Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes: Vorträge und Diskussionsbeiträge der verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 1973 [1 ed.] 9783428432202, 9783428032204

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Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes: Vorträge und Diskussionsbeiträge der verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 1973 [1 ed.]
 9783428432202, 9783428032204

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Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes

S c h r i f t e n r e i h e der Hochschule Speyer Band 54

Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes

Vortrage und Diekueeionsbeiträge der verwaltungswieeenechaftlichen Arbeitetagung der Hochschule für Verwaltungewiseenschaften Speyer

1973

DUNCKER & HUMBLOT

/

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1974 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1974 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 03220 9

Inhalt

Vorwort des Tagungsleiters, Prof. Dr. Dr. Klaus König

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Auszug aus der Begrüßungsansprache des Rektors, Professor Dr. Rudolf Morsey

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Eröffnung durch den Staatssekretär des Ministeriums des Innern Rheinland-Pfalz, Alois Schreiner, Mainz . ;.., : . ,>·.·.. , ;..'...

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Bildungspolitische Aspekte der Fortbildung Von Professor Dr. Thomas Ellwein, München

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Aussprache zum Referat von Thomas Ellwein Bericht von Akademischem Rat Dr. Bernd Rückwardt,

Speyer

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Zentralisierte und dezentralisierte Fortbildung i m öffentlichen Dienst — Konzeptionen i m I n - und Ausland Von Präsident Dr. Karl-Heinz Mattern, Bonn 43 Aussprache zum Referat von Karl-Heinz Mattern Bericht von Regierungsrat Jürgen Kalitzky, Speyer

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Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs — Erstellung von Thesen i n Arbeitsgruppen

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Fortbildungsbedarf i n der Einführungsphase der Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes (Arbeitsgruppe A) Thesen und Bericht von Ministerialrat Klaus Werner Lötz, München .. 83 Fortbildungsbedarf des höheren Verwaltungsdienstes auf dem Gebiet des Führungswissens — Anforderungen der Verwaltungsumwelt (Arbeitsgruppe B) Thesen und Bericht von Professor Dr. Peter Eichhorn, Speyer

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Fortbildungsbedarf des höheren Verwaltungsdienstes auf dem Gebiet des Führungswissens — Anforderungen i m Verwaltungssystem (Arbeitsgruppe C) Thesen und Bericht von Leitendem Regierungsdirektor Dr. Georg Roth, Bonn 99 Fortbildungsbedarf der technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes (Arbeitsgruppe D) Thesen und Bericht von Leitendem Regierungsdirektor Dr. Oskar Schmelzer, Mannheim 107

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Inhalt

Aussprache über die Ergebnisse der Arbeitsgruppen Bericht v o n Wissenschaftlichem Assistenten Assessor Ernst Speyer

Rüper, 115

Methodik der E r m i t t l u n g des Fortbildungsbedarfs des höheren V e r w a l tungsdienstes Von Professor Dr. Gerhard Brinkmann, Köln/Siegen 125 Aussprache zum Referat v o n Gerhard B r i n k m a n n Bericht von Regierungsrat Jürgen Kalitzky,

Speyer

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Auswirkungen einer Reform des öffentlichen Dienstrechtssystems auf die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes Von Ministerialdirektor a. D. Herbert Fischer-Menshausen,

Hamburg .. 149

Aussprache zum Referat von Herbert Fischer-Menshausen Bericht von Wissenschaftlichem Assistenten Diplom-Politologen Dr. Albrecht Nagel, Speyer 178 Schlußwort V o n Professor Dr. Dr. Klaus König, Speyer

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Vorwort des Tagungsleiters Die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes gehört zu den Aufgaben der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer seit ihrer Gründung. Vom Jahre 1971 an sind ihre Aktivitäten auf diesem Gebiete erheblich ausgeweitet worden. Heute werden folgende Fortbildungsformen angeboten: — Eingangsseminare, — Führungsseminare, — Sonderseminare, — Offene Tagungen. Die Eingangsseminare werden für Beamte des höheren Dienstes der Eingangsstufe veranstaltet. Sie werden i n Absprache mit den Ländern durchgeführt, die i n Ergänzung ihrer eigenen Fortbildungsveranstaltungen die Vermittlung bestimmten Grundwissens i m Hochschulbereich wünschen. Dabei geht es vor allem u m den Erwerb solcher für den Verwaltungsgeneralisten notwendigen Kenntnisse, die durch das bisherige fachwissenschaftliche Studium und den praktischen Vorbereitungsdienst noch nicht vermittelt worden sind. Die Führungsseminare richten sich an die Landes- und Kommunalbeamten, die bereits Führungsaufgaben wahrnehmen oder i n absehbarer Zeit wahrnehmen sollen. Vermittelt werden insbesondere Kenntnisse auf den Gebieten, die über die funktionsspezifischen Arbeitsanforderungen an den Verwaltungsmann hinausgreifen. Die Berücksichtigung von speziellem Führungswissen, exemplarischen öffentlichen Aufgaben und Problemen der politischen und sozialen Umwelt der Verwaltung kennzeichnen die Programme. Das gesamte Seminar umfaßt vier Kurse von je einer Woche Dauer i m Abstand von einem halben Jahr. Führungsseminare sind eine Hauptaufgabe der Hochschule Speyer. Sie stellt bei einer Beschränkung der Anzahl der Teilnehmer je Kurs auf 25 Personen inzwischen i n jedem halben Jahr 200 Studienplätze zur Verfügung. Zusätzlich zu den allgemeinen Fortbildungsformen werden Sonderseminare über aktuelle staatspolitische Probleme mit einem fachlich eingegrenzten Themen- und Teilnehmerkreis durchgeführt. I m Mittelpunkt der Veranstaltung stehen verfassungspolitische, rechtspolitische, verwaltungspolitische Projekte wie etwa das neue Sozialgesetzbuch oder die Novellierung des Bundesbaugesetzes. Die Teilnehmer dieser Fortbil-

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V o r w o r t des Tagungsleiters

dungsform werden i n ihrer amtsspezifischen Funktion angesprochen. I m Gespräch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern erfahren die behandelten Gegenstände eine problemorientierte Ausweitung. I n den offenen Tagungen setzt die Hochschule die Tradition ihrer Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagungen fort. Sie werden i m Frühjahr jeden Jahres veranstaltet und durchschnittlich von 250 bis 400 Teilnehmern besucht. Gesamtthemen wie „Die Polizei i m demokratischen Rechtsstaat" (1973), „Regierungsprogramme und Regierungspläne" (1972), „Entwicklung der Aufgaben und Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden" (1971), „Zehn Jahre Verwaltungsgerichtsordnung. Bewährung und Reform" (1970) werden von Wissenschaftlern und Praktikern behandelt und i m Plenum diskutiert. Sie kennzeichnen eine Fortbildungsmöglichkeit, die grundsätzlich jedem Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes offensteht. Die Fortbildungsprogramme der Hochschule Speyer sind i n pragmatischer Weise entwickelt worden. Die interdisziplinäre Zusammensetzung ihres Lehrkörpers und die bewährte Beteiligung von Praktikern an ihren Lehraufgaben haben ein solches Vorgehen ermöglicht. Mitglieder der Hochschule stehen i n Fragen der Fortbildung in ständigem Erfahrungsaustausch m i t Personalfachleuten der öffentlichen Verwaltung. Die Hochschule hat die an ihren Fortbildungsveranstaltungen interessierten Stellen zu Gesprächen eingeladen. Sie ist i n den Sitzungen der Fortbildungsreferenten der Länder vertreten. I n ihrem Entwicklungsplan 1974 - 1979 kommt insbesondere die Bereitschaft zum Ausdruck, mit der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung i m Fortbildungsbereich zusammenzuarbeiten. Es bestehen zu i m Inland und Ausland eingerichteten Fortbildungsinstitutionen mannigfache Kontakte. Die Hochschule Speyer ist so schon i m Hinblick auf ihre eigenen Fortbildungsprogramme zur Kooperation mit den Personen und Stellen bereit, die für die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes zuständig sind. Es ist aber nicht nur dieses Interesse gewesen, das uns veranlaßt hat, Verwaltungsleute, die an maßgeblicher Stelle Personalentscheidungen zu verantworten haben, und Fachleute, die in Bildungsinstitutionen und Verwaltungsinstanzen m i t der Fortbildung befaßt sind, i m Herbst 1973 nach Speyer einzuladen. Für eine Hochschule für Verwaltungswissenschaften ist die Fortbildung des Verwaltungspersonals für sich ein relevanter Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung. Wie es für uns mit der wachsenden Bedeutung unserer Fortbildungsaktivitäten erforderlich geworden ist, den einschlägigen Bemühungen durch eine begleitende Curriculumforschung weitere Grundlagen zu geben, so wollen w i r auch einen Beitrag zur allgemeinen Diskussion der Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes leisten.

V o r w o r t des Tagungsleiters

Die verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagungen der Hochschule Speyer mit ihren spezifischen Verbindungen zur Forschung bieten solchen Erörterungen einen angemessenen Rahmen. Kompetenten Wissenschaftlern und Praktikern der Bildungspolitik, der Fortbildung, der Berufsforschung und der Personalreform ist die Gelegenheit gegeben worden, sich zu Grundproblemen der Fortbildung zu äußern. Da es uns vordringlich zu sein scheint, mehr von den praktischen Einschätzungen des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs zu erfahren, ist auch eine Erörterung in A r beitsgruppen vorgesehen worden. Sachkundige, die verwaltungsextern und verwaltungsintern mit der Fortbildung befaßt sind, haben es übernommen, Problemaufrisse vorzubereiten und als Arbeitsgruppenleiter zu fungieren. Die Problemaufrisse sind die Grundlagen der Auseinandersetzungen i n den Arbeitsgruppen gewesen. Die Arbeitsgruppen haben ihre Gesprächsergebnisse i n Thesen zusammengefaßt. Die Thesen sind von den Arbeitsgruppenleitern i m Plenum vorgetragen und zur allgemeinen Diskussion gestellt worden. Wenn auch i n den Arbeitsgruppen zu einzelnen Fortbildungsfragen ein klares Meinungsbild hergestellt worden ist, so ist die den Gruppen zur Verfügung stehende Beratungszeit von einem halben Tag doch zu kurz gewesen, um das jeweilige Thema in allen Fragen i n wissenschaftlicher Weise zu vertiefen. Damit nicht zu hohe Ansprüche an die Repräsentativität der vorgetragenen Einschätzungen entstehen, haben es die Arbeitsgruppenleiter übernommen, aus ihrer Sicht über die Gruppenarbeit in diesem Band zu berichten. Insbesondere Tagungsteilnehmer, die i n der Praxis mit Vorlagen für Entscheidungen i n Fortbildungsangelegenheiten beschäftigt sind, haben es begrüßt, daß die Vorträge und Berichte über Diskussionen und Gruppenarbeiten nach den hiesigen Gepflogenheiten i n der Schriftenreihe der Hochschule Speyer publiziert werden. Man muß dazu einschränkend bemerken, daß der Stand der wissenschaftlichen Beratungen in dieser Sache sicherlich noch nicht befriedigend ist. I n der nach der deutschen Verwaltungs- und Rechtstradition geführten Debatte über den öffentlichen Dienst sind bestimmte Themen bevorzugt worden. Die i n unseren Auseinandersetzungen offen gebliebenen Streitpunkte — man denke an die Frage des Generalisten und des Spezialisten i n der Verwaltung — machen deutlich, daß w i r uns selbst mustergültige Probleme des Verwaltungspersonals wissenschaftlich noch weiter erschließen müssen. Wenn es auch wünschenswert bleibt, daß nach den Tagungsergebnissen sich auf einigen Gebieten Lösungsmöglichkeiten für die spezielle Thematik der Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes abzeichnen, so ist es doch angesichts neuer Qualitäten und Quantitäten öffentlicher Verwaltung nach unserer Perspektive mindestens genauso wichtig, daß durch Diskussionen, wie w i r sie i m Herbst 1973 i n Speyer geführt haben, die Fragestellungen zum Verwaltungspersonal grundsätzlich ausgeweitet werden.

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V o r w o r t des Tagungsleiters

Die Ausdehnung der Fortbildungs- und Tagungsaktivitäten der Hochschule Speyer haben zu Belastungen geführt, die nicht nur unser Fortbildungsreferat und das Fortbildungs- und Tagungssekretariat, sondern auch die anderen administrativen und technischen Hilfen bis zu den Schreibdiensten betreffen. Ich nehme gern die Gelegenheit wahr, um mich bei allen Mitarbeitern, besonders aber bei denen zu bedanken, die zur Durchführung der Herbsttagung 1973 und zur Erstellung dieses Bandes beigetragen haben. Klaus König

Auszug aus der Begrüßungsansprache des Rektors Die Zahl der Teilnehmer aus Wissenschaft und Verwaltung und der Charakter dieser geschlossenen Arbeitstagung erlauben es mir, auf eine namentliche Begrüßung unserer Gäste, insbesondere der heute bereits anwesenden Referenten, zu verzichten. Das fällt mir um so leichter, als sich unter Ihnen viele alte Freunde und Bekannte der Hochschule befinden. Dazu gehört auch — und ihn allein möchte ich namentlich ansprechen — als Vertreter der Landesregierung von Rheinland-Pfalz Herr Staatssekretär Schreiner vom Innenministerium i n Mainz. W i r sehen und w ü r digen i n der Tatsache, daß er gleich unsere Tagung eröffnen wird, das Interesse, das die Regierung dieses Landes — gleichsam stellvertretend für die aller anderen Bundesländer — der Fortbildung beimißt. M i t dieser Tagung verbindet die Hochschule ein doppeltes Ziel: Sie w i l l einmal diejenigen Wissenschaftler, Fortbildungsexperten und Verwaltungspraktiker zu gemeinsamem Gedanken- und Erfahrungsaustausch zusammenführen, die sich an der Fortbildung von Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes beteiligen bzw. dafür zuständig sind. Und sie w i l l zum zweiten durch die Verbindung von Wissenschaftlern und Praktikern — eine Zusammenarbeit, die die Hochschule auch i n ihrem Lehrprogramm von jeher kennt — dazu beitragen, neue Wege und Möglichkeiten für die wachsenden Fortbildungsaufgaben zu erarbeiten. Es geht — grob verkürzt — u m eine „Fortbildung für Fortbilder", wie sie künftig häufiger notwendig sein dürfte. Die Hochschule hat seit nunmehr über 20 Jahren Erfahrung in der Fortbildung, die von Anfang an als wichtige Aufgabe verstanden worden ist. Ich brauche nur an die offenen Staatswissenschaftlichen Frühjahrstagungen zu erinnern, deren Ergebnisse i n einer stattlichen Zahl von Sammelbänden vorliegen. Diese Veranstaltungen sind i n erster Linie mit dem Namen von Herrn Kollegen Erich Becker verknüpft, der die Fortbildungstradition i n unserem Hause verkörpert. Dafür möchte ich i h m sehr herzlich danken, zumal i n einem Augenblick, i n dem er unmittelbar vor dem Ausscheiden aus seinen aktiven Lehrverpflichtungen steht. Ich darf ferner an die kleineren, weniger nach außen gerichteten Herbsttagungen erinnern, bei denen es sich i n der Regel u m geschlossene Arbeitsseminare handelte, häufig unter Beteiligung ausländischer Fachleute. Seit 1971 veranstaltet die Hochschule Fortbildungskurse für Angehörige der Eingangsstufe des höheren Verwaltungsdienstes i n vier jeweils

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Auszug aus der Begrüßungsansprache des Rektors

einwöchigen Kursen, die über einen Zeitraum von zwei Jahren hin angelegt sind. Diese Aufgabe ist seit 1972 u m Fortbildungskurse für Angehörige des höheren Dienstes i m Führungsbereich erweitert worden. I n beiden Fällen sind Landes- und Kommunalbeamte zusammengefaßt, eine Mischung, die sich für den Austausch von Erfahrungen unter den Kursteilnehmern und für die Ergiebigkeit der Diskussion als besonders fruchtbar erwiesen hat. Vom kommenden Frühjahr an werden i n der Hochschule jährlich insgesamt 16 Kurse stattfinden, jeweils zwei Kurse mit je 25 Teilnehmern nebeneinander. Ab 1977 soll dann, entsprechend den Vorstellungen unseres kürzlich verabschiedeten „Hochschulentwicklungsplans 1974 - 1979", auch die Möglichkeit von Fortbildungskursen während der Semesterzeit vorgesehen werden. Die Hochschule für Verwaltungswissenschaften legt Wert darauf, i n diesen Veranstaltungen nicht nur Fachwissen und spezielle Führungskenntnisse zu vermitteln. Sie sucht gleichzeitig die Aufgaben und die Arbeit der Verwaltung i n ihren politischen und sozialen Bezügen unter interdisziplinären Aspekten zu verdeutlichen. Daß w i r dabei nicht auf vordergründige Aktualisierung bedacht sind, entspricht der Tradition unserer Tagungen und ihrer wissenschaftlichen Grundlage. Ich möchte diese einleitenden Begrüßungsworte nicht dazu benutzen, u m Ihnen unsere Erfahrungen über die bisherige Arbeit in diesem Bereich mitzuteilen; dafür bin ich auch nicht kompetent. Stattdessen sei m i r ein persönliches Wort gestattet: Sollten w i r nicht stärker nach Möglichkeiten suchen, auch und gerade i m Bereich der Fortbildung klares Denken in klarer Sprache zu vermitteln? Prof. Dr. Rudolf Morsey

Eröffnung durch Staatssekretär Alois Schreiner Ministerium des Innern, Rheinland-Pfalz

„Fortbildung t u t not." Das ist der Tenor ungezählter Zeitschriftenartikel, Reden von Politikern und Entschließungen von Berufsverbänden. Das ist auch der gedankliche Leitsatz, unter dem w i r uns hier i n der Hochschule für Verwaltungswissenschaften zusammengefunden haben. Aber ist dieser Slogan richtig? Tut Fortbildung wirklich not? Lohnt sich all der Aufwand, der i m Namen der Fortbildung getrieben wird? Sind die steigenden Fortbildungskosten, das Leerstehen des Arbeitsplatzes während der Fortbildungsveranstaltung, die Überlastung des Mitarbeiters durch die zwischenzeitlich auflaufende Arbeit gegenüber dem Steuerzahler, dem Bürger, dem Mitarbeiter zu verantworten? Meines Erachtens muß diese Frage differenziert betrachtet und beantwortet werden. Fortbildung t u t not, aber nur, wenn der i n allen Fortbildungsreden, Fortbildungsprogrammen und Fortbildungsresolutionen erläuterte Zweck auch tatsächlich erreicht wird, wenn Fortbildung also Mängel der Ausbildung ausgleicht, Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter vertieft und sie an die Veränderungen i n der Gesellschaft, i n Wissenschaft und Technik anpaßt. Kurz: Fortbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie die Leistungsfähigkeit der Verwaltung erhöht. Das ist kein überholtes Leistungsdenken. Es berücksichtigt vielmehr auch die Interessen des M i t arbeiters. Denn die Erfahrung lehrt, daß w i r alle um so zufriedener von einer Fortbildungsveranstaltung an unseren Arbeitsplatz zurückkehren, je mehr sie uns i n die Lage versetzt hat, unsere Arbeitsergebnisse zu verbessern. Über dieses Fortbildungsziel der Leistungssteigerung läßt sich i n der theoretischen Erörterung sicherlich Übereinstimmung erzielen. Nur, wie sieht es i n der Praxis aus? Hier findet sich eine Fülle von Fortbildungsveranstaltungen, die tatsächlich geeignet sind, die Effektivität unserer Verwaltung zu steigern. Aber w i r alle kennen auch genügend Gegenbeispiele. So wissen w i r , daß manche als „Fortbildung" deklarierte Veranstaltung eher der Forderung nach Bildungsurlaub oder nach staatsbürgerlicher Weiterbildung gerecht w i r d als der nach einer Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten. W i r wissen auch, daß manche Fortbildung sich nicht i n einer Leistungssteigerung auswirkt, weil der Fortgebildete für die neugewonnenen Kenntnisse an seinem Arbeitsplatz keine Verwendung hat. Denken Sie an den Fall des Mitarbeiters ohne

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Vorgesetztenfunktion, der zu einem Seminar über Menschenführung geschickt wird, während der Abteilungsleiter unabkömmlich ist oder glaubt, es zu sein. Schließlich gibt es auch Fortbildungsveranstaltungen, von denen der Mitarbeiter, angefüllt mit neuem Berufswissen, an den Arbeitsplatz entlassen wird, ohne daß sich hier irgend etwas ändert, einfach deshalb, w e i l bei aller Theorie versäumt wurde, dem Mitarbeiter zu zeigen, wie er in seiner konkreten Situation diese Kenntnisse anwenden kann. Ich brauche als Beispiel nur an die aus der Wirtschaft übernommenen Management-Modelle zu erinnern. Diese beliebig vermehrbaren Beispiele zeigen, daß die Fortbildung immer noch nicht oder nicht i n ausreichendem Maße als Instrument zur Steigerung der Verwaltungsaktivität eingesetzt wird. Das ist nicht verwunderlich, denn die Fortbildung i n der Verwaltung steht noch am Anfang. Das sage ich, ohne zu übersehen, daß die Fortbildung, insbesondere die fachliche Fortbildung, i n einigen Bereichen stark ausgebaut worden ist. Ich übersehe auch nicht, daß die Fortbildung der Probebeamten des höheren Dienstes der allgemeinen und der inneren Verwaltung nach dem 1968 von der Innenministerkonferenz beschlossenen Rahmenplan in allen Ländern eine Phase der Konsolidierung erreicht hat. Desgleichen übersehe ich nicht die mit gutem Erfolg angelaufenen Fortbildungsveranstaltungen der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer für die mittlere Führungsebene des höheren Dienstes und die besonders i n methodischer Hinsicht häufig beispielhaften Veranstaltungen der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. Aber was fehlt, ist eine umfassende Gesamtplanung der Fortbildung i n den Ländern, ist eine systematische Förderung und Regelung der Fortbildung, wie sie etwa die Laufbahnverordnung unseres Landes den obersten Dienstbehörden aufgibt. Die ständige Konferenz der Innenminister hat das erkannt und am 28. 4. 1972 empfohlen, außer den Probebeamten des höheren Dienstes auch die anderen Beamten i n eine regelmäßige und systematische Fortbildung einzubeziehen und die hierfür erforderlichen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Die Fortbildungsreferenten der Länder haben sich bei ihrer letzten Zusammenkunft dafür ausgesprochen, auch für diesen Bereich der Fortbildung einen Rahmenplan zu erstellen. Sie haben einen Ausschuß eingesetzt, der die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen konkretisiert. Auch die von der Bundesregierung eingesetzte Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts hat i n ihrem Bericht beachtenswerte Grundsätze für ein Fortbildungssystem entwickelt. Dies ist also die Situation, i n der die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer zu einer Arbeitstagung über die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes eingeladen hat. Ich halte es für außerordentlich glücklich, daß gerade jetzt, da die bisherigen Fortbildungs-

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bemühungen i n ein solides System eingebracht werden sollen, die Hochschule für Verwaltungswissenschaften alle für die Fortbildung i n der Verwaltung Verantwortlichen i n einer Arbeitstagung zusammengeführt hat. Als Staatssekretär des i n diesem Lande für die Fortbildung federführenden Ressorts freue ich mich, diese Tagung eröffnen zu dürfen. A n den Ergebnissen der Arbeitstagung bin ich i n besonderem Maße deshalb interessiert, w e i l w i r i m Ministerium des Innern den Entwurf einer Generalkonzeption für die Fortbildung i n diesem Lande erarbeitet haben. Er soll i m Anschluß an diese Tagung m i t den anderen Ministerien des Landes erörtert werden. Den Erörterungstermin haben w i r absichtlich so weit hinausgeschoben, u m die Ergebnisse dieser Tagung verwerten zu können. Gestatten Sie mir, Ihnen einige Gedanken zur Fortbildung vorzutragen, die auch i n den genannten Entwurf eingeflossen sind. Vielleicht w i r d das eine oder andere von m i r aufgeworfene Problem i m Rahmen dieser Arbeitstagung diskutiert werden. Ich würde mich über neue Erkenntnisse freuen. Diese Gedanken erstrecken sich 1. auf den Fortbildungsbedarf, 2. auf die Prioritätenregelung unter den Fortbildungsmaßnahmen und 3. auf die Fortbildungsmethode. Zunächst einige Worte zur Ermittlung des Fortbildungsbedarfs, die zu Recht i m Mittelpunkt dieser Arbeitstagung steht, denn sie ist Voraussetzung für jede vernünftige Fortbildungsplanung. Wenn w i r als Ziel der Fortbildung die Steigerung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ansehen, dann ist klar, woraus sich der Fortbildungsbedarf ergibt. Durch jede Fortbildung müssen dem Mitarbeiter Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, mit denen er seine Aufgaben am A r beitsplatz besser erfüllen kann. Grundlage der Bedarfsermittlung muß also eine Analyse der Anforderungen des Dienstpostens sein. Hier stehen w i r nun vor dem Problem, daß w i r die Anforderungsmerkmale der einzelnen Dienstposten nicht genügend kennen. Die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts fordert deshalb, vor der Entwicklung eines Fortbildungssystems zunächst dieses Grundlagenmaterial durch empirische Untersuchungen zu erarbeiten. Sollten w i r also eine systematische und bedarfsorientierte Fortbildung zurückstellen, bis diese Untersuchungen abgeschlossen sind? Sicherlich nicht! Ich verstehe die Fortbildungsplanung vielmehr als langwierigen Prozeß, der gleichzeitig und i n ständiger Wechselwirkung mit der Planung der einzelnen Fortbildungsveranstaltungen ablaufen sollte. Der Fortbildungsbedarf ergibt sich ja nicht ausschließlich aus den Anforderungen des Dienstpostens. Er läßt sich nur ermitteln, wenn auch bekannt ist, ob und i n welcher Weise die Erfüllung dieser Anforderungen durch Fortbildung verbessert werden kann. Die dazu notwendigen Detailkenntnisse

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über Inhalt und Umfang von Fortbildungsmaßnahmen lassen sich häufig am ehesten bei der Vorbereitung und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen gewinnen. Ich möchte deshalb für die Ermittlung des Fortbildungsbedarfs ein kombiniertes Verfahren zur Diskussion stellen, das aus den folgenden drei Stufen besteht: 1. Ermittlung der Anforderungen des Dienstpostens, etwa durch Studium von Geschäftsverteilungsplänen, 2. Befragung der Mitarbeiter nach der Selbsteinschätzung des Fortbildungsbedarfs und 3. Erarbeitung des Fortbildungsbedarfs i n Kleingruppen durch die Teilnehmer der Fortbildungsseminare, die dabei das während des Seminars erworbene Wissen über Ausbildungsmöglichkeiten gleich verwerten können. Lassen Sie mich nunmehr auf die zweite Frage eingehen, wie nämlich die Prioritäten unter den Fortbildungsveranstaltungen zu regeln sind. Auch hier ist von dem Grundsatz der leistungsorientierten Fortbildung auszugehen. Solange ein Mitarbeiter nicht alle Fortbildungsveranstaltungen besucht hat, müssen diejenigen Veranstaltungen Vorrang haben, die einen größeren Gewinn für seinen Dienstposten versprechen. Das bedeutet einmal, daß allgemeinbildende Veranstaltungen i n der Fortbildungsplanung zunächst zurückstehen müssen. Sicherlich ist eine solide Allgemeinbildung für die Berufstätigkeit gerade eines Beamten des höheren Dienstes von großer Bedeutung, nur übersteigt ihre Einbeziehung ζ. Z. die vorhandenen Fortbildungskapazitäten. Hier muß der Beamte auf seine i m Dienstrecht niedergelegte Pflicht hingewiesen werden, von den vielfältigen außerdienstlich angebotenen Fortbildungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Der Grundsatz der leistungsorientierten Fortbildung w i r f t aber einige subtilere Probleme auf. Wie ist es etwa bei der Konkurrenz von Gebrauchswissen und Vorratswissen? Grundsätzlich sollen die Mitarbeiter zunächst Veranstaltungen besuchen, bei denen sie aktuelles Gebrauchswissen für ihre gegenwärtige Funktion erwerben können. Die Aneignung von Wissen auf Vorrat für andere Funktionen, von denen — solange keine entsprechende Personalplanung besteht — sehr ungewiß ist, ob sie diese jemals bekleiden werden, ist sekundär. Allerdings muß sichergestellt werden, daß sich der Mitarbeiter Kenntnisse erwerben kann, um höherwertige Funktionen übernehmen zu können. Häufig reicht es aber auch aus, die Fortbildungsmaßnahmen kurz vor oder nach Erreichung dieser Funktionen durchzuführen. Ähnlich problematisch ist die staatsbürgerliche Bildung. Die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts ist der Auf-

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fassung, staatsbürgerliches Wissen solle allgemein vermittelt werden, da es den Bediensteten helfe, ihrer Pflicht zum Eintreten für die demokratische Grundordnung besser nachzukommen. Darüber kann man streiten. Meines Erachtens muß i m Einzelfall sehr genau geprüft werden, ob sich der Besuch eines Ostseminars oder einer Tagung zur Förderung des Europäischen Gedankens bei den konkreten Aufgaben des Mitarbeiters i n einer Verbesserung seines Arbeitsergebnisses niederschlagen kann. Anderenfalls könnte die staatsbürgerliche Weiterbildung als A l i b i dafür dienen, vordringlichere, weil leistungs- und funktionsbezogenere Fortbildungsveranstaltungen zu vernachlässigen. Schließlich — und damit komme ich zu dem dritten Problemkreis — ist eine geeignete Fortbildungsmethode erforderlich, um durch Fortbildung die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu steigern. Es hängt von den Lehrmethoden ab, ob sich der in den Fortbildungsveranstaltungen dargebotene Wissensstoff unmittelbar i n besseren Arbeitsergebnissen niederschlägt. Wichtigste Voraussetzung ist dafür natürlich, daß die Fortbildung berufs- und praxisbezogen ist. W i r brauchen keine berufsbegleitende Verlängerung des akademischen Studiums um zwei oder drei Semester und vor allem brauchen w i r keinen Vorlesungsbetrieb. A u f die modernen mitarbeitsintensiven Lehrmethoden der Fortbildung möchte ich hier nicht näher eingehen, sondern nur darauf hinweisen, daß nach unserer Erfahrung ihr Effekt wesentlich durch eine richtige Auswahl der Teilnehmer einer Fortbildungsveranstaltung gesteigert werden kann. Richtige Auswahl bedeutet, daß nur Träger sehr ähnlicher Funktionen an der gleichen Fortbildungsveranstaltung teilnehmen sollen. Nur so kann der Lehrstoff auf das ganze konkrete Fortbildungsbedürfnis der Teilnehmer zugeschnitten werden. Dabei hängt die Auswahl der Teilnehmer natürlich von dem Thema der Fortbildungsveranstaltung ab. Zu einem Trainingsseminar über Verhandlungs- und Gesprächsführung kann ich möglicherweise gleichzeitig Abteilungsleiter und Referenten der Bezirksregierungen einladen, weil die Verhandlungen und Gespräche, die beide Personengruppen zu führen haben, sich i m Grundsätzlichen nicht voneinander unterscheiden. Dagegen empfiehlt es sich, ein Seminar über Organisationsfragen etwa nur für die Organisationsreferenten der Bezirksregierungen, ein Seminar über moderne Management-Konzeptionen etwa nur für Dezernenten oder sogar nur für Sozialdezernenten der Landratsämter durchzuführen. Da die Fortzubildenden Fachleute sind, kann sich dann ein fruchtbarer Dialog zwischen Theorie und Praxis ergeben, durch den etwa auch der fühlbare Mangel an Fortbildungsdozenten mit praktischer Verwaltungserfahrung ausgeglichen werden kann. Die Tagungsteilnehmer können i n Gruppenarbeit prüfen, inwieweit die dargebotenen Erkenntnisse für ihren Bereich anwendbar sind, und können auf die besonderen Verhältnisse dieses Bereiches ab2

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gestellte Rezepte entwickeln, nach denen sie dann i n der Praxis das Gelernte unmittelbar anwenden können. Diese Zusammenarbeit, bei der moderne Planungsmethoden eingesetzt werden, weckt bei den Tagungsteilnehmern nicht nur ein besonderes Interesse, sondern garantiert auch, daß die Fortbildung sich i n einer Verbesserung der Verwaltungspraxis auswirkt, sie führt außerdem zu einer gegenseitigen Befruchtung von Verwaltungsorganisation und Fortbildung. Organisations- und Führungsmodelle, wie sie i n solchen Fortbildungsveranstaltungen ausgearbeitet werden, können durchaus Anlaß zu neuen organisatorischen Regelungen durch die Verwaltungsspitze geben. Damit habe ich einige Gedanken vorgetragen, die nicht fertige Ergebnisse darstellen, sondern lediglich als Anregung für Ihre Diskussion i m Rahmen dieser Tagung gedacht sind. Zu welchen Ergebnissen Sie immer aber auch kommen mögen, eines dürfte gewiß sein: Die systematische Fortbildung aller Mitarbeiter w i r d einen erheblichen Aufwand an Zeit und Geld erfordern. Die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts hält es daher mit Recht für notwendig, daß die finanziellen M i t t e l zur Verfügung gestellt werden, die notwendig sind für die Errichtung von Fortbildungsstätten, die Einstellung und Ausbildung von Fortbildungspersonal und die pädagogischtechnische Ausstattung nach den besonderen Anforderungen einer modernen Fortbildungspädagogik. Auch wenn diese M i t t e l bereitgestellt würden, überstiege es jedoch die Möglichkeiten eines einzelnen Landes und eines sonstigen Fortbildungsträgers, die Fortbildung ganz allein, isoliert von den anderen zu betreiben. Die Studienkommission regt deshalb einen möglichst vielseitigen Fortbildungsverbund zwischen den Fortbildungseinrichtungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden an. Ich möchte diese Anregung unterstreichen. Jede Zusammenarbeit spart Zeit und Geld und führt uns schneller zu dem Ziel einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes durch systematische Fortbildung. Aber wie kann diese Zusammenarbeit erfolgen? Das bedarf eingehender Überlegungen. Gestatten Sie mir dazu folgende Anmerkung: Sicherlich werden die beiden bedeutenden Fortbildungseinrichtungen, die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, einen zentralen Platz in diesem Fortbildungsverbund einnehmen müssen. Vielleicht w i r d die Hochschule mit ihrem wissenschaftlich qualifizierten Lehrkörper den Schwerpunkt ihrer Bemühungen auf die Vermittlung von Grundlagenwissen legen, die selbstverständlich auch bei einer leistungsorientierten Fortbildung notwendig bleibt. Es muß sich allerdings u m Grundlagenwissen handeln,

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auf dem diese Fortbildung aufbauen kann. Die Bundesakademie könnte nicht nur wie bisher vielfältige Anregungen für die Fortbildung in den Ländern und anderen Gebietskörperschaften geben, vielleicht wäre es ihr auch möglich, funktionsbezogene Fortbildungsveranstaltungen durchzuführen, deren Verwirklichung sich für ein einzelnes Land nicht lohnt. Die Länder endlich sollten i n einen engen Gedankenverbund eintreten und in einem noch größeren Umfang als bisher Fortbildungsprogramme, Fortbildungsmaterial und Erfahrungsberichte austauschen. Erstrebenswert wäre, wenn sich einzelne Länder auf bestimmte Fortbildungsgegenstände konzentrierten und den anderen Ländern ihre Planungen und Überlegungen mitteilten. Ich glaube, daß w i r mit einer solchen Zusammenarbeit der Fortbildung bald die Bedeutung verschaffen könnten, die ihr bei ihrer Wichtigkeit für die Effektivität der öffentlichen Verwaltung zukommt. I n dieser Veranstaltung sehe ich einen hoffnungsvollen Anfang. Ich eröffne sie, indem ich Ihnen wünsche, daß Sie aus den Vorträgen und Diskussionen sehr viel Gewinn für Ihre Arbeit erzielen und daß Sie nicht nur arbeitsame sondern auch schöne Tage hier in Speyer verleben.

Bildungspolitische Aspekte der Fortbildung* Von Thomas Ellwein U m der Allgemeinheit und damit auch der relativen Unverbindlichkeit des Themas zu entgehen, w i l l ich zuerst zusammenfassen, für was sich hinsichtlich der Voraussetzungen moderner Bildungspolitik überhaupt ein Konsens finden läßt. Anschließend sollen die vordringlichen Bezüge zwischen gegenwärtiger Bildungspolitik und der Fortbildung als einem allgemeinen Bedürfnis wie auch als einer Notwendigkeit i m öffentlichen Dienst i m Mittelpunkt stehen. I. Bildungspolitik setzt, wobei w i r hier nun wirklich i m Allgemeinen verbleiben müssen, die neuzeitliche Entwicklung von Erziehung voraus. Ihre Besonderheiten lassen sich deshalb i n Kürze so charakterisieren: Jedes gesellschaftliche Gebilde erweist sich unbeschadet seiner auf Veränderung drängenden Kräfte als ein sich zumindest in Grenzen zukunftsstabilisierendes System. Erziehung bedeutet i n diesem Sinne eine gesellschaftliche Funktion und einen Faktor der Stabilisierung. Sie trägt dazu bei, das Gegebene zu erhalten, gleichgültig, ob es sich um ein statisches oder ein sich veränderndes, auf sich wandelnde System-Umwelt-Beziehungen reagierendes Gebilde handelt. Auch dort, wo man von Erziehung so spricht, als sei sie ganz unmittelbar dem einzelnen zugewandt, gilt das Gesagte unbedingt; es bleibt für die gesellschaftliche Funktion von Erziehung gleichgültig, ob man sie i n den Vordergrund stellt oder verschweigt — immer gibt es sie und gibt sie den Ausschlag. Die Zukunftsstabilisierung eines gesellschaftlichen Gebildes — oder auch einzelner seiner Teile erfolgt in der Hauptsache unbewußt und unreflektiert. Erziehung als gesellschaftliche Funktion v/ird damit i n der Regel beiläufig wirksam, nur selten intentional und organisiert. Wenn die Gegenwart ein hochkomplexes, formal organisiertes Erziehungswesen bereitstellt, darf man die dort stattfindende planmäßige Erziehung noch immer nicht mit Erziehung schlechthin gleichsetzen; w i r haben sie i n weiten Teilen nicht in der Hand. Dennoch macht dies einen der grundlegenden Unterschiede zwischen Neuzeit und früheren Zeiten aus, daß es eben ein immer mehr sich ausweitendes, planmäßig angelegtes Erzie* Der Vortrag w i r d hier so wiedergegeben, w i e er auf der Arbeitstagung gehalten worden ist. F ü r die Veröffentlichung erschien es aber angebracht, i h n m i t einigen Belegen, Hinweisen u n d Ergänzungen zu versehen, die am Schluß des Referates abgedruckt sind.

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hungswesen gibt, daß damit die erzieherische Funktion wenigstens zu Teilen i n den Prozeß der arbeitsteiligen Gesellschaft eingeht und die faktische Arbeitsteilung vermehrt, und daß sich so auch die Möglichkeit ergibt, wenn schon nicht das Erziehen, so doch das Erziehungswesen als Faktor der Stabilisierung wie als Faktor der Veränderung einzusetzen. Zumindest seit dem 17. Jahrhundert läßt sich das verfolgen: Neben die mittelalterliche, zunächst noch zünftisch verfaßte Universität und neben die wenigen, einen eng begrenzten Bedarf sicherstellenden Dom- und Klosterrchulen t r i t t zunehmend die vom Landesherren angeordnete und beaufsichtigte bürgerliche Schule und erhält in eigenen Schulordnungen oder in den Landes- oder Polizeiordnungen ihre Aufgabe zugewiesen. Diese Schule zählt zunächst noch zu den „geistlichen und i n dieselbe miteinlaufenden Sachen", wie es in der Landesordnung für Gotha 1666 heißt; die Intentionen sind jedoch unverkennbar; der Wohlfahrtsstaat weist seiner Schule ihren Platz zu. Später ändert sich daran dem Grunde nach nichts mehr. Wenn also Politik immer Erziehung einschließt — schon Piatons ,.Politela" umfaßte auch die „Paideia" — und Erziehung somit zu allen Zeiten dem Prozeß der Stabilisierung wie auch dem der Steigerung einer ieden Gesellschaft zuzuordnen war, läßt sich doch von Bildungspolitik definierbar erst nach einem Differenzierungsprozeß sprechen, erst nachdem i m Sinne Diltheys die Schule zu einem eigenen gesellschaftlichen System wurde. Historisch fällt das i n großen Teilen Europas mit der Wandlung vom frühneuzeitlichen Ständestaat, der sich meist mit dem Ziel des Aufrechterhaltens der mittelalterlichen Ordnungen begnügte und daran scheiterte, zum modernen Staat der Neuzeit und der Gegenwart zusammen — zu jenem modernen Staat, als dessen Lebensgesetz Herbert Krüger die A k t i v i t ä t benennt und den w i r als ein Subsystem der sich vorderhand noch immer schneller wandelnden Gesellschaft verstehen. Bildungspolitik i n einem greifbaren Sinne setzt m i t h i n eine Organisation oder Organisierbarkeit von Erziehung voraus, die dem politischen Zugriff offensteht, und zugleich ein Verständnis von Politik, das auf Veränderung als Verbesserung drängt. Bildungspolitik ist damit ein durch und durch neuzeitliches Phänomen — auch in der unendlichen Vielfalt bildungspolitischer Maximen, wobei hier nur an den Beitrag der amerikanischen Schule zur Nationbildung, an den der sowjetischen Schule zur nachträglichen Stabilisierung der Revolution, an den der türkischen Schule i m politisch erzwungenen Modernisierungsprozeß oder an den erwarteten Beitrag der deutschen Schule in den zwanziger Jahren zur Demokratisierung erinnert werden soll. Freilich: diese und andere Beispiele verweisen auch auf Probleme, welche dann ihrerseits die Grenzen von Bildungspolitik ausleuchten. Schule kann politisches Instrument sein, bleibt aber durch Schüler, Eltern und Lehrer der gesellschaftlichen W i r k lichkeit verbunden; sie vermag m i t h i n vorhandene Tendenzen zu ver-

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stärken, sie vermag Effekte auszulösen, die mit einem Mehr an Vor- und Ausbildung verbunden sind, aber sie vermag nicht von sich aus etwas Neues zu setzen. Schule kann weiter Erziehungsfunktionen übernehmen und damit tatsächlich oder scheinbar i m arbeitsteiligen Prozeß die Familie entlasten; nie aber vermag sie auch nur das entscheidende Teil des Sozialisationsprozesses zu werden, solange sie eben arbeitsteilig verfährt — anders liegt es bei Ordensinternaten usw. und dem dann erhobenen umfassenden Anspruch. Schule kann durch ihre didaktischen Überlegungen klären, welche Gefahren mit der Wissensanhäufung verbunden sind, was Bildung sein könnte oder wie allgemeine Grund- und Vorbildung auf die spätere Ausbildung bezogen sein sollen; immer w i r d es sich hier aber bestenfalls u m Beiträge handeln, weil wieder die entscheidenden Entwicklungen sich an anderer Stelle vollziehen. Noch einmal: U m Bildungspolitik handelt es sich, wenn man ein organisiertes oder organisierbares und der Politik verfügbares Bildungssystem in den Dienst vorgestellter Ziele der Stabilisierung oder Veränderung der Gesellschaft nimmt. Alle auswertbare Erfahrung deutet weiter darauf hin, daß w i r unterstellen können, Bildungspolitik sei in dem Maße erfolgreich, i n dem nicht nur das Erziehungssystem an jenen Zielen orientiert ist. Wie bei den Massenmedien — ähnlich ein Sozialisationsfaktor — ist dabei der Verstärkungseffekt unbestritten, während der Verursachungs- oder Hervorbringungseffekt höchst zweifelhaft sein muß. II. Erziehung leistet ein Beitrag zur Stabilisierung der Gesellschaft, möglicherweise auch einen Beitrag zu ihrer Steigerung. Bildungspolitik setzt organisierte Erziehung i m Dienste näher bestimmbarer politischer Ziele ein. Damit erschöpft sie sich natürlich nicht, weil dazu auch Schulen gebaut und bereitgestellt, Lehrer ausgebildet und besoldet oder die unterschiedlichen Qualifikationen festgelegt und in ein plausibles Verhältnis zueinander gebracht werden müssen. Wenn w i r hier alles ausklammern, was an organisatorischen Aufgaben unter den Begriff von B i l dungspolitik fällt, läßt sich die Besonderheit gegenwärtiger Bildungspolitich abstrakt wohl so bestimmen: Zunächst erwarten w i r von der Bildungspolitik wie früher auch ihren Beitrag zur Stabilisierung der Gesellschaft. Das organisierte Bildungswesen soll unter den heutigen Bedingungen den gesellschaftlichen Bedarf an Grund-, Vor- und Ausbildung decken, es soll in zureichendem Maße auf den gegenwärtigen A r beitsmarkt hinführen, es soll mit dieser Gesellschaft versöhnen oder zumindest dazu beitragen, daß die Gesellschaft, wie sie nun einmal ist, als normal, d. h. den ihr zugrundeliegenden Normen entsprechend angenommen wird. Stabilisierung in diesem Sinne setzt Verläßlichkeit des Gesamtsystems voraus. Soweit es an dieser Verläßlichkeit fehlt, erhält die Stabilisierungsfunktion des Bildungswesens eine neue Qualität: Es soll auch angesichts einer ungewissen Zukunft stabilisieren; es soll auch angesichts

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eines zukünftigen Arbeitsmarktes, der eine weithin unbekannte Größe ist, einen damit also unbekannten Bedarf decken; es soll schließlich auch Tugenden vermitteln, die sich auf Neues, auf weithin Unbekanntes beziehen. I m Ergebnis erwartet man von der organisierten Erziehung eine traditionelle Stabilisierung i m Sinne von Korrektur und Ergänzung — wenn es Verkehrsschwierigkeiten gibt, ruft man nach der Verkehrserziehung. Zugleich geht es um eine neue Form von Stabilisierung. Das soziale System soll überlebensfähig bleiben, indem organisierte Erziehung den Menschen darauf vorbereitet, auch unter ganz anderen, heute noch unbekannten Bedingungen seinen Beruf auszuüben und seinen sonstigen gesellschaftlichen Funktionen zu entsprechen, damit die Gesellschaft überlebt und auch unter neuen Bedingungen sich als verläßlich erweist — verläßlich ist sie ζ. B., wenn i n dreißig Jahren die heute versprochenen Renten und Pensionen bezahlt werden. Dies wendet i n eigentümlicher Weise das organisierte Erziehungswesen und die es steuernde Bildungspolitik ins Ungewisse. Bildungspolitik ist deshalb umstrittener als je zuvor und muß es sein. Neben solcher doppelsinniger Stabilisierungsfunktion geht es dann aber auch u m die Steigerung der gegenwärtigen Gesellschaft, u m ihre Verbesserung. Hierbei handelt es sich um ein Feld mit mindestens ebenso großen Unklarheiten. Als unstrittig kann in der Bundesrepublik nur gelten, daß das organisierte Erziehungswesen Chancengleichheit vermehren und deshalb möglichst lange auch möglichst viele Berufsmöglichkeiten offen halten müsse. Unstrittig erscheint weiter, was Streit über die Konsequenzen nicht ausschließt, daß generell ein Mehr an Bildung wünschenswert sei. Diese Bildung w i r d individuell wie gesellschaftlich verstanden — oft i n der A r t eines Gegenübers, das es so gar nicht gibt. I n beiden Fällen betont man aber die Grundlagen, die auch unter neuen Bedingungen ausbaufähig sein sollen, wobei es hier u m die Notwendigkeit und Möglichkeit beruflicher Mobilität und dort etwa um das geht, was man fälschlich als Freizeiterziehung apostrophiert. Ohne jenes Feld hier abzugrenzen, ist uns allen geläufig, daß i n der Bildungspolitik u m Prinzipien gerungen wird, die sich oft gegenseitig nahezu ausschließen, weshalb bildungspolitische Optionen besonders schwerfallen. Wie immer muß man aber nach einer Auswahl auf Vorteile verzichten, welche mit einer anderen Option verbunden gewesen wären. Man kann sich nicht voll zum Leistungsprinzip und zu dem der Chancengleichheit bekennen, man kann nicht alle Elemente des allgemeinbildenden Schulwesens mit denen einer soliden Berufsausbildung verbinden, man kann nicht die mit der früheren Bildungsorganisation verbundenen Privilegien beibehalten wollen, wenn man die Zahl der das System Durchlaufenden ungeheuerlich vermehrt usw. Für den m i t unserem Thema gegebenen Zusammenhang genügt der Hinweis, daß allgemeiner Konsens über die Notwendig-

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keit eines gesellschaftspolitischen, also gesellschaftsverändernden Beitrags der Bildungspolitik besteht, keinerlei Konsens dagegen über die Ziele selbst. Bildungspolitik ist i n ihrer stabilisierenden Funktion wegen der erwähnten Wendung ins Ungewisse und in ihrer verändernden Funktion wegen der hierbei offenkundig weiter als früher reichenden Möglichkeiten in den Streit der Meinungen geraten. Er würde heftiger ausgetragen und zwischen politischer und wissenschaftlicher Auseinandersetzung gäbe es ein stärkeres H i n und Her, wenn es nicht gleichzeitig zu einer starken Ernüchterung käme. Zu Beginn dieses Jahrhunderts wurde das Jahrhundert des Kindes propagiert. Tatsächlich ist so viel wie nie zuvor für die Ausweitung der organisierten Erziehung geschehen, tatsächlich gibt es so umfassend und so einflußreich wie nie zuvor pädagogische Wissenschaften und tatsächlich gibt es inzwischen Beispiele für die entschlossene Indienstnahme jener Erziehung durch die Träger einer politischen Ideologie — wovon eingangs aber schon die Rede war, daß nämlich gesichert nur der Verstärkungseffekt von organisierter Erziehung ist, das spricht sich mehr und mehr herum. Das muß man begrüßen, obgleich man damit nicht das eigentliche Problem berührt. Das Problem von Erziehung in unserer Zeit ist selbstverständlich die relative Richtungslosigkeit des organisierten Erz^ehungswesers, ist die Überforderung einer Bildungspolitik, die als solche tendenziell etwas wollen, nicht aber für sich allein die zukünftige Gesellschaft antizipieren und der Erziehung als verbindliche Leitlinie vorschreiben kann. Immerhin: Es gibt jene Ernüchterung, man gesteht sich eher wieder die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Erziehungssystems ein, man gibt wieder häufiger zu, daß das institutionalisierte Lernen seine Tücken und die genormte Vermittlung ihre Grenzen hat. I m Ergebnis führt das alles dazu, das Vorläufige des eigenen Tuns besonders zu betonen — ich erinnere an das A x i o m aller Curriculum-Theorie, daß mit dem Tag der ersten Anwendung die Curriculum-Revision beginen müsse. I I I . Damit sind w i r beim engeren Thema: Selbstverständlich bedeutet der Ruf nach dem lebenslangen Lernen oder der nach freiwilliger und organisierter Fortbildung zunächst nichts anderes als das Eingeständnis, der ursprüngliche Zusammenhang zwischen Berufsausbildung und Berufsausübung sei nicht mehr so wie früher gegeben und das Erziehungssystem habe i n dieser Hinsicht die Grenzen seiner Leistungsmöglichkeit erreicht. Deshalb müsse man es durch Fort- und Weiterbildungselemente erweitern und flexibel erhalten. Nun verharrte zwar schon immer der vernünftige Mensch nicht auf dem m i t dem Ausbildungsabschluß erreichten Niveau, arbeitete vielmehr an sich selbst weiter und richtete sich auf neue Entwicklungen i n Beruf und Gesellschaft ein. I n diesem Sinne gab es schon so etwas wie einen lebenslangen Bildungsprozeß, lange be-

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vor man das lebenslange Lernen zum Topos machte. Dennoch müssen w i r zunächst i n aller Schärfe feststellen, daß das moderne Bedürfnis nach Fortbildung keine neue Qualität i n unser Leben bringt, sondern fast i m Gegenteil vorwiegend Mängel und Folgen von Mangelerscheinungen signalisiert. Betrachtet man Fortbildung unter dem Aspekt des jeweiligen Berufes, dann verweist sie auf die Folgen der immer größeren Differenzierung und Arbeitsteilung und darauf, daß man es nicht mehr vermag, i n der Berufsausübung selbst das erforderliche Maß von Lernprozessen anzubieten und durchzuhalten. Die Innovationsfunktion w i r d daher immer mehr nach außen verschoben und i m arbeitsteiligen Prozeß solchen übertragen, denen man Professionalität i n diesem neuen Tätigkeitsfeld unterstellt. Betrachtet man die Fortbildung unter dem Aspekt ihrer Zugehörigkeit zum organisierten Erziehungswesen, dann verweist ihre Existenz auf Leistungsmängel i m Erziehungssystem bisheriger A r t und auf den Versuch, diese Mängel doch wieder einzuholen. Unter beiden Aspekten — der individuelle muß notwendig noch dazu kommen — befriedigt Fortbildung einen Nachholbedarf und stellt sich zugleich als ein Anpassungszwang dar. Beides soll hier keineswegs negativ apostrophiert werden; man muß diesen Zusammenhang aber sehen: Je weniger das Erziehungswesen die ihm ehedem zugesprochenen gesellschaftlichen Funktionen zu erfüllen vermag, weil diese Funktionen vom Wandel aller übrigen Funktionen und der Struktur der Gesellschaft mitgerissen werden, desto mehr beschreitet man den Weg der Ausweitung jenes Erziehungswesens — nicht zuletzt dadurch, daß man ihm mehr und andere Formen der Selbstkorrektur gibt. Fortbildung hat es eindeutig vordringlich mit Korrektur, mit dem Überwinden früherer Versäumnisse zu tun; sie ist damit Angebot, vielfach auch nur Hoffnung. IV. Eine solche Feststellung wäre mißverstanden, wenn man sie als kultur- oder bildungspessimistischen Gag auffassen, also den Beitrag verkennen würde, der sich daraus für die weitere Analyse ergibt. Betrachtet man dagegen vor dem Horizont, den jene Feststellung umschreibt, die tatsächlich stattfindende berufsorientierte Fortbildung, um die es hier i n Speyer geht, dann läßt sich eine einigermaßen dezidierte Unterscheidung treffen: Jener Teil der Fortbildung, den ich als System von Verwendungslehrgängen bezeichnen w i l l , funktioniert auf den ersten Blick einigermaßen reibungslos, während überall dort, wo Fortbildung auch noch weitergehenden Ansprüchen genügen soll, wo also ihr intimer Zusammenhang mit dem gesamten Bildungswesen aufscheint, sich die mit ihr verbundenen Schwierigkeiten häufen, ja man vielfach sich als ratlos erweist. Eine solche Unterscheidung braucht kaum ausgeführt zu werden; auch die Erklärung kann kurz ausfallen. Das System der Verwendungslehrgänge erfüllt i n der jeweiligen Gesamtstruktur hauptsächlich drei Funktionen. Es dient der Einführung

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neuer Techniken — des Verkaufs, der Programmierung, der inneren Führung usw., es gleicht Mängel i n der Personalsteuerung aus und entlastet damit die Personalverwaltung oder hält sie flexibel und es trägt schließlich dazu bei, den inneren Zusammenhalt des Betriebes, der Vereinigung, der Sonderverwaltung usw. zu fördern — hierbei hat etwa die von Verwendungslehrgängen ausgehende innerorganisatorische Sprachpflege ihre besondere Bedeutung. M i t all dem ist das System der Verwendungslehrgänge i n Firmen- oder Amtsinteressen begründet; es w i r k t als Korrektiv oder als Steuerungsmittel und befriedigt dabei handfeste, d. h. vor allem definierbare Bedürfnisse. Weder die Themenwahl noch die Lehrgangspädagogik bereiten besondere Schwierigkeiten; beides bestimmt sich aus dem jeweiligen Funktionszusammenhang. Man verfügt damit auch über einen Indikator: I n traditionellen Organisationen mit ncch immer gegebenem Zusammenhang zwischen Ausbildung und Verwendung spielen Verwendungslehrgänge keine sonderliche Rolle; i n Organisationen, die sich rascher ablaufenden Veränderungsprozessen ausgesetzt sehen, wächst das System der Verwendungslehrgänge ständig an, t r i t t also neben die Ausbildung zunehmend eine besondere, an den speziellen Funktionen orientierte Einweisung, mit deren Hilfe das eigene Personal solcher Organisationen, die von den eigenen Veränderungen berührt sind, über die Hürde von Veränderungen gebracht wird. Die Bundesbahn dürfte in diesem Sinne eher als eine traditionelle Organisation zu verstehen sein, während die Bundeswehr vielfach die Verwendungslehrgänge ganz in den Mittelpunkt stellt und ohne sie große Schwierigkeiten hätte, Ausbildung und Verwendung einigermaßen sinnvoll miteinander zu verbinden. Unbeschadet solcher Unterschiede legt im übrigen nichts die Annahme nahe, daß nach veränderter Ausbildung diese A r t von Fortbildungsbedarf geringer würde; eher erscheint die Vermutung gerechtfertigt, man baue i n den gegenwärtigen Ausbildungsreformen zunehmend die späteren Fortbildungselemente als unentbehrliche Faktoren ein. Wenngleich nicht in allen Organisationen mit gleicher Intensität hat sich das System von Verwendungslehrgängen einen sicheren Platz erobert. Das bewirkt wachsende Institutionalisierung; es bilden sich neue Professionen; die Arbeitsteilung verfeinert sich i n ihrer Differenzierung; Organisationen stabilisieren sich und entlasten ihre Organisations-Umweltbeziehungen. Dennoch bleibt ein deutlicher und großer Restbedarf. I h n müßte die andere Form der Fortbildung befriedigen, indem sie berufsbezogen innerhalb der Organisation oder auch überbetrieblich oder -behördlich umfassend und damit weniger klar der Innovation dient, neue Führungsstile und Entscheidungstechniken thematisiert, Zukunftsperspektiven anbietet, Erfahrungsaustausch ermöglicht — immer mit der Hoffnung verbunden, daß über den einzelnen Teilnehmer auch die ent-

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sendende Firma oder Behörde profitiert, was Belohnungsgesichtspunkte oder Förderungsabsichten bei der Teilnehmerauswahl nicht ausschließt. Es ist dieser Teil der Fortbildung, der sich kaum definieren läßt, der offenkundig nicht recht funktioniert, dessen Themen, Didaktik, Teilnehmerauswahl, Bedarf und künftiger Bedarf umstritten sind, wenngleich es einen weitgehenden verbalen Konsens darüber gibt, daß auch und gerade eine solche Fortbildung notwendig sei und das Personal darauf sogar einen Anspruch habe. Fragt man nach den Gründen der hier offenbaren Unsicherheit, dann fallen zunächst die organisationsinternen ins Auge. Sicher w i l l die Organisation durch ihre Mitglieder lernen. Werden irgendwo Management-, Führungs-, Planungs- oder Kontrolltechniken angeboten, ergibt sich ebenso Interesse wie dort, wo wirtschaftliche oder branchenspezifische Perspektiven erörtert oder gesellschaftliche Wandlungsprozesse reflektiert werden, die für den Raumplaner, die Behördenorganisation oder die Personalentwicklung i m öffentlichen Dienst von Bedeutung sein können. Insofern hatte das gehobene Fortbildungsangebot mit solcher Thematik eine Zeit lang seine Chance — industrieorientiert, wenn sich große Teilnahmekosten ergaben, verwaltungsorientiert, wenn konfessionelle oder andere Akademien Tagungen m i t entsprechendem Standard veranstalteten. Inzwischen läßt sich eine gewisse Ermüdung feststellen; man verspürt offenbar, daß sich vieles von dem spektakulär Angebotenem mühelos aus der Fachpublizistik entnehmen und daß es sich vor allem nur i n seltensten Fällen i n die eigene Organsationspraxis umsetzen läßt. Fortbildungsangebote dieser A r t wurden außerdem umso bereitwilliger angenommen, je stärker man sich der eigenen Unsicherheit — d.i.: die Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung, die man reduzieren w i l l — bewußt wurde; sie bereiteten vielfach aber auch Enttäuschung, wenn sie — was oft schon optimal ist — nur die Begegnung mit jener Unsicherheit thematisieren und vertiefen, nicht also aus ihr herausführen. Auch von der Kostenproblematik abgesehen läßt sich wohl sagen, daß der nicht definierte Teil der Fortbildung bislang wenig dazu beigetragen hat, innerorganisatorische Probleme zu reduzieren oder sie auch nur transparenter zu machen. Deshalb gibt es so etwas wie einen Rückzug — Rückzug ist es freilich schon, wenn man etwa früher offene Führungslehrgänge nach dem System von Verwendungslehrgängen institutionalisiert, sie also voll an die Zwecke der jeweiligen Organisation bindet. Jedenfalls lassen sich organisationsbezogen eindeutig Schwierigkeiten feststellen. Sie erscheinen drastisch vermehrt, wenn auch ein Zusammenhang m i t der Bildungspolitik besteht, was allerdings nur i n der Fortbildung des öffentlichen Dienstes unabweisbar ist. Nur von ihr soll deshalb i m folgenden Abschnitt die Rede sein.

