligen) Gewerbesteuer-Messbetrages. Bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 400%, der umgerechnet einem Gewerbesteuersatz von 14% entspricht, wird der Steuerpflichtige von Gewerbesteuer entlastet, da das Produkt aus dem Gewerbesteuer-Anrechnungsfaktor von 3,8 und dem neuen Gewerbesteuer-Messbetrag von 3,5%12 und die daraus resultierende Minderung der Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlages in Höhe von 13,3% zusammen mit der daraus resultierenden Minderung des Solidaritätszuschlages in Höhe von 0,7% der Gewerbesteuer-

9 Zu den sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen vgl. § 34a Abs. 1-4 EStG; KesslerjOrtmann-Babel/Zipfel in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmensteuerreform 2008, Bonn 2007, S. 23-44. 10 Vgl. § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG. 11 Vgl. zur Anwendungsregelung § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG - Erhebungszeiträume, die vor dem 31.12.2007 enden. 12 Siehe dazu Abschnitt III 4.

5

1\ndrcscll, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

belastung entsprechen.13 Der Ermäßigungsbetrag ist durch§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer begrenzt, so dass es ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nicht mehr zu einer Überkompensation kommen kann.

3.

Änderungen bei der Körperschaftsteuer

Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25% auf 15% in § 23 Abs. 1 KStG für Wirtschaftsjahre, die in 2008 enden oder dem Kalenderjahr 2008 gleichen, ist der Kernpunkt der Unternehmensteuerreform. Entsprechend ist auch der Abzugsteuersatz nach § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG, der auf Einkünfte beschränkt steuerpflichtiger Körperschaften anzuwenden ist, mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2008 auf 15% gesenkt worden. Die Streichung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe bei der steuerlichen Einkommensermittlung in § 4 Abs. Sb EStG schlägt als Gegenfinanzierungsmaßnahme wegen§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG auch auf das Einkommen von Körperschaften durch und kompensiert insoweit partiell die Steuersatzsenkung.

4.

Änderungen bei der Gewerbesteuer

Die Streichung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe gilt wegen § 7 Satz 1 GewStG auch für die Ermittlung des Gewerbeertrages. Folglich kommt es auch bei der Ermittlung der Gewerbesteuer zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage. Um diesem Effekt entgegen zu wirken wurde die Gewerbesteuer-Messzahl für alle Unternehmen in dem neu gefassten § 11 Abs. 2 GewStG von 5% auf 3,5% gesenkt. Der bisher für Personenunternehmen geltende Staffeltarif wurde abgeschafft.

5.

Vergleich der nominellen Gesamtsteuerbelastung

Betrachtet man die Änderungen des Steuertarifs und die typisierenden Änderungen der Bemessungsgrundlagen der Einkommen-, Körper-

B

6

Vgl. KcsslcrjOrhllnnn-Bnbc/jZipfel in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmensteuerreform 2008, Bonn 2007, S. 12 f.

Andrcscn, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

schaft- und Gewerbesteuer, ergibt sich bei einem Hebesatz von 400% eine Gesamtsteuerbelastung von ca. 29,83% für die Wirtschaftsjahre ab 2008, die um 8,82% unter der Gesamtsteuerbelastung 2007 liegt (38,65% ). Diese Steuerentlastung fällt mit steigendem Hebesatz insbesondere deshalb geringer aus, weil die Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe durch die typisierenden Kompensationsmaßnahmen nicht vollständig neutralisiert wird. Nominelle Gesamtsteuerbelastung bei unterschiedlichen GewerbesteuerHebesätzen 14 GewSt-Hebesatz Gewinn

400%

410%

420'Yo

445%

450%

460%

490%

100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00

Gesamt' Steuerbelastung 2007 (38,65) (38,90) (39,15) (39,78) (39,90) (40,14) (40,86) GesamtSteuerbelastung 2008 (29,83) (30,18) (30,53) (31,40) (31,58) (31,93) (32,98) Steuerentlastung

8,82

8,72

8,62

8,38

8,32

8,21

7,88

Vor dem Hintergrund der Senkung der Steuersätze, der gleichzeitigen Streichung von Abzugsmöglichkeiten und der Einführung der Thesaurierungsbegünstigung stellt sich die Frage, ob diese Änderungen zum Anlass genommen werden sollten, auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Als mögliche Steuerplanungsmaßnahme bietet sich neben der Optimierung der Steuerbemessungsgrundlagen und der Vermeidung konzerninterner Gewinnrealisierung insbesondere die Planung der Gruppenstruktur an, z.B. durch ein Überdenken der RechtsformwahL

14

Kesslci/Ortmmm-BabcljZipfcl in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmensteuerreform 2008, Bann 2007, S. 200.

7

Andresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

111. Auswirkung dieser Gesetzesänderungen auf die Steuerplanung 1.

Instrumente der Steuerplanung

1.1

Optimierung der Steuerbemessungsgrundlage

Bei bestehender Gruppenstruktur ist die Optimierung der Steuerbemessungsgrundlagen ein beliebtes Instrument der Steuerplanung, mit dem primär das Ziel verfolgt wird, die Konzernsteuerquote durch Verrechnungspreispolitik15, Finanzierungspolitik16, die Nutzung von Qualifikationskonflikten17 oder gar die Reallokation von Funktionen und Risiken18 unter Nutzung oder Änderung einer bestehenden Gruppenstruktur zu optimieren.

1.2

Vermeidung konzerninterner Gewinnrealisierung

Ein weiterer Aspekt der Steuerplanung ist die zunehmende Gefahr, durch die Realisierung von Steuerentstrickungstatbeständen wie etwa § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (Entstrickungsentnahme) oder dessen körperschaftsteuerliches Äquivalent § 12 Abs. 1 KStG eine steuerliche Gewinnrealisierung zu erfahren, obwohl die Unternehmensgruppe im Außenverhältnis einen solchen Gewinn mangels Geschäftsbeziehungen mit anderen Konzernunternehmen oder fremden Dritten noch nicht realisiert hat. Solche Tatbestände können in Summe einen übermäßigen Einfluss auf die Konzernsteuerquote ausüben.l9 15 Zu beachten sind dabei die jeweiligen Verrechnungspreis-Dokumentationsund ggf. Strafvorschriften.

