Geistiges Eigentum und Völkerrecht: Beiträge des Völkerrechts zur Fortentwicklung des Schutzes von geistigem Eigentum [1 ed.] 9783428479573, 9783428079575

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Geistiges Eigentum und Völkerrecht: Beiträge des Völkerrechts zur Fortentwicklung des Schutzes von geistigem Eigentum [1 ed.]
 9783428479573, 9783428079575

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PETRABUCK

Geistiges Eigentum und Völkerrecht

Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht Herausgegeben von Thomas Oppermann in Gemeinschaft mit Heinz-Dieter Assmann, Hans v. Mangoldt Wernhard Möschel, Wolfgang Graf Vitzthum sämtlich in Tübingen

Band 30

Geistiges Eigentum und Völkerrecht Beiträge des Völkerrechts zur Fortentwicklung des Schutzes von geistigem Eigentum

Von Dr. Petra Buck

DUßcker & Humblot . Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Buck, Petra: Geistiges Eigentum und Völkerrecht: Beiträge des Völkerrechts zur Fortentwicklung des Schutzes von geistigem Eigentum / von Petra Buck. - Berlin : Duncker und Humblot, 1994 (Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht; Bd. 30) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07957-4 NE:GT

D21 Alle Rechte vorbehalten © 1994 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7654 ISBN 3-428-07957-4

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1992 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung wurde sie auf den Stand von April 1993 gebracht. Ganz herzlich danken möchte ich an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Oppermann für die Betreuung dieser Arbeit, seinen fachlichen Rat und seine wertvollen Anregungen sowie für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der "Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht". Gleichermaßen gilt mein herzlicher Dank meinem Lehrer Herrn Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann, der mich nicht zuletzt auch bei der vorliegenden Arbeit unterstützte und förderte, und dessen kritische Anmerkungen mir stets hilfreich waren und sind. Danken möchte ich darüber hinaus der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf für die großzügige Überlassung von Dokumenten. Tübingen, im August 1993

Petra Buck

Inhalt

Einführung I.

11. III.

Gegenstand und Gang der Untersuchung ............................... Begriff des geistigen Eigentums ..................................... Territorialität, Universalität und Weltrecht .............................. I. Territorialitätsprinzip........................................... 2. Universalitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Bewertung einer Universalität der Schutzrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

Erster Teil Völkerrechtliche Verträge zum geistigen Eigentum

15 15 19 22 22 25 26

30

A. Struktur und System der Übereinkommen zum geistigen Eigentum ............... 30 I. Die rnehrseitigen völkerrechtlichen Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 31 I. Historische Entwicklung des internationalen Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 31 a) Urheberrecht ............................................. 32 b) Gewerblicher Rechtsschutz ................................... 34 2. Das "System des geistigen Eigentums" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 a) Der Systerngedanke ..................................... . . . 36 b) Unterschiede zwischen gewerblichem Rechtsschutz und Urheberrecht. . . . .. 38 c) Zweiteilung des Urheberrechtsschutzes ........................ . .. 40 3. Zielsetzung der Verträge ................... . ................. . .. 41 4. Wirkung der völkervertraglichen Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 43 a) Überführung von Völkerrecht in innerstaatliches Recht . . . . . . . . . . . . . . .. 43 b) Unmittelbare Anwendbarkeit und Entstehung subjektiver Rechte ......... 44 11. Das WIPO-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 47 III. Struktur der Übereinkommen zum geistigen Eigentum ......... . ........... 49 I. Internationales Einheitsrecht ..................................... 49 2. Übereinkommen mit beschränkter Vereinheitlichungswirkung .............. 51 a) Grundstruktur der Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 51 b) Mindestrechte . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 53 c) Beschränkung auf den Schutz von Ausländern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 56 aa) (Revidierte) Berner Übereinkunft ........................... 56 bb) Pariser Verbandsübereinkunft und andere Übereinkommen. . . . . . . . .. 57 d) Freiwillige Ausdehnung auf interne Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 60 3. Vereinheitlichung einzelner Regeln des nationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . .. 61 4. Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Rechtsinstrurnentariums .... 62 a) Internationale Anmeldung bzw. Hinterlegung und nationale Erteilung . . . . .. 63 b) Internationale Erteilung und nationaler Vollzug ..................... 65

8

Inhalt c) Grundsätzlich internationale Erteilung und .,gemischter" Vollzug . . . . . . . .. d) Internationale Erteilung und internationaler Vollzug .................. 5. Zusammenfassung und Ausblick ........................ . .........

66 68 69

B. Gleichbehandlungsprinzipien in den Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Gleichbehandlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Das Prinzip der Inländerbehandlung ............................... . .. 1. Inländerbehandlung als Fremdenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Inländerbehandlungsklauseln in den Übereinkommen .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Erstreckung der Inländerbehandlung auf neue Werkarten und neue Verwertungsformen .................................................... a) Neue Werkarten ........................................... b) Neue Verwertungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Inländerbehandlung und Sonderabkommen ........................... 5. Präferenzbehandlung von Entwicklungsländern ........................ 6. Bewertung der Inländerbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111. Das Prinzip der Meistbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Meistbegünstigung und die bestehenden Übereinkommen zum geistigen Eigentum 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV, Das Prinzip der Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Reziprozität in den Übereinkommen zum geistigen Eigentum .............. a) Grundsatz der Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Nationale Reziprozitätsregelungen .............................. c) Reziprozität in den Übereinkommen zum Urheberrecht und zu den Leistungsschutzrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Reziprozität in Übereinkommen zum gewerblichen Rechtsschutz . . . . . . . .. 2. Bewertung der Reziprozitätsklausel ................................ V. Zusammenfassung.................. . ............ . ....... . .......

70 71 73 73 75

C. Völkerrechtliches Instrumentarium zur Fortentwicklung des Schutzes . . . . . . . . . . . . .. I. Geltungsdauer der Verträge ........................................ 11. Offenheit der Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Offene und geschlossene Verträge ................................. 2. Zwischenstaatliche Organisationen als Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Beitrittsvoraussetzungen ........................................ 4. Verbot eines Beitritts zu älteren Fassungen ...................... . .... 111. Verbandsbildung ................................................ 1. Die Verbände ............................................ , . .. 2. Rechtliche Qualität eines Verbands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Wirkungen des Verbandsprinzips .................................. 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV, Vorbehalte .................................................... 1. Vorbehalte in den Verträgen zum geistigen Eigentum .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Bewertung der Vorbehaltsmöglichkeit .................. . ............ V. Auslegung der Übereinkommen ..................................... 1. Authentische Interpretation ...................................... 2. Umsetzung in innerstaatliches Recht und Auslegung .................... 3. Methoden der Auslegung ................................... . ... a) Spezielle Auslegungsklauseln in den Übereinkommen ................. b) Autonome Auslegung .......................................

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77 77 78 80 81 83 84 84 87 88 88 88 89 91 93 95 97

Inhalt

VI. VII.

VIII.

c) Die allgemeinen Auslegungsregeln ................... . .......... aa) Anwendbarkeit der Wiener Vertragsrechtskonvention ............. bb) Wörtliche Auslegung .................................... cc) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. dd) Teleologische Auslegung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ee) Vorarbeiten und Umstände des Vertragschlusses ................. d) Grundsatz der restriktiven Auslegung .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. e) Exkurs: Analogie .......................................... 4. Auslegung freiwillig harmonisierter nationaler Rechtsvorschriften ...... . .... 5. Bindung der nationalen Gerichte an eine Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Auslegung durch den Internationalen Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Auslegung durch Internationale Organisationen ..................... c) Auslegung der Regierung .................................... d) Präjudizien aus anderen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 6. Die Auslegung mehrsprachiger Verträge ............... . ............. a) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Spezielle Klauseln in den Verträgen ............................. 7. Ergebnis ................................................... Änderung einzelner Vertragsbestimmungen ............................. Revision eines Vertrags ........................................... 1. Möglichkeit und Durchftihrung von Revisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Abstimmungsverhältnis ......................................... a) Grundlagen .............................................. b) Übereinkommen mit ausdrücklicher Abstimrnungsklausel .............. c) Abstimmungsverhältnis in der PVÜ und anderen Verträgen ohne ausdrückliche Abstirnmungsklausel .................................... 3. Die Geltung unterschiedlicher Fassungen eines Übereinkommens ........... 4. Effektivität und Folgen einer Vertragsrevision ......................... Abschluß neuer Verträge .......................................... 1. Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Jüngste Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die TRIPs-Verhandlungen im Rahmen des GATT ................... b) Die geplanten WIPO-Verträge ................................. aa) Entwurf eines WIPO-Patentrechtsvertrags ..................... bb) Entwurf zweier WIPO-Verträge zum Markenrecht ....... . . ...... cc) Entwurf eines WIPO-Protokolls zur RBÜ ..................... 3. Faktische und rechtliche Vertragskonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Das Verhältnis der Übereinkommen zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Völkerrechtliche Grundsätze bei Vertragskonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Allgemeine Vorrangklauseln in den Übereinkommen ................. c) Besondere Rangklauseln ..................................... aa) Regelung im Verhältnis Patentzusarnmenarbeitsvertrag - Europäisches Patentübereinkommen ................................ . .. bb) Regelung im Verhältnis Protokoll zum Madrider Markenabkommen Madrider Markenabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Regelung im Verhältnis Revidierte Berner Übereinkunft - WeIturheberrechtsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. dd) Regelung im Verhältnis Welturheberrechtsabkommen - interamerikanische oder sonstige Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ee) Regelung im Verhältnis Rom-Abkommen - Revidierte Berner ÜbereinkunftlWelturheberrechtsabkommen ..........................

9 126 126 128 129 129 131 133 134 135 136 136 137 138 138 139 139 140 141 142 145 145 147 147 148 149 154 159 162 162 166 166 168 168 170 171 172 174 174 176 177 177 178 179 180 180

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Inhalt d) Künftige GATI-Vereinbarung und das Verhältnis zu bestehenden Abkommen 5. Das Verhältnis der Übereinkommen zum europäischen Gemeinschaftsrecht ..... 6. Exkurs: Das Verhältnis der Übereinkommen zum innerstaatlichen Recht ....... a) Allgemeine Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Besondere Regeln für Verbandsverträge? .......................... 7. Ergebnis ...................................................

181 182 183 183 185 187

D. Streitbeilegung. Leistungsverweigerungsrecht und Retorsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Streitbeilegung ................................................. 1. Das Prinzip der Streitbeilegung ................................... 2. Streitbeilegungsverfahren in den Übereinkommen zum geistigen Eigentum ..... 3. Spezieller Streitschlichtungsmechanismus des Topographieschutzabkommens ... 4. Geplanter WIPO-Vertrag über die internationale Streitschlichtung ........... 11. Leistungsverweigerung ........................................... 111. Retorsion.....................................................

188 188 188 189 191 192 193 194

Zweiter Teil Außervertragliche Ansätze eines Schutzes von geistigem Eigentum A. Modellgesetze .................................................... I. Merkmale und Erscheinungsformen ................................... 11. Rechtliche Einordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Völkerrechtsquelle nach Art. 38 Abs. 1 IGH-Statut? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Modellgesetze als Soft law? ..................................... 111. Bewertung von Modellgesetzen ......... . ...........................

196 196 196 198 198 199 201

B. Der "Code of Conduct on the Transfer of Technology"(TOT-Code) .............. 202 I. Geistige Eigentumsregeln im TOT-Code .......................... . .... 202 11. Rechtsnatur des TOT-Codes .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 203 C. Initiative der ILA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 205 D. Vereinheitlichung der Patentamtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Dritter Teil Geistiges Eigentum im System der Menschenrechte und im Rahmen des völkerrechtlichen Mindeststandards A. Geistiges Eigentum als Menschenrecht ................................... I. Internationale Verträge für den Schutz der Menschenrechte .................. 1. Allgemeine Menschenrechtserklärung . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Menschenrechtspakte ....................................... 3. Regionale Menschenrechtskonventionen ............................. 11. Sachlicher Umfang eines Schutzes ................................... 1. Ausgangspunkt und Meinungsstand ................................ 2. Art. 15 Abs. 1 lit. c) IPWSKR und Art. 27 Abs. 2 AEMR ................ a) Auslegung nach dem Wortlaut ................................. aa) Materielle und moralische Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutz des "Urhebers" ...................................