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V. Fortbildung w i r d dort zum bislang ungelösten Problem, wo es einen Zusammenhang m i t der Bildungspolitik gibt — organisatorisch also i m Übergang von der bildungspolitisch gesteuerten Ausbildung zur ersten Verwendung und prinzipiell überall, wo sich interne Organisationsanforderungen und externe bildungspolitische Prinzipien handfest widersprechen, die Zugehörigkeit der Fortbildung zum gesamten Bildungssystem aber nicht einfach aufgebrochen werden kann. Ich w i l l das nur i n zweierlei Hinsicht hier reflektieren: Der erste Störfaktor einer bildungspolitisch orientierten Fortbildung ergibt sich aus dem Nebeneinander von allgemeiner und spezieller B i l dung. Auch ohne daß w i r dieses Nebeneinander voll entfalten und dann etwa bis zu dem Gegensatz von menschlicher Freiheit und Einbindung i n eine Organisation führen, versteht sich von selbst, daß eine bildungspolitisch orientierte Fortbildung i n spezifischer Weise auch ein Angebot an den einzelnen sein muß. Dabei kann die Berufsrolle berücksichtigt werden, sie darf aber nicht den Ausschlag geben, solange man unterstellt, daß sich der einzelne eben nicht nur i m Beruf bewähren soll, oder solange man auch nur einräumt, daß die Offenheit der Sichtweise, die Offenheit für allgemeine Entwicklungen auch dem Feld der engeren Berufsausübung zugutekommt. Bildungspolitisch orientierte Fortbildung schließt Verwendungslehrgänge nicht aus, weist ihnen aber eindeutig einen Platz zu, auf dem Firmen- oder Amtsinteressen überwiegen, während es ihr selbst um das — dann als lebenslanges zu verstehende — Bürgerrecht auf B i l dung geht. Wieder muß ich hier begrifflich unscharf bleiben, weil sich i n der gebotenen Kürze ein Bildungsbegriff nicht explizieren läßt. Soviel erscheint indessen unumstritten: Bildung ist zunächst nur auf das Individuum zu beziehen und auf seine Fähigkeit, mit sich und seiner Umwelt ins Reine zu kommen. Das schließt Beruf und Arbeit ein; Bildung i m so verstandenen Sinne w i r d i m allgemeinen dem Beruf förderlich sein; bestenfalls geht es dabei aber u m einen Prozeß, der durch das Individuum vermittelt wird. Die Organisation t r i t t mithin zurück. Eine Fortbildung, welche für und gegen sich bildungspolitische Prinzipien gelten läßt, muß sich also primär dem Individuum zuwenden und kann deshalb allenfalls sekundär den Organisationszwecken entsprechen — ein Gedanke, der i n seiner Konsequenz zur Verdächtigung organisationseigener Fortbildungseinrichtungen geführt hat und führen muß. Allgemeine Fortbildungsveranstaltungen wie etwa die einschlägigen Veranstaltungen der Länder Nordrhein-Westfalen oder Hessen für den höheren, den gehobenen und vereinzelt auch für den mittleren Dienst entziehen sich solchen Verdächtigungen, indem sie pluralistisch konzipiert werden, eine entsprechende Auswahl von Vortragenden anbieten, auf unmittelbare W i r kungskontrolle verzichten, das Bildungsangebot nicht m i t direkten Erziehungs- oder Lernzielen verbinden und sich i m übrigen darauf verlas-

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sen, daß die jeweilige Dienststufe i n sich genügend heterogene Elemente enthält, u m der Gefahr einer allzu organisationsorientierten Atmosphäre zu entgehen. Das beschwört dann aber umgekehrt auch wieder K r i t i k herauf. I m Blick auf die einzelnen Organisationszwecke erweist sich die Teilnahme an solchen Veranstaltungen als nur von geringem Wert; man „belohnt" m i t ihr oder man entsendet auch gern denjenigen Mitarbeiter, den man am ehesten entbehren kann. Bei aller Anerkennung, die solche Fortbildung findet, kann man sicher nicht behaupten, sie werde i n der Verwaltung selbst wirklich als notwendig empfunden und die Veranstalter verfügten schon über eine allseits befriedigende Programmauswahl. Die Wendung ins Allgemeine kann nur zu leicht auch eine Wendung ins zu Allgemeine werden; aus dem Verzicht auf die Formulierung überprüfbarer Lernziele kann nur zu leicht Programmunklarheit hervorgehen — daß Fortbildung zum Bildungswesen gehört, aber nur eingeschränkt der „Erziehung" dient, w i r d auch daran deutlich. Den zweiten Störfaktor bereitet die bildungspolitische Orientierung von Fortbildung dort, wo diese etwas m i t Status und Aufstieg zu tun hat und sich dabei nicht oder nicht voll an bildungspolitische Grundforderungen hält. Ein Beispiel dafür gibt die Generalstabsausbildung. Ohne auf Entstehungsgründe und -geschichte einzugehen, kann man feststellen, daß die nach 1956 i n der Bundeswehr wieder eingeführte Generalstabsausbildung dort fundamental gegen bildungspolitische Prinzipien verstößt, wo sie auf Grund problematischer Auslesevorgänge zu einer karrierefördernden Sonderausbildung führt und damit das Gleichheitsgebot, hier also das der Chancengleichheit, verletzt. Ich w i l l das Beispiel hier nicht näher ausführen, sondern nur das Dilemma ansprechen. Einerseits ist es selbstverständlich das unbestreitbare Recht der Führung eines großen Personalkörpers, durch entsprechende Auswahlvorgänge den eigenen Führungsbedarf sicherzustellen; andererseits gibt es den ebenso unbestreitbaren Anspruch der Organisationsangehörigen darauf, daß ihnen so lange als möglich Aufstiegschancen offengehalten werden. Führungspflege muß frühzeitig beginnen, während der Eintritt des Zeitpunktes der Chancenlosigkeit so spät wie möglich erfolgen soll. Diesem Dilemma sucht man zu entgehen, indem man entweder wahrheitswidrig den Zusammenhang zwischen bestimmten Teilen der Fortbildung und der Karriereförderung leugnet oder aber m i t der Behauptung operiert, inhaltlich seien jene bestimmten Teile der Fortbildung ganz auf besondere Funktionen bezogen, für die es eine Fortbildung geben müsse — eine etwaige hohe Korrelation von Durchlauf durch solche Fortbildung und persönlicher Karriere sei rein zufällig und allenfalls nur Beweis für die soliden Auswahlprinzipien. Man täuscht sich mit all dem selbst oder versucht, die anderen zu täuschen. Errichtet man eine Führungsakademie und macht ihren Besuch zur Voraussetzung etwa für eine Referenten-

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tätigkeit und die entsprechende Beförderung, dann gefährdet man entweder diesen Zweck, wenn man jedermann den Zugang offenhält, oder man verletzt das Prinzip der Chancengleichheit, wenn man eine besondere Auswahl trifft. Dem bildungspolitisch geforderten Gleichheitsprinzip entspricht man i n jedem Falle nur, wenn man zumindest den Zugang zu entsprechenden Fortbildungseinrichtungen offenhält und dort erst eine etwaige Auswahl, dann aber unter für alle gleichen Bedingungen trifft. Das wiederum entspricht nicht dem Erfordernis der Nachwuchspflege, die ja i n aller Regel auch von dem Unterschied zwischen Spezialisten und Generalisten ausgeht und von der Annahme, der Generalist sei für Führungsfunktionen geeigneter. Ohne annähernd vollständig sein zu können, läßt sich dies dahin zusammenfassen, daß es gerade die einigermaßen unstrittigen Grundprinzipien gegenwärtiger Bildungspolitik sind, die eine vornehmlich an den verschiedenen Organisationszwecken orientierte Fortbildung erschweren. Das bezieht sich auf die geforderte Wendung zum Individuum, auf das Gebot der Chancengleichheit und auf die Offenheit gegenüber zukünftigen Entwicklungen. Jedes dieser Grundprinzipien muß uns veranlassen, die einzelnen Bestandteile des Fortbildungssystems immer wieder kritisch zu überprüfen und insbesondere auch präziser als bisher die Fragen zu stellen und zu beantworten, die sich aus dem Nebeneinander des Systems der Verwendungslehrgänge und der übrigen Fortbildung ergeben. VI. Auf solche Fragen hier hinzuweisen, heißt nicht, sie jetzt schon beantworten zu wollen. Man müßte sich dazu erst i m Begrifflichen verständigen und dann die einzelnen Teile des Fortbildungssystems bewerten und zuordnen. Dabei kann man ζ. B. die Fortbildung i n der Einführungsphase und diejenige, die der Förderung des Führungsnachwuchses dient, kaum unter eine Kategorie subsumieren. Insofern leistet auch die von m i r vorhin getroffene Unterscheidung nur etwas hinsichtlich der prinzipiellen Klärung. Prinzipiell scheint m i r unbeschadet dessen, wie der Begriff Fortbildung faktisch gebraucht wird, geklärt, daß das System der Verwendungslehrgänge durch die ausschließliche Orientierung an Organisationszwecken und -bedarf gekennzeichnet ist. Das wiederum w i r d unter bildungspolitischem Aspekt nicht zum Problem, solange nicht der Zugang zum Verwendungslehrgang oder ein erfolgreiches Bestehen als Voraussetzung für das berufliche Weiterkommen gelten, sondern es sich um eine pragmatische Bedürfnisbefriedigung handelt, gleichgültig, ob sich das Bedürfnis i n Zusammenhang mit der Einführung einer neuen Maschine oder eines neuen Zusatzgerätes zur EDV-Anlage ergibt oder i n Zusammenhang m i t einer größeren Änderung i m Bestand der jeweils anzuwendenden Gesetze und Verordnungen oder i n Zusammenhang mit der Übernahme einer neuen Funktion, die so häufig erfolgt, daß sich eine standardisierte Einweisung empfiehlt. Bei all dem verbleiben — jeder

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Kenner der Materie kennt die Diskussion darüber — natürlich auch didaktische und personelle Schwierigkeiten; es gibt aber kaum grundlegende Probleme, so wie es auch keinen sich erweiternden Anspruch auf die Teilnahme an solchen Verwendungslehrgängen gibt. Ich klammere hier allerdings das Postulat auch an Verwendungslehrgänge aus, i n ihrer Gestaltung dem Prinzip der Partizipation entsprechen zu sollen. Zahlreiche Probleme kennzeichnen umgekehrt den anderen Teil der Fortbildung, der nicht unmittelbar aus dem Zusammenhang mit der jeweiligen Verwendung heraus zu definieren ist und weiterhin mit der früher oft apostropierten Fortbildungspflicht des Beamten korreliert, soweit man mit ihr nicht nur die unmittelbare Unterrichtung i n dem amtsbezogenen Teil der Gesetzgebung und Rechtsprechung meinte. Für diese A r t von Fortbildung läßt sich, wie ausgeführt, ein immer deutlicheres Bedürfnis feststellen, w e i l man Lücken i n der Vor- und Ausbildung ausgleichen und ein Mindestmaß von Anpassung sichern muß, w e i l die früheren Rekrutierungsmuster für die ernstzunehmenden Karrieren nicht mehr funktionieren und weil man hinsichtlich der Organisation-UmweltBeziehungen gelernt hat, daß Informationsaufnahme und Innovation nicht mehr selbsttätig funktionieren, vielmehr förderlicher Bedingungen bedürfen — Bedingungen, bei denen dann der einzelne Organisationsangehörige wieder mehr ins Spiel kommt. Dies alles bleibt aber i m Abstrakten. Den Bedarf anzuerkennen, bedeutet noch nicht viel, solange man es nicht konkretisiert, also die Frage beantwortet, in welchem zeitlichen Abstand der Lehrer i n konzentrierter Form am Fortschritt der für i h n relevanten Wissenschaft teilnehmen können muß, wie oft der höhere Forstbeamte, der Arzt i m öffentlichen Dienst oder der technische Beamte Ähnliches benötigt, wie oft und i n welcher Form man den Richter und den Polizisten i n organisierter Form über Entwicklungen i n der Gesellschaft oder den Finanzbeamten über Veränderungen i m Wirtschaftssystem informieren soll. Der Hinweis auf die fehlenden finanziellen und personellen Voraussetzungen dient i n diesem Zusammenhang oft zur Entlastung. Würde die Fortbildung als unbedingt notwendig anerkannt, ließen sich aber auch jene Voraussetzungen schaffen. Tatsächlich zögert man jedoch i n der Wirtschaft wie i n der öffentlichen Verwaltung. Während sich das System der Verwendungslehrgänge ständig erweitert, geschieht i m Bereich der sonstigen Fortbildung nur wenig. Der Mangel an Bereitschaft, sich den bildungspolitischen Aspekten auszusetzen, gibt dafür eine Erklärung her. Sie läßt sich sicher noch weiter differenzieren. Ein an den Grundprinzipien der Bildungspolitik orientiertes Fortbildungssystem könnte z.B. nur noch bedingt zum Zusammenhalt der Organisation beitragen; seine Leistung für die interne Sprachpflege wäre gering; innerhalb der öffentlichen Verwaltung müßte ein „offenes Fortbildungssystem" ggf. die res-

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sorteigene Personalsteuerung auflockern und die Mobilität innerhalb der gesamten öffentlichen Verwaltung erhöhen. M i t anderen Worten: Die Vermutung oder Befürchtung erscheint keinesfalls unbegründet, daß man eine institutionalisierte Fortbildung gar nicht w i l l , die dann zwangsläufig zu einem für den Bedarfsträger wie für den Betroffenen kalkulierbaren Teil des gesamten Bildungssystems werden und sich damit auch an dessen Prinzipien orientieren müßte. Inhaltliche Probleme kommen hinzu. Ob es die vielfach noch unterstellte Komponente der allgemeinen Bildung i n der institutionalisierten Fortbildung überhaupt gibt, erscheint zumindest zweifelhaft; welche technische Unterweisung etwa für Juristen i n der Verwaltung geradezu lebensnotwendig wäre, läßt sich begründet nur schwer ermitteln und jedenfalls organisatorisch dann nicht darstellen; das Eingehen auf Managementtechniken, Planungsverfahren oder Führungsstile erweist sich häufig genug als bloße Scharlatanerie. Daß solche inhaltlichen Unklarheiten noch durch die eigentümliche pädagogische Situation der Fortbildung verstärkt werden, versteht sich am Rande. V I I . M i t solchen Hinweisen eine Fachtagung über die Fortbildung des höheren Dienstes einzuleiten, erscheint nicht gerade hilfreich. Indessen darf sich niemand an den Problemen vorbeimogeln. W i r wenden uns hier ausschließlich dem höheren Dienst zu. Das ist ggf. höchst bedenklich, weil viele der Verwaltung eigentümlichen Erstarrungserscheinungen, die man durch Fortbildung vermindern w i l l — auch das gehört zu den immer wieder erörterten Zielsetzungen —, vielleicht nicht so sehr i m höheren Dienst angesiedelt sind. Für diesen aber w i r d sich jedenfalls empirisch feststellen lassen, daß zahlenmäßig i n relevantem Umfange bislang nur die Fortbildung i n der Einführungsphase besetzt ist. Was später folgt, läßt sich nicht auf einen Nenner bringen, weil es zu unterschiedlich ausfällt, kann aber unter keinem der denkbaren Gesichtspunkte befriedigen. Natürlich gibt es die Lehrerfortbildung und höchst aktive Lehrerfortbildungswerke, natürlich gibt es die Richterakademien oder die Assessorentagungen des Justizministerium i n Düsseldorf, einschlägige Fachtagungen für Ärzte, für Landwirtschaftsbeamte usw. — ein System der Fortbildung gibt es dagegen sicher nicht. Damit fehlt es erstens an zureichender Transparenz; weder der Angehörige des höheren Dienstes noch die ihn beschäftigende Verwaltung kann nach der Einführungsphase zureichend Fortbildung einplanen. Zweitens fehlt es an derjenigen Flexibilität, welche durch ein funktionierendes Fortbildungssystem i n die öffentliche Verwaltung hineingetragen würde, gleichgültig ob dabei das System nur den Erfahrungsaustausch fördert oder auch direkt innovativ w i r k t . Drittens fehlt es auch an Korrektivwirkungen, welche ein funktionierendes Fortbildungssystem gegenüber der unvermeidbaren Spezialisierung i n der öffentlichen Verwaltung ausüben könnte. 3

Speyer 51

Thomas E l l w e i n I s t F o r t b i l d u n g — abgesehen v o n dem, w a s h i e r als S y s t e m v o n V e r w e n d u n g s l e h r g ä n g e n ausgesondert w u r d e — ü b e r h a u p t n o t w e n d i g ? W i l l m a n diese F r a g e b e j a h e n , m u ß m a n sich auch den K o n s e q u e n z e n stellen. Z u i h n e n g e h ö r t z u m i n d e s t die G l e i c h b e r e c h t i g u n g v o n i n d i v i d u e l l e n u n d O r g a n i s a t i o n s b e d ü r f n i s s e n u n d das m ö g l i c h s t l a n g e O f f e n h a l t e n v o n C h a n c e n g l e i c h h e i t . V o n b e i d e m s i n d w i r noch w e i t e n t f e r n t . D e s h a l b möchte i c h m i t diesem E i n l e i t u n g s r e f e r a t n u r d a r u m b i t t e n , n i c h t schon das S y s t e m der V e r w e n d u n g s l e h r g ä n g e f ü r F o r t b i l d u n g s c h l e c h t h i n auszugeben, sich v i e l m e h r seiner b e g r e n z t e n M ö g l i c h k e i t e n b e w u ß t zu b l e i ben. Das Z i e l m ü ß t e d a n n sein, die M ö g l i c h k e i t e n insgesamt z u e r w e i t e r n u n d aus e i n e m b i s h e r n u r v e r b a l e n K o n s e n s auch p r a k t i s c h e F o l g e r u n g e n zu ziehen. Anmerkungen Zu Abschnitt

I:

Die hier stark gerafften Überlegungen gehen zurück auf früher veröffentlichte Beiträge, v o n denen ich erwähne a) W i l h e l m von Humboldt i n der P o l i t i k der Gegenwart, i n : H. J. Heydorn, B. Lieb rucks, Th. Ellwein, W i l h e l m v o n Humboldt. F r a n k f u r t 1968; b) Herrschaftsordnung, Gesellschaftsordnung u n d Erziehung, i n : Th. Ellwein, H. H. Groothoff u. a., Erziehungswissenschaftliches Handbuch. Band 1 B e r l i n 1969; c) Bildungstradition u n d zukunftsorientierte Ausbildung, i n : Philosophie als Beziehungswissenschaft. Festschrift f ü r Julius Schaaf. F r a n k f u r t 1971. — Thematisch geht es unter I wie unter I I vorwiegend u m eine besondere Akzentuierung verbreiteter Theorien zur Sozialisation, h i n sichtlich derer ich n u r auf folgende grundlegende Beiträge verweise: a) C. Menze, Bildung; K . Eisner, Bildungsökonomie; G. Wehle, Bildungswesen, alle i n : J. Speck u n d G. Wehle (Hrsg.), Handbuch pädagogischer Grundbegriffe. Band 1 München 1970. — Die Landesordnung für Gotha von 1666 findet sich ζ. B. i n den „Quellen zur Neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands" Band 2: G. K . Schmelzeisen (Bearbeiter), Polizei u n d Landesordnungen; Erster H a l b band: Reich u n d Territorien. K ö l n 1968. Weitere Quellen bringen B. Michael u n d H. H. Schepp (Hrsg.), P o l i t i k u n d Schule von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. Band 1 F r a n k f u r t 1973. Hinsichtlich der Interpretation erscheinen i m Grundsätzlichen wichtig H. Maier, Die ältere deutsche Staats- u n d Verwaltungslehre (Polizeiwissenschaft). Neuwied 1966, u n d i m Speziellen A . Flitner. Die politische Erziehung i n Deutschland. Geschichte u n d Probleme 1750 - 1880. Tübingen 1957. Z u H. K r ü g e r vgl. dessen Allgemeine Staatslehre. Stuttgart 1964. Zu Abschnitt

II:

Da es schlechterdings nicht möglich ist, die bildungspolitische Diskussion der Gegenwart i n Kürze zu bibliographieren u n d den i n i h r erreichten Konsens i m einzelnen nachzuweisen, begnüge ich mich m i t dem Hinweis auf drei offizielle Dokumente: a) Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates, S t r u k t u r plan für das Bildungswesen. Verabschiedet am 13. 2. 1970; b) Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission f ü r Bildungsplanung an die Regierungschefs des Bundes u n d der Länder über den Bildungsgesamtplan u n d ein Bildungsbudget, beschlossen am 18. 10. 1971; c) Unterrichtung (des Dt. Bundestages) durch die Bundesregierung „Bildungsgesamtplan", Bundestagsdrucksache 7/1474 v o m 20.12.1973.

Bildungspolitische Aspekte der Fortbildung

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Zu Abschnitt IV: Z u r Sprachpflege i n Organisationen vgl. ζ. Β . N. Luhmann, Funktionen u n d Folgen formaler Organisation. B e r l i n 1964. — Hinsichtlich der Verwendungslehrgänge verweise ich auf die einschlägigen Rechenschaftsberichte und auf die Selbstdarstellungen der innerbetrieblichen Ausbildungssysteme; hinsichtlich der Ermüdungserscheinungen vor allem i m Bereich der sogenannten Management-Seminare erinnere ich an die öffentliche Diskussion i n den Jahren 1972 u n d 1973 u n d an die erhebliche Reduzierung des einschlägigen Angebots.

Zu Abschnitt V: Z u dem hier zugrundeliegenden Begriff v o n „ B i l d u n g " verweise ich auf meine unter I erwähnten Veröffentlichungen u n d auf E. Liechtenstein, B i l dung, i n : Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 1 Darmstadt 1971. — I n die hessischen Fortbildungsbemühungen geben Einblick die regelmäßigen Veröffentlichungen der Tagungsberichte: Hessische Hochschulwochen f ü r staatswissenschaftliche Fortbildung, bisher etwa 75 Bände, Bad Homburg. — Das Beispiel der Generalstabsausbildung erscheint deshalb so wichtig, w e i l hier i n aller Offenheit u n d m i t Hilfe vermeintlich objektiver Prüfungskriterien eine Frühauswahl des Führungsnachwuchses getroffen u n d den übrigen O r ganisationsmitgliedern damit deutlich gemacht w i r d , daß sie sich i n ihren Erwartungen beschränken müssen. I n Verwaltungsbereichen geschieht v i e l fach ähnliches, n u r weniger transparent. Das eine ist so unbefriedigend w i e das andere. Daß einschlägige Untersuchungen fehlen, dürfte signifikant sein. Z u den damit indirekt angesprochenen Karrieremustern vgl. i m übrigen Th. E l l w e i n u n d R. Zoll, Berufsbeamtentum — Anspruch u n d Wirklichkeit. Düsseldorf 1973; dort auch Hinweise auf das Nebeneinander von Generalisten u n d Spezialisten u n d die Diskussion dazu.

Aussprache zum Referat von Thomas Ellwein Bericht von Bernd Rückwardt Die Aussprache wurde von Professor Dr. Dr. König, Speyer, geleitet. Dabei stand zunächst das „SpannungsVerhältnis zwischen Verwendungslehrgängen und Fortbildung" i m Mittelpunkt der Diskussion (I). Daran anschließend wurde auf die Funktionen und die Gestaltungsmöglichkeiten von „Bildungsurlaub" eingegangen (II), ehe i m Anschluß daran die Frage nach der „Trägerschaft von Bildungseinrichtungen" für die A n gehörigen des öffentlichen Dienstes aufgeworfen wurde (III). Da ein enger Zusammenhang zwischen der Teilnahme an Fortbildungslehrgängen und einer späteren Beförderung gesehen wurde, tauchte das Problem der „Chancengleichheit" auf, das eingehend diskutiert wurde (IV). Dabei wurde besonders auf das Spannungsverhältnis zwischen „frühzeitig beginnender Führungsauslese und möglichst spätem Eintritt des Zeitpunktes der Chancenlosigkeit" eingegangen. L Eingehend auf das von Ellwein aufgezeigte Spannungsverhältnis zwischen Verwendungslehrgängen einerseits und Fortbildung i n einem spezifischen, bildungspolitischen Sinne andererseits, warf König die Frage auf, ob dieses Spannungsverhältnis nicht zu einer beinahe ausweglosen Situation führen könne. Dabei wies er auf das Problem hin, allgemeine Bildung i n einem zufriedenstellenden Umfang i n den Fortbildungsprogrammen zu berücksichtigen und daß seiner Ansicht nach nur eine gelungene Integration politisch-ökonomischer Größen i n die berufsspezifischen Gegenstände den gewünschten Lernerfolg sicherstellen könne. Ellwein vertrat die Ansicht, daß man sich bereits i n einer derartigen Sackgasse befände, da eine an das engere Berufsfeld anknüpfende Fortbildung unter Berücksichtigung bildungspolitischer Prinzipien wegen der Masse der Betroffenen gar nicht möglich sei. Führungslehrgänge, die jeder zu durchlaufen habe, stellten keine förderliche Maßnahme dar, es sei denn, man würde sie m i t einem neuen System von Prüfungen verbinden. Das Problem stelle sich i n dem Maße, i n dem Fortbildung über

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die reine Verwendung hinaus institutionalisiert werde. Er habe das aufgezeigte Dilemma jedoch nicht zu sehr als eine unaufhebbare Alternative angesehen. Seiner Meinung nach sei Chancengleichheit, die Wendung zum Individuum und die Offenheit gegenüber zukünftigen Entwicklungen i n dem gegenwärtig praktizierten System überhaupt nicht gegeben. Folglich müsse zunächst einmal die offensichtlich weder von den Politikern noch von der Verwaltungsführung gestellte Frage, ob man denn etwas anderes wolle, gestellt und beantwortet werden. Die Möglichkeit eines gewissen Ausweges aus der genannten Dualität sah Dr. Johannsen, Würzburg, einmal i n der Ausweitung und Verallgemeinerung des Organisationsinteresses und zum anderen i n der Einengung der bildungspolitischen Option von Ellwein. Er halte es für legitim, daß Fortbildung vom Verwaltungsgesichtspunkt her organisations- bzw. verwaltungsbezogen sei. Innerhalb dieser verwaltungsorientierten Fortbildung hätte man dann zunächst einen allgemeinbildenden Teil vorzusehen, der den Zusammenhang zwischen diesem Teilsystem Verwaltung m i t dem Gesamtsystem Gesellschaft herzustellen hätte. Daran anschließend einen speziellen Teil, i n dem es um die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten mehr technischer A r t gehe. Der Auffassung von Johannsen Schloß sich Ministerialrat Lötz, München, teilweise an. Er glaube, daß das Kernproblem nicht die Unterscheidung zwischen den Verwendungslehrgängen auf der einen und der sonstigen Fortbildung auf der anderen Seite sein sollte, und zwar dann nicht, wenn man unter den Verwendungslehrgängen alles das verstünde, was sich primär an den Amtsfirmen oder Organisationszwecken ausrichte und die sonstige Fortbildung dadurch charakteriesiere, daß man sich später stärker mit dem Erziehungssystem verbunden halte. Die Fortbildungszwecke müßten sehr viel breiter gesehen werden, d. h. die Fortbildung müsse so gestaltet werden, daß sie über die unmittelbar funktionsspezifisch auf den Organisationszweck bezogene Tätigkeit der Betroffenen hinausgehe. Wenn man allerdings die Abgrenzung so ziehen würde, daß auf der einen Seite das, was dem Organisationszweck dient, stünde, auf der anderen Seite das, was sich an der allgemeinen Bildungspolitik orientiert, dann müsse man sich die Frage stellen, ob man das als Aufgabe der Fortbilder ansehen könne und ob diese zweite Kategorie Fortbildung überhaupt notwendig sei. I n seiner Erwiderung betonte Ellwein, es sei gar nicht strittig, daß Verwaltungslehrgänge, auch wenn man sie amts- und verwaltungsorientiert mache, multifunktional seien, da nicht i n jedem einzelnen Punkt das Amtsinteresse durchschlage, sondern da gleichzeitig allgemeine Interessen angesprochen und befriedigt würden. Vielmehr gehe es doch um die Frage, ob man die Verwaltung selbst für die Fortbildung verantwortlich machen könne, wolle und dürfe. Verstehe man nämlich unter

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Fortbildung i m Sinne des Erziehungssystems Fortbildung für alle unter der Bedingung der Chancengleichheit, dann stelle sich die Frage, ob dafür der Dienstherr zuständig sei. Einerseits könne man das Problem so abschieben, daß man den Verwaltungsangehörigen einen allgemeinen Bildungsurlaub von 14 Tagen gewähre. Wenn man sich allerdings darauf einlasse zu sagen, jeder habe einen Fortbildungsanspruch, so sei das kein gesellschaftlicher Fortbildungsanspruch, sondern ein berufs-, arbeitspositionsbezogener Anspruch. Die Verwaltung habe ein großes Interesse daran, die ihr anvertrauten über 4 Millionen Menschen i n ihrem Bereich fortzubilden. Zwar unter Anerkennung der bildungspolitischen Grundsätze der Chancengleichheit, aber doch durchaus anknüpfend an Interessen und an Themen der Verwaltung und nicht versöhnend, aber gegenüberstellend m i t den individuellen Bedürfnissen. Das wäre eine andere Möglichkeit das Problem aufzugreifen, denn dann hätte man eine andere Zielperspektive, die man eigentlich haben wolle. Bislang sei weder das eine noch das andere wirklich diskutiert worden. Man habe vielmehr ein System von notwendigen, der Rechtfertigung überhaupt nicht bedürfenden Verwendungslehrgängen, die gern m i t einem Bildungsvokabular ausgeschmückt würden. Damit stelle man es allerdings unter Ansprüche, denen es ganz sicher nicht genüge. II. Anknüpfend an das Stichwort des Bildungsurlaubs warf Ministerialrat Dr. Siegmund-Schnitze, Hannover, die Frage auf, wer den auftretenden Bedarf eigentlich ausfüllen könne, der dadurch entstehe, daß die Mehrheit der Verwaltungsangehörigen eines Tages verstärkt Bildungsurlaub i n Anspruch nähme. I m Gegensatz zu Ellwein, der offensichtlich die Ansicht vertrete, dieser Freiraum an Bildungsmöglichkeiten solle von Institutionen außerhalb der Verwaltung wahrgenommen werden, halte er es i m Interesse des einzelnen Beamten für sinnvoll, wenn von der Verwaltung diese Aufgabe mitübernommen werde. Der Einzelne werde eine größere Befriedigung auch von allgemein bildenden Lehrgängen haben, wenn er immer gleich den Bezug zu seinem Berufsleben mit sehe. Zwar könne der Beamte i n Bildungsinstitutionen, die abgegrenzt von der Verwaltung stünden, wohl i n die allgemeine Problematik der gesellschaftlichen Entwicklung eingeführt werden, der Zusammenhang zu seinen eigenen Aufgaben könne jedoch nicht ohne weiteres hergestellt werden. Daher erscheine es wichtig, sowohl unter den Verwaltungszweckmäßigkeiten als auch unter den bildungspolitischen Bedürfnissen und den individuellen Ansprüchen des einzelnen hier doch die Verwaltung stärker einzubeziehen und dann ein Fortbildungssystem aufzubauen, das die allgemeinen Aspekte i m Interesse der Verbindung von Verwaltung und allgemeiner Bildungspolitik stärker berücksichtige.

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Siegmund-Schultze plädierte dafür, auch die allgemeinen Ausbildungsaufgaben oder Fortbildungsthemen für die Beamten stärker von der Verwaltung her m i t ins Auge zu fassen. Er sei sich i m klaren, daß dieses zur Zeit noch nicht möglich sei, denn i m Moment müsse das Schwergewicht auf der Vorbereitung auf neue Funktionen liegen. Seiner Ansicht nach sollte auf lange Sicht jedoch hier die Verwaltung nicht das Feld anderen Institutionen vollkommen überlassen. III. Bei der von Siegmund-Schultze gewünschten Entwicklung müsse man sich nach Ansicht von Ellwein darüber i m klaren sein, daß hier die Verwaltung i n Konkurrenz trete mit Parteien, mit Gewerkschaften, m i t Kirchen und m i t Kommunen, die über die Volkshochschule Bildungsurlaub inhaltlich anreicherten. Dies heiße dann aber, daß die Fortbildungseinrichtungen natürlich auch danach aufgebaut sein müßten. So müßten sie ζ. B. öffentlich sein und kontrollierbar, es dürfe sich nicht bloß um angeordnete Veranstaltungen handeln und man müsse dem einzelnen Verwaltungsangehörigen ohne jeden Druck von außen oder aber von innen, die Möglichkeit der Teilnahme geben. Es sei zu begrüßen, wenn das vorhandene System i n dieser Richtung weiterentwickelt werden könnte. Doch sei die Diskussion darüber überhaupt noch nicht i m Gange. IV. Einwände gegen die von Ellwein geforderte Chancengleichheit erhob Staatssekretär Schreiner, Mainz. Er sei der Meinung, daß es die absolute Chancengleichheit überhaupt nicht geben könne und nicht gebe, nicht einmal i m Bereich der Hochschule wo man sie vielleicht am ehesten verwirklichen könne. Seiner Auffassung nach sollte man sich i n der öffentlichen Verwaltung bemühen, jedem die Stellung zu verschaffen, die seinen Fähigkeiten entspräche. Das sei entscheidender als die allgemeine Chancengleichheit. I m übrigen sei die Fortbildungskapazität zur Zeit so gering, daß man den Verwendungslehrgängen den Vorrang geben müsse. Bei einem weiteren Ausbau der Fortbildung stelle sich allerdings das Problem, wer die Fortbildung durchführen solle. Nach Ansicht von Schreiner sei nichts dagegen einzuwenden, wenn die Fortbildung irgendwo als selbstverständliche Einrichtung etabliert werde. Aber man müsse doch zugeben, daß bisher das Bildungssystem sich der Fortbildung nicht bemächtigt habe, daß also ein freier Raum entstanden sei und daß die politisch Verantwortlichen i m Land und i m Bund irgendetwas tun mußten, u m diesen freien Raum auszufüllen. So seien die Fortbildungsveranstaltungen entstanden, die sicher einer erheblichen Verbesserung i n der Zukunft bedürften. Er persönlich hätte nichts dagegen einzuwenden, wenn man die Fortbildung an den Hochschulen etablieren könnte.

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Aber er sei der Meinung, daß nicht nur die Verwaltung, sondern auch die Politiker erhebliche Bedenken dagegen haben könnten, weil die Universitäten und Hochschulen die ihnen zur Zeit zugewiesenen Aufgaben ohnedies nur schwer erfüllen könnten. Zur Zeit sei die Situation so, daß sich alle Länder entschlossen hätten, ihren gehobenen Nachwuchs an verwaltungsinternen Fachhochschulen auszubilden und sie nicht irgendeinem universitären Studium anzuvertrauen, weil man der Meinung sei, daß diese verwaltungsinternen Fachhochschulen eine bessere berufsspezifische Ausbildung garantierten. Zum Problem der Chancengleichheit nahm Ellwein noch einmal kurz Stellung und betonte, er sei sich bewußt, daß es keine absolute Chancengleichheit gebe, sondern daß man sich nur darum bemühen könne. Er könne sich jedoch der Formulierung von Schreiner nicht anschließen, daß man sich darum bemühen müsse, jedem die Stellung zu geben, die seinen Fähigkeiten entspräche. Man dürfe nicht übersehen, daß ja der Sozialisierungsvorgang und damit i m weiteren Sinne der Bildungsvorgang nicht irgendwie bei einer Stufe abgeschlossen sei, sondern immer weitergehe. Viele der Mitarbeiter würden durch eine erfolgreiche Erstverwendung, verursacht durch das System, i n dem sie tätig seien, verengt. Üblicherweise werde eine besondere Fähigkeit, die ein Mensch zeige, ausgebeutet, ohne daß dabei die Frage auftauche, welche Fähigkeit würde er unter anderen Bedingungen auch noch zeigen. Hier tauche das Problem auf, daß die optimale Verwendung eines Menschen i n der Verwaltung nicht unbedingt identisch sein müsse für den Menschen und für die Verwaltung, sondern das beides ganz weit auseinander liegen könne. Das Bemühen u m Chancengleichheit heiße unter anderem auch, immer wieder bestimmte Positionsmerkmale abzugleichen. Kurz wurde auf das Spannungsverhältnis zwischen frühzeitig beginnender Führungsauslese und möglichst spätem Eintritt des Zeitpunktes der Chancenlosigkeit eingegangen. Es wurde die Frage nach der Möglichkeit einer Auflösung dieses Spannungsverhältnisses gestellt. Ellwein versuchte die Frage anhand des Beispiels der Generalstabsausbildung zu beantworten. Da i n jedem Fall die Organisationszwecke überwiegen müßten, käme man doch wohl nicht umhin, bei einem 32-Jährigen spätestens die Auslese zu treffen und eine Führungsgruppe zu bilden, die dann entsprechend zu fördern wäre. Dieses Vorgehen sei jedoch unter bildungspolitischen Aspekten unerträglich. Die Unerträglichkeit könne aber gemildert werden, wenn der Zugang zu diesem schmalen Kanal i m 32. Lebensjahr anders gestaltet werde als bisher. Bislang sei die Situation gegeben, daß keiner der möglichen Bewerber erfahre, warum er nicht i n dieses System hineingekommen sei, denn die Zulassung erfolge über ein Mischsystem von Beurteilungen und angeblichen Prüfungen. Angebliche Prüfungen deswegen, da zu einer Prüfung unter jedem mo-

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dernen Gesichtspunkt eine gewisse Transparenz der Prüfungsbedingungen gehöre, die hier nicht gegeben sei. Wenn man also den Organisationszweck akzeptiere, müsse man hier das Verfahren ändern und die Prüfungsbedingungen nennen, die für alle gleich sein müßten. Nur wer diese Bedingungen erfülle, könne in die Generalstabsausbildung gelangen. Die Ausbildung solle i n Form eines für alle gleichen Lehrganges erfolgen. Innerhalb dieses Lehrganges und nur über das, was i n diesem Lehrgang gemacht worden sei, erfolge dann eine sehr scharfe Prüfung und die entsprechende Auswahl. Nur so hätten die nicht zum Zuge gekommenen wenigstens das Gefühl, daß sie die Chance gehabt hätten. Sie lebten nicht i n dem Gefühl, von vornherein keine Chance gehabt zu haben. Sie hätten dann auch noch die Möglichkeit, ihren Berufsentscheid erneut zu überprüfen. Weiterhin müsse man selbstverständlich dennoch das System offenhalten, offener als bisher, und müsse einige Jahre später auch dem 40-Jährigen möglicherweise noch einmal die Chance geben, damit eine Korrekturmöglichkeit bestehe. Das bedeute zwar Leistungsdruck und alle möglichen auch unangenehmen Begleiterscheinungen, aber es sei wenigstens eine gewisse Auflockerung des Systems. Zwar beseitige man damit nicht die Spannung, man verhindere sie jedoch. Es handele sich eben um zwei verschiedene Prinzipien und wenn man das eine Prinzip bejahe, müsse man die Konsequenzen des anderen vernachlässigen. Zum Abschluß warf Präsident Dr. Duvenbeck, Frankfurt, die Frage nach dem zukünftigen Platz auf, den die Fortbildung einzunehmen gedenke. Ellwein vertrat die Ansicht, Fortbildung sei selbstverständlich — ganz gleich, wer sie durchführe — i n jedem Fall eine Funktion des B i l dungssystems. Immer heiße es abzugleichen und nachzuholen, was i n der Vor- und i n der Ausbildung nicht geleistet worden sei. Insofern sei der Stellenwert der Fortbildung nicht umstritten. So wie sich der Staat i n einer bestimmten historischen Situation i n Deutschland die Schulaufsicht vorbehalten habe und dieses System heute zur Gänze praktiziere, müsse er eines Tages auch das gesamte Fortbildungssystem unter seine Aufsicht nehmen. Es gebe eine ganze Reihe von Erscheinungen, die deutlich machten, daß ohne eine solche Aufsicht Fehlentwicklungen überhand nähmen, die dann hinterher nicht mehr zu korrigieren seien. Weiterhin müsse langfristig die öffentliche Verwaltung i m Rahmen der gesamten Fortbildung, also über die Verwendungslehrgänge hinaus, ihr eigenes Angebot machen. Aber sie könne das Ziel nicht aus dem Auge verlieren, ein Stück der allgemeinen, vom Individuum her aufgrund Veränderungen als notwendig empfundenen Fortbildung auch anzubieten. Dieses weitere Ziel dürfe man nicht schon als erreicht ansehen, wenn man i m Augenblick an dem vorhandenen System von Verwendungslehrgängen noch diese oder jene Verbesserung vornimmt.

Zentralisierte und dezentralisierte Fortbildung im öffentlichen Dienst Konzeptionen im In- und Ausland Von Karl-Heinz Mattern

Beim Abstecken des Themenfeldes zeigt sich, daß es sich u m eine junge Materie handelt, daß es bisher nur wenig Richtpunkte gibt und daß noch ein weites Feld für Versuche und vielleicht auch für Irrtümer vor uns liegen mag. Daher sollte hier „Konzeption" nicht nur als Planung verstanden werden, sondern auch dem Ursprung des Wortes nach ganz einfach als „gedanklicher Entwurf", wobei die Umschau i m Ausland sich mehr an bereits geübte Praktiken halten kann. Das Begriffspaar Zentralisation und Dezentralisation w i r d dabei nicht als staatsrechtlicher Begriff verstanden, sondern i m Sinne einer Differenzierung und Durchführung der Fortbildungsveranstaltungen an verschiedenen Orten. Die Bezugsebene ist die horizontale Gliederung der Verwaltung; das heißt, das Bund-Länder-Verhältnis w i r d hier nicht berührt. I. Allgemeine Umschau 1. Unter „Fortbildung" w i r d nach herrschender Lehre jener Lernabschnitt erfaßt, der auf der Ausbildung aufbaut und diese über den durch die berufliche Tätigkeit gewonnenen Erfahrungszuwachs hinaus funktionsbezogen erweitert und vertieft. Dabei w i r d bisher unterschieden zwischen — Anpassungsfortbildung, d. i. die Fortbildung zur Erhaltung und Verbesserung der zur Wahrnehmung des Dienstpostens erforderlichen Qualifikation, und der — Förderungsfortbildung, d. i. die Fortbildung zur Vorbereitung für die Übernahme höherwertiger Dienstposten. Über die Notwendigkeit permanenter Fortbildung i m öffentlichen Dienst gibt es heute keinen Zweifel mehr. Sie dient dem gemeinen Nutzen: Je besser die Fortbildung, umso wirksamer der öffentliche Dienst. Der Bericht der Studienkommission für die Reform des öffentlichen

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Dienstrechts vom März 1973 enthält darüber erste programmatische Aussagen1. Der Bericht weist aber auch zutreffend darauf hin, daß Fortbildungspflicht und Fortbildungsrecht Programmsätze bleiben werden, wenn nicht auf Seiten der öffentlichen Verwaltung die Voraussetzungen für ihre Verwirklichung geschaffen würden. Damit stellt sich die Aufgabe, ein i m Grundsätzlichen integriertes System der dienstlichen Fortbildung zu entwickeln. Hierzu bedarf es — zunächst einer verstärkten Konzentration i m Sinne einer Kooperation innerhalb der Bundesverwaltung, — eines arbeitsteiligen Fortbildungsverbundes mit den Fortbildungsinstitutionen der Länder und der Gemeinden, wobei der aus der Energiewirtschaft stammende Begriff des Verbundes hier nicht i m Sinne einer technisch-organisatorischen Zusammenfassung verwendet werden soll, sondern i m Sinne einer funktionalen Arbeitsteilung ohne organisatorische Veränderungen, — einer Abstimmung in der Fortbildungsmethodik, und — einer Harmonisierung der Curricula. Der Bericht der Studienkommission betont, es sei notwendig, alsbald ein Konzept für eine langfristige Personalplanung zu schaffen, das m i t der Fortbildung eng verbunden sein müsse. Und i n der Tat ist ein solches Konzept neben den übrigen i m wesentlichen organisatorischen Aspekten die Voraussetzung ihres optimalen Funktionierens. Wer das Feld der Fortbildung i n der Bundesrepublik Deutschland i m gegenwärtigen Zustand betrachtet, w i r d feststellen, daß auch ohne das Vorhandensein eines solchen integrierten Fortbildungssystems heute auf allen vertikalen und horizontalen staatlichen Ebenen bereits zahlreiche Fortbildungsinstitutionen arbeiten: Die aufgrund eines Beschlusses des Bundeskabinetts vom 11. Juni 1969 mit Erlaß des Bundesministers des Innern am 28. August 1969 errichtete Bundesakademie für öffentliche Verwaltung ist die zentrale Fortbildungseinrichtung der Bundesregierung 2 . Sie hat die Aufgabe, die dienstliche Fortbildung zu fördern und zu regeln, soweit sie nicht bereits besonderen Fortbildungseinrichtungen oberster Dienstbehörden obliegt. Das ist der Fall in den Bereichen des Bundesministeriums der Finanzen 3 , 1

Unter Nr. 6.6, S. 247 ff. Siehe den Wortlaut des Errichtungserlasses i n Heft 12 der Reihe „ b e t r i f f t " des Bundesministeriums des Innern: Die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, 1971, S. 20 f. 3 Vgl. die Jahresberichte der Bundesfinanzakademie; ferner Rolf Kohlrust/ Gerd Heilmann, Die Beamtenausbildung i n der Steuerverwaltung, 1968, S. 45 ff.; sowie Von der Reichsschatzkammer zum Bundesfinanzministerium, 1969, S. 157 ff. 2

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des Bundesministeriums der Verteidigung 4 , des Auswärtigen Amtes 5 sowie i n den Betriebsverwaltungen der Bundespost 6 und der Bundesbahn 7 . Die Regierungen der Bundesländer haben Fortbildungsreferenten und zum Teil eigene oder i m Verbund arbeitende Fortbildungsstätten. Die kommunalen Spitzenverbände haben ebenfalls ihre Fortbildungsbeauftragten; ihre Fortbildungsveranstaltungen finden i m Kommunalwissenschaftlichen Forschungszentrum (jetzt Deutsches Institut für U r banistik) 8 statt sowie bei der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) 9 . U m diese bisherigen guten Ansätze nicht zu beeinträchtigen, empfiehlt sich ein pragmatisches Vorgehen. Die notwendige Koordination und Kooperation sollte m i t behutsamer Hand hergestellt werden. Die Ansätze hierzu sind erfolgversprechend: — Die Verantwortlichen der Fortbildungsinstitutionen des Bundes führen seit März dieses Jahres alle zwei Monate Kontaktgespräche durch. Beteiligt sind die Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bundespost, die Akademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik, die Aus- und Fortbildungsstätte des Auswärtigen Amtes, die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, die Bundesfinanzakademie, die Fortbildungsstätte der Deutschen Bundesbahn, die Führungsakademie der Bundeswehr sowie die Schule für Innere Führung der Bundeswehr. Neben ständigem Informationsaustausch werden gegenwärtig an konkreten Beispielen die Möglichkeiten der Integration von Fortbildungsveranstaltungen i m Sinne eines arbeitsteiligen Verbundes geprüft. 4 Akademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik: Z u m A u f t r a g der A k a demie siehe Hubert Reinfried, i m Jahresprogramm 1973. Führungsakademie der Bundeswehr: Dazu Horst Scheibert, i n Truppenpraxis, 1968, S. 241 ff. u n d A n t o n Schmitt, i n Zivilverteidigung, 1973, S. 27 ff., Schule f ü r Innere Führung der Bundeswehr: vgl. die Einführende Schrift 1972. 5 Siehe dazu den Bericht der Kommission f ü r die Reform des Auswärtigen Dienstes, März 1971, S. 125 ff. 8 Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bundespost: dazu Ernst H e r r mann, i n Die Deutsche Bundespost, 1971, S. 140 ff.; u n d Werner Voigt, i n den Briefen der Führungsakademie, 1970, S. 11 f. 7 Vgl. den Bericht der Projektgruppe Management-Schulung f ü r den höheren Dienst der Deutschen Bundesbahn v o m 1. J u n i 1971. 8 Deutsches Institut f ü r Urbanistik, Sonderdruck des Kommunalwissenschaftlichen Forschungszentrums v o m 2. A p r i l 1973. 9 Siehe den Arbeitsbericht f ü r die Jahre 1969 bis 1972 i n den Mitteilungen der K G S t v o m Oktober 1972.

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— Auf Initiative der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung treffen sich die Fortbildungsreferenten der Bundesländer, die Vertreter der Bundesakademie und der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 10 zu Informationsgesprächen. Auch diese Gespräche sind keine institutionalisierte Einrichtung. Sie sollen zweimal i m Jahr stattfinden. Der jeweilige Gastgeber lädt ein und führt den Vorsitz. I m Rahmen des Informationsaustausches ist inzwischen ein Arbeitskreis errichtet worden, der Fragen der Fortbildungsmethodik behandelt. — Die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung arbeitet m i t dem Kommunal wissenschaftlichen Forschungszentrum (jetzt Deutsches Institut für Urbanistik) sowie der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) zusammen. — Seit neuestem finden auch bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften i n Speyer gemeinsame Fortbildungssitzungen mit den Fortbildungsreferenten der Länder statt, an denen auch die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung teilnimmt. 2. Ein Blick i n unser Nachbarland Frankreich zeigt, daß es dort bisher kein System der dienstlichen Fortbildung gibt. Bezeichnenderweise gab es bis Ende der sechziger Jahre für Aus- und Fortbildung auch nur ein gemeinsames Wort „formation", und erst seit dieser Zeit w i r d zwischen „formation" (Ausbildung) und „perfectionnement" (Fortbildung) unterschieden. I m Vordergrund steht die Ausbildung für die einzelnen Zweige der öffentlichen Verwaltung. Diesem Ziel dienen neun Große Schulen (Grandes Ecoles): L'Ecole Centrale des Arts et Manufactures, l'Ecole Nationale d'Administration (E.N.A.), l'Ecole Nationale des Ponts et Chaussées, l'Ecole Nationale de la Statistique et de l'Administration Economique, l'Ecole Nationale Supérieure de Techniques Avencées, l'Ecole Nationale Supérieure des Télécommunications, l'Ecole Nationale Supérieure des P.T.T., l'Ecole Polytechnique, l'Institut National Agronomique. Zwei davon wurden bisher als die wesentliche Nachwuchsstätte für die Grands Corps angesehen: Die Ε. Ν. Α., die i n ihrer jetzigen Form nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, deren Geschichte aber auf die 10 Die Fragen der Fortbildung sind Bestandteil des Entwicklungsplans der Hochschule 1974 - 1979 (S. 30 ff.).

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Ecole d'Administration des Jahres 1848 zurückgeht und die Ecole Polytechnique, deren Ursprünge i n die Zeit Napoleons I. zurückreichen 11 . I n einigen Verwaltungen gibt es zwar i n Einzelfällen Informationstagungen, die man aber nur als Ansatz einer dienstlichen Fortbildung bezeichnen kann. Die Notwendigkeit einer permanenten dienstlichen Fortbildung ist aber schon i m Jahre 1945 erkannt worden: Zusammen m i t der E. N. A. wurde durch Ordonnance vom 9. Oktober 1945 ein Centre de Hautes Etudes Administratives geschaffen. I n diesem Zentrum sollte eine ergänzende Ausbildung erfolgen für Bedienstete, die bereits über Berufserfahrung i m öffentlichen Dienst verfügten, und i n Ausnahmefällen auch für Personen, die ihre Fähigkeiten i n der Privatwirtschaft unter Beweis gestellt hatten und die der Staat für geeignet hielt, i n seine Dienste zu berufen. Der Direktor der E. N. A. war auch Direktor des Zentrums. Das Zentrum hat inzwischen seine Arbeit eingestellt. Ein Handbuch von 1961 gibt eine Übersicht über die Sitzungsperioden von 1948 - 1960; es handelte sich i m wesentlichen u m Vortragszyklen. Die Gründe für die Einstellung der Arbeiten sind nicht offenkundig geworden. Darüber gibt es lediglich eine neuere Aussage des Direktors der Ε. Ν. Α.: „Es hat mehrere Jahre hindurch funktioniert, aber i n einem Kontext, der sich von den heute auf dem Gebiet der permanenten Fortbildung bestehenden Vorstellungen unterscheidet 12 ." Eine bemerkenswerte Stellungnahme zum Problem der ständigen Ausund Fortbildung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes enthält der Bericht der Kommission Laroque vom 22. Mai 1968 an den Minister für den öffentlichen Dienst 1 3 . Einige Schlußfolgerungen des Berichts seien hier angeführt: — Die Organisation eines Systems der Fortbildung der Kader des öffentlichen Dienstes entspräche einer dringenden Notwendigkeit. — Das Problem der Fortbildung stelle sich für die Gesamtheit des öffentlichen Dienstes und der Ausschuß wünsche, daß für alle Bediensteten unverzüglich ein Recht auf Fortbildung anerkannt werde. — Die Organisation der Fortbildung sollte i m interministeriellen Rahmen erfolgen. Die Fortbildung solle sich an die Beamten wenden, die 11 Eingehend hierzu H e l m u t Quaritsch, Eine Schule der Verwaltung: L'Ecole Nationale d'Administration, Verwaltungsarchiv, 1961, S. 217 ff. 12 Pierre Racine, L'Ecole Nationale d'Administration et son évolution, i n L a Revue administrative, 1973, S. 140. 13 Comité chargé d'étudier le problème de la formation permanente des cadres de la fonction publique, Rapport remis le 22 m a i 1968 par M . Pierre Laroque au ministre chargé de la fonction publique.

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objektiv von ihrer Stellung und subjektiv von ihrer Einstellung her Verantwortung trügen und die für höhere Ränge geeignet seien. — Diese Gesamtheit der Beamten bestehe aus drei Kategorien: Den Korps m i t verwaltungsmäßiger Ausbildung, die aus der Ε. Ν. A. hervorgegangen seien; den Korps mit wissenschaftlicher Ausbildung, die von der Ecole Polytechnique kämen; den Verantwortlichen aus Regionen und Départements, deren Teilnahme sehr wünschenswert sei, damit das Verständnis und die Begegnung zwischen der zentralen Verwaltung und den Außenverwaltungen erleichtert würde. Die Fortbildung müsse durch ein Fortbildungszentrum gesichert werden, das von den bereits bestehenden Organismen des öffentlichen Dienstes unabhängig sei. Diese öffentliche Institution, die unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für den öffentlichen Dienst errichtet werde und durch Delegation des Premierministers handele, solle von einem Verwaltungsrat unterstützt werden, der aus Repräsentanten der verschiedenen Verwaltungen und qualifizierten Persönlichkeiten bestehe. Aber erst die „Studienkommission für die Probleme der E. N. A." — die Kommission Bloch-Lainé — greift i n ihrem Bericht vom A p r i l 1969 den Vorschlag der Kommission Laroque wieder auf 1 4 : Sie sei zwar nicht zuständig für die permanente Fortbildung, man könne die Etappen der Ausbildung durch die E. N. A. aber nicht von dem weiteren Organismus der Fortbildung trennen. Deshalb stelle sie sich insgesamt hinter die Schlußfolgerungen der Kommission Laroque und wünsche, daß sie rasch verwirklicht würden. Auf die Initiative der Direktoren der neun Großen Schulen wurde nun i m November 1972 das „Centre de Formation Supérieure au Management" gegründet. Der Verwaltungssitz ist i n Paris selbst, das Fortbildungszentrum i n dem Vorort Chateney-Malabry. Das Zentrum verdankt seine Entstehung der Überlegung, i n gemeinsamer Anstrengung ein gemeinsames Problem zu lösen: nämlich die Fortbildung der Schüler und ehemaligen Schüler der Großen Schulen auf dem Gebiet des Managements. Es gibt vier hauptsächliche Lehrgegenstände: — Die Vervollständigung der Ausbildung auf dem Gebiet des Managements. 14

Rapport de la Commission d'études des problèmes de 1Έ.Ν.Α. sous la présidence de M. François Bloch-Lainé, a v r i l 1969, Chapitre I V : L a formation et les échanges postérieurs à la scolarité.

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— Die Beratung der öffentlichen und privaten Organismen bei der Ideenfindung für die Einrichtung sozialer, technischer und administrativer Neuerungen. — Die Verwirklichung von Studien und Forschungen für Methoden und Probleme des Managements auch auf dem Gebiet der Pädagogik. — Die Begünstigung der Möglichkeiten für gemeinsame Überlegungen ständiger Fortbildung und des kulturellen Transfers zwischen öffentlichem und privatem Sektor, u m die Transparenz innerhalb der französischen Gesellschaft zu steigern. Die Seminare sind angelaufen. Ein Erfahrungsbericht darüber liegt noch nicht vor. 3. I n Großbritannien gab es bis zum Kriegsende keine zentralisierte Fortbildung. Soweit überhaupt Ansätze zu systematischer Fortbildung vorhanden waren, lagen diese bei den einzelnen Ministerien, und zwar i n der Regel als arbeitsplatzbezogenes Training („Sitting by Nellie", „Training on the job"). Die einzige Zentralkompetenz, aber mehr i n bezug auf Personalwirtschaft, lag bei der Treasury. I m Mai 1944 wurden erste umfassende Reformansätze durch den „Report of the Committee on the Training of the Civil Servants" erarbeitet und vorgelegt. Diese Ansätze wurden nach Kriegsende aufgegriffen und führten i m Jahre 1963 dazu, daß das für das Management des Civil Service verantwortliche Ministerium, die Treasury, ein eigenes Fortbildungsinstitut m i t zentralen Funktionen einrichtete, das HMCAS (Her Majesty's Centre for Administrative Studies). Diese Einrichtung arbeitete mit großem Erfolg bis zum März 197015. 1966 wurde eine Kommission unter dem Vorsitz von Lord Fulton eingesetzt, deren Aufgabe es war, die Struktur, die Rekrutierung und das Management einschließlich der Fortbildung des sog. „Home-Civil-Service" zu untersuchen und entsprechende Reformansätze zu entwickeln. Der i m Juni 1968 vorgelegte Bericht dieser Kommission 1 6 führte zu zahlreichen tiefgreifenden Neuerungen i m britischen öfentlichen Dienst. Besonders hervorzuheben sind dabei folgende Vorschläge, die auch realisiert wurden: — Errichtung eines besonderen Ministeriums für den öffentlichen Dienst (Civil Service Department); — Schaffung einer zentralen Fortbildungseinrichtung als Bestandteil dieses Ministeriums (Civil Service College); 15 Hierzu und zum Folgenden Eugen Grebenik, Principal of the C i v i l Service College: The First Year, i n Public Administration, 1972, S. 127 ff. 10 The C i v i l Service, Report of the Committee 1966 - 68, Chairman: L o r d Fulton, Cmnd. 3638, Bd. 4, London 1968 (Fulton-Bericht), S. 12.

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— Einführung von Verzahnungsmechanismen zwischen zentraler Personalplanung und Fortbildung dadurch, daß ein einheitliches dienstliches Beurteilungssystem eingeführt und ein einheitliches Dienstpostenbewertungsschema entwickelt und umgesetzt wurden. Das Civil Service Department hat i m Rahmen der Fortbildung u. a. folgende Kompetenzen: — Feststellung des Fortbildungsbedarfs durch Beratungen mit den M i nisterien; — Angebot von zentralen Fortbildungskursen durch das Civil Service College; — Simulation, Koordination und Beratung der Ministerien auf dem Gebiet der Fortbildung, jedoch nicht mit einem Aufsichts- oder Weisungsrecht. — Zentrale Kontakt- und Koordinationsfunktion gegenüber anderen Fortbildungseinrichtungen i m nichtstaatlichen Bereich, ζ. B. der Wissenschaft und der Wirtschaft. I n Fragen des Managements und der Personalführung steht das Civil Service Department i n engem Arbeitskontakt mit zwei nichtstaatlichen Einrichtungen, nämlich dem British Institute of Management und dem Institute of Personnel Management. Das Civil Service College ist ein Bestandteil des Civil Service Department mit allerdings großer organisatorischer Selbständigkeit. Der Principal des C i v i l Service College ist direkt dem Minister, d. h. dem Permanent Secretary des Civil Service Department verantwortlich. Hauptaufgabe des College ist es, i m Einvernehmen mit dem Department und den betroffenen Ministerien Fortbildungskurse zu entwickeln und durchzuführen. Darüber hinaus hat es auch Beratungsfunktionen gegenüber den Ministerien, soweit es deren eigene Fortbildungsmaßnahmen anbetrifft 1 7 . Die Hauptarbeit auf dem Gebiet der Fortbildung liegt aber bei den Ministerien: Jedes Ministerium hat eine eigene Fortbildungsabteilung, die von einem „Department Training Officer" geleitet w i r d und über nicht unerhebliche Geld-, Sach- und Personalmittel verfügt. Wie schon erwähnt, halten diese aber sehr engen Kontakt zum Civil Service Department und zum Civil Service College. Häufig werden die Programme gemeinschaftlich entwickelt. Die Ministerien haben neben der Möglichkeit, eigene Veranstaltungen durchzuführen oder Teilnehmer zum Civil Service College zu entsenden, auch noch eine dritte Alternative, nämlich die Inanspruchnahme von Fortbildungsangeboten außerhalb der öffentlichen Verwaltung. 17

The C i v i l Service College, 2nd A n n u a l Report 1971 - 72, London 1973.

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Das Civil Service College hat seinen zentralen Sitz i n Sunningdale. Es besteht aus den Fortbildungszentren Sunningdale, eröffnet i m Juni 1970 London, eröffnet i m A p r i l 1970 und Edinburgh, eröffnet i m Herbst 1970. Während Sunningdale und Edinburgh mit Internat arbeiten, sieht das London Centre nur den normalen, d. h. keinen Internatsbetrieb vor. Die Sach- und Personalmittelausstattung ist beeindruckend und nur dadurch zu erklären, daß die Fortbildung i n Großbritannien offensichtlich ein sehr ernstgemeintes hohes politisches Anliegen darstellt. 4. Auch i n Belgien gibt es i m öffentlichen Dienst ein Aus- und Fortbildungssystem. Es schließt grundsätzlich alle Angehörigen der Ministerien (Départements) und der regionalen Verwaltung ein. Bei der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen werden jedoch i n erster Linie nur die Angehörigen des höhern Dienstes der Ministerien erf aßt. Das Aus- und Fortbildungssystem w i r d von drei Organen getragen: — Der Direction Générale de la Sélection et de la Formation (D.G.S.F.), — dem Centre de Formation, — dem Institut Administration-Université 1 8 . Die Direction ist das eigentliche Fortbildungsorgan der belgischen Regierung. Sie entstand 1963 als eine zum A m t des Premierministers gehörende und dem Staatssekretär des Ministeriums für öffentliche Aufgaben unterstellte Abteilung. Sie hat zur Aufgabe, — geeignete Methoden der Personalauswahl und Verfahren für Laufbahnprüfungen zu entwickeln, — die Aus- und Fortbildung der i m Staatsdienst Beschäftigten zu gewährleisten, — ein Studien- und Dokumentationszentrum für Strukturfragen i n der öffentlichen Verwaltung zu errichten und — einen nach Fähigkeiten ausgerichteten Personaleinsatz zu fördern. Die Direction unterstützt die Aus- und Fortbildungsbestrebungen in den einzelnen Ministerien i m Sinne einer dezentralen Ausrichtung und stimuliert, harmonisiert sowie realisiert sie i n Form von Seminaren. Sie w i r d unterstützt von einem interministeriellen Ausschuß zur Förderung der Aus- und Fortbildung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, der sich aus hohen Beamten (Abteilungsleitern) des Erziehungsministeriums, des Innenministeriums, des Ministeriums für öffentliche Aufgaben (u. a. 18 Hierzu die Darstellung i n Le Centre de Formation de la Direction Générale de la Sélection et de la Formation, Bruxelles 1972, sowie mündliche A u s künfte des Generaldirektors M. François Meyers.



