Geistiges Eigentum und Innovation: Innovation und Recht I [1 ed.] 9783428527625, 9783428127627

"Geistiges Eigentum und Innovation" bildet den ersten Band des Projekts "Innovationsrecht". Das Proj

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Geistiges Eigentum und Innovation: Innovation und Recht I [1 ed.]
 9783428527625, 9783428127627

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INNOVATION UND RECHT I

Geistiges Eigentum und Innovation Herausgegeben von

Martin Eifert Wolfgang Hoffmann-Riem

asdfghjk Duncker & Humblot

Geistiges Eigentum und Innovation

Geistiges Eigentum und Innovation Innovation und Recht I

Herausgegeben von Martin Eifert Wolfgang Hoffmann-Riem

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 978-3-428-12973-7 (Innovation und Recht – Gesamtausgabe) 978-3-428-12762-7 (Innovation und Recht I) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Innovation bildet eine zentrale Funktionsvoraussetzung für die Wirtschaft und Gesellschaft der Industriestaaten und findet konsequenterweise zunehmend Beachtung als Gegenstand der Forschung. Die Rechtswissenschaft hat dieses Thema bislang allerdings eher zögerlich und punktuell aufgegriffen. Sie droht hierdurch nicht nur selbst den Anschluss an die Innovationsforschung der anderen Disziplinen zu verlieren, sondern versäumt es auch, die notwendigen rechtswissenschaftlichen Beiträge zur Diskussion zu erarbeiten. Innovation findet in einem stark rechtlich strukturierten Handlungsraum statt, so dass die rechtlichen Regelungen zwangsläufig in vielfältiger Wechselwirkung zu den Innovationsprozessen stehen. Das von der VW-Stiftung finanzierte Projekt „Innovationsrecht“, in dessen Rahmen der vorliegende Tagungsband entstand, will vor diesem Hintergrund die Einwirkung des staatlich gesetzten Rechts auf die Innovationsprozesse und deren Ergebnisse im Bereich der Technikentwicklung näher untersuchen. Dabei sollen die förderlichen oder hemmenden Einflüsse aus einer trans- und interdisziplinären Perspektive kritisch reflektiert und weiter entwickelt werden. Ein erster Workshop im Frühjahr 2006 in Hamburg diente zunächst der Sichtung, Bündelung und Vernetzung der verstreuten innovationsrelevanten Forschungsinteressen und -projekte. Hieran anschließend wurde mit der vorliegend dokumentierten Gießener Tagung über „Geistiges Eigentum und Innovation“ die Vertiefung zentraler Fragestellungen eröffnet, die mit Tagungen über „Innovationsfördernde Regulierung“ und „Innovationsverantwortung“ weitergeführt wird. Das Recht des Geistigen Eigentums steht hier am Anfang, weil es nicht nur historisch die erste Rechtsschicht ist, die gezielt auf eine Innovationsförderung hin ausgebildet wurde, sondern auch in seiner Wirkrichtung auf die Stimulierung von Ideen und Produkten auf die erste Phase im Innovationsprozess zielt. Inhaltlich bildet es zugleich einen unspezifischen Anreizmechanismus, also eine zweckoffene Innovationsstimulierung, die querschnittsartig den bereichsspezifischen Regelungen der weiteren Phasen des Innovationsprozesses, insbesondere der Diffusion, vorgelagert ist. In dem Band wird nach einer Einführung über das Recht des Geistigen Eigentums als Referenzgebiet für die rechtswissenschaftliche Innovationsforschung (Wolfgang Hoffmann-Riem) zunächst grundsätzlich untersucht, inwieweit der Ansatz, Geistiges Eigentum zu schützen, (noch) ein tauglicher Innovationsmotor ist (Christoph Engel; Dietmar Harhoff), um vor diesem Hintergrund den rechtlichen Rahmen des internationalen (Peter Ganea) wie des Verfassungsrechts (Bernd Grzeszick) darzustellen. Es folgen Querschnittsbetrachtungen, in denen die neuen,

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Vorwort

sachbereichsübergreifenden Entwicklungen zunehmend vernetzter Forschungsund Produktionsstrukturen in Unternehmensnetzwerken (Alexander Gerybadze; Stefan R. Huebner) oder durch Creative Commons (Axel Metzger; Bernd Lutterbeck) hinsichtlich ihrer Innovationsbedingungen und der Folgen für das Recht des Geistigen Eigentums untersucht und theoretisch reflektiert werden (Thomas Vesting / Karl-Heinz Ladeur; Margit Osterloh), sowie bereichsspezifische Analysen über die notwendige Balance von Ausschluss- und Anschlussfähigkeit in den innovativen Sektoren Biotechnologie (Maximilian Haedicke) und Software-Entwicklung (Thomas Dreier; Matthias Leistner) und die Rolle des Urheberrechts (Ansgar Ohly; Alexander Peukert). Schließlich wird untersucht, inwiefern pre-grant (Ingrid Schneider) oder post-grant (Christine Godt) öffentliche Ziele jenseits der Innovation selbst in das Rechtsregime des Geistigen Eigentums integriert werden bzw. integriert werden sollten, um bereits in dieser Phase eine Innovationsverantwortung zum Tragen zu bringen. Nimmt man die im Band angelegte Bestandsaufnahme zum Zusammenhang von Geistigem Eigentum und Innovation in den Gesamtblick, drängen sich zwei Grundbeobachtungen auf. Zunächst ist die gängige Grundannahme, dass der Schutz Geistigen Eigentums einen notwendigen Anreiz zur Innovation und damit ein geeignetes Instrument ihrer Förderung darstellt, eher historisch verfestigt als analytisch und argumentativ belegt. Die intuitive Plausibilität des hier zu Grunde gelegten Zusammenhangs scheint insofern einer detaillierten wissenschaftlichen Untersuchung und Aufbereitung eher hinderlich gewesen zu sein. Eng damit verbunden ist die zweite Beobachtung, nach der die nähere Untersuchung vor allem eine Differenzierungsbedürftigkeit hinsichtlich der Ausgestaltung und des Schutzes des Geistigen Eigentums mit Blick auf eine innovationsfördernde Wirkung nahe legt. Der dem historisch gefestigten und intuitiv plausiblen Grundzusammenhang entsprechende Grundsatz „One size fits all“ gerät bei näherer Betrachtung unter erheblichen Druck. Dabei lässt sowohl das von Peter Ganea dargestellte Internationale Recht (TRIPS-Übereinkommen) als auch der von Bernd Grzeszick analysierte verfassungsrechtliche Rahmen durchaus Spielräume für Aus- oder Umgestaltungen. Die Beiträge des Bandes haben neben einer Fülle von weiteren Beobachtungen und Kritikpunkten übergreifend dieses Bedürfnis nach Differenzierung herausgearbeitet und die entsprechenden Ansätze und denkbaren Lösungswege näher beleuchtet. Dabei erwies sich die interdisziplinäre Perspektivenvielfalt als diskursöffnend und zugleich problemschärfend. Bereits die spieltheoretische Rekonstruktion des Zusammenhangs von Geistigem Eigentum und Innovation im Beitrag von Christoph Engel machte deutlich, dass eine innovationsfördernde Wirkung von Geistigem Eigentum keineswegs in allen, sondern nur in spezifischen Konstellationen plausibel ist. Als Kriterien für die Differenzierung sind hier unter anderem Imitationskosten, Imitationsgeschwindigkeit sowie das Verhältnis von Nutzen zu Lizenzkosten relevant. Der Vergleich zur open source Bewegung, die in den Beiträgen von Margit Osterloh, Axel Metz-

Vorwort

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ger und Bernd Lutterbeck unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert wird, macht überdies deutlich, dass Patente dysfunktional wirken können, soweit dezentrale Netzwerke etwa wegen Kleinkostensituationen, einer Modularisierung sowie einem inkrementellem Charakter der Innovationen gegenüber zentralen Innovatoren ertragreicher erscheinen – wobei aber auch hier eine rechtliche Umhegung unverzichtbar bleibt. Der von Thomas Vesting und Karl-Heinz Ladeur gewählte Blick auf die Netzwerkökonomien aus einer Wissensperspektive, die das Eigentum als dezentralen Wissensspeicher in den Vordergrund rückt, verweist ferner auf die Gefahr des Ausschlusses von Nichtnetzwerkmitgliedern und damit auf eine Beeinträchtigung der von der Eigentumsordnung grundsätzlich angestrebten und funktionsnotwendigen Zirkulation des Wissens. Die von Alexander Gerybadze vorgestellte Fallstudie aus der Automobilindustrie sowie die Anmerkungen Stefan Huebners hinsichtlich der Nanotechnologie zeigen auch empirisch auf, dass und in welcher Gestalt solche Entwicklungstendenzen vorhanden sind. Die Fallstudie aus der Automobilindustrie hellt darüber hinaus auf, dass für den Zusammenhang von Geistigem Eigentum und Innovation auch weitere Arenen bedeutsam werden können, insbesondere die Standardsetzung. Aus dieser Perspektive bildet die Ver- bzw. Entkopplung dieser Arenen ein denkbares weiteres Differenzierungskriterium, wobei es aber einen erheblichen Unterschied macht, ob im jeweiligen Bereich ein Wettbewerb um einen Standard oder ein Wettbewerb auf dem Standard vorliegt. Der Blick auf die spezifischen Branchen zeigt, dass die jeweils konkrete Herausarbeitung differenzierend zu bearbeitender Segmente schwierig ist. Dies gilt für den im Beitrag von Maximilian Haedicke betrachteten Bereich der Biotechnologie ebenso wie im Bereich der Software. Im letzten, von Thomas Dreier und Matthias Leistner untersuchten Bereich bietet etwa die Möglichkeit einer Beschränkung der Anwendungsbreite der Patente eine denkbare Lösung für das bestehende Anschlussproblem und das Kriterium der Technizität eine flexibel einsetzbare Stellschraube. Alternativ hätte auch die Stärkung der Öffentlichkeitsfunktion hier innovationsfördernd wirken können, wenn die Schutzdauer des Geistigen Eigentums für Software von der Offenlegung des Quellcodes abhängig gemacht worden wäre (vgl. dazu in seiner umfassenden und von Alexander Peukert kommentierten Untersuchung zum Urheberrecht Ansgar Ohly). Insgesamt bieten sich also zahlreiche Ansatzpunkte einer Differenzierung an: Das Produkt, die Forschungsstrukturen des Bereichs bzw. die Marktstrukturen bei der Verwertung, die jeweilige Branche etc. Auf der anderen Seite bietet das Recht mit den Anforderungen an die Schutzgewährung sowie an die Ausgestaltung der Schranken zwei verschiedene Stellschrauben für eine Feinjustierung des letztlich gewährten Eigentumsschutzes. Hieraus ergibt sich eine Matrix, deren Auffüllung die weitere Aufgabe eines innovationsorientierten Rechts am Geistigen Eigentum wäre. Ebenfalls noch näher zu beleuchten wäre die Frage, welche Konsequenzen

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Vorwort

diese Differenzierungsbedürftigkeit für die Rechtsstrukturen nach sich zieht. Soweit die Differenzierung vom Gesetzgeber vorzunehmen wäre, müsste die weitere Entwicklung auf eine Ausdifferenzierung der gesetzlichen Grundlagen zielen. Soweit hier eher eine sich von Fall zu Fall fortentwickelnde Ausdifferenzierung über die Rechtsprechung sinnvoll erscheint, ginge es um die Sicherung einer hinreichenden Differenzierungsoffenheit der gesetzlichen Grundlagen. Zum Gelingen der diesem Band zu Grunde liegenden Tagung haben viele beigetragen. Wir möchten uns insbesondere bei Margot Müller, Julia Brehme, Birger Arndt, Alena Gröschner und Felix Diehl für die vielfältige Unterstützung bedanken. Die redaktionelle Begleitung dieses Bandes lag in den Händen von Stefan Rutkowski, Saskia Fritzsche und Janina Kasiske. Ihnen gebührt ein besonderer Dank für die vielen Mühen, die Geduld und die Sorgfalt, die sie dafür aufwandten. Die Drucklegung wurde von der Volkswagen Stiftung und dem Zentrum für Medien und Interaktivität an der Justus-Liebig-Universität Gießen gefördert. Auch dafür möchten wir sehr danken. Gießen / Karlsruhe, Januar 2008

Wolfgang Hoffmann-Riem Martin Eifert

Inhaltsverzeichnis Teil I – Grundlagen Immaterialgüterrecht als Referenzgebiet innovationserheblichen Rechts Von Wolfgang Hoffmann-Riem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geistiges Eigentum als Anreiz zur Innovation – Die Grenzen des Arguments Von Christoph Engel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geistiges Eigentum als Anreiz zur Innovation – Die Grenzen des Arguments. Korreferat zum Beitrag von Christoph Engel Von Dietmar Harhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teil II – Innovationsorientiertes Immaterialgüterrecht im Mehrebenensystem Verfassungsrechtliche Abbildung und Weiterentwicklung der Immaterialgüterrechtsordnung Von Bernd Grzeszick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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TRIPS als Innovationsmotor? Von Peter Ganea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Teil III – Vom Innovator zum Innovationsnetzwerk – Geistiges Eigentum und Netzwerkproduktion Geistiges Eigentum im Netzwerk – Anforderungen und Entwicklungslinien Von Karl-Heinz Ladeur und Thomas Vesting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Commons without Tragedy: Das Beispiel Open Source Software Von Margit Osterloh und Roger Luethi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Innovationspartnerschaften, Patentpools und Standardsetzungsgemeinschaften: Verteilung und Zuteilung der Rechte und neue Organisationsformen Von Alexander Gerybadze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Gemeinschaftliche Innovation und Patentpools Von Stefan Rolf Huebner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Innovation in der Open Source Community – Herausforderungen für Theorie und Praxis des Immaterialgüterrechts Von Axel Metzger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

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Inhaltsverzeichnis

Open Source Communitys und Geistiges Eigentum. Ein Kommentar zu Axel Metzger Von Bernd Lutterbeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Teil IV – Die Balance von Ausschluss- und Anschlussfähigkeit Biotechnologische Erfindungen und patentrechtliche Schrankenregelungen – ein Statement Von Maximilian Haedicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Sinnvolle Reichweite des Patentschutzes – Software Von Thomas Dreier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Sinnvolle Reichweite des Patentschutzes – Software. Kommentar zu Thomas Dreier Von Matthias Leistner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Urheberrecht zwischen Innovationsstimulierung und -verhinderung Von Ansgar Ohly . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Urheberrecht zwischen Innovationsstimulierung und -verhinderung. Kommentar zum Beitrag von Ansgar Ohly Von Alexander Peukert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Teil V – Innovation und andere Gemeinwohlziele Innovationsfreiheit und Innovationsverantwortung: Geistiges Eigentum und öffentliche Ziele Von Ingrid Schneider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Innovationsfreiheit und Innovationsverantwortung: Geistiges Eigentum und öffentliche Ziele post grant Von Christine Godt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Die Autoren und Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. AfP Amtl. Slg. BB BGBl BMBF BNBest BPatG BR BT CIPR CR DVBl ECPR EGE EIPR EIU EPA EPLA EPO EPÜ ErwGr ETAG EuGRZ F&E FS FTC GPL GRUR IIC JZ KMU K&R MERIT Mitt

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12 MMR MR NJW NKBF NRC NVwZ OECD OSS PatG RabelsZ RBÜ RIDA RL StGZ STOA TRIPs UFITA UNESCO VVDStRL WCT WIPO WRP ZUM ZWeR

Abkürzungsverzeichnis Multimedia und Recht Medien und Recht Neue Juristische Wochenschrift Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF National Research Council Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Organisation for Economic Co-operation and Development Open Source Software Patentgesetz Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst Revue internationale du droit d’auteur Richtlinie Stammzellengesetz Scientific and Technological Options Assessment Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights Archiv für Urheber- und Medienrecht United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer World Copyright Treaty World Intellectual Property Organization Wettbewerb in Recht und Praxis Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Wettbewerbsrecht

Teil I Grundlagen

Immaterialgüterrecht als Referenzgebiet innovationserheblichen Rechts Von Wolfgang Hoffmann-Riem I. Innovationserhebliches Recht als Forschungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Unterschiedliche Leistungsfunktionen des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Rechtliche Absicherung von Innovationsoffenheit und Innovationsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Innovation als Gegenstand der rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung

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a) Zum Begriff der Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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b) Relevanz unterschiedlicher Phasen des Erarbeitens und des Umgangs mit Neuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Das Recht des geistigen Eigentums als Referenzgebiet der rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5. Besonderheiten unterschiedlicher Rechtsschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6. Insbesondere: Die übergreifende Bedeutung von Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . .

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II. Absicherung von Innovationsanreizen durch Immaterialgüterrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Proprietärer Schutz, etwa zwecks Amortisation von Investitionskosten und zum Ausschluss von Nutznießern („Trittbrettfahrern“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Nicht proprietärer Schutz: Zur Besonderheit von Open Source Software-Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Innovationsarchitekturen unter Kombination unterschiedlicher rechtlicher Regelungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Standardisierungsvorsprünge als Teilziel der Innovationsstrategie . . . . . . . . . . . . .

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2. Zur wechselseitigen Abstimmung von Immaterialgüterrecht und Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Recht zur Sicherung von Innovationsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Kohärenz unterschiedlicher Regelungsarchitekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Mit dem Thema „Geistiges Eigentum und Innovation“ sind Fragen des geistigen Eigentums – oder wie auch gesagt wird: der Immaterialgüterrechte1 – nicht in ihrer 1 Darüber, ob der Begriff des Geistigen Eigentums weiterhin zutreffend oder grundsätzlich durch den des Immaterialgüterrechts ersetzt werden soll, streiten die Experten, s. dazu Manfred Rehbinder, Urheberrecht, 14. Aufl. 2006, Rn. 21 ff.

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vollen Bandbreite angesprochen. Forschungsgegenstand ist vielmehr lediglich, ob der rechtliche Schutz geistigen Eigentums, also insbesondere des Urheberrechts und des Patentrechts – von Bedeutung können aber auch das Markenschutzrecht und andere verwandte Schutzrechte sein – , Einfluss auf die Art und Qualität von Innovationsprozessen und die Nutzung des innovativen Potenzials einer Gesellschaft haben. Gefragt wird dabei auch beispielhaft nach dem Ineinandergreifen des Immaterialgüterrechts mit anderen Rechtsgebieten.