16 Ein Überblick über die Maßnahmen der Finanzierungspolitik findet sich bei jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 6. Auf!., München 2007, S. 872 ff. 17 Vgl. Kröner/Beckenhaub, Konzernsteuerquote, München 2008, S. 100-116. 18 Zu beachten sind dabei ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nicht nur der neu gefasste § 1 AStG, sondern auch die am 4.7.2008 vom Bundesrat beschlossene so genannte Funktionsverlagerungsverordnung (Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen - FVerlV), ER-Drucks.

352/08. 19 Vgl. Krönerjßeckenhaub, Konzernsteuerquote, München 2008, S. 74.

8

A11drese11, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

1.3

Planung der Gruppenstruktur

Die Planung bzw. Veränderung der Gruppenstruktur zu dem Zweck, ein bestehendes Steuersatzgefälle zu nutzen, Quellensteuersätze zu minimieren, den Abkommensschutz für konzerninterne Einkommensströme zu sichern, die Inanspruchnahme von Steueranreizen zu ermöglichen, eine steuerliche Ergebniskonsolidierung sicherzustellen oder Verluste grenzüberschreitend zu nutzen, kann zu signifikanten Einschnitten in Unternehmen führen, deren Auswirkungen sorgfältig gegen die erwarteten Steuervorteile abzuwägen sind. Um bewerten zu können, ob die erwarteten Steuervorteile eine Höhe erreichen, die etwaige Einschnitte rechtfertigt, ist ein Steuerbelastungsvergleich durchzuführen, der Aufschluss darüber geben soll, wie hoch die Änderung einer Steuerbelastung ausfällt, die aus Gesetzesänderungen resultiert.

2.

Steueroptimierte Rechtsformwahl nach dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008

2.1

Steuerbelastungsvergleich für eine Investition im Ausland

2.1.1 Beschreibung der Ausgangsdaten Der nachfolgend durchgeführte rechnerische Steuerbelastungsvergleich im Wege einer kasuistischen Veranlagungssimulation hat zum Ziel, die steuerliche Belastung der Investition eines inländischen Unternehmens in eine Personengesellschaft/Betriebsstätte oder Kapitalgesellschaft im Ausland zu vergleichen. Diesem Vergleich liegt folgendes Zahlenbeispiel20 zu Grunde: Beispiel

Ein inländischer Unternehmer (natürliche Person) plant, die geschäftlichen Aktivitäten seines inländischen Unternehmens (Spitzeneinheit im Inland) in der Rechtsform eines Personenunternehmens Geweils Fall A) oder einer Kapitalgesellschaft Geweils Fall B) durch die Gründung einer ausländischen Personengesellschaft/

20 Das Zahlenbeispiel ist dem Steuerbelastungsvergleich nachgebildet, der sich bei Jacobs findet: vgl. ]nco/Js, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Auf!., München 2002, S. 714-761.

9

Andresen, Tarifabscnkung- Renaissance der Betriebsstätten

Betriebsstätte oder Tochter-Kapitalgesellschaft (ausländische Grundeinheit) auf das Ausland auszudehnen. Das Eigenkapital der ausländischen Beteiligung soll 1000 betragen und vollständig von der Spitzeneinheit im Inland eingezahlt worden sein. Es wird sowohl für den Gewinnfall als auch für den Verlustfall eine Bruttorendite von+/- 10% unterstellt. Die verschiedenen Fallvarianten sind in der nachfolgenden Graphik21 illustriert:

Investition im Ausland

KapG (Fall B) Inland Ausland

Variante 1

KapG (Unterfall II)

PersG / BS (Unterfall I)

KapG (Unterfall II)

Variante 2

Variante 3

Variante 4

2.1.2 Beschreibung der steuerlichen Ausgangsdaten Die Besteuerung der inländischen Spitzeneinheit - im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht- und der ausländischen Grundeinheit im An-

21 Personengesellschaft (PersG); Betriebsstätte (BS); Kapitalgesellschaft (KapG).

10

Andresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

sässigkeitsstaat der ausländischen Grundeinheit stellt sich wie folgt dar: Körperschaftsteuersatz

35%

Einkommensteuersatz

45%

andere Ertrag- oder Vermögensteuern im Ausland Quellensteuer auf Dividenden (Nicht-DBA-Fall)

keine 30%

Quellensteuer auf Dividenden an eine Kapitalgesellschaft (DBA-Fall)

5%

Quellensteuer auf Dividenden an eine Personengesellschaft (DBA-Fall)

15%

Es wird weiterhin angenommen, dass die Gewinnermittlungsvorschriften im Ansässigkeitsstaat der ausländischen Grund- und der inländischen Spitzeneinheit übereinstimmen. Für Berechnungszwecke wird hinsichtlich der Besteuerung im Inland von dem ab Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Körperschaftsteuersatzvon 15% ausgegangen. Es wird weiterhin angenommen, dass der Einkommensteuersatz 42% und der Gewerbesteuer-Hebesatz 400% beträgt. Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Freibeträge bleiben unberücksichtigt. In der nachfolgenden Darstellung werden die Steuerbelastungen in den einzelnen Varianten 1 bis 8 sowohl für den Gewinn- als auch für den Verlustfall und unter der Annahme des Fehlens und des VorHegens eines Doppelbesteuerungsabkommens erläutert und interpretiert. 2.1.3

Darstellung, Erläuterung und Interpretation des Steuerbelastungsvergleichs

2.1.3.1 Inländisches Personenunternehmen als Spitzeneinheit (Fall A, Varianten 1 und 2) Erzielt das inländische Mutter-Personenunternehmen in seiner ausländischen Toclzter-Personengesellschaft/Betriebsstätte (Variante 1) Gewinne, ist es mit diesen Gewinnen im Ausland beschränkt einkommensteuerpflichtig. Da die ausländische Einkommensteuer annahmegemäß 45% beträgt, verbleibt ein Gewinn nach ausländischen Steuern von 55. Zwischen Nicht-DBA- und DBA-Fall besteht insoweit kein Unterschied. Der ausländische Gewinn vor Steuern unterliegt wegen § 9 Nr. 3 GewStG zwar nicht der Gewerbesteuer, aber - bei Fehlen eines Dop-