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dem Generaldirektor der Direction) und entsprechenden Vertretern der Fachverbände und der Gewerkschaften zusammensetzt. Diesem Organ obliegt es, geeignete Aus- und Fortbildungsmaßnahmen festzustellen und vorzuschlagen. Zur Erfüllung seiner Aufgaben besteht wiederum ein Unterausschuß („Sous-Comité Ministre") als Verbindungsstelle zu den Ministerien. I n diesem Unterausschuß sind alle Ministerien vertreten, so daß ein ständiger Informationsfluß über den verschiedenen Aus- und Fortbildungsbedarf i n den Ministerien erfolgen kann. I n diesem Zusammenhang ist eine Studie über den Fortbildungsbedarf zu erwähnen, die nach einjähriger Untersuchung bei Angehörigen des höheren Dienstes i n verschiedenen Ministerien gegenwärtig von der Direction ausgewertet wird. Die Durchführung der Seminare erfolgt i n dem zur Direction gehörenden Ausbildungszentrum, dem „Centre de Formation": Es wurde 1961 gegründet und ist die zentrale Ausbildungsstätte für die Nachwuchskräfte des höheren Dienstes i n der Ministerialverwaltung. Wie auch i n der Bundesrepublik Deutschland gibt es i n Belgien keine universitäre Ausbildung, die speziell auf eine künftige Tätigkeit i n der Ministerialverwaltung vorbereitet. Das „Institut Administration-Université" entstand 1962 und widmet sich hauptsächlich der Fortbildung oberer Führungskräfte der Ministerialverwaltung. I n Einzelfällen werden auch Führungskräfte aus der Kommunalverwaltung i n das Fortbildungsprogramm mit einbezogen. Das Institut und seine Aktivitäten werden aus dem Budget des Premierministers finanziert. I h m steht ein Verwaltungsrat zur Seite, dessen Mitglieder sind: — Die Generalsekretäre der Ministerien, — der Generaldirektor der Direction als Vertreter des Staatssekretärs i m Ministerium für öffentliche Aufgaben, — die Rektoren der Universitäten des Landes, — die Direktoren der „Centres universitaires de perfectionnement" an den Universitäten Brüssel, Löwen, Lüttich und Gent sowie — hinzugewählte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Das Fortbildungsprogramm des Instituts ist weitgehend auf Managementlehren ausgerichtet. Zur Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich Seminare und Forschungsvorhaben über Managementfragen durchzuführen, arbeitet es eng mit den genannten Universitätszentren zusammen. I n jedem dieser Universitätszentren beauftragt das Institut Wissenschaftler m i t der Durchführung von Seminaren und Forschungsvorhaben. Diese i m Durchschnitt 5 Tage dauernden Seminare behandeln hauptsächlich

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— Organisationstheorien, — Verwaltungslehre, — Personalführung, — Planungstechniken und -methoden, — Futurologie. Ein „Comité de coordination interuniversitaire" ist jedoch um eine ständige Koordinierung bemüht. Die Schwerpunkte der Forschungsvorhaben des Instituts bzw. der Universitätszentren sind gegenwärtig — die Praktikabilität des PPBS i n der belgischen Verwaltung, — eine Untersuchung über die Verwaltung i m Jahre 1985 sowie — Möglichkeiten einer verbesserten Regional- und Gemeindeverwaltung. Eine Besonderheit bildet das 1969 i m Rahmen der „Centres Universitaires de perfectionnement" errichtete „Collège interuniversitaire d'études doctorales dans les sciences du Management" (CIM). Hier können die i n den Zentren für das Institut tätigen Assistenten neben ihren Seminarund Forschungsvorhaben i n Verwaltungswissenschaften promovieren. 5. I n den Vereinigten Staaten von Amerika beruht die Fortbildung des Bundes für seine Bediensteten auf dem „Government Employees Training Act" von 1958. Die Möglichkeit der Teilnahme von Landes- und Kommunalbediensteten an diesem Fortbildungssystem wurde 1970 eröffnet durch den „Inter-Government Personnel Act". I n der Civil Service Commission, einer selbständigen Agency, ist das Bureau of Traning zuständig für die Planung und Koordinierung aller Fortbildungsveranstaltungen des Bundes i m gesamten Bundesgebiet. Es verfügt dazu über 10 Training-Centers sowie über 3 Executive Seminar Centers. Das am 9. Mai 1968 gegründete Federal Executive Institute hat ein eigenes Büro i n der C i v i l Service Commission, während das National War College dem Verteidigungsministerium untersteht 1 9 . Das Fortbildungsprogramm der C.S.C, zentriert sich i m Grunde auf die Anpassungsfortbildung. Es gibt aber auch i n Einzelfällen — Fortbildung i n Erwartung neuer Regierungsprogramme und Personalbedürfnisse, — Fortbildung i m Vollzug neuer Aufgaben und Projekte, 19 Siehe U.S. C i v i l Service Commission, Bureau of training, Interagency training, Washington 1972; Federal Executive Institute, i n F.E.I. 72, Charlottesv i l l e 1972 — The National War College, i n Rotunda, Washington 1972.

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— Fortbildung zur Anpassung an technologische Entwicklungen und Aufrechterhaltung einer sachbezogenen Spezialisierung, — Aus- und Fortbildung für gewisse Mangelberufe. II. Einführungsfortbildung 1. Die Fortbildung der Nachwuchskräfte des öffentlichen Dienstes zur Einführung i n die Aufgaben der Verwaltung ist nach dem gegenwärtigen Stand auch noch nachgeholte oder ergänzende Ausbildung. Sie ist daher keine Anpassungsfortbildung, wie sie inzwischen allgemein verstanden wird, und sollte von dieser als „Einführungsfortbildung" unterschieden werden. I h r Inhalt muß sich an dem jeweiligen Stand der Ausbildung orientieren. Das gilt sowohl für Juristen als auch für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, Naturwissenschaftler und Techniker. Für die Juristen zeigt die Salzburger Empfehlung der Vereinigung deutscher Staatsrechtslehrer zur Vorbereitung für das Wahlfach „Verwaltungslehre" i n der Ersten juristischen Staatsprüfung vom Oktober 1972, daß das Problem erkannt worden ist 2 0 . Es ist zu hoffen, daß hier bald eine nützliche Entwicklung i n ausreichendem Maße i n Gang gesetzt werden kann. Aus ähnlichen Erwägungen wurde bereits Ende der sechziger Jahre i m Auftrag der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder ein „Rahmenplan zur Fortbildung der Probebeamten des höheren Dienstes der allgemeinen und inneren Verwaltung" erstellt. Damit sollte eine breite verwaltungsbezogene Fortbildung dieser Bediensteten gewährleistet werden. Der Rahmenplan w i r d i n turnusmäßigen Sitzungen der Vertreter der Bundesländer ständig fortgeschrieben und ergänzt. Die Einführungsfortbildung für Juristen und Wirtschaftswissenschaftler sollte von den Fortbildungsinstitutionen selbst durchgeführt werden. I n Kursen von mehrwöchiger Dauer müssen hier Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die für die Arbeit i n der öffentlichen Verwaltung von besonderer Bedeutung sind. Die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung hat inzwischen ein System aufeinander bezogener Grund- und Ergänzungskurse entwickelt, bei dem nach dem Baukastenprinzip zunächst der Besuch je eines Grundkurses und sodann die Teilnahme an entsprechenden Ergänzungskursen vorgesehen ist 2 1 . Damit diese Einführungsfortbildung aber auch i n ihrer ganzen Breite wirksam werden kann, müßte ihr Besuch für die Nachwuchskräfte des 20 Wortlaut der Salzburger Empfehlung i n DÖV 1972, S. 786 f. Vgl. auch Franz Mayer, die Verwaltungslehre als Studien- u n d Prüfungsfach f ü r die Juristenausbildung an den deutschen Universitäten, Festschrift f ü r Ernst Forsthoff, 1972, S. 241 ff. 21 Vgl. Werner Möhrs, Fortbildung der Nachwuchskräfte des höheren Dienstes, i n V e r w a l t u n g und Fortbildung, 1973, S. 21 ff.

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höheren Dienstes während der ersten drei Jahre ihrer Dienstzeit obligatorisch sein. Bei der Einführungsfortbildung kommt eine Dezentralisierung grundsätzlich nicht in Betracht, da diese Kurse den Erfordernissen der jeweiligen Aufgabenträger angepaßt werden müssen. Hingegen sollte bei der Einführungsfortbildung für solche Nachwuchskräfte, die nicht Juristen und nicht Wirtschaftswissenschaftler sind, erwogen werden, einen arbeitsteiligen Verbund mit universitären Einrichtungen anzustreben. Man könnte daran denken, diese Personen als Probebeamte oder als Widerrufsbeamte ein bis zwei Semester an eine solche universitäre Einrichtung abzuordnen. Das Curriculum müßte m i t den staatlichen Stellen abgesprochen werden. Es ist bekannt, daß die Hochschule Speyer solche Einführungssemester anzubieten beabsichtigt. Die anderen Fortbildungsinstitutionen des Bundes führen folgende EinführungsVeranstaltungen durch: — Die Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bundespost veranstaltet Lehrgänge, die aus zwei Teilen mit je zwei Wochen Dauer bestehen. Sie haben die Themenkreise „Planung und Organisation" sowie „Betriebslenkung und Mitarbeiterführung" zum Gegenstand. Die beiden Teile des Lehrgangs sind durch einen zeitlichen Abstand von drei bis sechs Monaten getrennt und werden i m Auftrag der Akademie von Oberpostdirektionen ausgerichtet. — Die Akademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik führt Einführungslehrgänge für Nachwuchskräfte der Bundeswehrverwaltung aller Fachrichtungen durch. — Die Lehrgänge für Nachwuchskräfte des höheren Dienstes aus den Steuerverwaltungen der Länder, die von der Bundesfinanzakademie veranstaltet werden, sind i n § 7 des Steuerbeamtenausbildungsgesetzes statuiert. I m Bildungszentrum der Bundesfinanzverwaltung i n Sigmaringen werden Einführungslehrgänge i n die Aufgaben der Laufbahn des höheren nichttechnischen Dienstes der Bundesvermögensverwaltung abgehalten. Auch die Bundesländer führen i n der Mehrzahl eigene Einführungslehrgänge durch. Die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer bietet ebenfalls Einführungsseminare an. 2. I n Belgien ist das Centre de Formation die zentrale Ausbildungsstätte für die Nachwuchskräfte des höheren Dienstes. Für diese besteht die Pflicht, nach Ablegung eines von der Direction Générale de la Sélection et de la Formation durchgeführten Aufnahmeconcours für ein Jahr Stagiaire des Ausbildungszentrums zu sein.

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Während dieser Zeit sind die Stagiaires bereits i n den Ministerien tätig, in denen sie sich beworben haben. Dort sind sie einem Maître de Stage départemental unterstellt; ihr eigentlicher Dienstherr (Maître Général des Stages) ist jedoch der Generaldirektor der Direction. Somit untersteht ihr der Stagiaire und gehört dienstrechtlich, obwohl i n einem anderen Ministerium tätig, zum Dienstbereich des Ministeriums für öffentliche Aufgaben. Ein eigentliches Ausbildungsprogramm des Zentrums gibt es nicht. Die Stagiaires berichten i n regelmäßigen Treffen, durchschnittlich einmal wöchentlich, i m Ausbildungszentrum über ihre ministerielle Tätigkeit und äußern dabei ihre Ausbildungswünsche. Das Ausbildungszentrum führt daraufhin entsprechende, über das ganze Ausbildungsjahr hin verteilte 1 - ötägige Seminare durch. Dabei werden auch die Anregungen der Maîtres des Stages départementaux berücksichtigt, die ebenfalls zu regelmäßigen Treffen i m Ausbildungszentrum zusammenkommen und ihrerseits die Vorschläge des Ausbildungszentrums an ihre Behörden weitergeben. Nach Beendigung der Stages fertigt der Maître Général des Stages ein Gutachten über die Eignung oder Nichteignung des einzelnen Stagiaire für die ministerielle Laufbahn an, das seinem Ministerium zur Berücksichtigung zugestellt wird. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet eine Commission de stages. 3. I n Großbritannien gibt es ebenfalls eine Einführungsfortbildung für den höheren Dienst. Das Civil Service College bietet hier zentrale Fortbildungskurse an. 4. I n den Vereinigten Staaten kennt man Einführungsfortbildung nur i n geringem Umfang und nur i n ganz speziellen Bereichen. So ζ. B. i n allgemeiner Verwaltung, Management, Personalführungswesen, ferner i m Rechnungs- und Haushaltswesen sowie i m Revisionsbereich. 5. Hingewiesen werden soll auch auf die Einführungskurse i n Italien (Reggia di Caserta) und i n Spanien (Alcala de Henares). Diese Kurse haben aber mehr universitären Charakter. I I I . Anpassungsfortbildung Die Anpassungsfortbildung, d. i. die Fortbildung zur Erhaltung und Verbesserung der zur Wahrnehmung des Dienstpostens erforderlichen Qualifikation, muß i n besonderem Maß praxisorientiert sein. Hierzu w i r d eine sorgfältige Ermittlung des Fortbildungsbedarfs benötigt. Nur so läßt sich die dienstliche Fortbildung i n eine systematisierte Personalplanung einfügen.

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Bis zur Vorlage aussagekräftiger Untersuchungen muß ein differenziertes Fortbildungsangebot ermöglicht werden, das nach dem Baukastensystem und i n ständiger Rückkoppelung mit den Bedarfsträgern aufgestellt w i r d 2 2 . U m dem umfangreichen Fortbildungsbedarf nachzukommen und i m Hinblick auf aufgabenspezifische Fortbildungsbedürfnisse ist eine Differenzierung i n zentrale und dezentrale Fortbildungsveranstaltungen angezeigt. Zentral müssen Veranstaltungen durchgeführt werden, die — den Ministerialbereich betreffen, oder die — sich interdisziplinär oder problemorientiert an bestehende Zielgruppen wenden (ζ. B. die Personalreferenten, die Haushaltsreferenten, die Planungsbeauftragten). Dezentralisiert müssen Fortbildungsveranstaltungen werden m i t den Lehrinhalten

durchgeführt

— Aktualisierung des allgemeinen Fachwissens, ζ. B. Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Dienstrecht, Haushaltsrecht, Volkswirtschaftslehre, EDV; — Aktualisierung des besonderen Fachwissens, das sich aus den unterschiedlichen Aufgaben i n den einzelnen Geschäftsbereichen ergibt und — Vermittlung von besonderen Fähigkeiten und Techniken (ζ. B. Rethorik, Verhandlungs- und Diskusisonstechnik, rationelles Lesen, moderne Arbeitsmethoden- und -techniken, hier insbesondere Methoden zur Erzielung eines Wirtschaftlichkeitseffektes i n der öffentlichen Verwaltung, Planungsmethoden, Problemanalysen). Daneben bestehen i n den Geschäftsbereichen unterschiedliche aufgabenspezifische Fortbildungsbedürfnisse, wie ζ. B. — beim Deutschen Patentamt i n München, — beim Statistischen Bundesamt und beim Bundeskriminalamt i n Wiesbaden, — beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft, bei der Bundesstelle für Entwicklungshilfe i n Frankfurt, — bei der Bundesanstalt für Materialprüfung, beim Bundesgesundheitsamt und beim Bundeskartellamt i n Berlin. Für die Dezentralisierung kommen Schwerpunktorte i n Frage. Die Fortbildungsbereiche werden unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit m i t entscheidend sein für die Auswahl der Einrichtun22 Siehe Günther Leis, Allgemeine berufsbegleitende Fortbildung f ü r Angehörige des höheren u n d gehobenen Dienstes, i n Verwaltung u n d Fortbildung, 1973, S. 27 ff.

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gen, bei denen Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden können. I n Betracht kommen Bundesbehörden, die selbst einen erheblichen Fortbildungsbedarf haben, deren personelle Ausstattung die Gewähr für eine systematische und praxisnahe Fortbildung bietet und bei denen andere Bundesbehörden am Schwerpunktort m i t geringerer Leistungskraft fortbildungsmäßig m i t betreut werden können. Die Bundesakademie arbeitet gegenwärtig an einer Konzeption für eine derartige Dezentralisierung, wobei sie selbst die zentrale Stelle zur Beratung, Koordinierung und Erfolgskontrolle sein wird. Aber auch an einen arbeitsteiligen, operationalen Verbund mit Fortbildungsinstitutionen der Länder, der Gemeinden und der Wirtschaft ist zu denken. Auch die örtlichen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien könnten m i t diesen Aufgaben betraut werden. Und schließlich wäre eine Zusammenarbeit m i t den Berufsverbänden möglich. Die Variationsreihe der Möglichkeiten würde hier vom Erfahrungsaustausch bis zur Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen reichen. Alle Fortbildungsinstitutionen des Bundes führen Veranstaltungen zur Anpassungsfortbildung durch. Erwähnt werden sollte hier, daß die Deutsche Bundesbahn sämtliche Beamten des höheren Dienstes drei Jahre nach ihrer Einstellung zu einem Führungsseminar einberuft, das 5 Tage dauert. I n Auswertung auch der Veranstaltungen i m Ausland, die bereits oben unter I. abgehandelt wurden, soll insgesamt festgestellt werden, daß die Veranstaltungen zur Anpassungsfortbildung nicht länger als 1 Woche dauern sollten. Soll die dienstliche Fortbildung ihren Zweck erfüllen, muß eine solche Fortbildungskapazität geschaffen werden, daß jeder Angehörige des öffentlichen Dienstes mindestens alle 3 - 5 Jahre an einer Fortbildungsveranstaltung teilnehmen kann. IV. Förderungsfortbildung 1. Die Förderungsfortbildung, d. i. die Fortbildung zur Vorbereitung für die Übernahme höherwertiger Dienstposten, sollte zentral durchgeführt werden. Es muß gewährleistet sein, daß Lernziele, Lehrinhalte und Lehrmethoden i n jedem Falle einheitlich vermittelt werden. A m Beispiel der Lehrgänge der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung zur Heranbildung von Führungskräften der mittleren Führungsebene sei dargestellt, welche Entwicklung hier unserer Meinung nach wünschenswert erscheint: Die gegenwärtig stattfindenden Lehrgänge bestehen aus einem sechswöchigen wissenschaftlich-theoretischen Abschnitt bei der Bundesaka-

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demie selbst sowie einem dreimonatigen fakultativen Praktikum i n der Zentrale eines Wirtschaftsunternehmens oder bei einem Verband 2 3 . Aufgabe der Lehrgänge ist es, zu fördern — die Befähigung zur Ausübung von Leitungs-, Entscheidungs- und Kontrollfunktionen i m jeweiligen Fachbereich, — die Befähigung zu interdisziplinärem Denken, — die Bereitschaft zu kooperativem Handeln sowie — das Verständnis für andere Fachbereiche. Das Lehrprogramm beschränkt sich nicht nur auf die Vermittlung moderner Methoden, Verfahren und Techniken aus dem Bereich der Führungs-, Entscheidungs-, Planungs- und Organisationslehre, sondern es soll auch das Bewußtsein für die gesellschaftliche Relevanz des Führungshandels wecken. Richtsteig für die Lehrgänge ist § 36 der Bundeslaufbahnverordnung vom 27. A p r i l 1970, dessen Absatz 3 sagt: „Beamte, die durch Fortbildung ihre fachlichen Kenntnisse u n d Fähigkeiten nachweislich wesentlich gesteigert haben, sind zu fördern. Vor allem ist ihnen nach Möglichkeit Gelegenheit zu geben, ihre Fachkenntnisse i n höherbewerteten Dienstgeschäften anzuwenden und hierbei ihre besondere fachliche Eignung nachzuweisen."

Und i n der amtlichen Begründung hierzu heißt es: „Es ist der Bedeutung der Fortbildung angemessen, daß die hierdurch erzielten Leistungssteigerungen i n der beruflichen Entwicklung der Beamten ihren Ausdruck finden. Für die endgültige Übertragung bestimmter hervorgehobener Dienstposten w i r d k ü n f t i g der Nachweis einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung Voraussetzung sein müssen. Hierbei ist insbesondere an eine Regelung zu denken, nach der n u r solche Beamte auf Dauer zu Referenten i n einer Zentralbehörde bestellt werden dürfen, die einen entsprechenden Lehrgang an der Bundesakademie für öffentliche V e r w a l t u n g m i t Erfolg absolviert haben. E i n solches laufbahnrechtliches Erfordernis w i r d i n die Laufbahnverordnung aufgenommen werden, sobald die Fortbildungsmaßnahmen einen entsprechenden Umfang erreicht haben 2 4 ."

Bei der Fortschreibung ihres Fortbildungsprogramms w i r d die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung die Teilnahme an diesen Führungslehrgängen von der Absolvierung bestimmter Veranstaltungen i m Rahmen der Einführungsfortbildung und der Anpassungsfortbildung abhängig machen. U m hier zwischen den einzelnen Fortbildungsinstitutionen i n Bund und Ländern sowie der Hochschule Speyer die notwendige Durchlässigkeit zu ermöglichen, ist eine Harmonisierung der Curricula auf allen Ebenen i n besonderem Maße erforderlich. 23 Dazu E w a l d Andrews, Heranbildung von Führungskräften; Vorbereitung auf internationale Aufgaben, i n V e r w a l t u n g u n d Fortbildung, 1973, S. 41 ff. 24 Wortlaut i n „ b e t r i f f t " , S. 22.

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Die Lehrgänge zur Heranbildung von Führungskräften müssen von längerer Dauer sein, sollen sie ihren Zweck erfüllen. Bei den Uberlegungen, die gegenwärtig i n der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung angestellt werden, hat sich gezeigt, daß ein Zeitraum von etwa 10 Monaten wünschenswert wäre. Ein solcher Lehrgang könnte wie folgt gegliedert werden: — 1 Monat Einführung i n der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung Lehrinhalt dieses Abschnitts wäre die V e r m i t t l u n g theoretischen Grundwissens m i t Fallbeispielen aus den Bereichen Planung, Organisation, K o m munikation, Betriebswirtschaft (Mikro-Bereich), sowie das Vertrautmachen m i t dem I n s t r u m e n t a r i u m des Verwaltungsmanagers;

— 2 Monate universitäre Einrichtung Lehrinhalt wäre die Behandlung des gesellschafts- u n d wirtschaftspolitischen Bezugsrahmens der Verwaltungsführung m i t den Schwerpunkten Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Sozialpsychologie; — 2 Monate i n der Bundesakademie f ü r öffentliche V e r w a l t u n g Lernziel wäre die Erarbeitung der wesentlichen Grundsätze der Führungslehre (Führungsstile, Führungssysteme) ;

— i n einem viermonatigen Praktikum würden die theoretischen Kenntnisse vertieft, insbesondere aus den Bereichen Organisation u n d Planung;

— i n einem abschließenden Abschnitt von 1 Monat bei der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung wären Lerninhalte die A n w e n d u n g der theoretischen und praktischen E r fahrungen und der vermittelten Kenntnisse i n Fallstudien, Verhandlungsund Rollenspielen sowie i n einer abschließenden komplexen Simulationsübung.

Es ist anzustreben, daß der Aufstieg i n die mittlere Führungsebene nur nach dem Besuch eines solchen Fortbildungslehrgangs möglich ist. Z u diesem Zweck wäre allerdings die Bereitstellung von Fortbildungsreserven i n den Haushaltsplänen erforderlich. A u f dem Gebiet der Förderungsfortbildung seien folgende Veranstaltungen der anderen Fortbildungsinstitutionen des Bundes erwähnt: I n der Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bundespost w i r d ein Führungslehrgang i n vier Teilen von je 3 Wochen Dauer durchgeführt. Er ist für Beamte gedacht, die nach ihren Leistungen für eine spätere Verwendung als Abteilungsleiter bei Mittelbehörden und als Referenten i m Ministerium i n Frage kommen. Nach Abschluß des Lehrgangs w i r d ein Gutachten erstellt, das über die Neigungen und Eignungen der Teilnehmer Auskunft erteilt, soweit sie i m Rahmen des Lehrgangs erkennbar waren. Die Akademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik führt Veranstaltungen zur Förderungsfortbildung sowohl i m Bereich der Verwaltung als auch der Technik durch.

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I m Bericht der Kommission für die Reform des Auswärtigen Dienstes vom März 1971 w i r d ein Mid-Career-Training gefordert, das zumindest teilweise mit der Vorbereitung auf Führungsaufgaben verbunden werden könnte. Außerdem w i r d ein pre-post-Training für zweckmäßig gehalten, das die gezielte Vorbereitung auf eine bestimmte bevorstehende dienstliche Verwendung i m Ausland zum Gegenstand haben soll 2 5 . Die Bundesbahn beruft Beamte, die für Positionen i n der mittleren Führungsebene i n Frage kommen, einmal i m Jahr zu einer Akademietagung ein. Die Tagung dauert zwei Wochen und besteht aus Fachvorträgen. Außerdem werden besonders ausgewählte Beamte des höheren Dienstes i n Spitzenpositionen (Amtsvorstände, Dezernenten) zu einem Führungsseminar eingeladen, das ebenfalls 2 Wochen dauert. Die bei der Führungsakademie der Bundeswehr durchgeführte Ausbildung der angehenden Generalstabsoffiziere des Heeres und der Luftwaffe bzw. der Admiralstabsoffiziere der Marine dauert zwei Jahre. Aus dem umfangreichen Lehrstoff interessieren hier insbesondere die Themen — allgemeine wissenschaftliche Grundlagen und — allgemeine Führungslehre. I m Freistaat Bayern wurde vom Ministerrat am 31. J u l i 1967 die Einrichtung eines Lehrgangs für Verwaltungsführung für Beamte des höheren Dienstes beschlossen. Der erste Lehrgang begann am 1. Juni 1968; gegenwärtig läuft der 3. Lehrgang. Die Lehrgänge gliedern sich i n folgende Abschnitte: — 2 Monate Sprachkurs, — 5 Monate theoretischer Abschnitt, — 4 Monate Informationsaufenthalt und — 2 Monate theoretischer Abschnitt. Ziel des Lehrgangs ist es, Beamte insbesondere für folgende Tätigkeiten heranzubilden: Referenten und Abteilungsleiter i n den Ministerien, Leiter von bedeutenden, den Ministerien unmittelbar unterstellten Behörden und deren Vertreter, Mitarbeiter i n sog. Stabsabteilungen der Ministerien, Berater der Chefs der Ministerien 2 6 . Hier sei auch an die Lehrgänge des Bundesministeriums des Innern in den Jahren 1966 - 1969 erinnert 2 7 : 25

Vgl. S. 129 und 135. Hierzu Friedrich Baer, Erster Fortbildungslehrgang für Beamte des höheren Dienstes i n Bayern, i n Die Verwaltung, 2. Bd. 1969, S. 97 ff.; ders. i n Z e i t schrift für Beamtenrecht, 1970, S. 1 ff. 27 Dazu Ernst Kern, Fortbildungslehrgänge f ü r Verwaltungsführung u n d zur Vorbereitung auf die Verwendung i m öffentlichen Dienst, i n DÖV 1967, S. 552 f. 26

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Diese Lehrgänge dauerten 1 Jahr. Die ersten beiden Lehrgänge waren Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Verwendung i m europäischen und internationalen Dienst; der 3. und 4. Lehrgang wurde in seinem Lehrinhalt erweitert und hatte auch die Heranbildung von Führungskräften i m Inlandsdienst zum Gegenstand. 2. Wenn man i n das französische System näher hineinschaut, gibt es auch Förderungsfortbildung i n der Ε. Ν. A. Neben Bewerbern, die von außerhalb der Verwaltung kommen und die sich einem externen Concours unterziehen müssen, w i r d jährlich eine gewisse Anzahl durch interne Concours aus dem öffentlichen Dienst zugelassen. Voraussetzung ist eine Dienstzeit zwischen 3 - 5 Jahren. Zu diesem Personenkreis gehörten i n den ersten Jahren nach Kriegsende die Hälfte aller Ε. N. A.-Schüler, i n den letzten Jahren aber nur ein Drittel. Die neueste Entwicklung geht dahin, diesen Anteil wieder zu steigern. Hier sollte auch erwähnt werden, daß durch Dekret vom 21. September 1971 an wesentlichen Neuerungen eingeführt wurde — eine geographische Neugliederung i m Sinne einer „Entparisianisierung" der Kandidaten, — eine Aufgabe der Polyvalenz durch Einführung verschiedener Programme m i t einer zweigleisigen Ausbildung i m öffentlichen Recht und i n den Wirtschaftswissenschaften und — schließlich eine Ausgewogenheit zwischen Angebot und Nachfrage, damit nicht einige wenige Behörden bevorzugt werden 2 8 . 3. I n Grobritannien gibt es Förderungsfortbildung für Spezialisten, um sie für höhere Verwaltungstätigkeiten vorzubereiten. 4. I m Fortbildungssystem der Vereinigten Staaten von Amerika sind folgende Veranstaltungen anzumerken: Das am 9. M a i 1968 durch Erlaß des Präsidenten errichtete Federal Executive Institute ist die Fortbildungsstätte für die oberen Führungskräfte. Die Lehrgänge dauern 8 Wochen und finden 4 bis 5 mal i m Jahr statt. Es gibt keine festen Curricula. Das Programm ist vielmehr auf die Bedürfnisse der Teilnehmer ausgerichtet und w i r d i m wesentlichen individuell gestaltet. Eine große Rolle spielen die sog. Workshops. Sie beschäftigen sich mit den Problembereichen, — welche Führungsfähigkeiten braucht der leitende Beamte, um als Persönlichkeit seinen Führungsaufgaben nachzukommen, — über welche Führungseigenschaften muß eine Führungskraft i n seiner Rolle als Entscheider verfügen. 28

Siehe dazu Pierre Racine, S. 137 ff.

Zentralisierte und dezentralisierte Fortbildung i m öffentlichen Dienst

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Die Executive Seminar Centers i n New York, Kalifornien und Tennessee sind Stätten zur Förderungsfortbildung der mittleren Führungsebene. Die Seminare dauern 14 Tage und betreffen besonders ausgewählte Fragen. Das National War College, dessen Kurse 11 Monate dauern, nimmt auch zivile Beamte als Teilnehmer auf. Besonders bemerkenswert an den Curricula ist die Vergabe von Themen an die Teilnehmer, die von diesen als Einzelstudien bearbeitet werden. Viele dieser Studien sind nicht nur von praktischem, sondern auch von wissenschaftlichem Wert. 5. Eine Maßnahme innerhalb der Förderungsfortbildung i n unserem Land, die ständig an Bedeutung gewinnt, sind die Fortbildungsveranstaltungen für die Beamten des gehobenen Dienstes, die i n Laufbahnen des höheren Dienstes aufsteigen sollen. Bei diesem Fortbildungsangebot sind zu beachten — das individuelle Anforderungsproiii, — die Anforderungen innerhalb einer Funktionsgruppe, — funktionsübergreifende Anforderungen, die sich aus dem Vergleich der Anforderungen i n den einzelnen Funktionsgruppen ergeben. Die Förderungsfortbildung für diesen Personenkreis gehört zur Stufe des höheren Dienstes, da diese Personen nach Abschluß der Einführungszeit Angehörige des höheren Dienstes werden sollen. I m übrigen sollte die nach den Laufbahnverordnungen vorgeschriebene Einführungszeit einheitlicher strukturiert werden. Gegenwärtig werden i m Kreis der Verantwortlichen der Fortbildungsinstitutionen des Bundes Vorschläge zu einer solchen einheitlicheren Strukturierung der Einführungszeit erarbeitet. Auch das bisherige Auswahlverfahren weist Mängel auf. I n diesem Zusammenhang ist auf einen Versuch hinzuweisen, der von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung i n Zusammenarbeit m i t dem Bundesministerium für Wirtschaft durchgeführt worden ist. I n der Zeit vom 4 . - 8 . Dezember 1972 wurde für insgesamt 11 Bewerber ein Auswahlverfahren zum Aufstieg i n den höheren Dienst veranstaltet. Die Teilnehmer unterzogen sich dabei einer Reihe von standardisierten mündlichen und schriftlichen Aufgaben und Übungen; diese führten i n Verbindung mit verschiedenen eignungspsychologischen Tests zu einer mit einem Votum versehenen Plazierung der Bewerber. Grundlage für die Auswahl der mündlichen und schriftlichen Sachaufgaben, der eignungspsychologischen Verfahren sowie der Bewertung durch die Prüfergruppe bildete das vom Bundesministerium für Wirtschaft erstellte A n forderungsprofil für Hilfsreferenten i m Bundeswirtschaftsministerium 29 . 29 Näheres dazu Hans Schüssler, Auswahlverfahren f ü r den Aufstieg i n den höheren Dienst, i n V e r w a l t u n g u n d Fortbildung, 1973, S. 124 ff.

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Bei der Deutschen Bundespost gibt es bereits ein festes Zulassungsverfahren zum Aufstieg i n den höheren Dienst: Bei Vorliegen der laufbahnmäßigen Voraussetzungen kann sich jeder Beamte des gehobenen Dienstes u m die Zulassung zum Aufstieg bewerben. Zulassungskriterien sind — eine Beurteilung durch den Dienstvorgesetzten, — die Teilnahme an einem Auswahllehrgang von 3 Wochen, — ein Vorstellungsgespräch i m Ministerium. Ziel des Auswahllehrgangs ist das Erkennen bestimmter Fähigkeiten, die als wichtig für die Einstufung i n den höheren Dienst angesehen werden und die beobachtbar sind. Es werden verhältnismäßig einfache Lehrinhalte vermittelt (ζ. B. Teamarbeit, Problemlösung), die i n Kleingruppen bei der Bearbeitung von Fallstudien praktisch angewendet werden sollen. Die Teilnehmer werden bei der Gruppenarbeit nach bestimmten Kriterien beobachtet. Zusätzlich muß ein „Postkorb" und eine größere Fallstudie i n Einzelarbeit bearbeitet werden. Die Ergebnisse der etwa 20 Gruppenarbeiten und der schriftlichen A r beiten werden für jedes Beobachtungskriterium gesondert addiert und i n dieser Form an die Personalabteilung des Ministeriums weitergegeben. Beobachungskriterien sind — Fähigkeit zur Problemlösung, — gruppenpositives Verhalten, — Kreativität, — Durchsetzungsvermögen, — Argumentationsfähigkeit und — formale Gestaltung. Bisher wurden 5 Auswahllehrgänge dieser A r t durchgeführt.

V. Vorbereitung auf internationale Aufgaben Die Vorbereitung auf internationale Aufgaben kann sowohl Anpassungs- als auch Förderungsfortbildung sein. Sie muß zentral durchgeführt werden. Die Veranstaltungen der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung auf diesem Gebiet gliedern sich nach einem fremdsprachlichen Abschnitt von drei Monaten Dauer, der beim Bundessprachenamt durchgeführt wird, i n einem wissenschaftlich-theoretischen Teil von fünf Wochen Dauer und i n ein viermonatiges obligatorisches Praktikum bei einer inter- oder supranationalen Behörde.

Zentralisierte u n d dezentralisierte Fortbildung i m öffentlichen Dienst

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Aufgabe der Lehrgänge ist es, Angehörige des höheren Dienstes — für die Verwendung bei inter- und supranationalen Organisationen und — für die Wahrnehmung von Aufgaben der Bundesverwaltung mit inter- und supranationalem Bezug fortzubilden. Diese Aufgaben werden i n Themenblockziele für Veranstaltungsgruppen und i n konkrete Lernziele für die einzelnen Veranstaltungen umgesetzt 30 . Offen ist noch die Frage, ob diejenigen Bewerber für internationale Aufgaben, die nicht aus dem öffentlichen Dienst kommen, nicht ebenfalls zentral fortgebildet werden sollten. Hierfür böten sich universitäre Einrichtungen an. V I . Projektfortbildung 1. Die Fortbildungsinstitutionen sind heute ein Forum für den Dialog zwischen Teilnehmern und Dozenten geworden, d. h. zwischen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, der Wirtschaft und der Wissenschaft. Dabei werden auch die Wechselbeziehungen zwischen der raschen Zunahme öffentlicher Aufgaben und der Fortbildung i m öffentlichen Dienst sichtbar. I n der Fortbildung stellt sich dies so dar, daß aktuelle Projekte durch die jeweiligen Arbeitseinheiten (ζ. B. Planungsgruppen) i m Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung angegangen werden. Hier kann problemorientierte innovative Hilfe geleistet werden. Das „Kopf frei haben" ermöglicht den Seminarteilnehmern, Ideen zu „produzieren" und statt der Tagesarbeit Problemfelder i m Rahmen einer längerfristigen Planung zu erarbeiten. Für eine solche Projektfortbildung kämen i n unserem Lande zunächst i n Betracht: — Aus der Regierungserklärung, ζ. B. Fragen des Umweltschutzes, — aus der aktuellen politischen und parlamentarischen Arbeit, ζ. B. Fragen des Zusammenhalts der deutschen Nation, — Probleme, die sich erst durch krisenhafte Entwicklung als solche herausstellen, ζ. B. Fragen der Gastarbeiter und der Ausländergesetzgebung, — langsfristige Planung, insbesondere bei der Reform eines Verwaltungsführungssystems. 30 Siehe Fußnote 23. Vgl. auch Heinrich Getz/Heinrich Jüttner, Personal i n internationalen Organisationen, 1972; interessant Jürgen Cupei, Aspekte der Vorbereitung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes auf internationale Aufgaben, i n Recht und Politik, 1973, S. 100 ff.

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Die Erarbeitung eines Problemfeld-Katalogs i m Einzelfall könnte wie folgt aussehen: — Aufbereitung des Materials (Berichte, Daten), — Informationsmarkt m i t den Hauptbeteiligten, — Entwicklung von Alternativen, — Durchführung von Folgeanalysen, — Setzung von Prioritäten. Es soll erwähnt werden, daß i n der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung gegenwärtig i n einer Seminarreihe für obere Führungskräfte des Bundes, der Länder und der Gemeinden versucht wird, Elemente eines Verwaltungsführungssystems zu entwickeln. Nach einem Überblick über unterschiedliche, i n der Wirtschaft entwickelte und praktizierte moderne Führungsmethoden w i r d die „Führung durch Ziele" (MbO — Management by objectives) als die gegenwärtig am weitesten entwickelte Führungskonzeption i n den Mittelpunkt gestellt. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß es sich nicht um die Entwicklung eines ganzen Systems handeln kann, sondern nur um Elemente desselben. Das Verwaltungshandeln ist zu vielfältig, als daß es i n ein System gepreßt werden könnte. Die Versuche werden i n etwa 11/2 Jahren zu einem gewissen Abschluß gebracht werden können 3 1 . Hingewiesen werden soll auch auf ein i n den nächsten Tagen stattfindendes Seminar über Fragen der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie auf ein Seminar über Fragen der Basisorganisation i n einem Bundesministerium. 2. Einige Ansätze der Projektfortbildung gibt es auch i n den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie haben regionalen oder sektoralen Bezug, so z. B. Projekte für Alaska oder für die Armee bzw. Marine oder gegen Alkoholmißbrauch. 3. Man sollte auch daran denken, Angehörige des öffentlichen Dienstes für 1 bis 2 Semester an universitäre Einrichtungen zur Betreuung von Forschungsprojekten abzuordnen. Das wäre für den Praxisbezug solcher Projekte gewiß nützlich und würde auch der Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen Verwaltung dienen. V I I . Fortbildung der Fortbilder Eine Fortbildung der m i t der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen beauftragten Personen („Fortbildung der Fortbilder") kann nur einheitlich und zentral erfolgen. 31

Ernst Kern, i n V e r w a l t u n g und Fortbildung, 1973, S. 50 ff.

Zentralisierte u n d dezentralisierte Fortbildung i m öffentlichen Dienst

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Soweit Fortbildung zentralisiert durchgeführt wird, müssen einheitliche Fortbildungsgrundsätze für alle Fortbilder entwickelt werden. Das t r i f f t aber auch für dezentralisierte Fortbildungsmaßnahmen zu, da hier i n erhöhtem Maße für eine einheitliche Fortbildungskonzeption Sorge getragen werden muß. Einheitliche und zentralisierte Fortbildung der Fortbilder ist aus sachlichen Gründen zwingend geboten, u m divergierende Fortbildungskonzeptionen zu verhindern. Divergierende Fortbildungskonzeptionen könnten beim Fehlen einer einheitlichen und zentralisierten Fortbildung hier insbesondere bei der Fortbildungsmethodik und bei der Curriculabestimmung auftreten. Alle Fragen der Methodik genießen dabei eine hohe Priorität, weil sie die Klammer hinsichtlich der Vermittlung von Lehrinhalten unterschiedlicher Wissens- und Verhaltensbereiche darstellen. Die Bestimmung der Curricula muß einheitlich und zentralisiert erfolgen, sollen die Fortbilder nicht Gefahr laufen, die Grundlage einer sachlichen Aufteilung und selektiven Wertung der angebotenen Lehrinhalte zu verlieren. Diese Probleme sind inzwischen von allen Fortbildungsinstitutionen erkannt worden. Nach einer Anlaufzeit, i n der die einzelnen Institutionen meist getrennt voneinander auch auf diesem Gebiet operierten, setzt sich jetzt doch allmählich überall die Auffassung durch, daß hier Koordination und Kooperation dringend not tun. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die einschlägigen Erfahrungen der Schule für Innere Führung der Bundeswehr hingewiesen werden. Bei der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung w i r d gegenwärtig versuchsweise eine neue Form der Lernzielbeschreibung eingeführt. V I I I . Korrektive Fortbildung Die Fortbildung i m öffentlichen Dienst soll auch eine korrektive Fortbildung sein. Sie soll Anregung zur kritischen Betrachtung des eigenen Status geben. Der Angehörige des öffentlichen Dienstes muß bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, und er muß i n der Lage sein, das Verwaltungshandeln nach modernen Erkenntnissen zu bestimmen. Er muß auch Verständnis für die vielfältigen politischen und kulturellen Bezüge seiner Umwelt haben: Er muß über die Grenzen seines Amtes hinausschauen können 3 2 . Die Fortbildung i m öffentlichen Dienst wendet sich an einen Personenkreis, der als Repräsentant des Gemeinwesens i m Rahmen seiner beruf32 Vgl. dazu K a r l - H e i n z Mattern, Fortbildung i n der öffentlichen V e r w a l tung, i m Almanach des Carl Heymann Verlags, 1972, S. 127 ff.



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K a r l - H e i n z Matter

liehen Tätigkeit zur Öffentlichkeit spricht oder sich ihr i n seinem Verwaltungshandeln verständlich machen muß. Sie muß daher auch zum sorgfältigen Umgang m i t der Sprache anregen. Hier sei an die Ansprache des Herrn Bundespräsidenten anläßlich der Einweihung des Deutschen Literarischen Archivs i n Marbach am 18. Mai 1973 erinnert: Es sei sicher nicht immer leicht, sich i n eine gewisse Sprachzucht zu nehmen, aber das bedeute einen Beitrag sowohl zur Demokratie wie auch zur Bewahrung der Schönheit unserer Sprache. Verantwortung für die Sprache zu empfinden sei ein Teil der Verantwortung aller Bürger für unsere Gesellschaft und für unseren Staat. Und bei der Jahresversammlung des Kapitels der Friedensklasse des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste am 29. Mai 1973 bat er die Mitglieder u m ihre Bundesgenossenschaft zur Bewahrung der Verständlichkeit unserer Sprache. Es bedrücke ihn, daß Teile unseres Volkes sich mehr und mehr aus dem Verständnis dessen, was sie hörten und läsen, verdrängt sähen. Alle sollten beispielgebend dabei helfen, daß sich unsere Demokratie nicht i n Sprachklüften zerfasere 33 . Die Fortbildung i m öffentlichen Dienst ist nicht allein eine Vermittlung von Fachwissen; sie muß i n stetem Bezug zum Bürger gesehen werden. Daher hat die Mahnung des Herrn Bundespräsidenten auch für sie ihre Gültigkeit.

33 Wortlaut der Ansprachen siehe i m B u l l e t i n des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, 1973, S. 555 ff. u n d S. 679.

Aussprache zum Referat von Karl-Heinz Mattem Bericht von Jürgen Kalitzky

Die Aussprache wurde von Professor Dr. Morsey, Speyer, geleitet. Dabei wurde zunächst die Bedeutung der Fortbildung für alle Ebenen der öffentlichen Verwaltung erörtert; i n diesem Zusammenhang wurden auch Möglichkeiten eines Auswahlverfahrens für den Aufstieg von Angehörigen des gehobenen Dienstes i n den höheren Dienst behandelt (I). I m Mittelpunkt der Diskussion standen die Frage der Verwaltungsbezogenheit von universitärer und post-universitärer Ausbildung (II) und Fragen der Gestaltung von Einführungs-, Anpassungs- und Förderungsfortbildung (III). Weiterhin wurden der Stellenwert der Bereiche Organisation, Personalwirtschaft und Finanzwesen für die Fortbildung insgesamt (IV), die Aus- und Fortbildung der Fortbilder (V) und die Frage der Erfolgskontrolle i m Bereich der Fortbildung (VI) diskutiert. L Oberregierungsrat Lorenz, Düsseldorf, richtete an Mattern die Frage, ob er i n seinem Referat bewußt keine Unterscheidung zwischen Fortbildungsmaßnahmen für Beamte und Angestellte i m öffentlichen Dienst vorgenommen habe. Denn seiner Meinung nach müßten den Angestellten i m öffentlichen Dienst i n gleicher Weise Fortbildungsmöglichkeiten offenstehen wie Beamten. Dies gelte seiner Meinung nach u m so mehr, als die Rolle der Angestellten i m öffentlichen Dienst i n der Zukunft noch erheblich mehr Gewicht bekomme. Außerdem wollte er von dem Referenten wissen, ob dieser Fortbildungsmaßnahmen nur für den Bereich des höheren Dienstes für erforderlich halte. Mattern erwiderte, daß er i n seinem Referat bewußt immer nur von „Angehörigen des öffentlichen Dienstes" gesprochen habe, womit Beamte und Angestellte gemeint seien. Er betonte, daß sich die Fortbildung nicht auf die Angehörigen des höheren Dienstes beschränken dürfte, sondern für alle Ebenen des öffentlichen Dienstes notwendig sei. Dies gelte insbesondere für die Angehörigen des gehobenen Dienstes. Unter ihnen sei eine nicht geringe Anzahl wirklich hervorragender Nachwuchskräfte, die durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen gefördert werden

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Aussprache

müßten. Von den Ländern werde dies aber bereits seit langem anerkannt. Es dürfe aber nicht übersehen werden, daß die Fortbildung i n diesem Bereich vor nicht unerheblichen Kapazitätsschwierigkeiten stehe. Ein Grund hierfür liege i n der ständig wachsenden Zahl von Fachhochschulen. Die bereits i n der Verwaltung tätigen Inspektoren/Oberinspektoren erwarteten, daß sie durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen die gleiche Qualifikation erreichen könnten wie die Absolventen der Fachhcchschulen. Die Kapazitätsprobleme würden spätestens i n zwei Jahren auf die Verwaltung zukommen. Sie ließen sich seiner Meinung nach nur durch einen Ausbildungsverbund zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, wie er weitgehend bereits für den Bereich des höheren Dienstes praktiziert werde, lösen. Dies müßte dezentral geschehen. Es sei beispielsweise denkbar, daß alle Angehörigen des gehobenen Dienstes der Bundesbehörden m i t Sitz i n Süddeutschland an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen, die vom Innenministerium des Landes Baden Württemberg durchgeführt würden. Regierungsdirektor Dr. Danner, Bonn, ging noch einmal auf den von Mattern i n seinem Referat erwähnten Auswahlkursus für Angehörige des gehobenen Dienstes ein, der von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (versuchsweise) für das Bundesministerium für Wirtschaft durchgeführt wurde. Er stellte dabei heraus, daß das Ziel dieses Auswahlkurses nicht darin bestanden habe, festzustellen, wer von den entsendeten Beamten für einen Aufstieg vom gehobenen Dienst i n den höheren Dienst geeignet sei. Es sei vielmehr darum gegangen, aus der Zahl der elf Teilnehmer, die allesamt vom Bundesministerium für Wirtschaft zur Übernahme i n den höheren Dienst als geeignet angesehen wurden, die besten herauszufinden, weil derzeit nicht für alle elf Teilnehmer Planstellen des höheren Dienstes zur Verfügung standen. M i t diesem Auswahlverfahren, das eine Woche gedauert habe, sollte nach der Intention des Bundesministeriums für Wirtschaft eine Verobjektivierung der zu treffenden Personalentscheidung erreicht werden. I m Hinblick auf die weiteren Ausführungen i n dem Referat, daß für eine fundierte Personalbeurteilung ein Auswahlverfahren von vier Monaten notwendig sei, stellte er an den Referenten die Frage, auf welchen Erkenntnissen oder Erfahrungen diese Aussage beruhe und ob sie auch für den für das Bundesministerium für Wirtschaft durchgeführten Auswahlkurs gelten würde. Mattern betonte, daß er i n seinem Referat keineswegs K r i t i k an dem von Danner erwähnten Auswahlverfahren geübt habe. Er halte i m Gegenteil den von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung i n Zusammenarbeit m i t dem Bundesministerium für Wirtschaft durchgeführten Versuch für äußerst gelungen. Seine K r i t i k habe sich vielmehr auf die bisherigen, vom Bundespersonalausschuß und den Landespersonalausschüssen praktizierten Auswahlverfahren bezogen. Diese Verfahren

Aussprache

seien leider bisher nicht strukturiert. So würde es beispielsweise keinen bestimmten Themenkatalog, wie etwa i m Referendarexamen, geben. Hierdurch sei ein objektives Verfahren weitgehend unmöglich. Nach den von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung bisher gemachten Erfahrungen sei ein Auswahlverfahren von vier Monaten dann notwendig, wenn Bedienstete der öffentlichen Verwaltung, über deren Qualifikation keinerlei Anhaltspunkte vorliegen würden, auf ihre Geeignetheit für ein bestimmtes A m t beurteilt werden sollten. Oberpostdirektor Gmelin, Bonn, berichtete über die von der Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bundespost durchgeführten Auswahllehrgänge für Angehörige des gehobenen Dienstes. Aus Gründen der Chancengleichheit habe man ein Zulassungsverfahren entwickelt, das sicherstellen solle, daß der Zugang zu den Aufstiegslehrgängen nach weitgehend objektiven, für alle Bewerber geltenden Bedingungen erfolge. Das von der Akademie entwickelte Verfahren bestehe aus drei Abschnitten: Zunächst einmal werde über die Qualifikation des Bewerbers auf Grund bisheriger Leistungen eine Beurteilung vorgenommen, und zwar i n der Regel durch den Präsidenten der jeweiligen Oberpostdirektion. Anschließend würden die Bewerber an einem dreiwöchigen Auswahllehrgang der Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bundespost teilnehmen. Zum Schluß finde ein Vorstellungsgespräch i n der Personalabteilung des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen statt. I n dem dreiwöchigen Lehrgang würden den Bewerbern relativ einfache Lehrinhalte, wie Grundzüge der Gruppendynamik und Möglichkeiten von Problemlösungen vermittelt. Diese Lehrinhalte seien anschließend i n Gruppenarbeit — jede Gruppe bestehe i m allgemeinen aus fünf Bewerbern — i n die Praxis umzusetzen. Hierbei sollten anhand bestimmter vorgegebener Kriterien, die allen Beteiligten bekannt seien, (beobachtbare) Fähigkeiten der Bewerber, wie beispielsweise Fähigkeit zur Problemlösung, Kreativität und Durchsetzungsvermögen, festgestellt werden. Insgesamt würden i n den drei Wochen etwa zwanzig Gruppenarbeiten durchgeführt. A m Ende des Lehrgangs würden die i n den verschiedenen Arbeitsgruppen für die einzelnen Kriterien vergebenen Punkte zusammengezählt, so daß feststehe, wieviel Punkte der Bewerber für die einzelnen Kriterien (Fähigkeit zur Problemlösung, Kreativität pp.) insgesamt erzielt habe. Diese Ergebnisse hinsichtlich der einzelnen Kriterien würden dann der Personalabteilung mitgeteilt. Eine Zusammenzählung aller Punkte würde nicht vorgenommen, weil die verschiedenen Kriterien nach Auffassung der Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bundespost nicht gleichgewichtig seien. Denn die

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„formale Gestaltungskraft" sei sicherlich geringwertiger als die „Fähigkeit zur Problemlösung". Er stimmte Mattern darin bei, daß man i n einem einwöchigen oder auch in einem dreiwöchigen Lehrgang sicherlich keine umfassende Beurteilung über einen Menschen abgeben könne. I n einem dreiwöchigen Lehrgang ließen sich aber doch gewisse Fähigkeiten der Bewerber erkennen. Durch das gewählte Verfahren würde sicherlich die Entscheidung darüber, ob ein Angehöriger des gehobenen Dienstes für den Aufstieg i n den höheren Dienst qualifiziert sei, gerechter werden. II. Leitender Regierungsdirektor Reinert, Hamburg, knüpfte an die von Mattern gemachten Vorschläge an, daß Wirtschaftswissenschaftler und sonstige Angehörige außerjuristischer Disziplinen vor ihrem Eintreten i n den höheren Verwaltungsdienst noch ein ein- oder zweisemestriges Universitätsstudium absolvieren sollten, u m das nötige Verwaltungswissen zu erlangen. Er hielt es nicht für angemessen, ein solches Postgraduierten-Studium nur für nichtjuristische Disziplinen zu fordern. Denn die heutige Juristenausbildung und auch die Modelle zur einstufigen Juristenausbildung würden nicht die für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst erforderlichen Kenntnisse vermitteln. Man müsse deshalb ernsthaft überlegen, ob für die Aufnahme i n den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst allgemein ein solches Postgraduierten-Studium vorgeschrieben werden solle. Diese seiner Meinung nach notwendige zweite Phase der Ausbildung könnte beispielsweise von der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer durchgeführt werden. Er räumte ein, daß auf diesem Wege praktisch der „Regierungsreferendar" eingeführt werden würde. Dies sei jedoch gerechtfertigt. Denn das gegenwärtige System, bei dem die Verwaltung den neu eintretenden Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes die notwendigen Verwaltungskenntnisse vermitteln müsse — sogenannte Einführungsfortbildung —, sei für die Zukunft nicht mehr vertretbar. Mattern hielt den von Reinert gemachten Vorschlag zwar für wünschenswert, bezweifelte jedoch, daß er sich in absehbarer Zeit realisieren lassen würde. Denn seiner Meinung nach fehle es an einer entsprechenden Motivation. Nach den bisher gemachten Erfahrungen sei es kaum vorstellbar, nach Abschluß des Studiums und Ablegung des AssessorExamens noch einmal für ein oder zwei Semester auf die Universität zu gehen. Ein solches Postgraduierten-Studium würde sich sicherlich auch nicht durch entsprechende Laufbahnerleichterungen erreichen lassen, da bereits gegenwärtig vielfältige Beförderungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen würden. Die Motivation für ein postuniversitäres Studium

Aussprache

sei möglicherweise aber nach mehreren Berufsjahren vorhanden, beispielsweise vor der Übernahme einer Referentenstelle. Gleichwohl bleibe die Frage bestehen, auf welcher Ebene mit einer entsprechenden verwaltungsbezogenen Aus- bzw. Fortbildung einzusetzen sei. Wissenschaftlicher Assistent Hüper, Speyer, griff den von Professor Dr. Ellwein, München, i n seinem Referat „Bildungspolitische Aspekte der Fortbildung" gebrachten Gedanken auf, daß Fortbildung Reparatur der Ausbildung sei. Weite Bereiche der berufsbegleitenden Fortbildung müßten seiner Meinung nach als „Ausbildung" angesehen werden. Dies folge daraus, daß es für einen hochprofessionalisierten Berufszweig keinen entsprechenden Ausbildungsgang geben würde. Er halte deshalb den von Reinert gemachten Vorschlag für eine echte Alternative und könne die von Mattern hinsichtlich der Realisierung gemachten Vorbehalte nicht teilen. Seiner Meinung nach würde es durchaus eine Motivation der Nachwuchskräfte für den höheren Verwaltungsdienst geben, wenn an den Universitäten allgemein eine Regel-Studienzeit normiert sein würde, die bei Juristen 6 bis 8 Semester betragen solle. Hinzu komme, daß die große Anzahl von Hochschulabsolventen einen entsprechenden Konkurrenzdruck erzeugen würde. Der von Reinert gemachte Vorschlag würde zudem mit den Ergebnissen einer empirischen Untersuchung von Brinkmann, Pippke, Rippe („Die Tätigkeitsfelder des höheren Verwaltungsdienstes — Arbeitsansprüche, Ausbildungserfordernisse, Personalbedarf", Opladen 1973) übereinstimmen. Die von Reinert vorgeschlagene Alternative würde auch erfolgversprechender sein als die bereits i m tertiären Bereich bestehenden Alternativen, wie beispielsweise ein verwaltungsspezifischer Studiengang für Soziologen an der Universität Konstanz. Präsident Dr. Duvenbeck, Frankfurt, wies darauf hin, daß seit Oktober 1972 eine neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung für das Referendariat für den höheren technischen Dienst gelten würde, die mehr als bisher die Belange der Verwaltung berücksichtigen würde. Man wolle m i t dieser Neuordnung erreichen, daß das Referendariat zu einem verwaltungsbezogenen Aufbaustudium werde. Es solle verhindert werden, daß i n der Referendarzeit — wie bisher häufig üblich — nur noch einmal das Hochschulwissen — lediglich abgewandelt auf die Bedürfnisse der Praxis — vermittelt werde. Seiner Meinung nach werde es aufgrund der oben genannten neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung zwischen den technischen und sonstigen Vorbereitungsdiensten für den höheren Dienst viele Gemeinsamkeiten geben. Denn i n allen Bereichen müßten beispielsweise Kenntnisse i n Verwaltungs-, Führungs- und Managementtechnik sowie Finanzfragen vermittelt werden. Es müßte deshalb möglich sein, zu einer größeren Verbundenheit der verschiedenen Verwaltungen i n der gesamten Referendarausbildung zu kommen. Dieses gemeinsame Grund-

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wissen würde es auch ermöglichen, die Fortbildung i n einem entsprechenden Verbund durchzuführen. Als Alternative zu dem bisherigen System bestehe aber auch die Möglichkeit, daß man die Hochschulabsolventen sogleich voll i n die Verwaltung übernehmen würde. I n einem sich über die ersten zwei Berufsjahre erstreckenden Fortbildungsprogramm könnten ihnen dann die entsprechenden Verwaltungskenntnisse vermittelt werden. Es müsse jedoch sehr genau überlegt werden, welche der beiden Alternativen volkswirtschaftlich zu vertreten sei. Ministerialrat Lötz, München, ging zunächst auf die verschiedentlich an der Einheitsausbildung der Juristen geübte K r i t i k ein und betonte, daß er diese Auffassung nicht teilen könne. Er wies auf die vor etwa zwei Jahren unter den Ausbildungsreferenten der Innenministerien durchgeführte formlose Umfrage hin, die klar ergeben habe, daß kein Innenministerium der Länder anstrebe, diese Einheitsausbildung aufzugeben. Dieses Ergebnis sollte den K r i t i k e r n Anlaß zum Nachdenken geben. Es sei zwar nicht zu verkennen, daß die Einheitsausbildung nicht den fertigen und sofort voll einsetzbaren höheren Verwaltungsbeamten hervorbringe. Andererseits würden heute aber noch nicht alle Möglichkeiten i n der Ausbildung — Studium oder Vorbereitungsdienst — ausgeschöpft, u m die notwendigen Verwaltungskenntnisse zu vermitteln. Dies sei jedoch keine Frage des „richtigen" Ausbildungsganges, sondern hänge m i t dem Zustand der Verwaltungswissenschaft an den Universitäten zusammen. Eine Ausnahme bilde lediglich die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer. Eine gewisse positive Änderung würde sich iedoch abzeichnen, nachdem das juristische Studium — i n allen Bundesländern i m wesentlichen übereinstimmend — neu geregelt worden sei. Denn nunmehr gehöre zu einer Wahlfachgruppe auch die „Verwaltungslehre". Zur Zeit würden die juristischen Prüfungsämter bzw. die Innenministerien der Länder vor der Frage stehen, wie der Bereich „Verwaltungslehre" für die erste juristische Staatsprüfung richtig abzugrenzen sei. Weiterhin seien bisher auch noch nicht i m Referendardienst alle Möglichkeiten genutzt worden, um i n noch größerem Maße Verwaltungskenntnisse zu vermitteln. Dies würde zunächst einmal für die „Pflichtstationen" gelten. Hier könnte sehr viel mehr von der Verwaltung vermittelt werden, als dies bisher geschehen sei. Denn bisher habe man sich überwiegend darauf beschränkt, die Kenntnisse des Verwaltungsrechts zu vertiefen. Es sei aber notwendig, auch die mit dem Verwaltungsrecht zusammenhängenden politischen, wirtschaftlichen, finanziellen Fragen zu erörtern. I n Bayern sei daran gedacht, auch diese Dinge zum Gegenstand der Prüfung zu machen.

