Franchise-Netzwerke im deutsch-englischen Rechtsvergleich [1 ed.] 9783428548439, 9783428148431

Die Erscheinungsform eines Vertrags-Netzwerkes, d.h. der Abschluss einer Mehrheit von Verträgen, die bewusst – jedoch oh

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Franchise-Netzwerke im deutsch-englischen Rechtsvergleich [1 ed.]
 9783428548439, 9783428148431

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Schriften zum Internationalen Recht Band 207

Franchise-Netzwerke im deutsch-englischen Rechtsvergleich

Von

Katharina Lubitzsch

Duncker & Humblot · Berlin

KATHARINA LUBITZSCH

Franchise-Netzwerke im deutsch-englischen Rechtsvergleich

Schriften zum Internationalen Recht Band 207

Franchise-Netzwerke im deutsch-englischen Rechtsvergleich

Von

Katharina Lubitzsch

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-14843-1 (Print) ISBN 978-3-428-54843-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84843-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Erscheinungsform eines Vertrags-Netzwerkes, d. h. der Abschluss einer Mehrheit von Verträgen, die bewusst – jedoch ohne Errichtung einer Gesellschaft – miteinander verknüpft sind, ist im Wirtschaftsleben ubiquitär; beispielhaft herausgegriffen wurden für diese Arbeit Franchise-Arrangements, bestehend aus einer Vielzahl dem äußeren Erscheinungsbild sowie dem Angebot nach gleichen, rechtlich aber unabhängigen Betrieben. Das Netzwerk stellt die Grundlage für den Erfolg jedes einzelnen Systempartners dar – und wirft, da als solches der Rechtsdogmatik unbekannt, spezifische Fragen auf: Wie können Franchisenehmer vorgehen, die aufgrund von Qualitätsunterschreitungen eines anderen Teilnehmers Umsatzeinbußen erleiden? Wem sind Erträge zuzuordnen, die auch aufgrund der Größe des Netzwerkes generiert worden sind? Das Konstrukt eines Franchise-Netzwerkes und die wichtigsten damit verbundenen Problemstellungen behandelt diese Arbeit, und zwar rechtsvergleichend, vor dem Hintergrund des deutschen Rechts sowie des englischen als der bedeutendsten europäischen Common Law-Rechtsordnung. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Wintersemester 2014/2015 als Dissertation angenommen; Rechtsprechung und Literatur wurden bis einschließlich Juli 2015 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Dr. Stefan Grundmann für die Anregung des Themas und die Betreuung der Arbeit. Herrn Prof. Dr. Gerhard Dannemann danke ich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Großer Dank gilt nicht zuletzt meiner Familie, deren Unterstützung die Entstehung dieses Buches wesentlich gefördert hat. Berlin, im September 2015

Katharina Lubitzsch

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Franchise-Arrangements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Entstehung und Charakterisierung des Franchising als Vertriebsform . . . . . . . . . 15 1. Herkunft und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 a) Ursprung des Begriffs und „Straight Product Franchising“ . . . . . . . . . . . . 15 b) „Business Format Franchising“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2. Arten des Franchising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3. Abgrenzung des Franchising von anderen Vertriebssystemen . . . . . . . . . . . . . 18 a) Vertrieb durch eigene Filialen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 b) Vertrieb durch Absatzmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 aa) Handelsvertreter – Commercial Agent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 bb) Vertragshändler – Distributor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4. Begriffsbestimmung „Franchising“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 5. Wesentliche Regelungen eines typischen Franchisevertrages . . . . . . . . . . . . . 26 a) Subordinations- und Partnerschaftsfranchising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Konkrete Pflichtenausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Der Franchisevertrag als ,Langzeitvertrag‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Dauerschuldverhältnis und Long-term contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 a) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 aa) Charakterisierung von Dauerschuldverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 bb) Kategorie der personenbezogenen Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . 32 b) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Längerfristige Zusammenarbeit in den Sozialwissenschaften . . . . . . . . . . . . . 35 a) Spieltheoretische Erklärung von Kooperation in der Soziologie . . . . . . . . . 35 b) Ökonomische Analyse des Rechts im Hinblick auf Langzeitverträge . . . . 38 c) Nichtgebrauch von Recht bzw. Unvollständigkeit von Verträgen bei längerfristiger Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Fiduciary relationship und Treupflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 aa) Gesellschaftsrechtliche Treupflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 bb) Der Treuhandvertrag nach Grundmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

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Inhaltsverzeichnis 4. Vertragliche Qualifikation des Franchisevertrages im deutschen Recht . . . . . 47 a) Gesellschaftsvertrag – § 705 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Arbeitsvertrag – § 611 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 c) Pacht- und Geschäftsbesorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 aa) Pachtvertrag – § 581 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 bb) Geschäftsbesorgungsvertrag – § 675 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 cc) Eigenartiger Mischvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5. Einordnung des Franchisevertrages im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Licence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 b) Distributorship und sales agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 c) Contract of employment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 d) Fiduciary relationship . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Agency . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Partnership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 e) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Vom einzelnen Vertrag zum Franchisesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Zu den Begriffen Netz/net und Netzwerk/network . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3. Netzwerke in der Soziologie und Ethnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 a) Entwicklung der Netzwerkforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Stränge in der Netzwerkforschung und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4. Netzwerke in der Betriebswirtschaftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Ökonomische Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 aa) Begründung durch Ronald H. Coase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 bb) Weiterentwicklung durch Oliver E. Williamson . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 cc) Einordnung von Netzwerken als Organisationsform . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Interorganisationale Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Charakterisierung und Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Franchisesysteme als strategische Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 5. Netzwerke in der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Rechtliche Einordnung im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 aa) ,Kein nennenswerter Erkenntnisgewinn‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 bb) Die Lehre von den Vertragsverbindungen nach Gernhuber . . . . . . . . . 86 cc) Vernetzung von Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Netzwerke im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Entgegenstehen von Privity of contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) ,Network‘ is not a legal concept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Inhaltsverzeichnis

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c) Verhältnis zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung und Interessenstruktur im Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Institutionen zwischen Vertrag und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 bb) Interessengegensatz, Interessenwahrung, Interessenverbindung . . . . . . 93 cc) Interessenlage im Franchise-Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Langzeitverträge – Relational contracts – Fiduciary relationships . . . . . . . . . . . 99 1. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Macneil: Relational contract theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 b) Rezeption und Fortentwicklung der Relational contract theory in England 102 aa) McKendrick: Kein rechtlicher Anpassungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Campbell: Relational constitution of discrete contract . . . . . . . . . . . . . 103 cc) Collins: Competing norms of contractual behaviour . . . . . . . . . . . . . . 105 dd) Brownsword: Contract of co-operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Erweiterung der Fiduciary relationships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Common law und Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Ad hoc – fiduciary relationships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 cc) Fiduciary relationships in commercial transactions . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Rezeption und Fortentwicklung der Relational contract theory in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Nicklisch: Komplexer Langzeitvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 bb) Schanze: Symbiotischer Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 cc) Joerges: Statusvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Wellenhofer: Treupflichtverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Vertragsnetzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Teubner: Netzwerk als Vertragsverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Phänomen des hybriden Netzwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Rechtliche Behandlung von Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Heermann: Synallagmatisches Triallagma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 c) Rohe: Netzvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 d) Wellenhofer: Netzzweck und Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 e) Grundmann: Dogmatik der Vertragsnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 aa) Keine Direktansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Berücksichtigung im Einzelvertrag über Generalklauseln . . . . . . . . . . 134

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Inhaltsverzeichnis 2. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Brownsword/Adams: Network contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 aa) Privity of contract und consideration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Network contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Collins: Network architecture of supply chains . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 III. Langzeit- und Netzwerkcharakter: Der Organisationsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 142

D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken am Beispiel des Free Riding . . . . . . . . 144 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Goodwill, Markenzeichen und die Bedeutung von Standardisierung . . . . . 144 b) Das Free Riding-Problem in der ökonomischen Theorie . . . . . . . . . . . . . . 145 aa) Prinzipal-Agent-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 bb) Free Riding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 c) Vertragliche Gestaltung und Direktanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 2. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Deliktsrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 aa) §§ 823 Abs. 1, 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Abgrenzung Vertrags-/Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Vertragsrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 aa) Pflichtencharakter und Vertragsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 bb) Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 cc) Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 dd) Culpa in Contrahendo, § 311 Abs. 2, 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Netzwerk als Vertragsverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Netzvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 cc) Netzzweck und Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 dd) Vertragsnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 d) Neue Theorie zu Direkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 e) Ergebnis, Verallgemeinerung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 aa) Ergebnis nach klassischem Recht und neuen Theorien . . . . . . . . . . . . 177 bb) Verallgemeinerung durch Anwendung auf die Warnpflicht . . . . . . . . . 179 cc) Bewertung der Netzwerktheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 dd) Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Vertragsrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 bb) Sonstige Ausnahmen zur privity-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Inhaltsverzeichnis

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b) Deliktsrechtliche Lösung unter der tort of negligence . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Grundlagen der tort of negligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Ersatz reiner Vermögensschäden im Rahmen der Berufshaftung . . . . . 190 cc) Ersatz reiner Vermögensschäden innerhalb von Vertragsketten . . . . . . 194 dd) Abkehr von der Ersatzfähigkeit reiner Vermögensschäden jenseits der Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 ee) Abgrenzung Vertrags-/Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 ff) Anspruch des Franchisenehmers aus der tort of negligence? . . . . . . . . 199 c) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 aa) Network contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 bb) Network architecture of supply chains . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 d) Ergebnis, Verallgemeinerung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 4. Rechtsvergleichung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 II. Modifikationen des Einzelvertrags am Beispiel der Teilung von Vorteilen . . . . . 206 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Mengenrabatte durch Nachfragemacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Exkurs: Kartellrechtliche Zulässigkeit einer Warenbezugsbindung . . . . . . 208 aa) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 bb) Sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Weiterleitung bei entsprechender Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Anspruch auf Herausgabe gemäß §§ 675 Abs. 1, 667 BGB . . . . . . . . . . . . 214 aa) Anspruch bei Bezugsbindung an den Franchisegeber . . . . . . . . . . . . . . 214 bb) Anspruch bei Bezugsbindung an bestimmte Lieferanten . . . . . . . . . . . 214 cc) Ausschluss des Anspruchs möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 c) Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 33 Abs. 3 Satz 1, 20 Abs. 1 Satz 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 d) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken und Langzeitverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 aa) Netzwerk als Vertragsverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 bb) Netzvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 cc) Netzzweck und Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 dd) Vertragsnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 ee) Symbiotischer Vertrag, Statusvertrag und Treupflichtverhältnis . . . . . 229 e) Ergebnis, Verallgemeinerung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 aa) Ergebnis nach klassischem Recht und neuen Theorien . . . . . . . . . . . . 230 bb) Netzwerkbedingte Modifikation bei der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . 231 cc) Langzeitvertragsbedingte Modifikation bei der Kündigung . . . . . . . . . 233 dd) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 ee) Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

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Inhaltsverzeichnis 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Weiterleitung bei entsprechender Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Ausschluss der Weiterleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Implied term . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 d) Agency . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 e) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken und Langzeitverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 aa) Relational contract theory und deren englische Fortentwicklung . . . . . 246 bb) Network contract und Contract of co-operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 cc) Erweiterung der Fiduciary relationships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 f) Ergebnis, Verallgemeinerung und Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Ergebnis nach klassischem Recht und neuen Theorien . . . . . . . . . . . . 255 bb) Netzwerkbedingte Modifikation bei der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . 256 cc) Langzeitvertragsbedingte Modifikation bei der Kündigung . . . . . . . . . 258 dd) Bewertung und Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 4. Rechtsvergleichung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

E. Schlussteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

A. Einleitung Franchising ist eine Form des vertikalen Absatzes von Waren und Dienstleistungen, die in den vergangenen Jahrzehnten einen beispiellosen Boom erlebt hat. Ziel ist der Aufbau eines flächendeckenden Vertriebsnetzes unter Einsatz selbständiger Absatzmittler, wobei dem einheitlichen äußeren Erscheinungsbild und der gleichbleibenden Qualität eine überragende Bedeutung zukommt. Franchisesysteme werden implementiert, indem der Franchisegeber, der ,Systemkopf‘, mit einer Vielzahl von Franchisenehmern gleichartige Verträge abschließt. Durch den Franchisevertrag wird dem Franchisenehmer das Franchisepaket zur Verfügung gestellt, welches beim ,Business Format Franchising‘ – der Franchisierung eines den gesamten Betrieb umfassenden Konzeptes – aus Schutzrechten, Know-How und detaillierten Bestimmungen zum Vertriebskonzept besteht. Daneben trifft den Franchisegeber die Pflicht zur Eingliederung und Förderung des Betriebs seines Vertragspartners; der Franchisenehmer seinerseits ist zur Zahlung einer Franchisegebühr verpflichtet und muss das ihm zur Verfügung gestellte Konzept nach Vorschrift anwenden sowie das Franchisesystem fördern. Seinen Ursprung hat das ,Business Format Franchising‘ in den USA, von wo aus es sich seit den 1970er Jahren rasant in die ganze Welt ausbreitete. Gerade bei modernen Vertragstypen wie dem Franchising liegt eine rechtsvergleichende, andere Rechtsordnungen rezipierende Arbeit nahe – ist doch das Entstehen der inländischen Rechtspraxis gänzlich auf das Wirken ausländischer Unternehmen zurückzuführen. Für den Rechtsverkehr ist eine Kenntnis des fremden Rechts daher von besonderer Relevanz. Sie ist Voraussetzung für die im Kontext der internationalen Wirtschaft erforderliche Koordinierung von Rechtsordnungen;1 sie dient zudem der Vorbereitung von Rechtsvereinheitlichung bzw. Rechtsangleichung. In Europa entsteht durch Richtlinien und Verordnungen – im Vertriebsrecht beispielsweise prominent die Handelsvertreterrichtlinie – ein gemeinsames Zivilrecht; darüber hinaus gibt es Bestrebungen das europäische Vertragsrecht zu kodifizieren – der Draft Common Frame of Reference (DCFR) enthält im Vierten Buch einen eigenen Teil zu Vertriebsverträgen, darunter dem Franchising. Als Vergleichsordnung herangezogen wurde deshalb die englische Rechtsordnung, als europäische, aber auch als MutterRechtsordnung des Common Law, die den kontinentaleuropäischen Rechtsvergleicher vor besondere Herausforderungen stellt. Daneben wird auch häufig auf das US-amerikanische Recht eingegangen, zum einen aus dem bereits genannten Grund: Die Vereinigten Staaten sind die Wiege des Franchising und ihr Recht hält umfangreiches, über viele Jahrzehnte entstandenes Vergleichsmaterial bereit – in Form 1

Buxbaum, RabelsZ 60 (1996), 201, 211 ff.

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A. Einleitung

von Rechtsprechung, aber auch Gesetzgebung. Zum anderen deshalb, weil sich das US-amerikanische Recht in für die Arbeit entscheidenden Punkten vom englischen Recht unterscheidet und vielmehr dem deutschen Recht vergleichbare Regelungen enthält. Das Vertriebskonzept des Franchising weist zwei Besonderheiten auf: die Erste betrifft das Zweipersonenverhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer, in dem es zum Abschluss eines für einen längeren Zeitraum bestehenden Franchisevertrags kommt und das sich durch das Erfordernis von Kooperation zwischen den Parteien auszeichnet. Die zweite Besonderheit ergibt sich aus der Gesamtstruktur eines Vertragsnetzwerks, in dem alle Parteien, ohne Ansehung einer vertraglichen Verbindung untereinander einen übergeordneten, einheitlichen Netzzweck verfolgen. Die Besonderheiten der längerfristigen Zusammenarbeit und der Vielzahl der Beteiligten treffen auf Franchisesysteme weltweit zu. Zum Zweck der Vergleichung wird zunächst dargestellt, wo das englische und deutsche Zivilrecht den Franchisevertrag – insbesondere im Hinblick auf den Langzeitcharakter und die Vernetzung von mehreren Verträgen – verorten (B.). Einbezogen werden an dieser Stelle auch deutsche und anglo-amerikanische sozialwissenschaftliche Modelle zu den genannten Phänomenen, insbesondere der Soziologie und der Betriebswirtschaftslehre, da diese Einsichten – erst recht bei Forschungsgegenständen aus dem internationalen Wirtschaftsrecht – Voraussetzung erfolgreicher Rechtsvergleichung sind.2 Im Anschluss werden neue Modelle dargestellt, welche die Eigenheiten der längerfristigen Zusammenarbeit und der Vernetzung erfassen und für deren Entwicklung die Sozialwissenschaften wichtige Anstöße geliefert haben (C.). Im dritten Teil (D.) wird anhand zweier konkreter Problemstellungen, die in Franchise-Netzwerken regelmäßig auftauchen, die Frage geklärt, wie das deutsche und englische Recht mit den Besonderheiten des Langzeitcharakters und der Vernetzung aktuell umgehen und es wird dargestellt, welche Lösungen sich unter Zugrundelegung der neuen Theorien ergeben. Es handelt sich zum einen um das FreeRiding eines Franchisenehmers, das exemplarisch für die Frage vertragsloser Direktansprüche steht; zum anderen um die Aufteilung von Mengenvorteilen unter den Netzteilnehmern, die die Frage der netzzweckbedingten Modifikation des einzelnen Franchisevertrages betrifft. Hinsichtlich der genannten Problemlagen werden die Lösungen für beide Rechtsordnungen miteinander verglichen und ein sowohl die Rechtsdogmatik als auch die Forschungserkenntnisse berücksichtigender eigener Vorschlag unterbreitet.

2

Vgl. Buxbaum, RabelsZ 60 (1996), 201, 221 ff.

B. Franchise-Arrangements I. Entstehung und Charakterisierung des Franchising als Vertriebsform 1. Herkunft und Entwicklung a) Ursprung des Begriffs und „Straight Product Franchising“ Mit dem Begriff „Franchise“, der sich etymologisch aus den französischen Wörtern „franc“ (= frei) und „franchir“ (= befreien) entwickelt hat,1 wurde im mittelalterlichen Frankreich ein Privileg bezeichnet: Er stand zunächst im engeren Sinne für eine Befreiung von Steuern und Zöllen und wurde späterhin als Gewährung eines sonstigen Privilegs durch den König oder Fürsten in einem weiteren Sinne verstanden.2 Dabei konnte es sich bspw. um eine Konzession für das Abhalten eines Marktes oder für den Zugang zu königlichen Fischgründen und Wäldern handeln.3 Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffes als der Erlaubnis, von obrigkeitlichen Rechten Gebrauch zu machen, spiegelt sich noch heute in der im englischen Recht als „Royalty“ bezeichneten, an den Franchisegeber zu zahlenden Franchisegebühr, wider.4 Heutzutage wird Franchising in einem umfassenderen kommerziellen Sinne verstanden: Es steht nun für eine private unternehmerische Kooperation, welche die Übertragung von Rechten einschließt – ein Bedeutungswandel, der sich Ende des 19. Jahrhunderts im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch vollzog.5 Die genannte Entwicklung nahm ihren Ausgang in den Vereinigten Staaten, wo das Franchising erstmals zum Zwecke des Vertriebs von Waren über ausgewählte Händler – bekannt als sog. „Straight Product Franchising“ – eingesetzt wurde.6 Vorreiter war hier die Singer Sewing Machines Company, die seit 1863 Händlern Exklusivrechte für den Verkauf ihrer Nähmaschine einräumte, gefolgt von General Motors, die das Konzept zum Vertrieb von Automobilen nutzten.7 Neben diesen, den 1

Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 187; Möller, AcP 203 (2003) 319, 320. Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 187; Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 1 Rn. 2. 3 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 1, Fn. 1. 4 Möller, AcP 203 (2003) 319, 321. 5 Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 187; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 6. 6 Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 6. 7 Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 188. 2

16

B. Franchise-Arrangements

Absatz fertiger Produkte betreffenden Franchisen setzte Coca-Cola das Franchising für den Vertrieb von Softdrinks ein, indem es Abfüllstationen lizensierte, die den zur Produktion erforderlichen Sirup erwarben und anschließend das zu vertreibende Getränk selbst herstellten.8 Da beim Straight Product Franchising das Hauptaugenmerk auf dem Vertrieb der jeweiligen Vertragsware liegt, ähnelt es dem deutschen Vertragshändlerkonzept.9 b) „Business Format Franchising“ Die heute verbreitete, moderne Form des Franchising, das sog. „Business Format Franchising“ entwickelte sich seit den 1950er Jahren, gleichfalls in den USA.10 Wie der Name bereits impliziert, wird hierbei nicht lediglich das Recht zum Vertrieb eines bestimmten Produktes (und unter Umständen dessen Herstellung) eingeräumt. Vielmehr ist das zur Verfügung gestellte Franchisepaket ein umfassendes Leistungsbündel, welches das Recht zur Nutzung von Schutzrechten und Erfahrungsschatz (Know-how) sowie des Gesamtkonzeptes des Franchisegebers zur Vermarktung beinhaltet.11 Neben der Pflicht zur Überlassung des Franchisepakets trifft den Franchisegeber die Pflicht zur Eingliederung des Betriebs des Franchisenehmers und zu dessen laufender Unterstützung.12 Im Gegenzug hierfür entrichtet der Franchisenehmer eine Gebühr und ist zudem zur Konzeptanwendung und Systemförderung verpflichtet.13 Durch diese Pflichtenausgestaltung wird der Franchisenehmer sehr weitgehend in das System des Franchisegebers eingegliedert, weshalb rein äußerlich der Eindruck einer Filiale erweckt wird.14 Eine Weiterentwicklung gegenüber dem Straight Product Franchising besteht auch hinsichtlich des abzusetzenden Geschäftsgegenstandes, da das Vertriebskonzept findet nicht mehr nur auf fertige oder herzustellende Produkte Anwendung findet, sondern auch auf Dienstleistungen. Allgemeinhin wird die Entwicklung des Straight Product Franchising hin zum Business Format Franchising auf die moderne Industriegesellschaften kennzeichnende „Service-Revolution“ zurückgeführt.15 Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges erfolgte der Vertrieb von Produkten unter weitgehender Trennung von 8 9

S. 7. 10

Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 188. Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 188; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992,

Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 188. Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 189. 12 Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 67; Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 16. 13 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 15. 14 Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 7; Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 24. 15 Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 189. 11

I. Entstehung des Franchising als Vertriebsform

17

Herstellung, Großhandel und Einzelhandel.16 In der Folge jedoch entstanden Engpässe nicht länger bei der Produktionskapazität, sondern vielmehr im Hinblick auf die Konsumentennachfrage.17 Hersteller suchten daher den Einfluss auf die Verteilung ihrer Waren zu vergrößern, indem sie den Vertrieb selbst übernahmen oder Händler in ein von ihnen entworfenes Betriebskonzept einbanden. Erfolg beim Absatz erforderte die Standardisierung von Dienstleistungen sowie die Abgrenzung zu Leistungen anderer Hersteller durch ein umfassendes Gesamtkonzept.18 In den Vereinigten Staaten hat sich das Business Format Franchising in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts rasant verbreitet: Während es 1950 lediglich 100 Systeme gab, waren es 1969 bereits 700.19 Nach diesem regelrechten Boom geriet des Vertriebsmodell allerdings Anfang der 70er Jahren in Verruf.20 Dies v. a. deshalb, weil es Möglichkeiten zu „sharp practices“, d. h. Übervorteilungen des Franchisenehmers eröffnete – bspw. durch mangelnde vorvertragliche Aufklärung über die Gewinnchancen oder durch kurzfristige, grundlose Kündigungen. Als Reaktion hierauf wurde in einzelnen Bundesstaaten der USA der Versuch der Regulierung durch gesetzliche Vorschriften zur Registrierung von Franchisesystemen unternommen.21 Im Jahr 1979 schließlich erließ die Federal Trade Commission (FTC) eine Verordnung, die strenge vorvertragliche Offenbarungspflichten für Franchisegeber festlegte.22 In Europa war die Vertriebsform des Franchising in der Mitte des vorherigen Jahrhunderts noch nahezu unbekannt. Erst zu Beginn der 1970er Jahre schwappte die Welle aus den USA herüber und setzte auch in Europa einen unaufhaltsamen Aufstieg des Franchising in Gang.23 Nachdem die Anzahl der Franchisesysteme in den 70er Jahren in Deutschland noch etwa 25 betrug24, gab es im Jahr 2014 mehr als 900 davon, die mit über 100.000 Franchisenehmern zusammenarbeiteten25. In Großbritannien existierten im selben Jahr gleichfalls mehr als 900 Franchisesysteme, allerdings mit nur rund 22.000 Franchisepartnern.26 16

Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 20. Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 21. 18 Skaupy, Franchising, 2. Aufl. 1995, S. 3. 19 Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 7. 20 Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 190. 21 Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 190. 22 Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 190. 23 Klapperich, FS Skaupy, 2003, 187, 191. 24 Skaupy, NJW 1992, 1785, 1787. 25 Institut für Markenfranchise GmbH & Co. KG, http://franchisemonitor.de/trends-und-sta tistik/, abgerufen am 4. 8. 2015. 26 British Franchise Association, http://www.thebfa.org/about-franchising/franchising-industry-research, abgerufen am 4. 8. 2015. Zum Vergleich Bevölkerungszahlen 2014 Deutschland ca. 81 Mio (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/ Bevoelkerungsstand/Tabellen/Zensus_Geschlecht_Staatsangehoerigkeit.html) und Großbritan17

18

B. Franchise-Arrangements

2. Arten des Franchising Eingesetzt werden kann das Business Format Franchising in nahezu allen Wirtschaftsbereichen.27 Nach ihrem Gegenstand werden hierbei herkömmlich Waren-, Dienstleistungs- und Herstellungsfranchisen unterschieden.28 Beim Warenfranchising steht die Vermarktung eines bestimmten Produktes im Vordergrund, eingebettet in das vom Franchisegeber zur Verfügung gestellte Vertriebskonzept. Die Vertragswaren werden zumeist vom Franchisegeber direkt oder bei von ihm bezeichneten Herstellern bezogen. Hierdurch unterscheidet sich das Warenfranchising auch vom Herstellungsfranchising, bei dem der Franchisenehmer die zu verkaufenden Waren nach Anweisungen des Franchisegebers produziert. Beim Dienstleistungsfranchising erbringt der Franchisenehmer standardisierte Dienstleistungen gegenüber Kunden basierend auf dem Vertriebskonzept des Franchisegebers. Es handelt sich wohl um die am häufigsten vorkommende Form des Franchising29, die sich von den anderen Formen dadurch unterscheidet, dass es nur eine Ebene gibt, die des Vertriebs30. Die Unterscheidung nach der Art der Leistung, die gegenüber dem Endkunden erbracht wird, ist jedoch nicht trennscharf: Zum einen beinhalten alle Formen regelmäßig auch Dienstleistungselemente – so bspw. wenn ein Händler auch die Gewährleistung des Produktes übernimmt. Zum anderen existieren vielfach Kombinationen aus Waren-, Herstellungs- und Dienstleistungsfranchisen, wie im Fall der McDonald’s -Restaurants.31 3. Abgrenzung des Franchising von anderen Vertriebssystemen a) Vertrieb durch eigene Filialen Unterschieden werden kann das Franchising zunächst vom Vertrieb durch Filialen. Nach außen hin, für die Kunden, ist ein Unterschied zwischen beiden System nicht erkennbar. Die Filiale gehört jedoch – im Gegensatz zum Franchisebetrieb – zum Unternehmen des Herstellers; der Filialleiter ist ein persönlich abhängiger Beschäftigter, der den Bestimmungen des Arbeitsrechts unterliegt. Der Franchisenehmer hingegen ist ein unternehmerisch selbständiger Kaufmann. Sein Betrieb ist lediglich durch Vertrag mit dem Franchisegeber verbunden. Diese Charakterisierung trifft in gleichem Maße auch auf Franchisenehmer in England zu.32 In der Praxis nien ca. 65 Mio. (http://ons.gov.uk/ons/taxonomy/index.html?nscl=Population, beide abgerufen am 4. 8. 2015). 27 Skaupy, Franchising, 2. Aufl. 1995, S. 3. 28 Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 3 Rn. 1 ff.; Emmerich, JuS 1995, 761, 762. 29 Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 3 Rn. 4. 30 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 23. 31 Emmerich, JuS 1995, 761, 762. 32 Vgl. Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 22.

I. Entstehung des Franchising als Vertriebsform

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finden sich häufig Mischsysteme, in denen der Vertrieb nicht ausschließlich über unabhängige Franchisegeber erfolgt, sondern darüber hinaus auch durch dem Franchisegeber gehörende Filialen.33 Der Vorteil eines Filialsystems besteht v. a. darin, dass hier eine vollständige Kontrolle über die einzelnen Outlets ausgeübt werden kann und der Unternehmer selbst profundere Kenntnis des entsprechenden Absatzmarktes hat.34 Für den Erfolg eines Produktes/einer Dienstleistung in modernen Marktwirtschaften ist eine starke Marke erforderlich, die von den Konsumenten wiedererkannt wird und mit gleichbleibend hoher Qualität verbunden wird. Das Filialsystem bietet die Möglichkeit, auf alle entscheidenden Faktoren Einfluss zu nehmen und damit Einheitlichkeit zu gewährleisten. Dieser Nachteil – der Franchisenehmer ist selbständiger Unternehmer – wird beim Franchisesystem dadurch ausgeglichen, dass durch eine sehr straffe Organisation und detaillierte Vorgaben versucht wird, Uniformität der einzelnen Franchisebetriebe herzustellen. Für den Aufbau eines Franchisesystems wiederum spricht, dass sich ein flächendeckendes Vertriebsnetz durch die Möglichkeit der gleichzeitigen Franchisierung eines Konzeptes an viele Franchisenehmer zügiger aufbauen lässt als ein umfassendes Filialsystems.35 Zudem muss der Unternehmer im Falle der Franchisierung das Kapital zum Aufbau des Vertriebsnetzes nicht selbst aufbringen und kann das unmittelbare Verlustrisiko verlagern.36 Auch auf die Anreizstruktur wird hingewiesen: Ein abhängig beschäftigter Angestellter werde sich nicht in gleicher Weise für den Erfolg seiner Filiale einsetzen wie dies der selbständige Franchisenehmer tun werde.37 Aus der Perspektive des Franchisenehmers ergibt sich im Vergleich zum Aufbau eines eigenen, nicht franchisierten Betriebes der Vorteil, dass er auf ein Konzept zurückgreifen kann, dass sich bereits vielfach bewährt hat.38 Wie ein Slogan Franchising bewirbt: „Being in business for yourself but not by yourself“.39 Dennoch baut er sich, anders als der Angestellte, eine unternehmerisch-selbständige Existenz auf und hat den Erfolg seines Betriebes letztlich in der eigenen Hand.40 33

Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 4 Rn. 7; Lafontaine, Rand Journal 23 (1992), 263, 263: 1986 franchisierte McDonald’s 76 % von 9.060 Betrieben, Burger King 82 % von 4.635. 34 Hesselink/Rutgers/Bueno Diaz/Scotton/Veldmann, Commercial Agency, Franchise and Distribution Contracts, 2006, S. 91. 35 Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 16. 36 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 6 f.; vgl. Rubin, J. L. & Econ. 21 (1978), 223, 225 f. und Fn. 6, der Kapitalbeschaffung für die gängigste Erklärung des Franchising hält, das Argument aber widerlegt. 37 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 6 f.; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 17. 38 Skaupy, NJW 1992, 1785, 1786; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 18; Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 2. 39 European Franchise Federation, What is meant by Franchising?, http://www.eff-franchi se.com/spip.php?rubrique6, abgerufen am 4. 8. 2015. 40 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 6 f.

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B. Franchise-Arrangements

Die Wahl zwischen Vertragsrecht auf der einen Seite – d. h. Franchising – und Gesellschaftsrecht auf der anderen Seite – d. h. Filialisierung – wird im Bereich der „Law and Economics“ durch eine Analyse der Höhe der Transaktionskosten erklärt. Das von Coase in seinem Aufsatz „The nature of the firm“ entwickelte Theorem besagt, dass es immer dann zur Gründung eines Unternehmens – verbunden mit den entsprechenden Machtbefugnissen des Eigentümers – kommt, wenn die Kosten dafür, dieselbe Angelegenheit durch Vertrag, d. h. unter dem Preismechanismus zu regeln, höher sind.41 b) Vertrieb durch Absatzmittler Neben dem Filialsystem gibt es noch weitere Möglichkeiten des Vertriebes, die den Einsatz von Absatzmittlern vorsehen, welche nicht Angestellte des Herstellers sind. Es handelt sich insbesondere um Handelsvertreter- und Vertragshändlersysteme, die wie das Franchising auch eine vertragliche Verbindung zwischen Unternehmern beinhalten, die auf verschiedenen Stufen der Vertriebskette tätig sind. Der Franchisenehmer handelt – wie der Vertragshändler auch – im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Demgegenüber ist der Handelsvertreter ein Stellvertreter des Herstellers und handelt demzufolge im fremden Namen. Gemein sind diesen Formen des Warenvertriebs Vertragsverhältnisse, die für längere Zeiträume geschlossen werden und für deren erfolgreiche Durchführung ein relativ hohes Maß an Kooperation zwischen den Parteien erforderlich ist.42 Trotz großer praktischer Bedeutung existiert in Deutschland eine gesetzliche Regelung lediglich für den Handelsvertreter in den §§ 84 ff. HGB. Hier stellt sich für die anderen Formen – Vertragshändler, Franchising – stets die Frage analoger Rechtsanwendung. Diese Frage hängt zusammen mit der vertragsrechtlichen Qualifikation des Franchisevertrages.43 Weiteres Gesetzesrecht existiert in Form der europarechtlichen Handelsvertreterrichtlinie44, die sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland in nationales Recht umzusetzen war. In Großbritannien gibt es davon abgesehen keine weiteren gesetzlichen Regelungen für Absatzmittlungsverhältnisse.45 Zudem werden im englischen Recht, trotz ihrer gemeinsamen Funktion des Absatzes von Waren/Dienstleistungen, Handelsvertreter auf der einen und Vertragshändler/Franchisenehmer auf der anderen Seite rechtlich sehr unterschiedlich behandelt, was auf Besonderheiten in der Entwicklung des common law zurückzuführen ist. 41

Coase, Economica 4 (1937), 386, 390. s. u. B. III. 4. a) aa). Hesselink/Rutgers/Bueno Diaz/Scotton/Veldmann, Commercial Agency, Franchise and Distribution Contracts, 2006, S. 95. 43 s. u. B. II. 4. 44 Richtlinie des Rates vom 18. 12. 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (86/653/EWG). 45 Daintith, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 143, 144. 42

I. Entstehung des Franchising als Vertriebsform

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Mit der Vereinheitlichung der Regeln für Vertriebsverträge beschäftigt sich der DCFR („Draft Common Frame of Reference“, Gemeinsamer Referenzrahmen), ein unverbindlicher, auf der Grundlage rechtsvergleichender Studien ausgearbeiteter Entwurf für ein europäisches Privatrecht. In seinem Buch IV, Teil E. beschäftigt er sich mit Handelsvertreter, Franchise- und Vertragshändlerverträgen bzw. Vertriebsverträgen.46 Weil auf europäischer Ebene bisher nur eine Regelung für den Handelsvertreter existiert, die Institute sich aber sehr ähnlich sind und sich häufig die Frage des Schutzes des Franchisenehmers oder Vertragshändlers analog zum Handelsvertreterrecht stellt, schlägt der DCFR einen gemeinsamen allgemeinen Teil für diese Vertriebsformen vor.47 Dieser soll bspw. Regeln zur vorvertraglichen Information, zur Kündigung und zu Kündigungsfolgen enthalten.48 aa) Handelsvertreter – Commercial Agent Zunächst muss vorweggeschickt werden, dass im deutschen Recht der Handelsvertreter eine seit langer Zeit etablierte Figur des Handelsrechts darstellt. In England hingegen existiert der commercial agent als eigene Kategorie erst seit Umsetzung der Handelsvertreterrichtlinie49 – er ist eine kontinentaleuropäische Erfindung. Chitty zufolge ist aufgrund der sehr spezifischen Voraussetzungen, die die Richtlinie für den Handelsvertreter aufstellt (bspw. muss dieser mit Waren handeln), unklar, inwiefern solche Handelspersonen überhaupt im Vereinigten Königreich tätig sind.50 Aufgrund des gemeinsamen europarechtlichen Hintergrundes definiert sich der Handelsvertreter in beiden Rechtsordnungen übereinstimmend als ein selbständiger Gewerbetreibender, der ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Dies ergibt sich für das deutsche Recht aus § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB, in Großbritannien aus Art. 2 Abs. 1 der „Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993“51. Diese Rechtsverordnung stellt den Umsetzungsakt zur Handelsvertreterrichtlinie dar, für die dem Vereinigten Königreich aufgrund größeren Anpassungsbedarfs eine verlängerte Übergangsfrist gewährt wurde, nämlich bis zum 01. 01. 199452.

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Im Original: Commercial Agency, Franchise and Distribution Contracts. Hesselink/Rutgers/Bueno Diaz/Scotton/Veldmann, Commercial Agency, Franchise and Distribution Contracts, 2006, S. 95; Buch IV, Teil E, Kapitel 1 und 2 DCFR. 48 Buch IV, Teil E, Kapitel 2 DCFR. 49 Vgl. Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32 – 006; Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 11 – 001. 50 Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32 – 006. 51 Statutory instruments number 3053 of 1993. 52 Vgl. Art. 22 Abs. 3 RL 86/653/EWG. Für Deutschland: 01. 01. 1990, vgl. Art. 22 Abs. 1 RL 86/653/EWG. 47

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B. Franchise-Arrangements

Hervorzuheben ist für das englische Recht insbesondere, dass die Regulation in Art. 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 sowohl für den Geschäftsherrn als auch für den Handelsvertreter die Verpflichtung vorsehen, sich nach den Geboten von Treu und Glauben dem anderen gegenüber zu verhalten. Dem englischen Vertragsrecht53 ist – anders als dem deutschen, vgl. § 242 BGB – ein allgemeines, bei der Durchführung aller Vertragsverhältnisse geltendes Prinzip von Treu und Glauben traditionell fremd. Im common law of contract stehen sich die Parteien „at arm’s length“ gegenüber, weshalb jeder Teil zur ausschließlich eigennützigen Interessenverfolgung berechtigt ist (sog. adverse commercial relationships).54 Als Sonderfall existieren demgegenüber im Bereich der equity treuhänderische Beziehungen (sog. fiduciary relationships), die von der Ausrichtung auf die Interessen der anderen Partei, praktisch ohne eigene Interessendurchsetzung, gekennzeichnet sind.55 Hierunter rechnet auch das Institut der „agency“, dessen Tragweite im englischen Recht durch die Übersetzung mit „(Stell)Vertretung“ nur unvollständig wiedergegeben werden kann. Innerhalb der Rechtsfigur der agency wird traditionell keine Kategorisierung vorgenommen, so dass der commercial agent – wie bereits erwähnt – erst durch das Europarecht Eingang in das englische Recht gefunden hat.56 Inhaltlich ist die Abgrenzung zum Franchisenehmer gut durchzuführen, da der Handelsvertreter im Gegensatz zu diesem nicht im eigenen Namen handelt. Der Franchisenehmer verkauft deshalb im Unterschied zum Handelsvertreter seine eigenen Waren, was eine Verschiedenheit in der Risikostruktur nach sich zieht.57 Zudem unterscheidet sich die Entgeltstruktur: Der Handelsvertreter erhält von seinem Geschäftsherrn Provision für getätigte Verkäufe von Vertragswaren, § 87 Abs. 1 S. 1 HGB, Art. 7 Abs. 1 Reg. bb) Vertragshändler – Distributor Die Nähe zwischen dem Vertrieb durch ein Franchisesystem einerseits und dem über Vertragshändler andererseits ist insbesondere beim Warenfranchising, bei dem 53

Anders in den USA, wo section 1:304 Uniform Commercial Code niederlegt: Every contract or duty within the Uniform Commercial Code imposes an obligation of good faith in its performance and enforcement.; s. hierzu Walford v. Miles [1992] 1 All ER 453, 460, Lord Ackner (zu good faith in vorvertraglichen Beziehungen) und Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmes Ltd. [1988] 1 All ER 348, 353, Bingham LJ (zu good faith während der Vertragsdurchführung).. Allerdings ist in jüngster Zeit festzustellen, dass die Rechtsprechung einem übergreifenden Prinzip von Treu und Glauben aufgeschlossener gegenüber zu stehen scheint, erkennbar v. a. in der Entscheidung Yam Seng Pte. Ltd. v. International Trade Corp. Ltd. [2013] 1 C.L.C. 662. s. u. D. II. 3. f) dd). 54 Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 28; Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 87; Walford v. Miles [1992] 1 All ER 453, 460, Lord Ackner. 55 Vgl. Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 6 – 033. 56 Vgl. Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32 – 004. 57 Hesselink/Rutgers/Bueno Diaz/Scotton/Veldmann, Commercial Agency, Franchise and Distribution Contracts, 2006, S. 95.

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der Franchisenehmer Produkte des Franchisegebers vertreibt, unübersehbar.58 Im deutschen wie im englischen Recht bezeichnet man als Vertragshändler bzw. „distributor“ einen Absatzmittler, der Waren eines Unternehmers im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreibt.59 Häufig enthält der Vertriebsvertrag ein Exklusivitätselement, etwa dahingehend, dass der Händler ausschließlich die Waren seines Vertragspartners absetzt und er im Gegenzug für ein bestimmtes Gebiet Exklusivrechte zugesichert bekommt.60 Nach deutschem Recht kommt konstitutiv hinzu, dass ein Vertragshändler in die Absatzorganisation eines Unternehmers eingebunden ist und unter Beachtung bestimmter Richtlinien beim Verkauf die Interessen des Unternehmers zu wahren hat61 – ein Element, das die Nähe zum Franchisevertrag vergrößert. Hier wie dort wird auf ein einheitliches Auftreten nach außen wert gelegt.62 Dennoch ist das Organisationskonzept beim Vertragshändlersystem weniger straff und es ist nicht so allumfassend (inkl. Marketing und Werbemaßnahmen) wie dasjenige des Franchising.63 Beim Franchising folgt daraus einerseits der Anspruch des Franchisenehmers auf Unterstützung und Schulung, andererseits das allgemeine Weisungsrecht des Franchisegebers – diese Elemente fehlen dem durch eine lockerere Eingliederung gekennzeichneten Vertragshändlersystem.64 Dies ist auch äußerlich am Grad der Identifikation erkennbar: Zwar gebraucht auch der Vertragshändler beim Vertrieb Namen und Marke seines Vertragspartners; der Franchisenehmer jedoch tritt praktisch nur noch mit der gemeinsamen Marke am Markt auf; die eigene Firma tritt jedenfalls im Verhältnis zum Kunden nicht mehr in Erscheinung.65 Im deutschen Recht wird auf Vertragshändlerverträge zum Schutz des Händlers teilweise Handelsvertreterrecht analog angewandt.66 In England wird für den Warenabsatz durch im eigenen Namen und für eigene Rechnung handelnde Händler die Bezeichnung „distributorship“ gebraucht.67 Der Begriff „distribution contract“ sollte mit Vertriebsvertrag übersetzt werden. Er kann ein System, das demjenigen des deutschen Vertragshandels ähnlich ist, beinhalten; die Eingliederung des Händlers in die Absatzorganisation des Unternehmers ist jedoch nicht zwingend. Betonung findet in England v. a. das Exklusivitätselement, 58

Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 7. Grundlegend: Ulmer, Der Vertragshändler, 1969; Definition S. 206. 60 Ulmer, Der Vertragshändler, 1969, S. 115 f. 61 Ulmer, Der Vertragshändler, 1969, S. 191 f. 62 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn 8. Zum Vertragshändler: Ulmer, Der Vertragshändler, 1969, S. 185 f. 63 Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 4 Rn. 3. 64 Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 4 Rn. 3. 65 Schmidt, HandelsR, 5. Aufl. 1999, S. 763. 66 Schmidt, HandelsR, 5. Aufl. 1999, S. 769 ff. 67 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 1; Daintith, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 143, 143 ff.; in den USA ist der Begriff „dealership“ gebräuchlich, vgl. Macaulay, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 179 ff. 59

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B. Franchise-Arrangements

wie es in Verträgen über den Absatz von Bier in England schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts Eingang gefunden hat.68 Solche Vereinbarungen werden als Verträge über den Erwerb zum Weiterverkauf („contracts for purchase for resale“) klassifiziert und deren Regeln finden auf sie Anwendung.69 Aber auch distribution contracts existieren in großer Bandbreite und können extensive Kontrollrechte auf Seiten des Unternehmers vorsehen.70 Sowohl in Deutschland als auch in England unterscheiden sich beide Vertriebsformen hinsichtlich der Entgeltstruktur: Der Vertragshändler zieht seinen Gewinn aus der Differenz zwischen dem Preis, zu dem er die Güter beim Unternehmer kauft und dem eigenen Weiterverkaufspreis.71 Der Franchisenehmer hingegen hat an den Franchisegeber Gebühren zu entrichten. Darüber hinaus steht die Gewährung von Schutzrechten beim Vertragshändlervertrag/distribution contract nicht in gleicher Weise im Mittelpunkt der Vertragsgestaltung wie es bei Franchiseverträgen der Fall ist. Die Grenzen sind letztlich fließend. Dies wird auch daran erkennbar, dass in der Praxis teilweise Vertragshändlersysteme unter Einführung einer strafferen Organisation in Franchisesysteme umgewandelt wurden.72 Wie bereits unter B. I. 1. skizziert, kann eine Entwicklungslinie hin zum heute üblichen Business Format Franchising über das Vertragshändlersystem, das dem in den USA als Straight Product Franchising bezeichneten Vertriebskonzept ähnelt, gezogen werden. Das Franchising ist daher v. a. zu verstehen als Verallgemeinerung der Idee der Vertragshändlersysteme über den Warenhandel hinaus, und unter noch stärkerer Einbindung des Absatzmittlers in ein Gesamtkonzept.73 4. Begriffsbestimmung „Franchising“ Vertragsrechtliche Normierungen, die eine Begriffsbestimmung oder Regelungen des Franchising vorsähen, existieren auf einzelstaatlicher Ebene weder in Deutschland noch in Großbritannien. Definitionen enthält jedoch das europäische Kartellrecht in der Gruppenfreistellungsverordnung für Franchisevereinbarungen74, die allerdings im Jahre 1999 68

Daintith, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 143, 150 f. Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, Rn. 32 – 003; Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1 – 031; Hesselink/Rutgers/Bueno Diaz/Scotton/Veldmann, Commercial Agency, Franchise and Distribution Contracts, 2006, S. 263. 70 Daintith, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 143, 158. 71 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn 7. 72 Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 4 Rn. 4. 73 Schmidt, HandelsR, 5. Aufl. 1999, S. 764. 74 Verordnung (EWG) Nr. 4087/1988 der Kommission vom 30. November 1988 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von Franchisevereinbarungen. 69

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durch die Verordnung über vertikale Vereinbarungen75 aufgehoben worden ist. Art. 1 Abs. 3 VO 4087/88 definiert die Begriffe „Franchise“ und „Franchisevereinbarung“ für kartellrechtliche Zwecke wie folgt: a) „Franchise“ ist eine Gesamtheit von Rechten an gewerblichem oder geistigem Eigentum wie Warenzeichen, […], Know-how […], die zum Zwecke des Weiterverkaufs von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen an Endverbraucher genutzt wird. b) „Franchisevereinbarungen“ sind Vereinbarungen, in denen ein Unternehmen, der Franchisegeber, es einem anderen Unternehmen, dem Franchisenehmer, gegen unmittelbare oder mittelbare finanzielle Vergütung gestattet, eine Franchise zum Zwecke der Vermarktung bestimmter Waren und/oder Dienstleistungen zu nutzen. Sie müssen den folgenden Gegenstand enthalten: – die Benutzung eines gemeinsamen Namens oder Zeichens sowie die einheitliche Aufmachung der vertraglich bezeichneten Geschäftslokale und/oder Transportmittel; – die Mitteilung von Know-how durch den Franchisegeber an den Franchisenehmer; – eine fortlaufende kommerzielle oder technische Unterstützung des Franchisenehmers durch den Franchisegeber während der Laufzeit der Vereinbarung.

Gesetzgeberische Anhaltspunkte für eine Charakterisierung des Franchising im Rahmen des Vertragsrechts enthält auch der bereits erwähnte Entwurf für einen gemeinsamen Referenzrahmen (DCFR). In dessen viertem Buch, das Handelsvertreter-, Franchise- und Vertriebsverträge gemeinsam normiert, wird der Anwendungsbereich für die Regeln zum Franchising mit der folgenden Begriffsbestimmung eröffnet: This Chapter applies to contracts under which one party (the franchisor) grants the other party (the franchisee), in exchange for renumeration, the right to conduct a business (franchise business) within the franchisor’s network for the purposes of supplying certain products on the franchisee’s behalf and in the franchisee’s name, and under which the franchisee has the right and the obligation to use the franchisor’s tradename or trademark or other intellectual property rights, know-how and business method.76

Es handelte sich um eine Freistellung von Franchisevereinbarungen vom Kartellverbot des heute gleich lautenden Art. 101 Abs. 1 AEUV. 75 Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen. Ersetzt durch Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen. Die Verordnung über vertikale Vereinbarungen hob mehrere Gruppenfreistellungsverordnungen auf, die für spezifische Formen von vertikalen Vereinbarungen, so das Franchising, bestanden. Auch wenn das Franchising weiterhin unter bestimmten Umständen von der Freistellung erfasst ist, enthält die Gruppenfreistellungsverordnungen für vertikale Vereinbarungen aus diesem Grund keine Definition der Begrifflichkeiten zum Franchising mehr. 76 Buch IV, Teil E, Kapitel 4:101 DCFR, Anwendungsbereich.

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Die Definition des Deutschen Franchise-Verbandes e.V.77 lautet: Franchising ist ein vertikal-kooperativ organisiertes Absatzsystem rechtlich selbständiger Unternehmen auf der Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses. Dieses System tritt am Markt einheitlich auf und wird geprägt durch das arbeitsteilige Leistungsprogramm der Systempartner, sowie durch ein Weisungs- und Kontrollsystem eines systemkonformen Verhaltens. Das Leistungsprogramm des Franchisegebers ist das Franchise-Paket. Es besteht aus einem Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzept, dem Nutzungsrecht an Schutzrechten, der Ausbildung des Franchisenehmers und der Verpflichtung des Franchisegebers, den Franchisenehmer aktiv und laufend zu unterstützen und das Konzept ständig weiterzuentwickeln. Der Franchisenehmer ist im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig; er hat das Recht und die Pflicht, das Franchise-Paket gegen Entgelt zu nutzen. Als Leistungsbeitrag liefert er Arbeit, Kapital und Information.

Die vorstehenden Definitionen erfassen sowohl Franchiseverträge, die den Vertrieb von Waren betreffen, als auch solche, die sich auf Dienstleistungen beziehen. Der im DCFR gebrauchte Oberbegriff der „products“ umfasst auch letztere. Übereinstimmend enthalten die Definitionen die Verpflichtung des Franchisegebers zur Überlassung des Franchisepaketes gegen eine Vergütung. Die Unterstützungspflicht des Franchisegebers wird daneben – bis auf die Definition des DCFR – als essentielles Element angesehen. Die Pflicht zur Konzeptanwendung (allerdings nicht zur Systemförderung) für den Franchisenehmer enthalten der DCFR und die Definition des Franchiseverbandes. Unstreitig ist – auch wenn es in den vorstehenden Definitionen nur in derjenigen des Franchise-Verbandes enthalten ist – dass der Franchisevertrag ein Dauerschuldverhältnis78 bzw. nach englischer Terminologie ein long-term contract ist. 5. Wesentliche Regelungen eines typischen Franchisevertrages a) Subordinations- und Partnerschaftsfranchising Sowohl im deutschen als auch im englischen Recht ist die Rechtsnatur des Franchisevertrages heftig umstritten. In beiden Rechtsordnungen ist man sich darüber einig, dass Elemente verschiedener Verträge/Institute im Franchisevertrag vereint sind. Naturgemäß nimmt die Qualifikation von Verträgen – aufgrund umfassender gesetzlicher Regelungen für sog. typische Verträge – in kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen großen Raum ein. Doch auch im englischen Recht stellt sich die Frage der Anwendbarkeit von Regelungen, die bereits für andere, unter Umständen vergleichbare Konstellationen entwickelt worden sind. 77

Abgedruckt bei Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 2 Rn 3 – 5. Franchiseverträge werden i. d. R. für mindestens 5 und höchstens 20 Jahre abgeschlossen, vgl. Liesegang, Der Franchise-Vertrag, 7. Aufl. 2011, S. 46, Fn. 72. 78

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Franchiseverträge treten im Wirtschaftsleben mit unterschiedlicher vertraglicher Ausgestaltung auf; dies ist selbstredend von Einfluss für die Qualifikation. Nach einer Einteilung von Martinek wird der typische Franchisevertrag, für den ein Über-/ Unterordnungsverhältnis zwischen den Parteien charakteristisch sei, als Subordinationsfranchising bezeichnet. 60 – 70 % aller Franchiseverträge in Deutschland sollen diesem Typus unterfallen.79 Martinek geht davon aus, dass es neben dem Subordinationsfranchising noch ein sog. Partnerschaftsfranchising gibt, das sich dadurch auszeichnet, dass die Partner partnerschaftlich und gleichberechtigt zusammenarbeiten. Innerhalb dieser Kategorie unterscheidet er noch verschiedene Unterformen, die teilweise typologisch als BGB-Gesellschaftsvertrag einzuordnen sein sollen.80 Eine solche Einteilung in Subordinationsfranchising einerseits und Partnerschaftsfranchising andererseits wird im sonstigen Schrifttum überwiegend abgelehnt81 und zwar schon deshalb, weil die Existenz partnerschaftlicher Franchisesysteme in rechtstatsächlicher Hinsicht zweifelhaft sei.82 b) Konkrete Pflichtenausgestaltung Der vorliegenden Untersuchung wird ausschließlich der typische, durch ein Über-/Unterordnungsverhältnis geprägte, Franchisevertrag zugrunde gelegt. Bei einem solchen stellt der Franchisegeber das Franchisepaket zur Verfügung (Überlassungspflicht), bietet laufende Unterstützung (Förderungspflicht) und ist im Gegenzug zu Weisungen befugt. Der Franchisenehmer seinerseits entrichtet ein Entgelt (Gebührenpflicht) und ordnet sich – wenn auch als selbständiger Unternehmer – in das Franchisesystem ein (Systemförderungspflicht). Die entsprechenden Pflichten könnten in einem Franchisevertrag folgendermaßen formuliert sein:83 § 1 Franchisepaket – Überlassungspflicht des Franchisegebers (1) Die vom Franchisegeber gehandelten Waren sowie die Franchisebetriebe und das gesamte Franchisesystem sind gekennzeichnet durch: a) den Firmen- und Handelsnamen, b) die beim Patentamt eingetragene Marke, c) die besonderen Produktnamen, Wortzeichen und Symbole,

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Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 66. Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 78 ff. 81 Skaupy, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 3 Rn. 22 und nächste Fn. 82 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 22. So auch Rohe, Netzverträge, 1998, 419, der auf eine Studie von Bauder hinweist, in der von 83 untersuchten Franchisesystemen zwei eine gesellschaftsrechtliche Verbindung aufwiesen, bei denen aber jeweils ein Franchiseund ein Gesellschaftsvertrag nebeneinander abgeschlossen worden waren. 83 Orientiert am Mustervertrag von: Liesegang, Der Franchise-Vertrag, 7. Aufl. 2011, S. 22 ff., 3., 5., 6., 8. 80

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B. Franchise-Arrangements d) Art und Anordnung der Einrichtung des Betriebes, Abwicklung des Verkaufs, Kleidung des Personals sowie weitere Details, die den besonderen Geschäftswert der Geschäfte ausmachen (Franchisegeber-typisches Organisations- und Marketingsystem). (2) Der Franchisegeber räumt dem Franchisenehmer das Recht der Nutzung aller in Abs. 1 aufgeführten Rechte sowie des gesamten Know-How und des Erfahrungswissens zum Vertrieb der Franchiseprodukte ein. § 2 Betriebseingliederungs- und Betriebsförderungspflicht84 des Franchisegebers (1) Der Transfer von Know-How erfolgt insbesondere durch Schulung und durch Einweisung des Franchisenehmers in das Geschäftskonzept. (2) Der Franchisegeber unterstützt den Franchisenehmer durch Beratung und Information hinsichtlich der Gestaltung seines Geschäftes, der Einrichtung des Ladens, der Ausbildung des Personals, der Verkaufstechnik, der Produkte, des Einkaufs, etc. Im einzelnen erbringt der Franchisegeber u. a. folgende Leistungen: Standortanalyse, Finanzierungspläne, Werbepläne, Geschäfts- und Organisationsanweisungen etc. (3) Der Franchisegeber gibt dem Franchisenehmer die Möglichkeit zur Weiterbildung mindestens zweimal jährlich mit bis zu 10 Mitarbeitern an Seminaren des Franchisegebers teilzuhnehmen. § 3 Gebührenpflicht des Franchisenehmers (1) Für die Überlassung des Know-How zahlt der Franchisenehemr ein einmaliges Honorar von E […]. (2) Als Gegenleistung für die dem Franchisenehmer nach diesem Vertrag eingeräumten Rechte und ihm zu erbringenden Leistungen zahlt der Franchisenehmer an den Franchisegeber eine monatliche Vergütung von […] % des Verkaufsumsatzes des Franchisebetriebes. § 4 Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht85 des Franchisenehmers (1) Der Verkauf der Vertragswaren darf nur unter Verwendung der Firmenbezeichnung und der Marke des Franchisegebers erfolgen. Der Betrieb des Franchisebetriebes unterliegt den detaillierten Bestimmungen des Franchise-Handbuchs. (2) Der Franchisenehmer ist verpflichtet, den insbesondere durch Ruf und Namen des Franchisesystems verkörperten hohen geschäftlichen Standard bei Geschäftstätigkeit in jeder Weise aufrechtzuerhalten und alles zu unterlassen, was sich auf Ruf und Namen des Franchisesystems nachteilig auswirken könnte.

Die entsprechenden Pflichten der Parteien finden sich auch in englischen Franchiseverträgen und könnten folgendermaßen lauten:86 § 1 Grant of rights and Franchise fees In consideration of the payment of the initial fee and the continuing fees (Franchise fees of 5 % of the gross turnover of the business net of VAT) by the Franchisee to the Franchisor and of and subject to the agreements on the part of the Franchisee in the agreement the Franchisor 84

Begrifflichkeit von Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 67. Begrifflichkeit von Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 15. 86 Orientiert am Mustervertrag von: Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, Precedents Part I: A Standard Franchise Package, S. 335 ff. 85

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grants to the Franchisee the right to carry on the business at and from the location, within the territory, for the term, under the permitted name and in accordance with the method. § 2 Support, information and improvements (1) To provide within […] days of the date of this Agreement training in the Method during a period of not less than […] days for the franchisee. (2) To promote the trade name and method (general advertising) and to advertise the business and the date of such commencements (initial advertising). (3) To improve and develop the method. (4) To support the Franchisee in its efforts to promote the business, to provide update information about the products and to provide courses for the instruction of the employees of the Franchisee. (5) […] § 3 Conformity with the method and other businesses (1) To conform in all respects and at all times with the method. (2) To ensure that the business conforms with other businesses operated in accordance with the method in particular with regard to quality, service and cleanliness (the Franchisee acknowledges that such conformity is of the utmost importance to the successful operation oft he business and other businesses operated in accordance with the method and the protection of the goodwill attaching to the trade name and method).

Im Folgenden wird eine typologische Einordnung des Franchisevertrages nach deutschem und englischem Recht vorgenommen. 6. Zusammenfassung Der Ursprung des Begriffs Franchise geht zurück auf das Mittelalter und bezeichnete, abgeleitet vom altfranzösischen franchir (= befreien), eine Konzession, die den Gebrauch obrigkeitlicher Rechte einräumte. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts existiert Franchising in seiner heutigen Bedeutung als Vertriebsform zwischen Privaten, war zunächst aber als sog. Straight Product Franchising auf den Warenabsatz durch selbständige Händler konzentriert. Das heute vorherrschende, die Lizenzierung eines Gesamtkonzeptes beinhaltende sog. Business Format Franchising entwickelte sich in den 1950er Jahren in den USA und verbreitete sich seit den 70er Jahre auch in Europa rasant. Nach der Art der Leistung, die gegenüber dem Endkunden erbracht wird, findet eine Einteilung in Waren-, Dienstleistungs- und Herstellungsfranchisen statt, wobei in der Praxis häufig Kombinationen der genannten Typen anzutreffen sind. Expandierende Unternehmen stehen vor der Entscheidung, ihr Geschäftskonzept entweder zu franchisieren oder vielmehr durch den Aufbau eigener Filialen zu wachsen. Zugunsten von Eigenbetrieben wird die Möglichkeit umfassender Kontrolle, die die Durchsetzung der notwendigen Einheitlichkeit erleichtert, hervorgehoben. Für die Franchisierung andererseits sprechen der geringere Kapitaleinsatz und die Abgabe von Risiken. Aus Sicht des Franchisenehmers wird der Weg in die Selbständigkeit durch den Rückgriff auf ein be-

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währtes Konzept erleichtert. In Abgrenzung zu weiteren Möglichkeiten der Absatzmittlung fällt eine große Ähnlichkeit des Franchisenehmers, insb. beim Warenfranchising, zum Vertragshändler auf: Beide sind als selbständige Unternehmer in die Absatzorganisation des Händlers eingebunden. Mögliche Unterscheidungskriterien sind die Intensität der Eingliederung in das Unternehmen und die Entgeltstruktur; die Grenzen sind aber letztlich fließend. Der Handelsvertreter hingegen handelt im fremden Namen; seine Bedeutung für das Franchising ergibt sich daraus, dass es sich sowohl in Deutschland als auch in England um das einzige gesetzlich geregelte Absatzmittlungsverhältnis handelt. Das Franchising selbst hingegen, ist gesetzlich in beiden Ländern nicht normiert. Jedoch halten das europäische Kartellrecht, der DCFR und der Franchiseverband Definitionen bereit, aus denen sich die wesentlichen Pflichten, die typische, d. h. Subordinations-Franchiseverträge enthalten, extrahieren lassen: Es handelt sich um die Überlassungspflicht hinsichtlich des Franchisepaketes, auch als Franchise bezeichnet, und die Betriebsförderungspflicht des Franchisegebers. Der Franchisenehmer seinerseits schuldet die Franchisegebühren sowie die Konzeptanwendung und Systemförderung.

II. Der Franchisevertrag als ,Langzeitvertrag‘ 1. Dauerschuldverhältnis und Long-term contract a) Deutsches Recht In der deutschen Dogmatik werden vertragliche Schuldverhältnisse danach unterteilt, ob sie auf einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sind, sog. einfache Schuldverhältnise oder ob bei ihnen dauernd Rechte und Pflichten erzeugt werden, sog. Dauerschuldverhältnisse.87 Die Kategorie der „Dauernden Schuldverhältnisse“ wurde bereits im Jahre 1914 von Otto von Gierke eingeführt.88 Nach einhelliger Auffassung stellt der Franchisevertrag ein Dauerschuldverhältnis dar – sein Schuldinhalt ist, wie der der Miete, Pacht oder Gesellschaft auch, überhaupt nur als Dauerschuldverhältnis denkbar.89 aa) Charakterisierung von Dauerschuldverhältnissen Die Charakterisierung von Dauerschuldverhältnissen ist im Einzelnen umstritten, erfolgt jedoch vorwiegend über das Zeitmoment: Diese Schuldverhältnisse bestehen ihrer Idee nach zeitlich unbegrenzt und es muss ihnen erst von außen eine zeitliche Begrenzung gesetzt werden.90 Dies kann beim Franchisevertrag, wie bei jedem 87 88 89 90

Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 357 f. von Gierke, JherJb, Bd. 64, 1914, 355 ff. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 16 I 3. Kramer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Einl v § 241, Rn. 97.

II. Der Franchisevertrag als ,Langzeitvertrag‘

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anderen Dauerschuldverhältnis auch, durch Befristung, Kündigung oder einverständliche Aufhebung erfolgen. Während der Laufzeit eines Dauerschuldverhältnisses entstehen ständig neue Leistungs-, Nebenleistungs- und Schutzpflichten.91 Entscheidend ist dabei, dass der Umfang der zu erbringenden Gesamtleistung von der Länge der Zeit, während derer der Vertrag besteht, abhängt.92 Die Leistung kann hierbei sowohl in einem fortdauernden Verhalten als auch in periodisch wiederkehrenden Einzelleistungen bestehen.93 Kombinationen dieser Leistungsarten, die auch im Synallagma stehen können, sind denkbar.94 So muss bspw. der Franchisegeber das Franchisepaket dauerhaft zur Verfügung stellen, während der Franchisenehmer in regelmäßigen Abständen die Gebühr hierfür entrichten muss. Ein weiteres Merkmal, das vielen, wenn auch nicht allen, Dauerschuldverhältnissen eigen ist, ist das der „Verdichtung des Pflichtengefüges“95 bzw. das der „ständigen Pflichtenanspannung“96. Es wird hervorgerufen durch einen oft intensiveren persönlichen Kontakt und eine damit einhergehende stärkere Abhängigkeit voneinander und die gesteigerte Möglichkeit der Einwirkung auf die Rechtsgüter des anderen Teils.97 Zwar entstehen auch bei einfachen Schuldverhältnissen neben der Verpflichtung zur Leistung Rücksichtspflichten, jedoch erfahren diese bei Dauerschuldverhältnissen häufig eine Erweiterung in Form der Verpflichtung zum vertrauensvollen Zusammenwirken, die sich bspw. niederschlägt in verstärkter persönlicher Rücksichtnahme und Loyalität.98 Die Verletzung dieser Pflichten bestimmt sich nach § 242 BGB.99 Auch der BGH hat diese Eigenheit bestimmter Dauerschuldverhältnisse anerkannt, indem er vor Einfügung des § 314 BGB durch die Schuldrechtsreform bei Rechtsverhältnissen von längerer Dauer, die die Kooperation der Beteiligten erfordern die Möglichkeit zur Kündigung aus wichtigem Grund anerkannt hat.100 Über das Merkmal der ständigen Pflichtenanspannung hinaus wird teilweise eine Unterteilung von Dauerschuldverhältnissen abhängig davon vorgenommen, ob ihnen ein personenrechtlicher Einschlag eigen ist oder nicht.

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Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 362. Larenz, Schuldrecht AT, § 2 VI; Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 362. 93 Larenz, Schuldrecht AT, § 2 VI. 94 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 16 I 4. 95 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 16 II 2. 96 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, § 15 II. 97 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, § 16 II 2. 98 Larenz, Schuldrecht AT, § 2 VI. 99 Larenz, Schuldrecht AT, § 2 VI. 100 Für den Mietvertrag: BGHZ 50, 312, 314 f.

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bb) Kategorie der personenbezogenen Dauerschuldverhältnisse Über das Merkmal der ständigen Pflichtenanspannung hinaus wird teilweise eine Unterteilung von Dauerschuldverhältnissen abhängig davon vorgenommen, ob ihnen ein personenrechtlicher Einschlag eigen ist oder nicht. Diese Kategorie soll sich dadurch auszeichnen, dass das entsprechende Schuldverhältnis nicht ausschließlich den Leistungsaustausch zum Inhalt habe, sondern darüber hinaus auf Bildung eines Gemeinschaftsverhältnisses gerichtet sei.101 Dies führe zu einem Nebeneinander von Interessengegenläufigkeit, wie sie normalerweise im Vertrag vorherrscht und Interessengleichrichtung. Vertreter dieser Vertragsverhältnisse mit personenrechtlichem Einschlag bzw. Gemeinschaftsverhältnisse, wie sie auch genannt werden, sollen insb. der Arbeits- und der Gesellschaftsvertrag sein.102 Die Idee der personalen Ausformung von Pflichten in Dauerschuldverhältnissen kann auf Otto von Gierke zurückgeführt werden.103 Seiner Ansicht nach erfüllten bestimmte Dauerschuldverhältnisse ihnen eigene Funktionen, die nicht durch einfache bzw. „vorübergehende“ Schuldverhältnisse, wie er sie bezeichnet, verwirklicht werden könnten.104 Beispielhaft führt von Gierke hier Dienst- und Gesellschaftsverträge an, die einen Brückenschlag in das Personenrecht darstellten.105 Ihre primäre Funktion bestehe nicht im Leistungsaustausch, sondern es handele sich vielmehr um Geschäfte der sozialen Organisation, die ein personenrechtliches Verhältnis begründeten.106 Durch den Gesellschaftsvertrag werde eine dauernde Gemeinschaft begründet, deren „personenrechtliche Vereinigungskraft“107 in der gesamten Hand offenbar werde. Beim Dienstvertrag des BGB sowie bei den Dienstverträgen des Handels- und Gewerberechts sei „die entlohnte Arbeit keine Ware, sondern untrennbarer Ausfluss der freien Persönlichkeit“108. Auch Alfred Hueck führt in seiner 1947 erschienen Schrift den arbeitsrechtlichen Treuegedanken darauf zurück, dass der Arbeitnehmer nicht nur einzelne Arbeitsleistungen, sondern vielmehr den Einsatz seiner Person verspreche.109 Die besondere Kategorie eines personenbezogenen Dauerschuldverhältnisses wird heute überwiegend abgelehnt. Dies wird v. a. mit der Gefahr ihrer Korrumpierung begründet, wie es in der Zeit des Nationalsozialismus in Bezug auf Ar101 Vgl. Kramer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Einl v § 241, Rn. 106; Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 374. 102 Vgl. Kramer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Einl v § 241, Rn. 106; Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 374. 103 Oechsler, RabelsZ 60 (1996), 91, 116; Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 374. 104 von Gierke, JherJb, Bd. 64, 1914, 355, 406. 105 von Gierke, JherJb, Bd. 64, 1914, 355, 407. 106 von Gierke, JherJb, Bd. 64, 1914, 355, 409. 107 von Gierke, JherJb, Bd. 64, 1914, 355, 410. 108 von Gierke, JherJb, Bd. 64, 1914, 355, 409. 109 Hueck, Der Treuegedanke, S. 13.

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beitsverhältnisse geschehen ist.110 Das Arbeitsverhältnis wurde nicht mehr als Vertrag mit gegenläufigen Interessen der Parteien und einem daraus folgenden Erfordernis von klar abgegrenzten Rechten und Pflichten charakterisiert, sondern unter Behauptung einer alles überspannenden Treupflicht im Rahmen eines diffusen Gemeinschaftsverhältnisses.111 In Dauerschuldverhältnissen wird heute eine gegenseitige, gesteigerte Verpflichtung zu Treu und Glauben aus der Einwirkungsmöglichkeit auf die Interessensphäre des anderen Teils abgeleitet.112 Auch der Franchisevertrag gehört zu jenen Dauerschuldverhältnissen, bei denen aufgrund des intensiven Kontakts über einen längeren Zeitraum eine Verdichtung des Pflichtengefüges stattfindet: Der Franchisegeber stellt sein Absatz- und Organisationskonzept inkl. dem Nutzungsrecht an Schutzrechten dauerhaft zur Verfügung, schult den Franchisenehmer und ist zu Weisungen berechtigt. Der Franchisenehmer wiederum hat durch die Mitnutzung des Franchisepakets Einfluss auf den Goodwill des Gesamtsystems. Der Hintergrund verstärkter Rücksichtnahmepflichten ist damit nicht personenbezogen i. d. S dass es auf die individuellen Interessen der Teilnehmer ankäme. Die gesteigerte „Treupflicht“ ergibt sich vielmehr aus der tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeit zum einen, sowie aus der teilweise bestehenden Interessengleichrichtung zum anderen.113 Die Entwicklung der Begründung von gesteigerten Rücksichtnahmepflichten bzw. „Treupflichten“ in Dauerschuldverhältnissen im Allgemeinen deckt sich – Ausgangspunkt war jeweils ein ,personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis‘ – mit der Entwicklung von Treupflichten in gesellschaftsrechtlichen Verträgen im Speziellen. Hierauf wird gesondert unter B. II. 3. b) eingegangen. b) Englisches Recht Ein ähnlich lange etabliertes Pendant zum deutschen Rechtsinstitut des Dauerschuldverhältnisses gibt es im englischen Recht nicht. Doch auch hier bringt die Rechtswirklichkeit Verträge hervor, die für längere Zeiträume geschlossen werden und nicht auf einen lediglich einmaligen Leistungsaustausch ausgerichtet sind. Die Rechtswissenschaft hat dementsprechend ein praktisches Bedürfnis für eine Abwandlung der Regelungen des klassischen Vertragsrechts erkannt und es wurde in der Literatur die Kategorie der long-term bzw. relational contracts eingeführt – in die klassischen Lehrbücher zum Vertragsrecht hat er jedoch noch keinen Eingang ge-

110

Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 16 II 2; Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 374. 111 Kramer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Einl v § 241, Rn. 107. 112 Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 569; Kramer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Einl v § 241, Rn. 108. 113 s. u. B. III. 5. c) cc).

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funden.114 Das common law kennt – im Gegensatz zum deutschen Recht115 – keine eigenen, allgemeinen Regeln für Langzeitverträge. Die Kategorie des long-term contract wird als geradezu „sociological“ aufgefasst, nicht als rechtliche.116 Das common law ist hinsichtlich des Abschlusses eines Vertrages durch relativ strikte Formalität gekennzeichnet. Die Idee eines Langzeitvertrages begegnet schon deshalb Bedenken, weil es für die Wirksamkeit eines Vertrages notwendig ist, dass die Rechte und Pflichten der Parteien sowie die sonstigen Vertragsbedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses genau feststehen, sog. certainty of terms.117 Zweifelhaft kann das bei einem auf längere Zeit abgeschlossenen Vertrag bspw. dann sein, wenn die Menge der zu liefernden Vertragsware im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bestimmt ist, weil sie vom Bedarf einer Partei abhängt.118 Legitimer Zweck des Bestimmtheitserfordernisses ist es, dass ein Gericht im Streitfall in der Lage sein soll, einer Vereinbarung so wie sie von den Parteien gewollt war, Geltung zu verschaffen.119 Dies muss jedoch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass in England die Auslegung von Verträgen jedenfalls traditionell streng am Wortlaut ausgerichtet war.120 Zudem ist die Möglichkeit der Ergänzung von Verträgen durch implied terms nur unter engen Voraussetzungen zulässig („the court will not improve the contract“).121 In den vergangenen Jahrzehnten ist jedoch eine größere Bereitschaft der Gerichte zu verzeichnen, Verträge trotz einer gewissen Vagheit durchzusetzen, insbesondere wenn sie bereits in Vollzug gesetzt worden sind.122 Der long-term contract, wie er in der englischen Literatur diskutiert wird, ist nicht deckungsgleich mit dem deutschen Dauerschuldverhältnis. Insbesondere findet im englischen Recht nicht eine Definition über das Zeitmoment statt. Die Zeit könne deshalb nicht das entscheidende Element sein, weil ansonsten eine Reihe von Verträgen aus der Kategorie long-term contracts herausfallen würden, die an sich dort 114 Bspw. in Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007; So auch McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 305. 115 Bspw. §§ 314, 309 Nr. 9 BGB. 116 Bell, in: Harris/Tallon (Hrsg.), Contract law today, 1989, 195, 195. 117 Adams/Brownsword, Key issues in contract, 1995, S. 81 f.; May & Butcher Ltd. v. King, The [1934] 2 K.B. 17, 21, Viscount Dunedin: „To be a good contract there must be a concluded bargain, and a concluded contract is one which settles everything that is necessary to be settled and leaves nothing to be settled by agreement between the parties.“ 118 Vgl. McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 310 und speziell zum ,requirements contract‘ (Bezugsvertrag): Adams/Brownsword, Key issues in contract, 1995, S. 80 ff. 119 Bradgate, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 233, 410. 120 Macdonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 660; vgl. auch Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103. 121 Vgl. Macdonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 627. 122 Bradgate, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 233, 411 mit Nachweisen aus der Rspr.

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hinein gehörten.123 Bezug genommen wird hier auf Fälle, in denen die Parteien eine Reihe von einzelnen Verträgen abschließen und nicht eine einzige Vereinbarung haben, die sich über eine längere Zeit erstreckt.124 Das Merkmal, das den long-term contract vom discrete contract (transaktionalen Vertrag), der auf einmaligen Leistungsaustausch gerichtet ist, unterscheidet, soll die spezielle Natur der Beziehung (relation) zwischen den Parteien sein.125 An dieser Stelle zeigt sich, dass die Idee eines Langzeitvertrages im englischen Recht zurückgeht auf die Schriften von Ian R. Macneil126, dem Vater des sog. relational contract (Relationalvertrag). Der relational contract soll der Gegenentwurf zum klassischen englischen Vertragsmodell sein, das von der einmaligen auf punktuellen Leistungsaustausch angelegten Vereinbarung ausgehe und in dem die Sozialbeziehung zwischen den Parteien keine Rolle spiele.127 Der relational contract versteht sich als Antwort auf Probleme des common law im Umgang mit der modernen Rechtswirklichkeit.128 Das relational contract law betont – in einem sonst von einem Verhältnis „at arm’s length“ geprägten englischen Vertragsrecht – die Kooperation zwischen den Vertragsparteien, weshalb unstreitig auch den Franchisevertrag darunter fällt129. Weil es sich um eine relativ neuartige Erscheinung handelt, die tiefgreifende Veränderungen im englischen Vertragsrecht vorschlägt, welche auch für die hier behandelten Probleme in Franchisesystemen relevant sind, wird das relational contract law unter C. I. 1. a) eingehend behandelt. 2. Längerfristige Zusammenarbeit in den Sozialwissenschaften a) Spieltheoretische Erklärung von Kooperation in der Soziologie Die deutsche Rechtswissenschaft betont in ihrer Charakterisierung des Dauerschuldverhältnisses die Bedeutung von Kooperation zwischen den Vertragsparteien; gleiches gilt für das relational contract law der anglo-amerikanischen Rechtslehre. Warum es in Tauschbeziehungen überhaupt zu Kooperation kommt, erklären Raub/ Voss in ihrem Beitrag über „Die Sozialstruktur der Kooperation rationaler Egois-

123 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 307. 124 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 307. 125 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 307. 126 Bspw. Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691; Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854. 127 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 856 ff., 886 ff. 128 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 886 ff. 129 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 12.

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ten“130, der anhand der sozialen Ordnung in kleinen, geschlossenen Gruppen untersucht, welche Bedingungen für die Entstehung von Kooperation gegeben sein müssen und wodurch kooperatives Verhalten stabilisiert wird. Als Beispiel für den Untersuchungsgegenstand werden primitive Gemeinschaften angeführt, die über keine Mechanismen zur Erzielung und Umsetzung kollektiver Entscheidungen verfügten; daneben werden aber auch Arbeitsgruppen innerhalb formaler Organisationen in modernen Gesellschaften angeführt.131 Den Autoren geht es darum, die Entstehung von Kooperation in Situationen zu erklären, die sich – wie die genannten – dadurch auszeichneten, dass kein staatlicher Zwangsapparat, der Regeln vorschreibe, existiere, d. h. es keine unbedingten commitments zu bestimmten Normen der Gesellschaft gebe.132 Es gehe darum, kooperatives Verhalten ausschließlich durch endogene, der Beziehung innewohnende Faktoren, begreiflich zu machen, von den Autoren beschrieben als die „Erklärung von Ordnungen aus einem Naturzustand im Sinn der Vertragstheorie […]“.133 In den untersuchten sozialen Tauschbeziehungen träten deshalb „Koordinations- und Verhandlungsprobleme“ auf, weil „unvollkommene Tauschmärkte keine Gleichgewichtspreise zur Bestimmung der Tauschraten“ zur Verfügung stellten.134 Darüber hinaus benötigten die Akteure in Ermangelung rechtlicher Abstützung Mechanismen zur Überwachung der Einhaltung von Versprechen und stillschweigender Übereinkünfte. 135 Zusammenfassend geht es um soziale Situationen, „[…] in denen strategisch interdependenten Akteuren unter bestimmten Bedingungen eine endogene Stabilisierung von Kooperation gelingen kann, obwohl diese Situationen in dem Sinn einen ,problematischen‘ Charakter haben, dass in ihnen (a) jeweils Akteure existieren, für die positive Anreize zu kooperativem Verhalten fehlen oder für die sogar positive Anreize zu nicht-kooperativem Verhalten identifiziert werden können, wobei (b) nichtkooperatives Verhalten nachteilige Folgen für die beteiligten Akteure impliziert.“136

Raub/Voss erklären Kooperation in den solchermaßen gekennzeichneten Situationen spieltheoretisch: Ausgegangen wird davon, dass die Akteure keine bindenden Einigungen untereinander treffen können, es also um ein „nicht-kooperatives Spiel“ geht.137 Für die ,problematischen‘ Situationen innerhalb dieses Spiels, d. h. diejenigen, in denen Anreize zur Übervorteilung des anderen bestehen, werden die möglichen Strategiewahlen der Akteure ermittelt sowie die resultierenden Ergeb130 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309. Zum Spezialfall der Kooperation in Fällen asymmetrischer Machtgefälle – Stichwort Subordinationsfranchising – s. u. B. I. 5. a). 131 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 316. 132 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 309. 133 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 310. 134 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 310. 135 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 310. 136 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 310. 137 Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 311.

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nisse für alle Akteure.138 Kooperativ ist ein Verhalten dann, wenn eine Strategie gewählt wird, die zu einer Verbesserung im Pareto-Sinn führt, d. h. sie effizient ist.139 Als zentrale Bedingung für die Entstehung von Kooperation arbeiten Raub/Voss die Iteration140 heraus: „[…] daß die gleichen Akteure wiederholt miteinander in den beschriebenen Situationen interagieren, dass es sich in diesem Sinn um eine rekurrente soziale Situation handelt.“141

Voraussetzung für die Stabilität von Kooperation sei wiederum der folgende (endogene) Sanktionsmechanismus: Aufgrund der vorhandenen Strategiemöglichkeiten könne davon ausgegangen werden, dass jeder Akteur grundsätzlich zur Kooperation bereit sei, kooperatives Verhalten in der Zukunft aber von der Kooperation des anderen Akteurs abhängig mache. Der dadurch entstehende Sanktionsmechanismus stabilisiere die Kooperation aller Akteure.142 Im Falle rekurrenter Situationen führe dieser Mechanismus dazu, „[…] daß die Akteure den kurzfristigen individuellen Vorteil einer Ausnutzung der Kooperationsbereitschaft der Partner abwägen müssen gegen die längerfristigen individuellen Nachteile der eigenen Nichtkooperation.“143

Sei die erwartete Stabilität – d. h. die Dauer der Interaktionssituation – hoch, so überstiegen „die erwarteten Erträge der Kooperation (die als Investition aufgefasst werden kann) die Kosten (den Verzicht auf kurzfristige Vorteile).“144

Raub/Voss erkennen, dass die Kooperationsbereitschaft durch niedrige relative Kooperationskosten und hohe relative Konfliktkosten gefördert werde;145 sie sei gleichermaßen abhängig von der Stärke der wechselseitigen Abhängigkeit. Treffe ein Akteur systematisch mit einer Vielzahl anderer Akteure zusammen – insofern ist auch die Situation im Franchise-Netzwerk angesprochen –, so führe diese Verknüpfung dazu, dass ein Reputationsmechanismus wirksam werde: „Die Reputation eines Akteurs wirkt sich so aus, daß er aufgrund der erwarteten Sanktionen seitens der mit einem Tauschpartner strukturell äquivalenten Akteure auch in solchen Beziehungen kooperiert, in denen für ihn Kooperation keine Gleichgewichtsstrategie ist.“146

138 139 140 141 142 143 144 145 146

Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 311. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 311. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 316. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 312. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 316. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 316. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 317. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 318. Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 319.

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Jenseits der unmittelbar untersuchten sozialen Gruppen, ist ein Anwendungsbereich für ihre spieltheoretischen Überlegungen Raub/Voss zufolge auch der Langzeitvertrag: Zwar seien Verträge rechtlich abgesichert durch Normen, die den Ablauf geschäftlicher Beziehungen zu regeln bestimmt sind, allerdings hätten geschäftliche Transaktionen häufig einen selbsttragenden Charakter, da die Vereinbarungen ohne Rückgriff auf das Recht durchgeführt würden und eine Konfliktlösung ohne Dritte stattfände.147 Verträge seien darüber hinaus häufig unvollständig abgefasst und erforderten spezifische Investitionen, was je für sich Anreize zu wechselseitiger Schädigung der beteiligten Akteure eröffne.148 Diese Gesichtspunkte werden von der ökonomischen Analyse des Rechts näher beleuchtet. b) Ökonomische Analyse des Rechts im Hinblick auf Langzeitverträge Begründet wurde sie durch Ronald H. Coase, der die verschiedenen, den Akteuren zur Abwicklung wirtschaftlicher Transaktionen zur Verfügung stehenden Einrichtungen – Austauschvertrag einerseits, Gesellschaft andererseits – analysierte und mithilfe der Transaktionskostenanalyse die Auswahl dieser Organisationsformen als Effizienzentscheidung erklärte.149 Coase ging davon aus, dass es immer dann zur Gründung eines Unternehmens, verbunden mit den entsprechenden Machtbefugnissen des Eigentümers kommt, wenn die Kosten dafür, dieselbe Angelegenheit durch Vertrag, d. h. unter dem Preismechanismus zu regeln, höher sind.150 Die Transaktionskostenanalyse wurde maßgeblich durch Oliver E. Williamson weiterentwickelt, der die verschiedenen möglichen Formen von Transaktionen anhand charakteristischer Eigenschaften differenzierte: Er ging – unter Rückgriff auf Ian R. Macneil151 – davon aus, dass nicht nur der Austauschvertrag einerseits existiere und die Organisation andererseits, sondern zwischen beiden ein Spektrum verschiedenener Formen von Transaktionen vorkämen.152 Zur Charakterisierung von Transaktionen – die in der Theorie von Williamson die Grundeinheit darstellen –, benutzt er das Kriterium der Asset specifity (zu verstehen als Grad der Spezifität von Investitionen), dasjenige der Häufigkeit der Transaktion und das der Unsicherheit.153 Je nach Ausprägung dieser Kriterien, schlägt Williamson bestimmte Governance-Strukturen vor, die geeignet sind, die entsprechenden Transaktionen zu regeln. Das wichtigste Merkmal einer Transaktion sei dasjenige der 147

Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 310 unter Hinweis auf Macaulay, s. u. C. I. 1. a). Raub/Voss, ZfS 15 (1986), 309, 310. 149 Coase, Economica 4 (1937), 386. Ausführlich s. u.B. III. 4. a) aa). 150 Coase, Economica 4 (1937), 386, 390. 151 Zu Macneil ausführlich unter C. I. 1. a). 152 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985. Ausführlich s. u. B. III. 4. a) bb). 153 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 52 ff.; Williamson, J. L. & Econ. 22 (1979), 233, 239. 148

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Asset specifity, das in Bezug auf den Standort, Sachwerte und das Humankapital zu prüfen sei und in den Ausformungen nicht-spezifisch, gemischt und idiosynkratisch vorliegen könne.154 Generell könne gesagt werden, dass spezifische Investitionen – so sie denn notwendig sind – vorteilhaft seien, wenn der entsprechende Vertrag erfüllt werde, da damit eine Kostenersparnis verbunden sei; im Falle einer vorzeitigen Beendigung allerdings erwiesen sie sich als problematisch, da eine anderweitige Verwendung häufig ausgeschlossen sei.155 Transaktionen, in denen solche Investments erforderlich seien, zeichneten sich in der Regel dadurch aus, dass sie durch eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen flankiert würden und innerhalb langfristiger Beziehungen erfolgten, in denen die Identität der Parteien eine große Rolle spiele.156 Ähnlich verhalte es sich auch mit dem Kriterium der Häufigkeit: die hohen Kosten, die besondere Governance-Strukturen für nichtstandardisierte Transaktionen hervorriefen, lohnten sich nur bei evidenten Vorteilen und häufigem Gebrauch.157 Insofern teilt Williamson Transaktionen ein in solche, die einmalig, gelegentlich und wiederkehrend auftreten.158 Das Merkmal der Unsicherheit, mit der eine Transaktion behaftet sei, soll deshalb beachtet werden, weil die verschiedenen wirtschaftlichen Institutionen unterschiedlich gut auf Störungen reagieren könnten.159 Nach Williamson kann damit der Abschluss von Langzeitverträgen – im Gegensatz zum einmaligen Austauschvertrag und der Gesellschaft – damit erklärt werden, dass die erforderlichen idiosynkratischen, d. h. beziehungsspezifischen Investitionen als lohnenswert erscheinen, weil die Vertragserfüllung als wahrscheinlich eingestuft wird – was Vertrauen in die Kooperationsbereitschaft des anderen Teils voraussetzt. Zudem liegt der Abschluss eines Langzeitvertrages selbstredend dann nahe, wenn der entsprechende Austauschvorgang häufig zwischen diesen Parteien durchgeführt wird und Unsicherheiten, insbesondere in Bezug auf das Verhalten des Vertragspartners eingegrenzt werden können. c) Nichtgebrauch von Recht bzw. Unvollständigkeit von Verträgen bei längerfristiger Zusammenarbeit Die Annahme, dass geschäftliche Transaktionen „selbsttragenden Charakter“ haben könnten – angesprochen von Raub/Voss als Anwendungsfall ihrer spieltheoretischen Erklärungen von Kooperation – ist zurückzuführen auf Stewart Macaulay und seine Studie zu den „Non-contractual relations in business“, in der er zu dem Ergebnis kam, dass Unternehmer sich zur Regelung ihrer Geschäftsbezie154 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 55; Williamson, J. L. & Econ. 22 (1979), 233, 246. 155 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 54. 156 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 55. 157 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 60. 158 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 72. 159 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 56 f.

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hungen in nur sehr geringem Umfang des Vertragsrechts bedienten.160 Dies wurde zum einen daran festgemacht, wie intensiv der Leistungsaustausch vorab im Hinblick auf die Festlegung der Leistung, die Folgen von Schlechtleistung und etwaige sonstige Eventualitäten geplant worden ist.161 Zum anderen daran, in welchem Ausmaß Gebrauch von rechtlichen Sanktionsmechanismen gemacht worden ist.162 Macaulay kam zu dem Ergebnis, dass Geschäftsleuten selbst bei großen und riskanten deals häufig „das Wort eines Mannes“ in einem kurzen Brief oder ein Handschlag genügten und Verträge auf diese Weise mit einem Minimum an Planung abgeschlossen würden.163 Oft werde auch – aufgrund sich widersprechender Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf der Rückseite von Auftrags-/Annahmeformularen – gar keine Einigung im Rechtssinne erzielt. Den Unternehmern käme es aber häufig nicht darauf an, einen einklagbaren Vertrag abzuschließen, da Konflikte nicht auf rechtlichem Wege ausgeräumt würden.164 Ausführliche Verträge und das Vertragsrecht würden nicht nur nicht gebraucht, sie sollen teilweise sogar schädlich sein, denn der Wille zu umfassender Planung würde im Geschäftsleben als mangelndes Vertrauen ausgelegt und ein seitenlanger Vertrag führe zu einem Verlust an Flexibilität.165 Rechtliche Schritte seien deshalb oft unangebracht, weil eine Klage wegen Vertragsbruchs in vielen Fällen das Ende der Geschäftsbeziehung bedeute.166 Macaulay zieht hieraus den Schluss, dass den Parteien die Regelung ihrer Beziehung am besten ohne regulierende Eingriffe seitens des Staates selbst überlassen bleiben sollte.167 In Bezug auf Langzeitverträge ist zumindest festzustellen, dass diese sich in besonderem Maße durch die von Macaulay angesprochene Unvollständigkeit hinsichtlich des Regelungsgehaltes auszeichnen. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass zwischen den Parteien eine langjährige geschäftliche Beziehung besteht, die die Aufsetzung detaillierter Verträge aufgrund des geschaffenen Vertrauens überflüssig macht. Zurückzuführen ist sie daneben aber darauf – und dies insbesondere im Falle des Franchising, das häufig durch asymmetrische, eine Regelung erfordernde Machtverhältnisse geprägt ist –, dass die Unvollständigkeit angesichts der komplexen Aufgabe, ein Vertragsverhältnis für teilweise mehr als zehn Jahre bei sich ständig ändernden Bedingungen, speziell im Einzelhandel, zu regeln, unver160 Macaulay, Non-contractual relations in business: A preliminary study, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55. Die Studie basiert auf der Befragung von Unternehmen im Bundesstaat Wisconsin, insb. für Lieferbeziehungen zwischen Käufern und Herstellern. Für England hat die Studie von Beale/Dugdale, Contracts between businessmen: Planning and the use of contractual remedies, Brit. J. L. & Soc. 2 (1975), 45 ganz ähnliche Ergebnisse geliefert. 161 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 56 f. 162 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 56 f. 163 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 58. 164 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 60. 165 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 64. 166 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 65. 167 Macaulay, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 179, 230 ff.