209 210 211 211 213 214 216 216 218 218 218 219

Inhalt

11

cc) Schutz von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst. . . . . . . . . . dd) Wissenschaftliche Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Systematik und Umfeld ...................................... c) Teleologische Auslegung ................................ . .... d) Aspekte der Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Art. 27 Abs. 2 AEMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Art. 15 Abs. I lit. c) IPWSKR ........................ . .... e) Schlußfolgerungen ......................................... 3. Regionale Menschenrechtserklärungen .............................. 4. Das Recht auf Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentum als Menschenrecht auf internationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . .. b) Regionale Menschenrechtserklärungen ........................... aa) Europäische Menschenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Amerikanische Menschenrechtskonvention ..................... cc) Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker ..... 5. Abgrenzung des Schutzes der materiellen und moralischen Interessen zur Eigentumsgarantie ................................................ Personenbezogener Umfang eines Schutzes ............................. Grenzen und Auswirkungen der Anerkennung als Menschenrecht . . . . . . . . . . . . . . 1. Begrenzung der Staatenpftichten .................................. a) Art. I IPWSKR ........................................... b) Art. 2 Abs. 3 IPWSKR ......... . ............................ c) Art. 4 IPWSKR ........................................... d) Art. 15 Abs. I IPWSKR .................................. . .. e) Effektivität des Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Maßnahmen zur Verwirklichung der Schutzgarantie ................ . .... 3. Verfahren zur Sicherung der Menschenrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

220 221 223 224 225 225 226 227 227 229 229 232 232 233 234

B. Völkerrechtlicher Mindeststandard .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Prinzip des völkerrechtlichen Mindeststandards ....................... 11. Mindeststandard und Menschenrechte ................................. III. Mindeststandard und Inländerbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mindeststandard und die Mindestrechte der Übereinkommen zum geistigen Eigentum V. Mindeststandard des Schutzes geistigen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247 248 248 249 250 251

III. IV.

235 237 239 240 240 241 241 242 243 243 246

Resümee

254

Anhang

257

LiJeraturveneichnis

260

Index

281

Abkürzungsverzeichnis

a.A. Abs. AEMR AJIL AöR ArchVR Art. Aufl. Bd. BGBL BGH BGHZ BIRPI BPatG BYIL DA DB DÖV DRiZ EG EMRK EPIL EPÜ EuGRZ EWG-Vertrag EWS f., ff. FS GAlT GG GPÜ GRUR GRUR Int. GTÜ

anderer Ansicht Absatz Allgemeine Erklärung der Menschenrechte American Journal of International Law Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Archiv des Völkerrechts (Zeitschrift) Artikel Auflage Band Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bureaux Internationaux Reunis pour la Protection de la Propriete Intellectuelle (Vereinigte Internationale Büros zum Schutz des geistigen Eigentums) Bundespatentgericht British yearbook of international law Le Droit d' Auteur. Revue du Bureau de l'Union internationale pour la protection des oeuvres litteraires et artistiques Der Betrieb (Zeitschrift) Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsche Richterzeitung Europäische Gemeinschaft(en) Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law Europäisches Patentübereinkommen Europäische Grundrechte-Zeitschrift Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Europäische Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerrecht folgende Seite(n) Festschrift General Agreement on Tariffs and Trade Grundgesetz Gemeinschaftspatentübereinkommen Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, internationaler Teil. Vor Januar 1967: GRUR Auslands- und internationaler Teil (Zeitschrift) Genfer Tonträgerübereinkommen

Abkürzungsverzeichnis GYIL h.M. HMA Hrsg. ICLQ IGH-Statut HC ILA Ind. Prop. IntPatÜG IPbürgR IPflÜ IPR IPwirtR IR-Marke iVm. JWT JWTL JZ

Iit.

LUA MHA MMA m.w.N.

NJW

NKA NYIL OAS ÖZöRV OMPI PCT PLT Prop.Ind. PVÜ RA RabelsZ RBÜ RdC Rdnr. RG RGZ RIW

13

German Yearbook of International Law herrschende Meinung Haager Abkommen betreffend die internationale Hinterlegung der gewerblichen Muster und Modelle Herausgeber International and Comparative Law Quaterly Statut des Internationalen Gerichtshofs International Review of Industrial Property and Copyright Law International Law Association Industrial Property (Zeitschrift) Gesetz über internationales Patentübereinkommen 1976 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen Internationales Privatrecht Internationaler Pakt über wirtschaftliche. soziale und kulturelle Rechte im internationalen Register eingetragene Marke in Verbindung mit Journal of World Trade Journal of World Trade Law Juristenzeitung Litera, Buchstabe Lissaboner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung Madrider Abkommen über die Unterdrückung falscher oder irreführender Herkunftsangaben auf Waren Madrider Abkommen betreffend die internationale Eintragung der Fabrikoder Handelsmarken mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Nizzaer Klassifikationsabkommen Netherland Yearbook of International Law Organisation Amerikanischer Staaten Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht Organisation Mondiale de la Propriete Intellectuelle (Weltorganisation für geistiges Eigentum) Patent Cooperation Treaty (Patentzusarnrnenarbeitsvertrag) Patentrechts vertrag (Patent Law Treaty) Propriete Industrielle (Zeitschrift) Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums Rom-Abkommen (Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler. der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen) Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Rabeis Zeitschrift) Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz der Werke der Literatur und Kunst Recueil de Cours Randnummer(n) Reichsgericht Amtliche Sarnrnlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift)

14

S.

TOT-Code TRIPs TRT UFITA UNCTAD Vand. J. Transnat. L. vgl. VGP WIPO WUA WVRK ZaöRV ZfRV ZgesStaatswiss. ZUM

Abkürzungsverzeichnis Seite, siehe Verhaltenskodex für den Transfer von Technologie (Code of Conduct on the Transfer of Technology) Trade-related aspects of intellectual property Trademark Registration Treaty Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht (Zeitschrift) United Nations Conference for Trade and Development Vanderbilt Journal of Transnational Law vergleiche Vereinbarung über Gemeinschaftspatente World Intellectual Property Organization (Weltorganisation für geistiges Eigentum) Welturheberrechtsabkommen Wiener Vertragsrechtskonvention Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für Urheber-und Medienrecht

Einführung

I. Gegenstand und Gang der Untersuchung

Auf geistigem Eigentum basierende Güter gewinnen im internationalen Wirtschaftsleben zunehmend an Bedeutung. Der Anteil der auf geistigem Eigentum beruhenden Produkte am internationalen Handel hat vor allem seit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beständig zugenommen. Dem steht die mit der einfachen und kostengünstigen Reproduzierbarkeit von einmal der Öffentlichkeit zugänglich gemachtem geistigem Eigentum verbundene Problematik der unerlaubten Nachahmung geistiger Güter gegenüber. Mit Stichworten wie dem der Produktpiraterie sind heute unerlaubte Nachahmungen und andere Formen des unerlaubten Zugriffes in allen Bereichen des geistigen Eigentums angesprochen. Seinen Ursprung findet diese Problematik unter anderem in der potentiellen Ubiquität des geistigen Eigentums, d.h. der Tatsache, daß sowohl urheberrechtliche Werke als auch gewerbliche Schöpfungen grundsätzlich frei von Zeit und Ort und damit auch unabhängig von Grenzen in vielen Staaten gleichzeitig nutzbar sind. Zwar zieht sich das Problem der Nachahmung geistiger Güter nahezu durch die gesamte Geschichte des geistigen Eigentums, die heutigen Reproduktionstechniken bieten jedoch qualitativ wie quantitativ völlig neue Möglichkeiten der Nachahmung. Die Piraterie hat hier inzwischen erhebliche Ausmaße angenommen. Piraterieware wird hauptsächlich in Schwellenländern hergestellt, teilweise jedoch auch in Industrieländern. Die Rechtsordnungen werden aber nicht allein durch das transnationale Problem der Produktpiraterie herausgefordert, sondern auch durch die technologischen Fortschritte und den hiermit verbundenen Fragen eines Schutzes neuer Werkarten und neuer Verwertungsformen. Bekannte Beispiele dafür sind der Schutz von Computerprogrammen; der Schutz von Computerchips und die Problematik der Bibliothekstantiemen. Auch hier kann es aufgrund der international ausgerichteten wirtschaftlichen Verflechtungen nicht mehr ausschließlich um die Frage des Schutzniveaus im jeweiligen Inland gehen, sondern in zunehmendem Maße um die Frage des international verankerten Schutzes.

16

Einführung

Der erste Teil der Arbeit befaßt sich mit den völkerrechtlichen Verträgen zum geistigen Eigentum. Ausgangspunkt und Kern für den gewerblichen Rechtsschutz ist die "Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums" (PVÜ) vom 20. März 1883. Für das Urheberrecht ist dies die ,,Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst" vom 9. September 1886, die seit ihrer Revision von 1908 in Berlin auch "Revidierte Berner Übereinkunft" (RBÜ) genannt wird. Daneben schlossen die Staaten eine Vielzahl weiterer teils globaler, teils regionaler Abkommen zum geistigen Eigentum. Die bilateralen Verträge sollen im Rahmen dieser Arbeit nur am Rande Erwähnung findeni. Neben Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie geht es in den Übereinkommen zum geistigen Eigentum vor allem um die Festschreibung eines möglichst hohen Schutzniveaus. Teilweise besteht das Ziel der Verträge auch in der Schaffung eines vereinfachten oder rationalisierten Verfahrens zur Erlangung eines internationalen Schutzes. Einer Verbesserung des Schutzes von geistigem Eigentum wird von den Industrieländern in zunehmendem Maße Bedeutung zugemessen. Eng verbunden mit der Frage, wie eine Verbesserung und Fortentwicklung des Schutzes aussehen sollte, ist die unterschiedliche Interessenlage der einzelnen Staaten in bezug auf einen solchen Schutz. Die Versuche der Industrieländer, das international-vertragliche Schutzniveau weiter zu erhöhen, stießen bei den Entwicklungsländern größtenteils auf heftigen Widerstand. Sie fühlen sich teilweise bereits durch die bestehenden Regelungen in den Konventionen benachteiligt. Das gesamte "System" sei allein auf die Bedürfnisse der Industrieländer zugeschnitten. In diesem Zusammenhang ist auch die von Entwicklungsländern favorisierte, extreme und inzwischen nicht mehr aufrechterhaltene Ansicht zu sehen, geistiges Eigentum stelle ein gemeinsames Menschheitserbe ("common heritage of mankind") dar, so daß der Einzelne daraus keine Rechte herleiten könne. Nach wie vor jedoch tendieren die Entwicklungsländer dazu, den Gemein nutzen über den Individualrechtsschutz zu stellen und das geistige Eigentum als Instrument zur Erreichung gesamtvolkswirtschaftlicher Ziele zu betrachten. Damit sehen sie den Schutz geistigen Eigentums allein dann als ökonomisch zweckmäßig an, wenn dadurch der Technologietransfer sowie ausländische Investitionen gefördert werden. Für die Industrieländer stellten jedoch nicht nur die divergierenden Interessenlagen zwischen Industrieländern auf der einen und Entwicklungsländern auf

I Zu bilateralen Verträgen im Urheberrecht Ricketson, S. 25 ff.; NordemannIVinckIHertin, Einl. Rdnr. 10; Katzenberger, in: Schricker. Vor §§ 120 ff., Rdnr. 31 ff.; Majoros, Les arrangements bilateraux, S. 100 ff. Bilaterale Verträge im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes sind aufgeführt etwa bei Ladas, § 35.