Aussprache

Ein weiterer Ansatzpunkt würde sich bei der „Wahlfachgruppe Verwaltung" ergeben. Als Prüfungsstoff gehörten zu dieser Wahlfachgruppe i n Bayern beispielsweise auch Teile der Verwaltungslehre. Die bisherigen Versuche, i m juristischen Vorbereitungsdienst stärker als bisher verwaltungsrelevante Kenntnisse zu vermitteln, sei i n Bayern erfolgversprechend. Aufgrund der gemachten Erfahrungen sei er deshalb durchaus optimistisch, daß es auch m i t dem bisherigen System — Einheitsausbildung der Juristen — gelingen werde, ausreichend qualifizierte Nachwuchsbeamte des höheren Verwaltungsdienstes heranzubilden. Ministerialrat Hötsch, Stuttgart, widersprach den Ausführungen von Lötz. Er hielt den juristischen Vorbereitungsdienst i n der bisherigen Form für sehr ineffektiv. Dies würde unter anderem an dem relativ hohen Lebensalter der Juristen bei Eintritt i n den höheren Verwaltungsdienst, nämlich i m allgemeinen 28 bis 29 Jahre, deutlich. Dieser Umstand zeige, daß w i r mit unserem volkswirtschaftlichen Vermögen sehr großzügig umgehen würden. Diesen Luxus könne man sich nicht mehr lange leisten, insbesondere dann nicht, wenn man bedenke, daß unser System i n keinem der übrigen westeuropäischen Länder praktiziert werden würde. Es sei jedoch erstaunlich, wie sich die Strukturen verfestigt haben würden. Er habe vor etwa zwei Jahren mit jungen Kollegen — Assessoren, Regierungsräten, Oberregierungsräten — zu diesem Thema ein mitarbeitsintensives Seminar veranstaltet. Obwohl die Teilnehmer einräumten, daß die „Verwaltungsstation" i n der Referendarausbildung äußerst unergiebig sei und daß deshalb Änderungen vorgenommen werden müßten, sei doch ganz überwiegend die Auffassung vertreten worden, daß man es bei der Einheitsausbildung der Juristen belassen solle. Hüper stand dem von Lötz hinsichtlich der Neugestaltung der Juristenausbildung gezeigten Optimismus skeptisch gegenüber. Die früher gegenüber der heutigen Referendarzeit längere Referendarausbildung habe seiner Meinung nach auch eine positive Seite besessen. Denn sie habe den Referendaren noch genügend Freiraum gelassen, u m sich m i t außerjuristischen Dingen zu beschäftigen. Die Neuordnung der Juristenausbildung sei keine echte Reform gewesen, sondern habe das Referendariat nur verschult, ohne die Prüfungsanforderungen i n irgendeiner Weise zu kürzen. Dies zwinge die Referendare dazu, sich ausschließlich auf das Assessorexamen vorzubereiten. Dies sei beispielsweise einer der Gründe dafür, weshalb das Interesse der Referendare, für ein Semester an die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer zu gehen, i n der letzten Zeit merklich nachgelassen habe. Solange man den juristischen Vorbereitungsdienst nicht wirklich reformiere, könne er sich nicht vorstellen, daß sich dieser Tend ändern würde.

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Aussprache

Er könne auch nicht den Ausführungen von Duvenbeck zustimmen, die Referendare erhielten bereits während ihres Vorbereitungsdienstes die notwendigen Verwaltungskenntnisse, so daß die Einführungsfortbildung für die Nachwuchskräfte des höheren Dienstes sich erübrige. Diese Feststellung sei wohl für den technischen Vorbereitungsdienst zutreffend, nicht aber für den juristischen. Denn während man bei den Referendaren i m technischen Vorbereitungsdienst davon ausgehen könne, daß sie sich bereits für eine Tätigkeit i n der Verwaltung entschieden haben würden, seien die Berufsziele der Referendare i m juristischen Vorbereitungsdienst mannigfaltig. Solange man an der Einheitsausbildung der Juristen festhalten würde, sei es unmöglich, den juristischen Vorbereitungsdienst allein nach den Bedürfnissen der Verwaltung zu gestalten. Er sei aber auch skeptisch hinsichtlich der Möglichkeiten i m tertiären Bereich. Wenn man sich die an den juristischen Fakultäten bisher für das Fach „Verwaltungslehre" entworfenen Curricula ansehe, so würde man feststellen, daß dieses Fach nur ein Schattendasein führe. Denn es müsse gegen andere Wahlfachgruppen konkurrieren, vor allem gegen die etablierten Fächer des öffentlichen Rechts. Außerdem dürfe nicht der Umstand außer Acht gelassen werden, daß die erste juristische Staatsprüfung eine „Justizaufnahmeprüfung" sei, bei der die Prüfer ganz überwiegend lediglich auf juristische Kenntnisse Wert legen würden. Diese Prüfungspraxis würde nachhaltig die Gestaltung des Jurastudiums bestimmen und verhindern, daß sich die Studenten verwaltungsbezogenen Stoffgebieten widmen würden. Mattern vertrat die Auffassung, daß es auch bei der bisherigen Juristenausbildung möglich sein könnte, den juristischen Vorbereitungsdienst entsprechend den unterschiedlichen Berufszielen der Referendare — öffentliche Ver waltung/Justiz — differenziert zu gestalten. Bei einer solchen Gestaltung des Referendariats könnten sich beispielsweise die zukünftigen Nachwuchskräfte des höheren Dienstes die notwendigen verwaltungsrelevanten Kenntnisse aneignen mit der Folge, daß diese Dinge nicht mehr — wie heute üblich — i n der Einführungsfortbildung vermittelt zu werden brauchten. Inwieweit eine solche Regelung auch für die geplante einstufige Juristenausbildung möglich sei, könne er nicht übersehen.

m. Lorenz sah i n dem von Mattern gemachten Vorschlag, daß zukünftige Führungskräfte nur dann zu sogenannten Führungslehrgängen zugelassen werden sollten, wenn sie zuvor an den anderen Fortbildungsveranstaltungen — Einführungs- und Anpassungsfortbildung — teilgenommen hätten, eine große Gefahr. Diese Dependenz könne nur allzu leicht die

Aussprache

Teilnahme entsprechend qualifizierter, potenzieller Führungskräfte verhindern. Nach seinen Erfahrungen würden nämlich die wirklich guten Mitarbeiter mehr oder weniger unabkömmlich sein. Es sei bemerkenswert, daß auf vielen Fortbildungsveranstaltungen, insbesondere solchen von längerer Dauer, sehr häufig Mitarbeiter anzutreffen seien, deren dienstliche Leistungen nicht eben überragend sein würden. Man würde diese Mitarbeiter gelegentlich auch als „Fortbildungstouristen" bezeichnen. I n seiner A n t w o r t hob Mattern hervor, daß die Heranbildung von Führungskräften eine längerfristige Aufgabe sei. Er räumte ein, daß der von i h m i n seinem Heferat vorgeschlagene zehnmonatige Führungslehrgang i m Augenblick nicht durchgeführt werden könne. Dieser Lehrgang ließe sich seiner Meinung nach um zwei Monate kürzen, wenn man i m Bereich der sogenannten Anpassungsfortbildung zu einem echten Verbund zwischen Bund, Ländern und Gemeinden kommen würde. Die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung würde derzeit i m Bereich der Anpassungsfortbildung i n jeweils einwöchigen Kursen bestimmte Stoff blocke, u. a. aus den Bereichen Personal und Planung, anbieten. Wenn zwischen der Bundesakademie und den Ländern über Inhalt und Gestaltung der Anpassungsfortbildung Übereinstimmung erzielt werden könnte, könnte man bei den Führungslehrgängen auf die entsprechenden Themen verzichten. Zur Zeit fehle es jedoch an einem solchen integrierten System. Er teile nicht die von Lorenz hinsichtlich der Qualifikation der Teilnehmer von Führungslehrgängen gezeigte Skepsis. I n Zusammenarbeit mit den Ländern, Gemeinden und der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer würde die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung Planungs- und Managementseminare für die obere Führungsebene veranstalten. Die positive Aufnahme dieser Kurse würde sich auch sehr förderlich auf die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises für die geplanten Führungslehrgänge auswirken. So habe die Bundesakademie für die neuen Führungslehrgänge weit mehr Bewerbungen, als Plätze zur Verfügung stünden. Er habe deshalb nicht den Eindruck, daß ein Fortbildungstourismus bestehen würde. I n diesem Zusammenhang ging Mattern auch auf die von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung veranstaltete Fortbildung für internationale Aufgaben ein. Für die i m Laufe der Jahre ausgebildeten Verwaltungsangehörigen aus Bund, Ländern und Gemeinden hätten bis zur Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland i n die Vereinten Nationen nur wenig Einsatzmöglichkeiten bestanden. Durch den UNO-Beitritt sei jedoch plötzlich die Besetzung von über hundert neuen Stellen erforderlich geworden. Aus Gründen der Fürsorgepflicht habe das Bundesinnenministerium das Auswärtige A m t gebeten, vor der Entscheidung über Besetzung dieser Stellen auch alle Absolventen der Fortbildungs-

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Aussprache

kurse für internationale Aufgaben auf Kosten der Bundesakademie zur Vorstellung einzuladen. Denn nur dadurch, daß den Absolventen dieser Kurse eine echte Chance für den Einsatz i m internationalen Bereich geboten würde, ließe sich eine Motivation für die Teilnahme an diesen Kursen erzeugen. Regierungsrat Dr. Martens, Hamburg, knüpfte noch einmal an die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Förderungsfortbildung (Führungslehrgänge) an und stellte die Frage, ob es nicht eine gewisse Diskrepanz zwischen der vorgesehenen Kapazität für die Einführungs- und A n passungslehrgänge auf der einen Seite und der Kapazität für Förderungslehrgänge auf der anderen Seite geben würde. Er habe Zweifel, ob man wirklich von einem kontinuierlichen System sprechen könne. Weiterhin wollte er wissen, ob es für die Förderungsfortbildung ein strukturiertes Auswahlverfahren geben würde. Mattern erwiderte, gegenwärtig müßten die Nachwuchskräfte des höheren Dienstes während der ersten drei Berufsjahre an der Einführungsfortbildung teilnehmen. Die Förderungslehrgänge würden von Teilnehmern besucht, die seit etwa fünf Jahren i m öffentlichen Dienst tätig seien. Vom Rang her seien es i m allgemeinen Oberregierungsräte und Regierungsdirektoren. Er stimmte Martens darin zu, daß für die Einführungsfortbildung die Kapazität zur Zeit noch ungenügend sei. Dies gelte aber nicht für die Förderungsfortbildung. Er schätze, daß jährlich etwa hundert Referentenstellen i n der Bundesverwaltung neu zu besetzen seien. Dieser Bedarf müßte dann also mit fünf Führungslehrgängen zu zwanzig Teilnehmern gedeckt werden. So viele Führungslehrgänge könnten auch von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung durchgeführt werden. Bisher würden es keine bestimmten Auswahlkriterien geben. Die Teilnehmer würden durch die Ministerien oder die obersten Dienstbehörden benannt. Dieses Verfahren sei i m Grunde genommen solange nicht zu beanstanden, wie die Teilnahme an einem Förderungslehrgang nicht Voraussetzung für die Übernahme einer Referentenstelle sei. Wenn dies jedoch der Fall sein würde, müßte selbstverständlich das Auswahlsystem objektiviert werden. Mattern betonte, daß die von i h m i n seinem Referat vorgenommene Unterscheidung zwischen Einführungs- und Anpassungsfortbildung seiner Meinung nach sachnotwendig sei. Denn die Einführungsfortbildung werde ganz entscheidend durch die Ausbildung der Nachwuchskräfte des höheren Dienstes bestimmt. Diese Einführungsfortbildung erübrige sich erst dann, wenn die Nachwuchskräfte des höheren Dienstes bereits i n der Ausbildung i n qualifizierter Weise die notwendigen Verwaltungskenntnisse erlangen würden. Hötsch stimmte diesen Ausführungen voll zu.

Aussprache

IV. Professor Dr. Laux, Düsseldorf, stellte die Frage, welchen Stellenwert die zentralen Aufgaben und Funktionen der Verwaltung, d. h. Organisation, Personal- und Finanzwesen, für die gesamte Aus- und Fortbildung haben würden. Hier würde man vor einem bisher nicht gelösten Problem stehen. Seiner Meinung nach würde die berechtigte Klage über die Ineffektivität der Verwaltung solange nicht verstummen, als es nicht gelinge, den vorgenannten Gegenständen den richtigen Stellenwert zu geben. Seines Erachtens müßte jeder Angehörige des höheren Dienstes über das elementare Grundwissen über Organisation, Personal- und Finanzwesen verfügen. Das bedeute nicht, daß er ein Fachmann auf diesen Gebieten sein müsse. Solange diese Kenntnisse fehlten, sei es i m Grunde genommen sinnlos, qualifizierte Seminare, beispielsweise über Projektgruppen und Teamarbeit oder Führungslehrgänge, anzubieten. Denn die i n diesen Veranstaltungen vermittelten Kenntnisse würden auf einer sehr vagen Grundlage beruhen. Mattern stimmte diesen Ausführungen voll zu, stellte aber zugleich die Frage, auf welcher Ebene man mit der Vermittlung dieser Kenntnisse ansetzen solle. Seines Erachtens würde dafür nur die Ebene der künftigen Referenten, d. h. i m allgemeinen Oberregierungsräte, i n Betracht kommen. Er stellte i n diesem Zusammenhang noch einmal ausführlich den von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung geplanten zehnmonatigen Lehrgang vor: 1. Abschnitt: 1 Monat Bundesakademie f ü r öffentliche V e r w a l t u n g Lehrziel: Förderung der Fähigkeit, Entscheidungen treffen zu können, Förderung der Entscheidungsfähigkeit u n d der Anwendung moderner Methoden u n d Techniken der Planungs-, Entscheidungs-, Organisations- u n d K o m m u n i k a tionslehre. Unterziel Unterziel Unterziel Unterziel

1: 2: 3: 4:

Planungsverfahren anwenden können; Entscheidungstechniken anwenden können; Organisationssysteme beurteilen u n d strukturieren können; Informations- u n d Kommunikationsverfahren anwenden können.

2. Abschnitt: 2 Monate Universität Lehrziel 1: Theoretische Grundlagen, Zielvorstellungen, Einflußfaktoren oder Instrumente der Wirtschafts- u n d Sozialpolitik erkennen u n d beurteilen k ö n nen. Unterziel 1 : Grundlagen der Makroökonomie beherrschen; Unterziel 2: Zielfindungs- u n d Zielerreichungsprozeß i n der Wirtschafts- und Sozialpolitik erkennen und analysieren können; Unterziel 3: Steuerungsinstrumente der Wirtschafts- und Sozialpolitik erkennen und anwenden können. Lehrziel 2: Planungs- u n d Entscheidungstechniken f ü r die Organisationsverfahren i n komplexen Aufgabenbereichen der öffentlichen V e r w a l t u n g anwen-

den können.

Aussprache 3. Abschnitt: 2 Monate Bundesakademie f ü r öffentliche V e r w a l t u n g Lehrziel: I n u n d m i t Gruppen arbeiten können. Unterziele: Verhaltensweisen und Gruppenarbeit kennen; Mitarbeiter führen können; Führungskonzeptionen kennen und anwenden können. 4. Abschnitt: 4 Monate P r a k t i k u m Lehrziel: Das i n den Abschnitten 1 bis 3 vermittelte Wissen praktisch anwenden können. Je nach Interesse k a n n das P r a k t i k u m bei der Zentrale eines Verbandes, bei einer Gewerkschaft oder i n einer Außenwirtschaftsbehörde absolviert werden. 5. Abschnitt: 1 Monat Bundesakademie f ü r öffentliche V e r w a l t u n g I n dieser Phase sollen die theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen i n Fallstudien, Verhandlungs- u n d Rollenspielen sowie i n einer komplexen Simulationsübung angewendet werden.

Professor Dr. König, Speyer, sah den Grund für die von Laux beschriebene Situation darin, daß es i m Grunde genommen keine „Verwaltungswissenschaft" und keinen Studiengang „öffentliche Verwaltung" geben würde. Zu dem Wahlfach „Verwaltungslehre", das an einigen Universitäten zum juristischen Studium gehöre, müßten seines Erachtens die Gebiete Organisation, Planung, Entscheidung, Haushalt und die anderen generellen Verwaltungsfunktionen gehören. I m Gegensatz zu Mattern sei er jedoch der Ansicht, daß die von Laux zu Recht geforderten Kenntnisse auf allen Ebenen vermittelt werden müßten. Hierbei stehe man jedoch vor sehr großen Schwierigkeiten, weil man zwei Aufgaben gerecht werden müsse: Einmal sei das Grundwissen über die generellen Verwaltungsfunktionen zu vermitteln. Zum anderen müsse es aber auch gelingen, genau die Aufmerksamkeit der Ebene zu erlangen, i n der der Verwaltungsangehörige stehen würde, und das könne sowohl die Einführungsstufe wie die Führungsebene sein. Je nachdem, um welche Ebene es sich handele, müßte der Stoff i n gewissem Umfange differenziert werden. Dies ändere jedoch nichts an der Forderung, daß die vorgenannten Gegenstände auf allen Ebenen i m Rahmen der Fortbildung behandelt werden müßten. Hauptgutachter Siepmann, Köln, sprach sich dafür aus, daß die von Laux geforderten Kenntnisse abweichend von dem von Mattern vorgetragenen Konzept in dezentralen Fortbildungsveranstaltungen vermittelt werden sollten. Denn die Zahl der leitenden Mitarbeiter — i m kommunalen Bereich überwiegend Angehörige des gehobenen Dienstes — sei fast unübersehoar. Er Schloß sich weiterhin den Ausführungen von König an, daß dies auf allen Ebenen geschehen müsse. Man könne sich nicht damit vertrösten, daß möglicherweise demnächst die Ausbildung des höheren und des gehobenen Dienstes verbessert würde. Mattern pflichtete Siepmann darin bei, daß die Fortbildung i n den vorgenannten Bereichen dezentral durchgeführt werden müsse. Er wies

Aussprache

dabei darauf hin, daß er in seinem Referat auch nichts Abweichendes gefordert habe. Eine zentrale Fortbildung habe er nur für die Personal-, Haushaltsreferenten pp. der oberen Bundesbehörden gefordert. Außerdem stellte er klar, daß er nicht die Meinung vertreten habe, daß die von Laux geforderten Kenntnisse erst bei der Fortbildung der künftigen Referenten relevant würden. Diese Dinge würden bereits — blockweise — i n der Anpassungsfortbildung vermittelt werden. V. Siepmann bemängelte, daß es bisher noch keine klaren Vorstellungen über die Fortbildungsinhalte in den Bereichen Organisation, Personalund Finanzwesen geben würde. I n der Praxis würde deshalb — von wenigen großen Behörden abgesehen — ohne echte Konzeption Fortbildung betrieben. Diese Lücke zeige sich insbesondere in dem Fehlen geeigneter Fortbilder. Es erscheine ihm unumgänglich, daß Bund, Länder und Gemeinden — möglicherweise unter Federführung der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung — so rasch wie möglich in Zusammenarbeit Ausund Fortbildungslehrgänge für Fortbilder erarbeiten würden. Ebenso wichtig sei es, die Lerninhalte zu definieren und pädagogisch aufzubereiten. Er selbst habe einmal in der Kommunalen Gemeinschaftsstelle mit einer Arbeitsgruppe den Versuch gemacht, einen solchen Lehrgang didaktisch aufzubereiten und Unterlagen für den Vortragenden zu erstellen. Er wisse deshalb, wie schwierig dieses Geschäft sei. Aus diesem Grunde sei es einfach ein ökonomisches Gebot, daß i n einem Verbund die Fortbildungskonzeptionen für die dezentrale Durchführung der Fortbildungsveranstaltungen erstellt werden würden. Mattern war zuversichtlich, daß es gelingen werde, ein einheitliches Fortbildungskonzept zu finden. Auch er betonte, daß man nicht mehr viel Zeit verlieren dürfe. Man müsse gemeinsam die Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme erörtern und sich dann schnell für die probeweise Einführung von ein oder zwei Systemen entscheiden. VI. Hötsch ging auf die Frage der Erfolgskontrolle ein. Seiner Meinung nach müsse es Kontrollmöglichkeiten geben, um festzustellen, welchen Nutzen die Fortbildungseinrichtungen und -möglichkeiten für den öffentlichen Dienst allgemein und auch für den Einzelnen bringen würden. Er meinte, daß es insoweit die Bundeswehr leichter habe. Diese habe Generalstabs- und Stabsoffizierslehrgänge. Wer diese Lehrgänge mit Erfolg absolviert habe, und wer außerdem nicht schlecht beurteilt werde, der würde eben eine Stufe weiterkommen. I n der öffentlichen Verwaltung würde ein solches System jedoch bisher nicht praktiziert. Zwar würde es 6

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Aussprache

ein vielfältiges Fortbildungsangebot geben, doch sei der Besuch dieser Kurse nicht automatisch mit einem beruflichen Aufstieg verbunden. Er halte es jedoch für geboten, daß zukünftig die Einführungslehrgänge für die Nachwuchskräfte des höheren Dienstes mit einer entsprechenden Erfolgskontrolle verbunden würden. Er begrüße deshalb auch den von Mattern gemachten Vorschlag, daß eine Referentenstelle erst nach Abschluß eines entsprechenden Förderungslehrganges übernommen werden könne. Mattern hielt es nicht für wünschenswert, daß der erfolgreiche Besuch einer Fortbildungsveranstaltung durch ein Zertifikat bestätigt werden sollte. Er ging i m Zusammenhang mit der Frage der Erfolgskontrolle auf die „Mitbestimmung" i n der berufsbegleitenden Fortbildung ein. Es sei selbstverständliche Übung, daß die Teilnehmer den Lehrgang und die Dozenten beurteilen würden. Schwieriger würde es jedoch, wenn es u m die Erarbeitung eines nächsten Lehrgangs unter Hinzuziehung von Fortbildungsteilnehmern gehen würde. Nach welchen Modalitäten sollten beispielsweise bestimmte Sprecher — Tagessprecher, Gruppensprecher, Lehrgangssprecher — zusammengerufen werden, u m bei der Gestaltung eines Lehrganges mitzuberaten.

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs Erstellen von Thesen in Arbeitsgruppen Fortbildungsbedarf in der Einführungsphase der Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes (Arbeitsgruppe A) Thesen und Bericht von Klaus Werner Lötz

I. U m die Gesamtaufgabe Fortbildung aufzuteilen und zu gliedern, sind außer der Anknüpfung an zeitliche Phasen des beruflichen Lebens auch andere Ansätze denkbar und nötig. Für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst besteht heute weithin Einigkeit, daß die Fortbildung in der Einführungsphase (einführende Fortbildung, Fortbildung der Probebeamten) eine eigene Kategorie darstellt, für die der Fortbildungsbedarf gesondert ermittelt werden muß. Diesen Fortbildungsbedarf i n der Einführungsphase des höheren Verwaltungsdienstes praktisch einzuschätzen, war das Ziel der von mir geleiteten Arbeitsgruppe A. Vorbereitend erhielten die Mitglieder einen Problemaufriß, der zur Grundlage der Erörterungen gemacht wurde. Die Arbeitsgruppe war auf der Praktikerseite sowohl nach Dienstherren — Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände waren vertreten — als auch nach Ressorts sehr heterogen zusammengesetzt. Trotzdem gelangte sie i n der Aussprache (vgl. dazu näher unter III) und i n ihren Thesen (nachfolgend unter II) zu i m wesentlichen übereinstimmenden Ergebnissen. II. Die von der Arbeitsgruppe verabschiedeten Thesen lauten: 1. Funktionen der Fortbildung 1.1. Die Fortbildung i n der Einführungsphase hat in erster Linie das Ziel, nach Abschluß der Ausbildung i n die Berufspraxis des Ver6·

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Arbeitsgruppe

waltungsbeamten des höheren Dienstes einzuführen. Während bei berufsbegleitender Fortbildung die Anpassung der vorhandenen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse an neue Entwicklungen und Erkenntnisse, die Modernisierung und Aktualisierung i m Vordergrund stehen, geht es i n der Einführungsphase vornehmlich darum, für die Berufsausübung die nötigen Grundkenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die Ausbildung aus irgendwelchen Gründen nicht erbracht hat, „nachzutragen" und darüber hinaus durch weite Grundlegung die Voraussetzung für Flexibilität und breite Verwendbarkeit zu schaffen. Die Ermittlung des Fortbildungsbedarfs w i r d deshalb von der Differenz zwischen den in der Ausbildung erworbenen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten einerseits und von dem an den auszuübenden Funktionen zu messenden Bedarf hieran andererseits ausgehen, m. a. W. sie w i r d die Ausbildung der Adressaten ebenso berücksichtigen müssen wie die von ihnen auszuübenden Funktionen. 1.2. Neben dieses Hauptziel t r i t t die weitere Funktion, Verständnis für die Aufgaben und die Stellung des höheren Verwaltungsbeamten und der Verwaltung insgesamt zu wecken. Diese Integrationsfunktion ist für die neu i n den öffentlichen Dienst eintretenden Beamten der Eingangsstufe von besonderer Wichtigkeit. 1.3. Dagegen soll i n der Einführungsphase der einführenden Fortbildung keine Auslesefunktion zukommen. Der Besuch von Fortbildungsveranstaltungen soll also nicht zur Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Funktionen gemacht werden und es soll keine Beurteilung stattfinden. Das würde den Ausbildungsabschluß i n Frage stellen und die Bedeutung der Einführung verkennen. 2. Bedarfsermittlung und Fortbildungsform platz oder in Lehrgängen usw.)

(Fortbildung

am Arbeits-

Der Fortbildungsbedarf ist an sich unabhängig von der Form zu bestimmen, in der die Fortbildungsinhalte vermittelt werden (durch praktische Tätigkeit i n der Behörde oder durch systematische Unterweisung in Fortbildungsveranstaltungen wie ζ. B. Lehrgängen oder Arbeitsgemeinschaften). Für das „training on the job" dürfte jedoch die Feststellung genügen, daß es den Schwerpunkt der Berufseinführung bilden und in einem gezielten Arbeitsplatzwechsel in Behörden mit möglichst breitem und exemplarischem Aufgabenbereich, möglichst über mehrere Verwaltungsebenen hin, bestehen muß.

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

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Für die systematische Unterweisung i n Fortbildungsveranstaltungen sind dagegen ins einzelne gehende Curricula nötig. 3. Methode der Bedarfsermittlung I n der Praxis müssen i n Ermangelung von Funktionsanalysen Ergebnisse bisher pragmatisch gewonnen und kontrolliert werden durch Befragungen von Behörden und von neueingestellten und länger i m Dienst stehenden Beamten, und zwar allgemein oder von Fall zu Fall i m Rahmen von Veranstaltungen, mündlich oder mit Hilfe von Fragebogen, ferner aus Erfahrungen der Kursleiter und Dozenten und durch laufenden Erfahrungsaustausch der mit der Fortbildung befaßten Stellen. Dabei ist zu beachten, daß die Summe der abgefragten Bedürfnisse nicht ohne weiteres dem tatsächlichen Bedarf gleichzusetzen ist. 4. Adressatenkreis (Zielgruppe) der einführenden

Fortbildung

4.1. Je umfassender der Adressatenkreis ist, um so allgemeiner müssen die Fortbildungsgegenstände bestimmt werden mit der Folge, daß für sehr spezielle fachbezogene Gegenstände u. U. zusätzliche SpezialVeranstaltungen nötig werden. Die Bedarfsermittlung ist daher für die Generalisten vorzunehmen, soweit sie eine juristische, verwaltungswissenschaftliche, w i r t schaftswissenschaftliche oder sozialwissenschaftliche Ausbildung durchlaufen haben. Fachbeamte und insbesondere technische Beamte können nicht einbezogen werden. 4.2. Die Integrationsfunktion und die Erhaltung der Flexibilität sprechen dafür, verschiedene Verwaltungsebenen (in Flächenländern: Ministerien, Mittel- und Außeninstanzen) und, soweit sie aufgabenverwandt sind, verschiedene Ressorts zusammenzufassen. 4.3. Die Beschränkung auf Generalisten bedeutet nicht, daß Fachbeamte nicht zu geeigneten Veranstaltungen hinzugezogen werden könnten und sollten. 5. Gegenstände der Fortbildung Nach dem Gegenstand ist für den Fortbildungsbedarf der Generalisten zu unterscheiden zwischen: 5.1. „übergreifenden" Gegenständen, die von allen angehenden Generalisten oder wenigstens vom größten Teil gebraucht werden, und 5.2. Gegenständen, die lediglich für einzelne Ausbildungsgänge nachzutragen sind, und 5.3. Fachwissen über besonders bedeutsame Verwaltungsprobleme, und zwar i n großen Gruppen differenziert einerseits nach den Bereichen von Bund, Ländern und Gemeinden und andererseits nach Ressorts oder nach mehreren aufgabenverwandten Ressorts.

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Arbeitsgruppe

Zu 5.1.: „Übergreifende" Gegenstände i m Sinne von 5.1. sind: — Planung — Entscheidung — Organisation — Führung von Mitarbeitern — Personalwesen — Finanzen und Haushalt — Grundfragen der Einordnung der Verwaltung in den gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang — Grundfragen der Einordnung der Verwaltung in den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang — Öffentlichkeitsarbeit — Kommunikation (Verhandlungs- und Konferenztechnik, Rhetorik) — Verwaltungsreform. Zu 5.2.: Die Vermittlung von Gegenständen zu 5.2. — beispielsweise Einführung i n verwaltungsrechtliche Fragen für Wirtschaftswissenschaftler — ist sehr erwünscht, aber aus Kapazitätsgründen nur beschränkt möglich. Hier gilt i n besonderem Maße, daß diese Gegenstände bereits i n der Ausbildung vermittelt werden sollten. Zu 5.3.: Zu den besonders bedeutsamen Verwaltungsproblemen gehören ζ. B. für die innere Verwaltung etwa Staat und Kommunen, Verwaltung als Träger von Vorsorgeleistungen, Raumordnung, Landesplanung und Bauwesen, Umweltschutz, Finanzierung öffentlicher Einrichtungen, Probleme der inneren Sicherheit. Für alle 3 Gruppen ist es nötig, die einzelnen Sachgebiete i m Verhältnis zueinander und nach der Intensität zu gewichten, mit der sie für die einführende Fortbildung vermittelt werden müssen. Diese Gewichtung ist sehr bedeutsam, weil die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf den einzelnen Gebieten von sehr unterschiedlicher Tiefe sein und weil die Möglichkeiten der einführenden Fortbildung aus einer Reihe von Gründen sehr realistisch gesehen werden müssen. III. Uber diese Thesen hinaus erbrachte die Aussprache in der Arbeitsgruppe i m Anschluß an den Problemaufriß noch eine Reihe zusätzlicher

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

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Überlegungen und Erkenntnisse, über die der Leiter der Arbeitsgruppe vor dem Plenum berichtete. Als eines der zentralen Probleme der Bedarfsermittlung sah die A r beitsgruppe die Bestimmung des Adressatenkreises (der Zielgruppe) der einführenden Fortbildung an, weil man deren Hauptfunktion darin erblickte, die Lücke zwischen den i n der Ausbildung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten einerseits und dem für die Berufsausübung nötigen Kenntnisbedarf andererseits zu schließen. Daß der Fortbildungsbedarf von Ausbildung und Funktionen der Adressaten mit abhänge, bedeute keinesfalls, daß schlechthin für jede Ausbildungsrichtung und jede Funktionssparte auf Grund besonderer Bedarfsermittlung getrennte Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden müßten. Je weiter der Adressatenkreis gezogen werde, u m so allgemeiner müßten allerdings die gemeinsamen Veranstaltungen ausfallen, so daß ggf. sehr spezielle fachbezogene Gegenstände noch gesondert behandelt werden müßten. Zur derzeitigen Praxis i n bezug auf Ausbildungsrichtung und Funktionssparte hatte der Problemaufriß dargelegt, daß der von der Innenministerkonferenz i m Jahre 1968 beschlossene Rahmenplan als Adressaten der einführenden Fortbildung i n Uberschrift und Bemerkungen alle Probebeamten der allgemeinen und inneren Verwaltung, i n erster Linie solche mit juristischer oder wirtschaftswissenschaftlicher Ausbildung, bezeichnet. Praktisch scheint sich eine Tendenz zur Teilnahme von Generalisten aus verschiedenen Fachressorts zu entwickeln. Ein Änderungsvorschlag zum Rahmenplan, mit dem sich die I M K demnächst befassen wird, w i l l klarstellen, daß auch Beamte anderer Fachrichtungen an geeigneten Veranstaltungen teilnehmen können. Die Α-Kurse der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung unterscheiden für einen Teil des Lehrstoffes zwischen Teilnehmern m i t juristischer und m i t wirtschaftswissenschaftlicher Ausbildung. Das einschlägige Memorandum der Hochschule Speyer spricht von Beamten der Eingangsstufen. Die Arbeitsgruppe einigte sich i n der Adressatenfrage unter Ablehnung von Extrempositionen (Berücksichtigung nur der „typischen Verwaltungsjuristen" oder aber schlechthin aller Gruppen des höheren Dienstes) darauf, auf den „Verwaltungsgeneralisten" abzustellen, soweit er aus einer juristischen, wirtschaftswissenschaftlichen oder sozialwissenschaftlichen Ausbildung kommt. Der hierin liegende Ausschluß der Fachbeamten und insbesondere der technischen Beamten sollte — das wurde ausdrücklich klargestellt — auf keinen Fall bedeuten, daß sie nicht zu allen hierfür geeigneten Veranstaltungen hinzugezogen werden könnten und sollten. Lediglich von der Bedarfsermittlung seien sie auszunehmen, weil die Voraussetzungen anders lägen. Den Begriff des Generalisten diskutierte die Arbeitsgruppe sehr ausführlich, ohne i h n i n allen Punkten abschließend zu bestimmen. Für die

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Arbeitsgruppe

einführende Fortbildung, auf die die Definition zu beschränken sei, hielt man weder den laufbahnrechtlichen Begriff des allgemeinen Verwaltungsdienstes für zutreffend, noch wollte man den angloamerikanischen Sprachgebrauch übernehmen. Gemeint war von der Mehrheit derjenige, der über einen fachspezifischen Bereich, den er als Fachbeamter zu vertreten hätte, hinaus in der Verwaltung das Allgemeine zur Geltung zu brirgen und zu koordinieren habe. Das sei nicht in erster Linie von der Ausbildung abhängig; auch ein Jurist könne, ζ. B. als Justitiar, „Spezialist" sein. Es komme darauf an, daß der Beamte für die Generalistenf u r k t i o n eingestellt werde und daß beabsichtigt sei, ihn entsprechend zu verwenden. I m übrigen bestand Einigkeit, daß Generalisten möglichst aller Ebenen und, soweit Aufgabenverwandtschaft besteht, auch verschiedener Ressorts zusammengefaßt werden sollten. Die bisherige Diskussion über den Bedarf und sonstige Fragen der Fortbildung sei sehr stark auf die Bedürfnisse der Ministerialinstanz, speziell des Bundes, hin geführt worden. I n der Praxis der Länder wurden verschiedene Verwaltungsebenen (Ministerien, Mittel- und Unterbehörden) i m allgemeinen von Anfang an zusammengefaßt. Den Grund für das Bestreben, verschiedene Ebenen und Ressorts zusammenzufassen, sah die Arbeitsgruppe in der „Integrationsfunktion" der Fortbildung, die ihr bei der Frage nach den Funktionen der einführenden Fortbildung neben dem bereits erwähnten Hauptziel, Ausbildungsdefizite abzugleichen, als besonders wichtig erschien. Sehr dezidiert fiel das Votum gegen eine „Auslesefunktion" der einführenden Fortbildung aus. Die Arbeitsgruppe hielt es für erforderlich, i m Zusammenhang mit der Bedarfsermittlung auch die Fortbildungsform anzusprechen, wobei sie mit Fortbildungsform — ein besserer Terminus wurde nicht gefunden — die Frage nach dem „Wie" der Fortbildung, insbesondere den Unterschied zwischen der praktischen Einarbeitung am Arbeitsplatz („training on the job") und der systematischen Einführung in Lehrgängen u. ä., erfassen wollte. Sie hatte den Eindruck, daß i n der bisherigen Diskussion über die einführende Fortbildung vielfach zu einseitig nur von der Lehrgangsseite gesprochen worden sei. Zur Methode der Bedarfsermittlung wurde festgestellt, daß es an einer wissenschaftlichen Grundlegung hier weithin fehle. I n der Praxis komme es darauf an, durch Befragungen auch spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fortbildungswünsche des Einzelnen zu erfahren. I m übrigen könnten auch ganz junge Beamte hier schon manches beitragen, auch wenn sie ncch nicht alle Anforderungen voll einschätzen könnten. Die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts hat auf die Notwendigkeit von Funktionsanalysen besonders hingewiesen.

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Was die Gegenstände der einführenden Fortbildung anbetrifft, hatte der Problemaufriß auf die mehr oder minder ins einzelne gehenden Zusammenstellungen i n dem Rahmenplan der I M K , i n den Programmen der Länder und der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung i m B M I und i n dem Memorandum der Hochschule Speyer hingewiesen. Die Hochschule hat i m Rahmen eines Forschungsvorhabens „Gegenstände und Didaktik der berufsbegleitenden Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes" eine Umfrage veranstaltet, deren Auswertung noch nicht abgeschlossen ist. Bei der Bundesakademie ist eine interministerielle Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Bedarfsermittlung befaßt. Die Arbeitsgruppe verstand schon aus Zeitgründen ihren Auftrag nicht dahin, den vorhandenen Katalogen einen detaillierten weiteren hinzuzufügen. Man einigte sich, i n allgemeiner Form drei Blöcke zu unterscheiden, nämlich „übergreifende", für alle angehenden Generalisten relevante Gegenstände, ferner Gegenstände, die lediglich für einzelne Ausbildungsgänge nachzutragen sind, und schließlich Fachwissen über besonders bedeutsame Verwaltungsprobleme, und zwar i n großen Gruppen differenziert einerseits nach den Bereichen von Bund, Ländern und Gemeinden und andererseits nach Ressorts oder nach mehreren aufgabenverwandten Ressorts. I m übrigen beschränkt sich die Arbeitsgruppe darauf, zu diesen drei Blöcken kurze Erläuterungen zu geben. Andererseits wurden solche Gegenstände ausgeklammert, die ausschließlich auf spezielle Funktionen oder Dienstposten bezogen und daher einer generellen Bedarfsermittlung nicht zugänglich sind. Sie müssen besonderer Fortbildung vorbehalten bleiben, wenn sie nicht sogar so speziell sind, daß nur Einweisung am Arbeitsplatz i n Frage kommt. Darüber hinaus hielt es die Arbeitsgruppe für vordringlich, die Gegenstände i m Verhältnis zueinander und nach der Intensität zu gewichten, mit der sie vermittelt werden müssen.

Fortbildungsbedarf des höheren Verwaltungsdienstes auf dem Gebiet des Führungswissens Anforderungen der Verwaltungsumwelt (Arbeitsgruppe B) Thesen und Bericht von Peter Eichhorn

L Versteht man Verwaltung nicht als Selbstzweck, sondern als zielorientiertes Handeln i m Dienste von Bürger, Gesellschaft und Staat, folgt daraus für die Fortbildung der Verwaltungsangehörigen eine zweifache Aufgabenstellung: Sie hat den Fortzubildenden einmal mit den Veränderungen außerhalb der Verwaltung zu konfrontieren und zum anderen den daraus resultierenden Funktions- und Strukturwandel der Verwaltung und in der Verwaltung aufzuzeigen. M i t dem letztgenannten Aspekt setzte sich die von Herrn Kollegen Roth geleitete Arbeitsgruppe C auseinander, während sich die von m i r geleitete Arbeitsgruppe Β den Anforderungen der Verwaltungsumwelt an die Fortbildung des höheren Dienstes widmete. Dies geschah i n mehreren Schritten: Die Teilnehmer erhielten einen Problemaufriß vorgelegt, akzeptierten ihn insgesamt als Gesprächsgrundlage, diskutierten die angeschnittenen Probleme und verdeutlichten und ergänzten einzelne Punkte (II). Die entwickelten Thesen befassen sich mit den Umweltbereichen der Verwaltung, den Umwelteinwirkungen, den Auswirkungen auf die administrativen Verhaltensweisen, dem gewandelten Selbstverständnis der Verwaltung und den curricularen Anforderungen der Fortbildung (III). Einige wesentliche Thesen wurden schließlich dem Plenum vorgetragen und zur Diskussion gestellt (IV). Π. Bevor sich die Arbeitsgruppe dem Problemaufriß zuwandte, erschien es den Teilnehmern sinnvoll, über grundsätzliche funktionelle und definitori sehe Aspekte des Fortbildungsbedarfs aufgrund der Anforderungen der Verwaltungsumwelt zu sprechen. Fortbildung wurde als nachgeholte Ausbildung und fortlaufendes Lernen gekennzeichnet. Voraussetzung hierfür ist die Bedarfsforschung, damit man gegenwärtige und zukünf-

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tige Mangellagen erkennen und Konzepte zu deren Uberwindung erarbeiten kann. Nur so w i r d es der öffentlichen Verwaltung möglich, zu agieren anstatt bloß zu reagieren. Fortbildung sollte eine ständige Aufgabe für die Angehörigen aller Ressorts und Instanzen werden, wobei den Angehörigen des höheren Dienstes vornehmlich Führungskenntnisse und Führungsfähigkeiten zu vermitteln wären. Uber den Begriff Führungswissen konnte man sich nicht einigen. Die Ansichten reichten von Führungswissen gleich Managementtechniken bis zu Führungswissen gleich Problemlösungen. Die dem Problemaufriß zugrunde liegende Auffassung von der öffentlichen Verwaltung als einem Dienstleistungsbetrieb fand allgemein Zustimmung unter der Voraussetzung, daß man den Begriff Dienstleistungen weit genug faßt, um auch die Tätigkeiten der Eingriffsverwaltung einbeziehen zu können. Bei der Diskussion über die politischen, sozialen, wirtschaftlichen, psychischen und physischen Umweltbereiche wurden die Interdependenzen innerhalb der und zwischen den Sektoren betont. Man wies auf die starke Verflechtung zwischen Regierung und Verwaltung ebenso hin wie auf den Einfluß gesellschaftlicher Gruppen oder selbst der nicht organisierten Öffentlichkeit auf die verschiedenen Sektoren. I m Mittelpunkt der Erörterung des psychischen Bereichs der Verwaltungsumwelt standen die Fragen, wie man Gesetze und Verordnungen für den Bürger transparenter gestalten und wie die Verwaltung den Bürger zur M i t w i r k u n g beim Vollzug motivieren kann. Hinsichtlich der Einwirkungen der Umwelt auf die Verwaltung anerkannte man die dominierende Rolle der rechtlichen Regelungen. Erst danach kommen von außen herangetragene Informationen, Forderungen und Pressionen i n Betracht. Die vielfältigen Umwelteinflüsse wirken sich auf das Verhalten der Verwaltung insoweit aus, als diese verstärkt planend tätig wird. Während die Mehrheit der Teilnehmer diese Tendenz bejahte, wurde die angebliche Hinwendung zur leistenden Verwaltung auf Kosten der ordnenden mehrheitlich abgelehnt. Einigkeit bestand darüber, daß sich die öffentliche Verwaltung als integraler Bestandteil von Gesellschaft und Staat verstehen muß. Besondere Aktivitäten entfaltet die Administration i m vorparlamentarischen Raum; es ist ihr möglich, bestimmte Steuerungsfunktionen wahrzunehmen, da die Abgeordneten auf Informationen aus der Verwaltung angewiesen sind. Den externen Einfluß sucht sie indessen oft so zu interpretieren und zu transformieren, daß er den administrativen Bedingungen und den globalen Zielvorstellungen i n Parlament und Regierung entspricht. Diese Eigeninitiative erweist sich als legitim, da brisante Gesetzesvorschläge ohnehin aus dem politischen Bereich kommen.

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Arbeitsgruppe

Welche Anforderungen an eine verwaltungswissenschaftliche Fortbildung gestellt werden müssen, konnte nur ganz allgemein diskutiert werden. Ziel der Fortbildung des höheren Dienstes sollte das Erlernen, Erweitern und Vertiefen fachübergreifender Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. von Wissen um und über Querschnittsaufgaben sein. Aufgabe einer dringend erforderlichen Curriculumforschung der Fortbildung wäre die Erarbeitung fachübergreifender Probemstellungen und Lösungsansätze. A u f diese Weise ließen sich manche auf die verschiedenen Ausbildungsgänge zurückzuführenden Kommunikationsschwierigkeiten verringern. III. Die entwickelten Thesen lauten i m einzelnen: 1. Die Umwelt der Verwaltung ( = Situation) 1.1. Verwaltungsexterne (ζ. B. Bürger) und verwaltungsinterne Umwelt (ζ. B. Beamter) sind zu unterscheiden. I m Gegensatz zu früher, als die Verwaltung Instrument der Obrigkeit war und ihre Umwelt aus den einzelnen Untertanen bestand, sieht sich die Verwaltung heute zahlreichen Umweltbereichen gegenüber, die in sich verzweigt und untereinander vielfältig verflochten sind. A n die Stelle einer relativ homogen strukturierten Umwelt trat die pluralistische Massen gesell schaft, die die öffentliche Verwaltung zum zwar wesentlichen, dennoch bloßen Dienstleistungsbetrieb denaturierte. Dienstleistungen i m hier verstandenen Sinn umfassen die Tätigkeit sowohl in der Ordnungs- als auch in der Leistungsverwaltung. 1.2. Je nach dem Schwerpunkt der zu erfüllenden Aufgabe w i r d die Verwaltung teils mehr, teils weniger von der politischen, (im engeren Sinn) sozialen, wirtschaftlichen, psychischen und physischen Umwelt umgeben. Dabei kommt dem politischen Bereich besondere Bedeutung zu, weil sich die anderen Umweltbereiche letzten Endes in ihm artikulieren. 1.3. Die politische Umwelt der Verwaltung bilden nach der Lehre von der Gewaltenteilung Gesetzgebung und Rechtsprechung. Gesteht man der Regierung eigenständige Gewalt zu (Gubernative), fächert sich die politische Umwelt der Administrative um diesen Teil der Exekutive zusätzlich auf. Unbeschadet dessen läßt sich eine zunehmende Verflechtung zwischen Regierung und Verwaltung registrieren. Unterscheidet man außerdem die verfassunggebende Gewalt (Konstitutive) und eine A r t rechnungsprüfende (Kontroll-) Gewalt, w i r d die Umwelt noch weiter differenziert. 1.4. Zur sozialen Umwelt der Verwaltung gehören einmal die gesellschaftlichen Gruppen wie Parteien (Problem des imperativen Man-

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dats für die Verwaltung), Gewerkschaften, Kirchen und sonstige Verbände (Problem der Vorprägung künftiger Verwaltungsangehöriger); darüber hinaus die nicht organisierte Öffentlichkeit, Presse, Rundfunk, Fernsehen. Es ist eine Frage der Abgrenzung, ob man die gesellschaftliche und wirtschaftliche Funktionen wahrnehmenden (Industrie- und Handels-, Handwerks-, Ärzte- usw.) Kammern als Annex der Verwaltung oder als deren soziale oder wirtschaftliche Umwelt ansehen soll. Zum anderen sind Zahl, Entwicklung, Geschlecht, Alter, Einkommen, Besitzverhältnisse, Wohnverhältnisse, Familienstand, Erziehung, Religion der Bevölkerung usw. Bestandteil dieser Umwelt. 1.5. Die wirtschaftliche Umwelt der Verwaltung setzt sich aus der Zahl, Größe, Verteilung und Veränderung der Industrie- und Gewerbebetriebe, der freien Berufe und der Arbeitsplätze, dem Beschäftigungs- und Industrialisierungsgrad, den Produktivitätskennzahlen, den Verhältnissen auf den Arbeits-, Gütern- und Kapitalmärkten, der Kaufkraft, dem Zahlungsbilanzausgleich, den Daten über die Entstehung, Verteilung und Verwendung des Sozialprodukts usw. zusammen. Querverbindungen existieren zur politischen Umwelt, wenn man unter anderem an Wettbewerbsordnung, Raumordnung, Tarifordnung, Abgabenordnung denkt. 1.6. Dem psychischen Bereich der Verwaltungsumwelt w i r d gewöhnlich zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Er umfaßt vor allem die individuellen und sozialpsychologischen Denk- und Verhaltensweisen der verwalteten Menschen und Menschengruppen, ihr gesellschaftliches Unbehagen, ihre Tabus, Klischees, Vorurteile bis hin zu ethischen Bewertungsmaßstäben über Rechte und Pflichten der Moral, der Ehre, des Ansehens, des Standes. 1.7. Schließlich ist die Verwaltung von physischen Elementen umgeben, von denen die technischen (Maschinen und Büroeinrichtungen) und ökologischen (Versorgung und Entsorgung) i n erster Linie verwaltungsrelevant sind. 1.8. Die künftige Entiuicklung der Verwaltungsumwelt dürfte i n einer erhöhten Komplexität der Umweltbereiche bestehen, die aus dem wachsenden Bedarf an öffentlichen Leistungen, dem gesteigerten Umweltbewußtsein, der zunehmenden Verdichtung der Bevölkerung in Ballungsräumen und der Durchdringung der gesellschaftlichen Gesamtzusammenhänge resultiert. 2. Die Einwirkungen der Umwelt auf die Verwaltung ( = Aktion) 2.1. Welche Aufgaben von der Verwaltung wie und wo vollzogen und von wem kontrolliert werden, ist großenteils auf die gesetzlichen

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Arbeitsgruppe

Vorschriften, Verordnungen, Erlasse, Richtlinien, Dienstanweisungen, richterlichen Entscheidungen zurückzuführen. Vom Standpunkt der betroffenen Verwaltungen dürften diese rechtlichen Regelungen etwa der vorgesetzten Behörde als besonders folgenreiche Umwelteinwirkungen angesehen werden. 2.2. A n die Verwaltung werden von außen ungezählte Informationen herangetragen, die ungeordnet, unvollkommen und unsicher sind. Die Informationen beinhalten Strom- und Bestandsgrößen, mengenmäßige und monetäre Zahlen oder qualitative Aussagen, Daten über Personen, Sachen, Leistungen, Finanzen, Räume, Zeiten, Trends. 2.3. Die Verwaltung w i r d mit verschiedenartigen Forderungen ihrer Umwelt konfrontiert. Sie erstrecken sich auf gemeinschaftlich, gruppenweise oder einzeln empfundene und zu befriedigende Bedürfnisse der Bürger an Erziehung, Bildung, Gesundheit, Sozialhilfe, Wohnraum, Daseinsvorsorge, äußerer und innerer Sicherheit, Rechtspflege. 2.4. Auf die Verwaltung üben Interessen verbände, Aktionsgemeinschaften, Gruppenvertreter, Unternehmen und einzelne Personen gewisse Pressionen als Berater, Bittsteller, Schutzbedürftige, Geschädigte, Drohende und Kläger aus. 2.5. Forderungen bis hin zu Pressionen erwachsen der Verwaltung auch durch ihre eigenen Angehörigen, wenn man an Auseinandersetzungen u m Entlohnung, Mitbestimmung, Arbeitsbedingungen, Urlaubsregelungen oder an Aktionen wie den Dienst nach Vorschrift denkt. Für die Institution Verwaltung stellen diese Einwirkungen des Personals ein Oktroi von außen dar, unabhängig davon, ob sie eigenständig sind oder ferngesteuert werden. 2.6. Auf die einzelne Verwaltung wirken auch andere Verwaltungen ein, indem sie Amts- und Rechtshilfe benötigen oder am Verwaltungshandeln beteiligt sind. Zugespitzt formuliert lassen sich alle Behörden und Organisationsteile außerhalb einer Dienststelle als Umwelt qualifizieren und dementsprechend gehen von dort über die Dienstwege umfassende Einflüsse auf die Verwaltung aus. 3. Die Auswirkungen der Umwelteinflüsse auf das Verhalten der Verwaltung ( = Reaktion) 3.1. Die Verwaltung hat sich verstärkt der Erforschung des Umweltgeschehens zu widmen, insbesondere die Änderungen zu analysieren und Vorschläge zur Umweltgestaltung zu unterbreiten. Die Tendenz zur planenden Verwaltung m i t dem Ziel der Zukunftssicherung ist die sinnvolle Ergänzung der primär auf Gesetzesvoll-

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

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zug ausgerichteten Verwaltung. Voraussetzung jeder Planung muß eine entsprechende Kontrolle sein, u m die Rückkopplung für die Planung zu gewährleisten. 3.2. Der Schutz des Lebensraumes geschieht nur noch zum Teil durch Reglementierung; als erfolgreicher erscheint die Förderung gewünschter Entwicklungen besonders durch Vorkehrungen zur Existenzsicherung der Menschen und durch Vervollkommnung der Infrastruktur. Die Tendenz zur leistenden Verwaltung zeigt dies deutlich. 3.3. Die wachsenden Ansprüche der Bürger auch nach qualitativ besseren Verwaltungsleistungen bewirken eine Tendenz zu höherer Effektivität der Verwaltung. 3.4. Die i n der Gesellschaft zu registrierende Gruppenbildung zur Verfolgung gleichgerichteter Interessen macht nicht vor dem gesellschaftlichen Subsystem Verwaltung halt. Eine Tendenz zur Politisierung der Verwaltung ist die Folge. 3.5. Gleichzeitig vollzieht sich i n der Verwaltung eine Tendenz zur Demokratisierung. Der Führung von oben erwächst eine Kontrolle von unten. 4. Die Voraussetzungen für das Handeln der Verwaltung i n der sich wandelnden Umwelt ( = Motivation) 4.1. Die Verwaltung muß sich als integraler Bestandteil der Gesellschaft verstehen, für die sie Dienstleistungen erstellt und anbietet. Der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ist Angehöriger eines Bedarfsdeckungskonzerns, dessen Spitze die gesetzgebenden und regierenden Organe des Staates verkörpern. 4.2. Die Verwaltungsführung gewissermaßen als oberes Organ jeweils eines Konzernbetriebes sollte über Managementkenntnisse verfügen, i m einzelnen über Zielbildung (d. h. M i t w i r k u n g bei der Zielsetzung), Informationsgewinnung, -Verarbeitung und -auswertung sowie über Entscheidungsfindung. Besondere Bedeutung kommt der Personalführung zu. Neben persönlichen Qualitäten gewinnen damit intellektuelle Fähigkeiten und eine gründliche wissenschaftliche Schulung i n der Führungskunst zunehmend an Gewicht. Die zweckmäßige Gestaltung der Innenwelt der Verwaltung gehört ebenso zu den Aufgaben der administrativen Führungskräfte wie die Beurteilung der Geschehnisse in der Verwaltungsumwelt. 4.3. Die administrative Arbeitsteilung setzt vergrößerte Verwaltungseinheiten voraus, die jedoch flexibel bleiben müssen und sowohl

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Arbeitsgruppe

interbehördlich als innerbetrieblich erhöhte Anforderungen an die Koordinations- und Kooperationsfähigkeit stellen. 4.4. Führungskräfte müssen die Bereitschaft zur Mobilität aufbringen, u m Kompetenzverlagerungen, organisatorische Umstellungen, Behördenverlegungen und andere Reformmaßnahmen erleichtern zu helfen. 4.5. Das öffentliche Dienstrecht sollte mehr Rücksicht nehmen auf Leistungssteigerung, Fortbildung, horizontale und vertikale Durchlässigkeit. 5. Die Anforderungen an eine verwaltungswissenschaftliche Fortbildung ( = Realisation) 5.1. Die zu vermittelnden Führungskenntnisse und Führungsfähigkeiten sollten funktionsbezogen sein und nicht lediglich ein spezifisches Fachwissen beinhalten. 5.2. Die verwaltungswissenschaftliche Fortbildung erstreckt sich auf folgende funktionsspezifische Teillehren: die Planungs- und Entscheidungslehre, Management- und Organisationslehre, Personalverwaltungs- und Arbeitslehre sowie die Finanz-, Haushalts- und Kostenlehre. 5.3. Unter fachübergreifenden Aspekten interessieren aus den politikund sozialwissenschaftlichen Disziplinen die politische Institutionenlehre, das Verbandswesen, die Mitbestimmung, die Mikrosoziologie, aus den Wirtschaftswissenschaften die Betrieborganisation, die Finanzwirtschaft, das Rechnungswesen, die Wirtschaftspolitik, aus der Rechtswissenschaft die juristische Institutionen- und Methodenlehre, die Rechtstatsachenforschung, die Verwaltungsverfahren usw. 5.4. Eine problemorientierte Fortbildung sollte vor allem der Früherkennung gesellschaftspolitischer Entwicklung dienen. Hierzu bedarf es der antizipatorischen Denkschulung (Fähigkeit i m Lesen von Statistiken und i n der Auswertung von Daten). IV. Der Bericht vor dem Plenum der Tagungsteilnehmer konzentrierte sich auf einige Schwerpunkte der Thesen. Zur Vermeidung von Unklarheiten wurde zunächst hervorgehoben, daß es sich bei dem der Arbeitsgruppe gestellten Thema um die Anforderungen der gesamten Verwaltungsumwelt an die Fortbildung handelt. Der von Staatssekretär Schreiner i n seinem Eröffnungsreferat angesprochene Fortbildungsbedarf aufgrund

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

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der Anforderungen der Dienstposten entstammt dagegen einer engeren institutionellen Betrachtungsweise. I n der Arbeitsgruppe zeigte sich, wie schwierig die Verwaltung von ihrer Umwelt abzugrenzen ist. Grundsätzlich sollten verwaltungsexterne und verwaltungsinterne Umwelt unterschieden werden. Der Ausdruck verwaltungsinterne Umwelt erscheint nur als widersprüchlich, denn darunter fallen i m wesentlichen die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nicht mit der eigentlichen Verwaltung gleichzusetzen sind, wie die oft divergierenden Interessen i n Angelegenheiten der Mitbestimmung, des Betriebsklimas, der Besoldung usw. beweisen. Der wichtigste Umweltbereich der Verwaltung ist die politische Umwelt. I n i h m artikulieren sich nach Meinung der Arbeitsgruppe alle anderen Bereiche. Die politische Umwelt der Exekutive wurde nach den Staatsgewalten i n die legislative und judikative Umwelt unterteilt; darüber hinaus erkannte man i n der Regierung (Gubernative) eine A r t Umwelt für die Administrative. Der sozialen Umwelt der Verwaltung w i r d regelmäßig nicht die Aufmerksamkeit entgegengebracht, die ihr gebührt. Weder Parteien noch Großverbände besitzen Verfassungsrang und das Wissen um gesellschaftliche Zusammenhänge ist bei den Verwaltern gewöhnlich recht dürftig. Nicht minder vernachlässigt werden bei der Ausbildung der Rechtsreferendare die anderen Umweltbereiche, so daß i m Rahmen der Fortbildung darauf besonders zu achten ist. Sie hat zum Beispiel darzulegen, wie administrative Maßnahmen auf die wirtschaftliche Umwelt, etwa auf Banken, Handel, Industrie oder auf gesamtwirtschaftliche Größen wie Beschäftigung, Wachstum, Preisniveau usw. wirken. Ferner sollte der Fortzubildende wichtige psychische Umweltbedingungen kennenlernen. Das bloße Erfahrungensammeln reicht wohl nicht aus, wenn man an Tabus, Vorurteile oder bestimmte verwaltungsrelevante Verhaltensweisen bei den Verwalteten denkt. Unter den Einwirkungen der Umwelt auf die Verwaltung dominieren die rechtlichen Regelungen, seien es gesetzliche Vorschriften oder gerichtliche Entscheidungen. Der rechtsstaatliche Grundsatz des Gesetzesvorbehalts überragt alle weiteren Umwelteinflüsse wie die zu verarbeitenden Informationen, herangetragene Forderungen bis hin zu Pressionen sowohl von außen als auch von Seiten der Verwaltungsangehörigen oder erbetene Amts- und Rechtshilfe anderer Behörden. Wie sich die Verwaltung der wandelnden Umwelt anpaßt und wie sie diese gegebenenfalls steuert, wurde i n einigen Entwicklungstendenzen aufzuzeigen versucht. Die Verwaltung wendet sich künftig noch mehr der Planung zu, wobei zugleich die Kontrolle wächst, da erstere nur durch Soll/Ist-Vergleich und Rückkopplung gewährleistet erscheint. 7

Speyer 54

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Arbeitsgruppe

Nach Meinung der Praktiker läßt sich eine Zunahme der leistenden Verwaltung registrieren; allerdings weitet sich auch — entgegen der i m Schrifttum vielfach vertretenen Ansicht — die ordnende Verwaltung aus, wenn man an die Aufgaben des Umweltschutzes usw. denkt. Die festzustellende Tendenz zu höherer Effektivität des Verwaltungshandelns darf nicht m i t der Verwaltungsrationalisierung i m Innern gleichgesetzt werden. Die Steigerung der administrativen Leistungsfähigkeit umfaßt auch die Wirksamkeit von Verwaltungsmaßnahmen i m Außenverhältnis. Diesem Gesichtspunkt w i r d i m Rahmen der funktionalen und territorialen Verwaltungsreform oft nicht genügend Rechnung getragen. Man ist einseitig um die interne Verbesserung der Leistungserstellung bemüht ohne die gesellschaftlichen Wirkungen der Leistungsabgabe ausreichend zu berücksichtigen. Bei der Zusammenlegung von Behörden oder Gerichten schenkt man beispielsweise den erhöhten Distanzüberwindungskosten der Bürger häufig zu wenig Aufmerksamkeit. Die Verwaltung sollte nicht nur einen möglichst kostengünstigen (Produktions-)Faktoreinsatz erstreben, sondern output-orientiert handeln, also den mit der Maßnahme verknüpften (Publikums-)Erfolg zum entscheidenden K r i t e r i u m machen. Die zu beobachtende Tendenz der Politisierung aller Gesellschaftsbereiche findet sich ebenso i n der öffentlichen Verwaltung wie die Tendenz zur Demokratisierung. Die Fortbildung muß diesen Entwicklungen gerecht werden, indem sie das gesellschaftliche Bewußtsein des Verwalters schärft und ihm die entsprechenden „Spielregeln" vorträgt. I m vierten Thesenabschnitt wurden die Voraussetzungen für das Handeln der Verwaltung i n einer sich ändernden Umwelt genannt. Ubereinstimmend war man der Auffassung, daß die öffentliche Verwaltung eine A r t Bedarfsdeckungskonzern bildet und die Angehörigen i m höheren Dienst Managementaufgaben erfüllen. So gesehen besteht ein Nachholbedarf an analytischem und instrumentellem „Führungswissen". Das Erlernen der Fähigkeit zur Koordination und Kooperation sowie der Bereitschaft zur äußeren und inneren Mobilität gehört zu den wichtigsten Fortbildungszielen. Auf eine kurze Formel gebracht sollte an die Stelle bürokratischer Statik eine kooperative Dynamik treten. Zum Schluß befaßte sich die Arbeitsgruppe mit den Anforderungen an eine verwaltungswissenschaftliche Fortbildung. I n ihrem Mittelpunkt sollte die Vermittlung fachübergreifender Fragen der Planungs- und Entscheidungslehre sowie der Organisation, des Personals und der Finanzen stehen. Außerdem wäre es erwünscht, wenn sich die fortgebildeten Führungskräfte durch ein erhöhtes Maß an gesellschaftspolitischer Sensibilisierung auszeichnen würden.

