Gotteslehre: Die Bedeutung der Trinitätslehre für Theologie, Kirche und Welt [2 ed.] 9783825249700, 3825249700

Die christliche Gotteslehre (Trinität) im Kontext von Philosophie und Religion. Die Gottesfrage berührt die Grundfragen

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Gotteslehre: Die Bedeutung der Trinitätslehre für Theologie, Kirche und Welt [2 ed.]
 9783825249700, 3825249700

Table of contents :
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Gotteslehre
Impressum
Inhalt
Vorwort zur 1. Auflage
Vorwort zur 2. Auflage
I. Einführung
1. Gotteslehre und die Grundfragen des Lebens
2. Gotteslehre als Grundlage christlicher Theologie
3. Aufbau
II. Religionsgeschichtliche, philosophische undtheologische Dimensionen der Gotteslehre
1. Horizonte des Gottesbegriffs
2. Die Transzendenz von Welt und Kosmos
3. Die Transzendenz des Menschen
4. Implikationen des Gottesbegriffs
5. Hermeneutische Bedingungen für die Erkenntnis Gottes
6. Glaube und Vernunft
III. Die Grundlagen christlicher Gotteslehre in ihremphilosophischen und religiösen Kontext
1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist
1.1 Altes Testament
1.2 Neues Testament
2. Die Entfaltung der christlichen Gotteslehre im Kontext vonPhilosophie und Religion
3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage deschristlichen Glaubens
3.1 Die zur neunizänischen Theologie führenden ost- und westkirchlichenEntwicklungen
3.2 Der Glaube an den dreieinigen Gott als philosophische und religiöseRevolution
3.3 Das Ökumenische Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) alsGrundlage des christlichen Gottesbegriffs
4. Jesus Christus: Wahrer Gott und wahrer Mensch (Chalcedon 451)
IV. Spätere trinitätstheologische Engführungen inWest- und Ostkirche
1. Westkirchliche Engführungen (Das Filioque-Problem)
2. Ostkirchliche Engführungen (Aspekte der Energienlehre)
3. Die Lösung des Filioque-Problems
V. Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation
1. Luthers Trinitätslehre und der reformatorische Durchbruch
2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin
VI. Gotteslehre im Kontext der Aufklärung
1. Bedeutende Konzeptionen der Aufklärung (Descartes, Kant, Hegel)
2. Gotteslehre im Horizont der Religionskritik
3. Gottesbeweise
VII. Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehreim 19. und 20. Jahrhundert
1. Protestantische Konzeptionen
1.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert
1.2 Karl Barth
1.3 Eberhard Jüngel
1.4 Jürgen Moltmann
1.5 Weitere Entwürfe (W. Pannenberg u.a.)
2. Römisch-katholische Konzeptionen
2.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert
2.2 Zweites Vatikanisches Konzil
2.3 Karl Rahner
2.4 Weitere Entwürfe (H.U. von Balthasar u.a.)
3. Orthodoxe Konzeptionen
3.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert
3.2 Dumitru Staniloae u.a.
VIII. Der dreieinige Gott als die vollkommeneGemeinschaft der Liebe
1. Gottes dreieiniges Wesen und sein diesem Wesen entsprechendesHandeln
2. Gottes Eigenschaften
IX. Der dreieinige Gott als Lebenshorizont
1. Gott als offenbares Geheimnis: seine verborgene und offenbareAnwesenheit
2. Der Mensch als Ebenbild Gottes und der Sinn des Lebens
X. Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses:Schöpfer, Erlöser, Vollender
1. Gott, der Schöpfer
1.1 Gottes Wirken: Schöpfung und Weltregierung
1.2 Theologie und Naturwissenschaft
2. Gott, der Erlöser
2.1 Wahre Gottes- und Menschenerkenntnis in Jesus Christus (Heil des Menschen)
2.2 Kreuzestheologie, Auferstehung und Theodizee-Frage: Allmacht und Leidensfähigkeit Gottes
2.3 Sünde und Freiheit, Rechtfertigung des Sünders, Glaube und Prädestination
2.4 Ethik und Weltverantwortung (Gesetz und Evangelium, trinitarischer Kontext)
3. Gott, der Vollender
3.1 Die Gemeinschaft der Glaubenden (Kirche) und ihre Maßstäbe
3.2 Mensch und Kosmos in eschatologischer Perspektive
3.3 Tod und ewiges Leben
XI. Die Bedeutung der Trinitätslehre für dasKirchenverständnis – in ökumenischer Perspektive
1. Der wesensmäßige Zusammenhang von Trinitäts- undKirchenverständnis
2. Der Zusammenhang von Einseitigkeiten im Trinitäts- undKirchenverständnis
2.1 Römisch-katholisches Beispiel: Joseph Ratzinger
2.2 Protestantisches Beispiel: Miroslav Volf
2.3 Orthodoxes Beispiel: Ioannis D. Zizioulas
3. Zur Überwindung der jeweiligen Einseitigkeiten
XII. Die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen
1. Christlich-jüdischer Dialog
2. Interreligiöser Dialog mit weiteren Weltreligionen
Literaturverzeichnis
Bibelstellenregister
Personenregister
Sachregister

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2. A.

Theologie | Religionswissenschaft

Gotteslehre

XXX ●

Matthias Haudel

Gotteslehre 2. Auflage

ISBN 978-3-8252-0000-0

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Haudel

Dies ist ein utb-Band aus dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehrbücher und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen.

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Matthias Haudel

Gotteslehre Die Bedeutung der Trinitätslehre für Theologie, Kirche und Welt 2., veränderte und ergänzte Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht

Dr. theol. Matthias Haudel lehrt als Professor für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster und hat einen Lehrauftrag für Systematische Theologie an der Universität Bielefeld. Ferner arbeitet er für die Evangelische Kirche von Westfalen im Bereich Ökumene. Für sein Werk „Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes“ erhielt er als erster Theologe zum zweiten Mal den Theologie- und Ökumenepreis der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg. Der Preis für hervorragende wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Ökumenischen Theologie wurde ihm 1993 bereits für seine Dissertation „Die Bibel und die Einheit der Kirchen“ verliehen.

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Darstellung der Dreieinigkeit auf einem Hostienteller aus der belgischen Provinz Namur. © 2018, 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. – Printed in Germany. Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Satz: Ruhrstadt Medien AG, Castrop-Rauxel Druck und Bindung: Friedrich Pustet GmbH & Co. KG, Gutenbergstraße 8, 93051 Regensburg UTB-Band-Nr. 4292 ISBN: 978-3-8252-4970-0 (UTB)

Inhalt

Vorwort  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.

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Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gotteslehre und die Grundfragen des Lebens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gotteslehre als Grundlage christlicher Theologie  . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufbau  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 13 15 19

II. R  eligionsgeschichtliche, philosophische und theologische Dimensionen der Gotteslehre  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Horizonte des Gottesbegriffs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Transzendenz von Welt und Kosmos  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Transzendenz des Menschen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Implikationen des Gottesbegriffs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Hermeneutische Bedingungen für die Erkenntnis Gottes  . . . . . . . . 6. Glaube und Vernunft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24 24 27 30 33 36 42

III. Die Grundlagen christlicher Gotteslehre in ihrem philosophischen und religiösen Kontext  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist  . . . . . . 1.1 Altes Testament  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Neues Testament  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entfaltung der christlichen Gotteslehre im Kontext von Philosophie und Religion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage des christlichen Glaubens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Die zur neunizänischen Theologie führenden ost- und westkirchlichen Entwicklungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Irenäus und Tertullian  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Origenes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Der arianische Streit und das Erste Ökumenische Konzil (Nizäa 325)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Athanasius  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Der Glaube an den dreieinigen Gott als philosophische und religiöse Revolution  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Die drei großen Kappadozier  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46 46 51 56 63 63 64 67 68 70 73 73

6

Inhalt

3.2.2 Augustin  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.3 Das Ökumenische Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) als Grundlage des christlichen Gottesbegriffs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Jesus Christus: Wahrer Gott und wahrer Mensch (Chalcedon 451)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 IV. Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Westkirchliche Engführungen (Das Filioque-Problem)  . . . . . . . . . . 94 2. Ostkirchliche Engführungen (Aspekte der Energienlehre)  . . . . . . . 97 3. Die Lösung des Filioque-Problems  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 V. Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation  . . . . . . 105 1. Luthers Trinitätslehre und der reformatorische Durchbruch  . . . . . 105 2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 VI. Gotteslehre im Kontext der Aufklärung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Bedeutende Konzeptionen der Aufklärung (Descartes, Kant, Hegel)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Gotteslehre im Horizont der Religionskritik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Gottesbeweise  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 VII. Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre im 19. und 20. Jahrhundert  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Protestantische Konzeptionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1.2 Karl Barth  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1.3 Eberhard Jüngel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1.4 Jürgen Moltmann  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1.5 Weitere Entwürfe (W. Pannenberg u.a.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Römisch-katholische Konzeptionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2.2 Zweites Vatikanisches Konzil  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2.3 Karl Rahner  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2.4 Weitere Entwürfe (H.U. von Balthasar u.a.)  . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Orthodoxe Konzeptionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3.2 Dumitru Staniloae u.a.  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Inhalt

7

VIII.

Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Gottes dreieiniges Wesen und sein diesem Wesen entsprechendes Handeln  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Gottes Eigenschaften  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

IX. Der dreieinige Gott als Lebenshorizont  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Gott als offenbares Geheimnis: seine verborgene und offenbare Anwesenheit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. Der Mensch als Ebenbild Gottes und der Sinn des Lebens  . . . . . . . 189 X. D  ie drei Artikel des Glaubensbekenntnisses: Schöpfer, Erlöser, Vollender  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Gott, der Schöpfer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1.1 Gottes Wirken: Schöpfung und Weltregierung  . . . . . . . . . . . . 197 1.2 Theologie und Naturwissenschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1.2.1 Die Notwendigkeit des Dialogs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1.2.2 Ursachen der Trennung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1.2.3 Grundlegende naturwissenschaftliche Umbrüche als neue Öffnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1.2.4 Aktuelle naturwissenschaftliche Spekulationen  . . . . . . . 212 1.2.5 Zum Wesen von Theologie und Naturwissenschaft  . . . . 214 1.2.6 Schöpfungstheologie im Licht aktueller Naturwissenschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 1.2.7 Der Zusammenhang von Theologie und Naturwissenschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Gott, der Erlöser  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2.1 Wahre Gottes- und Menschenerkenntnis in Jesus Christus (Heil des Menschen)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2.2 Kreuzestheologie, Auferstehung und Theodizee-Frage: Allmacht und Leidensfähigkeit Gottes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 2.2.1 Kreuzestheologie und Gottes Allmacht und Leidensfähigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 2.2.2 Zum Verständnis von Opfer, Sühne und Stellvertretung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 2.2.3 Zur Bedeutung und zum Verständnis der Auferstehung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2.2.4 Die Theodizee-Frage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 2.3 Sünde und Freiheit, Rechtfertigung des Sünders, Glaube und Prädestination  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 2.4 Ethik und Weltverantwortung (Gesetz und Evangelium, trinitarischer Kontext)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

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Inhalt

3. Gott, der Vollender  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 3.1 Die Gemeinschaft der Glaubenden (Kirche) und ihre Maßstäbe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3.2 Mensch und Kosmos in eschatologischer Perspektive  . . . . . . . 259 3.3 Tod und ewiges Leben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 3.3.1 Zum Verständnis des Todes, des ewigen Lebens und des Verhältnisses von persönlichem Tod und allgemeiner Auferstehung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 3.3.2 Leibliche Auferstehung und Jüngstes Gericht  . . . . . . . . . 268 XI. Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis – in ökumenischer Perspektive  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 1. Der wesensmäßige Zusammenhang von Trinitäts- und Kirchenverständnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 2. Der Zusammenhang von Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2.1 Römisch-katholisches Beispiel: Joseph Ratzinger  . . . . . . . . . . 276 2.2 Protestantisches Beispiel: Miroslav Volf  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 2.3 Orthodoxes Beispiel: Ioannis D. Zizioulas  . . . . . . . . . . . . . . . . 280 3. Zur Überwindung der jeweiligen Einseitigkeiten  . . . . . . . . . . . . . . . 283 XII. Die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen  . . . . . . . . 286 1. Christlich-jüdischer Dialog  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Interreligiöser Dialog mit weiteren Weltreligionen  . . . . . . . . . . . . . . 289 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Bibelstellenregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Personenregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Sachregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

Vorwort zur 1. Auflage

Mit der „Gotteslehre“ verbinden sich unmittelbar alle Aspekte der Theologie und damit die Grundfragen des menschlichen Lebens nach Ursprung, Sinn und Ziel von Mensch und Kosmos. Denn Theo-Logie ist die Lehre bzw. Rede (griech. logos) von Gott (griech. theos), die sich mit den vielfältigen Dimensionen des Wesens und Handelns Gottes und mit der gesamten – von ihm bestimmten – Wirklichkeit befasst. Da sich die Gotteslehre so als grundlegend für alle Bereiche der Theologie erweist, beinhaltet sie unweigerlich die Einführung in die Grundlagen von Theologie und Dogmatik sowie in deren zentrale Gegenstände. Entsprechend kann die Gotteslehre einem Anliegen dienen, das nicht nur von Theologiestudierenden immer wieder vorgebracht wird, sondern auch von allen, die sich mit den existentiellen Grundfragen auseinandersetzen: Es handelt sich um die Frage nach dem Zusammenhang der verschiedenen Dimensionen des Lebens bzw. des Glaubens, was in der Theologie mit der Frage nach der gemeinsamen Orientierungsgrundlage der unterschiedlichen theologischen Disziplinen einhergeht. Im Kontext der verschiedenen religiösen und weltanschaulichen Gottesvorstellungen erweist sich der dreieinige Gott durch seine in Wort und Tat erfolgte Selbsterschließung als alles umfassende und bestimmende Wirklichkeit: Der dreieinige Gott erschließt sich im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe. Als Schöpfer, Erlöser und Vollender möchte er den Menschen und der gesamten Schöpfung dauerhaft Anteil an seiner Liebe gewähren. Vor diesem Hintergrund eröffnet die Erkenntnis des Wesens und Handelns des dreieinigen Gottes die Erkenntnis der Bestimmung des Menschen und des universalen Sinnes der Geschichte. Als Summe des christlichen Heilsmysteriums erschließt die trinitarische Gotteslehre nicht nur die übrigen Traktate der Dogmatik, sondern auch alle anderen theologischen Disziplinen. Die somit vorgegebene Bedeutung der Trinitätslehre für alle theologischen Bemühungen und für alle Lebensbereiche spiegelt sich in der Kirche unter anderem darin wider, dass sich gut die Hälfte der Sonntage des Kirchenjahres auf den Sonntag Trinitatis bezieht. (Dieses Vorwort entstand am 20. Sonntag nach Trinitatis.) Doch in der Kirche und im Glaubensleben findet das oft keine angemessene Resonanz, was die häufig zu beobachtende geringe Sprach- und Erklärungsfähigkeit in Bezug auf den dreieinigen Gott zeigt – auch in Theologie und Verkündigung. Aufgrund der konstitutiven Bedeutung der Trinitätslehre können aber weder kirchliche Verkündigung noch religionspädagogische Vermittlung in der Schule auf die Verankerung

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Vorwort zur 1. Auflage

in der trinitarischen Gotteslehre verzichten, wenn sie die Gegenstände der Theologie in ihrer Bedeutung für die Herausforderungen des Lebens verstehen und vermitteln wollen. Gleiches gilt für die Ermöglichung eines angemessenen Dialogs mit anderen Religionen und Weltanschauungen. Die vorgelegte Gotteslehre soll dazu befähigen, diesen Aufgaben gerecht zu werden sowie Antworten auf die existentiellen Grundfragen zu finden, indem sie die Bedeutung der Trinitätslehre für Theologie, Kirche und Welt erschließt. Dafür bedarf es zunächst des Aufweises der unverzichtbaren Relevanz der trinitarischen Gotteslehre für Theologie, Kirche und Glauben. Ferner sind sowohl die verschiedenen religionsgeschichtlichen und philosophischen Zugänge zum Gottesbegriff als auch die kosmologischen und anthropologischen Bedingungsmöglichkeiten der Erkenntnis Gottes zu beachten, bevor fundamentaltheologisch die Voraussetzungen tragfähiger Gotteserkenntnis dargelegt werden können, was auch die Zuordnung von Glaube und Vernunft betrifft. Ein dogmenund theologiegeschichtlicher Überblick von den biblischen Grundlagen bis zu den Konzeptionen der Gegenwart stellt anschließend die Basis für ein fundiertes Verständnis der vielfältigen Zusammenhänge und für eine eigene Urteilsbildung bereit. Der Überblick erfolgt im Dialog mit anderen Religionen, der Philosophie und der Naturwissenschaft sowie in ökumenischer Weite und kann sich so den Herausforderungen der Moderne stellen. Auf dieser Grundlage ist die materiale dogmatische Entfaltung des christlichen bzw. trinitarischen Gottesbegriffs in seiner Bedeutung für die zentralen theologischen Lehrstücke und die Grundfragen des Lebens möglich, was besonders in Orientierung an den drei Artikeln des Glaubensbekenntnisses vollzogen wird und die Relevanz des christlichen Glaubens für die heutige Lebenswelt transparent werden lässt. So stellt die Gotteslehre unwillkürlich auch ein Kompendium der Dogmatik dar. (Siehe zum Aufbau der Gotteslehre Kap. I,3.) Insgesamt bietet die Gotteslehre also neben dogmen-, theologie- und philosophiegeschichtlichem sowie systematisch-theologischem Examenswissen die Basis für eigene theologische Urteilsbildung angesichts der Grundfragen des Lebens und aktueller theologischer Herausforderungen. Sie ist deshalb für Theologiestudierende der Pfarramts- und Lehramtsstudiengänge aller Konfessionen ebenso gedacht wie für Lehrende der Theologie, Pfarrer und Pfarrerinnen, Lehrer und Lehrerinnen sowie alle an der Gottesfrage und den Grundfragen des Lebens Interessierte. Zur Förderung des beabsichtigten Zweckes sollen die Register beitragen: Bibelstellenregister, Personenregister, Sachregister. Ferner wurden die grau unterlegten Texte als Hilfestellung eingefügt: Sie sind jedem Hauptabschnitt arabischer Zählung vorgeordnet und führen zusammenfassend in die jeweilige Themenstellung ein. Nach jedem Kapitel (römische Zählung) folgen einige Literaturempfehlungen zur weiteren Vertiefung. Zur visuellen Unterstützung dient das Bild auf der vorderen Umschlagseite des Bandes. Es zeigt die Darstellung der Dreieinigkeit auf einem Hostienteller aus der belgischen Provinz Namur: Die Taube als Symbol des Heiligen Geistes berührt

Vorwort zur 2. Auflage

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mit ihren Flügeln den Mund des Vaters und des Sohnes am Kreuz. Somit bezeugt der vom Vater gehauchte Geist den eingeborenen Sohn als das Wort (griech. logos) Gottes, das Fleisch wurde und sich als der menschgewordene Logos bzw. Sohn Gottes für die Menschen am Kreuz hingibt. Münster, 20. Sonntag nach Trinitatis 2014

Matthias Haudel

Vorwort zur 2. Auflage

Aufgrund der großen Nachfrage und der überkonfessionellen positiven Resonanz von Studierenden und Lehrenden sowie von vielen, die an den Grundfragen des Glaubens in ihrer umfassenden Bedeutung interessiert sind, bedurfte es nun der 2. Auflage, welche leicht verändert und ergänzt wurde. Für eine Neuauflage spricht ferner sowohl das Interesse, das auch Philosophen und Naturwissenschaftler an der Gotteslehre zeigen, als auch das positive Echo in den zahlreichen Buchbesprechungen. Münster, 20. Sonntag nach Trinitatis 2017

Matthias Haudel

I. Einführung

1. Gotteslehre und die Grundfragen des Lebens Die Gotteslehre beinhaltet nicht nur die Grundlage der Theologie, sondern sie umfasst auch alle Grundfragen des menschlichen Lebens. Erst die Einsicht in das liebende Wesen des dreieinigen Gottes offenbart die Bestimmung des Menschen und den universalen Sinn der Geschichte von Mensch und Kosmos. Deshalb bedarf jegliche theologische Vermittlung der Verankerung in der trinitarischen Gotteslehre.

Mit der Frage nach Gott – ob in Annahme oder Bestreitung Gottes – verbinden sich die umfassenden Perspektiven des Lebens, die Ursprung, Ziel und Sinn des eigenen Lebens sowie des gesamten Kosmos betreffen. „Antworten auf die Frage nach Gott haben weitreichende Konsequenzen bis in das Weltverständnis und in die Lebensführung von Menschen hinein, denn eine Welt ohne Gott ist eine andere Welt als eine Welt mit Gott.“1 Hinzu kommen die Fragen, wer Gott gegebenenfalls ist und wie er sich zum Kosmos, der Welt und den Menschen verhält – und was das wiederum für das Verständnis unserer eigenen Existenz und der uns umgebenden Wirklichkeit bedeutet. Die „Gottesfrage“ ist „eine alles Seiende umgreifende Frage […] und eine Frage, die die Bedingung der Möglichkeit aller anderen Fragen und Antworten betrifft“2. Deshalb wird mit der Gotteslehre nicht nur das grundlegende Thema der Theologie berührt, das für alle Bereiche der Theologie maßgeblich ist, sondern es geht auch insgesamt um die Grundfragen des menschlichen Lebens in ihrem universalen Kontext. Das gilt zunächst für die Dimension der Endlichkeit des menschlichen Lebens und für die damit aufkommenden Fragen nach dem Ursprung des Lebens und nach einer möglichen Perspektive über die wahrnehmbare Endlichkeit hinaus. Denn sobald der Mensch über sein Leben nachdenkt und nach einem letzten Sinn und einer letzten Geborgenheit fragt, spürt er unweigerlich, dass er über sich selbst hinausgewiesen ist, weil er weder seine Herkunft noch seine Zukunft über den Tod hinaus selbst in der Hand hat. Ebenso wenig kann er den Verlauf seines zukünftigen Lebensweges und der gesamten Geschichte übersehen. Mit alledem verbinden sich die Fragen nach dem Grund des Daseins sowie nach einem bleibenden Sinn und Ziel des Lebens, und damit die Fragen nach dem Sinn 1 2

H. Rommel: Mensch, S. 13f. W. Kasper: Gott, S. 16.

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I.  Einführung

und Ziel der Weltgeschichte bzw. des Kosmos. Mit diesen Fragestellungen ging in der Menschheitsgeschichte von Anfang an die Gottesidee einher. (Siehe Kap. II,2 u. 3.) Von der fundamentaltheologisch zu erörternden Möglichkeit tragfähiger Gotteserkenntnis hängt das Spektrum der Antworten auf diese Fragen ab, ebenso wie vom dogmatisch zu erörternden Inhalt der Gotteserkenntnis, also dem Wesen des zu erkennenden Gottes und seiner Beziehung zum Menschen. Die Erkenntnis Gottes vollzieht sich im existentiellen Akt des Glaubens und kann im erfahrbaren Zusammenspiel von Glaubensakt und Glaubensinhalt zur Glaubensgewissheit der Wahrheit führen, wenn sich Gott selbst als vertrauenswürdiger Grund des Lebens erschließt und dem Menschen ermöglicht, sich auf diesen tragfähigen Grund einzulassen und ihn als vertrauenswürdig zu erfahren.3 Im Horizont solcher Gotteserkenntnis eröffnet sich dann auch das Verständnis von Mensch, Natur und Geschichte sowie von der Gemeinschaft der Glaubenden und ihrer Weltverantwortung. Wird Gott nämlich als „das Geheimnis der Welt“ (E. Jüngel) bzw. als „die Alles bestimmende Wirklichkeit“ (R. Bultmann) erkannt und wahr-genommen, eröffnen sich in seinem Licht die Antworten auf die Grundfragen des Lebens. Von daher ist die Gotteslehre für alle Lebensbereiche von grundlegender Bedeutung. Wie umfassend und tiefgreifend dieser Bedeutungszusammenhang ist, erweist sich im Kontext der verschiedenen religiösen und weltanschaulichen Gottesvorstellungen erst angesichts der Selbsterschließung Gottes in seiner biblisch bezeugten Heilsgeschichte mit den Menschen. Hier hat sich Gott nicht nur als Vater, Sohn und Heiliger Geist bzw. als vollkommene Gemeinschaft der Liebe offenbart, sondern auch als Schöpfer, Erlöser und Vollender, der den Menschen und dem Kosmos dauerhaft Anteil an seiner Liebe gewähren möchte. Weil so die aus der Heilsgeschichte Gottes erwachsene Trinitätslehre „die unüberbietbare Lösung der Gottesund Wahrheitsfrage“4 beinhaltet, eröffnet erst die Einsicht in das liebende Wesen des dreieinigen Gottes die Einsicht in das Wesen und die Bestimmung des Menschen sowie in den universalen Sinn der Geschichte. Des­halb ist die leider oft zu beobachtende geringe Sprach- und Erklärungsfähigkeit in Bezug auf den dreieinigen Gott verhängnisvoll für Theologie, Kirche und Verkündigung, welche ihrem Auftrag dann nicht angemessen gerecht werden können. Die Kirche „verlöre [...] ihr Sein als Kirche Jesu Christi, wenn sie die in dem Dogma formulierte Sache, die spezifisch christliche Gotteslehre, nicht mehr akzeptierte und überzeugend zur Darstellung brächte. Dafür ist die gelebte kirchliche Praxis mindestens genauso entscheidend wie die formale Rezeption der Symbola“5. Denn christlicher Glaube „ist ganzheitliche Bestimmtheit durch die Sanctissima Trinitatis“6. „Wir 3 4 5 6

Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 234f. W.-D. Hauschild: Dogma, S. 39. Ebd., S. 48. G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 86.

2. Gotteslehre als Grundlage christlicher Theologie

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wissen daher für den Rest der Theologie nicht, worüber wir reden, bis das trinitarische Denken die ihm zukommende Stelle einnimmt.“7 Daraus folgt, dass weder kirchliche Verkündigung noch religionspädagogische Vermittlung in der Schule auf die Verankerung in der trinitarischen Gotteslehre verzichten können, wenn sie die theologischen Themenstellungen in ihrer Bedeutung für die Herausforderungen des Lebens verstehen und vermitteln wollen sowie zum Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen befähigen wollen. Dieser Band soll dazu beitragen, das zu ermöglichen. 2. Gotteslehre als Grundlage christlicher Theologie Weil sich Theo-Logie als Lehre von Gott mit dem Wesen und Handeln Gottes und der von ihm bestimmten Wirklichkeit befasst, ist die Gotteslehre für alle Gegenstände der Theologie grundlegend. Die Fundamentaltheologie klärt die Möglichkeiten angemessener und tragfähiger Gotteserkenntnis, während die Dogmatik das trinitarische Wesen Gottes mit seinen Implikationen für die Menschen, den Glauben, die Kirche und die Welt darlegt. Als Summe des christlichen Heilsmysteriums erschließt die trinitarische Gotteslehre so nicht nur die übrigen Traktate der Dogmatik, sondern auch alle anderen theologischen Disziplinen.

Eine Darlegung der Gotteslehre wird unweigerlich zur grundsätzlichen Einführung in die gesamte Theologie. Denn ihrem Wortsinn entsprechend ist TheoLogie die Lehre bzw. Rede (griech. logos) von Gott (griech. theos), die sich mit den vielfältigen Dimensionen des Wesens und Handelns Gottes und mit der gesamten – von ihm bestimmten – Wirklichkeit befasst. Das vollzieht sich im Zusammenspiel von Glaubensakt und Glaubensinhalt sowie im Kontext universal relevanter Erkenntnis. Weil „Gott [...] das eine und das einende Thema der Theologie“8 ist, bleiben alle theologischen Bemühungen vom Verständnis Gottes und seines Verhältnisses zu den Menschen bzw. zur Welt abhängig, seien es etwa die Lehren von der Schöpfung, vom Glauben, vom Heil, von der Kirche und von der Weltverantwortung der Glaubenden, oder sei es der Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen. Die Gotteslehre ist für alle Bereiche der Theologie grundlegend. Deshalb ist sie in besonderer Weise mit der Fundamentaltheologie und der Dogmatik verbunden. Die Fundamentaltheologie hat zu klären, ob und wie tragfähige Erkenntnis Gottes möglich ist, und auf welche Weise sich die im Glauben vorfindlichen Phänomene 7

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R.W. Jenson: Grundlegung, S. 11. Diese Einsicht hat nach G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 97, Konsequenzen für die Predigtlehre: „Wir haben nicht einzelne Texte zu predigen, sondern die Botschaft vom Wirken des Dreieinigen Gottes im Spiegel und aus dem besonderen Blickwinkel einzelner Texte.“ – Vgl. dazu auch M. Haudel: Gott/Lebenshorizont. W. Kasper: Gott, S. 13, wo er Bezug auf Thomas von Aquin nimmt (Summa theologiae), der auf bedeutende Kirchenväter wie Origenes, Gregor von Nyssa oder Augustin zurückgreift.

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I.  Einführung

angemessen mit der Erkenntnis Gottes verbinden lassen. Dabei geht es sowohl um die im Menschen angelegten Möglichkeiten der Gotteserkenntnis und der Gemeinschaft mit Gott (Anthropologie, Glaube und Vernunft) als auch um die Frage, ob und wie sich Gott in der Welt und der Geschichte selbst erschließt – und zwar in seiner Bedeutung für diese Welt. Erst vor diesem Hintergrund kann der Zusammenhang von Glaubensakt und -inhalt in seiner universalen Relevanz transparent werden. Angesichts der Einsicht, dass der Mensch aus sich selbst heraus Gott letztlich nicht erfassen kann, wenn Gott nicht ein Konstrukt der menschlichen Vernunft sein soll (L. Feuerbach: Projektion der eigenen Wünsche), bildet das biblische Zeugnis der Selbsterschließung Gottes die Grundlage der christlichen Gotteslehre. Das bedeutet nicht, dass die gegenwärtig in der Theologie vielfach gestellte Frage nach dem Wesen des Glaubens und dem Glaubensakt als Phänomen des menschlichen Subjekts (oft im Anschluss an F.D.E. Schleiermacher) mit seinen konstruktivistischen und erschließenden Aspekten unbedeutend wäre. Denn hier kann im Kontext der Rede von Gott etwa das Bewusstsein des Menschen um sein Bedingtsein und seine Abhängigkeit zur Sprache gebracht werden – und damit die existentielle Verankerung des Glaubensaktes.9 Doch weil der Mensch weder sein Woher noch sein Wohin letztgültig in der Hand hat, stoßen menschliches Bewusstsein und menschliche Vernunft bei den Fragen nach einem letzten Sinn und Ziel und so auch bei der Frage nach Gott an ihre Grenzen. Deshalb kann sich begründete und tragfähige Gotteserkenntnis nur einstellen, wenn sich Gott den Menschen selbst erschließt (siehe Kap. II). Mit den alt- und neutestamentlichen Büchern existiert diesbezüglich ein einmaliges Zeugnis der Menschheitsgeschichte, das mit der mündlichen Tradition einen Zeitraum von Jahrtausenden umspannt, in dem sich Gott zu unterschiedlichsten Zeiten verschiedensten Menschen erfahrbar macht – und dennoch erweist es sich als die eine Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Von daher gilt: „Der ‚dreieinige Gott‘ ist der christliche Gottesbegriff.“10 Im Kontext anderer religiöser und philosophischer Gottesvorstellungen oder Existenzbegründungen mit ihren jeweiligen erkenntnistheoretischen Ansätzen hat die Fundamentaltheologie den christlichen Gottesbegriff mit seinen spezifischen Erkenntnisbedingungen zu erörtern, damit die hermeneutischen Kriterien christlicher Gotteslehre und christlichen Glaubens in ihrer universalen Relevanz hervortreten. Diese fundamentaltheologische Aufgabe soll der vorliegende Band ebenso erfüllen wie die dogmatische Aufgabe der materialen Darlegung des trinitarischen Wesens Gottes und seiner Implikationen für den Menschen, den Glauben, die Kirche und die Welt. 9 Zum Beispiel hebt Philipp Stoellger den Aspekt der Passivität für das Verständnis des religiösen Aktes bzw. des Glaubensaktes hervor (vgl. P. Stoellger: Passivität). – Matthias Petzoldt betont bezüglich der Bedeutung des Subjekts für die Gotteserkenntnis im Rückgriff auf Ingolf U. Dalferth, dass es sich beim Subjekt bzw. Selbstbewusstsein – auch im Blick auf subjektive konstruktivistische Prozesse – nicht um eine fundamentaltheologische Letztbegründungskategorie handelt, sondern um eine Aneignungskategorie hermeneutischer Art (vgl. M. Petzoldt: Sinn, S. 136f.). Vgl. dazu auch U.H.J. Körtner: Gott, S. 144, und ders.: Einleitung. 10 J.M. Lochman: Lebensbezug, S. 240.

2. Gotteslehre als Grundlage christlicher Theologie

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Die Dogmatik erschließt durch die Lehre vom Wesen und Handeln des dreieinigen Gottes auch die anderen dogmatischen Traktate, die unmittelbar von dieser Lehre bestimmt sind, weil die Trinitätslehre als „Summe des ganzen christlichen Heilsmysteriums [...] zugleich dessen Grammatik“11 ist und somit „das Urgeschehen“ bezeichnet, „auf das hin erst die Welt christlich zur Erfahrung kommen kann“12. Anhand der Zusammenfassung der biblischen Gotteslehre und Heilsgeschichte in den altkirchlichen Bekenntnissen wird ersichtlich, wie der Glaube an den dreieinigen Gott das Handeln Gottes als Schöpfer, Erlöser und Vollender differenziert zusammenführt, weshalb die Trinitätslehre „als Integral des Wirklichkeitsverständnisses des christlichen Glaubens“13 bezeichnet werden kann und so „der Schlüssel zum Verstehen der ganzen Wirklichkeit wird“14. Das gilt nicht nur für das mit dem ersten Glaubensartikel gegebene Verständnis von Gott als Schöpfer, welches im Zusammenspiel mit den anderen beiden Glaubensartikeln zum Dialog mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen herausfordert (Kosmologie, Anthropologie). Es gilt im Horizont des Zweiten Artikels auch für das nur trinitarisch zu verstehende Heilswerk Gottes in Jesus Christus mit dessen Bedeutung für die Erlösung und das Heil der Menschen bzw. der gesamten Kreatur (Soteriologie). Nicht zuletzt ist auch im Dritten Artikel die vom Heiligen Geist begleitete Zeit der Kirche (Ekklesiologie) mit ihrer Perspektive auf die Vollendung des Heilswerkes (Eschatologie) nur im Zusammenspiel der drei Glaubensartikel über das Handeln des dreieinigen Gottes zu verstehen. So bleibt beispielsweise hinsichtlich des Kirchenverständnisses bzw. der Ekklesiologie (Lehre von der Kirche) zu beachten, dass die Gemeinschaft der Glaubenden (Kirche) durch die Struktur ihrer vielfältigen Beziehungen zu Vater, Sohn und Heiligem Geist konstituiert ist. Das lässt durch die entsprechend differenzierte Einheit in Vielfalt mannigfaltige ökumenische Implikationen transparent werden (siehe Kap. XI, zu den drei Artikeln des Glaubensbekenntnisses siehe Kap. X).15 Insgesamt erweist sich die trinitarische Gotteslehre also nicht nur als ein einzelner Traktat der Dogmatik, sondern sie führt zugleich grundsätzlich in die übrigen Trak11 W. Kasper: Gott, S. 378. 12 H. Fritzsche: Gott, Sp. 7. Vgl. I.U. Dalferth: Roots, S. 167: „Therefore the doctrine of the Trinity is not merely the summary grammar of Christian talk and thought about God. It is the regulative framework of the whole Christian life.“ 13 C. Schwöbel: Trinitätslehre, S. 152. 14 G. Greshake: Gott, S. 24. Vgl. ebd., S. 15: „Im Herzen des christlichen Glaubens steht das Bekenntnis zum dreieinen Gott und dessen dreifaltigem Heilswirken.“ 15 Zur historischen, philosophischen und systematisch-theologischen Analyse dieses Zusammenhangs vgl. M. Haudel: Selbsterschließung (hier auch weitere Literatur). Auf der gemeinsamen biblischen und altkirchlichen Grundlage werden dort Lösungsansätze für ein ökumenisches Verständnis von Offenbarung, Trinität, Mensch und Kirche aufgezeigt, bevor die Implikationen dieser Ansätze für Fragen der Kircheneinheit, Mission, Weltverantwortung und des interreligiösen Dialogs hervortreten. Dabei wird der Zusammenhang von Trinitätslehre und Kirchenverständnis anhand der Kirchengeschichte und aktueller Entwürfe im Blick auf alle großen Konfessionen nachgewiesen. Es kommt zum Vorschein, inwiefern Unterschiede im Trinitätsverständnis für Unterschiede im Kirchenverständnis verantwortlich sind und wie diese Unterschiede überwunden werden können.

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tate und Topoi der Dogmatik ein: „Dogmatik will als ganze als Entfaltung und Darstellung der Trinitätslehre angesehen werden“16. „Von Gott handelt die Dogmatik in allen ihren Teilen. Es gibt kein dogmatisches Problem, das unabhängig von der Gotteslehre zu erörtern wäre und dessen Klärung nicht auch zur Gottes­erkenntnis beitrüge.“ „Die Wahrheit des Glaubens hängt an der Wahrheit Gottes. […] Dann ist also der eigentliche Gegenstand der Dogmatik, gerade weil es in ihr um den Gehalt des Glaubens geht, Gott selbst in seiner Zusage.“17 Denn „das eine Geheimnis des Glaubens in den vielen Glaubensgeheimnissen“18 besteht in der heilsgeschichtlichen Mitteilung des dreieinigen Gottes: Gott, der als Vater, Sohn und Heiliger Geist das lebendige Leben der Liebe verkörpert, erschuf den Menschen als geliebtes Gegenüber, um ihm an seiner Liebe Anteil zu geben. Die Abwendung des Menschen beantwortete Gott durch seine bis in den Tod führende Selbsthingabe im Sohn, um seine Geschöpfe im Heiligen Geist erneut in die Gemeinschaft seiner Liebe zu führen. Diese Glaubensgrundlage, die alle dogmatischen Traktate durchwaltet, legt es nahe, die Trinitätslehre als präludierenden Traktat bzw. als Formalobjekt an den Anfang der Dogmatik zu stellen. Dadurch ist der Zusammenhang der materialen Aussagen der übrigen dogmatischen Traktate gegeben, die dann als Ausführung der Trinitätslehre zu gelten haben.19 So entfaltete etwa Karl Barth die Trinitätslehre am Anfang seiner Kirchlichen Dogmatik, und zwar im Kontext der Offenbarungslehre, weil sich der dreieinige Gott in der Heilsgeschichte als solcher offenbart hat. Damit wollte Barth auch zur Überwindung der seit Thomas von Aquin vielfach vollzogenen Unterscheidung der Traktate „De Deo uno“ und „De Deo trino“ beitragen.20 Denn diese unangemessene Trennung hatte zur Vorordnung der – als natürlich erkennbar behaupteten – Einheit Gottes geführt, welcher dann das – zu offenbarende – trinitarische Gottesverständnis nachgeordnet wurde. Wie Barth und viele andere theologische Entwürfe aus den verschiedenen Konfessionen verankerte auch Wolfhart Pannenberg die Trinitätslehre in der Offenbarungslehre, um die Bestimmung der gesamten Dogmatik durch die trinitarische Gotteslehre umsetzen zu können.21 Darüber hinaus ist die trinitarische Gotteslehre insgesamt als „‚Summe und Inbegriff‘ der christlichen Theologie“22 zu bezeichnen, da sie auch alle anderen theologischen Disziplinen bestimmt. Das gilt für die Ethik ebenso wie für die Praktische Theologie oder den Dialog mit anderen Religionen. Hinsichtlich der Ethik ergeben sich für den Menschen als Ebenbild Gottes (lat. imago Dei) aus dem gemeinschaftlichen, relationalen und partizipatorischen Wesen Gottes sowohl individualethische als auch sozialethische Implikationen. Ferner verweist das Zusammenspiel der drei 16 E. Schlink: Dogmatik, S. 70. 17 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 16 u. 106 (erstes Zitat). Vgl. W. Breuning: Gotteslehre, S. 201, 203. 18 W. Kasper: Gott, S. 378. 19 Vgl. ebd., S. 380. 20 Vgl. K. Barth: Kirchliche Dogmatik I/1, S. 311ff. 21 Vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 325f. 22 J. Werbick: Trinitätslehre, S. 484.

3. Aufbau

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Glaubensartikel auf eine angemessene Zuordnung schöpfungsethischer und versöhnungsethischer Perspektiven, was besonders die Verhältnisbestimmung von natürlichen Voraussetzungen und soteriologischen Kriterien betrifft und damit das Verhältnis von Kirche und Welt. In der Praktischen Theologie sind die Implikationen der trinitarischen Gotteslehre für die Homiletik, Katechetik, Sakramentslehre (Taufe, Abendmahl) oder Liturgik ebenfalls offensichtlich. Denn Gott wird in allen Konfessionen in Gebet und Lobpreis trinitarisch angeredet sowie im Bekenntnis entsprechend bekannt, weil sich Gemeinschaft mit dem Vater im Gottesdienst durch den Heiligen Geist im Sohn vollzieht, und zwar in Antwort auf die heilsgeschichtliche Zusage von Vater, Sohn und Heiligem Geist. „Die Offenbarung [...] ,trägt das trinitarische Siegel in ihrer Bewegung hin zum Menschen und in der Antwort der Menschheit an Gott‘.“23 Aus der trinitarischen Doxologie im Gottesdienst erwächst eine entsprechende Orthopraxie im Glaubensleben.24 Im Blick auf den interreligiösen Dialog bieten die verschiedenen Dimensionen des Wesens des dreieinigen Gottes vielfältige Aspekte von Anknüpfung und Differenz, nicht zuletzt in Bezug auf das Wirken des Heiligen Geistes (siehe Kap. XII). Die hier nur angedeutete umfassende Relevanz der christlichen bzw. trinitarischen Gotteslehre für alle Bereiche von Theologie, Kirche, Mensch und Welt soll in dem vorliegenden Band erschlossen werden. 3. Aufbau Vor dem Hintergrund der ersten beiden Abschnitte empfiehlt sich der gewählte Aufbau der Gotteslehre. Nachdem in der Einführung (I. Kap.) die konstitutive Bedeutung der trinitarischen Gotteslehre für sämtliche Grundfragen des Lebens sowie für die gesamte Theologie aufgezeigt wurde (Gotteslehre als Einführung in die gesamte Theologie) und damit ihre unverzichtbare Relevanz für die Weitergabe des christlichen Glaubens in „Gemeinde“ und „Schule“ hervortrat, soll anschließend das Spektrum der religionsgeschichtlichen, philosophischen und theologischen Dimensionen der Gotteslehre erörtert werden (II. Kap.). Es geht darum, zunächst allgemein die verschiedenen religionsgeschichtlichen und philosophischen „Zugänge zum Gottesbegriff“ darzulegen, um daran anknüpfend die „Transzendenz von Welt und Mensch“ aufzuzeigen, welche jeweils über sich selbst hinausweisen. So lassen sich die kosmologischen und anthropologischen Bedingungsmöglichkeiten von Gottesahnung und Gotteserkenntnis verdeutlichen. Dann sollen die dem Gottesbegriff „angemessenen Erkenntnisvoraussetzungen“ dargelegt werden, die den christlichen Gottesbegriff im Kontext anderer hermeneutischer Zugänge als trinitarische Selbsterschließung Gottes erkennen lassen, welche sich in der Geschichte durch Wort und Tat vollzieht. Aufgrund dieser Voraussetzungen ist anschließend das Verhältnis von „Glaube und Vernunft“ angemessen zu analysieren. 23 G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 88. 24 Vgl. ebd., S. 81ff.

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Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es, die Grundlagen christlicher bzw. trinitarischer Gotteslehre in ih­rem philosophischen und religiösen Kontext (III. Kap.) transparent werden zu lassen. Hierbei tritt auf „biblischer Basis“ hervor, wie die christliche Gotteslehre im Kontext von Philosophie und Religion durch die Kirchenväter in West und Ost entfaltet wurde. So lässt sich zeigen, auf welche Weise die altkirchliche neunizänische Theo­­­logie als Vorlage für das Ökumenische Bekenntnis von Konstantinopel (381) eine „philosophi­sche und religiöse Revolution“ vollzog – sowohl im Blick auf den Gottesbegriff als auch im Blick auf den anthropologischen Personbegriff. Dadurch wurde allgemein nachvollziehbar, was die Dreieinigkeit Gottes bedeutet und dass durch den „trinitarischen Gottesbegriff“ ein Verhältnis freier Gemeinschaft der Liebe zwischen Gott und Mensch möglich ist, wie es vorher in der Weise in anderen Religionen und philosophischen Konzeptionen nicht gegeben war. Zugleich kommen die Implikationen der aufgezeigten Entwicklung für die „Christologie“ zum Tragen: Jesus Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch. Auf dieser für alle christlichen Kirchen bis heute gültigen Grundlage des 4. und 5. Jahrhunderts werden dann die – auch ökumenisch relevanten – trinitätstheologischen Entwicklungen in Ost- und Westkirche mit ihren ekklesiologischen Implikationen untersucht (IV. Kap.). Die von den unterschiedlichen hermeneutischen Mentalitäten bzw. Denkvoraussetzungen im Abend- und Morgenland geprägten Weiterentwicklungen führten zu offenbarungs- und trinitätstheologischen „Einseitigkeiten in Ost- und Westkirche“, welche wiederum Einseitigkeiten im Kirchenverständnis nach sich zogen. Diese Entwicklungen wirken sich bis heute aus, wofür die Filioque-Kontroverse als Beispiel genannt werden kann: Die westlichen Kirchen haben später einseitig in das Ökumenische Bekenntnis von 381 eingefügt, dass der Heilige Geist von Vater „und Sohn“ (lat. filioque) ausgeht. Bis in die Gegenwart besteht hierin ein zentraler Streitpunkt zwischen Ost- und Westkirchen, der auch immer wieder für Unterschiede im Kirchenverständnis verantwortlich gemacht wird. Deshalb wird ein „Lösungsvorschlag für das Filioque-Problem“ entfaltet.25 Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen lässt sich die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation differenziert analysieren (V. Kap.). Dabei tritt hervor, welches zentrale Gewicht „Luthers Rückgriff auf die gemeinsame altkirchliche Trinitätslehre“ für seinen reformatorischen Durchbruch und das reformatorische Kirchenverständnis hatte, was von Teilen der bisherigen Lutherforschung vernachlässigt wurde. Ferner soll die „trinitätstheologische Verankerung von Zwingli und Calvin“ in ihrer Bedeutung für die reformatorische Entwicklung zum Tragen kommen. Anschließend wird die Gotteslehre im Kontext der Aufklärung dargelegt (VI. Kap.). Nach der Erörterung „bedeutender Konzeptionen der Aufklärung“ findet 25 Vgl. zu dem historischen Problem und den aktuellen Lösungsmöglichkeiten M. Haudel: Grundlagen.

3. Aufbau

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eine Auseinandersetzung mit der Gotteslehre im Horizont der „Religionskritik“ statt sowie eine kritische Betrachtung der „Gottesbeweise“, um sich besser den von der Aufklärung geprägten aktuellen weltanschaulichen Denkvoraussetzungen stellen zu können – auch im Blick auf die jüngsten Formen des Atheismus. Im Gefolge der Aufklärung kam es neben den jeweiligen konfessionellen trinitätstheologischen Einseitigkeiten vielfach zur Vernachlässigung der Trinitätslehre, woraufhin aber im 19. und 20. Jahrhundert in allen großen konfessionellen Strömungen eine Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre erfolgte, die anhand „protestantischer, römisch-katholischer und orthodoxer Konzeptionen“ aufgezeigt wird – bis hin zu den aktuellen theologischen Entwürfen (VII. Kap.) Auch dieses Kapitel soll dazu beitragen, einen inhaltlich konsistenten Überblick über die Theologiegeschichte zu gewährleisten und so eine eigenständige Auseinandersetzung und Einordnung zu ermöglichen. Auf dieser Grundlage lässt sich eine nachvollziehbare materiale Darlegung des trinitarischen „Wesens Gottes“ und seiner „Eigenschaften“ ausführen, die darauf beruht, dass der dreieinige Gott in der Heilsgeschichte seinem innertrinitarischen Wesen gemäß „handelt“ bzw. „wirkt“26 und sich so in seinem Wesen erschließt. Es wird ersichtlich, wie der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe zu verstehen ist und welche Implikationen sich daraus für die Beziehung zwischen Gott, Welt und Mensch ergeben (VIII. Kap.). Diese Einsichten lassen den dreieinigen Gott als Lebenshorizont des Menschen und der Welt transparent werden (IX. Kap.). Im Zusammenspiel von „verborgener und offenbarer Anwesenheit“ erweist sich der dreieinige Gott als offenbares Geheimnis, das die Antwort auf das Geheimnis von Mensch und Welt verkörpert und als das Heilsmysterium in Erscheinung tritt. Es kommt zum Vorschein, wie der „Mensch als Ebenbild des dreieinigen Gottes“ zu verstehen ist und was das für den „Sinn des Lebens und der Geschichte“ bedeutet. Damit erschließt sich auch die Bedeutung der drei Artikel des Glaubensbekenntnisses, die das Zusammenwirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist als Schöpfer, Erlöser und Vollender aufzeigen und damit den Inhalt christlicher Dogmatik und Theologie vorgeben (X. Kap.). So werden in diesem Kapitel automatisch die zentralen Traktate der Dogmatik im Kontext der Gotteslehre verhandelt und in ihrer aktuellen Bedeutung erörtert. Das betrifft im Blick auf „Gottes erschaffendes, er26 Die Anwendung des Begriffs „Handlung“ auf Gott wurde immer wieder problematisiert, weil diese Terminologie anthropologische Bedingungen wie das Vorgegebensein von Handlungsmöglichkeiten auf Gott übertragen könne. Deshalb zieht W. Härle: Dogmatik, S. 287ff., den Begriff des „Wirkens“ Gottes vor, da dieser den Zusammenhang von Wirken und Wirkung impliziert. Werden die anthropologischen Engführungen des Handlungs-Begriffs im Blick auf Gott ausgeschlossen, ist er durchaus auch zu verwenden, was hier in Kapitel VIII geschieht, um bei aller Entsprechung zwischen innertrinitarischem Wesen Gottes und seiner heilsgeschichtlichen Aktivität auch den Unterschied beider Ebenen hervorzuheben (heilsgeschichtliches Handeln erfolgt auch als Reaktion auf menschliches Handeln). Im Blick auf Gottes schöpferische Aktivität wird in Kapitel X,1.1 von Gottes Wirken gesprochen, um die Voraus­setzungslosigkeit der schöpferischen Macht und Aktivität Gottes zu betonen.

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haltendes und lenkendes Wirken“ zum Beispiel das „Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft“, wobei die im Ersten Artikel gegebene Zuordnung des schöpferischen Wirkens zum Vater dessen Zusammenwirken mit Sohn und Geist impliziert. Hinsichtlich des Zweiten Artikels wird deutlich, auf welche Weise sich die Christologie erst im trinitarischen Zusammenhang erschließt. Es tritt hervor, wie in Jesus Christus „wahre Gottes- und Menschenerkenntnis sowie Heilserkenntnis“ gegeben sind und was die „Kreuzes­theologie im Licht der Auferstehung“ in ihrer Tiefe bedeutet – auch für die immer wieder gestellte „Theodizee-Frage“ nach der Vereinbarkeit von Leid und Bösem mit der Liebe des allmächtigen Gottes. In Verbindung mit diesen Ausführungen lassen sich auch die „Rechtfertigung des Sünders“ und das Verhältnis von „Sünde und Freiheit“ sowie von „Glaube und Prädes­ tination“ aufzeigen. Danach kommen vor dem Hintergrund des Verhältnisses von trinitarischem Gott und Mensch die Grundlagen der „Ethik bzw. der christlichen Weltverantwortung“ zur Sprache. Durch die Verankerung der Kirche im Dritten Artikel wird anschließend das unmittelbare Verhältnis von „Gottes- und Kirchenverständnis“ thematisiert. Denn im Dritten Artikel gehen die Erlösung durch Jesus Christus und ihre Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist im Kontext des Schöpfungswerkes des Vaters ineinander über und bilden so die Grundlage der Gemeinschaft der Glaubenden. Dabei geht es auch um die Vollendung des Heilswerkes und somit um den „eschatologischen Horizont von Mensch und Kosmos“, was unter anderem das Spannungsverhältnis von „Tod und ewigem Leben“ betrifft. Im Anschluss an den Dritten Artikel wird die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis im Blick auf alle großen konfessionellen Strömungen erörtert, also in ökumenischer Perspektive (XI. Kap.). Anhand „zeitgenössischer theologischer Entwürfe aus den verschiedenen Konfessionen“ wird gezeigt, wie sich aus offenbarungs- und trinitätstheologischen Einseitigkeiten entsprechende Einseitigkeiten im Kirchenverständnis ergeben, weil die Struktur der Gemeinschaft der Glaubenden von der Art ihrer Bezugnahme auf die trinitarische Gemeinschaft Gottes abhängt. Es folgt die Darlegung eines Ansatzes zur Überwindung der trinitätstheologischen Einseitigkeiten und ihrer Folgen für das Kirchenverständnis, so dass die „Lösung der nach wie vor bestehenden ökumenischen Grunddifferenzen“ als möglich erscheint. Schließlich kommt neben der ökumenischen Perspektive auch der interreligiöse Dialog zur Sprache, indem analysiert wird, welche Anknüpfungspunkte und Differenzen sich für die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen ergeben (XII. Kap.). Dabei erweisen sich die durch Vater, Sohn und Heiligen Geist verkörperten Dimensionen des Wesens Gottes als Grundlage für das Gespräch über die Dimensionen des Gottesverständnisses anderer Religionen. Ein besonderer Fall dieses Dialogs liegt durch die heilsgeschichtliche Verbundenheit im „christlichjüdischen Dialog“ vor. Angesichts der Vielfalt der zu behandelnden Aspekte erschließt sich aus dem dargelegten Aufbau der Gotteslehre von selbst, dass eine Gotteslehre zugleich ein Kompendium der Dogmatik darstellt.

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Literatur Breuning, Wilhelm: Gotteslehre. Bearbeitet von Wolfgang Beinert, in: Beinert, Wolfgang (Hg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik, Bd. 1, Paderborn [u.a.] 1995, S. 199–362. Härle, Wilfried: Dogmatik, Berlin/Boston 42012. Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. Joest, Wilfried/Lüpke, Johannes von: Dogmatik I: Die Wirklichkeit Gottes, Göttingen 52010. Kasper, Walter: Der Gott Jesu Christi (= Das Glaubensbekenntnis der Kirche 1), Mainz 1982. Schwöbel, Christoph: Trinitätslehre als Rahmentheorie des christlichen Glaubens. Vier Thesen zur Bedeutung der Trinität in der christlichen Dogmatik, in: Härle, Wil­fried/Preul, Reiner (Hg.): Marburger Jahrbuch Theologie, Bd. X: Trinität (= MThSt 49), Marburg 1998, S. 129–154.

II. Religionsgeschichtliche, philosophische und theologische Dimensionen der Gotteslehre

1. Horizonte des Gottesbegriffs Im Allgemeinen verweist der Gottesbegriff auf eine letztgültige Wahrheit und Seinsgrundlage sowie auf ein allumfassendes Geheimnis und eine unverfügbare Eigenwirklichkeit. In der Vielfalt der religiösen und philosophischen Gottesvorstellungen zeigt sich dem personalen Wesen des Menschen gemäß immer wieder das Verlangen nach einem personalen Gott. Als solcher hat sich Gott laut biblischem Zeugnis offenbart. Durch sein dreieiniges Wesen besteht ein Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zu den Menschen, das die Voraussetzung für ein persönliches Gottesverhältnis in freier und liebender Gemeinschaft bildet.

Das Wort „Gott“ enthält zwar für sich genommen noch keine bestimmte Gottesvorstellung oder eine spezifische Verständlichkeit, aber das menschliche Reden von Gott weist einen gewissen Resonanzboden auf, der das Moment des Letztgültigen und des existentiellen Angegangenseins anklingen lässt, also die Dimension einer unbedingten Bedeutung für das menschliche Leben. Dabei führt der Begriff „Gott“ als „Grenzwort“ an den Horizont der Realitäten von Mensch und Welt.1 In allen bekannten Sprachen gibt es einen Begriff für das Bedeutungsspektrum, das mit dem deutschen Wort „Gott“ verbunden ist. Der ursprüngliche semantische Gehalt des deutschen Begriffs „Gott“ lässt sich nicht mehr eindeutig klären, als wahrscheinlich erscheint es aber, dass der Begriff aus dem substantivierten zweiten Partizip des indogermanischen „ghuto-m“ der Verbalwurzel „gheu“ entstanden ist, wonach Gott als „das angerufene Wesen“ zu verstehen wäre. Im Blick auf das religionsgeschichtliche Spektrum der Vorstellungen, die sich mit dem Gottesbegriff verbinden, können hier nur einige Hinweise gegeben werden. Insgesamt ist der Entwicklungsgang der verschiedenen Formen von Gottesvorstellungen nicht exakt zu greifen. Nach evolutionistisch geprägten Theorien werden Höherentwicklungen aus primitiv-religiösen Vorstellungen angenommen (N. Söderblom), während sogenannte Dekadenz- oder Depravationstheorien von einem Urmonotheismus ausgehen, der zu niederen – etwa polytheistischen – Formen abgesunken ist (P. W. Schmidt). Im Monotheismus, durch den besonders das 1

Vgl. zum Resonanzboden des Gottesbegriffs G. Ebeling: Dogmatik I, S. 182ff.

1. Horizonte des Gottesbegriffs

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Judentum, das Christentum und der Islam gekennzeichnet sind, wird ein Gott verehrt, dessen Allmacht und Ewigkeit Universalität beansprucht. Der in etlichen Kulturen des Altertums oder etwa auch im Hinduismus vorfindliche Polytheismus verteilt die göttlichen Eigenschaften auf mehrere Götter, wobei im Polytheismus häufig Rangordnungen zwischen den Göttern bestehen, die dann wieder zum jeweils subjektiven Eingottglauben führen können, was als Henotheismus oder Monolatrie bezeichnet wird. Der als personalistischer Glaube existierende Theismus geht im Monotheismus von einem transzendenten Gott als Gegenüber zur Welt aus. Dieses Gottesverhältnis kann sowohl dualistisch durch Trennung von Gott und Welt als auch identifizierend durch Gleichsetzung von Gott und Welt beeinträchtigt oder aufgelöst werden. Der nach der Aufklärung aufkommende dualistische Deismus sah Gott nur noch als den Initiator der Welt, der diese dem naturgesetzlichen Ablauf überlässt. Demgegenüber versteht der identifizierende Pantheismus, wie er etwa in der antiken Stoa oder bei dem Aufklärer Baruch Spinoza zu finden ist, die Welt als identisch mit dem Göttlichen, da alles als göttlich bezeichnet wird. So stuft sich das Göttliche zum Beispiel nach der neuplatonischen Emanationstheorie vom Absoluten über das Geistige bis in die Materie ab. Verwandtschaft mit dem Pantheismus weist der bei Naturvölkern verbreitete Animismus auf (lat. anima: die Seele), für den die Materie vom göttlichen Geist beseelt ist. Zu nennen wären ferner Naturgottheiten (z.B. Sonnen- und Mondgötter) und Gottheiten von sozialer Funktion (z.B. Dorfgötter, Kriegsgötter, Götter der Heilung) sowie mythologische Gottesvorstellungen.2 Die Ursprünge des philosophischen Gottesbegriffs lagen in der Abwendung von den zuletzt genannten Gottesvorstellungen, so bei den Griechen durch die großen attischen Philosophen wie Platon (427–347) und Aristoteles (384–322). Nachdem bereits die Vorsokratiker durch die Überwindung mythischer und polytheistischer Gottesbilder der Vorstellung von der Einheit der Gottheit Raum gegeben hatten, kam die Ahnung der Einzigkeit und Einheit des Göttlichen als Urgrund des Seins bei Platon und Aristoteles vollends zur Geltung. In Analogie zum menschlichen Denken ließ sich Gott als sich selbst denkendes Sein verstehen. Der Mensch hat nach Platon durch seine immaterielle und unsterbliche Seele, die vom Leib lediglich eingeengt wird, aufgrund der eingeborenen apriorischen Ideen seines Geistes die Fähigkeit, am höchsten Urgrund zu partizipieren. Entsprechend wird der Mensch als vom Leib-Seele-Dualismus bestimmtes Geistwesen Teil des kosmischen göttlichen Geistes. In gleicher natürlich-theologischer Ausrichtung beschreibt Aristoteles den ewigen Geist als sich selbst denkende Selbstbeziehung, wobei sich der menschliche Geist zum göttlichen Geist aufschwingen kann, so dass das Göttliche in uns das Göttliche an sich berührt (eth. Nic. 1177 b 28). Die Vernunft gilt als das Ewige und Unsterbliche im Menschen. So werden in der Antike bereits religionsphilosophische Vorstellungen abgebildet, die sich in aktualisierter Form in der Aufklärung mit ihren 2

Vgl. zum religionsgeschichtlichen Spektrum G. Lanczkowski: Art. „Gott I“, S. 601ff.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

Konzeptionen idealistischer Überschneidung von göttlichem und menschlichem Geist wiederfinden.3 Dennoch hat sich stets aufs Neue das Verlangen nach einem Gott gezeigt, der als persönliches Wesen verstanden werden kann, weil das der personalen Konstitution des Menschen entspricht. Nach dem biblischen Zeugnis hat sich Gott selbst als personales Gegenüber des Menschen erschlossen, das den Menschen als Ebenbild Gottes (lat. imago Dei) transparent werden lässt und ihm ganz nahe ist. Dieses durch das dreieinige Wesen Gottes ermöglichte Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ eröffnet im Unterschied zu dualistischen und identifizierenden Gottesvorstellungen eine freie personale Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch. So kann Gott als Vater das Gegenüber der Menschen bleiben, während er ihnen als Sohn und Heiliger Geist ganz nahe ist – ja sogar im Sohn selbst Mensch werden kann.4 Gegenüber der abstrakten Jenseitigkeit Gottes in einem unitarischen Monotheismus und gegenüber polytheistischen sowie emanatorischen Gottesvorstellungen erschließt das biblische Zeugnis also einen konkreten Monotheismus5, der die lebendige dreieinige Liebe in Gott als Voraussetzung einer persönlichen Gottesbeziehung in freier Gemeinschaft und Liebe offenbart. Im Blick auf seine allgemeine Verwendung haftet dem Gottesbegriff immer wieder der Horizont der letztgültigen Wahrheit und Seinsgrundlage an – und damit die Dimension des Geheimnisses, das sich aus den weltlichen Zusammenhängen nicht greifen lässt. Dahinter vermag sich eine unverfügbare Eigenwirklichkeit (Aseität) zu verbergen, die auf eine selbstursächliche Einzigartigkeit verweist. So scheint der Gottesbegriff verbreitet ein grundloses Sein zu enthalten, das aus sich selbst existiert – und sich deshalb eigentlich auch nur selbst erschließen kann. Der Gottesbegriff transportiert also ein Geheimnis, das sich dem Menschen zum einen als entzogen erweist, das ihn aber zum anderen als definitives „Worauf­hin“ seines Lebens unbedingt angeht. Denn dieses Geheimnis verbindet sich mit der Ahnung einer ersten, aus sich existierenden und alles Sein umfassenden Ursache. Deshalb ist „die Rede von Gott [letztlich] nur dann sinnvoll […], wenn sie ‚Gott‘ als ein auf das Ganze gehendes Wort zu verstehen gibt, dessen besonderer Anspruch universale Geltung einschließt“: Was „im sachgemäßen Gebrauch des Wortes ‚Gott‘ zur Sprache kommt, geht jeden Menschen unbedingt an“6. 3 4 5

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Vgl. J. Hirschberger: Geschichte I, S. 14–243. Das wird in den folgenden Kapiteln noch ausgeführt. Vgl. auch M. Haudel: Selbsterschließung, S. 565–585. Vgl. W. Kasper: Gott, S. 358. Kasper wählt diese Formulierung in Anlehnung an J.E. Kuhn und F.A. Staudenmaier. Vgl. auch W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 363, der diesen Begriff ebenfalls übernimmt. E. Jüngel: Entsprechungen, S. 195 u. 185. Vgl. I. Lønning: Art. „Gott VIII“, S. 691: „Als Platzhalter eines definitiven Woraufhins ist das Wort ‚Gott‘ für das Gesamtgefüge der sprachlichen Kommunikation von eminenter Wichtigkeit.“

2. Die Transzendenz von Welt und Kosmos

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2. Die Transzendenz von Welt und Kosmos In ihrer Endlichkeit weisen Welt und Kosmos zwischen ihrem „Woher“ und „Wohin“ über sich selbst hinaus. Diese Transzendenz erlaubt lediglich die Ahnung eines letzten Grundes und Ziels, so dass Gott nicht aus natürlichen Gegebenheiten zu rekonstruieren ist. Zwar finden sich in der Schöpfung Spuren des Schöpfers, doch aufgrund der von menschlicher Selbstbehauptung geprägten Erkenntnis bleiben sie ambivalent, weshalb angemessene Gotteserkenntnis auf die Selbsterschließung Gottes angewiesen ist. Diese bedarf allerdings um der universellen Nachvollziehbarkeit willen der natürlichen Anknüpfungspunkte. Erst die trinitarisch-heilsgeschichtliche Dynamik von Schöpfung, Erlösung und Vollendung erlaubt die sachgemäße Zuordnung von natürlichen Erkennt­nisvoraussetzungen und göttlicher Selbsterschließung. Dabei behalten die drei Glaubensartikel die gesamte Schöpfungswirklichkeit von Welt und Kosmos im Blick, die mit der Glaubenswirklichkeit übereinstimmen muss, wenn der Glaube nicht in innere Widersprüche führen soll.

Den aufgezeigten Horizonten des Gottesbegriffs korrespondiert die Transzendenz von Welt und Kosmos, welche über sich selbst hinausweisen (lat. transcendo). Denn sowohl der Wirklichkeit von Welt und Kosmos als auch der Universalhistorie und dem Menschen haften eine Selbsttranszendenz an, die sich zwischen den Dimensionen des „Woher“ und des „Wohin“ bewegt, wobei niemand diese Dimensionen letztgültig kennt oder in der Hand hat. Aufgrund der Kontingenz (Möglichkeit statt Notwendigkeit) und Endlichkeit ist die gesamte Wirklichkeit einer radikalen Fraglichkeit unterworfen, die im Staunen über das Wunder des Seins Frag-Würdigkeit enthält und die die Ahnung eines letzten Grundes beinhaltet. Damit verbunden ist die Frage nach einem letzten Sinn oder Ziel sowie das Phänomen der Gottesidee – alles Dimensionen, die „die Form eines unthematischen Gewahrseins haben“, weil „der Mensch von allem Anfang an in ein ihn übersteigendes ‚Geheimnis‘ hineingestellt ist, und zwar in der Weise, daß sich ihm ‚die unverfügbare [...] Unendlichkeit der Wirklichkeit als Geheimnis dauernd zuschickt‘“7. Weil die Selbsttranszendenz lediglich die Ahnung eines letzten Grundes bzw. eines Gottes ermöglicht, erlaubt sie keine spekulative Rekonstruktion Gottes aus natürlichen Gegebenheiten, seien sie kosmologischer oder anthropologischer Natur. Zwar ist laut alt- und neutestamentlichem Zeugnis die Erkennbarkeit Gottes aus seiner vom Schöpfergeist durchdrungenen Schöpfung gegeben (z.B. Ps 8; 19; 29; 104; 148; Act 14,16f.; 17,22ff.; Röm 1,19f.), weshalb es sich als unentschuldbar erweist, wenn der Mensch Gott die Ehre verweigert (Röm 1,20). Das bezeugt auch das menschliche Gewissen, insofern als das Gesetz Gottes dem Menschen ins Herz geschrieben ist (Röm 2,14f.). Der Mensch, dem sich auf diesen Wegen die Ahnung eröffnet, dass Gott ist, aber noch nicht, wer Gott ist (Luther), neigt jedoch nach Röm 1,18ff. zur Identifikation Gottes mit Geschöpf7

W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 128, wo er auf K. Rahner zurückgreift.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

lichem oder mit sich selbst – statt zu einer sich öffnenden Anerkennung Gottes. Denn die in Gen 3 erkennbare Versuchung des Menschen, sein eigener Gott sein zu wollen, zieht notwendig eine Selbstbehauptung und Selbstbegründung (Selbstvergöttlichung) nach sich, die auch das Gottesbild betrifft, weil der Mensch dann auch versucht ist, Gott selbst zu konstruieren bzw. zu rekonstruieren. Deshalb bedarf es zunächst der hermeneutischen Umkehr von selbstbehauptendem und spekulativem Denken zu empfangender Anerkennung der Kreatürlichkeit des Seins, was mit der Einsicht verbunden ist, dass Gott sich nur selbst erschließen kann. Aufgrund der gezeigten Ambivalenz „natürlicher“ Gotteserkenntnis müssen „Natur und Gnade“ sowie „Vernunft und Glaube“ aufeinander bezogen bleiben, da sich die Gnade die Natur voraussetzt und der Glaube die Vernunft in Dienst nimmt. „Deshalb ist die Natur kein eigenständiger, in sich abgeschlossener und aus sich vollendbarer Wirklichkeitsbereich. Sie ist dynamisch über sich hinaus auf eine Erfüllung ausgerichtet, die sie sich selbst nicht geben kann, die sie vielmehr allein durch die Gnade erhält. Erst durch die Gnade erlangt die Natur ihre eigentliche Bestimmung. Wo sie sich dagegen sündhaft gegen die Gnade versperrt, da gerät sie in Widerspruch mit sich selbst, da wird sie zutiefst verkehrt.“8 Somit ist der Zusammenhang zwischen Schöpfungs- und Heilsordnung bzw. zwischen allen drei Artikeln des Glaubensbekenntnisses gegeben. Entgegen der linear trennenden Stufenordnung von natürlicher (De Deo uno) und übernatürlicher Gotteserkenntnis (De Deo trino) besteht eine trinitarisch-heilsgeschichtliche Dynamik von Schöpfung, Erlösung und Vollendung. In ihr kommt sowohl das jeweils spezifische Handeln von Vater, Sohn und Heiligem Geist in den drei heilsgeschichtlichen Phasen zum Ausdruck als auch deren gemeinsames Handeln in jeder dieser Phasen. Die Trinitätslehre lässt so im Kontext von Gesetz und Evangelium den hermeneutisch relevanten Zusammenhang von Schöpfungs- und Heilsordnung erkennen. In der dynamischen Zuordnung von natürlichen Erkenntnisvoraussetzungen und göttlicher Selbsterschließung ist neben den natürlichen Anknüpfungspunkten der Selbsterschließung auch die mit der Kreuzestheologie hervortretende Krisis zu beachten, welche die sündhafte Verkehrung und Ambivalenz der natürlichen Grundlagen offenlegt. „Die Schöpfung muß daher so interpretiert werden, daß sie von Anfang an auf die Verwirklichung der vollendeten Gemeinschaft des trinitarischen Gottes mit seiner Schöpfung abzielt, die angesichts des Widerspruchs der Sünde nur durch die von Gott gewirkte Versöhnung verwirklicht werden kann. Die Versöhnung muß in dieser Weise als Ausdruck der Treue Gottes zu seiner Schöpfung und in dieser Weise als erneute Einbeziehung des Gott widersprechenden Menschen in die ursprüngliche Zielsetzung der Schöpfung verstanden werden. Die Vollendung der Welt darf darum nicht nach apokalyptischer Manier als radikale Neuschöpfung verstanden werden, sondern muß als Vollendung der versöhnten Schöpfung interpretiert 8

W. Kasper: Gott, S. 101.

2. Die Transzendenz von Welt und Kosmos

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werden, also als neuschöpferisches Handeln Gottes an der ursprünglichen Schöpfung.“9 Als Schöpfung des dreieinigen Gottes enthält die Schöpfung naturgemäß Spuren der Trinität (lat. vestigia trinitatis). Denn das „Geschaffene ist auf Grund seines Ursprungs und seiner Entfaltung vom dreieinen Gott durchwirkt und deshalb dessen Abbild“10. Die vielen Spuren analoger Einheit in Vielfalt im Kosmos und im Menschen haben zwar unter anderem in der Gottebenbildlichkeit des Menschen (imago Dei, Gen 1,26f.) ihre Berechtigung, aber es bleiben aufgrund des Unterschieds zwischen Gott und seiner Schöpfung analoge Spuren. So ist Gott zum Beispiel die Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Struktur (ein Gott und zugleich die Gemeinschaft dreier Personen), während der Mensch beide Aspekte auch hat, aber nur in Gemeinschaft mit anderen Menschen oder mit Gott (siehe Kap. IX,2). Durch die Analogie zwischen geschöpflicher und göttlicher Wirklichkeit ist es allerdings überhaupt erst möglich, die Offenbarung Gottes verstehen zu können und die Universalität der speziellen Offenbarung wahrzunehmen, was durch den Zusammenhang der drei Artikel des Glaubensbekenntnisses gewährleistet wird. Der integrale Zusammenhang von „Schöpfungs- und Heilswirklichkeit“ sowie von „Vernunft und Geist“ besteht, weil die Inkarnation (Zweiter Artikel) sowohl auf die mit der Schöpfungswirklichkeit gegebenen Voraussetzungen (Erster Artikel) verweist als auch auf die eschatologische Vollendung durch den Heiligen Geist (Dritter Artikel). Dieser ist wiederum nicht nur an der Schöpfung beteiligt, sondern vollzieht neben der Vollendung auch die Erhaltung der Schöpfung und die Erlösung in Christus.11 Vor dem gezeigten Hintergrund verbietet sich eine oft zu beobachtende anthropozentrische oder existentialistische Reduktion der Glaubenswirklichkeit, was der Erste Artikel mit seiner Bezugnahme auf den gesamten Kosmos (Glaube an Gott den Schöpfer) ebenso belegt wie der Dritte Artikel mit seiner kosmischen Perspektive der eschatologischen Vollendung. Der neuzeitliche Anthropozentrismus, der sich etwa in rein sittlicher Religiosität neukantianischer Prägung oder in existentialistischer Ausblendung der kosmologischen Dimension äußert, wird der ganzheitlichen Selbsttranszendenz des Menschen und seiner Einbindung in Welt und Geschichte nicht gerecht. Deshalb „würde ein völlig akosmisches Gottesbild, Wirklichkeits- und Selbstverständnis des Menschen [...] eine bedenkliche Ausfallerscheinung darstellen“12. Davor bewahrt das trinitarische Bekenntnis, indem es Schöpfung und Erlösung umschließt und sich „für den umfassenden Horizont des Wirklichen“13 öffnet. Es bedarf also der Wahrnehmung der Dimension natürlich-metaphysischer Transzendenz in ihrer ganzheitlichen Perspektive, weil man Gott die Wirklichkeit von Welt und Kosmos nicht 9 10 11 12 13

C. Schwöbel: Trinitätslehre, S. 143 (Hervorhebung v. Vf.). G. Greshake: Gott, S. 41. Vgl. Gemeinschaft, S. 88, und E. Lessing: Art. „Geist V“, S. 229ff. C. Schütz: Tendenzen, S. 281. F. Schmid: Erwägungen, S. 68.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

entziehen kann und der universale Wahrheitsanspruch der Offenbarung im Erfahrungskontext der Menschen gewährleistet bleiben muss, um zu verhindern, „daß der Glaube auf den Standpunkt eines ‚credo, quia absurdum‘ verwiesen wird“14. Denn der Glaube wird absurd, wenn die Wirklichkeit des Glaubens und die Wirklichkeit der Welt nicht in Übereinstimmung kommen. (Siehe dazu Kap. X,1.2: „Theologie und Naturwissenschaft“.) Insgesamt behält die natürlich-metaphysische Dimension den Charakter der Ahnung von Gott und des natürlichen Anknüpfungspunktes seiner Selbsterschließung, auf welche die Ahnung wiederum angewiesen bleibt. So verweist die Trans­ zendenz von Welt und Kosmos nicht nur auf die Ahnung von Gott, sondern auch auf die Notwendigkeit seiner Selbsterschließung – und damit zugleich auf die anthropologischen Voraussetzungen der Gotteserkenntnis im Kontext dieser Welt. 3. Die Transzendenz des Menschen Da der Mensch letztlich weder seine Herkunft noch seine Zukunft selbst in der Hand hat, erfährt er sich als Frage und Geheimnis und weist so über sich selbst hinaus. Diese Transzendenz verbindet sich mit der personalen und sprachlichen Konstitution des Menschen, durch die sich der Mensch als personales Geheimnis selbst mitteilen kann und durch die er auf Anrede angewiesen ist. Indem sich der dreieinige Gott ebenfalls als personal und sprachlich konstituiertes Wesen erschlossen hat, wird der Mensch als Ebenbild Gottes transparent. Lässt sich der Mensch glaubend auf die Anrede Gottes ein, entspricht er also sowohl dem Wesen Gottes als auch seinem eigenen Wesen.

Wie es bereits aus der Transzendenz von Welt und Kosmos hervorging, spürt der Mensch, der die Begrenztheit seines Lebens ernst nimmt, dass er zum einen von Voraussetzungen lebt, die er nicht selbst geschaffen hat. So ist er nicht aufgrund eigener Entscheidung in dieser Welt, sondern er wurde sozusagen „in das Leben hineingeworfen“. Der Mensch hat also keine Verfügungs- und Begründungsmacht im Blick auf seine Herkunft. Zum anderen kann er zwar seine Zukunft im Leben planen und beeinflussen, doch sie bleibt letztlich nicht vorhersehbar. Erst recht steht die Zukunft über das Lebensende hinaus nicht in der Verfügbarkeit des Menschen. Dadurch erfährt sich der Mensch als Frage und als Geheimnis, es existiert eine Unruhe der Unabschließbarkeit und somit das Gefühl, aus sich herausgerufen zu sein. Die sich in solcher „Frag-Würdigkeit des Geheimnisses“15 und im existentiellen Verwiesensein dokumentierende Selbsttranszendenz des Menschen erwartet eine „Antwort auf die mit dem Menschen als Person gegebene 14 C. Schütz: Tendenzen, S. 275. 15 Ebd., S. 283.

3. Die Transzendenz des Menschen

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Frage nach dem Ganzen der Wirklichkeit“16 und nach deren universalem Sinn. In diesem „Gefordertsein der menschlichen Existenz“17 existiert sowohl das mit menschlicher Personalität und Liebeserfahrung gegebene Grundvertrauen als auch eine unauslotbare Verborgenheit: „Insofern die Erfahrung des Geheimnisses ein unerreichbarer Horizont aller unserer Erfahrung ist, begegnet es uns als das ganz Andere [...]. Insofern es uns in allen Dingen nahe ist, erscheint es uns als bergender Grund“18. Durch die Erfahrung beider Dimensionen des Geheimnisses, welche die Frage nach dem universalen Sinn beinhalten, wird das Denken über sich selbst hinausgewiesen. Bereits im antiken griechischen Begriff „Anthropos“ (Mensch) ist das über sich hinausweisende Wesen des Menschen angedeutet, insofern als der Begriff etymologisch mit dem griechischen Wortstamm anatrein (nach oben blicken) in Verbindung steht. Die gezeigte Transzendenz des Menschen beinhaltet den anthropologischen Aspekt des Herausgerufenseins bzw. des Angewiesenseins auf Anrede, was bereits in der personalen und sprachlichen Konstitution des Menschen angelegt ist. Beide Konstitutionsmerkmale, Personalität und Sprachlichkeit, bedingen sich gegenseitig. Denn die mit selbstreflexiver Subjektivität verbundene Personalität des Menschen verkörpert Selbstsein im Gegenüber- und Mitsein, so dass menschliche Personalität einerseits die Dimension des von außen nicht zugänglichen personalen Geheimnisses beinhaltet, während sie andererseits durch die Dimension der Gemeinschaft und des Angegangenseins von außen geprägt ist. Weil sich der Mensch als personales Geheimnis nur selbst mitteilen kann und zugleich auf personale Gemeinschaft und damit auf Anrede angewiesen ist, bedarf er ontologisch der sprachlichen Konstitution. Die Sprachlichkeit ermöglicht nämlich nicht nur die Handhabung des Aspekts des personalen Geheimnisses, indem sich der Mensch anderen erschließen oder verschließen kann, sondern auch die freie Ansprechbarkeit des Menschen und die freie intersubjektive Gemeinschaft der Menschen untereinander.19 Angesichts dieser Zusammenhänge geben Sprachlichkeit und Personalität die Selbsttranszendenz des Menschen zu erkennen. Denn so wie die Sprachlichkeit des Menschen bewusste Beziehungen in personaler Gemeinschaft voraussetzt und so wie die im personalen Geheimnis gegebene Sinnfrage auf ein personales Gegenüber verweist, das allein die Antwort auf diese Frage erschließen kann, so kann das menschliche Wesen „seine Erfüllung als Person nur in der Gemeinschaft mit einem höheren persönlichen Wesen finden“20. Dabei beinhaltet die Sprache selbst 16 W. Kasper: Gott, S. 27. Vgl. E. Jüngel: Gott, S. 541: „Man kann vor der ehernen Tatsache der eigenen Begrenztheit, die angesichts der Todesgrenze und ihres non plus ultra besonders peinlich ist, auch resignieren. Man würde damit aber gegenüber dem Menschsein des Menschen, man würde vor sich selbst resignieren.“ 17 I. Lønning: Art. „Gott VIII“, S. 699. 18 W. Kasper: Gott, S. 115. 19 Vgl. D. Staniloae: Dogmatik I, S. 26f. u. 137ff. 20 Ebd., S. 27. Vgl. C. Schütz: Tendenzen, S. 283f.: „Dem [...] Zusammenhang von Geschichte und Sinnfrage bzw. Sinnerfahrung wird kein apersonales Erklärungsmodell letztlich gerecht.“

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

schon eine transzendierende Dimension: „Die Sprache lebt vom Vorgriff auf einen Gesamtsinn der Wirklichkeit und bringt diesen in Metaphern und Gleichnissen zum Ausdruck. So ist die Sprache zugleich Erinnerung an eine unabgegoltene Hoffnung der Menschheit und zugleich Antizipation dieser Hoffnung. Noch bevor die Sprache zur expliziten religiösen Sprache wird, impliziert sie je schon eine religiöse Dimension. Erst die religiöse Sprache bringt die Sprache zu sich selbst. Nicht das Wort Gott ist ein sinnloses Wort, vielmehr ist dort, wo Gott totgeschwiegen wird, das Sprechen selbst gefährdet.“21 Entsprechend meint das Wort „Gott“ laut Gerhard Ebeling „die Tatsache, daß der Mensch in der Ganzheit seines Lebens und damit im Hinblick auf die Wirklichkeit im ganzen in einer letztgültigen Weise sprachlich angegangen ist“22. Vor dem Hintergrund dieser anthropologischen Voraussetzungen ist es aufschlussreich, dass sich Gott in der trinitarischen Heilsgeschichte als personale Gemeinschaft der Liebe erschlossen hat und die Menschen immer wieder durch sein Wort anredet. Aufgrund des Umstandes, dass sich der Sohn Gottes wesensmäßig als Wort (griech. Logos) Gottes erschließt („Das Wort ward Fleisch“ – Joh 1,14), wird vollends offenbar, dass neben der Personalität auch die Sprachlichkeit zum innersten Wesen Gottes gehört. So wird der Mensch auch diesbezüglich als imago Dei (Ebenbild Gottes) transparent. Von daher kann das Wort Gottes die als Wortsituation bestehende Grundsituation des Menschen treffen, weshalb gilt: Wenn sich der sprachlich konstituierte Mensch glaubend auf die Anrede Gottes einlässt, handelt es sich um „dasjenige Verhalten, in dem der Mensch gleichursprünglich sowohl Gott als auch sich selbst entspricht“23, da er Gott als den von sich aus Redenden gelten lässt und sich das wahre Menschsein zusprechen lässt. „Letztlich geht es um das einzige Wort, ‚das den Menschen menschlich macht, indem es ihn zum Glaubenden macht‘“24. Dabei gewährt die im Sohn Gottes bestehende einmalige Identität von Wort und Sein den Menschen wahre Gottes­ erkenntnis und Heilsgewissheit, weil sich Gott in seinem Wort selbst entspricht. So verweist die Transzendenz des Menschen auf das Geheimnis, in das der Mensch gestellt ist und das er selbst nicht erschließen kann, weshalb das Denken über sich hinausgewiesen ist, bis hin zum Grenzbegriff „Gott“, der zu der Einsicht führt: „Vor ihm muß unser Denken verstummen. Soll uns das Unendliche zugänglich werden, dann muß es sich uns selbst erschließen.“25 In dieser empfangenden Hermeneutik kann der Mensch die biblisch bezeugte Selbsterschließung des dreieinigen Gottes in der Heilsgeschichte wahrnehmen, die erkennen lässt, dass der personal und sprachlich geprägte Gott den personal und sprachlich konstituierten Menschen als Adressaten seiner Liebe geschaffen hat. Gott, der die innertrinitarische Beziehung der Liebe verkörpert, nimmt „die Menschen als 21 22 23 24 25

W. Kasper: Gott, S. 124. G. Ebeling: Dogmatik I, S. 190. E. Jüngel: Gott, S. 219. M. Haudel: Bibel, S. 73. W. Kasper: Gott, S. 151.

4. Implikationen des Gottesbegriffs

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seine von ihm selbst geschaffenen Kommunikationspartner in diese Beziehung auf [...], so daß diese – von der grenzenlosen Beziehungswilligkeit Gottes ergriffen und sich ihr öffnend – den Mitmenschen wie auch ihrem Gott entsprechen und zu ihrem menschlichen Wesen kommen können“26. 4. Implikationen des Gottesbegriffs Die Implikationen des Gottesbegriffs, die auf Gott als unverfügbare Eigenwirklichkeit hinweisen, korrespondieren mit dem personalen Wesen des dreieinigen Gottes, weil sich Gott als personales Geheimnis nur selbst erschließen kann. Soll Gott nicht depotenziert oder vereinnahmt werden, ist er als sich selbst erschließendes Geheimnis ernst zu nehmen. Der verborgene Gott verweigert sich menschlicher Vereinnahmung und ermöglicht so wahre Gotteserkenntnis durch den offenbaren Gott.

Die beiden Abschnitte über die Transzendenz des Menschen und die Transzendenz von Welt und Kosmos lassen erkennen, dass der Mensch im Kontext des Kosmos über sich selbst hinausgewiesen ist – auf einen letzten Grund und ein letztes Ziel. Diese Dimensionen sind wiederum verbreitet mit dem Gottesbegriff verbunden, wie es im Abschnitt über die Horizonte des Gottesbegriffs deutlich wurde (siehe Kap. II,1). So trat ein gewisser Resonanzboden des Gottesbegriffs hervor, da Gott weitgehend als Ursache aller Wirklichkeit verstanden wird und somit als selbstursächliche und unverfügbare Eigenwirklichkeit, die hinter dem Geheimnis menschlicher Transzendenz steht. Nimmt man diese Implikationen des Gottesbegriffs ernst, kann es keine aus den weltlichen Bedingungen rekonstruierbare Notwendigkeit Gottes geben, wie es falsch verstandene Gottesbeweise scheinbar vorgeben (siehe zu den Gottesbeweisen Kap. VI,3). Denn bei dem göttlichen Horizont der unverfügbaren Eigenwirklichkeit geht es um den grundlosen Grund, der erst über Sein und Nicht-Sein entscheidet. Deshalb kann weder vom Sein noch vom Nicht-Sein die metaphysisch-theistische „Notwendigkeit“ oder die atheistische „Nicht-Notwendigkeit“ Gottes abgeleitet werden („Gott ist mehr als notwendig“ – E. Jüngel).27 Vielmehr lässt die aus menschlicher Selbsttranszendenz resultierende Ahnung von der Existenz Gottes erkennen, dass der diesem Anschein nach aus sich selbst existierende Gott um seiner selbst willen ernst zu nehmen ist: Er muss sich selbst verifizieren, wenn er erkannt werden soll. „Letztlich kann Gott nicht von einer äußeren Instanz her bewiesen werden. Er muß sich selbst erweisen. Man kann den Gottesgedanken nur daran bewähren, daß man ihn an seinen eigenen Implikationen mißt.“28 26 J. Werbick: Trinitätslehre, S. 557 (im Original kursiv). Vgl. zu den kosmologischen und anthropologischen Dimensionen der Transzendenz M. Haudel: Selbsterschließung, S. 464ff. 27 Vgl. E. Jüngel: Gott, S. 29ff. 28 W. Kasper: Gott, S. 143.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

Das gilt auch für die Implikationen des Gottesbegriffs, die sich aus der personalen Konstitution des Menschen ergeben (siehe Kap. II,3). Als Anknüpfungspunkt und Voraussetzung für den Zugang zu Gott verweist die menschliche Personalität auf ein personales göttliches Gegenüber, das Antwort auf das Geheimnis anthropologischer Personalität und ihres Kontextes geben kann und das sich als personales Geheimnis ebenso erschließen oder verschließen kann wie der Mensch. Wie „schon zur Anwesenheit eines Menschen dessen Entzogensein gehört“, ist „Gottes Anwesenheit [...] überhaupt nur mit seiner Abwesenheit zugleich erfahrbar. Deshalb ist seine Anwesenheit auch nur als Offenbarung erfahrbar.“29 Die mit dem Wesen der Personalität verbundenen Aspekte unterstreichen also die Implikationen des von einer unverfügbaren Eigenwirklichkeit ausgehenden Gottesbegriffs, weil sich das personale Geheimnis in seiner Eigenwirklichkeit auch frei entziehen oder erschließen kann. Durch die damit verbundene Kategorie der selbstursächlichen Freiheit drängt sich die personale Dimension für den Gottesbegriff auf, wobei zu unterstreichen ist, dass sich Gott in der Geschichte als personaler Gott erschlossen hat. Der kommunikative Charakter der Personalität bildet die Voraussetzung für eine freie Gemeinschaft der Liebe und somit die Grundlage für eine derartige Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch. Im Blick auf die Bedingungen angemessener Gotteserkenntnis, die Gott wirklich Gott sein lässt und ihn nicht eigenen Vorstellungen unterwirft, bleibt deshalb festzuhalten, dass Gott nur in einer empfangenden Hermeneutik ernst genommen wird, die sich seiner Selbsterschließung öffnet, statt ihn selbst rekonstruieren zu wollen. Denn wie der Mensch das personale Geheimnis seiner Mitmenschen vorurteilsfrei zur Kenntnis nehmen sollte, so sollte er auch das Geheimnis Gottes als solches wahrnehmen. „Gott ist um seiner selbst willen inte­ ressant [...]. Was man Menschen zugesteht, sollte man Gott auch nicht einmal in der Theorie vorenthalten.“30 Wenn man Gott als göttliche Wirklichkeit ernst nimmt, kann er nur als sich offenbarender Gott als Gott gedacht werden: „[...] für Gott als den, über den hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, kann es nicht nochmals einen größeren und umfassenderen Horizont geben, von dem her und innerhalb dessen wir ihn begreifen können“31. Soll Gott nicht depotenziert oder vereinnahmt werden, muss man ihn als sich selbsterschließendes Geheimnis wahrnehmen. Nur so lässt man ihn als Gott gelten, während man sich selbst unter Berücksichtigung der eigenen Transzendenz als empfangende menschliche Kreatürlichkeit annimmt. Denn „Gott denken heißt: Gott allein als denjenigen denken, der de deo etwas zu sagen hat. [...] Gott denken kann nicht heißen, daß die menschliche Vernunft ihm gleichsam vorschreiben könnte, wie er sich ihr zu zeigen hat.“32 29 30 31 32

E. Jüngel: Gott, S. 137. Ders.: Entsprechungen, S. 196. W. Kasper: Gott, S. 158. E. Jüngel: Gott, S. 211. Vgl. P. Siller: Gotteslehre, S. 18: „Es gibt also keine Enthüllung Gottes vom Menschen her, aber ein Sichselbstzeigen Gottes.“ – Auch nach Luther ist darauf zu hören, „was Gott selbs sagt und leret“ (WA 37;45,7).

4. Implikationen des Gottesbegriffs

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„Gott kann deshalb nur durch Gott erkannt werden; er kann nur erkannt werden, wenn er sich selbst zu erkennen gibt.“33 Zu einer solchen empfangenden Hermeneutik fordert schon das Wort „Gott“ selbst heraus, indem es ein „Sprach­ ereignis“ impliziert: „Das Wort Gott bringt die Wirklichkeit so zur Sprache, daß es zugleich an der Welt selbst ‚etwas‘ aufleuchten läßt, was mehr als Welt ist. [...] Damit ist die [...] Rede von Gott [...] immer ein wirksames Wort. In ihm geht es nicht um das, was die Welt immer schon war, um ihr bleibendes Wesen, sondern um ihre offene Zukunft.“34 Von daher hat der Gottesbegriff an sich bereits Begegnungscharakter, weil er den sprachlich konstituierten Menschen schon allein als Begriff auf die Gemeinschaft mit Gott anspricht.35 Dabei verlangt die in der Gottesrelation gegebene „Antwort auf die Fraglichkeit des Menschen und der Welt“36 Aussagen tragfähiger Erkenntnis- und Heilsgewissheit – im Unterschied zu den immer nur annähernden Aussagen, welche die Weltrelation des Menschen betreffen.37 „Jedenfalls für die Gotteserkenntnis ist es charakteristisch, daß sie – als Erkenntnis der Alles (also auch den Erkennenden selbst) bestimmenden Wirklichkeit – erst dann an ihr Ziel kommt, wenn sie im Menschen daseinsbestimmendes Vertrauen weckt und findet.“38 Das wiederum gelingt nur, wenn Gott sich in seiner Heilsrelevanz selbst tragfähig (erfahrbar) zusagt und nicht Produkt menschlicher Gottesspekulation ist. Diese kann nämlich aufgrund ihrer eigenen Grenzen, die mit der Transzendenz gesetzt sind, keine letzte Gewissheit erlangen. „Die Gottesgewissheit soll uns von sich aus und durch sich selbst vergewissern; sie will und soll uns verbindlich und verantwortlich in Anspruch nehmen“, weil „es hier tatsächlich um alles geht, um Heil und Unheil, um Wahrheit oder Lüge“39. Entsprechend geht es beim Gottesbegriff um „einen Beziehungsbegriff, dessen Maß und Norm Gott selbst in dieser Beziehung“40 setzen muss, wenn solche Gottes-Gewissheit erlangt werden soll. So wird Gott nur als sich selbsterschließendes offenbares Geheimnis zugänglich, dessen Verborgenheit positiv die Eigenständigkeit von Personalität charakterisiert, wobei sich der verborgene Gott der Versuchung menschlicher Vereinnahmung verweigert und damit die wahre – und definitiv zugesagte – Gotteserkenntnis durch den offenbaren Gott ermöglicht. Gottes Verborgenheit impliziert also weder die Undefinierbarkeit Gottes für menschliche Erkenntnis noch die Möglichkeit der rationalen Ableitbarkeit seines Wesens, sondern die notwendige Öffnung für seine Selbsterschließung. Eine resignative Hermeneutik, die meint, über das Wesen Gottes nur schweigen zu können (L. Wittgenstein), ist gegenüber den aufge33 34 35 36 37 38 39 40

W. Kasper: Gott, S. 147 (im Original kursiv). Ebd., S. 123. Vgl. E. Jüngel: Gott, S. 12f. u. 208. W. Kasper: Gott, S. 15. Vgl. I. Lønning: Art. „Gott VIII“, S. 701f. W. Härle: Dogmatik, S. 234. J. Werbick: Gott, S. 11f. F. Schmid: Erwägungen, S. 67.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

zeigten Implikationen des Gottesbegriffs also ebenso unangemessen wie eine spekulativ-ra­tio­nale Hermeneutik, die die Möglichkeit einer Rekonstruktion des Wesens Gottes aus natürlichen Voraussetzungen postuliert. Vielmehr bedarf es einer empfangenden Hermeneutik der Offenheit. 5. Hermeneutische Bedingungen für die Erkenntnis Gottes Aus der Transzendenz von Welt und Mensch und den Implikationen des Gottesbegriffs geht hervor, dass der Mensch aus sich selbst keine tragfähige Gotteserkenntnis ableiten kann, sondern sich in empfangender Hermeneutik der Selbsterschließung Gottes zu öffnen hat. Nur so wird er dem Zusammenhang von „Ahnung“ und „Offenbarung“ gerecht. Dieses Begriffspaar kann die geschichtliche Selbsterschließung des dreieinigen Gottes angemessen zum Ausdruck bringen: Die Offenbarungswirklichkeit wäre ohne eine vorläufige Ahnung von der göttlichen Dimension kaum verständlich zu vermitteln, während umgekehrt eine natürlich ableitbare Gotteserkenntnis die Offenbarung in feststehende Kategorien zwängen würde. Entsprechend verweist die aus menschlicher Selbsttranszendenz resultierende Ahnung von Gottes Existenz auf die Notwendigkeit seiner Selbsterschließung, welche um der allgemeinen Verständlichkeit willen wiederum an die natürlichen Voraussetzungen anknüpft. So ermöglicht die sich in Wort und Tat vollziehende heilsgeschichtliche Offenbarung des dreieinigen Gottes authentische Gotteserkenntnis und damit Heilsgewissheit. Im Blick auf das Geheimnis von Mensch, Welt und Geschichte wird offenbar, dass Gott und Mensch in der Liebe dasselbe Geheimnis teilen.

Aus den gezeigten Dimensionen der Transzendenz von Welt und Mensch sowie aus den dargelegten Implikationen des Gottesbegriffs gehen bereits die – in diesen Abschnitten angeklungenen – Bedingungen für eine angemessene Gotteserkenntnis hervor. Demnach erkennt die vernünftige Vernunft, dass sie aufgrund der kosmologischen und anthropologischen Selbsttranszendenz und der Verborgenheit Gottes nur zur Gottesidee als einem Grenzbegriff der Vernunft gelangen kann.41 Bei bewusster Betrachtung gelangt die menschliche Perspektive lediglich zu einer Ahnung von Gott, weil der Mensch aufgrund seiner über sich selbst hi­nausweisenden Grenzen die alles bestimmende göttliche Wirklichkeit nicht zu erfassen vermag – zumal sich der Grund des Seins als selbstursächliche und unverfügbare Eigenwirklichkeit aufdrängt, die hinter dem Geheimnis menschlicher Transzendenz steht. Werden diese Bedingungen ernst genommen, müsste den Menschen deutlich sein, dass sie Gott weder aus anthropologischen noch aus kosmologischen Vorausset41 Vgl. E. Jüngel: Gott, S. 211: „Die Vernunft ist vernünftig, wenn sie begreift, daß sie von sich aus keinen Gott konstruieren kann. Die Vernunft ist vernünftig, wenn sie begreift, daß ein Gott überhaupt nur dann als Gott gedacht wird, wenn er als sich offenbarender Gott gedacht ist.“ – Zur Bedeutung des menschlichen Subjekts im Prozess der Gotteserkenntnis siehe Anm. 9, I. Kap.

5. Hermeneutische Bedingungen für die Erkenntnis Gottes

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zungen ableiten können. Die Menschen sind nicht in der Lage, sich selbst ein tragfähiges Bild bzw. Bildnis von Gott zu machen, weil sie keine dem Erkenntnisgegenstand angemessene Möglichkeit haben, diesen zu rekonstruieren. Zudem verweist die personale Struktur des Menschen als Bedingung und Anknüpfungspunkt der Got­tes­­­­­idee auf ein personales göttliches Gegenüber, das sich dem Menschen vermitteln kann und Antwort auf das Geheimnis menschlicher Personalität in ihrem universalen Kontext zu geben vermag. Die mit der Charakteristik von Personalität einhergehende unverfügbare Eigenwirklichkeit korrespondiert den entsprechenden Dimensionen der Gottesidee und beinhaltet, dass sich Gott wie der Mensch verschließen und erschließen kann. Wird diese in unterschiedlichen Facetten hervortretende selbstursächliche Freiheit wahrgenommen, die sich mit der für die Menschen nicht greifbaren Dimension Gottes verbindet, kann der Mensch Gott nicht spekulativ konstruieren, sondern muss sich in empfangender Hermeneutik der – möglicherweise erfolgenden bzw. erfolgten – Selbsterschließung Gottes öffnen, wenn er zu tragfähiger und begründeter Gotteserkenntnis gelangen will. Denn nur wenn sich der Mensch in hermeneutischer Offenheit „auf den Ort der (erhofften) Selbsterschließung Gottes“42 ausrichtet, werden die Gottheit Gottes und die Kreatürlichkeit des Menschen ernst genommen. Vor diesem Hintergrund ist das Verhältnis von „Natürlicher Theologie“ und „Offenbarungstheologie“ bzw. das Verhältnis von „natürlicher und übernatürlicher Offenbarung“ (De Deo uno – De Deo trino) zu modifizieren. Denn schon in der Scholastik wurde die Trinitätslehre durch die natürliche Vorordnung des Traktats „De Deo uno“ zunehmend funktionslos für die Lehre von Gott und die Lehre vom Heil des Menschen (Soteriologie), so dass der christliche Gottesbegriff seine theologische und kirchliche Tragweite zugunsten einer aus natürlichen Grundlagen rekonstruierten Einheit Gottes verlor. Deshalb ist daran zu erinnern, dass bereits der Kirchenvater Gregor von Nazianz (ca. 325–390) aus gutem Grund die Alterna­tive zwischen natürlicher und übernatürlicher Offenbarung überwand, indem er die natürliche bzw. ableitbare rationale Erkenntnis (kataphatisch) mit der übernatürlich orientierten Erkenntnis vermittelte, die das göttliche Geheimnis nicht zu umschreiben vermag (apophatisch). Die Vermittlung geschieht durch die dritte Dimension der existentiellen Erkenntnis (Erfahrung), in der sich kataphatische und apophatische Dimension verbinden (Oratio 28ff.). Wie in der paulinischen Theologie (Röm 1,18–20; 2,14f.) existiert eine na­türliche Gottesahnung, die auf Gottes Existenz hinweist, aber aufgrund der Transzendenz von Mensch und Welt sowie der menschlichen Selbstvergöttlichungsneigung (Verkehrung natürlicher Hinweise) ambivalent bleibt (Röm 1,21ff.). So bedarf die natürlich-kataphatische Ahnung von Gott der apophatischen Offenbarungserkenntnis, insofern als das apophatische Moment nicht die Unerkennbarkeit Gottes beinhaltet, sondern auf die trans­zendente, personale und somit freie Wirklichkeit Gottes verweist, die nur durch die Selbsterschließung Gottes zugänglich wird. 42 W. Härle: Dogmatik, S. 229.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

Diese Selbsterschließung vollzieht sich in der Heilsgeschichte – und damit unter den Bedingungen der Welt. Die Selbsterschließung Gottes in der heilsgeschichtlichen Wirklichkeit knüpft also um der Verständlichkeit des Offenbarten willen an die natürliche Ahnung von Gott an, welche wiederum der selbsterschließenden Offenbarung des göttlichen Geheimnisses bedarf. Dadurch ist sowohl die Gottheit Gottes bzw. die Eigenständigkeit der Offenbarung gewährleistet als auch deren Relevanz für die Wirklichkeit des Menschen und der Welt (Universalität). Um dieses differenzierte Offenbarungsverständnis, das den Bedingungen der Gotteserkenntnis angemessen ist, zum Ausdruck zu bringen und vor bisherigen Einseitigkeiten zu schützen, hat der Verfasser das Begriffspaar „Ahnung – Offenbarung“ eingeführt. So schützt der Begriff Ahnung gegenüber den Begriffen „natürliche Theologie“ oder „natürliche Offenbarung“ besser davor, durch rationale Ableitungen oder metaphysische Rückschlussverfahren aus natürlichen Voraussetzungen einen spekulativen Gottesbegriff zu rekonstruieren. Gleichzeitig beinhaltet der Begriff aber auch die natürlichen Anknüpfungspunkte der Gotteserkenntnis. Er erlaubt also weder eine natürlich-theologische Definition Gottes, die zum Kriterium der übernatürlichen Offenbarung wird (Vorordnung des „De Deo uno“), noch eine Offenbarungstheologie, die natürliche Anknüpfungspunkte als Voraussetzung der Verständlichkeit und Universalität des Offenbarten vernachlässigt. So wird der in den bisherigen Begriffspaaren bestehenden Gefahr einer pauschalen Polarität gewehrt. Der in dem neu gewählten Begriffspaar nur einmal vorkommende Begriff Offenbarung schützt wiederum vor der Gefahr einer undifferenzierten Nivellierung, die bei der Rede von „natürlicher Offenbarung“ und „übernatürlicher Offenbarung“ besteht, weil eine solche Terminologie die Offenbarungsqualität beider Seiten als gleichwertig erscheinen lässt, wodurch natürliche Erkenntnis erneut zum Maßstab heilsgeschichtlicher Offenbarung werden kann (kriteriologische Vorordnung des Traktats „De Deo uno“). So gewährleistet das Begriffspaar „Ahnung – Offenbarung“ die Beachtung des folgenden offenbarungstheologischen Zusammenhangs: Die Offenbarungswirklichkeit wäre ohne eine vorläufige Ahnung von der göttlichen Dimension kaum verständlich zur Sprache zu bringen, während umgekehrt eine natürlich-apriorische Gotteserkenntnis die Offenbarung lediglich unter feststehende Kategorien subsumieren würde, die zudem den Charakter spekulativer Rekonstruktion hätten.43 Die genannten offenbarungstheologischen Zusammenhänge werden auch durch die Implikationen der biblischen Aussage bestätigt, dass niemand den in einem unzugänglichen Licht wohnenden Gott je gesehen hat (Joh 1,18a; 6,46; I Tim 6,16; I Joh 4,12). Denn damit ist nicht die grundsätzliche Unkenntlichkeit Gottes gemeint, sondern der Aspekt seines transzendentalen und personalen Geheimnisses, welches Gott als von sich aus Redender und Handelnder selbst in der menschlichen Geschichte erschließt: „[...] der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt“ (Joh 1,18b). Zugleich deutet sich 43 Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 485ff. Zu Gregor von Nazianz vgl. ebd., S. 129ff.

5. Hermeneutische Bedingungen für die Erkenntnis Gottes

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hier eine weitere zentrale hermeneutische Bedingung angemessener Gotteserkenntnis an, nämlich die Tatsache, dass sich die trinitarische Selbsterschließung Gottes in der gegenseitigen Abhängigkeit bzw. Interdependenz von Wort- und Tatoffenbarung vollzieht. Weil sich die biblisch bezeugte Wort- und Tatoffenbarung Gottes in gegenseitiger Bestätigung zu einer großen Geschichtslinie verbindet, wird die authentische44 personale Selbsterschließung Gottes ermöglicht: Der sich im Heiligen Geist und im Sohn Jesus Christus auch als himmlischer Vater erschließende dreieinige Gott erweist sich nämlich nicht nur als verkündigtes Objekt der Gotteserkenntnis, sondern auch als bleibendes Subjekt dieser in der Heilsgeschichte sich vollziehenden Erkenntnis. Wie Gott im Heiligen Geist den Menschen die im Wort bezeugte Geschichte ihres Heils existentiell erfahrbar werden lässt, so steht in Christus die Tat des von Gottes Liebe erzählenden Wortes vor Augen, wobei der verkündigte Christus als Auferstandener im Heiligen Geist selbst das Werk der Verkündigung weiter vorantreibt (der Verkündigte ist zugleich der Verkündiger). Da im Kontext dieses biblischen Offenbarungsbegriffs die Dimension des Geheimnisses nicht wie in neuplatonisch oder aufklärerisch geprägten theologischen Traditionen auf Über-Ra­tionales oder die Unbegreiflichkeit Gottes verweist, sondern auf das in der personalen Selbsterschließung offenbare Geheimnis, ist Gott weder schweigend als unsagbar zu bejahen (Mystik) noch atheistisch als undenkbar zu negieren oder theistisch im Rückschlussverfahren abzuleiten. Vielmehr ist er als personales Geheimnis in seinen selbsterschließenden Worten und Taten ernstund wahrzunehmen. Dann werden auch die heilsrelevanten Inhalte der christologischen und pneumatologischen Selbsterschließung des dreieinigen Gottes erkennbar, was hier zunächst nur grundsätzlich im Blick auf die Erkenntnismöglichkeiten erörtert wird. Die christologische Selbsterschließung lässt erkennen, dass sich Gott der Vater in seinem ewigen Sohn bzw. seinem ewigen Wort (Logos) als sein eigenes innertrinitarisches Bild offenbart (Joh 14,9), in welchem er sich selbst aussagt und selbst Ziel und Gemeinschaft ist. Dabei tritt durch die Identität des Wortes Gottes mit Gott (Joh 1,1) nicht nur die sprachliche Konstitution Gottes hervor, sondern auch die wesensmäßige Voraussetzung dafür, dass sich die Selbstmitteilung Gottes an die ebenfalls sprachlich konstituierten Menschen im Sohn (Logos) vollzieht. Weil der Sohn sowohl das Bild Gottes (Kol 1,15) als auch das Bild des wahren Menschen verkörpert, insofern als die Menschen nach dem Bild des Sohnes geschaffen wurden (Kol 1,16f.), erklärt sich, warum der sprachlich und personal konstituierte Mensch Ebenbild Gottes ist (imago Dei), warum gerade der Sohn Mensch wurde und warum im Sohn Gottes wahre Gottes- und Menschenerkenntnis gegeben ist. Denn in ihm wird sowohl die innergöttliche liebende Antwort des Sohnes an den Vater offenbar als auch die vertrauensvolle Glaubensantwort der Menschen an den himmlischen Vater. Deshalb vermittelt der Sohn das Wort des 44 Auch die Authentizität menschlicher Worte bedarf der Übereinstimmung mit den Taten.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

Angebots und des Lebens, das den Menschen in der Freiheit ihrer Ansprechbarkeit die Freiheit der lebensbejahenden Antwort ermöglicht. Die Annahme dieses Angebots und die damit verbundene freiheitliche Liebesgemeinschaft der Menschen mit Gott werden durch die pneumatologische Selbsterschließung Gottes gewährt. Denn der Heilige Geist erschließt innertrinitarisch den Vater für den Sohn und umgekehrt, wobei er ermöglicht, dass beide nicht in egoistischer Liebe aufgehen, sondern sich auf einen Dritten beziehen können, den Heiligen Geist. Deshalb gewährt der Geist eine vollkommene heilige Gemeinschaft der Liebe, was sich im Begriff Heiliger Geist widerspiegelt. Weil der Geist das innergöttliche Leben auf die freie Gemeinschaft der Liebe hin öffnet und vollendet, kommt ihm seinem Wesen entsprechend in der Heilsgeschichte die Aufgabe zu, die Gemeinschaft freier personaler Liebe zwischen Gott und Mensch sowie zwischen den Menschen untereinander zu eröffnen und zu vollenden. Die der menschlichen Transzendenz eingepflanzte Hoffnung auf Vollendung gelangt im Heiligen Geist zum Ziel. Insofern als der Heilige Geist der Vollzug der innergöttlichen Gemeinschaft der Liebe in Person ist, verkörpert er nicht nur die Gabe göttlichen Lebens und göttlicher Liebe, sondern auch den personalen Geber dieser Gabe. So wird der Heilige Geist den Menschen einerseits als Gabe zuteil, indem die Menschen die von ihm verliehenen Charismen (Gnadengaben) erhalten, wäh­rend er andererseits als Geber das personale Gegenüber der Menschen zu bleiben vermag und so die Gleichzei­tigkeit von „Gegenüber und Nähe“ Gottes garantiert. Damit realisiert der Heilige Geist selbst noch einmal, was das trinitarische Wesen Gottes ohnehin schon ermöglicht, wenn etwa der unsichtbare Vater als ble­i­ben­des Gegenüber den Menschen in der Inkarnation seines Sohnes ganz nahe kommt. Durch diese Struktur von „Gegenüber und Nähe“ Gottes kann eine freie personale Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch entstehen, die die Personalität der Gottheit Gottes ebenso zulässt wie die Personalität der Menschlichkeit des Menschen („wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ – II Kor 3,17). Auf diese Weise wird die pneumatologische Selbst­erschließung Gottes sowohl dem Wesen Gottes als auch dem Wesen des Menschen gerecht, was nicht zuletzt darin begründet liegt, dass der Geist in der Schöpfung waltet (Schöpfergeist), die er in Verge­gen­wärtigung des Christusheils heiligt, um sie zur eschatologischen Vollendung zu führen. Soll die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes nicht der Gefahr einer spekulativen Konstruktion des innertrinitarischen Wesens ausgesetzt werden, bedarf es der Orientierung an der biblisch bezeugten heilsgeschichtlichen Selbstmitteilung der trinitarischen Personen. Von daher ist die immanente (Wesens-) Trinität nur durch die ökonomische (heilsgeschichtlich erschlossene) Trinität zu erkennen. Diese Erkenntnisordnung (ökono­misch→immanent) ist allerdings von der das göttliche Wesen betreffenden Seins­ordnung (immanent→ökonomisch) zu unterscheiden: Zwar bilden die heilsgeschichtlichen Sendungen erkenntnistheoretisch die Voraussetzung für die Wahrnehmung der ewigen innertrinitarischen Hervorgänge, aber umgekehrt liegt in der innertrinitarischen Seinsstruktur die ontologische Voraussetzung für die heilsgeschichtliche Selbsterschließung: „Gott wird

5. Hermeneutische Bedingungen für die Erkenntnis Gottes

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als dreieiniger Gott in der Heilsgeschichte im Glauben erfahren und erkannt, aber er wird nicht erst in dieser Geschichte zum dreieinen Gott. Er ist dieser vielmehr immer schon, ja seine lebendige dreieinige Lebensgemeinschaft ist seinsmäßige Voraussetzung dafür, daß Gott als er selbst über sich selbst hinaustreten und sich uns als er selbst in der Geschichte offenbaren will und kann“45, und zwar in freier und ungeschuldeter Selbsterschließung für das Heil der Menschen, um diesen Anteil an seiner in sich selbst schon vollkommenen Liebe zu geben. Dabei ist es für die Gottes- und Heilsgewissheit maßgeblich, dass es Gott selbst ist, der sich im Sohn und im Geist erschließt, da sonst keine definitive Gotteserkenntnis und keine definitive Heilszueignung gegeben wären. Entgegen der Annahme Immanuel Kants (1724–1804), die Trinitätslehre enthalte keinerlei praktische Bedeutung,46 erweist sich somit die zentrale hermeneutische Relevanz der trinitarischen Selbsterschließung Gottes. Denn allein die heilsgeschichtlich gewährte Gemeinschaft mit dem trinitarischen Gott entspricht wahrer göttlicher und menschlicher Personalität und offenbart diese, woraus letztgültige Heilsgewissheit erwächst: „Heil ist intensive Gemeinschaft mit Gott [...]. Mit dem Kommen des Heiligen Geistes und des Glaubens kommt der dreieinige Gott selbst zum Menschen, um in ihm Wohnung zu nehmen.“47 Selbstgewissheit sowie Gottes- und Heilsgewissheit kann der Mensch aufgrund seiner ambivalenten Selbsttranszendenz nicht aus sich erlangen, sondern nur durch den empfangenden Glauben. Weil der Mensch noch unter den Bedingungen der von Gott entfremdeten Welt erkennen darf, dass Gott und Mensch in der Liebe dasselbe Geheimnis teilen, erweist sich die trinitarische Selbsterschließung Gottes als das Heilsmysterium des Menschen. Dieses wird sowohl im Kontext der natürlichen Anknüpfungspunkte (vestigia trinitatis) als auch in Überwindung der natürlichen Entfremdungen (Krisis) erfahrbar: „Die [trinitarische] Offenbarung ist also die Bestimmung des unbestimmtoffenen Geheimnisses des Menschen, seiner Welt und Geschichte.“48 Um die im Heiligen Geist ermöglichte Gewissheit über die in Christus offenbarte Wahrheit der von Gott geschenkten Schöpfungs- und Heilswirklichkeit zu erlangen, öffnet sich der Glaube der Liebe Gottes und nimmt sie an. Da der – Gottes Heilshandeln gegenüber – passive Glaube sich so zugleich als aktive Glaubensantwort erweist49, ist er weder mit synergistischen Vorstellungen (z.B. Werkgerechtigkeit) noch mit deterministischen Vorstellungen (z.B. doppelte Prädestination) zu vereinbaren (siehe Kap. X,2.3). 45 46 47 48

B.J. Hilberath: Gott, S. 37. Zu Kant siehe Kap. VI,1. E. Jüngel: Entsprechungen, S. 258f. W. Kasper: Gott, S. 154. Vgl. ebd., S. 167: „Das Bekenntnis vom Offenbarungs- und Heilshandeln Gottes des Vaters durch Jesus Christus im Heiligen Geist ist die Explikation dieses einen Geheimnisses unseres Heils.“ 49 Vgl. C. Schwöbel: Human Being, S. 146f. Vgl. insgesamt E. Jüngel: Gott, S. 466f. u. 219, der zeigt, dass der Glaube als die vom redenden Gott ermöglichte und eröffnete existentielle Relation des sich auf den anredenden Gott einlassenden Menschen die „Verschränkung von Aktivität und Passivität des Erkennens im Gottesgedanken“ beinhaltet (ebd., S. 218).

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

Die durch die Offenbarungserkenntnis zuteil gewordene Gewissheit wird erst dann zu einem daseinsbestimmenden Vertrauen, wenn sich der Mensch im Glauben existentiell darauf einlässt.50 Insofern als die Erkenntnisbedingungen dem Erkenntnisgegen­stand zu entsprechen haben, verlangt die im Wort vollzogene und sich im Heiligen Geist vergegenwär­tigende Selbsterschließung Gottes mit ihrer Heils-Anrede eine empfangende Hermeneutik, welche die Glau­bensantwort als personale Selbstübereignung des Menschen an Gott beinhaltet. Denn die men­schliche Freiheit der Ansprechbarkeit ist ausgerichtet auf die Freiheit der Antwort auf Gottes Heilszusage, in der die Menschen zu ihrer eigentlichen Entsprechung finden, weil Liebe, Gemeinschaft und Glaube die zerstörerische Selbstbegründung bzw. -behauptung des Menschen überwinden. Auf diese Weise wird das Wesen der auf Gottes Liebe angewiesenen menschlichen Existenz ebenso ernst genommen wie das Wesen Gottes, den man in der Offenheit für seine Selbsterschließung Gott sein lässt. 6. Glaube und Vernunft Weil der Mensch in seiner Kreatürlichkeit aus Gottes Liebe lebt und Gott ihm diese Liebe immer wieder zusagt, ist der Glaube als vernünftig zu bezeichnen. Denn er kann in empfangender Öffnung die vom verborgenen Gott gegebene Heilszusage als Heilsgewissheit erlangen. Die Vernunft ist vernünftig, wenn sie dem geschenkten Heil „nach-denkt“, in der Einsicht, dass sie Gott aus sich selbst nicht ergreifen bzw. konstruieren kann. Glaube und Vernunft sind aufeinander angewiesen, da nur der Glaube die natürlichen Voraussetzungen auf ihre eigentliche Bestimmung hin befragen kann, während die Vernunft die nachvollziehbare Universalität des Glaubens ermöglicht. So ist weder eine Trennung noch eine Identifizierung von Glaube und Vernunft angemessen.

Es wurde deutlich, dass der empfangende Glaube die einzig angemessene und ursprüngliche Weise ist, auf die der Mensch die im göttlichen Wort angebotene Heilsgemeinschaft annehmen kann. Denn aufgrund der menschlichen Selbsttranszendenz, die den Aspekt des Geheimnisses und die Grenzen menschlicher Erkenntnis beinhaltet, ist der sprachlich und personal konstituierte Mensch auf die Heils-Anrede Gottes angewiesen, der er sich vertrauensvoll im Glauben überlassen darf. Damit entspricht der Mensch sowohl seiner kreatürlichen Angewiesenheit auf die Liebe des Schöpfers als auch dem Angebot der hingebungsvollen Liebe Gottes, der sich als vollkommene Liebesgemeinschaft offenbart. So erkennt die „vernünftige Vernunft“ die Vernünftigkeit des Glaubens, dessen Wesen der trinitarisch erschlossenen Gleichzeitigkeit von Verborgenheit und Sichtbarkeit Gottes entspricht („Ge­­gen­über und Nähe“). Denn nur der Glaube vermag in 50 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 234.

6. Glaube und Vernunft

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empfangender Öffnung die vom verborgenen Gott (Gegenüber) definitiv zugesagte Gottes- und Heilsge­wissheit (Nähe) zu erlangen.51 Eine dem Glauben entsprechende Ver­­nunft ist vernünftig, wenn sie dem Ergriffen-Sein von dieser Gemeinschaft mit Gott auf reflexe Weise nach-denkt, zumal wenn sie sich eingesteht, dass sie aufgrund der kosmologischen und anthropologischen Selbsttranszendenz und der Verborgenheit Gottes nicht in der Lage ist, Gott selbst zu ergreifen bzw. zu konstruieren. Deshalb hat sich die Vernunft im Glauben der Selbsterschließung Gottes zu öffnen. Damit geht es auch für die Vernunft darum, ob sie als selbstbehauptende Vernunft fungiert und „zuerst bei sich“52 ist, wie es in einigen durch die Aufklärung vertretenen Vorstellungen von der autonomen menschlichen Vernunft zum Tragen kommt (siehe Kap. VI,1), oder ob sie in empfangender Hermeneutik Offenheit für die Anrede von außen zeigt. Erst durch solche Anrede kann die Infragestellung bisheriger „natürlicher“ Vernunfterkenntnis erfolgen (Krisis), indem etwa durch die Heils-Anrede Gottes die selbstbehauptende Verkehrung der eigentlichen menschlichen Bestimmung hervortritt. Umgekehrt vollzieht sich diese Heils-Anrede im Kontext der „natürlichen“ Schöpfungsvoraus­setzungen, die der Vernunft direkt zugänglich sind. So par­tizipiert die Vernunft im heilsgeschichtlich-trinitarischen Zusammenhang von Schöpfung, Erlösung und Vollendung sowohl an den natürlichen Voraussetzungen des protologischen Lebensodems der Schöpfung als auch an der eschatolo­ gischen Geist-Gabe Christi. Diese knüpft wiederum an die natürlichen Voraussetzungen an, indem die Gnade sich die Natur voraussetzt und diese kritisch auf ihre Verkehrungen hin befragt, wodurch die Natur auf ihre eigentliche Wahrheit angesprochen wird. Zugleich ist der Glaube auf die Universalität und Vernünftigkeit des in ihm enthaltenen Sinnziels ausgerichtet, weil er Rechenschaft gegenüber allen Menschen geben soll (I Petr 3,15). Deshalb gilt auch: Der Glaube fragt nach der Vernunft (lat. fides quaerens intellectum). Von daher kann es weder eine dualistische Trennung von Glaube und Vernunft geben, die in rein fideistischer Fixierung auf den Glauben dessen vernünftig nachvollziehbare Relevanz außer Betracht lässt, noch ist eine rationalistische Identifizierung von Glaube und Vernunft angemessen, die den Glauben rein rational natürlichen Prämissen unterwirft. Ein rein rationaler Glaube erweist sich also ebenso wenig als vernünftig wie ein rein fideistischer Glaube. Vernünftig ist vielmehr allein der empfangende Glaube, der sich vor dem Hintergrund der kosmologischen, anthropologischen und theologischen Ahnung von Gott (Anknüpfungspunkte) der Selbsterschließung Gottes öffnet. Denn das vom tri­ni­ta­­rischen Gott Geschaffene findet seine „volle Verwirklichung erst dann, wenn es in das Licht des Urbilds, welches Maß und Ziel seines Seins und Wirkens ist, gestellt wird. Deshalb ist es die vom Glauben an den dreieinigen Gott geleitete Vernunft, welche die tiefsten Potentialitäten alles Wirklichen zu ent­de­­­cken und zu aktuieren 51 Vgl. E. Jüngel: Entsprechungen, S. 171ff. u. 242ff. 52 J. Werbick: Gott, S. 43.

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II.  Dimensionen der Gotteslehre

vermag.“53 Im Kontext der als Krisis und Integral der Wirklichkeit fungierenden trinitarischen Selbsterschließung erweist sich nicht nur der von seinem Gegenstand bestimmte Glaube als trinitarisch geprägt, sondern auch die Vernunft, die aufgrund ihrer Schöpfungsvoraussetzungen letzt­lich trinitarisch ausgerichtet ist. Geschöpfliche Natur und Vernunft bleiben nämlich trotz der Sünde Anknüpfungspunkte für die Erschließung der Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott, weil sie darauf ausgerichtet sind: „Wenn es faktisch keine natürliche Ordnung (im traditionellen Sinn) gibt und ‚Natur‘ (Schöpfung) immer schon Anfang von trinitarischer Offenbarungs- und Heilsgeschichte ist, so gibt es auch keine natürliche Vernunft im Sinne eines ‚neutralen‘ Vermögens als jener geistigen Fähigkeit, mit der der Mensch sich die Wirklichkeit zu eigen macht, seinen eigenen Ort darin bestimmt und allenfalls noch eine unbestimmte Offenheit auf Transzendenz erfährt. Vielmehr ist auch die Vernunft faktisch geprägt von dem und ausgerichtet auf das von Gott in Freiheit eröffnete und geschenkte Ziel des Lebens mit dem dreifaltigen Gott. Und da dieses Ziel sich dem Menschen in einem geschichtlichen Offenbarungsprozeß darbietet, ist die Vernunft nicht indifferent gegenüber den sie an-gehenden geschichtlichen Bestimmungen.“54 Unter diesen Voraussetzungen wird die Offenheit der Vernunft für die Heils-Anrede Gottes transparent. Schließlich bleibt noch darauf hinzuweisen, dass es sich beim Glauben als existentiell vertrauende Selbstübereignung an die Liebe Gottes um eine die gesamte Existenz betreffende Lebenshaltung handelt. Deshalb spielen für den Glauben neben der Vernunft auch noch das Gefühl und der Wille eine zentrale Rolle. Denn das „Bestimmtwerden durch den Adressaten des Glaubens, Gott, hat […] unmittelbar den Charakter des Sich-bestimmt-Fühlens, mittelbar den Charakter des Sich-bestimmt-Wissens und des Sich-bestimmen-Lassens. Erst in dieser Ganzheit und Einheit ist der Glaube, was er ist.“55 Dabei entspricht das Gebet, das der Haltung des Glaubens angemessen ist, in seiner sich zuwendenden, offenen, hingebenden und empfangenden Haltung der sich frei zuwendenden und hingebenden Liebe Gottes. Literatur Härle, Wilfried: Dogmatik, Berlin/Boston 42012. Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. 53 G. Greshake: Gott, S. 41. 54 Ebd., S. 39. 55 W. Härle: Dogmatik, S. 68f. – Zu weiteren Aspekten des menschlichen Subjekts im Glaubensprozess siehe Anm. 9, I. Kap. – In diesem Zusammenhang ist auch Paul Tillichs Berücksichtigung der verschiedenen Dimensionen menschlicher Existenz zu nennen. Siehe P. Tillich: Systematische Theologie I-III.

6. Glaube und Vernunft

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Jüngel, Eberhard: Entsprechungen: Gott – Wahrheit – Mensch. Theologische Erörterungen (= BEv­Th 88), München 1980. Jüngel, Eberhard: Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus, Tübingen 82010. Kasper, Walter: Der Gott Jesu Christi (= Das Glaubensbekenntnis der Kirche 1), Mainz 1982. Lønning, Inge: Art. „Gott VIII: Neuzeit/Systematisch-theologisch“, in: TRE 13, S. 668–708.

III. Die Grundlagen christlicher Gotteslehre in ihrem philosophischen und religiösen Kontext

1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist Mit den biblischen Büchern existiert ein einmaliges Zeugnis der Menschheitsgeschichte, das mit der mündlichen Tradition einen Zeitraum von Jahrtausenden umspannt, in dem sich Gott zu unterschiedlichsten Zeiten verschiedensten Menschen erfahrbar machte – und dennoch erweisen sich diese vielfältigen Erfahrungen als die eine Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Das Alte Testament unterscheidet sich mit seinem spezifischen Verständnis des persönlichen und lebendigen Gottes von seiner religiösen Umwelt. Es lässt eine zunehmende Tendenz der „Personifizierung“ bestimmter Formen des Erscheinens und Wirkens Gottes erkennen, die zu Jahweh ein Verhältnis von Identität und Differenz aufweisen (z.B. Wort und Geist). Das Neue Testament knüpft an das alttestamentliche Zeugnis an, das von der Inkarnation und dem Pfingstereignis her gedeutet wird. Vater, Sohn (Logos: Wort) und Heiliger Geist treten als die in Wort und Tat erfahrbare Selbsterschließung Gottes hervor, wobei sie nicht nur verkündigt werden, sondern das Erschließungsgeschehen selbst vollziehen. Gott zeigt sich einerseits als ein personales Gegenüber der Menschen und andererseits als zwischenpersonale Gemeinschaft der trinitarischen Personen. Deshalb ist die Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension in Gott (Einheit in Dreiheit), durch die Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe charakterisiert wird („Gott ist Liebe“ – I Joh 4,8.16), biblisch vorgegeben. So enthält das Neue Testament durchgehend trinitarische Formulierungen und gibt zu erkennen, wie die Gemeinschaft der Glaubenden durch ihre Beziehungen zu Vater, Sohn und Heiligem Geist konstituiert ist und daher der göttlichen Einheit in Vielfalt als Gemeinschaft der Liebe zu entsprechen hat.