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meidlich ist.168 Daneben ist, unter Zugrundelegung einer ökonomischen Analyse des Rechts, davon auszugehen, dass der Abschluss eines vollständigen, alle möglichen Risiken abdeckenden Vertrages, prohibitiv hohe Transaktions-, insbesondere Informations- und Beratungskosten hervorrufen würde und daher auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.169 Es ist davon auszugehen, dass die Unvollständigkeit der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien eines Langzeitvertrages besondere Anforderungen an kooperatives Verhalten unterstützende rechtliche Regelungen enthält. 3. Fiduciary relationship und Treupflichten a) Englisches Recht Setzt man am Bestehen von Treupflichten an, so verläuft die Trennlinie im englischen Recht zwischen den üblichen Vertragsverhältnissen, bei denen sich die Parteien „at arm’s length“ gegenüberstehen und den sog. fiduciary relationships, den treuhänderischen Beziehungen. Dabei zeichnen sich die ,adverse commercial relationships‘170 des common law dadurch aus, dass jeder Vertragsteil zur – auch rigorosen – eigennützigen Interessenverfolgung berechtigt ist, wohingegen der Treuhänder einer fiduciary relationship ausschließlich die Interessen des anderen Teils verfolgen darf. Treuhänderische Beziehungen werden folgendermaßen beschrieben: „A person will be a fiduciary in his relationships with another when and in so far as that other is entitled to expect that he will act in that other’s interests or (as in a partnership) in their joint interests, to the exclusion of their several interests.“171 „[…] the essence of a fiduciary relationship is that it creates obligations of a different character from those deriving from the contract itself.“172

Die Kategorie der fiduciary relationships ist daher nicht als vertraglich zu verstehen. Die für den Treuhänder bestehende Pflicht zum Handeln im Interesse des Treugebers ist dem common law fremd und entstammt dem Bereich der equity.173 Vereinzelt werden im englischen Recht auch Franchiseverträge als treuhänderische Beziehungen eingeordnet.174

168

Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 947. Kern, JuS, 1992, 13, 15. 170 Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 28; Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 87; Walford v. Miles [1992] 1 All ER 453, 460, Lord Ackner. 171 Finn, in: McKendrick, Commercials Aspects of Trusts and Fiduciary Obligations, 1992, 7, 9. 172 Re Goldcorp Exchange Ltd. [1994] 2 All ER 806, 822, Lord Mustill. 173 Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1 – 014, 6 – 033. 174 s. u. B. II. 5 d) und C. I. 1. c). 169

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b) Deutsches Recht Die genannte Unterscheidung ist dem deutschen Recht, jedenfalls in dieser Grundlegung fremd. Nach dem Wortlaut des § 242 BGB ist der Schuldner innerhalb eines jeden Schuldverhältnisses verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Seit langem wird dem § 242 BGB darüber hinaus von Rechtsprechung und Lehre ein das gesamte Rechtsleben beherrschender Grundsatz entnommen, nach dem jedermann in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat.175 Die Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen Teils sowie die Pflicht zu redlichem und loyalem Verhalten sind damit stets zu beachten. Damit ist jedoch nicht die Besonderheit des fiduziarischen Verhältnisses englischer Prägung eingefangen, denn dieses verpflichtet den Treuhänder nicht lediglich zu einer Interessenabwägung, sondern erfordert die bedingungslose Zurückstellung des Eigeninteresses. aa) Gesellschaftsrechtliche Treupflicht Eine, ein solches Verhalten erfordernde, „Treupflicht“ ist im deutschen Recht zunächst entwickelt worden für enge persönliche Beziehungen zwischen den Beteiligen, in denen ein sog. Gemeinschaftsverhältnis begründet wird – bspw. im Arbeits- oder Personengesellschaftsrecht.176 Hueck umschrieb den Inhalt dieser Treupflicht, die für ihn qualitativ über das Erfordernis von Treu und Glauben hinausgeht, mit folgenden Worten: „Jeder Beteiligte ist verpflichtet, jede Schädigung der Interessen der Gemeinschaft und der durch den Gemeinschaftszweck umfaßten Interessen der Mitbeteiligten zu unterlassen und darüber hinaus diese Interessen im Rahmen der durch die Gemeinschaft bedingten Tätigkeiten zu fördern.“177

Vom Personengesellschaftsrecht ausgehend ist die Treupflicht zu einem allgemeinen Grundsatz des Verbandsrechts ausgebaut worden – die Notwendigkeit, der Gefahr eigennützigen oder dem Gesellschaftsinteresse widerstrebenden Verhaltens zu begegnen, bestand gleichermaßen in Kapitalgesellschaften.178 Mit dieser Übertragung der Grundsätze zur Treupflicht, insb. auf die Aktiengesellschaft, ging eine Abkehr vom Begründungsansatz der engen persönlichen Verbundenheit einher.179 Das Bestehen einer Treupflicht wurde seither, insb. auch vom BGH, mit der Notwendigkeit eines Korrelats zur Rechtsmacht der Gesellschafter begründet, die 175

Grüneberg, in: Palandt, § 242 Rn. 1 m. w. N. Hueck, Der Treuegedanke, S. 12. 177 Hueck, Der Treuegedanke, S. 15. 178 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 53a Rn. 36 f. mit Nachweisen der BGH-Rspr. 179 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 53a Rn. 45. 176

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durch Ausübung ihrer Teilhaberechte auf die Belange sowohl der Gesellschaft als auch der Mitgesellschafter einwirken könnten: „[…] der Kern des Treupflichtgedankens [besteht], soweit er im Kapitalgesellschaftsrecht allgemein Geltung beanspruchen kann, darin, daß dem Maß des Einflusses des Gesellschafters das Maß seiner Verantwortung mit der sich daraus ergebenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft und die gesellschaftsbezogenen Belange der Mitgesellschafter entspricht […]“.180

Kombiniert wird dieser Begründungsansatz häufig mit einer Erklärung der Treupflicht als Gegengewicht für die notwendige Offenheit des Verbandes im Hinblick auf die Zukunft. In einem „nach vorne offenen Rechtsverhältnis“ sei bei Vertragsabsschluss nicht abseh- und daher auch nicht regelbar, welche Maßnahmen für die Erreichung des gemeinsamen Zweckes in der Zukunft erforderlich sein werden.181 Eine Pflicht zur ausschließlichen Verfolgung der Interessen des anderen Teils – wie sie für die fiduciary relationship typisch ist – wird im Recht der Aktiengesellschaft dann angenommen, wenn das entsprechende Recht dem Aktionär im Interesse der Gesellschaft verliehen ist, es sich um ein sog. uneigennütziges Recht handelt.182 Bei eigennützigen Rechten hingegen, die dem Aktionär im eigenen Interesse zustehen, soll lediglich eine Interessenabwägung stattfinden, die der missbräuchlichen Rechtsausübung Schranken setzt.183 Die Rechtsgrundlage für die gesellschaftsrechtliche Treupflicht ist umstritten. Die „Stabilisierung durch entsprechenden Rechtssatz“184 wird aber, unabhängig von der oben erläuterten Begründung ihrer Geltung, für erforderlich gehalten. Für eine Verankerung in § 242 BGB plädiert insbesondere Hennrichs, der die gesellschaftsrechtliche Treuplicht als „Unterfall der in jeder rechtlichen Sonderverbindung geltenden allgemeinen Rücksichtnahme- und Loyalitätspflicht“ versteht.185 So könne erklärt werden, warum die Treupflicht rechtsformunabhängig gelte; zudem funktioniere die Treupflicht mit ihrer Schrankenfunktion einerseits und ihrer Ermächtigungsfunktion andererseits auf ähnliche Art und Weise wie § 242 BGB, bei dem ebenfalls in Funktionskreise unterschieden werde.186 Anderer Ansicht zufolge, namentlich der von Lutter, soll die Treupflicht der mitgliedschaftlichen Förderpflicht gemäß § 705 BGB entspringen, die die Förderung der Erreichung eines gemeinsa-

180

BGHZ 129, 136, 143; entwickelt von Zöllner, Die Schranken, 1963, 335 ff. Insb. Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 166 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 91 ff. 182 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 53a Rn. 51. 183 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 53a Rn. 41. Ebenso Unterscheidung zwischen eigennützig und uneigennützig: Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 53a Rn. 16; Henze/Notz, in: Hopt/Wiedemann, AktG, 4. Aufl. 2008, Anh § 53a Rn. 53. 184 Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 53a Rn. 15. 185 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 229. 186 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 230. 181

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men Zweckes bei der Gesellschaft normiert.187 Was hierfür erforderlich ist, d. h. welchen konkreten Inhalt die mitgliedschaftliche Förderpflicht habe, stehe nicht fest und verlange ein flexibles Verhalten der Partner.188 Die Bezeichnung als ,Treupflicht‘ sei demgegenüber „wenig glücklich“, „weil sie zur Assoziation mit den Pflichten aus Treu und Glauben nach § 242 BGB führt“.189 Dritter Auffassung zufolge, soll die Treupflicht in einer auf richterrechtlicher Rechtsfortbildung beruhenden Generalklausel wurzeln, deren Ableitung in verschiedenen gesetzlichen Regelungen liegt, wobei hier u. a. die §§ 242, 705, 723 BGB, 112, 113 HGB, 53a, 117, 243 AktG angeführt werden.190 Welche Rechtsgrundlage herangezogen wird, soll allerdings „im Ergebnis ohne Bedeutung“ sein.191 bb) Der Treuhandvertrag nach Grundmann Beim von Grundmann entwickelten Konzept des Treuhandvertrages wird – anders als bei den eben dargestellten Ansätzen – unterschieden zwischen treuhänderischen Pflichten auf der einen Seite, bei denen ausschließlich das Interesse des anderen Teils maßgeblich ist, und Rücksichtnahmepflichten auf der anderen Seite, bei denen eine Abwägung der beiderseitigen Interessen stattfindet. Der Treuhandvertrag stellt ein Erklärungsmodell nicht nur für Treupflichten im gesellschaftsrechtlichen Bereich dar, sondern gilt generell, so bspw. auch im Recht der Vertriebsmittler. Aus Sicht von Grundmann können diejenigen Konzepte, die einen Tatbestand für die Treupflicht aufzustellen versuchten, nicht erklären, warum im einen Fall die Interessen des Verpflichteten zurückstehen müssten, im anderen Fall aber mit denjenigen der Gegenseite abgewogen würden.192 Bei der Erklärung der Treupflicht als Korrelat zur Rechtsmacht der Gesellschafter werde kein Element der Nähe konkretisiert193 ; Einwirkungsmöglichkeiten existierten, auch im sonstigen Zivilrecht, zahlreich, bspw. beim Franchisevertrag im Falle von Langzeitinvestitionen, deren Entwertung durch Kündigung im Raum stehe – dennoch werde in diesen Fällen vom Franchisegeber nicht verlangt, sich ausschließlich an den Interessen des Franchisenehmers zu orientieren194. Soweit die Offenheit in der Zweckbestimmung als Geltungsgrund für die Treupflicht herangezogen werde, sei schon unklar, ob es sich überhaupt um ein Tatbestandsmerkmal handeln solle, das bei seinem Vorliegen zum Eintritt der Rechtsfolge ,Treupflicht‘ führe oder ob es sich vielmehr lediglich um ein 187

Lutter, AcP 180 (1980), 84, 102 ff. Lutter, AcP 180 (1980), 84, 102. 189 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 103. 190 Henze/Notz, in: Hopt/Wiedemann, AktG, 4. Aufl. 2008. Anh § 53a Rn. 18 f.; Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 53a Rn. 15. 191 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 53a Rn. 43. 192 Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 166. 193 Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 142. 194 Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 145. 188

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nicht unmittelbar Rechtsfolgen hervorrufendes Charakteristikum bestimmter Rechtsverhältnisse handele.195 Die Heranziehung von § 242 BGB bzw. § 705 BGB als Rechtsgrundlage für die (gesellschaftsrechtliche) Treupflicht spreche hingegen vorrangig die Rechtsfolgenseite an und enthalte wiederum keine innere Differenzierung im Hinblick auf die Interessenlage.196 Die allgemeine Verpflichtung zu Treu und Glauben nach § 242 BGB sei Nebenpflicht und könne schwerlich das Bestehen von (Haupt-)Treupflichten in ganz bestimmten Vertragsverhältnissen bzw. Typen von Verträgen erklären.197 Die Schwäche des Ansatzes von Lutter wiederum, der die Treupflicht auf die Hauptpflicht der Zweckförderung des § 705 BGB stützt, sei gleichfalls das Fehlen eines Differenzierungskriteriums innerhalb der Treupflichten.198 Der Wunsch, alle Teile von Treupflichten auf eine Rechtsgrundlage zu gründen, führe dazu, dass hiervon auch Inhalte erfasst seien, die traditionell als Nebenpflichten gelten.199 Grundmann, der für die Konzeptionierung seines Treuhandvertrages entgegen dem sonstigen im Recht der Treuhand einen vertragsrechtlichen Ansatz wählt und damit das Innenverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder in den Mittelpunkt rückt200, unterscheidet zwischen der Treupflicht ieS und den Treupflichten iwS. Für die erstere, auch als Interessenwahrungspflicht stricto sensu bezeichnet, ist charakteristisch, dass der Treuhänder zur unbedingten Wahrung der Interessen der Gegenseite verpflichtet ist; das eigene Interesse findet hingegen keine Berücksichtigung.201 Bei den Treupflichten iwS, die § 242 BGB zu entnehmen sind, handelt es sich hingegen um diejenigen Nebenpflichten, die auch in Vertragsverhältnissen ohne treuhänderisches Element bestünden und die eine Interessenabwägung erforderten.202 Die Interessenwahrungspflicht stricto sensu ordnet er als charakteristische Hauptpflicht des Treuhandvertrages ein, der immer dann entstehe, wenn der Treuhänder vom Treugeber eine geldwerte Position – nicht endgültig und nicht zur freien Verfügung – übertragen erhalte, für die er keine Gegenleistung erbringt.203 Rechtfertigung für die Rechtsfolge der einseitigen Interessenwahrung sei damit nicht die Einwirkungsmacht an sich, sondern die Einwirkungsmacht, deren Erhalt keine Gegenleistung gegenübersteht.204 Daher sei auch gerechtfertigt, dass alle geldwerten 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204

Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 146. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 147. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 150. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 154. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 154. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 87 ff. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 192 ff. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 169 ff. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 93. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 193.

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Vorteile, die dem Treuhänder aufgrund von zum Treugut gehörenden Positionen zufielen, dem Treugut zuzuordnen seien.205 Die Treuhand erfülle in erster Linie Arbeitsteilungsfunktion, bei der allerdings dem Treugeber der jederzeitige Zugriff möglich sein muss, was Auskunftspflichten und Weisungsgebundenheit des Treuhänders rechtfertigt.206 Ist der Tatbestand der gegenleistungsfreien Übertragung von Treugut erfüllt, sei deshalb von einem gesonderten Treuhandvertrag mit der Hauptpflicht der einseitigen Interessenwahrung stricto sensu zu auszugehen, weil es sich um ein selbständiges und isolierbares Pflichtengefüge handele.207 Der Treuhandvertrag stehe neben einem weiteren Vertragsverhältnis, das bspw. ein Handelsvertretervertrag sein könne, in welchem sich die Treuhänderleistung und die Vergütung synallagmatisch gegenüberstünden.208 Zwischen diesen beiden Leistungen müsse ein Gleichlauf herrschen, da anderenfalls die Gegenleistungsfreiheit der Übertragung des Treugutes fraglich sein könne.209 Der Treuhandvertrag könne nicht nur in Einzel-, sondern auch in Gesamtverträgen zur Anwendung kommen, weshalb mit seiner Hilfe auch das Bestehen der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht erklärt werden kann.210 Grundmann begründet mit Hilfe des Treuhandvertrages aber auch – als Treugut kommen für ihn auch Informationspositionen211 in Betracht –, in welchen Fällen Informations- und Einflusspositionen in Vertriebsmittlerverhältnissen, insb. Handelsvertreterverträgen, die ja gesetzlich geregelt sind, von der Vertriebsperson treuhänderisch gehalten werden.212 § 90 HGB beschreibe eine Konstellation, in der die Information ausschließlich vom Unternehmer erschaffen und dem Handelsvertreter ohne eigenen Beitrag zur Verfügung gestellt wurde, weshalb eine Interessenwahrungspflicht stricto sensu die Folge sei.213 § 89b HGB hingegen, der für die Zeit nach Beendigung des Handelsvertretervertrages gilt, zeige, dass der Handelsvertreter Positionen, zu deren Entstehung er durch eigene Investments beigetragen habe, gerade nicht treuhänderisch halte.214 Nach dieser Konzeption ist beim Franchiseverhältnis nicht davon auszugehen, dass zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer ein zusätzlicher Treuhandvertrag abgeschlossen wird. Vielmehr wird hier davon ausgegangen, dass sich die 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214

Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 220. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 221. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 95. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 212. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 213 f. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 96; zur Erklärung: S. 268 ff. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 101 ff. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 367 ff. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 368 f. Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 375.

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Hauptpflichten der Parteien synallagmatisch gegenüberstehen215, ohne dass eine gegenleistungsfreie Übertragung von Treugut daneben erfolgt. Soweit in der folgenden Arbeit von Treupflichten die Rede ist, so ist damit nicht die Interessenwahrungspflicht stricto sensu nach dem Konzept von Grundmann in Bezug genommen, sondern es geht um traditionell aus § 242 BGB abgeleitete, eine Interessenabwägung erfordernde Pflichten, die vorliegend aufgrund der Besonderheiten des Franchiseverhältnisses und -netzwerks verstärkt sind. Von § 242 BGB ausgehend hat Wellenhofer bestimmte Dauerschuldverhältnisse, darunter den Franchisevertrag, als „Treuhandverhältnis“ eingeordnet, worauf unten eingegangen wird.216 4. Vertragliche Qualifikation des Franchisevertrages im deutschen Recht a) Gesellschaftsvertrag – § 705 BGB Gem. § 705 BGB verpflichten sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern. Wesensmerkmale der hierdurch entstehenden GbR sind die vertragliche Dauerbeziehung, die gemeinsame Zweckverfolgung und -förderung sowie die damit zusammenhängende Treubindung der Gesellschafter.217 Vereinzelt wird angenommen, zwischen den Partnern eines Franchisesystems bestünde eine GbR218, was sich jedoch als Fiktion erweist, denn der Franchisegeber schließt Verträge mit jedem einzelnen seiner Partner219. Diese kennen sich untereinander in der Regel nicht – auch dies widerspricht dem Konzept der Gesellschaft, in der Mitglieder nicht beliebig auswechselbar sind220. Aber auch dem Inhalt nach ist der Franchisevertrag nicht als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren: Zwar wird eine den Franchisenehmer treffende Pflicht, das System zu fördern in der Regel vereinbart. Darüber hinaus hängt der wirtschaftliche Erfolg des einzelnen Geschäfts auch vom Erfolg des Franchisesystems insgesamt ab, weshalb angenommen werden kann, dass die Beteiligten insoweit einen gemeinsamen „Netzzweck“ verfolgen. Allerdings handelt es sich nicht um einen „gemeinsamen Zweck“ i. S. d. § 705 BGB, der 215

s. u. B. II. 4. c) cc und dd). s. u. C. I. 2. b). 217 Ulmer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Vorbem v § 705, Rn. 5 – 7. 218 Für bestimmte Arten von Franchiseverträgen: Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 78 ff.; Für Just-in-time-Verträge: Engel, RabelsZ 57 (1993), 556, 561. Dagegen die Mehrheit der Literatur, bspw. Schmidt, GesellschaftsR, 4. Aufl. 2002, S. 57 – 74; Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 14 ff., 22; Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 727 f.; Ulmer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Vorbem v § 705, Rn. 123. 219 So Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 728. 220 Ulmer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Vorbem v § 705, Rn. 2. 216

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dort primärer Vertragsgegenstand ist, denn die Interessenstruktur im Franchisenetz ist durch ein Übergewicht an Eigennützigkeit, d. h. der Verfolgung eigener, auf Gewinnmaximierung gerichteter Interessen, geprägt.221 Die Einordnung des Franchisevertrages als „gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis“222 bzw. gemischten Vertrag, in dem auch Elemente einer GbR vorliegen, erscheint aufgrund der vom Austauschvertrag abweichenden Interessenstruktur zwar auf den ersten Blick als nicht abwegig. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass eine solche Qualifikation keine wesentlichen Elemente der häufig detaillierten, vertraglichen Regelung der Parteien aufgreift – lediglich die einseitige Systemförderungspflicht steht in einer gewissen Nähe zum Gesellschaftsvertrag. Eine entsprechende Einordnung als gesellschaftsähnlich widerspricht damit dem Willen der Parteien, was auch deutlich wird beim Blick auf die Regelungen zur GbR in §§ 706 ff. BGB – bspw. hinsichtlich Vertretungsmacht, Gewinnverteilung und Beendigungsgründen – die nicht auf den Franchisevertrag passen.223 b) Arbeitsvertrag – § 611 BGB Der Franchisenehmer ist konzeptionell – in Abgrenzung zum Arbeitnehmer – selbständiger Unternehmer, wobei das Merkmal selbständig wie in § 84 Abs. 1 HGB zu verstehen ist. Allerdings stellen Verträge, die von den Parteien zwar als Franchising bezeichnet werden, die aber faktisch keine Selbständigkeit beinhalten, rechtlich gesehen Arbeitsverträge dar.224 Tatsächlich sind in Einzelfällen Franchisenehmer anhand der konkreten Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen zumindest als arbeitnehmerähnliche Personen qualifiziert worden, so zuletzt vom OLG Saarbrücken.225 Entscheidend war für das Gericht, dass dem Franchisenehmer aufgrund der detaillierten Vorgaben – nicht nur hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes und Sortiments, sondern auch in Bezug auf Öffnungszeiten, Inventurund Bestellwesen, Personalführung und Betriebsabrechung – praktisch kein eigener unternehmerischer Gestaltungsspielraum jenseits der Finanzierung blieb.226 Diese Vorgaben waren verbunden mit umfassenden Kontrollrechten, wie unangemeldeten Überprüfungen oder dem Online-Abruf täglicher Umsätze. Aus Sicht des Gerichts 221

Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 720, 828; Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188. Vertragshändlersysteme sind in der Rspr. des RG teilweise als gesellschaftsähnlich qualifiziert worden: RGZ 65, 37, 37; 92, 201, 203; 95, 166, 168. Zum Begriff gesellschaftsähnlich auch: Ulmer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), Vorbem v § 705, Rn. 106. 223 So Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 728. 224 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 13; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11. 4. 2011, Az. 5 W 71/11 – 29, 5 W 71/11, juris Rn. 58. 225 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11. 04. 2011, Az. 5 W 71/11 – 29, 5 W 71/11; gleichfalls: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22. 6. 2005, Az. VI-W (Kart) 5/05. Keine Einordnung als Arbeitnehmer/arbeitnehmerähnlich: BGH NJW-RR 2000, 1436. 226 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11. 04. 2011, Az. 5 W 71/11 – 29, 5 W 71/11, juris Rn. 64, 67. 222

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unterschied sich der Franchisenehmer, der Teil eines Franchisesystems zum Betrieb von Gaststätten war, nicht von einem angestellten Restaurantleiter.227 Bei Franchiseverträgen handelt es sich häufig um vom Franchisegeber vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen,228 mit denen dieser einseitig, auch im Interesse der Uniformität des Systems versucht, seinen Einfluss auf die einzelnen Betriebe zu maximieren. Auch wenn der BGH anerkannt hat, dass ein umfassendes System von Richtlinien und eine damit verbundene Einschränkung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Franchisenehmer erforderlich ist, um das unternehmerische Konzept des Franchising zu verwirklichen,229 so macht die Entscheidung des OLG Saarbrücken doch deutlich, dass es Grenzen hierfür gibt, jenseits derer die Bindung in ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis umschlägt. Eine arbeitnehmerähnliche Stellung, die im Gegensatz zum Arbeitnehmer nicht die Eingliederung in die betriebliche Organisation erfordert, zeichnet sich durch die zwar nicht persönliche, jedoch wirtschaftliche Abhängigkeit aus, bei der die betreffende Person auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen ist und sich hierbei an den anderen Teil gebunden hat.230 c) Pacht- und Geschäftsbesorgungsvertrag Nach herrschender Aufassung ist der Franchisevertrag ein als Dauerschuldverhältnis ausgestalteter, einheitlicher verkehrstypischer gemischter Vertrag231, der Elemente verschiedener typischer Austausch- und Interessenwahrungsverträge in sich vereinigt. Bei gemischten Verträgen wird – in Abgrenzung zum zusammengesetzten Vertrag – davon ausgegangen, dass Bestandteile verschiedener Vertragstypen in einer Art und Weise miteinander verbunden sind, dass sie nur in ihrer Gesamtwirkung ein sinnvolles Ganzes ergeben.232 Die weitere Einordnung ist jedoch umstritten. Dabei ist nach deutschem Recht die Einordnung der oben genannten Pflichten in Haupt- bzw. Nebenpflichten entscheidend. Einerseits wird angenommen, die Elemente eines bestimmten Vertragstypus überwogen derart, dass es sich um einen typischen Vertrag mit andersartiger Nebenleistung handele; andererseits wird von einem Kombinationsvertrag ausgegangen, bei dem die Parteien jeweils mehrere Hauptleistungen, welche verschiedenen Vertragstypen entsprächen, schuldeten und ein Schwergewicht eines Elementes nicht festgestellt werden könne.233

227

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11. 04. 2011, Az. 5 W 71/11 – 29, 5 W 71/11, juris Rn. 68. Martinek/Habermaier, in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr (Hrsg.), Vertriebsrecht, 3. Aufl. 2010, § 27, Rn. 28. 229 BGH NJW 1985, 1894, 1895; Martinek/Habermaier, in: Martinek/Semler/Habermeier/ Flohr (Hrsg.), Vertriebsrecht, 3. Aufl. 2010, § 27 Rn. 32. 230 Weidenkaff, in: Palandt, Einf v § 611, Rn. 9. 231 Weidenkaff, in: Palandt, Einf v § 581, Rn. 22. 232 Grüneberg, in: Palandt, Überbl v § 311, Rn. 19. 233 Zu den Formen gemischter Verträge: Grüneberg, in: Palandt, Überbl v § 311, Rn. 20 ff. 228

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Teilweise wird eine Qualifikation auch als theoretisch und daher insgesamt entbehrlich angesehen.234 Neben den oben genannten Pflichten, anhand derer die folgende Qualifikation vorgenommen wird, enthält ein Franchisevertrag häufig noch weitere, wenn auch nicht typusprägende Elemente. Insbesondere soweit das Waren- und Herstellungsfranchising in Frage steht, hat der Vertrag häufig auch eine kaufrechtliche Komponente indem er den Bezug von Vertragswaren während der Laufzeit rahmenvertraglich regelt.235 Soweit der Franchisenehmer seinen Betrieb in Räumlichkeiten des Franchisegebers betreibt, enthält der Franchisevertrag mietrechtliche Elemente.236 aa) Pachtvertrag – § 581 BGB Der Franchisevertrag ist einer Auffasung zufolge regelrechter Pachtvertrag237 bzw. pachtähnliches Überlassungsverhältnis mit Nähe zum Lizenzvertrag238. In den Mittelpunkt der Betrachtung wird hierbei die entgeltliche Überlassung des Franchisepakets gerückt. Beim Pachtvertrag ist der Verpächter verpflichtet, die Nutzung des Pachtgegenstandes in bestimmtem Umfang zu gewähren, vgl. § 581 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Pächter seinerseits ist verpflichtet hierfür die vereinbarte Pacht zu entrichten, vgl. § 581 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Pflicht zur Gebrauchsgewährung und zum Fruchtgenuss einerseits und die Pflicht zur Entrichtung der Pacht andererseits sind jeweils Hauptpflichten und stehen im Gegenseitigkeitsverhältnis.239 Entscheidend dabei ist, dass der Begriff des „Gegenstandes“ eines Pachtvertrages sehr weit verstanden wird: in Betracht kommen nicht lediglich Sachen, sondern auch Rechte oder Sach- und Rechtsgesamtheiten.240 Auch Know-How und Erfahrungsschatz sind taugliche Pachtgegenstände.241 Damit ist das Franchisepaket, bestehend aus dem Nutzungsrecht an Schutzrechten, dem Absatz- und Organisationskonzept, dem Know-How etc. tauglicher Gegenstand eines Pachtvertrages. Dem Franchisenehmer wird das Recht gewährt, das Franchisepaket während der Laufzeit des Vertrages (mit)zunutzen, d. h. zu gebrauchen und Früchte zu ziehen. Das Spezifikum der Mitnutzung, d. h. die Tatsache, 234

Grunsky, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 5 Rn. 1. Becker, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn. 100 ff. 236 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 19. 237 So Möller, AcP (203) 2003, 319, 333: „Systempacht“; Harke, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 581, Rn. 20 „Betriebspacht“. Weidenkaff, in Palandt, Einf v § 581, Rn. 22: „Am stärksten ist er mit Elementen der Rechtspacht ausgestattet […]“. 238 Emmerich/Veit, in: Staudinger, Vorbem zu § 581, Rn. 148 ff.; Skaupy, NJW 1992, 1785, 1789: „Lizenzvertrag“. 239 Weidenkaff, in Palandt, § 581, Rn. 7 – 10. 240 Weidenkaff, in Palandt, § 581, Rn. 3. 241 Emmerich, JuS 1995 761, 763. 235

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dass gleichzeitig auch andere Franchisenehmer zur Nutzung derselben „Gegenstände“ berechtigt sind, rücke den Franchisevertrag in die Nähe zum Lizenzvertrag.242 Allerdings beziehen sich Lizenzverträge lediglich auf gewerbliche Schutzrechte – Patente, Gebrauchsmuster etc. – über die das Franchisepaket seinem Inhalt nach hinausgeht. Daher bezeichnet Möller in ihrem Beitrag zur Rechtsnatur des Franchising dieses als Systempacht.243 Andere, durch den Franchisevertrag vorgesehene Rechte und Pflichten werden in den Hintergrund gerückt: Nach Ansicht von Möller stellt das Weisungsrecht des Franchisegebers eine Nebenpflicht dar, die sich daraus ergibt, dass der Franchisegeber die Mitnutzung durch eine Vielzahl von Franchisenehmern koordinieren müsse.244 Auch die Konzeptanwendungs- und Förderungspflicht des Franchisenehmers wird lediglich als Nebenpflicht eines Pachtvertrages angesehen.245 Die Förderungspflichten des Franchisegebers, wie bspw. die Verpflichtung zur Schulung des Franchisenehmers und zur Organisation des Absatzsystems werden hingegen als Teil des durch die Pacht überlassenen „Systems“ angesehen.246 Möller sieht ansonsten den großen Umfang an Nebenpflichten darin begründet, dass der Franchisevertrag ein Dauerschuldverhältnis darstelle.247 bb) Geschäftsbesorgungsvertrag – § 675 BGB Anderer Auffassung zufolge stellt der Franchisevertrag typologisch einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter dar, §§ 675, 611 BGB.248 Es werden hierbei Parallelen zum Handelsvertretervertrag des HGB gezogen, der gleichfalls Geschäftsbesorgung ist249, selbst wenn die Vorschriften des BGB durch Spezialregeln dort weitgehend verdrängt sind. § 675 Abs. 1 BGB setzt eine Geschäftsbesorgung voraus, die im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages, d. h. anders als beim Auftrag entgeltlich erbracht wird.250 Unter Geschäftsbesorgung wird dabei jede selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen verstanden.251 Die Verfolgung fremder Interessen ist bei der Erledigung solcher Geschäfte gegeben, für die an sich der Geschäftsherr in Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen zu 242 243 244 245 246

Rn 20. 247 248 249 250 251

Möller, AcP 203 (2003), 319, 330. Möller, AcP 203 (2003), 319, 333. Möller, AcP 203 (2003), 319, 330. Möller, AcP 203 (2003), 319, 332. Möller, AcP 203 (2003), 319, 333; Harke, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 581, Möller, AcP 203 (2003), 319, 335. Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, 1992, S. 69 ff. Schmidt, HandelsR, 5. Aufl. 1999, S. 728. Sprau, in: Palandt, § 675, Rn. 2. St. Rspr., bspw. BGHZ 45, 223, 228 f.; BGH NJW-RR 2004, 989.

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sorgen hat, die ihm jedoch ein anderer abnimmt.252 Dass dabei auch eigene Interessen verfolgt werden, ist unschädlich.253 In der spezialgesetzlichen Ausprägung des HGB für den Handelsvertreter schlägt sich die Verfolgung fremder Vermögensinteressen in der Ausformung einer interessenwahrenden Bemühungspflicht des Handelsvertreters nieder, § 86 Abs. 1 HGB. Den Unternehmer als Geschäftsherrn trifft neben der Pflicht zur Provisionszahlung auch die Nebenpflicht zur Unterstützung des Handelsvertreters, vgl. § 86a HGB. Die typologische Einordnung des Franchisevertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag rückt die von den Parteien zu erbringenden Dienstleistungen in den Vordergrund: Es handelt sich auf Seiten des Franchisegebers um die Pflicht zur Betriebseingliederung und Betriebsförderung, wie sie durch Maßnahmen der anfänglichen Einweisung in das Geschäftskonzept und der ständigen Schulung ihren Ausdruck findet. Auf Seiten des Franchisenehmers handelt es sich um die Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht, die die exakte Beobachtung des Absatz- und Organisationskonzepts und die Förderung des Franchisesystems insgesamt erfordert. Als Hauptpflicht des Franchisenehmers wird auch die Verpflichtung zur Zahlung der Gebühren angesehen. cc) Eigenartiger Mischvertrag Dritter Auffassung254 zufolge wird der Franchisevertrag typologisch als ein sog. Kombinationsvertrag eingeordnet: Die Parteien schulden jeweils mehrere Hauptleistungen, die verschiedenen Vertragstypen entsprechen. Ein Schwergewicht ist dabei nicht festzustellen. Die Pflicht des Franchisenehmers zur Konzeptanwendung und Systemförderung hat zunächst geschäftsbesorgungs- und dienstrechtlichen Charakter, da sie nicht auf Herbeiführung eines Erfolges, sondern auf eine Tätigkeit gerichtet ist.255 Sie ähnelt der handelsvertreterrechtlichen Bemühungspflicht in § 86 Abs. 1 HGB und ist typusprägende Hauptpflicht, da zum einen ihre Erfüllung von großem Interesse für den Franchisegeber ist, zum anderen stellt sie das Gegenstück für die dem Franchisenehmer eingeräumte Verdienstmöglichkeit im Rahmen des Systems, die der Systemkopf auch fördern muss, dar.256 Mit dieser Pflicht des Franchisegebers zur Förderung seiner Partner steht die Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht im Synallagma.257 Damit geht sie weiter als die – durchaus vergleichbare – aber

252

Sprau, in: Palandt, § 675, Rn. 4. Sprau, in: Palandt, § 662 Rn. 7; BGHZ 16, 265, 273 f. (für Auftrag). 254 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 14 ff.; Schmidt, HandelsR, 5. Aufl. 1999, S. 766. 255 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 15. 256 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 15. 257 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 16. 253

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lediglich als Konkretisierung der Treupflicht ausgestaltete Unterstützungspflicht des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter.258 Als gleichrangig neben den beiden anderen Komponenten stehend wird die Überlassungspflicht des Franchisegebers hinsichtlich des Franchisepaketes gesehen.259 Es handelt sich um eine pachtrechtliche Hauptpflicht i. S. d. § 581 Abs. 1 BGB. Die Entgeltpflicht des Franchisenehmers ist synallagmatisch sowohl zur Überlassungspflicht als auch zur Förderungspflicht des Franchisegebers.260 dd) Stellungnahme Die zuletzt vorgestellte Auffassung überzeugt. Bei der Qualifikation des Franchisevertrages als Pachtvertrag wird vielfach darauf abgestellt, dass die Überlassung des Franchisepaketes dasjenige Spezifikum sei, welches den Franchisevertrag von anderen Formen des Absatzes, wie der durch Vertragshändler, abgrenze.261 Das Besondere sei eben nicht der Warenabsatz, sondern die Konzeption, die dem Vertrieb zugrunde liege und sich im einheitlichen Erscheinungsbild niederschlage.262 Dies mag sicherlich zutreffend sein – selbst wenn auch beim Vertragshändler über eine starke Bindung ein nach außen einheitliches Auftreten üblich ist, so unterscheidet doch die durch das Pachtelement bedingte Entgeltstruktur beide Vertriebsformen. Allerdings gerät dadurch der wirtschaftliche Hintergrund, d. h. der Zweck eines Franchisesystems – der Absatz von Waren oder Dienstleistungen – aus dem Blickfeld. Letztlich ist die Wahrung fremder Vertriebsinteressen ein besonderes Charakteristikum, das das Franchising mit anderen Vertriebssystemen teilt.263 Die typologische Einordnung als Pachtvertrag mit andersartiger bzw. besonders stark ausgeprägter Nebenpflicht wird der Interessenverflechtung zwischen den Parteien daher nicht gerecht. Der intensive Kontakt, wie er zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer stattfindet und gesteigerte Treupflichten nach sich zieht, ist für eine Pacht mehr als unüblich. Der pauschale Verweis darauf, dass es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt264, geht fehl, da – wie bereits ausgeführt – nicht jedem über einen längeren Zeitraum geschlossen Vertrag eine besondere Ausformung der Treupflichten eigen ist. Mag dies im Einzelfall auf den Pachtvertrag zutreffen, so ist es beim Franchisevertrag doch generell der Fall, was mit seinem Charakter als Absatzmittlungsverhältnis zusammenhängt. So sehr mit einer geschäftsbesorgungsrechtlichen Betrachtungsweise in Parallele zum Handelsverteter auch die Defizite einer rein pachtrechtlichen Einordnung 258 259 260 261 262 263 264

Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 16. Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 17. Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 16 f. Bspw. bei Emmerich, JuS 95, 761, 763. Möller, AcP 203 (2003), 319, 333. Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 15. Möller, AcP 203 (2003), 319, 335.

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ausgeglichen werden, so sehr fehlt der Hinweis auf das Spezifikum des Franchising: die Nutzungsabrede über das Franchisepaket. Die Entwicklung der Absatzmittlungsverhältnisse ist nicht beim Vertragshändler stehen geblieben, sondern die Bindung hat sich intensiviert – durch das umfassende Franchisepaket mit detaillierten Regelungen hinsichtlich des Absatz- und Organisationskonzeptes soll Einheitlichkeit zuverlässig hergestellt werden. Zudem geht es fehl, die Überlassung von Schutzrechten und Erfahrungsschatz als Dienstleistung einzuordnen. Die Entgeltpflicht ist nicht hinreichend umschrieben: Sie ist auch pachtrechtlich (Entgelt für die Nutzung) und unterscheidet sich strukturell von der Vergütungsstruktur bei den sonstigen Formen der Absatzorganisation. Auch ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Begriffes Franchise im Sinne der Gewährung eines Privilegs zeigt, dass das Nutzungsrecht einen zentralen Standpunkt einnimmt. Bei den Begrifflichkeiten für die sonstigen Absatzmittler steht hingegen schon sprachlich die Person des Händlers – Handelsvertreter, Vertragshändler – im Mittelpunkt und es wird dadurch die rein geschäftsbesorgungsrechtliche Natur offenbar. 5. Einordnung des Franchisevertrages im englischen Recht Die Zuordnung von im Wirtschaftsleben vorkommenden Vereinbarungen zu bekannten Vertragstypen hat in England, wo es keine umfassende vertragsrechtliche Kodifikation gibt, keine mit dem deutschen Recht vergleichbare Tradition. Theoretische Abhandlungen zur Rechtsnatur des Franchisevertrages sind praktisch nicht auffindbar, es dominiert das dem common law eigene Einzelfalldenken.265 Einigkeit besteht jedoch darüber, dass der Franchisevertrag „hybrid“ ist266 – eine Feststellung, die der des „gemischttypischen“ Vertrages nicht unähnlich ist. Die Elemente, die nach englischer Sichtweise im Franchisevertrag vereint sein können,267 sind die einer Lizenz, eines Vertriebsvertrages und eines Kaufvertrages. Diskutiert wird auch das Bestehen eines Arbeitsvertrages sowie die Frage gestellt, ob die Rechtsinstitute der agency oder der partnership vorliegen. a) Licence Der Franchisevertrag wird im englischen Recht vielfach mit einem Lizenzvertrag identifiziert.268 Dies mag – genau wie für das deutsche Recht – deshalb zutreffend sein, weil die meisten Franchisen eine Form der Lizenzierung geistigen Eigentums enthalten, insb. soweit es um den Absatz standardisierter Diensleistungen geht. Zudem ist für den Erfolg des Gesamtsystems der von den Kunden der Marke ent265

So auch Martinek, Franchising, 1987, 171 f. Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.1. 267 Vgl. Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.1. 268 Vgl. Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 1; so auch im amerikanischen Recht, vgl. Martinek, Franchising, 1987, 175 f. m. w. N. 266

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gegengebrachte Goodwill entscheidend.269 Allerdings gilt auch hier, dass die Konzentration auf den lizenzrechtlichen Aspekt zur Ausblendung der absatzwirtschaftlichen Funktion des Franchising führt und dass Fragestellungen, die sich aus der Integration des Franchisenehmers in das Unternehmen des Franchisegebers ergeben, nur unzureichend beantwortet werden können. b) Distributorship und sales agreement Die distributorship bezeichnet im englischen Recht Verträge über den Vertrieb von Waren durch im eigenen Namen und für eigene Rechnung handelnde Händler. Das sog. Straight Product Franchising, dem ein Vertriebsvertrag zugrunde liegt, hat sich im anglo-amerikanischen Raum weiterentwickelt zum Business Format Franchising, das neben dem reinen Vertrieb der Ware die Eingliederung des Absatzmittlers in ein Gesamtkonzept vorsieht. Dementsprechend werden im englischen Recht distributorship und Franchising nicht als alternative, einander ausschließende Vertriebskonzepte wahrgenommen, sondern das Franchising wird als umfassenderes Konzept verstanden.270 Es kann als solches auf verschiedene Geschäftsgegenstände angewendet werden – bspw. auf das manufacturing under licence oder eine distributorship.271 Daher wird im englischen Recht davon ausgegangen, dass eine Warenbzw. Herstellungsfranchise, bei der der Franchisenehmer Vertragswaren des Franchisegebers vertreibt bzw. Grundprodukte zur Fertigung vom Franchisegeber bezieht, einen Vertriebsvertrag beinhaltet.272 Die damit zusammenhängenden Komponenten haben kaufrechtlichen Charakter und werden wie der Vertriebsvertrag als Vereinbarung über den Erwerb zum Weiterverkauf („contracts for purchase for resale“) behandelt.273 c) Contract of employment Auch im englischen Recht steht aufgrund der umfassenden Weisungsbefugnis des Franchisegebers die Abgrenzung des selbständigen Franchisenehmers von einem abhängig beschäftigten Arbeitnehmer in Rede.274 Als es in den 1970er Jahren in den USA vermehrt zu Übervorteilungen von Franchisenehmern durch „sharp practices“ kam, haben US-amerikanische Gerichte das Franchisevertragsverhältnis in Einzel269

Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 24. Vgl. Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 1; so auch Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.1: „traditional relationship of buyer and seller and of distributorship are invariably found in a franchise“. 271 Vgl. Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 1. 272 Vgl. Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.1. 273 Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, Rn. 32-003; Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1-031; Hesselink/Rutgers/Bueno Diaz/Scotton/Veldmann, Commercial Agency, Franchise and Distribution Contracts, 2006, S. 263. 274 Vgl. Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.1. 270

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fällen als Arbeitsvertrag eingeordnet.275 Für das englische Recht wurde in dem Fall Ready Mixed Concrete v. Minister of Pensions and National Insurance276 entschieden, dass der Vertragspartner eines dem Franchisevertrag ähnlichen Vertrages kein Arbeitnehmer ist: „It is true that the company are given special powers to ensure that he runs his business efficiently, keeps proper accounts and pays his bills. I find nothing in these or any other provisions of the contract inconsistent with the company’s contention that he is running a business of his own. A man does not cease to run a business on his own account because he agrees to run it efficiently or to accept another’s superintendence.“277

Wie im deutschen Recht auch ist jedoch die Frage, ob tatsächlich ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vorliegt eine solche des Einzelfalls. Die konkrete vertragliche Ausgestaltung kann zu dieser Annahme führen und eine etwaige Bezeichnung als Franchisevertrag ist dann unerheblich.278 d) Fiduciary relationship Fiduciary relationships, bei denen den Treuhänder eine Pflicht zum Handeln im Interesse des Treugebers treffen, sind dem common law fremd und entstammt dem Bereich der equity.279 Institute, die anerkanntermaßen eine treuhänderische Bindung beinhalten, sind das der agency und der partnership. aa) Agency Agency kann zunächst einmal mit „(Stell-)Vertretung“ übersetzt werden; es ist allerdings nicht deckungsgleich mit dem in den §§ 164 ff. BGB geregelten Institut. Hier wie dort geht es darum, dass eine Partei, der agent, mit Wirkung für die andere Partei, den principal, Rechtshandlungen vornehmen, insbesondere Verträge schließen kann. Er ist hierfür vom principal mit Vertretungsmacht (authority) ausgestattet. Im Unterschied zum englischen Recht ist die Stellvertretung im deutschen Recht jedoch unabhängig von dem (vertraglichen) Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem. Es gibt eine strenge Unterscheidung zwischen der Vollmacht, die die Handlungsbefugnisse gegenüber dritten Personen bestimmt und dem ihr zugrundeliegenden Grundgeschäft.280 Im common law ist diese Unterscheidung zwar be275 276

433.

Vgl. Martinek, Franchising 1987, 176 m. w. N. Ready Mixed Concrete v. Minister of Pensions and National Insurance [1968] 1 All ER

277 Ready Mixed Concrete v. Minister of Pensions and National Insurance [1968] 1 All ER 433, 447, MacKenna J. 278 Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.3.; Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 48. 279 Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1-014, 6-033. s. schon oben B. II. 3. a). 280 Vgl. Sprau, in: Palandt, vor § 662, Rn. 7.

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kannt, jedoch nicht entscheidend für das Institut der agency.281 Fragen, die nach deutscher Auffassung das Grundverhältnis betreffen, wie bspw. die Zahlung von Provision oder die Verletzung von Treupflichten, werden genauso unter dem Oberbegriff „agency“ behandelt wie solche der Vollmachterteilung und der Beziehung zu Dritten.282 Die agency ist daher nicht lediglich ein abstraktes Rechtsinstitut, das den Vertragsschluss mit Wirkung für Dritte ermöglicht, sondern sie bezieht sich selbst bereits auf die Gesamtbeziehung zwischen zwei Parteien und deren jeweiligem Verhältnis zu Dritten. Ein gewichtiger konstruktiver Unterschied zwischen Stellvertretung und agency besteht darin, dass nach deutschem Recht es entscheidend darauf ankommt, dass der Vertreter erkennbar im fremden Namen handelt, sog. Offenkundigkeit. Nach englischem Recht ist dies entbehrlich.283 Auch wenn der Dritte nicht weiß oder wissen konnte, dass sein Vertragspartner für einen anderen handelt, kommt der Vertrag mit dem Geschäftsherrn zustande. Es gelten dann lediglich leicht abgewandelte Regeln, sog. doctrine of the undisclosed principal.284 Aus diesem Grund ist in Großbritannien auch der Kommissionär (der im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung handelt) agent – er wird teilweise als indirect agent bezeichnet, wobei diese Begriffsbildung nicht traditionell ist und auf die kontinentaleuropäische „mittelbare Stellvertretung“ zurückgeht.285 Das entscheidende Charakteristikum der agency ist ihr bereits angesprochener treuhänderischer Charakter, der unabhängig von der konkreten vertraglichen Pflichtenausgestaltung existiert286. Die Notwendigkeit hierfür und damit der Grund für die Schutzbedürftigkeit des Geschäftsherrn wird darin gesehen, dass der principal dem agent die Befugnis verleiht, für ihn rechtsverbindlich zu handeln. Durch die Auferlegung von fiduciary duties wird ein Gegengewicht zu dieser Machtposition des Agenten erreicht: „This is an area where the unequal standing of contracting parties has for more than a century been recognised as requiring relief. The relief is princially given by the application of fiduciary duties […].“287

Die Pflicht zum Handeln im Interesse des Geschäftsherrn manifestiert sich in folgenden Maximen:

281

Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 432. Vgl. die Übersicht bei Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, Kapitel 32. 283 Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1-008. 284 Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1-008. 285 Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1-020; Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32-003, Fn. 9. 286 Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 6-001: „Sometimes the fiduciary obligations give rise to implied terms in the contract. But often they are to be regarded as operating independently of contract.“ 287 Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 6-034. 282

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B. Franchise-Arrangements „A fiduciary must act in good faith; he must not make a profit out of his trust; he must not place himself in a position where his duty and his interest may conflict; he may not act for his own benefit or the benefit of a third person without the informed consent of his principal.“288

Wie bereits erwähnt, ist die Figur des commercial agent erst durch die Handelsvertreterrichtlinie in das englische Recht eingeführt worden. Auch wenn die Richtlinie mit ihren Vorschriften, wie bspw. der gegenseitigen Verpflichtung zum Verhalten nach Treu und Glauben eindeutig kontinentaleuropäisches Gepräge hat, so gibt es doch Übereinstimmungen mit den common law-Regeln zur agency. Hier wie dort ist der agent zur Loyalität verpflichtet und erhält Provision für getätigte Geschäftsabschlüsse. Entscheidender Unterschied ist wohl, dass das common law den agent nicht als schutzwürdig ansieht, sondern nur den principal, der sich durch die Delegation von Befugnissen verletzbar gemacht hat. Für den englischen Juristen sind daher Treupflichten von Seiten des principals und Ausgleichsansprüche des agent nach Beendigung weniger gut nachvollziehbar.289 Die Idee einer analogen Anwendung von Regelungen zur commercial agency, die ja dem Europarecht entstammen, auf den Franchisevertrag wird im englischem Recht daher nicht angedacht. Dem äußeren Anschein nach ist die Annahme einer traditionellen agency beim Franchisevertrag nicht ganz fernliegend: Die Offenlegung einer Stellvertretung ist nach englischem Recht entbehrlich, so dass sich der Franchisevertrag lediglich durch das – wenn auch entscheidende – Merkmal des Handelns für eigene Rechnung unterscheidet. Franchiseverträge enthalten deshalb häufig Klauseln, wonach dem Franchisenehmer ausdrückliche keine Vertretungsmacht eingeräumt wird. Allerdings ist eine solche vertragliche Bestimmung dann unmaßgeblich, wenn die Auslegung der tatsächlichen Beziehung zwischen den Parteien etwas anderes ergibt.290 In der Literatur wird sowohl das Vorliegen einer agency als auch eine analoge Anwendung ihrer Regeln überwiegend abgeleht.291 bb) Partnership Nach englischem Recht ist das Verhältnis der Parteien einer partnership – es besteht hier eine inhaltliche Nähe zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts – untereinander ein treuhänderisches. Neben dem case law wird das Recht dieser Gesellschaftsform bestimmt durch den Partnership Act 1890, der in seiner section 1 (I) die partnership definiert als 288

Bristol and West Building Society v. Mothew [1998] 1 Ch. 1, 18, Millett L.J. Vgl. Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32-004 f. 290 Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.3; Adam v. Newbigging (1888) 13 App Cas 308, 315. 291 Dagegen: Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.3; Bowstead & Reynolds on Agency, 18. Aufl. 2006, 1-031; Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32-003, aber Fn. 11: „[…] it may sometimes be arguable that distributors and franchisees are subject to fiduciary duties“ mit weiteren Nachweisen aus der Rspr. Dafür: Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 321. 289

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„[…] the relation which subsists between persons carrying on a business in common with a view of profit“.

Die englische partnership besitzt, wie die GbR auch, keine eigene Rechtspersönlichkeit.292 Für ihre Gründung ist zwar ein Vertrag zwischen den Parteien notwendig, es handelt sich jedoch nicht um eine der gewöhnlichen vertraglichen Konstellationen, in der die Parteien „at arm’s length“ einander gegenüberstehen: „Yet partners are more than contracting parties – they had been established by the courts of equity as owing a duty of good faith and subsequently fiduciary duties to each other by the time of the Act [Partnership Act 1890, Anm. d. Verf.], and developments in the law of equity in recent times have strengthened rather than diminished such duties.“293

Es besteht eine Nähe der partnership zur ebenfalls treuhänderischen agency,294 die sich daraus ergibt, dass ein für die Gesellschaft handelnder partner als agent für die anderen auftritt und sich daraus die Haftung aller partner für die Gesellschaftsschulden ergibt, scetion 5 Partnership Act 1890. Die section 1 des Partnership Act 1890 entnommenen Voraussetzungen für das Vorliegen einer partnership sind das gemeinsame Betreiben eines Geschäftsbetriebes mit Gewinnabsicht. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist eine Vereinbarung darüber, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen nicht erforderlich, wobei das Erfordernis des gemeinsamen Betriebes („carrying on […] in common“) hiervon u. U. nicht allzu weit entfernt ist. Gerade dieses Merkmal könnte auch im englischen Recht bei der Frage, ob der Franchisevertrag eine partnership darstellt, abzulehnen sein. Unterschieden wird zum Zweck der Abgrenzung zwischen der Beteiligung am Geschäft einerseits und einer bloßen Verbindung dazu andererseits.295 In dem südafrikanischen Fall Longhorn Group (Pty) Ltd. v. Fedics Group (Pty) Ltd.296 wurde auf dieser Grundlage das Vorliegen einer partnership im Falle eines Franchisevertrages abgelehnt. Ein weiteres Abgrenzungskriterium ist das der Kontrolle: Es geht darum, ob der vermeintliche partner, vorliegend der Franchisenehmer, Kontrolle über das Eigentum der partnership hat oder an der Unternehmenssteuerung beteiligt ist. Dies müsste wohl abgelehnt werden. Auch auf die Gewinnabsicht („with a view of profit“) bezieht sich – über den Wortlaut von section 1 (1) Partnership Act 1890 hinaus – das Merkmal „gemeinsam“, so dass es zu einer Teilung des Erlöses kommen muss.297 Für den Franchisevertrag stellt sich die Frage, ob ein profit-sharing vorliegt oder ob die Franchisegebühr 292 Morse, Partnership Law, 7. Aufl. 2010, S. 4, 11; anders im schottischen Recht, vgl. Morse, Partnership Law, 7. Aufl. 2010, S. 8. 293 Morse, Partnership Law, 7. Aufl. 2010, S. 12. 294 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 42, geht noch weiter: „Partnership law is essentially a branch of agency law“. 295 Morse, Partnership Law, 7. Aufl. 2010, S. 21 f. 296 Longhorn Group (Pty) Ltd. v. Fedics Group (Pty) Ltd. 1995 SA 836 (W). 297 Vgl. Morse, Partnership Law, 7. Aufl. 2010, S. 25.

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vielmehr eine Gegenleistung für die vom Franchisegeber erbrachten Leistungen, bspw. das Franchisepaket, darstellt. Wird die royalty – wie in der Regel – auf der Basis des Verkaufsumsatzes berechnet, ist nicht von einer partnership auszugehen; anders könnte die Bewertung aussehen, wenn die royalty vom Gewinn des Franchisebetriebes abhängig wäre.298 In Bezug auf das Zustandekommen einer partnership enthalten die meisten Franchiseverträge – ganz ähnlich wie bei der Agency – eine Klausel, wonach die Errichtung einer Gesellschaft zwischen Franchisenehmer und Franchisegeber ausdrücklich nicht gewollt ist. Auch wenn eine solche Klausel angesichts der tatsächlichen Umstände wirkungslos sein kann, liegt nach ganz überwiegender Ansicht299 beim gewöhnlichen Franchisevertrag keine partnership vor. Dass Franchiseverträge jedoch nicht ausschließlich durch einseitige Interessenverfolgung geprägt sind und daher systematisch partnerships nahestehen, belegen die Aussagen im englischen Fall Body Shop International Plc. v. Rawle and Others: „One sees that this agreement provided for a very close relationship between the franchisee and the Body Shop. It was not a partnership agreement; clause 16 specifically says that it was not so. But in some ways it was similar to a partnership agreement, in that it required cooperation and good faith as between the parties to the agreement if it was to work effectively.“300

e) Stellungnahme Wie nach herrschender Meinung angenommen, handelt es sich beim Franchisevertrag um eine hybride Vereinbarung, die Elemente der licence und der distributorship in sich vereint. Denn einerseits kommt der Überlassung des Franchisepaketes große Bedeutung zu und es stellt der Goodwill der Marke ein maßgeblicher Erfolgsfaktor dar. Andererseits werden mit Hilfe der licence Waren und/oder Dienstleistungen vertrieben, weshalb auch eine distributorship vorliegt. Das Bestehen eines Arbeitsvertrages ist wohl, jedenfalls unter Zugrundelegung eines typischen Franchisevertrages, auszuschließen. Ein, im Rahmen der fiduciary relationships anerkanntes Institut liegt in der Regel nicht vor. Die Annahme einer agency widerspricht – auch wenn dies von außen betrachtet nicht ganz fernzuliegen scheint – dem Willen der Parteien, da eine Vertretung durch den Franchisenehmer nicht gewollt ist. Zudem ist die Beziehung nicht durch die Schutzbedürftigkeit ausschließlich des Prinzipalen geprägt, sondern 298 Vgl. sec. 2 (2), (3) Partnership Act 1890; Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 44. 299 Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.3.; Body Shop International Plc v. Rawle and Others, unreported, 1992, Queen’s Bench Devision. Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 44 hingegen hält das Bestehen einer partnership unter bestimmten Umständen für möglich. 300 Body Shop International Plc. v. Rawle and Others, unreported, 1992, Queen’s Bench Devision, Sir Peter Pain.

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vielmehr dergestalt, dass beide Seiten die Möglichkeit haben, auf die Interessen des anderen Teils einzuwirken. Aber auch das Vorliegen einer partnership ist abzulehnen. Zunächst betreiben die Parteien des Franchisevertrages keinen gemeinsamen Geschäftsbetrieb im vorgesehenen Sinne. Vielmehr beteiligt sich der Franchisenehmer auf selbständiger Basis am Unternehmen des Franchisegebers, weshalb auch keine gleichmäßige Verteilung des Erlöses stattfindet. Zudem obliegt die Steuerung des Gesamtsystems allein dem Franchisegeber. Weil im Ergebnis keines der Institute einschlägig ist, welche eine Auferlegung von Treu- und Kooperationspflichten mit sich bringen würde, andererseits das erfolgreiche Franchiseverhältnis Loyalität und Zusammenarbeit erfordert, wird eine Erweiterung der treuhänderischen Beziehungen diskutiert, worauf noch einzugehen ist.301 6. Zusammenfassung Das Dauerschuldverhältnis ist ein im deutschen Recht anerkanntes Institut, welches sich dadurch auszeichnet, dass dem Schuldverhältnis eine zeitliche Begrenzung erst gegeben werden muss und hiervon der Umfang der Leistung abhängt. Einige Dauerschuldverhältnisse, wie bspw. das Franchising, zeichnen sich darüber hinaus durch einen intensiven persönlichen Kontakt aus, der Abhängigkeiten und verstärkte Einwirkungsmöglichkeiten auf die Interessensphäre des anderen Teils hervorrufen kann. Hieraus wird die Notwendigkeit zu verstärkter persönlicher Rücksichtnahme und Loyalität, d. h. eine Intensivierung der Pflichten nach § 242 BGB für beide Parteien abgeleitet. Die Literatur im englischen Recht diskutiert in Parallelität zum Dauerschuldverhältnis den long-term bzw. vielmehr den relational contract, da es nicht entscheidend auf das Zeitmoment, sondern die spezielle Natur der Beziehung zwischen den Parteien ankommen soll. Dies ist zum einen als Antwort auf das durch Formalitäten gekennzeichnete und ein Handeln in Treu und Glauben nicht erfordernde common law zu verstehen. Zum anderen ist dem aber zuzugeben, dass die „Verdichtung des Pflichtengefüges“ auch im deutschen Recht nur teilweise – bezogen auf die stärkere Einwirkungsmöglichkeit – Folge des Zeitmomentes ist; soweit sie Ausfluss der spezifischen Interessenausgestaltung ist, hat dies nicht zu gelten. Eine strikte, die unbedingte Verfolgung der Interessen der Gegenseite erfordernde – damit über den Gehalt des § 242 BGB hinausgehende – Treupflicht besteht nach dem englischen Recht im Falle einer fiduciary relationship, die den Gegensatz zu den Vertragsverhältnissen des common law darstellt. Warum längerfristig Zusammenarbeit zwischen Akteuren, die jeder für sich genommen eigene Ziele verfolgen, zu Kooperation führt, kann spieltheoretisch in erster Linie durch endogene Sanktionsmechanismen – nicht-kooperativem Verhalten wird durch die Gegenseite in der Zukunft mit eben solchem Verhalten begegnet – erklärt werden. Wird mit der Kooperation des Vertragspartners, d. h. der Erfüllung des 301

s. u. C. I. 1. c).

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Vertrags gerechnet, so erscheinen nach der Transaktionskostenanalyse indiosynkratische Investitionen in die Langzeitbeziehung als lohnenswert. Kooperatives, die Interessen der Gegenseite berücksichtigendes Verhalten ist in Langzeitverträgen auch deshalb notwendig, weil die im Vertrag getroffene Regelung notwendig unvollständig ist. Was die Qualifikation des Franchisevertrages im deutschen Recht angeht, so ist zunächst festzustellen, dass hierdurch keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet wird, da es formal nicht zum Vertragsschluss zwischen allen Beteiligten kommt und materiell kein gemeinsamer Zweck vereinbart wird. Es handelt sich um einen verkehrstypischen, gemischten Vertrag, der die Parteien jeweils zur Erbringung mehrerer Hauptleistungen verpflichtet. Zum einen enthält er, in Nähe zum Handelsvertreter, einen Geschäftsbesorgungsvertrag, soweit es um den Absatz der Waren/Dienstleistungen, verbunden mit den Förderungspflichten der Parteien geht. Soweit die Überlassungspflicht hinsichtlich des Franchisepaketes in Rede steht, handelt es sich um eine Rechtspacht. Eine entsprechende Einordnung, d. h. die Annahme einer licence oder distributorship in Abhängigkeit von der angesprochenen Pflicht kann auch im englischen Recht vorgenommen werden, auch wenn diese Vorgehensweise dem common law eher fremd ist. Daneben stellt der Franchisevertrag weder eine agency noch eine partnership, d. h. eine anerkannte fiduciary relationship dar, weshalb er keine umfassenden Treupflichten nach sich zieht. Der Franchisenehmer handelt im eigenen Namen und für eigene Rechnung; er ist nicht mit Vertretungsmacht ausgestattet. Eine partnership liegt deshalb nicht vor, weil es zum einen dem Franchisenehmer für das gemeinsame Betreiben eines Geschäftsbetriebes an Kontrolle mangelt sowie zum anderen eine Gewinnteilung nicht stattfindet.

III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘ 1. Vom einzelnen Vertrag zum Franchisesystem Der zwischen Franchisenehmer und Franchisegeber geschlossene Vertrag ist vorgehend, sowohl für das deutsche als auch für das englische Recht, als dem Vertragsrecht zugehörig qualifiziert worden – in Abgrenzung zum Gesellschaftsrecht. Auch wenn die konkrete Pflichtenausgestaltung beim Franchisevertrag das Vorliegen eines Gesellschaftsvertrages nicht nahelegt, ist Hintergrund der Idee von der Gesellschaft die tatsächlich vorzufindende Struktur und Interessenlage, die das Vertriebssystem Franchising auszeichnet. Denn erhebt man den Blick, weg vom einzelnen Vertrag, so ist festzustellen, dass der Franchisegeber eine Vielzahl gleichartiger Verträge abschließt, um einen möglichst flächendeckenden Vertrieb seines Produktes/Services zu erreichen. Die Gruppe seiner Franchisenehmer ist – auch wenn sie sich in der Mehrzahl nicht

III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘

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kennen mag – über den Franchisegeber und ihre Zugehörigkeit zum Gesamtsystem miteinander verbunden. Das dadurch entstehende Gebilde könnte – bildlich gesprochen – als ein Netz in der Form eines Sternes bezeichnet werden: Es handelt sich um eine Struktur mit einem zentralen Knoten, um den herum sich die anderen Knoten gruppieren. Häufig wird im Zusammenhang mit Franchisesystemen auch der Begriff des „Netzwerkes“ gebraucht, der von einigen aufgrund seines inflationären Gebrauchs schon als Modewort bezeichnet wird302 und dessen Konturen im Folgenden verklart werden sollen: Zunächst hinsichtlich seiner sprachlichen Bedeutung, sodann soll auf die Begriffsbildung und Forschung insbesondere in der Soziologie und Betriebswirtschaft eingegangen werden. Zuletzt wird die Einordnung von Netzwerken in der deutschen und englischen Rechtswissenschaft thematisiert. 2. Zu den Begriffen Netz/net und Netzwerk/network Die Betrachtung geht aus von dem deutschen Wort „Netz“, wie es seit langer Zeit im Alltagsleben gebräuchlich ist. Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm kennt das Netz in im Wesentlichen drei Bedeutungen: zunächst als „ein aus weiten Maschen bestehendes Gestrick“303. Die vermutlich älteste Anwendung hiervon ist das dem Fischfang dienende Fischernetz; erwähnt werden auch das Vogel- und Jagdnetz.304 Aufgrund der großen Bedeutung bei der Nahrungsbeschaffung tauchte früher der Begriff Netz auch häufig in Redewendungen auf.305 Der zweite Bedeutungsstrang bezieht sich auf das „Gewebe der Spinnen […], mit dem sie Fliegen und dergleichen fangen“.306 Als Drittes wird „ein netzartiges, wie ein Netz ausgebreitetes oder umschließendes Gebilde“ aufgeführt und als Beispiel aus der Geometrie eine „gezeichnete, die Oberfläche eines geometrischen Körpers darstellende Figur“ angeführt.307 Parallel dazu bezeichnet das englische „net“ nach dem Oxford English Dictionary zunächst gleichfalls

302 Vgl. Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 698: „,Network‘ has become faishonable […]“, ebenso Druey, KritV 2006, 163, 164; Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 127. 303 Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (DWB), Bd. 13, 1889, Netz, I. Hier gebraucht die Online-Fassung unter: http://woerterbuchnetz.de/DWB/, abgerufen am 4. 8. 2015. 304 DWB, Bd. 13, 1889, Netz, I. 2). 305 Vgl. DWB, Bd. 13, 1889, Netz, I. 3): „Mit goldenen Netzen fischen, mehr zusetzen als gewinnen.“ oder „Mit trockenen Netzen fischen, den Gewinn aus der Arbeit Anderer ziehen.“ Oder mit Anknüpfung an das Wild- und Vogelnetz: „Ihm ein Netz stricken, ausbreiten, legen, ausspannen, über ihn ein Netz werfen. 306 DWB, Bd. 13, 1889, Netz, II. 307 DWB, Bd. 13, 1889, Netz, III.

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B. Franchise-Arrangements „An open-work fabric made of twine or strong cord, forming meshes of a suitable size, used for the capture of fish, birds, or other living things.“308

Angesprochen sind damit die traditionellen, vom körperlichen Gegenstand ausgehenden Bedeutungen – daneben gibt es freilich noch das „web“ (i. S. v. spider web oder world wide web), das im Deutschen auch mit Netz übersetzt wird. Auch im englischen Sprachgebrauch wird ein netzartiges Gebilde als „net“ bezeichnet.309 Was charakterisiert übereinstimmend die solchermaßen gekennzeichneten Gebilde? Zunächst ist es einmal das Merkmal der Verbindung310, es liegt keine Fläche vor, sondern viele gleichartige Elemente sind miteinander verbunden. Darüber hinaus stellen diese Netze in ihrer Gesamtheit eine Struktur dar, ein sich wiederholendes Muster.311 Betrachtet man ihre Funktion, so wird ein partielles Hindernis312 errichtet – das gilt allerdings nur für das Spinnennetz und diejenigen menschlichen Netze, mit denen die Natur nachgeahmt wird, also das Fischer- und Fangnetz. Das Fischernetz dient dazu, Fische aufzufangen, Wasser jedoch hindurchströmen zu lassen. Zu diesem Zweck ist nur das Netz als Ganzes geeignet, die einzelne Masche trägt nur ihren Teil bei, ist aber nicht in der Lage, die Gesamtfunktion zu erfüllen.313 Neben den genannten, ursprünglichen Bedeutungen des Wortes „Netz“, die bereits das Grimm’sche Deutsche Wörterbuch kennt, lässt sich dem aktuellen Duden insbesondere noch der Gebrauch der Wortes in Bezug auf Infrastruktureinrichtungen entnehmen, als System von verzweigten Verteilungsleitungen für die Versorgung bspw. mit Strom, für die Nachrichtenübermittlung sowie als verzweigtes System von dem Verkehr dienenden Anlagen oder.314 Das gleiche gilt für das englische „net“, für das das Oxford English Dictionary die Bedeutung „a reticulation or network“ niederlegt und mit Gebrauchsbeispielen aus der Telekommunikation – „Television programmes are to be exchanged […]. A coaxial cable is already being laid on the Soviet-Polish section of the net.“ –

und aus dem gesellschaftlichen Bereich belegt – „On the Old Boy net, to arrange something through a friend […].“315

„Netz“ bzw. „net“ entfernt sich hier von seiner ursprünglichen Bedeutung als einem körperlichen Gegenstand, der ein teilweises Hindernis errichtet, mit dem etwas gefangen oder festgehalten werden soll, hin zum Gebrauch für ein System, das 308

Oxford English Dictionary, 1989, Bd. 10, net, 1. a. Oxford English Dictionary, 1989, Bd. 10, net, 4. a. 310 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 123. 311 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 124. 312 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 125. 313 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 125. 314 Duden online, Eintrag Netz, abrufbar unter: http://www.duden.de/rechtschreibung/ Netz, abgerufen am 4. 8. 2015. 315 Oxford English Dictionary, 1989, Bd. 10, net, 4. a., c. 309

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in der Draufsicht als netzartig erscheint und demselben Konzept folgt – es hat Knotenpunkte, die miteinander verbunden sind, wenn auch die sich wiederholende gleichmäßige Struktur verloren geht. Nach dem Oxford English Dictionary steht „net“ in dieser Hinsicht für „something resembling a net; a number of lines, veins, fibres, etc., arranged like the threads of a net“.316 Damit einher geht ein Bedeutungswandel, denn über die verbindenden Elemente wird etwas transportiert, es findet ein Austausch statt. Diese, wohl im 20. Jahrhundert hinzugekommene Bedeutungsebene rückt den Begriff Netz in die Nähe des „Netzwerkes“, weshalb sich die Frage nach dessen eigenständiger Daseinsberechtigung stellt. Nahe liegt insofern die Deutung von „Netzwerk“ als einem neueren Begriff, der sich – bedingt durch die Entstehung von Infrastruktur – aus einer Bedeutungsverschiebung des Wortes Netz ergeben hat. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass „Netzwerk“ kein eigentlich neues Wort ist – führt doch bereits das Deutsche Wörterbuch, immerhin von 1889, den Begriff Netzwerk („etwas Netzartiges“) auf. Den dort genannten Beispielen317 ist ein inhaltlicher Unterschied zum Wort Netz allerdings nicht zu entnehmen. Vom aktuellen Duden wird als „Netzwerk“ eine „Gesamtheit netzartig verbundener Leitungen, Drähte, Linien, Adern“ bezeichnet, daneben wird der Gebrauch des Begriffes in der Elektrotechnik/EDV erläutert.318 Zuletzt wird das Netzwerk im gesellschaftlichen Bereich als „Gruppe von Menschen, die durch gemeinsame Ansichten, Interessen o.Ä. miteinander verbunden sind“ aufgeführt.319 Das Oxford English Dictionary enthält für „network“ neben den naheligenden Bedeutungen320 „system of rivers, canals, railways“, „system of cables for the distribution of electricity to consumers“ und „broadcasting system“ auch die folgenden Bedeutungen: – „An interconnected chain or system of immaterial things“ – „An interconnected group of people; an organization“.321

Insbesondere die letzt genannte Umschreibung passt auf die zum Zwecke des flächendeckenden Vertriebs von einem Unternehmen aufgebauten Franchisesysteme, die aus einer Vielzahl von vertraglich mit dem Systemkopf verbundenen Franchisenehmern bestehen. Die Bezeichnung von Franchisearrangements als „Netzwerken“ bzw. „networks“ liegt damit nahe; sie hat auch in Abgrenzung zu den Begriffen Netz/net ihre Berechtigung. Im Vordergrund steht nicht mehr die ursprüngliche Funktion der Er316

Oxford English Dictionary, 1989, Bd. 10, net, 4. A. Z. B. „Ein violetfarbnes Leibchen mit schmalem goldnem Netzwerk besetzt“ oder „Alle Fächlein oder Bläslein der Läpplein in den Lungen werden mit einem sehr subtilen Netzwerke […] umgeben.“ 318 Duden online, Eintrag Netzwerk, abrufbar unter: http://www.duden.de/rechtschreibung/ Netzwerk, abgerufen am 4. 8. 2015. 319 Duden online, Eintrag Netzwerk. 320 Oxford English Dictionary, 1989, Bd. 10, network, 2. c., e., und f. 321 Oxford English Dictionary, 1989, Bd. 10, network, 2. d. und h. 317

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richtung eines partiellen Hindernisses durch einen „Gestrick“ mit dem andere, von außen kommende Gegenstände gefangen werden, sondern dem Netzwerk ist eine neue Qualität zu eigen. Im Vordergrund steht die Struktur selbst, das „Werk“ und damit die Knotenpunkte und die sie verbindenden Elemente, über die etwas fließt oder transportiert wird, bzw. über die ein ,Verkehr‘ in beide Richtungen im Sinne eines Austausches stattfindet.322 Im Falle von Computernetzwerken werden Daten ausgetauscht, soziale Netzwerke dienen der Kommunikation zwischen den Knoten – und in Franchise-Netzwerken sind die Verbindungselemente als Verträge zu qualifizieren, weshalb ein Austausch auf der Hand liegt. Immer dann, wenn es gerade auf die Struktur und den Austausch zwischen den Knotenpunkten ankommt, ist der Begriff des Netzwerkes der geeignetere. Dies entspricht auch dem allgemeinen, heute üblichen Sprachgebrauch. Das oben beschriebene „Old Boy net“ – dem Oxford English Dictionary zufolge ein Beispiel aus dem Jahr 1952, würde heute gemeinhin als „Old Boy network“ bezeichnet. Insofern muss man nicht zuletzt auch davon ausgehen, dass sich der Begriff durch bloßen Gebrauch in einer Weise etabliert hat, die diese Entwicklung unumkehrbar macht – und einen anderen Sprachgebrach unter Umständen sogar künstlich wirken lassen könnte. Dies gilt für die verschiedenen Wissenschaften, die sich mit Netzwerken im uns hier interessierenden Sinne auseinandergesetzt haben. In dieser Arbeit wird der Begriff Franchisenetzwerk synonym mit demjenigen des Franchisesystems/Franchise-Arrangements gebraucht. 3. Netzwerke in der Soziologie und Ethnologie a) Entwicklung der Netzwerkforschung Georg Simmel und sein Schüler Leopold von Wiese gelten als die ersten Soziologen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen relationalen, die Beziehungen und das Beziehungsgefüge betrachtenden Ansatz wählten.323 Im Mittelpunkt stand die Bestimmung des Gegenstandes der Soziologie als Wissenschaft, wofür Simmel zufolge der Begriff der Gesellschaft näher bestimmt werden müsse.324 Hierfür arbeitete er die zwischen den Menschen stattfindenden Wechselwirkungen als konstitutives Merkmal heraus: „Irgendeine Anzahl von Menschen wird nicht dadurch zur Gesellschaft, dass in jedem für sich irgendein sachlich bestimmter oder ihn individuell bewegender Lebensinhalt besteht; sondern erst, wenn die Lebendigkeit dieser Inhalte die Form der gegenseitigen Beeinflussung gewinnt, wenn eine Wirkung von einem auf das andere – unmittelbar oder durch ein 322

In diesem Sinne auch Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 127: „[…] Netzwerksbegriff in diesem weitesten Verständnis der Austausch-Möglichkeit […]“. 323 Schnegg, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, 2010, Bd. 4, 21, 21 f. 324 Simmel, Soziologie, 3. Aufl. 1923, S. 4.

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Drittes vermittelt – stattfindet, ist aus dem bloß räumlichen Nebeneinander oder auch zeitlichen Nacheinander der Menschen eine Gesellschaft geworden. Soll es also eine Wissenschaft geben, deren Gegenstand die Gesellschaft und nichts andres ist, so kann sie nur diese Wechselwirkungen, diese Arten und Formen der Vergesellschaftung untersuchen wollen.“325

Als Vorläufer derjenigen Strukturen, die später als Netzwerke bezeichnet werden sollten, führt Simmel den Begriff der Gruppe ein: Gesellschaftliche Gruppen seien die Erscheinungsformen der Vergesellschaftung.326 In ihnen könnten formale Verhaltensweisen beobachtet werden, die unabhängig vom je eigenen Zweck der Gruppe auftreten, weshalb eine Trennung zwischen den Inhalten und der Form selbst erforderlich sei.327 Der Soziologie gehe es – insofern vergleichbar mit der Geometrie – um die nähere Untersuchung der äußeren Form.328 Die Gruppe kennzeichnet Simmel als ein Gebilde, in dem Individuen verkettet seien, das sich aber im ständigen Fluss befinde, weil fortwährend neue Verknüpfungen entstünden und alte gelöst würden.329 Auch Leopold von Wiese möchte in seinem Werk zur „Beziehungslehre“ das Wesen des Gesellschaftlichen erklären und kennzeichnet dieses gleichermaßen als das, was sich „in gegenseitigen Einwirkungen zwischen Körpern, Seelen, Geistern abspielt“.330 Er möchte das Leben der Menschen daraufhin untersuchen, welche Prozesse der Bindung und Lösung existieren und zu welchen Gruppierungen diese Vorgänge führten.331 Die Sphäre des Zwischenmenschlichen sei ein „Bereich von zahllosen Verbindungen, Verflechtungen und Verknotungen“ und bildhaft gesprochen kennzeichnet er sie bereits als „ein scheinbar undurchdringliches Netz von Linien […], die von Punkten (Menschen) ausgehen, die selbst am Rande des Feldes stehen“.332 Da das menschliche Denken immer von Fiktionen, die der Vereinfachung dienten, beherrscht sei, stellt eine seiner vier analytischen Hauptkategorien – neben denjenigen des sozialen Prozesses, der sozialen Distanz und des sozialen Raumes – das soziale Gebilde dar.333 Der erste Wissenschafter, seines Zeichens Ethnologe, der den Begriff des Netzwerks im Zusammenhang mit Sozialgefügen geprägt haben soll, war der Engländer Alfred Radcliffe-Brown in seinem 1940 veröffentlichen Aufsatz „On social structure“.334 Er vertritt hierin die Auffassung, dass die Ethnologie – aus seiner Sicht stellt sie vergleichende Soziologie dar – die in den Naturwissenschaften gebrauchten 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334

Simmel, Soziologie, 3. Aufl. 1923, S. 5 f. Simmel, Soziologie, 3. Aufl. 1923, S. 6 f. Simmel, Soziologie, 3. Aufl. 1923, S. 7 f. Simmel, Soziologie, 3. Aufl. 1923, S. 10. Simmel, Soziologie, 3. Aufl. 1923, S. 15. von Wiese, Beziehungslehre, 2. Aufl. 1933, S. 101. von Wiese, Beziehungslehre, 2. Aufl. 1933, S. 109. von Wiese, Beziehungslehre, 2. Aufl. 1933, S. 109. von Wiese, Beziehungslehre, 2. Aufl. 1933, S. 114. So Druey, KritV 2006, 163, 166, Fn. 3.

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Modelle auf soziale Phänomene anwenden solle.335 Die Bedeutung der „social structure“ als Untersuchungsgegenstand, die er als „network of actually existing relations“336 definiert, erklärt er folgendermaßen: „The physiological and psychological phenomena that we observe in the lives of organisms are not simply the result of the nature of the constituent molecules or atoms of which the organism is built up, but are the result of the structure in which they are united. So also the social phenomena which we observe in any human society are not the immediate result of the nature of individual human beings, but are the result of the social structure by which they are united.“337

Zwischenmenschliche Beziehungen, die freilich immer als Teil des gesamten Beziehungs-Netzwerks, das eine Person umgebe, untersucht werden müssen, existierten, indem eine Anpassung der Interessen der Beteiligten erfolge – entweder durch Konvergenz oder durch eine Begrenzung der Konflikte, die sich aus der Interessendivergenz ergeben könnten.338 Das Interesse oder anders gewendet der Wert, der dem Inhalt der Beziehung beigelegt werde, sei die Determinante sozialer Beziehungen und so entstehe der Aufbau einer Beziehung häufig deshalb, weil zwei Personen ein Interesse daran hätten, ein bestimmtes Ziel zu erreichen und deshalb kooperierten.339 Neben der „social structure“, also dem sozialen Gefüge müssten auch andere Phänomene, wie bspw. Moral, Recht und Wirtschaften in ihrer Funktionsweise und insb. als Mechanismen, die das Netzwerk unterstützen und aufrechterhalten, untersucht werden.340 Darauf, diese Interdependenz zu erkennen, komme es entscheidend an, denn „the exchange of goods and services is dependent upon, is the result of, and at the same time is a means of maintaining a certain structure, a network of relations between persons and collections of persons“.341

Radcliffe-Brown hat damit nicht nur erstmals den Begriff des Netzwerks eingeführt, sondern darüber hinaus auch schon eine Verknüpfung in Richtung auf das Wirtschaftsleben hergestellt. Die sich anschließende soziologische Forschung der 1940er Jahren war durch empirische Netzwerkanalyse geprägt, die das Forschungsfeld der sozialen Beziehungen als Teil der gesellschaftlichen Ordnung durch systematische Erhebung und Auswertung von Daten, die graphisch aufbereitet und mittels mathematischer Mo-

335 336 337 338 339 340 341

Radcliffe-Brown, J. Roy. Anthropol. Inst. 70 (1940), 1, 1 f. Radcliffe-Brown, J. Roy. Anthropol. Inst. 70 (1940), 1, 2. Radcliffe-Brown, J. Roy. Anthropol. Inst. 70 (1940), 1, 3. Radcliffe-Brown, J. Roy. Anthropol. Inst. 70 (1940), 1, 3, 9. Radcliffe-Brown, J. Roy. Anthropol. Inst. 70 (1940), 1, 9. Radcliffe-Brown, J. Roy. Anthropol. Inst. 70 (1940), 1, 6. Radcliffe-Brown, J. Roy. Anthropol. Inst. 70 (1940), 1, 8.

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delle abstrahiert wurden, beackerte.342 Gegenstand solcher Studien waren bspw. Schulklassen, dörfliche Gemeinschaften oder auch die Arbeiterschaft in einem Unternehmen, für deren Arbeitsmoral als entscheidende Faktoren nicht die Umwelt, die Arbeitsorganisation oder individuelle Eigenschaften identifiziert wurden, sondern die informellen sozialen Beziehungen untereinander.343 Nach einer zwischenzeitlichen Vernachlässigung der relationalen Perspektive, verbunden mit dem Aufschwung des Fragebogens als sozialwissenschaftlicher Methodik, wurden seit den 1960er Jahren wieder verstärkt empirische Netzwerkanalysen, insb. in den USA, durchgeführt.344 Seit den 1980er Jahren ist eine verstärkte Hinwendung der Netzwerkforschung zu Untersuchungsgegenständen aus dem Bereich der Wirtschaft zu beobachten, wie einerseits die Netzwerktheorie des Marktes von Harrison White345, andererseits die Studie von Walter Powell346 zu Lernnetzwerken in der Biotechnologie belegen. Der Ansatz des Erstgenannten ist es, das neoklassische Modell der Ökonomik mit einem soziologischen Blick auf Märkte zu vereinen, die in der Sichtweise Whites „selfreproducing social structures among specific cliques of firms and other actors“ darstellen „who evolve roles from observation of each other’s behavior“.347 Kernpunkt ist die Feststellung, dass das Verhalten von Unternehmen nicht durch Entscheidungen der Konsumenten gesteuert sei, sondern aus der Beobachtung anderer Unternehmen resultiere.348 Die Studie von Powell wiederum erforscht die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die als interorganisationale Netzwerke bezeichnet werden und sie stellt die These auf, dass in wissensbasierten Industrien Innovationen viel eher in Netzwerken entstehen als innerhalb einer Organisation.349 b) Stränge in der Netzwerkforschung und Definition Aufgrund der Heterogenität der Netzwerkforschung – das verdeutlicht bereits das Gesagte – soll im Folgenden das Konzept von Johannes Weyer zugrundegelegt werden, der zwei Stränge soziologischer Netzwerkanalysen unterscheidet.350 Dabei 342 Die vier Merkmale der Netzwerkanalyse nach Freeman, The development of social network analysis, 2004, S. 3. 343 Schnegg, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, 2010, Bd. 4, 21, 24 f. 344 Raab, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, 2010, Bd. 4, 29, 29. 345 White, Am. J. Sociol. 87 (1981), 517. 346 Powell u. a., Admin. Sci. Q. 41 (1996), 116. 347 White, Am. J. Sociol. 87 (1981), 517, 518. 348 White, Am. J. Sociol. 87 (1981), 517, 518. 349 Powell u. a., Admin. Sci. Q. 41 (1996), 116, 116. 350 Heterogen: Häußling/Stegbauer, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, 2010, Bd. 4, 57, 57; Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 51 ff.

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handelt es sich zum einen um die formale Netzwerkanalyse, zum anderen um die – im Zusammenhang mit der Studie von Powell just genannten – Interorganisationsnetzwerke als Forschungsgegenstand.351 Es ist insbesondere letzterer der uns für den Fortgang dieser Arbeit interessieren soll. Die formale, quantitative Netzwerkanalyse versteht „Netzwerk“ als ein methodisches Konstrukt, das nicht zwingend tatsächliche Interaktion beinhalten und damit den Beteiligten auch nicht bewusst sein müsse.352 Es gehe ihr um die Identifikation und Analyse von Strukturen innerhalb von Beziehungsgeflechten353, wie etwa die oben genannte Studie zur Analyse der Beziehungen in dörflichen Gemeinschaften belegt. Dem gegenüber stellt Weyer die Erforschung von Interorganisationsnetzwerken, in denen sich die entsprechenden Strukturen als „planvolles Konstrukt strategisch handelnder Akteure, die ihre Handlungen in Erwartung konkreter Vorteile koordinieren“ darstellten.354 Ziel bei der Analyse von Vernetzung als intentionaler Koordination ist es, die ablaufenden Prozesse zu identifizieren und damit die Funktionsweise und spezifische Leistung von interorganisationalen Netzwerken zu erklären.355 Die solchermaßen gekennzeichnete Erforschung von Kooperationen zwischen Unternehmen, die einen klaren Anwendungsbezug aufweist, ist v. a. von Wirtschaftswissenschaftlern vorangetrieben worden,356 worauf im nächsten Kapitel eingegangen wird. Zunächst sollen jedoch die Ideen zu Netzwerken des Soziologen Weyer vorgestellt werden. Ursache für die große Beliebtheit des Netzwerkgedankens sei zum einen die Krise der industriellen Massenfertigung mit ihren zentral angelegten Organisationsstrukturen, zum andere die Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien, die neue Formen der Produktion ermöglichten.357 Netzwerken werde eine Überlegenheit gegenüber anderen Formen der wirtschaftlichen Koordination zugeschrieben, weil sie als flexibler und effzienter gelten.358 Als Definition für soziale – stehend für gesellschaftliche Prozesse und Strukturen359 – Netzwerke schlägt Weyer vor: „[…] eine eigenständige Form der Koordination von Interaktionen […], deren Kern die vertrauensvolle Kooperation autonomer, aber interdependenter (wechselseitig voneinander abhängiger) Akteure ist, die für einen begrenzten Zeitraum zusammenarbeiten und dabei auf 351 352 353 354 355 356 357 358 359

Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 51. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 51 f. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 51 f. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 51. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 53. So Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2011, 39, 42. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 39. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 39. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 50.

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die Interessen des jeweiligen Partners Rücksicht nehmen, weil sie auf diese Weise ihre partikularen Ziele besser realisieren können als durch nicht-koordiniertes Handeln“.360

Grundvoraussetzung für die funktionierende Partnerschaft sei ein gegenseitiges Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der anderen Beteiligten, für dessen Aufbau die vorherige Verabredung der Bedingungen der Zusammenarbeit und der Mechanismen der Konfliktbewältigung notwendig sei.361 Auch wenn die Möglichkeit eines Ausstiegs zu jedem Zeitpunkt gegeben sei, müsse das Netzwerk während seines Bestehens eine gewisse Stabilität aufweisen, die durch die Exklusivität des Zugangs, die Begrenzung der Anzahl der Beteiligten und die Mittelfristigkeit des Zeithorizonts hergestellt werde.362 Zentral für das Netzwerk sei die Reziprozität, unter der Weyer einen Austausch, von dem beide Seiten profitieren, versteht.363 Eng damit verbunden sieht er das Vertrauensprinzip, weshalb Äquivalenz nicht zu jedem Zeitpunkt gegeben sein müsse, sondern kurzfristige Abweichungen hingenommen würden, weil für jeden Beteiligten feststehe, dass im Ergebnis die gemeinsam erwirtschafteten Erträge gerecht verteilt würden.364 4. Netzwerke in der Betriebswirtschaftslehre a) Ökonomische Analyse des Rechts aa) Begründung durch Ronald H. Coase Die sog. Neue Institutionenökonomik – als Teilbereich der ökonomischen Analyse des Rechts – analysiert die verschiedenen, den Akteuren zur Abwicklung wirtschaftlicher Transaktionen zur Verfügung stehenden Einrichtungen und erklärt – mithilfe der Transaktionskostenanalyse – die Auswahl dieser Organisationsformen als Effizienzentscheidung. Bereits im Jahre 1937 stellte Ronald Coase fest, dass der Preismechanismus, der besagt, dass das gesamte Wirtschaften des Menschen durch einen automatischen Prozess der Anpassung von Angebot und Nachfrage geregelt werde, nicht geeignet sei, die Entstehung von Organisationen zu erklären.365 Denn innerhalb der „Firma“ gebe es keine Markttransaktionen und an die Stelle des Preismechanismuses trete die Koordinierung durch den Eigentümer.366 Als eine Haupterkenntnis seines grundlegenden Beitrags „The nature of the firm“ wird angesehen, dass Coase den Markt einerseits und die Organisation andererseits als alternative Möglichkeiten für die Durchführung derselben Transaktionen iden360 361 362 363 364 365 366

Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 49. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 49. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 49. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 49. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 49. Coase, Economica 4 (1937), 386, 387. Coase, Economica 4 (1937), 386, 388.

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tifiziert hat.367 Auf dieser Gegenüberstellung beruht die gesamte Neue Institutionenökonomik, die allerdings erst in den 1970er Jahren Fahrt aufgenommen hat – nachdem der Aufsatz von Coase fast 40 Jahre brachlag.368 Der „Markt“, auf dem durch den Preismechanismus koordinierte Transaktionen, durch den Abschluss von Verträgen durchgeführt werden, wird dabei gekennzeichnet als ein Interaktionsforum mit freiem Zugang und Austritt auf dem Akteure spontan zum einmaligen Tauschakt aufeinandertreffen.369 In der sich durch Kontinuität und Stabilität auszeichnenden Organisation – teilweise auch im Gegensatz zu den Gleichordnungsverhältnissen am Markt als Hierarchie bezeichnet – erfolgt Koordination hingegen durch Pläne und Anweisungen.370 Sie stellt ein aus verschiedenen Abteilungen und Ebenen bestehendes, vertikal integriertes Unternehmen dar,371 d. h. rechtlich gesehen eine Gesellschaft. Die Transaktionskostenanalyse begründend, ging Coase der Frage nach, auf welcher Basis die make or buy-Entscheidung372 getroffen werde, d. h. ob ein nachgefragtes Produkt am Markt erworben oder innerhalb eines Unternehmens selbst hergestellt werde. Coase zufolge kommt es immer dann zur Gründung eines Unternehmens, verbunden mit den entsprechenden Machtbefugnisses des Eigentümers, wenn die Kosten dafür, dieselbe Angelegenheit durch Vertrag, d. h. unter dem Preismechanismus zu regeln, höher sind.373 Als Kosten von Markttransaktionen identifiziert Coase zunächst diejenigen, die entstünden, um die relevanten Preise für das nachgefragte Produkt zu eruieren; sodann die Kosten für Vertragsverhandlungen und den Abschluss des Vertrages.374 Zum Teil sei es möglich, den Aufwand hierfür zu reduzieren, er könne jedoch nicht vollständig eliminiert werden.375 Gerade wenn die Belieferung mit einem Produkt über einen längeren Zeitraum und in unbestimmtem Gesamtumfang vorgesehen sei, führe der Abschluss eines Vertrages aufgrund der Unsicherheit in Bezug auf den Bedarf, die sich in offenen Vertragsklauseln widerspiegele, häufig nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.376

367

So Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 296; vgl. Coase, Economica 4 (1937), 386, 388. 368 Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 296. 369 Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 44; Sydow, in: Staehle/ Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 246 f. 370 Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 247. 371 Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 45. 372 Begriff auch bei Williamson, J. L. & Econ. 22 (1979), 233, 245: „buying rather than making“. 373 Coase, Economica 4 (1937), 386, 390. 374 Coase, Economica 4 (1937), 386, 390 f. 375 Coase, Economica 4 (1937), 386, 390. 376 Coase, Economica 4 (1937), 386, 391 f.

III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘

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bb) Weiterentwicklung durch Oliver E. Williamson Diese ersten Überlegungen zur Wahl zwischen market und hierarchy hat Oliver Williamson ausgebaut, der die Bedeutung von Transaktionskosten folgendermaßen beschreibt: „The new institutional economics is preoccupied with the origins, incidence, and ramifications of transaction costs. Indeed, if transaction costs are negligible, the organization of economic activity is irrelevant, since any advantages one mode of organization appears to hold over another will simply be eliminated by costless contracting.“377

Grundannahme sei freilich, dass Akteure mit dem Ziel handelten, ihre wirtschaftlichen Prozesse möglichst kostensparend durchzuführen.378 Einsparungspotenzial bestehe zum einen bei den Produktionskosten, zum anderen bei den Transaktionskosten, die Williamson als „costs of running the economic system“ bezeichnet.379 Ein Äquivalent zu den Transaktionskosten sei die Reibung (Friktion) in der Physik – auch deren Existenz habe man bei der Aufstellung von Theorien lange ignoriert, was als ein Paradebeispiel für unrealistische Annahmen in der Wissenschaft gelte.380 Williamsons Ziel ist es, Kriterien aufzustellen, anhand derer ein direkter Vergleich der (Transaktions)kosten von verschiedenen wirtschaftlichen Institutionen in Bezug auf eine bestimmte Transaktion ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unterscheidet er zunächst Transaktionskosten nach dem Zeitpunkt ihrer Entstehung und legt seine behavioristischen Grundannahmen dar. Er teilt sodann sowohl Transaktionen als auch Institutionen – von ihm auch als governance structures bezeichnet – nach charakteristischen Eigenschaften in Untergruppen ein, um im Anschluss eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen. Nach dem Zeitpunkt ihres Entstehens könnten die Kosten einer Transaktion zunächst unterteilt werden in solche, die ex-ante, d. h. vor Vertragsschluss und solche, die ex-post, d. h. während der Durchführung der Transaktion aufträten.381 Zu ersteren zählten v. a. die Kosten für das Drafting des Vertrages, die entsprechenden Verhandlungen und diejenigen für den Einbau von Sicherungsmechanismen.382 Ex-post Kosten seien bspw. diejenigen für den Anpassungsbedarf, der entstünde wenn eine Transaktion nicht wie geplant durchgeführt werden könne sowie, eng damit verbundenen die „haggling costs“ – die das Feilschen beider Parteien in solchen Fällen verursache.383 Daneben fielen auch die Einrichtungs- und Unterhaltungskosten für 377 378 379 380 381 382 383

Williamson, J. L. & Econ. 22 (1979), 233, 233. Williamson, J. L. & Econ. 22 (1979), 233, 245. Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 18. Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 19. Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 20. Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 20. Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 21.

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eine Streitschlichtungsinstanz an.384 Wichtig sei es zu beachten, dass beide Kostenarten voneinander abhängig seien, d. h. sie sollten im Idealfall gleichzeitig berücksichtigt werden, nicht nacheinander.385 Williamsons Theorie liegen zwei Annahmen in Bezug auf das Verhalten der Akteure zugrunde: es handelt sich zum einen um das Konzept der „bounded rationality“, zum anderen um die Annahme opportunistischen Verhaltens. Begrenzte Rationalität beschreibt er als ein Verhalten, dass zwar absichtlich rational sei, dies aber nur in eingeschränktem Umfang und das damit als ein Mittelweg zwischen der Nutzenmaximierung und der sog. organic rationality angesehen werden könne.386 Dass Akteure begrenzt rational handeln, müsse zum einen bei der Entscheidungsfindung, zum anderen aber auch in Bezug auf die Governance-Struktur berücksichtigt werden, was Williamson folgendermaßen auf den Punkt bringt: „Ceteris paribus, modes that make large demands against cognitive competence are relatively disfavored“.387 Die zweite Verhaltensannahme betreffe die Frage, wie stark die Akteure ihr Handeln am eigenen Interesse ausrichteten – auch hier existierten drei Abstufungen: der Opportunismus, den Williamson seinen Analysen zugrundelegt, das „self-interest seeking“ und die Folgsamkeit.388 Opportunismus beschreibt er in diesem Zusammenhang als „self-interest seeking with guile“, was jede Form der Täuschung einschließe sowie die unvollständige und verzerrte Weitergabe von Informationen.389 Phänomene opportunistischen Verhaltens seien bspw. die „adverse selection“ und der „moral hazard“.390 Zur Charakterisierung von Transaktionen, die in der Theorie von Williamson die Grundeinheit darstellen, benutzt er das Kriterium der Asset specifity (zu verstehen als Grad der Spezifität von Investitionen), dasjenige der Häufigkeit der Transaktion und das der Unsicherheit.391 Im Mittelpunkt steht dabei das Merkmal der Asset specifity, das in den Ausformungen nicht-spezifisch, gemischt und idiosynkratisch vorliegen könne. Idiosynkratische Investitionen erwiesen sich nur dann als vorteilhaft, wenn die Vertragserfüllung wahrscheinlich ist, der Austauschvorgang häufig stattfindet sowie Unsicherheiten, bspw. in Bezug auf das Verhalten des Vertragspartners, in nur überschaubarem Maße existieren. Da Williamson davon ausgeht, dass es nicht nur standardisierte, einmalige Transaktionen einerseits und nicht-standardisierte, wiederkehrende Transaktionen andererseits gibt und er diese Erkenntnisse mit dem sog. Relational contract law 384

Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 21. Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 21. 386 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 45. 387 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 46. 388 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 47. 389 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 47. 390 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 47. 391 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 52 ff.; Williamson, J. L. & Econ. 22 (1979), 233, 239. s. o. B. II. 2. b). 385

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verknüpft, soll an dieser Stelle – kurz, da im Vorgriff auf C. I. 1. a) – dieses Konzept des Amerikaners Ian R. Macneil vorgestellt werden. Macneil geht davon aus, dass sich das anzuwendende Recht danach richte, wie die Transaktion beschaffen ist: Für ihn existiert ein Kontinuum, an dessen einem Ende der abstrakte, einmalige Tauschakt stehe, auf den das klassische Vertragsrecht anzuwenden sei und an dessen anderem Ende die relationale Beziehung stehe, die dauerhaft, von den beteiligten Personen und von Kooperation geprägt sei und auf die das relational contract law Anwendung finde.392 Dazwischen gebe es verschiedene Zwischenformen, für die das sog. Neoclassical contract law Lösungen bereithalte.393 Dies auf sein Konzept der Einteilung von Transaktionen übertragend, meint Williamson: „In terms of Macneil’s three-way classification of contract, classical contracting presumably applies to all standardized transactions (whatever the frequency), relational contracting develops for transactions of a recurring and nonstandardized kind, and neoclassical contracting is needed for occasional, nonstandardized transactions.“394

Zugleich ordnet Williamson die von ihm nach Standardisierungsgrad und Häufigkeit eingeteilten Transaktionen entsprechenen Governance-Regimen, d. h. wirtschaftlichen Institutionen zu.395 Und an dieser Stelle kommt eine fundamentale Erkenntnis zum Tragen – nämlich diejenige, dass es nicht nur Markt und Hierarchie als Formen geben dürfe: „The focus runs the gamut from discrete market exchange at the one extreme to centralized hierarchical organization at the other, with myriad mixed or intermediate modes filling the range in between.“396

Als Paradebeispiel einer hybriden Transaktion wird von Williamson – unter dem Hinweis darauf, dass „activity in the middle range […] extensive“ sei – das Franchising angeführt.397 Die möglichen Governance-Strukturen werden von Williamson als market, trilateral und bilateral bzw. unified governance bezeichnet.398 Für nichtspezifische, gelegentlich oder wiederkehrend auftretende Transaktionen, in denen die Identität 392 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 856 ff., 886 ff.; Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 738 ff. 393 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 865 ff. 394 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 73. 395 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 73 ff. 396 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 16; So auch Richardson, Econ. J. 82 (1972), 883, 887: „[…] we must not imagine that reality exhibits a sharp line of distinction; what confronts us is a continuum passing from transactions, such as those on organised commodity markets, where the co-operative element is minimal, through intermediate areas in which there are linkages of traditional connection and goodwill, and finally to those complex and inter-locking clusters, groups and alliances which represent co-operation fully and formally developed.“ 397 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 83. 398 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 73 f.

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der Parteien irrelevant sei, Gerichte zur Streitentscheidung angerufen würden und keine verstärkten Bestrebungen bestünden, die Beziehung über die einmalige Transaktion hinaus aufrecht zu erhalten, sei die Regulierung durch den Markt, d. h. unter dem Preismechanismus, angemessen.399 Bei gemischten oder hochspezifischen Transaktionen, die gelegentlich aufträten, sei eine trilaterale Governance-Struktur am geeignetsten, die sich bspw. durch eine Streitschlichtung durch Dritte (Schiedsgericht) auszeichne.400 Für Transaktionen mit gemischten oder sehr spezifischen Investitionen, die wiederholt durchgeführt würden, sei die bilaterale Governance – bei der die Parteien unabhängig voneinander blieben – bzw. letztlich die unified Governance – d. h. vertikale Integration – geeignet.401 cc) Einordnung von Netzwerken als Organisationsform Das verstärkte Auftreten von solchen Gebilden im Wirtschaftsleben, die als Netzwerke bezeichnet wurden, hat zu einer Weiterentwicklung der Neuen Institutionenökonomik geführt: Es stellte sich die Frage nach der Einordnung des Netzwerks als neuartiger Organisationsform, für die im Wesentlichen drei Antworten gefunden worden sind, die sich allesamt in der einen oder anderen Form auf die bekannten Konzepten von Markt und Organisation beziehen.402 Die Dichotomie von „market“ auf der einen und „firm“ auf der anderen Seite war – wie gerade gezeigt – bereits von Williamson in Frage gestellt worden, verbunden mit der Idee eines Kontinuums von Governance-Strukturen, die je nach Transaktionscharakter Anwendung finden sollten. Diese Idee ist vielfach aufgegriffen und auf Netzwerke angewendet worden. Hans B. Thorelli bezieht sich in seinem Beitrag „Networks: Between Markets and Hierarchies“ auf Williamson, führt jedoch explizit das Netzwerk als intermediäre Organisationsform403 ein: „[…] we may think in terms of a spectrum of arrangements, from loose to tight, from armslength bargaining to total integration, from spot transactions via standing relations to the internalization of markets. In some ways these distinctions are analogous to Williamson’s (1975) markets and hierarchies, although he would likely include as part of ,markets‘ a number of in-between forms where we would rather apply the generic term networks.“404

Thorelli kritisiert, dass Williamsons Modell – trotz der Idee eines Kontinuums – zu stark auf die Endpunkte konzentriert sei und die vielfältigen institutionellen

399

Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 73 f. Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 75. 401 Williamson, The economic institutions of capitalism, 1985, S. 75 f. 402 Einteilung nach Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 46. 403 Auch Sydow betrachtet Netzwerke als intermediäre Organisationsform: Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 248. 404 Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 37. 400

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Arrangements im Zwischenbereich vernachlässige, die doch in der Realität des Wirtschaftslebens von Unternehmen in großem Umfang eingesetzt würden.405 Den Begriff Netzwerk definiert er als zwei oder mehr Unternehmen, die eine langfristige Beziehung miteinander unterhalten und die „due to the intensity of their interaction, constitute a subset of one (or several) market(s)“.406 Allgemein gesprochen könne ein Netzwerk als eine Struktur angesehen werden, die sich zusammensetze aus Knotenpunkten bzw. Positionen, besetzt von Unternehmen oder Geschäftseinheiten innerhalb eines Konzerns, und den Verbindungen, die durch Interaktion zwischen diesen Positionen entstünden.407 Abhängig von der Anzahl der Beteiligten und der Art bzw. Intensität der Interaktion wiesen Netzwerke einen mehr oder weniger engen Charakter auf.408 Zentrales Konzept in der Netzwerkanalyse sei desjenige von Macht („power“) i. S. d. Fähigkeit, die Entscheidungen und Handlungen anderer Beteiligter zu beeinflussen.409 In Bezug auf Netzwerke werde Macht häufig zu Unrecht als einer Partei zukommend beschrieben, wohingegen in den meisten Fällen vielmehr von Interdependenz, also gegenseitiger Abhängigkeit, auszugehen sei.410 Ein Verwandter der Macht sei das Vertrauen, das durch vergangenes Verhalten entstehe und in die Zukunft gerichtet sei: „It may perhaps be defined as an assumption or reliance on the part of A that if either A or B encounters a problem in the fulfillment of his implicit or explicit transactional obligations, B may be counted on to do what A would do if B’s resources were at A’s disposal.“411

Im Wirtschaftsleben seien Netzwerke „ubiquitär“ – ein wichtiges Beispiel seien Franchise-Netzwerke: „At the core of most successful franchise systems we find mutual interdependence and trust based on standing relationships and an entire web of linkages between system members.“412

Walter Powell hingegen hat im Hinblick auf die Einordnung von Netzwerken die Formel geprägt: „[…] neither a market transaction nor a hierarchical governance structure“413, seiner Ansicht zufolge sind sie von eigener Qualität. Das KontinuumModell sei ungenau, statisch und erweise sich im Ergebnis als wenig hilfreich, denn „it detracts from our ability to explain many forms of collaboration that are viable means of exchange“.414 So sei die Ersparnis von Transaktionskosten jedenfalls als alleiniger Faktor nicht geeignet, das Auftreten von Netzwerken als Organisations405 406 407 408 409 410 411 412 413 414

Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 44. Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 37 f. Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 38. Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 38. Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 38. Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 38. Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 38. Thorelli, Strategic Manage. J. 7 (1986), 37, 44. Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 301. Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 298 f.