I. Innovationserhebliches Recht als Forschungsgegenstand 1. Unterschiedliche Leistungsfunktionen des Rechts Die Frage nach der Innovationserheblichkeit des Immaterialgüterrechts ist eingebettet in ein größeres, auch weitere Themenfelder betreffendes Forschungsprojekt. Dieses zielt darauf, das bestehende Recht auf seinen fördernden, hemmenden oder neutralen Einfluss auf (insbesondere technologische) Innovationen hin zu besehen und nach Möglichkeiten einer veränderten, möglichst innovationsfreundlichen Auslegung und Anwendung von Rechtsnormen zu suchen.2 Recht kann eine Vielzahl von Leistungsfunktionen erfüllen. Besonders bedeutsam sind im vorliegenden Zusammenhang die folgenden: – Ermöglichung: Ermöglichung von vertrautem oder neuartigem Verhalten (Freiheitsausübung), darunter auch die des Zugangs zu Gütern und Leistungen (etwa durch Marktöffnung und Sicherung der Funktionsfähigkeit des Marktes, durch Sicherung von Zugangsrechten – etwa Zugang zu Netzen und Diensten – u. ä.). – Begrenzung: Das traditionelle regulative Recht umschreibt einen Korridor rechtlich zulässigen Verhaltens, und zwar im Interesse der Vermeidung normativ unerwünschten Verhaltens und normativ unerwünschter (auch unvorhergesehener) Folgen. Hier geht es insbesondere um den Schutz betroffener Dritter (Verbraucherschutz, Datenschutz, Schutz zukünftiger Generationen), aber gegebenenfalls auch um Vorkehrungen zur Kompensation dennoch eintretender negativer Folgen (etwa rechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung von Schadensersatz). – Stimulierung: Erwünschtes Verhalten oder angestrebte Folgen können durch Maßnahmen ausdrücklicher Förderung gestützt werden, etwa durch Forschungs- und Entwicklungssubventionen (F&E-Subventionen) oder öffentliche Aufträge, durch Bereitstellung von Wissen, durch Ermöglichung von Kooperationen, durch Erleichterung der Markteinführung (Stichwort: innovation waiver)3, durch 2 Gegebenenfalls sollen später Vorschläge für die Neukonzeption einschlägiger Normen erarbeitet werden.

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Transparenz, durch Akzeptanzmanagement oder durch Vorkehrungen für Konfliktbewältigung (Schlichtung4 oder staatlicher Rechtsschutz). – Revision: Angesichts der Ungewissheit von Entwicklungen, etwa infolge der Risikogeneigtheit neuer Technologien, geht es im Anschluss an Maßnahmen der Vorsorge für die Schadensabwendung oder der Förderung auch um eine begleitende und nachfolgende Beobachtung des geregelten Feldes sowie um die Verarbeitung von Erfahrungen und die Erarbeitung von Möglichkeiten zur Korrektur, etwa der Änderung vorhandener Regelwerke oder des zugrunde gelegten Ordnungsmodells; Flexibilitäts- und Revisionsvorbehalte werden hier als eine Art Rückversicherung gegenüber Regelungsirrtümern eingesetzt.

Für innovationserhebliches Recht ist die Aufgabe besonders wichtig, Verhaltensräume bei Bedarf mit Hilfe des Rechts zu strukturieren und Möglichkeiten zu innovativem Verhalten abzusichern. Dies verweist auf die Bereitstellungsfunktion des Rechts.5 Die soeben erwähnten Leistungsfunktionen lassen sich nicht nur durch hoheitlich gesetztes Recht erfüllen, sondern auch durch hybride – im Zusammenwirken von hoheitlicher und privater Verantwortung gestaltete – Normwerke, aber auch durch eigenständige, gesellschaftliche Selbstregulierung.6 Zu deren Umsetzung kann auf die Instrumente des imperativen (durch Ge- und Verbote wirkenden) Vorgehens oder auf anreizorientiertes Recht zugegriffen werden; wichtig ist aber auch die Schaffung von Infrastrukturen und insbesondere von Spielregeln der Problembewältigung. Eine zentrale Strukturvorgabe gegenwärtiger Gesellschaften ist der ökonomische Markt als Modus der Selbstregulierung, dessen Wirkungsweise außer durch ökonomische Bestimmungsfaktoren durch die Maßgeblichkeit von Normen geprägt wird, die ihrerseits auf Leitbilder und Ordnungsmuster (etwa das des Wettbewerbs) verweisen und über bestimmte „Architekturen“ verfügen. Wichtig können aber auch andere Autonomiebereiche sein, in denen Verhalten nicht oder nicht 3 Dazu s. z. B. Bernd Holznagel, Innovationsanreize durch Regulierungsfreistellung – Vom Umgang mit neuen Diensten und Märkten im Medien- und TK-Recht, MMR 2006, S. 661 ff. 4 Vgl. etwa zu Schlichtungsinstanzen im Internetbereich Nele Behr, Konfliktlösung im Internet, 2005. 5 Siehe Gunnar Folke Schuppert, Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft. Zur Steuerung des Verwaltungshandelns durch Verwaltungsrecht, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts: Grundfragen, 1993, S. 65 ff. 6 Einen guten Überblick über die verschiedenen Erscheinungsformen und konzeptionellen Ansätze in der Entwicklung des Verhältnisses zwischen Recht für Beziehungen, an denen der Staat beteiligt ist, und dem für private Akteure geltenden Recht sowie zur Vielfalt der Rechtsetzungsmöglichkeiten liefert der Überblick von Ralf Michaels / Nils Jansen, Private Law Beyond the State? Europeanization, Globalization, Privatization, in: The American Journal of Comparative Law, LIV. (2006), pp. 843 ff. m. w. N.

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vorrangig durch ökonomische Motive bestimmt wird, wie z. B. Bildung, Medien, Familie, Religion, Forschung. 2. Rechtliche Absicherung von Innovationsoffenheit und Innovationsverantwortung Das Forschungsprojekt „Innovationsrecht“ geht nicht davon aus, dass Recht stets zweckgerichtet oder gar ausdrücklich auf die Dimension der Nutzung der Innovationspotenziale einer Gesellschaft ausgerichtet ist. Ausdrückliche Innovationsziele sind in der Rechtsordnung selten. Selbst das Urheberrecht hat kein innovationsspezifisches Ziel: Von ihm geschützte geistige Schöpfungen (Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst – so § 2 UrhG – ) sind keineswegs nur geschützt, wenn sie „Neues“ bringen; sie müssen aber originell sein. Demgegenüber ist das Patentrecht auf Erfindungen bezogen und begrenzt, „die neu sind“ (§ 1 PatG). Daneben gibt es Rechtsgebiete, die sich weder speziell um das Schöpferische oder um das Neue bemühen, die aber dennoch die Auswirkungen der Regelungen auf Innovationen mit in den Blick nehmen, so beispielsweise § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG. Dort heißt es, Ziel der Regulierung des Telekommunikationsbereichs sei nicht nur die Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen, sondern auch, „Innovationen zu unterstützen“. § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG behandelt die Begründung von Zugangsverpflichtungen auch mit dem Blick auf die Ermöglichung „innovativer Dienste“. Aber auch dort, wo das Recht das Innovationsthema überhaupt nicht ausdrücklich oder implizit aufgreift, kann Recht folgenreich für die Ermöglichung oder Hemmung gesellschaftlich organisierter Innovationsprozesse sein. Deshalb ist es für eine Rechtswissenschaft, die sich als Problemlösungswissenschaft versteht,7 wichtig, rechtliche Instrumente und die Rahmenbedingungen ihrer Anwendung auch darauf zu besehen, ob und wie weit sie Innovationen ermöglichen und gegebenenfalls stimulieren. Für diese Zielsetzung steht der Begriff der Innovationsoffenheit. Recht hat allerdings eine Vielzahl von unterschiedlichen Aufgaben, darunter etwa auch Werte und Interessen zu verteidigen und gefährdete Rechtsgüter zu schützen. Recht gewährt Schutz insbesondere für Interessen, die in den demokratisch fundierten Prozessen der Rechtssetzung und Rechtsanwendung als „Gemeinwohl“ definiert werden.8 Dazu gehören auch rechtlich geschützte Individualinte7 Dazu s. Wolfgang Hoffmann-Riem, Risiko- und Innovationsrecht im Verbund, Die Verwaltung, Bd. 38 (2005), S. 145 (162 f.). 8 Es ist weitgehend unstreitig, dass die „Definition“ von Gemeinwohl ein Produkt eines Prozesses normativer Wirklichkeitskonstruktion ist. Zur Gemeinwohldiskussion s. statt vieler Herfried Münkler / Karsten Fischer (Hrsg.), Gemeinwohl und Gemeinsinn im Recht: Konkretisierung und Realisierung öffentlicher Interessen, 2002; Gunnar Folke Schuppert, Gemeinwohldefinition im pluralistischen Verfassungsstaat, GewArch 2004, S. 441.

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ressen unter Einschluss von Minderheiteninteressen. Für die Sorge um die Gemeinwohlverträglichkeit von Innovationen soll der Begriff Innovationsverantwortung genutzt werden. 3. Innovation als Gegenstand der rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung a) Zum Begriff der Innovation Der Begriff der Innovation9 ermöglicht eine Vielzahl von negativen und – meist eher – positiven Konnotationen, ohne dass dadurch schon eine gegenständliche Begrenzung oder theoretische Fundierung gewonnen wäre. Innovationsforschung ist seit langem Gegenstand einer Reihe von wissenschaftlichen Disziplinen, darunter insbesondere der Wirtschafts-, Organisations- und Politikwissenschaft.10 Demgegenüber befindet sich eine spezifische rechtswissenschaftliche Innovationsforschung, wenn diese als eine Teildisziplin der Rechtswissenschaft verstanden wird, erst in den Anfängen.11 Freilich wird in den verschiedenen innovationsbezogenen wissenschaftlichen Disziplinen noch um den Begriff der Innovation gerungen. Insbesondere wird gefragt, ob der Innovationsbegriff mit bestimmten Vorstellungen über die Entstehung und Verwendung von Innovationen, also gewissermaßen mit einer bestimmten Innovationstheorie verbunden ist. Die rechtswissenschaftliche Innovationsforschung muss sicherlich darauf bedacht sein, jeweils zu klären, was sie mit dem Begriff der Innovation meint. Soweit nicht die Innovation in der Rechtswissenschaft oder in der Rechtsordnung (veränderte Auslegungen von Normen, die Erfindung neuer rechtlicher Instrumente u. ä.) selbst gemeint ist – dies würde einen spezifisch auf die Rechtswissenschaft abgestimmten Innovationsbegriff erfordern –, geht es – wie im hier durchgeführten Projekt – um Innovationen im außerrechtlichen Be-

9 Zu Dimensionen des Innovationsbegriffs s. Jürgen Hauschildt, Innovationsmanagement, 3. Aufl. 2004, S. 3 ff.; s. ferner Torsten J. Gerpott, Strategisches Technologie- und Innovationsmanagement, 2. Aufl. 2005, S. 37 ff.; Alexander Gerybadze, Technologie- und Innovationsmanagement, 2004, S. 69 ff.; Jochen Röpke, Die Strategie der Innovation, 1977, S. 123. 10 Dazu vgl. Gerybadze (Fn. 9), Dieter Sauer / Christa Lang (Hrsg.), Paradoxien der Innovation, 1999; Werner Rammert / Gotthard Bechmann (Hrsg.), Innovation: Prozesse, Produkte, Politik, 1997. 11 Vgl. statt vieler Martin Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht: Antrieb oder Hemmnis, 1997; Erich Staudt (Hrsg.), Innovation trotz Regulation: Freiräume für Innovationen in bestehenden Gesetzen. Untersuchung am Beispiel des Chemikaliengesetzes, 1997; Wolfgang Hoffmann-Riem / Jens-Peter Schneider (Hrsg.), Rechtswissenschaftliche Innovationsforschung: Grundlagen, Forschungsansätze, Gegenstandsbereiche, 1998; sowie die Beiträge von Arno Scherzberg und Oliver Lepsius, Risikosteuerung durch Verwaltungsrecht: Ermöglichung oder Begrenzung von Innovationen?, in: VVDStRL 63 (2004), S. 214 ff. und 264 ff.; ferner die verschiedenen Bände der Schriften zur rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung, seit 1998.

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reich, die ihrerseits durch Recht beeinflusst werden können. Dann kann die rechtswissenschaftliche Innovationsforschung als Innovation ansehen, was in den vom Recht jeweils betroffenen gesellschaftlichen Bereichen als Innovation definiert wird. Wenn zudem – wie es für das hier zugrunde liegende Projekt kennzeichnend ist – besonders auf Innovationen in technologiegeprägten Gegenstandsbereichen gesehen wird, konzentriert sich die Betrachtung vor allem auf technologische und weniger auf kulturelle oder soziale Innovationen12, ohne letztere aber notwendig aus dem Blick zu verlieren. Von technologischen Neuerungsprozessen und vor allem der Durchsetzung neuer Technologien können selbstverständlich auch kulturelle und soziale Dimensionen betroffen sein und damit entsprechende Innovationen ausgelöst werden. Das Innovationsthema soll auf solche technologiegeprägten Gegenstandsbereiche konzentriert und auf entsprechende Innovationen bezogen werden, auf deren Entstehung oder Verhinderung Recht in irgendeiner Weise einwirkt, sei es, dass die Neuerungen durch Recht befördert, gehemmt oder sonst wie in ihrer Richtung, Qualität und Quantität beeinflusst werden. Dabei kann das besondere rechtliche Interesse an der Entstehung und Nutzung technologischer Innovationen etwa durch die Hoffnung auf wirtschaftliches Wachstum oder auf neue Problemlösungen, aber auch dadurch begründet werden, dass mit Innovationen Risiken (normativ unerwünschte Folgen) verbunden sind, zu deren Verhinderung und Abwehr Recht vor- oder nachsorgend eingesetzt werden kann. Es kann sich auch zeigen, dass die Rahmenbedingungen für Innovationsoffenheit durch Einwirkung auf rechtlich geprägte Infrastrukturen – wie den ökonomischen Markt oder das Internet oder Verbandsbildungen – beeinflusst und verändert werden können. b) Relevanz unterschiedlicher Phasen des Erarbeitens und des Umgangs mit Neuerungen Allen Definitionsversuchen von Innovationen ist der Begriff der „Neuerung“ eigen.13 Wird an die klassifikatorische Einteilung von Schumpeter14 in die Phasen der Invention, Innovation und Diffusion angeknüpft – wohl wissend, dass diese Einteilung kaum zur empirischen Beschreibung tatsächlicher Abläufe taugt, wohl 12 Zum Begriff der sozialen Innovation s. Wolfgang Zapf, Modernisierung, Wohlfahrtsentwicklung und Transformation – Soziologische Aufsätze 1987 bis 1994, 1994, S. 33 sowie mehrere Beiträge in Jens Aderhold / René John (Hrsg.), Innovation. Sozialwissenschaftliche Perspektiven, 2005. 13 s. o. Fn. 9. 14 Seine klassische Untersuchung zu Phasen der Innovation findet sich bei Joseph A. Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, 1. Aufl. 1912, 6. Aufl. 1964. S. ferner Hans-Jürgen Ahrns / Hans-Dieter Feser, Wirtschaftspolitik, 7. Aufl. 1997, S. 139 f.; Matthias Leder, Innovationsmanagement: ein Überblick, in: Albach (Hrsg.), Innovationsmanagement, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Ergänzungsheft 1 (1989), S. 1, 6 f.

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aber als analytische Hilfe zur Strukturierung eines Diskurses über unterschiedliche (in der Realität häufig miteinander rekursiv verschränkte) Phasen des Erarbeitens und des Umgangs mit Neuerungen –, dann zeigt sich das Neue zunächst auf der Ebene der „Invention“. So knüpft beispielsweise das Patentrecht an die Invention an, nicht etwa an die wirtschaftliche Verwertung des Neuen, auch wenn die Innehabung eines Patents auf die Art der Verwertung durch den Ausschluss anderer von der Patentnutzung oder durch die Erteilung von Patentlizenzen Einfluss nehmen kann. Die meist übliche, stark wirtschaftswissenschaftlich geprägte Sichtweise auf Innovationen hat dazu geführt, dass es gerade der Prozess wirtschaftlicher Verwertung von neuen Produkten ist, der wissenschaftliche Neugier auslöst. Innovationen sind aus dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Verwertung Neuerungen von einer gewissen Signifikanz bzw. Nachhaltigkeit, die in der Art der Lösung eines bekannten Problems, eventuell auch in der Entdeckung eines neuen Problems und dessen Lösung bestehen, und zwar mit dem Ziel wirtschaftlicher Verwertung am Markt und damit gegebenenfalls der Sicherung von Wettbewerbsvorteilen.15 Die Neuerungen können sich auf Produkte oder Verfahren beziehen. Bevorzugter Gegenstand dieses wissenschaftlichen Interesses ist die Phase, in der Inventionen mit dem Ziel der Sicherung der Marktfähigkeit des Neuen (also zwecks Diffusion) anwendungsreif gemacht und dadurch zu Innovationen werden. Recht kann allerdings an jede der Phasen anschließen – so etwa im Bereich der Entwicklung von Arzneimitteln oder Chemikalien an die der Invention; vorrangig aber regelt Recht die Nutzung neuer Verfahren oder Produkte, sei es deren marktmäßige Verwertung, sei es deren Einsatz, etwa bei der Produktion gefährlicher Güter oder bei deren Anwendung in konkreten Arbeitsabläufen. Es gibt aber auch Innovationen, die weniger oder überhaupt nicht durch ökonomische Erwägungen, wie etwa die Amortisation von Investitionen und die Erzielung von Gewinn durch Verwertung, motiviert sind. Den Akteuren, die sich in diesen Fällen an der Erarbeitung von neuem beteiligen, geht es z. B. schlicht vor allem darum, neues Wissen zu verbreiten. Darauf wird noch zurückzukommen sein (s. u. II.2.). 4. Das Recht des geistigen Eigentums als Referenzgebiet der rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung Die Zentrierung eines innovationsorientierten Blicks speziell auf das Recht geistigen Eigentums macht dieses zum „Referenzgebiet“ 16 der rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung. Die Befassung mit einem solchen Referenzgebiet kann Vgl. etwa die ähnliche Definition bei Hauschildt (Fn. 9), S. 5. Das Konzept der Nutzung von Referenzgebieten zur Analyse und gegebenenfalls Erneuerung des Rechts geht auf Eberhard Schmidt-Aßmann zurück, s. ders., Das Allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, 1. Kap. Rn. 12 ff. 15 16

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neben analytischem Erkenntnisgewinn auch Anregungen für die Systematisierung und Konturierung der Möglichkeiten der Rechtsordnung schaffen. Zudem kann sie Innovationsoffenheit und Innovationsverantwortung in dem ausgewählten Referenzgebiet oder auch in vergleichbaren Rechtsbereichen sichern. Im Fall des Rechts des geistigen Eigentums liegt dabei das Augenmerk vor allem auf den rechtlichen Regeln, die „geistiges“ Eigentum gestalten und schützen. Anderes Eigentum, etwa das an Grundstücken, beweglichen Sachen oder vermögensrechtlichen Ansprüchen bestehende „sachliche“ Eigentum, bleibt im Unterschied dazu ausgeklammert. Das Recht des Immaterialgüterschutzes ist anders als etwa das gefahrenvorsorgende oder -abwehrende Regulierungsrecht konzipiert. Es kümmert sich nicht (oder fast nicht17) um Gefahren für sonstige Rechtsgüter, die von geistigen Schöpfungen oder Erfindungen ausgehen, sondern es will die Personen, auf deren geistige Arbeit und gegebenenfalls ökonomische Investitionen das Neue aufbaut, in ihren Interessen schützen, indem es ihnen gewissermaßen eine ökonomische oder immaterielle „Innovationsrendite“ zu sichern bezweckt. Insofern ist das Recht des Immaterialgüterschutzes ein Querschnittsrecht, das sich auf viele unterschiedliche Gegenstandsbereiche beziehen und deshalb mit diversen anderen Rechtsgebieten so verzahnt sein kann, dass es im Zusammenspiel mit diesen zu wechselseitigen Stimulierungen oder zu Dysfunktionalitäten kommen kann. Auch wenn das Recht des Immaterialgüterschutzes sich auf den Schutz des Erfinders oder Urhebers – gegebenenfalls der Gemeinschaft der Erfinder oder Urheber – bezieht, kann es jedoch nicht in diesem Sinne isoliert betrachtet werden. Denn der Schutz des Erfinders oder Urhebers wirkt sich auf die Möglichkeit zur gesellschaftlichen „Aneignung“ des Neuen und damit gegebenenfalls auf die Veränderung gesellschaftlicher Praxis aus, sei es, dass die Art des Schutzes die Möglichkeit bestimmt, ob und wie andere auf der Innovation aufbauen oder parallel dazu andere „Neuerungen“ entwickeln und nutzen können und wollen, sei es, dass andere Gesellschaftsmitglieder für ihre eigene ökonomische oder kulturelle Entfaltung auf die Erfindung oder das geschaffene Werk zurückgreifen wollen, etwa als „Verkäufer“ am Markt oder als Erwerber, die das Gut in ihre Produktionsprozesse oder in ihre individuelle künstlerische Entfaltung einbauen wollen. Das Immaterialgüterrecht beeinflusst insoweit insbesondere die Möglichkeit der Diffusion der Neuerung in der Gesellschaft und bestimmt selbst dann, wenn es sich vorrangig als Schutzrecht für den Erfinder oder Schöpfer versteht, die Entfaltungsmöglichkeiten anderer. Das Recht betrifft mithin die Möglichkeit gesellschaftlicher Kooperation und ordnet damit notwendig die Chancen zu, die eigenen Interessen unter Einschluss von rechtlich geschützten oder gestalteten Interessen zu verwirklichen. Denn Normen pflegen ganz allgemein soziale Orientierungsleistungen zu erbringen, und zwar ungeachtet der Tatsache, ob im Einzelfall alle von ihnen Betroffenen ihre Orientierungskraft anerkennen oder ob etwa 17

Siehe aber den Beitrag von Schneider in diesem Bande.