I. Gegenstand und Gang der Untersuchung

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der anderen Seite ein Hindernis für die von ihnen angestrebte Fortentwicklung des geistigen Eigentumsschutzes dar. Auch unter den Industrieländern herrschten zum Teil unterschiedliche Auffassungen darüber, wie der Schutz der verschiedenen Bereiche des geistigen Eigentums gefördert werden soll. All dies führte dazu, daß die Versuche, einzelne Übereinkommen zum geistigen Eigentum zu revidieren, in jüngster Zeit überwiegend fehlschlugen und damit eine Fortentwicklung der Konventionen stagnierte. Die an einer Fortschreibung der Übereinkommen interessierten Industrieländer suchen daher neue Wege, um ein höheres Schutzniveau zu verankern. Dies sind zum einen die im Rahmen der Uruguay-Runde des GATT stattfindenen Verhandlungen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentumsschutzes ("trade related aspects of intellectual property rights", TRIPS)2. Zum anderen sind dies etwa die Bemühungen um eine Ausarbeitung von Protokollen zu einzelnen Übereinkommen zum geistigen Eigentum. Aber nicht allein mit den Schwierigkeiten bei Revisionsverhandlungen rücken völkerrechtliche Elemente immer mehr in den Mittelpunkt der Diskussion. Weitere solcher Punkte, die die Industrieländer an den gegenwärtigen Übereinkommen zum geistigen Eigentum kritisieren, sind das Nebeneinander verschiedener Fassungen einer Konvention, die aus dem Prinzip der Inländerbehandlung - einem Grundpfeiler der meisten Übereinkommen zum geistigen Eigentum - resultierenden Probleme bezüglich eines ungleichen Schutzniveaus in den einzelnen Vertragstaaten sowie die Stagnation einer internationalen Fortentwicklung des geistigen Eigentumsschutzes durch die Möglichkeit von Vorbehalten. Nicht zuletzt beklagen die Industrieländer auch die Nichtachtung der Vertragspflichten durch einzelne Mitgliedstaaten eines Vertrags und der mangelnden Durchsetzbarkeit dieser Pflichten. Der speziell völkerrechtliche Charakter der hierbei angesprochenen Vertragselemente der Übereinkommen zum geistigen Eigentum findet im Schrifttum bislang weitgehend nur am Rande Beachtung. Teilweise mag dies aus einer Unterbewertung des Völkerrechts im allgemeinen resultieren; teilweise liegt dies jedoch auch daran, daß das Völkerrecht für die Spezialisten des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts häufig eine fremde Materie darstellt. Ein weiterer Grund liegt sicherlich auch darin, daß drängende materielle Fragen für die einzelnen Staaten angesichts ihrer teilweise unmittelbaren Auswirkungen auf den Einzelnen im Vordergrund stehen. Die entscheidende Frage für die Bemühungen der Industrieländer um eine Weiterentwicklung des internationalen

2 Zur Diskussion um die Einbeziehung des geistigen Eigentumsschutzes in die Uruguay-Runde des GATT Assmann/Buck, S. 261 ff.; Faupel, GRUR Int. 1990,255,257 ff.

2 Buck

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Schutzes ist, auf welchem Wege sie erfolgreich unternommen werden können. Daher widmet sich der erste Teil der Arbeit den völkerrechtlichen Prinzipien und Instrumentarien. Untersucht wird, welchen Beitrag diese zu einer Weiterentwicklung der Übereinkommen bzw. des Schutzes von geistigem Eigentum leisten können. Im zweiten Teil der Arbeit werden eine Reihe von außervertraglichen Ansätzen eines Schutzes von geistigem Eigentum behandelt. Solche finden sich etwa bei den von der WIPO und anderen internationalen Organisationen ausgearbeiteten Modellgesetzen, aber auch im Rahmen des - noch in Verhandlung befindlichen - Verhaltenskodex für den Technologietransfer (TOT-Code). Auch hier spielen völkerrechtliche Fragen eine bedeutende Rolle. Dies gilt insbesondere bei der Bestimmung des rechtlichen Gehalts von Verhaltenskodices und Modellgesetzen. Dabei geht es auch hier letztendlich um die Frage nach deren gegenwärtigen bzw. deren möglichen Beitrag zur Erleichterung und Verbesserung des internationalen geistigen Eigentumsschutzes. In einem dritten Teil ist auf eine weitere Ebene einzugehen, auf der Völkerrecht auf den Schutz geistigen Eigentums einzuwirken vermag. Untersucht werden soll, inwiefern geistiges Eigentum als Menschenrecht im Rahmen der völkerrechtlichen Verträge zum Schutz der Menschenrechte völkerrechtliche Anerkennung genießt. Das Recht auf Schutz der materiellen und moralischen Interessen des "Urhebers" ist sowohl in der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" als auch im "Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte" enthalten3• Im Schrifttum wurde bislang lediglich vereinzelt und knapp untersucht, ob sämtliche Gebiete des geistigen Eigentums dem Bereich der Menschenrechte zugeordnet werden können oder inwieweit dies nur für einen Teil des geistigen Eigentums gelten kann. Außerdem wird zu klären sein, ob sich der Menschenrechtsschutz lediglich auf den "Urheber" eines geistigen Gutes bezieht oder ob er auch anderen Rechtsinhabem geistiger Güter, wie etwa Lizenznehmern, zusteht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwiefern neben den in den völkerrechtlichen Verträgen zum geistigen Eigentum verankerten Mindestrechten ein aus den allgemeinen Regeln des Völkerrechts resultierender Mindeststandard des Schutzes von geistigem Eigentum existiert. Vorweg sollen jedoch zwei für das weitere Vorgehen wesentliche Bereiche untersucht werden. Zum einen ist zu klären, was genau unter dem Begriff "geistiges Eigentum" zu verstehen ist. Zum anderen ist auf die Vorstellung von

J Fikentscher, Wirtschaftsrecht, S. 263 spricht hier von einer Diskriminierung des Materialeigentums gegenüber dem Immaterialeigentum, da das geistige Eigentum selbst im Rahmen des Menschenrechtsschutzes anerkannt sei, während dies beim Eigentum nicht der Fall sei.

11. Begriff des geistigen Eigentums

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einer universellen Geltung der Schutzrechte und von einem Weltrecht sowie von der gegenwärtig überwiegend geltenden Territorialität der Schutzrechte einzugehen. 11. Begriff des geistigen Eigentums Der Begriff des geistigen Eigentums wird nicht immer einheitlich verwandt. Eine Definition des "geistigen Eigentums" ("intellectual property", "propriete intellectuelle") findet sich in Art. 2 viii des im Jahre 1967 abgeschlossenen "Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum" (WIPO-Übereinkommen). Danach umfaBt der Begriff des "geistigen Eigentums" zum einen die Rechte betreffend die Werke der Literatur, Kunst und Wissenschaft und zum anderen Rechte betreffend die Leistungen der ausübenden Künstler, die Tonträger und Funksendungen. Ferner werden die Rechte betreffend die Erfindungen auf allen Gebieten der menschlichen Tätigkeit, die wissenschaftlichen Entdeckungen und die gewerblichen Muster und Modelle mit einbezogen. Zudem sind die Rechte betreffend Fabrik-, Handels- und Dienstleistungsmarken sowie Handelsnamen und Geschäftsbezeichnungen und solche bezüglich des Schutzes gegen unlauteren Wettbewerb erfaBt. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend zu verstehen. Der Begriff des geistigen Eigentums erstreckt sich gemäß Art. 2 viii WIPO-Übereinkommen auch auf "alle anderen Rechte, die sich aus der geistigen Tätigkeit auf gewerblichem, wissenschaftlichem, literarischem oder künstlerischem Gebiet ergeben". Damit ist die Definition im WIPO-Übereinkommen grundSätzlich offen für neue Entwicklungen. Bei der Diskussion um den internationalen Schutz von geistigem Eigentum wird jedoch teilweise von einer engeren Begriffsbestimmung als der des WIPOÜbereinkommens ausgegangen. Die USA etwa haben in ihrem Vorschlag, das geistige Eigentum in die Uruguay-Runde des GATT mit einzubeziehen, einen engen und abschließenden Begriff des "geistigen Eigentums" verwandt4 • Auch die auf diesen US-Vorschlag folgenden Entwürfe hinsichtlich einer GATTRegelung enthalten eine abschließende Aufzählung der erfaBten Bereiche. Der Vorschlag der europäischen, japanischen und US-amerikanischen "business communities" hinsichtlich der Ausarbeitung von fundamentalen Prinzipien zum Schutz des geistigen Eigentums geht etwa von den Bereichen Patent, Marke, Design, Urheberrecht Ursprungsbezeichnungen, Topographie und "trade secrets" auss. Im Entwurf vom November 1990 sind dagegen zusätzlich noch die Lei-

• s. etwa ..Suggestion by the United States for Achieving the Negotiating Objective - Revision", GAlT-Doc. NTN.GNGINGllIWI14 Rev. I vom 17. Oktober 1988. 2·

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stungsschutzrechte, geographischen Herkunftsangaben und die Kontrolle mißbräuchlicher und wettbewerbs beschränkender Praktiken in Lizenzverträgen aufgenommen worden6• Allerdings erheben die Verhandlungspartner im Rahmen des GAIT nicht den Anspruch, eine umfassende Regelung sämtlicher Bereiche des geistigen Eigentums vorzunehmen. Das Mandat ist - zumindest fonnal - ausdrücklich auf handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums ("trade related aspects of intellectual property rights", TRIPs) beschränke. Schon aus diesem Grunde ist die Definition im Rahmen der TRIPs-Verhandlungen enger gefaßt als die Begriffsbestimmung im WIPO-Übereinkommen. Die Bezeichnung "geistiges Eigentum" wird jedoch nicht immer als Sammelbezeichnung für die Bereiche gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht verstanden. Teilweise dient dieser Begriff auch zur Benennung allein des Urheberrechts 8 • Dieser Tenninologie steht dann das industrielle bzw. gewerbliche Eigentum ("industrial property") gegenüber. Der Ausdruck "geistiges Eigentum" geht auf die sich im 18. Jahrhundert im Zuge der philosophischen und naturrechtlichen Strömungen entwickelnde sog. Lehre vom geistigen Eigentum zurück. Nach dieser steht einem geistig Schaffenden das Geschaffene als "natürliches" Eigentum und damit eigenes Produkt zu9 • In Deutschland erfuhr dieser Begriff im 19. Jahrhundert weitgehend Ablehnung. Dies ist vorwiegend auf die hierin enthaltene Bezeichnung als Eigentum zurückzuführen. Die Verwendung des Eigentumsbegriffs wurde in diesem Zusammenhang als dogmatisch ungenau angesehen, da zwischen "geistigem" Eigentum und Eigentum als solchem grundlegende Unterschiede bestehen. Kohler etwa stellte darauf ab, daß "die Konstruktion des geistigen Eigenthums ... den Eigenthumsbegriff so sehr ausdehnen und verflüchtigen würde, daß er wenig mehr geeignet wäre, die juristische Erkenntnis zu fördern und ihr Halt und Stütze zu geben ... "10. In der Folgezeit gewannen daher in Deutschland der auf materielle Interessen bezogene Begriff des Immaterial5

"Basic Frarnework of GATI Provisions on Intellectual Property", Juni 1988, abgedruckt bei:

BeierlSchricker, S. 355 fC. 6 GA1T, Draft Final Act, MTN.TNCIW/35, S. 196. , Dazu AssmannIBuck, in: OppermannIMolsberger, S. 261 ff. 8 s. Roeber, UFITA 21 (1956), 150 ff.; de Boor, UFITA 21 (1956), 131 ff. jeweils m.w.N. zu

der in den 50er Jahren wieder aufgekommenen Diskussion um das geistige Eigentum; befürwortend dagegen Troller, UFITA 21 (1956),216,223 ff. 9 Zur Entwicklung des ,,geistigen Eigentums" Bappert, S. 254 ff.; Decker, S. 13, 19 ff.; Gieseke, S. 69 ff.; Lu/. S. 13 Cf.; Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht, S. 21 ff.; Nirk, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 202 f.; Troller, Immaterialgüterrecht, S. 91 ff. Zur Abkehr von der Idee des geistigen Eigentums Bappert, S. 273 ff.; Gieseke, S. 136 ff.; Rehbinder, in: Dittrich, S. 99 ff.; HubmannIRehbinder, S. 10 Cf.; Schricker, in: Schricker, Einleitung Rdnr. 60 ff. 10 Kohler, AcP 82 (1894), 141, 156 f.