Fortbildungsbedarf des höheren Verwaltungsdienstes auf dem Gebiet des Führungswissens Anforderungen im Verwaltungssystem (Arbeitsgruppe C) Thesen und Bericht von Georg Roth I. „Führung" w i r d i n Theorie und Praxis ebenso häufig wie unterschiedlich umschrieben. Es handelt sich gewissermaßen um einen Begriff mit Definitionsüberschuß, wobei dieser Uberschuß vielleicht vor dem Hintergrund des hohen Maßes an Unsicherheit zu verstehen ist, i n der sich Führung heute bewegen muß. Unter diesen Umständen empfiehlt es sich, zunächst problemorientiert vorzugehen. Für die Fortbildungspraxis in Verwaltung und Wirtschaft kann Führungswissen i m Unterschied zu (speziellem) Fachwissen begriffen werden. Bei einer praktischen Einschätzung des Fortbildungsbedarfs auf dem Gebiet Führungswissen (Anforderungen i m Verwaltungssystem) lassen sich drei Gruppen von Anforderungen unterscheiden 1 : — kommunikative und kooperative Anforderungen — technisch-administrative (systemtechnische) Anforderungen — strategisch-konzeptionelle Anforderungen (insbesondere bei längerfristigen Zielkonzeptionen und Planungen). Diese Anforderungen können als vorläufige Thesen zur weiteren Differenzierung und Diskussion wie folgt formuliert werden: II. 1. Kommunikative

und kooperative

Anforderungen

Kommunikationshindernisse i m Führungs- und Entscheidungsprozeß gehören zu den schwierigsten Führungsproblemen. Die Verarbeitung von Informationen kann i n hohem Maße irrational beeinflußt werden, wenn die Kommunikation durch Hindernisse, wie ζ. B. Rollenzwänge oder defensive Isolierung, unterschwellig verfälscht wird. Voluminöse 1

·

Vgl. auch Fischer-Menshausen i n diesem Band, S. 169.

100

Arbeitsgruppe C

Vorlagen, langwierige Sitzungen, ergebnislose Konferenzen, überflüssiger Schriftwechsel, Informationsvorenthaltung können hierin ihre Gründe haben 2 . Gelungene Kommunikation ist dementsprechend eine Grundvoraussetzung effektiven Verwaltungshandelns. Sie ist darüber hinaus wesentlich für die Befriedigung der personalen Bedürfnisse der Mitarbeiter i m Rahmen ihrer beruflichen Entfaltung. Die wichtigste Fähigkeit der Führungsperson scheint hier zu sein, sich selbst und die Kommunikationsvorgänge in der Gruppe und i n der Organisation möglichst differenziert und deutlich wahrzunehmen. Außerdem gehört dazu die Fähigkeit, sich sowohl i m Konsens als auch i m Konflikt möglichst authentisch, d. h. offen verhalten zu können, soweit es für die Führungsperson selbst und für die anderen zumutbar ist. Differenzierte Authentizität w i r k t konformistischen Entwicklungen, ebenso wie Isolierungstendenzen, entgegen. Ein solchjes Verhalten des einzelnen vermag zugleich die Arbeitsbeziehungen i m Sinne einer möglichst interdependenten Gestaltung zu fördern. Interdependenz, i m Unterschied zu Dependenz, ist eine entscheidende psychologische Grundlage für eine funktionsfähige Arbeitsteilung. Merkmale für Interdependenz sind Anerkennung von Verschiedenheiten, Informationsbereitschaft, Bereitschaft zur Aufnahme von Beziehungen, Bereitschaft, sich ggf. positionsflexibel zu verhalten, um den Informationsprozeß auf diese Weise von verschiedenen Standpunkten aus zu erfahren. Merkmale für Dependenz sind einseitiges Ersuchen um Unterstützung oder Lenkung, einseitiges Sich-Abstützen auf externe Autorität, Einbahn-Information. Kcmmunikation und Kooperation können gelernt werden und bewirken zugleich fortlaufendes wechselseitiges Lernen. Den beiden Problembereichen kommt daher für die Fortbildung besondere Bedeutung zu. Fortbildungsveranstaltungen auf diesem Gebiet w i r d man i n der beruflichen Fortbildung i n erster Linie aufgabenbezogen (themenzentriert) durchführen, d. h. Kommunikation und Kooperation werden i m Hinblick auf bestimmte Aufgaben gefördert. Dabei ist der eigene Entschluß zur Teilnahme eine entscheidende Voraussetzung. Beispiele für Fortbildungsinhalte sind hier: — Wahrnehmung und Wahrnehmungshindernisse in der beruflichen Kommunikation — Kooperation i n und zwischen Gruppen — Interaktion und Organisation — Führungspsychologie 2

mit den Elementen

Vgl. D r i t t e r Bericht der Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform I I , 71.

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

101

Führungsverhalten (Position, Funktion, einzelne Merkmale) Führungsstil Information der Mitarbeiter Motivation der Mitarbeiter Konfliktbearbeitung Auswahl und Beurteilung der Mitarbeiter Gruppenführung (Arbeit mit und in kleinen Gruppen) 2. Technisch-administrative

(systemtechnische) Anforderungen

Systemtechnische Fragen ergeben sich für die Verwaltung vor allem mit der wachsenden Notwendigkeit zu systematischer Planung und Entscheidung. Als Systemtechnik können insbesondere diejenigen A k t i v i t ä ten der Verwaltung bezeichnet werden, die zur Verwirklichung bestimmter Ziele darauf gerichtet sind, i n einem möglichst planvollen Vorgehen Komplexität zu reduzieren. Komplexität in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn die Summe der Einflußfaktoren, die eine Situation bestimmen, sowie die Summe der Deutungsmöglichkeiten, die sich auf die Situation projizieren lassen, und schließlich die alternativen Möglichkeiten, die Situation zu verändern, eine Dimension erreichen, die besondere Verfahren der Bearbeitung erforderlich macht. Als weitere Gründe für den systemtechnischen Bedarf lassen sich, neben der Komplexität der Probleme, nennen: zeitliche Verdichtung, die dadurch eintritt, daß mehrere Ereignisse zu gleicher Zeit stattfinden sollen, Neuheitsgrad der Probleme, begrenzte Ressourcen. Pragmatisch gesehen, kann gesagt werden, daß die Systemtechnik überall dort Hilfe leisten kann, wo die Erfahrung nicht ausreicht, um Entscheidungs-Ungewißheit in dem erforderlichen Ausmaß zu bewältigen. Bei der Systemtechnik geht es i n erster Linie um eine Systematisierung der Arbeitsschritte, die bei einer Problemlösung angewendet werden. Techniken dieser A r t sind ζ. B. Problemstrukturierungs- und Planungstechniken sowie für die Durchführungsplanung die Netzplantechnik. Bei der Fortbildung von Führungspersonen dürfte in diesem Zusammenhang die Technik der Zielkonkretisierung von besonderer Bedeutung sein. Hierzu gehören 3 : Das Sammeln von Zielen: Die Ausgangslage ist vielfach durch eine ungeordnete Menge von Zielen unterschiedlicher Operationalität gekennzeichnet. Die Ziele können sich aus Rechtsvorschriften, Regierungserklärungen oder Regierungsprogrammen, gesellschaftspolitischen Erfordernissen, der wirtschaftlichen oder technischen Entwicklung usw. ergeben. I n einem 3 Vgl. Vorläufige Verwaltungsvorschriften zu § 7 BHO, Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen u n d des Bundesministers für Wirtschaft, 1973, S. 293 ff.

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Arbeitsgruppe C

ersten Schritt sind möglichst alle entscheidungsrelevanten Ziele zu erfassen. Das Ableiten von operationalen Teilzielen: Die erfaßten entscheidungsrelevanten Ziele sind in einem zweiten Schritt zu konkretisieren und zu ordnen. Häufig werden die Ziele so allgemein formuliert sein, daß aus ihnen möglichst konkrete Teilziele als Unterziele abgeleitet werden müssen. I n der Regel sind Ziele und Teilziele nach dem Grundsatz der Zweck-Mittel-Relation zu ordnen sowie nach Zielebenen zu gliedern. Ferner gehören hierzu das Formulieren von Zielkriterien und die Bewertung der Ziele. Das Systemdenken versucht schließlich, weit über einzelne Techniken hinauszugreifen. Es geht darum, die Strukturen und Prozesse, die der Erfüllung von Führungsaufgaben dienen, als funktionsgerecht einander zugeordnete Elemente und Faktoren in ihrem jeweiligen Wirkungszusammenhang zu erfassen. Dies ist naheliegend, wenn man etwa an Informations» Systeme denkt. Es gilt aber auch für die Bereiche Planung und Organisation. So sollten Planungs-, Informations- und Organisationssysteme sowohl i n ihrer arbeitsteiligen Differenzierung gesehen werden als auch i n ihrem Zusammenhang als zielorientiertes Gesamtsystem (integrierte Führungssysteme). Ein Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Auseinandersetzung u m die Möglichkeiten und Grenzen des management by objectives i n der Verwaltung. Dabei lassen sich zugleich die Unterschiede i n der Zielproblematik zeigen, die zwischen der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft bestehen. Beispiele für Fortbildungsinhalte sind hier: — Systemtechniken, die als Führungshilf Problemstrukturierungs-

en i n Betracht kommen

und Planungstechniken

Techniken der Zielkonkretisierung) Entscheidungstechniken Prognosetechniken Nutzwertanalyse Netzplantechnik — Führungssysteme mit den Elementen Zielsystem Planungssystem Kontrollsystem Informationssystem Organisationssystem

(insbesondere

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

103

3. Strategisch-konzeptionelle Anforderungen 4 (insbes. bei längerfristigen Zielkonzeptionen und Planungen) Ziele von Verwaltungsaktivität können sich aus den Mängeln der gegebenen „Lage" ergeben, als Ausdruck von mehr oder weniger offenkundiger Notwendigkeit, sie können sich aber auch von der Lage weit entfernen, z.B. als Ergebnis längerfristigen Entwicklungsdenkens i m Sinne des Wünschenswerten. Der Planungsprozeß beginnt dann nicht m i t der Zielsammlung, sondern m i t der Zielsuche. Dazu können ζ. B. mehr oder weniger strukturierte Delphi-Methoden oder Scenario-Techniken angewendet werden. Fortbildungsveranstaltungen auf diesem Gebiet kann man insbesondere anhand von Zielfindungsprojekten durchführen. Die Fortbildungsinhalte ergeben sich hier unmittelbar aus der Erarbeitung von Zielkonzeptionen für größere Projekte, d. h. die Zielkonzeption w i r d von der zuständigen Arbeitsgruppe i n der Fortbildungsveranstaltung selbst entwickelt. Die Veranstaltung kann als strategisches Projektseminar mit sachverständiger Methodenberatung durchgeführt werden. M i t der Zieldistanz wächst zugleich die Komplexität der zu beantwortenden Fragen. Das Komplexitätsproblem kann dabei unter doppeltem Aspekt gesehen werden. Einmal muß Komplexität i n verstärktem Maße reduziert werden, ζ. B. durch Planung der Planung, zum anderen besteht aber auch die Gefahr vorzeitiger Reduktion, ζ. B. durch Ideologiebildung, so daß i n der Anfangsphase längerfristiger Planung die Komplexität der Probleme u. U. durch verstärkte Entwicklung von Alternativen erweitert werden muß. Hinzu kommt, daß längerfristige Planung nicht allein i n der Relation von Ist- und Soll-Zustand gesehen werden kann. Während bei der kürzerfristigen Planung Ressourcen und Personal sozusagen „Inbegriffen" sind, bedarf es bei der längerfristigen Planung einer eigenen Ressourcenplanung sowie einer Planung der Personalentwicklung einschließlich der Fortbildung. Derartige Dimensionen lassen unschwer erkennen, daß längerfristige Planung nicht allein Verwaltungsaufgabe sein kann. Es bedarf vielmehr eines vielfältigen Zusammenwirkens von Verwaltung, Politik und Wissenschaft. Das gilt um so mehr, als es nicht nur u m Machbarkeit, sondern darüber hinaus u m den „Sinn der Sache" geht. Man denke ζ. B. an die Zielfindungsprozesse i m Sozialstaat und an den Sinnbezug der Ziele i m Rahmen der Staatsstrukturentwicklung. Die Anforderung, die sich hieraus ergibt, kann nicht die schlichte Vereinigung aller Kräfte sein, sie ist die hohe Kunst getrennten Zusammenwirkens i n einer freiheitlichen Verfassung. 4 I m Unterschied zu strategisch-punktuellen Ansätzen, w i e ζ. B.: einen M a n $ zum M o n d bringen — u n d zurück.

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Arbeitsgruppe C

Beispiele für Fortbildungsinhalte sind hier: — Verwaltung und Politik (insbesondere Zielbildungsprozesse i m Sozialstaat) — Verwaltung, Ziele und Grundsätze (insbesondere Staatsstrukturentwicklung) — Verwaltung und Langfristplanung (einschließlich Eventualplanung) — Führungsstrategien i m Feld längerfristiger Zielplanung Aufgabenplanung Ressourcenplanung Personal-und Fortbildungsplanung Forschungsplanung III. Die folgende Diskussion i n der Arbeitsgruppe ging zunächst auf die Zielsetzungen in der Fortbildung ein. Die Gruppe einigte sich dahin, bei der Erörterung des Fortbildungsbedarfs auf dem Gebiet Führungswissen von der gegenwärtigen Situation i n der Verwaltung bei gegebener Verwaltungst r u k t u r auszugehen. Längerfristige Aspekte, die sich etwa aus der Verwaltungsreform, insbesondere hinsichtlich der Veränderung der Verwaltungsstruktur ergeben könnten, sollten jedoch berücksichtigt werden. Dies sei vor allem erforderlich, u m längerfristige Konzeptionen nicht zu beeinträchtigen. Die Diskussion beschäftigte sich danach mit den kommunikativen und kooperativen Anforderungen i m Verwaltungssystem. Hier wurde überwiegend das Schwergewicht des gegenwärtigen Fortbildungsbedarfs gesehen. Es bestand auch weitgehende Übereinstimmung darüber, daß dieser Bedarf bei allen Verwaltungs- und Funktionsebeneri ähnlich sei. Über die Möglichkeiten, Kommunikation und Kooperation durch Fortbildung zu fördern, wurden allerdings Zweifel geäußert. Es sei nicht nur schwierig, qualifizierte Lehrpersonen zu finden, vielmehr müßten auch die Erfolgsaussichten derartiger Veranstaltungen kritisch geprüft werden. I m Bereich der technisch-administrativen Anforderungen war die Frage, ob und in welcher Weise Systemtechniken in Führungsseminaren vermittelt werden sollten, zunächst sehr umstritten. Es wurde geltend gemacht, daß zuvor die Voraussetzungen geschaffen werden müßten, damit solche Techniken angewendet werden könnten. Zu diesen Voraussetzungen gehöre auch die Förderung von Kooperation, da sie z. B. bei der Anwendung moderner Planungstechniken unerläßlich sei. Ais Vorteil moderner administrativer Techniken i m Sinne der Systemtechnik wurde u. a. genannt, daß auf diese Weise Entscheidungsalternativen besser

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

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vorbereitet und ihre Vergleichbarkeit gefördert würden. I m Endergebnis ließ sich die Tendenz feststellen, daß i m Bereich der technisch-administrativen Anforderungen eine stärkere Differenzierung des Fortbildungsangebots für erforderlich gehalten wird, und zwar einmal nach Zielgruppen, die wiederum nach Verwaltungs- und Funktionsebenen sowie insbesondere nach Arbeitsbereichen zu unterscheiden seien. So gebe es ζ. B. zahlreiche Arbeitsgebiete, für die es nicht sinnvoll sei, Netzplantechniken anzuwenden. Eine weitere Unterscheidung ergab sich unter dem K r i t e r i u m der Intensität des angestrebten Lernerfolges. Es wurde daran erinnert, daß es sich bei dem Adressatenkreis der hier besprochenen Fortbildungsmaßnahmen um Führungspersonen handele. Unter diesem Gesichtspunkt erscheine es angemessen, daß in vielen Fällen die Vermittlung eines Uberblickswissens ausreiche, d. h. eines Wissens darüber, welche Techniken zur Verfügung stehen und welche Einsatzmöglichkeiten gegeben sind. Auf dem Gebiet der Führungssysteme, i m Unterschied zu den einzelnen Techniken, wurde für die Zukunft ein größerer Fortbildungsbedarf gesehen, insbesondere mit der fortschreitenden Organisationsreform der öffentlichen Verwaltung. Abrchließend waren die Teilnehmer übereinstimmend der Meinung, daß Organisation, Personalplanung und Fortbildung integriert werden müßten. Die Bemühungen um eine verbesserte Fortbildung seien nur dann sinnvoll, wenn parallel diese Integration verwirklicht werde. Das Ergebnis der Diskussion wurde in folgenden Thesen der Arbeitsgruppe zusammengefaßt: A. Das Schwergewicht des Fortbildungsbedarfs scheint in der gegenwärtigen Situation bei der Mehrzahl der Führungspersonen i m Bereich I „Kommunikative und kooperative Anforderungen" zu liegen. Dieser Bedarf dürfte bei allen Verwaltungs- und Funktionsebenen ähnlich sein. B. I m Bereich I I „Technisch-administrative (systemtechnische) Anforderungen" erscheint demgegenüber eine stärkere Differenzierung erforderlich: 1. nach Zielgruppen, die wiederum nach Verwaltungs- und Funktionsebenen sowie insbesondere nach Arbeitsbereichen (ζ. B. Projekten) zu unterscheiden sind, 2. nach der Intensität des angestrebten Lernerfolges. So w i r d i n bestimmten Fällen die Vermittlung von Uberblickswissen ausreichen. I m Bereich der Führungssysteme (im Unterschied zu den einzelnen Techniken) dürften, zumindest i n Zukunft, höhere A n forderungen zu stellen sein.

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Arbeitsgruppe C

Zwischen den Differenzierungen nach 1. und 2. bestehen enge Wechselbeziehungen. C. Allgemein w i r d darauf hingewiesen, daß Organisation, Personalplanung und Fortbildung integriert werden müssen.

Fortbildungsbedarf der technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes (Arbeitsgruppe D) Thesen und Bericht von Oskar Schmelzer I. Die Frage nach dem Fortbildungsbedarf macht, gestellt für den hier zu beurteilenden Personenkreis, i n besonderem Maße deutlich, daß eine Zwangsabhängigkeit zwischen Ausbildung und Fortbildung besteht. Sie ist darin zu sehen, daß der Fortbildungsbedarf nur auf der Basis eines i n seinem materiellen Gehalt bestimmten (oder bestimmbaren) Ausbildungsabschlusses ermittelt werden kann! Ist für alle technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes diese gemeinsame — wenigstens annähernd definierbare — Basis feststellbar? M i t technischer oder naturwissenschaftlicher Vorbildung stehen i m höheren Verwaltungsdienst i m Regelfall als Angehörige der Laufbahn des höheren technischen Verwaltungsdienstes 1 Diplomingenieure der Fachrichtung Hochbau Diplomingenieure der Fachrichtung Städtebau Diplomingenieure der Fachrichtung Bauingenieurwesen Diplomingenieure der Fachrichtung Nachrichtentechnik Diplomingenieure der Fachrichtung Maschinen- und Elektrotechnik Diplomingenieure der Fachrichtung Vermessungs- und Liegenschaftswesen Diplomingenieure der Fachrichtung Wehrtechnik Diplomingenieure der Fachrichtung Flugsicherungswesen und L u f t fahrttechnik Diplomingenieure der Fachrichtung Landespflege 1

Einteilung nach der „Empfehlung des Kuratoriums des Oberprüfungsamtes (Frankfurt) f ü r die höheren technischen Verwaltungsbeamten" v o m 16.11.1972.

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Arbeitsgruppe

als Angehörige einer Laufbahn der Beamten besonderer Fachrichtungen 2 Biologen Chemiker Diplomforstwirte Diplomvolkswirte Diplomgärtner Geographen Geologen Geophysiker Diplomlandwirte Lebensmittelchemiker Mineralogen Ozeanographen Apotheker Physiker Diplomarchitekten i m Raumordnungsdienst Diplombauingenieure i m Raumordnungsdienst Diplomvermessungsingenieure i m Raumordnungsdienst Diplomwasserwirtschaftsingenieure i m Raumordnungsdienst. Neben den Laufbahnbeamten werden i m öffentlichen Dienst als Beamte mit technischer oder naturwissenschaftlicher Vorbildung auch solche beschäftigt, die nicht Laufbahnbewerber sind („Andere Bewerber", § 16 BRRG). I n beachtlicher Zahl sind darüber hinaus i m höheren Verwaltungsdienst technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildete Personen i m Angestelltenverhältnis tätig. Der Kreis der Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes m i t technischer oder naturwissenschaftlicher Ausbildung ist mithin insgesamt sehr heterogen. U m eine allgemeine Aussage über den Fortbildungsbedarf tragen zu können, mußte aus dem i m Auftrag global umschriebenen Personenkreis eine repräsentative Gruppe ausgewählt werden. Zur Zielgruppe der Erörterungen wurden bestimmt die Laufbahnbeamten des technischen Dienstes und die Laufbahnbeamten der besonderen Fachrichtungen — m i t technischer oder naturwissenschaftlicher Auebildung. Es wurde kein Hinderungsgrund gesehen, diesen Personenkreis als repräsentativ für die „technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes" anzusehen, wenn und solange es bei der Frage nach dem Fortbildungsbedarf nicht um kon2 Nach der Verordnung über die Beamten i n Laufbahnen besonderer Fachrichtungen v o m 27.4.1970 (BGBl. I S . 431).

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

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krete Details des Bedarfs und seiner Befriedigung geht. Unter diesem Aspekt wurde auch von der Arbeitsgruppe ausdrücklich festgestellt: A n dere als Laufbahnbewerber („Andere Bewerber"), die i n den höheren technischen oder naturwissenschaftlichen Dienst übernommen worden sind, stehen den Laufbahnbeamten hinsichtlich des Fortbildungsbedarfs i m wesentlichen gleich 3 . II. Die Arbeitsgruppe D bestand aus 12 Mitgliedern. Neun sind höhere Beamte des technischen Dienstes, drei (einschließlich Vorsitzender) höhere Beamte des nichttechnischen Dienstes. I n dieser Zusammensetzung waren zugleich vertreten Bundesverwaltung Landesdienst Kommunalverwaltung und alle Ebenen der Verwaltungshierarchie. Der Ressortzugehörigkeit nach handelt es sich um Beamte aus den Bereichen Bundesbahn, Bundespost, Oberprüfungsamt, Stadtverwaltung, Wehrverwaltung. Die Arbeit der Gruppe war vorbereitet m i t einem Arbeitspapier, das die Problematik der Aufgabenstellung und Ansätze für Lösungsmöglichkeiten bis hin zur Skizzierung eines Systems von Maßnahmen für die Deckung des Fortbildungsbedarfs enthielt. Die Vorfragen der Gruppenarbeit betrafen die Grundprobleme der Fortbildung schlechthin und deren Spezifizierung für die technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes, sowie die zu I erörterte Beschränkung auf die dort genannte (repräsentative) Gruppe. III. 1. Einführungsfortbildung Sind die technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Beamten des höheren Dienstes allein durch ihre Ausbildung befähigt und i n der Lage, ein Eingangsamt des höheren Dienstes voll auszufüllen? Zu dieser Frage wurde seitens der anwesenden Diplomingenieure und Naturwissenschaftler deutlich gemacht, daß diesem Personenkreis durch die Laufbahnausbildung i n der Referendarzeit i n jeder Hinsicht 3 Hierzu z. B. § 32 V O über die Laufbahnen der Bundesbeamten v o m 27. 4. 1970: „Andere Bewerber müssen durch ihre Lebens- und Berufserfahrung befähigt sein, i m Beamtendienst die Aufgaben ihrer künftigen Laufbahn w a h r zunehmen."

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Arbeitsgruppe

ausreichende verwaltungsspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten fundiert vermittelt werden. Eine diese Ausbildung ergänzende „Einführungsfortbildung" sei entbehrlich. Diese, aus der Sicht des nichttechnischen Dienstes überraschende These konnte überzeugend begründet werden, insbesondere aus dem Ausbildungsgang bei Bundesbahn, Bundespost und i m Vermessungsdienst. Die tragenden Argumente folgen daraus, daß die m i t dem Hochschulabschluß eingebrachte Fachausbildung für die Zwecke des Dienstherrn keiner umfangreichen fachlichen Ergänzung bedarf. Daher enthält die Zeit der Referendarausbildung kaum eine technische bzw. naturwissenschaftliche Komponente, sondern vielmehr i m wesentlichen nur solche Maßnahmen, die das verwaltungsspezifische Grundwissen und seine Anwendung lehren und trainieren. Dies als zutreffend unterstellt, muß man i n der Gesamtbetrachtung des öffentlichen Dienstes die Beamten des höheren technischen oder naturwissenschaftlichen Dienstes i m Verhältnis zu den höheren nichttechnischen Beamten juristischer Provenienz i n einer sehr viel günstigeren Startposition für die Effektuierung ihrer Verwaltungsarbeit sehen4. Die Frage, ob diese Ausgangsbasis unbesehen und insbesondere für alle technischen Fachrichtungen (ζ. B. Wehrtechnik, wo die Referendarzeit teilweise als eine A r t „Ergänzungsstudium" technischen bzw. naturwissenschaftlichen Inhalts gewertet wird) und alle Naturwissenschaftler angesetzt werden kann, muß offen gelassen werden. Für die weiteren Überlegungen der Arbeitsgruppe wurde die wohlbegründete Feststellung, daß bei beiden Personengruppen die Kenntnisse und Fähigkeiten zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben (Eingangsstufe) i m höheren Verwaltungsdienst mit Abschluß der Laufbahnausbildung (erfolgreiche Ablegung des Assessorexamens) vorhanden sind, als richtig unterstellt. Hieraus folgt die These: Eine Einführungsfortbildung

erübrigt sich.

Fortbildungsbedarf ist insoweit i m allgemeinen nicht vorhanden. 2. Fachspezifische Fortbildung U m die fachliche Qualifikation der technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Beamten des höheren Dienstes zu erhalten, ist wegen des ständig, meist auch beschleunigt und immer differenzierter wachsenden naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnisstandes eine zunehmende Fortbildungsnotwendigkeit heute gesichert feststellbar. Diese 4 Mutadis mutandis könnte dies auch i n die Überlegungen f ü r eine Verbesserung der Juristenausbildung u n d insbesondere die Abwendung von der P r i m ä r ausrichtung auf den Justizdienst einbezogen werden.

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

111

besonders hohen Anforderungen hinsichtlich der Erhaltung und Aktualisierung ihres Fachwissens und Fachkönnens liegen mehr i m dienstlichen denn i m Eigeninteresse der Beamten. Sie zu erfüllen kann nicht der allgemeinen Eigen-Fortbildungspflicht der Beamten anheimgegeben werden. Ein großer Teil der fachlichen Fortbildung ist daher vom Dienstherrn zu initiieren und zu tragen. Primär w i r d es sich bei der Erfüllung dieser Verpflichtung des Dienstherrn um die Ausnutzung von außerhalb der öffentlichen Verwaltung stattfindenden Maßnahmen handeln. I n Bereichen mit hohem Fachkräfteanteil kommen auch verwaltungsinterne bzw. ressorteigene Veranstaltungen zur fachlichen Fortbildung i n Frage. Die Arbeitsgruppe stellt daher fest: Ein besonderer Fortbildungsbedarf der technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten höheren Beamten besteht hinsichtlich fachspezifischer Thematik. Dieser Fortbildungsbedarf betrifft — mit unterschiedlichen Schwerpunkten und variierender Intensität (qualitativ wie quantitativ und zeitlich) — alle technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten höheren Beamten. Die Realisierung der Forderung nach fachspezifischer Fortbildung w i r d allerdings notwendigerweise besondere Schwierigkeiten i n zweifacher Hinsicht m i t sich bringen. Zum einen w i r d der zweckentsprechenden Bestimmung des „fachspezifischen" Bezugs i m Einzelfall ein relativ breiter Ermessensspielraum zur Verfügung stehen, i n dem nur mit „fachspezifischem" Sachverstand die richtige Entscheidung getroffen werden kann. Ähnlich w i r d es i m Hinblick auf die Erkenntnis sein, ob, wann und wie der Fortbildungsbedarf relevant w i r d und optimal befriedigt werden kann. Hier können daher nur Möglichkeiten der Bedarfsdeckung aufgezeigt werden, welche nach Ansicht der Arbeitsgruppe m i t hoher Wahrscheinlichkeit i n Frage kommen: a) Teilnahme an Kongressen, Tagungen, Vortragsveranstaltungen, Kontaktstudium b) Veranstaltung verwaltungsinterner bzw. ressorteigener Fachtagungen, Fortbildungslehrgänge, Seminare. 3. Fachliche

Querschnittsfortbildung

Über das spezifisch fachliche Fortbildungsanliegen hinaus ergibt sich aus dem hohen Grad von Spezialisierung der technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen ein Bedürfnis nach fächerübergreifender Fortbildung. Es kann begründet sein i n

112

Arbeitsgruppe

a) der generellen Notwendigkeit der Aktualisierung des interdisziplinären Wissens und Verstehens i m technisch/naturwissenschaftlichen Bereich, b) umwälzenden technischen Neuerungen, neuen Methoden und Verfahren, c) Änderungen i n der sozialpolitischen Zielsetzung und Schwerpunktverlagerungen, die die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung i m naturwissenschaftlich-technischen Bereich berühren (ζ. B. Umweltschutz). Hieraus folgt ein weiteres Bedarfsfeld der Fortbildung: Eine allgemein-fachliche

Querschnittsfortbildung

ist erforderlich.

Der Personenkreis, bei dem diese A r t von Fortbildungsbedarf auftritt, ist grundsätzlich der gleiche, wie zu Ziffer 2, also alle technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Beamten. Das Bedarfsfeld und die Fortbildungsinhalte sind freilich i n ihrem materiellen Gehalt völlig anders orientiert. Diesbezüglich w i r d auf die vorstehende Begründung des Fortbildungsbedarfs (3 a, b, c) bezug genommen. 4. Verwaltungsfachliche

Fortbildung

Der technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildete Beamte des höheren Dienstes darf nicht als „Nur-Fachbeamter" abgestempelt (und so dem „Nicht-Fachbeamten" des nichttechnischen Dienstes gegenübergestellt) werden. I m Fach „Verwaltungstätigkeit" sind auch die technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Beamten des höheren Dienstes Fachkräfte, wie gemäß den zu Ziff. I I I 1 gemachten Ausführungen unterstellt werden darf. So gesehen besteht daher für sie das Bedürfnis zur Auffrischung, Aktualisierung und Ergänzung der Kenntnisse und Fähigkeiten nicht nur i n der jeweiligen Fachdisziplin oder zwischen den Disziplinen des naturwissenschaftlich-technischen Bereichs, sondern auch auf verwaltungswissenschaftlichem Gebiet. Zur fachlichen Fortbildung der technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten höheren Beamten gehören mithin auch Maßnahmen der allgemeinen verwaltungswissenschaftlichen Fortbildung, wie sie für den nichttechnischen Dienst gefordert werden zum Zwecke der Aktualisierung und Modernisierung der für die Verwaltungstätigkeit vorhandenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen. Der höhere technische und naturwissenschaftliche fachliche Fortbildung in Verwaltungsfragen.

Dienst

braucht

Zur Deckung dieses Fortbildungsbedarfs erscheint am besten geeignet und w i r d daher von der Arbeitsgruppe empfohlen die Schaffung bzw.

Praktische Einschätzung des inhaltlichen Fortbildungsbedarfs

113

Inanspruchnahme entsprechender Kurse an Hochschulen — insbesondere der Hochschule für Verwaltungswissenschaften i n Speyer — und insoweit vergleichbaren Bildungseinrichtungen (Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, Führungsakademie der Bundespost, Bundesakademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik oder dgl.). 5. Führungsfortbildung Technisch und naturwissenschaftlich ausgebildete Beamte des höheren Dienstes, die ausersehen sind, höhere Führungsaufgaben in der Verwaltung wahrzunehmen, müssen hierfür vom Dienstherrn entsprechend vorbereitet werden. Dazu gehört die systematische Vermittlung, Vertiefung und ständige Aktualisierung der Erkenntnisse aus dem Bereich der Führungslehre („Führungswissenschaften"). Die Arbeitsgruppe ist der Ansicht, daß i n bezug auf die Vermittlung von Führungswissen der Bedarf für die technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Beamten des höheren Verwaltungsdienstes sich von dem des nichttechnischen Dienstes nicht unterscheidet. Es wird für notwendig gehalten, Fortbildungsveranstaltungen Vermittlung von Führungswissen durchzuführen.

zur

Auch hierfür dürften primär die von der Hochschule Speyer und vergleichbaren Bildungseinrichtungen der öffentlichen Hand angebotenen bzw. anzubietenden Kurse i n Frage kommen. Dabei ist nicht an separate Veranstaltungen speziell für die technisch oder naturwissenschaftlich vorgebildeten Beamten gedacht. Vielmehr w i r d ausdrücklich gefordert, daß für die Fortbildung i n Führungsfragen i. d. R. keine Differenzierung nach Laufbahnen stattfindet.

IV. Die Bereiche der für technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildete Beamte des höheren Verwaltungsdienstes i n Frage kommenden Fortbildung konnten — entsprechend den unter I I I vorgestellten und begründeten Thesen und unter Beschränkung auf den zu I eingegrenzten Personenkreis — von der Arbeitsgruppe erkannt und differenziert werden i n bezug auf 1. eine Zweck/Inhaltsbestimmung der Fortbildung 2. die Definition der Zielgruppen i n den einzelnen Bedarfsbereichen 3. die i m Regelfall i n Frage kommenden Maßnahmen der Bedarfsdeckung 8

Speyer 54

114

Arbeitsgruppe

H i e r z u siehe nachfolgende Ü b e r s i c h t : Übersicht über den Fortbildungsbedarf wissenschaftlich ausgebildeten Angehörigen

der technisch oder naturdes höheren Verwaltungsdienstes

Bedarfskategorie/ Fortbildungsphase

Zielgruppe

Maßnahmen

1. Einführungsfortbildung

keine

keine

alle

Entsendung zu Kongressen, Tagungen pp. Kontaktstudium, Durchführung von verwaltungsinternen L e h r gängen, Seminaren pp.

2. Fachliche Fortbildung a) fach spezifische Fortbildung

b) allgemein fachliche alle Querschnittsfortbildung c) verwaltungsfachliche Fortbildung 3. Führungsfortbildung

alle

Teilnahme an Hochschulkursen o. dgl.

technisch u n d naturwis- Nach den Empfehlungen senschaftlich ausgebilde- der Arbeitsgruppen te Beamte, die für höhere Β u n d C Führungsaufgaben v o r gesehen sind gemeinsam m i t den für höhere F ü h rungsaufgaben vorgesehenen Beamten des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes

M i t diesem E r g e b n i s k o n n t e die A r b e i t s g r u p p e zu der i h r aufgetragenen Fragestellung n u r i n groben Umrissen definitiv Stellung nehmen. D i e A u s f ü l l u n g des d a m i t gesteckten R a h m e n s m u ß späterer Detailarbeit vorbehalten bleiben.

Aussprache über die Ergebnisse der Arbeitsgruppen Bericht von Ernst Hüper Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden i m Plenum unter Leitung von Professor Dr. Dr. König, Speyer, diskutiert. Zunächst standen i m Anschluß an die Berichte von Ministerialrat Lötz, München, über die Thesen der Arbeitsgruppe A „Fortbildungsbedarf i n der Einführungsphase der Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes" und von Ltd. Regierungsdirektor Dr. Schmelzer, Mannheim, über die Aussagen der Arbeitsgruppe D „Fortbildungsbedarf der technisch oder naturwissenschaftlich ausgebildeten Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes" Fragen der Fortbildung i n der Eingangsstufe i m Mittelpunkt der Diskussion (I). Insbesondere wurden diskutiert die von der Arbeitsgruppe A gemachte Unterscheidung von Generalisten und Fachbeamten sowie die für die technisch und naturwissenschaftlich ausgebildeten Beamten geltende These der Arbeitsgruppe D: Eine Einführungsfortbildung erübrigt sich. Probleme der Fortbildung auf Führungsebene waren Gegenstand der Aussprache nach den Berichten von Professor Dr. Eichhorn, Speyer, über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Β „Fortbildungsbedarf des höheren Verwaltungsdienstes auf dem Gebiet des Führungswissens — Anforderungen der Verwaltungsumwelt" und Ltd. Regierungsdirektor Dr. Roth, Bonn, über die Thesen der Arbeitsgruppe C „Fortbildungsbedarf des höheren Verwaltungsdienstes auf dem Gebiet des Führungswissens — Anforderungen i m Verwaltungssystem" (II). Diskutierte Fragestellungen waren insbesondere: Was ist eine Führungskraft, gibt es Führungswissen als solches oder nur funktionsbezogen, welches Führungswissen ist bereits i m Rahmen der Eingangsfortbildung zu vermitteln, welches dagegen lediglich einem ausgewählten Personenkreis? I. Nach dem Bericht von Lötz über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe A erbat Regierungsdirektor Dr. Danner, Bonn, Aufklärung darüber, ob diese Arbeitsgruppe auch die zeitliche Bemessung der Einführungsphase sowie die Frage einer eventuellen obligatorischen Teilnahme an solchen Fortbildungsveranstaltungen diskutiert habe. 8Ä

116

Aussprache

Lötz verneinte dies, meinte aber, daß nach seiner persönlichen Auffassung die Fortbildungsveranstaltungen der Eingangsstufe obligatorisch i n den ersten drei Jahren nach Eintritt i n den öffentlichen Dienst besucht werden sollten. Professor Dr. Laux, Speyer/Düsseldorf, bezweifelte, daß man für die Ermittlung des Fortbildungsbedarfs i n der Eingangsstufe eine Unterscheidung zwischen Generalisten und Fachbeamten i n der Weise vornehmen könne, wie dies die Arbeitsgruppe A getan habe. Auf Grund von Einblicken i n die Personalstrukturen oberster Baubehörden i n München, Hamburg und Berlin, die er i m Rahmen gutachterlicher Tätigkeiten gewonnen habe, glaube er sagen zu können, daß dort, bedingt auch durch den großen Personalkörper — die Baubehörde der Freien und Hansestadt Hamburg habe über 12 000 Mitarbeiter —, ca. 2/3 der Angehörigen des höheren Dienstes auch Generalistenaufgaben i m Sinne der von der Arbeitsgruppe A vorgenommenen Unterscheidung wahrzunehmen hätten. Generalisten i n jenem Sinne stellten jedoch lediglich eine Minderheit dar, während gerade die für die Programmierung und die Durchführung der zu erledigenden Aufgaben wichtigsten Positionen von höheren Beamten des technischen Dienstes eingenommen würden. Hier sei ein großer Fortbildungsbedarf in funktionsüberschreitenden Wissensgebieten feststellbar, der besondere Beachtung verdiene. Nachdem anschließend Schmelzer die Ergebnisse der Arbeitsgruppe D, soweit sie die Fortbildung i n der Eingangsstufe betrafen, begründet hatte, betonte Ltd. Regierungsdirektor Reinert, Hamburg, daß man die Generalistenfortbildung nicht Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern vorbehalten dürfe. Auch i m Hinblick auf den durch Fortbildung erstrebten Integrationseffekt sei es vielmehr notwendig, das für die Wahrnehmung der Generalistenfunktion notwendige Wissen möglichst umfassend zu vermitteln. So habe man i n Hamburg auch bei den jungen Probebeamten der Baubehörde einen erheblichen Bedarf an einer solchen Einführungsfortbildung feststellen können. Auch Ministerialrat Wiest, Stuttgart, erklärte sich mit der von der Arbeitsgruppe A gemachten Unterscheidung zwischen Generalisten und Fachbeamten nicht einverstanden. I n Baden-Württemberg sei die Praxis, für die höheren Beamten des technischen Dienstes auch i m Rahmen der allgemeinen Fortbildung eigene Veranstaltungen durchzuführen, sowohl von juristisch als auch von technisch vorgebildeten jüngeren Beamten stark kritisiert worden. Übereinstimmend habe man gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen i n funktionsüberschreitenden Wissensgebieten gefordert, so daß Versuche m i t solchen Lehrveranstaltungen für Juristen, Straßenbauer, Wasserwirtschaftler, Vermessungsingenieure usw. nunmehr vorgesehen seien. Gerade auch die von der Arbeitsgruppe A aufgeführten funktionsüberschreitenden Fortbildungsgegen-

Aussprache

stände wie Planung und Entscheidung, Organisation und Führung von Mitarbeitern, seien für Beamte des nicht-technischen wie des technischen Dienstes i n gleichem Maße geeignet. Oberregierungsrat Dr. Gebauer, Bonn, berichtete dann von Erfahrungen, die von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung mit Fortbildungsveranstaltungen einführender A r t für naturwissenschaftlich vorgebildete Beamte des Ministeriums für Forschung und Technologie gemacht worden seien. Das Echo auf diese Lehrveranstaltungen, die die Wissensvermittlung über Querschnittsaufgaben wie Organisation und Haushalt zum Gegenstand gehabt hätten, sei — auch von Seiten der Personalreferenten — sehr positiv gewesen. Hauptgutachter Siepmann, Köln, sah in der Differenzierung des Fortbildungsbedarfs nach Generalisten und Spezialisten den Versuch, das Juristenmonopol, modifiziert durch die Einbeziehung dreier weiterer Fachrichtungen, aufrecht zu erhalten. Hierdurch würde aber nicht nur der technisch vorgebildete Beamte von einer weiteren Integration i n die Gesamtverwaltung ausgeschlossen werden, sondern auch der Jurist, der aus mehr oder weniger zufälligen Gründen als Justitiar Spezialistenfunktionen zu erfüllen habe. Dieses sei jedoch mit der von allen geforderten Chancengleichheit nicht zu vereinbaren. A u f Veränderungen i m Rahmen der Studiengänge von Ingenieur- und Naturwissenschaftlern machte anschließend König aufmerksam und warf dabei die Frage auf, wo die Absolventen der Fachrichtung Städtebau oder eines Planer-Studiums bei der Ermittlung des Fortbildungsbedarfs einzuordnen seien. I n seiner Stellungnahme zu den Diskussionsbeiträgen begründete Lötz nochmals die von der Arbeitsgruppe A gemachte Unterscheidung zwischen Generalisten und Fachbeamten. Zum einen habe man schon aus dem rein formalen Grund einer notwendigen Abgrenzung zur Themenstellung der Arbeitsgruppe D Bedenken haben müssen, Aussagen über den Fortbildungsbedarf der Probebeamten des technischen Dienstes zu machen. Zum anderen stünde der Hauptzweck der einführenden Fortbildung: Vermittlung der für die Berufsausbildung notwendigen, aber von der Ausbildung nicht vorauszusetzenden Kenntnisse, zu dem weiteren wichtigen Ziel, der Integration, i n einem gewissen Widerspruch, so daß man ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen beiden Zielen habe finden müssen. Man habe deshalb die Fachrichtungen zusammengefaßt, bei denen die i m Hinblick auf den Hauptzweck der Fortbildung notwendigerweise zu vermittelnden Kenntnisse möglichst gleich seien. Diese Homogenität der Fortbildungsgegenstände wäre aber nicht mehr zu erreichen gewesen, wenn man auch technische Fachrichtungen einbezogen hätte. Der Unterschied i n dem von der Ausbildung her voraussetzbaren Wissen wäre zu groß gewesen. So müßten ζ. B. Juristen und

118

Aussprache

Wirtschaftswissenschaftlern i n der Eingangsfortbildung die Grundzüge der Städteplanung vermittelt werden, nicht aber technisch vorgebildeten Probebeamten. Diese danach für die Ermittlung des Fortbildungsbedarfs notwendige Unterscheidung zwischen Generalisten und Fachbeamten schließe allerdings nicht aus, daß dort, wo es möglich sei, auch gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden sollten, um der Integrationsfunktion ebenfalls Rechnung zu tragen. Obervermessungsrat Pulter, Mainz, ging auf die zur Fortbildung i n der Eingangsstufe gemachten Aussagen der Arbeitsgruppe D ein und betonte, daß man sich mit der These: eine Einführungsfortbildung erübrige sich, nicht gegen jede direkt nach der Ausbildung liegende Fortbildung habe aussprechen wollen, sondern sich lediglich gegen das Wort „Einführungsfortbildung" gewandt habe. Auch Schmelzer versuchte nochmals zu begründen, warum sich eine Einführungsfortbildung für Probebeamte des technischen Dienstes erübrige. Man habe m i t dieser Aussage deutlich machen wollen, daß diese Beamten die für die Wahrnehmung von Eingangsämtern notwendigen Kenntnisse bereits i n ihrer Referendarzeit vermittelt bekommen hätten, so daß insoweit auch kein durch Fortbildungsmaßnahmen zu deckender Nachholbedarf festzustellen sei. Hier sei die Ausbildungssituation also anders als bei dem von Lötz m i t Generalisten bezeichneten Kreis von Beamten, denen auch nach Beendigung ihrer Ausbildung noch Kenntnisse fehlten, um sie verwaltungsspezifisch richtig einsetzen zu können. Ministerialrat Bodensteiner, München, betonte ebenfalls die unterschiedliche Ausbildungssituation von Probebeamten des technischen Dienstes und solchen m i t juristischer Ausbildung bei Eintritt i n die Verwaltung. Bei den technischen Laufbahnen könne man das für die Ausfüllung des Eingangsamtes notwendige Wissen bei den Probebeamten voraussetzen, da diese i n ihrer Ausbildung neben technischen auch ζ. B. verwaltungsrechtliche und privatrechtliche Kenntnisse erworben hätten. Das gleiche könne aber wegen der einseitig justizbezogenen Juristenausbildung nicht ohne weiteres für Regierungsräte ζ. A. gesagt werden, so daß hier ein Nachholbedarf i n bezug auf verwaltungsbezogenes Wissen auftrete. Vielleicht wäre es besser, hier von Nachausbildung zu sprechen und m i t Fortbildung lediglich die Vermittlung von solchen Kenntnissen zu bezeichnen, die für die Bewältigung der laufend steigenden beruflichen Anforderungen erforderlich seien. Die Klärung des Begriffs „Generalist" stand i m Mittelpunkt des anschließenden Diskussionsbeitrages von Laux. Generalist zu sein, sei nicht abhängig von der Ausbildung, sondern vielmehr von der ausgeübten Funktion. Analysiere man nun die einzelnen Ausbildungsgänge daraufhin, inwieweit i n ihnen bereits zur Wahrnehmung der Generalistenfunktion notwendiges funktionsüberschreitendes Wissen vermittelt

Aussprache

werde, so müsse man allerdings feststellen, daß solche Kentnisse bei Durchlaufen technischer Ausbildungsgänge noch weniger als i n anderen Bereichen vorausgesetzt werden könnten. König stellte ebenfalls die These i n Frage, daß eine Einführungsfortbildung für Beamte des technischen Dienstes nicht notwendig sei. Er habe nach Durchsicht von natur- bzw. ingenieurwissenschaftlichen Prüfungsordnungen i m Hinblick auf eine Verwaltungsausbildung keine „heile Welt" feststellen können. I m übrigen sei es auch der erstrebten Integration verschiedener Fachrichtungen nicht förderlich, wenn von einer Seite behauptet werde, daß man gewisse Dinge nicht nötig habe. Auch Lötz bezweifelte noch einmal, daß für eine Einführungsfortbildung bei den technischen Laufbahnen kein Bedarf sei. Man müsse vielmehr sowohl für den von i h m mit Generalisten bezeichneten Personenkreis als auch für die Angehörigen der technischen Dienste getrennt den Fortbildungsbedarf ermitteln, um feststellen zu können, welche Fortbildungsgegenstände übereinstimmten. Diese müßten dann i n Lehrveranstaltungen für beide Gruppen gemeinsam vermittelt werden. Die für alle Fachrichtungen i n gleicher Weise geltende Frage der Motivation der jüngeren Mitarbeiter für eine Fortbildung wurde von Roth aufgeworfen. Die Probebeamten seien nach Abschluß einer langen Ausbildung nicht immer begeistert, kurz nach Eintritt i n die Berufspraxis wieder an Einführungskursen teilnehmen zu müssen. Man müsse deshalb durch neue Formen der Wissensvermittlung deutlich machen, daß Fortbildung keine Rückkehr auf die Schulbank bedeute, sondern i n sehr viel stärkerem Maße das Selbstlernen zur Voraussetzung habe. Nachdem Schmelzer die weiteren Thesen der Arbeitsgruppe D begründet hatte, nahm Bodensteiner insbesondere zur Notwendigkeit einer allgemein-fachlichen Querschnittsfortbildung für die technischen Dienste Stellung. Technische Neuerungen, die ζ. B. eine Änderung von D I N Normen oder eine umfassende Reorganisation zur Folge hätten und somit die technischen Beamten „quer" i n der Verwaltung zu einem Umdenken zwängen, müßten möglichst schnell einem breiten Personenkreis i n querschnittsweise durchgeführten Fortbildungsveranstaltungen zur Kenntnis gebracht werden. Wenn i m Rahmen der Thesen zu diesem Fortbildungsbereich auch die Rede sei von der Notwendigkeit der A k tualisierung des interdisziplinären Wissens, so habe man i m wesentlichen an die gleichen Fortbildungsgegenstände gedacht, die nach Ansicht der Arbeitsgruppe A bereits i n der Eingangsfortbildung vermittelt werden sollten. Man sei allerdings i n der Arbeitsgruppe D der Ansicht gewesen, daß diese Gegenstände der weiterführenden Fortbildung vorzubehalten seien, denn nach Abschluß der Ausbildung müßte zunächst das für einen Baurat und nicht das für einen Ministerialrat Notwendige gelehrt werden.

120

Aussprache

König versuchte dann, die für den technisch-naturwissenschaftlichen Bereich gemachten Aussagen zur Anpassungsfortbildung und zur allgemein-fachlichen Querschnittsfortbildung auf den sozialwissenschaftlichen Bereich zu übertragen. Der sozialwissenschaftlich Ausgebildete könne hier von den Technikern viel lernen, denn für diese sei eine Anpassungsfortbildung auch i n dem von ihnen studierten Fachgebiet längst eine Selbstverständlichkeit. Dieses gelte vielleicht noch mehr für die allgemein-fachliche Querschnittsfortbildung, wenn auch viele nicht akzeptieren würden, daß es neben einer technischen Revolution auch tiefgreifende Veränderungen i m Sozialen gebe. II. I m Anschluß an die Berichte von Eichhorn und Roth über die Thesen der Arbeitsgruppen Β und C zum Fortbildungsbedarf des höheren Verwaltungsdienstes auf dem Gebiet des Führungswissens zeigte sich Ministerialrat Hötsch, Stuttgart, insbesondere über den nach seiner Ansicht zu hohen Abstraktionsgrad der Ergebnisse der Arbeitsgruppe C enttäuscht. Die Vorlage praktikabler Vorschläge sei aber eine entscheidende Voraussetzung dafür, Fortbildungsmaßnahmen den führenden Persönlichkeiten i n Regierung und Verwaltung andienen zu können. Laux vermißte bei den Berichten eine Aussage zu der Frage, inwieweit auch die Vermittlung von Führungswissen Teil der allgemeinen Fortbildung sei und ab wann welches Führungswissen einem bereits ausgewählten Personenkreis nahegebracht werden sollte. Abgesehen von der besonderen Unterweisung von Verwaltungsmitgliedern, die bereits Führungskräfte seien, müßten spezielle Fortbildungsveranstaltungen auch für solche Personen durchgeführt werden, die erst für Führungsaufgaben vorgesehen seien. Die Entwicklung der hierfür notwendigen speziellen Curricula setze jedcch eine Abgrenzung zwischen dem i n der allgemeinen Fortbildung und dem einem ausgewählten Personenkreis zu vermittelnden Führungswissen voraus. Auch Hötsch vertrat die Ansicht, daß man bisher nur sehr unklare Zielvorstellungen über die sich an die Einführungsfortbildung anschließende Fortbildung entwickelt habe. Man müsse aber auch schon bei der Entwicklung der Curricula für die Fortbildung i n der Eingangsphase wissen, ab welchem Zeitpunkt eine Spezialisierung der Wissensvermittlung für einen ausgesuchten Personenkreis notwendig sei. Weiterhin sollte man überlegen, inwieweit Angaben über besuchte Fortbildungsveranstaltungen i n die Personalakte zu übernehmen seien, damit sich die Personalreferenten bei der Neubesetzung von Positionen ein Urteil über die Fortbildungswilligkeit und -fähigkeit der Bewerber bilden könnten. Auf diese Weise würde man auch den Spitzen von

Aussprache

Regierung und Verwaltung den Nutzen von Fortbildung deutlicher machen können. Eichhorn verstand die Interventionen von Laux und Hötsch dahin, daß diese eine Unterscheidung von vertiefender fachspezifischer Fortbildung und einer nachfolgenden Vermittlung von funktionsüberschreitendem Wissen, dem Führungswissen, forderten. Diese Unterscheidung sei aber seiner Meinung nach — wenn auch nicht expressis verbis — i n den Berichten zum Ausdruck gekommen. Ministerialrat Dr. Siegmund-Schultze, Hannover, bezweifelte, daß man zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt das Führungswissen inhaltlich eindeutig bestimmen könne. Auch bei Zugrundelegung der von Eichhorn zuvor gemachten Unterscheidung zwischen funktionsspezifischen und funktionsüberschreitenden Fortbildungsgegenständen sei man noch nicht i n der Lage, entsprechend der von der Arbeitsgruppe C geforderten Differenzierung i n den Führungsfunktionen festzulegen, welches Führungswissen welcher Führungsfunktion zuzuordnen sei. Zudem sei i n der kontroversen Diskussion über den Begriff des Generalisten deutlich geworden, daß noch nicht einmal einhellige Vorstellungen darüber bestünden, was eine Führungskraft sei. Werde etwa der Baurat i m Laufe seiner beruflichen Entwicklung hin zum Ministerialrat erst Generalist und Führungskraft, während als solche Juristen, Sozial- und W i r t schaftswissenschaftler von vornherein einzustufen seien? Auch Wiss.Ass. Hüper, Speyer, vertrat die Ansicht, daß es den vorgelegten Ergebnissen der Arbeitsgruppen an einer einheitlichen Definition von Generalist, Führungskraft und Führungswissen ermangele. So werde Führungswissen zum einen m i t funktionsüberschreitendem Wissen gleichgesetzt, während zum anderen dieselben Kenntnisse Juristen, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern bereits i n der Einführungsfortbildung vermittelt werden sollten. Demgegenüber stellte Siepmann heraus, daß lediglich scheinbare Gegensätze i n den Aussagen der Arbeitsgruppen vorhanden seien. Auch ein Jurist sei nicht bei Eintritt i n die Verwaltung sogleich Führungskraft, da er eben keine größere Anzahl von Mitarbeitern führe. Er solle dieses aber i n absehbarer Zeit werden, so daß man i h m das hierfür notwendige Wissen vermitteln müsse. Genau das gleiche gelte auch für den Probebeamten des technischen Dienstes. Deshalb werde zu Recht die Bedeutung des sog. Querschnittswissens i n allen vorgelegten Papieren herausgestellt. Auch der Eindruck, daß die Techniker die Hand zur Integration ausschlügen, sei deshalb nur bedingt richtig. Sowohl für den juristisch als auch für den technisch-naturwissenschaftlich vorgebildeten Beamten gehe es i n der Eingangsfortbildung zunächst darum, i h m ζ. B. die Kenntnisse zu vermitteln, wie ein Aktenbock am rationellsten zu bearbeiten sei oder wie man sich i n Verhandlungen durchsetzen könne.

122

Aussprache

Nach Ansicht von Regierungsrat Dr. Martens, Hamburg, sollte man sich bei der Bestimmung des Adressatenkreises von Führungslehrgängen die Frage vorlegen, ob bei einem Beamten, gleich welcher Fachrichtung, der nach vier oder fünf Jahren Verwaltungspraxis für die Übernahme einer Führungsposition anstehe, der durch die Ausbildung bedingte Nachholbedarf an notwendigem Wissen gedeckt sei oder nicht. Könne man feststellen, daß grundlegende Kenntnisse fehlten, die auch i n der Eingangsstufe von Nutzen seien, so sollte der Adressatenkreis für die Vermittlung von Führungswissen möglichst breit gezogen werden. Die Frage von König, ob es Führungswissen schlechthin oder nur funktionsbezogen gebe, beantwortete Eichhorn i m letzteren Sinne. Zwar könne man auch in der Verwaltung verschiedene Führungsebenen wie Top-, Mittel- und Junior-Management feststellen, diese Ebenen seien jedoch m i t den beamtenrechtlichen Gruppierungen nicht kongruent. So sei es möglich, daß ein Mitglied des gehobenen Dienstes als leitender Beamter am Landratsamt als Top-Manager einzuordnen sei. Entscheidend für die Bestimmung als Führungskraft sei nicht der beamtenrechtliche Status, sondern das Vorhandensein eines genügend großen Handlungsspielraums, um die übertragene Funktion wahrnehmen zu können. Deshalb sei auch nicht der Ansicht von Siepmann zuzustimmen, wonach die Zahl der Untergebenen ausschlaggebend sei. Ein Generalbevollmächtigter, der über große Summen verfügen könne, sei auch bei Fehlen eines Mitarbeiterstabes als Top-Manager anzusehen. Bezugnehmend auf die Ausführungen von Eichhorn stellte Lötz ebenfalls fest, daß man Führungspersonen nicht nach der Anzahl der Untergebenen bestimmen könne. I m übrigen seien die Unterschiede i n den Aussagen der verschiedenen Arbeitsgruppen auch ein wenig darauf zurückzuführen, daß jede Gruppe entsprechend der Aufgabenstellung für sich gearbeitet habe. Man hätte jetzt neue Gruppen einsetzen müssen, die die Ergebnisse koordinierten, um dem Ziel eines Fortbildungssystems ein wenig näher zu kommen. Roth unterstrich, daß die geleistete Gruppenarbeit fruchtbar gewesen sei, auch wenn Aussagen wegen der Verschiedenartigkeit der Gruppenmitglieder und der Komplexität des Themas „Führungswissen" nur sehr abstrakt hätten formuliert werden können. Bei der Bestimmung des Adressatenkreises habe man i n der Arbeitsgruppe C als Zielgruppe i n erster Linie die sog. mittlere Führungsebene i m Auge gehabt; allerdings dürfe man hier nicht stehen bleiben. Als ein besonderes Problem habe sich die notwendige inhaltliche Differenzierung bei der Vermittlung von Führungswissen erwiesen. Kommunikative Techniken könne man wegen der Gleichartigkeit der Probleme auf allen Verwaltungsebenen mehr oder weniger i n gleicher A r t und Weise lehren. Bei der Vermittlung von Kenntnissen i m administrativ-technischen Bereich

Aussprache

müsse man aber nach Adressatenkreis und Intensität der Fortbildung differenzieren. Laux versuchte dann, eine A n t w o r t auf die Frage zu finden, welches Führungswissen i n der Eingangsstufe allen Beamten, welches dagegen nur einem ausgewählten Personenkreis vermittelt werden sollte. Führung sei nach der Organisationslehre ein Subsystem i n jeder Organisation. Das Grundwissen über dieses Subsystem Führung und dessen Funktion für die Gesamtorganisation sowie dessen mögliche Effektivität müßten von jedem beherrscht und Gegenstand von Einführungslehrgängen sein. Die Vermittlung des darüber hinausgehenden, insbesondere nur für bestimmte Funktionen relevanten Führungswissens sollte dagegen ausgewählten Führungskräften vorbehalten bleiben. Zum Abschluß der Diskussion forderte König, daß i n Führungslehrgängen auch die Fähigkeit zur Abstraktion gefördert werden müßte. Zwar sei es richtig, daß der an einer Wiederwahl interessierte Politiker von der Verwaltung Konkretes fordere, es gebe aber auch Handeln i n der Verwaltung, das auf Abstraktion angelegt sei. So hätten die Probleme einer Langfristplanung bis 1985 heute schon praktische Relevanz, deren Lösung setze jedoch die Fähigkeit zur Abstraktion voraus.

Methodik der Ermittlung des Fortbildungsbedarfs des höheren Verwaltungsdienstes Von Gerhard Brinkmann I. Die Methodologie zwischen Trivialität und Esoterik Jede Rede über die Methodik zur Lösung eines Problems muß auf eine zwiespältige Aufnahme gefaßt sein: Wenn sie das beschreibt, was die Fachleute des Sachproblems ohnehin wissen und tun, muß sie m i t dem Vorwurf rechnen, sie sei trivial; wenn sie dagegen Vorschläge für neue, bisher noch nicht praktizierte Vorgehensweisen unterbreitet, liegt der Einwand nahe, daß die Methodologie den Kontakt zum Problemfeld verloren habe, nur noch der Selbstbefriedigung der Methodologen diene und deshalb unrealisierbare Anforderungen stelle. Beide Argumente führen zu der Aufforderung, die Roy F. Harrod, der berühmte englische Nationalökonom, an die Methodologen seines Fachs gerichtet hat: "Stop talking and get on w i t h the job 1 !" „Hört auf zu reden und fangt mit der Arbeit an!" Kein Methodologe, der etwas auf sich hält, w i r d der Implikation dieser Aufforderung zustimmen, daß sein Tun keine Arbeit sei und daß die Sachprobleme ohne methodologische Überlegungen gelöst werden könnten. Aber wenn er nicht verbohrt ist, w i r d er einsehen, daß seine Äußerungen entweder einen Hang zur Trivialität oder zur Esoterik haben und daß die beste Vorbeugung gegen beide Übel eine methodologisch reflektierte Arbeit an den Sachproblemen selber ist. Ich werde mich bemühen, so vorzugehen. II. Überblick über die methodologischen Anforderungen Trotz dieser guten Vorsätze beginne ich mit zwei Trivialitäten: Die Methode der Ermittlung des Fortbildungsbedarfs w i r d von den Zielen der Fortbildung bestimmt (erste Trivialität). Deshalb müssen 1 Roy F. Harrod: Scope and Method of Economics, in: Economic Journal 48 (1938), zitiert nach: Hans K . Schneider: Methoden und Methodenfragen der Volkswirtschaftstheorie, i n : Werner Ehrlicher u.a. (Hrsg.): K o m p e n d i u m der Volkswirtschaftslehre, Band 1, Göttingen 1967, S. 1.