11

Audresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

pelbesteuerungsabkommens - der inländischen Einkommensteuer in Höhe von 42%. Die Thesaurierungsbegünstigung kann für ausländische Einkünfte nur insoweit in Anspruch genommen werden, als diese Einkünfte im Inland nicht steuerbefreit sind.22 Die ausländische Einkommensteuer kann nach § 34c Abs. 1 EStG auf die inländische Einkommensteuer vollständig angerechnet werden. Der entstehende Anrechnungsüberhang kann nicht vor- oder zurückgetragen werden, so dass es auf der Ebene der inländischen Spitzeneinheit bei einer Gesamtsteuerbelastung von 45% bleibt, was dem ausländischen Steuerniveau entspricht (sog. Kapitalimportneutralität). Im DBA-Fall wird das gleiche Belastungsergebnis von 45% dadurch erreicht, dass die ausländischen Einkünfte ggf. unter Aktivitäts- und Progressionsvorbehalt durch das DBA freigestellt sind. Das Belastungsergebnis von 45% bleibt auch dann erhalten, wenn der inländische Gesellschafter die ausländischen Einkünfte aus der Betriebsstätte dem inländischen Personenunternehmen entnimmt. Dies gilt auch im Fall der Thesaurierungsbegünstigung (Nicht-DBA-Fall), weil diese keine Auswirkung auf das ausländische Steuerniveau hat. Erzielt das inländische Mutter-Personenunternehmen in seiner ausländischen Tochter-Kapitalgesellschaft (Variante 2) Gewinne, ist die Kapitalgesellschaft mit diesen Gewinnen im Ausland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Da die ausländische Körperschaftsteuer annahmegemäß 35% beträgt, verbleibt im Thesaurierungsfall ein Gewinn nach ausländischen Steuern von 65. Zwischen Nicht-DBA- und DBAFall besteht insoweit kein Unterschied. Schüttet die ausländische Tochter-Kapitalgesellschaft den Gewinn nach Steuern als Dividende an das inländische Personenunternehmen aus, ist dieses mit den Dividenden im Ansässigkeitsstaat der TochterKapitalgesellschaft quellensteuerpflichtig. Im Nicht-DBA-Fall beträgt die Quellensteuer 19,5, dies entspricht 30% der Bruttodividende von 65. Sie reduziert sich im DBA-Fall auf 15% oder 9,75. Bei der inländischen Spitzeneinheit unterliegt die Dividende der ausländischen Kapitalgesellschaft wegen§ 9 Nr. 7 GewStG zwar nicht der Gewerbesteuer, aber wegen des geltenden Halbeinkünfteverfahrens 22

12

Vgl. Gesetzesbegründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008, ERDrucks. 220/07, 102 - Zu Nummer 23 (§ 34a - neu -), Zu Absatz 2; Biiumer, DStR 2007, 2089 (2092); den Anwendungsbereich weiter sehend GoebeljUngemach/SclwzidtjSiegmund, IStR 2007, 877 (878).

Audrese11, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

gern. § 3 Nr. 40 EStG zur Hälfte23 (50% der Bruttodividende von 65) der inländischen Einkommensteuer in Höhe von 42%. Die ausländische Quellensteuer kann nach § 34c Abs. 1 EStG auf die inländische Einkommensteuer vollständig angerechnet werden. Der im NichtDBA-Fall entstehende Anrechnungsüberhang von 5,85 (19,5 - 13,65) kann nicht vor- oder zurückgetragen werden, so dass es auf der Ebene der inländischen Spitzeneinheit zu einer Gesamtsteuerbelastung von 54,5% kommt, was wiederum dem ausländischen Steuerniveau entspricht (sog. Kapitalimportneutralität). Im DBA-Fall entsteht ein gegenüber dem ausländischen Steuerniveau (44,75) höheres Belastungsergebnis von 48,65 einzig und allein dadurch, dass die ausländischen Dividendeneinkünfte von einem Quellensteuerniveau von 9,75 (15% der Bruttodividende) um 3,9 auf das inländische Steuerniveau von 13,65 (21% der Bruttodividende) hochgeschleust werden.24 Diese Gesamtsteuerbelastung von 48,65 ist jedoch um 5,85 niedriger als im Nicht-DBA-Fall, weil die Steuersatzdifferenz der Quellensteuer auf Dividenden von 15% höher ist als der Unterschied zwischen ausländischem Quellensteuersatz (30%) und inländischem effektiven Steuersatz auf die Bruttodividende (umgerechnet 21% ). Die Gesamtsteuerbelastung bleibt im Nicht-DBA Fall unverändert auf dem Belastungsniveau des ausländischen Steuerrechts, weil es zur Vollanrechnung kommt. Im DBA-Fallliegt die Steuerlast um die Differenz (3,90) der inländischen Einkommensteuer auf 50% der Bruttodividende (13,65) und der anzurechnenden ausländischen Quellensteuer (9,75) über dem Belastungsniveau des ausländischen Steuerrechts. Der Vergleich der Steuerbelastungen der beiden Gestaltungsvarianten zeigt, dass die Investition in eine ausländische Tochter-Kapitalgesellschaft sowohl im Nicht-DBA- als auch im DBA-Fall dann und nur dann vorteilhaft ist, wenn man beabsichtigt, die erwirtschafteten Gewinne im Ausland zu thesaurieren. Das Fehlen einer der Thesaurierungsbegünstigung entsprechenden Regelung im Steuerrecht des Auslandes führt dazu, dass die Investition in ausländische Personenunternehmen/Betriebsstätten im Thesaurierungsfall nachteilig ausfällt.

23 24

Ab Veranlagungszeitraum 2009 steigt dieser Satz bei Teileinkünften auf 60%. Die Thesaurierungsbegünstigung kann hier nicht in Anspruch genommen werden, weil die Bruttodividende einer Einkunftsart zuzurechnen ist, die nicht unter § 34a Abs. 1 EStG fällt.