1.1 Altes Testament Die Versuche, eine Vorform der Trinitätslehre in der griechischen Philosophie oder anderen außerchristlichen bzw. außerbiblischen Quellen zu finden, „dürfen heute sämtlich als gescheitert angesehen werden“1. So wird die dogmengeschichtliche Analyse zeigen, wie die Kirchenväter in Auseinandersetzung mit der religiösen und philosophischen Umwelt den christlichen Gottesbegriff auf der Grundlage 1

B. Lohse: Epochen, S. 45.

1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist

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des biblischen Zeugnisses dargelegt haben (siehe Kap. III,2 u. 3). Dabei tritt hervor, dass die neutestamentlichen Aussagen über Vater, Sohn und Heiligen Geist nur vor dem Hintergrund der alttestamentlichen Schriften zu verstehen sind. Denn es lässt sich „durchaus eine echte geheime Vorgeschichte der Trinitätsoffenbarung im Alten Testament“2 erkennen, und zwar in einer Weise stets wachsender geschichtlicher Selbsterschließung Gottes, „wie sie in anderen Geschichtsräumen und -zeiten nicht gegeben ist“3. Es wurde bereits in Kapitel I,2 darauf hingewiesen, dass mit den alt- und neutestamentlichen Büchern ein einmaliges Zeugnis der Menschheitsgeschichte existiert, welches mit der mündlichen Tradition einen Zeitraum von Jahrtausenden umspannt, in dem sich Gott zu unterschiedlichsten Zeiten verschiedensten Menschen erfahrbar machte, und dass sich diese Erfahrungen dennoch insgesamt als die eine Selbsterschließung des dreieinigen Gottes erweisen. Vor diesem Hintergrund ist zunächst zu beachten, wie sich die Ausgestaltung des Gottesbegriffs in den alttestamentlichen Schriften im Kontext der damaligen religiösen und philosophischen Umwelt vollzog. Erst dadurch wird der spezifisch alttestamentliche Gottesbegriff wahrnehmbar, der sich von den Gottesvorstellungen der israelitischen Umwelt unterscheidet. So sind deutliche Anzeichen für eine in sich differenzierte Daseins- und Lebensfülle des einen und einzigen Gottes gegeben. Gott verkörpert in Einheit von Transzendenz und Immanenz sowohl den weltüberlegenen und jedem Zugriff entzogenen Gott als auch den beziehungsfähigen und -willigen Gott. In dieser Verhältnisbestimmung von Gegenüber und Nähe des in sich lebendigen Gottes unterscheidet sich der alttestamentliche Gottesbegriff von anderen Gottesbegriffen. Im Alten Testament existieren weder verschiedene Götter, die je nach Bedarf zu gebrauchen sind, noch wird Gott als abstrakte Geistigkeit verstanden, an der die Menschen entweder emanatorisch durch die Entfaltung Gottes in die Welt teilhaben oder dualistisch durch das Aufschwingen zu dem fernen geistigen Gott, der nur durch Leugnung der Leiblichkeit erreichbar ist. Vielmehr erschließt sich Gott im Alten Testament als persönliches Gegenüber, das die Menschen anspricht und zur Verantwortung ruft. Darin unterscheidet sich auch der alttestamentliche Gebrauch der Mythen vom Skopus außerisraelitischer Mythen, die auf der Grundlage von Götterdramen die Folgen schuldhafter Lebensbedingungen der Menschen vornehmlich mit Neid, Missgunst und Angst der Götter erklären. Auf diese Weise ist aber die mit dem Selbstvergöttlichungsdrang verbundene Schuld der Menschen ebenso ausgeblendet wie die sich den Menschen zuwendende Liebe Gottes. Die alttestamentliche Indienstnahme der für universale Religiosität relevanten Mythen4 gibt den My2 3 4

K. Rahner: Gott, S. 342. R. Schulte: Vorbereitung, S. 55. Zur genauen Analyse von Mythen im Alten Testament und im außerisraelitischen Bereich vgl. C. Westermann: Genesis; H.-P. Müller: Elemente; ders.: Motiv. Müller zeigt neben der universalen religiösen Bedeutung der Mythen auch deren Umdeutung bei ihrer Übernahme ins Alte Testament.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

then ein anderes Verständnis und ist durchaus mit der Indienstnahme philosophischer Metaphysik durch die Kirchenväter vergleichbar (siehe Kap. III,2). In der sogenannten Paradiesgeschichte (Gen 2,4b–3,24) kommt gegenüber anderen mythischen Vorstellungen zum Tragen, dass die Versuchung des Menschen, sein Leben nicht dankbar von Gott anzunehmen, sondern selbst sein zu wollen wie Gott, das Grundproblem des Menschen darstellt. Es wird deutlich, dass Gott den Menschen als freies Gegenüber erschuf, das selbstreflexiv über sich nachdenken kann und so sein Leben in Gemeinschaft mit Gott zu bejahen vermag, was aber zugleich bedeutet, dass der Mensch diese Gemeinschaft theoretisch auch verneinen könnte. Gottes Lebensgabe gilt aber bereits laut Gen 1,31 als so gut, dass der Mensch keinen Anlass hatte, sein Leben nicht dankbar von Gott anzunehmen. Doch der Mensch hat die – somit eigentlich nur theoretische – Möglichkeit der Verneinung ergriffen, in der Annahme, sein eigener Gott sein zu können (Gen 3,5: Schlange: „ihr werdet sein wie Gott“). In dem Moment, in welchem der Mensch sein eigener Gott sein will, muss er jedoch alles aus sich selbst heraus begründen: sein Leben, seine Weltanschauung – was auch immer. Aus diesem Zwang zur Selbstbehauptung resultiert automatisch eine egoistische Grundhaltung. Die Paradiesgeschichte zeigt die Konsequenzen: Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch, zwischen Mann und Frau, zwischen Mensch und Tier sowie zwischen Mensch und Natur wird nachhaltig zerrüttet, weil der Mensch jetzt auf seine Selbstbehauptung angewiesen bleibt und letztlich alles für seine Selbstbegründung vereinnahmen muss – ob bewusst oder unbewusst.5 Diesem Selbstbehauptungsdrang unterliegen fortan auch die menschlichen Gottesbilder, in denen sich der Mensch entweder als Teil des Göttlichen betrachtet oder das Göttliche instrumentalisiert, da er sich als letztes Kriterium für die Begründung bzw. Konstruktion Gottes versteht. Neben der Urgeschichte enthalten die alttestamentlichen Bücher den heilsgeschichtlichen Versuch Gottes, die Menschen dennoch zu seiner Liebe zurückzurufen – zunächst durch das Volk Israel. In dieser Heilsgeschichte stellt sich Gott immer wieder selbst vor, wobei sich verschiedene Wesensmerkmale erkennen lassen, die auf die Daseins- und Lebensfülle des in sich lebendigen Gottes verweisen. Beim Aufweis der inneren Lebendigkeit Gottes geht es nicht um die klassischen Referenztexte, die oft als Merkmale der Vorgeschichte neutestamentlicher Offenbarung des in sich lebendigen Gottes gedeutet werden: Gelegentlich spricht Gott von sich in der Mehrzahl, etwa im Schöpfungsbericht („Lasset uns […]“ – Gen 1,26) oder beim Turmbau zu Babel (Gen 11,7). Auch Ereignisse wie der Besuch von drei Männern bzw. Engeln bei Abraham und Sarah in Gen 18 werden zuweilen trinitarisch gedeutet (z.B. Rubljew-Ikone). Im Unterschied zu solchen Merkmalen 5

Vgl. zur Paradiesgeschichte C. Westermann: Genesis, S. 245ff. – Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum auch mit einem humanen Anspruch auftretende menschliche Ideologien zur Menschenverachtung führen können. Denn wenn die existentielle Lebensgrundlage der Verfechter solcher Ideologien in der Verwirklichung ihres Ideals liegt, besteht die Gefahr, dass den Ideologen alle Mittel zur Durchsetzung ihrer Ideologie recht sind.

1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist

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geht es vielmehr um die – das ganze Alte Testament prägenden – Aussagen, die Gott als einen lebendigen Gott erweisen (Ps 42,3; Jer 10,10; Dan 6,27 u.ö.), sowie um die in den alttestamentlichen Schriften fortschreitende „Tendenz, die Formen des Erscheinens und Wirkens Gottes in der Welt von ihm selbst zu unterscheiden“6. Es wird nämlich eine zunehmende Hypostasierung bzw. Personifizierung bestimmter Formen des Erscheinens und Wirkens Gottes transparent. Grundlage ist der alttestamentliche Eigenname Gottes „Jahweh“, der in Ex 3,14 auf Moses Frage nach Gottes Namen durch das mit „Jahweh“ zu verbindende Verb „hajah“ (sein, geschehen) gedeutet wird: „ehjeh ascher ehjeh“ („Ich bin, der ich bin“). Angesichts der präsentischen und futurischen Wiedergabemöglichkeiten der hebräischen Imperfektform von „hajah“ gibt es unterschiedliche Übersetzungsversuche dieser Deutungsformel: „Ich werde sein, der ich sein werde“ oder „ich werde dasein, als der ich dasein werde“. Die wahrscheinlichste Übersetzung bleibt jedoch: „Ich bin, der ich bin“.7 Hier wird die „Souveränität und Selbigkeit Gottes in seiner Erfahrbarkeit“8 für die Menschen deutlich. Erich Zenger sieht in der etymologischen Verbindung des Namens „Jahweh“ mit dem Verbstamm „hajah“ einen Hinweis auf die Lebendigkeit Gottes, die er für sich selbst und für die Menschen verkörpert.9 Auf dieser Basis gibt das alttestamentliche Zeugnis in Relation zur zentralen Funktion der Vaterschaft Jahwehs, die sich auch auf die Sohnschaft des Messias (Ps 2,7; 110,3) bezieht, hinsichtlich des „Engels Jahwehs“, des „Wortes“, der „Weisheit“ und des „Geistes“ ein zunehmend deutlicheres Verhältnis von Identität und Differenz zu erkennen. Zum Beispiel erscheint der Engel Jahwehs teils als mit Jahweh identische (Gen 31,11.13; Ex 3,2.4f.), teils als von ihm verschiedene Offenbarungsgestalt (II Sam 14,20 u.ö.). Hinsichtlich des Wortes tritt noch deutlicher eine „immer zielbewußter durchgeführte Hypostasierung“10 hervor, insofern als das Wort wie die Weisheit personifizierten Charakter annimmt. So wird das Wort zum Beispiel von Jahweh gesandt (Jes 6,7 u.ö.) und kehrt zu ihm zurück (Jes 55,10f.). Ebenso wird die Weisheit gesandt, sie ruft (Prov 1,20) und steht in Verbindung mit der Schöpfungsmittlerschaft (Prov 8,22–31). Darüber hinaus lässt die Bezeugung der mannigfaltigen Funktionen des Geistes im Alten Testament vielfach den Charakter der Personifizierung erkennen. Der Geist gilt als schöpferische Macht Jahwehs (Gen 1,2), auf die alle Lebewesen angewiesen bleiben (Gen 2,7). Außerdem ergreift er selbst die Initiative in kriegerischen Rettungsaktionen (Jdc 6,34 u.ö.), er gilt als Wesen Gottes (Jes 31,3) oder als verheißene Gabe der Endzeit (Ez 36), durch die die neue Gemeinschaft Gottes mit den 6 7 8 9

W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 301. Vgl. R. Feldmeier/H. Spieckermann: Gott, S. 29f. Ebd., S. 30. Vgl. E. Zenger: Mitte, S. 6f. – Die anderen Namen Gottes („Adonay“ oder „Elohim“) stehen unter der unangefochtenen Dominanz des Eigennamens „Jahweh“ (vgl. R. Feldmeier/H. Spieckermann: Gott, S. 32ff.). 10 W. Eichrodt: Theologie II, S. 36. Zu den vielgestaltigen Zeugnissen von Jahwehs Vaterschaft vgl. R. Schulte: Vorbe­­reitung, S. 61–63. Mannigfache Belege zur Entwicklungsgeschichte der Aussagen über Wort, Geist, Weisheit und En­gel Jahwehs finden sich ebd., S. 63–73.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Menschen verwirklicht wird. Spricht das Alte Testament vom „heiligen“ Geist (Jes 63,10.11; Ps 51,13), hält es die Unterscheidung des menschlichen Geistes von der Souveränität des Geistes Gottes vor Augen. Insgesamt ermöglicht der Geist sowohl das „Aus-sich-Heraustreten“ Gottes als auch das „In-Verbindung-Bleiben“ Gottes mit den Menschen.11 Aber auch angesichts der gezeigten „Tendenz zu ‚Hypostasierungen‘ bleibt eine heilvolle Unsicherheit, diese Mediationsweisen vorschnell und vom Menschen her eindeutig personal zu verstehen“12. Denn es ist charakteristisch für den alttestamentlichen Gottesbegriff, dass sich Gott in seiner Offenbarung zugleich entzieht und sein Angesicht verbirgt. Die endgültig offenbare Selbsterschließung Gottes kommt erst durch das neutestamentliche Zeugnis der Inkarnation und des Pfingstereignisses zum Tragen. „In diesem Sinne ist die ntl. Offenbarung wirklich ungeahnt Neues, das vom AT her, ohne diese neue Offenbarungstat Gottes im Christusereignis“, nicht derart erkannt werden konnte. „Auf der anderen Seite sind aber die mannigfaltigen Elemente der atl. Gottesoffenbarung eine unverkennbar reiche Vor­bereitung auf die eindeutige Trinitätsoffenbarung im NT hin [...]; und das so sehr, daß nur in der Zu­sam­menschau der atl. und ntl. Offenbarung das vollgültige christliche Gottesbild erfaßt werden kann.“13 Im Blick auf die neutestamentlichen Aussagen zu Vater, Sohn und Heiligem Geist bleibt festzuhalten, dass die Manifestation Jahwehs im Engel Jahwehs noch zu alttestamentlicher Zeit in die Erfahrung des Geistes Gottes integriert wurde, während sich die Zusammenschau bzw. Identifizierung der Aussagen über die Weisheit und über das Wort Gottes erst im Neuen Testament vollzog (vgl. Joh 1; Kol 1,15; Hebr 1,2f. u.ö.). Ferner werden die Vorstellungen der frühjüdischen Apokalyptik, wie zum Beispiel der dreifache Sanctusruf der Seraphen in Jes 6, vom Neuen Testament aufgenommen. Deshalb gilt die apokalyptische alttestamentliche Tradition nach Robert W. Jenson ebenfalls als „Root of Trinitarianism“14. Auch wenn so insgesamt die alttestamentlichen Wurzeln der neutestamentlichen Grundlagen des trinitarischen Gottesbegriffs transparent werden, bleibt zugleich der Hinweis von Gisbert Greshake zu beachten, dass „die ‚vestigia trinitatis‘ [...] erst durch die neutestamentliche Trinitätsoffenbarung zu sich selbst, zur vollen Manifestation kommen“15. 11 Vgl. B.J. Hilberath: Pneumatologie, S. 452ff., bes. S. 460–463. Dort weist Hilberath auch darauf hin, dass die Septuaginta, die griechische Übersetzung der hebräischen alttestamentlichen Schriften, „ruach“ (Geist) mit „pneuma“ und „panim“ (Angesicht) mit „prosopon“ übersetzt hat. Letzteres wurde zum Terminus technicus in der trinitätstheologischen Entwicklung (lateinisch: persona). Vgl. insgesamt zur Bedeutung des Geistes im Alten Testament C. Westermann: Geist; R. Schulte: Vorbereitung, S. 69ff.; W.H. Schmidt: Art. „Geist I“. – Zu den Hypostasierungs-Tendenzen im Alten Testament vgl. auch J. Werbick: Trinitätslehre, S. 485f. 12 R. Schulte: Vorbereitung, S. 72. 13 Ebd., S. 73. Vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 301: „Die christlichen Aussagen über Sohn und Geist ließen sich an die schon das jüdische Denken beschäftigenden Fragen nach dem Verhältnis von transzendenter Wesenswirklichkeit und Erscheinungsweisen des einen Gottes anschließen.“ 14 Siehe R.W. Jenson: Theology I, S. 102ff. 15 G. Greshake: Gott, S. 43.

1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist

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1.2 Neues Testament Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Dimensionen des alttestamentlichen Gottesbegriffs darf man hinsichtlich der Schriften des Alten Testaments, auf deren Grundlage sich der christliche Glaube entfaltete, mit Wichmann von Meding „von einer vorchristlich-trinitarischen Vorgabe ausgehen“16. Es wurde bereits in der alttestamentlichen Analyse deutlich, wie sich die neutestamentlichen Schriften bei der Entfaltung des Gottesbegriffs auf die Grundlagen des Alten Testaments bezogen haben.17 So leitete das urchristliche Verständnis der heiligen Schriften (Altes Testament) aus der alttestamentlichen Hypostasierung des Geistes und des Wortes Gottes eine Selbstunterscheidung im ewigen Wesen Gottes ab, mit der man durch die Inkarnation und das Pfingstereignis konfrontiert war. Da das gesamte Neue Testament von dem Verhältnis der Glaubenden zu Vater, Sohn und Heiligem Geist geprägt ist, kann hier nur ein kurzer – aber grundlegender – Einblick in das neutestamentliche Zeugnis über Vater, Sohn und Heiligen Geist gegeben werden. Dabei ist darauf zu achten, dass es sich auch beim neutestamentlichen Befund nicht einfach um die Heranziehung einiger klassischer Referenztexte für den trinitarischen Gottesbegriff handeln kann. Vielmehr hat sich das Neue Testament insgesamt als Darlegung der trinitarischen Struktur des Offenbarungsgeschehens zu erweisen, welche wiederum der neutestamentlichen Wesensbestimmung Gottes zu entsprechen hat. „Wir müssen diese Offenbarungsaussagen [...] als die durch die Offenbarung selbst vollzogene Deutung des Offenbarungsgeschehens verstehen“18. Es geht also um den bereits in Kapitel II,5 angesprochenen Zusammenhang von Wort- und Tatoffenbarung, in welchem der dreieinige Gott, der sich im Heiligen Geist und im Sohn Jesus Christus auch als himmlischer Vater erschließt, nicht nur als verkündigtes Objekt erkennbar wird, sondern auch als bleibendes Subjekt der heilsgeschichtlichen Verkündigung: Im Heiligen Geist wird den Menschen die im Wort bezeugte Heilsgeschichte erfahrbar, während in Christus die Tat des von der Liebe des Vaters erzählenden Wortes begegnet. Zugleich setzt der verkündigte Christus als Auferstandener im Heiligen Geist selbst die Verkündigungsgeschichte fort. Betrachtet man die synoptische Tradition, findet sich ein breites Spektrum von Aussagen, welche die christliche Gotteslehre im Verhältnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist verankern. Hier sei lediglich auf einige Merkmale hingewiesen: Jesus wird bei den Synoptikern als der Träger des im Alten Testament verheißenen endzeitlichen Geistes präsentiert. Er ist voll des Heiligen Geistes (Lk 4,14), der auch schon bei seiner Empfängnis am Werk war (Lk 1,35; Mt 1,20). Jesu spezifische geisterfüllte Vollmacht bezeugt den Anbruch der Gottesherrschaft, des Reiches des Vaters (Mt 12,28). Ferner hat Jesus im Heiligen Geist ein unübertragbares inniges Verhältnis zu Gott, dem Vater, der aus dem Alten Testament bekannt 16 W. von Meding: Thesen, S. 242. 17 Vgl. dazu insgesamt auch die detaillierten Ausführungen bei R. Feldmeier/H. Spieckermann: Gott. 18 W. Kasper: Gott, S. 298.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

ist. Im „heiligen Geist“ preist Jesus den „Vater, Herr des Himmels und der Erde“, von dem niemand weiß „als nur der Sohn“ (Lk 10,21f.). So kann Markus die – auch bei den anderen Evangelisten zu findende – „trinitarisch“19 strukturierte Taufe Jesu programmatisch an den Anfang seines Evangeliums setzen (Mk 1,9– 11). Diese wenigen Hinweise sollen neben dem Taufbefehl „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes“ (Mt 28,18–20) stellvertretend für viele andere Aussagen der Synoptiker genannt werden, die das spezifische Zusammenwirken und Verhältnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist betreffen.20 Von solchen Aussagen ist die paulinische Tradition durchgehend bestimmt. So beschreibt Paulus immer wieder das heilsgeschichtliche Zusammenwirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Im Blick auf die Sendung Jesu legt er dar, dass es sich um das Kommen des prä­existenten Gottessohnes handelt, der Mensch wird und sich bis in den Tod der Menschen begibt, um sie von den Folgen ihrer widergöttlichen Selbstbehauptung zu befreien: „Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich [...]. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz“ (Phil 2,6–8 – vgl. zur Präexistenz Christi u.a. Röm 8,32; II Kor 8,9). Neben der aktiven heilsgeschichtlichen Rolle des Gottessohnes verweist Paulus auf den Heiligen Geist in seiner Funktion als aktives Subjekt. Der Geist erscheint nämlich nicht nur als Gabe, sondern auch als Geber. Er fungiert aktiv als Zeuge (Röm 8,16), Fürsprecher (Röm 8,26f.) oder Führer (Röm 8,14) und wird als denkende, forschende oder redende Manifestation Gottes eingeführt (I Kor 2,10–16 u.ö.), die andere Funktionen ausübt als der Vater und der Sohn (II Kor 1,22; 5,5: Angeld). Wo Paulus das Heilswirken Gottes liturgisch zusammenfasst, formuliert er entsprechend triadisch: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!“ (II Kor 13,13) Denn nach Paulus vergegenwärtigt der Heilige Geist die Heilstat des vom Vater gesandten Gottessohnes, damit die Menschen im Geist durch den Sohn erneut die Kindschaft auf den Vater hin leben können. „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, [...] damit wir die Kindschaft empfingen. Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsere Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!“ (Gal 4,4–6) Auf diese Weise erhalten die Menschen Anteil an der durch Vater, Sohn und Heiligen Geist qualifizierten Gemeinschaft des in sich lebendigen Gottes. Da das Glaubensleben durch diese vielfältigen Beziehungen der Glaubenden zu Vater, Sohn und Heiligem Geist geprägt wird, ist auch das Wesen und Wirken der Gemeinschaft der Glaubenden (Kirche) „trinitarisch“ strukturiert. Die drei ekklesiologischen Dimensionen, die mit dem Tempel des Heiligen Geistes (Eph 19 Die Terminologie „trinitarisch“ meint hier nicht, dass es sich um eine reflektierte Trinitätslehre handelt. Es geht vielmehr um den Aufweis des erkennbaren Zusammenhangs von Vater, Sohn und Heiligem Geist. 20 Vgl. F.J. Schierse: Trinitätsoffenbarung, S. 89ff.; J. Werbick: Trinitätslehre, S. 488f.; K. Berger: Art. „Geist III“, S. 178f.

1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist

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2,21f.; I Kor 3,16), dem Leib Christi (I Kor 12,27) und dem Volk Gottes (Röm 9,25f.) gegeben sind, wirken dabei ineinander: „Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.“ (I Kor 12,4– 6) So wird das Wesen der Kirche aus der Gotteslehre abgeleitet, weshalb die Einheit der Kirche der „Wirk­einheit“ von Vater, Sohn und Geist entspricht. Nach I Kor 12 verbindet der eine Geist die Glaubenden zu dem einen Leib Christi, wodurch sich die Gemeinschaft mit dem einen Gott verwirklicht. Deshalb gehört die Einheit der Kirche unweigerlich zum Wesen der Kirche: „[…] ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“ (Eph 4,4–6). Dieser Zusammenhang zwischen trinitarischer Struktur des Wesens Gottes und trinitarischer Struktur der Kirche begegnet in der paulinischen Tradition immer wieder.21 Die Aussagen zum Verhältnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist weisen in der johanneischen Tradition bereits Anfänge trinitarischer Reflexion auf. Auch hier ist das Heil der Menschen unmittelbar mit dem Charakter des Verhältnisses von Vater, Sohn und Heiligem Geist verbunden. Nach Joh 17 besteht das Heil der Menschen im Erkennen und in der Anerkennung der Herrlichkeit, in der Vater und Sohn sich gegenseitig verherrlichen (Joh 17,1–3): Der Sohn verherrlicht den Vater, indem er das Werk vollendet, das der Vater ihm gegeben hat, damit der Sohn die Menschen vor dem Verlorengehen bewahre. Der Vater wiederum verherrlicht den Sohn mit der Herrlichkeit, die der Sohn hatte, ehe die Welt war (Joh 17,4–12). Das präexistente Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist in seiner Einheit von Differenz und Identität ein Verhältnis der Liebe: „[...] denn du hast mich geliebt, ehe der Grund der Welt gelegt war“. (Joh 17,24; vgl. 1,1: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“) Weil der Vater und der Sohn „eins“ sind (Joh 10,30), der Vater im Sohn und der Sohn im Vater ist (14,10ff.), der Sohn „von Gott ausgegangen ist“ und zu ihm zurückkehrt (16,27ff.) und alles, was der Vater hat, auch der Sohn hat (16,15; 17,10), „scheinen klassische trinitätstheologische Formulierungen wie die Homousie [Wesenseinheit] schon vorgebildet zu sein“22. Die Erkenntnis der Liebe, in der der Vater im Sohn und der Sohn im Vater durch den Heiligen Geist in ewiger Herrlichkeit existieren, führt zur Heiligung in der Wahrheit und zur Teilhabe an diesem ewigen Leben der Liebe. Deshalb wird die Doxologie (Anbetung) unmittelbar zur Soteriologie (Heilslehre). Erfahrbar wird das Heil durch den Heiligen Geist, der in alle Wahrheit leitet (16,13). Er ist zwar der andere Paraklet, der gesandt wird, ein anderer Tröster, Fürsprecher und Beistand (14,16), aber er nimmt nicht aus dem Seinigen, sondern von dem, was Jesu ist und so wiederum vom Vater ist (16,14f.). Während sich der Vater in seinem Sohn als eigenes Abbild in sich selbst gegenübertritt, vollzieht sich 21 Vgl. insgesamt F. J. Schierse: Trinitätsoffenbarung; K. Berger: Art. „Kirche II“. 22 C. Schwöbel: Trinitätslehre, S. 142.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

im Heiligen Geist die innergöttliche Liebe („Gott ist Geist“/4,24), so dass Gott in sich selbst das vollkommene Leben der Liebe verkörpert: „Gott ist Liebe“ (I Joh 4,8.16). Als derjenige, der das Verbindende in Gott darstellt, verbindet der Geist auch die Menschen mit Gott (I Joh 4,13). Weil in der vom Geist vermittelten Liebe keine Furcht ist (I Joh 4,17; vgl. II Kor 3,17: „[...] wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“), gewährleistet der Heilige Geist als „Sein-Können eines Einen in oder bei einem Anderen“23 über die freie innergöttliche Liebe hinaus auch das freie Liebesverhältnis zwischen Gott und Mensch, was die statischen dualistischen oder identifizierenden Strukturen des antiken Gottesbegriffs sprengte (siehe Kap. II,1; III,2). In Joh 17 wird deutlich, wie diese Strukturen des innergöttlichen Lebens der Liebe aufgrund der Verbindung der Menschen mit dem dreieinigen Gott die Gemeinschaft der Glaubenden prägen sollen – und damit die Struktur der Kirche. Indem der Sohn in den Menschen und der Vater in ihm ist, verbindet der Sohn die Menschen mit der innergöttlichen Einheit (Joh 17,17–26), was Konsequenzen für die Gemeinschaft der Glaubenden und für deren Glaubwürdigkeit in der Welt hat: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien“ (Joh 17,21–23). Das „wie“ dieser Verbindung lässt sich aus dem Kontext von Joh 17 erschließen: Der Geist der Wahrheit (Joh 14,17), der vom Vater ausgeht (15,26) und nach Jesu Weggang durch den Sohn gesandt wird (16,7), vergegenwärtigt das Heilswerk Jesu Christi und ermöglicht die Gemeinschaft der Menschen mit der innergöttlichen Liebe (14,26 u.ö.). Vor diesem Hintergrund ist nicht nur der Aussage von Walter Kasper zuzustimmen: „Im Grunde enthält das hohepriesterliche Gebet in nuce die gesamte Trinitätslehre“24. Vielmehr ist diese Feststellung auf das Verhältnis von trinitarischem Gottesverständnis und Kirchenverständnis auszuweiten. So erwächst aus der Doxologie nicht nur die Soteriologie, sondern auch die Ekklesiologie. Weil mit dem Charakter der Gemeinschaft der Glaubenden, welche der innergöttlichen Einheit in Vielfalt entsprechen soll, die Glaubwürdigkeit der Welt gegenüber verbunden ist, schließt die Erkenntnis des Wesens Gottes auch die Implikationen für das Verhältnis von Kirche und Welt mit ein (christliche Weltverantwortung – siehe Kap. X,2.4). Insgesamt bleibt festzuhalten: Jesu Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft (Mk 1,14f.) und der damit verbundene Voll­machts­anspruch (Mt 12,28), Jesu bis zur Identifikation reichendes Verhältnis zum Vater und die gleichzeitige Selbstunterscheidung vom Vater (Joh 10,30.38; 14,9; 17,20ff.), das im Heiligen Geist sich vollziehende Verhältnis zwischen Jesus und dem Vater sowie die 23 E. Lessing: Art. „Geist V“, S. 229. Vgl. insgesamt G. Sauter: Geist, S. 212ff. In der Menschwerdung und der Erhöhung Jesu liegt die Ursache, dass er einerseits als vorbildlicher menschlicher Geistträger und andererseits als Geber des Geistes gelten kann. (Vgl. E. Lessing: Art. „Geist V“, S. 222ff.) 24 W. Kasper: Gott, S. 369.

1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist

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im Heiligen Geist geschehende Vergegenwärtigung des mit Jesu Tod und Auferstehung zugesagten Heils (Joh 16,5ff.) lassen sich lediglich trinitarisch verstehen: „Es ist nicht möglich, vom Geheimnis Christi, seiner Person und seinem Wirken, zu sprechen, ohne zugleich nicht nur von seinem Verhältnis zum Vater, sondern auch zum Heiligen Geist zu sprechen.“25 Sowohl das Christusereignis als auch das Wirken des Heiligen Geistes forderten von Beginn an zu trinitarischem Denken heraus, das auch soteriologisch gefordert war: „[…] ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes“ (I Kor 6,11). „Christusglaube wird trinitarisch bekannt, weil Christus nur durch Wirken des Geistes als Tat des göttlichen Vaterherzens erkannt wird.“26 Das in Jesus Christus zugesagte Heil konnte nur dann das von Gott geschenkte Heil verkörpern und Heilsgewissheit geben, wenn die Gottheit Jesu gewährleistet war. Ebenso konnte der Heilige Geist die daraus resultierende Gemeinschaft mit Gott nur verwirklichen sowie die Glaubenden in alle Wahrheit führen, wenn von seiner Gottheit auszugehen war. Gleiches galt in offenbarungstheologischer Hinsicht: Die in Christus und dem Heiligen Geist gegebene Gottes­erkenntnis konnte nur unter der Voraussetzung der Gottheit von Sohn und Geist Authentizität beanspruchen. Angesichts der Heilstat Gottes durch Jesus Christus und in der Kraft des Geistes „bedeutete die Erfahrung des Wirkens Christi in der Welt sofort auch die Erkenntnis einer ökonomischen Trinität, wie sie sich als Grundstruktur hinter den Zeugnissen schon des NT erkennen läßt und wie sie auch aus den göttlichen Werken von Schöpfung, Erlösung und Heiligung erkennbar wurde“27. Deshalb liegt der Ursprung der altkirchlichen Trinitätslehre im biblischen Zeugnis und nicht in anderen Quellen (siehe Kap. III,2): „Die altkirchliche Trinitätslehre hat ihren Ursprung nicht in der Aufnahme der philosophischen Logoslehre und der neuplatonischen Triadologien, wie oft behauptet wurde, sondern im neutestamentlichen Zeugnis der trinitarischen Geschichte des Sohnes“28. Die Lehrentwicklung bis zum altkirchlichen Trinitätsdogma entspricht den Anfängen der Lehrentwicklung im Neuen Testament.29 Von daher darf „nur die spätere Entfaltung, nicht aber die trinitarische Gottesvorstellung selber als nachneutestamentlich […] aufgefasst werden“30. In seiner Analyse des neutestamentlichen Gottesbegriffs betont Franz Josef Schierse, „daß wir gewöhnlich einer falschen Optik erliegen, wenn wir meinen, die Trinitätstheologie der späteren Zeit sei zu entscheidend neuen und 25 L. Vischer (Hg.): Geist, S. 13, wo sich das Zitat in einem multilateralen ökumenischen Dokument der Kommission für „Glauben und Kirchenverfassung“ des Ökumenischen Rates der Kirchen findet. Vgl. I. Lønning: Art. „Gott VIII“, S. 693: „Ohne implizite trinitarische Aussagestruktur war die Sprache des christlichen Glaubens nie.“ Auch K. Beyschlag: Grundriß I, S. 272, betont: „In der Tat läßt sich schon das älteste Christusbekenntnis nur aus dem trinitarischen Zusammenhang von Vater, Sohn und Geist begreifen.“ 26 W. von Meding: Thesen, S. 249. 27 L. Scheffczyk: Formulierung, S. 184. 28 J. Moltmann: Trinität, S. 144. 29 Vgl. W.-D. Hauschild: Lehrbuch I, S. 5. 30 W. von Meding: Thesen, S. 240.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

tieferen Erkenntnissen vorgedrungen, während sie doch in Wirklichkeit nur einige vom Neuen Testament diskussionslos vorausgesetzte Gesichtspunkte schärfer gefaßt [...] hat“31. So soll nun gezeigt werden, wie der christliche Gottesbegriff auf der Grundlage des biblischen Zeugnisses im religiösen und philosophischen Kontext des frühen Christentums dargelegt und gegen Missverständnisse verteidigt wurde. 2. Die Entfaltung der christlichen Gotteslehre im Kontext von Philosophie und Religion Das biblisch vorgegebene Paradoxon der göttlichen Einheit in Dreiheit hatten die frühen Christen sowohl im Blick auf das eigene Verständnis als auch hinsichtlich der Weitergabe des Glaubens im damaligen philosophischen und religiösen Umfeld nachvollziehbar darzulegen. Gegenüber den dualistischen und identifizierenden Gottesvorstellungen, die Gott in ferne Transzendenz rückten oder göttliche und weltliche Strukturen vermischten, konnten sie verdeutlichen, dass der dreieinige Gott ein personales Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zu den Menschen ermöglicht – und somit eine freie Gemeinschaft der Liebe. Denn indem Gott im Sohn und im Geist den Menschen ganz nahe ist und gleichzeitig als Vater ihr Gegenüber bleibt, wird freie personale Gemeinschaft möglich, die Gottes Gottheit ebenso gewährt wie die Menschlichkeit des Menschen. So ließen sich die dualistischen und identifizierenden Vereinnahmungen Gottes überwinden, wobei jedoch die Gefahr bestand, das biblische Paradoxon unter den gewohnten Denkvoraussetzungen mehr als Einheit oder mehr als Dreiheit zu deuten. Es galt, diese Einseitigkeiten mit Hilfe des biblischen Zeugnisses abzuwehren.

Schon im Neuen Testament vollzieht sich das Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist in seinem religiösen und philosophischen Kontext durch einen differenzierten Vorgang von Aneignung und Widerspruch, der den spezifisch christlichen Gottesbegriff im Horizont menschlicher Gottesvorstellungen erfahrbar werden lässt. Im Laufe der altkirchlichen Entwicklungen verlangten die mit der biblisch bezeugten Selbsterschließung Gottes gegebenen Grundlagen innerhalb der religiösen und philosophischen Umwelt nach weiterer eigenständiger Durchdringung – sowohl im Blick auf das christliche Verständnis Gottes angesichts bisheriger Gottesbegriffe als auch im Blick auf die Weitergabe des christlichen Glaubens im Umfeld philosophischer und religiöser Weltanschauungen. Der damit verbundene Prozess einer immer präziseren Ausformulierung der Trinitätslehre entsprach nicht der zu Beginn des 20. Jahrhunderts anzutreffenden These, der trinitarische Gottesbegriff sei nicht genuin biblischen Ursprungs, 31 F.J. Schierse: Trinitätsoffenbarung, S. 87f. Vgl. E. Jüngel: Verhältnis, S. 358: „Das mysterium trinitatis ist die Summe des Evangeliums und der eigentliche ‚Inhalt‘, aber dieser Inhalt als das Ereignis der Offenbarung selbst.“

2. Die Entfaltung der christlichen Gotteslehre

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sondern verdanke sich aufgrund eines Hellenisierungsprozesses neuplatonischen Triadologien oder hellenistischen Logos-Speku­lationen, wie es Adolf von Harnack32 vermutete. Denn solche Vermutungen werden weder dem biblischen noch dem dogmengeschichtlichen Befund gerecht und gelten deshalb längst als überholt, was der Patristiker Bernhard Loh­se schon vor Jahrzehnten hervorhob33. Vielmehr vollzogen die Kirchenväter wegen des universalen Anspruchs des biblischen Gottesglaubens und der in I Petr 3,15 geforderten Rechenschaftspflicht gegenüber allen Menschen eine Anknüpfung an die religiösen und philosophischen Gottesvorstellungen im römischen Reich, welche vielfach von der hellenistisch geprägten antiken Metaphysik bestimmt waren. Aber es handelte sich dabei nicht um eine substantielle Hellenisierung des Christentums, sondern man sah sich vor „die immens schwierige Aufgabe gestellt [...], bis zu den Elementen des philosophischen Gottesgedankens und Menschenbildes vorzustoßen und diese Elemente im Licht biblischen Gottesglaubens umzuschmelzen“34. „Die christliche Theologie konnte an den philosophischen Gottesgedanken nur anknüpfen, indem sie ihn zugleich durchbrach. Sie mußte [...] der philosophischen Frage nach dem wahren Gott standhalten und sie zu einer echten Erfüllung bringen“35. Das führte zur Indienstnahme vorgegebener philosophischer Begriffe für die Auslegung der biblisch bezeugten Geschichte Gottes mit den Menschen. Dabei gerieten die „mit­gebrachten“ Bedeutungsgehalte der philosophischen Begriffe in Konflikt mit ihrer neuen Funktion, weshalb auf den metaphorischverweisenden Charakter der trinitätstheologischen Begrifflichkeit zu achten ist, durch den die Begriffe neu definiert wurden. Im Kontext des biblischen Offenbarungsgeschehens entfernten sich die übernommenen Begriffe von ihrer alltäglichen Anschaulichkeit und ermöglichten so, über die Grenze alltäglicher Erfahrung hinauszuschauen.36 „An dieser Stelle zeigt es sich, wie wichtig es ist, daß wir unsere in der menschlichen Erfahrung gewonnenen Begriffe bei der Anwendung auf das Reden von Gott noch einmal von der Erfahrung Gottes her korrigieren lassen müssen.“37 32 Vgl. A. von Harnack: Lehrbuch I, S. 469ff. – Vgl. auch F. Loofs: Leitfaden, S. 102, der kaum noch eine Kontinuität zwi­schen apostolischem Urchristentum und dem vermuteten Hellenisierungsprozess sah, da dieser den ur­christ­­li­chen Monotheismus durch polytheistische Einwirkung in eine trinitarische Vorstellung verwandelt habe. 33 Vgl. B. Lohse: Epochen, S. 45. Vgl. dazu auch M. Haudel: Selbsterschließung, S. 82ff., wo die frühchristliche trinitätstheologische Entwicklung analysiert wird. – Zur detaillierten Beschreibung des Prozesses der Begegnung von hellenistischer Bildungskultur und christlicher Theologie vgl. C. Markschies: Hellenisierung. 34 A.M. Ritter: Dogma, S. 116. Vgl. W.-D. Hauschild: Dogma, S. 44: „Die scheinbar hellenische Form des Trinitätsdogmas ist eine instrumentelle Beanspruchung von Sprache und Denken der Philosophie, keine substantielle Hellenisierung.“ 35 W. Pannenberg: Aufnahme, S. 311. Vgl. G. Ebeling: Dogmatik III, S. 533: „Was dem Anschein nach eine Vermengung von Theologie und Philosophie darstellt, wurde zu einem Ringen um ihre Unterscheidung, kraft deren die Theologie erst zur Ausbildung ihrer Besonderheit gelangte.“ 36 Vgl. J. Werbick: Trinitätslehre, S. 518f. 37 B.J. Hilberath: Gott, S. 38.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

In solcher Orientierung fand schon im Neuen Testament die Auseinandersetzung mit jüdischen und griechischen Gottesvorstellungen statt, insofern als die Botschaft vom Kreuz „den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit“ (I Kor 1,23) war. Deren Vorstellungen von Gottes Vollmacht und Allmacht standen nämlich im Widerspruch zur biblischen Perspektive, dass ein Mensch Gott sein solle und Gott am Kreuz sterben könne. So hatten die Kirchenväter den Prozess von Aneignung und Differenz fortzuführen, der sich in der Begegnung von biblischem Gotteszeugnis und religiösem Umfeld vollzog, weil der biblische Befund „so neu und einmalig [war], daß er alle hergebrachten Begriffe des Denkens revolutionierte. Es genügte also keineswegs, die Begrifflichkeit der griechischen Philosophie auf das über­lieferte Bekenntnis anzuwenden. Solche Versuche endeten alle in der Häresie.“38 Denn aufgrund der biblisch bezeugten Einheit von Unterschied und Identität, die zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist besteht, kann Gott aus sich heraustreten und im Heiligen Geist zu den Menschen kommen oder im Sohn sogar Mensch werden, ohne sein göttliches „Gegenübersein“ zu den Menschen aufgeben zu müssen. Der Heilige Geist kann diese Gleichzeitigkeit von „Gegenüber und Nähe“ Gottes auch in sich selbst herstellen, da er als Geber und Gabe qualifiziert ist.39 Auf diese Weise bleibt im Verhältnis freier personaler Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch die Gottheit Gottes ebenso erhalten wie die Menschlichkeit des Menschen. Dadurch wird der antike Gottesbegriff gesprengt, der in der griechischen Kosmologie den Menschen bzw. den Geist des Menschen als Teil des göttlichen Kosmos verstand. In diesem griechischen Monismus des Seins werden Menschsein und Geschichtlichkeit entweder platonisierend ausgeschlossen oder aristotelisch in ihrer Selbstbewegung eingeschlossen (siehe Kap. II,1). Gegenüber solchen Formen ungeschichtlicher und wesensmäßiger (ontologischer) Partizipation des Menschen am göttlichen Sein eröffnete das neutestamentliche Zeugnis vor dem alttestamentlich-heilsge­schichtlichen Hintergrund Gott in vertiefender Weise als persönliches Gegenüber des Menschen, wodurch sich das dynamische Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zwischen Gott und Mensch erschloss.40 Damit wurden sowohl dualistische philosophische und religiöse Vorstellungen eines völlig transzendenten bzw. unzugänglichen Gottes als auch identifizierende Formen eines sich in die Welt entfaltenden Gottes in Frage gestellt. Denn erst die dynamische Personalität Gottes gewährte gegenüber solchen statischen philosophischen und religiösen Gottesbildern eine freie personale Gemeinschaft der Liebe zwischen Gott und Mensch.41 38 W. Kasper: Gott, S. 317. 39 Vgl. B.J. Hilberath: Gott, S. 32: „Der transzendente Gott vergibt sich nichts, wenn er in diese Welt eingeht, und er kann in diese Welt eingehen, ohne seine Transzendenz und Göttlichkeit zu verlieren.“ – Zur Einführung des Begriffspaares „Gegenüber und Nähe“ und zu seiner detaillierten Darstellung siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 565ff. 40 Zur Bedeutung jüdischen und christlichen Denkens für die Entdeckung der Geschichte vgl. W. Pannenberg: Gott, S. 76. 41 Vgl. M. Haudel: Gottesbegriff/Kontext.

2. Die Entfaltung der christlichen Gotteslehre

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So überwindet das biblische Zeugnis von dem in sich lebendigen Gott und seiner freien personalen Zuwendung also auf der einen Seite die als dualistisch zu bezeichnende Vorstellung eines völlig transzendenten und damit „fernen Gottes“: „Der Hinweis auf die Absolutheit kann Gott in eine solche Transzendenz entrücken, daß ihm gleichzeitig alle geschichtsmächtige Wirksamkeit abgesprochen wird“42. Ein solcher Gottesbegriff erforderte entweder das Vorhandensein des Göttlichen im Menschen, wie es die Gnosis mit dem göttlichen Funken im Menschen verband, oder die Handhabung Gottes durch eigene gesetzliche Werke, wie es die religiöse Selbstrechtfertigung im Pharisäismus nahelegte. Während platonische und gnostische Systeme auf einem Geist-Leib-Dualismus beruhten, der das Eigentliche des Menschen im göttlichen Geist sah, war die nomistische pharisäische Werkgerechtigkeit mit dem linearen hebräischen Geschichtsdenken verbunden, das eine gewisse Vereinnahmung Gottes durch eigene Handlungen suggerier­te. Neben diesen Formen dualistischer Vereinnahmung Gottes auf der Handlungs- oder Seinsebene widersprach der biblische Gottesbegriff auf der anderen Seite Formen identifizierender Vereinnahmung Gottes auf der kosmologischen Ebene, welche sich besonders in der hellenistischen Kosmologie widerspiegelten. Während es in der pantheisti­schen Stoa zur völligen Identifizierung von Gott und Welt kam, betonte der Neu­platonis­mus die ema­natorische bzw. stufenweise Entfaltung Gottes in die Welt.43 Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass sich das biblische Zeugnis vom einen und vielfältigen Gott, der im Menschsein und im Gekreuzigten in liebender Hingabe die Schuld der Menschen überwindet, mit den übrigen Gottesbildern nicht vereinbaren ließ. Denn gegenüber den Formen der ontologischen Partizipation des Menschen am Göttlichen lässt das biblische Zeugnis die selbstbehauptende Auflehnung des Menschen gegen Gott sowie Gottes hingebungsvolle Liebe transparent werden. Wie zentral das Ärgernis des Kreuzes für die Auseinandersetzung mit anderen religiösen und philosophischen Vorstellungen war, lässt sich daran ablesen, dass Kreuz und Auferstehung Jesu den Ausgangspunkt christlicher Gotteserkenntnis bilden (siehe Kap. X,2.2). Das Kreuz steht für die äußerste Konsequenz der liebenden Hingabe in der den Tod ertragenden Selbstunterscheidung von Vater und Sohn und die Auferstehung für deren bleibende liebende Verbundenheit im Heiligen Geist – zugunsten des Lebens der Menschen. Die innergöttliche Gemeinschaft der Liebe und ihre am Kreuz in ganzer Tiefe zu erkennende Hingabe für die Menschen qualifiziert den christlichen Gottesbegriff: „Gott ist Liebe“ (I Joh 4,8.16). In ihrer konstitutiven Bedeutung kommt die lebendige dreieinige Gemeinschaft Gottes auch bei der neutestamentlichen Erörterung der Taufe zum Tragen, 42 M. Löhrer [u.a.] (Hg.): Mysterium, S. 271. 43 Da sich dualistische und emanatorische Anschauungen zuweilen auch mischen, wie etwa gnostische Emanationsvorstellungen im Kontext eines Geist-Materie-Dualismus, sind sowohl abstrakte theistische als auch polytheistische und pantheistische Gottesvorstellungen hin und wieder von beiden Grundhaltungen beeinflusst.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

durch die dem Menschen das Heilsgeschehen in dreifacher Hinordnung auf Gott zugeeignet wird. Die Glaubenden „sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft“ (I Kor 12,13). Indem „Gott den Geist seines Sohnes“ in die menschlichen Herzen sendet, wird Christus von den Getauften angezogen, die im Heiligen Geist Anteil an seinem Heilswerk erhalten, so dass sie als Kinder Gottes rufen können: „Abba, lieber Vater!“ (Gal 3,26–4,7) Diese Grundstruktur findet sich beispielsweise auch in Tit 3,5f.: Gott macht die Menschen selig „durch das Bad der Wiedergeburt und [die] Erneuerung im heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland“. Durch die „trinitarisch“ gewährleistete vertikale Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch entsteht die entsprechende horizontale Gemeinschaft der Menschen untereinander (Phil 2,1f.). Als „trinitarisch“ qualifizierte christliche Initiation (Eingliederung in die Gemeinschaft des dreieinigen Gottes und aller Glaubenden) definiert die Taufe die Kirche als „trinitarisch“ bestimmte Wirklichkeit.44 Im Taufbefehl findet sich schließlich die Zusammenfassung dieser von den apostolischen Zeugnissen vermittelten Grund­erfahrung45: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Es geht hier um die Anrufung der Namen von Vater, Sohn und Heiligem Geist, die somit völlig gleichberechtigt nebeneinander stehen und denen der Täufling übereignet wird. „Die Epiklese der Namen in der Taufhandlung setzt die Gegenwart von Vater, Sohn und heiligem Geist während der Handlung voraus. Der durch die Taufe in die Gemeinde aufgenommene Christ erhält damit Zugang zum Bereich der kultischen Gegenwärtigkeit von Vater, Sohn und Geist, die sich in jedem Gottesdienst erneuert.“46 Durch ihre Verbindung von Doxologie, Soteriologie und Ekklesiologie wurde die Taufe zu einem zentralen „Sitz im Leben“ des trinitarischen Bekenntnisses, dessen Weiterentwicklung maßgeblich mit der Taufkatechese verbunden war, aber etwa auch mit der trinitarisch strukturierten Regula fidei (Glaubensregel) und der Liturgie. Besonders im Osten spielte dabei zugleich die dreigliedrige Ausformung der eucharistischen Doxologie eine maßgebliche Rolle, die in der Tradition des dreifachen Sanctus-Rufes der Seraphen (Jes 6) wurzelte. Bedeutend für die weitere Entwicklung war schließlich die Entfaltung kirchlicher Lehre insgesamt, die sich vor dem gezeigten Hintergrund deutlich auf biblischer Basis vollzog. So versuchten im 2. Jahrhundert die Apologeten auf dieser Basis in Anknüpfung an den Logos-Gedanken des Johannes-Prologs die spezifisch christliche Wahr­­heit der griechischen Logos-Idee herauszustellen, um der heidnischen Öffentlichkeit gegenüber „den christlichen Glauben als Inbe­griff der göttlichen Weltvernunft“47 44 Vgl. M. Volf: Trinität, S. 186. 45 Vgl. W. Kasper: Gott, S. 300. Nach L. Scheffczyk: Formulierung, S. 150, „kann nicht geleugnet werden, daß die Trias Vater-Sohn-Hl. Geist in der Erfahrung bereits der ntl. Gemeinde grundgelegt ist“. 46 L. Abramowski: Entstehung, S. 440. 47 K. Beyschlag: Grundriß I, S. 100.

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zu entfalten. Im Kontext der Plato-Renaissance der römischen Kaiserzeit erläuterte Justin (gest. 165) die zwischen Christus und dem Logos bestehende Identität, so dass Christus als irdische Erscheinung des Weltlogos erkannt werden konnte und das Christentum als die eigentliche Philosophie aufleuchtete (Dialog mit Trypho 8,1). Dabei stellte die Logos-Christo­logie die Gottheit des Logos heraus, im Unterschied zur kosmologischen Zu­ordnung des Logos im monarchianischen Dualismus, der von der Monarchie der einen absoluten Gottheit ausging. Gleichzeitig betonte die Logos-Christologie gegenüber den mittelplatonischen Kosmo­ ­gonien mit ihren ab­strakten stufenweisen Entfaltungen die geschichtlich-perso­ na­le Gestalt Jesu als Gegenwart Gottes. So sollte der christ­­liche Gottesbegriff die allgemeingültige Wahrheit her­­kömm­­licher religiöser Vorstellungen weiter­führen und zugleich in kritischer Differenz überbieten.48 Denn für die Apologeten erweist sich Gott in Christus einerseits als die Erfül­lung der im philosophisch-religiösen Mo­­notheis­mus bestehenden Ahnung von dem einen Gott.49 Andererseits braucht der in Christus offen­bare Gott weder ein rituelles oder geschöpfliches Mittlerwesen wie im monarchianischen Dualismus, noch entfaltet er sich in abstrakten Emanati­­onen des Geistes wie im Mittel­pla­tonis­mus, sondern er ist ein persönliches Gegenüber, das sich den Menschen unmittelbar zuwendet, so dass sich die Logoslehre als christliche Geschichtstheologie von der kosmologischen Spekulation absetzen konnte50. „Da­­­mit trat an die Stelle der bisherigen Logosspekulation die Logos­offenbarung.“51 Obwohl die Apologeten den Logos personal verstanden und ihn dem dreieinigen Gott zuordneten, sahen etliche christliche Theologen im Kontext des platonischen Stufenschemas die Gefahr einer polytheistischen Zergliederung des Gottesbegriffs. Deshalb meinten die Vertreter des Monarchianismus mit ihrer Betonung der Monarchie Gottes bzw. seiner einen Gottheit, den Monotheismus und die Einheit Gottes gegenüber der Logos-Christologie verteidigen zu müssen. Sie unterlagen dabei jedoch dem alten dualistischen Gottesbegriff, der die per­ sonale Gottheit Christi nicht zuließ. Im modalistischen Monarchianismus (Sabellius u.a.) galten der Sohn und der Geist der stoischen Kategorienlehre entsprechend nur als irdische Erscheinungsformen (lat. modi) des Vaters, während der adoptianistische Monarchianismus (Paul von Samosata u.a.) unter Ausblendung der Präexistenz des Gottessohnes davon ausging, dass Christus ein mit göttlicher Kraft ausgestatteter Mensch sei, der zum Gottessohn adoptiert wurde. So erhielt der Gedanke einer ontologischen Dreieinigkeit weder im Adoptianismus noch im Modalismus Relevanz für das Wesen Gottes. Dieses wurde vielmehr erneut in statischen Zuordnungen verstanden.52 Das galt auch für den Gnostizismus (Valentin u.a. – griech. gnosis: Erkenntnis), der vom Geist-Materie-Dualismus und 48 49 50 51 52

Vgl. L. Scheffczyk: Formulierung, S. 161. Vgl. W.-D. Hauschild: Dogma, S. 39f. Vgl. ders.: Lehrbuch I, S. 10. P. Gerlitz: ΛóγοϚ ΣπερματικóϚ, S. 10. Vgl. insgesamt A.M. Ritter: Dogma, S. 130ff.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

von emanatorischen Strukturen geprägt war. Man ging davon aus, dass im Menschen eine göttliche Pneuma-Substanz existiert, mit der sich der Mensch durch Erkenntnis von der Materie der Schöpfungswirklichkeit befreien und über den demiurgischen Schöpfergott erheben kann (Gegensatz zwischen Schöpfungs- und Erlösungs­wirklichkeit). Daraus resultierte eine doketische Christologie (Doketismus – griech. dokesis: Schein), die Christus lediglich als Wesen mit einem „Schein­ leib“ qualifizierte, das die geheime gnostische Kunde über das Erwachen des pneumatischen Bewusstseins brachte. Die trinitarischen Personen wurden verschiedenen abgestuften Äonen zugeordnet, was für den Gottesbegriff einen Subordinatianismus (Unterordnung) zur Folge hatte, indem Sohn und Geist als untergeordnet galten. Den sich bis in den Menschen entfaltenden göttlichen Funken sah man als Ermöglichungsgrund der geistigen Selbsterlösung des Menschen (gegen den Schöpfergott).53 Von derartigen emanatorischen und dualistischen Auffassungen der Gnosis und vom dualistisch geprägten Monarchianismus sowie von anderen philosophisch-religiösen Einseitigkeiten setzten sich Kirchenväter aus Ost und West in dezidierter Orientierung am biblisch-heilsge­schicht­lichen Zeugnis ab, weshalb man hier von der „ökumenischen Epoche“54 sprechen kann. Sie erstreckt sich von Irenäus von Lyon (gest. nach 200) und Tertullian von Karthago (gest. nach 220) bis zum trinitarischen Dogma von 381 (Zweites Ökumenisches Konzil zu Konstantino­pel). Bedeutende Kirchenväter aus Ost und West hielten an dem biblisch bezeugten Paradoxon fest, dass Gott die Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension ist (Einer und Drei), was man aus der eigenen Erfahrungswirklichkeit nicht kannte. So verteidigten diese Kirchenväter das trinitarische Paradoxon gegen die naheliegende Versuchung, das Wesen Gottes aufgrund der gewohnten philosophischen und religiösen Vorstellungen mehr an der Dreiheit oder mehr an der Einheit zu orientieren. „Ihren theologischen Bemühungen ist es nicht nur zu verdanken, daß sich das gläubige Denken über die Trinität im Gegensatz zu den willkürlichen Spekulationen des Menschengeistes an der positiven Offenbarung und am objektiven Bibelwort orientierte, sondern daß sich auch eine eigenständige geistige Durchdringung des Geheimnisses entwickelte“55. Dass die Bemühung um den trinitarischen Gottesbegriff von Anfang an zentral für die Kirche und alle Glaubenden war, auch weil von der Gottheit des Sohnes und des Geistes wahre Gotteserkenntnis und Heilsgewissheit abhingen, zeigt die Bittschrift, die der Apologet Athenagoras für die Christen an Kaiser Marc Aurel schrieb: „Hier auf Erden sind wir nur von dem Wunsch beseelt, den einzig wahren Gott und sein Wort zu erkennen; zu wissen, welches die Einheit des Sohnes mit dem Va­ter, welches die Gemeinschaft des Vaters mit dem Sohn ist, wer der 53 Zur Ausgestaltung der unterschiedlichen gnostischen Systeme und zur dogmengeschichtlichen Einordnung des Begriffs „Gnostizismus“ vgl. K. Beyschlag: Grundriß I, S. 118ff. 54 Vgl. ebd., S. 173. 55 L. Scheffczyk: Formulierung, S. 162.

3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage

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Geist ist, und wie die­se untereinander verbunden und die Verbundenen unterschieden sind: der Geist, der Sohn, der Vater.“56 3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage des christlichen Glaubens In Ausrichtung an der biblisch bezeugten Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension Gottes (Einheit in Dreiheit) verteidigten Kirchenväter aus Ost und West den trinitarischen Gottesbegriff gegen einseitige Orientierungen an der Einheit oder Dreiheit. Die drei Kappadozier brachten diese Bemühungen im 4. Jahrhundert mit der neunizänischen Theologie zum Ziel. Ihnen gelang es, in philosophisch und religiös nachvollziehbarer Begrifflichkeit darzulegen, dass Personalität und Relationalität zum Wesen des einen Gottes gehören, was bis dahin nicht denkbar war, denn nach der aristotelischen Kategorientafel ließ sich Gott nur als das absolute Eine denken. So vollzog sich eine philosophische und religiöse Revolution, die es ermöglichte, den dreieinigen Gott für das eigene christliche Verständnis und für dessen Weitergabe als die Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension bzw. als vollkommene Gemeinschaft der Liebe darzustellen. Damit verband sich die Revolutionierung des anthropologischen Personbegriffs, der dem trinitarischen Personverständnis entsprechend erstmals im Sinne von Eigentümlichkeit und Individualität verstehbar wurde. Ferner konnte aus der innertrinitarischen Gemeinschaft der Liebe die analoge Gemeinschaft der Glaubenden (Kirchenverständnis) abgeleitet werden. Indem diese Einsichten das Bekenntnis des Zweiten Ökumenischen Konzils zu Konstantinopel (381) prägten, das bis heute die Bekenntnisbasis der Christenheit ist, erlangten sie als Grundlage des christlichen Glaubens allgemeine Ökumenizität.

3.1 Die zur neunizänischen Theologie führenden ost- und westkirchlichen Entwicklungen Die neunizänische Theologie der drei großen Kappadozier (Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa – siehe Kap. III,3.2.1) verkörperte in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts die Zusammenführung der trinitätstheologischen Entwürfe bedeutender Kirchenväter aus Ost und West. Diese hatten nach den Apologeten in biblisch-heilsgeschichtlicher Orientierung das biblische Paradoxon der „Einheit in Dreiheit“ gegen jegliche Engführung zur einen oder anderen Seite verteidigt. Auf dem Weg zur neunizänisch-kappadozischen Theologie, die zur Grundlage des für die Christenheit maßgeblichen trinitarischen Bekenntnisses wurde (Zweites Ökumenisches Konzil zu Konstantinopel 381), können hier nur einige wichtige Etappen genannt werden.

56 SC 379,108–110 [12,3].

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

3.1.1 Irenäus und Tertullian Zunächst vermochte Irenäus (gest. nach 200) zwischen Ost und West vermittelnd zu wirken, da der aus Kleinasien stammende Theologe Bischof von Lyon wurde. Auf der Basis des biblisch-heilsge­schichtlichen Zeugnisses und der trinitarisch strukturierten Glaubensregel widmete er sich in seiner Schrift „Adversus haereses“ (Gegen die Häresien) zunächst der Überwindung des gnostischen Dualismus von Schöpfungs- und Erlösungsordnung, indem er auf die heilsgeschichtliche Erneuerung und Rekapitulation der Schöpfung verwies. Dabei soll der zum Bilde Gottes geschaffene leibliche Mensch vom Geist Gottes getragen leben (Adv. Haer. V,16,2f. u.ö.), wodurch die Immanenz des göttlichen Geistes im Menschen ausgeschlossen wird und Gott als Gegenüber anerkannt ist. Ferner leitete Irenäus von der Erscheinung der Trinität in der Offenbarung die Strukturen der Wesens­trinität ab und differenzierte zugleich implizit zwischen heilsgeschichtlicher bzw. ökonomischer Trinität und immanenter (Wesens-)Trinität. Von daher konnte er das Moment der ewigen Zeugung des Sohnes viel nachdrücklicher akzentuieren als seine Vorgänger. „Der Gedanke einer ‚ewigen‘ Zeugung des Sohnes im Unterschied zur Erschaffung der Geschöpfe und der geschöpflichen Welt hat hier eine terminologische Abgrenzung gebracht.“57 Hinsichtlich des Kirchenverständnisses betonte Irenäus, dass die Einheit der Kirche der lebendigen Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist zu entsprechen habe (Adv. haer. III,6.17).58 Im Westen ist ferner Tertullian (gest. nach 220) zu nennen, der in lateinischer Terminologie vorbereitete, was die drei Kappadozier in griechischer Terminologie als Grundlage für das Ökumenische Konzil von 381 vollendeten. Unter Rückgriff auf die apo­lo­getische Logos-Theologie hebt Tertullian die wesenseine Offenbarungsdreiheit hervor, um im Unterschied zum monarchianischen Begriff der „Erscheinungsweisen“ (lat. modi) Gottes (Modalisten) und zur gnostischen Vorstellung von Zwischenwesen die Re­alität der vollkommenen Offenbarung, Erlösung und Heiligung zu sichern, insofern als sich Gott im Sohn und im Heiligen Geist selbst offenbart, zur Erlösung der Menschen.59 So trägt Tertullian die drei Personen aus der Heilsgeschichte in den Begriff der ewigen göttlichen Substanz ein, was seine Einführung des Begriffs „trinitas“ (Prax. 3) widerspiegelt, der die in der Dreiheit existierende Einheit bezeichnet und Tertullians wegweisende Formel „una substantia – tres personae“ (eine Substanz – drei Personen) zusammenfasst.60 Tertullian umschreibt die in der einen Substanz vorhandenen Personen als „distincti, non divisi“ (Unterschiedene, nicht Getrennte) 57 W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 302. 58 Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 102f. 59 Vgl. L. Scheffczyk: Formulierung, S. 185. – Zentrale Bedeutung kommt hier Tertullians Schrift „Adversus Praxean“ (Prax.) zu. 60 Vgl. B.J. Hilberath: Gott, S. 93ff.; ders.: Personbegriff, S. 306ff. – Zur Gesamtentwicklung des Personbegriffs im Westen vgl. C. Andresen: Entstehung.

3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage

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und bringt auf diese Weise das biblische paradoxale Geheimnis der in Gott zugleich bestehenden Dreiheit und Einheit zum Ausdruck. Damit versucht Tertullian dem Phänomen gerecht zu werden, dass Gott im neutestamentlichen Zeugnis nicht nur als das eine personale Gegenüber der Menschen erscheint, also als inner- bzw. intrapersonale Einheit, sondern auch als zwischen- bzw. interpersonale Gemein­schaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Gott verkörpert also die Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension, die zunächst paradox erscheint, weil diese Gleichzeitigkeit aus der Erfahrungswirklichkeit nicht ableitbar ist. Denn der Mensch verkörpert als Individuum zwar die intrapersonale Dimension, aber die interpersonale Dimension hat er nur in Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen. Deshalb waren die Kirchenväter der bis heute zu beobachtenden Gefahr ausgesetzt, die Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonalem Wesen Gottes auf eine der beiden Dimensionen zu reduzieren, womit die Vereinnahmung Gottes für anthropologische oder ekklesiologische Strukturen einhergeht.61 Doch Tertullian nahm unter Bewahrung des biblischen Monotheismus die heilsgeschichtlich wahrnehmbare interpersonale Dreiheit in Gott gegenüber den Modalisten ernst, weshalb er dem Personbegriff einen geschlosseneren Sinn als in der lateinischen Bedeutung von „Maske“ verlieh. Dort waren nämlich individuelle Eigenständigkeit und Beziehungsfähigkeit noch nicht im Blick, weil „Beziehung“ (lat. relatio) nach der aristotelischen Kategorientafel zu den zufälligen Akziden­zien der Wirklichkeit zählte. Indem Tertullian mit persona die unverwechselbare Ei­gen­tümlichkeit des „Rollenträgers“ verband, insofern als „Gott jetzt öffentlich in seinen eigenen Namen und Personen erkannt wer­den könne“ (Prax. 31,2), ließ sich Person als „Selbstand in Relation“ verstehen, da die trinitarischen Personen im Rahmen ihres Beziehungsgefüges (der Relation) ihre Eigentümlichkeiten (den Selbstand) behalten. Das gilt auch für Gott an sich, der nicht nur als Substanzeinheit verstanden wird, sondern auch als Handlungs- und Kommunikations­einheit der drei Personen – also als Gleichzeitigkeit von intraund interpersonaler Dimension.62 So wird die bis dahin bestehende philosophische und religiöse „Schwierigkeit, absolutes Selbstsein und absolutes Mitsein zu vereinen“63, welche bis heute große Weltreligionen prägt, überwunden. Im Un61 Vgl. zum Unterschied und zur Gemeinsamkeit der personalen Konstitution Gottes und des Menschen sowie zum daraus entstehenden Gemeinschaftsverhältnis M. Haudel: Selbsterschließung, S. 479f., 577f., und ders.: Gott/Lebenshorizont. – Zur Terminologie „intra- und interpersonale Dimension“, die B.J. Hilberath im Blick auf Tertullian weniger spezifisch gebrauchte (vgl. B.J. Hilberath: Gott) und die vom Verfasser explizit als grundsätzliches Begriffspaar eingeführt wurde, siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 104f., 565–585. Mit diesem Begriffspaar lässt sich die Eigentümlichkeit des göttlichen Wesens (Gleichzeitigkeit beider Dimensionen) gegenüber intraoder interpersonalen weltlichen Strukturen aufzeigen und einseitige Identifikationen des göttlichen Seins mit intra- oder interpersonalen anthropologischen und ekklesiologischen Strukturen können so als Vereinnahmung Gottes aufgedeckt werden. 62 Vgl. insgesamt B.J. Hilberath: Personbegriff, S. 143ff., 306ff.; ders.: Gott, S. 93ff. 63 A. Brunner: Dreifaltigkeit, S. 15.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

terschied zu statisch erscheinenden polytheistischen oder theistischen Gottesbildern, die die Gottheiten pantheistisch der Welt zuordnen oder den Menschen mittels eines Geist-Leib-Dualismus partiell mit dem göttlichen Geist identifizieren, wird der trinitarische Gott als ein in sich lebendiges persönliches Gegenüber des Menschen verstehbar, das dem Menschen gleichzeitig nahe sein kann. Denn das in seinem intrapersonalen Selbstsein begründete „Gegen­­­­­­über­sein“ Gottes vermag aufgrund der interpersonalen innertrinitarischen Gemeinschaft den Menschen im Sohn oder im Heiligen Geist ganz nahe zu sein (bis hin zur Mensch­ werdung), ohne das intrapersonale „Gegenübersein“ aufgeben zu müssen. Auf diese Weise ist die in der Schrift bezeugte personale Gemeinschaft von Liebe und Freiheit zwischen Gott und Mensch gewährt. Damit wurde auch das Personsein des Menschen modifiziert, der als verantwortliches Gegenüber Gottes ebenfalls von Selbstand und Relation geprägt ist, indem er in persönlicher Verantwortung (intrapersonal) vor Gott und den Mitmenschen lebt, was natürlich nur in der Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen möglich ist (interpersonal). Die trinitätstheologische Verwendung des Personbe­griffs hat deshalb nicht die oft angenommene Übertragung anthropologischer Prämissen auf den christlichen Gottesbegriff bewirkt, sondern durch den terminologischen Bedeutungszuwachs (nicht nur „Maske“, sondern „Eigentümlichkeit“) umgekehrt das Verständnis menschlicher Personalität modifiziert64, was dann in der kappadozischen Theologie vollends zum Tragen kam (siehe Kap. III,3.2.1). Auch das Kirchenverständnis leitet Tertullian auf neutestamentlicher Basis vom Verständnis des dreieinigen Gottes ab: „Da, wo die drei, Vater, Sohn und Heiliger Geist, sind, da befindet sich auch die Kirche, die der Leib der Drei ist“ (De bapt. 6,2). In Analogie zur innertrinitarischen Gemeinschaft wird die Gemeinschaft aller Glaubenden konstitutiv für die Kirche, deren Gestalt den Zusammenhang von Selbstand und Relation in der Trinitätslehre widerspiegelt. Das manifestiert sich einerseits im Verhältnis von Orts- und Universalkirche, insofern als die Kirche im einheitlichen Glauben der Einzelgemeinden sowie in deren Gemeinschaft untereinander existiert (De virg. vel. 2,2). Andererseits kommt diese Analogie im Verhältnis von Amt und Gemeinde zum Ausdruck: So existiert das spezifische Amt um der Ordnung willen, während gleichzeitig die Laien im Notfall sämtliche priesterlichen Funktionen ausüben können (De bapt. 17,1), was auf dem „königlichen Priestertum der Getauften“ beruht.65 64 Nach Pannenberg erklärt sich daher „die Verwendung des Persongedankens in der Gotteslehre des Christentums nicht als eine anthropologisch motivierte Übertragung, sondern aus der inneren Problematik von Einheit und Vielfalt in der christlichen Gotteserfahrung selbst, die auf vorhandene Bezeichnungen (Wesen und Person) zurückgriff, aber dabei den Sinn dieser Bezeichnungen aus der spezifischen Thematik dieser Gotteserfahrung neu definierte. [...] Christologie und Trinitätslehre sind damit zum Ausgangspunkt einer deutlicheren Er­fassung auch der menschlichen Personalität geworden“ (W. Pannenberg: Person, S. 147). 65 Vgl. zur detaillierten Analyse von Tertullians Trinitäts- und Kirchenverständnis M. Haudel: Selbsterschließung, S. 103ff.

3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage

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3.1.2 Origenes Als erster Vertreter der alexandrinischen Theologie, welche die Schnittstelle der gegenseitigen Befruchtung von ost- und westkirchlicher Tradition bildete, ist Origenes (ca. 185–254) zu nennen. Er benutzte gegenüber den modalistischen Tendenzen, die nur von den trinitarischen „Erscheinungsweisen“ Gottes sprachen, bereits den Begriff „Hypostase“ (griech. hypostasis: Seiendheit) für die Eigenwirklichkeit der trinitarischen Personen, was für die kappadozische Theologie noch von Belang werden sollte. Aber weil Origenes die biblisch-heilsgeschichtlich bezeugte Trinität vernachlässigte und in kosmologischer Orientierung das metaphysische Rückschlussverfahren mittelplatonischer Prägung beibehielt, kam es bei ihm zu einer „Ambivalenz zwischen biblisch-personaler und griechisch-spekulativer Gotteserkenntnis“66, die sich auch auf sein Hypostasen-Verständnis auswirkte. Indem Origenes den platonischen Gottesbegriff des absoluten „Eins“ (griech. to en) beibehielt, aus dem die verschiedenen Stufungen des Seins hypo­sta­tisch ausfließen bzw. emanieren, verband sich mit der Übernahme des mittelplatonischen Seinsbegriffs der subordinatianistische (unterordnende) Stufungsgedanke.67 So gelten Sohn und Geist zwar als ewige Hypostasen Gottes, aber sie nehmen eine Mittlerstellung zwischen Gott und der ewigen Schöpfung immaterieller Geister ein, die sich weiter in die materielle Schöpfung abstuft. Der Logos (Sohn), der vom Seinsgrund (Vater) ewig gezeugt ist, besitzt als Schöpfungsmittler der Geisterwelt also nur eine abgestufte Gottheit, was in absteigender Reihenfolge auch für den Geist als dem ersten vom Logos geschaffenen Wesen zutrifft.68 Die Ambivalenz der origenistischen Theologie resultiert nicht zuletzt aus der allegorischen Bibelauslegung (mehrfacher Schriftsinn), welche Origenes vornehmlich anwandte, wodurch seine philosophischen Prämissen Einfluss erhielten. Angesichts der spekulativ-metaphysischen Überlagerung des biblisch-heilsgeschichtlichen Ansatzes blieb das positive Ansinnen des Origenes, drei eigenständige ewige Hypostasen in Gott aufzuzeigen und den Sohn als ewiges Abbild Gottes zu qualifizieren, nicht nur von der Frage nach der Unterordnung von Sohn und Geist belastet, sondern auch von der Frage nach dem Gegenüber von Gott und Schöpfung. Denn die kosmologisch-theosophische Vorstellung von einer ewigen Schöpfung widersprach den biblischen Grunddaten. Wollte man nun den Gedanken der ewigen Schöpfung überwinden, musste man entweder den Sohn dem Vater streng unterordnen (zur Schöpfung gehörend) oder seine hypostatische Wesenseinheit mit dem Vater deutlich herausstellen (Sohn als Gegenüber der Schöpfung). Von daher bildet Origenes den Ausgangspunkt der beiden Pole, die sich im arianischen Streit (318–325/337) mit dem radikalen arianischen Subordinatianismus und der nizänisch-orthodoxen 66 K. Beyschlag: Grundriß I, S. 206. 67 Vgl. A.M. Ritter: Dogma, S. 127f. – Zur differenzierten Auseinandersetzung mit den verschiedenen Entwicklungsstadien des Platonismus vgl. H. Dörrie: Platonica. 68 Vgl. K. Beyschlag: Grundriß I, S. 205ff.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Betonung der Wesenseinheit von Vater und Sohn (griech. homousios) gegenüberstanden.69 3.1.3 Der arianische Streit und das Erste Ökumenische Konzil (Nizäa 325) Alexander von Alexandrien (dort Bischof von 312–328) vertrat im arianischen Streit die rechtsorigenistische Position, die in soteriologisch-heilsgeschichtlicher Ausrichtung an der Einheit und Wesensgleichheit der Hypostasen interessiert war, während der Presbyter Arius (gest. um 336) in extremer Weise die linksorigenistische Tendenz vertrat, die sich kosmologisch-philosophisch auf den Pluralismus der Hypostasenlehre konzentrierte.70 Der arianische Streit wurde 318 durch schroffe christologische Formulierungen des Arius ausgelöst und setzte sich nach der Entscheidung des Ersten Ökumenischen Konzils zu Nizäa (325) fort, bevor die Auseinandersetzungen in noch differenziertere trinitarische Streitigkeiten übergingen, die mit dem Zweiten Ökumenischen Konzil zu Konstantinopel (381) beendet wurden. Dass das 4. Jahrhundert derart von den trinitarischen Streitigkeiten erschüttert wurde – auch in der gesamten christlichen Bevölkerung –, lag daran, dass der christliche Wahrheitsanspruch von der Beantwortung der Wahrheitsfrage durch die Gotteslehre abhing. An der Gotteslehre entschieden sich nämlich sämtliche doxologischen, heilsgeschichtlichen, soteriologischen, ekklesiologischen und kosmologischen Aspekte. Deshalb war mit den Entscheidungen des trinitarischen Dogmas von 381 eine maßgebliche Grundlage für die weitere Kirchengeschichte gegeben. Auf dem Weg zu dieser Grundlage hatte Arius nachhaltige Streitigkeiten dadurch ausgelöst, dass er in Anlehnung an das platonische Stufendenken und den adoptianistischen Monarchianismus die absolute Gottheit als das allein ungewordene und unwandelbare Wesen bezeichnete. Weil sich die absolute Gottheit dem Geschöpflichen nicht mitteilen lasse, brauche sie den Logos-Sohn als Schöpfungsmittler, der wie der Geist eine abgestufte „Gottheit“ darstelle. So seien Sohn und Geist Gott dem Wesen nach „unähnlich“ (griech. anhomöos).71 Als von Natur aus wandelbar erhalte der Sohn seine Unwandelbarkeit aufgrund seiner sittlichen Entscheidung für das Gute, weshalb er in seinem Menschsein nicht wahrer Gott sein könne (keine volle Erkenntnis Gottes) und ihm als einer Art Halbgott eine exemplarisch-moralische Vorbildfunktion zukomme, die den Menschen ermögliche, sich in ethischer Selbstbestimmung zu Gott aufzuschwingen.72 „Damit kann keine Erlösung zur vollen Gottesgemeinschaft, sondern nur neue Mo69 „Die Unausgeglichenheiten in seinen [Origenes’] Aussagen über die Trinität führten dazu, daß sich im späteren Origenismus unterschiedliche Konzeptionen herausbildeten“ (W.-D. Hauschild: Lehrbuch I, S. 19). Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 110ff.; C. Markschies: „...et tamen non tres Dii...“, S. 167f. 70 W.-D. Hauschild: Lehrbuch I, S. 23ff., weist zu Recht darauf hin, dass die Einordnung in rechtsund linksorigenistische Entwürfe erst im 4. Jahrhundert vollends zu rechtfertigen ist – aber im 3. Jahrhundert zeichnet sich diese Polarisierung bereits ab. 71 Analog zur platonischen Weltseele zählt der Sohn bei Arius zum Kosmos. 72 Vgl. A. Adam: Lehrbuch I, S. 222. Vgl. insgesamt A.M. Ritter: Dogma, S. 148ff.; ders.: Art. „Arianismus“.

3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage

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ral begründet werden“73, die dem Menschen als Teil der abgestuften Kosmologie den Aufstieg zur Selbsterlösung eröffnet. Weil so insgesamt die Offenbarungsund Heilsrelevanz von Sohn und Heiligem Geist in Frage gestellt war, wurde eine Auseinandersetzung um das zur Disposition stehende Wesen des christlichen Glaubens unausweichlich, insofern als „von der rechten Antwort auf diese Fragestellung [...] die Existenz der Kirche und das Heil des einzelnen Christen“74 abhing. Alexander hielt an dem biblischen paradoxalen Geheimnis der Einheit in Dreiheit fest und betonte neben der origenistischen hypostatischen Unterschiedenheit von Vater und Sohn auch deren „Wesensgleichheit“, die er als Voraussetzung der Erlösung durch Gott herausstellte. Mit dieser Ausrichtung an den Vorgaben der Offenbarung distanzierte sich Alexander sowohl vom arianischen Sub­ordinatianismus (Unterordnung von Sohn und Geist) als auch vom sabellianischen Modalismus (Sohn und Geist nur als „Erscheinungsweisen“ Gottes). Seine Abgrenzung findet sich auch im antiarianischen Bekenntnis der Synode von Antiochien (324/25), das den trinitarischen Gott in seiner Wesenseinheit als Glaubensinhalt versteht und sich im Unterschied zur arianischen Ausblendung des Heiligen Geistes explizit auch auf diesen bezieht. Weil dieses Bekenntnis weitgehend dem Symbolum Romanum des Dionysius von Rom entsprach, wurde die Verbindung zwischen westlicher und rechts­origenistischer alexandrinischer Trinitätstheologie immer deutlicher.75 Das wirkte sich insgesamt auf die Konvergenz von ost- und westkirchlicher Trinitätslehre aus­­­­, wie das Konzil von Nizäa (325) als das Erste Ökumenische Konzil zeigt. Denn es setzte sich überwiegend aus Kirchenvätern des Ostens zu­sam­­men und wurde dennoch durch den Einfluss der abendländischen Teilnehmer stark ge­prägt, und zwar durch die Verbindung zwischen alexandrinischer und westlicher Theologie. Die vom Kaiser zur Beendigung der Streitigkeiten einberufene Reichssynode in Nizäa war mit der Aufgabe konfrontiert, den christlichen Glauben für die gesamte Christenheit verbindlich zu formulieren. Als Grundlage dafür diente wohl ein Tauf- bzw. Glaubensbekenntnis aus dem syro-palästinischen Raum (evtl. Jerusalem), das durch vier Zusätze im Zweiten Artikel sowie ein zugefügtes antiarianisches Anathema präzisiert wurde.76 Nachhaltige Bedeutung hatte die vom Kaiser selbst angestrebte Einsetzung des griechischen Begriffs „homousios“ (eines Wesens, Wesenseinheit), der gegen den arianischen Subordinatianismus klärte, dass der Sohn „eines Wesens mit dem Vater“ ist. Dieser nichtbiblische Begriff hatte im Ringen um sein richtiges Verständnis bereits vor Nizäa eine kirchliche Vorgeschichte.77 Er diente im Kontext des biblisch fundierten 73 J. Moltmann: Trinität, S. 149. 74 K. Aland: Geschichte I, S. 185, der daran erinnert, dass diese Auseinandersetzung deshalb auch die Bevölkerung tief bewegte. 75 Vgl. J.N.D. Kelly: Glaubensbekenntnisse, S. 207–211. 76 Vgl. ebd., S. 226–229, und H.-G. Opitz (Hg.): Urkunden 22,7. 77 Den Nachweis dafür erbringt W.A. Bienert: Ausdruck, S. 161ff. Er zeigt, dass die philosophischen Begriffe nicht die Entwicklung der Trinitätslehre bestimmten, sondern dass ihre Verwendung vom

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Taufbekenntnisses dazu, der kosmologischen Logosspekulation der Arianer mit ihrer Verdrehung biblischer Aussagen zur Gottessohnschaft Jesu einen Riegel vorzuschieben. Deshalb wurde auch das kosmologisch misszuverstehende Logosprädikat des zugrundegelegten Bekenntnisses durch den soteriologisch orientierten Sohnes­titel ersetzt.78 Von diesem Ansatzpunkt aus fügte man weitere Modifizierungen ein, die zum richtigen Verständnis des Homousios beitrugen und ausschlossen, dass der Sohn dem Bereich des Geschöpflichen oder Halbgöttlichen bzw. Emanatorischen angehört. Es wurde eindeutig geklärt, was es heißt, dass der Sohn geboren bzw. eingeboren ist: „das heißt, aus dem Wesen (griech. ousia) des Vaters“. Gegen jegliche sub­ordinatianisti­sche Tendenz formulierte man die Verstärkung „wahrer Gott aus wahrem Gott“, weshalb der Sohn „gezeugt, nicht geschaffen“ ist. Damit wurde klargestellt, dass der Sohn von Ewigkeit her als wahrer Gott beim Vater ist, wodurch man sowohl einem unklaren Origenismus als auch dem Arianismus widersprach und an dem biblischen Paradoxon der Einheit in Dreiheit festhielt.79 Mit diesen auf östlicher und westlicher Tradition fußenden Präzisie­rungen entsprach das Nizänum in seiner theologischen Abgrenzung dem im Westen aufkommenden Apostolikum. Aber den Origenisten blieb noch unklar, wie das der tertullianischen una substantia nahestehende Homousios nicht nur als Abgrenzung gegen tritheistische und subordinatianistische Tendenzen dienen sollte, sondern auch als Abgrenzung gegen modalistische Tendenzen mit ihrer Überbetonung der Einheit Gottes. Denn die synonyme Verwen­dung von ousia (Wesen) und hypostasis (Hypostase) für das „eine Wesen“ gab den Blick auf eine innertrinitarische Differenzierung beim Homo­usios kaum frei, wenn man den Sohn und den Geist ohne nähere Bestimmung als Hypostase bezeichnete. 3.1.4 Athanasius Da die verbliebenen begrifflichen Unklarheiten den theologischen Gruppierun­ gen die Möglichkeit unterschiedlicher Bezugnahme auf das Nizänum eröffneten, folgten weitere Auseinandersetzungen um eine noch deutlichere Formulierung der Trinitätslehre. Trotz der Verurteilung des Arianismus entstand so erneut eine arianisch orientierte Opposition, die das Nizänum zu unterwandern versuchte. Um die kirchliche Einigung aus politischen Gründen möglichst auf alle Gruppierungen auszudehnen, ließ Kaiser Konstantin die arianische Opposition gewähren. biblisch fundierten Kontext der Lehrentscheidungen und Bekenntnisse abhing, durch den sie erst ihre spezifische Bedeutung erhielten. 78 Vgl. F. Ricken: Homousios, S. 99. 79 Vgl. zum Text des Bekenntnisses J.N.D. Kelly: Glaubensbekenntnisse, S. 215f.; H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 125–126. Vgl. zu den verschiedenen Zeugnissen der Bekenntnisbildung in Ost und West die Auflistung östlicher und westlicher Bekenntnisse ebd., Nr. 1–76. – Wenn im Folgenden vom Nizänum die Rede ist, ist das Bekenntnis von Nizäa (325) gemeint, im Unterschied zur Terminologie in den Gesangbüchern, die das Bekenntnis von Konstantinopel (381) als Nizänum bezeichnen. Siehe dazu Kap. III,3.3 und Anm. 108, III. Kap.

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Dagegen leistete Athanasius (295–373), der als Bischof von Alexandrien seit 328 Nachfolger Alexanders von Alexandrien war, entschiedenen Widerstand. Sowohl gegen arianische und modalistische Tendenzen als auch gegen die von Konstantin favorisierte Mehrheitstheologie der origenistischen Mittelpartei (Synthese arianischer und alexandrinischer Tendenzen) wagte es Athanasius, „dem etablierten weltanschaulichen Konzept der Gegenseite trotzend, den Heilssinn der christlichen Offenbarung allein auf die biblische Basis zu gründen, ohne jede spekulative Hilfskonstruktion. [...] die Menschwerdung des Logos galt ihm nicht als Sinnbild des Emporstrebens der Kreatur zu Gott, sondern als die Erniedrigung Gottes zur Kreatur um der Sünde willen“80. Die verbreitete philosophische Gottesidee des statischen und unveränderlichen Ursprungs durchbrach Athanasius nachhaltig, indem er die Inkarnation und die Kreuzestheologie (lat. theologia crucis) als zentrale Grundlagen herausstellte und den Logosbegriff noch deutlicher durch den Sohnestitel ersetzte, wodurch er ihn unmissverständlich personal qualifizierte (Orat. c. Arian. III,28).81 Athanasius benutzte die Begriffe der Mensch- und Fleischwerdung synonym und betonte sowohl gegenüber dem subordinatianistischen Photinianismus (Jesus war nur ein inspirierter Mensch) als auch gegenüber dem modalistischen Doketismus (Jesus trug nur einen Schein­leib), dass Jesu Gottheit und Menschheit gleichzeitig zu bekennen sind. Dieses biblische Paradoxon wird laut Athanasius durch das Wort vom Kreuz erschlossen, das gegen den philosophischen Gottesbegriff (I Kor 1,23) den Widerspruch zwischen metaphysischer Unveränderlichkeit und geschichtlicher Bindung Gottes aufhebt, insofern als sich der transzendente Gott in der Zuwendung des Kreuzes leidensfähig macht.82 Damit bleibt das Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ Gottes gewahrt. Auf der Basis biblischer Terminologie zeigt Athanasius ferner, dass der Vater als ewiger Vater nie ohne Sohn gewesen sein kann und umgekehrt (Orat. c. Arian. I,14ff.; III,6). Diese Erkenntnis überträgt er auch auf den Heiligen Geist: „Wie der Vater nicht vom Sohn, so kann auch der Sohn nicht vom Vater getrennt werden; denn das Wort Vater deutet aus sich heraus auf Gemeinschaft (Koinonia). In beider Hände aber ist der Heilige Geist, der weder vom Sendenden noch vom Überbringer getrennt werden kann.“83 (De sent. Dion. 17) Gegenüber den Pneumatomachen (Geistbekämpfer) mit ihrer Qualifizierung des Geistes als geschöpfliche Kraft stellte Athanasius ausdrücklich auch die Homousie des Geistes heraus (Ep. ad Serap. I,27). Durch das biblisch bezeugte Beziehungsgeflecht zwischen den trinitarischen Personen konnte Athanasius aufdecken, dass neben den Ursprungsbeziehungen, die in der ewigen Zeugung des Sohnes und der ewigen Hauchung des Geistes bestehen, auch ewige Existenzbeziehungen (wie das gegenseitige ineinander Ruhen) für die Gottheit der trinitarischen Personen konstitutiv sind – und nicht nur für deren 80 81 82 83

K. Beyschlag: Grundriß I, S. 251. Vgl. W.A. Bienert: Logos-Christologie. Vgl. M. Tetz: Wort. – Zur Christologie siehe Kap. III,4, und zur Kreuzestheologie siehe Kap. X,2.2. PG 25,505.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Eigentümlichkeiten. Da­mit bereitete Athanasius sowohl die Gedanken der Kap­­ padozier über die innertrinitarische Perichorese (gegenseitige Durchdringung) als auch die relationale Trinitätslehre Augustins vor, wodurch seine Bedeutung für die öst­li­che und die westliche Theologie erkennbar wird.84 Das gilt auch für seine Hermeneutik, nach der sich der Gottesbegriff nicht von der Metaphysik vorgeben lässt, sondern die Erkenntnis der immanenten Wesenstrinität von der biblisch bezeugten heilsgeschichtlichen bzw. ökonomischen Trinität abhängig bleibt. Dabei geht es Athanasius besonders um die Heils- und Erkenntnisgewissheit, denn die in Christus eröffnete Erlösung zur Gottesgemeinschaft kann nur erfolgen, wenn Gott in seinem Sohn selbst zugegen ist, was auch die Voraussetzung für die Verlässlichkeit der im Sohn gegebenen Gotteserkenntnis ist. Das gilt ebenso für eine verlässliche Erleuchtung und Heiligung durch den Heiligen Geist, die auch an dessen Gottheit gebunden ist.85 Weil die Menschen durch den Sohn im Heiligen Geist an der Gemeinschaft der innergöttlichen Liebe teilhaben, erfolgen Ekklesiologie und Ethik automatisch aus der Gotteslehre.86 So sollen die Christen barmherzig sein wie Gott und durch den Heiligen Geist im Leib Christi eins sein wie der Vater mit dem Sohn (Orat. c. Arian. III,19–25). Dabei resultiert aus der vertikalen Verbindung mit der innergöttlichen Gemeinschaft die horizontale ekklesiologische Gemeinschaft, die nur angemessen ist, wenn umfassend an der trinitarischen Gemeinschaft festgehalten wird: „[...] wer aus der Trinität etwas wegnimmt [...], empfängt nichts, sondern [...] bleibt unvollendet“87 (Ep. ad Serap. I,30). Die das ganze Christentum erfassenden Kämpfe um die Wahrheit des christlichen Glaubens waren mit kirchenpolitischen Wirren verknüpft, da es den Kaisern des Westens und Ostens um unterschiedlichste Befriedungsinteressen ging. Das führte dazu, dass Athanasius während seines intensiven Kampfes an der Schnittstelle von Ost- und Westkirche mehrmals ins Exil musste, unter anderem nach Trier (335–337) und Rom (339–346), was seine Kenntnis der westlichen Theologie beförderte. Das half ihm, die Probleme zu überwinden, die sich seit 350 zur Zeit der Alleinherrschaft des Kaisers Konstantius zugespitzt hatten. Dieser versuchte nämlich, die Glaubenseinheit unter Ablösung des Nizänums (325) – und somit unter Ausschaltung der nizänischen Orthodoxie – zu erzwingen. Dadurch emanzipierte sich der radikale Neoarianismus der sogenannten Anhomöer (Aëtius u.a.), die Vater und Sohn für „unähn­lich“ (griech. anomöos) erklärten bzw. deren Wesenseinheit leugneten. Unter Betonung der Wesenseinheit (griech. omousios) wandte sich nicht nur Athanasius mit den übrigen altnizänischen Homousianern 84 „Denn die heilige und selige Trinität ist ungeteilt und in sich selbst geeint; und wenn der Vater genannt wird, so ist auch dessen Logos dabei; und der Geist im Sohne. Auch wenn der Sohn genannt wird, ist im Sohn der Vater, und der Geist ist nicht außerhalb des Logos.“ (Ep. ad Serap. I,14/PG 26,565 B) – Zur vom Verfasser eingeführten neuen terminologischen Unterscheidung zwischen „Ursprungs- und Existenz­beziehungen“ siehe Kap. III,3.2.1. 85 Vgl. A.M. Ritter: Dogma, S. 182f. 86 Vgl. D. Ritschl: Athanasius, S. 67ff. 87 PG 26,597 C.

3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage

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(Apollinaris u.a.) gegen die Anhomöer, sondern auch der rechte Flügel der aus der origenistischen Mittelpartei hervorgegangenen Homöusianer (Basilius von Ankyra u.a.), die von der Wesensgleichheit (griech. omöusios) ausgingen. Sie distanzierten sich sowohl vom subordinatianistischen Neoarianismus als auch von modalistischen Gefahren einer undifferenzierten Betonung der Wesenseinheit. Der Kaiser versuchte die Auseinandersetzung dadurch zu beenden, dass er die Rede von der „Homousie“ und der „Homöusie“ oder der „substantia“ verbot – und damit die Bemühung um die dogmatische Wesenserkenntnis Christi. Er löste das Nizänum durch ein entsprechendes Reichsdogma ab. „Demgegenüber hat Athanasius es der Kirche aller Zeiten ins Gewissen gebrannt, daß die kirchliche Einheit mit der Wahrheitsfrage des Glaubens steht und fällt. Nicht die Einheit der Kirche verbürgte ihm die Wahrheit des Glaubens, sondern allein diese Wahrheit die Einheit der Kirche.“88 So gelang es Athanasius in der Episode der Religionsfreiheit unter Julian mit einer Friedenssynode in Alexandrien (362) auf der Grundlage des Nizänums die Denkweisen der Homousianer (Altnizäner) und der Homöusianer (Mittelpartei) durch den Tomus ad Antiochenos zu vermitteln. Aufgrund des Tomus wurde die Vermittlung zwischen der Ein- und Drei-Hypostasen-Lehre möglich, indem die „Ein-Hypostasen-Lehre“ der Homousianer gegen den Verdacht des Modalismus abgegrenzt wurde (Betonung der Dreiheit als „wirklich seiend“) und die „DreiHypostasen-Lehre“ der Homöusianer vor tritheistischen und arianischen Tendenzen bewahrt wurde (Hypostasen sind nicht „einander wesensverschieden“). Damit war die Interpretation des auf dem Ersten Ökumenischen Konzil (Nizäa 325) verwendeten Homousios im Sinne der göttlichen „Einheit in Dreiheit“ sowohl durch die Ein- als auch durch die Drei-Hypostasen-Lehre möglich. Auf diese Weise erhielt der Tomus ad Antiochenos weitreichendes ökumenisches Gewicht, denn er „formuliert den theologischen Rahmen neunizänischer Theologie, innerhalb derer sich die kappadozische Trinitätstheologie entfaltet, aber auch die lateinischer Theologen wie beispielsweise Ambrosius oder Augustinus“89. 3.2 Der Glaube an den dreieinigen Gott als philosophische und religiöse Revolution 3.2.1 Die drei großen Kappadozier Die Bemühungen derjenigen Kirchenväter aus Ost und West, die versucht hatten, an dem biblischen Paradoxon der Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension Gottes festzuhalten (intra- und interpersonal), kamen in der neuni­zä­ni­schen Theologie der drei großen Kappadozier zum Ziel (Basilius von Cae88 K. Beyschlag: Grundriß I, S. 252. Vgl. insgesamt M. Tetz: Athanasius/Vita; ders.: Biographie; V.H. Drecoll: Entwicklung, S. 1–20. 89 C. Markschies: „...et tamen non tres Dii...“, S. 176. Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 119–127; M. Tetz: Orthodoxie; ders.: Athanasius/Einheit.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

sarea/ca. 330–378, Gregor von Nazianz/ca. 325–390, Gregor von Nyssa/ca. 331– 395). Diese aus ost-westkirch­li­cher Zusammenarbeit erwachsene Theologie wurde maßgeblich für das Zweite Ökumenische Konzil (Konstantinopel 381) und mit dem trinitarischen Bekenntnis des Konzils sowie dem dazugehörigen Lehrschreiben (Tomus) zur Grundlage für die gesamte Christenheit. Was Tertullian in lateinischer Terminologie vorbereitet und Athanasius an der Schnittstelle von ost- und westkirchlicher Theologie fortgeführt hatte (siehe Kap. III,3.1), vollendeten die drei Kappadozier in einer Weise, die endgültig erkennen ließ, dass der christliche Gottesbegriff gegenüber den bisherigen philosophischen und religiösen Vorstellungen eine Revolution bedeutete. Aufgrund ihres differenzierten Offenbarungsverständnisses, das unter Ausschluss philosophischer Rückschlussverfahren die natürliche Ahnung von Gott mit dessen Selbsterschließung verband – und zwar im Kontext existentieller Erfahrung – (siehe Kap. II,5), konnten die Kappadozier das Verhältnis zwischen der heilsgeschichtlich erfahrbaren bzw. ökonomischen Trinität und der Gott immanenten Wesenstrinität auf der Basis des biblischen Zeugnisses detailliert bestimmen. Dazu trug auch ihr Verständnis der göttlichen Energien (Licht, Barmherzigkeit etc.) bei, die sogenannte Energienlehre. Denn für die Kappadozier lassen die heilsgeschichtlichen Wirkungen und Wirkkräfte Gottes (Energien) auf seine wesensgemäße Gegenwart schließen, da Gott als frei Handelnder „personal“ gegenwärtig ist und sich in seinem Handeln entspricht (Gregor von Nazianz: Oratio 39,11). Es besteht also ein Zusammenhang zwischen den Beziehungen in der Trinität und ihren energetischen Erscheinungen. Darin unterscheidet sich die kappadozische Energienlehre von der späteren Energien­leh­re der photianischpalamitischen Tradition im Osten, für die keine Rückschlüsse mehr von den göttlichen Energien auf das wesensgemäße Sein Gottes möglich waren, was spekulative Aussagen über das innertrinitarische Wesen provozierte (siehe Kap. IV,2). Deshalb hat der Verfasser die Unterscheidung zwischen „ökonomischer und spekulativer Energienlehre“90 eingeführt, weil die „ökonomische Energienlehre“ der Kappadozier Rückschlüsse auf die „ökonomische“ bzw. heilsgeschichtlich erkennbare Trinität zuließ, während die spätere „spekulative Energienlehre“ der photianisch-palamitischen Tradition nur noch „spekulative“ Rückschlüsse von den Energien auf das hypostatische Wesen der trinitarischen Personen gewährte – in Gegenreaktion auf eine einseitige Filioque-Tradition im Westen.91 Auf der Grundlage ihres differenzierten Offenbarungsverständnisses und der entsprechenden Energienlehre konnten die Kappadozier die biblisch bezeugte Vielfalt und Tiefe der trinitarischen Beziehungen erkennen. Das führte sie zu der Einsicht, dass das Beziehungsgeflecht bzw. die Relationalität der trinitarischen Personen und die jeweiligen personalen Eigentümlichkeiten zum einen absoluten 90 Zur detaillierten Darlegung dieser Unterscheidung vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 128f., 166f., 508–522. 91 Zur einseitigen Weiterentwicklung ost- und westkirchlicher Hermeneutik siehe Kap. IV.

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Wesen des einen Gottes gehören. Um dieses bis dahin nicht denkbare biblische Paradoxon nachvollziehbar zum Ausdruck bringen zu können, unternahm Basilius auf der Basis des von Athanasius initiierten Tomus ad Antiochenos (siehe Kap. III,3.1.4) einen genialen Schachzug, der das philosophische und religiöse Denken revolutionierte. Was von der Sache her auch schon Tertullian und Athanasius mit anderen Formulierungen vollzogen hatten, vollendete Basilius für das christliche Selbstverständnis und dessen Vermittlung an die philosophische und religiöse Umwelt. Basilius verband das an der Einheit Gottes orientierte Homousios mit der Drei-Hypostasen-Lehre der Homöusianer, um sowohl arianisch-subor­di­ natianistische und tritheistische Tendenzen mancher Origenisten als auch modalistische Tendenzen mancher Altnizäner ab­zuwehren und das biblisch bezeugte paradoxale Geheimnis der Einheit in Dreiheit noch angemessener zum Ausdruck zu bringen. Das gelang ihm durch eine kreative und geniale Begriffsveränderung: Er hob die Äquivalenz der Begriffe ousia und hypostasis auf, die bis dahin beide synonym für das eine absolute Wesen Gottes gebraucht wurden. Diese Bedeutung durchaus beibehaltend wies Basilius jetzt der Hy­po­stase zugleich die Funktion des Personbegriffs (griech. prosopon) zu. Da dieser aber ein Beziehungsbegriff ist, konnte Basilius im Unterschied zum griechischen Seins-Monismus (das absolute Eine) nun die Relationalität in der Ontologie bzw. im absoluten Sein zum Ausdruck bringen. Das ermöglichte ihm die Darstellung der Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension Gottes bzw. der gegenseitigen Durchdringung der trinitarischen Personen in dem einen absoluten göttlichen Wesen. In Anlehnung an Tertullian (Selbstand in Relation) und Athanasius wird damit die antike Metaphysik bzw. das bisherige religiöse Denken über das absolute göttliche Sein revolutioniert. Denn diese Metaphysik konnte nach der aristotelischen Kategorientafel personale oder relationale Differenzierungen lediglich als Akzidens (nicht Wesentliches) des absoluten göttlichen Seins verstehen. Jetzt aber gehörte Relationalität zum Wesen des absoluten Seins, so dass der dreieinige Gott als in sich lebendige vollkommene Gemeinschaft verstehbar wurde. Weil die Hypostase weder einfach die ousia verkörpert noch Akzidens bedeutet, stellt sie ein überkategoriales Sein dar, womit Basilius zeigt, „daß er Gott nicht den irdischen Kategorien unterwirft und seine Realität als Person nicht abhängig macht von menschlichen Vorstellungen, was letztlich seine Gottheit in Frage stellen würde“92. Auf dieser Basis bezeichnete Basilius mit ousia das eine, gemeinsame göttliche Wesen und mit hypostaseis (Hypostasen) die jeweiligen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen (Ep. 236,6; 214,4). So entstand die neunizänische griechische Formel „mia ousia – treis hypostaseis“ (ein Wesen – drei Hypostasen) (Ep. 236,6), in der sich von der Sache her die lateinische Formel von Tertullian widerspiegelt: „una substantia – tres personae“ (eine Substanz – drei Personen).93

92 W.A. Bienert: Dogmengeschichte, S. 197. 93 Vgl. C. Andresen: Entstehung, S. 34ff.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Für die Kappadozier zeigen die als Vaterschaft, Sohnschaft und Heiligung erkennbaren Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen den Vater als ewigen Ursprung bzw. Grund des Sohnes, den Sohn als Abbild des Vaters und den vom Vater ausgehenden sowie mit dem Sohn verbundenen Geist als Endpunkt und Vollzug der innergöttlichen Gemeinschaft (Adv. Eunom. I–II; Ep. 38,4).94 Es handelt sich um einen ewigen Prozess von Zeugung des Sohnes und Hauchung des Geistes, der nie einen Anfang hatte. Nach Gregor von Nazianz stellt sich in der heilsgeschichtlichen Offenbarung – den innertrinitarischen Eigentümlichkeiten entsprechend – der Vater als Ursprung dar (Schöpfung), der Sohn als die prinzipielle Wendung Gottes nach außen (Inkarnation) und der Geist als die aktuelle Zugänglichkeit Gottes für den Menschen (Heiligung). Als personale Weise der innergöttlichen Liebe bzw. des Wesens Gottes gibt der Geist den Menschen Anteil an der Liebe Gottes. Die heilsgeschichtlichen trinitarischen Sendungen entsprechen also den innergöttlichen Hervorgängen.95 Durch die trinitätstheologische Präzisierung der Personalität, die im Unterschied zur bisher geltenden Bedeutung von „Person“ im lateinischen oder griechischen Sprachbereich (lat. persona: Maske, griech. prosopon: Antlitz) jetzt als individuelle personale Eigentümlichkeit hervortritt, wird auch das anthropologische Personverständnis über die bisherige Bedeutung von Maske oder Antlitz hinaus vertieft. Deshalb ist mit der Trinitätslehre nicht nur eine philosophische und religiöse Revolution im Blick auf das Gottesverständnis verbunden, sondern auch die Revolutionierung des anthropologischen Personbegriffs, insofern als jetzt auch der Mensch als eigentümliche individuelle Personalität in seiner Gemeinschaft mit Gott verstehbar wird. So konnte die freie personale Gemeinschaft im Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zwischen Gott und Mensch auch von der anthropologischen Seite deutlicher zur Darstellung kommen. Unser heutiges Verständnis von Subjektivität und Individualität hat hier letztlich seinen Ursprung. Hinsichtlich des Gottesbegriffs war das biblisch bezeugte Wesen Gottes als lebendige Liebe nun noch differenzierter im Kontext philosophischer und religiöser Gottesbilder nachzuvollziehen. Denn gegenüber statischeren philosophischen und religiösen Gottesbildern wurde jetzt deutlich, wie in der dynamischen Personalität Gottes die Voraussetzung einer freien personalen Gemeinschaft der Liebe zwischen Gott und Mensch besteht. Die Tiefe des dynamischen Wesens Gottes erschloss sich den Kappadoziern, weil sie durch ihre ökonomische Energienlehre sowohl die heilsgeschichtlich erkennbaren trinitarischen Hypostasen wahrnahmen als auch die Vielschichtigkeit der biblisch bezeugten Re­lationen zwischen den Hypostasen. Bei den Beziehungen auf der Ebene gegenseitiger ewiger Existenz handelt es sich zum Beispiel um das Ruhen des Geistes im Sohn oder um sein Hervorleuchten aus dem Sohn. Diese 94 Vgl. V.H. Drecoll: Entwicklung, S. 118ff. 95 Vgl. W.A. Bienert: Dogmengeschichte, S. 194ff. Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 131ff.

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energetischen Erscheinungen werden nach Gregor von Nazianz als personale Manifestationen und somit als ewige hypostatische innertrinitarische Lebensbeziehungen von den Ursprungs­beziehungen unterschieden. Denn die Ursprungsbeziehungen betreffen die Zeugung des Sohnes und die Hauchung des Geistes. Die Kappadozier konnten so zwischen den innertrinitarischen Ursprungsbeziehungen und weiteren ewigen Beziehungen auf der Ebene der trinitarischen Existenz (ewige Seinsbeziehungen) unterscheiden, weshalb der Verfasser daraus die terminologische Unterscheidung zwischen „Ursprungs- und Existenzbeziehungen“96 abgeleitet hat. Im Zusammenspiel dieser beiden Beziehungsebenen kann Gregor von Nazianz den Unterschied zwischen Sohn und Heiligem Geist in deren Verhältnis zum Vater zeigen und das hypostatische Verhält­nis zwischen Sohn und Geist darlegen. Denn in der Vielfalt der biblisch bezeugten Relationen ist neben der Ursprungsbeziehung, die den Hervorgang (griech. ekporeusis) des Geistes aus dem Vater beinhaltet (Joh 15,26), das Ausgehen (griech. proienai) des Geistes von Vater und Sohn auf der Ebene ewiger Existenzbeziehungen erkennbar, weil der Geist auch dem Sohn zu eigen ist (Gal 4,6; Röm 8,9; Joh 16,14). Das wird daran deutlich, dass der Geist aus dem Vater des eingeborenen Sohnes hervorgeht, der sich als Vater des Sohnes offenbart, indem er den Geist durch (griech. dia) den Sohn (und wegen des Sohnes) hervorgehen lässt. Entsprechend wird der Geist auch als Geist des Sohnes wahrnehmbar, weshalb er nach den Kappadoziern durch den Sohn aus dem Vater hervorgeht. Wie der Geist heilsgeschichtlich vom Vater durch den Sohn gesandt wird, in dem der Geist ruht und von dem er deshalb auch ausstrahlen kann, geht der Geist innertrinitarisch aus dem Vater des Sohnes und somit durch den Sohn hervor. Denn wenn der Vater sein Wort (griech. logos) ausspricht und sich damit als sein eigenes Bild in seinem Sohn gegenübertritt, haucht er dabei den Geist. Weil sich so Zeugung des Sohnes und Hauchung des Geistes gegenseitig begleiten, sind die Existenzbeziehungen zwischen Sohn und Geist mit den Ursprungsbeziehungen verbunden, so dass die Beziehung des Geistes zum Vater als Ursprung (Prinzip) mit der Beziehung zum Sohn auf der Existenzebene verbunden ist. Deshalb können die Kappadozier auf einen hypostatisch relevanten Hervorgang des Geistes aus dem Vater durch (griech. dia) den Sohn schließen97, was einer späteren einseitigen westlichen Filioque-Tradition (Hervorgang aus Vater und Sohn) ebenso widerspricht wie entgegengesetzten ostkirchlichen Engführungen (Hervorgang aus dem Vater allein) (siehe Kap. IV). Aufgrund der Verbindung von „Ursprungs- und Existenzbeziehungen“ ist der Vater nicht ohne seine durch den Geist vermittelte Beziehung zum Sohn zu denken, der Sohn nicht ohne seine durch den Geist vermittelte Beziehung zum Vater und der Geist nicht ohne seine Beziehung zu Vater und Sohn. Indem sich die 96 Zur detaillierten Erörterung dieser Begrifflichkeit und ihrem Vorteil gegenüber ähnlichen terminologischen Unterscheidungen vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 134ff., 522ff. 97 Vgl. J.-M. Garrigues: Standpunkt, S. 127ff.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Hypostasen ganz in die anderen Hypostasen entäußern und in ihrer Beziehung zu den anderen Hypostasen doch ganz bei sich sind, stellt das innertrinitarische Sein Gottes in gegenseitiger Durchdringung (Perichorese) das vollkommene Leben der Liebe dar (Gregor von Nyssa). Dabei bleiben die jeweiligen Eigentümlichkeiten (Proprien) der trinitarischen Personen ebenso erhalten wie die Gleichursprünglichkeit ihrer Beziehungen. So verkörpert der Vater zwar den ursprunglosen Ursprung des Sohnes (Ursprungsebene: Vater als Quelle), aber sein gesamtes Personsein definiert sich aufgrund der Vaterschaft erst vollends durch die mit dem Wirken des Heiligen Geistes verbundene Beziehung zum Sohn (Existenzebene: gegenseitige Durchdringung). Das personal-hypostatische Spezifikum des Vaters als Quelle bleibt also bestehen, bedeutet aber wegen der gleichursprünglichen ewigen gegenseitigen Durchdringung (Perichorese) keine Über- oder Unterordnung (ewiger Prozess ohne Anfang und Ende). Genauso verhält es sich mit den Spezifika von Sohn und Heiligem Geist im Kontext der gleichursprünglichen Perichorese.98 Jede trinitarische Person ist also unter Beibehaltung ihres personalen Spezifikums der Ursprungsebene ganz in jeder anderen, wobei diese gegenseitige interpersonale Durchdringung (Perichorese) zu­gleich die intrapersonale Wesenseinheit des In­einander­seins in der Vielfalt der ewigen Existenzbeziehungen beinhaltet (Joh 10,30; 14,9ff.; 17,21). Von daher verkörpert Gott die intrapersonale Wesenseinheit der interpersonalen Relationen dreier Personen (= vollkommene Gemeinschaft der Liebe – I Joh 4,8.16). Dieser innertrinitarischen Gemeinschaft der Liebe mit ihrer gegenseitigen Durchdringung entspricht das Kirchenverständnis der Kappadozier. Das innertrinitarische Geben und Empfangen fand seinen Niederschlag in den Strukturen der Glaubensgemeinschaft, die als eine im dreieinigen Gott konstituierte Gemeinschaft (griech. koinonia) von gegenseitigem Geben und Empfangen verstanden wurde, was die Gegenseitigkeit von Orts- und Universalkirche sowie von Amt und Priestertum aller Glaubenden widerspiegelt. Das wird durch die konziliare Struktur oder die Beteiligung von Laien an den Konzilen ebenso unterstrichen wie durch die Notwendigkeit der Rezeption der Konzilsbeschlüsse durch die gesamte Kirche. Die Rezeption geschieht im Heiligen Geist, der allen Glaubenden geschenkt ist. Im Heiligen Geist als Geber und Gabe verwirklicht sich Gottes „Gegenüber und Nähe“. Das Gegenüber kommt zum Beispiel zeichenhaft im prophetischen Amt zum Ausdruck, während sich die Nähe in den Charismen bzw. Gnadengaben eines jeden Getauften äußert, was jeglichem Klerikalismus entgegensteht. Für Basilius ist der – Christus vergegenwärtigende – Geist keine Kraft, die an Asketen, Mönche und Amtsträger zu binden wäre, sondern er garantiert die Freiheit des Heilshandelns Gottes und den für alle geltenden unmittelbaren Zugang zum Heil, das keiner Vermittlungsebene bedarf. Grundsätzlich bleibt der Heilige Geist der Verfügbarkeit durch die Kirche entzogen und behält so seine kirchenkritische Funktion. Gregor von Nyssa betont, dass nach Joh 17,21 das 98 Vgl. Basilius: Ep. 38,4,67–73 (PG 32,332–333).

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trinitarische Wesen Gottes der Typos der Kirche bleibt, weshalb sich alle, die sich von der vollkommenen Dreieinigkeit Gottes entfernen, von der Erlösung und der Gemeinschaft Gottes trennen.99 Die von den Kappadoziern dargelegten trinitätstheologischen und ekklesiologischen Grundlagen prägten nicht nur das für die gesamte Christenheit maßgeblich gewordene trinitarische Bekenntnis des Zweiten Ökumenischen Konzils (Konstantinopel 381) mit seinem dazugehörigen Lehrschreiben (Tomus), sondern sie wurden auch von Augustin rezipiert, dessen Trinitätslehre für die weitere westkirchliche Entwicklung richtungweisend werden sollte. 3.2.2 Augustin Nachdem der mit Basilius von Caesarea in Kontakt stehende Lehrer Augustins, Ambrosius von Mailand (ca. 339–397), die griechische neunizänische Formel „mia ousia – treis hypostaseis“ (ein Wesen – drei Hypostasen) mit der lateinischen tertullianischen Formel „una substantia – tres personae“ (eine Substanz – drei Personen) gleichgesetzt hatte (Fid. III,15,126), bestand die Grundlage für die Rezeption der kappadozisch-neunizänischen Theologie und des daraus erwachsenen Bekenntnisses von 381 durch Augustin (354–430). Augustin entwickelte seine für die westliche Wirkungsgeschichte maßgebliche Trinitätslehre in den 15 Büchern über die Trinität („De trinitate“). Darin vollzog er die philosophische und religiöse Revolution der kappadozisch-neunizänischen Trinitätslehre nach. Wie bei den Kappadoziern wird die aristotelische Kategorienlehre überwunden, indem die Relationen dem göttlichen Wesen nicht als Akzidenzien hinzutreten, sondern es konstituieren, weil Gott nicht Träger der Eigenschaften ist, sondern diese sein Gottsein ausmachen. Das unterstreicht Augustin, indem er den an zusammengesetztes Sein erinnernden Begriff substantia durch den Begriff essentia (allgemeines Sein) ersetzt. Auch wenn er statt persona gelegentlich den Begriff relatio (Relation) verwendet, bleibt der Selbstand der Personen im Unterschied zur späteren augustinischen Tradition (Identifizierung von Person und Relation) erhalten.100 Denn beide Begriffspaare (substantia/persona und essentia/relatio) bilden nach Augustin als Ausdruck intra- und interpersonaler Gleichzeitigkeit die gegenseitige Durchdringung in Gott ab (Perichorese), die der Dimension des Selbstandes bedarf, wobei jeder Person in der gegenseitigen Relationalität unvermischt göttliches Sein zukommt. Von daher stellt sowohl jede Einzelperson als auch die Dreiheit „Gott“ dar, in welchem innertrinitarisch alles in allem existiert (De trin. V,8; IX,5). Es liegt auch Augustin daran, jegliche modalistische, subordinatianistische oder tritheistische Häresie abzuwehren. Bei der Veranschaulichung der in Gott wesensmäßig bestehenden „Einheit in Dreiheit“ geht Augustin von der intrapersonalen Einheit Gottes aus, was der rationalen westlichen Mentalität entspricht, welche die Vielfalt von der Einheit de99 Zur altkirchlichen Ekklesiologie vgl. P.-T. Camelot: Lehre, S. 37ff., und W.A. Bienert: Kirchenverständnis, S. 73ff. 100 Vgl. A. Adam: Lehrbuch I, S. 278ff.; B. Studer: Person-Begriff, S. 170ff.

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duziert (siehe Kap. IV,1). So sah Augustin unter Rückgriff auf die Gottebenbildlichkeit des Menschen (Gen 1,26) Spuren der Trinität (lat. vestigia trinitatis) in der Struktur der Seele bzw. des menschlichen Geistes. Mit der sogenannten psychologischen Analogie erörtert Augustin zwei Möglichkeiten der dreifachen Entfaltung des menschlichen Geistes als Analogie zur Trinität: 1. Das Zusammenspiel von „Gedächtnis (lat. memoria) – Einsicht (lat. intelli­gentia) – Wille (lat. voluntas)“ (z.B. De trin. X,1–12). 2. Das Zusammenspiel von „Geist (lat. mens) – Erkenntnis (lat. notitia) – Liebe (lat. amor)“ (z.B. De trin. IX,5). Die psychologischen Analogien Augustins wurden zuweilen mit dem Vorwurf konfrontiert, es handele sich um neuplatonischen Leib-Geist-Dualismus oder ideellen Selbstvollzug des absoluten Geistes.101 Doch Augustin benutzt die psychologischen Analogien nach eigener Aussage lediglich als unzureichende Veranschaulichung. Im Blick auf die trinitarischen Personen führt der im Vergleich zu „Vater“ und „Sohn“ relativ unspezifische Name „Heiliger Geist“ nach Augustin in neutestamentlicher Perspektive zu der Erkenntnis, dass sich im Heiligen Geist die Liebe vollzieht, die in der innergöttlichen Gemeinschaft als Identität von Selbsthabe und Selbstgabe besteht und das Wesen Gottes ausmacht. Deshalb kann Gott sowohl als Geist (Joh 4,24) als auch als Liebe (I Joh 4,8.16) bezeichnet werden. Die Eigentümlichkeit des Heiligen Geistes lässt sich nach Augustin vor diesem Hintergrund als Gabe (lat. donum), Liebe (lat. caritas), Band der Liebe (lat. vinculum amoris) oder Gemeinschaft (lat. com­munio) definieren (De trin. V,11,12–12,13; XV,17,27–18,32). Die im Heiligen Geist zur Vollendung kommende Übereinstimmung des innergöttlichen „Bei-sich-Seins“ und „Außer-sich-Seins“ vermag sich durch den Geist auch als freie Liebe Gottes in den außergöttlichen Bereich zu entäußern, weshalb Gott die Menschen schuf, um sie an seiner Liebe teilhaben zu lassen. Im Heiligen Geist ist Gott „außer sich“ bei den Menschen und bleibt dennoch „bei sich“, weil der Geist als die göttliche Liebe Geber und Gabe dieser Liebe zugleich verkörpert.102 Aufgrund der Betonung der intrapersonalen Einheit Gottes und seines „Gegenüberseins“ zur Welt bindet Augustin den Geist sehr eng an die Christologie und die Gnadenlehre, so dass der Geist besonders als Kraft von Vater und Sohn zur Sprache kommt. Wenn Augustin dabei vom Ausgang des Geistes aus Vater und Sohn spricht, versteht er das nicht im Sinne der später entstandenen zugespitzten „Filioque“-Tradition, die bezüglich des Ausgangs des Geistes aus Vater und Sohn (lat. filioque) der Gefahr ausgesetzt ist, Vater und Sohn als Ursprungsprinzipien des Geistes gelten zu lassen. Denn Augustin betont noch, dass der Heilige Geist im Sinne des Ursprungs (lat. principaliter) vom Vater ausgeht und im Sinne der Gemeinschaft (lat. communiter) von Vater und Sohn (De trin. XV,26,47),103 was der kappadozischen Unterscheidung von Ursprungs- und Existenzbeziehungen entspricht. 101 So etwa bei J. Moltmann: Kirche, S. 51 (Dualismus), und W. Kasper: Gott, S. 363f. (Idealismus). 102 Vgl. W.-D. Hauschild: Art. „Geist IV“, S. 202f.; J. Ratzinger: Heilige Geist, S. 224ff. 103 Vgl. dazu B. Oberdorfer: Filioque, S. 127, der auch nicht davon ausgeht, dass Augustins „Trinitätslehre als ‚filio­qui­stisch‘ im späteren Sinn bezeichnet werden muß“.

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So existierten in Ost und West zunächst komplementäre Formulierungen, die zum Ausdruck brachten, dass der Heilige Geist hinsichtlich seines Ursprungs (Ursprungsebene) aus dem Vater durch (griech. dia, lat. per) den Sohn hervorgeht (Tertullian, Hilarius, Athanasius, Kappadozier) und hinsichtlich seiner wesensgleichen Gemeinschaft mit den anderen Personen (Existenzebene) von Vater und Sohn (griech. par amfoteron, lat. a Patre et Filio/Filioque) ausgeht (Tertullian, Ambrosius, Athanasius, Basilius). Da man auch im Osten erkannte, dass sich der Heilige Geist zugleich vom Sohn empfängt (Gegor von Nyssa), und auch im Westen wahrnahm, dass bezüglich seines Ursprungs die Monarchie des Vaters besteht (Tertullian, Augustin), wurden beide Formulierungsmöglichkeiten bis ins 8. Jahrhundert wechselseitig benutzt und anerkannt.104 Darin spiegelt sich wider, dass sich im ausgehenden 4. Jahrhundert „trotz unterschiedlicher Begrifflichkeit in der Sache alle großen Kirchenprovinzen einig [waren]: Caesarea (Basilius), Alexandrien (Athanasius), Gallien (Hilarius), Italien, besonders Rom (Damasus). Damit waren nach einer der turbulentesten Epochen der Kirchengeschichte die Voraussetzungen für eine Lösung gegeben.“105 Deshalb konnte auf dem Zweiten Ökumenischen Konzil (Konstantinopel 381) die in ostwestlicher Ökumene entfaltete Trinitätslehre mit ihren Abgrenzungen gegen jegliche Einseitigkeit und Verfälschung verbindlich bekannt und festgehalten werden. 3.3 Das Ökumenische Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) als Grundlage des christlichen Gottesbegriffs Das im Jahr 381 von Kaiser Theodosius I. einberufene Reichskonzil in Konstantinopel sollte eine theologisch-synoda­le Lösung der trinitarischen Streitigkeiten bringen und das Konzil von Nizäa (325) unter Berücksichtigung des seither erarbeiteten Konsenses bestätigen. Mit der Vollendung des Prozesses der Konsensbildung und der in ihm enthaltenen „Angleichung zwischen Abend- und Morgenland“106 ging das Konzil als Zweites Ökumenisches Konzil zu Konstantinopel (381) in die Geschichte ein und sein trinitarisches Bekenntnis bzw. Dogma wurde zur allgemein anerkannten Formulierung des christlichen Gottesbegriffs (siehe Kap. IV). Als biblisch fundierter Ausgangspunkt diente dem Konzil ein neunizänisches Bekenntnis aus der antiochenischen Bekenntnistradition, in dem sich auf biblischer Basis Ergänzungen im Zweiten Artikel sowie die Erweiterung des Dritten Artikels angebahnt hatten, und zwar unter Hinweis auf die soteriologische und heilsgeschichtliche Funktion des Heiligen Geistes. Dieses von den Konzilsvätern ergänzte Bekenntnis wurde in seiner neunizänisch-kappa­dozischen Prägung mit dem entsprechend geprägten Lehrdekret (Tomus) als authentische 104 Vgl. insgesamt zu Augustin und der Trinitätslehre in West und Ost M. Haudel: Selbsterschließung, S. 139ff. 105 W. Kasper: Gott, S. 316. 106 L. Scheffczyk: Formulierung, S. 182.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Darlegung des „Glaubens von Nizäa“ neben das Bekenntnis von Nizäa/325 (N) gestellt, um den Konsens über dessen Verständnis festhalten zu können. Deshalb spricht man beim Bekenntnis von Konstantinopel (381) zu Recht vom „NicaenoConstantinopoli­tanum“ (NC)107, das sich im 5. und 6. Jahrhundert allgemein in Ost- und Westkirche als das sogenannte nizänische Bekenntnis108 durchsetzte und „bis heute das einzige in der gesamten christlichen Kirche verwendete Credo“109 ist. Damit stellt es vor dem Hintergrund der kappadozisch-neunizäni­schen Trinitätslehre (siehe Kap. III,3.2.1) die Grundlage des christlichen Gottesbegriffs dar. Das trinitarische Bekenntnis des Konzils von Konstantinopel 381 (Nicaeno-Constantinopoli­ tanum) Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, der alles geschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt. Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen. Für uns Menschen und zu unserm Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden. Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden, ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift und aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein. 107 Vgl. zu den Quellen des Konzils W.-D. Hauschild: Dogma, S. 14ff., der aufzeigt, dass das in Chalcedon (451) rezipierte Bekenntnis von Konstantinopel (NC) zur Beschlussfassung des Konzils von 381 gehörte. Vgl. K. Aland: Geschichte I, S. 194, der darauf hinweist, dass das Konzil von Nizäa durch das Konzil von 381 „aufgesaugt“ wurde. 108 Deshalb wird das NC in Gesangbüchern zumeist – missverständlich – als „Nizänum“ bezeichnet. 109 W.-D. Hauschild: Lehrbuch I, S. 46. Zur ökumenischen Bedeutung des Konzils von 381 und seiner Entstehungsgeschichte vgl. auch R. Staats: Glaubensbekenntnis.

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Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater (und dem Sohn)110 hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und die eine, heilige, katholische111 und apostolische Kirche. Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt. Amen.

Gegenüber dem Bekenntnis von 325 (N) sind der Zweite und der Dritte Artikel des NC (381) durch eine differenziertere Verschränkung von Christologie und Pneumatologie gekennzeichnet. So enthält der Zweite Artikel den Hinweis, dass Christus „Fleisch annahm vom Heiligen Geist“, während der Dritte Artikel den Geist als Herrn (griech. kyrios) und Lebensspender bezeichnet. Beides unterstreicht das untrennbare Wirken von Geist und Sohn sowie die – dem Sohn entsprechende – Gottheit des Geistes (Kyrios-Prädikat) in ihrer soteriologischen Funktion (Lebensspender). Weil die an Joh 15,26 angelehnte Formulierung des Hervorgangs des Geistes aus (griech. ek) dem Vater mit ek (statt para) die gleiche Terminologie aufweist wie die Zeugung des Sohnes aus (ek) dem Vater, spricht das Bekenntnis offensichtlich nur von der Ursprungsbeziehung.112 Da das Lehrdekret (Tomus) den Einfluss der kappadozischen Theologie auf das Konzil und das Bekenntnis bestätigt, indem es etwa die kappadozische Konzeption der innertrinitarischen Gemeinschaft aufgreift (ein Wesen – drei Hypostasen)113, ist davon auszugehen, dass das allgemein akzeptierte kappadozische Verständnis des Hervorgehens des Geistes aus dem Vater durch (griech. dia) den Sohn und damit ein entsprechendes Ausgehen von Vater und Sohn auf der Existenzebene mitgemeint sind. Insofern kann das NC weder für eine spätere westliche Filioque-Tradition im Sinne zweier Ursprungsprinzipien vereinnahmt werden noch für eine spätere östlich-photianische Tradition des Ausgehens des Geistes aus dem Vater allein (griech. monou) (siehe Kap. IV). Dafür spricht auch, dass die Kirchenväter das Bekenntnis im Kontext von Doxologie (Lobpreis der Herrlichkeit Gottes) und Anbetung verstanden, weshalb sie die biblisch-soteriologische Redeweise bevorzugten. Neben der auf Joh 15,26 zurückgehenden Formulierung des Hervorgangs des Geistes betrifft das etwa auch den Umstand, dass im NC nicht explizit von der Homousie (Wesenseinheit) des Geistes gesprochen wird, sondern von seiner dem 110 Das ist die spätere einseitige Einfügung des Filioque durch die Westkirche (siehe Kap IV,1). 111 Die allumfassende Kirche (griech. katholikos: das Ganze betreffend) – nicht zu verwechseln mit „römisch-katho­lisch“. 112 Vgl. zum Text des Bekenntnisses H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 150, und J.N.D. Kelly: Glaubensbekenntnisse, S. 295f. 113 Zum Text des Lehrdekrets (Tomus) vgl. A.M. Ritter: Alte Kirche, S. 180. – Der synonyme Gebrauch von Hypostase und Person wurde auf dem Fünften Ökumenischen Konzil (553) bestätigt.

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Vater und dem Sohn ebenbürtigen Anbetungswürdigkeit (griech. Homotimie). Diese stand auch im Zentrum der Auseinandersetzung mit den Pneumato­machen (Geistbekämpfern) und beinhaltet somit eine klare Absage an deren Unterordnung des Geistes, ebenso wie die Aussage des Bekenntnisses, dass der Geist mit Vater und Sohn verherrlicht wird. Darin besteht eine eindeutige Entsprechung zu den dogmatisch präzisen Aussagen des Lehrdekrets, das die Wesenseinheit (Homousie) des Geistes mit Vater und Sohn beschreibt. Dem Inhalt des Bekenntnisses entsprechend verurteilt das Konzil jegliche Einseitigkeit und Verfälschung der biblisch-heilsgeschichtlich erkannten Trinitätslehre. Das gilt nicht nur für die Semiarianer (Pneumatomachen), die den Heiligen Geist unterordneten, sondern auch für die subordinatianistischen Arianer (Anhomöer, Homöer), die zugleich den Sohn unterordneten. Ebenso werden unter anderem die adoptianistischen und modalistischen Sabellianer verurteilt, die in Jesus einen zum Gottessohn adoptierten Menschen sahen oder hinsichtlich des Sohnes und des Geistes lediglich von Erscheinungsweisen (lat. modi) Gottes ausgingen. Im Blick auf den beginnenden christologischen Streit (siehe Kap. III,4) werden zugleich die Apollinaristen verurteilt, deren Modalismus die Vorstellung von einer wirklichen Menschwerdung Christi verhinderte.114 Das aus Bekenntnis und Lehrdekret bestehende Dogma von 381 legte also Wert darauf, dass das biblische Paradoxon der gleichzeitigen Dreiheit und Einheit Gottes und damit der Zusammenhang von „Gegenüber und Nähe“ Gottes gewahrt bleiben. Wie Gottes Dreiheit garantiert, dass Gott wirklich Mensch werden kann, ohne seine Gottheit zu verlieren, so garantiert seine Einheit, dass es wirklich Gott ist, der Mensch wird. Von daher kann sich Gott – als in innertrinitarischer Liebe existierendes persönliches Gegenüber – den Menschen in Liebe heilsgeschichtlich zuwenden, ohne von der Welt abhängig zu werden oder in ihr aufzugehen. Eine Vereinnahmung Gottes wird also ebenso ausgeschlossen wie seine Abschiebung in eine unerreichbare Transzendenz. So ist das persönliche Verhältnis zwischen Gott und Mensch als freie Gemeinschaft der Liebe gewährt. Was das für die Gemeinschaft der Glaubenden bedeutet, kommt im Dritten Artikel zur Sprache, der im Kontext des Heiligen Geistes das geglaubte Wesen der Kirche bekennt: die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. Mit dem Hinweis, dass der in der Kirche wirkende Geist schon „durch die Propheten geredet hat“, wird die heilsgeschichtliche Kontinuität aufgezeigt, in der die Kirche steht. Durch die Verbindung des Heiligen Geistes mit Vater und Sohn und durch die Hervorhebung des mit Taufe und Auferstehung gegebenen Heils stellt der Dritte Artikel den Zusammenhang zwischen Gotteslehre, Soteriologie und Ekklesiologie her. Was das NC konkret unter den vier geglaubten Wesens-Eigenschaften (lat. notae) der Kirche versteht, wird vor dem aufgezeigten Hintergrund der Theologie der Kirchenväter transparent: Aufgrund der konstitutiven Verbindung der Gemeinschaft der Glaubenden mit der trinitarischen Gemeinschaft ist die Einheit 114 Vgl. insgesamt W.-D. Hauschild: Dogma, S. 28ff., 43ff.; A.M. Ritter: Konzil, S. 270ff.; T. Schneider: Ort, S. 102ff.

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der Kirche durch die Einheit von Vater und Sohn (Joh 17,21) sowie durch den einen Leib (Christi) und den einen Geist (Eph 4,3ff.) vorgegeben. Ihre Heiligkeit, die sie durch die im Sohn neu eröffnete und im Heiligen Geist gewährte Gemeinschaft mit dem heiligen Gott erhält (Eph 5,25.27; Hebr 13,12), charakterisiert die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen (Act 9,13), die nur in universaler Einheit angemessen verwirklicht ist. Denn da das NC nach der Heiligkeit sofort die Katholizität der Kirche nennt, wendet es sich gegen eine einengende Verselbständigung der Heiligkeit, die in elitären altkirchlichen Tendenzen aufkam.115 Das entspricht der Katholizität in ihrer äußeren Dimension als universaler Glaubensgemeinschaft an allen Orten und durch alle Zeiten (Mt 28,19f.; Act 1,8). Dem universalen Heilshandeln Gottes hat eine universale Heilsgemeinschaft zu entsprechen (Ökumene). Die Grundlage für den ökumenischen Zusammenhalt der Kirche bietet die innere Dimension der Katholizität, das, was zu allen Zeiten und von allen geglaubt wird. Damit ist der Hinweis auf die Apostolizität der Kirche gegeben, die sich auf das biblische Zeugnis der Apostel und dessen schriftgemäße Zusammenfassung im Bekenntnis als bleibenden Maßstab bezieht.116 Diese apostolische Grundlage betrifft nicht nur zentral das Bekenntnis zum dreieinigen Gott, sondern auch das Bekenntnis zur Gottheit und Menschheit Jesu Christi. 4. Jesus Christus: Wahrer Gott und wahrer Mensch (Chalcedon 451) Neben der Darlegung der Dreieinigkeit Gottes stand die Christenheit vor der Herausforderung, das zweite große scheinbare Paradoxon zu klären, welches das biblische Zeugnis vorgab: Die volle Gottheit und die volle Menschheit Jesu Christi. In diesem Klärungsprozess bemühten sich Kirchenväter aus Ost und West, einseitige Reduktionen auf Jesu Gottheit oder Menschheit zu überwinden. Dabei ging es maßgeblich um das Verhältnis von göttlicher und menschlicher Natur in Jesus Christus. Mit seiner differenzierten Zwei-Naturen-Lehre stellte das christologische Bekenntnis des Vierten Ökumenischen Konzils zu Chalcedon (451) die gemeinsame Grundlage der Christenheit bereit, welche in Jesus Christus die Gottheit Gottes als liebende Hingabe ebenso hervortreten lässt wie die Menschlichkeit des Menschen als Entsprechung dieser Liebe.