126

Gerhard B r i n k m a n n

zunächst diese Ziele festgelegt werden. Die Ziele der Fortbildung sind, wenn man sie auf dem höchsten Abstraktionsniveau definiert, m i t den Zielen jeder anderen Ausbildung identisch (zweite Trivialität): durch Bildung jeder A r t soll die Lücke zwischen den aktuellen Fähigkeiten eines Menschen und denjenigen Fähigkeiten, die dieser haben möchte oder sollte, geschlossen werden (Fähigkeiten sind i n dieser Bestimmung der Ziele natürlich i m weitesten Sinne zu verstehen, nach der Taxonomie von Benjamin Bloom 2 etwa als kognitive, affektive und psychomotorische). Die Methode zur Bestimmung des Fortbildungsbedarfs des höheren Verwaltungsdienstes besteht deshalb darin, die folgenden Schritte zu unternehmen: 1. die fortzubildende Grundgesamtheit von Personen, hier also den höheren Verwaltungsdienst und seine Angehörigen zu definieren; 2. die Fähigkeiten, welche jedes einzelne Mitglied dieser Grundgesamtheit haben sollte, zu bestimmen; 3. die aktuellen Fähigkeiten jedes einzelnen Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes zu erheben; 4. aktuelle und gewünschte Fähigkeiten jeder Person miteinander zu vergleichen und die Lücke zwischen beiden festzustellen; 5. eine Entscheidung darüber zu treffen, welche der fehlenden Fähigkeiten durch Fortbildung bei jedem einzelnen Mitglied des höheren Verwaltungsdienstes erzeugt werden soll. Durch die Aufstellung dieser fünf Punkte scheint die Methodologie den Übergang von der Trivialität ihrer Anforderungen zu deren Unerfüllbarkeit bewerkstelligt zu haben. Durch den Bericht von Forschungsergebnissen hoffe ich jedoch zeigen zu können, daß bereits heute mindestens einige der Präskriptionen realisierbar sind. I I I . Definition der fortzubildenden Grundgesamtheit Die Definition der Grundgesamtheit derjenigen Personen, die fortgebildet werden sollen, bestimmt i n nicht unbeträchtlicher Weise den Fortbildungsbedarf: m i t der Definition der Gesamtheit von Menschen sind deren „Ist"-Fähigkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeben (ob man diese zuverlässig erfassen kann, ist ein anderes, später zu behandelndes Problem); die „Soll"-Fähigkeiten kann man nicht ohne Rücksicht auf die Menschen, von denen man diese Fähigkeiten erwartet, festlegen; die Lücke zwischen Soll- und Ist-Fähigkeiten jedoch hatten w i r als Fortbildungsbedarf definiert. 2 Benjamin Bloom: Taxonomie v o n Lernzielen i m kognitiven Bereich, Weinheim/Basel 1972.

E r m i t t l u n g des Fortbildungsbedarfs des höheren Verwaltungsdienstes 127

Die fortzubildende Grundgesamtheit sollte deshalb einerseits so definiert werden, daß die Lücke zwischen gewünschten und tatsächlichen Fähigkeiten durch machbare Fortbildungsveranstaltungen geschlossen werden kann, andererseits aber auch so, daß die Nebenwirkungen der Fortbildung optimiert werden. Als ihre bedeutsamste Nebenwirkung betrachte ich den Sozialisationseffekt (womit nicht gesagt sein soll, daß dieser unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum Hauptzweck der Fortbildung werden könnte): durch eine gemeinsame Fortbildung kann ein gemeinsamer Korpsgeist bei den Teilnehmern erzeugt werden. Je enger man die Grundgesamtheit definiert, desto größeren Kastengeist w i r d man innerhalb des Staatsdienstes hervorrufen; je weiter man die Grundgesamtheit definiert, desto stärker w i r d man zur Vereinheitlichung und Integration beitragen, auf desto größere Unterschiede bei den vorhandenen Fähigkeiten w i r d man aber auch stoßen (diese erschweren natürlich eine gemeinsame Fortbildung). Der Veranstalter dieser Tagung hat die Grundgesamtheit in zweifacher Hinsicht abgegrenzt, in „Höheren Dienst" und als „Verwaltungsdienst". Festzustellen, welcher Bedienstete der öffentlichen Hand dem höheren Dienst angehört, bereitet keine Schwierigkeiten. Kritisch ist jedoch zu fragen, ob man die ohnehin schon schwer zu überwindenden Gräben zwischen den verschiedenen Laufbahngruppen dadurch weiter vertiefen w i l l , daß man ihre Angehörigen je getrennt fortbildet. Die Entscheidung könnte unter anderem davon abhängig gemacht werden, wie groß die Unterschiede zwischen den Arbeitsanforderungen des höheren und des gehobenen Dienstes heute sind. Wenn sie gering oder vielleicht gar nicht existent wären, dann wäre zweifellos eine je getrennte Ausbildung nicht gerechtfertigt. Wenn sie groß sind, dann müßte gefragt werden, wodurch dies verursacht ist; ob man durch gemeinsame Fortbildung die Unterschiede der Arbeitsanforderungen verringern könnte und welche Folgen dies für die öffentliche Verwaltung hätte. Die Frage nach der Funktion von Hierarchien spielt hierbei eine wichtige Rolle. Untersuchungen der hier skizzierten Art, die sich auf die gesamte Verwaltung beziehen, gibt es — soweit ich sehe — noch nicht. Die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts hat allerdings auf einem Teilgebiet ein Projekt durchführen lassen3. „Die Untersuchung ,Arbeitsplatzstruktur und Laufbahnreform i m öffentlichen Dienst' hat gezeigt, daß i n einzelnen der untersuchten Bereiche nur 3 Studienkommission f ü r die Reform des öffentlichen Dienstrechts: Bericht der Kommission, Baden-Baden 1973, S. 176 ff.; v. Behr und Schultz-Wild: A r beitsplatzstruktur und Laufbahnreform i m öffentlichen Dienst. Empirische Untersuchung zur Gruppierung von Arbeitsplätzen und Karrieremöglichkeiten des Personals i n Betriebs- und Verwaltungsbereichen, Anlageband 9, BadenBaden 1973.

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geringe Differenzen i n den Anforderungen der oberhalb und unterhalb der Laufbahngruppengrenzen liegenden Dienstposten bestehen 4 ." Wenn diese Ergebnisse Allgemeingültigkeit besäßen, wäre eine getrennte Fortbildung für den gehobenen und höheren Dienst nicht gerechtfertigt. Die untersuchten Bereiche dürften jedoch nicht den gesamten öffentlichen Dienst repräsentieren 5 , außerdem sind die angewandten Methoden reichlich dubios, so daß man aus der Studie vor allem die Notwendigkeit weiterer empirischer Untersuchungen dieses Problems entnehmen sollte. Die andere Hinsicht, unter welcher die Grundgesamtheit der Fortzubildenden vom Veranstalter dieser Tagung abgegrenzt ist, besteht darin, daß sie den Verwaltungsdienst umfassen soll. Der Bundesgesetzgeber bestimmt i m Beamtenrechtsrahmengesetz 6 und i m Bundesbeamtengesetz Laufbahnen und Dienste bekanntlich durch die Ausbildung der zugelassenen Laufbahnbewerber, den allgemeinen Verwaltungsdienst ζ. B. durch die juristische sowie wirtschafts-, finanzund sozialwissenschaftliche 7 , die Fachdienste durch sogenannte Fachbildungen 8 (als ob die juristische oder wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung nicht auch Fachausbildungen wären). Die Angehörigen des einen Dienstes werden bekanntlich auch Generalisten genannt, die Angehörigen aller anderen Dienste Spezialisten. Für die Ermittlung des Fortbildungsbedarfs entsteht hieraus das gravierende Problem, ob man die sogenannten Generalisten und die sogenannten Spezialisten als je verschiedene Gruppen ansehen soll, die auch verschieden fortzubilden sind, oder als eine Gruppe, die gemeinsam fortzubilden ist. Die Entscheidung muß wiederum auf Grund der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Arbeitsanforderungen sowie der Ziele der Fortbildung getroffen werden. Uber entsprechende Untersuchungen werde ich i m nächsten Punkt berichten.

IV. Die „Soll"-Fähigkeiten Wenn man die Gesamtheit der Personen, die fortgebildet werden sollen, definiert hat, besteht der nächste Schritt zur Ermittlung des Fortbildungsbedarfs darin, diejenigen Fähigkeiten zu benennen, welche jene Personen haben sollten. Da es sich auf jeden Fall — wie auch immer die Grundgesamtheit sonst abgegrenzt w i r d — um berufstätige Men4

Studienkommission . . . , S. 180 f. Ebenda, S. 200 f. § 11, Abs. 1 Gesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechtes (Beamtenrechtsrahmengesetz — BRRG). 7 § 19, Abs. 2 Bundesbeamtengesetz (BBG). 8 § 20, Abs. 1 BBG. 5

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sehen handelt, liegt es nahe zu postulieren, daß sie diejenigen Fähigkeiten besitzen sollten, die i m Berufssystem vom Arbeitenden vernünftigerweise heute und i n Zukunft gefordert werden. Dieses Postulat enthält einige Schwierigkeiten: 1. Welche Anforderungen werden i m Berufssystem denn überhaupt gestellt? 2. Welche der tatsächlich gestellten Anforderungen sind vernünftig und zukunftsträchtig? 3. Verkrüppelt die Erfüllung auch der vernünftigen Anforderungen des Berufssystems den Menschen nicht derart, daß eine Vorbereitung auf diese Anforderungen m i t dem der heutigen westlichen Pädagogik inhärenten Prinzip i n Konflikt gerät, den Auszubildenden i n den Stand zu setzen, sich selbst zu verwirklichen? Gehen w i r diese Fragen i m einzelnen durch: 1. Welche Anforderungen werden i m Berufssystem, hier speziell i m höheren Verwaltungsdienst, denn überhaupt gestellt? Alle, die über dies Problem reden, sind sich darüber einig, daß es nur durch systematische Analysen von Arbeitsplätzen und Tätigkeitsfeldern gelöst werden kann 9 . Arbeitsanalysen sehen sich zwei Schwierigkieten gegenüber, die als t r i v i a l empfunden werden, die aber schwer zu überwinden sind: Jede Arbeit findet i n der Zeit statt, der menschliche Intellekt kann aber kontinuierliche Abläufe nur dadurch erfassen, daß er diese i n statische Einheiten zerlegt, die er sich wiederum aneinandergereiht denkt, ganz ähnlich, wie eine Filmkamera Abläufe i n einzelne Momentaufnahmen zerlegt und diese hintereinanderreiht. Zwei Kriterien sind bis heute bekannt, nach denen man kontinuierliche Arbeit i n voneinander verschiedene Arbeitseinheiten zerlegen kann 1 0 : a) Die Einteilung der Zeitinstrumente, also Sekunden, Minuten, Stunden, Tage Monate, Jahre. Wenn man so vorgeht, dann fragt man, welche Arbeitsanforderungen während einer solchen Zeiteinheit an den Arbeitenden gestellt worden sind. b) Das sachliche Problem, dessen Lösung die Arbeitseinheit dient, also ζ. B. das Problem, einen Referenten für eine Fortbildungstagung zu gewinnen. Diese Einteilung ist vorzuziehen, weil sie zusammengehörende Einheiten als zusamengehörig darstellt. Sie ist allerdings sehr aufwendig, weil die Arbeit i n sehr viele solcher Einheiten zerfällt. 9

Siehe als neuesten Beleg: Studienkommission . . S . 218 - 221; sowie Triebe, Fischer u n d Ulich A u s w a h l von Bewerbern f ü r den öffentlichen Dienst, A n lageband 10, Baden-Baden 1973. 10 Als Überblick über die bisherigen Lösungsversuche s. Gerhard B r i n k mann u n d Wolf gang Rippe: Die Erfassung der Leistungsansprüche an F ü h rungskräfte der Wirtschaft, Köln/Opladen 1969. 9

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Größere Zeitabschnitte, etwa ein Monat oder gar ein Jahr, können deshalb vom Arbeitenden i n der Rückschau nicht mehr zuverlässig überblickt werden. Die Arbeitsanalyse muß sich deshalb der Beobachtung oder Selbstbeobachtung bedienen. Punktuelle Befragungen, die dazu noch häufig nicht einmal den Zeitraum angegeben, dessen Arbeitsanforderungen erhoben werden sollen, müssen aus dem angegebenen Grunde prinzipiell als unzuverlässig angesehen werden. Das zweite Problem, dem die Arbeitsanalyse sich gegenübersieht, ist ebenfalls leicht darstellbar, aber schwer zu lösen: jede sachliche Arbeitseinheit weist außerordentlich viele Anforderungsdimensionen auf, zu deren Erfassung allgemein akzeptierte Kategorienschemata bis heute noch nicht bestehen. I n der einzigen m i r bekannten systematischen empirischen Untersuchung der Leistungsanforderungen an den höheren Verwaltungsdienst 1 1 sind drei Hauptgruppen solcher Kategorien angewandt worden: Sachgebiete auf denen die höheren Beamten und Angestellten arbeiten; Formale Anforderungen, die w i r als das Absolvieren der logischen Phasen eines Entscheidungsprozesses und als Planen definiert haben; Kommunikation m i t anderen Menschen. Jede Hauptkategorie ist i n sich vielfältig unterteilt worden, insgesamt umfaßt das Beobachtungsschema rund 370 Begriffe, mit denen eine A r beitseinheit beschrieben werden kann 1 2 . Dieses Instrument haben w i r i n einer Untersuchung von knapp 2 000 Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes des Bundes, des Landes NRW und der Kommunen dieses Landes eingesetzt. Den Verwaltungsdienst haben w i r dabei definiert als alle Behörden, die nicht Gerichte, Schulen, wissenschaftliche Einrichtungen, Streitkräfte, Geheimdienste und ähnliches sind 1 3 . Was die Sachgebiete 14 angeht, auf denen die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes arbeiten, so zerfallen diese deutlich i n zwei Gruppen. M i t der ersten Gruppe von Sachgebieten beschäftigen sich nur diejenigen Beamten und Angestellten, denen dieses Gebiet formell übertragen worden ist, alle anderen aber so gut wie gar nicht. M i t der zweiten Gruppe von Sachgebieten beschäftigen sich wenigstens gelegentlich auch diejenigen, denen diese Gebiete nicht übertragen worden sind. 11 Gerhard B r i n k m a n n , Wolfgang Pippke u n d Wolfgang Rippe: Die T ä t i g keitsfelder des höheren Verwaltungsdienstes — Arbeitsansprüche, A u s b i l dungserfordernisse, Personalbedarf —, Opladen 1973. 12 Siehe dazu das Selbstbeobachtungsschema, i n : G. Brinkmann, W. Rippe, W. Pippke . . . , S. 491 ff. 13 Ebenda, S. 44 ff. 14 Ebenda, S. 71 ff.

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Zu der ersten Gruppe, den funktionsspezifischen Gebieten gehören: Bauwesen, Technik, Ordnungsverwaltung, Bildungswesen, Sozialwesen, Steuern, Wissenschaft, Auswärtige Angelegenheiten, Militärische Angelegenheiten, Familie, Sport, öffentliche Einrichtungen, Rechtswesen, Schutz und Sicherheit. Zu der zweiten Gruppe, den funktionsüberschreitenden Gebieten, gehören: Organisation, Personal, Einzelwirtschaftliche Angelegenheiten, Haushalt und Finanzen, Gesamtwirtschaftliche Fragen, vor allem Strukturprobleme, öffentliches Recht. Diese Gebiete sind — außer „öffentliches Recht" — selbstverständlich wie die anderen eben genannten funktionsspezifischen auch bestimmten Beamten als Hauptaufgabe übertragen worden, und diese beschäftigen sich deshalb sehr häufig mit jenen Gebieten. Entscheidend ist jedoch, daß auch alle anderen Beamten relativ häufig m i t solchen Anforderungen konfrontiert werden, wenn auch weniger häufig als die formell m i t ihnen beauftragten. Wenn w i r diese Ergebnisse auf den Gegensatz von Generalisten und Spezialisten übertragen, der i n den bisherigen Erörterungen dieser Tagung eine gewisse Rolle gespielt hat, dann lauten sie: jeder höhere Beamte ist Spezialist insofern, als er mit einem Sachgebiet sich sehr häufig zu beschäftigen hat, das außer i h m nur noch wenige derart häufig bearbeiten; jeder höhere Beamte ist gleichzeitig auch Generalist insofern, als er sich gelegentlich Wissensanforderungen konfrontiert sieht, denen alle anderen auch ausgesetzt werden. Was die formalen Anforderungen angeht 15 , so sind alle höheren Beamten und Angestellten zwar i n der Regel um so häufiger m i t dem A b solvieren von Entscheidungsprozessen beschäftigt, je höher sie i n der Hierarchie ihrer Behörde stehen. Aber auch die Referenten und Hilfsreferenten absolvieren derart häufig alle Phasen von Entscheidungsprozessen, daß es nicht gerechtfertigt wäre zu behaupten, dies sei eine spezifische Anforderungsart der höchsten hierarchischen Ränge. Vielmehr sind auch die formalen Anforderungen funktionsüberschreitend. I n bezug auf sie ist also jeder Angehörige des höheren Verwaltungsdienstes Generalist. Was die Kommunikationsstruktur i m höheren Verwaltungsdienst angeht 1 6 , so zeichnet sie sich durch einen überraschend hohen Anteil der Gespräche an allen Kommunikationsarten aus, etwa die Hälfte aller Kommunikationen entfällt auf diese Technik, etwa 20 % auf Schreiben. Bei 15 16

9*

Loc. cit., S. 269 ff. Loc. cit., S. 145 ff.

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den innerbehördlichen Kontakten bevorzugen alle Beamte ganz deutlich Partner der eigenen Ausbildung vor Partnern m i t anderen Ausbildungen, selbst wenn diese auf dem gleichen Gebiet wie sie selber arbeiten. Diese Ergebnisse werden zwar teilweise durch die Eigenschaften der Behörden, denen die Untersuchten angehören, sowie durch ihre persönlichen Merkmale differenziert, an der Gültigkeit der allgemeinen Aussage für den gesamten höheren Verwaltungsdienst ändert das jedoch nichts. 2. Welche der tatsächlich gestellten Anforderungen sind vernünftig und zukunftsträchtig? Natürlich können die referierten Anforderungen nicht unbesehen als Soll-Anforderungen interpretiert werden, denen die Fähigkeiten der höheren Beamten und Angestellten entsprechen müßten. Dies kann nur gefordert werden, wenn die tatsächlichen Anforderungen vernünftig und zukunftsträchtig sind. Ich sehe drei Kriterien der Vernünftigkeit und der Zukunftsträchtigkeit, nach denen tatsächliche Arbeitsanforderungen i n der öffentlichen Verwaltung geprüft werden müssen: a) Die Konformität der Anforderungen m i t den Aufgaben der öffentlichen Hand. Es w i r d kaum zu bezweifeln sein, daß die öffentliche Verwaltung alle genannten Funktionen heute und auch i n Zukunft erfüllen muß. Unlösbar nach dem heutigen Stand des Wissens ist jedoch die Frage, die für die Ermittlung des Fortbildungsbedarfs ebenfalls wichtig ist, wenn auch viel wichtiger für den Vorbildungsbedarf, wieviele Personen für jene Funktionen eingesetzt werden müssen 17 . b) Die innerbetriebliche Effektivität der öffentlichen Verwaltung. Unter diesem Interesse kann man die Frage stellen, ob der vorgefundene, eben referierte Grad der Arbeitsteilung als effektiv anzusehen ist. Zunächst einige ganz kurze Begriffsbestimmungen 18 . Ich unterscheide „soziale Arbeitsteilung" und „Arbeitszerlegung". Unter „sozialer A r beitsteilung" verstehe ich die Differenzierung der Mitglieder einer Gesellschaft i n verschiedene Tätigkeits- oder Berufsfelder, unter „Arbeitszerlegung" die Aufspaltung eines einheitlichen Arbeitsprozesses i n seine Elemente und die Verteilung der Elemente auf verschiedene Personen. Die referierten Ergebnisse besagen einerseits, daß i m öffentlichen Dienst eine soziale Arbeitsteilung stattgefunden hat: er besteht aus mehreren, 17

Loc. cit., S. 395 ff. Siehe dazu ausführlicher: Horst Schwarz: Arbeitsteilung, i n : Handwörterbuch der Organisation, Stuttgart 1969, Sp. 154 - 161. Ralf Dahrendorf: Arbeitsteilung (I), Soziologische Betrachtung, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften 12, Stuttgart/Tübingen/Göttingen 1965, S. 512-517. K a r l Brandt: A r beitsteilung (II), Wirtschaftliche Bedeutung, i n HdSW 12, S. 517-523. René K ö n i g : Arbeitsteilung, i n : ders. (Hrsg.), Soziologie, Fischer-Lexikon (10), F r a n k f u r t 1967, S. 31 - 41. 18

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relativ streng voneinander getrennten Tätigkeitsfeldern; die Ergebnisse besagen andererseits, daß die Arbeitszerlegung nicht allzuweit fortgeschritten ist: Planen und Entscheiden sind nicht auf je verschiedene Personen verteilt, sondern bei jedem Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes vereinigt. Die Frage, ob diese A r t von Arbeitsteilung und Arbeitsvereinigung effektiv ist, läßt sich exakt nicht beantworten, da w i r keine scharfen Kriterien der Effektivität von Verwaltung besitzen, weder i m öffentlichen Bereich noch i n demjenigen privater Wirtschaftsunternehmen. Einige Hinweise kann man aber doch geben: es dürfte eine Vorbedingung für Effektivität der Verwaltung sein, daß jeder Verwaltungsangehörige Spezialist auf einem Tätigkeitsgebiet ist. Es dürfte ebenfalls eine Vorbedingung für Effektivität sein, daß jeder Beamte gelegentlich Anforderungen zu erfüllen hat, welche dazu dienen, die Organisation am Leben zu erhalten, wie etwa Organisations- und Personalprobleme, denn eine Organisation kann nur überleben, wenn alle ihre Mitglieder sich um sie kümmern. Aus demselben Grunde dürfte es auch eine Vorbedingung für Effektivität sein, daß alle höheren Angestellten und Beamten an Entscheidungsprozessen und Planung beteiligt sind. Daß bei den Kommunikationsprozessen Partner der gleichen Ausbildung sehr stark bevorzugt werden, dürfte dagegen sehr uneffektiv sein, weil die komplexen Probleme der öffentlichen Verwaltung durch das Zusammenwirken von Fachleuten verschiedener Ausbildung besser zu lösen sein dürften, als wenn nur Juristen oder nur Diplom-Ingenieure sich einer bestimmten Aufgabe widmen. c) Die Menschlichkeit der Arbeitsbedingungen (drittes K r i t e r i u m für Vernünftigkeit und Zukunftsträchtigkeit). Diese Forderung hat selbstverständlich sehr viele Dimensionen, von denen ich hier nur eine erwähnen kann: die Menschlichkeit der Arbeitsbedingungen ist um so kleiner, je größer die Arbeitsteilung i m Sinne der Arbeitszerlegung 19 ist. Die eben referierten Untersuchungsergebnisse zeigen, daß die Arbeitsteilung i m Sinne der Arbeitszerlegung innerhalb des höheren Verwaltungsdienstes nicht allzu groß ist. Insofern herrschen dort menschliche Arbeitsbedingungen. Nun könnte man allerdings — etwa mit dem jungen Marx der Pariser Manuskripte — der Ansicht sein, daß auch die soziale Arbeitsteilung inhuman sei. So wie bereits der Marx des „Kapitals" diese These nicht mehr vertritt, hat sich seit Emile Durkheim allgemein die Anschauung durchgesetzt, daß erst durch soziale Arbeitsteilung eine Gruppe von Menschen Gesellschaft wird, daß also soziale 19 I n klassischer Weise hat K a r l M a r x die inhumanen Folgen einer zu w e i t getriebenen Arbeitszerlegung geschildert. Vgl. K a r l M a r x , Das Kapital, 1. Bd., (Berlin-Ost) 1962, S. 381, S. 445.

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Arbeitsteilung nicht nur unvermeidlich, sondern auch wünschenswert ist 2 0 . M i t dieser letzten Bemerkung habe ich bereits das dritte K r i t e r i u m tangiert, dem die „Ist"-Anforderungen genügen müssen, wenn man sie als „Soll"-Anforderungen interpretieren w i l l : 3. W i r d der Arbeitende durch die Erfüllung der Berufsanforderungen nicht verkrüppelt? Wenn behauptet wird, daß der Beruf dies grundsätzlich bewirke, dann steht dahinter ein dualistisches Weltbild, das ich nicht teile. Der Mensch hat ein Bedürfnis auch nach sinnvoller Arbeit, und wenn i h m das Berufssystem solche abverlangt, dann ist das ein großer Beitrag zu einem menschenwürdigen Leben. Wenn behauptet wird, daß jede Berufstätigkeit innerhalb eines kapitalistischen Wirtschaftssystems den Menschen an seiner Selbstverwirklichung hindere, dann steht dahinter die monomanische Auffassung, alle Übel der Welt seien von einer einzigen Ursache bewirkt worden, dem Privateigentum an Produktionsmitteln, eine Auffassung, die — wie alle anderen monokausalen Erklärungsversuche sozialer Phänomene auch — einer ernsthaften Prüfung nicht standhält. Gestatten Sie mir, das wichtige Problem der Emanzipation i m Berufsleben, das an anderer Stelle dieser Tagung i m Zentrum der Erörterungen gestanden hat, m i t diesen wenigen feuilletonistischen Bemerkungen auf sich beruhen zu lassen. Ich fasse die Ergebnisse des Punktes I V zusammen: Die Fähigkeiten, die ein Angehöriger des höheren Verwaltungsdienstes haben sollte, können folgendermaßen beschrieben werden: er sollte die funktionsspezifischen Wissensanforderungen seiner Aufgabe erfüllen können (Beispiele habe ich genannt) ; er sollte Entscheidungs- und Planungsprozesse absolvieren können; er sollte m i t Beamten anderer Fachrichtung kommunizieren können.

V. Die tatsächlichen Fähigkeiten Wenn man die „Soll"-Fähigkeiten festgelegt hat, besteht der dritte Schritt zur Bestimmung des Fortbildungsbedarfs darin, die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes daraufhin zu prüfen, ob und wieweit ihre tatsächlichen Fähigkeiten m i t den gewünschten übereinstimmen.

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Vgl. dazu Ralf Dahrendorf, loc. cit., u n d René König, loc. cit.

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A m besten geschähe dies, indem man jede Person einem individuellen Test unterzöge 21 . Solche Tests stehen heute nicht zur Verfügung. Solange dieser Mangel noch nicht behoben ist, besteht die zweitbeste Methode darin, die Lernziele der formalisierten Ausbildung, welche die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes absolviert haben, als ihre aktuellen Fähigkeiten anzusehen. Beispielsweise also w i r d man annehmen, daß ein Jurist diejenigen Fähigkeiten sich erworben hat, die die juristische Ausbildung auf der Universität als Lernziele definiert. Diese Methode unterschlägt natürlich die Fähigkeiten, die jemand i m Beruf erlernt hat, ebenso wie die Möglichkeit, daß er von seinem Universitätswissen viel vergessen oder daß er die Lernziele der Universitätsausbildung überhaupt nicht erreicht hat. Ein anderer Ausweg scheint aber nicht gangbar zu sein, außer man entwickelt die benötigten Tests. VI. Vergleich der „Ist"- mit den „Soll"-Fähigkeiten Wenn man nun die Lernziele der Ausbildungen, welche die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes absolviert haben (ich beschränke mich dabei auf Akademiker), m i t den von ihnen vernünftigerweise geforderten Fähigkeiten vergleicht, dann kann man folgendes feststellen: Die Fähigkeit zu interdisziplinärer Kommunikation w i r d von keiner universitären Ausbildungsrichtung vermittelt; es ist i m Gegenteil damit zu rechnen, daß die Ausbildung die Kommunikationsinteressen der Studenten und Akademiker auf Partner m i t gleicher Ausbildung lenkt. Die esoterischen Fachsprachen und der fehlende Kontakt der Universitätsfächer und ihrer Vertreter untereinander dürften wenigstens zum Teil die Ursachen für dieses Phänomen sein. Die mangelnde Bereitschaft zur interdisziplinären Kommunikation erklärt — wiederum wenigstens zum Teil — deren schwache Entwicklung i m höheren Verwaltungsdienst. Die Fähigkeit zum Absolvieren von Planungs- und Entscheidungsprozessen w i r d erst i n neuester Zeit durch Universitätsausbildung zu vermitteln versucht. Ihre Erfolge sind bis heute ungewiß. Die Aussage scheint m i r berechtigt, daß auch auf diesem Gebiet, sowohl bei den älteren wie auch den jüngeren Mitgliedern des höheren Verwaltungsdienstes eine große Lücke zwischen aktuellen und benötigten Fähigkeiten besteht. Die funktionsüberschreitenden Wissenanforderungen (Organisation, Personal, einzelwirtschaftliche Probleme der Verwaltung, Haushalt und Finanzen, Wirtschaftsstruktur) werden zwar i n einzelnen Universitätscurricula je einzeln vermittelt, i m Fach „Finanzwissenschaft" ζ. B. ge21

Auch die Studienkommission zur Reform des öffentlichen Dienstrechtes erhebt diese Forderung. Vgl. Bericht der Kommisson, Baden-Baden 1973, S. 207 f.

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hört das Gebiet des Haushaltswesens zum Lehrstoff, aber die Gesamtheit dieser Anforderungen ist i n keinem heute existierenden Universitätscurriculum enthalten. Man w i r d deshalb sagen können, daß auch i n dieser Hinsicht eine große Diskrepanz zwischen nötigen und tatsächlichen Fähigkeiten besteht. Auf die funktionsspezifischen Wissensanforderungen sind die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes je nach Vorbildung verschieden gut vorgebildet: ein Diplom-Ingenieur des Bauwesens ζ. B., der i n der Bauverwaltung arbeitet; ein Diplom-Volkswirt, der in der Abteilung Geld und Kredit des Wirtschaftsministeriums arbeitet; ein Diplom-Physiker, spezialisiert auf Atomphysik, der i m Technologie- Ministerium die Entwicklung von schnellen Brütern verwaltet; ein Jurist, der i n der Rechtsabteilung arbeitet: diese Beamten werden durch ihr Studium wenigstens einige der funktionsspezifischen Fähigkeiten erlernt haben, die i n ihrer Position von ihnen gefordert werden. Für viele der Tätigkeitsgebiete, die ich genannt habe, gibt es jedoch noch keine spezifische akademische Ausbildung, etwa für Steuern, für Sozialwesen, für Bildungswesen und andere mehr. Man w i r d deshalb annehmen müssen, daß auf ihnen eine Diskrepanz zwischen aktuellen und notwendigen Fähigkeiten besteht. V I I . Entscheidung über die durch Fortbildung zu generierenden Fähigkeiten Wenn w i r diese Fallsammlung von Deckungsgleichheiten und Diskrepanzen, wie es einem methodologischen Vortrag geziemt, ins Allgemeine wenden, dann müssen w i r sagen: die Lücke zwischen aktuellen und gewünschten Fähigkeiten ist i m höheren Verwaltungsdienst so groß, daß ihre Schließung lange Zeit brauchte. Da die Mittel knapp sind, werden die Fortbildungskurse so kurz sein, daß man i n je einem von ihnen nur einige wenige Fähigkeiten vermitteln kann. Es muß deshalb ein Prioritätenkatalog der fehlenden und zu vermittelnden Fähigkeiten aufgestellt werden. Dafür kann man nur einige methodologische Leerformeln angeben: diejenigen Fähigkeiten sollten zuerst vermittelt werden, deren Fehlen den größten Schaden verursacht. Da dieser nicht zu messen ist, w i r d man zu Hilfsmaßnahmen seine Zuflucht nehmen müssen. Ich möchte vermuten, daß durch „learning on the job" die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes die funktionsspezifischen Anforderungen ihrer Stelle gut gelernt haben oder lernen werden, weil diese relativ präzise sein dürften und i m Vordergrund des Interesses stehen. Ich möchte weiter vermuten, daß die funktionsüberschreitenden Wissensanforderungen,

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Planen und Entscheiden sowie interdisziplinäre Kommunikation, weniger gut i m Beruf gelernt werden, weil sie diffuser und insgesamt auch wissenschaftlich noch nicht so gut aufgearbeitet sind wie die übrigen Anforderungen. M i r scheint deshalb, daß die eben genannten Gebiete einen Hauptgegenstand der Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes darstellen sollten: Beamte verschiedener Ausbildung sollten gemeinsam die funktionsüberschreitenden Wissensanforderungen erlernen, und zwar unter der Rücksicht, daß sie Planungs- und Entscheidungsprozesse auf diesen Gebieten gemeinsam absolvieren können. Wenn dies geschehen ist, könnte man auch daran gehen, die Lücken i n den funktionsspezifischen Fähigkeiten durch Fortbildung zu schließen. Zu solchen Veranstaltungen dürften nur die aktuellen oder zukünftigen Inhaber bestimmter Funktionen eingeladen werden. V I I I . Die Stellung der Fortbildung in einem rationalen Bildungssystem Eine rationale Bildungspolitik muß berufsvorbereitende Ausbildung und berufsbegleitende Ausbildung gemeinsam planen und strukturieren. Die i m Vorhergehenden genannten Vorschläge beruhen auf der Tatsache, daß dies bisher nicht geschehen ist. Sie sind deshalb nur geeignet, die gröbsten Diskrepanzen zwischen den aktuellen und den benötigten Fähigkeiten zu schließen; eine rationale Bildungspolitik für den höheren Verwaltungsdienst müßte aufgrund unserer empirischen Untersuchung folgendermaßen aussehen: Der höhere Verwaltungsdienst besteht aus verschiedenen Tätigkeitsfeldern, die relativ getrennt voneinander sind, dergestalt, daß Personen, denen ein solches Tätigkeitsfeld nicht zugewiesen worden ist, auch selten auf ihm arbeiten. Die meisten dieser Tätigkeitsfelder sind bis heute noch nicht professionalisiert, sollten es aber i n Zukunft sein, d. h. es sollten spezialisierte Ausbildungen für sie bestehen und sie sollten dann auch m i t Absolventen jener Ausbildungen besetzt werden. Alle Beamten werden — unabhängig von dem speziellen Tätigkeitsgebiet, das ihnen formell zugewiesen worden ist — auch m i t Anforderungen konfrontiert, die auf sämtlichen Tätigkeitsgebieten vorkommen. Diese Fähigkeiten sollten nach der spezialisierten Ausbildung unmittelbar vor dem Eintritt i n den höheren Verwaltungsdienst durch Ausbildung generiert werden, und zwar i n interdisziplinär zusammengesetzten Gruppen. Das heutige Referendariat könnte dadurch ersetzt werden. Die notwendige Einheit des höheren Verwaltungsdienstes würde dadurch besser garantiert als heute.

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Die Fortbildung hätte i n einem solchen System die Aufgabe, die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes auf die sich wandelnden Aufgaben einzustellen oder ihnen den Ubergang von einem zu einem anderen Tätigkeitsgebiet zu ermöglichen. Außerdem könnte sie solche Fähigkeiten vermitteln, die auch innerhalb eines bestimmten Tätigkeitsfeldes höchst speziell sind und deshalb durch berufsvorbereitende Ausbildung nicht erzeugt werden können.

Aussprache zum Referat von Gerhard Brinkmann Bericht von Jürgen Kalitzky Die Aussprache wurde von Prof. Dr. Eichhorn, Speyer, geleitet. I m Mittelpunkt der Diskussion standen die Themenkreise „Interdisziplinäre Kommunikation" (I) und „Funktion des Rechts sowie der Stellung der Juristen/Nichtjuristen i n der öffentlichen Verwaltung" (II); daneben wurden die Frage einer „spezialisierten Ausbildung für Teil-Tätigkeitsfelder der öffentlichen Verwaltung" (III), das Problem „Generalist — Spezialist" (IV), „Wünschbarkeit einer über die Anforderungen des A r beitsplatzes hinausgehenden höheren Qualifikation des einzelnen Bediensteten" (V) und „Nützlichkeit des Begriffes ,Führungswissen' " (VI) erörtert. I. Brinkmann hob hervor, daß die Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes die Fähigkeit zur interdisziplinären Kommunikation besitzen müßten. Denn die der Verwaltung gestellten Aufgaben und Probleme seien häufig so komplex, daß sie i m Hinblick auf die Effektivität des Verwaltungshandelns nur gemeinsam durch Angehörige verschiedener Fachdisziplinen gelöst werden könnten. Interdisziplinäre Kommunikation bedeute zunächst einmal das Gespräch zwischen Personen verschiedener Ausbildung, beispielsweise zwischen einem Juristen und einem Diplom-Ingenieur. Die Notwendigkeit der interdisziplinären Kommunikation verdeutlichte Brinkmann an einem Fall der Kommunalaufsicht, die beim Regierungspräsidenten liegt: Der Regierungspräsident hatte zu entscheiden, ob eine bestimmte Stadt beim Bau eines Messegebäudes gegen Auflagen verstoßen habe und ob deshalb entsprechende Schritte gegen diese Stadt oder einzelne Bedienstete einzuleiten seien. Bei der Entscheidungsfindung stellten sich technische, wirtschaftliche und juristische Probleme. Es mußte geprüft werden, ob die Behauptung der Stadt zutraf, daß bestimmte bautechnische Anforderungen und damit verbundene Kosten nicht vorhersehrbar gewesen seien. Es stellte sich weiter die Frage, ob die Behauptung der Stadt, sie habe über den Bau des Messegebäudes sehr schnell entscheiden müssen, weil sonst verschiedene — wirtschaftlich sehr

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Aussprache

interessante — Messen i n anderen Städten veranstaltet worden wären, zutraf. Schließlich stellte sich das juristische Problem, ob die von der Stadt vorgetragenen Gründe den Verstoß gegen die Auflagen rechtfertigten. Die aufgezeigten Probleme konnten nur durch sehr starke Kommunikation zwischen Technikern, Wirtschaftlern und Juristen gelöst werden. Eingehend auf die Frage, inwieweit die interdisziplinäre Komunikation i n der Verwaltung tatsächlich praktiziert werde (wobei er nur solche Behörden, Abteilungen pp. i n Betracht zog, bei denen das Gespräch zwischen Personen unterschiedlicher Ausrichtung — theoretisch — möglich sei), bezog er sich auf die von i h m zusammen m i t Pippke und Rippe („Die Tätigkeitsfelder des höheren Verwaltungsdienstes — Arbeitsansprüche, Ausbildungserfordernisse, Personalbedarf", Opladen 1973) durchgeführten empirischen Untersuchungen. Hierbei habe sich gezeigt, daß Gespräche zwischen Personen gleicher Ausbildung innerhalb derselben Behörde, innerhalb desselben Arbeitsgebietes, sehr viel häufiger geführt würden als Gespräche zwischen Personen verschiedener Ausbildung. Diese Feststellung treffe insbesondere auch auf die Behörde des Regierungspräsidenten zu, bei der wegen der starken Aufgabenbündelung i n weit stärkerem Maß Personen m i t unterschiedlicher Ausbildung vorhanden seien als bei anderen Behörden, wie beispielsweise den M i nisterien. Eine mögliche Ursache dafür, daß unter sonst günstigen äußeren Bedingungen interdisziplinäre Komunikation nicht stattfinde, sah Brinkmann darin, daß man durch die Kommunikation mit einer Person gleicher Ausbildung eine gewisse Belohnung, möglicherweise sogar auch eine gewisse Bestätigung erfahre. Unter Zugrundelegung dieser These bestand für ihn eine Möglichkeit zur Erzeugung der interdisziplinären Kommunikation darin, daß man Personen verschiedener Ausbildung zu gemeinsamen Ausbildungslehrgängen zusammenrufe. Hierdurch würden nämlich dann gewisse gemeinsame Fähigkeiten erzeugt. Praktisch könne man dann i n der Weise vorgehen, daß man den A n gehörigen der verschiedenen Disziplinen die Grundbegriffe der anderen Disziplinen vermittle. Ziel dieser Fortbildung könne es allerdings nicht sein, beispielsweise den Juristen zum kleinen Techniker und den Techniker zum kleinen Juristen zu machen. Die Vermittlung der Grundbegriffe der anderen Disziplin sollte vielmehr genau auf die Kenntnisse zugeschnitten sein, die für die Arbeit tatsächlich gebraucht würden. Die notwendige Wissensvermittlung ließe sich aber auch i n Form von Projekten und Fallstudien betreiben. Es sei jedoch unbedingt erforder-

Aussprache

lieh, daß es sich dabei u m realistische Fallstudien pp. handle. Realistisch insofern, als sie sich an der Wirklichkeit orientierten und auch tatsächlich innerhalb einer Veranstaltung zu verarbeiten seien. Aus diesem Grunde seien insbesondere die Praktiker aus der Verwaltung aufgefordert, den Wissenschaftler auf geeignete Fälle aus der Praxis hinzuweisen. Regierungspräsident Passow, Stade, widersprach den Ausführungen von Brinkmann, soweit sie die interdisziplinäre Komunikation i m Bereich der Behörde des Regierungspräsidenten betrafen. Die Frage, ob eine interdisziplinäre Kommunikation stattfinde oder nicht, sei seiner Meinung nach weniger eine Frage der Fähigkeit hierzu oder der mangelnden Vorbereitung auf eine solche Notwendigkeit, sondern hänge von der Organisation und den der Behörde zugewiesenen Aufgaben ab. Der einer Behörde wie der Bezirksregierung zugewiesene breite Aufgabenbestand zwinge einfach zur täglichen Zusammenarbeit von Angehörigen verschiedener Disziplinen, und er habe dabei keine nennenswerten Kommunikationsschwierigkeiten feststellen können. Ministerialrat Hötsch, Stuttgart, stimmte der Meinung von Passow zu und fügte ergänzend hinzu, daß es interdisziplinäre Kommunikation auch i m Bereich der Ministerien gäbe. Eine Ausnahme bilde wohl nur das Innenministerium, bei dem wegen der Eigenart der Aufgabenstruktur ganz überwiegend Juristen tätig seien. Demgegenüber pflichtete Leitender Regierungsdirektor Dr. Reineke, Hilden, aufgrund eigener Erfahrungen Brinkmann darin bei, daß das Gespräch zwischen Angehörigen verschiedener Disziplinen i m Bereich der Bezirksregierung nur sehr selten sei. Er hob außerdem hervor, daß eine sinnvolle Fortbildung nur betrieben werden könne, wenn die Ursachen der interdisziplinären Kommunikationsschwierigkeiten sehr sorgfältig analysiert würden. Dies sei ein sehr vielschichtiges Problem, das nicht nur den kognitiven, sondern auch den emotionalen Bereich berühre. Für eine gezielte Fortbildung reiche es seiner Meinung nach nicht aus, nur zu wissen, daß beispielsweise Juristen das Gespräch m i t Diplom-Ingenieuren zu vermeiden suchten, weil sie — nach ihrer Meinung — einander nicht verstehen würden. Es sei vielmehr notwendig, daß auch die Gründe für diese Haltung offengelegt würden. Es dürfe auch nicht übersehen werden, daß die Kommunikationsschwierigkeiten sehr häufig von Kompetenzkonflikten überlagert würden. Nach seinen Erfahrungen sei es nicht unbedingt notwendig, besondere Fortbildungsveranstaltungen durchzuführen, i n denen die Grundkenntnisse anderer Disziplinen vermittelt würden. Denn die erforderlichen Kenntnisse würde man sich sehr schnell i n der täglichen Arbeitspraxis („learning on the job") aneignen.

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Aussprache

Professor Dr. Dr. König, Speyer, sah die Ursache für die Kommunikationsschwierigkeiten i n den unterschiedlichen (akademischen) Ausbildungsgängen und den damit verbundenen Denkstrukturen. Die Fähigkeiten zur interdisziplinären Kommunikation würden sich besonders gut bei den von der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer durchgeführten Veranstaltungen i m Ausbildungs- und Fortbildungsbereich erkennen lassen: Bei den von der Hochschule beispielsweise m i t den Hörern durchgeführten Planspielen würden die durch die unterschiedliche Ausbildung begründeten Gegensätze ohne Minderung der Berufserfahrung hart aufeinander treffen. Es sei sehr interessant festzustellen, daß sich dabei häufig zunächst einmal Juristen durchsetzen würden, und zwar deshalb, weil sie aufgrund ihrer Ausbildung gelernt hätten, zu entscheiden. Diese Fähigkeit zur Entscheidung gebe ihnen gegenüber anders Ausgebildeten einen großen Vorsprung. Die Vorrangstellung liege weniger darin begründet, daß für das Planspiel Rechtsnormen von besonderer Bedeutung seien, sondern vielmehr darin, daß Juristen eine ganz bestimmte A r t haben würden, Probleme anzugehen. Und dann stelle sich häufig heraus, daß die anstehenden Probleme nicht mehr allein m i t juristischer Subsumtionstechnik zu lösen seien, weil beispielsweise ökonomischen Gesichtspunkten große Bedeutung zukomme. I n dieser Lage seien die Ökonomen zur Entscheidung aufgerufen. Sie würden nicht selten letztlich doch nur zu gewissen Bandbreiten der Problemlösung finden können. Dies führe dazu, daß sich die Gruppe vielfach sehr gern wieder auf die Meinung des Juristen stütze. I m Bereich der Eingangsstufe des höheren Verwaltungsdienstes w ü r den ebenfalls noch große Probleme bei der interdisziplinären Kommunikation bestehen. Erst bei den Teilnehmern der Führungsseminare seien die durch die Ausbildung bedingten Gegensätze durch langjährige Berufserfahrung abgebaut. Für die Überwindung der kommunikativen Schwierigkeiten ließen sich seiner Meinung nach zwei Wege denken: Man könne einmal versuchen, i n einem strengen intellektuellen, kognitiven Bereich die Kommunikationsstrukturen darzulegen, die beispielsweise einer juristischen oder ökonomischen Entscheidungshandlung zugrunde liegen würden. Wenn sich diese Methode bei diesen beiden Kategorien wahrscheinlich noch relativ leicht anwenden ließe, so sei ein solches Vorgehen hinsichtlich von Entscheidungsfindungen bei soziologischer Vorprägung sicherlich sehr viel komplizierter. Nach dem Aufzeigen der verschiedenen Kommunikationsstrukturen könnte daran gegangen werden, auf sehr abstraktem und sehr theoretischem Niveau eine Brücke zwischen den verschiedenen Disziplinen zu schlagen.

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Diese Lösung würde aber für die Fortbildung nicht i n Betracht kommen, da sie viel zu anspruchsvoll und zeitraubend sei. Die andere, aus didaktischen Erwägungen vorzuziehende Möglichkeit würde darin bestehen, daß die interdisziplinären Kommunikationsschwierigkeiten durch problemorientierte Vermittlungsmethoden, also Fallmethoden, Planspiele, Projektarbeit etc., abgebaut würden. Die Erfahrung habe gezeigt, daß kleine Fallstudien, kleine Projekte ausgesprochen nützlich seien. König hob dabei hervor, daß sich die problemorientierten Vermittlungsmethoden nur i n einem Fortbildungsverbund, wie er von Präsident Dr. Mattern, Bonn, i n seinem Referat „Zentralisierte und dezentralisierte Fortbildung i m öffentlichen Dienst — Konzeptionen i m In- und Ausland" gefordert worden war, verwirklichen ließen. Hierzu sei tatsächlich die Zusammenarbeit aller m i t der Fortbildung befaßten Institutionen erforderlich. Es müsse gelingen, ähnlich wie bei der juristischen Ausbildung, praktische Fälle als Lernmaterial aufzuarbeiten. Die Vereinigten Staaten von Amerika hätten auf diesem Gebiet gegenüber der Bundesrepublik Deutschland einen beträchtlichen Vorsprung. Dort hätten sich beispielsweise wissenschaftliche Einrichtungen zur Erstellung von Fallstudien zusammengeschlossen. König hob ebenso wie Reineke hervor, daß die durch die Ausbildung bedingte kommunikative Differenz sehr häufig von Kompetenzkonflikten überlagert werde. Darüber hinaus komme es nicht selten vor, daß Bedienstete m i t ganz bestimmten fachlichen Ausbildungen auch ganz bestimmte Kompetenzen besitzen würden. Es dürfe jedoch nicht verkannt werden, daß Kompetenzkonflikte genau so häufig zwischen Bediensteten gleicher Ausbildung bestehen würden. Dr. Volk, Berlin, wies darauf hin, daß die mangelnde interdisziplinäre Kommunikation auch emotionale Gründe habe. So könne das Prestige die wesentliche Ursache für das gestörte Verhältnis zwischen Angehörigen verschiedener Disziplinen sein. I n Berlin ließen sich beispielsweise derartige Dinge i m Bereich des Strafvollzuges, der bisher klassischen Domäne für Juristen, beobachten, seitdem immer mehr Ärzte und Psychologen auch i n diesem Bereich eingesetzt würden. Da das gegenseitige Mißtrauen pp. emotionale Ursachen habe, sei es kaum denkbar, daß die auftretenden Gegensätze durch Fortbildungsveranstaltungen abgebaut werden könnten. II. Von Brinkmann, König, Ministerialrat Dr. Siegmund-Schultze, Hannover, und Stadtoberrechtsrat Dr. Beenken, Speyer, wurde übereinstimmend die Meinung vertreten, daß das öffentliche Recht zu den funktions-

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überschreitenden Gebieten gehöre m i t der Folge, daß alle Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes über ausreichende Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügen müßten. Brinkmann ging dann auf Funktion und Bedeutung des Rechts allgemein sowie die Stellung der Juristen/Nichtjuristen i n der öffentlichen Verwaltung ein. Er vertrat die Meinung, daß den Fragen des Rechts entsprechend des i n unserer Verfassung verankerten Rechtsstaatsprinzips besondere Bedeutung zukommen müsse. Dies dürfe aber nicht dazu führen, daß bei der Lösung der der Verwaltung gestellten Aufgaben ausschließlich Rechtsnormen i m Vordergrund stünden, so daß die eigentlichen Sachprobleme dann völlig i n den Hintergrund treten würden. Dieser übertriebene Legalismus sei jedoch, wie empirische Untersuchungen zeigten, sehr häufig in der Verwaltung anzutreffen. Dies hänge damit zusammen, daß die öffentliche Verwaltung seit etwa 150 Jahren von Juristen beherrscht werde. Die gesamte Arbeitsweise der öffentlichen Verwaltung sei deshalb zutiefst von juristischen Kategorien geprägt worden. Juristen seien immer wieder Aufgaben übertragen worden, für die sie von der Ausbildung her gar nicht vorbeitet gewesen seien. Als „Amateure" auf diesen Gebieten sei ihr Handeln dann ausschließlich durch Rechtsnormen bestimmt worden. Ihnen sei dabei zugute gekommen, daß sehr viele Gebiete rechtlich normiert seien. Leitender Regierungsdirektor Reinert, Hamburg, hielt Brinkmann entgegen, daß er ein Zerrbild des Juristen gezeichnet habe und seiner Meinung auch ein anderes Staatsverständnis zugrunde liege, als es sich aus dem Grundgesetz ergebe. Es sei vielmehr so, daß der Jurist, der sich als Verwaltungsbeamter verstehe, sein juristisches Fachwissen i n den Dienst der Verwaltung und ihrer allgemeinen Ziele stelle. Er sei nicht der Mann, der sage, eine bestimmte Sache gehe nicht, weil ihr bestimmte Rechtsnormen entgegenstünden, sondern der erklären würde, es w i r d möglich sein, wenn w i r die Vorschriften i n bestimmter Weise ändern. Reineke hielt es für unzutreffend, nur die Juristen als „Amateure" zu bezeichnen; zumindest seien die Angehörigen aller anderen i n der öffentlichen Verwaltung vertretenen Disziplinen auf ihr Aufgabengebiet von der Ausbildung her nicht besser vorbereitet als Juristen. Außerdem dürfe nicht übersehen werden, daß heute zwischen den einzelnen Disziplinen erbittert um Zuständigkeiten gekämpft werde und die angebliche Vorrangstellung der Juristen immer mehr schwinde. Die M i nisterien seien heute überwiegend Fachbehörden mit der Folge, daß die wichtigen Schlüsselpositionen mit „Fachleuten", d. h. Nichtjuristen besetzt seien.

Aussprache

III. Brinkmann schlug vor, für Teil-Tätigkeitsbereiche der Verwaltung spezielle Ausbildungsgänge durchzuführen, ζ. B. für die Bereiche Steuern und Sozialwesen. Durch solche spezialisierten Ausbildunggänge könnte einerseits die Leistungsfähigkeit der Verwaltung gesteigert werden. A n dererseits dürfe aber nicht verkannt werden, daß bei einer zu engen Abgrenzung der Tätigkeitsfelder die Berufschancen der Absolventen solcher Ausbildungsgänge stark eingegengt würden. Sehr allgemein ausgedrückt sei deshalb zu fordern, daß die Teil-Tätigkeitsfelder derart voneinander abzugrenzen seien, daß die Unterschiede der Arbeitsanforderungen zwischen den Tätigkeitsfeldern maximal und die Unterschiede der Arbeitsanforderungen innerhalb der Tätigkeitsfelder minimal seien. Wenn es gelänge, große Teil-Tätigkeitsfelder zu konstituieren, dann würden diese auch genügend Karrierechancen bieten. Sie würden für den höheren Verwaltungsdienst von A 13 bis zu Β 11 reichen. Er sah die von Ministerialrat Lötz, München, hinsichtlich der spezialisierten Ausbildungsgänge gehegte Befürchtung, daß man von vielem ein bißchen wisse, und daß man die Methoden keiner einzigen Wissensdiszip l i n beherrsche, als grundlos an. Denn seiner Meinung nach seien alle empirischen Wissenschaften bzw. Fachgebiete Mischgebiete, die Informationen über viele Gegenstände aus anderen Gebieten i n sich aufnehmen müßten, wenn sie vernünftig behandelt werden sollten. König wies auf die m i t dem vorgeschlagenen Modell der spezialisierten Ausbildungsgänge verbundene Gefahr einer Expertokratie hin. Der Zug der Zeit gehe zwar zu einer immer größeren Spezialisierung, immer größeren Professionalisierung und immer größeren Differenzierung. Es komme jedoch jetzt darauf an, wieder ein angemessenes Maß zwischen Differenzierung und Integration herzustellen. Diese Integration müsse auch personalmäßig gewährleistet sein. Dies sei nur möglich, wenn die Personalpolitik, d. h. Ausbildungs- und Fortbildungspolitik, sie i m Auge behalte und Personen i n die Lage versetze, Integrationsfunktionen auszuüben. Seiner Meinung nach hätten bisher Juristen diese Integrationsfunktion durchaus erfolgreich ausgeübt. Es sei aber fraglich, ob für die Zukunft dieser eine Zusammenhalt ausreiche. Man könnte daran denken, daß ζ. B. i m Hinblick auf den hohen Stellenwert von Haushalt und Finanzen für die öffentliche Verwaltung Ökonomen eine vergleichbare Integrationsfunktion übernehmen würden. Von Reinert wurde noch einmal auf die große Bedeutung der Integrationsfunktion für die öffentliche Verwaltung hingewiesen. Auch er ver10

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trat die Ansicht, daß die Verwaltung es sich zukünftig nicht mehr leisten könne, daß die Integrationsfunktion überwiegend von Juristen wahrgenommen werde. Es sei vielmehr notwendig, daß Vertreter aller Disziplinen zum Typ des umfassenderen Verwaltungsbeamten ausgebildet würden, möglicherweise i n einem speziellen Aufbaustudium für die Verwaltung. IV. Auf eine entsprechende Frage von Lötz räumte Brinkmann ein, daß die i n seinem Referat verwendete Definition von Generalist und Spezialist nicht ganz m i t der Bestimmung dieser Begriffe übereinstimmte, wie sie i n der Plenumsdiskussion über „Praktische Einschätzung des Fortbildungsbedarfs für den höheren Verwaltungsdienst" vorgenommen worden sei. Er schließe sich aber durchaus jener Definition an, wonach als Spezialist derjenige anzusehen sei, der die Gesichtspunkte einer bestimmten Fachsparte, die i n der Regel — aber nicht notwendig — seinem Ausbildungsgang entspreche, zur Geltung bringe, während als Generalist derjenige zu gelten habe, der über einen bestimmten fachspezifischen Bereich hinaus das Allgemeine zur Geltung zu bringen habe. Er stellte dabei heraus, daß alle Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes i n sich die Fähigkeiten des Spezialisten und Generalisten vereinigen sollten. Siegmund-Schultze vertrat die Ansicht, daß der Jurist aufgrund seiner Ausbildung besonders geeignet sei, i n verschiedenen funktionsspezifischen Bereichen eingesetzt zu werden, also nicht nur während seines ganzen Berufslebens Spezialist auf einem Gebiete zu sein. Denn i n seiner Ausbildung lerne er nicht nur die reine Gesetzessystematik und Rechtsanwendung, sondern auch die dahinter stehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge und Probleme. Seine Ausbildung ermögliche daher den Einsatz i n verschiedenen Aufgabenbereichen und somit zugleich seine Selbstverwirklichung — eine von Ellwein und Brinkmann gestellte Forderung. Dieser Einsatz i n verschiedenen Bereichen der Verwaltung mache ihn deshalb besonders für die Wahrnehmung übergreifender Funktionen geeignet. I n diesem Zusammenhang äußerte er Zweifel an der von Brinkmann/ Pippke/Rippe („Die Tätigkeitsfelder des höheren Verwaltungsdienstes") gewählten Untersuchungsmethode. Denn hiernach würden nur die augenblickliche Tätigkeit des Bediensteten und seine ursprüngliche Ausbildung, nicht jedoch sein Berufsweg erfaßt. Aber gerade der bisherige Berufsweg gebe Aufschluß über die Geeignetheit des Bediensteten für die derzeit ausgeübte Funktion.

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V. Beenken hielt es i m Hinblick auf die Selbstverwirklichung des Bediensteten am Arbeitsplatz sowie zur Vermenschlichung der Arbeitsbedingungen für wünschenswert, daß ein Uberhang an Wissen und Kenntnissen bestehe, der über die vom Arbeitsplatz geforderten Anforderungsprofile hinausgehen würde. Er stellte dabei die Frage, ob es richtig sei, daß die Fortbildung der Angehörigen des gehobenen Verwaltungsdienstes sich ausschließlich an den Anforderungen ihres jeweiligen Arbeitsplatzes ausrichten würde. Denn hierdurch würden ihnen die Kenntnisse vorenthalten, die ihnen das Gespräch mit Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes erleichtern würden. Brinkmann stimmte Beenken zu und betonte, daß die geforderte höhere Qualifikation hinsichtlich der gegenwärtigen Berufssituation des Bediensteten sich i n den Arbeitsprozeß umsetzen lassen müsse. Er halte es beispielsweise für relativ sinnlos, daß Angehörige des allgemeinen Verwaltungsdienstes besondere Kenntnisse i n bezug auf die Ilias und Odyssee oder i m Hinblick auf Archäologie besitzen würden. VI. A u f eine entsprechende Frage von Schulz zur Wiesch, Berlin, führte Brinkmann aus, daß er den Begriff „Führungswissen" i n seinem Referat bewußt vermieden habe. Denn dieser Begriff sei, wie entsprechende empirische Untersuchungen gezeigt hätten, nicht sehr hilfreich. Diese Untersuchungen hätten nämlich ergeben, daß bestimmte Anforderungen keineswegs auf die höchsten Ränge i n der Hierarchie des öffentlichen Dienstes konzentriert seien. Es müßte beispielsweise auf allen Ebenen des höheren Verwaltungsdienstes geplant, entschieden und koordiniert werden.

Auswirkungen einer Reform des öffentlichen Dienstrechtssystems auf die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes V o n H e r b e r t Fischer-Menshausen

Den folgenden Betrachtungen liegt der i m M a i 1973 veröffentlichte Bericht der Studienkommission f ü r die Reform des öffentlichen Dienstrechts 1 zugrunde. Behandelt werden n u r die allgemeinen Reformvorstellungen der Kommission u n d diejenigen Vorschläge, die einen unmittelbaren Bezug zur Fortbildungsproblematik i m öffentlichen Dienst haben 2 .

I. A l s I n s t i t u t i o n , die d e m B ü r g e r z u d i e n e n h a t , i s t der ö f f e n t l i c h e D i e n s t i n e i n e r f r e i h e i t l i c h e n D e m o k r a t i e v o r a l l e m u n t e r d e m A s p e k t der i h m v o m S t a a t s b ü r g e r ü b e r t r a g e n e n A u f g a b e n z u b e w e r t e n u n d z u gestalten. D e r O r i e n t i e r u n g s r a h m e n f ü r e i n r a t i o n a l e s Dienstrechtssystem ( u n d d a m i t auch f ü r eine D i e n s t r e c h t s r e f o r m ) ist s o m i t aus den f u n k t i o n a l e n A n f o r d e r u n g e n a b z u l e i t e n , die g e g e n w ä r t i g u n d i n ü b e r s e h b a r e r Z u k u n f t a n die ö f f e n t l i c h e V e r w a l t u n g g e s t e l l t w e r d e n . I n diesem S i n n e 1 Die Studienkommission ist auf Ersuchen des Deutschen Bundestages v o m Bundesminister des Innern am 11. Dezember 1970 gebildet worden (Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1970, Nr. 176, S. 1929 ff., u n d Nr. 181, S. 1975). Die Kommission hat i h r Gutachten am 7. M a i 1973 vorgelegt und veröffentlicht (Ansprachen des Kommissionsvorsitzenden und des Bundesministers des I n n e r n bei der Übergabe des Gutachtens: Z B R 1973, S. 157 ff., B u l l e t i n des Presse- u n d Informationsamtes der Bundesregierung 1973, Nr. 52, S. 482 ff.). Das Gutachten gliedert sich i n den Bericht der Kommission (Band 1, i m folgenden „Kommissionsbericht") u n d die von i h r veranlaßten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Dienstrechtsreform (Anlagenbände 2 bis 11). 2 Uber das Gesamtgutachten unterrichten i n Kurzdarstellungen: Deutscher Gewerkschaftsbund, Kurzfassung des Berichts der Studienkommission f ü r die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Heft 4 der DGB-Schriftenreihe „Neuordnung des Beamtenrechts, Reform des öffentlichen Dienstrechts, Einheitliches Dienstrecht"; F. Kroppenstedt, Der Bericht der Studienkommission f ü r die Reform des öffentlichen Dienstrechts — Das Reformkonzept u n d seine A u s w i r kungen auf die Fortbildung, V e r w a l t u n g u n d Fortbildung 1973, Heft 2, S. 63 ff. Vgl. auch die Besprechungen des Kommissionsberichts von C. H. Ule (DVB1. 1973, S. 442 ff.) u n d W. Loschelder (ZBR 1973, S. 189 ff.).