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Einzelne die Normen unbeachtet lassen oder gar verletzen. Gesellschaften entwickeln normative Verhaltenserwartungen und schaffen Möglichkeiten der Sanktion ihrer Nichtbeachtung. 5. Besonderheiten unterschiedlicher Rechtsschichten Für moderne Gesellschaften ist das Gewicht staatlichen Rechts weiterhin in vielen Gegenstandsbereichen hoch. Für die Frage, auf welche Weise (gegebenenfalls verschiedene) rechtlich geschützte Interessen befriedigt werden, ist bedeutsam, welcher Art und welchen Inhalts das Recht ist, wie es anderen Institutionen zugeordnet wird und – in jüngerer Zeit besonders – wie die verschiedenen regionalen, nationalen, übernationalen (europäischen) und völkerrechtlichen Rechtsschichten miteinander verzahnt sind.18 Wichtig ist die Klärung, ob es insoweit Synergieeffekte, Ausweichmöglichkeiten oder unauflösbare Konflikte gibt und wie diese gegebenenfalls mit oder ohne Nutzung hoheitlich handelnder Entscheidungsträger bewältigt werden können.19 Gerade für den Bereich des geistigen Eigentums erweist sich die über dem nationalen Recht angesiedelte Ebene als besonders folgenreich, sei es in Form von EU-Richtlinien oder von völkerrechtlichen Abkommen, wie etwa des „Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums“ (TRIPS).20 Besonders stark zeigt sich die internationale und globale Dimension, soweit es um Produkte oder Verfahren geht, die mühelos weltweit, also ortsungebunden, eingesetzt werden können, wie es dank der Computertechnologie und der Schaffung weltweiter Informations- und Kommunikationsnetze wie des Internet offenkundig ist. Da es für die globale Kommunikation und die damit verbundene Nutzung von Innovationen nur begrenzt rechtliche Vorgaben gibt und weil die vorhandenen rechtlichen Vorgaben von der community zum Teil als nicht ausreichend oder gar dysfunktional empfunden werden, haben sich hier auch neuartige rechtliche Strukturen entwickelt. Zu ihnen zählen Normen, die teils im „Schatten des hoheitlich durchsetzbaren Rechts“, teils ohne Rückgriff auf dieses entstanden sind und wirken und für die in der betroffenen community auch Sanktionen zur Regeleinhaltung bereitgehalten oder Möglichkeiten der Streitbeilegung (Schiedsverfahren etc.)21 eröffnet sein können. Die Spannbreite solcher Strukturen reicht von der Netiquette im Usenet22 bis zu den heute etwa in den Gemeinschaften der Open Source-Bewegung geltenden Regeln.23 Verwiesen sei wieder auf die Ausarbeitung und Nachweise in Michaels / Jansen (Fn. 6). Diese Überlegung führt in die allerdings sehr viel weiter reichende Governance-Forschung. Zu ihr s. Gunnar Folke Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung: Vergewisserung über Stand und Entwicklungslinien, 2. Aufl. 2006; Arthur Benz (Hrsg.), Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen: eine Einführung, 2004; Hermann Hill (Hrsg.), Gute Staatsund Verwaltungsführung: Konzepte und Standards, 2006. 20 BGBl II (1994), S. 1730 ff. Dazu s. auch den Beitrag von Ganea in diesem Bande. 21 s. o. Fn. 17. 18 19

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Daher kann rechtswissenschaftliche Innovationsforschung sich hier – wie auch in anderen Lebensbereichen – nicht darauf beschränken, die Normen nationalen Rechts einschließlich deren etwaiger Erweiterung durch europarechtliche Normen und durch völkerrechtliche Verträge zu besehen. Sie muss auch fragen, welcher Möglichkeitsraum durch nur sozial geschaffene, eventuell weltweit verankerte24 Normen und Strukturen geschaffen und wie dieser durch das traditionelle Recht, hier das Immaterialgüterrecht, beeinflusst wird oder wie dieses sich wiederum aufgrund der neu geschaffenen Strukturen verändert und verändern muss, will es nicht praktisch obsolet werden.

6. Insbesondere: Die übergreifende Bedeutung von Verfassungsrecht Weiterhin von besonderer Bedeutung ist das Verfassungsrecht. Bei einer funktionalen Analyse können Weichen stellende, mit Vorrang vor dem nationalen Recht versehene Vorgaben des EU-Rechts (auch ohne eine Verfassungsurkunde) als Verfassungsrecht bewertet werden. Im Hinblick auf die Ermöglichung von Innovationen kommen vor allem die Grundrechte (einschließlich jene der Europäischen Menschenrechtskonvention) ins Spiel, allerdings weniger in ihrer traditionellen Form als Abwehrrechte des auf individuelle Entfaltung ausgerichteten Individuums gegen den eingreifenden Staat. Vielmehr werden grundrechtliche Freiheiten im Verhältnis unterschiedlicher privater Akteure mit- und gegeneinander wichtig. Es ist zu fragen, ob, wie und mit welcher Reichweite Grundrechte aktiviert werden können, um Entfaltungsfreiheiten und damit auch Möglichkeiten für Innovationsoffenheit zu bewahren. Innovationsverhalten ist typischerweise Ausdruck von Entfaltungsfreiheit. Insofern sind Grundrechte Teil des innovationsermöglichenden Rechts. Dabei kann es auch wichtig sein, die in Grundrechten enthaltenen besonderen Schutzaufträge zu aktivieren, etwa wenn private Akteure – z. B. weltweit operierende Großunternehmen oder die Inhaber von Immaterialgüterrechten an „Erfindungen“ – Macht darüber haben, ob Möglichkeitsräume für Innovationen geöffnet oder versperrt werden. Hier kann das Recht helfen, die Innovationsoffenheit auch für andere zu sichern, etwa durch Vorkehrungen der Zugangsoffenheit. Die darauf bezogenen Fragen werden in der deutschen Grundrechtsdogmatik insbesondere im Kontext der objektivrechtlichen Bedeutung der Grundrechte, der staatlichen Schutzpflichten und daran anknüpfend der mittelbaren Drittwirkung von GrundZur Netiquette s. etwa Gundolf S. Freyermuth, Kommunikette 2.0, 2002. Zu ihnen s. Till Jaeger / Axel Metzger, Open Source Software, 2. Aufl. 2006. 24 Dazu s. Gunther Teubner, Globale Bukowina: zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, 1996; Helmut Willke, Global Governance, 2006; Ingo Richter / Sabine Berking / Ralf Müller-Schmidt (Hrsg.), Building a transnational civil society: global issues and global actors, 2006; Gunnar Folke Schuppert (Hrsg.), Global governance and the role of Non-State actors, 2006. 22 23

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rechten in Privatrechtsbeziehungen diskutiert.25 Diese Dimensionen von Freiheitsrechten, insbesondere der Auftrag zur rechtlichen Ausgestaltung von Freiheitsräumen zwecks Sicherung der Freiheit zur chancengerechten Entfaltung möglichst aller, ist in Zeiten gewachsener Privatisierung und zunehmender Globalisierung heute wichtiger denn je. Vor allem im Bereich der Netzwirtschaften, etwa der Kommunikationsnetze, wird die Sicherung von Grundrechten als Zugangsfreiheitsrechte zur zentralen Aufgabe. Insoweit geht es nicht – oder nicht nur – um die Absicherung der möglichst interventionsfreien Nutzung von eigenem Eigentum, wie sie etwa mit der traditionellen Eigentumsgarantie verbunden wird, sondern auch um die Sicherung von Gestaltungsoffenheit für Dritte. Dabei kann es nicht nur um die Sicherung von Zugangsansprüchen, sondern auch um die Gewährleistung von zugangsgeneigten Infrastrukturen gehen, etwa durch Vorkehrungen für offene Schnittstellen, also auch für Interoperabilität. Zugangsfreiheit ist insbesondere dann ein dem Verantwortungsbereich des die Grundrechte ausgestaltenden Gesetzgebers zugeordnetes Ziel, wenn die Zugangshürden ihrerseits durch Recht gestaltet sind. So liegt es, wenn die Rechtsordnung eine Information zu einem Wirtschaftsgut macht und damit die Möglichkeit verbindet, andere von ihrer Nutzung auszuschließen. Ein besonderer Reiz und der besondere Wert von Informationen liegen aber in ihrem Austausch und damit in der Interaktion. Dieser Austausch wird im Hinblick auf die durch Immaterialgüterrechte geschützten Informationen an sich dadurch erleichtert, dass sie bei einer weiteren Nutzung nicht der Abnutzung unterliegen – allenfalls leidet der Neuigkeitswert. Der Grundsatz der Rivalität der Nutzung, der für gegenständliche Güter typisch ist, passt auf solche Informationsgüter nicht.26 Die rechtliche Ausformung zu einem Ausschließlichkeitsrecht erschwert aber den Zugang Dritter, so wenn dieses Ausschließlichkeitsrecht zu einem Wirtschaftsgut wird oder als Wirtschaftsgut verwendbar ist – wie etwa im Fall von Patent- und Urheberrechten.

25 Dazu s. statt vieler Johannes Masing, Der Rechtsstatus des Einzelnen im Verwaltungsrecht, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts (GVwR), Bd. I, 2006, § 7, insbesondere Rn. 46 ff. 26 Zur so genannten nicht rivalisierenden Nutzung s. Rainer Kuhlen, Open Innovation: Teil einer nachhaltigen Wissensökonomie, in: Drossou / Krempl / Poltermann (Hrsg.), Die wunderbare Wissensvermehrung. Wie Open Innovation unsere Welt revolutioniert, 2006, S. 12 (15).

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II. Absicherung von Innovationsanreizen durch Immaterialgüterrecht 1. Proprietärer Schutz, etwa zwecks Amortisation von Investitionskosten und zum Ausschluss von Nutznießern („Trittbrettfahrern“) Erlauben Immaterialgüterrechte den Ausschluss Dritter von der Nutzung, kann der Markt nach den auf ihm gegebenen Knappheitsbedingungen auf die Bestimmung des Wertes dieses Rechts einwirken. Die Verwertungsmöglichkeit für Immaterialgüterrechte kann einen Anreiz dafür schaffen, entsprechend schutzfähige Innovationen auch unter Einsatz von Investitionen zu erzeugen.27 Allerdings schafft Immaterialgüterschutz als solcher nicht notwendig Anreize zur Produktion entsprechender Güter; entscheidend ist vielmehr meist – jedenfalls dort, wo das ökonomische Motiv zentral ist – die rechtliche Absicherung einer Möglichkeit zur Realisierung einer Gegenleistung, etwa als Mittel zur Amortisation der Investitionskosten und möglichst der Generierung von Gewinn. Der Wettbewerb am Markt dient als Mechanismus zur Wahrnehmung solcher Anreiz- und Belohnungswirkungen. Er enthält Verfahren zur Bestimmung des Wertes. Die geschützte Innovation schafft zwar eine Handlungsmöglichkeit, nicht aber Sicherungen für ein gegebenenfalls die Investitionskosten wieder einspielendes oder gar für ein ertragsmaximierendes Verhalten. Soweit solche Sicherungen zur Stützung des Anreizes für Innovationen wichtig sind, kann das Immaterialgüterrecht die Innovationsbereitschaft schützen – allerdings mit der Folge, weitere auf die Innovation aufbauende Innovationen durch solche Personen zu verhindern, die das Immaterialgüterrecht nicht erwerben (können). 2. Nicht proprietärer Schutz: Zur Besonderheit von Open Source Software-Innovationen Demgegenüber setzt insbesondere das klassische Patentrecht teilweise einen anderen Akzent. Die grundlegende ökonomische Funktion von Patenten wird darin gesehen, einen innovationszentrierten Wettbewerb zu gewährleisten, indem versucht wird, den Kostenvorteil, der insbesondere durch Trittbrettfahren entstehen könnte, zu begrenzen.28 Wird genereller nach ökonomischen Erklärungen von Innovationsbereitschaft gefragt, so wird verbreitet die Aussicht auf Monopolgewinne als maßgeblicher Anreiz genannt.29 Nach einer anderen These sind „konkurrenzbe27 Vgl. dazu Hanns Ullrich, Zum Verhältnis von Sektorenregulierung, Wettbewerbsaufsicht, Technologieschutz und Innovation in der Telekommunikation: Falsch gewählt oder falsch verbunden?, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und Telekommunikation, 2000, S. 77 (105). 28 So Bojan Pretnar, Die ökonomische Auswirkung von Patenten in der wissensbasierten Marktwirtschaft, GRUR Int 2004, S. 776 (780 f.).

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tonte“ Innovationsanreize bedeutsam:30 Diese zielen darauf, negative Gewinne (also Verluste) zu verhindern, die ohne ständige Innovationen unvermeidlich folgen würden. Es geht also insoweit um eine Reaktion des Einzelnen auf das Innovationstempo seiner Konkurrenz im Besonderen wie der Wirtschaft im Allgemeinen sowie um Strategien zur Sicherung oder gar Routinisierung innovativer Tätigkeiten. Pretnar31 spricht insoweit nicht von Innovationsanreizen, sondern von einem unausweichlichen Innovationsdruck und betont, dass der Patentschutz ausschließen soll, dass die Konkurrenten eines Innovators dessen entwickelte Produkte kostengünstig oder kostenlos kopieren oder adaptieren und so mit geringeren Kosten als der Innovator auswerten können. Es gibt aber auch Innovationsanreize ohne die Aussicht auf die ökonomische Verwertung der Innovation. Dies illustrieren die Open Source Software- und die Open Content-Bewegungen. Hier sei insbesondere die Open Source Software-Bewegung angesprochen, genannt FOSS oder FLOSS.32 Diese in den 1980er Jahren durch Richard Stallman initiierte Bewegung sagte der proprietären Nutzung von Software den Kampf an. Stallman verstand und versteht sein auf ein radikales Freiheitskonzept ausgerichtetes Anliegen als „soziale Bewegung“.33 Die Stoßrichtung gegen die proprietäre Nutzung überwiegt auch bei denjenigen, die sich weniger aus gesellschaftspolitischer als vielmehr aus der Motivation, an einem kollaborativen Innovationsprozess mitzuwirken, der Open Source-Gemeinschaft angeschlossen haben. Das auch rechtstheoretisch Spannende an der vorwiegend durch die Open Source Community selbst ausgestalteten normativen Umhegung ist, dass auch Open Source Software-Nutzungen und -Entwicklungen ihre Wirkungen unter Anknüpfung an das im Immaterialgüterrecht enthaltene, herkömmliche Ausschließlichkeitsrecht entfalten. Diese Anknüpfung erfolgt aber nicht, um Einzelnen einen ökonomischen Vorteil abzusichern oder ein Mittel zur Amortisation der Investitionen zu verschaffen, sondern gerade um die proprietäre Aneignung des von der Open Source Community im netzwerkartigen Zusammenspiel erzeugten Wissens zu verhindern. Wer sich an der Entwicklung von Open Source Software beteiligt, muss sich verpflichten, Rechte an den durch Weiterbearbeitung entstandenen Neuerungen nicht zu übertragen, also auch weitere Neuerungen in der Nutzung frei zu halten. Hier wird die These folgenreich, dass – entgegen dem Credo vieler Ökonomen – nicht nur ökonomische Anreize zu innovativen Aktivitäten führen. Stimulierend können auch das Interesse an der Erzielung von Aufmerksamkeit oder an 29 So etwa Christian Kirchner, Innovationsschutz und Investitionsschutz für immaterielle Güter, GRUR Int 2004, S. 603 (603 f.). 30 So Pretnar (Fn. 28), S. 780. 31 s. o. Fn. 28. 32 Die Abkürzungen stehen für Free and Open Software bzw. für Free / Libre / Open Source Software. 33 Richard Stallman, Warum „Open Source“ das Wesentliche von „Freier Software“ verdeckt, Open Source Jahrbuch 2007, S. 1 (2).