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form zu erklären.415 Das Modell suggeriere zudem, dass der Markt eine Art Startpunkt sei und die Hierarchie ein Endpunkt wirtschaftlicher Entwicklung.416 Auch Powell bezweifelt nicht, dass Netzwerke als wirtschaftliche Koordinationsform sowohl Elemente marktlicher als auch organisationaler Interaktionen verbinden: „When the items exchanged between buyers and sellers possess qualities that are not easily measured, and the relations are so long-term and recurrent that it is difficult to speak of the parties as separate entities, can we still regard this as a market exchange? When the entangling of obligation and reputation reaches a point that the actions of the parties are interdependent, but there is no common ownership or legal framework, do we not need a new conceptual tool kit to describe and analyse this relationship?“417

Er beantwortet diese letzte Frage bejahend. Allerdings verkenne die Sichtweise auf Netzwerke als einer hybriden Zwischenform, dass diese einer ihnen eigenen Logik unterlägen und es vielmehr darum gehe, die spezifischen Entstehungsfaktoren herauszuarbeiten.418 Die Grundannahme in Bezug auf Netzwerke sei, dass die eine Partei jeweils abhängig sei von den Ressourcen, die die andere kontrolliere und dass die Vereinigung der Ressourcen für beide von Vorteil sei.419 Deshalb existierten die individuellen Einheiten auch nie nur für sich selbst, sondern immer in Beziehung zu den anderen Einheiten und es entstehe im Verlauf der Zeit eine Eigendynamik, die häufig eine Beendigung der Beziehung als wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen lasse.420 Powell weist allerdings darauf hin, dass es ein Euphemismus sei, Netzwerke ausschließlich in den Kategorien von Eintracht und Zusammenarbeit zu denken. Einer Analyse von Netzwerken – im Verlagswesen, im Film-, aber auch Textilgeschäft – entnimmt Powell folgende Umstände, die zur Entstehung von Netzwerken beitragen: Kooperation habe sich zwischen den Beteiligten langfristig als ein effektives Arrangement erwiesen; des Weiteren gehe es oftmals um den Gebrauch von „intangible assets“ wie technologische Innovationen oder implizites Wissen; zuletzt sei die schnelle Verbreitung von Information verbunden mit der Schaffung von Lernanreizen entscheidend.421 Aus diesen Erkenntnissen destilliert Powell drei wesentliche Faktoren, die durch Netzwerke gefördert werden und die damit deren Entstehung begünstigen, es handelt sich um „know-how“, „speed“ und „trust“.422

415 416 417 418 419 420 421 422

Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 297, 322. Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 298. Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 301. Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 301. Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 303. Powell, Res. Organ. Behav. 12 (1990), 295, 303. Powell, Res. Organ. Behav. (1990), 295, 322. Powell, Res. Organ. Behav. (1990), 295, 324 ff.

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Eine andere Sichtweise, die sich aber auch mit den institutionenökonomischen Grundkonzepten von „market“ und „hierarchy“ auseinandersetzt, ist diejenige von Gunther Teubner, der das Phänomen der Netzwerke aufgrund ihrer Abgeschlossenheit nach außen und ihres gemeinsamen Fokusses – unter Anwendung der Systemtheorie von Niklas Luhmann – als soziale Systeme mit ihnen je eigenen Merkmalen beschreibt.423 Netzwerke bildeten sich als „echte Emergenzphänomene nicht ,zwischen‘, sondern ,jenseits‘ von Vertrag und Organisation“.424 Die Entstehung von Netzwerken ausschließlich als Ergebnis der Einsparung von Transaktionskosten zu erklären, hält er – wie auch Powell – für eindimensional und den „Zwängen des ökonomischen Denkens“ geschuldet.425 Vertrag und Organisation seien soziale Systeme, von denen sich Netzwerke nicht nur graduell – also bspw. durch unterschiedliches Ausmaß der „asset specificy“ unterschieden – sondern ganz grundlegend.426 Netzwerke seien „autopoeitische Systeme höherer Ordnung“, es handele sich insofern um eine Steigerungsform.427 Paradoxe Umweltanforderungen, wie bspw. die gleichzeitige Forderung nach konkurrentem und kooperativem Verhalten führten dazu, dass Netzwerke in enger Symbiose mit Verträgen oder Organisationen aufträten, weshalb sie von Teubner an anderer Stelle auch als „hybride Netzwerke“ bezeichnet werden.428 In Abhängigkeit vom formal gewählten Grundmodus (Vertrag oder Gesellschaft) unterscheidet er in Organisations- und Vertragsnetzwerke, in die dann im Wege des „re-entry“ die jeweils andere Form eingeführt werde.429 Für ihn stellt das Netzwerk selbst einen kollektiven Akteur neuer Art dar, der über die Vielzahl von Knoten agiere: Zwar sei jeder Knoten autonom, sie operierten jedoch alle zugleich für das Netz, weshalb Teubner das Bild einer „vielköpfigen Hydra“ verwendet.430 Da Teubner einen eigenen Ansatz zur rechtlichen Behandlung von Netzwerken vorstellt, wird im Kapitel „Neue Theorien zu Netzwerken“ auf seinen Vorschlag zum „hybriden Netzwerk als Vertragsverbund“ eingegangen werden.431

423

Vgl. Fuhse, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 301, 306. Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 190. Der Begriff der Emergenz werde allgemein dafür verwendet, um das „Auftreten von etwas Neuem im Evolutionsprozess“ zu beschreiben, im Kontext von Selbstorganisation bedeute Emergenz jedoch spezifischer, dass „selbstreferentielle Zirkel entstehen, die sich in einer Weise miteinander verketten, dass sie die Elemente eines neuen Systems bilden“, ebd., 191 f. 425 Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 194. 426 Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 195. 427 Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 190, 195. 428 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 562, 564. 429 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 565. 430 Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 208. 431 s. u. C. II. 1. a). 424

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b) Interorganisationale Netzwerke aa) Charakterisierung und Einteilung In der interorganisationalen Netzwerkforschung werden – nachdem von der Institutionenökonomik, die vorgelagerte Frage der zur Verfügung stehenden Organisationsformen und Gründe für die Auswahlentscheidung geklärt worden sind – zielgerichtete Kooperationen zwischen Unternehmen im Hinblick auf ihre Funktionsweise und spezifischen Leistungen untersucht432. Der Wirtschaftswissenschaftler Jörg Sydow kennzeichnet solche Unternehmensnetzwerke als: „eine intermediäre Organisationsform […], die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relative stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhängigen Unternehmungen auszeichnet“.433

Es handele sich um „polyzentrische Systeme“, in denen aufgrund der relativen Autonomie der Akteure die Koordination Ergebnis von überwiegend dezentral getroffenen Entscheidungen sei.434 Auch wenn einzelne Netzmitglieder häufig eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit vom Netzwerk entwickelten, seien sie formell autonom – Entscheidungen würden nicht mehr innerhalb einer Organisation getroffen, sondern prinzipiell ausgehandelt.435 Die spezifische Problematik von Netzwerken bestünde darin, ein Gleichgewicht zwischen der formellen Autonomie einerseits und der durch die Einbindung in das Netzwerk bestehenden Abhängigkeit andererseits herzustellen.436 Die Ausgeglichenheit dieses Spannungsverhältnisses setze Vertrauen in der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren voraus, was im ökonomischen Zusammenhang bedeute, dass der Vertrauende eine einseitige Vorleistung erbringe.437 Damit hänge, wie bereits von Weyer betont, das Vertrauenskonzept eng mit demjenigen der Reziprozität im Sinne einer erwarteten, jedenfalls mittelfristigen Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zusammen.438 Für Eckhard Heidling stellt Vertrauen aufgrund seiner Bedeutung in Netzwerken ein Differenzierungskriterium dar: „Vertrauensvolle und kooperative Beziehungen stellen somit den entscheidenden Unterschied zu den zentralen Funktionsmechanismen des Marktes, der wesentlich auf dem Wettbewerb zwischen den Akteuren beruht, und der Hierarchie mit den typischen Elementen von Autorität und Gehorsam dar.“439

432 433 434 435 436 437 438 439

Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 53. Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 248. Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 248. Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 248 f. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 141. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 141. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 141. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 141.

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Nach Sydow ist darüber hinaus ein hohes Maß an Offenheit Kennzeichen von Interorganisationsnetzwerken, die sowohl gegenüber ihrer Umwelt bestehe als auch intern, wo durch enge Beziehungen zwischen den beteiligten Netzmitgliedern die Unternehmensgrenzen verwischt würden.440 Die solchermaßen charakterisierten Unternehmensnetzwerke werden in einem Schritt der Differenzierung danach unterteilt, ob die beteiligten Unternehmen gleichrangig sind oder ob es vielmehr einen zentralen Akteur gibt – man spricht insofern von symmetrischen und asymmetrischen Netzwerken.441 Als typische Beispiele für symmetrische Koordination werden regionale- und Innovationsnetzwerke angeführt.442 Dabei werden regionale Netzwerke als eine Art Infrastruktur von meist kleinen und mittelständischen Unternehmen charakterisiert.443 Es handele sich häufig um emergente, d. h. nicht planmäßig angelegte Strukturen, die auf einen räumlichen Bereich begrenzt bestünden und in denen der persönliche Kontakt eine herausragende Rolle spiele.444 Innovationsnetzwerke – von Powell auch als „Networks of Learning“ bezeichnet445 – sind Kooperationen zwischen Unternehmen, die dem Wissens- und Ressourcenaustausch dienen und durch gegenseitiges Lernen Innovationen realisieren helfen sollen.446 Asymmetrische Netzwerke, also solche, die von einem fokalen Unternehmen zentral gesteuert werden, sind in der Betriebswirtschaft als sog. strategische Netzwerke bekannt – Franchisesysteme gelten als Paradebeispiel für diesen Typus447. Da sie sich durch hierarchische Elemente auszeichnen, wird die Frage diskutiert, wie groß das Machtgefälle in einem explizit von Kooperation geprägten Arrangement sein darf bzw. wo die Grenzlinie zur Organisation verlaufen soll.448 Die Frage ist berechtigt, denn auch vom Standpunkt des Rechts kommt es darauf an, dass die Selbständigkeit des Franchisenehmers nicht nur auf dem Papier steht, sondern dass ihm tatsächlich ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum zukommt – der Vertrag ist ansonsten als Arbeitsvertrag zu qualifizieren, weil der Franchisenehmer faktisch in den Betrieb des Franchisegebers eingegliedert ist.449

440

Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 249. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 55. 442 Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 51. 443 Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 57. 444 Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 57 und Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 239, 251: bspw. Textilindustrie im mittleren Norditalien. 445 Powell u. a., Admin. Sci. Q. 41 (1996), 116. 446 Koschatzky, Räumliche Aspekte im Innovationsprozess, 2001, S. 135. 447 Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 55. 448 Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 56. 449 s. o. B. II. 4. b). für das deutsche und B. II. 5. c) für das englische Recht. 441

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Teilweise wird die Gleichrangigkeit der Akteure in der soziologischen Netzwerkforschung auch als Grundvoraussetzung von Netzwerken angesehen.450 Tatsächlich ist es für die von Powell untersuchten Innovationsnetzwerke, bspw. in der Biotechnologie451, für die er auch die oben genannten begünstigenden Entstehungsfaktoren „speed“, „know-how“ und „trust“ herausgearbeitet hat, naheliegend, dass nur die Gleichberechtigung der Partner die gewünschte Innovationsfreudigkeit hervorruft. Zugestanden werden muss auch, dass die Existenz von Kooperation und Vertrauen, die als Charakteristika für alle Unternehmensnetzwerke gekennzeichnet worden sind, im Falle unterschiedlicher Ressourcenausstattung und vertraglicher Weisungsbefugnisse zumindest fraglich erscheint. Die Praxis des Wirtschaftslebens ist allerdings – bspw. in den Bereichen Zulieferung und Absatz – ganz überwiegend von asymmetrischen Netzwerken geprägt452, die von den Akteuren nicht als vertikale Integration konzipiert worden sind und auch rechtlich nicht entsprechend qualifiziert werden. Die Existenz asymmetrischer Netzwerke wird daher vorausgesetzt, dabei wird aber auch auf die Frage der Kooperation bei Machtgefälle eingegangen werden. bb) Franchisesysteme als strategische Netzwerke Strategische Netzwerke werden von Sydow als solche bezeichnet, deren Entwicklung „strategisch motiviert“ ist und die „von einer fokalen Unternehmung strategisch geführt“ werden, wobei der zentrale Begriff „strategisch“ das Folgende bedeute: „[…] die proaktive, vor allem von marktökonomischen Erfordernissen und technologischen Möglichkeiten bedingte und auf die Erschließung wettbewerbsrelevanter Potentiale gerichtete Organisation des Netzwerkes.“453

Solche Netzwerke seien im Wesentlichen das Ergebnis absichtsvoll geplanter Prozesse, allerdings könne unter Umständen auch Selbstorganisation eine Rolle spielen („deliberate“ vs. „emergent strategy“).454 Die Aufgabe des im Zentrum stehenden Unternehmens besteht nach Heidling im Wesentlichen darin, auf der einen Seite die Strategie vorzugeben, mit welcher der Markt bearbeitet wird, und auf der

450

Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 56. verweist hierfür auf Powell. Auch Druey hält Horizontalität für ein entscheidendes Charakteristikum von Netzwerken, will aber auch Netzwerke „im weiten Sinn“, bei denen Horizontalität nicht gegeben ist, vielmehr die Verbindung als solche betont wird, anerkennen, vgl. Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 131. 451 Vgl. Powell u. a., Admin. Sci. Q. 41 (1996), 116. 452 Hierzu Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 137: „Die Netzwerkforschung des vergangenen Jahrzehnts hat das Vorhandensein und Wesen der Hubs als allenfalls stark herauswachsende einzelne Elemente beschrieben und damit die pure Horizontalität von Netzwerken ein für allemal Lügen gestraft.“. 453 Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 249 f. 454 Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 250.

III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘

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anderen Seite die Beziehung zu den Partnerunternehmen zu definieren und zu überwachen.455 Konkretisiert für das Franchise-Netzwerk bedeutet das, dass der Franchisegeber als fokales Unternehmen das Netzwerk aufbaut, indem er das Markenimage kreiert, entsprechende Partner sucht und Standorte bestimmt. Er übernimmt zentrale Aufgaben, wie bspw. den Einkauf, das Marketing und die Fortbildung und macht präzise Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung des Vertriebs – den Verkauf der Produkte selbst übernehmen die Franchisegeber.456 Wie oben dargestellt, wird in der Betriebswirtschaft davon ausgegangen, dass Kooperation und vertrauensvolle Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung von Netzwerken vom Austausch auf dem Markt einerseits und der Interaktion in Hierarchien andererseits sei. Vertrauen werde dabei durch solche Strukturen gefördert, die – neben reger Interaktion und einer begrenzten Anzahl von Netzmitgliedern – dadurch gekennzeichnet sind, dass die Akteure vergleichbare Ressourcenausstattungen aufwiesen und ein angemessenes Maß an Unabhängigkeit besäßen.457 Es ist evident, dass diese letztgenannten Merkmale in strategischen Netzwerken, so auch in Franchisesystemen nicht vorliegen. Vielmehr liegt der Fall so, dass sich die strategischen Vorteile dieser Arrangements für das fokale Unternehmen gerade auch durch die Ausnutzung von asymmetrischen Machtverhältnissen ergeben.458 Denn der Netzwerkcharakter bietet die Möglichkeit, Effizienzziele durchzusetzen, wie sie nur bei Markttransaktionen erreicht werden können und gleichzeitig – wie das nur in einer Organisation der Fall ist – in hohem Maße Kontrolle über den anderen Teil auszuüben.459 Unternehmen werden dadurch in die Lage versetzt, die hohen Anforderungen, die für erfolgreiches Wirtschaften an die Flexibilität gestellt werden, zu erfüllen: Wichtige Unternehmensfunktionen (wie bspw. der Vertrieb) können unter Beibehaltung der Kontrolle aus der Organisation ausgelagert werden.460 Sydow kritisiert insofern auch die Transaktionskostenanalyse, die in ihrer Fixierung auf Transaktionskosten die sozialen Beziehungen zwischen den Beteiligten ausblende und „den Einfluss von Macht auf die Herausbildung von Organisationsformen notorisch […] unterschätze[n]“.461 Dass eine Interpretation, die das Einflussgefälle jedenfalls auch in den Blick nimmt, angebracht sei, verdeutliche ein 455

Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 143. Weyer, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 39, 55. 457 Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 142. 458 Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 144; Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 287. 459 Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 287. 460 Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 287. 461 Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 287 f. 456

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Beispiel aus dem Bereich der Zulieferung, wo Lieferanten häufig zur Einführung von Produktinnovationen und durch umfangreiche Informationspflichten zur Offenlegung interner Kostenrechnungen verpflichtet würden.462 Das Bild von den asymmetrischen Machtverhältnissen ist in den allermeisten Fällen sicherlich eine präzise und hilfreiche Lagebeurteilung; allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass durch umfangreiche Auslagerungen auf Zulieferer auch eine Abhängigkeit wiederum des fokalen Unternehmens entstehen kann, weil die Partner über ein spezifisches Know-How verfügen, die die Option der Wiedereingliederung der entsprechenden Funktion illusorisch macht.463 Hierdurch kann ein asymmetrisches Verhältnis zumindest relativiert werden.464 Auch im Bereich des Franchising – wo das vorherrschende Bild vom machtunterlegenen Franchisenehmer, Stichwort Subordinationsfranchising, in aller Regel zutreffen sollte – gibt es daneben teilweise auch große Franchisenehmer, die über eine Vielzahl von Betrieben verfügen und allein dadurch eine starke Verhandlungsposition gegenüber dem fokalen Unternehmen besitzen.465 Ausgehend von den asymmetrischen Machtverhältnissen, die in erster Linie in einer ungleichen Ressourcenverteilung wurzeln, stellt Heidling die Frage, wie sich in strategischen Netzwerken überhaupt stabile kooperative Beziehungen herausbilden können. Denn: „Der Verweis auf reziprokes Verhalten und gegenseitiges Vertrauen zur Begründung kooperativen Verhaltens […][ist] unzureichend“ und es müsse vielmehr mit Übervorteilung gerechnet werden.466 Das Konzept, welches Heidling zur Erklärung gebraucht, ist dasjenige der „antagonistischen Kooperation“.467 Der Begriff geht zurück auf Hartmut Kliemt, der in seinem Werk „Antagonistische Kooperation“ „elementare spieltheoretische Modelle spontaner Ordnungsbildung“ untersucht.468 Bezogen auf Austauschbeziehungen beschreibt Markus Pohlmann das Modell folgendermaßen: „Ich möchte darunter eine Form der Kooperation verstehen, die auf das Grundproblem von Tauschbeziehungen reflektiert. Die Tauschbeziehung oszilliert zwischen dem gemeinsamen Interesse beider Tauschpartner an einer lohnenden Beziehung und an ihrem Einzelinteresse, den eigenen Vorteil auf Kosten der anderen Seite bis zur Grenze des Beziehungsbruchs zu erhöhen – und darüber hinaus, wenn es günstigere Tauschalternativen gibt. Es gilt das

462

Sydow, in: Staehle/Conrad (Hrsg.), Managementforschung 2, 1992, 239, 287. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 144. 464 Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 144. 465 Vgl. zum sog. Partnerschaftsfranchising, das aber bei vorliegender Arbeit – so es denn existiert – ausgeklammert bleiben soll, s. o. B. I. 5. a). 466 Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 144. s. o. B. II. 2. a). 467 Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 145. 468 Kliemt, Antagonistische Kooperation, Elementare spieltheoretische Modelle spontaner Ordnungsentstehung, 1986. 463

III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘

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Prinzip der einseitigen Vorteilsnahme soweit wie möglich und der Orientierung am gemeinsamen Nutzen soweit wie nötig.“469

Heidling zufolge findet Interaktion auch in strategischen Netzwerken grundsätzlich im Wege der Verhandlung statt, was Kompromissbereitschaft aller Mitwirkenden – trotz voneinander abweichender Ressourcenausstattung – erforderlich mache.470 Im Falle erfolgreicher Verhandlungen verfestige sich bei den Netzmitgliedern auch die Überzeugung eines jenseits des Eigeninteresses zu verfolgenden gemeinsamen Zieles.471 Allerdings stelle sich in strategischen Netzwerken die Frage nach der grundsätzlichen Verhandlungsfähigkeit machtunterlegener Akteure, da die Existenz der hierfür notwendigen Autonomiespielräume i. S. d. Möglichkeit der Beeinflussung bestehender Strukturen fraglich sei.472 Diesen Spielraum erblickt Heidling darin, dass die jeweils ausgelagerten Funktionen – bspw. der Vertrieb – den machtunterlegenen Akteuren überlassen sind, weshalb strukturelle Grenzen für den Einfluss der fokalen Unternehmungen bestünden.473 Es handele sich aber nur um einen kleinen Ausschnitt und insgesamt um ein ungleiches Austauschverhältnis: Denn die Zentrale habe sehr weitgehenden Einfluss auf die Autonomiespielräume der anderen Akteure und könne bei diesen daher ggfs. Anpassungen erzwingen.474 Das Interesse der unterlegenen Akteure an einer dauerhaften, suboptimalen Tauschbeziehung ergebe sich dennoch und zwar deshalb, weil ihnen weniger Alternativen zur Verfügung stünden und der Zugang zu für sie günstigeren Tauschgeschäften verwehrt sei.475 Die Einwilligung sei mit der Einschätzung verbunden, die gewünschte Gegenleistung nirgendwo zu besseren Bedingungen erhalten zu können.476 Auf dieser Grundlage könne als emergentes Phänomen wachsendes Vertrauen entstehen, das über eine reine Austauschbeziehung hinausgehe.477 Zusammenfassend meint Heidling: „Asymmetrisch strukturierte Netzwerke beruhen also sowohl auf einem immanenten Einflussgefälle als auch auf strukturellen Einflussgrenzen, die nur um den Preis überschritten werden können, dass Hierarchie Kooperation ersetzt und Netze damit ihre Grundlage sowie ihre Funktionen verlieren.“478

469 470 471 472 473 474 475 476 477 478

Pohlmann, in Fischer/Gensior (Hrsg.), Netz-Spannungen, 1995, 141, 149. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 145. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 145. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 145. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 159. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 146. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 146. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 146. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 147. Heidling, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, 2. Aufl. 2011, 135, 159.

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5. Netzwerke in der Rechtswissenschaft a) Rechtliche Einordnung im deutschen Recht aa) ,Kein nennenswerter Erkenntnisgewinn‘ Obwohl das deutsche Recht eine breite Basis von Normen und dogmatischen Figuren mit Drittbezug vorweisen kann – zu nennen sind hier bspw. die §§ 328, 278, 311 Abs. 3, 434 Abs. 1 Satz 2 BGB und der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte – geht die überwiegende Zahl der deutschen Lehrbücher sowohl zum Bürgerlichen Gesetzbuch479 als auch zum Handelsrecht480 nicht ein.481 Und das, obwohl auch der europäische Gesetzgeber sich zunehmend mit Netzwerkproblemen beschäftigt und diesbezügliche Regelungen für einzelne Problembereiche ausarbeitet – umgesetzt bspw. in §§ 478, 676b und 676c BGB.482 In Canaris‘ Werk zum Handelsrecht findet eine Beschäftigung statt – allerdings mit dem folgenden Ergebnis: „Unabhängig von der bisher erörterten Frage nach der typologischen Einordnung des Franchising stellt sich das weitere Problem, ob dieses als Netzvertrag zu qualifizieren ist. Davon könnte man deshalb sprechen, weil die Vielzahl der mit ein und demselben Franchisegeber geschlossenen Franchiseverträge insofern in einem inneren Zusammenhang stehen, als es um ein einheitliches Konzept oder System geht und dessen Anwendung und Förderungen zu den Pflichten eines jeden Franchsienehmers gehört. Einen nennenswerten Erkenntnisgewinn, der zur Lösung praktischer Probleme Wesentliches beitragen würde, leistet diese Kategorie indessen nicht, und daher sollte man sie wegen ihrer dogmatischen Fragwürdigkeit im voliegenden Zusammenhang nicht heranziehen.“483

bb) Die Lehre von den Vertragsverbindungen nach Gernhuber Erste Ideen zu miteinander verbundenen Verträgen – der Begriff des Netzwerks taucht hier noch nicht auf – entwickelte Gernhuber bereits im Jahre 1973 in seinem Festschriftenbeitrag „Austausch und Kredit im rechtsgeschäftlichen Verbung, Zur Lehre von den Vertragsverbindungen“.484 Schon damals stellte Gernhuber fest, dass die Rechtstheorie, die sich durch eine isolierte Betrachtung von einzelnen Schuldverträgen und die Beschränkung des Schuldverhältnisses auf die beiden beteiligten Parteien auszeichne, einer Rechtspraxis, die diese Grenzen zunehmend sprengt, 479

2012.

So Looschelders, SchuldR AT, 12. Aufl. 2014; Medicus/Lorenz, SchuldR AT, 20. Aufl.

480 So Lettl, HandelsR, 3. Aufl. 2015; Oetker, HandelsR, 7. Aufl. 2015; Hübner, HandelsR, 5. Aufl. 2004. 481 Vgl. auch Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 730 f., 733. 482 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 766. 483 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 20. 484 Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455,

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„merklich irritiert“ gegenüberstehe.485 Er hinterfragte als erster die Richtigkeit des „tertium non datur“, das zu dieser Zeit allerdings nicht bezogen war auf die Alternativen Vertrag und Gesellschaft, sondern mit Blick auf die Möglichkeiten des mehrseitigen Vertrages einerseits und der Mehrheit selbständiger Verträge andererseits.486 Gernhuber entwickelte eine Lehre von den Vertragsverbindungen, deren Grundlage ein Finalnexus zwischen den einzelnen Verträgen ist, was bedeutet, dass sie zur Verwirklichung eines bestimmten Zweckes ihrem Inhalt nach wechselseitig aufeinander bezogen sind.487 Eine solche Verbindung liege nicht erst dann vor, wenn zwischen allen Beteiligten ein mehrseitiger Vertrag abgeschlossen werde, sondern als Zwischenstufe zwischen einem solchen einerseits und unverbundenen Schuldverhältnissen andererseits bereits dann, wenn die Leistungsprogramme zweier Verträge derart aufeinander bezogen seien, dass die jeweiligen Erfüllungsansprüche voneinander abhingen.488 Analog zum genetischen Synallagma ist im genetischen Verbund jeder Vertrag nur als ein dem anderen zugeordneter gewollt und nicht auch ohne diesen, alleinstehend.489 Entlang dieser Gedankenlinien – in Parallelität zum synallagmatischen Schuldverhältnis – führt Gernhuber auch den konditionellen und funktionellen Verbund ein.490 Allerdings sind all diese Ausführungen nur auf den finanzierten Abzahlungskauf bezogen, d. h. einer Drei-Personen-Konstellation, in der ein gesondert abgeschlossener Darlehensvertrag der Finanzierung eines Kaufes dient und der mit der Schuldrechtsreform in §§ 358, 359 BGB ganz im Sinne Gernhubers als „verbundener Vertrag“ kodifiziert worden ist. Er beabsichtigte hingegen keine „allgemeine Morphologie des vertraglichen Verbundes mehrerer Rechtsgeschäfte“, da dies „im gegenwärtiger Augenblick wohl auch gar nicht möglich“ sei und eine „Abstraktionshöhe“ erfordere, „die weit über jene des synallagmatischen Schuldverhältnisses hinausginge“.491 cc) Vernetzung von Verträgen Explizit das Phänomen der „Vernetzung von Verträgen“ greift das Lehrbuch von Larenz/Wolf zum Allgemeinen Teil des BGB auf, der diese auf die zunehmende Arbeitsteilung, die nicht nur die Vertragsbeziehungen selbst vermehre, sondern gleichzeitig die Vernetzung dieser Verträge untereinander.492 Viele Leistungen 485

Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 455. Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 456. 487 Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 469 f. 488 Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 473. 489 Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 476. 490 Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 476 ff.; s. zur konditionellen Verknüpfung auch Grüneberg, in: Palandt, Einf vor 320 Rn. 7. 491 Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 471. 492 Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 2 Rn. 70. 486

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würden als Folge von Arbeitsteilung inzwischen von einer Vielzahl von Leistungserbringern durchgeführt, wie bspw. die Erstellung von Bauwerken; in anderen Fällen, wie der Überweisung ins Ausland, müssten notwendig mehrere zusammenwirken:493 „Dadurch entsteht eine Zweckverbindung von Verträgen mit verschiedenen Personen und nicht eine Zweckverbindung von Personen wie bei einer Gesellschaft, bei der alle Gesellschafter durch einen einheitlichen Gesellschaftsvertrag untereinander verbunden sind.“494

Unterschieden werden können in Kettenverträge einerseits, bei denen Verträge hintereinander geschaltet seien und Netzverträge andererseits, die „von einer Person zusammengestellt werden, um zumeist als Unternehmer durch die Koordination der verschiedenen Vertragsleistungen einen bestimmten einheitlichen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Dabei steht eine Person, die Vertragsbeziehungen zu allen anderen unterhält, als Verwalter des Vertragssystems in der Mitte, während die übrigene Vertragsbeteiligten nicht untereinander vertraglich verbunden sind.“495

Das im C. II. 1. c) vorgestellte neue, von Mathias Rohe entwickelte Konzept eines „Netzvertrages“ wird dabei explizit in Bezug genommen.496 Auch Karsten Schmidt befasst sich in seinem Lehrbuch zum Handelsrecht mit dem „ketten- oder netzartigen Zusammenwirken“ von Unternehmen – für den Spezialfall des unbaren Zahlungsverkehrs. Auch er greift die Ideen von Rohe auf, lehnt diese aber zugunsten der Lösung über die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte, wie von BGH im sog. Lastschriftfall497 vorgeschlagen. Er stellt fest: „Ersichtlich ist die Diskussion noch nicht abgeschlossen. So sehr die über die Drittschutzwirkung eines Vertrages gewonnenen Ergebenisse überzeugen, so unverkennbar ist es doch, dass sich die multialteralen Wirtschaftsabläufe mit einem von der prinzipiellen Zweierbeziehung herkommenden Vertragsmodell auf Dauer wohl nicht erfaßt und erklärt werden können. Vorerst wird sich die Praxis auf die rechtsdogmatisch haltbare und rechtspolitisch einleuchtende Rechtsprechung einstellen können.“498

Angesichts dieser aus dem Jahre 1999 stammenden Aussage überrascht es, dass die inzwischen erschienenen Neuauflagen der Lehrbücher zum Bürgerlichen- bzw. Handelsrecht nicht auf dieses Phänomen eingehen. Vielmehr noch: Aus dem von Jörg Neuner fortgeführten Werk von Larenz/Wolf sind in der Neuauflage für 2012 die entsprechenden, oben zitierten Passagen verschwunden.499 493 494 495 496 497 498 499

Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 2 Rn. 127. Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 2 Rn. 127. Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 2 Rn. 130. Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 2 Rn. 130, Fn. 64. BGHZ 69, 82. s. u. D. I. 2. b) cc). Schmidt, HandelsR, 5. Aufl. 1999, S. 1018 f. Wolf/Neuner, BGB AT, 10. Aufl. 2012.

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Insofern ist davon auszugehen, dass das in der Rechtswirklichkeit enorm relevante Phänomen der Vertragsnetzwerke in die klassische deutsche Rechtsdogmatik noch keinen Eingang gefunden hat. b) Netzwerke im englischen Recht aa) Entgegenstehen von Privity of contract Für das englische Recht gilt diese Aussage in noch stärkerem Maße: Der Entwicklung einer Dogmatik vertraglicher Netzwerke steht eine strikte Anwendung der privity of contract-Doktrin entgegen, nach der nur eine Vertragspartei – kein Dritter – Rechte aus einem Vertrag ableiten kann. Eng verwoben ist die privity-Doktrin mit einem weiteren cornerstone des englischen Vertragsrechts, der consideration-Doktrin, derzufolge ein Versprechensempfänger nur dann einen vertraglichen Anspruch durchsetzen kann, wenn er selbst dafür eine Gegenleistung im weitesten Sinne erbracht hat bzw. erbringen wird.500 Anders als dem deutschen Recht, sind aus diesen Gründen der englischen Dogmatik Drittwirkungen weitgehend fremd. Die Möglichkeit, einen Vertrag zugunsten Dritter abzuschließen, damit das Äquivalent zu § 328 BGB, ist erst 1999501 eingeführt worden – zuvor war es nicht möglich einem Dritten etwas zu versprechen, wenn dieser selbst nicht Vertragspartner war. Dass auf der Grundlage des Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999 in Vertragsketten keine Ansprüche unter „Überspringen“ von Kettengliedern ermöglicht werden soll, stellt der Law Commission Report 1996 explizit klar – die „chain of contracts“ werden hier jedoch erwähnt.502 Auch wenn die Rechtsprechung bereits vor Einführung des Vertrags zugunsten Dritter zahlreiche Ausnahme von der privity-Doktrin geschaffen hatte,503 betreffen diese keine Konstellationen, in denen Verträge zu Netzen oder Ketten verknüpft waren; für diese wurden in der Vergangenheit Lösungen über das Deliktsrecht gefunden504 – was die Entwicklung einer Dogmatik für vertragliche Netzwerke nicht befördert hat. In der Entscheidung White v. Jones505 wird jedoch interesanterweise ausführlich der deutsche Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte diskutiert; die Lordschaft war sich darüber einig, dass die Fallkonstellation an sich eine vertragliche Lösung heraufbeschworen hätte – aufgrund der Prinzipien von privity und consideration diese dem englischen Recht jedoch verwehrt sei. Der Begriff ,network‘ findet in dieser Entscheidung Verwendung – Lord Mustill merkt an, dass im Falle 500

Bradgate, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 233, 259. Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999. 502 Law Commission Report, Privity of contract: Contracts for the benefit of third parties, 1996, S. 81. 503 s. u. D. I. 3. a) bb). 504 s. u. D. I. 3. b). 505 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207. s. u. D. I. 3. b) bb). 501

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vertraglicher Netzwerke die Erwartung der Parteien einer Anwendung des Deliktsrechts entgegenstehen könne: „[…] where the act […] complained of occurs between persons who have deliberately involved themselves in a network of commercial or professional contractual relations […] the contractual framework may be so strong, so complex and so detailed as to exclude the recognition of delictual duties between parties who are not already connected by contractual links.“506

In englischen Lehrbüchern zum Vertragsrecht finden sich, dem hier Gesagten entsprechend, keine Ausführungen zu Netzwerken von Verträgen.507 bb) ,Network‘ is not a legal concept Soweit in vereinzelten Fällen eine Befassung mit Netzwerken im Zusammenhang mit Recht stattfindet, wird – ähnlich wie im deutschen Recht von Canaris, wenn auch aus anderen Gründen – eine Regelungsbedürftigkeit abgesprochen.508 Ein vielzitierter Satz von Richard M. Buxbaum, einem amerikanischen Rechtswissenschaftler, lautet: „,Network‘ is not a legal concept“509. Buxbaum zufolge sei das Netzwerk als potentiell normativ zu regelndes Phänomen „somewhere between or beyond ,hiararchy‘ and ,contract‘ or ,firm‘ and ,market‘“ in Mode gekommen.510 Netzwerke würden als eine komplexe – im Gegensatz zum bilateralen Vertrag und zur unilateralen Gesellschaft – multilaterale Struktur angesehen, die das Recht auffordere, komplexere Lösungen bereitzustellen.511 In seiner Charakterisierung von Netzwerken bezieht sich Buxbaum insbesondere auf Powell und betont hierbei die Bedeutung von „speed“ und „know-how“, die unabdingbare Entstehungsbedingungen seien; „trust“ hingegen sei für die Aufrechterhaltung des Netzwerkes nötig.512 Diese Faktoren führten dazu, dass Macht auf alle Mitglieder gleichmäßig verteilt werde: „Information flows in reciprocal patterns; devision of labor can be multiple without creating dependencies reminiscent of sweatshop subcontracting“.513 Solche Systeme benötigten das Recht nicht, denn „in ideal-typical terms […] the system meeting these conditions is self-maintaining and self-enforcing over the medium term […]“.514 506

White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 279, Lord Mustill. McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013; Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 1. 508 Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698. Anders Brownsword/Adams, Leg. Stud. 10 (1990), 12, s. u. C. II. 2. a) und Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, s. u. C. II. 2. b). 509 Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 704. 510 Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 698. 511 Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 699, 703. 512 Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 701. 513 Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 703. 514 Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 703. 507

III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘

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Buxbaum zufolge ist daher weder erforderlich noch wünschenswert, dass das Recht sich mit Netzwerken befasst und Regelungen hierfür zur Verfügung stellt. Allerdings entsteht der Eindruck, auch aufgrund der Hervorhebung der Theorie von Powell, der sich überwiegend mit Innovationsnetzwerken beschäftigte, dass Buxbaum nur eine Aussage zu symmetrischen Netzwerken treffen wollte, nicht hingegen zu den hier interessierenden Franchise-Netzwerken. Dies verdeutlicht auch folgende Passage: „The dealer whose investment in distribution facilities costs more than it can recoup over the period of the formal contract needs the law’s mercy […]; even the participants in a (normatively speaking) ,relational contract‘ need legal protection against end-game opportunism. The network participant does not.“515

Es ist daher davon auszugehen, dass auch Buxbaum jedenfalls die dealership für rechtlich regelungsbedürftig hält – ein Vertriebssystem das demjenigen des Franchising nahesteht.516 c) Verhältnis zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung und Interessenstruktur im Netzwerk aa) Institutionen zwischen Vertrag und Gesellschaft Richtig ist die Aussage Buxbaums, wenn man sie dahingehend versteht, dass der Begriff des Netzwerks selbst weder im deutschen noch im englischen Recht eine Bedeutung hat. Insofern wird – was das Verhältnis zur Wirklichkeit angeht – betont, dass das Recht zwar Institutionen des Wirtschaftslebens nicht unberücksichtigt lassen dürfe, diese aber in eine „folgerichtige Ordnung“ bringen müsse.517 Im Verhältnis zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung wird in ähnlicher Weise angemerkt, dass „soziale[n] Reflexionspraktiken“ nicht einfach übersetzt werden dürften, sondern „nur aus seiner eigenen inneren Entwicklungslogik heraus zu andersartig strukturierten Neubildungen provozieren“ könnten.518 So werde bspw. das Netzwerk als Hybrid zwischen Markt und Organisation aufgefasst – dies könne aber nicht schlicht übernommen werden, weil es der Logik des Rechts nicht entspreche519 bzw. in den Worten des Schweizer Rechtswissenschaftlers Druey: „Kriterien, die sich ausschließen, lassen sich nicht einfach mischen“520.

515

Buxbaum, JITE 149/4 (1993), 698, 703 f. In Großbritannien als distributorship bezeichnet, s. o. B. II. 5. b). 517 Druey, KritV 2006, 163, 167, 171; Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 129. 518 Teubner, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 9, 13. 519 Teubner, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 9, 23. 520 Druey, KritV 2006, 163, 169. 516

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B. Franchise-Arrangements

Bei der Übersetzung von Markt und Hierarchie in die Rechtsinstitutionen Vertrag und Gesellschaft521 gelangt Druey zu der folgenden Erkenntnis: „Allen rechtlichen Einrichtungen fehlt gleichsam eine Dimension, um dem Netzwerkgedanken gerecht zu werden. Entweder sehen sie nur Teile und das Ganze nicht, oder sie gehen in der Vereinheitlichung zu weit, indem sie alles auf einen einheitlich zu verfolgenden Zweck ausrichten.“522

In dieser Charakterisierung zeige sich eine Parallele zum Konzern: auch dort sei der Zweck nicht bestimmbar, weil letztlich jede Konzerngesellschaft ihren eigenen Zweck verfolge.523 Im Wesen des Konzerns sei – so wie das auch für das Netzwerk herausgearbeitet wird, bspw. als Gegensatz zwischen Kooperation und Wettbewerb – eine Pardoxie angelegt, er wolle „ebenso Einheit wie Vielfalt“ sein.524 Der Konzern, ein Phänomen des Wirtschaftslebens, sei in der Schweiz gleichfalls mit dem Hinweis, dass es sich um etwas „Außerjuristisches“ handele jahrzehntelang nicht rechtlich erfasst worden – eine Gefahr, die aufgrund der geringen Konturiertheit des Begriffs Netzwerk hier erst recht bestehe.525 Die Einführung eines eigenen Rechtsinstituts lehnt Druey im Ergebnis aber ab, weil Netzwerke aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit keine geeigneten Gegenstände einer gesetzlichen Regelung seien und eine solche möglicherweise – da das Phänomen von seiner nicht auflösbaren Gegensätzlichkeit lebe – auch gar nicht wünschenswert sei.526 Davon abgesehen geht er aber davon aus, dass Netzwerke durchaus des Rechtes als Regelungsmechanismuses bedürften – insofern stelle das bestehende Recht ein „Netz für Netzwerke“ dar.527 Die unten (C. II. 1.) vorgestellten neuen Theorien zu Netzwerken im deutschen Recht unterscheiden sich danach, wie stark sie die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse zu ihrer Grundlage machen – das von Gunther Teubner entwickelte (hybride) Netzwerk als Vertragsverbund ist bspw. ohne Kenntnis der Institutionenökonomik nicht verständlich. Die überwiegende Zahl der Autoren legt hingegen ihre Konzepte rein rechtswissenschaftlich an – zu nennen sind hier einerseits Heermann und Rohe, die neue rechtsgeschäftlich konzipierte Institute vorschlagen und andererseits Grundmann und Wellenhofer, die Lösungen innerhalb des bestehenden Rechts empfehlen. Dies schlägt sich auch in der Begriffsbildung nieder, d. h. Teubners „hybrides Netzwerk als Vertragsverbund“ stehen Heermanns „Snallag521 A. A. Malzer, Vertragsverbünde und Vertragssysteme, 2013, S. 544: „Der Organisationsgrundform ,Markt‘ entspricht die Vertragsgrundform des Austauschvertrags mit dem Idealbild des bipolaren Spotvertrags; der Organisationsgrundform ,Hierarchie‘ entspricht die Vertragsgrundform der ,Subordinationsverträge‘ mit dem Idealbild des Dienstvertrags“. 522 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 132. 523 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 133. 524 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 133. Zur Paradoxie von Netzwerken: Teubner, s. u. C. II. 1. a). 525 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 129. 526 Druey, in: Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft, 2004, 123, 143. 527 Druey, KritV 2006, 163, 171.

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matisches Triallagma“, Rohes „Netzvertrag“ und das „Vertragsnetz“, das als Begriff von Grundmann und Wellenhofer gebraucht wird, gegenüber. Als neutraler, eher sozialwissenschaftlich geprägter Begriff wird in dieser Arbeit derjenige des Netzwerkes gebraucht.528 bb) Interessengegensatz, Interessenwahrung, Interessenverbindung Die Zwischenstellung zwischen Vertrag und Gesellschaft wird an der Zweckstruktur des Netzwerkes festgemacht: Es handele sich „zumindest der äußeren Erscheinung nach [um] eine neue Kategorie“, die „eine Zwischenstellung zwischen Interessenverbindung, Interessenwahrung und Interessengegensatz“ einnehme.529 Als Besonderheit wird dabei der sog. Netzzweck530 herausgestellt, der als solcher einerseits in „normalen“ Vertragsverhältnissen nicht existiere, andererseits aber nicht die Qualität eines gemeinsamen Zweckes i. S. d. § 705 BGB habe. Insofern wird vielfach unterschieden zwischen dem Austauschvertrag auf der einen Seite, der dem Austausch der beiderseitig versprochenen Leistungen dient, und dem Gesellschaftsvertrag auf der anderen Seite, bei dem es nicht zum Leistungsaustausch kommt, sondern eine Leistungsvereinigung zur Erzielung eines gemeinsamen Zweckes geschieht.531 Zur näheren Charakterisierung des Austauschvertrages dient auch der häufiger gebrauchte Begriff des gegenseitigen Vertrages – beide sind allerdings nicht deckungsgleich, denn nach umstrittener, aber wohl richtiger Auffassung ist auch der Gesellschaftsvertrag gegenseitiger Vertrag, wovon bereits der Wortlaut des § 705 BGB zeugt.532 Examplarischer ist der gegenseitige, d. h. vollkommen zweiseitige Vertrag jedoch im Falle des Austauschvertrages darstellbar, denn er zeichnet sich dadurch aus, dass jeder seine Leistung um der Gegenleistung willen verspricht.533 Es handelt sich um eine sog. synallagmatische Zweckbindung nach dem Grundsatz des ,do ut des‘.534 528

Vgl. auch Wellenhofer, KritV 2006, 187, 190 Fn. 17. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188. 530 Es überwiegt die Bezeichnung als „Netzzweck“: Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 720, Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188; Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 148 bzw. „einheitlicher Netzzweck“: Rohe, Netzverträge, 1998, 492. Daneben aber auch „Vertragszweck“: Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 23 Rn. 128 oder „Verbundzweck“: Heermann, KritV 2006, 173, 177. Im englischen Recht als „common objective“: Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 19.1; als „overall objective“: Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 27 oder als „common goal or purpose“: Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 191. Auch im engl. Recht ist der Netzzweck entscheidendes Merkmal: „[…] it is possible to discern a common underlying purpose so that we can say that the set of contracts as a whole comprises a single network“, Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 28. 531 Grüneberg, in: Palandt, Einf v § 320, Rn. 5 f. 532 Emmerich, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), vor § 320, Rn. 5; ebenso Grüneberg, in: Palandt, Einf v § 320, Rn. 5 f. 533 Grüneberg, in: Palandt, Einf v § 320, Rn. 5. 529

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B. Franchise-Arrangements

Im Hinblick auf die Interessenlage können Austauschverträge eingeteilt werden in solche, die sich durch einander entgegengesetzte Interessen der Parteien auszeichnen – dies ist der Normalfall – und solche, in denen eine Partei zur Wahrung der Interessen des anderen Teils verpflichtet ist. Im normalen Austauschvertrag verfolgt jede Partei eigennützig ihr je eigenes Interesse, den sog. Eigenzweck und es wird davon ausgegangen, dass diese Interessen sich nicht decken, sondern vielmehr entgegengesetzt zueinander stehen. Die rücksichtslose Verfolgung des Eigenzweckes ist im deutschen – im Gegensatz zum englischen Recht535 – jedoch unzulässig; einem solchen Verhalten schieben § 241 Abs. 2 BGB, wonach das Schuldverhältnis jeden Teil zur Rücksicht auf die Interessen des anderen Teils verpflichten kann und der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB einen Riegel vor. Die Eigennützigkeit bei Interessengegensatz lässt sich v. a. verstehen beim Vergleich mit der Interessenwahrung: Der eine Teil nimmt hier die Interessen des anderen Teils wahr und bekommt auch hierfür (in der Regel, nicht so bspw. beim Auftrag nach § 662 BGB) ein Entgelt.536 Typisches Beispiel ist der im HGB normierte Handelsvertreter537, der sich gem. § 86 Abs. 1 HGB „um die Vermittlung oder Abschluss von Geschäften zu bemühen [hat]; er hat hierbei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen“. Hieraus folgt: „[…] dass der Handelsvertreter alles zu tun hat, was im Interesse des Unternehmers erforderlich ist, und alles zu unterlassen hat, was dessen Interessen widerspricht. Gegenüber dem Interesse des Unternehmers muss der Handelsvertreter sein eigenes Interesse, z. B. an möglichst hoher Provisionszahlung, und das Interesse Dritter, insbesondere des Geschäftsgegners, zurückstellen.“538

Ist Interessenwahrung nicht vertragstypisch bzw. vereinbart, kann im Gegensatz dazu kein Teil verpflichtet werden, eigene Interessen hinter die des anderen zurückzustellen.539 Im englischen Recht ist der Unterschied noch deutlicher – zum einen in Ermangelung eines allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben, zum anderen weil die Loyalitätspflicht des Treuhänders weiter reicht als bspw. die Bemühungspflicht des Handelsvertreters. Wir haben es zu tun mit den üblichen Vertragsverhältnissen auf der einen Seite, bei denen die Parteien sich „at arm’s length“ gegenüberstehen und jeder zur ausschließlich eigennützigen Interessenverfolgung berechtigt ist

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Grüneberg, in: Palandt, Einf v § 320, Rn. 5. In jüngster Zeit steht die englische Rechtsprechung allerdings einem allgemeinen Prinzip von Treu und Glaben aufgeschlossener gegenüber, vgl. insb. Yam Seng Pte. Ltd. v. International Trade Corp. Ltd. [2013] 1 C.L.C. 662, s. u. D. II. 3. f) dd). 536 s. aber auch das Konzept des Treuhandvertrages von Grundmann, oben B. II. 3. b) bb). 537 s. o. B. I. 3. b) aa). 538 von Hoyningen-Huene, in: MünchKomm-HGB, § 86, Rn. 29. 539 Bachmann/Roth, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 241, Rn. 97; BGH WM 1969, 489, 491. 535

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(sog. adverse commercial relationships)540. Auf der anderen Seite gibt es treuhänderische Beziehungen (sog. fiduciary relationships), die von der Ausrichtung auf die Interessen der anderen Partei, ohne eigene Interessendurchsetzung, gekennzeichnet sind.541 Die Hauptpflicht des Treuhänders wird folgendermaßen umschrieben: „The distinguishing obligation of a fiduciary is the obligation of loyalty. The principal is entitled to the single-minded loyalty of his fiduciary. This core liability has several facets. A fiduciary must act in good faith; he must not make a profit out of his trust; he must not place himself in a position where his duty and his interest may conflict; he may not act for his own benefit or the benefit of a third person without the informed consent of his principal.“542

Neben dem Interessengegensatz und der Interessenwahrung existiert die Interessenverbindung, wie sie typischerweise in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. der partnership vorkommt. Die gemeinsame Zweckverfolgung und -förderung sowie die damit zusammenhängende Treubindung der Gesellschafter ist hier Wesensmerkmal.543 Auch wenn im englischen Recht die Vereinbarung eines gemeinsamen Zweckes nicht explizit erforderlich ist, so ist das Wesen der partnership doch das gemeinsame Betreiben eines Geschäftsbetriebes, was Interessengleichrichtung beinhaltet. cc) Interessenlage im Franchise-Netzwerk Wie steht es nun um die Interessenverteilung im Franchise-Netzwerk – und insbesondere: Was macht den vielbeschworenen Netzzweck aus? Bereits oben bei der vertraglichen Qualifizierung wurde der Franchisevertrag selbst als gemischttypischer Vertrag mit gleichrangig vorhandenen Elementen der Geschäftsbesorgung und des Pachtrechts beschrieben.544 Dem Pachtvertrag als Vertrag mit Interessengegensatz entspricht die Überlassung des Franchisepaketes und eine dazu synallagmatische Entgeltpflicht. Eine Geschäftsbesorgung mit dienstrechtlichem Charakter – insofern ein Fall von Interessenwahrung – liegt in Bezug auf den Absatz der 540 Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 28: „[…] the doctrinal landmarks of the classical law are founded upon a handful of key ideas: in particular, an adversarial ethic […]“; Finn, U. N. S. W. L. J., 12 (1989), 76, 87; vgl. hierzu Smith v. Hughes [1861 – 73] All ER Rep 632 und Walford v. Miles [1992] 1 All ER 453, 460, Lord Ackner: „However, the concept of a duty to carry on negotiations in good faith is inherently repugnant to the adversarial position of the parties when involved in negotiations. Each party to the negotiations is entitled to pursue his (or her) own interest, so long as he avoids making misrepresentations.“ 541 Finn, in: McKendrick, Commercial Aspects of Trusts and Fiduciary Obligations, 1992, 7, 9: „A person will be a fiduciary in his relationships with another when and in so far as that other is entitled to expect that he will act in that other’s interests or (as in a partnership) in their joint interests, to the exclusion of their several interests.“ 542 Bristol and West Building Society v. Mothew (1998) Ch. 1, 16, Millet LJ. 543 Ulmer, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.),Vorbem v § 705, Rn. 5 – 7; zur gesellschaftsrechtlichen Treupflicht s. o. B. II. 3. b). 544 s. o. B. II. 4. c) dd).

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B. Franchise-Arrangements

Systemwaren/-dienstleistungen vor, verbunden mit der Pflicht des Franchisenehmers zur Konzeptanwendung und Systemförderung, die den Interessen des Franchisegebers zu dienen bestimmt ist und mit der dessen Pflicht zur Förderung des Franchisenehmers korrespondiert. Entscheidend für die Aufklärung der Interessenlage im Franchise-Netzwerk ist insbesondere die Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht – denn ja, sie ist Interessenwahrung, aber sie geht darüber hinaus: Interessenwahrung geht von einer Verschiedenenheit der Parteiinteressen aus, so dass es potentiell zum Konflikt und damit verbunden einer Pflicht zur Zurückstellung von Interessen einer Seite kommen kann. Die Konzeptanwendungspflicht im Franchisevertrag ist jedoch nicht nur fremdnützig – ihre Einhaltung durch die anderen Beteiligten im Netzwerk liegt gleichzeitig im eigenen Interesse jedes Franchisenehmers. Denn die angesprochene Pflicht betrifft den Erfolg des Gesamtsystems: Eine starke Marke und Goodwill stellen sich als Wettbewerbsvorteil im Ringen um Kunden dar – sie können in einem Franchisesystem jedoch nur dann aufgebaut werden, wenn die Betriebe einheitlich sind und die Systemstandards eingehalten werden. Franchising ist die „idea of a single goodwill, built up by a number of independent businesses operating under licence“, die deshalb funktioniere, weil „the public do not in general distinguish between franchise operations and vertically integrated operations; the goodwill attaches to the mark, trade name […].545 Der größtmögliche Erfolg des Gesamtsystems beim Absatz der Systemwaren/-dienstleistungen, der nur durch die Kooperation erreicht wird, ist der Netzzweck; er wird im Franchisevertrag nicht explizit vereinbart, durch die Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht soll seine Erreichung sichergestellt werden. Da insoweit Franchisenehmer und Franchisegeber dasselbe Interesse verfolgen, liegt ähnlich wie bei einer Gesellschaft Interessenverbindung vor – sie besteht jedoch nur teilweise, denn der Franchisenehmer verfolgt daneben noch andere, teils abweichende Ziele.546 Deutlich wird hierdurch auch die im Netzwerk bestehende Interdependenz zwischen Akteuren, die jedenfalls vertraglich nicht miteinander verbunden sind: auf jeden einzelnen Partner im System kann die Unterschreitung von Systemstandards durch einen Franchisenehmer zurückwirken. Neben der Einhaltung der gegenüber dem Franchisegeber bestehenden Konzeptanwendungspflicht profitiert auch jeder Franchisenehmer von der Erfüllung der Betriebsförderungspflicht durch den Systemkopf, da in gleicher Weise das Funktionieren des einzelnen Betriebes zum Aufbau von Goodwill beiträgt und damit das Gesamtsystem fördert.

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Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 24. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188: „Es kommt zwar wie bei Gesellschaften zu einer Kollision eigennütziger und gemeinnütziger Interessen, doch mit dem Unterschied, dass das Verhältnis von Eigen- und Fremdnützigkeit im Netz reziprok ist.“; vgl. auch Sprau, in: Palandt, § 705, Rn. 21. A. A. Krebs/Aedtner/Schulte, KSzW 2015, 50, 60, die das Vorliegen eines Netzzweckes in Franchisenetzwerken verneinen: „[…] die Organisation ist zwar auf Koordinierung, aber nicht auf Kooperation ausgerichtet.“ 546

III. Das Franchisesystem als ,Netzwerk‘

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6. Zusammenfassung Zum Aufbau eines flächendeckenden Vertriebsnetzes schließt der Franchisegeber eine Vielzahl von Franchiseverträgen ab, wodurch eine sternennetzförmige Struktur mit dem Systemkopf im Mittelpunkt entsteht. Zur Bezeichnung dieses Arrangements, in dem alle Systemmitglieder über den Franchisenehmer miteinander verbunden sind, wird der Begriff des Netzwerkes gebraucht. Bedeutungsähnlichkeit besteht mit dem Wort Netz, das ursprünglich für ein aus Maschen bestehendes Gestrick, später aber auch für nicht-körperliche Gegenstände wie Infrastruktureinrichtungen, die sich gleichfalls durch sich wiederholende Strukturen auszeichnen, verwandt wurde. Dem Begriff Netzwerk ist jedoch eine neue Qualität insofern zu eigen, als dass im Vordergrund die Struktur – das „Werk“ – steht und damit der über die verbindenden Elemente zwischen den Knotenpunkten stattfindende Austausch. Der Begriff hat sich in der Fachsprache zudem durchgesetzt – die Netzwerkforschung nahm ihren Anfang in der Soziologie, in der das Zwischenmenschliche als ein Bereich von unzähligen Verflechtungen, ein Netz aus von Punkten abgehenden Linien charakterisiert und die Erforschung der Wechselwirkungen als zentraler Gegenstand definiert wurde. Seit den 1980er Jahren wandte sich die Forschung verstärkt dem Bereich der Wirtschaft zu und kennzeichnete Netzwerke zwischen Unternehmen als Koordinationsform, die die vertrauensvolle Kooperation abhängiger, aber formal selbständiger Akteure beinhaltet. In der Betriebswirtschaftslehre erforschte die Neue Institutionenökonomik die Auswahl zwischen den Institutionen Markt einerseits und Hierarchie andererseits als eine anhand der jeweiligen Transaktionskosten zu treffende Effizienzentscheidung. Dabei wurde zwischen den genannten Endpunkten des Kontinuums die Existenz einer Reihe von hybriden Organisationsformen, so auch Netzwerken festgestellt. Die Interorganisationsforschung arbeitet als zentrale Problematik von Netzwerken das Gleichgewicht zwischen Netzeinbindung und Autonomie heraus, das nur durch Vertrauen hergestellt werden kann. Gerade das Bestehen von Vertrauen und Kooperation grenzen das Netzwerk auf der einen Seite vom Markt ab, auf dem Wettbwerb herrscht und auf der anderen Seite von der Hierarchie, die durch Autorität gekennzeichnet ist. Gebraucht wird das Konzept der antagonistischen Kooperation, wonach so weit wie möglich das eigene Interesse durchgesetzt wird, im Rahmen des Erforderlichen aber auch eine Orientierung am gemeinsamen Interesse erfolgt. Im Zusammenhang mit der Entstehung von Vertrauen ist die Unterscheidung in symmetrische und asymmetrische Netzwerke an Bedeutung, von denen letztere auch als strategische Netzwerke bezeichnet werden und bei denen das fokale Unternehmen die Strategie vorgibt und die Beziehung zu den Partnern überwacht – Paradebeispiel ist das Franchising. Das für funktionsfähige Netzwerke notwendige Vertrauen kann sich durch strukturelle Einflussgrenzen, die den Partnern eine gewisse Verhandlungsfähigkeit sichern sowie die Einschätzung trotz Machtunterlegenheit von der Beziehung zu profitieren, herausbilden.

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B. Franchise-Arrangements

Hinsichtlich der rechtlichen Einordnung kann konstatiert werden, dass weder im deutschen noch im englischen Recht das Vertragsnetzwerk in der klassischen Dogmatik „angekommen“ ist. Jedenfalls bezogen auf das deutsche Recht mag das erstaunen – ist doch das Vertragsrecht reich an Normen und Konzepten mit Drittbezug. Anders im englischen Recht, wo der Entwicklung einer Dogmatik vertraglicher Netzwerke eine strenge Handhabung des Konzepts der privity of contract sowie die consideration-Doktrin entgegenstehen. Für die rechtliche Bewertung entscheidendes Spezifikum von Netzwerken ist ihre Interessenstruktur und, damit verbunden, der sog. Netzzweck. Zur Durchführung wirtschaftlicher Interaktionen auf dem Markt oder innerhalb einer Hierarchie stellt das Recht die Institute des Vertrages einerseits und der Gesellschaft andererseits zur Verfügung. Der Austauschvertrag, bei dem die Leistung um der Gegenleistung willen erbracht wird, zeichnet sich im Regelfall durch Interessengegensatz und Verfolgung des eigenen Interesses aus. Einige Vertragsverhältnisse dienen jedoch der Interessenwahrung verbunden mit der Zurückstellung des eigenen Interesses. Auf der anderen Seite steht die Gesellschaft, die durch Interessenverbindung gekennzeichnet ist. Im englischen Recht verläuft die Trennlinie an anderer Stelle: Es gibt hier im Grundsatz die Vertragsverhältnisse des common law, in denen die Parteien „at arm’s length“ ihre eigene Interessen durchsetzen dürfen. Ausnahmsweise sind dem Bereich der equity fiduziarische Rechtsverhältnisse zu entnehmen, die sich entweder durch Interessenwahrung oder Interessenverbindung auszeichnen. Netzwerke, so auch Franchisesysteme, liegen auch rechtlich „dazwischen“. Der Franchisevertrag selbst ist Austausch-, nicht Gesellschaftsvertrag – er setzt sich zusammen aus Interessengegensatz und Interessenwahrung. Er geht aber darüber hinaus, denn unabhängig von der vertraglichen Verbindung hängen alle Beteiligten im Netzwerk vom Erfolg des Gesamtsystems ab – der Netzzweck ist damit der erfolgreiche Absatz eines bestimmten Produktes/einer Dienstleistung im Wege eines Franchisesystems. Insoweit verfolgen Franchisenehmer und Franchisegeber ein einheitliches, übereinstimmendes Ziel, weshalb partiell Interessenverbindung vorliegt. Ob ein neues Rechtsinstitut, anknüpfend an die hier vorgestellte Netzwerkforschung oder an bestehende rechtliche Konzepte eingeführt werden sollte oder aber das Recht genügend immanente Anpassungsfähigkeit besitzt, darauf wird unter C. und D. einzugehen sein.

C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke I. Langzeitverträge – Relational contracts – Fiduciary relationships 1. Englisches Recht a) Macneil: Relational contract theory Grundlegend für die Entwicklung von Ideen zu Langzeitverträgen in England waren die Schriften des Amerikaners Ian R. Macneil, der mit seiner Relational contract theory ein Gegenmodell zum klassischen Vertragsrecht des common law, das mit der sozialen Wirklichkeit nicht Schritt halten könne, entwirft. Im Mittelpunkt des klassischen Vertragsrechts stünde die sog. „discrete transaction“, der abstrakte Tauschakt, der sich durch einen einfach gelagerten, monetarisierbaren Vertragsgegenstand und eine Gegenleistung in Geld auszeichne.1 Die Vertragsdurchführung sei punktuell, erfolge unmittelbar nach Vertragsschluss und erfordere wenig persönliche Mitwirkung oder Kooperation zwischen den Parteien. Bei Vertragschluss werde der Austausch bereits konkret und verbindlich geplant, verbunden mit einer genauen Spezifizierung der Vertragspflichten, wobei Vor- und Nachteile den Parteien jeweils zugeordnet würden. Konflikte zwischen den Beteiligten, häufig nur zwei an der Zahl, würden im Wege eines Rechtsstreits gelöst. Das klassische Vertragsrecht baue, ausgehend vom abstrakten Tauschakt, auf den Konzepten „discreteness“ und „presentiation“ auf, wobei letzteres den Vorgang umfassender Antizipation und Festlegung zukünftiger Regelungsprobleme im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bedeute:2 „It is a recognition that the course of the future is so unalterably bound by present conditions that the future has been brought effectively into the present so that it may be dealt with just as if it were in fact the present. Thus, the presentiation of a transaction involves restricting its 1

Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 693; Übersetzung nach Oechsler, RabelsZ 60 (1996), 91, 94. Zu allen Merkmalen einer discrete transaction: Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 738 ff. 2 Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 693 verweist auf das Restatement of contracts § 1 (1932) und Restatement (Second) of contracts § 1 (Tent. Drafts Nos. 1 – 7, 1973): A contract is a promise or a set of promises for the breach of which the law gives a remedy, or the performance of which the law in some way recognizes as a duty.; Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 863, Fn. 25 verweist auf das Oxford English Dictionary: to presentiate – „to make or render present in place or time; to cause to be perceived or realized as present“.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

expected future effects to those defined in the present, i. e., at the inception of the transaction.“3

Discreteness – womit die Abstraktion des vertraglichen Leistungsaustauschs vom sozialen Umfeld beschrieben wird4 – werde im klassichen Vertragsrecht dadurch gefördert, dass die Identität der Parteien keine Rolle spiele, die Einbeziehung Dritter in den Vertrag erschwert sei sowie durch Schriftformerfordernisse und eine Auslegungsmethodik, die sich am schriftlichen Vertragswortlaut orientiere.5 Die Ausblendung des Kontextes gehe an der vertraglichen Realität in entwickelten Gesellschaften vorbei, denn abstrakte Tauschakte – soweit sie überhaupt in dieser Reinform vorkämen – spielten eine untergeordnete Rolle.6 Ein Beispiel sei noch das erstmalige Tanken an einer entlegenen Tankstelle, das bis auf die Erwartung des Käufers, dass er Benzin erwerben könne und derjenigen des Tankwarts, dass bezahlt werde, vollständig abstrakt sei und keine Vergangenheit habe.7 Den Regelfall stellten hingegen Vertragsverhältnisse dar, in denen der Austausch von Leistungen in eine beständige Sozialbeziehung („relation“) eingebettet sei und bei denen neben dem Versprechen eine Reihe weiterer Bindungsgründe, wie der soziale Status, Gewohnheit, religiöse Gebote und Verwandtschaft existierten.8 Aufgrund der Bindung an die fortlaufende Sozialbeziehung bestehe hier die Erwartung, dass in der Zukunft weiterer Leistungsaustausch nach dem bekannten Muster stattfinden werde.9 Als Paradebeispiel für eine solche relationale Beziehung führt Macneil die Ehe an: nicht nur das Eheversprechen selbst würde den Inhalt der Beziehung bestimmen, sondern diese sei geprägt durch die gemeinsame Zeit vor Eingehung der Ehe, durch das aktuelle Zusammenleben und die jeweiligen Erwartungen an die Zukunft.10 Auch der Franchisevertrag wird als relationales Vertragsverhältnis eingeordnet.11

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Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 863. Oechsler, RabelsZ 60 (1996), 91, 95. 5 s. zum Ganzen Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 863 f. Zur Auslegung, s. Macdonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 660 ff.; vgl. auch Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103. 6 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 856 ff. 7 Auch dies stellt Macneil jedoch in Frage, da die Tankstelle zu einem Unternehmen gehören würde und es daher unwahrscheinlich sei, dass in der Vergangenheit noch keine vertraglichen Beziehungen begründet worden sind. Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 720, Fn. 86. 8 Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 715. 9 Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 715. 10 Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 721. 11 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 12; Collins, in: Campbell/Collins/ Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 1, 18. 4

I. Langzeitverträge

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Das relationale Vertragsverhältnis12 sei durch eine persönliche Beteiligung der Partner und eine extensive, nicht auf formale Mittel beschränkte Kommunikation geprägt. Neben den jeweils auszutauschenden Leistungen, von denen keine eine reine Geldleistung sei und die darüberhinaus schwer zu beziffern seien, spielten auch nicht-wirtschaftliche Elemente eine große Rolle. Das Vertragsverhältnis erstrecke sich über einen langen Zeitraum, es sei üblicherwiese sogar unbegrenzt und zeichne sich durch fließende Übergänge sowohl bei Beginn als auch bei Beendigung aus. Eine Planung erfolge nur hinsichtlich der ersten Phase nach Vertragsschluss, sie beziehe sich ansonsten eher auf Strukturen, nicht hingegen auf Details und weise daher einen gewissen Grad an Unsicherheit auf. Stillschweigende Annahmen und Erwartungen seien notwendiger Teil der Beziehung und der Erfolg abhängig von der Kooperation zwischen den Beteiligten sowohl bei der Leistungserbringung als auch bei der weiteren Planung. Häufig gebe es mehr als zwei Beteiligte, zwischen denen aufgrund der stabilen Sozialbeziehung auch altruistisches Verhalten möglich sei. Dem Auftreten von Problemen während der Beziehung werde durch kooperative und restaurative Lösungsstrategien begegnet. Macneil sieht den abstrakten Tauschakt einerseits und das relationale Vertragsverhältnis andererseits als Endpunkte eines Kontinuums an, auf dem eine Reihe von Zwischenformen vorkommen können, bei denen eine Mischung der verschiedenen Merkmale vorliegt oder ein Merkmal selbst weniger stark ausgeprägt ist.13 Ihre Grundlage finden die Ideen Macneils in einer empirischen Studie, die Stewart Macaulay einige Jahre zuvor zum Thema „Non-contractual relations in business“ veröffentlicht hatte und in der er zu dem Ergebnis kam, dass Unternehmer sich zur Regelung ihrer Geschäftsbeziehungen in nur sehr geringem Umfang des Vertragsrechts bedienten.14 Dies wurde zum einen daran festgemacht, wie intensiv der Leistungsaustausch vorab im Hinblick auf die Festlegung der Leistung, die Folgen von Schlechtleistung und etwaige sonstige Eventualitäten geplant worden ist.15 Zum anderen daran, in welchem Ausmaß Gebrauch von rechtlichen Sanktionsmechanismen gemacht worden ist.16 Ausführliche Verträge und das Vertragsrecht würden nicht nur nicht gebraucht, sie sollen teilweise sogar schädlich sein, denn der Wille zu umfassender Planung würde im Geschäftsleben als mangelndes Vertrauen ausgelegt und ein seitenlanger Vertrag führe zu einem Verlust an Flexibilität.17 Rechtliche

12 Zu allen Merkmalen einer contract relation: Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 738 ff. 13 Vgl. Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 738 ff. 14 Macaulay, Non-contractual relations in business: A preliminary study, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55. Macneil bezieht sich bspw. auf Macaulay in: Macneil, J. Leg. Educ. 21 (1968 – 1969), 403, 415 und Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 729. s. o. B. II. 2. c). 15 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 56 f. 16 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 56 f. 17 Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 64.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

Schritte seien deshalb oft unangebracht, weil eine Klage wegen Vertragsbruchs in vielen Fällen das Ende der Geschäftsbeziehung bedeute.18 Macneil hat diese empirischen Befunde hinsichtlich der Bedeutsamkeit der Sozialbeziehung zwischen den Parteien und der häufig nur geringfügigen vertraglichen Planung – die ja den Konzepten der discreteness und presentiation widersprechen – aufgegriffen. Im Gegensatz zu Macaulay, der hieraus den Schluss zieht, dass den Parteien die Regelung ihrer Beziehung am besten ohne regulierende Eingriffe seitens des Staates selbst überlassen bleiben sollte,19 hält Macneil es jedoch für erforderlich, dass das klassische Vertragsrecht an die soziale Wirklichkeit angepasst wird.20 Nachdem sein erster Beitrag verhaltenstheoretisch21 und deskriptiv angelegt war (Macneil befasste sich mit dem Relational contracting22), wendet er sich in „Contracts: Adjustment of long-term economic relations“ dem Phänomen der Langzeitverträge zu und formuliert konkrete normative Ansatzpunkte. Sein Augenmerkt gilt insb. dem bei dauerhaften Vertragsgestaltungen auftretenden Widerstreit zwischen spezifischer Planung einerseits und andererseits der Notwendigkeit, das vertragliche Gefüge flexibel für Änderungen zu gestalten.23 Insbesondere im Umgang mit Langzeitverträgen zeigten sich die Schwächen des klassischen Vertragsrechts, das die Konzepte der presentiation und discreteness durch einen strengen Formalismus verwirkliche, der Vertragsänderungen erschwere.24 b) Rezeption und Fortentwicklung der Relational contract theory in England aa) McKendrick: Kein rechtlicher Anpassungsbedarf In seinem die Ideen Macneils reflektierenden Beitrag „The regulation of longterm contracts in English law“ erkennt Ewan McKendrick die Existenz relationaler Verträge an, verneint andererseits aber die Notwendigkeit zu einer Reform des klassischen Vertragsrechts. Er stellt zunächst fest, dass es – obwohl in der Rechtswirklichkeit vielfach anzutreffen – keine rechtliche Definition von Long-term contracts im englischen Recht gebe.25 Als Kriterium für ihre Charakterisierung lehnt er das Zeitmoment ab, weil es nicht alle relevanten Konstellationen abdecke und schlägt, sich auf Macneil beziehend, vor, dass vielmehr die Natur und Dauer der 18

Macaulay, Am. Soc. Rev. 28 (1963), 55, 65. Macaulay, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 179, 230 ff. 20 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 885. 21 Macneil, S. Cal. L. Rev. 47 (1973 – 1974), 691, 735: „Behavioural conceptualization of contracts“. 22 Macneil, J. Leg. Educ. 21 (1968 – 1969), 403, 407. 23 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 855. 24 Macneil, Nw. U. L. Rev. 72 (1977 – 1978), 854, 890, 893. 25 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 305. 19

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Beziehung zwischen den Parteien das Unterscheidungsmerkmal sei.26 McKendrick erkennt, dass solche Verträge sich dadurch auszeichneten, dass ein hohes Maß an Flexibilität erforderlich sei, weshalb die Vertragspflichten nicht bei Vertragsschluss abschließend und umfassend festgelegt werden könnten; dies hätten die Gerichte zu berücksichtigen.27 Es dürfe aber nicht der Schluss gezogen werden, dass das Vertragsrecht anpassungsbedürftig sei, vielmehr sei es zuvordest an den Parteien, für entsprechend gestaltete Vertragstexte, bspw. mit force majeur oder hardship-Klauseln, Sorge zu tragen.28 Keinesfalls dürfe den Gerichten die Macht eingeräumt werden, in Ermangelung solcher Klauseln, Verträge anzupassen, um „gerechtere“ Resultate zu erzielen: „To give to contracting parties the ability to cry ,unfair‘ and to run off to court in search of an ,equitable adjustment‘ is objectionable because it places insufficient weight upon the bargain initially struck by the parties [and] it is productive of uncertainty […].“29

Auch das Erfordernis verstärkter Kooperation zwischen den Parteien, das häufig als Spezifikum von Relational contracts angeführt werde, dürfe nicht überspannt werden.30 Einer Klausel, die eine Pflicht zur Nachverhandlung des Vertrages in Treu und Glauben vorsähe, sollte durch die Gerichte zur Geltung verholfen werden. Dies sei aber deutlich zu unterscheiden von der Situation in der nichts dergleichen vereinbart sei und in der durch Anordnung des Vertragsrechts „a party should be compelled to forego her legal rights in the interest of ,co-operation‘ and the preservation of a harmonious relationship.“31

bb) Campbell: Relational constitution of discrete contract David Campbell würdigt32 den herausragenden Beitrag, den Macneil durch seine Kritik am klassischen Vertragsrecht und seine Vorschläge für ein Relational contract law geleistet hat, möchte aber hierüber noch hinausgehen: Aus seiner Sicht sollte das klassische Vertragsrecht ganz abgeschafft werden.33 Das von Macneil eingeführte 26 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 307. 27 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 310 f. 28 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 311. 29 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 314. 30 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 314 f. 31 McKendrick, in: Beatson/Friedmann (Hrsg.), Good faith and fault in contract law, 1995, 305, 315. 32 s. bspw. sein Werk Campbell, The relational theory of contract: Selected works of Ian Macneil, 2001. 33 Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 61.

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Spektrum von discrete und relational contracts als Endpunkte eines Kontinuums sei ,schizophren‘, da es sich beim klassischen und relationalen Vertragsrecht um rivalisierende Programme handele, von denen dem relational contract law generell für alle Verträge der Vorzug gegeben werden sollte.34 In seinem Beitrag „The relational constitution of the discrete contract“ begründet Campbell seine Auffassung folgendermaßen: „What I do want to say is that it is a most serious error to concede any ground to classical contract, typically to use relational contract to cover only the (admittedly vast number of) exceptions it now generates. Instead, it should be insisted that relational theory forms a superior alternative to classical contract, largely by virtue of its comprehensiveness in being able consistently to accommodate all contractual phenomena with marked explanatory economy.“35

Anhand von konkreten Beispielen begründet Campbell im Folgenden die Überlegenheit des relational contract law. Hervorzuheben ist hier insb. das Prinzip des caveat emptor, das die Grundregel des common law, wonach Gerichte nicht die Angemessenheit der Gegenleistung überprüften, verwirkliche, das aber gleichwohl häufig durchbrochen werde.36 Zu nennen seien hier Regeln, die beim Vertragsschluss gegen Täuschung, Zwang und misrepresentation schützten oder disclosure erforderten, die jeweils noch aus einer Vielzahl von Unterfällen, bspw. im Falle des Zwanges aus den Regeln gegen undue influence, unconscionable behaviour und gegen economic duress bestünden.37 Die Versuche zu bestimmen, wann eine Willenserklärung ,echt‘ ist und wann nicht, hätten zu einer unüberschaubaren Kasuistik geführt, ohne das Grundproblem zu berücksichtigen, dass Konsens nur dann erreicht werde, wenn bei den Vertragsverhandlungen jedenfalls eine elementare Fairness sichergestellt sei, die eine ungehinderte Maximierung der eigenen Interessen ausschließe.38 Wann eine Einflussnahme als illegitim anzusehen ist, sei nur anhand der Frage zu bestimmen, welcher Grad von Rivalität/Kooperation im Einzelfall das optimale Resultat liefere.39 Campbells Auffassung zufolge, könnte seine Forderung, alle Verträge aus dem Blickwinkel des Relational contract law zu beurteilen, durch die Einführung einer generellen Verpflichtung zu Treu und Glauben umgesetzt werden.40 Nach eingehender Analyse der Rechtsprechung kommt Campbell auch hier zu dem Ergebnis, dass der wesentliche Gehalt einer solchen Pflicht schon

34

Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 41; in Campbell/Harris, J. L. & Soc. 20 (1993), 166 hat Campbell bereits erklärt, warum auf Langzeitverträge ausschließlich relational contract law angewendet werden sollte. 35 Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 43. 36 Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 43. 37 Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 45 f. 38 Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 46. 39 Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 46. 40 Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 62.

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vorhanden sei, allerdings in Form von zahlreichen speziellen und scheinbar unzusammenhängenden Ausnahmen.41 Er meint: „But once it is recognised that it would be wrong to identify ,good faith‘ with only complex contract norms and that it may (indeed should) be used to express the general relational constitution of contract, and therefore can be given specific forms to suit particular circumstances, the argument really then becomes one of comparing the myriad existing duties with a general obligation of good faith to see which yields explanatory economy and ease of adjudication.“42

cc) Collins: Competing norms of contractual behaviour Hugh Collins geht es in seinem Beitrag „Competing norms of contractual behaviour“ v. a. um Gründe und Voraussetzungen für kooperatives Verhalten zwischen Vertragsparteien. In der Entscheidung Williams v. Roffey Bros.43 hatte der Besteller für die Ausführung einer Gebäudesanierung nach Vertragsschluss einer Preiserhöhung zugestimmt, obwohl hierfür ursprünglich ein Fixpreis vereinbart worden war.44 Dieses Verhalten lässt sich laut Collins nicht durch eine bloße Verfolgung von eigenen Interessen erklären, bspw. um Kosten zu vemeiden, die sich im Falle der Verwehrung der Preiserhöhung und anschließender Ablehnung der Erfüllung durch den Unternehmer beim Wechsel des Vertragspartners ergeben hätten. Vielmehr würde deutlich, dass der Besteller hier die Interessen des Unternehmers, dem beträchtliche Einbußen drohten, mit in den Blick genommen hat, und zwar vor dem Hintergrund, die Geschäftsbeziehung zu ihm zu bewahren.45 Empirische Studien zeigten, dass dieses Verhalten keinesfalls ein Ausnahmefall sei – dennoch gehe das klassische Vertragsrecht davon aus, dass die Maximierung des eigenen Nutzens bei Verhandlungen und anschließender Vertragsdurchführung stets im Vordergrund stehe.46 Kooperation im hier gemeinten Sinne – d. h. bei Interessenkonflikten nimmt jede Partei neben den eigenen Interessen bis zu einem gewissen Grad auch diejenigen der Gegenseite in den Blick – grenzt Collins zum einen von der „Kooperation“ ab, die zur Erfüllung praktisch jeden Vertrages erforderlich sei, zum anderen von derjenigen, die eine Teilung der Gewinne beinhalte, wie sie in der partnership üblich ist.47 Dass es zu Kooperation in Vertragsverhältnissen kommt, lässt sich Collins zufolge nicht da41

Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 63. Campbell, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 40, 63. 43 Williams v. Roffey Bros. and Nicholls (Contractors) Ltd. [1990] 1 All ER 512. 44 Der Court of Appeal hat der Klage stattgegeben, obwohl zweifelhaft ist, ob unter Zugrundelegung der precedents, bspw. Stilk v. Myrick [1809] EWHC KB J58, der Preiserhöhung eine fresh consideration des Unternehmers gegenüberstand. 45 Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 68. 46 Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 68. Für die empirischen Studien verweist Collins auf Macaulay und Beale/Dugdale, Fn. 448. 47 Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 69 f. 42

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durch erklären, dass ein bestimmter Vertragstypus zugrundeläge – in diese Richtung versteht er Macneil. Auch er misstraut dem Spektrum mit abstrakten Verträgen auf der einen Seite, die durch Nutzenmaximierung geprägt sein sollen und relationalen bzw. Langzeit-Verträgen auf der anderen Seite, die kooperatives Verhalten erforderten. Seiner Auffassung zufolge könnten die Eigenheiten im Vertragsverhalten bei Langzeitverträgen, wie bspw. die geringe Nutzung rechtlicher Mechanismen zur Durchsetzung vertraglicher Rechte oder die schwache Ausprägung der presentiation keine hinreichende Erklärung für kooperatives Verhalten liefern.48 Collins zufolge, lässt sich Kooperation damit erklären, dass dem Vertragsverhalten nicht nur die Regelungen zugrunde lägen, die das formale Vertragsdokument enthält – es gebe vielmehr „competing norms of contractual behaviour“. Andere, konkurrierende Vorgaben für das Verhalten ergeben sich zum einen aus der dauernden Geschäftsbeziehung, zum anderen aus dem (wirtschaftlichen) ,deal‘.49 Die Geschäftsbeziehung zeichne sich dadurch aus, dass sie die konkrete Transaktion überdauere und meist bereits vor ihr bestanden habe.50 Sie beinhalte neben Verträgen oft auch Anfragen, Pläne, gemeinsame Problemlösungen und sei durch informelle soziale Kontakte, wie business lunches o. ä., geprägt.51 Damit stelle die Geschäftsbeziehung eine wichtige Quelle von Vertrauen dar, die zu Vertragsabschlüssen ermutige und sie sei damit auch Grund für Kooperation in dem Bestreben, sie zu bewahren.52 Dauernde Geschäftsbeziehungen, damit aus Sicht von Collins Kooperation, seien unabhängig davon, ob ein (un)befristeter Langzeitvertrag vorliege oder eine Serie von sog. embedded spot contracts, die seiner Ansicht zufolge die typischste Form sind.53 Der ,economic deal‘ hingegen spezifiziere die gegenseitigen Verpflichtungen und begründe die wirtschaftlichen Anreize und Sanktionen.54 Ökonomische Rationalität auf der Basis kurz- und langfristiger Eigeninteressen sei hierfür der Referenzrahmen und sie könne Vertragsbruch verlangen, wenn die Kosten der Erfüllung den Nutzen überwogen.55 Jedes dieser drei Systeme funktioniere nach seiner eigener Logik und ein Verhalten, das innerhalb des einen Referenzrahmens rational sei, könne in Bezug auf die beiden anderen als irrational erscheinen.56 Mit dem Model der ,competing norms‘ könne erklärt werden, warum vertragliche Beziehungen durch Überlegungen beeinflusst sind, die wegführten von einem ratio-

48 49 50 51 52 53

89. 54 55 56

Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 72 ff. Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 128 ff. Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 129. Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 129. Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 129. Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 87, Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 129. Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 129 f. Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 133.

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nalen nutzenmaximierenden Verhalten – so wie das in Williams v Roffey beobachtete.57 Collins will aber keinesfalls bei der Schlussfolgerung stehenbleiben, dass das Vertragsrecht für weite Teile vertraglichen Verhaltens irrelevant sei.58 Weil das Vertragsrecht normative Standards setze, die von den Parteien gewohnheitsmäßig beachtet würden und die Verhandlungspositionen festlegten, von denen aus eine einvernehmliche Beilegung eines Konfliktes möglich sei, müsse das Recht die konkurrierenden Verhaltensanforderungen adäquat berücksichtigen.59 Erforderlich sei, dass das Recht offener würde im Hinblick auf die Einbeziehung alternativer Quellen für Verhaltensanforderungen, was durch Generalklasueln erreicht werden könne: „Duties to negotiate with care and to perform in good faith or co-operatively, as part of the general law governing contracts, can serve this function of compelling courts to take into account informal normative standards established between the parties. The concept of good faith, for instance, can be interpreted as a requirement to take into account the legitimate expectations of the other party to the contract, and if these legitimate expectations are based upon informal normative standards, then the law can adopt these standards as its own.“60

Die für Gerichte schwierige Frage liege dann darin zu bestimmen, welche Erwartungen eine Partei vernünftigerweise haben dürfe, ob bspw. der Unternehmer im Fall Williams v. Roffey erwarten durfte, dass ungeachtet eines Fixpreises unter bestimmten Umständen der Preis angepasst würde.61 Hierfür könnten die informelle Kommunikation beim Vertragsschluss, aber auch verangegangene Geschäfte berücksichtigt werden.62 dd) Brownsword: Contract of co-operation Ähnlich wie Macneil kritisiert auch Roger Brownsword das klassische Vertragsrecht und übernimmt hierbei dessen Begrifflichkeiten: „the classical model presupposes discrete rather than relational or long-term dealing“63 und „it is a model 57

Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 87,

58

Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 87,

59

Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 87,

92. 93. 93.

60 Collins, in: Vincent/Jones, Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 93; in diese Richtung auch: Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 147. 61 Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 87, 94. 62 Collins, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 67, 87, 94; Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 147. 63 Adams/Brownsword, Key issues in contract, 1995, S. 297; Brownsword, in: Vincent/ Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 14.

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of self-interested dealers converging on a market-place, making their one-off exchanges, and going their separate ways“64. Das klassische Vertragsrecht gehe von den Handelnden als rücksichtslosen Nutzenmaximierern aus und setze so ein regulatorisches Rahmenwerk für Transaktionen, bei denen den Vertragspartnern die unverhohlene Verfolgung der eigenen Interessen – sogar die Ausnutzung von Unerfahrenheit oder Unkenntnis der Gegenseite – erlaubt sei.65 Dies blende jedoch – auch Brownsword verweist hier auf die Studie von Macaulay – die Wirklichkeit moderner Vertragsbeziehungen weitgehend aus, die von Vertrauen, Kooperation und Kontinuität geprägt seien.66 Brownsword fordert ein Vertragsrecht, bei dem zwar die wichtigsten Grundregeln zum Thema Vertragsschluss, Einbeziehung Dritter in den Vertrag oder Rechte bei Vertragsbruch beibehalten werden, die aber unter Überwindung starrer Formalismen durch einen flexibleren Zugang abgewandelt würden, bei dem Handelsbräuche und die Erwartungen der Parteien zu berücksichtigt seien.67 Konsequenz hiervon wären bspw. Änderungen bei der Auslegung von Verträgen und den Kriterien für die ,implication of terms‘, denn die Bezugnahme auf die unausgesprochenen Intentionen und Erwartungen der Parteien könne eine Klausel, die Kooperation verlange, erforderlich machen.68 Auch Brownsword plädiert dafür, diese Flexibilität durch die Einführung eines übergeordneten Erfordernisses von good faith zu schaffen. Dies hätte zum einen den Vorteil, dass in das Vertragsrecht eine Einbruchstelle für Handelsbräuche bzgl. ,fair dealing‘ entstehen würde.69 Auf diese Weise könnten in Geschäftsbereichen, in denen dies üblich sei, bestimmte Erwartungen wie die Geltung informeller Verständigungen oder die Bereitschaft zum Informationsaustausch bei der rechtlichen Beurteilung einfließen.70 Zum anderen sei eine Pflicht zu Treu und Glauben Voraussetzung dafür, dass in Geschäftsbeziehungen Vertrauen aufgebaut werde, denn durch sie werde ein kooperierender Vertragspartner vor etwaigem Opportunismus der Gegenseite geschützt.71 Geklärt werden müsste zum einen der Anwendungsbereich der Doktrin – Vertragsverhandlungen und/oder Vertragsdurchführung/-beendigung –, zum anderen, in 64

Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 275 unter Hinweis auf Macneil. 65 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 14. 66 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 256. 67 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 260. 68 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 264, 275. 69 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 272. 70 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 272. 71 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 272, 277.

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welcher Ausprägung sie angewandt werden solle – als Beschränkung für klar treuwidrige Akte oder als Erfordernis von Zusammenarbeit.72 Je mächtiger eine good faith-Doktrin ausgestattet werde, umso wahrscheinlicher sei es, dass ein vertragliches Klima der Kooperation gefördert werde.73 Auch in seinem Beitrag „From co-operative contracting to a contract of cooperation“ bestätigt Brownsword seine Ansicht, wonach eine Pflicht zu Treu und Glauben der direkte Weg sei, um die Idee von Kooperation in das Vertragsrecht einzubringen, und sogar: „indeed, good faith is often equated with an implied term of co-operation“74. Darüber hinaus arbeitet er noch stärker das Element der Kooperation heraus – was es bedeutet, woraus es sich ableitet und warum letztlich der ,contract of co-operation‘ rational ist. Das Wesen der Kooperation liege in der jedenfalls teilweisen Unterordnung des Eigeninteresses unter ein gemeinsames vertragliches Interesse und der Übernahme von Verantwortung für den Erfolg des Vertrages, der als joint venture angesehen werde.75 Insofern würde die Beziehung auch derjenigen innerhalb einer partnership ähneln, da es ein gemeinsames Investment in den Vertrag gebe und eine wechselseitige Abhängigkeit bei der Vertragserfüllung bestehe.76 Aus Sicht von Brownsword leitet sich Kooperation weder nur daraus ab, dass zwischen den Parteien eine vertragliche Vereinbarung geschlossen wurde, noch nur daraus, dass eine fortlaufende Geschäftsbeziehung zwischen ihnen bestehe.77 Vielmehr würde die Institution Vertrag an sich und in jedem einzelnen Fall das kooperative Ideal bedingen, d. h. sobald Verhandlungen aufgenommen würden, entstünde zwischen den Parteien automatisch eine Beziehung des Vertrauens.78 Brownsword sieht die Basis von Kooperation in der Moral, nicht in der Vernunft, die doch nur eine Berücksichtigung von (langfristigem) Eigeninteresse bedeuten und damit eine Verhaftung mit dem klassichen Vertragsrecht verdeutlichen würde.79 Die moralischen Wurzeln der Kooperation begründet Brownsword damit, dass jeder Vertragsschließende nur unter Inkaufnahme widersprüchlichen Verhaltens die Pflicht verneinen könne, die Freiheit und das Wohlbefinden des anderen Vertragspartners zu 72

Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 273. 73 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts, co-operation, and competition, 1997, 255, 278. 74 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 20. 75 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 19. 76 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 19. 77 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 20. 78 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 20. 79 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 23.

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berücksichtigen, da er eben dieses Verhalten vom anderen in Bezug auf sich selbst auch erwarte.80 Der contract of co-operation als rechtliche Verhaltensanweisung ist aus Sicht von Brownsword rational, denn er sei widerspruchsfrei (formally rational), sei geeignet Verhalten zu steuern, zeichne sich durch angemessene rechtliche Eingriffe aus (instrumentally rational) und sei moralisch rational.81 c) Erweiterung der Fiduciary relationships aa) Common law und Equity Die relational contract theory und deren Rezeption in England verfolgen das Anliegen einer Anpassung des common law an die tatsächlichen Verhältnisse, indem ein Gegenmodell geschaffen wird, das v. a. der Notwendigkeit von Vertrauen und Kooperation in Vertragsbeziehungen Rechnung trägt. Daneben gibt es Ansätze, die dieses Ergebnis durch eine Verallgemeinerung und Erweiterung des Konzeptes der fiduciary relationships versuchen zu erzielen.82 Das Konzept der fiduciary relationships entstammt dem Bereich der equity, die sich im 13. Jahrhundert als unabhängig neben dem common law stehend entwickelte und deren Zweck es war, die Härten des common law abzumildern.83 Das englische Vertragsrecht hat sich Ende des 19. Jahrhunderts in einem sozialen und rechtlichen Umfeld herausgebildet, dass auf Eigenverantwortlichkeit gesetzt hat und in dem die Auswirkungen des eigenen Handelns auf Dritte als irrelevant erachtet wurden.84 Daher ist in Vertragsbeziehungen, in denen die Parteien „at arm’s length“ miteinander verhandeln, die rigorose Verfolgung des eigenen Interesses zulässig, solange kein Zwang angewendet oder betrogen wird.85 Am anderen Ende der Skala und als Ausnahmefall stehen die treuhänderischen Beziehungen, in denen die Pflicht zu loyalem Handeln im Interesse des Auftraggebers das Eigeninteresse vollständig ausschließt.86 McGhee fasst das anschaulich folgendermaßen zusammen: „It has been said that equity and the common law treat individuals in different ways. At common law there is a ,bad man‘ philosophy. This means for instance that a party can choose either to obey his contractual obligations, or if he considers that it is in his economic interests to do so, break his contract and pay damages for breach instead. Equity has a ,good man‘ 80 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 27 ff. unter Rückgriff auf die Moraltheorie von Alan Gewirth. 81 Brownsword, in: Vincent/Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation, 1996, 14, 30 ff. 82 s. hierzu auch die Darstellung bei Weitzenböck, KSzW 2015, 72, 81. 83 McGhee, The role of fiduciary obligations in commercial disputes, 2002, 1, online abrufbar unter: http://www.maitlandchambers.com/images/uploads/documents/Role_of_fid uciary_obligations.pdf, abgerufen am 4. 8. 2015. McGhee ist Herausgeber von Snell’s Equity. 84 Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 76. 85 Finn, Melb. U. L. Rev. 17 (1989 – 1990), 87, 91. 86 Finn, Melb. U. L. Rev. 17 (1989 – 1990), 87, 91.