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definiert der Kommissionsbericht als Reformziel die Sicherung und Steigerung der Funktionstauglichkeit des öffentlichen Dienstes i m Rahmen des allgemeinen Wertesystems der Verfassung 3 . Die Notwendigkeit, das geltende Dienstrechtssystem zu überprüfen, w i r d vor allem m i t dem Wandel der Anforderungen an dieses System begründet, dessen Funktionstauglichkeit in einer sich ständig verändernden Umwelt nur durch systematische Anpassung nachhaltig gesichert werden kann. Die traditionellen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung haben zwar ihre Bedeutung behalten, sind aber i m Zuge der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung durch neue und differenzierte Anforderungen erweitert worden, für die das Verwaltungssystem ursprünglich nicht geschaffen war. Die Verwaltung steht heute i n einem Spannungsfeld vielfältiger, zum Teil divergierender Ansprüche und Erwartungen, die sich aus den nicht leicht zu harmonisierenden Aufgaben des klassischen Rechtsstaats und des modernen Leistungsstaats ergeben: sie hat Normendisziplin, Präzision, Stabilität und Kontinunität zu verbinden mit zweckorientiertem und zukunftsgerichtetem Gestaltungsvermögen, Mobilität, Anpassungs- und Innovationsfähigkeit. Die aus diesen unterschiedlichen Anforderungen resultierenden Konflikte 4 hat das Dienstrechtssystem i n sich zu verarbeiten und i m Sinne optimaler Funktionswirksamkeit zum Ausgleich zu bringen. Der öffentlichen Reformdiskussion liegt die weit verbreitete Überzeugung zugrunde, daß das gegenwärtige Personalsystem außerstande sei, diese Konfliktsituation funktionsgerecht zu bewältigen und allen Ansprüchen, die die moderne Gesellschaft an den Staat und seine Verwaltung stellt, ausreichende Geltung zu verschaffen 5 . Das Erfordernis, der öffentlichen Verwaltung auf der Grundlage bewährter Strukturprinzipien den zur Bewältigung der Gegenwarts- und Zukunftsaufgaben notwendigen Erneuerungsprozeß zu ermöglichen, kennzeichnet die staats- und verwaltungspolitische Bedeutung, zugleich aber auch die Schwierigkeit einer Dienstrechtsreform.

3

Kommissionsbericht Tz 15,130,167. Vgl. hierzu i m einzelnen Kommissionsbericht Tz 167 ff. 5 Kommissonsbericht Tz 179. Hinzuweisen ist insbesondere auf die Verhandlungen des 48. Deutschen Juristentages 1970 auf G r u n d des Gutachtens von W. Thieme: Empfiehlt es sich, das Beamtenrecht unter Berücksichtigung der Wandlungen von Staat u n d Gesellschaft neu zu ordnen? Vgl. ferner E. Menzel, Die strukturelle Desorganisation des öffentlichen Dienstes i n der Bundesrepub l i k , DÖV 1969, S. 513 ff.; C. H. Ule, Entwicklungstendenzen i m öffentlichen Dienst, DVB1.1970, S. 637 ff.; W. Wiese, Z u r Neuordnung des öffentlichen Dienstes, DVB1. 1970, S. 644 ff.; J. Kölble, Grundprobleme einer Reform des öffentlichen Dienstes, DÖV 1970, S. 447 ff.; V. Wrage, Entwicklungstendenzen u n d aktuelle Probleme der deutschen öffentlichen Verwaltung, PVS 1971, S. 264 ff. 4

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II. Als wesentliches Element der Staatsorganisation 6 ist der öffentliche Dienst i n das Gefüge des parlamentarisch-demokratischen Verfassungssystems eingeordnet und an die Grundregeln des freiheitlichen und sozialen Rechtsstaats gebunden. Die Autonomie und Prärogative der gesetzgebenden Gewalt und der unverfälschte Vollzug des jeweils herrschenden Mehrheitswillens erfordern eine zuverlässige, i n sich gefestigte, gegen unzulässige Außeneinwirkungen imprägnierte Verwaltung, die durch ständige Präsenz die Sicherheit und Ordnung des Gemeinschaftslebens und den Schutz der staatsbürgerlichen Freiheitsrechte gewährleistet. Die Aufgaben des modernen Leistungsstaats haben die freiheitssichernde Funktion einer rechtsstaatlichen, den Verfassungsnormen verpflichteten Verwaltung nur überlagert, keineswegs verdrängt. Daß die Lebensbedingungen des Industriezeitalters den politischen Rang der rechtsstaatlichen Garantiefunktion noch gesteigert haben, verdeutlichen die Totalisierungstendenzen der heutigen Massengesellschaft, die ständige latente Freiheitsbedrohung durch Gruppenmacht, die Gefährdung der Vitalsituation durch die Technik und das mit zunehmender Polarisierung wachsende Bestreben gesellschaftlicher Kräfte, zur Durchsetzung von Partikularinteressen auf die Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten Einfluß zu gewinnen. Inwieweit der Staat diesen Entwicklungen begegnen und die Gemeinwohlbelange durchsetzen kann, hängt wesentlich von der Haltung und Qualität seiner Verwaltung ab. I n einem parlamentarischen System, das trotz wechselnder Mehrheiten funktionsfähig bleiben muß, erfordert überdies die Kontinuität staatlichen Handelns eine dem politischen Tageskampf entrückte, allein den Sachaufgaben verpflichtete Verwaltung. I n ihrer Mittlerstellung zwischen den politischen Führungsorganen und der Bürgerschaft erfüllt sie zudem eine staatspolitisch bedeutsame Integrationsfunktion; da sie hierzu des öffentlichen Vertrauens bedarf, hat sie sich durch Uneigennützigkeit, Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Amtsausübung gegenüber dem Bürger überzeugend zu legitimieren und i h m durch Offenheit und Kommunikation die Teilhabe an der politischen Urteilsbildung und am Verwaltungsgeschehen zu ermöglichen. III. Der Bürger hat aber auch Anspruch auf wirksames, funktionszuverlässiges und wirtschaftliches Verwaltungshandeln. Die Leistungsanforderungen an den öffentlichen Dienst werden inhaltlich bestimmt von A r t und Umfang der öffentlichen Aufgaben, deren Struktur und Niveau durch 6 Unter „Staat" w i r d hier u n d i m folgenden die öffentliche Hand i n ihrer Gesamtheit verstanden.

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den wissenschaftlich-technischen Fortschritt, den sozioökonomischen Strukturwandel und die damit korrespondierende zivilisatorische Entwicklung geprägt sind. Da die Dynamik des Wirtschafts- und Sozialgeschehens und die allgemeine Steigerung des materiellen Wohlstands auch Ungleichgewichte, Engpässe und gemeinschaftsgefährdende Störungen ausgelöst haben, die durch Selbstregulierung i m freien Spiel der gesellschaftlichen Kräfte nicht wirksam behoben werden können, ist dem Staat die Aufgabe zugewachsen, ordnend, ausgleichend und gestaltend auf die Entwicklung des Gemeinschaftslebens einzuwirken. Seine Verantwortung erstreckt sich nicht nur auf die Existenzsicherung seiner Bürger und deren zuverlässige Versorgung m i t lebenswichtigen Diensten, sondern zunehmend auch auf die qualitative Verbesserung der Lebensbedingungen, auf Stabilität und Vollbeschäftigung, Chancengleichheit, Verteilungsgerechtigkeit und hohe produktive Leistungen der Zukunftsvorsorge. M i t der Bereitschaft des Staates, diesen umfassenden Ansprüchen zu entsprechen, steigen die an das öffentliche Leistungsvermögen geknüpften Erwartungen; diese wirken als soziale Realität auf den Staat zurück, der sich den übernommenen Aufgaben nicht mehr entziehen kann, weil der Bürger seinen Lebenszuschnitt auf die öffentliche Daseinsvorsorge eingerichtet hat und sich auf ihre ständige Verfügbarkeit verläßt. Die Abhängigkeit der Bevölkerung von öffentlichen Leistungssystemen hat m i t der Ausdehnung der Staatsverantwortung auf lebenswichtige Wirtschafts-, Verkehrs- und Versorgungsbereiche einen solchen Grad erreicht, daß das reibungslose Funktionieren dieser Systeme und das störungsfreie Ineinandergreifen der damit befaßten Verwaltungsorgane zu unabdingbaren Voraussetzungen der Sicherheit und Ordnung des Gemeinschaftslebens geworden sind. Von der Fähigkeit des Staates, die soziale Existenz seiner Bürger und den gesellschaftlichen Fortschritt zu gewährleisten, hängen die politische Überzeugungskraft und Stabilität der freiheitlichen Grundordnung entscheidend ab; erst der Nachweis dieser Fähigkeit verschafft dem modernen Leistungs- und Vorsorgestaat die demokratische Legitimation 7 . Der Staat ist damit i n eine für den Bestand und die Entwicklung der Gesellschaft unentbehrliche Schlüsselfunktion hineingewachsen, deren wirksame Wahrnehmung an das politisch-administrative System Anforderungen von hohem Schwierigkeitsgrad stellt. Diesen Ansprüchen kann nur ein Staat entsprechen, der Systemstabilität i m Innern m i t Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit gegenüber der Umwelt ver7 W. Hennis, Aufgaben einer modernen Regierungslehre, Politische Vierteljahresschrift 1965, S. 424; G. Hartfiel, Die öffentliche V e r w a l t u n g zwischen technischem Fortschritt und sozialem Wandel, Hamburger Jahrbuch f ü r W i r t schafts- u n d Gesellschaftspolitik 1970, S. 196; E. Forsthoff, Der Staat der I n d u striegesellschaft, München 1971, S .47, 56, 158 ff.

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bindet, über politische Integrationskraft und administrative Leistungsfähigkeit verfügt, und der i n der Entwicklung seiner Hilfsquellen und der Verwendung seiner knappen M i t t e l ein Höchstmaß an Rationalität und Produktivität verwirklichen kann. Diese Anforderungen richten sich vor allem an die Verwaltung; denn sie ist — als der unmittelbare Adressat der Ansprüche und Erwartungen des Bürgers — „die zentrale Gewalt i m Leistungsstaat" 8 . Da die Breite, Vielfalt und Intensität der Staatstätigkeit dem Bürger vornehmlich i n den Funktionen der öffentlichen Verwaltung sichtbar werden, hängt die politische Handlungsund Integrationskraft des Gemeinwesens entscheidend von der Fähigkeit und Bereitschaft der Angehörigen des öffentlichen Dienstes ab, durch die Qualität ihrer Leistungen den Staat überzeugend darzustellen, das Vertrauen seiner Bürger zu gewinnen und ihre Loyalität zu binden. Die Intensität des öffentlichen Einflusses auf nahezu alle Lebensbereiche und die Höhe des Staatsanteils am Sozialprodukt rechtfertigen andererseits den Anspruch des Bürgers auf einen wirksamen, zweckmäßigen, zügigen und rationellen Verwaltungsvollzug. Dies unterstreicht die kardinale Bedeutung, die der Leistungsfähigkeit, Funktionszuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung i m Rahmen des Zielsystems einer Dienstrechtsreform zukommt. IV. Das administrative Leistungsvermögen des Staates ist nicht nur eine Funktion seines Personalsystems, sondern hängt wesentlich auch von der Organisation seiner Verwaltung ab. Die m i t der Dienstrechtsreform angestrebte Verbesserung der Qualität und Effizienz der Verwaltungsleistungen w i r d sich nur dann i n dem gewünschten Ausmaß erreichen lassen, wenn das Personalsystem seinen administrativen Rückhalt findet i n einem korrespondierenden Organisations- und Führungssystem, das aus sich heraus die Fähigkeit und Bereitschaft der Verwaltungsangehörigen zur bestmöglichen Erfüllung der ihnen anvertrauten Funktionen unterstützt und fördert. Die Fortentwicklung der Organisationsstruktur erfordert auch eine zweckmäßige, die moderne Technologie ausnutzende Sachmittelausstattung zur Rationalisierung des Informationsflusses, der Entscheidungsprozesse und der administrativen Arbeitsvorgänge. Hierbei w i r d die öffentliche Verwaltung auf gesicherte Erkenntnisse der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften und — unbeschadet ihrer 8

K . Eichenberger, Leistungsstaat u n d Demokratie, Basler Universitätsreden, 62. Heft, 1969, S. 23; vgl. auch W. Weber, Das politische Kräftesystem i n der wohlfahrtsstaatlichen Massendemokratie, in: Spannungen u n d K r ä f t e i m westdeutschen Verfassungssystem, 3. Auflage Berlin 1970, S. 128; R. Herzog, V e r w a l t u n g u n d Verwaltungsrecht i n einer freiheitlichen Industriegesellschaft, i n : Verhandlungen des 48. Deutschen Juristentages, Band I I , S. L 10.

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spezifischen Aufgaben und Verfahrensregeln — auch auf Erfahrungen, Methoden und Techniken zurückgreifen müssen, die i n anderen Bereichen, namentlich der Unternehmenswirtschaft 9 , zu neuen und verbesserten Lösungen der Organisations- und Managementprobleme geführt haben; i n Betracht kommen insbesondere Kommunikations- und Führungsmethoden, die sowohl dem erhöhten Schwierigkeitsgrad der administrativen Funktionsanforderungen wie auch dem gewandelten Selbstverständnis der Mitarbeiter entsprechen. Diese Zusammenhänge machen deutlich, daß Personalreform und Verwaltungsreform nicht isoliert betrachtet, insbesondere nicht unabhängig voneinander verwirklicht werden können. Der Kommissionsbericht widmet diesen Fragen einen ausführlichen Abschnitt 1 0 . V. Wie dargelegt, unterscheidet sich das öffentliche Dienstverhältnis von allen anderen Arbeitsverhältnissen vornehmlich dadurch, daß den Verwaltungsangehörigen der Vollzug des Staatswillens, die Ausübung von Hoheitsrechten oder der unmittelbare Dienst an der Allgemeinheit übertragen sind; die Betrauung mit staatlicher Macht und öffentlichen Funktionen verleiht ihnen Einfluß und Befugnisse, die um der staatsbürgerlichen Freiheitsrechte willen allen anderen gesellschaftlichen Gruppen versagt sind. Dieser Besonderheit hat das Dienstrechtssystem Rechnung zu tragen. Die Wahrung der Eigenständigkeit parlamentarischdemokratischer Willensbildung, die Ordnung des Gemeinschaftslebens und die Sicherung der Funktionsfähigkeit des modernen Sozialstaats erfordern ein Verwaltungssystem, das institutionelle Gewähr bietet für — absolute Loyalität des öffentlichen Dienstes gegenüber den demokratisch legitimierten Entscheidungsträgern, — seine parteipolitische Neutralität, seine Unabhängigkeit gegenüber Partikularinteressen und seine Funktionszuverlässigkeit, — ein ausschließlich am Gemeinwohl orientiertes Verwaltungshandeln. A u f diese Erwägungen gründet sich die Kommissionsempfehlung, für Funktionen, die ihrer Natur nach auf Dauer angelegt sind, an der Gestaltung des öffentlichen Dienstverhältnisses als Lebensberuf prinzipiell festzuhalten 11 und das Dauerdienstverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen 12 m i t den persönlichen (rechtlichen und wirtschaftlichen) Sicherungen auszustatten, die den Amtsträger gegen den Druck 9 K . Bleicher, Z u r Organisation von L e i t u n g u n d Führung i n der V e r w a l tung, in: W. Michalski (Hrsg.), Leistungsfähigkeit u n d Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen Verwaltung, H a m b u r g 1970, S. 56 ff. 10 Kommissionsbericht Tz 199 ff. 11 Kommissionsbericht Tz 253 ff. 12 Probezeit, Mindestdienstalter, Mindestbeschäftigungszeit (Tz 272).

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unzulässiger Außeneinwirkungen abschirmen, vor Loyalitätskonflikten bewahren und ihm die zur Funktionsausübung benötigte Selbständigkeit und Unabhängigkeit vermitteln sollen. Lebenszeitprinzip und Bestandsschutz des öffentlichen Dienstverhältnisses sind m i t h i n keine Standesprivilegien, sondern unerläßliche Voraussetzungen für Unparteilichkeit, Beständigkeit, Berechenbarkeit und Gemeinwohlgerechtigkeit des Verwaltungshandelns und allein unter diesem Aspekt politisch zu rechtfertigen. Daß der personelle Bestandsschutz nicht auf Beamte beschränkt bleiben soll, folgt aus einem anderen Reformvorschlag, der die prinzipielle Vereinheitlichung des öffentlichen Dienstrechts anstrebt 13 . Die derzeitige Statusregelung, die zwischen Beamten, Angestellten und Arbeitern unterscheidet, läßt sich i n den meisten Bereichen nicht mehr funktional begründen; insbesondere bietet die Differenzierung nach hoheitlichen und nichthoheitlichen Funktionen kein überzeugendes Unterscheidungskriterium mehr 1 4 . Die wechselseitige Annäherung des Beamtenrechts und des Dienstrechts der Arbeitnehmer i m öffentlichen Dienst deutet ebenfalls darauf hin, daß die bisherigen Unterscheidungsgründe i n der Praxis zunehmend an Bedeutung verlieren. Die Kommission hat daher für alle Verwaltungsangehörigen ein nach einheitlichen Grundsätzen zu normierendes Dienstrechtssystem entwickelt, ohne sich damit für eine Uniformierung der Dienstverhältnisse auszusprechen, die mit der funktionalen Vielgestaltigkeit der öffentlichen Verwaltung sicher unvereinbar wäre. Angestrebt w i r d ein nur i n den Grundzügen einheitliches Rahmengerüst, das für sachnotwendige, insbesondere funktionsbedingte Differenzierungen genügend Raum läßt 1 5 . 13

Kommissionsbericht Tz 227 ff. C. H. Ule, S. 638 ff.; R. Herzog, S. L 14. 15 Die Empfehlung, Lebenszeitprinzip und Bestandsschutz vorbehaltlos auf alle öffentlichen Dauerdienstverhältnisse auszudehnen, gehört vermutlich nicht zu den Kommissionsvorschlägen, die m i t ungeteiltem Beifall rechnen können. Insbesondere liegt der E i n w a n d nahe, daß nicht einzusehen sei, weshalb Funktionen i m Bereich der öffentlichen Verwaltung, die sich v o n gleichartigen Tätigkeiten i m nichtöffentlichen Bereich, namentlich i n der privaten Wirtschaft, inhaltlich nicht wesentlich unterscheiden (ζ. B. reine Fiskalverwaltung, Krankenhausdienst, Ingenieurtätigkeiten, technische Hilfsleistungen u. dgl.), statusrechtlich m i t besonderen Garantien ausgestattet werden sollen. Die Kommission begründet dies m i t den spezifischen Funktionsanforderungen, die sich aus dem Wesen u n d den Aufgaben des öffentlichen Dienstes ergeben u n d insofern m i t den Berufsanforderungen anderer Bereiche nicht vergleichbar sind. Die daraus abzuleitenden K r i t e r i e n w ü r d e n eine differenzierte Statusregelung n u r dann zulassen, wenn es gelänge, den Kreis der öffentlichen F u n k tionen, deren Wahrnehmung ein besonders enges Bindungsverhältnis zum Staat u n d eine rechtliche Absicherung nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienst- u n d Treueverhältnisses zwingend erfordert, eindeutig zu definieren u n d k l a r gegen die öffentlichen Funktionen abzugrenzen, die unter dem Aspekt der Berufsanforderungen einer solchen Sicherung nicht bedürfen. Lebenszeitprinzip u n d Bestandsschutz könnten auf einen übersehbaren u n d abgrenzbaren 14

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Unverkennbar ist die Entscheidung für oder gegen das Lebenszeitprinzip und den damit verbundenen Bestandsschutz von zentraler Bedeutung für die künftige Stellung und Struktur des öffentlichen Dienstes; die Regelung wichtiger Einzelelemente des zu reformierenden Dienstrechtssystems hängt von dieser Weichenstellung ab. Lebensberufliche Anstellung bedeutet hohe durchschnittliche Verweildauer i m öffentlichen Dienst; sie erlaubt eine langfristige und systematische Personalplanung, sichert die ständige Verfügbarkeit der i m Berufsleben kontinuierlich erworbenen Fachkenntnisse und Erfahrungen und erleichtert die Rationalisierung des kostspieligen Ausbildungs- und Fortbildungswesens. Andererseits ist nicht zu übersehen, daß die Institution des lebenslangen Bestandsschutzes auch m i t erheblichen Nachteilen verbunden ist. Sie schränkt den personellen Dispositionsspielraum der Verwaltung ein, beeinträchtigt die berufliche Mobilität und reduziert die Zugangschancen von Außenseitern. Vor allem ist einzuräumen, daß eine Statusregelung, die mehr auf Sicherheit und Beständigkeit als auf Wettbewerb, Risiko und Elastizität angelegt ist, nicht aus sich heraus leistungs- und innovationssteigernde Impulse auslöst und die Entwicklung kreativer Fähigkeiten fördert. Diese Nachteile werden angesichts der überragenden Bedeutung der rechts- und sozialstaatlichen Garantiefunktion i n Kauf genommen werden müssen, zumal ihnen mit spezifischen Regelungen i n anderen, noch zu erörternden Bereichen des Dienstrechtssystems wirksam begegnet werden kann. Die hier gekennzeichnete Konfliktsituation unterstreicht aber die Notwendigkeit, i m Rahmen der DienstPersonenkreis — die „ K e r n t r u p p e " des öffentlichen Dienstes — beschränkt werden, w e n n es allein darum ginge, die besondere Treuepflicht der Bediensteten gegenüber den politischen Entscheidungsträgern, ihre Unparteilichkeit u n d innere Unabhängigkeit von gesellschaftlichen Interessenlagen u n d K o n fliktsituationen zu sichern (dazu H. Quaritsch, Pläne zur Änderung des Rechts des öffentlichen Dienstes, i n : Verfassung, Verwaltung, Finanzen, Festschrift für G. Wacke, K ö l n 1972, S. 41 ff.). W i r d jedoch die Rechtssicherung der Berufstätigkeit auch m i t dem Erfordernis ständiger Präsenz u n d Funktionszuverlässigkeit des öffentlichen Dienstes begründet, ist der Kreis der F u n k tionen, auf welche diese Anforderungen zutreffen, verhältnismäßg weit zu ziehen und nicht mehr trennscharf gegen die dann noch verbleibenden öffentlichen Funktionsbereiche abzugrenzen, zumal lebenswichtige Funktionen und Tätigkeiten, denen eine solche Bedeutung nicht zukommt, vielfach so miteinander verschränkt sind, daß eine saubere u n d praktikable Trennung unmöglich ist. Das gilt insbesondere, w e n n innerhalb der einzelnen Verwaltungszweige statusrechtliche Homogenität angestrebt, ein Nebeneinander von Beamten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes möglichst vermieden werden soll. Die bisher bekanntgewordenen Vorschläge u n d die umfangreiche L i t e r a t u r zu diesem Fragenkomplex (vgl. z.B. die Hinweise bei J. Isensee, Der Fiskalbeamte — ein Fiskalprivileg, DÖV 1970, S. 398 ff.; H. J. Finger, Gedanken zur Reform des öffentlichen Dienstrechts, Z B R 1971, S. 3 ff.; B. Lemhöfer, Grundlagen sachbezogener Reform des öffentlichen Dienstes, ZBR 1971, S. 257 ff.; W. Wiese, Der Staatsdienst i n der Bundesrepublik Deutschland, Neuwied 1972, S. 259 ff.) bieten nach Auffassung der Kommission für eine sachgerechte und praktikable statusrechtliche Differenzierung einstweilen keine überzeugenden Lösungen. Die Diskussion dieser wichtigen Frage sollte weitergeführt werden.

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rechtsreform geeignete Instrumente und Verfahren vorzusehen, m i t deren Hilfe etwaige negative Auswirkungen des Bestandsschutzes kompensiert werden können. Insbesondere sind die Personalauslese, die Personalsteuerung und das Besoldungssystem so zu gestalten, daß ungeeignete Kräfte vom öffentlichen Dienst möglichst ferngehalten und innerhalb des öffentlichen Dienstes Leistungsbereitschaft, Initiative und Mobilität nachhaltig gefördert werden. Eine besondere Bedeutung kommt i n diesem Zusammenhang dem Fortbildungswesen zu. Die administrative Funktionstauglichkeit und politische Glaubwürdigkeit eines Systems, das seinen Angehörigen i n der Regel eine lebenszeitliche Berufsausübung sichert, hängen entscheidend davon ab, daß deren Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine berufsbegleitende Fortbildung auf dem laufenden gehalten und den sich wandelnden Funktionsanforderungen angepaßt werden. Ohne den Ausbau eines wirksamen Fortbildungssystems ist das Lebenszeitprinzip i m öffentlichen Dienst auf die Dauer nicht zu halten. VI. Gegenstand einer Dienstrechtsreform sind die einzelnen Elemente des Dienstrechtssystems; ihre Hauptbereiche sind, abgesehen von der Statusregelung, die Personalauswahl und Personalsteuerung, das Bildungswesen, das Besoldungs- und Versorgungssystem 16 . Diese Einzelelemente sind aufeinander abzustimmen und müssen so beschaffen sein, erforderlichenfalls so gestaltet werden, daß sie mit höchstmöglichem Wirkungsgrad sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft der Verwaltungsangehörigen fördern, die an sie gestellten (aus den Ansprüchen an die Verwaltung abzuleitenden) Berufsanforderungen zu erfüllen. Ein rationales Dienstrechtssystem setzt daher voraus, daß i m einzelnen Klarheit darüber besteht, — welche Berufsanforderungen an die Verwaltungsangehörigen gestellt werden (Anforderungsprofile), — welche Persönlichkeitsmerkmale von den Verwaltungsangehörigen gefordert werden müssen, damit von ihnen die Fähigkeit zur Erfüllung der Berufsanforderungen erwartet werden kann (Qualifikationsprofile), — welche Bedürfnisse der Verwaltungsangehörigen befriedigt werden müssen, damit von ihnen die Bereitschaft zur Erfüllung der Berufsanforderungen erwartet werden kann (Motivation). 16 Das Gutachten der Kommission befaßt sich m i t dem Personenkreis, der formell i m öffentlichen Dienst steht, also nicht m i t Angehörigen von Organisationen, i n denen der Staat i n den Formen des Privatrechts tätig ist, ferner nicht m i t Soldaten u n d Richtern (Kommissionsbericht, Tz 22, 23).

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Daß ein modernes Dienstrechtssystem auch die berechtigten Interessen und Grundbedürfnisse des Verwaltungspersonals zu berücksichtigen hat, entspricht einem allgemeinen gesellschaftspolitischen Erfordernis 17 , ist aber auch eine wesentliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und daher von der Sache her geboten. U m sich i m Qualifikationswettbewerb des Arbeitsmarktes behaupten zu können, muß der Staat seinen Bediensteten die Rechte und Sicherungen einräumen, ohne deren Zugeständnis er das zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben benötigte Personal nicht gewinnen kann. Er hat dabei i n Betracht zu ziehen, daß die Anziehungskraft des öffentlichen Dienstes nicht allein von der A r t und Qualität der materiellen Gegenleistungen abhängt. Das Motivationssystem muß auch den gewandelten Wertvorstellungen und Persönlichkeitsbedürfnissen der Menschen i n sozialen Systemen Rechnung tragen, insbesondere ihnen ausreichende Chancen zur Selbstverwirklichung, Bewährung und sozialer Anerkennung eröffnen. Damit werden Motivationsreserven zu eigenständiger Leistung, Initiative, Beweglichkeit und innovatorischem Verhalten erschlossen und vornehmlich die Kräfte angesprochen, auf die der moderne Staat zur Erfüllung seiner Gestaltungsaufgaben i n zunehmendem Maße angewiesen ist. VII. Die Maßstäbe für die Grundstruktur, das Instrumentarium und die Verfahrensregeln des öffentlichen Dienstes sind hiernach aus den funktionalen Anforderungen an die Verwaltungsangehörigen, zum anderen aus den Faktoren abzuleiten, die deren Fähigkeit und Bereitschaft bestimmen, diesen Anforderungen zu entsprechen. Angestrebt werden zwei komplementäre Ziele : einerseits sollen qualifizierte und vielseitig verwendbare Kräfte zum Eintritt i n den öffentlichen Dienst veranlaßt und i m Verlauf ihrer Karriere entsprechend ihrer Eignung, ihren Neigungen, Fähigkeiten und Leistungen ständig qualifikationsgerecht eingesetzt, besoldet und i n der beruflichen Entwicklung gefördert werden; gleichzeitig soll sichergestellt werden, daß die Funktionen i n der öffentlichen Verwaltung ständig von Kräften wahrgenommen werden, die den Qualifikationsanforderungen dieser Funktionen voll gewachsen sind (Grundsatz der ständigen Kongruenz der funktionalen Anforderungsprofile und der personalen Befähigungs- und Leistungsprofile). Soll dieses Ziel i n der Verwaltungspraxis planmäßig und konsequent verwirklicht werden, ist es notwendig, die Personalauswahl, die Personalsteuerung, das Besoldungssystem und das Ausund Fortbildungssystem systematisch sowohl an den konkreten Berufsanforderungen der einzelnen Funktionen (Dienstposten) als auch an Kommissionsbericht Tz 1

ff.

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den korrespondierenden Befähigungen und Leistungen der Verwaltungsangehörigen zu orientieren. Als wichtige Leitmaxime der Reform ergibt sich daraus die Forderung, das Dienstrechtssystem betont funktionsund leistungsorientiert zu gestalten 18 , m. a. W. dem funktionsbezogenen Leistungsprinzip eindeutiger, entschiedener und wirksamer als i m gegenwärtigen System Geltung zu verschaffen. Eignung und Leistung waren als Auswahl- und Bewertungskriterien für den öffentlichen Dienst i m Prinzip schon immer maßgebend 19 . Wenn von punktuellen Verletzungen dieses Grundsatzes aus sachfremden Gründen (Ämterpatronage u. dgl.) abgesehen wird, liegt das Problem hier — wie übrigens auch i n anderen Organisationen, ζ. B. i n der W i r t schaft — vornehmlich i n den methodischen und verfahrensmäßigen Schwierigkeiten, diese Wertmaßstäbe i n der Praxis unangreifbar und überzeugend zu verwirklichen. Die Reformkommission glaubt, m i t einer Reihe sich gegenseitig ergänzender strukturaler und instrumentaler Vorschläge neue Wege zur Überwindung dieser Schwierigkeiten aufzeigen zu können. I m folgenden werden diejenigen Empfehlungen skizziert, deren Verwirklichung sich unmittelbar auf die materielle Gestaltung des Fortbildungssystems auswirken würde. 1. M i t dem Vorschlag, das starre, leistungs- und aufstiegshemmende Laufbahngruppensystem durch ein aufgelockertes Funktionsgruppensystem zu ersetzen 20 , w i r d eine Personalsteuerung angestrebt, die nicht mehr an abstrakte Ämter und formelle Ausbildungsregeln anknüpft, sondern auf die tatsächlichen Berufsanforderungen konkreter Dienstposten abstellt und sich von Fall zu Fall am Vergleich von funktionaler Anforderung und personaler Eignung und Leistung orientiert 2 1 . Dank seiner Durchlässigkeit und Flexibilität der Einstiegs- und Aufstiegsmöglichkeiten bietet das Funktionsgruppensystem größere Gewähr dafür, daß die Verwaltungsangehörigen i m Verlauf ihrer beruflichen Entwicklung eignungs- und leistungsgerecht eingesetzt und gefördert, andererseits die Dienstposten ständig anforderungsgerecht besetzt werden 22 . Eine Funktionsgruppe (Verwendungsreihe 23 ) umfaßt mehrere 18

Kommissionsbericht Tz 129,164,165. A r t . 33 Abs. 2 GG. Z u m Leistungsprinzip: Kommissionsbericht Tz 168 ff.; ferner: W. Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums m i t einer Studie über das Leistungsprinzip, Godesberg 1971, S. 60 ff.; H. Schönfelder, Innovation u n d Integration i m öffentlichen Dienst, ZBR 1971, S. 354 ff.; R. Reinhard, Leistungsprinzip u n d öffentliche Verwaltung, ZBR 1972, S. 1 ff.; W. Zeidler, Gerechtigkeit i n der Industriegesellschaft, DÖV 1972, S. 444 ff.; W. Wiese, Der Staatsdienst i n der Bundesrepublik Deutschland, Neuwied 1972, S. 214 ff. (mit weiteren Hinweisen). 20 Kommissionsbericht Tz 370 ff., 383 ff., 434 ff. 21 Kommissionsbericht Tz 437 ff. 22 I m Gegensatz zum geltenden Laufbahnsystem gestattet das Funktionsgruppensystem weder Beförderungen ohne entsprechende Funktionsänderungen (z.B. Regelbeförderungen) noch die Übertragung höherwertiger Dienst19

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Dienstposten abgestufter Wertigkeit, welche die gleiche Grundausbildung erfordern und sich nur i n ihrem Schwierigkeits- und Verantwortungsgrad unterscheiden; i m Rahmen der durch diese Grundausbildung vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten können die Dienstposteninhaber je nach fortschreitender Qualifizierung durch Erfahrungszuwachs oder Fortbildung innerhalb der Funktionsgruppe befördert werden, bei entsprechender Eignung und Leistung und i n der Regel m i t Hilfe der Förderungsfortbildung aber auch zur nächsthöheren Funktionsgruppe aufsteigen. Da die Qualifikationsanforderungen der Funktionsgruppen und der i n ihnen zusammengefaßten Dienstposten den Einstieg 2 4 und den Zugang zu höherwertigen Funktionen sowie die Hierarchie- und Besoldungsstruktur maßgeblich bestimmen, bilden die Funktionsgruppen nicht nur ein unentbehrliches Instrument für die Personalsteuerung, sondern auch eine wichtige Grundlage für die Personalplanung und das Aus- und Fortbildungswesen. 2. Da das Funktionsgruppensystem sich auf die konkreten Berufsanforderungen der einzelnen Dienstposten gründet, setzt es eine zuverlässige Ermittlung dieser Anforderungen voraus. Dazu werden brauchbare Verfahren der Dienstpostenbeschreibung und Dienstpostenbewerbung benötigt, die Gegenstand eines weiteren Reformvorschlages sind 2 5 . Aussagefähige Arbeitsplatzanalysen, die den Aufgaben- und Verantwortungsbereich der einzelnen Dienstposten hinreichend konkret umschreiben, sind i n der öffentlichen Verwaltung noch weitgehend unbekannt 2 6 . Ebensowenig existiert für die Dienstposten ein systematisches und allgemeinverbindliches 27 Verfahren zur Ermittlung relevanter und hinreichend differenzierter Anforderungsmerkmale und Bewertungsmaßstäbe 28 . Dieser Mangel macht es unmöglich, die Personalsteuerung planposten ohne (nach Probezeit) anschließende Beförderung (Kommissionsbericht Tz 493 ff.). Z u r A u s w a h l - u n d Anreizfunktion der Beförderung vgl. R. Mayntz, Die Funktionen des Beförderungssystems i m öffentlichen Dienst, DÖV 1973, S. 149 ff. 23 Vgl. hierzu Bericht der Personalstrukturkommission des Bundesministers f ü r Verteidigung über die Personalstruktur der Streitkräfte (1971), S. 51 ff. 24 I n der Regel an der Basis der Funktionsgruppe (Kommissionsbericht Tz 398 ff.). 25 Kommissionsbericht Tz 441,460 ff., 610 ff. 26 Z u r Methode der Arbeitsplatzbeschreibung vgl. E. Zander/G. Grabner/ H. Knebel/R. Pillat, Führungssysteme i n der Praxis, Heidelberg 1972, S. 103 ff.; E. Zander, Handbuch der Gehaltsfestsetzung, 3. Aufl. Heidelberg 1972, S. 105 ff. 27 Hierzu F. Mayer, Rechtsfragen der Dienstpostenbewertung, DVB1. 1970, S. 651 ff. 28 I m öffentlichen Bereich ist das Problem der Dienstpostenbewertung bisher n u r i n der Hamburgischen V e r w a l t u n g systematisch i n A n g r i f f genommen worden; vgl. hierzu U. Becker. Das strukturelle Instrumentarium der Regierung u n d Verwaltungsführung der Freien u n d Hansestadt Hamburg, Die V e r w a l t u n g 1969, S. 358 ff. Z u r Arbeitsplatzbewertung ausführlich E. Zander, a.a.O., S. 57 ff.

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mäßig an den Funktionsanforderungen der Dienstposten zu orientieren und das Besoldungssystem anforderungs- und leistungsgerecht zu gestalten, insbesondere nach dem Bedeutungs-, Schwierigkeits- und Verantwortungsgrad der ausgeübten Funktionen überzeugend zu differenzieren. Dies erschwert die Verwirklichung des Leistungsprinzips und fördert fortschrittshemmende, auch sozial nicht vertretbare Nivellierungstendenzen 29 . Das gegenwärtige Dienstrechtssystem verfügt insbesondere nicht über geeignete Instrumente, m i t deren Hilfe so elementare Forderungen wie „Der richtige Mann an den richtigen Platz" oder „Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit" zuverlässig verwirklicht werden können. Abhilfe bietet nur die Entwicklung systematischer Verfahren, die es gestatten, die tatsächlichen Anforderungen (das Leistungssoll) eines Dienstpostens inhaltlich konkret zu bestimmen, die zu seiner Wahrnehmung geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten eindeutig zu umschreiben und diese Anforderungen nach ihrem Schwierigkeitsgrad und gleichgearteten Kriterien einheitlich, methodisch einwandfrei und nachprüfbar zu bewerten. Ob ein analytisches oder ein summarisches Bewertungsverfahren vorzuziehen ist, kann i n diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben 30 . 3. Ein weiterer Kommissionsvorschlag trägt der Einsicht Rechnung, daß die glaubwürdige, sach- und personalgerechte Verwirklichung des Leistungsprinzips ein zuverlässiges Verfahren der Eignungs- und Leistungsermittlung voraussetzt, das die Möglichkeit eröffnet, den schillernden und zuweilen mißverstandenen Leistungsbegriff 31 i n operationale und praktisch brauchbare Maßstäbe umzusetzen 32 . Die derzeitige Beurteilungspraxis in der öffentlichen Verwaltung ist nicht geeignet, die zur Versachlichung der Personalentscheidungen benötigten Informationen i n der erforderlichen Qualität und in ausreichender Differenzierung 29 Da das abstrakte A m t des geltenden Beamtenrechtssystems nicht durch eine bestimmte F u n k t i o n gekennzeichnet ist, m i t h i n auch über die Anforderungen der F u n k t i o n nichts aussagt, kann hierauf eine anforderungsgerechte Personalsteuerung nicht gegründet werden. Das System bietet daher auch keine Handhabe gegen Verzerrungen der Besoldungsstruktur durch globale Höherstufungen, Regelbeförderungen und ähnliche, funktional nicht begründbare Besoldungsverbesserungen, denen auch m i t der Festlegung von Stellenschlüsseln u. dgl. erfahrungsgemäß nicht w i r k s a m begegnet werden kann. F u n k tionsgruppensystem u n d einheitliche Funktionsbewertung machen solche schematischen Vorkehrungen gegen eine übermäßige und unsystematische Ausweitung der Personalhaushalte entbehrlich (vgl. Kommissionsbericht Tz 605, 638,

660). 30

Dazu Kommissionsbericht Tz 611 f., 640 ff. Hierzu N. Luhmann, Reform des öffentlichen Dienstes — Z u m Problem ihrer Probleme, i n : Politische Planung, Opladen 1971, S. 228 ff.; J. M. Simpfendörfer, Führungsaufgabe — Leistungsgerechte Gehaltsfindung, München 1972, S. 20 ff. 32 Kommissionsbericht Tz 424 ff., 437 ff. 31

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zu vermitteln 3 3 . Soll der Wirkungsgrad des öffentlichen Verwaltungshandelns auf hohem Stand gehalten, nach Möglichkeit noch gesteigert werden, muß das öffentliche Dienstrechtssystem einen Sanktionsmechanismus vorsehen, der positive Leistungen honoriert, aber auch zu Konsequenzen bei unzureichenden Leistungen führt. Hierzu hat die Reformkommission i m einzelnen Vorschläge entwickelt, die über den Rahmen des gegenwärtigen Systems hinausgehen 34 ; ihre konsequente V e r w i r k lichung nach der positiven und negativen Seite setzt aber ein geordnetes und methodisch einwandfreies Beurteilungsverfahren voraus, das zuverlässige und differenzierte Unterlagen über Eignung, Fähigkeiten und Leistungen liefert, ein Höchstmaß an Aussagefähigkeit, Vergleichbarkeit und Nachprüfbarkeit verspricht, soweit wie möglich subjektive Beurteilungsmaßstäbe eliminiert und damit größere Gewähr für Objektivität und Gerechtigkeit des Urteils bietet. Nur auf einer solchen Grundlage lassen sich Eignung, Fähigkeiten, Arbeitsleistung und A r beitserfolg i n einen sichtbaren Zusammenhang bringen und persönlich zurechenbar gestalten 35 . Da die Gewinnung funktionsgerechter Beurteilungskriterien eine Normierung des konkreten Leistungssolls erfordert, erweist sich auch unter diesem Aspekt die vorerwähnte Einführung eines systematischen Funktionsbewertungsverfahrens als unerläßlich. Gestützt auf neuere sozialwissenschaftliche Erkenntnisse und auf Erfahrungen der betriebswirtschaftlichen Praxis 3 6 werden analytische Verfahren der Verwendungsbeurteilung 37 und Leistungsbewertung 38 vorgeschlagen, die eine für die Personalsteuerung unentbehrliche Urteilsbildung über das Leistungspotential und die tatsächlichen Leistungen mit höherem Zuverlässigkeitsgrad als bisher ermöglichen sollen. Die vorstehend skizzierten Empfehlungen — Funktionsgruppensystem, Funktionsbeschreibung und -bewertung, Verwendungsbeurteilung und Leistungsbewertung — stehen i n engem sachlichem Zusammenhang; ihnen liegt das Bestreben zugrunde, die Personalentscheidungen stärker zu formalisieren, transparent, vergleichbar und nachprüfbar zu gestalten, damit zu versachlichen und gegen unzulässige Außeneinflüsse 33 Bericht der Kommission f ü r die Reform des Auswärtigen Amtes, Bonn 1971, S. 100 ff.; N. Luhmann, S. 229 ff. 34 Kommissionsbericht Tz 493 ff., 511, 521, 671 ff., 680 ff., 690 ff. 35 H. Schäfer, Moderne Verwaltung i m sozialen Rechtsstaat, DVB1. 1972, S. 410. 36 E. Zander, S. 161 ff., 297 ff.; K . Bartölke, Probleme und offene Fragen der Leistungsbeurteilung, Z f B 1972, 629 ff.; ders., Anmerkungen zu den Methoden u n d Zwecken der Leistungsbeurteilung, ZfbF 1972, S. 650 ff. 37 Differenzierte und funktionsbezogene Aussagen über Fähigkeiten, K e n n t nisse, Fertigkeiten, Erfahrungen, Interessen, Motivationen (Befähigung) ; K o m missionsbericht Tz 449 ff. 38 Differenzierte Aussagen über das am Arbeitsplatz erzielte Leistungsergebnis (ζ. B. Richtigkeit, Termingerechtigkeit, Verwertbarkeit, Wirkungsgrad, Zeitaufwand) ; Kommissionsbericht Tz 454 ff.

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wirksamer abzuschirmen. Die Entwicklung der vorgeschlagenen Verfahren erfordert Modellversuche und beansprucht Zeit und Kosten 3 9 ; aber dieser Aufwand w i r d gerechtfertigt durch den zu erwartenden Gewinn an Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung. VIII. I n einem reformierten, betont funktions- und leistungsorientiert gestalteten Dienstrechtssystem nimmt die Fortbildung als Steuerungsinstrument einen hervorragenden Rang ein. Sie ist ein besonders w i r k sames Mittel, dem öffentlichen Verwaltungssystem die Lernfähigkeit zu sichern, ohne die es unter den heutigen industriegesellschaftlichen Lebensbedingungen sein Reaktionsvermögen, seine Anpassungsfähigkeit, seine Gestaltungskraft und damit letztlich seine politische Legitimationsbasis auf die Dauer nicht erhalten kann 4 0 . Auch aus diesem Grunde ist die Fortbildung ein notwendiges Korrelat zum Lebenszeitprinzip. Sollen Berufsweg und Personalverteilung i m öffentlichen Dienst so gestaltet werden, daß die Qualifikationsanforderungen der Dienstposten und die Qualifikationen ihrer Inhaber ständig übereinstimmen, ergibt sich ein dauernder Anpassungszwang aus dem Wandel der Umweltbedingungen, der Entwicklung der öffentlichen Aufgaben und deren Einfluß auf A r t , Ausmaß und Intensität der Qualifikationsanforderungen. Führt eine solche Entwicklung zu einer Divergenz zwischen Anforderung und Qualifikation, w i r d der Verwaltungsangehörige i n der Regel nur durch eine entsprechende Fortbildung befähigt werden können, sein Eignungs- und Leistungspotential i n dem i h m zugewiesenen Bereich auch unter veränderten Funktionsbedingungen voll zu entfalten. I n verstärktem Maße gilt dies für Versetzungen und Beförderungen, die i n der Regel die Aneignung neuer Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern. Die m i t der Dienstrechtsreform angestrebte Vielseitigkeit und Mobilität der Angehörigen des öffentlichen Dienstes ist ohne eine darauf abgestellte Fortbildungsaktivität nicht zu erreichen. Die von einer Systematisierung und Formalisierung des Beurteilungssystems zu erwartenden positiven Wirkungen können wesentlich ge39

Kommissionsbericht Tz 465, 632 ff., 1003 ff. Z u r Lernfähigkeit politischer Systeme als Voraussetzung ihrer Stabilität und Funktionstauglichkeit vgl. u. a. K . W. Deutsch, Politische Kybernetik, Freiburg 1969, S. 233 ff.; G. Hartfiel, S. 197 ff.; J. Wild, Die Führungsstruktur wandelt sich, Wirtschaftswoche 1971 Nr. 24, S. 52; H. Schatz, Systemimmanente Grenzen politischer Planung i n der B R D — Z u m Problem von Strukturinnovationen i m Bereich der Bundesregierung und Bundesverwaltung, PVS 1972, Sonderheft 4, S. 153 ff.; D. A . Schon, Die lernende Gesellschaft, Neuwied 1973, S. 120 ff.; D. Aderhold, Kybernetische Regierungstechnik i n der Demokratie, München 1973, S. 81 ff., 294 ff., 312 ff. 40

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steigert werden, wenn die auf dieser Grundlage ergehenden Personalentscheidungen auch die Fortbildung als Steuerungsmittel einbeziehen. I n vielen Fällen werden die Urteilsergebnisse, zumal wenn Eignungsund Leistungsmängel festgestellt sind, Aufschluß darüber vermitteln, i n welcher Richtung und mit welchem Ziel Fortbildungsmaßnahmen angezeigt sind; solche Maßnahmen einzuleiten, gebietet häufig schon die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Ganz allgemein kann das Instrument der Fortbildung wesentlich dazu beitragen, daß der i n einem reformierten Dienstrechtssystem vorgesehene Sanktionsmechanismus zu sachgerechten und sozial vertretbaren Ergebnissen führt. Schon das gegenwärtige Verfahren, überdurchschnittliche Leistungen und nachgewiesene Befähigung zu höherwertigen Funktionen durch Beförderung oder Aufstieg zu honorieren 41 , erfordert Fortbildungsveranstaltungen, die zur Sicherung der Chancengleichheit allen für eine Förderung i n Betracht kommenden Anwärtern offen stehen sollten. Dies gilt i n verstärktem Maße, wenn, wie von der Reformkommission vorgeschlagen, der Sanktionsrahmen erweitert und die zusätzliche Möglichkeit eröffnet wird, positive Leistungen durch Gehaltszulagen anzuerkennen 42 und auf unzureichende Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen m i t der Übertragung geringerwertiger Dienstposten oder m i t der Verzögerung des Aufsteigens i m Gehalt zu reagieren 43 . Negative Sanktionen so einschneidender A r t sollten nur subsidiär zum Zuge kommen, nachdem alle Möglichkeiten, sie zu vermeiden, ausgeschöpft sind; dazu gehört insbesondere das Angebot von Fortbildungseinrichtungen, durch deren Inanspruchnahme Leistungsmängel ausgeglichen werden können. Da die beruflichen Anforderungen der Dienstposten den Bildungsbedarf bestimmen, sind sie auch der Maßstab für die inhaltliche Gestaltung der Fortbildungsprogramme. Die Erarbeitung praxisnaher, auf die Bedürfnisse der einzelnen Dienstposten abgestellter FortbildungsCurricula setzt daher voraus, daß über die Funktionsbereiche, ihre Schwierigkeitsgrade und die daraus abzuleitenden Qualifikationsanforderungen aussagefähige und hinreichend differenzierte Unterlagen zur Verfügung stehen. Die Realisierung des Reformvorschlags, durch systematische Arbeitsplatzbeschreibungen und Funktionsanalysen die A n forderungsprofile der Funktionsgruppen und der zugehörigen Dienstposten zuverlässig zu ermitteln, erweist sich damit auch unter dem Aspekt der Fortbildung als eine wesentliche Vorbedingung rationaler Personalsteuerung. Da solche Funktionsanalysen sich zur Zeit noch i m 41

Beförderung und Aufstieg sind nicht „Belohnungen" für i n der Vergangenheit erbrachte Leistungen; diese begründen n u r die Erwartung, daß der Geförderte auch zur Wahrnehmung der höherwertigen F u n k t i o n fähig sein w i r d . 42 Kommissionsbericht Tz 686 ff. 43 Kommissionsbericht Tz 671 ff., 690.

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Entwicklungsstadium befinden 44 , begegnet eine praxisnahe Gestaltung der Fortbildungsprogramme i n der öffentlichen Verwaltung einstweilen erheblichen Schwierigkeiten. IX. Die Reformbestrebungen i n der öffentlichen Verwaltung gründen sich auf die allgemeine Einsicht, daß die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Systems nur durch seine ständige Anpassung und Modernisierung auf die Dauer gewährleistet werden können. Inwieweit es dem Staat gelingt, Binnenstabilität und Kontinuität m i t Reaktionsfähigkeit und Gestaltungskraft zu verbinden, hängt entscheidend von der Qualität seiner administrativen Führungskräfte ab: da sie die Entscheidungen der politischen Willensträger vorbereiten und maßgeblich beeinflussen, zudem die Hauptverantwortung für den sachgerechten Vollzug des verfassungsmäßig gebildeten Staatswillens tragen, sind sie es, die die Staatsgewalt i n vorderster Linie zu legitimieren haben. Für diese Gruppe, die nach der herkömmlichen Laufbahngliederung dem höheren Verwaltungsdienst zuzurechnen sind, stellt sich das Fortbildungsproblem m i t besonderer Dringlichkeit, zumal ihre Ausbildung den Ansprüchen einer modernen Leistungsverwaltung nur unzureichend gerecht wird. Als Mangel w i r d empfunden, daß die Vorbildung des höheren Dienstes stärker auf Rechtswahrung und Systemsicherung als auf Problemlösung, Zweckrationalität und Zukunftsgestaltung abgestellt ist und wichtige, für heutiges Verwaltungshandeln unentbehrliche Wissensgebiete, namentlich aus dem sozial- und betriebswirtschaftlichen Bereich, nicht genügend berücksichtigt 45 . Der spezifische Fortbildungsbedarf des höheren Dienstes ist auch eine Funktion des schnellen wissenschaftlich-technischen Fortschritts; denn eine Berufstätigkeit, die sich i n erster Linie auf akademische Vorbildung gründet und dem Veralten früher erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten i n besonderem Maße ausgesetzt ist, bedarf, um den Anforderungen des Tages gewachsen zu bleiben, der ständigen Aktualisierung des Wissens und Könnens i n größerem Ausmaß als Berufe, i n denen Erfahrungen der praktischen Arbeit Vorbildungsmängel leichter ausgleichen.

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Kommissionsbericht Tz 460. Vgl. hierzu G. B r i n k m a n n / W . Pippke/W. Rippe, Die Tätigkeitsfelder des höheren Verwaltungsdienstes, Arbeitsansprüche, Ausbildungserfordernisse, Personalbedarf, Bericht der Forschungsstelle f ü r Empirische Sozialökonomie i n Köln, Nr. 2339 der Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen, Opladen 1973, S. 346 ff.; G. B r i n k m a n n , Generalisten u n d Spezialisten, Die Zeit 1973 Nr. 44, S. 32. 45

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X. Inhalt, Niveau und Qualität der Fortbildung des höheren Dienstes werden von den an i h n gestellten Berufsanforderungen bestimmt. Eine umfassende Fortbildungsplanung w i r d dadurch erschwert, daß auch hier zuverlässig ermittelte Anforderungsprofile noch nicht zur Verfügung stehen. Dieses Hemmnis t r i f f t i n erster Linie den (allerdings weitgepannten) Komplex der funktionsspezifischen Berufsanforderungen, die i n den einzelnen Verwaltungszweigen (etwa i n der Polizei, i n der Steuerverwaltung, i m Sozialbereich) zur Erfüllung der hier anfallenden Spezialfunktionen gestellt werden und für diese Fachressorts mehr oder weniger typisch sind 4 6 . Für diese hochdifferenzierten Anforderungsbereiche sind sachdienliche generelle Aussagen über Fortbildungsinhalte und -ziele einstweilen kaum möglich. Die Fortbildung der Spezialisten steht daher hier nicht zur Erörterung. Bei aller Vielfalt der administrativen Aufgaben gibt es aber bestimmte allgemeine Sachbereiche, die Leistungsansprüche an alle Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes, gleich welcher Fachrichtung, stellen; m i t diesen, i m wesentlichen gleichartigen Berufsanforderungen ist der höhere Dienst generell konfrontiert, und zwar auch dann, wenn die Anforderungen auf einem Gebiet liegen, das nicht zum eigentlichen Ressortbereich gehört. Eine Fortbildung, die sich vornehmlich an diesen funktionsübergreifenden Berufsanforderungen orientiert, dient der Aktualisierung und Förderung der i m höheren Dienst allgemein benötigten Grundlagenkenntnisse und -fähigkeiten. Den Ausbau der Fortbildungsprogramme vorerst auf die „Allgemeinbildung" des höheren Dienstes zu konzentrieren und hier verstärkt voranzutreiben, ist namentlich deshalb erwünscht, weil mit der fortschreitenden A r beitsteilung und Funktionsdifferenzierung i n der öffentlichen Verwaltung zwar die Anforderungen auf den Gebieten des speziellen Fachwissens zunehmen, zugleich aber die Einordnung dieses Fachwissens i n größere Zusammenhänge und der Gesamtüberblick erschwert werden; damit steigt der Bedarf an administrativer Allgemeinbildung, die überhaupt erst zum richtigen Einsatz der Spezialkenntnisse befähigt. Den vielfältigen interfunktionalen Zusammenhängen, welche die Aktivitäten der Einzelressorts miteinander verbinden, kann der einseitige Spezialist m i t begrenztem Fachwissen nicht gerecht werden; auch die Sonderverwaltungen sind auf umfassend gebildete Mitarbeiter angewiesen, die über ihren engeren Funktionsbereich hinaus zu mehrdimensionaler Problemsicht fähig sind, die externen Einflüsse und Effekte ihrer Tätigkeit beurteilen und i n ihre Erwägungen und Handlungen einbeziehen 46 Vgl. hierzu u n d zum folgenden: G. B r i n k m a n n / W . Pippke/W. Rippe, a.a.O., S. 93 ff.

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können. Dem zunehmenden, verwaltungspolitisch bedenklichen Trend zu übermäßiger Berufsspezialisierung 47 sollte systematisch mit Fortbildungsmaßnahmen entgegengewirkt werden, die geeignet sind, die generelle Fungibilität der Angehörigen des höheren Dienstes nachhaltig zu steigern. Das Schwergewicht der funktionsüberschreitenden Arbeitsgebiete, die alle Führungskräfte der Verwaltung, wenn auch m i t unterschiedlicher Intensität, i n Anspruch nehmen, liegt i m Bereich der verwaltungsinternen Grundfunktionen, deren Wahrnehmung eine instrumentale Voraussetzung dafür ist, daß die eigentlichen Staatsaufgaben — die der Bürgerschaft geschuldeten Dienste und Leistungen — administrativ überhaupt erfüllt werden können. Empirische Untersuchungen über die Qualifikationsanforderungen i m öffentlichen Dienst haben ergeben, daß zu den funktionsüberschreitenden Sachgebieten, m i t denen der höhere Dienst laufend haupt- oder (überwiegend) nebenamtlich befaßt ist, vor allem Organisation, Personalwesen und Haushalt gehören 48 . Unverkennbar sind die Bedeutung, der Schwierigkeitsgrad und damit auch die Berufsanforderungen gerade dieser kompakten Arbeitsgebiete beträchtlich gestiegen, vor allem unter dem Einfluß der Aufgabendifferenzierung, der sich verschärfenden personellen und finanziellen Engpässe und des dadurch ausgelösten Rationalisierungsdrucks. Von den Angehörigen des höheren Dienstes aller Verwaltungszweige werden ausreichende Grundkenntnisse und entsprechende Anwendungsfähigkeiten insbesondere i n den folgenden (hier nur beispielhaft skizzierten 49 ) Sach- und Wissensgebieten gefordert: — i m Organisationsbereich: Grundzüge der behördlichen Aufbau- und Ablauforganisation und Sachmittelausstattung, Geschäftsverteilung, Funktionszuteilung, Arbeitsplatzbeschreibung und Dienstpostenbewertung, Methoden und Instrumente der Informationsbeschaffung und -Verarbeitung, des Planungs- und Entscheidungs Verfahrens, der Erfolgskontrolle und der Rationalisierung der Arbeitsvorgänge; — i m Personalbereich: Grundzüge des Dienstrechtssystems, Personalauswahl und Personalsteuerung, Beurteilungs- und Bildungswesen, 47 Z u den Konsequenzen einer Fortdauer des gegenwärtigen Spezialisierungstrends f ü r die S t r u k t u r des öffentlichen Dienstes: N. Luhmann, S. 233 ff. Z u r Bedeutung einer möglichst breitangelegten Aus- u n d Fortbildung: H. Rühle von Lilienstern, Produktivitätssteigerung durch systematische Aus- u n d Fortbildung, B e r l i n 1973, S. 24 ff., 32 ff. 48 G. Brinkmann/W. Pippke/W. Rippe, S. 93 ff., 104 ff., 142 ff. 49 Eingehender hierzu (unter dem Aspekt einer Zusammenfassung v e r w a l tungsrelevanter Teildisziplinen zu einer umfassenden Verwaltungswissenschaft) P. Eichhorn, Was die Ökonomen ignorieren, Wirtschaftswoche 1973 Nr. 22, S. 36 ff. ; vgl. auch R. Reinhart, Fortbildung i n der öffentlichen V e r w a l tung, DVB1.1973, S. 111 ff.