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dem Gewinn von Reputation in der Community, aber auch nur Neugier und Vergnügen am Erfolg einer gedanklichen Anstrengung wirken.34 Auch zeigt sich, dass es nicht notwendig im Interesse des Erfinders oder Schöpfers liegen muss, andere vom Zugang auszuschließen – dieses Interesse haben am ehesten die Verwerter –, sondern dass es gerade für kreative Personen wichtig sein kann, sich selbst den Zugang zu den Neuerungen zu sichern, die andere schaffen, um auf dieser Basis ihrerseits die eigene kreative Betätigung fortzusetzen. Innovationen sind ja nicht in erster Linie als Basisinnovationen häufig und wichtig, sondern durchgängig als Variationen des Bestehenden. Sie bauen auf vorangegangenem Wissen auf und erlauben es, neue gedankliche Operationen an zugängliche, insbesondere erinnerte Operationen und Ergebnisse anzuschließen. Innovateure nutzen so betrachtet das kommunikative Gedächtnis der Gesellschaft und lassen sich durch die Vergangenheit inspirieren. Dies aber funktioniert nur, wenn und soweit sie auch ihr eigenes Wissen in das kommunikative Gedächtnis der Gesellschaft einspeisen und so zum gesellschaftlichen Sozialkapital werden lassen, gekoppelt mit der Aussicht, dass durch dessen weitere Nutzung auch ihre eigenen zukünftigen Kreationen gewinnen. Der im Immaterialgüterrecht verankerte Ausschließlichkeitsschutz erlangt so eine veränderte, aber keineswegs sinnwidrige Funktion. Will das Urheberrecht dem Schöpfer einer geistigen Leistung insbesondere aus persönlichkeitsrechtlichen Erwägungen das Recht an dieser Leistung und auf seine Identifizierung mit dieser Leistung bewahren und will das Patentrecht dem Erfinder die Zuordnung zu der neu gefundenen technischen Lösung einschließlich deren etwaiger Verwertung sichern, so wird das Ausschließlichkeitsrecht im Kontext von Open Source Software-Nutzungen in eben dieser doppelten Stoßrichtung weiter entwickelt: Die Zuordnung der Innovation zu dem Innovator wird nicht ausgeschlossen, also nicht anonymisiert; die Nutzbarkeit für andere wird aber nicht wie sonst über den Markt gegen ein Entgelt erworben, sondern „sozialisiert“. Dem gegenüber steht die immaterielle Gegenleistung, an der Gemeinschaft derer teilzuhaben, die im Zusammenwirken Fortschritt bewirken wollen.35 Entscheidend ist, dass die Rechtsordnung mit Hilfe der Immaterialgüterrechte und entsprechender weiterer vertraglicher Gestaltungen (hier der Lizenzierungen nach dem Open Source-Konzept) Anreize schafft, das Wissen zu mehren. Letztlich führt das Zusammenspiel der 34 Dazu s. Benno Luthiger, Alles aus Spaß? Zur Motivation von Open Source-Entwicklern, in: Gehring / Lutterbeck, Open Source-Jahrbuch 2004, 2004, S. 93 (94 ff.) sowie unten Fn. 35. 35 Dabei ist es müßig, die Motive etwa der Gewinnung von Reputation oder der Befriedigung des Vergnügens am Erfolg in die Kategorien altruistisch oder egoistisch zu ordnen oder in die Kästchen extrinsische und intrinsische Motivation zu packen. Entscheidend ist, dass die Beteiligten ungeachtet ihrer jeweiligen Motivation die Bedingungen der Open Source Community anerkennen. Zu den Motiven der Teilhaber an der Open Source-Bewegung s. statt vieler Falko Rheinberg, Motivation, 6. Aufl. 2006, S. 154; Luthiger (Fn. 34), S. 93 (96).

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immaterialgüterrechtlichen Hülle mit den näheren Ausgestaltungen durch die Vertrags- und Lizenzgestaltungen der Open Source Community auch zu „Innovationen im Recht“. Für den vorliegenden Zusammenhang bleibt festzuhalten, dass Recht hier nicht innovationshemmend wirkt, sondern innovationsoffen genutzt werden kann, indem es sein eigenes innovatives Potenzial aktiviert. Dies ermöglicht die grundsätzliche Offenheit vieler Institutionen des Rechts für (hier vertragliche36) Variationen und die Nutzbarkeit unterschiedlicher Anreiztypen. Dementsprechend beteiligen sich an der Open Source-Entwicklung gegenwärtig auch die großen globalen Spieler, wie etwa IBM. Sie investieren zum Teil Milliarden in diesen Bereich, obwohl sie sich den Bedingungen der nicht proprietären Aneignung möglicher weiterer Neuerungen unterwerfen müssen. Soweit sie auf diesem Innovationsfeld mitspielen wollen, müssen sie die Funktionsbedingungen akzeptieren, rechnen sich aber offenbar gleichwohl Chancen aus, dass die Investitionen sich auf andere Weise wieder amortisieren (etwa durch Angebote von Begleitdienstleistungen oder durch Sekundärnutzungen). Kommt es z. B. – wie bei der globalen Entwicklung von Open Source-Software angestrebt – zu einer erfolgreichen Entwicklung einer global für Kommunikationsdienste im weiten Sinne nutzbaren elektronischen Plattform, also einer gigantischen Infrastruktur, dann bietet diese mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Möglichkeiten zur Nutzung für diverse Dienste und bei Bedarf für neue Produkte, die dann ihrerseits evtl. unter proprietären Aspekten genutzt und marktmäßig verwertet werden können. In der Neuzeit war der Aufbau von Infrastrukturen – etwa von Straßen und Eisenbahnen – in erster Linie eine Aufgabe des Staates, der sie aus von allen an ihn entrichteten Steuern finanzierte. In der globalisierten Welt der Kommunikationsnetze, insbesondere des Internet, scheidet der Staat bei der Netzgestaltung und der Festlegung der Nutzungsbedingungen als hoheitlicher Akteur weitgehend37 aus, ohne dass an seine Stelle ein internationalrechtlicher Akteur gleicher Qualität tritt; auch ist der Wohlstand zwischen den verschiedenen Gesellschaften der Welt so unterschiedlich verteilt, dass es keineswegs möglich wäre, alle Staaten gleichermaßen an der Finanzierung solcher Infrastrukturen zu beteiligen. Die Schaffung der kommunikationstechnischen Infrastruktur nimmt die Open Source Community mit der Vielfalt ihrer Akteure in die eigene Hand. Aufgrund dieses komplexen Systems globaler „gesellschaftlicher“ Selbstregulierung kommt es zu Synergieeffekten zwischen denen, die zu ökonomischen Investitionen bereit und in der Lage sind, und der großen Zahl derer, die auch ohne Einbindung in feste Institutionen die Fähigkeit und Bereitschaft haben, ihr kreatives Potenzial in einen gemeinsamen Entwicklungsprozess einzubringen,38 sei es mit der Grundhaltung eines „vernarr36 Möglich sind aber auch Rechtsfortbildungen durch Verwaltungsbehörden und Gerichte oder Rechtsänderungen durch den Gesetzgeber. 37 Er ist aber keineswegs inaktiv. Dies kann beispielhaft an der Entstehung des Internet beobachtet werden, s. dazu etwa Raymund Werle, Internetpolitik in Deutschland, in: Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis 2005, S. 26 ff.

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ten Freaks“, eines die Grenzüberschreitung genießenden Hackers oder von jemandem, der sein eigenes know how in der Hoffnung ausbauen möchte, vielleicht einmal einen Erwerbsberuf aus der Softwareentwicklung machen zu können.39 Auf der anderen Seite soll diese Beschreibung nicht den Eindruck einer Idylle erwecken, denn es gibt selbstverständlich auch in dieser Gemeinschaft vielfältige Interessenkonflikte. Und dennoch hat die Open Source Community offenbar einen gemeinsamen Nenner der Interessenverfolgung gefunden, der sich neben vielem anderen auch das hoheitlich gesetzte Recht zu Eigen macht: Die geschlossenen Verträge40 müssen eingehalten werden und das kann – soweit es nicht über eigenständige Verpflichtungsmöglichkeiten bewerkstelligt wird – gegebenenfalls mit Hilfe hoheitlich eingerichteter Gerichte gesichert werden. Die Innovationskraft dieser Open Source Community hat sich auch auf die genutzten rechtlichen Instrumente selbst ausgewirkt. Ein Beispiel ist die soeben beschriebene, unter dem Namen copyleft41 bekannte Absicherung der Freiheit zur Weiterverwertung durch alle diejenigen, die zur Entstehung des neuen Wissens beigetragen haben.42 Eine copyleft-Klausel gewährleistet, dass Bearbeitungen und Weiterentwicklungen der Software unter denselben Bedingungen der Lizenz wieder freigegeben werden, geänderte Programme also nicht proprietär vertrieben werden können. Eine der bekanntesten copyleft-Lizenzen ist die GNU General Public License (GPL).43 Durch die Nutzung der Interessen der vielen „kleinen“ Mitwirkenden und die Absicherung ihrer Motivation etwa durch copyleft wird etwas organisiert, das sonst für Investitionen nicht in gleicher Weise nutzbar wäre: das Zusammenspiel Vieler, die ihr kreatives Wissen in feingliedriger Arbeitsteilung (Granularität)44 ohne große Kosten – also im Kleinkostenbereich45 – einbringen. Der für die Teilhabe an diesem Innovationsverbund aufzubringende Aufwand wird offenbar vom Einzelnen bereitwillig getragen, wenn für ihn bestimmte Vorteile in Aussicht stehen (Anreize), etwa der schon erwähnte Spaß (flow experience) oder 38 Ich habe vorgeschlagen, hier von Non-Profit-Non-Organizations (NPNOs) zu sprechen, s. dazu meinen Beitrag: Über Wikis und FOSS. Zum Wirken von „Non Profit Non Organizations“ (NPNOs) in offenen kollaborativen Prozessen, in: Gedächtnisschrift Rainer Walz, 2007 (im Erscheinen). 39 Näher zu all dem Vorstehenden Margit Osterloh / Sandra Rota / Bernhard Kuster, Die kommerzielle Nutzung von Open-Source-Software, Zeitschrift für Organisation (zfo), Nr. 4, 71 (2002), S. 211 (213 ff.). 40 Dazu s. Jaeger / Metzger (Fn. 23), S. 113 ff. 41 Dazu s. Jaeger / Metzger (Fn. 23), S. 4. 42 Siehe Jaeger / Metzger (Fn. 23), S. 98 – 111. Zu Problemen der Aktivlegitimation vor Gericht s. a. a. O., S. 107 ff. 43 s. Jaeger / Metzger (Fn. 23), S. 4. 44 Vgl. Frank Piller u. a., Interaktive Wertschöpfung – Produktion nach Open-SourcePrinzipien, in: Lutterbeck / Bärwolff / Gehring (Hrsg.), Open Source Jahrbuch 2007, 2007, S. 87, 94, 98. 45 Dazu s. den Beitrag von Osterloh in diesem Bande.

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die Möglichkeit zur Verwirklichung prosozialer Präferenzen oder die Chance, das gemeinsam entwickelte Neue gegebenenfalls selbst nutzen zu können. Mit ökonomischer Rationalität46 lässt sich die Funktionsweise dieses vernetzten Prozesses des Wissensgewinns und des Verzichts auf proprietäre Aneignung nicht erklären. Auch hat die Open Source Community keine Angst vor Trittbrettfahrern als solchen47 und sie aktiviert Innovationspotenziale ungeachtet der Einbindung in wirtschaftliche Konkurrenzsituationen. Nur eines will sie verhindern: Trittbrettfahren unter Schaffung proprietärer Güter und damit mit der Möglichkeit des Ausschlusses Dritter von der Nutzung der neuen Erfindung. Die FOSS-Bewegung nutzt eine Kombination aus Technik, Recht und vor allem sozialen Prozessen mit dem Ziel der arbeitsteiligen Produktion von Software in der Informationsgesellschaft. 48 Die Funktionsweise der sozialen Prozesse ist durch Regeln von „good governance“ gesichert, die insbesondere Zugangsoffenheit gewährleisten und dadurch die Doppelrolle der Beteiligten als Nutzer und als Entwickler aktivieren sollen. Dies ermöglicht die „offene“ Invention und gegebenenfalls Innovation im Gegensatz zu der etwa für ingenieurwissenschaftliche Innovationsprozesse typischen „geschlossenen“ Innovation.49 Die Öffnung geht allerdings nicht so weit, dass es keine Zugangshürden zur Beteiligung gibt. So werden etwa von den Teilnehmern am Innovationsprozess der Nachweis einer hinreichend fachlichen Kompetenz50 und die Bereitschaft zur Einhaltung der Regeln gefordert. Dies sind aber weder ökonomisch fundierte noch ethnisch, national oder sonst wie an traditionellen Ausschlusskriterien orientierte Vorkehrungen. Das Produkt soll eine „public domain“ sein, in der bildhaften Sprache der Experten dieses Diskurses: eine Allmende.51 Nicht hoheitsrechtliche Verbürgungen, sondern Gruppennormen sichern die Kooperationsregeln und damit die Funktionsweise der Kooperationsstrukturen ab.52 Auch wenn die Open Source-Bewegung als Beobachtungsfeld eines hoch innovativen Bereichs unter vielen, etwa soziologischen, politikwissenschaftlichen aber 46 Zu unterschiedlichen Rationalitätsdimensionen s. Arno Scherzberg, Rationalität – staatswissenschaftlich betrachtet. Prolegomena zu einer Theorie juristischer Rationalität, in: FS Hans-Uwe Erichsen, 2004, S. 177 ff. 47 s. dazu oben unter II. 1. 48 So der einleitende Satz im Beitrag Lutterbeck in diesem Bande. 49 Zum Gegensatz der beiden Typen s. den Beitrag von Lutterbeck in diesem Bande. 50 s. das Beispiel bei Matthias Ettrich, Koordination und Kommunikation in Open-SourceProjekten, in: Lutterbeck / Gehring (Hrsg.), Open Source Jahrbuch 2004, 2004, S. 179 (181 f.): der sog. Maintainer, derjenige Entwickler, der das Programm ursprünglich entwickelt hat bzw. am aktivsten am Programm arbeitet, entscheidet über die Aufnahme von Code-Änderungen in das Programm und weist diese ggf. zurück. 51 s. Bernd Lutterbeck, Infrastrukturen der Allmende – Open Source, Innovation und die Zukunft des Internets, http: //www.opensourcejahrbuch.de/portal/article_show?article=osjb 2005 – 05 – 05-lutterbeck.pdf. 52 Lutterbeck spricht insoweit von Handlungsstrukturen nach dem Muster einer Gilde, s. dessen Beitrag in diesem Bande.

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auch rechtstheoretischen Aspekten interessant ist, ist im Blick zu behalten, dass sie sich nur auf einen kleinen Ausschnitt gesellschaftlich und vor allem ökonomisch erheblicher Innovationen bezieht und wohl nur beziehen kann. Werden andere Referenzfelder besehen, stellen sich andere Ausgangsbedingungen. So ist das Ziel des Erhalts von Kleinkostensituationen in vielen anderen Bereichen nicht realisierbar. Beispielsweise wird es nur begrenzt gelingen, die Open Source-Methode für die Entwicklung neuer Arzneimittel oder medizinischer Verfahren einzusetzen, soweit dafür (hohe) Investitionen nötig sind. Die Aktivierung der Innovationsbereitschaft der dafür wichtigen Akteure in Open Source-Situationen kann aber begrenzt auch im Pharmabereich gelingen.53 Derartige Überlegungen haben nicht nur Bedeutung für das Patentrecht, sondern auch für den Umgang mit dem Urheberrecht, auch wenn dessen gesetzliche Ausgestaltung nicht speziell auf den Anreiz zur Schaffung von Innovationen und den Schutz von geschaffenen Innovationen zielt.54 Das Urheberrecht verlangt nicht notwendig – wie erwähnt – Neuheit. Allerdings hat es im Laufe der Zeit in gewisser Anlehnung an die Idee des angelsächsischen Copyright und durch die Erstreckung des urheberrechtlichen Schutzes auf (investitionsintensive) Datenbanken und auf Computerprogramme dazu beigetragen, dass die auf die Amortisation von Investitionen und damit die wirtschaftliche Verwertung zentrierte Sichtweise des Patentrechts auch hier mitbestimmend wird. Insoweit sind die für die Open Source Community genannten Funktionsvoraussetzungen auch im urheberrechtlich regulierten Bereich von Bedeutung: Das Urheberrecht erlaubt Vorkehrungen gegen die Blockierung der weiteren Nutzung, es sichert den freien Zugriff zu neuen Schöpfungen und schließt diejenigen aus der Nutzergemeinschaft aus, die sich den Regeln entziehen.

III. Innovationsarchitekturen unter Kombination unterschiedlicher rechtlicher Regelungsfelder Für die rechtswissenschaftliche Innovationsforschung sind Erscheinungen auch insoweit von hohem analytischem und normativem Interesse, als die Akteure ihre innovationsbezogene Strategie nicht allein am Immaterialgüterrecht orientieren, sondern sie mit zusätzlichen Rücksichtnahmen auf oder mit Absicherungen in anderen Rechtsbereichen kombinieren. Die Kombinationsvielfalt ist groß. Dies soll zunächst an dem Beispiel eines innovationsorientierten Vorgehens illustriert werden, das zugleich auf die Sicherung von Marktvorsprung durch spätere Standardisierung des neu geschaffenen Produkts zielt (1.). Dann wird auf ein traditionelles 53 s. dazu Janet Hope, Pharmaforschung mit Open-Source-Methoden, in: Lutterbeck / Bärwolff / Gehring (Hrsg.), Open Source Jahrbuch 2007, 2007, S. 73 ff. 54 Zum Folgenden s. Thomas Dreier, Beschützen die Novellierungen im Urheberrecht Innovationen?, in: Klumpp / Kubicek / Roßnagel (Hrsg.), Medien, Ordnung und Information, 2005, S. 261 ff.