13

A11dresell, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

Ist hingegen geplant, dass die Tochter-Kapitalgesellschaft ihre Gewinne ausschüttet, ändert sich die Vorteilhaftigkeit hin zu einer Investition in ausländische Personenunternehmen/ Betriebsstätte. Dies gilt unabhängig davon, ob der inländische Gesellschafter die ausländischen Gewinne entnimmt oder nicht. Der Grund dafür liegt darin, dass der Steuersatzvorteil der Tochter-Kapitalgesellschaft bei den ausländischen Ertragsteuern von 10% im Nicht-DBA-Fall durch die Quellensteuer von umgerechnet 19,5 um 9,5 und im DBA-Fall durch die Kombination von Quellensteuer (umgerechnet 9,75) und die Besteuerung der Dividende (umgerechnet 13,65) im Ergebnis um 3,90 überkompensiert wird. Würde die Thesaurierungsbegünstigung für die Dividendeneinkünfte aus der ausländischen Tochter-Kapitalgesellschaft in Anspruch genommen werden, ließe sich im Fall der Thesaurierung der Bruttodividende der ausländischen Tochter-Kapitalgesellschaft auf der Ebene des Mutter-Personenunternehmens hinsichtlich des Gewinns nach ausländischen und inländischen Steuern annähernd Belastungsgleichheit (55,25) mit der Betriebsstättenalternative (55) erreichen, weil dann wegen der Vollanrechnung der ausländischen Quellensteuer (9,75) auf die inländische Einkommensteuer auf 50% der Bruttodividende, die durch Thesaurierungsbegünstigung auf 9,18 absänke, keine Hochschleusung mehr auf inländisches Steuerniveau stattfände. Dann wären die Gewinne nur mit ausländischer Steuer belastet, wobei der geringfügige Belastungsunterschied (0,25) zwischen Betriebsstätte und Tochter-Kapitalgesellschaft im Ausland aus der Differenz zwischen Einkommensteuersatz (45%) und der Kombination aus Körperschaftsteuersatz (35%) und reduziertem Quellensteuersatz (9,75% bezogen auf den Gewinn vor Steuern; 15% nominal) resultiert. Erwirtschaftet die ausländische Grundeinheit Verluste, ergibt sich im Nicht-DBA-Fall in Variante 1 eine Steuerentlastung im Inland in Höhe des Einkommensteuersatzes von 42%, während in Variante 2 keine Entlastung eintritt, weil Verluste aus einer ausländischen Kapitalgesellschaft grundsätzlich25 nicht an die inländische Spitzeneinheit ausgeschüttet werden und insoweit auch keine Steuer entlastende Wirkung entfalten können.

25 Zu Ausnahmen von diesem Grundsatz vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2005 - Rs. C-446/03- Marks & Spencer plc, BB 2006, 23.

14

A11dreseu, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten Gewinnfall

Ergebnissituation

Personengese Jlschaft

Spitzeneinheit im Inland

DBA-/ Nicht-DBA

Nicht-DBA Betriebsstätte

Gestaltungsalternative iln Ausland

FaliA

Betriebsslälle

Kapitalgeseilschalt

Variante 1 Variante 2 Variante 1 Variante 2

eingesetztes Kapital Gewinn vor Steuern

DBA

Kapitalgesellschaft

10%

1000,00

1000,00

1000,00

1000,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

Ausland Gewinn vor Steuern aus!. ESt auf Gewinn vor Steuern

45 1%

ausl. KSt auf Gewinn vor Steuern

35°/o

Gewinn nach ausl. Steuern der Gesellschaft (=Bruttodividende)

(45,00) Qj)Q

55,00

0,00

(45,00)

0,00

(35,00)

Qj)Q

(35,00)

65,00

55,00

65,00

Quellensteuer

30%

0,00

(19,50)

0,00

0,00

Quellensteuer (DBA)

15 1/'o

0,00

0,00

0,00

(9,75)

Quellensteuer (DBA)

5(~)

Gewinn nach ausländischen Steuern

Qj)Q

Qj)Q

Qj)Q

Qj)Q

55,00

45,50

55,00

55,25

Inland inländische ESL ohne Thesaurierungsbegünstigung i.S.d. § 34a Abs. 1 EStG

42 1'l!J

inländische ESt auf 50% der Bruttodividende

42 11,/;J

stpfl. Einkünfte gem. § Sb Abs. 5 KStG (5% der Bruttodividende von 65,00)

3,25

Gewerbesteuer

stpfl. Einkünfte nach Gewerbesteuer inländische Körperschaftsteuer

0,00

(42,00) (13,65)

(13,65)

14,00 1'i(J

3,25 15,00 1'i(J

45,00

19 50

Qj)Q

2..Zi_

festzusetzende inländische ES!/ KSt

Anrechnungsbetrag

0,00

0,00

0,00

(3,90)

Gewinn nach ausländischen Steuern

55,00

45,50

55,00

55,25

Gewinn nach ausländischen und inländischen Steuern

55,00

45,50

55,00

51,35

Gesamtsteuerbelastung bei Thesaurierung der inländischen Spitzeneinheit

45,00

54,50

45,00

48,65

Ebene des inländischen Gesellschafters der inländischen Gesellschaft Bruttodividende in I. ESt auf 50% der Bruttodividende Thesaurierungsbegünstigung

42(X)

28,25%

Anrechnungsbetrag festzusetzende inländische ESt/ KSt Gewinn beim Gesellschafter nach ES!

55,00

55,00

Gesamtsteuerbelastung

45,00

45,00

15

Andresen, Tarifabsenkung - Renaissance der Betriebsstätten

Im DBA-Fall tritt diese Steuerentlastung grundsätzlich26 nicht ein, so dass insoweit Neutralität der Besteuerung für die Wahl der Gestaltungsalternativen gegeben ist. Eine Ausnahme bilden insoweit lediglich ausländische Betriebsstätten, die einen im Abkommen vorgesehenen Aktivitätsvorbehalt nicht erfüllen und somit nicht in den Genuss der Freistellungsmethode kommen.27 Die vorstehende Tabelle fasst den Steuerbelastungsvergleich zwischen Variante 1 und Variante 2 zusammen. 2.1.3.2 Inländische Kapitalgesellschaft als Spitzeneinheit (Fall B, Varianten 3 und 4)