11. Begriff des geistigen Eigentums

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güterrechts und in Ergänzung dazu der auf immaterielle Interessen bezogene des Persönlichkeitsrechts an Bedeutung. Diese speziell deutsche Entwicklung steht im Gegensatz etwa zur französischen und anglo-amerikanischen. Dort stießen - allerdings aus unterschiedlichen Gründen - die Begriffe des geistigen bzw. industriellen Eigentums als Rechtsbegriffe keineswegs auf Ablehnung: In Frankreich war dies aufgrund des Einflusses der Idee vom geistigen Eigentum der Fall, im anglo-amerikanischen Rechtskreis aufgrund des Copyright-Ansatzes. Probleme warf die ablehnende Haltung in Deutschland gegenüber dem geistigen Eigentumsbegriffs insbesondere im urheberrechtlichen Bereich, etwa bei den Verhandlungen zur ,,Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst" von 1886, auf. Die deutsche Delegation lehnte die Aufnahme der Terminologie "literarisches und künstlerisches Eigentum" in den Übereinkommenstext ab. Die französische Delegation wiederum wandte sich gegen den in Deutschland gebräuchlichen Begriff des "Urheberrechts". Der schließlich gewählte Titel der Berner Übereinkunft als eine solche "zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst" stellt einen Komprorniß dar, der sowohl eine Erwähnung des Begriffs ,,Eigentum" als auch der Bezeichnung als "Urheberrecht" vermeidetlI. In Anlehnung an den internationalen Sprachgebrauch, der von den Begriffen "intellectual property" bzw. "propriete intellectuelle" ausgeht, hat sich inzwischen auch in der Bundesrepublik Deutschland immer mehr der Begriff des "geistigen Eigentums" als Bezeichnung für die Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts durchgesetzt. Er kann heute als Synonym für den Begriff des Immaterialgüterrechts betrachtet werden. Selbst der deutsche Gesetzgeber hat sich dieses Ausdrucks etwa in dem im Jahre 1990 ergangenen sog. Produktpirateriegesetz bedient 12 • Der Bundesgerichtshof spricht schon seit seiner Magnettonaufnahme-Entscheidung von "geistigem Eigentum" 13. Die dogmatischen Bedenken hinsichtlich des Eigentumsbegriffs sind jedoch bis heute noch nicht ausgeräumt. Sie scheinen aber zugunsten der im Begriff des "geistigen Eigentums" steckenden internationalen Leitidee und der damit verbundenen rechtspolitischen Zielsetzung in den Hintergrund geraten zu sein 14 •

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Boytha, in: Dittrich, S. 181, 197.

"Gesetz zur Stärkung des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie", BGB!. I Nr. 10 vom 13. März 1990, S. 422. 13 BGHZ 17, 266, 278, wo für den Bereich des Urheberrechts festgehalten wird, daß "die Hemchaft des Urhebers über sein Werk die natürliche Folge seines geistigen Eigentums ist". 14 Allerdings plädiert ein Teil des Schrifttums noch heute dafür, auch in Zukunft den Eigen12

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Einführung

Unter geistigem Eigentum versteht man danach Rechte, deren Gegenstände die Ergebnisse schöpferischer Betätigung sein können. Marken und der Wettbewerb bauen zwar nicht auf einer schöpferischen Tätigkeit auf, werden aber aufgrund ihrer Funktion, die sie bezüglich der Auswertung anderer Gegenstände und damit der Verbreitung schöpferischer Leistungen haben, von diesem Begriff mit umfaßt ls .

m. Territorialität, Universalität und Weltrecht Die beteiligten Staaten waren sich bei der Schaffung der PVÜ und der RBÜ darüber einig, durch den jeweiligen Vertrag ein möglichst hohes Schutzniveau festzuschreiben. Über die Konzeption eines solchen Schutzes waren sie sich zunächst jedoch nicht einig. Plädierten die einen für eine Territorialität des Schutzes, so strebten die anderen die universale Geltung eines Schutzes an. Dies mündete bis hin zur Forderung nach einem Weltrecht für die einzelnen Bereiche des geistigen Eigentums. Auch heute noch wird vereinzelt die Frage nach einer möglichst geeigneten Verwirklichung eines umfassenden Schutzes von geistigem Eigentum neu aufgeworfen. Die Frage nach der Geltung des Prinzips der Territorialität bzw. der Universalität stellt dabei grundsätzlich eine solche des internationalen Privatrechts dar l6 • 1. Territorialitätsprinzip

Der gewerbliche Rechtsschutz hat sich ebenso wie das Urheberrecht als territorial beschränktes Recht entwickelt 17 • Das Territorialitätsprinzip gründet im Wesen des souveränen Staates, der in seiner Rechtsetzung frei ist. Nach diesem Prinzip kann jedes dem Verband angehörende Land sein einschlägiges nationales Recht nach seinem Dafürhalten gestalten. Das in einem Land erteilte gewerbliche Schutzrecht wirkt nicht über die nationalen Grenzen hinaus. Dies turnsbegriff im Bereich des "Immaterialgüterrechts" zu venneiden, vgl. Fikentscher, Wirtschaflsrecht, S. 273. 15 s. Vanzetti, GRUR Ausl. 1965, 128 ff. (1. Teil), 185 ff. (2. Teil), insbes. S. 198 ff., wo er sich ausführlich mit Argumenten gegen die Auffassung, die Marke sei kein Immaterialgut auseinandersetzt. Das Markenrecht unterliegt gerade in den letzten Jahrzehnten einem Wandel vom Deliktsrecht zum eigentumsrechtlich verfestigten Immaterialgüter- bzw. Leistungsschutzrecht; s. Balz, RabelsZ 45 (1981), 317 ff. 16 Schack, Zur Anknüpfung des Urheberrechts im internationalen Privatrecht, S. 20 ff.; Beier, in: Beier, S. 31,41 ff. 17 Zum Territorialitätsprinzip Schack, Zur Anknüpfung des Urheberrechts im internationalen Privatrecht, S. 19 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 80 ff.; Katzenberger, in: Schricker, vor §§ 120 ff., Rdnr. 69 ff.; Troller, Immaterialgüterrecht, S. 134 ff.

III. Tenitorialität, Universalität und Weltrecht

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bedeutet etwa für den Bereich des Patentrechts, daß jedes Land ein Patent nach seinem eigenen, von ihm selbst zu setzenden Recht erteilt. Das geschieht gemäß Art. 4 bis Abs. 1 PVÜ unabhängig von den Patenten, die für dieselbe Erfindung in anderen Ländern erlangt worden sind 18 . Aus der Territorialität folgt für den gewerblichen Rechtsschutz die Notwendigkeit, in jedem Verbandsland ein Erteilungsverfahren bzw. eine Hinterlegung durchzuführen und die jeweils erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Die Voraussetzungen und der Schutzinhalt richten sich nach den nationalen Rechtsordnungen des Schutzlandes. Der Urheberrechtsschutz entsteht zwar seit der Überwindung des sog. Privilegienwesens grundsätzlich ohne besonderen Erteilungsakt, gleichwohl ist auch dieser insofern territorial beschränkt, als die Wirkung der gesetzlichen Regeln sich nur auf das jeweilige Land bezieht 19. Der Zweck der völkerrechtlichen Verträge zum Urheberrecht und zum gewerblichen Rechtsschutz besteht daher letzten Endes in der möglichst weitgehenden Überwindung der territorialen Wirkung der Schutzrechte. Die multilateralen Konventionen enthalten zwar bestimmte konventionseigene Mindestrechte20, dies vermag jedoch grundsätzlich nichts an der territorialen Wirkung der Schutzrechte zu ändern. Der Territorialitätsgrundsatz wird selbst dann nicht überwunden, wenn - wie beim Gemeinschaftspatentübereinkommen (GPÜ)21 - ein einheitliches Schutzrecht für ein begrenztes, einheitliches Gebiet erteilt wird. Auch das Gemeinschaftspatent unterliegt insofern territorialer Beschränkung, als sein Anwendungsbereich auf GPÜ-Vertragstaaten und damit maximal auf alle EG-Mitgliedstaaten begrenzt ist22 . In bestimmtem Umfang sehen die multilateralen Verträge zum geIstIgen Eigentum Durchbrechungen vom Grundsatz der Territorialität vor23 . In den Konventionen gibt es Tatsachen - wie etwa die Bestimmung der Neuheit von Erfindungen -, die nicht allein unter Berücksichtigung der Situation im Schutzland betrachtet werden. Der Neuheitsbegriff bezieht sich regelmäßig auf

Dazu näher Bodenhausen, Pariser Verbandsübereinkunft, S. 51 f. s. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 80 ff. NordemannIVinckIHertin, RBÜ Art. 21Art. 2 bis Rdnr. I, Art. 7 bis Rdnr. 3 verstehen das Tenitorialitätsprinzip jedoch anders. Sie sehen es im Sinne des sog. Universalitätsprinzips und halten es dann für verwirklicht, wenn das Recht des Ursprungslands - und nicht das des Schutzlandes - Anwendung findet. 20 Windisch, S. 103 f. geht davon aus, daß das Tenitorialitätsprinzip, die Inländerbehandlung und die Konventions-Mindestrechte eine systematische Einheit bilden. 21 Das - noch nicht in Kraft getretene - GPÜ sieht die Erteilung eines einheitlichen materiellen Schutzrechts für alle Hoheitsgebiete von EG-Mitgliedstaaten, die dieses Abkommen ratifizieren werden, vor. 22 Ulmer, RabelsZ 41 (1977),479,491. 23 Windisch, S. 65 ff.; Ulmer, RabelsZ 41 (1977),479,481. 18 19

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die weltweite Neuheit. Außerdem wird für bestimmte Tatsachen auf das Heimatrecht bzw. das Recht des Ursprungslands abgestellt. Das ist in der PVÜ der Fall, wenn in Art. 6 quinquies A PVÜ im Rahmen der sog. telle-quelle-Marke auf die Heimatmarke Bezug genommen wird24 • Ausnahmefälle im Rahmen der urheberrechtlichen Konventionen sind der Vergleich der Schutzfristen im Rahmen der RBÜ und des Welturheberrechtsabkommen (WUA) sowie das Folgerecht im Rahmen der RBÜ2S • Teilweise wird darauf abgestellt, daß das Territorialitätsprinzip allein auf dem Gebiet des materiellen Fremdenrechts herrsche6 • Ihm wird danach generell ein kollisionsrechtlicher Inhalt abgesprochen27 • Inwiefern dies der Richtigkeit entspricht, braucht hier nicht erörtert zu werden28 • Dem Prinzip der Territorialität wohnt jedenfalls zumindest auch ein fremdenrechtliches Element inne. An dem auch heute noch geltenden Grundsatz der Territorialität der Schutzrechte wird schon seit geraumer Zeit Kritik geübt. Dieser Grundsatz habe zwar, so wird argumentiert, in der Zeit des Privilegienwesens seine Berechtigung gehabt, habe diese aber heute verloren29 • Dies wird insbesondere in bezug auf das Urheberrecht angeführt, das aufgrund der Anerkennung des natürlichen Eigentumsrechts des Urhebers nicht mehr durch Mittel des öffentlichen Rechts entsteht30 • Solange ein Schutz von geistigem Eigentum nur durch die staatliche Verleihung eines Privilegs möglich war, war auch die Territorialität des verliehenen Rechts nicht in Frage gestellt. Aus dem Prinzip der Souveränität der Staaten ergab sich eine allein auf das Staatsgebiet bzw. Territorium beschränkte Wirkung des Verleihungsakts.