Die aufgezeigte Entfaltung der Trinitätslehre war stets auch ein christologischer Klärungsprozess, besonders im Blick auf die Frage nach der wahren Gottheit 115 Die lateinische Formel communio sanctorum (Apostolikum) wird durch das NC somit als universale „Gemein­schaft der Heiligen“ gedeutet. Vor diesem Hintergrund kann die zweite grammatikalisch mögliche Deutung als „Gemeinschaft am Heiligen“ (vornehmlich an der Eucharistie) nur auf die eucharistische Gemeinschaft aller Christen zielen. – Vgl. J.N.D. Kelly: Glaubensbekenntnisse, S. 381ff. 116 Vgl. W.A. Bienert: Kirchenverständnis, S. 74ff., wo sich auch noch einmal Belege zum entsprechenden Verständnis der Kirchenväter finden. – Zur ausführlichen Darlegung dieser Aspekte des Wesens der Kirche siehe Kap. X,3.1. Zum NC insgesamt vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 144ff.

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Christi. „Jede christologische Aussage schließt immer auch ein bestimmtes Verständnis der Trinität mit ein, wie umgekehrt jede trinitarische Aussage zugleich auch eine christologische mit enthält.“117 Während es jedoch bei den sogenannten trinitarischen Streitigkeiten bis zum Zweiten Ökumenischen Konzil zu Konstantinopel 381 (trinitarisches Dogma) in erster Linie um die Gottheit des Sohnes und das biblische Paradoxon der trinitarischen „Einheit in Dreiheit“ ging, beschäftigten sich die sogenannten christologischen Streitigkeiten bis zum Vierten Ökumenischen Konzil zu Chalcedon 451 (christologisches Dogma) mit dem vorgegebenen biblischen Paradoxon, dass Jesus Christus wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch war. Es ging dabei auch um die Frage, wie sich das Göttliche und das Menschliche in der Person Jesu Christi zueinander verhalten. Die letzten Aspekte dieser Frage wurden abschließend auf dem Sechsten Ökumenischen Konzil zu Konstantinopel 680/81 entschieden. Das neutestamentliche Zeugnis zeigt Jesus Christus nicht nur als den präexistenten Gottessohn, der zum Heil der Menschen in die Welt gekommen ist (z.B. Phil 2,5–11; Joh 1), sondern auch als konkrete menschliche Person, die Schwachheit, Leiden, Angst und Anfechtungen ausgesetzt ist und um Gottes Willen ringt (z.B. im Garten Gethsemane – Mk 14,32ff. par.), wobei die beiden Dimensionen zusammengeführt sind: „Das Wort [der präexistente Logos bzw. Sohn] ward Fleisch“ (Joh 1,14). Darin sah jüdisches und hellenistisches Denken die Einzigkeit und Transzendenz Gottes in Frage gestellt, so dass auch die theologische Entfaltung der paradoxalen Einheit von Gottheit und Mensch­heit Jesu Christi im philosophischen und religiösen Umfeld der Gefahr von Engführungen zur einen oder anderen Seite ausgesetzt war. Der schon bei den trinitarischen Streitigkeiten genannte adoptianistische Monarchianismus (z.B. Theodot von Byzanz, gen. der Gerber, um 190) versuchte die Monarchie Gottes zu retten, indem er Jesus als bei der Taufe adoptierten Gottessohn verstand, der mit göttlicher Kraft ausgestattet wurde (Betonung der Menschheit). Aus Sicht des ebenfalls schon genannten modalistischen Monarchianismus (z.B. Sabellius, um 200) war Jesus nur eine Erscheinungsweise (lat. modus) des Vaters. Diese Betonung der Gottheit gilt auch für den bereits im 2. Jahrhundert zu beobachtenden Doketismus (griech. dokesis: Schein), der dem Gottessohn lediglich einen Scheinleib zugestand, was auf den platonischen und gnostischen Vorstellungen beruhte, Heil und Erlösung nur als Loslösung vom Irdischen zu erlangen.118 Wie in der Trinitätslehre hat Tertullian auch hinsichtlich der christologischen Fragestellungen schon zu Beginn des 3. Jahrhunderts wegweisende Formulierungen gefunden, die im Westen die Grundlage für das christologische Bekenntnis bzw. Dogma von Chalcedon (451) legten. In Auseinandersetzung mit den Gnostikern und Modalisten sprach er von der Annahme des menschlichen Fleisches durch den Logos, weil eine Verwandlung des Logos zu etwas Drittem geführt 117 B. Lohse: Epochen, S. 77. 118 Vgl. W.-D. Hauschild: Lehrbuch I, S. 13ff., 158f.; U. Kühn: Christologie, S. 148–156.

4. Jesus Christus: Wahrer Gott und wahrer Mensch

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hätte, das weder wahrer Gott noch wahrer Mensch ist. Durch die Annahme der menschlichen Natur bestehe Jesus Christus aus zweierlei Substanzen bzw. Naturen, die jeweils in ihrer Eigenheit unversehrt sind und ihre jeweilige Aktivität haben: Der Logos vollbringt die Wunder, während die menschliche Substanz die Leiden erträgt. Und dennoch handelt es sich nach Tertullian um die eine Person Jesus Christus (Gottessohn und Menschensohn): „Wir sehen einen doppelten Seinsstand (lat. status), unvermischt, aber verbunden, in einer Person, den Gott und den Menschen Jesus.“ (Prax. 27,11) Als realer Mensch habe Christus auch eine menschliche Seele gehabt, denn wäre der Logos an ihre Stelle getreten, wäre er nicht ganz Mensch geworden und die Seele wäre nicht erlöst worden.119 Was Tertullian hier früh im Westen formuliert, ist im Osten noch lange umstritten. Nachdem schon die Arianer davon ausgegangen waren, dass sich der Logos mit einem menschlichen Leib ohne Vernunftseele vereinigt habe, gab auch der Alexandriner Apollinaris von Laodicea (gest. 390) zu bedenken, dass die wirkliche Menschwerdung Christi sowie die Erlösung des Menschen die Vereinigung des Logos mit dem menschlichen Leib bzw. Fleisch (griech. sarx) ohne menschliche Vernunftseele verlange (Logos-Sarx-Christologie). Denn nur wenn der Logos an die Stelle der menschlichen Vernunftseele trete, könne es eine sündlose Seele geben, weshalb der Logos mit dem Fleisch eine Sub­stanzeinheit bilde: „nicht ganz Mensch, auch nicht Gott, sondern eine Mischung aus Gott und Mensch“ (Apod. Fragm. 113). Damit sind aber sowohl die wahre Gottheit als auch die wahre Menschheit Christi in Frage gestellt, weshalb Gregor von Nazianz im Blick auf die menschliche Vernunftseele festhielt: „Was [vom Logos bei seiner Inkarnation] nicht angenommen worden ist, das ist auch nicht geheilt“ (Ep. 101,7). Ferner widersprach die Lehre des Apollinaris dem biblischen Befund, der Jesu NichtWissen oder seine Anfechtungen aufweist. So verurteilte das Konzil von Konstantinopel (381) die Logos-Sarx-Christologie des Apollinaris mit dem Hinweis, dass der ewige Sohn die vollständige menschliche Natur mit einer Geistseele angenommen hat, um den ganzen Menschen zu erlösen.120 Mit der daraus resultierenden Frage, wie sich völliges Mensch-Sein und völliges Gott-Sein in der Person Jesu Christi verhalten, wenn der Logos den ganzen Menschen (griech. anthropos) annimmt, beschäftigte sich die Logos-Anthropos-Christologie, welche in Antiochien und Alexandrien in unter­schiedlicher Prägung auftrat. Die aus den jeweiligen Prioritäten der antiochenischen und alexandrinischen Schule hervorgehenden Streitigkeiten führten unter Vermittlung westlicher Theologie zum christologischen Dogma von 451. Die Antiochener (Eustathius von Antiochien, Theodor von Mopsuestia, Nestorius u.a.) beharrten aufgrund des Schriftzeugnisses gegenüber den Arianern auf der wahren Gottheit Christi und gegenüber der Logos-Sarx-Christologie (Apollinaris) auf seinem völligen MenschSein. So kommen laut Theodor von Mopsuestia (gest. 428) zwei vollkommene 119 Vgl. B. Lohse: Epochen, S. 83f. 120 Vgl. H. Kessler: Christologie, S. 342ff.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Naturen mit ihrem jeweiligen Willen in Christus ohne Vermischung zusammen (Zwei-Naturen-Leh­re/Dio­physitismus). Gegenüber den – zunächst noch Spuren der Logos-Sarx-Christologie aufweisenden – Alexandrinern betonte Theodor, dass nicht einfach der Logos in Christus das leitende Prinzip ist, da die bezeugten Schwächen Jesu Christi (Leiden, Verzagtheit etc.) sonst nicht erklärbar wären. Vielmehr handele es sich um eine „Verknüpfung“ beider Naturen, indem der Mensch Jesus wollte, was der Logos wollte. Bei dieser berechtigten Betonung der vollen Menschheit Jesu Christi hatte die antiochenische Christologie jedoch noch Probleme, die wirkliche Menschwerdung des Logos bzw. die Einheit von Gott und Mensch in Christus angemessen zum Ausdruck zu bringen. Zur wirklichen Auseinandersetzung mit den Alexandrinern kam es, als der Antiochener Nestorius (gest. 451) missverständlich Maria das Prädikat „Gottesgebärerin“ (griech. theotokos) absprach, weil sie nicht den Logos an sich, sondern den mit der Gottheit geeinten Menschen Jesus geboren habe. Ferner schien Nestorius die Einheit der Naturen in Christus zuweilen mehr moralisch-ethisch als personal zu verstehen, so dass einige Nestorianer primär zwei Akteure in Jesus Christus sahen. Die Unterscheidungs-Christologie stand deshalb in der Gefahr, zur Trennungs-Christolo­gie zu mutieren, in der die menschliche Natur nur noch äußerlich von Gott angenommen ist, was die wirkliche göttliche Heilszueignung aber in Frage stellt. Dagegen wandten sich entschieden die Alexandriner (Cyrill von Alexandrien, Eutyches u.a.), insofern als sie in der Christologie des Nestorius die Leugnung der realen Menschwerdung des Logos sahen. Cyrill von Alexandrien (gest. 444) betont in soteriologischer Absicht, das Göttliche müsse das Menschliche ganz durchdringen, da die Erlösung nur durch solche Teilhabe am göttlichen Leben möglich sei. Der göttliche Logos sei in Jesus Christus Fleisch geworden, weshalb Gottheit und Menschheit nicht durch „Verknüpfung“ verbunden seien, sondern in der hypostatischen Einheit der Person Jesu Christi. Maria gilt also als „Gottesgebärerin“. Cyrill überwindet seine anfängliche Neigung zur Logos-Sarx-Christologie, indem er unter „Fleisch“ die volle menschliche Natur unter Einschluss der menschlichen Seele versteht. Zugleich spricht er von zwei Naturen vor der Vereinigung von Logos und Mensch, aber von nur einer Natur nach der Vereinigung: „Die zwei Naturen kamen in einer unteilbaren Vereinigung zusammen, ohne Vermischung und ohne Veränderung“ (Ep 45,6), weshalb „jede von beiden in ihrer natürlichen Eigenart bleibt“ (Ep 46,2). Eutyches (gest. 454) übertrieb dann die Betonung der Einheit von Gottheit und Menschheit, indem er in der Annahme, die Menschheit Christi sei von der Gottheit aufgesogen worden, eine Ein-Naturen-Lehre (Monophysitismus) vertrat, die zur Vermischungs-Christologie wurde.121 Während also die Alexandriner durch die Betonung der personalen Einheit Jesu Christi die Menschwerdung Gottes als Heilsvoraussetzung hervorhoben (Gott selbst ist in Jesus gegenwärtig), unterstrichen die Antiochener durch die explizite 121 Vgl. insgesamt A. Grillmeier: Jesus 1, S. 605–726; B. Lohse: Epochen, S. 86–96; H. Kessler: Christologie, S. 343–350.

4. Jesus Christus: Wahrer Gott und wahrer Mensch

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Unterscheidung der beiden Naturen die volle Mensch­heit Jesu Christi, die vollständig der Erlösung bedarf. Durch die jeweiligen Extreme dieser Positionen kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, die ihren Höhepunkt auf dem Dritten Ökumenischen Konzil zu Ephesus (431) erreichten und schließlich zur Einberufung des Reichskonzils von Chalcedon (451) führten, das mit seinem christologischen Dogma als Viertes Ökumenisches Konzil in die Geschichte einging. Die Vermittlung zwischen alexandrinischer und antiochenischer Christologie mit ihren jeweiligen berechtigten Anliegen gelang durch einen Lehrbrief Leos I. von Rom (Tomus Leonis), der die von Tertullian und Augustin maßgeblich geprägte Christologie des Abendlandes einbrachte. Der Lehrbrief stellt heraus, dass die Person des Gottmenschen bzw. Fleischgewordenen mit der Person des göttlichen Logos identisch ist, aber in dieser einen Person des fleischgewordenen Logos die göttliche und die menschliche Natur nebeneinander ohne Vermischung bestehen: „Die Eigentümlichkeiten beider Naturen blieben unversehrt und vereinigten sich zu einer Person“ (Ep. 28,3), „jede der beiden Naturen tut nämlich in Gemeinschaft mit der anderen, was ihr eigen ist“ (Ep. 28,4). Damit wird im antiochenischen Sinne die Meinung des Eutyches zurückgewiesen, die Mensch­heit Jesu werde von der Gottheit des Logos aufgesogen. Zugleich wird im alexandrinischen Sinne gegen die Nestorianer die Einheit der Naturen als Voraussetzung göttlicher Erlösung betont. Die Erlösung hängt davon ab, dass „derselbe, der wahrer Gott ist, zugleich wahrer Mensch ist“ (Ep. 28,4), „weil das eine ohne das andere uns nicht hätte zum Heil gereichen können“ (Ep. 28,5). Im Blick auf das Heilswirken Jesu Christi ist es nach dem Lehrbrief dann auch möglich zu sagen, der Logos sei gestorben, aber nach seiner menschlichen, nicht nach seiner göttlichen Natur. Gleichwohl wird unter Berufung auf Augustin der Austausch der Eigenschaften der Naturen (lat. communicatio idiomatum) genannt: „Wegen dieser Einheit der Person […], die man sich bei beiden Naturen denken muss, […] wird gesagt, der Sohn Gottes sei gekreuzigt worden und begraben, während er dies doch […] in der Schwachheit seiner menschlichen Natur gelitten hat“ (Ep. 28,5).122 Zum Gelingen einer angemessenen Darlegung des biblischen Paradoxon der vollen Gottheit und vollen Menschheit Jesu Christi trug auf dem Konzil von Chalcedon auch die Bereitschaft des Alexandriners Cyrill bei, eine schon durch Gregor von Nyssa vorgeschlagene Terminologie zu wählen, nämlich die Rede von einer Person (Hypostase) in zwei Naturen. Im Unterschied zur Formulierung „aus zwei Naturen“, die eine Vermischung implizieren könnte, wurde damit die bleibende Eigentümlichkeit beider Naturen verdeutlicht.123 So waren die Voraussetzungen dafür gegeben, im Zusammenspiel von ost- und westkirchlicher Theologie auf dem Vierten Ökumenischen Konzil zu Chalcedon (451) das für die Christenheit maßgebliche christologische Bekenntnis zu formulieren.

122 Vgl. H. Kessler: Christologie, S. 349f.; A. Grillmeier: Jesus 1, S. 734–750. 123 Vgl. U. Kühn: Christologie, S. 157f.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Das christologische Bekenntnis des Konzils von Chalcedon 451 (Chalcedonense) In Übereinstimmung mit den heiligen Vätern lehren wir alle einmütig, dass wir unseren Herrn Jesus Christus als einen und denselben Sohn bekennen: denselben vollkommen in seiner Gottheit und denselben vollkommen auch in seiner Menschheit, wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch aus einer vernunftbegabten Seele und einem Leib, wesensgleich mit dem Vater nach seiner Gottheit und wesensgleich mit uns nach seiner Menschheit, in allem uns ähnlich, jedoch ohne Sünde; vor aller Zeit aus dem Vater gezeugt nach seiner Gottheit, in der letzten Zeit für uns und um unseres Heiles willen aus Maria, der jungfräulichen Gottesgebärerin, [geboren] der Menschheit nach: Einen und denselben Christus, Sohn, Herrn, Einziggeborenen, in zwei Naturen unvermischt, unverwandelt, ungetrennt, ungesondert erkennbar, wobei die Unterschiedenheit der Naturen um der Einheit willen auf keine Weise aufgehoben wird, vielmehr die Besonderheit jeder Natur gewahrt und doch zu einer Person und zu einer Hypostase vereinigt wird, nicht in zwei Personen getrennt oder unterschieden, sondern einen und denselben Sohn, den Einziggeborenen, Gott, Logos, den Herrn Jesus Christus, wie die Propheten von Anfang an lehrten und er selbst, Jesus Christus, uns gelehrt hat, und wie es uns im Glaubensbekenntnis der Väter überliefert ist.124

Mit diesem Bekenntnis war es dem größten und repräsentativsten Konzil der Alten Kirche gelungen, das wahre Gottsein und das wahre Menschsein der einen Person Jesu Christi so zu formulieren, dass den biblischen Vorgaben entsprochen wurde und die jeweils berechtigten Schwerpunkte antiochenischer und alexandrinischer Tradition im Zusammenklang mit der abendländischen Christologie zusammengeführt wurden. Die Einheit des einen Subjekts Jesus Christus wird in der bleibenden Unterschiedenheit von Gott und Mensch festgehalten, indem in der einen Person Jesus Christus die zwei Naturen unvermischt und ungetrennt existieren. So wird die Gottheit Gottes als Liebe und liebende Hingabe für die Menschen transparent, insofern als Gott selbst ganz Mensch wird, um die aus der menschlichen Selbstvergöttlichung resultierenden Folgen für die Menschen zu tragen und ihnen seine ewige Gemeinschaft neu zu eröffnen (Erlösung). Dabei wird auch die Menschlichkeit des Menschen in ihrer eigentlichen Bestimmung als Entsprechung dieser Liebe erkennbar. Deshalb kommt nicht nur die Wesensgleichheit Jesu Christi mit Gott zur Sprache, sondern auch seine Wesensgleichheit mit den Menschen. Mit Letzterem geht Chalcedon in speziell christologischer Perspektive über das Bekenntnis von 381 hinaus. Die bekannten vier Adverbien des Chalcedonense klären das Verhältnis der beiden Naturen zueinander: „unvermischt/unverwandelt“ steht gegen extreme Alexandriner (Eutyches: Christus als Mischwesen) und „ungetrennt/ungesondert“ steht gegen extreme Antiochener (Nestorius: nur äußerliche bzw. ethische Einheit der Naturen). Die alexandrinische Betonung der Einheit der Person Jesu Christi (Erlösung durch Gott selbst) wird in ihrer Heilsrelevanz ebenso ernst genommen wie die antiochenische Be-

124 Vgl. den Originaltext bei H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 301f.

4. Jesus Christus: Wahrer Gott und wahrer Mensch

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tonung des vollständigen Menschseins Jesu Christi (zwei vollständige Naturen) als Voraussetzung für die Erlösung des ganzen Menschen.125 Mit der Beschreibung der zwei Naturen in einem personalen Subjekt drängte sich in der Folgezeit die Frage auf, wie sich göttliche und menschliche Natur in Christus konkret verwirklichen – also ob Jesus Christus nur einen Willen hat oder einen göttlichen und einen menschlichen Willen. Um diese Frage ging es in dem sogenannten monotheletischen Streit (griech. monos: einzig, thelo: wollen = ein Wille), der mit der Entscheidung des Sechsten Ökumenischen Konzils (Konstantinopel 680/81) beendet wurde, welches das Chalcedonense verbindlich im Sinne des Dyotheletismus (Lehre von den zwei Willen) interpretierte. Nachdem sich extreme Antiochener (Nestorianer) mit ihrer Überbetonung der Menschheit Christi nach dem Konzil von Ephesus (431) abgespalten hatten (altorientalisch-orthodoxe Kirchen in Syrien, Asien etc.), spalteten sich extreme Alexandriner (Monophysiten) mit ihrer Überbetonung der göttlichen Einheit nach dem Konzil von Chalcedon (451) ab (altorientalisch-orthodoxe Kirchen in Ägypten etc./Kopten), weshalb es zu weiteren Auseinandersetzungen um die Einheit in Christus kam. Um die an der Einheit orientierten monophysitischen Kreise zurückzugewinnen, sprach man davon, Christus habe in der Vereinigung der beiden Naturen einen Willen gehabt (Monotheletismus: Lehre von dem einen Willen). Dagegen begehrten die Anhänger des Chalcedon aus Ost und West auf, unter der theologischen Führung des Maximus Confessor (um 580–662), der aus der Zwei-Naturen-Lehre von Chalcedon folgerichtig die Zweiheit der Willens- und Wirkvermögen in Christus ableitete. Zur wahren Menschheit Christi gehört laut Maximus auch der menschliche Wille, der für das Verhalten des Menschen gegenüber Gott verantwortlich ist und deshalb gerade als erlösungsbedürftig gilt. Im Sinne des Maximus Confessor hält das Sechste Ökumenische Konzil (Konstantinopel 680/81) verbindlich fest, dass in Christus seiner Gottheit und Menschheit entsprechend zwei physische Willens- und Wirkvermögen existieren (Dyotheletismus), die aber nicht gegeneinander gerichtet sind, da der menschliche Wille in Jesus Christus dem göttlichen Willen folgt.126 So konnte die Christenheit das konkrete Wirken Jesu noch deutlicher als Ort der Offenbarung Gottes und als Ort der Offenbarung wahrer menschlicher Bestimmung erfassen. Denn in Jesus Christus wird einerseits das Wesen der hingebungsvollen Liebe Gottes offenbar und andererseits die wahre Menschlichkeit des Menschen, der sich der Liebe Gottes empfangend öffnet, statt sich selbstbehauptend gegen seinen Schöpfer und seine Mitgeschöpfe zu erheben. Gott selbst lebt den Menschen in Jesus Christus diese Menschfreundlichkeit Gottes und diese Menschlichkeit des Menschen vor.

125 Vgl. A. Grillmeier: Jesus 1, S. 753–775; ders.: Jesus 2/1, S. 3ff.; H. Kessler: Christologie, S. 350–353. 126 Vgl. den Beschluss des Konzils bei H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 553–559, bes. Nr. 556. Zur Entwicklung bis 681 vgl. insgesamt H. Kessler: Christologie, S. 354ff.; B. Lohse: Epochen, S. 99ff.; B. Nitsche: Christologie, S. 77ff.

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III.  Die Grundlagen christlicher Gotteslehre

Literatur Beyschlag, Karlmann: Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I: Gott und Welt (= Grundrisse 2), Darmstadt 1982. Bienert, Wolfgang A.: Dogmengeschichte (= GKT 5,1), Stuttgart/Berlin/Köln 1997. Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. Hauschild, Wolf-Dieter: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. I: Alte Kirche und Mittelalter, Gütersloh 1995. Kelly, John Norman Davidson: Altchristliche Glaubensbekenntnisse. Geschichte und Theologie (über­­setzt aus dem Englischen von Klaus Dockhorn unter Mitarbeit von Adolf Martin Ritter. Originaltitel: Early Christian Creeds, London 31972), Göttingen 1972. Kessler, Hans: Christologie, in: Schneider, Theodor (Hg.): Handbuch der Dogmatik, Bd. 1, Düsseldorf 42009, S. 241–442. Kühn, Ulrich: Christologie, Göttingen 2003. Lohse, Bernhard: Epochen der Dogmengeschichte, Stuttgart/Berlin 41978. Scheffczyk, Leo: Lehramtliche Formulierung und Dogmengeschichte der Trinität, in: MySal II, S. 146–220. Schierse, Franz Josef: Die neutestamentliche Trinitätsoffenbarung, in: MySal II, S. 85–131.

IV. Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche

Das auf biblischer Basis entstandene trinitarische Bekenntnis bzw. Dogma des Zweiten Ökumenischen Konzils (Konstantinopel 381) wurde durch seine einhellige Rezeption in Ost und West zur bleibenden Grundlage des christlichen Gottesbegriffs, dessen Spezifizierung durch das christologische Bekenntnis bzw. Dogma (Viertes Ökumenisches Konzil zu Chalcedon 451) gleiche Ökumenizität erlangte. Die „Rezeption als eines schriftgemäßen Lehrausdrucks“ ließ das Dogma von 381 „in seinem Sachgehalt an der Autorität des Wortes Gottes“1 partizipieren. Die ost-westliche Ökumenizität dieses Dogmas vollzog sich 382 formal in dessen Anerkennung durch die römische Synode unter Damasus I. von Rom (Tomus Damasi). Ferner spiegelt sie sich im sogenannten „Athanasianum“ wider, einem westkirchlichen Bekenntnis aus dem 5. Jahrhundert, das wie das NicaenoConstan­tino­po­litanum durch die neunizänische Trinitätslehre geprägt ist.2 So bleibt festzuhalten: „Den eindeutigen Schlußpunkt des trinitätstheologischen Streits bildete die definitive reichsweite kirchenrechtliche Anerkennung der ‚neunizänischen‘ Synthese auf östlichen wie westlichen Synoden der Jahre 381/382.“3 Doch von dieser in ost-westkirchlicher Ökumene entstandenen gemeinsamen Grundlage entfernten sich in den folgenden Jahrhunderten Theologen in West und Ost zunehmend, und zwar aufgrund unterschiedlicher hermeneutischer Mentalitäten bzw. Denkweisen des Abend- und Morgenlandes, welche sich mit kirchenpolitischen Machtkämpfen verbanden. Die daraus hervorgegangenen jeweiligen trinitätstheologischen Einseitigkeiten mit ihren Folgen für das Kirchenverständnis verlangen heute von den verschiedenen konfessionellen Strömungen, sich auf die gemeinsame Grundlage der Alten Kirche zu besinnen. Es soll nun kurz die Entstehung derjenigen Engführungen dargelegt werden, die für die Gotteslehre und das daraus resultierende Kirchenverständnis relevant sind, um aktuelle Einseitigkeiten in ihrer Bedeutsamkeit für den Glauben und die Ökumene verstehen zu können. Dann lassen sich auch die Möglichkeiten zur Überwindung dieser Einseitigkeiten aufzeigen. 1 2

3

W.-D. Hauschild: Dogma, S. 46. Vgl. zum Text des Tomus Damasi H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 152–177. – Zu den neuni­zänisch-kappadozischen Formulierungen des Athanasianums vgl. C. Markschies: „...et tamen non tres Dii...“, S. 155f. C. Markschies: „...et tamen non tres Dii...“, S. 176.

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IV.  Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche

1. Westkirchliche Engführungen (Das Filioque-Problem) Die westkirchliche Theologie war von der rationalen Denkweise im Abendland geprägt, welche von der Einheit eines Gegenstandes die Einzelheiten ableitet bzw. deduziert. Entsprechend nahm die Trinitätslehre ihren Ausgangspunkt bei der Einheit des göttlichen Wesens, um daraus die Dreiheit abzuleiten. Diese mentalitätsbedingte Priorität führte zur Betonung der innerpersonalen Einheit Gottes, die sich als dreifacher Selbstvollzug entfaltet, gemäß der psychologischen Analogie zur Entfaltung des menschlichen Geistes. Weil so die zwischenpersonale Dimension mit den jeweiligen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen zurücktrat und die verschiedenen Beziehungsebenen rational nivelliert wurden, konnte der Ausgang des Geistes aus Vater und Sohn (lat. filioque) auch hinsichtlich des Sohnes als Ursprungsbeziehung missverstanden werden. Dadurch entstand im Unterschied zur Alten Kirche eine zugespitzte Filioque-Tradition, die den Geist nur noch als Gabe von Vater und Sohn erscheinen ließ und seine eigenständige Funktion als Geber vernachlässigte. Aus der Orientierung an der Einheit Gottes und an der Sendungslinie „Vater – Sohn – Geist“ resultierte analog ein zentralistisch-hierarchisches Kirchenverständnis, nach dem der Geist vornehmlich als Einheitsgabe der mit Christus identifizierten Universalkirche zum Tragen kam (römisch-katholische Tendenz).

Die rationale Mentalität im Abendland beinhaltet ein deduktives (ableitendes) Denken: Man geht von einer Sache aus und leitet von ihr die Einzelheiten ab. Entsprechend gingen westkirchliche Theologen beim trinitarischen Gottesbegriff von der Einheit Gottes bzw. von dem einen Wesen Gottes aus, um daraus die Dreiheit der Personen zu erschließen. Das schlug sich in der sogenannten psychologischen Analogie nieder, die in der psychologisch-geistigen Struktur eines Menschen (inner- bzw. intrapersonale Dimension) die Analogie zum dreieinigen Wesen Gottes sah, so dass die – schon bei Augustin gezeigte (siehe Kap. III,3.2.2) – psychologische Trinitätslehre besonders die Einheit bzw. die intrapersonale Dimension Gottes betonte. Wie im Selbstvollzug des menschlichen Geistes etwa die Dreiheit von „Geist (lat. mens) – Erkenntnis (lat. notitia) – Liebe (lat. amor)“ (Augustin: De trin. IX,5) besteht, so kann der Selbstvollzug des einen Wesens Gottes verstanden werden: In seiner Selbsterkenntnis zeugt Gott unter Hauchung des Geistes sein ewiges Wort, womit der Wesensvollzug des Erkennens gegeben ist. Die gegenseitige Liebe in Gott vollzieht sich im Geist, so dass sich das trinitarische Leben schließt. Auch wenn die westkirchliche Trinitätslehre die Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension Gottes nicht außer Acht ließ, ergab sich aus dieser mentalitätsbedingten trinitätstheologischen Priorität zunehmend die Konzentration auf die intrapersonale Einheit Gottes. Damit verband sich oft das Bild des Kreises, das den trinitarischen Gott intrapersonal in sich geschlossen erscheinen lässt und ein dualistischeres Gegenüber von Gott und Welt

1. Westkirchliche Engführungen (Das Filioque-Problem)

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nach sich zieht.4 Das wiederum führte zur Konzentration auf das Verhältnis „Gott – Mensch (Sünder)“ und damit auf die Anthropologie und die Gnadenlehre. So entwickelte sich ein soteriologisch-christo­logisch ausgerichtetes Denken, aus dem sich die Priorität für den Zweiten Artikel und die Kreuzes­theologie (lat. theologia crucis) erklärt, während die heilsgeschicht­liche Wirksamkeit des Heiligen Geistes in ihrer eigenständigen und kosmologischen Dimension weniger zur Geltung kam. Ferner vernachlässigte die westliche Theologie in ihrer rationalen Mentalität mehr und mehr die Vielfalt der trinitarischen Relationen, insofern als es zu einer rationalen Nivellierung aller heilsgeschichtlich erkennbaren Beziehungsverhältnisse kam. Dadurch erschienen auch die ewigen Existenzbeziehungen des Sohnes und des Geistes zunehmend als Ursprungsbeziehungen. Hinzu kam das terminologische Problem, dass die Lateiner aufgrund fehlender sprachlicher Differenzierungsmöglichkeiten den Hervorgang des Geistes aus dem Vater (Ursprungsebene: griech. ekporeusis) und seinen Ausgang aus dem Sohn (Existenzebene: griech. proienai) nivellierend mit dem gleichen lateinischen Wort „processio“ übersetzten, weshalb die unterschiedlichen Ebenen des Ausgangs des Geistes aus Vater und Sohn unkenntlich wurden. Aufgrund der geringeren Differenzierungsmöglichkeiten im Lateinischen wurde „processio“ außerdem noch synonym für den Hervorgang des Geistes und die Zeugung des Sohnes verwendet, so dass auch die Spezifika der jeweiligen Ursprungsbeziehungen von Sohn und Geist zum Vater nicht mehr zur Geltung kamen. Also versuchte man, diese Spezifika durch differierende Ursprungsrelationen zum Ausdruck zu bringen (Ausgang des Sohnes vom Vater, Ausgang des Geistes von Vater und Sohn).5 Das ließ auch den Ausgang des Geistes von Vater und Sohn auf der Existenzebene (Ausstrahlen aus dem Sohn) als Ursprungsbeziehung erscheinen, was ein exklusiveres Filioque-Verständnis nach sich zog, durch welches man den Ausgang des Geistes aus Vater und Sohn (lat. filioque) nur an der Ursprungsebene orientieren konnte und damit dem altkirchlichen Ausgang des Geistes durch den Sohn (griech. dia) nicht mehr entsprach (siehe zur altkirchlichen Grundlage Kap. III,3.2.1). Vor diesem Hintergrund kam der Geist primär als Produkt von Vater und Sohn (Gabe) zur Geltung, da beide als seine Ursprungsprinzipien missverstanden werden konnten (Gefahr der Unterordnung des Geistes). So schienen bei dem Wegbereiter der Scholastik, Anselm von Canterbury (1033/4–1109), Vater und Sohn ein einziges Prinzip des Geistes zu sein, weil Anselm in rationalerer und spekulativerer Prägung als Augustin nivellierend nur noch eine Ebene gegenseitiger innertrinitarischer Bezie-

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Die westliche Theologie wurde auch durch den religiösen Kontext zur Betonung des Dualismus zwischen Gott und Welt herausgefordert, weil das Gegenüber-Sein von Gott und Welt durch die neuplatonische Emanationslehre und den ähnlich strukturierten Neoarianismus im westgotischen Spanien unkenntlich gemacht wurde. Zum Verhältnis von Neuplatonismus und Christen­ ­tum vgl. H. Dörrie: Platonismus, S. 285–302. Vgl. L. Vischer (Hg.): Geist, S. 93, 149f.

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IV.  Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche

hungen sah, welche alle den Charakter von Ursprungsbeziehungen erhielten (vgl. De proc. Spir. Sancti, Kap. 1). Der Geist kam deshalb kaum noch als eigenstän­dige trinitarische Person (Geber oder Gegenüber der Kirche) zum Tragen, wodurch die jeweilige pneumatologische Vergegenwärtigung Christi zurücktrat, zugunsten einer christologischkorporativen Identifizierung eigener kirchlicher Strukturen mit göttlichen Strukturen (direkte Identifizierung der eigenen Tradition mit dem Leib Christi). Entsprechend entwickelte sich in der mittelalterlichen römisch-katholi­schen Kirche die bis heute wirksame Tendenz (siehe Kap. XI,2.1), aus einer einseitigen trinitätstheologischen Sendungslinie (Vater – Sohn – Geist) ein hierarchischzentralisti­sches Kirchenverständnis abzuleiten (Vater – Christus – Amt – Laien). Der Geist wurde primär an das Amt gebunden und die Charismen der Glaubenden traten ebenso zurück wie die kirchenkritische Funktion des Heiligen Geistes. Wie der Geist in der intrapersonalen innergöttlichen Einheit als Gabe und Relation erschien, so war er der Ganzheit der Kirche inhärent und weniger hinsichtlich seiner Austeilung der Charismen an die Einzelnen im Blick. Der auf die intrapersonale Einheit fixierten Trinitätslehre entsprach die analoge Vorordnung der Universalkirche, die so als Korporativperson verstanden werden kann (J. Ratzinger), was mit den daraus resultierenden ekklesiologischen und ökumenischen Implikationen später noch deutlicher dargelegt wird (siehe Kap. XI,2.1). Im Protestantismus wiederum führte die Reduktion des Geistes auf eine Gabe zur Konzentration auf die Gnadenlehre, was die Funktion des Geistes zuweilen auf die individuell erfolgende Gnadenzueignung verengen konnte. Dadurch entstand die Gefahr eines soteriologischen Individualismus mit entsprechender Vernachlässigung der Relevanz des Geistes für kirchliche Strukturen (siehe Kap. XI,2.2). Nachdem das Filioque im richtig verstandenen Sinn als Ausgang des Geistes von Vater und Sohn auf der innertrinitarischen Existenzebene (nicht Ursprungsebene) über viele Jahrhunderte in westkirchlichen Bekenntnissen zu finden war, ohne dass ostkirchliche Theologen Anstoß daran nahmen, führte die durch Karl den Großen veranlasste nachträgliche Einfügung des Filioque in das Ökumenische Bekenntnis von 381 zu gravierenden Verwerfungen zwischen Ost- und Westkirche, die bis heute anhalten. Dabei geht es nicht nur um den ostkirchlichen Vorwurf des extremen Filioque-Verständnisses (Vater und Sohn als Ursprungsprinzip), sondern auch um ein kanonisches Problem. Die Ostkirchen werfen den Westkirchen nicht zu Unrecht vor, mit der einseitig vorgenommenen nachträglichen Einfügung des Filioque in das Ökumenische Bekenntnis von 381 gegen den Kanon 7 des Dritten Ökumenischen Konzils zu Ephesus (431) verstoßen zu haben, weil dieser die Veränderung des Bekenntnisses von 381 bzw. die Aufstellung eines anderen Bekenntnisses verboten hatte. Der durch die Einfügung des Filioque entstandene Konflikt, der zur Spaltung zwischen Ost- und Westkirche (1054) beitrug, spitzte sich erst aufgrund politischer und kirchenpolitischer Interessenkonflikte zu. Eine theologische Lösung des Filioque-Problems ist deshalb

2. Ostkirchliche Engführungen (Aspekte der Energienlehre)

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im Rückgriff auf die gemeinsame altkirchliche Grundlage möglich (siehe Kap. IV,3).6 2. Ostkirchliche Engführungen (Aspekte der Energienlehre) Die ostkirchliche Theologie war von der induktiven Denkweise im Morgenland geprägt, welche von den Einzelheiten ausgehend auf das Ganze schließt (Induktion). Deshalb konzentrierte man sich auf die einzelnen trinitarischen Personen und ihre zwischenpersonale Gemeinschaft, gemäß der sozialen Analogie zur Familie von Vater, Mutter und Kind, die in der Gemeinschaft ihre Einheit findet. Aufgrund der Konzentration auf die einzelnen Personen wurde die trinitarische Einheit im Vater verankert und nicht wie im Westen im gemeinsamen Wesen. Diese Hervorhebung des Vaters kam noch stärker zum Tragen, als die apophatische (unsagbare) Theologie östlicher Prägung, welche lediglich die Umschreibung des göttlichen Geheimnisses zuließ, verabsolutiert wurde – als Reaktion auf die rationale Nivellierung der trinitarischen Beziehungen im Westen. Unter gleichzeitigem Einfluss kirchenpolitischer Auseinandersetzungen betonte man gegenüber der zugespitzten Filioque-Tradition (Vater und Sohn als Ursprung des Geistes), dass die Beziehungen des Sohnes zum Geist aus der Heilsgeschichte nicht zu erkennen seien. Entsprechend postulierte der ostkirchliche Patriarch Photius in entgegengesetzter Abkehr von der altkirchlichen Formulierung, nach welcher der Geist aus dem Vater durch (griech. dia) den Sohn hervorgeht, der Geist gehe aus dem Vater allein (griech. monou) hervor. Mit dieser fehlenden Rückbindung des Geistes an Christus ging in den orthodoxen Kirchen die Gefahr einher, die eigene Geisterfahrung bzw. Tradition zu verabsolutieren, während sich die Hervorhebung des Vaters in einem hierarchischen Episkopalismus widerspiegelte. Die Betonung der einzelnen trinitarischen Personen schlug sich in einer nationalkirchlich zugespitzten Konzentration auf die einzelnen Ortskirchen nieder.

Die für die östlichen Kirchenväter bestimmende Mentalität des Morgenlandes ist durch das orientalisch-induktive Denken geprägt, das im Unterschied zum westlich-deduktiven (ableitenden) Denken von Einzelereignissen ausgeht und Rückschlüsse auf den Gesamtzusammenhang zieht (induziert). Den drei personalen Existenzweisen Gottes, die sich in der Heilsgeschichte offenbaren, schenkte man daher größere Aufmerksamkeit als dem einen göttlichen Wesen. Auf diese Weise schreitet die östliche Trinitätslehre nicht selten linear von einer Person zur anderen fort. Der Vater schenkt seine göttliche Natur dem Sohn und – durch den Sohn 6

Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 154–173, 508–565, wo die theologischen und kirchengeschichtlichen Entwicklungen detailliert nachvollzogen und analysiert werden. Vor diesem Hintergrund wird ein Vorschlag zur Lösung des Filioque-Problems dargeboten, der von vielen orthodoxen Theologen als Lösung angesehen wird (siehe Kap. IV,3). Vgl. dazu auch ders.: Grundlagen, S. 272ff. – Zu den unterschiedlichen hermeneutischen Prioritäten in Ost und West vgl. auch ders.: Probleme.

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IV.  Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche

– dem Heiligen Geist. Die Konzentration auf die einzelnen trinitarischen Personen und die damit verbundenen linearen Ableitungen verursachten die Vorliebe für soziale Ana­logien zur Erklärung des innertrinitarischen Lebens: Wie die Gemeinschaft von Vater, Mutter und Kind in der Familie eine Gemeinschaft der Liebe darstellt, die sich nicht nur in der gegenseitigen Beziehung zweier Personen erschöpft, sondern sich selbstlos auch auf einen Dritten bezieht, so besteht analog zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist die vollkommene Gemeinschaft der Liebe. Aufgrund der entsprechenden Priorität für die zwischen- bzw. in­terpersonale Dimension Gottes wird dessen Einheit zumeist nicht wie im Westen vom Wesen Gottes abgeleitet, sondern von der Monarchie des ursprunglosen Vaters, der als Quelle der Gottheit deren Einheit gewährleistet. Trotz der vorausgesetzten ewigen innertrinitarischen Perichorese, in der kein Vor­her und Nachher existiert, bestand dabei die subordinatianistische Gefahr, Sohn und Geist dem Vater latent unterzuordnen. Andererseits gewährte der Einsatz bei den drei göttlichen Personen eine deutlichere Wahrnehmung des Person­seins und der Eigenstän­digkeit des Heiligen Geistes. Die durch das westliche Filioque bestehende Gefahr der Beschränkung seines Wirkens auf Anthropologie und Gnadenlehre (Gabe) trat dadurch zurück, während die eschatologische Vollendung der ganzen Schöpfung als Wirkungsfeld des Geistes (Geber und Vollender) deutlicher zum Tragen kam. Im Kontext der linearen Orientierung bewirkte diese Ausrichtung eine Konzentration auf den Dritten Artikel und den Heiligen Geist, was zu Tendenzen einer kosmologisch ausgerichteten theologia gloriae führte, in der es um die eschatologische Vollendung des Kosmos und die Theosis (Vergottung) des Menschen geht. Obwohl der Theosis-Begriff nach orthodoxem Verständnis nicht impliziert, dass der Mensch Gott wird (vielmehr: Umsetzung der Gottebenbildlichkeit), birgt er im Kontext des linearen und chronologischen Denkens die Gefahr, die Aspekte der Krisis und der theologia crucis in der Gnadenlehre zu vernachlässigen.7 Ekklesiologisch liegt der Schwerpunkt entsprechend auf der Symphonia (Harmonie) zwischen irdischer und himmlischer Kirche. Davon ist auch die Verhältnisbestimmung von Kirche und Welt betroffen, die sich unter dem Gesichtspunkt der Symphonia mehr dem positiven Zusammenspiel beider Kräfte und weniger dem eschatologischen Vorbehalt widmet, was sich in der byzantinischen Reichs­ideologie mit ihrem engen Verhältnis von Kirche und Staat niederschlägt.8 Maßgeblich für die weitere Entwicklung war auch die kontemplativ-doxologische Prägung ostkirchlicher Hermeneutik, welche sich der Transzendenz Gottes 7

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Neben der hermeneutischen Mentalität fühlte sich die Theologie des Ostens auch durch das religiöse Umfeld zur Betonung der trinitarischen Einzelpersonen gedrängt, weil dort verschiedenste göttliche Logoi ihren Anspruch geltend machten. Ihnen gegenüber betonte man den umfassenden Herrschaftsanspruch der zweiten Person der Trinität, des Christus Pantokrator (All-Herrscher). Diese Anforderung korrelierte zuweilen mit einem Hang zum Monophysitismus (Be­tonung der Göttlichkeit Jesu). Vgl. insgesamt D. Staniloae: Dogmatik I, S. 109ff. u. 291ff.; N.A. Nissiotis: Theologie, S. 28ff.; A. Kallis: Art. „Kirche V“, S. 252ff.; D. Papandreou: Ekklesiologie.

2. Ostkirchliche Engführungen (Aspekte der Energienlehre)

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in liturgisch-doxologischer Anbetung nähert. Aus dem für mystische Erfahrung aufgeschlossenen Bewusstsein, „daß Gebet und Theologie ziemlich identisch sind“9, resultiert eine apophatische (unsagbare) Theologie. Sie nähert sich dem Geheimnis Gottes umschreibend und findet ihren Ausdruck in einer Sprache der Symbole sowie in der Ikonographie. In Auseinandersetzung mit rationalen neoarianischen Strömungen im Osten und in Gegenreaktion auf westkirchliche Tendenzen rationaler Nivellierung aller trinitarischen Relationen zu Ursprungsrelationen (mit entsprechend zugespitzter Filioque-Tradition) kam es im Osten zu Verabsolutierungen der apophatischen Hermeneutik. Damit war zunehmend die rein energetische Qualifizierung der heilsgeschichtlich erkennbaren Vielfalt der trinitarischen Relationen verbunden, wobei die Energienlehre nicht mehr so klar wie bei den Kappadoziern den Rückschluss auf die hypostatisch-personale Anwesenheit Gottes zuließ. Weil der Patriarch Photius (Konstan­tinopel) im 9. Jahrhundert in seiner kirchenpolitischen Auseinandersetzung mit Papst Nikolaus I. als Gegenreaktion auf die rationale extreme Filioque-Tradition die heilsgeschichtliche Erkennbarkeit trinitarischer Relationalität bestritt, erhielten die Existenzbeziehungen nur noch energetische Qualität. Diese ließ aber laut Photius – anders als bei den Kappadoziern – keinen Rückschluss auf das Wesen der Personen zu („spekulative Energienlehre“, weil nur noch spekulative Rückschlüsse auf die trinitarischen Relationen möglich sind – siehe Kap.III,3.2.1). Entsprechend wurde die Trinität auf die Ursprungsbeziehungen reduziert. Da­durch geriet die Anbindung des Geistes an den Sohn auf der Existenzebene zunehmend aus dem Blick, so dass Photius nicht mehr wie die Kappadozier vom Hervorgang des Geistes aus dem Vater durch (griech. dia) den Sohn sprach, sondern von seinem Ausgang aus dem Vater allein (griech. monou).10 Im Gegenzug zu westlichen Tendenzen der Verdrängung des altkirchlichen dia durch eine exklusivere Orientierung des Filioque an der Ursprungsebene (Hervorgang aus Vater und Sohn), die den Sohn als zweiten Ursprung des Geistes erscheinen lassen konnte, entstand in Traditionen des Ostens also die Bestreitung des für die Ursprungsebene relevanten dia durch einen exklusiv verstandenen ewigen Hervorgang aus dem Vater allein (griech. monou). Aus der entsprechend herausragenden Stellung des Vaters entwickelten sich monopatristische Tendenzen, die sich beim Kirchenverständnis in einem hierarchischen Episkopalismus widerspiegelten. Die mangelnde christologische Rückbindung des Geistes (fehlende Verbindung zwischen Sohn und Geist) konnte die Verabsolutierung der eigenen Geisterfahrung bzw. der eigenen kirchlichen Tradition mit sich bringen. Durch die Reduktion auf die Ursprungsbeziehungen wurde zudem die ostkirchliche Konzentration auf die personale Dreiheit und die soziale Analogie (interpersonal) verstärkt. Das zeigte sich analog im synodalen 9 S. Harkianakis: Charakter, S. 353f. Vgl. G. Larentzakis: Kirche, S. 113: „Das orthodoxe Dogma hat [...] den doxologischen und eucharistischen Raum der Anbetung nicht verlassen.“ Vgl. auch M. Haudel: Exotik. 10 Vgl. Photius: De S. Spir. Myst. 15–17/Pg 102,293 AB–325 A.

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IV.  Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche

Prinzip und der Auffassung von der vollen Katholizität der Ortskirchen (Autokephalie), wobei die gleichzeitig zu beachtende Analogie zwischen intrapersonaler Einheit Gottes und universalkirchlicher Einheit zu sehr in den Hintergrund trat, was sich in nationalkirchlichen Tendenzen widerspiegelte.11 Die Frage, inwieweit die trinitarischen Relationen aus den göttlichen Energien zu erkennen sind, hat Gregor Palamas (1296/7–1359) später vertieft. In Teilen der heutigen Palamas-Rezeption kommen die Aspekte der „spekulativen Energienlehre“ mit ihren ekklesiologischen Konsequenzen weiterhin zum Tragen, da die Rückschlüsse von den energetischen Erscheinungen auf das hypostatische Sein – anders als in der kappadozischen Energienlehre – oft bestritten werden. Es wird diskutiert, ob sich Palamas von der kappadozisch-altkirchlichen Hermeneutik unterscheidet oder ob er eine authentische Entfaltung der altkirchlichen Energienlehre darstellt.12 Von daher ist eine Lösung der Problemstellungen, die aus den unterschiedlichen Entwicklungen in Ost und West resultieren und sich bis heute im Filioque-Problem bündeln, nur durch den Rückgriff auf die gemeinsame Grundlage der kappadozisch-neunizänischen Theologie möglich, welche im Bekenntnis von 381 allge­meine Ökumenizität erlangte. 3. Die Lösung des Filioque-Problems Von der gemeinsamen altkirchlichen Basis lassen sich offenbarungs- und trinitätstheologische Differenzierungen ableiten, die zur Lösung des Filioque-Problems beitragen, das bis heute zwischen Ost- und Westkirche steht. Die vom Verfasser vorgeschlagenen Differenzierungen dienen zur Überwindung der jeweiligen offenbarungs- und trinitätstheologischen Engführungen mit ihren ekklesiologischen Konsequenzen. Diese Differenzierungen wurden bereits von vielen orthodoxen Theologen als Lösungsmöglichkeit für das Filioque-Problem anerkannt.

Von Anfang an hatte es neben den zunehmenden Polarisierungen zwischen Ost und West auch Vermittlungsversuche gegeben, die sich auf die gemeinsame Grundlage der kappadozisch-neuni­zänischen Theologie bezogen. So erinnerte der östliche Theologe Maximus Confessor (gest. 662) daran, dass ein angemessenes Filioque-Verständnis (Ausgang des Geistes von Vater und Sohn auf der Existenzebene) mit dem kappadozischen Verständnis des Hervorgangs des Geistes aus dem Vater durch (griech. dia) den Sohn kompatibel ist. Denn er sah das dia wie die Kappadozier als Verbindungsglied zwischen Ursprungs- und Existenzebene auf der Ursprungsebene verankert: „Ebenso wie der Heilige Geist aufgrund seiner Natur dem Wesen des Gottes und Vaters gemäß existiert, ebenso ist er aufgrund 11 Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 67ff., 164ff., und ders.: Gott/Vater, S. 250–256. – Siehe zu den ekklesiologischen Konsequenzen trinitätstheologischer Einseitigkeiten und ihrer Überwindung Kap. XI. 12 Vgl. F. von Lilienfeld: Art. „Hesychasmus“, und D. Wendebourg: Geist.

3. Die Lösung des Filioque-Problems

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seiner Natur dem Wesen des Sohnes gemäß, insofern als er durch den gezeugten Sohn wesensmäßig vom Vater ausgegangen ist“ (PG 90,672 CD – Hervorhebung v. Vf.). So bleibt der Vater das durch den Sohn vermittelte Ursprungsprinzip des Geistes, das dem Ausgang des Geistes von Vater und Sohn auf der Existenzebene nicht entgegensteht: Der Geist geht gemäß seines Ursprungs aus dem Vater hervor (durch den Sohn), während er auf der Ebene der Existenzbeziehungen von Vater und Sohn ausgehen kann. Damit verbindet das dia wie bei den Kappadoziern die Ursprungs- und Existenzbeziehungen und ist nicht etwa wie bei Gregor von Zypern und Gregor Palamas lediglich energetisch zu verstehen bzw. auf die zeitlichen Sendungen oder die Existenzbeziehungen zu reduzieren. Das Siebte Ökumenische Konzil (Nizäa 787) hat das von Maximus Confessor aufgezeigte altkirchliche Verständnis bestätigt. Umso bedauerlicher ist es, dass die mentalitätsbedingten und kirchenpolitisch forcierten Polarisierungen zwischen Ost und West in dem oben gezeigten Sinn fortgeschritten sind (siehe Kap. IV, 1 u. 2). Auch die Unionsbemühungen zwischen Ost und West in der Filioque-Frage auf den Konzilen von Lyon (1274) und Ferrara-Florenz (1438/39) führten nicht zum Erfolg. Einen letztgültigen Durchbruch brachten auch viele der Bemühungen der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte nicht. Deshalb ist es erfreulich, dass der im Folgenden vom Verfasser dargelegte Lösungsvorschlag mit seiner hermeneutischen Differenzierung bei der Energienlehre und der trinitätstheologischen Differenzierung zwischen Ursprungs- und Existenzbeziehungen von vielen orthodoxen Theologen als Lösungsmöglichkeit bezeichnet wurde, unter anderem auf der internationalen Konsultation in Aachen 2009, die anlässlich des 1200–jährigen Jubiläums der Aachener Synode 809 stattfand (Karl der Große: Einfügung des Filioque), um einer Lösung des FilioqueProblems näher zu kommen.13 Die offenbarungs- und trinitätstheologischen Differenzierungen des Verfassers lassen sich von der kappadozisch-neunizänischen Theologie als Grundlage zur Lösung des Filioque-Problems ableiten (siehe Kap. III,3.2.1). So gewährt die vom Verfasser vollzogene Unterscheidung von „ökonomischer“ und „spekulativer“ Energienlehre mit der „ökonomischen Energienlehre“ eine gemeinsame offenbarungstheologische Grundlage für Ost und West. Denn die kappadozische Energienlehre setzte die heilsgeschichtliche bzw. heilsökonomische Erkennbarkeit der trinitarischen Personen (Hypostasen) in den erfahrbaren göttlichen Energien voraus (deshalb „ökonomische Energienlehre“). Von daher bedurfte es keiner spekulativen Rückschlüsse auf das trinitarische Wesen Gottes wie bei Vertretern der photianisch-palamitischen Energienlehre, die den Rückschluss von den Energien auf das hypostatische Wesen bestritten (deshalb „spekulative Energienlehre“). Die „ökonomische Energienlehre“ nimmt das westliche Interesse an der heilsökonomischen Erkennbarkeit der trinitarischen Personen ebenso auf wie die östliche Betonung der apophatischen Dimension Gottes, weil sie die hypostati13 Siehe M. Haudel: Grundlagen.

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IV.  Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche

sche Erkennbarkeit ebenso berücksichtigt wie die apophatischen Energien. Aber im Unterschied zur einseitig apophatischen Orientierung der „spekulativen Energienlehre“ und zur einseitig rationalen westlichen Ausrichtung bewahrt die „ökonomische Energienlehre“ den Zusammenhang zwischen personal-hypostatischer Gegenwart und apophatischer Transzendenz Gottes. Damit wird ost- und westkirchlicher Theologie sowohl die apophatische Tiefe des Potentials der trinitarischen Relationen vor Augen gehalten (gegen westliche Nivellierung) als auch deren hypostatische Erkennbarkeit (gegen östliche spekulative Energienlehre). Das ermöglicht die Wahrnehmung des differenzierten Verhältnisses zwischen den trinitarischen Beziehungen auf der Ebene des Ursprungs und den Beziehungen auf der Ebene der ewigen gegenseitigen Existenz. Auf der Grundlage dieser von den Kappadoziern wahrgenommenen trinitarischen Beziehungsebenen hat der Verfasser die terminologische Unterscheidung von „Ursprungs- und Existenzbeziehungen“14 eingeführt (siehe Kap. III,3.2.1). Denn die ewigen Existenzbeziehungen zwischen Sohn und Geist beinhalten aus biblischer Perspektive durchaus das Ausstrahlen des Geistes vom Sohn und damit auch seinen Ausgang von Vater und Sohn. Die gegenseitige Begleitung von Zeugung des Sohnes und Hauchung des Geistes auf der Ursprungsebene bedingt die Verbindung dieser Ebene mit den Existenzbeziehungen, so dass der auf den Ursprung bezogene Hervorgang des Geistes aus dem Vater durch (griech. dia) den Sohn geschieht. Weil das dia bei den Kappadoziern daher die Verbindung zwischen Ursprungs- und Existenzebene verkörpert, steht es wegen des gezeigten Unterschieds der Beziehungsebenen nicht für eine Gleichschaltung von Vater und Sohn auf der Ursprungsebene, wie es in der exklusiveren Filioque-Tra­dition der Fall ist (rationale Nivellierung aller Beziehungen zu Ursprungsbeziehungen). Aufgrund des gezeigten Zusammenhangs der Ebenen kann das dia aber auch nicht rein auf die Existenzebene oder die heilsgeschichtliche Ebene abgeschoben werden, wie es in der photianischen „spekulativen Energienlehre“ mit ihrer Ausblendung des Zusammenhangs von Ursprungs- und Existenzbeziehungen geschieht: Hervorgang des Geistes aus dem Vater allein (griech. monou). Deshalb ermöglicht der im Zusammenspiel von Ursprungs- und Existenzbe­ziehungen erfolgende Hervorgang des Geistes aus dem Vater durch (dia) den Sohn (Anbindung an die Ursprungsebene) die Komplementarität eines Filioque, das sich statt auf den Ur14 Bisherigen Begriffspaaren gegenüber soll diese Terminologie klarer die Differenz und den Zusammenhang zwischen beiden Ebenen zum Ausdruck bringen. So lässt etwa J. Moltmanns Unterscheidung zwischen „Konstitutions- und Relationsebene“ nicht deutlich genug erkennen, dass auf der „Konstitutionsebene“ die konstitutiven Ursprungsbeziehungen auch ein Ursprungsverhältnis (Beziehung, Relation) der trinitarischen Personen beinhalten. Umgekehrt lässt der Begriff „Relationsebene“ nicht erkennen, dass die übrigen perichoretischen Relationen auf ihre Weise ebenfalls konstitutiv für das trinitarische Wesen sind (vgl. J. Moltmann: Trinität, S. 189ff.). Wenn W. Pannenberg wiederum gänzlich auf die terminologische Unterscheidung zwischen Ursprungsbeziehungen und ewigen Existenzbeziehungen verzichtet, wird die Funktion der jeweiligen Ursprungsund Existenzbeziehungen zu unspezifisch (vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 353).

3. Die Lösung des Filioque-Problems

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sprung nur auf die Existenzebene bezieht. Damit wird eine exklusivere Filioque-Tradition (nur Ursprungsebene: Vater und Sohn als Ursprungsprinzip) ausgeschlossen. Umgekehrt wird auch die photianisch geprägte Tradition eines exklusiv verstandenen Hervorgangs „vom Vater allein“ (griech. monou) widerlegt. Als kompatibel erweist sich aber ein monou im Sinne des Bedeutungsgehalts „vom einzigen Vater“, wie es von etlichen orthodoxen Theologen eingebracht wird.15 Weder ein exklusives Filioque noch ein isolierendes monou (allein) können die biblisch bezeugte Wechselwirkung zwischen Sohn und Heiligem Geist (mit entsprechend differenzierter Einbindung des Vaters) zum Ausdruck bringen, denn ersteres hat nur den Einfluss des Sohnes auf den Geist im Blick und letzteres blendet diesen Einfluss aus.16 Somit dürfte für die Westkirchen vom theo­logischen Standpunkt aus gesehen einer Streichung des Filioque bzw. einer Rückkehr zum ursprünglichen Text – es geht ja um die Aufhebung eines einseitigen Eingriffs in das ursprüngliche Bekenntnis – nichts mehr im Wege stehen. Ebenso dürfte eine ostkirchliche Anerkennung der berechtigten Anliegen der gemäßigten Filioque-Tradition (Existenzebene) möglich sein. Auf dieser Grundlage ließe sich die Wiederherstellung des Ur­sprungs­­­textes mit einer Erläuterung der Komplementarität östlicher und westlicher Tradition verbinden, was ökumenische Dialoge immer wieder fordern. Als Übergangslösung, wie sie zum Teil schon praktiziert wird, wäre es für Westkirchen denkbar, das Bekenntnis von 381 im liturgischen Gebrauch ohne Filioque zu verwenden und aus Respekt vor der eigenen Tradition und ihren berechtigten Anliegen das Bekenntnis mit Filioque zunächst im Bekenntnisbestand zu belassen und durch eine begleitende Erklärung die beschriebene Komplementarität zu erläutern.17 Eine fundierte theologische Lösung des Filioque-Problems ist insofern von Belang, als sich die mit diesem Problem verbundenen jeweiligen offenbarungs- und trinitätstheologischen Einseitigkeiten wie gezeigt in ekklesiologischen Einseitigkeiten niederschlagen.18 Innerhalb der Westkirche erfolgte mit der Reformation eine Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre, die sich maßgeblich auf das Glaubens- und Kirchenverständnis auswirkte.

15 Vgl. dazu die entsprechenden Hinweise bei J.-M. Garrigues: Standpunkt, S. 131, der z.B. auf Bolotovs Feststellung verweist, die Kirchenväter hätten bewusst nicht vom Hervorgang des Geistes aus dem Vater allein gesprochen, um die Verbindung zwischen Sohn und Heiligem Geist nicht zu verdecken. 16 Vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 127–139, 508–565. – Zum Filioque-Problem im Kontext des Kirchenverständnisses siehe ders.: Filioque-Problem, und ders.: Perspektiven. 17 Zu bisherigen Lösungsvorschlägen in kirchlichen Stellungnahmen und zu praktizierten Übergangslösungen vgl. ders.: Selbsterschließung, S. 546–565, und B. Oberdorfer: Filioque, S. 508 u. 564f. 18 Siehe zur detaillierten Darlegung des Zusammenhangs von Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis der jeweiligen konfessionellen Traditionen und zur Überwindung dieser Einseitigkeiten Kap. XI.

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IV.  Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche

Literatur Haudel, Matthias: Hermeneutische und trinitätstheologische Grundlagen für das gemeinsame Verständnis der trinitarischen Beziehungen. Ansätze zur Lösung des FilioqueProblems, in: Böhnke, Michael/Kattan, Assaad Elias/Oberdorfer, Bernd (Hg.): Die Filioque-Kontroverse. Historische, öku­me­ni­sche und dogmatische Perspektiven 1200 Jahre nach der Aachener Synode (= QD 245), Freiburg (Br.)/Ba­sel/Wien 2011, S. 272– 297. Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. Nissiotis, Nikos A.: Die Theologie der Ostkirche im ökumenischen Dialog. Kirche und Welt in orthodoxer Sicht, Stuttgart 1968. Oberdorfer, Bernd: Filioque. Geschichte und Theologie eines ökumenischen Problems (= FSÖTh 96), Göttingen 2001. Vischer, Lukas (Hg.): Geist Gottes – Geist Christi. Ökumenische Überlegungen zur Filioque-Kontro­ver­­se. Bericht und Vorträge zweier Tagungen auf Schloß Klingenthal (Frankreich) (= ÖR.B 39), Frank­furt (M.) 1981.

V. Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

1. Luthers Trinitätslehre und der reformatorische Durchbruch Gegenüber der mittelalterlichen Vorordnung der vermeintlich aus der Natur ableitbaren Einheit Gottes und dem analogen monistisch-hierarchischen Kirchenverständnis griff Luther auf die altkirchliche Trinitätslehre zurück. Dadurch überwand er westkirchliche trinitätstheologische und ekklesiologische Einseitigkeiten, was konstitutiv für seinen reformatorischen Durchbruch war. Denn indem Luther erneut die einzelnen trinitarischen Personen mit ihren Eigentümlichkeiten wahrnahm, konnte er die Heilsbedeutung von Christologie und Pneumatologie neu zur Geltung bringen, mit entsprechenden Konsequenzen für das Kirchenverständnis. Die liebende Selbsthingabe Gottes in Jesus Christus (Kreuzestheologie) mit ihrem voraussetzungslosen Zuspruch des Heils garantierte die Rechtfertigung des Sünders allein aus Glauben (Rechtfertigungslehre). Weil der Heilige Geist nicht mehr als eine an das Amt gebundene Einheitsgabe galt, sondern als Geber bzw. Vermittler des Heils für jeden Glaubenden, erschloss sich für das Kirchenverständnis erneut die Wahrnehmung des geistbegabten Gottesvolks (Priestertum aller Glaubenden).

Luthers Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre war ausschlaggebend für sein Gottes- und Glaubensverständnis und damit auch für seinen reformatorischen Durchbruch sowie das entsprechende Kirchenverständnis, was von der Luther-Forschung nicht immer so deutlich wahrgenommen wurde. Dabei gab es bereits vor Luther erste Anzeichen für eine trinitätstheologische Besinnung, die als Gegenreaktion auf die rationale Gotteslehre der Hochscholastik erfolgte. Deren Zuspitzung westkirchlicher trinitätstheologischer Einseitigkeiten war besonders durch Thomas von Aquin (1225–1274) forciert worden, der im Kontext des neu erwachten Aristotelismus die rationale Orientierung Anselms von Canterbury und ihre einseitige Konzentration auf die intrapersonale Einheit Gottes ausbaute (rationale Nivellierung der Beziehungsebenen – siehe Kap. IV,1). Thomas setzte die natürliche Erkenntnismöglichkeit des einfachen Wesens bzw. der Einheit Gottes (unitas essentiae in Deo – Summa theol. I,32,1) voraus, während er die Erkenntnis der trinitarischen Relationen von der Offenbarung abhängig machte. So kam es zur Vorordnung der natürlich erkennbaren Einheit Gottes (De Deo uno) vor die übernatürliche Erkenntnis der Dreiheit Gottes (De Deo trino). Das führte einerseits zu einer eigenständigen natürlichen Theologie ohne Gna-

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V.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

denbezug, die sich zur kritischen Instanz gegenüber der Offenbarung entwickelte. Andererseits resultierte daraus zunehmend die soteriologische Funktionslosigkeit der Trinitätslehre, weil der Vorrang der Wesens­einheit die Menschwerdung des Sohnes und die Charakterisierung des Heiligen Geistes als Liebe nur noch als Appropriationen (Aneignungen) erscheinen ließ, die nicht in den Eigentümlichkeiten der Personen verankert sind (Comp. Theol. I,147). Die postulierte Gleichförmigkeit der trinitarischen Relationen (Nivellierung zu Ursprungsbeziehungen) unterstrich die exklusive Filioque-Tradition mit ihrer Vernachlässigung der Eigenständigkeit des Heiligen Geistes und seiner Relevanz für eine Ämter- und Charismenvielfalt. Weil der Geist so auf das sakramental und kirchlich vermittelte Gnadengeschehen reduziert wurde, spielte er für die „ekklesiologischen Aussagen mittelalterlicher Theologie [...] kaum eine Rolle, die institutionskritische Komponente der Pneumatologie kommt zumindest in den Hauptströmungen nicht zum Tragen“1. Demgegenüber hatten schon Theologen wie Duns Scotus (ca. 1265/6–1308) und Wilhelm von Ockham (ca. 1280/90–1348/9) auf die biblisch bezeugte heilsgeschichtliche und personale Selbster­schließung des dreieinigen Gottes verwiesen, der in den nicht appropriierten, sondern spezifischen Wesenseigenschaften der trinitarischen Personen das freie Gegenüber und Haupt der Kirche bleibe. Das gelte auch für den Heiligen Geist, welcher im Unterschied zu seiner klerikalhierarchischen und päpstlich-zentralistischen Vereinnahmung nicht der Kirche inhärent sei und so auch nicht an amtliche Vermittlungsebenen gebunden werden könne. Vielmehr verkörpere er das unverfügbare personale Gegenüber der Kirche und ihrer Ämter. Daran konnte Martin Luther (1483–1546) anschließen und in explizitem Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre zu weiterführenden Einsichten hinsichtlich der Gotteslehre sowie des Glaubens- und Kirchenverständnisses gelangen. Diese Einsichten ermöglichten ihm die Überwindung westkirchlicher trinitätstheologischer und ekklesiologischer Engführungen. Angesichts der mittelalterlichen Klerikalisierung der Kirche (Heilsmittlerin) mit ihren ekklesiologischen Merkmalen der Vereinnahmung Gottes und angesichts des entsprechenden natürlich-theologischen Rückschlussverfahrens der Scholastik (rationale Rekonstruktion des Gottesbegriffs) griff Luther auf das biblisch-heilsgeschichtliche Offenbarungsverständnis der neunizänischen Theologie zurück. In Auseinandersetzung mit der spekulativen Vorordnung der Einheit Gottes (De Deo uno) sowie mit dem analogen monistisch-hierarchi­schen Kirchenverständnis erinnerte Luther an die soteriologisch und ekklesiologisch relevante immanente Wesenstrinität, die sich in der heilsgeschichtlich erkennbaren (ökonomischen) Trinität zeigt. So ergaben sich für Luther aus dem Verhältnis der innergöttlichen Gemeinschaft zur Gemeinschaft der Glaubenden die Implikationen für das reforma­torische Kirchenverständnis. 1

B.J. Hilberath: Pneumatologie, S. 517. Vgl. W.-D. Hauschild: Art. „Geist IV“, S. 206, und ders.: Lehrbuch I, S. 549ff. (Anselm von Canterbury), 603ff. (Thomas von Aquin).

1. Luthers Trinitätslehre und der reformatorische Durchbruch

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Offenbarungstheologisch besteht für Luther – wie für die Kappadozier – ein Verhältnis von „Ahnung“ und „Offenbarung“ sowie von „apophatischer“ (unsagbarer) und „ökonomischer“ (heilsgeschichtlich wahrnehmbarer) Dimension der Gotteserkenntnis, was in seiner Verhältnisbestimmung von „verborgenem“ und „offenbarem“ Gott zum Ausdruck kommt. Der in der natürlichen Erkenntnis verborgene Gott hält der Vernunft die Notwendigkeit vor Augen, sich der Selbsterschließung des personalen Geheimnisses Gottes zu öffnen. Denn die natürliche Gottes­erkenntnis (Röm 1,18ff.) kann lediglich ahnen, „dass“ es den verborgenen Gott gibt, aber nicht wissen, „wer“ Gott ist. Deshalb hat die Vernunft den verborgenen Gott ernst zu nehmen, indem sie die Angewiesenheit auf seine Selbsterschließung anerkennt: „Darum ist es ein gar großer Unterschied, wissen, daß ein Gott ist, und wissen, was oder wer Gott ist. Das erste weiß die Natur und ist in allen Herzen geschrieben. Das andere lehrt allein der Heilige Geist“2. Die Anknüpfungspunkte der Offenbarung bieten in der Schöpfung die Spuren der Trinität (lat. vestigia trinitatis), welche aus dem Glauben heraus zu erkennen sind und bei Luther dezidiert beschrieben werden, was in der Lutherforschung kaum Beachtung fand.3 Weil ein nur verborgener Gott ein ferner Gott wäre und ein nur offenbarer Gott in der Welterkenntnis aufginge, sind nach Luther beide Dimensionen zu berücksichtigen. Deshalb geht es Luther im Kontext der natürlichen Voraussetzungen (Ahnung) um das offenbare Geheimnis des personalen Gottes (Offenbarung), der die Menschen in seine Liebesgemeinschaft ruft: Der trinitarische Gott offenbart sich als Liebe, in der er sich den Menschen hingibt (Kreuzestheologie). In Christus wird die väterliche Liebe gegeben und im Heiligen Geist anerkannt. Nur in dieser heilsgeschichtlich gewährten Gemeinschaft mit dem trinitarischen Gott lassen sich Gottes Wesen und sein Heil für die Menschen erkennen, weil Gott in einem unzugänglichen Licht wohnt und so selbst zu den Menschen kommen (I Tim 6,16) und sie erleuchten muss (Joh 1,18; I Kor 13,12), wenn sie ihn und seine Liebe erkennen sollen: „Wo man [...] in der Theologie über die Gotteserkenntnis lehrt, ist Gott nicht als innerhalb seiner selbst Verbleibender zu erkennen, sondern er kommt zu uns, daß wir nämlich fest daran glauben, daß er für uns Gott ist.“4 Die Voraussetzungen angemessener Gotteserkenntnis macht Luther deshalb gegenüber der Scholastik am alttestamentlichen Motiv der Himmelsleiter deutlich, die Gott dem Menschen im Geist hinstellt, damit der Mensch genau auf den Stufen zu Gott kommt, auf denen Gott zu ihm kommt. Weil die Erkenntnis bei der im Heiligen Geist erfolgenden Verkündigung des Mensch gewordenen Christus beginnt, spielt der Zusammenhang von Trinitätslehre und Verkündigung für Luther eine bedeutende Rolle.5 Der Heilige Geist gewährt und 2 3 4 5

WA 19;207,12f. Vgl. WA 37;39,12–22 u. 43,6–25, und WA 42;635,13–16. Vgl. insgesamt G. Ebeling: Luther, S. 259ff. Vgl. WA 1;26,36–27,12; WA 42;37,25–34; WA 43;276,27–42. – T. Mannermaa: Luther, S. 45ff., erörtert die Aussagen, „in denen Luther explizit von der Schöpfung als vestigium trinitatis spricht“ (S. 53). WA 43;240,23–28. Vgl. insgesamt WA 50;273,22–28. Vgl. U. Asendorf: Trinitätslehre, und W. von Meding: Thesen, S. 244ff.

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V.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

fordert nach Luther einen hörenden bzw. empfangenden Glauben, der an das in der Schrift bezeugte Wort Gottes gebunden bleibt: „Diese wortkonzentrierte und Glauben intendierende Trinitätslehre wird zur kritischen Kraft der gesamten Theologie [Luthers].“6 Dass die Trinitätslehre Luther ein zentrales Herzensanliegen war und er die in Konstantinopel normierte sowie in ost- westkirchlicher Ökumene entstandene neunizänische Trinitätslehre rezipierte, um sich auf ihrer Grundlage auch gegen die westlichen trinitätstheologischen Einseitigkeiten zu wenden, belegt sein Bekenntnis am Ende der Abendmahlsschrift von 1528. Hier bekennt Luther, dass er „erstlich“ und „von hertzen den hohen artickel“ glaubt, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist sowohl drei unterschiedliche Personen als auch ein wahrhaftiger, einiger und natürlicher Gott sind, was den Arianern, Mazedoniern und Sabellianern sowie ähnlichen Ketzereien widerspreche. „Knapper kann man eigentlich kaum ausdrücken, was nach intensiver trinitätstheologischer Diskussion im vierten Jahrhundert auf den beiden ersten Reichskonzilien von Nizäa und Konstantinopel normiert worden ist“7. Luther ging es bei der Rezeption der altkirchlichen Trinitätslehre darum, dass das altkirchliche Dogma schriftgemäß ist. Er kam in der Schrift „Von den Konziliis und Kirchen“ (1539) zu dem Ergebnis: „Der glaube ist zu Nicea durch der Apostel schrifft gegruendet.“8 Für das altkirchliche trinitarische Dogma traf das aus Luthers Sicht in derart schriftgemäßer Weise zu, dass er es in einer Predigt zum Trinitatisfest 1535 sogar als Gottes eigenes Wort bezeichnen konnte.9 Ähnliche Beispiele für Luthers Wertschätzung der altkirchlichen Trinitätslehre – speziell in ihrer neunizänischen Form – lassen sich in Schriften aus allen Lebensabschnitten Luthers finden.10 Entgegen vieler geläufiger Lutherauslegungen überwand Luther die einseitig intrapersonale Sichtweise westkirchlicher Scholastik, indem er über seine Orientierung an Augustin hinaus auf die kappadozisch-neunizänische Trinitätslehre mit ihrer Berücksichtigung der interpersonalen trinitarischen Gemeinschaft und der Heilsrelevanz der einzelnen trinitarischen Personen zurückgriff. „Luther korrigiert den abendländischen Ansatz durch seine Betonung der Eigengestalt der einzelnen Personen der Trinität und ihre heilsgeschichtliche [sic] Bedeutung.“11 Damit bot Luther einen neuen Zugang zur „gesamtpatristischen 6 W. von Meding: Thesen, S. 261. 7 C. Markschies: Luther, S. 37. Markschies belegt in seiner Untersuchung, dass Luther speziell die neunizänische Trinitätslehre in ihrer augustinisch-kappadozischen Überlieferung rezipiert. Vgl. zu Luthers Bekenntnis WA 26;500,27–30. 8 WA 50;552,14. 9 Vgl. WA 41;270,25–27. 10 Das belegt C. Markschies: Luther, S. 55–79. 11 W.A. Bienert: Aporien, S. 111f., der Luthers Hinwendung zur östlich geprägten altkirchlichen Trinitätslehre sowie speziell zum athanasianisch-kappadozischen Ansatz und zu dessen ost-westkirchlicher Dimension nachgewiesen hat (vgl. ebd.). Zur entsprechenden Akzentverschiebung in der neueren Bewertung der reformatorischen Trinitätslehre vgl. C. Schwöbel: Ökumenische Theologie, S. 330f.

1. Luthers Trinitätslehre und der reformatorische Durchbruch

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Tradition“12. „Gerade an ihm läßt sich erkennen, daß wir Erben der ganzen Kirche, des Ostens und des Westens sind.“13 Luther bewegte sich „im Rahmen eines Konsenses zwischen östlicher und westlicher neunizänischer Theologie“14, weil er „in der neunizänisch-augustinischen Trinitätstheologie eine zwischen den Kirchen der ganzen Christenheit unumstrittene Gemeinsamkeit gesehen“15 hat und weil er die westlichen trinitätstheologischen Engführungen und die daraus resultierenden ekklesiologischen Einseitigkeiten erkannte. Mit der Korrektur des abendländischen Ansatzes durch die Betonung der einzelnen trinitarischen Personen näherte sich Luther „dem östlichen Verständnis der Trinität“ an, „ohne jedoch den augustinischen Ansatz völlig aufzugeben“16. Sein biblischaltkirchlicher Ansatz ermöglichte eine Trinitätslehre, „die – die biblischen Traditionen prägende – Unterscheidung von Vater, Sohn und Geist in der Darstellung der ökonomischen Trinität [...] auch in der Entfaltung der immanenten Trinität durchhält“17. Die damit einhergehende Überwindung der unitarisch gefärbten scholastischen Sichtweise führte zur erneuten Beachtung der trinitarischen Eigentümlichkeiten (Proprien), denn nach Luther „zeigt der Sohn durch die leibliche Geburt seine ewige Geburt und der Heilige Geist durch den leiblichen Ausgang seinen ewigen Ausgang“18. Die spezifisch soteriologische Bedeutung sowohl der Christologie als auch der Pneumatologie rückt dadurch wieder in den Vordergrund. Für die Christologie fällt hierbei der Kreuzestheologie (lat. theologia crucis) zentrales Gewicht zu, weil Gott durch sein Herabkommen in die sündige Welt und durch seine Hingabe für die Menschen das menschliche Aufschwingen zu Gott entlarvt, das sich für Luther hinter dem natürlichen Rückschlussverfahren scholastischer Theologie mit ihren Übertra­gungen auf Gott verbirgt.19 So offenbart das Kreuz sowohl die sich selbst erniedrigende Liebe Gottes als auch die menschliche Schuld der Selbstvergöttlichung.20 Im Elend des Kreuzes erweist sich die Herrlichkeit Gottes unter dem Gegenteil (lat. sub contrario) als unscheinbare, aber heilbringende Liebe. Weil Gottes Selbsthingabe und seine Heilsgegenwart in Christus durch den Heiligen Geist vergegenwärtigt werden und so Erkenntnis und Gnade Gottes „durch den in der Inkarnation vermittelten Glauben an den dreieinigen Gott erlangt“ werden, „ist die Trinität das organisierende Prinzip der Theologie Luthers und der General-

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J. Martikainen: Aporien, S. 71f., der W.A. Bienert zitiert. G. Kretschmar: Weg, S. 41. C. Markschies: Luther, S. 79, Anm. 192. Ebd., S. 80. W.A. Bienert: Aporien, S. 112. Vgl. C. Markschies: Luther, und J. Martikainen: Aporien. C. Schwöbel: Ökumenische Theologie, S. 331. WA 50;275,1. Vgl. A. Peters: Trinitätslehre, Sp. 567. Vgl. Luthers Magnificat (WA 7;547,1ff.), wo Luther den Unterschied zwischen der abwärts gerichteten Liebe Gottes und der aufsteigenden „Liebe“ des Menschen aufzeigt. 20 Zur wahren und den Menschen in seiner Schuld überführenden Erkenntnis durch das Kreuz vgl. die Heidelberger Disputation (WA 1;361,31–362,25).

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V.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

schlüssel zu allen ihren Aussagen“21. Denn Luther versteht das trinitarische Dogma „nicht nur als übernommenes Dogma, sondern pointiert als Voraussetzung für das rechte Verständnis des Evangeliums“22, so dass die Trinitätslehre zur „conditio sine qua non seiner Theologie“23 wird: „der höchst artikell ym glauben/ darynnen die andern alle hangen“24. Entsprechend ist auch Luthers Rechtfertigungslehre nur vor dem Hintergrund der angemessenen trinitarischen Zuordnungen zu verstehen. In Abgrenzung von der mittelalterlichen Werkgerechtigkeit mit ihren Tendenzen von Verrechtlichung und moralischer Ethisierung sowie von der entsprechenden Gerichtsangst und Heilsunsicherheit zeigt Luther, dass Heilsgewissheit allein durch den Glauben an die vom dreieinigen Gott zugesprochene Versöhnung möglich ist.25 Allein aufgrund des Verdienstes Christi ist der Mensch vor Gott gerechtfertigt, wobei es sich nicht nur um eine forensische Rechtfertigung handelt (Gerechtsprechung), sondern zugleich um eine effektive Rechtfertigung (Gerechtmachung). Der Mensch erhält nämlich Anteil am Heilswerk des Gottessohnes, insofern als dieser die menschliche Natur annahm und ihr das göttliche Heil zueignete (Austausch der Eigenschaften: Idiomenkommunikation). Dass Christus in dieser Glaubens-Teilhabe zugleich das Gegenüber der Menschen bleibt, garantiert der Heilige Geist, der in seiner – von Luther wahrgenommenen – personalen Eigenständigkeit (altkirchliche Trinitätslehre) als Gabe und Geber die reale Anwesenheit Christi im Glauben vermittelt. So repräsentiert er im Menschen gleichzeitig „Nähe“ und „Gegenüber-Sein“ Gottes – im Unterschied zum scholastischen Verständnis der Filioque-Tradition, in der der Geist vornehmlich als Gabe erschien.26 Weil der Mensch auf diese Weise die Liebe Gottes empfangen und annehmen darf, wird er von seinem Drang zur Selbstbegründung bzw. -vergött­lichung und der damit einhergehenden Angst um sich selbst befreit – zur „Freiheit eines Christenmenschen“27. Da Glaube und Heiligung nicht ohne den Heiligen Geist möglich sind, ergibt sich aus Luthers Verständnis vom Heiligen Geist als einer wirkenden göttlichen Person die von Gott her erfolgende Rechtfertigung des Sünders, die sich in der Teilhabe an Christi Erlösung verwirklicht und die die heilsgeschichtliche Zuwendung des Bundesgottes zu seinen Geschöpfen widerspiegelt.28 „Rechtferti­gung und Erwählung, diese recht eigentlich protestantischen Lehrstücke, sind nicht nur undenkbar ohne die Grundlage der altkirchlichen Trinitätslehre und Christologie: sie sind 21 U. Asendorf: Trinitätslehre, S. 129 (Hervorhebung v. Vf.). Auch G. Wenz: Unio, S. 341, betont, dass die Trinitätslehre für Luther und das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) „durchweg bestimmend“ als „fundierende Basis“ gilt. Vgl. zu Luthers Trinitätslehre auch die Beiträge in J. Heubach (Hg.): Luther, und ders. (Hg.): Trinitätslehre. 22 E. Kyndal: Umgang, S. 53. 23 R. Jansen: Studien, S. 224. 24 WA 7;214,27. 25 Vgl. M. Haudel: Buß-, Beicht- und Versöhnungsverständnis, und ders.: Umkehr, S. 77ff. 26 Vgl. WA 40 I;581,9–31. Vgl. zu Luthers Pneumatologie die Beiträge in J. Heubach (Hg.): Geist. 27 Vgl. Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (1520). 28 Vgl. F. Schmid: Erwägungen, S. 65.

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deren notwendige Ausführung und Anwendung.“29 Durch diese Anwendung erreichte Luther zugleich eine „Revitalisierung des altkirchlichen Bekenntnisses“30. Der Rückgriff auf die kappadozisch-neunizänische Trinitätslehre wirkte sich auch auf Luthers Kirchenverständnis aus – und damit auf das reformatorische Kirchenverständnis. Sowohl der Gedanke der Gegenwart Christi im Glauben als auch die für jeden Christen geltende Vermittlung dieser Heilsgegenwart durch den Heiligen Geist führten zurück zur Erkenntnis des geistbegabten Gottesvolkes und des allgemeinen Priestertums.31 Denn der Heilige Geist wurde nicht wie in der zugespitzten Filioque-Tradition lediglich als Gabe gesehen, die analog zur Betonung der Einheit Gottes als Einheitsgabe der entsprechend monistischen Kirche zu gelten hat (Bindung des Geistes an das Amt als Garanten der Einheit). Vielmehr galt der Geist unter Wahrnehmung seiner trinitarischen Personalität wieder als personaler Geber der Charismen für jeden Glaubenden. So konnte Luther in Abwehr der römischen Auffassung von Kirche als klerikaler Heilsinstitution und -mittlerin das Gegenüber von „Kirche (Amt) und Kirchenvolk“ wieder zum Gegenüber von „Gott und Kirche (Gemeinschaft der Heiligen)“ korrigieren. In Überwindung der römischen christomonistischen Ekklesiologie, in der die Kirche als fortlebender Christus (lat. Christus prolongatus) galt und der Geist lediglich als darin enthaltene Gnadenkraft Christi, kamen die Unverfügbarkeit und die kirchenbzw. traditionskritische Funktion des Heiligen Geistes erneut zum Tragen. Als Gottes Gabe wirkt der Geist nämlich zugleich als Handelnder (Geber), wo und wann es Gott gefällt. „Die kirchenkritische Kraft des pneumatologischen Dogmas wurde erst von Luther und von der Reformation [neu] zur Geltung gebracht.“32 Entsprechend erhielt die Pneumatologie in der Reformation nicht nur eine zentrale Bedeutung für die Soteriologie, sondern auch für die Ekklesiologie.33 So konnte Luther mit der Erinnerung an die eigenständige Personalität des Heiligen Geistes und an dessen Wirken den Charakter der Kirche als Gemeinschaft (lat. communio) der Heiligen neu herausstellen, wodurch der menschliche Aspekt der Kirche und deren bleibende Angewiesenheit auf Gott hervortraten. Diese Dimension unterstrich Luther mit seiner altkirchlich geprägten Auffassung von der Personalität der Menschheit Christi, mit der er über Thomas von Aquin hinausging, der Tendenzen der Logos-Sarx-Christo­­logie (Logos-Fleisch-Christologie)34 aufwies und so zur metaphysisch geprägten Synthese von Christus und menschlicher Natur gelangte, in welcher der Logos als einzig maßgebliche BewusstseinsGröße die menschliche Natur einnimmt. Das schlug sich bei Thomas von Aquin 29 J. Koopmans: Dogma, S. 115. Vgl. G. Wenz: Unio, S. 343f.: „Die ursprüngliche Einsicht der Reformation ist als recht­fertigungstheologische immer auch und zugleich eine trinitätstheologische.“ 30 E. Kyndal: Umgang, S. 53. 31 Vgl. WA 7;27,17–28. 32 W.A. Bienert: Aporien, S. 99. 33 Vgl. J. Koopmans: Dogma, S. 114f. 34 Der Logos nimmt nur das Fleisch an, nicht den ganzen Menschen mit seinem Bewusstsein (siehe Kap. III,4).

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V.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

analog im Kirchenverständnis nieder, da er die Kirche als verlängerten Christus (lat. Christus prolongatus) qualifizierte. Demgegenüber stand Luther der in Chalcedon (451) dogmatisierten Logos-Anthropos-Christologie (Logos-Mensch-Christologie) nahe. Weil diese daran festhält, dass der Logos zur Erlösung des ganzen Menschen den Menschen mitsamt seinem Bewusstsein annimmt (siehe Kap. III,4), bleibt das Menschsein mit seiner Sündhaftigkeit auch für die Kirche konstitutiv, da die Glaubenden als Gerechtfertigte und Sünder zugleich (lat. simul iustus et peccator) weiterhin der Anfechtung unterworfen sind.35 Ordiniertes Amt und allgemeines Priestertum bleiben deshalb in ihrer gegenseitigen Bedingtheit gemeinsam auf den ständigen Empfang des Heils Christi im Heiligen Geist angewiesen. Dabei gewährt der Heilige Geist in der Gemeinschaft der Heiligen die wechselseitige Beziehung von Amt und Gemeinde. Um der kirchlichen Ordnung und der öffentlichen Verkündigung willen bedarf das allgemeine Priestertum des ordinierten Amtes, das aufgrund besonderer Charismen von der Gemeinde übertragen wird und zugleich von Christus durch die Verleihung der Charismen eingesetzt ist.36 Amt und Gemeinde stehen so in wechselseitiger Bestimmung unter dem Geist Christi: Die Gemeinde ist ebenso auf den Dienst der Einheit angewiesen wie das Einheitsamt auf die Vielfalt der gemeindlichen Charismen. In ihrer Bezogenheit sind Amt und Gemeinde gemeinsam verantwortlich für rechte Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung, die als fundamentale Kennzeichen der sichtbaren Kirche (lat. ecclesia visibilis) gelten (Confessio Augustana VII) und von denen sich weitere Kennzeichen wie Amt, Gebet, Leiden oder Liebestaten ableiten lassen.37 Anhand ihrer Kennzeichen kann die sichtbare Kirche daraufhin befragt werden, ob sie als rechte Kirche den im Bekenntnis von Konstantinopel (381) formulierten Wesenseigenschaften der geglaubten und verborgenen Kirche (lat. ecclesia abscondita) entspricht: „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. Aufgrund dieser Zielbestimmung ist die Kirche unter dem Zuspruch und Anspruch des Wortes Gottes – woraus sie in Christus durch den Heiligen Geist lebt – stets zu reformieren (lat. ecclesia semper reformanda est).38 Luthers Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre führte analog zur Besinnung auf die altkirchliche Ekklesiologie, so dass er als eines der Kriterien für die rechte sichtbare Kirche die Übereinstimmung mit der „rechte[n] alte[n] Kirche“39 nennen konnte. Durch die erneute Betonung der Personalität des Heiligen Geistes und seiner institutionellen Unverfügbarkeit überwand Luther die späteren römischen Engführungen mit ihrem christomonistisch geprägten Klerikalismus und 35 36 37 38

Vgl. WA 34 I;276,8–13. Vgl. WA 50;633,2; WA 22;183,22ff.; WA 12;189,21ff. Vgl. WA 50;628ff. Vgl. WA 6;296,39ff. u. 300,37ff.; WA 18;652,23. Luthers Kirchenverständnis ist komprimiert enthalten in der Schrift „Von den Konziliis und Kirchen“ (1539). Vgl. insgesamt U. Kühn: Kirche, S. 21ff., und zu Luthers Trinitäts- und Kirchenverständnis siehe insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 174ff. 39 WA 51;487,20.

2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin

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Sakramentalismus, welche mit der funktionalisierenden Vereinnahmung des Geistes in der Gnadenlehre einhergingen. Zugleich betonte Luther in Abwehr enthusiastischer spiritualistischer Strömungen der Reformation (Täufer), die sich primär auf ihre Geisterfahrung beriefen, dass die Rückbindung des Heiligen Geistes an die Christologie zu beachten sei: Weil der Geist der Geist Christi ist und das äußere Wort zur Vergegenwärtigung des Heils Christi benutzt, bleibt der Geist als handelnde göttliche Person an Christus und die Schrift gebunden.40 Dem unitarisch ausgerichteten humanistischen Skeptizismus, der die Erkennbarkeit Gottes in atheistischer Orientierung bestritt (Erasmus), hielt Luther die heilsgeschichtlich erfolgte Selbsterschließung Gottes entgegen. Luthers trinitätstheologischer Ansatz findet sich mit seinen ekklesiologischen Konsequenzen weitgehend in den lutherischen Bekenntnisschriften wieder. Dass es auch in den reformatorischen Kirchen später wieder zu einseitigen westkirchlichen Engführungen im Blick auf die eigenständige Personalität des Heiligen Geistes kam, lag nicht zuletzt an der Auseinandersetzung mit den enthusiastischen spiritualistischen Strömungen. Ihnen gegenüber hatte man besonders die christologische Anbindung des Geistes zu betonen, was erneut den Einfluss der Filioque-Tradition mit ihrer Charakterisierung des Geistes als Gabe ermöglichte und dazu führte, dass der Geist mehr der individualistisch orientierten Gnadenlehre zugeordnet wurde und weniger der aktiven Rolle für die sichtbaren gemeinschaftlichen Strukturen der Kirche. Maßgebliche Bedeutung für das reformatorische Trinitäts- und Kirchenverständnis erhielten ferner die theologischen Entwürfe der Reformatoren in der Schweiz, welche neben der „lutherischen Tradition“ die „reformierte Tradition“ begründeten. 2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin Auch für Zwingli und Calvin war der Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre richtungweisend für ihr Gottes- und Heilsverständnis und damit für ihr Kirchenverständnis. Laut Zwingli wird der Sünder als von Christus Gerechtfertigter durch die Geistgabe von seiner Geistlosigkeit befreit, zur fortschreitenden Heiligung in der Kraft des Geistes. Diese Konzentration auf den Geist und seine Früchte (gute Werke) führte im Kirchenverständnis zur Betonung der Weltverantwortung und im Abendmahlsverständnis zur spirituellen Orientierung an der Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist. Calvin hob wie Luther die Heilsbedeutung der Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen hervor, welche deren heilsgeschichtliches Handeln bestimmen. Nur das Heilswerk Christi und seine Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist gelten als Garantie für wahre Gottes- und Heilser- kenntnis. Weil sich Calvin wie Zwingli auf die im Geist erfolgende Heiligung des 40 Vgl. WA 50;629,2.

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V.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

Menschen konzentrierte, erhielt auch sein Kirchenverständnis eine starke ethische Prägung. Gegenüber der klerikal-sakramentalistischen Verfügbarkeit des Geistes in der römischen Kirche verwies Calvin auf die Gemeinschaft der im Geist Geheiligten.

Auch der maßgeblich in Zürich wirkende Reformator Ulrich (Huldrych) Zwingli (1484–1531) bewahrte das trinitarische und das christologische Dogma der Alten Kirche als theologische Basis. Sein Einsatz bei der philosophischen Gotteslehre führte zur Betonung der Unerkennbarkeit Gottes, woraus die Angewiesenheit auf die in der Schrift bezeugte Selbsterschließung des dreieinigen Gottes resultierte. Dieser Umstand unterstrich für Zwingli das reformatorische Schriftprinzip. Die Rezeption des theologischen Ansatzes von Duns Scotus und der Einfluss des platonischen Geist-Leib-Dualismus bewirkten jedoch eine zunehmende Polarisierung von unendlichem Schöpfer und endlichem Geschöpf sowie von Geist und Materie – mit fortschreitender Bestreitung der Relevanz der materiellen Dimension. So band Zwingli die im Heiligen Geist gewährte Wahrheitserkenntnis zuweilen nicht an die Heilsgeschichte im engeren Sinn, da er in theozentrischer Perspektive zu der Überzeugung kam, dass auch die antiken Philosophen an dieser Geist-Dimension partizipieren konnten und zu den Erlösten gehören. Dennoch stellte Zwingli Jesus Christus und die Heilige Schrift als die Medien zur Überwindung des Grabens zwischen Schöpfer und Geschöpf heraus, vermittelt durch den Heiligen Geist. Der durch seine Selbstvergöttlichung geprägte natürliche Mensch (Erbsünde) ist nach Zwingli weitgehend von Geistlosigkeit gekennzeichnet, wovon er als in Jesus Christus Gerechtfertigter durch die Geistgabe befreit wird, zum Prozess fortschreitender Heiligung in der Kraft des Geistes. Als Zeichen der Rechtfertigung haben die Früchte des Geistes (Werke) mit dem Ziel der Anpassung der Welt an den Geist – in ethisch-pneumatologischer Zentrierung – einen grundlegenderen Stellenwert als bei Luther.41 Aus der Polarisierung von Geist und Materie erklärt sich auch die Auseinandersetzung Zwinglis mit Luther in der Abendmahlsdebatte. Zwingli, der die Anwesenheit Jesu Christi im Mahl zunächst noch realpräsentisch verstanden hatte, vollzog später unter dem Postulat der Unmöglichkeit des göttlichen Eingehens in die geschöpfliche Begrenztheit (Geist-Materie-Dualis­mus) und in Abgrenzung vom katholischen Sakramentalismus eine zeichenhafte Deutung der Abend­ mahls­elemente. In platonischer Tradition argumentierte er, das Irdische könne keine geistliche Wirkung haben, weshalb Gott ein irdisches Element lediglich als Zeichen (lat. signum) benutze. Deshalb seien die Sakramente zeichenhafte Hinweise auf die heilvolle Geistgegenwart. So deutet Zwingli die Einsetzungsworte, nach denen Jesus Christus mit Leib und Blut in Brot und Wein real präsent „ist“ (lat. est), in der Weise, dass diese Anwesenheit die Präsenz Christi „bedeutet“ (lat. 41 Vgl. V. Leppin: Art. „Zwingli“, S. 793–804; W.-D. Hauschild: Art. „Geist IV”, S. 210f.

2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin

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significat). Während Luther im Interesse der Heilszueignung die Realpräsenz Jesu Christi in den Elementen stringent beibehielt („est“), indem er unter Verweis auf die Einsetzungsworte darlegte, dass Jesus Christus „in, mit und unter“ Brot und Wein gegenwärtig „ist“ (Konsubstantiation)42, gestand Zwingli nur die Realpräsenz der göttlichen Natur Christi zu, weil dessen menschliche Natur zur Rechten des Vaters sitze. Die für die Realpräsenz Jesu Christi notwendige Allgegenwart (Ubiquität) auch seiner menschlichen Natur lehnte Zwingli im Interesse der Verteidigung der wahren Menschheit Jesu ab, so dass es bei Zwingli in der Christologie ebenfalls zu dualistischen Tendenzen kam. Maßgeblich wurde für Zwingli die Vergegenwärtigung des Versöhnungswerkes Christi durch den Heiligen Geist im Glauben, was erneut auf die pneumatologische Konzentration der Theologie Zwinglis hinweist.43 Nachhaltigere Bedeutung für die reformierte Tradition erhielt der vornehmlich in Genf wirkende Reformator Johannes Calvin (1509–1564), was etliche Einflüsse von Zwinglis Theologie auf den Calvinismus allerdings nicht in Abrede stellen soll. Wie für die anderen Reformatoren war für Calvin wahre Gotteserkenntnis an die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes gebunden. Das biblische Zeugnis dieser Selbsterschließung las er – wie Luther – im Licht des trinitarischen und christologischen Dogmas der Alten Kirche (Konstantinopel 381, Chalcedon 451), da er in den altkirchlichen Bekenntnissen ein schriftgemäßes Kriterium sah. So hatte die Trinitätslehre für Calvin „die Funktion einer wichtigen hermeneutischen Regel“44 und stellte „ein wesentliches Element seiner Theologie dar“45, was schon daran ersichtlich wird, dass er in der „Institutio“46 von 1559 der trinitarischen Struktur des Apostolikums folgt. Zugleich zeigt Calvin wie Luther eine Nähe zur kappadozisch-neunizänischen Trinitätslehre47, als Voraussetzung zur Überwindung westkirchlich-scho­lasti­­scher trinitätstheologischer Engführungen und ihrer ekklesiologischen Konsequenzen. Auf dieser Basis konnte er sich auch gegen den rationalistischen Modalismus des Michael Servet (gest. 1553) sowie gegen die adoptianistischen und sabellianistischen Konzeptionen des Sozianismus (Fausto Sozzini, gest. 1604) wenden.48 Calvin betont die Wesenseinheit der drei Personen ebenso wie ihre jeweiligen personalen Eigentümlichkeiten (Proprien) (vgl. Inst. I;13,17 u. 23). Entsprechend kann er wie Basilius von Caesarea den Zusammen42 Das schloss für Luther auch das leibliche Essen und Trinken der Elemente mit dem Mund ein (lat. manducatio oralis) – im Unterschied zu Zwinglis spirituellem Verständnis (manducatio spiritualis). 43 Vgl. J. Staedtke: Art. „Abendmahl III/3.1“, S. 113f.; V. Leppin: Art. „Zwingli“, S. 802ff. Vgl. insgesamt W.P. Stephens: Zwingli. 44 W. Nijenhuis: Art. „Calvin“, S. 582. 45 F. Wendel: Calvin, S. 145. 46 Johannes Calvin: Unterricht in der christlichen Religion – Institutio Christianae Religionis. Nach der letzten Ausgabe v. 1559 übers. u. bearb. v. O. Weber, neu bearb. u. hg. v. M. Freudenberg, Neukirchen-Vluyn 32012. 47 Das belegt T.F. Torrance: Perspectives, besonders im Blick auf Gregor von Nazianz. 48 Vgl. J. Koopmans: Dogma, S. 86.

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V.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

hang von innertrinitarischen Eigentümlichkeiten und heilsgeschichtlichem Handeln der jeweiligen Personen darlegen: Der Vater gilt als innertrinitarischer Ursprung und Quelle aller Dinge, der Sohn als innertrinitarische Weisheit und geordnete Austeilung, der Geist als innertrinitarische Kraft und Wirksamkeit im Handeln (Inst. I;13,18).49 Die angemessenen trinitarischen Verhältnisbestimmungen waren für Calvin soteriologisch konstitutiv. Denn die Wesenseinheit von Christus und Geist mit dem Vater und die den personalen Eigentümlichkeiten entsprechenden heilsgeschichtlichen Handlungen der Personen sind auch nach Calvin die Voraussetzungen für wahre Gotteserkenntnis und wahre Heilszueignung. Das gilt sowohl für das Heilswerk Christi als auch für die vom Heiligen Geist gewährte Gemeinschaft mit Gott. Gleiche soteriologische Relevanz haben für Calvin die angemessenen christologischen Verhältnisbestimmungen, insofern als nur die Einheit und die Unterschiedenheit der beiden Naturen in Christus im Sinne der chalcedonensischen ZweiNaturen-Lehre die wahre Erlösung des Menschen und seine Vereinigung mit Gott gewährleisten. Den Vollzug dieses Erlösungshandelns entfaltet Calvin im dreifachen Amt Christi, das Altes und Neues Testament zusammenschließt: prophetisches Amt (Lehramt), königliches Amt (geistliches Amt), priesterliches Amt (Mittler-Amt). Dabei betont Calvin, dass sich die in Christus gegebene Gnade im Wirken des Geistes vollzieht, und zwar innerlich im Christen (Früchte des Geistes) und äußerlich in der Kirche (Werke des Geistes). Die weitreichende Bedeutung der Pneumatologie für Calvin wird daran ersichtlich, dass er die Lehre vom Heiligen Geist nicht nur im Blick auf die Gotteslehre und -erkenntnis ausführlich thematisiert, sondern auch im Kontext von Soteriologie und Ekklesiologie. In diesen Zusammenhängen kann Calvin in abgestufter Weise vom Geistwirken sprechen. So kennt er in universeller Perspektive eine generelle Gnade, durch die der Geist mit dem Licht der Vernunft eine gewisse Erleuchtung aller Menschen ermöglicht. Von dieser gebrochenen Teilhabe am Geistwirken, die in ihrer Ambivalenz mit dem Status der Selbstvergöttlichung des Menschen zusammenhängt, unterscheidet Calvin die Vollgestalt der Teilhabe durch das Heilswerk Christi. Bei ihr garantieren Wort und Geist in wechselseitiger Verbundenheit wahre Gottes- und Heilserkennt­nis: Das Wort der Schrift wird durch das innere Zeugnis des Geistes beglaubigt, indem derselbe Geist, der die biblischen Autoren inspirierte, das angemessene Verständnis der späteren Ausleger gewährt. Sowohl der römischen Kirche mit ihrer Konzentration auf das kirchliche Lehramt als auch den Täufern mit ihrer Fixierung auf die eigene Geisterfahrung wirft Calvin vor, der Ver­bundenheit von Wort und Geist nicht zu entsprechen. Bei Calvin selbst konnte der partielle Rückgriff auf die griechisch-antiochenische Denkweise, die Gottes Einheit im Vater – als Quelle der Gottheit – begründet (Inst. I;13,25) und unter Betonung der Ursprungsbeziehungen die Anbindung der Pneumatologie an die Christologie vernachlässigt, teilweise zu einer gewissen 49 Vgl. C. Schwöbel: Art. „Trinität III“, S. 108f.

2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin

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Souveränität des Geistes führen. Das unterstrich sein Anliegen, die Unverfügbarkeit Gottes zu sichern. Diese Orientierung wirkte sich unter platonischem Einfluss und gleichzeitiger Konzentration auf Gottes Ehre (lat. gloria dei) auch auf Calvins Vorsehungslehre aus. Als Lehre von der doppelten Prädestination (Vorherbestimmung) machte sie die Erwählung der Menschen zum Heil oder zum Unheil bereits vor der Schöpfung im ewigen Ratschluss des souveränen göttlichen Willens fest (vgl. Inst. III;21,5). Zwar hat diese Lehre für Calvin praktisch-soteriologische Bedeutung, denn für ihn „sind Erwählung und Verwerfung keine gleichwertig nebeneinander gestellten Handlungsweisen Gottes – die Betonung liegt auf der Erwählung zur Vergewisserung der Glaubenden“50. Aber es stellt sich unweigerlich die Frage, wie diese Lehre dem biblischen Zeugnis von der heilsgeschichtlichen Selbsterniedrigung Gottes zur Erlösung der Menschen gerecht werden soll und dem damit verbundenen Aufruf zu Glauben und Umkehr (Zuspruch und Anspruch), was sich als Verhältnis personaler Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch vollzieht und damit die Verantwortung des Menschen vor Gott impliziert.51 Das würde durch die doppelte Prädestination in der gezeigten Form konterkariert, weshalb die Leuenberger Konkordie (LK), mit der die lutherischen und reformierten sowie unierten Kirchen 1973 ihre Kirchengemeinschaft erklärten, zu dem Ergebnis kam: „Das Christuszeugnis der Schrift verwehrt uns, einen ewigen Ratschluss Gottes zur definitiven Verwerfung gewisser Personen oder eines Volkes anzunehmen.“ (LK III,25)52 Als Hinweis auf das Erwähltsein dienen Calvin auch die Werke (Früchte der Wiedergeburt) in ihrer Bestätigung der Präsenz des Heiligen Geistes (vgl. Inst. III;14,18ff.). Denn durch den Heiligen Geist vollzieht sich die Neuwerdung des Menschen im unlöslichen Zusammenhang von Rechtfertigung und Heiligung, da sich die Versöhnung des Menschen mit Gott als lebenslanger Prozess im christ­ lichen Leben der Nächstenliebe niederschlägt (vgl. Inst. III;6,5). Weil die Glaubenden vom Gesetz als Mittel zur Selbstrechtfertigung befreit sind, können sie das Gesetz durch die Kraft des Geistes in der Freiheit des Gehorsams erfüllen. Durch die Integration von Gesetz und Evangelium in das eine Gesetz Christi erhält der pädagogische Gebrauch (lat. usus paedagogicus) bzw. der sogenannte dritte Gebrauch des Gesetzes (lat. tertius usus legis) im Unterschied zu Luther zentrale Bedeutung (vgl. Inst. II;7,6). Daraus leiteten sich zuweilen ethisierende Tendenzen sowie die Betonung der Kirchenzucht ab. Zwar sah sowohl die calvinistische als auch die lutherische Tradition den Unterschied und den Zusammenhang von Gesetz und Evangelium, aber es bestanden unterschiedliche Prioritäten, die auch den jeweiligen historischen Herausforderungen geschuldet waren. So hatte die lutherische Betonung des Unterschieds von Gesetz und Evangelium 50 R. Rohloff: Johannes Calvin, S. 83. 51 Vgl. ebd., S. 82ff. Vgl. insgesamt ebd., S. 69–86; F. Wendel: Calvin, S. 141–145; M. Haudel: Selbsterschließung, S. 191f.; W.-D. Hauschild: Art. „Geist IV“, S. 211f.; W. Nijenhuis: Art. „Calvin“, S. 582. 52 Zum Verständnis der Prädestination siehe Kap. X,2.3.

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V.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation

(Zwei-Regimenten-Lehre) die in der geschichtlichen Situation notwendige Unterscheidung von Staat und Kirche ermöglicht, während die calvinistische Betonung der Einheit von Gesetz und Evangelium analoge Ordnungsstrukturen von Kirche und Staat implizierte, mit denen Calvin der humanistischen Emanzipation der Gesellschaft von den kirchlichen Bindungen begegnen konnte.53 Im Blick auf das Kirchenverständnis betonte Calvin die dialektische Spannung zwischen Kirche als sichtbarer Institution und als unsichtbarer Gemeinschaft des Volkes der Erwählten. Gegenüber der klerikal-sakra­menta­listischen Verfügbarkeit des Geistes in der römischen Kirche verwies er auf die unsichtbare Gemeinschaft der durch den Geist Geheiligten und gegenüber den Täufern mit ihrem enthusiastischen Geistverständnis stellte er die sichtbare Gestalt der Kirche heraus. Die Kontinuität der Kirche sah Calvin in der vom Geist vermittelten Kontinuität der reinen Lehre. Deshalb konnte die Einheit der Kirche für ihn nur eine Einheit in der Wahrheit sein und die Autorität des Amtes sah er in der Autorität des Wortes Gottes verankert, dem alle Ämter unterworfen sind. Die universale Kirche besteht nach Calvin deshalb aus nationalen und lokalen Gemeinschaften, die das Wort Gottes predigen und die Sakramente reichen und jeweils die Autorität der Kirche besitzen. Hinsichtlich des Sakraments des Abend­mahls nimmt Calvin eine Mittelposition zwischen Luther und Zwingli ein. Einerseits orientiert er seine Abendmahlslehre im Sinne Zwinglis konsequent pneumatologisch, insofern als der Heilige Geist allein die Gemeinschaft zwischen Christus und den Kommunikanten herstellt (vgl. Inst. IV;17,33). Ferner lehnt er wie Zwingli in Sorge um die wahre Menschheit Christi deren Ubiquität und Anwesenheit im Mahl ab. Andererseits sieht er bei Zwingli angesichts der Trennung von „Zeichen“ (lat. signum) und „Sache“ (lat. res) die Gefahr, dass die Elemente als „Zeichen“ ein leeres Symbol werden können. So hält er fest, dass der Geist den Kommunikanten wie in einem Kanal alles zuleitet, was Christus ist und hat, weshalb sich Christus im Abendmahl durch den Geist selbst realiter darbietet, seinen Leib und sein Blut.54 Mit der Leuenberger Konkordie hat die reformierte und lutherische Tradition 1973 eine gemeinsame Möglichkeit zur Formulierung der Realpräsenz Jesu Christi im Abendmahl gefunden: „Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. So gibt er sich selbst vorbehaltlos allen, die Brot und Wein empfangen; der Glaube empfängt das Mahl zum Heil, der Unglaube zum Gericht. Die Gemeinschaft mit Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom Akt des Essens und Trinkens trennen.“ (LK 18 u. 19) Nachdem der reformatorische Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre zur Überwindung trinitätstheologischer und ekklesiologischer Engführungen der Westkirche geführt hatte, kam es im Kontext des Konfessionalismus und der 53 Vgl. M. Haudel: Verhältnis. – Siehe zum Verhältnis von Gesetz und Evangelium Kap. X,2.4. 54 Vgl. W. Nijenhuis: Art. „Calvin“, S. 585f.; J. Staedtke: Art. „Abendmahl III/3.1“, S. 116–118.

2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin

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Religionskriege auch im protestantischen Bereich erneut zu Tendenzen offenbarungs- und trinitätstheologischer Einseitigkeiten, und zwar bei dem Versuch, vor dem Hintergrund aristotelisch-thomistischer Logik die Plausibilität des Glaubens rational zu erweisen. Die damit verbundene Gefahr der Vorordnung eines natürlich-theistischen Gottesverständnisses und der Isolierung der trinitarischen Gotteslehre von den übrigen dogmatischen Traktaten erschwerte wie in der katholischen Theologie die Auseinandersetzung mit den theistischen Gottesvorstellungen der Aufklärung.55 Literatur Heubach, Joachim (Hg.): Der Heilige Geist im Verständnis Luthers und der Lutherischen Theologie (= VLAR 17), Erlangen 1990. Heubach, Joachim (Hg.): Luther und die trinitarische Tradition: Ökumenische und philosophische Perspektiven (= VLAR 23), Erlangen 1994. Jansen, Reiner: Studien zu Luthers Trinitätslehre (= BSHST 26), Bern/Frankfurt (M.) 1976. Koopmans, Jan: Das altkirchliche Dogma in der Reformation, München 1955 [Niederländische Originalausgabe 1938]. Markschies, Christoph: Luther und die altkirchliche Trinitätstheologie, in: Ders./Trowitzsch, Michael (Hg.): Luther – zwischen den Zeiten. Eine Jenaer Ringvorlesung, Tübingen 1999, S. 37–85. Rohloff, Reiner: Johannes Calvin. Leben, Werk, Wirkung, Göttingen 2011. Stephens, William P.: Zwingli. Einführung in sein Denken. Übersetzt von Karin Bredull Gerschwiler, Zürich 1997.

55 Vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 192–195.

VI. Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

1. Bedeutende Konzeptionen der Aufklärung (Descartes, Kant, Hegel) Die mit der Aufklärung einhergehende Verankerung letzter Gewissheit in der menschlichen Vernunft resultierte auch aus der Verunsicherung durch die klerikale Vereinnahmung Gottes im Mittelalter und durch die in Religionskriegen endenden Glaubensdifferenzen. Aufgrund seiner Zentrierung aller Erkenntnis und Wirklichkeit in der Vernunft markierte Descartes die Wende zur Neuzeit, da die Letztbegründung in Gott – unter zunächst bleibender Berufung auf Gott – von der Verankerung in der Vernunft abgelöst wurde. Obwohl Descartes mehrere Gottesbeweise führte und Gott als Garanten dauerhafter Erkenntnis bezeichnete, galt ihm die durch mathematische Logik konstituierte Vernunft als letztes Kriterium. Weil Gott so nur noch eine nachgeordnete Funktion einnahm, wurde der Grundstein des neuzeitlichen Anthropozentrismus gelegt, den Kant ausbaute, indem er das menschliche Subjekt als Träger der apriorischen Wahrheitskategorien bezeichnete. Kants sittlich-freiheitlichem Menschenbild entsprechend begrenzt die Vernunft Gott auf die Funktion, den gerechten Lohn sittlichen Handelns zu gewährleisten. Gegenüber diesem rationalistischen Vernunftglauben mit seinem statischen transzendenten Gottesbegriff betonte Hegel in Erinnerung an die Trinität die weltzugewandte Lebendigkeit Gottes. Da Hegel jedoch das heilsgeschichtliche Wirken Gottes als einen Prozess innertrinitarischer göttlicher Selbstverwirklichung deutete, kam er zur Ineinssetzung von Gott und Welt, was eine personale Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch im Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ kaum zulässt.

Sowohl die klerikale Theonomie des Mittelalters mit ihrer ekklesiologischen Vereinnahmung Gottes als auch die Relativierung kirchlicher Wahrheitsansprüche durch die Religionskriege im 16. und 17. Jahrhundert führten zur Suche nach Orientierungsmaßstäben und förderten so die alleinige hermeneutische Orientierung am Kriterium der menschlichen Vernunft. Gegenüber den Gott vereinnahmenden Konzeptionen wählten religionsphilosophische Entwürfe der Aufklärung zumeist nicht den ursprünglichen Weg der Reformation, sich angesichts solcher Ansprüche empfangend am biblischen Zeugnis der Selbsterschließung Gottes zu orientieren, sondern Gottes- und Selbsterkenntnis sowie Seinsgewissheit wurden mehr und mehr an der autonomen Maßgeblichkeit menschlicher Vernunft ausgerichtet. Wegweisend war diesbezüglich der philosophische und religiöse Ansatz von René Descartes (1596–1650), der mit seiner Vernunft-Zent-

1. Bedeutende Konzeptionen der Aufklärung

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rierung die Wende zur Neuzeit einleitete und den neuzeitlichen Rationalismus begründete, indem er die sich selbst erfahrende Vernunft als einzige Erkenntnisund Seinsgewissheit voraussetzte. Descartes ging es – im Unterschied zur antiken Ausrichtung an der Art der Erkenntnisgegenstände – primär um die Reflexion des Denkens selbst. Er erörterte die Bedingungen und Möglichkeiten des Denkens, um zuverlässige wissenschaftliche Erkenntnis zu erlangen. Aufgrund seines methodischen und radikalen Zweifels, nach dem alles Täuschung sein könnte, bleibt für Descartes allein die sichere Erkenntnis übrig, dass er in dem Moment, in dem er denkt, als denkendes Wesen existiert – unabhängig von dem, was er denkt. Deshalb steht für ihn nur eines ohne Zweifel fest: „Ich“ als Zweifelnder bzw. Denkender „bin“ – „ich denke, also bin ich“ (lat. cogito ergo sum).1 So erkennt sich Descartes als denkendes Wesen (lat. res cogitans), für das nur wahr ist, was es in seinem Denken (Vernunft) klar und deutlich (lat. clare et distincte) einsieht. Vor diesem Hintergrund kommt Descartes zu dem Schluss, dass sein Wesen essentiell im Denken besteht und das Körperliche bzw. Materielle (lat. res extensa) unwesentlich ist, worin sich der platonische Geist-Leib-Dualismus widerspiegelt. Indem die Vernunft zum Angelpunkt wird (Subjekt), der alles außerhalb seiner selbst bestimmt (Objekte), kommt es zur Subjekt-Objekt-Spaltung. Als die klare und deutliche Einsicht bzw. als Grundlage sicherer Erkenntnis gilt Descartes die Mathematik, weshalb er die körperliche Natur rein geometrisch qualifiziert. (Vgl. Meditationen II, III, VI.) Neben den Gegenständen der reinen Mathematik erschließt sich für Descartes aus der klaren und deutlichen Vernunfteinsicht eine zweite sichere Erkenntnis: die Erkenntnis Gottes als des vollkommenen Wesens. Das versucht er in seinen Meditationen zunächst durch einen logisch-erkenntnis­theoretischen Gottesbeweis zu belegen. Wie die klare Idee, selbst ein denkendes Wesen zu sein, habe er die klare eingeborene Idee des unendlichen und vollkommenen Gottes, die aber nicht aus ihm selbst als unvollkommenem Wesen hervorgehen könne. Deshalb müsse das vollkommene Wesen existieren, aus dem diese Idee hervorgeht. Unterstützt wird dieser Gedankengang durch einen kausalen Gottesbeweis nach dem aristotelischen Ursache-Wirkung­-Prinzip: Der Gedanke des vollkommenen Wesens (Wirkung) muss eine entsprechende Ursache haben. (Vgl. Meditationen III.) Descartes schließt seine Beweisführung mit einem ontologischen Gottesbeweis, der vom Gottesbegriff ausgeht. Dabei stützt er sich auf seine Prämisse, dass alles, was die Vernunft klar und deutlich als zu einem Begriff bzw. zu einer Sache gehörig erfasse, auch zu dieser Sache gehöre. Um die Existenz Gottes aus der Gottesvorstellung abzuleiten, bedient sich Descartes der klaren Vorstellungen von der Mathematik: Die Existenz Gottes sei von seinem vollkommenen Wesen ebenso wenig zu trennen wie ein Dreieck von seiner Innenwinkelsumme, weil ein nur gedachter Gott weniger vollkommen sei als ein existierender Gott – und damit nicht vollkommen. Weil Gott aber vollkommen sei, könne man ferner davon ausgehen, dass 1

Vgl. R. Descartes: Meditationen II, und ders.: Prinzipien, 1. Teil, Kap. 10.

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VI.  Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

Gott den Menschen nicht täusche, weshalb der Mensch über die rational gegebene Gewissheit des „cogito ergo sum“ und die jeweils punktuell gegebenen klaren und deutlichen Erkenntnisse hinaus auch die anderen Gegenstände des reinen Verstandes als zweifelsfrei betrachten könne. Gewisse und dauerhafte Erkenntnis ist daher nach Descartes von der Erkenntnis des vollkommenen Gottes abhängig. (Vgl. Meditationen V.)2 Im Blick auf die Beweisführung des Gottesbeweises bleibt zunächst festzuhalten, dass sich Descartes in Aporien bzw. Widersprüche verstrickt, wenn er etwa bemerkt, dass die Gottesidee nicht aus ihm selbst hervorgehen kann, sich dann aber nicht folgerichtig dem transzendenten Gott öffnet, sondern ihn aus den mathematisch geprägten Kriterien der Vernunft ableitet (vgl. Meditationen III). Ebenso verhält es sich, wenn Descartes Gott als Garanten kontinuierlicher sicherer Erkenntnis darlegt, aber die Grundlage dieser Garantie – und damit auch der Gotteserkenntnis – zuvor in der klaren und deutlichen Vernunfterkenntnis und ihren mathematischen Kriterien erstellt hat (vgl. Meditationen III–VI). So lässt sich bei Descartes beobachten, wie sich an der Schwelle zur Neuzeit die Verankerung in Gott – unter zunächst bleibender Berufung auf Gott – zu einer Verankerung in der eigenen Vernunft wandelt. Denn in der dritten Meditation zeigt Descartes, was letztlich seine Grundlage ist, indem er – auch in Bezug auf Gott – anmerkt, es möge ihn täuschen, wer es vermag, doch dieser könne niemals bewirken, dass Descartes nicht existiere, solange er Bewusstsein habe, oder dass 2+3 mehr oder weniger seien als 5. Für Descartes garantiert also letztlich doch nicht der vollkommene Gott die grundlegende Erkenntnisgewissheit, sondern die Vernunft mit ihrer mathematischen Klarheit gilt als letzter hermeneutischer Anker. Das denkende Subjekt wurde so mit seinen Vernunftkategorien als einzig sichere Basis zum Mittelpunkt des Kosmos: „Die Selbstgewißheit des Ich ist das Nadelöhr, durch das jede weitere Gewißheit hindurch muß.“3 Dem menschlichen Subjekt gegenüber erscheint alles andere als Objekt rationaler Erfassung, das den Maßstäben menschlicher Vernunft unterworfen wird – auch Gott. Mit dieser Ausblendung geschichtlich-kontingenter Momente und anderer Erfahrungsdimensionen postulierte Descartes im theistischen Rückschlussverfahren unter Absehung von der trinitarischen Heilsgeschichte die absolute Einfachheit Gottes. Die darin begründete Identität von Erkenntnis und Wollen lässt seines Erachtens eine Wahlfreiheit Gottes bei der Schöpfung nicht zu (naturnotwendiger Prozess), zumal Gott nur erschaffen könne, was die menschliche Vernunft zu erkennen vermag (vgl. Meditationen VI). So vollzog Descartes die Grundlegung des neuzeitlichen Anthropozentrismus, auch wenn er den Gottesbegriff als notwendig für seine Selbstvergewisserung darstellt. Denn Gott bleibt in Descartes’ Denksystem vom Selbstvollzug des menschlichen Subjekts abhängig, weil er lediglich die nachgeordnete Funktion hat, das – ohne ihn – sichergestellte Wahrheitskriterium klarer Vernunfterkenntnis 2 3

Vgl. auch P. Prechtl: Descartes, S. 86–94. – Siehe zu den Gottesbeweisen Kap. VI,3. E. Jüngel: Entsprechungen, S. 254.

1. Bedeutende Konzeptionen der Aufklärung

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für weitere Erkenntnisstufen abzusichern. In dieser religionsphilosophischen Ausrichtung wird die antike „Metaphysik der Substanz“, die von der Partizipation menschlichen Denkens am göttlichen Geist-Kosmos ausging, von der anthropozentrisch fundierten „Metaphysik des Subjekts“ abgelöst, die die Gotteslehre an das Kriterium der menschlichen Vernunftkategorien bindet. Das lässt die theistische Gottesvorstellung von Immanuel Kant (1724–1804) noch deutlicher erkennen. Denn Kant charakterisiert das menschliche Subjekt als Träger der apriorischen Wahrheitskategorien, so dass sich die Erkenntnis des menschlichen Geistes nicht primär nach den Gegenständen richtet, sondern diese werden im Vollzug der sinnlichen Wahrnehmung von den apriorischen Vernunftkategorien in ihrer Beschaffenheit bestimmt: Die Vernunft bringt die Wahrnehmung der Wirklichkeit letztlich aus ihrem eigenen Entwurf hervor.4 Dabei erfährt sich der Mensch als sittliches Vernunftwesen, das durch Freiheit und Autonomie charakterisiert ist, als Voraussetzung für das ihn prägende moralische Sollen. Weil der Vollzug der Tugend zu einer entsprechenden Glückseligkeit führen muss, aber in der sinnlichen Natur noch kein gerechter Ausgleich geschieht, bedarf es nach Kant zur endgültigen glückseligen Belohnung sittlichen Handelns des Daseins Gottes und der Unsterblichkeit der Seele. Durch die mit Willensfreiheit und Unsterblichkeit verbundene Vernunft partizipiert der Mensch an dieser göttlichen Dimension, denn sonst würden sich durch den Tod alle sittlichen Anstrengungen als absurd und ziellos erweisen. Gott wird somit zu einem moralphilosophisch unentbehrlichen Postulat der praktischen Vernunft und zu einer regulativen Idee in Kants Moralphilosophie.5 Obwohl Kant auf diese Weise in der „Kritik der praktischen Vernunft“ einen moralischen Gottesbeweis führt und diesen in der „Kritik der Urteilskraft“ (1790) selbst als Beweis bezeichnet, spricht er zumeist nur von einer Idee. Denn er bestreitet die Möglichkeit der herkömmlichen metaphysischen Gottesbeweise in der „Kritik der reinen Vernunft“, insofern als die theoretische Vernunft die Existenz Gottes nicht erweisen könne (siehe Kap. VI,3). Mit der Denkbarkeit einer Sache ist seines Erachtens nämlich noch nicht ihre Erkennbarkeit gegeben, weil diese von einem empirischen Existenz-Urteil abhängt, das sich aus der Denkbarkeit einer Sache nicht ableiten lässt. Laut Kant ist Gott aber kein Gegenstand möglicher Erfahrung, wozu kritisch anzumerken ist, dass Kant die Erfahrung des heilsgeschichtlichen Handelns Gottes offenbar aus dem Blick gerät. Der als nicht erfahrbar postulierte Gottesgedanke erlaubt für Kant aufgrund fehlender empirischer Grundlage keinen Rückschluss auf Gottes transzendentes Wesen oder seine Existenz, zumal die Vernunft nicht die Dinge an sich, sondern nur ihre Erscheinungen ergreife, die von den apriorischen Kategorien der Vernunft bestimmt seien. Weil sich Gott als Grenzbegriff nicht aus der menschlichen Erfahrungswelt ableiten lasse, sei er für die theoretische Vernunft 4 5

Zur detaillierten Darstellung in Kants „Kritik der reinen Vernunft“ vgl. I. Kant: Kritik. Die Gründe für das Dasein Gottes entfaltet Kant vornehmlich in der „Kritik der praktischen Vernunft“. Vgl. aber auch I. Kant: Grundlegung.

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VI.  Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

nicht erkennbar, die mit dem vermeintlichen Zugriff auf den transzendenten Bereich ihre Grenzen überschreite. Vor diesem Hintergrund erklärt Kant auch den oben dargelegten ontologischen Gottesbeweis von Descartes für unzulässig, der aus der Vollkommenheit Gottes dessen Existenz abgeleitet hatte. Kant unterscheidet klar zwischen Begriffs- und Existenzebene: Das „Sein“ sei kein reales Prädikat, das zum Begriff eines Dinges hinzukommen könne, denn im Unterschied zu gedachtem Wirklichsein könne wirkliches Wirklichsein erst im Zusammenhang mit der sinnlichen Wahrnehmung behauptet werden.6 Durch diese Metaphysikkritik konnte Kant wirkungsgeschichtlich erfolgreich unterstreichen, dass Gott nicht einfach spekulativ aus der menschlichen Vernunft ableitbar ist oder von natürlichen Voraussetzungen her rekonstruiert werden kann, was auch entsprechende natürlich-theologische Offenbarungsansätze in Frage stellt. Kant zieht daraus aber nicht die Konsequenz der notwendigen Öffnung für die heilsgeschichtliche Selbsterschließung Gottes, sondern vollzieht die radikale Vereinnahmung Gottes in die Immanenz menschlicher Vernunft und Subjektivität. Die Grenzen der Vernunft werden zum Bollwerk gegen die Möglichkeit der eigenständigen Offenbarung Gottes und somit dazu benutzt, Gott Grenzen zu setzen. Aufgrund seiner postulierten Unerkennbarkeit ist Gott nicht mehr an sich wichtig, sondern nur noch als Regulativ sittlicher Glückseligkeit des menschlichen Geistes. Mit seinem moralischen Gottesbeweis auf der Ebene der praktischen Vernunft vollzieht Kant also selbst auf den anthropologischen Grundlagen eine Rekonstruktion Gottes und seines Daseins. Dieser zu Anthropozentrismus und Moralismus tendierende aufgeklärte Theismus, in dem der Atheismus bereits angelegt war7, hatte in seiner statisch-monistischen Qualität keinerlei Raum mehr für die Trinitätslehre, der Kant deshalb keine praktische Bedeutung zugestand.8 Vielmehr gelangte Kant durch seinen reinen Vernunftglauben9 zu einer rational abgeleiteten idealistischen Überschneidung von göttlichem und menschlichem Geist, bei der sich der menschliche Geist als Teil und Maßstab des göttlichen Geistes verstehen konnte. Der auf dieser Grundlage rekonstruierte theistisch-trans­zendentale Gottesbegriff beeinflusste in der Folgezeit auch von der Aufklärung geprägte theologische Ansätze. Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) kritisierte an Kants rationalistischidealistischer Reduktion Gottes auf die Ebene von Vernunft und Subjekt, der daraus resultierende transzendentale Gottesbegriff lasse Gott weltlos und die Welt gottlos werden. Dass Gott so als höchstes Wesen leer und tot erscheine, sei nur zu 6 7

8 9

Vgl. insgesamt ders.: Kritik. – Zur konstitutiven Bedeutung Kants für die neuzeitliche Kritik an den Gottesbeweisen und für die Einteilung der verschiedenen Beweisarten siehe Kap. VI,3. „Mit der menschlichen Subjektivität als Gravitationspunkt der Daseinsdeutung ist die Übertragung der Gottesattribute der traditionellen Metaphysik [auf den Menschen] tendenziell schon als Möglichkeit gesetzt.“ (I. Lønning: Art. „Gott VIII“, S. 681) Vgl. I. Kant: Streit, S. 33. Die Darlegung dieses Glaubens- und Religionsverständnisses findet sich auch in Kants Schrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“.