Erzielt die inländische Mutter-Kapitalgesellschaft in ihrer ausländischen Tochter-Personengesellsc/zaft/Betriebsstätte (Variante 3) Gewinne, ist sie mit diesen Gewinnen im Ausland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Da die ausländische Körperschaftsteuer annahmegemäß 35% beträgt, verbleibt ein Gewinn nach ausländischen Steuern von 65. Zwischen Nicht-DBA- und DBA-Fall besteht insoweit kein Unterschied. Der ausländische Gewinn vor Steuern unterliegt wegen § 9 Nr. 3 GewStG nicht der Gewerbesteuer, aber - bei Fehlen eines DBA - der inländischen Körperschaftsteuer in Höhe von 15%. Die ausländische Körperschaftsteuer kann nach § 26 Abs. 1 KStG auf die inländische Körperschaftsteuer vollständig angerechnet werden. Der entstehende Anrechnungsüberhang von 20 kann nicht vor- oder zurückgetragen werden, so dass es auf der Ebene der inländischen Spitzeneinheit bei einer Gesamtsteuerbelastung von 35% bleibt, was dem ausländischen Steuerniveau entspricht (sog. Kapitalimportneutralität). Im DBA-Fall wird das gleiche Belastungsergebnis von 35% dadurch erreicht, dass die ausländischen Betriebsstätteneinkünfte ggf. unter Aktivitätsvorbehalt durch das DBA freigestellt sind. Schüttet die inländische Kapitalgesellschaft die ausländischen Betriebsstättengewinne an den inländischen Gesellschafter aus, entsteht inlän26 Dies ist nicht zuletzt durch die jüngste EuCH-Rechtsprechung zur Nicht-Berücksichtigung von Betriebsstättenverlusten in EU- und Drittstaatenfällen bestätigt worden. Vgl. insoweit EuGH, Urt. v. 6.11.2007- Rs. C-415/06- Stahlwerk Ergste Westig GmbH, IStR 2008, 107; EuGH, Urt. v. 15.5.2008 -Rs. C-414/06- Lid! Belgium GmbH & Co. KG, IStR 2008, 400. 27 Ein solcher Fall lag dem BFH-Urteil v. 5.6.2002 zu Grunde, vgl. BFH, Urt. v. 5.6.2002- IR 86/01, BStBI. II 2002, 683.

16

Andresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

disehe Einkommensteuer (13,65) in Höhe von 42% auf die um den steuerfreien hälftigen Teil gekürzte Bruttodividende von 65, so dass dem inländischen Gesellschafter nach Abzug der Gesamtsteuerbelastung von 4S,65 ein Gewinn nach Steuern von 51,35 verbleibt. Erzielt die in/iindische Mutter-Knpitalgcscllsclznft in ihrer ausländischen Tochtcr-Kapitalgesellsclznft (Variante 4) Gewinne, ist die ausländische Tochter-Kapitalgesellschaft mit diesen Gewinnen im Ausland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Da die ausländische Körperschaftsteuer annahmegemäß 35% beträgt, verbleibt im Thesaurierungsfall ein Gewinn nach ausländischen Steuern von 65. Zwischen NichtDBA- und DBA-Fall besteht insoweit kein Unterschied. Schüttet die ausländische Tochter-Kapitalgesellschaft den Gewinn nach Steuern als Dividende an die inländische Mutter-Kapitalgesellschaft aus, ist diese mit den Dividenden im Ansässigkeitsstaat der Tochter-Kapitalgesellschaft quellensteuerpflichtig. Im Nicht-DBA-Fall beträgt die Quellensteuer 19,5, dies entspricht 30% der Bruttodividende von 65. Sie reduziert sich im DBA-Fall auf 5% oder 3,25. Bei der inländischen Spitzeneinheit ist die Dividende gem. § Sb Abs. 1 KStG grundsätzlich steuerfrei. Lediglich 5% der Bruttodividende unterliegen gem. § Sb Abs. 5 KStG als fiktive nicht abzugsfähige Betriebsausgabe der inländischen Körperschaftsteuer in Höhe von 15% und Gewerbesteuer in Höhe von umgerechnet 14%. Dies entspricht einer Körperschaftsteuer von 0,4S75 und einer Gewerbesteuer von 0,455. Die ausländische Quellensteuer kann wegen der Freistellung nicht angerechnet werden, so dass es auf der Ebene der inländischen Spitzeneinheit zu einer Gesamtsteuerbelastung von 55,44% kommt. Im DBA-Fall entsteht ein gegenüber dem ausländischen Steuerniveau (3S,25) höheres Belastungsergebnis von 39,19 einzig und allein dadurch, dass 5% der ausländischen Dividendeneinkünfte zusätzlich mit inländischer Körperschaftsteuer von 0,4S75 und Gewerbesteuer von 0,455 belastet werden. Diese Gesamtsteuerbelastung von 39,12 ist jedoch um 16,25 niedriger als im Nicht-DBA-Fall, weil die Steuerdifferenz der Quellensteuer auf Dividenden bei ansonsten gleicher Besteuerung 16,25 beträgt. Schüttet die inländische Spitzeneinheit weiter an den inländischen Gesellschafter aus, entsteht eine zusätzliche Einkommensteuerbelastung auf der Ebene des Gesellschafters in Höhe von 42% bezogen auf den hälftigen Betrag der Bruttodividende der inländischen Kapitalgesellschaft von 44,56 im Nicht-DBA-Fall und 60,S1 im DBA-Fall. Die Ge-

17

Andrese11, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

Samtsteuerbelastung beläuft sich danach auf 64,80 im Nicht-DBA-Fall und 51,96 im DBA-Fall. Der Unterschied von 12,84 erklärt sich durch die Steuersatzdifferenz der Quellensteuer auf Dividenden von umgerechnet 16,25 und der insoweit kompensierend wirkenden geringeren Einkommensteuerbelastung in Höhe von umgerechnet 3,41 auf diese Steuersatzdifferenz. Der Vergleich der Steuerbelastungen der beiden Gestaltungsvarianten zeigt, dass die Investition in ausländische Personenunternehmen/Betriebsstätten und Kapitalgesellschaften im Ausland gleich besteuert wird. Ist hingegen geplant, dass die Tochter-Kapitalgesellschaft ihre Gewinne ausschüttet, ist die Investition in ausländische PersonenunternehmenjBetriebsstätten vorteilhafter. Dies gilt unabhängig davon, ob die ausländischen Gewinne von der inländischen Spitzeneinheit an den inländischen Gesellschafter ausgeschüttet werden oder nicht. Der Grund dafür liegt darin, dass der Quellensteuernachteil der Tochter-Kapitalgesellschaft von umgerechnet 19,5 (DBA-Fall: 3,25) sich im Inland noch um die Körperschaftsteuer (0,4875) und Gewerbesteuer (0,455) auf den als nichtabzugsfähig behandelten Teil der ansonsten steuerfreien Dividende im Nicht-DBA-Fall auf 20,44 (DBA-Fall: 4,19) erhöht. Erwirtschaftet die ausländische Grundeinheit Verluste, ergibt sich im Nicht-DBA-Fall in Variante 3 eine Steuerentlastung im Inland in Höhe des inländischen Körperschaftsteuersatzes von 15%, während in Variante 4 keine Entlastung Eintritt, weil Verluste aus einer ausländischen Tochter-Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht an die inländische Spitzeneinheit ausgeschüttet werden und insoweit auch keine Steuer entlastende Wirkung entfalten können.28 Im DBA-Fall tritt diese Steuerentlastung grundsätzlich29 nicht ein, so dass insoweit eine Neutralität der Besteuerung für die Wahl der Gestaltungsalternativen besteht. Eine Ausnahme bilden insoweit lediglich ausländische Betriebsstätten, die einen im Abkommen vorgesehenen Aktivitätsvorbehalt nicht erfüllen und somit nicht in den Genuss der Freistellungsmethode kommen. 28