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Koordinationsfeld eingegangen, nämlich das Verhältnis von Innovation und Wettbewerb (2.). Schließlich wird darauf verwiesen, dass innovationserheblich auch solches Recht sein kann, das eine bestimmte Qualität, darunter auch die Abwehr von Gefahren und anderer unerwünschter Folgen, auch bei Innovationen sichern soll (3.). 1. Standardisierungsvorsprünge als Teilziel der Innovationsstrategie Ein traditionelles Mittel der Marktdurchsetzung – aber auch der Gefahrenvorsorge – ist Standardsetzung. Hier soll nur beispielhaft auf eine Verkoppelung von Innovations- und Standardisierungsstrategien eingegangen werden, und zwar in einem Bereich, in dem der Innovationsprozess auch begrenzt auf Open SourceStrukturen zurückgreift. Im Bereich der Automobilelektronik lassen sich aktuell genutzte Wege der Verkoppelung beobachten.55 Auch die großen Automobilhersteller können dem Innovationsdruck häufig nicht mehr allein aus eigener Kraft standhalten. Eine Antwort ist die Koppelung zwischen der Innovationsentwicklung und der Vorsorge für die bevorzugte Nutzung dieser Innovation durch möglichst viele daran Beteiligte im Rahmen von Innovationsnetzwerken, Verbundprojekten oder F&E-Joint Ventures.56 Es geht nicht nur darum, Innovationen zu entwickeln, sondern das „Innovationsrennen“ mit dem „Standardisierungsrennen“ zu parallelisieren, also gute Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die entwickelten, auch über Immaterialgüterrecht schützbaren, Innovationen zum allgemeinen Industriestandard werden, und zwar möglichst auf Weltmarktniveau. Standardsetzung greift allerdings nicht auf das Mittel des Immaterialgüterrechts zurück. Sie will vielmehr sichern, dass die Erfindung durch Regelsetzung i.w.S. so wirkkräftig wird, dass es für Konkurrenten keinen Anreiz (mehr) gibt, andere Erfindungen zu entwickeln. Insofern werden unterschiedliche Ideen der jeweiligen Wettrennen sichtbar. In dem Beispiel des Verbundprojekts FlexRay57 wird auf die hohe Komplexität der betroffenen Innovationsprozesse und auf die Notwendigkeit, zur verbesserten Innovationsstimulierung möglichst offene Strukturen zu sichern, mit der Beteiligung vieler, zum Teil höchst unterschiedlich motivierter Akteure (vor allem der potenziellen Nutzer) geantwortet. Parallel dazu wird darauf hingewirkt, dass die erfolgreiche Innovation durch faktische Durchsetzung und möglichst auch mit Hilfe eines entsprechenden Regelwerks zum künftigen Standard wird und dadurch Anreize zur Entwicklung von konkurrierenden Produkten entfallen. Ziel der Standardisierung58 ist die Optimierung der ökonomischen Nutzbarkeit s. den Beitrag von Gerybadze in diesem Bande. Vgl. dazu auch Henry Chesbrough, Open Business Models. How to Thrive in the New Innovation Landscape, 2006; David J. Teece, Managing Intellectual Capital, 2000. 57 Dies ist das von Gerybadze (Fn. 55) herausgearbeitete Beispiel. 58 Standardisierung kann auf verschiedene Weise funktionieren, sei es allein durch faktische Marktdurchsetzung, sei es durch Regelbildung durch die betroffenen Industrieverbände 55 56

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der getätigten Innovation. Gesichert werden soll, dass Güter nicht oder kaum marktverwertbar sind, wenn sie sich diesem Standard nicht anpassen. Der Innovationsfaktor Wettbewerb soll insoweit auf diese Weise ausgeschlossen werden. Ob daraus ein positives Innovationssaldo entsteht, lässt sich nicht theoretisch beantworten: Es dürfte darauf ankommen, ob die Innovationseffekte der Kooperation oder die Innovationsblockaden durch die nachfolgende Standardisierung überwiegen. In dem Beispielsbereich der Automobilelektronik (FlexRay) wird die Innovations- und Standardpartnerschaft in Form eines semi-closed-shop organisiert, und zwar nach Art eines Schichtenmodells. Ein Kern bevorrechtigter Teilhaber (Core Partners), darunter große europäische und nordamerikanische Automobilunternehmen und einige Einrichtungen der Elektronikhersteller, steuert und koordiniert das gesamte Projekt; auf einer zweiten Stufe werden weitere privilegierte Teilnehmer (Premium Partners) hinzugezogen, die zwar auf die Gesamtsteuerung keinen zentralen Einfluss haben, aber bei Entwicklungen in bestimmten Bereichen und bei der Erarbeitung eines darauf bezogenen Spektrums von Immaterialgüterrechten bevorzugt herangezogen werden (in der Fallstudie gehören dazu weitere Automobilhersteller sowie Elektronik- und Systemanbieter). Auf der dritten Stufe gibt es weitere Mitwirkende (Associate Members), die auch in die Entwicklung einzelner Teilaufgaben integriert werden und insoweit Zugriff auf die dort erheblichen Informationen erhalten; sie sollen insbesondere mit dazu beitragen, dass die anwendungsreif zu machenden Inventionen in der späteren Vermarktungsphase Breitenwirkung gewinnen. Die Art der Zusammenarbeit der Beteiligten wird insbesondere in Verträgen rechtlich geregelt, die ihrerseits möglichst innovativ auf das Problemfeld abgestimmt sein müssen (Innovation im Recht). Dazu gehören ein Konsortialvertrag auf der Ebene der Core Partners; Verträge über Ziele, Rechte und Pflichten, Geheimhaltungsvereinbarung, den Erwerb von Immaterialgüterrechten u. a. mit den Premium Assiociates; ferner Vereinbarungen insbesondere über die Art des Informationszugangs, die Art der (nicht exklusiven, nicht transferierbaren) Lizenzen u. a. Die Mitwirkung der Beteiligten an dem Entwicklungsprojekt wird auf diese Weise insbesondere durch Informationszugang und gewisse Privilegien honoriert, ist aber zugleich an die Verpflichtung geknüpft, möglicherweise auf die Kenntnisse aufbauende, aber selbst entwickelte technische Erfindungen nicht auf eine Weise patentieren zu lassen, die eine spätere Nutzung durch die anderen Beteiligten verhindert. Hier wird also ein rechtliches Teilelement der Open Source-Konstruktion eingesetzt. Diese Innovationsarchitektur im Bereich der Automobilelektronik unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von der zuvor erläuterten Open Source-Architektur, oder durch Standardisierungskomitees, sei es durch staatlichen Transfer der privat gesetzten Standards in hoheitlich gesetztes Recht; s. dazu statt vieler Manfred Tietzel (Hrsg.), Ökonomik der Standardisierung, 1994.

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da das Kooperationsvorhaben auf die Optimierung ökonomischen Nutzens ausgerichtet ist und dabei darauf zielt, mögliche Kunden (insbesondere Erstkunden und Zulieferer) frühzeitig einzubinden, aber auch darauf, deren kreatives Potenzial zu nutzen, ohne jedoch die zentrale Steuerung des Innovationsvorgangs aufzugeben. Gleichwohl ist das Modell durch eine bei traditionellen Innovationspartnerschaften meist untypische hohe Offenheit und die Aktivierung einer möglichst großen Zahl von Innovateuren und späteren Nutzern gekennzeichnet, wobei Letztere aber die Nutzungsrechte gegen Entgelt erhalten. Werden auf diese Weise Innovationen auch hoch komplexer Art geschaffen und wird durch die Einbindung vieler Akteure zugleich gesichert, dass die Innovationen breit genutzt und im Prozess der Standardsetzung unterstützt werden, werden die Chancen auf den Gewinn des „Standardisierungswettrennens“ deutlich verbessert. Hier ist nicht der Platz, die gewählte Konstruktion kritisch zu analysieren – etwa in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht oder mit Blick auf Innovationsoffenheit und -verantwortung. Soviel sei aber hervorgehoben, dass besonderer Wert auf die Governancestrukturen des Innovationsprojekts gelegt wird und der Innovationsprozess (auch) mit dem Ziel organisiert wird, innovationsorientierten Wettbewerb in dem betroffenen Feld für die (jedenfalls nahe) Zukunft möglichst auszuschließen. 2. Zur wechselseitigen Abstimmung von Immaterialgüterrecht und Wettbewerbsrecht Immaterialgüterrechte haben mit dem Blick auf Wettbewerbsprozesse eine ambivalente Funktion. Folgerichtig thematisiert die immaterialgüterrechtlich orientierte Literatur auch das Verhältnis zwischen Immaterialgüterrecht und Wettbewerbsrecht und fragt dabei beispielsweise, wie weit die rechtliche Absicherung von Innovationen durch Immaterialgüterrecht Marktprozesse fördert, aber auch, wie weit Immaterialgüterrechte die Funktionsweise des Marktes gefährden können.59 Verwiesen wird beispielsweise darauf, dass immaterialgüterrechtliche Ausschließungsrechte Monopole erzeugen und damit konzentrationsfördernd wirken können. Auch die mit Immaterialgüterrechten verbundenen Beschränkungen der Nutzbarkeit gesellschaftlichen Wissens werden in ihrer Blockadefunktion als dysfunktional angesehen, wenn sie den Markt als Entdeckungsverfahren potenziell stören. Insofern wird nach Möglichkeiten gesucht, Wettbewerbs- und Immateri59 Nach Thomas Höppner, Missbräuchliche Verhinderung „neuer“ Produkte durch Immaterialgüterrechte – Zur Anwendung von Art. 82 EG auf Lizenzverweigerungen, GRUR Int 2005, S. 457 (460 ff.); Kirchner (Fn. 29), S. 604 ff.; Dietmar Harhoff, Patente – Segen oder Fluch für Innovationen?, Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (ZfbF), Sonderheft 54 / 06, S. 86 (92 ff.); Torsten Körber, Geistiges Eigentum, essential facilities und „Innovationsmissbrauch“, Recht der internationalen Wirtschaft (RIW) 2004, S. 881 ff.; Hanns Ullrich, Grenzen des Rechtsschutzes: Technologieschutz zwischen Wettbewerbs- und Industriepolitik, in: Schricker / Dreier / Kur (Hrsg.), Geistiges Eigentum im Dienste der Innovation, 2001, S. 83 ff., 96 ff.

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algüterrecht so aufeinander abzustimmen, dass wechselseitig als dysfunktional eingeordnete Folgen möglichst nicht eintreten. Dem dienen im Patentrecht etwa die Versuche zum Ausschluss von Trivialpatenten, zur Vermeidung von Defensiv- und Sperrpatenten oder der spekulativen Vorratspatentierung.60 Ansatzpunkte der Sicherung wechselseitiger Kohärenz zwischen Wettbewerbsrecht und Immaterialgüterrecht sind Bemühungen um eine entsprechende Definition des anzustrebenden Schutzniveaus oder um Beschränkungen der Schutzdauer. Speziell unter Innovationsaspekten werden etwa der Umfang des Ausschließlichkeitsschutzes und die Voraussetzungen für die Benutzung einer fremden patentierten Erfindung für innovative Tätigkeiten durch Dritte zur maßgebenden Steuerungsgröße.61 Ein Beispiel ist der Umgang mit Computerprogrammen. Diese werden in Europa vom Patentschutz ausdrücklich ausgeschlossen. Damit aber sind die Probleme der rechtlichen Einordnung heutiger Technologien nicht gebannt: Denn erfinderische Tätigkeiten konzentrieren sich gegenwärtig häufig auf Software; frühere ingenieurwissenschaftlich bewältigte Lösungen werden heute vielfach funktional durch elektronische ersetzt. Insofern stellt sich ein Bedarf nach Patentschutz. Er wird in Europa im Wesentlichen dadurch befriedigt, dass zwar das Computerprogramm als solches nicht für patentfähig erklärt wird, einer Erfindung aber nicht allein deshalb der Patentschutz verweigert werden darf, weil sie ein Computerprogramm enthält. Auch hat das Europäische Patentamt (EPA) die im Patentrecht formulierten Anforderungen an die Technizität einer Erfindung reduziert und stattdessen eine Barriere auf der Ebene der erfinderischen Tätigkeit errichtet. Dadurch hat es Vorkehrungen gegen eine zu starke Ausweitung von Patenten getroffen, zugleich aber eine rechtliche Honorierung von weiterführenden Innovationen nicht ausgeschlossen. Ähnliche Konfliktfelder ergeben sich im Bereich des neuerdings vom Urheberrechtsschutz umfassten Schutzes von Datenbanken, der – der Idee des klassischen Urheberrechts widersprechend – in erster Linie als Investitionsschutz gedacht ist. Die Einengung gegenüber einem zu intensiven Urheberrechtschutz hat der Europäische Gerichtshof (EuGH)62 dadurch vorgenommen, dass die geforderte „wesentliche Investition“ in eine Datenbank nur die Investition für deren Erstellung, nicht die Investition in die Generierung des Inhaltes sei.63 Allerdings enthält auch das Wettbewerbsrecht Möglichkeiten zur Durchbrechung des Ausschließlichkeitsschutzes. Das Ziel des Wettbewerbsrechts, die Kontrolle von Marktmacht, wird zugleich als Mittel zur Innovationsförderung gedeutet, so dass die Förderung von Wettbewerb auch als Förderung von Innovationen gel60 61 62

Zu solchen Vorgehensweisen vgl. Höppner (Fn. 59), S. 461 f. s. den Beitrag von Dreier in diesem Bande. Vgl. EuGH, Rs. C-203 / 02, Slg. 2004, I-10415 („British Horseracing Board“ / William

Hill). 63

Nach Ohly in diesem Bande.

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ten kann.64 Kann aber das über das Immaterialgüterrecht verankerte Ausschließlichkeitsrecht für das die geschützte Innovation verkörpernde (End-)Produkt eine marktbeherrschende Stellung des Inhabers erzeugen, kommt es zu Spannungslagen. Das Wettbewerbsrecht antwortet hierauf mit der essential facilities doctrine, die allerdings nur ausnahmsweise genutzt werden kann. Sie zielt darauf, dass die gegebenenfalls erfolgreiche Innovation – soweit sie eine essential facility enthält und ein immaterialgüterrechtlicher Zugang zu ihr versperrt ist – den Wettbewerbern gegebenenfalls mittels einer Zwangslizenz zugänglich gemacht werden muss. Für Immaterialgüterrechte werden allerdings nur höchst ausnahmsweise die Voraussetzungen einer essential facility bejaht. Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 EG wird nicht schon allein in der Inhaberschaft eines Immaterialgüterrechts gesehen.65 Der EuGH sieht aber in der Ausübung von Immaterialgüterrechten eine Situation, die unter besonderen Bedingungen eine essential facility bewirkt, aber eben nur unter solchen außergewöhnlichen Umständen, die das Urteil der Missbräuchlichkeit rechtfertigen.66 So kann ein Missbrauch darin bestehen, dass die Verweigerung des Zugangs zu einer Ressource unter Hinweis auf Immaterialgüterrechte das Auftreten eines neuen Erzeugnisses am Markt verhindert, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht. In einer solchen Ausnahmesituation muss eine erfolgreiche Innovation den Wettbewerbern mittels einer Zwangslizenz zwar nicht kostenfrei, aber doch in einem Sinne frei zugänglich gemacht werden, dass der Zugang nicht verweigert werden darf. Vorausgesetzt ist, dass die Ressource unerlässlich ist, um mit dem Endprodukt des Rechteinhabers konkurrieren zu können, so wenn diese Ressource durch niemanden rentabel ersetzt oder dupliziert werden kann.67 Führt der Rechteinhaber allerdings die nachgefragte Neuerung selbst ein, entfällt ein Bedarf für eine Zwangslizenz. Letztlich dürfte der Anwendungsbereich der essential facility doctrine zur Sicherung der Nutzbarkeit der durch ein Immaterialgüterrecht geschützten Innovation daher eng sein. 3. Recht zur Sicherung von Innovationsverantwortung Werden die Funktionalitäten und Dysfunktionalitäten des Zusammenspiels von Immaterialgüterrecht und Wettbewerbsrecht betrachtet, dann fragt die rechtswissenschaftliche Innovationsforschung vorrangig nach der Bereitstellung und der Ausformung von rechtlichen Institutionen mit dem Ziel, Innovationsprozesse als solche zu ermöglichen. Die Qualität – die normative Wünschbarkeit oder die AusDazu s. Höppner (Fn. 59). Höppner (Fn. 59), S. 458. 66 Dazu s. EuGH, Slg. 1995, I-743 („Magill“), aber auch EuGH, Slg. 2001, II-3193 („IMS Health“). 67 s. dazu Körber (Fn. 59), S. 885. 64 65

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sicht auf normativ unerwünschte Folgen der Innovationen – wird demgegenüber meistens nicht Thema dieser Betrachtungsweise. Unter dem Aspekt der Innovationsverantwortung ist aber auch solches Recht von Interesse, das Rechtsgüter anderer schützen oder Gefährdungen für die Öffentlichkeit abwehren soll. So kommt es z. B. zu den schon erwähnten Standardsetzungen jedenfalls dann, wenn der Staat an ihnen mitwirkt oder er sie später in staatliches Recht überführt, wie etwa regelmäßig im Zusammenspiel mit gefahrenvorsorgendem und -abwehrendem Ordnungsrecht. Innovationen beziehen sich häufig auf Güter und Leistungen, deren Nutzung ihrerseits in Konflikt mit Rechtsgütern anderer geraten kann. Im Bereich der Produktion gefährlicher Güter, etwa denen der Pharmaindustrie, der Automobilindustrie oder der Nanotechnologie68 ist dies offensichtlich. Ein öffentliches Interesse an der Art und Richtung von Innovationen gibt es auch in anderen Feldern. So werden der Aufbau von Kommunikationsnetzen und die Bereitstellung von Diensten unter Einschluss von Mehrwertdiensten von dem Bemühen des Staates begleitet, etwa gegen kinderpornografische, rassistische oder den Terrorismus unterstützende Informationen im Internet anzugehen. Hier zeigt sich beispielhaft, dass eine rechtliche Betrachtung von Innovationsprozessen und -ergebnissen sich nicht auf Recht beschränken kann, das – wie das Patentrecht – die Innovation selbst in den Blick nimmt, das – wie das Urheberrecht – jedenfalls eine hohe Affinität zu Innovationen hat oder das – wie das Wettbewerbsrecht – einen innovationsgeneigten rechtlichen Rahmen schaffen will, ohne bestimmte Innovationen vorzuziehen oder zu benachteiligen. In den Blick rechtswissenschaftlicher Innovationsforschung muss vielmehr potenziell die gesamte Rechtsordnung geraten, wenn innovationserhebliches Recht nicht davon immunisiert werden soll, auch einen sinnvollen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung insgesamt zu leisten. Von besonderer Bedeutung in den hier betroffenen Bereichen ist das sektorspezifische Regulierungsrecht. Es beschränkt sich, anders als das traditionelle Wettbewerbsrecht, nicht auf die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Marktes als solche, sondern wirkt auf die jeweils sektorspezifischen Besonderheiten des betroffenen Lebensbereichs ein. Beispiele finden sich in dem Bereich der Netzwirtschaften69 – etwa der Telekommunikation, des Energie- und Verkehrsbereichs. Sektorspezifisches Regulierungsrecht enthält nicht nur sektorspezifische Vorkehrungen für den Erhalt von Wettbewerb – Prototyp sind etwa die Zugangs- und Entgeltregeln des TKG. Mit diesen Vorkehrungen verbinden sich auch weitere, 68 Zu ihr s. Martin Führ u. a., Rechtsgutachten Nano-Technologien, 2007, abrufbar unter http: //www.sofia-darmstadt.de/203.0.html. 69 Dazu s. insbesondere den Beitrag von Johannes Masing, Soll das Recht der Regulierungsverwaltung übergreifend geregelt werden?, in: Verhandlungen des 66. deutschen Juristentages, Bd. I, Gutachten, Teil D mit vielen weiteren Nachw.; Jürgen Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften: Typologie – Wirtschaftsverwaltungsrecht – Wirtschaftsverfassungsrecht, 2004.