:z.o Nach Art. 6 quinquics A PVÜ, der eine Ausnahme zu Art. 6 Abs. 2 PVÜ darstellt, soll jede im Ursprungsland vorschriftsmäßig eingetragene Fabrik- oder Handelsmarke, so, wie sie ist (teIlequelle), in den anderen Verbandsländern zur Hinterlegung zugelassen und geschützt werden. Die Schutzverweigerungsgründe sind in Art. 6 quinqu;" B PVÜ abschließend aufgezählt. Allerdings bleibt auch in diesem Fall, in dem eine Abhängigkeit vom Schutz im Ursprungsland vorliegt, das Prinzip der territorialen Beschränkung im Endeffekt aufrechterhalten. Denn auch bei einer sog. telle-quelleMarke ist ein Vorgehen gegen Verletzungshandlungen lediglich aufgrund des im Schutzland bestehenden Markenrechts und nicht aufgrund des im Ursprungsland bestehenden Rechts möglich. 2S Dazu unten Erster Teil, B. IV. I. c). 26 Neuhaus, RabelsZ 40 (1976), 191, 193. 27 Schack, Zur Anknüpfung des Urheberrechts im internationalen Privatrecht, S. 21 ff; ZweigertIPuttfarken, GRUR Int. 1973,573,575; a.A. Ulmer, RabelsZ 41 (1977),479,487; Andermann,

S. 79 ff.

Dazu Ulmer, RabelsZ 41 (1977),479,487. Schack, Zur Anknüpfung des Urheberrechts im internationalen Privatrecht, S. 23. 30 Boytha, in: Dittrich, S. 181, 182. 28 29

111. Territorialität, Universalität und Weltrecht

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2. Universalitätsprinzip

Die Frage nach einer Überwindung der Territorialität eines Schutzrechts war bereits im Rahmen der Verhandlungen zu den ersten heiden großen Konventionen, der PVÜ und der RBÜ, aufgekommen. Die Idee eines einheitlichen Weltrechts fand um die Jahrhundertwende nicht nur für den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts, sondern insgesamt für weite Gebiete des Privatrechts Verbreitung. Diese Zeit gilt allgemein als Pionierzeit der Rechtsvereinheitlichung31 • Die Forderung nach weltweitem Schutz des geistigen Eigentum ist eine auf naturrechtlichem Denken beruhende Idee32 • Bei der Frage nach der rechtlichen Konzeption eines internationalen Schutzes des gewerblichen Eigentums und des Urheberrechts standen verschiedene Konzeptionen zur Diskussion33 • Zum einen bot sich eine universalistische Ausrichtung des konventionsmäßigen Schutzes im Sinne einer international-privatrechtlichen Lösung an. Nach dem sog. Personalprinzip wäre der Schutz von geistigem Eigentum - entsprechend dem des Sacheigentums - für alle Staaten einheitlich dem Recht eines einzigen Landes, sei es des Heimat-, sei es des Ursprungslands, unterstellt34 • Diese Schutzkonzeption konnte sich nicht durchsetzen. Sie fand jedoch Niederschlag in einigen amerikanischen Konventionen. Die bekannteste unter ihnen ist die auf den Urheberrechtsschutz bezogene Konvention von Montevideo von 188935 • Sie basiert auf dem Grundsatz, daß das Recht des Ursprungslandes Anwendung findet. Allerdings kommt dieser Konvention heute keine Bedeutung mehr zu. Ihre Konzeption hat sich im Ergebnis nicht als Grundlage für den internationalen Schutz des Urheberrechts bewährt. Zum anderen stand bei den Konventionsverhandlungen eine materiellrechtliche Konzeption zur Diskussion. Mit einer für das Gesamtgebiet der Verbände wirksamen, supranationalen Ge~etzgebung sollte ein einheitlicher Schutz geschaffen werden. Der Gedanke einer materiellrechtlichen Vereinheitlichung durch Schaffung von "loi uniforme" wurde jedoch sowohl im Rahmen der PVÜ-Verhandlungen als auch der Verhandlungen zur Berner Übereinkunft abgelehnt. Es war keine Grundlage für einen so weitreichenden Konsens der

Kropholler, S. 22. Ulmer, RabelsZ 41 (1977), 479, 510; s.a. Neuhaus, RabelsZ 40 (1976), 191 ff., Drobnig, RabelsZ 40 (1976), 195 ff. 3l Beier, GRUR Int. 1983,339,342; Christians, S. 104 f. 34 Bartin, Clunet 1934,781 ff.; Neuhaus, RabelsZ 40 (1976), 191, 192. lS Der deutsche Text des Abkonunens ist abgedruckt in: Nordemann/VinckIHertin, S. 446 ff.; s.a. Troller, Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge, S. 164 ff.; Khadjavi-Gontard, S. 27 f. 31

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Verhandlungspartner vorhanden 36 • Daher entschieden sich die Vertragsparteien für eine Ausgestaltung des geistigen Eigentumsschutzes durch die Prinzipien der Gleichstellung von In- und Ausländern vor dem Recht des Inlands, der sog. Inländerbehandlung, und der Gewährung bestimmter Mindestrechte. Im Ergebnis konnte sich die fremdenrechtliche Konzeption durchsetzen. Nach dem Grundsatz der Inländerbehandlung, der auch heute noch als tragendes Prinzip des geistigen Eigentumsschutzes betrachtet wird, ist das geistige Eigentum der Verbandsangehörigen und der ihnen gleichgestellten Personen in den anderen Verbandsländern nach der Rechtsordnung des Schutzlandes zu schützen. 3. Bewertung einer Universalität der Schutzrechte

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand der Gedanke eines Weltrechts im Sinne eines Weltpatents oder einer Weltmarke eine Reihe von Anhängern3? Die dadurch angefachte Diskussion führte jedoch zu keiner Konzeptionsänderung bei den bestehenden internationalen Verträgen. Auch heute finden sich im Schrifttum noch Verfechter einer Universalität der Schutzrechte38 • Meessen etwa sieht die Territorialität als Ursache für die Unzulänglichkeiten des internationalen Schutzes von geistigem Eigentum39 • Fraglich ist, ob durch eine universalistische Lösung den Bedürfnissen des internationalen Wirtschaftsverkehrs mehr gedient wäre, als durch das Inländerbehandlungsprinzip40. Meessen betont in seiner Untersuchung zwar die Vorteile einer universalistischen Konzeption. Offen bleibt allerdings, ob darunter eine materiellrechtliche oder eine international-privatrechtliche Ausrichtung zu verstehen ist. Eine materiell rechtliche Lösung wird heute jedoch noch weniger

Boytha, UFITA 85 (1979), 1,28 f.; Saenger, S. 9 in bezug auf die Bemer Übereinkunft. Kritisch zum Weltrecht u.a. in Verbindung mit den Unionen zum geistigen Eigentum Meili, S. 57 f., 76 f. Zur Weltmarke Katz, Weltmarkenrecht, S. 101 ff., wo erden Entwurf eines Weltmarkenvertrags vorlegt. Er erkennt allerdings auch (S. 105), daß neben der Weltmarke ein Fortbestehen der Landesmarke und des Landesmarkenrechts von Bedeutung ist; s.a. Heydt, GRUR Aus\. 1952, '321 ff. m.w.N.; Berekoven, MA 1985,288 ff. 38 Das Prinzip der Universalität ist von der allgemeinen Ausrichtung der meisten Verträge zum geistigen Eigentum auf Universalität zu unterscheiden. Letztere meint das allgemeine Bestreben der Übereinkommen, möglichst vielen Staaten die Teilnahme an multilateralen Vertragswerken möglich zu machen. 39 Meessen, JWTL 21 (1987), S. 67, 68. 40 Zur Diskussion Drexl, S. 34 ff. Eine IPR-Lösung ablehnend Ballreich, GRUR Int. 1987,747, 751 f.; Vlmer, RabelsZ 41 (1977), 479 ff., der sich ausführlich mit den Argumenten für einen Universalismus auseinandersetzt. 36

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III. Territorialität, Universalität und We1trecht

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als Ende des 19. Jahrhunderts ernsthaft gefordert werden können. Dem fehlt jegliche Konsensgrundlage zwischen den Staaten. Die - etwa von Neuhaus und Drobnig vertretene - IPR-universalistische Konzeption weist mehr unpraktikable als das System verbessernde und fortentwickelnde Faktoren au~l. Zwar läßt sich eine Anknüpfung an das Recht des Schutzlandes seit der Abkehr vom Privilegienwesen kaum mehr begründen, die sachlichen Argumente sprechen jedoch zugunsten des Prinzips der Territorialität der Schutzrechte. Die Konsequenz einer Universalität wäre, daß ein in einem Staat erteiltes Patent automatisch in allen anderen Staaten der Welt geschützt wäre. Dasselbe würde für eine Marke, die in einem Land aufgrund von Hinterlegung, Eintragung oder Benutzung erworben wird, gelten. Damit könnten Ausländer im Inland Rechte geltend machen, für die zwar im Heimatstaat ein Schutz vorgesehen ist, für die jedoch im Schutzland im Hinblick auf die Inländer kein Schutz gewährt wird. Im Unterschied zu den in den Konventionen vereinbarten Mindestrechten wäre für einen solchen Schutz auch kein Konsens zwischen den Staaten bezüglich eines bestimmten Schutzniveaus erforderlich. Damit könnte eine Besserbehandlung von Ausländern im Inland entstehen, ohne daß das Schutzland sich auf internationaler oder nationaler Ebene zu einem solchen Schutz bereit erklärte42 • Kein Land wird jedoch bereit sein, Patentschutz für etwas zu gewähren, das im Sinn des nationalen Rechts keine schutzfähige Erfindung darstellt. Gleichzeitig ist nicht für alle Patente oder Marken ein räumlich erschöpfender Schutz notwendig. Im Markenrecht würde dies dazu führen, daß selbst bei allein nationaler Hinterlegung der Marke alle identischen oder verwechslungsfähigen Marken, die irgendwo auf der Welt geschützt sind, entgegengehalten werden könnten 43 • Anknüpfungspunkt eines so verstandenen Universalitätsprinzips ist das Recht des Ursprungslands und nicht - wie gegenwärtig der Fall - das Recht des Schutzlands44 • Es fragt sich, ob ein solches universal geltendes und vollziehbares Recht, das für andere Bereiche durchaus

41 Neuhaus, RabelsZ 40 (1976), 191 ff.; Drobnig, RabelsZ 40 (1976), 195 ff., der eine universelle Geltung der Rechte lediglich für das Urheberrecht annimmt. Koumantos, Copyright 1988,415, 424 geht davon aus, daß der RB Ü bereits jetzt das kollisionsrechtliche Universalitätsprinzip zugrundeliegt . ., Die früher vom Reichsgericht vertretene Ansicht, daß das Markenrecht ein territorial unbeschränktes Recht ist, basiert auf der Annahme, das Markenrecht sei ein Persönlichkeitsrecht. Sie wurde mit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 20. September 1927 aufgegeben, RGZ 118, 76 ff. (..Hengstenberg"). Zu den Gründen für die Aufgabe des Universalitätsprinzips im Rahmen dieser Rechtsprechung Andermann, S. 89 ff. 43 Ulmer, RabelsZ 41 (1977),479,484 f. .. Neuhaus, RabelsZ 40 (1976), 191 ff.; Drobnig, RabelsZ 40 (1976), 195 ff.