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philosophy refusing to permit a fiduciary to say that he is in breach of his fiduciary duties and requiring him to hold any profit he may have obtained by such breach of duty for his principal.“87

bb) Ad hoc – fiduciary relationships Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass eine treuhänderische Beziehung zwischen den Parteien lediglich in den folgenden vier Konstellationen besteht: trustee – beneficiary, agent – principal, director – company sowie partner – copartner.88 Mittlerweile hat sich jedoch die Auffassung durchgesetzt, dass diese Aufzählung nicht abschließend und eine erweiternde Anwendung auf andere Fälle – in Snell’s Equity wird hier von „ad hoc fiduciary relationships“ gesprochen – möglich ist.89 Allenthalben wird die theoretische Durcharbeitung der Materie bemängelt: „[…] the courts have consistently declined to provide a definition, or even a uniform description, of a fiduciary relationship“90. Lord Justice Millett hält fest: „In England, as usual, we have tried to muddle through without attempting a definition, believing that anyone can recognise a fiduciary when he sees one“.91 Diejenigen Autoren, die sich mit der Frage befasst haben, stellen abstrakte Kriterien für das Vorliegen einer treuhänderischen Beziehung auf, die im Wesentlichen übereinstimmen. A. J. Oakley geht davon aus, dass es auf folgende vier Punkte ankomme:92 Erforderlich sei zunächst ein Tätigwerden des Treuhänders, wobei diese Unternehmung generellen Charakter haben, aber auch spezifisch und begrenzt sein könne. Sodann müsse die andere Partei dem Treuhänder vertrauen und von diesem erwarten, dass er ausschließlich das Interesse des Treugebers verfolgt. Als Drittes soll es darauf ankommen, dass der Treuhänder die Möglichkeit hat, Kontrolle über Hab und Gut der anderen Partei auszuüben. Schließlich müsse noch hinzukommen, dass der Treugeber verletzlich und dem Treuhänder ausgesetzt sei. Die Annahme einer fiduciary relationship soll jedoch bei Vorliegen aller vier Kriterien weder zwingend noch beim Fehlen einzelner Punkte ausgeschlossen sein.93 Paul Finn zufolge ist in erster Linie auf zwei Phänomene abzustellen, erstens die Möglichkeit des Treuhänders die Interessen der anderen Partei zu beeinflussen, 87

McGhee, The role of fiduciary obligations in commercial disputes, 2002, S. 11. Bspw. Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 87. 89 Conaglen, in: McGhee (Hrsg.), Snell’s Equity, 32. Aufl. 2010, 171, 175 mit Nachweisen aus der Rspr.; Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 87; Millet, K. C. L. J. 6 (1995 – 1996), 1, 5; Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 85, s. dort auch Fn. 57 mit dem Kommentar: „A perennially repeated observation“; aus der Rspr: Hospital Products Ltd. v. United States Surgical Corp (1984) 156 CLR 41, 97, Mason J (High Court of Australia). 90 Conaglen, in: McGhee (Hrsg.), Snell’s Equity, 32. Aufl. 2010, 171, 175. 91 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 218. 92 Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 90 ff. 93 Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 95. 88

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verbunden mit der dadurch hervorgerufenen Verletzlichkeit und zweitens das Vertrauen, welches dem Treuhänder entgegengebracht werde.94 Zum Ansatz von Oakley besteht hier weitgehend Übereinstimmung, da davon auszugehen ist, dass das Tätigwerden des Treuhänders vorausgesetzt wird. Über eine Definition hinaus geht Finn davon aus, dass treuhänderische Beziehungen zum einen anhand der Analyse des Vertrages selbst – Rechte, Pflichten, Zweck, Charakter der Parteien – extrahiert werden können (sog. relationships fiduciary in law).95 Zum anderen können sie durch eine Analyse der tatsächlichen Gegebenheiten, die im Einzelfall besonderes Vertrauen und Möglichkeiten der Beeinflussung nahelegen, festgestellt werden (sog. relationships fiduciary in fact).96 Lord Justice Millett, der hier außergerichtlich schreibt, hält nicht das kumulative Vorliegen der genannten Kriterien für notwendig, sondern geht davon aus, dass es drei voneinander verschiedene Kategorien von treuhänderischen Beziehungen gibt, die jeweils auch unterschiedliche treuhänderische Pflichten hervorrufen können:97 Es handele sich um die Beziehung von „trust and confidence“, in der eine Partei es übernommen habe für die andere zu handeln und die v. a. die Loyalitätspflicht hervorrufe.98 Daneben gebe es Verhältnisse, die sich v. a. durch die Verletzlichkeit einer Partei auszeichneten und in denen es nicht zwingend auf das Handeln für einen anderen ankomme, sondern auf die Überlegenheit und Abhängigkeit.99 Als Drittes sei die Beziehung der „confidentiality“ festellbar, bei der es um die Preisgabe von Informationen gehe.100 cc) Fiduciary relationships in commercial transactions Der Einführung von treuhänderischen Pflichten in gewerblichen Transaktionen, also solchen Beziehungen, in denen davon ausgegangen wird, dass die Parteien „at arm’s length“ miteinander verhandeln, begegnen die Gerichte traditionell mit großer Zurückhaltung.101 Der einschlägigen Entscheidung Re Goldcorp Exchange des Privy Council ist zwar zu entnehmen, dass das Gericht die Koexistenz von vertraglichen und treuhänderischen Pflichten für möglich hält:

94

Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 85. Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 89 ff. 96 Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 92 ff. 97 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 219. 98 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 219. 99 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 219. 100 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 220. 101 McGhee, The role of fiduciary obligations in commercial disputes, 2002, S. 10; Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 101. 95

I. Langzeitverträge

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„No doubt the fact that one person is placed in a particular position vis-à-vis another through the medium of a contract does not necessarily mean that he does not also owe fiduciary duties to that other by virtue of being in that position.“102

Allerdings sei erforderlich, dass es sich um Pflichten handelt, die von den vertraglich vereinbarten abwichen und dass das Vertrauen, welches dem Vertragspartner entgegengebracht werde mehr als nur die ordnungsgemäße Vertragserfüllung umfasse.103 Das Gericht beruft sich auf Atkin LJ, der in der Entscheidung Re Wait anmahnte, der umfangreiche Einsatz von equity in geschäftlichen Transaktionen „would throw the business world into confusion“104. Dass die Grundsätze von equity dort längst angekommen sind, stellt Lord Justice Millett in seinem Beitrag „Equity’s place in the law of commerce“ fest. Der Wandel hin zur Servicegesellschaft verstärke die Bedeutung von Vertrauen in vertraglichen Beziehungen, weshalb das Bedürfnis, die hohen Verhaltensstandards von equity einzuführen, nämlich „loyalty, fidelity, integrity, respect for confidentiality“, groß sei.105 Auch in der sonstigen Literatur wird davon ausgegangen, dass die Anwendung von treuhänderischen Pflichten in normalen Vertragsbeziehungen möglich ist.106 Voraussetzung hiervon ist die Annahme, dass eine entsprechende Qualifikation nicht das Verhältnis in Gänze erfasst. Ähnlich der Kategorisierung anhand der Interessenlage der Parteien im deutschen Recht, geht Finn hier davon aus, dass es Beziehungen gebe, in denen die Parteien ihre „several interests“ verfolgten, neben solchen, die nur dem Interesse einer Partei dienten und solchen, die sich durch Interessenverbindung auszeichneten. Und er meint weiter: „And yet some again, having discrete parts and purposes, may be fiduciary in part, non-fiduciary in part“107. Ob eine Beziehung treuhänderisch ist, hängt seiner Ansicht zufolge wesentlich davon ab, wessen Interessen bei einer bestimmten Frage im Vordergrund stehen und wer für die Zielerreichung verantwortlich ist.108 Von einer Teilbarkeit der Beziehung in einen fiduciary und einen non-fiduciary-Teil, wird auch in Snell’s Equity ausgegangen – bestes Beispiel hierfür sei die agency, die häufig zwischen Unternehmern vereinbart sei und bei der primäre Rechtsquelle das Vertragsrecht sei, daneben aber treuhänderische Bindungen vorlägen.109 102

Re Goldcorp Exchange [1994] 2 All ER 806, 821, Lord Mustill; So auch Mason J in Hospital Products Ltd. v. United States Surgical Corp (1984) 156 CLR 41, 98: „That contractual and fiduciary relationships may co-exist between the same parties has never been doubted.“ 103 Re Goldcorp Exchange [1994] 2 All ER 806, 821, Lord Mustill. 104 Re Wait [1927] 1 Ch. 606, 640, Atkin LJ. 105 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 215 f. 106 Z. B. auch Conaglen, in: McGhee (Hrsg.), Snell’s Equity, 32. Aufl. 2010, 171, 176: „It is clear that it is possible for fiduciary duties to arise in commercial settings“; Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 85 ff., 89 ff. 107 Finn, U. N. S. W. L. J. (1989), 76, 87. 108 Finn, U. N. S. W. L. J. (1989), 76, 87. 109 Conaglen, in: McGhee (Hrsg.), Snell’s Equity, 32. Aufl. 2010, 171, 176; Auch Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 222: „[…] simultaneously in a commercial and a fiduciary relationship“.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

Ob unter Zugrundelegung dieser Kriterien das Franchiseverhältnis als fiduciary relationship eingeordnet werden kann, soll nicht an dieser Stelle, sondern vielmehr unten bei der Frage der Vorteilsweiterleitung abschließend beantwortet werden.110 Jedenfalls in den USA gibt es sowohl entsprechende Rechtsprechung als auch Stimmen in der Literatur, die von einer fiduciary relationship zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer ausgehen.111 Aber auch in England, wo diesbezüglich Rechtsprechung nicht existiert, wird in der Literatur teilweise Raum für eine entsprechende Qualifikation gesehen.112 2. Deutsches Recht a) Rezeption und Fortentwicklung der Relational contract theory in Deutschland aa) Nicklisch: Komplexer Langzeitvertrag Fritz Nicklisch hat, beruhend auf einer Rezeption der Ideen Macneils das Institut des komplexen Langzeitvertrags in das deutsche Recht eingeführt und diesen als intermediäre Erscheinung zwischen dem auf punktuellen Leistungsaustauch gerichten Vertrag und dem Dauerschuldverhältnis, wie es seit von Gierke bekannt ist, charakterisiert.113 Der komplexe Langzeitvertrag hat – worauf auch Macneil114 hinweist – einen engeren Anwendungsbereich als der Begriff des long-term contract, wie er im amerikanischen/englischen Recht gebraucht wird und der auch Dauerschuldverhältnisse nach deutschem Recht umfasst. Als Spezifikum komplexer Langzeitverträge gilt die gemeinsame Verwirklichung eines Projektes, deren Gegenstand ein technisches System sei, wie bspw. bei Technologie-Transfer-Verträgen, Raumfahrtprojekten oder Software-Verträgen.115 Strukturelemente seien die längere Zeitspanne, über die sich die Durchführung des Projektes erstrecke, die Ungewissheiten bei Vertragsschluss hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Parteien und

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s. u. D. II. 3. e) cc). Arnott v. The American Oil Co. 609 F.2d 873 (1979); Brown, Tex. L. Rev. 49 (1970 – 1971), 650; aus der kanadischen Rechtsprechung: Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd, 3 Ont. 629, 637 – 38 (1970), allerdings aufgehoben vom Ontario Court of Appeal, Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd, 1 Ont. 251 (1972) und die Revision zum Supreme Court of Canada wurde abgewiesen, Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd, 40 D.L.R.3d 303 (1973). 112 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 321; Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.5, der ansonsten strikt die analoge Anwendung von agency- oder partnership-Recht ablehnt: „[…] there is scope for the imposition of fiduciary obligations within a franchise relationship and the need for some caution on the part of a franchisor to prevent this from being the case.“; Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32-003, Fn. 11. 113 Nicklisch, in: Nicklisch (Hrsg.), Der komplexe Langzeitvertrag, 1987, 17, 18. 114 Macneil, in: Nicklisch (Hrsg.), Der komplexe Langzeitvertrag, 1987, 31, 31, Fn. 2. 115 Nicklisch, in: Nicklisch (Hrsg.), Der komplexe Langzeitvertrag, 1987, 17, 18 f. 111

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das Erfordernis intensiver Kooperation.116 Nicklisch überträgt die Schlussfolgerung von Macneil, wonach das Recht nicht gewappnet sei, mit dieser Art von Verträgen umzugehen, weil es auf den abstrakten Tauschakt zugeschnitten sei, auf das deutsche Recht.117 Aus seiner Sicht wäre es wichtig, „dass allgemeine, rechtssystematische Grundsätze für komplexe Langzeitverträge entwickelt würden, die deren besonderen Strukturen Rechnung tragen und die daher die nicht passenden Regelungen des Allgemeinen Schuldrechts ersetzen könnten“118. Unter Zugrundelegung der genannten Kriterien handelt es sich beim Franchisevertrag nicht um einen komplexen Langzeitvertrag. bb) Schanze: Symbiotischer Vertrag Erich Schanze führt in seinem Beitrag „Symbiotic contracts: Exploring long-term agency structures between contract and cooperation“119 den Begriff der symbiotischen Verträge ein. Er kennzeichnet hiermit Langzeitverträge mit komplexen Strukturen hinsichtlich des Leistungsaustauschs, die ein hohes Maß an wechselseitiger Integration und Abhängigkeit aufwiesen, ohne dass jedoch die organisatorische Eigenständigkeit und das Prinzip getrennter Kassen aufgegeben werde.120 Diese Gebilde seien weder Austauschvertrag noch Gesellschaft – es handele sich um eine dritte, dazwischenliegende Ordnungsstruktur.121 Im Unterschied zum im deutschen Recht bekannten Institut des Dauerschuldverhältnisses seien sie nicht nur durch die Elemente der Dauerhaftigkeit und Komplexität geprägt, sondern darüber hinaus durch eine einseitige, intensive Beziehung der Abhängigkeit.122 Dieses Merkmal veranlasst Schanze zum Gebrauch des Begriffes „Symbiose“, der in der Biologie terminus technicus ist für eine dauerhafte und lebensnotwendige Kooperation zwischen verschiedenen Arten, die perfekt aufeinander abgestimmt sind. Im Wirtschaftsleben handele es sich um Marktteilnehmer, die typischerweise auf freiwilliger Basis eine asymmetrische Beziehung miteinander eingegangen seien, wofür Business Format Franchising ein Beispiel par excellence sei.123 Es gebe kein ,quid pro quo‘, der Franchisenehmer müsse für den vereinbarten Zeitraum seinen Betrieb 116

Nicklisch, in: Nicklisch (Hrsg.), Der komplexe Langzeitvertrag, 1987, 17, 19 f. Nicklisch, in: Nicklisch (Hrsg.), Der komplexe Langzeitvertrag, 1987, 17, 21. Dies trotz der Regelungen zum Dauerschuldverhältnis, vgl. auch Macneil, in: Nicklisch (Hrsg.), Der komplexe Langzeitvertrag, 1987, 31, 34 und Fn. 8: „And let me say I am talking about the Anglo-American world of contract law; only some of what I have to say may be applicable to civil law systems. Professor Nicklisch’s references […] to von Gierke and the German Civil Code provisions dealing with contractual relations confirmed what I had long supposed was the case: the Germans are far ahead of us in thinking about this subject.“ 118 Nicklisch, in: Nicklisch (Hrsg.), Der komplexe Langzeitvertrag, 1987, 17, 24. 119 Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 67. 120 Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 68. 121 Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 68. 122 Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 69. 123 Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 69 f. 117

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

und seine Arbeitskraft ganz in den Dienst des Fanchisesystems stellen und müsste andere Marktmöglichkeiten ungenutzt lassen.124 Das Verhältnis zwischen den Parteien sei des Weiteren durch irreversible Investitionen auf einer oder beiden Seiten und die Delegation von Entscheidungsmacht/Ermessen, d. h. geschäftsbesorgungsrechtliche Elemente, geprägt.125 Rechtsanwendungsbezogen gibt Schanze den Hinweis, dass Gerichte die Asymmetrie zwischen den Parteien zu berücksichtigen hätten und daher nicht dieselben Maßstäbe wie bei Verträgen, in denen gleiche Verhandlungsmacht das Ideal sei, anwenden dürften.126 cc) Joerges: Statusvertrag Auch Christian Joerges befasst sich mit Macneils Relational contract law und erachtet als dessen wichtigste Botschaft an das deutsche Recht die Forderung, bei der Beurteilung von Langzeitverträgen traditionelle Vorstellungen vom Austausch zugunsten einer Konzentration auf die relationalen vertraglichen Elemente aufzugeben.127 Auch wenn Macneil mit seiner Theorie keine Anleitungen für die Lösung konkreter Konflikte habe geben wollen, schon gar nicht für ausländische Rechtssyteme, so stellt er doch einen „rich classificatory apparatus“ zur Verfügung, der auch auf deutsche Fälle angewendet werden könne. Im sog. Ford-Fall128 hatte der BGH über eine Gebietsänderungsklausel in einem „Haupthändlervertrag“ zwischen der Ford AG und einem Händler zu entscheiden. Die streitgegenständliche Vereinbarung behielt dem Hersteller das Recht vor, für den Fall, dass seine Interessen im Marktverantwortungsgebiet aus Gründen der Marktabdeckung oder Verkaufsleistung nicht genügend gewahrt seien, einen oder mehrere zusätzliche Haupthändler im Marktverantwortungsgebiet zu ernennen. Gegenüber dem bisherigen Händler genügte die Einhaltung einer dreimonatigen Ankündigungsfrist. Der BGH erachtete die Klausel als unangemessen. Da ein einseitiges Änderungsrecht von dem Grundsatz, dass eine Abänderung des Vertrages nur im beiderseitigen Einvernehmen möglich sei, abweiche, könne es nur in Ausnahmefällen Bestand haben und müsse daher auf schwerwiegende Änderungsgründe beschränkt sein.129 Eine Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite finde auch deshalb nicht statt, weil dem Händler kein Ausgleichsanspruch im Gegenzug für die Gebietsverkleinerung gewährt werde, was aufgrund der Wirkungsgleichheit mit einer Teilkündigung in analoger Anwendung von § 89b HGB erforderlich sei.130 Joerges zufolge, füge sich die Argumentation des BGH – objektive Auslegung der Klausel unter Berücksichtigung der Erwartungen 124 125 126 127 128 129 130

Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 71. Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 92. Schanze, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 67, 96. Joerges, Wisc. L. Rev. 1985, 581, 604. BGH NJW 1984, 1182. BGH NJW 1984, 1182, 1183. BGH NJW 1984, 1182, 1184.

I. Langzeitverträge

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des Händlers hinsichtlich des Wertes seines Betriebes und die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechts – perfekt in ein relationales Vertragsverständnis ein: „The Federal High Court’s refrain from a more precise definition of the adopted standards – thus imposing a duty on the parties to renegotiate their relation – may be interpreted by Macneil as the emergence of truly relational contract law.“131

Allerdings kritisiert Joerges auch Macneils Theorie, zum einen ist er der Auffassung, dass die Kritik am klassichen Vertragsrecht zumindest unvollständig ist, weil jedenfalls deutsche Klassiker, wie bspw. Friedrich Carl von Savigny, in ihrer Dogmatik immer auch die Erwartungen und Erfordernisse des gesellschaftlichen Umfeldes berücksichtigt hätten.132 Zum anderen glaubt er, dass rechtliche Entwicklungen nicht durch ideologisch und politisch neutrale Theorien adäquat erklärt werden könnten, da Recht Position beziehe müsse zu sozialen Konflikten und daraus resultierenden Forderungen.133 Schon in diesem Beitrag deutet Joerges an, dass aus seiner Sicht Kern des Konfliktes, den er zwischen Vertrags- und Kartellrecht erkennt, sei, dass sich bei vertraglichen Verhältnissen wie dem Franchising eine Status-Beziehung herausbilde.134 Dies werde deutlich durch die vertraglich unbestimmte Bindung eines Händlers an einen bestimmten Hersteller, verbunden mit der teilweisen Aufgabe seiner Unabhängigkeit als Unternehmer.135 Vertragsrecht könne daher nie nur darauf beschränkt sein, den Austausch von Gütern gegen Geld zu regeln, sondern müsse eine soziale Steuerung für Konflikte bieten, die sich aus Abhängigkeiten innerhalb wirtschaftlicher Beziehungen ergeben.136 In seinem Beitrag „Contract and status in Franchising law“137 baut Joerges die Idee des Franchising als Statusvertrag noch aus. Der Begriff geht zurück auf Henry Sumner Maine, der die Entwicklung moderner Gesellschaften als einer, die sich vom Status zum Kontrakt vollzogen hat, kennzeichnet.138 Die Grundeinheit in alten Zeiten war die Familie, durch die die Rechte und Pflichten des einzelnen bestimmt wurden, was Sumner Maine als „Status“ bezeichnet.139 Im Laufe der Jahrhunderte habe die Bedeutung des Familienverbandes abgenommen und wurde ersetzt durch das Individuum sowie die Möglichkeit die eigenen Verhältnisse durch vertragliche Verpflichtung zu regeln.140 Der Rechtsso131 132 133 134 135 136 137 138 139 140

Joerges, Wisc. L. Rev. 1985, 581, 606. Joerges, Wisc. L. Rev. 1985, 581, 610. Joerges, Wisc. L. Rev. 1985, 581, 581. Joerges, Wisc. L. Rev. 1985, 581, 604. Joerges, Wisc. L. Rev. 1985, 581, 604. Joerges, Wisc. L. Rev. 1985, 581, 604. Joerges, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 11. Sumner Maine, Ancient Law, 10. Aufl. 1908, S. 151. Sumner Maine, Ancient Law, 10. Aufl. 1908, S. 111, 149 ff. Sumner Maine, Ancient Law, 10. Aufl. 1908, S. 111, 149 ff.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

ziologe Max Weber hat darauf hingewiesen, dass Kontrakte „im Sinn einer freien Vereinbarung als Rechtsgrund der Entstehung von Ansprüchen und Pflichten“ auch schon in früheren Epochen und auf dem Gebiet des Familien- und Erbrechts üblich waren.141 Er kennzeichnet sie, an die Begrifflichkeiten von Sumner Maine anknüpfend, als Status-Kontrakte, die „eine Veränderung der rechtlichen Gesamtqualität, der universellen Stellung und des sozialen Habitus von Personen“ zum Inhalt haben.142 Diesem „urwüchsigen“ Kontrakt stellt er den Zweck-Kontrakt gegenüber, der ausschließlich dem wirtschaftlichen Gütererwerb dient ohne den Status der beteiligten Personen zu berühren und der durch die Marktgemeinschaft an Bedeutung gewonnen hat.143 Hinweise auf eine teilweise Umkehr der von Sumner Maine festgestellten Entwicklung werden im heutigen Miet-, Verbraucher- und Arbeitsrecht gesehen.144 Joerges ordnet in seinem Aufsatz den Franchisevertrag anhand der Themen Vertragsabschluss, Durchführung, Beendigung, zwingende arbeitsrechtliche Beschränkungen und Kartellrecht jeweils danach ein, ob eher eine „Ausrichtung am Schutz gesellschaftlich integrierter Rechtsstellungen“ (Status) oder an „Privatautonomie und Vertragsfreiheit“ (Kontrakt) offenbar wird.145 Für den Fall des Abschlusses des Vertrages ergibt sich aus seiner Sicht ein differenziertes Bild: Die Literaturmeinungen gingen hier auseinander, während teilweise vorvertragliche Informationspflichten beim Subordinationsfranchising eindeutig bejaht würden, ginge die ökonomischen Analyse von rationalen Akteuren aus und davon, dass das gesamtwirtschaftliche Angebot an Franchisen einen Franchisegeber davon abhalte, unseriöse Angebote zu machen.146 Im geschriebenen Recht finde sich lediglich eine kartellrechtliche Verpflichtung zur Schriftform, die jedoch als formales Erfordernis nicht geeignet sei, Asymmetrien zwischen den Parteien auszugleichen.147 Die Entscheidungen deutscher Gerichte zu vorvertraglichen Aufklärungspflichten würden jedoch eine klare Status-Orientierung beim Vertragsschluss erkennen lassen.148 Sie würden – aus Sicht von Joerges zu Recht – davon ausgehen, dass Franchisegeber, die eine Vielzahl solcher Verträge abschlössen im Vorteil seien gegenüber den häufig unternehmerisch noch unerfahrenen Franchisenehmern, weshalb sie darlegen müssten, dass ihr Projekt in der Lage ist, die wirtschaftlichen Erwartungen der künftigen Geschäftspartner zu erfüllen.149 Das Interesse des Systemkopfes, den eigenen Ruf nicht zu schädigen, würde, jedenfalls kurzfristig, nicht in jedem Fall 141 142 143 144 145 146 147 148 149

Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl., 1980, S. 401. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl., 1980, S. 401. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl., 1980, S. 401 f. Martinek, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 662 ff., Rn. 81. Martinek, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 662 ff., Rn. 81. Joerges, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 11, 21 f. Joerges, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 11, 23, 27. Joerges, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 11, 24, 26. Joerges, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 11, 24, 27.

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unseriöse Angebote ausschließen.150 Im Ergebnis seiner Analysen geht Joerges davon aus, dass der Franchisevertrag tendenziell eher einen Statusvertrag darstelle. Dies ergebe sich aus der asymmetrischen Macht- und Interessenausgestaltung zwischen den Vertragsparteien, schlage sich in einem Rahmenvertrag mit nur unvollständiger Festlegung von Rechten und Pflichten nieder und werde deutlich in der starken Prägung der Beziehung durch soziale Erwartungs- und Verhaltensstrukturen.151 Im Ergebnis plädiert Joerges dafür, dass sowohl rein vertragliche als auch rein statusbasierte Betrachtungen zugusten einer Konzentration auf die Prinzipien der Autonomie und Reziprozität aufgegeben werden sollen.152 b) Wellenhofer: Treupflichtverhältnis Wellenhofer betont einen anderen Aspekt von Langzeitverträgen fort: die gesteigerte Verpflichtung zu Treu und Glauben – und entwickelt hieraus den Tatbestand des „Treupflichtverhältnisses“. Die Treupflicht sei als Korrelat für eine gesteigerte Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtssphäre des anderen Teils zu charakterisieren und wurzele damit weder in der zeitlichen Komponente von Dauerschuldverhältnissen noch ausschließlich in der Notwendigkeit zu Kooperation.153 Für das Handelsvertreterrecht beruft sich Wellenhofer auf die Handelsvertreterrichtlinie, die für beide Vertragsparteien eine Verpflichtung zur Treue statuiere – auf Seiten des Handelsvertreters wirke sie sich als Interessenwahrungspflicht, auf Seiten des Unternehmers als Unterstützungs- und allgemeine Rücksichtnahmepflicht aus.154 Geltungsgrund seien die Prinzipien von Einfluss und Verantwortung: Der Handelsvertreter gliedere sich bei weitgehender Unterworfenheit unter die Weisungen des Unternehmers in dessen Absatzsystem ein. Diese Konstellation sei auf das Franchising übertragbar, denn hier begebe sich der Franchisenehmer durch seine Eingliederung auch in eine wirtschaftliche Abhängigkeit, weshalb die Treupflicht den Ausgleich zur Systemherrschaft darstelle.155 Aus diesen Beispielen leitet Wellenhofer ihre Lehre von den Treupflichtverhältnissen her. Diese zeichneten sich durch drei Wesensmerkmale aus: Zum einen handele es sich in allen Fällen um Dauerschuldverhältnisse, die aber darüber hinausgehend Rahmenvertragscharakter haben müssen, d. h. das Pflichtenprogramm der Parteien könne bei Vertragsschluss nur abstrakt und nicht vollständig beschrieben werden, auch bedingt durch einen ständigen Anpassungsbedarf.156 An die Stelle einer 150

Joerges, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 11, 27. Martinek, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 662 ff., Rn. 81. 152 Joerges, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the law, 1991, 11, 66. 153 Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 579. Es handelt sich um einen Begründungsansatz zur Treupflicht, s. o. B. II. 3. b). 154 Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 577. 155 Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 578. 156 Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 580 f. 151

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detaillierten Regelung trete vielmehr ein laufendes Bestimmungsrecht einer Seite, im Falle des Franchising die Systemherrschaft des Franchisegebers.157 An dieser Stelle weist Wellenhofer darauf hin, dass solche Verträge von Macneil bereits als „relational contracts“ erkannt und bezeichnet worden sind.158 Zweites Wesensmerkmal von Treupflichtverhältnissen sei es, dass eine gemeinsame Organisationsaufgabe zwischen den Parteien als Vertragsinhalt vereinbart sei, die notwendig Kooperation erfordere.159 Drittes Wesensmerkmal sei – daraus ergebe sich auch die rechtliche Problematik – die gesteigerte Einfluss- und Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsund Interessensphäre des Vertragspartners, die sich beim Franchising durch die Systemherrschaft und Weisungsbefugnis ergebe und durch die wirtschaftliche Abhängigkeit des Franchisenehmers noch verstärkt werde.160 Die Treupflicht fungiere zum einen als notwendiges Korrektiv für die sich ergebenden Möglichkeiten des Machtmissbrauchs, zum anderen komme ihr die bei Rahmenverträgen notwendige Konkretisierungsfunktion bei der Bestimmung des vertraglichen Pflichtenprogramms zu – beim Fehlen konkreter Regelungen sowie im Falle von Anpassungsbedarf:161 „Als offener, aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis und den jeweiligen Umständen heraus zu interpretierender Tatbestand ist die Treupflicht in der Lage, die zeitliche Dimension, die allen Treupflichtverhältnisses zu eigen ist, flexibel zu bewältigen. Sie bietet ein Regulierungsinstrument, das dem Vertragsablauf dynamisch folgen kann und Raum lässt für die Anpassung der beiderseitigen Rechte und Pflichten an geänderte Umweltbedingungen wie auch für die Bewältigung interner Schwierigkeiten, gibt aber zugleich in Gestalt der gemeinsamen vertraglichen Zielsetzungen den dafür geltenden Maßstab vor.“162

Von diesen beiden konkreten Funktionen abgesehen, erfordere die Treupflicht ganz generell die loyale Zusammenarbeit im Rahmen der gemeinsamen Zweckverfolgung sowie gegenseitige Information und Verschwiegenheit.163 3. Zusammenfassung Prägend für die Entwicklung neuer Konzepte zu Langzeitverträgen waren, sowohl im englischen als auch im deutschen Recht, die relational contract theory des Amerikaners Ian R. Macneil, demzufolge das common law of contract mit der sozialen Wirklichkeit nicht Schritt halte könne und angepasst werden müsse. Das klassische Vertragsrecht gehe von der einmaligen und punktuellen discrete transaction aus, indem es die umfassende Festlegung aller relevanten Punkte im Zeitpunkt 157 158 159 160 161 162 163

Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 581. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 582. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 582. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 584 f. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 586 f. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 589. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 586.

I. Langzeitverträge

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des Vertragsschlusses fordere und den sozialen Kontext ausblende. Solche Tauschakte gebe es aber praktisch nicht, der Regefall seien vielmehr die relational contracts, die in eine Sozialbeziehung eingebettet seien und in denen neben dem Versprechen Gewohnheiten und Status als weitere Bindungsgründe existierten. Sie würden über einen längeren Zeitraum abgeschlossen und zeichneten sich u. a. durch eine offene Formulierung des Vertragstextes und das Erfordernis von Kooperation während der Durchführung aus. Diese Ideen sind in der englischen Literatur aufgegriffen worden – mehrheitlich mit der zustimmenden Einschätzung, dass das At arm’s length-Vertragskonzept nicht der Rechtswirklichkeit entspreche. Die Autoren betonen insbesondere die Bedeutung von Kooperation, die verstanden wird als eine im Konfliktfall erfolgende Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite. Collins zufolge kommt es nicht deshalb zu Kooperation, weil ein bestimmter Vertragstyp vorläge, sondern weil außerhalb des Vertrages liegende Umstände – namentlich die zwischen den Parteien bestehende Geschäftsbeziehung, die Quelle von Vertrauen sei – dies erforderten. Diese Verhaltensanforderungen müsse das Recht berücksichtigen, bspw. über eine Generalklausel zu Treu und Glauben. Dies fordert auch Brownsword, der die Möglichkeit eine größere Flexibilität des common law herbeizuführen auch durch Änderungen bei der Auslegungsmethodik und den Voraussetzungen zur implication of terms sieht. Die Einführung von good faith sei auch deshalb wichtig, weil es durch den Schutz vor Übervorteilung Voraussetzung für den Aufbau von Vertrauen sei. Ein weiterer Weg, der beschritten wurde, um Kooperationspflichten zu begründen, verläuft über die Erweiterung der fiduciary relationships, die dem Bereich der equity entstammen und die allerdings über eine Berücksichtigung des Fremdinteresses hinaus die absolute Unterordnung des Eigeninteresses erfordern. Voraussetzungen sind die Übertragung einer Aufgabe auf den Treuhänder, verbunden mit der Abgabe von Befugnissen durch den dadurch sich dem Opportunismus preisgebenden Treugeber. Auch in Deutschland, wo aufgrund des anerkannten Konzeptes vom Dauerschuldverhältnis und einer übergreifenden Verpflichtung zu Treu und Glauben der rechtliche Anpassungsbedarf geringer sein dürfte, sind die Ideen Macneils rezipiert worden. Zu nennen ist hier zum einen der Symbiotische Vertrag von Schanze, mit dem er ein komplexes, asymmetrisches vertragliches Arrangement beschreibt, das als solches auch berücksichtigt werden müsse. Zum anderen der Statusvertrag von Joerges, der in eine ähnliche Richtung weisend, die Abhängigkeit des Franchisenehmers thematisiert.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

II. Vertragsnetzwerke 1. Deutsches Recht a) Teubner: Netzwerk als Vertragsverbund aa) Phänomen des hybriden Netzwerks Teubner zufolge stellt das zunehmend zu beobachtende Auftreten von Unternehmensnetzwerken das Privatrecht vor bisher ungelöste Probleme, die weder das Vertrags- noch das Gesellschaftsrecht angemessen zu lösen in der Lage seien.164 Das Denken in den dichotomen Kategorien des Vertrages einerseits und der Personengesellschaft andererseits habe dazu geführt, dass Netze zumeist als eine Vielzahl von Einzelverträgen qualifiziert würden – unter Verkennung ihrer organisatorischen Besonderheiten.165 Evident sei dies bspw. bei Franchisesystemen, bei denen die zentralisierte Steuerung, die komplexe interne Abstimmung und das einheitliche Auftreten am Markt derart prägend seien, dass eine Einordnung als bloße vertragliche Koordination ihnen nicht gerecht werden könne.166 Derartige Phänomene qualifiziert Teubner in einem Beitrag167 aus dem Jahre 2001 als sog. hybride Netzwerke – der Blickwinkel ist hier weniger systemtheoretisch (s. hierzu oben168) als rechtssoziologisch. Das Format „Netzwerk“ selbst kennzeichnet er als einen „dritten Typus privater Koordination […], der weder auf Tausch noch auf Ressourcenzusammenlegung beruht, sondern auf konditioniertem Vertrauen“169. Die Vertrauensbeziehung könne sich aus vielfältigen Quellen speisen, wie persönlichen Beziehungen, Verwandtschaft sowie anderen Formen sozialer Interdependenz und sie sei verbunden mit der Erwartung wiederholter Interaktion.170 Im Wirtschaftsleben existierten hybride Gestaltungsformen, die sich dadurch auszeichneten, dass in ihnen Elemente aller drei Erscheinungsformen – Vertrag, Organisation, Netzwerk – miteinander vereint seien, aber nicht als bloße Mischung, sondern als „soziales Arrangement eigener Art“171. In diesem Fall käme es zur Überlagerung von den für Netzwerken typischen informalen Vertrauensbeziehungen einerseits mit einer formalen vertraglichen Einigung bzw. gesellschaftsrechtlichen Verfassung andererseits.172 164

Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 574. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 59. 166 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 61. 167 Teubner, Das Recht hybrider Netzwerke, ZHR 165 (2001), 550. 168 B. III. 4. a) cc), Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 190 bezeichnet Netzwerke als „autopoeitische Systeme höherer Ordnung“ „jenseits von Vertrag und Organisation“. 169 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 554. 170 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 555. 171 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 554. 172 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 561. 165

II. Vertragsnetzwerke

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Das Auftreten hybrider Netzwerke, d. h. von Netzwerken in enger Symbiose mit Gesellschaften oder Verträgen führt Teubner auf spezifische Anforderungen der Umwelt zurück, die er als „ambivalent, widersprüchlich oder paradox“ kennzeichnet.173 Teubner macht insbesondere zwei Quellen hierfür aus – es handelt sich um die gleichzeitige Forderung nach konkurrentem und kooperativem Verhalten einerseits, sowie nach individueller und kollektiver Handlungsorientierung andererseits.174 Gefordert werde demnach das simultane Befolgen der Handlungslogik des Marktes – Wettbewerb, Austausch, Autonomie – und zugleich derjenigen der Organisation – Kooperation, Hierarchie, gemeinsame Zweckverfolgung.175 Hybride Netzwerke seien in der Lage durch Verbindung dieser unterschiedlichen Handlungslogiken – „Co-opetition“ – die widersprüchlichen Handlungsanforderungen aufzulösen und durch die Kombination Wettbewerbsvorteile gegenüber den rein vertraglichen/organisationsrechtlichen Varianten zu erzielen.176 Je nachdem welche Ausgestaltung formal von den Akteuren gewählt worden ist, will Teubner die zwei Grundtypen „Organisationsnetzwerke“ und „Vertragsnetzwerke“ unterscheiden.177 Im Falle der letzteren konstituierten Verträge das primäre Verhältnis, deren Charakter auch beibehalten bleibe.178 Im Wege eines sog. re-entry würden allerdings als sekundäres Verhältnis kooperative und hierarchische Strukturen eingeführt, die in einer Anpassung des Primärverhältnisses als Rahmen resultierten.179 Hybride Netzwerke sind aus Teubners Sicht nicht nur geeignet widersprüchliche Umweltanforderungen miteinander in Einklang zu bringen, sondern sie weisen darüber hinaus auch ein optimales Mischungsverhältnis von Varietät einerseits und Redundanz andererseits auf. Mit Varietät, die in größtmöglichem Ausmaß in kurzfristigen Austauschverträgen auftauche, soll die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Elemente eines Systems beschrieben werden; mit Redundanz, die in Organisationen groß sei, hingegen das Ausmaß, in dem in Kenntnis einiger Elemente der Schluss auf weitere Systemfaktoren möglich ist.180 Durch den re-entry von Elementen der jeweils anderen Handlungslogik seien hybride Netzwerke in der Lage die Vorteile von Varietät – Flexibilität, Innovationskraft – mit denjenigen der Redundanz – Kohärenz, Langfristorientierung – zu verbinden.181

173 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 562; zum Ganzen auch: Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 71 ff. 174 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 564. 175 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 564. 176 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 564. 177 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 565. 178 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 565. 179 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 565. 180 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 89. 181 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 89.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

Auch das verstärkte Auftreten von Franchisenetzwerken könne hiermit erklärt werden: Sie seien der erfolgreiche Versuch, durch die Einfügung von organisatorischen Elementen die Redundanz in marktgesteuerten Vertragsbeziehungen zu steigern. Rein vertragliche Beziehungen böten einem Franchisegeber nicht genügend Anreiz für Aufbau und Steuerung einer flächendeckenden Vertriebsorganisation, die für ein einheitliches Auftreten nach außen, den Aufbau einer Marke und zentrale Werbung erforderlich seien.182 Zudem gebe es keine ausreichenden Möglichkeiten um gegen opportunistisches Verhalten von Franchisenehmern vorzugehen und Informationsasymmetrien bezüglich der Gegebenheiten in den einzelnen Franchisebetrieben sei unvermeidlich.183 Um diese Formen des Vertragsversagens zu verhindern, müssten in den Vertrag hierarchische Elemente integriert werden, welche Kontrollen ermöglichten, durch Koordinationspflichten Informationsasymmetrien abbauten und damit insgesamt die Anreizsituation verbesserten.184 bb) Rechtliche Behandlung von Netzwerken Teubner zufolge sollten Netzwerke als Rechtsinstitute eigener Art weiterentwickelt werden – ähnlich der Vorgehensweise im Falle von Konzernen, die in vergleichbarer Weise Elemente der individuellen und kollektiven Handlungsorientierung in sich aufnehmen.185 Aufgrund der formalen Entscheidung für die Handlungsform des Vertrages sei für Vertragsnetzwerke der richtige Ausgangspunkt das Vertrags- (und nicht etwa das Verbands-)recht aus dem heraus ein „Vertragsorganisationsrecht“ zu entwickeln sei.186 In seinem Beitrag „Netzwerk als Vertragsverbund“ greift Teubner hier auf die Grundlegungen von Gernhuber zurück, der im Jahre 1973 erstmals Ideen zu einem rechtsgeschäftlichen Verbund entwickelte. Gernhuber entwickelte eine Lehre von den Vertragsverbindungen187, deren Grundlage ein Finalnexus zwischen den einzelnen Verträgen ist, was bedeutet, dass sie zur Verwirklichung eines bestimmten Zweckes ihrem Inhalt nach wechselseitig aufeinander bezogen sind.188 Eine solche Verbindung liege nicht erst dann vor, wenn zwischen allen Beteiligten ein mehrseitiger Vertrag abgeschlossen werde, sondern als Zwischenstufe zwischen einem solchen einerseits und unverbundenen Schuldverhältnissen andererseits bereits dann, wenn die Leistungsprogramme zweier Verträge derart aufeinander bezogen seien, dass die jeweiligen Erfüllungsansprüche 182

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 92. Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 202. 184 Teubner, in: Krohn/Küppers (Hrsg.), Emergenz, 1992, 189, 202; Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 92. 185 Teubner, ZHR 165 (2001), 550, 575; Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 86. 186 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 101. 187 s. o. B. III. 5. a) bb). 188 Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 469 f. 183

II. Vertragsnetzwerke

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voneinander abhingen.189 Allerdings sind diese Ausführungen nur auf den finanzierten Abzahlungskauf bezogen, der heute in §§ 358, 359 BGB ganz im Sinne Gernhubers als „verbundener Vertrag“ kodifiziert ist. Teubner bezieht sich in seinem Werk „Netzwerk als Vertragsverbund“ auf die Ideen Gernhubers zum rechtsgeschäftlichen Verbund beim finanzierten Abzahlungskauf – und erkennt einen eindeutigen „Generalisierungsüberschuss“.190 Obwohl es zwischen finanzierten Erwerbsgeschäften und den von ihm untersuchten Franchisenetzwerken auch Unterschiede gebe, bspw. im Hinblick auf die Ausgestaltung des Kundenkontaktes – im Netzwerk bestehe ein solcher – im Gegensatz zum finanzierten Kauf – nur zu einem Netzteilnehmer, gebe es doch hinreichende Gemeinsamkeiten: Zuvorderst sei hier die Zweckstruktur anzuführen.191 Zwischen den Parteien werde durch den übergreifenden ,Finalnexus‘ ein Verbund hergestellt, ohne dass ein multilateraler Vertrag geschlossen werde.192 In seinen Vorschlägen für die rechtliche Behandlung von (hybriden) Netzwerken entfernt sich Teubner jedoch deutlich von den Ideen Gernhubers, und, da diese am synallagmatischen Schuldverhältnis anknüpfen, vom überkommenen Vertragsrecht ganz allgemein. Netzwerke zeichneten sich durch einen „doppelten Auslösetatbestand“ aus: zu den, wie üblich bei Verträgen, festgelegten Leistungsverpflichtungen, trete der Finalnexus hinzu, durch den der Verbund erst entstehe.193 Der „Mehrwert“ der Doppelkonstitution bestehe aus den folgenden drei Tatbestandsmerkmalen: „(1) wechselseitige Verweisungen der bilateralen Verträge aufeinander, im Leistungsprogramm und/oder in der Vertragspraxis (,Mehrseitigkeit‘), (2) ein inhaltlicher Bezug auf das gemeinsame Projekt des Vertragsverbunds (,Verbundzweck‘), (3) eine rechtlich relevante enge Kooperationsbeziehung zwischen den Verbundbeteiligten (,wirtschaftliche Einheit‘)“.194

Mit diesen Tatbestandsmerkmalen werde der Versuch unternommen, das „soziale Spezifikum der Vernetzung von Verträgen“ – das sich einer Einordnung in Rechtskategorien weitgehend entziehe – juristisch zu fassen.195 Das Merkmal der Verweisung des einen bilateralen Vertrages auf die anderen ähnele einer Bezugnahme auf AGB; es werde hierdurch beim Eintritt die Akzeptanz des Gesamtsystems, des Netzwerks mit seiner institutionellen Eigenlogik, gefordert.196 Mit dem zweiten Tatbestandsmerkmal des Verbundzweckes, auf den bei Vertragsschluss 189 190 191 192 193 194 195 196

Gernhuber, in: FS Larenz, 1973, 455, 473. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 105. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 106 f. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 106. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 115. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 117. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 122 f. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 124.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

Bezug genommen wird, verpflichten sich die neuen Netzteilnehmer auf die Förderung des gemeinsamen Projektes, die neben der Verfolgung eigener Zwecke steht.197 Die als drittes geforderte wirtschaftliche Einheit, die sich in enger Kooperation ausdrückt, bilde sich als „spontanes Ordnungsgefüge“ aus den mehrseitigen Netzbeziehungen.198 Die Voraussetzungen für eine Einordnung als Netzwerk erfüllten auch Franchisesysteme.199 Die Netzwerken eigene Doppelorientierung muss Teubner zufolge ihre Resonanz in den im Innen- und Außenverhältnis anzuwendenden Rechtsfolgen finden.200 Geeignet sei hierfür eine „selektive Doppelzurechnung“ auf Vertragspartner und auf Verbund in Form einer kumulativen – d. h. auf beiden Netzebenen –, einer alternativen – d. h. nur auf einer Netzebene – oder einer komplementären – d. h. durch Teilzurechnungen auf die verschiedenen Netzebenen – Zurechnung.201 Die Notwendigkeit – und die Möglichkeit – der Doppelzurechnung auf den Vertragspartner als individuellen und/oder das Netzwerk als korporativen Akteur sei der entscheidende Unterschied zum Vertrag einerseits, in dem eine Zurechnung immer nur zu einer der Parteien erfolge und zur Organisation andererseits, in der die juristische Person hafte.202 Wichtige Rechtsfolge des Netzwerkes sei es zudem, dass mit dem Abschluss der Einzelverträge „uno actu verbundbezogene Rechtsbeziehungen“ auch zwischen solchen Netzbeteiligten zustande kämen, zwischen denen kein gegenseitiger Vertrag geschlossen wurde.203 Dies sei „ein zwingendes Erfordernis der Handlungslogik der Netzwerke, die vom Recht zu beachten“ sei.204 Aus der Sicht von Teubner stellen Netzwerke damit eine Kombination von mehreren zweiseitigen Verträgen und „einer multilateralen Sonderverbindung zwischen allen Netzteilnehmern“ dar.205 Geradezu konstitutiv für Unternehmensnetzwerke sei es, dass zwischen den Einzelverträgen und denjenigen Rechtsbeziehungen, die nicht vertraglicher Natur sind, ein genetischer Zusammenhang bestünde.206 Eine wechselseitige Abhängigkeit der bilateralen Verträge im ihrem Bestand, so wie Gernhuber es für den genetischen Verbund vorsieht, komme bei Netzwerken allerdings in der Regel nicht in Betracht.207

197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 124. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 125. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 117 f. s. u. D. I. 2. c) aa). Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 129. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 129. Teubner, KritV 76 (1993), 367, 382 f. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 132 f. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 133. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 134. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 134. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 131.

II. Vertragsnetzwerke

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b) Heermann: Synallagmatisches Triallagma Peter W. Heermann entwickelt in seiner Habilitation zu Drittfinanzierten Erwerbsgeschäften208 die Idee des sog. synallagmatischen Triallagmas, wobei dieses dem Gernhuber’schen Konzept vom rechtsgeschäftlichen Verbund ähnelt. Untersuchungsgegenstand sind vertragliche Gestaltungen, die sich durch eine Verknüpfung von zwei bilateralen Verträgen auszeichnen, von denen einer dem Austausch eines Produkts und der andere der Finanzierung eben dieser Transaktion dient.209 In solchen Fällen müsse laut Heermann das Relativitätsdogma der Vertragstheorie zum Zwecke der sachgerechten Erfassung dieser neuen Erscheinungen durchbrochen werden – dies aber unter möglichst schonendem Umgang mit Altbewährtem. So greift er auf eine Grundfigur des Vertragsrechts, das Synallagma zurück, die besagt, dass vertragliche Verpflichtungen im Verhältnis der Wechselseitigkeit zueinander stehen210 und die durch die Ermöglichung der Beteiligung von Dritten am Schuldverhältnis bereits eine Aufweichung erfahren hat.211 Die dann bestehende do ut tertio des-Beziehung müsse, um drittfinanzierten Erwerbsgeschäften rechtsdogmatisch beizukommen, lediglich um die damit verknüpfte Leistungsverpflichtung des Dritten im Sinne eines do ut tertio des ut tertius mihi det-Rechtsgeschäftes erweitert werden.212 Eine derartige Verbindung von zwei Verträgen bezeichnet Heermann als synallagmatisches Triallagma: „Dieses liegt vor, wenn bei einem ringförmigen Leistungsaustauch im Sinne des do ut des ut det der Leistungsverpflichtung jedes Leistungserbringers ein entsprechender Anspruch des jeweiligen Zuwendungsempfängers gegenübersteht. Zugleich muss jede Partei den Gegenwert für ihre Leistung dadurch anstreben, dass sie deren Empfänger im ,Gegenzug‘ zu einer Leistung an den Dritten veranlasst, der deshalb seinerseits der ersten Partei die Gegenleistung erbringt.“

Ein Beispiel hierfür entnimmt er dem Kreditkartengeschäft, in dem es drei Beteiligte gebe: das Kartenunternehmen, den Vertragshändler und den Karteninhaber. Im sog. Vollzugsverhältnis verpflichte sich das kartenausgebende Kreditinstitut gegenüber dem Vertragshändler regelmäßig die diesem aus dem Kreditkarteneinsatz entstehenden Forderungen zu vergüten.213 Im zwischen dem Händler und dem Karteninhaber bestehenden Valutaverhältnis verpflichte sich der Händler zur Übereignung und Übergabe des Kaufgegenstandes.214 Der Karteninhaber sei wie208 Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte, Entwicklung der Rechtsfigur des trilateralen Synallagmas auf der Grundlage deutscher und U.S.-amerikanischer Rechtsentwicklungen, 1998. 209 Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte, 1998, S. 95. 210 Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte, 1998, S. 95. 211 Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte, 1998, S. 145. 212 Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte, 1998, S. 145. 213 Heermann, KritV 2006, 173, 174. 214 Heermann, KritV 2006, 173, 174.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

derum seinem kartenemittierenden Institut gegenüber im Deckungsverhältnis zur monatlichen Begleichung seiner getätigten Umsätze verpflichtet.215 Die Leistungen stünden damit zueinander in einem Verhältnis des do ut des ut det bzw. genauer gesagt do ut tertio des ut tertius mihi det216 – frei übersetzbar mit: Ich gebe, damit du dem Dritten gibst, damit der Dritte mir gibt. Die aus den beiden trilateralen Verträgen entstehenden Leistungspflichten könnten in zwei Gruppen eingeteilt werden: Zum einen gebe es die Hauptleistungspflichten, die vom trilateralen Synallagma erfasst seien; zum anderen exisitierten die übrigen Haupt- und Nebenleistungspflichten, die innerhalb der zweiseitigen Verhältnisse verbleiben würden.217 Nur in dem Fall, dass eine trilateral-synallagmatische Leistungspflicht von einem Unwirksamkeitsgrund betroffen sei, wirke sich dies auf das gesamte dreiseitige Rechtsgeschäft aus.218 In einem späteren Beitrag ordnet Heermann das trilaterale bzw. multilaterale Synallagma in das Recht der Vertragsverbindungen ein: Es handele sich um einen Teilbereich derselbigen.219 Bspw. seien die Verhältnisse der Beteiligten bei einer Banküberweisung als Netzwerk einzuordnen, es bestünde jedoch keine multilateralsynallagmatische Verknüpfung zwischen ihnen, weil die jeweils weiterüberweisende Bank mit der Weiterleitung des Betrages lediglich eine Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden erfüllte; eine solche bestünde hingegen nicht im Verhältnis zum Anweisungsempfänger.220 So konstatiert Heermann, dass je größer die Zahl der an einem Netzwerk Mitwirkenden sei, umso geringer die Wahrscheinlichkeit einer Kette snallagmatisch verknüpfter Leistungspflichten sei.221 Bei Anwendung dieser Kriterien auf Franchisenetzwerke wird deutlich, dass es sich nicht um multilaterale, synallagmatische Rechtsverhältnisse handelt. Die einzelnen Verträge, die der Franchisegeber mit seinen Partnern jeweils schließt, sind nicht in der beschriebenen Art und Weise miteinander verbunden – es bestehen keine Leistungspflichten der Franchisenehmer untereinander. c) Rohe: Netzvertrag Die Idee eines Netzvertrages – auch als Verbundvertrag bezeichnet – entwickelte Möschel, Rohes Lehrer, erstmals in seinem Beitrag „Dogmatische Strukturen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs“222. Zwar beruhten unbare Zahlungsvorgänge auf 215 216 217 218 219 220 221 222

Heermann, KritV 2006, 173, 174. Heermann, KritV 2006, 173, 174. Heermann, KritV 2006, 173, 312. Heermann, KritV 2006, 173, 312. Heermann, KritV 2006, 173, 188. Heermann, KritV 2006, 173, 177. Heermann, KritV 2006, 173, 181. Möschel, AcP 186 (1986), 187.

II. Vertragsnetzwerke

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einer Kette von zwischen selbständigen Gliedern geschlossenen Einzelverträgen, diese Verträge fügten sich jedoch zu einem Gesamtsystem zusammen, von dem sie auch abhängig seien.223 Ein neues Mitglied werde durch Anschluss an das Verbundsystem Vertragspartner eines alle miteinander vertraglich verbindenden Netzvertrages, der die darüber hinaus bestehenden bipolaren Vertragsstrukturen überlagere.224 Der Netzvertrag zeichne sich durch einen sog. „einheitlichen“ Zweck aus, nämlich im Falle des bargeldlosen Zahlungsverkehrs die Zahlungsdurchführung, ohne dass dieser die Anforderungen an einen gemeinsamen Zweck im Sinne des § 705 BGB erfüllte.225 Dieser Zweck müsse auch bei der Auslegung der Einzelverträge berücksichtigt werden, wenn bspw. bei einer etwaigen AGB-Kontrolle eine Bestimmung untersucht würde, die die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems betreffe.226 Darüber hinaus ziehe der Netzvertrag aber auch eine Überschreitung der Grenzen der individualistischen Vertragsverhältnisse nach sich: in Form von Direktansprüchen, indem bspw. der Widerruf einer Überweisung nicht entlang der Kette der Einzelverträge zu erfolgen habe, sondern direkt gegenüber dem ausführenden Mitglied erfolgen könne.227 Hierdurch würden keine neuen Pflichten geschaffen, sondern lediglich Identität zwischen Verpflichtetem und Anspruchsberechtigtem hergestellt.228 Möschel – der eine Anwendung seiner neuen dogmatischen Figur jenseits des unbaren Zahlungsverkehrs auf Absatzmittlungssysteme bereits andenkt – fasst den Netzvertrag als eine vierte Kategorie auf, die neben den Grundformen der Verträge, die sich entweder durch Interessengegensatz, Interessenwahrung oder Interessenverbindung auszeichneten, stehe.229 Sein Schüler Rohe hat in seiner Habilitation „Netzverträge“ diese Ideen ausgebaut: Zum einen durch eine Verortung des Netzvertrages innerhalb der Rechtsgeschäftslehre, zum anderen indem er neben dem bargeldlosen Zahlungsverkehr auch andere Verbundsysteme untersucht und diese in solche mit dezentralem Charakter und solche mit zentralen, d. h. hierarchischen Strukturen, unterteilt. Den letzteren ordnet er auch Franchisesysteme zu. Daneben arbeitet Rohe abstrakte Strukturprinzipien der von ihm untersuchten Geschäfte heraus: Sie alle hätten die Durchführung von sekundären Transaktionen zum Inhalt, die der möglichst kostengünstigen Ausführung einer für alle geltenden Primärtransaktion dienten.230 Die kostensenkenden Effekte ergäben sich aus der Standardisierung und häufigen Wiederholung der Sekundärtransaktionen, sie erforderten jedoch ein intensives Kooperieren

223 224 225 226 227 228 229 230

Möschel, AcP 186 (1986), 187, 211. Möschel, AcP 186 (1986), 187, 211. Möschel, AcP 186 (1986), 187, 222. Möschel, AcP 186 (1986), 187, 211. Möschel, AcP 186 (1986), 187, 211. Möschel, AcP 186 (1986), 187, 222. Möschel, AcP 186 (1986), 187, 223. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 66.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

der ansonsten selbständigen Netzmitglieder.231 Es handele sich um eine „Form nur partieller gegenseitiger Interessenwahrung“232, die lediglich in Bezug auf solche Vertragselemente vorliege, welche die Kostenvorteile beträfen – insoweit könne von einem einheitlichen Netzzweck gesprochen werden, der soweit er reiche, die Einzelverträge zum Netzvertrag zusammenschließe.233 Der Netzvertrag selbst soll folgendermaßen zustande kommen: „Der Anschluss an den bestehenden Netzvertrag erfolgt durch Vertrag mit dem bereits angeschlossenen unmittelbaren Kontrahenten, welcher gleichzeitig von allen Netzbeteiligten dazu bevollmächtigt ist, auch mit Wirkung für sie selbst zu kontrahieren. Beispiele sind der ,Netzanschluss‘ durch Eröffnung eines Girokontos oder Einreichung eines Schecks, oder der Abschluss eines Franchisevertrages, auf dessen Grundlage dann im einzelnen gehandelt wird. Mit dem Abschluss erteilt auch der neue Netzbeteiligte eine entsprechende Bevollmächtigung an die gegenwärtigen und künftigen Netzbeteiligten.“234

Den Willen zum Abschluss eines Netzvertrages entnimmt Rohe – mangels expliziter Äußerung – der objektiven Interessenlage, die, ausgehend von ökonomisch rational handelnden Akteuren, den Zusammenschluss zum kostensenkenden Netzvertrag als zwingend erscheinen lässt.235 Dass hierdurch eine Vielzahl von Vertragsbeziehungen entstünden, die unter Umständen nie zum Einsatz kommen, sei unschädlich, da sie keine Primäransprüche, sondern lediglich Sekundäransprüche bei Leistungsstörungen beinhalteten.236 Auch Rohe will daher, wie Möschel, Direktansprüche über den Netzvertrag, d. h. gegen andere Beteiligte als den unmittelbaren Vertragspartner, ermöglichen – bspw. im Falle des Widerrufs von Überweisungen.237 Daneben entfaltet seiner Auffassung zufolge der Netzverbund Binnenwirkungen auf das Pflichtenprogramm der Einzelverträge, bspw. durch eine Modifikation von Warn- und Schutzpflichten und durch anhand des Netzzweckes veränderte Maßstäbe bei der AGB-Kontrolle.238 In diesen Wirkungen des Netzvertrages unterscheidet Rohe grundlegend zwischen dezentralen und zentralen (hierarchischen) Netzverträgen. Dezentrale Netze – hierunter rechne der bargeldlose Zahlungsverkehr oder auch der mehrstufige Gütertransport – zeichneten sich dadurch aus, dass neben den Anbietern auch die Abnehmer, die außerhalb des Verbundsystems stünden, Einfluss auf das Gelingen der Transaktion hätten.239 Beispiel hierfür seien das sorgfältige Ausfüllen eines Über231 232 233 234 235 236 237 238 239

Rohe, Netzverträge, 1998, S. 66. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 67. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 492. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 492. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 167. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 171. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 198 ff. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 204 ff. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 494 f.

II. Vertragsnetzwerke

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weisungsträgers oder die gewissenhafte Verpackung der aufzugebenden Ware.240 Sorgfaltspflichten treffen daher auch die Abnehmer, sie werden gleichsam Teil des Netzes. Bei zentralen bzw. hierarchischen Netzverträgen soll dagegen der Netzzweck am Rand des Verbundsystems enden – die Abnehmer verfolgten ihn nicht, die Leistung würde hier als fertiges Gesamtpaket angeboten.241 Die Rechtsfolge der Entstehung von Direktansprüchen soll nach Rohe nicht in zentralen Netzverträgen gelten, es solle hier beim Sternennetz bleiben, ein Spinnennetz entstünde nicht.242 Die spezifische Wirkung des Netzvertrages beschränke sich damit auf „eine netzspezifische, inhaltlich übergreifende Wechselwirkung zwischen den einzelnen ,Strahlen‘ des Sternnetzes (den Verträgen zwischen Zentrale und anderen Transaktionsbeteiligten)“.243 d) Wellenhofer: Netzzweck und Schutzpflichten In ihrem Beitrag „Drittwirkung von Schutzpflichten im Netz“ beantwortet Marina Wellenhofer die Frage nach neuem rechtlichen Handlungsbedarf für Netzwerke ablehnend, betont jedoch: „Das heißt aber nicht, dass das Recht das Phänomen von Vertragsnetzen ignorieren sollte. Im Gegenteil: Die Aufgabe heißt vielmehr, netzspezifische Besonderheiten zu erkennen, um sie bei der Vertragsauslegung, Pflichtenbestimmung und AGB-Kontrolle angemessen berücksichtigen zu können, soweit dies notwendig erscheint, um die gegebenen Interessenstrukturen hinreichend erfassen zu können.“244

Die Interessenlage der Parteien erachtet Wellenhofer als Spezifikum des Vertragsnetzes, weshalb dieses „zumindest der äußeren Erscheinung nach eine neue Kategorie zwischen Markt und Hierarchie“ darstelle.245 Das Vertragsnetz bewege sich, ähnlich wie die Gesellschaft, im Spannungsverhältnis zwischen Systembindung und Eigenzweckverfolgung, im Gegensatz zu dieser sei aber das Verhältnis von Eigen- und Fremdnützigkeit reziprok.246 Im Vordergrund stehe – hierauf sei auch der Wille des Eintretenden gerichtet – die Durchführung des vereinbarten Leistungsaustauschs und die eigene Gewinnmaximierung, d. h. der Interessengegensatz. Daneben trete jedoch der sog. Netzzweck, dessen Erreichung Abstimmung untereinander und Kooperation erfordere.247

240 241 242 243 244 245 246 247

Rohe, Netzverträge, 1998, S. 495. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 495. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 389, 495. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 495. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 190. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

Der Netzzweck, der „mehr oder weniger ausdrücklich zum Inhalt aller Verträge gemacht“ werde, zeitige Wirkungen bei der Bestimmung des Pflichtenprogramms der einzelnen Verträge – er könne netzspezifische Neben- und Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB generieren, auch ohne eine entsprechende Vereinbarung.248 Insoweit beschäftigt sich Wellenhofer in erster Linie mit Kooperationspflichten (die Loyalität oder die Systemförderung erfordern) sowie mit Informations-, Hinweisund Warnpflichten.249 Entscheidend ist die Schlussfolgerung von Wellenhofer, dass die Erzeugung neuer Pflichten nur im Verhältnis von vertraglich miteinander verbundenen Beteiligten denkbar ist, nicht hingegen gegenüber dritten Netzteilnehmern.250 Eine „Drittwirkung von Schutzpflichten“ lehnt sie daher, anders als der Titel es vermuten lässt, ab – „Drittwirkung“ besteht nur insofern, als „der Netzkontext die vertraglichen Schutzpflichten in spezifischer Weise ausformt“.251 Aus diesem Grund kommen für Wellenhofer auch vertragliche oder vertragsähnliche Schadensersatzansprüche im Falle eines vertragswidrigen Verhaltens für Geschädigte, die zwar Netzmitglieder, jedoch nicht Vertragspartner sind, nicht in Betracht.252 Denkbar seien hier in Ausnahmefällen lediglich – da es sich um Vermögensschäden handelt, die nicht von § 823 Abs. 1 BGB erfasst würden – deliktische Ansprüche aus § 826 BGB, der eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung voraussetzt.253 Hiermit dürfe aber zum einen nicht die vertragliche Risikoverteilung unterlaufen werden und zum anderen dürften keine „diffusen Schäden erfasst werden, die in einer schwer messbaren Form bei einer Vielzahl von Personen eintreten“.254 Wellenhofer erscheint die Einhaltung dieser Grenzen, damit das Bestehen von Ansprüchen, im Falle von Vertragsnetzen – auch unter Verweis auf die Rechtsprechung, die § 826 BGB häufig in Drei- und Mehrpersonen herangezogen habe – grundsätzlich möglich.255 e) Grundmann: Dogmatik der Vertragsnetze Stefan Grundmann zufolge bilden Vertragsnetze das „Rückgrat marktwirtschaftlicher Wertschöpfung“ – sie seien sowohl auf der Ebene der Produktion, in der Form von Zulieferverträgen, als auch auf derjenigen des Absatzes, bspw. über den Groß- und Einzelhandel oder Franchisesysteme, unentbehrlich.256 Das Spezifikum der Vernetzung von Verträgen fasst er folgendermaßen: 248 249 250 251 252 253 254 255 256

Wellenhofer, KritV 2006, 187, 191. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 192 ff. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 206. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 206. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 206. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 203 ff. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 205. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 206. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 721 f.

II. Vertragsnetzwerke

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„Charakteristisch für das Vertragsnetz ist es jedenfalls, dass eine Mehrheit von Verträgen aus Sicht der Parteien dergestalt miteinander verknüpft erscheint, dass die Verträge nur im Verbund den von allen Beteiligten gewünschten Erfolg gewährleisten. Charakteristisch ist also, dass die Parteien diese Verträge jedenfalls in diesem Umfang bewusst verknüpfen, obwohl sie gerade nicht alle untereinander Verträge abschließen.“257

Hierfür werde teilweise der Begriff „Netzzweck“ verwendet, der aber jedenfalls von einem gemeinsamen Zweck i. S. v. § 705 BGB abgegrenzt werden müsse.258 Die sich im Zusammenhang mit Vertragsnetzen stellenden Rechtsfragen unterteilt er in zwei Gruppen:259 Sie beträfen erstens den Problemkreis der Direktansprüche zwischen vertraglich nicht miteinander verbundenen Netzteilnehmern. Zweitens gehe es um Modifikationen in den Einzelverträgen als etwaige Folge von deren Einbindung in ein Vertragsnetz. Entscheidend für Grundmann ist – zum Zwecke der Schaffung von Akzeptanz und Rechtssicherheit – dass ein Recht der Vertragsnetze anhand der vorhandenen vertragsrechtlichen Dogmatik, d. h. unter Rückgriff auf gesetzgeberische Wertungen, anerkannte dogmatische Figuren und ständige Rechtsprechung behutsam zu entwickeln ist.260 Das deutsche Recht könne, auch hervorgebracht durch sein vergleichsweise enges deliktsrechtliches System, eine breite Basis von Normen und dogmatischen Figuren mit Drittbezug vorweisen.261 aa) Keine Direktansprüche Schlüsselentscheidung für Grundmann im Umgang mit Vertragsnetzen ist die grundsätzliche Ablehnung von Ansprüchen zwischen Netzbeteiligten, die vertraglich nicht miteinander verbunden sind, die demnach die Vertragsgrenzen allein aufgrund der Tatsache der Netzeinbindung überspringen würden.262 Ansprüche seien „entlang der Kette“, von Vertragspartner zu Vertragspartner zu verfolgen – dies sei „von vergleichbar grundsätzlicher Bedeutung wie der Vorrang der Leistungskondiktion vor der Nichtleistungskondiktion“.263 Diese Lösung nehme nicht nur Rücksicht auf die inhaltliche Gestaltungsfreiheit der Parteien, sondern sie sei als Grundentscheidung auch der Vertragsrechtsdogmatik zu entnehmen: Bereits im Jahre 1911 habe die höchstrichterliche Rechtsprechung im sog. Linoleumrollenfall264 eine Tendenz hin zur Abwicklung entlang der vertragli-

257 258 259 260 261 262 263 264

Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 720. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 720. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 723 f. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 732. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 733. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 735. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 737. RGZ 78, 239.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

chen Verhältnisse erkennen lassen, die sich in der Entscheidung BGHZ 51, 91265 mit der Ablehnung eines Direktanspruches gegen den Hersteller manifestiert habe.266 Auch die gesetzgeberischen Wertungen jüngeren Datums, namentlich in den §§ 478, 767b, 767c BGB gingen in dieselbe Richtung. Sie verdeutlichten nicht nur, dass vertragsrechtliche Ansprüche nur zwischen Vertragspartnern bestünden und eine Abwicklung entlang der Vertragsketten erfolgen müsse, sondern darüber hinaus auch die Anerkennung der Relevanz von Vernetzung bei der Regelbildung, bspw. um Regressfallen zu verhindern.267 Ausnahmen von dieser Regel kämen nur dann in Betracht, wenn der Dritte, gegen den sich der Anspruch richten soll eine zusätzliche „Leistung“ angeboten habe, die über die des Vertragspartners hinausgehe.268 Als normatives Vorbild hierfür führt Grundmann § 311 Abs. 3 BGB an, der die bekanntesten Direktansprüche in Vertragsnetzen, nämlich die im Rahmen der zivilrechtlichen Prospekthaftung regele.269 Nach dieser Norm ist für die Entstehung eines Schuldverhältnisses, das Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB nach sich zieht, die Inanspruchnahme von Vertrauen in besonderem Maße erforderlich. bb) Berücksichtigung im Einzelvertrag über Generalklauseln Die Tatsache, dass ein Vertrag zur Erreichung eines bestimmten Ziels mit anderen Verträgen verknüpft ist, lässt daher nach Grundmann keine extraregulären Ansprüche entstehen, sondern führt (lediglich) zu Modifikationen im Vertragsverhältnis selbst.270 Dieser Netzzweck, den die Parteien übereinstimmend annehmen, der jedoch nicht die Qualität eines gemeinsamen Zweckes i. S. d. § 705 BGB erreiche, könne rechtstechnisch über die Generalklauseln Berücksichtigung finden – auf ganz ähnliche Weise wie die Grundrechte im Privatrecht mittelbare Drittwirkung entfalteten.271 Als solchermaßen geeignete Generalklauseln kommen nach Grundmann insbesondere das Institut vom Wegfall der Geschäftsgrundlage, geregelt in § 313 265 Sog. Hühnerpestentscheidung, BGHZ 51, 91, 93: „Grundsätzlich kann auf Grund eines Vertrages nur der den Ersatz eines Schadens verlangen, bei dem der Schaden tatsächlich eingetreten ist und dem er rechtlich zur Last fällt. Tritt der Schaden bei einem Dritten ein, so haftet ihm der Schädiger – von besonderen Ausnahmen abgesehen (vgl. § 618 Abs 3 mit §§ 844, 845 BGB) – nur nach Deliktsrecht. Diese Unterscheidung zwischen begünstigter Vertragshaftung und begrenzter Deliktshaftung gehört zum System des geltenden Haftungsrechts und ist nicht nur ein theoretisches Dogma.“ Und weiter S. 96: „[…] dass die Haftung aus einem Vertrag grundsätzlich an das Band geknüpft ist, das den Schuldner mit seinem Partner verbindet. Andernfalls besteht die Gefahr, daß der Schuldner das Risiko, das er bei Abschluß eines Vertrages eingeht, nicht mehr einkalkulieren kann.“ 266 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 735, 766. 267 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 735, 766. 268 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 738, 766. 269 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 738. 270 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 740. 271 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 740.

II. Vertragsnetzwerke

135

BGB und die AGB-Inhaltskontrolle, namentlich über den Tatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Betracht.272 Auch das Institut der ergänzenden Vertragsauslegung könne, da es stets um Probleme unvollständiger Verträge gehe, herangezogen werden.273 Als Geschäftsgrundlage i. S. v. § 313 Abs. 1 BGB könne bei Vertragsnetzen der Netzzweck subsumiert werden, denn die Rechtsprechung gehe davon aus, dass es sich um solche Umstände handele, die ohne selbst Vertragsinhalt zu werden, beim Vertragsschluss als gemeinsame Vorstellungen zutage getreten seien und auf denen der Geschäftswille gründe.274 Als Tatbestandsmerkmale kämen hinzu, dass die Geschäftsgrundlage sich so schwerwiegend verändert habe, dass die Parteien den Vertrag (so) nicht geschlossen hätten und ein Festhalten am Vertrag für die belastete Partei unzumutbar sei. Letzteres hänge zunächst von der vorgenommenen Risikoverteilung ab und in Ermangelung einer solchen von der Vorhersehbarkeit, daneben auch von zusätzlichen Kriterien wie einer etwaigen Ausweichmöglichkeit und der Verursachungsverantwortung.275 Auf diese Weise könne der Netzzweck angemessen berücksichtigt werden, denn einerseits seien die Hürden für eine Vertragsanpassung hoch genug, so dass keine Überbewertung erfolge, andererseits werde in Fällen krasser Störungen des Netzzwecks oder aber auch völlig unerwarteter Produktivität eine Auswirkung auf den Vertrag ermöglicht.276 Auch im Wege der AGB-Inhaltskontrolle könne der Netzzweck bei der Prüfung der Wirksamkeit einzelner Klauseln Berücksichtigung finden. Franchiseverträge seien als Innominatverträge an § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu messen, wonach eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders im Zweifel vorliegt, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.277 Leitbild hierfür sei in erster Linie die Kautelarpraxis, unter Umständen aber auch dasjenige, was die Parteien im Falle einer Ausverhandlung der Frage vereinbart hätten.278

272 273 274 275 276 277 278

Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 741 ff., 747 ff. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 766. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 742, 743. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 744 f. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 742. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 747. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 748.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

2. Englisches Recht a) Brownsword/Adams: Network contract aa) Privity of contract und consideration John N. Adams und Roger Brownsword erachten die Überwindung der sog. privity of contract-Doktrin als schwierigste Hürde bei der Entwicklung einer Dogmatik der vertraglichen Netzwerke, die von ihnen in erster Linie von konkreten Ansprüchen und Verteidigungsmitteln her gedacht wird, den „privity questions“.279 Dabei geht es zum einen um die Frage, ob ein Kläger Ansprüche aus einem Vertrag herleiten kann, dessen Partei er nicht ist; zum anderen darum, ob ein Beklagter eine Klage abwehren kann, indem er sich bspw. auf eine Haftungsbeschränkung beruft, die in einem Vertrag, dessen Partei er nicht selbst ist, wohl aber der Kläger vereinbart wurde.280 Erst im Anschluss an die Analyse dieser Konstellationen in Entscheidungen des House of Lords entwickeln sie eine Theorie der Netzwerk-Verträge, deren wesentliche Rechtsfolge die Nichtgeltung der privity-Doktrin ist. Auch das deutsche Recht kennt die Relativität als grundlegendes vertragsrechtliches Prinzip, allerdings sind – auch aufgrund der Schwäche des Deliktsrechts – eine Reihe von Ausnahmen hierzu anerkannt. Im englischen Recht herrscht das umgekehrte Verhältnis vor: Deliktische Ansprüche sind bereits in Konstellationen mit Netzwerkcharakter zugesprochen worden; das Vertragsrecht wiederum ist streng in der Anerkennung von Drittwirkungen. Der Vertrag zugunsten Dritter, damit das Äquivalent zu § 328 BGB, ist erst 1999281 eingeführt worden – zuvor war es nicht möglich einem Dritten getwas zu versprechen, wenn dieser selbst nicht Vertragspartner war. Dies zeigt zunächst der leading case des 19. Jahrhunderts zu privity of contract, Tweddle v. Atkinson, in dem Wightman J bemerkte: „It is now well established that at law no stranger to the consideration can take advantage of the contract though made for his benefit“.282 Und auch im 20. Jahrhundert wurde daran festgehalten, denn „in the law of England certain principles are fundamental. One is that only a person who is a party to a contract can sue on it“283, eine Aussage, die in Scruttons v. Midland Silicones284, dem wichtigsten neueren Fall zur Thematik vom House of Lords bestätigt wurde. Nach Ansicht von Adams und Brownsword gibt es keinen Grund, das privityPrinzip in dieser Strenge aufrechtzuerhalten – und jedenfalls für die Konstellation des Vertrags zugunsten Dritter sind sie darin vom „Contracts (Rights of Third Parties) 279

Adams/Brownsword, Key issues in contract, 1995, S. 132. Adams/Brownsword, Key issues in contract, 1995, S. 132. 281 Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999. 282 Tweddle v. Atkinson [1861 – 73] All ER Rep 369, 370, Wightman J. 283 Dunlop Pneumatic Tyre Company, Ltd. v. Selfridge and Company, Ltd. [1915] A.C. 847, 853, Viscount Haldane LC. 284 Scruttons Ltd. v. Midland Silicones Ltd. [1962] 2 W.L.R. 186. 280

II. Vertragsnetzwerke

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Act 1999“ bestätigt worden. Sie widerlegen zum einen die Argumentation, dass es unfair sei, wenn der Dritte zwar auf die Leistung klagen, nicht aber selbst einer Klage ausgesetzt werden könne.285 Dies sei absurd weil in derartigen Fällen gerade die Begünstigung ohne Gegenleistung gewollt sei – wie bspw. in Tweddle, wo dem Dritten „full power to sue […] in any court of law or equity for the aforesaid sums hereby promised and specified“ gewährt werden sollte.286 Ebenso haltlos sei die Aussage, der Dritte bekomme „something for nothing“, weil das Argument auch umgekehrt in dem Sinne gebraucht werden könne, dass der Versprechende – wohlgemerkt unter Bruch seiner Zusage – „etwas für nichts“ erhalte, wenn sein Leistungsversprechen nicht durchsetzbar sei.287 Es seien daher keine zwingenden Gründe für eine strikte Aufrechterhaltung der privity-Doktrin erkennbar, sie führe in einigen Fällen vielmehr zu „inconvenience, injustice, anomaly, and unpredictability“.288 Wie das Zitat aus Tweddle v. Atkinson verdeutlicht – „no stranger to the consideration can take advantage […]“ – ist die privity-Doktrin eng verwoben mit einem weiteren cornerstone des englischen Vertragsrechts: der „consideration“. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Versprechensempfänger nur dann einen vertraglichen Anspruch durchsetzen kann, wenn er selbst dafür eine Gegenleistung im weitesten Sinne erbracht hat bzw. erbringen wird.289 Teilweise werden die Prinzipien von privity und consideration als nur eine Regel verstanden; dem wird jedoch entgegengetreten: Die Funktion von privity sei es, die Personen einzugrenzen, die einen Anspruch einklagen können; diejenige der consideration hingegen, die Art der Versprechen einzugrenzen, die von Rechts wegen durchsetzbar sind.290 Adams und Brownsword argumentieren, dass selbst wenn man von der zwingenden Verbindung zwischen beiden Grundsätzen ausginge, dies für ihre Netzwerk-Theorie kein Problem darstelle, denn der Vorschlag, dass die privity-Doktrin nicht gelten soll, beziehe sich nur auf die Beziehungen zwischen den Netzwerk-Beteiligten, die jedenfalls in ihren jeweiligen Vertragsverhältnissen consideration erbringen würden.291 Dass die privity-Doktrin nicht in jedem Fall streng durchgehalten werden kann, davon zeugten auch die zahlreichen Ausnahmen, die die Rechtsprechung in der Vergangenheit gemacht habe.292 285 So bereits Crompton J in Tweddle v. Atkinson [1861 – 73] All ER Rep 369, 371: „It would be a monstrous proposition to make a child a party to the contract for one purpose, viz to sue for his own advantage, and not for another to bear the liability.“. 286 Tweddle v. Atkinson [1861 – 73] All ER Rep 369, 370; Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 23. 287 Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 23 f. 288 Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 25. 289 Bradgate, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 233, 259. 290 Bradgate, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 233, 259; Adams/ Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 22. 291 Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 24. 292 Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 17 ff.; s. u. D. I. 3. a) bb).

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

bb) Network contract Adams und Brownsword kommen so zu der Auffassung, dass eine Theorie der Netzwerk-Verträge unbedingt notwendig sei, weil: „quite simply, there comes a point where the process of accomodation involves doing such violence to the existing concepts that the only rational step is to recognise the incipient doctrine as an exception to the general principles.“293

Es ließen sich auch Nachweise dafür finden, dass das Konzept von Netzwerken von Verträgen im Recht bereits immanent sei und nur noch anerkannt werden müsse.294 So meinte bspw. May LJ: „[…] approaching the question on the basis of what is just and reasonable I do not think that the mere fact that there is no strict privity between the employer and the subcontractor should prevent the latter from relying upon the clear basis upon which all the parties contracted […].“295

Und an anderer Stelle verwende die Rechtsprechung die Idee einer vertraglichen Verbindung, um deliktische Ansprüche zu verneinen, die mit den Erwartungen der Beteiligten des Netzwerks unvereinbar wären: „[…] where the act […] complained of occurs between persons who have deliberately involved themselves in a network of commercial or professional contractual relations […] the contractual framework may be so strong, so complex and so detailed as to exclude the recognition of delictual duties between parties who are not already connected by contractual links.“296

Auf den Punkt gebracht, seien verbundene Verträge oder besser „Netzwerke von Verträgen“ durch Folgendes gekennzeichnet: „[…] a group of contracts which have collectively as their object the attainment of a common underlying purpose, in which each contract in the group contributes in some way towards the achievement of that purpose.“297

Als Netzwerk-Vertrag wird ein Vertrag bezeichnet, der einen Teil dieser Gruppe von Verträgen bilde298 (d. h. der Begriff ist nicht im Rohe’schen Sinne als Netzvertrag zu verstehen). Das „set of contracts“ habe die folgenden Eigenschaften: Es gebe zunächst einen Hauptvertrag, der dem Arrangement den übergeordneten Zweck vorgebe; hinzukommend würden weitere Verträge abgeschlossen, die dazu dienten, diesen Zweck zu erreichen; das Netzwerk würde erweitert, bis genügend Vertragspartner vorhanden seien – als Parteien des Hauptvertrages oder anderer Verträge 293 294 295 296 297 298

Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 13. Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 14. Norwich City Council v. Harvey and Another [1989] 1 W.L.R. 828, 837, May LJ. White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 279, Lord Mustill. Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 12. Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 27.

II. Vertragsnetzwerke

139

innerhalb des Systems – um an das vorgegebene Ziel zu gelangen.299 Als Anwendungsfälle haben Adams und Brownsword v. a. Vertrags-Arrangements aus dem Bau- und Transportwesen im Blick; ob Franchiseverträge gleichfalls darunter zu fassen sind, wird weiter unten geklärt.300 Wichtigte Rechtsfolge des Vertrags-Netzwerkes soll es sein, dass zwischen allen Beteiligten die Geltendmachung von Ansprüchen möglich ist, unabhängig davon, ob zwischen ihnen ein Vertrag besteht oder nicht.301 Dies bedeute zwar „to turn much of the accepted law on its head“, aber die Lösung sei sowohl rechtssicher – denn sie komme ausschließlich zwischen Netzwerkbeteiligten zur Anwendung – als auch gerecht – denn ihre Ergebnisse korrelierten mit den geschäftlichen Erwartungen der Parteien.302 Neben dem Bestehen von Direktansprüchen soll bei der Beurteilung sämtlicher Streitigkeiten das Netzwerk als Bezugsrahmen z. B. im Hinblick auf Fragen der Angemessenheit und der Risikoverteilung berücksichtigt werden.303 In diese Richtung wiesen auch neuere Ansätze der Rechtsprechung zur Auslegung, die in Überwindung des Literalismus die Bedeutung eines Vertrages unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, wie der Situation der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der bisherigen Geschäftspraxis zwischen ihnen, bestimmen.304 Zusammenfassend meint Brownsword zum Netzwerk: „It is not strange. It is not deviant. What is strange is that even after the relaxation of the privity principle we continue to be fixated with contract as a bipolar transaction and, as the result, this has blocked us from seeing something that is staring us in the face.“305

b) Collins: Network architecture of supply chains Collins beschäftigt sich in seinem Beitrag „The weakest link“306 mit sog. supply chains, Lieferketten – Arrangements, die er als Netzwerke einordnet. Auch für ihn stellt der Netzzweck, hier bezeichnet als „common goal or purpose“ das Merkmal dar, welches das Netzwerk auf der einen Seite von Markttransaktionen, andererseits aber auch von formalen Organisationen unterscheidet.307 Traditionell werde jede zwischen den Beteiligten bestehende Verbindung als gesonderter Vertrag betrachtet. Dies bedürfe der Überprüfung, da Lieferketten sich durch einige Besonderheiten 299

Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 28. Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 28; s. u. D. I. 3. c) aa). 301 Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 28. 302 Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12, 36. 303 Brownsword, KritV 2006, 131, 146. 304 Brownsword, KritV 2006, 131, 140. 305 Brownsword, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral cooperation, 2009, 31, 52. 306 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187. 307 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 191. 300

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

auszeichneten, weshalb sie nicht als bloße Aneinanderreihung von unverbundenen Verträgen erschienen.308 Zunächst würde in Umkehrung der Verhältnisse in einer üblichen Belieferungsbeziehung häufig nicht der Käufer und Weiterverkäufer über die Bestellmenge entscheiden, sondern der Verkäufer, d. h. der Lieferant.309 Auch sei es oftmals nicht der Einzelhändler, der über die Vermarktung der Produkte entscheide, sondern der Hersteller, der dies bspw. über detaillierte Angaben steuere, weshalb die Vereinbarung zwischen beiden neben dem Kauf auch Elemente einer Konzession beinhalte.310 Im Gegensatz zum traditionellen Vertragsmodell, indem „dealing at arms’ length und keeping […] business secrets“ übliche Verhaltensmuster darstellten, zeichneten sich Lieferketten dadurch aus, dass die Beteiligten Wissen, bspw. über das Nachfrageverhalten der Konsumenten einander offenlegten.311 Jeder Beteiligte habe – neben dem unmittelbaren ökonomischen Eigeninteresse – ein Interesse am Erfolg der anderen Teilnehmer, einschließlich des schwächsten Gliedes („weakest link“).312 Der Vorteil eines Netzwerkkonzeptes liege nun nicht nur darin, die nicht-hierarchische Koordination von mehreren Parteien zum Ausdruck zu bringen, sondern auch die Förderung des gemeinsamen Interesses aller Beteiligten, indem die Kette selbst als Einheit wahrgenommen werde.313 Allerdings will Collins das Business Format Franchising – als ein „pattern of hub and spokes“ – explizit nicht als Netzwerk verstanden wissen, denn dort diene die Netzwerk-Struktur ganz offensichtlich nicht dem Informationsaustausch oder dem Zweck, Anpassung zwischen den Teilnehmern zu erleichtern, sondern der Kontrolle der Franchisenehmer.314 Nachdem diese Besonderheiten von Lieferketten dargelegt sind, stellt Collins die entscheidende Frage, ob das Recht hierauf reagieren müsse, denn unstreitig erfasse das englische Vertragsrecht Drittwirkungen nur unzureichend.315 Allerdings könne die Feststellung einer komplexen Wirklichkeit nicht für sich Anpassungsbedarf rechtfertigen und man müsse insofern auch die Tatsache ernst nehmen, dass die 308

Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 193. 309 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 194. 310 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 194. 311 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 195. 312 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 201. 313 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 202. 314 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 203. 315 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 204 f.

II. Vertragsnetzwerke

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Parteien gerade keine Verträge miteinander abgeschlossen haben, daher nach dem Willen der Beteiligten Rückgriff nur beim direkten Kettenglied genommen werden solle.316 Collins verneint damit Direktansprüche aufgrund der Netzwerkstruktur, lässt zunächst aber die Möglichkeit von Modifikationen offen: „Even if it is accepted that the law should support and protect the network architecture for the sake of protecting and enhancing its efficient properties, it remains unclear as to whether or not this policy goal requires legal interventions designed to adjust the results of conflicts within the network […].“317

Im Ergebnis steht er der Anpassung skeptisch gegenüber: Es sei zwar verlockend, dem schwächsten Netzwerkmitglied rechtliche Unterstützung zur Seite zu stellen, doch sei es nicht ausgeschlossen, dass Konflikte, die sich bspw. durch opportunistisches Verhalten ergeben, durch nicht-rechtliche Sanktionen ausreichend befriedet würden.318 3. Zusammenfassung Im deutschen Recht sind Netzwerke von Verträgen seit geraumer Zeit Gegenstand der rechtswissenschaftlichen Forschung. Einige Autoren sehen die Notwendigkeit der Schaffung neuer Rechtsinstitute, um ihnen gerecht zu werden, wie der interdisziplinäre Ansatz von Teubner oder die rechtsgeschäftliche Lösung von Rohe verdeutlichen. Andere wiederum, zuvorderst Grundmann, fordern eine Fortentwicklung des Rechts der Vertragsnetze aus der bestehenden vertragsrechtlichen Dogmatik heraus. Teubner ordnet Netzwerke neben dem Markt und der Hierarchie als dritten, auf konditioniertem Vertrauen beruhenden Typus ein, der als Folge paradoxer Umweltanforderungen die Logik beider klassischer Institute in sich vereine. Das Netzwerk besteht für ihn aus mehreren zweiseitigen Verträgen plus einer multilateralen Sonderverbindung zwischen allen Beteiligten, dem Verbund. Rechtsfolge des doppelten Auslösetatbestandes, der dann entstehe, wenn die bilateralen Verträge aufeinander verweisen und bei enger Kooperation ein gemeinsamer Verbundzweck verfolgt werde, ist die selektive Doppelzurechnung. Rohe hingegen führt das Konzept des Netzvertrages, ein zwischen allen Beteiligten bestehender Vertrag ein, dem ein neuer Netzteilnehmer mit Abschluss des zweiseitigen Vertrages beitritt. Er entstehe in Systemen, in denen zur möglichst effizienten Durchführung einer Primärtransaktion massenweise standardisierte Sekundärtransaktionen von selbständigen, aber miteinander kooperierenden Akteuren durchgeführt würden. Die 316 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 204 f. 317 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 210. 318 Collins, in: Amstutz/Teubner (Hrsg.), Networks, legal issues of Multilateral co-operation, 2009, 187, 210.

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C. Neue Konzepte für Langzeitverträge und Vertragsnetzwerke

Rechtsfolgen des Netzvertrages macht Rohe abhängig davon, ob ein dezentrales oder vielmehr ein zentrales, hierarchisches Netz vorliegt. Grundmann zufolge ist das Spezifikum der Vertragsnetze, dass der Erfolg – wie allen Beteiligten bewusst ist – nur im Verbund der Verträge herbeigeführt werden kann, es aber nicht zum Vertragsschluss insoweit kommt. Die zwei Problemkreise, die sich eröffneten, sind zum einen die Frage nach Direktansprüchen, die er grundsätzlich verneint und zum anderen diejenige nach netzbedingten Modifikationen des Einzelvertrages, die bejaht wird. Die englische Rechtsdogmatik hat sich bisher nicht vergleichbar ausführlich mit der Problematik von Vertragsnetzwerken befasst – zu nennen sind aber jedenfalls das von Brownsword und Adams ausgearbeitete Konzept des network contract, der Teil eines set of contracts ist, mit deren Arrangement ein bestimmter Zweck verfolgt wird und der Ansatz von Collins zu Lieferketten.

III. Langzeit- und Netzwerkcharakter: Der Organisationsvertrag Das von Grundmann eingeführte Konzept eines Organisationsvertrages vereint beide hier vorgestellten Komponenten: Es berücksichtigt sowohl den Langzeit- als auch den Netzwerkcharakter. Der Organisationsvertrag, mit dem komplexe wirtschaftliche Aktivitäten abgewickelt werden, ohne dass es zur Gründung einer Gesellschaft kommt, ist dem gewöhnlichen Austauschvertrag als zweiter großer Pol des Vertragsrechts gegenüberzustellen.319 In seiner Struktur zeichne sich der Organisationsvertrag durch drei Elemente aus: seine Dauer, die Anzahl der Beteiligten sowie seine Nähe zum Gesellschaftsrecht, weil neben dem Austausch ein gemeinsames Projekt durchgeführt werde.320 Seine Beständigkeit lasse ihn, in Abgrenzung zum spot contract in die Nähe der Gesellschaft rücken und habe zur Folge, dass die Pflichten der Parteien häufig nicht vollständig im Vorhinein festgelegt seien und im Sinne des Relational contract law die Parteien stärker voneinander abhängig seien.321 Das Relativitätsdogma werde vom Organisationsvertrag in Frage gestellt, da er 319 Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 3 f. Vom Organisationsvertrag spricht auch Malzer, Vertragsverbünde und Vertragssysteme, 2013: Organisationsvertragsrecht als „Teil des Schuldrechts, der die Organisation von kooperativen Leistungsprozessen anhand von Verträgen zum Gegenstand hat.“, S. 434. Er unterscheidet Organisationsverträge ,im weiteren Sinne‘ (Vertragsverbünde und Vertragssysteme), die eine Organisation im lediglich wirtschaftlichen Sinne begründen sollen und solche ,im engeren‘ Sinne (Gesellschaftsverträge), S. 552. Und weiter: „Eigentlicher Kern des Vertragsorganisationsrechts ist somit die Frage, wie mit den Mitteln des Vertragsrechts die realwirtschaftlichen Prozesse und Systeme rechtlich organisiert und dogmatisch erklärt werden können“, S. 552. Das „Verbund- und Kooperationsproblem“ erblickt er in erster Linie in der Überbetonung der Relativität der Schuldverhältnisse, S. 535, 427 ff. 320 Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 5 f. 321 Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 5.

III. Langzeit- und Netzwerkcharakter

143

i. d. R. eine Vielzahl von Vertragspartnern aufweise, die durch verknüpfte oder aber einen mehrseitigen Vertrag miteinander verbunden seien.322 Langzeitverträge zeichneten sich durch eine enge Verbindung zwischen der Vertragsdurchführung und einem einheitlichen Zweck, der aber kein gemeinsamer i. S. d. Gesellschaftsrechts sei, aus. Zudem durch Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft und eine daraus folgende Unvollständigkeit, welche Strukturen zur Unterbindung von Opportunismus – dessen Folgen könnten in Vertragsnetzwerken auch Dritte treffen – erforderlich mache.323 Daneben würden das Erfordernis spezifischer Investitionen und seine Anreizstrukrur den Langzeitvertrag vom abstrakten Tauschakt abheben.324 Eine notwendige Regelung für Langzeitverträge – ein Vorbild enthalte insoweit das europäische Finanzdienstleistungsrecht – sei eine solche, die opportunistisches Verhalten reguliere, indem Interessenkonflikte zu vermeiden sind und im Falle des Konfliktes dem Interesse des Vertragspartners der Vorrang zu geben sei.325 Die Grundlegungen im Hinblick auf den Netzwerkcharakter des Organisationsvertrages sind bereits in Grundmanns Dogmatik der Vertragsnetze enthalten – das Vertragsnetz wird charakterisiert als ein aus verknüpften Verträgen zusammengesetztes Gebilde, in dem die Vernetzung von allen als Basis für den Erfolg zugrunde gelegt, dieser einheitliche Zweck jedoch nicht explizit vertraglich vereinbart wird.326

322

Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 5. Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 10. 324 Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 11. 325 Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 17; vgl. Art. 13 und 18 RL 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente. 326 Grundmann/Cafaggi/Vettori, in: dies. (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 3, 20 ff. 323

D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken am Beispiel des Free Riding 1. Darstellung des Problems a) Goodwill, Markenzeichen und die Bedeutung von Standardisierung Entstanden ist das Franchising als Form des Absatzes, welche die Vorzüge unabhängiger Absatzmittler mit denjenigen einer vollständigen Integration verbindet. Der Vorteil beim Absatz über zum Unternehmen gehörende Filialen liegt insbesondere in der Möglichkeit, einen einheitlichen Unternehmens-Goodwill zu kreieren, der von den Filialen gefördert wird sowie ein starkes Markenzeichen zu erschaffen, dessen gleichmäßige Nutzung sichergestellt ist. Der Begriff „Goodwill“ soll hierbei verstanden werden als der Geschäfts- bzw. Firmenwert, der nicht unmittelbar auf Vermögensgegenstände des Unternehmens zurückführbar ist, sondern immaterielle Faktoren erfasst, die eine Höherbewertung des Unternehmens rechtfertigen.1 Überträgt man diese Anliegen auf das Franchising – d. h. Vertrieb durch selbständige Unternehmer – wird die Bedeutung des einheitlichen Erscheinungsbildes der einzelnen Betriebe deutlich. So beschreibt Adams Franchising als die „idea of a single goodwill, built up by a number of independent businesses operating under licence“, die deshalb funktioniere, weil „the public do not in general distinguish between franchise operations and vertically integrated operations; the goodwill attaches to the mark, trade name […].2 Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Kunde sich darauf verlassen kann, in einem Geschäft dieser Marke auf das Gewohnte und Bewährte, in gleichbleibender Qualität zu treffen. Die Bedeutung der Einheitlichkeit der Betriebe im Falle des Franchising erkennt auch der BGH an: „Die Kl. zu 1 verfolgt das Ziel, weltweit bestimmte Speisen von stets gleichbleibender Qualität in Restaurants eines spezifischen Zuschnitts für den Massenkonsum preisgünstig anzubieten. Die Verwirklichung dieses unternehmerischen Konzepts verlangt die Standardisierung der Zusammensetzung und Zubereitung der Speisen ebenso wie die Typisierung der gastronomischen Betriebe und ihres Service.“3 1 2 3

Thommen/Achleitner, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl. 2001, S. 610. Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 24. BGH NJW 1985, 1894, 1895.