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Personalführung, Kommunikation, Information und Motivation, soziale Integration, Personal Vertretung; — i m Haushaltsbereich: Grundzüge des Finanz- und Haushaltsrechts, Bedarfsermittlung, Mittelbewirtschaftung und -kontrolle, Beschaffungswesen, Verfahren zur Messung und Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Produktivität. Die Sachgebiete der drei Bereiche stehen, wie dieser kursorische Überblick erkennen läßt, i n engem Komplementärzusammenhang, der bei der Programmgestaltung der Fortbildung zu berücksichtigen ist. Allgemeine Berufsanforderungen an den höheren Verwaltungsdienst i n allen Verwaltungszweigen ergeben sich ferner daraus, daß die öffentliche Verwaltung bei der Erfüllung ihrer Sachaufgaben die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen ihres Handelns i n Rechnung stellen muß 5 0 . M i t der Intensivierung des Staatseinflusses auf die gesamtwirtschaftliche und sozialstrukturelle Entwicklung haben die damit i m Zusammenhang stehenden sozioökonomischen Probleme, die politischen Implikationen des Verwaltungshandelns, die ökonomischen und gesellschaftlichen Prämissen, Funktionalbeziehungen und Konsequenzen staatlicher A k t i v i t ä t für nahezu alle öffentlichen Funktionen eine solche Bedeutung gewonnen, daß die Führungskräfte der Verwaltung, u m diese Zusammenhänge berücksichtigen zu können, m i t den externen Rahmenbedingungen wirksamen Verwaltungsvollzugs hinreichend vertraut sein müssen. Auch die erforderliche Wahrnehmung der Integrationsfunktion — Kommunikation mit der Bürgerschaft, Öffentlichkeitsarbeit u. dgl. — verlangt von ihnen wirtschaftliches und soziales Problembewußtsein und Einsicht i n die Umweltfaktoren, die das Verwaltungshandeln bestimmen und begrenzen. Der Vorschlag, die Fortbildung des höheren Dienstes i n diesen funktionsübergreifenden Bereichen zu intensivieren, steht i m Einklang m i t den i n der deutschen Verwaltung bereits entwickelten Fortbildungsprogrammen, die ausbaufähige Ansätze in dieser Richtung erkennen lassen 51 . XI. Aus den Berufsanforderungen sind die Fortbildungsinhalte und i m Rahmen der konkreten Programmgestaltung die Fortbildungsziele abzuleiten und so zu definieren, daß der angestrebte Fortbildungserfolg, 50

Ähnlich G. B r i n k m a n n / W . Pippke/W. Rippe, S. 118 ff. Vgl. ζ. B. das Jahresarbeitsprogramm 1973 der Bundesakademie für öffentliche V e r w a l t u n g (Verwaltung und Fortbildung 1973, Heft 1, S. 21 ff.); E n t wicklungsplan der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 1974 bis 1979, Speyer 1973 (Manuskript). 51

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die A r t der zu fördernden Kentnisse und Fähigkeiten und die i n diesem Rahmen zu erreichende Intensitätsstufe der Fortbildung klar umschrieben werden 5 2 . Das Erfordernis, die Gestaltung der Fortbildungsprogramme nach der Lehr- und Lernintensität zu differenzieren, folgt aus der unterschiedlichen Reichweite und Tiefenschärfe der Qualifikationsanforderungen; sie hängen ab von dem Aufgabengebiet der Behörde, ihrer Struktur und ihrer Stellung i m Verwaltungsaufbau, von der Vorbildung und Funktion des Fortzubildenden, von seiner Stellung i n der behördlichen Hierarchie und ähnlichen Merkmalen 5 3 . Das komplexe Zielsystem der Fortbildung läßt sich dadurch strukturieren und übersichtlicher gestalten, daß die wichtigsten Qualifikationen, die lehrund lernbar sind, nach Hauptkategorien klassifiziert werden. Als nützlich erweist sich die gegenständliche Unterteilung i n technisch-administrative, strategisch-konzeptionelle und soziale oder kommunikative Kenntnisse und Fähigkeiten. Diese Qualifikationsgruppen sind jedoch nicht austauschbar, sondern aufeinander bezogen und prinzipiell gleichwertig; unbeschadet einer funktionsbedingten Intensitätsdifferenzierung ergibt erst ihre Kombination das vollständige B i l d der von den Angehörigen des höheren Verwaltungsdienstes geforderten Befähigung. Der Förderung der administrativen und konzeptionellen Qualifikationen dient vor allem die Vermittlung oder Ergänzung des zur Funktionsausübung benötigten Wissens und des intellektuellen Vermögens, dieses Wissen funktionsgerecht einzusetzen und zu verwerten. I m Vordergrund der Förderung kognitiver Fähigkeiten steht die Wissensvermittlung i m interdisziplinären Bereich, namentlich i n den Grenzgebieten der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, wobei auch hier zu berücksichtigen ist, daß der Wert positiven Tatsachenwissens relativ zurücktritt gegenüber dem zunehmenden Bedarf an methodischen und systemtheoretischen Grundeinsichten und Anwendungsfähigkeiten. Eine moderne Verwaltung, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben sich den wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungs- und Erfahrungsfortschritt nutzbar machen muß, ist auf Personalkräfte angewiesen, die in ihrem Funktionsbereich die heute verfügbaren Methoden, Verfahren und Techniken zur Optimierung der Informationsvorgänge, Entscheidungsprozesse und Arbeitsabläufe anzuwenden verstehen. Diese Anforderungen richten sich nicht nur an die Spitzenkräfte, sondern an alle Bediensteten, die unmittelbar mit Informations- und Entscheidungsvorgängen verantwortlich befaßt sind. Da diese Vorgänge, namentlich i n der planenden und leistenden Verwaltung, i n der Regel durch hohe Komplexität der Sachverhalte und Zusammenhänge gekenn52 R. Th. Stiefel, Bestimmung der Lehrziele i n der Management-Schulung, RKW-Schriftenreihe Lernen u n d Leistung, Frankfurt 1973, S. 9 ff. 53 Ä h n l i c h G. B r i n k m a n n / W . Pippke/W. Rippe, S. 28 ff.; R. Th. Stiefel, S. 18 ff., 26 ff.

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zeichnet sind, erfordert ihre Beherrschung eine Vielfalt von aufeinander abzustimmenden Einzelinformationen und Spezialkenntnissen, die überwiegend nur den Funktionseinheiten an der Basis zur Verfügung stehen, von den vorgesetzten Stellen, geschweige von einer Einzelperson i n der Behördenleitung aber vielfach nicht mehr i n vollem Umfange erfaßt und zu problemgerechten Entscheidungen verarbeitet werden können 5 4 . Infolgedessen verlagert sich der Entscheidungsprozeß von der formell allein zuständigen Spitze zunehmend auf alle i m Informations-und Entscheidungssystem vereinigten Funktionen: innerhalb des Rahmens, der durch die parlamentarisch-demokratisch fixierten Aufgabenziele gesteckt ist, w i r d auch i n der öffentlichen Verwaltung das Verfahren der Einzelzielbestimmung und der Entscheidungsfindung praktisch i n einem arbeitsteiligen Verbund vollzogen, an dem die sachkomponenten Mitarbeiter, wenn auch m i t unterschiedlichem Gewicht, verantwortlich beteiligt sind 5 5 . Daher muß auch von ihnen die fachliche Qualifikation gefordert werden, die zur Teilnahme an einem dergestalt gebündelten Informations- und Entscheidungsprozeß legitimiert; dazu gehört insbesondere die Fähigkeit, reale Entscheidungssituationen des Funktionsbereichs zu analysieren, Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, Einflußfaktoren, Prämissen und Wirkungen (auch externe Effekte) von Entscheidungsalternativen zu erfassen und die so gewonnenen Informationen an den vorgegebenen oder zu entwickelnden Entscheidungskriterien zu messen. Den Spitzenkräften verbleibt i n einem solchen multifunktionalen Informations- und Entscheidungssystem die Aufgabe, den Ablauf der Prozesse zu planen, zu organisieren, zu koordinieren und zu überwachen, insbesondere dem System Aktionsimpulse zu vermitteln und übergreifende operationale Ziele zu definieren, an denen die M i t arbeiter ihre Initiativen und Aktivitäten orientieren können. Hierzu bedarf es vor allem konzeptioneller Fähigkeiten; von den Führungskräften w i r d insbesondere die Fähigkeit erwartet, aus Wissen, Erfahrung und Intuition innovatorische Ideen und Problemlösungsstrategien zu entwickeln und sie nach Durchlaufen eines sorgfältigen Läuterungsprozesses innerhalb des arbeitsteiligen Systems bis zur Realisierungsreife voranzutreiben. Auch die Bewältigung solcher Führungsaufgaben ist grundsätzlich lehr- und lernbar und kann daher durch berufsbegleitende Fortbildung entwickelt oder gefördert werden 5 6 . 54 F. W. Scharpf, K o m p l e x i t ä t als Schranke der politischen Planung, PVS 1972, Sonderheft 4, S. 173. 55 E. Witte, Phasentheorem und Organisation komplexer Entscheidungsverläufe, ZfbF 1S68, S. 644 ff.; K . Bleicher, S. 61 ff.; U. Becker, Z u r Veränderung der S t r u k t u r der Verwaltung, Die V e r w a l t u n g 1970, S. 416; E. Guilleaume, Demokratisierung der Personalpolitik i n der öffentlichen Verwaltung, Die V e r w a l t u n g 1971, S. 182; I I . Rühle von Lilienstern, S. 19; K . Seemann, Managementprobleme f ü r die politische F ü h r u n g i n der industriellen Gesellschaft, K ö l n 1973, S. 61 ff. (Matrix-Management f ü r funktions- u n d ressortübergreifende Aufgaben).

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XII. Unter dem Aspekt einer Dienstrechtsreform, die eine funktions- und leistungsorientierte Personalsteuerung anstrebt, erhält die Förderung der kommunikativen Fähigkeiten einen hohen Stellenwert, zumal die Vorbildung des höheren Dienstes seinen Angehörigen zur Bewältigung der verwaltungsinternen Personalführungsaufgaben und zur funktionsgerechten Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen i m administrativen System nur unzulängliche Hilfen bietet. Gerade i n diesem Bereich haben aber die Berufsanforderungen i m Laufe der Zeit sich grundlegend gewandelt und an Schwierigkeit zugenommen. Verwaltungseinheiten stellen nicht nur technisch-administrative, nach ökonomisch-rationalen Kriterien zu steuernde Leistungsträger dar, sondern auch soziale Systeme, zu deren Führung und Gestaltung spezifische Eigenschaften, Einstellungen und Verhaltensweisen gefordert werden. Diese Ansprüche richten sich nicht nur an die Spitzenkräfte, sondern an alle Ebenen der Hierarchie, die mit Personalführungsaufgaben unmittelbar befaßt sind 5 7 . Ein Führungsverhalten, das sowohl dem erhöhten Schwierigkeitsgrad der administrativen Funktionsanforderungen und zugleich den Ansprüchen und Erwartungen der Mitarbeiter gerecht werden w i l l , setzt entsprechendes Führungswissen und damit auch Kenntnisse und Fähigkeiten in Disziplinen voraus, deren führungsmethodische Relevanz durch neuere Forschungsergebnisse und Erfahrungen abgesichert, i n der öffentlichen Verwaltung aber vielfach noch nicht hinreichend gewürdigt ist. Erfolgreiche Personalführung erfordert insbesondere Grundkenntnisse über die sozialpsychologischen Wirkungszusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten i m Bereich des menschlichen (individuellen und gruppenmäßigen) Verhaltens und über die Einflußfaktoren persönlicher Leistungen, ihrer Intensität und Effizienz, sowie ein von diesen Einsichten geleitetes Führungsverhalten, das den organisationssoziologischen und psychologischen Bedingungen entspricht, unter denen von den Mitarbeitern die geforderten Leistungsbeiträge erwartet werden können 5 8 . Die Führungsaufgabe kann um so wirksamer erfüllt werden, je mehr es gelingt, die Verwirklichung der funktionalen Lei56 F. Wilkenloh, Verwaltungsführung i m Wandel, Bad Godesberg 1971, S. 13; S. Faßbender, Wie lehrt u n d lernt m a n Management?, F r a n k f u r t 1973, S. 36 ff. 57 R. Höhn, V e r w a l t u n g heute — Autoritäre Führung oder modernes Management, Bad Harzburg 1970, S. 178 ff., S. 393 ff.; H. Lecheler, Personalpolitik u n d Personalführung i n der öffentlichen Verwaltung, Bad Godesberg 1972, S. 74; F. Wilkenloh, S. 12. 58 J. Berthel, Determinanten menschlicher Leistungseffizienz i m Betrieb — Ergebnisse neuerer Forschungen, Z f b F 1973, S. 383 ff.; H. Burgard, Materielle und immaterielle Bedingungen der Motivation von Führungskräften, Z f B 1973, S. 405 ff.

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stungsziele m i t der Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse der M i t arbeiter i n Übereinstimmung zu bringen. Daß mit autoritären Führungsmethoden eine Harmonisierung von persönlicher Motivation und funktionalen Erfordernissen nicht mehr erreicht werden kann, bestätigen die Erfahrungen i n der Wirtschaft 5 9 ; insbesondere der Einsatz moderner Instrumente und Entscheidungshilfen, der erhöhte Bedarf an qualifizierten Spezialisten und der Wandel i n den persönlichen Einstellungen und Werthaltungen haben zur Entwicklung neuerer Führungsmodelle und zur Anpassung der Organisations· und Motivationsstrukturen geführt. Auch i m öffentlichen Bereich, namentlich i n der Leistungsverwaltung, begünstigen die fortschreitende Arbeitsteilung, die Komplizierung der Verwaltungsvorgänge und der Wandel der öffentlichen Aufgaben die Tendenz, das herkömmliche Modell der Befehlshierarchie durch Organisations- und Führungsmethoden aufzulockern, die stärker auf Dezentralisation, Zusammenarbeit, Informationsaustausch und Transparenz ausgerichtet sind 6 0 . Diese Entwicklung kommt auch dem emanzipatorischen Trend unserer Zeit entgegen. Sie trägt dem gewandelten Selbstverständnis der Mitarbeiter Rechnung und eröffnet ihnen größere Chancen zu individueller Entfaltung, M i t verantwortung, Bewährung und sozialer Anerkennung; die Erweiterung des beruflichen Bewegungsspielraums erleichtert es ihnen, Anpassungsfähigkeit und schöpferische Initiativen zu entwickeln und sich m i t den ihnen übertragenen Aufgaben persönlich zu identifizieren. Für die Verwaltung bedeutet dies ein Gewinn an Leistungs- und Innovationspotential; denn ein Führungssystem, das durch Beteiligung der kompetenten Mitarbeiter an der administrativen Verantwortung deren Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen stärker aktiviert, andererseits die Leitungsorgane von delegierbaren Funktionen entlastet und sie zur Wahrnehmung ihrer eigentlichen Führungsaufgaben besser befähigt, verbreitert die Informationsbasis für die behördliche Willensbildung, steigert die Realitätsnähe, Treffsicherheit und Effizienz des Verwaltungshandelns und w i r d damit den schwieriger, komplexer und unübersichtlicher gewordenen Aufgaben der modernen Verwaltung eher 59 Vgl. die Literaturhinweise bei K . Bleicher, Führungsstile, Führungsformen u n d Organisationsformen, ZfO 1969, S. 31 ff.; E. Gaugier, Elemente des kooperativen Führungsstils, in: E. Gaugier (Hrsg.), Verantwortliche Betriebsführung, Stuttgart 1S69, S. 114 ff.; H. J. W i l l , Moderne Unternehmensführung, Z f B 1970, S. 359 ff.; J. W i l d , S. 49 ff.; ferner: K . Gscheidle, Das Führungskonzept i m gegenwärtigen Jahrzehnt, IBM-Nachrichten 1972, Nr. 209, S. 3 ff.; K . H. Biedenkopf, Aspekte zukünftiger Führungsformen, IBM-Nachrichten 1972, Nr. 213, S. 381 ff.; E. Roth, Management morgen, IBM-Nachrichten 1973, Nr. 216, S. 657 ff. 60 Vgl. die Literaturhinweise bei H. Schönfelder, Hierarchie u n d Management i m Wandel der öffentlichen Verwaltung, Bad Harzburg 1972, S. 167 ff. u n d Führung zwischen T r a d i t i o n u n d Innovation, DVB1. 1972, S. 937; ferner bei H. Lecheler, S. 71 ff.

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gerecht. Hinzu kommt, daß die Partizipation der Mitarbeiter an Entscheidungen, die sich selbst auszuführen haben, i n der Regel nicht nur deren Qualität erhöht, sondern auch ihre Durchführung erleichtert. Einschränkend ist hier darauf hinzuweisen, daß die Mannigfaltigkeit der öffentlichen Aufgaben eine differenzierte Organisation erfordert und auch für den Führungsstil kein allgemeingültiges Schema zuläßt; unterschiedliche Funktionen und Arbeitsbedingungen erfordern die ihnen entsprechenden Organisationsstrukturen, Führungsmethoden und Steuerungsmittel 6 1 . So werden standardisierte und repetetive Routinefunktionen organisatorisch und führungsmäßig anders zu behandeln sein als etwa die Lösung komplexer Planungsaufgaben oder kreative Arbeitsprozesse i n interfunktional zusammengesetzten Gruppen. Zu berücksichtigen ist auch, daß die Übertragbarkeit von Organisations- und Führungsmodellen aus dem Unternehmensbereich i n den Verfahrensregeln der parlamentarischen Demokratie ihre Grenze findet. Unbeschadet dieser Vorbehalte ist jedoch unverkennbar, daß eine Auflockerung des direktiven Führungsstils sich i n weiten Bereichen der öffentlichen Verwaltung immer stärker durchsetzt. Dieser Entwicklung muß die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes entgegenkommen. Denn kooperativ strukturierte Führungssysteme stellen an alle Beteiligten höhere Anforderungen als traditionelle, primär auf Befehl und Gehorsam gegründete Organisationen. Da Reformen dieser A r t auch die persönlichen Einstellungen der Betroffenen stark berühren und daraus Ubergangsschwierigkeiten erwachsen können, ist ihre Verwirklichung insofern ein Aufklärungs- und Bildungsproblem. Sie ist damit auch Gegenstand der Fortbildung, die entscheidend dazu beitragen kann, das Verständnis für die spezifischen Funktionsbedingungen moderner Organisations- und Führungssysteme und die Entwicklung eines entsprechenden Führungsverhaltens zu fördern. Von allen Angehörigen der Verwaltung w i r d — das liegt i m Wesen dieser Systeme — die Bereitschaft zur loyalen innerbehördlichen Kommunikation gefordert, zudem i n verstärktem Maße Selbständigkeit, I n i tiative, Offenheit und Anpassungsfähigkeit, ferner Beherrschung der wichtigsten Kommunikationstechniken und die Fähigkeit, kooperative Organisationsformen und Arbeitsvorgänge mitzugestalten. Besonders hohe und vielfach ungewohnte Anforderungen stellen kooperative Systeme aber an die Führungskräfte selbst: Information, Überzeugung und Motivation sind als Führungsinstrumente schwieriger zu handhaben und intellektuell anspruchsvoller als Anweisungen, Appelle an die Disziplin oder der Rückzug auf die formale Autorität. Ohnehin ist die dem traditionellen Bürokratiemodell zugrundeliegende Annahme eines präsum61

H. Lecheler, S. 81; E. Laux, Managementmodelle f ü r die öffentliche V e r waltung? DVB1.1972, S. 167 ff.

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tiven Informationsvorsprungs des Vorgesetzten durch die Entwicklung überholt. U m die Mitarbeiter zu selbständigem, kritischem und schöpferischem Mitdenken und Mitgestalten ermutigen und bewegen zu können, hat der Vorgesetzte seinerseits entsprechende, auf Einsicht gegründete Vorleistungen zu erbringen; so w i r d von i h m die Bereitschaft erwartet, sich dem Zwang zur Argumentation mit den sachverständigen Mitarbeitern zu unterwerfen, sich ihrer K r i t i k zu stellen und die Entscheidungsvorbereitung als einen kooperativen Such- und Lernprozeß zu gestalten, ohne die aus der funktionalen Sachkompetenz und Letztverantwortung abgeleitete Autorität zu gefährden. Das eigentliche Element und die wichtigste Funktionsbedingung der verwaltungsinternen Kommunikation und Zusammenarbeit ist das Führungsinstrument der Information 6 2 . Zu den vorrangigen und zugleich schwierigsten Aufgaben der Personalführung gehört deshalb die Sorge für den reibungslosen Fluß der funktionsrelevanten Informationen, der so zu organisieren ist, daß die Fülle der anfallenden Daten zu nützlichen Entscheidungsgrundlagen verarbeitet werden kann und alle am Verwaltungshandeln unmittelbar Beteiligten über die zur Funktionsausübung benötigten Wissensgebiete (Sachverhalte, Zusammenhänge, Tendenzen) richtig, zur rechten Zeit und zweckmäßig orientiert werden; nur durch ein solches Kommunikationssystem werden die einzelnen Teilfunktionen so miteinander verknüpft, daß sie durch informatorische Regelung und Rückkoppelung wirksam gesteuert und kontrolliert werden können. Insbesondere erfordert eine Dezentralisation der innerbehördlichen Willensbildung, etwa i n der Form der Führung durch Zielvorgabe oder Delegation von Verantwortung, ein funktionierendes System des wechselseitigen Informationsverbundes; denn für den Vorgesetzten bedeutet der Verzicht, durch Einzelinterventionen i n den Funktionsbereich des dafür i n der Regel sachlich kompetenteren Mitarbeiters einzugreifen, prinzipiell erhöhte Verantwortung für Information, Koordination und Kontrolle. Zur Informationspflicht gehört vor allem die Konkretisierung der operationalen Leistungsziele und der zu ihrei Realisierung gestellten Aufgaben, da ohne klare Umschreibung des Delegationsbereichs die Verantwortung nicht lokalisiert, die Leistungen und Leistungsergebnisse nicht persönlich zurechenbar gemacht werden können 6 3 . Die i n diesem Zusammenhang von der Reformkommission geforderten Verfahren der Dienstpostenbeschreibung und Funktionsanalyse 64 erweisen sich gerade 62 P. Lindemann, A u s w i r k u n g der modernen Informationstechnik auf die Unternehmensführung, i n : H. Koller/H. P. Kicherer (Hrsg.), Probleme der U n ternehmensführung, München 1971, S. 92 ff.; G. Hum, Organisation der I n f o r mationsvermittlung, ZfO 1973, S. 209 ff.; J. Wild, S. 51 ff. 63 E. Gaugier, S. 123; H. Schönfelder, Führung zwischen Tradition u n d I n n o vation, DVB1.1972, S. 940 f. 4 Kommissionsbericht Tz , 60.

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auch unter dem hier erörterten führungsmethodischen Aspekt als eine wesentliche Erfolgsbedingung fortschrittlicher Organisationsgestaltung. A u f ihre Realisierung ist der höhere Verwaltungsdienst noch nicht vorbereitet 6 5 . Das gilt auch für ein anderes wichtiges Instrument der kooperativen Personalsteuerung, die Verwendungsbeurteilung und Leistungsbewertung 6 6 . Die große Bedeutung eines überzeugenden und aussagefähigen Beurteilungsverfahrens für die innerbehördliche Zusammenarbeit und die Leistungsmotivation rechtfertigt auch die beträchtlichen A n strengungen, die mit der Entwicklung eines solchen Verfahrens verbunden sein werden; denn seine Einführung bedeutet nicht nur den technischen Ersatz der gegenwärtig praktizierten Methode durch eine neue, sondern erfordert auch eine Umstellung derjenigen, die sie handhaben sollen, m i t h i n für die Führungskräfte einen Lernprozeß. Nach dem kooperativen Führungskonzept sollen sich die verwaltungsinternen Personalbeziehungen, insbesondere zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, zu einem partnerschaftlichen und weitgehend versachlichten Verhältnis von korrespondierenden Rechten und Pflichten entwickeln, das i n eine offene, von gegenseitigem Vertrauen getragene Leistungsgemeinschaft eingeordnet ist. Da die Funktionsfähigkeit eines so gearteten Systems wesentlich von der Integrität der zwischenmenschlichen Beziehungen und dem personellen Zusammenhalt seiner Angehörigen abhängt, für die der Beruf i n der Regel der zentrale Lebensbereich ist, stellt die Pflege dieser Beziehungen eine weitere wichtige Führungsaufgabe dar, die mit zunehmender Spezialisierung der Arbeitsvorgänge, steigenden Berufsanforderungen und wachsendem Selbstbewußtsein der Mitarbeiter noch an Bedeutung gewinnen wird. I n einem betont funktions- und leistungsorientierten System kann die Konfrontation der Funktionserfordernisse und der Personalbedürfnisse — etwa beim Vollzug administrativer Reformmaßnahmen — verwaltungsinterne Interessenkonflikte auslösen, zu deren Ausgleich eine Atmosphäre des gegenseitigen Verständnisses und des allgemeinen Solidarbewußtseins entscheidend beitragen kann 6 7 . Durch systematische Förderung der sozialen Integration kann auch einer Ubersteigerung des Leistungsdrucks entgegengewirkt, können Spannungen zwischen konkurrierenden Mitarbeitern leichter neutralisiert werden. Die Führungsverantwortung für die Sicherung des Betriebsfriedens und der inneren Ordnung umfaßt ferner die Verpflichtung, zur Vorbeugung und Beilegung interpersonaler Konflikte und zur Abwehr von Außenstörungen Verfahrens- und Verhaltens65

Kommissionsbericht Tz 460. Kommissionsbericht Tz 449 ff. 67 Vgl. hierzu F. Fürstenberg, Soziologische Aspekte des technischen F o r t schritts i n der Wirtschaft, IBM-Nachrichten 1972, Nr. 210, S. 92 f.; G. Hartfiel, Der Mensch als „Systemelement" oder „ H e r r des Systems", soziologische A n merkungen zum systemorientierten Ansatz i n der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre, ZfO 1973, S. 129 ff. 66

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regeln zu entwickeln, die für alle Führungskräfte verbindlich sind, daher von ihnen beherrscht werden müssen. Auch hierzu kann die Fortbildung einen nützlichen Beitrag leisten. I m ganzen ist das staatliche Organisations- und Führungssystem — trotz unverkennbarer Modernisierungserfolge i m einzelnen — noch stark von Relikten aus der reinen Hoheitsverwaltung durchsetzt, die den öffentlichen Dienst hindern, sein Leistungs- und Produktivitätspotential voll zu entfalten. Soweit dieser Anpassungsrückstand auf ungenügender Entwicklung des hier investierten „Geistkapitals" beruht, kann er durch eine systematische Fortbildung abgebaut werden, deren Programm den Instrumenten und Methoden moderner Verwaltungsführung und der Fähigkeit, sie zu handhaben, einen bevorzugten Rang einräumt. XIII. Ein Verwaltungssystem, dessen Funktionstauglichkeit von seiner Anpassungs- und Reformbereitschaft abhängt und dessen personeller Dispositionsspielraum durch das Lebenszeitprinzip beschränkt ist, kann sich auf die freiwillige Fortbildungsbereitschaft seines Personals allein nicht verlassen. A u f dieser Erwägung beruht der Kommissionsvorschlag, die Anpassungsfortbildung obligatorisch zu gestalten 68 , was freilich für die Verwaltung prinzipiell die Pflicht bedeutet, ihren Angehörigen ausreichende, den unterschiedlichen Funktionsanforderungen entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten zu eröffnen. Hierzu sind, wie dargelegt, die Voraussetzungen gegenwärtig noch nicht in vollem Umfang gegeben. Für die Förderungsfortbildung kann ihrem Wesen nach eine Teilnahmepflicht nicht i n Betracht kommen 6 9 ; doch sollte die Übertragung höherwertiger Dienstposten i n der Regel von der erfolgreichen Absolvierung entsprechender Fortbildungsveranstaltungen abhängig gemacht werden. Der Teilnehmerkreis ist auf Bewerber zu beschränken, die nach ihrer Qualifikation und ihren Leistungen (gegebenenfalls auf Grund von Auswahltests) die Erwartung rechtfertigen, daß sie die Fortbildungsziele erreichen werden. Für alle Fortbildungsveranstaltungen gilt das Gebot der Chancengleichheit, ferner die Regel, daß die Fortbildungstätigkeit der Verwaltungsangehörigen als Teil ihrer normalen Arbeitsleistung zu betrachten, m i t h i n entsprechend zu fördern und zu honorieren ist. Der Ausbau eines leistungsfähigen, differenzierten, auf die konkreten Funktionsbedürfnisse abgestellten Fortbildungssystems stellt, wenn es ein brauchbares Instrument der Personalplanung und Personalsteuerung sein soll, erhebliche organisatorische, personelle und finanzielle A n 68 60

Kommissionsbericht Tz 548 ff., 555. Kommissionsbericht Tz 552 ff., 555 ff.

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Sprüche 70. Als Investitionen zur Sicherung und Steigerung der Verwaltungswirksamkeit sollten diese Vorleistungen verwaltungspolitisch und auch finanzwirtschaftlich zu rechtfertigen sein; das Spektrum der B i l dungserfordernisse einer modernen Verwaltung ist jedoch so breit und vielfältig, daß eine Ausbauplanung, die allen Fortbildungsbedürfnissen voll gerecht werden wollte, einstweilen die Grenzen dessen überschritte, was von der Organisation, vom Personal und haushaltsmäßig zur Zeit verwirklicht werden kann. Daher w i r d die Weiterentwicklung des Fortbildungssystems zunächst auf vordringliche und erreichbare Nahziele konzentriert und flexibel gestaltet werden müssen. Auch hier erweist sich, daß Reformen mühsame Kleinarbeit erfordern; nicht das große Konzept treibt sie voran, sondern problemorientiertes Vorgehen (peacemeal-engineering), das schrittweise, aber systematisch und gezielt diejenigen Fortbildungsbereiche planmäßig weiterentwickelt, i n denen Qualifikationsmängel sich als besonders gravierende und daher vorrangig zu überwindende Engpässe einer funktionsfähigen Verwaltung erwiesen haben.

Kommissionsbericht Tz 12

Speyer 54

ff.

Aussprache zum Referat von Herbert Fischer-Menshausen Bericht von Albrecht Nagel

Die Aussprache wurde von Herrn Professor Dr. Dr. König, Speyer, geleitet und konzentrierte sich auf die Thematisierung von acht Problemkreisen: (I) Die Handhabung einer Her abstuf ung; (II) Instrumente der Funktions- und Leistungsbewertung; (III) Die vertikale Mobilität i m Funktionsgruppensystem; (IV) Auswahl- und Anreizfunktionen der Beförderung; (V) Grenzen einer zentralen Steuerung des Personalwesens; (VI) Aufgaben der Fortbildung i n den Jahren 1974 - 1980; (VII) Fortbildung als Bestandteil der Personalplanung? (VIII) Die Bedeutung der Vermittlung von Generalkenntnissen durch die Fortbildung.

L Die Aussprache wurde von Regierungsdirektor Krüger, Düsseldorf, m i t der Frage an den Referenten eröffnet, ob er glaube, daß es unter Berücksichtigung der Erfahrungen m i t den Personalräten tatsächlich zu einer Rückstufung kommen werde; ob er auch der Meinung sei, daß von der — i m Rahmen eines Gesamtinstrumentariums an sich erforderlichen — Methode der Rückgruppierung jemals Gebrauch gemacht werde, wenn man einmal von der Entfernung ausgesprochen mißliebiger Mitarbeiter absähe. Ministerialdirektor a. D. Fischer-Menshausen erwiderte, daß die praktisch-politische Realisierbarkeit einzelner Reformvorschläge nicht isoliert und auch nicht i m Rahmen des gegenwärtigen (reformbedürftigen) Dienstrechtssystems, sondern nur i m Gesamtzusammenhang des angestrebten (reformierten) Systems beurteilt werden könne. So sei z. B. i n Betracht zu ziehen, daß das künftige Dienstrecht nach den Vorschlägen der Reformkommission ein methodisch und verfahrensmäßig verbessertes Beurteilungssystem und weitere Kautelen gegen eine unsachgemäße oder sozial nicht vertretbare Praxis negativer Sanktionen vorsähe. Erst wenn innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren zwei eindeutig negative Beurteilungen vorlägen, zudem bestimmte Altersgrenzen nicht überschritten seien, solle eine Herabstufung des Betreffenden auf einen Dienstposten

Aussprache

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zulässig sein, der seinen Fähigkeiten und Leistungen entspräche; da i h m Fortbildungsmöglichkeiten weiterhin offenständen, behielt er die Chance, sich erneut zu bewähren und entsprechend gefördert zu werden. Von diesen funktionalen Konsequenzen seien die besoldungsmäßigen Folgen eines persönlich zu vertretenden Leistungsabfalls zu unterscheiden; die finanzielle Folge einer Rückstufung erschöpfe sich darin, daß der Betreffende vorerst am allgemeinen Besoldungswachstum nicht mehr teilnehme, seinen Besitzstand jedoch behalte. Formell beziehe er das seiner neuen Funktion entsprechende (geringere) Gehalt, ergänzt durch eine Ausgleichszulage, die i h n finanziell so stelle, wie er besoldungsmäßig vor der Herabstufung gestanden habe. Da die Ausgleichszulage i m Laufe der Zeit mit den allgemeinen Besoldungserhöhungen allmählich reduziert und schließlich aufgezehrt werde, stagnierten die Bezüge während dieser Zeit. Eine solche Lösung betrachte die Kommission als vertretbaren Kompromiß zwischen dem Sicherungsbedürfnis des Verwaltungsangehörigen und dem funktionsbezogenen Leistungsprinzip, das sich i m Dienstrechtssystem nicht nur positiv, sondern folgerichtig auch negativ auswirken müsse. Der Lernprozeß, den eine Dienstrechtsreform ohnehin allen Beteiligten zumute, sollte dazu führen, daß diese (oder eine ähnliche) Lösung auf weitere Sicht auch von den Verwaltungsangehörigen und ihren Organisationen als sachgerecht akzeptiert werde. II. Regierungsdirektor Dr. Reinhart, Mannheim, legte dar, daß aus der Sicht der Praxis „die Personalbeurteilung ein völlig unbrauchbares Instrument für eine eventuelle Herabgruppierung — wäre es auch nur eine funktionale" — sei. Das gleiche gelte für die Stellenbeschreibung etwa i m Sinne der Fragestellung, welches Fortbildungsdefizit ein Stelleninhaber ausgleichen müsse, u m seiner Position künftig gerecht zu werden. Das Ergebnis zahlreicher bedeutender Untersuchungen sei hier so niederschmetternd, daß er sich wundere, warum Personalbeurteilungen i n der Verwaltung überhaupt noch vorgenommen werden. Wahrscheinlich nur deshalb, weil man noch nichts Brauchbareres gefunden habe. Der Referent entgegnete, daß gerade die beanstandete Unzulänglichkeit der gegenwärtigen Praxis Reformüberlegungen ausgelöst und zur Entwicklung wirksamerer Methoden und Verfahren der Funktionsanalyse und Personalbeurteilung geführt habe. Neuere wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Forschungsergebnisse und Erfahrungen hätten i m Unternehmensbereich schon zu erfolgversprechenden Verbesserungen geführt, seien dagegen von der öffentlichen Verwaltung bisher kaum zur Kenntnis genommen worden. Die vorgeschlagene Personalbeurteilung unterscheide zwischen der Bewertung des Leistungspotentials (Eignung, 12·

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Fähigkeiten usw.) und der Bewertung der effektiv erbrachten Leistung; i n differenzierten Verfahren würden die einzelnen Elemente der Befähigung (etwa: Wissen, Erfahrung, Intelligenz, Konzentrationsfähigkeit, Belastbarkeit, soziale Haltung u. dgl.) und der Leistung (etwa: sachliche Richtigkeit, Verwertbarkeit, Termingerechtigkeit, Arbeit/Zeit-Verhältnis, Aufwand/Erfolg-Verhältnis u. dgl.) je für sich betrachtet, analysiert und bewertet. Die gesonderte Bewertung der einzelnen Faktoren führe bei der Leistungsbewertung zu einem Gesamturteil, nicht dagegen bei der Verwendungsbeurteilung, da es hier auf spezifische Fähigkeiten, Kenntnisse, Neigungen usw. ankomme. Beurteilungsverfahren dieser A r t seien i n großen Unternehmen, ζ. B. bei den Hamburger Elektrizitätswerken und der BASF m i t Erfolg praktiziert worden; die dort gesammelten Erfahrungen könnten von der öffentlichen Verwaltung m i t Nutzen übernommen werden, da hier zwischen öffentlichem und privatwirtschaftlichem Personalmanagement kein grundsätzlicher Unterschied bestehe. III. Ministerialrat Dr. Siegmund-Schultze, Hannover, wandte sich danach der Gegenüberstellung des Laufbahn- und des Funktionsgruppensystems durch die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts (Bericht der Kommission, Schaubild 6.3 auf S. 188) sowie den Überlegungen zu, das erstere durch das letztere abzulösen. Es wäre denkbar, daß i m Funktionsgruppensystem ein Assistenzarzt seinen Einstieg ziemlich weit oben fände, vergleiche man i h n m i t dem Einstieg i n die Steuerverwaltung (welche eine akademische Ausbildung voraussetzt) oder i n den Vermessungsdienst. Verschiedene akademische Abschlüsse würden hier jeweils besoldungsmäßig verschieden honoriert und man müsse sich fragen, welche Rückwirkungen solche Differenzierungen auf die Verbindung von Funktionsgruppensystem und allgemeinem Bildungssystem hätten. Der Referent wies darauf hin, daß unterschiedliche Funktionsanforderungen auch zu unterschiedlicher Bewertung akademischer Abschlüsse führen könnten; das Funktionsgruppensystem kenne keinen einheitlichen Einstieg, da die konkreten Anforderungen der einzelnen Dienstposten und die ihnen entsprechenden Bildungsabschlüsse die Eingangsstufen bestimmten. Der enge Zusammenhang zwischen Basisdienstposten und vorgesehenen Bildungsabschlüssen erkläre die Abhängigkeit des Funktionsgruppensystems vom allgemeinen Bildungssystem, das seinerseits auch von den Berufsanforderungen des öffentlichen Dienstes beeinflußt werden würde, vor allem m i t dem Ziel, durch verbreiterte und qualitat i v verbesserte Ausbildung die berufliche Fungibilität der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu steigern.

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I n seiner vertikalen Durchlässigkeit sei das Funktionsgruppensystem dem starren Laufbahnsystem überlegen; so würde ζ. B. ein Techniker des Vollzugsdienstes bei entsprechender Eignung und Leistung i n den Aufsichts- oder Planungsdienst überwechseln können, was angesichts der Laufbahnschranken gegenwärtig nur unter Schwierigkeiten möglich sei. Ein Beispiel für die Begrenzung der vertikalen Mobilität biete andererseits der Krankenhausdienst; ein Übergang von der Krankenpflege zur ärztlichen Laufbahn sei ohne medizinisches Studium und Examen nicht möglich. Aus den Anforderungen der einzelnen Funktionsbereiche ergäben sich m i t h i n unterschiedliche vertikale Reichweiten der Funktionsgruppen und Aufstiegsmöglichkeiten. IV. Dipl.-Pol. Koch, Speyer, lenkte die Aufmerksamkeit auf den Sachverhalt, daß eine Beförderung gemäß der strukturell-funktionalen Analyse nicht nur eine „Auswahlfunktion" besitze (definiert als optimale Übereinstimmung zwischen den Qualifikationen einer Person und den Anforderungen einer Position), sondern auch eine „Anreizfunktion". Die Mitglieder einer Organisation träten ihr bei oder blieben ihr treu, weil sie die Beförderung als einen Ausgleich für ihren physischen und/oder psychischen Einsatz ansähen; sie erhofften sich dadurch ein Mehr an Prestige, ein Mehr an Entscheidungsspielraum und ein Mehr an Einkommen. Eine Strapazierung der „Auswahlfunktion" innerhalb des Beförderungssystems (unter Nichtberücksichtigung der „Anreizfunktion") könne gravierende negative Folgen haben. Denkbar wäre zum Beispiel, daß bestimmte Personen nicht mehr i n eine Organisation einträten, weil sie m i t ihr keine stabilen Erwartungen mehr verbänden (etwa wegen des Wegfalls der Regelbeförderung). Die Regelbeförderung sei auf die „ A n reizfunktion" hin angelegt: ihre spezifische Funktion liege i n der Stabilisierung der Motivation von Personen, i n höhere Positionen aufzusteigen und sich darum zu bewerben. V. Das Funktionsgruppensystem baue auf wissenschaftlichen Vorarbeiten auf (insbesondere der strukturell-funktionalen Analyse), wie Koch des weiteren erläuterte. Die organisationssoziologische Interpretation von Organisationen als harmonische Gebilde korrespondiere m i t dem Gesetz, daß zentrale Steuerung i m Bereich des Personalwesens zunächst nur dort möglich sei, wo alle Tätigkeiten sich positiv funktional ergänzten. Eine Steuerung durch Beförderung stoße dort auf Schwierigkeiten, wo konfliktäre Beziehungen entstünden. Die Vertretung etwa konfliktärer Wert- und Beurteilungssysteme durch zwei Abteilungen

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einer Organisation führe oft dazu, daß Beförderung als Personalpolitik eingesetzt werde, u m eigene Präferenzen gegenüber konkurrierenden Präferenzen durchzusetzen. Gäbe dieses zuletzt entwickelte B i l d die soziale Wirklichkeit zutreffend wieder, so erkenne man die Schwierigkeiten, auf die der Versuch einer Zentralisierung des Beförderungs- oder Personalwesens stoße. Zentrale Beförderung, von der hier so viel gesprochen worden sei, dürfte zunächst aus den skizzierten Gründen heraus scheitern. Einzelne Organisationsbereiche (etwa eine Abteilung oder ein Referat) würden für sich je eine gewisse Autonomie i m Personalbereich erstreben, was bedeute, daß man sein Verhalten nach außen hin eigenständig steuere. VI. Oberregierungsrat Dr. Gebauer, Bonn, knüpfte an die von FischerMenshausen akzentuierte Steuerungsfunktion der Fortbildung i n einem modernen funktions- und leistungsorientierten Dienstrechtssystem an. Da ein neues Dienstrechtssystem, basierend auf den Vorschlägen der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, langfristig erst i n acht Jahren zu erwarten sei, stelle sich die Frage, wo die Rolle der Fortbildung jetzt und i n den Jahren davor zu sehen sei. Die Arbeitsgemeinschaften des gestrigen Vormittags hätte er so verstanden, daß „Fortbildung primär Reaktion auf gegenwärtige Schwachstellen sein soll". Könnte Fortbildung nicht mehr als das sein, könnte sie nicht auch schon jetzt anregen, „über die Verwaltung nachzudenken, aus der Distanz des Alltags hinaus i n Fortbildungsveranstaltungen Reformbereitschaft zu wecken, Ansätze für eine Verwaltungsreform zu finden"? Der Referent erwiderte, daß auch die Fortbildungziele i n eine Dringlichkeitsskala einzuordnen seien und die Knappheit der administrativen, personellen und finanziellen Kräfte und M i t t e l dem erwünschten Ausbau des Fortbildungssystems Grenzen setze. Praktischen Erfolg verspreche nur ein problemorientiertes Verfahren, das sich zunächst auf graduelle Verbesserungen i n den Engpaßbereichen und auf die Lehr- und Lernziele konzentriere, die hinreichend zuverlässig konkretisiert werden könnten. I n dieser Hinsicht könne auf die vorgetragenen Untersuchungsergebnisse des Kölner Instituts (Prof. Brinkmann) Bezug genommen werden. Auch die Bundesakademie und die Fortbildungseinrichtungen der Länder hätten sich der ressortübergreifenden Bereiche verstärkt angenommen. Selbst in diesem begrenzten Rahmen werde der Ausbau des Fortbildungssystems erhebliche M i t t e l beanspruchen, auch eine gewisse Redundanz der Stellenpläne erfordern, wenn ständig etwa 5 °/o des höheren Dienstes für Fortbildungsveranstaltungen freigestellt sein würden. Diesen Kosten stehe als Ertrag der zu erwartende Zuwachs an Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung gegenüber.

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VII. Prof. Dr. Arndt, Heidelberg, zeigte sich über die Sicherheit erstaunt, m i t der man Fortbildungsprogramme i n die Personalplanung (und damit i n die Karriereplanung) einzufügen beabsichtige. Alle Versuche, das Fortbildungssystem als nahtlosen Teil des allgemeinen Personalplanungssystems zu konstituieren, seien nämlich bisher aus mindestens drei Gründen gescheitert: (1) „Es gibt keine sichere Erfolgskontrolle für Fortbildungsveranstaltungen" (abgesehen von der Vermittlung hier nicht so sehr interessierender Bereiche ausgesprochener „Techniken", operations research, Computertechnik). (2) Es habe sich herausgestellt, daß wesentliche Fortbildungsveranstaltungen innerbetrieblich nicht zu leisten seien; wo dem so sei, werde der Erfolg fraglich (erst das Herausnehmen aus dem eigenen Bereich — hier dem Verwaltungsbereich — mache die Teilnehmer gesprächig). (3) Nicht die Zahl der Fortbildungstunden sei als erhöhte Leistungsqualifikation zu bewerten, sondern das, „was m i t nach Hause gebracht w i r d und dort Anwendung findet". Bisher sei nicht nachweisbar gewesen, daß ein schlüssigeres, besseres, qualifizierteres Verhalten auf eine Teilnahme an Fortbildung zurückzuführen sei. Aus diesen drei Gründen folge, daß die beabsichtigte, nahtlose Einfügung der Fortbildung i n das Personal- und Karriereplanungssystem durch die Ergebnisse der Fortbildung i n ihrer bis jetzt gehandhabten A r t nicht gerechtfertigt werde.

vm. Die letzte Frage wurde von Professor Dr. Dr. König, Speyer, an den Heferenten gerichtet: Es w i r d den Ingenieur i n der öffentlichen Verwaltung geben, den Justitiar, den Arzt; w i r d es auch den allgemeinen Verwaltungsdienst noch geben? Wie lautet Ihre Prognose? Der Referent wies i n seiner A n t w o r t darauf hin, daß die zunehmende Berufsspezialisierung i m öffentlichen Dienst zur allmählichen Atomisierung der Verwaltung führen könne. Einer solchen Entwicklung ließe sich durch ein Ausbildungs- und Fortbildungssystem entgegenwirken, das sich der Vermittlung und Aktualisierung der administrativen „Allgemeinbildung" m i t Vorrang annähme. Da die Verflechtung der politischen, ökonomischen und sozialen Sachverhalte und Beziehungen sich ständig ausweite und verdichte, müsse auch der Spezialist i n der modernen Verwaltung über fundiertes Generalwissen verfügen und es ständig auf dem laufenden halten. Hier läge die zur Zeit wichtigste Aufgabe der Fortbildung.

Schlußwort Von Klaus König Wenn ich als Tagungsleiter am Schluß noch einmal zur Sache spreche, dann um einige Eindrücke aus unseren Verhandlungen zusammenzufassen und zugleich einige Ansatzpunkte für die fortbildungspolitische Arbeit zu kennzeichnen. Ich möchte dabei erstens auf das Verhältnis von Bildungssystem und Verwaltungssystem zu sprechen kommen, zweitens Aspekte der weiteren curricularen Arbeit skizzieren, und drittens möchte ich nicht Auswirkungen, sondern Erwartungen nennen: nämlich Erwartungen der Fortbilder an die Personalreform. I. Fortbildung des Verwaltungsdienstes darf nicht losgelöst von den Prinzipien der allgemeinen Bildungspolitik betrieben werden. W i r haben so aus gutem Grunde die bildungspolitischen Optionen an den Anfang unserer Vorträge und Erörterungen gestellt. Allerdings erweist sich bei näherem Zusehen der Bildungsbegriff als nicht weniger schwierig handhabbar als der Verwaltungsbegriff. Deswegen mag man es einem Diskussionkreis, der sich nicht zuerst aus Bildungstheoretikern zusammensetzt, zugute halten, daß hier weniger substanzhafte Kräfte individueller und sozialer Formung der geistigen Persönlichkeit bemüht, vielmehr eher formale Merkmale der Bildung hervorgehoben worden sind. A n der öffentlichen Verwaltung orientierte Wissenschaftler und Praktiker, die i m Fortbildungsbereich tätig sind, kommen nicht umhin, von den Strukuren und Funktionen der institutionalisierten Bildungsgänge auszugehen. Aber audi wenn man die Bildungsproblematik so begreift, dann w i r d man i n den geschichtlichen Verhältnissen von Bildungssystem und Verwaltungssystem vielfältige Ausformungen feststellen können. Lassen Sie mich einen historischen Anschauungsfall nennen, der den gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang i n aufschlußreicher Weise verdeutlicht. Vom früh-chinesischen Beamtentum heißt es: daß ein gebildeter Mensch zur Einsicht fähig sei; wenn er Einsicht besitze, so könne er Lehrer sein; wenn er Lehrer sein könne, sei er für die Bekleidung höherer Staatsämter geeignet. Auch heute gibt es i n den Bildungsinstanzen bis zu den Kultusministerien Erfahrungen zum Lehrer als Verwalter. Es wäre zu

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fragen, inwieweit hier ein exemplarisches Grundmuster von Bildungsund Berufsweg für die öffentliche Verwaltung vorliegt. Die Professionalisierung des Verwaltungsdienstes unter den Bedingungen einer hochdifferenzierten Gesellschaft und einer wissenschaftlich-technischen Zivilisation hat es m i t sich gebracht, daß sich administrative Fachrichtungen und Berufe entwickelt haben, die an Stufen verwaltungsexterner Bildungsgänge anschließen. Unser Laufbahnrecht beruht auf diesem Umstand. A u f der anderen Seite erbringt die Verwaltung selbst gegenüber ihrem Nachwuchs herkömmlicherweise bestimmte Bildungsleistungen, insbesondere i m Vorbereitungsdienst. Hier ist nicht die Stelle, allgemein darüber auszusagen, wie weit Administrationen dazu tendieren, das Bildungsgeschäft i m Hinblick auf ihr Personal selbst i n die Hand zu nehmen. Immerhin bieten die Auseinandersetzungen um die verwaltungsinterne oder verwaltungsexterne Lösung bei der Errichtung von Fachhochschulen für den gehobenen Dienst ein aktuelles Erfahrungsmaterial. Die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes jedenfalls, u m die es hier geht, hat sich so entwickelt, daß sie vor allem zu einer verwaltungsinternen Angelegenheit geworden ist. Angesichts dieses Tatbestandes möchte ich mich für die stärkere Beteiligung von spezifischen Bildungsinstitutionen an der Fortbildung aussprechen. Das bedeutet nicht den ausschließlichen Bildungsanspruch der Hochschulen. Gewisse berufliche Fertigkeiten und Kenntnisse lassen sich nirgends besser als i n einem engen Kontakt m i t der Verwaltungspraxis selbst erwerben. Deswegen kann es nur, wie man es auch anderenorts beobachten kann, u m ein gemischtes System von verwaltungsexternen und verwaltungsinternen Einrichtungen i m Bereich der Fortbildung gehen. Auch sind die Engpässe nicht zu übersehen, die die allgemeine Situation der Hochschulen heute kennzeichnen. Indes müßte es möglich sein, nicht mehr nur an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, sondern auch an dieser oder jener Universität die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes i n Angriff zu nehmen. Für die Beteiligung. von spezifischen Bildungsinstitutionen an der Fortbildung sprechen verschiedene Gründe. Wenn ich auf die Speyerer Erfahrungen m i t der Fortbildung zurückgreife, so sind es auch nicht nur Gründe, die sich aus dem Fortbildungsangebot einer Hochschule unmittelbar ergeben. Für den erfahrenen Verwaltungsmann ist es schon von Nutzen, sich aus den engeren Bindungen seiner beruflichen Situation lösen zu können. Dabei meine ich gar nicht einmal so sehr die hierarchische Grundstruktur der öffentlichen Verwaltung. Die Teilnehmer unserer Fortbildungsseminare bezeichnen es immer wieder als vorteilhaft, daß hier Norddeutsche m i t Süddeutschen, Ministerialbeamte m i t Kommunalbeamten, Juristen m i t Ökonomen usw. zusammentreffen. Und i n der Tat liegt i n der Möglichkeit der Diskussion i n der freien Weise der

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Externität — unter Zurückstellung der herrschenden Kommunikationsstrukturen, der eingeübten Kompetenzschemata, der bestehenden Konfliktmuster — eine gute Bildungschance. I m Grunde geht es darum, durch die Einbeziehung verwaltungsexterner Bildungsinstitutionen die allgemeinen Regeln bildungspolitischen Handelns i n der Fortbildung maßgeblich zu machen. I n unserer Diskussion ist die Spannungslage von Verwendungslehrgängen, die an den Amts- und Organisationszwecken ausgerichtet sind, und einer allgemein bildungspolitisch orientierten Fortbildung erörtert worden. Die für die verwaltungsinterne Fortbildung verantwortlichen Praktiker haben i n dieser Frage unterschiedliche Standpunkte eingenommen. Wer an der Entwicklung von Fortbildungsprogrammen i m Hochschulbereich beteiligt ist, w i r d auch hier unterschiedliche Meinungen feststellen können. Gewisse äußere Erfolgsabhängigkeiten können eine Festlegung auf bestimmte Verwaltungszwecke begünstigen. Letztlich kann sich indes eine dem Bildungssystem zuzurechnende Einrichtung kaum den allgemeinen Optionen von Bildungsaktivitäten entziehen. Wenn w i r ζ. B. auch i n der Speyerer Fortbildung bei der Darstellung politisch-ökonomischer Interdependenzen den Arbeitsplatz des Verwaltungsmannes nicht außer Betracht lassen, so setzen sich doch gerade in diesem Zusammenhang immer wieder allgemeine Bildungsanforderungen durch. Von einer Beteiligung von Verwaltungsinstanzen und Bildungsinstitutionen an der Fortbildung und dann deren Kooperation ist zu erwarten, daß Bildungsinteressen nicht zu allgemein und verwaltungsfern, Verwaltungszwecke aber nicht zu eng und amtsbezogen interpretiert werden.

Π. Wenn ich hiernach auf Aspekte für die weitere curriculare Arbeit zu sprechen komme, dann geht es m i r vorab u m folgendes: W i r lassen uns herkömmlicherweise von dem Begriff des Lehrplanes leiten. Lehrpläne entsprechen der Verständigung innerhalb tradierter Bildungsgüter, also i m Bereich der wissenschaftlichen Ausbildung dem Kanon der einzelnen Fachwissenschaften. Curricula unterscheiden sich von Lehrplänen dadurch, daß sie klar definierte und überprüfbare Lernziele anstreben. Sie wollen all das umfassen, was der Erreichung der Lernziele dient: Unterrichtsinhalte, Methoden, Materialien, Kontrolltests usw. Man könnte hiernach versucht sein, das gegenwärtige Wissen gar nicht mehr auf seine Grundlagen zu überprüfen, sondern sogleich Lehr- und Lernziele zu postulieren, die an zukünftig angenommenen Berufsstrukturen und an zukünftig angenommenen Bildungssituationen ausgerichtet sind. Nun zeigt gerade die Fortbildung i m Bereich des höheren Verwaltungsdienstes, wie problematisch die überkommenen disziplinären Wissens-

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bestände geworden sind und welchem Wandel die Fachwissenschaften i m Hinblick auf berufliche Anforderungen unterliegen. W i r können uns also die curriculare Arbeit nicht ersparen. Aber wie sich i m Beruf des Verwaltungsmannes eine politisch-administrative Tradition fortsetzt, so müssen w i r uns bei allen weiteren Schritten i m gegenwärtigen Wissen abstützen. Man sollte demgemäß auf der Suche nach neuen Mittelpunkten der Lehre nicht ungeprüft beiseite lassen, was zu den wissenschaftsgeschichtlich erhärteten Grundlagen i n den für die öffentliche Verwaltung erheblichen Bildungsbereichen gehört. Für die weiteren curricularen Vorhaben w i r d es nützlich sein, daß sich allmählich maßgebliche Prämissen und relevante Fragestellungen i m Hinblick auf die Fortbildung des höheren Verwaltungsdienstes abzeichnen. Diese Tagung hat zwar auch gezeigt, m i t welchen Verständigungsschwierigkeiten w i r noch zu rechnen haben. Andererseits verfestigen sich doch schon bestimmte Bezugsrahmen und Sprachregelungen der curricularen Diskussion. Dazu zähle ich auch die hier benutzten Klassifizierungen wie Einführungsfortbildung, Anpassungsfortbildung, Förderungsfortbildung. Solche Festlegungen sind nicht abschließend zu meinen. Sie ermöglichen aber das Selbstverständlichwerden und die Standardisierung zu berücksichtigender Problembereiche. I n diesem Zusammenhang möchte ich nochmals unterstreichen, was zur sogenannten Projektfortbildung gesagt worden ist. W i r haben an der Hochschule Speyer eine Fortbildungsform entwickelt, die w i r Sonderseminare über aktuelle staatspolitische Probleme nennen. I n den Mittelpunkt einer solchen Veranstaltung w i r d ein bestimmtes Projekt gestellt. I n diesem Herbst 1973 ist es zum Beispiel des neue Sozialgesetzbuch. Ich bin sicher, daß bei dieser Fortbildung, obwohl sie doch spezifischen Sachverstand i n öffentlichen Angelegenheiten i n Anspruch nimmt, von der Enge eines Amtszwecks, wie sie i n der Kategorie des Verwendungslehrganges angesprochen worden ist, nicht die Rede sein kann. I m problemorientierten Gespräch zwischen Dozenten und Teilnehmern werden auch die Handlungsmöglichkeiten ihren Ausdruck finden, für die die Bildungspolitik optiert, m i t Einschluß der individuellen Bildungschancen. Was die Lehr- und Lerninhalte allgemeiner Fortbildungsformen anlangt, so möchte ich aus der Fortbildungspraxis der Hochschule Speyer und aus empirischen Untersuchungen, die w i r durchgeführt haben, das bestätigen, was auf dieser Tagung wohl als einhellige Meinung vorgetragen worden ist. W i r müssen uns vor allem m i t den Gebieten befassen, die über die funktionsspezifischen Arbeitsanforderungen an den Verwaltungsmann hinausgreifen. Zu solchen übergreifenden Gebieten gehören etwa Planung und Entscheidung, Organisation und Management, Personalwirtschaft und Personalführung, Haushalt und Finanzen. Es

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handelt sich hierbei um Gegenstände, die anderenorts i n dem Fach: Public Administration integriert sind. Bei uns fällt die verwaltungswissenschaftliche Lehre i n den herkömmlichen Ausbildungsgängen noch weitgehend aus. Daraus folgt ein hoher Nachholbedarf. Damit ist indes auch eine Lage charakterisiert, die die curriculare Arbeit erschwert. W i r können uns bei der Formulierung von Fortbildungsprogrammen nur begrenzt auf eine bewährte eigene Wissenschaftstradition stützen. U m so wichtiger ist es, zu berücksichtigen, daß die öffentliche Verwaltung nicht ein nur nationales Erfahrungsobjekt und die verwaltungswissenschaftliche Perspektive international ist. III. Die Innovations-, Korrektur- und Integrationsfunktionen der Fortbildung können diese zu einem Stück Personalpolitik machen. So werden Fortbilder Erwartungen anmelden, wenn von einer angestrebten Personalreform die Rede ist. I n einer hochdifferenzierten Gesellschaft muß man m i t einer Systemgrenze zwischen den Bereichen der Berufsausbildung und dem Bereich der Berufsausübung nicht nur für die öffentliche Verwaltung rechnen. Es gibt Formen der Veränderung i m Verwaltungsberuf auch auf kognitivem Gebiet, die das allgemeine Bildungssystem kaum antizipieren kann. Darum kann man es schwerlich vermeiden, daß i n der Phase der Einführung i n den Verwaltungsberuf eine ergänzende Ausbildung nachzuholen ist. Die Fortbildung ist sicherlich immer irgendwie eine kritische Instanz für die Ausbildung. Indes darf die Fortbildung das Ausbildungssystem nicht schlechthin i n Frage stellen. Deswegen haben unsere Verhandlungen einige kritische Anmerkungen zur Ausbildungssituation des höheren Verwaltungsdienstes enthalten. Unter diesem Blickwinkel mag man es als angemessen ansehen, wenn es i n dem Bericht der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts heißt, daß Bewerbern mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die ihnen außerhalb des öffentlichen Dienstes den unmittelbaren Zugang zu gleichwertigen Arbeitsplätzen eröffnet, die erforderliche zusätzliche Qualifikation i m Rahmen einer Einführungszeit bei voller Bezahlung zu vermitteln sei. Weniger befriedigend scheint es zu sein, daß die Qualität des Vorbereitungsdienstes für die Laufbahn des höheren Verwaltungsdienstes nicht weiter diskutiert wird. W i r haben i n die Mitte unserer Gespräche die Frage nach dem Fortbildungsbedarf vom Inhalte her gestellt. Es ist auch hier deutlich geworden, daß die einschlägigen Curriculumentwicklungen nicht ohne die Analyse von Verwaltungsfunktionen auskommen. Die Fortbildungseinrichtungen müssen sich dieser Aufgabe unterziehen. W i r haben i n Speyer i m Rahmen unserer Fortbildungsaktivitäten mehrere Wege beschritten, u m uns ein B i l d von den beruflichen Anforderungen zu machen, m i t denen

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der Angehörige des höheren Verwaltungsdienstes an seinem Arbeitsplatz konfrontiert ist, und die dann auch für die inhaltliche Gestaltung der Fortbildungsprogramme maßgeblich sind. So haben w i r es auch unternommen, Dienstpostenbeschreibungen zu untersuchen. Aber die Fortbilder für sich können bei solchen Anforderungsermittlungen nur Begrenztes leisten. Sie sind auf die Zusammenarbeit m i t den Organisationsund Personalf achleuten angewiesen. I m Grunde braucht es aber wohl eine stärkere funktionale Ausprägung der öffentlichen Verwaltung selbst. Insoweit ist es zu begrüßen, daß die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts m i t ihrem Vorschlag, Dienstposten und Funktionsgruppen zur Grundlage der Verwaltungskarriere zu machen, die Bedeutung bestimmter Instrumente für die Personalsteuerung herausgestellt hat. Für eine funktionsorientierte Verwaltung ist es unerläßlich, den Informationen über die Arbeitsanforderungen eine präzisere Form zu geben. Wenn bestimmte instrumentale Voraussetzungen i n der Verwaltungsorganisation geschaffen sind, wenn es insbesondere Anforderungsprofile gibt, w i r d es einfacher werden, Fortbildungsprogramme inhaltlich zu begründen. Die Fortbildung des Verwaltungsdienstes steht m i t zwei Lebenszeitprinzipien i m Zusammenhang: dem Prinzip des lebenslangen Lernens und dem Prinzip des Dauerdienstverhältnisses. Von hier aus ist zu verstehen, daß administrative Karrieren gelingen mögen, i n denen die mangelnde Bildungsbereitschaft zu Beförderungschancen umgesetzt wird. I n den Dienstrechtsreformvorschlägen ist die Pflicht aller Bediensteten zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen genannt, die die zur Wahrnehmung des Dienstpostens erforderliche Qualifikation erhalten und verbessern, und es ist ein Anspruch geeigneter Bediensteter auf Teilnahme an Fortbildungsgängen formuliert, die Voraussetzung für die Übernahme höherwertiger Dienstposten ist. Manche Fortbilder werden derartige Rechtspositionen angesichts dessen, was i n verwaltungsexternen und verwaltungsinternen Bildungseinrichtungen heute geleistet werden kann, eher als problematisch ansehen. Aber wenn man es nun — vor allem wegen der Kontinuität in der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben — für zweckmäßig hält, das Dienstverhältnis i n der Regel auf Dauer anzulegen, dann ist es erforderlich, die Fortbildung i n die personalpolitischen Regelungen einzubeziehen. So muß aus der Sicht der Verwaltung gleichmäßig mit der Integration der Fortbildung i n die Personalsteuerung für den Ausbau der Fortbildungsmöglichkeiten gesorgt werden. Und auch der Verwaltungsmann ist auf solche Institutionalisierungen angewiesen, sollen i h m i n beruflicher Hinsicht die Bildungschancen der Anpassung seiner Kenntnisse an die geänderten Verhältnisse und der Förderung seiner Kenntnisse zur Wahrnehmung von beruflichen Verbesserungen erhalten sein.