1. Bedeutende Konzeptionen der Aufklärung

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überwinden, wenn die statische Sterilität Gottes mit ihrer weltlichen Irrelevanz durch einen lebendigen weltzugewandten Gott abgelöst werde, nämlich durch den trinitarischen Gott. Hegel trug damit zur Wiederbelebung des trinitarischen Denkens und zur Besinnung auf die weltrelevante Lebendigkeit Gottes bei. Auf diese Weise erinnerte er aus philosophischer Perspektive zugleich die vom Rationalismus geprägten theologischen Konzeptionen an die konstitutive Bedeutung der Trinitätslehre.10 Doch aufgrund seiner trinitätsphilosophisch postulierten Einheit von Endlichem und Unendlichem, die laut Hegel in der trinitarisch-dialektischen Selbstentfaltung des absoluten göttlichen Subjekts in die Welt besteht, konnte er die angestrebte Ablösung eines statischen Gottesbegriffs durch einen lebendigen Gott nicht umsetzen. Denn in Abgrenzung von Spinoza (absolute Substanz) und von Kant (absolutes Geist-Subjekt) hob er die Substanz in das Subjekt auf, wodurch er die Überwindung der von der Eitelkeit des „Ich“ geprägten Subjektivität verfehlte, insofern als er durch die Aufnahme der Substanz in das Subjekt „die Position der Absolutheit des Subjekts allererst vollendete“11 (absoluter Idealismus). So kam auch Hegel nicht über die Vorstellung von Gott als einem spekulativen Prinzip hinaus, weshalb Gott trotz aller dynamischen Dialektik ein in sich geschlossenes bzw. statisches Prinzip blieb. Denn nach Hegels dialektischer Logik mit ihrer panlogistischen Struktur waltet im Unendlichen wie im Endlichen der eine Logos. In ihm vermittelt sich das Absolute in seine endliche bzw. konkrete Besonderung als sein Anderssein, um dieses durch Negation wieder in das Allgemeine aufzuheben und so Einheit mit sich selbst im Anderssein zu erhalten.12 Entsprechend wird Gott als rein intrapersonales Geist-Subjekt mit dialektischer innergöttlicher Geschichte verstanden, in welcher die Weltgeschichte aufgehoben ist: Der absolute Gott (Reich des Vaters) entfaltet sich in die Welt als das Andere seiner selbst (Reich des Sohnes), um nicht leblos-einsam zu bleiben. Indem Gott gleichzeitig die Konkretionen seiner selbst in der geistdurchwirkten „christlichen“ Gemeinde zur Einheit des Geistes bzw. zum allgemeinen göttlichen Selbstbewusstsein zurückbringt, gelangt er zu seiner vollkommenen Wirklichkeit (Reich des Geistes). Auf diese Weise findet Gott in der Geschichte zu höherer Realisation. Die trinitarisch-dialektische Geschichte ist damit laut Hegel ein Prozess der Selbsterhaltung und Selbstvergewisserung Gottes. Deshalb wird auch das Kreuz zum Prinzip notwendiger Selbstentäußerung Gottes und ihrer Rücknahme in das Absolute (Tod des Todes als Negation der Negation bzw. als Versöhnung des Geistes mit sich selbst).13 Hegel ersetzt Kants theistische Trennung des göttlichen Wesens von der Heils­ geschichte (Welt) also lediglich durch das umgekehrte Extrem, nämlich durch die 10 Vgl. G.W.F. Hegel: Vorlesungen, S. 185ff. 11 W. Pannenberg: Person, S. 137. Vgl. J. Hirschberger: Geschichte II, S. 407–483. 12 Diese Gedanken entwickelte Hegel vornehmlich in der „Wissenschaft der Logik“. Vgl. zur detaillierteren Erörterung W. Kern: Pneumatologie, S. 54ff. 13 Vgl. insgesamt G.W.F. Hegel: Vorlesungen, S. 218–344.

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VI.  Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

Identifikation von göttlichem Wesen und göttlichem Handeln in der Welt. Aufgrund dieser pantheisierenden Ineinssetzung von Gott und Welt bleibt Gott letztlich doch ein in sich ruhendes statisches Prinzip, das kein Gegenüber von persönlichem Gott und Welt kennt. Weil Hegel einerseits Gott als rein intrapersonal verstandenes Subjekt definiert, das der Welt bedarf, um lebendig und nicht einsam zu sein, und andererseits von der absoluten Freiheit des Menschen ausgeht, die keine Einschränkung durch ein göttliches Gegenüber verträgt, wird die Zusammenschau von Gott und Mensch in einer Einheit nötig. Deshalb wendet sich Hegel sowohl gegen den jüdischen Gottesbegriff eines allmächtigen Schöpfergottes und seiner Erschaffung des Menschen aus dem Nichts als auch gegen die plastischen Gottheiten der Griechen mit ihrer Geschichtslosigkeit Gottes. Erst das Christentum sei die wahrhaft geistige Religion, die mit der Welt-Erscheinung des jenseitigen Gottes die Versöhnung von Endlichem und Unendlichem beinhalte. Doch indem Hegel diese Versöhnung als Einheit bzw. dynamische Identität von Gott und Welt versteht, verkennt er, dass es im Christentum um die Gemeinschaft von Gott und Welt im Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ geht. Weil nach Hegel der Mensch ewig sein muss, während Gott von der Weltgeschichte abhängig wird, erkennt sich der Mensch im Aufschwingen seines Bewusstseins zum absoluten Geist als eine Stufe der Selbstverwirklichung Gottes.14 Diese Ineinssetzung von Gott und Mensch sowie von Geist und Materie lieferte ungewollt die Voraussetzung für die verschiedenen Formen des Atheismus. 2. Gotteslehre im Horizont der Religionskritik Sowohl der humanistische Atheismus (Feuerbach) als auch der materialistische Atheismus (Marx) konnten an Hegels Ineinssetzung von Gott und Mensch sowie von Geist und Materie anknüpfen. Feuerbach kehrte Hegels Integration des Menschen in das göttliche Prinzip in ihr Gegenteil um, indem er Gott als Projektion menschlicher Wünsche bezeichnete. Da Gott so lediglich das Produkt menschlicher Vernunft verkörpert, gilt der Mensch selbst als das Göttliche, so dass er sich von der religiösen Entfremdung zu befreien hat. Während Freud damit die Befreiung von psychologischen Zwängen verband, sah Marx die Entfremdung in den unangemessenen materiellen und sozialen Verhältnissen, in denen sich die Religion als „Opium des Volkes“ erweise und aus denen sich der Mensch nur selbst befreien könne. Der naturwissenschaftliche Materialismus reduzierte schließlich alles auf die Materie, auch Geist und Seele. Für Nietzsche galt der Mensch vor diesem Hintergrund als das Entscheidungs- und Machtkriterium, das über Gott entscheidet und deshalb selbst Gott ist, woraus Nietzsche „un-mensch­liche“ Machtansprüche ableitete. Alle genannten Ansätze wurden letztlich weder der Transzendenz des Menschen noch den religiösen Dimensionen Gottes gerecht und scheiterten an den Bedingungen der Wirklichkeit. 14 Vgl. ebd., S. 50ff.

2. Gotteslehre im Horizont der Religionskritik

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Linkshegelianische Philosophen reduzierten Hegels dialektische Einheit von Gott und Welt konsequent auf die anthropologisch-sinnliche Ebene. Aufgrund der hegelschen Zusam­menführung von Geist und Substanz im Prozess der göttlichen Selbstentfaltung in die Welt, in welchem Gott von der Welt abhängig erschien, konnte Gott sowohl auf die menschliche Vernunft (Geist) als auch auf die materiellen Bedingungen des Menschen zurückgeführt werden. Damit waren die Grundlagen für den materialistischen und für den humanistischen Atheismus15 gegeben. Letzteren begründete maßgeblich Ludwig Feuerbach (1804–1872), indem er jedes spekulative göttliche Prinzip auf die Anthropologie reduzierte. Denn er kehrte die hegelsche Integration des Menschen in das göttliche Prinzip in ihr Gegenteil um, insofern als er die menschliche Vernunft als Ursache des Gottesbegriffs transparent werden ließ. Dadurch konnte er die materialistisch verstandene Sinnlichkeit bzw. den Menschen und seine Vernunft endgültig als einzig maßgebliche Wirklichkeit herausstellten, in die sich jetzt umgekehrt Gott einordnen ließ. Gott gilt als die Projektion der „göttlichen“ Wünsche des Menschen, der als Ursprung des Göttlichen das Göttliche in sich zurückholen muss bzw. sein Menschsein absolut zu setzen hat, um nicht mehr entfremdet zu sein. Feuerbach erkennt zwar, dass eine natürlich-theologi­sche Rekonstruktion Gottes (Rückschlussverfahren) letztlich die Projektion eigener Vorstellungen auf Gott ist, aber er schließt die Existenz Gottes bzw. die hermeneutische Öffnung für Gott aus. Doch ebenso wenig, wie ein reines Rückschlussverfahren die Existenz Gottes belegen kann, vermag der Verweis auf die mögliche Projektion menschlicher Wünsche die Nicht-Existenz Gottes zu belegen, was Feuerbach nicht wahrnimmt. Für ihn ist der Mensch sein eigener Gott (lat. homo homini deus), wenn er Gottes Wesen für sich proklamiert und Gottes Existenz leugnet. Dann erweise sich die Trinitätslehre als Projektion der interpersonalen menschlichen Liebe, weshalb es nicht mehr heißen dürfe „Gott ist die Liebe“, sondern „die Liebe ist Gott“.16 Von daher sei der Gottesglaube durch den Glauben des Menschen an sich selbst zu ersetzen. Dass die menschliche Selbstbezogenheit mit ihren Wünschen aber letztlich nicht die Transzendenz des Menschen abdecken kann und einem geschichtlich vermittelten Gottesbegriff ebenso wenig gerecht wird wie den Bedingungen der Wirklichkeit, übersieht Feuerbach. Außerdem erkennt er nicht, dass sich gerade das – von ihm mit dem Projektionsvorwurf besonders angegriffene – Christentum in seinem angemessenen Offenbarungsverständnis selbst gegen eine Hermeneutik der Projektion und des natürlichen Rückschlussverfahrens (Rekonstruktion Gottes) wendet. Insgesamt wird Feuerbach mit seiner Analyse den vielfältigen Dimensionen des Glaubens nicht annähernd gerecht, wie etwa der Einsicht des dänischen Religionsphilosophen Sören Kierkegaard (1813–1855), dass der Glau15 Als „Atheismus hat […] die Anschauung zu gelten, die jede Art eines Göttlichen bzw. Absoluten, das nicht schlechthin identisch ist mit dem Menschen und mit der Welt unserer empirischen Erfahrung und deren immanenten Prinzipien, leugnet“ (W. Kasper: Gott, S. 29). 16 Vgl. insgesamt L. Feuerbach: Wesen, und J. Salaquarda: Art. „Feuerbach“, S. 144–157.

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be dem Menschen auch aus der Verzweiflung helfen kann, welche sich jenseits anthropomorpher Projektionen auf Gott vollzieht. Angesichts Feuerbachs defizitärer Anknüpfung an die sinnliche Wirklichkeit entwickelte Karl Marx (1818–1883) auf der Grundlage von Hegels Aufwertung des Materiellen (Inte­gration in den göttlichen Prozess) und in Anlehnung an Feuerbachs anthropozentrische Reduktion des göttlichen Prinzips einen praktisch-materialistischen Atheismus. Marx versteht die unangemessenen materiellen und sozialen Verhältnisse als die Entfremdung des Menschen. Diese sei in einem – von Darwins Evolutionismus und Hegels Dialektik geprägten – Geschichtsprozess selbsterlösend zu überwinden, und zwar durch das allein maßgebliche und damit selbstvergöttlichte menschliche Handeln. Phänomene wie Philosophie und Religion spiegeln nach Marx als abgeleiteter geistiger Überbau nur die alles bestimmenden materiellen Voraussetzungen wider. Dabei erweise sich Religion als „Opium des Volkes“, das sich das Volk aufgrund der schlechten Verhältnisse selbst gebe und das so die Selbstbestimmung und -erlösung des Menschen verhindere. Wie menschenfeindlich es werden kann, wenn sich Menschen selbst als Heilsbringer verstehen und dieses Heil in ihrer Selbstbehauptung um jeden Preis durchsetzen wollen, hat die Wirkungsgeschichte dieser Vision gezeigt. 17 Die biblische Grundeinsicht, dass der Mensch in seiner widergöttlichen Selbstbehauptung die Menschlichkeit zerstört – auch unter dem Vorzeichen menschlicher Ideale –, kommt hier erneut zum Tragen. Die Reduktion des Menschen auf die materielle Dimension findet sich ferner im naturwissenschaftlichen Materialismus des 19. Jahrhunderts.18 So postulierte etwa der Darmstädter Arzt Ludwig Büchner (1824–1899) die Unsterblichkeit der Materie, die ihre Lebenskraft in sich selbst habe. Deshalb sei die materielle Welt mit ihren ewigen Naturgesetzen selbst das Göttliche und der Mensch ein Produkt der Natur, wobei Geist und Seele als reine Funktion der Materie gelten. Entsprechend konnte der Physiologe Hermann von Helmholtz (1821–1894) das gesamte Leben auf physikochemische Prozesse reduzieren, was sich heute erneut in Ansätzen der Neurowissenschaften wiederfindet, die menschlichen Geist und Willen auf chemische Prozesse einzuengen versuchen. Dass Darwins Evolutionstheorie die Polarisierung von Theologie und Naturwissenschaft in Kontinentaleuropa verstärkte, lag maßgeblich daran, dass sie in Deutschland von Materialisten wie dem Jenaer Zoologen Ernst Haeckel (1834–1919) unter mechanistischen Prämissen eingeführt wurde. Anders als für Darwin, der die Urorganismen auch als Gottes Schöpfung verstehen konnte, galt die Welt für Haeckel als ewig, so dass das Leben seines Erachtens in einem mechanischen Prozess selbst entstand. Haeckel unterwarf alle geistigen und religiösen Anlagen den physikalischen Kausalgesetzen und identifizierte die göttliche Kraft mit den ewigen Gesetzen des Kosmos, 17 Vgl. J. Hirschberger: Geschichte II, S. 471–487. 18 Vorläufer des naturwissenschaftlich motivierten Materialismus gab es schon im 17. Jahrhundert (England) und im 18. Jahrhundert (Frankreich).

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welche für ihn die Ideale Gottes zu ersetzen haben. Im Kontext der materialistisch geprägten ständigen Höherentwicklung des Menschen sei eine religiöse Ethik wie die christliche Ethik mit ihrer übertriebenen Nächstenliebe durch eine anthropozentrische Ethik der Eigenliebe zu ersetzen.19 Solche anthropozentrischen und atheistischen naturwissenschaftlichen Konzeptionen tauchen trotz des Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgten Zusammenbruchs dieses deterministisch-monisti­­schen naturwissenschaftlichen Weltbildes auch heute noch auf, wie etwa bei dem britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins in aggressiver atheistischer Haltung. Wurden die monistischen materialistischen Ansätze schon im 19. Jahrhundert den naturwissenschaftlichen Einsichten nicht gerecht, so können sie heute nicht einmal annähernd den Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnis repräsentieren – und damit das Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie.20 Wie der Mensch im naturwissenschaftlichen Materialismus deterministisch auf die Materie reduziert wurde und im Marxismus nur als Ausdruck der Gesamtheit der gesellschaftlich-materiellen Kräfte galt, erschien er bei Sigmund Freud (1856– 1939) vornehmlich als ein aus psychologischen Zwängen zu befreiendes Wesen. Freud identifizierte den Glauben an Gott dabei als Wunschdenken, das auf Leidund Sehnsuchtserfahrungen beruht. Der in diesem Zusammenhang geäußerte Illusionsverdacht Freuds kann den Glauben aber nicht unbedingt als falsches Bewusstseinsphänomen erweisen, weil die möglichen Motive für die Entstehung des Glaubens letztlich nicht über die Wahrheit des Glaubens und die Existenz Gottes entscheiden.21 Die verschiedenen Formen der anthropozentrischen Reduktion Gottes auf die Bedingungen des Menschen wurden von Friedrich Nietzsche (1844–1900) endgültig als die Zersetzung des Gottesgedankens durch das menschliche „Ich“ durchschaut. Weil der Mensch in seinen theistischen Gottesspekulationen selbst über Existenz und Wesen Gottes entscheide, verkörpere er das letzte Entscheidungsund Machtkriterium und sei somit selbst Gott. Der Mensch habe als Übermensch die Macht zu ergreifen und sich über Gott und alle bisherigen Werte zu erheben. Denn diese seien wie Gott tot und irrelevant, da sie von den Religionen am allein maßgeblichen sinnlichen Leben vorbei für das Jenseits erstellt wurden und somit das sinnliche Leben als nihilistisch qualifizierten.22 Besonders das Christentum hat nach Nietzsche durch die Kreuzestheologie und die Entgötterung der Welt zu deren Überlieferung an den Nihilismus beigetragen, da die Wahrheit unter Abwertung des sinnlichen Lebens in eine Hinterwelt projiziert worden sei. Die „göttliche“ Wahrheit sei aber nur am Menschen und seiner sinnlichen Welt festzuma19 Vgl. insgesamt H. Schwarz: Theologie, S. 251–276. Vgl. zum Materialismus und zu Haeckel Kap. X,1.2.2. 20 Zum Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft siehe Kap. X,1.2. Zu Dawkins vgl. Kap. X,1.2.5. 21 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 274f. 22 Vgl. F. Nietzsche: Gesamtausgabe, 4 (Also sprach Zarathustra).

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chen, weshalb sich der Mensch in seiner Macht selbst zum Schöpfer von Sinn und Werten zu erheben habe. Als Übermensch stehe er jenseits von Gut und Böse, er habe das Leben zu verkörpern, das mit dem Willen zur Macht identisch sei.23 Als Selbstzweck kennt das – streng biologisch-materialistisch verstandene – Leben für Nietzsche nur die Verpflichtung zur Selbststeigerung und Durchsetzung in „Überwältigung des Fremden und Schwächeren, Unterdrückung, Härte, […] Einverleibung und […] Ausbeutung“24. Denn „ohne Mitleid“ müsse man in Selbstbehauptung Schwaches und Minderes „ausscheiden“: „Gegen den Ausschuß und Abfall des Lebens gibt es nur Eine Pflicht, vernichten“25. So lässt der Übermensch alle bisherigen Entfremdungen hinter sich, indem er sich und der Welt treu bleibt, als selbst zu Gott gewordener Mensch. Durch diese totale Naturalisierung des Göttlichen als Verewigung des Lebens wurde Nietzsche auf die Welt des reinen Schicksals zurückgeworfen, auf das „fatum“26, das hinzunehmen sei. Das ist der Preis des schon in Gen 3 beschriebenen menschlichen Drangs zur Selbstvergöttlichung, der bei Nietzsche explizit wird: „wenn es Götter gäbe, wie hielte ich’s aus, kein Gott zu sein! Also gibt es keine Götter.“27 Mit diesem Argument macht Nietzsche den Atheismus allerdings genauso angreifbar wie das von ihm und den anderen Religionskritikern angegriffene religiöse Bewusstsein. Denn wenn die Wahrnehmung menschlicher religiöser Motivationen (Projektionsthese) als Beleg gegen die Wahrheit der Religion verwendet wird, dann kann auch umgekehrt die Wahrnehmung selbstvergöttlichender Motivationen als Beleg gegen den Atheismus gelten (Projektion eigener Wünsche), wobei festzuhalten bleibt, dass beide Argumentationsweisen letztlich nichts über die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes aussagen können.28 Außerdem geht Nietzsches Vorwurf, gerade das Christentum habe die Welt und das sinnliche Leben abgewertet, am Charakter der heilsgeschichtlichen Konstitution des Christentums mit der Menschwerdung Gottes vorbei. Vielmehr muss sich Nietzsche fragen lassen, ob nicht die naturalistische Reduktion des Menschen auf dessen innerweltliche Selbstbehauptung zur Unmenschlichkeit führt. Nicht zuletzt fällt auch der Nihilismus-Vorwurf auf Nietzsche selbst zurück, insofern als die selbstvergöttlichende Machtoption den Realitäten der Welt nicht standhält und der Sinn des Lebens, mit dem der Mensch aufgrund seiner Selbsttranszendenz konfrontiert ist, sich nicht aus der Welt des reinen Schicksals erschließen lässt. Der anthropozentrische Atheismus, der aus dem spekulativen Theismus mit seinen vom Menschen geschaffenen Gottesbildern hervorgehen konnte, vermochte die weiter bestehende Ahnung von Gott nicht zu beseitigen. Eine Theologie, die diese Ahnung aufgreifen wollte, ohne der atheistischen Infragestellung des The23 24 25 26 27 28

Vgl. ebd., 3 (Die fröhliche Wissenschaft) u. 12 (Nachgelassene Fragmente Herbst 1887). Ebd., 5 (Jenseits von Gut und Böse, Aphorismus 259), S. 207. Ebd., 13 (Nachgelassene Fragmente Oktober 1888), S. 611f. Ebd., 3 (Die fröhliche Wissenschaft, Aphorismus 276), S. 521. Ebd., 4 (Also sprach Zarathustra), S. 110. Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 275.

3. Gottesbeweise

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ismus zu erliegen, bedurfte der Besinnung auf die sich selbst erschließende Offenbarung Gottes, da diese keine dem Projektionsverdacht ausgesetzte menschliche Konstruktion Gottes darstellt. Vor dem Hintergrund der Spannung zwischen Ahnung und Offenbarung ist die Trag- und Leistungsfähigkeit von Gottesbeweisen zu erörtern. 3. Gottesbeweise Die Funktionen und Möglichkeiten von Gottesbeweisen sind bis heute umstritten. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob Gottesbeweise das im Glauben Erkannte mit der Vernunft lediglich nachvollziehen (Verweise) oder stringent die Notwendigkeit der Existenz Gottes belegen können (Beweise). Ferner stellt sich die Frage, ob Kants grundsätzliche Kritik an der Möglichkeit von Gottesbeweisen Bestand hat. Vor diesem Hintergrund sind die vier maßgeblichen Beweisarten zu betrachten: physiko-theologischer, kosmologischer, ontologischer und moralischer Beweis.

In der Geschichte von Theologie und Philosophie mit ihrer offensichtlichsten Überschneidung in der Metaphysik und der Religionsphilosophie hat es immer wieder Versuche von Gottesbeweisen gegeben, die bis heute unternommen werden. Dabei gab und gibt es unterschiedliche Bewertungen zur Funktion der Gottesbeweise, etwa ob sie als stringent logische Beweise der Existenz Gottes zu gelten haben oder als das rationale Nachvollziehen dessen, was im Glauben erkannt wurde. Im Kontext dieses Bewertungsspektrums kommt es auch zu unterschiedlichen Einschätzungen der grundsätzlichen Möglichkeit bzw. Trag- und Leistungsfähigkeit von Gottesbeweisen. Die im Ersten und Zweiten Vatikanischen Konzil formulierte natürlich-theologische Erkenntnisperspektive, Gott könne als Ursprung und Ziel durch die Vernunft „sicher“ aus den geschaffenen Dingen erkannt werden, erklärt die bleibende Bedeutung von Gottesbeweisen in Teilen der katholischen Tradition. Auch einige philosophische Richtungen zeigen immer wieder Interesse am Phänomen der Gottesbe­weise, was heute besonders die analytische Religionsphilosophie betrifft. Große Teile der Philosophie sind jedoch von Kants grundsätzlicher Kritik an der Möglichkeit der klassischen Gottesbeweise geprägt (siehe Kap. VI,1). Auch im Protestantismus – vornehmlich in Kontinentaleuropa – ist man weitgehend kritisch gegenüber der Tragfähigkeit von Gottesbeweisen eingestellt, was mit der Einsicht in die Ambivalenz natürlicher Erkenntnisvoraussetzungen zusammenhängt (siehe Kap. II).29 Insgesamt erfolgt im Blick auf die Funktion der Gottesbeweise vielfach der Hinweis, dass ihre klassischen mittelalterlichen Ausprägungen im scholastischen 29 Zur aktuellen Auseinandersetzung mit den Gottesbeweisen in Philosophie und Theologie vgl. T. Buchheim [u.a.] (Hg.): Gottesbeweise; J. Bromand/G. Kreis (Hg.): Gottesbeweise; F. Ricken (Hg.): Gottesbeweise.

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VI.  Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

Zusammenspiel von Vernunft und Glaube dazu dienten, das im Glauben Erkannte mit der Vernunft bestätigend nachzuvollziehen, also „Verweise“ auf Gottes Existenz zu liefern statt „Beweise“30. Erst in der Neuzeit seien die Gottesbeweise aus der mittelalterlichen Synthese von Glaube und Vernunft herausgelöst worden, als rationale Versuche der autonomen Vernunft, Gottes Existenz schlüssig zu beweisen. Als Basis einer „natürlichen Religion“ wurde den Gottesbeweisen damit eine Beweislast aufgebürdet, für die sie im Mittelalter gar nicht erstellt waren. Denn das Verhältnis von Glaube bzw. Offenbarung und Vernunft wurde jetzt umgekehrt: Galten die Gottesbeweise vorher als rationale Einsicht in die durch die Offenbarung gegebene Erkenntnis, so lieferten sie jetzt für die Deisten den Maßstab der Offenbarung.31 Die Rezeption der daraufhin – besonders von Kant – vollzogenen neuzeitlichen Kritik an den Gottesbeweisen müsste diese hermeneutische Verschiebung beachten, um zu differenzierten Ergebnissen hinsichtlich der Funktion und Leistungsfähigkeit von Gottesbeweisen zu gelangen. In der modernen Logik wiederum geht man vielfach davon aus, dass die Gottesbeweise strengeren Maßstäben genügen, als oft angenommen, insofern als sie in der Immanenz ihrer Prämissen schlüssig seien. Im Kontext der aufgezeigten Aspekte sollen nun die maßgeblichen klassischen Gottesbeweise in ihrer Bedeutung dargelegt werden. Zur Klassifizierung der Gottesbeweise folgt man heute zumeist der von Kant vorgenommenen Einteilung der bedeutendsten Beweise, der dann Kants eigener moralischer Gottesbeweis hinzugefügt wird. Kant sah in der Geschichte drei charakteristische Beweisarten, das Dasein Gottes aus der Vernunft und der Erfahrung abzuleiten. Als erste Beweisart nannte er in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ den physiko-theologischen Beweis, der von der bestimmten Erfahrung und einer dadurch erkannten besonderen Beschaffenheit der Sinnenwelt ausgeht (Prädikate der Dinge) und von dort nach den Gesetzen der Kausalität auf die höchste Ursache schließt.32 Man stützt sich also auf die sinnliche Erfahrung und schließt auf eine außerhalb dieser Erfahrungswelt existierende Ursache der Welt, die auch den Zweck und das Ziel des Kosmos bestimmt. Deshalb wird diese Beweisart zugleich auch teleologischer Beweis genannt (griech. telos: Ziel). Als zweite Beweisart bezieht sich nach Kant auch der kosmologische Beweis auf die sinnliche Erfahrung, aber nur auf unbestimmte Erfahrung, indem er die Existenz oder allgemeine Merkmale der Welt empirisch zugrunde legt, um etwa mit Hilfe des Kausalprinzips auf Gott als Grund des Kosmos zu schließen. Die dritte prinzipielle Art des Gottesbeweises, die von der 30 Vgl. W. Breuning: Gotteslehre, S. 273. 31 Vgl. J. Clayton: Art. „Gottesbeweise III“, S. 760–762. – In einigen aktuellen Auseinandersetzungen um die Gottesbeweise wird allerdings darauf hingewiesen, dass auch die Gottesbeweise des Mittelalters innerhalb ihres theologischen Kontextes als „Beweise“ im eigentlichen Sinn gemeint gewesen seien. Vgl. J. Bromand/G. Kreis (Hg.): Gottesbeweise, S. 15ff. 32 Da sich solche bestimmten Erfahrungen nicht nur auf die Natur beziehen müssen, sondern auch Kultur oder Geschichte betreffen können, wird in T. Buchheim [u.a.] (Hg.): Gottesbeweise, S. 24, vorgeschlagen, allgemeiner von der „empiriko-theologischen“ Beweisart zu sprechen.

3. Gottesbeweise

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sinnlichen Erfahrung absieht und versucht, Gottes Existenz a priori aus bloßen Begriffen abzuleiten, nennt Kant den ontologischen Beweis. Bevor die Konzeptionen dieser drei klassischen Gottesbeweise dargelegt werden, ist daran zu erinnern, dass Kant alle drei Arten als Möglichkeit eines Beweises der Existenz Gottes abgelehnt hat. Denn in der „Kritik der reinen Vernunft“ verweist er darauf, dass die theoretische Vernunft keine Aussage über die Existenz Gottes machen kann. Von der Denkbarkeit Gottes sei nicht auf seine Existenz zu schließen, da es sich um einen Grenzbegriff der Vernunft handele, der kein Gegenstand empirischer Erfahrung sei, welche erst ein Existenz-Urteil ermögliche. So fehle in der Wirklichkeit das Wissen über eine Entsprechung der Gottesidee (siehe Kap. VI,1). Auf der Ebene der praktischen Vernunft meint Kant dennoch die Notwendigkeit der Existenz Gottes erweisen zu können, was aus seinem moralischen Gottesbeweis in der „Kritik der praktischen Vernunft“ hervorgeht. Mit dem Bewusstsein der sittlichen Pflicht, das den Menschen als freies sittliches Wesen charakterisiere, seien das tugendhafte Handeln und das Erreichen der entsprechenden Glückseligkeit verbunden. Weil der so implizierte gerechte Ausgleich in der Welt aber nicht gegeben und garantiert sei, bedürfe es notwendig der unsterblichen Seele und des Daseins eines gerechten Gottes. Von daher gewähre die praktische Vernunft die subjektive Gewissheit der Existenz Gottes, was sich aus reinem Vernunftglauben ergebe (siehe Kap. VI,1). Dabei handele es sich um ein Postulat der praktischen bzw. moralischen Vernunft, das die Notwendigkeit Gottes zeige, während die theoretische Vernunft nur die Möglichkeit Gottes erweisen könne, insofern als sie die Existenz Gottes nicht zu greifen vermag. Letzteres bewirke, dass die Existenzbeweise der drei klassischen Beweisformen nicht tragfähig seien. Während Kant damit den beweisbaren Rückschluss auf Gottes Existenz im Blick auf die klassischen Gottesbeweise für unmöglich hält, hat er jedoch auf der Ebene der praktischen Vernunft faktisch selbst einen solchen Rückschluss vollzogen.33 Die in Kants Einteilung zuerst genannte klassische Beweisart des physiko-theologischen Gottesbeweises geht davon aus, dass durch bestimmte Erfahrungen Sachverhalte in der Welt unzweifelhaft bzw. objektiv erkennbar sind. Können diese Sachverhalte nicht aufgrund weltimmanenter empirischer Ursachen in ihrem Sein sinnhaft erfasst werden, während sich aus dem Gottesgedanken ein Sinn ergibt, dann ist von der Ordnung und Zielgerichtetheit der Welt auf die Existenz ihres intelligenten Urhebers zu schließen (deshalb auch teleologischer Gottesbeweis). Diese nach Kant der Menschenvernunft angemessenste Beweisart geht von empirisch allgemein nachvollziehbaren Voraussetzungen aus, die dann mit den Eigenschaften des Gottesbegriffs zu vermitteln sind. Doch im Übergang von der empirischen zur transzendenten Ebene liegt für Kant das Problem, weil der Ursache-Wirkung-Zusammenhang nur an Gegenständen der Erfahrung möglich ist, 33 C. Schwöbel: Sein, S. 463ff., weist angesichts der Auseinandersetzung von Theologie und Naturwissenschaft um die Gottesfrage darauf hin, dass solche ethischen Argumente Kants – oder auch historische Argumente – die Kluft zwischen Theologie und Naturwissenschaft verringern können, da sie in unserem Erfahrungshorizont auf andere Momente als allein die Naturgesetze verweisen.

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VI.  Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

was für den Gottesbegriff nach Kant nicht zutrifft.34 Deshalb müsse auch der physiko-theologi­sche Beweis die Existenz eines notwendigen Gottes voraussetzen, wie sie der ontologische Beweis darlegen will. Da dieser aber auch – wie in Kapitel VI,1 gezeigt – nicht vom Gottesbegriff auf die Existenz Gottes schließen könne, sei der Beweis letztlich nicht durchführbar.35 Dass der physiko-theologische Beweis besonders mit der Natur und ihren Eigenschaften in Verbindung gebracht wurde, liegt daran, dass hier am ehesten mit objektiven Sachverhalten gerechnet wird. So finden sich die Argumente dieser Beweisart heute besonders im Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaft, etwa hinsichtlich des „Fine-Tuning“ oder „Intelligent Design“. Doch hier wird Gott zum Lückenbüßer verbleibender Fragen des naturwissenschaftlichen Weltbildes degradiert, was nicht der Aufgabe der Theologie entspricht, den Dialog mit den Naturwissenschaften von der Ganzheit ihrer Gotteserfahrung her zu führen. Erst dann lässt sich nämlich auch die im physiko-theologischen Ansatz angelegte Engführung überwinden, nur von naturgesetzlichen Voraussetzungen auszugehen. So könnten Naturwissenschaften zum Beispiel von den in der Theologie verhandelten Aspekten der Geschichte oder der menschlichen Freiheit profitieren, die ebenfalls empirisch nachweisbar sind, wenn auch nicht im naturgesetzlichen Sinn.36 Die von Kant genannte zweite Beweisart des kosmologischen Gottesbeweises geht ebenfalls von den empirischen Grundlagen aus, aber nur von sehr allgemeinen Phänomenen der Welt, um von dort aus nach dem Prinzip der Kausalität oder der Determinierung auf Gott zu schließen. Die verschiedenen Formen des kosmologischen Beweises stellen die geschichtlich dauerhaftesten und kulturell verbreitetsten Gottesbeweise dar. Sie finden sich bei griechischen, arabischen und indischen sowie jüdischen und christlichen Philosophen und Theologen, von Aristoteles über Maimonides, Thomas von Aquin und Leibniz bis heute (etwa bei R. Swinburne und F. Hermanni). Dabei lassen sich grundsätzlich drei klassische Argumentationsweisen unterscheiden. Eine über Aristoteles und Thomas von Aquin führende Linie deduziert nach dem Kausalprinzip aus einer Kette von Ursachen der existierenden Dinge Gott als Anfangsursache. Ein besonders von Leibniz geprägter Argumentationsstrang fragt wiederum nach dem zureichenden Grund für alles Existierende, also warum überhaupt etwas existiert und warum es gerade so und nicht anders existiert – und gelangt so zu Gott als dem letzten vernünftigen Grund alles Existierenden. Schließlich ist noch die von der griechischen Antike geprägte und auch in der islamischen Kalam-Schule zu findende Version zu nennen, die von der Zeitlichkeit des Universums ausgeht: Die Ereig34 Dabei blendet Kant allerdings Dimensionen wie die heilsgeschichtliche Gotteserfahrung aus. Siehe dazu Kap. VI,1. 35 Aktuelle Kritik an dieser Argumentation Kants kommt im Laufe des Abschnitts zur Sprache. 36 Vgl. C. Schwöbel: Sein, S. 463ff. – Zur differenzierten Kritik David Humes am physiko-theologischen Gottesbeweis vgl. J. Clayton: Art. „Gottesbeweise III“, S. 754–756. – Zum Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft siehe Kap. X,1.2.

3. Gottesbeweise

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nisse der raumzeitlichen Welt setzen eine außerhalb ihrer selbst befindliche letzte Wirkursache voraus, die sie determiniert.37 In seinem Hauptwerk „Summa Theologiae“ hat Thomas von Aquin (1224– 1274) „fünf Wege“ (lat. quinque viae) eines primär kosmologischen Gottesbeweises aufgezeigt, auf denen Gott durch sinnliche Erfahrung aus seinen Wirkungen bewiesen werden kann. Denn laut Thomas ist der Gottesbegriff nicht als Beweis heranzuziehen, weil der Mensch das Wesen Gottes nicht wie das Wesen irdischer Gegenstände zu erkennen vermag. Deshalb haben Gottes Wirkungen als Ausgangspunkt zu dienen. Die ersten vier Wege führen als verschiedene Versionen des kosmologischen Beweises zum fünften Weg als teleologischem Beweis. Der erste Weg geht unter aristotelischem Einfluss von der Bewegung aus: Alles Bewegte in der Welt wird von anderem bewegt. Soll die Kausalkette der Bewegungsursachen letztlich sinnvoll erklärt werden, bedarf es einer Erstursache, die ausschließlich bewegt und nicht von anderem bewegt wird. Diesen unbewegten Beweger „verstehen alle als Gott“, wie Thomas formuliert. Mit dem zweiten Weg bezieht sich Thomas im Rückgriff auf Aristoteles auf die Wirkursache aller Ursachen und damit auf die Kausalität und Ordnung schlechthin: Jedes Seiende hat seinen Grund. Soll die Kausalkette der Gründe einen begründeten Sinn haben, muss es einen begründenden Grund außerhalb dieser Kausalkette geben. Diese erste Wirkursache „nennen alle Gott“. Der dritte Weg, der mehr von Platon geprägt ist, fragt nach der Notwendigkeit hinter allem Möglichen bzw. „Zufälligen“: Das Werden und Vergehen in der Welt zeigt alle Dinge lediglich als möglich und kontingent. Auch hier lässt sich die Ursache der Notwendigkeit des möglichen Seienden nicht unendlich zurückverfolgen, sondern es muss ein aus sich notwendiges Seiendes geben, das Möglichkeit in Realität überführt. „Dies nennen alle Gott“. Der vierte Weg führt in platonischer Prägung von den Werten zum absoluten Wert: Die unterschiedlichen Stufen der Verwirklichung und Vollkommenheit von Werten verweisen auf einen höchsten bzw. absoluten Wert, von dem sie ihre Wertigkeit erhalten, „und dieses nennen wir alle Gott“. Die gezeigten vier Wege führen für Thomas schließlich zu der Frage, wer die Welt zweckmäßig auf ein Ziel hin geordnet hat – und damit zum fünften Weg, dem teleologischen Beweis: Weil alles in der Welt in bestimmten Ordnungen auf Ziele hin ausgerichtet ist, bedarf es eines intelligenten Urhebers, der nicht nur einzelnes, sondern alles zum Ziel bringt. „Und diesen nennen wir Gott.“ Diese jeweiligen Schlussformulierungen am Ende der „Wege“ (nicht „Beweise“) deuten darauf hin, dass es Thomas wohl primär um rational versichernde Orientierungshilfen für die Glaubenden geht, auch wenn er den Zusammenhang von empirisch nachvollziehbaren Prämissen und jeweiliger Konklusion in sich schlüssig aufzubauen versucht und somit einen deduktiven Beweiszusammenhang herstellt, der von der empirischen Wirklichkeit auf Gott als Urgrund verweisen soll. Dabei wird in Betracht gezogen, dass konkretere Aussagen über 37 Vgl. T. Buchheim [u.a.] (Hg.): Gottesbeweise.

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VI.  Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

Gottes Wesen auf diesem Wege nicht möglich sind. Thomas kannte die Grenzen der Vernunft und deren Angewiesenheit auf die im Glauben zu erfassende Offenbarung. So galt ihm das Denken stets als gläubiges Denken und der Glaube stets als denkender Glaube.38 Kant leitet seine Kritik am kosmologischen Gottesbeweis von dem Beweis ab, den Leibniz geführt hat. Auch Leibniz verband die kosmologische Argumentation mit der teleologischen Perspektive, indem er nicht nur danach fragte, warum es überhaupt etwas gibt, sondern auch danach, warum die Dinge so und nicht anders sind. Weder aus den Einzeldingen in der Welt noch aus ihrer Gesamtheit lässt sich seines Erachtens ein zureichender Grund für das Sein erheben, da sie alle kontingent bzw. nur „möglich“ sind. Deshalb müsse außerhalb der Gesamtheit aller Dinge ein „notwendiges“ Seiendes existieren, das den zureichenden Grund in sich selbst hat und alle Vollkommenheiten besitzt. Wie schon gezeigt, entzündete sich Kants Kritik an dem Sprung vom deduzierten Begriff des vollkom­menen notwendigen Seins Gottes zu dessen Existenz. Denn dieser Sprung ist nach Kant letztlich doch nichts anderes als ein ontologischer Beweisschritt, der vom Begriff des vollkommenen Gottes auf dessen Existenz schließt. Das hält Kant aber für unmöglich, da Gott kein Gegenstand möglicher Erfahrung sei und Existenz kein reales Prädikat, das zum Begriff einer Sache hinzukommen könne (siehe Kap. VI,1).39 Zur Überwindung von Kants Kritik an der deduktiven Argumentationsstruktur der klassischen Gottesbeweise werden heute zuweilen induktive kosmologische Beweise geführt, wie etwa von Richard Swinburne (The Existence of God, 31991). Zunächst kritisiert Swinburne Kants Grenzziehung hinsichtlich möglicher Erfahrung, für die Kant kein überzeugendes Kriterium besitze. Es bleibt anzumerken, dass damit auch die von Kant unberücksichtigte heilsgeschichtliche Erfahrung ins Blickfeld kommen müsste. Ferner sieht Swinburne die Möglichkeit, auch nicht erfahrbare Gegenstände durch Begriffe wahrzunehmen. Indem er induktiv von den – auch naturwissenschaftlich untersuchten – Weltphänomenen ausgeht, kommt Swinburne zu dem Schluss, dass Phänomene wie Ordnung, Feinabstimmung, Transzendenz, verbreitetes religiöses Bewusstsein oder religiöse Erfahrung die Existenz Gottes weitaus wahrscheinlicher machen als seine Nicht-Existenz. Der Wahrscheinlichkeitsaufweis mit seinen hinreichenden – aber nicht notwendigen – Bedingungen lasse den Theismus als reale und vernünftige Möglichkeit erscheinen.40 Während Swinburne seinen Wahrscheinlichkeitsnachweis durch eine induktive kosmologische Argumentation stützt, gehen andere aktuelle kosmologische Versionen von der Phänomenologie aus. Zum Beispiel betont der dänische Philosoph und Theologe Knud E. Løgstrup, dass die Sprache neben der wissenschaftlichen Funktion auch eine Deutungsfunktion habe. Diese könne die 38 Vgl. F. Ricken (Hg.): Gottesbeweise, S. 8ff.; W. Breuning: Gotteslehre, S. 268ff. 39 Vgl. J. Clayton: Art. „Gottesbeweise III“, S. 748ff. 40 Vgl. R. Swinburne: Hume, S. 317–333. – Siehe dazu auch Kap. X,1.2.6.

3. Gottesbeweise

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Plausibilität des kosmologischen Arguments auch ohne zwingende wissenschaftliche Notwendigkeit erweisen, womit die naturwissenschaftlichen Angriffspunkte umgangen seien. So verweise die phänomenologische Vertrautheit mit der Vergänglichkeit des Existierenden auf eine dieser Vergänglichkeit widerstrebende Macht, die in der jüdisch-christlichen Sprachtradition mit Gott als Ursprung des Seins identifiziert werde.41 Ferner gibt es andere Philosophen und Theologen, nach deren Auffassung zumindest eine Version des kosmologischen Arguments gelingt (u.a. J. Leslie, F. Hermanni).42 Die dritte von Kant genannte Version der Gottesbeweise, der ontologische Gottesbeweis, geht nicht wie die kosmologische und physiko-theologische Version von der sinnlichen Erfahrung aus, sondern von bloßen Begriffen. Während sich Kant in seiner Kritik auf den oben bereits gezeigten ontologischen Beweis von Descartes bezog (siehe Kap. VI,1), um auf dieser Grundlage alle Formen der Gottesbeweise zu hinterfragen, wird der ontologische Gottesbeweis zumeist mit seiner klassischen Form bei Anselm von Canterbury (1033–1109) in Verbindung gebracht, obwohl er sich beispielsweise auch bei Bonaventura, Descartes, Spinoza oder Hegel sowie in heutigen Gottesbeweisen findet. In seiner Schrift „Proslogion“ führte Anselm einen indirekten Beweis der Existenz Gottes, indem er zu zeigen versuchte, dass die – von den Toren (Ps. 14) – behauptete Nicht-Existenz Gottes der rationalen Betrachtung nicht standhält. Das Wort „Gott“ bezeichnet nach Anselm „etwas, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“ (Proslogion c. 2; Op. omnia I, 101, 4f.), was auch dem Gottesleugner einsichtig sei. Dann müsse aber auch die Existenz Gottes einsichtig sein, denn das denkbar Größte wäre nicht mehr das Größte, wenn ihm das reale Sein fehle, weil ein Gott ohne Sein weniger ist als ein Gott mit Sein. Also folgt nach Anselm aus dem Begriff „Gott“ notwendig die Existenz Gottes. Doch am Übergang von der Ordnung des Denkens zur Ordnung des Seins setzt Kants Kritik ein, indem er am ontologischen Beweis von Descartes bemängelt, dass das „Sein“ kein reales Prädikat sei, das zum Begriff eines Dinges hinzukommen könne, zumal wirkliche Existenz im Unterschied zu gedachter Existenz erst im Zusammenhang mit der sinnlichen Wahrnehmung behauptet werden könne, was für den Gottesbegriff als Grenzbegriff der Vernunft aber nicht möglich sei (siehe Kap. VI,1). Vor dem Hintergrund der Kritik Kants schlagen Theologen wie Friedrich Hermanni heute modifizierte Formen des ontologischen Beweises vor: Das Gute strebe von sich aus nach Sein (platonischer Einfluss), weshalb das höchste Gute (Gott) die größtmögliche Tendenz besitze, real zu sein, und Gott somit moralisch notwendigerweise existiere.43 Ferner führen bzw. führten zeitgenössische Philosophen wie Alvin Platinga und Kurt Friedrich Gödel (Mathematiker und Logiker, gest. 1978) den ontologischen Gottesbeweis mit modallogischen Mitteln.44 Theologen wie Markus Enders hingegen 41 42 43 44

Vgl. K.E. Løgstrup: Schöpfung. Vgl. T. Buchheim [u.a.] (Hg.): Gottesbeweise, S. 15. Vgl. F. Hermanni: Warum ist überhaupt etwas? Vgl. J. Bromand/G. Kreis (Hg.): Gottesbeweise, S. 381–491.

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VI.  Gotteslehre im Kontext der Aufklärung

betonen auch nach kritischer Auseinandersetzung mit Kants Prämissen weiterhin die Unmöglichkeit eines schlüssigen Gottesbeweises: Der Gottesbegriff impliziere in jedem Fall das schlechthin Unübertreffliche und lasse damit die Grenzen der endlichen Vernunft transparent werden, welche sich mit einem Existenzbeweis Gottes über Gott zu erheben versuche.45 Insgesamt ergibt sich im Blick auf die Geschichte ein vielschichtiges Spektrum von Befürwortern und Kritikern der Gottesbeweise. Auf die unterschiedlichen Ausrichtungen innerhalb dieses Spektrums wurde bereits am Anfang dieses Abschnitts hingewiesen, ebenso wie auf die unterschiedlichen hermeneutischen Funktionen der Gottesbeweise (rationaler Nachvollzug der Glaubenseinsicht oder rein deistischer Vernunftbeweis). Auch wenn hervortrat, dass Gottesbeweise als streng logische Vernunftbeweise bzw. als von natürlichen Vorgaben ausgehende Rückschlussverfahren aufgrund der Grenzen der Vernunft letztlich nicht zwingend zu einer tragfähigen und dezidierten Gotteserkenntnis führen können, kommt ihnen dennoch eine religiöse Bedeutung zu. Angesichts ihrer Welterfahrung haben Menschen zu allen Zeiten ein Gottesbewusstsein entwickelt und in den Werken der Schöpfung Verweise auf Gott erkannt. Doch die mit der Selbsttranszendenz des Menschen verbundene Ahnung von Gott bleibt auf Gottes Selbsterschließung angewiesen, weil die menschliche Vernunft über sich selbst hinausgewiesen ist.46 Erst die im Glauben erfahrene persönliche Beziehung zwischen Gott und Mensch lässt tragfähig erkennen, was Gott für den Menschen bedeutet.47 Im Kontext dieser Zusammenhänge können Gottesbeweise die Funktion haben, das im Glauben Erfasste angesichts der Welterfahrung rational nachzuvollziehen, wie es in der mittelalterlichen Synthese von Glaube und Vernunft teilweise geschah. Dabei erreichen die Gottesbeweise aus der „Außenperspektive“ allerdings nur den Aufweis von Wahrscheinlichkeiten, was etwa Swinburne erkennen lässt. Es handelt sich also mehr um Verweise als Beweise. Werden Gottesbeweise demnach in einer bescheideneren – dem Glauben dienenden – Funktion betrachtet und nicht als natürlich-deistischer Nachweis der Existenz Gottes, den sie letztlich nicht leisten können, vermögen sie zumindest die Weite religiöser Erfahrung zu öffnen. So haben sie auch dazu gedient, das ehrfürchtige Erstaunen über das Sein als Transzendenzerfahrung auf Gott hin ansichtig werden zu lassen, etwa im Blick auf die Ordnung und die Zielgerichtetheit des Seins oder die damit verbundenen moralischen Implikationen.48

45 Vgl. M. Enders: Gottesbegriff. 46 Vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 107ff. – Zum Verhältnis von Ahnung und Offenbarung vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 454ff. 47 Vgl. I.U. Dalferth: Inbegriff, S. 89ff. 48 Vgl. J. Clayton: Art. „Gottesbeweise III“, S. 760–776.

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Literatur Buchheim, Thomas [u.a.] (Hg.): Gottesbeweise als Herausforderung für die moderne Vernunft (= Collegium Metaphysicum 4), Tübingen 2012. Clayton, John: Art. „Gottesbeweise III: Systematisch/Religionsphilosophisch“, in: TRE 13, S. 740–784. Hirschberger, Johannes: Geschichte der Philosophie, Bd. I–II, Freiburg (Br.)/Basel/Wien 12 1981/101979.

VII. Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre im 19. und 20. Jahrhundert

Angesichts theistischer Spekulation und atheistischer Infragestellung im Gefolge der Aufklärung lässt sich in allen großen konfessionellen Strömungen im 19. und 20. Jahrhundert eine Besinnung auf die trinitarische Selbsterschließung Gottes beobachten, um zu tragfähigen Aussagen in der Gottes- und Glaubenslehre zu gelangen. Dabei erfolgte aufgrund der im Laufe der Geschichte entstandenen trinitätstheologischen Engführungen und der analogen ekklesiologischen Einseitigkeiten (siehe Kap. IV) ein Rückgriff auf die altkirchlichen Grundlagen.1 1. Protestantische Konzeptionen Aufgrund verbreiteter spekulativer Konzeptionen der Gotteslehre erinnerten bereits im 19. Jahrhundert protestantische Theologen unter Rückgriff auf das biblische und altkirchliche Zeugnis an die konstitutive Bedeutung einer angemessenen Trinitätslehre für das Gottes-, Glaubens- und Kirchenverständnis. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts betonte Karl Barth gegenüber den natürlich-theologischen Tendenzen mit ihrer Anfälligkeit für weltanschauliche Vereinnahmungen die Maßgeblichkeit der Selbstoffenbarung des dreieinigen Gottes, was auch im Kirchenkampf relevant wurde. Barths trinitätstheologische Besinnung, die Spuren westkirchlicher Engführungen aufweist, erlangte wirkungsgeschichtlich weitreichende Bedeutung. Eberhard Jüngel verankert die Trinitätslehre in der Kreuzestheologie und ermöglicht so tiefe Einblicke in das Wesen der hingebungsvollen Liebe Gottes mit ihren Implikationen für die Menschen. Jürgen Moltmann überwindet westkirchliche Engführungen auf die Einheit Gottes und die anthropozentrische Gnadenlehre durch die Hervorhebung der trinitarischen Dreiheit und der Bedeutung aller drei Glaubensartikel. Damit rückt er die gesamte Schöpfung wieder ins Blickfeld. Wolfhart Pannenberg und Christoph Schwöbel zeigen den Zusammenhang zwischen der Schöpfung des dreieinigen Gottes und der naturwissenschaftlichen Welterkenntnis, während der Verfasser aufzeigt, wie die jeweiligen offenbarungs- und trinitätstheologischen Einseitigkeiten mit ihren ekklesiologischen und ethischen Konsequenzen zu überwinden sind.

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Das geschah im Kontext allgemein zu beobachtender biblischer, patristischer und ekklesiologischer Aufbrüche. Vgl. dazu M. Haudel: Selbsterschließung, S. 203ff.; ders.: Bibel, S. 25ff.

1. Protestantische Konzeptionen

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1.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert Im Gefolge Hegels hatten Theologen wie Karl Daub (1765–1836) und Philipp Konrad Marheineke (1780–1846) eine spekulative Trinitätslehre entwickelt, die sie als selbstevidente Idee im menschlichen Geist verankert sahen. Gegenüber solchen idealistischen Rückschlüssen aus dem Geistbegriff und gegenüber deistischen oder unitarischen Spekulationen verwiesen die von Schleiermacher beeinflussten und über ihn hinausgehenden Vermittlungstheologen Carl Immanuel Nitzsch (1787–1868) und August D.C. Twesten (1789–1876) auf die heilsgeschichtliche Offenbarung Gottes als Grundlage der Trinitätslehre. Diese in der Schrift bezeugte Offenbarung lasse den Zusammenhang von Offenbarungs- und Wesenstrinität transparent werden.2 Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768– 1834) selbst hatte keine Rückschlüsse von der heilsgeschichtlichen Erscheinungsweise Gottes auf dessen Wesen zugelassen, weil er Gott gegenüber der natürlichen und moralischen Religion der Aufklärung aus dem menschlichen Bewusstsein schlechthinniger Abhängigkeit definierte. Mit diesem Bewusstsein verband er die Wahrnehmung des einen göttlichen Geistes im Menschengeist, woraus keine konkreten Aussagen über Gottes immanentes Wesen und seine Eigenschaften abzuleiten waren: „Alle Eigenschaften, welche wir Gott beilegen, sollen nicht etwas Besonderes in Gott bezeichnen, sondern nur etwas Besonderes in der Art, das schlechthinnige Abhängigkeitsgefühl auf ihn zu beziehen.“3 So erscheint der Heilige Geist weniger als göttliche Person, sondern vielmehr als „die Vereinigung des göttlichen Wesens mit der menschlichen Natur in der Form des das Gesamtleben der Gläubigen beseelenden Gemeingeistes“4. Dadurch tritt der Heilige Geist als Gegenüber von Mensch und Kirche kaum in Erscheinung. Deshalb war es bedeutsam, dass die Vermittlungstheologen durch den erneuten Aufweis der Verbindung von heilsgeschichtlicher bzw. ökonomischer Trinität und immanenter Wesenstrinität an die Relevanz der Trinitätslehre und damit an den differenzierten Zusammenhang von „Gegenüber und Nähe“ Gottes erinnerten. In Auseinandersetzung mit dem neukantianischen Protestantismus und seinem rational-sittlichen Gottes- und Kirchenverständnis erinnerten Theologen des konfessionellen Neuluthertums wie Johann Christian Konrad von Hofmann (1810–1877) im Rückgriff auf die altkirchlichen Grundlagen an die biblisch bezeugte heilsgeschichtliche Offenbarung Gottes und ihre Implikationen für das Kirchenverständnis. So stellte man der neukantianischen Auffassung von einer unsichtbaren sittlichen Religionsgemeinschaft den sichtbaren Leib Christi entge2 3 4

Vgl. A.D.C. Twesten: Vorlesungen, S. 196ff.; C.I. Nitzsch: System, S. 60ff. („Von der Offenbarung“) u. S. 135ff. („Von Gott“). Vgl. ferner E. Schott: Art. „Vermittlungstheologie“, Sp. 1362ff. F.D.E. Schleiermacher: Glaube I, S. 255 (§ 50). Ders.: Glaube II, S. 259 (§ 123). Durch die Konzentration auf die Abhängigkeit des Menschen von Gott und auf das fromme Bewusstsein, das sich in der Glaubensgemeinschaft realisiert, konnte Schleiermacher gegenüber natürlicher und moralischer Religiosität zwar die eigenständige Bedeutung von Gott und Kirche hervorheben, aber es entstand die Gefahr, den Gottes- und Kirchenbegriff zu sehr von der Dimension des Bewusstseins abhängig zu machen.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

gen. Entsprechend betonte Wilhelm Löhe (1808–1872), dass der Heilige Geist die Kirche als gott-menschliche Gemeinschaft mit Gott zusammenführt. Durch diese pneumatologische und christologische Fundierung des organischen Kirchenbegriffs wurde eine angemessene Adaption des romantischen und idealistischen Organismusdenkens möglich.5 Indem Johann Christoph Blumhardt (1805–1880) und Chri­stoph Blumhardt d.J. (1842–1919) den Geist erneut nicht nur als Gabe, sondern auch als Ge­ber herausstellten, ließen sie ihn wieder als Gegenüber und Maßstab der Kirche zur Geltung kommen, was zur besseren Unterscheidung von verborgener und sichtbarer Kirche beitrug.6 Die in Gottes Gegenüber-Sein transparent werdende existentielle Abhängigkeit des Menschen von Gott entfaltete besonders pointiert Sören Kierkegaard (1813–1855), der gegenüber rationaler und spekulativer Glaubenswissenschaft das persönliche Gegenüber-Sein von Gott und Mensch hervorhob und so den konkret existierenden Menschen in seiner Verantwortung vor Gott ins Blickfeld rückte.7 In ihrer rational-spekulativen Ausrichtung führte die liberale Theologie zur Entfremdung vom trinitarischen Dogma sowie zu einem sittlichen und individualistischen Kirchenverständnis. Im Rückgriff auf Kant wurde die sittliche Persönlichkeit bei Albrecht Ritschl (1822–1889) zum religionsphilosophischen Skopus von Theologie und Kirche. Denn Ritschl lehnte Seins­urteile über Gott ab und ersetzte sie durch Werturteile, weshalb er das Reich Gottes als sittliches Kulturreich verstand und Jesus als ethische Persönlichkeit.8 Für Adolf von Harnack (1851–1930) galt die Trinitätslehre im Kontext des radikalen Historismus und des religionsgeschichtlichen Relativismus nur noch als dogmengeschichtliche Entfremdung vom eigentlichen Glaubensinhalt, was ekklesiologisch die Trennung von Geist und Institution nach sich zog.9 1.2 Karl Barth Die Tendenzen des optimistischen Fortschrittsglaubens liberaler Theologie und ein entsprechendes kulturprotestantisches Bewusstsein der Teilhabe an der fortschreitenden göttlichen Weltvernunft (E. Troeltsch) wurden durch den Ersten Weltkrieg in Frage gestellt. In dieser Situation erinnerte die Dialektische Theologie als Theologie des Wortes Gottes gegenüber den anthropozentrisch-natürlich geprägten Ansätzen an den sich selbst offenbarenden Gott, der für Karl Barth (1886– 1968) zur Grundlage trinitätstheologischer Besinnung wurde. Dabei griff Barth auf Theologen wie die beiden Blumhardts und Kierkegaard zurück, die das Gegenüber-Sein Gottes betont hatten (siehe Kap. VII,1.1). So hob er in seinem Rö5 6 7 8 9

Vgl. W. Löhe: Bücher. Vgl. C. Blumhardt: Reich. Vgl. S. Kierkegaard: Furcht. Vgl. A. Ritschl: Lehre, S. 184ff. u. 575ff. Vgl. A. von Harnack: Lehrbuch. Zur genaueren Darlegung der These Harnacks und ihrer Widerlegung siehe Kap. III,2.

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merbriefkommentar das dialektische Gegenüber von Gott und Welt hervor, um die Gefahr der anthropozentrischen Vereinnahmung Gottes abzuwehren. Diese bestand für ihn sowohl in der anthropologischen Verankerung liberaler und kulturprotestantischer Religiosität als auch in der natürlichen Theologie, wie sie etwa im Ersten Vatikanischen Konzil konsolidiert wurde. Entsprechend gab Barth zu bedenken, dass Gott als Herr der Welt und als persönliches Gegenüber der Menschen nur durch sich selbst offenbar werden kann, weshalb die biblisch bezeugte heilsgeschichtliche Selbsterschließung Gottes den Zusammenhang von ökonomischer und immanenter Trinität aufzeige. Von daher führe weder das geistig-sittliche Selbstbewusstsein noch eine andere Form natürlicher Rückschlussverfahren zu angemessener Gotteserkenntnis, sondern allein der das gesamte Offenbarungsgeschehen umfassende dreieinige Gott, der sich als Offenbarer, Offenbarung und Offenbarsein selbst aussage. Entsprechend leitete Barth die Trinitätslehre in der „Christlichen Dogmatik im Entwurf“ (1927) aus dem Begriff der „Selbstoffenbarung“ Gottes ab und setzte im ersten Band der „Kirchlichen Dogmatik“ mit der „Lehre vom Wort Gottes“ (Prolegomena) ein, als der trinitarischen Grundlage der Dogmatik. Auf diese Weise platzierte Barth die Trinitätslehre im Anschluss an die Erörterung des Offenbarungsbegriffs am Anfang der Dogmatik, damit sie sich in allen Teilen der Dogmatik auslegen kann. So stellte Barth die zentrale Bedeutung der Trinitätslehre für die gesamte Dogmatik erneut heraus.10 Zur Erkenntnis der in Christus und im Kreuzesgeschehen offenbar werdenden lebendigen, freien und hingebungsvollen Liebe Gottes bedarf es nach Barth der Erkenntnis- und Seinsordnung, die im Verhältnis von ökonomischer und immanenter Trinität gegeben ist. Gottes immanentes Wesen sei einerseits nur zu erkennen, weil Gott sich heilsökonomisch im Sohn und im Geist seinem Wesen gemäß offenbare (Erkenntnisordnung), während sein immanentes Wesen andererseits als vollkommene Gemeinschaft der Liebe die Voraussetzung seiner freien und hingebungsvollen heilsökonomischen Zuwendung sei (Seinsordnung).11 Deshalb verkörpert das Trinitätsdogma für Barth nicht nur die angemessene Interpretation der Schrift, sondern auch deren sachgemäßen Auslegungskontext, was sich in der Bedeutung der altkirchlichen Bekenntnisse widerspiegele. Zugleich sieht Barth in der Trinität die Grundlage des Kirchenverständnisses, indem er gegenüber Vorstellungen von einer sittlichen Religionsgemeinschaft die vom Heiligen Geist gesammelte und von Christus erbaute kirchliche Gemeinschaft als Leib Christi hervorhebt.12 Auf der Grundlage seiner trinitätstheologischen Besinnung und ihrer ekklesiologischen Konsequenzen konnte sich Barth im Kirchenkampf der totalitär-monarchi­schen Vereinnahmung von Theologie und Kirche widersetzen. Doch nicht nur gegenüber der völkischen Orientierung der Deutschen Christen, sondern auch gegenüber natürlich-theologischen Ansätzen des 19. Jahrhunderts 10 Vgl. K. Barth: Kirchliche Dogmatik I/1; ders.: Dogmatik, S. 126ff.; ders.: Römerbrief. 11 Vgl. ders.: Kirchliche Dogmatik I/1, S. 337f., 391, 503. 12 Vgl. ders.: Kirchliche Dogmatik I/2, S. 230.

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forderte er, von der speziellen heilsgeschichtlichen Offenbarung auszugehen statt von natürlich erschlossenen religiösen Konzeptionen, in die man das Christentum nachträglich einordne. Denn die natürliche Wirklichkeit könne aufgrund ihrer Ambivalenz (siehe Kap. II,5) durchaus in Spannung zur speziellen Offenbarung stehen (Krisis). Diese Herausforderungen, vor die sich Barth theologisch gestellt sah, erklären seine Betonung des Unterschieds von Gott und Welt in christozentrischer Zuspitzung. Dabei lässt sich aber auch eine Überreaktion beobachten, die zur Vernachlässigung der natürlichen Anknüpfungspunkte und des entsprechenden Wirkens des Heiligen Geistes im Ersten und Dritten Artikel (Schöpfung und Vollendung) führte. Insgesamt ging die pointierte Gegenüberstellung von Gott und Welt mit einer Betonung der intrapersonalen Einheit des dreieinigen Gottes als Gegenüber zur Welt einher. Dabei lässt die Rede von den „drei Seinsweisen“ Gottes und deren Verankerung in der Selbstunterscheidung des göttlichen Bewusstseins augustinisch-westlichen und idealistischen Einfluss erkennen, was sich auch in Barths dezidierter Aufnahme der Filioque-Tradition niederschlägt. Indem der Heilige Geist vornehmlich als „Miteinander des Vaters und des Sohnes“13 verstanden wird, treten seine eigenständige Personalität und das entsprechende heilsgeschichtliche Wirken hinter die christologische Konzentration zurück. Als rein eschatologisch ausgerichteter Geist der Verheißung steht der Geist – im Widerspruch zum sündigen Geist des Menschen – ganz auf der Seite Gottes und dient Barth bei der angesprochenen Stoßrichtung seiner Theologie zur Sicherung der Offenbarungsdimension und der Souveränität Gottes. Deshalb tritt die Gegenwart des Geistes in der Schöpfung in den Hintergrund, was die Wahrnehmung der kosmologischen Dimension beeinträchtigt. Damit korreliert die Vernachlässigung der natürlichen Anknüpfungspunkte der Offenbarung. Das wurde Barth gegen Ende seines Wirkens selbst bewusst, als er die anthropologische und subjektive Orientierung der Theologie des 19. Jahrhunderts unter pneumatologischer Perspektive betrachtete und den hermeneutischen Schlüssel für ein Verständnis Schleiermachers und der Kirchengeschichte in „einer Theologie des 3. Artikels“ sah: „Alles, was von Gott dem Vater und Gott dem Sohn in Verständnis des 1. und 2. Artikels zu glauben, zu bedenken und zu sagen ist, wäre in seiner Grundlegung durch Gott den Heiligen Geist [...] auf­zuzeigen“, „was ich gelegentlich träume hinsichtlich der Zukunft der Theologie“14. Die Zukunft sollte Barths trinitätstheologische Besinnung mit ihrem offenbarungstheologisch relevanten Hinweis auf den Zusammenhang von ökonomischer und immanenter Trinität noch lange Zeit bestimmen. Im Kontext der beginnen13 Ders.: Kirchliche Dogmatik I/1, S. 492. Vgl. insgesamt ebd., S. 320ff., 378ff., 492ff. – Dass Barth zuweilen auch die interpersonale Dimension der Dreieinigkeit andeutet, belegt sein Verständnis der als „Ich und Du“ zu kennzeichnenden Gottebenbildlichkeit des Menschen, welcher als Mann und Frau die durch den Geist vermittelte innergöttliche „Ich-Du-Beziehung“ von Vater und Sohn abbildet (vgl. ders.: Kirchliche Dogmatik III/2, S. 390). 14 Schleiermacher-Auswahl, S. 311f.

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den Ökumenischen Bewegung wirkte diese Orientierung einige Jahrzehnte weit über Deutschland sowie den Protestantismus hinaus. Ferner wurde sie zur Grundlage mancher noch weiterführender trinitätstheologischer Konzeptionen der letzten Jahr­zehnte. 1.3 Eberhard Jüngel Die wirkungsgeschichtliche Bedeutung der trinitarischen Besinnung Barths gilt auch für den trinitätstheologischen Entwurf von Eberhard Jüngel, der von Barth das Grundaxiom des Zusammenhangs von ökonomischer und immanenter Trinität übernimmt15, es darüber hinaus aber explizit in der Kreuzestheologie verankert. Denn im Kreuzesgeschehen wird nach Jüngel die Selbstmitteilung des dreieinigen Gottes in ihrer ganzen Tiefe greifbar: „Was am Kreuz Jesu geschah, das ist in seiner Einmaligkeit ein die Tiefen der Gottheit erschließendes Geschehen.“16 Jüngel legt dar, dass sich Gott am Kreuz in seiner Freiheit nicht beliebig bestimmt, sondern konkret als menschlicher Gott, der die Menschen von ihrem Selbstvergöttlichungsdrang zur Mensch­lichkeit befreien will. Dabei erschließt sich Gottes Sein als göttliche Lebendigkeit, die das Kreuzesgeschehen nur als trinitarisches Geschehen verstehbar macht. Indem sich nämlich Gott der Vater als Gott der Sohn mit dem Gekreuzigten identifiziert, wird die Selbstunterscheidung Gottes offenbar, in der Gott als Gott der Sohn für die Menschen die Verlassenheit von Gott dem Vater erleidet und sich so im Tode Jesu als Gott der Vater und der Sohn gegenübertritt. In ihrem tödlichen Gegenüber bleiben Gott der Vater und der Sohn durch Gott den Geist als Band der Liebe zwischen beiden verbunden. Durch diese Einheit von Leben und Tod zugunsten des Lebens eröffnet Gottes Hingabe den Menschen das Leben neu. Weil so nicht nur erkennbar wird, dass Gott als Liebe lebt, sondern auch wie er als Liebe lebt und was von daher die Liebe ist, an der die Menschen teilhaben, tritt durch das Kreuzesgeschehen letztgültig hervor, dass „die Trinitätslehre [...] das soteriologische Lehrstück schlechthin“17 ist. An Jesus Christus wird in diesem Kontext sowohl das wahre Wesen Gottes deutlich (die Liebe) als auch das wahre Wesen des Menschen, der dieser Liebe entsprechend leben darf. Gott und Mensch teilen also in der Liebe dasselbe Geheimnis. Im Unterschied zu den Menschen, die an Gottes Liebe teilhaben, ist Gott selbst die Liebe, weil „in den drei göttlichen Relationen, dem von sich aus liebenden Vater, dem schon immer geliebten und liebenden Sohn und dem immer neuen Ereignis der Liebe zwischen Vater und Sohn, das der Geist ist, die völlige Identität von göttlichem Wesen und göttlicher Existenz“18 besteht. Vor diesem Hintergrund wird nach Jüngel in der heilsgeschichtlichen Selbstmitteilung des dreieinigen Gottes sowohl das ewige Wesen Gottes transparent als 15 16 17 18

Vgl. E. Jüngel: Verhältnis. Ders.: Gott, S. 299. Ebd., S. 471. Vgl. insgesamt ebd., S. 434ff., 447ff., 470ff. Ebd., S. 513.

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auch das diesem Wesen entsprechende göttliche Handeln in der Heilsgeschichte, und zwar in dreifacher Weise: Gottes lebendiges Sein der Liebe kommt ewig als Gott (Geist) von Gott (Vater) zu Gott (Sohn). „Gott kommt von Gott“, weil er als Vater der Ursprung seiner selbst ist. Dieser ewigen Wesenseigenschaft entsprechend kann er auch der schöpferische Vater alles Lebenden werden. Da der ursprunglose „Vater“ unweigerlich „Vater und ...“ impliziert, verweist er auf den heilsgeschichtlich erfahrbaren Sohn des Vaters. Insofern als sich Gott im ewigen Sohn selbst Ziel und Gemeinschaft ist, gilt ferner: „Gott kommt zu Gott“. In dieser ewigen Eigentümlichkeit des Sohnes kann Gott auch heilsgeschichtlich zum Menschen kommen, und zwar als der, der er schon immer für sich selber ist. Weil sich Gott als Ursprung und Ziel außerdem im Heiligen Geist selbst liebende Vermittlung ist, gilt drittens: „Gott kommt als Gott“. Wie der Heilige Geist in Gott die Gemeinschaft vollzieht, vermag er in der Heilsgeschichte die Gemeinschaft Gottes mit den Menschen zu vollziehen.19 Diesen heilsgeschichtlichen Handlungen der trinitarischen Personen, die aus ihren innertrinitarischen Eigentümlichkeiten resultieren, entsprechen nach Jüngel wiederum die antwortenden menschlichen Akte und Seinsweisen, nämlich der auf die Herkunft bezogene Glaube, die auf die Ankunft bezogene Liebe und die auf die Zukunft bezogene Hoffnung: „Im Glauben auf den von sich selbst her zur Welt gekommenen Gott zurückkommend, in der Liebe von dem auch im Tode zu sich selbst kommenden menschlichen Gott mitgenommen und in der Hoffnung dem als Gott kommenden und so der Liebe zum Sieg verhelfenden Gott entgegengehend, wahrt der Mensch Gott als das Geheimnis der Welt.“20 Weil Gott als freies Subjekt der Liebe nur von sich selbst kommen kann (Gott kommt von Gott) und nicht aus dem Zusammenhang der Welt, kritisiert Jüngel in Auseinandersetzung mit Wolfhart Pannenberg eine Hermeneutik, die zunächst unter Absehung von Gottes Wirklichkeit eine anthropologische Ausweisbarkeit der Notwendigkeit Gottes zu erzielen versucht, welche dann zur Prämisse der speziellen Offenbarung wird. Denn Gott könne weder als notwendig noch als nicht notwendig postuliert werden, insofern als Notwendigkeit oder ihr Gegenteil ein Seinsmodus seien, der sich auf einen Grund bezieht oder als Folge eines Grundes erscheint. Das trifft nach Jüngel für Gott aber nicht zu, der selbst über Sein oder Nichtsein entscheidet, so dass die Gottesfrage nicht auf der Ebene des Seienden zu entscheiden ist. Deshalb könne die Ambivalenz menschlicher Erfahrung zwischen Sein und Nichtsein die Gottesfrage nicht beantworten, sondern sei auf Gottes Selbstoffenbarung angewiesen, der sich als grundloses Sein als mehr als notwendig erweise. In dieser Einsicht werde das Wesen der menschlichen Existenz ebenso ernst genommen wie der Gottesbegriff, indem man Gott Gott sein lasse und die Grenzen menschlicher Kreatürlichkeit und Vernunft anerkenne: „Die Vernunft ist vernünftig, wenn sie begreift, daß sie von sich aus keinen Gott kon19 Vgl. ebd., S. 520–534. 20 Ebd., S. 542.

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struieren kann. Die Vernunft ist vernünftig, wenn sie begreift, daß ein Gott überhaupt nur dann als Gott gedacht wird, wenn er als sich offenbarender Gott gedacht ist. [...] Ohne Offenbarung wird das Denken allenfalls einen Gottesgedanken konstruieren, den es dann auch selber wieder zersetzen kann“21. Letztlich knüpft Jüngel an Barths späte Wahrnehmung der Dimensionen natürlicher Theologie an, indem er die Wahrheit natürlicher Theologie herausstellt, aber unter Hinweis auf ihre verkehrte Trennung in natürliche und übernatürliche Gotteserkenntnis. Diese Trennung versuche nämlich trotz geschehener Offenbarung vorab einen selbstgesetzten Rahmen für das Gottesverständnis zu konstruieren. Demgegenüber sei die Ausrichtung an der heilsgeschichtlichen Offenbarung als Aufdeckung der wahren „Natur“ die „natürlichere“ Theologie, weil sie dem Wesen Gottes, des Menschen und der Welt entspreche.22 Denn der trinitarische Gott ermögliche gegenüber linearer ergänzungstheologischer Hermeneutik (natürlich-übernatürlich) das Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zwischen Gott und Mensch und damit auch die angemessene Zuordnung von verborgenem und offenbarem Gott. Wenn sich der Glaube auf den offenbaren Gott beziehe, nehme er den verborgenen Gott ernst, der sich als solcher der menschlichen Vereinnahmung verweigere, um sich in der Offenbarung als derjenige zu erschließen, dem man glauben kann. Durch das Verhältnis von verborgenem und offenbarem Gott, das Gottes Liebe unter den Bedingungen der Welt unscheinbar wirken lasse (Kreuz), gewähre Gott den Menschen eine Zeit heilsgeschichtlicher Geduld, in der sie unter den gegebenen Voraussetzungen noch in Freiheit seiner Liebe entsprechen können.23 Durch Jüngels kreuzestheologische Konzentration auf den Zweiten Artikel treten der erste und dritte Artikel des Glaubensbekenntnisses in den Hintergrund, so dass die natürlichen Anknüpfungspunkte der Offenbarung (Erster Artikel) und die personale Eigenständigkeit des Heiligen Geistes (Dritter Artikel) noch nicht deutlich genug hervortreten. Das entspricht der Überlagerung der biblisch-heilsgeschichtlich orientierten Hermeneutik Jüngels durch die westkirchliche Ausrichtung an der intrapersonalen Einheit Gottes (psychologische Analogie), was wiederum mit dem Einfluss idealistischer philosophischer Tendenzen (Entfaltung des Geist-Subjekts) korrespondiert: „[...] in Akten göttlichen Geisteslebens“ kommt Gott „zu sich selbst, nicht ohne zu einem Anderen seiner selbst kommen zu wollen“24. Im Kontext des Zweiten Artikels führt das Gegenüber von göttlichem und menschlichem Subjekt zur Betonung der individualistischen Gnadenlehre, während kosmologische und eschatologische Aspekte (Erster und Dritter Artikel) weniger zur Sprache kommen. So spielt der Heilige Geist unter expliziter Bekräftigung des Filioque vielfach eine funktionale Rolle in der Gnadenlehre, in der er 21 Ebd., S. 211f. Vgl. insgesamt ebd., S. 16–54, 203–227, 413ff., 484ff.; ders.: Entsprechungen, S. 173ff., 195ff., 245ff. 22 Vgl. ders.: Entsprechungen, S. 158ff. 23 Vgl. ders.: Gott, S. 206ff., 412ff., 474ff. 24 Ders.: Verhältnis, S. 363.

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als „Kraft Gottes“25 hervorgehoben wird. Die personale Funktion des Geistes im kosmologischen und eschatologischen göttlichen Handeln, in welchem er die Nähe Gottes verkörpert, tritt zurück. Diese trinitätstheologische Engführung wäre unter Beachtung der Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler bzw. intra- und interpersonaler Dimension Gottes zu überwinden, da so die jeweiligen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen mit dem entsprechenden heilsgeschichtlichen Handeln noch klarer zum Tragen kämen (siehe Kap. III,3.2.1; IV; VIII,1).26 1.4 Jürgen Moltmann Gegenüber dem beobachteten Einfluss westkirchlicher trinitätstheologischer Engführungen (psychologische Analogie) versucht Jürgen Moltmann deren einseitige intrapersonale Reflexionstrinität (absolutes Subjekt), die sich mit anthropozentrischen Engführungen verbindet, durch die Beachtung der interpersonalen trinitarischen Gemeinschaft zu überwinden, indem er in ökumenischer Perspektive ostkirchliche Konzeptionen wahrnimmt (soziale Analogie). Denn die Wahrnehmung des gegenseitigen Verhältnisses der trinitarischen Personen und ihrer personalen Eigentümlichkeiten lässt erneut die jeweilige Relevanz aller drei Glaubensartikel hervortreten, was die im Ersten Artikel hervorgehobene kosmologische Dimension ebenso betrifft wie die im Dritten Artikel betonte eschatologische Dimension. Dadurch erlangt die Gotteslehre wieder mehr Bedeutung für die Universal­geschichte der Menschheit und für das Verhältnis von Kirche und Welt. Entsprechend erweist sich die gegenseitige perichoretische Durchdringung der trinitarischen Personen (Gemeinschaft) für Moltmann auch als Urbild gemeinschaftlicher Staats­formen (Demokratie), wobei seines Erachtens weder ein bürgerlicher Individualismus noch ein sozialistischer Kollektivismus der perichoretischen Vorgabe (Einheit in Vielfalt) gerecht wird.27 25 Ders.: Gott, S. 470. Vgl. insgesamt ebd., S. 481ff., 504ff., 432ff. – Oft wird der Hei­lige Geist nur in Verbindung mit seiner heilsgeschichtlichen Funktion genannt, wenn es etwa heißt, dass „Gott nicht nur als Liebender und Geliebter da ist, sondern als Heiliger Geist über sich hi­nausgeht“ (ebd., S. 451), was nach Jüngel bedeuten kann, dass Gott ein selbstbezogener Egoist wäre, wenn der Geist als in­ner­göttliches Band der Liebe „nicht zugleich die Gabe wäre, in der und als die Gott sich [...] auf Menschen bezieht [...]. Von Gott als einer ewig neuen Beziehung zwischen Gott und Gott kann nur auf­grund der selbstlosen Unterscheidung von Vater und Sohn zugunsten eines Anderen als Gott die Rede sein.“ (Ebd., S. 513f.) Diese Aussage steht in Spannung zu Jüngels Auffassung, dass sich Gott als ewiges lebendiges Sein der Liebe selbst genug ist, so dass Jüngel selbst seine Aufforderung zu beachten hat, eine rationale Unterscheidung („distinctio rationis“) von ökonomischer und immanenter Trinität zu treffen, damit die heilsgeschichtliche Hingabe Gottes für die Menschen als eine in der ewigen innergöttlichen Liebe begründete freie Gnade erkennbar bleibt. 26 Zur detaillierten Darlegung und Analyse von Jüngels Konzeption siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 264–280. 27 Vgl. J. Moltmann: Geschichte, S. 106ff., 156ff., 176ff.

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Durch den Verweis auf die interpersonale trinitarische Dimension erinnert Moltmann also an den Aspekt der Gemeinschaft, um die mit dem intrapersonalen Subjekt-Verständnis verbundene Konzentration auf Anthropologie und Individualität (individuelle Gnadenlehre) zu überwinden. Die Wahrnehmung des biblisch bezeugten wechselseitigen Zusammenwirkens von Vater, Sohn und Heiligem Geist, etwa des im Geist erfolgenden Wirkens des Vaters am Sohn in der synoptischen Geistchristologie (Vater – Geist – Sohn), verhindert seines Erachtens zugleich eine einseitige Orientierung an den trinitarischen Sendungen (Vater – Sohn – Geist). Letztere gehe oft mit dem rein intrapersonalen Verständnis einher und erhalte in der Filioque-Tradition ein monarchisches Gefälle, in dem der Heilige Geist nur noch passiv als Gabe erscheine. Aus diesem Gefälle könne analog nicht nur eine Affinität zu politischem Monarchianismus resultieren (ein Gott – ein Kaiser – eine Kirche – ein Reich), sondern auch eine mo­nar­chische Ekklesiologie, die sich in der Lehre vom monarchischen Episkopat widerspiegele, welche den Geist als Gabe an die Autorität des Amtes binde: „Ein Gott – ein Christus – ein Bischof – eine Gemeinde“28. Demgegenüber liege die ekklesiologische Entsprechung der trinitarischen perichoretischen Liebesgemeinschaft weder in einem kollektiven klerikalen Bewusstsein, das den einzelnen Glaubenden unterdrückt (katholisches Problem), noch in einem individualistischen Bewusstsein, das die Gemeinsamkeit übersieht (protestantisches Problem). Werde der Heilige Geist auch als personaler Geber ernst genommen, der die Charismen an alle Glaubenden austeilt, erweise sich das Priestertum aller Glaubenden als Kontext der speziellen Ämter. Nur so könne sich die Kirche wieder dem Geist als ihrem Geber öffnen, statt ihn zu vereinnahmen.29 Der partizipatorischen innertrinitarischen Gemeinschaft hat nach Moltmann auch die Gemeinschaft der Menschen mit der gesamten Schöpfung zu entsprechen, was etwa im Blick auf die ökologische Krise oder die Massentierhaltung zu beachten sei. Die einseitige Orientierung an der intrapersonalen Einheit Gottes und an einer hierarchischen Sendungstrinität habe zur Betonung der Herrschaft Gottes und einer analogen ausbeuterischen Machtmentalität der Menschen gegenüber der Schöpfung geführt. Weil sich dieses Gefälle auch im Herrschaftsverhältnis des Mannes über die Frau widerspiegele, seien die an den personalen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen zu beobachtenden transgeschlechtlichen Merkmale zu respektieren: Der Vater zeugt den Sohn nicht nur, sondern dieser geht auch aus dem „Mutterschoß des Vaters“ (Konzil von Toledo 675) hervor; in Christus ist „nicht Mann und Frau“ (Gal 3,28) und der Geist Gottes (hebr. ruach Jahwe) verkörpert als herrschender und lebendigmachender Geist männliche und weibliche Charakteristika.30 Ferner ermögliche die perichoretische innergöttliche Gemeinschaft in ihrer Fähigkeit, sich für die Gemeinschaft mit der Schöpfung zu öffnen, die Relativierung des Apathieaxioms (Leidensunfä28 Ebd., S. 98; vgl. ders.: Geist, S. 305ff.; ders.: Trinität, S. 208ff. 29 Vgl. ders.: Kirche, S. 321ff.; ders.: Geist, S. 237ff. 30 Vgl. ders.: Geschichte, S. 14ff., 106ff., 173ff.; ders.: Geist, S. 111ff., 230ff., 283ff.

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higkeit Gottes): Die ewige vollkommene Gemeinschaft in Gott ist in dem Sinne apathisch und leidensunfähig, dass sie nicht wie die Kreatur aus Mangel leidet, aber sie ist frei, sich aus Liebe der veränderlichen Geschichte der Geschöpfe zu öffnen und für sie zu leiden.31 Außerdem sieht Moltmann in dem Umstand, dass Gottes Gemeinschaft mit der Schöpfung aus der innertrinitarischen Gemeinschaft hervorgeht, die Grundlage für ein angemessenes Offenbarungsverständnis, das sowohl einem reinen Transzendentalismus (Offenbarungstheologie, „Theologie von oben“) als auch einem reinen Immanentismus (natürliche Theologie, „Theologie von unten“) entgegensteht: „Weil Gottes Geist im Menschen ist, ist des Menschen Geist selbsttranszendent auf Gott angelegt. Wer Offenbarung und Erfahrung zu Alternativen stilisiert, endet bei unerfahrbaren Offenbarungen und offenbarungslosen Erfahrungen.“32 Mit Moltmanns berechtigtem Anliegen, eine einseitig intrapersonal geprägte westkirchliche Trinitätslehre auf die interpersonale Dimension hin zu öffnen, verband sich aber auch eine Überreaktion, insofern als Moltmann unter Zurückstellung der intrapersonalen Einheit Gottes zu einer interpersonalen Engführung gelangte. Im Blick auf die Heils­geschichte stellt er lediglich die interpersonale Gemeinschaft der „drei unterscheidbaren und verschiedenen Subjekte“ heraus, weshalb die Trinitätslehre seines Erachtens „von drei distinkten Subjekten dieser Geschichte ausgehen muß“33. Indem die intrapersonale Einheit Gottes und dessen Gegenüber-Sein zur Welt so in den Hintergrund treten, rückt die horizontale Dimension der linearen Geschichte von Gott und Mensch in den Vordergrund. Unter Einfluss der Prozessphilosophie (A.N. Whitehead) und der trinitarischen Reichslehre des Joachim von Fiore (in aufsteigender Linie gedachte Reiche) resultiert daraus neben einer eschatologischen Grundorientierung die Abfolge verschiedener heilsgeschichtlicher Reiche, die mit der menschlichen Freiheitsgeschichte verbunden sind: Mit dem Reich des Vaters, das durch „Gottesknechtschaft“ charakterisiert ist, korreliert die als Gottesherrschaft qualifizierte „monarchische Trinität“. Dem Reich des Sohnes, das die „Gotteskindschaft“ repräsentiert, entspricht die auf Zukunft ausgerichtete „geschichtliche Trinität“, während dem Reich des Geistes, das die „Gottesfreund­schaft“ verkörpert, die von Danksagung geprägte „eucharistische Trinität“ korrespondiert. Das Reich der Herrlichkeit, das die „vollkommene Freiheit“ gewährt, verbindet sich schließlich mit der „trinitarischen Doxologie“ von Angesicht zu Angesicht.34 Diese Verbindung von Heils- und Menschheitsgeschichte birgt in der einseitigen Betonung des interpersonalen Aspekts die Gefahr, Strukturen interpersonaler trinitarischer Gemeinschaft direkt mit Strukturen interpersonaler menschlicher Gemeinschaft zu identifizieren. Das vermag bei Moltmann zur Wechselwirkung zwischen Heilsgeschichte und göttlichem Wesen zu führen, inso31 32 33 34

Vgl. ders.: Geschichte, S. 171. Ders.: Geist, S. 20. Ders.: Einheit, S. 101 u. 106. Vgl. ders.: Geist, S. 304ff.; ders.: Trinität, S. 220ff.

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fern als sich die immanente Trinität für ihn erst durch die eschatologische Erfüllung der Heilsgeschichte „vollendet“. Wie bei Hegel scheint Gott sich erst mit Hilfe der Selbstentäußerung in die Geschichte vollends zu konstituieren, denn Moltmann spricht im Rückgriff auf Hegel von der innertrinitarischen „Geschichte Gottes“35, die sich in der Heilsgeschichte ereignet. So kommt es unter Einfluss der Theosophie Nikolai Berdjajews mit ihrer konstitutiven Wechselwirkung zwischen himmlischer und irdischer Geschichte und der Konzeption Miguel Unamunos (Gott und Welt in gemeinsamem Erlösungsprozess) zur Gefahr der Vermengung von ökonomischer und immanenter Trinität36, die sich in Bezug auf alle drei Artikel zeigt: Hinsichtlich der Schöpfung spricht Moltmann davon, dass die Trinität zwar in sich vollkommen sei, aber in ihrem Sein als Liebe unvollkommen, weil das Gleiche dem Gleichen nicht genug sei und Gott deshalb „die Welt und den Menschen“37 brauche. Die schöpferische Liebe erhält so den Anschein der Notwendigkeit, was das Wesen der Liebe als freie und selbstlose Zuwendung kaum zur Geltung kommen lässt. Das betrifft im Blick auf die Erlösung auch das Kreuzesgeschehen, indem das Kreuz neben seiner soteriologischen Funktion eine konstitutive Bedeutung für das innertrinitarische Wesen Gottes erhält, der sich am Kreuz selbst als Liebe konstituiere: „Es ist keine ‚immanente Trinität‘ denkbar ohne ‚das erwürgte Lamm‘.“38 So dient die „Leidensgeschichte Gottes in der Passion seines Sohnes […] seiner vollendeten Seligkeit am Ende“39, dem letzten Ziel seiner Leidensgeschichte. Es geht also nach Moltmann nicht nur um die Erlösung des Menschen, sondern auch um die Selbsterlösung Gottes: „Gott und Welt stehen […] in einem gemeinsamen Erlösungsprozeß.“40 In Bezug auf die Vollendung bindet Moltmann die Herrlichkeit Gottes an das Gelingen der endzeitlichen Verherrlichung der Welt: „Gott kommt zu seiner Herrlichkeit, indem die Schöpfung frei wird.“41 Mit dieser Vermengung von ökonomischer und immanenter Trinität wird das Verhältnis von menschlicher Schuld und freier selbstloser Liebe Gottes unklar. Es bleibt zwar das Verdienst Moltmanns, angesichts einseitiger intrapersonaler trinitarischer Konzeptionen durch die Betonung der interpersonalen Dimension Gottes die Relevanz der Gotteslehre für die kosmologischen, eschatologischen und sozialen Aspekte in Erinnerung gerufen zu haben. Aber durch die Überbetonung der interpersonalen Dimension ermöglichte er die direkte Identifizierung göttlicher und menschlicher interpersonaler Strukturen, verbunden mit der Gefahr der Überlagerung durch unterschiedliche philosophische Prämissen.42 35 36 37 38 39 40 41 42

Ders.: Trinität, S. 190. Vgl. insgesamt ebd., S. 175ff. Vgl. ebd., S. 45–63. Ebd., S. 74. Ders.: Antwort, S. 180; vgl. ders.: Trinität, S. 47, 98f.; ders.: Einheit, S. 105f. Ders.: Kirche, S. 80. Ders.: Trinität, S. 54. Ders.: Kirche, S. 80. Zur detaillierten Analyse der Konzeption Moltmanns siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 280–301.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

1.5 Weitere Entwürfe (W. Pannenberg u.a.) Der trinitätstheologische Entwurf von Wolfhart Pannenberg (1928–2014) beinhaltet den Versuch, die Trinitätslehre mit aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen. Diese Aufgabe stellt sich für Pannenberg folgerichtig, weil er einerseits die Trinitätslehre in der Offenbarungslehre verankert (wie K. Barth) und sie damit zur Grundlage der gesamten materialen Dogmatik werden lässt. Andererseits schaltet er fundamentalanthropologische Überlegungen vor und entwickelt auf der Basis des Religionsbegriffs eine Theorie des Glaubens, die den Menschen im Kontext der natürlichen Bedingungen der Welt als wesentlich religiös erweist (anders als K. Barth). Das aus dem allgemeinen Religionsbegriff abgeleitete vorläufige Gottesverständnis bedarf nach Pannenberg der expliziten trinitarischen Offenbarung, die mit diesen religiösen Voraussetzungen zu vermitteln ist. Denn der Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens habe sich an den geschichtlichen Realitäten der Welt zu bewähren, was auch das naturwissenschaftliche Verständnis der Welt betreffe. Von daher müsse der dreieinige Gott als Schöpfer dieser Welt plausibel werden, ebenso wie die Strukturen der Welt als seine Schöpfung.43 So versucht Pannen­berg in seiner Schöpfungslehre zu entfalten, wie das naturwissenschaftliche Verständnis der Welt dem Wesen und Handeln des dreieinigen Gottes entspricht. Bevor er darlegt, auf welche Weise der Sohn und der Geist in ihrem schöpferischen Wirken „als Prinzipien der kosmischen Ordnung und Dynamik“44 zu verstehen sind, zeigt er, wie die mit dem Urknall gegebene Entstehung von Raum und Zeit in ihrer Expansion und Entwicklung von Leben der Erschaffung „von Himmel und Erde“ durch den dreieinigen Gott korrespondiert. Im Unterschied zur deterministischen Vorstellung ewiger Materie im 19. Jahrhundert komme hier zum Tragen, dass der ewige und allgegenwärtige Gott eine von ihm verschiedene Wirklichkeit ins Leben ruft und ihr Raum und Zeit gewährt sowie die Möglichkeit, an seiner ewigen Gemeinschaft teilzuhaben. Die kontingente und nicht deterministische Kosmologie entspricht nach Pannenberg der freien Gewährung der Schöpfung durch Gott, deren Charakteristik sich aus der Gemeinschaft der trinitarischen Personen erklärt: Die gegenseitigen trinitarischen Beziehungen bedürfen als vollkommene Gemeinschaft der Liebe keines anderen außerhalb ihrer selbst. Doch die auf den Sohn gerichtete Liebe des Vaters, die im Sohn den „Ursprung von allem dem Vater gegenüber anderen“45 sieht, gönnt in freier Liebe auch außergöttlicher Existenz das Dasein. Deren Urbild besteht wiederum in der freien liebenden Selbstunterscheidung des Sohnes vom 43 Zu Pannenbergs grundsätzlichen Ausführungen vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 1. Das mit der Naturwissenschaft vermittelte trinitarische Verständnis der Welt entfaltet Pannenberg in seiner Schöpfungslehre (siehe ders.: Systematische Theologie 2, S. 15–201). – Siehe dazu auch Kap. X,1.2.6. 44 Ders.: Systematische Theologie 2, S. 78. 45 Ebd., S. 36.

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Vater, was die freie Schöpfungsmittlerschaft des Sohnes begründet (Hebr 1,2; Joh 1,3), der dabei mit dem Vater in der Freiheit des Geistes (II Kor 3,17) geeint ist, so dass der Geist ebenfalls schöpferisch wirkt (Gen 1,2; 2,7). Während der Geist seiner innertrinitarischen Rolle gemäß (Vollzug der Gemeinschaft) die dynamische Gemeinschaft der Schöpfung mit Gott bewerkstelligt, ist die strukturelle Selbständigkeit der Geschöpfe in der Selbstunterscheidung des Sohnes vom Vater verankert (Sohn als Gegenüber des Vaters).46 Damit deuten sich schon die Funktionen von Sohn und Geist in den naturwissen­ schaftlich greifbaren Zusammenhängen an: Der Sohn (Logos) erweist sich als das generative Prinzip der Andersheit, Vielheit und Selbständigkeit der Geschöpfe und somit als Prinzip regelmäßiger bzw. naturgesetzlicher Ordnung, die durch eine gewisse Gleichförmigkeit von Abläufen die Entstehung von Gebilden höherer Komplexität ermöglicht. Es handelt sich nach Pannenberg jedoch nicht um eine statische monokausale Gesetzlichkeit wie in der Naturwissenschaft des 19. Jahrhunderts, sondern im Anschluss an Albert Einsteins Relativitätstheorie und Max Plancks Quantenphysik sind auch gesetzliche Abläufe letztlich nicht definitiv vorhersehbar (Quantensprünge) und die Einzelereignisse erhalten durch den Ablauf der Zeit eine unumkehrbare „Ereigniskontingenz“ (Möglichkeit statt Notwendigkeit). Das entspricht für Pannenberg dem dynamischen und geschichtlichen Wirken Gottes in der Schöpfung (siehe Kap. X,1.2.3). Gleiches gilt für das „anthropische Prinzip“, nach dem die Bedingungen des Kosmos auf die Entstehung des Menschen hin angelegt sind. Vor diesem Hintergrund erweise sich der Geist, der bewegende und schöpferische Atem Gottes, als die dynamische bewegende Kraft und Energie, die im Verständnis der modernen Physik für diese Prozesse konstitutiv ist. Während schon antike Vorstellungen des Kraftfeldes mit dem göttlichen Geist verbunden wurden (Stoa), sieht Pannenberg in modernen „Feldtheorien“ deutliche Analogien zum Wirken des Heiligen Geistes: Wie der Geist in der Trinität die dynamische Verbindung und Bewegung verkörpert, so ermöglicht er die dynamische Relation von Raum und Zeit, welche mit dem Kraftfeld in Beziehung steht. Zugleich ist der Geist in seiner bewegenden Dynamik mit dem Begriff der „Information“ zu verbinden, der für die heutige Naturwissenschaft in den vom Kraftfeld bewirkten Entwicklungsprozessen maßgeblich ist, so dass Pannenberg von den „Feldwirkungen des göttlichen Geistes“47 sprechen kann. Von daher spiegelt sich für ihn das naturwissenschaftliche Zusammenspiel von gesetzlicher Gleichförmigkeit und dynamischer Kontingenz, das als Voraussetzung für die Evolution komplexerer Lebensformen gilt, im Zusammenspiel von Sohn (Ermöglichung struktureller Eigenständigkeit) und Geist (dynamische Bewegung) wider. Bei diesem bedenkenswerten Versuch, aktuelle naturwissenschaftliche Erkenntnis und trinitarische Schöpfungstheologie in Einklang zu bringen, lässt 46 Vgl. ebd., S. 34–49. 47 Ebd., S. 135, vgl. insgesamt ebd., S. 79–138. – Zum Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft siehe Kap. X,1.2.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

Pannenberg eine enge Verbindung von Evolutionsverständnis und Prozessphilosophie (A.N. Whitehead) erkennen, die durch sein primär interpersonales Trinitätsverständnis (wechselseitige Formen der Selbstunterscheidung) unterstrichen wird. Denn Letzteres lenkt das Augenmerk mehr auf die lineare Abfolge der trinitarischen Heilsgeschichte als auf das intrapersonale Gegenüber des dreieinigen Gottes. So entsteht ein evolutionistisch geprägtes heilsgeschichtliches Konzept, das in Spannung zur biblischen Heilsgeschichte gerät. Für Pannenberg kommt der evolutionistische Prozess der schöpferischen Entwicklung erst in der Inkarnation des Logos zum Ziel, weil erst da die Selbstunterscheidung des Sohnes vom Vater im Verhältnis von Gott und Mensch analoge Gestalt annehme. Bis zu diesem Zeitpunkt seien das Übel und das Böse auch mit den Bedingungen des Schöpfungsprozesses gegeben. So verbinde sich mit der evolutionistischen Verselbständigung der Geschöpfe gegeneinander auch ihre Verselbständigung gegenüber dem Schöpfer. Ferner sei der Preis für die Entstehung selbständiger Gestalten die Entropie, der zunehmende Abbau von Differenzierungen (Tod des Universums). Für diese mit dem Schöpfungsprozess gegebenen Defizite stehe Gott durch den Tod des Sohnes am Kreuz auch ein.48 Entsprechend gerät Pannenberg in Spannung zum biblisch-heilsgeschichtlichen Zeugnis, nach dem der Mensch bereits mit der anfänglichen Schöpfung als Ebenbild Gottes zu gelten hat (Gen 1–3) und Gott sich am Kreuz für das sündige Handeln der Menschen hingibt, die sich in bewusster Selbstbehauptung von ihrem Schöpfer abgewandt haben. Die konstitutive Relevanz der Trinitätslehre für die gesamte Theologie – und so auch für den Dialog mit der Naturwissenschaft – hat ebenfalls Christoph Schwöbel dezidiert hervorgehoben. In seinem Aufsatz „Trinitätslehre als Rahmentheorie des christlichen Glaubens“49 legt er dar, dass der christliche Glaube die Antwort auf die trinitarische Selbsterschließung Gottes verkörpert und durch die Beziehungen zu Vater, Sohn und Heiligem Geist konstituiert ist. Deshalb habe „die Trinitätslehre als Rahmentheorie des Wirklichkeitsverständnisses des christlichen Glaubens“50 zu gelten. Weil so einerseits alle christlichen Aussagen über Glauben, Welt, Mensch und Kosmos auf das Wesen und Handeln des dreieinigen Gottes zu beziehen sind, „fungiert die Trinitätslehre als Begrenzungskriterium der Aussagen des Wirklichkeitsverständnisses des christlichen Glaubens“. Insofern andererseits die unterschiedlichen Aspekte des Handelns Gottes in der Einheit des trinitarischen Handelns mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Welt in Beziehung gesetzt werden können, „fungiert die Trinitätslehre als Integral des Wirklichkeitsverständnisses des christlichen Glaubens“: „Die Aussagen über Gott als Schöpfer, Versöhner und Vollender der Welt, und die ihnen korrelierten Aussagen über die Welt und den Menschen als Schöpfung, als zur Versöhnung berufen und zur Vollendung in der Gemeinschaft Gottes mit seiner Schöpfung bestimmt, lassen sich 48 Vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 2, S. 139–201. 49 C. Schwöbel: Trinitätslehre. 50 Ebd., S. 151.

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im Rahmen der Trinitätslehre so in ihrem Zusammenhang bestimmen.“51 Das betrifft für Schwöbel auch die Ethik, da etwa eine reine Schöpfungsethik in ihrer naturrechtlichen Orientierung der Komplexität der Wirklichkeit ebenso wenig gerecht wird wie eine reine Versöhnungsethik in ihrer Ausrichtung auf die Gnadenlehre. Im Blick auf den Dialog mit der Naturwissenschaft hebt Schwöbel unter anderem hervor, dass die heilsgeschichtliche Inkarnation des Logos die erkenntnistheoretische Bedeutung der Erfahrung in der raum-zeitlich geprägten geschichtlichen Welt bestätige und damit eine Dimension aufwerte, die der modernen Naturwissenschaft so wichtig sei. In dem für die Naturwissenschaft konstitutiven Zusammenspiel von regelgeleiteter Struktur und Spontanität (früher „Zufall und Notwendigkeit“) sei zugleich die Rolle des Schöpfer-Geistes zu bedenken, der aus schöpfungstheologischer Sicht in seinem Wirken mit den dynamischen und kontingenten Naturprozessen in Verbindung gebracht werden könne.52 Angesichts der grundlegenden Bedeutung der Trinitätslehre warnt Schwöbel jedoch auch vor einer unangemessenen Prinzipialisierung der Trinitätslehre im Sinne einer metaphysischen Prinzipienlehre, die vom heilsgeschichtlich erschlossenen Evangelium abgelöst eine direkte Identifizierung trinitarischer und weltlicher Strukturen vollzieht. Denn damit werde man weder der einmaligen trinitarischen Gemeinschaft Gottes noch den Strukturen der Welt gerecht.53 Dieser Gefahr und ihrer Überwindung widmet sich der trinitarische Entwurf des Verfassers der vorliegenden Gotteslehre, der die einmalige Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler bzw. intra- und interpersonaler Dimension in Gott aufzeigt (Einheit in Dreiheit) – im Unterschied zu den in der Welt existierenden intra- oder interpersonalen Strukturen. Aufgrund dieses Unterschieds besteht seit den Anfängen des christlichen Glaubens die bis heute präsente Gefahr der tendentiellen Engführung des Wesens Gottes auf eine der beiden Wesenseigenschaften, was die Identifizierung mit den jeweiligen anthropologischen, sozialen und ekklesiologischen intra- oder interpersonalen Strukturen erleichtert – und damit die Vereinnahmung Gottes. Das spiegelt sich schon in den unterschiedlichen Prioritäten westlicher und östlicher Kirchenväter wider: Während sich die Westkirche anhand der psychologischen Analogie (dreifache Entfaltung des Geistes) mehr an der intrapersonalen Einheit des dreieinigen Gottes orientierte, richtete sich die Ostkirche durch die soziale Analogie (Gemeinschaft der Familie) mehr auf die interpersonale Gemeinschaft der trinitarischen Personen. Der Verfasser weist nach, wie aus den jeweiligen trinitätstheologischen Engführungen, die auch mit offenbarungstheologischen Eng­führungen zusammenhängen, entsprechende Einseitigkeiten im Kirchenverständnis entstanden sind (siehe Kap. IV). Diese Zusammenhänge lassen sich auch innerhalb der Westkirchen und 51 Ebd., S. 152. Zu detaillierten trinitätstheologischen Aussagen hinsichtlich christlicher Anthropologie vgl. ders.: Human Being. 52 Vgl. ders.: Theologie/Schöpfung, S. 216ff. 53 Vgl. ders.: Trinitätslehre, S. 153f. Vgl. insgesamt ders.: Theology. – Siehe zu Schwöbels und Pannenbergs Vermittlung der Schöpfungstheologie mit der Naturwissenschaft auch Kap. X,1.2.6.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

bis in aktuelle trinitätstheologische und ekklesiologische Konzeptionen zeigen (siehe Kap. XI). So leitet der Verfasser von der gemeinsamen Basis der altkirchlichneunizänischen Trinitätslehre (siehe Kap. III) Differenzierungen ab, welche die offenbarungstheologischen, trinitätstheologischen und damit auch ekklesiologischen Einseitigkeiten zu überwinden vermögen. Das bietet die Chance zur Lösung der ökumenischen Grundprobleme und wirkt sich zugleich auf das Verständnis von christlicher Anthropologie und Weltverantwortung sowie auf den Dialog mit anderen Religionen aus. Von diesem Entwurf ist natürlich auch die vorliegende Gotteslehre geprägt.54 2. Römisch-katholische Konzeptionen Im Gefolge der Gegenreformation und der Auseinandersetzung mit der Aufklärung verfestigte sich im römischen Katholizismus die Orientierung an der Einheit Gottes und an einem entsprechend monistisch-hierarchischen Kirchenverständnis. Das rief im 19. Jahrhundert bei Theologen der Tübinger Schule und der Römischen Schule die Besinnung auf die biblischen und altkirchlichen Grundlagen der Trinitätslehre hervor. So konnte die Einheit in Vielfalt beim Gottes- und Kirchenverständnis wieder hervorgehoben werden, was beim Ersten Vatikanischen Konzil noch nicht zum Tragen kam. Das holte das Zweite Vatikanische Konzil mit einem expliziten Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre nach. In Überwindung der westkirchlichen Betonung der Einheit Gottes wurde die Bedeutung der jeweiligen trinitarischen Personen und ihrer Gemeinschaft erneut wahrgenommen. Daraus leitete man ein gemeinschaftlich geprägtes Kirchenverständnis ab, das den einzelnen Glaubenden, den Ortskirchen oder der Kollegialität der Bischöfe erneut Geltung verschaffte. Theologen wie Karl Rahner und Gisbert Greshake entfalteten später die Relevanz der Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen für das Verständnis Gottes, des Menschen, des Glaubens, des Heils und der Kirche. Während dabei lediglich noch einige offenbarungs- und trinitätstheologische Defizite auftraten, gelangte Joseph Ratzinger aufgrund deutlicherer Defizite abermals zu einem monistisch-hierarchischen Trinitäts- und Kirchenverständnis.

2.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert Mit der Gegenreformation und der Reaktion auf die Aufklärung wurde im Katholizismus die scholastische Trennung in natürliche und übernatürliche Offenbarung verstärkt, was die Vorordnung der natürlichen Erkenntnis der Einheit Gottes (De Deo uno – De Deo trino) und ein entsprechendes Verständnis von Kirche als hierarchisch-monolithischer perfekter Gemeinschaft (lat. societas perfecta) unterstrich (siehe Kap. V,1 u. XI,2.1). Denn aus dem unitarischen Gottesbegriff resultierte analog eine pyramidal-hierarchische Abstufung von der Einheit Gottes über die Spitze 54 Siehe zur detaillierten und umfassenden Ausführung dieses Entwurfs M. Haudel: Selbsterschließung.

2. Römisch-katholische Konzeptionen

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der kirchlichen Einheit (Papst) zu den anderen Amtsträgern, wo­durch sich die Trennung von Klerikern und Kirchenvolk verfestigte. Das verband sich mit dem aufklärerischen Verständnis von Kirche als wahrer äußerlicher Lehranstalt der inneren Religion, da diese zur ekklesiologischen Verankerung der Wahrheit eines unfehlbaren Lehramts bedurfte. In Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung kam es auch in der katholischen Theologie zu einer biblisch-patristisch orientierten Besinnung auf die Trinitätslehre und auf das damit verbundene Kirchenverständnis. So bewirkten zunächst Theologen der Tübinger Schule durch den Rückgriff auf die Schrift und die Kirchenväter eine trinitätstheologische und ekklesiologische Besinnung, wie etwa Johann Adam Möhler (1796–1838), der eine institutionellsoziologische Ekklesiologie durch ein trinitarisch-pneumatologisch begründetes Kirchenverständnis zu überwinden versuchte. Das führte ihn zu der Einsicht, dass die Gemeinschaft in Gott und – analog – in der Kirche eine lebendige Einheit in Vielfalt verkörpert, was Möhlers nach­haltiges ökumenisches Engagement erklärt.55 Die beim jungen Möhler zu beobachtende idealistisch geprägte pneumatozentrische Engführung mit ihrer mangelnden Unterscheidung zwischen göttlichem und kirchlichem Geist und die später erfolgende christozentrische Engführung mit ihrer mangelnden Unterscheidung zwischen Christus und Kirche überwand Möhlers Schüler Franz Anton Staudenmaier (1800–1856). Durch seinen Rückgriff auf die heilsgeschichtlich-trinitarische Offenbarung konnte er an die lebendige innertrinitarische Gemeinschaft und eine entsprechend differenzierte Gemeinschaft der Glaubenden erinnern. Deshalb betonte er die Notwendigkeit synodaler kirchlicher Strukturen.56 Die trinitarisch-ekklesiologische Besinnung der Tübinger Schule hinterließ auch Spuren in der Römischen Schule mit ihrem überwiegend juridischpapa­listischen Kirchenbegriff. Auch hier begannen Theologen wie Carlo Passaglia (1812–1887) erneut, Wesen und Struktur der Kirche aus der Dreieinigkeit Gottes abzuleiten. Matthias Joseph Scheeben (1835–1888) vollzog dann in Deutschland die theologische Verbindung von Römischer und Tübinger Schule, indem er den Zusammenhang von ökonomischer und immanenter Trinität erneut herausstellte und so das Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ Gottes differenziert darlegen konnte: Er erkannte die trinitarischen Sendungen als freie Entäußerung der innertrinitarischen Eigentümlichkeiten (Zeugung als Ausprägung, Hauchung als Belebung) und leitete daraus den Charakter kirchlicher Gemeinschaft ab, welche in Christus ihre Prägung und im Heiligen Geist ihre Belebung erhält, die das ganze Volk Gottes betrifft. Damit wird einer monistischen Identifizierung von Gott und Kirche ebenso widersprochen wie einer Bindung des Geistes an das hierarchische Amt.57 Diese theologischen Tendenzen wirkten sich auch auf die Vorbereitung des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70) aus. So durchbrach der Titel des ersten Kapitels im Entwurf der geplanten Konstitution „Über die Kirche Christi“58 das 55 56 57 58

Vgl. insgesamt J.A. Möhler: Einheit, und ders.: Symbolik. Vgl. F.A. Staudenmaier: Dogmatik II, S. 475–554, und ders.: Aufgabe, S. 271ff. Vgl. insgesamt M.J. Scheeben (Hg.): Handbuch I, S. 880ff. Zum deutschen Text des ersten Entwurfs siehe J. Neuner/H. Roos: Glaube, S. 259–264.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

neuscholastisch-institutionelle Kirchenverständnis, indem er die Kirche von der Gotteslehre her als „mystischen Leib Christi“ bezeichnete. Aber auf dem Konzil, das wegen des deutsch-französischen Krieges vorzeitig abgebrochen wurde, kam es nicht mehr zu einer umfassenden Glaubensentscheidung „Über die Kirche“, sondern man verabschiedete mit der dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“59 nur noch die Definition des Universalprimats und der Unfehlbarkeit des Papstes. Damit setzten sich die restaurativen ultramontanistischen Tendenzen der Neuscholastik durch, die der Moderne mit ihren pluralistischen und säkularisierten Gesellschaftsordnungen die katholische Kirche als eine „societas perfecta“ entgegenstellten, welche in der römisch-päpstlichen Zentrale verankert ist. Mit dieser absolutistischen Konzentration auf den Papst entfernte man sich noch weiter von den neutestamentlichen und altkirchlichen Grundlagen, zumal der Papst als „oberster Hoherpriester“ nun zum „Haupt der gesamten Kirche“ erklärt wurde, als deren Haupt im Neuen Testament Christus gilt.60 Mit der Vorordnung der Einheit Gottes und der Einheit der Kirche gelangte man so zum hierarchischen Verständnis der Kirche als „verlängertem Christus“ (lat. Christus prolongatus), indem man die altkirchliche konziliare Gemeinschaft der Heiligen endgültig ausblendete, die damals noch als Garant der Wahrheit galt und zu deren Wesen deshalb die notwendige Rezeption von Glaubensentscheidungen zählte. Die nun erfolgte Vor­ordnung der natürlichen Erkenntnis der Einheit Gottes spiegelte sich in der Entscheidung des Ersten Vatikanischen Konzils wider, die neuscholastische Teilung in natürliche und übernatürliche Offenbarung zu bestätigen, wonach „Gott [...] mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft aus den ge­ schaffenen Dingen gewiß erkannt werden“61 kann. Diese relative Eigenständigkeit beider Erkenntnisbereiche (natürlich – übernatürlich) förderte die Vernachlässigung der soteriologisch und ekklesiologisch relevanten heilsgeschichtlichen Selbsterschließung des trinitarischen Gottes. Weil das Konzil durch sein vorzeitiges Ende bei diesen Aussagen stehengeblieben war, drängte sich bald der Bedarf einer Überwindung des juridisch-hierarchischen Denkens durch die heilsgeschichtlich-trinitarische Besinnung auf, die im ersten Entwurf zur Kirchenkonstitution noch ansatzweise erkennbar war. Den Versuch, diesem Bedarf gerecht zu werden, unternahm das Zweite Vatikanische Konzil, nachdem der Schock des Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie die entstehende weltweite Ökumenische Bewegung im Katholizismus biblische, patristische und liturgische Erneuerungsbewegungen hervorgerufen hatten.62 59 Zum Text der Konstitution „Pastor aeternus“ siehe H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 3050–3075. 60 Vgl. ebd., Nr. 3055–3064. Zu entsprechend kritischen Beurteilungen katholischer Theologen vgl. z.B. J. Werbick: Kirche, S. 381ff. 61 H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 3004. 62 Vgl. insgesamt zu den römisch-katholischen Entwicklungen im 19. Jahrhundert M. Haudel: Selbsterschließung, S. 221ff. Zur Entstehung der Ökumenischen Bewegung sowie zu den ökumenischen Erneuerungsbewegungen siehe ders.: Bibel, S. 25–174.

2. Römisch-katholische Konzeptionen

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2.2 Zweites Vatikanisches Konzil Im Kontext des allgemeinen ökumenischen Aufbruchs und der Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre gelangte das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) zu einer beachtlichen theologischen und ekklesiologischen Erneuerung der katholischen Kirche. Mit der Konzentration auf das heilsgeschichtlich offenbarte personale Trinitätsverständnis wurde die einseitige Orientierung an der intrapersonalen Einheit Gottes überwunden, so dass man die innergöttliche Gemeinschaft als Grundlage kirchlicher Gemeinschaft wahrnahm. Dadurch wurde das bisherige monistisch-hierarchische Kirchenverständnis mit der altkirchlichen Ekklesiologie der Gemeinschaft (lat. communio) konfrontiert. Gegenüber der statischen Identifizierung von Christus und Kirche konnte die kirchliche Gemeinschaft jetzt als Entsprechung zur innertrinitarischen Gemeinschaft verstanden werden, was zur sogenannten Communio-Ekklesiologie führte. So entfaltete die Kirchenkonstitution Lumen Gentium (LG)63 ein trinitarisches Verständnis von Kirche, die „als ‚das von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk‘“ (LG 4) gilt. Die Volk Gottes-Metapher ergänzte das zur Identifikation von Christus und Kirche tendierende Bild des Leibes Christi, dem außerdem der Begriff „Tempel des Heiligen Geistes“ zur Seite gestellt wurde. Auf diese Weise kristallisierte sich eine Trias von Kirchenbegriffen heraus, die in ihrer Gesamtheit trinitarisch gedeutet wird (LG 17): Volk Gottes (des Vaters), Leib Christi, Tempel des Heiligen Geistes. Durch diesen – auch von Luther vollzogenen – Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre, die neben der intrapersonalen Einheit Gottes zugleich dessen interpersonale Dreiheit betont hatte, wurde auch die von der westlichen FilioqueTradition vernachlässigte Eigenständigkeit des Heiligen Geistes erneut ernst genommen. Weil der Geist wieder als personaler Geber der Charismen der einzelnen Glaubenden hervortritt (LG 12) und nicht nur als an das Amt gebundener Einheitsgeist der Kirche, drängt sich auch dem Konzil das „gemeinsame Priestertum aller Gläubigen“ (LG 10) auf. Daher wird im Unterschied zur gegenreformatorischen Theologie und zum Ersten Vatikanischen Konzil nicht die Unfehlbarkeit von Amt und Papst betont, sondern der Umstand, dass die „Gesamtheit der Gläubigen [...] im Glauben nicht fehlgehen [irren]“ (LG 12) kann. Weil analog zur Beachtung der trinitarischen Vielfalt auch die ekklesiologische Vielfalt zum Tragen kommt, tritt zugleich das konziliare und synodale Moment wieder deutlicher hervor. Ferner wird die Kollegialität der Bischöfe gegenüber dem Primat des Papstes hervorgehoben und die Bedeutung der Ortskirchen gegenüber der Universalkirche betont. So ergaben sich unter dem erkennbaren Einfluss ostkirchlicher Pneumatologie und Ekklesiologie sowie protestantischer Theologie deutliche Ansätze, „eine vor allem juridische und dadurch rein christologisch geprägte Sicht durch eine Sicht 63 Siehe H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, Nr. 4101–4179.

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der Kirche als Gemeinschaft von Personen und Gemeinschaft von Ortskirchen in einer trinitarischen Perspektive“64 zu ersetzen. Das führte zur ökumenischen Öffnung: Weil der Heilige Geist die Kirche als pilgerndes Gottesvolk in der Spannung zwischen „schon“ und „noch nicht“ zur eschatologischen Vollendung des Gottesreiches leitet (LG 48–51), ist die Kirche auf ihrem Weg noch der Sünde ausgeliefert und deshalb stets zu reformieren (LG 8). So erscheint ihre Katholizität nicht mehr als apologetisch-ekklesiologisches Erkennungszeichen, sondern als eschatologischheilsge­schichtl­iche Größe (LG 13). Weil die trinitarische Heilsgeschichte auch in anderen „Kirchen“ und „kirchlichen Gemeinschaften“ (LG 15) „mehrere Elemente der Heiligung und der Wahrheit [...] als der Kirche Christi eigene Gaben“ (LG 8) erkennen lässt, „ist“ (lat. est) die römisch-katholische Kirche nicht mehr wie in früheren Aussagen die einzige Kirche Christi, sondern diese „verwirklicht“ (lat. subsistit) sich in ihr (LG 8). Nach den Worten des Dekrets über den Ökumenismus „Unitatis Redin­tegratio“ (UR) soll die katholische Kirche „mit Eifer an dem ökumenischen Werk teilnehmen“, um die von Christus gewollte volle kirchliche Gemeinschaft und Einheit zu erzielen, denn es gilt: „Höchstes Vorbild und Urbild“ kirchlicher Einheit „ist die Einheit des einen Gottes, des Vaters und des Sohnes im Heiligen Geist in der Dreiheit der Personen“ (UR 2).65 Mit dieser trinitarischen Verankerung von Kirche und Ökumene und der entsprechenden Aufwertung der Gemeinschaft (lat. Communio/griech. Koinonia) entsprach man der trinitarischekklesiologischen Besinnung in den anderen Konfessionen. Der Aufbruch erfasste aber – wie in den anderen Konfessionen auch – nicht alle Teile des theologischen Spektrums und blieb zum Teil defizitär (siehe Kap. XI). Auch die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils blieben ambivalent, denn sie enthalten neben der heilsgeschichtlich-kommunialen Sicht von Kirche weiterhin den juridisch-institutionellen Ansatz, da man die christozentrisch-hierarchische Leib-Christi-Vorstellung unverbunden neben der trinitarisch verankerten VolkGottes-Metapher stehen ließ.66 Das wurde möglich, weil neben dem heilsgeschichtlich-trinitarischen Offenbarungsverständnis nach wie vor die neuscholastische Vorordnung der natürlichen Erkenntnis der Einheit Gottes Einfluss behielt. Damit wollte man die Abspaltung der konservativen Konzilsteilnehmer verhindern. So sind die Konzilstexte von ambivalenten Formulierungen und bewusst offen gelassenen Lücken (Lakunen) geprägt, die einerseits den ökumenischen Aufbruch nach dem Konzil zuließen, andererseits aber auch Ansatzpunkte für die zunehmende rückwärtsgewandte Auslegung des Konzils durch konservative Kräfte lieferten. Letzteres betrifft besonders die restriktiven römischen Verlautbarungen der vergangenen beiden Jahrzehnte, die von Joseph Ratzinger in seiner Funktion als Leiter der Glaubenskongregation und später als Papst geprägt sind. Denn 64 Y. M. J. Congar: Implikationen, S. 122. 65 Vgl. zum Text des Ökumenismusdekrets K. Rahner/H. Vorgrimler (Hg.): Konzilskompendium, S. 229–250, da sich dieses Dekret bei H. Denzinger/P. Hünermann (Hg.): Enchiridion, leider nur in Auszügen findet, die zentrale Stellen vermissen lassen. 66 Vgl. J. Werbick: Kirche, S. 300; vgl. insgesamt M. Haudel: Selbsterschließung, S. 233ff.

2. Römisch-katholische Konzeptionen

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Ratzinger entwickelte in erneuter Engführung auf die intrapersonale Einheit des dreieinigen Gottes ein monistisches Verständnis trinitarischer Gemeinschaft, aus dem ein entsprechend monistisch-hierarchisches Verständnis kirchlicher Gemeinschaft resultierte (siehe Kap. XI,2.1). Aufgrund der verbliebenen Ambivalenzen der Konzilstexte, die die Gefahr solcher Entwicklungen beinhalten, forderten schon gegen Ende des Konzils katholische Theologen wie Karl Rahner eine noch nachhaltigere Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre und ihre ekklesiologischen Konsequenzen. 2.3 Karl Rahner Die noch zu inkonsequente Bezugnahme auf die altkirchliche Trinitätslehre durch das Zweite Vatikanische Konzil bedarf nach Karl Rahner (1904–1984) einer Vertiefung, wenn die offenbarungs- und heilsrelevanten Engführungen in der Gotteslehre der Schultheologie überwunden werden sollen. Aus der offenbarungstheologischen Vorordnung der natürlichen Erkenntnis der Einheit Gottes (De Deo uno) durch die scholastisch geprägte Theologie und der entsprechenden westkirchlichen Betonung der intrapersonalen Einheit Gottes ist nach Rahner eine rein unitarische Schöpfungs-, Erlösungs- und Gnadenlehre entstanden. Denn das heilsgeschichtliche Handeln der trinitarischen Personen „nach außen“ (lat. ad extra) sei ihnen lediglich zugeordnet worden (appropriiert). Weil ihr Handeln so in keinem wesensmäßigen Zusammenhang mit ihren innertrinitarischen Eigentümlichkeiten (Proprien) stehe, hätte nicht nur der Sohn Mensch werden können und nicht nur der Geist die Einwohnung bei den Menschen vollziehen können, sondern jede trinitarische Person. Deshalb werde die Trinität letztlich im Blick auf das Heils- und Kirchenverständnis sowie die Offenbarungsgewissheit funktionslos.67 Demgegenüber greift Rahner dezidiert auf das biblische und altkirchliche Zeugnis zurück, und zwar auf die voraugustinische Grundlage, das neunizänischkappadozische Offenbarungs- und Trinitätsverständnis, welches deutlich zeigt, dass sich der dreieinige Gott in der Heilsgeschichte bzw. Heilsökonomie seinem immanenten Wesen entsprechend selbst mitteilt. Darauf Bezug nehmend formuliert Rahner das Grundaxiom „Die ‚öko­nomische‘ Trinität ist die ‚immanente‘ Trinität und umgekehrt.“68 Er will so – wie viele evangelische und orthodoxe Theologen69 – daran erinnern, dass die ökonomische Trinität die Erkenntnisgrundlage der immanenten Trinität bildet (Er­kennt­nisordnung), während sich umgekehrt die immanente Trinität als ontologische Voraussetzung der freien heilsgeschicht67 Vgl. K. Rahner: Gott, S. 319ff. 68 Ebd., S. 328. 69 Weil diese trinitätstheologische Besinnung in allen großen konfessionellen Strömungen stattfand (siehe Kap. VII,1 u. 3), konnte W. Kasper: Gott, S. 333, festhalten: „Was K. Rahner als Grundaxiom formuliert, ent­spricht heute also einem breiten Konsens in der Theologie der verschiedensten Kirchen.“

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

lichen Selbstmitteilung Gottes erweist (Seinsordnung).70 Rahners Grundaxiom hebt somit die Unterscheidung von ökonomischer und immanenter Trinität nicht auf, weil Gott als eigenständiges personales Geheimnis wahrgenommen wird, das sich als solches zum Heil der Menschen mitteilt. In dieser Selbstmitteilung wird nach Rahner das Wesen Gottes und der Menschen erschlossen, „weil unsere eigene Begnadigung und Herrlichkeit gar nicht anders völlig erschlossen werden kann, als indem dieses [Gottes] Geheimnis gesagt wird, so daß beide Geheimnisse, das unserer Gnade und das Gottes in sich selbst, ein und dasselbe abgründige Mysterium sind“71. Den Zusammenhang zwischen anthropologischem und göttlichem Wesen erklärt Rahner folgendermaßen: Der Mensch bleibt in der Spannung zwischen Herkunft und Zukunft transzendental auf den letzten Grund seines Daseins verwiesen. Dieses Spannungsverhältnis findet sich in der Spannung zwischen Geschichte und Transzendenz, zwischen Angebot und Annahme oder zwischen Erkenntnis und Liebe. Das durch die genannten vier Doppelaspekte charakterisierte Geheimnis seiner Existenz erfährt der Mensch durch die Offenbarung des Geheimnisses Gottes, der sich im Wort bzw. Logos als Wahrheit und im Heiligen Geist als Liebe mitteilt und sich dadurch „als Wahrheit in Geschichte, Anfang und Angebot, und als Liebe in Transzendenz auf absolute Zukunft in Annahme auslegt“72. Also entsprechen die Grundmodalitäten der göttlichen Selbstmitteilung als Wahrheit (Sohn) und Liebe (Geist) der Grundstruktur menschlicher Existenz, die von den beiden Seiten der Doppelaspekte geprägt ist. Denn unter dem Aspekt von „Herkunft, Geschichte, Angebot, Erkenntnis“ bedarf der Mensch der im Logos manifestierten Wahrheit, und zwar als Angebot geschichtlich vermittelter Erkenntnis. Unter dem Aspekt von „Zukunft, Transzendenz, Annahme, Liebe“ bedarf der Mensch der Liebe des Geistes, die Zukunft und Transzendenz eröffnet und die Annahme des Angebots ermöglicht. So wird transparent, wie Gott im Blick auf seine trinitarische Selbsterschließung die Menschen als entsprechende Adressaten und Partner geschaffen hat. Deshalb ist die Trinität nicht wie in der Schultheologie als spekulatives Anhängsel zu verstehen, sondern als „Heilsmysterium“ und „Ursprungsmysterium des Christentums“73 und damit als Grundlage der gesamten Dogmatik. Die Beziehung zwischen Gott und Mensch ist laut Rahner also von den Eigentümlichkeiten (Proprien) der trinitarischen Personen geprägt, weil diese in der Heilsgeschichte ihren Eigentümlichkeiten gemäß handeln. So erweise sich die Inkarnation als Proprium des Sohnes, denn Jesus wisse sich sowohl dem Vater als auch den Menschen gegenüber in spezifischer Weise als der „Sohn“, was bei einer allgemeinen Menschwerdung des Vaters bzw. des göttlichen Wesens unmöglich gewesen wäre. Der Sohn erscheine wesensmäßig als immanente und ökonomische 70 71 72 73

Vgl. K. Rahner: Gott, S. 383f. Ebd., S. 340. Ebd., S. 381 (Hervorhebung v. Vf.). Ebd., S. 327. Vgl. insgesamt ebd., S. 374ff.