29

18

Die Thesaurierungsbegünstigung kann hier nicht in Anspruch genommen werden, weil die Bruttodividende einer Einkunftsart zuzurechnen ist, die nicht unter § 34a Abs. 1 EStG fällt. Vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2005- Rs. C-446/03- Marks & Spencer plc, BB 2006, 23.

Andresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten Ergebnissituation

Gewinnfall Kapitalgesellschaft

Spitzeneinheit im Inland

Nicht-DBA

DBA-/Nicht-DBA

Betriebsstätte

Gestaltungsalternative im Ausland

Betriebsstätte

Kapitalgesellschaft

Variante 3 Variante 4 Variante 3 Variante 4

Fall B eingesetztes Kapital

Gewinn vor Steuern

DBA

Kapitalgesellschaft

10%

1000,00

1000,00

1000,00

1000,00

100,00

100,00

100,00

100,00 100,00

Ausland 100,00

100,00

100,00

aus I. ESt auf Ge\'1/inn vor Steuern

45 1Vtl

0,00

0,00

0,00

0,00

ausl. KSt auf Gewinn vor Steuern

35 1Ytl

(35,00)

(35,00)

(35,00)

(35,00)

65,00

65,00

65,00

65,00 0,00

Gewinn vor Steuern

Gewinn nach ausl. Steuern der Gesellschaft (=Bruttodividende)

Quellensteuer

30°A>

0,00

(19,50)

0,00

Quellensteuer (DBA)

15 1Xl

0,00

0,00

0,00

0,00

Quellensteuer (DBA)

s~x,

Q,QQ

Q,QQ

Q,QQ

(3,25)

65,00

45,50

65,00

Gewinn nach ausländischen Steuern

61,75

Inland inländische ESt ohne Thesaurierungsbegünstigung i.S.d. § 34a Abs. 1 EStG

42 1Ytl

inländische ESt auf 50% der Bruttodividende

42 1Yr,

stpfl. Einkünfte gem. §Sb Abs. 5 KStG (5% der Bruttodividende von 65,00)

3,25

Gewerbesteuer

stpfl. Einkünfte nach Gewerbesteuer inländische Körperschaftsteuer

14,00%

(0,46)

(0,46)

3,25 15,00%

(15,00)

(0,49)

35,00

Q,QQ

Q,QQ

Q,QQ

festzusetzende inländische ESt/KSt

0,00

(0,94)

0,00

(0,94)

Gewinn nach ausländischen Steuern

65,00

45,50

65,00

61,75

Gewinn nach ausländischen und inländischen Steuern

65,00

44,56

65,00

60,81

Gesamtsteuerbelastung bei Thesaurierung der inländischen Spitzeneinheit

35,00

55,44

35,00

39,19

65,00

44,56

65,00

60,81

(13,65)

(9,36)

(13,65)

(12,77)

Anrechnungsbetrag

(0,49)

Ebene des inländischen Gesellschafters der inländischen Gesellschaft Bruttodividende in!. ESt auf 50% der Bruttodividende Thesaurierungsbegünstigung

42('l(,

28,25'\\,

Anrechnungsbetrag festzusetzende inländische ESt/ KSt Gewinn beim Gesellschafter nach ESt

51,35

35,20

51,35

48,04

Gesamtsteuerbelastung

48,65

64,80

48,65

51,96

19

A11dresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

Die vorstehende Tabelle fasst den Steuerbelastungsvergleich zwischen Variante 3 und Variante 4 zusammen. 2.2

Steuerbelastungsvergleich für eine Investition im Inland

2.2.1 Beschreibung der Ausgangsdaten Der nachfolgend durchgeführte rechnerische Steuerbelastungsvergleich im Wege einer kasuistischen Veranlagungssimulation hat zum Ziel, die steuerliche Belastung der Investition eines ausländischen Unternehmens in eine Personengesellschaft/Betriebsstätte oder Kapitalgesellschaft im Inland zu vergleichen. Diesem Vergleich liegt folgendes ZahlenbeispieJ30 zu Grunde: Beispiel

Ein ausländischer Unternehmer (natürliche Person) plant, die geschäftlichen Aktivitäten seines ausländischen Unternehmens (Spitzeneinheit im Ausland) in der Rechtsform eines Personenunternehmens (jeweils Fall A) oder einer Kapitalgesellschaft (jeweils Fall B) durch die Gründung einer inländischen Personengesellschaft/ Betriebsstätte oder Tochter-Kapitalgesellschaft (inländische Grundeinheit) auf das Inland auszudehnen. Das Eigenkapital der inländischen Beteiligung soll 1000 betragen und vollständig von der Spitzeneinheit im Ausland eingezahlt worden sein. Es wird sowohl für den Gewinnfall als auch für den Verlustfall eine Bruttorendite von + j- 10% unterstellt. Die verschiedenen Fallvarianten sind in der nachfolgenden Graphik illustriert:

30

20

Der Zahlenbeispiel ist dem Steuerbelastungsvergleich nachgebildet, der sich bei facobs findet: vgl. facobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl., München 2002, S. 714-761.