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nicht nur wettbewerbsrechtlich motivierte Zugangssicherungen. Zu erwähnen ist nicht nur die (praktisch gegenwärtig allerdings nicht besonders bedeutsame) im Grundgesetz ermöglichte (Art. 87 f Abs. 1 GG) oder die in §§ 78 ff. TKG subsidiär vorgesehene Universaldienstverpflichtung, die den Zugang zu einem Mindestangebot an Diensten für Endnutzer unabhängig von ihrem Wohn- oder Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis sichern soll, soweit deren Erbringung für die Öffentlichkeit als Grundversorgung unabdingbar geworden ist (so § 78 Abs. 1 TKG). Zugangsregeln enthalten insbesondere Vorkehrungen über Begrenzungen der Vertragsgestaltung hinsichtlich Zusammenschaltungen oder zur Sicherung des Zugangs zu den Telekommunikationsnetzen von Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht (s. §§ 16 ff. TKG). Entgeltregelungen sollen eine missbräuchliche Ausbeutung, Behinderung oder Diskriminierung von Endnutzern oder von Wettbewerbern durch preispolitische Maßnahmen von Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht verhindern (§ 27 Abs. 1 TKG).70 Das Telekommunikationsrecht sowie die auf entsprechende Dienste ausgerichteten internationalen Regelungen, insbesondere das entsprechende Planungsrecht71, enthalten ebenfalls Zugangsregeln, die etwa die Aufteilung und Zuteilung von Frequenzen oder die Nummerierung betreffen. Einzelheiten können hier ausgespart werden. Ob und wie weit ein derartiges sektorspezifisches Regulierungsrecht weiterhin sinnvoll ist, ist umstritten.72 Gerade wenn in derartigen Regulierungsnormen auch der Aspekt einer hinreichenden Qualitätsgewährleistung in den Blick genommen wird, sind die Verbindungslinien zur Innovation deutlich; die Frage lautet, ob ein so verstandenes Recht ein (auch) die Qualität von Innovationen betreffendes innovationserhebliches Recht ist. Eine weitere Regelungsschicht – die des Ordnungsrechts – ist unübersehbar in dem risikoorientierten Technikrecht, beispielsweise im Arzneimittelrecht, im Lebensmittelrecht, im Agrarrecht, aber auch im Energierecht. Sie sei nur als Merkposten erwähnt, da der Bezug zum Immaterialgüterrecht schwächer ist als der vieler anderer Rechtsgebiete. Interessanterweise werden aber einige der durch ent70 Möglich ist unter anderem eine Orientierung der Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (§ 31 Abs. 1 TKG) oder ihre Bestimmung im price cap-Verfahren. 71 Dazu s. Bernd Holznagel, Frequenzplanung im Telekommunikationsrecht, in: Erbguth / Oebbecke / Rengeling (Hrsg.), FS Werner Hoppe, 2000, S. 767 ff. 72 Aus der Literatur vgl. Dirk Wieddekind, Die Regulierung des Zugangs zu Telekommunikationsnetzen – Eine Analyse des gemeinschaftsrechtlichen Regulierungsrahmens für den Netzzugang unter besonderer Berücksichtigung wettbewerbsrechtlicher Regulierungsalternativen, Diss. iur. Hamburg, 2007, i.E. Diese Frage stellt sich auch für andere Netzwirtschaften, etwa im Energiesektor oder im Sektor des leitungsgebundenen Verkehrs. Der Streit kreist insbesondere um die Frage, ob Wettbewerb in diesem Bereich allein durch kartellrechtliche Regeln gesichert werden kann, ob sektorspezifische Modifikationen solcher kartellrechtlichen Regelungen angezeigt sind oder ob es gar sinnvoll oder geboten ist, eine nicht allein über den Markt sicherbare Qualität der Güter und Leistungen (Versorgungssicherheit, Gefahrenabwehr, Sozialgerechtigkeit u. ä.) besonders zu gewährleisten. Zu diesen Auseinandersetzungen vgl. statt vieler Kühling (Fn. 69), S. 16 ff.

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sprechende ordnungsrechtliche Vorgaben i.w.S. enthaltenen Zielsetzungen auch in das Immaterialgüterrecht integriert. So können nach § 2 Abs. 1 PatG Patente nicht für Erfindungen erteilt werden, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstößt. Eine Konkretisierung der Ordre Public-Klausel findet sich z. B. in Art. 6 Abs. 2 der EU-Biopatentrichtlinie. Diese Vorschrift enthält u. a. Patentierungsverbote für Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen, für Verfahren zur genetischen Veränderung der menschlichen Keimbahn und für die Verwendung von menschlichen Embryonen zu wirtschaftlichen Zwecken. In diesem Zusammenhang entsteht gegebenenfalls eine Umkehr der bisherigen Rechtspraxis, Verstöße gegen den Ordre Public nur in Ausnahmefällen anzunehmen, und eine Entwicklung hin zu der Maxime: In dubio contra patentem.73

IV. Kohärenz unterschiedlicher Regelungsarchitekturen Diese – keineswegs vollständigen – Beispiele sollten illustrieren, dass das Immaterialgüterrecht als Referenzgebiet des Innovationsrechts keineswegs isoliert betrachtet werden darf. Die Rechtsordnung ist durch unterschiedliche Ziele, unterschiedliche Instrumente, auch unterschiedliche Architekturen rechtlicher Gestaltung geprägt. Auch für die rechtswissenschaftliche Innovationsforschung ist die Frage wichtig, ob für eine hinreichende Kohärenz der verschiedenen Regeln gesorgt wird. Dabei kann ein auch in anderen Kontexten – vor allem dem der Agrarpolitik – genutzter Begriff herangezogen werden: „cross compliance“. Dort bezieht er sich auf die Verknüpfung von Standards aus den Bereichen Umweltschutz, Lebensmittelsicherheit, Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze sowie Tierschutz untereinander sowie auf deren Durchsetzung im Kontext der Auszahlung der gemeinschaftsrechtlich gewährten Agrarbeihilfe.74 Es geht also um die Sicherung eines Ineinandergreifens zweier aufeinander abgestimmter Regelungssysteme: Standardsetzung und finanzielle Förderung. Es können sich darüber hinaus aber auch weitere Probleme stellen, so die Sicherung der Kohärenz unterschiedlicher, gegebenenfalls ursprünglich gar nicht auf ein Zusammenspiel ausgerichteter Regelsysteme. Zu denken ist etwa an das Zusammenspiel von Immaterialgüterrecht mit Gefahren vorsorgendem und –abwehrendem Ordnungsrecht. Eine Rechtsordnung sollte möglichst so konzipiert sein, dass unterschiedliche Ziele, Instrumente und Regelungsarchitekturen aufeinander abgestimmt sind und die Erreichung der jeweils angestrebten Ziele nicht durch Dysfunktionalitäten im Zusammenwirken unterschiedlicher Steuerungsansätze vereitelt wird.

s. dazu den Beitrag Schneider in diesem Bande. Näher dazu Catharina Meyer-Bolte, Agrarrechtliche cross compliance als Steuerungsinstrumente im Europäischen Verwaltungsverbund, 2007. 73 74

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Damit ist auch die Bewirkungsebene75 angesprochen, also die Frage, ob das gesetzte Recht sich nur auf Symbolfunktionen beschränkt oder ob es auch rechtlich folgenreich wird, sei es durch freiwillige Befolgung oder durch hoheitliche Implementation, gegebenenfalls sogar unter Einsatz von Sanktionen. Innovationserheblich ist Recht jedenfalls nur dann, wenn es nicht nur auf dem Papier steht, sondern Verhalten beeinflusst. Innovationsermöglichend ist Recht, wenn es das Innovationspotenzial zu nutzen hilft, dieses aber auch nicht durch Recht anderer Art wieder zunichte macht. Innovationsermöglichung ist aber kein normativ sinnvolles Ziel als solches. Zu sichern ist auch das Maß an Innovationsverantwortung, das erforderlich ist, um Gemeinwohlzwecke zu erfüllen, insbesondere die reale Entfaltungsfreiheit für möglichst alle zu gewährleisten.

75 Die Bewirkungsebene - sie betrifft die gezielte Herbeiführung von normativ erwünschten und Vermeidung von unerwünschten Wirkungen - ist insbesondere aus einer steuerungswissenschaftlichen Perspektive bedeutsam; zu ihr s. den Einleitungsbeitrag von Andreas Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1. Speziell zur Notwendigkeit der Beschäftigung mit spezifischen Bewirkungsformen des Rechts s. Wolfgang HoffmannRiem, Rechtsformen, Handlungsformen und Bewirkungsformen, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2007, § 33, Rn. 16 ff.

Geistiges Eigentum als Anreiz zur Innovation – Die Grenzen des Arguments Von Christoph Engel* I. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Die Logik des Anreizarguments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Modellierung der Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Modellierung des Geistigen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Kritik an der Modellierung der Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Position des Erfinders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Position außenstehender Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Kosten kooperativer Erfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Kritik an der Modellierung der rechtlichen Intervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Nachteile für Außenstehende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Nachteile für Lizenznehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Nachteile kooperativer Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Patent als verdünntes Verfügungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Alternative Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Patentrennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VI. Die Kraft des Anreizarguments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

I. Fragestellung Credo quia absurdum. Ganz so steht es nicht bei Tertulian.1 Aber die Kurzformel, die ihm spätere Zeiten zugeschrieben haben, ist für einen katholischen Theologen doch nicht grob falsch. Wenn man das Wesen Gottes verstehen könnte, * Für hilfreiche Kommentare zu einer früheren Version danke ich Stefan Bechtold, Dietmar Harhoff, Martin Hellwig und Stephan Lauermann. 1 Tertulianus. De Carne Christi (206), http: / / www.tertullian.org / articles / evans_carn / evans_carn_00index.htm. Dort heisst es: „Natus est Dei Filius; non pudet, quia pudendum est: et mortuus est Dei Filius; prorsus credible est, quia ineptum est: et sepultus resurrexit; certum est, quia impossibile“, zum Hintergrund s. http: / / en.wikipedia.org / wiki / Credo _quia_absurdum.

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Christoph Engel

bräuchte man nicht mehr an ihn zu glauben. Wenn man auf die Entwicklungsgeschichte des geistigen Eigentums zurückblickt, kann man den Eindruck gewinnen, dass auch hier gute Theologen am Werk waren. Zu des Kaisers Zeiten las sich das Lob des Patentrechts so: „Es ist keine Übertreibung, wenn wir die der deutschen Industrie aus dem Patentschutz zu Theil gewordenen Segnungen als unberechenbar bezeichnen; wenn wir sagen, dass kein Zollschutz, keine Art der staatlichen Fürsorge auf die Industrie und den Volkswohlstand so günstig wirken konnte, wie die auf tiefer sittlicher Grundlage beruhende, aus unserem innersten Rechtsbewusstsein hervorgegangene Ordnung der Besitzverhältnisse geistigen Eigenthums.“2

Unter der gegenwärtigen Bundesregierung ist die Sprache jugendgerechter geworden. Begleitend zur Novelle des Urheberrechts hat sie eine Kampagne mit dem Slogan gestartet: „Kopien brauchen Originale“. Dort heißt es: „In einer Gesellschaft, die immer mehr von kreativen Ideen und immer weniger von Kohle und Stahl lebt, wird das Recht des Kreativen an seinem Werk und der Schutz von Ideen zunehmend wichtig – also auch das Urheberrecht. Es bietet dem Kreativen Schutz seines Werkes und damit eine Existenzgrundlage.“3

Was man nicht beweisen kann, muss man predigen. Die beiden Zitate kommen Predigttexten gefährlich nahe. Nicht ohne Grund. Denn die konzeptionelle und die empirische Basis des geistigen Eigentums sind bei weitem nicht so fest, wie diese Zitate glauben machen möchten. Das gilt gerade für das in der (rechts-)politischen Diskussion zentrale Argument: ohne geistiges Eigentum gibt es keinen hinreichenden Anreiz zur Innovation. Auch den dogmatisch arbeitenden Juristen geht das etwas an. Denn bei jedem Auslegungszweifel muss er das Telos der Norm rekonstruieren. Wenn die Standardbegründung brüchig ist, muss die teleologische Auslegung viel vorsichtiger werden. Es gibt noch ein zweites Anreizargument. Danach bezweckt der rechtliche Schutz vor allem, dass Erfindungen öffentlich gemacht werden.4 Dieses Argument bleibt hier ausgeblendet. Das Argument passt ohnehin nur für das Patent, nicht für das Urheberrecht. Ob Geheimhaltung eine praktische Möglichkeit ist, hängt von 2 Otto Witt, Die deutsche chemische Industrie und ihre Beziehungen zum Patentwesen. Mit besonderer Berücksichtigung der Erfindungen aus dem Bereich der Chemie, 1893, S. 141 f., zititiert nach Margrit Seckelmann, Industrialisierung, Internationalisierung und Patentrecht im Deutschen Reich. 1871 – 1914, 2006, S. 9. 3 http: //www.kopien-brauchen-originale.de/enid/4c5dd0ed1be28a33b80126e4ad740988,0/3r. html. Ähnlich liest sich etwa die 10. Erwägung der Richtlinie 2001 / 29 / EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft v. 22. 5. 2001, ABl. L 167 / 10: „Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten, was ebenso für die Produzenten gilt, damit diese die Werke finanzieren können.“ 4 S. dazu Fritz Machlup / Edith Penrose, The Patent Controversy in the Nineteenth Century, in: Journal of Economic History 10 (1950), pp. 1 – 29, 10.

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den technischen Parametern des Produkts und der Produktionstechnik ab. So sind ätherische Öle etwa nach wie vor schwer zu bestimmen. Deshalb ist das Rezept für Coca-Cola bis heute nicht durch ein Eigentumsrecht geschützt. Das Beispiel zeigt zugleich aber: dort, wo Geheimhaltung überhaupt möglich ist, legt der Hersteller möglicherweise gar keinen Wert auf geistiges Eigentum. Weil die Frage seit mehr als einem Jahrhundert im Streit ist, ist sehr viel darüber geschrieben worden. Es gibt auch eine Reihe guter Zusammenfassungen.5 Diese Texte geben auch der Kritik an dem Anreizargument den ihr gebührenden Raum. Der eigene Beitrag dieses Texts besteht deshalb nicht in qualitativ neuen Argumenten, sondern in der Art, wie diese Argumente präsentiert und geordnet werden. Der Text nutzt ein spieltheoretisches Modell, um die Logik des Anreizarguments zu entfalten (II.). Die Kritik am geistigen Eigentum deutet er als Kritik an den Annahmen dieses Modells zur Ausgangssituation (III.) und zur Wirkung des geistigen Eigentums (IV.). Das Modell enthält zwei Vereinfachungen. Die Abnehmer sind darin nicht abgebildet. Die Möglichkeit bleibt ausgeblendet, dass Unternehmen parallel investieren, schließlich aber nur eines von ihnen das Eigentumsrecht erhält. Der abschließende Teil untersucht, wie sich die Aussagen ändern, wenn man diese Vereinfachungen aufgibt (V.). Dieser Text behandelt nur ein Argument. Die normativen Folgerungen müssen sich deshalb auf die Kraft dieses Arguments beschränken. Es wird erheblich abgeschwächt (VI.).

II. Die Logik des Anreizarguments Man kann das Problem der Innovation so darstellen (1), dass die Gewährung eines Eigentumsrechts als die logische Antwort erscheint (2). 1. Modellierung der Ausgangssituation Gedanklicher Ausgangspunkt ist die Idee. Um neue Ideen zu generieren, muss man Aufwand treiben. Kreative Köpfe müssen Arbeitszeit investieren. Sie müssen zuvor eine geeignete Ausbildung erhalten haben. Um Neues schaffen zu können, brauchen sie Kapital. Sie brauchen etwa eine Bibliothek, ein Labor, technische Mitarbeiter oder Versuchsmaterialien. Vor allem die letzten Gesichtspunkte haben Gewicht. Der Erfinder selbst mag gar nicht so selten intrinsisch motiviert sein.6 5 Fritz Machlup, An Economic Review of the Patent System. Washington, (1958); Ruth Towse / Rudi Holzhauer (Hrsg.), The Economics of Intellectual Property, 2002; Federal Trade Commission, To Promote Innovation, 2003, http: //www.ftc.gov/os/2003/10/innovationrpt. pdf; Suzanne Scotchmer, Innovation and Incentives, 2004; Peter S. Menell / Suzanne Scotchmer, Intellectual Property, 2005, http: //ssrn.com/abstract=741424. Zur Entwicklungsgeschichte s. etwa Machlup / Penrose (Fn. 4); Gillian Hadfield, The Economics of Copyright. An Historical Perspective, in: Copyright Law Symposium 38 (1992), pp. 1 – 46; Seckelmann (Fn. 2).

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Christoph Engel

Aber für die Produktion vieler Ideen genügt das nicht. Dass auch Dritte und insbesondere Kapitalgeber vornehmlich intrinsisch handeln, ist viel weniger wahrscheinlich. All das ist solange unproblematisch, wie niemand anders an der Idee interessiert ist. Der Wert vieler Ideen ist aber nicht unternehmensspezifisch. Dritte haben ebenfalls eine positive Zahlungsbereitschaft. Bei Prozessinnovationen sind die Dritten andere Unternehmen. Bei Produktinnovationen sind es andere Unternehmen, die das neue Produkt ebenfalls herstellen könnten, und die Abnehmer. Um die Präsentation des Arguments zu erleichtern, bleiben die Abnehmer im folgenden ausgeklammert. Am Ende kehrt der Text zum Handeln der Abnehmer zurück. Auf den ersten Blick sollte die Volkswirtschaft erfreut sein, wenn die aggregierte Zahlungsbereitschaft höher ist. In der Summe stehen dann ja mehr Mittel zur Verfügung, die in die Suche nach der neuen Idee investiert werden könnten. Besteht kein Eigentumsrecht an der Idee, kann sich dieser Vorzug aber zum Nachteil wandeln. Denn Ideen sind reine öffentliche Güter. Ohne Intervention der Rechtsordnung kann man niemanden daran hindern, neue Ideen zu verwerten. Das Ausschlussprinzip ist also gestört. Außerdem verbraucht sich eine neue Idee nicht dadurch, dass ihr Erfinder selbst sie nutzt. Es fehlt also an der Konsumrivalität.7 Die Theorie öffentlicher Güter sagt voraus, dass die Bereitstellung ohne staatliche Intervention unter dem sozial angemessenen Ausmaß bleibt. Die Bereitstellung unterbleibt ganz, wenn der private Nutzen wegen des Charakters als öffentliches Gut kleiner ist als der Aufwand. Um das Argument für das geistige Eigentum so stark wie möglich zu machen, ist dabei unterstellt: kooperative Erfindungen sind technisch möglich und rechtlich zulässig.8 Die Vorhersage zu geringer erfinderischer Aufwendungen beruht auf einem spieltheoretischen Modell.9 Das Verhältnis zwischen dem Erfinder und allen übri6 Anregend Bruno Frey, Not Just for the Money. An Economic Theory of Personal Motivation, 1997. 7 Eine gut lesbare Einführung in die Theorie öffentlicher Güter geben Michael Fritsch / Thomas Wein / Hans-Jürgen Ewers, Marktversagen und Wirtschaftspolitik. Mikroökonomische Grundlagen staatlichen Handelns, 2005. Die dahinter stehenden formalen Modelle fassen Richard Cornes / Todd Sandler, The Theory of Externalities, Public Goods and Club Goods, 1996, zusammen. 8 Zu den Folgen, wenn man diese Annahme fallen lässt, s. unten V. 9 Das am ehesten verwandte Papier ist Wendy J. Gordon, Asymmetric Market Failure and Prisoner’s Dilemma in Intellectual Property, in: University of Dayton Law Review 17 (1992), S 853 – 869. Es deutet die Ausgangsssituation ebenfalls als Gefangenendilemma. In dem Text wird diese Modellierung aber nicht im Einzelnen kritisch hinterfragt. S. auch F. Russell Denton / Paul J. Heald, Random Walks, Non-Cooperative Games and the Complex Mathematics of Patent Pricing, in: Rutgers Law Review 55 (2003), S. 1175 – 1288. Gänzlich untechnische Einführungen in die Spieltheorie bieten Douglas G. Baird / Robert H. Gertner / Randal C. Picker, Game Theory and the Law, 1994; Fritz W. Scharpf, Games Real Actors Play. ActorCentered Institutionalism in Policy Research, 1997. Technisch, aber sehr gut zugänglich ist Philip D. Straffin, Game Theory and Strategy, 1993. Der volle Apparat wird präsentiert in Drew Fudenberg / Jean Tirole, Game Theory, 1991.