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positive Wirkung zeigt, den Bedürfnissen derjenigen, die gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrechtsschutz beanspruchen, entspricht. In zahlreichen Fällen wäre hier das Schutzrechtsterritorium größer als der konkrete Marktbereich, in dem das geistige Eigentum relevant ist4s • Sowohl der gewerbliche Rechtsschutz als auch das Urheberrecht basieren auf der Erteilung eines Monopols und schließen die Allgemeinheit von einer Nutzung bzw. einer kostenlosen Nutzung aus. Damit ist in den nationalen Rechtsordnungen jeweils eine Abwägung zwischen den verschiedenen Interessenlagen vorzunehmen. Eine solche Abwägung der Interessen könnte bei Anwendung des Universalitätsprinzips nicht mehr für das jeweilige Staatsgebiet erfolgen46 • Aufgrund des geltenden Territorialitätsgrundsatzes richtet sich ein Schutz nach den Bestimmungen des jeweiligen Schutzlandes. Das Erschwernis liegt für den Schutzrechtsinhaber darin, daß er sich, um einen umfassenden Schutz zu erlangen, nach dem Recht vieler verschiedener Staaten richten muß. Dies würde zwar bei einer IPR-universalistischen Konzeption für den Schutzrechtsinhaber wegfallen. Gleichwohl wäre damit letztendlich nur eine Verlagerung der aus dem Bestehen unterschiedlicher Rechtsordnungen resultierenden Problematik erreicht. Denn als Folge des Universalitätsprinzips hat im Streitfalle ein nationales Gericht eine Bewertung nach dem Recht des Ursprungslandes und nicht nach eigenem Recht vorzunehmen47 • Das Recht eines anderen Staates und dessen konkreter Handhabung wird dem Gericht jedoch häufig relativ fremd sein. Abgesehen davon würden die Voraussetzungen für eine Schutzrechtserteilung oder für die Benutzung wegen der Anknüpfung an das Ursprungsland nicht für ein bestimmtes Staatsgebiet einheitlich zu beurteilen sein. Dies ist jedoch im Rahmen des Territorialitätsprinzips grundsätzlich möglich, so daß hierdurch sowohl Rechtsklarheit als auch Rechtssicherheit gegeben sind. Sofern jedoch angeführt wird, daß der Schaffung eines einheitlichen Rechts das Prinzip der Territorialität als ein Strukturelement der PVÜ entgegensteht, liegt ein Zirkelschluß vor48 • Denn die Staaten können grundSätzlich als "Herren der Verträge" durchaus eine Abkehr vom Grundsatz der Territorialität vereinbaren und eine IPR-universalistische Konzeption vorsehen. Auch der

4S Windisch, S. 111, der auf die dadurch wegfallenden kollisionsrechtlichen Probleme verweist; Saenger, S. 9. 46 Drexl, S. 35 f. 47 Saenger, S. 56 f. 41 Ballreich, ArchVR 1980/81, S. 121,128 f. Als "Strukturelemente" sieht er solche Regelungen an, deren Änderung zu einer Beeinträchtigung oder gar Aufgabe des Systems in seiner geltenden Gestalt führt.

111. Territorialität, Universalität und Weltrecht

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Hinweis, daß dem geistigen Eigentum eine gewisse Rechtsuniversalität schon durch die Aufnahme in die Allgemeine Menschenrechtserklärung von 1948 innewohne, stellt keinen zusätzlichen Gesichtspunkt dar49 • Abgesehen davon, daß es fraglich ist, ob das geistige Eigentum in all seinen Ausprägungen von der menschenrechtlichen Garantie mit umfaßt ist, lassen sich aus der menschenrechtlichen Anerkennung des Schutzes von "Urhebern" noch keine Anhaltspunkte dafür gewinnen, daß eine konzeptionelle Ausgestaltung des internationalen Rechtsschutzes im Bereich des geistigen Eigentums in universeller Weise erfolgen müßte. Es läßt sich daher festhalten, daß die bestehenden Konventionen zwar im Hinblick auf ihren möglichst weltumfassenden Mitgliederkreis größtenteils universalistisch angelegt sind, daß sie jedoch gegenwärtig keine universelle Konzeption im Sinne einer materiellrechtlich oder international-privatrechtlich universellen Lösung verwirklichen. Letztere kann auch nicht als zur Lösung der im bestehenden geistigen Eigentumsschutz auftauchenden Herausforderungen und Problembereiche geeignet angesehen werden.

49

Christians, S. 105 f.

Erster Teil

Völkerrechtliche Verträge zum geistigen Eigentum

A. Struktur und System der Übereinkommen zum geistigen Eigentum Im Laufe der Jahre wurde eine Vielzahl mehrseitiger völkerrechtlicher Verträge zum geistigen Eigentum geschlossen). In diesen Verträgen sind ebenso wie in anderen wirtschaftsrechtlichen Übereinkommen bestimmte Grundprinzipien des internationalen Wirtschaftsrechts enthalten2 • Nicht alle völkerrechtlichen Verträge zum geistigen Eigentum weisen jedoch dieselbe Zielsetzung oder die gleiche Grundkonstellation und Funktionsweise auf. Daher ist zunächst festzustellen, von welchen Rahmenbedingungen bzw. welchem Strukturgefüge bei der Frage nach einer Weiterentwicklung der einzelnen Verträge auszugehen ist. Dabei sind historische Gesichtspunkte ebenso zu berücksichtigen wie die Zielsetzung und Wirkung der Übereinkommen. Desweiteren ist eine Analyse der Struktur der einzelnen Verträge vorzunehmen. Im Mittelpunkt stehen dabei die PVÜ und die RBÜ. Von ihnen leiten sich zahlreiche - bilaterale und multilaterale - sog. Sonderabkommen ab 3• Eine

1 Eine Übersicht über die wichtigsten Übereinkommen zum geistigen Eigentum findet sich im Anhang. Verträge, die im Rahmen wirtschaftlicher und technischer Zusammenarbeit lediglich unter anderem das geistige Eigentum betreffen, sollen hier keine Rolle spielen. Sie sind aufgezählt etwa bei Ullrrumn, in: Benkard/BruchhausenlRoggeJSchäjers/Ullmann, Patentgesetz, Einleitung, Rdnr. 70. Die Begriffe "Übereinkommen", "völkerrechtlicher Vertrag" und "Konvention" werden synonym verwendet, s. Ricketson, S. 129. 2 Schwarzenberger, RdC 117 (1966 I), 1,67 ff. nennt als im internationalen Wirtschaftsrecht etablierte Standards den Minimumstandard, den Standard der Präferenzbehandlung, den Meistbegünstigungsstandard, den Standard der Inländerbehandlung, den Gleichbehandlungsstandard im Sinne eines Gegenseitigkeitsstandards, den Standard der "offenen Tür" und den Standard des "equitable treatment". S.a. ders., ICLQ 1948,402 ff.; Erler, S. 12 f.; P. Fischer, GYIL 19 (1976), 143, 158 ff. 3 Sonderabkommen zur PVÜ ohne Verbandsgründung sind beispielsweise das Madrider Herkunftsabkommen und das Europäische Patentübereinkommen. Sonderabkommen mit Verbands-

I. Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge

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Reihe von Abkommen steht außerhalb dieses PVÜ-IRBÜ-Vertragsgefüges. Einige dieser Übereinkomen, wie etwa das Pflanzenschutzabkommen (IPflÜ) oder das Topographieschutzabkommen bilden ebenfalls Verbände. Parallel zur PVÜ und zur RBÜ wurde eine Reihe von pan- und interamerikanischen multilateralen Verträgen geschlossen4 • Diese haben jedoch keine große Bedeutung erlangts. Desweiteren sind die regionalen Übereinkommen Afrikas, Mittelamerikas, des Andenpaktes, der Nordischen Länder sowie die Benelux-Übereinkunft zu erwähnen. Ebenso wie diese sollen die Abkommen, die im Rahmen des ehemaligen RGW geschlossen wurden, nachfolgend außer Betracht bleiben6• I. Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge 1. Historische Entwicklung des internationalen Schutzes

Eine Analyse des gegenwärtig bestehenden Schutzes von geistigem Eigentum und dessen Fortentwicklungsmöglichkeiten kann nicht ohne die Berücksichtigung rechtshistorischer Wurzeln des geistigen Eigentumsschutzes bzw. seiner völkervertraglichen Entstehung auskommen. Eine umfassende historische Darstellung sämtlicher Bereiche des geistigen Eigentums sowie deren einzelnen Entwicklungsschritte würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Aber bereits die Verfolgung der rechtsgeschichtlichen Ansätze der Entwicklung eines grenzübergreifenden bzw. internationalen Schutzes vermag das Blickfeld im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Problemen einer Weiterentwicklung des geistigen Eigentumsschutzes zu erweitern. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde von einer Reihe an Staaten die Notwendigkeit eines internationalen Urheber- und gewerblichen Rechtsschutzes erkannt. Neben dem Aspekt der potentiellen Ubiquität sowohl der urheberrechtlichen Werke als auch der gewerblichen Schöpfungen kann als Ausgangspunkt der Bestrebungen, einen internationalen Schutz zu schaffen, die Tatsache gesehen werden, daß ein Staat aufgrund seiner Souveränität grundsätzlich nicht verpflichtet ist, ausländische Staatsangehörige den eigenen Staatsangehörigen rechtlich gleichzustellen. Die von den Staaten abgeschlossenen Handelsverträge waren von ihrer Zielrichtung her primär auf einen ungehinderten Wirtschaftsgründung sind das Madrider Markenabkommen, das Haager Musterabkommen, das Nizzaer Klassifikationsabkommen, der Patentzusammenarbeitsvertrag und das Lissaboner Ursprungsabkommen. • Dazu Ladas, § 910 Cf.; Troller, Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge, S. 164 Cf. S Trollerlfroller, S. 8; ZweigertiKropholler, Bd. 111, Vorbemerkung, S. XXXV. 6 Eine Übersicht über die Verträge findet sich bei ZweigertiKropholler, Bd. 111, S. 915 Cf. und in Ergänzung dazu bei ZweigertiKropholler, Bd. III-A, S. 1007 Cf.

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1. Teil, A. Struktur und System der Übereinkommen zum geistigen Eigentum

verkehr angelegt. Dem Schutz des wirtschaftlich immer bedeutsamer werdenden geistigen Eigentums kam in solchen Verträgen lediglich untergeordnete Bedeutung zu. a) Urheberrecht Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galt für den Schutz von schöpferischen Werken das sog. Privilegienwesen, nach dem der Landesherr Privilegien gegen den Nachdruck von Werken verleihen konnte7 • Eine Privilegienerteilung geschah zunächst allein für Drucker, später auch für Verleger und Urheber. Insbesondere die "Lehre vom geistigen Eigentum" trug zu einer gesetzlichen Anerkennung des Urheberrechts und damit zu einer Abkehr vom Privilegienwesen bei 8 • Damit war vom Ende des 18. Jahrhunderts an die Stellung der einheimischen Urheber in einigen Staaten wesentlich verbessert. Die nationalen Gesetze enthielten, wie auch schon im Rahmen der Privilegienerteilung, nur vereinzelt auch einen Schutz für ausländische Urheber. Eine Gleichstellung von Ausländern war erstmals in den französischen Revolutionsgesetzen von 1791 und 1793 enthalten. Allerdings waren die Fremden nur geschützt, wenn ihre Werke erstmals in Frankreich erschienen waren9 • Die auf naturrechtlichen Überlegungen basierende Lehre vom geistigen Eigentum konnte trotz ihrer praktischen Auswirkungen keine territorienübergreifenden Regeln begründen lO• Nachdem sich allmählich das Netz der bilateralen Verträge, die sich auf das "Urheberrecht" bezogen, verdichtet hatte, war der Schutz gegen Nachdruck ausgebaut. Die seit der Erfindung der Buchdruckerkunst unproblematisch anzufertigenden Nachdrucke stellten für die Staaten insbesondere aufgrund ihres für damalige Verhältnisse enormen Umfangs eine große Herausforderung dar. Rechte jedoch, wie etwa das Übersetzungsrecht, waren nur für eine kurze Zeitdauer vorgesehen. Sowohl im Rahmen der nationalen Gesetzgebungen als auch im bilateralen Bereich war zunächst versucht worden, den negativen Auswirkungen der neuen technischen Möglichkeiten entgegenzuwirken. Erst jetzt, nachdem dies erreicht war, begannen die Staaten allmählich über eine Ausgestaltung von Rechten nachzudenkenlI. Hinzu kam, daß die meisten zweiseitigen völkerrechtlichen Vereinbarungen zum Urheberrecht in einen

7

Hubmann, ZUM 1988, S. 4 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 50 ff.; Wadle, in: Ress,

S.9, 11 ff.