Audrese11, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

Investition im Inland

PersG I BS (Fall C)

KapG (Fall D) Ausland Inland

Variante 5

KapG (U nterfall II)

PersG I BS (Unterfall I)

KapG (Unterfall II)

Variante 6

Variante 7

Variante 8

2.2.2 Beschreibung der steuerlichen Ausgangsdaten Die Besteuerung der ausländischen Spitzeneinheit und deren ausländischen Gesellschaft in deren gemeinsamen Ansässigkeitsstaat stellt sich wie folgt dar: Körperschaftsteuersatz Einkommensteuersatz andere Ertrag- oder Vermögensteuern im Ausland Quellensteuer auf Dividenden (Nicht-DBA-Fall)

35% 45%

keine 20%

Quellensteuer auf Dividenden an eine Kapitalgesellschaft (DBA-Fall)

5%

Quellensteuer auf Dividenden an eine Personengesellschaft (DBA-Fall)

15%

21

!\udrrsr11, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

Es wird weiterhin angenommen, dass die Gewinnermittlungsvorschriften im Ansässigkeitsstaat der ausländischen Grund- und der inländischen Spitzeneinheit übereinstimmen. Für Berechnungszwecke wird hinsichtlich der Besteuerung im Inland von dem ab Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Körperschaftsteuersatzvon 15% sowohl für Varianten 6, 7 und 8 (§ 23 Abs. 1 KStG) ausgegangen. Es wird weiterhin angenommen, dass sowohl das Personenunternehmen wegen eines inländischen Gewerbebetriebes als auch die Kapitalgesellschaft kraft Rechtsform im Inland gewerbesteuerpflichtig sind. Der Gewerbesteuer-Hebesatz soll 400% betragen. Der Einkommensteuersatz soll 42% betragen, der jedoch wegen Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung auf 28,25% begrenzt ist. Der ausländische Gesellschafter der inländischen Grundeinheit unterliegt der Kapitalertragsteuer von 20%, die sich im DBA-Fall auf 5% reduziert. Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Freibeträge bleiben unberücksichtigt. 2.2.3

Darstellung, Erläuterung und Interpretation des Steuerbelastungsvergleichs

2.2.3.1 Ausländisches Personenunternehmen als Spitzeneinheit (Fall C, Varianten 5 und 6) Erzielt das ausliindisclzc Muttcr-Pcrsonmunternclzmen in seiner inländisclzcn Toclzter-Personengese/Lscluzft/Betriebsstätte (Variante 5) Gewinne, ist es mit diesen Gewinnen im Inland beschränkt einkommensteuerpflichtig und zusätzlich gewerbesteuerpflichtig, wenn ein Gewerbebetrieb im Inland existiert. Die inländische Einkommensteuer beträgt im vorliegenden Zahlenbeispiel annahmegemäß grundsätzlich 42% während die Gewerbesteuerbelastung ab Veranlagungszeitraum 2008 bei 14% liegt, wenn der Hebesatz 400% entspricht. Wenn und soweit die ausländische Spitzeneinheit beantragt, für den gesamten Gewinn die Thesaurierungsbegünstigung in Anspruch zu nehmen, reduziert sich der Einkommensteuersatz auf 28,25%. Wegen der drohenden Doppelbelastung von gewerblichen Gewinnen mit Einkommen- und Gewerbesteuer greift darüber hinaus die Steuerermäßigung i.S.d. § 35 EStG, die die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer erlaubt. Nach Abzug dieser Steuern verbleibt ein Gewinn von 71,05. Zwischen Nicht-DBA- und DBA-Fall besteht insoweit kein Unterschied.

22

Andrese11, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

Der inländische Gewinn vor Steuern unterliegt im Ansässigkeitsstaat des Anteilseigners der ausländischen Einkommensteuer in angenommener Höhe von 45%. Die inländische Einkommensteuer kann annahmegemäß vollständig auf die ausländische Einkommensteuer angerechnet werden. ln Höhe der Differenz zwischen ausländischer Einkommensteuer (45) und inländischer Einkommensteuer (28,95) kommt es zur Hochschleusung der Besteuerung auf das ausländische Steuerniveau, so dass sich die Gesamtsteuerbelastung auf der Ebene der ausländischen Spitzeneinheit auf 45% beläuft, was dem ausländischen Steuerniveau entspricht (sog. Kapitalexportneutralität). Im DBA-Fall bleibt es bei einer Gesamtsteuerbelastung von 28,95%, unter der Annahme, dass die inländischen Einkünfte ggf. unter Aktivitäts- und Progressionsvorbehalt im Ausland durch das DBA freigestellt sind (sog. Kapitalimportneutralität). Die Gesamtsteuerbelastung von 45% (Nicht-DBA-Fall) und 28,95% (DBA-Fall) bleibt auch dann erhalten, wenn der ausländische Gesellschafter die Gewinne der inländischen Betriebsstätte aus dem ausländischen Personenunternehmen entnimmt. Erzielt das nusliindische Mutter-Pcrsonenuntcrnclmzcn in seiner inliindisclzen Toclztcr-Knpitalgescllschnft (Vnrimzte 6) Gewinne, ist die Kapitalgesellschaft mit diesen Gewinnen im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und gewerbesteuerpflichtig. Da die inländische Körperschaftsteuer 15% und die Gewerbesteuer annahmegemäß umgerechnet 14% beträgt, verbleibt im Thesaurierungsfall ein Gewinn nach inländischen Steuern von 71. Zwischen Nicht-DBA- und DBA-Fall besteht insoweit kein Unterschied. Schüttet die inländische Tochter-Kapitalgesellschaft den Gewinn nach Steuern als Dividende an das ausländische Mutter-Personenunternehmen aus, ist dieses mit den Dividenden im Inland kapitalertragsteuerpflichtig (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). lm Nicht-DBA-Fall beträgt die Quellensteuer 14,2, dies entspricht 20% der Bruttodividende von 71. Sie reduziert sich im DBA-Fall auf 15% oder 10,65. Bei der ausländischen Spitzeneinheit unterliegt die Dividende der inländischen Kapitalgesellschaft in vollem Umfang der ausländischen Einkommensteuer in Höhe von 45%. Während die inländische Kapitalertragsteuer annahmegemäß auf die ausländische Einkommensteuer angerechnet werden kann, ist dies für die inländische Körperschaft-