2. Römisch-katholische Konzeptionen

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Selbstmitteilung des Vaters (das Wort ward Fleisch/Joh 1,14), weshalb die Mensch­ werdung sein Proprium sei. Dabei versteht Rahner Gottes „Werden“ am Menschen im Unterschied zu Hegel nicht als Akt notwendiger Selbstkonstitution, sondern als freie und liebende Tat Gottes, der sich als unveränderlicher Gott am anderen bzw. am Menschen ändern kann und deshalb „trotz seiner Unveränderlichkeit wahrhaft etwas werden kann“74, was die christologische Formel von Chalcedon (451) zeige, indem sie am „unvermischt“ festhalte. Das Proprium des Heiligen Geistes liegt nach Rahner in dessen Einwohnung im Menschen, denn „weil die dem Heiligen Geist in der Schrift zugeschriebene Einwohnung (als heiligende, konsekrierende, treibende usw. Macht) gerade der personalen Eigenart des Geistes und seines Ausgangs aus Vater und Sohn entspricht, kann durchaus gesagt werden, daß in dieser Weise nur der Geist dem Menschen einwohnt“75. Als Geber und Gabe bewirke der Geist im Menschen die „ungeschaffene Gnade“, was gegenüber der scholastischen Tradition von der „geschaffenen Gnade“ als einem Habitus des Menschen zu betonen sei. Aus Rahners trinitätstheologischen Differenzierungen leitet sich eine differenzierte Ekklesiologie ab, da er den Menschen im Horizont der Selbstmitteilung des dreieinigen Gottes als gemeinschaftliches Wesen versteht, was die Kirche widerzuspiegeln habe, zum Beispiel durch ein kollegial-synodales Prinzip. Das werde durch die mit dem Proprium des Heiligen Geistes verbundene Geisterfahrung aller Glaubenden unterstrichen, worin die ökumenische Verbundenheit aller Christen hervortrete.76 Weil Rahners biblisch-heilsgeschichtliches Offenbarungsverständnis zuweilen von anthropologisch-idealistischen Prämissen überlagert wird, spricht er mehr geistmetaphysisch von Gott als Selbstmitteilung und weniger biblisch von Gott als Liebe.77 Denn durch die Übertragung der geistmetaphysischen Entfaltung des absoluten Subjekts auf den trinitarischen Gott erscheint dieser nicht nur in seinem heilsgeschichtlichen Handeln, sondern auch innergöttlich als „Selbstmitteilung“. Das führt einerseits zu einer Engführung auf die intrapersonale Dimension Gottes, woraus bei Rahner die Gefahr resultiert, von der Anthropologie ausgehend zu direkt intrapersonale menschliche Strukturen auf Gott zu übertragen.78 74 75 76 77 78

Ders.: Theologie/Menschwerdung, S. 147, Anm. 3. Ders.: Begrifflichkeit, S. 374, Anm. 2. Vgl. ders.: Kirche/Kirchen, S. 359ff.; ders.: Dynamische, S. 65. Vgl. ders.: Gott, S. 387. Vgl. ders.: Theologie/Anthropologie, S. 48. – Indem Rahner statt von drei „Personen“ lieber von drei „distinkten Subsistenzweisen“ spricht, verstärkt er nicht nur die Ausblendung der interpersonalen Gemeinschaft in Gott, sondern erschwert auch Verkündigung und Doxologie, da man zu Subsistenzweisen kein personales Verhältnis aufbauen kann und sie schwerlich anzurufen und anzubeten sind. Rahners Annahme, seit der Neuzeit verbinde man mit „Person“ die individualistische Vorstellung des eigenständigen Bewusstseins- und Aktzentrums, während die altkirchliche Verwendung nur ein distinktes Subsistieren gemeint habe (Rolle, Maske) und die heutige Verwendung deshalb ein tritheistisches Missverständnis impliziere (vgl. ders.: Gott, S. 342ff.), entspricht weder dem altkirchlichen noch dem neuzeitlichen Befund. Denn der neunizänische Person- und Hypostasenbegriff hat ja Selbstand und Relation verbunden und damit dem antiken Personbegriff erstmals die Bedeutung des Selbstandes gegeben (siehe Kap. III,3.2.1), während viele moderne

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

Andererseits entsteht eine formale Identität von ökonomischer und immanenter Trinität, durch welche die ökonomische Trinität primär den Charakter einer zeitlichen Erscheinung der immanenten Trinität (Selbstmitteilung) erhält. Der heilsgeschichtliche Anlass der Menschwerdung Gottes und die Kreuzestheologie kommen nicht mehr angemessen zum Tragen, was sich in Rahners einseitiger Konzentration auf die Inkarnation äußert, die nahezu als automatische Menschwerdung erscheint, zu der es kommt, wenn sich Gott in die Welt von Geist und Materie mitteilen will. Umgekehrt folgt aus der Übertragung der anthropologischen Existenzstrukturen auf Gott, dass sich christlicher Glaube als natürliche Eigenschaft menschlicher Existenz aufdrängt, weshalb Rahner vom „anonymen Christentum“ spricht, das der Mensch erfährt, „wenn er sich selbst wirklich ganz annimmt“79. So werden die natürlichen Voraussetzungen zu unkritisch übernommen, ohne deren Ambivalenz im Kontext menschlicher Selbstvergöttlichung angemessen zu berücksichtigen. Das kann erneut zur scholastischen Hermeneutik führen, nach der natürliche Offenbarung nur durch übernatürliche Offenbarung zu ergänzen ist. Ferner wird durch die individualistische Gnadenlehre die Kosmologie ausgeblendet. Darüber hinaus kann die Konzentration auf die intrapersonale Selbstmitteilung des Vaters kaum einer hierarchischen Sendungstrinität widerstehen, nach welcher der Geist im Sinne der Filioque-Tradition als rein passiv erscheint. Aus der damit verbundenen christologisch-inkar­na­torischen Zuspitzung resultiert wiederum eine zu direkte Identifizierung von Christus und Kirche, weshalb Rahner von der Kirche als „Ursakrament“ sprechen kann und damit die Unterscheidung von Kirche und ihrem Haupt verdunkelt.80 Von daher weist auch Rahners trinitätstheologische – und analoge ekklesiologische – Besinnung neben den Fortschritten noch einige Defizite auf. 2.4 Weitere Entwürfe (H.U. von Balthasar u.a.) Im Rückgriff auf die Alte Kirche entwickelte auch der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar (1905–1988) einen großen trinitätstheologischen Entwurf, der seine gesamte Theologie bestimmte. Die heilsgeschichtliche Beziehung zwischen dem dreieinigen Gott und den Menschen entfaltet Balthasar in seinem Konzept der „Theodramatik“, das Gott und Mensch in ihrer freiheitlichen Grund­struktur als Akteure des heilsgeschichtlichen gott-menschlichen Dramas beschreibt. Dabei wird der Zusammenhang zwischen dem heilsgeschicht­lichen Handeln der trinitarischen Personen und ihrem innertrinitarischen Wesen in der Heilsrelevanz für den Menschen darlegt: Die liebende Hingabe des dreieinigen Gottes für die Menschen erwächst aus der gegenseitigen liebenden Hingabe der trinitarischen PersoFormen des Personalismus einem relationalen Existenz- und Seinsbegriff zuneigen (vgl. W. Pannenberg: Person; ders.: Anthropologie, S. 151ff., 473ff.). 79 K. Rahner: Christen, S. 549. 80 Vgl. ders.: Kirche/Sakramente, S. 21. Zur detaillierten Analyse von Rahners Entwurf siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 241–263.

2. Römisch-katholische Konzeptionen

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nen. Weil Gott in sich selbst die vollkommene Gemeinschaft hingebungsvoller Liebe ist, wendet er sich in solcher Liebe auch seinen Geschöpfen zu. Der Sohn vollzieht den Liebeswillen des Vaters in der Heilsgeschichte so wie er innertrinitarisch die Liebesbewe­gung des Vaters in der Liebe des Heiligen Geistes beantwortet. Indem der Mensch gewordene Gottessohn auf diese Weise das wahre Wesen Gottes offenbart, kann er zugleich die wahre Bestimmung des Menschen zeigen, der sich aus der Selbstverschließung lösen soll und sich so Gott – und damit auch den Mitmenschen – in empfangender sowie hingebender Liebe zu öffnen vermag. Das Kreuzesgeschehen erschließt diese Zusammenhänge in ihrer ganzen Tiefe, denn am Kreuz erleiden Vater und Sohn im Tod die tiefste innertrinitarische Trennung, die im Heiligen Geist zugunsten des Lebens überwunden wird. Das geschieht für den Menschen, der dadurch aus der tödlichen Selbstverschließung wieder in die Gemeinschaft mit Gott gelangen kann. Im Blick auf die Diskussion um das Verständnis des Sühnetodes Jesu bedeutet das: Es geht nicht um die Sühne für die Ehre des Vaters, sondern um die hingebungsvolle Liebe Gottes für die Menschen, indem Gott selbst die menschliche Auflehnung gegen Gott sühnt (siehe Kap. X,2.2.2). Vor diesem Hintergrund kann die Wahrheit Gottes nach Balthasar immer nur trinitarische Wahrheit sein, zumal die Wahrheit des Vaters durch den Sohn ausgelegt wird, was wiederum der Auslegung durch den Heiligen Geist bedarf. Die gezeigten Zusammenhänge verlangen nach Balthasar eine angemessene Zuordnung von ökonomischer und immanenter Trinität, die menschliche Freiheit und Schuld sowie die göttliche liebende Hingabe erkennbar bleiben lässt. Diesbezüglich kritisiert er an Rahners Zuordnung, sie erscheine lediglich als formaler Selbstvermittlungsprozess Gottes (siehe Kap. VII,2.3), während er Moltmann vorwirft, mit seiner Zuordnung Gottes inneres Wesen in den Weltprozess zu verstricken (siehe Kap. VII,1.4). Doch Balthasars Versuch, die Verquickung von Gottes Wesen und Weltgeschichte zu überwinden, endet im umgekehrten Extrem. Denn er verlegt das Drama der sündigen Weltgeschichte in das immanente Wesen Gottes, wo es als „Ur-Drama“ die Heilsgeschichte bis hin zur immanenten „Gott-losigkeit Gottes“ vorwegnimmt.81 Damit wird der menschlichen Sündengeschichte jedoch letztlich ihre geschichtliche Dimension genommen, was menschliche Freiheit und Schuld in Frage stellt – und so auch die freie Hingabe Gottes, die durch die Sündengeschichte hervorgerufen wurde. Im Blick auf das Verhältnis von Trinitäts- und Kirchenverständnis zeigt sich, dass Balthasar zwar die gegenseitigen Beziehungen der trinitarischen Personen wahrnimmt und damit eine rein passive Charakterisierung des Heiligen Geistes überwindet, aber durch den Einfluss der Filioque-Tradition den Geist vornehmlich als Gabe an die Amtskirche bindet, wodurch er als Geber der Charismen aller Glaubenden in den Hintergrund tritt.82 Während Theologen wie Joseph Ratzinger unter dem Einfluss idealistischer Philosophie in erneuter westkirchlicher Engführung auf die intrapersonale Ein81 Vgl. H.U. von Balthasar: Theodramatik III, S. 300ff. 82 Vgl. insgesamt ders.: Theodramatik I–IV.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

heit Gottes zu einem monistischen Verständnis trinitarischer Gemeinschaft und einer analogen universalkirchlich-hierarchischen Ekklesiologie gelangten (siehe Kap. XI,2.1), berücksichtigten Theologen wie Gisbert Greshake im Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre auch die interpersonale Dimension Gottes, um sich auf die Gegenseitigkeit und Vielfalt von Gemeinschaft zu besinnen. Indem Greshake wie das Zweite Vatikanische Konzil an die interpersonale trinitarische Gemeinschaft erinnerte, konnte er gegenüber Ratzingers Zentralismus dem Konzil entsprechend analog die Gegenseitigkeit von Orts- und Universalkirche sowie von allgemeinem Priestertum und ordiniertem Amt betonen. Im Blick auf die Filioque-Tradition mit ihrer Vernachlässigung der Personalität des Heiligen Geistes kritisiert er, „daß [...] die westlich-römische Ekklesiologie ‚christomonistisch‘ und damit nicht nur juridisch-klerikal, sondern auch zentralistisch enggeführt wurde, damit ein erhebliches pneumatologisches Defizit aufweist und so [...] dazu führte, die Ekklesiologie vornehmlich in institutionell-hierarchischer Perspektive zu sehen“83. Trotz dieser Einsichten weist Greshakes Gemeinschafts-Ekklesiologie einen Bruch auf, wenn es um die auf Rom ausgerichtete primatiale Struktur geht, indem er entgegen der zuvor genannten Orientierung ein einendes Prinzip vorordnet. Neben ekklesiologischen Prämissen könnte ein offenbarungstheo­lo­gi­ sches Defizit dafür verantwortlich sein, insofern als Greshake zu direkt in der Natur wahrnehmbare Spuren der Trinität (lat. vestigia trinitatis) auf das Wesen Gottes und damit analog auf die Kirche überträgt, ohne die Ambivalenz der natürlichen Voraussetzungen genügend zu berücksichtigen. Das gilt in diesem Fall auch für Einheitsstrukturen.84 Neben anderen theologischen Konzeptionen wie der von Walter Kasper, der die offenbarungstheologischen Voraussetzungen einer angemessenen Gotteslehre in bedenkenswerter Weise reflektiert85, ist etwa der Entwurf von Jürgen Werbick zu nennen. Auch Werbick besinnt sich im Unterschied zu westlichen trinitätstheologischen Einseitigkeiten und einer entsprechend monistisch-hierarchi­schen Ekklesiologie auf die gegenseitige innertrinitarische Gemeinschaft und eine analoge Gemeinschaft der Glaubenden. Sein daraus abgeleitetes partizipatorisches Kirchenverständnis weist aber im Blick auf die Amtsfrage wie bei Gres­hake einen Bruch auf, da Werbick die Funktion des Primats als Einheits- und Wahrheitsgarantie grundsätzlich nicht in Frage stellt und die Irrtumslosigkeit der Kirche letztendlich an das Lehramt bindet. Die Ursache dafür könnte bei Wer­bick im bleibenden Einfluss der Filioque-Tradition liegen, durch welche die eigenständige Funktion des Heiligen Geistes mit ihren ekklesiologischen Konsequenzen (Einwohnung in den einzelnen Glau­­benden etc.) noch nicht deutlich genug zum Tragen kommt.86 83 84 85 86

G. Greshake: Gott, S. 387. Vgl. insgesamt ebd., S. 72, 172ff., 219ff., 386ff., 412ff., 503ff. Vgl. W. Kasper: Gott. Vgl. insgesamt J. Werbick: Trinitätslehre; ders.: Gott; ders.: Kirche.

3. Orthodoxe Konzeptionen

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3. Orthodoxe Konzeptionen Zur Überwindung der rationalen Konzeptionen orthodoxer Schuldogmatik vollzog sich auch in der ostkirchlichen Theologie des 19. Jahrhunderts eine Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre und ihre Bedeutung für das Kirchenverständnis. So konnte etwa der griechisch-orthodoxe Theologe Zekos Rhoses mit der Erinnerung an den Zusammenhang von heilsgeschichtlicher bzw. heilsökonomischer Trinität und immanenter Wesenstrinität die jeweiligen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen herausstellen. Dadurch wirkte er der verbreiteten ostkirchlichen Überordnung des Vaters und dem analogen hierarchischen Episkopalismus entgegen. Auf Seiten der russischen Orthodoxie versuchten Theologen wie Aleksej S. Chomjakov im Rückgriff auf die biblischen und altkirchlichen Grundlagen gegenüber der institutionellen Ekklesiologie ein trinitarisch begründetes Kirchenverständnis zu entwickeln. Im 20. Jahrhundert erinnerte unter anderen der rumänisch-orthodoxe Theologe Dumitru Staniloae auf biblisch-patristischer Basis an die alles umfassende Bedeutung der Trinitätslehre. Wo er sich auf das angemessene kappadozische Offenbarungsverständnis des 4. Jahrhunderts berief, gelang es ihm, die Bedeutung der Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen für das Heil der Menschen darzulegen und daraus ein gemeinschaftlich geprägtes Kirchenverständnis sowie die ökumenische Einheit in Vielfalt abzuleiten. Seine Fortschritte blieben jedoch ambivalent, da er immer wieder der Hermeneutik späterer ostkirchlicher Engführungen erlag. Diese Ambivalenz bestimmt auch die Konzeption des ökumenisch einflussreichen griechisch-orthodoxen Theologen Ioannis D. Zizioulas.

3.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert Die mit den biblischen und patristischen Aufbrüchen einhergehende trinitätstheologische Neubesinnung, aus der ekklesiologische Fortschritte resultierten, ist auch in der ostkirchlichen Theologie des 19. Jahrhunderts zu beobachten. Trotz ihrer konstitutiven Verankerung in der Alten Kirche hatte sich selbst für die Orthodoxie eine solche Besinnung als notwendig erwiesen, da die Auseinandersetzungen mit den Kirchen des Westens zur orthodoxen Schuldogmatik geführt hatten, die von der rationalen Scholastik und deren Dualismus (natürliche – übernatürliche Offenbarung) sowie dem entsprechend institutionellen Kirchenbegriff geprägt war. Zur Überwindung der schuldogmatischen Konzeptionen vollzog sich unter anderem in der für die Ostkirchen bedeutsamen griechisch-orthodoxen und russisch-orthodoxen Theologie eine trinitätstheologische Besinnung, die wie in den anderen Konfessionen auf die altkirchliche Trinitätslehre und ihre ekklesiologischen Implikationen zurückgriff. Diese Neubesinnung korrespondierte mit einer Renaissance der theologischen Wissenschaft in den Ostkirchen und wurde durch Begegnungen mit der westlichen Theologie ausgelöst, welche sich aus der Öffnung des russischen Reiches zum Westen (Peter der Große) und aus der Befreiung Griechenlands von der türkischen Herrschaft (1821) ergaben.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

In der griechisch-orthodoxen Theologie ist beispielsweise der Entwurf von Zekos Rhoses (1838–1933) zu nennen, der sich gegenüber dem schuldogmatischen Dualismus von natürlicher und übernatürlicher Offenbarung auf einen heilsgeschichtlich-trini­ta­ri­schen Ansatz berief und so an die offenbarungstheologische Entsprechung von ökonomischer und immanenter Trinität erinnerte. Damit wandte er sich gegen die Vorordnung der natürlichen Erkenntnis des einen Gottes (De Deo uno), die in der Schuldogmatik trotz ihres interpersonalen Ansatzes erfolgte, weil in einseitiger Berücksichtigung der Ursprungs­beziehungen der Vater als Ursache von Sohn und Geist überbetont wurde. Unter Ausblendung der Existenzbeziehungen zwischen Sohn und Geist, die deren Einheit markieren, kam es zur ausschließlichen Verankerung der Einheit in der Person des Vaters. Die rein interpersonale Zuordnung ermöglichte dabei, dass sich die trinitarischen Personen im Weltbezug untereinander beliebig zu sekundären Relationen gruppieren können, was die Erkenntnis des trinitarischen Gottes in der Heilsgeschichte verhindert. Das korrelierte mit der „spekulativen Energienlehre“, nach der aus Gottes heilsgeschichtlich erkennbaren Energien (Licht, Barmherzigkeit etc.) keine bzw. nur spekulative Rückschlüsse auf das Wesen der trinitarischen Personen möglich sind (siehe Kap. IV,2), wo­durch Gott als einheitliches Gegenüber zur Welt erscheint. Indem Rhoses demgegenüber an den Zusammenhang von ökonomischer und immanenter Trinität erinnerte, traten auch die ewigen Existenzbeziehungen der trinitarischen Personen als Grundlage ihrer intrapersonalen Wesenseinheit wieder hervor. So wurden erneut alle drei Personen sowohl für die Einheit Gottes als auch für das jeweilige personale Handeln des dreieinigen Gottes in der Heilsgeschichte maßgeblich, was sich auf ein dezidiert in Christus und im Heiligen Geist begründetes Verständnis von Kirche und Heil auswirkte. Denn das institutionelle Kirchenverständnis der Schuldogmatik, das die empirische orthodoxe Kirche mit der wahren Kirche Christi identifizierte und zu einer nationalistischen Ekklesiologie neigte, wurde durch die ontologische Begründung der Kirche als Leib Christi und Tempel des Heiligen Geistes in Frage gestellt, selbst wenn durch verbliebene offenbarungs- und trinitätstheologische Defizite noch einige ekklesiologische Engführungen Bestand hatten.87 Auch in der russisch-orthodoxen Theologie konnten solche Fortschritte im Zusammenhang mit der Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre erzielt werden, was die trinitarisch begründete Ekklesiologie von Aleksej S. Chomjakov (1804–1860) belegt. Zwar überwand auch Chomjakov die schuldogmatischen Probleme noch nicht in jeder Hinsicht, was seine konfessionalistisch-nationalisti­ schen Tendenzen zeigen. Aber durch seinen Rückgriff auf die Schrift und die Kirchenväter entwickelte er als einer der einflussreichsten Vordenker der russisch87 Vgl. insgesamt Z. Rhoses: Σúστημα [System], S. 245ff., 288ff., 326, 505. Zur Analyse vgl. D. Wendebourg: Person, S. 504ff. – Wo Rhoses in die Sicht der spekulativen Energienlehre zurückfiel, unterlag er der Gefahr, die heilsgeschichtlich erkennbaren Existenzbeziehungen als sekundäre Beziehungsverhältnisse einzustufen (lediglich Energien) und in Engführung auf die Ursprungsbeziehungen den Vater überzuordnen, mit entsprechenden ekklesiologischen Gefahren.

3. Orthodoxe Konzeptionen

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orthodoxen Ekklesiologie gegenüber der institutionellen Ekklesiologie ein trinitarisches Kirchenverständnis, das die kirchliche Gemeinschaft der Heiligen aus der trinitarischen Gemeinschaft Gottes ableitet: Die leibliche Gestalt der Kirche beruht auf Christus, während sich die freie Einheit der Glaubensgemeinschaft im Geist vollzieht. In Abgrenzung vom hierarchischen ekklesiologischen Prinzip der Schuldogmatik nahm Chomjakov damit die spätere „Sobornost“-Lehre (gemeinschaftliche Einmütigkeit) mit ihrer Betonung von Katholizität und Konziliarität vorweg. Weil seine biblisch-patristische Besinnung zuweilen durch philosophische Prämissen wie das romantische Organismusdenken überlagert wurde, konnte Chomjakov den Leib Christi auch als fortdauernde Inkarnation Gottes verstehen, was seine konfessionalistisch-nationalisti­sche Tendenz förderte.88 Solche Überlagerungen führen bis heute in der Orthodoxie zu gegenläufigen Aussagen, welche sich etwa in der ökumenischen Problematik äußern, die behauptete institutionelle Identität der Kirche Christi mit den orthodoxen Kirchen in Einklang mit der gleichzeitigen Betonung der einen christlichen Gemeinschaft auf Erden (Einheit in Vielfalt) zu bringen. Den auch immer wieder hervortretenden Einfluss der spekulativen Energienlehre, die die Erkenntnis und Relevanz der Trinität in der Heilsgeschichte verdunkelt, relativierte im Übergang zum 20. Jahrhundert unter anderen Sergij Bulgakov (1871–1944), indem er die „Sophia“ bzw. die göttliche Weisheit als dynamische Selbstoffenbarung des göttlichen Wesens betrachtete. Daraus resultierte seine Zusammenschau von trinitarischer Heilsgeschichte, Kreuzesgeschehen und Kirche, mit der er das schuldogmatische Kirchenverständnis überwand.89 Bis heute bleibt die Frage umstritten, ob die im 19. Jahrhundert neu belebte Energienlehre eher als Möglichkeit heilsgeschichtlicher bzw. heilsökonomischer Erkenntnis der trinitarischen Personen zu verstehen ist (ökonomische Energienlehre) oder mehr im Sinne gemeinsamer Energien (Licht, Barmherzigkeit etc.) mit nur spekulativer Rückschlussmöglichkeit auf das Wesen der Personen (spekulative Energienlehre). Letzteres stellt die heilsgeschichtliche Erkenntnis der trinitarischen Personen in Frage (siehe Kap. IV,2). 3.2 Dumitru Staniloae u.a. Mit Bulgakov trat bereits einer der Vertreter der russischen Exils-Theologie ins Blickfeld, die aus der Unterdrückung der Kirche durch das Sowjetregime entstand und aus der zwei bedeutende Institute orthodoxer Theologie hervorgingen: Das Institut „Saint-Serge“ in Paris und das Seminar „St. Vladimir’s“ in New York. An beiden Einrichtungen wirkten Theologen, die maßgeblichen Einfluss auf die ent88 Vgl. zur Analyse der Theologie Chomjakovs M. George: Kirche, S. 212f., 226–248, und R. Slenczka: Ostkirche, S. 61ff., 125ff. 89 Vgl. S. Bulgakov: Anthropologie, S. 209ff., und zur Analyse vgl. R. Slenczka: Ostkirche, S. 147ff. Vgl. insgesamt K.N. Pitirim (Hg.): Kirche, S. 249ff.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

stehende Ökumenische Bewegung hatten. Während Bulgakov neben vielen anderen einflussreichen orthodoxen Theologen am Pariser Institut war, wechselte der zunächst auch in Paris wirkende Georges Florovsky (1893–1979) später an das Seminar in New York, wo er etwa mit Jean Meyen­dorff (1926–1992) die biblischpatristische Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre und ihre ekklesiologischen Implikationen fortsetzte. Darin lag die Grundlage des ökumenischen Engagements dieser für die Ökumenische Bewegung bedeutenden Theologen.90 Eine innerorthodoxe Brückenfunktion nimmt der theologische Entwurf des rumänisch-ortho­doxen Theologen Dumitru Staniloae (1903–1993) ein, weil sich die rumänische Theologie als Brücke zwischen griechischer und russischer Orthodoxie anbietet. So versucht Staniloae in seiner dreibändigen Dogmatik, die ins Deutsche übersetzt wurde91, im Rückgriff auf die biblische und altkirchliche Basis des Offenbarungs- und Trinitätsverständnisses gegenüber einseitigen orthodoxen Ansätzen „die kirchliche Lehre im Geist der Kirchenväter zu verstehen“92. In Aufnahme des kappadozischen Offenbarungsverständnisses wendet sich Staniloae sowohl gegen einseitig rationale westkirchliche Ansätze als auch gegen einseitig apophatische ostkirchliche Ansätze, indem er die biblisch-heilsgeschichtliche Selbsterschließung des dreieinigen Gottes betont. Dabei vertritt er zuweilen wie die Kappadozier inhaltlich eine ökonomische Energienlehre, die einen Rückschluss von den göttlichen Energien auf die spezifische Personalität der jeweiligen trinitarischen Personen zulässt, als Voraussetzung für Erkenntnis- und Heilsgewissheit. Es wird also die hinter den Energien verborgene Transzendenz Gottes ebenso ernst genommen wie das personale Offenbarwerden Gottes. Denn die östliche Betonung apophatischer (nicht beschreibbarer) Transzendenz ist ebenso in der trinitarischen Selbsterschließung verankert wie die westliche Betonung rationaler Erkennbarkeit (siehe Kap. III,3.2.1 u. IV): Vor dem Hintergrund menschlicher Gottesahnung muss sich Gott als personales Geheimnis selbst unter den Bedingungen der Welt offenbaren, wenn angemessene Gotteserkenntnis möglich sein soll. Erst dann wird nach Staniloae auch das eigentliche Wesen des Menschen, der Welt und der Kirche transparent: „Nichts kann ohne die Heilige Dreieinigkeit verstanden werden.“93 Auf dieser Grundlage nimmt Staniloae die heilsgeschichtlich erkennbaren Eigentümlichkeiten (Proprien) der trinitarischen Personen wahr. Der Sohn verkörpert das Zeugnis Gottes in der Welt und die Möglichkeit endlicher Wirklichkeiten, weil er das innertrinitarische Zeugnis der Wirklichkeit des Vaters ist. Im Heiligen Geist, dem innertrinitarischen Horizont wahrhaftiger heiliger Liebe und Gemeinschaft, vollzieht sich auch heilsgeschichtlich die Gemeinschaft der Liebe, indem der Geist die Menschen heiligt und in die Wahrheit führt. Da für Staniloae auf90 Vgl. G. Florovsky: Ways; J. Meyendorff: Church. – Zum dezidierten Rückgriff der orthodoxen Theologen auf die Bibelwissenschaften siehe M. Haudel: Bibel, S. 88ff. 91 Siehe D. Staniloae: Dogmatik I–III. 92 Ders.: Dogmatik I, S. 15. 93 Ebd., S. 214. Vgl. insgesamt ebd., S. 111ff., 145ff.; ders.: Dogmatik II, S. 154ff., 233ff.

3. Orthodoxe Konzeptionen

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grund seines Offenbarungsverständnisses neben den innertrinitarischen Ursprungsbeziehungen auch die apophatische Tiefe der innertrinitarischen Existenzbeziehungen erkennbar ist, kann er im Unterschied zu einer einseitigen westlichen „Sendungs-Trinität“ mit ihrem rein passiven Verständnis des Heiligen Geistes die aktive Personalität des Geistes betonen, die mit den gegenseitigen Existenzbeziehungen gegeben ist. So ermöglicht der Geist seines Erachtens als drittes Subjekt, dass die Liebe zwischen Vater und Sohn nicht in egoistischer Enge verschmilzt, sondern als heilige Liebe über sich hinaus – auf einen Dritten – weist (deshalb „Heiliger Geist“). Insofern als sich erst im Geist die vollkommene Wahrheit der Existenz Gottes erschließt, wird er auch „Geist der Wahrheit“ genannt (Joh 15,26; 16,13).94 Die Gegenwart des Heiligen Geistes als göttliche Person ist für Staniloae soteriologisch die Voraussetzung für die freie und direkte Liebeszuwendung Gottes sowie für die Angewiesenheit des Menschen auf Gottes Gnade. Beides sei durch die scholastische Lehre von der geschaffenen Gnade nicht gewährleistet, weil dem Menschen damit schon ein natürlicher Gnaden-Habitus verliehen werde.95 Letzteres trifft allerdings auch für orthodoxe Auffassungen von der energetischen Präsenz der Gnade zu. Für Staniloae kann die Erlösung nur das Werk der Dreieinigkeit sein, weil der Mensch zum Heil findet, indem er sich der im Heiligen Geist vergegenwärtigten und in Christus gegebenen Liebesgemeinschaft mit dem Vater öffnet. Durch die Beachtung der gegenseitigen Durchdringung der trinitarischen Personen auf der Existenzebene wird Stanilioae sowohl der intra- als auch der interpersonalen Dimension Gottes gerecht. Gegenüber ostkirchlichen patromonistischen Tendenzen, die in rein interpersonaler Orientierung die Einheit Gottes nur in der Person des Vaters verankern und zu einem analogen episkopal-hierarchischen Kirchenverständnis gelangen, kann Staniloae deshalb die in gegenseitiger Gemeinschaft zu vollziehende Synodalität bzw. Konziliarität der Kirche betonen und vom königlichen Priestertum aller Glaubenden sprechen. Als Haupt der Kirche wirke Christus im Heiligen Geist in allen Gliedern der Kirche. Die ökumenische Einheit in Vielfalt könne deshalb nur aufgrund einer Erneuerung in Christus durch den Heiligen Geist erzielt werden – in Entsprechung zur trinitarischen Einheit in Vielfalt.96 Staniloaes trinitätstheologische und ekklesiologische Fortschritte werden jedoch aufgrund seines ambivalenten Umgangs mit den hermeneutischen Kriterien immer wieder von traditionellen Defiziten überlagert. Denn zuweilen stellt er die kirchliche Erfahrung über das biblisch-heilsge­schicht­liche Zeugnis, wodurch die schriftgemäße neunizänische Theologie des 4. Jahrhunderts von späteren partikularen Traditionen wie der photianischen spekulativen Energienlehre überdeckt wird. Weil diese aber keinen Rückschluss von den göttlichen Energien auf 94 Vgl. ders.: Dogmatik I, bes. S. 273ff. 95 Vgl. ders.: Dogmatik II, S. 234ff. 96 Vgl. ebd., S. 183ff., 249ff.

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VII.  Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre

die jeweilige trinitarische Personalität zulässt, blendet Staniloae mitunter die gegenseitigen Beziehungen auf der Existenzebene aus. Dadurch kann er unter Ausblendung der Relationen zwischen Sohn und Geist wie Photius vom Ausgang des Geistes aus dem Vater „allein“ (griech. monou) sprechen. Zugleich gelangt er in Engführung auf die Ursprungsbeziehungen erneut zur hierarchischen Überordnung des Vaters. So gerät er in die traditionellen ostkirchlichen Einseitigkeiten, die sich nach dem 4. Jahrhundert herauskristallisierten, und relativiert seine eigenen Fortschritte, indem er ekklesiologisch analog zur Überordnung des Vaters wieder den hierarchischen Episkopat hervorhebt. Aus der gleichzeitigen Reduktion auf den interpersonalen Trinitätsbegriff ergibt sich die Identifizierung mit interpersonalen anthropologischen Strukturen (Personalismus, Dialog-Prinzip). Soteriologisch bedarf die menschliche Natur demnach für Staniloae nur einer energetischen Ergänzung durch den Logos, der lediglich Fleisch angenommen habe (Logos-Sarx-Christologie) und den Menschen geistig leite. So tritt an die Stelle der ansonsten von Staniloae durchaus geschätzten Kreuzestheologie eine aufwärtsstrebende Vergeistigung bzw. Vergöttlichung des Kosmos, in welcher der Unterschied zwischen menschlichem und göttlichem Sein verschwimmt.97 Die bei Staniloae beobachtete Ambivalenz der trinitätstheologischen Besinnung zeigt sich auch im Entwurf des ökumenisch einflussreichen griechisch-orthodoxen Theologen Ioannis D. Zizioulas. Er beruft sich ebenfalls zu einem großen Teil auf die neuni­zänisch-kappadozische Trinitätslehre und eröffnet dadurch ökumenische Perspektiven. Aber gelegentlich erliegt er wie Staniloae der Überlagerung dieses Ansatzes durch philosophische und konfessionelle Prämissen. Das wird ausführlicher im XI. Kapitel über den Zusammenhang von Trinitäts- und Kirchenverständnis dargelegt (siehe Kap. XI,2.3). Hier sei nur so viel angemerkt, dass Zizioulas durch ein personal-gemeinschaft­li­ches Trinitäts- und Kirchenverständnis ost- und westkirchliche Engführungen zu überwinden versucht, indem er an die altkirchliche Betonung der gegenseitigen Durchdringung (Perichorese) der trinitarischen Personen erinnert. Damit wendet er sich sowohl gegen die einseitige westliche Orientierung an der Einheit Gottes mit ihrer monistischen Vorordnung der Universalkirche (römisch-katholisch) als auch gegen eine überzogene östliche Orientierung an der Dreiheit Gottes mit partikularkirchlich-nationalistischem Kirchenverständnis. Doch aufgrund seiner platonisch gefärbten Prämisse, menschliches und göttliches Sein impliziere absolut freie Geistigkeit und sei deshalb von Wesen oder Natur als „Gegebenem“ zu befreien, können natürlich-historische Voraussetzungen für Zizioulas keine Träger der Gotteserkenntnis sein. Das hat die Präferenz für die spekulative Energienlehre zur Folge, welche aus der Heilsgeschichte keine Rückschlüsse auf Gottes personales Wesen erlaubt. Die damit verbundene Ausblendung der ewigen Existenzbeziehungen 97 Vgl. insgesamt ders.: Dogmatik I, S. 57ff., 138ff., 203ff., 262ff.; ders.: Dogmatik II, S. 184ff., 282ff.; ders.: Dogmatik III, S. 198ff.; ders.: Ausgang, S. 153ff. – Zur ausführlichen Analyse des Entwurfs von Staniloae siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 301–325.

3. Orthodoxe Konzeptionen

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verursacht eine Zuspitzung auf die interpersonale Dimension Gottes (Dreiheit) mit entsprechender Vorordnung des Vaters (Garant der Einheit) und analogem episkopal-hierarchischem Kirchenverständnis. Weil Gotteserkenntnis jetzt unter Vernachlässigung der natürlich-historischen Grundlagen durch die eucharistischkirchliche Erfahrung erfolgt, in der die Kirche Gottes Seinsweise bzw. die Wahrheit erhält, kann es zur Verabsolutierung der eigenen Geisterfahrung kommen, wobei der Geist kaum noch als Gegenüber der Kirche erscheint. Er ist vornehmlich an den Bischof als Leiter der Eucharistie gebunden.98 So verhindert die Überlagerung der biblisch-heilsgeschichtlichen Hermeneutik durch philosophische und ekklesiologische Prämissen auch bei Zizioulas die konsequente Umsetzung eines personal-gemeinschaftlichen Trinitäts- und Kirchenverständnisses. Insgesamt hat die trinitätstheologische Besinnung jedoch in allen großen konfessionellen Strömungen zum besseren Verständnis des Wesens des dreieinigen Gottes und des damit verbundenen Wesens von Mensch, Welt und Kirche beigetragen, was neue ökumenische Perspektiven eröffnete.99 Literatur Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. Neuner, Peter/Wenz, Gunther (Hg.): Theologen des 19. Jahrhunderts. Eine Einführung, Darmstadt 2002. Neuner, Peter/Wenz, Gunther (Hg.): Theologen des 20. Jahrhunderts. Eine Einführung, Darmstadt 2002. Schwarz, Hans: Theologie im globalen Kontext: Die letzten zweihundert Jahre, Bad Liebenzell 2006.

98 Vgl. insgesamt I.D. Zizioulas: Being; ders.: Wahrheit. – Zur umfangreicheren und genaueren Analyse des Ansatzes von Zizioulas siehe Kap. XI,2.3. 99 Siehe dazu M. Haudel: Selbsterschließung.

VIII. Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe

Die biblisch bezeugte heilsgeschichtliche Selbsterschließung des dreieinigen Gottes lässt Gott als personales Gegenüber der Menschen erkennen, das in sich selbst die vollkommene Gemeinschaft der Liebe verkörpert und den Menschen Anteil an dieser Liebe gewährt. Das geht aus den bisherigen Kapiteln ebenso hervor wie die bisweilen auftretende Tendenz, eine natürliche Erkennbarkeit der Einheit Gottes (De Deo uno) der zu offenbarenden Dreiheit Gottes (De Deo trino) vorzuschalten. Deshalb wurden in der Dogmatik die göttlichen Eigenschaften oft in dem Traktat über die Einheit Gottes erörtert, unabhängig von Gottes trinitarischem Wesen (siehe Kap. I,2 u. V,1). Weil aber Gottes Wesen – auch die lebendige Struktur seiner Einheit – allein durch seine heilsgeschichtliche trinitarische Selbsterschließung erfahrbar wird, lassen sich die göttlichen Eigenschaften nur in diesem Zusammenhang erkennen und darlegen. Von daher werden zunächst noch einmal die grundlegenden Dimensionen des Wesens des dreieinigen Gottes in ihrem Zusammenhang aufgezeigt, um dann vor diesem Horizont Eigenschaften Gottes zu beleuchten, die theologiegeschichtlich von besonderer Bedeutung waren und sind. Dabei bleibt zu beachten, dass tragfähige Aussagen über das Wesen Gottes nur möglich sind, weil die biblischen Schriften bezeugen, wie der dreieinige Gott in der Heilsgeschichte seinem innertrinitarischen Wesen gemäß handelt und sich so in seinem Wesen erschließt. Es tritt auch hervor, welche Aspekte der innertrinitarischen Gemeinschaft gelten und welche sich speziell auf die Heilshandlungen in der Welt beziehen (Phil 2,6–8; Joh 1,1–5; Joh 14–17 u.ö.). Die heilsgeschichtliche bzw. ökonomische Trinität ist also die Erkenntnisvoraussetzung der immanenten We­sens­­ trinität (Erkenntnisordnung), während die immanente Trinität nach der Seinsordnung die Voraussetzung der ökonomischen Trinität bildet (siehe Kap. II,5). 1. Gottes dreieiniges Wesen und sein diesem Wesen entsprechendes Handeln1 Gott handelt in der Heilsgeschichte seinem trinitarischen Wesen gemäß und erschließt sich dabei als vollkommenes Leben der Liebe, an dem er den Menschen 1

Zur Verwendung der Terminologie des heilsgeschichtlichen Handelns Gottes siehe Anm. 26, I. Kap.

1. Gottes dreieiniges Wesen

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Anteil gibt. Indem sich Gott als personal und sprachlich konstituiertes Wesen offenbart, wird die Gottebenbildlichkeit des Menschen transparent. Während der dreieinige Gott die Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension verkörpert und so die vollkommene Gemeinschaft der Liebe ist, gilt für den Menschen, dass er an beiden Dimensionen Anteil hat – und somit an der Liebe. Denn der Mensch verkörpert zwar nicht die Gleichzeitigkeit beider Dimensionen, aber als innerpersonales Individuum darf er in Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen auch die zwischenpersonale Dimension erleben. Gott wiederum kann den Menschen durch sein dreieiniges Wesen ganz nahe kommen und gleichzeitig ihr Gegenüber bleiben, was ein Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ als Voraussetzung freier personaler Gemeinschaft der Liebe ermöglicht. Das darauf ausgerichtete heilsgeschichtliche Handeln Gottes entspricht den innertrinitarischen personalen Eigentümlichkeiten: Wie der Vater innertrinitarisch die ewige Quelle verkörpert, so wirkt er heilsgeschichtlich als Schöpfer. Wie der Sohn innertrinitarisch als Abbild des Vaters und antwortende hingebungsvolle Liebe gilt, ist er heilsgeschichtlich für die Offenbarung Gottes und die liebende Hingabe an die Menschen prädestiniert, wobei er gleichzeitig wahre Menschenerkenntnis gewährt, weil der Mensch nach seinem Bild geschaffen wurde. Und wie der Heilige Geist in Gott die Gemeinschaft der Liebe vollzieht und vollendet, vollzieht er sowohl die Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch sowie zwischen den Menschen untereinander als auch die Vollendung der Heilsgeschichte.

So wie Gottes Wesen nicht durch menschliche Vernunft aus den anthropologischen und kosmologischen Voraussetzungen zu rekonstruieren ist, so lässt es sich auch nicht in seiner Gesamtheit erfassen. Doch es ist für die Menschen greifbar, als was bzw. wer sich Gott in seiner Heilsgeschichte mit den Menschen erkennbar gemacht hat, nämlich als die seinem inneren Wesen entsprechende Liebe („Gott ist Liebe“ – I Joh 4,8.16), in der er als Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist exisitiert. Damit ist das „Wesentliche“ Gottes offenbar, und zwar in einer größeren Tiefe hinsichtlich der Gottes-, Menschen- und Welterkenntnis, als es oft vermutet wird. Denn das biblische Zeugnis gewährt weitgehende Einblicke in das Wesen des dreieinigen Gottes und in die seinem Wesen entsprechende Zusage der Liebe, welche die Grundlage und das Ziel menschlichen Lebens beinhaltet.2 Zunächst erschließt sich Gott im Alten und Neuen Testament als personales Gegenüber, insofern als er auf verschiedene Weise mit den Menschen in Kontakt tritt, sie anredet und ansprechbar ist. Da sich die Gottesbeziehung in solcher Kommunikation und im Wortgeschehen zu vollziehen vermag, verweist sie auf eine personale Wesensstruktur Gottes, die der personalen Konstitution des Menschen korrespondiert. Obwohl der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen wurde (Gen 1,27), bedeutet das nicht die völlige Identität göttlicher und menschlicher Personalität, wie sich noch zeigen wird. Doch das mit der Freiheit verbundene personale Wesensmerkmal, dass sich eine Person in selbstreflexiver Subjektivität 2

Siehe zu den biblischen Aussagen Kap. III,1.

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VIII.  Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe

als personales Geheimnis erschließen oder verschließen kann, wofür die sprachliche Konstitution maßgeblich ist, trifft nicht nur auf den Menschen zu, sondern entspricht auch der im Gottesbegriff enthaltenen unverfügbaren Eigenwirklichkeit. Wie sehr personale und sprachliche Konstitution zum innersten Wesen Gottes gehören, tritt spätestens mit der Inkarnation hervor, in der sich Gott durch die Person Jesu Christi offenbart, wobei der Sohn Gottes als innertrinitarisches Abbild des Vaters mit dem „Wort“ (griech. Logos) identifiziert wird: „Das Wort ward Fleisch“ (Joh 1,14). Diese einmalige Identität von Wort und Sein bzw. von Wort Gottes und Gott (Joh 1,1: „[…] und Gott war das Wort“) ermöglicht dem Menschen wahre Gotteserkenntnis und Heilsgewissheit, weil sich Gott in seinem Wort entspricht. Der biblische Hinweis, dass durch den Logos bzw. Sohn und in ihm und auf ihn hin alle Dinge geschaffen wurden (Joh 1,3; Kol 1,16f.), erklärt, warum der Mensch als Ebenbild Gottes personal und sprachlich konstituiert ist. Die personalen und sprachlichen Wesensmerkmale Gottes und des Menschen ermöglichen ein freies Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ als Voraussetzung einer freien Gemeinschaft der Liebe.3 Ferner fällt auf, dass Gott besonders im Neuen Testament nicht nur als das eine personale Gegenüber der Menschen erscheint, also als inner- bzw. intrapersonale Einheit einer Person, sondern auch als zwischen- bzw. interpersonale Gemeinschaft dreier Personen, da Vater, Sohn und Heiliger Geist untereinander in gegenseitiger Beziehung agieren. Diese Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension erscheint zunächst als paradox, da sie in der Erfahrungswirklichkeit nicht vorkommt. Der Mensch verkörpert zwar als Individuum auch die intrapersonale Dimension einer Person, aber er kann an der interpersonalen Dimension nur in der Gemeinschaft mit Gott oder den Mitmenschen partizipieren – er besitzt nicht beide Dimensionen in sich selbst. Während Gott in der Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Existenz die vollkommene Gemeinschaft der Liebe in sich selbst ist4, gilt für den Menschen, dass er in seiner Existenz Anteil an beiden Aspekten hat und sein Leben daher auch von Liebe geprägt sein darf. So weist der Mensch nicht die gleiche personale Wesensstruktur auf wie der dreieinige Gott, doch er hat in seinem Lebenszusammenhang Anteil an den Wesensmerkmalen, die auch das göttliche Leben charakterisieren. Deshalb sprechen die biblischen Schriften zu Recht von der Gottebenbildlichkeit des Menschen, die keine Identität von Schöpfer und Geschöpf ausdrücken soll.5 Vielmehr erweist sich der trinitarische Gott als ein in sich lebendiges persönliches Gegenüber des Menschen, das dem Menschen gleichzeitig nahe sein kann – im Unterschied zu dualistischen oder 3

4 5

Die Voraussetzungen einer solchen Gemeinschaft werden im Laufe der weiteren Erörterung auch im Blick auf andere trinitarische Wesensmerkmale hervortreten. – Zur personalen und sprachlichen Konstitution Gottes und des Menschen siehe Kap. II,3 u. 4, und Kap. IX,2. Vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 467–477. Das wird in den folgenden Ausführungen noch konkret aufgezeigt. Zur ausführlichen Erörterung der Gottebenbildlichkeit des Menschen und ihrer Implikationen siehe Kap. IX,2.

1. Gottes dreieiniges Wesen

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identifizierenden religiösen Vorstellungen, die Göttliches und Menschliches trennen oder vermischen. Denn das in seinem intrapersonalen Selbstsein begründete „Gegen­­­­­­über­sein“ Gottes vermag aufgrund der interpersonalen trinitarischen Gemeinschaft den Menschen im Sohn oder im Heiligen Geist ganz nahe zu kommen – bis hin zur Mensch­werdung –, ohne dass Gott sein intrapersonales „Gegenübersein“ aufgeben muss. In dieser trinitarisch möglichen Gleichzeitigkeit von „Gegenüber und Nähe“ Gottes ist die in der Schrift bezeugte personale Gemeinschaft von Liebe und Freiheit zwischen Gott und Mensch verankert, in der das göttliche Wesen Gottes ebenso bewahrt bleibt wie das Wesen des Menschen als Geschöpf.6 Vor dem gezeigten Hintergrund wird einsichtig, dass die Betonung der intrapersonalen Einheit Gottes aus der psychologischen Analogie resultiert, welche vornehmlich westliche Kirchenväter aufgrund ihrer deduktiven Denkweise (von der Einheit ableitend) zur Erklärung der Trinität heranzogen. Analog zum Selbstvollzug des Geistes einer menschlichen Person (z.B. Gedächtnis – Einsicht – Wille, Augustin: De trin. X,1–12) wird der trinitarische Gott als dreifacher geistiger Selbstvollzug des einen Wesens Gottes qualifiziert. Östliche Kirchenväter wiederum betonten aufgrund ihrer induktiven Denkweise (vom Einzelnen zur Einheit) mit der sozialen Analogie die interpersonale Dreiheit Gottes, indem sie die Trinität mit der Liebesgemeinschaft von Vater, Mutter und Kind verglichen. Auch wenn in Ost und West trotz dieser unterschiedlichen Prioritäten die Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension in Gott nicht geleugnet wurde, bleiben die genannten Analogien doch hinter dem biblischen Befund zurück, dem nur beide Analogien zusammengenommen gerecht werden können.7 Auf die Übereinstimmung mit dem biblisch-altkirchlichen Befund sollte auch bei der Verwendung des Personbegriffs in der Trinitätslehre geachtet werden. Die bisweilen auftretende Skepsis gegenüber der heutigen trinitätstheologischen Verwendung des Personbegriffs beruht zumeist auf dem Unterschied zwischen antikem Personverständnis (Rolle, Maske) und neuzeitlichem Personverständnis (Individualität, Subjektivität).8 Da aber der Personbegriff durch die tertullianische und kappadozische Trinitätslehre – im Unterschied zum antiken Verständnis von Person als Rolle oder Maske – mit der personalen Eigentümlichkeit der trinitarischen Personen verbunden wurde, wodurch sich der Horizont für das neuzeitliche Verständnis von Individualität und Subjektivität allererst eröffnete, ist der Personbegriff für die Trinitätslehre und ihr Verhältnis zur Anthropologie nach wie vor aussagekräftig und angemessen. Denn wie schon Tertullian in seiner trinitarischen Formel „una substantia – tres personae“ (eine Substanz – drei Personen) mit dem Personbegriff die unverwechselbare Eigentümlichkeit des „Rollenträgers“ verband und sich damit vom antiken Personverständnis (Rolle, Maske) absetzte, so vermochte auch Basilius der Große in der kappadozischen 6 7 8

Vgl. insgesamt Kap. III,3.1.1 u. 3.2.1. – Zum Eingebundensein der Dimension der Freiheit in das Verhältnis Gottes zum Menschen siehe Anm. 11, VIII. Kap. Siehe Kap. III u. IV. Als Beispiel siehe Anm. 78, VII. Kap.

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VIII.  Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe

Trinitätslehre den antiken Personbegriff zu überwinden. Um gegenüber der religiösen und philosophischen Umwelt das biblische Paradoxon der Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension Gottes zum Ausdruck bringen zu können, benutzte Basilius in seiner trinitarischen Formel „mia ousia – treis hypostaseis“ (ein Wesen – drei Hypostasen) zwei griechische Begriffe, die jeweils das eine absolute Wesen Gottes bezeichneten (ousia und hypostasis). Indem er der Hy­po­stase zugleich die Funktion des Personbegriffs (griech. prosopon) zuwies und diesen mit den spezifischen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen identifizierte, gab auch Basilius dem Personbegriff gegenüber der antiken Bedeutung eine individuelle Charakteristik. Das übertrug sich auf den anthropologischen Personbegriff, insofern als der Mensch nun deutlicher als eigentümliche individuelle Personalität in der Verantwortung vor Gott und den Menschen darstellbar wurde, was die freie personale Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch auch von anthropologischer Seite dezidierter hervortreten ließ. Durch seine terminologische Begriffserweiterung erreichte Basilius aber nicht nur die Revolutionierung des antiken Personbegriffs, sondern auch die Revolutionierung der antiken Metaphysik, welche personale oder relationale Differenzierungen lediglich als Akzidens (nicht Wesentliches) des absoluten göttlichen Seins verstehen konnte. Aufgrund des von Basilius eingeführten Hypostasen-Verständ­nisses gehörte Relationalität jetzt aber zum Wesen des absoluten Seins, so dass der dreieinige Gott als in sich lebendige vollkommene Gemeinschaft bzw. als Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension verstehbar wurde.9 Die kappadozische Theologie, die im Ökumenischen Bekenntnis von NizäaKonstantinopel (381) allgemeine Ökumenizität erlangte, benannte ferner die biblisch bezeugte Vielfalt und Tiefe der trinitarischen Relationen. Denn es sind einerseits innertrinitarische Ursprungsbeziehungen zu erkennen, die die Zeugung des Sohnes und die Hauchung des Geistes betreffen, und andererseits ewige gegenseitige Beziehungen auf der Ebene der trinitarischen Existenz, die das Wesen der trinitarischen Personen ebenfalls manifestieren (innertrinitarische Existenzbeziehungen).10 Durch das heilsgeschichtlich wahrnehmbare Zusammenspiel von innertrinitarischen Ursprungs- und Existenzbeziehungen wird das trinitarische Wesen Gottes in seiner Relevanz für das heilsgeschichtliche Handeln ersichtlich. Zunächst tritt hervor, dass der Vater auf der Ursprungsebene seine spezifische Eigentümlichkeit als ursprunglose Quelle erweist, indem er den Sohn zeugt und den Geist haucht. Doch weil er als Vater nicht ohne seine durch den Geist vermittelte Beziehung zum Sohn zu denken ist, die sich auf der Existenzebene von Ewigkeit her vollzieht, begleiten sich Zeugung des Sohnes und Hauchung des Geistes als ewiger Prozess gegenseitig. Denn der Vater tritt sich in seinem Sohn als eigenes Bild gegenüber (z.B. Joh 14,9) bzw. spricht sich in seinem 9 Vgl. insgesamt Kap. III,3.1.1 u. 3.2.1. Zur kritischen Auseinandersetzung mit den Bedenken einiger Theologen im Blick auf die heutige Verwendung des trinitarischen Personbegriffs siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 259ff., 574ff. Vgl. insgesamt auch ders.: Gottesbegriff/Kontext. 10 Siehe Kap. III,3.2.1.

1. Gottes dreieiniges Wesen

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Logos selbst aus (z.B. Joh 1,1f.), was sich unter Hauchung des Geistes vollzieht. Dabei öffnet der Geist den Vater für den Sohn und erschließt dem Sohn die antwortende liebende Hingabe an den Vater, wodurch Vater und Sohn ihre Liebe zugleich uneigennützig auf einen Dritten beziehen können, den Heiligen Geist. Letzteres ermöglicht den selbstlosen und heiligen Charakter der Liebe. In diesem Prozess gegenseitiger Hingabe ist sich Gott von Ewigkeit her selbst Ziel und Gemeinschaft. Die ewige – und somit gleichursprüngliche – gegenseitige liebende Durchdringung (Perichorese) der trinitarischen Personen lässt also keine Überoder Unterordnung in der Trinität zu. Deshalb stellt die Eigentümlichkeit des Vaters als ursprunglose Quelle die Gleichursprünglichkeit und Gleichwertigkeit der trinitarischen Personen nicht in Frage. Sie ist vielmehr das personale Spezifikum des Vaters, das erschließt, wie der Vater seinem innertrinitarischen Wesen entsprechend nach außen in der Heilsgeschichte handelt: So wie der Vater innertrinitarisch als ewige Quelle gilt, so wirkt er nach außen als Schöpfer (Erster Artikel des Glaubensbekenntnisses). Dass auch der Sohn – und der Geist – an der Schöpfung als dem Spezifikum des Vaters beteiligt sind, wurde bereits mehrfach deutlich. Während der Geist als schöpferische Macht Gottes in Erscheinung treten kann (z.B. Gen 1,2), verkörpert der Sohn als innertrinitarisches Abbild des Vaters, nach dem alles geschaffen wurde (Kol. 1,16f.), den Ausgangspunkt möglicher geschöpflicher Wirklichkeit. So ist der gottebenbildliche Mensch nach dem Bilde des Sohnes geschaffen, der innertrinitarisch das Bild des Vaters darstellt. Weil der Sohn zugleich das Wort Gottes in Person (Logos) verkörpert (Joh 1,14), ist er seiner innertrinitarischen Eigentümlichkeit entsprechend dazu prädestiniert, in der Heilsgeschichte nach außen Gott letztgültig zu offenbaren – als Abbild des Vaters und göttliches Wort in Person. Dass die Menschwerdung als heilsgeschichtliches Werk somit gerade dem Sohn zukommt, erschließt sich außerdem aus dem Umstand, dass nach dem Bilde des Sohnes der Mensch geschaffen wurde. Insofern ist in Jesus Christus als „wahrem Gott und wahrem Menschen“ (Konzil von Chalcedon 451) wahre Gottes- und Menschenerkenntnis zugleich möglich. Dabei wird die innertrinitarische antwortende liebende Hingabe des Sohnes an den Vater offenbar, die den Sohn aufgrund dieses Spezifikums auch in der Heilsgeschichte für die liebende Hingabe an die Menschen und damit für den Kreuzestod qualifiziert. Gleichzeitig vermittelt der Sohn wahres Menschsein als vertrauensvolle Glaubensantwort des Menschen an den himmlischen Vater. So ereignet sich in Jesus Christus und seiner Selbsthingabe die definitive Offenbarung Gottes (hingebungsvolle Liebe) und des Menschen (Teilhaber an dieser Liebe), wobei Gott als Wort des Angebots und des Lebens zu erkennen ist, das dem Menschen in der Freiheit seiner Ansprechbarkeit die Freiheit der lebensbejahenden Antwort schenkt, der sprachlichen und personalen Konstitution entsprechend11 (Zweiter Artikel des Glaubensbekenntnisses). 11 Diese Freiheit muss Gott dem Menschen durch sein Liebesangebot und seine Anrede erst wieder neu eröffnen, da der in sich selbst verkrümmte Mensch (Luther) in seiner Selbstvergöttlichung

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VIII.  Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe

Der Vollzug der angebotenen Gemeinschaft der Liebe ereignet sich im Heiligen Geist, was sich aus dessen innertrinitarischer Eigentümlichkeit ergibt. Indem der Geist bei der ewigen Zeugung des Sohnes dem Vater die Liebe für den Sohn erschließt und dem Sohn die liebende Rückwendung zum Vater, wird sein lebendigmachendes (Joh 6,63) und offenbarendes (Joh 16,13) Wesen transparent, das auch sein heilsgeschichtliches Wirken nach außen bestimmt. Wie der Geist innertrinitarisch die Gemeinschaft der Liebe ermöglicht, so vollzieht er auch heilsgeschichtlich die Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch sowie zwischen den Menschen untereinander (z.B. II Kor 13,13). Weil der Geist innertrinitarisch Vater und Sohn die Wahrheit des jeweils anderen erschließt, wird er auch „Geist der Wahrheit“ genannt (Joh 15,26; 16,13), als der er dieser personalen Eigentümlichkeit entsprechend heilsgeschichtlich die Glaubenden in alle Wahrheit führt. Indem er innertrinitarisch als Vermittler der Liebe zwischen Vater und Sohn zugleich eine Liebe ohne Ausschluss eines Dritten ermöglicht und somit Zeichen der vollkommenen und heiligen Liebe ist, heißt er „Heiliger Geist“. (Dabei eröffnet er der innertrinitarischen Liebe das Potential, sich auf Subjekte außerhalb ihrer selbst zu beziehen.) Heilsgeschichtlich vermag der Geist dieser innertrinitarischen „heiligen“ Eigenschaft entsprechend das Leben der Glaubenden zu heiligen. Und wie der Geist innertrinitarisch den Vollzug der Liebe vollendet, ist er dem dritten Glaubensartikel gemäß auch heilsgeschichtlich für die Vollendung zuständig. So lässt sich zusammenfassend zeigen, auf welche Weise das heilsgeschichtliche Handeln des Geistes seiner spezifischen innertrinitarischen Personalität entspricht: Wie der Geist innertrinitarisch Vater und Sohn für die Wahrheit des jeweils anderen öffnet und ihre Liebe und Gemeinschaft ermöglicht sowie diese als selbstlose heilige Liebe auf einen Dritten ausweitet und sie derart vollendet, so ist er als entsprechend Heiliger Geist und Geist der Wahrheit prädestiniert, heilsgeschichtlich die Gemeinschaft der Liebe zwischen Gott und Mensch sowie zwischen den Menschen untereinander zu gewähren und dabei die Menschen zu heiligen und in die Wahrheit zu führen, um das Heilswerk zu vollenden. Das geschieht im Verhältnis personaler Freiheit, denn wo der Geist ist, da ist Freiheit (II Kor 3,17), weil Liebe der Freiheit bedarf. Entsprechend gehört zum spezifischen Charakter des Heiligen Geistes die Gleichzeitigkeit von unverfügbarem Gegenüber und einwohnender Nähe, was schon durch den bildlosen, unspezifischen und schwer greifbaren Geistbegriff zum Ausdruck kommt. In seiner Unverfügbarkeit (II Kor 2,11) erschließt sich der Geist vornehmlich durch seine Bezugnahme auf Vater und Sohn (Joh 16,13ff.). Weil der Geist sowohl innertrinitarisch als auch heilsgeschichtlich die freie Gemeinschaft der Liebe vollzieht, erweist er sich als die Gabe der Charakteristika des göttlichen Lebens in Person. Deshalb kann das biblische Zeugnis neben der Identifidiese Perspektive von sich aus nicht wahrnimmt. Denn im Status der menschlichen Selbstbehauptung ist der „freie Wille“ in die Selbstverkrümmung eingebunden, woran besonders Luther erinnert hat. Das Verhältnis von Freiheit und Glaube wird näher erörtert in Kap. IX,2 u. X,2.3.

1. Gottes dreieiniges Wesen

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zierung des Wesens Gottes mit der Liebe („Gott ist Liebe“ – I Joh 4,8.16) auch bezeugen: „Gott ist Geist“ (Joh 4,24). Dabei wird der Geist heilsgeschichtlich nicht nur als handelnde göttliche Person (Joh 14,26) und personales Gegenüber (Röm 8,16) offenbar, das den Menschen als Geber die Gnadengaben (Charismen) gewährt (Röm 12,6ff.; I Kor 12,4ff.), sondern auch als Gabe, die den Menschen ins Herz gegeben ist (Röm 5,5; II Kor 1,22). Indem der Geist Geber und Gabe zugleich sein kann, verkörpert er selbst noch einmal die Gleichzeitigkeit von „Gegenüber und Nähe“, die das Wesen des dreieinigen Gottes insgesamt gewährt, wenn etwa der unsichtbare Vater als bleibendes Gegenüber den Menschen in der Menschwerdung seines Sohnes ganz nahe kommt. Nur durch diese Struktur von „Gegenüber und Nähe“ Gottes, die durch das Wesen der Tri­ni­tät und des Heiligen Geistes gegeben ist, kann eine freie personale Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch entstehen, welche die Partizipation der Gottheit Gottes ebenso zulässt wie die Partizi­pa­tion der Menschlichkeit des Menschen. Auf diese Weise wird die im Geist ermöglichte Gemeinschaft mit Gott sowohl dem Wesen Gottes als auch dem Wesen des Menschen gerecht, was nicht zuletzt darin begründet liegt, dass der Geist in der Schöpfung waltet (Schöpfergeist), die er in Verge­gen­wärtigung des Christusheils heiligt, um sie zur eschatologischen Vollendung zu führen (Dritter Artikel des Glaubensbekenntnisses). Vor dem Hintergrund der aufgezeigten personalen Eigentümlichkeiten von Vater, Sohn und Heiligem Geist bleibt festzuhalten, dass der Zusammenhang von Ursprungs- und Existenzbeziehungen erkennen lässt, wie jede trinitarische Person unter Beibehaltung ihres personalen Spezifikums und Selbstandes auf der Ursprungsebene ganz in jeder anderen existiert. Dabei beinhaltet die gegenseitige interpersonale Hingabe und Durchdringung (griech. Perichorese, lat. circumincessio) zu­gleich die intrapersonale Wesenseinheit des In­einanderseins (lat. circuminsessio) in der Vielfalt der ewigen Existenzbeziehungen (Joh 10,30; 14,9ff.; 17,21). Der dreieinige Gott, der sich im Vater selbst Ursprung ist, der sich im geliebten und liebenden Sohn selbst Ziel ist und der im Heiligen Geist solche Liebe – auf einen Dritten ausgeweitet – als vollkommene Liebe vollzieht, existiert also als intrapersonale Wesenseinheit der interpersonalen Relation dreier Personen (Ineinander von psychologischer und sozialer Analogie). In der Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension bzw. von Selbst­losigkeit und -bezogenheit verkörpert Gott das vollkommene Leben der Liebe in sich selbst (I Joh 4,8.16).12 Deshalb ist sich Gott auch selbst genug und die Schöpfung kein Ausdruck irgendeines Automatismus oder einer Notwendigkeit, sondern Zeichen der freien Liebe Gottes. 12 Für diese vollkommene Gemeinschaft in der Einheit Gottes bedarf die mehr interpersonale gegenseitige Durchdringung der trinitarischen Personen sowohl der Dimension des Selbstandes als auch der Dimension der Rela­tionalität, um die freie innergöttliche Gemeinschaft der Liebe zu gewährleisten, während das mehr intrapersonale Ineinandersein der trinitrarischen Personen ihrer We­senseinheit be­darf, um die göttliche Einheit bzw. das Einssein Gottes zu garantieren.

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VIII.  Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe

Der hingebungsvolle und uneigennützige Charakter der göttlichen Liebe offenbart sich vollends im Kreuzesgeschehen, durch das nicht nur erkennbar wird, dass Gott als Liebe lebt, sondern auch wie er als Liebe lebt und was von daher die Liebe ist, an der die Menschen teilhaben. Am Kreuz erweist sich Gott als lebensschenkende dreieinige Liebe, weil Gott der Sohn am Kreuz für die Menschen die Verlassenheit von Gott dem Vater erleidet und Gott der Heilige Geist die hingebungsvolle Liebe zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist auch während der Hingabe in den Tod nicht enden lässt, wodurch dem todgeweihten Menschen das Leben neu geschenkt wird. Indem Gott der Vater in seinem Sohn Mensch wird und für die Menschen in ihren selbstverschuldeten Tod geht, um ihnen im Heiligen Geist die ewige Gemeinschaft des Lebens neu zu eröffnen, erschließt sich Gott als lebendiges Leben hingebungsvoller Liebe bzw. als menschlicher Gott. Zugleich deckt er so die Unmenschlichkeit (un)mensch­licher Selbstvergöttlichung mit ihren menschen- und lebensfeindlichen Konsequenzen als Schuld und Sünde auf. Gottes Liebe richtet sich deshalb nach Luther nicht einfach nur auf das Liebenswerte, sondern sie bringt es allererst hervor.13 Diese Haltung entspricht dem „Sein Gottes, das sich als die inmitten noch so großer Selbstbezogenheit immer noch größere Selbstlosigkeit vollzieht und insofern Liebe ist“14. So erweist sich die Liebe als innerstes Wesen des dreieinigen Gottes und als seine genuine Eigenschaft: „Die strenge Unterscheidung zwischen Eigenschaften und Wesen Gottes wird in dem Satz ‚Gott ist Liebe‘ aufgehoben. Allein die Liebe kann dem Wesen Gottes gleichgesetzt werden. Sie ist die einzige Eigenschaft Gottes, welche an die Stelle des Namens Gottes selbst gesetzt werden kann.“15 2. Gottes Eigenschaften Gottes Eigenschaften lassen sich nicht spekulativ aus der Einheit Gottes ableiten, sondern sie sind nur aus seiner trinitarischen Selbsterschließung angemessen zu erkennen, da sie sich als Konkretisierungen des trinitarischen Wesens der Liebe erweisen. So wird beispielsweise Gottes Allmacht allein als sich selbst zurücknehmende allmächtige Liebe richtig verstanden.

Vor dem Hintergrund der gewonnenen Einsicht, dass die Liebe das Wesen des dreieinigen Gottes ist und damit zugleich die ureigene und alles bestimmende göttliche Eigenschaft, können andere Eigenschaften Gottes nur im Verhältnis zur 13 Vgl. WA 1;365,2f. 14 E. Jüngel: Gott, S. 408. Zum trinitarischen Verständnis des Kreuzesgeschehens vgl. ebd., S. 470ff. Siehe zum Kreuzesgeschehen insgesamt Kap. X,2.2. – Zur Vielfalt der Bedeutungen des Wortes Liebe in Zuordnung und Abgrenzung zum konkreten Charakter der göttlichen Liebe siehe W. Härle: Dogmatik, S. 240–252. 15 G. Ebeling: Lehre, S. 340. – Vgl. insgesamt Kap. II u. III, und M. Haudel: Selbsterschließung, S. 87–93, 127–139, 468–485, 525–536; ders.: Gottesbegriff/Kontext.

2. Gottes Eigenschaften

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göttlichen Liebe angemessen nachvollzogen werden. Denn der dreieinige Gott erschließt sich seinem Wesen und seinen Eigenschaften gemäß als Liebe. Diesem Umstand kann die Ableitung der göttlichen Eigenschaften von der vermeintlich natürlich erkennbaren Einheit Gottes16 und von dessen grundsätzlicher Unzugänglichkeit wohl kaum gerecht werden. Das betrifft auch die darauf ausgerichteten drei Erkenntniswege, die oftmals die traditionelle Dogmatik prägten, insofern als diese davon ausging, aufgrund der göttlichen Unzugänglichkeit vornehmlich negative Aussagen über Gottes Eigenschaften machen zu können (was er nicht ist), während nur die Spuren des Schöpfers in der Schöpfung gewisse positive Bestimmungen bzw. Ableitungen erlaubten: 1. Weg der Verneinung (lat. via negationis): Gott hat keine weltlichen Eigenschaften; ihm kommen Eigenschaften zu, welche die Welt nicht hat (Unendlichkeit, Unkörperlichkeit, Ewigkeit etc.). 2. Weg der Überhöhung (lat. via eminentiae): Weltliche Eigenschaften in ihrer Begrenztheit werden auf Gott in vollkommener Dimension übertragen (Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit etc.). 3. Weg der Ursächlichkeit (lat. via causalitas): Im Rückschluss von der Wirkung auf die Ursache gilt Gott als Ursprung geschöpflicher Vollkommenheiten (urgütig, urweise etc.). Diese Erkenntniswege hat auch die altprotestantische Orthodoxie wieder übernommen, wobei sie das heilsgeschichtliche Wirken Gottes mit einzubeziehen versuchte, indem sie zwischen absoluten Eigenschaften Gottes (nur ihn selbst betreffend) und operativen Eigenschaften Gottes (sein geschichtliches Handeln betreffend) unterschied (z.B. D. Hollaz, J.A. Quenstedt). Zu den absoluten Eigenschaften zählen Vollkommenheit, Unveränderlichkeit, Einheit oder Ewigkeit und zu den operativen Eigenschaften Allwissenheit, Unsterblichkeit, Liebe oder Heiligkeit.17 Die „negativen“ und „positiven“ Rückschlüsse auf Gottes Wesen führen dabei überwiegend zu abstrakten Negationen und Überhöhungen, die mit dem konkreten heilsgeschichtlichen Liebeshandeln Gottes in Konflikt geraten können. Das gilt neben anderen noch zu zeigenden Eigenschaften zum Beispiel für das Apathieaxiom (Leidensunfähigkeit Gottes). Es besagt, dass Gott grundsätzlich nicht durch ein „pathetisches“ Verwickeltsein von anderen Realitäten abhängig ist, weshalb ihm die Eigenschaft der „Apathie“ (griech. apateia) zukommt, in der sich Leidenschaftslosigkeit und Leidensunfähigkeit gegenseitig bedingen. Diese Eigenschaft gerät aber unweigerlich in Konflikt mit der Menschwerdung des Logos und dessen Mitleiden mit den Menschen. Deshalb kann die metaphysisch erschlossene Eigenschaft der „Leidensunfähigkeit“ Gottes nur im Licht des heilsgeschichtlich offenbarten Wesens der Liebe Gottes angemessen be­trach­tet werden. Zwar bringt das Apathieaxiom das ewige vollkommene Aus-sich-selbst-Sein Gottes zum Ausdruck, aber es lässt nicht erkennen, dass Gott in seiner Vollkommenheit frei ist, sich vom Unrecht und Leiden seiner Geschöpfe treffen zu lassen, sich in Mitlei16 Zur wirkungsgeschichtlich einflussreichen Vorordnung der vermeintlich natürlich erkennbaren Einheit Gottes (De Deo uno) vor die zu offenbarende Trinität (De Deo trino) durch Thomas von Aquin siehe Kap. I,2; II,5; VII,2.3. 17 Vgl. H. Schmid: Dogmatik, § 18.3.

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VIII.  Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe

denschaft ziehen zu lassen, die so weit geht, dass Gott als Gott der Sohn am Kreuz die Verlassenheit von Gott dem Vater bis in den Tod erleidet, in einem Prozess hingebungsvoller Liebe, den der Heilige Geist zugunsten des Lebens vollendet.18 Schon an diesem Beispiel wird deutlich, dass die Eigenschaften Gottes nur als seinem Wesen gemäße Eigenschaften erkennbar werden, wenn sie aus der biblisch bezeugten heilsgeschichtlichen Selbsterschließung des dreieinigen Gottes hervorgehen. Deshalb hat der lutherische Theologe Hermann Cremer (1834–1903) in seinem Buch „Die christliche Lehre von den Eigenschaften Gottes“ (1897)19 gegenüber dem metaphysisch-spekulativen Erkenntnisweg darauf hingewiesen, dass sich Gottes Eigenschaften aus seinem heilsgeschichtlichen Handeln für die Menschen erschließen, in welchem sich Gott seinem Wesen nach offenbart. In dieser hermeneutischen Orientierung lassen sich abstrakte göttliche Eigenschaften wie Allmacht und Allgegenwart, die sich für das Verständnis des Verhältnisses von Gott und Mensch gelegentlich als problematisch erweisen, „als Konkretisierungen, Spezifizierungen und Qualifizierungen der göttlichen Liebe“20 verstehen, was für alle Eigenschaften des dreieinigen Gottes zutrifft. Werden die Eigenschaften Gottes als Konkretisierungen des trinitarischen Wesens Gottes (Liebe) erkannt, lassen sich auch abstrakt und absolut anmutende Eigenschaften im Blick auf das lebendige Verhältnis von Gott und Mensch widerspruchsfrei und nachvollziehbar darlegen. Das gilt beispielsweise für Gottes Eigenschaft der Allmacht, die auch als übermächtige Allwirksamkeit missverstanden werden kann, welche die Wirklichkeit determiniert und der freien Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch eine einseitige Stoßrichtung verleiht. Wird Gottes Allmacht jedoch als Allmacht seiner Liebe transparent, die sich zurücknehmen kann, um den Geschöpfen Raum und den Menschen ihren Freiheitsspielraum zu gewähren, dann wird Gottes Allmacht als schöpferische, erlösende und vollendende Liebesmacht offenbar: „Sie erweist sich als die Macht des Schöpfers, der seine Schöpfung [liebend] in eine Zukunft hervorruft […]. Sie erweist sich als die Macht des Versöhners, der sich den gegenschöpferisch-zerstörenden Selbstbehauptungs-Mächten der Menschenwelt aussetzt, um ihnen [liebend] zu widerstehen […]. Sie erweist sich als die Macht der Geist-Gegen­wart […], als die Macht des [liebenden] Mitlebens Gottes mit denen, die ihm und seiner Zukunft ja nur treu bleiben können, wenn sie sich ihnen durch Gottes solidarisches Mitleben immer wieder neu erschließt.“21 Durch Gottes schöpferische Liebe erhält jedes Geschöpf seinen Eigenwert und darf sich bejaht 18 So konnte schon Luther anmerken, dass Gott seiner Natur nach nicht sterben kann, aber angesichts der Vereinigung von Gott und Mensch in der Person Christi durchaus vom Tode Gottes zu sprechen ist (vgl. WA 26;261ff.). K. Rahner hält fest, dass Gott in sich unveränderlich bleibt, sich aber am anderen bzw. am Menschen zu ändern vermag (vgl. Kap. VII,2.3). – Siehe zu dieser Thematik insgesamt Kap. X,2.2.1. Zum trinitarischen Verständnis des Kreuzestodes vgl. E. Jüngel: Gott, S. 450, 470ff. 19 Siehe H. Cremer: Lehre. 20 W. Härle: Dogmatik, S. 260. 21 J. Werbick: Gott, S. 407.

2. Gottes Eigenschaften

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fühlen, durch Gottes hingebungsvolle erlösende Liebe wird allen lebensfeindlichen Mächten ihre Macht genommen, und durch Gottes vollendende Liebe wird eine unzerstörbare Hoffnung geschenkt, so dass sich Gottes Allmacht als allmächtige Liebe erweist. Um die Eigenschaften Gottes vor Missverständnissen zu schützen und sie dem Wesen Gottes gemäß zu verstehen, erörtert auch Wilfried Härle bedeutende Eigenschaften Gottes „konsequent als Eigenschaften der Liebe Gottes“22, wobei er zwischen Eigenschaften unterscheidet, die nur Gott zukommen (Allmacht, Allgegenwart etc.), und Eigenschaften, die auch den Menschen zugedacht sind (Barmherzigkeit, Liebe etc.). Als Beispiel für die nur von Gott verkörperten Eigenschaften, die den Unterschied zwischen Gott und Mensch zum Ausdruck bringen, nennt er neben der Allmacht die Allwissenheit Gottes. In ihrer Abstraktheit könne diese Eigenschaft das Missverständnis auslösen, durch Gottes Wissen sei die Zukunft bereits festgelegt, oder der Mensch müsse das Gefühl haben, ständig überwacht zu werden. Vor dem Horizont der Liebe Gottes werde jedoch deutlich, dass wirkliches Wissen und Erkennen nur liebendes Erkennen sei, welches sich dem Gegenüber um seinetwillen zuwendet. Im Unterschied zu Gottes allwissender Liebe sei menschliches Erkennen schöpfungsgemäß fragmentarisch, was den Menschen allerdings auch vor Überforderung bewahre. Gottes Ewigkeit versteht Härle im Rückgriff auf Boethius als vollkommene Anteilhabe am unbegrenzbaren Leben. Die Ewigkeit umfange die Zeit, die ihren Ursprung in der Ewigkeit habe, von ihr gespeist werde und in sie einmünde. Doch erst das Wesen göttlicher Liebe zeige die Ewigkeit der Liebe als in sich vollkommene Erfüllung, die keinen Begrenzungen von außerhalb unterliege, auch nicht durch ein Vorher und Nachher. Wenn diese Liebe zeitliche Gestalt annehme, erweise sie sich als langmütiges und geduldiges Liebesgeschehen, das die Transzendierung der zeitlichen Begrenztheit der geliebten und liebenden Menschen ermöglicht. Im Blick auf Gottes Allgegenwart merkt Härle an, sie könne etwa pantheistisch missverstanden werden, aber als Allgegenwart der göttlichen Liebe lasse sie erkennen, dass sie den Geschöpfen Raum zur freien Entfaltung gewähre. Bezüglich der Eigenschaften, die Gott und Mensch teilen und die besonders Gottes Verbundenheit mit den Menschen ausdrücken, erörtert Härle unter anderem Gottes Heiligkeit und Zorn. Beide Eigenschaften seien als Gegensatz zwischen dem Wesen Gottes und der Realität der Sünde zu verstehen. Die Heiligkeit drücke die Unvereinbarkeit der Sünde mit Gottes Wesen aus und der Zorn verkörpere die Verneinung der Sünde. Als Eigenschaft der Liebe unterscheide sich der Zorn von selbstsüchtigem oder gekränktem Zorn: „Der heilige Zorn bzw. die zornige Liebe Gottes richtet sich um des geliebten Menschen willen gegen alles, was ihm bzw. wodurch er sich selbst schadet. ‚Liebe‘ ohne solchen heiligen Zorn wäre keine echte Liebe.“23 22 W. Härle: Dogmatik, S. 260. 23 Ebd., S. 272f. Vgl. insgesamt ebd., S. 259–273.

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VIII.  Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe

So wird deutlich, dass die Eigenschaften Gottes nur im Horizont des Wesens der trinitarischen Liebe angemessen zu verstehen sind. Denn Gottes Vollkommenheit, Macht, Stärke und Freiheit sind Merkmale seiner Liebe, in der er sich auch für andere öffnen und hingeben kann: „Er ist so frei, nicht ohne uns sein zu wollen. Er ist so vollkommen bei sich, dass er ganz beim Anderen sein kann […]. Er ist so mächtig, ex nihilo hervorzurufen, was er nicht braucht, aber erwünscht. Er ist so stark, sich davon zuinnerst in Mitleidenschaft ziehen zu lassen“24. Literatur Härle, Wilfried: Dogmatik, Berlin/Boston 42012. Haudel, Matthias: Der trinitarische Gottesbegriff im Kontext philosophischer und religiöser Gottesbilder, in: Schwöbel, Christoph (Hg.): Gott – Götter – Götzen. XIV. Europäischer Kongress für Theologie (11.-15. September 2011 in Zürich) (= Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 38), Leipzig 2013, S. 675–690. Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. Jüngel, Eberhard: Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus, Tübingen 82010.

24 J. Werbick: Gott, S. 408f.

IX. Der dreieinige Gott als Lebenshorizont 1. Gott als offenbares Geheimnis: seine verborgene und offenbare Anwesenheit Gottes unverfügbare Eigenwirklichkeit und seine personale Wesensstruktur implizieren Verborgenheit, aus der sich Gott als personales Geheimnis selbst erschließen kann. Die Verborgenheit verweist den Menschen auf die Offenbarung, indem sie ihn erkennen lässt, dass er Gott nicht aus sich selbst zu rekonstruieren vermag. In seiner Selbsterschließung erweist sich Gott als offenbares Geheimnis, durch das Gottes Wesen der Liebe ebenso transparent wird wie das entsprechende Wesen von Mensch und Welt. So ist der Glaube, der sich Gottes Offenbarung empfangend öffnet, die einzig angemessene Erkenntnisweise, die dem Wesen Gottes und des Menschen entspricht.

Die grundsätzliche Verborgenheit Gottes, die nur durch die göttliche Selbsterschließung Einblick in Gottes Wesen und Eigenschaften ermöglicht, wird aus der Transzendenz des Menschen und der Welt sowie aus den Implikationen des Gottesbegriffs ersichtlich (siehe Kap. II). Denn der über sich hinausgewiesene Mensch erfährt sich und die Welt als Geheimnis, während der Gottesbegriff eine unverfügbare Eigenwirklichkeit beinhaltet. Dass Gott in einem für die Menschen unzugänglichen Licht wohnt (I Tim 6,16), wird auch vom biblischen Zeugnis vielfach hervorgehoben. Doch mit Verborgenheit ist dabei nicht Abwesenheit gemeint, weil Verborgenheit eine bestimmte Art der Anwesenheit verkörpert: verborgene und nicht offenkundige Gegenwart. Das korrespondiert der biblisch bezeugten personalen Wesensstruktur Gottes, die Gott als personales Geheimnis erkennbar werden lässt, das sich nur selbst erschließen kann – in analoger Entsprechung zur personalen Struktur des Menschen (Gen 1,27: Ebenbild Gottes). 1 Indem der Mensch die Verborgenheit Gottes ernst nimmt, wird er vor dem mit Selbstüberschätzung einhergehenden Versuch bewahrt, Gott rekonstruieren zu wollen, was einer Vereinnahmung Gottes gleichkäme. Zugleich wird der Mensch durch die Verborgenheit Gottes auf den offenbaren Gott verwiesen, dessen Selbsterschließung er sich glaubend öffnen darf, als Voraussetzung für Gottes- und Heilsgewissheit.2 Diese ist möglich, weil sich Gott in seinem Wort selbst entspricht. Denn 1 2

Zum Unterschied zwischen der personalen Struktur Gottes und der des Menschen siehe Kap. IX,2. Um diesen Zusammenhang ging es Luther bei seiner Unterscheidung von verborgenem Gott (lat. deus absconditus) und offenbarem Gott (lat. deus revelatus). Vgl. hierzu E. Jüngel: Entsprechungen, S. 202–251.

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IX.  Der dreieinige Gott als Lebenshorizont

der Sohn Gottes verkörpert als Logos (Wort) die in Gott bestehende Identität von Wort und Sein, die in der Heilsgeschichte durch das Zusammenspiel von Wortund Tatoffenbarung bekräftigt wird (z.B. steht das Verkündigungswort von der Liebe Gottes in der Liebestat Christi vor Augen). Öffnet sich der ebenfalls sprachlich konstituierte Mensch glaubend dem Wort Gottes, entspricht er sowohl dem Wesen Gottes, das als personales Geheimnis Verborgenheit und Selbsterschließung impliziert, als auch dem Wesen des Menschen, der sich in seiner Transzendenz der Kreatürlichkeit und Angewiesenheit auf Anrede bewusst wird. Durch die Selbsterschließung Gottes wird die Dimension des personalen Geheimnisses nicht aufgehoben, vielmehr wird sie als offenbares Geheimnis transparent, das nicht nur das Wesen Gottes als Liebe erschließt, sondern auch das Gott gemäße Wesen des Menschen und der Welt. Damit erhält der transzendente Mensch Antwort auf das Geheimnis seines Lebens (siehe Kap. IX,2). Deshalb ist die Dimension der Verborgenheit und des Geheimnisses Gottes keine defizitäre Erkenntnismöglichkeit wie die Nicht-Begreiflichkeit oder Undefinierbarkeit Gottes, sondern sie beinhaltet den Aspekt der Personalität, welche der Erschließung ihres Geheimnisses bedarf. So erweist sich der Glaube in seiner empfangenden Hermeneutik als die Gott und den Menschen gemäße Erkenntnismöglichkeit, welche allein Erkenntnisgewissheit zu gewähren vermag und dem atheistischen Postulat der Undenkbarkeit Gottes ebenso entgegensteht wie der theistischen Ableitung Gottes aus anthropologischen und natürlichen Voraussetzungen (Rückschlussverfahren). Durch die Spannung von Verborgenheit und Selbsterschließung kommt auch das trinitarisch gewährleistete Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zwischen Gott und Mensch zum Tragen, das die Voraussetzung einer freien personalen Gemeinschaft der Liebe ist, in welcher die Gottheit Gottes ebenso bewahrt bleibt wie die Menschlichkeit des Menschen. Die Selbstlosigkeit und Tiefe der Liebe Gottes wird besonders dadurch deutlich, dass sich die Herrlichkeit und Macht Gottes in der hingebungsvollen und unscheinbaren Liebe Jesu unter dem Gegenteil (lat. sub contrario) offenbart, was im Kreuz seinen Höhepunkt erreicht (I Kor 1–2 u.ö.).3 Denn in der bis zum Kreuz führenden Selbsterniedrigung bzw. Menschwerdung des Gottessohnes liefert sich Gott im Zusammenwirken der trinitarischen Personen seinen Geschöpfen und ihrer zerstörerischen Selbstvergöttlichung aus, um diese in selbstloser Liebe zu überwinden und den Menschen die ewige Gemeinschaft der Liebe neu zu eröffnen (Phil 2,6–8). Damit durchkreuzt Gott die Weisheit der Welt (I Kor 1,18ff.), indem er die in Selbstbehauptung lebenden Menschen als Sünder entlarvt, ihnen ihre Bestimmung zur Gemeinschaft der Liebe vor Augen hält und ihren Gottesvorstellungen von Macht, Ehre und Stärke die Macht der unscheinbaren Liebe entgegenstellt. Diese wiederum ist nur im Heiligen Geist zu erkennen (I Kor 12,3) und offenbart Gott als menschlichen Gott hingebungsvoller Liebe. „Verborgen ist die Macht seiner Liebe in der Ohnmacht 3

Siehe dazu auch die Aussagen Luthers in der Heidelberger Disputation (WA 1;362).

2. Der Mensch als Ebenbild Gottes und der Sinn des Lebens

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eines gekreuzigten Menschen. Und dass dieser Macht die Zukunft und der Sieg gehört, ist verborgen unter dem Elend einer Welt, die nichts davon erkennen lässt.“4 Dennoch ist die Verborgenheit Gottes keine Dimension mehr, hinter der sich noch anderes als die unbedingte Liebe Gottes verbergen könnte: „Als das endgültige ‚Ja‘ aller Verheißungen Gottes (II Kor 1,20) teilt Jesus Christus den Glauben als unbedingtes Gottvertrauen mit, das auf nichts anderes zielt“5 als auf den sich selbsterschließenden dreieinigen Gott. „So wie allein der Glaube den unter dem Gegensatz verborgenen Gott sehen kann […], so sieht der Glaube auch die Welt, insofern er Gott in ihr wirken sieht, im Licht des Wortes dieses Gottes.“6 Weil Gott weder der ferne Gott bleibt noch in seiner Herrlichkeit kommt und so die Welt mit ihren Dunkelheiten beendet, sondern unter den Bedingungen der von ihm entfremdeten Welt in unscheinbarer Liebe am Kreuz wahre Gottes- und Menschenerkenntnis eröffnet, gewährt er den Menschen in der Gleichzeitigkeit von verborgenem und offenbarem Gott noch eine Zeit heilsgeschichtlicher Geduld. In ihr dürfen die Menschen die Chance nutzen, Gottes Angebot der Gemeinschaft der Liebe zu entsprechen, zumal sich am Kreuz endgültig erschließt, dass Gott und die Menschen in der Liebe dasselbe Geheimnis teilen.7 2. Der Mensch als Ebenbild Gottes und der Sinn des Lebens Als Ebenbild Gottes gilt der Mensch nicht aufgrund der Identität göttlicher und menschlicher Wesensstrukturen, sondern weil er Anteil an den Dimensionen hat, die Gottes Wesen charakterisieren. So ist der Mensch wie Gott personal und sprachlich konstituiert, aber in Gott besteht die einmalige Identität von Wort und Sein, da der Sohn Gottes das Wort (Logos) verkörpert. Ferner partizipiert der Mensch an der inner- und zwischenpersonalen Dimension Gottes. Aber das Wesen des dreieinigen Gottes ist durch die Gleichzeitigkeit von innerpersonaler Einheit und zwischenpersonaler Gemeinschaft geprägt, so dass Gott in sich selbst als vollkommenes Leben der Liebe existiert. Als Individuum verkörpert der Mensch auch die innerpersonale Einheit, die ebenfalls Einheit in Vielfalt beinhaltet (psychologische Analogie: Reflexivität und innere Lebendigkeit). Für die zwischenpersonale Gemeinschaft (soziale Analogie) bedarf der Mensch aber der Gemeinschaft mit Gott oder den Mitmenschen. Der Mensch ist also Abbild der Strukturen göttlicher Liebe, jedoch in eigener geschöpflicher Weise. Dieser Unterschied zeichnet den Menschen als einmaliges Wesen mit einem eigenen Wert aus, das auf seine ihm eigentümliche Weise an der vollkommenen Gemeinschaft der Liebe Gottes partizipieren darf, woraus sich der Sinn des Lebens erschließt.

4 5 6 7

W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 151. I. Lønning: Art. „Gott VIII“, S. 693. E. Jüngel: Freiheit, S. 40. Vgl. ders.: Gott, S. 538. – Zur detaillierten Darlegung der in diesem Abschnitt beschriebenen Zusammenhänge siehe Kap. II,3–5; IX,2; X,2.2.

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IX.  Der dreieinige Gott als Lebenshorizont

In den vorherigen Kapiteln wurde bereits in mehrfacher Hinsicht deutlich, wie die biblisch bezeugte Gottebenbildlichkeit des Menschen (z.B. Gen 1,26f.; Gen 5,1; I Kor 11,7; Jak 3,9) das Wesen des dreieinigen Gottes in analoger und spezifischer Weise widerspiegelt. Das ist im Blick auf die Gesamtheit der trinitarischen Wesensstruktur bisher in der theologischen Tradition zu wenig beachtet worden. Zwar wurden immer wieder einzelne Merkmale benannt, wie etwa die Erschaffung des Menschen als „Mann und Frau“, die in Gen 1,27 oder Gen 5,1f. in Verbindung mit der Gottebenbildlichkeit steht. So stellte Karl Barth im Blick auf die schöpfungsgemäße „Ich-Du-Beziehung“ im Gegenüber von Mann und Frau heraus, sie bilde analog die innergöttliche „Ich-Du-Beziehung“ ab. Einerseits sei das innertrinitarische Sichbegegnen das Urbild der Beziehung Gottes zum Menschen, während andererseits die Beziehung von Mensch zu Mensch als Gegenüber zu seinesgleichen dem innertrinitarischen Zusammensein entspreche. 8 Von den Kirchenvätern im Osten wurde bevorzugt die Gemeinschaft von Vater, Mutter und Kind als Bild für die innertrinitarische Gemeinschaft der Liebe herangezogen (soziale Analogie) und damit die Dreiheit Gottes betont. Westliche Kirchenväter wiederum betonten die Einheit Gottes, indem sie für die Trinität die psychologische Analogie heranzogen, die den dreieinigen Gott mit dem geistigen Selbstvollzug (z.B. Gedächtnis – Einsicht – Wille, Augustin) einer menschlichen Person vergleicht.9 So konnte die Gottebenbildlichkeit sowohl anhand der lebendigen Individualität des Menschen als auch anhand seiner Sozialität hervortreten. Darüber hinaus wurden in der Dogmatik substantielle und relationale Merkmale der Gott­eben­­bildlichkeit des Menschen benannt, was oft mit den beiden Formulierungen in Gen 1,26 verknüpft war: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild (lat. imago), das uns gleich (lat. similitudo) sei“. Aus substantieller Sicht wurde die menschliche Wesensausstattung mit Geist, Vernunft und Willen erörtert, die den Menschen zum Bild (imago) Gottes werden lässt und ihm als einzigem irdischen Geschöpf die Möglichkeit eröffnet, mit Gott in eine gegenseitige liebende Gemeinschaft zu treten. Die im Menschen gegebene Verbindung von sichtbarer und unsichtbarer Schöpfung charakterisiert den Menschen als ein von Leib und Seele geprägtes Wesen, das von Gott geschaffen und beseelt wurde (Gen 2,7), um mit Gott in eine Gemeinschaft zu treten, die ewig sein soll: „Er sollte dem Tod nicht unterworfen sein. Wohl dachte man auch für den nicht gefallenen Menschen an eine Grenze seines irdischen beim Eingang in ein ewiges Leben; aber sein Leib sollte nicht im Tod von der Seele getrennt werden und verwesen, sondern der ganze Mensch sollte in schmerzlosem Übergang aus dem irdischen in das ewige Leben verklärt werden. […] schon im irdischen Leben sollte sein Leib von keinerlei Schmerz und Krankheit betroffen werden.“10 Wolfhart Pannenberg betont, dass die zum geschöpflichen Leben gehörende Endlichkeit nicht unbedingt Sterb8 Vgl. K. Barth: Kirchliche Dogmatik III/1, S. 207–220. 9 Zu diesen unterschiedlichen Analogien in Ost und West sowie zu ihrer Verankerung in unterschiedlichen Mentalitäten und Denkweisen siehe Kap. IV,1 u. 2. 10 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 22.

2. Der Mensch als Ebenbild Gottes und der Sinn des Lebens

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lichkeit bedeuten muss. Das zeige die eschatologische Verheißung der ewigen Gemeinschaft des Menschen mit Gott in der göttlichen Herrlichkeit, in welcher der Mensch das endliche Geschöpf bleibe, aber nicht mehr sterbe.11 Besonders in der katholischen Tradition verband man mit biblischen Aussagen wie Mt 10,28 („die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können“) die Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele, die sich aber deutlich von der platonischen Anschauung einer von Ewigkeit her bestehenden Seele unterschied, für welche der Leib nur als zu überwindendes Gefängnis galt (Leib-Seele-Dualismus). Vielmehr wurde die biblisch bezeugte ganzheitliche Leiblichkeit des Menschen als Verbindung von Leib und Seele wahrgenommen. Vornehmlich Teile der evangelischen Tradition haben in entsprechendem Anklang an paulinische Aussagen den Tod auf den ganzen Menschen bezogen, der als Ganzer von Gott zu neuem Leben auferweckt wird.12 Aus den genannten substantiellen Merkmalen der Gottebenbildlichkeit resultieren weitere Merkmale wie das strikte Tötungsverbot im Blick auf den Menschen (Gen 9,6) und die Beauftragung des Menschen, über andere Geschöpfe verantwortlich zu herrschen (z.B. Gen 1,26.28; Ps 8,7) bzw. die Schöpfung zu bewahren (Gen 2,15). Hier verbindet sich die substantielle Sicht bereits mit der relationalen Sicht, die weniger die Beschaffenheit des Menschen vor Augen hat als vielmehr sein gelebtes Verhältnis der Liebe zu Gott, in dem die gottebenbildliche Ähnlichkeit (similitudo) zum Ausdruck kommt. Vor diesem Hintergrund konnten Theologen wie Hugo von St. Viktor (ca. 1097–1141) zwischen der Vernunft-Beschaffenheit des Menschen (imago) und seiner liebenden Gottesbeziehung (similitudo) unterscheiden und folgern, der Mensch habe durch die Sünde nur die „similitudo“ eingebüßt. Gegen diese Unterteilung wandten sich die Reformatoren, indem sie die beiden Formulierungen in Gen 1,26 (imago, similitudo) lediglich als wechselseitige Näherbestimmungen erkannten. So konnte Luther darlegen, wie die Sünde auch von der Vernunft Besitz ergriffen hat, welche aufgrund menschlicher Selbstbehauptung in sich selbst verkrümmt ist. Deshalb bleibt der ganze Mensch nach Luther auf die rechtfertigende Gnade Gottes in Jesus Christus angewiesen, dessen Bild der Mensch gleichgestaltet werden soll (Röm 8,29). Denn in Jesus Christus als dem innertrinitarischen Ebenbild Gottes, nach dem auch der Mensch geschaffen wurde (II Kor 4,4; Kol 1,15f.), wird dem Menschen die wahre Bestimmung seiner Gottebenbildlichkeit neu eröffnet.13 Nach Wilfried Härle ist damit die relational zu verstehende Gottebenbildlichkeit gegeben, in welcher der Mensch „in einer Beziehung zu Gott und zu seinem Mitmenschen existiert, die ihrerseits dem Wesen Gottes entspricht, also den Charakter der Liebe hat“14. 11 Vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 2, S. 310f. 12 Siehe zum Verhältnis von Tod und ewigem Leben Kap. X,3.3, und zum Verhältnis von Tod und Sünde Kap. X,2.3. 13 Zum Verhältnis von Anthropologie und Sünde siehe Kap. X,2.3. 14 W. Härle: Dogmatik, S. 446f. – Zu weiteren Aspekten der Anthropologie siehe auch W. Pannenberg: Anthropologie.

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IX.  Der dreieinige Gott als Lebenshorizont

Dass diese relationale Bestimmung der Gottebenbildlichkeit jedoch gleichzeitig substantiell zu füllen ist, lässt sich im Blick auf die Gesamtheit der trinitarischen Wesensstruktur erkennen. Die innertrinitarische Wesensstruktur bildet sich nämlich analog in den geschöpflichen Wesensmerkmalen des Menschen ab, was aus den bisherigen Kapiteln schon hervorging und die genannten Einzelmerkmale der Gottebenbildlichkeit umfängt. So trat hervor, wie sich die trinitarischen Personen in ihrer jeweiligen personalen Eigentümlichkeit (personaler Selbstand) gegenseitig vollkommen durchdringen (Perichorese) und in dieser zwischen- bzw. interpersonalen Gegenseitigkeit (Relation) zugleich die wesenseine inner- bzw. intrapersonale Einheit verkörpern. Aufgrund der Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension (Selbstand in Relation) erweist sich der dreieinige Gott als das vollkommene Leben der Liebe (I Joh 4,8.16: „Gott ist Liebe“), das die psychologische Analogie (intrapersonale Lebendigkeit einer Person) und die soziale Analogie (interpersonale Gemeinschaft dreier Personen) aus dem menschlichen Erfahrungsbereich gleichzeitig in sich vereinigt. Diese allein in Gott bestehende Gleichzeitigkeit beider Dimensionen übersteigt den Bereich geschöpflicher Erfahrung, da der Mensch selbst nur als intrapersonales Individuum existiert, das die interpersonale Dimension nicht in sich selbst hat, sondern nur in Gemeinschaft mit Gott oder den Mitmenschen. Dennoch verkörpert der Mensch in analoger Weise diese beiden Dimensionen göttlicher Wesensstruktur, weil seine Existenz von beiden Aspekten geprägt ist und er als Ebenbild Gottes die Spuren der Trinität (lat. vestigia trinitatis) abbildet. Denn den Menschen selbst charakterisiert die intrapersonale Dimension trinitarischer Einheit in Vielfalt (psychologische Analogie), mit der er auch eine eigene Reflexivität und Lebendigkeit besitzt, während er die interpersonale trinitarische Dimension in Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen erfährt (soziale Analogie). Von daher darf das Wesen des Menschen wie das Wesen des dreieinigen Gottes von personaler Reflexivität und Freiheit sowie von liebender Gemeinschaft geprägt sein, wobei sich diese beiden Wesenseigenschaften gegenseitig bedingen. Während der dreieinige Gott aber in seiner intraund interpersonalen Gleichzeitigkeit die vollkommene Gemeinschaft der Liebe ist, gilt für den Menschen als Ebenbild Gottes, dass er daran Anteil erhält, indem er beide Dimensionen in Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen hat.15 So leitet sich aus Gottes Selbstand in Relation, der sich sowohl auf die jeweiligen trinitarischen Personen als auch auf das eine göttliche Sein insgesamt bezieht, analog das Verständnis der personalen Existenz des Menschen ab, was schon in der altkirchlichen Modifizierung des anthropologischen Personbegriffs durch die trinitätstheologische Terminologie zum Ausdruck kam16. Als personales – und 15 Vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 577f.; ders.: Gott/Lebenshorizont, und ders.: Gemeinschaft/ Liebe. 16 Siehe Kap. III,3.2.1, wo gezeigt wird, wie der nicht-individuell verstandene antike Personbegriff (Rolle, Maske) durch die trinitätstheologische Qualifizierung im Sinne jeweiliger personaler Eigentümlichkeit erweitert wurde und so auch der anthropologische Personbegriff den Charakter der Individualität erhielt.

2. Der Mensch als Ebenbild Gottes und der Sinn des Lebens

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damit verantwortliches – Gegenüber Gottes ist der Mensch ebenfalls von Selbstand und Relation geprägt, weil er in individueller persönlicher Verantwortung (intrapersonal) vor Gott und den Mitmenschen lebt, was sich zugleich nur in der Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen (interpersonal) vollziehen kann. Auch diesbezüglich wird offenbar, dass der Mensch im vertikalen und horizontalen Kontext seiner Geschöpflichkeit analogen Anteil an den Wesensmerkmalen erhält, die Gott in sich vollkommen verkörpert. Man könnte nun fragen, warum Gott den Menschen nicht auch so vollkommen wie sich selbst geschaffen hat, um die auf der geschöpflichen Analogie beruhende Möglichkeit einer Ablehnung oder eines defizitären Vollzugs von liebender Gemeinschaft auszuschließen. Doch gerade der analoge geschöpfliche Charakter zeichnet den Menschen als einmaliges Wesen aus. Denn Gott hat sich nicht einfach vervielfältigt, sondern ein neues, eigenes und individuelles Leben als außergöttliches Ziel seiner Liebe geschaffen. Auf diese Weise erhält das mensch­ liche Leben seinen eigenen Wert. Es ist nicht – wie tendentiell bei Hegel – Teil eines sich selbst entfaltenden Gottes, sondern etwas Eigenes, in dem Gott nicht sich selbst, sondern etwas anderes liebt. Der Mensch darf als etwas Eigenständiges in der Gemeinschaft der Liebe mit Gott leben und auch seinesgleichen lieben (Mitmenschen). Hierin besteht erneut die mensch­­liche Abbildhaftigkeit im Blick auf die Beziehungen zwischen den trinitarischen Personen (Eigentümlichkeit und gegenseitige Durchdringung). Deshalb kann der Mensch alle Dimensionen der Liebe verwirklichen, die Gott in sich verkörpert, und so der innertrinitarischen Liebe Gottes entsprechen, die in noch so großer Selbstbezogenheit als immer noch größere Selbstlosigkeit existiert17. Darauf wird der Mensch schon durch das Liebesgebot hingewiesen: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Lev 19,18; Mk 12,31 u.ö.) Die mit der menschlichen Existenz gegebenen intra- und interpersonalen Aspekte gewähren dem Men­schen also die gleichen personalen Dimensionen, die auch Gottes Wesen ausmachen. Weil die geschöpf­liche Teilhabe aber die spezifisch menschlichen Aspekte dieser Dimensionen bedingt, entsteht die Besonderheit und Eigentümlichkeit des Menschen. Nur als derart eigenes Wesen vermag der Mensch in freier Gemeinschaft mit Gott dessen Liebe zu entsprechen, wobei Freiheit zum Wesen der Liebe gehört. Ferner bedarf es dazu der personalen Wesensstruktur, die wiederum mit Sprachlichkeit verbunden ist. Auch diesbezüglich wurde bisher mehrfach deutlich, wie sich der Mensch als Abbild der personalen und sprachlichen Konstitution des dreieinigen Gottes erweist. Denn der Sohn Gottes als innertrinitarisches Wort (Logos) und Abbild des Vaters offenbart nicht nur die personale innertrinitarische Gemeinschaft der Liebe, sondern auch das Wesen des Menschen, der nach seinem Bild geschaffen wurde. Von daher ist es folgerichtig, dass auch das Wesen des Menschen von Personalität und Sprachlichkeit geprägt ist, wobei die Identität von Wort und Sein nur in Gott gegeben ist: Der Sohn Gottes 17 Vgl. E. Jüngel: Gott, S. 408.

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IX.  Der dreieinige Gott als Lebenshorizont

ist das Wort (Logos).18 Wie in Gott bedingen sich Personalität und Sprachlichkeit auch im Menschen gegenseitig, denn als selbstreflexives personales Geheimnis kann sich der Mensch nur selbst mitteilen, während er zugleich auf personale Gemeinschaft und somit auf Anrede angewiesen ist. In dem daraus resultierenden Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ ermöglicht die Anrede Gottes dem Menschen die Öffnung für das göttliche Heil sowie die Glaubensantwort als Vollzug der geschenkten Liebe. So verbindet sich der dem Heilshandeln Gottes gegenüber passive Glaube mit der aktiven Glaubensantwort, was synergistischen Tendenzen der Mitwirkung am Heil (z.B. Werkgerechtigkeit) ebenso widerspricht wie deterministischen Vorstellungen (z.B. doppelte Prädestination). Im Glauben entspricht der Mensch als personales Gegenüber Gottes sowohl seiner geschöpflichen Angewiesenheit auf Gott als auch der liebenden Zuwendung Gottes – und damit dem Wesen des Menschen und dem Wesen Gottes. Während Gottes Lebensgeschenk keinen Anlass gab, sich ihm nicht zu öffnen (Gen 1,31: „siehe, es war sehr gut“), begab und begibt sich der Mensch unter der Annahme, selbst sein zu können wie Gott, mit der sündigen bzw. selbstvergöttlichenden Per­version seiner personalen Freiheit in falsche Abhängigkeiten von sich selbst und der Welt. Denn aus der mit der Selbstvergöttlichung einhergehenden Selbstbehauptung erwächst Angst um sich selbst und Egoismus, mit den entsprechenden lebensfeindlichen Konsequenzen. Durch diese Selbstbezogenheit wird die menschliche Personalität beschädigt, da sie ursprünglich auf der vertikal und horizontal sowie intra- und interpersonal struk­turierten Gemeinschaft beruht. Erst die heilsgeschichtliche Befreiung des Menschen aus seiner Selbstver­krümmung lässt ihn wieder frei und ohne Angst um sich selbst aus der Liebe Gottes leben und so zur „Freiheit eines Christenmenschen“ (Luther) finden.19 In der empfangenden Offenheit des Glaubens findet der gottebenbildliche Mensch gegenüber der in sich verschlossenen sündigen Selbstbehauptung also zu seiner eigentlichen Bestimmung und damit zum Sinn des Lebens, nämlich zur Liebe zu Gott und den Mitmenschen, die ewig sein soll. Der dreieinige Gott erschließt sich als Heilsmysterium des Menschen, indem er sich als vollkommene Gemeinschaft der Liebe erweist, an der die Menschen Anteil haben dürfen. Weil der Mensch mit den Worten Karl Rahners in der Spannung zwischen Herkunft und Zukunft existiert und so auf das Angebot der Wahrheitserkenntnis (Herkunft) sowie auf die Möglichkeit der Annahme des Angebots in Liebe (Zukunft) angewiesen ist, findet er im Angebot der Wahrheit durch Gottes Sohn und in der Möglichkeit liebender Annahme durch den Heiligen Geist die Antwort auf das Geheimnis seines Lebens.20 Deshalb vollzieht sich menschliches Leben, das der heilsgeschichtlichen Erschließung des dreieinigen Gottes entspricht, nach Eberhard Jüngel in Glaube, Liebe, Hoffnung: Der Glaube bezieht sich auf die Herkunft 18 Siehe Kap. II,5 u. VIII,1. 19 Zu diesen Zusammenhängen siehe insgesamt Kap. II,5; III,1.1; VIII,1. Zum Verhältnis von Sünde und Freiheit siehe besonders Kap. X,2.3. 20 Vgl. K. Rahner: Gott, S. 374ff. Vgl. Kap. VII,2.3.

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und kommt so auf Gott zurück (Erster Artikel), die Liebe bezieht sich auf Gottes Ankunft und lässt sich von seiner hingebungsvollen Liebe mitnehmen (Zweiter Artikel), die Hoffnung bezieht sich auf die Zukunft und geht der alles vollendenden Liebe Gottes entgegen (Dritter Artikel). „Weil aber im Ereignis der Liebe Gott und Mensch dasselbe Geheimnis bereits teilen, deshalb ist die Liebe die größte unter ihnen (1 Kor 13,13).“21 So eröffnet sich dem vom Geheimnis umgebenen transzendenten Menschen durch die trinitarische Heilsgeschichte das offenbare „Ge-heim-nis“, das ihm „Heim-kommen“22 ermöglicht: „Gottesgewißheit ereignet sich da, wo Gott als die Heimat des Menschen identifizierbar wird.“23 In der glaubenden Öffnung für die Zusage der Liebe Gottes empfängt der Mensch eine Gottesgewissheit, die Heilsgewissheit einschließt: „Gottes gewiß sein heißt der Liebe gewiß sein und sich die Liebe, die Gott selber ist, gefallen lassen.“ Auf diese Weise „entdeckt der Glaube mitten in der Fremde das, was allen in die Kindheit scheint und worin doch noch niemand war: Heimat“24. Den Menschen erschließt sich der unzerstörbare Sinn ihres Lebens, indem sie ihrer eigentlichen Bestimmung entsprechend erfahren dürfen, dass sie vom dreieinigen Gott geschaffen wurden, um an seiner vollkommenen Gemeinschaft der Liebe teilzuhaben – und dass diese Liebe bis zur Selbsthingabe Gottes für die Menschen reicht und Gott sein heilvolles Ziel für die Menschen sowie für die gesamte Schöpfung vollenden wird. Literatur Greshake, Gisbert: Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg (Br.)/Basel/ Wien 1997. Haudel, Matthias: Die ewige Gemeinschaft der Liebe, in: Riewe, Wolfgang (Hg.): Was Christen glauben, Bd. 3, Bielefeld 2011, S. 69–74. Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. Jüngel, Eberhard: Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus, Tübingen 82010. Kasper, Walter: Der Gott Jesu Christi (= Das Glaubensbekenntnis der Kirche 1), Mainz 1982. Pannenberg, Wolfhart: Anthropologie in theologischer Perspektive, Göttingen 1983. Rahner, Karl: Der dreifaltige Gott als transzendenter Urgrund der Heilsgeschichte, in: MySal II, S. 317–401.

21 E. Jüngel: Gott, S. 543. Vgl. Kap. VII,1.3. 22 G. Greshake: Gott, S. 21, der darauf verweist, dass „Ge-heim-nis“ auf eine Sammlung zielt, die Heim gibt. 23 E. Jüngel: Entsprechungen, S. 257. 24 Ebd., S. 264 u. 261.

X. Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses: Schöpfer, Erlöser, Vollender

Die altkirchlichen Bekenntnisse sind mit ihren drei Glaubensartikeln Kurzzusammenfassungen des biblischen Zeugnisses der heilsgeschichtlichen Selbsterschließung des dreieinigen Gottes und ihrer Heilsrelevanz für Mensch und Kosmos. Indem Gott den innertrinitarischen Eigentümlichkeiten entsprechend als Schöpfer, Erlöser und Vollender zur Sprache kommt, verbinden sich im Glaubensbekenntnis die zentralen Inhalte christlicher Dogmatik und Theologie. Dabei ist vorausgesetzt, dass das jeweilige Wirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist auch das Zusammenwirken der trinitarischen Personen beinhaltet, weil es sich um den dreieinigen Gott handelt. Deshalb sind die einzelnen Aussagen der drei Artikel nur im Kontext der trinitarischen Gotteslehre angemessen zu verstehen, was zu berücksichtigen ist, wenn diese Aussagen in ihrer grundlegenden, aktuellen und existentiellen Tragweite vermittelt werden sollen. 1. Gott, der Schöpfer Der erste Artikel des Glaubensbekenntnisses verbindet Gottes schöpferisches Wirken mit dem Vater, der auch innertrinitarisch die ursprunglose Quelle verkörpert. Die von Sohn und Geist vollzogene Beteiligung am schöpferischen Wirken wird dabei nicht ausgeblendet, was die Verbindung mit den beiden anderen Artikeln zeigt. Mit Gottes voraussetzungsloser Erschaffung der Welt aus Liebe geht seine daseinserhaltende Begleitung der Schöpfung einher, die in der vielschichtigen Lehre von der Vorsehung als differenziertes heilsgeschichtliches Wirken Gottes dargelegt wird. Der Glaube an Gott den Schöpfer wirft unweigerlich die Frage auf, wie Gottes schöpferisches Wirken und sein Zusammenwirken mit der Welt im Kontext naturwissenschaftlicher Welterklärung zu verstehen sind. So besteht die Notwendigkeit des Dialogs zwischen Theologie und Naturwissenschaft, zumal es der Übereinstimmung von Glaubens- und Wirklichkeitserfahrung bedarf, wenn der Glaube nicht wirklichkeitsfremd und in sich widersprüchlich werden soll. Im Dialog gilt es auch, den umfassenden weltanschaulichen Anspruch mancher naturwissenschaftlicher Konzeptionen zu hinterfragen, ebenso wie das Vorurteil, Naturwissenschaft beruhe auf Fakten, während sich Theologie als Geisteswissenschaft im spekulativen Bereich bewege. Die Geschichte des Verhältnisses von Theologie und Naturwissenschaft zeigt die Ursachen solcher Vorurteile. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts über-

1. Gott, der Schöpfer

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wanden tiefgreifende Umbrüche in den Naturwissenschaften das mechanistischdetermi­nisti­sche naturwissenschaftliche Weltbild des 19. Jahrhunderts und stießen selbst in Bereiche von philosophischer und theologischer Tragweite vor. Das führte zur Kompatibilität von naturwissenschaftlicher und theologischer Weltbetrachtung. Weite Teile heutiger Naturwissenschaft sind hochspekulativ und es setzt sich zunehmend die Einsicht in die Begrenztheit bzw. Partikularität naturwissenschaftlicher Welterkenntnis durch. Der Vergleich des Wesens von Theologie und Naturwissenschaft lässt erkennen, dass die Theologie eine umfassendere Sicht auf die Welt mit ihrer vieldimensionalen Wirklichkeit ermöglicht.

Der Glaube an „Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde“1 bringt zum Ausdruck, dass Gottes Werk der Schöpfung in besonderer Weise mit dem Vater verbunden wird, gemäß der innertrinitarischen Eigentümlichkeit des Vaters als ursprunglose Quelle (siehe Kap. VIII,1). Dem biblischen Zeugnis entsprechend wirkt der – von Ewigkeit her mit Sohn und Geist existierende – Vater dabei aber nie ohne den Sohn und den Heiligen Geist. So sind durch den Sohn und in ihm und auf ihn hin alle Dinge geschaffen (Joh 1,3; Kol 1,16f.), während der Geist im Blick auf den Menschen (Hi 33,4) und den Kosmos (Gen 1,2) ebenfalls als Schöpfermacht in Erscheinung tritt. Von daher können die mit dem Ersten Artikel gegebenen Inhalte nur in trinitätstheologischer Perspektive angemessen zur Darstellung gebracht werden. Das gilt auch für die Verbindung zwischen den drei Artikeln, wenn man etwa an Gottes eschatologisches schöpferisches Wirken im Blick auf „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Apk 21,1) denkt (Vollendung, Dritter Artikel). Ferner steht der Glaube an Gott den Schöpfer einer strikten Trennung von Theologie und Naturwissenschaft entgegen, durch die sich die Theologie seit dem 19. Jahrhundert verbreitet auf die Aspekte der Gotteserkenntnis, der moralisch-sittlichen Konstitution des Menschen sowie der Frömmigkeit bzw. der menschlichen Selbstdeutung konzentrierte und die Welterkenntnis der Naturwissenschaft überließ. Eine solche theologisch-anthropozentrische Reduktion verkennt den Anspruch des ersten Glaubensartikels, dass Welt und Kosmos erst im Horizont des göttlichen Wirkens in ihrem eigentlichen Wesen transparent werden und es deshalb keine Form der Welterklärung geben kann, die für die Theologie irrelevant wäre. 1.1 Gottes Wirken: Schöpfung und Weltregierung2 Im Unterschied zu philosophischen und religiösen Vorstellungen einer gegenseitigen Bedingtheit von Gott und Schöpfung3 erweist das biblische Zeugnis die 1 2 3

Diese Aussage des apostolischen Glaubensbekenntnisses findet sich in nahezu gleicher Formulierung im Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) (siehe Kap. III,3.3). Zur Verwendung der Terminologie des göttlichen Wirkens siehe Anm. 26, I. Kap. Hier wären etwa Konzeptionen einer pantheistischen oder emanatorischen Entfaltung des Göttlichen in die Welt zu nennen, die letztlich mit einer Identifizierung von Gott und Welt einherge-

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Schöpfung als freies und voraussetzungsloses Werk Gottes. Als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe bedarf der dreieinige Gott keiner Wirklichkeit außerhalb seiner selbst, so dass die Schöpfung – als innerer Grund der Weltentstehung – der freie Entschluss Gottes ist, anderen an seiner Liebe Anteil zu schenken. Die Schöpfung „ist daher kontingent [nicht notwendig], Ergebnis und Ausdruck eines freien Aktes göttlichen Wollens und Handelns“4. Deshalb ist sie auch voraussetzungslos, was in der Lehre von der Erschaffung aus dem Nichts (lat. creatio ex nihilo) zum Ausdruck kommt, die sich etwa auf II Makk 7,28 („dies alles hat Gott aus nichts gemacht“) oder Röm 4,17 („ruft das, was nicht ist, dass es sei“) bezieht. Damit wird deutlich, dass die Schöpfung dem freien Liebeswillen Gottes entspringt, der an keine Voraussetzungen gebunden ist, und dass sie von nichts anderem abhängig ist, als von der Liebe Gottes. Im Akt der Schöpfung nimmt sich der liebende Gott in seiner Allmacht und Allgegenwart zurück und gewährt der Schöpfung nicht nur Raum, sondern auch Freiheitsspielraum, in dem der Mensch als Gegenüber Gottes agieren kann.5 Mit seiner Liebe bleibt Gott in diesem zum Leben und zur Entfaltung eröffneten Raum begleitend gegenwärtig. Durch die Gewährung des Lebensraums gewährt Gott seiner Schöpfung zugleich Zeit. Zeit impliziert zwar Begrenztheit und Endlichkeit, aber auch Möglichkeit und Dauer, so dass sie einerseits von der Ewigkeit zu unterscheiden ist und andererseits mit ihr verbunden bleibt. Denn die von Gott gewährte Zeit wird von der Ewigkeit umspannt, insofern als sie ihren Ursprung in der Ewigkeit hat, von der Ewigkeit begleitet wird und in diese einzumünden vermag.6 Das zeigt zum einen die trinitarische Heilsgeschichte, die Zeit als Zeitpfeil erkennen lässt (Schöpfung, Erlösung, Vollendung), und zum anderen geht aus dem Verhältnis von heilsgeschichtlicher bzw. ökonomischer Trinität und immanenter Wesenstrinität hervor, wie Schöpfung mit ihren Dimensionen von Raum und Zeit aus der Ewigkeit Gottes entsteht und von ihr umfangen bleibt.7 Die in der daseinskonstituierenden Schöpfung aus dem Nichts (creatio ex nihilo) hervortretende Abhängigkeit der Schöpfung von Gott lässt den Bedarf an dauerhafter Zuwendung durch Gott erkennen. Das biblische Zeugnis von der treuen Liebe des dreieinigen Gottes, die sich in seinem heilsgeschichtlichen Handeln widerspiegelt, verweist auf das daseinserhaltende schöpferische Wirken Got-

4 5 6 7

hen, oder Vorstellungen von gegebenen Chaosmächten und Chaosstrukturen, die Gott zu bekämpfen und zu ordnen hat. W. Pannenberg: Systematische Theologie 2, S. 15. Zur Selbst-Zurücknahme Gottes vgl. J. Werbick: Gott, S. 400ff., der auf entsprechende Ausführungen von S. Kierkegaard verweist. Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 266f. Das interpersonale gegenseitige Durchdringen und das intrapersonale Eins-Sein des dreieinigen Gottes verkörpern die Gleichzeitigkeit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, welche in der theologischen Tradition immer wieder als Definition von Ewigkeit herangezogen wurde. Auch die Definition der Ewigkeit als Erfüllung der Zeit, als vollkommenes und unbegrenztes Leben, kommt in der vollkommenen und ursprunglosen innertrinitarischen Gemeinschaft zum Ausdruck. – Vgl. zum Verhältnis von Zeit und Ewigkeit Kap. X,3.2.

1. Gott, der Schöpfer

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tes, welches in der Lehre von der fortdauernden Schöpfung (lat. creatio continua oder continuata) zusammengefasst ist. Mit dem erhaltenden schöpferischen Wirken verbinden sich sowohl jeweils neue und unverfügbare Dimensionen des Daseins als auch kontinuierliche Strukturen. „Die Schöpfung als Erhaltung bildet gewissermaßen die Klammer, die das daseinskonstituierende und das geschichtliche Wirken Gottes miteinander verbindet und zusammenhält.“8 Diese Klammer lässt transparent werden, dass die Schöpfung nicht eine kurzweilige Idee Gottes war, der die Schöpfung im Sinne deistischer Gottesvorstellungen nach der Erschaffung sich selbst in ihrer Eigengesetzlichkeit überlässt. Vielmehr kommt der Liebeswille Gottes zum Vorschein, der dem Spezifikum der Liebe entsprechend auf Dauer angelegt ist. Zugleich bedeutet die erhaltende Begleitung der Schöpfung durch Gott keine deterministische Bestimmung der Geschichte, was die Gewährung des personalen Freiraums des Menschen konterkarieren würde, sondern der innertrinitarischen Gemeinschaft der Liebe entsprechend eröffnet der dreieinige Gott ein Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zwischen Gott und Mensch, das eine freie personale Gemeinschaft der Liebe ermöglicht. Das differenzierte heilsgeschichtliche Wirken Gottes an der hervorgebrachten Schöpfung, das eine solche Gemeinschaft zulässt, hat die altprotestantische Orthodoxie mit der vielfach unterteilten Lehre von der Vorsehung (lat. providentia) beschrieben. Dabei werden zunächst zwei innere Akte des göttlichen Bewusstseins benannt, die als Voraussetzung von Gottes Wirken in der Schöpfung gelten: Es handelt sich zum einen um Gottes Vorherwissen (lat. praevisio), das ihn erkennen lässt, worauf sich seine begleitende Fürsorge zu beziehen hat. Zum anderen bildet Gottes freier liebender Entschluss (lat. decretum), diese Fürsorge zu üben, die Grundlage seines Wirkens. Vor dem Hintergrund der beiden inneren Akte wird dann das nach außen gerichtete heilsgeschichtliche Wirken Gottes unter drei Aspekten erörtert: Erstens kommt im Unterschied zur daseinskonstituierenden Erschaffung aus dem Nichts (lat. creatio ex nihilo) bzw. zur ursprünglichen Schöpfung (lat. creatio originans) die vorsehende Erhaltung (lat. conservatio) im Sinne der fortdauernden Schöpfung (lat. creatio continua) zum Tragen. Das daseinserhaltende Wirken Gottes, ohne das die Welt nicht existieren könnte, spiegelt die verlässliche Treue der Liebe Gottes wider. Zweitens wird unter dem Begriff der vorsehenden Mitwirkung (lat. concursus oder cooperatio) das Heilswirken Gottes im Zusammenspiel mit dem Wirken der Natur und der Menschen erörtert. Denn neben der Erschaffung und Erhaltung der Welt wirkt Gott unter Wahrung der menschlichen Freiheit daran mit, die Menschen und die Welt zu ihrem Heil zu führen. Das Missverständnis einer deterministischen Vorherbestimmung durch Gott oder einer gleichwertigen Machtfülle menschlichen und göttlichen Wirkens wird dadurch abgewehrt, dass man zwischen dem göttlichen Wirken als Erstursache (lat. causa prima) und dem menschlichen bzw. geschöpflichen Wirken als Zweitursache (lat. causa secunda) differenziert – im Unterschied zu Schöpfung 8

W. Härle: Dogmatik, S. 292.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

und Erhaltung, wo Gott als Alleinursache gilt. Während Gottes schöpferische Macht (Erst­ursache) der Schöpfung die Möglichkeit eigenständigen Wirkens (Zweitursache) gewährt, richtet sich die Art des göttlichen Mitwirkens nach der Beschaffenheit der jeweiligen geschöpflichen Mitwirkung. So bedarf es im Blick auf die Kräfte, die das Mitwirken der leblosen Natur bedingen, einer anderen Mitwirkung Gottes als in Bezug auf den Menschen mit seinem Freiheits- und Handlungsspielraum. Drittens wird die damit angedeutete Vielfalt der unterschiedlichen Wirkungsweisen Gottes im Zusammenhang seines vorsehenden Wirkens der Lenkung (lat. gubernatio) dargelegt. Der Aspekt der göttlichen Lenkung erinnert daran, dass sich göttliches und menschliches Handeln nicht immer entsprechen, was aus der Selbstbehauptung des Menschen gegenüber Gott (Gen 3) resultiert. Indem Gottes Liebe die sündige Wirkungsgeschichte aber nicht sich selbst überlässt, bleibt seine Mitwirkung auf das heilvolle Ziel der Schöpfung und der Menschen ausgerichtet, was Lenkung impliziert. Weil diese Lenkung von Liebe geleitet ist und deshalb den Freiraum personaler Gemeinschaft der Liebe zwischen Gott und Mensch aufrechterhält, beruht sie auf verschiedenen Formen der Einflussnahme, die der Gewährung dieses Freiraums entsprechen. Daher wird die göttliche Lenkung vor dem Hintergrund des göttlichen Liebeswillens und der freien personalen Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch in vier Arten unterteilt, die einander zugeordnet sind: Erstens geht es um die Lenkung als Zulassung (lat. permissio). Gott lässt viele Handlungen und Geschehnisse zu, die seinem Heilswillen entgegenstehen, weil er den Menschen mit Liebe begegnet, welche durch werbende Freiheit und nicht durch Zwang charakterisiert ist. Deshalb versucht er im Falle des Widerstands der Menschen, seine heilvollen Ziele und Zwecke auf andere Weise zu erreichen. So kann sich göttliche Lenkung zweitens im Sinne von Hinderung (lat. impeditio) vollziehen, indem Gott den Erfolg von Handlungen verhindert, die sich gegen seine Ziele richten. Auf diese Weise unterscheidet sich die göttliche „Zulassung“ von Beliebigkeit, und zwar unter dem Vorzeichen der Liebe, welche sich dadurch auszeichnet, dass sie sich am geliebten Gegenüber orientiert und so um dessentwillen Grenzen zieht bzw. zu seinem Schutz hindernd eingreift. Folgerichtig beinhaltet die lenkende Vorsehung drittens die Begrenzung (lat. determinatio), durch die Gott menschliche Handlungsfähigkeiten in Grenzen hält, um den Erfolg lebensfeindlicher Absichten aufzuhalten (z.B. Gen 11,1–9). Viertens verbinden sich die genannten Aspekte mit dem Verständnis der göttlichen Leitung (lat. directio), die Handlungen und ihre Folgen, welche aus dem menschlichen Freiraum hervorgehen, so zu leiten vermag, dass sie den heilsamen Zwecken Gottes dienen – selbst dann, wenn sie diesen Zwecken explizit entgegenstehen (z.B. Gen 50,20).9 Alle aufgezeigten Arten des göttlichen Wirkens haben letztlich das Ziel der inneren Überwindung des Bösen durch das Gute, der göttlichen Liebe entsprechend, die dem Menschen die freie personale Gemeinschaft mit Gott gewährt. Damit ist der Zusammenhang des schöpferischen Wirkens Gottes (Erster Artikel) 9

Zu den Differenzierungen der altprotestantischen Dogmatik vgl. H. Schmid: Dogmatik, S. 120ff.

1. Gott, der Schöpfer

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mit seinem erlösenden Wirken (Zweiter Artikel) und seinem vollendenden Wirken (Dritter Artikel) gegeben. Denn in der erlösenden Menschwerdung des Sohnes Gottes sowie in dessen Tod am Kreuz wird die werbende Liebe Gottes vollends offenbar, und zum Wesen der Liebe gehört ihre auf Dauer angelegte Vollendung. Vor dem Hintergrund dieses göttlichen Heilswirkens an der vorfindlichen Wirklichkeit von Welt und Kosmos stellt sich theologischer Weltdeutung unweigerlich die Frage, wie Gottes schöpferisches Wirken und sein Zusammenwirken mit der Welt im Kontext naturwissenschaftlicher Welterklärung zu verstehen sind. 1.2 Theologie und Naturwissenschaft 1.2.1 Die Notwendigkeit des Dialogs Gilt Gott dem Glaubensbekenntnis entsprechend als Schöpfer, Erlöser und Vollender von Mensch und Kosmos, kann sich theologisches Weltverständnis den anthropologischen und kosmologischen Erklärungen der Naturwissenschaften nicht entziehen, sondern hat sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Denn das Vertrauen auf Gott als „die Alles bestimmende Wirklichkeit“ (R. Bultmann) und als „das Geheimnis der Welt“ (E. Jüngel) bedarf der Übereinstimmung von Glaubens- und Wirklichkeitserfahrung, soll der Glaube nicht zu einem wirklichkeitsfremden Glauben werden, der in innere Widersprüche führt und für die Wirklichkeit keine umfassende Relevanz mehr hat. „Die Theologie muß darum den Versuch machen, ihre Aussagen über die Welt als Schöpfung und über die Angewiesenheit der Geschöpfe auf Gottes erhaltendes Wirken, sowie auf seine Mitwirkung in allem geschöpflichen Geschehen, auf die naturwissenschaftliche Weltbeschreibung zu beziehen.“10 Gerade angesichts der naturwissenschaftlichen Prägung moderner Selbst- und Weltsicht mit oft umfassendem weltanschaulichen Anspruch bleibt der Glaube „steril, kraftlos und ohnmächtig gegenüber den weltanschaulich aufgeladenen naturwissenschaftlich fundierten Weltbildern“, wenn er in Konzentration auf das menschliche Subjekt und sein Gottesverhältnis „meint, sich frei von Natur- und Weltsichten entwerfen […] zu können“11. „Deshalb muss die Theologie daran interessiert sein, auch das wissenschaftliche Weltverständnis für ein Handeln Gottes in der Welt offen zu halten, denn nur dann kann der Schöpfer der Welt zugleich als […] fürsorgender Vater im Himmel […] angerufen werden.“12 Das ist besonders im Blick auf die seit dem 19. Jahrhundert verbreitete Trennung von Theologie und Naturwissenschaft zu bedenken, durch die sich die Theologie in Auseinandersetzung mit den fortschreitenden weltanschaulichen Ansprüchen der Naturwissenschaft auf ihre vermeintlichen schöpfungstheologischen „Spezifika“ zurückzog. Zu nennen 10 W. Pannenberg: Wirken, S. 139. – Zur ausführlichen Darlegung und Erörterung des Verhältnisses von Theologie und Naturwissenschaft insgesamt siehe M. Haudel: Theologie und Naturwissenschaft (siehe dazu auch Anm. 67, X. Kap.). 11 D. Evers: Raum, S. 7. 12 U. Eibach: Schöpfung, S. 243.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

wäre etwa der Rückzug auf die sittlich-religiöse Orientierung des Menschen (neukantianisch geprägte Theologie) oder auf die Reflexion des Bewusstseins schlechthinniger Abhängigkeit des Menschen und alles Endlichen von Gott, welche Schöpfungsglauben zur Endlichkeitsreflexion werden lässt (F. D. E. Schleiermacher).13 Zwar ist die grundsätzliche Unterscheidung zwischen den verschiedenen hermeneutischen Methoden von Theologie und Naturwissenschaft notwendig, weil die unterschiedlichen Erkenntnisgegenstände verschiedener Methoden bedürfen. Aber diese Unterscheidung darf nicht zur vorschnellen Ausblendung der Wirklichkeitsaspekte führen, auf die sich das Gottes- und Selbstverständnis bezieht. Denn das fördert die Vernachlässigung der hermeneutischen Brücken für den Dialog mit der Naturwissenschaft, was in der folgenden Darlegung noch weiter ausgeführt wird. Nach wie vor findet sich das verbreitete Vorurteil, dass Naturwissenschaften in ihren Ergebnissen auf Fakten beruhen, während die Theologie als Geisteswissenschaft mehr einer spekulativen Hermeneutik zuzuordnen sei. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass diese Einschätzung weder den Naturwissenschaften noch der Theologie gerecht wird, insofern als es mit den Worten des englischen Quantenphysikers und Theologen John Polkinghorne keineswegs so ist, „dass die Naturwissenschaften mit klaren und unzweifelhaften Fakten umgehen, während andere Disziplinen sich mit nebelhaften Meinungen zufrieden geben müssen“14. Die noch folgenden Erörterungen des Wesens naturwissenschaftlicher und theologischer Hermeneutik werden diesbezüglich Aufschluss geben. Dass sich das genannte Vorurteil dennoch bis heute so hartnäckig hält, liegt weitgehend an der Geschichte des Verhältnisses von Theologie und Naturwissenschaft, die hier nicht detailliert nachgezeichnet werden kann. Es erfolgen lediglich einige grundlegende Hinweise zur Entwicklung dieses Verhältnisses, die zum besseren Verständnis der aktuellen Situation beitragen. 1.2.2 Ursachen der Trennung Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der christliche Schöpfungsglaube maßgeblich die wissenschaftliche Betrachtung der Welt ermöglichte. Denn als Schöpfung Gottes gilt die Welt nicht selbst als göttlich und wird so in ihrer kontingenten Ordnung einer profanen Erforschung zugänglich. Weil die Welt zugleich als eine dem göttlichen Willen entsprechende Ordnung zu verstehen ist, kann sie rational erfasst werden. „Die als Konsequenz des christlichen Schöpfungsgedankens zu betrachtende Notwendigkeit, rationale Einsehbarkeit und Kontingenz zusammenzudenken, steht […] am Anfang moderner Naturwissenschaft.“15 So verstanden die „Väter der modernen Naturwissenschaft, Kopernikus, Kepler, Galilei, Newton, […] ihre wissenschaftliche Arbeit als Priesterdienst am Buch der Natur, neben 13 Vgl. zur zeitgenössischen Fortschreibung dieses Ansatzes z.B. U. Barth: Abschied. 14 J. Polkinghorne: Theologie, S. 29. 15 C. Schwöbel: Theologie/Schöpfung, S. 207.