I Bappert, S. 254 ff.; Boytha, in: Dittrich, S. 181, 183 Cf.; Gieseke, S. 69 ff.; Troller, Immaterialgüterrecht, S. 20 ff.; Wadle, in: Ress, S. 9, 14 f. 9 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 56 f.; Khadjavi-Gontard, S. 2 ff. 10 Zur Kritik arn Territorialitätsprinzip s.u. IV. 11 Uchtenhagen, in: Dittrich, S. 29, 41 f.; s.a. Bappert, S. 128.

1. Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge

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allgemeinen Handelsvertrag eingegossen waren, so daß das Bestehen des urheberrechtlichen Schutzes von der Dauer des Handelsvertrages und damit auch von internationalen Handelsinteressen und politischen Entwicklungen abhängig war. Ein erstes multilaterales Übereinkommen zum Urheberrecht stellt der Vertrag zwischen Österreich und Sardinien vom 22. Mai 1840 dar, dem sich auch andere italienische Regierungen und der Tessiner Kanton anschlossenl 2 • Auch diesem bilateralen Vertrag wohnten die Nachteile der begrenzten Laufzeit und der einfachen Kündigungsmöglichkeit inne. Dies machte die Schaffung eines dauerhaften multilateralen Übereinkommens zum Urheberrecht immer dringlicher. Auf dem im Jahre 1882 stattfindenden 5. Kongreß der "Association litteraire et artistique internationale" kam die entscheidende Anregung zur Bildung eines Verbandes zum Schutz des literarischen Eigentums. Auf einer weiteren Konferenz und den anschließenden drei diplomatischen Konferenzen wurde eingehend über die Ausgestaltung eines internationalen Urheberrechts schutzes gesprochen 13. Die deutsche Delegation forderte auf der ersten diplomatischen Konferenz im Jahre 1884 die Schaffung eines einheitlichen internationalen Urheberrechts l4 . Allerdings mußte sie dieses Bestreben, für alle Mitglieder einen einheitlichen und nicht mehr national unterschiedlichen Schutz vorzusehen, aufgrund der divergierenden Ansichten der verhandelnden Staaten schon bald aufgeben 15. Bereits bei den Verhandlungen zur Berner Übereinkunft ergaben sich insbesondere aus den sich gegenüberstehenden Auffassungen Deutschlands und Frankreichs - die Urheberrechtsauffassung auf der einen, die uneingeschränkte Eigentumskonzeption auf der anderen Seite - Divergenzen. Diese schlugen sich bereits bei der Benennung der Konvention nieder l6 . Als Komprorniß wurde die Bezeichnung "Übereinkommen zum Schutz der Werke der Literatur und Kunst" gewählt. Innerhalb dieser verschiedenen Auffassungen standen stets die Interessen der Autoren und die der Werknutzer, insbesondere der Verleger im Widerstreit miteinander.

Boytha, in: Dittrich, S. 181, 196; Hofmeister, in: Dittrich, S. 239 ff. Boytha, UFITA 85 (1979), S. I, 23 ff.; Röthlisberger, S. 3 ff.; Khadjavi-Gontard, S. 10 ff.; Landau, DRiz 1986, 325, 326. Die Berichte der diplomatischen Konferenzen sind nachgedruckt in WIPO, 1886 - 1896, Centenaire de la Convention de Berne. 14 Laut Saenger, S. 7 wurde bereits im Jahre 1858 auf dem ersten international-literarischen Kongre8 eine einheitliche urheberrechtIiche Gesetzgebung aller Länder gefordert. 15 Allerdings gab es weniger grundSätzliche Einwände gegen ein einheitliches Urheberrecht, sondern dieser Gedanke wurde vielmehr als "verfrüht" betrachtet. Boytha, UFITA 85 (1979), S. I, 28 f.; Saenger, S. 9. 16 s.o. Einführung, II. 12

1l

3 Buck

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1. Teil, A. Struktur und System der Übereinkommen zum geistigen Eigentum

Hauptziel der Verhandlungen war zunächst, in den Vertragstaaten eine Gleichstellung der fremden mit den einheimischen Urhebern zu erreichen. Dies wurde mit der Festlegung des Prinzips der Inländerbehandlung erreicht. Danach werden den Urhebern verbandseigener Werke diejenigen Rechte gewährt, die in der nationalen Gesetzgebung dieser Länder für die inländischen Urheber vorgesehen sind. Daneben wurden - allerdings zunächst nur in geringem Maße bestimmte Mindestrechte ausgehandelt. In den Fällen, in denen die Interessengegensätze nicht überbrückt werden konnten, wurde die Lösung der Fragen den nationalen Gesetzgebungen überlassen. Im Jahre 1886 schlossen sich insgesamt zehn Staaten in der "Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst" zu einem Verband zusammen. Die konventionsmäßig gewährten Mindestrechte wurden im Laufe der Zeit auf den Revisionskonferenzen stark erweitert17 • b) Gewerblicher Rechtsschutz Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts wurden zwischen den einzelnen Staaten bilaterale Verträge zum Schutz einzelner Bereiche des gewerblichen Eigentums geschlossen. Mit der Intensivierung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Ausdehnung der Märkte wuchs das Bedürfnis nach der Schaffung internationaler Regeln zum gewerblichen Rechtsschutz. Eine der ersten multilateralen Übereinkünfte stellte die Zollvereinsübereinkunft vom 21. September 1842 dar, die in allen Zollvereinsstaaten als Gesetz publiziert wurde. Ihr Ziel lag jedoch weniger in der Förderung oder Verbesserung des Patentwesens, als vielmehr darin, den freien Handelsverkehrs im gesamten Zollvereinsgebiet zu sichern. Es wurden - neben einer Vielzahl anderer Materien - nur wenige gemeinsame Grundsätze bezüglich Erfindungspatenten und Privilegien festgelegt l8 • Ein weiterer Nachteil dieser multilateralen Regelung lag in der Abhängigkeit des gewerblichen Eigentumsschutzes vom Bestand des Handelsabkommens. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in fast allen Ländern Europas eine freihandelsorientierte und damit patentfeindliche Bewegung. Diese sog. Freihandelsschule setzte sich für die Freiheit des Wettbewerbs ein, der nicht durch 17 Von den Fassungen, die noch in Kraft sind, haben die Berliner Fassung von 1908, die RomFassung von 1928 und die Brüsseler Fassung von 1948 weitgehend eine Anhebung des Schutzniveaus bewirkt. Die Stockholmer Fassung von 1967 und die Pariser Fassung von 1971 dagegen sehen zugunsten der Entwicklungsländer gewisse Einschränkungen des Schutzes vor. 18 Nirk, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 203; Wadle, in: FS GRUR, S. 93, 110 ff. Zur Situation in Deutschland Nirk, in: FS Hundert Jahre Patentamt, S. 345, 355 ff.; Beier, GRUR 1978, 123, 127 ff.; Andermann, S. 19 ff.

I. Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge

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das Patent als ein Monopol eingeschränkt werden sollte 19 • Der ausschließliche Charakter der gewerblichen Schutzrechte stand damals - wie auch heute noch - in einem notwendigen Spannungsverhältnis zum freien Wettbewerb. Schon in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts fand diese Bewegung ihr Ende. Grund dafür war die 1873 aufkommende Wirtschaftskrise. Die Länder kehrten zu protektionistischen Maßnahmen zurück. Es setzte sich die Überzeugung durch, daß eine Förderung des Erfindungswesens nur durch einen Patentschutz erreichbar sein kann und daß dieser Schutz ein Gebot der Gerechtigkeit sei. Im In- und Ausland führte diese Entwicklung zu einem Ausbau des Patentschutzes. Vor diesem Hintergrund entstand auch die Forderung nach einem internationalen Schutz der Erfindungen2o• Manche sehen auch das Aufkommen von Weltausstellungen mit ihrer universellen Publizitätswirkung als Grund für das Bedürfnis nach einem weltweiten Schutz21 • Im Jahre 1873 fand anläßlich der Weltausstellung in Wien der erste internationale Patentkongreß statt, auf dem die Grundzüge eines einheitlichen Erfindungsschutzes beraten wurden. Auf dem im Jahre 1878 an läßlich der Weltausstellung in Paris stattfindenden internationalen Kongreß konnte eine Einigung über die wesentlichen Prinzipien, die der künftigen Union zugrundeliegen sollten, erzielt werden. Allerdings wurde zu diesem Zeitpunkt noch von der Schaffung einer einheitlichen Patentgesetzgebung, d.h. eines einheitlich für alle Länder geltenden Rechts ausgegangen. Auf einer im Jahre 1880 einberufenen Diplomatischen Konferenz konnte der endgültige Text der "Internationalen Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums", der sog. Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) festgelegt werden, der jedoch keinen einheitlichen Schutz mehr vorsah, sondern vom Prinzip der Inländergleichbehandlung und der Festschreibung bestimmter Mindestrechte ausging. Abgesehen davon, daß die nationalen Patentgesetze für eine einheitliche internationale Lösung zu unterschiedlich waren, bestand auch keinerlei politischer oder wirtschaftlicher Druck zur unbedingten Schaffung eines solchen Rechts 22 • Der Austausch der Ratifikationsurkunden verzögerte sich zu diesem Zeitpunkt durch den Widerstand einiger Staaten. Der Konventionstext wurde daher 1883 auf einer weiteren Diplomatischen Konferenz nochmals beraten und schließlich angenommen. Er trat im Jahre 1884 für 15 Staaten in Kraft23 •

19 20

21 22 2J



Machlup, S. 4 ff. Ulmer, RabelsZ 41 (1977),479,487 f.; Pfanner, EPIL Bd. 5, S. 27, 30 f. Grossenbacher, S. 389. s. Ludas, § 174. Ecuador trat zwar der PVÜ im Jahre 1884 bei, trat jedoch im Jahre 1886 wieder aus.