Geistiges Eigentum als Anreiz zur Innovation

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gen Interessenten wird als Gefangenendilemma modelliert. Solange die potentiellen Erfinder nicht zu Koalitionen zusammenfinden können, genügt ein Zwei-Personen-Modell. Es beschreibt die strategische Interaktion zwischen dem potentiellen Erfinder und jedem anderen Interessenten. Das Modell hat die folgende Struktur:

Aufwand kein Aufwand

Aufwand

kein Aufwand

2,2 3,0

0,3 1,1

Die Spalten und die Zeilen bezeichnen die Strategien der beiden Interessenten. Jeder von ihnen kann Aufwand treiben, um die Idee zu generieren. Oder er kann darauf verzichten. In den Zellen stehen die Auszahlungen. Der erste Wert ist die Auszahlung für den Zeilenspieler. Der zweite Wert die Auszahlung für den Spaltenspieler. Um die strategischen Implikationen zu sehen, genügt es, die Auszahlungen in eine Reihenfolge zu bringen.10 Die Matrix setzt folgendes voraus: jeder Spieler stellt sich am besten, wenn nur der andere Aufwand treibt. Im zweitbesten Fall treiben beide Aufwand. Im drittbesten Fall treibt keiner Aufwand. Jeder stellt sich am schlechtesten, wenn er allein Aufwand treibt. Damit es leichter lesbar wird, soll „kein Aufwand“ im folgenden durch den Buchstaben D ersetzt werden. Anstelle von „Aufwand“ steht der Buchstabe C.11 In dem Spiel ist also vorausgesetzt, dass beide Spieler die folgende Präferenzordnung haben: DC > CC > DD > CD

Dieses Spiel hat ein einziges Gleichgewicht. Man kann es auf zwei verschiedene Weisen finden. Bei der ersten Lösung ignoriert man dominierte Strategien. Eine Strategie ist dann dominiert, wenn ein Spieler eine andere Strategie vorzieht, unabhängig davon, wie sich sein Mitspieler verhält. So liegt es hier. Der Zeilenspieler stellt sich immer besser, wenn er keinen Aufwand treibt. Beim Spaltenspieler ist es genauso.

10 Anders wäre das nur dann, wenn das Spiel (auch) ein Gleichgewicht in gemischten Strategien hätte. In einem gemischten Gleichgewicht randomisieren beide Spieler zwischen den Strategien. Um die Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen, mit denen sie jede der beiden Strategien wählen, muss man die Höhe der Auszahlungen kennen. Ein Gefangenendilemma hat aber kein Gleichgewicht in gemischten Strategien. 11 Diese Buchstaben stammen von der eingeführten englischen Bezeichnung für die beiden Strategien. C steht für cooperate, D für defect.

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Aufwand kein Aufwand

Aufwand

kein Aufwand

2,2 3,0

0,3 1,1

Streicht man die dominierten Strategien, bleibt nur eine einzige Zelle übrig. Das einzige Gleichgewicht besteht also darin, dass niemand Aufwand treibt. Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man nach Nash-Gleichgewichten sucht. Man bestimmt zu diesem Zweck die beste Antwort jedes Spielers, gegeben der andere Spieler wählt eine bestimmte Strategie. Diese besten Antworten sind in der folgenden Matrix unterstrichen. Ein Nash-Gleichgewicht verlangt, dass in einer Zelle zwei beste Antworten zusammenkommen. Dies ist nur in der einen Zelle der Fall, in der beide Unternehmen auf Aufwand verzichten. Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

2,2

0,3

kein Aufwand

3,0

1,1

Das Spiel beschreibt ein Dilemma, weil sich jeder der beiden Spieler besser stellen würde, wenn er Aufwand treibt. Denn jeder Spieler zieht CC ja DD vor. Nur die strategische Interaktion verhindert, dass die für beide bessere Lösung erreicht wird.12 Man kann die Gründe als eine Kombination von Gier und Furcht beschreiben.13 Wenn ich keinen Aufwand treibe, wohl aber mein Konkurrent, dann bekomme ich die neue Idee umsonst. Das ist das Motiv der Gier. Wenn ich Aufwand treibe, mein Konkurrent dagegen nicht, dann erhalte ich meine niedrigste Auszahlung. Damit das nicht passiert, treibe auch ich keinen Aufwand. Das ist das Motiv der Furcht. 2. Modellierung des Geistigen Eigentums Was ändert sich nun, wenn die Rechtsordnung dem Erfinder ein Ausschließlichkeitsrecht gibt? Um diese Frage beantworten zu können, muss man zunächst die Ausgangssituation genauer spezifizieren. Wo kommt die Rangordnung der Auszahlungen her? Die folgende Tabelle gibt Auskunft.14 Wenn die Idee generiert 12 In der technischen Sprache der Wohlfahrtstheorie: das Gleichgewicht liegt nicht auf der Pareto-Grenze. 13 Die plastischen Begriffe stammen von Michael M. Macy / Andreas Flache, Learning Dynamics in Social Dilemmas, in: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 99 (2002), pp. 7229 – 7236. 14 Damit die Darstellung leichter lesbar wird, sind dabei konkrete Zahlen eingesetzt. Man könnte die Aussage aber ohne Mühe verallgemeinern, indem man für jedes Element der Auszahlungsmatrix einen Buchstaben vergibt.

Geistiges Eigentum als Anreiz zur Innovation

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wird, stiftet sie jedem einen Nutzen von 2. Die Gesamtkosten betragen aber 3. Muss sie einer allein tragen, lohnt sich die Investition für ihn also nicht. Nutzen 2 2 0 2

DC CC DD CD

Kosten 0 -1,5 0 -3

Auszahlung 2 0,5 0 -1

Rang 3 2 1 0

Geistiges Eigentum macht die Nutzung der Idee davon abhängig, dass der Inhaber des Schutzrechts zustimmt. Es verteilt die Verhandlungsmacht also in extremer Weise. Der Inhaber des Schutzrechts kann jedem außenstehenden Unternehmen ein take it or leave it – Angebot machen. Wenn er weiß, wie viel anderen die Idee wert ist, wird er dabei einen hohen Preis verlangen.15 Ein Tausch Idee gegen Lizenzzahlung kommt dabei nur in Betracht, wenn zuvor einer der Spieler investiert hat (I), der andere dagegen nicht (I).16 In diesem Fall hat das Unternehmen, das nicht investiert hat, die Wahl, ob es eine Lizenz erwirbt (L) oder nicht (L). Das führt zu folgender Auszahlungstabelle: Nutzen II IIL IIL II IIL IIL

2 2 2 0 2 0

Investitionskosten Lizenzgewinn -1,5 -3 -3 0 0 0

0 1,75 0 0 -1,75 0

Auszahlung

Rang17

0,5 0,75 -1 0 0,25 0

3 4 0 1 2 1

Weil die Rechtsordnung interveniert hat, spielen die Unternehmen nun kein simultanes Spiel mehr. Denn zu Verhandlungen über die Erteilung einer Lizenz kann es ja nur kommen, wenn ein Unternehmen investiert hat und das andere Unternehmen das weiß. Sequenzielle Spiele sind leichter zu verstehen, wenn man sie als Spielbaum aufzeichnet.

15 Streng genommen erwartet die Rationaltheorie, dass der investierende Spieler dem anderen einen Vertrag anbietet, bei dem er sich nur um einen minimalen Betrag " besser stellt, wenn er die Lizenz erwirbt. Am Ergebnis ändert sich dadurch nichts. 16 Der Fall bleibt also ausgeblendet, dass zunächst beide Unternehmen investieren, schließlich aber nur eines das Schutzrecht erhält. Dazu unten V. 17 Im Grundmodell, das in diesem Abschnitt vorgeführt wird, spielen wiederum allein die Ränge eine Rolle. Auf die absolute Höhe der Auszahlungen kommt es nicht an. In späteren Abschnitten dieses Textes ändert sich das aber. Deshalb sind in den Spielbäumen jeweils die absoluten Auszahlungen notiert.

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In den Kreisen stehen die Spieler. Am Rande der Äste stehen die Strategien. Am Ende jeder Verzweigung stehen die Auszahlungen. Die erste Zahl ist dabei die Auszahlung für den ersten Spieler, die zweite Zahl die Auszahlung für den zweiten Spieler.18 Sequenzielle Spiele löst man durch Rückwärtsinduktion. Im jeweils letzten Knoten untersucht man, wie der hier zur Entscheidung berufene Spieler entscheiden würde. Die bevorzugte Auszahlung ist in dem Spielbaum unterstrichen. Dies antizipiert der Spieler auf der nächsthöheren Stufe. Im konkreten Fall würde Spieler 2 auf jeden Fall investieren, gleich wie sich Spieler 1 entschieden hat. Die Strategie, nicht zu investieren, ist für Spieler 2 also dominiert. Weil dem so ist, spielt für Spieler 2 keine Rolle, dass er nicht weiß, an welchem Ast des Spiels er sich befindet. Konsequent antizipiert Spieler 1, dass Spieler 2 in jedem Fall investieren wird. Wenn auch er investiert, erwartet er eine Auszahlung von 0,5. Das ist mehr als 0,25, die er erwartet, wenn er nicht investiert. Das einzige Gleichgewicht besteht deshalb darin, dass beide Spieler von vornherein investieren. Die Intervention des Gesetzgebers hat also tatsächlich dazu geführt, dass das Dilemma überwunden ist. Alle Firmen treiben von vornherein Aufwand für die Produktion von Ideen.

18 Der Spielbaum stellt auch die ursprüngliche, simultane Wahl zwischen Investition und Nichtinvestition dar, als hätten die Spieler nacheinander gezogen. Das ist aber nur ein Darstellungskniff. Die gepunktete Linie macht deutlich, dass Spieler 2 entscheiden muss, ohne die Entscheidung von Spieler 1 zu kennen. Die Darstellung als Element eines sequenziellen Spiels ist unschädlich, weil sich die Unterscheidung zwischen simultanen und sequenziellen Spielen nicht auf verschiedene Zeitpunkte bezieht, sondern auf verschiedene Informationsmengen.

Geistiges Eigentum als Anreiz zur Innovation

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III. Kritik an der Modellierung der Ausgangssituation Im Rahmen des Modells lässt sich auch die Kritik formulieren. Beschreibt das Modell die Ausgangssituation richtig? Und hat das geistige Eigentum wirklich die gerade dargestellten Wirkungen? Ein Gefangenendilemma setzt voraus, dass die Auszahlungen für beide Spieler die folgende Rangordnung haben19: DC > CC > DD > CD

Auf der Grundlage der gerade verwendeten Auszahlungstabelle lässt sich zeigen, dass diese Voraussetzung in vielen plausiblen Fällen nicht erfüllt ist. Das Spiel ändert sich, wenn der Erfinder mehr Nutzen oder weniger Kosten hat (1); wenn außenstehende Unternehmen weniger Nutzen oder mehr Kosten haben (2); grundsätzlich auch, wenn die kooperative Investition teurer ist (3). Der Gesetzgeber steht deshalb vor einem schwer zu lösenden Informationsproblem. Ob geistiges Eigentum nützlich oder notwendig ist, hängt von der Verteilung von Nutzen und Kosten in der jeweiligen Branche ab. Weil sich die Branchen in dieser Hinsicht erheblich unterscheiden, lässt sich eine allgemeine Empfehlung für die Einführung (oder Beibehaltung) von geistigem Eigentum nicht formulieren. 1. Position des Erfinders In der Tabelle des Ausgangsspiels haben beide Firmen den gleichen Nutzen, gleichgültig welche Firma in die Generierung von Wissen investiert hat. In der Wirklichkeit ist das oft anders. Wer die Erfindung selbst gemacht hat, kann auch mehr mit ihr anfangen. Er hat die Produktionsmethode oder das Produkt genau so ausgestaltet, dass seine Mitarbeiter und seine Kunden damit besonders gut zurechtkommen. Dann ändert sich die in der Tabelle mit N bezeichnete Zelle. Alternativ könnte man bei gleichbleibendem Nutzen auch die Kosten reduzieren. Das ist etwa dann eine plausible Annahme, wenn ein Unternehmen bereits über eine gut ausgebaute Forschungs- und Entwicklungsabteilung verfügt, der das Management zutraut, in kurzer Zeit Erfolg zu haben.

DC CC DD CD

Nutzen 2 2 0 N

Kosten 0 -1,5 0 -3

Auszahlung 2 0,5 0

Rang 3 2 0 1

Außerdem muss gelten: CC  DC‡CD , Anatol Rapoport / Albert M. Chammah, Prisoner’s 2 Dilemma. A Study in Conflict and Cooperation, 1965. Um dazu etwas auszusagen, braucht man nicht nur die Rangfolge, sondern auch die konkreten Auszahlungen. 19

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Am Gefangenendilemma ändert sich nichts, solange der Nutzen unter 3 bleibt. Wenn der Nutzen zwischen 3 und 3,5 liegt, dann wandelt sich die Rangordnung zu DC > CC > CD > DD

Damit es leichter lesbar wird, sind die Auszahlungen im folgenden wieder nach ihrer Rangordnung notiert. Das Spiel sieht dann so aus: Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

2,2

1,3

kein Aufwand

3,1

0,0

Die Spieltheoretiker nennen dieses Spiel „Kampf der Geschlechter“. Es hat die beiden markierten Gleichgewichte in reinen Strategien.20 Die Logik ist leicht zu verstehen. Der Zeilenspieler hätte es am liebsten, wenn der Spaltenspieler den Aufwand treibt, um die Idee zu generieren. Umgekehrt möchte der Spaltenspieler am liebsten, dass der Zeilenspieler aktiv wird. Beide wollen aber auf keinen Fall, dass die Investition ganz unterbleibt. Offensichtlich gibt es hier immer noch ein normatives Problem. Es besteht in der Auswahl des Gleichgewichts.21 Das Problem verschwindet aber, wenn die Beteiligten zum sequenziellen Spiel übergehen können. In der unternehmerischen Wirklichkeit ist das oft möglich. Ein Unternehmen muss sich zu diesem Zweck nur glaubwürdig binden, dass es nicht investieren wird. Es kann etwa einen aufwändigen Werbefeldzug für sein bisheriges Produkt starten. Dessen Wirkung würde verpuffen, wenn es die Produktion alsbald auf ein neuartiges Produkt umstellt. Dann nutzt es den ersten Schritt, um das andere Unternehmen zur Investition zu zwingen. Liegt der eigene Nutzen sogar zwischen 3,5 und 5, ändert sich die Präferenzordnung zu DC > CD > CC > DD

Wie die folgende Matrix zeigt, ist auch das ein Kampf der Geschlechter, nur mit einem für die Beteiligten noch günstigeren Ergebnis. Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

1,1

2,3

kein Aufwand

3,2

0,0

20 Es gibt ein drittes Gleichgewicht in gemischten Strategien. Solche Gleichgewichte spielen in der Wirklichkeit aber meist eine geringe Rolle. 21 S. dazu Roger Guesnerie, The Government and Market Expectations, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 157 (2001), pp. 116 – 126.

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Liegt der eigene Nutzen oberhalb von 5, kommt es zu der Präferenzordnung CD > DC > CC > DD

Das Spiel bleibt ein Kampf der Geschlechter. Nun kehren sich die Vorzeichen aber um. Jedes Unternehmen möchte das erste sein, das investiert. Der Übergang zum sequenziellen Spiel ist dann noch leichter zu bewältigen. Wer zuerst mit Forschung und Entwicklung begonnen hat, muss das nur hinreichend deutlich machen. Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

1,1

3,2

kein Aufwand

2,3

0,0

2. Position außenstehender Unternehmen In dem Grundmodell kann ein Unternehmen die fremde Erfindung zum Nulltarif nutzen. Das wird in der Wirklichkeit nur selten so sein. Empirische Untersuchungen zeigen, dass Imitation regelmäßig kostspielig ist.22 Die folgende Tabelle gibt die Ergebnisse einer Studie für 48 Innovationen wieder.23 Imitation Cost (Divided by Innovation Cost) of 48 New Products, by Industry and Cost of Innovation Imitation cost (divided by innovation cost) Less than 0.20 0.20 and under 0.40 0.40 and under 0.60 0.60 and under 0.80 0.80 and under 1.00 1.00 and over Total Less than 0.20 0.20 and under 0.40 0.40 and under 0.60 0.60 and under 0.80 0.80 and under 1.00 1.00 and over Totaly

Innovations costing more than $ 1 million z‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚}|‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚{ Electronics and Chemicals Drugs machinery

Innovations costing less than $ 1 million z‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚}|‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚{ Electronics and Chemicals Drugs machinery

(A) Number of new products 1 1 1 1 0 3 0 0 1 1 2 5 2 5 0 2 2 3 1 2 2 2 1 1 8 15 5 11 (B) New products weighted by innovation cost* (%) 3 3 17 15 0 11 0 0 z 1 53 46 44 54 0 13 15 21 9 22 38 9 22 4 100 100 100 100

0 0 0 0 1 0 1

0 2 0 4 1 1 8

0 0 0 0 100 0 100

0 34 0 36 18 11 100

* The weighted number of new products is expressed as a percentage of the column total. y Because of rounding errors, items may not sum to column total. z Less than 0.5. 22 S. die Ergebnisse der repräsentativen Befragung in Richard C. Levin / Alvin K. Klevorick / Richard R. Nelson / Sidney G. Winter / Richard Gilbert / Zvi Griliches, Appropriating the Returns from Industrial Research and Development, in: Brookings Papers on Economic Activity (1987), pp. 783 – 831. 23 Aus Edwin Mansfield / Mark Schwartz / Samuel Wagner, Imitation Costs and Patents. An Empirical Study, in: Economic Journal 91 (1981), pp. 907 (908).

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Christoph Engel

Kostenlose Imitation ist also extrem selten. In der Studie sind auch patentierte Innovationen enthalten. Die durchschnittlichen Kosten des Erfindens um ein Patent herum sind in derselben Studie aber mit nur 11% der Innovationskosten bestimmt worden.24 Die Ergebnisse der Studie sind deshalb auch relevant, wenn man, wie hier, unterstellt, dass es kein geistiges Eigentum gibt. Wie die Empirie zeigt, können die Kosten der Imitation sogar höher sein als die Kosten einer eigenen Erfindung. Wenn dem so ist, dann sind die Präferenzen wie folgt geordnet: CC > DD > CD > DC

Das führt zu folgendem Spiel: Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

3,3

1,0

kein Aufwand

0,1

2,2

Im spieltheoretischen Jargon wird das Spiel als „Hirschjagd“ bezeichnet. Es hat zwei Gleichgewichte in reinen Strategien.25 Das Problem der Gleichgewichtsauswahl ist gelöst, wenn die Beteiligten zum sequenziellen Spiel übergehen können. Dann bestimmt der erste Spieler durch seine Entscheidung, welches der beiden kooperativen Gleichgewichte gespielt wird. In der unternehmerischen Wirklichkeit braucht also nur eines der beiden Unternehmen vorzupreschen. Liegen die Kosten der Imitation zwar unterhalb der Kosten der Ersterfindung, sind aber höher als deren Nutzen (gilt also 2 < K < 3), dann ergibt sich CC > DD > DC > CD

Daraus generiert sich das folgende Spiel: Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

3,3

0,1

kein Aufwand

1,0

2,2

Am Charakter als „Hirschjagd“ ändert sich also nichts.