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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Den Aufstieg der Bedeutung von Markenzeichen in den Vereinigten Staaten Mitte der 1950er Jahre führen Mathewson und Winter auf im Wesentlichen drei Gründe zurück: Erstens, die Entwicklung und Verbreitung des Fernsehapparates, der die Kosten der Etablierung einer entsprechende Marke massiv verringere.4 Zweitens auf die verstärkte Reisetätigkeit von Menschen, die dazu führe, dass sie häufiger in Regionen unterwegs seien, in denen sie die einzelnen Geschäfte noch nie zuvor besucht hätten.5 Zuletzt seien auch die gestiegenen Realeinkommen, die mehr Konsum ermöglichten für den Erfolg von Marken verantwortlich, weil diese – durch den Informationswert, den sie verkörpern – die Suchkosten beim Einkauf in Supermärkten verringerten.6 Diesen Aspekt betont auch Rubin, der als wesentlichen Inhalt des Franchisevertrages den Gebrauch der „trademark“ ansieht, wodurch dem Kunden sofort ein Bild über Preis und Qualität der Produkte vermittelt würde.7 Ein Beispiel, das gleichfalls die Bedeutung der Standardisierung für das Franchising und diejenige der Marke, insbesondere in dem Kunden unbekannten Gegenden veranschaulicht, bieten Saft und Klein: Sei der Verbraucher auf Reisen und sehe, auf der Suche nach einem Restaurant, auf der einen Straßenseite McDonald’s und auf der anderen Joe’s Diner, so habe er im Falle des bekannten Fast-FoodAnbieters eine viel bessere Vorstellung davon, was ihn in diesem Lokal erwartet: „It is not necessarily the case that the McDonald’s can be expected to supply a higher-quality meal. Rather, because standardization permits the consumer to transfer the information he possesses on all his previous McDonald’s experiences, the variance of the expected quality of the meal is lower.“8

b) Das Free Riding-Problem in der ökonomischen Theorie aa) Prinzipal-Agent-Theorie Die aus der Neuen Institutionenökonomik stammende Prinzipal-Agent-Theorie kommt im Zusammenhang mit Franchiseverträgen zum einen als Erklärungsmodell für Klauseln, mit denen Anreize für vertragskonformes Verhalten geschaffen werden sollen und für deren kartellrechtliche Rechtfertigung – es handelt sich häufig um vertikale Beschränkungen – zur Anwendung. Zum anderen wird sie in der Betriebswirtschaft genutzt, um das optimale Verhältnis und die jeweiligen Eigenschaften von eigenen Filialen zu Betrieben, die durch einen unabhängigen Franchisenehmer geführt werden, innerhalb eines Vertriebssystems zu bestimmen (sog. gemischte Systeme).9 4

Mathewson/Winter, J. L. & Econ. 28 (1985), 503, 504. Mathewson/Winter, J. L. & Econ. 28 (1985), 503, 504. 6 Mathewson/Winter, J. L. & Econ. 28 (1985), 503, 504. 7 Rubin, J. L. & Econ. 21 (1978), 223, 228. 8 Klein/Saft, J. L. & Econ. 28 (1985), 345, 349. 9 Vgl. Klein/Saft, J. L. & Econ. 28 (1985), 345; Lafontaine, Rand Journal 23 (1992), 263; Brickley, J. L. & Econ. 42 (1999), 745. 5

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Das Prinzipal-Agent-Problem taucht potentiell dann auf, wenn im gegenseitigen Einvernehmen ein Prinzipal – der Geschäftsherr oder Auftraggeber – einen Agenten – den Stellvertreter oder Auftragnehmer – gegen Entgelt mit einer Aufgabe aus seinem Interessenkreis betraut.10 Der Prinzipal delegiert dabei notwendig Entscheidungsbefugnisse auf den Agenten und ist fortan davon abhängig, dass dieser die Privilegien im Einklang mit den Interessen des Prinzipals ausübt. Da der Agent jedoch bei seinen Handlungen eigene Ziele verfolgt, die sich nicht mit denjenigen des Prinzipals decken, kann es – ausgehend von opportunistischem nutzenmaximierenden Verhalten des Auftragnehmers – zu Zielkonflikten kommen.11 Dies zum einen deshalb, weil die vertragliche Regelung zwischen beiden notwendig unvollständig ist und damit dem Agenten Spielräume eröffnet werden.12 Zum anderen aus dem Grund, dass der Geschäftsherr seinen Stellvertreter nur in begrenztem Umfang mit einem überschaubarem Aufwand überwachen kann und zudem ein Schluss von den Resultaten der Handlungen des Agenten auf dessen tatsächliches Engagement häufig nicht möglich ist.13 Insofern beinhalten Prinzipal-Agenten-Situationen immer Informationsasymmetrien, da der Agent in Bezug auf die Steuerung des eigenen Verhaltens und die Beurteilung der Qualität seines Engagements einen Wissensvorsprung hat – eine Ausnutzung dieses Vorteils zu eigenen Zwecken und zulasten des Auftraggebers wird als Moral Hazard bezeichnet.14 Um ein Verhalten in Einklang mit den eigenen Interessen zu erzielen, ist der Prinzipal auf die Schaffung von Anreizen und Sanktionen angewiesen.15 Der Agent wird dabei so lange den Vertrag erfüllen, wie dies für ihn im Vergleich zum Vertragsbruch vorteilhaft ist – als schwieriger stellt es sich hingegen dar, gleichzeitig auch effektive Schutzmaßnahmen gegen raffiniertere Formen opportunistischen Verhaltens zu errichten.16 In der ökonomischen Theorie wird angenommen, dass es sowohl einseitige als auch zweiseitige Prinzipal-Agenten-Beziehungen gibt, wobei letztere sich dadurch auszeichnen, dass jeder Beteiligte zur gleichen Zeit beide Positionen innehaben kann.17 In Bezug auf das Franchising wird überzeugend von einem solchen „two-

10

Eisenhardt, The Academy of Management Review 14 (1989), 57, 58. Eisenhardt, The Academy of Management Review 14 (1989), 57, 59; Mathewson/Winter, J. L. & Econ. 28 (1985), 503, 504. 12 Mathewson/Winter, J. L. & Econ. 28 (1985), 503, 504. 13 Eisenhardt, The Academy of Management Review 14 (1989), 57, 61. 14 Eisenhardt, The Academy of Management Review 14 (1989), 57, 59, 61. 15 Martinek, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 662 ff., Rn. 73; Mathewson/Winter, J. L. & Econ. (1985), 503, 504: „In an incomplete contract, principal’s or agent’s decisions unspecified in the contract will be undertaken ex post on the basis of the unconstrained self-interest of the decision maker given the incentives provided by the contract.“ 16 Martinek, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 662 ff., Rn. 73. 17 Lafontaine, Rand Journal 23 (1992), 263, 265 ff. 11

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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sided moral hazard modell“ zur Erklärung der bestehenden Informationsasymmetrien und Verhaltensmuster ausgegangen.18 Zur Erklärung ist ein Blick auf die in Franchiseverträgen üblicherweise vereinbarte Entlohnungsstruktur erforderlich: der Franchisegeber erhält in der Regel bei Abschluss des Vertrages einen Pauschalbetrag („lump sum“). Daneben muss der Franchisenehmer ihm fortlaufend (Lizenz-)Gebühren/Entgelte („royalties“, „fees“) zahlen, die auf Grundlage der Höhe seines Umsatzes bestimmt werden.19 Ein moral hazard i. S. e. systematischen Fehlverhaltens auf Seiten des Systemkopfes kann dann auftreten, wenn dieser nach der vertraglichen Gestaltung von zukünftigen Franchisenehmern einen hohen, einmaligen Pauschalpreis verlangt und bereits vorab an dem Verkauf von Betriebsmitteln verdient.20 In diesem Fall ist die Abhängigkeit des Franchisegebers vom Erfolg der Franchisenehmer gering, weswegen für ihn wenig Anreiz besteht, in das System und dessen Goodwill zu investieren.21 Während der Laufzeit des Franchisevertrages wird davon ausgegangen, dass es das Ziel des Franchisegebers ist, die Verkaufszahlen auf das höchste Maß zu bringen – was für ihn maximale „sales revenue royalties“ bedeutet, wohingegen für die Franchisenehmer der Gewinn des eigenen Betriebes prioritär ist.22 Makar zeigt, dass nicht völlige Deckungsgleichheit zwischen diesen beiden Zielen besteht: Der Franchisenehmer trage die Kosten für die Produktion und den Verkauf in voller Höhe; die Erträge kämen ihm aber nur zum Teil zugute, da er ja einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes an den Franchisegeber abführen müsse.23 An einem bestimmten Punkt überstiegen die Grenzkosten der Produktion diejenigen der Nettoerträge und für den Franchisenehmer sei es dann nicht mehr wirtschaftlich, weiter zu produzieren.24 Für den Franchisegeber stelle sich dies anders dar, denn er verdiene am Umsatz ohne Produktionskosten zu tragen.25 bb) Free Riding Ein weiteres, viel diskutiertes, sich auf Seiten des Franchisenehmers ergebendes Problem der Prinzipal-Agent-Beziehung ist dasjenige des Free Riding – ein Begriff der ins Deutsche etwa mit Trittbrettfahren, also einer bildhaften Umschreibung für Schmarotzertum übersetzt werden kann. Insofern wird davon ausgegangen, dass für einen Franchisenehmer ein Anreiz besteht, den Unternehmens-Goodwill und die starke Marke für sich zu nutzen, ohne zu deren Erhalt und Aufbau beizutragen, 18 19 20 21 22 23 24 25

Lafontaine, Rand Journal 23 (1992), 263, 281. s. o. B. II. 5. d) bb); So auch Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 724. Lafontaine, Rand Journal 23 (1992), 263, 281. Lafontaine, Rand Journal 23 (1992), 263, 281. Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 725. Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 726. Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 726. Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 726.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

während der Franchisegeber Schwierigkeiten hat, ein solches Verhalten aufzudecken.26 Makar beschreibt dabei den Goodwill als einen immateriellen Vermögensgegenstand, der beinahe den Charakter eines „public asset“ trage, denn ein Franchisenehmer könne von dessen Nutzung nicht wirksam ausgeschlossen werden.27 Den Goodwill und guten Ruf des Unternehmens aufzubauen, obliege in FranchiseSystemen in der Regel dem Franchisegeber, der dies insbesondere durch die Aufstellung von Qualitätsstandards und die umfassende Bewerbung des Produktes bewerkstellige.28 Das opportunistische Verhalten des Franchisenehmers manifestiert sich dergestalt, dass er die Qualitätsstandards des System unterschreitet und dadurch geringeren Produktionskosten ausgesetzt ist, wodurch er in der Lage ist, seinen eigenen Gewinn zu steigern, zumindest mittelfristig jedoch den Goodwill erodiert.29 Die Missachtung der Qualitätsvorgaben ist deshalb gewinnbringend für den Free Rider möglich, weil er zum einen selbst den Input für das fertige Produkt liefert, dessen Beschaffenheit daher beeinflussen kann und zum anderen der Kunde typischerweise im Vorhinein nicht zur Einschätzung der Qualität des konkreten Betriebes in der Lage ist.30 Denn der oben beschriebene Vorteil der einheitlichen Marke im Hinblick auf die Kenntnis der Verbraucher über Preis und Beschaffenheit des Produktes funktioniert nur, wenn der Franchisegeber die Einhaltung der Standards in allen Betrieben sicherstellt.31 Und so besteht umgekehrt die begründete Gefahr, dass der Kunde für ein negatives Erlebnis die gesamte Gruppe verantwortlich macht, was zur Folge hat, dass „all franchises would lose something as a result of this deterioration in one franchise: consumers would have less faith in the quality promised by the trademark.“32

Diese Reaktion, die zu einer insgesamt geringeren Nachfrage führt, ist auch nicht irrational, denn aus Sicht der Verbraucher hat der Franchisegeber, der für die Einhaltung der Standards verantwortlich ist, das Versprechen, dessentwegen der Kunde ein McDonald’s-Restaurant und nicht Joe’s Diner aufgesucht hat, gebrochen.33 Auch die US-amerikanische Rechsprechung geht von einer derartigen Rückkopplung aus: „A customer dissatisfied with one Kentucky Fried Chicken outlet is unlikely to limit his or her adverse reaction to the particular outlet; instead, the adverse reaction will likely be directed to all Kentucky Fried stores. The quality of a Franchisees product thus undoubtedly affects Kentucky Fried’s reputation and its future success.“34 26 27 28 29 30 31 32 33 34

Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 729. Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 730. Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 729. Makar, Villanova L. Rev. 33 (1988), 721, 730. Klein/Saft, J. L. & Econ. 28 (1985), 345, 349. Rubin, J. L. & Econ. 21 (1978), 223, 228. Rubin, J. L. & Econ. 21 (1978), 223, 228. Klein/Saft, J. L. & Econ. 28 (1985), 345, 349. KFC corporation v. Diversified Packaging Corporation 549 F.2d 368, 380 (1977).

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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Und an anderer Stelle heißt es im Hinblick auf das Markenversprechen des Franchisegebers an die Öffentlichkeit: „Not only protection of the franchisor’s goodwill is involved. The licensor owes an affirmative duty to the public to ensure that in the hands of his licensee the trade-mark continues to represent that which it purports to represent.“35

Der Anreiz für einen Franchisenehmer die Qualitätsstandards in seinem eigenen Betrieb mit dem Ziel der Kostenersparnis zu senken, ist umso größer, je weniger seine Bemühungen ausschließlich ihm zugute kommen oder anders gewendet, je mehr auch andere Franchisebetriebe und die Zentrale davon profitieren.36 Zudem ist ein ganz entscheidender Einflussfaktor für die Stärke des Anreizes auch die Kundenstruktur: das Betreiben eines Geschäftes, welches ganz überwiegend sog. non-repeatKunden bedient, die mit großer Wahrscheinlichkeit kein zweites Mal einkehren werden, regt stark zum Free Riding an.37 Beispielhaft wird hierfür das McDonald’s Restaurant an einem Superhighway angeführt.38 Aus dieser wechselseitigen Abhängigkeit im Netzwerk – das Free Riding ist ein Prinzipal-Agenten-Problem mit Auswirkungen auf Dritte – ergibt sich ein starkes Interesse der Franchisenehmer daran, dass der Systemkopf alle möglichen Anstrengungen unternimmt, die Einhaltung der Qualitätsstandards zu überwachen und bereits bei der Auswahl neuer Franchisenehmer Überprüfungen vorzunehmen.39 Die Umsetzung dieser Vorgaben begegnet jedoch – eben deshalb handelt es sich um ein Prinzipal-Agenten-Dilemma – zweierlei Hindernissen: Erstens soll der Franchisegeber – weil er die Kosten für die Qualitätsunterschreitung nur teilweise selbst trägt – einen Anreiz dazu haben, nicht ausreichend Ressourcen für die Überwachung zur Verfügung zu stellen.40 Zweitens bestehe die typische Informationsasymmetrie, deretwegen die Aufdeckung von Fehlverhalten erschwert sei: „[…] the franchisor cannot detect low effort under good demand conditions when the franchisee passes this off as high effort under poor demand conditions.“41

c) Vertragliche Gestaltung und Direktanspruch Die ökonomische Theorie beschäftigt sich damit, welche Anreize und Sanktionsmechanismen geschaffen werden müssen, um Prinzipal-Agenten-Probleme im Zusammenhang mit Franchiseverträgen zu unterbinden. Bspw. wird die Problematik, die sich daraus ergibt, dass der Franchisegeber einen Hauptteil seines Gewinns 35 36 37 38 39 40 41

Siegel v. Chicken Delight 448 F.2d 43, 51 (1971). Brickley, J. L. & Econ. 42 (1999), 745, 748. Brickley, J. L. & Econ. 42 (1999), 745, 749. Klein/Saft, J. L. & Econ. 28 (1985), 345, 350. Rubin, J. L. & Econ. 21 (1978), 223, 228. Rubin, J. L. & Econ. 21 (1978), 223, 228. Dnes, in: Joerges (Hrsg.), Franchising and the Law, 1991, 133, 136 f.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

bereits vor Inbetriebnahme der Franchise macht, dadurch gelöst, dass der Pauschalbetrag angemessen hoch ist und dafür zusätzliche Einnahmen in Abhängigkeit vom Umsatz des Franchisenehmers generiert werden. Die Vertragsgestaltung stößt aber an ihre Grenzen, gerade im Hinblick auf das Free Rider-Problem. Natürlich kann der Aufbau von Goodwill zur Sache auch der Franchisenehmer erklärt werden, indem ihnen aufgegeben wird, für Werbemaßnahmen umsatzabhängig einen Betrag an den Systemkopf zu zahlen – dies wird jedoch zum einen nicht geeignet sein, Trittbrettfahrerei in jedem Fall zu verhindern und kann zum anderen die Motivation für erfolgreiches Wirtschaften schmälern. Insoweit ist anerkannt, dass Franchiseverträge sog. incomplete contracts sind, in denen nicht jede Entscheidung jedes Beteiligten im Vorhinein exakt steuerbar ist – schon deshalb, weil ein „complete contract“ unüberschaubare Überwachungskosten nach sich zöge.42 Die meisten Franchiseverträge begnügen sich denn auch damit, allgemein eine Pflicht zur Konzeptanwendung- und Systemförderung festzuschreiben. Letztere könnte etwa folgendermaßen formuliert sein: „Der Franchisenehmer ist verpflichtet, den insbesondere durch Ruf und Namen des Franchisesystems verkörperten hohen geschäftlichen Standard bei der Geschäftstätigkeit in jeder Weise aufrechtzuerhalten und alles zu unterlassen, was sich auf Ruf und Namen des Franchisesystems nachteilig auswirken könnte.“

Die Bedeutung dieser Pflicht wird im deutschen Recht dadurch unterstrichen, dass sie (nach hiesigem Verständnis) als Hauptleistungspflicht konzipiert ist, die mit der Förderungspflicht des Franchisegebers synallagmatisch verknüpft ist.43 Free Riding eines Franchisenehmers ist dadurch naturgemäß nicht in jedem Fall verhinderbar. Und während offenkundig ist, dass der Systemkopf gegen seinen vertragsbrüchigen Franchisenehmer Ansprüche geltend machen kann, ist dies für die übrigen Franchisenehmer – die gleichfalls Geschädigte des Free Riding sind – fraglich. Die Förderungspflicht des Franchisegebers umfasst auch die Durchsetzung des Systemstandards gegenüber den anderen Franchisenehmern, d. h. auf entsprechende Information/Beschwerden hin ist er zum Einschreiten verpflichtet.44 Was geschieht aber, wenn dieser nicht tätig wird? Denn, wie Teubner es anschaulich darlegt, können sich auch für den Systemkopf Anreize ergeben, nicht einzuschreiten: „Nicht immer hat der Franchisegeber ein Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung des Systemstandards. Es gibt Fälle des opportunistischen und des kollusiven Verhaltens: Die Systemzentrale ist schlecht organisiert; der Franchisegeber weigert sich nach dem Grundsatz de minimis non curat praetor, gegen freeriding einzuschreiten; den Franchisegeber verbindet mit dem Freerider eine persönliche Beziehung; der Franchisegeber hält es nicht für opportun, gegen einen besonders umsatzstarken Franchisenehmer vorzugehen.“45 42

Mathewson/Winter, J. L. & Econ. 28 (1985), 503, 504. Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn 15 f. und s. o. B. II. 4. c) dd). 44 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn 44; Wellenhofer, KritV 2006, 187, 194. 45 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 174 f.; vgl. auch aus ökonomischer Perspektive: Weil der Franchisegeber nur z. T. die Kosten der Verschlechterung des Goodwills 43

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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Gerade in den Fällen des sog. Peer-to-Peer-Encroachment, in denen ein Franchisenehmer Umsatz auf Kosten eines anderen, benachbarten Franchisebetriebes macht, könne die Motivation für den Systemkopf einzuschreiten, gering sein, weil häufig der Gesamtumsatz gesteigert werde, jedenfalls nicht sinke.46 In Frage steht daher, ob ein Franchisenehmer gegen einen anderen Franchisenehmer einen Anspruch auf Einhaltung der Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung bzw. im Falle der Unterschreitung von Systemstandards mit der Folge von Umsatzeinbußen einen Anspruch auf Schadensersatz haben kann. 2. Deutsches Recht a) Deliktsrechtliche Lösung Da die Franchisenehmer untereinander keinen Vertrag abschließen, stellt sich zunächst die Frage, ob ein Anspruch aus dem Deliktsrecht in Betracht kommt, das gemeinsam mit dem Vertragsrecht die zwei großen Partitionen des Schuldrechts bildet und dessen Gegenstand der Ausgleich von Schäden auf außervertraglicher Grundlage ist.47 Ein Blick auf die rechtshistorische Entwicklung zeigt, dass, beginnend mit dem römischen Recht, das Deliktsrecht als eine Vielzahl von Einzeltatbeständen, die gegen die Verletzung von bestimmten festgelegten Rechtsgüter schützten, entstand.48 Bereits die römische Gerichtspraxis soll jedoch den wichtigsten Einzeltatbestand, die lex aquilia, zu einer deliktsrechtlichen Generalklausel ausgebaut haben.49 Diese Tradition wurde von den Naturrechtslehrern des 17. Jahrhunderts fortentwickelt und auf sie gestützt findet sich die Haftung für unerlaubte Handlungen in einigen Ländern in einem Universaltatbestand wieder, so bspw. prominent in Frankreich in Art. 1382 code civil.50 Das deutsche Recht wird als ein Kompromiss, der zwischen einer Generalklausel einerseits und einer Vielzahl von Einzeltatbeständen andererseits liegt, bezeichnet.51 Die Zweite Kommission zur Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches änderte den trägt, hat er einen Anreiz, nicht genügend Ressourcen für die Überwachung zur Verfügung zu stellen, Rubin, J. L. & Econ. (1978), 223, 228. 46 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 175. 47 Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), vor § 823, Rn. 1. 48 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 598. 49 Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), vor § 823, Rn. 4; zur lex aquilia: Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 264 f. 50 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 619; Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), vor § 823, Rn. 4; Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 266 ff. 51 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 600; Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), vor § 823, Rn. 14.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

noch von der Ersten Kommission vorgesehenen Universaltatbestand ab, wohl insbesondere in dem Bestreben, keine Haftung für bloße Vermögensschäden zu begründen.52 Liegt ein Rechtsverstoß gem. § 823 Abs. 1 BGB nicht vor, so ist ein reiner Vermögensschaden nur unter der Voraussetzung ersatzfähig, dass gleichzeitig gegen ein drittschützendes Gesetz verstoßen wurde, § 823 Abs. 2 BGB oder es sich um ein vorsätzliches sittenwidriges Verhalten handelt, § 826 BGB. aa) §§ 823 Abs. 1, 826 BGB Ein Franchisenehmer kann gegen einen anderen Franchisenehmer keinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz herleiten, denn wie bereits angedeutet, ist hierfür die Verletzung eines in der Norm genannten absoluten Rechtsgutes, bspw. das Leben oder das Eigentum, erforderlich. Der bei einem Systemmitglied potentiell entstehende Schaden stellt sich jedoch als ein Vermögensschaden dar, der auch nicht weitere Konsequenz der Verletzung eines Rechts, wie des Eigentums, ist. Auch die Verletzung eines anerkannten „sonstigen Rechts“ kommt nicht in Betracht. Zunächst ist das Vermögen als solches nach unbestrittener Auffassung nicht unter den Begriff subsumierbar.53 Aber auch ein Verstoß gegen das „sonstige“ Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liegt nicht vor, denn insoweit ist ein betriebsbezogener Eingriff erforderlich, d. h. ein solcher „der sich nach seiner objektiven Stoßrichtung gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten muss“.54 Fraglich ist, ob ein Anspruch auf Schadensersatz auf § 826 BGB, der bei sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen einen Vermögensschutz gewährt, gestützt werden kann. Voraussetzungen hierfür sind der Eintritt eines Schadens durch ein Verhalten des Anspruchsgegners, welches als sittenwidrig zu bezeichnen ist und vorsätzlich ausgeführt wurde.55 Ein Schaden liegt vor, wenn die Handlung – auch mittelbar, verursacht über Zwischenglieder – eine nachteilhafte Auswirkung auf das Vermögen des Anspruchstellers hat.56 Das Vorsatzerfordernis bedingt die Kenntnis des Schädigers vom Eintritt des Schadens, der Ursächlichkeit seines Verhaltens hierfür und der Tatsachen, die das Verhalten sittenwidrig machen.57 Eine Kenntnis von der Person des Geschädigten ist hierbei nicht erforderlich.58

52 53 54 55 56 57 58

143.

Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), vor § 823, Rn. 13. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 823, Rn. 247. BGHZ 138, 311; 317; Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 823, Rn. 256. Vgl. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.),§ 826, Rn. 7. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 7; Sprau, in: Palandt, § 826, Rn. 3. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 24. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 24; statt vieler: BGHZ 108, 134,

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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Entscheidendes und gleichzeitig schwer zu konkretisierendes Kriterium der Norm ist dasjenige der Sittenwidrigkeit, das nach einer Formel, die bereits das Reichsgericht geprägt hat auf das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“59 verweist. Maßstab für diese Anschauungen sind die konkret betroffenen Verkehrskreise, nicht die Gesamtbevölkerung an sich.60 Wagner plädiert dafür, bei der Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals der Sittenwidrigkeit insbesondere die Gründe heranzuziehen, deretwegen reine Vermögensschäden vom Anwendungsbereich des § 823 Abs. 1 BGB ausgenommen worden sind.61 Zunächst sind daher solche Schäden, bspw. in Form von Umsatzeinbußen, nicht ersatzfähig, die sich als Folge eines fairen wettbewerblichen Verhaltens darstellen.62 Zudem gelten diejenigen Handlungen nicht als sittenwidrig, die ausschließlich zu diffusen Schäden in geringer Höhe bei einem unübersehbaren Personenkreis führen und zudem von den Betroffenen durch einfache Maßnahmen selbst hätten abgewehrt werden können.63 Des Weiteren ist es Zweck der grundsätzlichen Herausnahme reiner Vermögensschäden vom Deliktsschutz die Risikozuweisungen des Vertragsrechts nicht zu unterlaufen, was insbesondere aufgrund der Möglichkeit der Kumulation der Ansprüche aus beiden Gebieten im deutschen Recht erforderlich ist.64 Eine vertragliche Schadensersatzpflicht, die geknüpft ist an eine Pflichtverletzung würde überflüssig, wenn deliktische Ansprüche für jede fahrlässige Verursachung von Vermögensschäden bestünden.65 In Bezug auf den Free Riding-Fall ist es ohne weiteres denkbar, dass ein Vermögensschaden im Sinne der Norm bei einem anderen Franchisenehmer vorliegt und dass das Vorsatzerfordernis auf Seiten des Schädigers erfüllt ist. Problematisch stellt sich jedoch die Subsumtion unter das Kriterium der Sittenwidrigkeit dar. Wellenhofer geht davon aus, dass Ansprüche aus § 826 BGB gegen den free ridenden Franchisenehmer grundsätzlich gegeben sein können:66 Da es auf die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise ankomme, sei als sittenwidrig ein Verhalten anzusehen, das die Grundlagen des Gesamtsystems, d. h. dessen Funktionsfähigkeit, gefährde.67 Seine spezifischen Vorteile generiere das Netzwerk nur dann, wenn die Mitglieder kooperativ zusammenwirkten.68 Jedes Mitglied habe die Erwartung an die

59 60 61 62 63 64 65 66 67 68

RGZ 80, 221; BGHZ 10, 228, 233. BGHZ 10, 228, 232; Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 8. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 12 ff. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 13. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 17. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 15. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 15. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 207. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 204. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 204.

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anderen Beteiligten, dass diese ihr Verhalten am gemeinsamen Netzzweck ausrichteten.69 In Konsequenz des eben genannten Schutzes der Wertungen des Vertragsrechts geht die Rechtsprechung davon aus, dass die bloße Nichterfüllung von vertraglichen Pflichten kein sittenwidriges Verhalten darstellt, auch wenn dem Schuldner Vorsatz in Bezug auf eine etwaige Schadensentstehung vorzuwerfen ist.70 Nur dann, wenn besondere weitere Umstände zur Pflichtverletzung hinzuträten, wie der Bruch eines speziellen Vertrauensverhältnisses, sei die Nichterfüllung sittenwidrig.71 Vor diesem Hintergrund erscheint fraglich, ob ein Anspruch aus § 826 BGB gegen den Free Rider gegeben sein kann: Gegenüber dem Franchisegeber ist die Konzeptanwendung und Systemförderung vertragliche Pflicht – deren Verletzung an sich kein unsittliches Verhalten darstellt. A maiore ad minus ist daraus zu schließen, dass auch gegenüber den anderen Franchisenehmern – mit denen diese Pflicht noch nicht einmal vertraglich vereinbart wurde – die Unterschreitung der Systemstandards schwerlich als sittenwidrig eingestuft werden kann. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn man die Verbundenheit im Netzwerk und die gemeinsame Verfolgung des Netzzweckes als Begründungstatbestand für eine besondere Treupflicht ansieht – eine Sonderverbindung, die jedenfalls nach geltendem Recht nicht anerkannt ist. Ein Anspruch gegen den Free Rider ist damit m. E. ausgeschlossen. § 826 BGB sollte, seiner Funktion entsprechend, ohne Überdehnung nur im Ausnahmefall, nicht bereits wenn eine Funktionsbeeinträchtigung des Netzwerkes vorliegt, zur Anwendung kommen. bb) Abgrenzung Vertrags-/Deliktsrecht Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass jede Rechtsordnung eine Grenzlinie zwischen Vertragsrecht auf der einen und Deliktsrecht auf der anderen Seite ziehen muss. Das deutsche Deliktsrecht ist – im Vergleich mit dem Recht anderer Länder – durch die grundsätzliche Entscheidung gegen die Ersatzfähigkeit von reinen Vermögensschäden als eng zu bezeichnen. Die Reichhaltigkeit des deutschen Vertragsrechts in Bezug auf Drittbeteiligungen an Schuldverhältnissen wird vielfach als Konsequenz der Ausgestaltung von §§ 823 ff. BGB gedeutet und befürwortet.72 Andererseits gibt es in der Literatur auch Bestrebungen, den deliktischen Schutz auszuweiten, um der Rechtsprechung das Ausweichen auf „gezwungen anmutende 69

Wellenhofer, KritV 2006, 187, 204. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 826, Rn. 15, 58. 71 BGHZ 12, 308, 317; Sprau, in: Palandt, § 826, Rn. 22. 72 Bspw. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 733 f. Nach Grundmann/Renner, JZ, 2013, 379, 382 nimmt der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte gerade eine Zwischenstellung zwischen dem vertragsrechtlichen und dem deliktischen Haftungsregime ein. 70

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vertragsrechtliche Ersatzkonstruktionen“ zu ersparen.73 Es geht hierbei um Fälle wie den vorliegenden, in denen Ersatz für Vermögensschäden verlangt wird, eine gewisse Verbindung zu einem Vertragsverhältnis besteht, jedoch zwischen den Parteien ein Vertrag nicht geschlossen wurde.74 Wagner, der sich überrascht zeigt von der Gewissheit, mit der hier das Deliktsrecht als sedes materiae verortet werde, weist auf den schmalen Grat zwischen beiden Rechtsgebieten hin und verdeutlicht dies anhand einer rechtsvergleichenden Analyse der Haftung für fahrlässig-falsche Bankauskünfte: Während der BGH hier einen stillschweigenden Auskunftsvertrag konstruiere, werde in England auf das Deliktsrecht rekurriert, gleichzeitig aber eine vertragsähnliche Nähebeziehung gefordert.75 Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass „Systematisierungsfragen im Grenzbereich von Vertrags- und Deliktsrecht nicht überzubewerten“ sind.76 Für die Frage der Direktansprüche in Franchise-Netzwerken ist zunächst die Konzeption des deutschen Deliktsrechts ernst zu nehmen, die im Grundsatz reine Vermögensschäden von der Ersatzfähigkeit ausnimmt. Zudem wird im konkreten Fall mit der Einhaltung der Systemstandards ein Beitrag vom einzelnen Franchisenehmer gefordert, der – auch ohne Vertrag – eher das Äquivalenzinteresse der anderen Beteiligten betrifft denn ihr Integritätsinteresse.77 Lösungen der sich ergebenden Probleme auf dem Boden des Vertragsrechts scheinen daher vorzugswürdig, denn nur so wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es sich nicht um unverbundene, zufällig zusammentreffende Rechtssubjekte handelt, sondern das Franchise-Netzwerk ein Netz von Verträgen darstellt. b) Vertragsrechtliche Lösung aa) Pflichtencharakter und Vertragsprinzip Die Pflicht des Franchisenehmers zur Konzeptanwendung und Systemförderung ist vorgehend als Hauptleistungspflicht des Franchisevertrages gekennzeichnet worden, die mit der Förderungspflicht des Franchisegebers im Synallagma steht. Grundsätzlich werden die Leistungspflichten (vgl. § 241 Abs. 1 BGB) von den sog. weiteren Verhaltenspflichten78 bzw. als Rücksichtspflichten oder auch Schutz-

73 Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 823, Rn. 294 mit Nachweisen aus der Literatur in Fn. 1305. 74 Vgl. Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 823, Rn. 294. 75 Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 823, Rn. 295 – BGHZ 7, 371, 374 f.; Hedley Byrne v. Heller [1964] AC 465, 528 f. 76 Wagner, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 823, Rn. 296. 77 So auch Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 196. 78 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 2 IV 2.

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pflichten79 bezeichnet (vgl. § 241 Abs. 2 BGB, 242 BGB) – die Terminologie ist hier uneinheitlich – abgegrenzt. Leistungspflichten sind im Rahmen eines Schuldverhältnisses diejenigen, die auf die Herbeiführung des „primären Obligationszweckes“ gerichtet sind und nach dem finalen Leistungsbegriff zur bewussten, zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens, d. h. einer Veränderung der Güterlage des Gläubigers führen sollen.80 Innerhalb der Leistungspflichten wird gemeinhin nochmals unterschieden in die Hauptleistungspflichten, die im Schuldverhältnis von Beginn an angelegt sind und es in seiner Eigenart charakterisieren und den Nebenleistungspflichten, die der Förderung der Hauptpflichten dienen und zu diesen akzessorisch sind.81 Nach dem Konzept von Olzen zeichnen sich hingegen die Rücksichtspflichten nach § 241 Abs. 2 BGB durch ihren generell fehlenden Bezug zur Leistung aus – sie beträfen das Integritätsinteresse und ihr Zweck bestehe darin, Schäden von den Rechtsgütern des anderen Teils abzuwenden, d. h. die Güterlage in ihrem gegenwärtigen Zustand zu bewahren.82 Als Unterfall seien aber auch solche Treupflichten denkbar, die sich auf die Leistung beziehen – sie sollen allerdings nicht von § 241 Abs. 2 BGB, sondern von § 242 BGB erfasst sein.83 Nicht vergleichbar streng fasst Bachmann § 241 Abs. 2 BGB auf, der hierunter sowohl die „Schutzpflichten ieS“, die sich auf das Integritätsinteresse bezögen als auch Loyalitätspflichten (Mitwirkungspflichten) und sogar leistungssichernde Nebenpflichten fasst.84 Die gegenüber dem Franchisegeber bestehende Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung ist deshalb zunächst Leistungspflicht, weil ihre Erfüllung, die nicht in der Herbeiführung eines Erfolges, sondern in einer Tätigkeit besteht, darauf gerichtet ist, dem Franchisesystem zu größtmöglichem Erfolg zu verhelfen, d. h. sich positiv in einer Mehrung der Güterlage des Franchisegebers niederzuschlagen. Darüber hinaus ist sie, wie bereits mehrfach erwähnt, typusprägende Hauptpflicht. Der Anspruch auf Erfüllung dieser Verpflichtung wird als Primäranspruch bezeichnet, da er inhaltlich dem vom Schuldverhältnis vorgesehenen Leistungsprogramm entspricht.85 Die im Falle der Pflichtwidrigkeit entstehende Schadensersatzpflicht wird als Sekundäranspruch bezeichnet, der an die Stelle oder neben eine weiterhin bestehende primäre Leistungspflicht tritt.86

79

Zur Terminologie Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 154 f. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 2 III 3; Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 145. 81 Vgl. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 2 III 4; Olzen, in: Staudinger, § 241 Rn. 146, 147, 151. 82 Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 153, 156. 83 Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 514; Kategorisierung, seit der Schuldrechtsreform zumal, umstr., ebd. 84 Bachmann/Roth, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 241, Rn. 51. 85 Vgl. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 2 III 5. 86 Vgl. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 2 III 5. 80

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Gem. § 241 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Gläubiger kraft eines Schuldverhältnisses berechtigt, vom Schuldner eine Leistung zu fordern. Ein solches Schuldverhältnis kann nach der deutschen Rechtsdogmatik im Wesentlichen entweder vertraglichen oder gesetzlichen Ursprungs sein; daneben kommen noch sog. vertragsähnliche Schuldverhältnisse in Betracht.87 Das Vertragsprinzip legt § 311 Abs. 1 BGB fest, der bestimmt, dass zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich ist. Die Vertragschließenden sind nach dem Grundkonzept auch Gläubiger und Schuldner des Schuldverhältnisses – und damit die Personen, zwischen denen die Leistungen zu bewirken sind.88 Nur zwischen ihnen entfaltet also der Vertrag seine Rechtsgeltung, die durch die wechselseitige Abgabe und Entgegennahme von Leistungsversprechen entsteht.89 Als „eigentlich systemwidrig“ ist die Idee zu bezeichnen, dass neben dem Versprechensempfänger ein Dritter aus dem Vertrag etwas herleiten kann.90 Dritte sind diejenigen, die nicht selbst Partei des Schuldverhältnisses sind: „sie schulden dem Gläubiger nichts und haben vom Schuldner die Leistung nicht zu fordern“.91 Durch dieses sog. Vertragsprinzip – ebenso durch den Ausdruck „Relativität von Schuldverhältnissen“ beschrieben – soll verhindert werden, dass einem Dritten eine Forderung ohne eigenes Zutun oder seine Zustimmung aufgedrängt wird.92 Das Vertragsprinzip geht zurück auf das römische Recht, in dem der Grundsatz galt: „Alteri stipulari nemo potest“, was mit „Niemand kann sich für einen anderen etwas versprechen lassen“ übersetzt werden kann.93 Wurde eine Leistung an einen Dritten vertraglich vereinbart, so konnte zwar der Versprechensempfänger erfolgreich eine Klage auf Leistung an den Dritten erheben, jedoch konnte dies – abgesehen von wenigen Ausnahmen – nicht der Dritte selbst.94 Er erlangt daher i. d. R. kein eigenes klagbares Forderungsrecht.95 Die Identität zwischen den Personen, die am Vertragsabschluss beteiligt sind und denjenigen, die Subjekte des durch den Vertrag begründeten Schuldverhältnisses sind, ist jedoch „keine logische Notwendigkeit“.96 Es ist denkbar, dass ein Versprechender dem Versprechensempfänger gegenüber zusagt, eine Leistung an einen Dritten zu erbringen – und die Rechtswirklichkeit hat erwiesen, dass diese Möglichkeit auch praktisch notwendig ist. Es geht hier insbesondere um das Interesse des Versprechensempfängers einem Dritten eine gesicherte Rechtsposition zu ver87 88 89 90 91 92 93 94 95 96

Vgl. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 6 3. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 2. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 7. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, 7. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 3 II 1. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 7. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 8. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 8. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 8. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 2.

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schaffen, damit bspw. bei Versorgungs- oder Lebensversicherungsverträgen der Dritte die Auszahlung einer Versicherungssumme an sich fordern kann.97 Diesem Bedürfnis nachkommend sieht das deutsche Recht in § 328 Abs. 1 BGB den Vertrag zugunsten Dritter vor: Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

Es ist daher möglich, wenn auch nicht zwingend – abhängig vom Willen der Vertragschließenden – einen Dritten nicht nur zum Empfänger einer Leistung zu machen, sondern ihm auch die Möglichkeit zu verschaffen, diese selbst einzufordern: „Diese Person wird Gläubiger, obwohl sie in keiner Hinsicht eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgibt, obwohl sie nicht an dem Vertragsschluss beteiligt ist und im Verhältnis zu den Vertragsteilen ein Dritter bleibt.“98

Die Belange des Dritten werden nach deutschem Recht dadurch gewahrt, dass dieser gem. § 333 BGB das Recht zurückweisen kann – eine Beitrittserklärung ist hingegen nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Forderungsentstehung in seiner Person. Der Abschnitt im Bürgerlichen Gesetzbuch zum Versprechen der Leistung an einen Dritten, d. h. die §§ 328 ff. sind heute zur Selbstverständlichkeit geworden – und lassen das englische Recht, in dem es den Vertrag zugunsten Dritter erst seit 1999 gibt als antiquiert erscheinen. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zulässigkeit einer solchen Konstruktion auch in Deutschland zu einem Zeitpunkt als das praktische Bedürfnis hierfür bereits bestand, Gegenstand heftiger Diskussionen war. Wie Gernhuber anschaulich ausführt: „Wer sich da unversehens eingezwängt sah von praktischer Notwendigkeit einerseits und angeblich unüberwindbaren Widerständen des juristischen Denkens andererseits, fühlte sich zumeist genötigt, das prinzipielle Nein mit einem Aber zu relativieren in Gestalt eines Vorschlags, das erwünschte Egebniss in anderer Gestalt mit der angeblich allein rechtgläubigen Schuldrechtsdogmatik zu versöhnen.“99

Die Lehre von den Drittwirkungen sei erst im 20. Jahrhundert fortentwickelt worden unter dem Eindruck von komplexeren wirtschaftlichen Arrangements, die das Potential besäßen, Vorgänge auszulösen, die sich über das bipolare Verhältnis hinaus auch auf Dritte auswirkten.100 Nach Gernhuber müssten für derartige Konstellationen nicht zwingend Lösungen, die am Vertragsrecht anknüpfen gefunden werden, wenn die Begründung einer deliktischen Haftung sachgerechter sei.101 Im Ergebnis hält er jedoch – auch unter Widerspruch gegen die Position allein die 97

Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 2, 11. Jagmann, in: Staudinger, vor § 328, Rn. 4. 99 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 19 I 3. 100 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 19 I 5. 101 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 19 I 6.

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Schwäche des Deliktsrechts habe zum Ausufern vertraglicher Drittwirkungen geführt – das vertragliche Schuldverhältnis für den geeigneten Regelungsort: „Wenn Schuldverhältnisse Vorgänge in Bewegung setzen, die rechtlich relevant sind, dann sollten wir nicht versuchen, Lösungen zu finden, die vom Schuldverhältnis abstrahieren.“102

bb) Vertrag zugunsten Dritter Ein Franchisenehmer hat keinen Anspruch gegen einen anderen Franchisenehmer im Netzwerk auf Einhaltung der Systemstandards aus einem etwaigen, zu seinen Gunsten geschlossenen Vertrag. Ein typischer Franchisevertrag lässt nicht die Auslegung zu, dass der Franchisenehmer dem Systemkopf zu versprechen gedachte, gegenüber jedem anderen Teilnehmer des Systems zur Systemförderung vertraglich verpflichtet zu sein, mit der Folge eines Schadensersatzanspruchs im Falle der Pflichtwidrigkeit. Vielmehr entspricht die ausschließliche Verpflichtung hierzu gegenüber dem Franchisegeber dem Willen der Vertragschließenden. cc) Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Die sich durch die komplexeren Rechtsbeziehungen im 20. Jahrhundert ergebenden Probleme der erhöhten Möglichkeit der Einwirkung auf Dritte bei der Durchführung von Verträgen begegnete die Rechtsprechung mit der Einführung des sog. Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte (VSD).103 Es handelt sich hierbei um die Konzeption eines vertragsähnlichen, gesetzlichen Schuldverhältnisses,104 das dem Zweck dient, „vertragliche und deliktische Haftung interessengerecht und lückenlos aufeinander abzustimmen“.105 Das deutsche Haftungsrecht der unerlaubten Handlungen ist vielfach – bspw. deshalb weil es primäre Vermögensschäden nur bei Vorsatz ersetzt – als unzureichend beschrieben worden.106 Den Ersatz von Vermögensschäden billigt die Rechtsprechung beim Eingreifen eines VSD zu, seit sie nicht mehr nur die Verletzung von gegenüber Dritten bestehenden nicht-leistungsbezogenen Schutzpflichten für möglich hält, sondern darüber hinaus auch eine Haftung für die pflichtwidrige Erfüllung von (Haupt-)Leistungspflichten anerkannt ist.107 Allerdings wird dem Dritten kein Primäranspruch auf Erfüllung gewährt, sondern

102

Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 19 I 6. Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 84; erstmals wurde die Entwicklung im „Linoleumrollen-Fall“ von 1915, RGZ 78, 239, angestoßen, ebenso wie die Entwicklung der c. i. c. , vgl. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 733 f. 104 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.),§ 328, Rn. 109. 105 Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 84. 106 Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 84; Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 107. 107 Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 88; Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 108. 103

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stets nur ein sekundärer, der auf Schadensersatz gerichtet ist.108 Nach wie vor umstritten ist die Rechtsgrundlage der Figur – zum einen soll die Anerkennung von Drittwirkungen auf eine ergänzende Auslegung des Vertrages zurückzuführen sein, zum anderen auf eine gesetzliche Ausgestaltung des Vertrages nach Treu und Glauben im Wege der Rechtsfortbildung.109 Näherliegend ist wohl letzteres, denn: „Den Ausschlag geben vielmehr die typischen sozialen Interessen, die von dem ,Hauptschuldverhältnis‘ ausgehen, sein Sinn und Zweck, die legitimen Erwartungen des Dritten und Grundsätze der Billigkeit und Nützlichkeit.“110

Wie bereits angedeutet ist der VSD zunächst nur für die Fallgruppe der Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten bzw. Schutzpflichten entwickelt worden.111 Geradezu exemplarisch für diese Fallgruppe ist die Entscheidung in BGHZ 66, 51112, in der eine Mutter mit ihrem Kind sich in der Absicht dort einzukaufen in einem Supermarkt aufhielt, wobei sich das Kind beim Ausrutschen auf einem Gemüseblatt verletzte. In der Entscheidung zum sog. Testamentsfall113 wurde hingegen erstmals einem Dritten ein Schadensersatzanspruch aus VSD wegen der Verletzung einer Leistungspflicht zugebilligt, obwohl die Pflicht weiterhin als eine nur gegenüber dem Gläubiger bestehende verstanden wurde114 : Durch das Verschulden eines Anwalts erreichte hier der Dritte nicht die erbrechtliche Stellung, die ihm der Erblasser per Testament zukommen lassen wollte. Diese Fallgruppe steht dem Vertrag zugunsten Dritter nahe, da der Dritte zwar nicht Mitgläubiger werden soll, ihn sein Anschlussgläubiger jedoch vor den Folgen einer Schlechterfüllung der Leistungspflichten schützen will.115 Diese Fälle zeichnen sich durch ein besonderes Verhältnis der Leistung zum Interesse des Dritten aus.116 Die Mehrzahl der hierzu entschiedenen Fälle sind solche der Berufshaftung von Personen, die mit einer besonderen, vom Staat anerkannten Sachkunde ausgestattet sind.117 Daneben hat der BGH aber auch für ein „Netzwerk“ Ansprüche aus VSD bejaht, nämlich im mehrgliedrigen bargeldlosen Zahlungsverkehr.118 Für das Bestehen eines Anspruchs aus VSD wird von der Rechtsprechung traditionell das Vorliegen von vier Voraussetzungen gefordert, die sie allerdings für die 108 Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 107; vgl. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 196. 109 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 110. 110 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 111. 111 Z. B. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd 8, 1989, § 21 I 2. 112 Auch dieser Fall stellt, wie der Linoleumrollen-Fall, gleichzeitig eine c. i. c.-Konstellation dar. 113 BGH NJW 1965, 1955. 114 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 21 I 2. 115 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 118. 116 Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 21 III 3. 117 Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 88. 118 Vgl. insb. BGHZ 69, 82, sog. Lastschriftfall.

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Fälle der Drittbezogenheit einer Leistungspflicht modifiziert hat. Zunächst muss das Kriterium der sog. Leistungsnähe erfüllt sein, die besagt, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt bzw. muss im Falle der drittbezogenen Leistungspflicht der aus einer Pflichtwidrigkeit folgende Schaden gerade dem Dritten drohen, weil er erkennbar derjenige ist, der hiervon profitieren soll.119 Zudem ist ein berechtigtes Interesse des Gläubigers an der sorgfältigen Erbringung der Leistung zum Schutz des Dritten – sog. Gläubigernähe – erforderlich.120 Die auf Schutzpflichten bezogene Wohl-und-Wehe-Formel, die nach der Rechsprechung das Bestehen einer Fürsorgepflicht des Gläubigers gegenüber dem Dritten voraussetzte, ist in den Fällen der drittbezogenen Leistungspflicht aufgegeben worden, denn auch im geschäftlichen Verkehr kann ein Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung eines Dritten bestehen.121 Entscheidend ist aber, dass die Auswirkungen auf den Dritten nicht lediglich mittelbar sind, sondern die Leistung vielmehr nach der objektiven Interessenlage für den Dritten erbracht werden soll.122 Schließlich fordert der BGH noch, dass die Haftung auf einen überschaubaren und abgrenzbaren Personenkreis beschränkt ist und dass der Dritte des Schutzes durch den VSD bedarf. Dies ist dann nicht der Fall, wenn ihm eigene gleichwertige, insb. vertragliche Ansprüche zustehen, die sein Interesse in vollem Umfang abdecken.123 Da die Rechtsprechung die Voraussetzungen in Abhängigkeit davon modifiziert, ob eine das Integritätsinteresse berührende Schutzpflicht vorliegt oder vielmehr eine sog. drittbezogenen Leistungpflicht, soll zunächst geklärt werden, welchen Charakter eine gegenüber einem anderen Franchisenehmer bestehende Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung haben soll. Die Konzeption als (Haupt-)Leistungspflicht gegenüber dem Franchisenehmer kommt dabei nicht in Betracht, denn diese ist nach dem Willen der Parteien nur dem Vertragspartner, dem Franchisegeber geschuldet und die Annahme ihres Bestehens im Verhältnis zwischen den Franchisenehmern wäre eine Fiktion, die mit dem Vertragsprinzip und – jedenfalls bisher – anerkannten Fällen der Drittwirkung nicht vereinbar wäre. Sie erschiene auch nicht angemessen, denn im Franchisevertrag ist sie Gegenleistung zum einen für die Verdienstchance, die die Nutzung des Konzepts eröffnet und zum anderen für die Förderungspflicht des Franchisegebers. Ist die Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung nicht Leistungspflicht, so ist für das Weitere die Möglichkeit einer Janusköpfigkeit Voraussetzung, 119 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 120; Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 98. 120 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 121. 121 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 121 f. Grundmann/Renner, JZ 2013, 379, 382: Kriterium der Gläubigernähe ist konturenlos geworden, es wird einzelfallbezogene Interessenbewertung vorgenommen, bei der vertragsspezifische Investitionen und marktstrukturelle Erwägungen berücksichtigt werden. 122 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 122. 123 Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 126 f.

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nämlich dass ein und dieselbe Tätigkeit – die Einhaltung der Systemstandards – gegenüber dem Vertragspartner Leistungspflicht, gegenüber einem bestimmten Dritten jedoch (bspw.) Schutzpflicht ist. Davon ist auszugehen, wie es auch der BGH in der Entscheidung zum bargeldlosen Zahlungsverkehr tut: Die sich aus dem zwischen den Banken abgeschlossen Lastschriftabkommen ergebende Leistungspflicht zur Benachrichtigung im Falle der Nichteinlösung einer Lastschrift ist gleichzeitig Schutzpflicht der Schuldnerbank gegenüber dem Dritten, d. h. dem Lastschriftgläubiger.124 Charakterisiert man, wie Olzen dies tut, Rücksichtnahmepflichten gerade durch ihren Bezug auf das Integritätsinteresse – die Bewahrung der Güterlage – und setzt ihren fehlenden Leistungszusammenhang voraus125, so kann eine Pflicht zur Konzeptanwendung gegenüber dem Franchisenehmer auch nicht als Rücksichtnahmepflicht eingeordnet werden. Die Einhaltung von Systemstandards betrifft die Leistungspflicht des Franchisenehmers im Vertragsgefüge; durch ihre Unterschreitung werden potentiell die Vermögensinteressen anderer Franchisenehmer beeinträchtigt, indem sich diese geringeren Umsätzen wegen einer geringeren Nachfrage ausgesetzt sehen. Damit ist die gegenüber einem anderen Franchisenehmer bestehende Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht weder als Leistungspflicht, noch als rein auf das Erhaltungsinteresse bezogene Schutzpflicht ieS126 bzw. Rücksichtnahmepflicht127 zu kennzeichnen. Sie ist dennoch ein sog. weitere Verhaltenspflicht128, die m. E. als leistungsbezogene Treu- bzw. Loyalitätspflicht zu bezeichnen ist. Die Bezeichnung als Loyalitätspflicht kennzeichnet am treffendsten den Inhalt der Pflicht und trägt zudem dem Netzwerkcharakter am besten Rechnung. Hintergrund der Idee, dass in Netzwerken zwischen vertraglich nicht verbundenen Beteiligten Direktansprüche bestehen könnten, ist die besondere Interessenlage, die sich als atypisches Gemisch aus der Verfolgung des eigenen Interesses und des Netzzweckes darstellt. Das Free Riding offenbart gerade das Problem, das sich ergibt, wenn ein Franchisenehmer den Netzzweck für sich negiert und ausschließlich das eigene Interesse verfolgt. Da alle Beteiligten vom Netzzweck i. S. d. Erfolges des Gesamtsystems abhängig sind, handelt er in diesem Fall illoyal. Zudem finden Treuebzw. Loyalitätspflichten ihren Ursprung häufig in Dauerschuldverhältnissen129 – so auch im Franchisevertrag –, in denen zwischen den Parteien Kooperation über einen längeren Zeitraum erforderlich ist. Nachdem die Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung gegenüber dem Franchisenehmer als leistungsbezogene Loyalitätspflicht eingeordnet worden 124 125 126 127 128 129

BGHZ 69, 82, 85 ff. Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 153. Bachmann/Roth, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 241, Rn. 51. Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 155. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 2 IV 2. Vgl. Olzen, in: Staudinger, § 241, Rn. 515.

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ist, stellt sich die Frage, ob – unter Zugrundelegung der hierzu ergangenen Rechtsprechung – ein Anspruch aus einem VSD durch Einbeziehung in den Franchisevertrag hergeleitet werden kann. Vereinzelt wird dies bejaht: „[Die] Voraussetzungen lassen sich beim Franchising ohne weiteres feststellen: Wird ein Franchisenehmer im Franchisevertrag auf die Einhaltung des Franchisekonzepts verpflichtet, kommt diese Leistung erkennbar nicht nur dem Franchisegeber, sondern auch den anderen Franchisenehmern zugute; und der diesen zur Systemtreue verbundene Franchisegeber hat ein Interesse an ihrer Einbeziehung in die Vertragswirkungen.“130

Diese Annahmen sind jedoch zu leichtfertig gemacht und auch der Hinweise darauf, dass der VSD bewährter Lückenfüller für das Deliktsrecht sei, kann nicht von einer präzisen, an den Kriterien der Rechtsprechung orientierten Prüfung der einzelnen Voraussetzungen entbinden. Was das erste Merkmal der Leistungsnähe angeht, so will Wellenhofer dessen Vorliegen im Falle von Vertragsnetzen deshalb ablehnen, weil die klassischen Fälle – wie bspw. der oben zitierte Gemüseblattfall – durch ein besonderes räumliches Näheverhältnis geprägt seien.131 Dies zum Maßstab zu erheben, scheint jedoch zweifelhaft: Denn diese Entscheidungen betreffen Schutzpflichten, die ausschließlich der Sicherung des Integritätsinteresses dienen. Die besonderen Gefahren für die Rechtsgüter Dritter ergeben sich hier gerade daraus, dass diese den Vertragspartner bspw. begleiten und daher bei der Vertragsabwicklung anwesend sind – d. h. durch die räumliche Nähe. Die Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung stellt jedoch eine leistungsbezogene weitere Verhaltenspflicht dar, die typischerweise bei der Einbeziehung von Dritten in Verträge im geschäftlichen Verkehr in Rede stehen; räumliche Nähe spielt hier keine Rolle, vielmehr kommt es auf den Drittbezug der Leistungspflicht an. Es ist daher ein Blick auf die von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen des Drittschutzes bei der Verletzung von Leistungspflichten des Vertragsverhältnisses hilfreich. Dabei ist festzustellen, dass die Fälle der Berufshaftung, für die nach entsprechender Kodifizierung wohl § 311 Abs. 3 BGB die geeignete Rechtsgrundlage ist132, mit der hiesigen Konstellation nicht vergleichbar sind: denn nicht in vergleichbarer Deutlichkeit soll der Franchisenehmer von der Einhaltung der Systemstandards profitieren wie der zu begünstigende Erbe aus der Testamentsaufsetzung. Gleiches gilt für die Konstellationen, in denen Dritte in die Verträge mit Architekten, Sachverständigen, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern einbezogen worden sind.133 Näher an der Situation der Franchise-Systeme scheint aber die Fallgruppe der Pflichtverletzungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu liegen – schon deshalb, 130 131 132 133

Harke, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 581, Rn. 51. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 200 f. Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 112. Zu den Nachweisen aus der Rspr., s. Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 88.

164

D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

weil es hier wie dort um potentiell mehr als drei Beteiligte, ja um Netzwerke geht. In BGHZ 69, 82 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Dritter, für den eine Lastschrift eingelöst werden soll, d. h. der Gläubiger, einen Anspruch aus VSD gegen die Bank des Schuldners hat, wenn diese gegenüber der Bank des Gläubigers nicht rechtzeitig angezeigt hat, dass eine Lastschrift unbezahlt bleibt – wozu sie nach dem Lastschriftabkommen der Banken verpflichtet ist. Gleiches gilt für Dritte, deren Überweisungsaufträge durch zwischengeschaltete Banken fehlerhaft ausgeführt werden.134 Was die Leistungsnähe angeht, zeichnen sich diese Fälle dadurch aus, dass der Dritte gerade derjenige ist, der den Auftrag erteilt, weshalb sein besonderes Verhältnis zur Leistung evident ist. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass gerade dem Dritten der Schaden aus der Pflichtverletzung droht, der, wie der BGH im Lastschriftfall ausführt, in der Regel in laufender Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner steht und nun möglicherweise nicht rasch genug Folgerungen aus etwaigen Zahlungsschwierigkeiten seines Geschäftspartners ziehen kann.135 Im Franchisefall ist der Drittbezug hingegen mittelbarer: Der Schaden droht nicht nur und nicht gerade dem klagenden Franchisenehmer. Sein Leistungsbezug ist nicht offensichtlich stärker als der des Franchisegebers oder anderer Franchisenehmer – auch wenn dies im konkreten Einzelfall denkbar ist, bspw. bei zwei nah beiander gelegenen Betrieben. In Konstellationen, in denen eine Person eine Vielzahl von voneinander unabhängigen gleichartigen Verträgen abschließt, werden Schutzwirkungen zugunsten anderer Dritter deshalb teilweise verneint – der Kontakt zur Leistungspflicht sei nicht bestimmungsgemäß, sondern vielmehr als zufällig, aufgrund des parallelen Bestehens der Schuldverhältnisse, zu bezeichnen.136 Jedenfalls für das Miet- und Arbeitsverhältnis sieht Riesenhuber dies anders, der in seinem Werk „Die Rechtsbeziehungen von Nebenparteien“ auf der Grundlage des VSD in Haus- und Betriebsgemeinschaften Drittwirkungen aufgrund einer Sonderverbindung annimmt.137 Hierdurch könne der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Personen aufgrund von Vertragsverhältnissen miteinander in Kontakt kämen und deshalb verstärkten und nicht nur zufälligen Auswirkungen ausgesetzt seien.138 Es komme darauf an, dass nach der vertraglichen Gestaltung der Dritte durch den Anschlussgläubiger bestimmungsgemäß eingebezogen werde, wodurch die allein entscheidenden Kriterien der Leistungsnähe und der Erkennbarkeit verwirklicht würden.139 Die daraus folgende Schutzwirkung verpflichte zur angemessenen Rücksichtnahme auf die rechtlichen Interessen der Arbeitskollegen bzw. Mitmieter.140 Teubner hält die Si134 Z. B. OLG Frankfurt WM 1999, 1208; s. zum Ganzen, Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 156. 135 BGHZ 69, 82, 87. 136 Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 99. 137 Riesenhuber, Die Rechtsbeziehungen zwischen Nebenparteien, 1997, insb. 173 ff. 138 Riesenhuber, JZ 1999, 711, 713. 139 Riesenhuber, JZ 1999, 711, 713. 140 Riesenhuber, JZ 1999, 711, 715.

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

165

tuation in Mietshäusern für durchaus mit derjenigen in Franchisesystemen vergleichbar: im ersteren Fall ginge es um die Einhaltung von Qualitätsstandards, auf die auch die anderen Franchisenehmer angewiesen seien, im anderen um die Beachtung der Hausordnung, die allen Bewohnern diene.141 Auch Mitmietern stünden gegen Störenfriede nur Besitzschutzansprüche zur Verfügung, vertraglich müssten sie sich an ihren Vermieter halten.142 Wellenhofer will die Vergleichbarkeit der Situationen auch hier an der mangelnden räumlichen Nähe scheitern lassen, die die Einbeziehung in Miet- und Arbeitsverhältnisse rechtfertige.143 Die Konstellationen in Miet- und Arbeitsverhältnissen, in denen Riesenhuber Ansprüche aus VSD zwischen Nebenparteien annimmt, sind teilweise mit derjenigen in Franchisesystemen vergleichbar: dies betrifft zum einen die Sternennetzförmigkeit, die sich dadurch ergibt, dass ein „im Zentrum stehender“ Vertragspartner (der Vermieter/der Arbeitgeber/der Franchisegeber) eine Vielzahl gleichartiger Verträge abschließt; zudem stehen die Mieter/Arbeitnehmer bzw. Franchisenehmer zueinander auf einer Stufe. Vergleichbar ist die Situation auch insoweit als dass – dies schließt an sich einen VSD aus – diese Personen eigene vertragliche Ansprüche gegen den „Systemkopf“ haben.144 Dies sind aber letztlich keine Kriterien, die das Franchisesystem auf ähnliche Weise wie das Miet- oder Arbeitsverhältnis in die Nähe zum klassischen VSD rücken: Zum einen scheint, wie Wellenhofer bemerkt, tatsächlich die räumliche Nähe die Einwirkungsmöglichkeit zu begründen; zum anderen sind die von Riesenhuber konzipierten Schutzpflichten nicht leistungsbezogen und betreffen das Integritätsinteresse145. Die, auch nur in Miet-, nicht in Arbeitsverhältnissen bestehende „übergreifende private Ordnung“146, wie sie Teubner beschreibt, zeichnet den VSD jedenfalls nicht aus und die Vergleichbarkeit scheitert auch daran, dass Riesenhuber gerade nicht davon ausgeht, dass ein wie auch immer gearteter „gemeinsamer Zweck“ verfolgt wird147. Insofern ist im Ergebnis nicht von einer Vergleichbarkeit der Konstellationen auszugehen. Hinzukommt dass die Rechtsprechung sich dem Ansatz Riesenhubers letztlich nicht angeschlossen hat.148

141 142 143 144 145

193 ff. 146

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 183. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 183. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 201. Bei Riesenhuber, Die Rechtsbeziehungen zwischen Nebenparteien, 1997, 232 ff. Vgl. die Beispiele Riesenhuber, Die Rechtsbeziehungen zwischen Nebenparteien, 1997,

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 184. Vgl. Riesenhuber, Die Rechtsbeziehungen zwischen Nebenparteien, 1997, 36 ff., 59 ff. 148 Auch wenn bereits vor Riesenhuber das OLG München, NJW-RR 1992, 1097, 1097 ausgeführt hat: „Rechtlich kann die in der Hausordnung enthaltene Regelung des Musizierens der Mieter als vertragliche Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter gewertet werden zugunsten der jeweiligen Mitmieter, die dadurch das Recht erwerben, von ihrem Mitmieter die Einhaltung der Regelung in der Hausordnung zu verlangen.“ 147

166

D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Das Vorliegen des Kriteriums der Leistungsnähe ist abzulehnen, da der von der Rechtsprechung für die Fallgruppe des Ersatzes von Vermögensschäden bei Verletzung von drittbezogenen Leistungspflichten geforderte – mit den Gironetzen vergleichbare – enge Bezug des Anspruchstellers zur Leistung beim Franchisenehmer nicht besteht. Dass Gläubigernähe im Sinne der Wohl-und-Wehe-Rechtsprechung nicht vorliegt, ist evident. Soweit für drittbezogene Leistungspflichten im geschäftlichen Verkehr das berechtigte Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung genügt, könnte ein solches bei Franchiseverträgen bejaht werden. Indessen bestimmt sich dieses Interesse nach der Rechtsprechung anhand der objekten Interessenlage und insoweit spielt die – vorliegend verneinte – Leistungsnähe eine überragende Rolle,149 so dass der Gläubigernähe eine eigenständige Bedeutung abgesprochen werden kann. Die für den Schuldner geforderte Erkennbarkeit des geschützten Personenkreises liegt wohl vor, da dieser auf die anderen Franchisenehmer im System begrenzt ist. In BGHZ 69, 82, dem Lastschriftfall, hat das Gericht dieses Kriterium wohl mehr im Sinne der Zumutbarkeit der Einbeziehung für den Anspruchsgegner ausgelegt, die dort bejaht wurde, weil jede Bank von Fall zu Fall in beiden Rollen (d. h. als Schuldner- oder Gläubigerbank) auftrete und es sich um ein verfahrenstypisches Risiko handele, das klein zu halten ihr abverlangt werden könne.150 Überträgt man dies auf das Franchising, so spricht zwar einerseits für die Zumutbarkeit, dass potentiell jeder Franchisenehmer durch Free Riding eines anderen Partners betroffen sein kann und alle vom Erfolg des Systems abhängig sind. Gegen die Zumutbarkeit der Einbeziehung, die einen Schadensersatzanspruch nach sich zieht, spricht jedoch, dass alle Franchisenehmer gleichgeordnet auf einer Stufe und miteinander im Wettbewerb stehen; zudem erfolgt die Pflichtverletzung anders als bei Gironetzen nicht bei einer Tätigkeit, die letztlich auf einen Auftrag des Franchisenehmers zurückgeführt werden kann. Und auch das letzte Kriterium der Schutzbedürftigkeit muss wohl eher verneint werden: Der Franchisenehmer, der durch die Pflichtverletzung eines anderen einen Schaden erleidet, hat eigene direkte vertragliche Ansprüche gegen seinen Vertragspartner, den Franchisegeber – denn dieser ist aufgrund seiner Förderungspflicht zur Durchsetzung der Systemstandards verpflichtet. Da diese Pflicht zum Einschreiten bzw. im Falle des Unterlassens ein Schadensersatzanspruch auch im Wege der Klage durchsetzbar ist, kann die Schutzbedürftigkeit auch nicht deshalb zugesprochen werden, weil der Franchisegeber faktisch nicht auf Beschwerden reagiert. Die Einbeziehung eines Franchisenehmers in einen anderen Franchisevertrag im System mit der Folge eines Schadensersatzanspruchs aus der Rechtsfigur des VSD ist daher – unter Zugrundelegung der Kriterien der Rechtsprechung – abzulehnen. Vielfach wird auch darauf hingewiesen, dass ein solcher Anspruch letztlich nicht 149 150

Vgl. Gottwald, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 328, Rn. 122. BGHZ 69, 82, 86; vgl. auch Jagmann, in: Staudinger, § 328, Rn. 156.

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

167

sachgerecht wäre, weil er durch seine Verhaftung in der Bilateralität den Netzwerken insgesamt nicht gerecht werde.151 Auch die Tatsache, dass die Franchisenehmer miteinander im Wettbewerb stünden, lasse an der Sachgerechtigkeit eines Schadensersatzanspruchs aus VSD zweifeln.152 dd) Culpa in Contrahendo, § 311 Abs. 2, 3 BGB In § 311 Abs. 2 BGB wurde mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz von 2001 die Lehre von der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss bzw. – in wörtlicher Übersetzung des hierfür geprägten Begriffs „culpa in contrahendo“ – bei den Vertragsverhandlungen kodifiziert.153 Dabei kann gem. § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, d. h. ein solches, das Rücksichts- und Schutzpflichten begründet, ohne primäre Leistungspflichten zu beinhalten, auch durch „ähnliche geschäftliche Kontakte“ entstehen. Bei unbefangenem Blick könnte im Falle eines Franchisenetzwerkes das Verhältnis der nicht vertraglich, doch aber über den Franchisegeber und den gemeinsam verfolgten Netzzweck miteinander verbundenen Franchisenehmer als ein solcher dem geschäftlichen ähnlicher Kontakt eingestuft werden. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass weder ein „Kontakt“ i. S. d. Norm vorliegt, noch eine c. i. c.Situation, wie Absatz 2 dies voraussetzt. Die einhellige Meinung zu § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist, dass der Gesetzgeber hiermit Konstellationen erfassen wollte, in denen zwar noch kein Vertrag „angebahnt“ werde, wie in Nr. 2 gefordert, ein solcher aber schon vorbereitet wird.154 Insofern unterscheiden sich die Tatbestände des Absatzes 2 dadurch, dass graduell Vertragsabschluss und Verhandlungen hierzu von Nr. 1 über Nr. 2 hin zu Nr. 3 weniger konkret und weiter entfernt erscheinen, jedoch nicht bezogen auf die Qualität der räumlichen Nähe, durch die in allen Fällen erst die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Rechtsgüter der anderen Teils eröffnet wird. Schon der Wortlaut „Kontakt“ legt nahe, dass es sich um eine tatsächliche, unmittelbare Begegnung handeln muss155 und nicht um eine durch geschäftliche Verbundenheit bewirkte Rückkopplung. Dass es um einen geschäftlichen Kontakt im Vorfeld von Vertragsverhandlungen geht, verdeutlicht auch die Bundestag-Drucksache zum Entwurf eines SMG:

151 Wellenhofer, KritV 2006, 187, 201; Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 191 f.; Lange, Das Recht der Netzwerke, 1998, Rn. 397; Hinweis: Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 77 f. bejaht den VSD bei Franchisesystemen im Außenverhältnis zum Kunden, der dadurch einen Anspruch gegen den Franchisegeber erlangt. 152 Wellenhofer, KritV 2006, 187, 202; Lange, Das Recht der Netzwerke, 1998, Rn. 397. 153 Emmerich, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 311, Rn. 50. 154 BT-Drs. 14/6040, S. 163; Emmerich, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 311, Rn. 74; Löwisch, in: Staudinger, § 311, Rn. 101. 155 Wellenhofer, KritV 2006, 187, 202.

168

D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

„Voraussetzung für eine Haftung ist, dass es sich um die an dem potentiellen Vertrag Beteiligten handelt. Nicht ohne weiteres erfasst werden Dritte, die in einem Näheverhältnis zu einer der Vertragsparteien stehen.“156

Dritte würden allerdings dann geschützt, wenn sie nach den Grundsätzen zum VSD, die weiterhin gälten, in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen würden157 – dessen Voraussetzungen liegen allerdings, wie eben gezeigt, nicht vor. Darüber hinaus wird auch darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber – in Kenntnis der Problematik von Netzwerken von Verträgen – keinen Tatbestand zu Direktansprüchen in solchen Konstellationen aufgenommen habe, obwohl dies im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung möglich gewesen wäre.158 Gleichfalls durch das SMG wurde § 311 Abs. 3 BGB eingefügt, der eine Haftung von Dritten vorsieht, die zwar nicht selbst Vertragspartei werden sollen, aber entweder durch Inanspruchnahme besonderen Vertrauens den Vertragsabschluss oder die Verhandlungen hierfür maßgeblich beeinflussen oder ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Vertragsschluss haben.159 Ein Fall des § 311 Abs. 3 BGB liegt beim Free Riding im Franchisenetzwerk ersichtlich nicht vor, denn es geht, wie bereits angemerkt, nicht um ein Verhalten im Rahmen eines bevorstehenden Vertragsabschlusses. Zudem tritt der Free Rider, der über das Netzwerk und den gemeinsamen Netzzweck mit den anderen Franchisenehmern verbunden ist, nicht diesen gegenüber auf und nimmt schon aufgrund seiner Gleichrangigkeit kein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch. c) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken aa) Netzwerk als Vertragsverbund Teubner zeigt zunächst, dass für die Lösung der Frage des Binnendurchgriffs im Netzwerk weder das Delikts- noch das Vertragsrecht geeignet sind: Ersteres passe deshalb nicht, weil das Verhalten des Free Riders kein absolutes Unrecht darstelle, sondern ein relatives gegenüber den Netzbeteiligten, welches sich erst durch den Beitritt zum Netz qua Vertragsschluss ergebe.160 Zudem betreffe die Einhaltung von Systemstandards nicht den Schutz des Integritätsinteresses der Beteiligten, sondern erfordere einen aktiven Beitrag von den Verpflichteten.161 Aber auch das Vertragsrecht und hier insbesondere der in Betracht kommende VSD sei nicht „netzwerkadäquat“, denn „mit dem Drittschutzvertrag reagiert das Privatrecht auf Vertrags156

BT-Drs. 14/6040, S. 163. BT-Drs. 14/6040, S. 163. 158 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 737; Wellenhofer, KritV 2006, 187, 202. 159 Emmerich, in: MünchKomm-BGB (5. Aufl.), § 311, Rn. 231, 236; Grüneberg, in: Palandt, § 311, Rn. 60. 160 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 186. 161 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 196. 157

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

169

externalitäten, mit der Vertragsverbindung dagegen auf Netzwerkeffekte“.162 Nur die Konzeption des Vertragsverbundes nehme die richtige Perspektive auf Netzwerke ein und könne so deren spezifischen Interessenverflechtungen gerecht werden.163 Der Vertragsverbund, den Teubner als eine rechtliche Sonderverbindung, die mit derjenigen der culpa in contrahendo vergleichbar ist, versteht,164 ermöglicht einen Direktanspruch, wenn die bereits oben ausgeführten drei Kriterien erfüllt sind: die „wechselseitige Verweisung der Verträge, ein konkreter Verbundzweck und ein Kooperationsverhältnis“.165 Folge ist nach Teubner, dass mit dem Abschluss des Einzelvertrages gleichzeitig Verbundbeziehungen zwischen allen vertraglich nicht miteinander verbundenen Netzteilnehmern entstünden.166 Welche Pflichten diese vertragslosen Sonderbeziehungen generierten, entscheide sich selektiv anhand der Unterscheidung zwischen Verbund- und Vertragsbereich: Nur dann, wenn eine Pflicht das gesamte Netzwerk betreffe, bestehe sie sowohl innerhalb des bilateralen Vertrages als auch im Verhältnis zu allen anderen Beteiligten.167 Dem Charakter nach seien einige Verbundpflichten reine Schutzpflichten, andere wiesen jedoch einen Leistungsbezug auf, wie bspw. die Pflicht zur Systemförderung, was typisch für Netzwerke sei, die sich gerade dadurch auszeichneten, „dass sie auf der Grundlage generalisierter Reziprozität von den Teilnehmern auch die Teilhabe an positiven Leistungsbeiträgen erwartbar machen“.168 Ähnlich wie der Dritte bei seiner Einbeziehung in den Schutzbereich eines Vertrages nach klassischem Vertragsrecht gewährten Verbundpflichten den Netzteilnehmern jedoch niemals – auch wenn es um leistungsbezogene Pflichten gehe – primäre Ansprüche auf Erfüllung, sondern stets nur Schadensersatzansprüche.169 Einen Unterschied zwischen hierarchischen und heterarchischen170 Netzwerken will Teubner nicht hinsichtlich der Entstehung von Ansprüchen machen, sondern in Bezug auf ihre Durchsetzbarkeit: Einer zentralen Organisationsform sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass der Direktanspruch gegenüber dem Anspruch gegen den Systemkopf subsidiär ist.171 Nur dann, wenn die Zentrale auf Beschwerde

162

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 192. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 192 f. 164 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 193. 165 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 195; s. o. C. II. 1. a). 166 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 132 f. 167 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 195. 168 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 196. Zur Reziprozität in der soziologischen Netzwerkforschung: s. o. B. III. 3. 169 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 197. 170 s. o. B. III. 3., 4. Der Unterschied wird auch gekennzeichnet als asymmetrisch (= strategisch, BWL)/symmetrisch oder zentral/dezentral. 171 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 197 f. 163

170

D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

hin nicht gegen den Netzteilnehmer einschreite, sei eine Klage direkt gegen den Störer zulässig.172 Franchise-Netzwerke sind für Teubner Paradebeispiel hierarchischer Netzwerke, die die Merkmale des von ihm konzipierten Vertragsverbundes erfüllen. Die wechselseitige Verweisung der Verträge aufeinander ist gegeben, weil im Vertragstext oder zumindest der Vertragspraxis ein Hinweis auf das gesamte Vertriebssystem erfolge.173 Der inhaltliche Bezug auf das gemeinsame Projekt, das neben der Verfolgung eigener Zwecke zu fördern ist, wird durch die Verpflichtung zur Systemförderung im Franchisevertrag umgesetzt. Auch das dritte Merkmal der wirtschaftlichen Einheit, die sich in der Notwendigkeit zu enger Kooperation ausdrückt, liegt vor; sie entsteht spontan durch „Betriebstätigkeit“ des Netzwerks.174 Da ein Vertragsverbund vorliegt, entstehen zwischen den Beteiligten vertragslose Sonderbeziehungen, die – soweit der Verbundbereich betroffen ist – die Entstehung von Pflichten nach sich ziehen. Die im Falle des Free Riding in Rede stehende Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht betrifft das Gesamtsystem, weshalb sie als leistungsbezogene Treupflicht gekennzeichnet werden kann. Im Grundsatz hat daher ein jeder betroffener Franchisenehmer einen Anspruch auf Schadensersatz – nicht primär auf Einhaltung der Systemstandards – gegen den Free Rider. Dessen Durchsetzbarkeit im Wege der Klage ist jedoch bedingt dadurch, dass der Franchisenehmer sich zunächst an den Franchisegeber wendet, damit dieser Abhilfe schafft. Dies ist laut Teubner deshalb notwendig, weil ein sofortiges Klagerecht im Missbrauchsfall zu einer gegenseitigen Behinderung der Franchisenehmer führen könnte, die ja grundsätzlich miteinander im Wettbewerb stünden.175 Zudem könnten schwebende Prozesse und rechtskräftige Urteile einer Fortentwicklung des Gesamtsystems und dessen größtmöglichem Erfolg im Wege stehen.176 Nach dem Franchisevertrag sei der Systemkopf auch gegenüber dem Franchisenehmer verpflichtet, die Einhaltung der Systemstandards durch die anderen Beteiligten zu überwachen und im Falle der Pflichtverletzung einzuschreiten.177 Nach Teubner kommt dem Franchisegeber bei der Frage des Tätigwerdens Ermessen zu, weshalb

172

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 198. Vgl. die Charakterisierung von Franchising im Buch IV, Teil E, Kapitel 4:101 DCFR: „[…] the right to conduct a business (franchise business) within the franchisor’s network for the purposes of supplying certain products […].“ 174 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 198. 175 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 198. 176 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 198. 177 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 198 f. So auch Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 44, der dieses als Inhalt der mit der Systemförderungspflicht des Franchisenehmers synallagmatischen Förderungspflicht des Franchisegebers ansieht. 173

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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auf diese Weise ein Interessenausgleich im Drei-Personen-Verhältnis erreicht werde.178 Ein Anspruch auf Schadensersatz sei erst dann gegen den Free Rider direkt durchsetzbar, wenn zum einen eine besonders schwere Form der Pflichtverletzung vorliege, die spürbar den Netzzweck beeinträchtige und zum anderen der Franchisegeber aus Opportunismus nicht zum Handeln bereit ist oder gar kollusiv mit dem Schädiger zusammenwirke.179 bb) Netzvertrag Auch der von Rohe konzipierte „Netzvertrag“ ermöglicht die Entstehung von Direktansprüchen zwischen Mitgliedern eines Netzwerkes, die originär keinen Vertrag miteinander abgeschlossen haben. Rohe entwickelt den Netzvertrag auf Grundlage der Rechtsgeschäftslehre: Der Anschluss an den Netzvertrag erfolge uno acto zusammen mit dem Vertragsabschluss mit dem Geschäftspartner, der bereits Teilnehmer des Netzes ist und von allen anderen Beteiligten konkludent bevollmächtigt sei, auch für sie zu kontrahieren. Ähnlich wie der Vertragsverbund von Teubner gewährt auch der Netzvertrag keine Primäransprüche, sondern lediglich Sekundäransprüche im Falle einer Leistungsstörung. Das Franchisenetzwerk stellt nach Rohe einen Geschäftstyp dar, der die abstrakten Strukturprinzpien erfüllt und in dem daher ein Netzvertrag typischerweise abgeschlossen wird:180 Ein einheitliches Konzept werde zur Vermarktung eines Produktes gewählt und massenhaft angewendet. Diese Sekundärtransaktionen dienten dem primären Vertriebsinteresse des Franchisegebers, das auf diese Weise möglichst kostengünstig (und erfolgreich) umgesetzt würde. Wegen der rechtlichen Selbständigkeit der Beteiligten könnten sie auch von Kostensenkungen profitieren und verfolgten in Bezug auf die Effizienz des Netzwerks einen einheitlichen Netzzweck, der Hintergrund des Netzvertrages sei. Obwohl nach Rohe der Netzvertrag grundsätzlich Direktansprüche zwischen allen Netzbeteiligten generiert, kommt ein Schadensersatzanspruch eines Franchisenehmers gegen einen die Systemstandards unterschreitenden Franchisenehmer generell nicht in Betracht. Der Grund hierfür liege in der Tatsache, dass in diesen zentral organisierten, hierarchischen Sternennetzen – im Gegensatz zu den dezentralen Gitternetzen – Direktansprüche nicht dem Willen der Beteiligten entsprächen: Die „Annahme einer zusätzlichen Haftungsbereitschaft wäre unrealistisch“ und eine Gesellschaft sei gerade nicht errichtet worden.181 Der Systemkopf nehme gegenüber seinen Franchisenehmern eine übergeordnete Rolle ein, weil er das System einge178

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 199. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 199. 180 Rohe, Netzverträge, 1998, S. 413 ff. 181 Rohe, Netzverträge, 1998, S. 436 und 389 für die just in time-Produktion, Rohe verweist hierauf auch für das Franchising, S. 437. 179

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

führt habe und koordiniere, weswegen nur ihm der Überblick über entstandene Schäden möglich sei.182 Nicht nur, weil die Abwicklung über den mit allen Franchisenehmern vertraglich verbundenen Franchisegeber praktikabel sei, sondern auch um eine unüberschaubare Kumulation von Schäden zur vermeiden, sei die Regulierung stets in diesem Verhältnis durchzuführen.183 cc) Netzzweck und Schutzpflichten Wellenhofer erkennt Vertragsnetzwerke als Phänomen an, sieht aber keinen rechtlichen Anpassungsbedarf. Für die verschiedenen Pflichteninhalte – bspw. Kooperation, Information, Geheimhaltung – wird die Möglichkeit eines Anspruchs geprüft, die „Drittwirkung von Schutzpflichten“ im Netz schlussendlich aber in jedem Fall verneint.184 Es bestehe hierfür kein Bedürfnis und in „harten Fällen“ könne auf § 826 BGB zurückgegriffen werden.185 dd) Vertragsnetz Grundmann geht im Zusammenhang mit Netzwerken von zwei grundlegenden Fragestellungen aus, nämlich zum einen derjenigen nach der Existenz von Direktansprüchen und zum anderen der nach im Einzelvertrag durch den Netzzweck verursachten Modifikationen. Die Grundentscheidung gegen Direktansprüche ist für ihn essentiell – sie entspreche dem Willen der Parteien und könne anhand der vorhandenen vertragsrechtlichen Dogmatik begründet werden:186 Beleg biete zunächst die Rechtsprechung, die bspw. in BGHZ 51, 91 einen Direktanspruch gegen einen Hersteller (unter Überspringen des Zwischengliedes) abgelehnt hat; des Weiteren seien die gesetzgeberischen Wertungen in §§ 478, 767b, 767c BGB heranzuziehen. In Anwendung auf die möglichen Fälle eines Direktanspruchs ist es Grundmanns Ausgangspunkt, dass Vertragsgrenzen überschreitende Sekundäransprüche, bspw. in Form von Schadensersatz nur dann denkbar sind, wenn ein entsprechender Primäranspruch besteht. Die Konstellationen könnten daher auf ein Bestehen von Pflichten – untergegliedert nach Haupt-, Nebenleistungs- und Schutzpflichten – untersucht werden. In Bezug auf die vertragliche Hauptleistungspflicht – auch als charakteristische Leistung bezeichnet – geht Grundmann davon aus, dass diese grundsätzlich nur dem Vertragspartner geschuldet sei.187 Dies gelte insbesondere dann, wenn bspw. innerhalb von Lieferketten, der Hersteller dem Zwischenhändler inhaltlich die gleiche 182 183 184 185 186 187

Rohe, Netzverträge, 1998, S. 389. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 436, 389. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 192 ff. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 206. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 735 ff., 766. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 750.

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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Leistung versprochen habe wie dieser seinem Abkäufer – schon deshalb, weil Direktansprüche vertragliche Gewährleistungsabreden unterlaufen könnten.188 Voraussetzung für die reibungslose Abwicklung entlang der Kette sei es aber, dass dem Vertragspartner gem. § 278 BGB alle Fehler anderer Kettenmitglieder zugerechnet würden.189 Nebenleistungspflichten seien bereits deshalb kein geeigneter Gegenstand von Direktansprüchen, weil sie bloße Hilfsrechte zu charakteristischen Leistung sind und daher dem Erfüllungsanspruch nachfolgten.190 Nach der Wertung des § 311 Abs. 3 BGB komme ein Direktanspruch nur dann in Betracht, wenn der Dritte eine eigene charakteristische Leistung gegenüber dem Anspruchsteller angeboten habe, weil in diesem Fall gerade nicht der eigene Vertragspartner hierfür in Anspruch genommen werden könne.191 Auch bei der Anwendung des Drittschutzvertrages soll es nach Grundmann Voraussetzung sein, dass der eigene Vertragspartner keine Pflichtenstellung innehabe und damit eine zusätzliche Leistung erbringe. Zudem müsse das Kriterium der „Leistungsnähe“ wertend aufgeladen werden, indem die Einbeziehung des Anspruchstellers in den Vertrag entweder zwischen den Vertragsparteien verabredet sei oder aufgrund gesetzlicher Wertung – dadurch dass der Anspruchsteller die Leistung indirekt mitfinanziert – naheliege.192 Bei Schutzpflichten kommen nach Grundmann Direktansprüche grundsätzlich in Betracht, weil die Gründe, die ansonsten für eine Ablehnung sprechen, hier nicht greifen würden. In Rede stehen hier leistungsbezogene Schutzpflichten, da ansonsten lediglich das Integritätsinteresse berührt sei und damit das Vermögen wie es unabhängig vom Vertragsnetz bestehe.193 Zudem geht es nur um solche Pflichten, die nicht als leistungsbezogene Nebenpflichten zu kennzeichnen sind, also solche, die die Erbringung der Hauptleistung ermöglichten und unterstützten.194 Es gehe um den Netzzweck betreffende Pflichten, die durch Unterlassen, aber auch durch ein Tun, bspw. die aktive Störung des Netzzwecks, verletzt werden könnten.195 Am Beispiel der unterlassenen Warnung bezüglich einer Störung im Netz (bzw. der bloßen Gefahr einer Störung) zeigt Grundmann, weshalb ein Direktanspruch hier durchaus in Betracht kommt: Zunächst sei hier strukturell eine Pflichtenstellung des Vertragspartners ausgeschlossen, denn eine nicht vorliegende Information könne eine Warnpflicht schon gar nicht begründen – der Franchisegeber sei daher bei mangelnder Kenntnis einer Störung nicht zur Warnung verpflichtet.196 Nicht nur 188 189 190 191 192 193 194 195 196

Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 750 f. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 751. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 756. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 752. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 755. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 757. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 757. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 757. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 757 f.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

scheide eine Subsidiarität des Anspruchs aus, da vertragliche Vereinbarungen in diesen Fällen gar nicht unterlaufen werden könnten, sondern es würde die Verneinung eines Anspruchs zur Schutzlosigkeit des Geschädigten führen.197 Die Pflicht zur Weiterleitung der Information, die denjenigen treffe, der sie zuerst erhalte, bestehe aus § 328 BGB analog, d. h. aus Drittschutzvertrag gegenüber den anderen Franchisenehmern, könne aber freilich auch durch Kundgabe an den Franchisegeber diesem gegenüber erfüllt werden.198 Nach alledem stellt sich die Frage, ob nach Grundmanns Konzeption im Falle des Free Riding ein Direktanspruch denkbar ist. Die Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung, die im Falle der Unterschreitung von Systemstandards betroffen ist, ist vorgehend als leistungsbezogene Treupflicht gekennzeichnet worden – sie gehört demnach in die Kategorie der leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten, die den Netzzweck betreffen, bei denen Grundmann grundsätzlich Direktansprüche für möglich hält. Allerdings springen die Unterschiede zum Fall der unterlassenen Warnung ins Auge: Zunächst besteht die Warnpflicht gegenüber allen Netzteilnehmern als einheitliche Schutzpflicht. Die Systemförderungspflicht hingegen ist „janusköpfig“: Nach hiesiger Auffassung stellt sie gegenüber dem Franchisegeber eine Hauptleistungspflicht dar, gegenüber den Franchisenehmern ist sie leistungsbezogene Schutzpflicht. Hieraus ergibt sich, dass, im Gegensatz zur Situation bei der Warnpflicht, der Franchisegeber eine Pflichtenstellung innehat, denn seine Förderungspflicht hält ihn dazu an, gegenüber den anderen Netzteilnehmern die Systemstandards durchzusetzen – auch wenn diese nicht inhaltsgleich ist mit der Schutzpflicht des Franchisenehmers. Die Franchisenehmer sind deshalb nicht schutzlos gestellt; zudem besteht durchaus die Gefahr, dass vertragliche Wertungen durch entsprechende Direktansprüche unterlaufen werden. Nach Grundmanns Modell kommt daher im Falle des Free Riding kein unmittelbarer Anspruch in Betracht, da – auch wenn es sich um eine leistungsbezogene Schutzpflicht handelt – die Gründe, die für eine Verneinung solcher Ansprüche sprechen hier vorliegen. d) Neue Theorie zu Direkthaftung Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle das von Peter Krebs vorgestellte Konzept zu Sonderverbindungen und außerdeliktischen Schutzpflichten bleiben, in dem er ausführlich die Problematik von Direkthaftung und Sonderverbindungen gegenüber Dritten thematisiert. Krebs beschäftigt sich jedoch nicht mit Netzwerken und glaubt, dass im Fokus der hierzu hervorgebrachten Ansätze letztlich immer die Leistungskette steht, nicht die Gesamtheit der Beziehungen.199 In Bezug auf das Problem des

197 198 199

Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 758. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 758. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 314.

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Direktanspruchs zwischen vertraglich nicht verbundenen Parteien besteht hier allerdings thematisch eine gemeinsame Schnittmenge. Nach Auffassung von Krebs ist die Zulassung einer Direkthaftung, die konstruktiv im Wege der Rechtsfortbildung zu begründen ist, aus Wertungsgründen immer dann geboten, wenn ein Dritter „gläubigergleich und damit sonderverbindungsspezifisch“ betroffen sei und hinsichtlich der Haftung eine Funktionsstörung bestehe.200 In Sonderverbindungen, die sich durch intensive Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechtsgüter des Dritten auszeichneten, erfüllte die unmittelbare Haftung drei Funktionen, nämlich diejenige des Schadensausgleichs, der Prävention und der „Förderung des vertrauensvollen Miteinanders zur Erreichung des Leistungs- oder Unterlassungszwecks der Sonderverbindung“.201 Auf der Grundlage der Annahme eines Funktionsdefizits entwickelt Krebs im Wesentlichen vier Fallgruppen, die er bezeichnet als: „Fehlender Schadensausgleich“, „besonderes Präventionsbedürfnis“, „Besondere Vertrauensstellung des Schädigers“ und „Fehlende oder eingeschränkte Haftung des Schädigers trotz Pflichtverletzung gegenüber der Zwischenperson“.202 Die erste Kategorie des ansonsten fehlenden Schadensausgleichs zeichnet sich dadurch aus, dass der Dritte überhaupt keinen Anspruch auf Ersatz seines Schadens habe und der Schädiger – weil auch der unmittelbare Vertragspartner nicht hafte – für den Schaden nicht einstehen müsse.203 Eine spezifische Funktionsstörung, die einen Direktanspruch rechtfertige, liege hier dann vor, wenn dem Dritten in der Konstellation ein Ersatzanspruch zustehen würde, in der sein unmittelbarer Vertragspartner die Pflichtverletzung begangen hätte, weil nur dann seine Schutzwürdigkeit feststehe.204 Krebs hat insbesondere die Einschaltung Dritter zur Pflichterfüllung vor Augen, die entgegen §§ 278, 31 BGB nicht zu deren Haftung führt.205 Die zweite Fallgruppe, die Beachtung verdient, ist diejenige des besonderen Präventionsbedürfnisses des Geschädigten. Eine Haftung des eigenen Vertragspartners besteht hier zwar, sie wird aber aus verschiedenen Gründen als unzureichend angesehen, weil die vermittelte Haftung eine geringere Befriedigung für den Geschädigten verspreche.206 Das Bestehen eines Direktanspruchs fördere beim Schädiger das Bewusstsein, auch zur Rücksichtnahme auf den Dritten verpflichtet zu sein und erhöhe zudem die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme, was je für sich zu größerer Sorgfalt beitrage.207 Voraussetzung sei allerdings die Zumutbarkeit einer entsprechenden Inanspruchnahme.208 200 201 202 203 204 205 206 207 208

Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 636. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 340. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 399. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 298. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 298, 341 f. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 298, 342. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 344. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 345. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 345.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Die im Einzelfall mögliche Direkthaftung ohne vertragliche Verbindung führt nach Krebs nie zu einem primären Erfüllungsanspruch, sondern stets nur zu einer Schadensersatzpflicht, die im Regelfall auf das negative Interesse gerichtet sei. In seltenen Fällen – denn das Äquivalenzinteresse werde in aller Regel durch den Vertragspartner befriedigt – komme aber auch eine Haftung auf das positive (Leistungs)interesse in Betracht, nämlich bspw. dann, wenn eine Präventionswirkung der mittelbaren Haftung nicht gegeben sei, weil etwa der eigene Vertragspartner vom Schädiger abhängig sei.209 Nach Auffassung von Krebs ist eine an Funktionsstörungen orientierte Begründung von Direktansprüchen den bisher, insbesondere von der Rechtsprechung, entwickelten Instituten überlegen. Zum einen würden hierdurch nicht alle möglichen Konstellationen erfasst – bspw. mit dem Instrument der Eigenhaftung bei Entgegenbringung von besonderem persönlichem Vertrauen (heute § 311 Abs. 3 BGB), zum anderen sei der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte nurmehr eine „rein konstruktive“ Lösung, da er für zu viele unterschiedliche Defizite herhalten müsse.210 Krebs analysiert die verschiedenen Konstellationen, in denen ein Direktanspruch in Betracht kommt und ordnet sie den von ihm aufgestellten Fallgruppen zu. Dabei beschäftigt er sich – den Netzwerkgedanken eher ablehnend – nicht mit möglichen Ansprüchen zwischen Franchisenehmern, jedoch mit der Absatzkette (Anspruch Endabnehmer – Hersteller) und dem Außenverhältnis beim Franchising (Anspruch Kunde Franchisenehmer – Franchisegeber).211 In letzterem Fall könne aus seiner Sicht ein Direktanspruch auf ein gesteigertes Präventionsbedürfnis des Kunden gestützt werden, das sich daraus ergebe, dass der Franchisenehmer „weitgehend fremdbestimmt“ nach den Vorgaben des Systemkopfes arbeite.212 Fraglich ist, ob ein Schadensersatzanspruch zwischen Franchisenehmern im Falle des hier diskutierten Free Riding in Betracht kommt – als Konstellation der Fallgrupe des besonderen Präventionsbedürfnisses, denn eine besondere Vertrauensstellung nimmt der Free Rider nicht ein und auch vom Fehlen einer Ausgleichsmöglichkeit kann nicht ausgegangen werden. Auf den ersten Blick liegt ein solcher Anspruch nicht fern, denn die Aufforderung an den Franchisegeber gegen den Free Rider einzuschreiten, wenn dieser ihr nur zögerlich nachkommt, verspricht geringere Befriedigung als ein unmittelbarer Schadensersatzanspruch, der gleichfalls die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme des Schädigers steigert. Es ist auch davon auszugehen, dass hierdurch bei allen Netzteilnehmern das Bewusstsein, zur Loyalität verpflichtet zu sein, gefördert und der Anreiz zur Einhaltung der Systemstandards verstärkt wird. Andererseits entspricht die Konstellation nicht den von Krebs unter die Fallgruppe des Präventionsbedürfnisses subsumierten Situationen, bspw. der 209

Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 394 ff. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 437, 310, 637. 211 Vgl. Auflistung bei Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 279 ff. 212 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 301. 210

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Schädigung im Fall der dem Schädiger bekannten Insolvenzreife der Zwischenperson oder der tatsächlichen/rechtlichen Abhängigkeit der Zwischenperson vom Schädiger.213 Gerade in – möglicherweise – vergleichbaren Konstellationen wie der Schädigung, die im Interesse oder zum Vorteil der Zwischenperson geschieht, lehnt er ein spezifisches Haftungsdefizit der mittelbaren Beziehung ab.214 Im Ergebnis ist daher nicht von einem Anspruch gegen den Free Rider nach der von Krebs entwickelten Lehre vom Funktionsdefizit der mittelbaren Haftung auszugehen. e) Ergebnis, Verallgemeinerung und Stellungnahme aa) Ergebnis nach klassischem Recht und neuen Theorien Im Ergebnis hat ein Franchisenehmer unter Zugrundelegung des „klassischen“ Schuldrechts keinen Anspruch auf Einhaltung von Systemstandards bzw. Schadensersatz im Falle der Pflichtverletzung gegen einen Free Rider im Netzwerk. Zunächst ergibt sich kein Anspruch aus Ersatz eines etwaigen Schadens aus der deliktsrechtlichen Generalklausel des § 823 Abs. 1 BGB: Der geschädigte Franchisenehmer ist weder in einem absoluten Recht noch in einem anerkannten sonstigen Recht verletzt; der ihm entstehende Nachteil ist ein sog. reiner Vermögensschaden. Entgegen der Auffassung von Wellenhofer sollte in aller Regel auch ein Anspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung, § 826 BGB, nicht in Betracht kommen: Schon begrifflich ist es schwer vorstellbar, dass ein Verhalten, dass gegenüber einem Vertragspartner eine „einfache“ Vertragsverletzung darstellt gegenüber einem Dritten als unsittlich einzustufen sein soll. Die Rechtsprechung stuft denn auch die bloße Verletzung von Vertragspflichten nicht als Sittenverstoß ein. Zu bedenken ist auch, dass Folge eines solchen Anspruchs eine Verwischung der Grenzen zwischen Delikts- und Vertragsrecht wäre, denn ein Dritter würde dasjenige bekommen, was ihm unter nahezu gleichen Voraussetzungen im Falle eines Vertragsschlusses zustünde. Insofern ist die Konzeption des deutschen Deliktsrechts, reine Vermögensschäden nur unter qualifizierten Voraussetzungen zu ersetzen, ernst zu nehmen und das Vertragsrecht der richtige Standort für die Lösung des Problems. Berührt ist nicht das Integritäts-, sondern vielmehr das Äquivalenzinteresse der Betroffenen, die dem Schädiger nicht zufällig ausgesetzt begegnen, sondern im Rahmen eines Vertriebssystems, das sich als Netz von Verträgen darstellt. Wie Gernhuber treffend formulierte: „Wenn Schuldverhältnisse Vorgänge in Bewegung setzen, die rechtlich relevant sind, dann sollten wir nicht versuchen, Lösungen zu finden, die vom Schuldverhältnis abstrahieren.“215

213 214 215

Vgl. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 346 f. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 345 f., 347 f. Gernhuber, HB Schuldrecht, Bd. 8, 1989, § 19 I 6.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Ein Anspruch ergibt sich jedoch nach traditionellem Verständnis weder auf vertraglicher noch auf quasivertraglicher Grundlage. Zunächst steht fest, dass es zwischen Anspruchsteller und -gegner nicht zum Vertragsschluss gekommen ist, weshalb insoweit keine Rechte hergeleitet werden können, vgl. §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 2 Satz 1 BGB. Insofern sind die anerkannten Möglichkeiten der Beteiligung Dritter am Schuldverhältnis in den Blick zu nehmen; da von Seiten der Franchisenehmer kein (echter) Vertrag zugunsten Dritter gewollt ist, scheidet das Bestehen eines vertraglichen Primäranspruchs auf Einhaltung der Systemstandards generell aus. In Betracht kann insoweit nur noch ein Anspruch auf Ersatz des sich ergebenden Vermögensschadens kommen, zuvorderst auf der Grundlage des Instituts eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte. Doch auch die Herleitung eines Anspruchs aus einer solchen Sonderverbindung muss fehlschlagen, denn die entsprechenden Voraussetzungen liegen nicht vor: Das für das Kriterium der Leistungsnähe nach der hier relevanten Rechtsprechung zu den Gironetzen erforderliche besondere Verhältnis gerade des Dritten zur Leistung besteht nicht. Auch die Erkennbarkeit der Einbeziehung des Dritten in das Vertragsverhältnis, hinter der sich auch die Frage der Zumutbarkeit verbirgt, ist zweifelhaft, denn einem zwar überschaubaren Personenkreis steht die Tatsache gegenüber, dass all diese Personen letztlich im Wettbewerbsverhältnis mit dem potentiellen Anspruchsgegner stehen. Der Schutzbedürftigkeit des Geschädigten steht die Existenz von eigenen vertraglichen Ansprüchen gegen den Franchisegeber entgegen. Ein Anspruch aus § 311 Abs. 2 BGB, insb. Nr. 3 „ähnliche geschäftliche Kontakte“, kommt in Ermangelung einer typischen culpa in contrahendo-Situation, die sich dadurch auszeichnet, dass sie sich im Vorfeld einer Vertragsanbahnung abspielt, nicht in Betracht. Unter Anwendung der oben vorgestellten neuen Theorien zu Netzwerken auf das Problem des Free Riding besteht ein Anspruch nur nach dem von Teubner vorgestellten Konzept des „Netzwerks als Vertragsverbund“. Da die bilateralen Franchiseverträge jeweils aufeinander verweisen, ihnen ein gemeinsamer Verbundzweck zugrundeliegt und die Zusammenarbeit im Netzwerk durch Kooperation geprägt ist, liegen die Tatbestandsmerkmale eines Vertragsverbundes vor, der zwischen den Beteiligten vertragslose Sonderbeziehungen generiert. Die Pflicht zur Systemförderung ist, da sie den sog. Verbundbereich betrifft, Schuldinhalt der Sonderverbindung und entsteht als leistungsbezogene Treupflicht. Der einzelne Franchisenehmer kann die Einhaltung dieser Pflicht zwar nicht primär einfordern, im Falle der Verletzung hat er jedoch einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Free Rider, der allerdings erst nach erfolgloser Aufforderung an den Franchisegeber zum Einschreiten durchsetzbar ist. Nach dem Konzept von Rohe handelt es sich bei Franchise-Systemen um einen Geschäftstyp, der die abstrakten Strukturprinzipien – Zusammenwirken einer Vielzahl von Beteiligten bei der Ausführung von Sekundärgeschäften, die der standardisierten und daher kostengünstigen Durchführung einer Primärtransaktion

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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dienen – erfüllt und bei dem daher im Moment der Aufnahme eines neuen Mitglieds durch Vertragsschluss gleichzeitig ein Beitritt zum „Netzvertrag“ erfolgt. Ein Direktanspruch zwischen Franchisenehmern auf Schadensersatz wird durch den Netzvertrag allerdings nicht begründet, da dessen Wirkungen abhängig von der Struktur des Netzwerks sind und bei hierarchischer Ausgestaltung ein entsprechender Wille der Beteiligten laut Rohe fehlt. Auch unter Anwendung der Kriterien, die Grundmann für Vertragsnetze aufgestellt hat, besteht kein Recht zum Durchgriff eines Franchisnehmers auf den Free Rider. Direktansprüche auf der Grundlage des VSD kommen zwar bei netzzweckund leistungsbezogenen Schutzpflichten grundsätzlich in Betracht; beim Free Riding liegen die Voraussetzungen jedoch nicht vor, da der Geschädigte auf entsprechende Ansprüche gegen den Franchisegeber verwiesen werden kann. bb) Verallgemeinerung durch Anwendung auf die Warnpflicht Die bisherigen Ausführungen beschäftigten sich ausschließlich mit dem sog. Free Riding, d. h. mit der spezifischen Verletzung der Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung. Es stellt sich die Frage, inwiefern die gefundenen Ergebnisse auch für andere Inhalte von Direktansprüchen verallgemeinerbar sind. Diskutiert werden neben den Kooperationspflichten im Verhältnis zwischen Franchisenehmern v. a. Informationspflichten, insb. als netzbezogene Hinweis- und Warnpflichten und Geheimhaltungspflichten.216 Bei den Informationspflichten, die sich nach Abschluss des Franchisevertrages ergeben können, geht es sowohl um solche, die Leistungsstörungen im eigenen Wirkungskreis betreffen, als auch um solche, die andernorts im Netz auftreten, von einem Mitglied jedoch zuerst wahrgenommen werden.217 Als Beispiele für ersteres dient der Franchisenehmer, der im Netz als Kühlhaus eine zentrale Aufgabe übernommen hat und bei deren Erfüllung Problemen gegenübersteht; als Beispiel für letzteres dass ein Franchisenehmer die Gefahr erkennt, dass andere Beteiligte Markenrechte zu verletzen drohen.218 Es ist evident, dass die unterlassene Warnung betroffener Netzteilnehmer bei diesen zum Eintritt erheblicher Schäden führen kann, weshalb sich die Frage eines vertragslosen Direktanspruchs stellt. Die ansonsten angesprochene Pflicht zur Geheimhaltung soll hier nicht vertieft werden. Zwar kennzeichnet Teubner sie gleichfalls als netzwerktypisch intensiviert, da es durch die enge Zusammenarbeit notwendig zur Verbreitung von Informationen innerhalb des Systems komme, an deren Geheimhaltung gegenüber netzexternen

216

Wellenhofer, KritV 2006, 187, 197; Teubner, ZHR 168 (2004), 78, 88; zur Warnpflicht: Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 757. 217 Wellenhofer, KritV 2006, 187, 194 ff. 218 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 758, der auch verweist auf BGH NJW 1999, 1177, 1179 zu einem Franchise-System zur Distribution von Tiefkühllebensmitteln.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Dritten ein Interesse bestehe.219 Allerdings ist hier – im Unterschied zur netzzweckbezogenen Kooperations- und zur Informationspflicht – nicht im gleichen Maße erkennbar, inwiefern einem einzelnen Franchisenehmer durch eine Verletzung geschadet werden könnte. Problematische Konstellationen betreffen wohl eher die Just-in-time-Produktion, bei der ein Zulieferer von nicht-standardisierten Teilen Gefahr läuft, dass sein Know-How durch den Hersteller an dritte Personen gelangt.220 Es ist davon auszugehen, dass sensibles Wissen in Franchise-Netzwerken sich viel mehr auf das System als Ganzes bezieht. Im Gegensatz zur Systemförderungspflicht kommt im Hinblick auf die netzbezogene Warnpflicht m. E. durchaus ein Anspruch auf Einbeziehung eines Franchisenehmers in den Vertrag, der zwischen dem zur Warnung Verpflichteten und dem Franchisegeber geschlossenen wurde, in Betracht. Mit anderen Worten: Die Voraussetzungen des Drittschutzvertrages nach traditioneller Sichtweise liegen hier vor. Die Warnpflicht, die durch ein bloßes Unterlassen verletzt wird, stellt eine leistungsbezogene weitere Verhaltenspflicht dar und liegt damit zwischen den klassischen Fallgruppen des VSD, in denen Schutzpflichten ieS und das Integritätsinteresse im Raum stehen und der Fallgruppe, wie die Rechtsprechung zu den Gironetzen sie betrifft, in denen die (Haupt-)leistung eigentlich dem Dritten zugute kommen soll. Da räumliche Nähe nicht (zwingend) gegeben ist, es zudem um den geschäftlichen Verkehr geht, scheint dennoch die Heranziehung der hierzu ergangenen Rechtsprechung angemessen: denn der Schaden aus der Pflichtverletzung droht in Fällen unterlassener Warnung gerade dem Dritten. Mehr als bei der Systemförderungspflicht, bei der ein Schaden in Form von Umsatzeinbußen erst durch mehrere Umstände vermittelt, die dann im Wegbleiben von Kunden resultiert, auftritt, ist es denkbar, dass die unterlassene Warnung unmittelbar zu einem Schaden bei einem bestimmten dritten Franchisenehmer führt. Auch die anhand der objektiven Interessenlage bestimmte Nähe des Geschädigten zum Franchisenehmer kann mit Blick hierauf bejaht werden. Gleiches gilt für die Erkennbarkeit, die für das Free Riding im Hinblick auf den Aspekt der Zumutbarkeit abgelehnt wurde, weil die Franchisenehmer miteinander im Wettbewerb stehen. Dieses Argument trifft auf die Warnung nicht zu, jedenfalls nicht im gleichen Maße, denn sie ist weder umsatzbezogen noch schränkt ein pflichtgemäßes Verhalten die eigenen Handlungsalternativen vergleichbar ein. Ein fundamentaler Unterschied besteht auch beim Kriterium der Schutzbedürftigkeit, weil die Warnpflicht keine Leistungspflicht ist, sondern situativ entsteht und daher im Falle einer Gefahr, von der der Franchisegeber keine Kenntnis hat, gegen ihn auch kein Anspruch bestehen kann. Unter Zugrundelegung der neuen Theorien zu Netzwerken kann sich ein geänderter Pflichteninhalt – potentiell – nur dort auswirken, wo dies auch in irgendeiner Form Anknüpfungspunkt ist und wo überhaupt eine vertragsrechtliche Lösung für 219

Teubner, ZHR 168 (2004), 78, 88. Vgl. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 406; Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 196. 220

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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möglich gehalten wird. So generiert bei hierarchischen Netzwerken Rohes Netzvertrag in keinem Fall Direktansprüche. Nach Teubner hingegen bestehen zwischen den Franchisenehmern entsprechende Warnpflichten, denn die – neben dem Bestehen des Netzverbundes geforderte – Voraussetzung, dass die Pflicht Verbundcharakter hat, ist zu bejahen. Wellenhofer verneint vertragliche Direktansprüche in jedem von ihr geprüften Einzelfall – so auch für die Warnpflicht – und verweist auf das Deliktsrecht, § 826 BGB. Grundmann sieht einen Anspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte als gegeben, möchte jedoch die von der Rechtsprechung hierfür angewendeten Kriterien modifiziert wissen. Im Ergebnis besteht daher zum einen bei einer Lösung nach klassischem Vertragsrecht, zum anderen bei Anwendung von Grundmanns Dogmatik der Vertragsnetze im Ergebnis ein Unterschied zwischen der Systemförderungspflicht und der Warnpflicht. cc) Bewertung der Netzwerktheorien Teubner kommt unter denjenigen, die rechtsdogmatische Theorien zu Netzwerken aufgestellt haben das Verdienst zu, die Entstehungsvoraussetzungen und Funktionsweise dieser Gebilde auch aus rechtssoziologischer Sicht beleuchtet zu haben. Die Erklärung von Netzwerken als sozialen Arrangements eigener Art, die in Folge paradoxer Umweltanforderungen entstünden ist sowohl originell als auch plausibel. Gleichzeitig ist die Aussage zu begrüßen, wonach das Hybrid zwischen Markt und Hierarchie nicht der Logik des Rechts entspreche und einer Übersetzung in selbiges bedürfe. Zumindest im Ansatzpunkt sinnvoll ist es auch, die von Gernhuber entwickelte Lehre von den Vertragsverbindungen für den finanzierten Abzahlungskauf als Modell für Franchise-Systeme zu gebrauchen – im Ergebnis liegt jedoch der von Teubner festgestellte „Generalisierungsüberschuss“ nicht vor. Grundlage für Gernhuber ist der Finalnexus zwischen den beiden abgeschlossenen Verträgen, d. h. die wechselseitige Bezogenheit aufeinander zur Verwirklichung eines bestimmten Zweckes. Dieses Kriterium spaltet Teubner für sein „Netzwerk als Vertragsverbund“ in drei Tatbestandsmerkmale auf, die wechselseitige Verweisung der Verträge aufeinander, den inhaltlichen Bezug zum gemeinsamen Projekt und die wirtschaftliche Einheit zwischen den Beteiligten. Es fragt sich jedoch, wie in der Vertragspraxis eine „verbindliche Verweisung“221 erfolgt; ebenso unklar bleibt, ob der Netzzweck Vertragsinhalt wird222; rechtlich gleichfalls zweifelhaft, soll die wirtschaftliche Einheit durch „spontane Ordnungsbildung“223 entstehen. Diese Merkmale charakterisieren den Verbund sicherlich treffend, ihr Vorliegen soll nicht bezweifelt werden; jedoch taugen sie nicht als rechtlicher Auslösetatbestand für derart weitgehende 221 222 223

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 117. Vgl. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 729. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 125.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Rechtsfolgen wie Direktansprüche – die dem Vertragsrecht an sich fremd sind. Es muss konstatiert werden, dass die Verbundenheit nicht vergleichbar eng ist wie beim finanzierten Abzahlungskauf: denn dort steht und fällt der eine Vertrag mit dem anderen. Die Rechtsfolgen selbst erscheinen dann wieder durchaus sinnhaft: Denn ob ein Direktanspruch in der durch den Vertragsverbund generierten Sonderverbindung entsteht, hängt davon ab, ob der Verbund- oder Vertragsbereich betroffen ist, also vom Inhalt der Pflicht. Gleiches gilt für die grundsätzliche Annahme ihrer Subsidiarität. Die Schwäche des die Rechtsfolge erst herbeiführenden Tatbestandes kann hierdurch aber nicht überwinden werden. Im Gegensatz zu Teubner, der im Ansatzpunkt ein rechtlich tragfähiges Konzept vermissen lässt, bemüht sich Rohe um eine Einbindung von Netzwerken in die überkommene Rechtsgeschäftslehre, denn er geht vom Abschluss eines multilateralen Vertrages zwischen allen Netzbeteiligten aus. Diese Herangehensweise ist zu begrüßen – doch der so konzipierte Netzvertrag erweist sich als ungeeignet für die sachgerechte Erfassung von (Franchise-)Netzwerken, und zwar sowohl hinsichtlich seiner Entstehung, als auch im Hinblick auf die Rechtsfolgen. Dass der Franchisegeber von allen Franchisenehmern dazu bevollmächtigt ist, beim Abschluss des Franchisevertrages in deren Namen den Netzvertrag abzuschließen, ist überall als fiktiv224 kritisiert worden. Weder ausdrücklich noch konkludent kann auf einen Willen der Beteiligten zur Bevollmächtigung zum Abschluss und damit auf das Bestehen eines multilateralen Netzvertrags geschlossen werden. Aber auch hinsichtlich seiner Rechtsfolgen überzeugt der Netzvertrag nicht, der – obgleich „normaler“ Vertrag – keine Primäransprüche generiert, sondern nur sekundäre, auf Schadensersatz gerichtete. Hinzu kommt, dass im Falle hierarchischer Netzwerke zwar gleichfalls ein Netzvertrag besteht, dieser aber – anders als sonst von Rohe angenommen – keine Direktansprüche zwischen den Beteiligten entstehen lässt. Begründet wird dies mit dem mangelnden Willen der Netzteilnehmer, was angesichts einer Überdehnung der Parteiinteressen beim Abschluss des Netzvertrages nicht sonderlich überzeugend wirkt. Im zentralen Netzwerk soll es nach Rohe (lediglich) zu einer, durch den Netzzweck gerechfertigten Modifikation der bilateralen Franchiseverträge kommen, was die Frage nach der spezifischen Wirkung des Netzvertrages in diesen Fällen aufwirft, denn weder scheint er für eine Berücksichtigung des Netzzweckes erforderlich noch geeignet. Die Ablehnung von Direktansprüchen in hierarchischen Netzwerken nimmt abstrakte Strukturmerkmale zum Anknüpfungspunkt – nicht den jeweiligen Pflichteninhalt – was der Problematik letzlich nicht gerecht wird. Wellenhofers Aussage zu Direktansprüchen in Netzwerken lautet: Es gibt keine, weil es keine Notwendigkeit hierfür gibt; „harte“ Fälle könnten über § 826 BGB gelöst werden. Durch den Netzzweck verursachte Modifikationen der Rechte und Pflichten im bilateralen Vertrag nimmt sie hingegen durchaus an. Dies ist eine klare 224 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 725, Wellenhofer, KritV 2006, 187, 189, Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 96.