1. Gott, der Schöpfer

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dem Buch der Bibel“16. Die besonders im Zuge der Aufklärung forcierte Loslösung naturwissenschaftlicher Weltbetrachtung von der Theologie war ein differenzierter Prozess, der weitgehend vereinfacht und polarisierend tradiert wurde, nicht zuletzt durch die Ideologisierung einzelner Konfliktfälle. Das betrifft nachhaltig die Auseinandersetzung zwischen Galileo Galilei (1564– 1642) und seiner Kirche sowie das Verhältnis von Darwinismus und Theologie. Als Galilei mit Hilfe des neu entdeckten Teleskops das heliozentrische Weltbild des Nikolaus Kopernikus (1473–1543) zu belegen versuchte, nach dem sich die Erde wie die übrigen Planeten um die Sonne dreht, ging es wie so oft in der Wissenschaftsgeschichte um die Revision des überkommenen wissenschaftlichen Weltbildes. Mit dem inhaltlichen Paradigmenwechsel (Wechsel zeitgenössischer Denkmuster)17 verband sich zugleich eine methodische Verschiebung. Gegenüber der begriffswissenschaftlichen Argumentation aristotelisch-thomisti­scher Tradition, die von der Antike bis ins Mittelalter Naturerscheinungen qualitativ beschrieb, verknüpfte Galilei Beobachtungen und Experimente stringent mit mathematischen Argumenten. Die Abstraktion vom Augenschein und die Konzentration auf das Experiment führten zunehmend zur Reduktion auf messbare Größen und formalisierbare Zusammenhänge, was später Isaac Newton (1643–1727) zur Beschreibung der Schwerkraft diente sowie zur Wegbereitung der klassischen Mechanik in ihrer Kausalität, Determinierung und Berechenbarkeit. Entsprechend konnte Immanuel Kant (1724–1804) die Naturwissenschaft als mathematisch konstituiert definieren. Er ging davon aus, dass jede empirische Wahrnehmung unter die apriorischen mathematischen Anschauungsformen des Bewusstseins fällt, welches der Gegenstandswelt seine eigene Gesetzmäßigkeit vorschreibt. Auch der Nominalismus hatte mit seiner Unterscheidung zwischen der Wirklichkeit und den auf sie bezogenen Begriffen zu der Vorstellung beigetragen, dass das begriffliche Denken seiner eigenen Gesetzmäßigkeit folgt. Zugleich hatte René Descartes (1596–1650) durch seine umfassende Übertragung der Mathematik auf die Realwissenschaften sowie durch seine Subjekt-ObjektSpal­tung maßgeblichen Anteil an der gezeigten Entwicklung der Naturwissenschaften und an dem zunehmenden weltanschaulichen Gewicht des Rationalismus. Denn laut Descartes erfasst das sich mathematisch vergewissernde vernünftige Subjekt die Welt im Erkennen als entsprechendes Objekt. Im Kontext dieser Weichenstellungen vollzog sich die Auseinandersetzung zwischen Galilei und der Kirche über hermeneutische Grundlagen und die Belegbarkeit von Beobachtungen, die von der Kirche zur Voraussetzung der Verbreitung neuer Theorien gemacht wurde (einige umstrittene Beobachtungen Galileis erwiesen sich später durchaus als unzutreffend). Weil sich die Auseinandersetzung mit gegenseitigen personalen Animositäten verband, wurde der Konflikt hochgeschaukelt. 16 J. Hübner: Wirklichkeit, S. 93. 17 Thomas S. Kuhn stellt in seiner Wissenschaftstheorie die Bedeutung des jeweiligen weltanschaulichen Kontextes für die Wissenschaft heraus. Er bezeichnet die in diesen Zusammenhängen auftretenden Veränderungen bzw. Revisionen als Paradigmenwechsel (siehe T.S. Kuhn: Struktur).

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Die später vollzogene Stilisierung Galileis zum naturwissenschaftlichen Märtyrer wird dieser differenzierten Gemengelage ebenso wenig gerecht wie Galileis sehr späte Rehabilitierung durch die römisch-katholische Kirche.18 Dass sich der Konflikt zwischen neuzeitlicher Naturwissenschaft und Theologie durch die Auseinandersetzung um den Darwinismus in Kontinentaleuropa – im Unterschied zum angelsächsischen Raum – noch zuspitzte, lag an der Vermittlung von Darwins Evolutionstheorie durch Materialisten wie Ernst Haeckel in Deutschland. Französische Physiker und Philosophen, zum Beispiel Julien Offray de La Mettrie (1709–1751), hatten den Materialismus befördert, indem sie ein rein naturalistisches Bild des Menschen zeichneten, das geistige Vorgänge auf materielle Ursachen reduziert, was La Mettrie in seinem Buch „Die Maschine Mensch“ (1748) mit atheistischer Schlussfolgerung vollzog. Nachdem in Deutschland etwa der Physiologe Hermann von Helmholtz (1821–1894) das Leben auf physikochemische Prozesse reduziert hatte, sprach der Arzt Ludwig Büchner (1824–1899) auf der Basis des mechanistisch-deterministischen naturwissenschaftlichen Weltbildes von den ewigen und unabänderlichen Naturgesetzen, die der unsterblichen Materie als Kraft inhärent seien. Das sei wissenschaftlich unleugbar festgestellt, weshalb es keiner anderen geistigen oder übernatürlichen Kraft bedürfe. Im Rückgriff auf das damalige mechanistische, monokausale und deterministische Verständnis der Naturgesetze sahen viele diesen Monismus der Natur als Grundlage für den wahren Fortschritt des Menschen im ewigen Naturkreislauf. Dessen Gesetze seien die einzige Wahrheit, der gegenüber sich Religion als Fiktion erweise (Jacob Moleschott, 1822–1893). In solcher Gesinnung vermittelte der Zoologe Ernst Haeckel (1834–1919) in Deutschland die Evolutionstheorie Darwins und baute sie zugleich in spekulativer politischer und weltanschaulicher Überdehnung zu einer Weltanschauung aus, was sich später in Begriffen wie „Sozialdarwinismus“ widerspiegelte19. Haeckel übertrug den mechanistischen Determinismus der damaligen Physik auf die Evolutionstheorie und unterwarf die geistige und religiöse Dimension des Menschen den Kausalgesetzen. Die göttliche Kraft sei mit dem Kosmos gleichzusetzen. „Die einfache Natur-Religion […] wird zukünftig in weit höherem Maasse [sic] veredelnd und vervollkommnend auf den Entwicklungsgang der Menschheit einwirken, als die mannichfaltigen [sic] Kirchen-Religionen“, da die Menschheit durch die Natur-Religion „die ruhmvolle Bahn fortschreitender Entwicklung […] und […] geistiger Vollkommenheit erklimmen wird“20. Wie Nietzsche bemängelte Haeckel die übertriebene christliche Nächstenliebe als Hindernis für die sich selbstdurchsetzende Höherentwicklung. Dass es in Deutschland und Kontinentaleuropa aufgrund der Tradierung der Evolutionstheorie Darwins durch diesen naturwissenschaftlich-weltanschaulichen 18 Zur Auseinandersetzung Galileis mit der Kirche siehe U. Kropač: Naturwissenschaft, S. 156ff. Vgl. zu Descartes und Kant Kap. VI,1. 19 Haeckel wird von etlichen Historikern als einer der Wegbereiter der Rassenhygiene und Eugenik in Deutschland betrachtet. Er wurde 1905 Mitglied in der Gesellschaft für Rassenhygiene. 20 E. Haeckel: Schöpfungs-Geschichte, S. 810 u. 812. Vgl. zu Haeckel Kap. VI,2.

1. Gott, der Schöpfer

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Dogmatismus zu heftigen Auseinandersetzungen mit Theologie und Kirche kam, verwundert keineswegs. Anders verhielt es sich im angelsächsischen Raum, wo die Evolutionstheorie vielfach im fruchtbaren Dialog von Naturwissenschaft und Theologie diskutiert wurde, weil Charles Darwin (1809–1882) selbst seine Theorie nicht als umfassendes weltanschauliches Dogma verstand, sondern als Darlegung biologischer Entwicklungsprozesse. Dabei konnte er durchaus von allgemeiner Vorsehung oder von Gesetzen eines Schöpfungsplans sprechen und sich zuweilen als Theist bezeichnen.21 „Darwin hat nie einen ideologisch-atheistischen Darwinismus vertreten, auch nicht in seiner agnostischen Endphase.“22 So wurden auch die Schwachstellen seiner Theorie sowohl von Naturwissenschaftlern als auch von Theologen diskutiert, wie beispielsweise der naturwissenschaftliche Zweifel daran, dass die Entwicklung komplexen Lebens in der zur Verfügung stehenden Zeit allein durch natürliche Selektion möglich sei. Auch in Deutschland gab es Theologen und Naturwissenschaftler, die trotz der gezeigten Polarisierung durch die Materialisten dialogisch mit der Evolutionstheorie umgingen.23 Doch insgesamt führte der naturwissenschaftlich-weltanschauliche Dogmatismus des 19. Jahrhunderts dazu, dass sich die Theologie mit dem Hinweis auf die unterschiedlichen Erkenntnisgegenstände von Theologie und Naturwissenschaft auf ihre vermeintlichen Kernthemen der sittlich-moralischen Orientierung (neukantianische Theologie) oder des religiösen Bewusstseins (Schleiermacher) zurückzog und den Naturwissenschaften die Welterklärung überließ. Dieses heute als Trennungs- oder Unabhängigkeitsmodell 24 bezeichnete Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft führte zwar aus dem Konflikt zu einem weitgehend akzeptierten friedlichen Nebeneinander in den jeweiligen Kompetenzbereichen, konnte aber – wie bereits gezeigt – den Implikationen des christlichen Glaubens an Gott den Schöpfer letztlich nicht gerecht werden. 1.2.3 Grundlegende naturwissenschaftliche Umbrüche als neue Öffnung Der Beginn des 20. Jahrhunderts brachte erneut tiefgreifende Umbrüche, die sich auch auf das Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft auswirkten. So erschütterte der Erste Weltkrieg den evolutionistischen Fortschrittsoptimismus des 19. Jahrhunderts nachhaltig, besonders im Blick auf die fortschreitende geis21 Vgl. die von Francis Darwin herausgegebenen Briefe Charles Darwins: F. Darwin (Hg.): Life, Bd. I u. II. 22 H. Kessler: Evolution, S. 34f. – Agnostiker gehen davon aus, dass sie alles, was über die sinnliche Wahrnehmung hinausgeht, nicht wahrnehmen können, aber auch nicht bestreiten können. 23 Zur Entstehung des Materialismus und zur konfliktreichen materialistischen Tradierung der Evolutionstheorie in Deutschland und Zentraleuropa sowie zum dialogischen Umgang von Theologie und Naturwissenschaft mit der Evolutionstheorie besonders im angelsächsischen Raum siehe H. Schwarz: Theologie, S. 251–312. 24 Zu den verschiedenen Phasen des Verhältnisses von Theologie und Naturwissenschaft sowie zu ihrer Bezeichnung siehe U. Kropač: Naturwissenschaft, und M. Rothgangel: Naturwissenschaft, bes. S. 129ff. u. 201ff.

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tig-moralische Vervollkommnung des Menschen. Zugleich vollzog sich mit der Relativitätstheorie von Albert Einstein (1879–1955) und der maßgeblich von Max Planck (1858–1947) angestoßenen Quantentheorie25 erneut eine radikale Revision des naturwissenschaftlichen Weltbildes bzw. ein fundamentaler Paradigmenwechsel in den Naturwissenschaften. Dieser wurde durch die Erweiterung der Thermodynamik zur umfassenden Theorie irreversibler Prozesse und selbstorganisierter komplexer Systeme unterstrichen. Die Denkmuster bzw. Paradigmen der kausalen Newtonschen Physik und Naturwissenschaft wurden in vielfacher Weise durch andere Paradigmen abgelöst. „Eine Welt erklärt nach dem Newtonschen Paradigma ist grundverschieden von einer Welt, die nach dem Einsteinschen Paradigma erklärt wird.“26 Gleiches gilt im Blick auf das Weltverständnis im Licht der Quantentheorie und der thermodynamischen Prozesse. Zunächst bleibt hinsichtlich der Relativitätstheorie Einsteins festzuhalten, dass er mit der Speziellen Relativitätstheorie das Verständnis der grundlegenden physikalischen Größen der klassischen Mechanik, nämlich Raum und Zeit, revolutionierte. Während Raum und Zeit in der klassischen Mechanik sowohl voneinander als auch von den in ihnen befindlichen Gegenständen (Materie) unabhängig waren (absolut), verbinden sie sich bei Einstein mit der Materie zu einem relational-dynamischen Geschehenskomplex. Denn Einstein folgert aus den Messbeobachtungen, welche die Geschwindigkeit des Lichts als eine invariante Größe zeigen, dass die Lichtgeschwindigkeit eine absolute Größe bzw. eine Naturkonstante darstellt. So sind Raum und Zeit nicht mehr absolut, sondern stehen in abhängiger Relation zu dieser neuen Invariante. Dadurch sind „Ruhe“-Räume nur als „relative“ Beziehungsgefüge sich bewegender Systeme zu verstehen, wobei der Zeitfluss an die Eigenzeit der jeweiligen Bezugssysteme gebunden ist, die aber in Relation zur Lichtgeschwindigkeit steht. „Gleich­­zeitigkeit“ verkörpert also nicht mehr eine überall gleichmäßig fortschreitende Zeit, sondern vollzieht sich in der dynamischen Relation der unterschiedlichen Bezugssysteme mit ihren unterschiedlichen Zeitintervallen (in einem bewegten System verkürzen sich die Längen und dehnen sich die Zeitintervalle). War die Zeit bisher nur den drei Raumkoordinaten hinzugefügt, entstand jetzt eine vierdimensionale Raumzeit. Im Kontext der darin stattfindenden Relativbewegungen von Bezugssystemen erweist sich „Masse“ in Korrelation zur Geschwindigkeit als variable Größe, die von Energie gesteuert wird, wobei Masse und Energie ineinander übergehen können (Masse-Energie-Äquivalenz). Auf diese Weise wird die statische Newtonsche Mechanik, nach welcher der Raum den Behälter der Materie verkörpert, die wiederum durch lineare Kräfte agiert, von einem dynami­schen Physik-Verständnis abgelöst, das Einstein mit der Allgemeinen Relativitätstheorie ins Universelle erweiterte. Die Masse-Energie25 Der erste Ausbau zu einer Gesamttheorie erfolgte durch Werner Heisenberg (1901–1976) und Erwin Schrödinger (1887–1961). 26 J. Polkinghorne: Theologie, S. 21.

1. Gott, der Schöpfer

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Dynamik gestaltet die physikalischen Bedingungen des Universums, wodurch das statische Schwerkraftprinzip der klassischen Physik abgelöst wird. Denn jetzt bauen Gravitationspotentiale Raum-Zeit auf und ermöglichen so kosmische Ruhesysteme als Konstellationen beschleunigter Bewegungen (Veranschaulichung: in einem Fahrstuhl, bei dem das Kabel riss, nehmen die zugehörigen Größen bzw. Insassen die schwebende Bewegung des Eigensystems an). Der Kosmos tritt gegenüber den Vorstellungen des naturwissenschaftlichen Materialismus von ewiger Materie und statischen Gesetzen nun als dynamischer und zunehmend auch als geschichtlicher Prozess in Erscheinung. Zum Beispiel schloss Edwin Hubble – neben anderen – durch seine Beobachtungen 1929 auf die Expansion des Kosmos, was die Theorie vom „Urknall“ als Anfangspunkt dieses Ausdehnungsprozesses nach sich zog. Nach der Standard­theorie gilt der Urknall als Singularität, auf welche die Gesetze der Physik nicht anwendbar sind. Während so in der Makrophysik das geschlossene System der mechanistisch-deterministischen klassischen Physik von einem offenen dynamisch-prozessualen Verständnis abgelöst wurde, ereignete sich ein solcher Paradigmenwechsel durch die Quantentheorie auch in der Mikrophysik, die sich den atomaren und subatomaren Phänomenen widmet.27 Die Quantentheorie, die in Auseinandersetzung mit der mikrophysikalischen Struktur der Materie und der sie bestimmenden Kräfte entstand, wird heute auch in ihrer universellen und kosmologischen Relevanz erörtert. Zunächst stellte sie drei Grundannahmen der klassischen Newtonschen Physik in Frage: den Determinismus, der aufgrund der statischen Naturgesetze zukünftige Verläufe eines Systems für prognostizierbar hielt; den Reduktionismus, der das Verhalten der kleinsten Teile eines Systems als Erklärungsgrundlage für das Gesamtsystem ansah; den Realismus, der naturwissenschaftliche Theorien als objektive Weltbeschreibung betrachtete – unabhängig vom Beobachter. Die Ablösung der bisherigen „Kontinuumsphysik“ durch die „Quantenphysik“ bahnte sich an, als Max Planck zu Beginn des 20. Jahrhunderts die nicht erklärbare Diskontinuität bei der Strahlung dadurch nachvollziehbar erklärte, dass sich Strahlung bzw. Energieübertragung in „Paketen“ (Quanten) und Sprüngen vollzieht, deren Zwischenstufen nicht erkennbar sind. Als letzte atomare bzw. unteilbare Struktur zeigten sich somit nicht Teilchen, sondern energetische Ereignisse. Einstein konnte dann nachweisen, dass Licht überhaupt nur gequantelt zu verstehen ist. Denn Experimente zeigten ein nach klassischen Maßstäben nicht mögliches Verhalten, nämlich den „Welle-Teilchen-Dualismus“: Als man Elektronen auf einen Schirm mit zwei Spalten abstrahlte (Doppelspaltexperiment), kam zum Vorschein, dass Licht eine paradoxe Doppelstruktur aufweist, indem es sich sowohl wie einzelne Teilchen als auch wie eine Welle verhält. Dabei tritt neben der Wellenausbreitung ein sprunghaftes und nicht prognostizierbares Verhalten der Teilchen hervor, die mal hier und mal dort auftauchen, weshalb ihr zufälliges Auftauchen bei dem einen oder anderen Spalt nur 27 Siehe insgesamt zur vertiefenden Einführung E. Wölfel: Art. „Naturwissenschaft I. u. II“; D. Evers: Raum, bes. S. 50–160. – Georges Lemaître (Priester/Physiker) kam als Erster auf die „Urknall“-Theorie.

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mit Wahrscheinlichkeiten zu erfassen ist. Diese Beobachtungen waren mit klassischen Begriffen nicht nachvollziehbar. Nachdem Louis de Broglie1924 den „WelleTeilchen-Dualismus“ auf die gesamte Materie ausgedehnt hatte, formulierte Erwin Schrödinger 1925 die Wellengleichung der Quantentheorie. Nach ihr lassen sich die Elektronen im Unterschied zum Bohrschen Atommodell (Elektronen umkreisen den Atomkern auf linearen Bahnen) nicht mehr mit klassischen Begriffen von Raum, Zeit und Kausalität veranschaulichen: Zwischen den Ereignissen gibt es keine exakten Werte, wodurch Ort und Impuls nur als Wahrscheinlichkeiten auftreten. Das wird durch die Heisenbergsche Unschärferelation vertieft, die besagt, dass die schärfere Beobachtung eines Aspekts die wachsende Unschärfe des anderen mit sich bringt (bestimmt man den Ort eines Elektrons, entschwindet der Impuls – und umge­kehrt). Die Bahn des Elektrons ist also unberechenbar, was die Unschärferelation zugleich zur „Unbestimmbarkeitsrelation“ werden lässt. Denn die Teilchen haben einen undeterminierten bzw. kausal nicht festgelegten Freiheitsgrad, der im Unterschied zur Prognostizierbarkeit der Natur in der Kontinuumsphysik nur noch auf Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten verweist. Darin sieht Werner Heisenberg eine Grundeigenschaft der Natur, welche er als Bereich von Möglichkeiten charakterisiert, die in ihrer irreversiblen zeitlich-geschichtlichen Dimension die Chance für unvorhersehbar Neues enthalten. „Im Akt der Beobachtung wird aus einer bestehenden Wahrscheinlichkeitsverteilung eine der in ihr enthaltenen Möglichkeiten ausgewählt.“28 Damit erscheint auch das Experiment in einem völlig neuen Licht. Mit dem Eingriff in die Natur zwingt das Experiment diese zur jeweiligen Neukonstellation ihrer Grundgrößen und kann so nur die gerade dadurch ausgelöste „Möglichkeit“ beobachten, wobei das Experiment aufgrund der Unschärferelation ohnehin nur eine sehr partielle Einsicht in Teilbereiche der Wirklichkeit ermöglicht. Stellt man eine Frage zum Wellenverhalten, erhält man eine entsprechende Antwort, stellt man eine Frage zum Teilchenverhalten, folgt auch hier die entsprechende Antwort, obwohl in der Wirklichkeit beide Dimensionen zusammenwirken. Experimentierendes Subjekt und beobachtetes Objekt stehen sich nicht mehr wie bei Descartes gegenüber, sondern befinden sich in einem gegenseitigen Prozess, in dem ferner zu bedenken ist, dass auch Messapparate aus Quantenkonstituenten bestehen, die sich im Austausch mit der zu messenden Wirklichkeit befinden. Nach Heisenberg aktualisiert der experimentierende Beobachter lediglich eine von vielen Möglichkeiten.29 Damit verbindet sich die Frage nach der grundsätzlichen Interpretation der Quantentheorie. Wenige Physiker wie Einstein sahen in ihr keinen Beleg für die Unbestimmtheit bzw. Indeterminiertheit der Natur, da sie die Unbestimmtheiten als Ausdruck noch vorhandenen Unwissens über die Abläufe 28 I.G. Barbour: Naturwissenschaft, S. 84. 29 Die heute zuweilen vorgetragene rein spekulative Viel-Welten-Deutung (Multiversen) von Hugh Everett vermutet, dass sich zu jedem Zeitpunkt mehrerer realisierbarer Quanten-Möglichkeiten die Welt in unzählbare Welten aufspalte und wir nur zufällig in diesem Universum leben, in dem genau die hier zu beobachtenden Folgen eintreten.

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deuteten. Heute hat sich jedoch weitestgehend die Überzeugung durchgesetzt, dass die Quantentheorie die naturhafte Unbestimmtheit der Welt aufzeigt. Nach der Quantenfeldtheorie erscheint die Materie als Gesamtbild von Wechselwirkungen. In ihrem Kontext konnte die Elementarteilchenforschung aufzeigen, dass ein positives Elektron ein negatives hinterlässt (Paarerzeugung: Teilchen – Antiteilchen), wobei sich beide vernichten, wenn sie wieder aufeinandertreffen (Materie – Antimaterie). Vor diesem Hintergrund wurde der Materie ein Symmetriecharakter zugeschrieben, durch den sich Quantenfelder als „Eichfelder“ verstehen lassen, insofern als in den Symmetrien die Ordnung gespeichert sein kann, welche als Rahmen der undeterminierten Prozesse dient. Darüber hinaus wurde schon früh die Nichtlokalität (Holismus) von Quantenereignissen festgestellt, die besagt, dass zwei Quantenentitäten, die einmal miteinander agiert haben, sich weiterhin unmittelbar bzw. augenblicklich gegenseitig beeinflussen können – egal, wie weit sie im Kosmos voneinander entfernt sind.30 Dieses Phänomen widerspricht jeglichem naturwissenschaftlichen „Reduktionismus, der das Ganze schlicht als zerlegbare Summe seiner einzelnen Teile behandelt“31. In dem Zusammenhang ist auch die Chaostheorie zu nennen, welche als Theorie komplexer Zusammenhänge die in der Weltsicht der Newtonschen Mechanik geltende Vorstellung von determinierten, vorhersagbaren und kontrollierbaren Naturgesetzen als unzulänglich unterstreicht. Es wird darauf hingewiesen, dass viele klassische Systeme in ihrem Gesamtverhalten auf kleinste Änderungen sensibel reagieren, wofür gerne der sogenannte „Schmetterlingseffekt“ zur Veranschaulichung benutzt wird: Der Flügelschlag eines Schmetterlings am anderen Ende der Welt kann im Zusammenhang mit der örtlichen Wetterentwicklung stehen. Der Begriff „Chaostheorie“ ist jedoch nicht ganz passend, da die Systeme zwar durch nichtlineare (nicht prognostizierbare) und reflexive Momente (gleichzeitiger Einfluss der Wirkungen auf die Ursachen) geprägt sind, aber auch deterministische Phänomene aufweisen. So scheinen neben dem Energieaustausch auch kausale Prinzipien zu wirken, die sich aber auf das zukünftige Verhalten und nicht auf Energiezufuhr beziehen, weshalb hierfür der Begriff „aktive Information“ eingeführt wurde. Das erweist sich wie viele der bisher genannten Phänomene des naturwissenschaftlichen Umbruchs besonders interessant für den Dialog mit der Theologie und wird später noch im Gesamtkontext erörtert. Insgesamt können die Chaostheorie und die Quantentheorie gegenüber der klassischen Physik vor Augen halten, dass die Gesetze der Natur offener und weicher sind als zunächst angenommen und naturwissenschaftliche Erkenntnisse immer nur partielle Annäherungen an die Wirklichkeit sind. Die Auseinandersetzung um die Relevanz der Quantentheorie für die Kosmologie befindet sich vielfach noch im Anfangsstadium. Im Blick auf die Entwicklung 30 Besonders John Bell und Alain Aspect haben diese kaum nachvollziehbare Eigenschaft der Natur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch Experimente aufzeigen können. 31 J. Polkinghorne: Theologie, S. 49.

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des Kosmos und des biologischen Lebens zu komplexeren Strukturen ist das zu beobachtende Auftauchen geordneter Strukturen aus kontingent-offenen Grundlagen bestens durch die Quantentheorie zu erklären, da die Prozesse für das Entstehen von neuen Formen weder zu statisch noch zu weich bzw. chaotisch sein dürfen. Nur so kann auch das Zusammenspiel von „Zufall und Notwendigkeit“ gelingen, das diese Prozesse fördert. Dabei ist „Zufall“ naturgesetzlich in dem Sinne zu verstehen, dass nur ein Teil der Möglichkeiten verwirklicht wird, während „Notwendigkeit“ den naturgesetzlichen Rahmen der Entwicklung bildet. In diesen Abläufen müssen die physikalischen, chemischen und biologischen Konstituenten, Kräfte und Prozesse derart fein abgestimmt sein („fine tuned“), dass letztlich menschliches Leben möglich wurde. Das „Anthropische Prinzip“ besagt dementsprechend, dass nur ein Kosmos mit dieser Größe, diesem Alter und genau diesen Prozessen menschliches Leben hervorbringen konnte. Allerdings bezweifeln auch viele Naturwissenschaftler, dass sich die Zielgerichtetheit des Prozesses in dem zur Verfügung gestellten Zeitrahmen allein durch „Zufall und Notwendigkeit“ erklären lässt, weshalb John Polkinghorne erneut die Dimensionen von „aktiver Information“ und von „intrinsischen Ordnungsprinzipien“32 der Natur anspricht. So stellt sich schon für die Zeit direkt nach dem Urknall die Frage, wieso es zu dem naturgesetzlich nicht erklärbaren Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie kam. Denn wäre nicht aus unerfindlichen Gründen ein geringes Übergewicht von Materie entstanden, hätte es durch die gegenseitige Aufhebung von Materie und Antimaterie keine uns bekannte Existenz gegeben. Für den nicht annähernd greifbaren Bereich direkt nach dem Urknall wird heute vielfach über eine Vakuumfluktuation spekuliert, die aus einem Quantenvakuum hervorgegangen sei. In dem unvorstellbaren Bruchteil der ersten Sekunde nach dem Urknall von 10–35 Sekunden habe eine immens beschleunigte Ausdehnung (Inflation) stattgefunden, die spätere – sonst nicht nachvollziehbare – kosmische Konstellationen erklären könnte. Bevor auf die noch spekulativeren Ansätze aktueller Mikro- und Makrophysik eingegangen wird, ist die naturwissenschaftliche Horizonterweiterung durch die Weiterentwicklung der Thermodynamik zu nennen. Besonders Ilya Prigogine (1917–2003) konnte darlegen, wie in bestimmten geschlossenen Systemen die Entwicklung und Erhaltung höherer Ordnungen möglich ist – trotz des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, nach dem die Entropie (Umwandlung in Unordnung) in einem geschlossenen System nicht abnehmen kann. Denn sogenannte dissipative (selbstorganisierende) Systeme lassen sich durch Zufluss von Energie aus ihrer Umgebung herstellen bzw. erhalten und können in Interaktion mit der Umgebung Entropie exportieren, so dass die Hervorbringung und Erhaltung einer Struktur höherer Ordnung möglich ist. Damit ist zugleich der thermodynamische Zeitpfeil verbunden. Während der statische Newtonsche Kosmos mit seinem kreisförmigen bzw. reversiblen Zeitbegriff den Prozess des Werdens 32 Ebd., S. 64.

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ausschloss, treten jetzt dynamische Prozesse mit einem irreversiblen (unumkehrbaren) Zeitpfeil hervor. Aus diesen Prozessen entstehen selbstorganisierende komplexe und lebendige Systeme: „das Lebendige hat eine irreversible Dynamik“33. Mit den Quantensprüngen und der jeweiligen Realisierung bestimmter Möglichkeiten vollzieht sich ein unumkehrbarer Prozess, durch den sich der Ablauf der Zeit („vorher“ und „nachher“) als irreversible Ereigniskontingenz erweist. Dieser thermodynamische Zeitpfeil korreliert mit dem kosmischen Zeitpfeil der Expansion des Universums und dem psychologischen Zeitpfeil der Erfahrung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.34 Insgesamt haben die gezeigten naturwissenschaftlichen Umbrüche das naturwissenschaftliche Weltbild grundlegend verändert. Die klassische Newtonsche Physik ging von einem statischen geschlossenen System aus, das mechanistisch determiniert ist und von kreisförmiger (reversibler) Zeit geprägt wird, so dass Abläufe durch gesicherte Gesetzmäßigkeiten prognostizierbar sind und die Zerlegung in nachvollziehbare Grundbestandteile die Erkenntnis des Ganzen ermöglicht. Damit verband sich die Vorstellung einer ungeschichtlichen Natur und eines ewigen, in sich ruhenden Universums, dem der experimentierende Betrachter als Subjekt gegenübersteht. Demgegenüber verweisen die dargelegten Paradigmenwechsel auf ein dynamisches und geschichtliches Universum mit Anfang und Ende sowie einem entsprechend unumkehrbaren (irreversiblen) Zeitverlauf. Aufgrund der durch „Möglichkeiten“ charakterisierten Kontingenz der Ereignisabfolge und der entsprechenden Unbestimmtheit sowie Unvorhersagbarkeit mikro- und makrophysikalischer Prozesse können Experimente und Theorien nur partielle Annäherungen an die Wirklichkeit erzielen, zumal das beobachtende Subjekt in vielfacher Wechselwirkung mit dem beobachteten Objekt steht. Weil in den hochsensiblen Systemen (Chaostheorie) jedes kleinste Teil in Wechselwirkung mit dem Gesamtsystem stehen kann (Holismus) und eine komplexe relationale Hierarchie von Ordnungsebenen existiert (Emer­genz: unerklärliches Auftauchen komplexerer Strukturen), ist ein naturwissenschaftlicher Reduktionismus, der von einfachen Strukturen auf das Ganze zu schließen versucht, zum Scheitern verurteilt. Durch diese Revision der klassischen Physik, mit der sich eine verstärkte Kompatibilität zwischen naturwissenschaftlicher und theologischer Weltbetrachtung aufdrängte, stieß die moderne Physik von selbst in Bereiche von philosophischer und theologischer Tragweite vor. Deshalb wurde der Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie besonders von Physikern wie Albert Einstein, Max Planck, Niels Bohr, Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg oder Carl Friedrich von Weizsäcker neu angestoßen. Ihnen erschienen die religiösen Implikationen „dabei keineswegs als Randprobleme, ab33 F. Cramer: Ursprungsmythos, S. 75. 34 Vgl. J. Polkinghorne: Theologie, S. 64–66. – Zur vertiefenden Einführung in die Quantentheorie und die Thermodynamik sowie in deren erkenntnistheoretische Implikationen für das Wirklichkeitsverständnis siehe ebd., S. 39–69; E. Wölfel: Art. „Naturwissenschaft I. u. II“; D. Evers: Raum, S. 161–282; I.G. Barbour: Naturwissenschaft, S. 81–106.

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gesetzt von der eigentlichen Forschungstätigkeit, sondern als Fragen, die gerade im Horizont der großen Umbrüche in der naturwissenschaftlichen Erkenntnis […] eine neue Dynamik gewinnen“35. Die Physik ist von sich selbst aus nicht in der Lage, hervortretende Fragen nach einer letzten Ursache oder einem letzten Sinn und Ziel natürlicher Prozesse zu beantworten. Sie wird aber immer wieder mit diesen Dimensionen und Fragen konfrontiert. So bleibt der irreversible Zeitpfeil, den die erweiterte Thermodynamik beinhaltet, nicht nur physikalisch letztlich ungeklärt, sondern er verlangt auch nach einer weltanschaulichen Antwort im Blick auf das Ziel des Prozesses (Teleologie). Zugleich impliziert die Beschäftigung mit der Zeit die Auseinandersetzung mit der Ewigkeit, ebenso wie die Vorstellungen von Raum und Teilräumen die Dimension der Unendlichkeit implizieren. Auch die Quantentheorie provoziert vielfache weltanschauliche und transzendente Deutungen, etwa hinsichtlich der Kreativität der Prozesse, die als Zusammenspiel von Möglichkeit, Ereigniskontingenz, Information und Energie erscheint. Darüber hinaus entzieht sich die Selbstorganisation lebendiger Systeme grundsätzlich physikalischer – und biologischer – Erklärung. Die mit allgemeinen Gesetzmäßigkeiten operierende Physik vermag auch Singularität nicht angemessen zu erfassen, was einzelne Lebewesen ebenso betrifft wie beispielsweise die Singularität des Urknalls, der so lediglich als physikalischer Ursprungsmythos dient.36 Schon diese wenigen Beispiele, deren Implikationen in den noch folgenden Erörterungen konkreter Dialoginhalte im Einzelnen deutlich werden, zeigen, dass sich hermeneutisch selbstkritische Naturwissenschaftler heute durchaus des vorläufigen und annähernden – sowie oft spekulativen – Charakters ihrer Ergebnisse bewusst sind und den Bedarf nach darüber hinausgehenden Antworten erkennen. Zugleich wächst die Einsicht, dass die Ergebnisse immer im Kontext eigener weltanschaulicher Prämissen stehen. 1.2.4 Aktuelle naturwissenschaftliche Spekulationen Gegenwärtig erweisen sich im Mikrobereich der Teilchenphysik und im Makrobereich der Kosmologie viele Theorien nur noch als hochspekulativ, verbunden mit immer häufigeren Revisionen und neuen Paradigmen, was kurz an aktuellen Ansätzen aus beiden Bereichen veranschaulicht werden soll. Schaut man sich die Dimensionen an, um die es im physikalischen Mikro- und Makrobereich geht, ist es auch nicht verwunderlich, dass man sich vielfach mit reinen Spekulationen zufrieden geben muss. So sind im Makrobereich der Kosmologie die räumlichen und zeitlichen Dimensionen derart unvorstellbar, dass sie sich zu einem großen Teil direkter empirischer Betrachtung entziehen, was das angenommene Alter des Universums von knapp 14 Milliarden Jahren ebenso betrifft wie die Größe des zurzeit sichtbaren Univer35 U. Kropač: Naturwissenschaft, S. 167f. 36 Vgl. zu den genannten Umbrüchen und Herausforderungen C. Schwöbel: Theologie/Schöpfung; F. Cramer: Ursprungsmythos.

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sums. Unsere Milchstraße hat einen Durchmesser von 100 000 Lichtjahren, der bei der Lichtgeschwindigkeit von knapp 300 000 km pro Sekunde schon kaum nachvollziehbar ist, wenn man versucht, sich vorzustellen, welche Entfernung das Licht mit dieser Geschwindigkeit in 100 000 Jahren zurücklegt. Man geht heute davon aus, dass sich in unserer Milchstraße zwischen 100 und 300 Milliarden Sterne (= Sonnen) befinden und dass es von solchen Galaxien wie unserer Milchstraße im sichtbaren Bereich des Universums 100 bis 200 Milliarden gibt, wobei neueste Beobachtungen von 2010 Hinweise darauf geben, dass es noch bis zu neunmal mehr Galaxien sein könnten. Nachdem man zunächst annahm, das Universum würde sich nach der Expansion wieder zusammenziehen, beobachtet man heute, dass es sich immer schneller ausdehnt und so wohl nicht wieder in einem Punkt endet, sondern in einem auslaufenden Gleichgewichtszustand diffuser Wärme („Wärmetod“). Angesichts der Masseverteilung und der übrigen Faktoren im Universum ist die beschleunigte Ausdehnung unter den Voraussetzungen der bekannten Gesetzmäßigkeiten allerdings unerklärlich, weshalb man von der Existenz einer sogenannten „dunklen Energie“ ausgeht, die eine solche Expansion bewirkt – und dann ungefähr 70% des Kosmos ausfüllen muss. Es handelt sich um eine rein rechnerisch-spekulative Annahme, denn niemand weiß, was dunkle Energie ist oder ob und wie man sie nachweisen könnte. Genauso verhält es sich mit der „dunklen Materie“, die man postuliert, weil die Masse der Sterne zu gering ist, die Galaxien bei der Höhe ihrer Drehgeschwindigkeit zusammenzuhalten. Um das zu gewährleisten, müssten ungefähr 25% des Kosmos aus dunkler Materie bestehen, so dass unter gleichzeitiger Berücksichtigung der dunklen Energie nur noch 5% des Kosmos von der uns bekannten Materie ausgefüllt werden, was heißt, dass wir inzwischen nicht mehr annähernd wissen, woraus 95% unseres Universums bestehen. „In der Kosmologie jedenfalls sind die Erkenntnisgrenzen mittlerweile so weit hinausgeschoben, dass in der dunklen Weite des Alls alles denkbar scheint.“37 Entsprechend gibt es für die beschleunigte Expansion des Universums noch verschiedenste andere Spekulationen, wie beispielsweise die Vermutung der Existenz vieler weiterer Universen, von denen eines an unserem zieht. Ferner spekuliert man statt über einen singulären Urknall über den Zusammenstoß zweier Universen oder über ein oszillierendes Universum, das in einem Zyklus von Expansion und Kontraktion existiert und so immer wieder einen neuen Urknall verursacht. Nicht weniger hochspekulativ geht es im Mikrobereich der Teilchenphysik zu. So besteht ein Atom nach dem Standardmodell aus 12 verschiedenen Elementarteilchen, denen aber keine Masse zugeschrieben werden kann, weil gerade das Teilchen fehlt, das den anderen die Masse geben würde. Man vermutet, dieses sogenannte Higgs-Boson-Teilchen jetzt im LHC-Teilchenbeschleuniger am Genfer Forschungszentrum Cern aufgespürt zu haben. Aber selbst, wenn sich diese Vermutung verfestigen sollte, kommt man mit dem Standardmodell bei grund37 U. Schnabel: Auge, S. 41.

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legenden Fragen nicht weiter, wie zum Beispiel bei der bisher nicht gelungenen Vereinigung von Relativitätstheorie und Quantentheorie.38 Deshalb setzen inzwischen etliche Physiker auf die sogenannte „String-Theorie“, der zufolge Elementarteilchen und Kräfte aus eindimensionalen Fäden bestehen, deren jeweilige Eigenschaften sich aus ihren Schwingungen ergeben, so wie die Töne aus der Schwingung der Saite einer Violine (engl. string = Saite). Man hofft, durch diese multifunktionalen Strings die Vereinigung bisheriger disparater Theorien zu erlangen. Doch es handelt sich um eine rein rechnerisch-spekulative Vision, die eine Berechnung der Schwingung von Strings erst in einer zehndimensionalen Raumzeit ermöglicht (ein schwer vorstellbares Universum). Nach dieser Berechnung wäre ein String im Vergleich zu einem Atom so klein wie ein Atom im Vergleich zum ganzen Sonnensystem, was sich der Vorstellungskraft entzieht und zeigt, dass es einen direkten empirischen Nachweis bzw. Beweis nicht geben kann. Ferner spekuliert man über Superstrings, die aus mehrdimensionalen Membranen entstehen könnten, wobei sich durch String-Formeln aufgrund der Vielzahl der höheren Dimensionen eine unermessliche Zahl von Universen mit unterschiedlichsten Eigenschaften beschreiben ließe. 1.2.5 Zum Wesen von Theologie und Naturwissenschaft Die genannten Beispiele zeigen, wie spekulativ naturwissenschaftliche Theorien sein können und zunehmend sind. Problematisch wird es, wenn diese Theorien unter der Hand als Tatsachen kommuniziert werden oder den Anspruch ganzheitlicher Welterklärung erheben. Während die Theologie sich von Anfang an intensiv mit ihren erkenntnistheoretischen Grundlagen auseinandergesetzt hat, weil sie sich und der religiösen sowie philosophischen Umwelt gegenüber Rechenschaft geben musste, ob und wie sie tragfähige Aussagen über den dreieinigen Gott machen kann, nimmt diese hermeneutische Auseinandersetzung mit den eigenen Prämissen und der Tragweite der Ergebnisse bei den Naturwissenschaften erst langsam Gestalt an.39 Durch die dargelegten Umbrüche im naturwissenschaftlichen Weltbild drängte sich eine intensivere Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Prämissen naturwissenschaftlicher Erkenntnisbildung auf (siehe Kap. X,1.2.3). Es gehört zum Wesen der Naturwissenschaft, ihre Gegenstände auf messbare Größen zu reduzieren und in formalisierbaren Zusammenhängen darzustellen, um daraus Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. Das heißt aber angesichts der gezeigten 38 Hinzu kommt, dass das mit dem Higgs-Boson-Teilchen existierende Higgs-Feld eine immense abstoßende Kraft erzeugen würde, die allen anderen Beobachtungen widerspricht und das Universum nach Meinung etlicher Physiker schon eine Sekunde nach dem Urknall zerrissen hätte. 39 „Bei Naturwissenschaftlern besteht […] nicht selten die Gefahr, daß sie sich die Bedeutung der sie leitenden weltanschaulichen Prämissen nicht genügend bewußtmachen. Dies ist die Ursache dafür, daß manche Naturwissenschaftler […] zu sehr spekulativen Konklusionen gelangen, indem als zwingende Folgerung aus der naturwissenschaftlichen Erkenntnislage ausgegeben wird, was faktisch das Ergebnis einer persönlichen Deutung ist.“ (U. Kropač: Naturwissenschaft, S. 181)

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Umbrüche nicht, wie so oft angenommen, dass es sich dabei um die Verbindung eindeutiger Prognostizierbarkeit mit Ergebnissen eindeutiger Experimente handelt, woraus sich nicht anzuzweifelnde naturwissenschaftliche Wahrheiten ableiten. Vielmehr ist ein solcher klassischer Realismus nach Ansicht der meisten zeitgenössischen Naturwissenschaftler durch einen „kritischen Realismus bzw. Rationalismus“ abzulösen, für den sich Theorien und Experimente im Kontext persönlicher Vormeinung und Interpretation nur selektiv der Wirklichkeit annähern können. Weil sich das Ideal einer voraussetzungslosen und definitiv verifizierenden Naturwissenschaft als Illusion erwiesen hat, fordern Naturwissenschaftler wie Friedrich Cramer heute eine „selbstkritischere und in ihren Deutungsansprüchen weniger fundamentalistische Naturwissenschaft“40. Denn die „naturwissenschaftliche Erkenntnis gibt das Ganze der Natur nur unter bestimmtem Aspekt wieder“41. Die vieldimensionale Wirklichkeit bedarf verschiedenster anderer Erkenntnisperspektiven, wie etwa der geschichtlichen, psychologischen, ästhetischen, moralischen oder religiösen Perspektiven. Dabei besteht eine Komplementarität mit der naturwissenschaftlichen Perspektive, da diese nicht unabhängig von den anderen in einer eigenen, sterilen Welt existiert. So werden experimentelle Anordnungen von den jeweiligen Prämissen der Naturwissenschaftler bestimmt, die in gesamtweltanschauliche Zusammenhänge42 sowie in die Sicht der jeweiligen wissenschaftlichen „Communities“ eingebunden sind (oft durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst). Gleiches gilt für die Interpretation der Ergebnisse. Ferner bleiben das Ausschalten von Hintergrundeffekten oder die Nötigung der Quanten-Natur, sich in einer Richtung zu verhalten, hinter der Komplexität der Natur zurück. Das gilt auch für eine vorschnelle Interpolation oder Extrapolation der Ergebnisse von Experimenten: Mit Interpolation ist die nachträgliche Einfügung anderer scheinbar zuzuordnender Gegebenheiten in das Ergebnis gemeint, mit Extrapolation die allgemeine Ausdehnung auf die zugehörigen Bereiche. In beiden Fällen handelt es sich oft um hypothetische Verallgemeinerungen. (Zur begrenzten Aussagekraft von Experimenten aufgrund der Heisenbergschen Unschärferelation sowie aufgrund des Quantenaustauschs von Apparatur und zu messendem Objekt siehe Kap. X,1.2.3.) Weil die Ergebnisse aktueller Naturwissenschaft von selbst in eine metaphysische Dimension des Geheimnisses verweisen, gehen Naturwissenschaftler wie John Polkinghorne heute davon aus, dass das Erklärliche im Unbegreiflichen nicht als Anfangsstadium der Erkenntnis zu gelten hat, sondern dass die Natur prinzipiell unbegreiflich ist – und somit über sich hinausweist. Unabhängig von solchen 40 F. Cramer: Ursprungsmythos, S. 86. 41 E. Wölfel: Art. „Naturwissenschaft I. u. II“, S. 215. 42 U. Kropač: Naturwissenschaft, S. 173–180, zeigt beispielsweise, wie Plancks Sicht der universellen Naturkonstanten als schlechthin nicht fassbares und ideales Ziel von Kants Unterscheidung zwischen den Dingen an sich und ihren Erscheinungen geprägt ist und wie sich Plancks Gottesbegriff auf dieser Basis an Kants Gottesbegriff orientiert. In gleicher Weise legt Kropač den Einfluss platonischer Philosophie auf Heisenbergs Physikverständnis sowie auf seine Gottesvorstellung dar.

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Einsichten gilt für die Naturwissenschaft ohnehin wie bereits gezeigt, dass sie mit ihrem experimentellen und auf Gesetzmäßigkeiten angelegten Abstraktionsverfahren nur einen partiellen Aspekt der Wirklichkeit ergreift – und das auch lediglich annähernd und selektiv. Über einen transzendenten Urgrund des Seins oder den Sinn und das Ziel der Natur kann die Naturwissenschaft keinerlei begründete Aussagen machen. Dennoch gibt es auch heute noch Naturwissenschaftler wie den Evolutionsbiologen Richard Dawkins und den Physiker Stephen Hawking, die einen naturwissenschaftlichen Universalanspruch erheben und meinen, die Nicht-Existenz Gottes belegen zu können. Letzteres postuliert Richard Dawkins in religionsfeindlicher und naturalistisch-fundamentalistischer Weise, indem er anhand eines unreflektierten materialistischen Evolutionsverständnisses behauptet, die natürliche Selektion erkläre die Welt als geschlossenes System, in dem Gott keine Rolle spiele. Allerdings kann Dawkins nicht einmal schlüssig klären, auf welchen Grundvoraussetzungen sich die Selektion überhaupt erst zu vollziehen vermag. Ferner täuscht er den naturwissenschaftlichen Beweis der Nicht-Existenz Gottes vor: Nur was naturwissenschaftlich in der materiellen Natur nachweisbar sei, sei existent. Bei dieser atheistisch-naturalistischen Ausblendung alles Geistigen – auch des Göttlichen – handelt es sich aber um eine metaphysisch-ideologische Prämisse und nicht um das Ergebnis naturwissenschaftlicher Forschung. „Man setzt also voraus, was man behauptet, erst durch naturwissenschaftliche Forschung bewiesen zu haben.“43 Auf dieser Grundlage fordert Dawkins, religiöse Erziehung als eine der Kindesmisshandlung vergleichbare Straftat zu ahnden. Ein solcher naiver und totalitärer Atheismus macht den Naturwissenschaften keine Ehre, was den Ärger und das Unverständnis über solche Ansätze bei denjenigen Naturwissenschaftlern verständlich werden lässt, die über ihre erkenntnistheoretischen Grundlagen nachdenken. Auch Stephen Hawking meint, aus physikalischen Ergebnissen direkt weltanschauliche bzw. religiöse Erkenntnisse ableiten zu können und unterliegt dabei einem doppelten Trugschluss: Wenn er behauptet, das Universum sei durch die Gesetze der Schwerkraft von selbst entstanden und damit sei die Existenz Gottes widerlegt, übersieht er nicht nur, dass es sich bei seiner „Schwerkraft-Ursprung-These“ keineswegs um eine gesicherte physikalische Erkenntnis handelt, sondern auch, dass aus physikalischer Naturbeschreibung keinerlei Aussagen über die Existenz Gottes abzuleiten sind.44 Die zuletzt genannte Einsicht gilt gleichermaßen für den umgekehrten Fall, wie etwa für die „Physikotheologie“ von Frank J. Tipler, der glaubt, durch physikalische Gesetzmäßigkeiten die Existenz Gottes beweisen zu können und so die Theologie überflüssig werden zu lassen.45 43 U. Eibach: Schöpfung, S. 239. Vgl. insgesamt zur Analyse von Dawkins Konzeption ebd., S. 239– 241, und H. Kessler: Evolution, S. 27ff. Vgl. ferner Kap. VI,2. 44 Bei Hawking erscheint die atheistische Attitüde auch als Kalkül, da er in einem Interview zugab, sich dadurch eine Auflagenerhöhung seiner Bücher erhofft zu haben. 45 Siehe F.J. Tipler: Physik.

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So wie alle drei dargelegten Ansätze dem Wesen der Naturwissenschaft nicht gerecht werden, so verkennen sie auch das Wesen der Theologie. Denn Gott ist weder als notwendig noch als nicht-notwendig zu erweisen, da er als freier Schöpfer über Sein und Nicht-Sein entscheidet und die Welt als transzendentes Gegenüber mit seiner Heilsgeschichte begleitet. Deshalb ist Gott auch nicht im Sinne einer natürlichen Theologie definitiv aus der Natur abzuleiten, da diese lediglich eine Ahnung von Gott ermöglicht. Aus einem natürlichen Rückschlussverfahren, etwa im Sinne eines kosmologischen Gottesbeweises, würde lediglich eine spekulative Konstruktion Gottes resultieren. So sollte Theologie zwar die Selbsttranszendenz von Welt und Mensch sowie die faktischen Glaubenserfahrungen ernst nehmen und diese reflektieren, aber nicht ohne die Beachtung der Beziehungen dieser Grunderfahrungen zur „prinzipiellen Vorgängigkeit des Redens und Handelns Gottes, das in, mit und durch kontingente geschichtliche […] Ereignisse erfahren wird“46. Von daher beruht christliche Theologie auf dem Zeugnis der heilsgeschichtlichen Selbsterschließung des dreieinigen Gottes, der sich als Schöpfer, Erlöser und Vollender von Mensch und Kosmos erwiesen hat und erweist. Wie das im Detail zu verstehen ist und welche vielfältigen Implikationen sich daraus für das Verständnis der Gotteserkenntnis, des Glaubens und der Vernunft ergeben, wurde in den bisherigen Kapiteln hinlänglich deutlich.47 Im Zusammenhang der Erörterung des Wesens von Theologie und Naturwissenschaft bleibt festzuhalten, dass Theologie zu spekulativen Einsichten gelangt, wenn sie etwa in einem natürlich-theologischen Rückschlussverfahren ihr Gottesverständnis konstruiert, während sie zu tragfähigen Aussagen gelangt, wenn sie Gott in seiner geschichtlichen Selbsterschließung ernst nimmt. Die Naturwissenschaft wiederum wird spekulativ, wenn sie ihre Ergebnisse verabsolutiert und damit einen ganzheitlichen Erkenntnisanspruch erhebt, während sie angemessene Beiträge zur Wirklichkeitserkenntnis leistet, wenn sie sich der partiellen, selektiven und lediglich annähernden Qualität ihrer Ergebnisse bewusst ist. So vermag die theologische Wissenschaft einem Wissenschaftsbegriff der Naturwissenschaft zuzustimmen, der am kritischen Rationalismus orientiert ist48, da ein solcher Wissenschaftsbegriff in seiner Selbstbegrenzung die Offenheit für andere Dimensionen – und damit für den Dialog – impliziert. Die wesenhafte Offenheit und Selbsttranszendenz der Naturwissenschaft verlangt ebenso nach dem Dialog wie der theologische Schöpfungsbegriff, welcher von der Theologie die Wahrnehmung der Naturgegebenheiten fordert. Werden diese erkenntnistheoretischen Voraussetzungen beachtet, ergibt sich gegenwärtig im Blick auf das Wirklichkeitsverständnis eine beachtliche Kompatibilität von Theologie und Naturwissenschaft, die einem weiterhin zu beobachtenden gegenseitigen Desinteresse und einer entsprechenden beiderseitigen hermeneutischen Agnostik entgegensteht. Das wird 46 D. Evers: Raum, S. 394. Vgl. insgesamt auch E. Jüngel: Gott, S. 16–44. 47 Siehe bes. Kap. II. 48 Diese Zustimmungsfähigkeit betont auch W. Härle: Dogmatik, S. 26–28.

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an etlichen Themenbereichen transparent und spiegelt sich in aktuellen schöpfungstheologischen Ansätzen wider. 1.2.6 Schöpfungstheologie im Licht aktueller Naturwissenschaft Im Rahmen der Gotteslehre kann hier nur noch exemplarisch auf einige Aspekte und Ansätze hingewiesen werden. Zunächst bleibt festzuhalten, dass die aktuelle naturwissenschaftliche Kosmologie, die sich radikal von der deterministischmaterialistischen Vorstellung eines ewigen, in sich ruhenden Kosmos (19. Jahrhundert) unterscheidet, eine weitreichende Kompatibilität mit den biblischen Aussagen aufweist. Denn das Standardmodell der Urknall-Theorie geht von einem Anfangspunkt des Kosmos aus, der aus dem „Nichts“ den Prozess der Expansion des Kosmos eröffnete. Ferner geht man davon aus, dass dieser Prozess langfristig wieder zum Ende des Kosmos führt, sei es durch zurückführendes Zusammenziehen oder durch beschleunigte Expansion, die im Gleichgewichtszustand diffuser Wärme endet („Wärmetod“). Damit besteht kein Widerspruch zur biblisch begründeten Lehre von der „creatio ex nihilo“ (Erschaffung aus dem Nichts) und zu den biblischen Aussagen über das Ende der Welt bzw. des Kosmos (bevor Gott sein Ziel mit einem neuen Himmel und einer neuen Erde vollendet). Das nach der oben aufgezeigten Quantentheorie (siehe Kap. X,1.2.3) unvorhersehbare Auftreten von Teilchen bedeutet für den Physiker Paul C.W. Davies, dass „die Welt der Quantenphysik durchweg etwas aus nichts“ erzeugt: „Die Quantentheorie […] läßt sogar die Annahme zu, daß wir alles für nichts bekommen.“49 Hierin sieht der Theologe Wilfried Härle die Verbindung zur freien Gnade und Liebe des Schöpfers, die voraussetzungslos gewährt wird.50 Die gezeigten Aspekte dürfen aber nicht dazu führen, Gott im Rückschlussverfahren als erstes auslösendes Glied in die kosmische Ursache-Wirkungskette einzufügen. Vielmehr ist dem biblischen Zeugnis Rechnung zu tragen, dass Gottes Schöpfung in jeder Hinsicht voraussetzungslos ist, weil sie ihren Grund allein in Gottes dreieiniger Liebe hat und keiner anderen Voraussetzung oder Notwendigkeit bedarf. Deshalb ist es theologisch irrelevant, ob man von einem singulären Urknall, einem oszillierenden Kosmos oder von Multiversen ausgeht. Ferner wird Gott nicht Teil der Schöpfung, sondern bleibt als Schöpfer ihr Gegenüber, so dass er sich von der kosmischen Raumzeit mit ihren Entwicklungs- und Freiheitsspielräumen unterscheidet, die er gewährt und in seiner Liebe erhaltend begleitet (creatio continua – siehe Kap. X,1.1). Nur dieses Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ Gottes, das durch die biblische Differenzierung zwischen Himmel und Erde zum Ausdruck gebracht wird, ermöglicht die vom Schöpfer begleiteten evolutionistischen kosmischen Prozesse sowie den Freiheitsspielraum des Menschen und das entsprechend freiheitliche personale Verhältnis zwischen Gott und Mensch (siehe Kap. II,5). 49 P.C.W. Davies: Gott, S. 278. 50 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 433.

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Durch die prozessualen Implikationen der dynamischen Raumzeit der Relativitätstheorie, durch die quantenphysikalisch bestehende kontingente Ereignisabfolge und durch den thermodynamischen Zeitpfeil mit seinen irreversiblen zeitlichen Abfolgen hat die Geschichtlichkeit Einzug in die Naturwissenschaft erhalten (siehe Kap. X,1.2.3), was wiederum mit dem heilsgeschichtlichen Wirken Gottes kompatibel ist. Die mit der Quantentheorie gegebene kontingente Abfolge von Möglichkeiten spiegelt den kreativen und zukunftsorientierten Freiheitsspielraum wider, der für das Verhältnis zwischen Gott und seiner Schöpfung charakteristisch ist – vornehmlich im Blick auf den Menschen. Gottes Unterscheidung von der Welt und seine bleibende Bezugnahme auf die Welt werden nur durch seine geschichtliche Offenbarung erfahrbar, mit welcher der dreieinige Gott im geschichtlichen Prozess des Kosmos gegenwärtig wird, wie es Dirk Evers im Blick auf das naturwissenschaftliche Verständnis von Raum, Materie und Zeit erörtert.51 Der Schöpfung „steht Gott als Schöpfer so gegenüber, daß er durch seine Treue in Fortsetzung seiner ursprünglichen schöpferischen Selbstbegrenzung die Selbständigkeit der geschöpflichen Zusammenhänge erhält und durch seinen Geist auf den verschiedenen Ebenen der sich ausbildenden Gestalten an ihrer Ausbildung innerhalb der natürlichen Kontingenzen mitwirkt […] und ihre Geschichte so mitbestimmt, daß sinnhaft orientierte, auf ihn hin ausgerichtete Wesen entstehen“52, was sich dann in der heilsgeschichtlichen Begleitung der Menschen fortsetzt. Im Menschen ist laut Evers die eschatologische Offenheit der Schöpfung selbst in die Schöpfung eingegangen, als der menschliche Bewusstseins-Hori­zont, der die materiellen Gestalten überschreitet. Dieser Aspekt ist mit dem anthropischen Prinzip verbunden, nach dem alle Bedingungen des Kosmos derart fein abgestimmt sind, dass es zur Entstehung des menschlichen Lebens und Bewusstseins kommen konnte, was aufgrund der Vielfalt der Möglichkeiten auch für etliche Naturwissenschaftler eher auf einen zielgerichteten Prozess verweist (siehe Kap. X,1.2.3). Deshalb hält der Theologe Wolf Krötke einem naturwissenschaftlichen Zufalls-Materialismus entgegen: „Während sonst alles in einem naturgesetzlich sinnvollen Zusammenhang gesehen wird, wird den einzigen im Universum auftretenden Erscheinungen, die diesen Sinn entdecken und artikulieren können – nämlich uns –, Sinnlosigkeit bescheinigt.“53 Dieses materialistische Zufallsprinzip hinterfragend betont Krötke in Übereinstimmung mit vielen Natur­wissen­schaftlern, dass aus der wesenhaften kontingenten Offenheit der Naturprozesse, die durch die naturwissenschaftlichen Umbrüche des 20. Jahrhunderts hervortrat, implizit der Verweis auf philosophische und theologische Dimensionen resultiert: „Die Materie und wir, die wir ihre Naturgesetzlichkeit erforschen und formulieren, nehmen teil an einem dynamischen Geschehen, einer nicht-materiellen Kraft, die sich in der Materie manifestiert und sich uns zugänglich macht.“54 51 52 53 54

Vgl. D. Evers: Raum, S. 376ff. Ebd., S. 278. W. Krötke: Erschaffen, S. 55. Ebd., S. 51, wo er sich als Beispiel auf C.F. von Weizsäckers Auffassung bezieht.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Auch die Dynamik der Evolution lässt sich nach heutigem Erkenntnisstand letztlich nicht trag­fähig als naturalistisches Prinzip der Selbstorganisation darlegen. So ist die Entstehung einer Zelle, der Übergang vom Anorganischen zum Lebendigen nicht annähernd greifbar, geschweige denn die Entstehung der Komplexität des Menschen und seines Gehirns sowie die Erzeugung des Bewusstseins durch das Gehirn.55 Insgesamt existieren vielfältige Qualitätssprünge im Sinne von Emergenz, dem Auftauchen neuer Systemeigenschaften, die sich nicht aus den früheren Zuständen erklären. Dabei ist mit dem Bewusstsein eine Dimension gegeben, die über die evolutive Verhaftung hinausragt, indem sie dieser gegenübersteht und sie reflektieren und über sie hinaus fragen kann – sie also transzendiert, wozu auch die Existenz des religiösen Bewusstseins gehört. Auf diese Weise enthält das menschliche Bewusstsein eine Freiheit, die eine bis zur Selbsthingabe reichende Nächstenliebe ermöglicht, was die Prinzipien der Evolutionstheorie übersteigt. Das darin erkennbare Zusammenspiel von Materie und Geist, das einer materialistischen Abwertung der Bedeutung des Geistes entgegensteht, entspricht dem biblischen Bild vom Menschen. Vor diesem Hintergrund sind diejenigen zeitgenössischen neurowissenschaftlichen Ansätze, die Bewusstsein und Willen auf chemische Prozesse zu reduzieren versuchen, als Rückfall in den Materialismus des 19. Jahrhunderts zu entlarven.56 Einem solchen Materialismus gegenüber gilt der kreative Prozess des Zusammenwirkens von kontingenten Möglichkeiten und gesetzmäßiger Kontinuität (Zufall und Notwendigkeit), der das Entstehen von Neuem ebenso ermöglicht wie verlässliche Strukturen, heute dergestalt als Grundlage kosmischer und biologischer Evolution, dass die Aspekte der „Relationalität“ und der „Information“ zunehmend an Bedeutung gewinnen. So kann sich der naturwissenschaftliche Begriff der „aktiven Information“ nach Ansicht des Teilchenphysikers und Theologen John Polkinghorne als „Äquivalent zur theologischen Rede vom […] Wirken des Geistes [Gottes] in der Schöpfung erweisen“57. Gott vermag also den naturwissenschaftlichen Grundlagen gemäß ständig zu wirken, etwa im Sinne der creatio continua, ohne nur als Lückenbüßer zu agieren. Die Kompatibilität von Wundern mit physikalischen Grundlagen sieht Polkinghorne im physikalischen Phänomen der „Phasenübergänge“, die zu dramatischen Veränderungen und Diskontinuitäten führen.58 Entsprechend kommt der Physiker und Theologe Ian G. Barbour zu dem Schluss: „Wenn man Gott als denjenigen sieht, der die Unbe55 „Es gibt Billionen von Neuronen im menschlichen Gehirn; die Zahl der möglichen Verbindungen ist größer als die der Atome im Universum.“ (I.G. Barbour: Naturwissenschaft, S. 77) 56 Siehe zur Entwicklung der Neurowissenschaften und zu ihrem Verhältnis zur Theologie W. Achtner: Willensfreiheit. 57 J. Polkinghorne: Theologie, S. 122. 58 Laut Polkinghorne kann das Netz der physikalischen Kausalität schon deshalb nicht zu eng geknüpft sein, weil es auch das kontingente bzw. freie Handeln der Menschen ermöglicht. Ein entsprechend freies personales Handeln Gottes ist mit dem biblischen Gottesbegriff vorausgesetzt. Ferner sieht Polkinghorne sowohl für die Theologie als auch für die Naturwissenschaft die gemeinsame hermeneutische Herausforderung, mit Paradoxien konfrontiert zu sein, wie etwa der

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stimmtheiten auf der Quantenebene determiniert, kann man an der herkömmlichen Sicht der göttlichen Allmacht festhalten, ohne gegen physikalische Gesetze zu verstoßen.“59 Die heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse weisen nach Auffassung Barbours und vieler anderer Naturwissenschaftler „darauf hin, dass ein Theismus genauso plausibel (oder sogar plausibler) ist als andere Interpretationen der kosmischen Geschichte“60. So eröffnet der auf der heilsgeschichtlichen Selbsterschließung des dreieinigen Gottes beruhende Schöpfungs­glaube plausible, sinnvolle und zielgerichtete Zusammenhänge, die der Gesamt­erfahrung des Menschen – und aktuellen naturwissenschaftlichen Einsichten – mehr entsprechen als reduktionistische materialistische Ansätze. Die explizit trinitätstheologische Darlegung der Schöpfungslehre im Licht der zeitgenössischen Naturwissenschaft wurde anhand der Entwürfe von Wolfhart Pannenberg und Christoph Schwöbel bereits in Kapitel VII,1.5 erörtert. Hier sei nur noch einmal darauf hingewiesen, dass sich laut Schwöbel in dem für natürliche Prozesse konstitutiven Zusammenspiel von Spontanität und Ordnung (früher „Zufall und Notwendigkeit“) das Handeln des dreieinigen Gottes widerspiegelt: Die regelgeleitete Struktur bzw. Ordnung der Schöpfung ist als Ausdruck der Treue Gottes zu seiner Schöpfung zu verstehen, was durch die Inkarnation des Sohnes Gottes bzw. des Logos in der geschichtlichen Welt greifbar wird. Mit der von Möglichkeiten geprägten Dimension der Spontanität geht das eschatologische Zukunftshandeln Gottes einher, das sich im Heiligen Geist vollzieht, dem schöpferischen Lebensprinzip und der eschatologischen Erstlingsgabe: „Wird das Leben in der Welt im christlichen Glauben als durch Gottes Geist ermöglichtes und erhaltenes gesehen, und ist die Gegenwart dieses Geistes die Antizipation der Zukunft der Schöpfung, dann wird damit das gegenwärtige Leben nicht als in seinen strukturellen Regelmäßigkeiten erschöpft betrachtet, sondern als offen für die Zukunft Gottes.“61 Die Rollen des Geistes und des Sohnes im Licht der von Dynamik und Ordnung geprägten Naturprozesse, welche die Entstehung von Neuem sowie die Existenz dauerhafter Gestalten ermöglichen, werden noch dezidierter von Pannenberg aufgezeigt: Aufgrund der innertrinitarischen Selbstunterscheidung des Sohnes vom Vater liegt im Sohn „der Ursprung von allem dem Vater gegenüber anderen, der Ursprung also auch der Selbständigkeit der Geschöpfe“62. Deshalb verkörpert der Sohn das generative Prinzip der Andersheit und Selbständigkeit der Geschöpfe sowie die naturgesetzliche Ordnung, die selbstorganisierte Systeme höherer Komplexität bzw. dauerhafte Gestalten gewährleistet. Der Geist, der innertrinita-

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61 62

Gleichzeitigkeit von Gottheit und Menschheit in der Christologie oder dem Welle-TeilchenDualismus in der Physik. (Vgl. ebd., S. 115, 126, 136.) I.G. Barbour: Naturwissenschaft, S. 106. Ebd., S. 52. Nach H. Kessler: Evolution, S. 160, kann die „kosmische und biologische Evolution […] mit guten Gründen theologisch gedeutet werden, ja sie bekommt dadurch sogar eine tiefere Plausibilität.“ R. Swinburne kommt zu dem Ergebnis, dass die Weltphänomene die Existenz Gottes wahrscheinlicher machen als seine Nicht-Existenz (siehe Kap. VI,3). C. Schwöbel: Theologie/Schöpfung, S. 217f. W. Pannenberg: Systematische Theologie 2, S. 36.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

risch die dynamische Gemeinschaft vollzieht, ist dieser Eigentümlichkeit entsprechend mit der Dynamik der Naturprozesse in Verbindung zu bringen. Da die modernen Feldtheorien die Übertragung der Wirkungen nicht mehr mit einem materiellen Substrat verbinden, sondern eher mit Information, „liegt es nahe, die Geistnatur Gottes im Sinne eines Kraftfeldes zu denken, das alle körperliche Realität transzendiert, aber auch durchdringt, und das unbeschadet seiner Transzendenz in der Immanenz des materiellen Universums wirksam ist“63. Dabei bewerkstelligt der Geist die dynamische Gemeinschaft der Menschen mit Gott, während dem Sohn die Erhaltung der Selbständigkeit geschöpflichen Daseins zuzuordnen ist. Auf diese Weise wird das schöpfungstheologisch relevante Zusammenwirken von Sohn und Geist unmittelbar mit der naturwissenschaft­lichen Interaktion von regelgeleiteten Strukturen und dynamischer Offenheit in Verbindung gesetzt, wobei die Naturgesetze für Pannenberg eine Dienstfunktion für das schöpferische Wirken der Trinität haben. Bei solchen Versuchen, schöpfungstheologische und naturwissenschaftliche Einsichten zusammenzubringen, bleibt aber darauf zu achten, theologische Prämissen nicht durch evolutionstheoretische oder prozessphilosophische Prämissen zu überlagen. Das zeichnet sich bei Pannenberg als Gefahr ab, wenn er etwa erst in der Inkarnation den Abschluss der Schöpfung des Menschen sieht und das Kreuz auch als Einstehen Gottes für mit dem Schöpfungsprozess gegebene Defizite deutet.64 So ist abschließend noch auf den Charakter des Zusammenhangs von Theologie und Naturwissenschaft zu blicken. 1.2.7 Der Zusammenhang von Theologie und Naturwissenschaft Der Zusammenhang von Theologie und Naturwissenschaft ergibt sich dadurch, dass Schöpfungstheologie und Naturwissenschaften dieselbe Welt und ihre Wirklichkeit betrachten. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch unschwer deutlich, dass es sich um einen sehr differenzierten Zusammenhang handelt. Denn die Theologie hat im Unterschied zu den mess- und formalisierbaren Zugängen der Naturwissenschaft eine umfassendere Sicht auf die Welt mit ihrer vieldimensionalen Wirklichkeit, zu der auch historische, kulturelle, ästhetische, moralisch-ethische, psychische oder kontemplative Aspekte gehören – und nicht zuletzt das religiöse Bewusstsein. So ist die Theologie auch mit der Sinndeutung, mit Fragen der Absichten, Zwecke und Sinnziele befasst, was die Perspektive der Naturwissenschaft übersteigt. Das gilt erst recht für die Frage nach einem transzendenten Urgrund der Wirk­lichkeit bzw. für die Gottesfrage. „Was uns die Naturwissenschaft erschließt, ist nicht die Realität, sondern eine bestimmte Dimension der Realität, der die Erfahrung einer anderen Dimension [bzw. anderer Dimensionen] irdischer Realität mit nicht weniger Recht, ernst genommen zu werden, gegenübersteht.“65 63 Ders.: Wirken, S. 151. 64 Siehe dazu Kap. VII,1.5. – Vgl. insgesamt ferner ders.: Systematische Theologie 2, S. 79–201. 65 W. Krötke: Erschaffen, S. 24.

1. Gott, der Schöpfer

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Vor diesem Hintergrund ist kritisch zu bedenken, dass die Gegenwartskultur in ihrer weltanschaulichen Orientierung in hohem Maße von naturwissenschaftlichen Anschauungen geprägt ist, und zwar sowohl im Blick auf das Verständnis der Welt als auch hinsichtlich des Selbstverständnisses der Menschen. Das resultiert maßgeblich aus Totalitätsansprüchen naturwissenschaftlicher Konzeptionen, die den Anspruch ganzheitlicher Welterklärung erheben, den sie aber nicht annähernd einlösen können, was bereits mehrfach deutlich wurde. Entsprechend sind die Naturwissenschaften nicht nur erkenntnistheoretisch immer wieder an ihre Grenzen gekommen, sondern auch in Bezug auf die Folgen und die Umsetzung ihrer Ergebnisse. Das betrifft die ökologischen Folgen der vermeintlich technischen Beherrschbarkeit der Natur ebenso wie die ethischen Herausforderungen der konfliktreichen Anwendung von Nuklearenergie oder Genforschung. Durch die damit verbundenen Krisen hat sich der Fortschrittsoptimismus vielfach in Fortschrittskritik verwandelt, verbunden mit Zukunftsängsten. Darüber hinaus werden die Ergebnisse kosmologischer Forschung zuweilen in einer Form präsentiert, die dem Menschen Sinnlosigkeit bescheinigt, als kaum wahrnehmbarem Teil eines sinnlos erscheinenden Kosmos (so der Physiker Steven Weinberg66). Materialistische Entwürfe blenden einfach aus, dass der Mensch als Wesen der Selbstdeutung durch sein Bewusstsein eigene Formen des Geistes aufweist, welche die vorfindliche Wirk­lichkeit zu transzendieren vermögen und Sinnhorizonte ergreifen können. Ob es sich nun in der Naturwissenschaft um eine solche Ausblendung von Sinnhorizonten handelt oder um die Wahrnehmung dieser Horizonte aufgrund der offenen Struktur von Naturprozessen, beides verlangt nach Sinndeutung. Angesichts der aufgezeigten Aspekte wird transparent, dass die Theologie die Ergebnisse und Erkenntnisse der Naturwissenschaften in einen größeren Zusammenhang stellen kann, der die ver­schiedenen Dimensionen von Wirklichkeit berücksichtigt und eine Sinndeutung ermöglicht, wodurch die Naturwissenschaften zugleich an ihre erkenntnistheoretischen Grenzen erinnert werden. Für dieses Zusammenwirken von Theologie und Naturwissenschaft bedarf es eines Dialogs auf der metatheoretischen Ebene über die jeweiligen erkenntnistheoretischen Voraussetzungen, etwa über den Zusammenhang zwischen Erkenntnisgegenstand und -methode, der in den jeweiligen Bereichen sehr unterschiedlich sein kann. In diesem Kontext tritt dann auch hervor, welchen Dienst sich Theologie und Naturwissenschaft gegenseitig erweisen können. Hinsichtlich des Dienstes der Theologie an der lebensdienlichen Verortung der Naturwissenschaft bleibt noch zu ergänzen, dass der weite Rahmen, den die Schöpfungstheologie gegenüber der naturwissenschaftlichen Forschung eröffnet, auch die ethischen Implikationen jeglichen menschlichen Handelns umfasst (einschließlich des naturwissenschaftlichen Handelns). Naturwissenschaft und Technik vollziehen sich im lebensweltlichen Gesamtkontext und sind deshalb von ihren Prämissen, ihren Interessen sowie ihren Folgen für Mensch und Umwelt nicht zu trennen. Indem die Schöpfungstheologie die Geschöpflichkeit 66 Siehe S. Weinberg: Minuten.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

von Mensch, Welt und Kosmos hervortreten lässt, erinnert sie an die Ehrfurcht vor allem Geschaffenen sowie an die Orientierungsbedürftigkeit und Begrenztheit menschlichen Handelns. Gerade aufgrund der Geschwindigkeit aktueller naturwissenschaftlicher und technologischer Fortschritte, die sich zumeist in spezialisierten und verborgenen Labors vollziehen und multiple technologische Anwendungsmöglichkeiten mit sich bringen (biologisch, medizinisch, militärisch etc.), bedarf es multidisziplinärer wissenschaftsethischer Diskurse, um eine lebensdienliche ­Entwicklung zu gewährleisten. „Letztlich geht es ja um das gleiche Leben, das in der Religion verehrt wird, das der Glaube befreit, das die [Natur]Wissenschaft zu erkennen versucht und das die Technik zu gestalten hilft.“67 So kann auch die Naturwissenschaft der Theologie zum Beispiel dadurch einen Dienst erweisen, dass sie mit vertiefenden oder begrenzenden Ergebnissen dazu beiträgt, „daß der Theologie neue Möglichkeiten der Explikation des christlichen Glaubens zuwachsen, die neue Einsichten in die Relevanz des Glaubens gerade angesichts der Möglichkeiten und Grenzen des naturwissenschaftlichen Weltbilds eröffnen“68. Die schöpfungstheologische Aufnahme naturwissenschaftlicher Einsichten darf jedoch nicht dazu führen, dass Theologie vom jeweiligen naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand abhängig wird und grundlegende theologische Prämissen überdeckt werden, wie es etwa bei Pannenberg als Gefahr auftritt (siehe Kap. VII,1.5 u. X,1.2.6). Allerdings genügt es für den Dialog nicht, die Naturwissenschaft auf den Zusammenhang von mathematischen Kategorien und Experimenten zu reduzieren (Kant) und die Schöpfungstheologie auf die Reflexion der schlechthinnigen Abhängigkeit des Menschen und der Welt von Gott einzuengen (Schleiermacher), wie es Ulrich Barth in Ablehnung einer konkreten schöpfungstheologischen Verknüpfung mit naturwissenschaftlichen Ergebnissen vorschlägt.69 Denn damit wird man weder der komplexen weltanschaulichen Eingebundenheit und den vielfältigen Ansätzen der Naturwissenschaft gerecht noch den geschichtlichen und offenbarungstheologischen Aspekten des Glaubens. Vielmehr entsteht ein „Trennungsmodell“ auf der erkenntnistheoretischen Metaebene, das beide Seiten auf die genannten Begrenzungen einengt und dabei die konkrete Vermittlung zwischen Welt- und Gotteserkenntnis ver­missen lässt. Dieser Vermittlung bedarf es jedoch aufgrund des ersten Artikels des Glaubensbekenntnisses. 67 J. Hübner: Wirklichkeit, S. 100. – Siehe zum Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft im Kontext philosophischer, theologischer und naturwissenschaftlicher sowie ethischer Entwicklungen insgesamt M. Haudel: Theologie und Naturwissenschaft. Dort wird die geschichtliche Entwicklung dieses Verhältnisses ausführlich dargelegt, ferner werden die jeweiligen erkenntnistheoretischen Voraussetzungen und ihre Verhältnisbestimmung ebenso detailliert erörtert wie die historischen und aktuellen Grundlagen bzw. Erkenntnisse der verschiedenen Disziplinen. Zugleich erfolgt die Darbietung etlicher Dialog-Konzeptionen. Auf diese Weise lassen sich nicht nur die vielfältigen gegenseitigen Vorurteile überwinden, sondern es eröffnen sich auf der ganzen Breite des theologischen und naturwissenschaftlichen Themenspektrums konkrete Perspektiven und Einsichten für den gegenwärtigen Dialog. 68 D. Evers: Raum, S. 395. 69 Siehe U. Barth: Abschied.

2. Gott, der Erlöser

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2. Gott, der Erlöser70 Gottes erlösendes Heilswirken in Jesus Christus kommt im zweiten Artikel des Glaubensbekenntnisses zur Sprache, als spezifisches heilsgeschichtliches Handeln des Sohnes Gottes. Weil dieser innertrinitarisch das Abbild und Wort (Logos) des Vaters verkörpert sowie die antwortende hingebungsvolle Liebe zum Vater, ist er auch heilsgeschichtlich dazu prädestiniert, Gott zu offenbaren und sich für die Menschen in Liebe hinzugeben. Wie das schöpferische Wirken Gottes im Ersten Artikel ist auch sein erlösendes Heilswirken im Zweiten Artikel nur trinitarisch zu verstehen. Denn Menschwerdung, Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi vollziehen sich im Zusammenwirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Aufgrund seiner Menschwerdung ermöglicht Gottes Sohn wahre Gottes- und Menschenerkenntnis, die wahre Gottheit als vollkommene und hingebungsvolle Liebe transparent werden lässt und wahre Menschlichkeit als empfangende Teilhabe an dieser Liebe. Auf welche Weise Jesus Christus den Menschen diese Teilhabe als ewige Gemeinschaft mit Gott neu eröffnet, tritt durch das angemessene Verständnis von Kreuz und Auferstehung hervor, dem Ausgangspunkt des christlichen Glaubens. Am Kreuz wird Gottes Allmacht als Allmacht der Liebe offenbar, die für die Menschen leiden kann. Indem Gott selbst in seinem stellvertretenden Leiden die Menschen aus ihrer widergöttlichen und unmenschlichen Selbstbehauptung befreit, widerspricht das biblische Opfer- und Sühneverständnis keineswegs der Liebe Gottes, sondern es zeigt die tiefe Ernsthaftigkeit und Selbstlosigkeit göttlicher Liebe. Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Antwort auf die Theodizee-Frage, warum es Sünde, Leiden und Tod in der Welt gibt, wenn Gott ein allmächtiger und liebender Gott ist. In dem gleichen Kontext stellen sich auch die Fragen nach dem Verhältnis von Sünde und Freiheit sowie von Glaube und Prädestination. Erst die im Glauben geschenkte Befreiung des Menschen aus der Angst um sich selbst ermöglicht eine vorbehaltlose Nächstenliebe, weshalb sich aus der Rechtfertigung des Sünders unweigerlich seine Heiligung ergibt. Entsprechend bedarf es für die Begründung christlicher Ethik und Weltverantwortung der differenzierten Zuordnung von Gesetz und Evangelium, die nur unter Beachtung des dynamischen Zusammenhangs der drei Glaubensartikel gelingt und erkennen lässt, wie auf der Grundlage des Glaubens die Verantwortung für die Welt wahrzunehmen ist. 70 Vielfach wird das Heilswerk Jesu Christi im Kontext des Zweiten Artikels mit dem Begriff „Versöhnung“ zusammengefasst, wie etwa bei W. Härle. Obwohl die Terminologie „Versöhnung“ seines Erachtens die Aspekte der Befreiung und der Heilung nicht vermitteln kann, gibt er ihr den Vorzug, weil Versöhnung den prozessualen Charakter des Heilsgeschehens zwischen bereits angebrochener und noch nicht vollendeter Heilszueignung besser zum Ausdruck bringe (vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 506f.). Letzteres bestreitet E. Schlink, der mit gleicher Argumentation den Begriff „Erlösung“ vorzieht, „weil er stärker als z.B. der der ‚Versöhnung‘ den Zusammenhang von Gottes gegenwärtigem und seinem endgeschichtlichen Heilshandeln zum Ausdruck bringt“ (E. Schlink: Dogmatik, S. 69). In der vorliegenden Gotteslehre wird die Rede von Gott, dem Erlöser, bevorzugt, weil sie die christologische Tiefe der erlösenden Selbsthingabe des dreieinigen Gottes ebenso beinhaltet wie die Befreiung des Menschen von seiner selbstbehauptenden Grundhaltung. Dem Aspekt der freien Gemeinschaft der Liebe zwischen Gott und Mensch käme allerdings der Versöhnungsbegriff entgegen. Welcher Begriff auch bevorzugt wird, Gottes erlösendes und versöhnendes Heilswirken ist ohnehin nicht zu trennen.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Der Glaube an „Jesus Christus“ umspannt im zweiten Glaubensartikel das auf die Schöpfung bezogene erlösende Heilswirken des dreieinigen Gottes, welches er im Sohn vollzieht, und zwar von dessen ewiger Präexistenz her über seine Menschwerdung, sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung bis zu seiner Wiederkunft. Dabei kommt die trinitarische Verflechtung explizit zum Ausdruck (eingeborener Sohn des Vaters, zu dessen Rechten er sitzt; empfangen durch den Heiligen Geist etc.): Der ewige Sohn des Vaters wird Mensch, um den Menschen in seiner Selbsthingabe die Liebe Gottes zu bezeugen und ihnen die Gemeinschaft mit Gott neu zu eröffnen (Joh 1,14; Phil 2,6–11). Als Auferstandener und Erhöhter sendet Jesus Christus zur Vollendung seines Heilswerkes den Heiligen Geist vom Vater (Joh 14 u. 16). Diese Zusammenhänge gelten sowohl für das Apostolische Glaubensbekenntnis als auch für das Bekenntnis von Nizäa-Kon­stan­­tino­pel (siehe Kap. III,3.3). Der Zweite Artikel impliziert in dieser Ausrichtung nicht nur die Dimensionen wahrer Gottes- und Menschenerkenntnis, sondern auch die viel­ fältigen Aspekte des Kreuzesgeschehens (im Licht der Auferstehung) sowie die Konsequenzen des göttlichen Heilswirkens für das menschliche Leben, die im Dritten Artikel noch weiter ausgeführt wer­den. Deshalb sind auch das Verhältnis von Sünde, Freiheit und Glauben sowie die Lehre vom Heil (Soteriologie – griech. soteria: Rettung, Heil) und die entsprechende ethische Orientierung zentral im Zweiten Artikel bzw. in Christi Erlösungswerk verankert. 2.1 Wahre Gottes- und Menschenerkenntnis in Jesus Christus  (Heil des Menschen) In den bisherigen Kapiteln trat bereits vielfach hervor, warum in Jesus Christus sowohl wahre Erkenntnis Gottes als auch wahre Erkenntnis des Menschen gegeben ist, worauf besonders die Formulierung des christologischen Dogmas von Chalcedon (451) verweist: „wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch“ (siehe bes. Kap. III,4 u. IX,2). Hier sei noch einmal auf einige grundlegende Aspekte dieser zentralen erkenntnistheoretischen Voraussetzung des christlichen Glaubens hingewiesen, die erst angemessene Gottes-, Menschen- und Heilserkenntnis ermöglicht. Darüber hinaus wird die genaue Zuordnung von göttlicher und menschlicher Dimension Jesu Christi in ihrer erkenntnistheoretischen Bedeutung sowie in ihrer Relevanz für das Verständnis des Glaubens und des Heils dargelegt. Weil sich Gott der Vater in seinem Sohn bzw. Wort (Logos) innergöttlich selbst aussagt und als Ebenbild gegenübertritt, wird in der Menschwerdung des Sohnes wahre Gotteserkenntnis gewährt (Joh 14,9; Kol 1,15). Und weil nach dem Bild des Sohnes der Mensch geschaffen wurde (Kol. 1,16f.) und deshalb der Sohn Gottes für die Menschwerdung prädestiniert war, eröffnet Jesus Christus zugleich wahre Menschenerkenntnis. Im Blick auf die Gotteserkenntnis lassen die vielfältigen Relationen des Sohnes zum Vater und zum Heiligen Geist das innergöttliche Leben als vollkommene Gemeinschaft der Liebe erkennen (I Joh 4,8.16) und die jeweiligen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen transparent werden (siehe

2. Gott, der Erlöser

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z.B. Kap. VIII,1). So wird etwa die innertrinitarische liebende Hingabe des Sohnes an den Vater offenbar, die den Sohn für Gottes liebende Hingabe an die Menschen qualifiziert – einschließlich des Kreuzestodes. Gleichzeitig kommt die personale und sprachliche Konstitution Gottes zum Vorschein, die etwa durch den Hinweis „das Wort ward Fleisch“ (Joh 1,14) unterstrichen wird. Die Identität des Wortes Gottes (Logos, Sohn) mit Gott (Joh 1,1) belegt die sprachliche Konstitution Gottes und erklärt, warum sich die Selbstmitteilung Gottes an die ebenfalls sprachlich konstituierten Menschen im Sohn (Logos) vollzieht. Weil sich Gott durch die Identität von Wort und Sein in seinem Wort entspricht, ermöglicht das Wort Gottes wahre Gotteserkenntnis und Heilsgewissheit. Ferner erweist sich Gott aufgrund des trinitarischen Eingebundenseins des Sohnes als innerpersonale Einheit und als zwischenpersonale Gemeinschaft zugleich, indem der eine Gott in der Gemeinschaft der trinitarischen Personen existiert und so die Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension verkörpert, die in der menschlichen Erfahrungswelt nicht existiert. Dennoch kommt hinsichtlich der Menschenerkenntnis zum Tragen, dass der nach dem Bild des Sohnes geschaffene Mensch das Ebenbild Gottes (lat. imago Dei – Gen 1,27) ist. Auch wenn der Mensch nicht in der Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension existiert, so hat er doch Anteil an beiden Dimensionen, da er als intrapersonales Individuum lebt, das die interpersonale Dimension in der Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen erhält. Weil der Mensch schon allein als intrapersonales Wesen durch seine innere Lebendigkeit und selbstreflexive Personalität Spuren der trinitarischen Einheit in Vielfalt aufweist (psychologische Analogie), kommt seine personale Konstitution bereits hier zum Tragen. Diese Konstitution ist auch für die interpersonale Gemeinschaft des Menschen (soziale Analogie) grundlegend. Die mit der selbstreflexiven Struktur gegebene Dimension des personalen Geheimnisses eines jeden Menschen und der solcher Personalität entsprechende Charakter von Gemeinschaft implizieren die sprachliche Konstitution, insofern als diese sowohl die Selbsterschließung des Menschen als auch seine freie Ansprechbarkeit ermöglicht. Das im Sohn bzw. Logos offenbar werdende personale und sprachliche Wesen Gottes charakterisiert also auch den gottebenbildlichen Menschen, den Gott derart als Adressaten seiner Liebe erschaffen hat. Wie die innergöttliche vollkommene Gemeinschaft der Liebe auf personaler Freiheit beruht, da Liebe der Freiheit bedarf, so wird solche vom Geist Gottes gewährte Freiheit (II Kor 3,17) auch durch das personale und sprachliche Wesen des Menschen ermöglicht. Darin liegt die Voraussetzung für ein Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“, in dem auch der dreieinige Gott den Menschen als persönliches Gegenüber (Vater) gleichzeitig nahe sein kann (im Sohn oder im Geist). Nur im Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ ist die Freiheit der Anrede und Antwort gewahrt, welche die Personalität des jeweiligen Gegenübers respektiert und so die Grundlage einer freien Gemeinschaft der Liebe bildet.71 71 Siehe zur detaillierten Darlegung dieser Ausführungen bes. Kap. II,3 u. 5; III,3.2; III,4; VIII,1; IX,2.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Auf diese Weise ermöglicht Gottes Anrede dem Menschen im Glauben die Öffnung für Gottes Heilszusage und damit die Glaubensantwort als Vollzug der geschenkten Liebe, wodurch sich der dem Heilshandeln Gottes gegenüber passive Glaube mit der aktiven Glaubensantwort verbindet. Das schließt die Mitwirkung am Heil bzw. die Werkgerechtigkeit ebenso aus wie eine deterministisch verstandene doppelte Prädestination. Indem der glaubende Mensch sowohl der geschöpflichen Angewiesenheit auf Gott als auch der liebenden Zuwendung Gottes entspricht, wird er dem Wesen des Menschen und dem Wesen Gottes gerecht.72 Warum und wie der Glaube die erlösende Befreiung des Menschen von der Selbstvergöttlichung mit ihren zerstörerischen Folgen bewirkt, wird besonders durch die Zuordnung von göttlicher und menschlicher Dimension Christi deutlich. Diese Zuordnung stellte die altprotestantische Orthodoxie in den Kontext der Lehren von der „Person Christi“, vom „zweifachen Stand Christi“ und vom „dreifachen Amt Christi“. Die Lehre von der Person Christi nimmt das christologische Dogma von Chalcedon (451) mit der Zwei-Naturen-Lehre auf, wonach es sich um die eine Person Jesus Christus handelt, die in göttlicher und menschlicher Natur existiert. Denn der präexistente Gottessohn bzw. Logos vollzieht eine wirkliche Menschwerdung, so dass Gott in Jesus selbst gegenwärtig ist, wobei er die volle Menschheit annimmt, die mit allen menschlichen Eigenschaften der Erlösung bedarf. Insofern sind beide Naturen in Christus unvermischt und ungetrennt vorhanden. (Siehe Kap. III,4.) Mit der Lehre vom zweifachen Stand Christi erfährt die Zuordnung beider Naturen im Kontext des Erlösungswerkes eine weitere Differenzierung. In Anlehnung an Phil 2,5–11 wird der Weg von der Selbstentäußerung des präexistenten Gottessohnes, der für die Menschen „Knechtsgestalt“ annimmt, über seinen irdischen Lebens- und Leidensweg bis zu seiner Erhöhung nachgezeichnet und in zwei Phasen bzw. Stände unterteilt. Im Zustand bzw. Stand der Entäußerung (lat. exinanitio – status exinanitionis), der von der Empfängnis Jesu bis zu seiner Grablegung reicht, unterwirft sich der Gottessohn den Bedingungen irdischen Lebens und schränkt seine Göttlichkeit mit Rücksicht auf das Heilswerk ein (Erlösung des Menschen), während er im Stand der Erhöhung (lat. exaltatio – status exaltationis) menschliche Schwächen ablegt und seine Göttlichkeit uneingeschränkt gebraucht (Auferstehung, Himmelfahrt, Sitzen zur Rechten des Vaters). Die ursprünglich auf Calvin zurückgehende Lehre vom dreifachen Amt Christi zeigt, wie Jesus Christus sein prophetisches, priesterliches und königliches Amt in beiden Ständen vollzieht. Als Messias bzw. als der Gesalbte vereint Christus endgültig die Funktionen der gesalbten Propheten, Priester und Könige und vollzieht als der Mittler zwischen Gott und den in Sünde verhafteten Menschen das göttliche Heilswerk. Hinsichtlich seines prophetischen Amtes verkündigt er Gottes Heilswillen in seinem irdischen Wirken unmittelbar und in seinem erhöhten Stand mittelbar (mit Hilfe der kirchlichen Verkündigung). Durch sein priesterliches Amt vollbringt Christus im Stand der Entäußerung die Erfüllung des Gesetzes und das stellver72 Zum Verhältnis von Glaube und Freiheit siehe Kap. X,2.3.

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tretende Leiden und Sterben bzw. die Übernahme der Konsequenzen menschlicher Selbstvergöttlichung. Als Erhöhter setzt er dieses Wirken durch die Fürbitte beim Vater fort. Die Macht des königlichen Amtes Christi wird im irdischen Wirken zugunsten der unscheinbaren Liebe zurückgenommen und im Stand der Erhöhung als Haupt der Kirche wahrgenommen – auch im vollendeten Reich Gottes.73 Vor diesem Hintergrund lässt sich die gleichzeitige Verkörperung Gottes und des Menschen in Jesus Christus in ihrer Heilsrelevanz differenziert zuordnen. Als wahrer Gott erweist sich Jesus Christus, weil in ihm der präexistente Gottessohn bzw. das ewige innergöttliche Wort (Logos) selbst Mensch wurde, um die Welt mit Gott zu versöhnen (Joh 1,1ff.; II Kor 5,19). Deshalb kann Jesus beanspruchen, in der Vollmacht Gottes zu handeln und zu sprechen, was sich nicht nur in seinen Wundern (Joh 5,17) oder der Vollmacht der Sündenvergebung widerspiegelt, sondern auch in seiner vollmächtigen Auslegung des Gesetzes (z.B. Mk 5,21ff.). Gleiches gilt für den Anspruch, allein Gottes Willen und Wesen zu kennen sowie den Anbruch des Gottesreiches zu verkörpern. In Jesus ist der ewige eingeborene Sohn des Vaters gegenwärtig, der als dessen Ebenbild die Herrlichkeit Gottes ausstrahlt. (Hebr 1,3; vgl. Joh 14,9: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“) Die in Jesus offenbare Menschwerdung, Entäußerung und Selbsthingabe Gottes bedeuten, „dass in Jesus Gottes Kommen zu uns, sein schöpferisches, befreiendes und rechtfertigendes Handeln an uns und für uns Ereignis wurde. Und dies begründet die Möglichkeit, uns als die mit Gott Versöhnten zu glauben.“74 So offenbart sich in Jesus Christus Gottes Wesen als schöpferische und hingebungsvolle Liebe, die in der Menschwerdung und im Kreuzestod die Folgen menschlicher Selbstvergöttlichung trägt, um den Menschen die ewige Gemeinschaft mit sich neu zu eröffnen. Aus diesem Grund sind mit den Worten Luthers in der Person Jesu Christi „Schöpfer und Geschöpf einer und derselbe“75. Denn Jesus Christus erweist sich zugleich als wahrer Mensch, der alle menschlichen Eigenschaften teilt, weshalb das christologische Dogma von Chalcedon (451) nicht nur von der Wesensgleichheit Jesu Christi mit Gott spricht, sondern auch von seiner Wesensgleichheit mit den Menschen (siehe Kap. III,4). Daher liegt „das Geheimnis der Person Jesu Christi darin, dass in ihm Gott und Mensch in einer doppelten Relation miteinander kommunizieren“76. Jesus handelt nämlich nicht nur in der Vollmacht Gottes für die Menschen, sondern er existiert auch als bittender und empfangender Mensch im Gegenüber zu Gott, wobei er im glaubenden Vertrauen auf Gott lebt und so die geschöpfliche Bestimmung der Gotteben­bildlichkeit des Menschen verwirklicht. Indem Jesus nicht der mensch­ lichen Selbstvergöttlichung verfällt, sondern der Liebe Gottes empfangend entspricht, vermag er das Doppelgebot der Liebe gegenüber Gott und den Mitmenschen zu leben und wirklich menschlich zu sein. Der Liebe des ewigen Sohnes zum Vater entspricht die Liebe des Menschen Jesus zum himmlischen Vater. So geht 73 74 75 76

Vgl. insgesamt H. Schmid: Dogmatik, S. 197–261. W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 217. WA 39 II;105,6f. (dort lateinisch). W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 221.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Gott im Menschen Jesus für die Menschen den Weg des Glaubens und der Liebe, den die Menschen in ihrer Selbstbehauptung nicht gehen wollten. Damit wird den Menschen die Chance eröffnet, in der Nachfolge Jesu „seinem Bilde gleichgestaltet“ (Röm 8,29) zu werden und so in Jesus als dem „neuen Adam“ (Röm 5,12–21) der Gottebenbildlichkeit des Menschen gerecht zu werden. Als wirklicher Mensch unterliegt Jesus allen Bedingungen des Menschseins, von der Kreatürlichkeit über die Versuchung (Mt 4,1–11) und die Todesangst (Mk 14,32–42) bis hin zur scheinbaren Gottverlassenheit (Mk 15,34: Schrei am Kreuz). Doch weil er im Vertrauen auf Gott der Sünde nicht erliegt, realisiert er das wahre Menschsein bzw. die wahre Menschlichkeit. Obwohl er, der in allen Dingen den Menschen gleich ist, ohne Sünde bleibt (Hebr 2,17; 4,15), geht er stellvertretend für alle Menschen den Weg in den Tod und ans Kreuz, um die Leiden der Gottesferne zu tragen und zu überwinden – so wie sich Gott in seinem ewigen Sohn am Kreuz für die Menschen hingibt, um ihnen seine ewige Gemeinschaft neu zu eröffnen (Entsprechung von göttlichem und menschlichem Handeln in Jesus Christus).77 Indem Jesus den Weg des Vertrauens auf Gottes Liebe stellvertretend für alle Menschen geht, zeigt er, dass dieser Weg wahres Menschsein im irdischen Leben ermöglicht und – in Überwindung des Todes – ewige Herrlichkeit bei Gott. Insgesamt werden in Jesus Christus drei heilsrelevante Relationen transparent. Erstens vollzieht sich in ihm als wahrem Gott die gnädige Hingabe Gottes für die Menschen. Zweitens verwirklicht sich in ihm als wahrem Menschen das menschliche Leben, das im Vertrauen auf Gott seiner eigentlichen Bestimmung entspricht, wobei Jesus drittens diesen Weg stellvertretend für alle Menschen geht. Auf diese Weise erfährt der Mensch durch Gottes Liebe die Befreiung von seiner widergöttlichen Selbstbehauptung und der damit verbundenen Angst um sich selbst, indem er sich von Gottes Liebe getragen weiß und so zur „Freiheit eines Christenmenschen“ (Luther) findet. Daher wird in Jesus Christus die wahre Gottheit als vollkommene und hingebungsvolle Liebe offenbar, während sich wahre Menschlichkeit als empfangende Teilhabe an dieser Liebe erweist. Die ganze Tiefe dieser Zusammenhänge wahrer Gottes- und Menschenerkenntnis tritt erst im Licht des Kreuzesgeschehens hervor. 2.2 Kreuzestheologie, Auferstehung und Theodizee-Frage:  Allmacht und Leidensfähigkeit Gottes 2.2.1 Kreuzestheologie und Gottes Allmacht und Leidensfähigkeit Christliche Gotteslehre gründet in der Auferweckung des Gekreuzigten. Denn die Auferweckung offenbarte und bestätigte den Sinn des Kreuzesgeschehens, das die ganze Tiefe der Gottes- und Menschenerkenntnis in ihrer Heilsrelevanz eröffnet und 77 Siehe zur detaillierten Auseinandersetzung mit diesen Zusammenhängen Kap. X,2.2. Vgl. ferner M. Haudel: Jesus Christus. – Zur Bedeutung des Menschseins und der Sündlosigkeit Jesu Christi siehe B.W. Köber: Sündlosigkeit.

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die Weisheit der Welt durchkreuzt (I Kor 1,18ff.). Deshalb wurde das Kreuz im Horizont der – unten näher erörterten – Auferstehung zum Symbol der Christenheit. Kreuz und Auferstehung Jesu Christi sind der Schlüssel zum Verständnis der göttlichen Heilsgeschichte: „Was am Kreuz Jesu geschah, das ist in seiner Einmaligkeit ein die Tiefen der Gottheit erschließendes Geschehen.“78 Wie das Kreuz zum einen allein trinitarisch im Zusammenwirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist zu verstehen ist, so lässt es zum anderen nicht nur erkennen, dass Gott die vollkommene Gemeinschaft der Liebe verkörpert, sondern auch wie er als Liebe existiert und was somit den Charakter der Liebe ausmacht, an der die Menschen partizipieren dürfen. Indem sich der ewige Sohn Gottes in Jesus am Kreuz der Verlassenheit von Gott dem Vater preisgibt, stellvertretend für die gott-losen und damit todgeweihten Menschen, und indem der Heilige Geist die – sich für die Menschen hingebende – Liebe zwischen Vater und Sohn auch im Tod aufrecht erhält, überwindet Gottes Liebe den Tod für die Menschen.79 An dieser Überwindung hat der Mensch Jesus Anteil, weil er sich bis zuletzt vertrauensvoll in Gottes Hand gibt – im Unterschied zur tödlichen Selbstbehauptung bzw. Selbstvergött­lichung der Menschen, in welcher die Sünde als Abwendung vom Geber des Lebens folgerichtig den Tod nach sich zieht (Röm 6,23). Am Kreuz wird den Menschen also ein Leben in unzerstörbarem Vertrauen auf Gottes Liebe neu eröffnet, sie dürfen sich als von Gott geliebte und gerechtfertigte Sünder erfahren, als Empfangende, die Gott von ihrer selbstbegründenden Sorge befreit hat, damit sie im Unterschied zur Illusion der Selbstvergöttlichung in wahrer Menschlichkeit leben können, in liebender Gemeinschaft mit Gott und ihren Mitmenschen. Das geschieht vor dem Horizont der am Kreuz entlarvten Sünde des Menschen, selbst sein zu wollen wie Gott, was zwangsläufig zur Unmenschlichkeit führt, zu einer in Selbstbehauptung gefangenen Beziehungslosigkeit gegenüber Gott und den Mitmenschen. Als sich die Menschen in Jesus Christus direkt mit der Liebe Gottes konfrontiert sahen, fühlten sie sich in ihrer Selbstbehauptung derart gestört, dass sie Jesus ans Kreuz schlugen – die Geschöpfe ihren Schöpfer, und er ließ es sich gefallen (vgl. z.B. Mk 12,1–12). In dieser – oben schon trinitarisch beschriebenen – Selbsthingabe erweist sich Gott am Kreuz als hingebungsvolle Liebe und als menschlicher Gott, der den Menschen nicht nur durch die Schöpfung Anteil an seiner Liebe gewährt, sondern aufgrund deren Abwendung vom Schöpfer sogar um ihretwillen Mensch wird und sich in ihren Tod begibt. Gott beendet also nicht in machtvoller Herrlichkeit endgültig die Welt mit ihren Dunkelheiten, vielmehr offenbart er am Kreuz seine Herrlichkeit unter dem Gegenteil, in der unscheinbaren Liebe, um den Menschen in einer Zeit heilsgeschichtlicher Geduld doch noch die Chance zu eröffnen, in freier antwortender Liebe seiner Liebe zu entsprechen. Damit durch-kreuzt Gott die Weisheit dieser Welt (I Kor 1,18ff.) mit ihren Allmachtsvorstellungen von Gott und dem Men78 E. Jüngel: Gott, S. 299. 79 Vgl. ebd., S. 470ff.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

schen, durch die sich der Mensch selbst überhöht und Gott mit Hilfe der Übertragung menschlicher Machtvorstellungen zu rekonstruieren versucht. Am Kreuz tritt endgültig die Liebe als Gottes Wesen und als Wesen des gottebenbildlichen Menschen hervor – und zwar in ihrem hingebungs­vollen Charakter.80 Vor diesem Hintergrund stellte sich in der theologischen Tradition immer wieder die Frage, wie sich Gottes Eigenschaften der Allmacht oder Unveränderlichkeit mit scheinbar ohnmächtiger Liebe, Leiden oder Menschwerdung vereinbaren lassen. Es wurde bereits deutlich, dass alle Eigenschaften Gottes nur im Kontext seines als Liebe qualifizierten Wesens angemessen zu verstehen sind (siehe Kap. VIII,2). So erweist sich Gottes Allmacht nicht als direktive und das menschliche Leben determinierende Übermacht, sondern als Allmacht der Liebe, die dazu in der Lage ist, den Menschen die freie Gemeinschaft der Liebe zu eröffnen. In der scheinbar ohnmächtigen Liebe, die „im Leben, Leiden und Sterben Jesu Christi offenbar wird […], wirkt eine Übermacht, die sich gerade darin erweist, dass sie den Widerspruch des Menschen zu überwinden vermag“81. Denn die vermeintliche Schwäche der Liebe ist ihre Allmacht, insofern als sie alles zu erleiden und zu ertragen vermag (I Kor 13,7) und somit alles überwinden kann. „Glauben an Gottes Allmacht ist Glauben an seine Heilsmacht.“82 Das heißt für die Glaubenszuversicht des Menschen: „Die Hoffnung auf den Gott, der die Liebe ist, richtet sich darauf, dass seine liebend beim Menschen aushaltende Treue und Langmut es vermögen, der Herrschaft der Liebe über die Mächte des Hasses und des Todes zum Sieg zu verhelfen.“83 Mit der Unveränderlichkeit Gottes ist das Apathieaxiom von der Leidensunfähigkeit Gottes verbunden. In beiden Eigenschaften soll das ewige vollkommene Aus-sich-selbst-Sein Gottes zum Ausdruck kommen, wobei jedoch die mitleidende Selbsthingabe Gottes in das Leiden und den Tod der Menschen durch die Begrifflichkeit zunächst verdeckt wird. Vor dem Horizont des göttlichen Wesens der Liebe wird offenbar, dass der dreieinige Gott in sich selbst die unveränderliche vollkommene Gemeinschaft der Liebe verkörpert. Aufgrund seiner selbstlosen Liebe kann sich Gott aber zugleich am anderen bzw. am Menschen ändern und „trotz seiner Unveränderlichkeit wahrhaft etwas werden“84 (Menschwerdung). Nach Karl Rahner ist dieses „Werden“ Gottes am Menschen eine freie liebende Tat, die aus Gottes souveränem „Beisichsein“ entspringt und dem „unvermischt“ entspricht, an dem das Dogma von Chalcedon (451) hinsichtlich der Gottheit und Menschheit Christi trotz des „ungetrennt“ festhielt85, was die Verlegung des heils80 Zur konkreten Gestalt der innertrinitarischen Liebesbeziehungen und ihres heilsgeschichtlichen Wirkens siehe Kap. VIII, und zum gottebenbildlichen Charakter menschlicher Liebe siehe Kap. IX,2. 81 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 172. 82 Ebd., S. 174. 83 J. Werbick: Gott, S. 412. 84 K. Rahner: Theologie/Menschwerdung, S. 147, Anm. 3. 85 Zum christologischen Dogma von Chalcedon siehe Kap. III,4.

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geschichtlichen Handelns Gottes in das ewige innere Wesen Gottes verhindert. So leidet Gott laut Jürgen Moltmann nicht aus Mangel, sondern er kann sich frei aus Liebe der Geschichte der Geschöpfe öffnen und für sie leiden.86 Gott lässt sich also in Mitleidenschaft ziehen. Entsprechend betonte Martin Luther, Gott könne zwar seiner Natur nach nicht sterben, aber die Vereinigung von Gott und Mensch in Jesus Christus ermögliche die Rede vom Tode Gottes – und damit auch vom Leiden Gottes für die Menschen.87 2.2.2 Zum Verständnis von Opfer, Sühne und Stellvertretung Die Frage, ob und warum es für das Heil der Menschen überhaupt zum Kreuzestod Jesu Christi kommen musste, führt besonders seit der Aufklärung gelegentlich zur Diskussion über das Opfer- und Sühneverständnis in der Kreuzestheologie, speziell bezüglich der auf Anselm von Canterbury zurückgeführten Satisfaktionstheorie. In einseitiger und oft unangemessener Bezugnahme auf diese Theorie, die Anselm in seinem Werk „Cur Deus homo“ („Warum Gott Mensch wurde“) darlegte, wird kritisiert, dass ein blutiges Opfer zur sühnenden Wiedergutmachung (Satisfaktion) gegenüber Gott bzw. zur Wiederherstellung seiner Ehre nicht mit der Liebe Gottes vereinbar sei. Anselms Aussage, die Sünde habe die Lebensordnung und Ehre Gottes grundlegend verletzt und bedürfe deshalb der stellvertretenden Sühne des Gottessohnes, wird zumeist nicht vor dem Hintergrund ihres Argumentationskontextes wahrgenommen. Denn Anselm versuchte die Menschwerdung Gottes gegenüber Judentum und Islam, für die Inkarnation und Kreuz nicht nachvollziehbar waren, durch bloße Vernunftgründe zu erklären, und zwar vor dem Hintergrund des damals relevanten germanischen Lehnsrechts. Danach bezieht sich Ehre in erster Linie auf die Funktion des Lehnsherrn für den Zusammenhalt des sozialen Gefüges. Wird diese Ehre nicht anerkannt, kommt das Gefüge ins Wanken und bedarf der Wiederherstellung, welche durch stellvertretende Genugtuung (z.B. Bußgeld) Rachefehden verhindern kann. Diese Grundlage hat Anselm noch dahingehend korrigiert, dass die Sünde gegen Gott nur die Schöpfungsordnung betrifft und nicht Gottes persönliche Ehre. Deshalb gehe es nicht um die Versöhnung des göttlichen Zorns, sondern um die Versöhnung der Welt, damit sich den Menschen durch die Wiederherstellung der Heilsordnung erneut das Leben in der Gemeinschaft mit Gott eröffne, durch das Gott die Ehre gegeben werde. Doch Anselms juridische Argumentation und Begrifflichkeit leistete dem wirkungsgeschichtlichen Missverständnis Vorschub, es gehe um das fordernde Verhältnis von Schuld und Ersatzleistung. Dadurch wurde die freie liebende und stellvertretende Hingabe Jesu Christi verdeckt und es entstand der scheinbare Widerspruch zum biblisch bezeugten Charakter der Liebe Gottes.88

86 Vgl. J. Moltmann: Geschichte, S. 171. 87 Vgl. WA 26;261ff. – Siehe zur Problematik des Apathieaxioms auch Kap. VIII,2. 88 Vgl. H. Kessler: Christologie, S. 358–361.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Unlängst stellte der evangelische Theologe Klaus-Peter Jörns sogar maßgebliche Teile des paulinischen Zeugnisses in Abrede, weil die Vorstellungen von Stellvertretung, Opfer und Sühne ein sadistisches Gottesbild verkörperten, das für heutige Menschen nicht mehr nachvollziehbar sei. Deshalb bündelt er seine Theologie in einem pauschalen und undifferenzierten Begriff der Liebe Gottes, der aber der Tiefe der menschlichen Wirklichkeit ebenso wenig gerecht wird wie der Tiefe der göttlichen Liebe.89 So wie zur zwischenmenschlichen Liebe Mitleiden, gegenseitiges Opfer bringen, stellvertretendes Einspringen, Wiedergutmachung und das Ernstnehmen der Verletzung von Liebe und Gemeinschaft gehören, so ist auch Gottes Liebe nicht mit einer inhaltslosen Barmherzigkeit gleichzusetzen, die unabhängig vom Handeln des geliebten Gegenübers gleichgültig agiert.90 Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit gehören nämlich ebenso zum Wesen seiner Liebe wie Gnade und Barmherzigkeit, da wirkliche Liebe die sündige Verletzung von Liebe und Gemeinschaft um des geliebten Gegenübers Willen ernst nimmt, insofern als diesem ein Leben in Liebe gewährt werden soll. „Gerade weil Gott die Menschen liebt und weil er will, dass sie sich auf seine Liebe einlassen, kann er die Sünde, die sich diesem von der Liebe bestimmten Leben verweigert, nicht wollen, muss er sie in aller Schärfe verurteilen. […] Gottes Liebe wäre sonst nicht Liebe, sondern […] Gleichgültigkeit. […] Gottes Zorn ist zugleich sein Schmerz“91 über die Menschen, die der lieblosen Beziehungslosigkeit und damit dem Tod verfallen sind. Denn der biblisch bezeugte Zusammenhang zwischen Sünde und Tod (z.B. Gen 3,3f. u. 19; Röm 5,12–21 u. 6,23) ergibt sich unmittelbar aus der selbstbehauptenden Abwendung des Menschen von der schöpferischen Liebe Gottes, wo­durch die Beziehung zum Geber des Lebens ebenso zerstört wird wie die Beziehung zu den Mitmenschen und Mitgeschöpfen. „Dieser Tod, den die Sünde aus sich heraussetzt, ist ihr Gericht. Er ist ihre eigene innere Konsequenz“ und „die Auswirkung des Nein, mit dem Gott dem […] gegen die Liebe gelebten Leben widersteht“92. Jesu Kreuzestod bedeutet nicht, dass Gottes Zorn durch den Empfang einer stellvertretenden Sühneleistung gestillt wird und so zur Gnade findet. Vielmehr vollzieht sich im Leben und Sterben Jesu die voraussetzungslose gnädige Zuwendung Gottes, in der er selbst die Konsequenzen der Sünde auf sich nimmt und für die Menschen überwindet: „Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber“ (II Kor 5,19). Gott geht an den unweigerlichen Konsequenzen menschlicher Abwendung nicht vorbei, sondern er trägt sie selbst für die Menschen, um ihnen die ewige Gemeinschaft der Liebe neu zu gewähren. Am Kreuz ereignet sich dabei einerseits das Nein Gottes zum selbstbehauptenden und selbstzerstörerischen Leben der Menschen. Dieses „Nein“ nimmt der Mensch Jesus stellvertretend und wegweisend für alle Menschen im Vertrauen auf Gott an, weil auch 89 Vgl. K.-P. Jörns: Leben. – Zur Kritik an solchen Ansätzen, die die Christologie und das Heilshandeln Gottes nicht angemessen erfassen, vgl. M. Haudel: Konsequenzen, und M. Josuttis: Opfer. 90 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 330–332; M. Josuttis: Opfer, S. 132–135. 91 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 239. 92 Ebd., S. 241.

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sein Leben der Überwindung der sündigen Selbstbehauptung gewidmet war. Jesu Weg der selbstlosen Liebe rief den Widerstand menschlicher Selbstbehauptung hervor und führte ihn so ans Kreuz, das deshalb andererseits für das Nein der Menschen zur Liebe Gottes steht. Diejenigen, die über Jesus Gericht halten, halten damit Gericht über ihre eigene Sünde. „So wird das Kreuz Jesu indirekt zur Verurteilung einer Menschheit, die den Zeugen der Gnade und Wahrheit Gottes in ihrer Mitte nicht ertragen konnte.“93 In alledem tritt das Kreuz schließlich als hingebungsvoll liebendes Ja Gottes zu den Menschen hervor, durch das Gott den Menschen bis in ihre äußerste Abweisung seiner Liebe treu bleibt. „Gott füllt den radikal gewordenen Graben der Gottentfremdetheit mit der Anwesenheit seiner ganzen Liebe und begründet durch diese gerade in der tiefsten Trennung vollzogene Selbstdarbietung […] die Versöhnung“94, der sich die Menschen glaubend öffnen dürfen: „Lasst euch versöhnen mit Gott“ (II Kor 5,20). Von daher verweist das Verständnis des Todes Jesu Christi als Opfer oder Sühnopfer darauf, dass sich Gott in Jesus Christus selbst für die Menschen geopfert hat und ihre lebensfeindliche Abwendung gesühnt hat, um ihnen das Leben neu zu eröffnen. Deshalb wird in Hebr 9 u. 10 herausgestellt, dass das Opfer Christi jede religiös-rituelle Form von Opfer überwunden hat. Indem Gott selbst in Jesus stellvertretend für die Menschen den Weg der Liebe, den die Menschen nicht gehen wollten, bis in die letzte Tiefe geht, „eröffnet [er] ihnen ein versöhntes Leben mit Gott, das der leibliche Tod nicht zu beenden vermag“95. Luther kann diesbezüglich vom „fröhlichen Wechsel“ und „wunderbaren Tausch“ sprechen96, weil Gott in Jesus für die Menschen gestorben ist und ihre Sünden selbst auf sich nimmt, um ihnen die Gerechtigkeit im Glauben und das Leben neu zu schenken. Denn nach Paulus gilt, dass in Christus alle (der Sünde) gestorben sind und deshalb auch alle (Glaubenden) mit ihm auferstehen, was die Taufe durch das Untertauchen in den Tod Christi und das Aufstehen aus dem Wasser symbolisiert (vgl. u.a. Röm 6,1– 11). So bleibt insgesamt festzuhalten, dass in Jesus Christus der „eine Mensch […] die Stelle Gottes bei allen Menschen und die Stelle aller Menschen bei Gott [vertritt]; er hält diese Stelle […] dauerhaft für uns offen und zieht uns in seine innere Haltung hinein. Die Stellvertretung Jesu enthält somit ein exklusives (Jesus allein zukommendes) und ein inklusives (die andern einbeziehendes und einladendes) Moment.“97 2.2.3 Zur Bedeutung und zum Verständnis der Auferstehung Die gezeigte Bedeutung des Kreuzestodes Jesu erschließt sich erst von der Auferstehung her. Denn mit dem Tod am Kreuz hielten Jesu Anhänger den Weg Jesu 93 94 95 96 97

Ebd., S. 240. H. Kessler: Christologie, S. 423. Ebd., S. 421. Vgl. WA 5;608,6; 7;54,31 u.ö. H. Kessler: Christologie, S. 421f. Siehe insgesamt zur Bedeutung des Kreuzestodes Jesu Christi ebd., S. 409–424; W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 226–244; M. Haudel: Kreuz.

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und seine Botschaft für gescheitert (vgl. Mk 15,29ff.; Lk 24,19ff.). Erst die Auferweckung des Gekreuzigten bestätigte dessen Wirken und Verkündigung als Heilshandeln Gottes, so dass die Auferstehung Jesu Christi den Ausgangspunkt und Grundpfeiler des christlichen Glaubens bildet (vgl. z.B. I Kor 15). Gott erwies mit der Auferstehung seine erlösende und lebenschenkende Zuwendung in Jesus Christus und zeigte, dass nicht der Weg menschlicher – auch religiöser – Selbstbehauptung zum Ziel führt, sondern die hingebungsvolle Liebe im Vertrauen auf Gott. Indem Gott nicht das Urteil der religiösen Richter Jesu bestätigte, sondern den Verurteilten, wurde offenbar: „Gott war in Christus“ (II Kor 5,19). Durch die Auferstehung und die Erhöhung Jesu Christi zur Rechten seines Vaters erschloss sich, dass sich der präexistente Gottessohn erniedrigte und Mensch wurde und die Sünde sowie das Leiden und den Tod der Menschen trug, um ihnen das Leben in der Gemeinschaft mit Gott erneut und für immer zu gewähren98 (siehe Phil 2,6–11). Damit sah man zugleich die messianischen und endzeitlichen Verheißungen des Alten Testaments erfüllt. Was die Auferweckung selbst und ihre den christlichen Glauben begründende Wirkung betrifft, zeigen die neutestamentlichen Hinweise auf die vielen – damals noch zu befragenden – Zeugen des Auferstandenen („er wurde gesehen“, „er ist erschienen“ etc. – I Kor 15,5ff.; Mk 16,9ff. u.ö.), „daß in bestimmten Menschen durch die (zeichenvermittelte) Begegnung mit dem lebendigen Christus nach seinem Kreuzestod Glaube geweckt wird“99. So sind einerseits die Wundmale des Auferstandenen Zeichen seiner Identität mit dem gekreuzigten bzw. irdischen Jesus (z.B. Joh 20,20.24–29), während andererseits der – die Erkennbarkeit Jesu erschwerende – Auferstehungsleib (z.B. Lk 24,13–31) Zeichen dafür ist, dass der Auferstandene den Zeugen aus einer neuen Lebensdimension Gottes begegnet. Denn mit der Auferstehung Jesu „meint das NT […] keine Wiederbelebung eines Toten (wie etwa des Lazarus), also keine Rückkehr unter irdische, empirisch prüfbare Daseinsbedingungen und ins erneut sterbliche Leben, sondern den Übergang in die uns noch verborgene endgültige Daseinsform bei Gott“100. Weil die Auferweckung Jesu somit als eingreifende Tat Gottes bezeugt und verstanden wird, „wird man nicht behaupten können, die Auferweckung Jesu sei nicht ‚Ereignis‘“101 und lediglich Vision in dem Sinne, dass die „Sache Jesu“ weitergeht (W. Marxsen). „Man kann nicht sagen: Jesus ist tot, aber seine Sache geht weiter. Es kann nur heißen: Jesus lebt, und darum geht seine Sache, Gottes Sache in ihm weiter. […] Ein Osterglaube, der nicht seine [Jesu] Auferweckung in das Leben der Zukunft glaubte, sondern nur eine Fortwirkung seines Erdenwirkens ohne ihn selbst, könnte auch für unser Leben keine den Tod übergreifende Hoff-

98 Zum Verhältnis von Tod und ewigem Leben siehe Kap. X,3.3. 99 W. Härle: Dogmatik, S. 320. 100 H. Kessler: Christologie, S. 284. 101 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 255.

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nung haben.“102 Dass sich mit dem Osterereignis etwas Außerordentliches ereignet haben muss, erschließt sich schon aus historischer Außenperspek­tive. Nachdem Jesu Jünger und Anhänger nach der Kreuzigung enttäuscht und verängstigt geflohen waren, hätte von dieser Hinrichtung eines kleinen Aufrührers – zumal am Rande des römischen Reiches – nie mehr jemand gesprochen, wenn sich nicht kurz danach etwas Außergewöhnliches ereignet hätte, das gegen jede Verfolgung zum unerschütterlichen Glauben an den gekreuzigten Jesus führte und diesen Glauben in erstaunlich kurzer Zeit gegen alle Widerstände zur Staatsreligion des römischen Weltreiches werden ließ.103 Das diese Entwicklungen auslösende Ereignis, welches die biblischen Schriften wie beschrieben als die Auferstehung Jesu Christi bezeugen, hält vor Augen, dass aller „spätere (Oster-)Glaube […] fundamental auf das Zeugnis der ursprünglichen Offenbarungsträger angewiesen und durch seine Weitergabe (Überlieferung) vermittelt“ ist. Denn die „Oster­erfahrung der apostolischen Urzeugen stellt die außergewöhnliche, für uns so nicht wiederholbare Durchbruchserfahrung des Anfangs dar: Durch sie haben die ersten Jünger den ihnen bekannten Jesus als den Auferstandenen wiedererkannt (identifiziert)“. Doch auch „für die späteren Gläubigen gibt es […] eine (wenngleich durch Osterzeugnis und Jesusüberlieferung vermittelte) Unmittelbarkeit der personalen Begegnung mit dem auferstandenen Jesus, eine Erfahrung und Evidenz seiner Gegenwart im Geist“104. Zur Rechten des Vaters wirkt Jesus Christus als Retter (Act 5,31), Fürsprecher (Röm 8,34), Mittler (I Tim 2,5f.) und Platzbereiter bei Gott (Joh 14,2f.). Als Haupt der Gemeinde vergegenwärtigt er sich in Wort und Sakrament und vollendet sein Heilswerk im Heiligen Geist. Das gilt für die Menschen (Erstling der Auferstehung – I Kor 15,20) ebenso wie für die ganze Schöpfung (Röm 8,19–22).105 2.2.4 Die Theodizee-Frage Die Frage, warum das heilsgeschichtliche Handeln des dreieinigen Gottes überhaupt notwendig wurde, also warum es überhaupt Sünde, Leiden und Tod in der Welt gibt, wenn Gott ein allmächtiger und liebender Gott ist, spiegelt sich in der TheodizeeFrage wider. Zwar wurde der Begriff „Theodizee“ (Rechtfertigung Gottes – griech. 102 Ebd., S. 251f. – Es gibt unterschiedliche hermeneutische Zugänge und Einordnungen des „OsterEreignisses“. Während etwa I.U. Dalferth die von Gott selbst verursachte Erfahrung des Lebendigseins Jesu in den Vordergrund stellt (vgl. ders.: Grab), betont W. Pannenberg die historischempirische Dimension des Ereignisses (vgl. ders.: Auferstehung). 103 Dieses Ereignis „muß zumindest als ein so starker, evidenter und divergierende Tendenzen zentrierender Neuanstoß gedacht werden, daß es die angesichts des Verbrecher- und Fluchtods Jesu überraschende Einmütigkeit und erstaunliche Dynamik des österlichen Neubeginns erklären kann“ (H. Kessler: Christologie, S. 289). 104 Ebd., S. 291. – Siehe zur detaillierten Erörterung der Bedeutung der Auferstehung ebd., S. 283ff., und W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 244ff., wo auch die Einordnung verschiedener theologischer Zugänge erfolgt. 105 Zur eschatologischen Vollendung von Mensch und Kosmos siehe Kap. X,3.2, und zum Verhältnis von Tod und ewigem Leben siehe Kap. X,3.3.

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Theos: Gott, dikaioun: rechtfertigen) erst von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646– 1716) in Anlehnung an Röm 3,4f. und Ps 51,6 gebildet106, aber die damit verbundene Frage bezieht sich auf eine religiöse und philosophische Problemstellung, die bereits in der Antike bei Epikur deutlich hervortrat: „Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es und will es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. […] Wenn er es aber will und kann, was allein sich für Gott ziemt, woher kommen dann die Übel, und warum nimmt er sie nicht weg?“107 Für das Auftreten des Theodizee-Problems bedarf es allerdings folgender vier Voraussetzungen: Erstens bedarf es der Einsicht, dass es Übel bzw. Leiden oder Ungerechtigkeit in der Welt gibt und diese nicht als notwendige Begleiterscheinungen der Durchsetzung selbstbehauptender Ansprüche oder als evolutionäre Normalität gewertet werden. Zweitens bedarf es der Annahme der Existenz Gottes, der drittens als allmächtig bzw. allwissend und viertens als gütig zu gelten hat. Denn angesichts der Konfrontation der Geschöpfe Gottes mit Übel, Bösem oder Ungerechtigkeit stellt sich durch dieses Gottesverständnis unausweichlich die Frage, warum es das Übel gibt und warum Gott es zulässt und nicht beseitigt. „Noch einmal spitzt sich die Frage zu, wo Gott als der Gott der Liebe bekannt und geglaubt werden soll“108, so dass gerade das christliche Gottes- und Schöpfungsverständnis nach Antworten verlangt. Dabei ermutigt das biblische Zeugnis zur Suche nach Antworten auf solche Anfechtungen und in diesem Zusammenhang kennt es auch die an Gott gerichtete Klage (siehe Hi 42,7 oder die Klagepsalmen). Für den Glauben an den allmächtigen und barmherzigen Gott ist es nämlich bedeutsam, plausible Einsichten hinsichtlich der Theodizee-Frage zu gewinnen: „Ein Gottesglaube ohne plausible Versuche in der Theodizee kann nur misslingen. Die Frage, warum an Gott glauben – trotz des unsäglichen Leides –, darf also nicht unbeantwortet bleiben.“109 So reicht das Spektrum der Auseinandersetzung mit der Theodizee-Frage von der Bestreitung der Existenz Gottes aufgrund des Übels in der Welt bis zu verschiedenen Versuchen, trotz dieses Übels die Güte Gottes zu rechtfertigen.110 Bis heute orientieren sich viele Versuche der Darlegung plausibler Antworten an der Argumentationsstruktur von Leibniz111, der eine Unterteilung in drei grundsätzliche Arten des Übels unternahm: das metaphysische, das physische und das moralische Übel. Das metaphysische Übel besteht nach Leibniz in der Unvollkommenheit der Welt, die sich notwendigerweise aus dem Unterschied zwischen deren Geschöpflichkeit und der Vollkommenheit Gottes ergibt. Wollte Gott eine eigenständige Schöpfung hervorbringen und nicht eine Wiederholung seiner selbst, existiert für Leibniz in der unvollkommenen Schöpfung die bestmögliche Welt, wovon allein 106 Siehe G.W. Leibniz: Theodizee. 107 Epikur: Überwindung, S. 80. 108 W. Breuning: Gotteslehre, S. 329. 109 H. Rommel: Mensch, S. 15. 110 Zur Darlegung verschiedener Konzeptionen, die entweder bei der Anthropologie, beim Verständnis von Leid oder beim Gottesverständnis ansetzen, siehe ebd., S. 56–194. 111 Siehe z.B. W. Härle: Dogmatik, S. 454ff.