24 Technisch genauer: 11 % waren der Median, Mansfield / Schwartz / Wagner (Fn. 23), p. 913. 25 Und erneut ein drittes Gleichgewicht in gemischten Strategien.

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Sind die Kosten der Imitation zwar geringer als der Nutzen, aber höher als die Kosten bei kooperativer Erfindung (gilt also 1; 5 < K < 2), so ergibt sich als Präferenzordnung: CC > DC > DD > CD

Das Spiel hat die folgende Struktur: Aufwand 3,3 0,2

Aufwand kein Aufwand

kein Aufwand 2,0 1,1

Dieses Spiel hat ein einziges kooperatives Gleichgewicht. Beide Firmen investieren. Liegen die Kosten der Imitation dagegen unter den Kosten bei kooperativer Erfindung (liegen sie also unter 1,5), ändert sich die Präferenzordnung nicht. Es bleibt bei dem Gefangenendilemma. Das Gefangenendilemma verschwindet auch dann, wenn fremde Erfindungen einen geringeren Nutzen stiften als eigene. Auch dafür gibt es deutliche empirische Anhaltspunkte. Regelmäßig braucht Imitation nämlich Zeit. Wie viel Zeit, zeigt die folgende Tabelle:26 Imitation Time (Divided by Innovation Time) of 48 New Products, by Industry and Cost of Innovation Imitation time (divided by innovation time) Less than 0.30 0.30 and under 0.50 0.50 and under 0.70 0.70 and under 0.90 0.90 and under 1.10 1.10 and over Total Les than 0.30 0.30 and under 0.50 0.50 and under 0.70 0.70 and under 0.90 0.90 an under 1.10 1.10 and over Totaly

Innovations costing more than $ 1 million z‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚}|‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚{ Chemicals

Drugs

Electronics and machinery

Innovations costing less than $ 1 million z‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚}|‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚‚{ Chemicals

(A) Number of new products 1 2 1 2 1 5 1 2 1 3 1 4 3 0 0 1 1 3 1 1 1 2 1 1 8 15 5 11 (B) New products weighted by innovation cost* (%) 3 10 35 16 2 28 17 36 35 24 19 27 22 0 0 16 18 16 22 4 19 23 9 2 100 100 100 100

Drugs

Electronics and machinery

0 0 1 0 0 0 1

0 2 2 1 1 2 8

0 0 100 0 0 0 100

0 16 23 14 18 30 100

* The weighted number of new products is expressed as a percentage of the column total. y Because of rounding errors, items may not sum to column total. 26

Aus Mansfield / Schwartz / Wagner (Fn. 23), p. 909.

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Christoph Engel

In der Zwischenzeit entgeht dem Nachzügler jedenfalls der Gewinn, den er mit der Innovation gemacht hätte. Regelmäßig erleidet er darüber hinaus Nachteile im Wettbewerb. Sie sind am deutlichsten ausgeprägt, wenn der Vorreiter den ganzen Markt bedienen und billiger produzieren kann.27 Ausgeprägt ist der Wettbewerbsvorsprung auch dann, wenn die Innovation das Produkt selbst verändert und die Nachfrage nach dem bisherigen Produkt zurückgeht.28 Die strategischen Implikationen sind dieselben, die auch eintreten, wenn es positive Kosten der Imitation gibt. Die Präferenzordnung ändert sich solange nicht, wie die Summe aus Nutzen und Kosten bei Imitation höher ist als bei kooperativer Erfindung (also wenn N > 0; 5). Sinkt der Nutzen unter diese Schwelle (gilt also 0 < N < 0; 5), ändert sich die Präferenzordnung zu CC > DC > DD > CD

Es wurde schon gezeigt, dass dieses Spiel nur ein einziges kooperatives Gleichgewicht hat. Wird der Nutzen bei Imitation schwach negativ (gilt also 1 < N < 0), dann ist die Präferenzordnung CC > DD > DC > CD

27 Joseph Louis Francois Bertrand, Théorie mathématique de la richesse sociale par León Walras. Recherches sur les principes mathématiques de la théorie des richesses par Augustin Cournot, in: Journal des savants 67 (1883), p. 499 – 508; David M. Kreps / Jose Alexandre Scheinkman, Quantity Precommitment and Bertrand Competition Yields Cournot Outcomes, in: Bell Journal of Economics 14 (1983), pp. 326 – 337. 28 Bei solch einer Produktinnovation sind das alte und das neue Produkt Substitute. Zu den Folgen für den Wettbewerb gibt es eine reiche Literatur. Siehe Raymond J. Deneckere, Duopoly Supergames with Product Differentiation, in: Economics Letters 11 (1983), pp. 37 – 42; Nirvikar Singh / Xavier Vives, Price and Quantity Competition in a Differentiated Oligopoly, in: Rand Journal of Economics 15 (1984), pp. 546 – 554; David W. Majerus, Price vs. Quantity Competition in Oligopoly Supergames, in: Economics Letters 27 (1988), pp. 293 – 297; Thomas Ross, Cartel Stability and Product Differentiation, in: International Journal of Industrial Organization 10 (1992), pp. 1 – 13; Robert Rothschild, On the Sustaina-bility of Collusion in Differentiated Duopolies, in: Economics Letters 40 (1992), pp. 33 – 37; Luca Lambertini, Choosing Roles in a Duopoly for Endogenously Differentiated Products, in: Australian Economic Papers 35 (1996), pp. 205 – 224; Svend Albaek / Luca Lambertini, Collusion in Differentiated Duopolies Revisited, in: Economics Letters 59 (1998), pp. 305 – 308; Luca Lambertini / Gianpaolo Rossini, Product Heterogeneity as a Prisoner’s Dilemma in a Duopoly with R&D, in: Economics Letters 58 (1998),pp. 297 – 301; Roberto Cellini / Luca Lambertini, A Differential Game Approach to Investment in Product Differentiation, in: Journal of Economic Dynamics and Control 27 (2002), pp. 51 – 62; Roberto Cellini / Luca Lambertini, Differential Oligopoly Games, in: Bianchi / Lambertini (Hrsg.), Technology, Information and Market Dynamics: Topics in Advanced Industrial Organization, 2003, pp. 173 – 207; Philippe Aghion / Nicholas Bloom / Richard Blundell / Rachel Griffith / Peter Howitt, Competition and Innovation: An Inverted-U Relationship, in: Quarterly Journal of Economics 120 (2005), pp. 701 – 728.

Geistiges Eigentum als Anreiz zur Innovation

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Das generiert, wie schon gezeigt, eine „Hirschjagd“. Wird der Nutzen schließlich stark negativ (gilt also N < 1), dann gilt CC > DD > CD > DC

Auch das generiert, wie gezeigt, eine „Hirschjagd“. 3. Kosten kooperativer Erfindung Denkbar ist schließlich, dass die Gesamtkosten einer kooperativen Erfindung höher sind, als wenn ein Unternehmen allein investiert. Dafür können etwa Größenvorteile oder Lerneffekte verantwortlich sein. Ein anderer Grund sind Koordinationsschwierigkeiten. Solange die Kosten bei kooperativer Erfindung den Nutzen nicht übersteigen (solange also gilt 2 > K > 1; 5), bleibt die Präferenzordnung unverändert. Sind die Kosten für jedes einzelne Unternehmen zwar höher als der Nutzen, aber niedriger als die Gesamtkosten bei Einzelerfindung (gilt also 3 > K > 2), ändert sich die Präferenzordnung zu DC > DD > CC > CD

Das Spiel sieht dann so aus: Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

1,1

0,3

kein Aufwand

3,0

2,2

Das ist zwar kein Gefangenendilemma mehr. Denn im Gleichgewicht gelangen die Unternehmen zu der besten für sie gemeinsam erreichbaren Lösung. Diese Lösung besteht aber darin, dass kein Unternehmen in Innovationen investiert. Bei diesem Gleichgewicht bleibt es auch dann, wenn die Kosten für jedes einzelne Unternehmen bei kooperativer Erfindung noch höher sind als wenn das Unternehmen die Erfindung allein getätigt hätte. Dann sind die Präferenzen so geordnet: DC > DD > CD > CC

Daraus ergibt sich das folgende Spiel: Aufwand

kein Aufwand

Aufwand

0,0

1,3

kein Aufwand

3,1

2,2

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IV. Kritik an der Modellierung der rechtlichen Intervention Wenn schon die Ausgangssituation kein Gefangenendilemma darstellt, sind Interventionen der Rechtsordnung von vornherein entbehrlich.29 Wie ist die Gewährung eines Eigentumsrechts an der Idee aber zu beurteilen, wenn die Ausgangssituation grundsätzlich als Gefangenendilemma richtig beschrieben ist? Die Antwort fällt zwiespältig aus. Die Gewährung eines Eigentumsrechts ist tatsächlich eine robuste Institution. Viele empirisch plausible Variationen des Grundmodells ändern das Gleichgewicht nicht. Geistiges Eigentum führt also weiter dazu, dass alle Interessenten ihren Beitrag zur Produktion der Idee leisten. In anderen Konstellationen ändert sich das Gleichgewicht dagegen in normativ problematischer Weise. Zur Variation des Grundmodells gibt es viel Anlass. Gibt es geistiges Eigentum, erleiden Außenstehende häufig einen Nachteil (1). Der Nutzen für den Lizenznehmer kann negativ oder die Lizenzgebühren können sehr hoch werden (2). Kooperative Erfindungen können weniger attraktiv sein, als das Ausgangsmodell unterstellt (3). Schließlich bieten Patente dem Erfinder oft nur unvollständigen Schutz (4). 1. Nachteile für Außenstehende In diesem Text war stets von Eigentumsrechten an Ideen die Rede. Das ist der konzeptionelle Kern des Problems. Tatsächlich gewährt die Rechtsordnung an der reinen Idee aber gerade kein Schutzrecht. Im Urheberrecht ist nur die Form geschützt, nicht der Inhalt.30 Im Patentrecht ist nur die produktfähige Erfindung geschützt, nicht die dabei ausgenutzte allgemeine Idee.31 Diese Zurückhaltung der Rechtsordnung ist gut begründet. Je abstrakter der Schutzgegenstand gefasst ist, desto mehr Personen sind davon nämlich betroffen.32 Jeder, der die abstrakte Idee verwerten möchte, müsste zunächst eine Lizenz erwerben. Ob die Rechtsordnung die Grenze immer richtig zieht, ist lebhaft umstritten. Das ist die Frage nach der angemessenen Breite des Schutzes.33 Die Sorge ist dabei nicht bloß verteilungspolitischer Natur. Es geht also nicht bloß darum, dass der erste Erfinder einen unangemessen hohen Lohn erhält. Vielmehr besteht die Gefahr, dass sozial nützliche Handlungen ganz unterbleiben. Dazu kann es kommen, weil der Inhaber des Schutzrechts sie blockiert, um selbst einen möglichst hohen Gewinn zu machen. Das Problem entsteht aber auch schon Zu alternativen Modellen s. unten V. s. nur Haimo Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2005, § 9 Abs. 1. 31 s. nur § 1 Abs. 3 Nr. 1 PatG. 32 Näher etwa James E. Bessen / Eric Maskin, Sequential Innovation, Patents, and Imitation, 2006, http: //www.dklevine.com/naj/cache/321307000000000021.pdf. 33 Zusammenfassend Menell / Scotchmer (Fn. 5). 29 30

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dann, wenn die Transaktionskosten für die nötigen Verhandlungen prohibitiv werden. Für das Problem ist der griffige Name „anticommons“ geprägt worden.34 Es mag verblüffen, dass dieses Problem im Rahmen des oben entwickelten Modells ohne Folgen bleibt. Wenn Außenstehende geschädigt werden, wird der Nutzen für den Fall negativ, dass jemand weder investiert noch eine Lizenz nimmt. In der Auszahlungstabelle ändert sich dann der Nutzen N in der Zeile IIL: Nutzen II

2

Investitionskosten -1,5

Lizenzgewinn

Auszahlung

0

0,5

IIL

2

-3

1,75

0,75

IIL

2

-3

0

-1

II

0

0

0

0 0,25

IIL

2

0

-1,75

IIL

N

0

0

In dem Spielbaum ist als Beispiel angenommen, dass der Nutzen auf -0,5 sinkt. Dann sieht das Spiel so aus:

Wie man erkennt, ändert sich am Kalkül von Spieler 1 auf der letzten Stufe nichts. Er hat es ja schon vorher vorgezogen, eine Lizenz zu nehmen, gleich wie Spieler 2 zuvor entschieden hatte. Deshalb bleibt es beim ursprünglichen Gleich34 Michael A. Heller, The Tragedy of the Anticommons. Property in the Transition from Marx to Markets, in: Harvard Law Review 111 (1998), pp. 621 – 688; Francesco Parisi, Entropy in Property. George Mason University Law and Economics Working Paper 01 – 14 (2001).

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gewicht des Spiels. Für Spieler 2 ist die Strategie nach wie vor dominiert, bei der er auf eigene Investitionen verzichtet. Nach wie vor investieren beide Spieler deshalb von vornherein. Es bleibt bei der wohlfahrtsmehrenden Lösung. Die Überlegungen zu den Grenzen des geistigen Eigentums machen allerdings bereits deutlich, dass diese Lösung mit Vorsicht zu genießen ist. Wenn es wirklich nur zwei Unternehmen gibt, die mit einer Erfindung etwas anfangen können, mag man sich kooperative Erfindungen vorstellen. Schließlich sind Forschungs- und Entwicklungskooperationen ja auch im Kartellrecht privilegiert.35 Wird die Zahl der Interessenten größer, wird die interne Koordination dagegen zu einem ernsthaften Problem. Dieses Problem lässt sich im Rahmen des Modells formulieren. Das wird im Anschluss geschehen. Auch normativ wären Erfindungen im größeren Kollektiv nicht wünschenswert. Davon geht offensichtlich auch das Recht des geistigen Eigentums aus. Als Normalfall stellt es sich Arbeitsteilung vor. Die Unternehmen entwickeln getrennt und vertreiben die mit ihren Ideen produzierten Produkte im Wettbewerb. 2. Nachteile für Lizenznehmer Im Ausgangsmodell ist unterstellt, dass der Nutzen der geschützten Idee für alle Beteiligten gleich groß ist. Das muss nicht so sein. So hat es der Erfinder etwa in der Hand, Lizenzen erst zu vergeben, nachdem er selbst einen Vorsprungsgewinn erzielt hat. Dann ändert sich die Auszahlungstabelle an der markierten Stelle: Nutzen

Investitionskosten

II

2

-1,5

IIL

2

-3

IIL

2

II

0

IIL IIL

Lizenzgewinn

Auszahlung

0

0,5

1,75

0,75

-3

0

-1

0

0

0

N

0

-1,75

0

0

0

0

Das Spiel ändert sich dadurch ziemlich weitgehend. Der Spielbaum präsentiert die Situation, in der der Nutzen des Lizenznehmers auf 1,65 fällt. Dann ändert sich die Auszahlung zu -0,1. Das Spiel wird wieder durch Rückwärtsinduktion gelöst. Im linken Ast ändert sich auf der letzten Stufe nichts. Spieler 1 zieht nach wie vor vor, dass ein Lizenzvertrag zu Stande kommt. Im rechten Ast wechselt die Präferenz von Spieler 1 dagegen. Er ist nun am Abschluss eines Lizenzvertrages nicht mehr interessiert. 35 Verordnung Nr. 772 / 2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen, ABl. 2004 L 123 / 11.

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Auf der nächsten Stufe antizipiert Spieler 2 diese Entscheidungen. Auch hier ändert sich im linken Ast des Spieles nichts. Spieler 2 zieht es vor, zu investieren. Dagegen ändert sich die Präferenz im rechten Ast. Spieler 2 möchte in dieser Konstellation nicht investieren. Die Präferenz von Spieler 2 ist also nicht mehr unabhängig davon, wie Spieler 1 auf der ersten Stufe entschieden hat. Diese Entscheidung kann Spieler 2 aber nicht beobachten, wenn er selbst entscheiden muss. Das Gleichgewicht dieses Spiels findet man leichter, wenn man es in Normalform, also als Matrix darstellt. Diese Darstellung ist auch bei sequenziellen Spielen möglich. Man muss dann jeder Kombination der Strategien beider Spieler eine Auszahlung zuweisen. Eine Strategie ist dabei ein vollständiger Plan. Spieler 2 hat nur eine Entscheidung. Spieler 1 muss dagegen zunächst entscheiden, ob er investieren will. Für den Fall, dass die ursprünglichen Entscheidungen beider Spieler nicht übereinstimmen, muss er außerdem entscheiden, ob er eine Lizenz anbieten bzw. erwerben will. Stellt sich diese zweite Frage nicht, wird in beide in Betracht kommenden Zellen dieselbe Auszahlung eingetragen. Um die Matrix leichter lesbar zu machen, stehen dabei ausnahmsweise die Strategien von Spieler 1 in den Spalten, die Strategien von Spieler 2 in den Zeilen. Auf diese Weise gelangt man zu der folgenden Matrix:

I I

IL 0,5;0,5 0,75;-0,1

IL 0,5;0,5 -1;0

IL -0,1;0,75 0;0

IL 0;-1 0;0

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Die Lösung findet man, indem man Schritt für Schritt dominierte Strategien ausscheidet. Wenn sich Spieler 1 für IL oder IL entscheidet, stellt er sich immer schlechter als bei der Strategie IL, unabhängig davon, wie Spieler 2 handelt. Deshalb wählt Spieler 1 nur zwischen den Strategien IL und IL. Dies antizipiert Spieler 2. In diesen beiden Fällen stellt er sich immer schlechter, wenn er I wählt. In den verbliebenen Fällen ist diese Strategie für ihn deshalb dominiert. Es bleiben nur zwei Zellen. Kehrt man zum Spielbaum zurück, erkennt man, dass die Doppelung ein Artefakt der Normalform ist. Tatsächlich ist das ein und dieselbe Situation, in der beide Firmen von vornherein zur Produktion der Idee beitragen. Der gedankliche Weg ist also viel komplizierter als im Grundmodell. Das Ergebnis ist aber das gleiche. Das Ergebnis leuchtet auch intuitiv ein. Wenn Spieler 1 nicht investiert, erhält er bestenfalls eine Auszahlung von 0. Investiert er, müsste er in einer Zelle seine schlechteste Auszahlung von -1 hinnehmen. Weil der Erfinder ein Schutzrecht erhält, hängt es aber allein von seiner eigenen Entscheidung ab, ob dieses Ergebnis eintritt. In den drei verbleibenden Zellen beträgt die Auszahlung wenigstens 0,5, wenn Spieler 1 investiert. Das Gleichgewicht ändert sich auch dann nicht, wenn es dem Inhaber des Schutzrechts gelingt, den Lizenznehmer noch stärker zu benachteiligen. Das belegt ein Blick auf die Darstellung des Spiels in Normalform. IL

IL

IL

IL

I

0,5;0,5

0,5;0,5