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Linie, kann aber auf der Basis kritisiert werden, dass es letztlich nicht erklärbar ist, warum das Netzwerk in großem Umfang Auswirkungen auf die einzelnen Verträge hat, bei der Frage der Direktansprüche aber keine Rolle spielen soll. Die Lösung über § 826 BGB überzeugt hier nicht, denn einerseits erkennt Wellenhofer selbst die Vernetztheit als im Vertragsrecht zu lösendes Problem an, andererseits ist nicht ersichtlich, wann die hohen Hürden der vorsätzlichen, insb. sittenwidrigen Schädigung je überwunden sein könnten. Wellenhofer scheint im Hinblick auf Direktansprüche eher von dem Ergebnis einer generellen Ablehnung her zu denken: Zwar dekliniert sie alle denkbaren Anspruchsinhalte durch, verweist dann aber doch recht pauschal in jedem Fall auf das fehlende Bedürfnis225 für einen solchen Anspruch – was jedenfalls im Hinblick auf die mit dem Free Riding zusammenhängende Systemförderungspflicht nicht nachvollziehbar erscheint. Eine dogmatisch begründete Lösung tritt dabei in den Hintergrund, wie die eher zweifelhafte Subsumtion unter die Voraussetzungen des Drittschutzvertrages verdeutlicht. Krebs’ funktionaler Ansatz ist beachtenswert – auch wenn er sich mit Direktansprüchen in Leistungsketten befasst und einen Einfluss darüber hinausgehender Vernetzungen ablehnt. Das Funktionsdefizit ist als Grundlage für einen Direktanspruch durchaus plausibel und insbesondere die Fallgruppe eines besonderen Präventionsbedürfnisses scheint auf die Netzwerkkonstellation übertragbar. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass die Rechtsordnung eine qualitativ geringere Befriedigung für den Geschädigten durch bloß mittelbare Ersatzleistungen anerkennt und es stellt sich die Frage, ob diese Wertung wirklich übergangen werden darf. Zudem darf sowohl die Praktikabilität also auch die Rechtssicherheit angezweifelt werden, die ein System mit vier, bzw. einschließlich seiner Unterteilungen, sieben Fallgruppen schafft. Die Schwäche, die Krebs dem Institut des VSD attestiert, nämlich dass es sich um eine konstruktive Lösung handele, unter das inzwischen zu viele verschiedene Funktionsstörungen subsumiert würden, mag man zwar gelten lassen. Dieser Vorwurf weist aber gleichzeitig auf den Mangel von Krebs’ Lösung hin, nämlich hinsichtlich der Frage ihrer rechtstechnischen Umsetzung; der bloße Verweis auf die Rechtsfortbildung überzeugt nicht. Grundmanns großes Verdienst ist es, sich mit Netzen von Verträgen im Allgemeinen befasst zu haben, verbunden mit der Aufstellung von Regeln hierfür, die dogmatisch an das Vertragsrecht rückgebunden sind. Die auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung und den Wertungen des Gesetzgebers getroffene Entscheidung gegen das Bestehen von Direktansprüchen erscheint als einzig richtige Lösung. Nach dem Gesagten besteht das Netzwerk aus einer Vielzahl bilateraler Verträge, die als solche Element unserer Rechtsordnung sind – eine Einordnung des Gebildes an sich als Verbund oder die Konstruktion eines multilateralen Vertrages sind jeweils aus den oben genannten Gründen zum Scheitern verurteilt. Die Behandlung von Netzwerken – bzw. Vertragsnetzen, wie Grundmann sie bezeichnet – 225 Wellenhofer, KritV 2006, 187, z. B. für Kooperationspflicht, 192, für Informationspflicht, 195, für Warnpflicht, 196.

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auf der Grundlage der hergebrachten vertragsrechtlichen Dogmatik stellt sich vor diesem Hintergrund als einzig gangbarer Weg dar. Und hier ist die Linie klar: Ansprüche entstehen nur zwischen solchen Parteien, die miteinander einen Vertrag abgeschlossen haben oder – in Ausnahmefällen – sonst durch Schuldverhältnis miteinander verbunden sind. Anhand dieser zuletzt genannten Konstellation, in denen vertragslose Ansprüche zwischen den Parteien generiert werden, entwickelt Grundmann, gestützt auf das Modell des § 311 Abs. 3 BGB die Erbringung einer eigenen charakteristischen Leistung des Dritten als Voraussetzung für das ausnahmsweise Bestehen eines Direktanspruchs, die für alle Sonderverbindungen gelten soll. Die Anwendung des § 328 BGB analog (VSD) zur Bestimmung des Vorliegens von Drittschutzansprüchen in Netzwerken verdient uneingeschränkte Zustimmung. Auch die Modifikation der Voraussetzungen, also insb. des Kriteriums der Leistungsnähe, wie Grundmann sie fordert, kann, in leicht abgeschwächter Form auf die Situation in Franchise-Netzwerken Anwendung finden. Ein gewisser Anpassungsbedarf kann bei einer Theorie, die alle nur denkbaren Vertragsnetze umfasst, kaum verhindert werden. Insofern gilt für das Kriterium der Pflichtenstellung der Zwischenperson, das zwar keine „charakteristische“ Leistung des Dritten notwendig ist, aber jedenfalls kein gleichzeitiger Anspruch gegen diese besteht. Die wertende Aufladung der Leistungsnähe könnte – wenn auch etwas zweifelhaft – aus der Tatsache abgeleitet werden, dass jeder Franchisenehmer mit seiner Gebühr auch mittelbar die Einhaltung der Pflichten durch die anderen Franchisenehmer „mitfinanziert“, da er im Netz davon abhängig ist. dd) Vorschlag Für die Frage des Bestehens von Direktansprüchen in Franchise-Netzwerken ist keine neue „netzwerkadäquate“ Lösung erforderlich; vielmehr kann und sollte für diese Frage, so wie dies auch von Grundmann vorgeschlagen wird, auf die klassische Vertragsrechtsdogmatik zurückgegriffen werden, die vertragslose Ansprüche im Regelfall verneint. Für das ausnahmsweise Bestehen von Direktansprüchen ist die Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in fortentwickelter Form, vgl. insb. zu den Gironetzen, zugrundezulegen. Zunächst haben die vorangegangenen Ausführungen zur Verallgemeinerung des Problems gezeigt, dass sich innerhalb von Franchise-Netzwerken die Frage von Direktansprüchen sehr prominent nur im Falle des Free Riding stellt, daneben noch im Hinblick auf die unterlassene Warnung. Darüber hinaus sind praktisch keine massenhaft auftretenden Konstellationen denkbar. Dies allein kann und soll keinesfalls das Absehen von einer abstrakten Lösung rechtfertigen; es soll lediglich verdeutlichen, dass das Problem in der Praxis weniger virulent ist, als die Literatur zu Netzwerken es möglicherweise suggeriert. M. E. spricht schon dies gegen Lösungsversuche, die sich gefährlich weit vom hergebrachten Vertragsrecht entfernen.

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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Die klassische Vertragsrechtsdogmatik ist gegenüber neuen Theorien zu Netzwerken aus zwei gewichtigen Gründen vorzugswürdig: Erstens begegnen sowohl das „Netzwerk als Vertragsverbund“ als auch der „Netzvertrag“ massiven konstruktiven Bedenken – erstgenannte, weil ihr Fundament, der Tatbestand zu locker aufgestellt ist226, zweitgenannte, weil sie dem Willen der Beteiligten evident widerspricht. Zweitens, weil sie zu angemessenen Lösungen führt, was bei den neuen Netzwerktheorie nicht der Fall ist und sich als systematische Verzerrung darstellt: Die Relevanz des Netzwerks wirkt sich sowohl beim Free Riding als auch bei der unterlassenen Warnung bei der Entstehung des Problems aus; dessen Lösung erfordert jedoch keine über die in Drittbeteiligungsfällen hinausgehende „Netzwerkberücksichtigung“, mehr noch, die Koppelung der Lösung an Netzwerkparameter führt zu falschen Ergebnissen. Dies verdeutlicht insb. Rohes Netzvertrag, dessen einmal begründete Wirkung für das hierarchische Franchise-Netzwerk aufwendig wieder zurückgestutzt werden muss. Richtig ist vielmehr die Anknüpfung an den Pflichteninhalt und die Pflichtenstellung – und zwar in weitaus differenzierterer Form als dies Teubner mit der Unterscheidung in Vertrags- und Verbundpflichten tut. Direktansprüche können daher in Franchise-Netzwerken nur in Ausnahmefällen bestehen – und dies ist abhängig davon, ob die Voraussetzungen des VSD wie sie insb. die Rechtsprechung zu den Gironetzen aufgestellt hat, vorliegen. Der Drittschutzvertrag stellt eine anerkannte Möglichkeit einer Sonderverbindung dar, die zu sekundären Ansprüchen auf Schadensersatz im Falle der Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten führt und die im Gegensatz zur culpa in contrahendo-Haftung des § 311 Abs. 2, 3 BGB auf die vorliegende Konstellation passt. Beim Kriterium der Leistungsnähe ist zum Zwecke der Differenzierung genauestens zu analysieren, ob der erforderliche Bezug des Dritten zur Leistung gegeben ist bzw. ob der Schaden aus einer etwaigen Pflichtverletzung gerade ihm droht. Es kommt hier, wie auch beim Merkmal der Erkennbarkeit, insb. im Sinne einer Ausgestaltung als Zumutbarkeit, die das Wettbewerbsverhältnis berücksichtigen muss, darauf an, was Inhalt der konkret in Rede stehenden Verpflichtung ist. Für das gleichermaßen bedeutende Merkmal der Schutzbedürftigkeit kommt es – wie Grundmann dies auch fordert – darauf an, ob ein Anspruch auch gegen die Zwischenperson, den Franchisegeber gerichtet werden könnte, er also eine Pflichtenstellung innehat. Die anhand dieser Kriterien erfolgende Subsumtion rechtfertigt eine Unterscheidung zwischen dem Free Riding auf der einen Seite, bei dem ein Direktanspruch verneint wurde und der Bejahung im Fall der unterlassenen Warnung auf der anderen.

226

So auch Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 729.

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3. Englisches Recht a) Vertragsrechtliche Lösung Einer vertragsrechtlichen Lösung der Frage eines Direktanspruchs im Falle der Verletzung der Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht steht grundsätzlich das Prinzip von privity of contract entgegen, das besagt, dass ein Dritter nicht Rechte aus einem Vertrag herleiten kann, dessen Partei er nicht ist. Daneben stellt auch die consideration-Doktrin, nach der ein Anspruch abhängig von der Erbringung eines Gegenopfers ist, ein Hindernis für vertragliche Drittwirkungen dar. aa) Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999 Die strenge Handhabung des privity-Grundsatzes hatte in den 90er Jahren nur noch wenig Anhänger, jedenfalls insoweit als sie es verhinderte, dass zwei Parteien rechtswirksam einem Dritten einen klagbaren Anspruch verschaffen. Dies widerspreche dem Willen der Parteien, behindere den Rechtsverkehr, führe zu ungerechten Ergebnissen und mache das Recht, da Ausnahmen erforderlich seien, über die Maßen komplex.227 Als Beispiel für eine als unbillig empfundene Entscheidung gilt Tweddle v. Atkinson228, in dem die Väter eines jungen Paares einen Vertrag schlossen, in dem sie sich verpflichteten, dem Ehemann Tweddle für den Lebensunterhalt jeweils eine bestimmte Summe zu zahlen und räumten diesem auch einen klagbaren Anspruch hierauf ein. Eine entsprechende Klage von Tweddle gegen den Testamentsvollstrecker des Vaters der Braut wurde jedoch unter Hinweis auf die privity-Doktrin abgewiesen. Nachdem zur Behebung ähnlicher Unbilligkeiten in der Vergangenheit eine Reihe von gesetzlichen Ausnahmen geschaffen worden waren – beispielsweise der Married Women’s Property Act 1882 zu drittbegünstigenden Lebensversicherungen oder der Road Traffic Act 1988, der es auch dem „berechtigten Fahrer“ ermöglichte, sich auf eine Autohaftpflichtversicherung zu berufen229 – wurde im Jahr 1999 der Contracts (Rights of Third Parties) Act erlassen. Dessen Sec. 1 lautet: „(1) Subject to the provisions of this Act, a person who is not a party to a contract (a „third party“) may in his own right enforce a term of the contract if – (a) the contract expressly provides that he may, or 227

McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 117. Tweddle v. Atkinson [1861 – 73] All ER Rep 369. Vgl. auch Beswick v. Beswick [1968] AC 58 indem das HoL nur durch einen „Kunstgriff“ ein ungerechtes Ergebnis vermeiden konnte, Lorenz, JZ 1997, 105, 105 f.; auch: McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 115. 229 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 464 und Adams/Furmston/Tolhurst, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1197, 1235 f. und Law Commission Report, Privity of contract: Contracts for the benefit of third parties, 1996, 31. 228

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(b) subject to subsection (2), the term purports to confer a benefit on him. (2) Subsection (1)(b) does not apply if on a proper construction of the contract it appears that the parties did not intend the term to be enforceable by the third party.“

Damit wurde in England das Äquivalent zum Vertrag zugunsten Dritter in § 328 BGB geschaffen.230 Ein Anspruch eines Franchisenehmers gegen einen Free Rider aus einem zu seinen Gunsten geschlossenen Vertrag mit dem Franchisegeber ist jedoch in England, wie in Deutschland auch, fernliegend. Zwar geht die Law Commission in ihrem Report davon aus, dass, in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung, eine starke Vermutung für eine Begünstigung des Dritten bestehe, dies aber nicht im Falle von Ketten von Verträgen wie sie in der Bauindustrie üblich seien, gelte:231 „[…] the parties have deliberately set up a chain of contracts which are well understood […] as ensuring that a party’s remedies lie against the other contracting party only.“232

Auch im Falle von Franchise-Netzwerken, die sich gleichermaßen durch Vernetzung auszeichnen, ergibt die Vertragsauslegung, dass dem dritten Franchisenehmer keinesfalls das Recht gewährt werden soll, die Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht vom Free Rider einfordern zu dürfen. bb) Sonstige Ausnahmen zur privity-Doktrin In Sec. 7 (1) bestimmt der Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999, dass das Gesetz keine Rechte dritter Parteien berührt, die bisher schon durch Gesetzesrecht oder unter dem common law begründet worden sind. Eines der von der Rechtsprechung entwickelten Institute ist der sog. (implied) collateral contract233, durch den ein direkter Anspruch des Dritten gegen den Versprechenden begründet wird, indem von der Übernahme einer Art selbständiger Beschaffenheitsgarantie (etwa i. S. d. § 443 Abs. 1 BGB) ausgegangen wird. Darauf basierte bspw. die Entscheidung in Shanklin Pier Ltd. v. Detel Products Ltd.234, in der die Klägerin, Eigentümerin einer Schiffsanlegestelle eine Malerfirma damit beauftragte diese zu streichen und hierfür die Verwendung der Farbe der Beklagten aufgab. Zwar erwarben die Maler die Farbe im eigenen Namen bei Detel Products, jedoch versicherten diese gegenüber Shanklin Pier eine Beständigkeit der aufgetragenen Farbe von mindestens sieben Jahren. Als die Farbe nach bereits drei Monaten ab230 Beachte: in Schottland ist der Vertrag zugunsten Dritter schon länger anerkannt, vgl. Beale/Fauvarque-Cosson/Rutgers/Tallon/Vogenauer (Hrsg.), Cases, materials and text on Contract law, 2. Aufl. 2010, S. 1178. 231 Law Commission Report, Privity of contract: Contracts for the benefit of third parties, 1996, S. 81. Im Report auch gute Zusammenfassung der bisherigen privity-Ausnahmen, S. 9 ff. 232 Law Commission Report, Privity of contract: Contracts for the benefit of third parties, 1996, S. 81. 233 Wörtlich: konkludenter begleitender Vertrag. 234 Shanklin Pier Ltd. v. Detel Products Ltd. [1951] 2 All ER 471.

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blätterte, wurde Shanklin Pier eine Klage wegen Vertragsbruchs aus einem collateral contract zugestanden; das Gegenopfer, die consideration der Klägerin, erblickte das Gericht in der Anweisung an die Malerfirma, die Farbe bei Detel Products zu erwerben.235 Es ist evident, dass es zwischen den Franchisenehmern nicht zum Abschluss eines solchen „begleitenden“ Vertrages kommt: Zunächst liegt keine Vertragskette in dem Sinne vor, dass ein Produkt auf Weisung erworben wird, dass beim Auftraggeber eingebaut werden und bestimmte Eigenschaften aufweisen soll. Abstrahiert man jedoch hiervon, so wird klar, dass auch eine ähnliche Konstellation nicht vorliegt, denn der Franchisenehmer verspricht nur dem Systemkopf, das Konzept anzuwenden und das System zu fördern. Die Annahme eines solchen, zu Erfüllungsansprüchen führenden Versprechens gegenüber allen anderen Netzbeteiligten wäre eine dem „Netzvertrag“ nicht unähnliche Fiktion, die auf der Basis des collateral contract im englischen Recht undenkbar ist. In anderen Fällen haben Gerichte das eigentlich dem Sachenrecht entstammende Konzept des Trusts in der Form eines „trust of a promise“, d. h. eines Forderungstrusts auf Dreiparteienverhältnisse angewandt.236 Nach dem Grundgedanken des Trusts überträgt der Treugeber einen Vermögensgegenstand auf einen Treuhänder, den trustee, damit dieser ihn unter Berücksichtigung der Weisungen des Gebers zugunsten eines Dritten, dem beneficiary, verwaltet.237 Übertragen auf den Forderungstrust bedeutet dies: Wenn A dem B gegenüber ein Versprechen zugunsten des C abgibt, kann C dieses Versprechen einfordern, wenn B als Treuhänder der Forderung gegen A zum Vorteil von C eingesetzt ist.238 So hat es das House of Lords 1919 in dem Fall Les Affréteurs Réunis v. Walford239 entschieden, in dem ein Schiffseigentümer in einem Chartervertrag einem drittbeteiligtem Makler eine Provision versprochen hatte. In der Folgezeit wurde das Institut des Trusts in dieser Form zur „Umgehung“ der privity-Doktrin praktisch nicht mehr von der Rechtsprechung verwendet, was durch die Forderung nach der klar feststellbaren Absicht, einen Trust einzurichten – am besten durch Verwendung des Begriffs – bedingt war.240 Im Free Riding-Fall ist die Annahme, der Franchisegeber sei Treuhänder des Anspruchs auf Systemförderung für den dritten Franchisenehmer fernliegend; eine entsprechender Wille der

235

MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 601 f. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 465; McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 133 f. 237 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 465. 238 Adams/Furmston/Tolhurst, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1197, 1222. 239 Les Affréteurs Réunis v. Walford [1919] AC 801. 240 Vgl. Re Schebsman [1944] Ch. 83; Adams/Furmston/Tolhurst, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1197, 1222; McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 134. 236

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Parteien liegt – wie in der von kleineren Unterschieden241 abgesehen vergleichbaren Konstellation des Third Party-Contracts – nicht vor. b) Deliktsrechtliche Lösung unter der tort of negligence Nach dem klassischen englischen Recht kann nach dem Gesagten eine auf das Vertragsrecht gestützte Klage nicht durchdringen. In Betracht könnte jedoch ein dem law of tort(s) entnommener Anspruch gegen den Free Rider auf Ersatz der bei einem Franchisenehmer durch Unterschreitung von Systemstandards entstehenden Umsatzeinbußen kommen. Das common law ist traditionell, wie das römische Recht auch, von einer Vielzahl einzelner deliktsrechtlicher Tatbestände ausgegangen, hat diese aber, anders als es in Frankreich und Deutschland der Fall ist, bis zum heutigen Zeitpunkt beibehalten.242 Jeder Sachverhalt wird in eine der Fallgruppen – bspw. deceit, defamation, negligence oder trespass – eingeordnet, die mit je eigenen Voraussetzungen ein bestimmtes Rechtsgut gegen spezifische Verletzungshandlungen schützen.243 Entscheidend im Zusammenhang mit fahrlässigen Verhaltensweisen ist die tort of negligence, die erst im 19. Jahrhundert, notwendig wegen des flächendeckenden Einsatzes von Maschinen und damit zusammenhängenden Unfällen als selbständige Rechtsgrundlage entwickelt wurde.244 aa) Grundlagen der tort of negligence Voraussetzungen eines auf die tort of negligence gegründeten Anspruchs sind zunächst das Bestehen einer duty of care, einer Sorgfaltspflicht, des Schädigers gerade gegenüber dem Anspruchsteller. Durch den Verstoß (breach) gegen diese Sorgfaltspflicht muss dem Geschädigten ein sich als zurechenbare Folge darstellender Schaden (damage oder injury) entstanden sein.245 Oder wie Lord Atkin im Präzedenzfall Donoghue v. Stevenson es formulierte: „[…] in order to support an action for damages for negligence the complainant has to show that he has been injured by the breach of a duty owed to him in the circumstances by the defendant to take reasonable care to avoid such injury.“246 241 Bspw. im Hinblick auf die Widerruflichkeit des Rechts, McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 134; Adams/Furmston/Tolhurst, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1197, 1222. 242 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 607; Beale/ Fauvarque-Cosson/Rutgers/Tallon/Vogenauer (Hrsg.), Cases, materials and text on Contract law, 2. Aufl. 2010, S. 96; Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 159. 243 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 607. 244 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 610. 245 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 611. 246 Donoghue v. Stevenson [1932] A.C. 562, 579, Lord Atkin.

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Besonderes Augenmerk verdient hier die Tatsache, dass die Sorgfaltspflicht dem Konzept nach nicht etwa jedermann geschuldet ist – wie es im Deliktsrecht ja üblich ist247 – sondern der Geschädigte zu einem geschützten Personenkreis gehören muss: „A man is entitled to be as negligent as he pleases towards the whole world if he owes no duty to them.“248 Hierfür ist in Donoghue v. Stevenson der sog. Neighbourhoodtest entwickelt worden; Nachbarn in diesem Sinne sind: „[…] persons who are so closely and directly affected by my act that I ought reasonably to have them in contemplation as being so affected when I am directing my mind to the acts or omissions which are called in question.“249

In späteren Entscheidungen ist das Erfordernis der Nachbarschaft abstrakter auch als eine relationship of proximity bezeichnet und durch die zusätzliche Erwägung, dass die Auferlegung der Pflicht „just, fair and reasonable“ sein müsse, erweitert worden – aus dem Neighbourhood-Test wurde dadurch der 2-stages-test.250 Durch das Erfordernis der Nähebeziehung wird die tort of negligence in die Nähe des Vertragsrechts gerückt und Abgrenzungsschwierigkeiten sind bereits dadurch angedeutet. bb) Ersatz reiner Vermögensschäden im Rahmen der Berufshaftung Diese ergeben sich auch deshalb, weil es im englischen Recht – im Gegensatz zum deutschen – keine grundsätzliche Entscheidung gegen die Ersatzfähigkeit von reinen Vermögensschäden unter dem Deliktsrecht gibt, auch wenn lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass diese Einbußen, die nicht auf der Verletzung eines Rechtsguts beruhen oder aus ihr folgen, nur bei Bestehen eines Vertrages oder einer fiduciary duty ersetzt werden können.251 Eine Wende stellte in dieser Hinsicht die Entscheidung des House of Lords in dem Fall Hedley Byrne v. Heller252 dar, in der es um eine deliktische Haftung aus der tort of negligence für eine fahrlässige Falschauskunft einer Bank in einer Drei-Personen-Konstellation ging. Dreh- und Angelpunkt war auch hier die oben angesprochene Bestimmung des Personenkreises dem gegenüber die Sorgfaltspflicht geschuldet ist. Lord Reid stellte fest, dass aufgrund der raschen Verbreitung des gesprochenen Wortes auch ohne den 247

Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 151. Le Lievre v. Gould [1893] 1 Q.B. 491, 497, Lord Esher. 249 Donoghue v. Stevenson [1932] A.C. 562, 580, Lord Atkin. 250 Auf der 2. Stufe werden sog. policy considerations einbezogen. Vgl. Anns v. Merton LBC [1977] 2 W.L.R. 1024, 1032; Ross v. Caunters [1979] 3 W.L.R. 605. 251 Beale/Fauvarque-Cosson/Rutgers/Tallon/Vogenauer (Hrsg.), Cases, materials and text on Contract law, 2. Aufl. 2010, S. 99; s. zur Entwicklung der Haftung für reine Vermögensschäden: Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 263 ff., 273 ff. 252 Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465. Die Klage drang nur deshalb nicht durch, weil die auskunftgebende Bank ihre Verantwortung durch einen disclaimer wirksam ausgeschlossen hatte. 248

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Willen des Auskunftgebenden die Bestimmung des hinreichenden Grades an proximity schwieriger sei als beim Inverkehrbringen von Produkten.253 Die Annahme einer Sorgfaltspflicht gegenüber jedem „Endverbraucher“ der Information wäre zu weitgehend, weshalb er das Konzept der Verantwortlichkeit entwickelt.254 Der sachkundige Auskunftgeber muss in dem Wissen, wer auf die Information vertraut und zu welchem Zweck sie verwendet werden soll, diesen Personen gegenüber Sorgfalt walten lassen: „A reasonable man, knowing that he was being trusted or that his skill and judgment were being relied on […] must, I think, be held to have accepted some responsibility for his answer being given carefully.“255

Lord Devlin führt im selben Urteil die Notwendigkeit zur Lösung dieser Konstellation im Rahmen der tort of negligence auf ein Spezifikum des englischen Rechts, die consideration-Doktrin zurück: Wenn es möglich wäre, einen konkludenten Vertragsschluss auch ohne „Gegenopfer“ anzunehmen, bedürfte es nicht der Konstruktion einer „special relationship“ im Deliktsrecht.256 Er betont dementsprechend die Nähe zur vertraglichen Verbindung: „[…] the categories of special relationships which may give rise to a duty to take care in word as well as in deed are not limited to contractual relationships or to relationships of fiduciary duty but include also relationships which […] are equivalent to contract, that is, where there is an assumption of responsibility in circumstances in which, but for the absence of consideration, there would be a contract.257 […] I shall therefore content myself with the proposition that wherever there is a relationship equivalent to contract, there is a duty of care.“258

Was die Art des Schadens angeht, nimmt Lord Devlin an, dass es keinen Unterschied mache, ob ein Vermögensschaden sich als Folge der Verletzung des Körpers darstelle oder ob er unmittelbar durch die Pflichtverletzung verursacht sei –

253

Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 483, Lord Reid. Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 483, Lord Reid. 255 Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 486, Lord Reid. Ebenso Lord Morris: „I consider that it follows and that it should now be regarded as settled that if someone possessed of a special skill undertakes, quite irrespective of contract, to apply that skill for the assistance of another person who relies upon such skill, a duty of care will arise.“, ebd., 502 f. So auch Lord Hodson: „I agree with him [Lord Morris, Anm. d. Verf.] that if in a sphere where a person is so placed that others could reasonably rely upon his judgment or his skill or upon his ability to make careful inquiry such person takes it upon himself to give information or advice to, or allows his information or advice to be passed on to, another person who, as he knows, or should know, will place reliance upon it, then a duty of care will arise.“, ebd., 514. 256 Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 525, Lord Devlin. 257 Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 528, Lord Devlin. 258 Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 530, Lord Devlin. 254

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aus seiner Sicht stecke hinter dieser Differenzierung „neither logic nor common sense“.259 Nach der Hedley Byrne-Entscheidung stellte sich in verschiedenen Konstellationen die Frage, ob ein Ersatz von reinen Vermögensschäden auch für andere fahrlässige Verhaltensweisen jenseits der Falschauskunft auf deliktischer Grundlage zu bejahen ist. Prominent ist hier das Urteil des House of Lords in White v. Jones260 anzuführen, dem ein Sachverhalt zugrunde lag, der in der einen oder anderen Gestalt in allen Rechtsordnungen aufzutreten scheint: Er gleicht demjenigen im oben besprochenen Testamentsfall des BGH, in dem durch das Verschulden eines Anwalts der Dritte nicht die erbrechtliche Stellung erreichte, die ihm der Erblasser per Testament zukommen lassen wollte. Die Entscheidung weist im Votum von Lord Goff ausführliche Passagen zur Lösung des Falles unter deutschem Recht, d. h. zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, auf. Interessanterweise ist die Lordschaft sich einig darüber, dass die Fallkonstellation an sich eine vertragliche Lösung heraufbeschwört – aufgrund der Prinzipien von privity und consideration diese dem englischen Recht jedoch verwehrt sei. Der Klage stattzugeben hätte nach Lord Keith das Ergebnis, „to give them [the plaintiffs, Anm. d. Verf.] the benefit of a contract to which they were not parties“261 und auch Lord Steyn meint: „But as the law stands binding precedent prevents us from adopting a contractual solution. There is either a remedy in tort or there is no remedy.“262 Unterschiedlich fallen hingegen die Ergebnisse der Subsumtionen unter den Hedley Byrne-case aus – Lord Mustill mahnt in seinem dissenting judgment gleich an: „The conclusion is not of course that because there may well be no contractual right, there must be a duty in tort: for there may be no duty at all“.263 Und er sieht denn auch die in Hedley Byrne aufgestellten Kriterien als nicht erfüllt an: Insbesondere läge die spezielle Nähebeziehung und die Vertragsähnlichkeit, die sich im Konzept der Gegenseitigkeit ausdrückt, im zu entscheidenden Fall nicht vor.264 Auch nach Auffassung des anderen Abweichlers, Lord Keith, fehle vorliegend die unmittelbare Beziehung zwischen den Parteien, die erst die besondere Nähe und damit die duty of care begründe.265 259

Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 517 Lord Devlin. So auch Lord Hodson: „It is difficult to see why liability as such should depend on the nature of the damage.“, ebd., 509. Ursprünglich verlief die Trennlinie im englischen Recht wohl nicht zwischen physical damage und pure economic loss, sondern zwischen negligent acts und negligent words, bei letzterem wurden höhere Anforderungen an die proximity gestellt, inzwischen ist die Unterscheidung aber wohl anerkannnt, v. Bar, RabelsZ 56 (1992), 410, Fn. 9. 260 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207. 261 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 251. 262 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 237. 263 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 282. 264 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, insb. 289. 265 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 251.

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Die Sichtweise der Mehrheit der Richter, die einen Anspruch aus der tort of negligence für gegeben hält, ist sehr deutlich bestimmt von dem Wunsch, ein gerechtes Ergebnis herbeizuführen: Die Entscheidung, ob eine relationship of proximity vorliege, sei auch eine solche der Wertung – „an assessment by the court that in a given relationship there ,ought‘ to be liability for negligence“ – weshalb es darauf ankomme, „whether it is fair, just and reasonable that there should be a liability imposed on the solicitor to compensate the intended beneficiary“.266 Insofern erfordere ein kohärentes Rechtssystem, dass die Klage durchdringe, da andernfalls der Notar ungeschoren („scot-free“) davonkäme:267 Die einzige Person, die einen Anspruch habe, habe keinen Schaden erlitten und der Geschädigte wiederum habe keinen Anspruch.268 Diese Lücke im Recht erachtet Lord Goff als Punkt von eminenter Bedeutung für den vorliegenden Fall269 und so wird auch das Zitat von Bingham L.J. angeführt, der sagte: „Just as equity remedied the inadequacies of the common law, so has the law of torts filled gaps left by other causes of action where the interests of justice so required.“270

Was die Herleitung des Anspruchs aus der tort of negligence unter Anwendung der in Hedley Byrne v. Heller aufgestellten Regel angeht, wird überwiegend von der Notwendigkeit einer Erweiterung ausgegangen.271 Lord Browne-Wilkinson meint, dass im Unterschied zum Fall der fahrlässigen Falschauskunft der Dritte in der Regel kein Vertrauen in den Notar setzt, da er häufig gar nicht davon weiß, dass ein Testament zu seinen Gunsten aufgesetzt werden soll.272 Allerdings soll es seiner Auffassung zufolge nicht auf das Bestehen tatsächlichen Vertrauens ankommen, sondern darauf, dass das wirtschaftliche Wohlergehen des Drittbegünstigten von der vertragsgemäßen Pflichterfüllung des Notars abhänge und dieser mit der Übernahme des Auftrags auch dem Dritten gegenüber eine Verantwortung iS der Regel in Hedley Byrne übernommen habe.273 Ganz ähnlich konstruiert Lord Goff eine aus der vertraglichen Pflicht abgeleitete, aber auf das Deliktsrecht gestützte Haftung: „[…] that 266

White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 221, Sir Donald Nicholls V.-C.; „The real question is whether it is fair, just and reasonable that the law should impose a duty“ 238, Steyn LJ; gleichfalls Lord Browne-Wilkinson, 276. 267 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 223 f., Sir Donald Nicholls V.-C. 268 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 259, Lord Goff. 269 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 259, Lord Goff. 270 Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd. (No. 2) [1988] 1 All E.R. 791, 803, Bingham LJ; auch Lord Browne-Wilkinson in White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 276: „To my mind it would be unacceptable if, because of some technical rules of law, the wishes and expectations of testators and beneficiaries generally could be defeated by the negligent actions of solicitors without there being any redress“. 271 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 270, Lord Browne-Wilkinson: „Extension of the principle of assumption of responsibility explored in Hedley Byrne“ und ebd., 268, Lord Goff: „extend to the intended beneficiary a remedy under the Hedley Byrne principle“. 272 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 275, Lord Browne-Wilkinson. 273 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 275, Lord Browne-Wilkinson.

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the assumption of responsibility by the solicitor towards his client should be held in law to extend to the intended beneficiary“.274 Die Vereinbarungen zwischen Notar und Erblasser sollen auch für die deliktische Haftung gelten, was deren enge Angebundenheit an die vertragliche Regelung verdeutlicht.275 cc) Ersatz reiner Vermögensschäden innerhalb von Vertragsketten Einen Anspruch aus der tort of negligence hat das House of Lords im Jahre 1983 auch in einer 3-Personen-Konstellation, die als Vertragskette bezeichnet werden kann, bejaht. Der Entscheidung Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. 276 lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Das klagende Unternehmen, Junior Books Ltd. hatte zum Zwecke der Errichtung einer Fabrikanlage ein Bauunternehmen beauftragt, welches das Subunternehmen Veitchi Ltd. mit der Auslegung der Fußbodens betraute. Alsbald nachdem die Kläger die Produktion in der Fabrik aufgenommen hatten, stellte sich der Fußbodenbelag als schadhaft heraus, denn es bildeten sich Risse und Wellen, welche den Gebrauch der Anlage beeinträchtigten. Junior Books verlangte nun vom Subunternehmer Veitchi Schadensersatz, der neben den Kosten für den vollständigen Austausch des Fußbodens auch den Verdienstausfall und die Aufwendungen für die Entfernung der Maschinen beinhaltete. Zwischen den Parteien war unstreitig, dass der mangelhafte Bodenbelag weder eine Verletzungsgefahr für Personen begründete noch das Eigentum in der Fabrik hätte beschädigen können. Die Kläger hatten sich „for some reason that has not been explained“ dafür entschieden, nicht gegen ihren Vertragspartner, das Bauunternehmen, gerichtlich vorzugehen.277 Da andererseits zwischen Junior Books und Veitchi kein Vertrag abgeschlossen worden war, kam lediglich ein deliktischer Anspruch – aus der tort of negligence – auf Ersatz der Schäden in Betracht. Hierfür kam es auf das Bestehen einer Sorgfaltspflicht der Beklagten gerade gegenüber den Klägern an. Dabei stellte sich zunächst die Frage nach dem Inhalt dieser duty of care, denn wie Lord Fraser feststellt, könne relativ leicht ermittelt werden, ob ein Produkt Gefahr mit sich bringt. Anders verhalte es sich jedoch, wenn es um die Mangelfreiheit eines Werkes geht, denn „[…] a duty not to produce a defective article sets a standard which is less easily ascertained, because it has to be judged largely by reference to the contract“278. Ob die Beklagten es auch den Klägern schuldig waren, den Boden im Einklang mit dem Subunternehmervertrag zu verlegen, bestimmte das Gericht anhand des 274 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 268, Lord Goff. Das sieht auch Sir Donald Nicholls V.-C., ebd., 223 so: „I think it must be frankly recognised that if the court holds a solicitor liable to an intended beneficiary, what the court is doing is fashioning an effective remedy for the solicitor’s breach of his professional duty to his client.“ 275 So Lord Goff, White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 268. 276 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520. 277 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 531, 532, Lord Fraser. 278 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 531, 533, Lord Fraser.

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2-stages-test, wonach das Bestehen einer deliktischen Sorgfaltspflicht zum einen eine Nähebeziehung erfordert, zum anderen nicht aus generellen Erwägungen ausgeschlossen sein darf. Bei der Entscheidung, die 4:1 zugunsten der Kläger erging, waren sich die Richter einig, dass die erstere Frage zu bejahen ist; aufgrund von policy considerations lehnte lediglich einer von ihnen das Bestehen einer duty of care ab. Lord Brandon begründete dies gerade damit, dass die Annahme einer Sorgfaltspflicht letztlich dem Inhalt nach eine vertragliche Pflicht sei und diese zwingend einen Vertrag voraussetze.279 Unter Rückgriff auf Lord Devlin, der in der Hedley Byrne-Entscheidung die Nähe zum Vertrag als Entstehungstatbestand für eine Sorgfaltspflicht definiert hatte, wurde eine Nähebeziehung angenommen, denn das Verhältnis zwischen den Prozessparteien sei „extremely close, falling only short of a direct contractual relationship“ bzw. befänden sich die Beklagten „in almost as close a commercial relationship with the respondents as it is possible to envisage short of privity of contract“.280 Und auch der im Ergebnis die Klage abweisende Lord Brandon meint: „Indeed, it is difficult to imagine a greater degree of proximity, in the absence of a direct contractual relationship, than that which, under the modern type of building contract, exists between a building owner and a sub-contractor nominated by him or his architect.“281

Lord Roskill führte als für die enge Beziehung entscheidende Faktoren zunächst an, dass die Beklagten auf die Verlegung von Böden spezialisiert und allein hierfür zuständig waren.282 Junior Books habe zudem, was Veitchi wusste, auf deren Kompetenz und Erfahrungen vertraut.283 Des Weiteren muss den Beklagten bewusst gewesen sein, dass mangelhafte Arbeiten Ausbesserungsbedarf nach sich ziehen und bei den Klägern zu wirtschaftlichem Schaden führen würde.284 Der Schaden, für den Junior Books Ersatz verlangte, stellt sich als reiner Vermögensschaden dar – nur der Bodenbelag selbst war schadhaft und führte auch nicht zu Schäden an anderen Gegenständen des Klägers oder am Gebäude selbst. Dies scheint relativ klar und im Urteil ist auch die Rede davon, dass es um „pure economic loss consequential on defects in the work and […] defects in the work itself“ gehe.285 Lord Brandon erklärte unter Rückgriff auf Donoghue v. Stevenson, dass eine Eigentumsverletzung die Beschädigung von „property other than the very property which gave rise to the danger of physical damage concerned“ erfordere.286 Junior 279

Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 531, 551, Lord Brandon. Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 531, 533, Lord Fraser und 542, Lord Roskill. 281 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 531, 551, Lord Brandon. 282 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 546, Lord Roskill. 283 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 546, Lord Roskill. 284 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 546, Lord Roskill. 285 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 520. 286 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 549, Lord Brandon. Andererseits will Lord Roskill, ähnlich wie Lord Devlin in Hedley Byrne es gar nicht auf die Unterscheidung 280

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Books stellt daher eine Erweiterung der in Hedley Byrne entwickelten Grundsätze für einen deliktischen Anspruch auf Ersatz von reinen Vermögensschäden jenseits der Berufshaftung dar. Dennoch ist in einer späteren Entscheidung – vermutlich um eine Abkehr von Junior Books zu ermöglichen287 – behauptet worden, bei dem Schaden habe es sich um eine Eigentumsverletzung gehandelt.288 Fünf Jahre später hatte der Court of Appeal einen Fall zu entscheiden, welcher der Konstellation in Junior Books sehr ähnlich war – dieses Mal wurde allerdings gerade unter Hinweis auf das vertragliche Arrangement ein deliktischer Anspruch abgelehnt. Der Entscheidung Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd.289 lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Kläger, Simaan General waren von einem Scheich mit der Errichtung eines Gebäudes in Abu Dhabi beauftragt worden, für dessen Fassade ein bestimmtes, grünes Glas vorgesehen war. Für die Herstellung der Fassade beauftragten die Kläger ein Subunternehmen, das die Glaspanäle entsprechend den Spezifikationen bei den Beklagten, Pilkington Glass, bestellte. Nach Fertigstellung erwies sich die Farbgebung jedoch als nicht einheitlich grün und der Eigentümer des Gebäudes hielt deshalb bis zum Austausch der Panäle einen Teil der Zahlung an Simaan General zurück, welche daraufhin bei Pilkington Glass den hierdurch entstandenen Schaden einklagten. Bingham LJ stellte zunächst fest, dass im Einbauen des falschen Glases keine Eigentumsverletzung liegen könne, seiner Ansicht zufolge wäre es „an abuse of language to describe these units as damaged“.290 Die Kläger bemängelten lediglich, dass die gelieferten und eingebauten Panäle nicht mit den vertraglichen Spezifikationen übereinstimmten und ihnen daher – weil sie gegenüber dem Eigentümer vertragsbrüchig wurden – ein Vermögensschaden entstanden sei.291 Die Annahme einer duty of care von Pilkington gegenüber Simaan mit demselben Inhalt wie deren Vertragspflicht gegenüber dem Subunternehmer lehnte das Gericht ab. Dies wurde zum einen damit begründet, dass es, anders als in Junior Books keine Nähebeziehung gebe, da Pilkington im Verhältnis zu den Klägern in Ermangelung eines direkten

ankommen lassen: „[…] somewhat artificial distinctions between physical and economic or financial loss […] it is sometimes overlooked that virtually all damage including physical damage is in one sense financial or economic for it is compensated by an award of damages“, ebd., 545. S. auch zum sog. Weiterfresserschaden im deutschten Recht. und dem Äquivalent im englischen Recht, v. Bar, RabelsZ 56 (1992), 410. 287 v. Bar, RabelsZ 56 (1992), 410, 422 ff. 288 „My Lords, in the cited relevant cases from Donoghue v. Stevenson to Junior Books the plaintiff suffered personal injury or damage to his property.“ Tate & Lyle Industries Ltd. v. Greater London Council [1983] 2 A.C. 509, 530, Lord Templeman. 289 Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd. [1988] 1 All ER 791. 290 Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd. [1988] 1 All ER 791, 802, Bingham LJ. 291 Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd. [1988] 1 All ER 791, 802, Bingham LJ.

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Kontaktes kein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen habe.292 Die Ablehnung eines deliktischen Anspruches wurde jedoch v. a. auf das vertragliche Arrangement gestützt: „Just as equity remedied the inadequacies of the common law, so has the law of torts filled gaps left by other causes of action where the interests of justice so required. I see no such gap here because there is no reason why claims beginning with the Sheikh should not be pursued down the contractual chain, subject to any short cut which may be agreed on, ending up with a contractual claim against Pilkington. That is the usual procedure. It must be what the parties contemplated when they made their contracts.“293

dd) Abkehr von der Ersatzfähigkeit reiner Vermögensschäden jenseits der Berufshaftung Bei dem Urteil des House of Lords in Sachen Murphy v. Brentwood294 handelt es sich um eins der wenigen, in der das Gericht von einer erst wenige Jahre alten eigenen Entscheidung abgerückt ist, nämlich von Anns v. Merton London Borough Council.295 In beiden Fällen ging es um Klagen von Hauseigentümern gegen eine Stadtverwaltung, der Fehler in der Planungsphase der Gebäude unterlaufen waren, wie bei Murphy v. Brentwood derjenige, dass Eigenheiten des Baugrundes nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Die Kläger hatten die Häuser von einer Baugesellschaft erworben und sich, nachdem im Laufe der Zeit Mängel, bspw. in Form von Rissen im Mauerwerk, offenbar wurden, versucht, die Stadtverwaltung in Anspruch zu nehmen. Im Falle von Murphy verlangte der Kläger, der sich gezwungen sah sein Haus zu verkaufen, Ausgleich für den Wertverlust. Lord Keith, der den 2-Stages-Test zur Bestimmung einer duty of care nur für beschränkt geeignet hält, stellt zunächst dar, warum Anns seiner Auffassung zufolge kein physical damage, d. h. eine Eigentumsverletzung im anerkannten Sinne zugrundegelegen habe.296 Der Mangel habe bereits vor dem Eigentumserwerb bestanden und habe sich späterhin weder in einem Personenschaden noch in einem Schaden an sonstigem Eigentum realisiert. Die bloße Gefahr eines Schadenseintritts könne jedoch nicht ausreichen, denn der wirtschaftliche Nachteil bei einem gefahrbringenden Artikel sei identisch mit demjenigen eines unbrauchbaren Produktes.297 So meint auch Lord Bridge: 292 Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd. [1988] 1 All ER 791, 802, Bingham LJ. 293 Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd. [1988] 1 All ER 791, 803, Bingham LJ. 294 Murphy v. Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398. 295 Anns v. Merton LBC [1977] 2 W.L.R. 1024, s. hierzu v. Bar, RabelsZ 56 (1992), 410. 296 Murphy v. Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398, 466 ff., Lord Keith. Vielmehr pure economic loss, so auch Lord Oliver, 484. 297 Murphy v. Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398, 469, Lord Keith.

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„If a dangerous defect in a chattel is discovered before it causes any personal injury or damage to property […] the defect becomes merely a defect in quality. The chattel is either capable of repair at economic cost or it is worthless and must be scrapped. In either case the loss sustained […] is purely economic. It is recoverable against any party who owes the loser a relevant contractual duty. But it is not recoverable in tort […].“298

Und die vor dem Hintergrund von Murphy nun zweifelhafte Entscheidung in Junior Books vor Augen führt er weiter aus: „There may, of course, be situations where, even in the absence of contract, there is a special relationship of proximity between builder and building owner which is sufficiently akin to contract to introduce the element of reliance so that the scope of the duty of care owed by the builder to the owner is wide enough to embrace purely economic loss. The decision in Junior Books Ltd v. Veitchi Co. Ltd. can, I believe, only be understood on this basis.“299

ee) Abgrenzung Vertrags-/Deliktsrecht So wie im deutschen Recht das Deliktsrecht durch die grundsätzliche Entscheidung gegen die Ersatzfähigkeit von reinen Vermögensschäden Grenzen für mögliche Ansprüche vorgibt, so tut dies das englische Recht in seinem Vertragsrecht durch die strikte Handhabung von privity und consideration. Was die Ersatzfähigkeit von reinen Vermögensschäden angeht, so herrscht keine Trennschärfe, auch wenn die Rechtsprechung zuletzt die Ersatzfähigkeit unter dem Deliktsrecht wieder restriktiver handhabt, denn, wie Walton J in Balsamo v. Medici bemerkte: „If the [Junior Books] principle does not have some certain limits, it will come periously close to abrogating completely the concept of privity of contract.“300

In Ermangelung von privity of contract steht daher fest, dass Ansprüche in Vertragsnetzen nach klassischem englischen Recht nur auf deliktischer Grundlage denkbar sind. Trotz dieser Tatsache wird im englischen – wie auch im deutschen Recht – mehrheitlich dafür plädiert, Direktansprüche, die innerhalb von vertraglichen Arrangements geltend gemacht werden einer Lösung im Rahmen des Vertragsrechts zuzuführen.301 A. J. E. Jaffey zufolge ist die Rechtsprechung nicht so sehr im Ergebnis kritikwürdig, sondern im Hinblick auf ihre Methodik – letztlich würden im Rahmen deliktischer Ansprüche vertragsrechtliche Erwägungen zum Tragen kommen. In Junior Books ginge es in Wahrheit um die Durchsetzung vertraglicher 298

Murphy v. Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398, 475, Lord Bridge. Murphy v. Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398, 481, Lord Bridge. 300 Balsamo v. Medici 1984 1 W.L.R. 951, 959, Walton J. 301 Adams/Brownsword, Leg. Stud. 10 (1990), 12; Whittaker, O. J. L. S. 16 (1996), 191, 203; Jaffey, Leg. Stud. 5 (1985) 77; Markesinis, L. Q. R. 103 (1987), 354, 396; Steyn LJ in White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 237 befürwortet vertragsrechtliche Lösung, „but as the law stands binding precedent prevents us from adopting a contractual solution. There is either a remedy in tort or there is no remedy.“ Hingegen für eine deliktische Lösung: Barker, O. J. L. S. 14 (1994), 137, 147: „tort solution […] perfectly viable“. 299

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Versprechungen ohne die erforderliche consideration und den Ersatz des Erfüllungsinteresses.302 „Contract in tort’s clothing“ sei nicht wünschenswert: „While the line between contract and tort need be neither rigid nor sacrosanct, there is a fundamental difference between omitting to provide a benefit […] and making another’s position worse than it was before. To use foreseeability or proximity as the criterion of liability for the former is to contradict important rules of contract whose function it is to delimit such liability […].“303

ff) Anspruch des Franchisenehmers aus der tort of negligence? Nach dem Gesagten stellt sich die Frage, ob ein Franchisenehmer gegen einen anderen, die Systemstandards unterschreitenden Franchisenehmer einen Anspruch auf Ersatz eines hierdurch entstandenen Schadens haben kann. Zunächst ist festzustellen, dass es nicht um einen Fall der Berufshaftung geht, in dem der Ersatz reiner Vermögensschäden anerkannt wäre. Vergleichbar ist die Konstellation vielmehr mit derjenigen in Junior Books, da hier wie dort Direktanspüche innerhalb eines Vertragsgeflechtes im Raum stehen. Ähnlich wie bei Junior Books ist der Inhalt einer etwaigen duty of care nur mithilfe des Franchisevertrages zu bestimmen, denn er legt die Systemförderungspflicht fest, also dass der gute Ruf des Systems (positiv) aufrechtzuerhalten und (negativ) nicht zu beschädigen ist. Fraglich ist, ob nach dem 2-stages-test das Bestehen einer solchen duty of care zu bejahen ist. Erforderlich ist hierfür zunächst eine relationship of proximity zwischen den potenziellen Anspruchsgegnern, d. h. den beiden Franchisenehmern, die in Junior Books v. a. mit dem Vertrauen der Kläger in die Expertise der Beklagten begründet wurde. Hier könnte ein bedeutender Unterschied zwischen Vertragsnetzen – wie im Falle des Franchising – und jedenfalls bestimmten, bspw. in der Bauindustrie vorzufindenen Vertragsketten304 liegen. Das vertragliche Arrangement in Junior Books zeichnete sich dadurch aus, dass der Hauptvertrag erst Existenzvoraussetzung für den Vertrag mit dem Subunternehmer war und die Leistung im Ergebnis allein dem Dritten zugute kommen sollte, woraus sich ein besonderes Näheverhältnis zwischen den vertraglich nicht verbundenen Parteien ergab. Systematisch anders liegt der Fall jedoch in Vertragsnetzen wie dem Franchising, wo jedem Franchisenehmer in gleicher Weise die Pflicht zur Systemförderung obliegt, diese zwar faktisch im Interesse jedes Teilnehmers eingehalten

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Jaffey, Leg. Stud. 5 (1985) 77, 103. Jaffey, Leg. Stud. 5 (1985) 77, 103. 304 Obiter dictum wurde das Bestehen solchen Vertrauens für Vertragsketten zum Verkauf von Waren abgelehnt von Lord Roskill in Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520, 547: „as between an ultimate purchaser and a manufacturer [a relationship of proximity, Anm. d. Verf.] would not easily be found to exist in the ordinary everyday transaction of purchasing chattels when it is obvious that in truth the real reliance was upon the immediate vendor and not upon the manufacturer.“ 303

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werden soll, jedoch kein spezifisches Vertrauen in den einzelnen aufgrund besonderer Sachkunde besteht. Das Bestehen der erforderlichen Nähebeziehung ist daher wohl abzulehnen; dies auch deshalb, weil Junior Books im Nachhinein als nicht weiter zu vertiefende Ausnahmeentscheidung interpretiert wurde.305 Dies belegt zum einen die Entscheidung des Court of Appeal im Falle Simaan, dem auch eine Vertragskette in der Bauindustrie zugrunde lag. Die Entscheidung des House of Lords in Murphy v. Brentwood wird schließlich als Aufhebung von Junior Books interpretiert.306 Ein Näheverhältnis lag hier zwischen den Parteien zwar ganz eindeutig nicht vor; die Entscheidung ist aber wohl so zu interpretieren, dass – praktisch unter Aufgabe des 2stages-testes – reine Vermögensschäden jenseits der anerkannten Fallgruppen der Berufshaftung abzulehnen sind. Die Verneinung einer duty of care – insofern könnte man das Entgegenstehen sog. policy considerations annehmen – kann aber auch mit dem Netzwerkcharakter begründet werden. So wurde in Simaan der Direktanspruch gerade wegen des vertraglichen Arrangements zwischen den Parteien abgelehnt. Und auch in White v. Jones erklärte Lord Mustill obiter dictum, dass im Falle einer Handlung zwischen Personen, die sich zu einem Netzwerk vertraglicher Beziehungen zusammengeschlossen hätten, „the contractual framework may be so strong, so complex and so detailed as to exclude the recognition of delictual duties between parties who are not already connected by contractual links“.307 c) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken aa) Network contract Der Direktanspruch eines Franchisenehmers gegen den Free Rider im Franchisesystem könnte sich aus der neuen Theorie von Brownsword und Adams zum sog. Network contract ergeben. Wie oben dargestellt, wird hier eine vertragsrechtliche Lösung für Netzwerkprobleme unter gleichzeitiger Lockerung der privity- und consideration-Doktrin befürwortet. Als sog. Netzwerk-Vertrag, wird ein Arrangement von Verträgen bezeichnet, das zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes abgeschlossen wurde. Da das Bestehen eines Hauptvertrages ein Charakteristikum der „sets of contracts“ darstellt, ist fraglich, ob auch Franchise-Netzwerke erfasst sein sollen. Denn hier ist zum einen jeder zwischen dem Franchisegeber und den Franchisenehmern geschlossene Vertrag gleichrangiger „Hauptvertrag“, zum an305

Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 166. Adams/Tolhurst/Furmston, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1197, 1209: „[…] has effectively overruled Junior Books“; v. Bar, RabelsZ 56 (1992), 410, 442; Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 166: „However, the thrust of the law since Junior Books has been to treat the decision as exceptional, and to confine the authority of the case to its own special facts“. 307 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 251, 279, Lord Mustill. 306

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deren kommt es nicht zum Abschluss von Subunternehmerverträgen. Allerdings ist die Bedingung, wonach es zum Abschluss weiterer Verträge mit dem Ziel der Förderung des Gesamtzweckes kommen muss – bspw. der flächendeckende und bestmögliche Vertrieb eine Produktes – als erfüllt anzusehen. Vielmehr als vom Bestehen eines Hauptvertrages ist bei Franchisesystemen von der Existenz eines Hauptbeteiligten auszugehen, dem Systemkopf, woraus sich die asymmetrische, hierarchische Struktur ergibt. Wichtigste Rechtsfolge des Network contracts ist es, das Bestehen von Ansprüchen zwischen vertraglich nicht miteinander verbundenen Netzteilnehmern in Betracht zu ziehen. Ein solcher Anspruch gegen den Free Rider ist wohl zu bejahen. Diese Rechtsfolge soll v. a. abhängig sein von den geschäftlichen Erwartungen der Beteiligten, die anhand der Gesamtumstände, stets das Netzwerk als Bezugsrahmen vor Augen, zu bestimmen sein sollen. Im Franchise-Netzwerk besteht die Erwartung – dies kann aus der entsprechenden vertraglichen Verpflichtung abgeleitet werden – dass ein jeder Teilnehmer den guten Ruf aufrechterhält und gleichzeitig alles unterlässt, was das Netzwerk schädigen könnte. bb) Network architecture of supply chains Mit dem Konzept von Collins zur Network architecture kann kein Anspruch gegen den Free Rider im Franchise Netzwerk begründet werden. Dies scheitert bereits daran, dass Collins das Bestehen eines gemeinsamen Zweckes und wechselseitiger Koordination nur in Lieferketten als erfüllt ansieht, explizit jedoch nicht in Franchise-Netzwerken, in denen aus seiner Sicht das hierarchische Moment dies ausschließt. Davon abgesehen lehnt er aber auch für Vertragsketten das Bestehen von Direktansprüchen generell ab, da es dem Willen der Beteiligten widersprechen würde. d) Ergebnis, Verallgemeinerung und Stellungnahme Nach „klassischem“ englischen Recht kann kein Anspruch eines Franchisenehmers gegen den Free Rider bestehen. Dies ist eindeutig für das Vertragsrecht mangels privity und consideration; aber auch die Fahrlässigkeitshaftung greift nicht ein, denn zum einen liegt schon keine anerkannte Fallgruppe für den Ersatz von reinen Vermögensschäden vor, wie sie die neue restriktivere Rechtsprechung verlangt. Aber auch das Bestehen einer relationship of proximity wie sie der „traditionelle“ 2stages-test erforderlich macht, ist wohl abzulehnen. Unter Zugrundelegung der neuen Ansätze zu Netzwerken besteht nach Brownsword/Adams, wie gezeigt, ein Anspruch. Eine Verallgemeinerung dieser Ergebnisse für den Anspruch auf Einhaltung der Systemstandards bzw. Schadensersatz im Falle der Verletzung hin zu anderen Inhalten von Direktansprüchen könnte auch im englischen Recht zu hiervon abweichenden Resultaten führen. Zunächst ist davon auszugehen, dass sich das oben für

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Deutschland dargestellte Problem der Informationspflichten, insb. als netzbezogene Hinweis- und Warnpflichten, in gleicher Weise stellt. Ein geänderter Pflichteninhalt könnte bei der Frage des Bestehens einer duty of care einfließen, gerade weil hier die vertragliche Regelung herangezogen wird und die Bestimmung der Nähebeziehung auch von der konkreten Leistung abhängig ist. Allerdings existiert zum einen zu wenig Rechtsprechung zur Sache um hier Differenzierungen erkennbar zu machen; zum anderen sind die Gerichte anscheinend nicht mehr gewillt, deliktische Lösungen für Netzwerkprobleme zuzulassen. Damit stellt sich die Frage, ob das englische Recht reformbedürftig ist308 – bezogen auf Netzwerke und auf Drittwirkungen im Allgemeinen. Die Antwort hierauf muss zumindest die folgenden, sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren berücksichtigen: die Häufigkeit des auftretenden Problems, die Sachgerechtigkeit der aktuellen Lösung, das common law System als Ganzes mit dem law of obligations und den geschätzten Reformaufwand. Beginnt man mit der Frage der Häufigkeit, so könnte bezogen auf Direktansprüche in Franchise-Netzwerken das Bedürfnis nach Reform mangels Relevanz verneint werden: Es gibt hierzu keine Entscheidung und dies bestätigt wohl den oben erklärten Befund, dass es sich nicht um massenhaft auftretende Konstellationen handelt. Erweitert man den Blick jedoch, nicht nur vom Franchise-Netzwerk zu Vertragsnetzwerken generell, sondern hin zu Drittwirkungen im Allgemeinen, so wird das Problem – die zahlreichen Entscheidungen hierzu verdeutlichen das – virulent. Die Lösungen, die bisher für Drittproblematiken gefunden wurden, sind hinsichtlich ihrer Wurzeln divers und spiegeln einen langwierigen Entwicklungsprozess wider: Zum einen sah sich der Gesetzgeber gezwungen durch zahlreiche Einzelgesetze die Begründung eines vertraglichen Anspruchs zugunsten eines Dritten (ohne Gegenleistung) zu ermöglichen. Die allgemeine Regelung des Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999 hat dem ein Ende gesetzt und erscheint als eine absolut notwendige Regelung einer jeden Rechtsordnung. Darüber hinaus gibt es bisher keine legislativen Eingriffe. Bedeutende, Dritte einbeziehende Konzepte stellt das englische Recht mit dem trust und der agency zur Verfügung – sie ermöglichen jedoch nicht die vorliegend interessierenden Drittwirkungen, die wiederum ausschließlich über das Deliktsrecht, genauer die tort of negligence, modelliert werden. Damit stellt sich zunächst die Frage, ob das Deliktsrecht der richtige Standort zur Ansiedelung solcher Problematiken ist. In der Literatur wird dies überwiegend 308

Privity und consideration sollen hier nicht als antiquiert überholte Institute dargestellt werden – sie existieren auch im deutschen Recht, sogar die consideration-Doktrin kann darin erblickt werden, dass Verträge im Grundsatz zweiseitig sind und einseitige Rechtsgeschäfte besonderen Regeln unterliegen. Vgl. auch Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 34: „Differences may emerge among legal systems even when they rest on the same principles because they are confronting the same uncertainty and responding to it in different ways, each of which has its own advantages and disadvantages. In that case, each system may make mistakes, but one cannot say that the approach of any system is wrong.“

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verneint und eine Lösung von Drittbeteiligungsfällen im Rahmen des Vertragsrechts durch Zulassung von weiteren Ausnahmen zur privity-Doktrin gefordert.309 Auch die Rechtsprechung würde dies wohl befürworten; sie sieht sich allerdings ohne ein Tätigwerden des Gesetzgebers dazu nicht imstande – „as the law stands […] there is either a remedy in tort or there is no remedy“.310 Für eine vertragsrechtliche Lösung spricht, dass die Erwägungen, die zur Bestimmung einer duty of care angestellt werden, vertraglicher Natur sind – der Inhalt der Sorgfaltspflicht kann nur anhand des Vertrages bestimmt werden; eine relationship of proximity besteht, weil das Verhältnis zwischen den Parteien „equivalent to contract“311 ist, ein solcher aber mangels consideration nicht zustande kommen kann; die Verletzung der duty of care setzt letztlich einen Vertragsbruch voraus. Dennoch ist m. E. daraus nicht die Forderung abzuleiten, sämtliche Drittbeteiligungsfälle durch Modifikation vertragsrechtlicher Grundfesten im Rahmen des Vertragsrechts zu lösen. Zum einen ist dies alles andere als zwingend – wie der Blick auf die Diskussion in Deutschland zeigt.312 Zum anderen sind die Ergebnisse zu denen die Rechtsprechung unter Anwendung der tort of negligence gelangt sachgerecht: In Fällen der fahrlässigen Falschauskunft oder der fahrlässigen Berufsausübung, wenn die Leistung erkennbar einem Dritten zugute kommen soll, wird ein Anspruch richtigerweise bejaht. Junior Books ist hingegen als Fehlentscheidung zu brandmarken – die jedoch durch Murphy bereits korrigiert worden ist. Dies zeigt, dass, wenn auch im Rahmen des Deliktsrechts, die richtigen Kriterien angelegt werden. Im Ergebnis ist m. E. – auch weil eine allgemeine legislative Regelung für die diversen Konstellationen schwer vorstellbar ist – eine Reform bezogen auf Drittwirkungen im Allgemeinen nicht erforderlich. Fraglich ist allerdings, ob dies auch für den speziellen Fall der Vertragsnetze zu gelten hat. Der Dritte steht hier nicht unverbunden, sondern alle Beteiligten sind Vertragspartner von mindestens einem Vertrag im Netzwerk – die Bedeutung der vertraglichen Regelung bei der Bestimmung von Rechten wird hier noch augenfälliger. Und gerade aus diesem Grund, nämlich der Dichte und Komplexität solcher Arrangements hält die Rechtsprechung deliktische Ansprüche hier für ausgeschlossen.313 So sieht das auch Brownsword314, dessen Theorie zu den Network contracts sich als im Ansatz interessant erweist; es mangelt allerdings an einer Konkretisierung – zum einen bezogen auf die Netzwerkstruktur (nur „Ketten“ oder auch „Sterne“), zum anderen im Hinblick auf die Voraussetzungen für einen Di309 Jaffey, Leg. Stud. 5 (1985) 77, 103; Whittaker, O. J. L. S. 16 (1996), 191, 212; Markesinis, L. Q. R. 103 (1987), 354, 396. 310 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 237, Steyn LJ. 311 Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 528, Lord Devlin. 312 s. o. D. I. 2. a) bb). 313 Zumindest obiter dictum, bei White v. Jones [1995] 2 A.C. 207 und wohl auch Lord Goff in Henderson v. Merrett [1995] 2 AC 145, 196: „the parties having so structured their relationship that it is inconsistent with any such assumption of responsibility“. 314 Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 166.

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rektanspruch, denn die Erwartungen der Beteiligten als einziges Kriterium erscheinen als zu vage. Aber auch hier ist eine Änderung des englischen Rechts nicht zwingend erforderlich, um des Problems von Direktansprüchen innerhalb von Vertragsnetzwerken Herr zu werden; der 2-stages-test bei der Bestimmung einer Sorgfaltspflicht im Rahmen der Fahrlässigkeitshaftung ist hierfür geeignet und sollte daher von der Rechtsprechung nicht aufgegeben werden. Wie bereits oben für das deutsche Recht festgestellt, kommt es für die Frage, ob ein vertragsloser Anspruch im Franchisenetzwerk bestehen kann auf zweierlei an: den Pflichteninhalt und die Pflichtenstellung. Ob dem Inhalt der Verpflichtung nach ein Anspruch in Betracht kommen kann, wird auf der ersten Stufe bei der Frage nach einer relationship of proximity geprüft, d. h. dem Bezug des Dritten zur Leistung. Auf der zweiten Stufe bei den sog. policy considerations wird die Frage der Pflichtenstellung geprüft, d. h. ob die Klage (auf vertraglicher Basis) auch gegen den eigenen Vertragspartner gerichtet werden könnte. Die Klage von Junior Books hätte auch aus diesem Grund abgewiesen werden müssen, denn selbst wenn eine enge Nähebeziehung bestehen sollte, darf hierdurch das vertragliche Arrangement nicht unterlaufen werden. So ist m. E. die Rechtsprechung zu verstehen, wenn sie deliktische Ansprüche aufgrund der Netzwerk-Strukur ausschließen möchte. 4. Rechtsvergleichung und Bewertung Vergleicht man nun die beiden Rechtsordnungen miteinander, so fällt zunächst auf, dass sie für die Frage nach einem Direktanspruch gegen den Free Rider im Franchisesystem dasselbe Ergebnis hervorbringen: Nach klassischem Recht gelöst, besteht ein solcher Anspruch nicht. Dies ist die richtige Lösung: Auch wenn die Beteiligten Partner eines Netzwerkes sind, so haben sie sich doch dafür entschieden, Verträge untereinander nicht abzuschließen. Bei Schwierigkeiten, wie bspw. dem Free Riding eines Franchisenehmers, sind Ansprüche gegen den Franchisegeber gegeben, der seinerseits verpflichtet ist, gegen den Free Rider einzuschreiten. Ein Franchisenehmer, der von einer Unterschreitung der Systemstandards erfährt, hat dem Systemkopf Bericht hierüber zu erstatten. Es darf nicht vergessen werden, dass die Franchisenehmer in Konkurrenz zueinander stehen und die Zulassung eines Klagerechts zu gegenseitiger Behinderung führen und sich zum Nachteil des Netzwerks insgesamt auswirken könnte.315 Nach den neuen Theorien zu Netzwerken besteht im deutschen Recht lediglich nach einem Konzept, nämlich dem des Netzwerks als Vertragsverbundes ein Anspruch; im englischen Recht gilt dasselbe für den sog. Network contract. Es fällt hier auf, dass das Thema von der deutschen Rechtswissenschaft bisher deutlich stärker durchdrungen ist als von der englischen. Dafür wird es zwei Gründe geben: Zum einen die Rechtskultur des common law, die mehr geprägt ist von der pragmatischen 315

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 198.

I. Direktansprüche in Vertragsnetzwerken

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Lösung konkreter Fälle denn von einer abstrakten Rechtslehre. Zum anderen ist „schuld“ daran die Nähe des Netzwerks zur Frage von Drittwirkungen, die im deutschen Vertragsrecht bereits einen festen Standort im Vertragsrecht einnehmen. Auf der Suche nach möglichen Lösungswegen im klassischen Recht ist bei der Analyse des entsprechenden Fallmaterials festzustellen, dass Probleme von Drittwirkungen sich in beiden Rechtsordnungen in frappierend ähnlicher Weise stellen: der deutsche Testamentsfall316 gleicht dem Sachverhalt in White v. Jones; der Entscheidung in Hedley Byrne v. Heller ähnelt die Konstellation in BGHZ 7, 371317. Gleichzeitig fällt aber auf: Die Lösungen werden in unterschiedlichen Abteilungen des Schuldrechts verortet – hier im Vertragsrecht, dort im Deliktsrecht. Dies lässt zunächst die Schlussfolgerung zu, dass es sich um Konstellationen handelt, die „dazwischen“ liegen – denn es ist richtig, ein Vertrag wurde zwischen den Parteien nicht abgeschlossen und doch ist ein Vertrag da, der das „Verhältnis“ beeinflusst, und doch geht es nicht um das Integritäts-, sondern um reine Vermögensinteressen. Die Lösungen, die eine Rechtsordnung hierfür bereitstellen kann, sind begrenzt: Eine Öffnung entweder des Delikts- oder des Vertragsrechts. Ersteren Weg ist man in England gegangen; letzteren in Deutschland, wofür Voraussetzung das allgemeine Konzept des Schuldverhältnisses ist, denn auch hier gilt „privity of contract“. Die Fälle White und Hedley sind jeweils über die tort of negligence gelöst worden – im deutschen Recht würde die Konstellation in Hedley heute einen Anspruch aus § 311 Abs. 3 BGB zur Eigenhaftung Dritter begründen und die in White einen solchen aus dem Drittschutzvertrag. Bei beiden Instituten handelt es sich um rechtsgeschäftsähnliche, gesetzliche Schuldverhältnisse. Bei der inhaltlichen Untersuchung der Kriterien, nach denen bestimmt wird, ob ein Anspruch gegeben ist, springt dann jedoch Parallelität ins Auge:318 Hinsichtlich des für das deutsche Recht interessierenden Drittschutzvertrages kommt es auf die Leistungsnähe, die Erkennbarkeit und die Schutzbedürftigkeit an. Im englischen Recht besteht die für die Fahrlässigkeitshaftung erforderliche duty of care dann, wenn zwischen den Parteien eine relationship of proximity herrscht und die Auferlegung einer entsprechenden Pflicht fair, just und reasonable ist. Sowohl bei der 316

BGH NJW 1965, 1955. Hier fahrlässige Falschauskunft eines Wirtschaftstreuhänders. Der BGH löste den Fall damals (1952) durch Annahme eines stillschweigenden Auskunftsvertrages. Der Vergleich auch bei Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 283: „Admittedly, the Germans are reluctant to speak of this liability as one imposed in tort. That would seem to defy the limitations of their Civil Code. It is equally hard to say that liability to a third party is based on contract. Consequently, German courts have produced such strange explanations as this one: […] It hardly matters what label the German courts feel they must pin on relief if they are drawing much the same distinction“. 318 Auch Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 43 weist darauf hin: „The common law courts may have expressed themselves in a very different vocabulary than that of the civil law. But the difference does not show that its decision rests on different concepts or principles […] there is the danger of taking the difference too seriously and imagining that the common law and civil law rest on fundamentally different concepts“. 317

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Leistungsnähe als auch beim „Näheverhältnis“ kommt es auf die Beziehung des dritten Anspruchsstellers zur Leistung an, d. h. ob sie im Ergebnis ihm zugute kommen soll und ob ein etwaiger Mangel gerade ihn schädigt. Die Erkennbarkeit, welche i. S. d. Zumutbarkeit zu verstehen ist und die Schutzbedürftigkeit sind Konkretisierungen dessen, was die englische Rechtsprechung unter policy considerations subsumieren würde. Weil dies nach hiesiger Auffassung materiell die entscheidenden Kriterien zur Bestimmung von Direktansprüchen in (Franchise-)Netzwerken sind, ist eine Reform in keiner der beiden Rechtsordnungen erforderlich. Dennoch soll der Frage nicht ausgewichen werden, in welcher Abteilung des Schuldrechts eine Lösung wünschenswerter ist. Sie ist klar zu beantworten: im Vertragsrecht.319 Dem Grundsatz nach auferlegt das Deliktsrecht Pflichten, die gesetzlich festgeschrieben und jedermann geschuldet sind; im Vertragsrecht hingegen einigen sich die Parteien auf Verpflichtungen, die nur zwischen ihnen bestehen. Die Abhängigkeit der duty of care von der Art der Beziehung zu einer bestimmten Person widerspricht dem deliktischen Konzept.320 Auf gleiche Art und Weise könnte das englische Recht dem deutschen aber auch die Systemwidrigkeit von gesetzlich festgelegten Pflichten im Vertragsrecht vorwerfen – es handelt sich insofern um die oben angesprochene „Öffnung“. Allerdings erscheint die Verortung innerhalb des Vertragsrechts naheliegender, denn die Parteien haben mit dem Netzwerk ein vertragliches Arrangement aufgebaut, auf dessen Inhalt es bei der Prüfung eines Direktanspruchs in jedem Fall, d. h. auch für die englische Rechtsprechung, ankommt. Aus diesem Grund erscheint auch die Geltung der Beweislastverteilung des Vertragsrechts angemessener. Zudem entfernt die Tatsache, dass keine Integritätsinteressen berührt sind, das Problemfeld vom Deliktsrecht.

II. Modifikationen des Einzelvertrags am Beispiel der Teilung von Vorteilen 1. Darstellung des Problems a) Mengenrabatte durch Nachfragemacht Der Großteil der am Markt üblichen Franchisesysteme beinhaltet neben dem Erwerb der Erstausstattung für den Betrieb den laufenden Bezug von Produkten: Dies gilt zunächst bei den sog. Warenfranchisen für die zu vermarktenden Artikel.321 319 Dies sehen wohl auch die engl. Rspr. (White v. Jones [1995] 2 A.C. 207, 237, Steyn LJ) und die Law Commission, Report, Privity of contract: Contracts for the benefit of third parties, 1996 so. Diese sieht aber keine Notwendigkeit für die Einführung eines VSD, weil White v. Jones vom House of Lords ja über Deliktsrecht gelöst wird, S. 81 ff. und Fn. 22. 320 So auch Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 151 f. 321 Becker, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn. 100.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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Aber auch Herstellungs- und Dienstleistungsfranchisesysteme machen üblicherweise den Erwerb des benötigten Inputs in Form von Grundprodukten erforderlich.322 Eine Möglichkeit der Abdeckung dieses Bedarfs ist die Herstellung der entsprechenden Produkte durch den Franchisegeber selbst. In aller Regel – die Fertigungstiefe in Unternehmen nimmt in der Tendenz heutzutage ab – wird der Systemkopf diese Waren jedoch von einem geeigneten Lieferanten produzieren lassen.323 Damit die Waren im Ergebnis die einzelnen Franchisenehmer erreichen, können zwei Wege beschritten werden: Entweder übernimmt der Franchisegeber eine Großhandelsfunktion, d. h. er kauft, lagert und verkauft die Produkte weiter oder er schließt – um den damit verbundenen Koordinationsaufwand zu vermeiden – mit den Lieferanten entsprechende Rahmenvereinbarungen, wobei die Franchisenehmer die Waren dann direkt bei dem Dritten erwerben.324 In beiden Fällen enthält der Franchisevertrag für die Franchisenehmer regelmäßig eine Bezugspflicht, die folgendermaßen formuliert sein könnte:325 „Der Franchise-Nehmer verpflichtet sich, die Vertragsprodukte wegen des zugrundeliegenden Patentschutzes, der Kompatibilität aller Vertragsprodukte, der Qualitätssicherung sowie der ständigen auch modisch bedingten Fortentwicklung des Gesamtsortiments während der Dauer des Vertrages ausschließlich vom Franchise-Geber oder von anderen Franchise-Nehmern oder vom Franchise-Geber autorisierten Händlern zu beziehen.“326

Aus dieser Bezugspflicht ergibt sich für den Franchisegeber in Verhandlungen mit den Lieferanten eine große Nachfragemacht, denn die Abnahme durch das gesamte Netzwerk ist garantiert. Der Systemkopf ist deshalb häufig in der Lage, Vorteile in Form von Preisnachlässen auszuhandeln, die als Mengenrabatte oder Rückvergütungen umgesetzt werden.327 Da nur alle Beteiligten zusammen das Abnahmevolumen generieren, stellt sich die Frage, ob der Franchisegeber verpflichtet ist, diese – systembedingten328 – Vorteile anteilig an seine Franchisenehmer weiterzureichen. 322

Becker, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn. 100. Becker, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 10 Rn. 3. 324 Becker, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 10 Rn. 4. 325 Metzlaff, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 8 Rn. 144 ff. 326 Bsp.haft Liesegang, Der Franchise-Vertrag, 7. Aufl. 2011, S. 30. In der berühmten EuGH-Entscheidung „Pronuptia“ – ein Franchisesystem für Hochzeitsmodengeschäfte – lautete die Formulierung: „Die Franchisenehmerin, die alleinige Inhaberin ihres Handelsgeschäfts bleibt und dessen Risiken allein trägt, verpflichtet sich, […] 80 % der Brautmoden und -ausstattungen sowie einen von der Franchisenehmerin selbst festzulegenden Anteil an Cocktailund Gesellschaftskleidern bei der Franchisegeberin und den Rest bei von der Franchisegeberin zugelassenen Lieferanten einzukaufen.“ EuGH, Urteil vom 28. 01. 1986 – Rs 161/84, Rn. 6. In dem Franchisevertrag für Praktikerbaumärkte heißt es: „Um die Einheitlichkeit der Qualität des ,TopBau-Center‘-Angebotes zu gewährleisten, verpflichtet sich der Franchisenehmer, das systemtypische Warensortiment nur vom Franchisegeber zu beziehen.“, BGH NJW 2009, 1753, 1753. 327 Metzlaff, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 8 Rn. 171. 328 Formulierung von: Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 64. 323

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

b) Exkurs: Kartellrechtliche Zulässigkeit einer Warenbezugsbindung aa) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen Im Hinblick auf die Frage, ob eine Bezugsbindung in Franchiseverträgen eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung darstellt, soll lediglich das europäische Primärrecht – vorliegend das allgemeine Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV – von Relevanz sein, dass, soweit der zwischenstaatliche Handelt betroffen ist, unmittelbar in den Mitgliedstaaten wirkt. Die Zwischenstaatlichkeitsklausel wird vom EuGH weit ausgelegt, weshalb diese Einschränkung praktisch kaum Bedeutung hat.329 Ist sowohl nationales als auch europäisches Recht anwendbar, darf das mitgliedstaatliche Recht im Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 AEUV keine strengere Regelung treffen, vgl. Art. 3 Abs. 2 VO 1/2003.330 Der besagte Art. 101 Abs. 1 AEUV verbietet alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Auch vertikale Vereinbarungen, also solche, die zwischen Unternehmen geschlossen werden, die auf verschiedenen Ebenen der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind331, fallen grundsätzlich unter das Kartellverbot. Nach den von der Europäischen Kommission veröffentlichten Leitlinien für vertikale Beschränkungen, die auch spezifische Aussagen zu Franchisesystemen enthalten, fällt „ein Wettbewerbsverbot in Bezug auf die vom Franchisenehmer erworbenen Waren oder Dienstleistungen […] nicht unter das Verbot des Artikels 101 Absatz 1 AEUV, wenn diese Verpflichtung notwendig ist, um die Einheitlichkeit und den Ruf des Franchisesystems zu erhalten.“332

Liegen diese Voraussetzungen vor, so darf die entsprechende Klausel auch unbefristet gelten, so lange die Laufzeit nicht über diejenige des Vertrages selbst hinausgeht.333 Soweit eine Regelung nicht für die Systemeinheitlichkeit notwendig ist, gilt Art. 101 Abs. 1 AEUV hingegen und dessen Abs. 3 ist in den Blick zu nehmen, wonach das Kartellverbot im Hinblick auf eine Vereinbarung, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt, für nicht anwendbar erklärt werden kann. Erforderlich ist bspw. eine Verbesserung der Warenverteilung ohne dass die Beschränkung zur Zielerreichung erlässlich wäre oder durch sie der Wettbewerb ausgeschaltet würde und dass 329 Immenga/Mestmäcker, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, Einl Rn. 9. 330 Aufgrund dieses weitgehenden Gleichlaufs erfolgt vorliegend keine Darstellung der nationalen Kartellverbote in Deutschland (§ 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) und Großbritannien (sec. 2 Competition Act 1998). 331 Vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a VO 330/2010. 332 Leitlinien für vertikale Beschränkungen, Abl. d. EU, C-130/1, 19. 5. 2010, Rn. 190. 333 Leitlinien für vertikale Beschränkungen, Abl. d. EU, C-130/1, 19. 5. 2010, Rn. 190.

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auch der Verbraucher von ihr profitiert. Hierdurch wird anerkannt, dass Verhaltensweisen, die den Wettbewerb negativ betreffen auch positive Auswirkungen auf Effizienz und Konsumentenwohlstand haben können.334 Eine Freistellung vom Kartellverbot kraft Gesetzes, d. h. ohne das Erfordernis einer Kommissionsentscheidung, bewirkt die in Konkretisierung des Art. 101 Abs. 3 AEUV ergangene, für vertikale Vereinbarungen335 geltende Gruppenfreistellungsverordnung 330/2010336. Nach deren Art. 1 Abs. 1 lit. d ist ein Wettbewerbsverbot die „unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung des Abnehmers, auf dem relevanten Markt mehr als 80 % seines Gesamtbezugs an Vertragswaren oder -dienstleistungen […] vom Anbieter oder von einem anderen vom Anbieter benannten Unternehmen zu beziehen.“

Eine solche Beschränkung ist nach der Verordnung dann nicht vom Kartellverbot freigestellt, wenn sie auf unbestimmte Zeit oder jedenfalls für mehr als fünf Jahre vereinbart ist, Art. 5 Abs. 1 lit. a VO.337 Eine Verpflichtung in Franchiseverträgen zum Bezug der Vertragswaren entweder vom Franchisegeber oder von einem bestimmten Lieferanten kann zunächst deshalb kartellrechtlich zulässig sein, weil sie für Ruf und Einheitlichkeit des Systems erforderlich wäre.338 Dies könnte man für beide Konstellationen annehmen, da durch die Bindung jeweils die dauerhaft gleichbleibende Qualität der Waren gesichert wird und dies – wie bereits oben beim Problem des Free-Riding erläutert – für den Erfolg von Franchisesystemen von überragender Bedeutung ist.339 Würde man die Bezugspflicht nicht für notwendig erachten, um die Einheitlichkeit des Systems zu erhalten, so wäre sie zumindest nach Art. 101 Abs. 3 i.V.m. VO 330/2010 freigestellt, wenn die genannten Voraussetzung in Bezug auf die Dauer und den Umfang 334

Rn. 7.

Ellger, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, Art. 101 Abs. 3

335 Die Vertikalität wird nicht dadurch berührt, dass ein Franchisegeber auch mit eigenen Betrieben die Waren selbst vertreibt, vgl. Art. 2 Abs. 4 lit. a VO 330/2010: „Die Freistellung nach Abs. 1 gilt nicht für vertikale Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern. Sie findet jedoch Anwendung, wenn Wettbewerber eine nicht gegenseitige vertikale Vereinbarung treffen und der Anbieter zugleich Hersteller und Händler von Waren ist, der Abnehmer dagegen Händler, jedoch kein Wettbewerber auf der Herstellungsebene“. 336 Zur Änderungshistorie, s. o. Fn. 75; Grundlage für die erste Freistellungsverordnung für Franchisevereinbarungen war die Entscheidung des EuGH C-161/84 (Pronuptia). 337 Auf erster Stufe setzt die Freistellung voraus, dass bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf den Jahresumsatz und den Marktanteil vorliegen, vgl. Art. 2, 3 VO 330/2010, wovon vorliegend ausgegangen wird. 338 Die Möglichkeit des Bezugs von anderen Franchisenehmern, sog. Querlieferung – wie in der Beispielformulierung enthalten – darf vertraglich nicht ausgeschlossen werden, es handelt sich um eine sog. Kernbeschränkung nach Art. 4 lit. d VO 330/2010, die den Franchisevertrag insgesamt nichtig macht. (Art. 101 Abs. 3 AEUV ist dann nicht einschlägig und Art. 101 Abs. 1 AEUV somit erfüllt, danach ist eine Vereinbarung „verboten“, so auch in § 1 GWB, bedeutet zivilrechtlich § 134 BGB), vgl. Bechtold, GWB, 7. Aufl. 2013, § 1 Rn. 70. 339 Vgl. auch BKartA TB 85/86, S. 32, allerdings damals noch für den Tatbestand der Missbrauchsaufsicht über Ausschließlichkeitsbindungen in § 18 GWB.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

der Verpflichtung erfüllt sind. Der Spielraum ist hier groß, da auch eine 100 %ige Bindung zulässig ist, wenn sie zunächst für nicht länger als fünf Jahre vereinbart ist. bb) Sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten Die neben dem Kartellverbot zweite tragende Säule des EU-Wettbewerbsrechts stellt Art. 102 AEUV dar, der es Unternehmen verbietet, eine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich auszunutzen. Zwar können Alleinbezugsbindungen, nach denen ein Abnehmer seinen Bedarf ausschließlich bei einem bestimmten Unternehmen decken muss den Missbrauchstatbestand erfüllen,340 allerdings ist weitere Voraussetzung die marktbeherrschende Stellung des Anbieters. Da die Märkte, auf denen Franchisesysteme in praxi vorkommen in der Regel hinreichenden Wettbewerb aufweisen, soll auf Art. 102 AEUV nicht weiter eingegangen werden.341 Interessant sind hier jedoch §§ 18 – 21 GWB, die – dies ist anders als beim Kartellverbot zulässig – weitergehende Regeln für „sonstiges“ wettbewerbsbeschränkendes Verhalten enthalten.342 Im deutschen Recht liegt ein missbräuchliches Wettbewerbsverhalten insbesondere dann vor, wenn andere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar behindert werden, vgl. § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB. Anders als im Europarecht sind hierbei Normadressat nicht nur Unternehmen, die den relevanten Markt beherrschen, sondern auch solche, die über sog. relative Marktmacht verfügen, was nach der Legaldefinition in § 20 Abs. 1 GWB bedeutet: „Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen.“

Dass Franchisegeber marktstarke Unternehmen in diesem Sinne sein können, ist vom Bundeskartellamt und von der Rechtsprechung bereits mehrfach angenommen worden.343 Begründet wurde die unternehmensbedingte Abhängigkeit mit der langfristigen vertraglichen Bindung und damit, dass „es dem Franchising geradezu

340 Vgl. Mitteilung der Kommission – Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel 82 des EG-Vertrags auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen, 24. 2. 2009, ABl d EU C 45/7, Rn. 32 ff. 341 So Pape, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 23 Rn. 111; BKartA TB 85/ 86, S. 32. 342 Immenga/Mestmäcker, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, Einl Rn. 9; Bechtold, GWB, 7. Aufl. 2013, § 18 Rn. 3. 343 Vgl. BKartA, Beschl. v. 8. 5. 2006, B 9-149/04; BGH NJW 2009, 1753, 1754 – Bau und Hobby. (Nachgehend zu BKartA, ebd. und OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 1. 2008, Az. VI-Kart 11/06 (V), Kart 11/06 (V).