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I. Teil, A. Struktur und System der Übereinkommen zum geistigen Eigentum

Mit der Schaffung der PVÜ im Jahre 1883 wurde eine neue Epoche der weltweiten Zusammenarbeit im gewerblichen Rechtsschutz eingeleitef4• Diese Verbandsübereinkunft war zum einen multilateral und nicht lediglich bilateral angelegt und zum anderen wurde sie nicht als Bestandteil eines Handelsabkommens geschlossen, sondern als ein "unabhängiges" Abkommen. Die Entwicklung der PVÜ ist geprägt von einer territorialen Ausweitung. Dies entsprach dem Ziel der weltweiten Verbreitung des Gedankens des gewerblichen Rechtsschutzes. Deutschland zählte nicht zu den Gründungsstaaten der PVÜ, sondern trat ihr aus verschiedenen Gründen erst im Jahre 1903 bei2s • Auch etwa zu dem im Jahre 1891 abgeschlossene Madrider Markenabkommen erklärte Deutschland erst im Jahre 1922 seinen Beitritt26 • 2. Das "System des geistigen Eigentums"

a) Der Systemgedanke Inwiefern im Zusammenhang mit den völkerrechtlichen Verträgen zum geistigen Eigentum von einem "System der Verträge" gesprochen werden kann, ist umstritten 27 • Ballreich vertritt die Ansicht, daß bereits im Zusammenhang mit dem Abschluß der PVÜ im Jahre 1883 ein "System" begründet wurde28 • Schon zu diesem Zeitpunkt habe eine Menge von Elementen, zwischen denen bestimmte Beziehungen bestehen, und die ein gemeinsames Ziel verfolgen, vorgelegen. Demzufolge kann sowohl von einem "System des gewerblichen Eigentums" als auch - unter Einbeziehung des Urheberrechts - von einem "System des geistigen Eigentums" gesprochen werden. Goldbaum geht von

2A Zur Entstehungsgeschichte der PVÜ OsterriethlAxster, S. IX ff.; Beier, GRUR Int. 1983,339, 340 f. m.w.N.; zur Bedeutung der Schaffung der besonderen Vereinbarungen anstelle einer Regelung in (bilateralen) Handelsverträgen s. Denkschrift zur Begründung der Vorlage betreffend den Anschluß an die Union vom 9. Mai 1901, abgedruckt in: OsterriethlAxster, S. 298 ff., hier insbes.

S.298.

2'! Zu den Gründen OsterriethlAxster, S. XVI ff. S.a. BeierlKur, GRUR Int. 1991,677,678, die auf die Bismarcksche Bündnis- und Handelspolitik abstellen, welche vorwiegend zum Abschluß bilateraler Verträge geführt hatte. Deutschland trat der PVÜ schließlich bei, als die damaligen PVÜVerbandstaaten einige mit dem deutschen Recht unvereinbare Bestimmungen in der PVÜ geändert hatten. Bei der Gründung der Pariser Union gehörten ihr Belgien, Brasilien, Ecuador, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Guatemala, Italien, die Niederlande, Portugal, Salvador, Serbien, die Schweiz und Tunis an. 26 Ausführlich zur damaligen Kritik am MMA Beier/Kur, GRUR Int. 1991,677, ff. m.w.N. Die deutschen Interessenkreise übten zwar in vielfacher Hinsicht Kritik, diese wurde jedoch im Ergebnis durch die bisherigen MMA-Staaten nicht berücksichtigt. 27 Zum Systembegriff im Recht Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. IV, S. 84 ff. m.w.N. 21 Ballreich, ArchVR 1980/81, 121, 123.

I. Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge

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einem System des Urheberschutzes aus. Er definiert für diesen Bereich den Begriff des Systems als die Durchführung eines Grundprinzips in der Aufteilung der zu regelnden Materie sowie die Ergänzung dieses Grundprinzips durch Grundsätze zweiter Ordnung 29 • Den Gesamtbereich des geistigen Eigentums behandelt er allerdings nicht. Kopff dagegen geht für den Bereich des Immaterialgüterrechts von zwei diametral entgegengesetzten Schutzsystemen aus. Das sog. universelle, jedem Schöpfer ein ausschließliches Recht zugestehende Schutzsystem, wie es im Urheberrecht verwirklicht ist, steht danach dem sog. partikulären Schutzsystem gegenüber. Dort steht das ausschließliche Recht, etwa das Patentrecht, jeweils nur einem Berechtigten zu 30• Eine andere Ansicht vertritt Uchtenhagen in seiner Untersuchung über das Vorliegen eines "Systems der Berner Konvention" bzw. eines "Systems des WUA"31. Hierbei kommt er zu dem Ergebnis, daß von einem System bzw. von Systemen im Urheberrecht nicht gesprochen werden kann. Der Ausgangspunkt seiner Überlegungen sind die nationalen Gesetze als Grundstock des Urheberrechts. Die vielfaltigen Unterschiede in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen machen eine Rechtsvergleichung teilweise schwierig. Die RBÜ und das WUA schaffen jedoch auch kein einheitliches, in allen Vertragstaaten geltendes Urheberrecht, das die nationalen Unterschiedlichkeiten auflöst, sondern legen lediglich einen Mindestschutz fest32 • Wenn Uchtenhagen bereits die Existenz von Urheberrechtssystemen verneint und lediglich gewisse Ansätze zu solchen Systemen sieht, muß er - worauf er jedoch nicht ausdrücklich eingeht - den Gedanken eines "Systems des geistigen Eigentums" erst recht ablehnen. Andere Autoren befassen sich größtenteils kaum mit dem Gedanken der Ausbildung eines Systems. Sie erwähnen diesen Begriff entweder überhaupt nicht, oder sie verwenden ihn ohne nähere Erläuterungen33 . Den Vertragstexten der PVÜ und der RBÜ ist der Systembegriff nicht fremd. In dem sich mit Vertragsrevisionen befassenden Art. 18 Abs. 1 PVÜ etwa ist von Verbesserungen die Rede, "die geeignet sind, das System des Verbandes zu vervoll-

29

Goldbaum, GRUR 1950,405.

Kopff, GRUR Int. 1983, 351 ff.; eine Gegenüberstellung des urheberrechtlichen und des patentrechtlichen Schutzes findet sich auch bei Kraßer, GRUR Int. 1990,732,736 ff. 31 Uchtenhagen, in: Dittrich, S. 29. 32 Zu weitergehenden Argumenten und Untersuchungspunkten Uchtenhagen, in: Dittrich, S. 29 ff. 33 s. beispielsweise NordemannIVinckIHertin, Einl. Rdnr. 10 und 26. 30

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1. Teil, A. Struktur und System der Übereinkommen zum geistigen Eigentum

kommnen". Ebenso sieht Art. 27 Abs. 1 RBÜ eine Vervollkommnung im Hinblick auf das System des Berner Verbandes vor. Einen einheitlichen Systembegriff gibt es nicht. Es bestehen vielmehr zahlreiche Möglichkeiten der Systembildung, so daß auch von verschiedenen Arten von Systemen ausgegangen werden muß34• Ohne näher auf die unterschiedlichen Möglichkeiten einzugehen, kann für den Bereich des geistigen Eigentums festgehalten werden, daß eine Systembildung grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist. Sie kann auch sowohl im Hinblick auf neue Arten schöpferischer Ergebnisse, d.h. neuen Werkarten, als auch in bezug auf neue Arten des Werkschaffens fruchtbar gemacht werden. Denn gerade im Zusammenhang mit den neuen technischen Herausforderungen, denen das bestehende Schutzsystem des geistigen Eigentums zu begegnen hat, kann die jeweils gewählte Art von System auf ihre Tragfähigkeit untersucht werden. Von einer "Krise des Systems" kann nur dann die Rede sein, wenn das Schutzsystem den neuen Herausforderungen nicht mehr gewachsen ist. b) Unterschiede zwischen gewerblichem Rechtsschutz und Urheberrecht Die Schutzgegenstände der PVÜ und der RBÜ sind verschieden ausgestaltet. Zum Verständnis des internationalen Schutzinstrumentariums ist es hilfreich, sich die Unterschiede von gewerblichem Rechtsschutz und Urheberrecht, die sich unter dem Begriff "geistiges Eigentum" oder "Immaterialgüterrechte" zusammenfassen lassen, klar zu machen 3s • Den Ideen, die zu einem gewerblichen Rechtsschutz oder einem Schutz nach urheberrechtlichen Bestimmungen führen können, ist gemeinsam, daß sie sich ab dem Zeitpunkt, wo sie der Öffentlichkeit bekannt sind, kaum ohne staatliche Hilfe gegen Fremde verteidigen lassen. Daraus resultiert auch die Überzeugung, daß die weltweite Sicherung einer angemessenen Gegenleistung notwendig isf 6• Ferner werden sowohl im gewerblichen Rechtsschutz als auch im Urheberrecht die Schutzgegenstände nach Ablauf der Schutzfrist gemeinfrei. Der gewerbliche Rechtsschutz und das Urheberrecht unterscheiden sich jedoch in einigen wesentlichen Punkten. Das Urheberrecht entsteht grundsätzlich formfrei mit der Schaffung des Werks. Für den gewerblichen Rechtsschutz

Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. IV, S. 84 ff. s. Kraßer, GRUR Int. 1990,732,736 f.; Kopf!, GRUR Int. 1983,351 ff.; Dietz, Das Urheberrecht in der Europäischen Gemeinschaft, S. 56 f.; Nirk, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 44 ff.; HubmanniRehbinder, S. 57 ff.; Schricker, in: Schricker, Einleitung Rdnr. 32 ff.; Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S. 18 ff. 36 Windisch, S. 7. 34

3S

I. Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge

39

sind Hinterlegungs- oder Erteilungsverfahren vorgesehen. Eine Patenterteilung beispielsweise hat konstitutive Wirkung. Ausschlußrechte bezüglich urheberrechtlichen Werken erschweren den Zugang zur Gesamtkultur nicht. Sie behindern auch nicht die schöpferische Tätigkeit anderer. Dagegen können Patente von einer Beteiligung an einem bestimmten Marktsektor ausschließen. Der urheberrechtliche Schutz richtet sich gegen eine Wiedergabe bzw. gegen die Nachahmung des Werks. Der Patentschutz richtet sich gegen die Benutzung einer Erfindung. Daher gewährt das Patentrecht einen absoluten Schutz mit Sperrwirkung. Außerdem richtet sich der Patentschutz auch gegen den sog. zweiten Erfinder. Der Schutz wirkt auch gegen jemanden, der eigenständig dieselbe Erfindung - nur zeitlich später macht. Im Urheberrecht ist ein selbständig geschaffenes, aber (nahezu) identisches Werk dagegen ebenfalls geschützt. Eine Identität zwischen zwei Werken ist im Urheberrecht im Vergleich zum gewerblichen Rechtsschutz, außer in den Fällen der Nachahmung, schon aufgrund des Charakters des Werks als individuell geistiger Schöpfung kaum möglich. Grundsätzlich werden die Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts sowohl im nationalen als auch im internationalen Rahmen in jeweils verschiedenen Abkommen geregelt. Eine Ausnahme bildete für den nationalen Bereich bislang allein Brasilien37 • Inzwischen hat auch Frankreich mit dem "Code de la propriete", der am 1. Juli 1992 in Kraft trat, alle Regelungen des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts in einem Gesetz zusammengefaße s. Eine grundsätzlich gemeinsame Behandlung dieser Bereiche erfolgt zwar auch im Rahmen des - noch nicht abgeschlossenen - TRIPsAbkommens im Rahmen der Uruguay-Runde des GATT39 • Allerdings sind hier innerhalb des Vertrags werks Unterteilungen in Sachgebiete vorgesehen und außer allgemeinen Bestimmungen und der Festschreibung bestimmter Grundprinzipien keine für alle Bereiche gemeinsamen Regelungen formuliert. Inwiefern die Ausarbeitung gemeinsamer Bestimmungen möglich und sinnvoll wäre, ist umstritten. Regelmäßig wird dies unter Hinweis auf die Verschiedenheit der beiden Gebiete abgelehnt. Andere wiederum ziehen die zum Teil bestehende Wesensübereinstimmung als Rechtfertigung eines einzigen Gesetzes bzw. Übereinkommens für alle Bereiche des geistigen Eigentums heran 40 • Was die völkerrechtlichen Verträge anbelangt, besteht gegenwärtig keine Notwendigkeit

Trollerlrroller, S. 1. Aktuelle Informationen, GRUR Int. 1992, 798. 39 S.U. Erster Teil, C. VIII. 2. a).