23

Audresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

steuer im Ausland nicht möglich (keine indirekte Anrechnung). Sowohl im Nicht-DBA-Fall als auch im DBA-Fall kommt es unter Anrechnung der inländischen Kapitalertragsteuer zur Hochschleusung auf das ausländische Steuerniveau von 31,95. Dies entspricht 45% der Bruttodividende von 71. Die Gesamtsteuerbelastung auf der Ebene der ausländischen Spitzeneinheit beläuft sich danach auf 60,95%. Die Gesamtsteuerbelastung von 60,95% bleibt auch dann erhalten, wenn der ausländische Gesellschafter die inländischen Einkünfte dem ausländischen Personenunternehmen entnimmt. Der Vergleich der Steuerbelastungen zeigt, dass die beiden Gestaltungsalternativen für eine Investition im Inland sich nur unwesentlich unterscheiden. Die Gesamtsteuerbelastung bei der Investition in inländische Personen unternehmen/ Betriebsstätten liegt bei umgerechnet 28,95, während die Investition in inländische Kapitalgesellschaften mit 29 belastet wäre. Der Unterschied rührt daher, dass das vorliegende Zahlenbeispiel die Entlastungswirkung des § 35 EStG beim Solidaritätszuschlag von umgerechnet ca. 0,7 nicht berücksichtigt und daher nicht exakt auf die Summe aus Körperschaftsteuer (15) und Gewerbesteuer (14) kommt. Dieser Vergleich berücksichtigt jedoch nur das Inland. Bezieht man die ausländische Besteuerung der inländischen Betriebsstätteneinkünfte mit ein, ergibt sich ein Vorteil für die Investition in eine inländische Kapitalgesellschaft von umgerechnet 16. Dieser Vorteil resultiert daher, dass das Ausland die Thesaurierungsbegünstigung nicht spiegelt und nach wie vor eine Hochschleusung auf das ausländische Steuerniveau von 45% vornimmt, während die Investition in eine inländische Kapitalgesellschaft bei Thesaurierung keine Besteuerung im Ausland nach sich zieht. Dies gilt jedoch nur für den Nicht-DBA-Fall. Im DBAFall sind die inländischen Betriebsstätteneinkünfte im Ausland freigestellt, so dass im DBA-Fall Belastungsgleichheit zwischen beiden Gestaltungsalternativen besteht. Ist geplant, dass die inländische Tochter-Kapitalgesellschaft ihre Gewinne an das ausländische Personenunternehmen ausschüttet, ändert sich die Vorteilhaftigkeit hin zu einer Investition in eine inländische Personenunternehmen/Betriebsstätte. Dies gilt unabhängig davon, ob der ausländische Gesellschafter die inländischen Gewinne entnimmt oder nicht. Die Gesamtsteuerbelastung beläuft sich bei einer Inves-

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Audrcsc11, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten

tition in inländische Personenunternehmen/Betriebsstätten auf 45 gegenüber 60,95 im Nicht-DBA-Fall und 42,70 gegenüber 60,95 im DBAFall. Der Grund dafür liegt darin, dass das Personenunternehmen im Nicht-DBA-Fall nur mit ausländischer Einkommensteuer von 45% belastet ist, während die Kapitalgesellschaften zusätzlich zur inländischen Körperschaft- und Gewerbesteuer von zusammen 29 die inländische Kapitalertragsteuer von 14,2 und die ausländische Einkommensteuer von 31,95 zu entrichten haben, letztere unter Anrechnung der inländischen Kapitalertragsteuer von 14,2. Im DBA-Fall ist das Personenunternehmen nur mit der niedrigeren inländischen Einkommensteuer 42,70 belastet, während die Kapitalgesellschaften mit den vorgenannten in- und ausländischen Steuern belastet sind. Erwirtschaftet die inländische Grundeinheit Verluste, ergibt sich im Nicht-DBA-Fall in Variante 5 eine Steuerentlastung im Ausland in Höhe des Einkommensteuersatzes von 45%, während im DBA-Fall eine Steuerentlastung nur dann eintritt, wenn die Betriebsstätte den Aktivitätsvorbehalt erfüllt und dadurch Steuerfreiheit für ihre Einkünfte erlangt. In Variante 6 tritt weder im Nicht-DBA-Fall noch im DBA-Fall eine Entlastung ein, weil Verluste aus einer inländischen Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht an die ausländische Spitzeneinheit ausgeschüttet werden und insoweit auch keine Steuer entlastende Wirkung entfalten können.31 Die nachfolgende Tabelle fasst den Steuerbelastungsvergleich zwischen Variante 5 und Variante 6 zusammen:

31

Die Thesaurierungsbegünstigung kann hier nicht in Anspruch genommen werden, weil die Bruttodividende einer Einkunftsart zuzurechnen ist, die nicht unter§ 34a Abs. 1 EStG fällt.

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A11dresen, Tarifabsenkung- Renaissance der Betriebsstätten Gewinnfall

Ergebnissituation

Personengesellschaft (Anteilseigner: natürliche Person)

Spitzeneinheit im Ausland

Nicht-DBA

DBA-INicht-DBA

Betriebsstätte

Gestaltungsalternative iin Inland

DBA

Kapitalgesellschaft

Betriebsstätte

Kapitalgesellschaft

Variante 5 Variante 6 Variante 5 Variante 6

Fall C eingesetztes Kapital 10%

Gewinn vor Steuern

1000,00

1000,00

1000,00

1000,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

(14,00)

(14,00)

{14,00)

(14,00)

86,00

86,00

86,00

86,00

Inland Gewinn vor Steuern

14,00'\\,

Gevverbesteuer

Gewinn nach Gewerbesteuer

inländische Einkmnmensteuer

42(Vtj

inländische Körperschaftsteuer

15('i()

Gewerbesteuermessbetrag

3,5

Steuerermäßigung gem. § 35 EStG

3,8

Gewinn nach inländ. Steuern der Gesellschaft (KapG =Bruttodividende)

(42,00)

(42,00) (15,00)

(15,00)

13 30

Q,QQ

13 30

Q,QQ

57,30

71,00

57,30

71,00

inländische Einkmnmensteuer

42%

42,00

42,00

Begünstigung i.S.d. § 34a EStG

28,25%

(28,25)

(28,25)

Gewinn nach Thesaurierungsbegünstigung

71,05

71,00

71,05

71,00

Kapitalertragsteuer (ohne DBA)

20°/(J

0,00

(14,20)

Kapitalertragsteuer bei DBA

15°1