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wesenseigen ist, dass der Franchisenehmer seinen Franchisebetrieb vollständig oder weitestgehend auf das Franchisesystem ausrichtet“.344 Unter einer Behinderung versteht die ständige Rechtsprechung jede Beeinträchtigung der Betätigungsmöglichkeiten des anderen Unternehmens im Wettbewerb;345 die Unbilligkeit bestimmt sie durch eine umfassende Interessenabwägung, wobei auch die Zielsetzung des GWB berücksichtigt wird.346 Eine Bezugspflicht wurde vor diesem Hintergrund zwar als (mittelbare) Behinderung angesehen – da sie verhindert, dass Franchisenehmer Waren von anderen Lieferanten zu beziehen347 – sie soll aber nicht unbillig i. S. e. zu missbilligenden, einseitigen Interessendurchsetzung auf Kosten der Franchisenehmer sein.348 Entscheidender Gesichtspunkt ist auch hier wieder der Zweck der Regelung, einheitliche Qualitätsstandards und damit die Funktionsfähigkeit des Franchisesystems – wovon auch der Erfolg jedes einzelnen Franchisenehmers abhängt – sicherzustellen.349 Zudem lässt der BGH auch die Tatsache, dass die Bezugsbindung europarechtlich vom Kartellverbot freigestellt ist in die Abwägung einfließen.350 Das englische Recht erfordert – wie auch das europäische – den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung („dominant position“). Die dies regelnde Vorschrift, sec. 18 Competition Act 1998 ist Art. 102 AEUV – die Parallelität hinsichtlich der Regelbeispiele in Abs. 2 verdeutlicht das – nachgebildet. Liegt Marktbeherrschung vor, so können auch nach englischem Recht Alleinbezugsverpflichtungen („exclusive purchasing agreements“) den Missbrauchstatbestand erfüllen.351

344

BKartA, Beschl. v. 8. 5. 2006, B 9-149/04, Juris-Orientierungssatz Nr. 2 – Bau und Hobby. 345 BGHZ 81, 322, 327 – Original-VW-Ersatzteile II; BGHZ 116, 47, 53 – Amtsanzeiger; Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 20 Rn. 116. 346 BGHZ 38, 90, 102 – Treuhandbüro; BGH NJW-RR 2003, 1348, 1349 f. – Schülertransporte; so auch: BGH NJW 2009, 1753, 1754 – Bau und Hobby, juris Rn. 14; Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 20 Rn. 129. 347 Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 20 Rn. 119; für Ausschließlichkeitsbindungen von Vertragshändlern bereits BGHZ 81, 322, 327 f. – Original-VWErsatzteile II, für Bezugsbindungen im Franchising: BGH NJW 2009, 1753, 1754 – Bau und Hobby, bestätigt OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 1. 2008, Az. VI-Kart 11/06 (V), Kart 11/06 (V), juris Rn. 21 mit Begründung. 348 BGH NJW 2009, 1753, 1754 – Bau und Hobby. 349 BGH NJW 2009, 1753, 1755 – Bau und Hobby. 350 BGH NJW 2009, 1753, 1754 – Bau und Hobby. 351 s. hierzu Whish/Bailey, Competition Law, 7. Aufl. 2012, S. 682 ff.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

2. Deutsches Recht a) Weiterleitung bei entsprechender Vereinbarung Die Weiterleitung systembedingter Vorteile schuldet der Franchisegeber jedenfalls dann seinen Systempartnern, wenn im Franchisevertrag eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden ist – was eine Frage der Auslegung ist. Eine solche Herausgabepflicht prüften deutsche Gerichte in einer Reihe von Urteilen, beginnend mit der Sixt-Entscheidung aus dem Jahr 1999. Dort war zwischen dem Franchisegeber Sixt und seinen Franchisenehmern, die selbständig Autos vermieteten in Bezug auf den Erwerb eigener Betriebsfahrzeuge Folgendes geregelt: „§ 3 (1) S wird den Unterlizenznehmer bei dem Einkauf von Fahrzeugen in der Weise unterstützen, daß er ihm die Möglichkeit einräumt, zu den in den Großabnehmerabkommen vereinbarten Konditionen Fahrzeuge zu beziehen, soweit die Hersteller dies zulassen.“352

Dem klaren Wortlaut nach sah diese Regelung vor, dass die Franchisenehmer den Erhalt aller im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf gewährten Vorteile beanspruchen können, d. h. sowohl Rabatte als auch sonstige Vergünstigungen wie Werbekostenzuschüsse353 – allerdings unter dem Vorbehalt der Zulassung der Weitergabe durch den Lieferanten.354 Die Vereinbarung einer Pflicht zur Zustimmung begegnete nach Auffassung des BGH keinen durchgreifenden AGB-rechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot, das inhaltliche Klarheit und Bestimmtheit verlangt, liege deshalb nicht vor, weil die Rechte der Beteiligten sowie Zweck und Inhalt der Beschränkung deutlich zum Ausdruck kämen.355 Auch eine unangemessene Benachteiligung der Franchisenehmer sei nicht ersichtlich, weil nach Auffassung des Gerichts nicht ein bestehendes Recht beschnitten, sondern ein neues in diesem eingeschränkten Umfang gewährt werde, könne eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild nicht vorliegen.356 Auch wenn in der Sixt-Entscheidung die Zustimmung in concreto nicht erteilt worden war, so sah die Klausel doch ihrem klaren Wortlaut nach – durch Geltung der von Sixt mit den Lieferanten ausgehandelten Konditionen – eine Vorteilsweitergabe vor. Anderes galt für eine Bestimmung im Franchisevertrag des Autovermieters Hertz, die lautete:

352

BGH NJW 1999, 2671, 2671. Werbekostenzuschüsse: vom Hersteller an den Abnehmer geleistete Zuschüsse für Bewerbung seiner Waren, Metzlaff, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 8 Rn. 171, Fn. 188. 354 BGH NJW 1999, 2671, 2675. 355 BGH NJW 1999, 2671, 2676. 356 BGH NJW 1999, 2671, 2676. 353

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Hertz ist verpflichtet, „falls durchführbar, den Lizenznehmer zu unterstützen bei der Erarbeitung von Verfahrensweisen hinsichtlich des Erwerbs von Material und Ausrüstung, die im Kraftfahrzeugvermietgeschäft benötigt werden”.357

Anders als noch das Berufungsgericht verneinte der BGH unter Hinweis auf den klaren Wortlaut die Weiterleitung von Einkaufsvorteilen als Bestandteil der hier angesprochenen Unterstützung: Die Formulierung „bei der Erarbeitung von Verfahrensweisen zu unterstützen“ sei nicht geeignet, einen Leistungsanspruch auf Vorteilsweitergabe zu begründen.358 In der Apollo-Entscheidung aus dem Jahre 2003 hingegen bejahte das Gericht den Anspruch auf Auszahlung von Einkaufsvorteilen auf der Basis einer Klausel im Franchisevertrag, die dies zwar nicht – wie im Falle von Sixt ausdrücklich vorsah –, es aber auch nicht – wie bei Hertz – offenkundig ausschloss. Es handelte sich um eine recht allgemein gehaltene Formulierung, die gerade deshalb – denn damit spielt das Geschäftsmodell des Franchising eine Rolle – im vorliegenden Zusammenhang von Interesse ist. Der Franchisevertrag sah nämlich vor: „6.3 Apollo betreut den Partner hinsichtlich der Geschäftsentwicklung und des systemgerechten Betriebsablaufs und gibt Vorteile, Ideen und Verbesserungen zur Erreichung optimaler Geschäftserfolge an den Partner weiter.“359

Das Apollo-Franchisesystem war derart ausgestaltet, dass die Franchisenehmer die Vertragswaren im eigenen Namen bei vom Franchisegeber bezeichneten Lieferanten erwarben. Apollo selbst, das auch mit eigenen Betrieben im Markt war, hatte zuvor mit dem Lieferanten eine Rahmenvereinbarung geschlossen. Diese sah vor, dass die Eigenbetriebe Rabatte von bis zu 52 % des Listenpreises erhalten, die Franchisebetriebe hingegen lediglich bis zu 38 %, in Abhängigkeit von ihrer Abnahmemenge. Die Differenz ließ sich Apollo als sog. Kick-Back vom Lieferanten überweisen, wovon die Franchisenehmer keine Kenntnis hatten.360 Nach Ansicht des BGH stand den Franchisenehmern aber aus 6.3 des Vertrages ein Anspruch auf Weitergabe der Einkaufsvorteile in voller Höhe zu. Die hier genannten Vorteile seien gerade auch Rabatte beim Einkauf der Systemwaren, die nur bei „Zugehörigkeit zu einem nachfragestarken Franchisesystem“ realisierbar seien und den entscheidenden Vorteil im Wettbewerb mit anderen Anbietern bedeuten könnten.361 Soweit bei der Auslegung Zweifel verblieben, bspw. bei Heranziehung der Systematik des Franchisevertrages, so gingen diese zulasten des Verwenders, vgl. heute § 305c Abs. 2 BGB.362

357 358 359 360 361 362

BGH NJW-RR 2006, 776, 776. BGH NJW-RR 2006, 776, 777. BGH NJW-RR 2003, 1635, 1636. Zum Sachverhalt vgl. BGH NJW-RR 2003, 1635, 1636. BGH NJW-RR 2003, 1635, 1637. BGH NJW-RR 2003, 1635, 1637.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Es ist im Interesse von Franchisegebern Einkaufsvorteile in größtmöglichem Ausmaß für sich zu vereinnahmen. Soweit entsprechende Franchiseverträge am Markt durchsetzbar sind, ist davon auszugehen, dass sie – in Reaktion auf die deutsche Rechtsprechung – keine unklaren Regelungen in Bezug auf Vorteilsweiterleitungspflichten enthalten. Die Frage lautet dann: Ist eine Weitergabe systembedingter Vorteile auch ohne die entsprechende Vereinbarung geschuldet? b) Anspruch auf Herausgabe gemäß §§ 675 Abs. 1, 667 BGB Nach § 667 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Diese für den unentgeltlichen Auftrag geltende Regelung ist gem. § 675 Abs. 1 BGB auch auf eine entgeltliche Geschäftsbesorgung anwendbar. Voraussetzung ist daher, dass das Aushandeln der Rabatte mit den Lieferanten als Geschäftsbesorgung des Franchisegebers für seine Systempartner zu qualifizieren ist. Die ständige Rechtsprechung versteht hierunter „jede selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“.363 Letztgenanntes Tatbestandsmerkmal liegt vor, wenn die Tätigkeit sich auf solche Geschäfte bezieht, „für die an sich der Geschäftsherr selbst in Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen zu sorgen hat, die ihm aber der Geschäftsbesorger abnimmt“.364 aa) Anspruch bei Bezugsbindung an den Franchisegeber Dass der Franchisegeber bei seinen Vertragsverhandlungen mit Lieferanten fremdnützig handelt, wird sowohl in der Rechtsprechung365 als auch in der Literatur366 in der Konstellation, in der kein Kaufvertrag zwischen den Franchisenehmern und dem Lieferanten abgeschlossen wird, klar abgelehnt: Erwerbe der Franchisegeber die Systemwaren vom Lieferanten, um sie dann selbst an die Franchisenehmer zu verkaufen, so handele er bei Abschluss des ersten Kaufvertrages ausschließlich im eigenen Interesse als Weiterverkäufer. bb) Anspruch bei Bezugsbindung an bestimmte Lieferanten Uneinheitlich wird hingegen die Frage, ob eine Geschäftsbesorgung vorliegt für die Konstellation beantwortet, in der der Systemkopf mit dem Lieferanten einen Rahmenvertrag aushandelt – der Einkaufsvorteile vorsieht – und die Franchisenehmer dann selbst mit den Lieferanten entsprechende Kaufverträge schließen. 363

St. Rspr., bspw. BGHZ 45, 223, 228 f.; BGH NJW-RR 2004, 989. Sprau, in: Palandt, § 675, Rn. 4. 365 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13. 12. 2006, Az. VI-U (Kart) 37/05, Rn. 29; Parallelverfahren OLG Düsseldorf, Urt. v. 13. 12. 2006, Az. VI-U (Kart) 36/05, U Kart 36/05, Rn. 22. 366 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 64. 364

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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Enthalten Franchiseverträge zwar nicht – wie bei Apollo – eine Konkretisierung im Hinblick auf (auch finanzielle) Vorteile, so existiert aber doch in jedem Fall eine allgemein gehaltene Förderungspflicht für den Franchisegeber. Diese ist vorgehend als typusprägende Hauptpflicht des Franchisevertrages mit dienstrechtlicher Natur qualifiziert worden.367 Die Möglichkeit, dass der Franchisegeber innerhalb dieses Rahmens als Geschäftsbesorger tätig wird, lehnt Martinek generell ab. Er geht davon aus, dass der Franchisegeber bei den Tätigkeiten im Rahmen der Betriebsförderungspflicht, wie Beratung, Betreuung und Know-How-Vermittlung, in wirtschaftlicher Unabhängigkeit und ohne den Weisungen seiner Systempartner unterworfen zu sein lediglich i. S. v. § 611 BGB handelt.368 Ein Handeln im fremden Interesse liege schon deshalb nicht vor, weil – insofern erfolgt ein Verweis auf die Rechtsprechung – „ein Geschäftsbesorger ,bereits bestehende Obliegenheiten des Geschäftsherrn wahrzunehmen haben‘ muss“.369 Der Systemkopf leiste „seine Dienste sozusagen nicht für, sondern an den Franchisenehmer“.370 In der sonstigen Literatur371 wird hingegen ganz überwiegend eine Geschäftsbesorgung im Rahmen der Förderungspflicht und damit ein Anspruch aus §§ 675, 667 BGB bejaht, wenn der Franchisegeber Rabatte für die Einkäufe seiner Systempartner aushandelt. Giesler zufolge entspreche die Annahme einer Geschäftsbesorgung „dem anerkannten, modernen Verständnis eines Franchisesystems als einem Netzwerk von arbeitsteilig zusammenarbeitenden Unternehmen, bei dem die Systemzentrale Aufgaben übernimmt, die allen Beteiligten zugute kommen (z. B. Werbung, […], Verhandlung mit Systemlieferanten, Erzielung von Preisvorteilen, […].“372

Es handele sich – da der Warenbezug Aufgabe der Franchisenehmer sei und Vorteile daher auf deren Leistung beruhten – um ein für den Franchisegeber fremdes Geschäft, dessen Übernahme dieser durch die Franchisegebühr vergütet bekomme.373 Auch das Schutzbedürfnis des Franchisenehmers, dem die Erschließung anderer Bezugsquellen verwehrt sei, spreche für die Herausgabe der Einkaufsvorteile. Darauf weist auch Böhner hin, der meint: „Die Nachteile, die sich aus der Sicht der Franchisenehmer durch den Verlust ihrer unternehmerischen Freiheit ergeben, nämlich ihre Lieferanten selbst auszuwählen, verlangen nach einem Ausgleich durch die Vorteile, die sich aus der Bündelung des Einkaufsvolumens aller Franchisenehmer ergeben.“374 367

s. o. B. II. 4. c) dd). Martinek, Franchising, 1987, 266. 369 Martinek, Franchising, 1987, 266 – BGHZ 45, 223, 229. 370 Martinek, Franchising, 1987, 266. 371 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 64; Böhner, KritV 2006, 227; Böhner, NJW 1998, 109, 111; Giesler, ZIP 2004, 744; Flohr, DStR 2001, 710, 713. 372 Giesler, ZIP 2004, 744, 745. 373 Giesler, ZIP 2004, 744, 745 f. 374 Böhner, KritV 2006, 227, 231. 368

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Auch deshalb, weil der Franchisegeber weder die Last trage, ein eigenes Bestellund Lagersystem aufzubauen noch das Risiko der Absetzbarkeit und der Insolvenz von Bestellern übernehme, sollten Vorteile aus dem Warenbezug allein den Franchisenehmern zugute kommen.375 Martineks Ablehnung einer Geschäftsbesorgung sei lediglich für das Verhältnis zwischen Netzwerkbeteiligten richtig, nicht aber für die Einordnung der Tätigkeit des Franchisegebers im Außenverhältnis zu den Lieferanten.376 Bei der Beschaffung der Systemwaren, für die der Franchisegeber zur Unterstützung die Rahmenverhandlungen übernehme, handele es sich um eine Obliegenheit der Franchisenehmer, die bereits mit Aufnhame der konkreten gewerblichen Tätigkeit entstehe und nicht erst durch den Abschluss des Franchisevertrages.377 Canaris verweist insoweit noch darauf, dass es sich um ein aus dem Kommissionsrecht „seit langem sattsam bekanntes Problem“378 handele – der dortige Herausgabeanspruch gem. § 384 Abs. 2 2. HS 2. Alt. HGB, der aufgrund des fremdnützigen Charakters der Kommission streng zu handhaben sei, umfasse alle mit der Tätigkeit des Kommissionärs verbundenen Vorteile, so auch Preisnachlässe379. Die Rechtsprechung zur Frage, ob ein Anspruch des Franchisenehmers auf Herausgabe der Einkaufsvorteile aus Geschäftsbesorgungsrecht besteht, ist uneinheitlich. Der BGH selbst hat darüber noch nicht entschieden. Im Sixt-Urteil 1999, in dem er über einen Anspruch aus der oben zitierten Vertragsklausel zu entscheiden hatte und in keine Prüfung von §§ 675, 667 BGB eintrat, heißt es: „Eine rechtliche Verpflichtung des Franchisegebers, seinen Vertragspartnern alle Vorteile aus dem Bezug bei von ihm erschlossenen Einkaufsquellen zu überlassen, kennt die Rechtsordnung nicht.“380

Auch in der Apollo-Entscheidung war, da der Anspruch aus dem Franchisevertrag selbst hergeleitet wurde, eine Prüfung anderer Anspruchsgrundlagen nicht erforderlich und es erfolgte auch keine Aussage hierzu. Im Hertz-Urteil von 2006 wurde §§ 675, 667 BGB zwar angeprüft, aber deshalb abgelehnt, weil nicht der Franchisegeber, sondern eine dritte Person die Rabatte ausgehandelt hatte.381 Von den unteren Gerichten hat sich jedenfalls das LG Dortmund klar zum Bestehen eines Herausgabeanspruchs bekannt, indem es formulierte:

375

Böhner, KritV 2006, 227, 235. Böhner, NJW 1998, 109, 111. 377 Böhner, NJW 1998, 109, 111. 378 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 64. 379 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 30 Rn. 31. 380 BGH NJW 1999, 2671, 2675; hierzu meint Canaris, dass „.ein Anspruch aus § 667 zu Unrecht nicht einmal erwogen“ wurde, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 64, Fn. 116. 381 BGH NJW-RR 2006, 776, 778. 376

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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„Das Franchise Vertragsverhältnis der Parteien begründet für die Beklagte neben anderen Pflichten auch die Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung u. a. und gerade bei der Aushandlung und Vereinbarung von Einkaufskonditionen.“382

Das OLG Koblenz hingegen war – den gleichen Apollo-Franchisevertrag wie das LG Dortmund beurteilend – der Auffassung, dass eine Geschäftsbesorgung nur dann vorliegen könne, wenn die Pflicht zum Aushandeln des Rahmenvertrags, inklusive der Rabatte im Franchisevertrag ausdrücklich vereinbart sei.383 Sie sei weder „systemimmanent“, etwa weil Unternehmer gerade wegen günstiger Einkaufskonditionen dem Netzwerk beiträten, noch sei sie aus der Tatsache der Verhandlungen selbst abzuleiten, weil der Systemkopf ein starkes eigenes Interesse an Rabatten habe.384 Gegen die Annahme einer Beauftragung spreche auch die zentrale Steuerung der Verhandlungen durch den Franchisegeber ohne Weisungserteilung durch die Franchisenehmer.385 cc) Ausschluss des Anspruchs möglich? Soweit ein Anspruch des Franchisenehmers auf Herausgabe der Einkaufsvorteile aus §§ 675, 667 BGB bejaht wird, stellt sich die Frage, ob ein solcher durch vertragliche Abrede abbedungen werden kann.386 Bei Franchiseverträgen handelt es sich in aller Regel um vorformulierte Vertragsbedingungen, die vom Systemkopf für eine Vielzahl von Verträgen verwendet und dem Franchisenehmer bei Vertragsabschluss einseitig gestellt werden, vgl. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, der auch auf Verträge zwischen Unternehmern Anwendung findet, vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB, sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung ist nach dem Regelbeispiel des Abs. 2 Nr. 1 dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der 382 LG Dortmund, Urt. v. 13. 7. 2000, Az. 13 O 1/00 (Kart.), S. 11. Auch hier klagte ein Apollo-Franchisenehmer, das Gericht prüfte allerdings zuerst den Anspruch aus §§ 675, 667 BGB: „Ob die sich aus dem Gesetz ergebende Herausgabepflicht des § 667 BGB auch aus den vertraglichen Regelungen ergibt, kann dahinstehen. Ziffer 6.3 des Vertrages spricht trotz des allgemein gehaltenen Wortlauts für eine solche vertragliche Verpflichtung. Zumindest ist aber davon auszugehen, dass eine sich aus dem Gesetz ergebende Verpflichtung nicht durch vertragliche Regelung abbedungen wurde.“, S. 12. 383 OLG Koblenz, Urt. v. 13. 6. 2002, Az. U 449/01 (Kart.), S. 9. 384 OLG Koblenz, Urt. v. 13. 6. 2002, Az. U 449/01 (Kart.), S. 9. 385 OLG Koblenz, Urt. v. 13. 6. 2002, Az. U 449/01 (Kart.), S. 9. 386 Denkbar ist auch, soweit einerseits ein Anspruch aus §§ 675, 667 BGB verneint wird, andererseits der Franchisevertrag keine Aussage zur Weiterleitung von Vorteilen enthält, diese dennoch geschuldet ist, weil ohne eine Weiterleitungsklausel das vertragliche Gesamtgefüge gegen des Leitbild des Vertragstypus verstoßen würde. Dies ist freilich eine hohe Hürde. Verneint von Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 748 m. w. N.; bejaht von Böhner, KritV 2006, 242 f.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Vorgabe, dass das dispositive Gesetzesrecht Leitbildfunktion entfaltet, gilt auch für atypische Verträge, für die gerade keine eigene gesetzliche Regelung existiert.387 Zu diesem Zweck wird zunächst durch typologische Einordnung der maßgebliche Vertragstypus bestimmt und sodann geprüft, ob Besonderheiten des speziellen Vertrages die Leitbildfunktion nicht doch ausschließen.388 Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist es demnach, dass das Führen von Rabattverhandlungen durch den Franchisegeber als Geschäftsbesorgung für die Franchisenehmer im Rahmen der dienstvertraglichen Förderungspflicht qualifiziert wird. Es stellt sich dann die Frage, ob die Herausgabepflicht des § 667 BGB einen wesentlichen Grundgedanken des Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsrechts darstellt, was dann der Fall ist, wenn die Regelung einen entscheidenden Beitrag für den Gerechtigkeitsausgleich zwischen den Parteien leistet.389 Die abschließende Wertung wird durch Prüfung der (Un) Vereinbarkeit der Abweichung mit dem Leitbild der gesetzlichen Vorgabe vorgenommen und beinhaltet eine Abwägung der jeweiligen Parteiinteressen.390 An dieser Stelle wird deutlich, dass bei gemischttypischen, komplexen Verträgen der Blick auf das gesamte vertragliche Regelwerk und eine über das Geschäftsbesorgungsrecht hinausgehende Entwicklung eines Leitbildes erforderlich ist. Genau dies sieht das Regelbeispiel in Nr. 2 vor, nach dem eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen ist, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Durch die – jedenfalls zusätzliche – Heranziehung von Nr. 2 wird ein Leitbild „unmittelbar und unvoreingenommen“ aus der besonderen Erscheinung heraus entwickelt und dadurch verhindert, dass ein der „inneren Vertragslogik“ nicht genau entsprechendes Gerechtigkeitsmodell angewandt wird.391 Das nach Nr. 2 maßgebliche Leitbild ist der vertraglichen Ordnung selbst zu entnehmen – allerdings nicht der des einzelnen Vertrages, sondern des Vertragstyps, so wie er sich im Verkehr durchgesetzt hat.392 Der Begriff der Natur des Vertrages nimmt dabei Bezug „auf ein Austausch- und Gerechtigkeitsmodell, das die Parteien mit ihren konkreten Vereinbarungen zwar berufen haben, aber nicht beherrschen“.393 Herangezogen werden können dabei Vorstellungen aus der Rechtsprechung, soweit sie existieren und sich bereits verfestigt haben.394 Daneben ist auch die übliche 387 388

sing. 389 390 391 392 393 394

Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 246. Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 246; BGHZ 81, 298, 302 f. zum FinanzierungsleaCoester, in: Staudinger, § 307, Rn. 247. Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 253. Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 265. Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 268 f. Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 268. Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 270.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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Klauselpraxis jedenfalls ein Gesichtspunkt, der Aufschluss über die Erwartungen der Beteiligten geben kann; sie sollte jedoch nicht zum Maßstab der Kontrolle erhoben werden.395 Neben den tatsächlichen Erwartungen sollen auch die berechtigten Erwartungen, die der Vertragspartner des Verwenders nach Treu und Glauben haben darf, einbezogen werden und es soll auch auch darauf abzustellen sein, wie eine hypothetische gesetzliche Regelung ausgestaltet sein könnte.396 Ein solchermaßen aus dem Leitbild abgeleitetes Recht ist dann wesentlich, wenn es „zentrale Leistungs- und Schutzerwartungen“ des Vertragspartners betrifft, worunter neben der grundsätzlichen Risikoverteilung auch die Erreichung des unmittelbaren Vertragszwecks zählt, ein Ziel, das nach dem Wortlaut von Nr. 2 durch die Einschränkung gefährdet sein muss.397 Im Rahmen des Merkmals der „Vertragszweckgefährdung“ ist daneben eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, die alle tatsächlichen Umstände und die Wirkungen der fraglichen Klausel im Kontext des Gesamtgefüges einbezieht.398 Neben dieser Funktion von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB auch für Innominatverträge die Herausarbeitung eines Leitbildes erforderlich zu machen, knüpft die Norm an diejenige Rechtsprechung an, nach der durch Allgemeine Geschäftsbedingungen keine Aushöhlung von Kardinalpflichten, also dem Verwender nach dem Vertragstyp obliegenden Hauptpflichten, erfolgen darf.399 Canaris geht davon aus, dass eine Abbedingung des Anspruchs auf Herausgabe von Einkaufsvorteilen an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB scheitert, da § 667 BGB hier Leitbildfunktion entfalte.400 Eine Geschäftsbesorgung könnte zunächst angenommen werden, denn der Einkauf von Waren ist ein Geschäft der Franchisenehmer, das ihnen durch die Bezugspflicht und die Rabattverhandlungen vom Franchisegeber abgenommen wird, wofür dieser mit der Franchisegebühr entlohnt wird. Der Herausgabeanspruch ist im Geschäftsbesorgungsrecht erforderlich, um einen gerechten Ausgleich zwischen den Parteien zu ermöglichen. Dies ist jedenfalls dann im Rahmen der Interessenabwägung anzunehmen, wenn sowohl die Franchisegebühr als auch die Warenpreise hoch sind, denn ansonsten würde sich der Franchisegeber auf Kosten der Franchisenehmer bereichern und ein überwiegendes Interesse an der Einbehaltung der Rabatte wäre nicht ersichtlich. An dieser Stelle zeigt sich, dass das Bild exakter gerät, wenn nicht nur die geschäftsbesorgungsspezifischen Tatbestandsmerkmale in den Blick genommen werden, sondern i. S. v. Nr. 2 das gesamte vertragliche Arrangement zwischen den Parteien wie es der verkehrsübliche Vertragstypus hergibt. 395

Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 270. Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 270 f. 397 Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 272. 398 Coester, in: Staudinger, § 307, Rn. 278. 399 Grüneberg, in: Palandt, § 307, Rn. 33. 400 Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 64; Wurmnest, in: MünchKomm-BGB (6. Aufl.), § 307, Rn. 70. 396

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Denn die etwaige Geschäftsbesorgung durch Rabattverhandlungen ist nur ein Teil des ganzen Gefüges, das Franchising ausmacht: Zum einen steht sie nicht isoliert, sondern ist konkrete Ausgestaltung der vom Franchisenehmer übernommenen Betriebsförderungspflicht. Zum anderen wird die Frage deshalb besonders virulent, weil die Vertragsgestaltung typischerweise eine Warenbezugsbindung vorsieht und weil ein ganzes Netzwerk von Franchiseverträgen besteht – denn erst hierdurch ergibt sich das Potential, Rabatte in großem Umfang auszuhandeln. Nur vor dem Hintergrund des Gesamtbildes ist das Leitbild zu bestimmen und nur unter Berücksichtigung der typischen wirtschaftlichen Zusammenhänge und des gesamtes Vertragsgefüges im konkreten Fall kann die Frage der Unwirksamkeit des Ausschlusses der Vorteilsweiterleitung beantwortet werden. Zunächst ist davon auszugehen, dass eine Klausel, wonach Vorteile nicht weitergeleitet werden, nicht deshalb unwirksam ist, weil hierdurch eine Kardinalpflicht des Franchisegebers ausgehöhlt würde. Zwar ist die Betriebseingliederungs- und Betriebsförderungspflicht vorgehend durchaus als Hauptpflicht eingeordnet worden; allerdings stellt die Vorteilsweiterleitung lediglich eine Form der Unterstützung dar und ein Ausschluss, der andere Tätigkeiten wie Beratung und Weiterbildung nicht betrifft, ist nicht geeignet eine Entleerung dieser Verpflichtung herbeizuführen. Die Frage, ob ein „Modellfranchisevertrag“ eine Weiterleitungspflicht vorsieht, ist nicht einfach zu beantworten. Ein aus der Rechtsprechung zu entnehmendes, gefestigtes Bild besteht insoweit nicht; in der Sixt-Entscheidung prüft der BGH zwar § 307 BGB, geht aber vor dem Hintergrund der Annahme, dass eine Pflicht zur Weiterleitung nirgends im Gesetz ableitbar ist, davon aus, dass ein entsprechendes Leitbild auch nicht existieren kann.401 Die Kautelarpraxis – die zumindest als Anhaltspunkt herangezogen werden darf – wird, in Folge der Apollo-Rechtsprechung und soweit entsprechende Verträge auch am Markt durchsetzbar sind, Klauseln, die i. S. e. Vorteilsweiterleitung auszulegen sind, nicht mehr nutzen.402 Der Aufbau eines Netzwerkes legt gerade die Verwendung von gleichförmigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nahe und wird es dem Franchisenehmer in der Regel unmöglich machen, sich die Vorteilsweiterleitung auszubedingen. Dennoch ist davon auszugehen, dass der Beitritt zum Netzwerk typischerweise in der Erwartung günstiger Einkaufskonditionen erfolgt. Das Recht auf Teilhabe an Vorteilen ist nicht „wesentlich“ in dem Sinne, dass es eine Hauptpflicht darstellt; es stellt lediglich einen Teil der als Hauptpflicht charakterisierten Förderungspflicht dar. Andererseits ist es denkbar, dass die Wesentlichkeit sich aus einer entsprechenden zentralen Leistungserwartung des Franchisenehmers ergibt. Dies verdeutlicht, dass die Frage der Unwirksamkeit nur im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung vorgenommen werden kann, die den konkreten 401

BGH NJW 1999, 2671, 2675 f. Liesegang, Der Franchise-Vertrag, 7. Aufl. 2011 empfliehlt in seinem Muster-Franchisevertrag nunmehr den Ausschluss der Weiterleitung, unter Negierung des Ursprungs als durch Nachfragemacht generierter Vorteile, explizit zu vereinbaren, s. u. E., Fn. 2. 402

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Franchisevertrag in seiner Gesamtheit und das Netzwerk einbezieht. Kriterium ist zunächst einmal die Höhe der Franchisegebühr: Ist sie gering, wird einerseits das Geschäftsmodell des Franchisegebers auf Rückvergütungen basieren, andererseits den Franchisenehmern genügend Spielraum für wirtschaftlichen Erfolg belassen. Die Gebühr kann wiederum nur im Zusammenspiel mit der Höhe der Einkaufspreise gesehen werden. Der Ausschluss der Weitergabe von Einkaufsvorteilen, gekoppelt mit hohen Gebühren und Einkaufspreisen ist sicherlich geeingnet, den Vertragszweck zu gefährden. Insofern ist die Unwirksamkeit einer entsprechenden Klausel denkbar, wird aber, da einerseits der Franchisegeber ein Interesse am Erfolg seiner Franchisenehmer hat und andererseits entsprechende Systeme am Markt nicht dauerhaft durchsetzbar sein werden, selten einmal der Fall sein. c) Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 33 Abs. 3 Satz 1, 20 Abs. 1 Satz 1 GWB Neben dem vertraglichen Anspruch aus Geschäftsbesorgungsrecht ist ein kartellrechtlicher Anspruch des Franchisenehmers auf Ersatz des durch die Nichtherausgabe der Einkaufsvorteile entstandenen Schadens wegen eines schuldhaften Verstoßes gegen Vorschriften des Kartellgesetzes denkbar, § 33 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 GWB denkbar. In Betracht kommt eine unbillige Behinderung gem. §§ 20 Abs. 1 i.V.m. 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 Alt. 1 GWB, welche oben bereits für die Bezugsbindung separat geprüft wurde und sich hier aus der unterlassenen Weitergabe von Rabatten bzw. aus einer Kombination hiervon mit der Bezugspflicht ergeben könnte. Das Bundeskartellamt hat in einem die Baumarktkette Praktiker betreffenden Beschluss aus dem Jahre 2006 eben jenes Verhalten für unzulässig erklärt – die Entscheidung ist aber vom OLG Düsseldorf aufgehoben und dieses vom Bundesgerichtshof bestätigt worden. Der Sachverhalt zeichnete sich durch die Besonderheit aus, dass der Franchisegeber Praktiker neben 20 Franchisebetrieben, die unter dem Namen „extra Bau & Hobby Markt“ firmierten, 275 Märkte als Eigenbetriebe führte, welchen die Einkaufsvorteile in voller Höhe zugute kamen. Zudem hatten die Franchisenehmer die Systemwaren beim Franchisegeber direkt zu beziehen, Kaufverträge mit Lieferanten bestanden daher nicht. Das BKartA erblickte in der Kopplung von Bezugsbindung und Einbehalt der Einkaufsvorteile eine unbillige Behinderung im Sinne der kartellrechtlichen Vorschriften. Sie bestehe im vertikalen Verhältnis, da durch die Pflicht zum Bezug bei bestimmten Lieferanten unter gleichzeitiger Vorenthaltung von Rabatten den Franchisenehmern der Zugang zu günstigen Einkaufsbedingungen im Grunde versperrt sei.403 Der Einbehalt der Vorteile habe auch im horizontalen Verhältnis zu Wettbewerbern Beschränkungen zur Folge, da die Franchisenehmer nicht konkurrenzfähige Preise anbieten müssten.404 Diese Behinderungen seien auch unbillig, 403 404

BKartA, Beschl. v. 8. 5. 2006, B 9-149/04, zitiert nach ZIP 2006, 1788. BKartA, ZIP 2006 1788, 1789.

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denn sie stellten eine einseitige, rechtlich zu missbilligende Interessendurchsetzung dar. Zunächst greife das Argument, mit den Einkaufsvorteilen müsse das Risiko der Insolvenz der Franchisenehmer, das Praktiker trage, aufgefangen werden schon wegen der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts nicht.405 Des Weiteren sei die Großhandelstätigkeit selbst bereits durch die Franchisegebühr abgegolten und zudem übernehme Praktiker weder ein Lagerrisiko, da die Abwicklung im Wege eines Streckengeschäfts erfolge, noch – wegen der Bezugsbindung – ein Absatzrisiko.406 Dass die Nachfragestärke v. a. durch das Einkaufsvolumen der Eigenbetriebe entstehe, sei unerheblich, da es für die unbillige Behinderung auf die Sicht der Franchisenehmer ankomme, die dem System in der Erwartung günstiger Einkaufskonditionen beiträten und denen die wirtschaftliche Grundlage dadurch entzogen werde.407 Das OLG Düsseldorf und der Bundesgerichtshof widersprachen dieser Auffassung – sie bejahten zwar eine Behinderung, diese sei jedoch nicht unbillig. Den Bezugspreis im Einzelhandel als wichtigsten Faktor anerkennend, stellten beide Gerichte im horizontalen Verhältnis zu Eigenbetrieben von Praktiker, die im selben Markt agierten, eine Einschränkung der Absatzmöglichkeiten fest.408 Diese Behinderung durch den Einbehalt der Vorteile sei aber weder isoliert, noch in Kombination mit der Bezugsbindung unbillig. Zum einen gebe es keine Pflicht, den Wettbewerb fremder Unternehmen genauso zu fördern, wie den der eigenen, weshalb es anerkanntermaßen zulässig sei, zum Konzern gehörenden Einheiten günstigere Konditionen anzubieten.409 Maßnahmen der Preisgestaltung seien aufgrund der Bedeutung der Preisbildungsfreiheit nur dann unbillig, wenn sie entweder in Verdrängungsabsicht vorgenommen würden oder einen wirksamen Wettbewerb ernsthaft gefährdeten – wovon im Praktiker-Fall nicht auszugehen sei.410 Zum anderen sei die Einbehaltung eines Teiles der Rabatte sehr wohl als Entgelt der Franchisenehmer für die Einkaufstätigkeit des Systemkopfes zu verstehen, denn dieser erbringe mit der Koordinierung der Einkäufe sowie der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zusätzliche Leistungen.411 Eine 100 %ige Bezugsbindung gekoppelt mit der nicht vollständigen Weiterleitung von Einkaufsvorteilen an Franchisenehmer ist in dieser Konstellation damit kartellrechtlich zulässig; ein Schadensersatzanspruch gerichtet auf die nicht aus405

BKartA, ZIP 2006 1788, 1791. BKartA, ZIP 2006 1788, 1791. 407 BKartA, ZIP 2006 1788, 1792. 408 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 1. 2008, Az. VI-Kart 11/06 (V), Kart 11/06 (V), juris Rn. 23, 27. Bestätigend: BGH NJW 2009, 1753, 1754 – Bau und Hobby. 409 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 1. 2008, Az. VI-Kart 11/06 (V), Kart 11/06 (V), juris Rn. 43. 410 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 1. 2008, Az. VI-Kart 11/06 (V), Kart 11/06 (V), juris Rn. 43. 411 BGH NJW 2009, 1753, 1755 – Bau und Hobby; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 1. 2008, Az. VI-Kart 11/06 (V), Kart 11/06 (V), juris Rn. 47. 406

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gekehrten Vorteile besteht nicht. Für den Fall, der hier bisher zugrunde gelegt wurde, nämlich dass kein Mischsystem besteht, sondern ein Franchisegeber ausschließlich franchisiert – und damit alle Einheiten auf der Vertriebsebene die gleichen Konditionen erhalten – könnte dies erst recht gelten. Die Behinderungswirkung ist schwächer, denn die Unterscheidung zwischen Eigen- und Franchisebetrieben im Hinblick auf Rabatte stellt eine zusätzliche Beschränkung dar, die sich zur vertikalen Behinderung summiert und das Problem verschärft.412 Andererseits könnte die Beurteilung der Unbilligkeit zu einem anderen Ergebnis führen, denn nach dem Sachverhalt in Bau & Hobby ist das Nachfragevolumen überwiegend durch die Eigenbetriebe generiert und sind die Systemwaren beim Franchisegeber selbst gekauft worden. Dadurch stellen sich erstens die Rabatte nicht überwiegend als Leistung der Franchisenehmer dar und ist der Franchisegeber zweitens tatsächlich über bloße Verhandlungen mit Lieferanten hinaus tätig geworden. Es ist daher nicht jenseits des Vorstellbaren, dass in Konstellationen, die sich in diesen Punkten unterscheiden, die vertikale Behinderung durch die Bezugsbindung gepaart mit der Vorenthaltung von Rabatten als unbillig eingeordnet würde. Der kartellrechtliche Diskriminierungstatbestand des §§ 20 Abs. 1 i.V.m. 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 Alt. 2 GWB, nach dem marktstarke Unternehmen andere Unternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund anders behandeln dürfen als gleichartige Unternehmen ist im Falle der Unterscheidung zwischen Eigen- und Franchisebetrieben jedenfalls nicht erfüllt. Insofern ist anerkannt, dass es sich nicht um gleichartige Unternehmen handelt, da die Vergleichsunternehmen mit denjenigen, die unterschiedlich behandelt werden eine unternehmerische Einheit bilden.413 Anderes würde in einem ausschließlich aus franchisierten Betrieben bestehenden Netzwerk gelten, denn hier ergäbe sich aus dieser Norm sehr wohl ein Gleichbehandlungsgebot. d) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken und Langzeitverträgen aa) Netzwerk als Vertragsverbund Teubner, der die Idee von Netzwerken als Vertragsverbünden entwickelt hat, deren konstituierende Merkmale die Wechselbezüglichkeit der einzelnen bilateralen Verträge, der gemeinsame Netzzweck und die enge Kooperation zwischen den Teilnehmern sind, hält eine Berücksichtigung des Netzwerkgedankens bei der Lö412 An dieser Stelle wird das Urteil auch in der Literatur kritisiert: „Mag auch ein Franchisegeber nicht dazu verpflichtet sein, Mengenrabatte vollumfänglich an seine Absatzmittler weiterzugeben, so dürfte die starke Einschränkung der Handlungsfreiheit der Franchisenehmer doch der Möglichkeit der Diskriminierung bei der Weitergabe der Rabatte entgegenstehen.“ Oechsler, LMK 2009, 276152. 413 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13. 12. 2006, VI-U (Kart) 37/05, juris Rn. 42; Parallelverfahren OLG Düsseldorf, Urt. v. 13. 12. 2006, VI-U (Kart) 36/05, U (Kart) 36/05, juris Rn. 24.

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sung der Rabattfälle für erforderlich. Die Betrachtung der isolierten Vertragsbeziehungen zwischen Lieferant – Franchisegeber einerseits und Lieferant – Franchisenehmer andererseits, könne die Problematik nicht hinreichend erfassen, denn dadurch werde die „vertikale Quasi-Integration“ des Franchisenetzes außer Acht gelassen.414 Auch weil davon auszugehen sei, dass entsprechende AGB-Klauseln in Zukunft gestrichen würden, ist es vorzugswürdig, die Frage unter Rückgriff auf die objektiven Strukturen zu beantworten.415 Das Franchisenetzwerk ist Teubner zufolge ein Paradebeispiel für den Vertragsverbund – es ist gleichsam Intermediär zwischen der Gesellschaft, in der sich die Verpflichtung zur Teilung von Gewinnen ganz zwanglos ergibt und dem Vertrag, bei dessen Wahl trotz § 242 BGB eine solche Pflicht nicht begründet wird.416 Ob für die Frage der Weiterleitung von Vorteilen nun die Logik des Vertrages mit den üblichen Treupflichten gilt oder vielmehr diejenige der Gesellschaft mit gesteigerten Treupflichten ist anhand des Netzzweckes zu bestimmen.417 Durch ihn wird der Systemkopf im Verbundbereich verpflichtet, auf die Franchisenehmer Rücksicht zu nehmen und deren Interessen zu verfolgen – damit das Gesamtnetz zu fördern – auch wenn dies unter Zurückstellung des eigenen Einzelinteresses zu erfolgen hat.418 Einkaufsvorteile jeglicher Art, die der Franchisegeber sich in Vertragsverhandlungen mit Lieferanten ausbedingen kann, berühren Teubner zufolge eindeutig den Verbundbereich des Netzwerkes. Dies sei zunächst deshalb der Fall, weil der dies vorsehende Rahmenvertrag vor dem Hintergrund des späteren Abrufs durch die Franchisenehmer geschlossen werde und damit den Gesamtbedarf des Netzwerkes betreffe.419 Der Franchisegeber handele hierbei treuhänderisch in mittelbarer Stellvertretung – zwar im eigenen Namen, jedoch im Interesse und auf Rechnung seiner Systempartner.420 Hinzukomme, dass sich der Franchisegeber des „eigentlichen Verbundeffektes, der gebündelten Nachfragemacht, die überhaupt erst durch die Vernetzung der Franchisenehmer mit den Filialen der Zentrale entsteht“, bediene.421 Rechtsfolge des Handelns im Verbundbereich seien nicht nur gesteigerte Informationspflichten, die eine Offenlegung der ausgehandelten Vorteile erforderten, sondern darüber hinaus auch die Aufteilung der Rabatte unter allen Teilnehmern.422 Der Netzzweck verlange, dass, soweit eine Steigerung der Effizienz des Systems möglich sei, diese auch realisiert werde – was bedeute, dass Kostenersparnisse durch 414 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 143. Gleichlautend: Teubner, ZHR 168 (2004), 78. 415 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 144. 416 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 145 f. 417 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 149 f. 418 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 156 ff. 419 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 159. 420 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 159. 421 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 159. 422 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 160.

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Einkaufsvorteile auch zu einem tatsächlich günstigeren Angebot bei den Franchisenehmern führen könnten.423 Es handele sich um die typische Folge im Vertragsverbund, nämlich der Doppelzurechnung im Verbundbereich.424 Der Netzzweck verändere „als regulatives Prinzip der ,Vertragskollision‘“ die Zurechnung, weshalb gelte: „Der Rabatt ist […] nicht automatisch der Zentrale, sondern zunächst als ,Netzvorteil‘ dem Verbund als ganzem zuzurechnen und dann unter den Mitgliedern nach dem Gleichbehandlungsprinzip und zwischen ihnen und der Zentrale nach Fairnessgesichtspunkten zu verteilen.“425

bb) Netzvertrag Franchisenetzwerke stellen nach dem Konzept von Rohe sog. Netzverträge dar: Die Wahl eines einheitlichen Konzeptes für den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen erfolgt im Hinblick auf die möglichst kostengünstige Umsetzung des primären Vertriebsinteresses.426 Der Kostenvorteil gründet sich hierbei auf dem standardisierten Abschluss einer Vielzahl von Franchiseverträgen und deren Durchführung, und ist nur bei koordiniertem Zusammenwirken der Teilnehmer realisierbar.427 Die Steigerung der Effizienz stellt für Rohe gerade den einheitlichen Zweck des Netzwerkes, auch als Netzzweck bezeichnet, dar.428 Von der mit ihr verbundenen Kostensenkung könnten auch die Franchisenehmer aufgrund ihrer rechtlichen Selbständigkeit profitieren.429 Bei dezentralen bzw. hierarchischen Netzen wie dem Franchising generiert der Netzvertrag keine Direktansprüche zwischen den Beteiligten. Wirkung entfaltet er vielmehr bei der Ausgestaltung und Durchführung der einzelnen bilateralen Verträge, indem die Bestimmung des Pflichteninhalts stets vor dem Hintergrund des einheitlichen Zweckes erfolgt.430 Konkret im Hinblick auf die Pflicht zur Systemförderung geht Rohe davon aus, dass diese ein „im einzelnen ausfüllungsbedürftiges Wertungskürzel“ darstellt, bei deren Auslegung der Netzzweck in besonderem Maße zu berücksichtigen ist.431 Von Seiten des Franchisenehmers sei die Systemförderungspflicht, soweit sie Umsatzsteigerungen betrifft lediglich bipolar zu verstehen; der Netzzweck sei allerdings berührt – und damit die Multilateralität angesprochen – soweit es um ihre qualitative, die Güte der Leistungserbringung betreffende Kom423 424 425 426 427 428 429 430 431

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 160. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 161. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 161. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 413. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 413. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 413. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 492. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 492. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 439.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

ponente geht.432 Auch im Hinblick auf die Förderungspflicht des Franchisegebers gegenüber seinen Systempartnern könne der Netzzweck betroffen sein – die Zentrale dürfe beispielsweise bei der Durchführung von Werbung für das Netzwerk keine „systemschädlichen Maßnahmen“ treffen.433 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage – da das Problem keine explizite Erörterung erfährt – ob im Rohe’schen Netzvertrag eine Pflicht zur Weiterleitung von Einkaufsvorteilen denkbar ist. Einerseits passt sie ins Konzept, denn der Netzzweck ist für ihn klar definiert in ausschließlich ökonomischen Kategorien als Steigerung der Effizienz beim Vertrieb. Insofern wird der Netzzweck nur erfüllt, wenn Einkaufsvorteile auch an alle Beteiligten gleichberechtigt weitergegeben werden, so dass die Franchisenehmer durch günstigere Angebote mehr Kunden anziehen und gleichzeitig mehr Gewinn erwirtschaften können. Von der Teilhabe der Franchisenehmer an solchen Kostensenkungen geht Rohe selbstverständlich auch aus, s. o. Zudem versteht er die Systemförderungspflicht des Franchisegebers als weit gefasste Rahmenpflicht, die bei der geforderten Berücksichtigung des Netzzweckes im Falle der Multilateralität eines Problems eine Auskehrung von Einkaufsvorteilen an die Systempartner als nicht fernliegend erscheinen lässt. Andererseits betreffen die von Rohe angesprochenen Fallgestaltungen, in denen der bilaterale Vertrag aufgrund des Netzwerkes zu modifizieren sein soll keine Ansprüche, die bereits primär auf einen Geldbetrag gerichtet sind. Er beschäftigt sich bspw. mit Informationspflichten auf Seiten des Franchisenehmers bei Leistungsstandardunterschreitung bzw. auf Seiten des Franchisegebers bei Änderungen des Franchisekonzeptes, weiterhin mit Koordinationsrechten des Systemkopfes zur Erhaltung der Einheitlichkeit und Lösungsmöglichkeiten des einzelnen Franchisenehmers bei für ihn ungeeigneten Konzeptanpassungen.434 Diese Konstellationen stimmen darin überein, dass es – speziell zugeschnitten auf das Franchisenetzwerk – um die Aufrechterhaltung der Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches System geht, welche die Effizienz in einem eher mittelbaren Sinne betreffen. M. E. ist daher davon auszugehen, dass nach Rohes Konzept des Netzvertrages bei Franchisenetzen eine Vorteilsweitergabepflicht nicht als „Modifikation“ bzw. Konkretisierung der Betriebsförderungspflicht herleitbar ist. Die von ihm aufgestellte Definition des Netzzweckes würde eine solche zwar durchaus umfassen; andererseits verdeutlichen die aufgeführten Fallgruppen, dass es ihm nicht um eine Begründung von Geldansprüchen verbunden mit einer etwaigen Verschiebung des im Franchisevertrag selbst aufgestellten (finanziellen) Gesamtgefüges geht.

432 433 434

Rohe, Netzverträge, 1998, S. 439. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 439. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 438 ff.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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cc) Netzzweck und Schutzpflichten Wellenhofer zufolge ist der Netzzweck im bilateralen Vertrag zu berücksichtigen: „Für die Auslegung des einzelnen Vertrags und seines Pflichtenprogramms ist insoweit beachtlich, dass jeder Vertrag auch den übergeordneten Sinnzusammenhang in sich aufnimmt, der dann einzelfallorientiert aufzudecken und zu bewerten ist.“435

Der Netzzweck soll rechtstechnisch zum einen bei der Auslegung von unbestimmt gefassten Vertragsklauseln einwirken; soweit Pflichten explizit niedergelegt sind, soll er im Rahmen der AGB-Kontrolle berücksichtigt werden; und für den Fall, dass „konkrete Abmachungen [fehlen], fragt sich weiter, welche Rechte und Pflichten sich allgemein aus der Netzeinbindung des einzelnen Vertrags ableiten lassen“.436 Die Erreichung des Netzzweckes – im Falle von Franchisesystemen die erfolgreiche Vermarktung eines Produktes – erfordere, dass die Mitglieder sich abstimmten und miteinander kooperierten.437 Dem entsprechend behandelt Wellenhofer netzspezifische Neben- und Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB – wie Kooperationspflichten, Informations- und Warnpflichten und Geheimhaltungspflichten.438 Für die Ableitung einer Pflicht des Franchisegebers zur Weitergabe von Einkaufsvorteilen sieht sie hingegen keinen Raum: Hierdurch würden die Grenzen ergänzender Vertragsauslegung überschritten; die Rabatte stünden dem Franchisegeber als Begründer des Netzwerks zu, denn „die lose Verbundenheit durch den Netzzweck und der Umstand, dass alle Mitglieder auch ein Stück des Risikos mittragen“, sei nicht geeignet, einen Anspruch auf Teilhabe zu begründen.439 dd) Vertragsnetz Grundmann zufolge ist ein Recht der Vertragsnetze auf der Grundlage des hergebrachten Rechts unter Rückgriff auf anerkannte Rechtsinstitute und die vorhandenen gesetzgeberischen Wertungen zu entwickeln. Danach soll die Tatsache der Vernetzung grundsätzlich nicht zu Direktansprüchen führen, sondern primär im Einzelvertrag unter Heranziehung der Generalklauseln zu berücksichtigen sein. In Betracht kämen hierfür insbesondere § 313 und § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, in deren offenen Tatbestand der Netzzweck einfließen könne.440 Der Netzzweck soll als Geschäftsgrundlage des Franchisevertrages i. S. v. § 313 Abs. 1 BGB zu qualifizieren sein, denn er werde einerseits gerade nicht Vertrags435 436 437 438 439 440

Wellenhofer, KritV 2006, 187, 191. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 191. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 188. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 192 ff. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 198. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 740 ff.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

gegenstand – wie der „gemeinsame Zweck“ bei der Gesellschaft –, andererseits handele es sich aber um eine gemeinsame Vorstellung, auf der der Geschäftswille aufbaue.441 Weitere Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung bei Geschäftsgrundlagenstörung seien eine schwerwiegende Veränderung der Umstände und die Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag, die von der vorgenommenen Risikoverteilung bzw. der Vorhersehbarkeit der entsprechenden Entwicklung abhängig sei.442 Grundmann zufolge könne auf diese Weise der zwischen den Parteien vorhandenen Verbundenheit im angemessenen Maß Rechnung getragen werden, denn die Figur greife – wie dies bei getrennter Risikotragung angebracht sei – nur in krassen Ausnahmefällen.443 Angewendet auf die Frage der Weiterleitung von Einkaufsvorteilen – so gesehen ein Fall der unerwarteten Produktivität des Netzes – sei in der Regel davon auszugehen, dass ein Franchisevertrag, der die Teilung nicht von vornherein vorsehe, nicht nach § 313 Abs. 1 BGB in diese Richtung angepasst werden könne.444 Sie käme nur bei einer vollkommen unvorhersehbaren Geschäftsentwicklung in Betracht oder „wenn jedenfalls die konkrete Partei sie (auf Grund ihrer Unerfahrenheit) nicht vorhersehen konnte“.445 Jedenfalls dürfe eine Pflicht zur Weitergabe von Vorteilen als eine die Hauptleistung gleichartig ergänzende pekuniäre Verpflichtung nicht durch den Rekurs auf die allgemeine Treupflicht des § 242 BGB begründet werden.446 Die Begründung „ergänzender“ Nebenpflichten könne jedoch durchaus auf diese Generalklausel gestützt werden.447 Als weitere Generalklausel, über die der Netzzweck im Einzelvertrag berücksichtigt werden kann, führt Grundmann § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB an, wonach eine Allgemeine Geschäftsbedingung dann unwirksam ist, wenn durch sie wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben über die Grenze der Vertragszweckgefährdung hinaus eingeschränkt werden. Dass es in diesem Fall nicht um die Unwirksamkeit einer Klausel, sondern das Unterlassen der Aufnahme einer bestimmten Klausel in den Vertrag geht, sei unschädlich, da auch das Gesamtgefüge wegen Verstoßes gegen das Leitbild des Vertragstypus unwirksam sein könne.448 Folge hiervon wäre die Nichtigkeit des gesamten Franchisevertrages. 441

742 f. 442

Grundmann, in: FS Westermann, 2008, 227, 235; Grundmann, AcP 207 (2007), 718,

Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 744 ff. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 742. 444 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 745 f. 445 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 745. 446 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 762 f. 447 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 763. 448 Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 749 verweist auf BGH NJW 1983, 816, 818 und Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen „Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird […] unter Berücksichtigung […] aller anderen Klauseln desselben Vertrages […] beurteilt“. Hierzu auch Böhner, KritV 2006, 227, 242 f. 443

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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Allerdings entspreche es nicht dem vertraglichen Leitbild, dass alle Gewinne, die im kooperativen Zusammenwirken generiert würden, aufgeteilt werden; es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass die im Vertrag explizit verabredete Vergütungsstruktur genügend Anreize für die Beteiligten biete.449 Ein hinzukommendes, im Vertrag nicht vorgesehenes Recht auf Teilhabe an Einkaufsvorteilen könne nur durch eine entsprechende Kautelarpraxis oder den Beweis, dass der Franchisenehmer in Bezug auf diese für ihn unvorhersehbare Situation uninformiert gehandelt habe, begründet werden.450 ee) Symbiotischer Vertrag, Statusvertrag und Treupflichtverhältnis Modifikationen des Einzelvertrages werden nicht nur von denjenigen vorgeschlagen, die Netzwerktheorien konzipiert haben, sondern auch von den Autoren, die sich mit dem Langzeitcharakter bilateraler Verträge auseinandersetzen; es ist hier zunächst unerheblich, ob die Anpassung netzzweckbedingt oder aus sonstigen Gründen erfolgt. Der Franchisevertrag als Symbiotischer Vertrag geht nach Auffassung von Schanze insofern über das klassische Dauerschuldverhältnis hinaus, als dass er sich nicht nur durch Dauerhaftigkeit und Komplexität auszeichnet, sondern darüber hinaus durch eine intensive Beziehung der Abhängigkeit geprägt ist, die durch irreversible Investitionen des Franchisenehmers verbunden mit der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf den Systemkopf hervorgerufen werde. In eine ähnliche Richtung zielt auch der Vorschlag von Joerges, wonach der Franchisevertrag ein Statusvertrag sei, bei dem die mit der Bindung an den Systemkopf verbundene teilweise Aufgabe der Unabhängigkeit und das sonstige Umfeld der Beziehung bei der Beurteilung von Konflikten stets mit einzubeziehen sein soll. Fraglich ist, ob nach den Konzepten zum Symbiotischen – und zum Statusvertrag ein Anspruch des Franchisenehmers auf Weiterleitung der Einkaufsvorteile ableitbar ist. Die Abhängigkeit des Franchisenehmers ist aufgrund der Bezugsbindung – hierdurch verliert er die Entscheidungsfreiheit über die Wahl seiner Lieferanten – gegeben. Durch eine Berücksichtigung des Umfeldes des Vertragsverhältnisses könnte zudem die Tatsache einfließen, dass der Vertrag Teil eines Vertragsnetzwerkes ist und der fragliche Betrag ein aufgrund der Größe gewährter Mengenrabatt ist. Auf dieser Grundlage scheint eine Pflicht für den Franchisegeber zur Auskehrung der Vorteile nicht ausgeschlossen; unklar bleibt allerdings, auf welche Weise die Einbeziehung von Asymmetrie und Netzwerk erfolgen soll und mit welchen konkreten Rechtsfolgen. Deutlicher wird an dieser Stelle Wellenhofer, die mit ihrem Konzept zu den Treupflichtverhältnissen – es handelt sich um Dauerschuldverhältnisse mit Rah449 450

Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 748. Grundmann, AcP 207 (2007), 718, 748.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

menvertragscharakter, denen eine gemeinsame Organisationsaufgabe zugrunde liegt und die daher Kooperation erfordern – eine gesteigerte Treupflicht als Ausgleich für die verstärkten Einwirkungsmöglichkeiten annimmt. Sie geht dabei nicht von einseitiger Abhängigkeit aus, sondern – weil die Möglichkeit den anderen durch opportunistisches Verhalten zu schädigen auf beiden Seiten vorhanden ist – von einer gesteigerten Treupflicht sowohl für den Franchisenehmer als auch für den Franchisegeber. Die Möglichkeit zu Machtmissbrauch, die Wellenhofer durch die Treupflicht gerade eindämmen will, ist bei der Frage der Auswahl von Lieferanten, von denen die Franchisenehmer beziehen müssen, für den Franchisegeber klar gegeben. Sie verpflichtet hier jedenfalls dazu, bei der Auswahl objektive Kriterien anzulegen und hinsichtlich der Rückvergütungen Transparenz. Zwar soll die Treupflicht auch beim Fehlen konkreter Regelungen im Einzelfall zu einer Lösung verhelfen, allerdings ist nicht davon auszugehen, dass Wellenhofer eine Pflicht zu Weiterleitung von Einkaufsvorteilen vorsehen wollte. Wie bei ihrem Ansatz zu Netzwerken ist auch hier davon auszugehen, dass aus ihrer Sicht die Generierung eines entsprechenden Anspruchs die Grenzen der (ergänzenden) Vertragsauslegung überschreiten würde. e) Ergebnis, Verallgemeinerung und Stellungnahme aa) Ergebnis nach klassischem Recht und neuen Theorien Nach „klassischem“ Vertragsrecht ist ein Anspruch auf Herausgabe von Einkaufsvorteilen – soweit eine solche nicht im Franchisevertrag selbst vereinbart ist – aus §§ 675, 667 BGB denkbar. Dies gilt allerdings nur für diejenige Konstellation, in der die Franchisenehmer die Systemwaren direkt bei den Lieferanten erwerben, da in diesem Fall die vorangehenden Verhandlungen des Franchisegebers zu einem Rahmenvertrag als Geschäftsbesorgung für seine Systempartner eingeordnet werden könnten. Der Warenbezug – die damit verbundenen Preisverhandlungen eingeschlossen – müsste dann eine Aufgabe der Franchisenehmer sein, die ihnen durch den Systemkopf teilweise abgenommen wird, weshalb den Auftraggebern die entsprechenden Vorteile zugeordnet wären. Die Rechtsprechung zur Qualifizierung der Rabattverhandlungen als Geschäftsbesorgung ist allerdings uneinheitlich; teilweise fordert sie hierfür das Vorliegen einer ausdrücklichen Pflicht zu Vorverhandlungen des Franchisegebers. Soweit ein Anspruch aus §§ 675, 667 BGB für möglich gehalten wird, stellt sich die Frage, ob ein solcher durch Vereinbarung abbedungen werden kann. Es ist davon auszugehen, dass dies nicht an § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB scheitert, da hierdurch in der Regel nicht ein wesentliches, vertragsnatürliches Recht der Franchisenehmer bis zur Vertragszweckgefährdung eingeschränkt wird. Die Frage kann allerdings eindeutig nur im Einzelfall unter Berücksichtigung des Gesamtgefüges beantwortet werden. Neben einem solchen aus Vertragsrecht ist ein kartellrechtlicher Anspruch des Franchisenehmers auf Schadensersatz in Höhe der nicht ausgekehrten Einkaufs-

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vorteile gem. §§ 33 Abs. 3 Satz 1, 20 Abs. 1 Satz 1 GWB denkbar. Ob eine unbillige Behinderung vorliegt, ist auch hier wieder eine Frage des konkreten Falles. Der BGH hat allerdings die Kombination einer Bezugspflicht mit der gleichzeitigen Vorenthaltung von Rabatten in einem Fall nicht als unbillig erachtet, in dem ein Mischsystem zwischen franchisierten und Eigenbetrieben vorlag und die benötigten Produkte beim Franchisegeber direkt zu beziehen waren. Unter Anwendung der neuen Netzwerktheorien besteht ein Anspruch auf Herausgabe von Einkaufsvorteilen eindeutig lediglich nach Teubners Konzept des Vertragsverbundes. Der vom Franchisegeber ausgehandelte Rahmenvertrag mit den Rabattvereinbarungen betrifft den Verbundbereich des Netzwerkes, in welchem der Systemkopf primär den Netzzweck verfolgen muss. Folge hiervon ist, dass der Netzvorteil nicht ihm selbst, sondern zunächst dem Verbund als Ganzem zugeordnet ist und zwischen allen Mitgliedern aufzuteilen ist. Nach dem Rohe’schen Netzvertrag besteht wohl kein Anspruch des Franchisenehmers auf Herausgabe von Einkaufsvorteilen. Zwar setzt er den Netzzweck mit der Steigerung der Effizienz beim Absatz gleich, allerdings diskutiert er ausschließlich nicht geldleistungsbezogene Nebenpflichten, die Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Franchisesystem sind. Wellenhofer und Grundmann halten zwar gleichfalls netzwerkbedingte Modifikationen des Einzelvertrags für möglich und erforderlich, lehnen jedoch eine Anpassung des Franchisevertrags hin zu einer Vorteilsweitergabepflicht ab. bb) Netzwerkbedingte Modifikation bei der Kündigung Es stellt sich die Frage, ob diese für die Weiterleitung von Vorteilen gefundenen Ergebnisse zu netzwerkbedingten Modifikationen des Einzelvertrages verallgemeinerbar sind, was anhand der außerordentlichen Kündigung geprüft wird. Franchiseverträge enthalten häufig Klauseln, die bestimmte Vertragsverletzungen aufzählen, bei deren Vorliegen ein Recht des Franchisegebers zur außerordentlichen Kündigung gegeben sein soll. Daneben ist stets – da es sich bei der Vorschrift um im Kern zwingendes Recht handelt – § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB anwendbar, der auch für Franchiseverträge gilt.451 Nach dieser Norm kann ein Dauerschuldverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein solcher liegt dann vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann, vgl. § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB. 451

Grüneberg, in: Palandt, § 314 Rn. 3, 5; BGH NJW 1999, 1177; Möller, AcP 203 (2003), 319, 339 ff.; a. A.: Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18, Rn. 28: § 89a HGB analog (Handelsvertreter), soweit es um die dienstvertragliche Komponente des Franchising geht, hinsichtlich pachtrechtlicher Komponente, § 543 BGB. In beiden Fällen ist allerdings gleichfalls das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ erforderlich.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Zwei Entscheidungen des BGH verdeutlichen, dass die Rechtsprechung im Rahmen des offenen Tatbestandes bei der außerordentlichen Kündigung gewillt ist, das bestehende Franchisenetzwerk zu berücksichtigen. In der ersten Entscheidung von 1985452 ging es um die Nichteinhaltung von McDonald’s Richtlinien bezüglich der bei Hamburgern einzuhaltenden Grilltemperatur. Nach dem Franchisevertrag war dem Franchisegeber nach Abmahnung die außerordentliche Kündigung im Falle der Verletzung von vorgeschriebenen Grundsätzen und Richtlinien vorbehalten. Im konkreten Fall war das Kündigungsrecht wegen zu langen Zuwartens zwar verwirkt, der BGH erachtete aber die viermalige Unterschreitung der Grilltemperatur durch die beklagte Franchisenehmerin als einen die fristlose Kündigung rechtfertigenden Grund. Dass der vergleichsweise geringfügige Verstoß als ausreichend angesehen wurde, begründete das Gericht v. a. mit Blick auf das Franchisesystem: Die Vertragsverletzung in Form der Nichtbeachtung von Richlinien war geeignet, den „Vertragszweck, d. h. die Verwirklichung des […] unternehmerischen Ziels der Klägerin zu gefährden“, nämlich „Speisen von stets gleichbleibender Qualität in Restaurants eines spezifischen Zuschnitts für den Massenkonsum preisgünstig anzubieten“.453 Dies verlange eine Standardisierung bei der Herstellung der Speisen, die durch entsprechende Richtlinien erreicht werde. Der zweiten Entscheidung des BGH454, in der es um eine fristlose Kündigung seitens eines Franchisenehmers ging, lag ein Franchisenetzwerk zugrunde, in dem die klagende Franchisegeberin ein Transport- und Verteilsystem für Tiefkühlware unterhielt, während der beklagte Franchisenehmer u. a. auch die Kühlfunktion für ein bestimmtes Gebiet mit weiteren Franchisenehmern übernommen hatte. Das Gericht sah einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung der Beklagten auch deshalb als nicht gegeben an, weil „sie in ein bundesweites Absatzsystem einbezogen war, dass als solches nur funktionieren konnte, wenn die Kühltransportleistungen flächendeckend angeboten wurden.455 Im ersten Fall rekurrierte das Gericht auf den Netzzweck – auch wenn es diesen eher einseitig als Interesse des Franchisegebers darstellt, geht es um eine Free-Riding-Konstellation, da die Unterschreitung von Systemstandards im Raum steht. Der Netzzweck modifiziert hier die Anforderungen, die an das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen zu stellen sind – dies im Übrigen auch zum Schutz der übrigen Systembeteiligten. Der zweite Fall ist davon geprägt, dass über den Einzelvertrag hinaus das Netzwerk als reale Struktur berücksichtigt wird, die nur bei Gewährleistung der Kühlung und raschen Verteilung der Tiefkühlware funktionsfähig ist. Das Gericht nutzte daher die Offenheit des Tatbestandes, um das Netzwerk bzw. den Netzzweck zu berücksichtigen. Diese Vorgehensweise entspricht dem Vorschlag von Grundmann, der für die Fruchtbarmachung von Generalklauseln in Bezug auf 452 453 454 455

BGH NJW 1985, 1894. BGH NJW 1985, 1894, 1895. BGH NJW 1999, 1177. BGH NJW 1999, 1177, 1179.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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Vertragsnetze plädiert. Auch bei Teubners Vertragsverbund ist – soweit der multilaterale Aspekt angesprochen ist – eine sich aus der gesteigerten Treupflicht ergebende Modifizierung der Kündigungsgründe vorgesehen. Sie sei zu trennen von der intensivierten Treupflicht, die sich daraus ergebe – bereits insoweit ist das antagonistische Austauschverhältnis überlagert – dass der Franchisevertrag ein Dauerschuldverhältnis darstellt.456 Gleiches gilt für das Konzept von Rohe, der netzbedingte Modifikationen bei der Kündigung danach einordnet, wessen Schutz vor Opportunismus sie dienen.457 Die McDonald’s Entscheidung verdeutliche, dass im Netzwerk auch geringfügige Verstöße eine außerordentliche Kündigung zum Schutz der anderen Beteiligten, einschließlich des Systemkopfes rechtfertigten.458 Wellenhofer greift die BGH-Entscheidung zum Kühlhaus auf und erkennt hier Parallelen zu gesetzlichen Regelungen, die die Kündigung zur Unzeit behandelten, wie bspw. § 627 Abs. 2 BGB; im Netzwerk komme es allerdings auch darauf an, dass durch die Wahl des Zeitpunktes nicht nur die Interessen des Vertragspartners, sondern auch anderer Beteiligter beeinträchtigt würden. Es ist daher festzustellen, dass netzwerkbedingte Modifikationen von Kündigungsgründen und -fristen sowohl von der Rechtsprechung nach dem klassischen Recht im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung bei der außerordentlichen Kündigung vorgenommen werden – auch wenn eine Bezeichnung als solche ausfällt – als auch von all denjenigen, die neue Konzepte zu Netzwerken vorschlagen. cc) Langzeitvertragsbedingte Modifikation bei der Kündigung Die Frage, ob Modifikationen des Franchisevertrages in Betracht kommen, stellt sich nicht nur aufgrund der Einbindung in ein Vertragsnetz, sondern auch beim Blick auf die Besonderheiten des Einzelvertrages, nämlich der Langfristigkeit und spezifischen Beziehung zwischen den Parteien. Inwieweit die vorgestellten Möglichkeiten der Anpassung auch hier gelten, soll anhand eines die ordentliche Kündigung betreffenden Problems beleuchtet werden. Der Franchisenehmer ist bei Aufnahme seiner Tätigkeit häufig zu umfangreichen Investitionen gezwungen, die erforderlich sind, um den Betrieb nach dem Konzept des Franchisegebers zu betreiben und die im Vertrauen auf eine Gewinnchance vorgenommen werden.459 An dieser Stelle ergibt sich ein in der Law & EconomicsLehre als Gegenstück zum Free-Riding460 wahrgenommenes Problem, nämlich 456

Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 150. Rohe, Netzverträge, 1998, S. 444 ff. 458 Rohe, Netzverträge, 1998, S. 444 f. 459 Martinek, Franchising, 1987, 334; Metzlaff, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 8 Rn. 371. Eine Aufstellung von verschiedenen Franchisesystemen und der Höhe des erforderlichen Kapitalbedarfs bei: Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 9335; Frick, Com. J. L. 101 (1996), 81, 92. 460 Klein, Am. Econ. Rev. 70 (1980), 356, 358 f. erachtet Klauseln in Franchiseverträgen, die die jederzeitige Kündbarkeit vorsehen als geeigneten Mechanismus, um Opportunismus 457

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

dasjenige des Opportunismus von Seiten des Franchisegebers: Sieht der Vertrag für eine ordentliche Kündigung keine oder eine vergleichsweise kurze Frist vor, so besteht für den Systemkopf ein gewisser Anreiz durch Ausübung des Kündigungsrechts von den Investitionen des Franchisenehmers unbillig zu profitieren.461 Die Tatsache, dass es dem Systemkopf in der Zukunft schwerer fallen könnte, neue Teilnehmer zu finden und zudem der Eigenbetrieb für ihn höhere Kosten bedeuteten, verbunden mit einer möglichen Abwertung seiner Marke seien nicht geeignet, den Anreiz vollständig zu beseitigen.462 In der Terminologie von Williamson handelt es sich um idiosynkratische Investitionen, d. h. solche, die nicht ohne massiven Wertverlust anderweitig verwendbar sind und damit für den Franchisenehmer im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung um „sunk costs“.463 Ist es daher erforderlich, dem Franchisenehmer die Amortisation seiner Investitionen zu ermöglichen und falls ja, wie sollte dies rechtstechnisch umgesetzt werden? Es steht zunächst fest, dass ein Anlauf- und Investitionsschutz voraussetzt, dass die entsprechenden Investitionen auf Veranlassung und im Interesse des Franchisegebers vorgenommen worden sind464 – gesprochen wird hier vom Sonderfall der fremdbestimmten Investition, die vorliegen soll, wenn in Erfüllung der Absatzförderungspflicht irreversible Vertrauensinvestitionen vorgenommen worden sind und der Absatzmittler schutzwürdig ist.465 Als Rechtsgrundlage eines Anlaufschutzes wird § 242 BGB diskutiert, aus dem sich ein „kraft des Dauerschuld- und insbesondere kraft des Interessenwahrungscharakters des Vertragsverhältnisses [eine] gesteigerte Treuepflicht“466 ergibt bzw. diese „resultiert aus der Ausgestaltung der Franchiseverträge als Dauerschuldverhältnisse mit einer gesteigerten Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und besonders intensiven Interessenverknüpfung“467. Eine Kündigung, die vor Amortisierung von Investitionen erfolgt, könne zum einen gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) verstoßen, nach dem ein Widerspruch zum eigenen Vorverhalten dann unzulässig ist, wenn der Berechtigte hierdurch das Vertrauen geweckt hat, sein Recht nicht in dieser Form oder zu dieser Zeit auszu-

von Seiten des Franchisenehmers (= Free Riding) zu verhindern – „termination must become equivalent to a criminal-type sanction“ –, gesteht aber gleichzeitig zu, dass solche Klauseln die Möglichkeit zu Franchisegeber-Opportunismus eröffnen. 461 Klein, Am. Econ. Rev. 70 (1980), 356, 359; Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 951 ff. 462 Klein, Am. Econ. Rev. 70 (1980), 356, 359 f. 463 Vgl. Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 951. 464 Metzlaff, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 8 Rn. 374. 465 Ebenroth, Absatzmittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, 1980, S. 175 f. 466 Martinek, Franchising, 1987, 334. 467 Metzlaff, in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 8 Rn. 373.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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üben.468 Daneben soll auch ein Verstoß gegen das aus ebenfalls aus § 242 BGB abzuleitende Verbot des übermäßigen Eigennutzes, d. h. die rücksichtslose Verfolgung des Eigeninteresses, denkbar sein.469 Nach dem Vorschlag von Carsten-Thomas Ebenroth verstößt eine Kündigung immer dann gegen § 242 BGB, wenn sich eine Invesition des Absatzmittlers, die die oben genannten Kriterien erfüllt, zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht amortisiert hat.470 Entgegen dem Üblichen soll Rechtsfolge der unzulässigen Rechtsausübung nicht die Gegenstandslosigkeit der Kündigung sein, sondern dem Franchisegeber soll ein Wahlrecht zustehen zwischen der schwebenden Unwirksamkeit der Kündigung bis zum Zeitpunkt der Amortisation oder der sofortigen Wirksamkeit, die durch Leistung von Schadensersatz erreicht werden kann.471 Anders sieht dies Peter Ulmer für den Vertragshändler: Liege der Vorwurf lediglich in der unzureichenden Rücksicht auf die Interessen des anderen Teils, d. h. nicht in der Kündigung als solcher, so könne nur ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden, der inhaltlich auf den Vertrauensschaden begrenzt sei.472 Im Falle von Dauerschuldverhältnissen sei diese Rechtsfolge, diejenige, welche weniger in die Privatautonomie eingreife, da die Unwirksamkeitsfolge anders als sonst rechtsbegründend, nicht rechtsbegrenzend wirke.473 Rechtsprechung zur Frage des Anlaufschutzes existiert nur für Vertragshändlersysteme. Es ist hier aber von einer Übertragbarkeit auszugehen, da beim Franchising fremdbestimmte, nicht anderweitig verwendbare Investitionen aufgrund der Eingliederung in ein allumfassendes Organisationskonzept im Zweifel noch häufiger vorkommen werden. Den Lösungsweg über eine Verlängerung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist wählte das OLG Stuttgart, in dem es eine dreimonatige Frist auf ein Jahr verlängerte.474 Auch der BGH bestätigte, „dass dem Vertragshändler nach der Interessenlage Gelegenheit gegeben werden muss, zumindest einen Teil dieser auch im Interesse des Herstellers erbrachten Ausgaben wieder zu erwirtschaften“ und hielt hierfür gleichfalls eine Frist von einem Jahr für ausreichend.475 Dass, jedenfalls im Grundsatz, auch ein Schadensersatzanspruch zum Ausgleich nicht amortisierter Investitionen in Betracht kommen kann, erkannte das OLG 468

Ebenroth, Absatzmittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, 1980, S. 174 f. 469 Ebenroth, Absatzmittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, 1980, S. 178. 470 Ebenroth, Absatzmittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, 1980, S. 174; zustimmend: Martinek, Franchising, 1987, 339 f; einen allgemeinen Investitionsersatzanspruch ablehnend: Jickeli, Der langfristige Vertrag, 1996, S. 205 ff. 471 Ebenroth, Absatzmittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, 1980, S. 184 ff. 472 Ulmer, in: FS Möhring, 1975, 295, 310. 473 Ulmer, in: FS Möhring, 1975, 295, 301 ff. 474 OLG Stuttgart, NJW-RR 1990, 491, 491. 475 BGH NJW-RR 1995, 1260, 1261.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

München an, welches allerdings an das Vorliegen von vom Hersteller veranlassten Investitionen hohe Anforderungen stellte und den Anspruch deshalb verneinte.476 Es ist daher festzustellen, dass für das Franchising aufgrund seines Charakters als Dauerschuldverhältnis mit spezifischer Interessenverquickung anerkannt ist, dass beide Parteien im Einzelfall eine aus § 242 BGB abgeleitete, gesteigerte Treupflicht schulden – die auch einer ordentlichen Kündigung Grenzen setzen und damit an dieser Stelle den Vertrag modifizieren kann. Das erfolgreiche Franchisesystem erfordert die Uniformität seiner Mitglieder, die als selbständige Unternehmer die hierfür notwendigen Invesitionen auf eigene Rechnung vornehmen – im Interesse des Franchisegebers und aller anderen Beteiligten sowie im eigenen Interesse. Diese Investitionen sind wirtschaftlich aber nur dann sinnvoll, wenn der Betrieb auch für einen gewissen Zeitraum aufrechterhalten wird. Franchiseverträge sehen daher häufig eine feste Vertragslaufzeit vor, während derer ein Recht zur ordentlichen Kündigung nicht besteht.477 Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, gebietet eine intensivierte Treupflicht des Franchisegebers die Kündigung für einen bestimmten Zeitraum auszuschließen bzw. Ersatz für noch nicht amortisierte Investitionen zu leisten. Dies berührt jedoch nicht das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund, die bspw. zum Schutz des Systems erforderlich sein kann. Teubner geht dann auch davon aus, dass in solchen Fällen eine gesteigerte, das antagonistische Austauschverhältnis überlagernde Treupflicht bereits anerkannt ist und geht demgemäß in seiner Netzwerktheorie nicht auf sie ein.478 Auch Rohe bejaht die Schutzbedürftigkeit des Franchisenehmers bei beziehungsspezifischen Investitionen, weist allerdings darauf hin, dass „in der Praxis die Laufdauer von Franchiseverträgen mit dem Umfang von Investitionen zu korrelieren“ scheint.479 Grundmanns Konzept, Anpassung des Einzelvertrages durch Berücksichtigung von Besonderheiten im Rahmen der Generalklauseln vorzunehmen, kann auch auf die Frage von langzeitvertragsbedingten Modifikationen angewendet werden. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass die ordentliche Kündigung des Franchisegebers den Netzzweck zwingend berührt – auch wenn die Investitionen Voraussetzung für den Erfolg des Gesamtsystems sind – allerdings fließt an dieser Stelle stattdessen die besondere Interessenverflechtung in die Generalklausel des § 242 BGB ein und führt zur Generierung einer besonderen Treupflicht. Auch Schanzes Symbiotischer Vertrag passt insofern, als dass die Frage irreversibler Investitionen gerade die von ihm angesprochene (einseitige) Abhängigkeit herbeiführt. Gleiches gilt für Wellenhofers Konzept von den Treupflichtverhältnissen, bei denen im Falle des Opportunismus 476

OLG München, NJW-RR 1995, 1137, 1139. Vgl. Liesegang, Der Franchise-Vertrag, 7. Aufl. 2011, S. 46, 21. Vertragsdauer und ordentliche Kündigung Abs. 1: „Dieser Vertrag wird bis zum Ablauf des Kalenderjahres fest abgeschlossen, in dem das Vertragsverhältnis […] Jahre besteht.“ Hierzu Fn. 72: „Üblich sind mindestens fünf und höchstens 20 Jahre“. 478 Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 150 f. 479 Rohe, Netzverträge, 1998, S. 445 f. 477

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bzw. der Möglichkeit von Machtmissbrauch gesteigerte Treupflichten zum Schutz der Gegenseite eingreifen. dd) Bewertung Beantwortet man die Frage nach der Weiterleitung von Einkaufsvorteilen im Franchise-Netzwerk, so sie nicht vertraglich vereinbart ist, unter Zugrundelegung des deutschen Vertragsrechts, so ist die Lösung davon abhängig, an wen – den Franchisegeber selbst oder den Lieferanten – die Bezugsbindung erfolgt. Vom Blickwinkel des Geschäftsbesorgungsrechts erscheint die Unterscheidung sinnvoll, da im ersteren Fall die Wahrnehmung (auch) fremder Vermögensinteressen fernliegt. Es fragt sich allerdings, ob es sich um die geeigneten Kriterien handelt, denn in beiden Konstellationen hat der Franchisenehmer bezüglich des Einkaufs keine freie Wahl und die eigenständige Aushandlung von Konditionen wird auch beim Erwerb vom Systemkopf in der Regel nicht möglich sein. Aber auch das Vorliegen der Voraussetzungen einer Geschäftsbesorgung erscheint eher zweifelhaft und die Literatur subsumiert hier vom Ergebnis ausgehend, indem sie die Vorteilsweitergabe als Ausgleich für den Verlust der unternehmerischen Freiheit qualifiziert. Die Aufgabe des Warenbezugs ist jedoch erst mit dem Franchisevertrag entstanden und die Entgegennahme von Weisungen durch den Franchisenehmer widerspricht dem tatsächlichen Erscheinungsbild. Zudem sollte m. E. die Frage der Rabattverhandlungen nicht vereinzelt und anschließend nach Geschäftsbesorgungsrecht – dort ist der Herausgabeanspruch für den Ausgleich zwischen den Parteien erforderlich – beurteilt werden. Ob dies beim Franchising auch der Fall ist, kann nur unter Berücksichtigung des gesamten vertraglichen Gefüges beurteilt werden. Insofern ist Teubner darin recht zu geben, dass die isolierte Betrachtung der Beziehungen Franchisegeber – Lieferant – Franchisenehmer nicht der netzwerktypischen Verbundenheit gerecht wird. Dass Vorteile im Verbundbereich aufgrund der hier gesteigerten Treupflicht des Systemkopfes automatisch dem Netzwerk als Ganzem zugeordnet sein sollen, könnte im Ergebnis zwar befürwortet werden, krankt allerdings erneut am Auslösetatbestand des Vertragsverbundes, der sich zu weit von rechtlichen Kategorien entfernt. Das Konzept von Rohe hingegen erscheint deshalb als nicht nachvollziehbar, weil zum einen der Netzzweck in engen ökonomischen Kategorien als Steigerung der Effizienz bei der Vermarktung definiert wird, zum anderen aber dessen – rechtstechnisch unklares – Einwirken auf den Einzelvertrag ausschließlich Neben- und Schutzpflichten betreffen soll. In dieser Hinsicht klarer äußert sich Wellenhofer, die für die Berücksichtigung des Netzzweckes die (ergänzende) Vertragsauslegung und die AGB-Kontrolle anführt. Aus ihrer Sicht sollen Modifikationen ausschließlich im Hinblick auf Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB in Betracht kommen – das erscheint zwar im Ergebnis nachvollziehbar, allerdings ist die Ablehnung der Weitergabe von Vorteilen mit der Begründung, dass sie dem „Franchisegeber als Gründer und Urheber des Systems“480 zustünden nicht 480

Wellenhofer, KritV 2006, 187, 198 f.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

stichhaltig. Grundmanns Konzept der Berücksichtigung des Netzzweckes über die zivilrechtlichen Generalklauseln erscheint stimmig: Er beschäftigt sich ausführlicher mit dem Netzzweck, nicht nur dem Inhalt, sondern auch der formalen Bedeutung nach, der eben nicht Vertragsgegenstand, sondern Geschäftsgrundlage sei. So ist es ihm möglich, die Frage der Vorteilsweitergabe sowohl rechtstechnisch als auch vom Ergebnis her plausibel über § 313 BGB zu lösen. Zudem ist sein Ansatz durch die Rechtsprechung abgesichert, die bei der außerordentlichen Kündigung im Rahmen der Generalklausel von § 314 Abs. 1 BGB das Netzwerk berücksichtigt. Dem Symbiotischen- und dem Statusvertrag mangelt es an Konkretisierung, da insgesamt unklar ist, wie und welche rechtlichen Folgerungen aus der Einordnung als entsprechendem Vertrag zu ziehen sein sollen. Zudem ist die Grundlegung einer Abhängigkeit des Franchisenehmers wohl als einseitige und auf einen Aspekt verengte Sichtweise zu kritisieren. Geeigneter erscheint insoweit das Wellenhofer’sche Konzept eines Treupflichtverhältnisses, das, abhängig vom Einzelfall eine gesteigerte Treupflicht auf beiden Seiten für möglich hält. ee) Vorschlag Für die Frage der netzwerkbedingten Anpassung des Einzelvertrages ist m. E. zu unterscheiden zwischen der Generierung neuer, nicht ausdrücklich vorgesehener Rechte bzw. Pflichten einerseits und der Modifikation von bereits bestehenden Rechten bzw. Pflichten andererseits. Innerhalb der ersten Fallgruppe ist nochmal zu unterscheiden zwischen Leistungspflichten, d. h. solchen nach § 241 Abs. 1 BGB und den sog. weiteren Verhaltenspflichten nach § 241 Abs. 2 bzw. § 242 BGB. Soweit es um die eine Veränderung der Güterlage des Gläubigers bewirkenden Leistungspflichten geht, können solche nachträglich nur im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder aufgrund eines ansonsten eintretenden Wegfalls der Geschäftsgrundlage generiert werden. Spezieller und daher vorrangig zu prüfen ist eine Anpassung des Franchisevertrages wegen veränderter Umstände und daraus folgender Geschäftsgrundlagenstörung gem. § 313 Abs. 1 BGB. Ganz nach dem Konzept von Grundmann stellt der Netzzweck – der größtmögliche Erfolg beim Absatz, der nur im Verbund aller Beteiligten im Rahmen des Gesamtsystems erreicht werden kann – einen Umstand dar, der Grundlage des Einzelvertrags ist. Auch wenn der Netzzweck im Franchisevertrag aufleuchtet, wie bspw. in der Präambel481 und in der Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung482 operationalisiert ist, ist er dennoch nicht Vertragsgegenstand. Dies verdeutlicht der Blick auf die BGB-Gesellschaft, in der sich die Gesellschafter zur Förderung eines gemeinsamen Zweckes verpflichten, was in dieser Absolutheit der Interessenlage im Franchisevertrag widersprechen würde. In Bezug auf diesen Umstand, also das Bestehen eines Netzwerkes und die Verfolgung eines 481 482

Vgl. Liesegang, Der Franchise-Vertrag, 7. Aufl. 2011, 1. Grundlagen, S. 23. s. o. B. III. 5. c) cc).

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einheitlichen Netzzweckes müssen schwerwiegende Veränderungen vorliegen, die bei entsprechender Kenntnis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu einem anderen Verhalten der Parteien geführt hätten und die ein Festhalten am Vertrag für eine Partei unzumutbar machen. Liegt eine Veränderung der Geschäftsgrundlage nicht vor, ist die Möglichkeit der Herleitung eines Leistungsanspruchs aus ergänzender Vertragsauslegung anzudenken, die an die vertragliche Regelung anknüpfend Lösungen für offen gebliebene Fragen, unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und von Treu und Glauben herleitet.483 Voraussetzung ist zunächst eine Lücke, die deshalb planwidrig ist, weil ohne eine entsprechende Regelung der Vertrag unvollständig wäre.484 Dies ist eingehend zu prüfen, denn ein ersichtlich abschließendes Vertragswerk kann nicht unter Rückgriff auf die ergänzende Vertragsauslegung wegen Unbilligkeit erweitert werden.485 Die Vervollständigung des Vertrages erfolgt auf der Grundlage des hypothetischen Parteiwillens, also durch Ermittlung derjenigen Lösung, die die Parteien redlicherweise unter Abwägung der beidseitigen Interessen für diesen Punkt vereinbart hätten.486 Sowohl bei der Prüfung der Lückenhaftigkeit als auch bei Lückenschließung kann das Netzwerk und der Netzzweck berücksichtigt werden. Eine ergänzende Vertragsauslegung muss jedoch jederzeit die Grundsätze der Privatautonomie und Vertragstreue im Blick behalten.487 Wendet man diese Grundsätze auf die Frage der Weiterleitung von Einkaufsvorteilen an, die dem Inhalt nach Leistungspflicht ist, so ist festzustellen, dass ein solcher netzbedingter Anspruch des Franchisenehmers regelmäßig nicht besteht. Die Anpassung des Vertrages wird daran scheitern, dass die hohen Hürden des § 313 Abs. 1 BGB nicht vorliegen, also insb. keine schwerwiegende unvorhersehbare Veränderung netzbedingter Umstände mit unzumutbaren Folgen gegeben ist. Fraglich ist, ob eine ergänzende Auslegung eines Franchisevertrages, der keine Regelung hierzu enthält hin zu einer Pflicht des Franchisegebers Rabatte herauszugeben, möglich ist. Es müsste zunächst anzunehmen sein, dass ein Franchisevertrag, der im Hinblick auf die Vertragswaren eine Bezugspflicht vorsieht als unvollständig anzusehen ist, wenn er keine Regelung zur Verteilung der typischerweise anfallenden Mengenrabatte vorsieht. Dies könnte mit dem Bestehen eines Netzwerkes begründet werden, dessen Größe erst die Einkaufsvorteile generiert. Der Lückenschluss durch eine die Weiterleitung vorsehende Regelung basierte dann darauf, dass dem Netzzweck – der Erfolg aller Beteiligten beim Absatz – nur durch möglichst geringe Einstandspreise der Franchisenehmer gedient sei. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass gerade wenn es um die Herleitung eines Leistungsanspruchs geht, massiv in das vertragliche Gefüge von Leistung und Ge483 484 485 486 487

Ellenberg, in: Palandt, § 157, Rn. 2. Ellenberg, in: Palandt, § 157, Rn. 3. Ellenberg, in: Palandt, § 157, Rn. 3. Ellenberg, in: Palandt, § 157, Rn. 7. Ellenberg, in: Palandt, § 157, Rn. 8.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

genleistung eingegriffen wird. Beispielsweise ist es denkbar, dass Einkaufsvorteile bereits in niedrigen Bezugspreisen oder einer niedrigen Franchisegebühr berücksichtigt sind. Vor diesem Hintergrund wird die ergänzende Vertragsauslegung in der Regel bereits daran scheitern, dass eine entsprechende Lücke nicht vorliegt, sondern vielmehr die getroffene Regelung in ihrer Gesamtheit abschließend konzipiert ist. An dieser Stelle wird auch deutlich, warum die Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Weiterleitung von Vorteilen nicht anhand von §§ 675, 667 BGB beurteilt werden sollte: Selbst wenn man in den Rabattverhandlungen mit Lieferanten eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung der Interessen des Franchisenehmers sehen sollte, so kann anhand dieser Anspruchsgrundlage doch nie das Gesamtbild, sowohl der einzelnen franchisevertraglichen Regelung als auch des Netzwerks berücksichtigt werden. Wie auch bei der Frage des Anspruchsausschlusses deutlich geworden ist, kommt es auf die gesamte Regelung an, weshalb die ergänzende Vertragsauslegung das geeignetere Instrument ist. Soweit es um die Generierung von sog. weiteren Verhaltenspflichten – in Abgrenzung zu den Leistungspflichten – geht, sind § 242 BGB bzw. § 241 Abs. 2 BGB heranzuzuziehen. Hier interessieren nicht die sich auf das Integritätsinteresse beziehenden Schutzpflichten, sondern solche Treupflichten, die sich auf die Leistung beziehen und zwar nur soweit sie durch den Netzwerkcharakter beeinflusst sind. Deren Verortung ist zwar umstritten,488 fest steht aber, dass Schuldverhältnisse nicht nur die Herbeiführung des Leistungserfolges zum Inhalt haben, sondern eine von Treu und Glauben beherrschte Sonderverbindung darstellen.489 In Betracht kommt die Generierung der sog. Leistungstreupflicht, die der Sicherung der Hauptpflicht dient, indem alles Notwendige zur Vorbereitung, Herbeiführung und Sicherung des Leistungserfolgs getan wird – was gleichzeitig bedeutet, dass den Vertragszweck gefährdende Handlungen zu unterlassen sind.490 Ausprägungen der Leistungstreupflicht sind bspw. die Pflicht zur Sicherung des Leistungserfolges, die Pflicht zur Vertragstreue, die dazu anhält, nicht die Vertrauensgrundlage des Vertrages zu zerstören und die Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung.491 An dieser Stelle wird eine Überschneidung mit Pflichten deutlich, die bereits Inhalt des Franchisevertrages sind: die synallagmatischen Hauptpflichten zur Konzeptanwendung und Systemförderung auf Seiten des Franchisenehmers und zur Betriebsförderung auf Seiten des Franchisegebers. Die herausragende Bedeutung von (Leistungs-)Treue im Franchisevertrag wird hierdurch anschaulich vor Augen geführt. Beide Pflichten haben Netzwerkcharakter – die Systemförderungspflicht besteht zugunsten des Franchisegebers, jeder Franchisenehmer profitiert von der Einhaltung; die Betriebsförderungspflicht hat der Systemkopf gegenüber allen 488 Grüneberg, in: Palandt, § 241 Rn 1, 242 Rn. 23: Begründung von Treupflichten durch § 242 BGB, § 241 Abs. 2 BGB spricht sie nur an; siehe auch oben D. I. 2. b) aa). 489 Grüneberg, in: Palandt, § 241 Rn. 6. 490 Grüneberg, in: Palandt, § 242 Rn. 27. 491 Grüneberg, in: Palandt, § 242 Rn. 27 ff.

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Franchisenehmern zu erfüllen. Weil sich aus der Förderungspflicht des Franchisegebers die Pflicht zur Überwachung der anderen Franchisenehmer und die Durchsetzung der Systemstandards ihnen gegenüber ergibt492, ist insoweit ein Rückgriff auf § 242 BGB nicht unbedingt erforderlich.493 Der Förderungspflicht des Franchisegebers kann – ganz wie dem § 242 BGB in seiner Ausprägung als Leistungstreupflicht – die Kompenente entnommen werden, dass der Leistungserfolg zu sichern ist, indem dem Vertragspartner die Vorteile, die sich aus dem Vertrag ergeben weder entzogen noch gemindert werden.494 Es ist zwar hier davon ausgegangen worden, dass die Einkaufsvorteile den Franchisenehmern nicht gebühren, allerdings gebieten der enge Netzbezug der Mengenrabatte und die Bindung der Franchisenehmer, dass der Franchisegeber bei der Auswahl der Lieferanten die Interessen seiner Systempartner berücksichtigen und hinsichtlich der Rückvergütungen Transparenz, bspw. durch eine Dokumentationspflicht gewährleisten muss. Dies kann, da der wirtschaftliche Erfolg der Franchisenehmer von günstigen Einstandspreisen abhängt, sowohl als Teil der Betriebsförderungspflicht verstanden als auch aus § 242 BGB abgeleitet werden. Relevant wird die gesetzliche Sonderverbindung gleichfalls bei netzbezogenen Informationspflichten, womit die Aufgabe umschrieben wird, den Vertragspartner ohne Aufforderung über erhebliche Umstände in Kenntnis zu setzen.495 Insbesondere in ihrer Ausgestaltung als Hinweis- und Warnpflicht kann ein Netzbezug bestehen, nämlich dann, wenn ein Franchisenehmer auf eine Leistungsstörung eines anderen Franchisenehmers im Netz, bspw. eine Markenrechtsverletzung, zeitlich vor dem Systemkopf aufmerksam wird. Die Warnpflicht – für die weiter oben bereits ausnahmsweise ein Direktanspruch zugelassen worden ist – stellt eine leistungsbezogene weitere Verhaltenspflicht dar, die durch die gesetzliche Sonderverbindung zwischen den Parteien des Franchisevertrages generiert wird. Was die Frage der netzbedingten Modifikation von bereits bestehenden Rechten bzw. Pflichten angeht, so sollte diese – wie von Grundmann vorgeschlagen – durch eine Berücksichtigung des Netzzweckes im Rahmen der Generalklauseln erfolgen. In diese Fallgruppe gehört die oben diskutierte, am Netzzweck orientierte Anpassung von Kündigungsgründen und -fristen, wie sie von der Rechtsprechung bereits bei § 314 BGB praktiziert wird. In gleicher Weise kann über die Generalklausel des § 242 BGB eine Berücksichtigung des Langzeitcharakters mit besonderer Interessenverknüpfung zwischen den Parteien erfolgen, wodurch die Treupflicht eine Steigerung erfährt und sich zu einem Anlauf- und Investitionsschutz verdichtet.