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deshalb auszugehen sei, weil sie der allmächtige und allgütige Gott geschaffen hat. Unter dem physischen Übel versteht Leibniz das durch „höhere Gewalt“ verursachte Leiden an Behinderung oder Naturkatastrophen sowie das durch menschliche Aktivitäten hervorgerufene Leiden an Ereignissen wie Unfällen oder Kriegsfolgen. Dieses Übel könne dazu dienen, als warnendes Beispiel zur Besserung beizutragen oder noch größere Übel zu verhindern und so insgesamt die Erlangung eines guten Gesamtziels zu fördern. Das moralische Übel umfasst nach Leibniz das sündige Verhalten der Menschen mit seinen direkten Folgen, welches Gott um des Charakters der „eigenständigen“ Schöpfung willen zulasse.112 In Anlehnung an die Argumentation, die sich auf das metaphysische Übel bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass es eine eigene Würde von Welt und Mensch nur geben kann, wenn es sich nicht um die Vervielfältigung der göttlichen Vollkommenheit handelt, sondern um die Erschaffung eines neuen und eigenen Lebens, das sich vom Wesen Gottes unterscheidet. Nur so vermag dieses Leben auch außergöttliches Ziel der Liebe Gottes zu werden – und damit Teil einer freien Gemeinschaft der Liebe. Entsprechend bietet die analoge Gottebenbildlichkeit des Menschen sowohl durch den Unterschied zwischen Gott und Mensch als auch durch die spezifische Teilhabe des Menschen an der Wesensstruktur Gottes die Voraussetzung für eine solche Gemeinschaft, die im Zusammenspiel von innerund zwischenpersonaler Dimension die Gemeinschaft der Menschen mit Gott sowie der Menschen untereinander ermöglicht. Während der dreieinige Gott die Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension verkörpert, hat der Mensch als innerpersonales Individuum in der zwischenpersonalen Gemeinschaft mit Gott oder den Mitmenschen Anteil an diesen Dimensionen.113 Dieses hohe Gut einer Gemeinschaft der Liebe rechtfertigt den Unterschied zur Vollkommenheit Gottes und ist zugleich nur unter der Voraussetzung menschlicher Freiheit zu erreichen, was den direkten Zusammenhang mit dem moralischen Übel erkennen lässt. Denn die Gewährung der Freiheit des Einstimmens in die Gemeinschaft der Liebe, die zur Liebe und zur dafür notwendigen Personalität gehört, beinhaltet die Möglichkeit der Ablehnung. Die selbstbehauptende bzw. sündige Zerstörung der geschenkten Gemeinschaft durch den Menschen, für die es eigentlich keinen Anlass gibt (Gen 1,31: „siehe, es war sehr gut“), entspricht nicht dem Willen Gottes, sondern erweist sich als selbstzerstörerisches Verhalten. In diesem Kontext erfolgt die Annäherung an Plausibilitäten des physischen Übels, welches in der von menschlicher Selbstbehauptung geprägten Welt existiert. Das entspricht nicht dem ursprünglichen Schöpfungsziel, wurde aber aufgrund der gewährten Freiheit möglich und soll von Gott zur ursprünglichen Bestimmung erlöst werden. Auf diesem Heilsweg kann das physische Übel – einschließlich des Leidens an Naturgewalten – im Rahmen des unerforschlichen Handelns Gottes zur Erlan112 Vgl. G.W. Leibniz: Theodizee. Zur detaillierten Analyse des Ansatzes von Leibniz siehe F. Hermanni: Böse, S. 163ff. 113 Siehe zur detaillierten Erörterung dieser Zusammenhänge Kap. IX,2.

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gung des guten göttlichen Ziels dienen, etwa im Sinne der Verhinderung noch größerer Übel und der „pädagogischen“ Ermöglichung des Innehaltens der Menschen bei ihrer Selbstzerstörung. So erweist sich Leiden nicht selten als impulsgebend für existentielle Reifung und Entwicklung. Oft kommen Menschen nach zunächst unverständlichen Leiderfahrungen lange Zeit später zu der Einsicht, wofür sie gut gewesen sind. Das gilt aber nicht für alles Übel und Leid, weil viele konkrete Leiderfahrungen unver­­ständlich bleiben, weshalb sich nicht immer erschließt, dass den Geschöpfen „alle Dinge zum Besten dienen“ (Röm 8,28). Hier kommt zum Tragen, dass die Menschen weder ihr eigenes Leben überschauen können noch das ihrer Mitmenschen, geschweige denn das der gesamten Menschheit. Entsprechend hielt es Luther für unmöglich, die Gerechtigkeit des gesamten göttlichen Heilswirkens mit der menschlichen Vernunft zu ergreifen. Die Antwort liegt nach Luther im Evangelium von der erlösenden Gnade Gottes und in der im Eschaton bzw. im ewigen Leben gegebenen vollständigen Einsicht in Gottes Gerechtigkeit und Güte.114 Auch Immanuel Kant hielt eine letztgültige Erklärung des Übels durch die theoretische Vernunft für unmöglich, sah die Antwort aber im Vollzug des moralischen Gesetzes. Dadurch werde in der Schöpfung die Gerechtigkeit Gottes umgesetzt, die sich dann in der Ewigkeit endgültig erweise.115 Bei Kant besteht die Gefahr, dass sich der Mensch selbst als Vollstrecker der göttlichen Gerechtigkeit ansieht und so von der „Theodizee“-Problematik in eine „Anthropodizee“-Problematik gelangt. Denn der Mensch selbst muss dann die Übel in der Welt rechtfertigen, womit er überfordert ist, was auch für die atheistischen Konzeptionen zutrifft, die Gottes Existenz aufgrund des Übels in der Welt leugnen. Letzteres kann im Nihilismus enden, der weder einen Erklärungsbedarf für das Übel noch ein darüber hinausgehendes Ziel kennt, insofern als das Übel als Normalität einer von Zufall und Evolution geprägten Welt verstanden wird.116 Der christliche Glaube an einen gütigen und allmächtigen Schöpfer protestiert hingegen im Namen dieses Glaubens gegen das Übel in der Welt, das dadurch als solches wahrgenommen wird und als zu überwindende Realität gilt. In Kreuz und Auferstehung erschließen sich die Bedeutung und die Überwindung des Übels. Zunächst offenbart sich am Kreuz endgültig die hingebungsvolle Liebe Gottes und sie lässt erkennen, dass zur Liebe auch Leiden gehören kann, indem Gott für seine geliebten Geschöpfe leidet, um ihr grundsätzlich selbst verursachtes Leid zu überwinden. Weil Gott den Menschen die freie Zustimmung zu seiner Liebe eröffnen möchte, gehören Freiheit, Liebe und Leid zur Zeit der heilsgeschichtlichen Geduld, die Gott den Menschen gewährt. Dabei offenbart die Auferweckung des Gekreuzigten den Sieg über Leiden und Tod und damit die Hoffnung auf eine von diesen Einschränkungen befreite eschatologische Zukunft der Schöpfung, welche dann ihr eigentliches Bestimmungsziel erreicht. 114 Vgl. Luthers Schrift „De servo arbitrio“, besonders WA 18;784 u. 785. 115 Siehe Kap. VI,1. 116 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 464f.

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So lässt sich insgesamt die grundsätzliche Plausibilität der verschiedenen Übel im Kontext der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen aufzeigen, während etliche konkrete Erfahrungen von nicht verständlichem Übel auf das Eschaton verweisen, in dem der Mensch im Vertrauen auf die allmächtige Güte und Treue Gottes auch hinsichtlich solcher Erfahrungen eine plausible und sinngebende Antwort erwarten darf. Wenn auch manche Leiderfahrungen noch auf dieser Welt im Nachhinein als sinnvoll erfahrbar werden, so gibt es doch aufgrund der begrenzten menschlichen Einsicht in die Gesamtzusammenhänge des eigenen Lebens und der gesamten Schöpfung Leiderfahrungen, deren Sinn sich erst im Eschaton erschließen wird. 2.3 Sünde und Freiheit, Rechtfertigung des Sünders, Glaube und  Prädestination Nachdem sich die Heilsrelevanz des im Kreuz kulminierenden heilsgeschichtlichen Handelns des dreieinigen Gottes bereits mehrfach erschlossen hat, besonders im versöhnenden und erlösenden Christusgeschehen, soll sie noch einmal im Blick auf das Verhältnis von Sünde und Freiheit dargelegt werden, wodurch sich zugleich die Frage nach dem Verhältnis von Glaube und Prädestination aufdrängt. Die alt- und neutestamentlichen Begriffe zur Bezeichnung von Sünde beinhalten in erster Linie das Verfehlen eines Zieles, eines Weges, einer Bestimmung oder eines Gemeinschaftsverhältnisses.117 Es geht darum, dass der Mensch seine gute Lebensbestimmung, die Gemeinschaft der Liebe mit Gott, verfehlt, indem er in Selbstbehauptung und in Angst um sich selbst sein eigener Gott sein will (Gen 3,5), obwohl er aufgrund der Schöpfungsbedingungen keinerlei Grund dazu hatte: „siehe, es war sehr gut“ (Gen 1,31). Eigentlich brauchte der Mensch sein Leben und die Liebe Gottes nur dankbar anzunehmen. Doch das geweckte Misstrauen gegenüber Gott, das in den Worten der Schlange zum Ausdruck kommt „sollte Gott gesagt haben“ (Gen 3,1), lässt die gewährten Lebensgaben (Gen 2,16: von allen Bäumen essen) in den Hintergrund treten und die lebensdienliche Warnung (Gen 2,17: nur nicht vom Baum der Erkenntnis) als Neid Gottes erscheinen, was sich mit der Versuchung des Hochmuts verbindet, selbst sein zu können wie Gott. Aus der entsprechend vollzogenen Verkehrung des Verhältnisses zu Gott resultiert unmittelbar die Verkehrung des Selbst- und Weltverhältnisses. Will der Mensch nämlich sein eigener Gott sein, muss er alles aus sich selbst begründen, woraus eine selbstbehauptende und egoistische Sorge bzw. Angst um sich selbst erwächst. Die Zerstörung der Gemeinschaft mit Gott betrifft somit automatisch auch die Gemeinschaft mit den Menschen und mit der Schöpfung, was in Gen 3–4 durch die destruktiven Folgen menschlicher Selbstbehauptung anschaulich wird (siehe Kap. III,1.1). Denn in seiner selbstbehauptenden bzw. selbstvergöttlichenden Grundhaltung bleibt der Mensch mit den Worten Luthers in seiner Selbstver117 Vgl. ebd., S. 469–473.

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krümmung gefangen (lat. incurvatus in seipsum/in sich selbst verkrümmt), was auf die Konsequenzen der menschlichen Abwendung vom Schöpfer verweist. In der Lehre von der Erbsünde kommt die Grundsätzlichkeit dieser Konsequenzen zum Ausdruck. Die Erbsündenlehre bzw. die Lehre von der Ursprungssünde (lat. peccatum originale) gehört unter Berufung auf biblische Befunde wie Gen 3 oder Röm 5,12 (durch Adam ist die Sünde in die Welt gekommen) zum Bestand evangelischer und katholischer Tradition: Confessio Augustana Artikel 2, Konzil von Trient 17.6.1546 „Dekret über die Ursünde“. Mit der besonders von Augustin und den Reformatoren ausgearbeiteten Erbsündenlehre waren auch missverständliche Engführungen verbunden, wenn sie etwa rein genetisch verstanden wurde oder in kritischer Betrachtung durch die liberale Theologie rein soziologisch (Albrecht Ritschl). Dem erstgenannten Missverständnis gegenüber hatte schon Augustin betont, dass in Adam bereits alle Menschen mit ihrer Grundhaltung bzw. Grundversuchung gegenwärtig waren (De civitate Dei, 13,14). Heute wird mit der Erbsündenlehre erneut auf die oben beschriebenen grundsätzlichen Zusammenhänge verwiesen, die aus der selbstbehauptenden Abwendung des Menschen von Gott resultieren. In der von Gott entfremdeten Welt ist der Mensch immer mit der selbstbehauptenden Grundhaltung und der Angst um sich selbst konfrontiert, so dass seine Personalität davon geprägt ist. Deshalb wird der mit der Ursprungssünde (peccatum originale) verbundene Zusammenhang zuweilen auch als „peccatum personale“ bezeichnet, insofern als die innerste Personalität des Menschen (Gefühl, Vernunft, Wille) unter diesem Vorzeichen steht. Die Tatsünden bzw. die jeweils aktuellen Sündentaten (lat. peccata actualia) ergeben sich unwillkürlich aus der gezeigten menschlichen Grundhaltung: „Was im Innern des Menschen herrscht, aktualisiert sich immer wieder in einzelnen Taten“118. Menschliches Handeln steht nämlich in der auf sich selbst bezogenen Grundhaltung (Selbstverkrümmung) stets unter dem Vorzeichen der Selbstbehauptung, ob bewusst oder unbewusst. Alles, was der Mensch tut, muss er letztlich für seine Selbstbegründung tun, auch wenn es sich um die scheinbar selbstlosesten moralischen Ziele handelt: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ (Röm 7,19) In diesem Sinne konnte Luther vom „unfreien bzw. geknechteten Willen“ sprechen (lat. servum arbitrium).119 Denn mit der selbstvergöttlichenden Abwendung von Gott verliert der Mensch die ihm geschenkte Lebensfreiheit, ohne Angst um sich selbst aus der Liebe Gottes leben zu können. Der Mensch unterwirft sich der selbstbehauptenden Angst und den damit verbundenen Abhängigkeiten von geschöpflichen Bezugsgrößen. Er vermag keine autonom bestimmte letzte Freiheit zu finden, da Freiheit für den Menschen als Geschöpf nur geschenkte Freiheit sein kann. Sie ist in der Bestimmung des Menschen zur Gemeinschaft der Liebe mit 118 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 25. 119 Siehe Luthers Schrift „De servo arbitrio“ (Vom unfreien Willen).

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Gott, mit den Mitmenschen und mit der Schöpfung verortet, da der Mensch ohne Angst vor Gott, vor der Mitwelt und um sich selbst in solcher Freiheit leben darf. Die Möglichkeit des Menschen, dieser Bestimmung trotz bester Voraussetzungen (Gen 1,31) nicht zu entsprechen, ist durch die Personalität des Menschen gegeben, in der er als Gegenüber Gottes in Freiheit die Liebe Gottes annehmen darf. Eine Gemeinschaft der Liebe kann es ohne Freiheit nicht geben. Daher existiert die menschliche Fähigkeit zur Sünde. Durch den Vollzug der Sünde bzw. der Abwendung von Gott gerät der Mensch in die beschriebene Selbstverkrümmung mit ihren Konsequenzen für alle Gemeinschaftsbeziehungen und Lebensbereiche, woraus sich der Mensch aufgrund der ihn nun bestimmenden und umgebenden Grundausrichtung nicht mehr selbst zu befreien vermag. Das kann nur durch die befreiende Liebe Gottes geschehen, „die einen neuen Lebens- und Vertrauensgrund gibt“120. Außerdem ist mit der Abwendung vom Geber und Ursprung des Lebens (Sünde) nach dem biblischen Zeugnis der Tod des Menschen verbunden (Gen 2–3; Röm 5,12–21), so dass Paulus den Tod als „der Sünde Sold“ bezeichnet (Röm 6,23). In Gen 3 erscheint der Tod weniger als Strafe im eigentlichen Sinne, sondern mehr als Begrenzung des selbstzerstörerischen sündigen Lebens mit seinen Mühsalen. Dadurch wird im Kontext der die Menschen bewahrenden Handlungen Gottes (z.B. Gen 3,21) die Hoffnung aufrechterhalten, dass es vielleicht doch noch zu einem der geschöpflichen Bestimmung gemäßen Leben kommen könnte. Wilfried Härle und Wilfried Joest gehen davon aus, dass aufgrund der Geschöpflichkeit und Endlichkeit des Menschen der natürliche Tod als Begrenzung irdischen Lebens gilt. Weil aber Gott den Menschen zur ewigen Gemeinschaft der Liebe mit sich bestimmt habe, beinhalte die Grenze des Todes den Übergang in die Anteilhabe an der Wirklichkeit Gottes, welche die irdischen Bedingungen übersteigt. Erst durch die Sünde in ihrer Selbstverkrümmung werde der Tod zur endgültigen Beziehungslosigkeit, zum zweiten, vernichtenden Tod, von dem in Apk 2,11 die Rede ist.121 Laut Wolf­hart Pannenberg impliziert die Endlichkeit des Menschen aber nicht unbedingt die Endlichkeit menschlichen Lebens, da der Mensch auch bei der Teilnahme am ewigen Leben Gottes ein endliches Wesen bleibe, was in diesem Fall aber offensichtlich nicht die Sterblichkeit einschließe: „Die eschatologische Hoffnung der Christen kennt eine Endlichkeit geschöpflichen Daseins ohne Tod.“122 Auch der Zusammenhang von Sünde und Tod lässt erkennen, dass sich der Mensch aus der sündigen Selbstverkrümmung mit ihren weitreichenden Folgen nicht selbst zu befreien vermag. Der durch die Bedingungen der Selbstverkrümmung geknechtete und unfreie Wille bedeutet aber nicht, dass der Mensch in den Grenzen seiner irdischen und personalen Möglichkeiten keine Wahl- und Handlungsfreiheit mehr hätte, die ihm als personales Wesen von Natur aus zukommt: 120 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 68. 121 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 500f.; W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 72f. 122 W. Pannenberg: Systematische Theologie 2, S. 311. – Zur weiteren Erörterung dieser Zusammenhänge siehe Kap. X,3.3.

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„Der Mensch bleibt auch als der Sünder der von Gott her Frei-Gesetzte, der sich wählend auf die ihn umgebende Welt, unterscheidend und sich entscheidend auf sich selbst bezieht und der seinem Schöpfer verantwortlich ist, auch wenn er in dieser Verantwortung versagt. Die Sünde hebt die mit diesen Grundrelationen markierten Frei-Räume nicht auf. Aber sie wirkt in diesen.“123 Zwar haben die Reformatoren mit dem Hinweis, auch die Vernunft sei von der Sünde korrumpiert, zu Recht der mittelalterlichen Unterscheidung zwischen der VernunftBeschaffenheit des Menschen (imago: Ebenbild Gottes) und seiner liebenden Gottesbeziehung (similitudo: Gottähnlichkeit) widersprochen, da diese Unterscheidung mit der Sünde nur den Verlust der „similitudo“ verband (siehe Kap. IX,2). Aber auch wenn die sündige Selbstverkrümmung den ganzen Menschen mit seiner Vernunft betrifft, so bleibt doch zwischen dem natürlichen Wesen bzw. der Natur des Menschen und der Sünde zu unterscheiden, wenn eine Befreiung des Menschen von der Sünde möglich sein soll und der sündlose Christus die Natur des Menschen angenommen haben soll.124 Deshalb ist der sündige Mensch nicht als verwandelte Natur zu verstehen (substanzontologisch), sondern als in seiner innersten Personalität durch die Sünde bestimmt (relationsontologisch).125 Denn das Böse kommt aus dem Herzen des Menschen (siehe z.B. Mk 7,21ff.) In diesem Innersten des Menschen ist der Wille verankert, weshalb er unmittelbar von der Selbstverkrümmung des Menschen beeinflusst wird. Die Willenskraft steht unter dem Vorzeichen sündiger Selbstbehauptung, weil diese in die tiefsten Beweggründe und Affekte des menschlichen Herzens eingedrungen ist, was die „Macht“ der Sünde (vgl. Röm 5,12–21) erklärt. Von daher haben die Reformatoren mit Hinweis auf den so verstandenen „unfreien Willen“ den mittelalterlichen theologischen Ansatz abgelehnt, der sündige Mensch habe eine gewisse Fähigkeit des Willens behalten, durch anfängliche Eigenleistungen an den Voraussetzungen göttlicher Gnadenmitteilung mitzuwirken. Entsprechend betont Luther, dass allein Christus (lat. solus Christus) durch sein Heilswerk das Heil der Menschen bewirkt, weil sein stellvertretendes Heilshandeln den Glauben an das liebende Angenommensein durch Gott neu eröffnet hat (siehe Kap. X,2.1 u. 2). So wird der Mensch aus seiner Selbstverkrümmung und der selbstbehauptenden Angst um sich selbst befreit, zur „Freiheit eines Christenmenschen“ (Luther), welche automatisch gute Werke der angstfreien – und damit selbstlosen – Nächstenliebe ermöglicht und nach sich zieht.126 Weder durch seinen „unfreien Willen“ noch durch verdienstliche Werke kann der Mensch Gottes Gnade hervorrufen, vielmehr bleibt der Versuch, durch gute Werke Gerechtigkeit vor Gott zu erlangen, in der selbstbehauptenden Vereinnahmung Gottes gefangen. Des123 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 59. 124 Vgl. zur Unterscheidung zwischen menschlicher Natur und Sünde den ersten Artikel der Konkordienformel „Von der Erbsünde“ (BSLK 770–776 u. 843–866). 125 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 490f. 126 „Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. […] Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“ (Joh 8,34b.36)

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halb wird der Mensch zum einen allein durch die Gnade (lat. sola gratia) und allein durch den Glauben (lat. sola fide) ohne Werke des Gesetzes gerecht (Röm 3,28), also durch Gottes verlässliche Gerechterklärung (forensische Rechtfertigung), die nach Luther Heilsgewissheit gewährt. Weil aus dem Glauben unwillkürlich die guten Werke als Früchte der Befreiung resultieren, erfolgt zum anderen zugleich die Gerechtmachung (effektive Rechtfertigung), insofern als der Glaube im Leben effektiv wird.127 In der noch nicht erlösten Welt bleiben die Glaubenden für Luther dabei zugleich Gerechte und Sünder (lat. simul iustus et peccator), da sie einerseits durch das Verdienst Christi gerechtfertigt sind und andererseits in den Anfechtungen der Welt noch nicht aus sich selbst vollkommen gerecht sein können. Anhand der Rechtfertigungslehre tritt also hervor, dass Gottes Gnade nicht durch menschliches Bemühen verdient werden kann, sondern nur im Glauben zu ergreifen ist.128 Obwohl der Glaube dadurch erneut als empfangende Haltung transparent wird, kommt die der menschlichen Personalität und der Gemeinschaft der Liebe entsprechende aktive Partizipation des Menschen auch zum Tragen. Durch das mit Freiheit verbundene Wirken des Heiligen Geistes (II Kor 3,17) eröffnet Gottes Heilszusage die Glaubensantwort als Vollzug der geschenkten Liebe. Deshalb steht der Gottes Heilshandeln gegenüber passive Glaube mit der aktiven Glaubensantwort in Verbindung, die „wirklich Antwort ist, in der der Mensch selbst in Freiheit und eigenem Willen auf den Ruf Gottes eingeht“129. Eine synergistische Mitwirkung am Heil, wie sie durch eine gnadenrelevante Mitwirkung des menschlichen Willens oder durch Werkgerechtigkeit gegeben wäre, wird damit ebenso ausgeschlossen wie ein deterministisches Verständnis der doppelten Prädestination. Es handelt sich bei dieser Ausformung der Prädestinationslehre (Lehre von der göttlichen Vorherbestimmung) um eine auf Calvin zurückgehende Form, die Teile des reformierten Protestantismus prägte. Calvin ging von einem ewigen Dekret Gottes aus, durch das schon vor der Schöpfung – und dem Sündenfall – festgelegt war, wer zum ewigen Leben und wer zur ewigen Verdammnis vorherbestimmt ist (doppelte Prädestination). Angesichts der biblischen Zusage, dass Christus für alle Menschen gestorben ist (Röm 5,18), und in Anlehnung an I Tim 2,4 (Gott „will, dass allen Menschen geholfen werde“) verwarfen die lutherischen Bekenntnis127 Vgl. insgesamt M. Haudel: Buß-, Beicht- und Versöhnungsverständnis, S. 301ff.; ders.: Umkehr, S. 83ff., und ders.: Verhältnis, S. 235. 128 Vgl. entsprechende Aussagen in den lutherischen Bekenntnissen, z.B. ApolCA 4,80. – Am 31. Oktober 1999 wurde vom Lutherischen Weltbund und der römisch-katholischen Kirche in einem historischen ökumenischen Akt die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ (GER) unterzeichnet. Hinsichtlich des zentralen reformatorischen Anliegens, dass der Mensch allein aus Glauben gerecht werde, konnte ein Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre erzielt werden, indem man bekannte, „daß der Mensch im Glauben an das Evangelium ‚unabhängig von Werken des Gesetzes‘ (Röm 3,28) gerechtfertigt wird“ (GER 31). Siehe: Erklärung. 129 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 304. „Gott erwählt ja in Christus zum Leben in der Gemeinschaft mit ihm selbst, darum kann sein Wille für den Menschen sich nicht über den Kopf des Menschen hinweg vollstrecken.“ (Ebd., S. 303)

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schriften die Lehre von der doppelten Prädestination. Das geschieht explizit im 11. Artikel der Konkordienformel130, wo zwischen göttlichem Vorherwissen (lat. praescientia) und göttlicher Vorherbestimmung (lat. praedestinatio) unterschieden wird. Gottes Vorherwissen betrifft das Gute wie das Böse, also auch die Verweigerung der Gnade durch bestimmte Menschen. Seine Vorherbestimmung bezieht sich jedoch nur auf die Erwählung zum Heil, während die Verwerfung der Ungläubigen als unwillkürliche Folge der selbstverschuldeten Ablehnung des Gnadenangebots erscheint. Die Möglichkeit einer solchen Ablehnung besteht aufgrund der menschlichen Personalität und der zur Gemeinschaft der Liebe gehörenden Freiheit, weshalb sie in der allgemeinen Vorsehungslehre unter dem Aspekt der „Zulassung“ (lat. permissio) einzuordnen ist (siehe Kap. X,1.1). Nachdem sich in der reformierten Tradition bereits seit dem 17. Jahrhundert die Auffassung durchgesetzt hatte, das ewige Dekret betreffe nicht auch schon den Sündenfall, sondern sei eine Reaktion auf den von Gott vorhergesehenen (aber nicht bewirkten) Sündenfall, konnte die Leuenberger Konkordie (LK) 1973 als Erklärung voller Kirchengemeinschaft der lutherischen, reformierten und unierten Kirchen die doppelte Prädestination verwerfen: „Im Evangelium wird die bedingungslose Annahme des sündigen Menschen durch Gott verheißen. Wer darauf vertraut, darf des Heils gewiß sein und Gottes Erwählung preisen.“ (LK 24) „Das Christuszeugnis der Schrift verwehrt uns, einen ewigen Ratschluß Gottes zur definitiven Verwerfung gewisser Personen oder eines Volkes anzunehmen.“ (LK 25) Weil die Rechtfertigung des Sünders durch Gott die heilsgewisse Befreiung aus der selbstbehauptenden Grundhaltung mit ihrer Angst um sich selbst ermöglicht und damit die Freiheit zur selbstlosen Nächstenliebe gewährt, gehören Rechtfertigung und Heiligung untrennbar zusammen. Denn aus der „Freiheit eines Christenmenschen“ (Luther) folgen unmittelbar die Früchte der guten Werke. Deshalb besteht in diesem Kontext auch die Aufgabe der Beschäftigung mit christlicher Ethik und Weltverantwortung. 2.4 Ethik und Weltverantwortung (Gesetz und Evangelium,  trinitarischer Kontext) In dem Verhältnis von Rechtfertigung und Heiligung bzw. von Glauben und Handeln ist die christliche Ethik – und damit die Weltverantwortung der Christen – verankert. Als Grundlage für die angemessene Zuordnung dieses Verhältnisses galt Luther die richtige Verhältnisbestimmung von Gesetz und Evangelium, die auch für die anderen Reformatoren zentrales Gewicht behielt und bis heute für den Protestantismus von maßgeblicher Bedeutung ist.131 Denn es geht um den 130 Siehe FC Epit. 11,2–5.19. 131 Die bleibende Bedeutung dieser Verhältnisbestimmung belegt das gemeinsame Dokument „Gesetz und Evangelium“ der „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ (Leuenberger Kirchengemeinschaft), in dem die lutherischen, reformierten, unierten und methodistischen Kirchen versuchen, eine übereinstimmende Verhältnisbestimmung von Glauben und Ethik zu

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spannungsvollen Zusammenhang von Sündenerkenntnis und Heilsgewissheit, von Zuspruch und Anspruch Gottes. Bereits im Alten Testament gehören Bundesschlüsse und Gesetz zusammen wie Zusage und Verpflichtung. In seinen grundsätzlichen Geboten enthält das Gesetz den einen Liebeswillen Gottes, der Gottes Schöpfung durchwaltet. Von daher kann Paulus einerseits feststellen, dass das Gesetz den Menschen ins Herz geschrieben ist (Röm 2,15) und als „heilig, recht und gut“ (Röm 7,12) zu gelten hat. Entsprechend ist Christus nach Mt 5,17f. nicht gekommen, die Tora aufzulösen, sondern sie zu erfüllen. Diese Erfüllung des Gesetzes durch Christus qualifiziert Paulus jedoch andererseits als Befreiung der Glaubenden vom – sogar als todbringend bezeichneten – Gesetz (Röm 7,10; 8,2). Hierin liegt aber nur scheinbar ein Widerspruch, weil Paulus die an Kreuz und Auferstehung Christi gewonnene Erkenntnis aufzeigt, dass die sündige Selbstbehauptung des Menschen den Willen Gottes im Gesetz korrumpiert: Wo der Mensch das Gesetz als Voraussetzung des Heils missversteht, um sich selbst mit Hilfe des Gesetzes vor Gott gerecht zu sprechen, hält ihm das Gesetz verurteilend die Ausweglosigkeit dieses Unterfangens vor Augen. Deshalb ist Gott in Jesus Christus für die Menschen den Weg gegangen, der sich dem Urteil des Gesetzes nicht in Selbstrechtfertigung unterstellt, sondern in empfangender Öffnung für den Liebeswillen Gottes. So wurde der göttliche Liebeswille im Gesetz erfüllt und die Glaubenden wurden vom Gesetz als Heilsweg und in dieser Hinsicht vom Gesetz der Sünde und des Todes befreit – zum Gesetz des Geistes des Lebens (Röm 8,2). Durch die Befreiung aus der selbstbehauptenden Sorge um sich selbst können die Glaubenden nämlich in der Nachfolge Christi den im Gesetz gegebenen Liebeswillen Gottes erfüllen. Vor diesem Hintergrund stellte Luther dem befreienden Gnadenzuspruch des Evangeliums einen zweifachen Gebrauch des Gesetzes zur Seite: Erstens ordnete er dem Schöpfungs- und Bewahrungshandeln Gottes das natürliche Gesetz im Herzen zu, das dem zivilen oder politischen Gebrauch des Gesetzes (lat. usus civilis seu politicus legis) zur Erhaltung der äußeren Ordnung entspricht, wobei das Gesetz der Eindämmung der Konsequenzen menschlicher Selbstbehauptung dient132. Zweitens betonte Luther als eigentlichen und vorrangigen Gebrauch den theologischen oder spirituellen Gebrauch des Gesetzes (lat. usus theologicus seu spiritualis legis)133, der den Menschen anhand seiner Unfähigkeit, das Gesetz in Selbstbehauptung zu erfüllen, der Sünde überführt (deshalb lat. auch usus elenchticus) und für das Christusheil öffnet. Da die in Christus Gerechtfertigten erst auf erlangen. Siehe M. Bünker/M. Friedrich (Hg.): Gesetz. – Welche grundlegende Relevanz die Zuordnung von Gesetz und Evangelium für die Reformation hatte, wird daran ersichtlich, dass sie als Kriterium rechter Schriftauslegung und Theologie diente, und zwar, nachdem die Reformatoren diese Zuordnung in der Schrift selbst entdeckt hatten. Luthers Tischreden bezeugen, dass ihm diese Zuordnung zu seiner reformatorischen Entdeckung verhalf: „do ich das discrimen [also die Unterscheidung von Gesetz und Evan­gelium] fande [...] da riß ich her durch“ (WA TR V, Nr. 5518). 132 Vgl. WA 40 I;479,17; 480,25. 133 Vgl. WA 40 I;480,32; 528,6ff.

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die eschatologische Vollendung zugehen und unter den weltlichen Anfechtungen noch als Gerechtfertigte und Sünder zugleich leben (lat. simul iustus et peccator), bedürfen auch die Christen weiterhin des überführenden Gebrauchs des Gesetzes. In diesem Zusammenhang konnte das Gesetz für Luther im Licht des Evangeliums und der neutestamentlichen Paränese zusätzlich die Gestalt freundlicher Ermahnung annehmen, was für Melanchthon und die Konkordienformel explizit zum dritten Gebrauch des Gesetzes wurde (didaktische Funktion für die Glaubenden).134 Die dynamische Zuordnung von Gesetz und Evangelium hat Luther im heilsgeschichtlichen Handeln des dreieinigen Gottes verankert. Dadurch konnte er das im Evangelium begründete befreite Glaubensleben im Kontext der Schöpfung darlegen, die durch das Gesetz bewahrt wird. In Luthers sogenannter Zwei-Regi­ menten-Lehre (wirkungsgeschichtlich als „Zwei-Reiche-Lehre“ bekannt) wird das konkretisiert: Wie Gott in Gesetz und Evangelium auf zweierlei Weise seinen einen Liebeswillen verwirklicht, so wird sein Heilshandeln auch durch das weltliche und geistliche Regiment auf verschiedene – aber zusammengehörende – Weisen vollzogen. Das weltliche Regiment bewahrt in der von menschlicher Selbstbehauptung geprägten Welt durch Rechtsgewalt äußeren Frieden und weltliche Gerechtigkeit, das geistliche Regiment formt durch das göttliche Wort fromme Menschen. Die politische Ordnung dient der äußeren Erhaltung der Welt für Gottes eigentliches Werk, die Berufung der Menschen in seine Gemeinschaft. Im weltlichen Reich begegnet sowohl der zivile als auch der überführende Gebrauch des Gesetzes, so dass erst vom Evangelium her die Ambivalenz natürlicher Gesetzlichkeit in der Welt erkannt wird und zu prüfen ist, ob weltliche Gewalt wirklich dem äußeren Frieden sowie der bewahrenden Ordnung dient. Wie also beide Reiche und Regimente zu unterscheiden und zuzuordnen sind, so steht auch der Christ vor der Aufgabe, in seiner kirchlichen Existenz zugleich Verantwortung für die Strukturen weltlicher Bewahrung zu übernehmen, da er in beiden Reichen lebend dem einen Willen Gottes dient. Für sich selbst bedarf der Christ keiner weltlichen Gewalt. Aber zum Schutz der anderen, die darauf angewiesen sind, hat er ihr zu dienen. Wo weltliche Gewalt jedoch nicht den Frieden und die äußere Ordnung fördert, hat er passiven Widerstand zu leisten. Gegenüber der mittelalterlichen klerikalen Verquickung von weltlicher und kirchlicher Macht konnte Luther auf diese Weise den Staat auf seine angemessene weltliche Macht beschränken und die Kirche auf ihre genuine geistliche Aufgabe verweisen, während er dem christlichen Bewusstsein die Unterscheidung und Zuordnung beider Bereiche als Voraussetzung christlicher Weltverantwortung ermöglichte.135 Luthers dynamische und dialektische Zuordnung von Gesetz und Evangelium trat bei Melanchthon aufgrund dessen linear-naturrechtlicher Orientierung zurück, und zwar zugunsten eines tendentiellen linearen Auseinandertretens von 134 Vgl. A. Peters: Gesetz, S. 38ff. u. 338f. Vgl. insgesamt M. Bünker/M. Friedrich (Hg.): Gesetz, und M. Haudel: Verhältnis, S. 231ff. 135 Diese Zusammenhänge hat Luther besonders in seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei“ (1523) dargelegt.

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Rechtfertigung und Heiligung. Deshalb bezog sich Melanchthon in Konzentration auf die Heiligung auch ausdrücklich auf die didaktische Funktion des Gesetzes für die Glaubenden und sprach diesbezüg­lich explizit vom dritten Gebrauch des Gesetzes (lat. tertius usus legis). In der Folgezeit entstand zuweilen durch einseitige Auslegungen dieses Ansatzes die Gefahr, erneut einer gesetzlichen Mitwirkung bei der Heiligung zu unterliegen, während es umgekehrt einseitige Bestrebungen gab, die strafende und überführende Funktion des Gesetzes nur noch dem Evangelium zuzuschreiben (z.B. Agricola). Letzteres förderte antinomistische Tendenzen, während die Betonung der Heiligung den reinen Verheißungscharakter des Evangeliums zur Disposition stellen konnte. Der Konkordienformel gelang es 1577, solche Divergenzen beizulegen, indem sie zum einen die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium herausstellte, damit aus dem Evangelium kein erneutes Gesetz wird und so die Notwendigkeit des bewahrenden und überführenden Gesetzesgebrauchs hervortritt. Zum anderen betonte die Konkordienformel den Zusammenhang von Gesetz und Evangelium in seiner Bedeutung für das Leben der Christen in Kirche und Welt. Für die angemessene Zuordnung von Gesetz und Evangelium lehrte sie den dreifachen Gebrauch des Gesetzes – der heilsgeschichtlichen Abfolge entsprechend: Als erster Gebrauch des Gesetzes (lat. primus usus legis) gilt der zivile oder politische Gebrauch (usus civilis bzw. politicus) in seinem Dienst an der Eindämmung des Bösen und der Bewahrung äußerer Ordnung. Als zweiter Gebrauch des Gesetzes (lat. secundus usus legis) gilt der theologische oder überführende Gebrauch (usus theologicus bzw. elenchticus), der die Menschen zur Sündenerkenntnis führt und ihnen die Angewiesenheit auf die Gnade Gottes in Jesus Christus aufzeigt. Als dritter Gebrauch des Gesetzes (lat. tertius usus legis) gilt schließlich der didaktische oder pädagogische Gebrauch (usus didacticus bzw. paeda­gogicus), der im Glaubensleben den Zusammenhang zwischen dem überführenden Gebrauch und der didaktischen Wegweisung durch die Gebote herstellt, welche aufgrund der noch bestehenden Anfechtungen hilfreich ist.136 Der dritte bzw. pädagogische Gebrauch des Gesetzes erhielt für Calvin – und damit für die reformierte Tradition – zentrales Gewicht, weil Calvin die christozentrisch fundierte Einheit des alt- und neutestamentlichen Gnadenbundes betont. Er spricht deshalb in Bezug auf Gesetz und Evangelium nicht wie Luther von „zweierlei Wort Gottes“, sondern von dem „einen Wort Gottes“, das seinen vorläufigen Zielpunkt im dritten Gebrauch des Gesetzes findet. Denn für die aus dem Evangelium resultierende Heiligung bleibt das Gesetz die materiale Richtschnur137, was bereits die später von Karl Barth explizit vollzogene Reihenfolge „Evangelium und Gesetz“138 impliziert. Calvins Interesse an der erfahrbaren Heiligung spiegelt sich nicht nur in seiner Wertschätzung der kirchlichen Ordnungen und der Kirchenzucht wider, sondern auch in seiner Betonung der sichtbaren 136 Vgl. BSLK, Ep. VI u. SD VI. 137 Vgl. bes. Institutio II,7 u. III,6. 138 Siehe K. Barth: Evangelium.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Orientierungsfunktion des göttlichen Gesetzes für die gesellschaftliche Ordnung. Durch die Integration von Gesetz und Evangelium in das eine Gesetz Christi wirkt Christi Gesetz analog bis in den Staat, so dass Christus das alles übergreifende Königsamt innehat. Darin liegt die Vor­aussetzung für die im 20. Jahrhundert ausgebildete Lehre von der Königsherrschaft Christi, die in Karl Barths christozentrischer Zuordnung von „Christengemeinde und Bürgergemeinde“ zum Tragen kommt.139 Die unterschiedlichen Prioritätensetzungen bei der Verhältnisbestimmung von Gesetz und Evangelium in der Reformationszeit, die jeweils sowohl die Unterscheidung als auch den Zusammenhang von Gesetz und Evangelium zu wahren suchten, riefen in der Folgezeit gelegentlich einseitige und polarisierende Konzeptionen hervor. So verdeckte die altreformierte Orthodoxie die dynamisch-heilsgeschichtliche Dialektik von Gesetz und Evangelium durch die Verbindung von Melanchthons naturrechtlicher Orientierung mit Calvins Konzentration auf das Gesetz des einen Bundes. Aufgrund des entsprechenden Zurücktretens des überführenden Gesetzesgebrauchs und der Überlagerung des Ersten Artikels durch die zunehmend statische Einheit des Christusbundes konnte das Evangelium als Gesetz erscheinen und in der Lehre von der Königsherrschaft Christi eine zu starke Identifizierung von Kirche und Staat entstehen, womit die Gefahr theokratischer Tendenzen einherging. In der lutherischen Orthodoxie wiederum bahnte sich durch die rationale Einebnung der dynamisch-heilsge­schicht­li­chen Dialektik Luthers eine erneute Stufung von natürlicher und übernatürlicher Offenbarung an, die zur Vorordnung des Ersten Artikels und damit des zivilen bzw. politischen Gesetzesgebrauchs führte. Daraus konnte sich später eine dualistische Zwei-Reiche-Lehre entwickeln, in der die weltliche Eigengesetzlichkeit vorgeordnet wurde und die Überprüfung am Kriterium des Evangeliums in den Hintergrund trat. Welche theologischen Gefahren aus den jeweiligen Einseitigkeiten hervorgehen können, zeigte sich beispielsweise an den theologischen Reaktionsmustern gegenüber der nationalsozialistischen völkischen Naturgesetzlichkeit. Die Folgen defizitärer Zuordnungen traten quer durch die protestantischen Bekenntnisse auf. Eine rein dualistische Zwei-Reiche-Lehre etwa beinhaltete die Gefahr, neben dem Evangelium eine völkische Naturgesetzlichkeit gelten zu lassen. Schon diese wenigen Hinweise verdeutlichen, wie bedeutsam eine differenzierte Zuordnung von Gesetz und Evangelium ist, welche die Einbindung in den gesamten trinitarisch-heilsgeschichtli­chen Kontext bzw. in das dynamische Verhältnis der drei Glaubensartikel ernst nimmt. Denn aus einer einseitigen Konzentration auf den Ersten Artikel resultieren oft die Isolierung des Gesetzes und die Betonung natürlicher Gotteserkenntnis, wodurch dem Evangelium menschliche Prämissen vorgeordnet werden. Die damit einhergehende dualistische Zuordnung von Gesetz und Evangelium impliziert ethische Eigengesetzlichkeit weltlicher Voraussetzungen und fördert so die Sanktionierung gesellschaftlicher und politi139 Siehe ders.: Christengemeinde. – Insgesamt siehe zu Calvin auch Kap. V,2.

2. Gott, der Erlöser

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scher Strukturen. Da das Evangelium kaum noch Einfluss auf das Gesetz erhält und der Glaube kaum noch Maßgeblichkeit für die Vernunft, sind weltliche Strukturen und Rechtsordnungen nicht mehr auf ihre Ambivalenz hin zu überprüfen, so dass Kirche den politischen Gebrauch des Gesetzes nicht daraufhin zu befragen vermag, ob er dem Auftrag von Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfungsbewahrung nachkommt. Solche Probleme würde die dynamische Einbindung von Gesetz und Evangelium in alle drei Glaubensartikel verhindern, indem sie die Anbindung des Gesetzes an das Evangelium transparent werden ließe. Die Gefahr der Engführungen besteht auch für eine christozentrische Reduktion des Evangeliums auf den Zweiten Artikel, was die Aufhebung des Gesetzes in das Evangelium bewirken kann. Aufgrund der Vernachlässigung des Ersten und Dritten Artikels treten die spezifischen Eigentümlichkeiten des Gesetzes und des Heiligen Geistes ebenso zurück wie die natürlichen Anknüpfungspunkte des Evangeliums. Das ist verbunden mit einer tendentiellen Identifizierung von Gesetz und Evangelium, die das Evangelium zu linear in gesetzliche Handlungsanweisungen transformiert und das Spezifikum des zivilen Gebrauchs des Gesetzes moralistisch und theokratisch zu überdecken vermag. Mit der entsprechenden Gefahr der Identifizierung von Glaube und Vernunft kommt es zur Vernachlässigung der vernünftigen bzw. profanen Gestaltung im weltlichen Bereich.140 Durch die dynamische Zuordnung der drei Glaubensartikel wird deutlich, dass die Vernunft sowohl am Lebensodem der Schöpfung als auch an der Geist-Gabe Christi teilhat, was einer Identifizierung von Glaube und Vernunft ebenso widerspricht wie ihrer dualistischen Trennung. Vielmehr besteht zwischen beiden im Blick auf die christliche Weltverantwortung ein Verhältnis von Anknüpfung und Differenz. Denn die differenzierte Zuordnung von Gesetz und Evangelium ermöglicht den Glaubenden, das unter den natürlichen Bedingungen der Welt wirkende Gesetz ernst zu nehmen (Vernunft) und vom Kriterium des Evangeliums her auf seine rechte Anwendung zu überprüfen (Glaube). Zugleich werden die Christen in die Lage versetzt, alle ethischen Problemstellungen unter dem Maßstab des Evangeliums zu betrachten und dabei zu bedenken, wie die so gewonnenen Einsichten auch in allgemeine ethische Vorstellungen zu transformieren sind, die unabhängig von der spezifisch christlichen Sicht auch für andere unter dem „natürlichen Gesetz“ lebende Menschen einsichtig sind. Auf diese Weise können die Glaubenden ihre Weltverantwortung wahrnehmen. Das trifft auch für das säkularisierte Gesellschaftsverständnis zu, in dem die naturrechtliche Begründung von Recht und Staat unter Berufung auf die Vernunftautonomie durch das Prinzip des Gesellschaftsvertrages abgelöst wurde. Vom Kriterium des Evangeliums her lässt sich auch das säkulare Recht hinsichtlich seiner weltanschaulichen Horizonte und Motivationen daraufhin überprüfen, ob es dem Ziel der Lebensordnung und -erhaltung dient.141 140 Vgl. insgesamt M. Haudel: Verhältnis, und M. Bünker/M. Friedrich (Hg.): Gesetz. Zu den genannten Gefahren vgl. auch W. Hüffmeier (Hg.): Texte. 141 Vgl. M. Haudel: Verhältnis, S. 241f.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Die in den drei Glaubensartikeln bezeugte Dynamik der trinitarischen Heilsgeschichte erweist sich nicht nur im Blick auf die angemessene Zuordnung von Gesetz und Evangelium als grundlegend für christliche Ethik und Weltverantwortung. Darüber hinaus leiten sich aus dem dynamischen Zusammenhang aller drei Glaubensartikel und dem trinitarischen Gottesbegriff auch die materialen ethischen Gesichtspunkte christlicher Weltverantwortung ab. Zunächst bleibt festzuhalten, dass der heilsgeschichtliche Zusammenhang von Schöpfung, Erlösung und Vollendung weder eine isolierte Schöpfungsethik noch eine isolierte Versöhnungsethik oder eine isolierte ethische Orientierung am eschatologischen Reich Gottes erlaubt, sondern die Zusammenschau aller drei ethischen Aspekte der Wirklichkeit erfordert.142 Ferner ist mit Jürgen Moltmann daran zu erinnern, dass die westkirchliche Konzentration auf die intrapersonale Einheit Gottes (psychologische Analogie) mit ihrer Vernachlässigung der Dimension interpersonaler Gemeinschaft und einer entsprechend individualistischen Gnadenlehre (Konzentration auf den Zweiten Artikel) zur defizitären Wahrnehmung von Kosmologie und Eschatologie führte. Das bewirkte lange Zeit eine mangelnde ethische Aufmerksamkeit für die Mitgeschöpfe (Tierhaltung) oder die ökologische Krise sowie die globalen Zukunftsherausforderungen. Die stärkere Beachtung des ersten und dritten Glaubensartikels eröffnete diesbezüglich neue Perspektiven. Aus der einseitigen Orientierung an der Einheit Gottes leitete sich für Moltmann auch ein Zusammenhang zwischen theologischem und politischem Monarchianismus ab: ein Gott, ein Kaiser, eine Kirche, ein Reich. Werde jedoch auch die interpersonalsoziale Dimension der Trinität sowie die sich gegenseitig durchdringende innertrinitarische Gemeinschaft (Perichorese) beachtet, müssten Formen menschlicher Gemeinschaft, die der göttlichen Gemeinschaft der Liebe entsprechen sollen, partizi­patorischen Charakter haben. Daher erweise sich die perichoretische Gemeinschaft der Trinität als Urbild gemeinschaftlicher Staatsformen (Demokratie), wobei weder bürgerlicher Individualismus noch sozialistischer Kollektivismus der trinitarischen Gemeinschaft gerecht werde.143 Letzteres wird besonders deutlich, wenn man die in Gott bestehende Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension vor Augen hat.144 Weil sich die Prinzipien christlicher Ethik von den Charakteristika der trinitarischen Gotteslehre ableiten, sollte gelten, dass die Kirche als „Geistgemein­schaft partizipatorische Handlungsweisen wertmäßig bevorzugt“ und aufgrund ihrer trinitarischen Konstitution „in der Tat eine besondere Ethik“ hat. Das schließt aber wegen der universalen Bedeutung der trinitarischen Heilsgeschichte nicht aus, „daß die ethischen Begriffe der Geistgemeinschaft auch nichttheologische Ethiken bestimmen können“145. 142 Vgl. C. Schwöbel: Trinitätslehre, S. 153. 143 Vgl. J. Moltmann: Geschichte; ders.: Geist; ders.: Trinität. 144 Vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 594ff., wo der Zusammenhang zwischen trinitätstheologischen Einseitigkeiten und ethischen Defiziten dargelegt wird. 145 E. Lessing: Art. „Geist V“, S. 233.

3. Gott, der Vollender

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Da die Kirche Zeichen und Werkzeug der Erneuerung der menschlichen Gemeinschaft ist, darf sie durch das Wirken des Heiligen Geistes der eschatologischen Vollendung des göttlichen Heilswerkes dienen. 3. Gott, der Vollender Der dritte Artikel des Glaubensbekenntnisses beinhaltet auf der Grundlage der ersten beiden Artikel die Vollendung des göttlichen Heilswerkes, die dem Heiligen Geist zugeordnet wird. In Entsprechung zur innertrinitarischen Eigentümlichkeit des Heiligen Geistes, der die trinitarische Gemeinschaft vollzieht und vollendet, ermöglicht der Geist heilsgeschichtlich die Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen sowie zwischen den Glaubenden untereinander, mit dem Ziel der Vollendung des an der Schöpfung des Vaters vollzogenen Heilswerkes des Sohnes. So verbindet sich auch im Dritten Artikel das gemeinsame Handeln der trinitarischen Personen. Folgerichtig ist die in diesem Artikel verankerte Gemeinschaft der Glaubenden bzw. die Kirche durch die trinitarische Einheit in Vielfalt konstituiert, was sich auch in den Maßstäben der Kirche widerspiegelt. Die Kirche bezeugt den Anbruch des Gottesreiches und dient als Werkzeug seiner zukünftigen Vollendung. Von daher bewegt sich die eschatologische Vollendung von Mensch und Kosmos in der Spannung zwischen „Schon-jetzt“ und „Noch-nicht“. Das betrifft die gesamte Schöpfung genauso wie das Leben jedes einzelnen Menschen. Angesichts der Wirklichkeit des Todes bedarf es des begründeten Aufweises der Perspektive des ewigen Lebens und eines angemessenen Verständnisses beider Dimensionen. Dazu gehört auch das Verständnis des Verhältnisses von persönlichem Tod und allgemeiner Auferstehung, das die Frage nach der Zeit zwischen beiden Ereignissen sowie nach dem Verhältnis von Leib und Seele aufwirft. Zugleich ergeben sich in diesem Kontext Fragen zur Bedeutung der leiblichen Auferstehung und des Jüngsten Gerichts. Insgesamt erweist sich die Lebensverheißung Gottes im Horizont des Dritten Artikels als Summe des Evangeliums.

Die Vollendung des Heilswerkes des dreieinigen Gottes wird im Dritten Artikel dargelegt, und zwar im Kontext des Glaubens an den Heiligen Geist146, der diese Vollendung vollzieht. Als im Heiligen Geist geeinte und als dessen Wirkungsfeld charakterisierte Gemeinschaft der Glaubenden dient die Kirche (endzeitliche Gottesgemeinde) der Vollendung der Welt bzw. dem schon angebrochenen und endgültig noch kommenden Reich Gottes. Weil sich das Heilswerk Jesu Christi vor dem Hintergrund des schöpferischen Wirkens des Vaters im Dritten Artikel mit dem vollendenden Wirken des Heiligen Geistes verbindet, werden die im Dritten Artikel des Bekenntnisses von Nizäa-Konstantino­pel (381) genannten Wesensmerkmale der Kirche in ihrer trinitarischen Verankerung und in ihrer Funktion für die Verkündigung des Heils transparent. Das spiegelt sich auch in den Aussa146 Zum Wesen des Heiligen Geistes, der heilsgeschichtlich seinem innertrinitarischen Wesen gemäß handelt, siehe Kap. VIII,1.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

gen des Apostolikums wider. Die Bedeutung des Heils (Soteriologie) kam bereits im Zweiten Artikel grundlegend zum Ausdruck, was der Dritte Artikel im Blick auf die eschatologische Vollendung weiter ausführt. Auch diesbezüglich zeigt sich die Verschränkung der drei Artikel, insofern als der Heilige Geist das auf die Schöpfung bezogene und in Christus bereits angebrochene Heil in den Horizont der zukünftigen Vollendung stellt. Die in der Taufe zugesagte Sündenvergebung eröffnet die begründete Hoffnung auf die verheißene ewige Gemeinschaft mit Gott. Entsprechend verlangt der Dritte Artikel auch die Betrachtung von Mensch und Kosmos in eschatologischer Perspektive sowie die Erörterung des Verhältnisses von Tod und ewigem Leben. 3.1 Die Gemeinschaft der Glaubenden (Kirche) und ihre Maßstäbe Die wesensmäßige Verknüpfung zwischen der trinitarischen Gemeinschaft Gottes und der Gemeinschaft der Glaubenden bzw. der Kirche wurde bereits in der Darlegung des biblischen Zeugnisses von Vater, Sohn und Heiligem Geist (siehe Kap. III,1.2) sowie in vielen anderen Kapiteln deutlich (siehe z.B. Kap. III,3.2.1; III,3.3; IV,1 u. 2). Sie kommt im vorletzten Kapitel noch einmal detailliert in ihrer grundsätzlichen und aktuellen Bedeutung zur Sprache (siehe Kap. XI). Im Zusammenhang dieses Abschnitts sei zunächst darauf hingewiesen, dass die Kirche durch ihre Verankerung im Dritten Artikel in die Vollendung des Heilswerkes Christi eingebunden wird, welche sich durch den Heiligen Geist an der Schöpfung des Vaters ereignet. Denn die Gemeinschaft der Glaubenden ist durch den Heiligen Geist zur Gemeinschaft des Leibes Christi verbunden und vermag so als Volk Gottes dem heilsgeschichtlichen Wirken des dreieinigen Gottes in der Welt zu dienen. Deshalb kann Paulus vor dem Horizont von Vater, Sohn und Heiligem Geist von der Gemeinschaft der Glaubenden als „Volk Gottes“ (Röm 9,25f.), als „Leib Christi“ (I Kor 12,27) und als „Tempel des Heiligen Geistes“ (Eph 2,21f.; I Kor 3,16) sprechen, wobei er das Zusammenwirken aller drei Dimensionen in der Kirche herausstellt: „[…] ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“ (Eph 4,4–6). Als das eschatologische Volk Gottes aus Juden und Heiden steht die Kirche sowohl in Kontinuität als auch in Diskontinuität zum Gottesvolk Israel. Die Kirche ist heilsgeschichtlich mit der Erwählung des Volkes Israel verbunden, durch die Gott auch allen anderen Völkern das Heil vor Augen halten wollte, was in der Verheißung zum Ausdruck kommt, dass in Abraham alle Völker gesegnet sein werden (Gen 12,3). In Jesus Christus, in dem das erwählende Wort Gottes selbst Mensch wurde, sieht die Kirche im Unterschied zum jüdischen Selbstverständnis diese Verheißung als erfüllt an, weil am Kreuz die trennende Mauer zwischen Juden und Heiden niedergerissen wurde (Eph 2,14). So versteht sich die Kirche als Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung des „neuen Bundes“ (Röm 9,24– 10,21). „Die Kirche ist bestimmt, als Zeugin des Evangeliums in der Welt Instru-

3. Gott, der Vollender

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ment Gottes zur Verwirklichung seines universalen Heilswillens zu sein.“147 Dieser Bestimmung bleibt die Kirche gerecht, wenn sie sich als Leib Christi an Christus als dem Haupt des Leibes (Kol 1,18) orientiert und an den universalen Heilsgaben empfangend und weitergebend partizipiert (Verkündigung des Wortes Gottes, Taufe, Herrenmahl). Die allen Menschen geltende Selbsthingabe Jesu Christi mit der an alle gerichteten Heilszusage stärkt die Glieder am Leib Christi und sendet sie in die Welt (Mt 28,18–20). Während die Glaubenden durch die Taufe im Heiligen Geist zu Gliedern am Leib Christi werden, der alle nationalen oder sozialen Unterschiede transzendiert (I Kor 12,13), erfahren sie im Herrenmahl ständige Erneuerung und Stärkung der Gemeinschaft im Leib Christi (I Kor 10,16f.). Der Heilige Geist vollzieht die Gemeinschaft der Glaubenden und verleiht ihnen die vielfältigen Gaben zur Auferbauung des Leibes Christi (I Kor 12,4.7–11), weshalb die Glaubenden als Tempel des Heiligen Geistes (I Kor 3,16) „zu einem heiligen Tempel in dem Herrn“ (Eph 2,21) werden. So verkörpert die Kirche aufgrund der endzeitlichen Ausgießung des Geistes Gottes die endzeitliche Heilsgemeinschaft, in der das Reich Gottes bereits angebrochen ist – auf dem Weg zur Vollendung.148 Dabei hat die Gemeinschaft der Glaubenden die Einheit in Vielfalt der innertrinitarischen Gemeinschaft der Liebe zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist widerzuspiegeln, wenn sie Gottes Liebe glaubwürdig bezeugen will (Joh 17,21–23).149 Vor diesem Hintergrund erweist sich die Kirche als Geschöpf des Wortes und als Geschöpf des Geistes Gottes (lat. creatura Verbi et creatura Spiritus). Als solches ist sie nach dem Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) durch vier geglaubte Wesenseigenschaften konstituiert: „die eine, heilige, katholische (allumfassende) und apostolische Kirche“. Denn ihre Einheit ist der Kirche vorgegeben, weil sie als der eine Leib Christi durch den einen Geist (I Kor 12,12f.) in Entsprechung zur Einheit von Vater und Sohn (und Geist) existiert (Joh 17). Diese Entsprechung verlangt die analoge Umsetzung der Einheit in Vielfalt, die in der innertrinitarischen Gemeinschaft der Liebe besteht. Von daher wird Kirche ihrem Wesen nur gerecht, wenn sie sichtbares Zeugnis von ihrer vorgegebenen Einheit gibt und die konfessionellen Spaltungen im Sinne der Einheit in Vielfalt als Gemeinschaft der Liebe überwindet. Nur so kann auch ihre Heiligkeit angemessenen Ausdruck finden, die ihr aufgrund der im Sohn neu erschlossenen und im Heiligen Geist vollzogenen Gemeinschaft mit dem heiligen Gott zukommt (Eph 5,25.27; Hebr 13,12), wodurch Kirche als unteilbare „Gemeinschaft der Heiligen“ qualifiziert ist (Act 9,13). 147 W. Hüffmeier (Hg.): Kirche, S. 37f. (Dokument der „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“). 148 „Als die Gemeinschaft derer, die mit Jesus verbunden auf die Zukunft Gottes warten und ihr gegenwärtiges Leben aus dieser Erwartung leben, ist die Kirche der Anfang einer neuen Menschheit, die die Bestimmung des Menschen angesichts der Zukunft Gottes und seines Liebeswillens schon jetzt ergreift und für alle Menschen zur Darstellung bringt.“ (W. Pannenberg: Glaubensbekenntnis, S. 161) 149 Siehe dazu Kap. III,1.2 und Kap. XI.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Die durch den Gnadenzuspruch Geheiligten sind aufgerufen, immer wieder der Liebe Gottes zu entsprechen, was Buße und Umkehr einschließt.150 Gerade weil Kirche geheiligt ist, vermag sie nach Luther um Vergebung zu bitten und sich dem Willen Gottes gemäß zu reformieren. Insofern als der Heilswille Gottes allen Menschen gilt und alle Glaubenden zusammenschließt, ist ferner die Katholizität bzw. Universalität der Kirche zu bekennen. Kirche gilt als Gemeinschaft der Glaubenden an allen Orten und durch alle Zeiten (Mt 28,19f.; Act 1,8), was ihre äußere Katholizität charakterisiert, die wiederum auf der inneren Katholizität beruht, nämlich dem, was von allen zu allen Zeiten geglaubt wurde. Aufgrund der Universalität des allumfassenden Heilswillens Gottes gehört zur Katholizität der Kirche die Mission: „Die in der Mission sich äußernde Katholizität der Kirche meint die Universalität des kirchlichen Zeugnisses […] der grenzenlosen Liebe Gottes, wie sie im ohn-mächtigen Zeichen des Kreuzes Christi und im geschichtlichen Wirken seines Geistes manifest geworden ist, um die zerbrochene Einheit der Schöpfung zu versöhnen und sie in der allumfassenden Einheit eines neuen Himmels und einer neuen Erde zu vollenden.“151 Die auf der inneren Katholizität beruhende Glaubensgemeinschaft bedarf der Apostolizität der Kirche, da das biblische Zeugnis der Apostel die gemeinsame Glaubensgrundlage bildet, die in den altkirchlichen Bekenntnissen zusammengefasst ist. So hat sich Kirche stets auf den Maßstab des apostolischen Zeugnisses zu besinnen, weshalb Apostolizität in erster Linie ein inhaltliches Kriterium darstellt, demgegenüber das Amt eine dienende und bewahrende Funktion wahrnimmt152, wobei die „Apostolizität der Kirche […] nach reformatorischem Verständnis durch die historische Kontinuität der Sukzession im bischöflichen Amt der Kirche nicht garantiert“153 wird. Nicht zuletzt ruft die Apostolizität der Kirche den Verkündigungsauftrag an die Apostel in Erinnerung, das Heil des dreieinigen Gottes aller Welt zu verkündigen. Hinsichtlich ihrer vier Wesenseigenschaften gilt die Kirche im Bekenntnis von 381 als Gegenstand des Glaubens, was auch im Apostolikum bezüglich der Kirche und ihrer Eigenschaften zum Ausdruck kommt, wenn im Kontext des Glaubens an den Heiligen Geist „die heilige katholische bzw. christliche Kirche“154 genannt wird. Allerdings liegt dieser Glaubensbezug nicht auf einer Ebene mit dem eigentlichen Grund und Gegenstand des Glaubens, dem dreieinigen Gott. Das verdeutlicht die lateinische Übersetzung des dritten Artikels des Bekenntnisses von 381: credo in Deum (ich glaube an Gott), credo Ecclesiam (ich glaube die Kirche). Der 150 Vgl. M. Haudel: Buß-, Beicht- und Versöhnungsverständnis, und ders.: Umkehr, S. 77ff. u. 129ff. 151 S. Wiedenhofer: Ekklesiologie, S. 127 (im Original kursiv). – Zur Tragweite des trinitarischen Gottesbegriffs für die Aufgaben der Kirche siehe M. Haudel: Gotteslehre/Tragweite. 152 Zu diesem Ergebnis kam die Fünfte Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung (Santiago de Compostela 1993). Siehe G. Gaßmann/D. Heller (Hg.): Santiago de Compostela, S. 228. 153 W. Hüffmeier (Hg.): Kirche, S. 27. – Siehe insgesamt zum Verständnis der vier Wesenseigenschaften der Kirche im Kontext des Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel (381) Kap. III,3.3. 154 Die Übersetzung von „catholica“ durch „christlich“ ist schon seit dem 15. Jahrhundert üblich. Sie verdeutlicht heute, dass sich der Begriff „katholisch“ in seiner ursprünglichen Bedeutung nicht auf die „römisch-katholische“ Kirche bezieht, sondern auf die allumfassende christliche Kirche.

3. Gott, der Vollender

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Glaube bezieht sich auf die Anrede des dreieinigen Gottes und nur in diesem Zusammenhang auf die Kirche als dessen Werkzeug mit den entsprechenden Wesenseigenschaften. Das Bekennen der geglaubten Wesenseigenschaften der Kirche verlangt nach der Unterscheidung zwischen geglaubter bzw. verborgener und sichtbarer Kirche. Denn die geglaubte Kirche als heilige Gemeinschaft der Erwählten ist nicht identisch mit der sichtbaren verfassten Kirche, zu der etwa auch Heuchler gehören können und die nicht unbedingt immer Ausdruck der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche ist. Luthers Unterscheidung zwischen verborgener Kirche (lat. ecclesia abscondita) und sichtbarer Kirche (lat. ecclesia visibilis) ist zutreffender als Zwinglis Unterscheidung zwischen unsichtbarer und sichtbarer Kirche, da auch die geistliche Gemeinschaft der wahrhaft Glaubenden in der sichtbaren Kirche gegenwärtig – und damit sichtbar – ist, aber nicht abgrenzbar, und deshalb verborgen. Während die geglaubte verborgene Kirche ohnehin wahre (rechte) Kirche ist, bedürfen die sichtbaren verfassten Kirchen der Unterscheidung zwischen wahrer (rechter) und falscher (unrechter) Kirche. Denn nur so tritt hervor, wohin sich die Glaubenden um des Heils willen zu wenden haben und wo für Kirchen Reformbedarf besteht. Die grundsätzlichen Kennzeichen für die wahre (rechte) Kirche, die ihren geglaubten Wesenseigenschaften entspricht, sind für die Reformatoren nach Artikel VII der Confessio Augustana die reine Predigt des Evangeliums und die evangeliumsgemäße Feier der Sakramente, was für die wahre Einigkeit der Kirchen als ausreichend gilt. Dem werden noch weitere abgeleitete Kennzeichen wie Amt, Gebet, Kreuz, Leiden oder Taten der Liebe hinzugefügt. Da aus der jeweiligen kirchlichen Lehre aber nicht allein abgeleitet werden kann, was „rein“ und „evangeliumsgemäß“ ist, bleibt der normative Bezug auf die Heilige Schrift notwendig. Die Gewichtungen im Verhältnis von Schrift, Tradition und Kirche werden allerdings in den verschiedenen Konfessionen unterschiedlich bewertet. Während die reformatorischen Kirchen den maßgeblichen Bezug auf die Schrift betonen (lat. sola scriptura: allein die Schrift), behalten kirchliche Lehre und Tradition in der römisch-katholischen Kirche ebenfalls maßgebliche Bedeutung. Auch wenn diese etwas vereinfachte Gegenüberstellung in sich differenzierter ist, verweist sie doch auf unterschiedliche Tendenzen in der Beurteilung der Kriterien für die Erkenntnis wahrer (rechter) Kirche. Diesbezüglich haben die großen konfessionellen Strömungen jedoch bereits auf der Vierten Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung (Montreal 1963) einen ökumenischen Durchbruch erzielt, der leider noch nicht genügend zur Kenntnis genommen wurde: Die Christen leben in der als „die Tradition“ des Evangeliums bezeichneten aposto­lischen Tradition, die in der Schrift bezeugt ist und im Heiligen Geist durch die Kirche übermittelt wird. Der Schriftkanon entstand innerhalb „der Tradi­tion“, die wiederum in den „Traditionen“ der Kir­che existiert. Diese wesensmäßige Verknüpfung von „Tradition“ und „Traditionen“ lässt sowohl treue Überlieferung als auch Verzerrung der apostolischen Tra­ dition zu. Deshalb bedarf es eines Kriteriums für die Authentizität „der Tradition“.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Dieses Kriterium hat die Kirche von Anfang an im schriftlichen Zeugnis „der Tradition“ erkannt, inso­fern als sie sich mit der Kanonisierung an den Maßstab der Schrift band. Da die Schrift den Zusammenhang von gegebener und rezipierter Wahrheit bezeugt, weist sie selbst auf die ihr angemessene lebendige traditio apostolica hin, welche somit als kirchliche Überlieferung und in der Kontinuität des Heiligen Geistes den einzig angemessenen Auslegungskontext der Schrift darstellt. Die schriftgemäßen altkirchlichen Bekenntnisse und Konzile stehen für die Verwirklichung dieses dynamischen Relationsgefüges von Schrift, Tradition und Kirche. Dieses Gefüge ermöglicht es, die verschiedenen Traditionen anhand der apostolischen Tradition zu überprüfen, die wiederum innerhalb des pneumatologisch bestimmten Traditionsprozesses der Kirche an der Schrift zu messen ist.155 Der dynamische Zusammenhang von Schrift, Tradition und Kirche, der in der Alten Kirche noch lebendig war, korreliert mit der dynamischen Zuordnung der trinitarischen Relationen in der altkirchlichen Theologie des 4. Jahrhunderts156, insofern als Christus das menschgewordene Wort Gottes ist, das durch den Heiligen Geist vergegenwärtigt wird: Die Begleitung der Kirche durch den Heiligen Geist spiegelt sich im Überlieferungsprozess der lebendigen Tradition wider. Wie Christus – aufgrund der christologischen Anbindung der Pneumatologie – im Prozess der vom Geist vollzogenen Begleitung der Kirche deren sichtbares Maß bleibt, erweist sich das Christuszeugnis der Schrift – aufgrund der Rückbindung der Tradition an die Schrift – als bleibender Maßstab der Tradition. Wie Christus jedoch nur durch den Heiligen Geist vergegenwärtigt wird, bedarf auch die Schrift des lebendigen kirchlichen Traditionsprozesses.157 So sind auch die Kriterien eines angemessenen Verständnisses der im Apostolikum genannten „Gemeinschaft der Heiligen“ in der Gotteslehre verankert. Die Bezeichnung der Kirche als Gemeinschaft der Heiligen bedarf einer genaueren Betrachtung der lateinischen Formel im dritten Artikel des Apostolikums. Das Begriffspaar „communio sanctorum“ lässt sich nämlich als „Gemeinschaft der Heiligen“ und als „Gemeinschaft am Heiligen“ übersetzen. Beides ist jedoch nicht zu trennen, denn nur weil „Menschen die rechtfertigende Gnade Gottes in Jesus Christus durch den Heiligen Geist empfangen, werden sie zur Gemeinschaft verbunden“158. Aus der Gemeinschaft an den Heilsgaben, die besonders in Taufe und Abendmahl gegenwärtig sind, resultiert die Gemeinschaft der Heiligen, die im Sinne des neutestamentlichen Sprachgebrauchs als Gemeinschaft der Glaubenden (z.B. Röm 1,7) zu verstehen ist. Deshalb spricht Artikel VII der Confessio Augustana von der „Versammlung aller Gläubigen“. Nicht zuletzt impliziert die Formulierung des Apostolikums auch „die Gemeinschaft mit den Heiligen Mär155 Vgl. M. Haudel: Schrift, und ders.: Bibel, S. 204ff., wo die Entstehung und die Bedeutung dieses ökumenischen Durchbruchs detailliert dargelegt werden. Zur Relevanz dieses ökumenischen Durchbruchs für das ökumenische Einheitsverständnis siehe ders.: Kriterien. 156 Siehe dazu Kap. III,3.2. u. 3. 157 Vgl. M. Haudel: Selbsterschließung, S. 19f., 148f., 507. 158 W. Hüffmeier (Hg.): Kirche, S. 23.

3. Gott, der Vollender

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tyrern, die schon jetzt im Himmel des göttlichen Heils teilhaftig sind und daher die künftige Heilsteilhabe aller Christen mitverbürgen“159. Diese eschatologische Perspektive erinnert die Gemeinschaft der Heiligen an ihren Auftrag, der ihr auf dem Weg zur Vollendung zukommt. „In der Kraft des Heiligen Geistes legt die Kirche Zeugnis ab von der göttlichen Sendung, in der der Vater den Sohn gesandt hat, um der Heiland der Welt zu sein.“160 Die Kirche dient als Werkzeug des Heilsplans Gottes, die ganze Schöpfung in seine heilvolle Gemeinschaft zu bringen (Eph 1,10). Der Auftrag der Kirche kann in drei Grundvollzüge unterteilt werden, in denen die Gemeinschaft der Glaubenden das weitergibt, was sie selbst empfangen hat: So hat die Kirche den Auftrag der Verkündigung und des Zeugnisses (griech. martyria), insofern als sie selbst durch das Wort Gottes konstituiert ist, dessen Heilszusage sie der Welt weitergeben und bezeugen soll, was die wesensgemäße missionarische Funktion der Kirche impliziert (Mt 28,18–20). Ferner gehört es zum Auftrag der Kirche, im Gottesdienst (griech. leiturgia) die Glaubenden durch Lob des dreieinigen Gottes, Wort, Sakrament und Gebet zu sammeln und zu senden, wobei die Kirche selbst aus der Teilhabe an Wort und Sakrament lebt. Schließlich ist die Gemeinschaft der Glaubenden mit der dienenden Nächstenliebe bzw. Diakonie (griech. diakonia) beauftragt. Weil die Glaubenden selbst durch den Liebesdienst Christi angenommen und geheilt wurden, vollziehen sie die geschwisterliche Nächstenliebe an den Notleidenden sowohl innerhalb der Kirche als auch darüber hinaus in der Welt. Durch diese drei Grundvollzüge bezeugt die Kirche den Anbruch des Gottesreiches unter den Bedingungen der Welt und dient als Werkzeug zur Vollendung des göttlichen Heilsplans, weshalb sie für die Welt ein Zeichen der Hoffnung sein kann. 3.2 Mensch und Kosmos in eschatologischer Perspektive Aufgrund der Einbindung von Schöpfung und Kirche in die trinitarische Heilsgeschichte ergibt sich der Zusammenhang von präsentischer Eschatologie, dem bereits gegenwärtigen Anbruch des Gottesreiches, und futurischer Eschatologie, der zukünftigen Vollendung des Gottesreiches. Im engeren Sinne bezeichnet Eschatologie in der Dogmatik innerhalb des Dritten Artikels die Lehre von den letzten Dingen (griech. eschata), was im Verbund mit dem Wirken des Heiligen Geistes auf Gott als den Vollender verweist161, etwa hinsichtlich der Vollendung von Welt und Kosmos (neuer Himmel und neue Erde) oder des vollendeten Heils des Menschen (Tod und ewiges Leben). Durch den heilsgeschichtlichen Zusammenhang ist die Eschatologie aber konstitutiv mit dem ersten und zweiten Glaubensartikel verbunden und somit für die gesamte Dogmatik relevant. Denn indem 159 W. Pannenberg: Glaubensbekenntnis, S. 156. 160 D. Heller (Hg.): Wesen, S. 21. – Zur Relevanz der Trinitätslehre für das Zeugnis der Kirche siehe M. Haudel: Gemeinschaft/Zeugnis; ders.: Kirche, und ders.: Relevanz. 161 So trägt der dritte Band der Dogmatik G. Ebelings den Titel „Der Glaube an Gott den Vollender der Welt“ (siehe G. Ebeling: Dogmatik III).

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Gott die Menschen und den Kosmos aus Liebe erschaffen hat, verbindet sich damit unmittelbar die daseinserhaltende und vollendende Begleitung seiner Schöpfung, insofern als Liebe auf das heilvolle Ziel des geliebten Gegenübers ausgerichtet bleibt.162 Daraus resultiert zugleich das erlösende Handeln Gottes in Jesus Christus, das den Menschen trotz ihrer Abwendung vom Schöpfer das Heil neu eröffnet und das der dreieinige Gott im Heiligen Geist für die Menschen sowie für die gesamte Schöpfung vollendet. Wie schon das Alte Testament im Blick auf den Anbruch des Gottesreiches auf die eschatologische Gestalt des Menschensohnes und die endzeitliche Geistausgießung hinwies (Dan 7; Ez 36,26f.; Joel 3,1–5), wird im Neuen Testament mit der Reich-Gottes-Verkündi­gung Jesu und dem Geistwirken der verheißene eschatologische Anbruch des Reiches Gottes verbunden (Mk 1,14f.; II Kor 5,17ff.; Act 2,16ff.), dessen Vollendung für Mensch und Kosmos aber noch aussteht (Röm 8,18–39; Apk 21,1–7). Sowohl christologisch als auch pneumatologisch kommt die Kontinuität der schöpferischen Liebe Gottes zum Ausdruck, die das Vertrauen auf Gottes Heilszusage ermöglicht: „Denn des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss.“ (Ps 33,4) In Bezug auf Jesus Christus tritt hervor, dass in ihm, in dem alles im Himmel und auf Erden erschaffen wurde (Kol 1,15f.), die verheißene Erlösung aus der selbstverschuldeten Gottesferne der Menschen erfolgt. Die Erlösung bezieht sich auf die gesamte Schöpfung in ihrem Leiden an dieser Gottesferne (Röm 8,19–23). In der treuen und hingebungsvollen Liebe des Gottessohnes ereignet sich der Anbruch des Gottesreiches als Heil für Mensch und Schöpfung, nicht zuletzt dadurch, dass Jesus Christus in seiner Auferstehung der „Erstling aus den Toten“ ist (I Kor 15,20; Kol 1,18). Er vollzieht nicht nur als Auferstandener und zur Rechten Gottes Erhöhter die Begleitung des weiteren Dienstes der Gemeinschaft der Glaubenden an der gesamten Schöpfung, sondern durch seine Wiederkunft (Parusie) wird er dieses Heilswerk auch zur Vollendung führen (I Thess 3,13; Phil 1,10; 2,10f.; Apk 22,6–21). In dem damit gegebenen Zusammenspiel von präsentischer und futurischer Eschatologie ist den Glaubenden die begründete Hoffnung geschenkt, dass das angebrochene Heil für sie und die gesamte Schöpfung zur Vollendung kommt (Röm 8,24ff.). Das wird auch am heilsgeschichtlichen Wirken des Heiligen Geistes transparent. Als schöpferischer Geist Gottes war der Heilige Geist schon an der Erschaffung von Mensch und Kosmos beteiligt (Gen 1,2), während er zugleich als der heilbringende Geist der Endzeit gilt (Ez 36,26f.). Denn nach dem neutestamentlichen Zeugnis ermöglicht er sowohl die Menschwerdung, das vollmächtige Wirken und die Auferweckung Jesu als auch die liebende Gemeinschaft der Glaubenden mit Gott (dem Vater) und untereinander (z.B. Röm 8,14–17). In seinem lebendigmachenden (Joh 6,63) und offenbarenden (Joh 14,26) Wesen gewährt der Geist den Glaubenden die endzeitlichen Gnadengaben (Röm 12,6ff.; I Kor 12,4ff.) und führt sie in alle Wahrheit (Joh 16,13). So vollendet der vom Vater durch den Sohn gesandte Geist das Heilswerk 162 Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 291.

3. Gott, der Vollender

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Jesu Christi (Joh 14–16), wobei er auf dem Weg zur Vollendung auch als Tröster (Joh 14,16.26; 16,7) und Unterpfand der Hoffnung (II Kor 1,22; 5,5) wirkt.163 Auf diesem Weg werden die Glaubenden durch die im Dritten Artikel genannte Vergebung der Sünden zur liebenden Gemeinschaft mit Gott und untereinander befreit. Das ist ihnen in der Taufe „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19), die in diesem Zusammenhang im Bekenntnis von 381 genannt wird, bleibend zugesagt. Wie die Täuflinge beim Untertauchen ins Wasser symbolisch mit Christus begraben werden, so symbolisiert das Auftauchen aus dem Wasser die Teilhabe an Christi Auferstehung (Röm 6,3f.). Deshalb sind die Getauften der Sünde gestorben und dürfen durch den Heiligen Geist in Jesus Christus der Liebe Gottes entsprechend leben (Röm 6,11; Gal 3,27f.). Weil sie dabei aber noch den Anfechtungen dieser Welt ausgesetzt sind, warten sie mit der gesamten Schöpfung auf die Vollendung des Heils (Röm 8,18–25). Vor dem gezeigten Hintergrund des heilsgeschichtlichen Wirkens des dreieinigen Gottes wird deutlich, dass eine einseitige Reduktion auf die präsentische Eschatologie ebenso unangemessen ist wie eine einseitige Bezugnahme auf die futurische Eschatologie. Als Beispiel einer rein präsentischen Eschatologie kann Rudolf Bultmanns Konzept der existentialen Interpretation genannt werden, nach dem allein der existentiale Akt der Glaubensentscheidung jedes Einzelnen von eschatologischer Relevanz ist, während die universale Geschichte von Menschheit und Kosmos ebenso ausgeblendet wird wie die futurische Vollendung.164 Demgegenüber betonte Jürgen Moltmann die Maßgeblichkeit der futurischen Eschatologie in ihrer universalen Dimension, was er bereits in seinem programmatischen Werk „Theologie der Hoffnung“ von 1964 ausführte.165 Die Hoffnung auf die verheißene und noch ausstehende Vollendung der gesamten Schöpfung zum Heil verweist nach Moltmann auf die christliche Weltverantwortung in ihrer universalen Tragweite. Diese Verantwortung erfordere in Ausrichtung am künftigen Reich Gottes den Einsatz für die sozialen und geschichtlichen Entwicklungen sowie für die Bewahrung der Schöpfung. Auch wenn dabei der präsentisch-eschatologische Aspekt, dass für die Glaubenden – und damit für die Welt – das eschatologische Gottesreich bereits angebrochen ist, nicht vernachlässigt werden darf, hat Moltmann doch zu Recht an die universale, kosmologische und zukünftige Dimension der Eschatologie erinnert. Denn wie einerseits präsentisch-eschatologisch gilt, „dass sich Gottes Lebendigkeit und Lebensmacht in seiner Treue zu denen manifestiert, an die er sich gebunden hat, so dass Gemeinschaft mit ihm bereits Teilhabe an seinem (ewigen) Leben bedeutet“166, gilt andererseits futu163 Vgl. zum personalen Wesen von Sohn und Heiligem Geist und zu ihrem entsprechenden heilsgeschichtlichen Wirken Kap. VIII,1. – Zur ökumenischen Bedeutung der durch den Geist eröffneten Gemeinschaft der Glaubenden, die in der trinitarischen Gemeinschaft der Liebe verankert ist, siehe M. Haudel: Eschatologie. Insgesamt siehe dazu Kap. XI. 164 Siehe R. Bultmann: Geschichte. 165 Siehe J. Moltmann: Theologie. Zu seiner Eschatologie insgesamt vgl. ders.: Kommen Gottes. 166 R. Feldmeier/H. Spieckermann: Gott, S. 522f.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

risch-eschatologisch, dass Gottes Heil in der von menschlicher Selbstbehauptung geprägten Welt im Verborgenen gegenwärtig ist und der Glaube deshalb bis zur Vollendung der Heilswirklichkeit Anfechtungen und Bedrohungen ausgesetzt bleibt. Weil Gott mit dem Anbruch des Gottesreiches unter den Bedingungen dieser ihm widersprechenden Welt den Menschen noch eine Zeit der Geduld eröffnet hat, in der die Menschen Gottes Versöhnung frei im Glauben annehmen können, bedarf es aufgrund der verborgenen und erst anfänglichen Heilsgegenwart zusätzlich der Verheißung der Vollendung und damit der futurischen Eschatologie – auch in ihrer universal-kosmologischen Dimension. Sowohl die Abwendung des Menschen von Gott als auch die durch Gott bewirkte Versöhnung betreffen nämlich die gesamte Schöpfung, insofern als der Mensch Teil der Schöpfung ist, mit der er in unmittelbarer und aktiver Verbindung steht (Gen 1–3). Deshalb spiegeln sich die Konsequenzen menschlicher Selbstbehauptung in der Schöpfung wider, die unter der Entfremdung zwischen Mensch und Gott und der damit verbundenen Vergänglichkeit leidet. Von daher wartet die gesamte Kreatur ängstlich darauf, „dass die Kinder Gottes offenbar werden“ (Röm 8,19), um von der Knechtschaft der Vergänglichkeit frei zu werden, wie es Paulus in Röm 8,18–25 darlegt. In dieser Hoffnung sind die Glaubenden mit der Schöpfung verbunden: „Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung“ (Röm 8,24). Weil durch den Sohn Gottes alles ins Sein gerufen wurde (Joh 1,3f.) und er in die Welt kam, um sie zu erlösen, geht es um die eschatologische Vollendung des gesamten Kosmos. Die Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde (Jes 65,17; II Petr 3,13) beinhaltet deshalb hinsichtlich der Zuordnung von Schöpfung und Neuschöpfung wie bei dem Verhältnis von irdischem und auferstandenem Jesus Christus den Zusammenhang von Kontinuität und Neuwerdung. Es handelt sich also nicht um die vernichtende Ersetzung der alten Schöpfung durch eine völlig neue Schöpfungswirklichkeit, sondern das Ende der Welt zielt auf die Vollendung dieser Schöpfung, wenn Gott „alles in allem“ sein wird (I Kor 15,28). Wie der Mensch in der ewigen Gemeinschaft mit Gott einen Geistleib erhält (I Kor 15,35ff.), so wird auch die Neuschöpfung des Kosmos dieser ewigen Gemeinschaft entsprechen, in der es um die Teilhabe an der vollkommenen Gemeinschaft der Liebe des dreieinigen Gottes geht.167 Dann wandelt sich der Glaube zum Schauen „von Angesicht zu Angesicht“ (I Kor 13,12), mit dem Ziel: „Daß Gott sich als der, der er in sich selber für uns ist, unverhüllt darstelle. Darum geht es im Zielpunkt, wie es darum im Anfang der Schöpfung ging.“168 Erst das eschatologische Ziel lässt die zeitliche Existenz als Weg mit einem Sinn transparent werden. Weil mit der Welt auch die Zeit erschaffen wurde und mit dem Ende der Welt die Zeit endet (siehe Kap. X,1.1), bedeutet die eschatologische 167 Dass die Strukturen der Schöpfung in ihrer ursprünglichen Bestimmung bereits das Wesen dieser Liebe ausstrahlen, auch die zunächst ganz anders erscheinenden Merkmale der Evolution, wird in Kapitel X,3.3.1 erörtert. 168 C.H. Ratschow: Art. „Eschatologie VIII“, S. 359.

3. Gott, der Vollender

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Vollendung die Aufhebung des Weges im Ziel bzw. die Aufhebung der Zeit in der Ewigkeit. Dadurch wird auch die Anfechtung durch das naturwissenschaftliche Weltbild überwunden, nach welchem das kosmische Geschehen die Menschheitsgeschichte weit überragt. Denn diese Diskrepanz löst sich auf, „wenn bedacht wird, dass der ‚Tag‘ der Vollendung als Ziel der Zeit selbst alle Gleichzeitigkeit oder Ungleichzeitigkeit innerhalb der Zeit transzendiert“169, weil er in die Ewigkeit führt. Eschatologische Aussagen, welche die Spannung zwischen präsentischer Eschatologie (Schon-jetzt) und futurischer Eschatologie (Noch-nicht) beachten, ermöglichen die angemessene Zuordnung von Gegenwart und Zukunft: „Denn indem sie von falscher Sorge um die Zukunft freimachen, wollen sie für die Gegenwart freimachen. Und eben weil sie von dem Verfallensein an die Gegenwart befreien, machen sie für die Zukunft als Zukunft frei.“170 Die Hoffnung auf die verheißene Vollendung ermöglicht es, ohne Resignation christliche Weltverantwortung zu übernehmen, während sie zugleich von einer fanatischen Weltverbesserung befreit, die meint, das Heil der Welt selbst erringen zu müssen. So kann die Gemeinschaft der Glaubenden an dem heilsgeschichtlichen Weg des dreieinigen Gottes zur Vollendung der Schöpfung angemessen partizipieren. Dabei unterscheidet sich der Weg der Welt und des Menschen in seiner Einmaligkeit und Zielgerichtetheit von den zyklischen Seelenwanderungs- oder Reinkarnationsvorstellungen vieler anderer Religionen, was den individuellen Wert eines jeden Geschöpfes ebenso hervortreten lässt wie die Verlässlichkeit des verheißenen Ziels. Das gilt auch für die Verheißung des ewigen Lebens. 3.3 Tod und ewiges Leben Mit dem Bekenntnis zur Auferstehung der Toten und zum ewigen Leben schließen die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse. Als Ziel des menschlichen Lebens erweist sich so die in Jesus Christus neu eröffnete, endgültig zugesagte und greifbare ewige Gemeinschaft des Menschen mit Gott: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25).171 Das erfüllte vollkommene Leben in der ewigen Gemeinschaft mit Gott erfahren die Glaubenden durch den Heiligen Geist bereits anbrechend im irdischen Leben (Röm 6,10f.; II Kor 5,17; I Joh 3,14), in der Zuversicht, dass der Tod dem neu geschenkten Leben nichts anhaben kann (Joh 5,24), welches im zukünftigen 169 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 278. „In der einfachen Sprache des Glaubens gesagt: Der Gott, vor dem ‚tausend Jahre wie ein Tag‘ (Ps 90,4; 2Petr 3,8) sind, wird wohl wissen, wie er am Ende vereinen wird, was jetzt nach der Zeit, die wir messen, in so weit auseinanderklaffenden Maßen auf dem Weg ist.“ (Ebd.) – Zum Verhältnis von Zeit und Ewigkeit im Kontext der Partizipation der Menschen an der ewigen Gemeinschaft des dreieinigen Gottes vgl. auch M. Mühling: Grundinformation, S. 99f. 170 G. Ebeling: Dogmatik III, S. 407. 171 Zur Bedeutung und zum Verständnis der Auferstehung Jesu Christi siehe Kap. X,2.2.3.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

unmittel­baren Schauen der Liebe Gottes zur Vollendung findet (I Kor 13,12). Damit ist auch die Sinn- und Zielperspektive des Glaubensbekenntnisses in die Heilsgeschichte des dreieinigen Gottes und in das Verständnis seines Wesens eingebunden. Der trinitarische Gott, der in sich selbst das vollkommene Leben der Liebe als ewigen Gemeinschaftsprozess verkörpert, schenkt dem Menschen Anteil an dieser vollkommenen und ewigen Gemeinschaft der Liebe172 – und bleibt diesem Ziel trotz der selbstvergöttlichenden Abwendung der Menschen treu. Nur vor diesem Hintergrund ergibt die Hoffnung auf das universale eschatologische Reich Gottes für die einzelnen Menschen überhaupt einen Sinn, wobei die Konfrontation mit dem Tod ohnehin in letzter Tiefe die Sinnfrage aufwirft, welche den Horizont der Transzendenz des Menschen öffnet: Der Mensch weist unter anderem deshalb über sich selbst hinaus, weil er weder den Anfang seines Lebens in der Hand hat noch eine Perspektive, welche das Ende seines Lebens überragt. In seiner Selbsterfahrung ist der Mensch im Unterschied zum Tier so konstituiert, dass er nach dem Wozu seiner Bestimmung fragt.173 „Für den Lebenswillen des Menschen bleibt der Tod die große Infragestellung und der Gedanke an ein Versinken ins Nichts ein Grauen.“174 3.3.1 Z um Verständnis des Todes, des ewigen Lebens und des Verhältnisses von persönlichem Tod und allgemeiner Auferstehung Die Ernsthaftigkeit der irdischen Todesgrenze wird vom biblischen Zeugnis nicht verharm­lost, sondern aufgenommen. Das zeigt das Weinen Jesu am Grab des Lazarus (Joh 11,35) ebenso wie der biblisch dargelegte Zusammenhang von Sünde und Tod, wonach der Tod als Konsequenz der sündigen Abwendung vom Geber und Ursprung des Lebens gilt (Gen 2–3; Röm 5,12–21) – und damit als „der Sünde Sold“ (Röm 6,23). In Kapitel X,2.3 wurde bereits die Frage angesprochen, ob der natürliche Tod zur Endlichkeit des geschöpflichen Lebens gehört, das dann in die ewige Gemeinschaft mit Gott übergeht, während der Tod als Folge der sündigen Selbstbehauptung schließlich zur endgültigen Beziehungslosigkeit und so zum eigentlichen Tod bzw. zur Bedrohung wird (Apk 2,11: zweiter Tod). Im Blick auf diese Frage ist noch auf folgende Aspekte hinzuweisen: Das durch Gen 3 nahegelegte Verständnis, dass der Tod zur Begrenzung des sündigen und selbstzerstörerischen Lebens dient und dass so die Hoffnung auf ein schöpfungsgemäßes erfülltes Leben in ewiger Liebe aufrechterhalten wird, eröffnet eine positive heilsgeschichtliche Einordnung des Todes. Nach Markus Mühling lässt sich auch die Regelhaftigkeit des Schöpfungsprozesses zunächst durchaus als Ordnung der Liebe verstehen, im Unterschied zur Darstellung evolutionsbiologischer Prozesse als „fressen und gefressen werden“, was Nietzsches Gedankenwelt entspricht. 172 Zum Wesen des dreieinigen Gottes, zur Gottebenbildlichkeit des Menschen und zum Sinn des Lebens siehe Kap. VIII und IX. 173 Siehe zur Transzendenz des Menschen Kap. II,3. 174 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 47.

3. Gott, der Vollender

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Unter Rückgriff auf Luther, für den jede Kreatur dem Regelwerk der Liebe dient175, beschreibt Mühling die Naturprozesse als beabsichtigte dynamische Prozesse von Beziehungsfähigkeit und gegenseitigem Dasein, die aber nicht vollendet sind und ihrem Ziel nicht entsprechen, weil der Mensch die Regelhaftigkeit der Liebe zu Gott und den Mitgeschöpfen verletzt hat, was zur partiellen Regellosigkeit führte und sich in der – Leiden und Tod einschließenden – „Nicht-Vollendetheit dieses Regelwerkes“176 widerspiegelt. Anders als für Härle und Joest, die den (ersten) Tod als natürliche Begrenzung menschlicher Endlichkeit verstehen, welche aber zur ewigen Gemeinschaft mit Gott bestimmt ist, bedeutet die Endlichkeit des Menschen für Pannenberg nicht unweigerlich die Endlichkeit menschlichen Lebens. Denn für ihn zeigt die Zusage der eschatologischen Teilhabe am ewigen Leben Gottes, dass es geschöpfliche Endlichkeit ohne Sterblichkeit bzw. Tod gibt, insofern als die Menschen in dieser eschatologischen Gemeinschaft Geschöpfe bleiben (vgl. Kap X,2.3). Weil das Endliche vom Unendlichen begrenzt ist und das Zeitliche von der Ewigkeit, bedeutet ewiges Leben nach Pannenberg die Teilhabe an Gottes ewiger Existenz.177 Auf dieses ewige Leben zielt das gesamte Schöpfungs- und Heilshandeln des dreieinigen Gottes: „Der als Schöpfer und Erlöser in der Schrift bezeugte und in der Gegenwart erfahrene Gott wird sich an den Seinen als ‚Gott der Lebendigen‘ (Mk 12,27), als der ‚die Toten lebendig machende Gott‘ erweisen (Röm 4,17).“178 Da der Geist des Vaters, der Jesus von den Toten auferweckt hat, auch die sterblichen Leiber der Menschen lebendig machen wird (Röm 8,11), werden die Menschen diesem trinitarischen Heilshandeln und dem ursprünglichen Schöpfungsziel entsprechend in die ewige Gemeinschaft des dreieinigen Gottes aufgenommen, durch einen neuen Himmel und eine neue Erde ohne Tod, Leid und Schmerz (Apk 21,1–4). Denn nachdem die Erschaffung der freien Schöpfung mit ihrem von Gott gewährten eigenen Charakter die Erschaffung der Zeit mit sich gebracht hatte, wodurch Gott im Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ die Zeit mit seiner Ewigkeit begleiten konnte, mündet die Zeit durch das unmittelbare Schauen Gottes (I Kor 13,12) in das ewige innertrinitarische Beziehungsgeschehen. Das ermöglicht die endgültige Partizipation der Menschen an der vollkommenen Gemeinschaft der Liebe des dreieinigen Gottes.179 Angesichts der Spannung zwischen dem unmittelbaren Sein bei Christus nach dem persönlichen Tod der Glaubenden (z.B. Phil 1,23) und der allgemeinen leiblichen Auferstehung am Jüngsten Tag bei der Wiederkunft Christi (z.B. I Kor 15; Joh 6,40) stellt sich die Frage nach dem Zwischenzustand. Die Lösung des Prob175 Vgl. WA 5,38. 176 M. Mühling: Grundinformation, S. 191. Vgl. ebd., S. 149ff., 185ff. 177 Vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 3, S. 639. 178 R. Feldmeier/H. Spieckermann: Gott, S. 529. 179 Siehe Kap. VIII,1 und IX,2. Vgl. auch M. Mühling: Grundinformation, S. 99f., und W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 284: „Wir werden ganz aufgenommen sein in das Leben der Liebe, die Gottes Wesen und Leben in sich selbst und seine Kraft zu unserem Leben ist.“

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

lems, wie sich das Sein der Verstorbenen zwischen ihrem Tod und dem Jüngsten Tag charakterisieren lässt, hängt eng mit dem Verständnis vom Wesen des Todes zusammen. Da die altkirchliche Theologie die biblischen Aussagen gemäß der damaligen philosophischen Vorstellung vom Menschen als einer Einheit von Leib und Seele auslegte und sich dabei auf Bibelstellen wie Koh 12,7 oder Mt 10,28 berief, galt die Seele als von Gott gegebenes unsterbliches Lebensprinzip des Menschen. Nach römisch-katholischer Lehre wird die Seele der Leibesmaterie im Moment der Zeugung von Gott beigegeben (Kreatianismus), weshalb sie den Leib im Tod als unsterblich überdauert. Entsprechend unterstrich das Fünfte Laterankonzil 1513 die Unsterblichkeit der Einzelseele. Für die Zeit zwischen persönlichem Tod und allgemeiner Totenauferweckung verband die katholische Tradition damit die Lehre vom Fegfeuer, in dem die Seelen der zum Heil Bestimmten durch läuternde Strafen gereinigt werden, wenn sie solcher Reinigung noch bedürfen. Die Reformatoren haben diese Lehre mit dem Hinweis abgewiesen, dass der Mensch allein durch das für alle Sünden genugtuende Leiden Christi gerechtfertigt ist (Rechtfertigungslehre). Luther betont gegenüber dem aristotelisch geprägten substantiellen Verständnis der Seele deren relationalen Charakter, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass die Seele ihre Lebenskraft nicht aus sich selbst hat, sondern nur aus ihrer Beziehung zu Gott. Lediglich als ein der Anrede Gottes korrespondierendes Organ kann die Seele demnach Unsterblichkeit verkörpern, denn mit wem Gott redet, der ist nach Luther unsterblich.180 Luthers dezidiert biblische Orientierung lässt auch zum Tragen kommen, dass die neutestamentliche Rede vom „geistlichen“ und „fleischlichen“ Sein nicht einfach der Trennung von Leib und Seele entspricht, sondern jeweils den ganzen Menschen in Bezug auf seine Gottesbeziehung meint. Es geht um das, woran der Mensch sein Herz hängt, um das „Trachten des Herzens“ (Gen 6,5), um den Geist, der den Menschen im Innersten bewegt: „Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ (Röm 8,14) Deshalb betrifft die Gott zugewandte oder Gott abgewandte Orientierung des Menschen nach Luther immer den ganzen Menschen, so dass auch der Tod den Menschen als Ganzen betrifft, wobei die belebende Kraft des Geistes Gottes durch den Tod tragen kann. Das Problem des Zwischenzustands erledigt sich für Luther durch die Auffassung vom Seelenschlaf, nach der die Seelen im Tod einschlafen und am jüngsten Tag aufwachen. Dieser Schlaf sei nur als Augenblick zu betrachten, weil mit dem Tod die Dimension des Jenseits eintrete, in der unsere Zeitkategorien angesichts der Ewigkeit nicht mehr von Bedeutung sind. In Konzentration auf diejenigen biblischen Aussagen, welche die Relevanz der Ganzheit des Menschen angesichts des Todes hervorheben, setzte sich in der evangelischen Theologie des 20. Jahrhunderts verbreitet die These vom Ganztod durch. Als jüngeres Beispiel kann Eberhard Jüngel genannt werden, der gegenüber jeglichen substantiellen Vorstellungen einer unsterblichen Seele deren Unsterblichkeit bestreitet, weil im Tod der ganze Mensch als leib-seelische Einheit sterbe 180 Vgl. WA 43;481,32–35.

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und nichts im Menschen die Kontinuität zur Ewigkeit verbürge. Deshalb sei die Auferstehung nur als neuschöpferisches Handeln Gottes angemessen zu verstehen. Aus dem Tod als Status der „Verhältnislosigkeit“ werde der Mensch durch die Teilhabe an Gottes Leben zur Verewigung seines gelebten Lebens geführt: „Unsere Person wird dann unsere offenbare Geschichte sein.“181 Bei aller berechtigten Erinnerung daran, dass der Mensch in sich selbst keine Qualität der Ewigkeit besitzt, da er diese nur in Relation zum Schöpfer erhalten kann, birgt Jüngels Ansatz doch einige Probleme. Das betrifft etwa die Frage, wie angesichts einer radikalen Neuschöpfung die Kontinuität zwischen gestorbenem und auferstandenem Menschen wirklich darstellbar ist. Es stellt sich auch die Frage, ob Gottes Lebensverheißung, die über den Tod hinausgeht, die Rede von völliger Verhältnislosigkeit im Tod rechtfertigt. Nicht zuletzt bleibt im Blick auf das Postulat der Verewigung des gelebten Lebens zu fragen, ob ewiges Leben in erster Linie auf die Vergangenheit zu beziehen ist. Angesichts solcher Fragestellungen, die in den nachfolgend dargelegten Konzeptionen aufgegriffen werden, finden sich gegenwärtig in der evangelischen Theologie wieder Ansätze, welche die Unterschiedenheit von Seele und Körper hinsichtlich des Todes stärker in den Blick nehmen. So sieht Christof Gestrich in dem Umstand, dass vom leiblichen Tod auch die Seele betroffen ist, keine Veranlassung für eine Gleichsetzung beider Dimensionen, da die Seele den leiblichen Tod insofern überrage, als sie auf das Ziel der Vollendung jenseits der endlichen Existenz ausgerichtet sei. Denn der Mensch befinde sich mit Tod, Auferstehung und Endgericht in einem Prozess auf dem Weg zur Vollendung durch Gott.182 Hierzu könnte auch die Zeit des Zwischenzustands dienen. In der Dogmatik von Wilfried Joest wird die „Ganztodthese“ mit ihrer Betonung der radikalen Neuschöpfung besonders dahingehend problematisiert, dass sie der Wahrung der personalen Identität beim Übergang vom irdischen zum ewigen Leben kaum gerecht werde: „Gott ruft denselben Menschen, den er als Individuum geschaffen hat, aus dem Tod in ein neues Leben. Er führt seine Geschichte weiter, durch das Gericht hindurch hin zur Vollendung.“183 Mit dem Hinweis auf die Weiterführung der „Geschichte“ ist implizit auch Jüngels vergangenheitsorientierte Konzentration auf die Verewigung des gelebten Lebens kritisiert. Gottes Wort der Treue wird als Garant für die Identität und Kontinuität eines jeden Lebensweges hervorgehoben. Denn für jeden einzelnen Menschen dürfe man darauf vertrauen, dass er „von Gott her einen Namen empfangen hat und bei diesem Namen auch aus dem Tod herausgerufen und zur Verantwortung vor Gott gerufen wird. Verstehen wir die Seele als das der Anrede des Schöpfers korrespondierende Organ, so können wir ihr durchaus Unsterblichkeit zuerkennen. […] Sie hat ihre relative, in Gottes schöpferischem Wirken begründete Beständigkeit. In dieser Bezogenheit erleidet sie den Tod, wird sie 181 E. Jüngel: Tod, S. 152; vgl. ebd. S. 145ff. 182 Vgl. C. Gestrich: Seele, S. 154ff. 183 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 264. (Joests Dogmatik wurde von J. von Lüpke überarbeitet und aktualisiert.)

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aber auch durch den Tod hindurchgetragen.“184 Hinsichtlich des Zwischenzustands wird in Anlehnung an Luther darauf ver­wiesen, dass die Zeit durch den Tod in das Ziel der Ewigkeit übergeht, weshalb die Sterbestunden der einzelnen Menschen und der Jüngste Tag vor Gott zu einem Augenblick werden. Wilfried Härle kritisiert an Jüngels Auffassung vom Tod als „totaler Verhältnislosigkeit“, dass Beziehungen bzw. Verhältnisse nicht nur vom sterbenden Menschen auf andere ausgehen, sondern auch von anderen auf ihn. Wenn also die aktiven Beziehungen des Sterbenden im Tod enden, ist ihm dennoch zugesagt, dass Gottes Beziehung zu ihm nicht aufhört, was etwa im trauernden Gedenken auch für die Mitmenschen gilt. Indem der Tod so zwar das Ende der aktiven Möglichkeiten des Menschen bedeutet, ihn aber in einen Zustand reiner Passivität versetzt, gilt Sterben als „Prozeß, in dem ein Mensch alle seine aktiven Möglichkeiten losläßt oder sie ihm entrissen werden“185. Damit weist der Tod nach Härle eine deutliche Nähe zum Glauben und zur Liebe auf: Die mit dem Tod gegebene Herausforderung, alles loszulassen, entspricht der Liebe als selbstvergessener Hingabe, im glaubenden „Vertrauen darauf, daß gerade darin sich als tragfähig erweist, was Menschen nicht festhalten (können). […] Daß darin die Liebe den Tod überwindet, ist die eschatologische Antithese zu der Vermutung des Unglaubens, daß der Tod das letzte Wort behalte“186. Hinsichtlich der Frage nach der Identität zwischen irdischem und ewigem Leben betont Härle unter Verweis auf das Bild vom sich wandelnden Samenkorn in I Kor 15 die Gleichzeitigkeit von Kontinuität und Diskontinuität. Das werde auch durch die Rede vom „geistlichen Leib“ bei Paulus deutlich: „Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“ (I Kor 15,44) Weil der in den Menschen wohnende Geist Gottes den sterblichen Leib lebendig mache (Röm 8,11), sei der Heilige Geist das Lebensprinzip, welches die Verwandlung des irdischen Leibes (der sich Gott verweigern kann) in den geistlichen Leib vollzieht, und zwar als Einfügung in die vollkommene Gemeinschaft der Liebe Gottes. So verankert Härle das von Gott gewährte und durch den Tod tragende Lebensprinzip direkt in der Gotteslehre, indem er es mit dem Heiligen Geist identifiziert: In der Teilhabe am Heiligen Geist besteht das mit Gott verbindende und so im Tod durchhaltende Lebensprinzip als Voraussetzung für die Auferstehung. Wie der schöpferische Geist die Erschaffung der Menschen ermöglichte und der versöhnende Geist die Neuschöpfung der Menschen zu Kindern Gottes bewirkte, so vollzieht der erlösende Geist die Vollendung in der Herrlichkeit Gottes.187 3.3.2 Leibliche Auferstehung und Jüngstes Gericht Die hier ausgeführten Zusammenhänge lassen bereits erkennen, dass das biblische Zeugnis von der leiblichen Auferstehung am Jüngsten Tag nicht als Polarität von 184 Ebd., S. 281f. Zum Zwischenzustand vgl. ebd., S. 279f. 185 W. Härle: Dogmatik, S. 652. 186 Ebd., S. 652f. 187 Vgl. ebd., S. 653–655.

3. Gott, der Vollender

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„Vernichtung des irdischen Lebens“ und „völliger Neuschöpfung“ zu verstehen ist, sondern als Verwandlung (z.B. I Kor 15,50ff.; II Kor 5,1ff.). Hinsichtlich der Frage, wie die Toten auferstehen und was für einen Auferstehungsleib sie erhalten (I Kor 15,35), stellt Paulus heraus, dass der natürliche Leib der Glaubenden in einen geistlichen Leib verwandelt wird (I Kor 15,44) und das Sterbliche Unsterblichkeit anzieht, damit der Tod besiegt ist (I Kor 15,50–54). Die „irdische Hütte“ wird abgebrochen und die Glaubenden werden mit einem ewigen Haus im Himmel überkleidet, so dass das Sterbliche vom Leben verschlungen wird (II Kor 5,1–4). „Der uns aber dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat.“ (II Kor 5,5) Im Heiligen Geist dürfen die Glaubenden jetzt schon die Wahrhaftigkeit der begründeten Hoffnung auf diese Lebensverheißung erfahren, die in einem „neuen Himmel und einer neuen Erde“ zur Geltung kommen wird, wo es keinen Tod, kein Leiden und keine Schmerzen mehr geben wird und der Mensch in unmittelbarer Gemeinschaft mit Gott lebt (Apk 21,1–4). Da im Neuen Testament mit „Leib“ (griech. soma) nicht nur der Körper gemeint ist, sondern auch die konkrete Person, beinhaltet die leibliche Auferstehung die personale Identität der Auferweckten, zumal mit der Leiblichkeit die kommunikativen Möglichkeiten des Menschen verbunden werden. „Wenn nun Personalität durch Sein-in-Beziehung gekennzeichnet ist […], dann bedeutet der Begriff der leiblichen Auferstehung, dass Gott eschatisch das Beziehungsgefüge der gestorbenen Person wieder aufleben lässt […]. Dazu gehört, dass die Person […] nicht nur mit Christus und den anderen beiden trinitarischen Personen in Beziehung steht, sondern auch mit Personen, die ihre Identität im Laufe ihrer Lebensgeschichte […] mitgestaltet haben“188. Mit der Wiederkunft Jesu Christi (Parusie) am Jüngsten Tag verbindet das biblische Zeugnis neben dem Ende der Welt und der leiblichen Auferstehung der Toten auch das Jüngste Gericht (z.B. Mt 25,31–46; II Tim 4,1; Joh 5,22). Die altkirchlichen Bekenntnisse weisen in Entsprechung zu diesen biblischen Aussagen darauf hin, dass Jesus Christus von der Rechten des Vaters kommen wird, „zu richten die Lebenden und die Toten“. Darüber hinaus verweist das alt- und neutestamentliche Zeugnis auch in anderen Zusammenhängen vielfach auf das Endgericht (z.B. I Sam 2,10; Jes 2,4; Röm 2,5; I Kor 3,12–15; I Petr 4,5; Apk 20,11–15). Deshalb gehört die „Rede vom Jüngsten, also letzten, endgültigen Gericht […] zum Wesen des christlichen Glaubens“189. Für die altprotestantische Orthodoxie gelangen die Glaubenden mit dem leiblichen Tod in die Geborgenheit Gottes (Zwischenzustand), während die anderen weiterhin vom geistlichen Tod (Geschiedensein von Gott) bestimmt sind. Denn nach dem Johannes-Evangelium ist der Glaubende grundsätzlich schon durch das Gericht hindurchgedrungen, während die Nicht-Glaubenden grundsätzlich schon gerichtet sind (Joh 3,18; 5,24). Deshalb ergehe schon im Tode ein vorläufiges Gericht (lat. iudicium particulare) und 188 M. Mühling: Grundinformation, S. 259. 189 W. Härle: Dogmatik, S. 658.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

später im Jüngsten Gericht das für alle gleichzeitige und öffentliche Gericht (lat. iudicium universale et publicum), woraufhin die Erlösten dann in die beseligende Schau Gottes (lat. visio Dei beatifica) bzw. in seine ewige Gemeinschaft eingehen und die anderen in die ewige Verlorenheit. Dieser biblisch mehrfach bezeugte doppelte Ausgang des Gerichts (z.B. Mt 25,31–46) wird angesichts der Liebe Gottes des Öfteren danach befragt, wie er zu verstehen ist und ob Gott letztlich wirklich Menschen verloren gehen lässt. Einige wenige Theologen haben in der Kirchengeschichte diesbezüglich die These der „Allversöhnung“ bzw. der „Wiederherstellung aller“ (griech. apokatastasis pantôn) in vager Anlehnung an Act 3,21 vertreten. Bis heute findet die Theorie Anhänger, aber sie wurde und wird im Allgemeinen von den verschiedenen kirchlichen Traditionen abgelehnt. Als Ablehnungsgrund kommt neben dem Verweis auf das biblische Zeugnis etwa zur Sprache, dass bei einer Allversöhnung der Heilsweg des Evangeliums keine maßgebliche Rolle mehr spiele, das geschichtlich-ethische Leben bzw. Glaubensleben vergleichgültigt werde und das Leiden der Opfer an Belang verliere. Die Befürworter der Allversöhnung hingegen sehen im Kommen Christi als Richter eine Infragestellung des doppelten Ausgangs, weil Christus sich für alle Menschen hingegeben habe. Zunächst ist es natürlich für die an Christus Glaubenden tröstlich zu wissen, dass sich das Jüngste Gericht mit der Wiederkunft Christi verbindet und der Heiland und Erlöser der Richter ist, der am Kreuz selbst das Gericht über die Sünder auf sich genommen hat, so dass seine selbstlose Liebe das Gericht bestimmt. Dabei bleibt aber zu bedenken, „dass Gottes Liebe nichts zu tun haben kann mit tolerantem Gewährenlassen dessen, was ihr widersteht. Gerade weil sie Menschen gewinnen will, kämpft sie gegen die Macht der Sünde“, damit die Menschen in der Gemeinschaft der Liebe Gottes leben können, statt sich und ihre Mitwelt in Selbstbehauptung zu zerstören. „In dieser Hinsicht ist eine letzte Unvereinbarkeit, eine unversöhnliche Zweiheit zu behaupten.“190 Im Gericht sehen sich die Menschen nicht mit einem strafenden und zornigen Gott konfrontiert, sondern mit der Liebe Gottes, welche die Wahrheit verfehlten Lebens ebenso aufdecken möchte wie die Wahrheit angenommenen und gelungenen Lebens (Mt 25,31–46; I Kor 4,1–5). Deshalb gilt das Jüngste Gericht allen, denn nach Paulus „müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat zu Lebzeiten, es sei gut oder böse“ (II Kor 5,10). Weil Christus der Richter ist, handelt es sich um ein „Gericht nach dem Glauben“, und nur im Blick auf die Werke der Glaubenden als Früchte des Geistes ist es ein „Gericht nach den Werken“, das auch die Werke des Unglaubens betrifft. Das Gleichnis vom Weltgericht in Mt 25,31ff. zeigt, dass es dabei um die Aufdeckung der Verborgenheit des Menschen vor sich selbst, vor der Welt und vor Gott geht – und damit um die Aufdeckung der Wahrheit des gelebten Lebens. So werden die Glaubenden nach Mt 25 ebenso überrascht sein über die guten Werke des Glaubens 190 W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik II, S. 286f.

3. Gott, der Vollender

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wie die Ungläubigen über die bösen Werke der Selbstbehauptung. Zu welchem Zeitpunkt es Gott noch gelingen kann, Menschen in seine Gemeinschaft zu ziehen, entzieht sich menschlicher Kenntnis, was etwa auch die Frage nach den Menschen betrifft, die vor Christus gelebt haben. Die Aussage des Apostolikums „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ lässt erahnen, welche Möglichkeiten Gott hat. „Aber wir können auch die Möglichkeit nicht ausschließen, dass ein Mensch, dem Christus begegnet ist, den das Evangelium erreicht und getroffen hat, sich gegen den Ruf der Liebe Gottes verschließt, weil er von ihr nicht leben will, darin beharrt bis an sein Ende und sich so selbst zur ‚Linken‘ des Richters stellt.“191 Wenn auch gilt, dass Gott will, dass allen Menschen geholfen werde (I Tim 2,4), und wenn auch eine Über­macht der Gnade Gottes gegenüber der Sünde vorherrscht (Röm 5,18–20), so bleibt doch die Möglichkeit einer letztgültigen Verweigerung des Menschen gegenüber Gott bestehen – aufgrund der zur Liebe gehörenden Freiheit. Daher ist eine definitive Aussage über das Endgeschick aller Menschen nicht möglich, weil nur Gott deren Geschick kennt. Abrahams Glaube an Gott, „der die Toten lebendig macht“, lässt Abraham nach Paulus zum Vater der aus Glauben Gerechtfertigten werden (Röm 4,17). Im Johannes-Evangelium wird am Ende als zentraler Inhalt hervorgehoben, dass die Glaubenden in Jesus Christus das „Leben“ haben (Joh 20,31), unter der Zusage: „[…] ich lebe, und ihr sollt auch leben“ (Joh 14,19). „Dies ist die Summe des Evangeliums“192, weil mit dieser Lebenszusage die Verheißung der schöpfungsgemäßen Vollendung von Mensch und Kosmos verbunden ist. Literatur In Klammern erfolgt die Zuordnung zu den drei Glaubensartikeln. Barbour, Ian G.: Naturwissenschaft trifft Religion. Gegner, Fremde, Partner? Aus dem Englischen v. Regine Kather, Göttingen/Oakville (CT) 2010. [Erster Artikel] Bünker, Michael/Friedrich, Martin (Hg.): Gesetz und Evangelium. Eine Studie, auch im Blick auf die Entscheidungsfindung in ethischen Fragen. Law and Gospel. A study, also with reference to decision-making in ethical questions (= Leuenberger Texte 10), Frankfurt (M.) 2007. [Zweiter Artikel] Ebeling, Gerhard: Dogmatik des christlichen Glaubens, Bd. III, Tübingen 21983. [Dritter Artikel] Härle, Wilfried: Dogmatik, Berlin/Boston 42012. [Alle drei Artikel] Hüffmeier, Wilhelm (Hg.): Die Kirche Jesu Christi. Der reformatorische Beitrag zum ökumenischen Dialog über die kirchliche Einheit. The Church of Jesus Christ. The Contribution of the Reformation towards Ecumenical Dialogue on Church Unity (= Leuenberger Texte 1), Frankfurt (M.) 32001. [Dritter Artikel] 191 Ebd., S. 289. Vgl. insgesamt W. Härle: Dogmatik, S. 660f., und C.H. Ratschow: Art. „Eschatologie VIII“, S. 356–358. 192 R. Feldmeier/H. Spieckermann: Gott, S. 534. Vgl. ebd., S. 524.

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X.  Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses

Joest, Wilfried/Lüpke, Johannes von: Dogmatik I: Die Wirklichkeit Gottes, Dogmatik II: Der Weg Gottes mit dem Menschen, Göttingen 52010. [Alle drei Artikel] Kessler, Hans: Christologie, in: Schneider, Theodor (Hg.): Handbuch der Dogmatik, Bd. 1, Düsseldorf 42009, S. 241–442. [Zweiter Artikel] Kessler, Hans: Evolution und Schöpfung in neuer Sicht, Kevelaer 2009. [Erster Artikel] Kropač, Ulrich: Naturwissenschaft und Theologie – historische Aspekte und Perspektiven eines problematischen Verhältnisses, in: Schwarz, Hans (Hg.): Glaube und Denken. Jahrbuch der Karl-Heim-Gesellschaft (12. Jgg. 1999), Frankfurt (M.) 1999, S. 155–187. [Erster Artikel] Mühling, Markus: Grundinformation Eschatologie. Systematische Theologie aus der Perspektive der Hoffnung, Göttingen 2007. [Dritter Artikel] Pannenberg, Wolfhart: Systematische Theologie, Bd. 2, Göttingen 1991. [Erster Artikel] Polkinghorne, John: Theologie und Naturwissenschaft. Eine Einführung. Aus dem Englischen von Gregor Etzelmüller, Gütersloh 2001. [Erster Artikel] Rommel, Herbert: Mensch – Leid – Gott. Einführung in die Theodizee-Frage und ihre Didaktik, Paderborn 2011. [Zweiter Artikel] Rothgangel, Martin: Naturwissenschaft und Theologie. Wissenschaftstheoretische Gesichtspunkte im Horizont religionspädagogischer Überlegungen (= ARPäd 15), Göttingen 1999. [Erster Artikel]

XI. Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis – in ökumenischer Perspektive

Der Zusammenhang zwischen der trinitarischen Gemeinschaft Gottes und der Gemeinschaft der Glaubenden, der aus den vielfältigen Verbindungen der Glaubenden mit Vater, Sohn und Heiligem Geist resultiert, trat bereits anhand des biblischen Zeugnisses (siehe Kap. III,1) und des altkirchlichen Trinitäts- und Kirchenverständnisses (siehe Kap. III,3.2.1 u. III,3.3) deutlich hervor. Vor diesem Hintergrund konnte an den weiteren kirchengeschichtlichen Entwicklungen gezeigt werden, dass trinitätstheologische Engführungen, die mit unterschiedlichen Mentalitäten und entsprechenden offenbarungstheologischen Prioritäten einhergingen, Einseitigkeiten im Kirchenverständnis hervorriefen (siehe Kap. IV,1 u. 2). Die verschiedenen kirchlichen Traditionen sind bis heute von diesen Entwicklungen betroffen. Bevor das an aktuellen Konzeptionen der drei großen konfessionellen Strömungen gezeigt wird, soll noch an einige grundlegende Aspekte des wesensmäßigen Zusammenhangs von trinitarischer und kirchlicher Gemeinschaft erinnert werden. 1. Der wesensmäßige Zusammenhang von Trinitäts- und Kirchenverständnis Die Gemeinschaft der Glaubenden ist durch ihre vielfältigen Verbindungen zu den trinitarischen Personen sowie durch Gottes Einwohnung in der Welt von den Strukturen der trinitarischen Gemeinschaft geprägt. Es handelt sich jedoch lediglich um eine analoge Entsprechung zur trinitarischen Einheit in Vielfalt, weil nur in Gott die Gleichzeitigkeit von inner- und zwischenpersonaler Dimension bzw. von Einheit und Dreiheit existiert. Deshalb besteht bis heute die Gefahr, Gott auf eine der beiden Dimensionen zu reduzieren und ekklesiologisch zu vereinnahmen.

Aufgrund ihres Verhältnisses zu Vater, Sohn und Heiligem Geist ist die Gemeinschaft der Glaubenden durch die trinitarische Gemeinschaft Gottes geprägt, was das neutestamentliche Zeugnis durchgehend erkennen lässt. Denn in der Inkarnation des Sohnes Gottes und der Vergegenwärtigung seines Heilswerks durch den Heiligen Geist zur Vollendung des Schöpfungsziels des Vaters manifestiert sich der Bezug zwischen Kirche und Trinität. So leitet die paulinische Tradition das Wesen kirchlicher Gemeinschaft aus der „Wirk­einheit“ von Vater, Sohn und Heiligem Geist ab (vgl. z.B. Eph 4,4–6) und verankert die kirchliche Einheit in Vielfalt in der

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XI.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis

trinitarischen Einheit in Vielfalt: „Es sind ver­schiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.“ (I Kor 12,4­–6) Die johanneische Tradition verbindet die Qualität kirchlicher Gemeinschaft dezidiert mit der innertrinitarischen Gemeinschaft: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien“ (Joh 17,21–23). Im Kontext dieser Verse tritt hervor, dass sich die analoge trinitarische und kirchliche Einheit durch das Wirken des Heiligen Geistes vollzieht – sowohl innerhalb der trinitarischen als auch der kirchlichen Gemeinschaft. Deshalb wird in allen kirchlichen Traditionen der ekklesiologische Stellenwert dieser johanneischen Aussagen betont: „Was Kirche ist, wird hier in letzter Tiefe ausgesprochen: sie nimmt teil am Sein und Leben des dreieinigen Gottes“1. So führt die Taufe auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28,18–20 – synoptische Tradition) als christliche Initiation die Glaubenden in die vertikale Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott und die von ihm geprägte horizontale Gemeinschaft aller Glaubenden ein, weshalb die Kirche von der Trinität als von einer sie selbst bestimmenden Wirklichkeit reden muss2, was im gesamten neutestamentlichen Zeugnis hervortritt (siehe Kap. III,1.2). Auf diesen wesensmäßigen Zusammenhang verweisen auch die altkirchlichen Bekenntnisse durch ihre heilsgeschichtlich begründete Verankerung der Kirche im Dritten Artikel. Denn in ihm gehen die Erlösung durch Jesus Christus und ihre Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist im Kontext des Schöpfungswerkes des Vaters ineinander über und bilden so die Grundlage der Gemeinschaft der Glaubenden. Auch hier kommt zum Tragen, dass Wesen und Gestalt der Kirche in unauflöslicher Verbindung mit dem Verhältnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist stehen. Die damit gegebene Notwendigkeit der Bezugnahme auf den Zusammenhang von Trinität und kirchlicher Gemeinschaft ergibt sich ferner aus der heilsgeschichtlichen Einwohnung Gottes in der Welt. Als Ort der Möglichkeit dieser Einwohnung und als Gottes Schöpfung weist die Welt Spuren der Trinität auf (lat. vestigia trinitatis), und zwar als gebrochene kreatürliche Ent­spre­chun­gen zum trinitarischen Geheimnis Gottes. Letzteres bedeutet unter Berücksichtigung des „Wie“ („…du, Vater, in mir bist…“) aus Joh 17,21–23, dass lediglich eine Analogie zwischen trinitarischen und kirchlichen Strukturen besteht. Das wurde schon bei den Bemühungen der Kirchenväter deutlich, analoge weltliche Entsprechungen zum trinitarischen Wesen Gottes zu finden. Westliche Kirchenväter wie Augustin, die mehr rational-deduktiv dachten, bezogen sich mit der psychologischen Analogie auf die geistige Selbstentfaltung des Menschen (etwa im Zusammenspiel von Gedächtnis, Einsicht und Wille) und betonten damit die inner- bzw. intrapersonale 1 2

H.-J. Lauter: Kirche, S. 331. Vgl. M. Volf: Trinität, S. 186, und M. Haudel: Taufe.

2. Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis

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Dimension Gottes bzw. seine Einheit, von der sie die Dreiheit ableiteten (deduzierten). Östliche Kirchenväter mit ihrer morgenländisch-induktiven Denkweise hoben hingegen durch die soziale Analogie (Ge­meinschaft der Familie) die zwischen- bzw. interpersonale Dimension bzw. die göttliche Dreiheit hervor, so dass sie von den einzelnen Personen ausgehend die Einheit induzierten. (Siehe Kap. III,3.2.2 u. Kap. IV.) Weil jedoch in Gott beide Dimensionen gleichzeitig und identisch sind, nämlich die interpersonale Beziehung zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist und die intrapersonale Einheit des einen Gottes, besteht in Gott die Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension, was die jeweiligen Analogien nur annähernd abbilden konnten und was in der Welt so nicht zu finden ist. Während Gott auf diese Weise die vollkommene Gemeinschaft der Liebe in sich selbst verkörpert, bedarf der an dieser Liebe Anteil habende Mensch in seiner intrapersonalen Individualität der Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen, um in interpersonaler Gemeinschaft leben zu können. (Siehe Kap. VIII u. IX.) Aufgrund des menschlichen Erfahrungshorizontes gab es von Anfang an die Versuchung, das trinitarische Wesen Gottes einseitig auf eine der beiden Dimensionen zu reduzieren. Die neunizänische Trinitätslehre, die sich im Bekenntnis von 381 niederschlug, brachte das biblische Paradoxon der Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension des dreieinigen Gottes – wie in Kapitel III,3.2 u. 3.3 gezeigt – angemessen zur Darstellung, während im Verlauf der weiteren Kirchengeschichte in West und Ost einseitige Reduktionen der trinitarischen Wesensstruktur erfolgten (siehe Kap. IV). Dadurch wurde die Identifizierung göttlicher Strukturen mit kirchlichen intra- oder interpersonalen Strukturen möglich – und somit die ekklesiologische Vereinnahmung Gottes. Bis heute lassen viele trinitätstheologische Ansätze im Kontext dieser Entwicklungen solche einseitigen Reduktionen mit entsprechenden ekklesiologischen Konsequenzen erkennen. Das soll jetzt exemplarisch an drei Beispielen aus der römisch-katholi­ schen, der protestantischen und der orthodoxen Tradition gezeigt werden. 2. Der Zusammenhang von Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis An zeitgenössischen theologischen Konzeptionen aus der römisch-katholischen (J. Ratzinger), protestantischen (M. Volf) und orthodoxen (I.D. Zizioulas) Tradition erweist sich der nach wie vor bestehende Zusammenhang von offenbarungstheologischen, trinitätstheologischen und ekklesiologischen Einseitigkeiten. Dabei entspricht das monistisch-hierarchische Trinitäts- und Kirchenverständnis Ratzingers grundsätzlichen römisch-katholischen Engführungen, während das partikularistisch-egalitäre Verständnis Volfs protestantische Einseitigkeiten widerspiegelt und die episkopal-eucharistische Orientierung Zizioulas’ von orthodoxen Engführungen geprägt ist. Zugleich offenbaren die Ansätze aber auch innerkonfessionelle Differenzen.

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XI.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis

2.1 Römisch-katholisches Beispiel: Joseph Ratzinger Joseph Ratzingers bewusst trinitarisch konzipierte Ekklesiologie, die aufgrund seiner Ämter als Leiter der römischen Glaubenskongregation und später als Papst Benedikt XVI. große wirkungsgeschichtliche Bedeutung erhielt, korrespondiert vom Grundsatz her mit den westkirchlichen Engführungen im Trinitäts- und Kirchenverständnis. In Kapitel IV,1 wurde bereits ausführlich dargelegt, wie die abendländisch-rationale Denkweise in der Westkirche eine Konzentration auf die Einheit des dreieinigen Gottes hervorrief, die auf etlichen offenbarungs- und trinitätstheologischen Engführungen beruhte. So kam es zur rationalen Nivellierung des Unterschieds zwischen den innertrinitarischen Ursprungsbeziehungen (Zeugung des Sohnes, Hervorgang des Geistes) und den ewigen Existenzbeziehungen auf der Ebene des trinitarischen Seins (z.B. Ruhen des Geistes im Sohn), wodurch die jeweiligen Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen zurücktraten, zugunsten einer Fixierung auf die intrapersonale Einheit Gottes. Weil die Beziehung des Geistes zum Sohn (z.B. Ausstrahlen aus dem Sohn) daher auch als Ursprungsbeziehung missverstanden werden konnte, erschien der Geist vornehmlich als Gabe von Vater und Sohn (zugespitzte Filioque-Tradition) und kaum noch als eigenständiger Geber der Charismen der einzelnen Glaubenden oder als Gegenüber der Kirche. Deshalb entstand in der römisch-katholischen Kirche die Gefahr, in Entsprechung zu einer einseitigen trinitätstheologischen Sendungslinie (Vater – Sohn – Geist) ein hierarchisch-zentra­listi­sches Kirchenverständnis zu entwickeln (Vater – Christus – Amt – Laien).3 Wie der Heilige Geist in der intrapersonalen göttlichen Einheit als Gabe und Relation gesehen wurde, so galt er analog als eine der Ganzheit der Kirche inhärente Gabe, die man daher primär an das Amt als dem Garanten der Einheit band, wodurch die Charismen der Glaubenden ebenso zurücktraten wie die kirchenkritische Funktion des Heiligen Geistes. Aus der auf die Einheit fixierten Trinitätslehre resultierte zugleich die analoge Vorordnung der Universalkirche, was mit dem gezeigten Verständnis des Heiligen Geistes korrelierte. Diese Tendenzen kommen grundsätzlich auch in Joseph Ratzingers Zuordnung von Trinitäts- und Kirchenverständnis zum Tragen, die ein aktuelles Beispiel dafür bietet, wie sich eine einseitig intrapersonal-monistisch orientierte Trinitätslehre in einem monistisch-hierarchischen Kirchenverständnis widerspiegelt. Ratzinger gelangt zu einer undifferenzierten Identifikation von Christus und römischer Universalkirche, wobei die notwendige Vergegenwärtigung Christi durch den Heiligen Geist gleichermaßen vernachlässigt wird wie die Ortskirchen und die einzelnen Glaubenden. Eigentlich wollte Ratzinger wie das Zweite Vatikanische Konzil gegenüber der neuscholastischen Tendenz, Christus und Kirche im mystischen Leib Christi zu identifizieren (Enzyklika „Mystici Corporis“ 1943), 3

Das bezeichnet der katholische Theologe Gisbert Greshake selbstkritisch als „mindestens seit dem 2. Jahrtausend“ bestehendes defizitäres „Normbild der römischen Ekklesiologie“ (G. Greshake: Gott, S. 420).

2. Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis

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ein der trinitarischen Gemeinschaft (lat. communio) entsprechendes Verständnis von Kirche als Gemeinschaft entwickeln (Communio-Ekklesiologie). Dass ihm das aufgrund seiner Charakterisierung der trinitarischen Gemeinschaft – im Unterschied zum Konzil – nicht gelungen ist, liegt zunächst an seinen hermeneutischen Prioritäten bzw. Prämissen. Während Ratzinger zur Zeit des Konzils noch die traditionskritische Funktion der Schrift und die biblisch-heilsge­schichtlich erfahrbare Trinität be­tont hatte4, erhielt später zunehmend die Kirche als Trägerin von Tradition und Überlieferung hermeneutische Priorität und die biblisch-heils­ geschichtliche Ausrichtung wurde von Tendenzen negativer Theologie und idealistischer Philosophie überlagert. Der Rückgriff auf Hegels Verständnis der Selbstentfaltung des Geistes bewirkte die Reduktion auf die intrapersonale Dimension Gottes (psychologische Analogie). Das ging mit Ratzingers Interpretation von Augustins relationalem Personbegriff (lat. persona est relatio: Person ist Relation) einher, den er als reine Aktwirklichkeit in totaler Relationalität versteht: Anders als bei Augustin geht der für die interpersonale Dimension notwendige Selbstand der Personen bei Ratzinger verloren, weil die Personalität der trinitarischen Personen als reine Relationalität von der Einheit der Substanz absorbiert wird – in Korrespondenz zur hegelschen Annahme, dass das Ich über das Nicht-mehr-Ich in einem größeren Ich aufgeht.5 Analog zu dieser rein intrapersonalen göttlichen Gemeinschaft (Communio) verkörpert die Gemeinschaft bzw. Communio der Kirche mit Christus ein einziges korporatives Subjekt, in dem die einzelnen Glaubenden und ihr Glaube rein relational aufgehen bzw. absorbiert werden: „Die Kirche ist das neue und größere Subjekt“, in dem sich der Glaube vollzieht, weshalb dem hegelschen Idealismus gemäß „die Wende vom Ich zum Nicht-mehr-Ich vollzogen“6 werden muss. Man soll dem Subjekt Kirche seinen Glauben überlassen, weil das glaubende Ich „ein kollektives Ich ist, das Ich der glaubenden Kirche, dem das einzelne Ich zugehört“7. So geht der Selbstand der Glaubenden im kollektiven „Ich“ der Kirche ebenso verloren wie der Selbstand der trinitarischen Personen in der göttlichen Einheit.8 Entsprechendes gilt für das Verhältnis von Universal- und Ortskirche: Wie die trinitarischen Personen rein relational und ohne Selbstand in der intrapersonalen Einheit der göttlichen Substanz aufgehen, gehen die Ortskirchen in dem universalkirchlichen Subjekt auf, das den Ortskirchen zeitlich und ontologisch vor­ geordnet wird9 und dem der Heilige Geist in Anlehnung an die zugespitzte Filioque-Tradition als Einheitsgabe inhärent zu sein scheint. Denn weil der Geist 4 5 6 7 8 9

Vgl. J. Ratzinger: Dogmatische Konstitution, S. 519f., 524f., 577. Zur idealistischen Prägung des trinitarischen Personbegriffs bei Ratzinger vgl. ders.: Einführung, S. 141–150. Ders.: Theologie, S. 523, 525. Ders.: Prinzipienlehre, S. 23. Solche Hinweise gibt Ratzinger z.B. ebd., S. 38. Entsprechende Formulierungen in den restriktiven Verlautbarungen der Glaubenskongregation finden sich z.B. wörtlich bei J. Ratzinger: Gemeinschaft, S. 41.

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XI.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis

lediglich als unspezifisches Produkt von Vater und Sohn sowie als deren Einheit qualifiziert wird, ist er analog nur noch mit dem ganzen Leib Christi zu haben. Seine Anbindung an das die Einheit garantierende Amt sorgt mit der trinitätstheologischen Unterordnung unter den Sohn für das oben genannte vertikalabsteigende Hierarchie-Gefälle (Vater – Christus – Amt – Laien), das sich mit dem korporativ-monistischen Kirchenverständnis verbindet.10 Aufgrund der monistischen Trinitätslehre Ratzingers, die auch umgekehrt von seiner ekklesiologischen Orientierung an der Universalkirche beeinflusst wird, findet Ratzinger zu einem entsprechend monistisch-hierarchischen Kirchenverständnis mit erneuter Betonung der päpstlichen Autorität. Demgegenüber hatte das Zweite Vatikanische Konzil im Rückgriff auf die altkirchliche Trinitätslehre auch die interpersonale Dimension und so die Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen erneut wahrgenommen, was zur analogen Betonung kirchlicher Einheit in Vielfalt führte: Die einzelnen Glaubenden wurden als Volk Gottes ebenso aufgewertet wie die Ortskirchen und die Bischöfe in ihrer Kollegialität. Diese Konzilstheologie greifen bis heute viele katholische Theologen auf (siehe Kap. VII,2.4), während die von Ratzingers Theologie geprägten Verlautbarungen der römischen Glaubenskongregation seit zwei Jahrzehnten in Abkehr von den Aufbrüchen des Konzils Ratzingers monistische Communio-Ekkle­siologie vorgeben.11 Trinitätstheologische Einseitigkeiten erweisen sich also nicht nur für ökumenische Grunddifferenzen als ursächlich, sondern auch für innerkonfessionelle Differenzen. 2.2 Protestantisches Beispiel: Miroslav Volf Der theologische Entwurf von Miroslav Volf bietet sich als Beispiel für den Zusammenhang von trinitätstheologischen und ekklesiologischen Einseitigkeiten im Protestantismus an, da Volf in seinem Buch „Trinität und Gemeinschaft“12 explizit auf diesen Zusammenhang eingeht. Dabei versucht er, sowohl ein hierarchisch-monistisches Kirchenverständis römisch-katholischer Prägung als auch individualistische Tendenzen im Protestantismus zu überwinden. Denn die mit den westkirchlichen Engführungen verbundene Reduktion des Heiligen Geistes auf seine Funktion als Gabe konnte in den evangelischen Kirchen bisweilen die primäre Zuordnung des Geistes zur Gnadenlehre bewirken, wodurch die Gefahr eines soteriologischen Individualismus mit entsprechender Vernachlässigung der Relevanz des Geistes für kirchliche Strukturen entstand. In Kapitel V,1 wurde bereits 10 Vgl. ders.: Heilige Geist, und insgesamt ders.: Gott; ders.: Kirche. – Zur detaillierten Analyse der hermeneutischen und trinitätstheologischen Prioritätensetzungen Ratzingers sowie des Verhältnisses seiner Trinitätslehre zu seinem Kirchenverständnis siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 336–366. Vgl. ders.: Gotteslehre/Perspektive, S. 248ff. 11 Zur Analyse des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Verlautbarungen der Glaubenskongregation siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 233ff., 359ff. 12 Siehe M. Volf: Trinität.

2. Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis

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dargelegt, dass Luther gegenüber der Betonung der intrapersonalen Einheit Gottes in der mittelalterlichen Kirche zwar noch auf die altkirchliche Trinitätslehre mit ihrer Wahrnehmung der intra- und interpersonalen Dimension Gottes zurückgegriffen hatte und auf diese Weise die Eigenständigkeit des Heiligen Geistes und dessen kirchenkritische Funktion als Gegenüber der Kirche neu zur Geltung bringen konnte, was maßgeblich zu seinem reformatorischen Kirchenverständnis beitrug. So konnte Luther unter Beachtung der Gaben, die der Heilige Geist als göttlicher Geber den Gläubigen direkt schenkt, dem mittelalterlichen Klerikalismus das Priestertum aller Glaubenden entgegenhalten. Aber die Bedeutung der eigenständigen Funktion des Heiligen Geistes trat im Protestantismus in Auseinandersetzung mit den sogenannten Schwärmern wieder in den Hintergrund. Gegenüber deren ausschließlicher Berufung auf den Geist hatte Luther hervorgehoben, dass der Heilige Geist der Geist Gottes und der Geist Christi bleibt und deshalb nie von seinen trinitarischen Anbindungen getrennt werden darf, da sich sonst vermeintliche eigene Geisterfahrungen unabhängig vom christologischen Maßstab in den Vordergrund schieben können. Das aufgrund dieser Entwicklungen zunehmende Verständnis des Geistes als Gnadengabe Christi für die jeweiligen Glaubenden beinhaltete die Gefahr entsprechender individualistischer Tendenzen. Solchen Tendenzen erliegt auch Miroslav Volf trotz seines Versuchs ihrer Überwindung, weil er aufgrund hermeneutischer Defizite zu trinitätstheologisch geprägten Einseitigkeiten im Kirchenverständnis gelangt. Wie Ratzinger und der im nächsten Abschnitt vorgestellte orthodoxe Theologe Ioannis D. Zizioulas (Kap. XI,2.3) richtet Volf die heilsgeschichtliche Erkenntnis der Selbsterschließung des dreieinigen Gottes nicht konsequent am biblischen und altkirchlichen Zeugnis aus, sondern überlagert die biblisch-heilsgeschichtliche Orientierung durch philosophische und ekklesiologische Prämissen. Bei Volf treten die historisch-offenbarungstheologischen Kriterien aufgrund seiner eschatologisch und sozialphilosophisch geprägten Hermeneutik in den Hintergrund. Indem er jedoch zumindest grundsätzlich die heilsgeschichtlich erfahrbare Trinität beachtet, kann er die gegenseitigen Beziehungen auf der innertrinitarischen Existenzebene wahrnehmen. So vermag er die gleichursprüngliche Perichorese (gegenseitige Durchdringung) von Vater, Sohn und Heiligem Geist mit deren jeweiligen Eigentümlichkeiten bzw. deren Selbstand zu erkennen, was analog sowohl individualistischen (nur Selbstand) als auch korporativen (nur Perichorese) ekklesiologischen Engführungen entgegensteht. Aber Volf bewertet die weitere Entwicklung der Kirchengeschichte einseitig als Hinführung zu kongregationalistischen Strukturen (Ortsgemeinden), weil er das eschatologische Ziel der Kirche mit Hilfe der soziologischen Theorie Niklas Luhmanns charakterisiert, nach der sich in der Geschichte fortschreitend eigendynamische Teilsysteme bilden.13 Diese Perspektive ergibt sich zugleich aus Volfs trinitätstheologischen Engführungen, welche aus einer selektiven Wahrnemung des 13 Vgl. ebd., S. 167ff., 191ff.; ders.: Church, S. 9–30.

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XI.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis

Schriftzeugnisses und der Kirchenväter resultieren. Das führt ihn unter Ausblendung der intrapersonalen Wesenseinheit Gottes zum Verständnis einer rein interpersonalen Perichorese der trinitarischen Personen, bei der die trinitarischen Spezifika der Ursprungsbeziehungen in den Hintergrund treten. Dadurch stehen die trinitarischen Personen nur als Aktzentren in Relation zueinander, während ihre Eigentümlichkeiten kaum noch spezifische Personalität ausdrücken, sondern der Egalität weichen.14 Volfs derart interpersonal-polyzentrisch und egalitär qualifiziertes Verständnis der Trinität spiegelt sich in einem symmetrischen und egalitären Kirchenverständnis wider, das in kongregationalistischer Ausrichtung an den Einzelgemeinden die verschiedenen Dimensionen kirchlicher Einheit vernachlässigt – analog zur Ausblendung der intrapersonalen Wesenseinheit Gottes. Entsprechend postuliert Volf die dezentrale Wechselseitigkeit aller Glaubenden, in der spezifische Ämter nicht als konstitutiv gelten und die Ordination zu einem rein lokalkirchlichen Akt gegenseitiger Anerkennung von Charismen wird.15 Das entspricht allerdings nicht dem Kirchenverständnis der reformatorischen Bekenntnisschriften und der Leuenberger Konkordie, wo das Predigtamt im Kontext des allgemeinen Priestertums als von Gott gestiftetes Grund­-Amt herausgestellt wird. Dieses Amt dient in Entsprechung zum worthaften und sakramentalen Handeln Gottes als Zeichen des göttlichen Gegenübers, damit deutlich ist, dass die Glaubenden Wort und Sakrament von Gott erhalten. Insofern als der Amtsträger im Namen des einen Christus handelt, dient das Amt auch der kirchlichen Einheit. Diese spezifische Funktion des Amtes und dessen Bedeutung für die Einheit hätte sich Volf deutlicher erschlossen, wenn er im Blick auf die Analogie von trinitarischer und ekklesiologischer Gemeinschaft die Spezifika der Ursprungsbeziehungen der trinitarischen Personen (spezifisches Amt) und deren intrapersonale Wesenseinheit (Einheit) ernster genommen hätte. So zeigt auch Volfs Konzeption, die die Tendenzen eines protestantischen Individualismus nicht überwindet, sondern sogar noch zuspitzt, dass aus trinitätstheologischen Defiziten sowohl innerkonfessionelle als auch ökumenische Grunddifferenzen entstehen können.16 2.3 Orthodoxes Beispiel: Ioannis D. Zizioulas Als Beispiel für den Zusammenhang von Trinitäts- und Kirchenverständnis aus dem ostkirchlichen Bereich bietet sich das theologische Werk von Ioannis D. Zizioulas an. Als einer der einflussreichsten zeitgenössischen orthodoxen Theologen engagiert er sich nicht nur in der ost-westkirchlichen Ökumene, sondern er betont auch, dass die Gottes- bzw. Trinitätslehre konstitutiv für das Kirchenverständnis ist – und damit zugleich für das ökumenische Einheitsverständnis: Die „Suche 14 Vgl. ders.: Trinität, S. 192ff. 15 Vgl. ders.: Demokratie, S. 430ff.; ders.: Trinität, S. 218ff. 16 Zur detaillierten Analyse von Volfs Ansatz siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 410–431.

2. Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis

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nach Einheit“ braucht „eine stichhaltige Lehre von Gott als Dreieinigkeit“, weil „die Kirche nicht existieren und funktionieren kann ohne Bezug auf die heilige Dreieinigkeit“17. Trotz dieser bewusst ökumenischen Orientierung weist auch der Entwurf von Zizioulas Einseitigkeiten auf, die in diesem Fall durch ostkirchliche Prioritäten hervorgerufen sind. Wie bereits in Kapitel IV,2 detailliert aufgezeigt wurde, führte die orientalisch-induktive Hermeneutik der Ostkirchen zur Hervorhebung der interpersonalen Dimension bzw. der Dreiheit Gottes. Daraus resultierte zuweilen eine linear-escha­tolo­gische Fixierung auf den heilsgeschichtlichen Dreischritt und damit auf den Dritten Artikel bzw. auf den Heiligen Geist. Das wurde durch den ostkirchlichen Patriarchen Photius noch forciert. Denn er postulierte in Gegenreaktion auf die zugespitzte westliche Filioque-Tradition, nach der Vater und Sohn als Ursprungsprinzip des Geistes erscheinen konnten, dass aus den heilsgeschichtlichen Verbindungen zwischen Sohn und Geist keine Rückschlüsse auf das innertrinitarische Wesen möglich seien und der Heilige Geist deshalb vom Vater „allein“ ausgehe. So entstand die Tendenz, die Eigenständigkeit des Heiligen Geistes von seiner Rückbindung an Christus zu lösen, was die Gefahr beinhaltete, die eigene Geisterfahrung und damit die eigene kirchliche Tradition zu verabsolutieren, ohne Rückbindung an den sichtbaren Maßstab in Christus. Der Betonung der interpersonalen innergöttlichen Gemeinschaft (soziale Analogie) und der Eigenständigkeit des Heiligen Geistes sowie aller drei Personen entsprechen analog das synodale Prinzip und die Auffassung von der vollen Katholizität der Ortskirchen (Autokephalie). Gleichzeitig tritt die Analogie zwischen intrapersonaler Einheit Gottes und universalkirchlicher Einheit zu sehr in den Hintergrund, was mit nationalkirchlichen Tendenzen einhergeht. Etliche der miteinander verbundenen offenbarungstheologischen, trinitätstheologischen und ekklesiologischen Engführungen ostkirchlicher Prägung, die hier nur noch einmal knapp und paradigmatisch angedeutet werden konnten (siehe dazu Kap. IV,2), kommen auch in der Konzeption von Zizioulas zum Tragen, ebenfalls verursacht durch hermeneutische Defizite und Überlagerungen. In Ablehnung eines westlichen Seinsmonismus versteht Zizioulas menschliches und göttliches Sein unter platonischem Einfluss als absolute Geistigkeit, welche die Befreiung von Wesen oder Natur verlangt. Die Folge, dass natürlich-historische Voraussetzungen keine Träger der Gotteserkenntnis sein können, entspricht der von Photius geprägten „spekulativen“ Energienlehre, die im Unterschied zur kappadozischen Energienlehre aus den heilsgeschichtlich erkennbaren Energien bzw. Wirkungen Gottes keine Rückschlüsse auf das innertrinitarische Wesen zulässt18 (siehe Kap. III,3.2.1 u. IV,2). Entsprechend erhalten die heilsgeschichtlich erkennbaren ewigen Existenzbeziehungen zwischen den trinitarischen Personen (z.B. Ruhen des Geistes im Sohn), die neben den Ursprungsbeziehungen bestehen, für Zizioulas als rein energetische Erscheinungen keine Bedeutung mehr für das 17 I.D. Zizioulas: Kirche, S. 98 u. 104. 18 Vgl. ders.: Wahrheit, S. 2–48.

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XI.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis

trinitarische Sein. Daher kommt allein die hyposta­tische Dreiheit der Ursprungsbeziehungen in ihrer interpersonalen Relationalität zur Geltung und die intrapersonale Wesenseinheit mit ihrer vielfältigen Verflechtung der innertrinitarischen Existenzbeziehungen wird ausgeblendet. So kann Zizioulas Ratzingers einseitig intrapersonale Identifizierung göttlicher und menschlicher Strukturen (psychologische Analogie) lediglich durch eine ein­seitig interpersonale Identifizierung (soziale Analogie) ablösen, wodurch die ost-west­-kirch­­lichen Grunddifferenzen zum Ausdruck kommen. Dabei wird aufgrund von Zizioulas’ Orientierung an der reinen Geistigkeit das fehlende historische Offenbarungskriterium durch die eucharistisch-kirchliche Erfahrung ersetzt: Die Kirche empfängt in der Eucharistie die eschatologische Seinsweise Gottes bzw. die Wahrheit, indem sie mit dem eschatologischen Christus identisch wird und so selbst die Wahr­­heit verkörpert. Auf diese Weise kann Gott kaum noch als Gegenüber der Kirche erscheinen, zumal die Verabsolutierung der eigenen Geisterfahrung droht, wenn zugleich die Rückbindung des Heiligen Geistes an das christologische Kriterium verloren geht.19 Die offenbarungstheologischen und trinitätstheologischen Defizite bringen analoge ekklesiologische Einseitigkeiten mit sich. Zizioulas’ Reduktion auf die interpersonale Dimension Gottes mit der dadurch notwendigen Begründung göttlicher Einheit in der Person des Vaters führt zu einem patromo­nistisch geprägten Modell „Einer – Viele“, in dem die „Vielen“ (Sohn und Geist) in dem „Einen“ (Vater) existieren, der die „Vielen“ konstituiert. Durch die Ausblendung der Gleichursprünglichkeit der trinitarischen Personen und ihrer intrapersonalen Wesenseinheit lässt sich auf die Kirche nur dieses hierarchisch geprägte Modell übertragen, das Gemeinschaft als personale Identifizierung mit dem „Einen“ definiert: Der als Vorsitzender der Eucharistie geltende Bischof inkorporiert als der ekklesiologische „Eine“ die „vielen“ Glaubenden, wobei sich die eschatologische Gegenwart Gottes durch den Bischof in der Eucharistie vollzieht. Aufgrund der Verkörperung des eschatologischen Christus im Bischof erhält die Kirche die eschatologische Seinsweise Gottes. Insofern konstituiert der Bischof die Kirche als Korporativperson, deren Daseinsstruktur die Glaubenden übernehmen müssen, um von der Individualität zur Personalität zu gelangen: Vernunft, Erkenntnis, Wille und Glaube der Einzelnen werden als individualistisch abgelehnt, weil die Kirche für den Einzelnen glaubt und betet.20 Auch das Verhältnis von Orts- und Universalkirche spiegelt die einseitig interpersonal begründete Identität der trinitarischen Personen in dem „Einen“ (Vater) wider, weil es so analog nur eine im Bischof konstituierte eucharistischkorporative Identität von Orts- und Universalkirche geben kann. Diese Identifizierung wird aber weder dem Selbstand der Ortskirchen noch der universalkirchlichen Einheit des eschatologischen Gottesvolkes aller Zeiten gerecht.21 So zeigt auch Zi19 Vgl. insgesamt ders.: Doctrine, S. 44–60; ders.: Being, S. 16ff., 62–120, 206–212. 20 Vgl. ders.: Capacity, S. 401–447; ders.: Episkopé, S. 30–42. 21 Zu Zizioulas’ Identitätsmodell im Blick auf das Verhältnis von Orts- und Universalkirche sowie im Blick auf das Verhältnis von Glaubenden und Kirche vgl. ders.: Christologie, S. 124–140; ders.: Bishop, S. 23–35.

3. Zur Überwindung der jeweiligen Einseitigkeiten

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zioulas’ ökumenisch ausgerichteter Ansatz offenbarungstheologische, trinitätstheologische und analoge ekklesiologische Einseitigkeiten, die den grundsätzlichen ostkirchlichen Engführungen entsprechen.22 3. Zur Überwindung der jeweiligen Einseitigkeiten Von der gemeinsamen Basis der neunizänischen Trinitätslehre, welche im Ökumenischen Bekenntnis von 381 allgemeine Ökumenizität erlangte, lassen sich offenbarungs- und trinitätstheologische Differenzierungen sowie entsprechende ekklesiologische Differenzierungen ableiten. Die dadurch ermöglichte Überwindung bisheriger Engführungen eröffnet neue Perspektiven zur Lösung der noch bestehenden ökumenischen Probleme beim Amts- und Kirchenverständnis.

Wie das trinitarisch begründete Kirchenverständnis bei Zizioulas in der episkopalen und eucharistischen Orientierung orthodoxe Engführungen aufweist und wie die trinitarische Ekklesiologie bei Rat­zinger in ihrer monistisch-hierarchischen und universalkirchlichen Ausrichtung römisch-katholi­schen Einseitigkeiten entspricht, so spiegelt Volfs individualistisch-partikularistisch und egalitär gefärbtes trinitarisches Kirchenverständnis protestantische Engführungen wider. Zur Überwindung der jeweiligen Einseitigkeiten bietet es sich an, auf die in das Ökumenische Bekenntnis von 381 eingegangene neunizänische Trinitätslehre und das analoge Kirchenverständnis zurückzugreifen. Denn diese gemeinsame Basis von Ost- und Westkirche stellt Kriterien zur Überwindung trinitätstheologischer und entsprechender ekklesiologischer Einseitigkeiten bereit, welche von der neunizänischen Theologie abzuleiten sind und bereits in Kapitel III,3.2.1 dargelegt wurden.23 Dabei trat hervor, dass zwischen innertrinitarischen Ursprungsbeziehungen (Zeugung des Sohnes, Hervorgang des Geistes) und ewigen Existenzbeziehungen auf der Ebene innertrinitarischen Seins (z.B. Ruhen des Geistes im Sohn) zu unterscheiden ist. Das Zusammenspiel beider Beziehungsebenen ließ erkennen, dass jede trinitarische Person unter Beibehaltung ihres personalen Spezifikums (Ursprungsebene) ganz in jeder anderen existiert, und zwar sowohl in gegenseitiger (perichoretischer) interpersonaler Durchdringung als auch in intrapersonaler Wesenseinheit, dem wesenseinen In­einandersein in der Vielfalt der ewigen Existenzbeziehungen. Weil hier den jeweiligen trinitarischen Personen die gleiche Bedeutung zukommt wie ihrer Gemeinschaft (Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension), beachtete die Alte Kirche in Analogie zur dieser trinitarischen Perichorese (gegenseitige Durchdringung) die Gegenseitigkeit von 22 Zur detaillierten Analyse des offenbarungstheologischen, trinitätstheologischen und ekklesiologischen Ansatzes von Zizioulas siehe M. Haudel: Selbsterschließung, S. 366–410. 23 Siehe zur noch ausführlicheren Darlegung der von dieser Basis abzuleitenden Differenzierungen ebd., S. 139ff., 453–585.

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XI.  Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis

Orts- und Universalkirche sowie von Amt und Priestertum aller Glaubenden. Das wird durch die konziliare Struktur der Kirche oder durch die Beteiligung von Laien an den Konzilen ebenso belegt wie anhand der Notwendigkeit der Rezeption von Konzilsbeschlüssen durch die gesamte Kirche. Vor diesem Hintergrund ergeben sich im Blick auf die gleichursprüngliche innertrinitarische Perichorese mit ihren bleibenden personalen Spezifika folgende ekklesiologische Analogien, die darauf beruhen, dass die kirchliche Gemeinschaft durch die Beziehungen der Glaubenden zu Vater, Sohn und Heiligem Geist konstituiert ist und die trinitarische Gemeinschaft der Liebe in Einheit und Vielfalt widerspiegeln soll. Hinsichtlich des Amts- und Kirchenverständnisses gestalten sich die Analogien in folgender Weise: Da in Gott die personalen Spezifika der Ursprungsbeziehungen in die – von den Existenzbeziehungen geprägte – perichoretische Gleichursprünglichkeit einbezogen sind, kann etwa der Vater einerseits als Quelle und Gegenüber von Sohn und Geist gelten und andererseits gleichursprünglich und wesenseins mit ihnen sein. In analoger Weise gibt es in der Kirche einerseits ein spezifisches Grund-Amt als Zei­chen des „GegenüberSeins“ Gottes, wodurch transparent wird, dass die Glaubenden Wort und Sakrament von Gott empfangen. Andererseits gilt das Amt als gleichrangiger Teil der Gemeinschaft aller Getauften bzw. Glaubenden (allgemeines Priestertum). Das derart qualifizierte Amt kann sich ohne ontologisch-hierarchisches Gefälle in lokale, regionale und überregionale Ämter ausdifferenzieren – so wie sich die personalen Spezifika der Ursprungsbeziehungen in den ewigen Existenzbeziehun­ gen ausdifferenzieren, ohne einander untergeordnet zu sein. Diese Analogie widerspricht einerseits einem korporativ-hierarchi­schen Amtsverständnis, das bei Ratzinger und Zizioulas aus der Vernachlässigung der Gleichursprünglichkeit entsteht, und andererseits einem partikularistisch-egalitären Amtsverständnis, das bei Volf mit der Vernachlässigung der innertrinitarischen personalen Spezifika einhergeht. Für das Verhältnis von Orts- und Universalkirche besteht als Entsprechung zur innertrinitarischen Gemeinschaft der Liebe in Einheit und Vielfalt folgende Analogie: Wie das Wesen Gottes sowohl in den einzelnen trinitarischen Personen als auch in der ganzen Gottheit existiert, so besteht kirchliche Gemeinschaft sowohl in den jeweiligen Ortskirchen als auch in der Universalkirche. Und wie die trinitarischen Personen in der gleichursprünglichen Perichorese ihre Eigentümlichkeiten behalten, so behalten die Ortskirchen ihre Eigentümlichkeiten bei der analogen gleichwertigen Durch­dringung von Orts- und Universalkirche. Den Einzelnen (Ortskirchen) kommt also die gleiche Bedeutung zu wie der ganzen Gemeinschaft (Universalkirche), was sich auch schon beim Verhältnis von Amt und Gemeinde zeigte. Diese Analogie zur Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension Gottes verhindert sowohl eine rein interpersonal begründete Vorordnung der Ortskirchen wie bei Volf als auch eine rein intrapersonal begründete Vorordnung der Universalkirche wie bei Ratzinger. So werden partikularistische und zentralistische Einseitigkeiten mit den von ihnen hervorgeru-

3. Zur Überwindung der jeweiligen Einseitigkeiten

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fenen konfessionellen Differenzen auf eine konziliare Gemeinschaft der Kirchen verwiesen, welche die dynamische trinitarische Einheit in Vielfalt abbildet.24 Die hier nur angedeuteten Zusammenhänge25 eröffnen den verschiedenen Konfessionsfamilien durch den Rückgriff auf die gemeinsamen altkirchlichen Grundlagen neue ökumenische Perspektiven. Denn aus den mit offenbarungstheologischen Differenzierungen verbundenen trinitätstheologischen Differenzierungen ergeben sich die hier nur knapp dargelegten Annäherungen im Kirchenverständnis, welche die Überwindung der noch bestehenden grundsätzlichen Probleme beim Amts- und Kirchenverständnis ermöglichen.26 Literatur Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006. Ratzinger, Joseph: Der Gott Jesu Christi. Betrachtungen über den Dreieinigen Gott, München 1976. Volf, Miroslav: Trinität und Gemeinschaft. Eine ökumenische Ekklesiologie, Mainz/Neukirchen-Vluyn 1996. Zizioulas, Ioannis D.: Christologie, Pneumatologie und kirchliche Institutionen aus orthodoxer Sicht, in: Alberigo, Giuseppe/Congar, Yves [M. J.]/Pottmeyer, Hermann J. (Hg.): Kirche im Wandel. Eine kritische Zwischenbilanz nach dem Zweiten Vatikanum. Mit Beiträgen von Antonio Acerbi [u.a.], Düsseldorf 1982, S. 124–140.

24 Vgl. insgesamt ebd., S. 565ff., und ders.: Gottesbegriff/Zukunft. 25 Siehe zur ausführlichen Darlegung M. Haudel: Selbsterschließung. 26 Zur Bedeutung dieser Zusammenhänge für aktuelle ökumenische Einheitskonzepte siehe ebd., S. 586ff.; ders.: Einheit; ders.: Konzentration, und ders.: Relation. – Zur Relevanz der ekklesiologischen Tragweite des trinitarischen Gottesbegriffs für die konkrete ökumenische Arbeit siehe ders.: Ökumene, S. 61ff.; ders.: Hoffnung, S. 53ff., und ders./K. Schikora: Evangelium, S. 427.

XII. Die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen

Nicht nur im ökumenischen Dialog zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen erweist sich die Trinitätslehre als Basis für grundlegende Fortschritte, sondern auch im interreligiösen Dialog zwischen den verschiedenen Weltreligionen, was oft verkannt wird. Zunächst bleibt zu beachten, dass der christlich-jüdische Dialog aufgrund der heilsgeschichtlichen Verbundenheit von Israel und Kirche bzw. Judentum und Christentum eine eigene Kategorie des interreligiösen Dialogs darstellt. 1. Christlich-jüdischer Dialog Aufgrund der heilsgeschichtlichen Verbindung von Christentum und Judentum stellt der christlich-jüdische Dialog einen besonderen Fall des interreligiösen Dialogs dar. Dabei erweist sich die Trinitätslehre, welche die gesamte Heilsgeschichte umfasst, als konstitutive und hilfreiche Grundlage für diesen Dialog – selbst für jüdische Theologen. Die trinitätstheologischen Differenzierungen verhindern auch hier einseitige Zuordnungen und Übertragungen.

Der christlich-jüdische Dialog unterliegt einer eigenständigen Charakteristik, da eine in der Gotteslehre begründete konstitutive heilsgeschichtliche Verbindung zwischen Christentum und Judentum besteht. So ist der Gott, der Jesu Zeugnis und Handeln durch die Auferstehung bestätigte und sich dabei als Vater des Sohnes identifizierte bzw. sich im Sohn offenbarte, der „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“. Denn Jesu Zeugnis bezog sich auf den Kontext der Geschichte Israels mit Gott, in dem es sich vollzog. Ferner ist der in der Kirche zur Vollendung des Heilswerks Christi wirkende Heilige Geist der Geist, „der gesprochen hat durch die Propheten“ (Bekenntnis von Nizäa-Konstantino­pel 381). An diesen Zusammenhängen wird transparent, warum die Heilige Schrift des Judentums zum biblischen Kanon des Christentums gehört (Altes Testament) und dass die Berufung der Christen zur Gemeinschaft mit Gott aus der alttestamentlichen Geschichte des göttlichen Erwählungshandelns erwächst. Gottes Erwählen beginnt mit der – bleibenden (Röm. 11) – Erwählung Israels und wahrt im „neuen Bund“ des Christusgeschehens (I Kor 11,25) die Verbindung mit den bisherigen Bundesschlüssen wie dem Noah-Bund und dem Abraham-Bund am Sinai, wobei Gott durch das Kreuz Christi die Trennung zwischen Juden und Nichtjuden aufhebt

1. Christlich-jüdischer Dialog

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und das Heil endgültig auf die ganze Völkerwelt bezieht (Röm 9–11; Eph 2,11– 22). Entsprechend gilt das Christusereignis „als das endgültige, nicht überbietbare Gotteshandeln für das Volk Israel und für die Menschen aus der Völkerwelt“1. Weil die trinitarische Selbsterschließung Gottes in der Heilsgeschichte diese Zusammenhänge eröffnet, ist die Trinitätslehre nicht hinderlich für den christlichjüdischen Dialog, wie es oftmals vermutet wird, vielmehr belegt sie grundlegend die Notwendigkeit dieses Dialogs. Entsprechend lässt sie zugleich die schuldbeladene Geschichte christlich motivierter Judenfeindschaft als Verirrung erkennen. Von daher betont Christoph Schwöbel zu Recht: „Erst unter Voraussetzung des trinitarischen Glaubens stellt sich die Frage jüdisch-christlicher Ökumene mit besonderer Dringlichkeit.“2 Die Verbindung von Kirche und Israel lässt sich nach Schwöbel besonders gut durch den Zusammenhang der drei Geschichten veranschaulichen, die Gottes Identität beschreiben und den Kontext der Gotteserkenntnis bilden: die Geschichte vom Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs sowie die Geschichte von Jesus und die Geschichte von Gottes Geist-Gegenwart in der Kirche. Die Verbindung der drei Geschichten kommt durch das Wirken des dreieinigen Gottes zum Vorschein: Indem Jesu Vater als der Gott Israels identifiziert wird und sich der in der Kirche wirkende Geist als Geist Christi sowie als der von den Propheten verheißene Geist zu erkennen gibt, tritt das untrennbare Verhältnis von Kirche und Israel hervor.3 Soll dieses Verhältnis so differenziert zur Geltung kommen, dass beide Dialogpartner ernst genommen werden, erweisen sich die vollzogenen trinitätstheologischen Differenzierungen abermals als hilfreich, da sie trinitätstheologische Engführungen und daraus resultierende heilsgeschichtliche Einseitigkeiten verhindern. Solche Einseitigkeiten spiegeln sich nämlich in folgenden einseitigen Modellen der Zuordnung von Kirche und Israel wider: Substitutionsmodell (Kirche ersetzt Israel), Integrationsmodell (Kirche integriert Restisrael), Illustrationsmodell (Israel als Negativfolie) oder Komplementaritätsmodell (harmonisierend).4 Denn werden beispielsweise die innertrinitarischen Spezifika der jeweiligen Personen nicht deut1

2 3 4

H. Schwier (Hg.): Kirche, S. 51 (Dokument der „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“). Vgl. insgesamt ebd., S. 27ff., 50ff., 66ff. – Vor diesem Hintergrund erweist sich die dem biblischen Zeugnis widersprechende sogenannte „Zwei-Wege-Theorie“ als nicht tragbar, welche von zwei nebeneinander verlaufenden gleichwertigen Heilswegen ausgeht: für Israel der Weg mit der Tora, für die Völkerwelt der Weg mit Christus. Die „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ hält diesbezüglich fest: „Der christliche Glaube kann im Blick auf Gottes Offenbarung und im Blick auf Gottes Heilswillen […] nicht einfach von einem unverbundenen Nebeneinander zweier Wege sprechen. Er muß vielmehr die Bedeutung Jesu Christi für beide, die Juden und die Menschen aus den ‚Völkern‘, in den Blick nehmen […]. Die Theorie der ‚zwei Wege‘ übersieht auch, daß das Christentum seinen Ausgangspunkt innerhalb des Judentums hatte und aus ihm hervorgegangen ist. Es hat von allem Anfang an Juden gegeben, die Jesus von Nazareth als ihren Messias/Christus bekannt haben, und es gibt sie auch heute.“ (Ebd., S. 46) C. Schwöbel: Ökumenische Theologie, S. 327. (Dass der Begriff „Ökumene“ hier missverständlich ist, geht aus den einleitenden Sätzen dieses Kapitels hervor.) Vgl. ebd., S. 326f. Vgl. S. Wiedenhofer: Ekklesiologie, S. 118.

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XII.  Die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen

lich beachtet, kann verborgen bleiben, dass christlicher und jüdischer Glaube in Bezug auf Gott den Schöpfer (Vater) übereinstimmen. Indem der Aspekt bleibender Gemeinsamkeit so in den Hintergrund gerät, wird die Tendenz zu Substitutionsmodellen verstärkt. Das gilt auch für die defizitäre Beachtung des Spezifikums des Heiligen Geistes, dessen eschatologisches Handeln (dritter Glaubensartikel) sich an der Kirche und an Israel vollzieht (Röm 11). Bei den entgegengesetzten Komplementaritätsmodellen läßt sich die Affinität zu einer rein intrapersonalmodalistisch geprägten Christologie beobachten, in der Christus mehr als eine Erscheinungsweise (lat. modus) Gottes gilt und so die Besonderheit der Inkarnation und der Personalität des Gottessohnes zurücktritt. Dadurch wird die den jüdischen Vorstellungen entgegenstehende Einsicht verdeckt, dass die Inkarnation die definitive Manifestation des innergöttlichen Wesens bedeutet und so Gott selbst am Kreuz gelitten hat.5 Hier kommt demnach die Differenz zwischen christlichem und jüdischem Gottesverständnis zu kurz. Nur eine differenzierte Trinitätslehre bewahrt also die für das Verhältnis von Kirche und Israel maßgebliche Gleichzeitigkeit von Gemeinsamkeit und Differenz, die in den Charakteristika der gemeinsamen Heilsgeschichte begründet ist, welche Paulus in Röm 9–11 darlegt – auch im Blick auf das Ziel der heilsgeschichtlichen Vollendung. Deshalb verbieten sich trinitätstheologische Reduktionen bzw. Einseitigkeiten ebenso wie Minimalisierungen in der Gotteslehre. Letztere beinhalten im christlich-jüdischen Dialog in harmonisierender Absicht oft den Verzicht auf die Trinitätslehre, übersehen aber, dass sich Israels Erfahrungen mit dem persönlichen und lebendigen Gott nicht ohne weiteres besser mit unitarisch-mono­theistischen Gottesvorstellungen vertragen. Zur besseren Eignung der Trinitätslehre für den Dialog gibt es von jüdischer Seite durchaus klare Hinweise. So sieht etwa der jüdische Ge­lehrte R.J. Zwi Werblowsky sowohl in der christlichen Trinitätslehre als auch in der jüdischen kabbalistischen Vorstellung von verschiedenen Formen der Manifestation Gottes die gemeinsame Bemühung, den „dynamischen Monotheos“, also den in sich lebendigen einen Gott in seiner inneren Dynamik zu erkennen, ohne polytheistischen Tendenzen zu erliegen. Dabei spricht Werblowsky von innergöttlichen „Polen, zwischen denen diese dynamis fließt“, während er zugleich betont, „daß ein Christ nur dann als Christ (und nicht als philosophischer Monotheist) von Gott spricht, wenn er trinitarisch spricht“6. Ferner existieren neben Ansätzen wie denen von Werblowsky jüdische Konzeptionen, die von verschiedenen göttlichen Hypostasen ausgehen, sowie Strömungen jüdischer Theologie und Mystik, die sich positiv mit einer „tria­dischen Sicht“ Gottes beschäftigen.7 Es besteht also nicht der geringste Grund, die Trinitätslehre im christlich5

6 7

Vgl. M. Haudel: Namen, S. 337. Vgl. auch W. Pannenberg: Religionen, S. 310, der auf die christlichjüdische Auseinandersetzung um die Frage hinweist, ob Gott sich definitiv im Sohn oder im Gesetz manifestiert. R.J.Z. Werblowsky: Juden, S. 41. – Zur grundsätzlichen Bedeutung der Trinitätslehre für den Dialog siehe auch M. Haudel: Selbsterschließung, S. 596ff., und ders.: Namen, S. 338. Siehe dazu P. Lapide: Monotheismus.

2. Interreligiöser Dialog mit weiteren Weltreligionen

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jüdischen Dialog zurückzustellen, was aus grundsätzlichen hermeneutischen Erwägungen ohnehin fatal wäre, wie es der kritische Blick von Günter R. Schmidt auf eine solche Methodik zeigt: „Statt zu fragen, welche Kriterien sich aus christlich-theologischen Einsichten für den Dialog [...] ergeben, fragt man umgekehrt, wie der christliche Inhalt so zurechtgebogen werden kann, daß er dem Gesprächspartner keinen Anstoß mehr bietet. Damit wird man allerdings auch dem NichtChristen kaum gerecht. Dieser findet dann nämlich im Extremfall gar keinen christlichen Gesprächs­partner mehr vor!“8 Das gilt nicht nur für den christlichjüdischen Dialog, sondern auch für den interreligiösen Dialog überhaupt. 2. Interreligiöser Dialog mit weiteren Weltreligionen Im Blick auf den Dialog zwischen den großen Weltreligionen wird die Trinitätslehre von einigen Theologen als Basistheorie für den interreligiösen Dialog gesehen, weil sie ihres Erachtens die Synthese der Grundtypen der Weltreligionen darstellt. Auch in diesem Zusammenhang erweisen sich die trinitätstheologischen Differenzierungen als unerlässlich, um gegenüber unangemessenen Harmonisierungen im Dialog mit anderen Religionen das Verhältnis von Komplementarität und Differenz wahrnehmen zu können.

Wie sich die Minimalisierung der christlichen Gotteslehre mit ihrer Ausblendung trinitätstheologischer Aspekte im christlich-jüdischen Dialog sowohl von der Sache her als auch bezüglich der Dialog-Herme­neu­tik als kontraproduktiv erwies – auch aus Sicht der Dialogpartner –, so verhält es sich gleichermaßen im Dialog mit anderen Weltreligionen. Denn es „dient dem Dialog mit anderen Religionen nicht, wenn Christen das besondere Christliche relativieren und zugunsten eines allgemeinen Pluralismus preisgeben. Wer sollte an einem Dialog mit christlichen Theologen interessiert sein, die das Christliche nicht mehr eindeutig vertreten wollen?“9 Diese von Jürgen Moltmann geforderte Einbringung der christlichen Identität erinnert daran, dass sich christliche Identität auf die trinitarische Selbsterschließung Gottes gründet, weshalb für die christlichen Kirchen in einer angemessenen Trinitätslehre und ihren Implikationen die Maßgabe für den interreligiösen Dialog liegt. Das unterstreicht nachdrücklich Christoph Schwöbel: „Durch die Formulierung des trinitarischen Bekenntnisses klären die christlichen Kirchen, was sie zusammenhält und umfaßt, und was sie von anderen trennt: sie bestimmen ihre Identität, indem sie die trinitarische Identität Gottes bekennen.“10 Damit betont Schwöbel die identitätsstiftende Funktion der Trinitätslehre für das christliche Selbstverständnis und ihre kriteriologische Funktion für den Dialog mit 8 G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 85. 9 J. Moltmann: Geschichte, S. 11. 10 C. Schwöbel: Ökumenische Theologie, S. 327.

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XII.  Die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen

anderen Religionen. Darüber hinaus wird der Trinitätslehre eine noch weitergehende Bedeutung für den interreligiösen Dialog zuerkannt, insofern als die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes in ihrer Anknüpfung an natürliche Gottesahnungen nach Ansicht von Theologen wie Hans-Martin Barth und Gisbert Greshake Anknüpfungspunkte für eine Zusammenschau der religiösen Pluralität bietet. Weil der trinitarische Gottesbegriff für den katholischen Theologen Gisbert Greshake das Potential hat, die Grundtypen der Weltreligionen zu integrieren, eignet er sich seines Erachtens als Basistheorie des interreligiösen Dialogs: „Für das Verhältnis der Religionen untereinander und ihren Dialog bieten sich christlicher Trinitätsglaube und christliche Trinitätstheologie als eine Basis­theorie an.“11 Indem Greshake davon ausgeht, dass die Dimensionen des trinitarischen Gottesverständnisses die übrigen Gotteserfahrungen umfassen bzw. integrieren, vertritt er grundsätzlich das Dialogmodell des Inklusivismus. Darunter verstand schon das Zweite Vatikanische Konzil, dass auch in anderen Religionen Spuren der Kundgabe Gottes und seines Geistwirkens erkennbar sind, die letztlich auf die Wahrheit in Christus hingeordnet bleiben und in ihm zum Ziel kom­men. Dieser christozentrisch geprägte Inklusivismus richtete sich einerseits gegen einen ekklesiozentrisch geprägten Ex­klu­sivismus, der alle Aspekte der Heilswahrheit auf den Raum der Kirche beschränkte. Andererseits wandte er sich gegen einen theozentrisch geprägten Pluralismus, nach dem alle Religionen gleich gültig sind (J. Hick, P.F. Knitter, W. Smith u.a.).12 Ein solcher Pluralismus verkörpert nach Greshake einen hermeneutischen Modalismus, weil er postuliere, Gott zeige sich in den jeweiligen Religionstypen lediglich unter verschiedenen kulturellen Bedingungen in unterschiedlichen Erscheinungsweisen (lat. modi) und nicht in seiner wesensmäßigen Wahrheit. Unter dieser Voraussetzung müssten sich die Dialogpartner in ihrer Kommunikation gegenseitig nicht mehr als Träger einer wirklich an-sprechen­den und an-fordernden Wahrheit wahr-nehmen, was den Eindruck erwecke, dass das menschliche „Ich“ von wirklich begegnenden göttlichen Ansprüchen unbehelligt sein wolle. Das könne durch das Modell des Inklusivismus verhindert werden, wobei die positive Absicht des Pluralismus-Modells aufzunehmen sei, auch von anderen Religionen zu lernen.13 Auf der Grundlage dieses inklusivistischen Ansatzes mit pluralistischen Aspekten vollzieht Greshake seine trinitarische Synthese der Grundtypen der Weltreligionen: Der Vater als ursprunglose Quelle verkörpert die Korrelation zu den apophatischen Religionen (z.B. buddhistisches Nirvana), der Sohn als Wort Gottes bildet die Entsprechung zu theistischen Religionen mit persönlichem Gottesverhältnis (z.B. Islam), während mit dem Wesen des Heiligen Geistes religiöse Vorstellungen von der Ganzheits-Immanenz Gottes im Kosmos korrelieren (z.B. hinduistische 11 G. Greshake: Gott, S. 505 (im Original kursiv). 12 Zur Einteilung in die verschiedenen Modelle siehe R. Bernhardt: Absolutheitsanspruch, S. 53ff. 13 Vgl. insgesamt G. Greshake: Gott, S. 500–505.

2. Interreligiöser Dialog mit weiteren Weltreligionen

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Spiritualität des Geistes). Angesichts dieser Klassifizierung erkennt Greshake selbst, dass im ersten und dritten Religionstypos das zur Liebe gehörende personale Gegenüber-Sein Gottes nicht vorhanden ist, was er aber für unproblematisch hält, weil die beiden genannten religiösen Grundtypen die Wahrnehmung dieser Dimension vom trinitarischen Gottesbegriff erlernen könnten, in welchem sie ohnehin später in gegenseitiger (perichoretischer) Durchdringung vereint würden. Dass Greshake die eigenen Perspektiven dieser religiösen Grundtypen, in denen sie Gottes Wahrheit zum Ausdruck bringen wollen, dadurch nicht in Frage gestellt sieht, führt seinen Ansatz in Widersprüche.14 Denn es kommt zum Versuch der Harmonisierung von Grundausrichtungen, die sich in ihrer Intention widersprechen, wie etwa eine namenlose Gottesferne und die personale liebende Selbsterschließung Gottes. Diese Tendenz unkritischer Harmonisierung zeugt von dem Einfluss der trinitarisch-pantheistischen Konzeption des indischen Theologen Raimon Panikkar, der Greshake dazu führt, dass er einen pan-religiösen Prozess eschatologisch auf die heilsgeschichtliche Vollendung zulaufen sieht.15 Unter differenzierter Beachtung der intra- und interpersonalen Dimension Gottes mit der entsprechenden Wahrnehmung von „Gegenüber und Nähe“ Gottes könnte Greshake in Überwindung eines solchen pan-religiösen Prozesses sowohl dem trinitarischen Gottesbegriff als auch den anderen Religionen gerechter wer­ ­den. Denn wenn intrapersonal geprägte westliche trinitarische Ansätze mit ihrer oftmals zusgespitzten Filioque-Tradition (Geist primär als Gabe) die interpersonale Eigenständigkeit des Heiligen Geistes ernster nehmen, wirkt sich das zunächst positiv auf die Wahrnehmung des Geistwirkens in anderen Religionen aus. Würde dabei aber der Zusammenhang von Pneumatologie und Christologie nicht wie bei Greshake aufgrund seines Rückgriffs auf trinitarisch-pantheisti­sche Tendenzen (R. Panikkar) vernachlässigt, käme das Wirken des Heiligen Geistes in anderen religiösen Kontexten nicht in so pauschaler und – die anderen Religionen – vereinnahmender Harmonisierung zum Vorschein, sondern in Wahrnehmung von Spuren der Komplementarität und Differenz.16 So sind die trinitätstheologischen Differenzierungen auch für den interreligiösen Dialog unerlässlich. Hinsichtlich der wahrzunehmenden Differenz des Christentums zu anderen Religionen hält die „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ im Sinne des Inklusivismus fest: „Christen schulden allen Menschen, auch den Vertretern anderer Religionen, die Klarheit ihres Glaubens- und Lebenszeugnisses.“17 Der evangelische Theologe Hans-Martin Barth sieht den trinitarischen Gottesbegriff in Ausrichtung am Inklusivismus ebenfalls als „Modell, Struktur-Elemen14 Siehe zur Synthese der religiösen Grundtypen ebd., S. 506–516. 15 Zu Panikkars „kosmotheandrischer Schau“, in der sich die gesamte Wirklichkeit als trinitarischer Prozess vollzieht, siehe R. Panikkar: Trinität. 16 Entsprechend können die genannten Differenzierungen auch bei mehr pluralistischen Ansätzen wie dem von Perry Schmidt-Leukel hilfreich sein (vgl. P. Schmidt-Leukel: Gott). – Vgl. zur Analyse von Greshakes Ansatz M. Haudel: Selbsterschließung, S. 599–601. 17 W. Hüffmeier (Hg.): Kirche, S. 54.

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XII.  Die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen

te, die in den Offenbarungsverständnissen nichtchristlicher Religionen isoliert auftreten, zusammenzudenken“18, da Schöpfung, Versöhnung und Erlösung die gesamte religiöse Wirklichkeit umfassen: „Das trinitarische Bekenntnis ist in der Lage, unterschiedliche […] Gotteserwartungen und -wahrnehmungen verschiedener Religionen aufzunehmen, miteinander zu verbinden und so infolge von Einseitigkeiten eingetretene Defizite von Gotteswahrnehmung zu beseitigen.“19 Barth, der erstmals die gesamte christliche Dogmatik in Auseinandersetzung mit dem Verständnis der großen Weltreligionen entfaltet, sieht den trinitarischen Gottesbegriff als genuine Basis für den interreligiösen Dialog, weil das gesamte religiöse Bewusstsein eine triadische Grundstruktur habe. Ferner sei zu bedenken, dass sich Gottes schöpferisches, erlösendes und vollendendes Wirken auf die gesamte Menschheit beziehe, weshalb „sich nichtchristliche Religionen im Verhältnis zum christlichen Glauben nicht im Zustand ausschließender Gegensätzlichkeit, sondern in der Situation unerfüllter Offenheit“20 befinden würden. Hier wäre allerdings wie im Blick auf die postulierte allgemeine triadische Struktur von Religion zu fragen, ob die im intra- und interpersonalen Wesen des dreieinigen Gottes begründete freie Gemeinschaft der Liebe im Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zu den Menschen nur Anknüpfungspunkte zu den anderen religiösen Strukturen bietet, oder nicht auch eine deutliche Differenz aufweist. Deshalb tritt erneut die Bedeutung der trinitätstheologischen Differenzierungen für den interreligiösen Dialog hervor. Insgesamt ist aber der von Barth zum Ausdruck gebrachten Hoffnung beizupflichten: „Der Glaube betrachtet die von Jesus Christus ausgehende Wirkungsgeschichte als unabgeschlossen und erwartet, daß sich seine Autorität und Relevanz in einer das menschliche Vorstellungsvermögen sprengenden Weise universal durchsetzen wird.“21 Dabei weiß sich die Kirche nach Barth sowohl von den nichtchristlichen Religionen unterschieden als auch auf sie bezogen: „Wie sie [die Kirche] auf Gottes Bund mit Israel beruht, so beruht sie zusammen mit Israel auf Gottes Bund mit der Menschheit. Als Heilsgemeinschaft erwächst sie aus der bisher ergangenen Heilsgeschichte und weiß sich zugleich bezogen auf die künftige Heilsgeschichte, die für Israel und die Menschheit unabgeschlossen ist und darauf zielt, daß schließlich der dreieine Gott, der Inbegriff allen Heils, ‚alles in allem‘ sein wird (I Kor 15,28).“22 Die auf der Zusage des dreieinigen Gottes beruhende Zuversicht, dass Gott sein Heilswerk vollenden wird, erschließt sich aus sämtlichen Aspekten der christlichen Gotteslehre bzw. aus der in Wort und Tat ergangenen Selbsterschließung des dreieinigen Gottes.

18 19 20 21 22

H.-M. Barth: Dogmatik, S. 157. Ebd., S. 271. Ebd., S. 577. Vgl. ebd., S. 340. Ebd., S. 408. Ebd., S. 715.

2. Interreligiöser Dialog mit weiteren Weltreligionen

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Bibelstellenregister Gen 1,2 49, 153, 179, 197, 260 Gen 1,26 48, 80, 190f. Gen 1,26f. 29, 190 Gen 1,26.28 191 Gen 1,27 175, 187, 190, 227 Gen 1,31 48, 194, 239, 241, 243 Gen 1-3 154, 262 Gen 2,4b-3,24 48 Gen 2,7 49, 190 Gen 2,16 241 Gen 2,17 241 Gen 2-3 243, 264 Gen 3 28, 130, 200, 242f., 264 Gen 3,1 241 Gen 3,3f. 234 Gen 3,5 48, 241 Gen 3,19 234 Gen 3,21 243 Gen 3-4 241 Gen 6,5 266 Gen 11,1-9 200 Gen 11,7 48 Gen 12,3 254 Gen 18 48 Gen 31,11.13 49 Gen 50,20 200

Ps 2,7 49 Ps 8 27, 191 Ps 19 27 Ps 29 27 Ps 33,4 260 Ps 42,3 49 Ps 51,6 238 Ps 51,13 50 Ps 90,4 263 Ps 104 27 Ps 110,3 49 Ps 148 27 Prov 1,20 49 Prov 8,22-31 49

Ex 3,2.4f. 49 Ex 3,14 49

Ez 36 49 Ez 36,26f. 260

Jdc 6,34 49

Dan 6,27 49 Dan 7 260

Koh 12,7 266 Jes 2,4 269 Jes 6 50, 60 Jes 6,7 49 Jes 31,3 49 Jes 55,10f. 49 Jes 63,10.11 50 Jes 65,17 262 Jer 10,10 49

I Sam 2,10 269 Joel 3,1-5 260 II Sam 14,20 49 II Makk 7,28 198 Hi 33,4 197 Hi 42,7 238

Mt 1,20 51 Mt 4,1-11 230

312

Bibelstellenregister

Mt 5,17f. 247 Mt 10,28 191, 266 Mt 12,28 51, 54 Mt 25 270 Mt 25,31ff. 270 Mt 25,31-46 269f. Mt 28,18-20 52, 255, 259, 274 Mt 28,19 60, 261 Mt 28,19f. 85, 256 Mk 1,9-11 52 Mk 1,14f. 54, 260 Mk 5,21ff. 229 Mk 7,21ff. 244 Mk 12,1-12 231 Mk 12,27 265 Mk 14,32-42 230 Mk 14,32ff. 86 Mk 15,29ff. 236 Mk 15,34 230 Mk 16,9ff. 236 Lk 1,35 51 Lk 4,14 51 Lk 10,21f. 52 Lk 24,13-31 236 Lk 24,19ff. 236 Joh 1 50, 86 Joh 1,1 53, 176, 227 Joh 1,1f. 179 Joh 1,1ff. 229 Joh 1,1-5 174 Joh 1,3 153, 176, 197 Joh 1,3f. 262 Joh 1,14 32, 86, 163, 176, 179, 226f. Joh 1,18 38, 107 Joh 3,18 269 Joh 4,24 37 Joh 5,17 229 Joh 5,22 269 Joh 5,24 263, 269 Joh 6,40 265 Joh 6,63 180, 260 Joh 8,34b.36 244 Joh 10,30 53f., 78, 181 Joh 10,30.38 54 Joh 11,25 263

Joh 11,35 264 Joh 14,2f. 237 Joh 14,9 39, 54, 178, 226, 229 Joh 14,9ff. 78,181 Joh 14,10ff. 53 Joh 14,16 53 Joh 14,16.26 261 Joh 14,17 54 Joh 14,19 271 Joh 14,26 54, 181, 260 Joh 14 u. 16 226 Joh 14-16 261 Joh 14-17 174 Joh 15,26 54, 77, 83, 171, 180 Joh 16,5ff. 55 Joh 16,7 54, 261 Joh 16,13 53, 171, 180, 260 Joh 16,13ff. 180 Joh 16,14 77 Joh 16,14f. 53 Joh 16,15 53 Joh 16,27ff. 53 Joh 17 53f., 255 Joh 17,1-3 53 Joh 17,4-12 53 Joh 17,10 53 Joh 17,17-26 54 Joh 17,20ff. 54 Joh 17,21 78, 85, 181 Joh 17,21-23 54, 255, 274 Joh 17,24 53 Joh 20,20.24-29 236 Joh 20,31 271 Act 1,8 85, 256 Act 2,16ff. 260 Act 3,21 270 Act 5,31 237 Act 9,13 85, 255 Act 14,16f. 27 Act 17,22ff. 27 Röm 1,7 258 Röm 1,18-20 37 Röm 1,18ff. 27, 107 Röm 1,19f. 27 Röm 1,20 27 Röm 1,21ff. 37

Bibelstellenregister

Röm 2,5 269 Röm 2,14f. 27, 37 Röm 2,15 247 Röm 3,4f. 238 Röm 3,28 245 Röm 4,17 198, 265, 271 Röm 5,5 181 Röm 5,12 242 Röm 5,12-21 230, 234, 243f., 264 Röm 5,18 245 Röm 5,18-20 271 Röm 6,1-11 235 Röm 6,3f. 261 Röm 6,10f. 263 Röm 6,11 261 Röm 6,23 231, 234, 243, 264 Röm 7,10 247 Röm 7,12 247 Röm 7,19 242 Röm 8,2 247 Röm 8,9 77 Röm 8,11 265, 268 Röm 8,14 52, 266 Röm 8,14-17 260 Röm 8,16 52, 181 Röm 8,18-25 261f. Röm 8,18-39 260 Röm 8,19 262 Röm 8,19-22 237 Röm 8,19-23 260 Röm 8,24 262 Röm 8,24ff. 260 Röm 8,26f. 52 Röm 8,28 240 Röm 8,29 191, 230 Röm 8,32 52 Röm 8,34 237 Röm 9,25f. 53, 254 Röm 9,24-10,21 254 Röm 9-11 287f. Röm 11 286, 288 Röm 12,6ff. 181, 260

I Kor 4,1-5 270 I Kor 6,11 55 I Kor 10,16f. 255 I Kor 11,25 286 I Kor 12 53 I Kor 12,4ff. 181, 260 I Kor 12,4-6 53, 274 I Kor 12,4.7-11 255 I Kor 12,12f. 255 I Kor 12,13 60, 255 I Kor 12,27 53, 254 I Kor 13,7 232 I Kor 13,12 107, 262, 264f. I Kor 13,13 195 I Kor 15 236, 265, 268 I Kor 15,5ff. 236 I Kor 15,20 237, 260 I Kor 15,28 262, 292 I Kor 15,35 269 I Kor 15,35ff. 262 I Kor 15,44 268f. I Kor 15,50ff. 269 I Kor 15,50-54 269

I Kor 1,18ff. 188, 231 I Kor 1,23 58, 71 I Kor 2,10-16 52 I Kor 3,12-15 269 I Kor 3,16 53, 254f.

Eph 1,10 259 Eph 2,11-22 287 Eph 2,14 254 Eph 2,21 255 Eph 2,21f. 254

II Kor 1,22 52, 181, 261 II Kor 2,11 180 II Kor 3,17 40, 54, 153, 180, 227, 245 II Kor 5,1ff. 269 II Kor 5,1-4 269 II Kor 5,5 52, 261 II Kor 5,10 270 II Kor 5,17 263 II Kor 5,17ff. 260 II Kor 5,19 229, 234, 236 II Kor 5,20 235 II Kor 8,9 52 II Kor 13,13 52, 180 Gal 3,26-4,7 60 Gal 3,27f. 261 Gal 4,4-6 52 Gal 4,6 77

313

314

Bibelstellenregister

Eph 4,4-6 53, 254, 273 Eph 5,25.27 85, 255

I Petr 3,15 43, 57 I Petr 4,5 269

Phil 1,10 260 Phil 1,23 265 Phil 2,1f. 60 Phil 2,5-11 86, 228 Phil 2,6-8 52, 174, 188 Phil 2,6-11 226, 236 Phil 2,10f. 260

II Petr 3,8 263 II Petr 3,13 262

Kol 1,15 39, 50, 226 Kol 1,15f. 191, 260 Kol 1,16f. 39, 176, 179, 197, 226 Kol 1,18 255, 260 I Thess 3,13 260 I Tim 2,4 245, 271 I Tim 2,5f. 237 I Tim 6,16 38, 107, 187 II Tim 4,1 269 Tit 3,5f. 60

I Joh 3,14 163 I Joh 4,8.16 46, 54, 59, 78, 80, 175, 181, 192, 226 I Joh 4,13 54 I Joh 4,17 54 Hebr 1,2 153 Hebr 1,2f. 50, 153 Hebr 1,3 229 Hebr 2,17 230 Hebr 4,15 230 Hebr 9 u. 10 235 Hebr 13,12 85, 255 Apk 2,11 243, 264 Apk 20,11-15 269 Apk 21,1 197 Apk 21,1-4 265, 269 Apk 21,1-7 260 Apk 22,6-21 260

Personenregister

Das Personenregister enthält alle erwähnten Personen und Autoren, mit Ausnahme der biblischen Namen und biblischen Schriftsteller sowie des Verfassers. Abramowski, L. 60 Achtner, W. 220 Adam, A. 68, 79 Aëtius 72 Agricola 249 Aland, K. 69, 82 Alexander von Alexandrien 68f., 71 Ambrosius von Mailand 73, 79, 81 Andresen, C. 64, 75 Anselm von Canterbury 95, 105f., 137, 233 Apollinaris von Laodicea 73, 84, 87 Aristoteles 25, 134f. Arius 68 Asendorf, U. 197, 110 Aspect, A. 209 Athanasius 5, 70–75, 81 Athenagoras 62 Augustin 6, 15, 72f., 79–81, 89, 94f., 108, 177, 190, 242, 274, 277 Balthasar, H. U. von 6, 164f. Barbour, I. G. 208, 211, 220f., 271 Barth, H.-M. 290–292 Barth, K. 6, 18, 140, 142–145, 147, 152, 190, 249f. Barth, U. 202, 224 Basilius von Ankyra 73 Basilius von Caesarea 63, 73, 75, 78f., 81, 115, 177f. Bell, J. 209 Benedikt XVI. 276 Berdjajew, N. 151 Berger, K. 52f. Bernhardt, R. 290 Beyschlag, K. 55, 60, 62, 67, 71, 73, 92

Bienert, W. A. 69, 71, 75f., 79, 85, 92, 108f., 111 Blumhardt, C. 142 Blumhardt, J. C. 142 Bohr, N. 208, 211 Bolotov 103 Bonaventura 137 Breuning, W. 18, 23, 132, 136, 238 Broglie, L. de 208 Bromand, J. 131f., 137 Brunner, A. 65 Buchheim, T. 131f., 135, 137, 139 Büchner, L. 128, 204 Bulgakov, S. 169f. Bultmann, R. 14, 201, 261 Bünker, M. 247f., 251, 271 Calvin, J. 6, 20, 113–119, 228, 245, 249f. Camelot, P.-T. 79 Chomjakov, A. S. 167–169 Clayton, J. 132, 134, 136, 138f. Congar, Y. M. J. 160, 285 Cramer, F. 211f., 215 Cremer, H. 184 Cyrill von Alexandrien 88f. Dalferth, I. U. 16f., 138, 237 Damasus 81, 93 Darwin, C. 128, 203–205 Darwin, F. 205 Daub, K. 141 Davies, P. C. W. 218 Dawkins, R. 129, 216 Denzinger, H. 70, 83, 90f., 93, 158–160 Descartes, R. 6, 120–122, 124, 137, 203f., 208

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Personenregister

Dionysius von Rom 69 Dörrie, H. 67, 95 Drecoll, V. H. 73, 76 Duns Scotus 106, 114 Ebeling, G. 24, 32, 57, 107, 182, 259, 263, 271 Eibach, U. 201, 216 Eichrodt, W. 49 Einstein, A. 153, 206–208, 211 Enders, M. 137f. Epikur 238 Erasmus 113 Eustathius von Antiochien 87 Eutyches 88–90 Everett, H. 208 Evers, D. 201, 207, 211, 217, 219, 224 Feldmeier, R. 49, 51, 261, 265, 271 Feuerbach, L. 16, 126f. Florovsky, G. 170 Freud, S. 126, 129 Freudenberg, M. 115 Friedrich, M. 247f., 251, 271 Fritzsche, H. 17 Galilei, G. 202–204 Garrigues, J.-M. 77, 103 Gaßmann, G. 256 George, M. 169 Gerlitz, P. 61 Gestrich, C. 267 Gödel, K. F. 137 Gregor von Nazianz 37f., 63, 74, 76f., 87, 115 Gregor von Nyssa 15, 63, 74, 78, 89 Gregor von Zypern 101 Greshake, G. 17, 29, 44, 50, 156, 166, 195, 276, 290f., 293 Grillmeier, A. 88f., 91 Haeckel, E. 128f., 204 Harkianakis, S. 99 Härle, W. 14, 21, 23, 35, 37, 42, 44, 129f., 182, 184–186, 191, 198f., 217f., 225, 234, 236, 238, 240, 243f., 260, 265, 268f., 271 Harnack, A. von 57, 142 Hauschild, W.-D. 14, 55, 57, 61, 68, 80, 82, 84, 86, 92f., 106, 114, 117 Hawking, S. 216

Hegel, G. W. F. 6, 120, 124–128, 137, 141, 151, 163, 193, 264, 277 Heisenberg, W. 206, 208, 211, 215 Heller, D. 256, 259 Helmholtz, H. von 128, 204 Hermanni, F. 134, 137, 239 Heubach, J. 110, 119 Hick, J. 290 Hilarius 81 Hilberath, B. J. 41, 50, 57f., 64f., 106 Hirschberger, J. 26, 125, 128, 139 Hofmann, J. C. K. von 141 Hollaz, D. 183 Hubble, E. 207 Hübner, J. 203, 224 Hüffmeier, W. 251, 255f., 258, 271, 291 Hume, D. 134, 136 Hünermann, P. 70, 83, 90f., 93, 158–160 Irenäus von Lyon 5, 62, 64 Jansen, R. 110, 119 Jenson, R. W. 15, 50 Joachim von Fiore 150 Joest, W. 18, 23, 189f., 229, 232, 234–237, 242–245, 263–265, 267, 270, 272 Jörns, K.-P. 234 Josuttis, M. 234 Julian 73 Jüngel, E. 6, 14, 26, 31–36, 41, 43–45, 56, 122, 140, 145–148, 182, 184, 186f., 189, 193–195, 201, 217, 231, 266–268 Justin 61 Kallis, A. 98 Kant, I. 6, 41, 120, 123–125, 131–134, 136– 138, 142, 203f., 215, 224, 240 Karl der Große 96, 101 Kasper, W. 13, 15, 17f., 23, 26, 28, 31–35, 41, 45, 51, 54, 58, 60, 80f., 127, 161, 166, 195 Kelly, J. N. D. 69f., 83, 85, 92 Kepler, J. 202 Kern, W. 125 Kessler, H. 87–89, 91f., 205, 216, 221, 233, 235–237, 272 Kierkegaard, S. 127, 142, 198 Knitter, P. F. 290 Köber, B. W. 230

Personenregister

Konstantius 72 Koopmans, J. 111, 115, 119 Kopernikus, N. 202f. Körtner, U.H.J. 16 Kreis, G. 131, 137 Kretschmar, G. 109 Kropač, U. 204f., 212, 214f., 272 Krötke, W. 219, 222 Kuhn, J. E. 26 Kuhn, T. S. 203 Kühn, U. 86, 89, 92, 112 Kyndal, E. 110f. La Mettrie, J. O. de 204 Lanczkowski, G. 25 Lapide, P. 288 Larentzakis, G. 99 Lauter, H.-J. 274 Leibniz, G. W. 134, 136, 238f. Lemaître, Georges 207 Leo I. 89 Leppin, V. 114f. Leslie, J. 137 Lessing, E. 29, 54, 252 Lilienfeld, F. von 100 Lochman, J. M. 16 Löhe, W. 142 Löhrer, M. 59 Lohse, B. 46, 57, 86–88, 91f. Løgstrup, K. E. 136f. Lønning, I. 26, 31, 35, 45, 55, 124, 189 Loofs, F. 57 Luhmann, N. 279 Lüpke, J. von 18, 23, 189f., 229, 232, 234– 237, 242–245, 263–265, 267, 270, 272 Luther, M. 6, 20, 27, 34, 105–115, 117–119, 141, 159, 179f., 182, 184, 187f., 191, 194, 229f., 233, 235, 240–242, 244–250, 256f., 265f., 268, 279 Maimonides 134 Mannermaa, T. 107 Marc Aurel 62 Marheineke, P. K. 141 Markschies, C. 57, 68, 73, 93, 108f., 119 Martikainen, J. 109 Marx, K. 126, 128f. Marxsen, W. 236

317

Maximus Confessor 91, 100f. Meding, W. von 51, 55, 107f. Melanchthon, P. 248–250 Meyendorff, J. 170 Möhler, J. A. 157 Moleschott, J. 204 Moltmann, J. 6, 55, 69, 80, 102, 140, 148– 151, 165, 233, 252, 261, 289 Mühling, M. 263-265, 269, 272 Müller, H.-P. 47 Nestorius 87f., 90 Neuner, J. 157 Neuner, P. 173 Newton, I. 202f., 206f., 209–211 Nietzsche, F. 126, 129f., 204, 264 Nijenhuis, W. 115, 117f. Nikolaus I. 99 Nissiotis, N. A. 98, 104 Nitsche, B. 91 Nitzsch, C. I. 141 Oberdorfer, B. 80, 103f. Opitz, H.-G. 69 Origenes 5, 15, 67f. Palamas, G. 100f. Panikkar, R. 291 Pannenberg, W. 6, 18, 26f., 49f., 57f., 64, 66, 102, 125, 138, 140, 146, 152–155, 164, 190f., 195, 198, 201, 221f., 224, 237, 243, 255, 259, 265, 272, 288 Papandreou, D. 98 Passaglia, C. 157 Paul von Samosata 61 Peter der Große 167 Peters, A. 109, 248 Petzoldt, M. 16 Photius 97, 99, 172, 281 Pitirim, K. N. 169 Planck, M. 153, 206f., 211, 215 Platinga, A. 137 Platon 25, 135 Polkinghorne, J. 202, 206, 209–211, 215, 220, 272 Prechtl, P. 122 Prigogine, I. 210 Quenstedt, J. A. 183

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Personenregister

Rahner, K. 6, 27, 47, 156, 160–165, 184, 194f., 232 Ratschow, C. H. 262, 271 Ratzinger, J. 8, 80, 96, 156, 160f., 165f., 275–279, 282, 284f. Rhoses, Z. 167f. Ricken, F. 70, 131, 136, 165 Ritschl, A. 142, 242 Ritschl, D. 72 Ritter, A. M. 57, 61, 67f., 72, 83f., 92 Rohloff, R. 117, 119 Rommel, H. 13, 238, 272 Roos, H. 157 Rothgangel, M. 205, 272 Sabellius 61, 86 Salaquarda, J. 127 Sauter, G. 54 Scheeben, M. J. 157 Scheffczyk, L. 55, 60–62, 64, 81, 92 Schierse, F. J. 52f., 55f., 92 Schikora, K. 285 Schleiermacher, F. D. E. 16, 141, 144, 202, 205, 224 Schlink, E. 18, 225 Schmid, F. 29, 35 Schmid, H. 50, 183, 200, 229 Schmidt, G. R. 14f., 19, 289 Schmidt, P. W. 24 Schmidt, W. H. 50 Schmidt-Leukel, P. 291 Schnabel, U. 213 Schneider, T. 84, 92, 272 Schott, E. 141 Schrödinger, E. 206, 208, 211 Schulte, R. 47, 49f. Schütz, C. 29–31 Schwarz, H. 129, 173, 205, 272 Schwier, H. 287, 293 Schwöbel, C. 17, 23, 29, 41, 53, 108f., 116, 133f., 140, 154f., 186, 202, 212, 221, 252, 287, 289 Servet, M. 115 Siller, P. 34 Slenczka, R. 169 Smith, W. 290 Söderblom, N. 24 Sozzini, F. 115 Spieckermann, H. 49, 51, 261, 265, 271 Spinoza, B. 25, 125, 137

Staats, R. 82 Staedtke, J. 115, 118 Staniloae, D. 6, 31, 98, 167, 169–172 Staudenmaier, F. A. 26, 157 Stephens, W. P. 115, 119 Stoellger, P. 16 Studer, B. 79 Swinburne, R. 134, 136, 138, 221 Tertullian von Karthago 5, 62, 64–66, 74f., 81, 86f., 89, 177 Tetz, M. 71, 73 Theodor von Mopsuestia 87 Theodosius I. 81 Theodot von Byzanz 86 Thomas von Aquin 15, 18, 105f., 111, 134– 136, 183 Tillich, P. 44 Tipler, F. J. 216 Torrance, T. F. 115 Troeltsch, E. 142 Twesten, A. D. C. 141 Unamuno, M. 151 Valentin 61 Vischer, L. 55, 95, 104 Volf, M. 8, 60, 274f., 278–280, 283–285 Vorgrimler, H. 160 Weber, O. 115 Weinberg, S. 223 Weizsäcker, C. F. von 211, 219 Wendebourg, D. 100, 168 Wendel, F. 115, 117 Wenz, G. 110f., 173 Werbick, J. 18, 33, 35, 43, 50, 52, 57, 158, 160, 166, 184, 186, 198, 232 Werblowsky, R. J. Z. 288 Westermann, C. 47f., 50 Whitehead, A. N. 150, 154 Wiedenhofer, S. 256, 287 Wilhelm von Ockham 106 Wittgenstein, L. 35 Wölfel, E. 207, 211, 215 Zenger, E. 49 Zizioulas, I. D. 8, 167, 172f., 275, 279–285 Zwingli, U. 6, 20, 113–115, 117–119, 257

Sachregister

Das Sachregister ist nicht nur als statistisches Begriffsregister angelegt, sondern auch thematisch orientiert. Deshalb werden bei zentralen Stichworten relevante abgeleitete Formen auch ohne explizite Nennung berücksichtigt. Abbild 29, 53, 67, 76, 175f., 179, 189, 193, 225 Abendmahl/Eucharistie/Herrenmahl 19, 85, 108, 113f., 118, 173, 255, 258, 282 Abhängigkeit 16, 39, 141f., 194, 198, 202, 224, 242 Adoptianismus 61, 68, 84, 86, 115 Ahnung 19, 25–27, 30, 33, 36–38, 43, 61, 74, 107, 130f., 138, 170, 217, 290 Ahnung – Offenbarung 36–38, 107, 131, 138 (siehe auch „Offenbarung“) Akzidens 65, 75, 79, 178 Allgegenwart 115, 138, 152, 184f., 198 Allmacht 7, 22, 25, 58, 82, 126, 182–185, 197f., 221, 225, 230–232, 237–241 Allwissenheit 183, 185, 238 Alte Kirche/altkirchlich 6, 17, 20f., 55f., 79, 85, 95-119, 140–172, 177, 192, 196, 256, 258, 263, 266, 269, 273f., 278f., 283, 285 Altprotestantische Orthodoxie 183, 199, 228, 269 Amt 66, 78, 96, 105, 111f., 116, 157, 159, 166, 228, 256f., 276, 278, 280, 284 Analogie 25, 29, 63, 66, 68, 80, 94–100, 105f., 111f., 118, 140, 147–149, 153–159, 164–167, 171–173, 177, 181, 187–193, 227, 239, 250, 252, 255, 273–284 psychologische Analogie (Trinität) 80, 94, 147f., 155, 177, 189–192, 227, 252, 274, 277, 282 soziale Analogie (Trinität) 97, 99, 148, 155, 177, 181, 189–192, 227, 275, 281f. (zur psychologischen und sozialen Analogie siehe auch „Trinität“) Angewiesenheit 42, 107, 111, 114, 136, 171, 188, 194, 201, 228, 249 Angst 47, 57, 86, 110, 194, 223, 225, 230, 234, 237, 241-244, 246, 262 Anknüpfungspunkt 22, 27–30, 34, 37-44, 107, 144, 147, 251, 290, 292 Anrede 30–32, 41–44, 175, 179, 188, 194, 227f., 257, 266f. Anteil (an Gottes Liebe und Wesen) 9, 14, 18, 41, 52, 60, 76, 110, 174–176, 185, 189, 192–194, 198, 203, 227, 231, 239, 243, 264, 275 Anthropisches Prinzip 153, 210, 219 Anthropologie 10, 16, 17–21, 27, 30–36, 43, 63–66, 76, 95, 98, 124, 127, 143–146, 149, 152, 155f., 162–164, 169, 172, 175, 177f., 188, 191f., 195, 201, 238 Anthropozentrismus 29, 120–124, 128–130, 140–143, 148, 197 Antike 25, 31, 54, 57f., 75, 114, 121, 123, 134, 153, 163, 177f., 192, 203, 238 Apathieaxiom 149, 183, 232f. (siehe auch „Leidensunfähigkeit Gottes“)

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Sachregister

Apologeten 60-63 apophatisch 37, 97–102, 107, 170f., 290 Apostolizität/apostolisch 57, 60, 83–85, 112, 197, 226, 237, 255–258 Arianismus 5, 67–75, 95, 99 Aristotelische Kategorienlehre/Kategorientafel 63, 65, 75, 79 Atheismus 21, 33, 39, 113, 124–130, 140, 188, 204f., 216, 240 (siehe auch „Theismus“) Auferstehung/Auferweckung 7f., 22, 39, 51, 55, 59, 82–84, 118, 191, 225-231, 235–237, 240, 247, 253, 255, 260–269, 286 Aufklärung 6, 20f., 25, 39, 43, 119–141, 156f., 203, 233 Bekenntnis/Glaubensbekenntnis 5–7, 10, 17–21, 28f., 41, 55, 58, 60, 63­–96, 100, 103, 108–115, 143, 147, 178–181, 195–275, 280, 283, 286, 289, 292 Ökumenisches Bekenntnis von Nizäa (325) 5, 68–70, 72f., 81–83, 108 Ökumenisches Bekenntnis von Konstantinopel (381) 6, 20, 62–64, 68, 70, 74, 79, 81–87, 90, 93, 96, 100, 103, 108, 112, 115, 178, 197, 226, 253, 255f., 261, 275, 283, 286 Ökumenisches Bekenntnis von Chalcedon (451) 6, 82, 85-93, 112, 115f., 163, 179, 226, 228f., 232 Apostolikum 70, 85, 115, 197, 226, 254, 256, 258, 271 Athanasianum 93 Symbolum Romanum 69 Bekenntnisschriften 113, 280 Befreiung 52, 62, 110, 113f., 117, 126, 129, 145, 167, 172, 194, 224f., 228–231, 240, 243–248, 261, 263, 281 (siehe auch „Freiheit“ und „Sünde und Freiheit“) Bestimmung (des Menschen) 9, 13f., 41–43, 90f., 165, 188–195, 229f., 239–243, 255, 264 Bewusstsein 16, 62, 99, 111f., 122, 125f., 129f., 133, 136, 138, 141–144, 149, 163, 199, 202205, 219-223, 248, 292 Beziehung/Relation (in Gott) 18, 25, 32f., 49, 63–66, 71–80, 83, 94–106, 116, 144f., 148, 152, 154, 163–165, 168, 171–173, 176, 178, 181, 190–193, 226, 232, 258, 265, 275–284 (siehe auch „Ursprungs- und Existenzbeziehungen“ bzw. „Trinität“) Biblisches Zeugnis 5, 16, 24, 26f., 46–65, 74, 85–87, 115-117, 120, 154, 161, 171, 175, 180, 187, 196–198, 218, 234, 238, 243, 246, 254–258, 260, 264, 268–270, 273f., 279f., 287 (siehe auch „Zeugnis“) Biologie/biologisch 130, 205, 210, 212, 220f., 224, 264 Chaostheorie 209, 211 Charismen/Gnadengaben 40, 78, 96, 106, 111f., 149, 159, 165, 181, 260, 276, 280 Christologie 20, 22, 39, 61f., 66, 68, 71, 80, 83–93, 96, 99, 105, 109–116, 142, 144, 149, 159, 163f., 172, 221, 225–229, 232–237, 258, 260, 279, 282, 288, 291 (siehe auch „Jesus Christus“, „Sohn Gottes“, „Logos“ und „Zwei-Naturen-Lehre“) christologische Streitigkeiten 86–91 Logos-Anthropos-Christologie 87, 112 Logos-Sarx-Christologie 87f., 111, 172 (siehe auch „Logos“) Christomonismus 111f., 166 Dasein 13, 35, 42, 47–49, 123f., 132f., 152, 162, 196–199, 222, 236, 243, 260, 265, 282

Sachregister

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De Deo uno – De Deo trino 18, 28, 37f., 105f., 156, 161, 168, 174, 183 Deismus 25, 132, 138, 141, 199 Determinismus 41, 129, 134f., 152, 184, 194, 199f., 203f., 207–211, 218, 221, 228, 232, 245 Dogmatik 9f., 14–18, 21f., 73, 84, 119, 143, 152, 162, 167–170, 174, 183, 190, 196, 200, 292 Doketismus 62, 71, 86 Doxologie/Anbetung 19, 53f., 60, 68, 83f., 98f., 150, 163 (siehe auch „Gebet“) Dreieinigkeit/Dreieiniger Gott 5, 7, 9f., 13–23, 29–33, 36, 39–47, 51, 54, 56, 60-85, 92, 104, 106, 109f., 114f., 140, 143–145, 152–155, 157, 161, 163f., 168, 170f., 173–199, 214, 217, 219, 221, 225–227, 232, 237, 239, 241, 248, 253–265, 274–276, 279, 281, 285, 287, 290, 292 (Der Begriff Trinität und seine abgeleiteten Formen finden sich durchgehend im Text – zu spezifischen Begriffspaaren siehe deren Einordnung unter „Trinität“.) Dualismus 25f., 43, 47, 54–66, 80, 94f., 114f., 121, 167f., 176, 191, 207f., 221, 250f. Geist-Leib-Dualismus/Leib-Seele-Dualismus 25, 47, 59, 66, 80, 114, 121, 191 Geist-Materie-Dualismus 59, 61f., 114 (siehe auch „Leib“) Dynamik 27f., 58, 76, 126, 152–155, 169, 206f., 211f., 219–222, 225, 237, 248–252, 258, 265, 279, 285, 288 Ebenbild Gottes/Gottebenbildlichkeit 7, 18, 21, 26, 29–32, 39, 80, 98, 144, 154, 175f., 179, 187–195, 226–232, 239, 244, 264 imago Dei 18, 26, 29, 32, 39, 227, 244 Eigenschaften Gottes 7, 21, 25, 79, 89, 106, 110, 133, 141, 155, 174, 182–187, 192, 232 Eigentümlichkeiten der trinitarischen Personen (Proprien) 63, 65f., 72–80, 89, 94, 105f., 109, 113, 115f., 146–149, 156f., 161–163, 167, 170, 175–181, 192f., 196f., 222, 226, 251, 253, 276–280, 284 Eigenwirklichkeit Gottes 24, 26, 33–37, 67, 176, 187 Einheit in Dreiheit 46, 56, 63, 69f., 73, 75, 79, 86, 155 Einheit in Vielfalt 17, 29, 46, 54, 148, 156f., 167, 169, 171, 189, 192, 227, 253, 255, 273f., 278, 285 Einseitigkeiten 8, 20–22, 38, 56, 62, 81, 84, 93, 100, 103, 105, 108f., 119, 140, 155f., 166, 172, 250, 252, 273–288, 292 Ekklesiologie 17, 20, 52, 54, 60, 65, 68, 72, 79, 84, 96, 98, 100, 103, 105f., 109, 111–120, 140–143, 149, 155–173, 273–285 (siehe auch „Kirchenverständnis“ und „Gemeinschaft der Glaubenden“) Emanation 25f., 47, 59, 61f., 70, 95, 197 Empfangen/empfangend 28, 32, 34–37, 41–44, 78, 91, 108, 110, 118, 120, 165, 187f., 194, 225f., 229–231, 245, 247, 255, 258f., 267, 284 Endlichkeit 13, 27, 114, 125f., 138, 170, 190f., 198, 202, 243, 264–267 Energienlehre 6, 74, 76, 97–102, 168–172, 282 ökonomische Energienlehre 74, 76, 101f., 169f. spekulative Energienlehre 74, 99, 102, 169, 172 Engführungen 6, 21, 63, 77, 86, 93–106, 109, 112–115, 118, 134, 140, 148, 150, 155, 157, 161, 163, 165–168, 172, 242, 251, 273, 275–283, 287 Episkopalismus 97, 99, 167 Erfahrung 17, 30f., 37, 46f., 50, 55, 57, 60, 62, 65f., 74, 97, 99, 113, 116, 122f., 127, 129, 132–138, 146, 150, 155, 163, 171, 173, 176, 192, 196, 201, 211, 217, 221f., 227, 237, 240f., 264, 275, 279, 281f., 288, 290

322

Sachregister

Erhaltung 29, 125, 199f., 210, 222, 247f., 251 Erhöhung 54, 228f., 236 Erkenntnis (siehe „Gotteserkenntnis“, „Menschenerkenntnis“ und „Heilserkenntnis“) erkenntnistheoretisch 16, 40, 155, 211, 214, 216f., 223–226 Erlöser 7, 9, 14, 17, 21, 196, 201, 217, 225–253, 265, 270 Erlösung 17, 22, 27–29, 43, 55, 62, 64, 68f., 72, 79, 86–91, 110, 112, 116f., 128, 151, 161, 171, 198, 225–228, 252, 260, 274, 292 Erschaffung 21, 64, 122, 126, 152, 190, 196, 198f., 218, 227, 239, 260, 262, 265, 268 (siehe auch „Schöpfung“) Eschatologie 8, 17, 22, 29, 40, 43, 98, 144, 147–151, 160, 181, 191, 197, 219, 221, 237, 240, 243, 248, 252–254, 259–265, 268, 272, 279, 282, 288, 291 Ethik 7, 18f., 22, 68, 72, 88, 90, 110, 114, 117, 129, 133, 140, 142, 155, 222–226, 246–252, 270f. (siehe auch „Weltverantwortung“) Eucharistie (siehe „Abendmahl/Eucharistie/Herrenmahl“) Evangelium 7, 28, 52, 56, 110, 117f., 155, 225, 240, 245–257, 269–271 Evolution 24, 128f., 153f., 204f., 216–222, 238, 240, 262, 264 Ewigkeit 25, 70, 178f., 183, 185, 191, 197f., 212, 240, 263, 265–268 (siehe auch „Zeit“) Ewigkeit Gottes 25, 39f., 51, 53, 64, 67, 70f., 76–78, 87, 90, 94f., 98–102, 109, 117, 145–152, 168, 172, 175, 178–185, 188, 197, 226, 229–234, 243, 276, 281–284 ewiges Leben 8, 22, 53, 126, 152, 185, 188, 190–195, 225, 229–234, 240, 243, 245, 253f., 259–271 (siehe auch „Tod“) existentiell 9f., 14, 16, 24, 30, 37, 39, 41f., 44, 48, 74, 142, 196, 240 Filioque 6, 20, 74, 77, 80–83, 94–106, 110–113, 144, 147, 149, 159, 164–166, 276f., 281, 291 Fortschrittsoptimismus 142, 205, 223 Freiheit 7, 22, 34, 37, 40, 42, 44, 54, 66, 73, 78, 110, 117, 120, 122f., 126, 134, 145, 147, 150, 153, 164f., 175, 177–180, 184, 186, 192–194, 198–200, 208, 218–220, 225–230, 239–246, 271 (siehe auch „Sünde und Freiheit“ und „Befreiung“) Fundamentaltheologie 10, 14–16 Gebet 19, 44, 54, 83, 99, 112, 163, 257, 259 (siehe auch „Doxologie/Anbetung“) Geborgenheit 13, 269 Geduld (Gottes) 147, 185, 189, 231, 240, 262 Gegenüber und Nähe (Gottes) 24, 26, 40, 47, 56, 58, 71, 76, 78, 84, 120, 126, 141, 147, 157, 176f., 181, 188, 194, 199, 218, 227, 265, 291f. Geheimnis 7, 14, 18, 21, 24, 26f., 30–42, 45, 55, 62, 65, 69, 75, 97, 99, 107, 145f., 162, 170, 176, 186–189, 194f., 201, 215, 227, 229, 274 Gemeinschaft der Glaubenden 8, 14, 17, 22, 46, 52, 54, 63, 84, 106, 157, 166, 253–263, 273f. (siehe auch „Ekklesiologie“ und „Kirchenverständnis“)

Sachregister

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Gemeinschaft der Liebe 7, 9, 14, 20f., 32, 34, 40, 46, 56–59, 63, 76, 78, 84, 98, 143, 152, 170, 174–195, 198–200, 225–227, 231–234, 239–246, 252, 255, 261–265, 268, 270, 275, 284, 292 Gemeinschaft innertrinitarisch 22, 46, 59, 63, 66, 72, 78, 83f., 108, 148–150, 155–161, 166, 169, 174, 177, 181, 190, 193, 198f., 227, 252–255, 261, 273f., 277, 284 Gerechtigkeit/Werkgerechtigkeit 41, 59, 110–117, 194, 228, 234f., 238, 240, 244–246, 248, 251, 270f. (siehe auch „Rechtfertigung/Rechtfertigungslehre“) Geschöpf/Geschöpflichkeit 18, 27, 29, 44, 61, 64, 68, 70f., 91, 110, 114, 150, 153f., 165, 176–179, 183–185, 188–194, 199–201, 219–223, 228–234, 238–243, 252, 255, 263–265 Gesetz/gesetzlich 7, 27f., 59, 117f., 225, 228f., 240, 245–252, 288 Gesetz und Evangelium 7, 28, 117f., 225, 246–252 Gewissheit (seiner selbst, Gottes, des Glaubens, des Heils, der Erkenntnis) 14, 32, 35f., 41f., 55, 62, 72, 110, 120–122, 133, 161, 170, 176, 187f., 195, 227, 245, 247 Glaube als empfangender Glaube 28, 32, 34–37, 41–44, 78, 91, 108, 110, 118, 120, 165, 187f., 194, 225f., 229–231, 245, 247, 255, 258f., 267, 284 Glaube und Vernunft 5, 10, 14–16, 19, 28f., 34, 36, 42–44, 107, 116, 120–138, 142, 146f., 158, 175, 190f., 203, 217, 233, 240–244, 251, 282 Glaubende 8, 14–17, 22, 32, 46, 51–55, 60–63, 66, 78, 84, 96, 105f., 111f., 117, 135, 149, 156–159, 165f., 171, 180, 195, 228f., 235, 245–265, 268–284 Glaubensartikel 17, 19, 27, 140, 148, 180, 196f., 225f., 250–252, 259, 271, 288 Erster Artikel 22, 29, 147f., 179, 195–225, 244, 250 Zweiter Artikel 17, 22, 29, 69, 81, 83, 95, 147, 179, 195, 201, 225–254 Dritter Artikel 17, 22, 29, 81, 83f., 98, 144, 147f., 181, 195, 197, 201, 226, 251, 253–271, 274, 281 Glaubensbekenntnis (siehe „Bekenntnis/Glaubensbekenntnis“) Gleichursprünglichkeit 32, 78, 179, 279, 282, 284 Gnade 28, 40, 43, 52, 78, 80, 95f., 98, 106, 109, 111, 113, 116, 140, 147–149, 155, 161–164, 171, 181, 191, 218, 234f., 244–249, 252, 256, 258, 260, 271, 278f. Gnadenlehre 80, 95f., 98, 113, 140, 147, 149, 155, 161, 164, 252, 278 Gnadengaben (siehe „Charismen/Gnadengaben“) Gnosis 59, 61f., 64, 86 Gottebenbildlichkeit (siehe „Ebenbild Gottes/Gottebenbildlichkeit“) Gottesbegriff 5f., 10, 16, 19f., 24–27, 33–38, 46f., 50f., 54–63, 66f., 71–76, 81f., 93f., 106, 120–127, 133–138, 145, 156, 176, 187, 215, 220, 252, 256, 285, 290–292 Gottesbeweise 6, 21, 33, 120–124, 131–138, 217 Gottesbilder 25, 28f., 48, 50, 58f., 66, 76, 130, 186, 234 Gotteserkenntnis 10, 14–19, 27–41, 59, 62, 67, 72, 107, 115f., 122, 138, 143, 147, 170–173, 176, 197, 217, 224, 226f., 250, 281, 287 Tragfähige Gotteserkenntnis 10, 14–16, 35, 36f., 131, 133, 138, 140, 174, 214, 217, 268 Gottesidee 14, 27, 36f., 71, 122, 133 Gottesvorstellungen 9, 14, 16, 24–26, 47, 55–59, 119, 121, 123, 188, 199, 215, 288 Gottheit Gottes 37f., 40, 55f., 58, 61f., 67f., 71f., 75, 83–98, 181, 188, 221, 225, 230–232, 284 Grenzbegriff 32, 36, 123, 133, 137

324

Sachregister

Grenzen/Begrenztheit 16, 30f., 33, 35f., 42, 57, 114, 120, 124, 136, 138, 146, 183, 185, 190, 197–200, 213, 215, 223f., 241, 243, 256, 264f. Handeln Gottes 7, 9, 15–17, 21, 28f., 38, 41, 74, 78, 85, 111, 113, 116, 123, 126, 146, 148, 152, 154, 161–164, 168, 174–184, 198–201, 217, 220f., 225, 228–230, 233–253, 260, 265, 267, 280, 286–288 (siehe auch „Wirken Gottes“) Heiliger Geist 5, 9f., 14, 17–22, 26, 28f., 39–42, 46–60, 64–66, 69–72, 77­–85, 95–100, 103–119, 141–149, 153f., 159–171, 175–184, 188, 194–197, 221, 225f., 231, 237, 245, 251–263, 268f., 273–291 Heiliger Geist als personaler Geber der Gaben 40, 52, 54, 58, 78, 80, 94, 96, 98, 105, 110f., 149, 159, 163, 165, 181, 231, 234, 243, 264, 276, 279 Hauchung (des Geistes) 71, 76f., 94, 102, 157, 178f. Heiligkeit 85, 183, 185, 234, 255 Heiligung 53, 55, 64, 72, 76, 110, 113f., 117, 160, 225, 246, 249 (siehe auch „Rechtfertigung/Rechtfertigungslehre“) Heilserkenntnis 22, 113, 226 Heilsgeschichte/heilsgeschichtlich 14, 17–22, 27f., 32, 36–44, 48, 51f., 63–68, 72–77, 81, 84, 95–102, 106–110, 113f., 116f., 120–125, 130, 134, 136, 141–184, 188f., 194–199, 217–221, 225, 231f., 237, 240f., 248–254, 259–264, 274, 277–281, 286–288, 291f. (siehe auch „Menschheitsgeschichte/Weltgeschichte“) Heilsgewissheit 32, 35f., 41f., 55, 62, 110, 170, 176, 187, 195, 227, 245, 247 Heilsmysterium 9, 15, 17, 21, 41, 162, 194 Heilsrelevanz 35, 69, 90, 108, 164, 196, 229f., 241 Heilswerk/Heilswirken 17, 22, 52, 54, 60, 89, 110, 113, 116, 180, 199, 201, 225–228, 237, 240, 244, 253f., 260, 273, 286, 292 (siehe auch „Soteriologie“) Hellenisierung/hellenistisch/griechische Philosophie 31, 46, 57–60, 67, 75f., 86, 116, 134 Herkunft 13, 30, 146, 162, 194 Hermeneutik/hermeneutisch 5, 16, 19f., 28, 32, 34–43, 72, 74, 93, 97–101, 115, 120, 122, 127, 132, 138, 144, 146f., 164, 167, 171, 173, 184, 188, 202f., 212, 214, 217, 220, 237, 277–281, 289f. Herrlichkeit/verherrlichen 53f., 82–84, 109, 150f., 162, 188–191, 229–231, 268, 274 Hierarchie/hierarchisch 94, 96–99, 105f., 149, 156–161, 164, 166–173, 211, 275–278, 282–284 Himmel/himmlisch 39, 51f., 82, 98, 107, 151f., 179, 197, 201, 218, 228f., 256, 259f., 262, 265, 269 Hingabe/Selbsthingabe Gottes 18, 59, 85, 90, 105, 109, 145, 148, 164f., 175, 179–182, 195, 220, 225–233, 255, 268 hingebungsvolle Liebe Gottes 42, 59, 91, 140, 143, 165, 175, 179, 182, 184f., 188, 195, 225, 229–231, 235f., 240, 260 Hoffnung 32, 40, 53, 146, 185, 194f., 232, 240, 243, 254, 259–264, 269, 292 Homousios 68–70, 73, 75 (siehe auch „Wesenseinheit“) Homousie 53, 71, 73, 83f. Hypostase 67f., 70, 73, 75–79, 83, 89f., 101, 163, 178, 288 hypostatisch 67, 69, 74, 77f., 88, 99–102

Sachregister

325

Idealismus 26, 80, 124f., 141f., 144, 147, 157, 163, 165, 277 Identifikation/Identifizierung 25–27, 42f., 50, 54, 56, 58f., 65f., 79, 96, 126, 150f., 155, 157, 159, 164, 172, 177, 197, 250f., 275f., 282 Identität 32, 39, 46, 49, 53, 58, 61, 80, 122, 126, 145, 164, 169, 175f., 188f., 193, 227, 236, 267–269, 282, 287, 289 Immanenz 47, 64, 124, 132, 222, 290 Individualismus 96, 113, 142, 147–149, 163f., 252, 278–283, 263, 267, 275, 282 Individualität 18, 63, 65, 76, 96, 149, 175–178, 189–193, 227, 239 Inkarnation 29, 40, 46, 50f., 71, 76, 87, 109, 154f., 162, 164, 169, 176, 221f., 233, 263, 273, 288 (siehe auch „Menschwerdung“) Integral 17, 29, 44, 154 Interreligiöser Dialog 8, 10, 15, 17–19, 22, 156, 286-293 (siehe auch „religiös“) Jesus Christus 6f., 14, 17, 20, 22f., 39, 41, 45, 51–55, 59–61, 70f., 82, 84–91, 98, 105, 114f., 118, 142, 145, 162, 165, 176, 179, 188–191, 195, 225–237, 247, 249, 253–255, 258, 260– 265, 269–271, 274, 285–287, 292 (siehe auch „Christologie“, „Sohn Gottes“, „Logos“ und „Zwei-Naturen-Lehre“) Jüngstes Gericht 269f. Kappadozier 5, 63f., 73–81, 99–102, 107, 170 kappadozische Theologie 63, 66f., 73–83, 93, 100f., 108, 111, 115, 161, 167, 170, 172, 177f., 281 (siehe auch „neunizänische Theologie“) Katholizität 85, 100, 160, 169, 256, 281 Kirchenverständnis 8, 17, 20, 22, 54, 63–66, 78, 93f., 96, 99, 103, 105f., 111–114, 118, 140–143, 155–161, 165–173, 273–285 (siehe auch „Ekklesiologie“ und „Gemeinschaft der Glaubenden“) Leib Christi 53, 72, 96, 141, 143, 158–160, 168f., 254f., 278 Tempel des Heiligen Geistes 52, 159, 168, 254f. Volk Gottes 53, 157, 159f., 254, 278 Gemeinde 19, 60, 66, 112, 125, 149, 237, 250, 253, 279f., 284 Orts- und Universalkirche 66, 78, 94–97, 100, 156, 159f., 166, 172, 276–278, 281–284 Ost- und Westkirche 5f., 20, 63, 67, 69, 72, 74, 77, 79, 82f., 89, 93–108, 113, 115, 118, 140, 147–150, 155f., 159, 161, 165–172, 252, 276–283 kirchenpolitisch 72, 93, 96–101 Konfession/konfessionell/interkonfessioneller Dialog 10, 17–22, 93, 103, 118, 140f., 160f., 167–173, 255, 257, 273, 275, 278, 280, 285f. (siehe auch „Ökumene“) orthodox 6, 8, 21, 67, 91, 97–104, 161, 167–173, 275, 279–283 protestantisch 6, 8, 21, 110, 119, 140–156, 159, 183, 199f., 228, 250, 269, 275, 278–280, 283 römisch-katholisch 6, 8, 21, 94, 114, 119, 131, 149, 156–166, 172, 191, 204, 242, 245, 255–257, 266, 275–278, 290 Konstruktion/Rekonstruktion Gottes 16, 27f., 33–43, 48, 71, 106, 124, 127, 131, 147, 175, 187, 217, 232 (siehe auch „Rückschlussverfahren“) Kontingenz/kontingent 27, 122, 135f., 152–155, 198, 202, 210–212, 217, 219f.

326

Sachregister

Konzil Erstes Ökumenisches Konzil zu Nizäa (325) 5, 68–74, 81–83, 108 Zweites Ökumenisches Konzil zu Konstantinopel (381) 6, 20, 62–64, 68, 70, 74, 79, 81–87, 90–93, 96, 100, 103, 108, 112, 115, 178, 197, 252, 255f., 261, 275, 283, 286 Drittes Ökumenisches Konzil zu Ephesus (431) 89, 91, 96 Viertes Ökumenisches Konzil zu Chalcedon (451) 6, 82, 85–91, 93, 112, 115f., 163, 179, 226, 228f., 232 Sechstes Ökumenisches Konzil zu Konstantinopel (680/81) 86, 91 Siebtes Ökumenisches Konzil zu Nizäa (787) 101 Erstes Vatikanisches Konzil (1869/70) 131, 143, 156–159 Zweites Vatikanisches Konzil (1962–1965) 6, 131, 156, 158–161, 166, 276–278, 290 Konziliarität 78, 158f., 169, 171, 284f. Kosmologie 10, 17, 19, 27, 29, 33, 36, 43, 58–61, 67–70, 95, 98, 131–137, 144, 147–152, 164, 175, 201, 207, 209, 212f., 217f., 223, 252, 262f. Kosmos 5, 8f., 13f., 22, 27, 29–33, 58, 68, 98, 122f., 128, 132, 153f., 172, 196f., 201, 204, 207, 209f., 213, 217–219, 223f., 237, 253f., 259–262, 271, 290 Kreatürlichkeit 28, 34, 37, 42, 146, 188, 230, 274 Kreuz/Kreuzes­theologie 7, 11, 22, 28, 45, 52, 58f., 71, 82, 89, 95, 105, 107, 109, 125, 129, 140, 143, 145, 147, 151, 154, 164f., 169, 172, 179, 182–189, 195, 201, 222, 225–241, 247, 254–257, 270, 286, 288 (siehe auch „theologia crucis“) Krisis 28, 41, 43f., 98, 144 Kriterien 16, 19, 112, 122, 171, 257f., 279, 283, 289 Lebendigkeit 18, 26, 41, 46–49, 52, 59, 64, 66, 75f., 83, 120, 125f., 143–149, 157, 174–184, 189–192, 211f., 220, 227, 236f., 258–261, 265, 268, 271, 288 Leib 25, 53, 59f., 66, 71f., 80, 85, 87, 90, 96, 114, 118, 121, 141, 143, 158–160, 168f., 190f., 253–255, 266–269, 276, 278 (siehe auch „Dualismus“ und „Seele“) Leid/leiden 7, 22, 71, 86–88, 112, 129f., 145, 149–151, 165, 182f., 230–241, 257, 259–262, 265–270 Leidensfähigkeit Gottes 7, 71, 145, 150f., 165, 182f., 230, 232–241, 266 Leidensunfähigkeit Gottes 149f., 183, 232 (siehe auch „Apathieaxiom“) Lenkung (göttliche) 200 Leuenberger Konkordie 117f., 246, 280 Leuenberger Kirchengemeinschaft (Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa) 246, 255, 287, 291 Logos 9, 11, 15, 32, 39, 46, 55, 57, 60f., 64, 67–72, 77, 86–90, 111f., 125, 153–155, 162, 172, 176, 179, 183, 188f., 193f., 221, 225–229 (siehe auch „Christologie“) Manifestationen Gottes 50, 52, 77, 288 Materialismus 126–130, 204–207, 216–223 Materie 25, 59, 61f., 67, 114, 121, 126–129, 152, 164, 204, 206–210, 213, 216, 219–222, 266 Menschenerkenntnis 7, 22, 39, 175, 179, 189, 225–227, 230, 299 Menschheitsgeschichte/Weltgeschichte 14, 16, 46f., 125f., 134, 148, 150, 154, 165, 211–216, 263 (siehe auch „Heilsgeschichte/heilsgeschichtlich“)

Sachregister

327

Menschliche Selbstbehauptung/Selbstbegründung 27f., 42, 48, 52, 110, 128, 130, 154, 180, 184, 188, 191, 194, 200, 225, 230f., 235f., 239–244, 247f., 262, 264, 270f. (siehe auch „Selbstvergöttlichung/Selbstverkrümmung“) Menschlichkeit 40, 56, 58, 85, 90f., 128, 130, 181f., 188, 225, 230f. Menschwerdung 11, 54, 66, 71, 82, 84, 87f., 106f., 130, 162–165, 179–183, 188, 201, 225– 229, 232f., 258, 260 (siehe auch „Inkarnation“) Mentalität/Denkweise 20, 73, 79, 93–101, 116, 149, 177, 190, 273–275 Metaphysik/metaphysisch 29f., 33, 38, 48, 57, 67, 71f., 75, 111, 123f., 131, 155, 163, 178, 183f., 215f., 238f. mia ousia – treis hypostaseis (ein Wesen – drei Hypostasen) 75, 79, 178 (siehe auch „una substantia – tres personae“) Modalismus 61, 64–75, 79, 84, 86, 115, 288, 290 Monarchianismus 61f., 64, 68, 86, 149, 252 Monarchie 61, 81, 86, 98, 143, 149f. Monismus/monistisch 58, 75, 105f., 111f., 124, 129, 156–161, 166, 171f., 204, 275–283 Moral/moralisch 68, 88, 110, 123f., 131–133, 137f., 141, 197, 205f., 215, 222, 238–242, 251 (siehe auch „sittlich“) Nächstenliebe 117, 129, 204, 220, 225, 244, 246, 259 Naturgesetze 25, 128, 133f., 153, 204, 207, 209f., 219, 222, 250 Natürliche Theologie/Offenbarung 18, 25, 27–30, 36–38, 41–44, 74, 105–109, 119, 124, 127, 131f., 138, 140–144, 147, 150, 152, 156–161, 164–174, 183, 188, 217, 247–251, 281, 290 (siehe auch „Rückschlussverfahren“ und „Offenbarung“) Naturwissenschaft (siehe „Theologie und Naturwissenschaft“) neukantianisch 29, 141, 202, 205 Neunizänische Theo­­­logie 5, 20, 63, 73, 75, 79, 81, 93, 100f., 106, 108–111, 115, 156, 161, 163, 171, 275, 283 (siehe auch „kappadozische Theologie“) Notwendigkeit 7, 27, 30, 33, 36, 78, 107, 131, 133, 135, 137, 146, 151, 153, 155, 157, 181, 196, 201f., 210, 218, 220f., 249, 274, 284, 287 Offenbarung (siehe auch „Ahnung“ und „Natürliche Theologie/Offenbarung“) Offenbarungstheologie 37f., 55, 101, 107, 144, 150, 155f., 161, 166, 168, 224, 273, 275, 279–285 Offenbarungsverständnis 38, 74, 106, 127, 150, 160, 163, 167, 170f., 292 natürliche und übernatürliche Offenbarung 38, 156, 158, 164, 167 Wort- und Tatoffenbarung 9, 19, 36, 39, 46, 51, 292 Selbstoffenbarung 140, 143, 146, 169 Selbstmitteilung 39f., 145, 162–164, 227 Selbsterschließung 9, 14, 16, 19, 27–32, 34–50, 56, 74, 107, 113–115, 120, 124, 138, 140, 143, 154, 158, 162, 170, 174, 182, 184, 187f., 196, 217, 221, 279, 287, 289–292 Offenheit 36f., 42–44, 194, 217, 219, 222, 292 Ökumene (interkonfessioneller Dialog) 8, 10, 17, 20, 22, 55, 62f., 73, 81, 85, 93, 96, 100, 103f., 108, 145, 148, 156–160, 163, 167–173, 178, 245, 257–261, 271, 273, 278–287 (siehe auch „Konfession/konfessionell/interkonfessioneller Dialog“)

328

Sachregister

Ontologie 31, 40, 58–61, 75, 121, 124, 131, 133–137, 161, 168, 244, 277, 284 Opfer 7, 225, 233–235, 270 Paradigmen 203, 206f., 211f., 281 Paradoxon/paradoxal 56, 62–65, 69–75, 84–86, 89, 176, 178, 207, 220, 275 Partizipation 18, 24f., 58f., 93, 114, 123, 149, 166, 176, 181, 189, 231, 245, 252, 255, 263, 265 Patromonismus 171 Perichorese/perichoretisch 72, 78f., 98, 102, 148f., 172, 179, 181, 192, 252, 279f., 283f., 291 Personalität 31–37, 40f., 58, 63, 66, 76, 111–113, 144, 166, 170–172, 175, 178, 180, 188, 193f., 227, 239, 242–246, 269, 277, 280, 282, 288 inner- und zwischenpersonale Dimension/intra- und interpersonale Dimension (siehe „Trinität“) personale und sprachliche Konstitution 26, 30–35, 39, 42, 65, 175f., 179, 188f., 193f., 227 Personbegriff 29, 63–65, 75f., 163, 177f., 192, 277 Personifizierung 46, 49 Personverständnis 63, 76, 177 Philosophie/philosophisch 5, 10, 16f., 19f., 24f., 46–48, 55–76, 79, 86, 114, 119f., 123–137, 142, 147, 150f., 154, 165, 169, 172f., 186, 197, 204, 211, 214f., 219, 222, 224, 238, 266, 277, 279, 288 Physik 128, 131–134, 137, 153, 202, 204–223 Platonismus/Mittel­pla­tonis­mus/Neuplatonismus 25, 39, 55, 57–61, 67f., 80, 86, 95, 114, 117, 121, 135, 137, 172, 191, 215, 281 Pneumatologie 39f., 50, 62, 71, 83f., 96, 105f., 109–111, 114–118, 142, 144, 157, 159, 166, 258, 260, 285, 291 Pneumatomachen 71, 84 Prädestination 7, 22, 41, 117, 194, 225, 228, 241, 245f. Präexistenz 52f., 61, 86, 226, 228f., 236 Prämisse 43, 66f., 121, 128, 132, 135, 138, 146, 151, 163, 166, 169, 172f., 212, 214–216, 222–224, 250, 277, 279 Priestertum aller Glaubenden (allgemeines Priestertum) 78, 105, 112, 149, 171, 279, 284 Primat (päpstliches) 158f., 166 Projektion 16, 126–131 Quantentheorie 206–214, 218f. Rationalismus 43, 115, 120f., 124f., 203, 215, 217 Rationalität 35, 37f., 43, 79, 94–106, 119–125, 131f., 135, 137f., 141f., 148, 167, 170, 202f., 215, 217, 250, 274, 276 Rechtfertigung/Rechtfertigungslehre 7, 22, 59, 105, 110–117, 225, 231, 237, 241, 244–249, 266, 270f. (siehe auch „Gerechtigkeit/Werkgerechtigkeit“ und „Heiligung“) Reformation/reformatorisch 6, 20, 103, 105–120, 156, 159, 191, 242, 244–247, 250, 256f., 266, 271, 279f. Regelhaftigkeit/regelgeleitete Strukturen 153, 155, 221f., 264f. Reich Gottes 142, 160, 229, 252–255, 259–264 Rekonstruktion Gottes (siehe „Konstruktion/Rekonstruktion Gottes“)

Sachregister

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Relationen (trinitarisch) (siehe „Beziehung/Relation“) Relativitätstheorie 153, 206, 214, 219 Religionen 8, 10, 15, 18, 20, 22, 129, 156, 204, 263, 286, 288–292 religionsgeschichtlich 5, 10, 19, 24f., 142 Religionskritik 6, 21, 126–130 Religionsphilosophie 25, 120, 123, 131, 139, 142 Religiosität 29, 47, 141, 143 religiös 5, 8f., 14, 16–24, 29, 32, 46f., 56–65, 73–76, 79, 86, 95, 98, 120, 126–130, 136–144, 152, 177f., 186, 197, 202, 204f., 211–216, 220, 222, 235–238, 286, 289–292 (siehe auch „Interreligiöser Dialog“) Rückschlussverfahren (Gotteserkenntnis) 38f., 67, 74, 97–101, 106, 109, 122f., 127, 133, 138, 141, 143, 168–172, 183, 188, 217f., 281 (siehe auch „Konstruktion/Rekonstruktion Gottes“, „Natürliche Theologie/Offenbarung“ und „Offenbarung“) Schöpfer 7, 9, 14, 17, 21f., 27, 29, 40, 42, 49, 62, 91, 114, 126, 130, 146, 151–155, 175–184, 196–225, 229–231, 234, 240–244, 253, 260, 265–268, 288, 292 Schöpfung 7, 9, 15, 19, 22, 27–29, 40–44, 48f., 55, 62, 64, 67f., 76, 98, 107, 117, 122, 128, 138, 140, 144, 149–155, 161, 179–185, 190f., 195–205, 217–226, 231, 233, 237–256, 259–274, 292 (siehe auch „Erschaffung“) geschöpflich 29, 44, 61, 64, 68, 70f., 114, 179, 183, 189–194, 199–201, 219, 222, 224, 228f., 238, 242f., 264f. schöpfungstheologisch 155, 201, 218, 222, 224 creatio continua 199, 218, 220 creatio ex nihilo 198f., 218 Schöpfungswerk 22, 274 Schöpfungswirklichkeit 27, 29, 62, 262 Schrift und Tradition 210, 257f. Seele 25, 68, 80, 87–90, 123, 126, 128, 133, 141, 190f., 253, 263, 266f. (siehe auch „Dualismus“ und „Leib“) Selbstand (der trinitarischen Personen) 65f., 79, 163, 181, 192f., 277, 279 Selbsterniedrigung 117, 188 Selbsterschließung (des dreieinigen Gottes) (siehe „Offenbarung“) Selbsthingabe 18, 105, 109, 179, 195, 220, 225f., 229–232, 255 Selbstlosigkeit 98, 148, 151, 179–182, 188, 193, 225, 232, 235, 242, 244, 246, 270 selbstursächlich 26, 33–37 Selbstvergöttlichung/Selbstverkrümmung 28, 37, 47, 90, 109, 114, 116, 130, 145, 164, 179f., 182, 188, 194, 228–231, 242–244 (siehe auch „Menschliche Selbstbehauptung/Selbstbegründung“) Sendungen (trinitarische) 40, 52, 76, 94, 96, 101, 149, 157, 164, 171, 159, 276 (siehe auch „Trinität“) Sinn (des Lebens und der Wirklichkeit) 7, 9, 13–16, 21, 27, 31f., 43, 71, 130–135, 189–195, 212, 216, 219–223, 241, 264 sittlich 29, 68, 120, 123f., 133, 141–143, 197, 202, 205 (siehe auch „Moral/moralisch“)

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Sachregister

Sohn Gottes 11, 32, 39, 89, 176, 188f., 193f., 225f., 231, 262 (siehe auch „Jesus Christus“, „Christologie“ und „Logos“) Soteriologie 17, 19, 37, 53–55, 60, 68, 70, 81, 83f., 88, 95f., 106, 109, 111, 116f., 145, 151, 158, 171f., 226, 254, 278 (siehe auch „Heilswerk/Heilswirken“) Spekulation/spekulativ 7, 27f., 35–40, 61f., 67, 70f., 74, 95, 99–102, 106, 124–130, 140–142, 162, 168–172, 182, 184, 196f., 202, 204, 208, 210–214, 217, 281 Sprache 16, 22, 24, 26, 31f., 35, 38, 55, 57, 67, 80, 84, 90, 99, 134, 136, 147, 196, 225, 254, 263, 270 Sprachliche Konstitution 39, 176, 227 Sprachlichkeit/sprachlich 26, 30–32, 35, 39, 42, 95, 175f., 179, 188f., 193f., 227 Stellvertretung 7, 53, 225, 230–235, 244 Sterblichkeit 236, 243, 265, 268f. (siehe auch „Unsterblichkeit“) Stoa 25, 59, 61, 153 String-Theorie 214 Subjekt/Subjektivität 16, 25, 31, 36, 39, 44, 51f., 76, 90f., 120–126, 133, 144–150, 163, 171, 175, 177, 180, 201, 203, 208, 211, 277 Subordinatianismus 62, 67, 69–73, 79, 84, 98 Substanz 62, 64f., 75, 79, 87, 123, 125, 127, 177, 244, 277 substantia 64, 70, 73, 75, 79, 115, 177 (siehe auch „una substantia – tres personae“) Sühne 7, 165, 225, 233f. Sünde 7, 22, 28, 44, 71, 83, 90, 95, 105, 110, 112–114, 160, 165, 182, 185, 188, 191, 194, 225–249, 254, 261, 264, 266, 270f. Erbsünde 114, 242, 245f. Sünde und Freiheit 7, 22, 194, 225f., 241–246 (siehe auch „Freiheit“ und „Befreiung“) Sünde und Tod 225, 231, 234, 236f., 243f., 264 Synergismus 41, 194, 245 Taufe 19, 52f., 59f., 83–86, 113, 116, 118, 235, 254f., 258, 261, 274, 299 Teilhabe 47, 53, 72, 80, 88, 110, 116, 142, 145, 179, 182, 185, 193, 225, 230, 239, 243, 259–262, 265, 267f. Theismus 24–26, 57, 61, 65, 124, 130, 136, 186, 221 Monotheismus 24–26, 57, 61, 65 Konkreter Monotheismus 26 Pantheismus 25, 59, 66, 126, 185, 197, 291 Polytheismus 24–26, 57, 59, 61, 66, 288 (siehe auch „Atheismus“) Theodizee-Frage 7, 22, 225, 230, 237–241, 272 theologia crucis 71, 95, 98, 109 (siehe auch „Kreuz/Kreuzestheologie“) theologia gloriae 98 Theologie und Naturwissenschaft 7, 10, 17, 22, 30, 126, 128f., 133–137, 140, 152–155, 196f., 201-224, 263 Thermodynamik 206, 210-212, 219

Sachregister

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Tod 8, 13, 18, 22, 31, 52, 55, 59, 123, 125, 145f., 154, 165, 179, 182, 184, 190f., 201, 213, 218, 225–237, 240, 243, 247, 253f., 259, 263–271 (siehe auch „Ewigkeit“) Transzendenz 5, 19, 25, 27, 29–44, 47, 50, 56, 58f., 71, 84, 86, 98, 102, 120, 122–127, 130, 133, 136, 138, 150, 162, 170, 187f., 195, 212, 216f., 222, 264 Selbsttranszendenz 27, 29–33, 36, 41–43, 130, 138, 150, 217 Trinität (der Begriff Trinität und seine abgeleiteten Formen finden sich durchgehend im Text – siehe auch „Dreieinigkeit/Dreieiniger Gott“) ökonomische und immanente Trinität 40, 55, 64, 72, 74, 101, 106, 109, 141, 143–145, 148, 151, 157, 161–168, 174, 198 (siehe auch „Sendungen“) inner- und zwischenpersonale/intra- und interpersonale Dimension 29, 46, 62f., 65f., 73, 75, 78-80, 94, 96–100, 105, 108, 125–127, 144, 147–151, 154f., 159–168, 171–178, 181, 189, 192–194, 198, 227, 239, 252, 273–284, 288, 291f. Gleichzeitigkeit von intra- und interpersonaler Dimension 29, 46, 62–65, 73, 75, 79, 94, 148, 155, 175–181, 189, 192, 227, 239, 252, 273, 275, 283f. Ursprungs- und Existenzbeziehungen 71, 77–83, 94–96, 99–103, 106, 116, 124, 168, 171f., 178, 181, 276, 279–284 (zur psychologischen und sozialen Analogie siehe „Analogie“) Tritheismus 70, 73, 75, 79, 163 Übel 154, 238–241 una substantia – tres personae (eine Substanz – drei Personen) 64, 75, 79, 177 (siehe auch „mia ousia – treis hypostaseis“ und „Substanz“) Unendlichkeit 27, 32, 114, 121, 125f., 135, 183, 212, 265 Universalität/universal 9, 13–16, 25–31, 37f., 42f., 47, 57, 66, 78, 85, 94, 96, 100, 118, 148, 158f., 166, 172, 216, 252, 255f., 261–264, 270, 276–284, 292 Universum 134, 154, 207f., 211–216, 219–222 Unsterblichkeit 25, 123, 128, 133, 183, 191, 204, 266–269 (siehe auch „Sterblichkeit“) Unveränderlichkeit Gottes 71, 163, 183f., 232 Unverfügbarkeit Gottes 24, 26f., 33f., 36f., 106, 111f., 117, 176, 180, 187, 199 Ursache (Gott als Ursache) 26, 33, 121, 132–135, 168, 183, 199f., 212, 218 Ursprungs- und Existenzbeziehungen (siehe „Trinität“) Vater (Gott der Vater – spezifische Nennungen) 11, 19-22, 26, 39f., 51, 53–60, 67–72, 76–85, 90–103, 116, 144–154, 162–165, 168, 171f., 175–184, 196f., 201, 226–229, 254f., 259f., 274–290 Verborgenheit 7, 21, 31, 33, 35f., 42f., 107, 112, 142, 147, 170, 187–189, 224, 236, 257, 262, 270, 288 Vereinnahmung Gottes 33–35, 48, 56, 59, 65, 83f., 106, 113, 120, 124, 140, 143, 147, 149, 155, 187, 244, 273, 275, 291 Verge­gen­wärtigung 22, 52, 54f., 78, 96, 109, 113, 115, 171, 237, 258, 273–276 Verheißung 49, 51, 118, 144, 189, 191, 236, 246, 249, 253f., 260–263, 267, 269, 271, 287 Verkündigung 9, 14f., 38f., 46, 51, 107, 112, 163, 188, 228, 236, 253, 255f., 259

332

Sachregister

Vernunft (siehe „Glaube und Vernunft“) Versöhner 154, 184 Versöhnung 18, 28, 110, 115, 117, 125f., 154f., 225, 233, 235, 245, 252, 256, 262, 270, 292 Vertrauen/vertrauenswürdig 14, 31, 35, 39, 42, 44, 179, 189, 201, 229–231, 234, 236, 241, 243, 260, 267f. vestigia trinitatis 29, 41, 50, 80, 107, 166, 192, 274 Vollender 7–9, 14, 17, 21, 40, 53, 98, 154, 175, 180, 184f., 195f., 201, 217f., 229, 237, 253–271, 292 Vollendung 17, 22, 27–29, 40, 43, 80f., 98, 144, 151, 154, 160, 175, 180f., 197f., 201, 226, 237, 248, 252–255, 259–264, 267f., 271, 273, 286, 288, 291 Vollkommenheit/vollkommen 7, 9, 14, 21, 40–42, 46, 54, 63f., 75, 78f., 87, 90, 98, 121–125, 135f., 143, 150–152, 165, 171, 174–186, 189, 192–195, 198, 204, 225–227, 230–232, 238f., 245, 262–265, 268, 274f. Vollmacht 51, 58, 229, 260 Vorsehung 117, 196, 199, 200, 205, 246 Wahrheit 14, 18, 24, 26, 30, 35, 41–44, 53–55, 61, 68, 72f., 114, 118, 120–123, 129f., 147, 152, 157–162, 165f., 171, 173, 180, 194, 204, 235, 245, 258, 260, 270, 282, 290f. Wahrheitsanspruch 30, 68, 120, 152 Wahrheitsfrage 14, 68, 73 Weltanschauung 9f., 14f., 21, 48, 56, 71, 140, 196, 201, 203–205, 212–216, 223f., 251 Weltbild 129, 134, 197, 201, 203–206, 211, 214, 224, 263 Weltverantwortung 7, 14f., 17, 22, 54, 113, 156, 225, 246, 248, 251f., 261, 263 (siehe auch „Ethik“) Werkgerechtigkeit (siehe „Gerechtigkeit/Werkgerechtigkeit“) Wesen Gottes 15, 18, 21, 26, 30, 32, 35, 40, 42, 49, 51, 61f., 65, 75f., 79f., 94, 98, 101, 129, 135, 145, 147, 151, 162, 165f., 174–178, 181f., 185, 187f., 191, 194, 227f., 233, 239, 274f., 284 Wesen des Menschen 24, 31, 40, 145, 170, 177, 181, 189–195, 227f. Wesenseinheit 53, 67–69, 72f., 78, 83f., 115f., 168, 181, 280, 282f. (siehe auch „Homousios“) Wesensmerkmal 48, 175f., 192f., 253 Wesensstruktur 175f., 187, 189–193, 239, 275 Wille 44, 80, 86, 88, 91, 117, 123, 128, 130, 165, 177, 180, 190, 198–202, 220, 228f., 239, 242–248, 255–257, 264, 274, 282, 287 Wirken Gottes 7, 15, 17, 19, 21f., 43, 46, 49, 52, 55, 78, 83f., 89, 91, 98, 110f., 116, 120, 144, 149, 152–155, 180, 183, 189, 196–201, 219–222, 225–232, 236, 240, 244f., 253–256, 259–261, 267, 274, 286–292 (siehe auch „Handeln Gottes“) Wirklichkeit 9, 13–17, 23–38, 41, 44, 50, 56, 60, 62, 65, 67, 120, 123, 125–128, 133, 135, 144, 146, 152, 154f., 170, 176, 179, 184, 187, 196–198, 201–203, 208–211, 215–217, 222f., 234, 243, 252f., 262, 274, 277, 291f. Zeit (als Kategorie) 90, 152f., 185, 198, 206–212, 219, 253, 262–268 (siehe auch „Ewigkeit“) Raum und Zeit/Raumzeit 135, 152f., 198, 206, 214, 218f.

Sachregister

333

Zeugnis 5, 16, 24, 26f., 46f., 49–65, 70, 74, 85-87, 115–117, 120, 140, 154, 161, 170f., 175, 180, 187, 196–198, 217f., 234, 237f., 243, 246, 254–260, 264, 268–270, 273f., 279f., 286f., 291 (siehe auch „Biblisches Zeugnis“) Zeugung (des Sohnes) 64, 71, 76f., 83, 95, 102, 157, 178, 180, 266, 276, 283 Ziel 9, 13f., 16, 27f., 33, 35, 39f., 43f., 49, 63, 73, 112, 114, 123, 131–135, 138, 146, 151, 154, 175, 179, 181, 189, 193, 195, 200, 210, 212, 215–222, 236, 239–242, 245, 249, 251, 253, 260–268, 273, 279, 288, 290, 292 Zorn Gottes 185, 233f., 270 Zufall und Notwendigkeit 155, 210, 220f. Zukunft 13, 30, 35, 144, 146, 150, 154, 162, 184f., 189, 194f., 198, 204, 207, 209, 211, 219, 221, 223, 236, 240, 252–255, 259, 261, 263 Zwei-Naturen-Lehre 85, 91, 116, 228 (siehe auch „Christologie“ und „Jesus Christus“) wahrer Gott und wahrer Mensch 6, 20, 41, 68, 70, 82, 85, 87, 89, 91, 118, 179, 225, 229f., 231 Zwei-Regi­menten-Lehre/Zwei-Reiche-Lehre 118, 248, 250 Zwischenzustand 265–269

Theologie- und Ökumenepreis der KatholischTheologischen Fakultät der Universität Regensburg

Matthias Haudel

Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie, Band 110. 2006. Doppelte Auflage. 640 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-56338-0

Erstmals wird hier der Zusammenhang von Trinitätslehre und Kirchenverständnis anhand der Kirchengeschichte und in aktuellen Ansätzen nachgewiesen. Der Autor zeigt, inwiefern Unterschiede im Trinitätsverständnis für Unterschiede im Kirchenverständnis verantwortlich sind. Von dort aus entwickelt Haudel Lösungen für ein ökumenisches Verständnis von Offenbarung, Trinität und Kirche und macht sie für Fragen der Kircheneinheit, Mission, Weltverantwortung und des interreligiösen Dialogs fruchtbar. »Mit dieser Arbeit liegt eine umfassende und beeindruckende Darstellung des Zusammenhangs von Trinitätslehre und Ekklesiologie im ökumenischen Kontext vor.« Theologische Revue (Burkhard Neumann) »Die sorgfältig recherchierte und mit reicher Literaturliste und einem Personenregister ausgestattete Untersuchung sei jedem engagierten Ökumeniker zur Lektüre mit Nachdruck empfohlen.« Ökumenische Rundschau

Verlagsgruppe Vandenhoeck & Ruprecht

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Theologie- und Ökumenepreis der KatholischTheologischen Fakultät der Universität Regensburg

Matthias Haudel

Die Bibel und die Einheit der Kirchen Eine Untersuchung der Studien von »Glauben und Kirchenverfassung« Kirche und Konfession. Veröffentlichungen des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes, Band 34. 3. durchgesehene und veränderte Auflage 2012. 470 Seiten mit 1 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-56538-4

»Diese überaus ambitionierte Untersuchung, der die kath. theol. Fakultät Regensburg den Ökumenenpreis zugesprochen hat, untersucht ausführlich die zahlreichen und tragweiten Untersuchungen der Kommission ›Glaube und Kirchenverfassung‹ zu den Themen: Bibel, Schrift und Tradition, kirchliche Lehrautorität. Eine wichtige Studie, steht doch schon am Anfang der ökumenischen Bewegung überhaupt die Konzentration auf die Bibel, und steht doch jede erhoffte Einigung über Lehrfragen vor der Frage, inwiefern dies eine legitime Auslegung der Schrift ist. Die Aufarbeitung der Texte läßt daher dieses Werk zu einer Geschichte der ökumenischen Bewegung und der modernen Beschäftigung mit der Bibel schlechthin werden.« Amt und Gemeinde »In ihrer Gründlichkeit und Klarheit bleibt Haudels Studie die Standard-Darstellung der ökumenischen Bibeldiskussion.« (Risto Saarinen über »Ökumenische Theologie am Ende des 20. Jahrhunderts«) Theologische Rundschau

Verlagsgruppe Vandenhoeck & Ruprecht

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Gotteslehre

Die Gottesfrage berührt die Grundfragen des Menschen, wie etwa die Fragen nach tragfähiger Gotteserkenntnis sowie nach Ursprung, Ziel und Sinn des Lebens. Matthias Haudel erörtert den christlichen Gottesbegriff im Kontext von Religion, Philosophie und Naturwissenschaft und entfaltet das Verständnis der Trinität in seiner Bedeutung für alle Bereiche der Theologie. So führt er zugleich in die Grundlagen von Theologie und Dogmatik sowie in deren zentrale Gegenstände ein. Dies erfolgt in theologiegeschichtlicher und ökumenischer Weite, wobei auch aktuelle Konzeptionen der Gotteslehre berücksichtigt werden. Der Band befähigt zur angemessenen Vermittlung theologischer Grundlagen. Denn Haudel erschließt die Bedeutung der Trinität für Theologie, Kirche und Welt.

2. A.

Theologie | Religionswissenschaft

Matthias Haudel

Gotteslehre 2. Auflage

ISBN 978-3-8252-4970-0

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Haudel

Dies ist ein utb-Band aus dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehrbücher und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen.

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