492

Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 18 Rn. 44. Wie hier schon Lutter, AcP 180 (1980), 84, der die gesellschaftsrechtliche Treupflicht aus § 705 BGB ableitet, s. auch oben B. II. 3. b) aa). A. A. Wellenhofer, KritV 2006, 187, 194. 494 Grüneberg, in: Palandt, § 242 Rn. 29. 495 Grüneberg, in: Palandt, § 242 Rn. 37. 493

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3. Englisches Recht a) Weiterleitung bei entsprechender Vereinbarung Im englischen Recht existiert, soweit ersichtlich, keine Rechtsprechung zur Auslegung von unklaren Klauseln in Franchiseverträgen hin zu einer Vorteilsweiterleitungspflicht. Würde in einem englischen Franchisevertrag die folgende, von John N. Adams vorgeschlagene Musterformulierung für den Teil „Franchisor’s obligations“ gebraucht, so ergäbe sich aus ihr zwanglos eine Pflicht zur Weiterleitung: 6.13 Procuring supplies etc. 6.13:1 To assist the Franchisee in procuring such supplies, services and equipment in addition to those supplied by the Franchisor as may be required by the Franchisee to commence and operate the Business and 6.13:2 As far as possible to negotiate and obtain from suppliers discount rates for furnishing such supplies [for the benefit of the Franchisee as regards its own purchases].496

Ist die Formulierung nicht vergleichbar klar, so hängt die Frage der Herausgabe von Vorteilen von der Auslegung ab. Das englische Recht stellte hier traditionell die Erforschung des Parteiwillens, wie er insbesondere durch den Vertragswortlaut zum Ausdruck kommt in den Mittelpunkt.497 Seit der Rede von Lord Hoffmann in Investors Compensation Scheme498 gab es allerdings Änderungen, die das englische Recht in Fragen der Auslegung dem deutschen, insb. dem Grundsatz in § 157 BGB, wonach Treu und Glauben und die Verkehrssitte zu berücksichtigen sind, annährt499: „The meaning which a document would convey to a reasonable man is not the same thing as the meaning of its words. […] the meaning of the document is what the parties using those words against the relevant background would reasonable have been understood to mean.“500

Da einerseits unsicher ist, ob eine insoweit unklare Klausel von den Gerichten hin zur Herausgabe ausgelegt würde, andererseits davon auszugehen ist, dass Franchisegeber Einkaufsvorteile selbst vereinnahmen möchten, rät Adams demjenigen Franchisenehmer, dessen wirtschaftlicher Erfolg von dem Wettbewerbsvorteil günstiger Einstandspreise abhänge, sich die Weiterleitung von Rabatten vertraglich auszubedingen.501 496

Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 348. MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 660 f. 498 Investors Compensation Scheme LTD. v. West Bromwich Building Society [1998] 1 W.L.R. 896. 499 So auch Lord Hoffmann in O’Neill v. Phillips [1999] 1 W.L.R. 1092, 1101: „Or one might, as in Continental systems, achieve the same result by introducing a general requirement of good faith into contractual performance. These are all different ways of doing the same thing.“ 500 Investors Compensation Scheme LTD. v. West Bromwich Building Society [1998] 1 W.L.R. 896, 897, Lord Hoffmann. 501 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 348. 497

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b) Ausschluss der Weiterleitung Wie auch für das deutsche Recht soll noch die Frage beantwortet werden, ob durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ein Ausschluss der Weiterleitung – vorausgesetzt ein Anspruch hierauf bestünde – wirksam ist. In Betracht kommt hier lediglich der Unfair Contract Terms Act 1977 (UCTA), der sich entgegen seinem Titel ganz überwiegend nur mit solchen Klauseln beschäftigt, die eine Haftungsbeschränkung oder einen Haftungsausschluss vorsehen.502 Section 3 UCTA gilt auch für B2B-Verträge, in denen AGB zum Einsatz kommen. Die entsprechende Passage lautet: „(1) This section applies as between contracting parties where one of them deals as consumer or on the other’s written standard terms of business. (2) As against that party, the other cannot by reference to any contract term— […] (b) claim to be enititled— (i) to render a contractual performance substantially different from that which was reasonably expected of him, or […]“.503

Da es hier nicht um die Haftung, sondern die Vertragserfüllung selbst geht, stellt die Vorschrift eine Ausnahme dar.504 Hiernach ist eine Klausel dann unwirksam, wenn durch sie die Leistung des Verwenders substantiell verändert wird im Vergleich zu dem, was der Vertragspartner vernünftigerweise (bei Vertragsschluss) erwarten durfte.505 Es fällt auf, dass hier ein mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB vergleichbarer Maßstab angelegt wird, der ja die Einschränkung wesentlicher vertragsnatürlicher Rechte bis hin zur Vertragszweckgefährdung fordert. Dass es auch im englischen Recht bei der genannten „contractual performance“ um wesentliche Leistungspflichten geht, ergibt sich bereits daraus, dass nur in Bezug auf diese eine Erwartung des Vertragspartners vorhanden ist und eine andere Interpretation eine weigehende Unwirksamkeit zur Folge hätte, was die Norm nicht anstrebt. Die „vernünftige“ Erwartung des Vertragspartners wird, ähnlich wie dies für die vertragsnatürlichen Rechte gilt, v. a. von der Kautelarpraxis und dem Leitbild der Rechtsprechung geprägt. Das Erfordernis des englischen Rechts, dass die Leistung durch die Klausel „substantially different“ wird, kann mit der Gefährdung der Erreichung des Vertragszwecks verglichen werden, die eine anschauliche Konkretisierung davon darstellt. Vor diesem Hintergrund wird davon auszugehen sein, dass – wie im deutschen Recht auch – ein durch allgemeine Geschäftsbedingungen erfolgender Ausschluss in der Regel nicht unwirksam ist: Zwar schuldet der Franchisegeber die Betriebsför502 503 504 505

MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 704. Section 3 Unfair Contract Terms Act 1977. MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 717. MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 717.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

derung als Hauptleistung, allerdings setzt sich diese Unterstützungspflicht aus verschiedenen Komponenten zusammen. Der Ausschluss der Weitergabe von Vorteilen allein, selbst wenn die Erwartung günstiger Einkaufspreise besteht, ist nicht geeignet eine grundlegende Veränderung der Leistungspflichten des Franchisegebers herbeizuführen, solange dieser nach dem Vertrag franchisetypische Beratungs- und Informationsleistungen zu erbringen hat. c) Implied term Denkbar ist – soweit die Weiterleitung weder vereinbart noch ausgeschlossen ist – die Herleitung eines Anspruchs auf Herausgabe von Einkaufsvorteilen – aufgrund eines entsprechenden „implied terms“. Das englische Recht unterscheidet zwei Arten von Klauseln – solche, die explizit vereinbart wurden, sog. express terms und solche, die im Nachhinein aus verschiedenen Gründen eingefügt werden, sog. implied terms, wobei als deren Quellen zunächst das Gesetzesrecht und die Handelssitten in Betracht kommen.506 Die dritte und hier interessierende Form der implied terms sind diejenigen „implied at common law“, die nochmals unterteilt werden in die „terms implied in fact“ und die „terms implied at law“.507 Die Technik der terms implied in fact,508 also der Einfügung von Klauseln anhand der relevanten Umstände – Willen der Parteien, Vertragswortlaut, Hintergrund des Vertrages – erinnert an die ergänzende Vertragsauslegung im deutschen Rechts, bei der eine planwidrige Vertragslücke durch eine am hypothetischen Parteiwillen orientierte Lösung geschlossen wird. Es kommen zwei Tests zur Anwendung, anhand derer festgestellt wird, ob ein Ergänzen des Vertrages erforderlich ist – der business efficacy-test und der Officious bystander-test. Ersterer wurde erstmals in der Entscheidung The Moorcock folgendermaßen umschrieben: „[…] the law is raising an implication from the presumed intention of the parties, with the object of giving to the transaction such efficacy as both parties must have intented that at all events it should have.“509

In Shirlaw v. Southern Foundaries Ltd. wurde der Officious bystander-test entwickelt: „Prima facie that which in any contract is left to be implied and need not be expressed is something so obvious that it goes without saying. Thus, if while the parties were making their bargain an officious bystander were to suggest some express provision for it in the agreement, they would testily suppress him with a common ,Oh, of course‘.“510 506 507 508

627 ff. 509 510

McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 168 f. McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 169 f. s. hierzu: MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, The Moorcock (1889) 14 PD 64, 68, Bowen LJ. Shirlaw v. Southern Foundaries Ltd. [1939] 2 All ER 113, 124 Mackinnon LJ.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

245

Durch diese zwei Prüfungen wird eine hohe Hürde für die Einfügung von ungeschriebenen Regeln errichtet, die im Fall der Vorteilsweiterleitung sicher nicht genommen ist: Es ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Regelung nicht dem übereinstimmenden Willen der Parteien bei Vertragsschluss entspricht und aufgrund der Unklarheit im Hinblick auf den Inhalt auch nicht von der erforderlichen Offensichtlichkeit ausgegangen werden kann. Dass der Franchisevertrag erst dann ,funktioniert‘, wenn Rabatte weitergeleitet werden, ist zu verneinen – auch wenn eine sehr weite Auslegung des Business efficacy-tests zum Ergebnis haben könnte, dass ein Franchisenehmer im konkreten Fall nicht ohne günstige Einstandspreise erfolgreich sein kann. Allerdings spricht auch der Detailreichtum den Franchiseverträge üblicherweise aufweisen gegen die Ergänzung, weil in diesen Fällen davon ausgegangen wird, dass die Parteien eine abschließende Regelung treffen wollten511: „In those cases there is no ,obvious lacuna which the court can fill in confidence that it is doing no more than giving effect to what the parties intended‘.“512

Die terms implied at law sind zu verstehen als die rechtlichen Regeln, die für alle Verträge eines bestimmten Typs neben den vereinbarten vertraglichen Klauseln gelten.513 Die Ergänzung muss für den Vertragstyp erforderlich sein; sie beruht hier weniger auf dem Willen der Parteien als auf generellen Erwägungen.514 Es gelte beispielsweise für das Arbeitsverhältnis, dass der Arbeitnehmer seine Aufgabe getreulich erfüllen müsse.515 Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Franchisevertrag ein typischer Vertrag in diesem Sinne ist und im konkreten Fall keine gegenteilige Regel ausdrücklich vereinbart ist,516 so wird es wohl auch hier wieder an der Notwendigkeit (,necessity‘) scheitern: Zwar soll die Anforderung weniger streng als der Erfordernis der business efficacy zu verstehen sein,517 allerdings muss doch die Natur des Vertrages selbst eine solche Regelung erfordern, wovon nicht auszugehen ist. d) Agency Eine Pflicht zur Weiterleitung von Vorteilen könnte sich im englischen Recht für den Franchisegeber aus einer Agency, die eine fiduciary relationship darstellt, ergeben. Die Stellung des Franchisenehmers als agent ist oben bereits abgelehnt worden, weil dieser nach der Konzeption des Franchisevertrages selbständiger Unternehmer ist. Zu prüfen bleibt die Möglichkeit einer Agenten-Stellung des 511 Shell UK v. Lostock Garage [1977] 1 All ER 481, 491, Ormrod LJ.; McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 171. 512 MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 629 verweist auf Ben Shipping Co. v. An Bord Bainne, The C Joyce [1986] 2 All ER 177, 182, Bingham J. 513 MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 632 f. 514 MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 633. 515 McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 169. 516 MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 634. 517 MacDonald, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 597, 636.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Franchisegebers wenn er Rahmenverträge mit Lieferanten aushandelt. Das Handeln im eigenen Namen steht im englischen Recht der agency nicht entgegen. Auch könnte ein Handeln im Interesse und „auf Rechnung“ der Franchisenehmer im weiten Sinne bejaht werden – da es um deren Warenbedarf geht, der wegen der Bezugsbindung auch bei dem bestimmten Lieferanten gedeckt werden muss. Allerdings soll Vertragspartner des Rahmenvertrags immer der Franchisegeber werden und eine Stellvertretung ist von den Parteien nicht gewollt. e) Lösung nach neuen Theorien zu Vertragsnetzwerken und Langzeitverträgen aa) Relational contract theory und deren englische Fortentwicklung Der Relational contract theory zufolge ist das klassische Vertragsrecht, das presentiation und discreteness betone, nicht geeignet der Wirklichkeit des Vertragslebens gerecht zu werden, in der der Austausch von Leistungen in die Sozialbeziehung eingebettet sei. Die Durchführung von Verträgen, die über längere Zeiträume abgeschlossen werden, sei notwendig mit Unsicherheit behaftet und der Erfolg hänge von der Kooperation der Parteien ab. Das Recht müsse im Streitfall sämtliche relevanten Umstände berücksichtigen, worunter auch die Tatsache, dass ein Vertrag Teil eines Netzwerks aus Verträgen ist, zu fassen ist. Im Ergebnis fordern Campbell und Collins, die entsprechende Ideen von Macneil zum relational contract rezipieren, die Umsetzung dieser Gedanken durch eine Einführung einer generellen Verpflichtung von good faith im Vertragsrecht. Campbell geht dabei davon aus, dass dem relational contract law für alle denkbaren Verträge der Vorzug zu geben ist, da die ungehinderte Maximierung der eigenen Interessen in jedem Fall verhindert werden müsse. Auch für Collins ergibt sich das Bedürfnis für ein Gebot von Treu und Glauben aus der Notwendigkeit von Kooperation, die für ihn die jedenfalls teilweise Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite im Konfliktfall bedeutet und ihre Wurzeln in dem Wunsch nach Aufrechterhaltung der dauernden Geschäftsbeziehung hat. Wie bereits erwähnt kennt das englische Recht kein übergreifendes Prinzip von Treu und Glauben, was es von anderen Rechtsordnungen – auf dem Kontinent, aber auch der US-amerikanischen – abhebt.518 Begründet wurde dies von Lord Ackner in der Entscheidung Walford v. Miles mit der dem Vertragskonzept zugrunde liegenden Interessenstruktur: „However, the concept of a duty to carry on negotiations in good faith is inherently repugnant to the adversarial position of the parties when involved in negotiations. Each party to

518 Browsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 80; McKendrick, in: Forte (Hrsg.), Good faith in contract and property, 1999, 39, 40 f.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

247

the negotiations is entitled to pursue his (or her) own interest, so long as he avoids making misrepresentations.“ 519

Vor dem Hintergrund dieses Konzeptes der rigorosen Verfolgung des Eigeninteresses wird die Verpflichtung zu Treu und Glauben im englischen Recht folgendermaßen umschrieben: „Though not disentitled from pursuing self-interest in or because of a relationship, one party’s descision or action may bear so directly upon the interests of the other that basic fairness to that other may require that in some circumstances he should have regard to those interests in addition to his own, and if neccessary should decist from or modify the proposed course of action in consequence.“520

Das good faith-Prinzip besteht demnach aus zwei Elementen – aus den berechtigten Interessen bzw. Erwartungen („legitimate interests“) der anderen Seite, welche der Handelnde zu berücksichtigen hat („taking into account“).521 So verstanden wird Treu und Glauben von englischen Autoren mit einer Kooperationspflicht gleichgesetzt. Brownsword meint: „The doctrine of good faith is commonly seen as the most direct way of importing into contract law the idea of co-operation. Indeed, good faith is often equated with an implied term of co-operation.“522

Und Collins meint: „Co-operation in the sense of taking into account the other’s interests requires the avoidance of purely self-interested action and is replacement by giving priority in some instances to the interests of the other.“523

Aus einem Erfordernis, die Interessen der Gegenseite zu berücksichtigen, kann eine Pflicht zur Weiterleitung von Einkaufsvorteilen für den Franchisegeber nicht abgeleitet werden. Dies wäre nur dann denkbar, wenn entweder eine Interessenverbindung im Sinne gemeinsamer Kassen zwischen den Parteien vereinbart oder aber der Franchisegeber zur uneingeschränkten Wahrung der Interessen der Franchisenehmer verpflichtet wäre. Die Rücksichtnahme auf die andere Vertragspartei gebietet allerdings, dass der Franchisegeber – gerade wegen des Netzbezugs der Einkaufsvorteile sowie der Bezugsbindung der Franchisenehmer – die Lieferanten nach objektiven Kriterien auswählt und die Rückvergütungen für seine Vertragspartner transparent macht.

519

Walford v. Miles [1992] 1 All ER 453, 460, Lord Ackner. Finn, Melb. U. L. Rev. 17 [1989 – 1990], 87, 95. 521 Bianca, in: Grundmann/Cafaggi/Vettori, The Organizational Contract, 2013, 181, 184 f.; Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 82. 522 Brownsword, in: Campbell/Vincent-Jones (Hrsg.), Contract and economic organisation, 1996, 14, 20. 523 Collins, in: Campbell/Vincent-Jones (Hrsg.), Contract and economic organisation, 1996, 67, 69. 520

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

bb) Network contract und Contract of co-operation Für die Frage, ob ein Franchisegeber als Rückvergütungen erhaltene Zahlungen an seine Franchisenehmer weiterleiten muss, sind von Brownsword zum einen der sog. Network contract heranzuziehen, der die Vielzahl der Parteien und deren Vernetztheit betrifft. Es wird hiermit ein Arrangement von Verträgen bezeichnet, das die Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes kreieren. Neben der Möglichkeit von Direktansprüchen soll das Netzwerk als Bezugsrahmen bei der Beurteilung sämtlicher Streitigkeiten zu berücksichtigen sein. Zum anderen ist Brownswords Vorschlag zum contract of co-operation zu würdigen, der wie der relational contract als Gegenmodell zur discrete transaction zu verstehen ist. Die Wirklichkeit moderner Vertragsbeziehungen sei ganz überwiegend nicht von one-off exchanges geprägt, sondern von vertraglichen Beziehungen, die Vertrauen, Kooperation und Kontinuität erforderten. Brownswords Ausgangspunkt ist der von ihm herausgearbeitete Hauptzweck des Vertragsrechts, nämlich den vernünftigen Erwartungen – ,reasonable expectations‘ – der vertragsschließenden Parteien zur Geltung zu verhelfen.524 Die spezifischen Erwartungen von Parteien, die einen Netzwerk- und Kooperationsvertrag, d. h. bspw. einen Franchisevertrag, abgeschlossen haben, sind insbesondere bei der Auslegung und bei der implication of terms zu berücksichtigen.525 Die Auslegung hat dabei im Wege des seit Lord Hoffmann in Investors Compensation Scheme praktizierten ,New Contextualism‘ zu erfolgen, der in Überwindung des Literalismus Verträge interpretiert aus der Sicht eines vernünftigen Dritten, der sich in der Situtation der Vertragsparteien bei Vertragsschluss befindet und über deren Hintergrundwissen verfügt.526 Da für die Auslegung der Gesamtkontext relevant ist, kann durch diesen Ansatz – anders als das bei einem wortlautbetonten Verständnis der Fall ist – den Erwartungen der Parteien angemessen Rechnung getragen werden.527 Welche Erwartungen eine Partei begründeterweise haben darf, leitet sich aus den in der Praxis üblichen Standards ab: „As new contextualists, we should be looking to the culture that informs the contractors’ relationship as well as the background culture of the particular contracting community“.528 Durch Einordnung des vertraglichen settings als eher adversarial oder eher co-operative könne

524 Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103, 104. So auch Steyn LJ, L. Q. R. 113 (1997), 433 (writing extra-judicially). 525 Brownsword, in: Deakin/Michie (Hrsg.), Contracts. co-operation, and competition, 1997, 255, 264. 526 Brownsword, KritV 2006, 131, 140. 527 Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103, 104. 528 Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103, 124.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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auch der Grad der erwarteten Kooperation bestimmt werden.529 Das klassische englische Recht sei einem „robusten Indiviudalismus“ verhaftet, was mit der Wirklichkeit der heutigen Geschäftswelt unvereinbar sei.530 Der new contextualism müsse daher nicht nur eine Auslegungsmethode, die ausschließlich mit dem Wortlaut arbeitet, ausmerzen, sondern auch die individualistische Ethik, die dem englischen Vertragsrecht zugrunde liege.531 Der new contextualism wirke sich auch bei der Frage der ergänzenden Vertragsauslegung, der implication of terms, aus.532 Wie Lord Hoffmann in Attorney General of Belize v. Belize Telecom Limited es auch erkennen lasse: „[…] in every case in which it is said that some provision ought to be implied in an instrument [e. g. a contract, a statute, Anm. d. Verf.], the question for the court is whether such a provision would spell out in express words what the instrument, read against the relevant background, would reasonably be understood to mean.“533

Lord Hoffmanns Auffassung zufolge, sind der Officious bystander- und der Business efficacy-test keine anderen oder zusätzlichen Erfordernisse, sondern es komme nur auf die eine Frage an, nämlich nach dem Verständnis des gesamten Dokuments vor dessen relevantem Hintergrund.534 Die Tatsache, dass der Franchisevertrag Teil eines Franchisenetzwerkes ist und die Parteien dieses Arrangement zur Erreichung ihrer Ziele gewählt haben, ist daher bei der (ergänzenden) Auslegung des Franchisevertrages zu berücksichtigen.535 Die Parteien würden hier Kooperation, soweit sie zur Erreichung des einheitlichen Zwecks erforderlich ist, erwarten, weshalb die Einfügung eines „implied term of cooperation“ in den Franchisevertrag erforderlich sein könne, „a development that might be assisted by a less hostile view of good faith and fair dealing“.536 Netzwerkeffekte entstünden darüber hinaus nicht nur dann, wenn die Parteien bewusst ein Netzwerk aufgebaut haben, sondern auch in jenen Fällen, in denen in der konkreten Branche netzwerkbezogene Handelsbräuche existierten.537 529 Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103, 107. 530 Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103, 127. 531 Brownsword, in: Campbell/Collins/Wightman (Hrsg.), Implicit dimensions of contract, 2003, 103, 126 f. 532 Brownsword, in: Grundmann/Cafaggi/Vettori, The Organizational Contract, 2013, 137, 153 ff. 533 Attorney General of Belize v. Belize Telecom Limited [2009] UKPC 10, para. 21. 534 Attorney General of Belize v. Belize Telecom Limited [2009] UKPC 10, para. 21. 535 Brownsword, Krit 2006, 131, 141 ff. 536 Brownsword, in: Grundmann/Cafaggi/Vettori (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 137, 157. 537 Brownsword, in: Grundmann/Cafaggi/Vettori (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 137, 156.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Fraglich ist, ob über eine Kooperationspflicht hinaus eine implizite Klausel in den Franchisevertrag hineinzulesen ist, die die Weiterleitung von Einkaufsvorteilen vorsieht. Brownsword, der den Fall explizit anspricht, meint hierzu: „[…] if the express intention of the parties or if the implicit practice of franchising discloses a contextually supported reasonable expectation of co-operative benefit-sharing, this kind of network effect should be applied.“538

cc) Erweiterung der Fiduciary relationships Eine Pflicht zur Weiterleitung könnte sich im englischen Recht dann ergeben, wenn das Handeln des Franchisenehmers beim Vertragsschluss mit den Lieferanten als treuhänderisch eingeordnet werden würde. Eine fiduciary relationship generiert Pflichten, die von denjenigen, die sich aus dem Vertrag ergeben abweichen539, formuliert wird auch häufig, „…that equity is proscriptive not prescriptive“540. Im Gegensatz zum common law ächte equity bestimmte Verhaltensweisen, schreibe hingegen nicht den Inhalt des Handelns vor.541 Bemerkbar macht sich dies an der Hauptpflicht des Treuhänders, nämlich der loyalty, die im Wesentlichen aus zwei Facetten besteht – der profit – und der conflict rule.542 Paul Finn fasst diese folgendermaßen: „A fiduciary, (a) cannot use his position, or knowledge or opportunity obtained in or by reason of it, to his own or to a third party’s possible advantage or to the beneficiary’s disadvantage; or (b) cannot, in any matter within the scope of his service, have a personal interest or an inconsistent engagement with a third party, unless this is freely and informedly consented to by his beneficiary or is authorised by law.“543

Von Millett LJ wird die Loyalitätspflicht in der Entscheidung Bristol and West Building Society so umschrieben: „The distinguishing obligation of a fiduciary is the obligation of loyalty. The principal is entitled to the single-minded loyalty of his fiduciary. This core liability has several facets. A fiduciary must act in good faith; he must not make a profit out of his trust; he must not 538 Brownsword, in: Grundmann/Cafaggi/Vettori (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 137, 157. 539 Re Goldcorp Exchange Ltd. [1994] 2 All ER 806, 821, Lord Mustill. 540 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 222. So auch: Conaglen, in: McGhee (Hrsg.), Snell’s Equity, 32. Aufl. 2010, 171, 182. 541 Millett, L. Q. R. 114 (1998), 214, 222 f. 542 McGhee, The role of fiduciary obligations in commercial disputes, 2002, S. 3; Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 111 f.; Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989) 76, 84; Conaglen, in: McGhee (Hrsg.), Snell’s Equity, 32. Aufl. 2010, 171, 179 f. 543 Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989) 76, 84.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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place himself in a position where his duty and his interest may conflict; he may not act for his own benefit or the benefit of a third person without the informed consent of his principal.“544

Die Pflicht, ausschließlich die Interessen des Treugebers zu verfolgen und keinen eigenen Vorteil aus dem Handeln für den Prinzipal zu ziehen, gilt absolut – weder kommt es darauf an, ob dem Treugeber ein Nachteil entstanden ist, noch ob der fiduciary im guten Glauben handelte.545 Die Kick-Backs, die sich ein Franchisegeber als Differenzbetrag zwischen den ausgehandelten Rabatten und dem an die Franchisenehmer weitergeleiteten Anteil vom Lieferanten überweisen lässt, würden im Recht der fiduciary relationships als sog. secret profits eingeordnet werden: Es handelt sich um nicht genehmigte Vorteile des Treuhänders, die dieser ohne Kenntnis des Treugebers als Folge seiner Position erzielt.546 Einen Fall der secret profits stellen die „bribes and secret commissions“ dar, bei denen es sich um Gelder handelt, die dem Treuhänder von Seiten einer dritten Partei zugewendet werden und die geeignet sind, beim Treuhänder einen Interessenkonflikt hervorzurufen.547 Der könnte sich im Franchising-Beispiel dahin auswirken, dass der Franchisegeber die Lieferanten nicht nach objektiven Kriterien, wie Preis und Qualität auswählt, sondern anhand der Höhe der Rückvergütung.548 Rechtsfolge der Einbehaltung von geheimen Vergütungen durch den Treuhänder ist zum einen die Pflicht zu deren Offenlegung, zum anderen deren Herausgabe549, die sich aus der Auferlegung eines sog. constructive trusts ergibt. Eine „konstruierte Treuhand“ entsteht – im Gegensatz zu sonstigen trusts – kraft Gesetzes, d. h. unabhängig vom Willen des Treuhänders und als Folge von dessen Verhalten.550 Sie umfasst die dem fiduciary überwiesenen secret profits, die der principal als Rechtsfolge an sich herausverlangen kann.551 Die entscheidende Frage, die sich stellt, ist mithin, ob der Franchisenehmer, wenn er im Falle einer Bezugspflicht Rahmenverträge mit Lieferanten abschließt als Treuhänder für die Franchisenehmer handelt. Zunächst ist festzuhalten, dass der Maßstab, den die Gerichte bei der Qualifikation anlegen im Falle von secret profits weniger streng ist.552 Sodann ist die Möglichkeit von treuhänderischen Pflichten 544

Bristol and West Building Society v. Mothew (1998) Ch. 1, 16. Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 113. 546 Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 131. 547 Conaglen, in: McGhee (Hrsg.), Snell’s Equity, 32. Aufl. 2010, 171, 216. 548 Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 321. 549 In der Entscheidung Boston Deep Sea Fishing and Ice Company v. Ansell (1888) 39 Ch. D. 339 wurde der Director eines Unternehmens zur Herausgabe von Vorteilen verurteilt, die er persönlich von einem Lieferanten für die Bestellung einer bestimmten Menge Waren für das Unternehmen bekommen hatte. 550 Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 1. 551 Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 114. 552 Oakley, Constructive Trusts, 3. Aufl. 1997, S. 131. 545

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

grundsätzlich gegeben – zum einen weil die Auferlegung auch im Geschäftsverkehr inzwischen anerkannt ist und zum anderen weil eine entsprechende Einordnung nicht das gesamte Verhältnis zwischen den Parteien erfasst, sondern auch in Bezug auf eine Einzelfrage vorgenommen werden kann. Die von A. J. Oakley geforderten vier Kriterien für das Bestehen einer fiduziarischen Beziehung könnten vorliegend bejaht werden: Beim Aushandeln und Abschließen eines Rahmenvertrages ist ein Tätigwerden des Franchisegebers zweifellos gegeben. Die Möglichkeit der Beeinflussung der Angelegenheiten bzw. des Vermögens der anderen Seite besteht aufgrund der Festlegung der Preise, zu denen die Franchisenehmer die erforderlichen Systemwaren späterhin erwerben. Durch die Bezugspflicht sind die Franchisenehmer dem Handeln des Systemkopfes ausgesetzt, denn sie haben keine andere Wahl als die mit dem Lieferanten vereinbarten Preise zu zahlen. Daher wird auch die Erwartung bestehen – und das Vertrauen darin –, dass der Franchisegeber in ihrem Interesse im Rahmenvertrag Preise vereinbart, die so günstig wie möglich sind und daher Rabatte vollständig weiterreicht. Damit sind auch zwei der von Millett aufgestellten Kategorien einschlägig – nämlich die Beziehung von „trust and confidence“ und diejenige der „vulnerablity“. Dies zeigt, dass, soweit abstrakte Kriterien aufgestellt werden, diese eine Einordnung der Rahmenvertragsverhandlungen durch den Franchisegeber in der Konstellation der Bezugspflicht vom Lieferanten als treuhänderisch nahelegen. Soweit sich Rechtsprechung und Literatur der Frage konkret widmen – d. h. bezogen auf das Franchiseverhältnis bzw. für die Einzelfrage der Herausgabepflicht von Einkaufsvorteilen –, fällt das Bild differenzierter aus. In der amerikanischen Literatur werden hier teilweise wenig Berührungsängste gezeigt: Harold Brown bspw. ordnet, von der Schutzbedürftigkeit des Franchisenehmers her argumentierend, das Franchiseverhältnis in toto als fiduciary relationship ein. Das treuhänderische Element leitet er aus den umfassenden Kontrollmöglichkeiten des Franchisegebers her, die zur Überprüfung der Einhaltung von Qualitätsstandards (auch zum Zwecke der Einheitlichkeit im System) erforderlich sind. 553 Das große Ungleichgewicht zwischen den Parteien mache das Eingreifen der equity-Regeln erforderlich.554 Aber auch das Handeln des Franchisegebers als „purchasing agent for the franchisee’s needs“ führten neben „its absolute control of the standards and specifications for all purchases“ zur Annahme einer Treuhandbeziehung.555 Folge hiervon soll die gerichtliche Ächtung jeglicher Formen von „self-preference“ sein, wie die „prohibition of overreaching and overbearing in any charges, particularly forbidding kickbacks, whether secret or not“ sowie das „barring of comulsory purchases at the franchisor’s unilaterally determined prices, veto power over suppliers …“.556 Auch Robert W. Emerson hält das Franchiseverhältnis für 553 554 555 556

Brown, Tex. L. Rev. 49 (1970 – 1971), 650, 660. Brown, Tex. L. Rev. 49 (1970 – 1971), 650, 663. Brown, Tex. L. Rev. 49 (1970 – 1971), 650, 666. Brown, Tex. L. Rev. 49 (1970 – 1971), 650, 670 ff.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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treuhänderisch, allerdings nur in Bezug auf bestimmte Klauseln, wie bspw. zu Werbemaßnahmen und zur Standortwahl.557 Voraussetzung für die Einordnung seien folgende Punkte: der Franchisegeber verfüge hinsichtlich der Frage über überlegenes Wissen, der Vertragstext müsse diesbezüglich unvollständig sein und zwischen den Parteien liege Interessengleichrichtung vor.558 Auch in der US-Entscheidung Arnott v. The American Oil Co.559, in der es um die Kündigung eines Franchisevertrages ging, ist die Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer als fiduciary eingeordnet worden. Speziell die Frage der Herausgabe von Einkaufsvorteilen in einem Franchisesystem stand in dem kanadischen Fall Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd. zur Entscheidung. Die Konstellation entsprach exakt der hier problematisierten mit einer Bezugspflicht von Jirna bei bestimmten Lieferanten von denen Mister Donut Rückvergütungen erhielt. In der Eingangsinstanz wurde die Beziehung als treuhänderisch eingeordnet, was zum einen mit Versprechungen der Beklagten zu Einkaufsvorteilen in den Vertragsverhandlungen und zum anderen mit der engen Beziehung („almost paternal relationship“560) zwischen den Beteiligten, die sich über die lange Laufzeit herausgebildet habe, begründet wurde: „In some respects it [the relationship, Anm. d. Verf.] has at least some of the attributes of a partnership […] Certainly, what has been created is a very close association, a venture in common, or a joint venture. If that be so, then what may be described as fiduciary obligations, or at least quasi-fiduciary obligations, have been created.“561

Und weiter: „[…] it appears to me that franchisor and franchisee are bound together over a very long period of years in a relationship which in many respects is almost as close as that of master and servant. While of course it is not the same, nevertheless the relationship is so close that confidence is necessarily reposed by the one in the other.“562

Allerdings wurde die Entscheidung, in der der Richter als Rechtsfolge einen constructive trust anordnete, vom Ontario Court of Appeal aufgehoben und dies wurde vom Supreme Court of Canada bestätigt. Auch wenn es im Einzelfall vorkommen könne, dass die Natur der Beziehung von dem zwischen den Parteien Vereinbarten abweicht, müssten für eine Einordnung als fiduciary relationship außergewöhnliche Umstände vorliegen, insb. das Unvermögen einer Partei, ihre ei-

557

Emerson, N.C.L. Rev. 72 (1993 – 1994), 905, 934, 942. Emerson, N.C.L. Rev. 72 (1993 – 1994), 905, 934, 923. 559 Arnott v. The American Oil Co. 609 F.2d 873 (1979). 560 Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd. 3 Ont 629 (1970), Rn. 15 (Ontario Supreme Court [High Court of Justice]. 561 Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd. 3 Ont 629 (1970), Rn. 22. 562 Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd. 3 Ont 629 (1970), Rn. 28. 558

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

genen Interessen zu schützen.563 Die Langzeitbeziehung und die Kontrollrechte über die Einhaltung von Qualitätsstandards genügten nicht, in diesem Fall gelte: „The court must give full effect and recognition to the express intention of the terms of the agreement made between parties on equal footing and at arm’s length.“564

In England existiert keine Rechtssprechung, die das Franchiseverhältnis allgemein oder in Bezug auf einzelne Pflichten als treuhänderisch einstuft; allerdings meint Martin Mendelsohn – so wie andere Autoren auch – in seinem Werk „Franchising Law“: „[…] there is scope for the imposition of fiduciary obligations within a franchise relationship and the need for some caution on the part of a franchisor to prevent this from being the case.“565

Finn, der eine Einteilung von treuhänderischen Beziehung in solche, die sich aus dem Vertragstyp ergeben (,fiduciary in law‘) und solche, die aus der Analyse der tatsächlichen Umstände folgen (,fiduciary in fact‘), vorschlägt, lehnt die entsprechende Qualifikation für das Franchising ab. Er erkennt, dass gerade dort Schwierigkeiten der Einordnung bestehen, wo „the relationship, or powers in it, exists for the parties’ joint rather than for their several interests“, bei sog. „cooperative contractual enterprises“ – er glaubt aber im Ergebnis, dass das Franchising, von Ausnahmefällen abgesehen, dem „non-mutual profit“ jeder Partei diene und sich die Annahme einer Treuhand verbiete.566 Im Ergebnis ist die Einordnung als fiduciary relationship abzulehnen – das gilt in jedem Fall für das gesamte Franchiseverhältnis; es gilt aber auch für das Handeln des Franchisenehmers im Zusammenhang mit Einkaufsvorteilen. Ersteres ist deshalb anzunehmen, weil Franchising primär geprägt ist vom Handeln unabhängiger Unternehmer, die ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen; Interessenwahrung bzw. treuhänderisches Handeln kann, wenn überhaupt, nur in Bezug auf einzelne Pflichten vorliegen. Browns Ansatz der Annahme einer Treuhand aufgrund der umfassenden Schutzbedürftigkeit der Franchisenehmer ist abzulehnen, denn die Kriterien sind im Hinblick auf das Ergebnis aufgestellt und finden sich in der Rechtsprechung nicht wieder; es entspricht auch nicht dem tatsächlichen Bild. Soweit in der Entscheidung Arnott v. The American Oil Co. gleichfalls von einer fiduciary relationship zwischen Franchisenehmer und Franchisegeber gesprochen wurde, so ist das „of dubious validity and is apparently more a matter of rhetoric than of substance“.567 In der Literatur wird überwiegend davon ausgegangen, dass das 563

Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd., 1 Ont. 251 (1972), Rn. 13 (Ontario Court of Appeal). 564 Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd., 1 Ont. 251 (1972), Rn. 14. 565 Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 5.5; ansonsten: Adams/Prichard Jones, Franchising, 4. Aufl. 1997, S. 321; Chitty on Contracts, 28. Aufl. 1999, Bd. 2, 32 – 003, Fn. 11. 566 Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 91. 567 Braun, Sw. U. L. Rev. 14 (1983 – 1984), 155, 229.

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Gericht hier vielmehr ,fiduciary obligations‘ mit einer ,duty of good faith and fair dealing‘ gleichgesetzt hat.568 Hinsichtlich der Einzelfrage, ob der Franchisegeber bei Rahmenvertragsverhandlungen mit Lieferanten zum Warenbezug der Franchisenehmer als Treuhänder handelt und deshalb zur Herausgabe jeglicher an ihn fließender Rabatte verpflichtet ist, fällt die Antwort schwerer. Im Ergebnis ist dies aber abzulehnen – auch wenn die Kriterien, die Oakley aufstellt, bejaht werden können. Eine entsprechende Anwendung überdehnte das ursprüngliche Treuhand-Konzept so weit, dass die Grenzen zu den im Vordergrund stehenden adverse commercial relationships verunklart würden. Daneben erweist sich die finduciary relationship als Institut mit seiner unbedingten, das eigene Interesse ausschließende Loyalitätspflicht als „zu stark“: „[…] this reticence [of the courts, Anm. d. Verf.] in constraining commercial activity by fiduciary duties may now reflect, not an unpreparedness to set standards of conduct for commercial parties, but a concern to impose ones appropriate to what should be expected in and of business dealings.“569

Auch wenn Rabatte aufgrund der Größe des Netzwerkes gewährt werden, so hat doch der Franchisegeber dieses erst aufgebaut, weshalb auch die Rechtsfolge, wonach die Franchisenehmer jegliche Einkaufsvorteile für sich vereinnahmen können, als nicht stimmig erscheint. f) Ergebnis, Verallgemeinerung und Vorschlag aa) Ergebnis nach klassischem Recht und neuen Theorien Nach „klassischem“ englischen Recht ist die Frage, ob ein Franchisegeber Einkaufsvorteile an seine Franchisenehmer weiterleiten muss – soweit dies nicht zwischen den Parteien vereinbart ist – zu verneinen. Weder handelt der Franchisegeber bei den Rabattverhandlungen mit den Lieferanten als agent für die Franchisenehmer, noch ist der Franchisevertrag auf der Grundlage des strikten Business efficacy- und Officious bystander-tests ergänzungsbedürftig. Die in England hervorgebrachten neuen Theorien, die im Gefolge der relational contract theory von Macneil ein Gegenmodell zum diskreten Tauschakt vorschlagen, fordern die Einbeziehung aller außerhalb der Vertragsurkunde liegenden Umstände, bspw. der dauernden Geschäftsbeziehung, über die Einführung einer Generalklausel von Treu und Glauben. Eine das vertragliche Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung verändernde Pflicht wie diejenige zur Vorteilsweiterleitung ließe sich 568

Braun, Sw. U. L. Rev. 14 (1983 – 1984), 155, 229; Emerson, N.C.L. Rev. 72 (1993 – 1994), 905, 925 f. Darauf deutet auch das Urteil Arnott v. The American Oil Co. 609 F.2d 873 (1979) selbst hin: „[…] that fiduciary relationship existed between the parties and that law required that neither party exert undue influence or pressure upon the other“ (Rn. 9) und „[…] that oil company breached its fiduciary duty of good faith and fair dealing […]“ (Rn. 10). 569 Finn, U. N. S. W. L. J. 12 (1989), 76, 90.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

hieraus jedoch nicht ableiten. Anderes gilt für Brownswords Theorien zum Netzwerk- und Kooperationsvertrag, mit denen er die umfassende Berücksichtigung der Erwartungen der Vertragsschließenden über die (ergänzende) Vertragsauslegung vor dem Hintergrund des new contextualism fordert. Die Prüfung könne im Falle von Franchisenetzwerken die zu erfüllende Erwartung eines „co-operative benefit sharing“ ergeben. Unter den neuen Ansätzen finden sich auch solche, die Veränderungen nicht über das common law of contract anstreben, sondern durch eine Anpassung des dem Bereich der equity entstammenden Rechts der fiduziarischen Beziehungen. Der umfassende Loyalität schuldende Treuhänder wird im Falle von geheimen Gewinnen durch Auferlegung eines constructive trusts zu deren Herausgabe verpflichtet. Die Einordnung des Franchiseverhältnisses bzw. der Einzelfrage der Rabattverhandlungen als treuhänderisch ist jedoch abzulehnen, weil sie den tatsächlichen Verhältnissen und der Interessenlage widerspricht. bb) Netzwerkbedingte Modifikation bei der Kündigung Es stellt sich die Frage, ob die für die Weiterleitung von Einkaufsvorteilen gefundenen Ergebnisse auch auf andere netzwerkbedingte Modifikationen des Einzelvertrags angewendet werden können, zu welchem Zweck die Kündigung näher beleuchtet wird. Franchiseverträge enthalten häufig Vertragsklauseln, die für den Franchisegeber die Möglichkeit zur Kündigung im Falle einer wesentlichen Pflichtverletzung (fundamental oder repudiatory breach) vorsehen – die Tatbestände sind in der Regel im Einzelnen detalliert aufgelistet. Dies ist auch erforderlich, wie die Entscheidung Antaios v. Salen570 zeigt, in der nach dem Chartervertrag den Schiffseigentümern das Recht zum Rücktritt „failing the punctual and regular payment of the hire or on any breach of this charter party“ zustehen sollte. Eine Auslegung, die die Abkehr vom Vertrag im Fall jedweder Pflichtverletzung zugelassen hätte, hielt das House of Lords für unzulässig, und zwar nicht, weil es die andere Partei unzumutbar benachteiligt hätte, sondern, wie Lord Diplock meinte: „[…] if detailed semantic and syntactical analysis of words in a commercial contract is going to lead to a conclusion that flouts business commonsense, it must be made to yield to business commonsense.“571

Die vertraglich vereinbarten Kündigungsrechte gelten, wie dies im deutschen Recht neben § 314 BGB auch der Fall ist, zusätzlich zu den durch das common law

570

Antaios Compania Naviera S.A. v. Salen Rederierna A.B. [1985] A.C. 191. Antaios Compania Naviera S.A. v. Salen Rederierna A.B. [1985] A.C. 191, 201, Lord Diplock. 571

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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gewährten.572 Hiernach hängt die Kündigungsmöglichkeit davon ab, ob es sich bei der entsprechenden Klausel um eine „condition“ oder eine „warranty“ handelt. Im Falle des Verstoßes gegen eine condition – d. h. „an essential term of the contract which goes to the root or the heart of the contract“ hat der andere Teil ein Recht zur Kündigung und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit unabhängig von den Folgen der konkreten Verletzungshandlung.573 Der Verstoß gegen eine warranty hingegen lässt lediglich einen Schadensersatzanspruch entstehen.574 Diese Zweiteilung mit ihrer Fokussierung auf die generelle Bedeutung der Klausel führte teilweise zu Ergebnissen, die als ungerecht empfunden wurden, weshalb in der Entscheidung Hongkong Fir Shipping v. Kawasaki575 die Kategorie der intermediate bzw. innominate terms eingeführt wurde, bei denen das Bestehen eines Kündigungsrechts auch von der Intensität des Verstoßes abhängen soll:576 „There are, however, many contractual undertakings of a more complex character which cannot be categorised as being ,conditions‘ or ,warranties‘ […] Of such undertakings all that can be predicated is that some breaches will and others will not give rise to an event which will deprive the party not in default of substantially the whole benefit which it was intended that he should obtain from the contract.“577

Soweit eine Vertragspflicht nicht schon aufgrund ihres Gewichtes als condition eingeordnet wird, sie andererseits für die Erreichung des Vertragszwecks aber bedeutsamer als eine warranty ist, so kommt es für die Frage eines Kündigungsrechtes darauf an, ob unter Berücksichtigung des Vertragszweckes und des Schadensausmaßes eine wesentliche Verletzung vorliegt, wobei eine Zusammenfassung mehrerer Verstöße möglich ist.578 In der englischen Rechtsprechung existiert, soweit ersichtlich, keine Entscheidung, in der einem Franchisegeber ein Recht zur Kündigung gegen einen Franchisenehmer wegen eines Verstoßes gegen dessen Pflicht zur Konzeptanwendung und Systemförderung gewährt wurde. Es handelt sich hierbei um eine Hauptpflicht, die dem Vertrag zugrunde liegt, deren Verletzung allerdings – was Voraussetzung der condition ist579 – nicht in jedem Einzelfall schwerwiegende Folgen nach sich zieht, weshalb eine Einordnung als intermediate term naheliegt. Die Kriterien, die die Rechtsprechung für die Frage anlegt, ob die Verletzung eines intermediate terms ein Kündigungsrecht zur Folge hat, sind, da es bspw. darauf ankommt, ob durch den 572 Vgl. L. Schuler A.G. Appellants v. Wickman Machine Tool Sales Ltd. Respondents [1974] A.C. 235. 573 McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 175, 179. 574 McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 175. 575 Hongkong Fir Shipping Co. Ltd. v. Kawasaki Kisen Kaisha Ltd. [1962] 2 Q.B. 26. 576 McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 179 ff., 181 ff. 577 Hongkong Fir Shipping Co. Ltd. v. Kawasaki Kisen Kaisha Ltd. [1962] 2 Q.B. 26, 70, Diplock L.J. 578 Carter, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1477, 1491. 579 Carter, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1477, 1488.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Verstoß die dem anderen Teil gebührende Leistung substanziell entwertet wird, auf zweiseitige Austauschverträge bezogen. Andererseits sind sie jedoch so offen formuliert, dass eine Berücksichtigung der Auswirkungen des Verstoßes auf ein Vertragsnetzwerk nicht ausgeschlossen erscheint: denn es geht auch darum, ob bei großem Schadensausmaß der Zweck des Vertrages unerreichbar wird, „the whole contract frustrated“580. Betrachtet man ausschließlich das Verhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer, so ist durch das Free-Riding zunächst nicht die Gegenleistung in Form der royalty an den Systemkopf berührt. In anpassender Auslegung des Erfordernisses der Leistungsentwertung ist allerdings davon auszugehen, dass beim Franchising durch die Überlassung des Franchisepaketes die wiederholte Standardunterschreitung jedenfalls mittelfristig geeignet ist, Schaden am Unternehmen des Franchisegebers hervorzurufen, was den Vertragszweck konterkariert. Betrachtet man nun das gesamte Netzwerk, so potenziert sich die Zahl der Geschädigten, weshalb bereits ein geringerer Verstoß zur Annahme eines Kündigungsrechtes durch den Franchisegeber führen sollte. Die Berücksichtigung des Netzzweckes fließt dabei bei Beurteilung der Frage ein, ob die Grundlage des einzelnen Franchisevertrages „frustriert“ ist. Ob ein englisches Gericht die Offenheit der Kriterien zu einer Berücksichtigung des Netzwerkes nutzen würde, ist jedoch nicht sicher vorhersagbar; angesichts der Tatsache, dass einerseits viel Wert auf das Funkionieren wirtschaftlicher Beziehungen gelegt wird, andererseits der Gesamtkontext nun auch bei der Auslegung berücksichtigt wird, erscheint es jedenfalls als nicht ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung des Ansatzes von Brownsword liegt eine Berücksichtigung des Netzzweckes bei der Frage der Kündigung nahe, denn auf diese Weise werden der Gesamtkontext und die berechtigten Erwartungen aller teilnehmenden Parteien des Netzwerk- und Kooperationsvertrages Rechnung getragen. cc) Langzeitvertragsbedingte Modifikation bei der Kündigung Neben der Berücksichtigung des Netzzweckes bei der Feststellung der Schwere eines Verstoßes, d. h. beim Kündigungsgrund, stellt sich auch im englischen Recht die Frage, ob und wie bei der Kündigung die Tatsache, dass ein Langzeitvertrag mit intensiver Interessenverknüpfung vorliegt, Rechnung getragen werden kann. Das Problem des Investitionsschutzes ist im angloamerikanischen Raum hinlänglich bekannt – hat jedoch v. a. in den USA ausführlich Beachtung gefunden, sowohl in der Law & Economics- als auch in der Franchising-Literatur. In England existiert, soweit ersichtlich keine Rechtsprecung hierzu, bei Mendelsohn findet sich lediglich der Hinweis darauf, dass der Franchisenehmer aufgrund der erforderlichen Investitionen häufig erst im zweiten Jahr die Rentabilitätsschwelle erreicht und erst

580 Hongkong Fir Shipping Co. Ltd. v. Kawasaki Kisen Kaisha Ltd. [1962] 2 Q.B. 26, 64, Upjohn L.J.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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im Jahr drei bis vier Gewinne erzielen könne.581 Gerichte würden deshalb im Zweifel eine Kündigung wegen Vertragsbruchs oder aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht für gerechtfertigt halten, „save in clear cases“.582 In den USA hat Gillian K. Hadfield die Ideen zum relational contract aufgegriffen und Vorschläge für die Justiz zum Umgang damit anhand konkreter Probleme des Franchisevertrages gemacht. Das Kerncharakteristikum von Franchiseverträgen – i. d. R. Langzeit- und Formularverträge – sei deren Unvollständigkeit, die angesichts der komplexen Aufgabe ein Vertragsverhältnis für teilweise mehr als zehn Jahre bei sich ständig ändernden Bedingungen im Einzelhandel zu regeln, unvermeidlich sei.583 Diese Unvollständigkeit – und damit die grundlegende Erkenntnis der relational contract theory – müsse ernst genommen werden: „[…] that when a contract is embedded within an identifiable relationship, such as the franchise relationship, contractual obligations are often modified, supplemented or completely supplanted by the norms of the ongoing relationship.“584

Als wichtigste, miteinander zusammenhängende Probleme macht er für den Franchisegeber dasjenige der Kontrolle über die Einhaltung von Qualitätsstandards, für den Franchisenehmer dasjenige des opportunistischen Profitierens des Systemkopfes von Invesitionen aus.585 Die Gerichte müssten diesen Hintergrund stärker in ihre Betrachtung einbeziehen und ihre Haltung, die ausschließlich Verständnis für die Interessen des Franchisegebers zeige, überdenken.586 Die dogmatisch richtige Lösung erblickt Hadfield in einer Generalklausel von Treu und Glauben: „[…] good faith as a method of introducing more accurate relational considerations requires that courts routinely look beyond the written franchise contract and examine the relationship in which this contract is embedded.“587

Diesen Weg haben US-amerikanische Gerichte auch tatsächlich beschritten, um die Investitionen von Franchisenehmern vor einer willkürlichen Kündigung ohne Ersatzleistungen zu schützen – die Regel von Treu und Glauben „restricts franchisor discretion in terminating a franchise agreement to those cases in which good cause exists“588. Auch in Fällen, in denen der Franchisevertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen worden war, ist die rechtmäßige Kündigung vor Amortisation von In581

Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 18.4. Mendelsohn, Franchising Law, 2. Aufl. 2004, 18.4. 583 Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 947. s. o. B. II. 2. c). 584 Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 929. 585 Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 949 ff. 586 Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 980. 587 Hadfield, Stan. L. Rev. 42 (1989 – 1990), 927, 985. 588 Lippo v. Mobil Oil Corp. 776 F.2d 706, 714 (1985); vgl. auch Shell Oil Co. v. Marinello, 307 A.2d 598 (1973), wo eine Pflicht zu Treu und Glauben in den Franchisevertrag hineingelesen wurde, die willkürlichen Kündigungen entgegensteht, obwohl der Vertrag explizit die Kündigung ohne Grund vorsah. 582

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

vestitionen an eine „good cause“ geknüpft worden – vergleichbar mit dem „wichtigen Grund“ der außerordentlichen Kündigung im deutschen Recht.589 Eine andere Lösung war die Annahme einer treuhänderischen Beziehung zwischen den Parteien, die von den Gerichten heute allerdings abgelehnt wird. Boyd Allan Byers, der in seinem Beitrag gleichfalls auf das Problem von Kontrolle und Kündigung als Möglichkeit des Franchisegebers zur Eindämmung von Free Riding einerseits und das der Verletzlichkeit des Franchisenehmers aufgrund von irreversiblen Investitionen eingeht, befürwortet eine Lösung, die nicht das Kündigungsrecht einschränkt, sondern den Franchisegeber zum Buyout, d. h. zu Schadensersatz verpflichtet.590 Collins und Campbell fordern für das englische Recht die Einführung einer Generalklausel von good faith, die verstanden wird als die im Einzelfall erforderliche Zurückstellung der eigenen Interessen und Berücksichtigung der legitimen Erwartungen der Gegenseite. Sie würde in ihrer Anwendung, wie eben geschildert, die Möglichkeit eröffnen, Kündigungen, die vor Amortisation erfolgen und für die kein wichtiger Grund vorliegt, für vorübergehend unwirksam zu erklären. Gleiches gilt für Brownswords Kooperationsvertrag, für dessen Interpretation die Erwartungen der Parteien, wie sie sich aus dem Gesamtkontext der Beziehung ergeben zu berücksichtigen sind und der die Parteien zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet. dd) Bewertung und Vorschlag Anhand der Vorteilsweiterleitung und der Kündigung wegen Unterschreitung von Qualitätsstandards ist geprüft worden, wie das englische Recht mit Netzwerkeffekten umgeht; zudem ging es um die Behandlung von Langzeitverträgen mit Interessenverknüpfung, die anhand der Frage des Investitionsschutzes bei der Kündigung dargestellt wurde. Nach alledem stellt sich die Frage: Ist das englische Recht gewappnet für diese neuere Entwicklungen? Brownsword bejaht dies, zumindest für Netzwerke: „Is there an unbridgeable gap between the English commercial law of contract and a network-enabled version of the law? Clearly, there is not. Equipped with contextualist and realist approaches and guided by reasonable expectations, English law seems to be in a position, to recognize and enforce whatever network-like effects comport with business practice. In other words, although the law has not announced that it now recognizes networks and network effects, it seems that the reception of these ideas is already history. Whether it would make any practical difference if networks were explicitly embedded in contract 589 In der Entscheidung Alpha Distrib. Co. of Cal., Inc. v. Jack Daniel Distillery, 454 F.2d 442 (1972) hat das Gericht in einen Franchisevertrag auf unbestimmte Zeit eine Zeitbestimmung hineingelesen, so dass dem Franchisenehmer die Amortisation möglich war. Die sog. recoupment doctrine stammt aus der Entscheidung Glover v. Henderson 25 S.W. 175 (1894), in der angenommen wurde, dass ein Franchisenehmer/Vertragshändler ein Recht zur Fortsetzung des Vertrages bis zur Amortisation einer Investition hat. 590 Byers, J. Corp. L. 19 (1993 – 1994), 607, 644 ff.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

261

doctrine is a matter for further reflection, but on the face of it, most of the work has already been done.“591

Diese Auffassung scheint insofern etwas zu euphemistisch, als dass die englische Rechtsprechung wohl noch nicht durchgängig die Sprache des ,contextualism‘ spricht. Richtig ist aber sicherlich, dass die vorhandenen Institute ,implied terms‘ und ,construction‘ durchaus geeignet sind, Netzwerk- und andere Effekte in sich aufzunehmen und so den einzelnen Vertrag zu modifizieren. Die vorgestellten Theorien – von Collins und Campbell, die die Einführung von good faith fordern und von Brownsword, der eine die vernünftigen Erwartungen berücksichtigende kontextbezogene (ergänzende) Auslegung vorschlägt – stellen wichtige Beiträge dar, um das vorhandene common law of contract netzwerktauglich zu machen. M. E. ist dieser Weg einer „Abmilderung“ des common law mit seinem Leitbild vom „adversarial dealing“ und rigoroser Interessenverfolgung vorzugswürdig gegenüber einer Lösung über eine Erweiterung der fiduciary relationships, d. h. im Bereich der equity. Vertragsverhältnisse, die sich sowohl durch Interessengegensatz als auch durch das Erfordernis von Kooperation auszeichnen, liegen nicht nur beim Franchising vor, sondern sind der Regelfall und sollten deshalb in das common law of contract integriert werden, ohne den Bereich der treuhänderischen Beziehungen anzutasten, die die ausschließliche Interessenwahrung betreffen. Die entsprechenden Rücksichtnahme- und Kooperationspflichten sind geeigneter durch eine Generalklausel von good faith umsetzbar als durch die Überdehnung des Anwendungsbereichs treuhänderischer Beziehungen. In Anlehnung an meinen für das deutsche Recht vorgestellten Vorschlag, ist auch im englischen Recht danach zu unterteilen, ob es um die Modifikation von vertraglichen Regelungen geht oder vielmehr um die Generierung neuer Pflichten. Soweit es um die Modifikation von bestehenden Pflichtengehalten geht, d. h. um etwaige netzwerk- oder langzeitvertragsbedingte Änderungen, so sollte eine Berücksichtigung im Rahmen der „Generalklauseln“ erfolgen – d. h. beispielsweise beim good faith-principle oder einem offenen Tatbestand wie der wesentlichen Verletzung eines intermediate terms bei der Kündigung. Soweit hingegen die Generierung neuer, das vertragliche Gefüge verändernde „Hauptpflichten“ im Raum steht, sollte das Institut der implied terms herangezogen werden. Die von der Rechtsprechung angewandten Kriterien – der Officious bystander- und der Business efficacy-test – sind zu diesem Zweck abzuwandeln, da sie im Einzelfall zu hohe Hürden aufstellen. Brownsword fordert, dass auch an dieser Stelle die Interpretation des Vertrages vor dem Hintergrund des Gesamtkontextes Aufschluss über die Frage der implication geben soll. Sinnvoll erscheint noch eine Konkretisierung hiervon unter Berücksichtigung der im deutschen Recht geltenden Regeln für die ergänzende Vertragsauslegung. Es kommt hier zunächst auf eine planwidrige Regelungslücke an – im Vergleich zum Officious bystander-test ist hier 591 Brownsword, in: Grundmann/Cafaggi/Vettori (Hrsg.), The Organizational Contract, 2013, 137, 160.

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

nicht das offensichtliche Fehlen einer Regelung erforderlich, sondern die Unvollständigkeit wird anhand einer eingehenden Prüfung festgestellt. Für den Lückenschluss kommt es auf den hypothetischen Parteiwillen an – dieses Kriterium erweitert den Business efficacy-test, denn neben Effizienzerwägungen fließen auch die Verkehrssitte und Treu und Glauben ein. Sowohl bei der Frage der Lückenhaftigkeit als auch bei derjenigen der Lückenschließung wird der Gesamtkontext, damit auch das Netzwerk und der Netzzweck berücksichtigt werden. Was die Frage eines Anspruchs auf Weiterleitung von Einkaufsvorteilen angeht, so sind die Voraussetzungen jedoch, wie oben für das deutsche Recht thematisiert, nicht erfüllt. Soweit es um die Generierung von Nebenpflichten, wie das Erfordernis von Kooperation und sonstige, die Interessen des anderen Teils berücksichtigende Verhaltensweisen geht, sollte dies – wie von vielen Stimmen in der englischen Literatur gefordert – durch die Pflicht zu Treu und Glauben umgesetzt werden. In den USA ist die entsprechende Entwicklung bereits abgeschlossen: Die Rechtsprechung machte seit Ende des 19. Jahrhunderts von Treupflichten Gebrauch, in erster Linie um „the unqualified discretion that a strict reading of the contract terms seemed to vest in one of the parties“ abzumildern.592 1952 ist die Generalklausel von Treu und Glauben dann in den Uniform Commercial Code aufgenommen worden, ein zunächst unverbindlicher Kodex, der der Harmonisierung des US-amerikanischen Kauf- und Handelsrechts diente und von den Bundesstaaten in eigenes Recht transformiert worden ist.593 Ein Abschnitt zu good faith findet sich auch im Restatement (Second) of contracts, eine der bedeutendsten, wenn auch nicht bindende, legal authority.594 Neben dem bereits vorgestellten Verständnis von Treu und Glauben als Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen Teils, ist in der US-Rechtsprechung auch eine der Ausprägung als Leistungstreupflicht nahekommende Charakterisierung vorgenommen worden: „[…] that neither party shall do anything which will have the effect of destroying or injuring the right of the other party to receive the fruits of the contract“595. Zwar würde eine Pflicht zur Weiterleitung von Einkaufsvorteilen aus dem good faith-Prinzip nicht abgeleitet werden können, allerdings folgte hieraus zwanglos die Pflicht zur Auswahl von Lieferanten anhand objektiver Kriterien, da dies zur Sicherung des Leistungserfolges unerlässlich ist. Diese Pflicht könnte auch, ohne auf die Generalklausel von Treu und Glauben zu rekurrieren, aus einer Auslegung der Betriebsförderungspflicht gewonnen werden, denn bei Berücksichtigung des Gesamtkontextes wird deutlich, dass hohe Preise und/oder schlechte Qualität dem Interesse des Franchisenehmers am wirtschaftlichen Erfolg seines Betriebes entgegengesetzt sind. Was das Problem des Investitionsschutzes in Langzeitverträ592

Dubroff, St. John’s L. Rev. 80 (2006), 559, 565. Sec. 1:304 UCC: Every contract or duty within the Uniform Commercial Code imposes an obligation of good faith in its performance and enforcement. Dubroff, St. John’s L. Rev. 80 (2006), 559, 559 Fn. 2. 594 Sec. 205 Restatement (Second) of contracts: Every contract imposes upon each party a duty of good faith and fair dealing in its performance and its enforcement. 595 Kirke La Shelle Co. v. Paul Armstrong Co. 263 N.Y. 79, 188 N.E. 163, 167 (1933). 593

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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gen mit Interessenverknüpfung angeht, so würde das Gebot von Treu und Glauben der vorzeitigen Kündigung ohne wichtigen Grund eine Schranke auferlegen. Im Gegensatz zu den USA, wo die Geltung von Treu und Glauben seit langem anerkannt ist, herrscht diesseits des Ozeans die „traditional English hostility towards a requirement of good faith“596. Gegen eine Einführung als allgemein gültiges Prinzip wird in England häufig hervorgebracht, dass dies eine Abkehr von der individualistischen Grundeinstellung des englischen Vertragsrechts und eine Einschränkung der Vertragsfreiheit bedeuten würde.597 Daneben ist die wohl wichtigste Befürchtung, dass eine Generalklausel zu Unsicherheit führen könnte, weil unklar sei, wie weit die Beschränkungen des Eigeninteresses gehen sollen.598 Neben der generellen Ablehnung von Treu und Glauben als Prinzip machen einige Stimmen auch geltend, dass die Einführung an einer Abneigung des englischen Rechts gegenüber Generalklauseln scheitere und auch nicht notwendig sei, weil das englische Recht für die meisten hiervon erfassten Probleme bereits Lösungen – wenn auch „piecemeal solutions“599 – gefunden habe.600 Dem gegenüber steht die Mehrheit der Autoren601, die eine Einführung befürworten, schon deshalb, weil dadurch das Problem von „bad faith dealing“ ohne Umwege direkt und offen angegangen werden und den berechtigten Erwartungen der Parteien besser Rechnung getragen werden könne.602 Eine Rechtsordnung, die eine Absicherung gegen bad faith biete und damit kooperatives Verhalten belohne, führe zur Optimierung des Nutzens der Akteure.603 Die ,traditionelle Feindseligkeit‘gegenüber der Einführung eines übergreifenden Prinzips von Treu und Glauben scheint aber – und dies ist eine beachtliche Entwicklung – auch in der englischen Rechtsprechung abzunehmen. Aus einigen neueren Entscheidungen ergeben sich in der Tat Anhaltspunkte für eine aufgeschlossenere Haltung gegenüber good faith.604 Dies gilt jedenfall, soweit die Frage von Treu und Glauben während der Vertragsdurchführung – im Gegensatz zu vorvertraglichen Beziehungen – betroffen ist. 596

McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 219 f. Eine Zusammenfassung der Gegenposition bei Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 82 ff. 598 Bridge, in: Brownsword/Hird/Howells (Hrsg.), Good faith in contract, 1999, 139, 143; s. hierzu auch Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 38: „Certainty may be worth the price of somentimes reaching the wrong result. In English law, a contract is enforced without regard to whether there has been a violation of good faith. […] The reason is probably not that the English […] think pacta sunt servanda is all that matters […] More likely, they fear that people will not be sure when their contracts are enforceable.“ 599 Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmes Ltd. [1988] 1 All ER 348, 353, Bingham LJ. 600 McKendrick, in: Forte (Hrsg.), Good faith in contract and property, 1999, 39, 41 ff. 601 Campbell, Collins, Brownsword, s. o. C. I. 1. b). 602 Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 89 ff. 603 Brownsword, in: Furmston (Hrsg.), The law of contract, 3. Aufl. 2007, 1, 94 f. 604 Vgl. McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 219 f. m. w. N. 597

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Zu nennen ist hier zuvorderst die Entscheidung des High Court iS Yam Seng Pte. Ltd. v. International Trade Corp. Ltd., in der der Kläger einen Vertrag über den exklusiven Vertrieb bestimmter Produkte mit dem Beklagten abgeschlossen hatte und diesen aufgrund diverser Verstöße des Beklagten – wie bspw. die verspätete Belieferung mit Vertragswaren, absprachewidrige Preisänderungen sowie Falschinformationen – gekündigt hatte. Ob seiner Klage auf Schadensersatz stattzugeben war, hing in erster Linie davon ab, ob eine Pflicht zu Treu und Glauben in den Vertriebsvertrag hineinzulesen war. Hierzu der Leggatt J: „English Law has traditionally drawn a sharp distinction between certain relationships – such as partnership, trusteeship and other fiducaiary relationships – on the one hande, in which parties owe onerous obligations of disclosure to each other, and other contractual relationships in which no duty of disclosure is supposed to operate. Arguably at least, that dichotomy is too simplistic. […] many contracts do not fit this model and involve a longer term relationship between the parties which they make a substantial commitment. Such ,relational‘ contracts […] may require a high degree of communication, cooperation and predictable performance based on mutual trust and confidence and involve expectations of loyalty which are not legislated for in the express terms of the contract but are implicit in the parties’ understanding and necessary to give business efficacy to the arrangements. Examples of such relational contracts might include some joint venture agreements, franchise agreements and long-term distributorship agreements. […] Although its requirements are sensitive to context the test of good faith is objective in the sense that it depends not on either party’s perception of whether particular conduct is improper but on whether in the particular context the conduct would be regarded as commercially unacceptable by reasonable and honest people. […] Understood in the way I have described, there is in my view nothing novel or foreign to English law in recognizing an implied duty of good faith in the performance of contracts. It is consonant with the theme identified by Lord Steyn as running hrough our law of contract that reasonable expectations must be protected. […] In the light of these points, I respectfully suggest that the traditional English hostility towards a doctrine of good faith in the performance of contracts, to the extent that it still persists, is misplaced.“605

Sollte die Entscheidung iS Yam Seng den Anfangspunkt einer Entwicklung hin zur Anerkennung eines übergreifenden Prinzips von Treu und Glauben bilden606, so stellte dies eine fundamentale Kehrtwende für das englische Recht dar, die dem, was von weiten Teilen der Literatur gefordert wird, entspricht, und im Übrigen auch der hier vertretenen Meinung.

605 606

Yam Seng Pte. Ltd. v. International Trade Corp. Ltd. [2013] 1 C.L.C. 662, 699 f., Leggatt J. Vgl. McKendrick, Contract Law, 10. Aufl. 2013, S. 219 f. m. w. N.

II. Modifikationen des Einzelvertrags

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4. Rechtsvergleichung und Bewertung Zunächst kann festgestellt werden, dass die Frage der Modifikation des Einzelvertrags deutlich vielgestaltiger ist als diejenige nach Direktansprüchen. Unterteilt werden kann zum einen nach dem Grund in netzwerk- und langzeitvertragsbedingte Anpassungen. Zum anderen kann danach unterschieden werden, ob Ansprüche generiert oder bestehende Pflichten modifiziert werden sollen. Und dennoch halten beide Rechtsordnungen für die entsprechenden Probleme ähnliche Konzepte bereit und sind die hier vorgeschlagenen Lösungen hier wie dort anwendbar. Exemplarisch für die Generierung von Leistungsansprüchen steht die Frage nach der Weiterleitung von Einkaufsvorteilen vom Systemkopf an die Franchisenehmer im Franchisenetzwerk – der m. E. zu verneinen ist. Im deutschen Recht wird ein Herausgeabeanspruch von einigen Stimmen in der Literatur nach Geschäftsbesorgungsrecht angenommen; im englischen Recht wird ein solcher teilweise aus einer fiduciary relationship hergeleitet. Zwischen beiden Instituten besteht – lässt man einmal die formalen, rechtstechnischen Unterschiede beiseite – eine große inhaltliche Nähe: Der Geschäftsbesorger übt eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art im fremden Interesse aus. Auch der Treuhänder wird selbständig im Interesse des beneficiary tätig, allerdings werden zusätzlich die Elemente des Vertrauens und der Verletzlichkeit des Treugebers, der die Kontrollmöglichkeiten des Treuhänders gegenübergestellt werden, betont. Zurückzuführen ist dies wohl darauf, dass Beziehungen, die die Interessenwahrung beinhalten, im englischen Recht denen mit Interessengegensatz scharf abgegrenzt gegenüberstehen; auch die Loyalitätspflicht des fiduciary wird strikter gehandhabt. In beiden Fällen ist das Bestehen eines Anspruchs für die Vorteilsweitergabe im Franchiseverhältnis jedoch abzulehnen. Zum einen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen; zum anderen, weil der Herausgabeanspruch nicht unabhängig vom Gefüge der vertraglichen Regelung insgesamt gewährt werden kann. Im englischen Recht kommt die befürchtete „Aufweichung“ des Instituts der fiduciary relationships hinzu. Stattdessen ist ein Vorschlag gemacht worden, der auf alle Fragen der Entstehung neuer, nicht im Franchisevertrag vorgesehener Leistungspflichten und sowohl für das englische als auch das deutsche Recht gilt: Es ist zu prüfen, ob nach der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. der (angepassten) implication of terms der Vertrag in dieser Hinsicht zu ergänzen ist. Auf diese Weise kann sowohl das Gesamtgefüge der vertraglichen Regelungen als auch das Netzwerk berücksichtigt werden; zudem wird eine der Frage angemessen hohe Hürde gesetzt. Die neuen Theorien, die sowohl zu Netzwerken als auch zu Langzeitverträgen in beiden Ländern vorgeschlagen werden, beinhalten ganz überwiegend die Forderung nach einer (gesteigerten) Treupflicht im Netzwerk, die die intensive Interessenverknüpfung zwischen den Parteien gebietet. Sowohl im deutschen als auch englischen Recht führte die Treupflicht zur Erzeugung von Nebenpflichten und modifzierte die bestehenden Rechte und Pflichten – bspw. das Kündigungsrecht oder die Betriebsförderungspflicht. Daneben hat bei der Auslegung von sonstigen offenen

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D. Ausgewählte Probleme von Franchise-Arrangements

Tatbeständen bzw. Generalklauseln in beiden Rechtsordnungen gleichfalls der Netzzweck und die Kooperationsbeziehung Berücksichtigung zu finden. Die Betonung der Bedeutung von Treu und Glauben findet zwei weitere Stützen, eine interdisziplinäre und eine europarechtliche: Sie setzt erstens die Erkenntnisse der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung um: Netzwerke sind nur im Falle von Vertrauen und Kooperation zwischen den Beteiligten funktionstüchtig; hierdurch unterscheiden sie sich vom wettbewerblichen Markt einerseits und der hierarchischen Gesellschaft andererseits. Gerade dann, wenn – wie beim Franchisevertrag – das Verhältnis durch Abhängigkeit und ungleiche Ressourcenausstattung geprägt ist, muss die Herstellung von Vertrauen durch die Unterstützung des Rechts gefördert werden.607 Zudem gebietet das Ziel der Herstellung materieller Gerechtigkeit zwar in aller Regel nicht die Einordnung als arbeitnehmerähnliches Verhältnis, aber zumindest den Schutz des in den meisten Fällen machtunterlegenen Franchisenehmers vor Übervorteilung. Zweitens ist eine für beide Vertragspartner geltende Treupflicht in der Handelsvertreterrichtlinie enthalten, die, jedenfalls insoweit, als Modell für eine Regelung des Franchisevertrages herangezogen werden kann. Im Ergebnis wird deutlich: weder im deutschen noch im englischen Recht ist die Schaffung eines eigenen Rechts der Netzwerke erforderlich. Es genügt ein Vertragsrecht, welches anerkennt, dass neben den Verträgen, die auf einmaligen Austausch ausgerichtet sind, auch solche existieren können – und in der Praxis vielfach vorkommen –, die langfristig angelegt sind und sich durch ständigen Leistungsaustausch auszeichnen. Hinzukommen muss die Erkenntnis, dass Verträge zwar zweiseitig vorkommen, aber dennoch nicht isoliert zu betrachten sind, sondern als Teil eines Gesamtgebildes aus einer Vielzahl von Verträgen, das bewusst von den Parteien als Arrangement gewählt worden ist. Die Parteien verfolgen nicht ausschließlich ihr Eigeninteresse, sondern darüber hinaus noch jeweils den Netzzweck. Um sowohl den Netzzweck, den die Parteien verfolgen, berücksichtigen zu können als auch die sich aus dem Netzwerk und der Langfristigkeit ergebende spezifische Interessenstruktur, muss ein Recht über dreierlei verfügen: Zuerst eine Auslegungsmethodik, die nicht ausschließlich den Worlaut des Vertragsdokuments zum Maßstab macht, sondern bereit ist, auch außerhalb ihrer liegende relevante Umstände einzubeziehen. Zweitens, eine Grundregel von Treu und Glauben, die eine Berücksichtigung der Interessen des anderen Teils erfordert und wodurch entsprechende Nebenpflichten geschaffen und bestehende Pflichten unter diesem Blickwinkel und demjenigen des Netzzweckes angepasst werden können. Und zuletzt, sonstige Generalklauseln und offene Tatbstände, bspw. im Bereich der Kündigung, die eine Beachtung der entsprechenden Besonderheiten zulassen. 607 Das BVerfG hat in der Handelsvertreterentscheidung festgestellt, dass in vertraglichen Ungleichgewichtslagen – auch jenseits des Arbeitsrechts – die zivilrechtlichen Generalklauseln, bspw. § 242 BGB als Übermaßverbote wirken und in ihrem Rahmen vom Richter ein Ausgleich der Grundrechtspositionen vorgenommen werden muss, BVerfGE 81, 242.

E. Schlussteil Franchise-Arrangements dienen dem Absatz von Waren und Dienstleistungen und können als solche, auch unter Effizienzgesichtspunkten, dem Absatz durch eigene Filialen gegenübergestellt werden; vergleich man den Franchisenehmer mit anderen Absatzmittlern, so ist eine Nähe zum Vertragshändler augenfällig, der sich wohl am deutlichsten durch eine geringere und weniger sichtbare Einbindung in das Unternehmensnetzwerk unterscheidet. Der Franchisevertrag selbst ist ein Kombinationsvertrag, dessen Hauptpflichten zum einen geschäftsbesorgungs- und dienstrechtlichen Charakter haben, zum anderen pachtrechtliche Züge tragen. Im Vordergrund stand vorliegend v. a. die Konzeptanwendungs- und Systemförderungspflicht des Franchisenehmers sowie die Betriebsförderungspflicht des Franchisegebers – damit das Geschäftsbesorgungsrecht. Dies zum einen soweit der Vertrag selbst schon durch eine besondere Interessenausgestaltung auffällt: Die erstgenannte Pflicht ist aufgrund der Interessendeckung mehr als bloße Wahrung von Fremdinteressen, sie ist aber keine allumfassende Interessenverbindung. Die Pflicht operationalisiert zudem den Netzzweck als den größtmöglichen Erfolg des Gesamtsystems und spielt insofern beim FreeRiding, dem Profitieren von der Unterschreitung von Systemstandards die entscheidende Rolle. Das Geschäftsbesorgungsrecht ist beim zweiten Problem der Vorteilsweiterleitung wiederum relevant, weil es in § 667 BGB eine Herausgabepflicht für den Beauftragten normiert. Im deutschen Recht erfolgt zudem eine Einordnung als Dauerschuldverhältnis, die für die weitere Behandlung Folgerungen zeitigt, bspw. bei der Kündigung und den Treupflichten, die dem englischen Recht, das eine solche Kategorie nicht kennt, gegenübergestellt werden kann. Aber auch dort findet, angestoßen von Macneil, eine Befassung mit dem Langzeit- und relationalen Charakter von Verträgen statt. Dass beim Franchisesystem eine Vielzahl von Verträgen – zwischen dem Franchisegeber und jedem Franchisenehmer – abgeschlossen wird, die nur in ihrer Gesamtheit den Erfolg des Systems garantieren, ist in der klassichen deutschen und englischen Rechtsdogmatik noch nicht vertieft verarbeitet worden. Die Sozialwissenschaften befassen sich hingegen umfassend mit Netzwerken und stellen in der Hauptsache fest, dass Netzwerke als Organisationsform zwischen dem wettbewerblichen Markt auf der einen und der autoritären Hierarchie auf der anderen Seite einzuordnen sind und sich v. a. durch Vertrauen und Kooperation von diesen unterscheiden. Markt und Hierarchie werden gemeinhin übersetzt in die rechtlichen Institute Vertrag und Gesellschaft und insofern stellt sich der Rechtswissenschaft die

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E. Schlussteil

Frage der Einordnung von Netzwerken: Sind sie eines von beidem oder ist ein neues Institut erforderlich? Die rechtliche Einordnung hat bereits ergeben, dass zwischen den Parteien kein Gesellschaftsvertrag geschlossen ist; erforderlich ist auch kein neues Insitut. Es genügt das bestehende Recht, in leicht abgewandelter Form. Allerdings wird die Zwischenstellung recht deutlich beim Blick auf die Frage der Direktansprüche im Franchise-Netzwerk, exemplarisch gelöst anhand des Free-Riding: Das deutsche Recht stellt hier den Drittschutzvertrag bereit, ein vertragsähnliches Institut. In England hingegen werden entsprechende Konstellationen über das Deliktsrecht, genauer den 2-stages-test bei der Bestimmung einer Sorgfaltspflicht im Rahmen der tort of negligence gelöst – inhaltlich jedoch ist eine große Nähe feststellbar. Auch wenn der stärkere Bezug zum Vertragsrecht eine dort angesiedelte Lösung nahelegt, ist deshalb Gordley zuzustimmen, der meint, „it hardly matters what label the […] courts feel they must pin on relief if they are drawing much the same distinction“1. Dass eine Lösung von ,Netzwerkproblemen‘ in praxi erforderlich ist, das FreeRiding in Franchisenetzwerken also keine theoretische Fragestellung darstellt, kann sehr anschaulich anhand des Konfliktes belegt werden, der sich im Jahre 2014 medienwirksam zwischen dem US-Unternehmen Burger King Corporation und dem mit 91 Filialen größten Franchisenehmer in Deutschland, der Yi-Ko Holding GmbH abspielte. Die RTL-Reportage „Team Wallraff“ hatte im April 2014 über schlechte Arbeitsbedingungen und mangelnde Einhaltung hygienischer Standards in einigen von Yi-Ko geführten Restaurants berichtet. Mutmaßlich aufgrund der Größe von YiKo wurde eine Kündigung zunächst nicht ausgesprochen. Nachdem im November 2014 jedoch eine zweiten Reportage angekündigt wurde, die versprochene Besserung ersichtlich nicht eingetreten war, musste Burger King einer weiteren Vertiefung des Imageschadens – verbunden mit massiven Umsatzeinbußen für die übrigen Burger King-Franchisenehmer – zuvorkommen und die fristlose Kündigung aussprechen. Der zweite Problemkomplex betrifft die Frage, inwieweit der einzelne Franchisevertrag durch das Bestehen des Netzwerkes beeinflusst werden kann. Auch das hier gewählte Beispiel der Weiterleitung von Einkaufsvorteilen durch den Franchisegeber ist praktisch enorm relevant. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass Helmuth Liesegang in seinem Muster-Franchisevertrag nunmehr empfiehlt, den expliziten Auschluss einer Weitergabepflicht für Einkaufsvorteile vertraglich festzuschreiben, unter Negierung ihres Ursprungs als auf Nachfragemacht beruhender Mengenrabatte.2 Sind weder die Weiterleitung noch deren Ausschluss vertraglich 1

Gordley, Foundations of private law, 2006, S. 283. Liesegang, Der Franchise-Vertrag, 7. Aufl. 2011, S. 29, 5.: „Zielsetzung der Einkaufspolitik des Franchise-Gebers ist es, eigene Produkte und Produkte der zugelassenen Lieferanten dem Franchise-Nehmer zu angemessenen Konditionen anzubieten. Für die Sortimentszusammenstellung, die Produktentwicklung sowie auch für Marketingleistungen erhält der Franchise-Geber von den jeweiligen Lieferanten ggf. sog. Lieferantenvorteile (Boni, Rabatte, 2

E. Schlussteil

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normiert, wurde in dieser Arbeit dafür plädiert, einer netzzweckbedingten Generierung neuer Leistungspflichten generell vergleichsweise hohe Hürden zu setzen; sie sollte im deutschen wie im englischen Recht vorrangig anhand des Instituts der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. der implied terms geprüft werden. Was die Entstehung von weiteren Verhaltenspflichten angeht, so ist § 242 BGB heranzuziehen bzw. wird für das englische Recht die Einführung einer allgemeinen Pflicht zu Treu und Glauben vorgeschlagen. Entscheidungen der englischen Rechtsprechung aus der jüngsten Zeit deuten just in diese Richtung. Der Franchisevertrag mit seinen für beide Seiten bestehenden Förderungspflichten, die den Charakter einer Hauptpflicht tragen, schreibt Inhalte einer etwaigen Leistungstreupflicht an vorderster Stelle bereits fest. Für darüber hinausgehende Inhalte ist eine allgemeine Treupflicht notwendig, die zudem konzeptionell der Forderung der sozialwissenschaftlichen Theorien zur Schaffung der Entstehungsbedingungen von Vertrauen und Kooperation in asymmetrischen Netzwerken entspricht. Entscheidend ist des Weiteren eine alle Umstände, wie bspw. die Geschäftsbeziehung, einbeziehende Auslegungsmethodik und Generalklauseln im Allgemeinen, die langzeitvertrags- und netzzweckbedingte Modifikationen ermöglichen.

Werbekostenzuschüsse etc.). Zwischen den Vertragspartnern besteht Einigkeit darüber, dass diese Lieferantenvorteile bei dem Franchise-Geber verbleiben. Der Franchise-Geber ist demgemäß nicht verpflichtet, über den Empfang und das Volumen dieser sog. Einkaufsvorteile gegenüber den Franchise-Nehmern Rechenschaft abzugeben.“

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Rechtsprechungsverzeichnis Englische Rechtsprechung (alphabetisch geordnet) Adam v. Newbigging (1888) 13 App Cas 308 Anns v. Merton LBC [1977] 2 W.L.R. 1024 Antaios Compania Naviera S.A. v. Salen Rederierna A.B. [1985] A.C. 191 Balsamo v. Medici 1984 1 W.L.R. 951 Ben Shipping Co. v. An Bord Bainne, The C Joyce [1986] 2 All ER 177 Beswick v. Beswick [1968] AC 58 Body Shop International Plc v. Rawle and Others, unreported, 1992, Queen’s Bench Devision Boston Deep Sea Fishing and Ice Company v. Ansell (1888) 39 Ch. D. 339 Bristol and West Building Society v. Mothew (1998) Ch. 1 Donoghue v. Stevenson [1932] A.C. 562 Dunlop Pneumatic Tyre Company, Ltd. v. Selfridge and Company, Ltd. [1915] A.C. 847 Hedley Byrne & Co. Ltd. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465 Henderson v. Merrett [1995] 2 AC 145 Hongkong Fir Shipping Co. Ltd. v. Kawasaki Kisen Kaisha Ltd. [1962] 2 Q.B. 26 Hospital Products Ltd. v. United States Surgical Corp. (1984) 156 CLR 41 Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmes Ltd. [1988] 1 All ER 348 Investors Compensation Scheme LTD. v. West Bromwich Building Society [1998] 1 W.L.R. 896 Junior Books Ltd. v. Veitchi Co. Ltd. [1983] 1 AC 520 L. Schuler A.G. Appellants v. Wickman Machine Tool Sales Ltd. Respondents [1974] A.C. 235 Le Lievre v. Gould [1893] 1 Q.B. 491 Les Affréteurs Réunis v. Walford [1919] AC 801 May & Butcher Ltd v. King, The [1934] 2 K.B. 17 Murphy v. Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398 Norwich City Council v. Harvey and Another [1989] 1 W.L.R. 828 O’Neill v. Phillips [1999] 1 W.L.R. 1092 Ready Mixed Concrete v. Minister of Pensions and National Insurance [1968] 1 All ER 433 Re Goldcorp Exchange [1994] 2 All ER 806

Rechtsprechungsverzeichnis

281

Re Schebsman [1944] Ch. 83 Re Wait [1927] 1 Ch. 606, 640, Atkin LJ Ross v. Caunters [1979] 3 W.L.R. 605 Scruttons Ltd. v. Midland Silicones Ltd. [1962] 2 W.L.R. 186 Shanklin Pier Ltd. v. Detel Products Ltd. [1951] 2 All ER 471 Shell UK v. Lostock Garage [1977] 1 All ER 481 Shirlaw v. Southern Foundaries Ltd. [1939] 2 All ER 113 Simaan General Contracting Co. v. Pilkington Glass Ltd. [1988] 1 All ER 791 Smith v. Hughes [1861 – 73] All ER Rep 632 Stilk v. Myrick [1809] EWHC KB J58 Tate & Lyle Industries Ltd v. Greater London Council [1983] 2 A.C. 509 The Moorcock (1889) 14 PD 64 Tweddle v. Atkinson [1861 – 73] All ER Rep 369 Walford v. Miles [1992] 1 All ER 453 White v. Jones [1995] 2 A.C. 207 Williams v. Roffey Bros. and Nicholls (Contractors) Ltd. [1990] 1 All ER 512 Yam Seng Pte. Ltd. v. International Trade Corp. Ltd. [2013] 1 C.L.C. 662, Sonstige Common Law-Rechtsprechung (alphabetisch geordnet) Alpha Distrib. Co. of Cal., Inc. v. Jack Daniel Distillery 454 F.2d 442 (1972) – USA Arnott v. The American Oil Co. 609 F.2d 873 (1979) – USA Glover v. Henderson 25 S.W. 175 (1894) – USA Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd., 3 Ont. 629, 637 – 38 (1970) – Kanada Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd., 1 Ont. 251 (1972, Court of Appeal) – Kanada Jirna Ltd. v. Mister Donut of Canada Ltd., 40 D.L.R.3d 303 (1973, Supreme Court) – Kanada KFC corporation v. Diversified Packaging Corporation 549 F.2d 368 – USA Kirke La Shelle Co. v. Paul Armstrong Co. 263 N.Y. 79, 188 N.E. 163, 167 (1933) – USA Lippo v. Mobil Oil Corp. 776 F.2d 706 (1985) – USA Longhorn Group (Pty) Ltd. v. Fedics Group (Pty) Ltd. 1995 SA 836 (W) – Südafrika Shell Oil Co. v. Marinello 307 A.2d 598 (1973) – USA Siegel v. Chicken Delight 448 F.2d 43, 51 – USA

282

Rechtsprechungsverzeichnis Deutsche Rechtsprechung (nach Erscheinungsjahr geordnet, absteigend)

BGH NJW 2009, 1753 (Wettbewerbsbeschränkung bei Bezugsbindung im Franchiseverhältnis, „Bau und Hobby“) BGH NJW-RR 2006, 776 (Beteiligung des Franchisenehmers an Einkaufsvorteilen, „Hertz“) BGH NJW-RR 2004, 989 (Begriff der Geschäftsbesorgung) BGH NJW-RR 2003, 1348 (Wettbewerbsbeschränkung, „Schülertransporte“) BGH NJW-RR 2003, 1635 (Beteiligung des Franchisenehmers an Einkaufsvorteilen, „ApolloOptik“) BGH NJW-RR 2000, 1436 (Qualifikation eines Franchisenehmers als arbeitnehmerähnliche Person) BGH NJW 1999, 2671 (Wettbewerbsbeschränkung bei Preisbindung durch Franchisegeber, „Sixt“) BGH NJW 1999, 1177 (Kündigung eines Franchisevertrages aus wichtigem Grund) BGHZ 138, 311 (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) BGHZ 129, 136 (Treupflicht des Minderheitsaktionärs) BGH NJW-RR 1995, 1260 (Investitionsschutz beim Vertragshändlervertrag) BGH NJW-RR 1995, 1260 (Investitionsschutz beim Vertragshändlervertrag) BGHZ 116, 47 (Wettbewerbsbeschränkung, „Amtsanzeiger“) BGHZ 108, 134 (Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung gem. § 826 BGB) BGH NJW 1985, 1894 (Kündigung eines Franchisevertrages aus wichtigem Grund, McDonald’s) BGH NJW 1984, 1182 (Klausel zu Marktverantwortungsgebiet in Vertragshändlervertrag) BGH NJW 1983, 816 (Bauvertrag, AGB-rechtliche Prüfung) BGHZ 81, 322 (Wettbewerbsbehinderung bei Bezugsbindung in Vertragshändlervertrag, „Original-VW-Ersatzteile II“) BGHZ 81, 298 (Finanzierungsleasing, AGB-rechtliche Prüfung) BGHZ 69, 82 (Girovertrag mit Schutzwirkung für Dritten, „Lastschriftfall“) BGHZ 66, 51 (Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, „Salatblattfall“) BGH WM 1969, 489 (Grenzen des § 242 BGB) BGHZ 51, 91 (Produzentenhaftung und Drittschadensliquidation, „Hühnerpestfall“) BGHZ 50, 312 (Kündigung eines Mietverhältnisses aus wichtigem Grund) BGHZ 45, 223 (Begriff der Geschäftsbesorgung) BGH NJW 1965, 1955 (Ansprüche Dritter aus Verletzung eines Anwaltsvertrages, „Testamentsfall“) BGHZ 38, 90 (Zwischenhandelspreisbindung, „Treuhandbüro“) BGHZ 10, 228 (Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB)

Rechtsprechungsverzeichnis

283

BGHZ 7, 371 (Bankauskunft, stillschweigender Auskunftsvertrag) RGZ 95, 166 (Vertragshändlersystem gesellschaftsähnlich) RGZ 92, 201 (Vertragshändlersystem gesellschaftsähnlich) RGZ 80, 221 (Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB) RGZ 78, 239 (Culpa in contrahendo, sog. Linoleumrollenfall) RGZ 65, 37 (Vertragshändlersystem gesellschaftsähnlich) OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11. 4. 2011, Az. 5 W 71/11 – 29, 5 W 71/11 (Qualifikation eines Franchisenehmers als arbeitnehmerähnliche Person) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 1. 2008, Az. VI-Kart 11/06 (V), Kart 11/06 (V) (Wettbewerbsbeschränkung bei Bezugsbindung im Franchiseverhältnis, „Bau und Hobby“) OLG Düsseldorf, Urt. v. 13. 12. 2006, Az. VI-U (Kart) 37/05 (Weiterleitung von Einkaufsvorteilen im Franchiseverhältnis) OLG Düsseldorf, Urt. v. 13. 12. 2006, Az. VI-U (Kart) 36/05, U Kart 36/05 (Weiterleitung von Einkaufsvorteilen im Franchiseverhältnis) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22. 6. 2005, Az. VI-W (Kart) 5/05 (Qualifikation eines Franchisenehmers als arbeitnehmerähnliche Person) OLG Koblenz, Urt. v. 13. 6. 2002, Az. U 449/01 (Kart.) (Weiterleitung von Einkaufsvorteilen im Franchiseverhältnis) OLG Frankfurt WM 1999; 1208 (Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte im Überweisungsverkehr der Banken) OLG München, NJW-RR 1995, 1137 (Investitionsschutz beim Vertragshändlervertrag) OLG München, NJW-RR 1992, 1097 (Mietrecht, Hausordnung als Vertrag zugunsten Dritter) OLG Stuttgart, NJW-RR 1990, 491 (Investitionsschutz beim Vertragshändlervertrag) LG Dortmund, Urt. v. 13. 7. 2000, Az. 13 O 1/00 (Kart.) (Weiterleitung von Einkaufsvorteilen im Franchiseverhältnis)

Stichwortverzeichnis 2-stages-test

190, 194 f., 199 f.

Agency 22, 56, 245 Anns v. Merton London Borough Council 197 Antaios v. Salen 256 Arbeitsvertrag 32, 48, 81 Arnott v. The American Oil 253 Balsamo v. Medici 198 BGH NJW 1985, 1894 – McDonald’s 49, 144, 232 BGH NJW 1999, 2671– Sixt 212, 216, 220 BGH NJW 2009, 1753 – Bau und Hobby 210, 222 BGH NJW-RR 2003, 1635 – Apollo-Optik 213, 216 BGH NJW-RR 2006, 776 – Hertz 212, 216 Body Shop International v. Rawle 60 Bristol and West Building Society v. Mothew 250 Burger King 19, 268 Business efficacy-test 244, 249 Business Format Franchising 13, 16, 55, 115, 140 Certainty of terms 34 Commercial agent 21, 58 Consideration 89, 136, 191 Contract of co-operation 107, 248 Contract of employment 55 Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999 89, 136, 186 f., 202 Culpa in Contrahendo 167 Dauerschuldverhältnis 26, 30 ff. DCFR 13, 21, 25 Discrete contract 35, 75, 99 Distributor 22, 55, 264 Donoghue v. Stevenson 189 f.

Draft Common Frame of Reference siehe DCFR Equity

22, 41, 110 ff., 250

Fiduciary relationship 22, 41, 56, 110 ff., 250 Filialisierung 18 Franchisevertrag 26 ff., 47 ff. Free Riding 144 ff. Gemeinsamer Referenzrahmen siehe DCFR Geschäftsbesorgungsvertrag 51 Gesellschaft bürgerlichen Rechts siehe Gesellschaftsvertrag, Partnership Gesellschaftsvertrag 27, 32, 47 ff., 93 Good faith 58 ff., 105, 107 ff., 246 ff., 255 ff. Goodwill 29, 33, 96, 144 f., 150 Handelsvertreter 20, 46, 51 ff. Handelsvertreterrichtlinie 13, 20 f., 58, 119, 266 Hedley Byrne v. Heller 190 ff. Hierarchische/heterarchische Netzwerke siehe Symmetrische/asymmetrische Netzwerke Hongkong Fir Shipping v. Kawasaki 257 Implied term 244 f., 247, 249 Incomplete contract 39 ff., 101, 143, 150, 259 Interessenwahrung 45 f., 93 ff., 234 Interorganisationale Netzwerke 80 Investitionsschutz 234 ff., 258 ff. Investors Compensation Scheme v. West Bromwich Building Society 242, 248 f. Jirna v. Mister Donut of Canada 253 f. Junior Books v. Veitchi 194 ff., 198 f.

Stichwortverzeichnis Komplexer Langzeitvertrag 114 f. Konzeptanwendung und Systemförderung 16, 28, 52 f., 96 Kooperation 14, 35 ff., 84 f., 101, 108 Kündigung 17, 31, 231 ff., 256 ff. Law and Economics siehe Ökonomische Analyse des Rechts Les Affréteurs Réunis v. Walford 188 Licence 54 f., 144 Long-term contract 33 ff., 102 f., 104 f. Market and hierarchy 73 ff., 90 ff., 122 ff. McDonald’s 18 f., 145, 148, 232 Mengenrabatt 206 f. Murphy v. Brentwood 197 f., 200 Neighbourhood-test 190 Network siehe Netzwerk Network contract 138 f., 200 f., 248 ff. Netzvertrag 128 ff., 171 f. Netzwerk 37, 62 ff., 66 ff., 71 ff., 86 ff., 122 ff., 142 f. Netzzweck 47, 93 ff., 130 f., 162, 224 f. Officious bystander-test 244 f., 249 Ökonomische Analyse des Rechts 38 f., 71 f. Organisationsvertrag 142 f. Pachtvertrag 50 f. Partnerschaftsfranchising 26 f. Partnership 41, 58 f., 253 Policy considerations 195, 200 Prinzipal-Agent-Theorie 145 ff. Privity of contract 89 f., 136 f., 187 ff. Re Goldcorp Exchange 112 f. Ready Mixed Concrete v. Minister of Pensions and National Insurance 56 Relational contract law 35, 74 f., 99 ff., 246 f. Royalty 15, 60, 258 Scruttons v. Midland Silicones 136 Shanklin Pier v. Detel Products 187 f. Shirlaw v. Southern Foundaries Ltd. 244 f.

285

Simaan General Contracting v. Pilkington Glass 196 f. Statusvertrag 116 ff. Straight Product Franchising 15, 24, 55 Subordinationsfranchising 26 f., 84 Symbiotischer Vertrag 115 f. Symmetrische/asymmetrische Netzwerke 81, 91, 169 f. Synallagmatisches Triallagma 127 f. Teilung von Vorteilen 212 ff., 242 ff. The Moorcock 244 f. tort of negligence 189 ff. Transaktionskosten siehe Ökonomische Analyse des Rechts Treu und Glauben 22, 33, 42 ff., 94, 160, 262 Treuhänderische Beziehung siehe Fiduciary relationship Treuhandvertrag 44 ff. Treupflicht 33, 41 ff., 119 f., 224, 236 Tweddle v. Atkinson 136 f., 186 Unvollständigkeit von Verträgen siehe Incomplete contract Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 89 f., 159 ff., 184, 192 Vertrag und Gesellschaft siehe Market and hierarchy Vertrag zugunsten Dritter 89, 136 f., 158 f. Vertragshändler 22 ff., 235 Vertragsnetz 132 ff., 172 ff. Vertragsverbund 86 ff., 122 ff., 168 ff. Vorteilsweiterleitungspflicht siehe Teilung von Vorteilen Walford v. Miles 22, 246 f. Warenbezugsbindung 207 ff. White v. Jones 89 f., 192 ff., 205 Williams v. Roffey Bros. 105 Yam Seng v. International Trade

22, 264

Zentrale/dezentrale Netzwerke siehe Symmetrische/asymmetrische Netzwerke